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Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften

Hans Domininghaus

Die Kunststoffe
und ihre Eigenschaften
6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage

Herausgegeben von
Peter Eyerer, Peter Elsner
und Thomas Hirth

Mit 1003 Abbildungen


Peter Eyerer
Peter Elsner
Thomas Hirth
Fraunhofer Institut für Chemische Technologie
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
76327 Pfinztal (Berghausen)

Auf dem Einband ist ein Metallozen abgebildet. (Quelle: Klein R. Metallocenes:
The plastics turbo from the est tube, nach Future the Hoechst Magazine For the
Future IV/1995, S. 51)

isbn 3-540-21410-0 Springer Berlin Heidelberg New York

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Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3020 – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur 6. Auflage

Als uns im Sommer 2003 der Springer Verlag die Überarbeitung der 5. Auflage
des „Domininghaus“ mit Erscheinen zur K 2004 anbot, sahen wir uns einer
schwierigen Entscheidung gegenüber.
Der fachliche, ideelle Nutzen war angesichts des hohen Bekanntheitsgrades
des publizistischen Lebenswerkes von Hans Domininghaus spontan positiv zu
beurteilen, denn dieses Buch dient bereits einigen Generationen von Ingenieu-
ren, Chemikern und Physikern, Studierenden, Anwendungstechnikern und
Fachkaufleuten als wertvolles Nachschlagwerk und geschätzte Hilfe bei der Aus-
und Weiterbildung.
Die Zeit zur Überarbeitung stellte sich hingegen als schwierigster Faktor dar.
Erst als wir die Zusage von vielen unserer Mitarbeiter zur Überarbeitung von
Teilkapiteln hatten, sagten wir dem Verlag zu. Dabei haben wir Einigkeit darü-
ber erzielt, dass wir in dem verbleibenden Jahr nur maximal die Hälfte der 5.Auf-
lage neu gestalten und überarbeiten können. Die Gesamtüberarbeitung und
Neustrukturierung wird dann in drei Jahren in die 7. Auflage einfließen, sofern
Sie, unsere Leser, unser Konzept für kaufenswert halten.
Dieses Konzept unterscheidet sich doch erheblich von der bisherigen Denk-
weise.
Für Hans Domininghaus stand der Werkstoff im Vordergrund. Unserer Mei-
nung nach dominiert in der heutigen Zeit aber mehr die Betrachtung der Werk-
stoffe aus der Sicht des Produkts, was wir auch mit dem Begriff „Polymer-
Engineering“ zum Ausdruck bringen wollen.
Dementsprechend wurde vor allem Kapitel 1 erweitert. In den überarbeiteten
Teilen des Kapitel 2 ist die Verarbeitung und die Anwendung mehr in den Vor-
dergrund gerückt.
Die 6. Auflage ist also notgedrungen, insbesondere aus Zeitgründen, eine
Mischung aus „altem und neuem Domininghaus“. Erst die 7. Auflage wird dann
durchgängig die neue Konzeption des „Eyerer, Elsner, Hirth“ darstellen.
Aus dieser Übergangssituation heraus bitten wir unsere Leser um Nachsicht
für manche Inkonsistenz und sicher auch handwerkliche Fehler.
Bitte helfen Sie mit, die 7. Auflage zur K 2007 so zu gestalten, dass wir Ihren
Wünschen und Bedarfen möglichst umfangreich gerecht werden. Schreiben Sie
uns Ihre Meinung.
VI Vorwort zur 6. Auflage

Sie erreichen uns per e-mail:


peter.eyerer@ict.fraunhofer.de
peter.elsner@ict.fraunhofer.de
thomas.hirth@ict.fraunhofer.de

Unser besonderer Dank gilt den Autoren für die fachliche Ausarbeitung der
Kapitel sowie Katharina Wörsing, Martina Mandt, Melanie Pfitzer und Ale-
xandra Wolf für die Erstellung und Korrektur des Manuskripts. Dem Springer
Verlag, insbesondere Frau Schlegel, danken wir für die Unterstützung bei der
Umsetzung unseres Konzepts.

Die Herausgeber Peter Eyerer


Peter Elsner
Thomas Hirth
Inhalt

Kunststoffübersicht (synthetische Kunststoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

1 Einführung in Polymer Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1


1.1 Einteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.1 Einteilung der Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.2 Einteilung der Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.3 Einteilung der Verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . 4
1.1.4 Hauptmerkmale von Kunststoffen (in Anlehnung
an DIN 7724) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.1.5 Wirtschaftliche Bedeutung der Kunststoffe . . . . . . . . 14
1.1.5.1 Wirtschaftsdaten zu Thermoplasten . . . . . . . . . . . . 14
1.1.5.2 Wirtschaftsdaten zu Duroplasten . . . . . . . . . . . . . 17
1.1.5.3 Wirtschaftsdaten zu Elastomeren . . . . . . . . . . . . . 17
1.1.5.4 Preisspanne für Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Literatur – Kapitel 1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen . . . . . . . . 18
1.2.1 Übersicht Polymerisation . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
1.2.2 Zuordnung von Kunststoffen zu Polymerisationsarten . . 18
1.2.3 Polymerisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.2.3.1 Additionspolymerisation . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.2.3.2 Kondensationspolymerisation . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.2.4 Einflüsse der Polymerisation auf Werkstoffeigenschaften . 38
1.2.5 Duroplaste (technische Harze) . . . . . . . . . . . . . . . 41
1.2.6 Abgewandelte Naturstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
1.2.6.1 Kunststoffe auf Cellulosebasis . . . . . . . . . . . . . . . 43
1.2.6.2 Kunststoffe auf Proteinbasis . . . . . . . . . . . . . . . . 44
1.2.6.3 Kunststoffe auf Ligninbasis . . . . . . . . . . . . . . . . 45
1.2.7 Kunststofferzeugung (verfahrenstechnische Prozesse) . . 46
Literatur – Kapitel 1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen . . . . . . . . . . . . 51
1.3.1 Aufbau der Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
1.3.1.1 Chemische Ordnungszustände . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.3.1.2 Physikalische Ordnungszustände . . . . . . . . . . . . . 78
VIII Inhalt

1.3.2 Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 85


1.3.2.1 Temperaturabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften 85
1.3.2.2 Verformungsverhalten von Kunststoffen . . . . . . . . . . 89
1.3.2.3 Verhalten bei Zugbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . 90
1.3.2.4 Mechanische Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
1.3.2.5 Zeitabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften . . . . 97
1.3.2.6 Wechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
1.3.2.7 Sicherheitsbeiwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
1.3.3 Weitere physikalische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . 107
1.3.4 Chemische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
1.3.4.1 Beständigkeit gegen Chemikalien/Medien . . . . . . . . . 112
1.3.4.2 Alterung und Beständigkeit von Kunststoffen . . . . . . . 120
1.3.4.3 Schutzmaßnahmen gegen Alterungsvorgänge . . . . . . . 124
Literatur – Kapitel 1.3.1–1.3.4 . . . . . . . . . . . . . . . . 125
1.3.5 Zusatzstoffe für Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . 126
1.3.5.1 Funktionszusatzstoffe (Additive) . . . . . . . . . . . . . 129
Literatur – Kapitel 1.3.5.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
1.3.5.2 Organische und anorganische Füllstoffe . . . . . . . . . . 177
Literatur – Kapitel 1.3.5.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
1.3.5.3 Verstärkungsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Literatur – Kapitel 1.3.5.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen . . . . . . 222


1.4.1 Aufbereitung und Zusatzstoffe (Additive) . . . . . . . . . 222
Literatur – Kapitel 1.4.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
1.4.2 Verarbeitung von Kunststoffschmelzen . . . . . . . . . . 232
1.4.2.1 Fließeigenschaften von Schmelzen . . . . . . . . . . . . . 233
1.4.2.2 Verformungsverhalten von Schmelzen
(und auch Festkörpern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
Literatur – Kapitel 1.4.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
1.4.3 Verarbeitung von Thermoplasten . . . . . . . . . . . . . 241
1.4.3.1 Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
1.4.3.2 Extrudieren (Fließprozess; kontinuierlicher Prozess) . . . 254
Literatur – Kapitel 1.4.3.1 und 1.4.3.2 . . . . . . . . . . . . 265
1.4.3.3 Schäumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
Literatur – Kapitel 1.4.3.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
1.4.3.4 Rotationsgießen – Rotationsformen . . . . . . . . . . . . 275
Literatur – Kapitel 1.4.3.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
1.4.3.5 Reaktionsgießen – Herstellung von thermoplastischen
Werkstoffen durch in-situ Polymerisation im Form-
gebungswerkzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
1.4.3.6 Verarbeitungstechniken thermoplastischer Faser-
verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
Literatur – Kapitel 1.4.3.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
1.4.4 Verarbeitung von thermoplastischen Elastomeren . . . . 294
Literatur – Kapitel 1.4.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
Inhalt IX

1.4.5 Verarbeitung von Elastomeren . . . . . . . . . . . . . . . 296


1.4.5.1 Wiegen und Mischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
1.4.5.2 Formgebung (Rohlingsverarbeitung) und Vernetzung
(Vulkanisation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
1.4.5.2.1 Pressverfahren (Kompressionsverfahren)
(CM Compression Molding) . . . . . . . . . . . . . . . . 303
1.4.5.2.2 Transferpressen (TM Transfer Molding) . . . . . . . . . . 304
1.4.5.2.3 Transferspritzpressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
1.4.5.2.4 Spritzgießverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
Literatur – Kapitel 1.4.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
1.4.6 Verarbeitung von Duroplasten . . . . . . . . . . . . . . . 307
1.4.6.1 Verarbeitungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
1.4.6.2 Typisierung von Duroplasten (härtbare Formmassen) . . 309
1.4.6.3 Einteilung der Verarbeitungsverfahren . . . . . . . . . . 311
1.4.6.4 Verarbeitungsfehler und ihre Ursachen . . . . . . . . . . 313
1.4.6.5 Verarbeitungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
Literatur – Kapitel 1.4.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
1.4.7 Verarbeitungseinflüsse auf Bauteileigenschaften . . . . . 324
1.4.7.1 Bauteileigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
1.4.7.2 Einflüsse des Verfahrens und des Kunststoffes
auf die Bauteileigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 332
1.4.7.2.1 Thermoplaste und thermoplastische Elastomere:
Molekül-Orientierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
1.4.7.2.2 Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
1.4.7.2.3 Duroplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
1.4.7.3 Verarbeitungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
1.4.7.3.1 Thermoplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
1.4.7.3.2 Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
1.4.7.3.3 Duroplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
1.4.8 Mikrowellentechnologie in der Polymerverarbeitung . . . 383
1.4.8.1 Oberflächenbehandlung von Polymeren durch Plasma . . 384
Literatur – Kapitel 1.4.7 und 1.4.8 . . . . . . . . . . . . . . 385
1.5 Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen . . . . . 387
Literatur – Kapitel 1.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung
von Kunststoffbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
1.6.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
1.6.2 Kunststoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
1.6.3 Struktur-/Bauweisen-Konzepte und Auslegungs-
philosophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
1.6.4 Werkstoffkennwerte als Konstruktions-
und Auslegungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
1.6.5 Vor-Auslegung von Kunststoff-Strukturen . . . . . . . . . 405
1.6.6 Einteilung von Kunststoffstrukturen . . . . . . . . . . . . 409
1.6.7 Gestaltungs-Richtlinien für Kunststoffstrukturen . . . . . 409
X Inhalt

1.6.8 Die kunststofftechnische Entwicklungsprozesskette . . . . 411


1.6.9 Koppelung der CAX-Systeme – Kunststofftechnischer
EDV-Ingenieursarbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . 414
1.6.10 Auslegungskriterien und Bemessungskennwerte . . . . . 415
1.6.11 Zukünftige Entwicklungstendenzen . . . . . . . . . . . . 420
Literatur – Kapitel 1.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . 423
1.7.1 Kreislaufwirtschaft und Recycling . . . . . . . . . . . . . 423
1.7.1.1 Bauteil-Wiederverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . 424
1.7.1.2 Möglichkeiten der werkstofflichen Kreislaufführung . . . 425
1.7.1.2.1 Werkstoffrecycling von Duroplasten – Partikelrecycling . 426
1.7.1.3 Biologisch abbaubare Polymere (biologisch abbaubare
Werkstoffe BAW) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427
1.7.1.4 Verträglichkeit von Polymeren . . . . . . . . . . . . . . . 427
1.7.1.5 Rohstoffliche Kreislaufführung . . . . . . . . . . . . . . 428
1.7.1.5.1 Inlösungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
1.7.1.5.2 Solvolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
1.7.1.5.3 Verfahren zur Einspeisung in Prozesse der Erdöl-
verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
1.7.1.5.4 Pyrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
1.7.1.5.5 Vergasung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431
1.7.1.5.6 Hochofen-Einblasung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432
1.7.1.5.7 Einsatz im Zement-Drehrohr . . . . . . . . . . . . . . . 432
1.7.1.6 Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432
1.7.1.6.1 Verbrennungskonzepte und -aggregate . . . . . . . . . . 433
1.7.1.6.2 Verbrennung in Kraftwerken . . . . . . . . . . . . . . . . 434
1.7.1.6.3 Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen . . . . . . . . 434
1.7.1.7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
Literatur – Kapitel 1.7.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
1.7.2 Umweltbewertung und -bilanzierung von Kunststoffen . . 436
1.7.2.1 Ganzheitliche Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . 437
1.7.2.2 Aufbau von Ökobilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
1.7.2.3 Zieldefinition und Untersuchungsrahmen . . . . . . . . . 439
1.7.2.3.1 Funktionelle Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439
1.7.2.3.2 Systemgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439
1.7.2.3.3 Datenqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440
1.7.2.4 Sachbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440
1.7.2.4.1 Verteilung (Allokation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
1.7.2.4.2 Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
1.7.2.5 Wirkungsabschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442
1.7.2.5.1 Auswahl der Wirkkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . 442
1.7.2.6 Auswertung und Interpretation . . . . . . . . . . . . . . 443
Literatur – Kapitel 1.7.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
1.8 Ausblick zu Polymer Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
1.8.1 Werkstoffherstellung, Synthese . . . . . . . . . . . . . . 444
Inhalt XI

1.8.2 Werkstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 445


1.8.3 Verarbeitung, Verfahrenstechnik . . . . . . . . . . . . 445
1.8.4 Werkzeugtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446
1.8.5 Konstruktion, Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . 446
1.8.6 Oberflächentechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
1.8.7 Qualitätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
1.8.8 Serienfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
1.8.9 Umweltaspekte, Recycling, Entsorgung . . . . . . . . . 448
1.8.10 Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448
Literatur – Kapitel 1.8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449

2 Synthetische Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451

2.1 Thermoplastische Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451


2.1.1 Polyolefine (PO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453
2.1.1.1 Polyethylen (PE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
2.1.1.1.1 PE-LD und PE-HD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
2.1.1.1.2 PE-LLD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497
2.1.1.1.3 PE-HD-UHMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
2.1.1.1.4 Polyethylen-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . 512
2.1.1.1.4.1 Vernetztes Polyethylen (PEX) . . . . . . . . . . . . . 512
2.1.1.1.4.2 Chlorierte Polyolefine . . . . . . . . . . . . . . . . . 516
2.1.1.1.4.2.1 Chloriertes Polyethylen (PE-C) (thermoplastisches
Elastomer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516
2.1.1.1.4.2.2 Vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX) . . . . . . . 520
2.1.1.1.4.3 Sulfochloriertes Polyethylen . . . . . . . . . . . . . . 521
2.1.1.1.4.4 Phosphorylierung, Sulfophosphorylierung,
Sulfierung, Oxidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
2.1.1.1.4.5 Copolymere des Ethylens . . . . . . . . . . . . . . . . 522
2.1.1.1.4.5.1 Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC) . . . . . . . 522
2.1.1.1.4.5.2 Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH) . . . . . . 527
2.1.1.1.4.5.3 Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK) . . . . . . . 528
2.1.1.1.4.5.4 Ethylen/Methacrylat-Copolymere (EMA) . . . . . . . 530
2.1.1.1.4.5.5 Ethylen/Acrylsäure-Copolymere (EAA) . . . . . . . . 531
2.1.1.1.4.5.6 Ethylen/Butylacrylat-Copolymere (EBA) . . . . . . . . 532
2.1.1.1.4.6 Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe . . . . 533
2.1.1.1.5 Literatur – Kapitel 2.1.1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . 534
2.1.1.2 Polypropylen (PP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535
2.1.1.2.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . 536
2.1.1.2.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536
2.1.1.2.1.2 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . 538
2.1.1.2.1.3 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . 544
2.1.1.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
2.1.1.2.2.1 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 549
2.1.1.2.2.2 Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . 560
XII Inhalt

2.1.1.2.2.3 Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . . . . 561


2.1.1.2.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . 562
2.1.1.2.3.1 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
2.1.1.2.3.2 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
2.1.1.2.3.3 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
2.1.1.2.3.4 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
2.1.1.2.4 Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . 567
2.1.1.2.5 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572
2.1.1.2.6 Literatur – Kapitel 2.1.1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . 574
2.1.1.3 Polybuten-1 (PB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
2.1.1.4 Polyisobutylen (PIB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP) . . . . . . . . . . . . . 587
2.1.1.6 Andere aliphatische Polyolefine . . . . . . . . . . . . 591
2.1.1.7 Ionomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC) . . . . . . . . . . . . . 596
2.1.1.9 Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-
Polyolefin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602
Literatur – Kapitel 2.1.1.3–2.1.1.9 . . . . . . . . . . . . 603
2.1.2 Vinylpolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605
2.1.2.1 Polyvinylchlorid (PVC) . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
2.1.2.1.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . 606
2.1.2.1.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
2.1.2.1.1.2 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
2.1.2.1.1.3 Rohstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
2.1.2.1.1.4 Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . . . 610
2.1.2.1.1.5 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
2.1.2.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
2.1.2.1.2.1 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 617
2.1.2.1.2.2 Beständigkeiten und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . 629
2.1.2.1.2.3 Elektrische und optische Eigenschaften . . . . . . . . 632
2.1.2.1.2.4 Sonstige Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
2.1.2.1.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . 636
2.1.2.1.3.1 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
2.1.2.1.3.2 Pastenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640
2.1.2.1.3.3 Schäumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
2.1.2.1.3.4 Bearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
2.1.2.1.3.5 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
2.1.2.1.3.6 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
2.1.2.1.3.7 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
2.1.2.1.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . 646
2.1.2.1.4.1 Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
2.1.2.1.4.2 Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
2.1.2.1.5 Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.5.1 Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.5.2 Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.5.3 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.1.2.1 . . . . . . . . . . . . . . . . 652
Inhalt XIII

2.1.2.2 Polyvinylchlorid-Modifikationen . . . . . . . . . . . . 653


2.1.2.2.1 Blends aus PVC und chloriertem PE-HD
(PE-HD-C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
2.1.2.2.2 Blends aus PVC- und EVA-Copolymeren bzw.
EVA/VC-Pfropfcopolymeren . . . . . . . . . . . . . . 664
2.1.2.2.3 Vergleich mit anderen elastifizierenden
Hochpolymeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668
2.1.2.2.4 Blends aus PVC und Acrylpolymeren . . . . . . . . . 670
2.1.2.2.5 Copolymere aus Vinylchlorid und Vinylidenchlorid/
Acrylnitril-Copolymeren (VC/VDC/AN) . . . . . . . . 670
2.1.2.2.6 Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere . . . . . . . . . 672
2.1.2.2.7 Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere . . . . . . . . . . 674
2.1.2.2.8 Literatur – Kapitel 2.1.2.2 . . . . . . . . . . . . . . . . 674

2.1.3 Styrolpolymere (PS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675


2.1.3.1 Styrol-Homopolymere (PS) . . . . . . . . . . . . . . 677
2.1.3.2 Styrol-Copolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696
2.1.3.2.1 Schlagzähmodifizierte Polystyrole . . . . . . . . . . . 698
2.1.3.2.1.1 Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB) . . . . . . . . 701
2.1.3.2.1.2 Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere (SBS) . . . . 711
2.1.3.2.1.3 Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS) . . . . . . . 723
2.1.3.2.2 Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN) . . . . . . . . . . 725
2.1.3.2.2.1 SAN-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
2.1.3.2.2.1.1 Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere
(ABS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
2.1.3.2.2.1.2 Pfropfcopolymere aus MMA, SB und ABS (MABS) . . . 751
2.1.3.2.3.1 Polymerblends aus (ABS + PC) . . . . . . . . . . . . . 756
2.1.3.2.3.2 Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropfcopolymere
(ASA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764
2.1.3.2.3.3 Polymerblends aus ASA und Polycarbonat
(ASA + PC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 776
2.1.3.2.4 Thermoplastische Styrol/Butadien-Elastomere
(SBS-TE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782
2.1.3.3 Nicht auf Polyolefinen basierende verträglich-
und schlagzäh-machende Copolymere
und Polymerblends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786
2.1.3.4 Literatur – Kapitel 2.1.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 788

2.1.4 Polyacrylate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789


2.1.4.1 Polyacrylnitril (PAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789
2.1.4.1.1 Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurch-
lässigkeit (Barriere-Kunststoffe) . . . . . . . . . . . . 790
2.1.4.2 Polymethylmethacrylat (PMMA) . . . . . . . . . . . . 793
2.1.4.3 Polymethacryl/Imid (PM/I) . . . . . . . . . . . . . . 811
2.1.4.4 Literatur – Kapitel 2.1.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . 812
2.1.5 Polyacetal (POM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813
Literatur – Kapitel 2.1.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . 845
XIV Inhalt

2.1.6 Fluorkunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 847


2.1.6.1 Polytetrafluorethylen (PTFE) . . . . . . . . . . . . . . 848
2.1.6.2 Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylencopolymer
(FEP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 869
2.1.6.3 Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE) . . . . . 878
2.1.6.4 Polytrifluorchlorethylen (PCTFE) . . . . . . . . . . . 884
2.1.6.5 Polyvinlyfluorid (PVF) . . . . . . . . . . . . . . . . . 889
2.1.6.6 Polyvinylidenfluorid (PVDF) . . . . . . . . . . . . . . 892
2.1.6.7 Thermoplastische Fluorelastomere . . . . . . . . . . . 900
2.1.6.8 Literatur – Kapitel 2.1.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . 901
2.2 Polykondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903
2.2.1.1 Polyamide (PA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909
2.2.1.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 909
2.2.1.1.1.1 Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909
2.2.1.1.2 Aliphatische Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . 912
2.2.1.1.2.1 Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . 914
2.2.1.1.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 920
2.2.1.1.2.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953
2.2.1.1.2.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . 959
2.2.1.1.3 Partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1 Polyarylamide: Arylamid PA MXD 6 . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese
und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964
2.2.1.1.3.2 Polyamid 6/6T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965
2.2.1.1.3.2.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur
und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 965
2.2.1.1.3.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966
2.2.1.1.3.2.3 Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976
2.2.1.1.3.2.4 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 976
2.2.1.1.3.2.5 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977
2.2.1.1.3.3 Polyphthalamid PPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 981
2.2.1.1.3.3.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur
und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 981
2.2.1.1.3.3.2 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 982
2.2.1.1.3.3.3 Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990
2.2.1.1.3.3.4 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991
2.2.1.1.3.4 Weitere partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . 993
2.2.1.1.3.4.1 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2.1.1.4 Modifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2.1.1.4.1 Flexible Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995
2.2.1.1.4.1.1 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.4.1.2 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.4.2 Co-Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.4.2.1 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
Inhalt XV

2.2.1.1.5 Thermoplastische Polyamid-Elastomere . . . . . . . . 997


2.2.1.1.5.1 PA 12-Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998
2.2.1.1.5.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese
und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998
2.2.1.1.5.1.2 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 999
2.2.1.1.5.1.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999
2.2.1.1.5.2 PA 11-Elastomer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1000
2.2.1.1.5.2.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese
und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1000
2.2.1.1.6 Guss-Polyamide und Polyamid-RIM-Systeme . . . . . 1001
2.2.1.1.6.1 Allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 1001
2.2.1.1.6.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese
und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1001
2.2.1.1.6.1.2 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003
2.2.1.1.6.2 Gusspolyamid 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1006
2.2.1.1.6.2.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1006
2.2.1.1.6.2.2 Verarbeitung von e-Caprolactam zu PA G-6 . . . . . . 1006
2.2.1.1.6.3 Gusspolyamid 6/12 (Copolymerisation) . . . . . . . . 1007
2.2.1.1.6.3.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1007
2.2.1.1.6.4 Elastomermodifiziertes Gusspolyamid 6 (Nyrim™) . . 1007
2.2.1.1.6.4.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1007
2.2.1.1.6.4.2 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.4.3 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.5 Gusspolyamid 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.5.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.5.2 Verarbeitung von Laurinlactam zu PA 12-G . . . . . . 1010
2.2.1.1.7 Polymermodifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . 1010
2.2.1.1.7.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1010
2.2.1.1.7.2 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1013
2.2.1.1.8 Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1014
2.2.1.1.9 Literatur – Kapitel 2.2.1.1 bis 2.2.1.1.4.2 . . . . . . . . . 1018
2.2.1.2 Thermoplastische Polyester . . . . . . . . . . . . . . 1018
2.2.1.2.1 Polycarbonat (PC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1019
2.2.1.2.1.1 PC-Cokondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043
2.2.1.2.1.1.1 Bisphenol A-Copolycarbonate . . . . . . . . . . . . . 1043
2.2.1.2.1.1.2 Blockcopolymeristion . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
2.2.1.2.1.2 Entwicklungstrends bei aromatischen
Polycarbonaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
2.2.1.2.1.2.1 Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung . . 1044
2.2.1.2.1.2.2 Polycarbonate für Lichtwellenleiter . . . . . . . . . . 1045
2.2.1.2.1.2.3 Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC) . . 1046
2.2.1.2.1.2.4 Erhöht schlagzähe PC-Cokondensate . . . . . . . . . 1047
2.2.1.2.1.3 Polycarbonatblends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048
2.2.1.2.1.4 Polycarbonat + Styrolcopolymerblends (PC + ABS)-,
(PC + ASA)- und (PC + SEBS)-Blends . . . . . . . . . 1049
2.2.1.2.1.5 Polycarbonat+Polybutylenterephthalat-Blends (PC+PBT) 1050
2.2.1.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.2.1.2–2.2.1.2.1.5 . . . . . . . . . . . 1053
XVI Inhalt

2.2.1.2.2 Polyalkylenterephthalate . . . . . . . . . . . . . . 1053


2.2.1.2.2.1 Polyethylenterephthalat (PET) . . . . . . . . . . . 1053
2.2.1.2.2.1.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . 1055
2.2.1.2.2.1.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.1.2.2.1.1.1.1 Herstellverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.1.2.2.1.1.2 Rohstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.1.2.2.1.1.2.1 Bestimmung der intrinsischen Viskosität . . . . . 1056
2.2.1.2.2.1.1.2.2 Feuchtegehaltmessung . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.1.2.2.1.1.2.3 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.1.2.2.1.1.3 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . 1057
2.2.1.2.2.1.1.4 Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . 1058
2.2.1.2.2.1.1.4.1 Additive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
2.2.1.2.2.1.1.4.2 Flammschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1059
2.2.1.2.2.1.1.4.3 Füll- und Verstärkungsstoffe . . . . . . . . . . . . 1059
2.2.1.2.2.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060
2.2.1.2.2.1.2.1 Thermische und Mechanische Eigenschaften . . . 1061
2.2.1.2.2.1.2.1.1 Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . 1061
2.2.1.2.2.1.2.1.2 Verhalten bei kurzzeitiger Beanspruchung . . . . 1061
2.2.1.2.2.1.2.1.3 Verhalten bei Langzeitbelastung . . . . . . . . . . 1062
2.2.1.2.2.1.2.1.4 Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit . 1064
2.2.1.2.2.1.2.1.5 Biege-Wechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . 1067
2.2.1.2.2.1.2.1.6 Härte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067
2.2.1.2.2.1.2.1.7 Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 1069
2.2.1.2.2.1.2.2. Beständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1070
2.2.1.2.2.1.2.2.1 Beständigkeit gegen den Angriff
durch Chemikalien . . . . . . . . . . . . . . . . . 1070
2.2.1.2.2.1.2.2.2 Spannungsrissbildung . . . . . . . . . . . . . . . 1071
2.2.1.2.2.1.2.2.3 Wasseraufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071
2.2.1.2.2.1.2.2.4 Witterungsbeständigkeit, Wetterechtheit . . . . . 1071
2.2.1.2.2.1.2.2.5 Gasdurchlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 1072
2.2.1.2.2.1.2.2.6 Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung . . . 1073
2.2.1.2.2.1.2.3 Elektrische, optische und akustische Eigenschaften 1073
2.2.1.2.2.1.2.3.1 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 1073
2.2.1.2.2.1.2.3.2 Dielektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . 1074
2.2.1.2.2.1.2.3.3 Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 1075
2.2.1.2.2.1.2.4 Sonstige Eigenschaften mit besonderer Bedeutung
vor dem Hintergrund der Anwendung . . . . . . . 1076
2.2.1.2.2.1.2.4.1 Polymer-Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076
2.2.1.2.2.1.2.4.1.1 Thermischer und oxidativer Abbau . . . . . . . . 1076
2.2.1.2.2.1.2.4.1.2 Hydrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
2.2.1.2.2.1.2.4.1.3 Scherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
2.2.1.2.2.1.2.4.1.4 Bildung von Acetaldehyd . . . . . . . . . . . . . . 1077
2.2.1.2.2.1.2.4.2 Sterilisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078
2.2.1.2.2.1.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . 1078
2.2.1.2.2.1.3.1 Trockung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078
2.2.1.2.2.1.3.2 Thermoplastische Verarbeitung von PET . . . . . 1079
2.2.1.2.2.1.3.3 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1079
Inhalt XVII

2.2.1.2.2.1.3.3.1 Extrusion von PET-Folien . . . . . . . . . . . . . 1079


2.2.1.2.2.1.3.3.2 Faserherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1080
2.2.1.2.2.1.3.3.3 Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1080
2.2.1.2.2.1.3.3.4 Blasformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1081
2.2.1.2.2.1.3.4 Umformen, Fügen und Trennen . . . . . . . . . . 1082
2.2.1.2.2.1.3.4.1 Tiefziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082
2.2.1.2.2.1.3.4.2 Trennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082
2.2.1.2.2.1.3.4.3 Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082
2.2.1.2.2.1.3.4.4 Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.5 Spanende Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6.1 Lackierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6.2 Metallisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6.3 Sonstige Oberflächenveredelungsverfahren . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.7 Verschäumen von PET . . . . . . . . . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.8 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.8.1 Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.8.2 Verpackung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.3.8.3 Spritzgießteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.3.8.4 Folien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4.1 Verarbeitung, Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4.2 Brandverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4.3 Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4 Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.1 Werkstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.1.1 Produktionsreststoffe . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.1.2 Verbraucherabfälle aus Flaschen . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.2 Rohstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . . 1088
2.2.1.2.2.1.4.4.3 Energetisches Recycling . . . . . . . . . . . . . . 1088
2.2.1.2.2.1.5 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1089
2.2.1.2.2.1.5.1 Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1090
2.2.1.2.2.1.5.2 Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1090
2.2.1.2.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.1 . . . . . . . . . . . . 1091
2.2.1.2.2.2 Polybutylenterephthalat (PBT) . . . . . . . . . . . 1091
2.2.1.2.2.3 Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E) . . 1105
2.2.1.2.2.4 Polyethylenterephthalat als Barrierekunststoff . . . 1110
2.2.1.2.3 Polyarylate (Polyarylester) . . . . . . . . . . . . . 1114
2.2.1.2.4 Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP) . 1121
2.2.1.2.4.1 LCP’s und Technische Kunststoffe – ein Vergleich . 1138
2.2.1.2.5 Polyarylether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141
2.2.1.2.5.1 Polyphenylenether (PPEmod) (substituiert,
modifiziert) = Polyphenylenetherblends . . . . . 1142
2.2.1.2.5.2 Blend aus Polyamid und Polyphenylether (mod.)
(PA + PPEmod) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151
2.2.1.2.6 Polyarylsulfon und -sulfid . . . . . . . . . . . . . 1153
2.2.1.2.6.1 Polysulfon (PSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1154
XVIII Inhalt

2.2.1.2.6.2 Polyarylethersulfone (PES) . . . . . . . . . . . . . 1173


2.2.1.2.6.3 Polyphenylensulfid (PPS) . . . . . . . . . . . . . 1188
2.2.1.2.7 Polyetherketone . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1203
2.2.1.2.7.1 Aromatische Polyetherketone (PEK, PEEK) . . . . 1203
2.2.1.2.7.2 Aliphatische Polyetherketone (PEK) . . . . . . . . 1222
Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.3–2.2.1.2.7.2 . . . . . . 1231
2.2.1.2.8 Hochwärmebeständige duro- und thermoplastische
Polykondensate und Polyaddukte . . . . . . . . . 1231
2.2.1.2.8.1 Polyimide (PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1235
2.2.1.2.8.1.1 Klassisches Polyimid (PI) . . . . . . . . . . . . . 1237
2.2.1.2.8.1.2 Copolyimide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1250
2.2.1.2.8.1.2.1 Poly-oxadiazo-benzimidazol . . . . . . . . . . . . 1250
2.2.1.2.8.1.2.2 Polybenzimidazol (PBI) . . . . . . . . . . . . . . 1250
2.2.1.2.8.1.3 Gemischt ein- und zweibindige Polymere . . . . . 1253
2.2.1.2.8.1.3.1 Polybismaleinimid . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253
2.2.1.2.8.1.3.2 Polyamidimid (PAI) . . . . . . . . . . . . . . . . 1262
2.2.1.2.8.1.3.3 Polyetherimid (PEI) . . . . . . . . . . . . . . . . 1272
2.2.1.2.8.1.3.4 Polyesterimid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1284
2.2.1.2.8.2 Literatur – Kapitel 2.2.1.2.8 . . . . . . . . . . . . . 1284

2.2.2 Duroplastische Polykondensate . . . . . . . . . . 1285


2.2.2.1 Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe (Phenoplaste)
(PF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1286
2.2.2.1.1 Härtbare PF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . 1290
2.2.2.1.2 Technische Phenolharze . . . . . . . . . . . . . . 1314
2.2.2.2 Harnstoff/Formaldehyd-Kunststoffe (Aminoplaste)
(UF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1318
2.2.2.2.1 Härtbare UF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . 1319
2.2.2.2.2 Technische Harnstoffharze . . . . . . . . . . . . . 1325
2.2.2.3 Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF) . . . . . 1326
2.2.2.3.1 Härtbare MF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . 1327
2.2.2.3.2 Modifizierte MF-Formmassen . . . . . . . . . . . 1330
2.2.2.3.2.1 Härtbare Melamin/Phenol/Formaldehyd-
Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1330
2.2.2.3.2.2 Technische Melaminharze . . . . . . . . . . . . . 1331
Literatur – Kapitel 2.2.2.1–2.2.2.3.2.2 . . . . . . . . 1332
2.2.2.4 Ungesättigte Polyesterharze (UP) . . . . . . . . . 1333
2.2.2.4.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . 1339
2.2.2.4.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1339
2.2.2.4.1.2 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . 1341
2.2.2.4.1.3 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . 1341
2.2.2.4.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1345
2.2.2.4.2.1 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . 1345
2.2.2.4.2.2 Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . 1356
2.2.2.4.2.3 Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . . 1358
2.2.2.4.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . 1361
2.2.2.4.3.1 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366
Inhalt XIX

2.2.2.4.3.2 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1368


2.2.2.4.3.3 Bearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1369
2.2.2.4.3.4 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1369
2.2.2.4.3.5 Veredeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1369
2.2.2.4.3.6 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . 1370
2.2.2.4.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . 1370
2.2.2.4.5 Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1372
2.2.2.4.6 Literatur – Kapitel 2.2.2.4 . . . . . . . . . . . . . . . . 1374
2.2.2.5 Verwandte Reaktionsharz-Formmassen . . . . . . . . 1374
2.2.2.5.1 Alkydharz-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . 1374
2.2.2.5.2 Polydiallylphthalat-Formmassen (PDAP) . . . . . . . 1375
2.2.2.6 Silicone (SI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379
2.2.2.6.1 Härtbare Siliconharz-Formmassen . . . . . . . . . . . 1381
2.2.2.6.2 Literatur – Kapitel 2.2.2.5–2.2.2.6 . . . . . . . . . . . . 1385

2.2.3 Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387


2.2.3.1 Duroplastische Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . 1387
2.2.3.1.1 Epoxidharze (EP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1388
2.2.3.1.2 Technische Epoxidharze . . . . . . . . . . . . . . . . 1388
2.2.3.1.3 Prepregs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1409
2.2.3.2 Duroplaste als Hochleistungswerkstoffe
mit günstigem Preis/Leistungsverhältnis . . . . . . . . 1410
2.2.3.2.1 Vernetzte Polyurethane (PUR) . . . . . . . . . . . . . 1412
2.2.3.2.1.1 Isocyanatharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1413
2.2.3.2.1.2 Polyurethan-Gießharz . . . . . . . . . . . . . . . . . 1420
2.2.3.2.1.3 PUR-Integralschaumstoffe . . . . . . . . . . . . . . . 1424
2.2.3.2.2 Thermoplastische Polyurethan-Elastomere
(TPE-U) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1431
2.2.3.2.2.1 Thermoplastische Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . 1440
2.2.3.2.2.1.1 Lineare Polyurethane . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1440
2.2.3.3 Literatur – Kapitel 2.2.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1442

3 Spezialkunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443

3.1 Abgewandelte Naturstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443


3.1.1 Stärke und Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1444
Literatur – Kapitel 3.1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1448
3.1.2 Polymilchsäure (PLA) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1449
Literatur – Kapitel 3.1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1451
3.1.3 Polyhydroxyfettsäuren (PHF) . . . . . . . . . . . . . 1451
Literatur – Kapitel 3.1.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1455
3.1.4 Cellulose und Cellulosederivate . . . . . . . . . . . . 1455
3.1.4.1 Vulkanfiber (VF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1456
3.1.4.2 Kunststoffe aus abgewandelter Cellulose . . . . . . . . 1458
3.1.4.2.1 Celluloseester aus anorganischen Säuren . . . . . . . 1458
3.1.4.2.1.1 Cellulosenitrat (CN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1458
XX Inhalt

3.1.4.2.2 Celluloseester aus aliphatischen Carbonsäuren . . . . . 1461


3.1.4.2.2.1 Celluloseacetat (CA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1463
3.1.4.2.2.2 Cellulosepropionat (CP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1469
3.1.4.2.2.3 Celluloseacetobutyrat (CAB) . . . . . . . . . . . . . . 1474
Literatur – Kapitel 3.1.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1477
3.1.5 Thermoplaste auf Ligninbasis . . . . . . . . . . . . . . 1477
Literatur – Kapitel 3.1.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1480
3.1.6 Duroplaste auf Basis nachwachsender Rohstoffe . . . . 1480
3.1.6.1 Polyurethane (mit Polyolen auf Basis natürlicher
Öle/Fette) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1480
3.1.6.2 Epoxyacrylate auf Basis nachwachsender
Rohstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1481
3.1.6.3 Weitere Duroplaste und Duroplastanteile auf Basis
pflanzlicher Fette und Öle . . . . . . . . . . . . . . . . 1482
Literatur – Kapitel 3.1.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1482

3.2 Elektrisch leitfähige Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1482


3.2.1 Intrinsisch leitfähige Polymere . . . . . . . . . . . . . 1483
3.2.2 Elektrisch leitfähige gefüllte Polymere . . . . . . . . . 1485
3.2.2.1 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1485
3.2.3 Elektrisch leitfähige beschichtete Polymere . . . . . . . 1491
3.2.4 Literatur – Kapitel 3.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1493

4 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1495
4.1 Kurzzeichen für Kunststoffe, Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . 1496
4.2 Kunststoffkennwerte, Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . 1523
5 Datenbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1549
6 Handelsnamenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1551
7 Kunststoffverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1563

8 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1567
Autorenverzeichnis

Altmann, Otto, Dipl.-Ing.


ASK-Altmann, Rosenheim: Abschnitt 1.6
Bräuning, Rüdiger, Dipl.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.2.4
Diemert, Jan, Dr.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal:
Abschnitte 1.4.3.5, 2.1.2.1, 2.2.1.2.2.1
Eckl, Wilhelm, Dipl.-Phys.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1
Elsner, Peter, Dr.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.1.1
Emmerich, Rudolf, Dr.
Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitte 1.4.8, 3.2
Eschl, Johannes, Dr.-Ing.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 2.1.1.2
Eyerer, Peter, Prof. Dr.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Kapitel 1
Fehrenbacher, Ulrich, Dr.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1
Geiger, Oliver, Dipl.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.2.4
Gettwert, Volker, Dr.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.3.5
Gittel, Dieter, Dipl.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal:
Abschnitte 1.4.3.5, 2.2.1.1
Hauk, Jürgen, Dr.
Baerlocher GmbH, Unterschleißheim: Abschnitt 2.1.2.1
Hegemann, Bernhard, Dipl.-Ing.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 1.5
XXII Autorenverzeichnis

Henning, Frank, Dr.-Ing.


Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT): Abschnitt 2.2.1.2.2.1
Hirth, Thomas, Prof. Dr.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal:
Bearbeitung der Beiträge und Koordination
Kaiser, Mathias, Dr.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.4.8
Inone-Kauffmann, Emilia, Dipl.-Chem.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1
Kauffmann, Axel, Dipl.-Ing.
Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal:
Abschnitte 1.4.3.3, 3.2
Keuerleber, Martin, Dipl.-Ing.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 2.1.1.2
Knoblauch-Xander, Marc, Dipl.-Ing.
Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.4.3.4
Lutz, Wolfgang, Dipl.-Ing.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 2.1.1.2
Nägele, Helmut
Tecnaro GmbH, Eisenach: Abschnitt 3.1
Pfitzer, Jürgen
Tecnaro GmbH, Eisenach: Abschnitt 3.1
Pinkwart, Karsten, Dr.
Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.2
Pöllet, Peter, Dipl.-Ing.
Sugenheim (vorm. IKP): Tabelle 4-35
Rüb, Guntmar, Dipl.-Ing.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 2.1.1.2
Sandoz, Benjamin
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.1.2.2.1
Schrader, Christoph, Dipl.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1
Schweppe, Rainer, Dipl.-Chem.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1
Stieneker, Axel, Dr.
VESTOLIT GmbH & Co. KG, Marl: Abschnitt 2.1.2.1
Stolzenberg, Andreas, Dipl.-Ing.
Stolzenberg projectmanagement plastics, Schwanewede, Abschnitt 2.1.1.2
Autorenverzeichnis XXIII

Tröster, Stefan, Dr.-Ing.


Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.4.3.7
Twardon, Gabriele
Reutlingen: Abschnitt 1.3.4.2
Ulrich, Christian, Dipl.-Chem.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 2.1.1.2
Völkle, Dietmar, Dr.-Ing.
Airbus Aircabin, Laupheim: Abschnitt 1.4.3.2
Wagner, Thomas, Dr. rer. nat.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 1.3.4.2
Woicke, Nina, Dipl.-Ing.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 2.1.1.2
Woidasky, Jörg, Dipl.-Ing.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal:
Abschnitte 2.1.1.2, 2.1.2.1, 2.2.2.4
Wolf, Marc-Andree, Dipl.-Geoökol.
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde:
Abschnitt 1.7.2
Wörsing, Katharina, Dipl.-Phys.
Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal:
Bearbeitung der Beiträge und Zusammenstellung der Verzeichnisse
Polyolefine (PO)
Polyethylen (PE), PE-LD und PE-HD, PE-LLD, PE-HD-UHMW, Polyethylen-Modifikationen: Vernetztes Polyethylen
(PEX), Chlorierte Polyolefine, Chloriertes Polyethylen (PE-C), Sulfochloriertes Polyethylen, Copolymere des Ethy-
lens, Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe, Polypropylen (PP), Polypropylen-Modifikationen, Teilkris-
talline Blockcopolymere, Ethylen/Propylen, (Dien)-Copolymere (EPDM), Polybuten-1 (PB), Polyisobutylen (PIB),
Poly-4-methylpenten-1 (PMP), Andere aliphatische Polyolefine, Ionomere, Cycloolefinpolymere (COC), Verbund-
werkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Polyolefine

Vinylpolymere
Polyvinylchlorid (PVC), Polyvinylchlorid-Modifikationen, Blends aus PVC und chloriertem PE-HD (PE-HD-C),
Blends aus PVC und EVA Copolymeren bzw. EVA/VC-Pfropfcopolymeren, Blends aus PVC und Acrylpolymeren,
Copolymere aus Vinylchlorid und Vinylidenchlorid/Acrylnitril-Copolymer,Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere,
Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere

Styrol-Homopolymere (PS), Styrol-Copolymere, Schlagzähmodifizierte Polystyrole, Styrol/Butadien-Pfropfcopoly-

Styrolpolymere
mere (SB), Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere (SBS), Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS), Styrol/Acryl-
nitrilcopolymere (SAN), SAN-Modifikationen, Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere (ABS), Pfropf-

(PS)
copolymere aus MMA, SB, ABS (MABS), Polymerblends aus (ABS+PC), Acrylnitril/Styrol/Acrylester, Pfropf-
copolymere (ASA), Polymerblends aus ASA und Polycarbonat (ASA+PC), Thermoplastische Styrol/Butadien-
Elastomere (SBS-TE), Nicht auf Olefinen basierende verträglich und schlagzähmachende Copolymere und Poly-
merblends

Polyacrylate
Polyacrylnitril (PAN), Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit (Barrierekunststoffe), Polymethyl-
methacrylat (PMMA), Polymethacryl/Imid (PM/I)

Polyacetal (POM)

Polyacetal
Polytetrafluorethylen (PTFE), Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen Copolymere (FEP), Tetrafluorethylen/Ethylen-

(POM)
copolymer (E/TFE), Polytrifluorchlorethylen (PCTFE), Polyvinylfluorid (PVF), Polyvinylidenfluorid (PVDF), Ther-
moplastische Fluorelastomere

Polyamide (PA), Aliphatische Polyamide, Partiell aromatische Amide, Modifizierte Polyamide, Thermoplastische

Fluorkunststoffe
Polyamidelastomere (PA-TE), Guss-Polyamide und Polyamid RIM-Systeme, Polymermodifizierte Polyamide, Ther-
moplastische Polyester, Polycarbonat (PC), PC-Cokondensate, Bisphenol A-Copolycarbonate, Blockpolymerisation,
Entwicklungstrends bei aromatischen Polycarbonaten, Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung, Polycar-
bonate für Lichtwellenleiter, Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC), Erhöht schlagzähe PC-Cokonden-
sate, Polycarbonatblends, Polycarbonat + Styrolcopolymerblends (PC+ABS)-, (PC+ASA)- und (PC+SEBS)-Blends,
Polycarbonat + Polybutylenterephthalat-Blends (PC + PBT),Polyalkylenterephthalate,Polyethylenterephthalat (PET),
Polybutylenterephthalat (PBT), Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E), Polyethylenterephthalat als Barri-
erekunststoff, Polyarylate (Polyarylester), Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP), LCP’s und Technische
Kunststoffe – ein Vergleich, (Polyarylether, Polyphenylenether (PPmod) (substituiert, modifiziert), (PPmod+Polymer)-
Thermoplastische
Polykondensate

Blends, Polyarylsulfon und -sulfid, Polysulfon (PSU), Polyarylethersulfon (PES), Polyphenylensulfid (PPS), Poly-
etherketone, Aromatische Polyaryletherketone (PEK, PEEK), Aliphatische Polyetherketone (PEK), Hoch wärmebe-
ständige duro- und thermoplastische Polykondensate und Polyaddukte, Polyimide (PI), Klassisches Polyimid (PI),
Copolyimide, Poly-oxydiazo-benzimidazol, Polybenzimidazol (PBI), Gemischt ein- und zweibindige Polymere, Poly-
bismaleinimid, Polyamidimid (PAI), Polyetherimid (PEI), Polyesterimid

Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe (PF), Härtbare PF-Formmassen, Technische Phenolharze, Harnstoff/Formalde-


Polykondensate
Duroplastische

hyd-Kunststoffe (Aminoplaste) (UF), Härtbare UF-Formmassen, Technische Harnstoffharze, Melamin/Form-


aldehyd-Kunststoffe (MF), Härtbare MF-Formmassen, Modifizierte MF-Formmassen, Härtbare Melamin/Phenol/
Formaldehyd-Formmassen, Technische Melaminharze, Ungesättigte Polyesterharze (UP), UP-Reaktions-Gieß-
harze, Verstärkte UP-Formmassen, Verwandte Reaktionsharz-Formmassen, Alkydharz-Formmassen, Polydiallyl-
phthalat-Formmassen (PDAP), Silicone (SI), Härtbare Siliconharz-Formmassen

Duroplastische Polyaddukte, Epoxidharze (EP), Technische Epoxidharze, Prepregs, Duroplaste als Hochleistungs-
Polyaddukte

werkstoffe mit günstigem Preis/Leistungsverhältnis, Vernetzte Polyurethane (PUR), Isocyanatharze, Polyurethan-


Gießharz, PUR-Integralschaumstoffe, Thermoplastische Polyurethan-Elastomere (TPE-U), Thermoplastische Poly-
addukte, Lineare Polyurethane
KAPITEL 1

Einführung in Polymer Engineering


Peter Eyerer

Kunststoffe sind hoch molekulare organische Verbindungen, die entweder durch


Abwandeln hochmolekularer Naturstoffe oder durch chemische Aneinander-
lagerung niedermolekularer Grundbausteine, sog. Monomeren, durch verschie-
denartige chemische Reaktionen entstehen. Demgemäß unterscheidet man zwi-
schen abgewandelten Naturstoffen und synthetischen Kunststoffen. Die synthe-
tischen Kunststoffe sind verbreiteter und vielfältiger. Die Vielfalt erklärt sich aus
der großen Zahl von Möglichkeiten bei der Auswahl monomerer Bausteine und
den verschiedenen Arten ihrer Aneinanderlagerung zu hochmolekularen Ketten
(linear, verzweigt, vernetzt). Forschung und Technik erschließen vereinzelt noch
neue synthetische Kunststoffe, die Zahl der chemischen Modifikationen be-
stehender Kunststoffe durch Copolymerisation oder Mischen (blending) über-
wiegt jedoch zwischenzeitlich bei weitem.
Kunststoffe (Polymere) sind Werkstoffe; die Kunststoffkunde ist somit ein
Teil der Werkstoffkunde. Werkstoffe sind für die Konstruktion nützliche feste
Stoffe, die sich technisch, wirtschaftlich, umweltlich und physiologisch gut ver-
arbeiten, anwenden und zurückgewinnen lassen.
Kunststoffe sind Werkstoffe ·nach MaßÒ mit allen Chancen und Risiken aus
dieser Anpassungsfähigkeit.

Umweltgerechtes Polymer Engineering


Die Entwicklung von Bauteilen, Komponenten, Systemen – allgemein von Pro-
dukten – erfordert eine ganzheitliche Betrachtung.
Polymer Engineering schließt somit Synthese, Verarbeitung, Konstruktion,
Werkzeugtechnik, Anlagen, Fertigung, Oberfläche sowie Wiederverwertung bis
hin zur Entsorgung und die Aus- und Weiterbildung ein.
Kunststoffe oder Polymere entstehen über eine chemische Reaktion vom
Monomer zum Polymer, der so genannten Polymerisation.
Je nach Art der Verstärkungsstoffe, Fasern (kurz, lang), Kugeln, Plättchen oder
Fasergewebe/-gestricke lassen sich Eigenschaften in weiten Grenzen verändern.
Der Umgang mit Kunststoffen und Verbundwerkstoffen setzt die Kenntnis
der temperatur- und zeitabhängigen Eigenschaften dieser Werkstoffgruppe
voraus. Je höher der chemische Vernetzungsgrad der Makromoleküle, der
Grundbausteine eines jeden Kunststoffes ist, umso höher ist er thermisch und
mechanisch belastbar, umso weniger kriecht er unter Last, umso beständiger ist
er gegen Medieneinflüsse.
2 1 Einführung in Polymer Engineering

Kunststoffe und Verbundwerkstoffe sind Werkstoffe nach Maß. Einge-


schränkt wurde diese nahezu grenzenlose Freiheit in den vergangenen 15 Jahren
durch die Notwendigkeit der Verwertung und den Schwierigkeiten beim Entsor-
gen. Zwischenzeitlich werden verstärkt Gradientenwerkstoffe und Funktions-
werkstoffe entwickelt und eingesetzt. Sie sind sortenrein wirtschaftlich kaum
noch wiederzuverwerten.Vorteile während der Nutzung überwiegen den Recyc-
lingaspekt.
Weitere wichtige Vorteile der Kunststoffe sind die vielen wirtschaftlichen Ver-
arbeitungsmöglichkeiten verbunden mit Gestaltungsfreiräumen und der Inte-
gration verschiedenster Funktionen. Das Innovationspotential beim Verarbei-
ten von Polymeren und Verbundwerkstoffen ist ungebrochen groß.
Die Kombination von Verfahren eröffnet dabei neue Dimensionen. Besonders
attraktiv wird zukünftig das Pressen von gradierten Faserverbundwerkstoffen
sein. Ein Durchbruch in der Automobiltechnik, also der Großserienanwendung
dieser Werkstoffgruppe, ist im Gange.
Die Wettbewerbsfähigkeit von Werkstoffen wird stark bestimmt vom Zeit-
bedarf bei der Prototypenherstellung (rapid prototyping) und durch die
Werkzeugtechnik (rapid tooling). Die Verzahnung von rapid engineering mit si-
multaneous engineering (CAD, CAE, CIM, TQM …) ist zwischenzeitlich Stand
der Technik. Eine Chance für den Standort Deutschland ist in der konsequenten
Entwicklung werkzeugfallender Produkte zu sehen.
Sobald wirtschaftliche Verarbeitungsverfahren für großflächige Bauteile mit
verzahnter in-line zerstörungsfreier Prüftechnik verfügbar sind, werden poly-
mere Faserverbundwerkstoffe in der Großserie, beispielsweise Automobilbau in
der Außen- und Innenanwendung oder im Bauwesen, auch in tragende Struktu-
ren einziehen. Im Bereich des Maschinenbaues, der Medizintechnik, der Elektro-
technik und des Bauwesens sind schon heute Verbundwerkstoffe unverzichtbar.
Die Oberflächentechnik ist für die Anwendung von Kunststoffen und Ver-
bundwerkstoffen eine Schlüsseltechnologie. Die Verbraucher fordern höchste
Qualität ohne die Bedeutung für die Umwelt zu erkennen. Die Produkthersteller
sollten im Rahmen einer konzertierten Aktion zukünftig überzogene Ober-
flächengüten abbauen und damit wichtige Beiträge zur Ressourcenschonung
liefern.
Wasserlacke, Einschichtlacke, Oversprayreduktion, Lösemittelrückgewin-
nung, Lackschlammrecycling sowie eingefärbte Grundwerkstoffe sind Stich-
worte, mit denen sich Umweltprobleme bis hin zum Recycling von Kunststoffen
verbessern lassen.
Fast alle Kunststoffe sind stofflich wiederzuverwerten. Je sortenreiner, umso
besser. Verbundwerkstoffe auf Basis unterschiedlichster Matrices sind deutlich
kritischer. Wirtschaftliche und logistische Aspekte stehen dem Stoffrecycling
heute noch entgegen. Die Demontagekosten sind beim Produktpreis weitgehend
unberücksichtigt. Die Verbrennung von Kunststoffen ist derzeit häufig die wirt-
schaftlichste Lösung. Eine isolierte Betrachtung des Kunststoff-Recyclings ist
nicht zielführend.
Ganzheitliche Bilanzierungen sind Entscheidungshilfen für die Werkstoff-
und Verfahrensauswahl bei der Produktentwicklung. Erst wenn die Herstellung,
die Verarbeitung, der Gebrauch und die Wiederverwertung bzw. Entsorgung in
1.1 Einteilungen 3

Form eines geschlossenen Kreislaufes bilanziert wird, vollständig und objektiv,


sind qualifizierte Aussagen möglich. Hierzu bedarf es interaktiver Datenbanken
und standardisierter Bewertungsmethoden.
Werkstoffe der Zukunft sind erfolgreich nur im Gesamtrahmen eines Pro-
dukt-Engineering ganzheitlich zu betrachten. Für Kunststoffe und Verbund-
werkstoffe ist dies das Polymer Engineering. Dies gilt auch für Polymere aus
nachwachsenden Rohstoffen (Matrix und Fasern).
Neben fachlichen Aspekten ist die Aus- und Weiterbildung in das Produkt-
Engineering zu integrieren. Frontale Wissensvermittlung ist hierbei durch eine
verbesserte Lehr- und Lernkultur zu ergänzen. Die Ausbildungsmethode Theo-
Prax beispielsweise verzahnt Schüler, Studenten, Lehrer und Unternehmer über
industrielle Projektarbeit mit Ernstcharakter.

1.1
Einteilungen
Der Name Kunststoffe stammt aus den 1940er Jahren und bedeutet Ersatzstoff
für damalig knapp werdende Naturrohstoffe für Dichtungen, Reifen, Isolier-
stoffe, Bindemittel u. v. m.
Nach dem 2. Weltkrieg spalteten sich die Polymere, das ist der wissenschaftli-
che Überbegriff griechischen Ursprungs (poly – viel, meros – das Teil, also viel-
teilig) in Kunststoffe (Thermoplaste, Duroplaste) und Elastomere (Gummi). Der
heute angeführte Grund, Natur- und Synthesegummi seien chemisch völlig an-
ders und was die Naturbasis betrifft, einmalig, ist falsch. Lignin, das Biopolymer,
das die holzbildenden Pflanzen aufbaut und deren Cellulosefasern räumlich fi-
xiert, ist mengenmäßig weit häufiger vertreten und kann sowohl thermo- also
auch duroplastisch vorliegen.
Aus diesem Grund werden gegen den landläufigen Trend in diesem Buch die
Begriffe Kunststoffe und Polymere gleichgesetzt und zwar übergeordnet.

1.1.1
Einteilung der Werkstoffe
Die Einteilung der Werkstoffe kann in Metalle und Nichtmetalle erfolgen. Einge-
rahmt wird diese Einteilung von den Verbundwerkstoffen. Die Kunststoffe fin-
den sich unter den organischen Werkstoffen, entweder bei den natürlichen
Werkstoffen wie beispielsweise Lignin (Holz) oder Latex, oder bei den syntheti-
schen Werkstoffen einschließlich deren Umwandlungen von natürlichen Aus-
gangsrohstoffen.

1.1.2
Einteilung der Kunststoffe
Kunststoffe lassen sich nach Bild 1-1 in Thermoplaste, Elastomere und Duro-
plaste einteilen. Die jeweiligen Unterteilungen erfolgen in der Praxis nach unter-
4 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-1. Einteilung der Kunststoffe [1]. TPE … thermoplastische Elastomere; UHMW PE …
höchstmolekulares Polyethylen

schiedlichen Gesichtspunkten. In Bild 1-1 werden die Thermoplaste physikalisch


(nach ihrer Struktur), die Elastomere chemisch (nach dem Merkmal Doppel-
bindung) und die Duroplaste nach dem Verfahrensparameter Druck eingeteilt.
Thermoelaste (mehr als Sonderfall) und die bedeutende Gruppe der
thermoplastischen Elastomere (TPE) lassen sich in Bild 1-1 über die Thermo-
plaste mit chemisch in die Molekülketten eingebauten Kautschukelementen
einzeichnen.

1.1.3
Einteilung der Verbundwerkstoffe
Verbundwerkstoffe lassen sich wie folgt definieren:
• sie bestehen aus zwei oder mehreren Komponenten (Phasen),
• die nicht ineinander löslich sind,
• mit optimal gezüchteten Eigenschaften für spezifische Anwendungen;
• sie sind makroskopisch quasihomogen.
Voraussetzungen für ein Verbundkonzept sind:
• die Eigenschaften der Phasen sind um den Faktor > 3 unterschiedlich und
• der Anteil einer Phase ist größer 10 Masse-Prozent.
1.1 Einteilungen 5

Tabelle 1-1. Gliederung: Verbundwerkstoffe und Anwendungen [1]

Geometrie Teilchenverbunde Faserverbunde Werkstoffverbunde


Schichtverbunde

Verstärkungs- Glaskugeln, Glasfaser Sandwich aus


stoffe Talkum, Whisker, – hochfesten Blechen/
Matrix- Quarzmehl C-Faser Folien
werkstoffe – Fasergelegen u.a.

Metalle Fermur-Kopf Kolbenboden Brennraumeinfassung


(Blockbarbide) Kolbenmulden- (ZKD)
rand Flachdichtung

anorg. Glas gesintertes Drahtglas Sicherheitsglas


Werkstoffe Schaumglas
Keramik Schutzplatten Ventile, Kolbenboden
für Raumgleiter Turbinenschaufeln Piezoaktoren
Zement Beton Stahl-, C-Faser- CFK schichtsanierte
beton Brücken
Kohlenstoff – Bremsbeläge Flachdichtungen
Polymere Thermo- Pumpengehäuse Lüfterräder, Surfbrett, Verpackung
plaste Frontend, Instrumententafel
Unterboden
Duroplaste Schleifscheiben Stoßfänger, Scheinwerferreflektor,
Implantate, Flug- Sperrholz
zeugstrukturen
Elastomere Autoreifen Gummischlauch Membranen, Gummi-
(Lauffläche) Metall-Verbindungen

Abgrenzung: Makroskopisch inhomogene Phasenverbunde sind


Werkstoffverbunde
(Verbundwerkstücke)
z. B. Zylinderkopfdichtung (ZKD), Gummi-Metall-Verbindungen
Tabelle 1-1 verdeutlicht eine mögliche und übliche Einteilung der Verbundwerk-
stoffe und nennt dazu Anwendungsbeispiele.

1.1.4
Hauptmerkmale von Kunststoffen (in Anlehnung an DIN 7724) [2]
Thermoplaste sind bis zur Zersetzungstemperatur nicht vernetzte Kunststoffe.
Oberhalb der Erweichung der amorphen Struktur bei amorphen Thermoplas-
ten bzw. oberhalb der Schmelztemperatur bei teilkristallinen Thermoplasten
tritt Fließen bzw. Schmelzen ein, Bild 1-2. Bei diesem thermoplastischen Zustand
kann die viskose Flüssigkeit verarbeitet werden. Durch Abkühlung wird Gestalt-
festigkeit erreicht. Das Aufschmelzen und Erstarren bzw. Kristallisieren ist be-
liebig oft wiederholbar.
6 1 Einführung in Polymer Engineering

Thermoplastische Elastomere sind mehrphasige Kunststoffe mit gummi-


elastisch verformbaren Molekülbereichen, in die Bereiche schmelzbarer amor-
pher Thermoplaste eingebaut sind. Sie können damit thermoplastisch verformt
werden.
Thermoelaste sind chemisch oder physikalisch weitmaschig vernetzte Kunst-
stoffe, die oberhalb der Erweichungstemperatur (Glastemperatur) bzw. oberhalb
der Schmelztemperatur zwar gummielastisch werden, aber bis zur Zersetzungs-
temperatur nicht viskos fließen und damit nicht thermoplastisch verarbeitbar
sind. Unterhalb der Erweichungstemperatur verhalten sie sich thermoplast-
ähnlich.
Elastomere sind weitmaschig chemisch vernetzte Kunststoffe, die von tiefen
Temperaturen (unter 0 °C) bis zur Zersetzungstemperatur gummielastisch sind,
Bild 1-2. Infolge der weitmaschigen Vernetzung sind Makro-Brown’sche Bewe-
gungen (Abgleiten von Molekülketten) bei keiner Temperatur möglich. Ober-
halb der Erweichungstemperatur (Glastemperatur) – über – 80 °C bis + 20 °C je
nach Kunststoff – sind Bewegungen von Kettensegmenten und damit je nach
Höhe der Temperatur und äußeren Belastungen größere Verformungen mög-
lich. Fließvorgänge (Verarbeitung) sind nach der Vernetzung (Vulkanisation)
kaum mehr möglich, Bild 1-2.

Bild 1-2. Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls (E-Moduls) von Kunststoffen (Schema).


Statt des E-Moduls kann man auch die Spannung s bei konstanter Dehnung e oder die Visko-
sität u oder andere Eigenschaften auftragen [1]
1.1 Einteilungen 7

Bild 1-3. Strukturschema verschiedener Kunststoffgruppen [1]


8 1 Einführung in Polymer Engineering

Duroplaste sind chemisch engmaschig bis zur Zersetzungstemperatur ver-


netzte, in der Regel amorphe, Kunststoffe. Infolge der Vernetzung führen die
Makromoleküle auch keine Mikro-Brown’sche Bewegungen (Rotationen von
Kettensegmenten) mehr aus. Lediglich oberhalb der Erweichungstemperatur
(Glastemperatur) – über 50 °C – sind eingeschränkt Bewegungen von Kettenseg-
menten möglich, die zu begrenzten Kriechvorgängen führen. Fließvorgänge
(Verarbeitung) sind nach der Vernetzung nicht mehr möglich.
Thermoplaste und thermoplastische Elastomere sind schmelzbar; Elasto-
mere und Duroplaste sind nicht schmelzbar.Alle Kunststoffe sind mehr oder we-
niger erweichbar bzw. einfrierbar.
Wenn man die Eigenschaften über der Temperatur betrachtet, so ergeben sich
prinzipiell folgende Kurven (tatsächlich sind es je Kunststoffgruppe ganze Kur-
venscharen), siehe Bild 1-2.
Bild 1-3 fasst einige Aussagen zu den drei Hauptgruppen von Kunststoffen zu-
sammen und erweitert sie um qualitative Eigenschaften.
Die folgenden Darstellungen und Aussagen vertiefen die Hauptmerkmale von
Kunststoffen.
Thermoplaste lassen sich nach Bild 1-4 einteilen. Die Ordnung der Makro-
moleküle wird schematisch gezeigt.
Elastomere lassen sich nach Bild 1-5 einteilen.
Am Beispiel einer Reifenrezeptur wird die Hauptanwendung für Elastomere
in Tabelle 1-2 vertieft.
Das Strukturmodell für Elastomere gibt Bild 1-6 wieder.
Die Einteilung und Verwendung von Elastomeren erläutert Tabelle 1-3.
Thermoplastische Elastomere lassen sich nach Bild 1-7 einteilen.
Thermoplastische Elastomere (TPE) sind Zwei- oder Mehrphasenkunststoffe
(Block-Copolymere) mit ähnlichen elastischen Eigenschaften wie Elastomere,
jedoch mit einer Schmelztemperatur, sodass sie wie Thermoplaste verarbeitet
werden können.
Tabelle 1-4 beschreibt am Beispiel Polyolefinblends deren Vorteile gegenüber
Thermoplasten und Elastomeren.
Duroplaste lassen sich nach Bild 1-8 einteilen.
Die chemische Vernetzungsreaktion findet im (in der Regel beheizten) Werk-
zeug statt.
Am Strukturmodell, Bild 1-9, erkennt man die engmaschige Vernetzung der
Makromoleküle infolge hoher Dichte der chemischen Vernetzungsstellen.
Tabelle 1-5 gibt Auskunft über die wichtigsten Kurzzeichen für Kunststoffe.
Eine ausführliche Auflistung findet sich im Anhang, Tabelle 4-7.
1.1 Einteilungen 9

Bild 1-4. Unterteilung der Thermoplaste nach Strukturmerkmalen [1]

Tabelle 1-2. Beispiel für eine Reifenrezeptur (nach Goodyear Forschungszentrum) in Masse-
prozent:

10% Stahlcord Beispiel für eine PKW-Reifen-Mischung:


3% Textilien + Wulstdraht 60% SBR
42% Elastomer (Gummi) 20% NBR
27% Ruß 12% BR
11% Öl 3% IIR
1% chemische Füllstoffe 5% Sonstige
10 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-5. Einteilung der Elastomere nach ihrer chemischen Struktur [1] (Vertiefung siehe Ta-
belle 1-3)

Bild 1-6. Modell der Struktur eines räumlich weitmaschig, chemisch vernetzten Elastomers mit
Vernetzungsstellen
1.1 Einteilungen 11

Tabelle 1-3. Zusammenstellung der bedeutendsten Elastomertypen mit ihren hauptsächlichen


Anwendungsbereichen [3]

Elastomere Kurz- Typische Anwendungsbereiche


bezeichnung

Naturgummi NR Auskleidung im Apparatebau, Schuhsohlen,


Gummistiefel, Handschuhe, Klebstoffe
Styrol-Butadien- SBR technische Artikel
Gummi
Butadiengummi BR Fahrzeugreifen Schuhsohlen
technische Artikel
Isoprengummi IR dünne Gummiartikel
Chemisch vernetzte Elastomere (Vulkanisate)

Chloroprengummi CR Technische Gummiwaren wie z.B.


Transportbänder, Dichtungen, Schläuche
Walzenüberzüge, Behälterauskleidungen
Acrylnitril-Buta- NBR Standard Gummi für technische Anwendungen:
dien-Gummi O-Ringe, Nut-Ringe, Dichtmanschetten,
(Nitrilgummi) Wellendichtringe, Faltenbeläge, Membranen,
Schläuche, Öl- und kraftstoffbeständige
Dichtungen
Polyurethan PUR verschleißfeste, dämpfende Maschinenteile,
Auskleidungen, Schuhe
Ethylen-Propylen- EPDM Energieabsorbierende Außenteile von Fahr-
Terpolymere (Dien) zeugen wie Front- und Heckspoiler, Stoßfän-
ger, Kabelisolierungen, Mischkomponenten
für Thermoplaste (PP), Profildichtungen
Butylgummi IIR Schläuche für Reifen, Dichtungen, Membranen,
Dämpfungselemente, Auskleidungen im
Apparatebau bis 140 °C (abriebfest), Elektrische
Isolierungen in der Kabelindustrie
Silicongummi VQM Formdichtungen und Dichtungsmassen hoher
Wärmebeständigkeit und Kälteflexibilität
Fluorelastomere FKM Dichtungen mit hoher Beständigkeit gegen
Wärme und Chemikalien
Physikalisch „vernetzte“ Elastomere (TPE)

Thermoplastische EPR Energieabsorbierende Automobilaußenteile


Polyoelfine-Elasto- (EPM) wie Spoiler oder Stoßfänger
mere (Ethylen-
Propylen-Block-
copolymere)
Styrol-Butadien- SBS Sohlen für Schuhe, Mischkomponente für
Blockpolymere Thermoplaste
Thermoplastische TPE-U Skischuhe, Verschleißschutz, Dämpfungs-
Polyurethane elemente
Thermoplastische TPE-E Hydraulik, Pneumatik (öl- und
Polyetherester temperaturbeständig)
Thermoplastische TPE-A
Polyamid-Elastomere
12 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-7. Klassifizierung thermoplastischer Elastomere [4]

Bild 1-8. Einteilung der Duroplaste nach dem Verarbeitungsverfahren [1]


1.1 Einteilungen 13

Tabelle 1-4. Thermoplastische Elastomere (am Beispiel TPO); Eigenschaften

Thermoplastische Elastomere
(z.B. Polyolefinblends TPO)

Vorteile der Polyolefinblends (TPO) Vorteile der Polyolefinblends (TPO)


gegenüber Thermoplasten gegenüber Elastomeren

쐌 Verbessertes 쐌 Niedrigere
Rückstellvermögen Verarbeitsungskosten
쐌 Höhere Einsatztemperaturen 쐌 Höhere Produktivität,
쐌 Weichmacherfreiheit reduzierte Energiekosten
쐌 Verbesserte 쐌 Rezyklierbarkeit von
Abriebbeständigkeit Produktionsabfällen und
쐌 Erhöhte Kälteflexibilität Altteilen
쐌 Schweißbarkeit und
unproblematische Einfärbbarkeit

Bild 1-9. Räumlich engmaschig, chemisch vernetztes Strukturmodell für Duroplaste


14 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-5. Kurzzeichen für Kunststoffe (Auswahl) [5]

ABS Acrylnitril – Butadien – Styrol POM Polyoxymethylen


ASA Acrylnitril – Styrol – Acrylat PF Polyformaldehyd; Phenolharz
EP Epoxid, Epoxyharz PP Polypropylen
EPDM Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk PPA Polyphthalamid
LCP Flüssig-Kristalliner Kunststoff PPE Polyphenylenether
PA11 Polyamid 11 PPS Polyphenylensulfid
PA12 Polyamid 12 PPSU Polyphenylensulfon
PA4.6 Polyamid 4.6 PS Polystyrol
PA6 Polyamid 6 PSU Polysulfon
PA6.6 Polyamid 6.6 PTFE Polytetrafluorethylen
PA6.10 Polyamid 6.10 PUR Polyurethan
PA6.6/6T Copolyamide 6.6/6T PVC Polyvinylchlorid
PAEK Polyaryletherketon PVDF Polyvinylidenfluorid
PBT Polybutylenterephthalat SAN Styrol – Acryl – Nitril
PC Polycarbonat SB Styrol – Butadien
PE Polyethylen TPO Thermoplastisches Elastomer
PEI Polyetherimid auf Polyolefinbasis
PEEK Polyetheretherketon TPU Thermoplastisches Elastomer
PES Polyethersulfon auf Polyurethanbasis
PET Polyethylenerephthalat UP Ungesättigter Polyester
PK Polyketon
PMMA Polymethylmethacrylat

1.1.5
Wirtschaftliche Bedeutung der Kunststoffe

1.1.5.1
Wirtschaftsdaten zu Thermoplasten [6]
Die Bilder 1-10 bis 1-13 geben Auskunft über aktuelle Wirtschaftsdaten zu Ther-
moplasten.
Die folgenden Bilder und umfangreiche weitere Daten findet man auf der
Homepage des Plastics Europe Deutschland (http://www.vke.de unter Informa-
tionsmaterial; Downloadfiles; Aktuelle Wirtschaftsdaten und Grafiken):
• Menge der wichtigsten verarbeiteten Kunststoffe
• Produktion von Rohstahl und Kunststoffen 1950 – 2002
• Weltproduktion von Kunststoffen aufgegliedert nach Kunststoffarten 2002
(Tonnage in Prozent)
• Verbrauch von Kunststoff-Werkstoffen – Prognose 2010
• Pro-Kopf-Verbrauch von Kunststoff-Werkstoffen
• Ausgewählte Hersteller von Kunststoffen in Deutschland 2002
• Beispiel eines globalen Kunststoffherstellers
1.1 Einteilungen 15

Bild 1-10. Erdölverbrauch bei der Herstellung von Kunststoffen

Bild 1-11. Einsatzgebiete von Kunststoffen in Deutschland, Menge der verarbeiteten Kunststoffe
2001 [6]
16 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-12. Volkswirtschaftliche Bedeutung der Kunststoff-Industrie in Deutschland 2002 [6]

Bild 1-13. Struktur der Kunststoff-Industrie in Deutschland 2002 (Schätzung) [6]


1.1 Einteilungen 17

1.1.5.2
Wirtschaftsdaten zu Duroplasten [7]
Aktuelle Wirtschaftsdaten zu Duroplasten und weitere Zahlen und Informatio-
nen finden Sie unter www.avk-tv.de.

1.1.5.3
Wirtschaftsdaten zu Elastomeren [8]
Aktuelle Wirtschaftsdaten zu Elastomeren und weitere Zahlen und Informatio-
nen finden Sie unter www.vdk.de.

1.1.5.4
Preisspanne für Kunststoffe
Tabelle 1-6 nennt für ein ausgewähltes Spektrum an Kunststoffen und Metallen
Preisspannen.

Tabelle 1-6. Preisspanne pro Kilogramm Granulat Kunststoff (Auswahl) in € für 2003 (Größen-
ordnung)

Kunststoffe/Metalle Euro € Kunststoffe/Metalle Euro €

PE 0,50–1,75 PA11 7,50–11,50


PP 0,50–2,50 PA12 7,50–11,50
PS 0,85 –1,30 PA6 2,50–6,00
PVC 0,55–1,40 PA6.6 3,00–6,50
PBT 3,30–10,50
ABS 2,05–4,75 POM 2,70–7,75
PC 6,00–9,50 PET 3,00–10,00
PIMMA 2,25–6,25 PPS 3,00 –10,50
PEI 10,00–17,00 PTFE ca. 12,50
SAN 1,50–2,50 LCP ca. 50,00
SB 0,90–1,50 PEEK ca. 60,00
PSU 13,50
zum Vergleich TPO 2,50–5,00
St 37 0,30–0,50 TPU 3,75–6,25
Al 0,70–1,00 UP 2,60–5,00
Mg 1,50–2,00 PF (vorvernetzt) 1,00–3,00
Ti 4,00–5,00 EP 4,00–10,00

Literatur – Kapitel 1.1


[1] Eyerer P Kunststoffkunde.Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11.Aufl, Stuttgart: Institut für
Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[2] DIN 7724: Polymere Werkstoffe; Gruppierung polymerer Werkstoffe aufgrund ihres mecha-
nischen Verhaltens. Ausgabe 1993/04, Beuth Verlag, Berlin
[3] Erhard G Vorlesungsmanuskript. Universität Karlsruhe, 1993
18 1 Einführung in Polymer Engineering

[4] Osen E, Sckuhr M Thermoplastische Elastomere (TPE). Kunststoffe 89 (1999)10, S. 176–179


[5] Franck A Kunststoff-Kompendium. Würzburg: Vogel Verlag, 2000, 5. Aufl
[6] Plastics Europe Deutschland, Frankfurt: 2003 www.vke.de
[7] Brinkmann PHP, Kraemer M, Kürten C Duroplastische Formmassen. Kunststoffe 91
(2001)10 S 347–349
[8] www.vdk.de

1.2
Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen

1.2.1
Übersicht Polymerisation
Das Kapitel 1.2 ist für den Ingenieur-Gebrauch dieses Buches bewusst knapp ge-
halten. Es wurde weitgehend der Foliensammlung des Verbandes der Kunststoff-
erzeugenden Industrie VKE entnommen [1].
Je nach Bildungsreaktion unterscheidet man folgende Polymerisate
• synthetische Kunststoffe
– Additionspolymerisate
+ Kettenreaktion (im deutschen Sprachraum früher Polymerisation)
+ Stufenreaktion (im deutschen Sprachraum früher Polyaddition)
– Kondensationspolymerisate
• abgewandelte Naturstoffe
Jede dieser Gruppen umfasst sowohl lineare, d. h. thermoplastische als auch ver-
netzte Kunststoffe. Je nach Vernetzungsgrad können
• hochdehnfähige (Elastomere) Kunststoffe
oder
• hochsteife (Duroplaste) Kunststoffe
entstehen.
Bild 1-14 ordnet ausgewählte Beispiele den einzelnen Polymerisationsarten zu und
fügt wichtige Merkmale, die Bezug zu späteren Eigenschaften haben können, an.

1.2.2
Zuordnung von Kunststoffen zu Polymerisationsarten
Bild 1-15 ordnet verschiedene Kunststoffe den Bildungsmechanismen (Poly-
merisationsarten) und Kunststoffgruppen zu.
Diese chemische Unterscheidung verliert sich beim Verarbeiter. Für ihn ist es
ausschließlich entscheidend, ob die Polymerisation beim Rohstoffhersteller ab-
läuft, was bei nahezu allen Thermoplasten der Fall ist, oder ob die Vernetzung im
Bauteil-Werkzeug stattfindet (siehe Tabelle 1-7).
Tabelle 1-7 gibt beispielhaft Auskunft über Polymerisationsreaktionen bei
Rohstoffherstellern bzw. bei Verarbeitern des Kunststoffes zu Bauteilen.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 19

Bild 1-14. Bildungsmechanismen von Kunststoffen [2]


20 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-7. Polymerisation bei Rohstoffhersteller und Verarbeiter [2]

beim Rohstoffhersteller • Thermoplaste, wie Polyethylen (PE), Polyamid (PA), Poly-


carbonat (PC), Polystyrol (PS), Polyurethan (TPU) zu Gra-
nulaten und Pulver
• Duroplaste, wie Phenolharz (PF), Epoxidharz (EP), Polysi-
loxan (SI) oder Polyurethan (PUR) als Vorprodukte
• Elastomere, wie Nitril- (NBR), Silikon- (VMQ), Acryl-
gummi (ACM) oder Polyurethan (PUR) als Vorprodukte
beim Verarbeiter von • Thermoplaste im RIM-Verfahren, wie Polyurethan (TPU),
Bauteilen Guss-Polyamid (PA)
• Duroplaste durch Vernetzung, wie Epoxide (EP), ungesät-
tigte Polyester (UP, beispielsweise SMC), Polyurethan
(PUR)
• Elastomere durch Vulkanisation, wie Butylkautschuk (IIR),
Chlorbutadien (CIIR), und im RIM-Verfahren z.B. Poly-
urethan (PUR)

Tabelle 1-8. Vernetzung während der Verarbeitung (Auswahl) [2]

Duroplaste Verfahren Anwendungen

Phenolharze (PF) Pressen, Ziehen, Laminieren, Press- + Spanplatten,


Imprägnieren E-Technik, Dämmstoffe,
Formmassen, Papiere,
Brandschutz
Melaminharze (MF) Spritzgießen, Pressen, Gie- Dekorpapiere, Holzwerkst.,
ßen, Wickeln, RTM, SRIM, Formmassen, E-Technik,
Schäumen Schall- + Brandschutz
Epoxidharze (EP) Imprägnieren, Laminieren, Luft- + Raumfahrt, Medizin
Ziehen, Pressen E-Technik, Fundamente
Tiefbau, Sportgeräte, Klebstoffe
Silikonharze (SI) SMC, BMC, ZMC, Wickeln, E-Technik, Dichtungen
Laminieren, Ziehen, Gießen Bauwesen
ungesättigter Polyester (UP) Pressen, Imprägnieren Fahrzeuge (Karosserie, Motor),
Behälter, Gehäuse,
Polymerbeton
Trianzinharze Träufeln, Laminieren, Gießen, Medizin, Elektronik, Lager,
Schäumen, Pressen, Flugmotoren
Spritzgießen
Polyimide (PI) Spritzgießen, Gießen, E-Technik, Elektronik
Imprägnieren, Pressen
Methacrylate Spritzgießen, Gießen, Polymerbeton, E-Technik,
Imprägnieren, Pressen Sanitär
Polyurethane (PUR) Gießen, Schäumen, Fahrzeuge, Bauwesen
Reaktionsspritzgießen (RIM, (Dämmst.), Gehäuse,
RRIM, SRIM) Maschinenelemente, E-Technik
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 21

Bild 1-15. Zuordnung von Kunststoffen zu Polymerisationsarten [2]

Tabelle 1-8 nennt Beispiele für Kunststoffe, die während der Verarbeitung im
Bauteil-Werkzeug vernetzen. In diesen Fällen ist, sofern es sich nicht um kalt-
härtende Duroplaste handelt, das Werkzeug beheizt (i. d. R. ca. 150 bis 200 °C). Im
Gegensatz dazu muss es bei der Verarbeitung (Urformen) von Thermoplasten
i. d. R. gekühlt werden.
22 1 Einführung in Polymer Engineering

1.2.3
Polymerisationen

1.2.3.1
Additionspolymerisation

Kettenreaktion (im deutschen Sprachraum früher:


Polymerisation)
Die Grundlage der Polymerisationsverfahren bilden Doppelbindungen. Die
Kraft, die die meisten Makromoleküle zusammenhält, ist das Bindungsvermö-
gen des Kohlenstoffs, d. h. die Fähigkeit, Bindungen miteinander und mit ande-
ren Atomen einzugehen. Für die Anzahl der möglichen Bindungen ist die sog.
Wertigkeit, die Valenz, maßgebend. Der Kohlenstoff ist vierwertig, anders ge-
sagt, das C-Atom hat vier Bindungsarme.
Beispiel: Im Methan kommen auf 1 C-Atom 4 Wasserstoffatome, was durch die
Summenformel CH4 wiedergegeben wird. Deutlicher werden diese vier Bindun-
gen in der Strukturformel des Methans oder der nächst höheren Verbindung
dieser Reihe sowie in anderen verwandten Kohlenwasserstoffen (KW).
Die Strukturformeln des Methans und des Ethans zeigen, dass jede Bindung
des C-Atoms mit einem Wasserstoff (H)-Atom besetzt ist. Man spricht von ge-
sättigten Verbindungen.
In der Strukturformel des Ethylens sind die beiden C-Atome im Unterschied
zum Ethan durch eine Doppelbindung miteinander verbunden. Eine derartige
Bindung ist ungesättigt, beispielsweise die Monomere der Olefine (Ethylen) und
die Vinylmonomere. Sie kann durch eine Reaktion wieder in eine Einfachbin-
dung überführt werden. Dabei weist jedoch an jedem der beiden C-Atome je
eine Bindung nach außen, die eine Sättigung anstrebt, solange ist sie ungesättigt.
Freie Bindungen sind nicht beständig.
Im Falle des Ethylen wird bei Einwirkung von Wärme, energiereicher Strah-
lung (z. B. UV- und Röntgenstrahlung) oder in Anwesenheit von Initiatoren bzw.
Katalysatoren die Doppelbindung getrennt. Die Ethylen-Bausteine verbinden
sich zum Polyethylen.

Dabei gibt der Index n (Polymerisationsgrad) am Fuß der eckigen Klammer an,
wie viel monomere Bausteine jeweils zum Makromolekül vereinigt wurden.
Der Polymerisationsgrad von Kunststoffen liegt im Bereich 100 bis 1 Million.
Naturgemäß weisen die einzelnen Makromoleküle eine unterschiedliche Anzahl
Bausteine auf, sodass man nur von einem mittleren (durchschnittlichen) Poly-
merisationsgrad sprechen kann.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 23

Polymerisationen sind exotherme Reaktionen, weil das Polymerisat ener-


gieärmer ist, als das ungesättigte Monomere. Sehr hoch ist beispielsweise die
Polymerisationswärme des Ethylens. Diese Wärme muss bei der Synthese (Her-
stellung) abgeführt werden, da sonst Explosionen die Folge sind. Bei der Poly-
merisation tritt infolge chemischer Reaktion zwischen dem Monomeren und
dem Polymerisat eine Volumenverkleinerung (Schwindung) und damit eine
Dichtezunahme ein. Sie beträgt bei Vinylchlorid 34,4 % und bei Styrol 14,7 %.Aus
der Dichteänderung wird der jeweilige Umsatz ermittelt.
Von den drei Polymerisationsarten Radikalketten-, Ionenketten- und stereo-
regulierte Polymerisation hat die letztgenannte vor allem bei der Polymerisation
der höheren a-Olefine die größte Bedeutung erlangt.
Die in den dreißiger und vierziger Jahren in großtechnischen Anlagen her-
gestellten bekannten Polymere Polyvinylchlorid (PVC), Polystyrol (PS) und
Polymethylmethacrylat (PMMA) sind Beispiele der sog. Radikalkettenpoly-
merisation. Einen Weg, das mit radikalischen Katalysatoren arbeitende Hoch-
druckpolymerisationsverfahren für Ethylen (ICI) durch ein Niederdruck-
verfahren zu ersetzen, bot das mit anionisch koordinativen Katalysatoren, bei-
spielsweise Titantetrachlorid plus Aluminiumtriethyl als Cokatalysator
arbeitende Verfahren nach K. Ziegler (1953). Zum gleichen Ziel gelangten Phil-
lips Petroleum mit Trägerkatalysatoren auf Chrombasis sowie Standard Oil of
Indiana mit vergleichbaren Katalysatoren auf Basis Molybdän. In den sechziger
Jahren kamen das mit anionisch koordinativen Trägerkatalysatoren arbeitende
Gasphasenverfahren für vorwiegend hochmolekulares Polyethylen sowie das
Unipol® Gasphasenverfahren der UCC für die Herstellung von Polyethylenen im
hohen (HD-PE) sowie im niedrigen Dichtebereich (LLD-PE) hinzu.
Die Ziegler’schen Arbeiten regten im Jahre 1953 Giulio Natta, Mailand, dazu
an, diese Erkenntnisse auf die stereoregulierte Polymerisation von Propylen
auszudehnen. Dabei wurde das isotaktische, syndiotaktische und ataktische PP
entdeckt und in den strukturbedingten Eigenschaftsunterschieden erforscht.
Die CH3-Gruppen können in unterschiedlicher Reihenfolge an der Kohlenstoff-
kette angeordnet sein. Man spricht von der Taktizität (siehe auch Kap. 2.1.1.2.1.1).
Bei der stereoregulierten Polymerisation von Propylen wird unterschieden
nach: isotaktischem Polypropylen, wenn alle CH3-Gruppen auf derselben Seite
der Kohlenstoffkette sind bzw. entsprechend ihrer wendelförmigen Anordnung
nach außen weisen.

Ataktischem Polypropylen, wenn die CH3-Gruppen regellos angeordnet sind.


24 1 Einführung in Polymer Engineering

Syndiotaktischem Polypropylen, wenn sich die CH3-Gruppen in regelmäßiger


Folge abwechselnd auf verschiedenen Seiten der Kohlenstoffkette befinden.

Der zurzeit technisch bedeutendste Materialtyp ist das nach dem Eingangs-
verfahren mit stereospezifischen Katalysatoren nach Ziegler/Natta gewonnene
isotaktische Polypropylen. Es ist hochkristallin, weil sich die regelmäßig gebau-
ten Ketten leicht ordnen können. Infolgedessen beträgt der Erweichungspunkt
165 °C (Kristallitschmelzpunkt) gegenüber 128 °C bei ataktischem Polypropylen.
Die große Familie der Polyolefine gewährleistet heute und in Zukunft mit ei-
ner Jahresproduktion von mehr als 40 Mio. t weltweit eine unbegrenzte Verfüg-
barkeit vieler Gegenstände des täglichen Bedarfs.
Die große anwendungstechnische und damit auch wirtschaftliche Bedeutung
der Polyolefine sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Eigen-
schaftsbild des Ziegler-Polyethylens und des Ziegler/Natta (Z/N)-Polypropylens
die Anforderungen des Verarbeiters und des Verbrauchers trotz aller Verbesse-
rungen, die im Laufe von mehr als 40 Jahren erzielt wurden, nicht breit befrie-
digten. Ein wesentliches Merkmal bestand darin, dass die Molmassenverteilung
sehr breit und die Taktizität nicht einheitlich war, was Eigenschaftsbild und Ver-
arbeitbarkeit beeinträchtigten und die Anwendbarkeit einengten. Die Ursache
dieser Merkmale bestand darin, dass die Z/N-Katalysatoren aus Festkörpern be-
standen, an deren Oberfläche eine Vielzahl von Ketten mit verschiedener Ge-
schwindigkeit wuchs. Das Ergebnis war eine breite Molmassenverteilung.
Eine entscheidende Verbesserung der Polymereigenschaften und eine we-
sentlich vielseitigere Anwendbarkeit brachten erst die seit den 80er-Jahren be-
kannten Metallocen-Katalysatoren.
Durch Metallocen-Katalysatoren wie beispielsweise Dicyclopentadienylzir-
koniumdichlorid in Verbindung mit Methylalumoxan als Cokatalysator wurde
ein Weg zu einem steuerbaren Eigenschaftsbild gefunden, und Molmasse, Mol-
massenverteilung, Taktizität, Wärmebeständigkeit, Steifigkeit, Härte, Kälte-
schlagzähigkeit und Transparenz konnten gleichsam maßgeschneidert werden.
Zu diesen vorteilhaften physikalischen Eigenschaften kommt die Reaktivität
dieser Katalysatorkombination, d. h. mit Hilfe von einem einzigen Gramm Zir-
konium können 100 kg Ethylen zu PE polymerisiert werden. Ein Vorteil dieser
Metallocen-Katalysatoren ist die hohe Reaktionsgeschwindigkeit, die das 10- bis
100-fache der bisher benutzten Katalysatoren beträgt. Weiter und wesentlich
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 25

muss die an sich geringe Katalysatormenge nicht mehr aus dem Polymer ent-
fernt werden (siehe auch Kap. 2.1.1.2.1.1 und Bild 2-68).
Die typische Struktur von Metallocen-Katalysatormolekülen erinnert an die
Struktur von Enzymmolekülen, denn ebenso wie diese die einheitliche Synthese
eines Biopolymermoleküls katalysieren, sind auch die Metallocene in der Lage,
Polymerisationsreaktionen mit einer bestimmten Taktizität und Kettenlänge ge-
zielt zu steuern, beispielsweise die Synthese von isotaktischem Polypropylen mit
einheitlicher Molmasse [3, 4].
Ein Meilenstein war 1993 die Insite® Technologie der Dow, die zu den Polyo-
lefin-Elastomeren Affinity® und drei Jahre später zu Engage® führte.
Ein breites Anwendungsgebiet bieten ebenfalls die mPP-Fasern und Folien.
Diese Produkte, Engage® Polyolefinelastomere und neue Typen von Nordel®
EPDM-Kautschuk, werden hinsichtlich ihrer Verarbeitbarkeit und ihrer Leis-
tungsmerkmale noch kundenspezifischer herzustellen sein als bisherige Synthe-
sekautschuke und damit den Kunden eine breite Palette hochwertiger Polyole-
fine anbieten können.

■ Copolymerisation
Bei den bisher betrachteten Polymeren handelte es sich stets um die Anei-
nanderreihung gleichartiger Monomere. Voraussetzung für die Polymerisation
war das Vorhandensein von mindestens zwei Verknüpfungsstellen.
Je tiefer die Wissenschaft in den Feinbau der Hochpolymeren eindringt, desto
zielsicherer handhabt sie die Mittel, die Eigenschaften der Homopolymeren
durch Copolymerisation mit einem oder mehreren Monomeren in gewünschter
Weise zu beeinflussen. Obwohl auch andere – vorwiegend physikalisch wirkende
– Verfahren zur Abwandlung der Stoffeigenschaften bekannt sind, z. B. Mischen,
Weichmachen,Vernetzen und Recken, wird die Copolymerisation stets dann be-
vorzugt, wenn es auf eine Veränderung der molekularen Eigenschaften des Po-
lymeren ankommt.
Dabei sind je nach Reaktionspartnern und Reaktionsbedingungen folgende
Anordnungen möglich:

Statistische

Die Copolymerisation ist keineswegs auf zwei monomere Komponenten be-


schränkt.
26 1 Einführung in Polymer Engineering

Eine Copolymerisation liegt auch dann vor, wenn lineare Polymerisate oder
Polykondensate, die noch über eine reaktionsfähige Komponente verfügen (tri-
funktionelle Monomere), mit einem polymerisationsfähigen (bifunktionellen)
Monomeren vereinigt werden. Das Ergebnis ist ein vernetzter Kunststoff, z. B.:
Ungesättigter Polyester + Styrol Æ vernetztes Polyesterharz.

■ Monomere für Additionspolymerisationen als Kettenreaktion [1] besitzen


somit zusammengefasst immer mindestens eine C=C Doppelbindung. Mehr als
eine reaktionsfähige Doppelbindung pro Monomer ist allerdings sehr selten. Die
beiden C-Atome an der Doppelbindung können Wasserstoff, andere Atome oder
auch ganze Atomgruppen tragen. Technisch werden fast ausschließlich Mono-
mere verwendet, bei denen nur ein H-Atom durch ein anderes Atom oder eine
meist recht kleine Seitengruppe substituiert ist.
Für Bild 1-16 wurden sechs Vertreter von Monomeren für Polymerisations-
reaktionen ausgewählt. Darunter befinden sich Ausgangssubstanzen für Mas-
senkunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen, PVC und Polystyrol. Polyacrylni-
tril wird unter Markennamen wie Dralon, Orlon und anderen zu wollähnlichen
Kunstfasern verarbeitet. Polymethylmethacrylat ist ein Vertreter der Polymeri-
sate aus Methacrylsäureestern. PMMA ist als Acrylglas oder Plexiglas bekannt
und dient unter anderem für Verglasungen, Seiten- und Rückfenster von Autos
oder Brillengläser.
Wie weiter oben erwähnt, gibt es verschiedene Polymerisationsreaktionen
(radikalisch, ionisch, stereoreguliert), um innerhalb der Additionspolymerisa-
tion als Kettenreaktion vom Monomer zum Polymer zu gelangen.

■ radikalische Polymerisation [1]


Bild 1-17 stellt in allgemeiner Form die radikalische Polymerisation dar. Die
Doppelbindungen als funktionelle Gruppen reagieren unter Öffnung einer Bin-
dung. Die C-Atome bilden die Kette. Dies ist im oberen Teil von Bild 1-17 sehr
schematisch dargestellt.
Eine genauere Darstellung liefert der untere Teil von Bild 1-17. Gezeigt wird
eine Polymerisation, die durch einen Radikalbildner, in diesem Fall Dibenzoyl-
peroxid, gestartet wird. Das aus dem Zerfall des Radikalbildners stammende Ra-
dikal, mit R• bezeichnet, greift in der Startreaktion das erste Ethenmolekül an.
Dabei entsteht erneut ein Radikal mit einem freien Elektron, das ein weiteres
Ethenmolekül angreifen kann. Die Kohlenstoffkette wächst in Zweiereinheiten,
was als Kettenwachstum bezeichnet wird. Nach einiger Zeit erfolgt der Ketten-
abbruch dadurch, dass sich zwei Kettenenden mit einem einsamen Elektron
treffen und eine chemische Bindung bilden.
Theoretisch könnten die vier nicht an der Doppelbindung beteiligten Bin-
dungen der C-Atome eines Monomers für Polymerisationen verschiedene
Atome oder Atomgruppen tragen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Mono-
mere ist dies jedoch nicht der Fall. Meist ist nur eines der C-Atome einfach subs-
tituiert.
Ethen trägt ausschließlich H-Atome. Bei Propen ist ein H-Atom durch eine
Methylgruppe ersetzt, beim Styrol durch einen Phenylring, beim Vinylchlorid
durch ein Cl-Atom. In Bild 1-17 ist diese Art der Substitution durch ein X ange-
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 27

(s. a. Kap. 2.1.1.1)

(s. a. Kap. 2.1.1.2)

(s. a. Kap. 2.1.4.1)

(s. a. Kap. 2.1.2.1)

(s. a. Kap. 2.1.3.1)

(s. a. Kap. 2.1.4.2)


Bild 1-16. Monomere für Addi-
tionspolymerisationen [1]

deutet. Für hochgradig halogenierte Kunststoffe werden Monomere mit mehr als
einer Substitution eingesetzt (z. B. Polytetrafluorethylen).
Die radikalische Polymerisation ist eine Gleichgewichtsreaktion, bei der das
Gleichgewicht meist weit auf der Seite des Polymers liegt. Hoher Druck ver-
schiebt das Gleichgewicht noch weiter zu Gunsten des Polymers. Erhöhte Tem-
peratur beschleunigt die Radikalbildung. Druck und Temperatur haben aber
auch Einfluss auf die Molmasse (Kettenlänge), die Molmassenverteilung und
den Verzweigungsgrad. Die Polymerisation von Ethen bei 100 – 200 °C und
28 1 Einführung in Polymer Engineering

1500 bar gelang erstmalig 1933 den Chemikern E. W. Fawcett, R. O. Gibson und
M.W. Perrin. In ihrem Reaktor wurde die Polymerisation durch Spuren von Sauer-
stoff radikalisch gestartet, die aus Versehen durch Undichtigkeiten eingedrun-
gen waren. Seit 1939 wird Polyethylen so großtechnisch hergestellt (ICI-Verfah-
ren). Das Polyethylen wird als Low-Density-Polyethylen (LD-PE) bezeichnet.
Radikalisch hergestelltes Polyethylen ist nicht, wie in Bild 1-17 dargestellt, rein
linear aufgebaut. Trifft ein Kettenende mit einem einsamen Elektron auf den
inneren Teil einer anderen Kette, so kann ein H-Atom entfernt und gegen eine
Seitenkette ausgetauscht werden. Hochdruck-Polyethylen hat daher eine ver-
zweigte Molekülstruktur und damit eine niedrige Dichte von 0,915 bis 0,94 g/cm3
(siehe Tabelle 1-10).
Neben der radikalischen gibt es noch die ionische Polymerisation. Sie wird
durch Ionen (Kationen oder Anionen) ausgelöst, deren Dissoziation natur-
gemäß stark von elektrostatischen Effekten abhängt, besonders von der Solvata-
tion durch das Lösemittel. Wie die radikalische läuft auch die ionische Polyme-
risation als Kettenreaktion ab. Bei der Startreaktion lagert sich eine Lewis-Säure
oder eine Lewis-Base an ein C-Atom der Doppelbindung eines Monomers an.

Bild 1-17. Reaktionen – radikalische Polymerisation [1], / ein Strich symbolisiert eine chemi-
sche Bindung mit zwei Elektronen
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 29

Am anderen C-Atom entsteht dabei eine Ladung. Je nach Art der Ladung, wird
zwischen anionischer und kationischer Polymerisation unterschieden. Beim
Kettenwachstum erfolgt wiederholt eine Anlagerung an eine Doppelbindung,
wobei die Ladung jeweils um zwei C-Atome „weiterspringt“. Bei der ionischen
Polymerisation gibt es keinen Kettenabbruch durch Rekombination. Dieser wird
durch Zugabe von Wasser, Alkoholen, Säuren oder Aminen erzwungen. Erfolgt
dies nicht, dann kommt die Reaktion zum Stillstand, wenn alles Monomer ver-
braucht ist, wobei die Reaktionsfähigkeit längere Zeit erhalten bleibt. Man
spricht dann von „lebenden Polymeren“. Ionische Polymerisationen können oft
bei sehr tiefen Temperaturen mit hoher Geschwindigkeit ablaufen. Ein Beispiel
ist die Polymerisation von Isobutylen mit Bortrifluorid als Katalysator. Sie wird
bei – 100 °C in flüssigem Propan durchgeführt.

■ katalytische Polymerisation [1]


Bild 1-18 zeigt schematisch die beiden Typen der katalytischen Polymerisation,
nach denen gegenwärtig industriell Polyethylen hergestellt wird. Beiden ist ge-
meinsam, dass die Reaktionen bei relativ geringem Druck und niedriger Tem-
peratur durchgeführt werden. Bei der Polymerisation von Polyethylen wird das
Produkt daher auch als Niederdruck-Polyethylen bezeichnet, siehe Tabelle 1-10.
Das Produkt wird als High-Density-Polyethylen (HD-PE) bezeichnet. Es ist che-
misch gesehen einheitlicher und kristallisiert als Feststoff zu einem höheren An-
teil als LD-PE. Daher hat HD-PE eine höhere Dichte als LD-PE.
Die Ziegler-Natta-Katalysatoren sind metallorganische Mischkatalysato-
ren. Diese Katalysatoren entstehen durch Mischen von Verbindungen der Me-
talle der Nebengruppen IV bis VIII mit Metallalkylen oder Hydriden der Grup-
pen I bis III des Periodensystems. Besonders wirksam sind Kombinationen von
TiCl4, TiCl3 oder VOCl3 mit Aluminiumalkylen oder Aluminiumalkylhaloge-
niden 1. Bei der Polymerisation von Ethylen schieben sich zwischen Titan- oder
Vanadiumatomen und den Ethylgruppen weitere Ethylenmoleküle ein und ver-
längern dadurch die Ketten schrittweise um jeweils 2 C-Atome. Bei der Polymeri-
sation von Propylen gelingt eine schon weitgehend stereospezifische Synthese,
bei der die Methylgruppen recht einheitlich in eine Richtung gedreht sind (iso-
taktisch). Ziegler-Natta-Katalyse ergibt bis zu 95 % isotaktisches Polypropylen,
siehe oben.
Die Metallocen-Katalysatoren sind erst in jüngster Zeit zum industriellen
Einsatz gelangt. Alle besitzen im Reaktionszentrum zwei aromatische Ringe,
zwischen denen ein Metallatom, meist Zirkon, komplex gebunden ist. Dieser Typ
Katalyse liefert Polymere mit außerordentlich einheitlichen Strukturen. Die Ket-
tenlängen der einzelnen Moleküle liegen sehr nahe beieinander. Die räumliche
Struktur ist daher definiert. Polypropylen ist z. B. völlig isotaktisch. Es lässt sich
sogar Polypropylen herstellen, bei dem die Seitengruppen abwechselnd nach
links und nach rechts zeigen. Solches Polypropylen wird als syndiotaktisch be-
zeichnet (siehe oben) (s. a. Kap. 2.1.1.2).

1
Das Aluminium reduziert die Metallverbindung, es nimmt an der Polymerisationsreaktion
nicht teil.
30 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-18. Reaktionen – katalytische Polymerisation [1] (s. a. Bild 2-68)

Katalytisch hergestelltes Polyethylen ist bei Ziegler-Natta-Katalyse weitest-


gehend, bei Metallocen-Katalyse vollständig linear aufgebaut. Die Makromo-
leküle von Niederdruck-Polyethylen können sich daher eng aneinander legen,
was zu Polyethylen hoher Dichte mit 0,95 bis 0,98 g/cm3 führt. Teile der Moleküle
(siehe Tabelle 1-10) lagern sich parallel aneinander und bilden Mikrokristallite
(kleine kristalline Strukturen). Folien aus Niederdruck-Polyethylen sind sehr
viel reißfester als Folien aus Hochdruck-Polyethylen. Da die Mikrokristallite
„aneinander reiben“, knistern Folien (z. B. Tragetaschen) aus Niederdruck-Poly-
ethylen.
In Niederdruck-Polyethylen können gezielt Seitenbetten (kürzere Verzwei-
gungen) eingebracht werden. Dazu wird dem Ethylen ein bestimmter Anteil
längerer Alkene (Olefine) wie Buten-1 oder Octen-1 zugemischt. Metallocen-
Katalysatoren bauen diese außerordentlich gleichmäßig verteilt in die Kette ein.
Dadurch lässt sich dann auch Niederdruck-Polyethylen mit niedriger Dichte
herstellen (LLD-PE).
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 31

Stufenreaktion (im deutschen Sprachraum früher: Polyaddition)


Die Stufenreaktion ist die Polyreaktion von mindestens zwei bi- oder höher-
funktionellen Verbindungen.
Die Polyaddition kann je nach Funktionalität zu linearen Polymeren (Ther-
moplasten) oder vernetzten Kunststoffen (Duroplasten) führen.
Vernetzte Produkte erhält man durch Reaktion eines bi- mit einem trifunk-
tionellen Reaktionspartner. Je polyfunktioneller der Reaktionspartner ist, des-
to engmaschiger wird die Vernetzung. Deshalb werden bei der Polyurethan-
oder Epoxidharzherstellung anstelle der Polyole häufig die zahlreiche OH-
Gruppen enthaltenden Polyester und Polyether verwendet. Die Polyaddition
ist wie die Polykondensation eine Stufenreaktion, Bild 1-14. Besonders wichtige
Polyaddukte sind die linearen und vernetzten Polyurethane sowie die Epoxid-
harze.

■ Monomere für Polyadditionen [1]


Epoxidharze [1] gehören zu den Duroplasten. Die Stufenreaktion (Polyaddition)
liefert zunächst ein im Wesentlichen lineares Makromolekül, das noch zahlrei-
che OH-Gruppen besitzt. Dieses Additionsprodukt wird in eine Form gebracht
oder in flüssiger Form auf Oberflächen aufgetragen. Danach wird chemisch
gehärtet, häufig unter Erwärmen. Wegen ihrer guten Haftfähigkeit auf metalli-
schem Untergrund sind Epoxidharze ausgezeichnete Grundierungen für Auto-
lacke oder sie dienen als Metall-Klebstoffe. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet
ist die Elektronik, wo sie als Träger für Halbleiterplatinen dienen. Mit Glas- oder
Kunstfasern verstärkt werden Epoxidharze im Boots- und Flugzeugbau einge-
setzt.
Polyurethane können sowohl linear (thermoplastisch) als auch vernetzt (du-
roplastisch) hergestellt werden. Im letzteren Fall werden neben Dialkoholen
noch Trialkohole eingesetzt, was zur Vernetzung der Polymerketten führt. Po-
lyurethan kann durch Zusatz von Treibmittel geschäumt werden. Heute wird
beim Schäumen das Treibmittel überwiegend aus dem Reaktionsgemisch er-
zeugt. Durch Zusatz geringer Mengen von Wasser wird aus lsocyanatgruppen
CO2 abgespalten, das rasch Blasen bildet. Geschäumtes Polyurethan dient unter
anderem für Polsterungen von Wohnmöbeln und Autositzen sowie für Wärme-
isolierungen, z. B. an Kühlschränken oder Wohncontainern. Außerdem lassen
sich alle Arten von Schuhsohlen aus Polyurethan herstellen, angefangen beim
bequemen und robusten Wanderschuh bis zum Hochleistungs-Sportschuh für
die Leichtathletik.

■ Reaktionen – Polyaddition [1]


Bild 1-20 stellt die Polyaddition am Beispiel der Herstellung von Polyurethan dar.
Wie die Reaktion von Methanol und Ethylisocyanat zum N-Ethyl-O-methylure-
than zeigt, sind für die Beschreibung der Reaktion (wie bei der Esterbildung)
nur die funktionellen Gruppen von Bedeutung. Werden bifunktionelle Mono-
mere eingesetzt, dann entsteht das Polyurethan. Wieder stehen die in Bild 1-20
gezeigten Strukturen mit ihren „eingekapselten“ Mittelteilen für beliebige Diole
bzw. Diisocyanate.
32 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-19. Monomere für Stufenreaktionen (Polyaddition) [1]. Strukturen in Bild 1-19: 1 = Dihy-
droxyverbindung (Bisphenol A); 2 = Epichlorhydrin; 3 = mehrfunktionelles Isocyanat; 4 =
mehrfunktionelle Hydroxyverbindung

Die funktionellen Gruppen reagieren miteinander, wobei das H-Atom der


Hydroxylgruppe am N-Atom der lsocyanatgruppe angreift. Niedermolekulare
Nebenprodukte entstehen nicht. Die Polyaddition setzt sich also ebenfalls
schrittweise fort.
Zu den Polyaddukten gehören technisch so wichtige Produkte wie die Poly-
urethane und die Epoxidharze.
Werden Polyurethane ausschließlich aus bifunktionellen Monomeren herge-
stellt, so ergeben sich thermoplastische Kunststoffe. Eine Reihe von ihnen zeigt
gummiartige Elastizität. Bei Zumischen von Triolen (Alkoholen mit drei Hy-
droxylgruppen) entsteht dreidimensionale Vernetzung. Solche Polyurethane
sind Duroplaste. Durch Schäumen wird die Vielseitigkeit des Einsatzes von Po-
lyurethanen noch erhöht. Dies kann durch Zusatz eines Treibmittels erfolgen. Es
kann aber auch mit einem leichten Überschuss an lsocyanat und einem entspre-
chenden Zusatz von Wasser gearbeitet werden. In diesem Fall wird aus lsocyanat
CO2 abgespalten, das dann sehr feine und gleichmäßig verteilte Bläschen bildet.
Polyurethanschaum kann mit harten oder elastischen Eigenschaften hergestellt
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 33

Bild 1-20. Reaktionen – Polyaddition [1]

werden. Ersterer eignet sich zum Beispiel für Wärmeisolierungen an Kühl-


schränken, letzterer für Polsterungen an Wohnmöbeln und Autositzen.
Epoxidharze sind ausgezeichnete Grundierungen für Autolacke. Heute werden
fast alle Autos mit Epoxidharzen beschichtet, ehe der Farblack aufgetragen wird.
Sie haften extrem fest auf metallischem Untergrund. Mit ihnen wurden Autos
praktisch rostfrei gemacht. Im Flugzeug- und Bootsbau werden faserverstärkte
Epoxidharze zu extrem leichten Konstruktionen mit hoher Festigkeit verarbeitet.
Leiterplatinen für elektronische Geräte sind ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet.

1.2.3.2
Kondensationspolymerisation
Historisch gesehen folgte nach der Entwicklung der ersten abgewandelten poly-
meren Naturstoffe zunächst ein durch Polykondensation hergestelltes Hochpo-
lymer. Es war das duromere Phenol-Formaldehydharz.
Ist die Polymerisation eine Additionsreaktion chemisch gleichartiger und
auch nach der Reaktion – bis auf die Aufhebung der Doppelbindung – unverän-
34 1 Einführung in Polymer Engineering

derter Grundbausteine, so stellt die Kondensationspolymerisation eine Substi-


tutionsreaktion dar. Zwei gleich- oder verschiedenartige reaktionsfähige Grup-
pen von Verbindungen reagieren miteinander, siehe auch Bild 1-14. Dabei entste-
hen niedermolekulare Nebenprodukte wie Wasser, Ammoniak, Chlorwasser-
stoff, Alkohole und andere.
Weisen die miteinander reagierenden Reaktionspartner einer Kondensation
nur eine reaktionsfähige Gruppe auf, dann entstehen niedermolekulare Verbin-
dungen und die entsprechenden niedermolekularen Molekülteile.
Beispiel:
Esterbildung aus Säure + Alkohol unter Wasserspaltung.

Aus bifunktionellen Reaktionspartnern entstehen die bekannten linearen Ket-


tenmoleküle (Thermoplast).
Beispiel:
Terephthalsäuredimethylester + Glycol Æ Polyethylenterephthalat + Methylal-
kohol (Umesterung).

Aus tri- oder polyfunktionellen Reaktionspartnern entstehen engmaschige


Raumnetzmoleküle (Duroplast).
Beispiel:
Phenol + Formaldehyd Æ Phenolharz + Wasser

Die Kondensationspolymerisation ist ein Beispiel für eine Stufenreaktion, die


aus einzelnen voneinander unabhängigen Schritten besteht. Sie ist in ihrer Wär-
metönung endotherm, d. h. Energie wird zugeführt. Die dabei gebildeten Zwi-
schenprodukte können also isoliert und während einer bestimmten Zeitdauer
gelagert werden. Unter geeigneten Arbeitsbedingungen kann die unterbrochene
Reaktion fortgeführt werden. Diese Möglichkeit nutzt die Kunststoffindustrie
zur Herstellung von Formmassen durch Mischen mit Füllstoffen oder Mischen
verschiedener Vorkondensate. Dadurch lassen sich Zykluszeiten beim Verarbei-
ten reduzieren.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 35

■ Monomere für Kondensationspolymerisate [1]


Für Bild 1-21 wurden Beispiele ausgewählt, die zu wichtigen Industrieprodukten
führen.
PET (Polyester: Polyethylenterephthalat), das Polykondensat von Ethandiol
(Glykol) und Terephthalsäure ist in zweien seiner Einsatzgebiete auch bei Nicht-
fachleuten bekannt geworden. Immer häufiger werden alkoholfreie Erfrischungs-
getränke in Flaschen aus PET abgefüllt, die in Mehrwegsystemen leicht mehr als
30 Umläufe durchmachen können. Wie andere Polyester dient PET aber auch als
Faserrohstoff, der unter Markennamen wie Trevira, Diolen, Terylen und anderen
zu Textilien von hoher Knitterfestigkeit verarbeitet wird. Das eröffnet auch noch
Möglichkeiten zur Verwertung unbrauchbar gewordener Flaschen. Nach ihrer
Ausmusterung werden Fasern aus den Flaschen hergestellt und zu Wattierungen
für warme Anoraks verarbeitet. Durch Polyesterfasern wird der Airbag im Auto

Bild 1-21. Monomere für Kondensationspolymerisationen. Strukturen auf Bild 1-21: 1 = Diol
(Ethandiol = Ethylenglykol); 2 = Dicarbonsäure (Terephthalsäure); 3 = e-Caprolactam; 4 = Di-
carbonsäure (Adipinsäure); 5 = Diamin (Hexamethylendiamin); 6 = Dihydroxyverbindung
(Bisphenol A); 7 = Dicarbonsäurechlorid (Phosgen)
36 1 Einführung in Polymer Engineering

zu einem extrem reißfesten Beutel. Beim Unfall strömt explosionsartig Gas in den
Airbag, was ihn in Sekundenbruchteilen zu einem Polster werden lässt, das Ver-
letzungen bei Verkehrsunfällen verhindert oder reduziert.
Polycarbonat besitzt für ein Polymer eine relativ große Zähigkeit (Arbeits-
aufnahmevermögen). Aus ihm lassen sich schlagzähe Gegenstände fertigen.
Darüber hinaus ist seine Transparenz außerordentlich hoch, sodass es wie Acryl-
glas für Verglasungen verwendet wird. Schließlich ist Polycarbonat sterilisierbar
und hat daher Eingang in Mehrwegsysteme für Milch und Milchprodukte ge-
funden. Bei Heißwasser-Reinigung kann jedoch Bisphenol A abgespalten wer-
den und in die Nahrung permeieren, z. B. bei Babyflaschen. Daher wird für diese
Anwendung Polyamid empfohlen.
Ein elegantes Beispiel für ein bifunktionales Monomer stellt Caprolactam dar.
Der Ring dieses cyclischen inneren Amids kann durch Katalysatoren, z. B. Was-
ser, geöffnet werden. Erst dadurch wird das Monomer für die Polykondensation
gebildet und dann zu einem Polyamid umgesetzt. Dazu ist nur ein sehr geringer
Zusatz an Wasser erforderlich. Für jedes Monomer, das in das wachsende Ma-
kromolekül eingebaut werden soll, wird zur Ringöffnung theoretisch zuerst ein
Wassermolekül verbraucht und bei der Polykondensationsreaktion wieder frei-
gesetzt. Tatsächlich schreitet die Reaktion, nachdem sie einmal eingeleitet ist,
ohne weitere Beteiligung von Wasser fort. Nylon und Perlon sind die bekann-
testen Markennamen von Polyamiden. Fasern aus diesen Kunststoffen stellen
den Rohstoff für Damenstrümpfe dar. Darüber hinaus werden hoch belastbare
Seile aus ihnen hergestellt.

■ Reaktionen – Polykondensation [1]


Bild 1-22 stellt die Polykondensation am Beispiel einer Polyesterbildung dar. Wie
die oben gezeigte Reaktion von Ethanol und Ethansäure (Essigsäure) zum Es-
sigsäureethylester (Ethylacetat) zeigt, sind für die Beschreibung der Esterbildung
nur die funktionellen Gruppen von Bedeutung. Für Polykondensationen werden
bifunktionelle Monomere benötigt. Im Beispiel der Polyesterbildung sind dies
Diole wie Ethandiol (Glykol) und Dicarbonsäuren wie Terephthalsäure.
Die in Bild 1-22 gezeigten Strukturen mit ihren eingeschlossenen Mittelteilen
stehen für beliebige Diole bzw. Dicarbonsäuren.
Die funktionellen Gruppen reagieren unter Wasserabspaltung miteinander.
Nach dem ersten Schritt entsteht ein Molekül, das am einen „Ende“ eine
Carboxylgruppe, am anderen eine Hydroxylgruppe besitzt.
An beiden „Enden“ kann daher erneut verestert werden. Die Polykondensa-
tion setzt sich also schrittweise in beide Richtungen fort.
Die Polykondensation ist eine Stufenreaktion. Als solche liefert sie zuerst Oli-
gomere, also Moleküle, die nur aus wenigen Monomeren zusammengesetzt sind.
Die Fortsetzung zu den Polymeren kann sowohl durch schrittweises Anfügen
weiterer Monomere als auch durch Vereinigung von Oligomeren erfolgen. Eine
typische Reaktion zum Kettenabbruch gibt es nicht. Sie könnte in einer „Kopf-
Schwanz-Reaktion“ bestehen, was dann einen zyklischen Polyester ergäbe. Die
Wahrscheinlichkeit dafür ist aber bei hohen Anfangskonzentrationen der Mo-
nomeren gering. Es treffen viel leichter Enden von verschiedenen Molekülen
aufeinander als Anfang und Ende eines Moleküls. Hohe Konzentrationen wer-
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 37

Bild 1-22. Reaktionen – Polykondensation [1]

den in der Praxis dadurch erreicht, dass die Monomere ohne Lösemittel zur Re-
aktion gebracht werden.
Die niedermolekularen Reaktionsprodukte von Kondensationsreaktionen
müssen ständig entfernt werden. Dadurch wird eine Verschiebung des Gleichge-
wichts in Richtung des Polykondensats erreicht. Ist Wasser zu entfernen, so wird
es abdestilliert. Dazu werden die Monomere in Anwesenheit von Katalysatoren
erhitzt. Als Produkt wird eine Polymerschmelze erhalten, die bei Polyestern und
Polyamiden zu Granulaten geformt oder, durch feine Düsen gepresst, zu Fasern
verarbeitet werden kann.
Beispiele für Polykondensate sind Polyester, Polyamide, Polycarbonate oder
Polysiloxane (Silikone).
Werden Monomere mit mehr als zwei funktionellen Gruppen beigemischt, so
entsteht Quervernetzung, was die Härte der entsprechenden Polykondensate er-
höht. Dreidimensionale Vernetzung ist auch bei den Polyesterharzen möglich,
bei denen Monomere mit Doppelbindungen wie Maleinsäure eingesetzt werden.
Der gebildete Polyester kann nachträglich mit Peroxiden vernetzt werden. Es
entsteht ein Duroplast. Neben Polykondensaten mit einheitlicher Kettenstruktur
38 1 Einführung in Polymer Engineering

können noch Mischpolykondensate hergestellt werden. Ein Beispiel sind Poly-


esteramide. Zu ihrer Herstellung werden Dicarbonsäuren mit Diolen und Di-
aminen umgesetzt.

1.2.4
Einflüsse der Polymerisation auf Werkstoffeigenschaften
Tabelle 1-9 stellt, getrennt für unvernetzte (Thermoplaste) und vernetzte (Elas-
tomere/Duroplaste) Kunststoffe, einige wichtige Einflussfaktoren stichwortartig
zusammen.

■ Thermoplaste
Die Molmasse beeinflusst zum einen die Schmelzviskosität, also die Verarbeit-
barkeit. Eine niedrige Molmasse bedingt eine niedrige Schmelztemperatur und
eine niedrige Schmelzeviskosität; erfordert also geringere Verarbeitungsdrücke
und damit niedrigere Werkzeugzuhaltedrücke. Die Formfüllung geschieht ten-
denziell schneller und vollständiger. Andererseits verstärkt sich die Tendenz zu
Austrieb und Nacharbeit, so dass doch wieder höhere Zuhaltekräfte gewählt
werden müssen.
Die Eigenschaften von niedermolekularen Thermoplasten sind wiederum
tendenziell eine
• geringere Festig- und Steifigkeit
• geringere Arbeitsaufnahme
• größere Kriechneigung bei Langzeitbelastung.
Ketten-Verzweigungen können diese Aussagen in die eine oder andere Richtung,
beispielsweise je nach Kristallisationsneigung, verändern.
Durch eine sehr hohe Molmasse, beispielsweise beim ultrahochmolekularen
Polyethylen, steigt die
• Verschleißfestigkeit
• Schlagzähigkeit
• Formstabilität
signifikant.
Die Molmassenverteilung hat bei breiter Verteilung (Dispersität) prinzipiell
eine ähnliche Auswirkung: Hohe niedermolekulare Anteile wirken weich ma-
chend und gleiten bei höheren Temperaturen gut aneinander ab: Gute Verar-
beitbarkeit, schlechtere Langzeiteigenschaften. Eine enge Verteilung mit hohen
langkettigen Anteilen dagegen hat eine schlechtere Verarbeitung bei besseren
mechanischen Langzeiteigenschaften zur Folge.
Der Verzweigungsgrad hat großen Einfluss auf die Kristallinität von Molekül-
strukturen und verändert die mechanischen und transportbedingten (Permea-
tion) Eigenschaften von Kunststoffen stark. Hohe Schlagzähigkeit bei großem
Verzweigungsgrad kann eine Folge sein. Dagegen sinken die Schmelztemperatur
und die Glastemperatur (Kältezähigkeit) deutlich.
Der Einfluss der Taktizität insbesondere beim Polypropylen ist in Tabelle
1-9 erwähnt. 95 Prozent isotaktisches Polypropylen durch Metallocen-Kataly-
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 39

Tabelle 1-9. Beeinflussung der Werkstoffeigenschaften durch die Polymerisation [2]

Thermoplaste Elastomerer/Duroplaste

쐌 Molmasse 쐌 Vernetzungsgrad
Molmassenverteilung Steifigkeit, Festigkeit,
쐌 Verzweigungsgrad chemische Beständigkeit,
쐌 Taktizität Erweichungstemperatur, …
쐌 Restmonomere 쐌 Copolymerisation
z.B.: Styrol, VC (Sequenzlänge etc.)
쐌 Rückstände, z.B.: 쐌 niedermolekulare
Emulgatoren, Löse- Bestandteile, z.B.:
und Fällmittel Isocyanate, Amine,
(bei UHMW PEa Dieselöl) Phenole, Formaldehyde
a
ultra high molecular weight polyethylene.

satoren hebt viele Eigenschaften auf gewünschte technische Anwendungs-


niveaus.
Restmonomere, auch Rückstände aus der Polymerisation, können gesund-
heitsschädlich sein (Vinylchlorid beim PVC) oder können technische Eigen-
schaften verändern, wie beispielsweise Rückstände von Emulgatoren, die die
Isolierfestigkeit von PVC-Kabel erniedrigen. Rückstände von Lösungsmittel
(Dieselöl, Toluol u. a.) aus der Fällungspolymerisation gelangen, wenn auch im
Mikrogrammbereich, von Gelenkendoprothesen, wie Hüftpfannen, über die
Jahre der Implantation in den menschlichen Körper.

■ Elastomere/Duroplaste
Der Vernetzungsgrad beeinflusst wesentlich die Lage der Glastemperatur und
den Abfall der Eigenschaften im Haupterweichungsbereich. Festigkeit und Stei-
figkeit nehmen dabei mit steigendem Vernetzungsgrad zu, während die Deh-
nungsfähigkeit abnimmt.
So werden beispielsweise Scheibenbremsbeläge mit Phenolharz und elasto-
merem Binder in aufwendigen Aushärteprozessen über ca. 20 Stunden schritt-
weise bis zu Temperaturen von 250 °C vernetzt.
Die Weite der molekularen Netzwerkmaschen (Sequenzlänge) spielt bei der
Copolymerisation (Thermoplaste und Elastomere/Duroplaste) eine zentrale
Rolle und bestimmt die Eigenschaften bei der gummielastischen Deformation.
Niedermolekulare Bestandteile sind vor allem bei Langzeitanwendungen in
Innenräumen (Automobile, Wohnungen) kritisch, da sie i. d. R. emittieren.

Schwindung/Schrumpfung
In der Praxis ist meistens von Schrumpfung die Rede. Gemeint ist jedoch die
Schwindung. Unter Schwindung versteht man die Verkleinerung des Volumens
durch beispielsweise höhere Packungsdichte der Makromoleküle infolge Kris-
tallisation oder Vernetzung.
Bei der Schwindung verkleinert sich also das Volumen eines Bauteiles, die
Maßhaltigkeit verändert sich ebenfalls, die Gestalt bleibt erhalten (v ≠ const).
40 1 Einführung in Polymer Engineering

Unter Schrumpfen versteht man die Zurückknäuelung orientierter Makro-


moleküle meist bei erhöhten Temperaturen. Dadurch vermindert sich die Länge,
der Querschnitt wächst (v = const).
Stellt man beispielsweise einen tiefgezogenen Becher aus Polystyrol oder
Polypropylen in einen Ofen, so schrumpft der Becher (PS bei ca. 120 °C, PP bei
ca. 160 °C) zu der Platte zurück, aus der er ehemals geformt wurde.
Dabei bleibt das Volumen des Kunststoffes unverändert, Gestalt und Ab-
messungen dagegen verändern sich vollkommen.
Bei der Schwindung ist zu unterscheiden zwischen
• Syntheseschwindung,
• Verarbeitungsschwindung und
• Nachschwindung.
Tabelle 1-10 stellt für einige Thermoplaste und Duroplaste die Dichte von Mono-
mer und Polymer, die Syntheseschwindung und Nachschwindung zusammen.
Das Polymerisat hat stets eine größere Dichte als das Monomer, d. h. das Vo-
lumen schwindet während der Polymerisation.
Die Schwindung wird in der Praxis oft als Maß für den erreichten Reaktions-
umsatz benutzt.
Schwindungsarme bis -freie LS (low shrink)- und LP (low profile)-Systeme
entwickelte man in den vergangenen 20 Jahren für großflächige Bauteile im Kfz-
Karosseriebau wie beispielsweise Stoßfänger, Heckklappen, Türen, Kotflügel u. a.
Schwundarme LS- und LP-Systeme erhält man, wenn man geeignete Thermo-
plaste im UP 2-Ausgangsharz löst. Während der Härtungsreaktion fallen sie fein
verteilt aus, da die zugegebenen Thermoplaste sich wohl im Styrolmonomer,

Tabelle 1-10. Schwindung und Dichte bei der Polymerisation [2]

r Monomer r Polymer Synthese- Nachschwindung


g/cm3 g/cm3 schwindung % %
SS NS

Vinylchlorid 0,919 1,38 33,4


Acrylnitril 0,792 1,17 32,3
Vinylacetat 0,932 1,19 21,7
Styrol 0,907 1,06 14,5
Epoxidharz 1,10–1,20 1,20–1,30 5–10 1 bis << 0,1
Ungesättigter
Polyester (UP) 1,13 UP Monom.
0,91 Styrol
1,3 Benzoylperoxid
ungefüllt 1,40 6,9 um 1
gefüllt 1,8–2,1 0,2–0,5 < 0,1
LS-Systeme (Low Shrink) 1,30–1,40 0,2–0,05 < 0,1
LP-Systeme (Low Profile) 1,30–1,40 0,02–0,05 0

2
ungesättiger Polyester.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 41

nicht aber im entstehenden Polystyrol lösen. Die ausgefallenen Thermoplast-


partikel enthalten monomeres Styrol, das mit Verzögerung reagiert und vorher
durch Verdampfung infolge der Reaktionstemperatur feine Blasen erzeugt. Diese
Blasen kompensieren die Schwindung und pressen die Oberfläche des entste-
henden Formteils an die Werkzeugwandung, siehe auch Kap. 1.3.5.1.
Das LP-System enthält soviel Thermoplast, dass es nicht mehr in der Masse
gleichmäßig einzufärben ist. Jedoch kann man es (z. B. bei der Autokarosserie)
lackieren.

1.2.5
Duroplaste (technische Harze) [2]
Die chargenweise technische Kondensation von Phenol, Kresol und Xylenol bzw.
deren Gemische mit Formaldehyd (HCHO) führt je nach dem molaren Verhält-
nis der Komponenten, den angewandten Katalysatoren und der Art der Abschei-
dung von niedermolekularen Zwischenprodukten (Entwässerung) zu einer Viel-
zahl von hochmolekularen Produkten, so genannten „technischen Harzen“.
Deren Hauptgruppen lassen sich unterscheiden in:

Beim Aushärten durchlaufen Resole und Novolak-Hexagemische den


2. Resitol (B-Zustand)
gummiartiges Reaktionsprodukt, fast unlöslich aber noch quellbar, schwer
schmelzbar, mittlerer Vernetzungsgrad
zum
3. Resit (C-Zustand) technisch ausgehärtetes, unlösliches, nicht schmelzbares
Phenolharz (hoher Vernetzungsgrad)
42 1 Einführung in Polymer Engineering

Zwischen A- und B-Zustand überwiegt die Molekülvergrößerung unter Ab-


spaltung von Wasser, Formaldehyd oder Ammoniak, im C-Zustand erfolgt die
räumliche Vernetzung.
Überwiegend wird warm gehärtet (140 – 180 °C), aber auch kalthärtende Sys-
teme (z. B. Montageleime) sind verfügbar.

Anwendungen

In der Regel ist die Kondensationsreaktion endotherm, d. h. durch Abstellen der


Wärmezufuhr kann die Reaktion insbesondere bei Resolen beliebig angehalten
werden. Technisch wird dies wirtschaftlich ausgenützt, indem man beispiels-
weise Glasmatten, Papier, textiles Gewebe imprägniert und vorkondensiert, d. h.
so genannte Prepregs3 herstellt und nach fertigungsbedingten Zwischenlage-
rungen durch Druck und Hitze – beispielsweise 100 bar und 160 – 170 °C für Phe-
nolharz – in die endgültige Form bringt, z. B. SMC-Harzmatten4. Während li-
neare (thermoplastische) Kondensationspolymerisate als Gleichgewichtsreak-
tion (reversible Kondensationsreaktionen) hydrolyseempfindlich5 sind, liegt bei
chemisch vernetzten Systemen (z. B. Duroplaste oder Elastomere) meist eine ir-
reversible Kondensationsreaktion vor. Die Vernetzungsstellen sind nicht mehr
durch Wasser spaltbar.

1.2.6
Abgewandelte Naturstoffe
Naturstoffe wie Holz, Kautschuk,Wolle und Zellstoff, veredelte bzw. abgewandelte
Naturstoffe wie Celluloseester und Celluloseether sowie synthetische Werkstoffe

3
Prepreg: Abkürzung für preimpregnated = vorimprägniert.
4
SMC: sheet molding compound.
5
Durch Einwirken von heißem Wasser erfolgt ein Abbau der polymeren Einheiten in umge-
kehrter Richtung der Reaktionsgleichung; erhöhter Druck wirkt beschleunigend.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 43

wie Polyethylen, Phenolharz, Polyester, Silicone, Butylkautschuk und viele andere


von Menschenhand geschaffene organische Hochpolymere sind entweder aus fa-
denförmigen mehr oder weniger verzweigten sowie aus räumlich vernetzten Ma-
kromolekülen aufgebaut. Gleichartige Grundbausteine werden durch Hauptva-
lenzen – auch atomare oder primäre Bindungen genannt – verbunden [2].
Zahlreiche organische Naturstoffe wie Cellulose, Stärke, Eiweiß und Natur-
kautschuk sind ebenfalls aus Makromolekülen aufgebaut. Die Grundbausteine
sind zwar meistens von komplexerer Gestalt als viele synthetische Polymere, wie
aus dem Vergleich des Cellulose- und des Polyethylen-Bausteines hervorgeht,
dennoch war es nahe liegend, dass die Chemie der Kunststoffe mit der Herstel-
lung abgewandelter Naturstoffe begann. Als Ausgangsstoffe boten sich die in der
Natur reichlich vorkommende Cellulose und das Eiweiß (Casein) an.

1.2.6.1
Kunststoffe auf Cellulosebasis
Die Cellulose bildet als Gerüstsubstanz den Hauptbestandteil der pflanzlichen
Zellwände. Sie ist das am häufigsten vorkommende Kohlehydrat. Pflanzenfasern
wie Baumwolle, Jute, Flachs und Hanf sind nahezu reine Cellulose. Das Holz der
Nadel- und Laubbäume besteht zu 40 bis 50 % aus Cellulose neben Hemicellu-
lose und Lignin. Das Stroh enthält etwa 30 % Cellulose.
Die Cellulose bildet durch die wechselnde räumliche Anordnung der
Sauerstoffbrücken lange Ketten, die zu Bündeln vereinigt sind. Cellulose ist eine
farblose, in Wasser und den meisten organischen Lösemitteln unlösliche Subs-
tanz. Der „Zellstoff“ wird vorwiegend aus Holz oder Stroh gewonnen. Reine Cel-
lulose wird aus entfetteter Baumwolle hergestellt.
Die Cellulose wird zunächst in sauren oder alkalischen Verfahren zu Zellstoff
aufgeschlossen und dann zu Papier, Schießbaumwolle, Celluloid, Nitrolacken,
halbsynthetischen Fasern (Viscose-Reyon), Kupfer-Reyon, Acetat-Reyon (Zell-
wolle), Vulkanfiber, Cellophan, Alkylcellulose, Celluloseacetat und Cellulose-
Mischestern verarbeitet. Als formbare Kunststoffe interessieren die Cellulose-
ester und die Cellulose-Mischester.
Die Cellulose ist aus linearen Molekülen aufgebaut, die Kristallite bilden. Die
Kristallitbildung wird durch die starken zwischenmolekularen Kräfte der Was-
serstoffbrücken (OH-Gruppen) hervorgerufen. Diese Sekundärkräfte sind so
groß, dass die Cellulose nicht in der Wärme formbar ist.
44 1 Einführung in Polymer Engineering

Die chemische Abwandlung der Cellulose ist mit einem Abbau der Makro-
moleküle verbunden. Das dargestellte Glucose-Molekül enthält drei reaktions-
fähige OH-Gruppen (Hydroxylgruppen). Das H-Atom kann durch verschiedene
Substituenten ersetzt werden. Man unterscheidet dabei zwischen einer Vereste-
rung und einer Veretherung. Die Celluloseester werden durch Behandeln von
Cellulose mit Säuren oder Säuregemischen, die Celluloseether durch Alkalisie-
ren von hochreiner Cellulose mit Natronlauge und anschließendem Verethern
hergestellt. Veretherungsmittel für die drei wichtigsten wasserlöslichen Cellulo-
seether Na-Carboxymethylcellulose, Methylcellulose und Hydroxyethylcellulose
sind Monochloracetat oder Monochloressigsäure, Monochlormethan und Ethy-
lenoxid. Nicht wasserlösliche Celluloseether werden z. B. mit Monochlorethan
verethert. Die technologischen Eigenschaften der Cellulose-Derivate hängen
nicht nur von der Art der Substituenten, sondern auch vom Grad der Umsetzung
der OH-Gruppen ab. Optimale Eigenschaften ergeben sich nur dann, wenn ein
bestimmter – für jeden Typ jedoch verschiedener – Bruchteil der Hydroxyl-
gruppen substituiert wird.

1.2.6.2
Kunststoffe auf Proteinbasis
Von den technisch genutzten tierischen Eiweißkörpern – Milcheiweiß, Fisch-
eiweiß und Seidenfibroin – wird das Milcheiweiß (Casein) bevorzugt. Den
Grundbaustein der Eiweißstoffe (Proteine) bilden die a-Aminosäuren.

Das Casein gehört zu den konjugierten Proteinen, die außer dem Eiweißanteil
noch eine so genannte prosthetische Gruppe enthalten. Hierzu zählen z. B.
Phosphorsäure, Farbstoffe oder Kohlehydrate. Das Casein gehört zu den Phos-
phorproteinen. Die Phosphorsäure wird durch das Labferment des Kälber-
magens abgespalten. Es verbleibt das Milcheiweiß.
Die Proteine werden durch die Vernetzungsreaktion in ein Polymer umge-
wandelt. Die freie Aminogruppe reagiert bevorzugt mit dem sehr reaktionsfähi-
gen Formaldehyd HCHO. In der Wasserabspaltung liegt der Vernetzung der Pro-
teinketten der gleiche Reaktionsmechanismus zugrunde wie bei der Polykon-
densation.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 45

1.2.6.3
Kunststoffe auf Ligninbasis
Ausgangspunkt für eine neue thermoplastische Werkstoffgruppe aus ausschließ-
lich nachwachsenden Rohstoffen ist das Naturpolymer Lignin, welches zu etwa
30 % in jedem Baum und jeder verholzenden Pflanze durch die Photosynthese ge-
bildet wird. Lignin ist nach der Cellulose das am häufigsten vorkommende Na-
turpolymer und bildet z. B. im Baumstamm aus unten abgebildeten Monomeren
eine dreidimensional vernetzte Gerüststruktur um die Cellulosefasern.

Monomere des Lignins; v. l n. r.: p-Coumaryl Alkohol, Coniferyl Alkohol, Sinapryl Alkohol

Lignin bzw. Ligninderivate fallen bei der Papierherstellung weltweit jährlich zu


etwa 60 Mio. Tonnen an. Nur ein kleiner Teil des daraus gewonnenen Lignins von
etwa 5 % findet eine stoffliche Verwendung. 95 % des aus dem Holz herausge-
lösten Lignins wird zumeist direkt in den Zellstoffwerken zur Energiegewin-
nung verbrannt.
Durch die stoffliche Nutzung des durch die Photosynthese gebildeten Holzin-
haltsstoffs Lignin als Matrixwerkstoff und Naturfasern als Verstärkung können
Werkstoffrezepturen erstellt werden, die keinen Zusatz von synthetisch herge-
stellten Kunststoffen für deren Verarbeitung benötigen. Dies bedeutet, dass der
CO2-Kreislauf dieser Werkstoffe nahezu geschlossen ist.
(Allgemeine Stoffbeschreibung siehe Kap. 3.1.5).
46 1 Einführung in Polymer Engineering

1.2.7
Kunststofferzeugung (verfahrenstechnische Prozesse) [1]

Allgemeines zur Erzeugung von Kunststoffen


Kunststofferzeugung ist immer ein industrieller Prozess. Bei Massenkunststof-
fen wie Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol oder Polyvinylchlorid findet sie in
Anlagen mit Jahreskapazitäten von mehreren zigtausend Tonnen statt. Inner-
halb einer Produktionsstätte stehen oft mehrere solcher Anlagen nebeneinan-
der, sodass die Jahreskapazität einer Produktionsstätte mehr als 500.000 Tonnen
betragen kann. Allein in Deutschland wurden 2001 rund 11,5 Millionen Tonnen
Kunststoffe erzeugt.
Große Anlagen zur Kunststofferzeugung werden kontinuierlich betrieben.
Der erzeugte Kunststoff wird also laufend aus dem Reaktor entfernt und neues
Monomer wird zudosiert. Nicht umgesetztes Monomer, Katalysator, Radikal-
bildner (Initiatoren) und eventuell Lösemittel werden vom Kunststoff abge-
trennt und in den Prozess zurückgeführt. Alles erfolgt unter sorgfältiger Kon-
trolle der Qualität, das heißt durchschnittliche Kettenlänge, Verteilung der Ket-
tenlängen und Verzweigungsgrad werden eingestellt und konstant gehalten.
In den meisten Fällen finden in einer Anlage nur wenige Reaktionsschritte
statt. Anlagen zur Erzeugung von Polyethylen oder Polypropylen werden mit
dem Monomer beliefert und erzeugen den Kunststoff in einem einzigen
Reaktionsschritt. In den Beispielen Polystyrol und Polyethylenterephthalat kom-
men wenige Schritte zur Herstellung der Monomeren dazu. Das technische
„Know-how“ steckt im chemischen Aufbau der Polymermoleküle, in den Kata-
lysatoren und in der Verfahrenstechnik. Das Endergebnis sind Werkstoffe von
hoher Leistungsfähigkeit und speziell auf die Anwendung zugeschnittenen Ei-
genschaften. Beim Polystyrol werden z. B. Typen hergestellt, die besonders trans-
parent sind (glasklar) oder besonders schlagfest.

Kunststofferzeugung: Beispiel Polystyrol – technischer Prozess [1]


Die Erzeugung von Kunststoffen geschieht in großtechnischen Prozessen. Bei-
spielsweise basiert die Herstellung von Polystyrol auf den Grundchemikalien
Benzol und Ethen, Bild 1-23.
Benzol und Ethen werden in einen Reaktionsbehälter geleitet. Dort entsteht
bei 85 – 95 °C und Normaldruck Ethylbenzol. Im nachgeschalteten Teil der An-
lage wird dieses zum Styrol dehydriert, das in einem Vorratstank gesammelt
wird.
Vom Vorratstank gelangt das Styrol in ein wassergekühltes Reaktionsgefäß.
Nach Zugabe von Wasser und Hilfsstoffen erfolgt bei ständiger Durchmischung
die Polymerisation zu Polystyrol (Emulsionspolymerisation siehe Tabelle 1-11).
Das Reaktionsgemisch wird in einen Kühlkessel abgelassen. Von dort gelangt es
in eine Zentrifuge, in der Wasser, Reste des Monomers und Hilfsstoffe abge-
trennt werden. Reines Polystyrol wird in Pulverform erhalten und muss nur
noch getrocknet werden.
Tabelle 1-11. Verfahrenstechnik der Polymerisation, Übersicht A. Franck [5]

Polymeri- Reaktions- Phasenaufbaua Beispiele Entste- Bemerkungen


sation partner dem Reak- hungs-
tionspartner form des
zugeordnet Polymers

homogen Initiator L in M PS, UP, kompakt Reines Polymerisat, Formenguss mit extrem hoher Molmasse und
in Substanz Polymer L in M PMMA, Formteilfestigkeit möglich; Schmelzverarbeitung unmöglich
= Substanz- das Monomer PA6 (Guß-PA), (Schiffschrauben u. Seilrollen aus PA 6, Panzerglas aus PMMA),
polymerisa- ist Reaktions- EP, PCYA große Uneinheitlichkeit derMolmasse. Hoher Polymerisations-
tion medium, s. schwund. Überhitzungsgefahr groß, deshalb langsam polymeni-
3. Spalte sieren!
Weitere Verarbeitungshinweise bei den angegebenen Stoffen
homogen in Monomer L in M PVAC (Lack), Lösung Besonders gute Abfuhr der Polymerisationswärme. Bei der Her-
Lösung = Initiator D oder L in M PIB, stellung von Lacken und Klebstoffen aus PVAC entsteht die Kunst-
Lösungspoly- Polymer D in M S/B, ABS, stofflösung gebrauchsfertig, teure und energieaufwändige Tren-
merisation PE-HD nung von Polymer und Lösemittel entfällt. PE-HD kann bei über
100°C z.B. in Cyclohexanlösung polymerisiert werden, fällt bei
Abkühlung aus.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen

Fällung aus Monomer L in M PE-HD, PP Pulver Bei allen diesen Polymerisa- Wichtiges Beispiel: Nieder-
Lösung = Initiator D oder L in M PMMA, PS, tionsmethoden entsteht das druck-Polymerisation von PE-P
in Fällungs- Polymer D in M PVC, SAN, Polymer fein zerteilt heterogen. HD oder in Kohlenwasserstoff-
polymerisation Die Viskosität bleibt niedrig, (KW)-Lösemittel. Auch PMA,
PAN, PMA eine gute Wärmeabfuhr und PMMA in KW, PS in Methanol,
damit schnelle Polymerisation PAN in Wasser
Fällung aus Initiator L in M PVC, PAN aus Pulver ist möglich. Die Trennung des
Substanz Polymer D in M flüssigem Polymers vom Reaktions- PE-LD wird durch Hochdruck-
das Mono- PE-LD, medium ist auch bei hoher Polymerisation aus dem Ethylen-
mer ist Reak- PE-LD aus Molmasse problemlos. gas gefällt. -PAN ist unschmelz-
tionsmedium gasförmigem bar, wird in Dimethylformamid
s. 3. Spalte Monomer gelöst und zu Fäden versponnen.
47
Tabelle 1-11 (Fortsetzung)
48

Polymeri- Reaktions- Phasenaufbau a Beispiele Entste- Bemerkungen


sation partner dem Reak- hungs-
tionspartner form des
zugeordnet Polymers

in Emulsion = Monomer E in W E-PVC, PVAC, Pulver Wasserlöslicher Initiator


Emulsions- Initiator L in W S/B, NBR, z.B. [O3S-O-O-SO3]2
polymeri- Polymer D in W SBR, Polymerteilchen 0,05 bis 0, 1 mm
sation (Emulgator) ABS Durchmesser
Emulgatorreste verschlechtern
die elektr. Isoliereigenschaften.
Hohe Molmasse erreichbar. Gute
Verarbeitbarkeit
in Suspension Monomer S in W PS, PMMA, Pulver Polymerteilchen bis 1 mm
= Suspen- Initiator L in M PVAC Durchmesser. Wegen geringen
sions- oder Polymer S in W Rückständen von Schutz-
Perlpoly- (Schutz- kolloiden ist der Reinheitsgrad
merisation kolloide) etwas schlechter als bei der
Substanzpolymerisation,
aber wesentlich besser als bei
Emulsionspolymersation
Fällung in Monomer S in W S-PVC Pulver
Suspension Initiator L in M
Polymer D in M
(Schutz- am Schluss
kolloide) S in W
a
Der Hauptbestandteil des Einphasen- oder Mehrphasen-Systems (das Reaktionsmedium) ist unterstrichen L Lösung; E Emulsion; M Monomer;
Wasser; D Dispersion; S Suspension; LM Lösemittel (meist organisch).
1 Einführung in Polymer Engineering
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 49

Polystyrol ist einer der wichtigsten Massenkunststoffe. Es wird seit 1930


großtechnisch erzeugt. Ohne es zu wissen, entdeckte E. Simon das Polystyrol be-
reits 1839 als feste Masse, die sich beim Erwärmen aus Styrol bildete. Deutlich
später erkannte M. Bertolet, dass es sich dabei um eine Polymerisation handelte.
Das erste Patent für die Herstellung von Polystyrol erhielt 1911 der Engländer
F. E. Matthews. Das erste technisch interessante Herstellungsverfahren wurde mit
der „thermischen Polymerisation“ von der „Staudinger-Schule“ 1929 entwickelt.
Im Gegensatz zur Alkylierung des Benzols verläuft die Dehydrierung von
Ethylbenzol endotherm. Sie wird bei hohen Temperaturen von 550 – 600 °C und
Heterokatalyse ausgeführt. Das entstehende Styrol wird vor der Weiterverwen-
dung unter Zusatz eines Polymerisations-Inhibitors im Vakuum destilliert. We-
gen der sehr ähnlichen Siedepunkte von Ethylbenzol und Styrol ist diese auf-
wendige Feinreinigung erforderlich.
Polystyrol wird in sehr großen Anlagen mit Durchsätzen von mehreren zehn-
tausend Jahrestonnen polymerisiert. Aus einem Gemisch von Wasser und Styrol
entsteht das Polystyrol in Form kleiner Perlen, die noch von Wasser, Initiator,
Schutzkolloiden, restlichem Monomer und Katalysator getrennt werden müs-
sen, Bild 1-23.
Polystyrol ist glasklar mit einer Lichtdurchlässigkeit von 90 % im Bereich des
sichtbaren Lichts. Es ist hart, formstabil, relativ spröde und ergibt nach der Ver-
arbeitung glatte und hochwertige Oberflächen. Polystyrol ist geruch- und ge-
schmacklos und in jeder Beziehung für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet.
Beim Polystyrol-Molekül befindet sich an jedem zweiten C-Atom der Kette eine
Phenylseitengruppe. Diese kann nach links oder nach rechts von der Kette ab-
stehen. Beim technischen Polystyrol ist die Verteilung dieser Ringe zufällig. Sol-
ches Polystyrol wird ataktisch genannt. Die unregelmäßig angeordneten Phenyl-
seitengruppen sind sperrig. Kristallisation findet nicht statt. Die Styrolmoleküle
bilden unregelmäßige Knäuel, die nur durch hohe Energiezufuhr „entwirrt“
werden können. Das erklärt die für einen amorphen Kunststoff hohe Erwei-
chungstemperatur von fast 100 °C. Es erklärt auch die hohe Lichtdurchlässigkeit
des Polystyrols. Denn es können sich keine teilkristallinen Strukturen bilden, an
denen Licht gestreut würde.
In ein kompliziert aussehendes Anlagenschema müssen nur wenige Formeln
eingesetzt werden, um bei den wenigen chemischen Reaktionen zu verdeutli-
chen, in welchem Teil der Anlage sie stattfinden. Häufig wird bei der Erzeugung
von Polymerisaten das Monomer angeliefert und ohne weitere chemische Ver-
änderung eingesetzt. Es kommt aus einer großen petrochemischen Anlage, die
oft viele Kilometer entfernt in der Nähe einer Raffinerie steht. Ethylen wird in
Europa entlang des Rheins in einer eigenen Pipeline transportiert, Propylen und
andere Rohstoffe für Polymerisationen kommen in Tankern auf Straßen, Eisen-
bahnen und Wasserwegen.
Bei Polystyrol werden Ethylen und Benzol aus der Petrochemie eingesetzt
und in nur zwei Schritten in Styrol umgewandelt. Der größte technische Auf-
wand muss für die Reinigung der Zwischenprodukte betrieben werden, um hohe
Molmassen zu erreichen.
Jede Verunreinigung führt bei der Polymerisation zu niedermolekularen Pro-
dukten. Daher müssen die Monomere aufwändig gereinigt werden.
50 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-23. Beispiel Polystyrol – technischer Prozess [1]

Wasser muss mit einem deutlich höheren Verbrauch an Energie und Trenn-
technik aus dem Reaktionsgemisch entfernt werden. Durch die Umesterung des
Methanolesters mit Glykol kann das Methanol mit geringerem Aufwand abge-
trennt werden.

Literatur – Kapitel 1.2


[1] Foliensammlung Kunststoffe; Frankfurt VKE Verbund Kunststofferzeugende Industrie e.V.;
2003
[2] Eyerer P. Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl, Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[3] Quadbeck-Seeger H-J (1993) Kunststoff-Forschung: „Von der Empirie zur Strategie“ in:
„Trends in der Kunststoff-Forschung“, BASF AG, S 10–17
[4] Horn D (1995) „Angewandte Polymerforschung – ein Kapitel der Supramolekularen, Che-
mie“ in „Polymere“ BASF AG, S 20–33
[5] Franck A. Kunststoff-Kompendium; Würzburg, Vogel Verlag, 2000, 5. Aufl.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 51

1.3
Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen

Wie bei allen Werkstoffen interessieren den Anwender meist die Eigenschaften
eines Werkstoffes im nutzbaren Bauteil, also nach der Konstruktion, Verarbei-
tung, Fertigung und Oberflächenbehandlung.
Neben den werkstofflichen Faktoren wie chemischer, physikalischer und
technischer Aufbau sowie die Faktoren aus der Erzeugung (bei Kunststoffen die
Synthese), verändern die Art der Verarbeitung einschließlich der Werkzeug-
technik und der Gestaltung die im Bauteil resultierenden Eigenschaften oft ganz
wesentlich und richtungsabhängig. Bild 1-63 veranschaulicht diesen Sachverhalt
und ergänzt weitere äußere, auf das Bauteil einwirkende Faktoren, die wiederum
seine Eigenschaften entscheidend beeinflussen können.
Bei den Auswahlbetrachtungen für vorwiegend mechanisch beanspruchte
Teile muss man also stets in Rechnung stellen, dass eine als Auswahlkriterium
dienende mechanische Eigenschaft, etwa die für die Bauteildimensionierung
maßgebliche Bruchfestigkeit sB, von einer Reihe wichtiger Faktoren [1] abhän-
gen kann.
So etwa von
a) der Beanspruchungsdauer, der Beanspruchungsfrequenz, der zeitlichen
Dauer von Belastungs- und Entlastungsphasen,
b) der Beanspruchungshöhe und Beanspruchungsart (Zug-, Druck-, Biege-,
Scherbeanspruchung; mehrachsige Beanspruchung),
c) der Betriebstemperatur,
d) den Umwelteinflüssen: Einwirkung der Witterung (Sonnenlicht,Wind, Regen,
Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen); Einwirkung flüssiger, gasförmiger,
dampfförmiger Chemikalien; Einwirkung energiereicher Strahlung; Einwir-
kung von Mikroorganismen, etc.,
e) der Verarbeitung: dem thermischen oder mechanischen Abbau, etwa beim
Spritzgießen und Strangpressen; chemischen Reaktionen wie Oxidation,
HCl-Abspaltung, etc.; Orientierung der Makromoleküle beim Spritzgießen,
Strangpressen, Blasformen; Schädigung bei mechanischer Bearbeitung (Sä-
gen, Fräsen, Bohren),
f) der Morphologie: Größe, Verteilung, Anteil der kristallinen Bereiche; unter-
schiedliches spezifisches oder freies Volumen aufgrund der thermischen Vor-
geschichte der Werkstoffe; unterschiedliche Molekülorientierungen in ver-
schiedenen Bereichen des Werkstoffes bzw. Formteiles; Molmasse, Mol-
massenverteilung, chemische Einheitlichkeit,
g) der Formgebung: Kerbwirkung durch Formgebung oder Bearbeitung,
h) den dem Kunststoff-Werkstoff beigegebenen Zusätzen: Additive wie: Farb-
stoffe, Pigmente, Stabilisatoren, verstärkende Stoffe, Haftvermittler, Form-
trennmittel, Flammschutzmittel u. v. a.
Diese Überlegungen gelten grundsätzlich für alle Werkstoffe. Im Folgenden sei
jedoch auf Kunststoffe fokussiert, wobei Metalle öfter vergleichsweise mit be-
schrieben werden.
52 1 Einführung in Polymer Engineering

1.3.1
Aufbau der Kunststoffe
Der Ingenieur oder Kunststoffanwender hat meistens im Umgang mit Metallen
ein fundiertes Wissen. Daher sind vereinzelt Metalle und Kunststoffe zur Veran-
schaulichung der Unterschiede gegenüber gestellt.
Während das Gefüge bei den Metallen aus Atomen aufgebaut ist, sind es bei
Kunststoffen Moleküle.
Das Metallgitter besteht aus positiven Ionen, während die Valenzelektronen,
ähnlich einem Gas („Elektronengas“), frei darin beweglich sind. Die dadurch er-
zeugte negative Raumladung führt zu einer Kraft (Metallische Bindung), die
größer ist als die Abstoßung zwischen den Ionen. Die Bindungsenergie bei-
spielsweise zwischen Eisenatomen liegt bei 395 kJ/mol.
Im Gegensatz zur Metallischen Bindung zwischen Atomen (man spricht vom
Metallgitter oder Metallkristall) bestimmen bei Kunststoffen die Kovalente Bin-
dung (oder primäre Bindung oder Hauptvalenzbindung) und die Zwischen-
molekulare Bindung (oder sekundäre Bindung oder Nebenvalenzbindung (ver-
altet)) die Eigenschaften.
Die Kovalente Atombindung wird durch Elektronenpaarbildung erreicht, d. h.
für bestimmte Elektronen besteht die gleiche Aufenthaltswahrscheinlichkeit bei
mehreren Atomen.
Der Kohlenstoff C, auch das Silizium Si, können über gemeinsame Valenz-
elektronen Kristallgitter aufbauen. Diamant oder Quarz sind Beispiele.
Durch Absättigung zwei der vier Valenzarme von Kohlenstoff und Silizium
können aber auch Molekülketten entstehen, die das Grundgerüst der Kunststoffe
bilden. Dies kann kettenförmig (aliphatisch) oder auch ringförmig (aromatisch)
geschehen.

Tabelle 1-12. Bindungsenergien und Bindungsabstände kovalent gebundener Atome [1]

Bindungspartner Bindungs- Bindungs- Bemerkungen


abstand energie
nm kJ/mol

C–C 0,154 ca. 350 S CCC 109° ± 2°


(aliphatisch = kettenförmig)
C–C 0,140 ca. 560 S CCC 124° ± 2°
(aromatisch = ringförmig)
C=C 0,135 610 keine Drehbarkeit
C∫C 0,120 832 keine Drehbarkeit
C–H 0,109 413 S CH 109° ± 4°
C–O 0,143 351 gute Drehbarkeit
C=O 0,122 708
C–N 0,147 293
C–Cl 0,177 339
C–F 0,131 485
N–H 0,102 389
Si–O 0,164 444 gute Drehbarkeit
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 53

Tabelle 1-12 listet einige für Kunststoffe wichtige Bindungspartner, -abstände


und -energien auf, aus denen sich qualitativ durchaus Festkörpereigenschaften
ableiten lassen.
So ist beispielsweise der Bindungsabstand zweier Kohlenstoffatome im Ring
kleiner, die Bindungsenergie dadurch deutlich höher als in der Kette. Folglich
sind Ringverbindungen beispielsweise thermisch stabiler als lineare Molekül-
ketten. Hier spielt allerdings die sterische Behinderung auch eine große Rolle.
Ein weiteres Beispiel ist die C-F-Bindung im Vergleich zur C-C-Bindung. Die
höhere Bindungsenergie bei C-F bewirkt die hohe thermische und auch chemi-
sche Beständigkeit von Polytetrafluorethylen (PFFE).
Neben den primären Bindekräften, die in der Molekülkette zwischen C- oder
Si- oder eingelagerten Atomen (Heteroatome) wirken, sind die zwischenmole-
kularen Bindekräfte für die Eigenschaften von Kunststoffen von großer Bedeu-
tung. Zwischen den kovalent gebundenen Molekülketten wirken im Allgemei-
nen nur schwache Anziehungskräfte, hervorgerufen durch die Polarisation von
Molekülen.
Die zwischenmolekularen Bindekräfte sind stark temperatur- und abstands-
abhängig und in der Regel kleiner 12 kJ/mol.
Das Verhältnis von Sekundärbindekraft BS zu Primärbindekraft BP beträgt
etwa
BS:BP ≈ 1/20 bis 1/100
Aus diesem geschilderten Sachverhalt resultieren bei Kunststoffen
• stark richtungsabhängige Eigenschaften, wenn die Makromoleküle orientiert
sind
• starke Temperaturabhängigkeit
• starke Zeitabhängigkeit
• große Belastungsabhängigkeit
der Eigenschaften.
Tabelle 1-13 fasst zusammen und erweitert um bisher nicht erläuterte Begriffe,
die im Folgenden, wie beispielsweise die Dipolkräfte oder die Wasserstoff-
brückenbindungen, noch eine Rolle bei Kunststoffen und ihren Eigenschaften
spielen.
Bild 1-24 fasst chemische und physikalische eigenschaftsbildende Faktoren
bei Kunststoffen zusammen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
54 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-13. Zusammenfassende Übersicht zu Bindungsarten [1]

Bindungsart Beispiele Bindungs- Bindungs- Bemerkungen


energie abstand
kJ/mol nm

Metallische – 40–800 Positiv geladenes Metallion


Bindungen Fe–Fe 395 0,404 von negativ geladenem
Li–Li 111 0,463 Elektronengas umgeben
K–K 55
Ionenbindung – 400–2000 starke Anziehungskräfte
NaCl 410 0,236 zwischen positiv und
NaF 447 0,185 negativ gelandenen Ionen
Ionomere*

kovalente Bindung C–C (aliph.) 350 0,154 gemeinsame Valenz-


(Hauptvalanz C–C (arom) 560 0,140 elektronen (Oktettschale)
bindung) C–H 413 0,109 außen wird angestrebt,
(Atombindung) C=C 610 0,135 gerichtete Bindung
C–Cl 339 0,177
Si–0 444 0,164

Zwischenmole- – 0,2–25 0,5–0,8


kulare Kräfte
– van der zwischen 0,3–4 ungerichtet; abstands-
Waal’s Kräfte unpolaren abhängig
(= Dispersions- Molekülen Wirkung über kurze
kräfte) Entfernungen
– Dipolkräfte zusätzlich zu Gerichtet;
van der temperaturabhängig
Waal’s Wirkung über große
Kräften bei 2–12 Entfernungen
polaren Gerichtet;
Gruppen temperaturabhängig
– Wasserstoff- O–H…0 3–25
Brücken- N–H…0 < 24
bindung

* Ionomere sind Polymere, bei denen nicht nur herkömmliche zwischenmolekulare Kräfte,
sondern auch Ionenbindungen wirksam sind.
Beispiele sind Copolymere aus Ethen und Acrylsäure, bei denen das Carboxylat-Anion des
Acrylsäure-Comonomeren als Anion wirkt.

1.3.1.1
Chemische Ordnungszustände
Die chemische und physikalische Struktur der Kunststoffe und daraus resultie-
rend ihre Eigenschaften kann mit den Begriffen Konstitution, Konformation
und Konfiguration beschrieben werden.
Das chemische Aufbauprinzip eines Moleküls aus den Atomen (Konstitution)
kann durch folgende Arten beschrieben werden:
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 55

Kristallitbil-
dung/Gefüge

Bild 1-24. Eigenschaftsbildende Faktoren bei Kunststoffen

• den Typus und die Verknüpfungsart der Atome der Grundmolekülkette

• die Art der Endgruppen und Substituenten

hier z. B. Phenylrest oder OH-Gruppe


• die Art und Länge der Verzweigungen
• die Molmasse und deren Verteilung
• den Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen
Als Konfiguration bezeichnet man die räumliche Anordnung der Atome und
Atomgruppen im Molekül bei gleicher Konstitution, beispielsweise die Taktizität
der CH3-Gruppe beim Polypropylen, Bild 1-25.
In der Synthese gelingt es, wie oben beschrieben, die CH3-Gruppen regel-
mäßig wechselseitig nach vorne und hinten anzuordnen und dadurch einen
56 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-25. Taktizität (Konfiguration) der CH3-Gruppen beim Polypropylen (s. a. Kap. 2.1.1.2)

höheren Ordnungsgrad der Makromolekülketten (Kristallinität) zu erreichen,


mit der Folge von höherer Festig- und Steifigkeit bei verbesserter Temperatur-
beständigkeit.
Als Konformation bezeichnet man die räumliche Gestalt, die Makromoleküle
gleicher Konfiguration durch Drehen um Bindungsachsen einnehmen. Die Gra-
fik hierzu verdeutlicht dies durch eine jeweilige Seiten- und Frontansicht zweier
Makromolekülketten.

■ Einfluss der Verknüpfungsarten innerhalb der Grundmolekülketten auf


Eigenschaften
Tabelle 1-14 zeigt Beispiele für verschiedene Verknüpfungsarten (Einbau von He-
teroatomen) in die Grundmolekülkette von Kunststoffen.
Am Beispiel des Aufbaus der Polyamide wird der Zusammenhang zwischen
veränderter Grundmolekülkette und makroskopischen Eigenschaften erläutert.
Polyamide sind stickstoffhaltige Thermoplaste, deren Grundbausteine (CH2)
durch Carbonsäureamidgruppen (oder kurz: Amidgruppen) miteinander ver-
knüpft sind.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 57

Tabelle 1-14. Verknüpfungsart der Atome in der Grundmolekülkette [1]

Verknüpfungsart der Atome in der Beispiele für


Grundmolekülkette

Art der Bindung Struktursymbol Synthetische Natürliche


Makromoleküle Makromoleküle

Kohlenstoff- Polylefine, Kautschuk


bindungen Vinyl-, Styrol- Guttapercha
Acrylpolymerisate

Esterbindungen lineare, gesättigte Nucleinsäuren


Polyester
Heteropolymere

Amidbindungen Polyamide Eiweiße, Wolle,


Seide

Etherbindungen Polyoxymethylen Polysaccharide,


(Acetalbindungen) (Polyethylenoxid) Cellulose,
Stärke, Glykogen

Die Herstellung erfolgt durch Kondensationspolymerisation (Polykondensate).


Man unterscheidet zwei Gruppen:
a) Gruppe der Aminosäuretypen, auch Lactame genannt (1 Grundbaustein)
b) Polyamide vom Typ aliphatischer Diamin-Dicarbonsäuren (2 Grundbau-
steine).
Im Folgenden verdeutlicht die chemische Strukturformel verschiedener Poly-
amide (PA 6 und PA 11 als Beispiele für Typ a) 1 Grundbaustein; PA 6.6 als Bei-
spiel für Typ b) 2 Grundbausteine) deren Aufbau aus unterschiedlich langen
CH2-Gruppen mit zwischengeschalteten NHCO-Gruppen. Die Systematik der
Benennung bezieht sich auf die Zahl der C-Atome zwischen den N-Atomen.

Struktureller Aufbau von aliphatischen Polyamiden (s. a. Kap. 2.2.1.1.2)


a) Aminosäuren oder Lactame:
PA 6 Zahl der C-Atome
zwischen den N-Atomen
5+1=6

PA 11
10 + 1 = 11
58 1 Einführung in Polymer Engineering

b) aliphatische Diamin-Dicarbonsäuretypen:
PA 6.6 6 und (4 + 2) = 6.6

Die NHCO-Gruppen benachbarter Polyamid-Moleküle bilden über das Wasser-


stoffatom am Stickstoff mit nahe liegenden Sauerstoffatomen am C so genannte
Wasserstoffbrücken. Diese besitzen doppelt bis dreifach so hohe Binderkräfte
wie die üblichen zwischenmolekularen Kräfte.
Die Folge für die Eigenschaften zeigt Tabelle 1-15.
Je mehr NHCO-Gruppen je CH2-Gruppen (oder umgekehrt je weniger CH2-
Gruppen je NHCO-Gruppe) im Polyamidmolekül enthalten sind, desto höher ist
bei den Lactamen (1 Grundbaustein) die Schmelztemperatur (z.B.220°C bei PA 6),
aber umso höher ist auch die maximale Wasseraufnahme, weil NHCO eine sehr
hohe Affinität zu H2O besitzt.
Ähnlich verhält es sich bei den Diamin-Dicarbonsäuretypen (2 Grundbau-
steine). Warum ist nun die Schmelztemperatur vom PA 6.6 deutlich höher als
von PA 6?
Das Makromolekül des PA 6.6 ist punktsymmetrisch, wenn man den Symme-
trie-Punkt in die Mitte einer Monomereinheit legt. Mit hoher „Trefferquote“
können sich bereits in der Schmelze die Wasserstoffbrücken als Nahordnung bil-
den, weil die Abstände immer stimmen. Beim Kristallisieren werden sie dann als
Fernordnung fixiert.
Das Makromolekül des PA 6 ist nicht symmetrisch. Nur wenn benachbarte
Makromoleküle die entgegengesetzte Laufrichtung einnehmen, passen die Ab-
stände zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken.

Tabelle 1-15. Systematik der Benennung aliphatischer Polyamide [1]

PA-Sorte Strukturformel Dichte Anzahl Schmelz- Max.


g/cm3 der CH2- punkt °C Wasserauf-
Gruppen nahme
je NHCO Masse %

PA 6 –关 NH (CH2)5 CO 兴– … 1,14 5 220 10


PA 11 –关 NH (CH2)10 CO 兴– … 1,04 10 190 2
PA 12 –关 NH (CH2)11 CO 兴– … 1,02 11 170 1,7
PA 6.6 –关 NH (CH2)6 NH– 1,15 5 265 10
–CO (CH2)4 – CO 兴– …
PA 6.10 –关 NH (C2)6 NH– 1,08 7 226 3,5
–CO (CH2)8 – CO 兴– … im Durch-
schnitt
6+8
2
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 59

Das ist weniger häufig der Fall als beim punktsymmetrischen PA 6.6, deshalb
zeigt PA 6 einen niedrigeren Kristallisationsgrad und geringeren E-Modul als
PA 6.6.
Als weiteres Beispiel für den Einfluss der Molekülkettenstruktur (Konfirma-
tion) auf die Kunststoff-Eigenschaften gilt das Polyamid PA 4.6. Als Polymer hat
es einen unregelmäßigeren Aufbau als beispielsweise PA 6. Diese „inhomogene-
ren“ Molekülketten ergeben einen niedrigeren Kristallisationsgrad, damit aber
eine höhere Schlagzähigkeit. Ähnlich wirkt auch die Molmasse: Je höher die
Molmasse, umso besser die Schlagzähigkeit ak.
z. B.: PA 6 normal ak = 65 kJ/m2
PA 6 höhermolekular ak = 100 kJ/m2
Den Einfluss des Aufbaus der Makromolekülkette veranschaulicht die folgende
Darstellung (Tabelle 1-16) anhand aromatischer Polyamide, Kohlenstofffasern
und Graphit.
Je mehr Ringstrukturen in die Molekülkette eingebaut werden, beim Graphit ist
es nur noch die Ringstruktur, umso höher liegt die Glasübergangstemperatur Tg.
Oder mit anderen Worten: Je unbeweglicher (sperriger) die Molekülketten werden,
umso hochtemperaturbeständiger wird der Werkstoff (siehe auch Tabelle 1-17).

Tabelle 1-16. Struktureller Aufbau von „aromatischen“ Polyamiden (Handelsname z. B. Ara-


mide) [1]

Einfluss des chemischen


Aufbaus auf die
Glastemperatur Tg

a) meta-Stellung Tg PA aliph. ~ 30°C


A Tg meta: 220°C
Handelsname: z.B. Nomex

b) para-Stellung Tg para: 290°C


B Handelsname: z.B. Kevlar

zum Vergleich:

Kohlenstofffaser kaum Tg

Graphitstruktur kein Tg

z.B. Bleistift; Ringebenen


verschieben sich leicht
60 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-17. HAT (hochtemperaturfeste) Thermoplaste (Auswahl). Struktur, Bezeichnung, cha-


rakt. Temperaturen (U. Delpy, IKP) [2]

Struktur Trivial- Handels- Tg Tm


name name °C °C

1 Polyarylat ® Apec 192 –


(PAR) ® Ardel
® Durel

2 Polyaryl- ® Radel 290 –


sulfon ® Astrel
(PAS)

3 Polysulfon ® Udel 187 –


(PSU) ® Ultrason S
(PSO)

4 Polyether- ® Victrex PES 225 –


sulfon ® Ultrason E
(PES)

5 Polyether- ® Ultem 200 –


imid (PEI)

6 Polyphe- ® Ryton 100 274


nylensul- ® Fortron
fid (PPS)

7 Flüssig- ® Vectra 280 –


kristall- ® Ultrax
Polymer ® Xydar
(LCP)
(liquide
crystall
polymers)

8 Polyamid- ® Torlon 274 –


imid
(PAI)

9 Polyether- ® Victrex PEK 158 365


keton ® Hostatec
(PEK) ® Ultrapek
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 61

Eine sehr ähnliche Struktur wie Polyamide haben die linearen Polyurethane
(TPU)

(TPU … thermoplastisches Polyurethan oder lineares PUR genannt)


Wie bei Polyoxymethylen (POM), siehe Tabelle 1-18, und Polyethylen-
terephthalat (PET) kommt dem Sauerstoffatom (Heteroatom) in der Molekül-
kette eine Art Scharnierwirkung zu. Allgemein gilt, dass ein Sauerstoffatom in
der Kette den Glaspunkt Tg erniedrigt, andererseits aber infolge hoher Drehbar-
keit je nach Konstitution die Kristallisationsneigung verstärkt, was zu höherem
Schmelzpunkt führt.

■ Art der Substituenten und Endgruppen


Neben dem chemischen Aufbau der Grundmolekülkette haben die Anordnung
(Konfiguration) und die Gestalt (Konformation) von Substituenten (auch von
Endgruppen) einen wesentlichen Einfluss auf die Eigenschaften von Kunststof-
fen.
Tabelle 1-18 unterteilt die Thermoplaste in Gruppen und gibt Beispiele für
Atome oder Atomgruppen als Substituenten.
Substituenten beeinflussen maßgeblich die Polarität (Dipolmomente) und
die Beweglichkeit (sterische Hinderung) von Makromolekülketten.
Die Polarität beeinflusst beispielsweise die chemische Beständigkeit (Chlor-
atom im Polyvinylchlorid), sperrige Seitengruppen (Phenylrest im Polystyrol)
verschieben beispielsweise die Glasübergangstemperatur zu höheren Werten
hin und erzeugen spröde, steife Kunststoffe.
Die Abstände und der Valenzwinkel zwischen den Kohlenstoffatomen lassen
sich kaum deformieren; die hohe Beweglichkeit einer Molekülkette folgt aus ei-
ner nahezu freien Drehbarkeit (Rotation) um die C-C-Achse (Kegelmantel), Bild
1-26.
Die Energieschwelle zu einer Drehung ist mit beispielsweise 11 kJ/mol für das
Ethan-Molekül und 16,7 kJ/mol für das Polyethylenmolekül ziemlich niedrig.
Diese Segmentrotation wird durch die an der Hauptkette angelagerten Substitu-
enten (Atome oder Atomgruppen) oder durch Verzweigungen mehr oder weni-
ger behindert (sterische Hinderung), z. B. bei Polyethylen weniger, bei Polysty-
rol infolge Phenylrest mehr.
Die Drehbarkeit der Grundmolekülkette ist für die Steifigkeit eines Kunst-
stoffes entscheidend.
Die zwei folgenden Beispiele sollen u. a. den Einfluss der Drehbarkeit der
Grundkette und von Substituenten auf die Eigenschaften von Kunststoffen inge-
nieurmäßig veranschaulichen (siehe Seite 63):
62 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-18. Beispiele für Atome oder Atomgruppen als Substituenten [1]

(s. a. Kap. 2.1.1)

(s. a. Kap. 2.1.3)

(s. a. Kap. 2.1.2)

(s. a. Kap. 2.1.4)

(s. a. Kap. 2.1.6)


1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 63

Bild 1-26. Schematische Darstellung der Rota-


tionskegel, die die 3. und 4. Bindungen einer
einfachen Kohlenstoffkette mit vorgegebenem
Winkel a ausführen können

Beispiel 1: Polysiloxankunststoffe – Strukturschema

Aus den bisherigen Zusammenhängen lassen sich die folgenden drei Fragen be-
antworten:
a) Warum sind Polysiloxane hochtemperaturbeständig?
b) Warum liegt die Glastemperatur bei Polysiloxanen sehr tief, nämlich bei
– 100 °C?
c) Warum ist die mechanische Festigkeit der Polysiloxane gering?
Antworten:
a) Si-O Bindungsenergie ist hoch (Konstitution)
b) Si-O gut drehbar (Konformation)
c) keine Kristallisation (CH3 Gruppen) (Konfiguration)
Eine weitere Eigenart der Polysiloxanöle kann anhand des obigen Struktursche-
mas veranschaulicht werden: Auf Metallen oder auf Wasser gespreitet, ordnen
sich die Sauerstoffatome zur polaren Oberfläche hin, d. h. auf Wasser wirkt Poly-
siloxanöl entschäumend, es schafft eine unpolare organische Oberfläche und
wirkt als Trennmittel. Als Reinsubstanz wandelt sich die Si-O-Kette, sodass
alle Sauerstoffatome von den CH3-Gruppen eingehüllt sind. Dadurch hat das
Polysiloxanmolekül ebenfalls einen unpolaren Charakter.
64 1 Einführung in Polymer Engineering

Beispiel 2: Polyoxymethylen – Strukturschema

a) Warum ist POM weniger temperaturbeständig als Polysiloxane?


b) Warum liegt die Glastemperatur bei POM sehr tief, nämlich bei ca. – 40 °C?
c) Warum sind Steifigkeit und Festigkeit bei POM sehr hoch?
Antworten:
a) C-O-Bindung 351 kJ/mol; schwächere Bindung als bei Polysiloxanen (Konsti-
tution)
b) gute Drehbarkeit um C-O , aber wegen A 110° und dCO geringer als bei Poly-
siloxanen (Konformation)
Ø
c) Kristallisation bei POM höher als bei Polysiloxan, weil sperrige CH3-Gruppen
fehlen (Konfiguration).

■ Art und Länge der Verzweigungen


Trotz gleicher atomarer Bausteine sind die Eigenschaften von Kunststoffen meist
sehr unterschiedlich, weil der chemische Aufbau erzwungen oder beeinflusst
von den Polymerisationsbedingungen entscheidenden Einfluss auf die Struktur
der Polymeren hat. Der Abstand der Kettenmoleküle beeinflusst die zwischen-
molekularen Bindungskräfte. Die Regelmäßigkeit des Kettenaufbaus ist für die
Eigenschaften des Kunststoffes entscheidend.

Verzweigungen (Konstitutionen)
Je nach Polymerisationsverfahren entstehen bei linearen Kettenmolekülen,
beispielsweise Polyethylen, mehr oder weniger Verzweigungen (Seitenäste) un-
terschiedlicher Länge an der Hauptkette, siehe Tabelle 1-19.
Durch die Ausbildung von Verzweigungen an der Hauptkette wird der struk-
turelle Aufbau des Polyethylens verändert.Verzweigungen wirken wie Abstands-
halter zwischen den Makromolekülketten und bedingen mehr Fehlstellen im
Molekülverbund.
Der Kristallisationsgrad wird geringer, viele Eigenschaften verändern sich.
Tabelle 1-19 gibt qualitativ Auskunft über die Tendenzen der Eigenschafts-
änderungen. Beispielsweise sinkt die Schmelztemperatur mit zunehmendem
Verzweigungsgrad. Die zwischenmolekularen Bindekräfte nehmen wegen der
Abstandsvergrößerung infolge Verzweigungen ab, Fehlstellen wachsen, Ketten-
abgleitprozesse bei höherer Temperatur werden erleichtert. Die Gasdurchlässig-
keit oder die Quellneigung bei einwirkenden Flüssigkeiten steigt aus gleichen
Gründen.
Eigenschaften lassen sich somit qualitativ wenigstens in der Richtung der zu
erwartenden Änderung abschätzen, wenn diese einfachen kunststoffkundlichen
molekularen Zusammenhänge bekannt sind.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 65

Tabelle 1-19. Auswirkung des Verzweigungsgrades auf die Eigenschaften von Polyethylen [1]
(s. a. Kap. 2.1.1.1)

Verzweigungsart PE Polymerisations- Auswirkungen bei


kurzkettenverzweigt verfahren zunehmenden Verzweigungen
(teilkristalline Thermoplaste)

wenig verzweigt PE-HD Niederdruckverfahren Dichte Ø


(Länge: 2–6 C-Atome) high nach Ziegler mit Kom- Kristallisationsgrad Ø
durchschn. Anzahl density plexkatalysatoren bzw. Steifigkeit Ø
der Seitengruppen r = 0,96 stereospezifisch wirk- Fließfähigkeit Ø
3 CH3/1000 C-Atome g/cm3 samen Katalysatoren Schmelztemperatur Ø
Wärmeleitfähigkeit Ø
stark verzweigt PE-LD Hochdruckverfahren Schlagzähigkeit ≠
durchschn. Anzahl low (radikalisch aktiviert) Bruchdehnung ≠
der Seitengruppen: density (200 bar max. bis Lichtdurchlässigkeit ≠
21 CH3/1000 C-Atome r = 0,92 4000 bar; 200°C Permeation von Gasen ≠
g/cm3

Eigenschaften von Polymeren können durch den chemischen Aufbau (Kons-


titution), wie beispielsweise Verzweigungen, verändert werden. Eine weitere
Möglichkeit zur Veränderung ist die

Isomerie (Konfiguration)
Hierunter versteht man die unterschiedliche räumliche Anordnung der Atome
oder Atomgruppen (Substituenten R) in Molekülen von gleicher Zusammen-
setzung und gleichem Aufbau (in der Regel Kohlenstoffkette).
Man unterscheidet:
Strukturisometrie
und
Stereoisomerie (Taktizität)
Die Substituenten können räumlich unterschiedlich an der Kette angeordnet
sein. Je nach Polymerisationsablauf (gewähltes Verfahren, Wahl der Katalysato-
ren) ergeben sich Kunststoffe mit „sterischer Konfiguration“, siehe Bild 1-25.
In der Regel enthalten technische Kunststoffe ataktische, isotaktische und
syndiotaktische Anteile. Für die Eigenschaften entscheidend ist das Verhältnis
der Anteile zueinander. Beim Polypropylen beispielsweise ist der ataktische An-
teil nur 2 bis 5 %. Dies bedeutet, dass der Kristallisationsgrad beim Polypropylen
sehr hoch sein kann. Je regelmäßiger die Anordnung der Substituenten ist, umso
größer ist die Möglichkeit, kristalline Strukturen zu bilden.

■ Molmasse und Molmassenverteilung


Die Eigenschaften von Kunststoffen werden neben der Art und Größe der Binde-
kräfte, den Verzweigungen und Isomerien entscheidend mitbestimmt durch die
Molmasse (Konstitution).
Die Größe eines Makromoleküls wird durch die Molmasse ausgedrückt (nor-
malerweise durch den Mittelwert Mw der Molmasse bzw. durch den mittleren
Polymerisationsgrad n):
66 1 Einführung in Polymer Engineering

Mw, Polymer
n = 98 = Zahl der Grundbausteine in einem Makromolekül
MMonomer

Die Molmasse einer Monomereinheit eines Kunststoffes errechnet sich aus der
Summe der Einzel-Atommassen, multipliziert mit dem Polymerisationsgrad n.

z. B. Polyethylen (PE) Polychlorbutadien (CR)

Den Zusammenhang zwischen dem Aussehen und der technischen Verwendbar-


keit einerseits und der Molmasse andererseits bei einem technischen Polystyrol
zeigt Tabelle 1-20, für Polyethylen Tabelle 2-1.
Ursachen für viele Eigenschaftsänderungen bei steigender Molmasse sind
• Zunahme der Anzahl der Primär-Bindungen bezogen auf eine Volumen-
einheit
• verminderte Nah- und Fernordnung
• Zunahme der Anzahl von Verschlaufungen und Verhakungen zweier oder
mehrerer Molekülketten (physikalische Vernetzung)
Demzufolge werden im Wesentlichen die Fließeigenschaften der Kunststoffe im
weitesten Sinne von der mittleren Molmasse beeinflusst. Dazu gehören Schmelz-
viskosität, Elastizitäts- und Schubmodul oberhalb des Glasumwandlungs-

Tabelle 1-20. Zusammenhang zwischen Aussehen, technischer Verwendbarkeit und Molmasse


bei einem technischen Polystyrol (BASF, Ludwigshafen) (s. a. Kap. 2.1.3)

Molmasse M Polymerisa- Aussehen nach Aussehen nach Technische


g/mol tionsgrad n Umfällen der Schmelzen und Verwendung
Lösung abkühlen

200–1000 2–10 flüssig fest z.T. kristallisiert- –


brüchig, spröde
1000 – 20000 10–200 pulvrig weniger brüchig, Lacke
fester, schwach
filmbindend
20000–75000 200–750 etwas faserig zäh, glasig thermoplastische
Spritzgussmassen
75000–1500000 750–15000 langfaserig sehr zähe Gläser Folien und
in der Wärme Bänder
elastisch
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 67

Bild 1-27. Temperaturabhängigkeit des Schubmoduls G¢ für PMMA-Formmassen verschiede-


ner mittlerer Molmasse [3] (s. a. Kap. 2.1.4.2)

bereiches, Zeitstandverhalten, Spannungsrissbeständigkeit, Reißdehnung, me-


chanische Festigkeit, Lösungs- und Quellverhalten u. a. m.
Den quantitativen Einfluss der Molmasse M3w auf einige technologische und
physikalische Eigenschaften von amorphen und teilkristallinen Thermoplasten
zeigen die Bilder 1-27 und 1-28.
amorphe Thermoplaste, z. B. PMMA
Der Temperaturbereich zwischen Glasumwandlungsbereich und Fließ- bzw.
Schmelzbereich, in dem der Schubmodul annähernd konstant ist, wird mit stei-
gender Molmasse immer breiter. Der Kunststoff ist entropie- oder gummi-
elastisch, auch thermoelastisch (im Gegensatz zu thermoplastisch) genannt.

Bild 1-28. Einfluss der Molmasse auf Eigenschaften von Polyethylen (jeweils bei 23 °C gemessen)
(s. a. Kap. 2.1.1.1)
68 1 Einführung in Polymer Engineering

teilkristalline Thermoplaste, z. B. PE
Mit zunehmender Molmasse (wachsende Kettenlänge) nimmt die Zahl an Ket-
tenverschlaufungen („physikalische Vernetzungsstellen“) der einzelnen Makro-
moleküle zu. Die Viskosität der Schmelze steigt, die Beweglichkeit der
Makromoleküle in der Schmelze (Abgleitprozesse) sinkt. Dadurch wird einer-
seits die Spritzgussverarbeitung erschwert, andererseits verringert sich beim
Erstarren ab sehr hohen Molmassen das Kristallisationsvermögen, was wieder-
um eine abnehmende Dichte (Packungsdichte) zur Folge hat.
Entsprechend lässt sich der Verlauf des E-Moduls über der Molmasse, Bild
1-28, mit zunächst vermehrt wirksamen zwischenmolekularen Kräften infolge
zunehmender Kristallisation, und ab einer bestimmten Kettenlänge mit einem
geringeren Ordnungsgrad, erklären. Mit steigender Kettenlänge können über
die Sekundärbindungen höhere Kräfte in die Ketten eingeleitet werden, wo-
durch die Festigkeit der einzelnen Ketten besser genutzt werden kann. Das Ab-
gleiten der Ketten aneinander wird behindert. Sind die wirksamen zwi-
schenmolekularen Kräfte so groß, um den Bruch einer Primärbindung inner-
halb einer Kette herbeizuführen, kann eine größere Kettenlänge keine
Festigkeitssteigerung mehr erzeugen. Die verminderte Zunahme der Zugfestig-
keit oberhalb von Mw = 105 macht deutlich, dass trotz zunehmenden Anteils
verschlaufter langer Ketten eine Festigkeitssteigerung durch Erhöhung der Ket-
tenlänge nicht mehr möglich ist.
Die Abnahme der Reißdehnung bei PE mit steigender Molmasse in Bild 1-28
ist ebenfalls auf eine Zunahme „physikalischer Vernetzungsstellen“ zurück-
zuführen. Aufgrund der um zwei Zehnerpotenzen geringeren Reißdehnung des
PMMA wirkt sich dies dort nicht aus.

Molmassenverteilung
Synthetische Polymerisate sind polydispers, d.h. es liegt eine kontinuierliche Ver-
teilung an Molekülketten mit verschiedenen Molmassen vor.Ein bekanntes Beispiel
für ein „monodisperses Polymerisat“ ist das in der Natur vorkommende Insulin.
Der Kurvenverlauf und/oder die Definition verschiedener mittlerer Molmas-
sen, Bild 1-29, charakterisieren die Fließeigenschaften von (thermoplastischen)
Kunststoffschmelzen oder auch das Verhalten (z. B. die Langzeiteigenschaften)
der festen Kunststoffe. Beispielsweise erhöht ein hochmolekularer Anteil bei ei-
nem relativ niedrigen Polymerisationsgrad die Viskosität der Schmelze und ver-
bessert die mechanischen Eigenschaften des Fertigteils. Umgekehrt kann ein
niedermolekularer Anteil die Verarbeitbarkeit einer Schmelze erleichtern, wobei
sich dadurch die mechanischen Eigenschaften verschlechtern können.
Unpolare Kunststoffe haben meist eine relativ hohe Molmasse. Damit gleicht
man geringere zwischenmolekulare Kräfte (keine Dipolkräfte) aus (hohe Kris-
tallisationsneigung, Kettenverhakungen). Polare Kunststoffe haben dagegen
häufig eine relativ niedrige Molmasse.
Bei den vernetzenden Kunststoffen ist die Angabe einer mittleren Molmasse
nicht sinnvoll, da die Makromoleküle zu einem einzigen Molekül sehr großer
Molmasse zusammengeschlossen sind. Bei Duroplasten und Elastomeren ist es
daher zweckmäßiger, die mittlere Vernetzungsdichte – sozusagen die Maschen-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 69

Bild 1-29. Typische differenzielle Molmassen-Verteilungskurve, beispielsweise Polystyrol (s. a.


Kap. 2.1.1.1 und Bilder 2-42 oder 2-47)
––––––– breite Verteilung ----------- enge Verteilung [4]


Mn … Zahlenmittel
Mh … Viskositätsmittel der Molmasse
Mw … Massenmittel

weite – oder den Gehalt an Vernetzungsmitteln (z. B. Schwefelgehalt bei Gummi)


anzugeben.
Tabelle 1-21 stellt für einige Thermoplaste die Polymerisationsgrade und die
mittlere Molmasse zusammen.
Alle Werte sind Anhaltswerte und umfassen die üblichen Qualitäten; für eine
bestimmte Qualität lassen sich enger umgrenzte Werte angeben.
Zusammengefasst gilt Folgendes:
• Die mittlere Molmasse beeinflusst die Fließeigenschaften von Kunststoffen
bevorzugt im Schmelz- bzw. Fließbereich.
• Infolge molekularer Abgleitprozesse der Molekülketten hängen auch Fest-
körpereigenschaften mehr oder weniger (je nach Konstitution und Konfigu-
ration) stark von der mittleren Molmasse ab.
• Langkettige amorphe Kunststoffe sind meist mechanisch steifer sowie che-
misch beständiger (Kettenverhakungen verhindern Abgleiten), dagegen las-
sen sich kurzkettige Kunststoffe leichter urformen.
• Sinngemäß wirkt sich die Molmassenverteilung innerhalb einer mittleren
Molmasse auf die Eigenschaften und die Verarbeitung von Kunststoffen aus.
Hochmolekulare Anteile erhöhen die Schmelzeviskosität und verbessern die
mechanischen und chemischen Langzeiteigenschaften. Niedermolekulare
Anteile erleichtern die Abgleitprozesse sowohl in der Schmelze als auch im
Festkörper (geringere Zeitstandfestigkeit).
70 1 Einführung in Polymer Engineering

• Zur Charakterisierung der Kunststoff-Formmassen werden Massenmittel,


Viskositätsmittel und Zahlenmittel definiert. Für polydisperse Kunststoffe
3w > M
gilt: M 3v > M
3n (Erklärung siehe Bild 1-29).

Tabelle 1-21. Zusammenstellung des Polymerisationsgrades und der mittleren Molmasse eini-
ger Thermoplaste

Polymerisationsgrad n 3w
mittl. Molmasse M

Polyethylen niederer Dichte 1.000 bis 5.000 30.000 bis 150.000


(LDPE)
Polyethylen hoher Dichte 1.800 bis 10.000 50.000 bis 300.000
(HDPE)
Ultrahochmolekulares 70.000 bis 20.0000 ca. 2 bis 6 Mill.
Polyethylen
Polypropylen 7.500 bis 18.800 300.000 bis 750.000
Polystyrol 1.500 bis 2.500 150.000 bis 250.000
Polyvinylchlorid 1.000 bis 2.500 60.000 bis 150.000
Polyoxymethylen 1.000 bis 2.000 30.000 bis 60.000
Polymethacrylat 20.000 bis 30.000 ca. 2 bis 3 Mill.
Polytetrafluorethylen ca. 10.000 ca. 500.000

■ Der Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen


(Homo- und Copolymere, Polymermischungen, Weichmachung)
Die Abwandlung von Eigenschaften durch chemische und/oder physikalische
Einlagerungen von Fremdatomen oder -molekülen hat heute größte Bedeutung,
da prinzipiell neue Kunststoffe kaum noch entwickelt werden können. Wird ein
Kunststoff aus einer Monomerart aufgebaut, spricht man von einem Homopoly-
mer, dagegen besteht ein Misch- oder Copolymer aus zwei oder mehreren
Monomerarten.
Je nach Anzahl der in die Kette eingebauten Grundbausteine spricht man von
Co-, Ter-, Quaterpolymeren usw. Die verschiedenen Monomerarten können
regelmäßig oder statistisch unregelmäßig verteilt sein. Kunststoffe mit längeren
Folgen (Sequenzen) einer Monomerart in der Kette nennt man Block- (oder Seg-
ment-) Copolymere.
Das Anpolymerisieren von Seitenketten aus andersartigen Monomeren an
die Hauptkette (Gerüstkette) nennt man eine Pfropf-Copolymerisation. Physi-
kalische Mischungen von Kunststoffen bezeichnet man als Polyblend. Veran-
schaulicht werden diese Begriffe in Tabelle 1-22.
Durch die Copolymerisation können die Eigenschaften der Kunststoffe (Be-
ständigkeit gegenüber Medien, Formbeständigkeit in der Wärme, mechanisches
Verhalten insbesondere bei schlagartiger Beanspruchung usw.) entscheidend ver-
ändert werden. So erfolgt beispielsweise die Erhöhung der Schlagzähigkeit 6 (Ar-

6
Schlagzähigkeit an (Kerbschlagzähigkeit ak) ist die vom ungekerbten (gekerbten) Probekörper
verbrauchte Schlagarbeit, bezogen auf den kleinsten Querschnitt des Probekörpers vor dem
Versuch.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 71

Bild 1-30. Spannungs-Dehnungs-


Diagramm eines normalen (a)
und eines schlagfest (b) modifi-
zierten Polystyrols
sB Zugfestigkeit = max. Festig-
keit
sS Streckspannung
sR Reißfestigkeit
(s. a. Kap. 2.1.3)

beitsaufnahmevermögen) von Polystyrol durch die Modifizierung (in diesem


Fall: Pfropf-Copolymerisation) mit Kautschukteilchen.
Bild 1-30 [1] demonstriert am Beispiel des Spannungs-Dehnungs-Verhaltens,
wie stark durch Copolymerisation Eigenschaften von Kunststoffen veränderbar
sind und damit maßgeschneidert werden können.

Erläuterungen und Vertiefungen zu Tabelle 1-22


Statistische Copolymere
Den Einfluss der statistischen Copolymerisation auf den Verlauf des E-Moduls
über der Temperatur zeigt am Beispiel eines Butadien-Styrol-Copolymerisats
Bild 1-31.
Durch die statistische Copolymerisation von Kunststoff A mit B (A-co-B), in
unserem Beispiel von Butadien mit Polystyrol, wird die Glastemperatur ver-
schoben. Diesen Vorgang nennt man auch innere Weichmachung. Im Gegensatz
dazu bleiben bei der Block-Copolymerisation, der Pfropf-Copolymerisation
und bei Polymermischungen (Polyblends) zweier Kunststoffe C und D deren
Glastemperaturen im Wesentlichen erhalten.
Block-Copolymere (thermoplastische Elastomere, TPE) (siehe auch Kapitel
1.1.4, 2.1.1.1.4.5, 2.1.1.2.1.3, 2.2.1.2.5)
Die Haupteigenschaften werden von der Matrix (kohärente Weichphase) be-
stimmt; die disperse Hartphase ergibt die Abwandlung.
TPE besitzen ein Zweiphasensystem, siehe Tabelle 1-22, in Form einer elasti-
schen Weich- und einer thermoplastischen Hartphase. Sie existieren als Block-
Copolymere oder als Polyblends.
Die Morphologie bestimmt die Werkstoffeigenschaften. Die Hartphase als
reversible physikalische Vernetzungsstellen verursacht Festigkeit und Wärme-
formbeständigkeit, die Weich- oder disperse Elastomerphase bestimmt die
elastischen Eigenschaften und das Kälteverhalten (Schlagzähigkeit).
72 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-22. Übersicht: Strukturschema und Verknüpfungsart bei thermoplastischen Homopolymeren,


Copolymeren und Polymermischungen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 73

Bild 1-31. Temperaturabhängigkeit des E-Moduls bei Butadien-Styrol-Copolymeren [5] (s. a.


Kap. 2.1.3.2.1.2)

Bei den Block-Copolymeren haben die Styroltypen (TPE-S), die Polyether-


ester (TPE-E), die Polyurethane (TPE-U) und die Polyetheramide (TPE-A) eine
Bedeutung.
Bei den Polymerblends oder kurz Polyblends bilden Blends mit einer disper-
sen EPDM-Phase in einer PP-Matrix den Schwerpunkt (s. a. Kap. 2.1.1.2.1.3).
Dabei sind die dispergierten Elastomerpartikel unvernetzt (TPE-O oder
TPO). Sie können aber auch vernetzt sein (TPE-V). Die Vernetzung (Vulkanisa-
tion) erfolgt während des Compoundierens mittels Innenmischer (batchweise)
oder mit Zweischneckenextruder (kontinuierlich).
Der Vorteil von thermoplastischen Elastomeren liegt, wie der E-Modul-Ver-
lauf in Bild 1-32 zeigt, vor allem in der besseren Verarbeitbarkeit im Vergleich zu
den vernetzenden Elastomeren (z. B. unmittelbares Anspritzen von Schuhsohlen
an den Schuh).
Die Eigenschaften von TPE-Klassen im Vergleich zeigt Tabelle 1-23. [6]. Er-
klärung der Abkürzungen siehe Kapitel 1.1.4, Bild 1-7.

Pfropf-Copolymer (s. a. Kap. 2.1.2.2.2, 2.1.3.2.2.1.2) und Polyblend


(Polymermischung)
Zwischen beiden besteht im E-Modul-Verlauf kein grundsätzlicher Unterschied,
Bild 1-33. Im Temperaturbereich zwischen TgB und TgF ist die Steifigkeit ent-
sprechend dem Mischungsverhältnis der Komponenten B und F vermindert. Der
Verlauf des E-Moduls ist dem von teilkristallinen Thermoplasten ähnlich. Dies
ist verständlich, da diese auch Zwei-Phasen-Werkstoffe sind (amorphe und
kristalline Phase).
Während unverträgliche Partner bei Polymermischungen meist zu heteroge-
nen Morphologien (z. B. Styrolbutadien SB) mit häufig hoch schlagzähen Kunst-
74 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-32. Schematischer E-Mo-


dul-Verlauf über der Temperatur
für TPE [1]
A amorpher Thermoplast
B Kautschuk
C thermoplastische Elastomere
(TPE)
z. B. Polyurethan PUR
Polyisocyanat A
Polyol B
PUR C

Tabelle 1-23. Eigenschaften von TPE-Klassen in Vergleich [6]

Eigenschaft TPE-O TPE-V TPE-S TPE-U TPE-E TPE-A

Dichte 0,89-1 0,9-1 0,9-1 1,1-1,34 1,05-1,39 1,01-1,2


Härte 50 A-75 D 40 A-50 D 10 A-75 D 70 A-90 D 35 D-75 D 65 A-72 D
untere Tempe- –60 –60 –70 –50 –65 –40
raturgrenze °C
obere Tempera- 120 135 100 135 150 170
turgrenze °C
Druckverformungs- – +/++ – [+/++] O/+ O O/+
rest, bei 100 °C %
Beständigkeit – O/++ – O/++ +/++ +/++
gegenüber KW
Beständigkeit +/++ +/++ +/++ O/+ –/– O/+
gegenüber wäss-
rigen Medien
Preisniveau €/kg 1,50–3,50 3,50–7,50 1,50–6,50 5–6,50 5–6,50 6,5–12,50

++: sehr gut; +: gut; O: mittelmäßig; –: schlecht.

stoffen führen, ergeben verträgliche Partner Kunststoffe mit mittleren Eigen-


schaftsprofilen entsprechend der Mischungsanteile (z. B. PC/PBT).
Im Gegensatz zu Copolymeren können Polyblends während der Verarbeitung
entmischen. Dagegen ist die Herstellung der Blends oft kostengünstiger und
kann direkt beim Verarbeiter erfolgen. Häufig sind die Langzeiteigenschaften
(Kriechen) bei Polyblends ungünstiger (Abgleiten von Makromolekülen) als bei
Copolymeren (siehe auch Kap. 2.1.2.1.7, 2.1.2.2.1, 2.1.2.2.2, 2.1.2.2.4, 2.1.2.2.6,
2.1.3.2.3.1, 2.1.3.2.3.3).
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 75

Bild 1-33. Temperaturabhängigkeit des E-Moduls bei einer Polymermischung (Polyblend) aus
PS und 30/70 Butadien-Styrol-Copolymer [5] (s. a. Kap. 2.1.3.2)

Weichmachung
Der Elastizitätsmodul E von ungefüllten Thermoplasten und Duroplasten liegt
etwa zwischen 600 und 4000 N/mm2, von Elastomeren etwa zwischen 50 und
600 N/mm2. Da Elastomere wegen der bei der Verarbeitung ablaufenden chemi-
schen Reaktionen eine aufwändigere Verarbeitungstechnik erfordern, verän-
derte man die Eigenschaften von Thermoplasten in Richtung der Elastomere, in
der Absicht, die wirtschaftliche Verarbeitung der Thermoplaste auszunützen.
Durch „Weichmacher“ wird die Zähigkeit und die Verformbarkeit eines Kunst-
stoffes erhöht, während beispielsweise die Festigkeit, der E-Modul, die Schmelz-
viskosität erniedrigt werden. Man unterscheidet zwischen innerer und äußerer
Weichmachung.
Die innere Weichmachung erfolgt durch das Einpolymerisieren (Statistische
Copolymerisation) einer zweiten „weichmachenden“ Komponente. Dadurch
kann man einerseits die Beweglichkeit von Molekülketten und andererseits die
zwischen den Ketten wirkenden Bindekräfte beeinflussen (Tabelle 1-22).
Während Polymethylacrylat (PMA) dank der größeren Beweglichkeit der
Molekülketten bei Raumtemperatur schon im Haupterweichungsbereich ist,
(Tg bei 5 °C) befindet sich Polymethylmethacrylat (PMMA) dort noch im Glas-
zustand (Tg bei 105 °C). Struktur von PMA und PMMA: s. Tabelle 1-18. Durch die
statistische Copolymerisation von MMA mit MA verschiebt sich die Glas-
76 1 Einführung in Polymer Engineering

temperatur mit zunehmendem MA-Gehalt zu tieferen Temperaturen, das


PMMA wird „innerlich weichgemacht“, d. h. MA wird über Primär-Bindungen in
die PMMA-Kette eingebaut (s. a. Kap. 2.1.4).

Äußere Weichmachung
Ähnlich wie bei der Herstellung von Polymermischungen (Polyblends) werden
auch bei der äußeren Weichmachung die Makromoleküle mit einem anderen
Stoff physikalisch vermischt. Im Gegensatz zu Polymermischungen verwendet
man bei der äußeren Weichmachung niedermolekulare Stoffe (Monomerweich-
macher mit Molmassen 350 bis 600 g/mol) oder auch Oligomere (sog. Polymer-
Weichmacher mit Molmassen 2000 bis 4000 g/mol).
Je kleiner die Weichmachermoleküle sind, umso besser ist die weichma-
chende Wirkung; allerdings neigen diese kurzkettigen Weichmacher infolge ih-
res höheren Dampfdrucks zu größerer Flüchtigkeit (Weichmacherwanderung
oder Migration). Der Hauptvorteil der oligomeren oder polymeren Weichma-
cher liegt in ihrer geringeren Neigung zum Ausschwitzen. Als Polymer-Weich-
macher werden zunehmend Polyester, Nitril-Butadien-Elastomere oder bei-
spielsweise Ethylen-Vinylacetat-Terpolymere (EVA) mit Molmassen bis 150 000
g/mol verwendet (s. a. Kap. 2.1.2.2).
Am häufigsten wird Polyvinylchlorid (PVC) äußerlich weich gemacht. Durch
Einlagerung von Weichmachermolekülen (aromatische Weichmacher, z. B. Tri-
kresylphosphat (TKP) und aliphatische Weichmacher, z. B. Dioctylphthalat
(DOP) oder Dioctylsebazat (DOS)) wird der Abstand zwischen den Makromole-
külen des Kunststoffs vergrößert, die Sekundär-Bindekräfte nehmen ab, und die
Beweglichkeit von Kettensegmenten nimmt zu. Ähnlich wie Weichmacher kön-
nen auch Lösungsmittel (auch Wasser in Polyamiden) durch Eindiffundieren
wirken.
„Weichmacher sind flüssige oder feste, indifferente organische Substanzen
mit geringem Dampfdruck, überwiegend solche esterartiger Natur (Definition
für Weichmacher nach DIN 55 945). Sie können ohne chemische Reaktion, vor-
zugsweise durch ihr Löse- bzw. Quellvermögen, unter Umständen aber auch
ohne ein solches mit hochpolymeren Stoffen in physikalische Wechselwirkung
treten und ein homogenes System mit diesen bilden.Weichmacher verleihen den
mit ihnen hergestellten Gebilden bzw. Überzügen bestimmte angestrebte physi-
kalische Eigenschaften, wie z. B. erniedrigte Einfriertemperatur, erhöhtes Form-
änderungsvermögen, erhöhte elastische Eigenschaften, verringerte Härte und
gegebenenfalls gesteigertes Haftvermögen.“
Polyamid (PA) mit unterschiedlicher Menge an Wasser (siehe auch Bild 1-34).
Wasser wirkt im PA als Weichmacher. Der Wassergehalt des PA hängt u. a. von
der Umgebungsfeuchte ab. Trockenes PA ist bei Raumtemperatur spröde. Bei
höheren Temperaturen trocknet PA aus, ebenso in wasserfreier Atmosphäre
(T < 0 °C) oder in wasserfreien Flüssigkeiten (Öle und dergl.). Damit bei länger
dauerndem Einsatz von PA-Teilen in kalter trockener Atmosphäre kein Ver-
spröden eintritt, werden derartige Teile manchmal aus monomerhaltigem PA 6
hergestellt.
Monomere wirken als Weichmacher. Sie diffundieren wesentlich langsamer
als die Wassermoleküle. Ein ähnlich weichmachender Einfluss des Wassers ist
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 77

Bild 1-34. Schubmodul von Polyamid 6 in Abhängigkeit von der Temperatur bei verschiedenen
Feuchtzuständen [1]

auch bei Polyvinylalkohol (PVAL) und linearem Polyurethan (TPU) gegeben.


Dies gilt allgemein für Quellen von Kunststoffen in Lösungsmitteln.
Für den Konstrukteur sind die Veränderungen der beispielsweise mechani-
schen Eigenschaften durch Wasseraufnahme oder -abgabe wichtig.
Bild 1-34 gibt den Schubmodul G¢ von Polyamid 6 über der Temperatur bei
unterschiedlichen Feuchtzuständen wieder.
Die Glastemperatur kann sich zwischen trocken und maximaler Wasserauf-
nahme (10 % bei PA 6) um ca. 50 °C zu tieferen Temperaturen hin verschieben.
Der Schubmodul beispielsweise erniedrigt sich bei einer gewählten Tempera-
tur z. B. 40 °C von 1000 N/mm2 bei einem trockenen PA 6 auf ca. 200 N/mm2.
In der Praxis kommen solche Extremschwankungen kaum vor. Dennoch
muss der Konstrukteur beispielsweise eines Bohrmaschinengehäuses derartige
Eigenschaftsschwankungen (z. B. Missbrauch durch Liegenlassen im Regen) mit
berücksichtigen. Allerdings müsste das 2 mm dicke PA 6-Gehäuse wochenlang
in Wasser liegen, bevor sich die Extremschwankungen des Bildes 1-34 tatsächlich
auswirken. Quelleigenspannungen ergeben sich aber in jedem Fall, weil die
obersten Schichten des Gehäuses Wasser aufnehmen. Die Verstärkung mit Glas-
fasern wirkt der Wasseraufnahme entgegen, weil Glas kein Wasser aufnimmt
(Wassergehalt nimmt absolut ab, die Geschwindigkeit der Wasseraufnahme und
-abgabe nimmt jedoch zu).
Der Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen in bestehende Grundmole-
külketten kann, wie dargestellt, innerlich über chemische Bindungen (Copoly-
merisation) oder äußerlich durch physikalisches Mischen verschiedener Mole-
külpartner (Polyblends, äußere Weichmachung) erfolgen. Eigenschaften von
Kunststoffen lassen sich dadurch züchten. Unerwünschte Nebenerscheinungen
sind jeweils zu berücksichtigen, beispielsweise Emissionen bei niedermolekula-
ren Weichmachern.
78 1 Einführung in Polymer Engineering

1.3.1.2
Physikalische Ordnungszustände
■ Amorpher Zustand bei Thermoplasten
Sind die Makromoleküle ohne regelmäßige Anordnung und Orientierung, d. h.
ohne gleich bleibenden Abstand, völlig statistisch angeordnet, so nennt man die-
sen Zustand amorph. Es fehlt jede Art von Fernordnung7. Die gültige Modellvor-
stellung ist das statistische Knäuel. Es ist bei den synthetischen Polymeren und
bei Polymerlösungen die dominierende Sekundärstruktur. Seine bestimmende
Kenngröße ist die Knäueldichte.
Diese räumliche Knäuelstruktur ist entropisch betrachtet der günstigste Zu-
stand; stets will ihn das Makromolekül einnehmen, sofern es die äußeren Be-
dingungen (Beweglichkeit) zulassen. Mit steigender Temperatur oder bei der
Eindiffusion von Lösungsmitteln nimmt die Beweglichkeit von Kettensegmen-
ten und Seitenketten zu; Rotationen und Umlagerungen finden vermehrt statt
(Mikro-Brown’sche Molekularbewegung).
Dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik folgend wird ein Makromo-
lekül den Zustand größter Entropie anstreben und sich daher verknäueln.
Ursachen für die amorphe Struktur:
• Kettenaufbau, Seitengruppen
• Abkühlgeschwindigkeit
Homogene, amorphe Kunststoffe ohne Farb- und Füllstoffe sind durchsich-
tig. Auf strukturelle Abmessungen bezogen bedeutet dies, dass keine Fernord-
nung in der Größenordnung der sichtbaren Lichtwellen (Wellenlänge 0,4 bis
0,75 µm) vorliegt. Ein einfallender Lichtstrahl wird daher nicht gebeugt, da
der Brechungsindex im amorphen Kunststoff unverändert bleibt. Im Gegen-
satz dazu ändert sich der Brechungsindex für einen einfallenden Lichtstrahl in
teilkristallinen Kunststoffen in den ungeordneten, amorphen und geordneten,
kristallinen Bereichen laufend, sodass hier an den Grenzflächen diffuse Streu-
ung auftritt, was zu Undurchsichtigkeit führt. Theoretische Überlegungen führ-
ten bei Zugrundelegen einer Filzstruktur für den vollständig amorphen Zustand
zu einer Dichte von ca. 65 % der Dichte im kristallinen Zustand. Gemessen wur-
den aber 83 bis 95 %. Daraus schließt man, dass amorphe Kunststoffe inner-
halb der unregelmäßigen Filz- oder Knäuelstruktur nahgeordnete Bereiche7
aufweisen.

■ Teilkristalliner Zustand bei Thermoplasten


Neben dem Zustand größter Unordnung sind insbesondere bei teilkristallinen
Thermoplasten auch geordnete Zustände innerhalb eines Makromoleküls mög-
lich. Diese im amorphen Zustand vermuteten Nahordnungen treten bei teil-

7
Unter Fernordnung versteht man eine über die nächsten Nachbarn hinausgehende Ordnung
der Makromoleküle bezüglich ihres Abstandes voneinander, ihrer Anordnung und Orientie-
rung. Der Begriff Nahordnung bezeichnet derartige Ordnungszustände, wenn sie sich nur auf
die unmittelbaren Nachbarn erstrecken, wobei man davon ausgeht, dass diese Ordnungszu-
stände durch die Wärmebewegung ständig abgebaut und wieder erneuert werden.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 79

kristallinen Thermoplasten bereits in der Schmelze auf und leiten bei der weite-
ren Abkühlung als Keime die Kristallisation ein.
Lineare Makromoleküle ohne oder mit regelmäßig angeordneten, nicht zu
großen Substituenten können sich in mikroskopischen Bereichen gleichmäßig
parallel zueinander lagern und Kristalle bilden. Kunststoffe mit kristallinen Be-
reichen enthalten immer – mehr oder weniger – auch amorphe, ungeordnete Be-
reiche, weshalb man sie teilkristallin nennt. Diese Anordnung der Makromo-
leküle kann nun durch eine Reihe von Einflüssen verändert werden.
Kristalline Strukturen ergeben sich, wenn die Makromoleküle
• einen gleichmäßigen chemischen Aufbau (Konstitution) haben und
• eine regelmäßige Anordnung der Substituenten (Konfiguration) besitzen.
• Zeit zum Ordnen beim Abkühlen haben oder
• beispielsweise die Makromoleküle bei der Verarbeitung (starke Scherung in
der Schmelze oder zu hohe Schmelzetemperatur) oder während des Gebrau-
ches gekürzt (abgebaut, degradiert) werden
• unter hohem Druck erstarren
• ordnende Flächen (Keimbildner) angeboten bekommen.
Am Beispiel des Polyethylen und Polypropylen zeigen Bild 1-35 und Bild 1-36 den
strukturellen Aufbau von der Molekülkette bis zum Formteil (s. a. Kap. 2.1.1.2.1.2).
Die in der Ebene zickzackförmigen PE-Ketten ordnen sich so, dass jede belie-
bige Kette von vier gleich weit entfernten Ketten umgeben ist, die ihrerseits um
die Längsachse um 82° gegen die zentrale Kette gedreht sind. Die Größe der
Kristallblöcke hängt stark von der Abkühlgeschwindigkeit der Schmelze ab.
In teilkristallinen Thermoplasten können diese Kristallblöcke geordnete
Überstrukturen wie Sphärolithe bilden. Die Eigenschaften der Kunststoffe hän-

Bild 1-35. Modellzeichnung des Querschnittes durch eine Lamellenstruktur. Die kristallinen
Lamellen sind durch amorphe Bereiche voneinander getrennt, in deren die Moleküle teils en-
den, teils zurückfallen und teils von der Lamelle in die darüber oder darunter liegende Lamelle
übergehen (tie-molecules) [4]
80 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-36. Struktureller Aufbau teilkristalliner Polymere am Beispiel von Polyethylen (gering-
fügig geändert nach [7])

gen meist stärker vom Gesamtverhalten, der Größe und dem Anteil dieser Über-
strukturen ab, als von dem der Kristallblöcke.
Der Zusammenhalt der amorphen Grenzschichten verschiedener Kristall-
blöcke wird durch die Anzahl der durchlaufenden Ketten (tie-molecules) und
die wechselseitigen Kettenverschlaufungen bestimmt. Die tie-Moleküle er-
strecken sich über bis zu 15 Blöcke und bestimmen daher die Eigenschaften mit,
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 81

Bild 1-37. Elementarzelle (PE): Komplex aufgebaute Grundbausteine der Polymerkette, wie
bei PE, können je nach Kristallisationsbedingung verschiedene Kristallgittertypen bilden
(nach [7])

Bild 1-35. Häufig gilt die amorphe Grenzschicht als Schwachstelle hinsichtlich
Festigkeit und Steifigkeit. Ohne amorphe Grenzschichten wären teilkristalline
Thermoplaste allerdings spröd und unbrauchbar.

Kristallisationsgrad
Der zeitliche Verlauf der Kristallisation lässt sich schematisch wie folgt dar-
stellen, Bild 1-38:
Die Kristallisation ist mit Abschluss der Fertigung eines Formteils in der Re-
gel nicht abgeschlossen. Es erfolgt eine wochen- und monatelange Nachkristal-
lisation. In der Praxis werden daher Formteile, von denen eine hohe Maßhaltig-
keit gefordert wird, in Werkzeugen mit erhöhter Temperatur gespritzt, um den
Ketten die Möglichkeit zur schnellen und möglichst vollständigen Kristallisa-
tion zu geben. Bei erhöhter Masse- und Werkzeugtemperatur und größerer Ent-
fernung von der Werkzeugoberfläche sind die Umordnungsmöglichkeiten der
Moleküle über einen längeren Zeitraum gegeben.
Der Kristallisationsgrad, Tabelle 1-24, hängt stark von der Kristallisationsge-
schwindigkeit ab. Man erhält daher bei spritzgegossenen Formteilen zwangs-
läufig eine ortsabhängige Kristallinität im Wandquerschnitt. Die nahe an der
Formwand liegenden Schichten erstarren rasch. Die Zeit zur Kristallisation ist
82 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-38. Kristallisationsgrad a als Funktion der Kristallisationszeit während einer isother-
men Kristallisation. Schwindung v = const. / Schrumpfung v = const.

kurz. Bei Polyamiden beispielsweise verläuft die Keimbildung langsam. Daher


kann die Kristallisation an der Werkzeugwand bei schneller Abkühlung (kaltes
Werkzeug) vollkommen unterdrückt werden. Die Mitte des Formteil-Wand-
querschnittes kühlt langsamer ab, dies führt zu einem höheren Kristallisations-
grad.
Aufgrund dieser über der Wanddicke ortsabhängigen unterschiedlichen
Schwindungsvorgänge kommt es in Spritzgussbauteilen zu Eigenspannungen.
Meist herrschen außen Druckeigenspannungen und innen Zugeigenspannun-
gen. Dies kommt den Auswirkungen von Spannungsrissbildungen zugute, da die
Druckeigenspannungen außen den für Spannungsrissbildung erforderlichen
Zugspannungen entgegen wirken.

Tabelle 1-24. Übliche Kristallisationsgrade verschiedener Thermoplaste und Dichten im total


kristallinen, total amorphen und üblichen Zustand [8]

Kunststoff üblicher Dichte g/cm3


Kristallisa-
tionsgrad % kristallin amorph üblich

Polyamid (PA) 35–45 1,22 1,07 1,14


(PA 6.6) (PA 6.6)
Polyoxymethylen (POM) 70–80 – – 1,41
Polyethylenterephthalat (PET) 30–40 1,455 1,335 1,38
Polybutylenterephthalat (PBT) 40–50 – – 1,3
Polytetrafluorethylen (PTFE) 60–80 – – 2,1
Polypropylen (PP) 70–80 0,937 0,834 0,905
mit überwiegend isotaktischen
Ketten
Polypropylen (PP) mit größerem 50–60 – – 0,896
Anteil ataktischer Ketten
Polyethylen (PE-HD) hoher Dichte 70–80 1,0 0,855 0,95
Polyethylen (PE-LD) niedriger Dichte 45–55 1,0 0,855 0,92
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 83

Die mit zunehmender Kristallisation verbundene Dichteerhöhung bewirkt,


dass innerhalb des Kunststoffs, von den Sphärolithzentren ausgehend,
Schwindungsvorgänge stattfinden.

Schwindung im Zusammenhang mit der Kristallisation


Die Gesamtschwindung eines Formteils setzt sich aus Verarbeitungsschwindung
und Nachschwindung zusammen, Bild 1-39.
Neben der Nachschwindung beeinflussen noch folgende Größen die Maßhal-
tigkeit eines Formteils im Gebrauch:
• Temperaturschwankungen
• Feuchtigkeitsschwankungen
Nennenswerte Nachschwindung tritt hauptsächlich bei teilkristallinen Kunst-
stoffen infolge Nachkristallisation auf. Sie kann durch die Wahl von Werk-
zeugtemperaturen vermindert werden. In Bild 1-40 ist als Beispiel der Einfluss
der Werkzeugoberflächentemperatur Tw bei der Verarbeitung und einer
nachträglichen Lagerung der Formteile bei erhöhter Temperatur auf die
Verarbeitungsschwindung und Nachschwindung von Polyoxymethylen (POM)
dargestellt.
Schwindungsvorgänge ergeben zwischen den Sphärolithen Zugspannungen.
Je größer die Sphärolithe, umso größer die Schwindung entlang der Sphärolith-
grenzen und somit umso größere Spannungen. Da nur relativ wenig Ketten-
moleküle von einem Sphärolith zum anderen laufen, können diese Zugspan-
nungen zu Rissen führen.
Risse und hohe Zugspannungen an den Sphärolithgrenzen setzen besonders
die Schlagzähigkeit und die Bruchdehnung herab und begünstigen die
Spannungsrissbildung.
Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass bei der Kristallisation zwei Para-
meter die Eigenschaften eines Fertigteiles ganz wesentlich mitbestimmen:

Bild 1-39. Schematischer Verlauf


von Verarbeitungs- und Nach-
schwindung bei hoher und niedri-
ger Werkzeugtemperatur [1]
84 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-40. Schwindung und Nachschwindung von Polyoxymethylen (POM) in Abhängigkeit


von der Werkzeugoberflächentemperatur, Lagerzeit und Lagertemperatur, Wanddicke 1,5 mm.
(BASF, Ludwigshafen)
1: Verarbeitungsschwindung, gemessen 1 Std. nach Herstellung
2: Nachschwindung nach 14-tägiger Lagerung bei Raumtemperatur
3: Nachschwindung nach 60-tägiger Lagerung bei Raumtemperatur
4: Nachschwindung nach 24-stündiger Temperung bei 120 °C [9]

• Kristallisationsgrad
• Größe und Verteilung der Sphärolithe,
wobei der Kristallisationsgrad die bedeutendere Einflussgröße ist, auch im Hin-
blick auf Eigenspannungen.

■ Schwach vernetzter Zustand (Elastomere)


Charakteristisch für Elastomere ist eine weitmaschige dreidimensionale Ver-
netzung von linearen Makromolekülen. Schwefelbrücken sind ein verbreitetes
Beispiel für Vernetzungsreaktionen.
Ausgangsstoffe sind langkettige Kautschuke. Fachausdrücke und Definitio-
nen zu „Kautschuk und Elastomere“ sind in DIN 53001 genormt.
Thermoplastische Elastomere, wie beispielsweise bestimmte Styrol-Buta-
dien-Copolymere (siehe Abschnitt Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen),
enthalten so genannte „Hart- und Weichsegmente“, die bei niedrigen bis mittle-
ren Temperaturen wie „Vernetzungsstellen“ reagieren, bei hohen Temperaturen
jedoch thermoplastisch aufschmelzen, also keine chemischen Vernetzungsstel-
len darstellen.
Eingelagerte Elastomerpartikel (Mikro- und Nanobereich) können aber auch
chemisch vernetzt sein.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 85

■ Stark vernetzter Zustand (Duroplaste)


Ausgehend von Präpolymeren (Reaktionsharzen) entstehen Duroplaste durch
eine irreversible chemische Vernetzung, mit i. d. R. hoher Vernetzungsdichte. Die
kleinen Segmentlängen zwischen den Vernetzungsstellen führen zu geringen
Segmentbeweglichkeiten. Die Folge davon sind geringes Kriechen und hohe
Formbeständigkeit bei erhöhter Temperatur.

1.3.2
Mechanische Eigenschaften
Hochpolymere zeigen bei mechanischer Beanspruchung im normalen Gebrauch
ein im Vergleich zu den meisten anderen Werkstoffen besonders stark ausge-
prägtes viskoelastisches und viskoses (plastisches) Verhalten, das heißt, die auf-
tretenden Deformationen sind teils elastischer (reversibler), teils viskoser und
damit plastischer (irreversibler) Natur. Dies hat zur Folge, dass Werkstoff-Kenn-
größen wie E-Modul, Schubmodul und damit andere wichtige mechanische Ei-
genschaften von Hochpolymeren nicht nur von der Temperatur, sondern – un-
ter anderem – auch von der Beanspruchungszeit und der -geschwindigkeit ab-
hängen.

1.3.2.1
Temperaturabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften
Zur Untersuchung des viskoelastischen Verhaltens in Abhängigkeit von der
Temperatur dient der Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53445. Dabei han-
delt es sich um einen Kurzzeitversuch. Der Zeitstandversuch nach DIN 53444 er-
fasst den Einfluss der Beanspruchungsdauer, der Beanspruchungsart und der
Temperatur. Der Torsionsschwingungsversuch gibt zusätzlich Aufschluss über
das Dämpfungsverhalten des untersuchten Kunststoffs (mechanischer Verlust-
oder Dämpfungsfaktor d), Bild 1-41.
Den Schlüssel zum Verständnis der mechanischen Eigenschaften der Kunst-
stoffe bei verschiedenen Temperaturen bildet die Kenntnis der Vorgänge im
Übergangsbereich zwischen den definierten Zuständen:
Glasübergangstemperatur Tg und Schmelzbereich Ts.
Unterhalb der Glastemperatur liegt der energieelastische (hartelastische)
Zustand, der meist durch hohe Sprödigkeit gekennzeichnet ist. Die bis zur
Glastemperatur noch mögliche so genannte Mikro-Brown’sche Bewegung – von
höheren Temperaturen kommend – ist zur Ruhe gekommen. Die Lage
des Einfrierbereichs wird von der Stärke der Sekundärbindung beeinflusst,
das heißt, je wirksamer diese Kräfte sind, desto höher liegt die Glastempe-
ratur.
Durch Mischen von Kunststoffen mit höherer Glastemperatur mit solchen
von niedrigerer Glastemperatur kann die Schlagzähigkeit angehoben werden.
Das gleiche gilt für die Polymerisation mit geeigneten Comonomeren, siehe Ka-
pitel 1.3.1.1.
86 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-41. Temperaturabhängigkeit des dynamischen Schubmoduls G¢ und des mechanischen


Verlustfaktors d von verschiedenen Kunststoffgruppen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 87

Auf den energieelastischen Bereich und die Glastemperatur folgt bei weiterer
Erwärmung der entropieelastische (weich- oder zähelastische) Bereich, das ist
bei den Polyolefinen der Anwendungsbereich.
Im Vergleich zu den Schubmodulkurven aus Bild 1-41 für Kunststoffe zeigt
Bild 1-42 die Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls einiger metalli-
scher und keramischer Werkstoffe. Auch dort ändern sich die Eigenschaften
über der Temperatur ausgeprägt, doch innerhalb 1000 bis 1500 °C. Für Eisen (Fe)
zeigt sich die bekannte Tatsache, dass bis 250 °C der E-Modul nur um ca. 10 Pro-
zent abfällt, weshalb man in diesem Temperaturbereich bei Stahl mit konstanten
Eigenschaftswerten rechnet.
Bis ca. 250 °C ist das Deformationsverhalten bei den Metallen weitgehend
elastisch, es gilt das Hook’sche Gesetz, wonach Spannung und Dehnung linear
verknüpft sind.
Wie bei vielen Feststoffen werden auch Kunststoffe mit steigender Tempera-
tur bei gleicher Dehnung immer weniger in Spannung versetzt. Anders ausge-
drückt können sie mit immer geringerem Kraftaufwand gedehnt werden, Bild
1-43. Diese Abnahme der Elastizität verläuft jedoch nicht gleichmäßig. Anderer-
seits zeigen sich auch keine sprunghaften Zustandsänderungen, die mit dem
Wechsel niedermolekularer Stoffe zwischen verschiedenen Aggregatzuständen
vergleichbar wären.
Nur spröde Kunststoffe zeigen alle Stufen in der Temperatur-Elastizitäts-
Kurve. Einige Zustände bei Kunststoffen werden durch die Kristallite verursacht,
andere durch die amorphen Bereiche. Die Eigenschaften der beiden Phasen ad-
dieren sich.
In den Bildern 1-51 und 1-43 sind Charakteristiken des Zusammenhangs zwi-
schen Dehnung und Spannung für die verschiedenen Temperaturbereiche dar-
gestellt. Im spröden Zustand verhalten Kunststoffe sich ähnlich wie Metalle. Sie
lassen sich nur wenig dehnen bevor sie brechen. Elastische Dehnungen sind re-
versibel. Zähe Kunststoffe zeigen einen Bereich, in dem sie sich wie spröde
Kunststoffe reversibel dehnen lassen. Dazu ist etwas weniger Kraft erforderlich
als bei den spröden Kunststoffen. Oberhalb der Streckdehnung (vergleiche Bild

Bild 1-42. Temperaturabhängig-


keit des E-Moduls einiger me-
tallischer und keramischer
Stoffe [10]
88 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-43. Einfluss der Tempera-


tur J auf sn = f (et) (qualitativ)
vgl. Isochrone in Bild 1-66 [1]:
≠ we ≠ bedeutet: mit steigender
Temperatur nimmt die Dehnung
zu (fallender E-Modul bzw. Zug-
spannung mit steigender Tempe-
ratur)

1-48) folgt bei zähen Kunststoffen ein Bereich, in dem sie plastisch verformbar
sind. Elastische und – noch ausgeprägter – gummielastische Kunststoffe lassen
sich schon bei sehr geringen Spannungen stark dehnen und kehren, so lange die
Streckdehnung nicht überschritten wird, wieder in ihren Ausgangszustand
zurück.
Wie bei allen anderen Stoffen sind auch bei den Polymeren die physikalischen
Eigenschaften abhängig von der Temperatur. Werden Eigenschaften von Poly-
meren (z. B. der Elastizitätsmodul) gegen die Temperatur aufgetragen, so erge-
ben sich im Allgemeinen keine linearen oder einfach gekrümmten Kurven wie
dies bei niedermolekularen Stoffen der Fall ist. Bei niedermolekularen Stoffen
zeigen sprunghafte Veränderungen Übergänge zwischen den Aggregatzustän-
den auf. Der Elastizitätsmodul von Stahl nimmt bei Temperaturerhöhung
zunächst stetig ab. Am Schmelzpunkt fällt er jedoch auf Null. Flüssiger Stahl ist
beliebig verformbar. Sprunghafte Änderungen anderer physikalischer Größen
zeigen den Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand. Zum Beispiel
verschwindet an diesem Punkt die Viskosität. Stahl zeigt auch im festen Zustand
bei bestimmten Temperaturen sprunghafte Veränderungen der Elastizität. Da-
bei wechselt Eisen zwischen verschiedenen Kristallformen.
Bei Kunststoffen ergeben sich bemerkenswerte Eigenarten im Temperatur-
verhalten. Sprunghafte Übergänge zwischen verschiedenen Aggregatzuständen
können nicht beobachtet werden. Zustandsänderungen erfolgen über einen
mehr oder weniger breiten Temperaturbereich. Neben dem Übergang vom Fest-
stoff zur Flüssigkeit treten weitere Zustandsänderungen auf. Bild 1-41 zeigt dies
sehr deutlich für den Schubmodul. Dabei ist z. B. der Übergang vom zähen in den
elastischen Zustand gleichbedeutend mit dem „Schmelzen“ der kristallinen Be-
reiche. Bei höherer Temperatur liegen alle Polymere nur noch in geknäuelter
Form vor. Im gummielastischen Zustand lassen diese Knäuel sich bei relativ ge-
ringen Kräften mehr und mehr strecken. Entspannung führt dann zum
Zusammenziehen des Werkstücks. Bei großer Dehnung verschieben sich die
Moleküle gegeneinander. Das Werkstück kehrt nicht mehr in seine Ausgangs-
form zurück. Ein Übergang in den gasförmigen Zustand existiert bei Kunststof-
fen erst im Bereich der Zersetzung.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 89

Bild 1-44. Einfluss der Belas-


tungsgeschwindigkeit v auf sn =
f (et) (qualitativ) vgl. Isochrone
in Bild 1-66 [1]: ≠ we Ø bedeutet:
Belastungsgeschwindigkeit
nimmt zu, Dehnung nimmt ab
(steigender E-Modul oder Zug-
spannung mit steigender Belas-
tungsgeschwindigkeit)

Den Einfluss der Belastungsgeschwindigkeit beim Zugversuch zeigt qualita-


tiv Bild 1-44. Ausführlich wird die Zeitabhängigkeit der Eigenschaften im Kapi-
tel 1.3.2.5 beschrieben.
Stahl zeigt prinzipiell ähnliches Verhalten, aber bei hohen Temperaturen.

1.3.2.2
Verformungsverhalten von Kunststoffen
Den Metallen gegenüber ist das Verformungsverhalten der Kunststoffe, wie oben
beschrieben, viskoelastisch und viskos. Temperatur-Zeit-Abhängigkeit der Ei-
genschaften für Kunststoffe (und auch für Metalle jedoch bei hohen Temperatu-
ren) lassen sich hinsichtlich des Zeiteinflusses durch folgende vereinfachte Mo-
delle beschreiben:

■ Voigt-Kelvin-Modell
Feder und Dämpfer sind parallel geschaltet, siehe Bild 1-45.
Aus der parallel geschalteten Überlagerung von Feder- und Dämpferverformung
folgt die viskoelastische Deformation: die Dehnung stellt sich zeitverzögert ein,
ist aber bei Entlastung voll reversibel. Man spricht hier von Entropie- oder Gum-
mielastizität.

■ Maxwell-Modell
Feder und Dämpfer sind hintereinander geschaltet, siehe Bild 1-46.
Aus der hintereinander geschalteten Überlagerung von Feder- und Dämpferver-
formung folgen spontanelastische Verformungen bei Be- und Entlastung und in-
folge des Dämpfers eine bleibende Verformung.

■ Vier-Parameter- oder Burger-Modell


Hintereinanderschaltung von Voigt-Kelvin mit Maxwell-Modell, siehe Bild 1-47.
Das Burger-Modell beschreibt das Dehnungs-Zeit-Verhalten der meisten Kunst-
stoffe in erster Näherung anschaulich richtig.
90 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-45. Vereinfachtes Modell mit


Dehnungs-Zeit-Verhalten (Zwei-
Parameter-Voigt-Kelvin-Modell)

Die Feder 1 hat spontane elastische Be- und Entlastungsdehnung zur Folge,
1 + 2 als Parallelschaltung verursachen Kriechen während der Belastung und
Rückkriechen (viskoelastische zeitverzögerte Rückdeformation) nach Entlas-
tung, Dämpfer 2 hat eine bleibende Dehnung zur Folge.

1.3.2.3
Verhalten bei Zugbelastung
Technisch spielt das Verhalten eines Werkstoffs bei Zugbelastung eine heraus-
ragende Rolle. Daher wurde es schon früh experimentell und theoretisch ein-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 91

Bild 1-46. Vereinfachtes Modell mit Deh- Bild 1-47. Erweitertes, realeres Modell (Vier-
nungs-Zeit-Verhalten (Maxwell-Modell) Parameter- oder Burger-Modell) und sein
Dehnungs-Zeit-Verhalten

gehend untersucht. Besondere Bedeutung kommt dabei der Untersuchung des


Spannungs-Dehnungsverhaltens zu. Es wird in Zugversuchen untersucht, in de-
nen ein Prüfkörper mit einer bestimmten Geschwindigkeit bis zum Bruch (oder
Abreißen) gedehnt wird. Die maximal erreichbare Spannung ist die Zugfestig-
keit.
Bild 1-48 zeigt den Verlauf der Spannung als Funktion der Verformung für
Metalle und Kunststoffe prinzipiell im Vergleich.
Schubmodul G und Elastizitätsmodul sind über die Querkontraktionszahl n ver-
knüpft: E = 2G (1 + n )
Metalle n ~ 0,25 – 0,40 Elastomere n < 0,5 Kunststoffe n @ 0,3

s(e)
Außerhalb des linearelastischen Bereiches wählt man ES = 6 als Sekanten-
d(s) e
modul oder Et = 6 als Tangentenmodul.
de
Da, im Gegensatz zu den Metallen, beim Spannungs-Dehnungs-Diagramm
bei Kunststoffen der linearelastische Hooke’sche Bereich weitgehend fehlt,
werden Tangenten an bestimmte Punkte der Spannungs-Dehnungs-Kurve
definiert, wie Ursprung (also Dehnung 0) oder bei einer bestimmten Deh-
nung eT bzw. die Steigung einer Sekante zwischen Ursprung und Deh-
nung eS, Bild 1-49. Bei faserverstärkten Kunststoffen und Duroplasten ist ein
Hooke’scher Bereich noch annähernd ausgeprägt – bei tiefen Temperatu-
ren mehr als bei hohen – bei Thermoplasten weniger, bei Elastomeren fehlt
jeglicher linearelastische Bereich in Form einer Ursprungsgeraden im s-e-Dia-
gramm.
92 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-48. Definition des Elastizitätsmoduls E (Ursprungsmodul) (e nahe 0% entspricht der Ur-
sprungssteigung) [1]

Bild 1-50 zeigt einige Spannungs-Dehnungskurven bei Raumtemperatur für


verschiedene Werkstoffe im Vergleich.
Bild 1-51 zeigt für Kunststoffe typische Spannungs-Dehnungs-Kurven und er-
läutert die verschiedenen Kurventypen.
Dabei wird u. a. der linearelastische Bereich (Hooke’sche Gerade) bei den
Werkstoffen mit sehr hohem E-Modul (Steigung der Ursprungsgeraden), wie
Keramik, Grauguss, Stahl, Cu, Al und auch beim spröden PMMA ausgeprägt
sichtbar.
Weiter zeigen die verschiedenen Werkstoffe über die Fläche unter den Kurven
deren Arbeitsaufnahmevermögen. Grauguss und Keramik sind sehr spröd, Stahl,
Kupfer und Aluminium sowie die Thermoplaste PA und PP sind hoch ver-
formungsfähig und damit energieabsorbierend, beispielsweise bei (schlagartiger)
Belastung.Allerdings ist hierbei zu beachten, dass das Deformationsverhalten von
Kunststoffen stark zeit- und temperaturabhängig ist (siehe Bilder 1-66, 1-43).
Unter dem Blickwinkel der Deformation folgen vereinfachte Erklärungen zu
den Begriffen.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 93

Bild 1-49. Elastizitätsmodul/Sekantenmodul/Tangentenmodul [2]

Energieelastizität
Rein energieelastische Körper verformen sich unter Einwirkung einer Kraft
ohne jede zeitliche Verzögerung um einen bestimmten Betrag, der unabhängig
von der Einwirkungsdauer der Kraft ist. Bei Entlastung ist diese Verformung
vollständig reversibel.
Die Verformungsarbeit wird dergestalt als potenzielle Energie gespeichert,
indem die Abstände der Atome und die Bindungswinkel durch die Verformung
verändert werden. Der Zusammenhang zwischen Kraft (bzw. Spannung) und
Verformung (bzw. Dehnung) lässt sich bei kleinen Dehnungen bei vielen Stoffen
in guter Näherung durch das Hooke’sche Gesetz beschreiben.

Entropieelastizität
Unter der Einwirkung einer Kraft nimmt die Verformung rein entropieelastischer
Körper zeitverzögert zu. Diese Zeitverzögerung kann jedoch verschwindend klein
sein (im µs-Bereich). Auch diese Verformung ist vollständig reversibel.
Durch die Einwirkung der Kraft werden die Moleküle (bzw. Atome) aus ihrer
Gleichgewichtslage entfernt (wofür eine gewisse Zeit benötigt wird) und in
94 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-50. Spannungs-Dehnungs-Diagramm verschiedener Werkstoffe bei RT; siehe auch Bild
1-51 [1] oder beispielsweise Bild 2-76

Kraftrichtung ausgerichtet. Hierdurch entsteht eine größere Ordnung der Mole-


küle (was gleichbedeutend ist mit einer geringeren Entropie). Wegen ihrer
Wärmebewegung sind aber die Moleküle immer bestrebt, einen Zustand größ-
ter Unordnung (Knäuelform) und damit größte Entropie zu erreichen, da diese
statistisch die größte Wahrscheinlichkeit besitzt. Hierdurch entsteht eine Rück-
stellkraft (Elastizität), die nur aus der Entropieänderung während der Verfor-
mung resultiert. Die Verformungsarbeit wird in diesem Fall als Wärmeenergie
gespeichert.
Im Vergleich zur Energieelastizität werden wesentlich höhere Dehnungen
ohne Schaden vertragen, aber der E-Modul liegt um Größenordnungen tiefer.
Bei geringen Dehnungen kann das Hooke’sche Gesetz ebenfalls in guter Nähe-
rung erfüllt werden.

Hyperelastizität
Zur Beschreibung des Deformationsverhaltens von Elastomeren bestehen ver-
schiedene Werkstoffmodelle, wie beispielsweise Neo-Hooke, Mooney-Rivlin u. a.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 95

Typische Spannungs-Dehnungskurven für Kunststoffe (U. Delpy, IKP) [2]


Bild 1-51.
Kurve 1: Weitgehend linearer Verlauf. eR klein. Harte und spröde Werkstoffe, z. B. PS
Kurven Auftreten einer Streckspannung, eR groß.
2, 3, 4: Fließvorgänge unter Bildung einer Einschnürung (Halsbildung), die über die ganze
Probenlänge hinweglaufen kann. Verstrecken der Moleküle.
Hoher Verbrauch mechanischer Energie fi Umwandlung in Wärme.
Zähelastische und schlagfeste Werkstoffe
z. B.: für 2: PC, PA
für 3: PP, PE-HD
für 4: ABS, SB
Kurve 5: Flacher Verlauf ohne Maximum. Großes eR bei kleinem sR.
Stoffe mit gummiähnlichem Verhalten.
z. B.: PE-LD, PUR-Elastomer.
Die Reißdehnung weist auf das Arbeitsaufnahmevermögen des Werkstoffs hin.
Hohes Arbeitsaufnahmevermögen bedeutet Sicherheit bei stoßartiger Beanspru-
chung

Bei all diesen Werkstoffmodellen handelt es sich um so genannte „Hyper-


elastizitätsmodelle“. Die Spannung im Werkstoff ist eine eindeutige Funktion
der Dehnung, d. h. zu jedem Verformungszustand in einem Bauteil gehört exakt
ein Beanspruchungszustand [11].
Im Zugversuch an Elastomeren weicht das Spannungs-Dehnungs-Verhalten
zwischen nachfolgenden Belastungszyklen vom ersten Belastungszyklus (nach
Vorkonditionierung) ab.
Dieser Effekt der Spannungserweichung wird als Mullins-Effekt [12] bezeich-
net, der insbesondere bei aktiv gefüllten Elastomeren zu beobachten ist.
Der Elastomer-Füllstoff-Verbund wird bei Verformung teilweise aufgebro-
chen und anteilig neu formiert. Dies führt zu einer Veränderung der Spannungs-
96 1 Einführung in Polymer Engineering

Dehnungs-Kurve und ist von der Höhe der Vorbelastung abhängig. Bei Ent-
lastung besteht eine bleibende Verformung. Bei dynamischen Belastungen ist
der Schubmodul von der Belastungsamplitude abhängig [13, 14].
Dabei ist zu beachten, dass das Arbeitsaufnahmevermögen der Kunststoffe –
aber auch das der Metalle – im Laufe der Zeit infolge Alterung und Versprödung
kleiner wird.

1.3.2.4
Mechanische Dämpfung
Werden viskoelastische Stoffe durch erzwungene Schwingungen dynamisch be-
ansprucht, tritt zwischen Spannung s und Dehnung e eine Phasenverschiebung
um den Phasenwinkel d auf, der Tangens von d wird als mechanischer Verlust-
faktor d oder als mechanische Dämpfung bezeichnet. Die Dämpfung ist somit
ein Maß für die bei dynamischer Beanspruchung infolge „innerer Reibung“
(Dissipation) erzeugte Wärme.
Die gedankliche Überlagerung der beiden „ideal“-Dämpfungskurven zu der
realen Kurve bei einem teilkristallinen Kunststoff zeigt anschaulich die Zwei-
phasigkeit teilkristalliner Thermoplaste.
Je höher die amorphen Anteile, umso größer ist der Dämpfungspeak bei der
Glasübergangstemperatur Tgtk und analog für die kristallinen Anteile bei der
Schmelztemperatur Tm.
Zum besseren Verständnis der molekularen Vorgänge im Bereich der
Haupterweichung gibt Tabelle 1-25 und das dazugehörige Bild 1-53 eine Hilfe-
stellung.

Bild 1-52. Mechanischer Verlustfaktor d in Abhängigkeit von der Temperatur [1]. a … amorph;
tk … teilkristallin; k … kristallin
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 97

Tabelle 1-25. Zusammenhang zwischen Temperatur und Beweglichkeit von Makromolekülen


hinsichtlich des Verlaufes der mechanischen Dämpfung im Bereich der Haupterweichung [1]

Beweglichkeit Makromoleküle Kettengleit- Mechanische


(Zustand) vorgänge Dämpfung
Betriebs- „innere Reibung“
Temperatur TB

TB < Tg gegeneinander verriegelt nicht möglich sehr gering


(energieelastisch)
TB > Tg leicht gegeneinander ver- leicht möglich sehr gering
schiebbar (entropieelas-
tisch bis viskos)
TB ≈ T g schwer verschiebbar; möglich groß
Übergang (energie- nach
entropieelastisch)

Bild 1-53. Mechanischer Verlustfaktor (qualitativ)


über der Temperatur

1.3.2.5
Zeitabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften
Alle thermoplastischen Kunststoffe fließen bereits bei Raumtemperatur bei
Beanspruchungen, die weit unterhalb der Streckgrenze liegen, vernetzte Kunst-
stoffe bei höheren Temperaturen. Daraus erkennt man, dass die Zug- und Reiß-
festigkeiten sowie die Moduln für Zug-, Biege-, Druck- oder Schubbeanspru-
chung im Sinne von Einpunktwerten, die üblicherweise in den Werkstofftabellen
der Rohstoffhersteller enthalten sind, für das Berechnen von Bauteilen nach den
Formeln der Festigkeitslehre nicht benutzt werden dürfen. Vielmehr muss jede
Beschreibung der Werkstoffeigenschaften auch die Zeit als Parameter enthalten.
Der Kurzzeitzerreißversuch genügt dafür nicht. An die Stelle der bei den metal-
lischen Werkstoffen üblichen Tabelleneinzelwerte muss bei den Thermoplasten
die Darstellung der kontinuierlichen Abhängigkeit der mechanischen Eigen-
schaften von der Zeit (unter Berücksichtigung der Temperatur) treten.
Das Langzeitverhalten der Kunststoffe muss demgemäß nach statischen Me-
thoden untersucht werden. Das bekannteste Verfahren ist der Zeitstand- oder
Kriechversuch. Dabei wird eine Probe zur Zeit t = 0 einer Spannung s0 unter-
98 1 Einführung in Polymer Engineering

Dehnung
Metalle Thermoplast

Bild 1-54. Einfluss der Zeit auf Dehnung und Spannung bei Metallen und Thermoplasten [1]

worfen, die während der ganzen Versuchsdauer konstant gehalten wird. Man
misst die zeitabhängige Deformation, Bild 1-54. Hält man die Dehnung konstant,
nimmt die Spannung über der Zeit bei Kunststoffen ab. Das nennt man Relaxa-
tion. Anwendungsbeispiele hierfür sind Schraubenverbindungen (Kunststoff-
schraube und/oder Kunststoffdichtung) oder Radialwellendichtringe, bei denen
die Dichtkraft im Gummi über der Zeit nachlässt.
Kriechkurven oder Zeitdehnlinien werden im so genannten Zeitstand-Zug-
versuch bei großen Verformungen, das heißt weit über den Bereich der Linea-
rität hinaus, durchgeführt. An die Stelle der konstant gehaltenen Spannung tritt
im Versuch meist die einfacher realisierbare Belastung, nämlich eine konstant
gehaltene Anfangspannung, Bild 1-55.
Die aus einem derartigen Versuch beispielsweise mit Probestäben aus PE-HD
bei verschiedenen Belastungen und gleich bleibender Temperatur resultieren-
den Zeitdehnlinien zeigt Bild 1-56.
Die Durchführung des Zeitstand-Zugversuchs für Kunststoffe ist in DIN
53444 beschrieben. Als Probekörper verwendet man dieselben, wie sie für den
Zugversuch nach DIN 53455 üblich sind.
Die Zugproben werden stoßfrei mit Massen belastet und die Dehnungen in
bestimmten Zeitabständen gemessen. Man erhält eine sog. Zeitdehnlinie, auch
Kriechkurve genannt. In den Versuch gehen also drei Veränderliche ein: Die
durch Belastungsmasse und Probekörperquerschnitt definierte Spannung, die
Dehnung und die Beanspruchungsdauer. Je nach Kombination dieser Größen als
Veränderliche in zweidimensionaler Darstellung mit einem Kurvenparameter
erhält man die in Bild 1-58 schematisch dargestellten Kurvenscharen.
Aufschlussreicher sind für den Konstrukteur Schaubilder mit konstanter
Dehnung, so genannte Dehngrenzlinien als Parameter. Sie können durch Hori-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 99

Bild 1-55. Zeitlicher Verlauf von s und e beim Zeitstandversuch (Kriechversuch)

Bild 1-56. Zeitdehnlinien von PE-HD bei einer Temperatur von 20 °C

zontalschnitte aus Diagrammen gemäß Bild 1-56 für eine bestimmte Ver-
suchstemperatur ermittelt werden. Die obere Begrenzung dieser Diagramme
bildet die Bruchlinie, Bild 1-57.
Anstelle des Zeitspannungslinien-Diagramms schätzt der Konstrukteur das
Diagramm der sog. isochronen Spannungsdehnungslinien mit der Beanspru-
chungsdauer als Parameter, der Dehnung als Abszisse und der Spannung als Or-
dinate, Bild 1-59.
Aus einer Schar von Zeitdehnlinien mit der Spannung als Parameter erhält
man durch Umrechnung (für die jeweilige Prüftemperatur) den Kriechmodul
Ec(t), der als Funktion der Zeit aufgetragen wird, siehe Bild 1-60.
s
Ec (t) = 6
e (t)
Diesen Dehngrenzlinien-Diagrammen können für jedes Material zum Beispiel
die (bei der den Berechnungen häufig zugrunde gelegten Dehnung von 1 %)
theoretisch zulässigen Spannungen entnommen werden. Die bei der Dimensio-
nierung tatsächlich einsetzbare zulässige Spannung ergibt sich durch Division
100 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-57. Zeitspannungslinien von PE-LD bei einer Temperatur von 20 °C

Bild 1-58. Herleitung der Dehngrenzlinien und Isochronen aus den im Zeitstandzugversuch ge-
wonnenen Zeitdehnlinien

mit dem Sicherheitsfaktor. Will man jedoch die bei einer ausgeführten Kons-
truktion zu erwartende Deformation berechnen, dann legt man das Kurvenma-
terial unmittelbar zugrunde.
Von gleicher Bedeutung wie die an Probestäben im einachsigen Spannungs-
zustand ermittelten Dehngrenzlinien ist für den Konstrukteur zylindrischer
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 101

Bild 1-59. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Polypropylen bei verschiedenen Tempera-


turen

Apparateteile das Zeitstandverhalten von Rohren. Bei diesen herrscht bekannt-


lich ein dreiachsiger Spannungszustand vor (Axial-, Radial- und Tangential-
spannungen).
Beim Spannungsrelaxationsversuch wird die Probe zur Zeit t = 0 einer Ver-
formung unterworfen, die anschließend konstant gehalten wird. Gemessen wird
das zeitliche Abklingen der Spannung, die so genannte Spannungsrelaxation
s (t). Den zeitlichen Verlauf von s und e beim Spannungsrelaxationsversuch
zeigt Bild 1-61 A.
Auch bei der Durchführung des Spannungsrelaxationsversuchs, die in DIN
53441 beschrieben ist, wählt man als Beanspruchungsart die einachsige Zugbe-
anspruchung. Es werden vorzugsweise Probekörper verwendet, die über die Ein-
spannlänge einen konstanten Querschnitt aufweisen. Die mit e als Parameter er-
mittelten Spannungswerte s (t) werden in Form von Zeitspannungslinien aufge-
tragen (Bild 1-61 B), aus denen man analog dem Kriechversuch einen zweiten
zeitabhängigen Modul, den Relaxationsmodul, entnehmen kann.

s (t)
Er (t) = 7
e
Nur bei kleinen Werten von s0 und e0 und nach einer nicht zu langer Bean-
spruchungsdauer ist der Relaxationsmodul Ec = Er. Nach längerer Dauer und
höherer Beanspruchung kehrt sich das Verhältnis um, Bilder 1-62 und 1-63.
102 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-60. Zeitdehnlinien und zugehörige Kriechmodul-Linien. A Zeitdehnlinien bei 65 °C von


PE-HD mit Zeitbruchlinie, die aus einem Zeitstandversuch an PE-HD-Rohren entnommen
wurde. B Aus der Zeitdehnlinienschar hergeleitete Kriechmodullinien Ec(t) (s. beispielsweise
auch Bilder 2-80 oder 2-81)

1.3.2.6
Wechselfestigkeit
Der Dimensionierung eines Bauteils, das periodisch hin- und hergebogen, ge-
zogen, gedrückt oder verdreht wird, muss die Dauerwechselfestigkeit zugrunde
gelegt werden. Darunter versteht man den im Dauerschwingversuch ermittelten,
um eine gegebene Mittelspannung schwingenden größten Spannungsausschlag,
den ein Probekörper bei großer Lastspielzahl (bei Kunststoffen 107 Lastspiele)
ohne Bruch aushält. Unter den Begriff Dauerschwingfestigkeit fallen Zug-,
Druck-, Biege- und Torsions-Wechselfestigkeit. Die Versuchsergebnisse werden
in Form von Wöhler-Kurven aufgetragen. Dabei werden der Spannungsaus-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 103

Bild 1-61. A Zeitlicher Verlauf


von s und e beim Spannungs-
relaxationsversuch (Entspan-
nungsversuch). B Zeitspan-
nungslinien (Relaxationskur-
ven) von glasfaserverstärktem
Polycarbonat

Bild 1-62. Relaxationsmodul


Er und Kriechmodul Ec von
glasfaserverstärktem Poly-
carbonat

Bild 1-63. Relaxationsmo-


dul Er und Kriechmodul Ec
von Polyacetal
104 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-64. Biegewechselfestigkeit einiger Thermoplaste (20 °C, 10 Hz) (s. beispielsweise auch
Bild 2-83)

Eingezeichnet sind:
a isochrone
Spannungs-Dehnungskurve
b Kriechkurche
c Relaxationskurve
d Spannungs-Dehnungslinie aus
dem Zugversuch

Bild 1-65. s-t-e-Diagramm (U. Delpy, IKP) [2]

schlag und die Lastspielzahl, bei der die Probe zu Bruch geht, in ein Schaubild
mit logarithmisch geteilter Abszisse und linear geteilter Ordinate eingetragen.
Für die meisten Kunststoffe beträgt die Dauerwechselfestigkeit – häufig auch als
Ermüdungsfestigkeit bezeichnet – etwa 20 bis 30 % der im Kurzzeit-Zugversuch
ermittelten Reißfestigkeit. Sie sinkt mit der Temperatur und der Lastwechselfre-
quenz sowie bei Vorhandensein von Spannungsspitzen an gekerbten Bauteilen.
In Bild 1-64 ist die Biegewechselfestigkeit von PE-HD, PVC-U und PP wieder-
gegeben. Um zu zeigen, welche hohen Werte die Biegewechselfestigkeit von ther-
moplastischen Kunststoffen erreichen kann, wurde auch die Kurve für ein Ace-
tal-Copolymerisat aufgenommen, das vor allem im Maschinenbau und in der
Feinwerktechnik eine wichtige Rolle spielt.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 105

Bild 1-66. Speichermodul (Realteil des Elastizitätsmoduls) E¢ von PVC als Funktion der Mess-
frequenz n und der Temperatur T [16, 17]. Messergebnisse von W. Sommer [15].
Von links unten nach rechts oben: Isothermen (T = const.). Steigender E-Modul bei steigender
Frequenz (Belastungsgeschwindigkeit).
Von links oben nach rechts unten: Isochronen (n = const.). Fallender E-Modul bei steigender
Temperatur. ---- Verbindungslinie der dynamischen Glasübergänge nahe E = 102 N/mm2. 앪 Stei-
gende Glasübergangstemperatur bei steigender Frequenz. („statischer“) Glasübergang mit den
Koordinaten Tg = 352 K (79 °C), Eg = 102 mm, ug = 2,5 ¥ 10–3 Hz beim Wendepunkt der ge-
strichelten Linie. X Glastemperatur Tg bei der 1 Hz-Isochrone des Torsionsschwingungs-
versuchs. Eh > 103 N/mm2 im oberen Bildbereich: hartelastischer (energieelastischer) Bereich.
EW < 10 N/mm2 in unteren Bereich: weichelastischer (gummielastischer, entropieelastischer)
Bereich

Abschließend zum Kapitel 1.3.2 Mechanische und thermische Eigenschaften


wird der Zusammenhang zwischen den Größen Spannung, Dehnung und Zeit
(Bild 1-65) und den Größen Elastizitätsmodul, Temperatur und Messfrequenz
(Belastungsgeschwindigkeit, also Zeit) (Bild 1-66) verdeutlicht.
Bild 1-66 zeigt neben der bekannten Temperaturabhängigkeit der Eigenschaf-
ten, hier am Beispiel Elastizitätsmodul, auch die Zeitabhängigkeit in Form der
Messfrequenz. Eine niedrige Messfrequenz ergibt eine tiefe Glasübergangs-
temperatur Tg, während eine hohe Messfrequenz die Glastemperatur im ge-
wählten Beispiel des Bildes 1-66 um ca. 40 °C zu höheren Temperaturen hin ver-
schiebt. Das bedeutet: schlagartige Belastung gibt der Verformung der Makro-
moleküle (Abgleitvorgänge) wenig Zeit, der Kunststoff reagiert spröde
(energieelastisch). Dagegen reagieren die Makromoleküle bei niedrigen Be-
lastungsgeschwindigkeiten (im Bild 1-66 durch niedrige Prüffrequenzen cha-
106 1 Einführung in Polymer Engineering

rakterisiert) mit Abgleiten und damit entropieelastisch bei gleicher Prüftempe-


ratur.

1.3.2.7
Sicherheitsbeiwerte
Es ist bekannt, dass die Verarbeitungsbedingungen, zum Beispiel Spritzgießen,
Extrudieren, Pressen, Orientierungserscheinungen und Abkühlbedingungen die
mechanischen Eigenschaften von Kunststoffteilen erheblich beeinflussen. Dazu
kommen häufig die Auswirkungen des Technoklimas, z. B. Feuchtigkeit, Alte-
rung und Spannungsrissbildung. Weil diese Faktoren im Einzelnen dem Kon-
strukteur von Maschinen- und Apparateteilen unbekannt bleiben, muss er –
ähnlich wie bei den metallischen Werkstoffen – in jedem Einzelfall Sicherheits-
werte berücksichtigen, um aus den an Prüfkörpern unter genormten Bedingun-
gen gemessenen Daten die für die Dimensionierung zulässigen Spannungen zu
erhalten.
In nachstehender Tabelle 1-26 sind die für verschiedene Beanspruchungen
empfohlenen Sicherheitsbeiwerte zusammengestellt. Die zulässige Spannung
errechnet sich damit – auch unter Berücksichtigung von Spannungskonzentra-
tionszahlen – zu:

K
szul. = 9 N/mm2
S · aK
K Beanspruchungshöhe N/mm2
S Sicherheitsbeiwert
aK Formziffer
Im Übrigen ist die Wahl der Sicherheitsbeiwerte nicht allein von Beanspru-
chungsart, Gestalt und Verarbeitungsbedingungen abhängig, sondern auch vom
Kunststoff selbst. Ein kerbempfindlicher, sprödharter Kunststoff erfordert
höhere Sicherheitsbeiwerte als ein zähharter. Mithin verhalten sich die teilkris-
tallinen Thermoplaste grundsätzlich günstiger als die amorphen.

Tabelle 1-26. Empfohlene Sicherheitsbeiwerte S

Art des Versagens Sicherheitsbeiwerte S

Ruhende Intermittierende Schwingende


Beanspruchung Beanspruchung Beanspruchung

Bruch 2…3 2…3 1,5…2


Unzulässige Formänderung 1,2 1,2 1,2
Instabilität 3 3 3
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 107

1.3.3
Weitere physikalische Eigenschaften
Neben den mechanischen Eigenschaften und ihrer Temperatur- und Zeit-
abhängigkeit spielen thermische Eigenschaften (Isolierschäume für Kühl-
schränke, Gebäude, Fensterrahmen, Schutzschilder in der Raumfahrt, Schutzan-
züge für Feuerwehr usw.), nicht zu vergessen der thermische Längenausdeh-
nungskoeffizient, optische Eigenschaften (Schweinwerferspiegel und -gläser,
Autoscheiben, Schutzhelmklappen, Linsen, Gewächshäuser, Verpackungen,
Oberflächen-Effektfolien usw.), elektrische Eigenschaften (Kabelisolierungen,
Leiterplatten, Abschirmgehäuse, Sicherheitsbauteile im Bergbau, Bipolarplatten
und Membranen in Brennstoffzellen usw.), akustische Eigenschaften (Klang-
körper für Musikinstrumente, Lautsprecherboxen, Motorraumisolierungen,
Schallschutzwände, Schwingungsdämpfer usw.), Stofftransport Eigenschaften
(Diffusion, Permeation) (Barriereeigenschaften bei Verpackungen, Kraft-
stofftanks, Deponiedichtfolien, medizinische Membranen, atmungsaktive Be-
kleidungen usw.) je nach Anwendung eine entscheidende Rolle.
Tabelle 1-27 vergleicht für einige der beschriebenen Eigenschaften Richtwerte
für Metalle und Kunststoffe.
Die folgenden Bilder ergänzen und vertiefen die Tabelle 1-27 [18].

■ Thermische Eigenschaften
Kunststoffe dehnen sich bei Erwärmung deutlich stärker aus als andere Mate-
rialien. Dies liegt daran, dass sich die Gebrauchstemperatur von Kunststoffen
nicht weit unterhalb der Schmelztemperatur befindet.
Um diesen Nachteil von Kunststoffen auszugleichen, können sie mit z. B. Fa-
sern o. a. gefüllt werden.
Die Wärmeausdehnung wird charakterisiert durch den Wärmeausdehnungs-
koeffizienten a.

Tabelle 1-27. Richtwerte-Vergleich einiger Eigenschaften von Metallen und Kunststoffen (T:
Thermoplaste, D: Duroplaste, E: Elastomere, K: Kunststoffe) [1]

Metalle (Leiter) Kunststoffe (Nichtleiter)

therm. Längenausdehnungskoeffizient T: ≈ 100 D: ≈ 30 E: ≈ 200 ¥10–6/K


a [10–6/K] St: 10 s. Bild 1-67
Wärmeleitfähigkeit l [W/mK] T: 0,2 D: 0,3 E: 0,1 Glas 0,7 W/mK
Cu: 380; Fe: 76; St: 50 Schaumstoffe: 0,015 bis 0,9
s. Tabelle 1-28
Dichte r [g/cm3] Fe: 7,8; Al: 2,7 Kunststoffe 0,9 bis 1,8 ungefüllt g/cm3
Schwer- + Edelmetalle 10 bis 18 Silikate: 2,7 PTFE: 2,3
Lichtundurchlässig durchsichtig/durchscheinend/lichtundurch-
lässig
s. Bilder 1-68 u. 1-69
Elektr. Durchgangswiderstand [Wcm] Kunststoffe: 1010 bis 1018 Wcm
Fe: 10–5 K mit Metallpulver: ca. 1
Geringe mechanische Dämpfung hohe mechanische Dämpfung
108 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-67. Wärmeausdehnung verschiedener Kunststoffe und Metalle (IKV, Aachen) [18]

Tabelle 1-28. Wärmeleitfähigkeit verschiedener Kunststoffe und Metalle (IKV, Aachen) [18]

fi Ungefülltes Polyethylen (PE): l ≈ 0,3–0,4 W/mK


fi Ungefülltes Polystyrol (PS): l ≈ 0,2 W/mK
fi Geschäumtes Polystyrol (EPS): l ≈ 0,003 W/mK
fi Eisen (Fe): l ≈ 50 W/mK
fi Aluminium (Al): l ≈ 230 W/mK

Wie alle Isolatoren, so leiten auch Kunststoffe die Wärme nur schlecht. Bei
Metallen sorgen die frei beweglichen Elektronen nicht nur für eine hohe elektri-
sche Leitfähigkeit des Materials, sondern auch für eine gute Wärmeleitfähigkeit.
Bei Kunststoffen, die zu den elektrischen Nichtleitern oder Isolatoren gehören,
fehlen jedoch diese frei beweglichen Elektronen im Material.

Vorteile:
Kunststoffe besitzen gute Isolationseigenschaften (gegen Elektrizität und Wärme)
Nachteile:
Die Wärme wird beim Verarbeitungsprozess nur mühsam eingebracht, bzw. bei
der thermoplastischen Verarbeitung wieder herausgeholt.

■ Optische Eigenschaften
Je nach chemischem Aufbau der Makromoleküle erstarren Thermoplaste amorph
oder teilkristallin (s. o.). Optisch unterscheiden sich amorphe und teilkristalline
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 109

Bild 1-68. Optisches Verhalten (IKV, Aachen) [18]

Thermoplaste ganz charakteristisch voneinander (solange sie nicht eingefärbt


sind):
• teilkristalline Thermoplaste Æ opak oder milchig
• amorphe Thermoplaste Æ transparent oder glasklar
Amorphe Thermoplaste werden wegen ihrer Transparenz auch als organische
Gläser bezeichnet und unterscheiden sich nur wenig von den anorganischen
Gläsern. Somit gilt auch das Brechungsgesetz, siehe Bild 1-68.

■ Elektrisches Verhalten (IKV, Aachen) [18]


• Elektrische Leitfähigkeit
Kunststoffe sind Isolatoren (z. B. Einsatz als Kabelummantelung). Trotzdem
zeigen sie eine gewisse Leitfähigkeit, wobei zwischen Durchgangs- und Ober-
flächenwiderstand unterschieden wird. Durch Füllstoffe (Ruß, Metallpulver)
können Kunststoffe leitfähiger gemacht werden.
• Dielektrisches Verhalten
In einem elektrischen Feld können sich Elektronen im Kunststoff oder ganze
Kettensegmente entsprechend der Feldrichtung ausrichten („Dielektrizität“).

Bild 1-69. Transmission in Abhängigkeit von der Wellenlänge (IKV, Aachen) [18]
110 1 Einführung in Polymer Engineering

In einem elektrischen Wechselfeld kann dies zu einer Erwärmung des Kunst-


stoffes führen. Diesen Effekt macht man sich z. B. beim Schweißen von Kunst-
stoffen zu Nutze (Hochfrequenzschweißen).
• Durchschlagfestigkeit
Hohe Spannungen können ein Zerstören des Kunststoffs bewirken. Die Fähig-
keit, hohen elektrischen Spannungen zu widerstehen, wird dabei durch die
Durchschlagfestigkeit beschrieben.

Bild 1-70. Leitfähigkeiten und Ladungsträger-


beweglichkeiten typischer Polymere im Ver-
gleich zu konventionellen Materialien [19]

■ Akustisches Verhalten (IKV, Aachen) [18]


Das akustische Verhalten der Kunststoffe hängt eng mit dem dynamisch-elasti-
schen Verhalten zusammen. Es bestehen jedoch charakteristische Unterschiede
zwischen den kompakten und den geschäumten Kunststoffen.
Die gebräuchlichsten Kenngrößen, um das akustische Verhalten eines Kunst-
stoffes zu charakterisieren, sind:
• Elastizitätsmodul E,
• „Verlustfaktor“ tand
In der technischen Akustik wird unterschieden zwischen:
• Schallreflexion
• Schallausbreitung
• Schallabsorption
Zur Schallreflexion ist eine hohe Masse erforderlich. Will man die Schallaus-
breitung in einem festen Körper vermeiden, so sind weiche Zwischenlager er-
forderlich. So genannte Schallabsorber sind offenporige Schaumstoffe, die nicht
als starr angesehen werden können. Die Welle dringt in die Poren ein und ver-
liert ihre Energie durch Reibung zwischen den Molekülen der Luft und durch die
Deformation der Wände.
■ Diffusion von Gasen und Dämpfen
Kunststoffe sind – im Unterschied zu den Metallen – mehr oder weniger durch-
lässig für Flüssigkeiten, Dämpfe und Gase. Die Kunststoffoberfläche absorbiert
zunächst die angrenzenden Moleküle, danach diffundieren sie in den Werkstoff,
wandern (migrieren) hindurch und vollenden so die Permeation. Die Frage nach
der Wasserdampfdurchlässigkeit kann nach der Regel: „Ähnliches löst Ähnli-
ches“ beantwortet werden [20]. Wasser und Wasserdampf wandern als polare
Medien beispielsweise leicht durch Wandungen aus polaren Kunststoffen, bei-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 111

Bild 1-71. Sauerstoff- und Wasserdampfdurchlässigkeit von 25-µm-Folien aus verschiedenen


Thermoplasten

Bild 1-72. Wasserdampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit (IKV, Aachen) [18]


112 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-73. Einordnung der Eigenschaften von Kunststoffen (IKV, Aachen) [18]

spielsweise aus PA und EVOH oder EVAC, während PE und PP als unpolare Me-
dien nur wenig durchlässig sind. Die O2- und H2O-Durchlässigkeit von 24-mm-
Folien aus verschiedenen Polymeren ist in Bild 1-71 wiedergegeben, siehe auch
Bild 1-72.
Das sorgfältige Abstimmen auf die von Packgut zu Packgut unterschiedlichen
Anforderungen an die Gas- und Wasserdampfpermeabilität ist häufig nur mit
Hilfe von Mehrlagenfolien oder -behältern möglich. Hierüber liegen in der ein-
schlägigen Industrie bereits große Erfahrungen vor.
Bild 1-73 ordnet einige physikalische Eigenschaften von Kunststoffen und
Metallen zueinander ein und bezieht sie auf Stahl (Stahl = 1).

1.3.4
Chemische Eigenschaften

1.3.4.1
Beständigkeit gegen Chemikalien/Medien
Werden die physikalischen Eigenschaften der Kunststoffe vor allem von ihrem
morphologischen Aufbau bestimmt, so hängt das chemische Verhalten wesent-
lich von der chemischen Struktur der Makromoleküle ab. Die Thermoplaste sind
überwiegend gegen Säuren und Laugen beständig, die Duroplaste vor allem ge-
gen organische Lösemittel. Die Beständigkeit gegen Chemikalien entscheidet bei
allen Anwendungen z. B. in der Verpackungsindustrie, der Medizin und im Au-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 113

tomobilbau über die allgemeine Verwendbarkeit. Eine erste Abschätzung kann


häufig anhand der Regel „Ähnliches greift Ähnliches chemisch an“ getroffen
werden. Polare Kunststoffe werden von polaren wässrigen Lösungen und von
polaren organischen Flüssigkeiten angegriffen. Zu den polaren Thermoplasten
gehören beispielsweise PMMA, PC und PA. Unpolare Kunststoffe werden dage-
gen von unpolaren Flüssigkeiten angegriffen. So wird beispielsweise das unpo-
lare PE von Benzin angequollen, während PS von Benzol und Toluol sogar völlig
aufgelöst wird.
Übersichtlich lassen sich Metalle und Kunststoffe gemäß der Beständigkeits-
tabelle 1-29 vergleichen.

Transportmechanismen bei Chemikalieneinwirkung (Permeation)


Wenn niedermolekulare Substanzen bzw. Lösungsmittelmoleküle durch feste
Kunststoffe wandern, so spricht man vom Vorgang der Permeation. Grundlegend
erfolgt der Stofftransport bei der Permeation in den drei Schritten Adsorption,
Diffusion und Desorption des wandernden Moleküls [21, 20]. Schematisch ist der
Transportmechanismus bei der Permeation in Bild 1-74 dargestellt.
Man erkennt, dass sich das niedermolekulare Molekül zunächst an die Ober-
fläche des Kunststoffs anlagert (Schritt 1: Adsorption). Wenn das angelagerte

Tabelle 1-29. Beständigkeiten von Metallen und Polymeren im Vergleich [1]

Metalle Kunststoffe

beständig gegen organische relativ beständig gegen Elektrolyte


Lösemittel, Öle, Fette, Tenside (Säuren)
unbeständig gegen Elektrolyte wenig beständig gegen organische
Korrosion! Lösemittel, Öle, Fette. Tenside,
(stark kunststoffspezifisch!)
insbesondere gegen chlorierte KW
(Einschränkung: Bildung festhaftender empfindlich (Halogen-KW)
Schutzschichten und Edelmetalle) Auswirkung: je nach Kunststoff
Auswirkung: je nach Metall – Lösen bzw. Quellen
– Abtrag – Spannungsrissbildung
– Gefügelockerung
– Spannungsrisskorrision

Bild 1-74. Einzelstufen des Permeationsvorgangs


114 1 Einführung in Polymer Engineering

Molekül nicht in den Kunststoff eindringen kann, so findet neben der rein phy-
sikalischen Anlagerung an die Oberfläche kein weiterer Stofftransport statt
und die Materialkennwerte des Kunststoffs bleiben nahezu unverändert [20].
Findet jedoch eine nachfolgende Diffusion durch das Polymer statt (Schritt 2),
so ist mit deutlichen Änderungen der Kunststoffeigenschaften zu rechnen.
Die Diffusionsgeschwindigkeit kann hierbei als der entscheidende Faktor be-
trachtet werden und hängt von der Temperatur, der Polymerstruktur und der
Größe des diffundierenden Moleküls ab. Nachdem der Kunststoff vollständig
durchwandert wurde, gelangt das Molekül wiederum an eine Oberfläche des
Kunststoffs und löst sich letztendlich wieder von diesem ab (Schritt 3: Desorp-
tion).

Einfluss aggressiver Medien auf die mechanischen Eigenschaften


Die Chemikalienbeständigkeit von Kunststoffen ist häufig in sogenannten Be-
ständigkeitstabellen qualitativ dargestellt (z. B. durch die Klassifizierung „be-
ständig“, „durchschnittlich beständig“ oder „unbeständig“) [17, 21, 22]. Hierbei
ist das Beurteilungskriterium die Massenveränderung durch Quellen (Zu-
nahme) oder Lösen (Abnahme).
Betrachtet man nun mechanische Beanspruchungen, die neben dem angrei-
fenden Medium auf den Kunststoff einwirken, so ist davon auszugehen, dass die
schädigende Wirkung noch verstärkt wird. So kann die praktische Chemikalien-
beständigkeit von Kunststoffen, die insbesondere für Rohrleitungen bekannt
sein muss, in Zeitstandversuchen ermittelt werden (siehe Tabelle 1-30).
Das praktische Anwendungsbeispiel eines Kraftstoffbehälters aus Kunststoff,
Bild 1-75, verdeutlicht den wichtigen Einfluss von Dipolmomenten in Molekülen
auf das Löslichkeitsverhalten von Kunststoffen. Der Einfluss von geordneten
(kristallinen) Bereichen und ungeordneten (amorphen) Strukturen im Polymer
ist in Tabelle 1-24 dargestellt.
Tabelle 1-31 verdeutlicht den gewichtigen Einfluss der chemischen Struktur
(Polarität) auf die Beständigkeit von Kunststoffen. Neben diesen Strukturmerk-

Bild 1-75. Mehrschicht-Kunststoffkraftstoffbehälter mit in-


tegrierten Komponenten (Ship-in-the-bottle und Mehr-
schicht-Struktur (Permblok®), mit freundlicher Genehmi-
gung von TI Automotive) [23]
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 115

Tabelle 1-30. Beständigkeiten einiger Kunststoffe [H.-Ch. Ludwig/P. Eyerer]

Medien

Lösungen anorg. Salze


Oxidierende Säuren

Halogene trocken

Aliphatische KW
Laugen schwach
Säuren schwach

Chlorierte KW
Laugen stark
Säuren stark
Wasser heiß
Wasser kalt

Flußsäure

Alkohole
Kunst-
stoffe

PE-LD + + b – b + + + – + – b
PE-HD + + + + – b + + + – + b +
PP + + + b – b + + + b + – +
PVC hart + b + + b b + + + b + – +
PVC weich + b + – – – + – + – – – –
PS + + + b – b + + + – – – +
ABS + + + b – b + + + – + – +
POM + + b – – – + + + – + + +
PTFE + + + + + + + + + + + + +
PA 6 + b – – – – + b + – + b +
PC + b + b b b – – b + + – b
PET + – + b b + b – + + b +
PBT + – b – b + + + + + b +

Medien
Ungesättigte chlor. KW
Organische Säuren

Aromatische KW

Mineralköl
Kraftstoffe

Terpentin
Aldehyde

Fette, Öle
Ketone

Amine
Ether
Ester

Kunst-
stoffe

PE-LD b b – + – – b b – –
PE-HD + + b b + + b b + + – –
PP b b – + + b b b + + – –
PVC hart – – – – b b – – + + – –
PVC weich – – – + + b – – b b – –
PS – – – – + b – – b + – –
ABS – – – – + + – + + + – –
POM – b + b b + b + + + + +
PTFE + + + + + + + + + + + +
PA 6 + + + b + b + + + – b b
PC b b – – – b – b + + – +
PET + + + + + + + + b b
PBT b – + b b + + + b b

+ = beständig b = bedingt beständig – = unbeständig.


116 1 Einführung in Polymer Engineering

malen hat naturgemäß auch der Vernetzungsgrad einen entscheidenden Ein-


fluss auf die Löslichkeit eines Polymers.
So quellen stark vernetzte Kunststoffe (Duroplaste) je nach Vernetzungs-
dichte wenig bis gar nicht.
Weitmaschig vernetzte Kunststoffe (Elastomere) unterliegen der Quellung,
da ihre Vernetzungsbrücken eine vollständige Auflösung verhindern. Die Quell-
barkeit sinkt dabei mit zunehmendem Vernetzungsgrad.
Unvernetzte Kunststoffe (Thermoplaste, thermoplastische Elastomere) kön-
nen entweder quellen oder sich im Medium lösen.
Im gequollenen Zustand verändern sich die physikalischen Eigenschaften des
Polymers. So wird beispielsweise das Volumen größer, die Abkühlgeschwindig-
keit erhöht sich, die Einfrierbereiche sinken (Weichmachung) und E-Modul und
Torsionsmodul verändern sich.

Einwirkung von Wasser (Hydrolyse)


Bei Polymeren, die Ester-, Amid-, oder ähnliche funktionelle Gruppen in der
Hauptkette enthalten, besteht prinzipiell die Möglichkeit einer Kettenspaltung
durch die Reaktion mit Wasser (Hydrolyse). Säuren und Laugen können hierbei
als Katalysatoren wirken und speziell in heißem Wasser die Kettenspaltung be-
günstigen, was somit die Umkehrreaktion der Polymersynthese darstellt. Für die
Stoffklasse der Polyester lautet die zugrunde liegende Reaktionsgleichung hier-
bei wie folgt:

Polyestersynthese (Hinreaktion) und Kettenspaltung durch Hydrolyse


(Rückreaktion)
Die Reaktionsgleichung ·PolyestersyntheseÒ verdeutlicht, dass es sich grund-
legend um eine Gleichgewichtsreaktion handelt. Um die Hinreaktion (Polymer-
Synthese) aufrecht zu erhalten, muss die niedermolekulare Komponente der Re-
aktionsprodukte (H2O) aus dem Gleichgewicht entfernt werden. Wird ein sol-
cher Kunststoff nun wässrigen Säuren oder Laugen ausgesetzt, besteht immer
die Möglichkeit, dass die Rückreaktion einsetzt, die letztendlich zum Molmas-
senabbau führt.
Aromatische Polyester nehmen aufgrund ihrer hydrophoben Phenylgruppen
nur sehr wenig wässrige Lösungsmittel auf, so dass Hydrolyse erst bei erhöhter
Temperatur beobachtet wird und im Allgemeinen eine gute Kaltwasserbestän-
digkeit vorliegt.
Physikalisch-chemische Vorgänge in Verbindung mit der Hydrolyse können
beispielsweise die (örtliche) Änderung der Kristallinität, die Herauslösung von
Additiven oder die Erweichung bei Wasseraufnahme sein.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 117

Tabelle 1-31. Beständigkeit von Kunststoffen [17]

Schwachstelle im b beständig Kunststoff


Makromolekül. (b) bedingt beständig ( ) eingeklammerter
Es bedeuten: (u) ziemlich unbeständig Kunststoff kann wegen
Bindung zu einem anderen u sehr unbeständig anderer empfindlicher
____ Atom, meist H oder C gegen Gruppen im Molekül
…… Hauptkette nicht alle angegebenen
Hydrolyse Ozon Beständigkeiten erfüllen
vor allem gegen Bewit-
terung
Heiß- Säure Lauge Hitze (UV+O2)
wasser

SBR,BR,ABS,S/B, S/B/R,
B/S, S/I/S, IR=NR, NBR,
IIR ist besser beständig;
C=C- Doppelbindung b b b (u) u CR ist gegen Bewitte-
(ungesättigt) rung besser, gegen
in der Hauptkette Hydrolyse weniger
beständig

Carbonat (u) (b) (u) (u) PUR


(Urethan-)
oder u u (u) (u) u
Amidgruppe in der Hauptkette PA, UF

POM, (Polyether-PUR),
(u) u (b) b (b) PPE, EP, PVB; PFA
–C–O besser beständig

Ether-Sauerstoff in der
Seitengruppe oder Hauptkette

u u u b b SI, SIR, FSIR

Estergruppe in (u) (b) u (b) b PET, (Polyester-PUR).


der Hauptkette PBT, PC, UP

Estergruppe (b) (b) (u) (b) b PMMA, Polyacrylester,


als Seiten- ACM
gruppe

(b) (b) (u) (u) b PVAC,


VC/VAC,
E/VA
118 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-31 (Fortsetzung)

Schwachstelle im b beständig Kunststoff


Makromolekül. (b) bedingt beständig ( ) eingeklammerter
Es bedeuten: (u) ziemlich unbeständig Kunststoff kann wegen
Bindung zu einem anderen u sehr unbeständig anderer empfindlicher
____ Atom, meist H oder C gegen Gruppen im Molekül
…… Hauptkette nicht alle angegebenen
Hydrolyse Ozon Beständigkeiten erfüllen
vor allem gegen Bewit-
terung
Heiß- Säure Lauge Hitze (UV+O2)
wasser

Halogen als (u) b (b) (u) (b) Chlorhaltig; PV, PVDC,


Seitengruppe CR, PE-C, CSM
Etwas besser beständig:
PVF, PVDF (fluorhaltig)

(b) b (b) (u) b PAN (SAN) (NBVR)

b b b (b) (b) PP, PE-LD, PE-LLD, PB,


H-Atom am SAN, PS, EMP, EPDM,
tertiären PE-V
H C-Atom

3 b b b (b) bis b (b) bis b PE, bes. PE-HD, PIB,


(IIR) unter den Koh-
lenwasserstoffkunst-
3 stoffen chemisch
am stabilsten

(fast) vollständig fluorierte b b b b b PTFC, FEP, FCM


Kohlenstoffkette Von allen Kunststoffen
chemisch am stabilsten

Typische mechanische Vorgänge sind beispielsweise die Entstehung von Ei-


genspannungen infolge örtlich unterschiedlicher Quellvorgänge oder die abra-
sive Schädigung von Kunststoffoberflächen beim Auftreffen von wässrigen Lö-
sungen mit hoher Geschwindigkeit (z. B. bei der natürlichen Bewitterung).

Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen


Diese bei Metallen (Spannungsrisskorrosion) wie auch bei Kunststoffen (Bil-
dung von Spannungsrissen) beobachtbare Erscheinung stellt einen physika-
lisch-chemischen Angriff dar, der für bestimmte Kunststoff/Medium-Paarungen
beobachtbar ist. Als angreifendes chemisches Agens genügt in vielen Fällen be-
reits Feuchtigkeit, die mit der Oberfläche des Polymers in Kontakt kommt. Vo-
raussetzung ist das Vorhandensein von Zugspannungen, seien es herstellungs-
bedingte Eigenspannungen oder Fremdspannungen, die mehr oder weniger un-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 119

terhalb der üblichen Zugfestigkeit liegen. Die Rissbildung erfolgt üblicherweise


senkrecht zur wirkenden Zugspannungsrichtung. Spannungsrisse treten bei
vielen Kunststoffen vor allem dann auf, wenn das angreifende Medium ober-
flächenaktiv ist. Die Wirkung dieser Medien beruht vermutlich darauf, dass
durch das Herauslösen von niedermolekularen Bestandteilen oder von Verun-
reinigungen aus dem Kunststoff, sowie durch Quellen Gleitvorgänge in den un-
ter Spannung stehenden Zonen auftreten, deren Folge die Rissbildung ist. Die
Spannungsrissbildung wird durch eine Temperaturerhöhung wesentlich be-
schleunigt. Die durch Diffusion eingedrungenen Agenzien verursachen
zunächst feine Haarrisse, die an den Weißbruch von Kunststoffen erinnern. Bei
längerer Einwirkung einer oberflächenaktiven Substanz ggf. in Verbindung mit
inneren oder äußeren Zugspannungen durchdringen die Haarrisse die ganze
Wandung und führen zum Bruch des Formteils (s. auch Kap. 2.1.3.2.1.1,
Kap. 2.1.3.2.2, Bild 2-237, Kap. 2.1.4.2).
Zum Vermeiden von Spannungsrissen können folgende Maßnahmen bei-
tragen:

• Stoff- und artikelgerechte Formgebung.


• Wahl der beständigsten Kunststoffsorte und des richtigen Kunststofftyps
(möglichst hochmolekular).
• Wahl optimaler Verarbeitungsbedingungen (bei Spritzgussteilen z. B. die An-
gussart und -lage). Eigenspannungen im Formteil können evtl. durch Tem-
pern abgebaut werden.
Als konkretes Praxisbeispiel kann die Schädigung eines Lampengehäuses aus
Polycarbonat (PC) betrachtet werden [1].
Zur Vorgeschichte: In der Fußgängerzone einer süddeutschen Großstadt wur-
den Glas-Gehäuse an Lampen durch Kunststoff-Gehäuse ersetzt. Diese fielen
nach einigen Wochen ohne äußere Einwirkung herunter.
Schadensursache: DOP8-Weichmacher, der bei der erhöhten Temperatur der
Lampen aus den Weich-PVC-Kabelisolierungen verdampft, führt in den Lampen-
gehäusen in Verbindung mit mechanischen Zugspannungen, verursacht durch das
Einschrauben der Lampengehäuse in die Fassungen, zu Spannungsrissen (das
Lampengehäuse hängt nach unten und belastet den Gewindehals auf Zug).

Bild 1-76. Spannungsrissbildung bei der Einwirkung von Aceton auf Polycarbonat [1]

8
DOP … Dioctylphthalat.
120 1 Einführung in Polymer Engineering

Abhilfe: Verwendung einer anderen Kabelisolierung (z. B. aus Polysiloxan).


Bild 1-76 zeigt, wie auf einfache Weise das Entstehen von Spannungsrissen ex-
perimentell demonstriert werden kann. Allgemein ist hierbei zu erwarten, dass
die Paarung von unbeständigem Kunststoff (hier: PC) und einwirkendem Lö-
sungsmittel (Aceton) beim Anlegen von Zugkräften zu Spannungsrissen führt.

1.3.4.2
Alterung und Beständigkeit von Kunststoffen
Gabriele Twardon und Thomas Wagner

Kunststoffe gelten gegenüber Metallen häufig als „korrosionsbeständige“ Werk-


stoffe. Bei der praktischen Anwendung treten dennoch vielfältige Probleme mit
der Beständigkeit von Polymerwerkstoffen auf. Die Alterung spielt bei Kunst-
stoffen eine weit größere Rolle als bei Metallen oder Keramik. Die Gründe hier-
für liegen u. a. in den geringeren Bindungsenergien und in der geringeren
Packungsdichte der Makromoleküle, die das Diffundieren von niedermolekula-
ren Stoffen erleichtert. Zudem sind Metalle und Keramiken gegen elektromag-
netische Strahlung deutlich unempfindlicher. Eine umfassende theoretische Be-
schreibung der Alterung erwies sich bisher als schwierig [24]. Die Gründe liegen
in der Komplexität von Alterungsvorgängen, die zudem experimentell nur
schwer zu erfassen sind. Vor allem die notwendige lange Versuchsdauer er-
schwert die Untersuchung. Zeitraffende Prüfungen (Rapid Testing) bilden hier-
bei die Realität nur mit Einschränkungen ab und können nicht als vollwertiger
Ersatz für Langzeitversuche betrachtet werden.
Allgemein wird der Begriff der Alterung gemäß DIN 50035 wie folgt definiert:
„Gesamtheit aller im Laufe der Zeit in einem Material irreversibel ablaufenden
chemischen und physikalischen Vorgänge.“
Alterungsvorgänge verändern allgemein die Eigenschaften und das Aussehen
von Polymeren während einer bestimmten Zeitspanne. Meist tritt hierbei eine
Verschlechterung der Materialkennwerte auf.
Typische Beispiele für solche Alterungsvorgänge sind die Versprödung von PP
und PVC bei Anwendungen im Freien (z. B. Gartenmöbel, Getränkekisten und
Rohre), die Alterung von Fahrradreifen bei regelmäßiger Beanspruchung, die
Entstehung von Undichtigkeiten bei Dichtringen, die nachlassende Isolierwir-
kung von gasgefüllten Schäumen, die Versprödung von Oberflächenfolien in
Fahrzeuginnenräumen oder die Alterung (Degradation) von Polyethylen-Gelenk-
endoprothesen.
Nachfolgend sollen nun die Begriffe „Alterungsursache“,„Alterungsvorgang“
und „Alterungserscheinung“ in Anlehnung an DIN 50035 im Detail erläutert
werden.
Zunächst erfolgt eine Untergliederung in innere und äußere Alterungsursa-
chen [9]. Zu den inneren Alterungsursachen, die auf thermodynamisch instabi-
len Zuständen des Materials beruhen, zählen:
• Unvollständige Polymersynthese
• Eigenspannungen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 121

• Orientierungsspannungen
• Begrenzte Mischbarkeit von Zusätzen und Polymermaterial
Dagegen beruhen die äußeren Alterungsursachen auf chemischen und physika-
lischen Einwirkungen der Umgebung auf das Material:

• Energiezufuhr durch Wärme oder Strahlung


• Temperaturwechsel
• Chemische Einflüsse
• Mechanische Beanspruchung
• Kombinierte Belastung (Energiezufuhr, chemische Einflüsse) bei Bewitte-
rung
Die hier aufgezählten Alterungsursachen führen zu Alterungsvorgängen, die in
chemische und physikalische Vorgänge unterteilt werden können. In der Praxis
laufen diese häufig gemeinsam ab.
Bei den chemischen Alterungsvorgängen findet prinzipiell eine Veränderung
der Zusammensetzung oder der Molekülstruktur des Polymers statt. Zu diesen
Vorgängen gehören:

• Korrosion
• Nachpolykondensation
• Nachpolymerisation
• Abbaureaktionen oder Cyclisierung
• Autooxidation
Physikalische Alterungsvorgänge basieren auf der Veränderung des Gefüges
bzw. des molekularen Ordnungszustands:

• Relaxation, Spannungsabbau
• Nachkristallisation
• Entmischung
• Weichmacherverlust
• Weichmacherwanderung
• Weichmacherextraktion
• Agglomeration
Folglich sind Alterungserscheinungen als sichtbare oder messbare Wirkungen
von Alterungsursachen aufzufassen. Hierzu gehören:

• Verwerfung, Rissbildung (z. B. Spannungsrissbildung, -korrosion)


• Quellung
• Nachschwindung
• Ab- oder Ausscheidungen
• Bruchbildung (lokale Versprödung, Ermüdung)
• Verfärbung
• Veränderung des Oberflächenglanzes
• Messbare Veränderung der Materialeigenschaften (z. B. mechanisch)
• Veränderung des chemischen Verhaltens
122 1 Einführung in Polymer Engineering

Alterung durch mechanische Belastung


Die bekannteste Auswirkung einer mechanischen Langzeitbelastung ist das
Kriechen. Hierbei wird zwischen dem Relaxieren (Abnahme der Spannung bei
konstanter Dehnung) und dem Retardieren (Zunahme der Dehnung bei kons-
tanter Spannung) unterschieden [9]. Es handelt sich dabei um Vorgänge, die in
der Regel ohne chemische Reaktion ablaufen. Durch die mechanische Belastung
gleiten im Laufe der Zeit die Molekülketten voneinander ab. Das Altern unter
mechanischer Belastung wird mitunter auch als Ermüden bezeichnet. Polymere
ermüden sowohl durch statische als auch durch dynamische Beanspruchung.
Die für eine Schädigung des Kunststoffs notwendigen Kräfte sind hierbei bei
dynamischer Beanspruchung meist kleiner als bei statischer Beanspruchung.

Alterung durch thermische Belastung


Eine Temperaturerhöhung führt allgemein zur Steigerung der Beweglichkeit
von Molekülen und Molekülgruppen in Polymeren. Mit zunehmender Tempera-
tur und Dauer der Einwirkung können dabei neben reversiblen auch irreversi-
ble Veränderungen des Polymers auftreten. Hierzu zählen beispielsweise die
Verflüchtigung niedermolekularer Bestandteile (z. B. Additive), die Abspaltung
spezifischer Atome und Molekülsegmente, Kettenbrüche, Nachvernetzungsreak-
tionen oder der beschleunigte chemische Abbau durch Oxidation. Chemische
Veränderungen basieren hierbei auf dem Aufbrechen von chemischen Bindun-
gen, wodurch die Irreversibilität bedingt wird.
Neben der Wirkung von konstant hohen Temperaturen wirken vor allem auch
Temperaturwechsel alternd. Zum einen über die oben genannten Mechanismen,
zum anderen über das Einbringen von wechselnden mechanischen Spannungen
in das Kunststoff-Bauteil, die zu einer Ermüdung insbesondere von Verbund-
werkstoffen (z. B. durch Delamination an Grenzflächen) führen können.

Alterung durch energiereiche Strahlung (Photodegradation)


Folgende Formen energiereicher Strahlung, die Schädigungen an Kunststoffen
hervorrufen, können unterschieden werden:
a -Strahlung: Strahlung bestehend aus Heliumkernen
b -Strahlung: Elektronenstrahlung
g -Strahlung: Kurzwellige elektromagnetische Wellen
Prinzipiell führt energiereiche Strahlung zur Alterung, wenn das Polymer die
Energie aufnehmen kann und die aufgenommene Energie zur Bindungsspal-
tung ausreicht (strahleninduzierter Abbau) [17].
In Bezug auf die natürliche Bewitterung ist das UV-Licht (l = 280 bis 400 nm)
von besonderer Bedeutung, da es ebenfalls alternd auf Polymere wirken kann.
Der zugrunde liegende Vorgang der Photodegradation hängt dabei von der En-
ergiedichte, der Wellenlänge des Lichts und der Dauer der Strahlungsbelastung
ab [25, 26]. Prinzipiell kann Licht von Kunststoffoberflächen reflektiert, gestreut,
vom Material durchgelassen oder absorbiert werden. Vor allem der absorbierte
Anteil bewirkt photochemische Veränderungen wie Kettenspaltungen, Nachver-
netzung sowie die Veränderung vorhandener oder Bildung neuer funktioneller
Gruppen im Molekül. Diese Vorgänge laufen meist über reaktive Zwischenstufen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 123

(z. B. Radikale) ab. Deshalb besteht die photochemische Reaktion aus Primär-
(UV-Strahlung führt zur Bildung von Zwischenprodukten) und Sekundärvor-
gängen (Zwischenprodukte reagieren zu stabilen Endprodukten) [27].

Einwirkung von Sauerstoff (Oxidation)


Beim sog. thermooxidativen Abbau entstehen unter Anwesenheit von Sauerstoff
Primärradikale durch Einwirkung von Wärme und evtl. gleichzeitiger mechani-
scher Beanspruchung auf den Kunststoff. Bestimmte Substanzen wie z. B. ste-
risch gehinderte Phenole oder Amine besitzen die Eigenschaft, diese Radikale
abzufangen. So wirken Di-tert.-Butylphenole beispielsweise als Radikalfänger
(Antioxidantien). Aus dem nachfolgend angegebenen Reaktionsschema wird
deutlich, dass der Oxidationsinhibitor verbraucht wird. Die Thermooxidation
kann somit so lange verzögert werden, bis der Radikalfänger vollständig ver-
braucht ist.

Radikalfängerfunktion von Di-tert.-Butylphenol

Kennzeichnend für den thermooxidativen Abbau ist die kombinierte Einwir-


kung von Wärme und Sauerstoff, die zur Veränderung der chemischen Zusam-
mensetzung des Polymers führt. Meist tritt hierbei eine Reaktionsbeschleuni-
gung bei Temperaturerhöhung auf [9]. Metallische Verunreinigungen oder Zu-
satzstoffe (z. B. Kupfer) können den thermooxidativen Abbau katalytisch
beschleunigen. Die nach dem thermooxidativen Abbau beobachtbaren Oxidati-
onsphänomene äußern sich beispielsweise in Veränderungen der Viskosität,
Dehnbarkeit, Schlag- und Zugfestigkeit sowie durch Oberflächenrissbildung.
Weitere atmosphärisch bedingte Faktoren wie gasförmige Verunreinigungen
in der Luft (z. B. Schwefeldioxid, Stickoxide, Ammoniak, Kohlenmonoxid, Ozon,
Kohlendioxid, Halogenverbindungen oder Formaldehyd) und feste Verunreini-
gungen in der Atmosphäre (Flugstaub, Sand und Ruß) bewirken eine Beschleu-
nigung von Alterungsvorgängen im Polymer. Während die gasförmigen Verun-
reinigungen Polymere vor allem chemisch angreifen können, bewirken die
festen Partikel überwiegend abrasive Schädigungen der Kunststoffoberfläche.
124 1 Einführung in Polymer Engineering

1.3.4.3
Schutzmaßnahmen gegen Alterungsvorgänge
Geeignete Alterungsschutzmittel (Stabilisatoren) werden zum Schutz von
Kunststoffen gegen die Einwirkung von Luftsauerstoff, Wärme und Sonnenlicht
eingesetzt. Die Stabilisatoren greifen dabei hemmend in den Alterungsprozess
ein [9]. Dadurch wird die Gebrauchstauglichkeit des Werkstoffs bzw. Bauteils
wesentlich verbessert und eine Verlängerung der Produktlebensdauer erzielt.
Stabilisatoren gehören zur Gruppe der Additive, die den Polymeren bei der
Herstellung bzw. bei der Bauteilproduktion zugesetzt werden, um die Verarbei-
tungs- bzw. Gebrauchseigenschaften einzustellen. Grundlegend können Stabili-
satoren in die folgenden Gruppen eingeteilt werden:

Radikalfänger (primäre Antioxidantien)


Sie schützen während der Herstellung, Formgebung und dem Gebrauch vor der
oxidierenden Wirkung von Sauerstoff und anderen Oxidationsmitteln. Im We-
sentlichen handelt es sich um Moleküle, die den Abbruch der Kettenreaktion
während des Autooxidationsprozesses bewirken und in der Lage sind, sehr sta-
bile mesomeriestabilisierte Radikale auszubilden. Diese Stabilisatoren werden
ohne weitere Zusätze im Laufe der Reaktion irreversibel verbraucht.

Costabilisatoren (sekundäre Antioxidantien)


Die Wirksamkeit von primären Stabilisatoren wird durch diese Zusätze auf-
grund synergistischer Wirkung signifikant verbessert. Entstehende Hydropero-
xide werden durch Costabilisatoren zum Alkohol reduziert und damit dem Au-
tooxidationsprozess entzogen. Diese Stabilisatoren (z. B. organische Phosphite)
werden ebenfalls in Abhängigkeit von der Belastung irreversibel verbraucht.

Lichtschutzmittel
Diese Stabilisatoren werden zur Erhöhung der Lichtbeständigkeit von Kunst-
stoffen eingesetzt, um die Verwendung des Kunststoffprodukts bei natürlicher
Bewitterung im Freien zu ermöglichen. Dabei sind zwei Typen von Lichtschutz-
mitteln zu unterscheiden: UV-Absorber und Quencher.
UV-Absorber wandeln energiereiche UV-Strahlung in vergleichsweise harm-
lose Wärme um. Beispiele für UV-Absorber sind Hydroxybenzophenone, Hy-
droxybenzotriazole und Zimtsäureester.
Quencher (Löscher) können die Photonenenergie, die bereits vom Makromo-
lekül aufgenommen wurde, durch Energietransfer aufnehmen und in Wärme
umwandeln. Die Energie des Photons spaltet somit keine Bindungen im Poly-
mer. Häufig werden metallorganische Nickelverbindungen als Quencher einge-
setzt [27].
Sowohl UV-Absorber als auch Quencher werden durch die Lichteinwirkung
nicht zerstört, d. h. ihre Funktion bleibt während der gesamten Anwendungs-
dauer erhalten.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 125

Literatur zu Kapitel 1.3.1 bis 1.3.4


[1] Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl., Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[2] Delpy U Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe. Vorlesungsmanuskript Stuttgart: Insti-
tut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 1994
[3] Hennig J Wie beeinflusst das Molekulargewicht die Eigenschaften von PMMA. Darmstadt:
Röhm + Haas, Spektrum
[4] Kunststoff-Physik im Gespräch; Gespräche über Eigenschaften der Kunststoffe. Ludwigs-
hafen: BASF, 1975
[5] Tobolsky AV Mechanische Eigenschaften und Struktur von Polymeren. Stuttgart: Berliner
Union, 1967, 371 S.
[6] Osen E, Sckuhr M Thermoplastische Elastomere (TPE). Kunststoffe 89 (1999)10, S. 176–179
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München: C. Hanser Verlag, 2002, 5. Aufl., ISBN 3-446-21257-4
[8] Elias H-G Makromoleküle. Basel/Heidelberg: Hüthig & Wepf, 1971, 856 S. (1. Aufl.); Wein-
heim: Wiley-VCH, 1999–2003 (6. Aufl.)
[9] Ehrenstein GW Polymer-Werkstoffe. Struktur, Eigenschaften,Anwendung. 2.Aufl., C. Han-
ser Verlag, München Wien, 1999
[10] Guy AG Metallkunde für Ingenieure. Frankfurt: Akademische Verlagsgesellschaft, 1970,
528 S.
[11] Häusler O, Hohmann G, Weiß R Erweiterte Materialmodelle zur Beschreibung von nicht-
elastischen Effekten polymerer Werkstoffe. FFD im Dialog, spezial Ausgabe 1/2004, S. 4–12
[12] Mullins L Effect of Stretching on the Properties of Rubber; J. Rubber Research 16, S. 275–
289, 1947
[13] Gohl W, Spies KH Elastomere – Dicht- und Konstruktionswerkstoffe. Renningen: expert
Verlag, 5. Aufl. 2003
[14] Hempel J Elastomere Werkstoffe. Weinheim: Freudenberg 2001
[15] Sommer W Elastisches Verhalten von Polyvinylchlorid bei statischer und dynamischer Be-
anspruchung. Kolloid-Zeitschrift 167 (1959) 2, S. 97–131
[16] Franck A Vortrag auf dem 7. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquium 1981
[17] Franck A Kunststoff-Kompendium. Vogel-Verlag, Würzburg; 2000 (5. Aufl.)
[18] Michaeli W Kunststoffkunde Vorlesungsunterlagen. Aachen, Institut für Kunststoffverar-
beitung (IKV), RWTH Aachen 2003
[19] Clemens W Polymerelektronik – Integrated Plastic Circuits (IPC). Vortrag + Tagungs-
band: „WING”-Konferenz, Weimar, 29.–31.10.2003, S. 184–191
[20] Krebs C, Avondet M-A, Leu K Langzeitverhalten von Thermoplasten. C. Hanser Verlag,
München, 1998, 282 S.
[21] Dolezel B Die Beständigkeit von Kunststoffen und Gummi. C. Hanser Verlag, München,
Wien, 1978
[22] Affolter S Langzeitverhalten von Thermoplasten, S. 1–20, Internet-Veröffentlichung, Inter-
staatliche Hochschule für Technik NTB, Buchs, Schweiz; www.ntb.ch
[23] Dobmaier A Produktherstellung mit Rezyklat. Abschlusspräsentation des BMBF-Vor-
habens „Kreislaufführung flüssigkeitstragender Polymerbauteile“. Ottendorf-Okrilla,
22.04.2004
[24] Twardon G Alterung und Beständigkeit von Kunststoffen. In: Eyerer, P.: Kunststoffkunde.
Vorlesungsmanuskript, Universität Stuttgart. Stuttgart: IKP, WS 2003/04, 11. Aufl.
[25] Rabek JF Photodegradation of Polymers. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York
(1996)
[26] Woebcken W Natürliche und künstliche Alterung von Kunststoffen, C. Hanser Verlag,
München, Wien (1981), S. 199 ff.
[27] Batzer H Polymere Werkstoffe. Georg Thieme Verlag Stuttgart, Band II, 1985
126 1 Einführung in Polymer Engineering

Weiterführende Literatur
Chatain M, Ind. Plastiques Modernes; Bd. 10, 45, Mai 1958 Bd. 10, 37, Juni 1958
Gächter R, Müller H, Kunststoffadditive; C. Hanser Verlag, München, Wien, 1989, 3. Aufl.
Grassis N, Developments in Polymer Degradation; Applied Science Publishers LTD.; 1977
Grellmann W, Seidler S, Deformation und Bruchverhalten von Kunststoffen, 1998, 495 S.VDI Buch
Kaiser M, Reichert T, Herrmann W, Studie zur UV-Stabilität von Kunststoffen in Photovoltaik
Modulen; (im Auftrag der TÜV Immissionsschutz und Energiesysteme GmbH); Fraunhofer
ICT, 2000
Saechtling H, Oberbach K, Kunststofftaschenbuch, 28. Ausgabe, C. Hanser Verlag, München
Wien, 2002
Wilke K Photokatalyse an Titandioxid, Grundlagen und Anwendungen, Dissertation Universität
des Saarlandes, Saarbrücken 1997

1.3.5
Zusatzstoffe für Kunststoffe
(Dieses Kapitel übernehmen wir überarbeitet und punktuell um Elastomere An-
wendungen und Fasern erweitert von der 5.Auflage. Die Literaturzitate, die weit-
gehend veraltet sind, ergänzten wir durch einige neuere Standardwerke oder

Tabelle 1-32. Hilfsstoffe (zusätzlich zu Füllstoffen und Farbmitteln) in thermoplastischen Werk-


stoffen [2]

Additiv usw. PE PP PS ABS PVC PMMA PET PC PA POM

Verarbeitungsadditive
Gleitmittel 앫 앫 앫
Trennmittel
Nukleierungsmittel 앫 앫
Gebrausadditive
Stabilisatoren
Antioxidantien 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Lichtschutzmittel 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Wärmestabilisatoren 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Flammschutzmittel 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Biozide 앫 앫
Modifikatoren für die
Masse
Fasern
Haftvermittler 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Benetzungsmittel 앫 앫 앫
Weichmacher 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Schlagzähmacher 앫 앫 앫 앫
Blähmittel 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Vernetzungsmittel 앫
Modifikatoren für die
Oberfläche
Antistatika 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫 앫
Antiblockiermittel 앫 앫 앫
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 127

Übersichtsaufsätze. Eine gründliche Aktualisierung erfolgt in der 7. Auflage. Die


Herausgeber).
Nur wenige Polymere (Thermoplaste, Duroplaste, Elastomere, abgewandelte
Naturprodukte) sind so wie die Synthese sie liefert, verarbeit- und verwendbar.
Wärme- und Sauerstoffeinwirkung würden sie bereits bei der Verarbeitung
schädigen. Dazu kommen die Umweltbedingungen bei Lagerung und Einsatz
der Halbzeuge und Fertigprodukte, zu denen unter den umgebenden flüssigen
und gasförmigen Medien vor allem der Luftsauerstoff – häufig im Zusammen-
wirken mit dem UV-Anteil in der Sonnenstrahlung – und erhöhte Temperatur
gehören.
Außer dem unerlässlichen Schutz gegen diese schädigenden Einwirkungen
erfordert die jeweilige Anwendung dieser Werkstoffe eine mehr oder weniger
große Anzahl von Zusatzstoffen, die das Eigenschaftsbild, die Verarbeitbarkeit
oder das Aussehen beeinflussen [1]. Daraus resultiert eine Vielzahl unentbehrli-
cher Additive, die aus den Ausgangsprodukten erst praxistauglich verarbeitbare
Harze, Formmassen und hochwertige Formstoffe, d. h. Werkstoffe, machen.
Um über die außerordentliche Vielfalt an Zusatzstoffen einen Überblick zu
gewinnen, sei zunächst ein ordnendes Prinzip eingeführt. Grundsätzlich können
drei Arten unterschieden werden [4, 5].

Tabelle 1-33. Hilfsstoffe (zusätzlich zu Füllstoffen und Farbmitteln) in duroplastischen Werk-


stoffen [2]

Additiv usw. PF UP EP PUR

Verarbeitungsadditive
Gleitmittel
Trennmittel
Antischaummittel 앫 앫 앫
Schrumpfverhinderer 앫
Gebrauchsadditive
Stabilisatoren
Antioxidantien 앫 앫 앫
Lichtschutzmittel 앫 앫 앫
Wärmestabilisatoren 앫 앫 앫
Flammschutzmittel 앫 앫 앫 앫
Biozide 앫
Modifikatoren für die Masse
Fasern 앫
Haftvermittler 앫 앫 앫 앫
Benetzungsmittel 앫 앫 앫 앫
Weichmacher 앫 앫 앫 앫
Verdicker 앫
Schlagzähmacher 앫 앫 앫
Blähmittel 앫
Vernetzungsmittel 앫 앫
Modifikatoren für die Oberfläche
Antistatika 앫 앫 앫
Antiblockiermittel
128 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-34. Übersicht über Produkte und entsprechende Firmen (Auswahl) [3]

Produkte Handelsname Hersteller

Titandioxid Tronox CR Kerr-M Gee Pigments


Lasersensitive Pigmente Iriodin LS Merck
Effektpigmente Magic Green K 9811 BASF
Ultramarinpigmente Premier XS Holliday Pigments
Pigmente für Polyolefine Cromophtal Ciba Spezialitätenchemie
Farbmittel für transparente Einfärbung ClearTint Milliken
UV-Absorber ClearShield Milliken
Gekapselter Ruß Black Pearls 4890 Cabot
PVC-Stabilisator OBS Crompton Corporation,
Chemson Polymer-
Additive
PVC-Stabilisator Stabilox CZ 2913 GN Cognis
PVC-Stabilisator (flüssig) Anox 1315 Great Lakes
PVC-Stabilisator (One-Pack) NDB Great Lakes
Flammschutzmittel (bromiert) FR 1808 Dead Sea Bromine
Flammschutzmittel (Melamin) Melapur 200 DSM
Flammschutz-Synergist Zinksulfid Sachtleben Chemie
Flammschutzmittel
(Basis roter Phosphor) Exolit Clariant
Kalzinierter Kaolin Dorkafill Dorfner
Kalzinierter Kaolin Polarite 402 Imerys
Calciumcarbonat Mikhart MU 08 Provencale
Calciumcarbonat Filmlink 450 Imerys
Silica-Produkt Tremin 939 Quarzwerke

• Funktions-Zusatzstoffe (Verarbeitungshilfsmittel, Eigenschaftsverbesserer,


Modifikatoren)
• Füllstoffe und Pigmente (Performance Additive)
• Verstärkungsstoffe (Eigenschaftsverbesserer)
Bevor einzelne Zusatzstoffe/Additive detailliert dargestellt werden, hier noch ein
übergeordneter Gedanke:
Allen Additiven gemeinsam ist, dass ihre Wirkung von der Löslichkeit im be-
treffenden Polymer abhängt [1, 6]. Parameter dabei sind ihre chemische Struk-
tur, die Temperatur, die Kristallinität der Matrix. So können sich die Additive nur
in der amorphen Phase von beispielsweise teilkristallinen Thermoplasten lösen.
In dieser erhöht sich die Additivkonzentration beim Abkühlen aus der Schmelze
[6]. Für die Stabilisierung ist dies vorteilhaft, da Sauerstoff- und Lösemittel-
atome nur im erhöhten Leerstellenvolumen der (fehlstellenreichen) amorphen
Phase permeieren.
Wird die Löslichkeitsgrenze eines Additivs im Kunststoff bei gegebener
Temperatur überschritten, kommt es zum Ausblühen (Blooming). Ober-
flächenbeläge sind die Folge mit Problemen beim Beschichten, Lackieren, Kle-
ben, Bedrucken. Beim Spritzgießen sind es typischerweise die Formtrennmit-
tel, die bei Überdosierung Oberflächenfehler und Haftungsprobleme verursa-
chen [6].
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 129

Flaschenverschlüsse sind ein sensibles Beispiel für exakt eingestellte Dosie-


rung der Gleitmittel. Unterdosierung führt zu erhöhtem Drehmoment beim
Schließen und zu undichten Verschlüssen. Überdosierung ergibt die geschilder-
ten Bedruckungsprobleme [6].

1.3.5.1
Funktionszusatzstoffe (Additive)
Eine jährliche Übersicht zum aktuellen Stand der Additive gibt W. Hohenberger
[3] in der Zeitschrift Kunststoffe.
Zunächst einige Verbrauchszahlen aus 2001:
Tabelle 1-35. Weltweiter Verbrauch einiger Additive in Mio. t [3]

Füllstoffe 10 davon die Hälfte für PVC


Weichmacher 4 davon ca. 60 % für PVC
Pigmente 2
Flammschutzmittel 0,9
Stabilisatoren 0,4
Europa beansprucht davon etwa ein Viertel.

Um den Zugriff zu den einzelnen Funktions-Additiven [7] zu erleichtern,


wird die alphabetische Reihenfolge gewählt, die jedoch nicht der anwendungs-
technischen oder wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Produkte ent-
spricht. Es sind dies im Einzelnen (Auswahl):
Antioxidantien
Antistatika
Beschleuniger, Aktivatoren
Brandschutzausrüstung
Emulgatoren
Farbmittel
Festschmierstoffe
Fließhilfsmittel
Gleit-, Slip-, Antislip-, Antiblock- und Formtrenn-Mittel
Härter
Haftvermittler
Inhibitoren
Keimbildner
Kicker
LP-Additive
Metalle und Metalloxide
Mikrobentötende Zusatzstoffe
Phlegmatisierungsmittel
Photoinitiatoren
Schlagzähigkeitsverbesserer
Treibmittel
UV-Stabilisatoren
130 1 Einführung in Polymer Engineering

Wärmestabilisatoren
Weichmacher
Wiederum eine Auswahl hiervon wird im Folgenden detailliert behandelt.

Antioxidantien
Die Antioxidantien (AO) [4, 5] verlängern oder erhalten die Lebensdauer eines
Kunststoffteiles, indem sie den oxidativen Abbau verlangsamen oder gar unter-
binden. Wärme, UV-Strahlung, Scherbeanspruchung bei der plastischen Verar-
beitung, metallische Verunreinigungen oder aus der Synthese stammende Spu-
ren von Hydroperoxiden können durch die Bildung freier Radikale und/oder
peroxidische Oxidation den Abbau des Polymeren einleiten. Die anschließenden
komplexen chemischen Reaktionen verändern die molare Masse des Polymeren
durch Spalten oder Vernetzen. Die Oxidationsempfindlichkeit der einzelnen
Kunststoffe ist sehr unterschiedlich. PTFE und PMMA sind sehr stabil, während
die Polyolefine sowie grundsätzlich alle ungesättigten Polymeren ohne den
Schutz durch AO nur eine kurze Lebensdauer aufweisen würden.
Unterschiede in der Wirksamkeit der AO beruhen auf dem jeweiligen Poly-
meren, der Verarbeitungs- und Gebrauchstemperatur, dem Verwendungszweck
sowie auf den chemischen und physikalischen Eigenschaften der AO selbst. Eine
hohe molare Masse verringert die Flüchtigkeit und die Extrahierbarkeit. Die AO
dürfen zu keiner Zeit die Polymeren verfärben oder mit anderen Zusatzstoffen
reagieren. Bei Berührung mit Nahrungs- und Genussmitteln müssen die Anfor-
derungen des Lebensmittelgesetzes erfüllt werden.
Die AO werden in zwei Gruppen eingeteilt: Primäre AO (Endgruppenbildner),
die durch Reagieren mit kettenbildenden Radikalen die Oxidation hemmen
(z. B. substituierte Phenole und aromatische Amine) sowie die sekundären AO
(Peroxidzersetzer), die die Peroxide und Hydroperoxide in nicht radikalische,
stabile Verbindungen umwandeln. Zu diesen präventiv wirkenden AO gehören
die Phosphite, Phosphonate und Thio-Verbindungen. Die metallkatalysierte
thermische Oxidation von Polyolefinen, insbesondere von Polypropylen, kann
durch den Zusatz von sterisch gehinderten Phenolen und aromatischen Diami-
nen nur unzureichend verzögert werden. Das Ummanteln von Kupferleitungen
und der Kontakt mit kupferhaltigen Legierungen erfordern den Zusatz von Me-
talldesaktivatoren (MD) wie Hydrazide oder Hydrazone. Dabei bildet der MD
mit der katalytisch aktiven Metallverbindung einen Komplex, der nur noch eine
geringe katalytische Wirkung besitzt. Die Zusatzmengen betragen 0,05 bis 0,5 %.
Auch füllende oder verstärkende Zusatzstoffe wie Schiefermehl, Kreide oder Tal-
kum können wegen der darin enthaltenen Metallanteile, beispielsweise von Ei-
sen oder Mangan den Zusatz von MD erforderlich machen [8].
Sehr viele Polymeren sind durch die gleichzeitige Verwendung von zwei oder
mehreren AO besser stabilisierbar als mit einem einzigen. Die wirksamsten Mi-
schungen von AO sind solche, in denen eine Komponente als Radikalfänger und
die andere als Peroxidzersetzer wirkt. Wenn beide Komponenten sich wechsel-
seitig regenerieren spricht man von Synergismus. Wenn auch bei nahezu allen
Polymeren die AO zu den unentbehrlichen Rezeptbestandteilen gehören, so ent-
fallen dennoch etwa 85 % des Verbrauchs auf ABS, PP, PE-LD, PE-HD und PS.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 131

Die ABS- und SB-Polymeren erfordern den Zusatz von AO wegen der in der
Kautschukphase vorhandenen ungesättigten Doppelbindungen. Wärme und
UV-Strahlung beschleunigen die Oxidation. Wegen der hohen Verarbeitungs-
temperatur werden meistens Kombinationssysteme (gehinderte Phenole und
Phosphite) bevorzugt. Die Zusatzmenge beträgt 0,25 bis 2,5 %. Die tertiären C-
Atome des Polypropylen und der Propylen-Copolymerisate sowie die verhält-
nismäßig hohen Verarbeitungstemperaturen erfordern die Verwendung hö-
hermolekularer Phenole und Phosphite sowie von synergistisch wirkenden
Thioestern. Die Zusatzmengen betragen insgesamt 0,25 bis 1,5 %. Produkte in
staubfreier Form sind Stand der Technik [9].
PE-LD erhält eine geringere Zusatzmenge an AO als PE-HD und zwar vor al-
lem deshalb, weil die vorwiegend aus PE-LD hergestellten Folien als Produkt
kurzlebig sind. Bevorzugt werden niedermolekulare Phenole oder Phosphit-
kombinationen in Konzentrationen von 50 bis 500 ppm. PE-HD erfordert höhere
Konzentrationen höher molekularer Polyphenole. Thioester dienen häufig als
Synergist. Phosphite vermeiden die durch Katalysatorreste möglichen Verfär-
bungen. Bei den für das Ummanteln von Drähten und Kabeln verwendeten Ty-
pen dienen Metalldesaktivatoren als Schutz gegen die Wirkung von Kupfer.
PS weist natürliche Thermostabilität auf. Antioxidantien werden nur dann
zugegeben, wenn es auf geringere Schädigung bei der Verwendung von Rück-
führmaterial ankommt. Vorwiegend werden Phosphite und Polyphenole mittle-
rer Molmasse in Zusatzmengen von 0,1 bis 0,4 % gewählt. PS ist gegen Photooxi-
dation empfindlich. Das Vergilben und Verspröden kann nur durch eine UV-Sta-
bilisierung verhindert werden.
Bei Polyacetalen (POM) ist ein thermischer und ein oxidativer Abbau mög-
lich. Der thermische Abbau wird durch Stabilisieren der Endgruppen mit Hilfe
von Aminen und Amiden oder durch Copolymerisieren mit Methylengruppen
in der Hauptkette verhindert. Als AO bewähren sich substituierte Phenole. PA,
PC, UP und PUR neigen nicht zu raschem oxidativen Abbau. Sie vergilben und
verändern ihre Eigenschaften nur wenig. Als Thermostabilisatoren eignen sich
vor allem die Phosphitester; häufig in Verbindung mit substituierten Phenolen.
Der thermische Abbau von PVC wird durch Wärmestabilisatoren (Stearate,
Laurate, Rizinolate von Calcium, Barium und Strontium) sowie organische Zinn-
verbindungen verzögert. Außerdem nutzt man die synergistische Wirkung von
Metallverbindungen, beispielsweise Ba/Zn.
Die Entwicklungen der vergangenen Jahre der AO erstreckte sich auf das
Verbessern der Wirksamkeit bei höherer Temperatur, geringere Flüchtigkeit und
Extrahierbarkeit sowie bessere Handhab- und Verarbeitbarkeit. Die neueren AO
sind höher molekular und enthalten zusätzlich multifunktionelle Gruppen, die
den synergistischen Effekt verstärken. (Antioxidantien: siehe auch bei Stabilisa-
toren).

Antistatika
Die Kunststoffe verdanken ihre Entwicklung und ihre rasche Einführung in die
Technik vor allem ihren vorzüglichen elektrischen Isoliereigenschaften. Doch
der hohe Oberflächenwiderstand von bis zu 1017 W ist zwangsläufig die Ursache
132 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-36. Elektrische Leitfähigkeiten einiger Polymere nahe Raumtemperatur [10] und ei-
niger Füllstoffe (Ruße komprimiert, nach [13]; Zinnoxid-Pulver bei 2 kbar) [11, 12]

PTFE < 10–16 1/Wm


PC < 10–15 1/Wm
PP < 10–15 1/Wm
PS < 10–14 1/Wm
PSU < 10–14 1/Wm
ABS < 10–13 1/Wm
Silber 6,3 · 107 1/Wm
Kupfer 5,8 · 107 1/Wm
Aluminium 3,6 · 107 1/Wm
Edelstahl ca. 1 · 106 1/Wm
Graphit ca. 1 · 105 1/Wm
Leitruß 1 bis 2,5 · 103 1/Wm
SnO2 mit Sb2O5 ca. 10 1/Wm

für die statische Aufladbarkeit der Kunststoffe bei der Verarbeitung und bei der
Verwendung.
Statisch aufgeladene Flächen ziehen den Staub an, sie behindern das Trennen
von Folienlagen und können durch Funkenbildung zu Feuer und Explosionen
führen. Elektronik-Bauteile werden in Behältern gelagert, bei denen die statische
Elektrizität zu einer erschwerten Handhabung und beeinträchtigten Leistung
führen kann. Auch Video- und Audiobänder können durch statische Aufladung
gestört oder gar gelöscht werden. Die elektronische Technik wirft das Problem
der elektromagnetischen Abschirmung (EMV) auf. Die Ladungsdichte ist auf
den Oberflächen ungleichmäßig verteilt [12].
Die Wirkung der Antistatika besteht darin, diese Ladungen über die gesamte
Oberfläche gleichmäßig auszubreiten und abzuleiten. Hinsichtlich ihrer Wir-
kung kann man drei Arten von Antistatika unterscheiden: äußerlich aufzubrin-
gende, inkorporierte mit der Fähigkeit, an der Oberfläche auszublühen und in-
korporierte ohne Migration zur Oberfläche.
Die Antistatika erfüllen die Aufgabe, je nach der Dauer ihrer Wirksamkeit ent-
weder vorübergehend oder ständig die vorhandene Ladung an die in der umge-
benden Luft enthaltene Feuchtigkeit abzugeben [4, 14].

■ Äußere Antistatika
Die äußerlichen Antistatika werden durch Sprühen oder Tauchen aufgetragen.
Diese Flüssigkeiten enthalten meist 0,1 bis 0,2 % einer oberflächenaktiven Sub-
stanz wie quaternäre Ammoniumsalze von Fettsäuren oder ethoxylierte Glycol-
ester von Fettsäuren. Die verdunstende Flüssigkeit hinterlässt eine hydrophile
Substanz, die aus der umgebenden Luft so lange Feuchtigkeit aufnimmt, bis der
Gleichgewichtszustand erreicht ist. Das Ergebnis ist eine leitfähige Oberfläche,
auf der sich die Ladung gleichmäßig verteilen kann. Die Wirkung des Antistati-
kums ist mithin abhängig von der Temperatur, der relativen Feuchtigkeit und
dem hydrophilen Charakter des Antistatikums. Diese Substanzen wirken nur so
lange, wie sie auf der Oberfläche verbleiben. Nach jedem Hantieren, vor allem
Waschen und Spülen, ist erneutes Auftragen erforderlich.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 133

■ Innere Antistatika (flüssige und feste)


Die inneren Antistatika werden nach Maßgabe des jeweiligen Polymeren bzw.
der gegebenen maschinentechnischen Ausrüstung gewählt. Die Zugaben der
flüssigen Agenzien setzt eine geeignete Auslegung der Extrusionsanlage voraus.
Feste Substanzen werden dem Kunststoff üblicherweise durch Trockenmischen
vor dem Extrudieren oder Spritzgießen zugesetzt. Als innere Antistatika werden
ethoxylierte tertäre Amine von Fettsäuren oder ethoxylierte Glycolester von
Fettsäuren verwendet [14]. Diese hydrophilen Substanzen migrieren zur Ober-
fläche und bilden dort wie die äußerlich wirkenden Antistatika eine leitende
Schicht, auf der sich die Ladungen verteilen können.
Daraus geht hervor, dass die Wirksamkeit wesentlich von der Migrationsge-
schwindigkeit dieser Stoffe abhängt. Treten sie nur langsam an die Oberfläche,
dann kann es Stunden bis Tage dauern, bevor sie wirksam werden. Ihre Konzen-
tration sollte nie größer sein, als der Löslichkeit im jeweiligen Polymeren ent-
spricht, denn ein Überschuss könnte auf der Oberfläche von Schnecke und Zy-
linder als Gleitmittel wirken, was die Durchsatzleistung und die Mischwirkung
erheblich beeinträchtigen kann. Folglich sollte die Löslichkeit bei hoher Tempe-
ratur groß und bei niedriger Temperatur gering sein.
Der dritte Typ von Antistatika wandert nicht an die Oberfläche. Sie verleihen
den damit ausgerüsteten Kunststoffen in der ganzen Masse eine mehr oder we-
niger hohe elektrische Leitfähigkeit und damit einen dauerhaften und gleich
bleibenden Schutz. Es versteht sich von selbst, dass für das antistatische Ausrüs-
ten von technischen Formteilen nur diese Stoffe in Betracht kommen. Sie über-
treffen auch die Wirkung von Leitlacken, die bis heute noch nicht zu befriedi-
genden Dauerlösungen geführt haben. Zu den elektrisch leitenden nicht migrie-
renden Antistatika gehören Graphit, Ruß und Metalle.
Graphit wird dann bevorzugt, wenn es auf eine möglichst geringe Beeinträch-
tigung der Fließfähigkeit ankommt. Dieses gilt vor allem für UP- und EP-Gieß-
harze.
Ruß eignet sich in besonderem Maße für das leitfähige Ausrüsten technischer
Teile, denn er ist universell einsetz- und verarbeitbar, alterungsbeständig, unto-
xisch, chemisch indifferent und preiswert [13, 15, 16]. Naturgemäß eignet er sich
nur für Teile, bei denen der schwarze Farbton nicht stört. Die früher erforderli-
chen Zusatzmengen von 20 bis 30 Masse-% Ruß können bei der Verwendung von
Aktivruß auf 5 bis 10 Masse-% reduziert werden. Dabei kann ein spezifischer
Durchgangswiderstand um 102 Wcm erreicht werden (siehe auch Tabelle 1-36).
Die Leitfähigkeit nimmt mit abnehmender Teilchengröße, wachsender Ober-
fläche, zunehmender Struktur (Aggregat- und Agglomeratbildung) sowie mit
Abnahme der sauerstoffhaltigen Oberflächengruppen des Rußes zu. Der Zusatz
von Aminen verstärkt die Wirksamkeit.
Metalle werden in Form von Pulver, Schuppen, Fäden, Geweben oder Folien-
streifen sowie von metallisierten Füllstoffen oder Kunststoffgeweben zugesetzt.
Die Schutzwirkung ist größer als diejenige von Ruß und Graphit; Fäden und
Gewebe sind wirksamer als Metallpulver. Als Metalle werden Aluminium, Kup-
fer, Zink, Messing, Nickel und Silber bevorzugt. Dabei muss jedoch auf die Kor-
rosionsbeständigkeit dieser Stoffe im jeweiligen Matrixmaterial geachtet wer-
den. Als Substrat für Metallüberzüge dienen vorwiegend Glasfasern und Glas-
134 1 Einführung in Polymer Engineering

kugeln. Sie werden im Hochvakuum mit einem Überzug von 0,25 mm Dicke ver-
sehen.
Generell ist auch bei den Antistatika eine zunehmende Verwendung von Kon-
zentraten zu beobachten.

Beschleuniger, Aktivatoren
Wenn beispielsweise beim Härten von UP-Harzen der Peroxidzerfall nicht durch
Wärme geschehen kann, dann müssen Beschleuniger bzw. zu deren weiterer Un-
terstützung Aktivatoren (Promotoren) verwendet werden. Die Beschleuniger
setzen die für den Peroxidzerfall erforderliche Energie herab. Dadurch ist es
möglich, entweder bei niedriger Temperatur, z. B. Raumtemperatur, oder bei
höherer Temperatur einen rascheren Peroxidzerfall zu bewirken. Bei UP-Harzen
werden vorwiegend Kobalt-,Vanadium- und Aminbeschleuniger verwendet. Die
Vanadiumbeschleuniger sind nur begrenzt lagerfähig und oxidationsempfind-
lich, was ihren Einsatz hemmt [17].
Die Wirkung von Peroxidbeschleunigern [5] kann durch so genannte Aktiva-
toren (Promotoren) unterstützt werden. Allein angewendet sind sie keine Be-
schleuniger.
So wirkt beispielsweise Dimethylanilin nicht beschleunigend auf Methyl-
ethylketonperoxid, es kann jedoch als System MEK-Peroxid/Kobaltbeschleu-
niger wesentlich beeinflussen, was verarbeitungstechnisch häufig genutzt
wird.
Bei der Vulkanisation von Elastomeren wirken Metalloxide in Verbindung mit
Fettsäuren aktivierend auf Schwefel-Beschleuniger-Systeme.
Zinkoxid, aber auch Bleioxide und Magnesiumoxide werden verwendet. Blei-
oxide aktivieren dabei wasserfeste Vulkanisate, während Magnesiumoxide saure
Reaktionsprodukte bei halogenhaltigen Kautschuken neutralisieren.
Die Wirkung von Zinkoxid, Fettsäuren und Peroxide wird in Röthemeyer/
Sommer [5] vertieft.

Brandschutzausrüstung
Volker Gettwert und Peter Eyerer
Als Brandschutzausrüstung werden Kunststoffe mit Flammschutzmittel (FSM)
ausgestattet. Diese Additive dienen dazu, die Zersetzung, Brenngeschwindigkeit,
Flammenausbreitung und Rauchentwicklung zu verringern bzw. selbstverlö-
schend zu wirken und das Abtropfen zu verhindern.

■ Flammschutzmittel
Als organische Flammschutzmittel dienen chlorierte oder bromierte Kohlen-
wasserstoffverbindungen. Phosphorhaltige Flammschutzmittel können sowohl
organisch als auch rein anorganisch aufgebaut sein und sind heutzutage – bis auf
einige Ausnahmen – halogenfrei. Anorganische Flammschutzmittel sind Hydro-
xide und Borverbindungen von verschiedenen Metallen, vor allem Aluminium,
Magnesium und Zink. Antimonoxid dient vor allem als Synergist bei halogen-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 135

haltigen Flammschutzprodukten, indem es den Temperaturwirkungsbereich


der halogenierten FSM vergrößert.
Halogenhaltige Verbindungen wirken auf chemischem Wege flammhem-
mend, indem diese in der Gasphase Halogenradikale freisetzen, welche Halogen-
wasserstoff bilden. Dieser Halogenwasserstoff neutralisiert die bei der Verbren-
nung entstehenden energiereichen Radikale und bewirkt damit eine Unterbre-
chung der Radikalkettenmechanismen. Nachteilig sind bei halogenierten
Flammschutzmitteln die starke Rauchgasbildung und das Entstehen von korro-
siv wirkenden Rauchgasen. Bestimmte halogenierte FSM wie polybromierte Di-
phenyle oder Tribromphenol können Dioxine oder Furane bilden. Man versucht
deshalb halogenierte FSM durch andere zu ersetzen. In einigen Ländern sind
Verbote für bestimmte halogenhaltige FSM geplant.
Phosphorhaltige Flammschutzmittel setzen „Polyphosphorsäure“ frei und
wirken in der kondensierten Phase. Diese bildet eine Schutzschicht aus. Zusätz-
lich bewirkt die gebildete Polyphosphorsäure eine Abspaltung von Wasser aus
organischen Kunstoffen, was zur Bildung einer zusätzlichen Kohlenstoffschutz-
schicht führt.
Borverbindungen bilden glasartige Krusten, die dem Luftsauerstoff den Zu-
tritt versperren. Zusätzlich wirkt das enthaltene Kristallwasser kühlend.
Für spezielle Anwendungen, vor allen für den halogenfreien Flammschutz,
wurden Stickstoffverbindungen entwickelt. Hier haben sich vor allem Melamin-
produkte bewährt. Bei Temperatureinwirkung bilden diese inerte Zersetzungs-
produkte (NH3, H2O, CO2, N2) und Kondensationsprodukte.
Aluminium- (Al[OH]3) und Magnesiumhydroxid (Mg[OH]2) zersetzen sich
oberhalb von 200 °C unter Energieverbrauch und Freisetzung von Wasser. Das
Polymer wird dadurch gekühlt und der Dampf verdrängt Sauerstoff wie ein
Schutzgas und verdünnt die Brandgase.
Intumeszens-Flammschutzsysteme bilden eine voluminöse, isolierende
Schutzschicht durch Verkohlung und gleichzeitiges Aufschäumen aus. Diese be-
stehen aus einem „Kohle“-Spender, einem Säurespender und einem Treibmittel.
Nach der Erweichung des Polymers wird eine anorganische Säure z. B. aus Am-
moniumpolyphosphat freigesetzt, die zur Verkohlung von z. B. Polyalkoholen
führt. Gleichzeitig führt die Gasbildung durch ein Treibmittel (z. B. Melamin)
zum Aufschäumen des Gemisches. Anschließend kann sich eine Schutzschicht
durch Vernetzungsreaktionen ausbilden.
Reaktive Flammschutzmittel lassen sich in Kunststoffe einreagieren. So lassen
sich z. B. in Epoxidharzen Tetrabrombisphenol A (TBBA) und reaktive Phos-
phor-Flammschutzmittel mit P-OH- oder PH-Gruppen einbauen. Für ungesät-
tigte Polyesterharze finden HET-Säure und Tetrabromphthalsäureanhydrid in
Verbindung mit Antimontrioxid als reaktive halogenhaltige Flammschutzmittel
Verwendung, in PU können Phosphorpolyole in die Polymermatrix eingebaut
werden. Vorteil ist, dass das FSM im Harz einreagiert ist und nicht als Füllstoff
vorliegt. Nachteile sind die höheren Preise.
Von den genannten Flammschutzmitteln sind bromierte Verbindungen (Eu-
ropäischer Verbrauch ca. 33 %9) die effektivsten, allgemein anwendbar und kos-
9
Gilt für 2003.
136 1 Einführung in Polymer Engineering

tengünstig. Doch physiologische Betrachtungen und das Bestreben korrosive


Rauchgase zu vermeiden, lässt den Bedarf an alternativen Materialien, vor allen
an phosphorhaltigen Verbindungen (Europäischer Verbrauch ~ 30 % 9), steigen.
Der Einsatz von Aluminiumhydroxid (Europäischer Verbrauch ~ 15 % 9) in Ver-
bindung mit Magnesiumhydroxid ist auf Kunststoffe beschränkt, in dem hohe
Füllgrade und die Veränderung der mechanischen Eigenschaften keine Rolle
spielen. Melaminderivate spielen heute noch eine untergeordnete Rolle, dürften
in Zukunft aber an Bedeutung gewinnen.
Als Fazit lässt sich sagen, dass jedes Polymer bzw. jedes Anwendungsgebiet ei-
nen individuellen Flammschutz benötigt, in dem die Vor- und Nachteile der ver-
schiedenen Flammschutzmittel gegeneinander abgewogen werden müssen.
Schwere Brandunfälle in jüngerer Vergangenheit in Tunnels, auf Flughäfen,
Schiffen, U-Bahnstationen, teilweise verursacht, fast immer jedoch begleitet
und/oder verstärkt durch brennende Kunststoffe, schärfen das Bewusstsein und
die Forderung von flammwidrig eingestellten Kunststoffen bei geringster
Rauchgasentwicklung und Toxizität.
Im Jahre 2000 wurden am Weltmarkt über 900 000 t/a Flammschutzmittel
umgesetzt, wobei ca. 42 % auf Aluminiumtrihydrat (ATH) entfielen.
Bromhaltige Flammschutzmittel liegen mengenmäßig bei 21 %, wertmäßig je-
doch bei 39 % im Jahre 2000. Obwohl in Europa mittelfristig diese nicht mehr zu-
gelassen werden, hat beispielsweise Dead Sea Bromine Produkte auf Basis von
bromiertem Indan entwickelt (Typ FR 1808), die nachweislich nicht gesundheits-
und umweltschädlich sind [18].
Dennoch, der Trend geht derzeit zu halogenfreien oder mindestens halogen-
reduzierten Produkten.
Melamincyanurate in Kombination mit Magnesiumhydroxid (Mg(OH)2 bzw.
MH) oder sogar mit Talkum (japanische Patente), Melaminpolyphosphat (Her-
steller DSM, Typ Melapur 200) auch für PA 6.6 GF geeignet, sind zwei Beispiele
neuerer Entwicklungen. Zinksulfid (Hersteller Sachtleben Chemie) kann in eini-
gen Fällen Antimontrioxid ersetzen.
Für Polyamid bietet roter Phosphor (Hersteller Clariant, Typ Exolit) bei 50 %
Einsatzmenge sehr guten Flammschutz [18].
Aus der russischen Raumfahrt stammt ein intumeszierender Stoff (Typ No-
flan CFB), der bei allen gängigen Kunststoffen mit Füllgraden zwischen 14 und
30 % im Brandfall eine gasdichte Schutzschicht an der Oberfläche ausbildet und
damit Brennen und Rauchbildung unterdrückt [18].
Expandierbarer Graphit (Blähgraphit BG) [19, 20] ist im Vergleich mit ande-
ren halogenfreien Flammschutzmitteln bezüglich der Brenngeschwindigkeit
(selbstverlöschend, 0 s) am besten geeignet. Dadurch lassen sich mit BG niedri-
gere Massenanteile einsetzen. Dies führt zu besseren mechanischen Eigenschaf-
ten [20].

■ Rauchdichteverminderer
Wie viele Brandkatastrophen, an denen auch Kunststoffe beteiligt waren, ge-
zeigt haben, ist nicht allein die Brennbarkeit der daraus hergestellten Produkte
für das Brandverhalten dieser Werkstoffe ausschlaggebend. Es kommt ebenso
sehr auf die Rauchgasentwicklung, d. h. ihre Dichte, Toxizität und Korrosions-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 137

wirkung an. Die Forderung nach verminderter Brennbarkeit und verringerter


Rauchentwicklung schließen einander aus. Das erschwert die Entwicklung von
Substanzen, die beide Aufgaben erfüllen. Zur Erhöhung der Rauchgasdichte
trägt vor allem der Ruß bei. Deshalb ist sie bei Vorhandensein aromatischer
Strukturen, beispielsweise bei PS, wesentlich größer als bei brennendem PA, PE,
PP oder POM.
Die Toxizität der Rauchgase beruht vor allem auf der unvollständigen Ver-
brennung der C-Anteile zu CO. Die Duroplaste weisen als vernetzte Kunststoffe
grundsätzlich eine geringere Rauchentwicklung auf als die meisten Thermo-
plaste. Sie neigen eher zum Verkohlen und mithin zu geringerer Gasabgabe. Die
hoch wärmebeständigen Polymeren bestehen hauptsächlich aus aromatischen
oder heterocyclischen Ringen. Sie behalten im Brandfall ihre Struktur weitge-
hend bei und verkohlen zu graphitähnlichen Netzwerken [22]. Die bei zahlrei-
chen Polymeren durchgeführten Arbeiten zur Entwicklung rauchgasarmer
Produkte sind vor allem bei dem sehr verbreiteten Standardkunststoff PVC
weit vorangeschritten. Während die HCl-Bildung durch den Zusatz von Kreide
und anderen Carbonaten wesentlich verringert werden kann, sind als Rauch-
gasminderer vor allem das Molybdäntrioxid und das Eisendicyclopentadienyl
(Ferrocen) bekannt. Ferrocen eignet sich nicht für das Ausrüsten von PVC-P.
Ein weiterer Nachteil besteht im hohen Dampfdruck und der gelben Eigen-
farbe. Für PS und seine Modifikationen kommen Eisenacetonylacetonat und
Schwermetallsalze (Fe, Mn, Cr) des 8-Hydroxychinolins in Betracht. Bei unge-
sättigten Polyesterharzen führt die synergistische Wirkung von MoO3 und ha-
logenhaltigen Verbindungen wie Dibromneopentylglycol zu verminderter
Brennbarkeit und Rauchentwicklung. UP-GF erhält als Zusatz MoO3 + Sb2O3 +
Al(OH)3. Der grüne Farbton des Molybdäntrioxids kann durch den Austausch
gegen Ammonmolybdat vermieden werden [23] (siehe hierzu auch bei Brand-
schutzmittel).
Neuere Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen [24]:
• Ammoniumoctamolybdat reduziert die Rauchentwicklung während des Ver-
kohlungsprozesses von aromatischen Verbindungen. Ansonsten sind noch
Zinkborat, Zinkstannat und Zinkhydroxystannant als Rauchhemmer be-
kannt.
• Neuere inhärente, flammwidrige Werkstoffe wie PSU (Polysulfon), PES (Poly-
etherketon) und PAEK (Polyethersulfon) besitzen eine hohe Temperaturbe-
ständigkeit und sehr niedrige Rauchgasdichten.

Emulgatoren
Eine Emulsion ist ein heterogenes System, das aus mindestens einer sich nicht
vermischenden Komponente besteht, die homogen in einer zweiten flüssigen
Phase dispergiert ist. Die Tröpfchengröße der emulgierten Substanz ist meistens
> 0,1 mm. Eine beständige Emulsion wird jedoch nur durch die Zugabe einer
dritten Komponente, dem Emulgator, erhalten. Die Wirkung beruht darin, dass
die Oberflächenspannung zwischen den beiden Phasen verringert wird. Emul-
gatoren sind oberflächenaktive Stoffe, die trotz ihrer geringen Konzentration ei-
138 1 Einführung in Polymer Engineering

nen spürbaren Effekt ausüben. Die oberflächenaktive Wirkung bestimmter


Agenzien beruht darin, dass in dem Molekül oder Ion eine Gruppe hydrophil ge-
genüber dem Dispergiermedium und in bestimmtem Abstand davon eine zweite
Gruppe hydrophob wirkt.
Die Emulgatoren werden in anionische, kationische und neutrale Emulgato-
ren unterteilt. Die anionischen Typen umfassen Carboxylanionen, in denen die
Carboxylgruppe unmittelbar an den hydrophoben Teil gebunden ist. Die katio-
nischen Emulgatoren werden häufig von Aminogruppen gebildet. Nichtionische
Emulgatoren sind organische Verbindungen mit Gruppen unterschiedlicher Po-
larität. Zu diesen Substanzen gehören Polyethylenglycol, Polyvinylalkohol, Poly-
ether, Polyester und Polyhalide. Emulsionen, die anionische Emulgatoren ent-
halten, sollten nicht mit solchen gemischt werden, die kationische enthalten. Die
Emulsion gerinnt dann. Nichtionische Emulsionen sind dagegen mit den beiden
anderen Arten bedingt mischbar. Emulgatoren werden bei der Herstellung von
Kunststoffen nach dem Emulsionsverfahren verwendet, außerdem spielen sie
bei Produkten, die in Form von Emulsionen verwendet werden, eine wichtige
Rolle, beispielsweise bei Trennmitteln, Lebensmitteln, Kosmetika, Pflegemitteln
und Klebstoffen.

Farbmittel
Von den in Europa verbrauchten ca. 750 000 t Farbmitteln machen Titandioxid
und Ruße den größten Anteil aus.
Entwicklungstrends sind [3]:
• verbesserte und umweltfreundliche Herstellmethoden
• erleichterte Handhabung und Dispergierung
• Ersatz von Schwermetallen, insbesondere cadmiumhaltige Pigmente bei
niedrigen Kosten
• verminderte Migrations- und Verzugsneigung
• besondere Effekte bei Farbmittel
Die Farbmittel [25] werden nach Pigmenten und Farbstoffen [13] unterschieden.
Die Farbstoffe sind in Kunststoffen löslich, während die Pigmente nahezu unlös-
lich sind. Der Begriff Pigment ist an einen Teilchengrößenbereich von etwa 0,01
bis 1 mm gebunden. Im Aufbau der Partikel wird nach Primärteilchen, Aggrega-
ten und Agglomeraten unterschieden. Die bei der Herstellung entstehenden
Primärteilchen weisen eine betonte Tendenz zur Aggregatbildung, d. h. zur Zu-
sammenlagerung auf. Diese Überstrukturen werden beim Eintragen der Farb-
mittel in den Kunststoff meistens zerteilt, so dass für die koloristischen Eigen-
schaften des jeweiligen Pigmentes vor allem die Korngröße und die Korn-
größenverteilung maßgebend sind. Das Zerteilen, Verteilen und Benetzen der
Pigmente wird als Dispergieren bezeichnet, während die Farbstoffe im Kunst-
stoff gelöst werden. Die Farbmittel [4] können anorganischer oder organischer
Natur sein. Während die anorganischen Pigmente unlöslich sind, können sich
insbesondere niedermolekulare organische Pigmente lösen.
Naturgemäß beeinflusst der chemische Aufbau des Binders und die
Verarbeitungstemperatur ihre Löslichkeit. Pigmente der gleichen chemischen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 139

Zusammensetzung können in verschiedenen Kristallmodifikationen hergestellt


werden, die sich koloristisch und anwendungstechnisch wesentlich voneinander
unterscheiden, beispielsweise bei Titandioxid und Phthalocyaninblau. Die an-
wendungstechnischen und die Gebrauchseigenschaften der Pigmente können
vom Hersteller durch Nachbehandlung (Coating = Beschichten) verbessert wer-
den; die Dispergierbarkeit, die UV-, Wetter- und Chemikalienbeständigkeit wer-
den angehoben. Um den beim Dispergieren erforderlichen hohen technischen
und energetischen Aufwand zu verringern, werden so genannte Pigmentpräpa-
rationen verwendet. Dabei liegt das Pigment in Form leicht dispergierbarer Pas-
ten, als festes Konzentrat in Verbindung mit dem zu verarbeitenden Kunststoff
oder als rieselfähige Pigmentverkollerung, d. h. einer Kombination von leicht dis-
pergierbaren, organischen Pigmenten und/oder Füllstoffen mit schwerer dis-
pergierbaren organischen Pigmenten vor [26].
Der Farbeindruck, den das menschliche Auge wahrnimmt, ist das Ergebnis ei-
ner selektiven Absorption und Reflexion. Er kann durch additive und substrak-
tive Farbmischung hervorgerufen werden. Ein Beispiel für die additive Farbmi-
schung liefert das Farbfernsehen, bei dem auf dem Bildschirm die sehr kleinen
Punkte Blau-Grün-Rot zum Leuchten gebracht werden. Auch das weiße Tages-
licht ist eine von dem menschlichen Auge wahrgenommene additive Farbmi-
schung. Die Farbeindrücke entstehen jedoch am häufigsten durch substraktive
Farbmischung, indem bestimmte Anteile des Spektrums absorbiert werden und
der Rest des sichtbaren Lichtes reflektiert und vom Auge wahrgenommen wird.
Ohne Licht wäre diese Wahrnehmung nicht möglich [27]. Eine weitere Voraus-
setzung für das Gewinnen eines Farbeindruckes ist außer der Absorption be-
stimmter Wellenlängen die Streuung des reflektierten Lichtes. Teilchen mit ei-
nem meist höheren Brechungsindex als dem des umgebenden Kunststoffs
streuen diffus in allen Richtungen. Grundsätzlich gilt: Weißpigmente streuen
nahezu ausschließlich; anorganische Buntpigmente absorbieren wenig und
streuen stark; organische Buntpigmente absorbieren stark und streuen wenig;
gelöste Farbstoffe absorbieren nur und Schwarz absorbiert nahezu total. Das
Deckvermögen eines Pigments wird durch die Teilchengröße (siehe Bild 1-77)
und durch die Differenz der Brechzahlen von Pigment und Binder bestimmt. Die
relative Farbstärke beruht auf der Fähigkeit, dank des Absorptionsvermögens
auf lichtstreuende Stoffe farbgebend zu wirken. Die Farbwahrnehmung unter-
scheidet nach Farbton, Helligkeit (bei bunt und weiß) und Sättigung (bei bunt
und schwarz nach rein, trüb oder schmutzig) [28].
Über die Eignung eines Farbmittels in Verbindung mit dem jeweiligen Kunst-
stoff entscheiden: Beschaffenheit, thermische Beanspruchbarkeit (Höhe und
Dauer), Lichtechtheit,Wetterbeständigkeit, Migrationsneigung (Lösemittel- und
Kontaktbluten, Ausblühen), Plateout (Ablagerung auf schmelzberührten Metall-
flächen) und die Beeinflussung des Fließverhaltens [26].
Die Einsatzgebiete für anorganische und organische Pigmente sind, wie die
Bilder 1-78 und 1-79 zeigen, sehr vielfältig.
Pigmente bieten gegenüber Farbstoffen immer dann Vorteile, wenn neben
dem Deckvermögen die Anforderungen des jeweiligen Einsatzgebietes eine
Unlöslichkeit des Farbmittels im Anwendungsmedium (zum Beispiel Über-
lackierechtheit und hohes Deckvermögen) voraussetzen [13].
140 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-77. Teilchengrößenvergleich verschiedener Pigmente [13]

Email und Keramik


Pigmente
Lacke und Farben

Pharmazie und
Druckfarben

Kunststoffe

Kautschuk

Kosmetik
Baustoffe

Fasern
Papier


䊋 䊋

䊋 䊋 䊋

䊋 䊋

Titanoxide
Eisenoxide 쎲 – 쎲 – – 쑗
쎲 쎲 쑗

Pigmentruße –
Chromgelb- 쎲 쑗 쑗 – – – – –

Pigmente
Molybdatrot- 쎲 쎲 – – – – – – –
Pigmente
쎲 쑗

䊋 䊋

Zinkpigmente – – – –
Cadmium- 쑗 – 쎲 – – – – –
Pigmente
쎲 쎲

Chromoxid- – – – – – –
Pigmente

䊋 䊋

Ultramarinblau – – – – – –
Eisenblau 쎲 – – – 쑗 – – –
쎲 쑗

Effektpigmente – – – –

쎲 sehr bedeutender Einsatz; mittlere Bedeutung; 쑗 geringe Bedeutung; – kein Einsatz.


Bild 1-78. Einsatzgebiete anorganischer Pigmente [13]


1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 141

Druckfarben
Pigmente

Kunststoffe
Lacke
Azo- 쎲 쎲 쑗
verlackte Azo- 쎲 – 쑗

䊋 䊋
®Naphtol AS- –
Phthalocyanin- 쎲 쎲
쎲 쎲


Chinacridon-
Perylen- – 䊋 쎲


Anthrachinon- –

쎲 sehr bedeutender Einsatz; mittlere Bedeutung; 쑗 geringe Bedeutung; – kein Einsatz.


Bild 1-79. Einsatzgebiete organischer Pigmente [13]

In den vergangenen Jahren gewinnt das Direkteinfärben von Kunststoffen


über Farbmasterbatches, und zwar ihre wirtschaftliche Herstellung in Abhän-
gigkeit der Losgröße, immer größere Bedeutung.
Im Bereich geringer Losgrößen lassen sich Farbmasterbatches kostengünstiger
aus vordispergierten Monokomponenten herstellen. Stand der Technik ist bisher:
Die für den individuellen Farbton benötigten Pigmente werden mit pulver-
förmigem Kunststoff mittels Dispergierhilfen (Wachse) intensiv vermischt und
anschließend im Doppelschneckenextruder (hoher Energieverbrauch) disper-
giert und damit im Kunststoff eingebettet. Labormischungen und Produktion
ergeben hierbei immer wieder Unterschiede.
Dagegen werden in einem ersten Schritt die Monokomponenten und dann
daraus die Masterbatches hergestellt.
Derzeit können organische Pigmente in Konzentrationen von 40 bis 50% und
anorganische Pigmente bis zu 75 % mit guter Dispergierqualität durch Ein-
schneckenextrusion in Kunststoffe eingebracht werden [29].
Tabelle 1-37 [29] gibt eine Übersicht über Hersteller von Monokomponenten,
die dann beim Verarbeiter zu Masterbatches verarbeitet werden und dadurch
können Produktionsunterschiede und Fehlchargen vermieden werden.
Tabelle 1-37. Hersteller von Monokomponenten [29]

Hersteller PE PP PS technische
Kunststoffe

BASF Ludwishafen ¥ ¥ ¥
Clariant Muttenz/Schweiz ¥ ¥ ¥
Eastern Chemicals Palau de Plegamans, ¥ ¥ ¥
A.S. Barcelona/Spanien
Kunststoff – Nylobirg Mors/ ¥ ¥ ¥
Kemi A.S. Dänemark
Monocon ApS Ribe/Dänemark ¥ ¥ ¥ ¥
142 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-80. Abhängigkeit der Verarbeitungskosten von der Losgröße und vom Extrudertyp (ES:
Einschneckenextruder, DS: Doppelschneckenextruder) [29]

Bild 1-80 [29] zeigt die Verarbeitungskosten (Maschinenkosten, Energie, Ar-


beit, Reinigungsmaterial, Materialverlust) in Abhängigkeit der Losgröße für Ein-
schnecken (ES)- und Doppelschnecken (DS)-Extruder (klein und groß).

Anorganische Pigmente
Die anorganischen Pigmente können nach Oxiden, Sulfiden, Chromaten und
Kohlenstoff unterschieden werden. Die Oxide sind – mit Ausnahme der Tempe-
raturbeständigkeit einzelner Pigmente – grundsätzlich die beständigsten Pig-
mente, beispielsweise TiO2, Eisenoxidschwarz und Kobaltblau. Zink- und
Cadmiumsulfid sind nicht wetterbeständig, Ultramarin zerfällt bei Säureeinwir-
kung. Chromatpigmente sind nicht alkalibeständig. Die Wärmebeständigkeit
überschreitet kaum 180 °C. Die Kohlenstoffpigmente sind beständig bis 300 °C,
Tabelle 1-38.

Anorganische Weißpigmente
In der breiten Palette der organischen Farbmittel gibt es kein Weißpigment. Die
Natur bietet jedoch eine Reihe von Mineralien an, aus denen anorganische
Weißpigmente synthetisch herstellbar sind. Bei der Einteilung der weißen anor-
ganischen Verbindungen kommt es auf die Brechzahl bei einer bestimmten Teil-
chengröße an. Ist diese < 1,7, dann handelt es sich um einen Füllstoff, ist sie > 1,7,
dann liegt ein Weißpigment vor. Zu diesen Weißpigmenten gehören u. a. Titan-
dioxid (TiO2), Zinkweiß (ZnO) und Zinksulfid (ZnS), Lithopone [Zinksulfid +
Bariumsulfat (BaSO4)] und Bleiweiß (basisches Bleicarbonat). Zinksulfid und
Bleiweiß sind als Pigmente für Kunststoffe ohne Bedeutung.

Titandioxid
TiO2 ist das wichtigste Weißpigment in der Kunststoffindustrie. Von den beiden
Kristallmodifikationen Anatas (Brechzahl 2,55, Mohs-Härte 5,5) und Rutil
(Brechzahl 2,75, Mohs-Härte 6,5 bis 7) hat für Kunststoff nur die Rutilform Be-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 143

Tabelle 1-38. Auswahl anorganischer Pigmente und Farbstoffe für Thermoplaste

Colour Index (CI) Licht- ohne Anwendbar bei


echtheit Farbum-
Chemische Bezeichnung (Woll- schlag n.
skala) 5 min
bei °C

Anorganische Gelbpigmente
Pigmentgelb 53
Nickeltitangelb (Ti, Ni, Sb)O2 8 300 allgemein verwendbar
Pigmentgelb 118
Chromatitangelb (Ti, Cr, Sb)O2 8 300 allgemein verwendbar
Pigmentgelb 119
Zinkeisenpigment 8 300 allgemein verwendbar
Pigmentgelb 34
Chromgelb Pb(Cr, S)O4 6 bis 7 240 PVC, PE-LD
Organische Gelbpigmente
Pigmentgelb 97
Monoazopigment 8 260 PE-LD, PS
Pigmentgelb 151
Monoazo-Benzimidazolonpigment 8 260 PVC, PE-LD
Pigmentgelb 128
Disazokondensationspigment 8 260 PVC, PE-LD, PE-HD, PS
Gelb-Farbstoffe
Solventgelb 93
Pyrazolonderivat 8 300 PMMA, PVC-U, PS
fluoreszierend, polycyclisch 7 300 PMMA, PVC-U, PS
Anorganische Rotpigmente
Pigmentrot 101
Eisenoxid Fe2O3 8 300 allgemein, PVC-U bedingt
Pigmentrot 104
Blei-Chromat-Molybdat 8 220 PVC, PE-LD
Pb(Cr,MO,S)O4
Organische Rotpigmente
Pigmentrot 176
Monoazo-Naphthol AS-Pigmente 7 280 PVC, PS, PE-LD
Pigmentrot 194
Naphthalintetracarbonsäure-Derivat 8 260 PVC, PS, PE-LD
Rot-Farbstoffe
Solventrot 1
Azofarbstoff 5 260 PMMA, PVC-U, PS
Solventrot 138 8 300 PMMA, PVC-U, PS
fluoreszierender
Benzopyran-Farbstoff 7 300 PMMA, PS
Azofarbstoff (Thermoplast rot) 8 300 PMMA, PS, PVC-U
Orange-Pigmente
Pigmentorange 43 7 bis 8 260 PVC, PS, PE-LD
Orange-Farbstoffe
Solventrot 14
Azofarbstoff 5 bis 6 270 PMMA, PS, PVC-U
fluoreszierender
Parylen-Farbstoff 7 300 PMMA, PS, PVC-U
144 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-38 (Fortsetzung)

Colour Index (CI) Licht- ohne Anwendbar bei


echtheit Farbum-
Chemische Bezeichnung (Woll- schlag n.
skala) 5 min
bei °C

Violette Pigmente
Pigmentviolett 19 7 280 PVC, PS, PE-LD
Chinacridon
Blaue anorganische Pigmente
Pigmentblau 29 (Ultramarin)
Na-Al-Silikat, sulfidhaltig 8 300 PVC, PS, PE-LD, PE-HD
Blaue organische Pigmente
Pigmentblau 16
Phthalocyanin, stab. metallfrei 8 240 PVC, PS, PE-LD
Pigmentblau 60 (Indanthrenblau) 8 250 PVC, PS, PE-LD
Antrachionpigment
Blaue Farbstoffe
Solventblau 35 7 280 PMMA, PVVC, PS
fettlöslicher Antrachinonfarbstoff
Grüne anorganische Pigmente
Pigmentgrün 17
Chromoxid (Cr2O3) 8 300 allgemein verwendbar
Grüne organische Pigmente
Pigmentgrün 36
halogeniertes Phthalocyanin 8 300 PS, PVC, PE-LD
Braune Pigmente
Pigmentbraun 29
Chromeisenbraun (Fe, Cr)2O3 6 300 allgemein verwendbar

deutung. Anatas weist gegenüber dem Matrixmaterial ein wesentlich stärkeres


Oxidationsvermögen auf als Rutil. Dazu kommt, dass dessen Oxidationstendenz
durch eine Oberflächenbehandlung noch gemildert werden kann. Anatas wird
nur dann verwendet, wenn es wegen der geringeren Härte den Verschleiß
produktberührter Oberflächen verringern soll. Die gute Dispergierbarkeit der
TiO2-Pigmente ist eine wichtige Voraussetzung für die volle Entwicklung der op-
tischen Eigenschaften.
Die wichtigsten Anwendungen von TiO2 erstrecken sich auf die Standard-
kunststoffe, PVC, Polyolefine (PE und PP), PS und ABS.Andere Polymere wie UP,
PA, PMMA und PC werden selten deckend eingefärbt und spielen deshalb nur
eine untergeordnete Rolle. Das Vergrauen von in weißen oder in Pastelltönen
eingefärbten MF- und UF-Formmassen kann mit Hilfe hochstabilisierter Rutil-
pigmente vermieden werden. Das gleiche gilt für das Weißeinfärben und Auf-
hellen von im Freien eingesetzten UP- und EP-Harzen. Um bei den mit phenol-
haltigen Antioxidantien stabilisierten Polyolefinen ein Vergilben zu vermeiden,
müssen photochemisch stabilisierte TiO2-Pigmente verwendet werden. Bei klei-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 145

neren Produktionsmengen von PS und ABS kann die aufwändige Lagerhaltung


bereits eingefärbter Granulate durch den Einsatz von Flüssigfarben mit gutem
Benetzungsvermögen (Butylsterat oder -oleatzusatz), die selbst bei einem Anteil
von 80 Masse-% TiO2 noch pumpfähig sind, vermieden werden.
In den vergangenen 10 Jahren entwickelten bevorzugt japanische Forscher die
Photokatalyse in Verbindung mit TiO2 [30]. Staubfreie Städte, abwaschbare
Hausfassaden, antibakterielle Oberflächen, selbstreinigende und selbststerilisie-
rende Materialien, anti-fogging, Luftreinigung, Wasserreinigung, ja sogar die
Tötung von Krebszellen mittels TiO2 sind im Gespräch bzw. werden mit For-
schungsergebnissen belegt [30]. In einigen Fällen spielen dabei Kunststoffe als
Matrix eine Rolle, weswegen dies hier angefügt wird.
Kerr M Gee Pigments, Uerdingen übernahm 1998 die TiO2-Aktivitäten der
Bayer AG und zählt zu den größten Anbietern von Titandioxid. Die Pigmente
(Tronox CR) gibt es in unterschiedlicher Oberflächenbehandlung je nach einge-
setztem Kunststoff. Hervorzuheben ist, dass die beim Herstellprozess entste-
hende Dünnsäure umweltfreundlich, vollständig wiederaufbereitet wird [3].

Zinksulfidpigmente
Das Zinksulfid Sachtolith enthält etwa 97 % ZnS, der Rest entfällt auf BaSO4 und
ZnO. Die Brechzahl beträgt 2,34, die Mohs-Härte 3,5. Die Lithopone-Typen wer-
den nach ihrem Gehalt an ZnS bzw. BaSO4 unterschieden. Der Zinksulfidanteil
beträgt 30 bis 60 %. Das Aufhell- und Deckvermögen nimmt mit dem ZnS-Ge-
halt zu. Die Brechzahl beträgt 1,84 bzw. 2,09 (bei 60 %), die Mohs-Härte aller Ty-
pen 3,0. Die ZnS- bzw. ZnS/BaSO4-Mischpigmente weisen einen hohen Weißgrad
und hohe Lichtechtheit auf. Vor allem die mikronisierten Typen sind leicht ho-
mogen dispergierbar. In Abmischung mit Buntpigmenten werden brillante,
leuchtende Farbtöne erzielt. Sie ermöglichen eine besonders hohe Wirksamkeit
von optischen Aufhellern und Tagesleuchtpigmenten, weil sie selbst kaum UV-
Strahlung absorbieren. Die optische Leistung hängt ab vom ZnS-Gehalt. Wegen
der niedrigen Härte verursachen sie im Unterschied zu TiO2 nahezu keinen
Werkzeugverschleiß und keine Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaf-
ten faserverstärkter Kunststoffe. Der ZnS-Anteil wirkt als Trockenschmierstoff.

Anorganische Schwarzpigmente
Unter den in der Kunststoffindustrie verwendeten Schwarzpigmenten spielt der
Ruß die wichtigste Rolle, während das Eisenoxidschwarz oder gar das helioecht-
schwarz IR anwendungstechnisch unbedeutend sind.

Ruß
Ruße bilden sich durch unvollständige Verbrennung sowie durch thermische
Spaltung kohlenwasserstoffhaltiger Stoffe. Die dabei entstehenden feinen Parti-
kel sind angenähert kugelförmig. Der Kohlenstoff ist jedoch nicht amorph, son-
dern mikrokristallin. Die wichtigsten Herstellverfahren sind das Channel-, Gas-
ruß-, Furnace- und das Flammrußverfahren. Channel- und Gasruß sind feintei-
146 1 Einführung in Polymer Engineering

lig (10 bis 30 nm). Der Flammruß ist gröber (50 bis 120 nm), der Furnaceruß
kann sowohl grob (bis 80 nm) als auch feinteilig (20 nm) hergestellt werden. Die
Farbtiefe hängt bei gegebenem Herstellverfahren von der Teilchengröße ab. Sie
nimmt mit abnehmender Größe zu, ebenso die Farbstärke. Eine große Farbtiefe,
d. h. eine geringere Lichtreflexion kann nur durch gutes Dispergieren des Rußes
erzielt werden. Als große Hilfe erweist sich dabei die Verwendung von Konzen-
traten oder von Pasten, wie sie beispielsweise beim Einfärben von UP-Harzen
verwendet werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Farbruße die peroxidische
Reaktion bei einer Beschleunigung durch Kobaltverbindungen generell verzö-
gern und bei tertiären Aminen beschleunigen. Durch Erhöhen der Peroxid-
und/oder der Beschleunigermenge, bzw. durch Verwenden weniger stark be-
schleunigter Amine, kann die Verarbeitungs- und Gesamtreaktionszeit in weiten
Grenzen eingestellt werden.
Pigmentruße stehen als Pulver, in geperlter Form sowie als Ruß/Bindemittel-
Präparation zur Verfügung. Für die Qualität eines eingefärbten Erzeugnisses ist
der erzielbare Verteilungszustand des Rußes mitbestimmend. Geperlte Ruße las-
sen sich besser silieren und dosieren als Pulverruße. Sie erfordern jedoch Verar-
beitungsmaschinen, die hohe Scher- und Dispergierkräfte entwickeln. Verfah-
renstechnisch kommt den Rußpräparationen besondere Bedeutung zu. Die
zwischen 15 % und 50 % Ruß enthaltenden Präparationen gewährleisten ein
staubfreies Handhaben und vereinfachen das Dosieren. Sie enthalten den Ruß in
bereits dispergierter Form, sodass der aufwändige Dispergierprozess beim Ver-
arbeiter nicht erforderlich ist. Je nach Bindemittelgrundlage gibt es unter-
schiedliche Lieferformen, wie Dispersionen, Pasten, Schuppen- bis pulvrige Sub-
stanzen und Granulate.
Zur Erzielung deckender Einfärbungen sind meistens Rußzugabemengen von
0,5 bis 1 % ausreichend. Kunststoffe mit Eigenfärbung erfordern 1 bis 2 %. Mitt-
lere Furnace-Farbruße dienen außer zur Schwarzfärbung auch als Hilfsmittel
zur Verbesserung der UV-Stabilität und der elektrischen Leitfähigkeit [12, 13].
Ruß wirkt bei Polyethylen ebenfalls als Wärmestabilisator, d. h. als Antioxidans.
Hierbei bewährt sich vor allem der Gasruß mit seinem hohen Gehalt an flüchti-
gen Bestandteilen sowie Phenol- und chinoiden Gruppen.
Für die Schwarzeinfärbung technischer Kunststoffe bietet Cabot, B. einen ge-
kapselten Ruß (Typ: Black Pearls 4890) mit einfacher Verarbeitung, guten Teile-
oberflächen und mechanischen Eigenschaften [3, 31].

Anorganische Buntpigmente
Die anorganischen Pigmente besitzen im Vergleich zu den organischen Pigmen-
ten eine hohe Deckfähigkeit, jedoch nur eine geringe Farbstärke. Die
Dispergierbarkeit ist gut. Wenn die Metalle in ihrer höchsten Wertigkeitsstufe
vorliegen, sind sie thermisch sehr beständig. Die anorganischen Pigmente sind
generell unlöslich.

■ Eisenoxidpigmente
Die breite Farbskala der Eisenoxidpigmente von Gelb, Rot und Braun bis
Schwarz, fördert die zunehmende Verwendung dieser lichtechten und preiswer-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 147

ten Pigmente. Das Eisenoxidrot ist bis 1200 °C, das Gelb, Braun und Schwarz da-
gegen nur bis 180 °C beständig. Bei Teilchengrößen < 0,01 mm verlieren die
Eisenoxide ihre Streueigenschaften, d. h. das Licht wird nicht mehr reflektiert,
sondern nur absorbiert. Der dabei gewonnene reine Farbton verschwindet in
Kombinationen mit anderen streuenden Pigmenten, wie TiO2. Eisenoxidpig-
mente können je nach Typ den Härtungsverlauf von UP-Harzen beeinflussen.
Sie bewähren sich bei PVC nur so lange, wie die Stabilisierung ausreicht. Sobald
der Stabilisator verbraucht ist, bildet sich Eisenchlorid, das dann die weitere Zer-
setzung von PVC beschleunigt. Das Eisenoxidschwarz wird häufig bei der Ein-
färbung heller Grautöne in PE und PP verwendet.
Mit der 2002 neu vorgestellten Variocrom-Reihe der BASF ändern Ober-
flächen (Folien) den Farbton je nach Betrachtungswinkel von grün nach rot
(Typ: Magic Green K 9811). Dies wird durch ein Zusammenspiel von Brechung
und Interferenz des Lichtes an Eisenoxid- und Siliziumdioxidschichten auf
Eisenglimmerplättchen (MIOX) erreicht [3].

■ Chromoxidpigmente
Chromoxidgrün ist ein universell einsetzbares Produkt für das Einfärben von
Kunststoffen. Die kugelförmigen Teilchen sind etwa 0,3 mm groß. Die Tempera-
turbeständigkeit dieses sehr licht- und wetterbeständigen Pigmentes erreicht
1000 °C. Säuren und Laugen greifen nicht an. Der Farbton ist wenig rein und von
geringer Brillanz.

■ Oxidische Mischphasenpigmente
Dazu gehören Pigmente, die in einem Oxidgitter kristallisieren und ihre Farbe
dem Einbau von farbgebenden Kationen in diese Gitter verdanken. Die Bedeu-
tung dieser Pigmente nimmt ständig zu. Es handelt sich vorwiegend um Spinell-
und Rutilstrukturen. Zu den Spinell-Mischphasenpigmenten gehört das rotsti-
chige Kobaltblau, das vor allem für das Einfärben von PE-HD große Bedeutung
erlangt hat und bei PVC für helle Töne (für mittlere und volle Töne Phthalocya-
nin). Bei UP-Harzen ist die katalytische Beeinflussung des Härtungsprozesses zu
überprüfen [32]. Andere Spinelltypen sind das Kobaltgrün (reiner als Chrom-
oxidgrün), Zinkeisenbraun und das Spinellschwarz.
Eine große Variationsbreite bietet auch das Rutil-Gitter. Die bekanntesten
Vertreter dieser Pigmentgruppe sind das helle, zitronengelbe Nickeltitangelb
und das ockerfarbene Chromtitangelb, das anstelle von Nickel Chrom enthält.
Die Titanmischoxide verändern sich nicht beim Aufhellen mit Weiß. Unter
Berücksichtigung der Chemikalienbeständigkeit gehören sie zu den echtesten
Kunststoffpigmenten.

■ Sulfide und Sulfoselenide


Zu diesen Mischphasenpigmenten gehören die Cadmiumpigmente mit ihren
ansprechenden Rot- und Gelbtönen. Cadmiumgelb ist ein reines CdS oder ein
Mischkristall aus (Cd, Zn)S. Dabei wirkt Zn als Stabilisator. Cadmiumrot ist ein
Cadmiumsulfoselenid (Cd, Se)S. Hier wirkt das Selen als Stabilisator. Cd-Pig-
mente sind nur im Purton ausreichend lichtbeständig. Sie bewähren sich bei
PVC, PE-HD und UP auch im Außeneinsatz. Allerdings bedürfen die jeweiligen
148 1 Einführung in Polymer Engineering

Rezepte einer sorgfältigen Prüfung. Cd-Pgimente sind schwer löslich und des-
halb in ihrer Toxizität nicht mit den löslichen Cd-Verbindungen vergleichbar. Es
ist gelungen, die löslichen Anteile auf ein Minimum zu reduzieren und damit die
Bedenken gegen Cadmiumpigmente zu verringern. Eine Ausnahme bildet z. Z.
noch die Verwendung bei PA 6 [33].

■ Chromat-Pigmente
Zu dieser Gruppe gehören die Bleichromate, Chromgelb und Chromorange,
die Bleichromat/Bleimolybdatpigmente (Molybdatrot und -orange) sowie die
Mischgrünpigmente Chromgrün, Chromechtgrün, Zinkgrün und Zinkechtgrün.
Das Nachdunkeln der Chromgelbe konnte durch den Einbau von Titan, Cer-,An-
timon- und Aluminiumverbindungen sowie von Silikaten ständig verbessert
werden. Diese Stoffe dienen vor allem zum Umhüllen des nadelförmigen mono-
klinen Chromgelb [Pb(Cr, S)O4]-Kristalls. Diese Pigmente sind bei Verweilzeiten
von 10 min bis 260 °C beständig. Für den Einsatz sprechen wirtschaftliche Über-
legungen. Die wichtigsten Einsatzgebiete sind PVC, PE-HD und UP.
Chromorange ist nicht so bedeutend wie Chromgelb. Durch Substitution des
Sulfidions durch Selen können Nuancen von Orange über Rot bis Bordeaux er-
halten werden. Die Chromechtgrüne sind Kombinationspigmente aus Chrom-
gelb und Eisencyanblau. Das Berliner Blau ist allerdings reduktionsempfindlich
und weniger alkalibeständig. Durch Kombinieren von Chromgelb mit Phthalo-
cyaninblau bzw. Phthaloxyaningrün werden die wesentlich beständigeren
Chromechtgrüne erhalten. Durch Einstellen des Mengenverhältnisses ergibt
sich eine große coloristische Bandbreite.
Wie Chromgelb, so gehören auch das Molybdatrot und das -orange zu den Blei-
chromaten. Der Einbau des farblosen Bleimolybdats in das gelbe Bleichromat
führt zu orangefarbenen bis roten Pigmenten. Die bleichromathaltigen Pig-
mente dürfen aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht für Gefäße und
Schutzabdeckungen von Nahrungs- und Genussmitteln verwendet werden [34].

■ Ultramarin-Pigmente
Diese Pigmente gehören zu den Aluminiumsilicaten. Die Farbtöne reichen
von Blau und Grün bis zu Violett und Rot. Für das Einfärben von Kunststof-
fen kommt vor allem das Ultramarinblau in Betracht. Dieses gilt vor allem für
PVC, PE und UP. Für PE-HD hat es die gleiche Bedeutung wie das Kobaltblau,
denn es vermeidet das beim Einsatz von Phthalocyaninblau beobachtete Ver-
spröden der Formteile. Die Lichtechtheit und die Alkalibeständigkeit sind gut,
säurebeständig sind nur Sondertypen (siehe auch bei organischen Buntpig-
menten).

Organische Buntpigmente
Die organischen Buntpigmente unterscheiden sich von den anorganischen
durch eine hohe Lichtabsorption und geringes Streuvermögen. Sie werden des-
halb häufig mit lichtstreuenden Weiß- oder Buntpigmenten kombiniert. Bei la-
sierenden (transparenten) Pigmenten übernimmt der Untergrund (weißes Pa-
pier, Metallfolie) die Lichtstreuung. Farbtonreinheit, Brillanz und Farbtöne
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 149

übertreffen meist die der anorganischen Pigmente. Lichtechtheit und Wetterbe-


ständigkeit nehmen mit dem Grad der Aufhellung, beispielsweise mit TiO2, ab.
Chemische Konstitution, Teilchengröße und Korngrößenverteilung bestimmen
die anwendungstechnischen Eigenschaften. Mit abnehmender Teilchengröße
nehmen Farbstärke, Transparenz, Glanz und Viskosität des Bindemittels zu,
während das Deckvermögen, die Licht- und Wetterechtheit, die Migrationsecht-
heit und die Lösemittelbeständigkeit abnehmen. Es gibt bekanntlich kein orga-
nisches Weißpigment. Die organischen Schwarzpigmente werden selten ange-
wandt, denn ihre Lichtechtheit ist der der Ruße unterlegen.
In jüngerer Zeit bringen Pigmenthersteller, z. B. Holliday Pigments, UK, Farb-
mittel mit extremer Farbstärke (z. B. Ultramarinpigment Typ Premier XS oder
rot (XSR)- oder grünstichig (XSG)) auf den Markt. Damit kann man in beste-
henden Formulierungen bei gleicher Deckkraft die Pigmentkonzentration redu-
zieren.
Für geruchsempfindliche Anwendungen oder für feuchteempfindliche Poly-
mere wie PET oder PC eignen sich besonders hochkonzentrierte Masterbatches
Pigment-Sonderformen mit extrem niedrigen Feuchtegehalten (Typ DXS von
Holliday Pigments).
Besondere Verzugsfreiheit bei Polyolefinen und Vinylpolymeren bietet das
Cromophtal-Sortiment von Ciba Spezialitätenchemie, CH.
Die sich immer mehr verbreitenden Monokonzentrate erleichtern bei glei-
chen Eigenschaften die Handhabung und Dosierung. Hier beteiligt sich Ciba
Spezialitätenchemie zur besseren Kundenbetreuung und zur Erweiterung beste-
hender E-Business-Aktivitäten an der Plattform von SpecialChem (www.spe-
cialchem.com), wobei dem Kunden Fachwissen und technische Unterstützung
per Internet angeboten werden [3].

■ Azopigmente
Auf die Azopigmente entfallen 80 % des Gesamtverbrauchs an Pigmenten. Die
Phthaloxyanine weisen demgegenüber die größte Tonnage auf [35]. Für die Azo-
pigmente ist die chromophore Gruppe (–N.N–) charakteristisch. Je nach Anzahl
der Azogruppen wird nach Mono-, Di- und Triazopigmenten unterschieden.
Anwendungstechnisch sind nur die beiden ersten Gruppen von Bedeutung. Sie
liefern gelbe, orangefarbene, rote und blaue Farbtöne. Blaue und grüne Azopig-
mente sind anwendungstechnisch unbedeutend.

■ Monoazopigmente
Dabei handelt es sich um gelbe, orange und rote Farbmittel. Die Gelbpigmente
sind licht- und wetterbeständig. Die Lösemittelbeständigkeit und die Migra-
tionsechtheit sind mäßig. Die meisten der bei Kunststoffen verwendeten Gelbty-
pen gehören zur Diazoreihe.

Metallkomplex-Pigmente
Die gelbstichig-grünen Azometall-, die gelben Azomethin- sowie die gelben und
roten Isoindolin-Metall-Komplex-Pigmente werden in ihrer Bedeutung von den
Phthalocyanin-Pigmenten weit übertroffen.
150 1 Einführung in Polymer Engineering

■ Diazopigmente
Diese Pigmente enthalten als Chromophor zwei Azogruppen. Auch sie liegen in
Gelb und Orange vor. Licht- und Migrationsbeständigkeit genügen in der Kunst-
stoffindustrie nur geringen Ansprüchen. Die Migrations- und Lösemittelbe-
ständigkeit wurde durch Erhöhen der molaren Masse etwas verbessert.

■ Naphthol AS-Pigmente
Diese Pigmente zeichnen sich durch Farbstärke, Lichtechtheit und Chemikalien-
beständigkeit aus. Die Lösemittelbeständigkeit befriedigt jedoch bis heute noch
nicht die Anforderungen der Kunststoffindustrie.

■ Benzimidazolon-Pigmente
Die Farbskala dieser Pigmente reicht vom grünstichigen Gelb über Orange, Rot,
Carmin, Bordeaux und Violett bis zum Braun. Sie sind in ihrer Echtheit den Mo-
noazo- und Naphthol AS-Pigmenten deutlich überlegen.

■ Diazokondensations-Pigmente
Das Molekül der Monoazopigmente kann durch den Einsatz bifunktioneller Ver-
bindungen in der Gelb- und Rotreihe vergrößert werden. Die Diazokonden-
sations-Pigmente reichen von Gelb über Rot bis Braun. Lösemittel- und Migra-
tionsechtheit, Temperaturbeständigkeit und Farbstärke sind recht gut. Die Licht-
und Wetterechtheit ist der der Monoazopigmente überlegen. Sie eignen sich ge-
nerell für das Einfärben von Kunststoffen.

Phthalocyanin-Pigmente
Diese Pigmente enthalten meistens komplex gebundenes Kupfer; sie sind jedoch
auch metallfrei herstellbar. Durch Chlorieren wird das Phthalocyaningrün ge-
wonnen; die Substitution durch Chlor und/oder Brom führt zu gelbstichigen
Grüntönen. Das Phthalocyaninblau existiert in mehreren Kristallmodifikatio-
nen, von denen die stabilisierten (anchlorierten) a- und b-Modifikationen be-
sonders wichtig sind. Die nichtstabilisierten a-Kristalle schlagen bei höheren
Temperaturen in die grünliche b-Kristallform um.
Für UP-Harze kommt nur die in Styrol unlösliche b-Modifikation in Betracht.
Außerdem ist dabei auf eine Beständigkeit gegen die beim Härten verwendeten
Peroxide zu achten. Die Phthalocyanine können bei PE-HD zum Verzug und zur
Bildung von Spannungsrissen führen. Auch die nicht gegen Kupfereinwirkung
stabilisierten PP-Typen sind gefährdet. Im Übrigen weist das Phthalocyaninblau
die höchste Echtheit auf.
Bezüglich der Formstabilität (Verzug) bietet die BASF mit dem neuen Blau-
pigment (Typ: Heligon Blau K6915) Verzugsfreiheit bei PE an, z. B. für Fla-
schenkästen.

Polycyclische Pigmente
Zu den organischen Pigmenten mit einer höheren Migrations- und Wärmebe-
ständigkeit als die der Azopigmente, gehören die so genannten polycyclischen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 151

Pigmente. Zu dieser Gruppe zählen mehrere Klassen, u. a. die aus den so ge-
nannten Küpenfarbstoffen entwickelten Küpenpigmente.

■ Küpenpigmente
Bekannte Küpenfarbstoffe sind das Indanthrenblau und die Antrachinon-Farb-
stoffe. Diese in unlöslicher Form anfallenden Produkte werden mit Hilfe einer
speziellen Reaktion, der Verküpung, in eine wässrige Farbstofflösung, die Küpe,
überführt. Nachdem es gelang, die unlöslichen Schmelzen durch Mahlen in den
koloristisch optimalen Korngrößenbereich von 0,1 bis 1 mm zu vermahlen, ge-
wannen die damit zu Küpenpigmenten gewordenen Produkte auch für das Ein-
färben von Kunststoffen an Bedeutung.
Die Küpenpigmente umfassen die Untergruppen: Thioindigo, Anthrachi-
none, Perylene und Perinone. Sie bereichern die Palette der gelben bis roten Pig-
mente von hoher Echtheit.

■ Nichtverküpbare Pigmente
Zu dieser Reihe gehören die Chinacrodine und die Dioxazine. Die Chinacrodine
umfassen rotstichig gelbe, gelbstichig rote, blaustichig rote bis violette Nuancen
von hoher Echtheit. Sie werden häufig zum Abtönen von Phthalocyaninen ver-
wendet. Nicht verküpbar sind auch die Isoindolinone in den Farbtönen Gelb und
Rot. Die Farbstärke ist begrenzt, die Echtheit hoch [35].

Lösliche Farbstoffe
Die löslichen Farbstoffe [25] begründeten die organische Chemie als Natur-
wissenschaft. Sie sind leicht dispergierbar und führen zu den brillantesten Ein-
färbungen. Die allgemeine Echtheit ist jedoch derjenigen der organischen Pig-
mente weit unterlegen. Zur hohen Brillanz kommt eine hohe Lichtabsorption;
sie weisen jedoch keine Streuung und kein Deckungsvermögen auf. Ein Unter-
grund muss für die Rückstreuung sorgen. Die Unterscheidung kann nach der
chemischen Konstitution geschehen [36]: Azo (Mono- und Diazo)-Farbstoffe,
Anthrachinon-, Komplex (hauptsächlich Chromkomplex)-Farbstoffen sowie In-
dulin- und Nigrosinbasen (vor allem spritlösliches Schwarz). Bei allen löslichen
Farbstoffen ist auf das mögliche Ausblühen und Ausbluten zu achten. Die Licht-
und Wärmebeständigkeit ist je nach Konstitution und Medium verschieden. Die
Anthrachinon-Farbstoffe sind echter als die Azokörper. Für den Anwender ist
die Löslichkeit der Farbstoffe von Bedeutung. Antrachinon- und Azo-Farbstoffe
sind fett- bzw. aromatenlöslich. Alkohol-, ester- und ketonlöslich sind Anthra-
chinone, Komplexfarbstoffe und die spritlöslichen Nigrosine. Die schwarzen
Nigrosin- und Indulinbasen sind säureaufschließbar. Wasserlöslich sind saure
und basische Farbstoffe.
Die aromatenlöslichen Azo-Farbstoffe eignen sich für das transparente Ein-
färben von PS und PMMA. Die fettlöslichen Anthrachinon-Farbstoffe werden
für das Einfärben von SAN und PS verwendet. Die für ABS häufig eingesetzten
anorganischen und echten organischen Pigmente können zur Erzielung tiefer
Farbtöne mit löslichen Farbstoffen überfärbt werden. Für CA, CAB und CP wer-
den die sprit- und esterlöslichen Anthrachinone bevorzugt. Zum Einfärben von
152 1 Einführung in Polymer Engineering

Phenoplasten dienen Nigrosin- und Indulinbasen, denn sie lassen sich durch or-
ganische Säuren umsetzen. Bei Aminoplasten werden basische und fettlösliche
Farbstoffe zum Schönen und Überfärben verwendet.
Lange Zeit ging man davon aus, dass Cadmium in Pigmenten lösliche Ver-
bindungen eingeht. Neuere Studien [3] belegen jedoch die Unlöslichkeit und da-
mit keine signifikante Gesundheits- und Umweltgefährdung durch Cadmium-
pigmente.

Spezielle Farbmittel
Zu diesen Produkten [25] gehören Stoffe, die dem Anwendungsmedium beson-
dere, vor allem optische Effekte verleihen.

■ Metalleffekt-Pigmente
Diese Produkte werden aus Nichteisenmetallen in Form von hochglänzenden
Schuppen oder pulverförmigen Partikeln hergestellt. Die Flitter sind einige Mil-
limeter, die Partikel einige Mikrometer groß. Das Verhältnis von Längen zu
Dicke beträgt 1:50 bis 1:250. „Silberbronze“ wird aus Reinaluminium, „Gold-
bronze“ aus Reinkupfer oder Messing hergestellt.

■ Perlglanz-Pigmente
Der Glanz dieser Pigmente beruht, wie bei den Metalleffekt-Pigmenten, auf der
Blättchenform. Die ebenflächigen, dünnen (< 10 mm) Blättchen führen zu einem
matten Glanz, während die dickeren (> 30 mm) körnig und glitzernd wirken. Im
Unterschied zu den Metallblättchen sind diese Stoffe stark lichtbrechend und
durchscheinend. Die einfallenden Lichtstrahlen werden mehrfach partiell re-
flektiert, was bewirkt, dass der Glanz aus der Tiefe zu kommen scheint. Dem
Perlglanz kommt eine einheitliche Partikelgröße von 15 bis 25 mm Durchmesser
am nächsten. Ein natürliches Perlglanz-Pigment ist das in der Haut von Walen
vorkommende Fischsilber.

■ Perlglanzpigmente-Titandioxid
Am vielseitigsten und häufigsten werden die TiO2-Perlglanzpigmente verwen-
det. Dabei dient blättchenförmiger Glimmer als Träger, auf dem beiderseits
durch Hydrolyse von Titan(IV)sulfat oder Titanchloriden zunächst Titanoxid-
hydrat (Schichtdicke etwa 50 nm) niedergeschlagen wird, das sich in einem
anschließenden Glühprozess in eine fest haftende, hochtransparente Oxid-
schicht umwandelt. Die farblosen Glimmerblättchen müssen etwa 200 bis 500 nm
dick sein. Die TiO2-Perlglanzpigmente sind ungiftig, mechanisch, thermisch und
chemisch sehr stabil. Gießharze, Thermoplaste, Lacke, Druckfarben und Kosme-
tika sind bekannte Anwendungsgebiete. Dickenabweichungen der TiO2 Perl-
glanzpigmente von nur wenigen nm erkennt das Auge bereits als Farbverschie-
bung. Bei paralleler Orientierung in farblosen Medien zeigen sich deshalb in der
Auf- und Durchsicht komplementäre Farben, die mit dem Betrachtungswinkel
variieren. Dieser Effekt wird vor allem bei künstlichen Perlmuttknöpfen aus UP-
Harz genutzt.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 153

■ Tagesleucht-Farbmittel
Diese Farbmittel besitzen die Fähigkeit, einen bestimmten Anteil des Tageslicht-
Farbspektrums zu absorbieren und diese Energie als Licht von größerer Wellen-
länge wieder zu emittieren. Man nennt dieses Phänomen Fluoreszenz. Die bei
Tageslicht fluoreszierenden Farbmittel weisen die größte Wirksamkeit im lang-
welligen, d. h. Rot- und Gelbbereich auf. Die Brillanz lässt nach, je näher der
kurzwellige, d. h. der Grün- und Blaubereich rückt. Die Tagesleucht-Farbmittel
sind verhältnismäßig teuer. Ihre Wärme- und Lichtstabilität ist begrenzt. Es ist
jedoch gelungen, diese Nachteile durch Einkapseln zu überwinden, sodass sie
bei den Verarbeitungstemperaturen, z. B. 30 Minuten bei 190 °C, und gegen den
UV-Anteil des Tageslichts ausreichend beständig sind. Eine optimale Wirkung
dieser Substanzen ist jedoch nur dann gewährleistet, wenn sie nicht mit den üb-
lichen Pigmenten vermischt werden; auch ein gefülltes Matrixmaterial würde
die Fluoreszenz beeinträchtigen. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine
fluoreszierenden Pigmente. Es handelt sich meistens um Lösungen von fluores-
zierenden Farbstoffen in spröden Harzen, die auf die Größe von Pigmentteilchen
feingemahlen werden.

■ Phosphoreszenz-Farbmittel
Sie vermögen die Energie des einwirkenden Lichtes zu speichern und als Licht
wieder zu emittieren, das selbst in der Dunkelheit wahrnehmbar ist. Die Nach-
wirkung ist bei Gelb und Blau am hellsten, bei Blau außerdem am längsten.
Während die Fluoreszenz-Farbstoffe auf organischen Pigmenten basieren, sind
die Phosphoreszenz-Farbmittel anorganischer Herkunft. Sie enthalten meistens
Zn/Cd-Sulfid oder Calcium/Strontium-Sulfid. Die Wärmestabilität ist gut. Bei
Tageslicht sind die nur mit Phosphoreszenz-Farbmitteln versehenen Formstoffe
schlicht elfenbeinfarben. Dieser Nachteil kann durch die Zugabe farbstarker be-
kannter Pigmente oder Farbstoffe behoben werden. Es muss jedoch darauf ge-
achtet werden, dass – wie bei den fluoreszierenden Farbmitteln – diese zusätz-
liche Pigmente nicht im Wellenlängenbereich der Phosphoreszenz-Farbmittel
absorbieren. Im Allgemeinen ist die Nachwirkungsdauer der Dauer der Tages-
lichteinwirkung proportional. Bei sorgfältiger Rezeptgestaltung können sehr
originelle Effekte erzielt werden, insbesondere dann, wenn die Gegenstände ei-
nem dunklen UV-Licht ausgesetzt werden [37].

■ Optische Aufheller
Sie oder Weißtöner werden dort eingesetzt, wo durch Absorption von kurz-
welligem sichtbarem Licht ein ästhetisch störender Gelbstich verursacht wird.
Die charakteristische Eigenschaft der Weißtöner besteht darin, dass sie UV-
Strahlung in sichtbares Licht umzuwandeln vermögen. Im Unterschied dazu er-
zeugen die Fluoreszenz-Farbmittel das langwelligere gelbe, orangefarbene oder
rote Licht. Absorption und Emission folgen mit einer Zeitdifferenz von 10–9 bis
10–7 Sekunden. Bei längerem Nachleuchten liegt die bereits beschriebene Phos-
phoreszenz vor. Mit wenigen Ausnahmen handelt es sich bei den optischen Auf-
hellern [4] um fluoreszierende Farbstoffe, die in die Kunststoffe eingebettet sind.
Als Farbstoffe dienen beispielsweise Naphtholimide und Rhodamine. Nicht alle
Aufheller enthalten Trägerharze. Bei gedeckten Einfärbungen werden diese
154 1 Einführung in Polymer Engineering

transparenten Farbstoffe mit TiO2 von hohem Weißgrad kombiniert. Die opti-
male Zusatzmenge beträgt jedoch weniger als 0,1 %. Bei Leuchtpigmenten
führen höhere Zusatzmengen zu optimalen Eigenschaften.

■ Lasermarkierung von Kunststoffen


Merck hat 2002 ein neues Verfahren vorgestellt, das eine farbige Laserbe-
schriftung von Kunststoffen ermöglicht [3]. Es werden kontrast- und farb-
erzeugende Pigmente (Typ: Iriodin LS) über eine selbstklebende Transferfolie
direkt auf den zu beschriftenden Gegenstand aufgebracht. Die farbgebende
Funktionsschicht der Folie reagiert mittels eines Nd-YAG-Lasers (Wellenlänge
1064 nm) und wird in die Kunststoffoberfläche übertragen [3].

Festschmierstoffe
Für Festschmierstoffe [4] ist charakteristisch, dass sie auch unter erschwerten
Bedingungen auf allen Arten von Metalloberflächen eine Schmierwirkung auf-
weisen. Sie erleichtern das Einlaufen von Maschinenteilen, schützen vor Fressen
und Verschleiß, unterbinden das Kaltverschweißen bei hohem statischem Druck
in Wälz- und Gleitlagern, sie wirken bei hohen Flächenpressungen und niedri-
gen Gleitgeschwindigkeiten, in staubiger Atmosphäre und im Vakuum. Auch bei
Kunststoff- und Sintermetallteilen wird die Reibung verringert. Die feinkörni-
gen Pulver werden den Kunststoffen beigemischt oder auf die Gleitpaarungs-
flächen gesprüht.

■ Molybdändisulfid
Das unter dem Handelsnamen Molykote [38] bekannte Trockenschmiermittel ist
ein chemisch reines MoS2, mit der niedrigen Mohs-Härte 1,0 bis 1,5 und einer
Korngröße, je nach Typ, von 0,5 bis 10 mm. Der strukturelle Aufbau zeigt eine
Molybdänebene zwischen zwei Schwefelmolekülen. Die Schichten sind leicht ge-
geneinander verschiebbar. Sie haften jedoch fest auf dem Trägermaterial. Moly-
kote ist sehr alterungs- und oxidationsbeständig. Ein anderer Materialtyp be-
steht aus der synergistischen Kombination fester Schmierstoffe. Das Molykote
7365 wurde speziell für die Verbesserung des Gleit- und Verschleißverhaltens von
Kunststoffen entwickelt. Die Zugabemenge beträgt 3 bis 6 %.

■ Graphit
Graphit ist ein gebräuchlicher Zusatz, um Formstoffen aus Thermoplasten –
ähnlich wie mit MoS2 – Selbstschmiereigenschaften zu verleihen. Die Reibwerte
liegen zwischen den mit MoS2 bzw. PTFE erreichbaren. Das Selbstschmier-
verhalten wird vor allem dort verlangt, wo Wasser einwirken kann. Häufig wird
Graphit mit mineralischen Füllstoffen gepaart, um nicht nur verschleißgefähr-
dete, sondern auch schwindungsarme, d. h. maßgetreue Formteile zu erhalten.
Durch den Zusatz von Graphit kann die elektrische Leitfähigkeit von Phenol-
harz-Formmassen so hoch eingestellt werden, dass daraus hergestellt Formteile
galvanisiert werden können.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 155

■ Polytetrafluorethylen/AF-Coatings
Die PTFE-Wachse beispielsweise Hostaflon TF können wie MoS2 oder Graphit
allen Kunststoffen zugemischt werden. Das Einbringen geschieht meistens auf
Mischwerken. Der PTFE-Anteil beträgt 10 bis 30 Masse-%.
Festschmierstoffe können als AF-Coatings (Anti-Friction-Coatings), Pasten
oder Trockenpulver eingesetzt werden, kommen aber auch als Zusätze in Fetten
und Ölen zur Verbesserung der Schmierwirksamkeit, des Einlaufs oder auch für
Notlaufeigenschaften zum Einsatz [38].
AF-Coatings (Anti-Friction-Coatings) sind Suspensionen von Festschmier-
stoffen sehr kleiner Teilchengröße, wie z. B. MoS2, Grafit oder PTFE, in anorga-
nischen oder organischen Bindemitteln. Voraussetzung für eine hohe AF-Coa-
ting-Lebensdauer ist die Oberflächenvorbehandlung und Applikationstechnik.
Bei Beachtung der Vorbehandlungs- und Beschichtungshinweise ist ein AF-Coa-
ting dauerfest einsetzbar. Druckbelastbarkeiten oberhalb der meisten metalli-
schen Werkstoffe werden dann in Abhängigkeit vom AF-Coating erreicht.
AF-Coatings bestehen aus Festschmierstoffen (als Pigment), Harzen (als
Bindemittel) und Lösemitteln.
Die sorgfältige Auswahl geeigneter Additive und Lösemittel lässt die Herstel-
lung maßgeschneiderter AF-Coatings für industrielle Anwendungsverfahren zu.
Unter Berücksichtigung von Energieeinsparung und Umweltschutzvorschriften
können auch wasserverdünnbare, lösemittelarme sowie unbrennbare oder elek-
trostatisch verspritzbare AF-Coatings verwendet werden [38].

Fließhilfsmittel
Unter Fließhilfsmitteln sollen an dieser Stelle nur jene Zusatzstoffe verstanden
werden, die die Viskosität gießfähiger Polymeren erniedrigen oder erhöhen.

■ Viskositätserniedrigende Zusätze
Das wichtigste Anwendungsgebiet dieser Hilfsmittel sind die PVC-Plastisole. Sie
erfüllen dort die Aufgabe, die Viskosität der Pasten zu senken, ohne den Weich-
macheranteil erhöhen zu müssen. Sie wirken dabei gleichsam als Netzmittel und
Dispergierhilfe für die Polymer/Weichmacherkombination. Als Viskositätsreg-
ler werden epoxilierte Fettsäuren bevorzugt. Ihr chemischer Aufbau kann der je-
weiligen Paste optimal angepasst werden. Eine Technik, die es ermöglicht, bei-
spielsweise einen höheren Anteil an Füllstoffen oder Brandschutzmittel ohne
Viskositätserhöhung zu wählen, besteht darin, diese partikelförmigen Stoffe mit
Silanen oder Titanaten zu beschichten.

■ Viskositätserhöhende Zusätze
Die Aufgabe dieser Stoffe besteht darin, mit geringen Zusatzmengen die Viskosi-
tät von Hause aus niedrigviskoser Reaktionsharze wie UP- und EP-Harze oder
PVC-Pasten auf ein für die Verarbeitung optimales Niveau anzuheben und ihnen
außerdem ein ausgeprägt thixotropes Verhalten zu verleihen. Bekannte Viskosi-
tätsregulierer sind Magnesiumoxid und synthetische Kieselsäure.
156 1 Einführung in Polymer Engineering

■ Magnesiumoxid
Das aus Magnesit, Meerwasser oder Sole gewonnene MgO bewährt sich in der
Kunststoffindustrie als Eindickungsmittel der für das Verarbeiten in Form von
Harzmatten (SMC) oder Formmassen (BMC) bestimmten Harze. Die Zugabe
der staubenden Pulver wird heute dadurch erleichtert, dass das MgO – in
monomerfreiem UP dispergiert – als Paste zur Verfügung steht. Diese Pasten
enthalten 20 bis 30 % Magnesiumoxid in Korngrößen < 30 mm.

■ Synthetische Kieselsäure
Die pyrogene, hochdisperse Kieselsäure wird durch Hydrolyse von Chlorsilan in
einer Knallgasflamme hergestellt. Die dabei außer Chlorwasserstoff entstehen-
den porenfreien Kieselsäurekugeln von sehr enger Korngrößenverteilung (65 bis
30 mm) lagern sich zu Aggregaten und flockigen Agglomeraten zusammen. Teil-
chengröße und Struktur der Oberfläche bestimmen die anwendungstech-
nischen Eigenschaften. Beim Dispergieren dieser Pulver in einer Flüssigkeit, bei-
spielsweise in einem Plastisol oder einem Gießharz, treten die an der Oberfläche
der SiO2-Partikel befindlichen Silanolgruppen (SiOH) über Wasserstoffbrücken
miteinander und mit anderen Stoffen in Wechselwirkung. Die dabei entstehende
Gerüststruktur bewirkt das Eindicken der Flüssigkeit. Dieses Netzwerk wird
beim Einwirken von Scherkräften – beispielsweise beim Rühren, Gießen oder
Streichen – je nach Dauer der Scherung mehr oder weniger zerstört. Das ver-
dickte System wird niedrigviskoser. Im Ruhezustand stellt sich jedoch der hohe
Anfangswert wieder ein. Dieser reversible, zeitabhängige Effekt wird als
Thixotropie bezeichnet. Die Verdickungswirkung nimmt mit abnehmender Teil-
chengröße zu. Ein strukturviskoses Verhalten ist bei der Verarbeitung von Plas-
tisolen und Gießharzen in den Fällen erwünscht, in denen während des Auftra-
gens eine gewisse Dünnflüssigkeit erforderlich ist, anschließend jedoch ein Weg-
laufen oder Abfließen verhindert werden soll. Das ist z. B. bei PVC-Plastisolen
der Fall, beim Beschichten von Geweben (Verhindern des Durchschlagens),
beim Kalttauchen, Airless-Spritzen oder beim Auftragen von Fugen-Dichtungs-
massen. Synthetische Kieselsäure verzögert dank der Viskositätserhöhung das
Sedimentieren dispergierter Feststoffe im Ruhestand. Sie erhöht die Fließfähig-
keit von Pulvern und überführt sogar Flüssigkeiten in rieselfähige Pulver.

Gleit-, Slip-, Antislip-, Antiblock- und Formtrennmittel


Gleitmittel werden den thermoplastischen und duroplastischen Formmassen
zugesetzt, um die innere und äußere Gleitfähigkeit bei der Formgebung in der
Wärme zu erhöhen. Sie erniedrigen nicht nur den inneren und äußeren Reib-
wert, sondern können auch die Entformbarkeit, das Blockverhalten und den
Oberflächenglanz günstig beeinflussen. Sie werden unterschieden nach ihrer in-
neren und/oder äußeren Gleitwirkung. Chemische Zusammensetzung, Pola-
rität, Löslichkeit, Schmelzverhalten und Zusatzmenge bestimmen die Wirksam-
keit eines jeden Gleitmittels [4]. Die inneren Gleitmittel weisen meist eine nied-
rige, die äußeren eine höhere Molekülmasse auf. Die inneren Gleitmittel sind
überwiegend polar, die äußeren unpolar. Die polaren Gruppen enthalten meist
Sauerstoff, Sauerstoff + Metall, Sauerstoff + Stickstoff oder Halogene. Damit
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 157

können die Gleitmittel eingeteilt werden in KW,Alkohole, Carbonsäureester, Ke-


tone, Metallsalze von Carbonsäuren, Amide und Halogen-Kohlenwasserstoffe
[54]. Silicone setzen die Viskosität von Schmelzen herab und wirken somit als in-
nere Gleitmittel; zwischen Schmelze und Metall übernehmen sie die Aufgabe ei-
nes äußeren Gleitmittels und bei der Reibung von Kunststoff auf Kunststoff un-
terdrücken sie Quietschgeräusche.
Die meisten Gleitmittel werden aus natürlichen Rohstoffen hergestellt: die
Paraffine aus Erdölrückständen und bei der Braunkohlenschwelerei oder aus bi-
tuminösen Schiefern; die natürlichen Fettsäuren (C16- bis C18-Säuren und deren
Gemische) aus pflanzlichen und tierischen Fetten. Die weitere Hydrierung der
Fettsäuren führt zu den Fettalkoholen. Die technisch wirksamsten, teureren
Gleitmittel sind die veredelten Montanwachse (C28 bis C32). Halbsynthetische
Gleitmittel basieren auf dem Umsatz von Alkoholen zu Estern, Metalloxidaten
oder Hydroxiden zu Salzen oder Aminen zu Amiden. Vollsynthetische Wachse
sind niedermolekulare PE- und PP-Wachse oder Copolymerisate aus Ethylen,
VAC, Acryl- oder Crotonsäure.
PVC ist unverändert der größte Gleitmittelverbraucher. Die neuere Entwick-
lung führt zu Gleitmittelcompounds und -gemischen. Für das Füllstoffcoating
werden Spezialprodukte verlangt, die höhere Füllstoffkonzentrationen zulassen.
Die Folienhersteller möchten das Plateout und die Spritzgießer von Fittings das
Abschiefern vermeiden [39].
Slip-, Antislip- und Antiblockmittel [4] dienen nicht wie die Gleitmittel zur
Erleichterung der Formteil- oder Halbzeugherstellung, sondern dazu, die
Weiterverarbeitung – vor allem von Folien – zu vereinfachen. Das Halten von
Folienbeuteln im Stapel bewirkt, dass sie sich nicht abheben oder öffnen lassen.
Diese Erscheinung stört vor allem bei PE-LD und PP. Als wirksames Slipmittel
wirkt bei PE-LD die Zugabe von 0,05 % Ölsäureamid und bei PP die gleiche Zu-
satzmenge von Erucasäureamid. Die Additivhersteller liefern Konzentrate dieser
Verbindungen in Granulatform zum Einarbeiten in die Formmasse [39].
Antislipmittel verhindern beispielsweise das Abgleiten gefüllter Foliensäcke im
Stapel oder auf der Palette.Abhilfe verschafft das Einarbeiten oder das Aufsprühen
eines Antislipmittels. Sie verleihen den Produkten eine begrenzte Klebrigkeit, die
dennoch ein leichtes Abheben zulässt. Als Antislipmittel sind wässrige PVAC-Dis-
persionen oder benzinische Lösungen von amorphem PP, die noch geringe Wachs-
mengen zur Einstellung der günstigsten Hafteigenschaft enthalten geeignet.
Antiblockmittel verhindern das Zusammenbacken von Folien unter Einwir-
kung von Druck und Wärme. Insofern ähneln sie den Slipmitteln. Sie werden
mitunter auch kombiniert. Das Blocken tritt vor allem auf der Rolle oder im Sta-
pel auf.Als Antiblockmittel eignen sich Kreide, Kieselerde und synthetische Kie-
selsäure: sie werden in die Formmasse eingearbeitet. Die Konzentration beträgt
etwa 0,1 %. Die um 20 mm großen Partikel wirken als Abstandshalter. Für das
Ausrüsten von Weich-PVC-Folien eignet sich auch das Amidwachs. In Zusatz-
mengen von 1 % ist es ebenfalls ein gutes Antiblock- und Slipmittel.
Flüssige und pulverförmige Trennmittel wie Wachse, Polyethylenglycole, Po-
lyvinylalkohol und Silicone, Metallstearate und Polytetrafluorethylen werden
auf die Formnestwandung von Press- und Spritzgießwerkzeugen gesprüht bzw.
gestäubt. Bei der Herstellung von Schaumstoff-Formteilen wird häufig Glimmer
158 1 Einführung in Polymer Engineering

aufgesprüht. Während Formtrennmittel beim Verarbeiten vieler Duro- und


Thermoplaste erforderlich sind, führen sie z. B. bei Polyolefinen zu schwachen
Bindenähten und erschweren das Schweißen, Kleben und Bedrucken.
Seit etwa 15 Jahren haben sich überwiegend so genannte innere Formtrenn-
mittel, beispielsweise Kalzium- oder Zinkstearate bei der Polyurethan-RIM/
RRIM-Herstellung, durchgesetzt. Mit ca. 0,5 bis 1 Masse-% werden sie der Form-
masse bzw. dem Polyol beim PUR zugegeben und verhindern das Haften des
Formteiles beim Entformen aus dem Werkzeug.
Eine Migration des Formtrennmittels über der Rohteillagerung oder auch
schon im heißen Werkzeug während der Vernetzung/Kristallisation erfordert in-
tensive Waschvorgänge bei folgenden Lackierprozessen. Auch werden durch die
Formtrennmittel in Masse mechanische Eigenschaften wie Elastizitätsmodul re-
duziert. Die Stearate können auch als Zentren für Rissauslösung bei Langzeitbe-
anspruchungen wirken, wie beispielsweise in ultrahochmolekularem Polyethy-
len (UHMW-PE) für Gelenkendoprothesen.

Härter
Härter – auch Initiatoren genannt – sind Stoffe, die den Vernetzungsvorgang von
Harzen (oder linearen Polymeren) katalytisch auslösen. Der Härtungsvorgang
vollzieht sich meist in der Wärme. Die so genannte Kalthärtung ist jedoch bereits
bei Raumtemperatur möglich. Bei den Pheno- und Aminoplasten sowie den Fu-
ranharzen lösen Säurehärter das Vernetzen beim Formungsvorgang in der
Wärme aus. Die Polymerisation der ungesättigten Polyester- und Methacrylat-
harze hingegen wird durch Peroxide eingeleitet. Ihre Wirkung kann durch Be-
schleuniger gesteigert werden. Die für UP-Harze bevorzugten Peroxidhärter
sind die Hydro-, Alkyl-, Acryl-, Acetylbenzoyl-, Ketal- und die Ketonperoxide so-
wie die Perester [17].
Um bestimmte Charakteristiken bei der Härtung, insbesondere bei der
Reaktionsgeschwindigkeit zu erzielen, kann auch mit Peroxidkombinationen ge-
arbeitet werden. Die Peroxide [4] werden in flüssiger, pastöser und in fester
Form angeboten. Die verhältnismäßig geringe Stabilität der Peroxide erfordert
den Zusatz so genannter Phlegmatisierungsmittel, das heißt träge machender
Substanzen. Zu den Härtern zählen auch die Stoffe, die bei Reaktionsharzen,
zum Beispiel PUR und EP, eine Härtung durch Polyaddition bewirken. Sie rea-
gieren im eigentlichen Sinn nicht katalytisch, sondern als bi- oder polyfunktio-
nelle Verbindungen, gleichsam als vernetzende Elemente [40]. Zu diesen
gehören die Polyisocyanate (PUR) sowie die Polycarbonsäuren und -anhydride,
Polyamine, Polyamide und Polyaminoamide (EP).
Vernetzungsreaktionen bei Elastomeren bezeichnet man als Vulkanisation.
Gemeint ist dabei die Herstellung von Elastomeren aus Kautschuk durch weit-
maschige chemische Vernetzung.
Die kovalente Brückenbildung zwischen den Kautschukketten kann durch
verschiedene chemische Reaktionen erfolgen. Tabelle 1-39 [5] fasst die wichtigs-
ten Vernetzungsreaktionen und -systeme für Kautschuk zusammen.
Tabelle 1-40 beleuchtet den Einfluss des Vernetzungssystems auf ausgewählte
Eigenschaften von Elastomeren und Duroplasten.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 159

Tabelle 1-39. Vernetzungsreaktionen und Vernetzungssysteme für Kautschuk [5]

Vernetzungsreaktion Vernetzungssysteme Kautschuke

Reaktion von Schwefel mit Schwefel-Beschleuniger- NR, BR, SBR, NBR, CR, IIR,
Kautschuk Systeme CIIR, BIIR, EPDM, ETER, PNR,
Schwefelspender-Systeme TOR
Reaktion von Radikalen mit Peroxide EPM, EPDM, EAM,
Kautschuk energiereiche Strahlung HNBR, CM, CSM, Q, MVQ, AV,
PE und alle Dien-Kautschuke.
Nicht geeignet für IIR, CIIR,
CO, ECO
Reaktion von bifunktionel- Polyvalente Metalloxide CR, BIIR, CIIR, CM, CSM
len Verbindungen mit reak- Diisocyanate AU, EV
tiven Gruppen des Phenol-Formaldehyd-Harze IIR, BIIR, CIIR
Kautschuks Dioxime IIR
Bisphenole FPM
Diamine CO, ECO, AEM, BIIR, CIIR,
ACM, FPM
Reaktion von bifunktionel- Diisocyanate Dienkautschuke
len Verbindungen mit Phenol-Formaldehyd-Harze Dienkautschuke
Dien-Kautschuk
Silanvernetzung multifunktionelle Silane Silikonkautschuke, PE

Tabelle 1-40. Einfluss des Vernetzungssystems auf ausgewählte Eigenschaften [5]

Einfluss des Vernetzungssystems

Reaktionskinetik Induktionszeit
Aktivierungsenergie
Vernetzungsgeschwindigkeit
Netzstellen Vernetzungsdichte
Chemische Struktur
physikalische Eigenschaften Spannungs-Verformungsverhalten
bleibende Verformung
dynamische Eigenschaften
chemische Eigenschaften thermische Stabilität
chemische Beständigkeit

Haftvermittler
Zu den Haftvermittlern zählen die Substanzen, die zwischen zwei Substraten
eine enge physikalische und/oder chemische Bindung herstellen. Bei den mit-
einander zu verbindenden Trägermaterialien handelt es sich um faserförmige
Verstärkungs- oder partikelförmige Füllstoffe auf der einen und um Kunststoffe
oder Metalle auf der anderen Seite. Die Haftvermittler bilden in jedem Falle
Brücken zwischen den Grenzflächen beider Komponenten. Haftvermittler-
Harze auf der Basis von Styrol/Butadien-Legierungen dienen zum Beispiel als
160 1 Einführung in Polymer Engineering

verbindende Schichten beim Laminieren von Tafeln und beim Coextrudieren


von Folien aus Styrol-Polymerisaten mit Polyolefinen, PC, PMMA und PA [10].
Werden bei der Beschichtung oder Laminierung von Substraten aus Poly-
ester-, Polyamid- oder Aramid-Fasern mit Weich-PVC hohe Trennfestigkeiten
verlangt, so wird der Einsatz von Haftvermittlern notwendig.
Welches der Haftvermittler-Systeme zum Einsatz kommt, richtet sich vor al-
lem nach den Anforderungen an den herzustellenden Artikel, den Arbeitsbedin-
gungen bei der Bereitung der Grundstrichpaste, der Art der Beschichtungsan-
lage sowie der Verweilzeit im Gelierkanal.
Typische Einsatzgebiete für Haftvermittler sind heute u. a. LKW- und Ab-
deckplanen, Traglufthallen und andere textile Bauten, flexible Behälter, Zelt-
dächer, Markisen, Schutzbekleidung, Fördergurte, Flockteppiche, Schaumkunst-
leder.
Eine Übersicht über die einzelnen Haftvermittler ist in [41] enthalten.
Zum Einsatz kommen ein- oder zweikomponentige Haftvermittler-Systeme,
die lösemittelfrei oder lösemittelhaltig sein können. Tabelle 1-41, 1-42 und 1-43
zeigen einige für Weich-PVC geeignete Stoffklassen.
Bei Elastomeren erfolgt die Bindung zwischen Kautschuk und textilen oder
metallischen Verstärkungen ebenfalls über Haftvermittler oder haftvermit-
telnde Zwischenschichten. Tabelle 1-44 [5] nennt übliche Haftsysteme.

Tabelle 1-41. Einkomponenten-Haftvermittler (in Anlehnung an [41])

Stoffklasse Bemerkungen

aromatisches Polyisocyanurat in DBP lösemittelfrei


aromatisches Polyisocyanurat in Butylacetat
aromatisches Polyisocyanurat in DOP lösemittelfrei

Tabelle 1-42. Zweikomponenten-Haftvermittler (in Anlehnung an [41])

Stoffklasse Bemerkungen

hydroxylgruppenhaltiger Polyester in Ethylacetat lösemittelfrei


hydroxylgruppenhaltiger Polyester
aliphatisches Polyisocyanat in MPA/X
aromatisches Diisocyanat Pulver
aliphatisches Polyisocyanat lösemittelfrei
aromatisches Polyisocyanat in Ethylacetat

Tabelle 1-43. Reaktionsverzögerer (in Anlehnung an [41])

Stoffklasse Bemerkungen

Organisches Säurechlorid in Butylacetat für lange Topfzeiten


1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 161

Tabelle 1-44. Haftvermittler für textile und metallische Festigkeitsträger [5]

Anwendung Haftsystem

Chemische Bindung an Festigkeitsträger: Resorcin-Formaldehyd-Latex (RFL)


Isocyanat-Haftsysteme
Resorcin-Formaldehyd-Silica (RFS)
Chemische Bindung an Metalle: Messing- oder Zinkbeschichtung
Resorcin-Formaldehyd-Silica (RFS)
Isocyanat-Haftvermittler
Halogenierte Haftvermittler

Allen Systemen gemeinsam ist, dass das Haftmittel eine chemische Bindung
mit dem Substrat eingeht und auch mit dem Kautschuk chemisch reagiert. Für
die Haftung zwischen textilen Fasern und Kautschuk werden wässrige Systeme
bevorzugt.
Bekannt hierfür ist das RFL-Dip; Resorcin wird in einem alkalischen Medium
vorkondensiert, es bilden sich Mono-, Di- und Trimethylolresorcine.
Die Fasern werden mit dem Reaktionsprodukt ergänzt, mit Naturkautschuk
oder SBR- und Vinylpyridin-Latex beschichtet. Während der folgenden Trock-
nung bei 150 °C bis 230 °C reagiert die Methylol-Gruppe sowohl mit der Faser-
oberfläche als auch mit den aktiven Molekülgruppen des Kautschuks. Über die
anschließende Vulkanisation vernetzt auch der an die Faser gebundene Kaut-
schuk.
Aktive Wasserstoffatome bei Resorcin-Methylos-Systemen (Rayon oder Po-
lyamiden), Epoxid-Pre-Dips oder Isocyanate bei Polyester- und Aramid-Fasern,
sowie Silane bei Glasfasern bewirken die Vernetzung.
Haftvermittler, die in die Mischung zugegeben werden (so genannte
Direkthaftsysteme wie z. B. Resorcin-Formaldehyd-Silica), sind vorteilhaft, weil
der Dip-Prozess entfällt. Nachteilig ist dagegen ein höherer Harzverbrauch und
ähnlich wie bei den Formtrennmitteln in der Mischung auch, kann es Eigen-
schaftsänderungen im Elastomer geben [5].
Zur besseren Adhäsion von Kautschuk auf Stahl wird dieser mit a-Messing
beschichtet. Es reagiert mit Schwefel zu Zinksulfid und dem Kautschuk.
Organische Kobaltverbindungen katalysieren die Reaktion und erfordern
eine hohe Schwefeldosierung. Alternativ dazu bieten sich Resorcin-Formalde-
hyd-Silica-Systeme an.
Bei Isocyanaten als Haftvermittler kann die Messingschicht entfallen, aller-
dings sind hierbei Lösemittel einzusetzen.
Wässrige Dispersionen chlorierter oder sulfurchlorierter Polyethylene, die
mit Polynitrosoverbindungen vernetzt werden, bilden einen Ausweg [5].
Von großer Bedeutung für das Füllen und Verstärken von Kunststoffen sind
die im englischen Sprachgebrauch als coupling agents (Kuppelagenzien) be-
zeichneten Haftvermittler. Zu diesen gehören in erster Linie die Silane, gefolgt
von den Titanaten.
162 1 Einführung in Polymer Engineering

■ Silan-Haftvermittler
Dabei handelt es sich um monomere Verbindungen der allgemeinen Form
(RO)3SiR¢X. X repräsentiert eine organofunktionelle Gruppe, beispielsweise
Amine, Methacrylate, Epoxid und andere. Diese Gruppen sind durch eine stabile
Kohlenstoffbindung R¢, meistens eine –(CH2)-Gruppe, mit dem Silicium ver-
bunden. An dem organischen Ende des Moleküls befinden sich hydrolisierbare
Alkoxy- oder Acetoxy-Gruppen (RO). Diese Gruppen hydrolisieren in wässriger
Lösung oder bei Einwirkung von Luftfeuchtigkeit zu der reaktiven Silanol-
Gruppe-Si(OH)3. Die Silanol-Gruppe kondensiert mit Hydroxid-Gruppen an der
Oberfläche siliciumhaltiger Materialien (Glas und andere Mineralien) und bil-
det eine kovalente Bindung. Die organische Gruppe R¢X reagiert mit der Matrix
und führt zu einer besseren Haftung zwischen dieser und dem anorganischen
Zusatzstoff wie Glasfasern oder Glaskugeln.
Beim Füllstoffcoating, beispielsweise von synthetischer Kieselsäure oder
ATH, vollzieht sich zwischen den reaktiven Hydroxylgruppen in der Füllstoff-
oberfläche und den Gruppen (RO)3Si eine Kondensationsreaktion. Durch steri-
sche Behinderung der Hauptreaktion sind auch Quervernetzungen der
Haftvermittlermoleküle möglich. Die dabei entstehenden Si–OH-Gruppen kön-
nen bei H2O-Molekülen zusätzlich Wasserstoffbrücken zum Substrat bilden. Bei
siliciumfreien Substanzen reagieren die Silane mit Oxiden oder Oberflächen-
feuchtigkeit. Eine davon abgeleitete Variante ist die peroxidisch initiierte Pfrop-
fung von Vinyl-Siloxanen auf Polyethylen und die nachfolgende Vernetzung
durch Einwirkung von Wasser. Rohre, Behälter und Kabelisolationen sind
Anwendungsgebiete.

■ Titanate
Die mit Titanat behandelten anorganischen Stoffe sind hydrophob, organophil
und organofunktionell. In Verbindung mit Polymeren verbessern sie die
Schlagzähigkeit, führen nicht zum Verspröden und bewirken selbst bei Füllstoff-
anteilen von mehr als 50 Masse-% eine Schmelzviskosität, die niedriger ist als die
des nicht gefüllten Polymeren [42]. Die Titanate reagieren mit Kreide, Schwer-
spat, Ruß, Cellulose, Peroxiden, C- und Aramid-Fasern sowie mit den Kunststof-
fen. Die Zusatzmengen betragen 0,1 bis 0,5 %. Die Titanat-Haftvermittler erfül-
len insgesamt sechs Aufgaben, von denen eine die chemische Bindung von Füll-
oder Verstärkungsstoffen an die Kunststoffmatrix darstellt. Außer der Verbesse-
rung der mechanischen Eigenschaften der Formstoffe, der Abkürzung der Zyk-
luszeiten beim Spritzgießen, der Reduzierung des Spritzdrucks und dem mögli-
chen höheren Füllstoffanteil reduziert sich der Energieverbrauch bei höherer
Durchsatzleistung.

Inhibitoren
Dazu gehören Stoffe, die einen Polymerisations- oder Vernetzungsvorgang ver-
hindern oder verzögern, dieses im Gegensatz zu den Aktivatoren oder Pro-
motoren. Beispielsweise kann bei UP-Harzen die Härtungsreaktion erst dann
beginnen, wenn der Inhibitor verbraucht ist. Er verlängert die Gelierzeit, ohne
die Entformungszeit in gleichem Maße zu verringern. Bekannte Inhibitoren sind
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 163

alkylierte Phenole, Kresole und Chinone. Die Chinone sind zwar sehr wirksam,
jedoch wenig stabil [17]. Inhibitoren erhöhen ebenfalls die Lagerungsstabilität
der Ausgangsprodukte.

Keimbildner
Die Keimbildner (Nukleierungsmittel) [4] erfüllen den Zweck, bei teilkristalli-
nen Thermoplasten den Kristallinitätsgrad zu erhöhen. Die Kristallisationstem-
peratur ist bei konstanter Abkühlgeschwindigkeit umso höher, je höher die
Keimdichte ist. Daraus folgt unmittelbar eine Verkürzung der Zykluszeit beim
Spritzgießen nukleierter Formmassen [43]. Häufig kann wegen der höheren Kris-
tallisationstendenz (höherer Kristallinitätsgrad) eine mögliche Nachkristallisa-
tion mit ihren negativen Folgen für die mechanischen Eigenschaften und die
Maßhaltigkeit vorweggenommen werden. Keimbildner sollen durch das Poly-
mere benetzt und in diesem unlöslich und feinkörnig (1 bis 10 mm) sein und ei-
nen höheren Schmelzpunkt als das Polymere aufweisen. Als Keimbildner be-
währen sich: Anorganische Stoffe (Talkum, synthetische Kieselsäure, Kaolin), or-
ganische Stoffe (Salze von Mono- und Polycarbonsäuren und Pigmente sowie
Polymere (Ethylen/Acrylester-Copolymerisate, PA 6.6 und PET-Pulver).

Kicker
Bei der Herstellung von Schaumstoffen aus Hart- und Weich-PVC mit chemi-
schen Treibmitteln, beispielsweise Azodicarbonamid, werden als Starter zur Re-
duzierung der Zersetzungstemperatur, Regelung der Gasabspaltung und der Po-
renstruktur Polyole und Harnstoff verwendet. Auch einige Füllstoffe und Pig-
mente bewähren sich als Regelsubstanz. Als Ersatz cadmiumhaltiger Substanzen
gibt es flüssige Zink-alkalihaltige Produkte und ebenfalls flüssige Zn/K-Salz-
Komplexe [9]. Als Porenregler beim Schäumen von Extrudaten (Tafeln, Folien,
Profile) mit Hilfe physikalischer Treibmittel bewährt sich Zitronensäure. Auch
das bei der Herstellung peroxidisch vernetzter Schaumstoffe am häufigsten ver-
wendete ADC wird in Kombinationen mit einem Kicker eingesetzt. Dieser Akti-
vator ermöglicht das Reduzieren der Zersetzungstemperatur sowie das Feinab-
stimmen der Treibmittel- und Peroxidzugabe. Zu homogenen Schaumstoffen
mit feinen, geschlossenen Zellen führt beispielsweise eine Kombination von
Zinkoxid und Stearinsäure [44].

LP-Additive (low profile)


UP-Harze schwinden beim Härten um 6 % bis 9 %. Bei warmgehärteten Form-
stoffen kommt die thermische Schwindung hinzu. Die Folge sind Eigenspan-
nungen, Einfallstellen und Lunker. Diese Nachteile können durch schwindungs-
arme Harzsysteme und durch die Zugabe von Füll- und Verstärkungsstoffen
nicht vollständig kompensiert werden. Bei den bei Temperaturen von mehr als
100 °C härtenden schwindungsarmen Harzen handelt es sich um Zweiphasensys-
teme, bei denen ein geeigneter Thermoplast mit einer Teilchengröße bis zu
50 mm im monomeren Anteil – meistens Styrol – dispergiert ist. Härten diese
164 1 Einführung in Polymer Engineering

Harze bei Raumtemperatur, dann schwinden die Formteile normal, das heißt
6 % bis 9 %. Beim Aushärten in der Wärme geht jedoch die Schwindung mit stei-
gender Temperatur zurück. In einem offenen Werkzeug vergrößert sich sogar
das Volumen. Die Ursache dieses Phänomens liegt in der thermisch bedingten
Ausdehnung der dispergierten Partikel (PS und Copolymerisate, Polyolefine,
PMMA, PVAC). Die kohärente Phase besteht aus der styrolischen Lösung des UP,
die zweite Phase aus den in Styrol dispergierten Thermoplasten. Dieses Zwei-
phasensystem ist auch in der Wärme beständig. Die Polymerisation des Styrols
in der zweiten Phase verläuft langsamer, als die Copolymerisation des Styrols
mit dem ungesättigten Polyesterharz der kohärenten Phase. Bei hohen Härtungs-
temperaturen kommt es sogar zum Verdampfen von Styrol, was bei dem, der
herrschenden Temperatur entsprechenden, Dampfdruck zu einer Volumenver-
größerung führt. Erst wenn die äußere Phase sich verfestigt hat, polymerisiert
auch das in den dispergierten Teilchen noch verbliebene Styrol. Die schwin-
dungsarmen UP-Harze sollten sehr reaktiv sein, d. h. mehr Doppelbindungen
enthalten, um eine Härtungstemperatur von 120 °C bis 140 °C zu erreichen. Härt-
bare Formmassen (BMC) und Harzmatten (SMC) sind die prädestinierten Pro-
dukte für die Herstellung von Formteilen mit schwindungsarmer, glatter, kontu-
rengenauer und nachbearbeitungsfreier Oberfläche, wie sie vor allem von der
Automobilindustrie verlangt werden [45] und heute Stand der Technik sind.

Metalle und Metalloxide


Metallpulver aus Aluminium, Bronze, Kupfer und Nickel werden den thermo-
und duroplastischen Formmassen sowie den Reaktionsharzen dann zugesetzt,
wenn Formstoffe mit hoher Wärme- oder elektrischer Leitfähigkeit hergestellt
werden sollen. Ein typisches Beispiel bildet die Verwendung von Aluminium-
pulver bei PF-Pulverharzen zum Pressen von Tragkörpern für Diamantschleif-
scheiben. Schwermetallpulver erhöhen die Beständigkeit von Formteilen gegen
Neutronen- und g-Strahlen. Metalloxide dienen zur gezielten Verbesserung be-
stimmter physikalischer Eigenschaften. Aluminiumoxid verbessert die elektri-
schen Werte, Berylliumoxid die Wärmeleitfähigkeit, Eisenoxid das Magnetver-
halten, Blei- und Zinkoxid erhöhen die Dichte. Magnesiumoxid dient als Visko-
sitätsregler bei UP-Harzen. Metallfasern werden als Verstärkungsmaterial und
zur Verbesserung der EMV eingesetzt.

Mikrobentötende Zusätze
Während die Kunststoffe als solche kaum von Mikroorganismen wie Bakterien,
Pilzen, Hefen und Algen angegriffen werden, können jedoch einige Zusatzstoffe,
vor allem die darin enthaltenen Weichmacher, als Nahrungsquelle dienen. Des-
halb gilt das Verhindern des biologischen Abbaus vor allem dem Weich-PVC. Al-
lerdings können auch einige Pigmente, Füllstoffe, Verarbeitungshilfen und Sta-
bilisatoren von diesen Kleinlebewesen befallen werden. Sie erzeugen Stoffwech-
selprodukte, die ätzend oder fleckenbildend wirken oder auch die mechanischen
Eigenschaften des Werkstoffes beeinträchtigen. Zu den mehr oder weniger an-
greifbaren Weichmachern zählen die Abkömmlinge der Milch- und Adipin-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 165

säure, Sebazinsäure und epoxidierte Fettsäuren; grundsätzlich jedoch die


Oleate, Stearate und Polyester. Günstiger verhalten sich die Phthalate, Phosphate
und Toluolsulfonate [46]. Von der großen Anzahl der patentrechtlich geschütz-
ten Biostabilisatoren haben bisher das Kupfer-8-hydroxychinolin, das N-
(Trihalogenmethylthio)tetrahydrophthalimid, das Diphenylantimon-2-ehtylhe-
xanoat, das N-(trihalogenmethylthio)phthalimid und das Tributylzinnoxid so-
wie dessen Derivate eine anwendungstechnische Bedeutung erlangt. Eine hohe
Temperatur- (300 °C), Licht-, Säure- und Alkalibeständigkeit weisen Benzimida-
zolderivate auf. Kombinationen von Zinkdithiocarbamat und einem Benzimida-
zolderivat sind bis 200 °C und im Bereich pH 3 bis 13 beständig. Häufig werden
die Wirkungssubstanzen in Weichmachern, Costabilisatoren oder Lösemitteln
angeboten.
Die Biostabilisatoren [4] müssen zahlreiche Anforderungen erfüllen, denn
außer der Wirkungsbreite, der Beeinflussung der Licht- und Wärmebeständig-
keit mit den übrigen Rezeptbestandteilen, der Wirkungsdauer und der Lagerbe-
ständigkeit ist für den Gebrauch die Toxizität von großer Bedeutung, denn die
Biostabilisatoren wirken nicht nur auf Mikroorganismen toxisch, sondern mehr
oder weniger auch auf Warmblüter. Deshalb sind die Merkblätter der Hersteller
sorgfältig zu beachten. Bei Gegenständen, die dauernd mit der menschlichen
Haut, mit Trinkwasser, Nahrungs- und Genussmitteln in Berührung kommen,
sollte die Verwendung von Biostabilisatoren unterbleiben.

Phlegmatisierungsmittel
Die begrenzte Stabilität der vor allem bei der Verarbeitung ungesättigter Poly-
esterharze verwendeten Peroxide erfordert das Verdünnen mit phlegmatisieren-
den Substanzen. Dabei handelt es sich um inerte mineralische Füllstoffe, (die we-
der angreifen noch angegriffen werden), um Wasser oder Weichmacher auf der
Basis von Phthalaten. Die phlegmatisierten Peroxide weisen in der handelsübli-
chen Form meistens eine Konzentration von 50 % auf [17].

Photoinitiatoren
Die Entwicklung von Initiatoren, die das Härten von UP-Harzen mit Licht im
langwelligen und damit ungefährlichen UV-A-Bereich mit Hilfe von Leucht-
stofflampen oder Quecksilberdampf-Hochdruckstrahlern ermöglichen, führt
zu Einkomponentensystemen bei Lacken, Spachtelmassen, vorimprägnierten
Glasfasermatten und Rovings. Als Initiatoren dienen Benzoin sowie Benzil und
deren Abkömmlinge. Sie werden durch die UV-Strahlung in Radikale gespalten,
die die Polymerisationsreaktion auslösen. Die Spachtelmassen werden hand-
werklich verarbeitet, während flächige Halbzeuge wie Thermoplaste in Thermo-
formanlagen und strangförmiges Material auf numerisch gesteuerten Hochge-
schwindigkeitsanlagen verarbeitet werden können [47].
Die Wechselwirkung von Licht (UV oder sichtbarer Bereich) mit chromophoren
Gruppen löst photochemische Reaktionen aus. Die lichtabsorbierenden Gruppen
sind entweder im Polymer eingebaut (z.B. Vinyl-Cinnamat, Naphtyl-Vinylacetat)
oder werden als Photoinitiatoren (z.B. Diphenyldisulfid) zugesetzt [5].
166 1 Einführung in Polymer Engineering

Schlagzähigkeitsverbesserer
Die Schlagzähigkeitsverbesserer (engl. impact modifier) sind Homo- oder Co-
polymere, die dank ihrer niedrigen Glasübergangstemperatur spröde Polymere
so zu modifizieren vermögen, dass diese auch in der Kälte schlagzäh bleiben.
Voraussetzung für das Eigenschaftsbild dieser Polymer-Blends ist die Tatsache,
dass die beiden Liganden nur eine bedingte Verträglichkeit aufweisen. Es han-
delt sich somit im physikalischen Sinne nicht um eine Mischung, sondern viel-
mehr um ein Gemenge, denn nur so kann die eingebettete, elastifizierende Kom-
ponente als Stoß- und Schlagabsorber wirken. Der Anteil dieser Komponente be-
trägt meistens mehr als 10 Masse-%.
Außer dem Mischen von verschiedenen Polymeren gibt es naturgemäß noch
andere Wege, um zu schlagzähen Kunststoffen zu gelangen, beispielsweise die
Co- und Pfropfpolymerisation oder das Ausrüsten spröder Polymeren mit
Weichmacher. Diese Produkte bleiben jedoch in diesem Abschnitt außer Be-
tracht. Bei PVC-U erweist sich der Zusatz von feinstem, gefälltem Calciumcar-
bonat (Korngröße 75 nm) als ein vorzüglicher Verbesserer der Schlagzähigkeit
und zugleich der Oberflächengüte.
Zu den anwendungstechnisch wichtigsten PP-Blends gehören die mit EPM
oder EPDM (Polyolefinelastomere) modifizierten Propylen-Homo- und Copoly-
merisate. Eine Langzeit-UV-Stabilisierung ermöglicht den Einsatz im Freien.
Auch die Lackierbarkeit dieser Typen wurde verbessert. Zu den seit Jahren be-
kannten Zähigkeitsverbesserern von PA, dem Ethylen/Vinylacetat (EVAC)-Co-
polymerisat sowie PE-HD, kommen die thermoplastischen PO- und PA-Elasto-
mere. Die mit diesen Elastomeren ausgerüsteten Formmassen erhalten durch
Füllen und Verstärken wieder die Steifigkeit des Grundwerkstoffs, ohne an
Schlagzähigkeit zu verlieren (s. a. Kap. 2.1.1.2, Tab. 2-12 und 2-13).
Außer ABS, mit Polybutadien als elastifizierender Komponente, gibt es noch
einen Vorläufer unter den kälteschlagzäh ausgerüsteten Polymeren, das PVC-U.
Zu den elastifizierenden Liganden gehören: EVAC, EVAC/VC-Pfropfpolymerisat,
PAE/VC (Polyacrylsäureester/Vinylchlorid-Copolymerisat), ACE (Acrylester/
MMA-Pfropfpolymerisat) sowie das in mehr als 35jähriger Bewährung bekannte
chlorierte Niederdruckpolyethylen PE-C. Alle genannten Polymer-Blends eig-
nen sich für den Außeneinsatz, denn sie enthalten keine ungesättigte Kompo-
nente. Für die Innenanwendung hingegen kommen Polybutadien-modifizierte
Produkte in Betracht, zum Beispiel MBS, ein Methylmethacrylat/Butadien/Sty-
rol-Pfropfpolymerisat [48].
Witterungsbeständige AXS-Polymere enthalten anstelle des UV-gefährdeten
Polybutadiens ein dienarmes Acrylesterelastomer, was eine hohe Wetterfestigkeit
aufweist. Auch mit dienarmen EPDM elastifiziertes Polystyrol bleibt im Außen-
einsatz schlagzäh. Transparentes, schlagfestes Polystyrol (SB) wird dann ge-
wonnen, wenn die normalerweise opakizierende Kautschukkomponente nicht
in Form von kugelförmigen Partikeln, sondern von feinsten Lamellen in die
kohärente PS-Phase eingebettet wird. Aus dem gleichen Brechungsindex ergibt
sich die Transparenz.
Als elastifizierende Komponente für Phenoplaste kommt vor allem der form-
aldehydbeständige Nitril/Butadien-Kautschuk (NBR) in Betracht. Beim Härten
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 167

reagieren Harz und Kautschuk miteinander. Naturkautschuk ist mit Phenolhar-


zen nicht verträglich. Bei 25 % Kautschukanteil sinkt jedoch der E-Modul mit
1000 N/mm2 bereits in den mittleren Bereich unverstärkter Thermoplaste. Die
Schlagzähigkeit erreicht die Werte vom Typ 74 (Textilschnitzel verstärkt). Die
Formbeständigkeit in der Wärme ist mit Temperaturen von weniger als 100 °C
niedriger als die vom Typ 31.

Treibmittel
Schaumstoffe können nach drei Verfahren hergestellt werden: dem Latex-
Schäumverfahren (bei dem die Zellstruktur durch Einschlagen von Luft in
das zu schäumende Produkt erhalten wird), dem chemischen und dem phy-
sikalischen Treibverfahren. Unter den physikalisch wirkenden Treibmitteln
spielen die von löslichen Feststoffen abgegebenen keine Rolle. Von den ver-
dichteten Inertgasen kommt nur der Stickstoff (in den USA) in Betracht.
Leicht siedende Flüssigkeiten sind bis zu einem Siedepunkt von 110 °C von tech-
nischer Bedeutung [47]. Pentan wird vom Markt nur zögernd aufgenommen.
Beim Extrudieren von PS-Schaumstoff dient Methylenchlorid als Treibmittel.
Die fluorierten, aliphatischen Kohlenwasserstoffe (R 11, R 12, R 113 und R 114)
kommen den an physikalische Treibmittel gestellten Anforderungen am nächs-
ten, denn sie sind nicht brennbar, gesundheitlich unbedenklich und thermisch
stabil.
Wegen nachhaltiger Schädigung der die lebende Natur auf der Erde schüt-
zenden Ozonschicht dürfen die FCKW ab Mitte der neunziger Jahre nicht mehr
als Treib- und Kältemittel verwendet werden. An ihre Stelle treten bis auf weite-
res die weniger schädlichen HF(C)KW und/oder die Kohlenwasserstoffe (Pen-
tan, Cyclopentan).
Das bekannteste chemische Treibmittel [4] für Thermoplaste und EP-Harze
ist Azodicarbonamid (ADC). Mit einer Gasausbeute von 220 g/ml ist es das wirt-
schaftlichste aller handelsüblichen Treibmittel. Es entspricht den Empfehlungen
des BGA und der FDA. Die an sich sehr hohe Zersetzungstemperatur von 205 bis
215 °C kann durch Zusatzstoffe, so genannte Kicker, reduziert werden. Als
Kicker dienen: Polyole, Harnstoff, Amine sowie Zinkoxid, Zinkstearat, Calcium-
stearat und andere. Zu den chemisch wirkenden Treibmitteln gehören auch die
Hydrazin-Derivate, die Semicarbazide, die Tetrazole und die Benzoaxine, Tabelle
1-45 [49]. Zu erwähnen ist aber auch CO2, das bei Wasser-Anwesenheit im Polyol
bei der Synthese von Polyurethan mit Isocyanat freigesetzt wird und zu PUR-
Schaum führt.

Stabilisatoren
Im Jahre 2001 wurden weltweit 850 000 t/a Stabilisatoren verbraucht. 70 Prozent
davon werden in PVC eingesetzt [3].
Restriktionen gegen schwermetallhaltige Stabilisatoren erzeugen einen Trend
hin zu organischen Verbindungen. Zusammen mit Co-Stabilisatoren und/oder
Synergisten entstehen so genannte Multifunktionsadditive, wie beispielsweise
Verarbeitungshilfen mit integriertem Licht- und Oxidationsschutz.
168 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-45. Eigenschaften gebräuchlicher chemischer Treibmittel

Chemische Bezeichnung Zersetzungs- Gasausbeute Vorzugsweise


bereich in Luft ml/g verwendet
°C bei

Azodicarbonamid 205 bis 215 220 PVC, PE, PP,


PS, ABS, PA
modif. Azodicarbonamid 155 bis 220 150 bis 220 PVC, PE, PP,
EVA, PS, ABS
4,4¢-Oxibis(benzolsulfohydrazid) 150 bis 160 125 PE, PVC, EVA
Diphenylsulfon-3,3¢-disulfohydrazid 155 110 PVC, PE, EVA
Diphenylsulfon-4,4¢-disulfohydrazid 175 bis 180 120 PE, EVA, PVC
Trihydrazinotriazin 275 225 ABS, PE, PP, PA
p-Toluylensulfonylsemicarbazid 228 bis 235 140 ABS, PE, PP,
PA, PS
5-Phenyltetrazol 240 bis 250 190 ABS, PPE, PC,
PA, PBT
Isatosäureanhydrid 210 bis 225 115 PS, ABS, PA,
PPE, PBT, PC

In Skandinavien und den Benelux-Ländern wird seit 2001/2002 auf bleihal-


tige Stabilisatoren verzichtet. Die Automobilindustrie stellt seit 2003 auf bleifreie
Kabel um.
Derzeit sind Stabilisatoren auf Calcium-Zink-Basis die beste Alternative, ob-
wohl die Systeme wegen der notwendigen Zugabe von organischen Co-Stabili-
satoren (Polyole und Phosphite) komplizierter und meist auch teuerer sind [3].
Dennoch werden Bleistabilisatoren, schon aufgrund des unvermindert
wachsenden Weltmarktes für PVC (2010 werden weltweit 35 Mio. t/a erwartet),
noch lange am Weltmarkt dominieren. Das Mengenverhältnis Blei zu alternati-
ven Systemen beträgt heute ca. 4:1.
Multifunktionelle Stabilisatorsysteme mit deutlich besseren Migrations- und
Farbeigenschaften bei erleichterter Handhabung (One-Packs) werden schwer-
metallhaltige Systeme bedrängen. Man schätzt, dass nur noch 80 000 t/a bleihal-
tige Stabilisatoren im Jahre 2010 eingesetzt werden.
Crompton Corp. (www.cromton-corp.com) stellte beispielsweise 2002 einen
organischen PVC-Stabilisator (Typ: OBS) für PVC-Rohre vor.
Cognis, NL (Tochter von Henkel) bietet einen Ca/Zn-Stabilisator (Typ: Stabi-
lox CZ2913GN) für Fensterprofile mit 10 % geringerer Dosierung und gleichen
Eigenschaften wie herkömmliche Pb-stabilisierte Systeme an.
Great Lakes, USA hat eine ganze Palette von neuen Stabilisatoren, darun-
ter auch ein flüssiges System (Typ: Anox 1315) für PVC sowie Fertigpräparatio-
nen (One-Packs) mit anderen Komponenten integriert (Typ: NDB) im Sorti-
ment [3].
Natürliche und synthetische Polymere unterliegen der Oxidation. Dieser
schädigende Abbau der Kunststoffe kann sowohl durch Wärmeeinwirkung bei
der Verarbeitung und im Einsatz, als auch unter dem Einfluss des UV-Anteils der
Sonnenstrahlung vor sich gehen. Beim Anwenden der Erzeugnisse im Freien
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 169

Tabelle 1-46. Antioxidantien für Elastomere [5]

Antioxidants- Chemische Bezeichnung Abkür- Eigenschaften


Gruppe zung

Substituierte 2,6-Di-tert. butyl-4-methylphenol BHT nicht verfärbend


Phenole
Substituierte 2,2¢-Methylen-bis-(4-methyl- BPH nicht verfärbend
Bisphenole 6-tert.butyl-phenol)
2,2¢-Methylen-bis-(4-methyl-6- CPH nicht verfärbend
cyclo-hexyl-phenol)
Dihydrochinoline 2,2,4-Trimethyl-1,2-dihydro- TMQ verfärbend
chinolin, polymerisiert
Diphenylamine Octyliertes Diphenylamin ODPA verfärbend
Aceton/Diphenylamin – ADPA verfärbend
Kondensationsprodukt
Phenyl-Naphtyl- Phenyl-a-naphtylamin PAN verfärbend
amine
Paraphenylen- N,N¢-Bis-(1,4-dimethylpentyl)- 77PD stark verfärbend
diamine p-phenylendiamin
N-isopropyl-N¢-phenyl- IPPD stark verfärbend
p-phenylendiamin
N-(1,3-dimethylbutyl)-N¢- 6PPD stark verfärbend
phenyl-p-phenylendiamin
N,N¢-Diphenyl-p-phenylendiamin DPPD stark verfärbend
N,N¢-Ditolyl-p-phenylendiamin DTPD stark verfärbend
Benzimidazole 2-Mercaptobenzimidazol MBI nicht verfärbend
Methyl-2-mercaptobenzimidazol MMBI

kann durch Zusammenwirken der beiden Einflüsse die Schädigung beschleu-


nigt werden.
Die wichtigsten Oxidationsstabilisatoren (Antioxidantien) für Elastomere
sind in Tabelle 1-46 [5] zusammengestellt.
Am besten schützen die (stark verfärbenden) p-Phenyldiamine, die allerdings
für die Peroxidvernetzung ungeeignet sind. TMQ (Tabelle 1-46) ist ein kosten-
günstiges Hitzeschutzmittel, jedoch ohne Ozonschutz.
Am ungünstigsten sind die nicht verfärbenden sterisch gehinderten Phenole,
die jedoch für helle Produkte und für den Lebensmittelkontakt benötigt werden
[5].
Tabelle 1-47 vergleicht die Wirksamkeit verschiedener Alterungsschutzmittel
in Naturkautschuk [50].

■ UV-Stabilisatoren
Bei im Freien befindlichen oder in geschlossenen Räumen fluoreszierendem
Licht ausgesetzten Kunststoffen werden durch den energiereichen UV-Anteil der
Strahlung physikalisch-chemische Vorgänge ausgelöst, die sich in einer Ver-
schlechterung der mechanischen Eigenschaften, in Glanzverlust und Verfärbung
äußern können. Der Grad der Schädigung hängt ab von: Lichtempfindlichkeit
des jeweiligen Kunststoffs, Art der Zusatzstoffe, Wanddicke der Erzeugnisse so-
170 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-47. Vergleich der Wirksamkeit der Alterungsschutzmittel gegen verschiedene Ein-
flüsse in Naturkautschuk: 1 = sehr gut, 5 = schlecht (keine Schutzwirkung) [50]

Anti-oxidantien Oxidations- Hitzeschutz Ermü- Ozonschutz Schwer-


schutz dungsriss- metall-
bildung stabilisator

Substituierte Phenole 3–4 4 5 5 4–5


Substituierte Bisphenole 2–3 3 5 5 4
Dihydro-chinoline 2 1–2 4 5 3
Diphenyl-amine 2–3 2 3–4 5 3
Acryl-naphtyl-amine 2 2–3 2 5 2–3
Dialkyl-p-phenylen- 2–3 3 1–2 1 2
diamine
Alkyl-aryl-p-phenylen- 1–2 2 1 1–2 2
diamine
Diaryl-p-phenylen- 1–2 2 2 2–3 2
diamine

wie Intensität und Wellenbereich der einwirkenden Strahlung. Die nachteiligste


Wirkung geht vom UV-Bereich (300 bis 400 nm) aus. Bei der Raumfahrt ist
außerdem die Strahlung im Bereich von 200 bis 300 nm zu berücksichtigen. Die
Schutzwirkung von UV-Stabilisatoren [4] beruht vor allem auf der Absorption
der schädlichen UV-Strahlung und deren Umwandlung in weit weniger schädi-
gende Wärmeenergie, das heißt langwellige Strahlung.
Die photochemische Schädigung der Kunststoffe kann durch folgende Me-
dien verzögert werden: Schutzüberzüge (Lacke, Metall), UV-Absorber, Quencher
und Radikalfänger/Peroxidzersetzer. Die üblichen Konzentrationen der Licht-
schutzmittel betragen 0,05 % bis 2 %. Zu den UV-Absorbern gehören außer dem
allerdings nur bei schwarz eingefärbten Erzeugnissen anwendbaren Ruß, vor al-
lem die schwerflüchtigen Hydroxyphenylbenzotriazole, einige Hydroxybenzo-
phenone sowie auch das bisher für Kosmetika verwendete Formamidin und der
Benzyliden-Campher [49]. Den Übergang von den UV-Absorbern zu den Quen-
chern (Löschern) bilden die Zimtsäureester. Die Quencher wirken nicht durch
Absorbieren der Strahlung, sondern durch Dissipation der von Chromophoren
aufgenommenen Energie. Dadurch verhindern sie jede weitere chemische Reak-
tion. Ihre Wirkung ist unabhängig von der Wanddicke. Die wichtigsten Quen-
cher sind die Nickelchelate. Sie erweisen sich bei PP und PE-HD als sehr wirk-
sam. Eine zusätzliche Eigenschaft der Nickelchelate besteht darin, dass sie als
Haftvermittler für Druckfarben wirken. Beim photooxidativen Abbau von Poly-
meren spielen die Hydroperoxide eine wichtige Rolle. Radikalfänger, beispiels-
weise phenolische Antioxidantien, hemmen den Abbau dadurch, dass sie die
Radikale verwandeln bzw. die beim Abbau gebildeten Peroxide zersetzen. Sie
werden in weniger reaktive Substanzen umgesetzt. Die besten Ergebnisse wer-
den erzielt, wenn gleichzeitig eine hohe Wärmestabilisierung mit Hilfe von
Antioxidantien und/oder Wärmestabilisatoren gewährleistet ist. Als wirksame
Hydroperoxidzersetzer erweisen sich Metall (Ni, Zn)-Komplexe schwefelhaltiger
Verbindungen. Als Radikalfänger wirken beispielsweise Benzoate vom Typ Ben-
zyliden-Campher.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 171

Die wichtigste Neuentwicklung auf dem Gebiet der Lichtschutzmittel brach-


ten in den vergangenen 10 Jahren die sterisch gehinderten Amine (HALS). Die
niedermolekularen Typen wurden in der Zwischenzeit durch hochwirksame po-
lymere Typen ergänzt. Sie bewähren sich vor allem bei dem sehr oxidations-
empfindlichen PP und anderen Polyolefinen – selbst bei geringen Wanddicken
der Erzeugnisse (Folien, Fasern). Die polymeren HALS-Typen erweisen sich als
sehr extraktions- und migrationsbeständig.
Von dem großen Sortiment an Lichtschutzmitteln können nur wenige bei ei-
ner Vielzahl von Kunststoffen optimal eingesetzt werden. Daraus resultiert das
Bestreben, für eine Reihe von Kunststoffarten bzw. deren verschiedenen Typen
anwendungsspezifische UV-Stabilisatoren zur Verfügung zu stellen und so den
erfolgreichen Einsatz der Kunststoffe für einen immer breiter gefächerten Markt
zu ermöglichen. Dass auch die Lichtschutzmittel in Form nichtstaubender, leicht
zu handhabender Masterbatches angeboten werden, versteht sich von selbst [51].

■ Wärmestabilisatoren
Während die meisten Polymere bereits durch die Anwesenheit von Antioxidan-
tien und Lichtschutzmitteln gegen die schädigende Wirkung von Wärme bei der
Verarbeitung und beim Einsatz hinreichend geschützt sind, bedarf vor allem das
PVC einer zusätzlichen Wärmestabilisierung. Bestünde das PVC-Makromolekül
nur aus Methylen- und CHCl-Gruppen, dann wäre es unter den gewöhnlichen
Verarbeitungsbedingungen sehr stabil. Die Instabilität rührt jedoch von be-
stimmten Elementgruppen her, die die Kette an jedem Ende abschließen. Es ist
auch möglich, dass sich tertiäre Cl-Atome in der Polymerkette befinden, die
Schwachstellen bilden.
Angesichts der geringen Thermostabilität des PVC ist es nicht verwunderlich,
dass seit dem ständig zunehmenden Verbrauch von weltweit 14 Mio. t/a mehr als
250 000 t/a an Stabilisatoren für nur diese eine Kunststoffsorte und ihre Modifi-
kationen benötigt werden. Die Auswahl der Stabilisatoren geschieht heute nicht
nur nach anwendungsspezifischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, son-
dern ebenso nach ihrer toxikologischen Beurteilung, die von Land zu Land
unterschiedlich sein kann. Die USA und Frankreich lassen beispielsweise für
Trinkwasserrohre keine Bleiverbindungen zu; an ihre Stelle treten Zinnstabilisa-
toren. In Europa ist der Verbrauch von Cadmiumstabilisatoren wegen gesund-
heitlicher Bedenken nicht mehr zugelassen.
Die Aufgabe der Wärmestabilisatoren besteht bei PVC darin, den bei der
Zersetzung freiwerdenden Chlorwasserstoff zu binden, Initialstellen durch
Substitution auszuschalten und die Autooxidation durch antioxidative Eigen-
schaften des Stabilisators, gegebenenfalls unter Mitwirkung von phenolischen
Antioxidantien oder Phosphiten zu verhindern.
Die schwefelhaltigen Zinnverbindungen eignen sich zum Stabilisieren von E-,
S- und M-PVC, von Co- und Pfropfpolymerisaten sowie vom PVC-Polymer-
blends. Bei allen Zinnstabilisatoren wird die damit erreichbare glasklare Trans-
parenz der Erzeugnisse besonders geschätzt. Die schwefelhaltigen Verbindun-
gen erfordern zur Erhaltung der Transparenz allerdings die Anwesenheit von
UV-Stabilisatoren [51]. Die Organozinn-Stabilisatoren sind sehr migrationsbe-
ständig. Die Butylzinnmercaptide werden in zunehmendem Maße zur Substitu-
172 1 Einführung in Polymer Engineering

tion von Ba/Cd-Stabilisatoren verwendet. Sie dienen im Übrigen allgemein zur


Herstellung technischer Produkte. Die schwefelfreien Zinnstabilisatoren, zum
Beispiel die Dialkylzinnmaleinate, sind im Gegensatz zu den schwefelhaltigen
Zinnstabilisatoren sehr lichtstabil und geruchsfrei. Im Hinblick auf den Aus-
tausch von Ba/Cd-Stabilisatoren haben die Barium/Zink- und die Calcium/
Zink-Stabilisatoren an Bedeutung gewonnen. Aus der Kombination von Zink-
carboxylat und Ba- bzw. Zn-Carboxylat ergibt sich ein Synergismus. Farb- und
Langzeitstabilität dieser Metallcarboxylate werden durch die Verwendung von
Costabilisatoren (z. B. Diketone, organische Phosphite, Polyole, Epoxidverbin-
dungen) wesentlich unterstützt [52]. Für das Stabilisieren von Hart-PVC bei
Außenanwendungen werden unverändert Ba/Cd-Stabilisatoren bevorzugt. Aus
Gründen der Arbeitshygiene werden diese Stabilisatoren als staubfreie Konzen-
trate verarbeitet. Die Draht- und Kabelummantelung sowie die Herstellung von
Druckrohren sind unverändert weltweit die wichtigsten Anwendungsgebiete
bleistabilisierter Hart- und Weich-PVC-Einstellungen. Die wichtigsten Verbin-
dungen sind dibasisches Bleistearat. Auch bei diesen Stabilisatoren bewährt sich
das Kombinieren mit Costabilisatoren und Gleitmittel, die auch als Konzentrate
am Markt erhältlich sind.

■ Zeitlich kontrollierbare Stabilität (Abbau)


Während die in den vorangehenden Kapiteln behandelten mikrobentötenden
Zusatzstoffe, Wärme- und UV-Stabilisatoren dem Erhalt der wertvollen Kunst-
stofferzeugnisse dienten, führen bestimmte Forschungs- und Entwicklungsar-
beiten in die genau entgegengesetzte Richtung, d. h. zum gezielten Abbau von be-
stimmten Halb- und Fertigerzeugnissen aus Kunststoffen. Dabei handelt es sich
vor allem um die in großen Mengen zu Packmitteln und Packstoffen verarbeite-
ten Standard-Kunststoffe PE, PVC und PS. Durch den sinnvollen Einsatz dieser
Produkte soll erreicht werden, dass das Aufkommen an Kunststoffmüll durch
zeitlich vorgegebenen photo- oder biochemischen Abbau verringert wird.
Unter Hinweis auf den Abschnitt „Abbaubares Polyethylen“ (siehe Abschn.
2.1.1.1.4.6) seien vorab an dieser Stelle einige andere Produkte aus dieser Reihe
genannt.
Nach G. C. Scott kann ein steuerbarer Abbau der oben genannten Polymere
durch Inkorporieren von radikalbildendem Eisendialkylthiocarbamat bei Ein-
wirkung von UV-Strahlung photochemisch erfolgen [10]. Nach Guilet werden
UV-sensitive Ketone einpolymerisiert.
In den USA liefern PE-Hersteller Copolymere aus Ethylen und Kohlenmonoxid
(E/CO), die nach mehrstündiger Sonneneinstrahlung zu zerbröckeln beginnen. Es
versteht sich von selbst, dass bei diesen Produkten jegliches Recyclieren oder
Compoundieren mit Normal-PE mit Sicherheit ausgeschlossen werden muss.
Einen zweiten Weg bietet der biochemische Abbau von Kunststoffen. Er wird
durch den Zusatz metallorganischer Verbindungen oder Stärke erreicht.
Anwendungsbeispiele sind die in der Landwirtschaft weit verbreiteten Mulchfo-
lien aus Polyethylen oder PVC. Diese Folien verrotten in einer Vegetationsperi-
ode und können ohne weiters untergepflügt werden.
Biologisch abbaubar sind auch aliphatische Polyester, Polycaprolactone und
thermoplastische Stärke [53].
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 173

Einen erfolgreichen Weg bietet auch das Aufbereiten von gewöhnlicher Stärke
in Doppelschnecken-Compoundiermaschinen unter Zugabe von Wasser und
chemischen Additiven verbunden mit intensiver mechanischer Scherung und
thermischer Beanspruchung. Das Endprodukt ist thermoplastisch verarbeitbare
Stärke. Das auf den technisch ausgereiften Anlagen hergestellte Granulat kann
auf herkömmlichen Extrudern zu Folien und auf Spritzgießmaschinen zu einfa-
chen Formteilen verarbeitet werden.

Weichmacher
Weichmacher dienen dazu, die Härte und die Sprödigkeit von Polymeren
herabzusetzen. Sie vergrößern den Abstand der Molekülketten, verringern so die
Nebenvalenzkräfte und verschieben den Einfrierbereich zu tieferen Temperatu-
ren, siehe auch Kapitel 1.3.1.1. Zum Erreichen dieses Zieles bieten sich zwei Mög-
lichkeiten: die innere und die äußere Weichmachung.

■ Die innere Weichmachung geschieht durch das Copolymerisieren von zwei


verträglichen Monomeren, deren Glasübergangstemperaturen weit auseinander
liegen.

■ Bei der äußeren Weichmachung handelt es sich um einen Solvations-, das


heißt Quellvorgang, bei dem der niedermolekulare Weichmacher von dem Poly-
meren durch Nebenvalenzkräfte gebunden wird. Die Wirksamkeit der dem Ver-
arbeiter allein zugänglichen äußeren Weichmachung ist besonders ausgeprägt
bei den polaren Polymeren (ein Beispiel bildet die weich machende Wirkung
von Feuchtigkeit beim hydrophilen Polyamid). Die Solvatation ist trotz starker
Dipolkräfte keine chemische Reaktion.
Bei den Weichmachern [41] – insbesondere bei denjenigen für PVC – wird
zwischen Primär- und Sekundärweichmachern unterschieden. Primärweichma-
cher sollen gut gelieren und nicht ausschwitzen. Sekundärweichmacher sind di-
polarme, mäßige Gelierer, die in Kombination mit Primärweichmachern ver-
wendet werden. Sie tragen zur Verminderung der Migrationstendenz, zur Kälte-
festigkeit und zur Extraktionsbeständigkeit bei. Primärweichmacher werden
häufig teilweise durch Extender ersetzt. Sie wirken nicht gelierend, beeinflussen
jedoch Viskosität, Reißfestigkeit und das Kleben der Oberfläche. Naturgemäß
spielt dabei auch die Verbilligung eines Rezeptes eine Rolle. Die so genannten
Polymerweichmacher sind besonders lösemittel- und migrationsbeständig. Sie
sind nicht flüchtig und gut kältebeständig, weil sie bei tiefen Temperaturen nicht
kristallisieren. Die weich machende Wirkung hängt sehr von der Konzentration
ab. Der älteste Weichmacher ist der Campher. Er wird seit dem Jahre 1868 zum
Verbessern der Verarbeitbarkeit und zur Flexibilisierung von Zelluloid verwen-
det. Im Verbrauch stehen die Phthalsäureester an erster Stelle, davon vor allem
das Dioctylphthalat (DOP), gefolgt vom Diisooctyl- und Diisononylphthalat so-
wie dem Dibutylphthalat (DBP). Der Einsatz von Phthalaten aus kurzkettigen
aliphatischen Alkoholen, beispielsweise Dimethylphthalat (DMP), bleibt wegen
der hohen Flüchtigkeit auf Celluloseester beschränkt. DOP zeichnet sich durch
hohes Geliervermögen, gute Verträglichkeit, Lichtstabilität, geringe Flüchtigkeit,
174 1 Einführung in Polymer Engineering

hohe Wasserfestigkeit und günstige elektrische Eigenschaften aus [10]. Neuere


Entwicklungen führten bei DIP zu einer Lebensmittel- und einer medizinischen
Qualität [44].
Die schwerflüchtigen, flammwidrigen Phosphorsäureester behaupten ihre
Position bei mechanisch hoch beanspruchten technischen Produkten wie För-
derbänder. Das nur für Formmassen aus Celluloseestern verwendete Triphenyl-
phosphat ist ein fast unbrennbares Produkt und in Benzin unlöslich. Das Tri-
kresylphosphat (TCF) ist ein flammwidriger Weichmacher für mechanisch
hoch beanspruchte PVC-Erzeugnisse. Die Ester der aliphatischen Dicarbonsäu-
ren (Adipin-, Azelain- und Sebacinsäure) dienen als Weichmacher für PVC und
PVAC. Diese Produkte sind kältefest und lichtbeständig. Die Ester höherer
Fettsäuren wie Pelargonate, Laurate, Palmitate, Stearate und Ricinoleate sind
streng genommen keine Weichmacher, sondern dienen als Extender, Sekundär-
weichmacher oder Gleitmittel.
Das Einsatzgebiet der epoxidierten Fettsäureester ist die Hart- und Weichver-
arbeitung von PVC. In Kombination mit Metallstabilisatoren wie Ca/Zn-Ver-
bindungen ergeben sich wertvolle synergistische Effekte.Wichtige Vertreter sind
epoxidiertes Soja- und Leinöl. Das Interesse an Zitronensäureester ist auf die
günstige gesundheitliche Beurteilung zurückzuführen. Für die Herstellung von
Polyvinylbutyralfolien für Verbund-Sicherheitsglas ist das Triethylenglycol-di-
2-ethylbutyrat ein unentbehrlicher Weichmacher geworden. Er gewährleistet
eine gute Splitterhaftung der Folien im Temperaturbereich von – 40 °C bis
+ 70 °C. Die als Polymerweichmacher bezeichneten Polyester liegen durch Wahl
der Veresterungskomponenten und der Molmasse in einer breiten Auswahl vor.
Propan- und Butandiol sind die bevorzugten Diole. Als Dicarbonsäuren dienen
Adipin-, Azelain- und Sebacinsäure.
Chlorparaffine mit Chlorgehalten von 30 % bis 40 % dienen als Sekundär-
weichmacher. In PVC-Pasten kann der Anteil bis zu 25 % betragen. Mit Chlorge-
halten von 50 % kommen die Chlorparaffine den Primärweichmachern sehr
nahe und können in halbharten Mischungen ohne den Zusatz von Primär-
weichmachern verwendet werden.
Kohlenwasserstoffe wie Dibenzyltoluol und Produkte mit aliphatisch-aroma-
tischer Struktur dienen als Extender für Tauch- und Rotationsgusspasten. Das
Flexibilisieren von Polyamid mit Hilfe von Weichmachern einer vergleichbaren
polaren Struktur (zum Beispiel Cetamoll), das zur Gruppe der Sulfamide gehört,
ist seit der Entwicklung von PA-Copolymerisaten mit weitgehend kälteunab-
hängigem Elastomerverhalten in den Hintergrund getreten.
Phenolharze können durch den chemischen Einbau weichmachender Grup-
pen wie Bis- und Polyphenole, die über elastische Zwischenglieder verbunden
sind, plastifiziert werden. Für MF-Formmassen kommen ein- oder mehrwertige
Alkohole, z. B. Glycerin, in Betracht, ebenso p-Toluolsulfamid. Bekannte Weich-
macher für UP-Harze sind DOP, TCF, Mesamoll, Chlophen und Ultramoll. Sofern
bei UP-Harzen eine gewisse Einbuße an mechanischen und elektrischen Eigen-
schaften in Kauf genommen werden kann, können Weichmacher wie DOP, BBP
oder TCF verwendet werden. Unter bestimmten Umständen schwitzen sie aus,
denn sie nehmen an der Reaktion nicht teil. Als Flexibilisatoren bewähren sich
die Polysulfide und die Polyaminoamide.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 175

Weichmacher aus der Sicht der Kautschuke und Elastomere beschreiben


Röthemeyer/Sommer [5].

■ Weichmacheraufnahme
Korngröße und Kornstruktur bestimmen das Vermögen der PVC-Körper,
Weichmacher aufzunehmen, was besonders bei der Weichverarbeitung wichtig
ist. Das gleichmäßig hochporöse Korn der für die Weichverarbeitung bestimm-
ten Typen wirkt sich sehr günstig aus, besonders auch im Hinblick auf die Ge-
schwindigkeit der Weichmacheraufnahme beim Mischen (Dryblend-Bildung).
Die Bestimmungsmethode für die Weichmacheraufnahme bei Raumtempe-
ratur (DIN 53417 T.1) gibt hauptsächlich einen Hinweis auf die Porosität der
PVC-Marken, die Bestimmung der Geschwindigkeit der Weichmacheraufnahme
bei höheren Temperaturen (DIN 54802) erlaubt Rückschlüsse auf die Dryblend-
Bildung mit hohen Weichmachermengen [46].

Literatur zu Kapitel 1.3.5.1


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1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 177

1.3.5.2
Organische und anorganische Füllstoffe
Die Füllstoffe sind partikelförmige, organische oder vorwiegend anorganische
Substanzen in fester Form. Die grundsätzliche Unverträglichkeit mit dem
Grundmaterial (Matrix) führt zu einem Mehrphasensystem, dessen Verträglich-
keit jedoch durch haftvermittelnde Zusatzstoffe (coating) – ähnlich wie bei den
verstärkenden Fasern – erhöht werden kann, sodass es zumindest zu einer
Brückenbildung kommt.
Die Füllstoffe unterscheiden sich voneinander durch ihren chemischen Auf-
bau, ihre Kornform, -größe und -verteilung. Bei der Kornform spielt das Ver-
hältnis von Länge zu Dicke (l/d) eine wichtige Rolle. Es hat bei der Kugel und
beim Würfel den Wert 1. Bei Quadern erreicht dieses, in der englischsprachigen
Fachliteratur als „aspect ratio“ bezeichnete Verhältnis Werte von 4 : 1, bei Plätt-
chen von 5 bis 100 : 1 und bei Fasern > 4 : 1. Füllstoffteilchen mit Werten von 4 : 1
wirken normalerweise als ausgesprochene Extender, d. h. sie verbessern außer
der Steifheit nicht die mechanischen Eigenschaften; ganz anders verhalten sich
die Plättchen (Glimmer, Talkum, Graphit, ATH) und erst recht die Verstärkungs-
fasern [1]. Ebenso wichtig wie das l/d-Verhältnis ist die Kornverteilung. Der
obere Schnitt, gleichsam das Grobkorn, beeinflusst – je nach Anteil selbst bei
mittleren Korngrößen von nur wenigen mm – vor allem die Schlagzähigkeit so-
wie das Gleit- und Verschleißverhalten der Formstoffe. In kritischen Fällen ist es
deshalb sehr wichtig, diesen „top cut“ durch Sichten abzutrennen. Grundsätzlich
ist eine große Füllstoffoberfläche erwünscht; ist diese zu groß, kann sie jedoch
zu Agglomeratbildung führen und wirkt dann wie ein Grobkorn.
Auch eine hohe Oberflächenenergie des Füllstoffs ist grundsätzlich zu be-
grüßen. Wird auch sie zu groß, dann wird das Dispergieren schwierig. Abhilfe
schafft nur eine Beschichtung (coating). Die um ein Vielfaches höhere spezifi-
sche Wärmekapazität und die wesentlich höhere Wärmeleitfähigkeit wirken sich
günstig auf die Plastifizier- und Abkühlzeit der Formmassen aus, was zu einer
Durchsatzsteigerung beim Verarbeiten führt. Die Mohs-Härte ist – wenn auch
nicht ausschließlich – maßgebend für die Verschleißwirkung eines Füllstoffs.
Die verschiedenen Arten der optimalen Oberflächenbeschichtung (Silane, Tita-
nate, Chromkomplexe, Fettsäuren, Gleitmittel) weisen auf das in dieser Hinsicht
unterschiedliche Verhalten der einzelnen Füllstoffe und ihrer Darbietungsform
hin. Auch in Gegenwart von faserförmigen Verstärkungsstoffen erweisen sich
die Füllstoffe als vorteilhaft, denn sie erhöhen die Steifheit des Formstoffs und
passen so deren E-Modul demjenigen der verstärkenden Faser an. Das ist ein
entscheidender Vorteil der so genannten Hydridverstärkung [2]. Die große
anwendungstechnische Bedeutung spiegelt sich in den großen Verbrauchsmen-
gen wider. Beträgt doch der Verbrauch an Füllstoffen plus Verstärkungsstoffen
weltweit etwa 25 Mio. t/a. Bei den wichtigsten Zusatzstoffen erreicht die jährliche
Wachstumsrate etwa 10 %.
Halten wir fest: Die Füllstoffe erhöhen Dichte, E-Modul, Druck- und Biege-
festigkeit, Härte, Formbeständigkeit in der Wärme, Oberflächengüte und – je
nach Füllstoffsorte – das antistatische Verhalten oder die Brandschutzwirkung.
Die Schwindung und die Reißdehnung werden verringert. Die Zug- und
178 1 Einführung in Polymer Engineering

Scherfestigkeit sowie die Wärmestandfestigkeit können jedoch nur durch die


Zugabe von faserförmigen Verstärkungsstoffen erhöht werden. Die Permea-
tionsgeschwindigkeit von Medien wird (je nach Haftung der polymeren Matrix)
i. d. R. stark erhöht.

Organische Füllstoffe
Von den partikelförmigen organischen Füllstoffen hat für Thermoplaste, insbe-
sondere PP, das Holzmehl die größte Bedeutung erlangt. Bei den härtbaren
Formmassen kommt die pulverförmige Cellulose hinzu. Bei diesen feinpulveri-
gen Stoffen handelt es sich in Wirklichkeit um faserförmige, feingemahlene und
speziell konditionierte Produkte auf der Basis von Fichten- oder Buchenholz so-
wie Baumwolle. Zu erwähnen sind außerdem Holzgranulat, Sägemehl, Schalen-
und Kernmehl sowie der bereits bei den Schlagzähigkeitsverbesserern erwähnte
Kautschuk.

■ Holzmehl
Die aus Fichten- oder Buchenholz hergestellten Holzmehle enthalten vergleich-
bare Bestandteile an Alpha-Cellulose, Hemicellulose und Lignin. Der Anteil von
Begleitstoffen wie Harze, Fette,Wachse und Mineralsalze beträgt bei Fichtenholz
etwa 1,5 % und bei Buchenholz nur 0,5 bis 1 %, der Feuchtigkeitsgehalt 6 %. Die
Harzanteile werden mit Hilfe einer Wärme- und Sauerstoffbehandlung bis auf
die genannten Restmengen abgebaut. Die Korngrößenverteilung von Holzmehl
ist stetig. Die obere Faserlänge beträgt 200 mm. Der Holzmehlgehalt der Pheno-
und Aminoplaste beträgt je nach Typ 40 bis 65 Masse-%. Bei Thermoplasten (PP,
PVC) liegt der Füllstoffanteil in der gleichen Größenordnung. Auch UP wird mit
Holzmehl gefüllt. Holzmehle sind unlöslich in Wasser und nahezu allen orga-
nischen Lösemitteln, sie sind jedoch hydro- und lipophil.
Die Fichtenholz-Faserstoffe sind wesentlich faseriger als die vergleichbaren
Buchenholz-Faserstoffe. Im Unterschied zu den Cellulosefasern, die als Einzel-
fasern (Zellen) vorliegen, enthalten die Holzfaserstoffe eine hohe Anzahl zu-
sammenhängender Fasern. Durch Verdichten kann der Lumenanteil (Zellhohl-
raum) speziell behandelter Fichtenholzfasern wesentlich verringert werden, was
sich bei härtbaren Formmassen günstig auswirkt: die Harzaufnahme ist gerin-
ger, der Füllstoffanteil kann ohne nachteiliges Beeinträchtigen der Fließfähigkeit
erhöht werden, der Sauerstoffanteil ist geringer, das Schüttgewicht wird erhöht
und dadurch die Rieselfähigkeit der Formmasse verbessert. Während die Fich-
tenholz-Faserstoffe normalerweise einen pH-Wert von etwa 5 mit starker Puf-
ferwirkung aufweisen, stehen auch Fichtenholz-Faserstoffe mit pH-Werten zwi-
schen 7 und 8 zur Verfügung, was bei MF-Formmassen die unerwünschte „Oran-
genhautbildung“ verhindert.

■ Cellulosepulver
Während bei härtbaren Formmassen bis zum Farbton weinrot vorwiegend Fich-
ten- und Buchenholzmehle verwendet werden, kommt für die Pastelltöne der
Aminoplaste nur die weiße Buchen- und Baumwollcellulose in Betracht.
Während die Holzfaserstoffe zum großen Teil aus Zellverbänden bestehen, han-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 179

delt es sich bei den Cellulosepulvern um zerkleinerte Einzelfasern. Der Gehalt an


Cellulose beträgt etwa 99 %, davon 92 % Alphacellulose. Die Cellulosemoleküle
sind streng parallel geordnet, was wie bei den teilkristallinen Thermoplasten zu
kristallinen Bereichen führt. Die dadurch geschaffenen Wasserstoffbrücken-
bindungen bewirken die Unlöslichkeit im Wasser und die Reaktionsträgheit. Die
durchschnittliche Länge der Fasern beträgt 120 mm, die Faserdicke 18 mm. Das
Cellulosepulver wird bei höherer mechanischer Beanspruchung der Formstoffe
häufig mit Holzmehl oder mit Gesteinsmehl und anderen Füllstoffen kombi-
niert.

■ Schalen- und Kernmehle


Auch diese Füllstoffe sind Veredler von härtbaren Formmassen. Kokosnuss-
schalen sind fett- und aschereicher als Olivenkerne. Der Feuchtigkeitsgehalt be-
trägt 7 % bis 9,5 %, der Anteil an Rohcellulose 56 % bis 60 %. Der Rest entfällt auf
Glucide (18 % bis 19 %) und Eiweißverbindungen (0,7 % bis 0,95 %). Die Korn-
feinheit ist zwischen 0,3 und 1,5 mm einstellbar. Das Mehl aus Walnussschalen
enthält Lignin und Furfuröl, was die Fließfähigkeit der Formmassen erhöht. Das
darin enthaltene Cutin bewirkt den Oberflächenglanz und die Feuchtigkeitsun-
empfindlichkeit. Schalenmehle beeinträchtigen die Scherfestigkeit und die
Schlagzähigkeit der Formstoffe.

Anorganische Füllstoffe
Im Jahre 2000 wurden, dominiert von einigen großen Herstellern wie beispiels-
weise Omya, Luzenac, Imerys, DAM, Quarzwerke, ca. 10 Mio. t anorganische Füll-
stoffe produziert. Tabelle 1-48 nennt einige Details.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis, die Reinheit, Konstanz der Produktqualität
und die Verfügbarkeit bestimmen die Akzeptanz eines Füllstoffes, wobei das
mittlere Aspektverhältnis weitgehend seine Eigenschaften charakterisiert.
Der Trend geht hin zu mikronisierten Typen (Nanoverbunde, Nanocomposi-
tes) mit hohem Aspektverhältnis von bis zu 1000. Damit lassen sich mit 5 % Füll-
grad ähnliche Eigenschaften züchten wie mit 30 % konventionellen Füllstoffen,

Tabelle 1-48. Anorganische Füllstoffe und ihr Einsatz

anorganische Füllstoffe

Füllstoff 2000 hauptsächliche Anwendung


Weltmarktanteil % in Kunststoffen

Calcium Carbonat 66 PVC, UP, PE


Talkum 6 PP
Kaolin 6 PA, Elastomere
Wollastonit 3 PP, PA, PUR-RIM
Bariumsulfat 19 spielen noch untergeordnete
Glimmer Rolle, gewinnen aber zuneh-
Quarz u.a. mend an Bedeutung
180 1 Einführung in Polymer Engineering

beispielsweise Nanoclays. Herausforderung dabei ist die homogene, feinver-


teilte, aufgeschlossene, gerüstbildende Verteilung der Nanopartikel in der
Kunststoffmatrix.
Nach Vielfalt, Menge und anwendungstechnischer Bedeutung stehen die
anorganischen Füllstoffe an der Spitze aller Zusatzstoffe – auch der Füllstoffe.
Dabei übernehmen sie nicht nur die Aufgabe von Extendern, sondern – wie ge-
zeigt wurde – auch von Funktionszusatzstoffen. Im Folgenden sei wiederum
ohne Rücksicht auf die technische und wirtschaftliche Bedeutung die alphabeti-
sche Folge der einzelnen Gruppen nach ihrem chemischen Aufbau gewählt.

Aluminiumverbindungen
■ Aluminiumtrihydrat
Das Aluminiumtrihydrat (ATH) erfüllt außer der bereits bei den Funktions-Zu-
satzstoffen beschriebenen Aufgabe als Brandschutzmittel auch die eines hoch-
wertigen Füllstoffs. Außer der versteifenden Wirkung führt es wegen seiner
plättchenförmigen Struktur zu hoher Oberflächengüte der Erzeugnisse sowie zu
einer verbesserten Durchschlag- und Kriechstromfestigkeit.

■ Elektrokorund
Als Ausgangsmineral dient Bauxit, das Al2O3 ziemlich reiner Form enthält. Der
Rohstoff wird calciniert, dann mit gemahlenem Koks und Eisenspänen bei
2000 °C im Lichtbogenofen geschmolzen. Die Schmelze kristallisiert zu einer
sehr harten, jedoch zähen Masse. Der braune Normalkorund mit etwa 95 % Al2O3
dient in Begleitung von Füllstoffen, beispielsweise Kryolith, zur Herstellung von
Schleifscheiben und Schleifmitteln auf Unterlage für das Bearbeiten lang-
spanender Werkstoffe. Der rosafarbene Edelkorund mit etwa 99 % Aluminium-
oxid ist spröder und härter. Er dient zum Bearbeiten von hochlegierten metalli-
schen Werkstoffen und Holz. Der Schwarzkorund mit 70 bis 85 % Al2O3 wird in
der optischen Industrie verwendet.

■ Kryolith
Nach Erschöpfung der natürlich vorkommenden Lagerstätten in Grönland wird
Kryolith (Na3AlF6) synthetisch hergestellt. Kryolith erhöht die Standzeit von
Schleifscheiben. Als weitere Füllstoffe für vorwiegend phenolharzgebundene
Schleifmittel dienen Pyrit, Zinksulfid, Lithopone, Kaliumfluorborat, -sulfat- und
-chlorid, Antimontrisulfid, Bleichlorid, Aluminium- und Eisenoxid, Silicate und
Kreidemehl.

Bariumverbindungen
■ Schwerspat
Schwerspat (BaSO4) ist heute das wichtigste Ausgangsmaterial für die Her-
stellung von Bariumverbindungen. Die als Pigment dienenden weißen Sorten
entstammen entweder natürlichen Vorkommen oder sie werden durch zusätzli-
ches Bleichen gewonnen. Die Mohs-Härte beträgt 2,5 bis 3,5, die Dichte ist mit 4,3
bis 4,6 g/cm3 hoch. Die Schwerspatmehle dienen als Füllstoff hoher Rohdichte,
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 181

in Bodenbelägen, Pheno- und Aminoplasten, sowie UP-Harzen. Von spezieller


Bedeutung ist die Schutzwirkung gegen energiereiche Strahlung. Es können sehr
hohe Füllgrade erreicht werden.

■ Blanc fixe
Das Blanc fixe besteht zu 99 % aus BaSO4 ; es wird vor allem in härtbaren Form-
massen und Reaktionsharzen als inerter, farbneutraler Füllstoff und vor allem
zum Einstellen von Farbrezepten dann verwendet, wenn der ursprüngliche
Farbton und dessen Brillanz erhalten bleiben sollen. Blanc fixe verbessert das
Fließverhalten der Formmassen und verursacht keinen Metallabrieb. In thermo-
plastischen Kunststoffen erhöht es Härte und Verschleißfestigkeit.

■ Bariumferrit
Mit bis zu 80 % Bariumferrit gefülltes Polyamid wird zur Herstellung von Klein-
magneten verwendet. Auch in den magnetischen Dichtprofilen an Kühl- und
Gefrierschränken aus PVC-P oder PE-LD bewirkt es das dabei erforderliche fer-
romagnetische Verhalten.

■ Calciumcarbonat
Die Carbonate erreichen einen Anteil von nahezu 70 % am Verbrauch von Füll-
und Verstärkungsstoffen insgesamt. Zu den in der Natur vorkommenden Carbo-
naten gehören Kreide, Kalkstein und Marmor. Die Mohs-Härte beträgt 3, die
Dichte bis 2,7 g/cm3. Obwohl diese Mineralien vor allem nach ihren Kosten beur-
teilt werden, ist zu beachten, dass es hinsichtlich ihrer Reinheit, der Aufbe-
reitungsverfahren und der Oberflächenbehandlung wesentliche Unterschiede
gibt. Hochwertige Carbonat-Füllstoffe zeichnen sich aus durch: Chemische Rein-
heit (vor allem keine Schwermetallionen), geringe Absorptionsfähigkeit für
Weichmacher und andere flüssige Additive, hohen Weißgrad, geringe Verschleiß-
wirkung, gute Rieselfähigkeit, gute Dispergierbarkeit (insbesondere die gecoate-
ten Typen), günstige Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften (wiederum
vor allem die gecoateten Typen), geringes Plateout, hohe Wärmebeständigkeit
(bis 600 °C) und vor allem einen günstigen Preis. Die PVC-U-Verarbeiter schät-
zen die verfügbaren sehr feinteiligen, oberflächenbehandelten Typen, auch wenn
diese nicht die hohen Kerbschlagzähigkeitswerte der herstellbedingt teureren
synthetischen gefällten Calciumcarbonate erreichen. Je nach Verwendungszweck
beträgt der Anteil 3% (Druckrohre) bis 50% (Kabelrohre) [3].
Bei PE beschränkt sich der Einsatz vorwiegend auf Folien, um das An-
tiblocking-Verhalten zu verbessern. Bei einem Anteil von 10 Masse-% feinteili-
ger gecoateter Kreide bleiben die mechanischen Eigenschaften der Folien un-
verändert. Zusätze von 5 bis 15 Masse-% zu Hohlkörpern aus PE-HD erhöhen die
Steifigkeit und die Bedruckbarkeit. Bei PP wird feinstkörnige Kreide vor allem
bei Folienstreifen eingesetzt. Der beschichtete Füllstoff verhindert das unge-
wollte Fibrillieren. Die Kombination von Glasfasern mit feinteiligem CaCO3 er-
möglicht es, mit Preisvorteil die Steifigkeit der Erzeugnisse zu erhöhen, ohne die
Zugfestigkeit und die Schlagzähigkeit durch diese Hybridverstärkung wesent-
lich zu beeinträchtigen. Die günstigeren thermischen Eigenschaften führen
beim Spritzgießen zu um 20 % kürzeren Zykluszeiten [4].
182 1 Einführung in Polymer Engineering

Zusatzmengen von 5 bis 10 % verbessern die Tiefzieheigenschaften von PS-


Folien. Bei geschäumten PS-Schaumfolien bewährt sich das feinkörnige Material
in Zusatzmengen von 3 bis 4 % als Keimbildner und Zellenregler. Bei Polyamiden
erhöht sich bei Zusatzmengen bis 40 Masse-% unbeschichteter feinteiliger
Kreide überraschenderweise die Zug- und Reißfestigkeit um 2 %. Dazu kommt
eine Erhöhung der Steifheit und der Formbeständigkeit in der Wärme. Die Her-
steller von Calciumcarbonat bemühen sich seit einigen Jahren um geeignete Ein-
stellungen für SMC- und BMC-LP-Formmassen. Durch Reduzieren der Korn-
größe auf 4 bis 7 mm und neue Oberflächen-Beschichtungssysteme ist es gelun-
gen, den Füllstoffanteil auf 30 bis 40 Masse-% der Mischung steigern zu können.
Das kritische Schwindungsverhalten und die Oberflächengüte konnten wesent-
lich verbessert werden. Auch bei PUR-Weichschaumstoffen und RIM- sowie
RRIM-Systemen führte dieser Extender zu Kostenvorteilen [3].
Die synthetische, gefällte Kreide weist Teilchendurchmesser von 4 nm bis
70 nm auf. Die spezifische Oberfläche beträgt 32 bis 40 m2/g. Durch Beschichten
mit Ca-Stearat ist es möglich, bei Hart-PVC die Schlagzähigkeit, den Ober-
flächenglanz, die Zugfestigkeit und die Bruchdehnung, sowie den E-Modul und
die Wetterbeständigkeit der Erzeugnisse wesentlich zu steigern. Nachteilig sind
der höhere Preis, die höhere Absorption von flüssigen Zusatzstoffen und die bei
der Verarbeitung auftretenden höheren Scherkräfte, die den Füllstoffanteil be-
grenzen.
Tabelle 1-49 [5] vergleicht einige für PVC-Fensterprofile untersuchte Kreiden.
Aufgrund der geforderten hohen Glanzgrade bei dieser Anwendung werden
heute trotz höherer Kosten auch gefällte Kreiden eingesetzt. Diese bewirken
häufig eine deutliche Steigerung des Glanzgrades im Vergleich zu natürlichen
Kreiden [5].

■ Dolomit
Dabei handelt es sich um ein Doppelcarbonat aus Calcium und Magnesium. Der
CaMg (CO3)2-Gehalt beträgt etwa 99 %, die Mohs-Härte 3 (wie bei Kreide). Die
bei EP- und UP-gebräuchlichen Füllgrade betragen 20 bis 40 Tle. beim Handauf-
legeverfahren, 100 bis 130 Tle. bei SMC und 100 bis 160 Tle. bei BMC. Es sind auch
Kombinationen mit Talkum möglich [6]. Die elektrischen Eigenschaften sind
bei Dolomit-Füllung besonders günstig. Der Wärmeausdehnungskoeffizient er-
reicht den des Aluminiums.

Tabelle 1-49. Kreidetypen im Vergleich [5]

Kreidetyp Hydrocarb 95T Precarb 400 Winnofil S Socal U1S2

Hersteller Omya GmbH, Schaefer Kalk, Zeneca Resins, Solvay, Ebensee


Köln Diez Waalwijk (Österreich)
Niederlande
Herstellung natürlich gefällt gefällt gefällt
Coating ja nein ja ja
Partikelgröße mm 0,85 0,80 0,075 0,08
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 183

Kohle, Graphit
Aufbereitete Füllstoffe wie Kohle, Graphit oder Schwerspat mit einem Binde-
mittel auf der Basis von Cresol- oder modifizierten Phenolharzen erweisen sich
als säure-, alkali- und lösemittelbeständige Werkstoffe für den Oberflächen-
schutz im Apparatebau der Chemischen Industrie. Daraus werden Überzugmas-
sen und massive tragende Elemente hergestellt. Phenolharze dienen ferner als
Bindemittel für die Herstellung von Kunstkohle, aus der Kohlebürsten, Kontakt-
rollen, Schleifbügel und Graphitanoden hergestellt werden. Die Formkörper
werden gebrannt; das Bindemittel verkokt und wird durch Nachbrennen in elek-
trisch gut leitenden Graphit übergeführt. Für die Herstellung von Glaskohlen-
stoff (CFC = C-Faser verstärkter Kohlenstoff) und Schaumkohlenstoff werden
Phenol- und Furanharze eingesetzt. CFC bewährt sich bis zu Temperaturen von
3000 °C bei Triebwerkteilen, Spitzen von Großraketen und Flugzeug-Brems-
scheiben. Die gute Körperverträglichkeit begünstigt die Verwendung in der me-
dizinischen Technik für Prothesen und Elektroden von Herzschrittmachern.

Siliciumverbindungen
Zu den natürliche Silicaten gehört eine Reihe unentbehrlicher Rohstoffe: Kaolin,
Talkum, Feldspat, Glimmer u. a.; in den meisten Verbindungen ist das Silicium
tetraedrisch von vier Sauerstoffatomen umgeben. Diese Tetraeder können zu
Ringen, Ketten, Schichten oder Gerüsten kondensieren. Die Mannigfaltigkeit der
Silicate wird noch dadurch gesteigert, dass Al, B und Be bis zu einem bestimm-
ten Prozentsatz an die Stelle von Si treten und in die Tetraederverbände einge-
baut werden können. Hier die wichtigsten Verbindungen wiederum in alphabe-
tischer Reihenfolge.

■ Andalusit
Bei diesem Mineral werden die [SiO4]-Tetraeder durch Al2O3 zusammengehalten.
Diese Verbände sind jedoch nicht trennbar. Die Mohs-Härte beträgt 7,5. Das wich-
tigste Anwendungsgebiet sind phenolharzgebundene, feuerfeste Steine. Feinkör-
niges Mahlgut dient als Füllstoff bei der Herstellung mechanisch und chemisch
hoch beanspruchbarer Beschichtungen und harzgebundener Formstoffe.

■ Feldspat
Von technischer Bedeutung ist vor allem der Kalifeldspat K[AlSi3O8]. Die Mohs-
Härte beträgt 6 bis 6,5. Wichtigstes Einsatzgebiet sind die Glas- und Keramik-
industrie. Feldspatmehle werden wegen ihrer Härte und der vorwiegend plätt-
chenförmigen Struktur als mildes Schleifmittel verwendet. Feinsande und Grob-
mehle dienen als Gleitschutzmittel bei befahr- und begehbaren Beschichtungen
und bei Anstrichen. Pigmente, Klebstoffe und Gummi werden mit feinst-
gemahlenem Material gefüllt. Die Brechzahl von Feldspat (1,53) stimmt mit der
vieler Harze, Weichmacher und Kunststoffe überein, so dass damit selbst bei
höheren Konzentrationen nahezu transparente Überzüge oder Formteile herge-
stellt werden können. Feldspat ist gröber als Kaolin oder Talkum. In silanisierter
Form dient Feldspat als Füllstoff für PVC.
184 1 Einführung in Polymer Engineering

■ Glimmer
Glimmer gehört wie Talkum, Kaolin, Schiefermehl, MoS2 und Graphit zu den
plättchenförmigen Zusatzstoffen für Kunststoffe. Die Summenformel (K2Al4
(Al2Si2O20)) des Muskovit zeigt, dass es sich beim Glimmer um ein komplexes
Kalium/Aluminiumsilicat handelt. Muskovit glänzt perlmuttartig und ist farblos
bis gelblich grünlich, zuweilen auch rötlich gefärbt. Das Material ist vorzüglich
spaltbar. Die Mohs-Härte beträgt 2 bis 2,5. Die Glimmer sind beständig gegen Al-
kali, Säuren und oxidierende Medien. Die Grundflächen sind leicht benetzbar.
Als Ausgangsprodukt der als Füllstoff verwendeten so genannten Mica-Typen
dienen Produktionsrückstände aus der Plattenfertigung oder durch Flotation
glimmerhaltiger Mineralgemenge gewonnene angereicherte Schuppen. Glim-
mer erschwert die Verarbeitbarkeit von Pheno- und Aminoplast-Formmassen,
deren elektrische Eigenschaften sind allerdings vorzüglich (z. B. Typ 13). Fließ-
technisch günstiger verhalten sich Gemische aus Glimmer und silicatischen
oder carbonatischen Füllstoffen. In den USA wird Glimmer häufig als verstär-
kender Füllstoff für PP verwendet. Dies ist weniger auf das im Vergleich mit Tal-
kum nur unwesentlich verbesserte Eigenschaftsbild als auf die dort verfügbaren
und wirtschaftlich abbaubaren Vorkommen zurückzuführen [7].

■ Kaolin
Kaolin mit einer Mohs-Härte von 2,5 und einer Dichte von 2,6 g/m3 ist ein Ver-
witterungsprodukt aus sauren, kristallinen Gesteinen, in denen Feldspat, Quarz
und Glimmer vorkommen. Davon wird vor allem der Feldspat in Kaolinit
[Al4(OH)8Si4O10], dem in Kaolin vorherrschenden Mineral, übergeführt. Kaoli-
nit bestimmt das Eigenschaftsbild, wenn auch die nur untergeordnet anwesen-
den Mineralien (Feldspat, Quarz, Illit, Eisen- und Titanminerale) häufig einen
nicht zu vernachlässigenden Einfluss ausüben.
Der größte Verbraucher ist die Papierindustrie mit einem Anteil von etwa
70 %. In der Kunststoffindustrie werden calcinierte und silanisierte Produkte
verwendet. Bei PVC wird die Zersetzungstemperatur erhöht, PE-HD kann flexi-
bilisiert werden.Aus einem mit 50 Masse-% gecoatetem Kaolin gefüllten PP kön-
nen papierähnliche Folien hergestellt werden. Durch Schmelzspinnen erhält
man daraus opake Monofile. Bekannte Anwendungsgebiete sind auch UP (SMC,
BMC), EP und Phenoplaste, Typen von hohem Weißgrad werden für das Press-
formen von SMC zu großflächigen Automobilteilen und Bootskörpern mit ho-
her Oberflächengüte eingesetzt.
In Low-profile-Harzen (LP-Harze) bewirken Zusatzmengen von 20 % bei 45 %
Kaolinit eine bleibend homogene Verteilung der Komponenten während des
Formvorgangs.

■ Kieselgur
Kieselgur besteht aus in Jahrtausenden abgelagerten Kieselpanzern einzelliger
Kieselalgen. Viele tausend Diatomeenarten unterscheiden sich in Form, Ober-
flächenbeschaffenheit und Größe voneinander. Die Abmessungen betragen 5 mm
bis 400 mm. Den Hauptanteil bildet amorphes SiO2 außer Aluminium-, Eisen- und
Calciumoxid. Der überwiegende Teil der Weltproduktion von 2 Mio. t entfällt auf
Filterhilfsmittel. Mit Hilfe von Kieselgur können die rheologischen Eigenschaf-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 185

ten von flüssigen Harzen und von Schmelzen eingestellt werden. Kieselgur ver-
bessert die Wärmestand- und Verschleißfestigkeit sowie die Alterungsbestän-
digkeit duroplastischer Formstoffe. Höhere Zusätze bewirken Mattierung und
führen bei Kunstharzböden zu rutschfesten Oberflächen.

■ Massive und hohle Mikrokugeln


Gemäß ihrer Wirkung auf das Eigenschaftsbild der damit ausgerüsteten Form-
stoffe stehen die Mikrokugeln zwischen den Füllstoffen und den faserförmigen
Verstärkungsstoffen. Zahlreiche Anwendungen bei thermo- und duroplasti-
schen Formmassen und Reaktionsharzen zeigen, dass durch Kombinieren von
Fasern und Mikrokugeln in Form der so genannten Hybridverstärkung vor al-
lem die durch Faserorientierung bedingten Schwindungsunterschiede wesent-
lich verringert werden können.
Massive Mikro-Glaskugeln: Sie dienen in Körnungen von 100 mm bis 1000 mm
zum Ausrüsten reflektierender Flächen bei Straßenmarkierungen, Verkehrs-
schildern und Automobilkennzeichen. Mit Körnungen von 300 mm werden me-
tallische Oberflächen feingestrahlt und mit 5 mm bis 50 mm großen Kugeln
Kunststoffe gefüllt. Die Mohs-Härte beträgt 6, die Dichte 2,5 g/cm3. Als Aus-
gangsmaterial dient meistens säurebeständiges, alkalihaltiges A-Glas; es werden
jedoch auch Kugeln aus E-Glas angeboten. Auf den Verbund abgestimmte Haft-
mittel (Silane) bilden die Voraussetzung für das Übertragen von Zug und Scher-
kräften. Dabei werden die temperatur- und schwindungsbedingten radial-sym-
metrischen Eigenspannungen im Vergleich zu kantigen oder faserförmigen Zu-
satzstoffen wesentlich verringert. Die Viskosität von Thermoplastschmelzen
und Reaktionsharzen wird nur unwesentlich erhöht. Für die Verwendung bei
Feinschichten spricht die erhöhte Abriebfestigkeit.
Weist beispielsweise ein für den Werkzeugbau verwendetes ungefülltes EP-
Harz eine Schwindung von 0,57 % auf, dann verringert sie sich beim Zusatz von
120 Masse-Tln. auf 0,15 %. Hybridverstärkte Formstoffe werden durch die Zu-
gabe von Glaskugeln verbilligt, denn sie kosten weniger als Glasfasern und
beeinträchtigen das Eigenschaftsbild bei optimalem Verbund nicht nennens-
wert.
Mit Silber beschichtete, leitfähige Glaskugeln dienen als Füllstoff bei Form-
teilen, von denen eine EMV-Ausrüstung verlangt wird.
Der spezifische Durchgangswiderstand kann bis auf 3 · 10–1 bis 20 Wcm ge-
senkt werden.
Hohle Mikro-Glaskugeln: Eine Firma aus Neuss entwickelte hohle Mikroglas-
kugeln aus Borsilikat (E)-Glas [8]. Die Wanddicke beträgt 0,5 mm bis 2,0 mm, die
Raumdichte 0,15 bis 0,38 g/cm3. Die Kornverteilung umfasst 96 % im Bereich von
20 mm bis 160 mm. Dieser extrem leichte, druckfeste Füllstoff wird heute bei Plas-
tisolen und Reaktionsharzen verwendet. Diese so genannten syntaktischen
Schaumstoffe sind druck- und schlagfest sowie vorzüglich wärme- und schall-
dämmend. Die Kosten dieser Schaumstoffe sind niedriger als wenn das gesamte
Volumen ausschließlich aus Harz bestünde.
Hohle Mikro-Silikatkugeln: Von einigen Herstellern, beispielsweise Omya
und Norvegian Talc, werden Silikat-Hohlkugeln angeboten. Diese bestehen zu
zwei Drittel aus SiO2 und nahezu einem Drittel aus Al2O3, der Rest entfällt auf
186 1 Einführung in Polymer Engineering

Eisenoxid. Die Fillite SG-Kugeln enthalten eine Gasfüllung aus 10 % CO2 und
30 % N2. In freistehenden und in Strukturschaumstoffen aus PUR wirken diese
Kugeln als Keimbildner.

■ Mullit, Olivin, Sillimanit


Mullit: ein Aluminiumsilikat, dient vor allem als Rohstoff zur Herstellung feuer-
fester Steine, Elektroporzellane und Poliermittel (Mohs-Härte 6 bis 7). In
Gießharzen und Lacken erhöht Mullit die Verschleißfestigkeit hoch bean-
spruchter Flächen und Fahrbahnen.
Olivin: ein Mg/Fe-Silikat, dient im Hochofenprozess zum Konditionieren von
Schlacken, jedoch vor allem zur Herstellung phenolharzgebundener feuerfester
Steine, Mörtel und Stampfmassen.
Sillimanit, Al2O3SiO2: dient ebenfalls als Rohstoff zur Herstellung feuerfester
Baustoffe sowie als verschleißmindernder Füllstoff bei Lacken, Beschichtungen
und Kunststoffen, insbesondere bei durch Polyaddition vernetzenden Systemen
wie PUR.

■ Nephelin
Nephelin, ein Alkalialuminosilikat KNa3 [AlSiO4]4, gehört zu den Feldspat-
mineralien. Auf diesem Rohstoff basiert die Produktion der B-Glasfasern. Als
Feinmehl gewinnt Nephelin ebenso wie Feldspat an Bedeutung als Füllstoff für
UP-Harze, Kautschuk, Klebstoffe, Farben und Lacke. Die guten elektrischen Ei-
genschaften begünstigen den Einsatz dieses Füllstoffs bei Vergussmassen und
Lacken.

■ Talkum
Das natürliche Magnesiumsilikat 3MgO · 4SiO2 · H2O gehört zur Gruppe der Si-
likate mit Plättchenstruktur. Es kommt außerdem in Form von Fasern und Na-
deln vor. Als Füllstoff kommt nur die Plättchenstruktur in Betracht. Dabei be-
findet sich das Magnesiumoxid als Schicht zwischen zwei Siliciumoxid-Deck-
schichten. Dieser Aufbau ist maßgebend für die guten Gleiteigenschaften und
für die geringe Härte (H = 1 nach Mohs). Die Dichte beträgt 2,9 g/cm3.Angesichts
des Einflusses auf die mechanischen Eigenschaften kann bei Talkum schon fast
von einer verstärkenden Wirkung gesprochen werden. Der spezifische Durch-
gangswiderstand und der Oberflächenwiderstand sind hoch, ebenso die UV-Ab-
sorption, die Beständigkeit gegen Säuren und Alkali sowie die Barrierewirkung
gegen die Diffusion von Gasen und Kapillarwasser [6].
Im Sortiment der Thermoplaste spielt bereits seit mehr als 35 Jahren das
talkumverstärkte PP eine wichtige Rolle unter den preiswerten technischen
Kunststoffen. Talkum erhöht Steifheit, Härte, Biege- und Schubmodul bei aller-
dings niedriger Zugfestigkeit, Reißdehnung und Kerbschlagzähigkeit; Eigen-
schaften, die sich jedoch im Rahmen einer Hybridverstärkung zum Beispiel mit
Glasfasern wieder verbessern lassen. Sehr aufschlussreich ist der Vergleich zwi-
schen Talkum und Kreide, beides Füllstoffe für PP [7]. Die Vorteile von Talkum
bestehen in einer bei gleichem Füllstoffanteil höheren Steifigkeit der Formstoffe,
in der geringeren Dichte und Gesamtschwindung. Ein mit Kreide gefülltes PP
weist eine höhere Zähigkeit und Bindenahtfestigkeit auf. Bei härtbaren Form-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 187

massen und Reaktionsharzen überwiegt bei Talkum die Aufgabe als Extender.
Dabei ist zu beachten, dass es, wie alle mineralischen Füllstoffe, den Härtungs-
verlauf der Harze beeinflusst.

■ Quarzkies, -sand und -mehl


Diese, auf Kieselsäure SiO2 basierenden Füllstoffe, sind zwar mengenmäßig
nicht von großer Bedeutung, jedoch für zahlreiche Anwendungen ausschlagge-
bend. Charakteristisch sind ein hoher E-Modul, eine hohe Chemikalienbestän-
digkeit und das Ausdehnungsverhalten. Die Reinheit der Quarze (99,0 % bis
99,8 % SiO2) wird nur noch vom Bergkristall mit 99,9 % SiO2 übertroffen. Eine
zweite wichtige Modifikation der Kieselsäure, der Cristobalit, kommt in der Na-
tur nicht in wirtschaftlich nutzbaren Mengen vor, er wird aus Quarzsand ge-
wonnen. Als Füllstoff kommen für härtbare Formmassen und vor allem für Re-
aktionsharze die Quarzmehle in Betracht. Mit silanisiertem Quarzmehl gefüllte
EP-Harze bewähren sich vor allem für die Herstellung von Isolierteilen im
Freien [9].
Als Füllstoff für spritzgieß- oder extrudierbare Formmassen kommt Quarz-
mehl wegen seiner hohen Verschleißwirkung (Mohs-Härte 7, Dichte 2,65 g/cm3)
nicht in Betracht. Ein besonderes Kennzeichen von Quarzgutmehl, eine
Kieselglasmodifikation, die bei Temperaturen um 2000 °C erschmolzen wird, ist
der niedrige thermische Ausdehnungskoeffizient.
Er ist um den Faktor 20 bis 40 niedriger als bei Quarzmehl und entspricht mit
18 · 10–6 K–1 dem des Messings. Überall dort, wo durch Temperaturwechsel
verursachte mechanische Spannungen vermieden werden müssen, zum Beispiel
in der Kryo-Elektronik, bei elektronischen Bauelementen allgemein und im
Messgerätebau bestehen günstige Marktchancen für Quarzgutmehle.

■ Schiefermehl
Dabei handelt es sich um ein aus zahlreichen Oxiden auf der Basis von Si, Al, Fe,
Ca, Mg, K und Ti bestehendes Mineral, das außerdem noch geringe Anteile von
S, P, CO2 und Na2O enthält. Die Korngröße beträgt je nach Mahlgrad 10 mm bis
100 mm. Auf dem Kunststoffgebiet ist das Schiefermehl bekannt als Füllstoff für
wärmestandfeste PF-Formmassen und verschleißfeste Einstellungen von UP-
Harzen.
In der Dichtungstechnik ist es bei Weichstoff-Flachdichtungen Substituent
für Asbestfasern. Standfeste, nachziehfreie siliconharz- oder phenolharzgebun-
dene Dichtungsmassen für Flachdichtungen, sofern sie heute nicht Metallbleche
mit Polysiloxanbeschichtungen (siebgedruckt) sind, erfüllen mittlere Anforde-
rungsprofile im Motorenbau.

■ Siliciumcarbid
Siliciumcarbid, SiC, wird im Elektroofen aus einem Gemisch von 60 % Sand und
40 % Petrolkoks bei Temperaturen um 2000 °C hergestellt. Die Kristallisation ist
nach 36 Stunden beendet. SiC steht mit einer Härte von 9,5 bis 9,75 dem Borcar-
bid (9,9) und dem Korund (9,0) sowie dem Diamant (10) sehr nahe. Zur Her-
stellung von Schleifmitteln auf Unterlage wird das zähere schwarze und für phe-
nolharzgebundene Schleifscheiben das weniger zähe SiC verwendet.
188 1 Einführung in Polymer Engineering

■ Wollastonit
Das Calciummetasilicat Wollastonit, CaSiO3, kommt in der Natur als einziges
reinweißes, nadelförmiges Mineral vor. Der aspect ratio beträgt 3 : 1 bis 20 : 1, die
Mohs-Härte 4,5 bis 5,0, die Dichte 2,9 g/cm3. Es kann je nach seiner Form als Füll-
stoff oder als Verstärkungsstoff eingestuft werden. Entsprechend ist sein Ein-
fluss auf die mechanischen Eigenschaften des Matrixmaterials. Zu den Vorzügen
zählen der niedrige Preis, die gleichmäßige Korngröße, die hohe Reinheit und
Leuchtkraft, die gute Verträglichkeit, die hohe Chemikalienbeständigkeit sowie
die damit erreichbare Verbesserung der mechanischen, elektrischen und ther-
mischen Eigenschaften. Bei EP-Harzen kann die Dielektrizitätszahl auf 2,3 bis
2,8 verbessert werden. Bei Polyolefinen wird die Schlagzähigkeit mehr verbes-
sert als mit irgendeinem anderen Füllstoff. Auch bei Fluorkunststoffen, UP-Har-
zen, Pheno- und Aminoplasten bewährt sich dieser vielseitig verwendbare Füll-
stoff. Die meisten Eigenschaften werden durch gecoatetes Material zusätzlich
verbessert. Wollastonit wird ebenfalls als Austauschmaterial für Asbest und an-
dere gesundheitsgefährdende Füllstoffe verwandt. Mit abgestuften Mischungen
aus nadelförmigem Wollastonit mit blättchenartigen Füllstoffen können dicht
verfilzte Teilchenpackungen eingestellt und dadurch auch die rheologischen
Verarbeitungseigenschaften von Reaktionsharzen gesteuert werden.
Neuentwicklungen bei Füllstoffen finden nicht nur im nanoskaligen Bereich
statt. Standardprodukte werden ebenfalls laufend verbessert [10].
Beispiele sind:
• mit Silan behandelte, calzinierte Kaoline (Hersteller: Dorfner; Typ: Dorkafil
602; Hersteller: Imerys; Typ Polarite 402) eignen sich bestens zur Verbesse-
rung der Kratzfestigkeit von PA, PP und PBT.
• für PE-Folien gibt es ein extrem feines, agglomeratfreies Calciumcarbonat
(Hersteller: Provencale; Typ: Mikhart MU08)
• für atmungsaktive Folien kommt von Imerys Filmlink 450 zum Einsatz
• als Verstärkungsmittel für PUR-RRIM eignet sich ein im Sublimationsprozess
hergestelltes Silica Produkt (Hersteller: Quarzwerke; Typ: Tremin 939)
• als selbstverstärkender Füllstoff dient unterschiedlich eingefärbtes UP-Gra-
nulat (Hersteller: Dorfner) eingesetzt in UP-Gussmassen für Spülbecken, Ar-
beitsplatten u. a.
Einen zusammenfassenden Bericht über organische und anorganische Füllstoffe
geben [8] und [10] sowie [11], [30] und [31] am Ende von Kap. 1.3.5.3.

Literatur – Kapitel 1.3.5.2


[1] Stange K (1984) Kunststoffe, 74, S. 633
[2] Schlumpf H-P (1983) Kunststoffe, 73, S. 511
[3] Schlumpf H-P, Bilogan W (1983) Kunststoffe 73, S. 315
[4] Pfister H-J, Schlumpf H-P (1982) Plastverarbeiter, 32, S. 821
[5] Große-Aschhoff M Kreide erhöht den Glanzgrad – Wirkung verschiedener Produkte bei
PVC-Fensterprofilen. Kunststoffe 8/1999, S. 52–53
[6] A/S Norwegian Talc (1989) Techn. Bulletin, Nr. 155 T
[7] Haack U, Riecke J (1982) Plastverarbeiter, 33, S. 1038
[8] NN (1985) Plastverarbeiter 36, S. 52–63
[9] Skudelny D (1978) Kunststoffe 68, S. 65
[10] Hohenberger W Additive – Trends und Perspektiven. Kunststoffe 5/2002, S. 86–91
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 189

Weiterführende Literatur
Pfaender R Additive für Rezyklate. Kunststoffe 7/1999, S. 76 – 79
Zweifel H (Hrsg) Plastics Additives Handbook. München: Hanser, 2002 (5. Aufl.)
Hund CM; Gores F Qualitätssicherung: Additive – ein Buch mit sieben Siegeln? Kunststoffe
2/2003, S. 72–74
Hohenberger W Additive – Maßgeschneiderte Lösungen liegen im Trend. Kunststoffe 9/2001,
S. 268–271

1.3.5.3
Verstärkungsstoffe
Mineralische organische und metallische Fasern bzw. die daraus hergestellten
flächenförmigen Gebilde wie Vliese, Gewebe und Gewirke ermöglichen es nicht
nur, aus Standard-Kunststoffen und technischen Formmassen auf wirtschaft-
liche Weise Wirkstoffe mit gezielt verbesserten physikalischen Eigenschaften
herzustellen, sondern ebenfalls den häufig richtungsabhängigen oder örtlich
unterschiedlich hohen mechanischen Beanspruchungen durch einen anisotro-
pen Aufbau der Verbundwerkstoffe oder der Werkstoffverbunde gerecht zu wer-
den.
Angesichts der Tatsache, dass in den kommenden Jahren kaum mit einer
bahnbrechenden Neuentwicklung wirtschaftlich und/oder technisch bedeutsa-
mer Kunststoffe zu rechnen ist, kommt den Maßnahmen zur Verbesserung be-
kannter Kunststoffe unverändert eine entscheidende Bedeutung zu [1, 2]. Das
Verstärken, das Füllen und das Legieren von Standard-Kunststoffen und techni-
schen Formmassen zur Verbesserung des Eigenschaftsbildes hat jedoch darüber
hinaus einen nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Effekt: Der in den ver-
gangenen Jahrzehnten auf diesem Gebiet gewonnene Erfahrungsschatz sichert
den großen Rohstoffherstellern der Industrieländer einen Vorsprung vor den
vorwiegend mit Standard-Kunststoffen auf den Markt drängenden Ländern des
Nahen und Fernen Ostens. Die aus mehreren Phasen mit meist sehr verschiede-
nen Eigenschaften bestehenden Verbundwerkstoffe (engl. composites) erhalten
durch ihre Kombination ein völlig neues Eigenschaftsbild. Beim Aufbau der Ver-
bundwerkstoffe und der Werkstoffverbunde bietet die Natur Vorbilder höchster
Perfektion und Präzision. Auch die Geschichte der Menschheit weist bereits seit
Jahrtausenden eine vielfältige Anwendung der Verstärkungstechnik auf, bei-
spielsweise bei den strohverstärkten Lehmziegeln in biblischer Zeit.
Das Verstärken synthetischer Kunststoffe begann mit der technischen Pro-
duktion von Phenol/Formaldehydharzen durch L. H. Baekeland im Jahre 1907.
Die begrenzte Schlagzähigkeit des nach ihm benannten Bakelite behob er durch
die Zugabe von Holz- und Asbestfasern, Textilschnitzel, Woll- und Asbestge-
webe; selbst an Drahtgewebe wurde gedacht. Es zeugt von großer Erfindungs-
gabe und technischem Weitblick, wenn er 1911 in seinem Bericht über neue
Entwicklungsarbeiten schreibt: „I found we can enormously increase the prac-
tical uses of Bakelite by incorporating it with structural fillers, like fibrous or cel-
lular bodies“ [3]. Die Bezeichnung „strukturelle Füllstoffe“ trifft die Aufgabe der
Verstärkungsstoffe.
190 1 Einführung in Polymer Engineering

Verbundwerkstoffe
Als Verbundwerkstoffe werden Materialien bezeichnet, die aus einer Polymer-
matrix als kontinuierlicher Phase und Verstärkungsfasern bzw. Füllstoffen als
eingelagerter diskontinuierlicher Phase bestehen. Der Übergang zwischen den
faser- und füllstoffverstärkten Verbundwerkstoffen ist fließend. Der Binder – die
Matrix – kann duroplastisch (beispielsweise PF-, MF-, UF-, UP- und EP-Harze)
oder thermoplastischer (beispielsweise PA, PC, POM; PET, PBT, PP und ABS) Na-
tur sein. Als Verstärkung dienen natürliche und synthetische, organische sowie
anorganische, Fasern in Form von Kurz-, Lang- und Endlosfasern sowie den da-
raus hergestellten Folgeprodukten wie Vliesstoffe, Matten, Gewebe, Gewirke,
Bänder. Die Verstärkungsstoffe können in der Matrix ein- oder mehrachsig ge-
richtet oder ungerichtet sein. Die Verstärkungswirkung ist umso besser, je mehr
der E-Modul des Harzes sich dem der verstärkenden Faser nähert. C-Fasern wir-
ken deshalb in EP-Harz besser als in PP.
Durch das Einbetten der Verstärkungsmaterialien in die Polymermatrix wer-
den vor allem die mechanischen und thermischen Eigenschaften des Grundma-
terials verbessert, beispielsweise die Zug- und Bruchfestigkeit, der E-Modul, die
Wärmefestigkeit und die Maßbeständigkeit, während die Schlag- und Kerb-
schlagzähigkeit in den meisten Fällen niedriger ist als die des unveränderten
Grundmaterials. Sie kann jedoch durch die Zugabe elastifizierender Komponen-
ten, beispielsweise Elastomere, wieder angehoben werden. Die sich beim Verar-
beiten orientierenden Fasern erhöhen den Schwindungsunterschied zwischen
Längs- und Querrichtung, der jedoch durch die Zugabe von Füllstoffen, bei-
spielsweise Glaskugeln, wieder ausgeglichen werden kann.
Der jeweils erzielbare Grad der Verbesserung der Eigenschaften hängt von
der Härtung zwischen der Matrix und dem Zusatzmaterial, d. h. von den Vor-
gängen in der Grenzschicht ab. Die elastische Komponente (Glasfasern, C-, Ara-
mid-, Natur- oder Chemiefaser) ist in eine viskoelastische Komponente (Harz
oder Thermoplast) eingebettet. Bei Beanspruchung auf Zug wird der Verbund-
werkstoff gedehnt. Bei uniaxial verstärkten Formstoffen übernehmen die Fasern
in Faserrichtung die Kräfte bis zum Bruch. Dagegen kommt es in Querrichtung
wesentlich früher zum Versagen. Die kritische Dehnung liegt beispielsweise bei
einachsig GF-verstärkten UP-Laminaten bei 0,9 %, in Querrichtung bei 0,1 %. Bei
mehrachsig beanspruchten Gießharz-Formstoffen sind deshalb mehrlagige Ver-
stärkungen im Sinne der Beanspruchungsrichtung vorzusehen.
Die Haftvermittler sind für jede Zusatzstoff/Matrixkombination zu optimie-
ren. Die in der Grenzfläche wirksamen Kräfte beeinflussen von den mechani-
schen Eigenschaften nicht nur die Festigkeit und die Steifheit, sondern auch die
Schlagzähigkeit. Die meisten Netzmittel sind hydrophil, polar und wasser-
empfindlich. Benötigt wird jedoch ein hydrophobes Haftmittel, das mit dem Ver-
stärkungsstoff (oder mit dem jeweiligen Füllstoff) reagiert sowie dessen Ober-
fläche luft- und wasserfrei macht, d. h. mit einem dünnen hydrophoben Film
überzieht. Bei Glasfasern haben sich die funktionellen Filme als wirksamster
Haftvermittler erwiesen. Sie behaupten unverändert ihre führende Stellung ge-
gen einige konkurrierende Stoffe. Die Silan-Haftvermittler sind durch die Struk-
tur R–Si–X3 gekennzeichnet. R wird durch einen organischen Rest und X3 durch
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 191

hydrolysierbare Gruppen gebildet. Die X-Gruppen werden zunächst hydroly-


siert und in einer Folgereaktion zu oligo- oder polymeren Silanolen konden-
siert. Sie bilden den bereits erwähnten hauchdünnen wasserunlöslichen Über-
zug. Die Anbindung geschieht teils über Wasserstoffbrücken, teils über kovalente
Siloxanbindungen. Die organofunktionelle X3-Gruppe des ambivalenten Haft-
mittelmoleküls ist auf die jeweilige Matrix abgestimmt. In dem Bestreben, mög-
lichst universell einsetzbare Haftvermittler zu synthetisieren, wurden Silanver-
bindungen mit mehreren funktionellen Gruppen entwickelt, die außerdem
durch ionische Wechselwirkung koppeln können [4].
Bei den härtbaren Kunststoffen reagieren die funktionellen Gruppen mit dem
Harz. Für UP-Harz eignen sich beispielsweise die Methacrylsilane, für EP-Harze
die Epoxisilane und die Aminosilane für nahezu alle übrigen Harze. Das bei
Thermoplasten erzielbare Eigenschaftsniveau hängt wesentlich von der Pola-
rität des Matrixpolymeren ab. Demgemäß ist die verstärkende Wirkung von
Glasfasern bei gleichem Masseanteil bei den polaren Polyamiden und den ge-
sättigten Polyestern höher als bei den unpolaren Polyolefinen. Wird jedoch bei-
spielsweise Polypropylen mit ungesättigten Carbonsäuren gepfropft, dann ent-
hält es polare, mit dem auf der Faser befindlichen Aminosilan reagierende, Car-
boxylgruppen und damit ein höheres Festigkeitsniveau. Die Haftung zwischen
Füllstoffen und Polymeren ist auf ähnlichen Prinzipien aufgebaut, wie bei den
faserförmigen anorganischen Verstärkungsstoffen. Mit Hilfe mehrfunktioneller
Silane können vorbehandelte Füllstoffe beispielsweise die Reißdehnung von PA 6
bis zum zehnfachen Wert gegenüber unsilanisiertem Füllstoff anheben, ohne
dass die Festigkeit und der E-Modul abnehmen [4]. Die Silane erhalten auch die
Grenzflächenhaftung beim Angriff durch Wasser. Zusatzstoffe ohne Hydroxyl-
gruppen bedürfen vor dem Silanisieren einer Ausrüstung der Oberfläche mit
benetzungsfördernden Hilfsmitteln, die mit dem Füllstoff eine hydrophobe
Grenzschicht bilden.
Die Schlichte der C-Fasern besteht aus einem EP-Harz, das im Unterschied
zu Glasfasern keinen Härter enthält. Eine gute Ankoppelung von Faser und
Matrix wird durch eine oxidative Oberflächenbehandlung vor dem Auftragen
der Schlichte bewirkt. Dabei werden auf der Faseroberfläche kovalent gebun-
dene Carboxyl-, Carbonyl-, Hydroxyl- und Lactongruppen gebildet. Diese rea-
gieren mit der Schlichte und den Harzkomponenten und gewährleisten dauer-
hafte kovalente Bindungen zur Polymermatrix [4]. Während diese Schlichten
die Eigenschaften von EP-Harz-Verbundwerkstoffen bis zu Einsatztemperatu-
ren von 180 °C nicht beeinflussen, können sie bei höheren Härte- oder
Gebrauchstemperaturen beeinträchtigt werden [5]. Diese Erscheinung wurde
vor allem bei Polyimid-Verbundwerkstoffen beobachtet. Sie konnte nur mit
Hilfe einer nicht auf EP-Harz basierenden Schlichte behoben werden. Außer-
dem kam es auf einen hohen Kohlenstoffgehalt (99 % bis 100 %) und einen sehr
niedrigen Gehalt der C-Fasern an alterungsfördernden Metallen wie Kalium
und Natrium an.
Die Schlichte der Aramid-Fasern dient nur als Verarbeitungshilfe. Sie beein-
flusst nicht die mechanischen Eigenschaften der Verbundwerkstoffe. Dieser
Effekt zeigt sich deutlich bei der senkrecht zur Faserrichtung gemessenen nied-
rigeren Zug-, Druck- und Schubfestigkeit, die wesentlich von der Grenzflächen-
192 1 Einführung in Polymer Engineering

haftung abhängt. GF- und CF-verstärkte Verbundstoffe verhalten sich in dieser


Hinsicht naturgemäß günstiger.
Die verstärkenden Fasern weisen im Vergleich zur Polymermatrix eine hohe
Festigkeit und Steifigkeit auf. Die von den Fasern im Verbund aufgenommene
mechanische Beanspruchung hängt ab vom Volumenanteil der Komponenten,
dem Verhältnis ihrer E-Moduln, der Grenzflächenhaftung, der Faserlängen und
der Faserorientierung. Bei Zugbeanspruchung wird von den Faserenden her
eine Zugspannung aufgebaut, die bei langen Fasern im Mittelteil einen konstan-
ten Wert annimmt. Je länger die Faser, desto weniger fällt der Spannungsabfall
an den Enden ins Gewicht. Es bleibt nur der festigkeitsmindernde Einfluss der
Spannungskonzentration an den Faserenden. Mit abnehmender Faserlänge ge-
winnen die eigenschaftsmindernden Effekte die Oberhand. Bei Faserlängen
unterhalb der kritischen Länge (< 10 d) kommt es nicht mehr zum vollen
Spannungsaufbau in der Faser. Die hohen Schubspannungen bewirken je nach
Haftung ein Fließen der Polymermatrix oder ihr Ablösen von den Faserenden.
Die Fasern werden unterhalb der kritischen Länge nicht mehr bis zu ihrer
Bruchfestigkeit belastet, sondern lösen sich von der Matrix und werden aus der
Einbettung herausgezogen. Dieser so genannte pull-out-Effekt ist kennzeich-
nend für kurzfaserverstärkte Thermoplaste mit unterkritischen Längen von
0,2 mm bis 0,4 mm. Die beim Bruch langfaserverstärkter Verbundwerkstoffe
sich abspielenden Vorgänge sind der Reihe nach: Matrixverformung, Grenz-
flächenablösung, Grenzflächengleiten, Faserbruch oder pull-out. Bei Kurzfasern
folgt der Ablösung unmittelbar das pull-out [4].
Bild 1-81 zeigt am Beispiel eines modernen zivilen Großraumflugzeuges, des
Airbusses A380, in welcher Vielzahl an strukturrelevanten Bauteilen und Kompo-

Bild 1-81. Wichtigste Verbundwerkstoffanwendungen im A380 [6]


1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 193

Bild 1-82. Wettstreit im Einsatz von Werkstoffen und Verfahren in der Metall-Bauweise und Fa-
serverbundwerkstoffe-Bauweise in Airbus Flugzeugen [6]

nenten Verbundwerkstoffe Einzug gehalten haben [6]. Bild 1-82 zeigt dabei ein-
drucksvoll, wie Metalle und Faserverbundwerkstoffe sich gegenseitig im Wettbe-
werb gefordert und vorwärts getrieben haben [6]. Bild 1-83 unterstreicht diese
Aussage zugunsten der Verbundwerkstoffe in anderer Darstellungsform [6].
Möglich geworden ist diese Entwicklung ganz wesentlich infolge Preisredu-
zierung bei den Kohlenstofffaser-Prepregs um 50 % seit 1990.

■ Metallfasern
Für die textile Verarbeitung eignen sich nur flexible Metallfäden mit Durchmes-
ser von 10 mm. Metallfasern werden vorwiegend nach dem Düsenziehverfahren
hergestellt.
Andere Methoden sind das Sintern von Pulvermetallen oder das Metallisieren
anderer Fasern.Als besondere Eigenschaften sind hervorzuheben die hohe elek-
trische und thermische Leitfähigkeit im Vergleich mit den mineralischen Fasern
sowie der hohe E-Modul und die hohe Zugfestigkeit. Wegen der hohen Dichte
sind sie jedoch nur in besonderen Fällen für das Verstärken von Kunststoffen ge-
eignet. Im Hinblick auf die spezifische Festigkeit und den spezifischen E-Modul
sind ihnen bereits die Glasfasern und mit weitem Abstand die C- und A-Fasern
überlegen. Die für die Herstellung in Betracht kommenden Metalle und Legie-
rungen sind Stahl, Messing, Bronze, Kupfer, Aluminium, Silber, Gold, Platin, ver-
zinkte und vermessingte Stahldrähte sowie versilberte Kupfer- oder vergoldete
Silberdrähte.
194 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-83. Entwicklung der Werkstoffverteilung in der Struktur eines Passagierflugzeugs [6]

■ Borfasern
Das bei Glas- und Mineralfasern übliche Verfahren des Schmelzspinnens ist bei
polykristallinen anorganischen Fasern nicht anwendbar, denn die betreffenden
Metalle weisen scharfe Schmelzpunkte auf. Die dabei entstehenden niedrig-
viskosen Flüssigkeiten besitzen kein Fadenziehvermögen. Ein häufig beschritte-
ner Ausweg ist das sog. Aufwachsverfahren, nach dem seit 1959 vor allem Borfa-
sern hergestellt werden. Als Substrat dient die Wolframfaser. Auf diesem elek-
trisch aufgeheizten dünnen Filament (12 mm) scheidet sich aus der Gasphase das
Bor ab [7].

■ Metalloxidfasern
Nach dem Tränkverfahren der UCC werden Fasern aus Zirkonium-, Aluminium-,
Titan-, Tantaloxid und Bornitrid hergestellt [8]. Dabei werden Cellulosefasern in
Form von Garnen, Geweben oder Filzen als Substrat mit den entsprechenden
wasserlöslichen Salzen getränkt. Bei der Trocknung scheiden sich die Salze in
feinster Verteilung zwischen den Fibrillen der Cellulose ab und werden bei höhe-
ren Temperaturen in Oxide übergeführt. Die dabei entstandenen Gebilde wer-
den pyrolysiert und schließlich durch Glühen in Luft von Kohlenstoff befreit.

■ Whisker
Unter dieser Bezeichnung sind synthetische, einkristalline anorganische Fasern
zu verstehen, die entweder durch Abscheiden aus der Gasphase oder durch ein
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 195

Schmelzziehverfahren hergestellt werden. Nach beiden Verfahren gelang bisher


die Herstellung von Korund-Whisker. Wenn es gelingt, diese Fasern mit opti-
malem Längen/Durchmesserverhältnis herzustellen, und sie in der Schmelze zu
orientieren, dann ist es möglich, einem Verbundwerkstoff eine um das Zehn-
fache höhere Zugfestigkeit zu verleihen. Jedoch ist es erst nach der Entwicklung
wirtschaftlicher Herstellverfahren angängig, die bisher auf den Gebieten Raum-
fahrt, Wehr- und Tiefseetechnik erzielten Erfolge auszuweiten.

■ Siliciumcarbidfasern
Auch diese Verstärkungsfaser wird nach dem Aufwachsverfahren hergestellt. Als
Substrat dient eine C-Faser. Sie dient gleichzeitig als Widerstandsheizung.
Im ersten Schritt dieses zweistufigen Verfahrens wird eine etwa 1 mm dicke
Schicht pyrolytischen Graphits aufgedampft, um die Oberfläche zu glätten und
die elektrische Leitfähigkeit zu erhöhen. Das Silan verwandelt sich bei einer
Temperatur von etwa 1300 °C in Siliciumcarbid. Die erreichbare Festigkeit be-
trägt 3500 N/mm2, der Zug-E-Modul 413000 N/mm2, die Dichte 3 g/cm3, der
Durchmesser 140 mm [9]. Während die Borfasern vorwiegend zum Verstärken
von EP-Harz und Aluminiumfolien-Verbundwerkstoffen (Sport, Luft- und
Raumfahrt) verwendet werden, dienen die Siliciumcarbidfasern vorwiegend
zum Aufbau von Metall- und Keramik-Verbundwerkstoffen.

■ Nanocomposites [10]
„Neue Familien von Nanofüllstoffen und Nanocomposites erschließen brachlie-
gende Leistungsreserven von Kunststoffen, Kautschuken und Dispersionen. Be-
reits geringe prozentuale Nanofüllstoff-Gehalte reichen aus, die Eigenschafts-
profile von polymeren Werk- und Effektstoffen massiv zu verändern. Das An-
wendungsspektrum reicht von neuen Konstruktionswerkstoffen bis hin zu
diversifizierten Funktionspolymeren“ [10].
Sind Nanopartikel oder Nanofasern homogen im Kunststoff dispergiert –
und hierin liegt eines der noch zu lösenden Probleme – ergeben gleiche
Volumengehalte an Nanopartikel im Vergleich zu Mikropartikel eine signifikant
höhere Zahl an Partikel (107 bei 1 µm Partikel zu 1 nm Partikel) und damit ein
Polymer, das nur noch aus Grenzflächenwechselwirkungen besteht. Mülhaupt et
al. [10] nennen es „Grenzflächenpolymer“. Dies eröffnet völlig neue Chancen be-
reits mit geringen Nano-Verstärkungsstoff-Gehalten die Eigenschaften von alt-
bekannten Kunststoffen zu modifizieren.
Nun gibt es schon seit Jahrzehnten (bis zu über 100 Jahre) Nanofüllstoffe:
Ruße, Pigmente, gefällte Kieselsäure (Ultrasil, Degussa-Hüls), pyrogene Kiesel-
säuren (Aerosile, Degussa-Hüls), Schichtsilikate, Nukleierungsmittel, reaktive
Silikon-Nanopartikel für Epoxidharze, Keramikmaterialien und anorganisch-
organische Hybridpartikel nach dem Sol-Gel-Verfahren, z. B. synthetische, dis-
pergierbare Aluminat-(Böhmit)-Pulver.
Neu in den vergangenen Jahren wurden anorganische und organische Mo-
leküle mit Nano-Dimensionen und frei variablen Oberflächenfunktionalitäten
entwickelt, die sich in der Kunststoffmatrix lösen und sich dort zu komplexen
Nanoarchitekturen verknüpfen lassen [10]. Dadurch lässt sich auch das Problem
der homogenen feinsten Verteilung der Nanopartikel in der Kunststoffmatrix
196 1 Einführung in Polymer Engineering

mindestens für die geschilderten Neuentwicklungen lösen. Ein Beispiel dafür


sind Silesquioxane (Fa. Hybrid Plastics, Fountain Valley, CA/USA: POSS … Po-
lyoctahedral Oligomeric Silesquioxan). POSS-Monomere gibt es auch als Öle,
Wachse, Pulver. Die Verarbeitung kann durch Schmelzecompoundieren, Poly-
merisation/Pfropfen, Beschichten erfolgen. Silesquioxane wurden an fast alle
möglichen funktionellen Gruppen angebunden: Acrylate, Silane, Silanole, Ole-
fine, Epoxide, Amine, Ester, Phenole, Styrole, Thiole.
Weiter sind seit ca. 15 Jahren die baumartig verzweigten (Kaskaden)-Polymere
mit variablen Endgruppen und Nanometerdimensionen aus der Forschung be-
kannt (verzweigte Dentrimere). Zwischenzeitlich gelingt es Rohstoffherstellern
hochverzweigte Polyethylenimine (BASF) (weniger perfekt verzweigt, aber kos-
tengünstiger) für die Papierausrüstung und in einer Eintopfreaktion aus Anhy-
driden und Diisopropanolamin über Oxazolinzwischenstufen direkt hochver-
zweigte Polyesteramid-Polyole (Hybrane von DSM) herzustellen.
Das Anwendungsspektrum reicht von Lack- und Klebstoffrohstoffen zu Pig-
ment- und Füllstoffdispergatoren, Tintenadditiven, Detergenzien und Kosme-
tika [10].
Polyesterpolyole (Boltorn von Perstop, Schweden) – hochverzweigte Nano-
polymere – maßschneidern die Duroplastchemie. Geringe Mengen epoxidfunk-
tionalisierte hyperverzweigte Polyester steigern die Schlagzähigkeit bei Epoxid-
harzen ohne Steifigkeitseinbußen.
Mit hyperverzweigten Polyesterpolyolen und Polyesteramiden haben mole-
kulare Nanosysteme die Kosten-Leistungs-Grenzen für den Einsatz bei Kunst-
stoffen und Verbundwerkstoffen auf breiter Front inzwischen erreicht.
Anisotrope Nanopartikel, die sich erst während der Verarbeitung formieren
oder sich in der Polymermatrix fest verankern (keine Gesundheitsgefährdung),
sind in Entwicklung. Die Firma Hyperion Catalysis Int. (Nanotube Company)
hat elektrisch leitfähige Kohlenstoff-Nanoröhrchen durch Gasphasensynthese
hergestellt und bietet Masterbatches (Fibril®) an. Kunststoffkraftstoff-Behälter
(Kfz) und Chipverpackungen (keine elektrostatische Aufladung) sind Anwen-
dungen.
Eine weitere Gruppe der Nanocomposites sind die seit langem bekannten
Bentonite, die Ende der achtziger Jahre von Toyota Research wieder belebt wur-
den. Bentonite sind quellfähige Dreischichtsilicate mit Montmorillonit als
Hauptbestandteil. Die neue Nanofil-Produktfamilie auf Basis organophiler Ben-
tonite der Süd Chemie AG basiert u. a. auf den bayrischen Calcium-Bentoniten,
die durch Auslaugen mit Säure aktiviert werden, Tabelle 1-50 [10], und die ohne
Kationenaustausch auskommen (mit einer mittleren Partikelgröße um 4 µm
sind es allerdings keine Nanopartikel! Anmerkung des Autors).
Mit einem Ausblick auf ein breites Anwendungsspektrum schließen Mül-
haupt et al. [10] ihre Übersicht:
„Die Vielseitigkeit von Nanocomposites und Schichtsilikat-Nanofüllstoffen
wird deutlich durch Entwicklungen der Planomers Technologie im holländi-
schen TNO-Forschungsinstitut in Eindhoven. Nach Hartmut Fischer nutzt die
Planomers-Technologie organophil modifizierte Schichtsilikate für eine Reihe
von Anwendungen. Der Zusatz organophiler Schichtsilikate zu Stärke („grüne
Nanocomposites“) machen Stärke-Werkstoffe und Stärkefolien resistent gegen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 197

Tabelle 1-50. Nanofil Füllstoffe auf Basis von unmodifizierten säureaktivierten Calcium-Bento-
nit (Süd Chemie AG)

Produkt Nanofil Nanofil Nanofil Nanofil


EXM 1167 EXM 1168 EXM 1169 EXM 1170

Säureaktivierung % HCl keine niedrig mittel hoch


Farbe zementgrau perlweiß reinweiß verkehrsweiß
Schüttgewicht g/l 360 220 180 120
mittlere Partikelgröße µm 4,5 3,5 3,5 3,5
BET-Oberfläche m2/g 91 265 388 268
pH-Wert 7,6 3,5 3,6 4,6
Feuchte % 3,9 6,0 3,7 2,9
Glühverlust bei 1000 !C % 8,7 7,6 7,6 5,5
Ionenaustauschkapazität
mVal/100 g 74 52 33 4

Wassereinwirkung ohne Zusatz von Hydrophobierungsmitteln. Bei Lacken wer-


den Schichtsilikate mit Farbstoffen beladen, die wirkungsvoll mit den Schichtsi-
likaten in der Acrylatmatrix dispergiert werden. Die erhaltenen nanoverstärkten
Lacke sind hochtransparent und UV-beständiger.
Die Immobilisierung von Farbstoffmolekülen auf den Silikatschichten, z. B.
von Methylenblau, bewirkt erheblich verbesserte UV-Stabilität der Farbstoffe
und hohe Lösemittelbeständigkeit. In zahlreichen Arbeitsgruppen werden
Schichtsilikate und Nanocomposites für die Herstellung von Funktionsmate-
rialien eingesetzt. Bei Polymer-Polyelektrolyten für Batterien von Brennstoff-
zellen erhöhen Schichtsilikat-Nanocomposites die Dimensionsstabilität, Stei-
figkeit und Wärmeformbeständigkeit sowie Barrierewirkung. Hier bieten sich
viele neue Ansätze für die Zukunft. Nanocomposites auf Schichtsilikatbasis
etablieren sich als neue Additive für Polymere mit erhöhter Wertschöpfung“
[10], [11].

Zusammenfassung
Einen zusammenfassenden Überblick über die Wirkung bekannter Füll- und
Verstärkungsstoffe auf das Eigenschaftsbild von Kunststoffen vermittelt Ta-
belle 1-51.
Angesichts der großen Bedeutung, die Funktions-, Füll- und Verstärkungs-
stoffe bei modifizierten technischen Kunststoffen erlangt haben, bieten spezielle
Compoundierbetriebe bis zu hundert Sondertypen an. Sie enthalten je nach Ver-
wendungszweck hochwirksame Wärmestabilisatoren, verschiedenartige Gleit-
mittel und Verstärkungsfasern, die vor allem den wirtschaftlich verarbeitbaren
thermoplastischen Formmassen neue Anwendungsbereiche in der Büro- und
Kommunikationstechnik, im Automobil- und Textilmaschinenbau erschlossen
haben. (Als Beispiel sei das LUVOCOM-Sortiment von Lehmann & Voss, Ham-
burg, erwähnt.)
Tabelle 1-51. Einfluss von Füll- und Verstärkungsstoffen auf das Eigenschaftsbild von Kunststoffen
198

Glasfasern
Wollastonit
C-Fasern
Whiskers
Synthesefasern
Cellulose
Glimmer
Talkum
Graphit
Sand-/Quarzpulver
Silica
Kaolin
Glaskugeln
Calciumcarbonat
Metalloxide
Ruß

Zugfestigkeit ++ + +– + 0 +
Druckfestigkeit + + + + +
E-Modul ++ ++ ++ + ++ + + + + + + +
Schlagzähigkeit –+ – – – ++ + –+ – – – – – –+ – +
reduzierte thermische Ausdehnung + + + + + + + +
reduzierte Schwindung + + + + + + + + + + + + +
bessere Wärmeleitfähigkeit + + + + + + + +
bessere Wärmestandfestigkeit ++ + ++ + + + + +
elektrische Leitfähigkeit + + +
elektrischer Widerstand + ++ + + ++ +
Wärmebeständigkeit + + + + + + + +
chemische Beständigkeit + + 0 + + +
besseres Abriebverhalten + + + + +
Extrusionsgeschwindigkeit –+ + + +
Abrasion in Maschinen – 0 0 0 0 0 – 0 0 0
Verbilligung + + + + + + ++ + + + ++

faserförmige Füllstoffe plättchen- kugelige Füllstoffe


und Verstärkungsmittel förmige Typen

++ starke Wirkung, + schwächere Wirkung, 0 ohne Wirkung, – negative Wirkung.


1 Einführung in Polymer Engineering
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 199

Anorganische Verstärkungsfasern
Die einzigen in der Natur vorkommenden anorganischen Fasern sind der ein-
bis polykristallin aufgebaute Asbest und der Wollastonit. Der Wollastonit gehört
mit einem Länge/Durchmesserverhältnis von 3 : 1 bis 10 : 1 zu den Füllstoffen, mit
Werten von 10 : 1 bis 20 : 1 zu den Verstärkungsfasern. Zu den amorphen, aus der
Schmelze hergestellten synthetischen Fasern zählen die glasartigen Mineralfa-
sern aus Schlacke, Stein, Keramik, Quarz, Kieselglas und vor allem die Glasfa-
sern. Polykristalline anorganische Fasern und die Einkristall-Whiskers werden
aus Bor, Siliciumcarbid, Bornitrid, Borcarbid, Aluminium- und Zirkoniumoxid
hergestellt. Polykristalline Struktur weisen auch die Metallfasern aus Stahl, Al-
uminium und Wolfram auf, ebenso die Kohlenstoff- und Graphitfaser. Einkri-
stallin sind Fasern aus Korund, Siliciumcarbid und Kaliumhexatitanat.

Natürliche anorganische Fasern


Die Asbeste sind die ältesten anorganischen Faserstoffe. Sie werden bis heute
ausschließlich aus natürlichen Mineralvorkommen gewonnen. Asbest ist eine
Gattungsbezeichnung für eine Reihe von faserartigen, hydratisierten Mg- und
Na-Silikaten. Da es sich um in der Natur (unter bestimmten Druck- und
Temperaturverhältnissen) gewachsene Einkristalle handelt, können sie auch als
natürliche Whiskers bezeichnet werden. Die langfasrigen Sorten werden in
Form von Fasern und Garn, die kurzfasrigen als Füllstoffe bei härtbaren Form-
massen, als Extender bei Bodenbelägen sowie als Viskositätsregler verwendet.
Chrysotil ist der am häufigsten verwendete Asbesttyp (kanadischer Weißas-
best). Der Faserdurchmesser beträgt 30 nm, die Festigkeit 500 bis 1000 N/mm2
und die Mohs-Härte 2,5 bis 1,0. Die Fasern sind bis zu 50 mm lang. Chrysotil ist
beständig gegen Laugen; Säuren greifen an. Krokydolith, der südafrikanische
Blauasbest, ist gegenüber Säuren und Laugen beständig und in dieser Hinsicht
dem E-Glas überlegen. Asbest führt in den jeweiligen Formstoffen zu höherer
Steifigkeit, Zugfestigkeit, Formbeständigkeit in der Wärme, Maßhaltigkeit und
höherer Härte. Die elektrischen Eigenschaften sowie das Fließ- und Abriebver-
halten werden jedoch negativ beeinflusst. Die festere Bündelung und die stärkere
interfibrilläre Bindung der Fasern führen im Vergleich zu Glasfasern zu einer
isotroperen Verstärkerwirkung.
Obgleich die verschiedenen Asbestarten keine freie Kieselsäure enthalten, be-
wirkt Asbeststaub – ähnlich wie SiO2-Staub – eine Staublungenerkrankung, die
jedoch viel seltener auftritt als die Silicose. Die Asbestose kann mit Lungenkrebs
kombiniert sein. Es hat sich gezeigt, dass vor allem Feinstaub mit Faserlängen
von weniger als 5 mm eine große Gefährdung darstellt.
Seit Jahren wird aus Gründen der Arbeitssicherheit und des Umweltschutzes
mit großem Nachdruck am Austausch von Asbest u.a. bei Brems- und Kupplungs-
belägen von Automobilen durch Metall-, Glas-, synthetische mineralische und or-
ganische Fasern gearbeitet. Asbestfreie Scheibenbremsen- und Kupplungsbeläge
sind längst auf dem Markt und in der Serienmontage. In allen Fällen, in denen As-
best durch andere Verstärkungsfasern ersetzt wurde, konnten die Phenolharz-Bin-
demittel – wenn auch mit angepassten Rezepten – beibehalten werden [12].
200 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-84. Leistungsfähigkeit von Scheibenbremsanlagen. Es bedeuten: a = asbesthaltiger Reib-


werkstoff; b = asbestfreier Semi-metallic-Reibwerkstoff; c = asbestfreier ATE-Reibwerkstoff
(Faseraustausch)

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit von Scheibenbremsbelägen ist ihr


zeitabhängiges Reibverhalten, besonders bei nasskalter Witterung. Das Bild 1-84
zeigt drei jeweils typische Beläge im Vergleich: Der asbestfreie Faseraustausch-
Bremsbelag entwickelt bereits nach 1 s und nasskalten Bedingungen ein Reib-
wertniveau (m = 0,34), das dasjenige des Semimetallic-Belags (m = 0,12) extrem
übertrifft und sogar noch über dem Niveau des konventionellen Asbestbelags
(m = 0,25) liegt.
An die Stelle von Asbest kann nur eine Faserkombination treten. Dabei muss
die Summe der Eigenschaften und der Preis vertretbar sein. Die Fasern dürfen
in allen vorkommenden Situationen keine kritische Beanspruchungsgrenze
überschreiten und keine Fibrillen bilden. Der ATE-Austauschbelag erfüllt offen-
sichtlich diese Aufgabe. Als Austauschfasern kommen C- und PAN-Fasern in Be-
tracht, denn sie ertragen die geforderten thermischen Beanspruchungen [13].
Zur Asbesthysterie ist anzumerken, dass jährlich in Deutschland etwa 30 000
Raucher an Lungenkrebs sterben. Unter 1000 Fälle sterben an Asbestose. Weiter
ist zu bemerken, dass manche Entwicklungen, die von Landes-, Bundes- und EU-
Ministerien/Behörden im Bereich der Nanotechnologie gefördert werden, u. a.
zum Ziel haben, Nanocomposites zu entwickeln. Dazu gehören auch Fasern.
Chrysotilasbestfasern sind solche Nanofasern. Diese gibt es also schon und zwar
in Mengen zu niedrigsten Preisen. Für die Alveolen in unseren Lungen sind die
Faserabmessungen entscheidend, ob die Nanofasern (Asbest oder andere) wie-
der ausgeatmet werden können oder hängen bleiben. Nur dann kann sich über
zwei Jahrzehnte hin oder länger vielleicht Lungenkrebs entwickeln.

Synthetische anorganische Fasern


Unter synthetischen anorganischen Fasern nehmen die Glasfasern mit einem
Anteil bis zu 90 % den ersten Platz ein. Für hochsteife und hochfeste Bauteile ist
bei gleichzeitig geringerer Dichte des Verbundwerkstoffes oder der Werkstoff-
verbunde und niedrigem Wärmeausdehnungskoeffizienten die C-Faser gut ge-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 201

eignet.Wird außerdem eine hohe Zähigkeit der Formstoffe verlangt, dann ist die
Aramid-Faser ggf. zu bevorzugen. Außerdem werden Borfasern (BFK), Berylli-
umfasern (BeFK), Siliciumcarbidfasern (SiC), jedoch auch Metallfasern (Alumi-
nium und Stahl) als Verstärkung verwendet [8].
Tabelle 1-52 gibt Anhaltswerte zu Eigenschaften von keramischen Fasern.

■ Glasfasern
Sie bestehen aus Oxiden des Siliciums, Bors und Aluminiums.
Als Glasfasern (DIN; E: glass fibers (ISO)) bezeichnet man alle handelsübli-
chen Glassorten (E-, R-, S- usw. –Glas), aus denen optische oder textile Glasfa-
sern (ISO: Textilglas; E: textile glass) ersponnen werden können oder die zu
Glaswolle (E: glass wool) oder Glaswatte (E: glass bat, wadding) verarbeitbar
sind.
Das ursprünglich für die Elektroisolation entwickelte E-Glas ist ein
Borosilikatglas. Das alkalireiche A-Glas kann mit bestimmten Haftmitteln für
Gewebe verwendet werden. Für korrosionsanfällige Anwendungen verwendet
man das chemisch resistente C-Glas.
Optische reine Glasfasern werden als Lichtleiter verwendet; Glaswatte und
Glaswolle als thermische und akustische Isolationsmaterialien. Aus Textilglas
stellt man sowohl Filamente als auch Stapelfasern her. Textilglas ist verspinnbar.
Es wird für Heimtextilien, als Verstärkungs- oder Füllmaterial für Kunststoffe
sowie für elektrische Isolierungen gebraucht.
Glasfasern für Verstärkungsmaterialien und Füllstoffzwecke bestehen in der
Regel aus E-Glas [15].
Glasfilamente (früher: Glasseiden; E: glass filaments) sind aus der Schmelze
gezogene endlose Fäden. 204 oder mehr Glasfilamente werden parallel ohne Ver-

Tabelle 1-52. Physikalische und mechanische Eigenschaften keramischer Fasern parallel zur
Faserrichtung [14]

Fasersorte Dichte Durchmesser Zugfestigkeit E-Modul Wärmeaus-


in g/cm2 der Einzel- F E in dehnungs-
faser d in 103 N/mm2 in 103 N/mm2 koeffizient a
in mm 20 bis 200°C
in 10–6 K–1

Al2O3 (FP) 3,90 20 1,38 362 6,4


Al2O3 (Saffil) 3,30 1 bis 4 2,0 300 nicht
bestimmt
Al2O3 · 15% 3,25 17 1,8 210 8,8
SiO2 (Alf)
Kohle 1,74 8 2,5 230 0
(Rigiloraxt)
SiC (Nicalon) 2,55 10 bis 15 2,7 187 3,1
SiC (Sigma) 3,40 100 3,7 430 4,5
SiC (Tokamax) 3,17 0,1 bis 0,5 (3 bis 4) (400 bis 700) 4,5
202 1 Einführung in Polymer Engineering

drillen zu einem Glasspinnfaden (E: glass strand, strand) gebündelt, der


handelsüblichen Ausgangsform. Aus Glasspinnfäden stellt man einfache
Glasfilamentgarne, Textilglasrovings und Textilglasmatten her (Bezeichnungen
nach ISO (E) bzw. DIN (D)):
• Textilglasmatten (E: textile glass mats) sind Matten, die nicht durch Weben
erzeugt wurden, sondern entweder direkt aus Glasspinnfäden oder über die
Zwischenstufe der Textilglasrovings (E: to rove = strecken vor dem Verspin-
nen).
• Textilglasrovings (E: glass rovings, rovings, ends) bestehen aus mehreren
parallelen, nicht verdrillten Glasspinnfäden, die in einer Spule (E: forming
package) abgelegt sind. Sie werden entweder zu Glasrovinggewebe (E: woven
glass roving fabric, roving cloth (USA)) verarbeitet oder aber zu Glas-Kurzfa-
sern vermahlen (E: milled glass fiber) oder geschnitten (E: chopped glass fi-
ber) (ca. 140 µm bis 210 µm lang).
• Einfache Glasfilamentgarne (E: single glass filament yarns) werden entweder
ohne Verdrehen zu gefachten Glasfilamentgarnen (E: multiple wound glass
filament yarns) zusammen gespult oder in einer Stufe bzw. mehreren Stufen
miteinander zu ein- bzw. mehrstufigen Glasfilamentzwirnen verdreht (E: fol-
ded or cabled filament yarns). Aus den einfachen oder gefachten Garnen bzw.
aus den Zwirnen erhält man dann Glasfilamentgewebe (E: woven glass fila-
ment fabrics) [15].
Glasstapelfasern von 5 – 50 mm Länge und 5 – 15 µm Durchmesser entstehen ent-
weder durch Ziehen von Glasstäben oder durch Blasen der Schmelzen mit Luft
oder Wasserdampf durch Düsen. Aus ihnen erzeugt man entweder direkt ein
Oberflächenvlies bzw. Glasfibervliesstoff (E: surfacing mat), bei dem regellos
angeordnete Filamente oder Stapelfasern durch Bindemittel verklebt werden
oder stellt wie bei organischen Spaltfasern zuerst ein Vorgarn (E: roving) aus
praktisch parallelen, leicht miteinander verdrehten Stapelfasern her. Nach dem
Drehen wird das Vorgarn zum einfachen Glasfaserstapelgarn (E: single glass
staple fiber yarn). Aus den Garnen kann man durch Mischen mit Filamenten
Glasmischgewebe (E: mixed glass fiber cloth) erstellen oder ähnlich wie bei Fi-
lamenten gefachte Glasstapelfasergarne (E: multiple wound glass staple fiber
yarns) bzw. ein- oder mehrstufige Glasstapelfaserzwirne (E: folded oder cabled
glass staple fiber yarns) erzeugen. Aus diesen Garnen oder Zwirnen, aber auch
direkt aus den einfachen Glasfaserstapelgarnen, gewinnt man dann die ver-
schiedenen Glasstapelfasergewebe.
Glasfasergewebe weisen die gleichen Grundtypen wie Gewebe aus organi-
schen Fasern auf. Sie werden ebenso hergestellt. Diese Grundtypen werden bia-
xiale oder 0/90-Gewebe genannt. Außer biaxialen Geweben sind auch triaxiale
(0/45/90, 0/60/–60) und tetraaxiale auf dem Markt (0/45/90/–45) [15].
Zum Schutz gegen mechanische und chemische Beanspruchung sowie gegen
Feuchtigkeitseinwirkung erhalten die Glasfasern eine Schlichte, die Stapelfa-
sern eine Schmälze. Die für das Verstärken von Kunststoffen verwendeten Fa-
sern und flächenförmigen Folgeprodukte werden entschlichtet und mit einem
Haftmittelfinish bzw. mit Kuppelagenzien ausgerüstet (vgl. Abschn. „Verbund-
werkstoffe“).
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 203

Tabelle 1-53. Eigenschaften von Silikat- und anderen Mineralfasern bei Raumtemperatur [15],
Bayer AG

Eigenschaft RH Phys. Quarz E-Glas S-Glas Asbest Al2O3 Al2O3


(%) Einheit Chrysotil Whisker

Durchmesser 65 mm 10 10 7 10 20 –
der Filamente
Dichte 65 g/cm2 2,2 2,54 2,48 2,55 3,1 3,96
Elastizitäts- 65 GPa 69 72 86 80 345 2100
modul
Zugfestigkeit 65 GPa 0,9 2,41 4,59 5,68 1,3 43
Reißdehnung 65 % 1,3 3,5 2,8 11 0,8 –
Schmelz- 0 °C 1650 1260 – 1520 2045 –
temperatur
Max. Gebrauchs- 0 °C 900 600 – 1400 – –
temperatur
Härte Mohs 6,5
Vickers 620–640
bei 0,1 kg
lin. Längenaus- 10–6 K–1 4,8
dehnungs-
koeffizient
Wärmeleitzahl kJ/hmK 3,71

Die Verstärkungswirkung wird beeinflusst durch: Massenanteile der Glasfa-


sern, das Längen/Durchmesserverhältnis (Langfasern sind wirksamer als Kurz-
fasern), die Natur des Haftvermittlers, die Lage der Fasern zur Beanspruchungs-
richtung (Orientierung) sowie den Grad der Zerkleinerung beim Verarbeiten,
beispielsweise dem Spritzgießen GF-verstärkter Formmassen [16].
Die maximale Zugfestigkeit von Glasfasern beträgt 2500 N/mm2. Garne und
Zwirne erreichen 1300 bis 1500 N/mm2. Der Zusammenhang zwischen Kraft und
Verformung ist bis zum Bruch linear. Es tritt keine bleibende Dehnung auf. Für
die Verstärkungswirkung eines Faserwerkstoffs ist die Dehnung entscheidend.
Das Zusammenwirken von Faser und Harz kann folgendermaßen sein [17]:
• Glasfaser und Harz haben die gleiche Bruchdehnung (die Zugfestigkeit bei-
der Werkstoffe kann voll ausgenutzt werden).
• Die Bruchdehnung des Harzes ist größer als die der Glasfasern (die Zugfestig-
keit des Harzes wird nur teilweise genutzt, das Glas bestimmt die Zugfestig-
keit des Verbundes).
• Die Bruchdehnung des Harzes ist kleiner als die des Glases (die Zugfestigkeit
der Glasfaser kann nicht genutzt werden, das Harz versagt vorzeitig).
Angestrebt wird der an zweiter Stelle genannte Fall. Die Bruchdehnung der Glas-
faser beträgt 1,5 % bis 3 %; die gebräuchlichen Harze erreichen 3 % bis 5 %. Die
Bruchdehnung von GFK entspricht der festigkeitsbestimmenden Glasfaser. Nur
bei unidirektionaler Verstärkung liegt ein linearer Zusammenhang zwischen
204 1 Einführung in Polymer Engineering

Festigkeit und Glasfasergehalt vor. Bei anderen Verstärkungsarten überschreitet


die Festigkeit ein Maximum.Auch die Bruchfestigkeit ist eine Funktion des Glas-
fasergehaltes. Bei GF-verstärkten Harzen (GFK) sind folgende maximalen Glas-
gehalte erreichbar:
• Matten:
Handlaminieren 35 Masse-%
Pressen 50 Masse-%
• Gewebe
Leinenbindung 66 Masse-%
• Roving (uniaxial) 75 Masse-%
Ein hoher E-Modul des Harzes und eine gute Haftung zwischen Glas und Harz
verbessern die Druckfestigkeit. Maximale Biegefestigkeiten ergeben GFK-Ver-
bunde, bei denen verstärkendes Glasgewebe auf der zugbeanspruchten Seite des
Bauteils liegt. Die Schlagarbeit wird bei GFK vorwiegend elastisch verbraucht.
Bei schwingender Beanspruchung nimmt die ertragbare Spannungsamplitude
mit wachsender Lastspielzahl ab. Das Verhalten von GFK ähnelt damit dem der
Leichtmetalle, während sich bei Stählen die Wöhler-Kurven einem Grenzwert –
der Dauerwechselfestigkeit – nähern. Die Kerbschlagzähigkeit fällt zwar bei GF-
verstärkten Formstoffen ab, jedoch in der Kälte nicht so betont wie bei unver-
stärkten Formstoffen. Geringere Schwindung und ein niedrigerer Wärmeaus-
dehnungskoeffizient führen zu höherer Maßhaltigkeit der Formteile. Bei
schwingender Beanspruchung werden die Geräusche stärker gedämpft. Wegen
der geringeren Enthalpie verstärkter Formmassen werden die Verarbeitungs-
zyklen kürzer.
Vorläufiger Höhepunkt in der 500-jährigen Geschichte der Glasfasern ist ein
Produkt [18] (Typ: Zen Tron, Hersteller Owens Corning) mit einer 15 bis 50 %
höheren Zugfestigkeit gegenüber normalen oder anderen hochfesten Glasfa-
sern. Darüber hinaus ermöglicht die Glaszusammensetzung und eine optimierte
Faserausrichtung im Verbundwerkstoff sowohl einen höheren E-Modul als auch
eine bis zu 50 % verbesserte Schlagzähigkeit. Die Adhäsion bei der Imprägnie-
rung z. B. mit Epoxid- oder Vinylester-Harzen wird durch eine spezielle Schlichte
erreicht, die sich in einer höheren Fertigungsgeschwindigkeit widerspiegelt. Die
hochfeste Faser kann durch Pultrusion und Wickelverfahren verarbeitet werden.
Anwendungen werden bei Druckbehältern, im Bootsbau und der Bauindustrie
erwartet.

Organische Verstärkungsfasern
Wenn von typischen Verstärkungsfasern für Kunststoffe gesprochen wird, dann
denkt jeder Anwendungstechniker zunächst an Glasfasern. Historisch gesehen
ist jedoch die Verwendung von organischen Fasern um einige Jahrzehnte älter.
Sie begann mit dem Verstärken von Phenolharzen durch die in der Natur
vorkommenden Fasern aus Cellulose.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 205

Bild 1-85. Feinheitsbezogene Zugkraft verschiedener Faser-Typen als Funktion der Dehnung e
[15]
Deformationen werden bei Textilfasern aus Kraft-Dehnungs-Kurven F = f (e) ermittelt, und
nicht wie bei technischen Fäden sowie bei Kunststoffen und Gummis aus Spannungs-Deh-
nungs-Kurven s = f (e). Die Kurven F = f (e) laufen manchmal durch ein schwaches Maximum,
das durch die Höchstzugkraft Fmax (E: force at break, „breaking force“) bei der Dehnung bei
Höchstzugkraft emax (E: elongation at break) charakterisiert ist. Er wird gelegentlich von dem
etwas tieferen Wert der Bruchkraft FB (E: force at rupture) bei der Bruchdehnung eB (E: elon-
gation at rupture) gefolgt.
Fmax und FB werden aber nicht als solche angegeben, sondern als Kraft (z. B. in Newton N) pro
lineare Dichte bzw. Titer (z. B. in tex), d. h. als feinheitsbezogene Zugkraft E/m (Reiß- oder
Bruchfestigkeit; E: tenacity; kein offizielles ISO-Symbol), d. h. als spezifische (= auf die Masse
bezogene) Energie (z. B. 1 N/tex = 1 (J m–1)/(10–6 kg m–1) = 1 · 106 J/kg = 1 MJ/kg).
Diese Werte lassen sich mit der Dichte in Spannungen umrechnen, z. B. (Wert in
N/tex) ¥ (Dichte in g/cm3) = (Spannung in GPa). In älteren Arbeiten wird anstelle der Kraft in-
korrekterweise die Masse (als Maß für das „Gewicht“) verwendet und zudem der Titer in denier
ausgedrückt; die Umrechnung ist hier (Wert in N/tex) ¥ 11,33 = (Wert in gf/den oder gpd) (gf =
gram force; gpd = gram poid denier).
Die (textilen) Moduln werden nicht aus der Anfangssteigung der Kurve E/m=f(e) entnommen,
sondern als Tangentenmodul (E: tangent modulus) von Ursprung aus, als Sekantenmodul (E:
secant modulus) vom Ursprung zu einem bestimmten Wert der Dehnung e bzw. als Chordmo-
dul (E: chord modulus) zwischen zwei Dehnungen e1 und e2 [15].

Natürliche organische Verstärkungsfasern


Die bekanntesten Ausgangsprodukte für die in der Natur vorkommenden Fa-
sern, deren Vorrat dank ständiger Erneuerung unerschöpflich ist, bilden Holz
und Baumwolle. Beide Naturstoffe bestehen aus faserförmigen Grundeinheiten,
den sog. Fibrillen, deren Durchmesser wahrscheinlich dem des Cellulosekristal-
lites entspricht. In der Längsrichtung der Fibrille wechseln kristalline und amor-
phe Bereiche miteinander ab. Mehrere Elementarfibrillen können wiederum zu
übergeordneten fibrillären Struktureinheiten zusammengefasst sein [19].
206 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-54. Eigenschaften (zum Teil mittlere) einiger technischer Pflanzenfasern. Zum Ver-
gleich: Baumwolle weist einen textilen Elastizitätsmodul von 5,7 N/tex auf [15]

Eigen- RF Phys. Hanf Jute Kenaf Sisal Abaka Hene- Kapok Kokos
schaft (%) Ein- quen
heit

Länge – mm 5–55 0,7–6 1,5–11 0,8–8 2–12 1,5–4 15–30 0,2–1,0


Durch- – mm 10–51 25–200 12–36 50–200 6–46 8–33 10–30 100–450
messer
Feinheit 65 km/kg 140 490 180 40 32 32 – –
Dichte 65 g/cm2 1,48 1,3–1,5 – 1,45 – – – 1,15
Modul, 65 N/tex 18-22 13–26 – 9-22 – 13 13 4–6
textiler a
Reißfestig- 65 N/tex 0,57 0,38 – 0,40 0,64 0,39 0,24 –
keit, text. a
Reiß- 65 % 1,6 1,2–1,7 2,7 2–7 2–4,5 3,5–5 1,2 15–40
dehnung
Feuchte- 65 % 12 14 – – – – – –
aufnahme
a
Textile Begriffserklärungen siehe Fußnote zu Bild 1-85.

In den vergangenen Jahren nahm die Bedeutung technisch nutzbarer


Pflanzenfasern zu. Tabelle 1-54 [15] vergleicht einige Eigenschaften. Weitere In-
formationen liefert u. a. Elias [15].

■ Holzfasern
Die für das Verstärken von PF, MF, MP und PP verwendeten Holzmehle sind in
Wirklichkeit zerkleinerte Holzfaserstoffe, die vorwiegend aus Fichten- und
Buchenholz hergestellt werden. Die Feinheit des Materials mit Teilchengrößen
von max. 150 mm lässt die faserförmige Struktur mit bloßem Auge nicht mehr er-
kennen. Eigenschaftsvergleich mit anderen Fasern siehe Tabelle 1-58.

■ Cellulosefasern
Baumwollfasern bestehen aus einem mehrschichtigen Kern aus Cellulosemole-
külen (Tabelle 1-55), der von einem Mantel aus Ligninen, Pektinen, Fetten und
Wachsen umgeben ist. Cellulose ist ein Polysaccharid aus in b-(1 Æ4)-Stellung
miteinander verknüpften D-Glucoseresten, d. h. eine Poly[b-(1 Æ4)-D-glucopy-
ranose] mit Cellobiose als Repetiereinheit. Native Cellulosen enthalten noch
Carboxylgruppen, die Baumwolle z. B. ca. 1 COOH-Gruppe pro 500 – 1000 Gluco-
sereste. Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades der unter Ausschluss von
Licht und Sauerstoff geernteten Baumwollcellulose beträgt 14000 – 18000, dasje-
nige der konventionell geernteten Baumwolle ca. 7000 und das der industriellen
Zellstoffe 300 – 2000 [15].
Die Zusammensetzung natürlicher Cellulosefasern gibt Tabelle 1-55 wieder.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 207

Tabelle 1-55. Zusammensetzung natürlicher Cellulosefasern. WL = Wasserlöslicher Anteil [15]

Faser Zusammensetzung der Trockenmasse in % an

Cellulose Polyosen Pektine Lignine Fette, WL


Wachse

Baumwolle 92,7 4,7 1,0 0 0,6 1,0


Ramie 68,8 13,1 1,9 0,6 0,3 5,3
Hanf 67,0 16,1 0,8 3,3 0,7 2,1
Sisal 65,8 12,0 0,8 9,9 0,3 1,2
Jute 64,4 12,0 0,2 11,8 0,5 1,1
Flachs, geröstet 64,1 16,7 1,8 2,0 1,5 3,9
Manila-Hanf 63,2 19,6 0,5 5,1 0,2 1,4

Die Glastemperatur trockener Cellulose wird auf 225 °C geschätzt, diejenige


feuchter auf unter 20 °C. Durch Wasser weich gemachte Cellulosen lassen sich
sehr leicht durch Druck verformen; Baumwolle und Rayon sind daher nicht
knitterfest.
Die schlechte Knitterfestigkeit der Cellulosefasern kann durch Ausrüstung
der Gewebe mit Harzen verbessert, aber nicht völlig eliminiert werden. Tech-
nisch bevorzugt man daher den Einsatz von Mischgeweben, vor allem mit
Polyestergarnen, z. B. für Oberhemden und Unterwäsche [15].
Bei den für das Verstärken von Phenoplasten, jedoch vor allem für die hell-
farbigen Aminoplast-Formmassen verwendeten weißen Cellulosefasern handelt
es sich um gebleichten Sulfitzellstoff aus Buchenholz oder um reine Baumwoll-
cellulose. Die Cellulose ist mit einem Anteil von etwa 99 % nahezu der einzige
Bestandteil dieser Verstärkungsfaser. Die durchschnittliche Länge der Faser be-
trägt je nach Typ 200 mm bis 650 mm, die Faserdicke 20 mm bis 25 mm. Sie ist so-
mit größer als die kritische Länge einer als Verstärkung dienenden Faser. Die
Baumwolle wird beispielsweise bei PF-Typ 74 in Form von Gewebeschnitzeln
verwendet, was vor allem zu erhöhter Kerbschlagzähigkeit führt.
Polypropylen, verstärkt mit Naturfasern, ist in den vergangenen Jahren ver-
stärkt im Gespräch und auch im Einsatz. Hochfeste Cellulosefasern verstärken
dabei Polypropylen (Normstäbe) bei manchen Eigenschaften wie Glasfasern
[20], Tabellen 1-57 und 1-58.
Den Vergleich einiger synthetischer Fasern mit Holz- und Cellulosefasern
zeigt Tabelle 1-58.

■ Sisal
Die Hoffnungen, die Anfang der sechziger Jahre in die vielseitigen
Verwendungsmöglichkeiten von Sisal für PF-Formmassen und Schichtpress-
stoffe sowie in vorgemischte UP-Formmassen (DMC) gesetzt wurden, haben
sich trotz ihres im Vergleich zu Glasfasern niedrigen Preises nicht erfüllt. Ange-
sichts des überlegenen Eigenschaftsbildes der Glasfasern hat Sisal an Bedeutung
verloren. Erst in den 80/90er-Jahren wurde das Interesse an diesen Fasern bei
der Suche nach Austauschmaterial für Asbest bei Brems- und Reibbelägen sowie
208 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-56. Mittlere Eigenschaften von Cellulosefasern. CUP = nach dem Kupferammoniak-
Verfahren erzeugte Cellulosefasern, CV = normales Rayon nach dem Viskose-Verfahren, PN =
Polynosic-Cellulose, HWM = Rayon mit hohem Nassmodul, DA = aus Celluloseacetat rekonsti-
tuierte Cellulose [15], RH= relative Luftfeuchtigkeit.

Eigenschaft RH Phys. Chemiefasern Baum-


(%) Einheit wolle
CUP CV PN HWM DA

Polymerisa- – 1 500 320 600 750 – 7000


tionsgrad
Dichte 65 g/cm2 1,53 1,52 1,51 1,53 1,52 1,54
Modul, 65 N/tex 4,1 4,8 4,8 – 13,7 5,7
textiler a 100 N/tex 3,3 2,3 3,5 – 9,5 4,0
Nassmodul, – N/tex 0,014 0,017 0,12 0,12 – –
textiler a
Reißfestigkeit, 65 N/tex 0,17 0,23 0,29 0,64 0,62 0,35
textile a 100 N/tex 0,11 0,14 0,25 0,51 0,50 0,40
Reißdehnung 65 % 14 20 8,5 7,5 6,0 7,0
100 % 29 28 10,5 8,5 7,0 9,0
Feuchte- 65 % 11 14 12 12 11 7,5
aufnahme
Wasserrück- 100 % 117 95 62 65 22 40
haltevermögen
a
Textile Begriffserklärungen siehe Fußnote zu Bild 1-85.

Tabelle 1-57. Mechanische Kennwerte von unterschiedlich verstärktem Polypropylen [20]

Material Faser- Dichte Zugfestig- Biege-E- Schlag- Kerbschlag-


anteil g/cmb keit Modul zähigkeit zähigkeit
% MPa GPa (–40°C) (23°C)
kJ/m2 kJ/m2

PP a (ungefüllt) 0 0,899 24 1,09 10 5,6


PP a + Arbocel 35 1,034 27 2,33 9 1,9
PP a + Cordenka 30 0,999 79 2,37 50 12,1
PP a + Glasfaser b 30 1,140 80 4,10 17 15 c
a
Stamylan P 412MN10, b Herstellerangaben für Stamylan P 63G1030, c mit U-Kerbe bestimmt.

PF-Formmassen und auch thermoplastischen (meist PP) Kunststoffen für Auto-


mobil-Innenverkleidungen wieder geweckt (Eigenschaften siehe Tabelle 1-55).

■ Flachs, Hanf
Seit über 10 Jahren nehmen die Entwicklungen von Naturfaser-Polymer-Ver-
bunden mit Schwerpunkt auf Polypropylen zu. Ziele sind kostengünstige, leichte
Konstruktionsmaterialien im Auto, Bau und in der Elektrobranche. Verbund-
dichten um 1 g/cm3 sind realisierbar. Schwierigkeiten machten die Verarbeitung,
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 209

Tabelle 1-58. Eigenschaften einiger Verstärkungsfasern und ausgewählter cellulosischer Fasern


[20]

Fasermaterial Dichte Zugfestigkeit Zug-E-Modul Reißdehnung Zitat


g/cm3 MPa GPa %

E-Glasfaser ~ 2,54 3600 72,4–76 ~2 [1], S. 36


Aramidfaser 1,45 3620 124–131 2,9 [2]
Kevlar 49
Kohlenstofffaser 1,8 4500 234 1,9 [3]
Grafil
Hartholzfaser – 140–500 – – [4]
(Sulfatzellstoff)
Weichholzfaser 1,54 500–1500 20–70 – [5]
(Sulfatzellstoff)
Cordenka 700 1,496 885 27 12 eigene
Messung

die reproduzierbare Qualität der Naturfasern und deren chemische Ausrüstung


gegen Pilze, Mikroben, Brand, Geruch, Wasseraufnahme und als Folge der Aus-
rüstung hohe Emissionswerte.
Halogenfreie Flammschutzmittel (siehe auch dort) stehen für Polypropylen-
Flachs-Compounds (und andere Naturfasern) zur Verfügung [21]:
• Ammoniumpolyphosphate (APP)
• Melamincyanurate (MC)
• Blähgraphit (BG) [22]
Die entwickelten flammwidrig eingestellten PP-Flachs-Compounds liegen bei
Festigkeit und E-Modul zwischen mineralgefülltem und glasfaserverstärktem
PP. Trotz 10 – 25 % Gehalt an dem jeweiligen Flammschutzmittel besitzen sie ein
mittleres Schlagzähigkeitsniveau [21].
Die Optimierung der Prozessparameter beim Heißpressen von flachsver-
stärktem Polypropylen untersuchten Wielage et al. [23].

Synthetische organische Verstärkungsfasern


Während sich die natürlichen Fasern, vorwiegend in Form von Kurzfasern und
Textilschnitzeln als Verstärkungsstoff vor allem bei den härtbaren Pheno- und
Aminoplast-Formmassen bewähren, zwang vor allem die Entwicklung der Poly-
ester und Epoxidharze im Hinblick auf eine optimale Ausnutzung der Eigen-
schaften dieser Produkte zur Entwicklung neuartiger Verstärkungsfasern. Als
Ergebnis dieser Bemühungen stehen heute hochfeste synthetische organische
Fasern zur Verfügung.

■ Polyacrylnitril
Die um 1950 etwa zur gleichen Zeit in den USA und in der Bundesrepublik
Deutschland aufgenommene Produktion von PAN-Fasern erreicht weltweit etwa
210 1 Einführung in Polymer Engineering

20 % der Chemiefaser- und 10 % der gesamten Faserproduktion (Chemie- und


Naturfasern), d. h. eine Menge, die der Welt-Wollerzeugung entspricht. Der woll-
ähnliche Charakter und die gute Anfärbbarkeit sicherten dieser Faser ihren Platz
neben der Polyester- und Polyamidfaser. Die seit ca. 1980 einsetzende Substitu-
tion von Asbest (wegen des bei der Verarbeitung entstehenden gesundheitsge-
fährdenden Feinstaubs) gab den Anstoß zur Weiterentwicklung der textilen
PAN-Faser durch chemische und physikalische Modifizierung. Das Ergebnis
sind hochfeste (mit 75 cN/tex etwa die dreifache Reißfestigkeit der textilen
Typen) Fasern von nierenförmigem Querschnitt, die sich als hochwertiges
Austauschmaterial bei zahlreichen Asbestzementprodukten bewähren, ebenso
bei phenolharzgebundenen Reib- und Bremsbelägen [24]. Ausführlichere Be-
schreibungen zu Acrylfasern bietet Elias [15].

■ Polyesterfasern
Die üblichen Polyester-Fasern bestehen aus Poly(ethylenterephthalat). Fasern
aus Poly(trimethylenterephthalat), Poly(butylenterephthalat) und Poly(1,4-
cyclohexandimethylolterephthalat) werden in kleineren Mengen hergestellt.
Die Polyester-Fasern sind die universellsten aller Chemiefasern, da sie sich
durch chemische, physikalische und textile Modifikationen am Besten an Mode-
strömungen und Anwendungen anpassen lassen (Tabelle 1-59), was ihre über-
durchschnittliche Mengenentwicklung erklärt. Filamente aus Polyester-Fasern
sind seidenähnlich. Der größte Teil der Polyester wird jedoch als baumwoll- oder
wollähnliche Stapelfasern verwendet [15].
In neuerer Zeit ist es gelungen, aus Polyestern, Polyamiden und anderen Poly-
meren durch verschiedene Verfahren Superfilamente (E: superfils) herzustellen.
Diese Fasern reichen von Feinstfasern (1 dtex – 0,1 dtex) über die eigentlichen
Mikrofasern (0,3 tex – 0,1 dtex) zu Ultrafeinstfasern (10–3 dtex) und Ultrasuper-
feinstfasern (10–4 dtex). Sie sind daher wesentlich feiner als die Fäden der Natur-
seide (ca. 1,3 dtex) [15].

Tabelle 1-59. Eigenschaften von Polyester-Fasern bei 21 °C und 65 % relativer Luftfeuchtigkeit,


nach Davis, G. W. [15]

Eigenschaft Phys. Filamente Stapelfasern


Einheit
regulär hoch reißf. regulär hoch reißf.

Anwendungen Gewebe, Reifenkord, Mischungen Industrie-


Gewirke industrielle mit Wolle o. fasern,
Garne Baumwolle Nähgarne
Dichte g/cm3 1,38 1,39 1,38 1,39
Modul, textiler N/tex 6,6–6,8 10,2–10,6 2,2–3,5 4,0–4,9
Reißfestigkeit, textile N/tex 0,35–0,5 0,62–0,85 0,35–0,47 0,48–0,61
Reißdehnung % 24–50 10–20 35–65 17–40
Elast. Erholung nach % 88–93 90 75–85 75–85
5% Dehnung
Feuchtigkeitsaufnahme % 0,4 0,4 0,4 0,4
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 211

Mikrofasern entstehen bei der mechanischen Methode durch Erspinnen aus


Spinndüsen mit vielen Bohrungen und zwei seitlich angebrachten Luftdüsen.
Die Porenweite der Gewirre ist ca. 3000mal kleiner als die Durchmesser von
Regentropfen. Wassertropfen können daher nicht in das Gewebe eindringen,
speziell, wenn Poly(tetrafluorethylen)-Fasern verwendet werden (Gore-Tex),
während Wasserdampf austreten kann. Derartige Gewebe aus Garnen von
Mikrofilamenten mit Feinheiten von 0,5 dtex sind atmungsaktiv und wasser-
dicht [15].
Andere Verfahren gehen von Polymer-Blends aus zwei nicht mischbaren
Polymeren aus, einer wasserlöslichen Matrix (z. B. Poly(vinylalkohol)) und ei-
nem nicht löslichen Faserbildner (z. B. Poly(ethylenterephthalat)). Beim Extru-
dieren ruft der stromlinienartige Fluss eine fibrilläre Morphologie hervor. Nach
dem Kaltverstrecken wird die Matrix extrahiert. Die entstehende schaumartige
Aufschlämmung wird dann abfiltriert und zu Mikrofasern mit 0,1 µm – 10 µm
Durchmesser versponnen. Mit diesem Verfahren wurden Ultrasuperfeinstfasern
mit Feinheiten von 10–4 dtex für Filtertücher erhalten [15].
Die Polyesterfaser wird häufig in Verbindung mit Cellulosefasern und
Gewebeschnitzeln zur Herstellung erhöht schlagzäher PF-Formmassen verwen-
det. In Verbindung mit Glasfasern verbessert sie im Bedarfsfall die Schlagzähig-
keit verstärkter UP-Formstoffe.

■ Polyamidfasern
Die technisch wichtigsten Fasern aus der Reihe der Polyamide basieren auf PA
6.6 und PA 6. Der ursprünglich geringe Anteil von PA 6 mit nur 10 % an der
Gesamterzeugung von PA-Fasern hat in den letzten Jahren erheblich zuge-
nommen. Polyamidfasern werden bei PF-Formmassen zur Verbesserung der
Elastizität und der Kriechstromfestigkeit verwendet.
„Die Polyamidfäden 6 und 6.6 besitzen hohe Reiß-, Scheuer- und Biegefestig-
keiten, in weiten Grenzen einstellbare Dehnungen, gute Texturierfähigkeiten
und ausreichende Formstabilitäten, so dass sie nunmehr für stark strapazierte
Textilien wie Strümpfe, Bodenbeläge und technische Gewebe eingesetzt werden.
Die Färbbarkeit kann durch Copolymerisation mit Monomeren mit sauren oder
basischen Gruppen, durch Variation der Endgruppen oder durch Aufpfropfen
anderer Monomerer in weiten Grenzen variiert werden. Bei Polyamidcord für
Autoreifen stört der relativ hohe Elastizitätsmodul; er kann jedoch durch
Schmelzblenden der Polyamide mit Polyestern erniedrigt werden. Dazu müssen
jedoch die Endgruppen der Polyamide blockiert werden, da diese sonst einen
Kettenabbau der Polyester katalysieren würden“ [15].
Eigenschaften von Polyamidgarnen liefert Tabelle 1-60.

■ Polyvinylalkohol- und Polyolefinfasern


Stapelfasern aus PVAL werden noch heute in Nordkorea und China hergestellt
(geschätzte Produktionskapazitäten 50 000 t/a bzw. 150 000 t/a).
„In Japan werden durch Trockenspinnen Filamente mit erheblich verbesser-
ten mechanischen Eigenschaften erzeugt (1993: Produktion 36 000 t/a, Kapazität
80 000 t/a). Poly(vinylalkohol)-Filamente besitzen hohe Reißfestigkeiten (Ta-
belle 1-61) und werden daher zu über 90 % für industrielle Zwecke (Fischnetze,
212 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-60. Textile Eigenschaften von Garnen aus Polyamiden [15]

Eigenschaft Phys. Polyamid Polyamid Polyamid


Einheit 6 6.6 4.6

Dichte g/cm3 – – –
Kristallinität % 23 37 45
Schmelztemperatur °C 221 266 290
Bügeltemperatur, maximale °C 150 180 –
Waschtemperatur, maximale °C 60 71 –
Modul, textiler a 25°C (konditioniert) cN/tex 279 360 324
120°C cN/tex 135 153 225
Reißfestigkeit, textile a cN/tex 85 85 86
Dehnbarkeit, konditioniert % 33 – –
Schwindung, 180°C % 12,0 7,8 5,3
Feuchtigkeitsaufnahme (E: regain), 65% RH % 7,5 7,5 –
a
Textile Begriffserklärungen siehe Fußnote unter Bild 1-85.

Tabelle 1-61. Mittlere Eigenschaften von Olefin- und Vinylfasern (Filamenten) [15]

Eigenschaft RF Phys. PP PE- PTFE PVC PS PVA


Einheit HD b

Dichte 65 g/cm3 0,90 0,94 2,2 1,40 1,05 1,28


Modul, textiler 65 N/tex 6,0 2,5 1,2 3,0 – 3,8
Reißfestigkeit, textile 65 N/tex 0,62 0,27 0,13 0,25 0,48 0,66
100 N/tex 0,62 0,27 0,13 0,24 0,50 0,50
Reißdehnung 65 % 20 30 23 17 < 10 16
100 % 20 30 23 16 < 10 21
Feuchteaufnahme 65 % 0 0 0 0,1 < 0,1 4,2
Wasserrückhaltevermögen 100 % 0 0 – 5 – 30
Schmelztemperatur 0 °C 165 125 325 – – 250 a
Glastemperatur 0 °C –14 –80 –52 68 100 81
Sauerstoffindex (LOI-O) 0 % 17 18 95 32 18 22

PP = it-Poly(propylen), PE-HD = konventionelle Fasern aus Poly(ethylen) hoher Dichte, PTFE


= Poly(tetrafluorethylen) (Teflon), PVC = Poly(vinylchlorid), PS = ataktisches Poly(styrol),
PVAL = Poly(vinylalkohol). a Unter Zersetzung. b Höchstwerte von Hochmodulfasern: r =
0,97 g/cm3; E = 172 GPa; sB = 3,0 GPa [15].

Laufbänder usw.) verwendet, neuerdings auch als kurzfasrige Zusätze bei der
Herstellung von Papieren und Textilverbundstoffen“ [15].
Tabelle 1-61 gibt zum Vergleich auch Eigenschaften anderer Vinylfasern und
Olefinfasern an.
„Die Poly(olefin)-Fasern werden dank der niedrigen Gestehungskosten
der Polymeren und der einfachen Herstellung durch Schmelzspinnen in den
größten Mengen hergestellt. Die jährliche Weltproduktion an Textilproduk-
ten aus Poly(olefin)en belief sich 1985 auf ca. 1,7 · 106 t/a; davon waren ca. 90 %
isotaktisches Poly(propylen) PP und ca. 10 % Poly(ethylen) hoher Dichte PE-
HD“ [15].
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 213

„Ungefähr die Hälfte der Textilprodukte aus Poly(olefin)-Fasern werden als


Bändchen, Spaltfasern oder Monofilamente hergestellt, ein weiteres Drittel
als Stapelfaser und der Rest als Filamentgarne und Textilverbunde. Alle Poly-
(olefine) zeichnen sich durch gute Beständigkeit gegen Säuren, Alkalien und an-
dere Chemikalien aus. Wegen dieser mangelnden Affinität müssen andererseits
alle Poly(olefin)-Fasern zwecks Farbgebung in der Schmelze pigmentiert wer-
den“ [15].
„it-Poly(propylen) dominiert wegen seiner ausgezeichneten Reißfestigkeit
(Tabelle 1-61). Obwohl sein theoretischer Elastizitätsmodul weit geringer als der-
jenige des Poly(ethylen)s ist, besitzt es wegen seiner leichteren Kristallisierbar-
keit einen höheren technischen Elastizitätsmodul als Poly(ethylen) (Tabelle
1-61). Aus ultrahochmolekularen Poly(ethylen)en erhält man aber durch Gel-
spinnen hochorientierte (> 95 %), hochkristalline (≈ 85 %) Fasern mit Dichten
von 0,97 g/cm3, Elastizitätsmoduln von 90 N/tex (⬖ 87 GPa) und Reißfestigkei-
ten von 2,7 N/tex (⬖ 2,6 GPa) (Dyneema®, Spectra)“ [15].
PVAL-Fasern werden durch Behandeln mit Formaldehyd wasserunlöslich. Sie
zeichnen sich bei vielen Kunststoffen durch gute Haftfähigkeit aus und führen
zu erhöhter Schlagzähigkeit. Ihre Verwendung in der Kunststoffindustrie er-
streckt sich auch auf Verstärkungsmatten in Schichtpressstoffen.

■ Eigenverstärkende synthetische Fasern


Strukturell gesehen sind die Kunststoffe in zwei Klassen einteilbar: amorphe
und teilkristalline. Bei den amorphen sind die Makromoleküle regellos aufge-
baut. Sie verhalten sich bei tiefen Temperaturen wie Glas, bei höheren wie eine
zähflüssige Masse. Beispiele sind: PS, PC, PVC, PMMA, EP- und UP-Harze. Er-
höhte Festigkeit erhalten sie durch das Verstärken mit Glasfasern (GF), Kohlen-
stoff- (CF) oder Aramid (AF)-Fasern. Die teilkristallinen Kunststoffe wie PE, PP,
PA, PET, PBT und POM bestehen aus einer amorphen und einer teilkristallinen
Phase. In der kristallinen Phase sind die Molekülketten über große Entfernun-
gen regelmäßig zu einem Kristallgitter geordnet. Der kristalline Bereich weist
längs der Kette kovalente Bindungen (4 · 105 J/mol) und zwischen den Ketten
Van der Waals- oder Dipolbindungen (4 · 104 J/mol) auf. Die kristalline Phase
wirkt in der amorphen wie verstärkende Fasern. Die Morphologie der teilkris-
tallinen Thermoplaste ist durch drei Elemente gekennzeichnet: Faltkristalle, Na-
delkristalle (Whiskers) und amorphe Matrix. Die Faltkristalle sind plättchenför-
mig und nur 10 nm dick. Die Makromoleküle sind haarnadelförmig gebogen
und durchlaufen den Kristall mehrmals in senkrechter Richtung. Moleküle, die
den Kristallverband verlassen, bilden die amorphe Matrix. Beide Phasen sind
eng gekoppelt. Ausschlaggebend für die Verbundfestigkeit ist die Grenzfläche
zwischen den Phasen (ein Kubikzentimeter eines teilkristallinen Kunststoffs hat
hunderttausend Quadratzentimeter Grenzfläche) [25]. Die Morphologie ergibt
sich aus der räumlichen Verteilung der Kristalle. Diese wiederum ist abhängig
von der Vorgeschichte der Schmelze, d. h. von den Herstellbedingungen. Regel-
mäßig aufeinander gestapelte Einkristallplättchen (Faserstruktur) entstehen
beim Abkühlen, wenn die Schmelze bereits vorgedehnt wurde. Ohne diese vo-
rangegangene Vorordnung wachsen die Einkristalle strahlenförmig von einem
Zentrum aus und ergeben die bekannten kugelförmigen Sphärolithe. Makromo-
214 1 Einführung in Polymer Engineering

leküle, die mehreren Kristallen angehören, stellen die Verbindung zwischen


den plättchenförmigen Einkristallen her, sie vermitteln die starken interkristal-
linen Kräfte.Wenn die Makromoleküle bereits in der unterkühlten Schmelze fast
vollständig gestreckt sind, dann entstehen die Nadelkristalle mit Längen inzwi-
schen 10 nm und 105 nm. Die Steigerung der mechanischen Festigkeit teilkris-
talliner Thermoplaste beruht vor allem in der Änderung der Struktur der amor-
phen Zonen. Wirkt die Zugspannung parallel zu den Nadelkristallen, dann be-
trägt bei PE der Zug-E-Modul 200 kN/mm2, die Bruchfestigkeit 2000 N/mm2. Bei
einer Reißdehnung von 2 % wären die Eigenschaften denen hochfester Metallle-
gierungen vergleichbar [25]. Eigenverstärkte Thermoplaste (durch Induzieren
des Nadelkristallwachstums) können u. a. hergestellt werden durch Ultraver-
strecken oder Kristallisation aus strömenden Lösungen. Für das Strecken der
Molekülkette ist eine gewisse Zeit erforderlich. Während dieser Zeit hat das Mo-
lekül die Tendenz, wieder in den Zustand des Knäuels zurückzukehren. Diese
Relaxationszeit ist eine Funktion der Temperatur und der Molmasse; sie beträgt
in der Nähe der Kristallisationstemperatur um 10–4 s. Die Streckzeit muss somit
kürzer sein als die Relaxationszeit, wenn das Makromolekül im gestreckten Zu-
stand verbleiben soll.

■ Elastofasern
Für bestimmte Anwendungsbereiche sind elastische Textilien erwünscht, z. B.
für sportliche Oberbekleidungen oder für Strümpfe. Elastische Eigenschaften
können dabei durch verschiedene Maßnahmen erzielt werden: chemische Syn-
these von Elastofasern, chemische Nachbehandlung, spezielle Spinnprozesse,
physikalische Strukturänderungen, mechanische Nachbehandlung von Fasern
und Herstellung spezieller Textilien.
Größere Änderungen sind durch chemische Maßnahmen erhaltbar. Elastofa-
sern (E: elastic fibers) bestehen aus chemisch und/oder physikalisch vernetzten

Bild 1-86. Feinheitsbezogene Zugkraft als Funktion der Dehnung bei verschiedenen Elasto-
fasern im Vergleich zu einer normalen Polyamid-Faser und einem Gummifaden, Ultee A. J.
nach [15]
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 215

Polymeren mit Glastemperaturen unterhalb der Raumtemperatur. Zu ihnen


gehören auch Bikomponentenfasern mit einer elastischen Komponente. Elasto-
fasern weisen sehr große Reißdehnungen und kleine textile Moduln auf (Bild
1-86) [15].

■ Gummifäden
Die klassischen Elastomer-Fäden bzw. -Bänder bestehen aus vulkanisierten
Kautschuken, hauptsächlich aus Naturkautschuk, daneben auch aus Poly-
(chloropren) oder Nitrilkautschuk. Sie werden nach zwei verschiedenen Metho-
den erzeugt. Nach dem einen Verfahren werden konventionell hergestellte
Gummimischungen zu dünnen Fellen kalandriert, vulkanisiert und dann in
Streifen geschnitten. Beim anderen Verfahren extrudiert man Latexmischungen
in Säurebäder. Die koagulierten Fäden werden dann kontinuierlich gewaschen,
getrocknet und vulkanisiert [15].

■ Elastan-Fasern
Die zweite große Gruppe von Elastofasern umfasst die Elastan-Fasern (früher:
Elasthan; USA: Spandex) aus Blockcopolymeren mit Urethan- und Ether-
segmenten. Sie werden durch Reaktion von Diisocyanaten mit linearen oligo-
meren Polymeren mit Hydroxyl-Endgruppen (Makroglycolen) und mit Ketten-
verlängerern (Diamine oder Glycole) hergestellt. Diese Polymeren werden durch
Schmelz- oder Lösungsspinnen verarbeitet. Bei Elastan-Fasern dienen die „har-
ten“ Polyurethan-Segmente als physikalische Vernetzungsbereiche für die gum-
miartige Matrix aus „weichen“ Polyether-Segementen. Elastomere Bikomponen-
tenfasern enthalten harte Komponenten aus Polyamiden oder Polyestern und
weiche Komponenten aus segmentierten Polymeren mit harten Polyurethan-
oder Polyester-Segmenten [15].
Die feinheitsbezogene Zugkraft in Abhängigkeit von der Dehnung zeigt Bild
1-86.

■ Aramid-Fasern (nach [15])


Aramid-Fasern bestehen nach einer Definition der amerikanischen Federal
Trade Commission aus langkettigen synthetischen Polyamiden, bei denen min-
destens 85 % der Amidgruppen direkt an zwei aromatische Ringe gebunden
sind. Nach DIN können solche Aramide auch Imidgruppen enthalten. Die Welt-
produktion von Aramid-Fasern beträgt ca. 40 000 t/a.
Diese Faser ist von Natur aus flammwidrig. Sie schmilzt nicht und schrumpft
nicht. Die zulässige Dauergebrauchstemperatur beträgt – 200 °C bis + 160 °C.
Die tribologischen Eigenschaften thermoplastischer Lagerwerkstoffe wie PA,
POM, PBT und PC können durch Verstärken mit verschleißfesten Aramid-Fa-
sern wesentlich verbessert werden [26].
Nach Maßgabe der jeweiligen Beanspruchung eines Formteils werden
Hybridverstärkungen aus AF und GF bzw. AF und CF gewählt. Das Trennen
ausgehärteter Laminate ist nur mit Spezialwerkzeugen möglich [27, 28].
Zu den Aramid-Fasern gehören solche aus Poly(m-phenylenisophthalamid)
(Nomex®-Typen) und die aus Poly(p-phenylenterephthalamid) (Kevlar®-Ty-
pen). Die industriell hergestellte Aramid-Faser Technora ist ein Copolyamid.
216 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-62. Eigenschaften von Aramid-Fasern bei Raumtemperatur

Eigenschaft RH Phys. PBI PMPI PMPI PPDT PPDT PABH PF


% Einheit I I N 29 49

Dichte 65 g/cm3 1,43 – 1,38 1,44 1,44 1,46 1,25


Elastizitätsmodul 65 GPa 5,7 19 36 63 130 100 5,7
Reißfestigkeit 65 GPa 0,38 0,35 0,70 2,7 2,7 2,1 0,38
Reißdehnung 65 % 30 6,7 4,7 3,7 1,9 3,5 30
Feuchteaufnahme 65 % 14 – 8 4,5 – – 14
Schmelztemperatur 0 °C – – 380 460 a – – –
Sauerstoffindex 0 % 0,42 – 0,32 – –
(LOI-O)

PBI = Poly(benzimidazol), PMPI = Poly(m-phenylenisophthalamid) (Nomex), PPDT = Poly(p-


phenylenterephthalamid) (Kevlar 29 oder 49), PABH = Polyamidhydrazid, PF = Phenolharz,
I = isotrop, N = nematisch; a Zersetzung [15].

Nicht unter die Definition der FTC fallen die in Tabelle 1-62 ebenfalls aufgenom-
menen sog. Polyamidhydrazide X-500 und das Poly(2,2¢-m-phenylen-5,5¢-biben-
zimidazol) (PBI).
Die Polybenzimidazol-Faser PBI wurde ursprünglich als flammwidrige
Textilfaser für das Raumfahrt-Programm der USA entwickelt, da sie wegen ihres
recht hohen Sauerstoffindex nicht brennt, nicht schmilzt und zudem bei Tempe-
raturen unterhalb 550 °C wenige oder keine toxischen Gase und keinen Rauch
abgibt. Sie eignet sich jedoch auch für andere Anwendungen, z. B. anstelle von
Asbest für Schutzhandschuhe und Arbeitsanzüge von Arbeitern an Schmelzöfen
für Metalle oder für Rauchgasfilter.
Poly(m-phenylenisophthalamid) bildet lyotrope Flüssigkristalle. Fasern kön-
nen daher bei tieferen Konzentrationen aus isotropen Lösungen, bei höheren
dagegen aus nematischen ersponnen werden. Die aus nematischen Lösungen er-
sponnenen Fasern weisen wegen der höheren Orientierung der Kettensegmente
erwartungsgemäß größere Elastizitätsmoduln und Zugfestigkeiten sowie nied-
rigere Reißdehnungen als diejenigen aus isotropen Lösungen auf (Tabelle 1-62).
Wie aus den Konstitutionsformeln hervorgeht, sind die Kettensegmente des
Poly(p-phenylenterephthalamid) wesentlich gestreckter als diejenigen des
Poly(m-phenylenisophthalamid)s. Das Verspinnen von Poly(p-phenylentereph-
thalamid) aus nematischen Lösungen in z. B. Schwefelsäure liefert daher bereits
unter regulären Spinn- und Verstreckungsbedingungen bessere Moduln und
Zugfestigkeiten (Kevlar 29), die unter speziellen Bedingungen noch weiter ge-
steigert werden (Kevlar 49). Die Fasern sind jedoch schwierig zu färben, weil sie
für die Aufnahme von Farbstoffen weder genügend Gruppen noch eine „offene“
Faserstruktur bereitstellen und das Spinnfärben mit Pigmenten im Allgemeinen
zu Störungen der Kristallstruktur und damit zu schlechteren mechanischen
Eigenschaften führt.
Kevlar-Fasern sind temperaturbeständige Spezialfasern. Sie dienen u. a. für
kugelfeste Westen. Die Hauptanwendung von Kevlar ist jedoch als verstärkende
Faser für Verbundwerkstoffe. Nachteilig ist hier jedoch die schlechte Kompres-
sionsfestigkeit der Fasern, die vermutlich mindestens teilweise durch die beim
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 217

Erspinnen aus Schwefelsäure-Lösungen erzeugten Mantel-Kern-Strukturen be-


dingt ist. Bei der Kompression von Kevlar erscheinen helicale Kinkenbänder.
Verbundwerkstoffe mit Kevlar als Verstärkungsfaser versagen daher nicht wegen
eines Bruches der Faser oder Matrix, sondern wegen einer elastischen Verwer-
fung durch Scheren.
Kevlar 49 weist entsprechend ein hohes Verhältnis von Zugmodul zu Scher-
modul von ca. 70 auf. Bei anderen Fasern liegt dieses Verhältnis weit tiefer, z. B.
bei 2,0 (Glasfasern), 3,2 (Schafwolle), 3,7 (Baumwolle) oder 5,8 (Polyamid 6.6).
Nur Flachs weist noch ein recht hohes Verhältnis von 19 auf, vermutlich ebenfalls
wegen Straucheffekten [15].

■ PBO-Fasern
P-phenylene-2.6-Benzobisoxazol (PBO) ist ein teilkristallines Polymer. Die Firma
Toyobo begann 1998 unter dem Markennamen Zylon® die Faserproduktion.
Neben den Kunststofffasern aus PPS, Polyester und PI sind Aramidfasern die
Haupt-Wettbewerbsfasern.
Es gibt zwei verschiedene Faserarten bei Zylon®
• Zylon HM (Hochmodul-Faser)
• Zylon AS (Spinnfaser)
Die Eigenschaften sind:
Vorteile
• der Elastizitätsmodul von PBO-Fasern liegt höher als der von Aramidfasern
• Zylon® weist eine höhere Hitzebeständigkeit auf als die übrigen Fasern
• hohe Widerstandsfähigkeit beim Erhitzen
• hoher Flammenwiderstand beim Arbeiten mit Trennschleifern und beim
Schweißen
• Zylon® (PBO-Faser) ist die nächste Generation einer Faser, deren Festigkeit
und Module fast doppelt so hoch sind wie die von p-Aramid-Fasern
• Zylon® hat eine 100 °C höhere Auflösung als p-Aramid-Fasern.
Nachteile
• ziemlich teuer im Vergleich zu Aramid
• Zylon® lässt sich nicht schneiden, dadurch entstehen Probleme bei der Kon-
fektion.
Einen Vergleich der Eigenschaften von PBO-Fasern (Zylon®) mit anderen Fa-
serarten gibt Tabelle 1-63.
Bisherige Anwendungen von Zylon sind
• Verstärkung von Gummi wie Reifen
• Sicherheitsausrüstungen wie Sicherheitsgurte, Handschuhe, Schuhe, Klei-
dung für Polizei, Feuerwehr
• Sportkleidung, Sportgeräte wie Segel, verschleißfeste Textilien für Rennfahrer
und Reiter, Skistöcke, Fahrradfelgen.
218 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-63. Eigenschaftsvergleich verschiedener Fasern [29]

Zylon Zylon p-Ara- m-Ara- Stahl- Carbon- PBI Poly-


HM AS mid mid faser faser ester

Zugfestigkeit cN/dtex 37 37 19 4,7 3,5 20 2,7 8


Zugfestigkeit GPA 5,8 5,8 2,8 – – – – –
Bruchdehnung % 2,5 3,5 2,4 22 1,4 1,5 30 25
Dichte g/cm3 1,56 1,54 1,45 1,38 7,8 1,76 1,4 1,38
Feuchtigkeitsgehalt % 0,6 2,0 4,5 4,5 0 – 15 0,4
LOI 68 68 29 29 – – 41 17
Temperaturbeständigkeit °C 650 650 550 400 – – 550 260

■ C-Fasern
Bis zum Anfang der sechziger Jahre bildeten Glas- und Asbestfasern die wich-
tigsten hochfesten anorganischen Verstärkungsmaterialien für Reaktionsharze
sowie duro- und thermoplastische Formmassen. GF-verstärkte Gießharze errei-
chen zwar günstigere Festigkeits-/Dichteverhältnisse (s/r) als die Metalle, das
Steifigkeits-/Dichteverhältnis (E/r) ist jedoch ungünstiger. Damit sind der tech-
nischen Anwendbarkeit von GF-Formstoffen Grenzen gesetzt. Die Entwicklung
zielte deshalb auf Verstärkungsmaterialien hin, die eine Erhöhung des Steifig-
keits-/Dichteverhältnisses ermöglichen. Zu den aussichtsreichsten Verstär-
kungsstoffen dieser Art gehören heute die C- und Aramid-Fasern. Die eine zeit-
lang in den USA propagierten Borfasern haben an Bedeutung verloren, weil
sie nicht textilverarbeitbar sind. Der noch immer hohe (aber allmählich
bröckelnde) Preis der C- und A-Fasern zwingt zur optimalen Nutzung und da-
mit den Konstrukteur zum „anisotropen“ Denken.
Die Herstellung der vorwiegend auf Polyacrylnitril (PAN)-Fasern basieren-
den C-Fasern führt verfahrenstechnisch in zwei Stufen (Pyrolysieren bei 300 °C
und Carbonisieren bei 1600 °C) zur sog. NF (niederfest)- und HF (hochfest)-Fa-
ser. Im nächsten Verfahrensschritt (Graphitieren bei 3000 °C) wird daraus die
HM (Hochmodul)- und UHM (Ultrahochmodul)-Faser, Tabelle 1-64 [17].

Tabelle 1-64. Eigenschaften von Kohlenstoff-Fasern auf Basis Pech oder Poly(acrylnitril) (PAN)

Eigenschaft Phys. PAN PAN PAN Pech Pech


Einh. HS HM UHM HM I

Filament-Durchmesser µm 7,5 7,5 8,5 10 –


Dichte g/cm3 1,78 1,85 2,0 2,15 1,55
Elastizitätsmodul GPa 240 400 535 690 40
Zugfestigkeit GPa 3,75 2,45 1,85 2,24 0,9
Reißdehnung % 1,55 0,65 0,35 0,3 2,3
Zähigkeit MPa 20 7,5 3 – –
Linearer Ausdehnungs- 10–6 K–1 –0,6 –1,0 –0,9 – +3
koeffizient
Wärmeleitfähigkeit W m–1 K–1 15–20 60–100 – – 15

HM = Hochmodul, UHM = Ultrahochmodul, HS = Hochfest, I = aus isotroper Flüssigkeit [15].


1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 219

Naturgemäß werden die Fasern während der Herstellung gereckt. Die NF-
und HF-Fasern dienen als Filtermedien, Katalysatorträger und als Verstär-
kungsfaser in Verbundwerkstoffen. Sie weisen vorzügliche Ablationseigenschaf-
ten auf. Der verhältnismäßig niedrige elektrische Widerstand hat dazu geführt,
sie in flexiblen Heizelementen und überall dort anzuwenden, wo ein biegsamer,
nichtmetallischer elektrischer Leiter benötigt wird.
Die HM- und UHM-Fasern ermöglichen wegen ihres sehr hohen E-Moduls
von 400 kN/mm2 (HF-Fasern 230 kN/mm2) und des dadurch bedingten hohen
Steifigkeits-/Dichteverhältnisses die Herstellung von Verbundkonstruktionen
mit einer drei- bis neunmal so hohen Steifigkeit wie bei der Verwendung von Ti-
tan, Stahl bzw. Aluminium. Die C-Fasern werden als Roving mit 1000 bis 1500
Einzelfäden, als Stapelfasern und in der technisch wichtigsten Form, den Pre-
pregs, angeboten.
Überwogen bei der Verwendung der C-Fasern bis vor zehn Jahren noch die
Sportgeräte, so verlagerte sich inzwischen der Verbrauch überwiegend auf den
Segel-, Passagier- (siehe bei Verbundwerkstoffen) und Kampfflugzeugbau sowie
Bauwesen, Raumfahrt, Rennsport und Verteidigung. Große Hoffnung wird auf
den Automobilbau gesetzt (Triebwerk und Karosserie). Die Verwendung im
Serienbau setzt jedoch eine gegenüber den bisherigen Methoden wesentlich ver-
änderte Verarbeitungstechnik voraus.
Die Weiterentwicklung der HF-Typen auf PAN-Basis zielt vor allem auf eine
Steigerung der Bruchdehnung bis 2 % (bisher 1,0 % bis 1,4 %) bei gleichzeitiger
Steigerung des E-Moduls und der Zugfestigkeit ab. Bei e = 1,7 % statt 1,2 % und
einem E-Modul von 250 kN/mm2 ergäbe sich gemäß s = e · E eine Zugfestigkeit
von 4250 N/mm2. Bei den HM-Typen wird eine weitere Steigerung des E-Moduls
bei gleichzeitiger Erhöhung der Bruchdehnung angestrebt. Von verschiedenen
Herstellern werden sog. Intermediat-Typen (IM) angeboten. Sie weisen eine er-
höhte Bruchdehnung und Festigkeit bei einem verhältnismäßig hohen E-Modul
auf. Bei der Weiterentwicklung der C-Fasern muss jedoch beachtet werden, dass
der Matrixwerkstoff eine Bruchdehnung von höchstens 2 % bis 3 % aufweist. Bei
einer ebenso hohen Bruchdehnung der Fasern würden diese keine Last mehr
aufnehmen können.
Neuere Entwicklungen, die bereits kurz vor dem automobilen Großserienein-
satz stehen, erlauben Kosten sparend örtliche Bauteilverstärkungen mit C-Fa-
serbündeln einzulegen und über Prozesstechnik mit thermoplastischer Matrix
(PP, PA, PET, PC) im 30 Sek.-Takt herzustellen (siehe auch bei Verarbeitung von
thermoplastischen Faserverbundwerkstoffen im LFT-D-Verfahren).
Alle diese Fasern werden als Verstärkungsmaterialien verwendet. Die steifen
Kohlenstoff-Fasern bilden jedoch schlecht Schlingen. Garne können daher nur
schwierig gewirkt werden. Man stellt daher zunächst Gewirke aus Precursor-
Garnen her (z. B. Poly(acrylnitril)), die anschließend carbonisiert werden (CCPF
= chemical conversion of a precursor fiber) [15].
220 1 Einführung in Polymer Engineering

Synthetische Papiere [15]


Papiere aus synthetischen Materialien teilt man in synthetische Papiere und
Kunststoffpapiere ein. Synthetische Papiere sind Faservliese, Kunststoffpapiere
aber Folien.
Zur Herstellung von synthetischen Papieren geht man von Poly(ethylen), it-
Poly(propylen), Polyamiden oder Polyestern aus, die z. B. durch Flash-Spinnen
in Fäden überführt und dann zu Kurzfasern zerschnitten werden. Solche faser-
ähnlichen Produkte aus Poly(olefin)en, die ähnlich wie Cellulosezellstoff auf
herkömmlichen Papiermaschinen verarbeitet werden können, nennt man auch
Synthesezellstoffe (Synthesepulpe; E: synthetic wood pulp (SWP)). Die von die-
sen Maschinen wie bei Cellulosepapieren abgelegten Fasern aus Poly(ethylen)
oder it-Poly(propylen) werden ohne Binder rein thermisch verschweißt. Die re-
sultierenden Produkte überspannen den ganzen Bereich von schweren Pack-
papieren bis zu feinen Schreibpapieren. Poly(ethylen)-Papiere sind dabei trotz
der hydrophoben Oberfläche wegen der wirkenden Kapillarkräfte mit normalen
(auf Wasser basierenden) Tinten beschreibbar. Synthetische Papiere werden oft
ähnlich wie Cellulosepapiere noch beschichtet, um die Bedruckbarkeit zu er-
höhen.

Kunststoffpapiere [15]
Kunststoffpapiere sind extrudierte und zumindest oberflächlich poröse Folien
aus synthetischen Polymeren. Eine Porenstruktur ist für die gewünschte Opa-
zität, Farbstoffaufnahme und niedrige Dichte unbedingt erforderlich. Normal
extrudierte Folien besitzen keine derartige Porenstruktur. Die Poren müssen da-
her durch Verstrecken, Schäumen, Beschichten,Anquellen oder ähnliche Metho-
den erzeugt werden. Am wichtigsten ist das Verstrecken. Es muss biaxial erfol-
gen, da sonst die Folie beim Bedrucken aufgespleißt wird. Wichtig ist auch die
Höhe der Proportionalitätsgrenze im Spannungs-Dehnungs-Diagramm, da das
Kunststoffpapier die beim Bedrucken auftretenden Druck- und Zugbeanspru-
chungen ohne bleibende Dehnung auffangen muss. Die Folien können ferner vor
oder nach dem Recken der Folien beschichtet werden.

Literatur – Kapitel 1.3.5.3


[1] NN (1985) PLASTverarbeiter Heft 2, S. 89–114
[2] NN (1985) PLASTverarbeiter Heft 3, S. 52–63
[3] Jakobi HR (1974) Industrie-Anzeiger 86, Nr. 22, S. 375
[4] Eckell A (1982) Die Chemie und Physik von Verbundwerkstoffen mit Polymermatrix, in
Verbundwerkstoffe und Werkstoffverbunde in der Kunststofftechnik. S. 27–53,VDI-Verlag,
[5] Seegel V, PE McMahon (1984) Gummi, Fasern, Kunststoffe 37, S. 225
[6] Klenner, J Werkstoffvisionen im Verkehrsflugzeugbau. Vortrag und Tagungsband (S. 36 –
41): WING-Konferenz PTJ/BMBF in Weimar, 29.–31.10.2003
[7] Mansmann M et al. (1983) Synthetische anorganische Fasern, in [19] Bd. 11, S. 380
[8] Marsmann M (1983) Synthetische anorganische Fasern, in [19], Bd. 11, S. 359
[9] Rubin II et al. (1990) Handbook of Plastic Materials and Technology, S. 849–853
[10] Mülhaupt R, Engelhardt T, Schall N Nanocomposites auf dem Weg zur Anwendung. Kunst-
stoffe 10/2001, S. 178 – 190
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen 221

[11] Hohenberger W Submikron und Nano – Revolution bei Füllstoffen und Compounds.
Kunststoffe 8/2000, S. 96 – 99
[12] Kamper P (1984) VDI-Nachrichten Nr. 48, 30. Nov. 1984, S. 19
[13] Steinau P (1984) Gummi, Fasern, Kunststoffe 37, S. 567
[14] Weber A Neue Werkstoffe. Düsseldorf: VDI, 1989
[15] Elias H-G Makromoleküle. Band 4: Anwendungen von Polymeren (6.Aufl.) Weinheim: Wi-
ley-VCH, 2003 ISBN 3-527-29962-9
[16] Bosshard AW et al. (1989) Haftvermittler, in Gächter R et al. Kunststoff-Additive, 3. Aus-
gabe, S. 569–571, Hanser, München
[17] Wolitz K (1984) Technologische Eigenschaften von Faserverstärkten Kunststoffen unter
Normal- und Klimabedingungen am Beispiel von GFK und CFK. Vortrag im Rahmen des
Seminars: „Anwendung und Praxis der Faserverbundwerkstoffe GFK/AFK/CFK“ an der
Techn. Akademie Wuppertal
[18] NN (1996) Hochfeste Glasfasern, Kunststoffe 86, S. 1316
[19] Gruber E et al. (1983) Cellulose, in Klose D et al. Ullmanns Enzyklopädie der techn. Che-
mie, 4. Aufl., Bd. 21, S. 657, Verlag Chemie, Weinheim
[20] Weigel P, Ganster J, Fink H-P et al. Polypropylen-Cellulose-Compounds. Kunststoffe
5/2002, S. 95–97
[21] Schwarz U, Pflug G, Reinemann S Polypropylen-Flachs-Compounds. Kunststoffe 5/2002 S.
93–94
[22] Schilling B Expandierbarer Grafit. Kunststoffe 8/1997, S. 1004-1006
[23] Wielage B, Köhler E, Odenwald S et al. Flachsfaserverstärktes Polypropylen. Kunststoffe
8/1999, S. 60–62
[24] Mitteilung der Hoechst AG, Werk Kehlheim/Donau
[25] Petermann I (1982) Eigenverstärkung von Kunststoffen, in [4], S. 83
[26] Braches E (1996) Verschleißfeste Thermoplaste, Kunststoffe 86, S. 1720–1724
[27] Van den Bos AL (1996) Segelboote aus Aramidfaser-Laminaten
[28] Böhme D (1996) FVK für Olympia-Kanu
[29] Knöpfle K Aramidfaser Kevlar® und Zylon®. Facharbeit an der Staatlichen Textilfach-
schule Münchberg, 2000 weitere Informationen zu Zylon: www.toyobo.co.jp; www.frenze-
lit.com
[30] Hohenberger W Füllstoffe und Verstärkungsmittel. Kunststoffe 7/1999, S. 101–104
[31] Große-Aschhoff M Kreide erhöht den Glanzgrad – Wirkung verschiedener Produkte bei
PVC-Fensterprofilen. Kunststoffe 8/1999, S. 52–53

Weiterführende Literatur
NN (1960) PLASTverarbeiter 11, S. 409
NN (1985) Plastverarbeiter, Heft 10, S. 46–58
Heißler GH (1982) Hochleistungsfaser/Kunststoffverbunden im Fahrzeugbau, in [4], S. 167
Hörsch F (1984) Glas-, Armid- und Carbonfaser in [17]
Noisternig JF et al. (1996) Kohlenstoffaser-Kunststoffverbunde, Kunststoffe 86, S. 822–829
Neue Gestaltungsmöglichkeiten in der Magnettechnik: Spritzgegossene Dauermagnete in 2K-
Technik. Kunststoffe 7/2003, S. 54–56
Metten M, Cremer, M Langfaserverstärkte Thermoplaste spritzgießen – Verfahrensparameter
beeinflussen die Faserlänge. Kunststoffe 1/2000, S. 80–83
222 1 Einführung in Polymer Engineering

1.4
Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
Für die meisten Kunststoffe folgt der Synthese bei den Rohstoffherstellern die
davon völlig getrennte Verarbeitung. Dies bedeutet, dass Abkühlung und erneute
Aufheizung sowie Transport, manchmal mehrfach, dazwischen liegen. Ausnah-
men bilden bisher Polyurethan RIM, RRIM und SRIM und Nischenanwen-
dungen wie die Caprolactam-Synthese im Verarbeitungswerkzeug zu Polyamid,
sog. Guss-PA. Dagegen ist die Halbzeugherstellung bei glasmattenverstärkten
Thermoplasten (GMT) meist mit PP-Matrix, Stäbchengranulate mit Langglas-
fasern oder SMC heute noch Stand der Technik. Für die Zukunft zeichnet sich
allerdings ein Wandel für manche Verarbeitungstechnologien ab. Aufwändige
Zwischenschritte werden entfallen, der Verarbeiter wird mehr zum Werkstoff-
Designer (Compoundeur), Rohstoffhersteller liefern ihm Vorprodukte. Für
Standard-Spritzgieß- oder Extrusionsprozesse werden sich allerdings in abseh-
barer Zeit keine grundsätzlichen Änderungen im Verfahrensablauf ergeben.
Tabelle 1-65 zeigt anhand von Prinzipskizzen einige gängige Verarbeitungs-
verfahren auf, ordnet sie den Kunststoffhauptgruppen Thermoplaste, Duro-
plaste, Elastomere zu und deutet die Prozessschrittfolge von der Synthese zum
Bauteil an.
Tabelle 1-66 gibt eine Übersicht mit Prinzipskizzen zu den häufig angewand-
ten Kunststoff-Verarbeitungsverfahren.

1.4.1
Aufbereitung und Zusatzstoffe (Additive)
Unter Aufbereitung versteht man in der Kunststofftechnik diejenigen Verfahren,
durch die ein Kunststoffrohstoff zu einer verarbeitbaren Kunststoff-Formmasse
wird. In der Regel sind verschiedenste Zusatzstoffe nötig [4], um einen Kunst-
stoff nach der Synthese verarbeiten (urformen) zu können, z. B.:
Weichmacher
Haftvermittler
Verdünner
Gleitmittel
Verstärkungsstoffe
Thixotropierungsmittel
(z. B. Farbe streichfähig, jedoch kein Laufen: Eine Flüssigkeit verhält sich thixo-
trop, wenn ihre Viskosität bei abnehmender Schergeschwindigkeit größer wird,
siehe Bild 1.87).
Durch die Aufbereitung [5, 6, 7] sollen diese Zusatzstoffe (in Massenanteilen von
0,01 bis 60 %) in der Masse homogen verteilt werden.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 223

Tabelle 1-65. Verarbeitung von Kunststoffen [1]


224 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-65 (Fortsetzung)


Tabelle 1-66. Übersicht zu Kunststoffverarbeitungsverfahren [1] (unter Verwendung von [2, 3])

Ver- Verfahrenstechnik bevorzugt verar- Anwendungen Bemerkungen


fahren beitete Kunstst.

Monomer und Initiator werden in die PMMA Tafeln, Blöcke, Zwischen Glasplatten erhält man gute Oberflächen;
Form gefüllt. Durch Zu- und Abfuhr Rohre, opt. Linsen, Volumenschwindung kann durch elastische Dicht-
von Wärme und durch Initiatormenge Knochenzement schnüre ausgeglichen werden

in situ
wird der Polymerisationsvorgang

in Kammern

Polymerisation
Polymerisation
zeitlich und örtlich gesteuert

Reaktion injection Moulding (RIM) PA 6 Schiffsschrauben, Groß-


(Caprolactam- zahnräder, Seilrollen,

Form-
gießen
Synthese in situ) Blöcke, Lagerschalen

Gießen einer Kunstofflösung oder CA Folien; Filme (0,01 bis [2]


-paste aus einer Breitschlitzdüse PTFE 0,1 mm); Fotoindustrie;
auf eine umlaufende Trommel oder Verpackung;
ein endloses Band, Lösungsmittel Elektrotechnik
z.B., Methylchlorid, Chloroform (Kondensatoren)
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen

PVC-Pasten Fußbodenbeläge

Foliengießen
Tauchbeschichtung von Geweben PVC Gewebebeschichtung; [2]
oder Tauchen von Gegenständen PVAC Fingerhandschuhe aus
in Kunststofflösungen oder -disper- PVAL Gummi; Schutzstiefel;
sionen mit anschließender Gelierung korrosionsschützende
bzw. Vernetzung in Öfen Tauchpackungen

Tauchen
Tauchform: Keramik oder Metall
225
Tabelle 1-66 (Fortsetzung) 226
Ver- Verfahrenstechnik bevoerzugt verar- Anwendungen Bemerkungen
fahren beitete Kunstst.

Bei niedrigen Rotationsgeschwindig- PE, PS, POM Bälle, Puppen, Verkehrs-


keiten werden spannungsfreie Hohl- PA 11, PA 12, kegel, Armstützen,
körper hergestellt. Abgemessene Zelluloseester, Großbehälter, Kabel-
Rohstoffe werden an die Innenwand PVC-Pasten, PC trommeln, sandwich-
in zwei Richtungen rotierender, außen artiger Aufbau mit z.B.
beheizter Hohlformen in gleichmä- geschäumter Mittel-
ßiger Schichtdicke angeliert, ange- und Deckschichten aus

Rotationsformen
schmolzen und anpolymerisiert anderen Kunststoffen
möglich [3]

Schnell rotierende Werkzeuge, PA 6, Weich-PVC, Zahnräder, Ringe,


Tellergießmaschinen, Hohlzylinder- PMMA, PUR, Tafeln

gießen
Schleudertrommeln (UP)

Schleuder-
Diskontinuierlicher Ablauf (Stück- Nahezu alle Nachbearbeitungsfreie
prozess); Aufschmelzen; Füllung der Thermoplaste Serienformteile
Form; Kühlen der Form bei gleich- (große Stückzahlen)
zeitigem Nachdrücken von flüssiger
Schmelze; Im Fließbereich lassen
sich Thermoplaste etwa zwischen
150°C und 300°C unter Druck in

Spritzgießen
den Hohlraum eines Werkzeuges
drücken, wo sie infolge Abkühlung
erstarren

Spritzgegossener Vorformling wird PE, PO, PS, PVC, Haushalts- und Getränke-
in eigenem Werkzeug mit größerer POM, PC, PETP flaschen, Behälter
Formhöhlung in entropieelastischem
Zustand aufgeblasen. Durch biaxiale
Reckung ergeben sich gute Festig-
1 Einführung in Polymer Engineering

Spritzblasen
(Streckblasen)
keitseigenschaften
Tabelle 1-66 (Fortsetzung)

Ver- Verfahrenstechnik bevoerzugt verar- Anwendungen Bemerkungen


fahren beitete Kunstst.

Kontinuierlicher Ablauf (Fließ- PVC, PE, PS, ABS, Tafeln, Rohre, Profile,
prozess); Verfahrensschritte; Fördern PA, PP, POM, CA Flachfolien, Schlauch-
und Verdichten; Aufschmelzen und folien, Kabelummante-
Mischen; Druckaufbau und -fördern; lungen, Beschichtungen
im Extrusionswerkzeug formen; von Trägerbahnen

Extrudieren
Kalibrieren und abkühlen

Der aus einem Extruder austretende PE, PP, PC, ABS, Behälter von 0,1 bis
Schlauch (Urformen) wird von einem PVC, PE 1000 l, bevorzugt
2-teiligen Werkzeug erfasst, abge- aus PE
trennt, verschlossen und aufgeblasen
(Urformen). Kühlung auch mit CO2
oder direktes Befüllen mit dem

Extrusionsblasen
Verpackungsgut möglich

Ausformen von thermoplastischen PVC, PE, PP, PS, Folien in der Ver-
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen

Massen zwischen zwei oder mehre- ABS packung, Bürowesen


ren Walzen zu einem endlosen
Band
Verfahrensschritte:

Kalandrieren
Aufbereitung mit Vorplastifizierung,
Folienformung
227
Tabelle 1-66 (Fortsetzung)
228

Ver- Verfahrenstechnik bevorzugt verar- Anwendungen Bemerkungen


fahren beitete Kunstst.

Bevorzugt bei Duroplasten und PVC, PMMA, u.a. optische Teile (Linsen), siehe Kapitel 1.4.3.6
Elastomeren. Bei Thermoplasten PVAC Schallplatten 1.4.5.2.1
nur gut für ausgeprägte Oberflächen, PVAL 1.4.6.5
sowie Herstellung von Probekörpern PF, MF, HF 1.4.7.2.1

Pressen
zum Prüfen. NBR, ACR
neu: Langfaserverstärkte Thermo- PP, PA groß-serienfähige
plaste (LFT) Auto-Teile

Auch für Duroplaste PTFE, Profile, Rohre,


UHMW-PE Bänder
Bei hochmolekularen Kunststoffen (ultrahoch-
fehlt die Fließfähigkeit. Der pulver- molekulares
förmige Rohstoff mit Gleitmittel wird Polyethylen)
verdichtet und durch beheiztes

Strangpressen
bei UHMW-E)
(Ramextrudieren
Profilwerkzeug gedrückt

Der pulverförmige Rohstoff wird bei PTFE Blöcke, Tafeln, Zylinder,


einer hohen Temperatur 180–350°C UHMW-PE dickwandige Rohre,
und Druck 10–80 N/mm2 in Formen auch Rotationssintern,
verdichtet und zum Teil über Stunden ähnliche Rotationsformen
gesintert. Sintern erfolgt oberhalb der möglich

Sintern
Kristallschmelztemperatur. Die Ab-
kühlzeit bestimmt die Kristallintensität
und damit die Werkstoffeigenschaften
1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-66 (Fortsetzung)

Ver- Verfahrenstechnik bevoerzugt verar- Anwendungen Bemerkungen


fahren beitete Kunstst.

Man unterscheidet nach der Struktur: PS, SB, ABS, PVC, Umschäumen z.B. Lenkrad, Auftriebskörper
a) Schaumstoffe mit gleichmäßiger PE, PP (Schwimmwesten, Surfbretter, Bojen),
Dichteverteilung PS, PP wärmedämmende Formteile, Schutzkleidung,
– Thermoplastschmelzen PUR, PF, UF, UP Prothesen, Abdichtungen, Schallschutz
(Extrudieren, Kalandrieren, Pressen)
– blähfähige Einzelteilchen, Pasten Styropor, Verpackung, Dämmstoff, Landwirtschaft
– reaktionsfähige flüssige Ausgangs-
komponenten (kontinuierliches Polsterung (PUR) (Kfz-Sitze, Möbelbau)
oder diskontinuierliches Schäumen Kfz-Außenteile
in Werkzeugen oder auf Transport- Temperaturfeste Isolierungen (PP, UF, UP)
bänder; auch Verspritzen am Ort)

Schäumen
b) Integralschaumstoffe PS, SB, ABS, PVC, Turnmatten, Schutzhelme,
(sind im Kern geschäumt, in den PE, PP, POM, PC, Konstruktionselemente (SMC-geschäumt) für
Randzonen kompakt/ungeschäumt) mod. PPO, PUR, Innen- und Außenbau
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen

Unterteilung wie a). Weitere struk- PI, EP, UP


turelle Unterscheidung: offenzellige,
geschlossenzellige Schäume; tech- auch RIM oder Sesselschalen, Fugenausschäumen, Schuhe,
nisch unterscheidet man Weich- RPIM Einbetten von Elektronikteilen
(DIN 53570/8) und Hartschäume
(DIN 53220/30)
229
230 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-87. Einfluss der Schergeschwin-


digkeit auf die Viskosität; Beispiel
Thixotropie

Dies erfolgt durch:


Zerkleinern mittels Walzenbrecher, Hammermühle, Schneidmühle, Stift-
mühle usw.
Mischen über Rührwerk, Trommel-, Schaufel-, Wirbelmischer, Schnecken-
kneter usw.
Plastifizieren über Kneter, Walzwerke, Doppelschneckenextruder, zum Plastifi-
zieren wird die trocken vorgemischte Kunststoffformmasse auf-
geschmolzen und weiter homogenisiert. Das Plastifizieren ist so-
mit ein Mischen im plastischen Zustand
Granulieren Bild 1-88 zeigt das Schema einer Heißabschlag-Granulierung

Feuchtigkeitseinfluss und Trocknung


Aufgrund der hohen Bedeutung des Feuchtegrades für die Verarbeitung von
Kunststoffen wird dieser Parameter innerhalb der Aufbereitung betont. Tabelle
1-67 nennt einige grundsätzliche Zusammenhänge von Feuchtigkeit in der
Schmelze und im Bauteil. Tabelle 1-68 beschreibt beispielhaft die Feuchtigkeits-
empfindlichkeit einiger Kunststoffe, die Feuchtigkeitsaufnahme und am Beispiel
Polyamid 6 den Einfluss der Feuchtigkeit auf die Eigenschaften.

Tabelle 1-67. Einfluss der Feuchtigkeit auf Thermoplaste, grundsätzliche Zusammenhänge

Ursache Wirkung Bemerkung

Schmelze
Weichmachung erhöhtes Fließvermögen (ir)reversibel
häufig mit hydrolytischem Abbau
verbunden
Verdampfung Blasen, Schlieren
(infolge Druckreduzierung)
Spritzgussteil
Feuchtigkeitsaufnahme Dimensionsänderung reversibel
(Quellung)
Weichmachung Eigenschaftsänderungen
Hydrolyse Eigenschaftsverlust irreversibel; bei RT sehr langsam;
(Molmassenabbau) bei hohen Temperaturen schnell
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 231

Bild 1-88. Heißabschlag-Granulierung [8]

Tabelle 1-68. Einfluss der Feuchtigkeit auf Thermoplaste

Feuchtigkeitsempfindlichkeit

Kein hydrolytischer Abbau nur Absorption hydrolytischer Abbau

keine Trocknung erforderlich bei: in der Regel Trocknung erforderlich bei:


Polyacetal (Delrin) Acrylharzkunststoffe Polycarbonat
Polyethylen ABS Cellulosebutyrat
Polypropylen Polyamid (Zytel, Minlon)
Polystyrol Polyester (Rynite, Hytrel)
Polyvinylchlorid Polyarylat (Arylon)
Polyurethan

Feuchtigkeitsaufnahme (Masse-%)

Raumtemperatur max. F¢gehalt Hydrolyse-


für Verarbei- geschwindigkeit
tung der bei Schmelz-
Schmelze temperatur
50 % 100 % r.F. %

Polyamid 6.6 (Zyl E101) 2,5 8,5 0,25 langsam


PET Polyester (Rynite 530) 0,26 0,6 0,02 schnell
Polyester Elastomere (Hytrel 5556) 0,15 0,7 0,10 mittel
Polyarylat (Arylon 101) 0,35 0,9 0,02 schnell
Polycarbonat 0,35 0,02 schnell

Werkstoffeigenschaften Polyamid 6

Feuchtigkeits- Lineare Biege-E- Streck- Schlagzähigkeit


gehalt Dimensions- Modul spannung nach IZOD
änderung
% % N/mm2 N/mm2 J/m

0,2 – 2830 82,7 53,4


2,5 0,5–0,7 1210 58,6 112,1
232 1 Einführung in Polymer Engineering

Für die Trocknung von Granulaten stehen dem Verarbeiter verschiedene Sys-
teme zur Wahl. Dabei sind die Trockner oftmals in die Materialversorgung inte-
griert. Einen Übersichtsbeitrag liefern T. Schroer und J. Wortberg [9].
Bei der Verarbeitung von technisch hochwertigen Kunststoffen hat die Roh-
stofffeuchte einen bedeutenden Einfluss auf die Prozesssicherheit und die
Produktqualität. Eine zu hohe Verarbeitungsfeuchte kann in der Verarbeitung zu
Schaumbildung, Entformungsproblemen und streuenden Prozessparametern in
Folge von Viskositätsschwankungen führen. Die Qualität der Produkte kann
durch das Auftreten von z. B. Blasen, Schlieren, Lunkern und Bindenähten be-
einflusst werden. Auch Eigenschaften wie mechanische Festigkeit oder elektri-
sche Durchschlagfestigkeit können sich durch die Feuchte verschlechtern. Bei
der Weiterverarbeitung kann es durch eine unzureichende Vortrocknung des
Granulats z. B. zu Problemen beim Galvanisieren oder Lackieren kommen. Der
nicht ausreichenden Trocknung steht das Übertrocknen des Materials gegenü-
ber, diese kann zu Verfärbungen,Viskositätserhöhung und zur Verschlechterung
der physikalischen Eigenschaften führen.Weiterführende Literatur siehe bei [9].

Literatur – Kapitel 1.4.1


[1] Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl., Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[2] Schwarz Ebeling Lüpke Schelter Kunststoffverarbeitung, kurz und bündig.Würzburg: Vogel
Verlag, 2000, 292 S., 6. Aufl.
[3] Schreyer G Konstruieren mit Kunststoffen. München: C. Hanser Verlag, 1972, (Studienaus-
gabe 1979), 1117 S.
[4] Gächter R Müller H Taschenbuch der Kunststoff-Additive. München: C Hanser Verlag, 1989,
3. Aufl.
[5] NN Aufbereitung von Polymeren mit maßgeschneiderten und neuartigen Eigenschaften.
Düsseldorf: VDI, 1995
[6] Michaeli, W Einführung in die Kunststoffverarbeitung. München: Hanser 1999, 4. Aufl.
[7] Röthemeyer F, Sommer F Kautschuktechnologie. München: Hanser 2001 ISBN 3-446-16169-4
[8] Franck A Kunststoff-Kompendium; Würzburg, Vogel Verlag, 2000, 5. Aufl.
[9] Schroer T, Wortberg J Granulat richtig trocknen. Kunststoffe 92(2002)5, S. 44–49

1.4.2
Verarbeitung von Kunststoffschmelzen
Das Urformen von Kunststoffen erfolgt ganz allgemein durch einen Fließpro-
zess. Die einzelnen Makromoleküle von Thermoplasten, Duroplasten und Elas-
tomeren müssen dazu beweglich sein und aneinander abgleiten können. Die Du-
roplaste und Elastomere vernetzen bzw. vulkanisieren erst nach der Formge-
bung und erhalten die sie kennzeichnende vernetzte Struktur.
Damit besitzen Duroplaste und Elastomere im Gegensatz zu Thermoplasten
auch bei hohen Temperaturen (oberhalb des Haupterweichungsbereiches) eine
zur Entformung ausreichende Eigensteifigkeit. Amorphe Thermoplaste können
hingegen erst unterhalb des Haupterweichungsbereiches entformt werden, teil-
kristalline Thermoplaste je nach Kunststoff ca. 50 bis 100 °C unterhalb der Kris-
tallit-Schmelztemperatur. Schematisch lässt sich das Urformen aller Kunststoffe
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 233

Bild 1-89. Schema des Urformens von Kunststoffen (T, D, E) [1]

mit Einschränkungen beim Walzen und Pressen durch folgende Darstellung


charakterisieren (Bild 1-89).
Durch Energiezufuhr wird die Kunststoffmasse plastifiziert und unter Druck
in die gewünschte Form gepresst (Spritzgießen, Extrudieren, Blasen usw.). Die
Scherkräfte verformen die Makromoleküle, d. h. sie werden orientiert. Der im
Formteil erreichte Orientierungsgrad hängt von der Größe der bei der Formge-
bung wirkenden Scherkräfte ab. Diese werden durch die Schergeschwindigkeit
beeinflusst.

1.4.2.1
Fließeigenschaften von Schmelzen
Die Fließfähigkeit einer Kunststoffschmelze hängt im Wesentlichen von der Be-
weglichkeit von Molekülsegmenten ab und damit von der Temperatur, von ihrer
Gestalt, vom Verhakungs- und Verzweigungsgrad, von der Molmasse bzw. von
deren Verteilung.

Rheologie der Kunststoffschmelze (IKV, Aachen) [2]


Das Beschreiben, Erklären und Messen der Fließeigenschaften von Stoffen (z. B.
von Kunststoffen) ist zentraler Gegenstand der „Wissenschaft von der Deforma-
tion und dem Fließen der Körper“, die man „Rheologie“ nennt.
Bei der Kunststoffverarbeitung müssen die zu verarbeitenden Werkstoffe
meistens in einem fließfähigen Zustand vorliegen. Dieses wird z. B. bei thermo-
plastischen Kunststoffen erreicht durch das Aufschmelzen.
234 1 Einführung in Polymer Engineering

A B

Bild 1-90. Schematische Darstellung von Scherströmung und Dehnströmung [3]

Die Viskosität ist ein Maß für den inneren Widerstand des Werkstoffes gegen
eine während des Fließens stetig wirkende Kraft.
Beim Fließprozess, wie er in Kunststoffverarbeitungsmaschinen auftritt, wird
die Schmelze hauptsächlich geschert (IKV, Aachen) [2].
Man unterscheidet: Scherströmung (Scherfließen) (Durchfließen einer Düse
– Urformprozesse –) und Dehnströmung (Streckfließen) (Querschnittsverände-
rungen, z. B. beim Verstrecken), wobei real meist eine Überlagerung auftritt.
Während bei der Scherströmung sich die Fließfront nur in eine Richtung be-
wegt, Bild 1-90 A, tritt bei einer zweidimensionalen Fließfrontänderung ein zu-
sätzlicher Orientierungseffekt durch Dehnströmung auf, Bild 1-90 B.
An einer Viertelkreisscheibe lässt sich zeigen, Bild 1-90 B, wie ein konzen-
trisch um den Angussbereich liegendes Volumenelement beim Fortschreiten der
Fließfront immer stärker in Querrichtung gedehnt wird. Durch die Dehnkräfte
ordnen sich die Makromoleküle und auch die Glasfasern in Richtung der Dehn-
strömung und damit senkrecht zur Fließrichtung. Dies gilt auch für beispiels-
weise zentral angespritzte Platten und für die meisten spritzgegossenen Form-
teile.
Im Folgenden werden einige Grundlagen der Fließeigenschaften von Schmel-
zen vereinfachend dargestellt.
Am Beispiel des Newton’schen Zweiplattenmodells kann das Scherfließen ei-
ner Flüssigkeit erklärt werden, Bild 1-91.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 235

Bild 1-91. Schematische


Darstellung des Scher-
fließens einer laminaren
Strömung (Geschwindig-
keitsverteilung im Zwei-
plattenmodell bei Wand-
haftung) [4]

Die Flüssigkeitsschichten zwischen den gegeneinander sich bewegenden Plat-


ten gleiten aufeinander ab – die Flüssigkeit wird geschert.
Die Scherspannung verformt den Quader mit der Schergeschwindigkeit ġ
(oder auch Schergradient genannt), Bild 1-92.
dv
5
d ds
冢 冣 冢 冣
ds dg
= 5 5 = 5 = 5 = ġ
dy dy dt dy dt
Die Schergeschwindigkeit ist das Verhältnis der Geschwindigkeitsdifferenz Dv
zweier aneinander vorbei fließender Schichten zu deren Abstand y (senkrecht
zur Strömungsrichtung).

Bild 1-92. Erklärung von Schubspannung und Schergeschwindigkeit an einem Teilchen in der
Flüssigkeit [4]
236 1 Einführung in Polymer Engineering

Sie drückt damit aus, wie schnell ein zwischen verschiedenen Schichten lie-
gendes Teilchen seine Gestalt verändert, während sich die Schichten mit der
Fließgeschwindigkeit fortbewegen.
Beim so genannten Newton’schen Fließverhalten (z. B. bei Wasser und Öl)
sind Scherspannung t und Verformungsgeschwindigkeit (Schergeschwindig-
keit) ġ proportional.
t = h · ġ
Der Koeffizient h heißt Viskosität 10 (oder Zähigkeit).
Die meisten Flüssigkeiten, Kunststoffschmelzen eingeschlossen, gehorchen
bei mittleren und hohen Schergeschwindigkeiten nicht dem Newton’schen
Fließgesetz. Für die Charakterisierung solcher Flüssigkeiten genügt daher nicht
mehr eine einfache Viskositätsangabe, sondern das Fließverhalten wird durch
die Fließkurve angegeben, (Bild 1-93, Kunststoffschmelzen fließen viskos 11).
Diese nicht-Newton’sche Fließeigenschaft der Schmelzen bezeichnet man als
Strukturviskosität.
Bild 1-93 veranschaulicht unter Vernachlässigung von Erstarrung an der
Wand, den Einfluss des Fließverhaltens von Kunststoffschmelzen auf Geschwin-
digkeitsprofile bei der Rohrströmung.
Real werden sich unterschiedliche Geschwindigkeitsprofile über den Quer-
schnitt gemäß Bild 1-94 je nach fortschreitender Erstarrung an der Werkzeug-
wand einstellen.

Bild 1-93. Abhängigkeit der


Geschwindigkeit vom Radius
r bei der Rohrströmung [5]
쎻a Newton’sches Fließen; k = 1
쎻b strukturviskose Flüssig-
keit; k = 3 Kunststoff-
Schmelze

10
genauer: dynamische Viskosität h Nsm2 B 1 Pascal Sekunde (Pa s), alte Dimension:
1 Poise (P) B 0,1 Pa s; 1 Centipoise (cP) B 1 Millipascal Sekunde (mPa s);
weiter: kinematische Viskosität
h
u = 3 : u · cm2 s–1 B Stokes (st)
r
11
Unter plastischem Fließen versteht man die bleibende Verformung, die sich bei Festkörpern
einstellt, wenn eine bestimmte Mindestspannung (Fließgrenze) überschritten wird; dagegen
ist das viskose Fließen die bleibende Verformung im entropieelastischen Bereich sowie im
Schmelz- bzw. Fließbereich von Kunststoffen.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 237

Bild 1-94. Schema der Bewegungsvorgänge beim Füllvorgang [6]. 쎻 a Schmelzefront. 쎻b1 Rand-
schichten beginnen zu erstarren. 쎻
b2 Randschichten sind bereits erstarrt. 쎻
c Schmelzeprofil in
„plastischer Seele“

Aus Bild 1-95 wird deutlich, dass bei Kunststoffschmelzen die Scherspannung
bei höheren Schergeschwindigkeiten degressiv verläuft (strukturviskos), d. h.
mit zunehmender Schergeschwindigkeit braucht man weniger Kraft, was für die
Verarbeitung sehr vorteilhaft ist.
Tabelle 1-69 gibt qualitativ die Auswirkung verschiedener Einflüsse auf das
Fließverhalten von Kunststoffschmelzen wieder.
Die Auswirkungen der Strukturviskosität von Kunststoffschmelzen in der
Praxis der Verarbeitung wird aus dem Verlauf der Viskosität über der Scher-
geschwindigkeit von verschiedenen Polyethylenen in Bild 1-96 ersichtlich.
Abschließend werden zum Schmelzeverhalten einige Begriffe erläuternd zu-
sammengefasst [5]:

Bild 1-95. Fließverhalten Newton’-


scher, strukturviskoser und dilatan-
ter Flüssigkeiten bzw. Schmelzen [4]
238 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-69. Qualitative Auswirkungen verschiedener Einflüsse auf die Viskosität h von Kunst-
stoffschmelzen [1]

Einflüsse auf die Viskosität h

größere Molmasse ≠
mehr langkettige Verzweigungen ≠
steigender Verarbeitungsdruck ≠
höherer Füllstoffanteil ≠
höhere Temperatur Ø
Zugabe von Weichmachern (Gleitmittel, Treibmittel u.a.) Ø
größere Schergeschwindigkeit Ø
Alterung (Kettenbrüche = kleinere Molmasse) Ø


a Lupolen 1800 H
b Lupolen 1800 M PE-LD:
c Lupolen 1800 S r ≈ 0,918
(BASF)

Schmelzindex (MFI … Melt Flow In-


dex) g/10 min
a MFI = 1,7 abnehmende
b MFI = 7 Molmasse von
c MFI = 20 a nach c

Bild 1-96. Viskosität in Abhängigkeit von der Schergeschwindigkeit bei drei Polyethylen-Typen,
Temperatur 150 °C. Rechts oben sind die Verarbeitungsbereiche angegeben (BASF, Ludwigshafen)

1. Die Viskosität h ändert sich mit der Scherbeanspruchung, also der Schub-
spannung t oder der Schergeschwindigkeit g
a) h nimmt mit t zu: Dilatanz,
b) h nimmt mit zunehmendem t ab: Strukturviskosität (im englischen
Schrifttum als „pseudoplasticity“ bezeichnet).
2. Die Viskosität h ändert sich bei konstanter Scherbeanspruchung im Laufe der
Versuchszeit t:
a) h nimmt mit t zu: Rheopexie,
b) h nimmt mit t ab: Thixotropie.
3. Mit dem viskosen Fließen sind gummielasische Verformungen gekoppelt (die
beim Aufhören des Fließens eine elastische Rückdeformation anstreben):
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 239

Elastische Flüssigkeit. Als Folge der Elastizität treten beim Fließen neben
Schubspannungen auch noch Normalspannungen auf: Normalspannungs-
oder Weißenberg-Effekt.

1.4.2.2
Verformungsverhalten von Schmelzen (und auch Festkörpern)
Deformationsverhalten – Viskoelastizität
Verformt man eine Kunststoffschmelze 12, so nimmt sie nach Wegnahme der die
Verformung auslösenden Kraft ihre Ausgangslage zeitlich verzögert und nicht
mehr vollständig ein.
Sie bleibt teilweise irreversibel verformt. Es wirken demnach gleichzeitig
zeitunabhängige elastische und zeitabhängige viskose Eigenschaften zusam-
men. Durch verschiedene Verknüpfungen der Grundgleichungen für das elasti-
sche und viskose Verhalten der Werkstoffe lassen sich vereinfachend eine Reihe
von Erscheinungen beschreiben.
Tabelle 1-70 gibt eine Übersicht über solche Grundgleichungen zum Verfor-
mungsverhalten von Werkstoffen, Schmelzen eingeschlossen.
Durch die Verwendung von Feder- und Dämpfer-Elementen lässt sich das
Verformungsverhalten von Kunststoffschmelzen und damit von Kunststoffen
bzw. Werkstoffen allgemein vereinfachend, aber anschaulich beschreiben.
Ein praxisrelevantes beispielhaftes Phänomen, bei dem das viskoelastische
Verhalten von Kunststoffschmelzen innerhalb der Rheologie eine Rolle spielt, ist
die Strangaufweitung beim freien Ausströmen der Schmelze aus einer Düse
(Profilwerkzeug).
Molekülorientierungen, Scherkräfte, Düsenlänge, Relaxation, Massetempera-
tur, Viskosität, Molekülgestalt (Konstitution) spielen dabei eine Rolle.
Im Kapitel 1.4.7.2 wird die Strangaufweitung als Beispiel für Molekülorien-
tierungen beim Extrudieren erörtert.

Literatur – Kapitel 1.4.2


[1] Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl., Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[2] Michaeli W Kunststoffkunde Vorlesungsunterlagen. Aachen, Institut für Kunststoffverar-
beitung (IKV), RWTH Aachen 2003
[3] Weigand H, Vetter H Molekulare Orientierung in Spritzgußteilen als Folge der Verarbei-
tung. Kunststoffe 56(1966)11, S. 761–769
[4] Menges G, Haberstroh, E Michaeli W, Schmachtenberg E Werkstoffkunde Kunststoffe. Mün-
chen: C. Hanser Verlag, 2002, 5. Aufl., ISBN 3-446-21257-4
[5] Kunststoff-Physik im Gespräch; Gespräche über Eigenschaften der Kunststoffe. Ludwigs-
hafen: BASF, 1975
[6] Kaliske G, Seifert H Formfüllstudie beim Spritzgießen von glasfaserverstärktem Poly-
amid-6. Plaste und Kautschuk 20(1973)11, S. 837–841

12
Im weitesten Sinne ist ein amorpher Thermoplast bei jeder Temperatur eine Schmelze. Un-
terhalb der Fließtemperatur ist diese Schmelze mehr oder weniger eingefroren. Bei teilkris-
tallinen Thermoplasten betrifft dies die amorphen Bereich, sodass die obigen Überlegungen
allgemein für Thermoplaste gelten.
240 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-70. Gegenüberstellung verschiedener Modell und Gleichungen zum Verformungsver-


halten von Werkstoffen [1]

Verformungsverhalten beim Modell Grundgleichungen Beispiele


Kriechen (schematisch)

Hook’sches Gesetz für Stahl


einen energieelastischen Kunststoff unter
Körper (elastische Defor- Tg bei geringsten
mation) Dehnungen
s0
e=5
Eh

Newton’sches Gesetz für Öl, ideale Kunst-


eine viskose Flüssigkeit stoffschmelze
(viskose Deformation)
s0
e=5·t
Eh

Voigt-Kelvin Modell ideale Elastomere

冢 冣
tEw
–5
insbesondere NR
1 h w
e=5 1–e · s0
Ew

Maxwell-Modell Kunststoff-
s 0 s0 schmelze
e=5+5·t
E h hf

Burger-4 Parameter reale Kunststoffe


Modell
(Hintereinanderschalten
des Voigt-Kelvin und des
Maxwell-Modells)

冢 冣
tEw
–5
s0 1 hw s0
e=5+5 1–e s0 + 5 · t
Eh Ew hf

Schematische Darstellung gültig


hw
tE  5 = t
Ew
s0 konstante Zugspannung (Kriechversuch) hw Viskosität im weichelast. Bereich in
e Dehnung N ¥ s/mm2
Eh E-Modul im hartelast. Bereich N/mm2 hf Viskosität des viskosen Fließens in
Ew E-Modul im weichelast. Bereich N/mm2 N ¥ s/mm2, Zeit in s
tA Anfangszeit der Belastung mit
Spannung s
tE Zeitpunkt der Entlastung
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 241

1.4.3
Verarbeitung von Thermoplasten
Das Urformen von amorphen und teilkristallinen Thermoplasten erfolgt im
Fließ- bzw. Schmelzbereich. Bild 1-97 zeigt erneut, dass die einzelnen Zustände
keine festen Temperaturgrenzen haben. Weiter wird für Thermoplaste die Ver-
arbeitbarkeit in Abhängigkeit von der Temperatur deutlich.
Eine zusammenfassende Übersicht der wichtigsten Verarbeitungsverfahren
von Thermoplastschmelzen gibt Tabelle 1-66. Zur Vertiefung siehe auch [2]–[5].
Die beiden wichtigsten Urformverfahren, das Spritzgießen und das Extrudie-
ren, werden etwas ausführlicher dargestellt.

Bild 1-97. Zustandsform und Verarbeitbarkeit von Thermoplasten in Abhängigkeit von der
Temperatur (in Anlehnung an Schreyer) [1]
242 1 Einführung in Polymer Engineering

Zusammenstellung von Verarbeitungsvarianten


Die folgende Zusammenstellung [5] informiert über die große Zahl von Verar-
beitungsvarianten innerhalb der Haupt-Technologien Ur- und Umformen. Auf-
fallend ist dabei die riesige Zahl von Unterverfahren beim Spritzgießen. Beacht-
lich ist auch, dass die Hälfte der Spritzgießvarianten in den vergangenen 10 Jah-
ren entwickelt wurde.
Spritzgießen
• Spritzpräge-Technik (SPT) einschließlich dünnwandiger Formteile
– Hinterprägetechnik (HPT)
– Gegentakt-Spritzgießen (GTS)
– Hinterspritz-Technik (HST)
– Schmelzkerntechnik (SKT), Lösekerntechnik (LKT)
• Zwei-Schalen-Technik (2-ST)
• Spritzgieß-Pressrecken
• Thermoplast-Schaumguss (TSG)
– Mehrkomponenten-Spritzgießtechnik (MKT)
• Mehrfarben-Spritzgießtechnik (MF-SGT)
– Advanced Composite Casting (ACC) (Umspritzen von FV-Vorformlingen)
– Gasinnendruck-Spritzgießtechnik (GIT, WIT) (W … Wasser)
• Spritzblasen
• Langfaser-Spritzgießen
• Liquid Crystal Polymer (LCP)-Spritzgießen
– Inmold Decorating (IMD)
• Inmold Coating (IMC)
– Pulvermetallspritzgießen (PM-SG) oder Metal Injection Molding (MIM)
– Keramikspritzgießen (KSG) oder Ceramic Injection Molding (CIM) oder
Cermet Ceramic Injection Molding (CCIM)
• Fließgießtechnik (FGT)
Zeichenerklärung:
• Stand der Technik
– Neuere Verfahren (aus den vergangenen 10 Jahren)
Extrudieren
• Extrusionsblasen
• Streckblasen
– 3D-Blasformen (hart-weich-Kombination)
• Thermoplast-Schaumextrusion (TSE)
– Mehrschichtiges/-farbiges Extrudieren (Coextrusion)
– mit überkritischem CO2 als Lösemittel/Schäummittel
– mikrowellenunterstützt
Hohlkörper-Technologien
– Schalenguss (slush molding)
• Rotationsformen
• Schleudergießen
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 243

Fließpressen
• Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) Basis PP
• GMT mit höherwertigen Matrices (PA, PA/PPE, PBT, PET, PC, PPS)
– Langfaserverstärkte Thermoplaste im Direktverfahren (LFT-D)
Umformen
• Prägen
• Schrumpfen
• Mechanisches Tiefziehen (Kaltumformen)
• Warmumformung
• Rotations-Tiefziehen
– Pultrusion, Pulforming
– Tiefziehpressen (TZP) von Faserverbundhalbzeugen
Zeichenerklärung:
• Stand der Technik
– Neuere Verfahren (aus den vergangenen 10 Jahren)

Kalandrieren
Pulvertechnologie
• Sintern
– Lasersintern (LS)
• Wirbelsintern (Beschichten)
• Rotationssintern
• Ram-Extrusion
• Elektrostatisches Pulverbeschichten
– Coatingtechnologie
Zeichenerklärung:
• Stand der Technik
– Neuere Verfahren (aus den vergangenen 10 Jahren)

1.4.3.1
Spritzgießen
Das Spritzgießverfahren erzeugt komplizierte Formteile (Bauteilmassen von
Milligramm bis 100 Kilogramm) in höchster Qualität und größten Stückzahlen.
Vorteilhafte Merkmale des Spritzgießens sind
• kurzer Weg vom Rohstoff zum Endprodukt
• keine oder nur geringe Nacharbeit
• integrierbares und vollautomatisierbares (diskontinuierliches) Verfahren
• hohe Reproduzierbarkeit der Fertigung
• niedriger Energieverbrauch bei der Formgebung aufgrund (im Vergleich mit
Metallen) niedriger Verarbeitungstemperaturen.
Um jedoch eine höchste Qualität bei der Produktion zu gewährleisten, bedarf es
einer Know-how-Bündelung, da die Zahl der Einflussgrößen auf die Spritzgieß-
produktion sehr groß ist.
244 1 Einführung in Polymer Engineering

Im Einzelnen sind dies:


• Der Mensch
Motivation, Qualifikation, Flexibilität, Erfahrung, Zuverlässigkeit, Kosten …
• Die Spritzgießmaschine
Ergonomie, Leistungsfähigkeit, Verfahrensablauf, Genauigkeit, Sicherheit,
richtige Auslegung, Überwachungsmöglichkeiten, Kosten …
• Das Werkzeug
Kunststoffgerechte Formteil- und Angussgestaltung, thermische und mecha-
nische Auslegung, Steifigkeit, Verschleiß, Wartung, Kosten …
• Der Werkstoff
Richtige Auswahl, Reinheit, Vortrocknung, geringe Chargenschwankungen,
Wiederverwertbarkeit, Kosten …
• Peripherie
Temperiergeräte, Heißkanalregelung, Handhabungsgeräte, Angusszerkleine-
rung, in- und on-line Messtechnik, Kosten …
• Umwelt
Sicherheit, Umgebungseinflüsse, …

Standard-Spritzgießen (Stückprozess, diskontinuierlicher Prozess)


Bild 1-98 zeigt schematisch die Hauptteile einer Spritzgießmaschine.
Besser wäre es bei Kunststoffschmelzen anstelle von Spritzgießen von „Fließ-
gießen“ zu sprechen, da sich die Form über eine Fließfront füllt und nicht wie
beim metallischen Druckguss (besser: Spritzguss) über einen Flüssigkeitsstrahl.
Bild 1-98 unterteilt verfahrenstechnisch eine Spritzgießmaschine in Plastifi-
zierung und Formgebung. Unter Beibehaltung dieser Aufteilung stellt Bild 1-99
schematisch den Verfahrensablauf beim Spritzgießen dar.

Bild 1-98. Schematische Darstellung einer Spritzgießmaschine [5]


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 245

Bild 1-99. Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs (Demag) beim Spritzgießen

Typische Werte der Verfahrensparameter beim Spritzgießen:


• Werkzeugtemperatur 30 – 120 °C, üblich 50 – 80 °C
• Massetemperatur 200 –320 °C
• Staudruck 0 – 50 bar
• Spritzdruck 200 – 1500 bar
• Nachdruck 50 – 70 % vom Spritzdruck
Ausführlicher gibt hierzu Tabelle 1-71 Auskunft.
246 1 Einführung in Polymer Engineering

Verfahrensablauf beim Spritzgießen (Bild 1-99)


Das Kunststoffgranulat oder -pulver wird im Plastifizieraggregat durch Rotation
der Schnecke plastifiziert und durch äußere Heizung zusätzlich erhitzt.
Nach Schließen des Werkzeuges drückt die Schnecke über einen axialen Vor-
schub (Schnecke wirkt als Kolben) die Kunststoffschmelze in die Kavität (Schritt
1 Einspritzen).
Zum Ausgleich der Materialschwindung wird Schmelze über den Anguss
nachgedrückt. Thermoplaste kühlen im „kalten“ (50 bis 80 °C) Werkzeug ab, Elas-
tomere und Duroplaste vulkanisieren/vernetzen im beheizten (150 bis 200 °C)
Werkzeug (Schritt 2 Nachdrücken und Kühlen). Während der Kühl- bzw. Ver-
netzungszeit dosiert die Schnecke neues Material nach, die Plastifizierung be-
ginnt von neuem, während das Werkzeug sich öffnet und Auswerferstifte das er-
starrte bzw. vernetzte Formteil auswerfen (Schritt 3).
Zusammen ergeben diese zum Teil überlappend ablaufenden Teilschritte den
Spritzzyklus. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist es ein stetes Bestreben, die
Zykluszeit im Sinne einer hohen Ausstoßleistung zu reduzieren.
Gegenläufige Verfahrensparameter stehen dem bei geforderter höchster Qua-
lität jedoch oft entgegen. So ergibt beispielsweise eine hohe Massetemperatur
zwar kurze Formfüllzeiten und eine gute Formfüllung, die Abkühlzeit nimmt
aber zu.Also wird man das Werkzeug gut kühlen und die Wanddicke reduzieren.
Hohe Kühlraten über dem Wandungsquerschnitt führen leicht zu Eigenspan-
nungen mit späterer Neigung zur Spannungsrissbildung. Je nach verwendetem
Kunststoff hat eine hohe Massetemperatur auch molekularen Abbau zur Folge,
beispielsweise mit Einbußen der Schlagzähigkeit beim späteren Bauteil. Mit den
vielen anderen Verfahrensparametern, wie sie eingangs zu Kap. 1.4.3 aufgezählt
sind, lassen sich ähnliche Verkettungen darstellen.
Bild 1-100 zeigt die Verläufe Werkzeuginnendruck, Massetemperatur und
Viskosität über der Zykluszeit. Bei 10 Sekunden ist Einspritzbeginn. Bis dahin er-
hitzt sich die Massetemperatur auf Schmelz- bzw. Fließtemperaturniveau, die
Viskosität nimmt auf fließfähig ab.
Bei teilkristallinen Thermoplasten ist wegen Abführung der Kristallisations-
wärme ein länger dauernder Nachdruck erforderlich.

Bild 1-100. Druck-, Temperatur- und Viskositätsverlauf für einen amorphen Thermoplasten im
Spritzgusswerkzeug – angussnah – in Anlehnung an [6]
Erläuterungen zu Bild 1-100:
(1) bis (2) Einspritzvorgang
(2) Werkzeug ist volumetrisch gefüllt
(2) bis (3) Aufbau des Spritzdruckes
(4) Umschalten auf niedrigeren Nachdruck
(4) bis (5) Druckabfall
(5) Nachdruckniveau ist erreicht
(6) Anguss friert ein (Siegelpunkt)
(7) Atmosphärendruck ist erreicht, jedoch Eigensteifigkeit des Formteils noch gering, da Glas-
temperatur noch nicht durchschritten ist.
(8) Glastemperatur Tg mit Haupterweichungsbereich
(9) entformen möglich, da Steifigkeit groß genug. Formteiltemperatur liegt unter Tg.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 247
248 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-101. Druckverlauf über der Zeit an verschiedenen Orten im Spritzgießsystem [7]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 249

Der Nachdruck gleicht den Volumenschwund beim Abkühlen durch Nach-


führen von Schmelze aus. Seine Lage ist damit für die Maßhaltigkeit entscheidend.
Bild 1-101 zeigt den Druckverlauf über der Zeit an verschiedenen Orten im
Spritzgießsystem. Je weiter der Messort von der Düse entfernt ist, desto geringer
ist die Wirkung des von der antreibenden Pumpe erzeugten Druckes. Dieses Bei-
spiel zeigt, dass die Formmasse örtlich unter sehr unterschiedlichen Druckbe-
dingungen erstarrt. Eine weitere Inhomogenität wird durch die Masse- und
Werkzeugtemperatur bewirkt. Die Formmasse verlässt die Düse im Allgemeinen
mit einem zeitlich und örtlich schwankenden Temperaturprofil. Bei der Verar-
beitung von Thermoplasten ist die Kenntnis über Druck- und Temperaturunter-
schiede maßgeblich, um Begriffe wie Homogenität, Temperaturkonstanz, Repro-
duzierbarkeit, Maßkonstanz u. a. m. richtig beurteilen zu können.
Den Verlauf des spezifischen Volumens über der Massetemperatur mit dem
Parameter Druck in der Schmelze eines amorphen Thermoplasten bei freier
Schwindung der betrachteten Abmessung zeigt Bild 1-102. Diese Kurven sind
für den Kunststoffverarbeiter und den Werkzeugbauer von entscheidender Be-
deutung. Geben sie ihnen doch Auskunft über die beim Bau eines Werkzeu-
ges zu berücksichtigenden Übermaße, um später ein maßhaltiges Formteil zu
erzeugen.

Verfahrensvarianten beim Spritzgießen


Die Kunststoffverarbeitung allgemein, insbesondere das Spritzgießen, zeichnet
sich durch vielfältige Verfahrenskombinationen und durch Integrierbarkeit von

Bild 1-102. p, v, T-Diagramm (Zustandsdiagramm)(Druck, Volumen, Temperatur Diagramm)


[6] einer amorphen Thermoplastschmelze im Spritzgießwerkzeug (Übertragung aus Bild 1-100;
Ziffern 1 bis 7 sind identisch).Aus p, v, T-Diagramm lässt sich auf die Formteilqualität schließen,
insbesondere auf die Schwindung. (8) bis (9) Steifigkeit/Festigkeit wird erreicht (Steigungsän-
derung der Isobaren am Tg) (9) das Teil wird entformt (10) Umgebungszustand ist erreicht
250 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-71. Richtwerte für das Spritzgießen von Thermoplasten [8]

Formmassen Temperaturen °C Spritz- Rück- Ver- Bemerkungen


druck strom- schluss-
Kurz- Masse Werkzeug bar sperre düse
zeichen:

PE
0,92 dünnw. 220–260 30–70 600– (+) (+) Drücke vom Fließver-
dickw. 180–220 1500 halten (Schmelzindex)
0,96 dünnw. 260–280 abhängig
dickw. 240–280
PP 200–300 30–60 800– (+) (+) niederviskos
TPX 270–300 70 1800 > 270°C
PS 200–250 5–60 600– + (+) SB, ABS
SAN 220–260 50–85 1800 möglichst hohe Temp.,
SB, ABS 200–280 60–90 aber nicht überhitzen
ASA 230–280 40–80
PVC hart 180–210 20–60 1000– – – langsam, evtl. Intru-
weich 170–200 15–50 1800 sion, Spritzeinheit
300– korrosionsfest
1500
PCTFE 200–280 80–130 ca. (+) (+) Spritzeinheit
PFA, FEP 340–360 120–180 1500 korrosionsfest
300–
700
PMMA 700– für hohe Ansprüche
VST 80 150–200 50–65 1000 (+) (+) Spritzeinheit
VST 110 180–230 60–90 800– verchromen
1200 Höchstdruck für
bzw. optisches Gerät
1800
POM 180–230 60–120 800– + (+) Kristallisieren wie PA
und COP
PA, alle 230–290 40–60 700– + (+) rasch einspritzen,
Sorten ev. 120 1200 weite Angüsse. Fein-
kristallin bei hohen
Werkzeugtemperaturen
PC 280–320 85–120 > 800 + (+) Trocknen
4 Std./120°C
PET 260–280 120–140 1200– (+) (+) bes. Sorte: mit
PBT 235–270 30–70 1400 gekühltem Werkzeug
1000– (20–40°C glasklar
1200 (+) amorph)
PPO, 250–300 80–100 1000– (+) (+) langsam
modifiziert 1400 weite Düse
CA, CAB 180–230 40–50 800 + (+) verchromte Spritz-
einheit

+ = zu empfehlen (+) = kann zweckmäßig sein – = nicht möglich.


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 251

Prozessfolgeschritten aus (siehe Zusammenstellung von Verarbeitungsvarianten


zu Beginn von Kap. 1.4.3) [23].
Im Folgenden werden einige Varianten des Spritzgießens genannt und kurz
beschrieben. Hilfe dabei leistete vor allem W. Michaeli [2].

Mehrkomponenten Spritzgießen
Beim Mehrkomponenten-Spritzgießen gibt es eine verwirrende Vielzahl von Be-
zeichnungen. Bild 1-103 (W. Michaeli [2]) hilft zur Entwirrung. Neuere Entwick-
lungen zur Mehrkomponententechnik beschreiben Michaeli W. und Lettowsky Ch.
[23] und Jaroschek C. [22].
Zur besseren Zuordnung werden im Folgenden einige der verschiedenen Be-
zeichnungen den Teilbildern a, b, c zugeordnet.

a Zweifarben Spritzgießen (SG)
Mehrfarben SG
Two/Multi Colour Molding
Aneinanderspritzgießen
Additionsverfahren

b Sandwich-Spritzgießen
Zweikomponenten SG
2K-SG
Coinjektions-Verfahren
Ineinander-SG
Sequenzverfahren

c Gasinjektionstechnik (GIT)
Gasinnendruckverfahren (GID)
Gas-Assisted Injection Molding (GAIM)
Variante c ist sehr ähnlich Variante b, nur dass anstelle einer zweiten Schmelze
ein Gas (Stickstoff) als zweite Komponente verwendet wird.

d nicht im Bild 1-103 dargestellt
Umspritzen Zweirohstoff-SG
Overmolding Verbund-SG

쎻a 쎻
b 쎻
c
Bild 1-103. Einteilung von Mehrkomponenten-Spritzgießverfahren [2]
252 1 Einführung in Polymer Engineering

Beim Zwei- oder Mehrfarben-SG 쎻 a will man vor allem optische Effekte erzielen,
wie beispielsweise bei Heckleuchten und Bedienelementen für Automobile.
Das Sandwich- oder 2K-Spritzgießen 쎻 b erlaubt Hart-Weich-Kombinationen,
wie beispielsweise angespritzte Dichtlippen an Karosserieteilen oder schlagab-
sorbierende Außenschichten bei steifem Kern für Türverkleidungen.
Recyclingkern mit Außenhaut-Neuware ist eine weitere Anwendungsvariante.

Merkmale des Zwei-Komponenten Spritzgießens (2K – SG)


Vorteile:
• wirtschaftliche Herstellung (ein Arbeitsgang) von Verbund-Bauteilen mit z. B.
hartem Kern und weicher Oberfläche (Dichtfunktion, Haptik, Stoß)
• Kern aus Recyclingmaterial möglich
• Formteile mit hoher Oberflächenqualität
offene Punkte, Nachteile:
• Grundlagen des Formfüllvorganges
• Durchbrüche, Aussparungen, Versteifungsrippen
• Anguss nicht sortenrein, daher nicht direkt wieder verwertbar
• Schmelztemperatur- und Schwindungsdifferenz der eingesetzten Kunststoffe
• Verträglichkeit der Kunststoffe
• 1,5fache Investitionskosten gegen 1K – SG
• Stoffrecycling (Verbundwerkstoff)
Mit dem GIT-Spritzgießen 쎻 c lassen sich wirtschaftlich Hohlkörper mit definier-
ter glatter Außenhaut herstellen. Anwendungsbeispiele sind Koffergriffe, Kfz-Hal-
tegriffe im Innenraum, Gartentische, Rippenfüße mit Hohlnaht (vermeiden Ein-
fallstellen), Sanitärarmaturen, Haltegriffe für Kindersitze, kleinere Behälter u.a.m.
Bild 1-104 zeigt schematisch den Formfüllvorgang, der dem des 2-Komponenten-
Spritzgießens prinzipiell entspricht. Als zweite Komponente wird anstelle einer
Kunststoffschmelze ein Gas (Stickstoff) mit ca. 100–200 bar verwendet.
Die „plastische Seele“ (Schmelze im Mittelteil der Kavität) erstarrt langsamer
als die Außenschichten und kann daher mit dem injizierten Gas (in Bild 1-104
gelb markiert) verschoben werden.Ausführlich ist das GIT-Verfahren bei Eyerer
et al.„Gasinjektionstechnik“ [9] zusammengefasst.

Formfüllvorgang beim Gasinnendruck-Spritzgießen


Beim Zweirohstoff-SG 쎻 d lassen sich bei geeigneter Wahl der Schmelztempera-
turen und Schwindungswerte Bauteile mit beweglichen Gelenken werkzeug-
fallend herstellen. Beispiele sind Scharniere, Spielzeugfiguren mit beweglichen
Extremitäten, Lüftungsklappen für PKW [22].

Spritzprägen
Das Spritzprägen ist ähnlich wie die Gasinjektionstechnik (GIT) oder der
Thermoplastschaumguss (TSG) besonders für verzugsfreie, einfallstellenarme
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 253

Bild 1-104. Formfüllgang beim


GIT-Spritzgießen [5]

dickwandige Formteile geeignet.Aber auch dünnwandige Teile mit langen Fließ-


wegen lassen sich mittels Spritzprägen vorteilhaft herstellen.
Beim Spritzprägen folgt dem Einspritzen das Prägen. Dazu wird eine exakt
vordosierte Kunststoffschmelze während der Einspritzphase in das um einen
Prägespalt geöffnete Werkzeug injiziert.
Der Schmelzekuchen wird durch Zufahren der schließseitigen Tauchkanten-
Werkzeughälfte (Prägephase) im Formhohlraum verteilt und die dann ge-
schlossene Kavität bei geschlossenem Anguss ausgefüllt.
Die Werkzeuginnendrücke sind beim Spritzprägen niedriger (etwas halb so
groß) als beim Spritzgießen.
Hauptanwendungen des Spritzprägens liegen in der Duroplast- und Elasto-
merverarbeitung.Aber auch Formteile (dick- und dünnwandig) mit hoher Maß-
haltigkeit, z. B. optische Linsen oder Membranen für Mikrophone aus Thermo-
plasten, werden im Spritzprägeverfahren erzeugt.

Hinterspritztechnik
Die Kombination aus Dekorfolien (einschl. Textilien), eingelegt in ein Spritz-
gießwerkzeug und von der Rückseite das Formteil angespritzt, nennt man
254 1 Einführung in Polymer Engineering

Hinterspritztechnik. Das Dekormaterial wird dabei in der Werkzeugtrennebene


fixiert. Beim rückseitigen Einspritzen müssen Schmelzetemperatur, Einspritz-
druck, Formfüllung, Schmelzeviskosität so gewählt werden, dass die Kavität
gefüllt wird, die Folie faltenfrei an die Werkzeugwand gedrückt wird und nicht
von Schmelze durchdrungen wird. Eine delaminationsfreie Verbindung Folie-
Kunststoff ist Bedingung. Anwendungen für hinterspritzte Formteile liegen
hauptsächlich im Automobil-Innenbereich: Türseitenverkleidungen, A-, B-, C-
Säulenverkleidungen, Kofferraumabdeckungen, Dachhimmel, Hutablagen, Ins-
trumententafel, Vorderwandverkleidungen, u. a.
Aus Gründen der schonenderen Verarbeitung (niedrigere Drücke) findet für
lange Fließwege zunehmend auch die Hinterprägetechnik Anwendung, in Ana-
logie zum Spritzprägen.

Pressverfahren
Das Heiß-Pressen wird überwiegend bei duroplastischen Pressmassen und als
Spritzpressen (Transfer-Moulding) bei Elastomeren angewendet (siehe 1.4.5 und
1.4.6). In jüngerer Zeit findet das Heiß-Pressen bei der Verarbeitung thermoplas-
tischer Langfaser-Verbundwerkstoffe statt (siehe 1.4.3.7).

Thermoplastschaumguss (TSG)
Der Thermoplast-Schaumspritzguss, eines der ältesten Sonderverfahren des
Spritzgießens, erzeugt dickwandige, steife Großteile mit dichter Außenhaut über
einem geschäumten Kern. Gehäuse, Behälter, Paletten, Sportgeräte meist aus
schlagfestem Polystyrol oder aus Polyethylen sind beispielhafte Anwendungen.
Im „Niederdruck“-TSG wird mit Treibgas gefüllte Masse im Freistrahl an der
dicksten Stelle des Formwerkzeuges eingeschossen, sodass dieses zu 60 – 80 %
gefüllt ist. Das Werkzeug muss nur den Schäumdruck der expandierenden
Masse von 10 – 20 bar aufnehmen und kann dementsprechend leicht gebaut wer-
den. Die Kühlzeiten von TSG-Teilen sind wesentlich länger als die üblicher Kom-
pakt-Spritzgussteile. Deshalb verwendet man häufig Mehrstationenmaschinen
mit im Wechsel angesteuerten Schließeinheiten [8].

1.4.3.2
Extrudieren (Fließprozess; kontinuierlicher Prozess)
(unter Mitarbeit von Dietmar Völkle und Jan Diemert)

Der Extruder, Bild 1-105, besteht praktisch aus den gleichen Bauteilen wie die
Plastifiziereinheit einer Schneckenspritzgießmaschine, Bild 1-98. Die Schnecke
wirkt nicht als axialer Kolben, sie rotiert beim Extruder nur. Die Bedeutung des
Extrudierens liegt in der kontinuierlichen Arbeitsweise. Hergestellt werden Ta-
feln, Rohre, Profile, Folien usw.
Der Prozessablauf in einem Extruder lässt sich wie folgt unterteilen:
• Fördern und Verdichten
• Aufschmelzen, Mischen und Homogenisieren
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 255

Bild 1-105. Schnittbild Einschneckenextruder mit Funktionszonen [1]

• im Extrusionswerkzeug formen
danach kommt Kalibrierung/Abkühlung, Abzug und Absägen.
Die Bereiche im Extruder, die für die einzelnen Arbeitsprozesse vorgesehen
sind, werden mit Feststoffzone – Einzugszone, Umwandlungs- oder Plastifizier-
zone, Ausstoß-, Pump- oder Meteringzone und Formwerkzeug bezeichnet. Die
Förderung in der Feststoffzone bestimmt weitgehend den Ausstoß der Ma-
schine.
Die Schmelzenergie wird teilweise über die Zylinderwand und teilweise durch
die Friktion der Schnecke eingeleitet. Ebenso wie bei den Schneckenspritzag-
gregaten unterscheidet man zwischen polytroper und adiabatischer Arbeits-
weise.
Der Extruder ist das Kernstück jeder Extrusionsanlage. Man unterscheidet
folgende Bauarten bei Extrudern (Schneckenmaschinen):
• Einschnecke (Plastifizier- und Schmelzeextruder)
• Doppelschnecke (gleichlaufend, gegenläufig)
• Sonderbauarten (Ramextruder, Planetenwalzen-, Kaskaden-, Weissenberg-
extruder).
Eine Extrusionsanlage besteht aus Materialzufuhr, Extruder, Düse, Kalibrie-
rung, Wasserkühlung, Kühlstrecke, Raupenabzug und Säge.
In der Polymertechnik werden Extruder in erster Linie zum Fördern, Mi-
schen, Einfärben und Entgasen von Polymerschmelzen eingesetzt. Hierzu nutzt
man überwiegend die Wirkung rotierender Schnecken, wobei die konstruktiv
einfachen Maschinen mit nur einer Schnecke der Zahl nach überwiegen. Das an
den Extruder angeflanschte Werkzeug formt die Polymerschmelze zu Halbzeu-
gen, Ummantelungen oder Beschichtungen aus. Für den erweiterten Einsatz des
Extruders zur Polymermodifikation und im speziellen zur reaktiven Extrusion
bedarf es der technischen Voraussetzung, dass die Verweilzeit des Polymers im
Extruder gezielt eingestellt werden kann. Daher ist für die Polymermodifikation
256 1 Einführung in Polymer Engineering

eine spezielle Maschinentechnik erforderlich. So wird dabei von einem Extruder


vor allem
• die sichere Förderung von Materialien stark unterschiedlicher Viskosität,
• die Möglichkeit zur flexiblen Eindosierung der Komponenten,
• eine schnelle Durchmischung der Komponenten (Homogenisierung) sowie
• die effiziente Entgasung von flüchtigen Reaktionsprodukten erwartet.

Maschinentechnik (D. Völkle [10])


Die Einteilung der Extruder erfolgt aufgrund ihrer konstruktiven Ausführung.
Ein Einschneckenextruder zeichnet sich hierbei durch seine einfache Bauweise
und den nahezu ausschließlichen Einsatz als Plastifizierextruder aus. Dies resul-
tiert aus der schlechten Mischwirkung und dem schlechten Selbstreinigungsef-
fekt, bedingt durch die fehlende Zwangsförderung der Polymerschmelze im Ex-
truder. Mit der Fortentwicklung der Extrudertechnik haben Mehrschneckenex-
truder, insbesondere Doppelschneckenextruder mit kämmenden Schnecken,
zunehmend an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung ist auf die vielfältigen
Anforderungen zurückzuführen, die von Einschneckenextrudern nicht mehr er-
füllt werden können.
Doppelschneckenextruder mit gleichlaufenden kämmenden Schnecken bil-
den keine geschlossenen Förderkammern. Vielmehr strömt darin die Schmelze
aufgrund von Schleppförderung in einer achtförmigen Bewegung um beide
Schnecken. Im Zwickelbereich beider Schnecken findet eine Umlagerung und
Durchmischung der Schmelze statt. An den Schnecken haftende Schmelze wird
dort abgestreift. Gleichzeitig entsteht durch die Verdrängerströmung im Zwi-
ckelbereich eine Zwangsförderung, die auch die Förderung niederviskoser Me-
dien ermöglicht.
Der flexible Einsatz von Doppelschneckenextrudern wird durch den baukas-
tenartigen Aufbau ermöglicht. Dabei sind sowohl Zylinder- als auch Förder-,
Knet- oder Mischelemente in beliebiger Kombination austauschbar. Insgesamt
lässt sich somit auf einfache Weise die Extrudertechnik auf die Anforderungen
der Polymermodifikation abstimmen.
In erster Linie wird der Aufbau eines Extruderzylinders durch den Anbau
unterschiedlicher Peripherie-Geräte bestimmt. Die einzelnen Zylinderelemente
weisen dabei insbesondere spezielle Öffnungen z. B. für den Anbau einer Seiten-
dosierung, einer Injektionsdüse oder eines Vakuumstutzens auf. Die Zylinder-
bohrung weicht jedoch nur in wenigen Sonderfällen von der Grundform eines
achtförmigen Querschnitts ab. Die Zusammensetzung der Schnecken aus ein-
zelnen Schneckenelementen, auch Konfiguration genannt, orientiert sich an der
geforderten Verweilzeit der Schmelze. Diese wiederum wird maßgeblich durch
die jeweilige Förderwirkung der Schneckenelemente bestimmt. Erschwerend
kommt hinzu, dass die komplexen Strömungsvorgänge im Zusammenhang mit
dem Druckaufbauverhalten einzelner Schneckenelemente stehen.
Elemente mit positiver Förderwirkung, deren maximale Schleppförderleistung
größer als die Summe der Leckströmung und des tatsächlichen Durchsatzes ist,
können einen Druck aufbauen. Wird der Polymerdurchsatz erhöht, aber die För-
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 257

derwirkung eines nachfolgenden Elements ist aufgrund einer geringeren Steigung


kleiner, so können Elemente mit positiver Förderwirkung auch als Druck-
verbraucher wirken. Diese müssen dann, ebenso wie rückfördernde Elemente, von
Elementen mit einer höheren Schleppförderleistung überströmt werden.
Im Allgemeinen erfordert die Kunststoffmodifizierung neben der Feststoff-
dosierung häufig die Dosierung von Flüssigkeiten in den Extruder. Die für die
Auswahl der geeigneten Dosierpumpe relevanten Stoffdaten sind die Dichte, die
Viskosität, die Kompressibilität und der Siedepunkt. Ebenso entscheidend kann
sein, ob die Flüssigkeiten brennbar oder aggressiv sind und ob sie Feststoff-
teilchen enthalten. In der Kunststoffmodifizierung sind somit nahezu alle aus
der Verfahrenstechnik bekannten Pumpen, wie Kolben-, Membran-, Zahnrad-
und Schraubenpumpen wieder zu finden. In der Regel werden die Flüssigkeiten
von den Pumpen über Rohre oder Kapillaren durch eine Düse hindurch in den
Zwickelbereich der Doppelschneckenextruder eingebracht. Die Düsenkonstruk-
tion wiederum wird von der Flüssigkeit und den Druckverhältnissen im Extru-
der bestimmt.
Polymerschmelzen enthalten nach ihrer Imprägnierung und Modifizierung
zumeist niedermolekulare oder andere flüchtige Anteile. Die Entgasung solcher
Polymerschmelzen dient, neben der Rückgewinnung von Lösemitteln, der Ent-
fernung von Monomeren sowie anderer flüchtiger Verbindungen. Bei der Aus-
führung der Entgasungszonen ist neben der Auswahl der Schneckenkonfigura-
tion die Gestaltung der Entgasungsöffnungen von großer Bedeutung. Je nach
Verhalten der Polymerschmelze sind nur Teile des Schneckenkanals nach oben
geöffnet.

Extrusion am Beispiel Polyvinylchlorid –


Materialtechnik und Verarbeitung (J. Diemert [11])
Polyvinylchlorid (PVC) ist mit einer weltweit installierten Produktionskapazität
von 32 Mio. t einer der bedeutendsten Kunststoffe am Weltmarkt. Seine Viel-
fältigkeit ist bemerkenswert. Die Anwendungsgebiete reichen von Fensterprofi-
len und Rohren über Bodenbeläge und Kabelisolierungen bis hin zu Spielwaren
und medizintechnischen Artikeln. Kein anderer Werkstoff lässt sich in seinem
Eigenschaftsbild ähnlich weitgehend durch die Zugabe von Additiven, Füllstof-
fen und Modifikatoren für die Anwendung maßschneidern. Dies hat dazu ge-
führt, dass PVC nicht, wie fast alle anderen thermoplastischen Kunststoffe, beim
Rohstofflieferanten oder Compoundeur für die jeweilige Anwendung maßge-
schneidert ausgerüstet wird, sondern diese Aufbereitung überwiegend beim
Verarbeiter selbst stattfindet. Diese verarbeitungsnahe Aufbereitung bietet viele
Vorteile, führt jedoch zu einer unüberschaubar großen Anzahl von unterschied-
lichen PVC-Mischungen, Additiven und Füllstoffen.

Eigenschaften verschiedener PVC-Polymerisate


Je nach Polymerisationsverfahren unterscheidet man die PVC-Typen Suspen-
sions-PVC (S-PVC), Masse-PVC (M-PVC) und Emulsions-PVC (E-PVC). Im weit
überwiegenden Teil der Anwendungen kommt heute S-PVC zum Einsatz.
258 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-106. Chemische Struktur von Polyvinylchlorid (PVC)

Als Rückstand aus dem Herstellungsprozess enthält S-PVC einen geringen


Anteil von 0,05 % bis 0,2 % an Suspensionshilfsstoffen [12], während das im
Emulsionsverfahren hergestellte E-PVC ca. 1 % bis 2 % Emulgatorrückstände
(meist Metallseifen) aufweist. Das in der Masse polymerisierte M-PVC enthält
im Gegensatz zu den vorgenannten PVC-Typen keinerlei Emulgatoren oder
Suspensionshilfsstoffe und ist daher gut für transparente PVC-Mischungen ge-
eignet. Neben diesen reinen PVC-Polymerisaten, deren chemische Struktur in
Bild 1-106 dargestellt ist, werden in Anwendungen, die eine erhöhte Schlagzähig-
keit erfordern, wie beispielsweise für Fensterrahmenprofile, auch chemisch
schlagzäh modifizierte Typen eingesetzt. Durch die Zugabe von Poly-Butyl-
acrylat (PBA) oder nachchloriertem Polyethylen bilden sich elastische Bereiche
in der wesentlich härteren PVC-Matrix aus. Eine eventuelle Rissbildung wird in
diesen Bereichen aufgefangen.
Eines der wichtigsten Kriterien für die Einteilung von PVC-Materialien ist der
so genannte K-Wert (DIN53726), der aus der Viskositätsmessung einer Lö-
sung von PVC bestimmt wird. Er hängt direkt mit dem Polymerisationsgrad und
damit mit der Molmasse des PVCs zusammen. Er liefert wichtige Informatio-
nen über die Verarbeitbarkeit und die notwendige Additivierung des Materials,
kann aber gleichzeitig auch zur Bestimmung einer eventuellen Schädigung
des PVC-Materials durch eine unsachgemäße Verarbeitung herangezogen wer-
den.
Das heute in der Profil- und Rohrextrusion überwiegend zum Einsatz kom-
mende Suspensions-PVC (S-PVC) weist aufgrund des Herstellungsprozesses [12]
eine charakteristische Morphologie des entstehenden PVC-Korns auf (siehe Bild
1-107).
Die aus Agglomeraten, Domänen und Mikrodomänen bestehenden Unter-
strukturen des S-PVC-Korns sind für den späteren Aufbereitungsprozess und
die Eigenschaften der PVC-Mischung von großer Bedeutung, da die hierdurch
vorhandene Porosität das Eindringen von niedrig schmelzenden Additiven in
das Korn erlaubt.

Bild 1-107. Morphologischer Aufbau eines


Suspensions-PVC-Korns nach [12]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 259

Additive für PVC-Mischungen


PVC erreicht die heutige Anwendungsbreite nur durch die Vielzahl von unter-
schiedlichen Additiven und Zuschlagstoffen, die das Eigenschaftsprofil des
Grundwerkstoffes PVC sehr weitreichend verändern können.

Stabilisatoren und Costabilisatoren


Da in unstabilisiertem PVC bereits ab einer Temperatur von ca. 100 °C die Ab-
spaltung von Chlorwasserstoff aus dem PVC-Makromolekül (siehe Bild 1-106)
beginnt [13] und viele der möglichen Abbaureaktionen selbstkatalysierend ver-
laufen, ist eine thermoplastische Verarbeitung von PVC ohne Stabilisatorzugabe
nicht möglich.
Der traditionelle Stabilisator für Hart-PVC aus den Anfängen der PVC-
Verarbeitung ist der cadmiumbasierte Stabilisator, der in den 80er-Jahren weit-
gehend durch Bleistabilisatoren ersetzt wurde. Die Forderung nach dem Verzicht
auf Schwermetalle in PVC-Rezepturen führt dazu, dass heute zunehmend
schwermetallfreie Calcium-Zink-Stabilisatoren eingesetzt werden [14]. Die viel-
fältigen Anforderungen an moderne PVC-Mischungen lassen sich jedoch kaum
durch einen einzelnen Stabilisator erfüllen, sodass heute vielfach verschiedene
Stabilisatorsysteme kombiniert werden. Stabilisatoren werden Mischungen im
Bereich von 14 Masse-% beigemischt.
Einen weiterführenden Überblick über verschiedene Stabilisatorsysteme bie-
ten u. a. [14] – [16] und Kapitel 1.3.5.1.

Gleitmittel
Man unterscheidet innere und äußere Gleitmittel. Innere Gleitmittel sind mit
der Polymermatrix verträglich und reduzieren vorwiegend die Reibung im In-
neren des Materials und damit die Schererwärmung. Um die hierfür notwendige
Verträglichkeit mit dem polaren Basispolymer PVC zu erreichen, sind innere
Gleitmittel meist polare Substanzen. Äußere Gleitmittel hingegen verringern
vorwiegend die Reibung zwischen dem Polymer und der den Fließkanal be-
grenzenden Metalloberfläche. Sie sind mit dem Basispolymer weniger verträg-
lich, sodass sie überwiegend an der Grenzfläche zum Metall wirken. Diese
äußere Wirkung wird durch eine gezielt eingestellte Unverträglichkeit mit dem
polaren Basispolymer erreicht. Äußere Gleitmittel sind daher vorwiegend che-
misch unpolar. Marktgängige Gleitmittel sind in feinen Abstufungen zwischen
rein äußerer und rein innerer Wirkung und damit auch in sehr unterschiedlicher
Polarität erhältlich.
Üblicherweise kommen als Gleitmittel höhere Alkohole, höhere Fettsäuren,
gehärtete Fette und Ester zum Einsatz. Sie werden verarbeitungsfähigen Mi-
schungen in Zugabenmengen von 0,2 % bis 2 % zugesetzt.
Einen weiterführenden Überblick über verschiedene Gleitmittelsysteme bie-
tet u. a. [17] und Kapitel 1.3.5.1.
260 1 Einführung in Polymer Engineering

Säurefänger
Säurefänger haben in PVC-Mischungen die Aufgabe, die durch die unvermeid-
lich ablaufenden Abbaureaktionen im PVC frei werdenden Säuren (vorwiegend
HCl) zu binden. Hierzu werden überwiegend Metallseifen eingesetzt, die auch
eine leicht stabilisierende Wirkung aufweisen.

Füllstoffe für PVC-Mischungen


Füllstoffe stellen in vielen PVC-Mischungen einen bedeutenden Mengenanteil
dar. So werden in einzelnen Anwendungen Füllstoffgehalte von bis zu 60 Masse-
% erreicht. Füllstoffe werden PVC-Mischungen sowohl aus technischen als auch
aus wirtschaftlichen Gründen zugesetzt. Sie beeinflussen u. a. Dichte, Steifigkeit,
Schlagzähigkeit, Oberflächenhärte, Schwindung und die thermischen Eigen-
schaften wie Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität einer PVC-Mischung
[18]. Technisch und wirtschaftlich interessant sind in der PVC-Verarbeitung vor
allem Calciumcarbonat-Füllstoffe (Kreiden), wobei hier zwischen natürlichen,
abgebauten Kreiden unterschiedlicher Korngröße und synthetischen, chemisch
hergestellten Kreiden unterschieden wird, siehe auch Kap. 1.3.5.2.
Synthetische Kreiden entstehen u. a. als Abfallprodukte bei der Herstellung
von Soda. Sie unterscheiden sich vor allem durch eine feinere Partikelgröße und
eine größere Oberfläche von natürlichen Kreiden und sind daher schlechter in
der Schmelze dispergierbar. Ihre Zugabemenge ist daher häufig geringer als bei
natürlichen Kreiden.
Natürliche, abgebaute Kreiden sind in ihrer Kornstruktur durch den Aufbe-
reitungs- und Veredelungsprozess für die verschiedenen Anwendungen einstell-
bar.
Viele Füllstoffe werden mit dem Ziel einer Verbesserung der Verarbeitung mit
einem Coating überzogen. Hierdurch werden die Anziehungskräfte der Partikel
untereinander vermindert und eine verbesserte Dispergierbarkeit im PVC er-
reicht. Überwiegend kommen für Füllstoffe auf Carbonat- und Oxidbasis
Fettsäuren und Fettsäureester und für Füllstoffe auf Silikat- und Hydroxidbasis
Silane, Titanate und Chromkomplexe zum Einsatz. Die Zugabemenge der Coa-
tingsubstanz bezogen auf die Menge des eingesetzten Füllstoffs beträgt bis zu
3 Masse-%.
Wie alle feinen Pulver können auch anorganische Füllstoffe aufgrund ihres
chemisch-morphologischen Aufbaus in gewissen Mengen Wasser aufnehmen.
Feuchtigkeit kann dabei sowohl an der sehr großen Kornoberfläche angelagert
werden als auch in die Kornstruktur eindringen bzw. als Kristallwasser in die
Kristallstruktur eingelagert werden. Durch den Einsatz von Coatings wird die
Feuchtigkeitsaufnahme insbesondere in das Korninnere deutlich reduziert,
siehe auch Kap. 1.3.5.2.

Aufbereitung von PVC-Mischungen


Die Aufbereitung von verarbeitungsfähigen PVC-Mischungen erfolgt, wie ein-
gangs geschildert, überwiegend direkt beim Verarbeiter. Hier wird das PVC-
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 261

Grundmaterial mit den Additiven oder Additivmischungen, Weichmachern,


Füllstoffen und eventuell weiteren Zuschlagstoffen unter Einsatz von Heiz-/
Kühlmischer-Kombinationen vermischt [19], siehe auch Kap. 1.3.5. In einem
ersten Schritt werden die Mischungsbestandteile im Heizmischer unter Zufuhr
von überwiegend mechanischer Energie auf eine Temperatur von ca. 90 – 120 °C
erhitzt. Hierbei schmelzen die niedrig schmelzenden Bestandteile wie Gleitmit-
tel auf und diffundieren in das PVC-Korn ein [12]. Die bei diesen Temperaturen
nicht schmelzbaren Bestandteile wie Füllstoffe und einige Stabilisatoren werden
dabei an der Oberfläche des Korns angelagert. Um ein Agglomerieren der in die-
sem Zustand klebrigen PVC-Körner zu verhindern, wird die fertige Mischung
im Kühlmischer unter weiterem Rühren auf niedrigere Temperatur herab-
gekühlt. Die in diesem Prozess hergestellten Mischungen werden Dryblends ge-
nannt.

Extrusion von PVC-Mischungen


Der weit überwiegende Teil des hergestellten PVC wird im Extrusionsprozess zu
Produkten wie beispielsweise Rohren, Tafeln und Profilen für den Bausektor
weiterverarbeitet. Die Verarbeitung von PVC-Dryblends für weichmacherfreies
Hart-PVC erfolgt dabei fast ausschließlich auf gegenläufigen Doppelschnecken-
extrudern, die in ihrer Verfahrenstechnik ideal auf die Bedürfnisse des Materials
abgestimmt sind. Die sich aus der Schneckengeometrie der gegenläufigen
Doppelschneckenextruder ergebende Kammerförderung erlaubt eine scho-
nende Plastifizierung bei einer für PVC wichtigen exakten Temperaturkon-
trolle [20].
Die Kundenforderung nach höheren Durchsatzleistungen bei gleicher
Maschinengröße und die gleichzeitig steigende Rezepturvielfalt haben in den
letzten Jahren neue Anlagenkonzepte notwendig gemacht, wobei die Entwicklung
hin zu längeren Vorwärmzonen in der Schnecke geht [21]. Die meist aus wirt-
schaftlichen Gründen weiter steigenden Füllstoffanteile und die in ihrer Additi-
vierung auf das Notwendigste reduzierten PVC-Rezepturen verkleinern das
hierdurch gewonnene Verarbeitungsfenster jedoch zusehends bzw. machen re-
zepturspezifische Schneckenauslegungen notwendig, die bei immer größer wer-
dender Produktvielfalt und dadurch kleiner werdenden Losgrößen einen hohen
Umrüstaufwand und hohe Investitionen erfordern.
Gerade im Vorwärmbereich der Schnecke und im Bereich beginnender
Plastifizierung verspricht die Mikrowelle im Extruder eine Lösung der aufge-
führten verfahrenstechnischen Probleme. Ihre nicht auf Wärmeleitung basie-
rende Energieübertragung erlaubt einen guten Energieeintrag in schlecht wär-
meleitende kompaktierte Pulverschüttungen, wie sie in diesem Teil des Plastifi-
zierprozesses im Extruder vorliegen. Zur Vertiefung informiert Diemert, J. [11].

Blasfolienanlage [2]
Um sehr breite schlauchförmige Folien herstellen zu können, setzt man Blas-
folienanlagen (Bild 1-108) ein. Diese bestehen aus Extrudern mit Blaskopf,
normalerweise einem Wendelverteilerwerkzeug. Die senkrecht nach oben aus-
262 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-108. Blasfolienanlage [2]

tretende Schlauchfolie passiert einen Kühlring, in dem sie mit Luft abgekühlt
wird. Durch Luftzuführung in das Innere der Schlauchfolie wird diese auf den
gewünschten Umfang aufgeblasen.Am oberen Ende des Turmes wird sie dann in
der Flachlegeeinrichtung zusammengefaltet und die Luft über Abquetschwalzen
zurückgehalten. Anschließend wird die Folie auf Hülsen aufgewickelt. Zwischen
Kühlring und Flachlegeeinrichtung kann ein so genannter Kalibrierkorb gesetzt
werden, der den Umfang der Blase definiert und die Folienblase stabilisiert.

Coextrusion
Um mehrschichtige und mehrfarbige Extrudate für beispielsweise Ummante-
lung von Kabeln, Verpackungsfolien mit Barriereschichten und/oder Recyc-
linglagen herzustellen, können 2 bis 7 Extruder über Mehrschicht-Blasfolien-
werkzeuge mit ebenso vielen ineinander sitzenden Wendelverteilern zur Vertei-
lung der Schmelzeströme eingesetzt werden (Bild 1-109).
Die Herstellung permeationsdichter Kunststoff-Kraftstoffbehälter kann über
Coextrusion mit Ringdüsensystemen und nachfolgendem Hohlkörperblasfor-
men erfolgen. Über Breitschlitzdüsensysteme lassen sich mehrschichtige, ebene
Folien oder Tafeln herstellen, die dann tiefgezogen werden können. Bei
Schmelzezusammenführung vor der Düse kann in den Luftstrom oxidierendes
Gas zur Haftvermittlung eingeblasen werden oder aber eigene Haftvermittler-
schichten per Coextrusion einextrudiert werden. Mit rotierendem Massevertei-
ler können spiralig gemusterte Ummantelungen von Schaltdrähten, Schläuchen
und marmorierte Profile hergestellt werden.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 263

Bild 1-109. Dreischichten-Coextrusions-


Blasfolienwerkzeug, reversierend und mit Innen-
kühlvorrichtung (Battenfeld) [2]

Extrusionsblasformen
Das Produkt (Flaschen, Kanister, Fässer, Lüftungskanäle, Surfbretter, Kofferhalb-
schalen, Dachgepäckträger, Heizöltanks, Kfz-Kraftstofftanks u. a.) entsteht beim
Extrusionsblasformen aus zwei parallel ablaufenden Prozessen (Bild 1-110)
• der kontinuierlichen Vorformlingsextrusion (Urformen) und
• der zyklischen Vorformlingübernahme und Formgebung mittels Blasluft im
Werkzeug (Umformen).
Beim Streckblasen verstreckt ein Längsdorn noch zusätzlich die Makromoleküle
in Längsrichtung. Dies führt zu zusätzlichen hohen Längsorientierungen und
entsprechenden Festigkeitssteigerungen in den Streckrichtungen (i. Allg. lassen
sich nur rotationssymmetrische Hohlkörper mit ovalem Querschnitt herstel-
len).
Der Extrusionsblasform-Prozess läuft nach Bild 1-110 wie folgt ab:
Ein Schlauch wird in das geöffnete Werkzeug extrudiert, ein Blasdorn in den
Schlauch eingeführt.
Das Formwerkzeug ist geschlossen, der Schlauch beidseitig abgequetscht und
dicht. Die Innenseite der Flascheneinfüllöffnung der Flasche ist um den Blas-
dorn geformt worden, an der Außenseite das Gewinde für den im Gebrauch be-
nutzten Schraubverschluss. Der Schlauchabschnitt ist durch Druckluft an die
wassergekühlte Wandung des Formwerkzeugs gedrückt und geformt worden.
Der überstehende Teil des Schlauches, der Butzen, muss anschließend entfernt
werden, ebenso der Butzen neben der Einfüllöffnung. Nach der Erstarrung wird
die Flasche ausgeworfen.
264 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-110. Extrusionsblasformen (BASF, Ludwigshafen)


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 265

Bild 1-111. Wanddickenprofilierter Vorformling

Um auch Behälter mit unterschiedlicher Umfangsverstreckung bei konstanter


Dicke im Endprodukt herstellen zu können, braucht man Vorformlinge mit un-
gleicher Wanddickenverteilung. Dies ist mit der Wanddickenprogrammierung
in einer beweglichen Extruderdüse realisierbar, Bild 1-111.

Literatur – Kapitel 1.4.3.1 und 1.4.3.2


[1] Schreyer G Konstruieren mit Kunststoffen. München: C. Hanser Verlag, 1972, (Studienaus-
gabe 1979), 1117 S.
[2] Michaeli, W Einführung in die Kunststoffverarbeitung. München: Hanser 1999, 4. Aufl.
[3] Schwarz Ebeling Lüpke Schelter Kunststoffverarbeitung, kurz und bündig. Würzburg: Vo-
gel Verlag, 2000, 292 S., 6. Aufl.
[4] Bode E Konstruktionsatlas: Werkstoff- und verfahrensgerecht konstruieren. Darmstadt:
Hoppenstedt, 1991, 5. Aufl.
[5] Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl., Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[6] Menges G Einführung in die Kunststoffverarbeitung. München: C. Hanser Verlag, 1979
[7] Stitz S Analyse der Formteilbildung beim Spritzgießen von Plastomeren als Grundlage für
die Prozeßsteuerung. Aachen: Dissertation IKV Aachen 1973
[8] Saechtling H, Oberbach K Kunststofftaschenbuch, 28. Ausgabe, München: C. Hanser Ver-
lag, 2002, ISBN 3-446-21605-7
[9] Eyerer P, Elsner P, Knoblauch-Xander M, von Riewel A Gasinjektionstechnik. München:
Hanser Verlag 2003, 234 S, ISBN 3-446-22278-2
[10] Völkle D Modifizierung von Polymeren mit komprimiertem Kohlendioxid als Lösungs-
mittel. Stuttgart: Dissertation IKP Universität Stuttgart, 2002
[11] Diemert J Grundlagen mikrowellenunterstützter Plastifiziervorgänge von Polyvinylchlo-
rid. Stuttgart: Dissertation IKP Universität Stuttgart, 2003
[12] Ertl J, Ottlinger R Polyvinylchlorid (PVC). Kunststoffe, 91 (2001) 10, S. 244–247
[13] Menges G Werkstoffkunde Kunststoffe. München, Wien: C. Hanser Verlag, 3. Aufl., 1990
[14] Klamann JD PVC-Stabilisatoren. Kunststoffe, 89 (1999) 7, S. 56–59
[15] Huisman H Statusreport Stabilisierung von PVC. Kunststoffe, 88 (1998) 5, S. 696–702
[16] Pfaender R, Wegner W, Ryningen A PVC-Stabilisatoren auf organischer Basis. Kunststoffe
88 (1998) 5, S. 704–706
[17] Richter E Gleitmittel. Kunststoffe, 89 (1999) 7, S. 106–109
[18] Katz S, Milenski V Handbook of Fillers for Plastics. Van Norstrand Reinhold Company,
New York, 1987
266 1 Einführung in Polymer Engineering

[19] Becker W, Braun D Kunststoffhandbuch, Polyvinylchlorid, Band 2. München, Wien: C.


Hanser Verlag, 2. Aufl., 1985
[20] Ebeling FW Extrudieren von Kunststoffen. Würzburg: Vogel-Verlag, 1974
[21] Schneider HP Mehr Durchsatz, weniger Verschleiß; Neue PVC-Rohrextruder für hohe
Füllstoffanteile. Kunststoffe, 91 (2001) 10, S. 150–154
[22] Jaroschek Ch Passgenaue Verteilung des Kernmaterials. Kunststoffe 94 (2004) 5 S. 68–71
[23] Michaeli W, Lettowsky Ch Zukunftssicherung durch Verfahrensintegration. Kunststoffe 94
(2004) 5 S. 20–24

1.4.3.3
Schäumen
Axel Kauffmann
Im vorliegenden Kapitel werden die technologischen Grundlagen von Schaum-
stoffen im Allgemeinen sowie das Schäumen von thermoplastischen Schaum-
stoffen und hier insbesondere die Herstellung und Verarbeitung von Partikel-
schaumstoffen behandelt.

Definition, Grundlagen, Einteilung und Herstellungsverfahren


Nach DIN 7726 ist ein Schaumstoff „ein Werkstoff mit über die gesamte Masse
verteilten Zellen (offen, geschlossen oder beides) und einer Rohdichte, die nied-
riger ist als die Dichte der Gerüstsubstanz“. In Tabelle 1-72 sind die wesentlichen
Merkmale und Einteilungen dargestellt.

Schäumen von Thermoplasten


Die bedeutendsten thermoplastischen Schaumstoffe basieren auf dem Thermo-
plasten Polystyrol sowie den Polyolefinen PE, PP und PVC. Der Schäumvorgang
basiert in der Regel auf der Expansion unter Einsatz chemischer oder physikali-
scher Treibmittel.

Vorgänge beim Expansionsprozess


Ungeachtet des Typs des eingesetzten Treibmittels beinhaltet das Schäumen von
Polyolefinen und Polystyrol auf Basis der Expansionsprozesse drei fundamen-
tale Verfahrensschritte:
• Nukleierung (Blasenbildung)
• Blasenwachstum
• Stabilisierung
Die Nukleierung findet an Stellen in der Polymerschmelze statt, die lokal mit
Treibmittel übersättigt sind. Dieser Übersättigungszustand kann durch Dekom-
primierung oder Erwärmen eines sich im Gleichgewicht befindlichen Systems
mit einem physikalischen Treibmittel (PBA) oder durch Erhitzen eines Poly-
mers, welches ein zersetzbares chemisches Treibmittel (CBA) enthält, erreicht
werden. Hat eine Blase einmal die kritische Größe erreicht, erfolgt das weitere
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 267

Tabelle 1-72. Einteilung von polymeren Schaumstoffen und Schäumverfahren [1] bis [6]

Merkmal Ausführung

Härte Hart-, halbharte und weichelastische Schaumstoffe


Zellstruktur geschlossenzellig, offenzellig und gemischtzellig

REM-Aufnahmen: Links – geschlossenzelliger Polyethylenschaum,


rechts: offenzelliger Polyurethanschaum
Gestalt der Zellen Kugel, Waben und Polyeder
Zelldurchmesser mikrozellular <0,3 mm, feinzellig 0,3…2 mm, grobzellig >2 mm
Dichte leichte Schaumstoffe <100 kg/m3, schwere Schaumstoffe >100 kg/m3
Dichteverteilung Schaumstoffe mit gleichmäßiger Dichteverteilung
Integralschaumstoffe mit kompakter Randzone
Polymerphase Thermoplaste (PE, PS, PP, PVC, EVA, PEI, etc.)
Duroplaste (PUR, EP, UF, UP)
Elastomere (EPDM, NR, NBR, SBR, SI)
Chemische vernetzt, unvernetzt
Struktur
Schäumverfahren – Schaumschlagverfahren: Einschlagen oder einblasen von Luft/Gas
– Herstellungs- in einen Kunststoff, z. B. für elastomere Schaumstoffe wie Latex-
verfahren Schäume.
– Mischverfahren: Einbringen von zumindest zwei flüssigen, reaktiven
Komponenten sowie in der Regel ein Treibmittel in eine Form, wo
dann gasfreisetzende und vernetzende chemische Reaktionen parallel
zueinander ablaufen. (Sonderfall v. Expansionsverfahren), vorrangig
für duromere Schaumstoffe wie Polyurethan
– Expansionsverfahren: Expansionsprozesse sind die weitaus am häu-
figsten eingesetzten Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen
Schaumstoffen insbesondere Polyolefinschäume. Diese Verfahren be-
ruhen auf der Expansion einer gasförmigen Phase, die in der Polymer-
schmelze dispergiert. Gängige Expansionsverfahren sind das Extru-
sionsschäumen und Partikelschäumverfahren (extrudiert/autoklav)
Schäumverfahren – chemisch (exotherm oder endotherm) und
– Treibmittel physikalisch expandierte Schaumstoffe

Blasenwachstum durch in die Blase eindiffundierendes Treibmittel. Das Wachs-


tum hält so lange an, bis sich die Blase stabilisiert oder die Wände reißen bzw.
platzen.
Die dünnen, hochgradig gereckten Zellwände sind zunächst noch sehr insta-
bil. Sie müssen deshalb stabilisiert werden, um eine Zerstörung der zelligen
Schaumstruktur zu unterbinden. Zur Stabilisierung werden bei Polyolefinen
zwei unterschiedliche Methoden angewandt:
268 1 Einführung in Polymer Engineering

• Viskositätserhöhung/Verfestigung durch Abkühlen


• Chemische Vernetzung.
Beim Einsatz von PBA, insbesondere flüchtiger, bei Umgebungsbedingungen
flüssiger organischer Treibmittel (VOBA), erhöht sich die Viskosität der
Schmelze durch die Abkühlung der Schmelze aufgrund der Verdampfungsen-
thalpie und in geringerem Maße Wärmeverluste an die Umgebung sowie durch
die geleistete Verdrängungsarbeit bei der Expansion. Wird das Schäumen hin-
gegen durch Erhitzen anstelle der Druckabsenkung initiiert, müssen die Blasen
durch Vernetzten stabilisiert werden, insbesondere beim Einsatz chemischer
Treibmittel, die sich nach Zufuhr der Aktivierungsenergie in meist exothermen
Reaktionen zersetzen. Vernetzen stabilisiert die Blasen durch eine signifikan-
te Anhebung der Viskosität der Schmelze im Vergleich zur Schmelze ohne Ver-
netzen.
Wie aus Bild 1-112 ersichtlich, erweitert die Vernetzung das Temperaturfens-
ter, innerhalb dessen ein erfolgreiches Schäumen möglich ist.
Vernetzen bewirkt jedoch eine zumindest teilweise Umwandlung der ther-
moplastischen Schmelze in einen Duroplast, was aus Gründen der Weiterverar-
beitung und der eingeschränkten Recyclingmöglichkeiten häufig unerwünscht
ist.

Direkt-Schäumen von Thermoplasten im Extrusionsprozess


Das Schäumen im Extrusionsprozess ist prinzipiell das einfachste und wirt-
schaftlichste Schäumverfahren für Thermoplaste. Ein konventioneller Extruder

Bild 1-112. Auswirkung der Vernetzung auf das zum Schäumen geeignete Temperaturintervall
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 269

plastifiziert das Polymer-Ausgangsmaterial, mischt das Treibmittel ein und


dispergiert es homogen in der Schmelze. Anschließend wird auf die nied-
rigst mögliche Temperatur, die Schäumtemperatur, abgekühlt und durch die
der Formung des Stranges dienende Werkzeugöffnung extrudiert. Das Werk-
zeug ist dabei so ausgelegt, dass der Staudruck in Extrusionsrichtung so weit ab-
nimmt, dass die Blasen zwar nukleiert werden, das Zellwachstum und somit
das eigentliche Schäumen jedoch erst nach Verlassen des Werkzeuges beginnt.
Nach dem schnellen Zellwachstum wird der geschäumte Körper gekühlt und
stabilisiert.
Die Verfahrensschritte beim Extrusionsprozess sind:
• Fördern und Plastifizieren der Basispolymeren,
• Dispergieren und Lösen des Treibmittels in der Polymerschmelze,
• Abkühlen der Mischung auf eine homogene Temperatur,
• Formen der Schmelze durch ein Extrusionswerkzeug,
• Expandieren der Schmelze zu einer stabilen, zelligen Struktur,
• Kühlen und Stabilisieren des Schaumstoffes.
Produkte, die im Extrusionsverfahren hergestellt werden, sind Profile, PE-
Schaumfolien, Platten aus extrudierten Polystyrol-Schaumstoffen (XPS) oder
Halbzeuge, die über Konfektionierung weiterverarbeitet werden.

Herstellung von Schaumpartikeln (Beads) und Formteilherstellung


Der Grund, geschäumte Formteile aus Thermoplasten zunächst über den Um-
weg der Schaumstoffpartikelherstellung mit nachfolgender Verschweißung die-
ser Partikel anzugehen, liegt in den Material- und Verarbeitungseigenschaften
dieser Polymeren. Bei thermoplastischen Materialien kann die Stabilisierung
der gebildeten Zellen nur durch Erkalten der Schmelze geschehen. Bei volu-
minösen Formteilen kann die Wärme aus der Bauteilmitte nicht schnell genug
entweichen und die Zellen kollabieren, d. h. kleinere Zellen fallen aufgrund der
Oberflächenspannung der plastischen Zellwände zu größeren Zellen zusam-
men. Nur die Herstellung kleiner Schaumstoffpartikel (so genannter Beads)
kann somit eine gleichmäßige Zellverteilung ähnlich wie bei dünnwandigen
Schaumstofffolien, Halbzeugen, Profilen gewährleisten. Diese können dann in
einem nachgeschalteten Verfahrensschritt, dem Formteilprozess, mittels Heiß-
dampfbeaufschlagung in einem formgebenden, porösen Werkzeug zum Form-
teil verschweißt bzw. gesintert werden. Im Wesentlichen sind die drei bekannten
thermoplastischen Polymere PE, PS und PP im Einsatz zur Herstellung von EPS
(expandiertes Polystyrol), EPE (Expandiertes Polyethylen) und EPP (expandier-
tes Polypropylen).

Extrusion von Schaumpartikeln (EPS, EPE, EPP)


Wesentlicher Unterschied zum Direktschäumen ist der Einsatz eines Extru-
sionswerkzeuges in Form einer speziellen Lochplatte, wobei der Querschnitts-
verlauf der einzelnen Löcher in Extrusionsrichtung so gestaltet ist, dass die
Nukleierung in den Kanälen stattfinden kann, nicht jedoch die eigentliche Ex-
270 1 Einführung in Polymer Engineering

pansion. Erst beim Austritt aus der Lochplatte kommt es durch den abrupten
Druckabfall zum Aufschäumen der Schmelzestränge, die durch rotierende Mes-
ser zu annähernd runden Partikeln abgelängt und im Wasserbad gekühlt wer-
den. Dabei sorgt sowohl der Temperaturabfall als auch das Entlösen des auch als
Weichmacher dienenden Treibmittels zu dem für die Stabilisierung erforderli-
chen Anstieg der Dehnungsviskosität. Es folgt eine Abtrennung agglomerierter
Partikel sowie die Trocknung und Alterung der Beads. Während der Alterung
stabilisiert sich das Zellgerüst weiterhin, das Treibmittel diffundiert aus und
wird durch Luft ersetzt. Zum Einsatz kommen in aller Regel Polyolefine und
hier im Wesentlichen Polypropylen. Ein Anlagenschema zum Schäumen zeigt
Bild 1-113.
Trotz der kontinuierlichen Prozessführung und des geringeren technischen
Aufwands ist das Verfahren mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Als be-
sonders kritisch hat sich die exakte Temperaturführung erwiesen. Bereits we-
nige Grad abseits der optimalen Schäumtemperatur können keine brauchbaren
Partikel mehr hergestellt werden.

Herstellung von EPP/EPE-Schaumpartikeln im Autoklavprozess


Der Autoklavprozess ist bislang der am häufigsten eingesetzte Prozess für die
Herstellung von Schaumpartikeln, insbesondere EPP (expandiertes Polypropy-
len). Im Autoklaven wird eine Suspension aus kompaktem Polypropylen-Mikro-
granulat und einer Flüssigkeit unter ständigem Rühren und Wärmezufuhr mit
einer Druckatmosphäre aus Inertgas und Treibmittel beaufschlagt. Durch Diffu-
sion reichert sich das Treibmittel in den Polypropylen-Partikeln an. Sobald der
gewünschte Treibmittelgehalt erreicht ist, d. h. nach hinreichender Verweilzeit,
wird der Behälterinhalt in einen Raum mit geringerem Druck überführt. Dabei

Bild 1-113. Anlagentechnisches Schema zur Extrusion von Schaumpartikeln (geändert nach
Berstorff)
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 271

kommt es zur Expansion des einimprägnierten Treibmittels, und das Granulat


schäumt auf. Durch die zur Verdampfung sowohl des Treibmittels als auch zu-
mindest eines Teils der Flüssigkeit erforderliche Enthalpie kommt es parallel zur
Expansion zu einem Wärmeentzug aus den Polymeren.Aufgrund dieses Kühlef-
fektes gelingt es, die Zellstruktur einzufrieren und die gebildeten Schaumparti-
kel zu stabilisieren.

Expansion von Polystyrol (EPS)


Zur Herstellung von EPS-Partikeln (expandiertes Polystyrol) wird zunächst
Mikrogranulat herstellt. Styrol wird in einer Suspensionspolymerisation in Ge-
genwart von Pentan polymerisiert, wodurch das Treibgas im Reaktionsprodukt
gelöst wird und dies auch über Monate hinweg gelöst bleibt. Das Aufschäumen
des EPS-Mikrogranulat geschieht im Vorschäumer, einem Rührbehälter, der mit
Dampf durchströmt wird. Das Pentan (Siedetemperatur 35 °C) verdampft und
bläht das Granulat zu Schaumperlen auf.
Dabei verbleiben ca. 50 % des Treibmittels noch im Schaumpartikel. Die fri-
schen Beads können ca. 1 Tag bis 1 Woche nach dem Vorschäumen weiterverar-
beitet werden.

Bauteilherstellung aus Partikelschaumstoffen im Formteilprozess


Im Formteilprozess wird Wasserdampf als Energieträger benutzt, der die in ei-
nem formgebenden Werkzeug befindlichen Schaumpartikel erhitzt und an-
schmilzt. Um den Dampf überhaupt an die Beads innerhalb der Kavität heran-
führen zu können, sind dampf- und luftdurchlässige Werkzeugwände Voraus-
setzung. Das Werkzeug befindet sich innerhalb einer Dampfkammer, die, ebenso
wie das Werkzeug, zweigeteilt ist, um eine Entformung durch einen Öffnungs-
hub zu ermöglichen.
Vom Prozess der Formteilherstellung her bestehen sehr große Ähnlichkeiten
zwischen der EPS- und EPP/EPE-Verarbeitung. Verfahrens- und Maschinen-
technik wurden für EPS entwickelt und später auf die neueren Partikelschaum-
stoffe EPE und EPP übertragen. Dennoch besteht ein ganz wesentlicher Unter-
schied zwischen der Verarbeitung von EPS gegenüber den Polyolefin-Partikel-
schäumen: EPS ist während des Formteilprozesses im Gegensatz zu EPE/EPP
noch treibmittelhaltig. Dies hat zur Konsequenz, dass die Partikel ein Expan-
sionsvermögen durch verdampfendes Treibmittel besitzen. Die Schaumpartikel
dehnen sich aufgrund des Innendrucks in die Zwickelräume der Beadsschüt-
tung hinein aus, und es ergeben sich die für gute Verschweißung erforderlichen
großen Kontaktflächen. EPP/EPE wird im Gegensatz zu EPS gegen einen pneu-
matischen Überdruck im Werkzeug gefördert, was bewirkt, dass die Schaum-
partikel komprimiert werden. Nach Abbau des Staudrucks erfolgt eine Ausdeh-
nung der Partikel. Dies ist wichtig, um die Kontaktfläche zwischen den einzelnen
Beads zu erhöhen.
Die weitere Abfolge der einzelnen Prozessschritte ist in Bild 1-114 dargestellt.
Im Anschluss an den Formteilprozess kann durch Tempern das Formteil ge-
trocknet werden, das Kondensat verdampft und diffundiert aus, während gleich-
272 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-114. Schematischer Zyklusablauf der Formteilherstellung aus EPP nach der Druckfüll-
methode

zeitig Luft eindiffundiert. Verzug und eingefallene Oberflächen bilden sich


zurück. Die Temperzeit kann wenige Stunden bis zu einem ganzen Tag betragen.
Üblich sind 6 bis 8 Stunden bei 80 °C.
Partikelschaumwerkzeuge zeichnen sich durch bedüste Werkzeugwände
aus, die während der Befüllung ein Entweichen der Füllluft aus der Werkzeug-
kavität und beim Bedampfen die Durchströmung mit Dampf ermöglichen,
Bild 1-115.

Bild 1-115. Aufbauschema eines EPP-Werkzeugs innerhalb der Dampfkammer


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 273

Bild 1-116. EPP-Ladungsträger (FEBRA-Kunststoffe GmbH & Co.)

Bild 1-117. EPP-Ladungsträger (Fagerdala)

Bild 1-118 EPP-Stoßfängerkern


(Fagerdala)

Partikelschaum: Anwendungsbeispiele und Eigenschaften


Derzeit findet EPP Anwendung im Bereich der Transportverpackungen sowie
verstärkt im Automobilsektor. Beispielsweise werden Seitenaufprallschutz, Son-
nenblenden, Säulen- und Türverkleidungen und Stoßfängereinlagen aus diesem
Material gefertigt (Bilder 1-116 bis 1-120). EPS wird im Wesentlichen für Ver-
packungen und für Wärmeisolationen in der Bauindustrie eingesetzt.
274 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-119. EPP-Sitzeinlagen


(FEBRA-Kunststoffe GmbH & Co.)

Bild 1-120. EPP-Sonnenblenden


(FEBRA-Kunststoffe GmbH & Co.)

Tabelle 1-73. Eigenschaften von Partikelschaumstoffen im Vergleich mit Polyurethan

Eigenschaft Einheit EPP EPE EPS PUR

Dichte kg/m3 30–45 35 25 90


Druckspannung bei 50% Kompression kPa 150–350 90 250 20
Zugfestigkeit bei Bruch kPa 250–500 260 360 270
Bruchdehnung % 25–15 33 <5 >30
Statische Hysterese (Verhältnis plastische % 75–85 52 82 70
zu gesamter Energie bei 50% Kompression)
Verbleibende Deformation nach 1/2 h % 1,5–3,0 1 16 2,0–3,0
Druckverformungsrest nach 24 h bei % 28–33 15 45 20
einer Kompression auf 50%
Wasseraufnahme (23°C, 24 h) Vol. % 1,5–1,1 1,2 1,7 7,0–8,0
Wärmeleitfähigkeit W/(m K) 0,035–0,040 0,040 0,032 0,045
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 275

Literatur – Kapitel 1.4.3.3


[1] Hilyard, N. C.: Mechanics of Cellular Plastics. Barking, Essex: Applied Science Publishers,
1982
[2] Gibson, L. J.; Asby, M. F.: Cellular Solids: Structure & Properties. Pergamon Press, 1988
[3] Klempner, D.; Frisch, K. C.: Handbook of Polymeric Foams and Foam Technology. Mün-
chen. Carl Hanser Verlag 1991
[4] VDI – Gesellschaft Kunststofftechnik (Hrsg): Thermoplastische Partikelschaumstoffe: ak-
tueller Stand und Perspektiven. Düsseldorf: VDI Verlag, 1996
[5] Schuch, H.: Physik der Schaumbildung. Fachtagung Polymerschäume. Würzburg. Süddeut-
sches Kunststoff-Zentrum, Mai 2001
[6] Kauffmann,A.; Barth, M.; Eyerer, P.: Methoden zur Versuchsplanung und Auswertung in der
Partikelschaumverarbeitung. Intern. Fachtagung EPS-Partikelschaum und Dämmung.
Würzburg. Süddeutsches Kunststoff-Zentrum, September 2001

1.4.3.4
Rotationsgießen – Rotationsformen
Marc Knoblauch-Xander

Allgemeines
Das Rotationsformen ist ein seit über 50 Jahren bekanntes Kunststoffverarbei-
tungsverfahren zur Herstellung von Hohlkörpern ([1] – [3]). Das Verfahren eignet
sich insbesondere zur Fertigung großvolumiger Bauteile in kleinen Stückzahlen.
Anfänglich konnten nur einfache Formteilgeometrien hergestellt werden. Die
eingeschränkte Palette der für diesen Prozess geeigneten Kunststoffe und die
verfahrensbedingt langen Zykluszeiten verhinderten zunächst eine größere Ver-
breitung der Rotationstechnik. Inzwischen stehen zahlreiche speziell auf den
Rotationsprozess zugeschnittene Werkstoffe und eine fortschrittliche Prozess-
technologie zur Verfügung, sodass inzwischen technisch anspruchsvolle Teile
wie komplex geformte Kraftstofftanks, Gehäuseteile für Kehrmaschinen, Luft-
ansaugkanäle für Fahrzeuge, Kanus, kleine Lagerhallen, etc. wirtschaftlich im
Rotationsformen gefertigt werden.

Verfahrensbeschreibung
Beim Rotationsformen wird pulverförmiges oder flüssiges Ausgangsmaterial in
einem Werkzeug mehrachsig in einer Heizkammer rotiert. Nach der gleich-
mäßigen Verteilung des Formwerkstoffs an der Werkzeugwandung erfolgt die
Abkühlung in einer Kühlstation und die Entformung des Bauteils.

Materialien
Pulverförmige Kunststoffe
In erster Linie werden für den Rotationsprozess pulverförmige Materialien ver-
wendet. Im Gegensatz zu Granulaten gewährleisten Pulver oder Mikrogranulate
bereits vor dem Aufschmelzen eine gute Verteilung des Materials an der Werk-
276 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-121. Der Rotationsprozess – 4-Stationenkarussell

zeugwandung. Die Partikel, die direkt an der Werkzeugwand liegen, schmelzen


zuerst auf, beginnen an der Wandung zu haften und bilden eine kompakte Haut.
Über den Wärmetransport durch diese Schicht schmelzen nach und nach die in-
nenliegenden Schichten auf. Zu den gängigen pulverförmigen Kunststoffen
gehören:
• PE, PP,
• PC,
• PA,
• Fluorpolymere (PVDF, PFA),
• EVA, EBA.
Die Pulver müssen dabei eine gute Rieselfähigkeit aufweisen. Übliche Partikel-
größen bewegen sich zwischen 250 µm und 500 µm.

Flüssige, pastöse Kunststoffe


Als Ausgangmaterial können auch flüssige Kunststoffe verwendet werden, die
durch den Wärmeeintrag polymerisieren und aushärten. Die wichtigsten Ver-
treter dieser Gruppe sind:
• PVC-Plastisole:
Gemisch aus PVC-Pulver und flüssigem Weichmacher; der Werkstoff „geliert“
im heißen Rotationswerkzeug zum formsteifen Körper
• Gusspolyamid:
Polymerisation der Monomere erfolgt direkt im Rotationswerkzeug
• 2-K-Polyurethane:
Die zwei Komponenten Polyol und Isocyanat werden gemischt und in das
Rotationswerkzeug eingespritzt.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 277

Im ersten Schritt wird das Werkzeug befüllt, in-


dem man eine definierte Menge eines pul-
verförmigen oder flüssigen Rohstoffs in das
offene Werkzeug gibt. Teilweise befindet sich
im Werkzeug eine separate Kammer, die erst
zu einem späteren Zeitpunkt geöffnet wird und
den Rohstoff eindosiert. Das Werkzeug befin-
det sich auf einem Formenträger (Arm) der
Verarbeitungsmaschine. Abschließend wird
das Werkzeug geschlossen.

Im zweiten Schritt versetzt man das Werkzeug


in eine biaxiale (zweiachsige) Rotation, um
eine vollständige Verteilung des Materials zu
gewährleisten. Das Werkzeug wird in die Heiz-
kammer eingefahren und das Material all-
mählich an der heißen Werkzeugwand auf-
geschmolzen bzw. polymerisiert. Mehrere
Heizstationen sind je nach Verfahrensvariante
möglich. Alternativ können die Werkzeuge
auch mit einem Temperiermedium (Öl) beheizt
werden, allerdings sind hierfür aufwändigere,
doppelwandige Werkzeuge notwendig.
Sobald die vollständige, gleichmäßige Ver-
teilung des Materials abgeschlossen ist, fährt
das Werkzeug in eine Kühlstation. Die Rota-
tion wird beibehalten, um ein Ablaufen des
Materials von der Werkzeugwand zu ver-
hindern. Mit Kaltluft, Wassernebel oder durch
direktes Eintauchen in ein Wasserbad wird das
Werkzeug abgekühlt. Je nach Anlagentyp
werden auch zwei Kühlstationen verwendet,
um die zykluszeitbestimmende Abkühlphase
zu reduzieren.

Nach ausreichender Kühlung fährt die Form in


die Entformungs- und Beladestation. Hier wird
das Werkstück entnommen. Anschließend
steht das Werkzeug für eine Wiederbefüllung
zur Verfügung und ein neuer Produktions-
zyklus kann beginnen.

Bild 1-122. Verfahrensablauf des Rotationsformens

Vor- und Nachteile des Rotationsformens


Vorteile
• „drucklose“ Fertigungstechnik, gleichmäßiger Werkzeuginnendruck
• kostengünstige Werkzeuge, leicht zu modifizieren
• Formteile in weitem Größenbereich (Ping-Pong-Ball bis zu 80.000 l-Lager-
tanks)
• gleichzeitige Bestückung des Werkzeugträgers mit verschiedenen Werk-
zeugen
278 1 Einführung in Polymer Engineering

Motoradtank: BMW-Motorad Dakar

Kapitel 2.2.1.1.6

Hersteller: Bonar Plastics GmbH

Bild 1-123. Produktbeispiele für Rotationsformen


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 279

• sehr geringe Scherkräfte – verzugsarme Bauteile, geringe Eigenspannungen


• bezogen auf max. Formteilgröße geringe Wanddicken möglich
• Einlegen von Inserts oder Labels möglich

Nachteile
• hoher Zykluszeitbedarf (ca. 10-30 min.) im Vergleich zu Blasformen, Tiefzie-
hen und Spritzgießen
• aufgrund der langen Zykluszeit nur für Kleinserien wirtschaftlich
• Palette der Formteilwerkstoffe begrenzt (Hitzestabilität,Viskosität, pulverför-
mig oder pastös)
• je nach Verfügbarkeit des Rohstoffs muss dieser vorab gemahlen werden
• lange Verweilzeit der Materialien bei hohen Temperaturen (gute Stabilisie-
rung notwendig)
• Aufheizen und Abkühlen in einer Einheit/Werkzeug
– hoher Energiebedarf der Heizstation
– träges Aufheizverhalten
– lange Abkühlzeit

Literatur – Kapitel 1.4.3.4


[1] Nuget P, Boersch E Grundlagen des Rotationsverfahrens. Veröffentlichte Seminarschrift.
Remcom Plastics Inc., Rota Consult GmbH (1998)
[2] Rahner S Im Trend: Rotationsformen. Kunststoffe 88 (1998), S 24–31
[3] Biemann H, Ehms E et al. Spielpuppen aus dem Werkstoff Polyurethan, FAPU Ausgabe 6 (2001)

Weiterführende Literatur
Fendler JH Nanoparticles and Nanostructured Films, Wiley-VCH, 1998; Crawford RJ Rotational
Moulding of Plastics, Second Edition. The Queen’s University of Belfast, UK (1996);
http://www.research-studies-press.co.uk/crawf
SKZ-Tagungshandbuch „Rotationsformen – eine wirtschaftliche Alternative“ (2001)
Beall B Rotational Moulding. Hanser Gardner Publications 1998
Crawford RJ, James L Throne: Rotational Molding Technology. Plastic Design Library 2001
Crawford RJ: Practical Guide to Rotational Moulding. Rapra Technology 2003
Rotational Molding Newletter Society of Plastics Engineers, Devision of Rotational Molding

1.4.3.5
Reaktionsgießen – Herstellung von thermoplastischen Werkstoffen
durch in-situ Polymerisation im Formgebungswerkzeug
Dieter Gittel

Begriffsbestimmungen
Polymerisationsverfahren
Guss-PA 6 (siehe Kapitel 2.2.1.1 PA)
280 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-124. Übersicht zu reaktiv herstellbaren Thermoplasten

Verarbeitungsverfahren für Guss-PA 6 (siehe Kapitel 2.2.1.1)


Zyklisches PBT (CBTTM)
Bei diesem Werkstoff handelt es sich um eine Neuentwicklung der Cyclics Cor-
poration USA.
Die Verarbeitung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen:
A: CBT-Oligomer in Pulverform mit dem Katalysator vorgemischt
B: Oligomer und Katalysator
• Weißes Pulver bei Raumtemperatur
• Schmelzpunkt einstellbar von 140 – 180 °C
• Verarbeitung der Oligomerschmelze bei 140 – 250 °C
• Anfangsviskosität 15 – 50 mPa s
• Katalysatoren zur Polymerisation; Zinn (langsam) Titan (schnell)
• Zumischung von 0,3 – 1,0 % Katalysator
• Polymerisationszeit einstellbar von 20 s – 10 min

Vorteile
• Niedrige Schmelzeviskosität
• Verarbeitung ohne zyklisches Temperieren (Heizen/Kühlen) im Werkzeug
• Kurze (einstellbare) Reaktionszeit
• Keine Exothermie während der Polymerisation
• Keine Emission während der Verarbeitung
• Eigenschaftsprofil eines Technischen Thermoplasten
• Recycling-Fähigkeit
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 281

Tabelle 1-74. Übersicht und Begriffe zu reaktiv herstellbaren Thermoplasten

Begriffe (siehe Übersicht) Charakteristische Merkmale

Reaktiv herstellbare Thermoplaste 2 Komponenten (2-K) werden bei höherer Temperatur


vermischt und polymerisieren im Werkzeug zum Bau-
teil (vom Monomer/Oligomer zum Polymer)
In-situ Polymerisation Polymerisation in der natürlichen Lage (in-situ), d.h.
Molekülketten bilden sich unorientiert (verschlauft)
im Bauteil aus – höhere mechanische Eigenschaften
Lactam-Polymerisation Ringöffnende Polymerisation von (Poly-)Lactamen
Polymerisation zu Polyester Ringöffnende Polymerisation zu PBT, aber auch PET
und PC (in der Entwicklung) möglich bei PBT ent-
weder:
– mit dem Katalysator vorgemischtes Oligomer (1-K)
– oder Monomer/Oligomer und Katalysator (2-K)
Guss-PA6 (-Polymerisation) Polymerisation des Monomers Caprolactam, initiiert
durch einen Aktivator und einen Katalysator erfolgt
exotherm unterhalb der Schmelztemperatur von PA 6
(2-K)
Guss-PA 12 (-Polymerisation) Polymerisation des Monomers Laurinlactam mit ei-
nem Katalysator (exotherm) erfolgt deutlich oberhalb
der Schmelztemperatur von PA 12 (2-K)
Elastomermodifiziertes Guss-PA 6 Polymerisation (exotherm) des Monomers Capro-
(Nylon-Block-Copolymer [NBC]) lactam mit einem vorgemischten Prepolymersystem
NyrimTM [DSM] bei variablem Schlagzähmodifikator (5–40 Masse-%
Polyol); Ausbildung von statisch geordneten starren
und flexiblen Anordnungen in der Polymerkette
Zyklisches Polybutylentherephthalat Isotherme Polymerisation eines Präpolymersystems
CBZTM [Cyclics Corporation] (1-K; Mischung aus Oligomer und Katalysator)
oder eines Oligomers und eines Katalysators (2-K)
unterhalb der Schmelztemperatur von PBT
Copolymerisation Guss-PA6 und -12 Gemeinsame Polymerisation von Caprolactam und
max. 20 Masse-% Laurinlactam (Aktivator- und Kata-
lysator von Guss-PA6); führt zur Erhöhung der Schlag-
zähigkeit und Verbesserung chemischer Eigenschaften

Mögliche Verarbeitung
• RTM/SRIM • Prepreg
• Pultrusion • Reaktiv-Guss
• Heiß-Pressen • Rotationsguss
• Compoundieren • Pulverbeschichtung
• Filament wickeln • Reaktiv-Spritzguss
• Direkt Inline Moulding
Es sind dabei geeignete Technologien zu entwickeln.

Literatur zu Kapitel 1.4.3.5 siehe Kapitel 2.2.1.1


282 1 Einführung in Polymer Engineering

1.4.3.6
Verarbeitungstechniken thermoplastischer
Faserverbundwerkstoffe
Stefan Tröster [1]

Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT)


Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) werden großserientechnisch zur
Herstellung flächiger, funktionsintegrierender Bauteile verwendet. Ausgangs-
material für den Formteil-Pressprozess sind Zuschnitte aus vorimprägnierten
Platten. Man unterscheidet zwischen Matten-GMT und Kurzfaser-GMT.
Matten-GMT wird durch Vernadelung von Glasfaserrovings hergestellt. Die
Gestaltung des Nadelbetts bestimmt in hohem Maße die Güte der Vernadelung
und beeinflusst die späteren Fließeigenschaften signifikant.
Die Imprägnierung mit PP erfolgt auf einer Doppelbandpresse, die unter
Druck und Temperatur die Fasern mit PP konsolidiert. Nach Abkühlung des Ver-
bundwerkstoffs erhält man das fertige GMT-Halbzeug, das nachfolgend auf die
anwendungsspezifischen Zuschnitte konfektioniert wird.
Kurzfaser-GMT wird im Radlite®-Verfahren hergestellt, indem Glasfasern
mit einer Länge von 10 bis 30 mm mit PP-Pulver und wässrigem Schaum ver-
mischt, auf Bändern abgelegt und getrocknet werden.
Die konfektionierten Halbzeuge werden im Umluftofen auf Verarbeitungs-
temperatur von ca. 230 °C erhitzt und dann mittels einer Übergabevorrichtung
in das Presswerkzeug eingelegt. Durch Fließpressen bei Werkzeuginnendrücken
von bis zu 25 MPa wird das Halbzeug zum Bauteil geformt. Je nach Werkzeug-
qualität muss das Bauteil anschließend entgratet und mittels einer Stanze gemäß
der Endkontur geschnitten werden. Die Stanzabfälle können im Halbzeugher-
stellungsprozess über einen Einschneckenplastifizierer dem PP-Schmelzestrom
zugegeben werden.
Den Verarbeitungsprozess von GMT-Halbzeugen zu Fertigteilen zeigt Bild
1-126.
Eine erfolgreiche neue Anwendung mit Verfahrenskombinationen GMT/
Schäumen (PP/PMI Polymethacrylimid) stellen Sommer et al. [20] vor.

Bild 1-125. Herstellung von GMT-Halbzeugen (Henning, F. [2])


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 283

Bild 1-126. Verarbeitung von GMT [3]

Sheet Thermoplastic Composites (STC)


Ein neues Verfahren zur Herstellung langfaserverstärkter thermoplastischer
Halbzeuge ist die „Sheet-Thermoplastic-Composites“ (STC) Technologie. Bei
diesem Verfahren werden kontinuierlich Fasern mit Hilfe eines Doppel-
schneckenextruders in die Polymerschmelze eingearbeitet und ein plattenför-
miges Halbzeug (HZ) über ein spezielles Austragswerkzeug extrudiert. Die Fa-
serrovings werden vollständig durch die Polymerschmelze benetzt, bevor sie in
den Doppelschneckenextruder eingezogen werden. Das Funktionsprinzip der
Langfaserbenetzung dieses Verfahrens ist in Bild 1-127 dargestellt.
Die Benetzungseinheit besteht aus zwei gegenläufig rotierenden Walzen, von
denen eine über einen internen Bypass mit Schmelze beschickt wird. Im Walzen-
spalt baut sich die Schmelze leicht auf, wodurch die Benetzung der Fasern verbes-
sert wird. Die Glasfaserrovings werden dem Walzenspalt von oben parallel zuge-
führt. Vor Eintritt in den gleichlaufenden Doppelschneckenextruder werden sie

Bild 1-127. Langfaserbenetzung im STC-Verfahren


284 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-128. Prozessaufbau STC

schonend und vollständig mit Schmelze getränkt. Ein separater Antrieb der Wal-
zen der Benetzungseinheit sorgt für eine kontinuierliche Zuführung der benetzten
Rovings zum Extruder. Bild 1-128 zeigt den Prozessaufbau.
Im Vergleich zu GMT zeigt das STC-Verfahren etwas geringere Materialkenn-
werte hinsichtlich der Steifigkeit und Festigkeit, die Schlagzähigkeit liegt bei ca.
60% zu GMT. Vorteile des Verfahrens sind vor allem die Vermeidung der Halb-
zeugherstellungskosten sowie die Möglichkeit des einfachen Start-/Stop-Betriebs.
Zwei Verfahrensvarianten des STC-Verfahrens sind in der Produktion umge-
setzt. In einer Anlage ist ein Zweischneckenextruder mit einem Schnecken-
durchmesser von 60 mm und einer Verfahrenslänge von 42 D im Einsatz. Poly-
mer und Additive werden in den Extruder dosiert. Die Plastifizier- und Com-
poundierzone dient dem Aufschmelzen und optionalen Entgasen des Materials.
Über einen Bypass wird ein Teilstrom der Schmelze auf die Walzen der Impräg-
niereinheit geleitet. Die Glasfasern werden in der Imprägniereinheit zugeführt
und durch die Thermoplastschmelze benetzt. Eine Breitschlitzdüse trägt das
mittels Vakuum entgaste Material flächig aus. Diese speziell optimierte Aus-
tragsdüse erzielt eine minimierte Faserorientierung.
Die zweite Anlage wird bereits mit einer mittels Zweischneckenextruder auf-
bereiteten, dispergierten und entgasten Schmelze beschickt.

Stäbchengranulate (LFT-G)
Eine Alternative zu GMT beziehungsweise STC stellen die Stäbchengranulate
LFT-G dar.
Die Stäbchengranulate werden als mit Kunststoffschmelze vorimprägnierte Fa-
serbündel zur faserschonenden Verarbeitung in einem Einwellenextruder bereit-
gestellt. Die erzeugte Pressmasse wird im Fließpressprozess zum Bauteil geformt.
Die Herstellung von Stäbchengranulaten erfolgt durch Pultrusion. Bei einer
Variante des Pultrudierens werden Endlosfasern durch eine Thermoplast-
schmelze gezogen, mittels eines Werkzeugs imprägniert und je nach Herstel-
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 285

Bild 1-129. Herstellung von LFT-G-Halbzeugen [4]

lungsverfahren teilweise oder vollständig imprägniert, Bild 1-129. Eine andere


Variante setzt in der Pultrusion bereits Mischungen aus Glasfilamenten mit
Polymerfilamenten, sogenannte Hybridfasern ein.
Die Verarbeitung von LFT-Granulaten erfordert eine präzise Einhaltung der Ver-
arbeitungsparameter, um die Schädigung der Fasern möglichst gering zu halten
und damit die Langfasereigenschaften der LFT-Granulate zu erhalten, Bild 1-130.
Die auf ein Maß von 12 bzw. 25 mm abgelängten Stäbchen werden bei der Ver-
arbeitung, d. h. bei der Herstellung von Bauteilen, in einem Einschneckenextru-
der plastifiziert, als Schmelzekuchen in ein Presswerkzeug abgelegt und zum
Bauteil geformt. Ein wesentlicher Fortschritt gegenüber GMT besteht darin, dass
der Verarbeitungsmaschine anstelle anwendungsspezifischer Zuschnitte ein
Schüttgut mittels Rüttelrinne zugeführt wird. Somit können zerkleinerte Aus-
schnittteile oder Altbauteile direkt dem Fertigungsprozess zugeführt werden.
Bei den Verarbeitungsprozessen von Stäbchengranulaten unterscheidet man
die diskontinuierliche Verarbeitung im sogenannten Strangablegeverfahren und
die kontinuierliche Verarbeitung.

Bild 1-130. LFT-G-Verarbeitung


286 1 Einführung in Polymer Engineering

Beim Strangablegeverfahren wird das Stäbchengranulat im Einschnecken-


plastifizierer aufgeschmolzen und gegen eine geschlossene Schneideinheit auf-
gestaut. Wie beim Spritzgießprozess wandert die Schnecke während des Plastifi-
ziervorgangs zurück. Ist die der Ausstoßmasse entsprechende Masse plastifi-
ziert, öffnet die Schneideinheit, die Schnecke verriegelt und stößt durch eine
Transversalbewegung das Plastifikat durch die Düse aus. Das Schließen der
Schneideinheit trennt den Strang durch ein Messer ab. Der Strang wird entwe-
der durch eine Fahrbewegung der gesamten Einheit direkt im Presswerkzeug
abgelegt, oder durch einen mit Nadelgreifern bestückten Handhabungsroboter
in das Werkzeug (WZ) eingelegt.
Bei der kontinuierlichen Betriebsweise rotiert eine transversal feststehende
Schnecke vergleichbar der Extrusion und trägt kontinuierlich einen Plastifikat-
strang auf ein beheiztes Austragsband aus.
Eine Weiterentwicklung der LFT-G-Verarbeitung beruht auf dem sogenann-
ten „Abmischen“ hochgefüllter Stäbchengranulate mit bis zu 75 Masse-% Glas-
faseranteil. Durch Zugabe von Polymergranulaten werden diese Stäbchen
während der Verarbeitung auf den Bauteilglasfasergehalt abgemischt. Dabei ist
es möglich, durch Zugabe eines z. B. schlagzäh modifizierten PP die Produktei-
genschaften gezielt anzupassen. Allerdings sind hierbei verfahrenstechnisch
Grenzen hinsichtlich Durchsatz und Mischgüte vorhanden. Das „Abmischen“
bietet ein signifikantes Kosteneinsparpotential im Vergleich zur Verarbeitung
konventioneller Stäbchengranulate.

Langfaser-Thermoplast-Direktverfahren (LFT-D) (Übersicht)


Bei der direkten Verarbeitung von langfaserverstärkten Kunststoffen entstehen
Werkstoff und Bauteil erst während des Fertigungsprozesses. Daher hat die Ver-
arbeitung maßgeblichen Einfluss auf die Bauteileigenschaften.
Der Nachteil der Verfahren, welche ein platten- oder stäbchenförmiges Halb-
zeug verwenden, ist aufgrund des Verarbeitungsverfahrens mit zweimaligem Auf-
wärmen und Abkühlen der Materialien verbunden. Um für beide Verarbeitungs-
schritte sowie für den Gebrauch die ausreichende Stabilisierung zu gewährleisten,
müssen teuere Additive zur Verhinderung des thermischen und des thermisch-
oxidativen Abbaus des Matrixpolymers in grösseren Anteilen zugesetzt werden.
Weiterhin ist die Flexibilität in Bezug auf unterschiedliche Materialzusam-
mensetzung von Bauteilen durch die Vorgabe von Halbzeugen sehr einge-
schränkt. Um eine wirtschaftliche Produktion bei der Fertigung von Halbzeugen
zu gewährleisten, werden große Mengen gleicher Materialzusammensetzung
hergestellt. Eine anwendungsspezifische Modifizierung oder Stabilisierung des
Materials sowie die gezielte Einstellung des durch die mechanischen Anforde-
rungen des Bauteils erforderlichen Glasfasergehalts werden nicht realisiert. Aus
diesem Grund sind Halbzeuge in nur wenigen Materialvarianten erhältlich.
Erhöhter Kostendruck hat zu den Entwicklungen der sogenannten Direktver-
fahren geführt. Direktverfahren sind im Allgemeinen durch die Zusammenfas-
sung mindestens zweier Verfahrensschritte gekennzeichnet.
Hier werden Verfahren vorgestellt, welche die Halbzeugherstellung und die
Verarbeitung der Halbzeuge zum Bauteil zur Direktverarbeitung kombinieren,
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 287

Bild 1-131. Zusammenfassung des Halbzeug- und Verarbeitungsschritts bei Direktverfahren [2]

siehe Bild 1-131. Dabei wird aus den Rohstoffen, z. B. Glasfasern und PP, in einem
Schritt ein Faserverbundwerkstoff und nachfolgend ein Bauteil hergestellt.
Diese Verfahren bieten gegenüber den halbzeugverarbeitenden Verfahren die im
Folgenden aufgeführten Vorteile:
• Vermeidung des teuren Halbzeugherstellungsschritts,
• Verringerung des thermischen und thermisch-oxidativen Abbaus der Poly-
mermatrix,
• Größere Flexibilität hinsichtlich Materialauswahl, Materialanpassung und
Logistik beim Vorarbeiter,
• mehr Wettbewerb und geringere Abhängigkeit von Rohstoffherstellern.
So lassen sich z. B. unterschiedliche Glasfasergehalte einstellen, die Viskosität des
Matrixpolymers in bestimmten Bereichen variieren, Zusätze zur Modifizierung
(Schlagzähigkeit), zur Stabilisierung und Faser-Matrix-Kopplung sowie zur Ein-
färbung des Materials sind zudem spezifisch einsetzbar. Da das Material direkt
bei der Verarbeitung erzeugt wird, ist die Lagerhaltung unterschiedlicher, in ei-
nem vorhergehenden Schritt aufbereiteter Materialien nicht erforderlich, wo-
raus sich auch hinsichtlich der Materiallogistik ein Vorteil ergibt.

LFT-D-Verfahren (LFT-D process)


Seit Juli 1997 ist die ursprüngliche Variante eines Direktverfahrens für langfaser-
verstärkte Thermoplaste (LFT-D) im großserientechnischen Einsatz.
Diese Technologie wird als sogenannte Einmaschinentechnologie bezeichnet,
da die Materialaufschmelzung und die Verarbeitung zum Verbundwerkstoff in
demselben Zweischneckenextruder vorgenommen werden. Das Polymercom-
pound wird aufgeschmolzen und die Fasern über ein Imprägnierwerkzeug in
den Zweischneckenextruder eingezogen, Bild 1-132. Die Fasern werden zu Lang-
fasern zerteilt, die Formmasse wird homogenisiert und über eine Düse als Plas-
tifikatstrang ausgetragen. Dieser Strang wird über ein Austragsband abgezogen
288 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-132. LFT-D-Anlagenschema

und mittels Schneideinheit auf die Bauteilmasse abgelängt. Ein mit Nadelgrei-
fern versehener Handhabungsroboter legt das zugeschnittene Plastifikat in das
Presswerkzeug ab, wo es durch einen Fließpressvorgang zum Bauteil geformt
wird. Die Endkontur des Pressteils wird durch Stanzen, durch Wasserstrahl-
schneiden oder durch eine Kombination dieser Verfahren erzeugt. Der entste-
hende Randbeschnitt kann dem Prozess direkt als Rezyklatware zugeführt wer-
den. Der durch den Hersteller freigegebene Rezyklatanteil bei der Fertigung des
ersten Serienteils, dem Frontend-Montageträger für den Passat B5, betrug 30 %.
Die Freigabe von Rezyklatzusätzen führt zu weiteren Kosteneinsparungen ge-
genüber der konkurrierenden GMT-Verarbeitung.
Der Nachteil der Einmaschinentechnologie des LFT-D-Verfahrens liegt an der
Notwendigkeit Polymercompounds einzusetzen, welche für zwei Verarbeitungs-
schritte sowie die Gebrauchsphase stabilisiert werden müssen. Weiterhin wer-
den geringe Drehzahlen der Verarbeitungsmaschine eingestellt, um möglichst
lange Fasern im Prozess zu erhalten. Dies wirkt sich nachteilig auf die Durch-
satzleistung aus. Eine Erhöhung der Durchsatzleistung führt zu Faserlängenver-
kürzung oder zu mangelnden Homogenisierungsqualitäten.

CPI-Prozess (CPI process)


Neben dem LFT-D-Verfahren sind noch weitere Direktprozesse zu nennen.Welt-
weit verbreitet ist der nach der Firma Composite Products Inc. benannte CPI-
Prozess, der auf einer Patentschrift von 1989 basiert.
Bild 1-133 zeigt schematisch den Ablauf des CPI-Prozesses. Das Matrixpoly-
mer wird aus dem Vorratsbunker über eine gravimetrische Dosierung dem „A“-
Extruder zugeführt. In diesem Extruder findet die Materialaufbereitung des
Matrixpolymers sowie der Additive durch Scherung und Mischvorgänge statt.
Im Falle von feuchtigkeitsempfindlichen Matrices wie beispielsweise Polyamid
(PA) oder Polyethylenterephthalat (PET) wird diesem Prozess eine Vortrock-
nung vorgeschaltet.
Die aufbereitete Schmelze wird einem weiteren, dem sogenannten „B“-Extru-
der übergeben. Diesem Extruder werden geschnittene Glasfasern gravimetrisch
dosiert zugeführt. Diese sogenannten Schnittglasfasern liegen in definierten
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 289

Bild 1-133. Schematische Darstellung des CPI-Prozesses [5]

Ausgangslängen von z. B. 6 mm vor. Die Einzugszone dieses Extruders dient der


Vorwärmung der Fasern sowie dem Öffnen der Faserbündel und verbessert da-
mit die Faserimprägnierung durch die Matrix (Bild 1-133).
Die Mischung der Faserverbundschmelze erfolgt bei reduzierter Scherung in
Extruder „B“. Dies garantiert den Erhalt der Faserlängen.
Der Faserverbundwerkstoff wird in einem Wärmespeicher zwischengespei-
chert, über einen Kolben zyklisch ausgetragen, mit einer Schneideinheit am
Ende des Speichers auf Pressmasse abgelängt und auf ein Austragsband geför-
dert. Das so erzeugte Plastifikat wird in ein Presswerkzeug transferiert und im
Fließpressprozess zum Bauteil geformt. Die Nachbearbeitungsschritte gleichen
denen anderer Pressverfahren langfaserverstärkter Thermoplaste.
Die Technologie des CPI-Prozesses entspricht, aufgrund der Trennung der
Matrixaufbereitung und der Fasereinarbeitung in zwei separaten Aggregaten,
dem in [1] beschriebenen LFT-D-ILC-Verfahren. Allerdings sind die resultieren-
den Faserlängen aufgrund der limitierten Länge der eingesetzten Schnittfasern
deutlich kürzer als beim LFT-D-ILC-Prozess. Dies führt zu geringeren Material-
kennwerten, insbesondere reduzierter Schlagzähigkeit.
Die Dosierbarkeit der Schnittfasern ist bis zu einer Länge von ca. 6 mm un-
problematisch, bei längeren Fasern tritt der Effekt der Brückenbildung auf und
erschwert die massegeregelte Dosierung. Bei höheren Fasergehalten ist zudem
eine gleichmässige Benetzung der Fasern nicht mehr gewährleistet. Aufgrund
der limitierten Materialhomogenisierung eines Einschneckenextruders weist
das Verfahren eine mangelnde Imprägniergüte und Homogenität auf. Die für das
Mischen und Homogenisieren der Schnittfasern mit der polymeren Schmelze
erforderliche Scherung liegt deutlich über der des LFT-D-ILC-Verfahrens. Da-
durch zeichnen sich schlecht imprägnierte Faserbündel, sogenannte Weiß-
flecken, an der Bauteiloberfläche ab. Die Verarbeitung im Einschneckenextruder
erzielt zudem einen geringeren Durchsatz als das LFT-D-ILC-Verfahren.
290 1 Einführung in Polymer Engineering

DIF-Verfahren (DIF-process)
Eine weitere Technologie bei den Direktverfahren stellt das DIF-Verfahren dar
(DIF: direct incorporation of fibers), welches an der Universität Stuttgart ent-
wickelt wurde. Der im Rahmen einer Forschungsarbeit entwickelte DIF-Extru-
der ist ein modular aufgebauter Einschneckenextruder mit einem Längen zu
Durchmesserverhältnis der Schnecke (L/D) von 32,5, bei einem Schnecken-
durchmesser von 60 mm.
Die als sogenannter „Dry-Blend“ vorliegende Polymerabmischung, beste-
hend aus PP, Haftvermittler und Thermostabilisator, wird dem Schnecke/Zylin-
dersystem volumenkontrolliert zugeführt.
Die unverstärkte Polymerrezeptur wird vorgewärmt, aufgeschmolzen und
homogenisiert. Bedingt durch den Materialabzug nach der Drosselstelle, erfolgt
eine Entspannung der Schmelze am Fasereinzugsmodul (Bild 1-134).
Die mittels IR-Strahlung vorgewärmten Glasfaserstränge werden über einen
Zylinderschluss der drucklosen Schmelze zugeführt. Durch Überschreiten der
maximal erträglichen Biegespannung im Bereich scharfkantiger Schnecken-
stege werden die Endlosfasern zu Langfasern zerteilt. Nach dem Einziehen und
Ablängen der Rovings werden die Stränge von der Schmelze benetzt. Die dabei
entstehende Roh-Mischung aus Fasern und Matrix wird von tiefgeschnittenen
Schneckenabschnitten weiter gefördert. Flachgeschnittene Schneckensequenzen
bauen nachfolgend den zum Durchströmen der nachgeschalteten Scher- und
Mischteile sowie den zur Überwindung des Düsenwiderstands erforderlichen
Druck auf. Das Plastifikat wird über eine Breitschlitzdüse kontinuierlich ausge-
tragen und einem Pressprozess zugeführt.

Bild 1-134. Schematische Darstellung der DIF-Extrusionslinie (Sigl, K.-P.; 2001) [6]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 291

XRETM-Verfahren (XRE-process)
Zur Fertigung von Frontendsystemen wurde durch die Firma Faurecia das soge-
nannte XRETM-Verfahren entwickelt. Gravimetrisch zudosierte Polymergranu-
late werden in einem gleichlaufenden Doppelschneckenextruder aufgeschmol-
zen. In dasselbe Aggregat werden entweder geschnittene Glasfasern der Länge
12 mm gravimetrisch zudosiert oder Endlosrovings eingezogen. Die Fasereinar-
beitung im Einmaschinenkonzept erfordert, wie bereits erläutert, einen Kom-
promiss hinsichtlich resultierender Faserlängen und der Qualität der Faserdis-
pergierung im Verbund.
Der Materialaustrag erfolgt direkt in ein mobiles Einspritzaggregat am Extru-
derausgang. Das gefüllte Einspritzaggregat wird an das Presswerkzeug transfe-
riert und das Material mittels Kolben in die Werkzeugkavität gedrückt. Unter-
dessen füllt der kontinuierlich arbeitende Extruder einen Pufferbehälter. Die
mobile Einspritzeinheit fährt zurück an den Extruder und das im Puffer gespei-
cherte Material wird übergeben. Eine schematische Darstellung des Prozesses
zeigt Bild 1-135. Vorteil dieses Verfahrens ist die Möglichkeit in das geschlossene
Werkzeug zu injizieren. Diese Variante wird als XRITM-Verfahren bezeichnet.

Fibropress
Beim von der Firma Johnson Controls entwickelten Fibropress-Verfahren wer-
den Schnittglasfasern der Länge 5 mm gravimetrisch in einen Einschnecken-
extruder zudosiert und mit pulverförmigen PP vermischt. Der ausgetragene
Strang wird zur Bauteilmasse abgelängt, mittels Handhabungsroboter ins Press-
werkzeug positioniert und durch Fließpressen zum Bauteil geformt.

Bild 1-135. Schematische Darstellung des XRETM-Verfahrens


292 1 Einführung in Polymer Engineering

In-Line-Compoundieren im Spritzgießverfahren
Neben den beschriebenen Verfahren, bei welchen die Formgebung des Faserver-
bundwerkstoffs im Pressverfahren erfolgt, bilden Direktverfahren nach dem
Prinzip des Spritzgießverfahrens eine bedeutende Alternative. Sie bieten die Vor-
teile eines geschlossenen Spritzgießprozesses, welcher Bauteile komplexer Geo-
metrie ohne Nachbearbeitungsschritte erzeugt. Die Faserlänge ist jedoch durch
den Prozess limitiert und die Zykluszeit ist je nach Bauteilgeometrie deutlich
höher als bei den Pressverfahren.
Bei den bekannten Verfahren handelt es sich um eine Kombination aus einem
Compoundier- und einem Spritzgießprozess. Dabei wird auf eine Spritzgießma-
schine ein gleichsinnig drehender Zweischneckenextruder als Compoundierein-
heit aufgebaut. Derzeit sind zwei Systeme mit Serienreife erhältlich. Bild 1-136 zeigt
die Variante des Herstellers Krauss-Maffei mit kontinuierlicher Compoundierung.
Durch die kontinuierliche Compoundierung wird die Rezepturkonstanz zuverläs-
sig sichergestellt. Der zyklische Spritzgießvorgang wird durch Pufferung des lang-
faserverstärkten Plastifikats in einem Kolbenspritzaggregat ausgeglichen.
Durch die Entkopplung beider erforderlicher Prozessschritte erfolgt die Com-
poundierung unter gleichbleibenden verfahrenstechnischen Bedingungen und
wird nicht durch den Zyklus der Spritzgießmaschine beeinflusst. Bei der zweiten
Variante des Herstellers Coperion sind die Compoundierung und der diskonti-
nuierliche Spritzgießvorgang in einem intermittierenden, diskontinuierlichen
Prozess zusammengefasst. In einem Doppelschneckenextruder wird das Matrix-
material sowie gravimetrisch dosierte Additive plastifiziert. Endlosglasfasern
werden in die aufbereitete Schmelze eingezogen, von einer dicht ineinander-
greifenden, gleichsinnig drehenden Doppelschnecke geschnitten und in das
Matrixpolymer eingearbeitet. Das aufgeschmolzene faserverstärkte Polymer
wird in eine Kolbenspritzeinheit gefördert. Nachdem das vollständige Einspritz-
volumen compoundiert ist, beendet der Extruder den Plastifiziervorgang und
die Kolbendosiereinheit spritzt die Schmelze in das Werkzeug ein. Nach der für
den Spritzgießprozess üblichen Nachdruckphase beginnt der nächste Plastifi-
ziervorgang. Die Geschwindigkeit des Doppelschneckenextruders ist durch eine
Steuerung mit dem gravimetrischen Dosiersystems gekoppelt.
Zur Vertiefung von Kapitel 1.4.3.6 dient [8] bis [20].

Bild 1-136. Schematische Darstellung des kontinuierlichen Spritzgießprozesses (Wobbe, 2001) [7]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 293

Literatur – Kapitel 1.4.3.6


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tingham, Nottingham, UK [1999]
[20] Sommer MM, Pässler M, Schledjewski R Sandwichkonstruktion für Sportschläger. Kunst-
stoffe 94(2004)5, S. 89–91
294 1 Einführung in Polymer Engineering

1.4.4
Verarbeitung von thermoplastischen Elastomeren
(in Anlehnung an [1])

Die Verarbeitung von unvernetzten Kunststoffen (Thermoplaste, thermoplasti-


sche Elastomere) und vernetzten Kunststoffen (Elastomeren, Duroplasten)
unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten:
1. Kautschuk- oder Harzmischungen als gefüllte (compoundierte) unvernetzte
Polymere (Präpolymere) werden zur Vermeidung einer vorzeitigen Vernet-
zung in einem Temperaturbereich von 70 bis 120 °C (max. 150 °C) verarbeitet.
2. Kautschuke und Harze vulkanisieren bzw. vernetzen i. d. R. in beheizten
Werkzeugen bei 150 bis 220 °C. Die Zykluszeiten sind meist deutlich länger als
bei unvernetzten Kunststoffen.
Tabelle 1-75 vergleicht einige wesentliche Verarbeitungsparameter von Thermo-
plasten und Elastomeren.
Aus den Viskositätsunterschieden folgt beispielsweise ein robuster und
schwerer Maschinenbau für die Elastomerverarbeitung. Die Verfahrensteile sind
i. d. R. flüssigkeitstemperiert, um die hohe Friktionswärme abzuführen. Daher
sind die leichteren, mit geringerer Antriebsleistung und oft mit Luftkühlung
ausgestatteten Maschinen für die Thermoplastverarbeitung hinsichtlich Investi-
tions- und Energieaufwand günstiger. Der Maschinenstundensatz ist bei der
Verarbeitung von Thermoplasten niedriger.
Weitere, in Tabelle 1-75 erkennbare Unterschiede, vor allem die Zykluszeit, er-
klären, warum seit 20 Jahren die Thermoplastischen Elastomere (TPE) voran-
schreiten.
TPE verhalten sich bei Temperaturen von – 20 bis + 120 °C (bei nicht zu
großen Verformungen) gummielastisch, im Schmelzebereich (160 bis 180 °C) je-
doch wie Thermoplaste.

Tabelle 1-75. Eckpunkte der Verarbeitungsparameter bei Thermoplasten und Elastomeren

Verarbeitungsparameter Thermoplaste Elastomere


(unvernetzt) (vernetzt)

Verarbeitungstemperatur °C 200–390 70–150


Schmelzetemperatur °C 130–330 50–120 (unvernetzt)
Viskosität (bei je 330 s–1) Pas 200–800 800–2500
Werkzeugtemperatur °C 50–120 150–220
Gestalt durch phys. Gestalt durch chem.
Abkühlen Vernetzen
Einspritzdrücke bar 300–2000 200–400
Werkzeuginnendruck bar 200–1500 10–40 (bis 500)
Zykluszeit s 3–60 (300) 30 s bis 30 min
(Stunden)
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 295

TPE lassen sich also wie Thermoplaste verarbeiten, zeigen aber bei gemäßig-
ten Randbedingungen die typischen Eigenschaften der Elastomere, siehe Kapi-
tel 1.3.1.
Die Verarbeitung von TPE erfolgt mit den gleichen Verfahren, mit denen auch
Thermoplaste verarbeitet werden. Kapitel 1.4.3 hat demnach grundsätzlich auch
für TPE Gültigkeit. Zwei Besonderheiten weisen die vernetzenden Elastomere in
den TPE auf:
1. Die disperse vernetzte Elastomerphase verhält sich ähnlich einem polymeren
Füllstoff. Die Abhängigkeit der Viskosität von der Schergeschwindigkeit [1]
ist hoch, von der Temperatur gering [1]. Der Fließexponent liegt zwischen 3
und 5.
2. Die Strangaufweitung (nach [1]: Spritzquellung) ist mit zunehmender
Volumenkonzentration der vernetzten dispersen Elastomerphase erwar-
tungsgemäß geringer als die des Matrixmaterials. Die kann beim Extrudieren
vorteilhaft sein.

Spritzgießen
Thermoplastische Elastomere lassen sich auf üblichen Maschinen für Thermo-
plaste im Spritzgießverfahren verarbeiten. Am Beispiel eines Dreiblockpolymer
S-EB-S, dessen Molekül aus 2 Polystyrol-Endblöcken (PS), die mit einem Poly-
ethylen/Polybutylen-Mittelblock chemisch verbunden sind (PS:PEB ca. 30:70)
besteht, werden dessen Verarbeitungsparameter in Tabelle 1-76 gezeigt.
Sonderverfahren wie Gasinnendrucktechnik (GIT) oder Mehrkomponenten-
Spritzgießen sind mit TPE grundsätzlich auf den gleichen Maschinen möglich,
auf denen Thermoplaste verarbeitet werden.

Tabelle 1-76. Tpyische Maschineneinstellung zur Spritzgussverarbeitung von Thermoplast K


(SEBS), Kraiburg [2]

TC 4A AA TC 6A AA TC 9A AA

Härte in Shore A 42 58 94
Maschine 90-Tonnen-Maschine
Werkzeug je 1 Platte 100 ¥ 100 ¥ 2 mm, 80 ¥ 50 ¥ 3 mm
Schussgewicht jeweils ca. 50 Gramm
Zylindertemperatur in °C 180 – 200 – 220 200 – 220 – 240 200 – 220 – 240
Trichter – Düse
Werkzeugtemperatur in °C 45 45 45
Spritzdruck in kg/cm2 400 450 450
Spritzzeit in s 0,8 0,8 0,8
Spritzgeschwindigkeit hoch hoch hoch
Nachdruck in kg/cm2 300 300 400
Nachdruckzeit in s 5 5 6
Kühlzeit in s 20 20 20
Staudruck in kg/cm2 18 20 22
296 1 Einführung in Polymer Engineering

Extrudieren und Extrusionsblasformen


Auch hier sind für TPE alle für die Thermoplastverarbeitung gebräuchlichen
Maschinen geeignet. Feinabstimmungen sind natürlich erforderlich.

Weiterverarbeitung
Schweißen, Kleben, Kaschieren sind bei TPE analog zu Thermoplasten mög-
lich. Auch die Einschränkungen bzw. Sondermaßnahmen gelten analog. So
lassen sich beispielsweise TPE-V auf Basis unpolarer Polyolefine schlecht ver-
kleben.

Literatur – Kapitel 1.4.4


[1] Röthemeyer F, Sommer F Kautschuktechnologie. München: Hanser 2001
ISBN 3-446-16169-4
[2] Firmenschrift der Gummiwerke Kraiburg GmbH+Co., Waldkraiburg Thermoplast K 3/97

1.4.5
Verarbeitung von Elastomeren
Bei der Gummiverarbeitung finden viele Stoffe Verwendung. Dem Kautschuk
werden Füllstoffe, Weichmacher und Verarbeitungshilfen beigemischt. Je
nach geforderter Spezifikation des Gummis ist eine Vielzahl unterschiedli-
cher Chemikalien bei einem modernen Industrieunternehmen im Einsatz (Bild
1-137).
Die Bestandteile der Kautschukmischung (Bild 1-137) können in unterschied-
lichen Lieferformen vorliegen:

Bild 1-137. Aufbau einer Kautschukmischung [1]


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 297

• als Feststoff in Form von Ballen, Krümeln, Granulen, Chips, Pulver


• als Paste oder Flüssigkeit.
Die Elastomerverarbeitung umfasst die drei (wesentlichen) Verfahrensschritte
• Wiegen und Mischen
• Formgebung (Rohlingsverarbeitung) und
• Vernetzung (Vulkanisation).
Bild 1-138 zeigt den detaillierten Ablauf am Beispiel Radialwellenherstellung.

1.4.5.1
Wiegen und Mischen
Die Mischherstellung erfolgt batchweise; alle Zuschlagsstoffe (Bild 1-137) werden
vor dem Mischvorgang abgewogen bereitgestellt oder während des Mischpro-
zesses automatisch zudosiert.
Tabelle 1-77 informiert am Beispiel einer LKW-Laufflächenmischung über
eine Rezeptur.

Mischungsherstellung
• Vormischen
nur für extrem hohe Füllgrade und/oder das Verschneiden schlecht verträg-
licher Polymere

Bild 1-138. Gummiverarbeitung [4]


298 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-77. Rezeptur und Mischvorschrift für eine LKW Laufflächenmischung [3]

Mischungskomponenten Rezeptur Kautschuk- Mischungsprozente


prozente % %

Naturkautschuk (RSS 3) 100 60,432


Ruß N 220 50 30,212
Weichmacher (Mineralöl) 3 1,813
Alterungsschutz IPPD 1 0,604
Alterungsschutz TMQ 1 0,604
Lichtschutzwachs 1,5 0,906
Stearinsäure 3 1,813
Zinkoxid 3 1,813
Beschleuniger MBS 1,5 0,906
Schwefel 1,5 0,906
Endwerte 165,5 100

• Mastifizieren
wird bei Naturkautschukhaltigen (NR) Mischungen häufig dem Grund-
mischen vorgeschaltet
• Grundmischen
Hier wird durch das Einarbeiten der Hauptkomponenten eine Wechsel-
wirkung mit den Polymeren erzeugt. Dies gilt besonders für verstärkende Zu-
satzstoffe. Das Grundmischen ist ein dispersiver Mischvorgang.
• Nachzwicken
Bei hochgefüllten sehr harten/zähen Mischungen (insbesondere für Reifen)
werden durch einen oder mehrere zusätzliche Arbeitsgänge nach dem
Grundmischen (Nachzwicken) die Viskosität und Elastizität für die Weiter-
verarbeitung erniedrigt.
• Fertigmischen
In die hochviskose Grundmischung werden die verformungs- und fließfähi-
gen Vernetzungschemikalien laminar eingemischt. Das distributive Mischen
muss dem laminaren Mischen überlagert werden.
Die zur Mischungsherstellung in einem kautschukverarbeitenden Betrieb einge-
setzten Mischverfahren lassen sich in
• diskontinuierliche, batchweise arbeitende Verfahren in Innenmischern (Kne-
ter) und auf Walzwerken sowie in
• kontinuierliche Verfahren in Mischextrudern
unterteilen.

Innenmischer (Kneter)
In einer temperierten Knetkammer, Bild 1-139 werden die Zuschlagstoffe mit
Hilfe des Stempels in den Arbeitsbereich der Knetschaufeln gepresst und ver-
mischt. Zur Zerteilung der Füllstoffe und zur Mischung mit dem hochviskosen
Kautschuk werden hohe Scherkräfte und daher große Antriebsleistungen
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 299

Bild 1-139. Kneterbauarten [2]

Bild 1-140. Schematische Aussicht eines Innenmischers [2]

benötigt. Durch die intensive Knetarbeit wird Wärme erzeugt, die durch die
Manteltemperierung abgeführt werden muss.
Vorteile der Mischungsherstellung im Innenmischer (Kneter), Bild 1-140,
sind:
• kurze Mischzyklen (2 bis 6 min) durch intensive Erfassung und Bearbeitung
des Materials
• wegen der geschlossenen Kammer geringe Staub- und Dampfbelastung der
Umgebung.
300 1 Einführung in Polymer Engineering

Walzwerk
Obwohl Mischungsherstellung auch allein auf Walzwerken möglich ist, arbeitet
man in der Regel zweistufig: Zunächst wird im Kneter mit hohem Energie-
eintrag in kurzer Zeit die Grundmischung ohne Vernetzungschemikalien her-
gestellt. Hierbei wird ein starker Temperaturanstieg in Kauf genommen. An-
schließend wird die Mischung auf einem Walzwerk fertig gemischt: Zunächst
wird die heiße Mischung auf den relativ großflächigen Walzen abgekühlt und
dann werden die Vernetzungschemikalien zugegeben.
Zur Erzeugung einer homogenen Mischung kann mit einem so genannten
Stockblender, Bild 1-141, das Mischungsfell kontinuierlich von der Walze abge-
nommen, zusammengerafft und oszillierend wieder auf den Walzenspalt aufge-
geben werden.
Die Handhabung von Mischungsansätzen auf Walzwerken wird oberhalb von
Batchmassen von 60 kg zunehmend schwieriger, so dass dann andere Techniken
angewandt werden müssen, z. B. Stopfextruder.

Mischextruder
Hohe Investitionskosten für große Innenmischerlinien zur Mischungsherstel-
lung aus kompakten Kautschukballen führten zum Einsatz pulver- und krümel-
förmiger Polymere in Mischextrudern.
Zwei Systeme werden bevorzugt in der Praxis eingesetzt:
• MVX-Anlagen (M-Mixing, V-Venting, X-Extruding) von Fa. Farrel
und
• Doppelschneckenextruder (z. B. Leistriz, Coperion W&P).
Vertiefungen siehe Röthemeyer/Sommer [3].

Bild 1-141. Walzwerk mit Stockblender [3]


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 301

Halbzeug (Rohlings)herstellung
Die fertige Mischung muss zur Abkühlung und zur weiteren Handhabung zer-
teilt, abgekühlt und zwischengelagert werden. Hierbei kann z. B. durch Extru-
sion eine spezielle Formgebung (Rohling) erfolgen.

1.4.5.2
Formgebung (Rohlingsverarbeitung) und Vernetzung
(Vulkanisation)
Vor der Vulkanisation muss die Kautschukmischung in die gewünschte Form ge-
bracht werden. Die Formen sind in der Regel beheizt, um im gleichen Schritt die
Vulkanisation durchzuführen.
Hierbei gibt es eine Vielfalt von Methoden, u. a.:

• Pressverfahren (Kompressionsverfahren)
Der mit Volumenüberschuss hergestellte Rohling wird in eine Form mit
Klappdeckel eingelegt und zwischen zwei Heizplatten verpresst.
• Transferpressverfahren
Die Mischung wird in einer oberen Kammer des Presswerkzeuges wie durch
einen Presskolben durch ein Angusssystem in den unteren Teil des Werkzeu-
ges (Kavität) transferiert.
• Spritzgießverfahren
Die Mischung wird durch einen Kolben in eine auf Vulkanisationstemperatur
geheizte Form eingespritzt. Die Form muss dann bis zur Erreichung des ge-
wünschten Vulkanisationsgrades geschlossen gehalten werden. Um die Ma-
schinen optimal auszunutzen, werden hierbei extrem schnelle Vulkanisa-
tionssysteme eingesetzt.
• Kontinuierliche Vulkanisation
Ein Extruder erzeugt einen Profilstrang, der mit einem Förderband durch ei-
nen Temperierkanal geführt wird. Zur schnellen Aufheizung kann die Mikro-
wellenerwärmung, ein Heißluftkanal, Dampfkanal oder Salzschmelzebad ein-
gesetzt werden. Nach der erforderlichen Haltezeit wird der Strang in der Re-
gel durch ein Wasserbad abgekühlt und aufgewickelt oder abgelängt.
• Tauchen
Neben den drei genannten Verfahrensgruppen für die Herstellung von Elasto-
merformteilen, Bild 1-142, seien weitere Herstellungsarten wenigstens aufge-
zählt. Sie können bei Röthemeyer/Sommer [3] vertieft werden.
• Verfahren zur Herstellung von Gummilösungen
• Kalandrieren von Bahnen und gummierten Geweben
• Verfahren zur Herstellung von Gummihalbzeugen durch Streichen
• Verfahren zur Herstellung von Gummi-Verbundkörpern wie Festigkeitsträ-
ger (Garne, Cord, Fasern, Fäden) und Gummi-Metall-Verbunde
Bild 1-142 [3] gibt eine Übersicht und Grobbewertung der verschiedenen Verfah-
ren zur Herstellung von Elastomerformteilen.
302 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-142. Verfahren zur Herstellung von Elastomerformteilen. 앩 neutrale Aussage; + Haupt-
vorteile; – Hauptnachteile [3]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 303

1.4.5.2.1
Pressverfahren (Kompressionsverfahren)
(CM Compression Molding)
Beim Pressverfahren (CM) werden durch Extrusion mit anschließendem Stan-
zen oder Zerschneiden aus der unvulkanisierten Kautschukmischung Rohlinge
hergestellt. Diese werden in die Kavitäten des auf Vulkanisationstemperatur ge-
heizten Werkzeugs eingelegt und unter Anwendung von Druck und Wärme in
die gewünschte Formteilgeometrie ausgeformt. Nach der Formgebung setzt
mehr oder weniger schnell die Vulkanisation ein, Bild 1-143 [3].
Der Fließprozess setzt sich nach vollständigem Schließen des Werkzeugs fort,
da das spezifische Volumen der Mischung durch Erwärmen ansteigt und da-
durch ein Druckausgleich herbeigeführt wird. Im pnT-Diagramm einer Kaut-
schukmischung ist dieser Vorgang darstellbar [3].

Spritzprägeverfahren
Mittels einer Spritzgießmaschine, deren Schließeinheit als Presse genutzt wird
und deren Einspritzeinheit die Vorplastifizierung übernimmt, lassen sich durch
wesentlich genauere Dosierung der vorplastifizierten Mischung geringere
Formteiltoleranzen einhalten.
Beim Spritzprägen wird die dosierte, vorplastifizierte Masse ins geöffnete
Werkzeug eingespritzt. Durch Zufahren des Werkzeuges füllt die fließende
Masse die Formnester. Für das Spritzprägen eignen sich vor allem „flächige“ Prä-
zisionsteile wie Flachdichtungen, Membranen, flache Warenträge.

Bild 1-143. Prinzipdarstellung des Pressverfahrens. a Rohling, b Werkzeug, c Heizplatten, d Aus-


triebsnut [3]
304 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-144. Transferpressverfahren [3]. a Rohling, b Werkzeug, c Heizplatten, d Austriebsnut

1.4.5.2.2
Transferpressen (TM Transfer Molding)
Ein Transfer-Presswerkzeug ist dreiteilig, Bild 1-144. Der Rohling wird zwischen
die beheizten Ober- und Mittelteile gelegt. Beim Schließen des Werkzeuges fließt
die Kautschukmischung durch die Einspritzkanäle in die im Unterteil befindli-
chen Formnester. Nach der Vulkanisation öffnet die Presse das Werkzeug, die
Formnester werden entleert, der Restkuchen im Oberteil und in den Einspritz-
zylindern ist Abfall.
Hält man jedoch die Werkzeugoberplatte und den oberen Teil des Mittelstückes
auf Temperaturen deutlich unter dem Vernetzungsbeginn, lässt sich der Rest-
kuchen beim nächsten Zyklus mitverarbeiten (Transferpressen mit Kaltkanal).

1.4.5.2.3
Transferspritzpressen
Eine Weiterentwicklung des Transferpressverfahrens besteht darin, die Kaut-
schukmischung in einem fest mit der Presse verbundenen Schneckenextruder
zu plastifizieren, aufzuwärmen und in den Transferzylinder einzuspritzen.
Durch Zufahren der Schließeinheit werden dann die Formnester wie beim nor-
malen TM gefüllt, Bild 1-145 [3].
Auch hierbei ist die projizierte Artikelfläche stets größer als die Kolbenfläche
des Transferzylinders, sodass ein druckbedingtes Überspritzen der Formnester
nicht möglich ist [3].
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 305

Bild 1-145. Transferspritzpressverfahren [3]

1.4.5.2.4
Spritzgießverfahren
Das Spritzgießverfahren bietet gegenüber dem Press- und auch dem Transfer-
pressverfahren deutlich kürzere Vulkanisations- und Zykluszeiten sowie eine
bessere Automatisierung. Die Werkzeugkosten sind dagegen so hoch, dass nur
größere Serien in Frage kommen.

Bild 1-146. Prinzip des Spritzgießverfahrens mit dem Schneckenkolbenprinzip [3]. a Werk-
zeugträgerplatten, b Heizplatten, c Werkzeugplatten, d Formnest, e Angusskanal, f variables Vo-
lumen für plastifizierte Mischung, g Zylinder, h Schnecke
306 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-147. Temperatur- und Reaktionswertverlauf (Prinzipdarstellung mit Produkt ∆ 50¥12)


beim CM, TM, IM. a Pressverfahren (CM), b Transferpressverfahren (TM), c Spritzgießverfahren
(IM) [3] RRW … relativer Reaktionswert

Bild 1-146 [3] zeigt das Prinzip des Spritzgießverfahrens für Elastomere, das
dem des Spritzgießens von Thermoplasten grundsätzlich identisch ist. Lediglich
die Prozessparameter (Einspritzzeit, Nachdruckzeit, Plastifizierzeit, Zykluszeit,
Einspritzdruck, Nachdruck, Standdruck, Schneckendrehzahl, Einspritzge-
schwindigkeit, Zylinder-, Düsen-, Werkzeugtemperatur, Schließkraft, Auftreib-
kraft, Zuhaltekraft, Restschließkraft, Einspritzweg, Nachdruckweg, Resthub,
Dosierweg) sind unterschiedlich. Gänzlich anders sind die benötigte Vulkanisa-
tionszeit und das Beheizen des Werkzeuges zum Ablauf der Vernetzungsreak-
tion.
Der Einspritztemperatur kommt beim Spritzgießen von Elastomeren eine
hohe Bedeutung für die Zykluszeit insbesondere bei dickwandigen Teilen zu.
Dabei gilt die Faustformel
DT = 4 bis 5 K pro 100 bar.
Die Temperaturerhöhung DT steigt also je 100 bar Einspritzdruck um 4 bis 5 Kel-
vin. Bei 1000 bar lässt sich somit eine Temperaturerhöhung von ca. 45 K erzielen.
Bild 1-147 [3] zeigt den enormen Einfluss der Einspritztemperatur auf die
Zykluszeit beim Pressen, Transferpressen und Spritzgießen von 12 mm dicken
Scheiben.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 307

Ausführliche Vertiefungen bieten Röthemeyer und Sommer [3]

Literatur – Kapitel 1.4.5


[1] Rohbock E Umweltschutz in der Gummiindustrie in: Freudenberg Forschungsdienste KG
(Hrsg) (Redaktion Hempel J): Elastomere Werkstoffe. Weinheim: Freudenberg Service KG,
2001, S. 229– 241
[2] Bille H Verarbeitung von Elastomeren, Bayer AG in: Eyerer P Kunststoffkunde, Universität
Stuttgart, Institut für Kunststoffkunde und Kunststoffprüfung, Vorlesungsmanuskript
11. Aufl., 2003
[3] Röthemeyer F, Sommer F (Hrsg) Kautschuktechnologie. München: Hanser, 2001
[4] Freudenberg Sparte D+F (Hrsg) Elastomerverarbeitung, unveröffentlichtes Manuskript.
Weinheim: C. Freudenberg, 1992

1.4.6
Verarbeitung von Duroplasten

1.4.6.1
Verarbeitungsprinzip
Duroplastische Formmassen bestehen aus einem Reaktionsharz (beispielsweise
Phenolharz, Harnstoff-Formaldehydharz, Melaminharz, Polyesterharz, Epoxid-
harz), einem Reaktionsmittel (Härter), Füll- bzw. Verstärkungsstoffen sowie ei-
ner Vielzahl weiterer Zusatzstoffe. In der Regel sind die Harze vorpolymerisiert,
bestehen also bereits aus Makromolekülen mittlerer Molmasse, der Vernet-
zungsgrad ist aber noch sehr gering. Die Harze sind urformbar. Das Urformen
erfolgt im meist heißen Formwerkzeug über Pressen, Spritzpressen oder Spritz-
gießen. Die Formmasse polymerisiert im Werkzeug, sie vernetzt zum un-
schmelzbaren und unlöslichen Duroplast. Wegen der hohen Eigensteifigkeit von
endvernetzten Duroplasten wird aus der meist um 150 bis 180 °C heißen Form
ohne Abkühlen entformt. Es gibt auch kalthärtende, exotherm vernetzende Du-
roplaste, wie z. B. manche Epoxidharze.
Aus Bild 1-148 geht hervor, dass nur eine beschränkte Zeit zur Verarbeitung
zur Verfügung steht, die durch die Viskositätssenkung infolge Erwärmung einer-
seits und die Viskositätssteigerung infolge Vernetzung andererseits bestimmt
wird. Ab einem bestimmten Vernetzungsgrad lässt sich der Werkstoff nicht
mehr verformen. Je nach dem Grad der Vorkondensation lässt sich eine Form-
masse mehr oder weniger schnell härtend einstellen. Dies kann aber auch che-
misch über die Art bzw. Menge des Härters erfolgen.
Den Einfluss des Vernetzungsgrades auf die Eigenschaften, Bild 1-149, zeigt
dies für den Schubmodul, verdeutlicht prinzipiell für die A-, B- und C-Zustände
Bild 1-149. Die Lage der Glastemperatur verschiebt sich für höhere Vernetzungs-
grade zu höheren Temperaturen. Der Abfall der Eigenschaften im Haupterwei-
chungsbereich nimmt mit steigender Vernetzung deutlich ab, Bild 1-149.
Die Viskosität der härtbaren Formmassen (vor der Aushärtung) ist meist sehr
niedrig (bei 70 bis 120 °C). Sie liegt im Bereich von 1 bis 50 Pa s. Thermoplast-
schmelzen liegen zwischen 200 und 800 Pa s (siehe Tabelle 1-75, Kap. 1.4.4 TPE).
308 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-148. Viskositätsverlauf einer


Pressmasse, die kalt in ein heißes
Werkzeug eingefüllt wird; a Einfluss
der Erwärmung; b Einfluss der Ver-
netzung; c sich ergebender Visko-
sitätsverlauf in Abhängigkeit von der
Zeit als Überlagerung der Effekte von
a und b [1]

Bild 1-149. Schubmodul (qualitativ) für einen Duroplasten in verschiedenen Kondensations-


stufen [4]

Im Gegensatz zum Spritzgießen von Thermoplasten bilden Duroplaste Grate


und Häute, die nachträglich kostenintensiv zu entfernen sind.
Werkzeugspalte sind durch höhere Schließkräfte und Tauchkanten zu mini-
mieren, wo infolge Verschleiß bei hohen Stückzahlen und langen Laufzeiten ver-
stärkt Nacharbeiten an den Werkzeugen einzuplanen sind. Weiter ist beim Ent-
formen ein Säubern des Werkzeuges im Vergleich zur Thermoplastverarbeitung
verstärkt erforderlich. Das Gleiche gilt in der Regel auch für die Anwendung von
Formtrennmittel.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 309

Nach dem Entformen ist ein Entgraten z. B. durch Trommeln (Mischungen


aus Nuss- und Aprikosenkernen) oder Bestrahlen (mit weichem Granulat) meist
notwendig. Da aufgrund der Aushärtung eine längere Zykluszeit, besonderes bei
dünnwandigen Teilen, benötigt wird, ist eine automatisierte Fertigung aus Grün-
den der Wettbewerbsfähigkeit von großer Bedeutung [2].
Eine Übersicht über die Duroplastverarbeitung auf der Basis von bestehen-
den Normen zeigen die Tabellen 1-78 und 1-79.
Duroplaste werden fast ausschließlich gefüllt bzw. verstärkt angewendet.
Ohne Füll- bzw.Verstärkungsstoffe sind sie häufig spröd (Phenolharz, Melamin-
harz), haben eine zu große Schwindung (Polyesterharz), sind zu teuer (Phenol-
harz, Epoxidharz) oder haben eine zu geringe Festigkeit. Entsprechend den
unterschiedlichsten Anwendungsfällen werden die Füll- bzw.Verstärkungsstoffe
ausgewählt. Füllstoffe sollen im Wesentlichen verbilligen.
Verstärkungsstoffe erhöhen bevorzugt die Festigkeit, siehe auch Kap. 1.3.5.
Beispiele für Füllstoffe:
• Quarzmehl
• Kreide
• Kalziumkarbonat
• Holzmehl
• Zellstoff
Beispiele für Verstärkungsstoffe:
• Glasfasern
• Kohlenstofffasern
• Ruß
• aromatische Polyamidfasern
• Gewebeschnitzel
• Naturfasern (Cellulose u.a.)

1.4.6.2
Typisierung von Duroplasten (härtbare Formmassen)
Die wichtigsten zur Herstellung härtbarer Formmassen verwendeten Harzarten
sind Phenol-, Harnstoff-, Melamin-, ungesättigte Polyester-, Epoxid- und Diallyl-
phthalat-Harze. Härtbare Formmassen, die mit diesen Bindemitteln aufgebaut
sind, beschreiben DIN 7708 13 (Phenoplaste und Aminoplaste), DIN 1691114 und
169132 11 (Polyester-Pressmassen und Polyester-Harzmatten) sowie DIN 16912 15
(Epoxidharz-Pressmassen). Für Diallylphthalat-Massen besteht noch keine
Norm, Prüfmethode siehe ISO 1385 – 1.02.1977.
Die Normung bestimmter härtbarer Formmassen hat den Zweck, in die Viel-
falt Ordnung zu bringen und dem Verarbeiter den Bezug definierter Materialien

13
Demnächst DIN EN ISO 14527.
14
Demnächst DIN EN ISO 14530.
15
Demnächst DIN EN ISO 15252.
310 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-78. Für den Verarbeiter wichtige Vernetzungsreaktionen und deren Nebenprodukte
(in Anlehnung an [3])

Harzarten Kurz- Harz- Harzbil- Vernet- bei Ver- Rest-


zeichen bausteine dungsreak- zungsreak- netzung mono-
tion der Aus- tion zum abgespal- mere a
gangskom- Duroplast tenes Reak-
ponenten tionsprodukt

Phenoplast PF Phenol und Polykon- Polykon- Wasser Form-


Formaldehyd densation densation aldehyd
Aminoplast UF Harnstoff und Polykon- Polykon- Wasser Form-
Formaldehyd densation densation aldehyd
MF Melamin und Polykon- Polykon- Wasser Form-
Formaldehyd densation densation aldehyd
ungesättig- UP ungesättigte Polykon- Poly- keines Styrol
ter Polyester Disäure und densation addition
Diol
Epoxid EP Bisphenol und Polykon- Polyaddition keines Diamin
Epichlorhydrin densation mit Diamin
oder Disäure
Diallyl- DAP monomeres Poly- Polykon- Wasser Diallyl-
phthalat Diallylphthalat merisation densation phthalat
a Mögliche Restmonomere nach der Vernetzungsreaktion, die gesundheitsschädlich sein sol-
len.
Ursache: Dosierung (Stöchiometrie) stimmt nicht; Vernetzungsbedingungen falsch: Tempera-
tur zu niedrig, Zeit zu kurz.

Tabelle 1-79. Harz/Füllstoff-Kombinationsmöglichkeiten für härtbare Formmassen

Komponente Beispiele für typisierte Formmassen

konstant variiert
gehalten

Harz Füllstoff Phenolharz Holzmehl Zellstoff = Textilfaser Textil-


mit = Typ 31 Typ 51 = Typ 71 schnitzel
= Typ 74
Füllstoff Harz Zellstoff Harnstoffharz Melaminharz Phenolharz
mit = Typ 131 = Typ 152 = Typ 51
Harz Füllstoff- Phenolharz Holzmehl und Zellstoff und Zellstoff
mischung mit Textilfaser Textilfaser und Holz-
= Typ 83 = Typ 84 mehl
= Typ 85
Harz- Füllstoff Melamin- und Holzmehl Zellstoff
mischung Phenolharz mit = Typ 180 = Typ 181
Harz- Füllstoff- Melamin und Gesteinsmehl und Gesteins-
mischung mischung Phenolharz mit Holzmehl mehl und
= Typ 182 Zellstoff
= Typ 183
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 311

Bild 1-150. Überwachungszeichen für typisierte Form-


massen. Typnummer Ba-Firmen-Kennzeichen
(Hersteller) (Gütezeichen der privaten Gütegemeinschaft
AVK-TV)

zu ermöglichen. Dazu werden in den Typentabellen Mindestanforderungen für


einige typische Eigenschaften festgelegt, die an definierten Probekörpern und
ebenfalls nach Normen ermittelt werden.
Erfüllt die Formmasse die geforderten Typeneigenschaften, ist der Hersteller
nach Beachtung weiterer Formalien berechtigt, für seine Formmasse das Güte-
zeichen der privaten Gütegemeinschaft AVK-TV (www.avk-tv.de/guetezeichen)
zu benützen, Bild 1-150.

Formaldehyd-Problematik in Holz und Holzproduktion


Bindemittel in Holzfaserplatten sind standardmäßig Phenoplast oder Amino-
plast. Formaldehydemission an den Holzfaserplatten tritt ein, wenn nach der
Vernetzungsreaktion noch Formaldehyd (Restmonomere) vorhanden ist und
bei Hydrolysevorgängen während der Anwendung der Holzfaserplatten.
„Formaldehydfreie“ Holzfaserplatten sind mit Isocyanat MDI gebun-
den. Wenn Hydrolysevorgänge eintreten, dann sind die Holzfaserplatten mit
UF16 am schlechtesten, mit MF17 besser und mit PF18 am besten, weil hier die
Bindung des Formaldehyd mit Phenol (Novolak) am stärksten ist. Das Holz
selbst emittiert Formaldehyd in kleinen Mengen, bei höheren Temperaturen
merklich [6].

1.4.6.3
Einteilung der Verarbeitungsverfahren
Tabelle 1-80 zeigt eine mögliche Einteilung der Verarbeitungsverfahren für Du-
roplaste auf. Einige der Verfahren werden im Folgenden kurz beschrieben.

16
Harnstoffharz (UF).
17
Melaminharz (MF).
18
Phenolharz (PF).
Tabelle 1-80. Einteilung der Duroplastverarbeitung [4]
312

Kaltpressen Warmpressen Gießen


1 Einführung in Polymer Engineering
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 313

1.4.6.4
Verarbeitungsfehler und ihre Ursachen
Für den Verarbeiter von duroplastischen Formmassen (Pressen bzw. Spritz-
gießen), wie für jeden anderen Kunststoffverarbeiter auch, ist die Zuordnung
von Bauteilfehlern zu Verarbeitungsparametern von großem Wert. Eine er-
kannte Fehlerursache lässt sich meist auch beheben. Kapitel 1.4.7.4 gibt hierzu
Auskunft, siehe vor allem Tabelle 1-92.

1.4.6.5
Verarbeitungsverfahren

Pressformen
Zur Durchführung dieses Verfahrens dienen mechanische oder hydraulische
Pressen sowie zwei- oder mehrteilige Werkzeuge. Diese können für das Kalt-
pressverfahren aus GF-verstärkten UP-Harzen hergestellt werden. Mittelgroße
Serien stellt man nach dem Kaltpressverfahren her, große nach dem Warmpress-
verfahren. Beim Warmpressen kann man im Nassverfahren oder mit vorimpräg-
niertem Verstärkungsmaterial (SMC) arbeiten.
Für das Aufheizen und Plastifizieren der Formmassen rechnet man je nach
Typ der Formmasse und Verarbeitungstemperatur mit Grundzeiten von 1 min
und 15 bis 60 s/mm Wanddicke für das Aushärten.
Hieraus resultieren mit der Wanddicke zunehmende Härtezeiten von mehre-
ren Minuten.
Die Härtezeiten können allerdings durch Vorwärmung der Formmasse deut-
lich verkürzt werden.
In Frage kommen:
• Hochfrequenz-, Mikrowelle-, Infrarot-Vorwärmen, insbesondere für tablet-
tierte Formmassen außerhalb des Werkzeuges
• Wärmeleitung von den heißen Werkzeugwänden in die Formmasse (zeitin-
tensiv)
• im Ofen bei Temperaturen, die nicht zum Verkleben der Partikel führen
• durch Friktion (nur beim Spritzgießen und Spritzprägen möglich oder in
Schneckenaggregaten, die den Pressautomaten vorgeschaltet sind).
Bei Schneckenaggregaten wird die Formmasse, wie beim Spritzgießen, mit der ro-
tierenden Schnecke plastifiziert und anschließend mit der als Kolben wirkenden
Schnecke in das Presswerkzeug ausgestoßen (Dosieren). Neueste Entwicklungen
benutzen dafür auch einen oder mehrere Doppelschneckenextruder, deren Plasti-
fikat mittels Handhabungstechnik in das Presswerkzeug eingelegt werden.
Der Pressvorgang (Formgebung) erfolgt je nach Variante der Schmelzwärme-
zufuhr gleichzeitig oder während der Verdichtung beim Schließen des Werkzeu-
ges. Ein Einspritzen aus dem Schneckenzylinder ist, wie beschrieben, auch mög-
lich. Die Presswerkzeuge sind, wie in 1.4.6.1 geschildert, im Unterschied zum
Thermoplast-Spritzgießen beheizt.
314 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-151. Presswerkzeuge zur Verarbeitung duroplastischer Formmassen [1]

Die Pressdrücke in der Form liegen bei Feuchtmassen um die 50 bar, bei
vorgewärmten Massen um 150 bar, maximal bis 400 bar. Jetzt vernetzt die Form-
masse im Formnest durch chemische Reaktion (Aushärten): Die Härtezeit be-
stimmt maßgeblich die Zykluszeit.
Übliche Werkzeugbauarten zeigt Bild 1-151.
Tauchkantenwerkzeuge sind um 10 bis 15 Prozent teuerer als Abquetschwerk-
zeuge. Dafür ist die Nacharbeit durch Entgraten bei Tauchkantenwerkzeugen ge-
ringer. Werden sie nicht präzise mit Formmasse zudosiert, entstehen Lunker
oder Poren bei Unterdosierung und Eigenspannungen bei Überdosierung. Füll-
raumwerkzeuge werden daher besonders bei großen Teilen verwendet, da hier
die Dosierung über Masse einfacher ist. Dagegen fährt man Überlaufwerkzeuge
mit Überschuss bei kleinen Teilen und besonders für Pressautomaten.
Danach werden die Formteile, wie beim Spritzgießen, durch Auswerfersys-
teme entformt und das Werkzeug mittels Blasvorrichtungen gereinigt. Da
beispielsweise bei Phenolharz- und Aminoplastmassen während der Härtung
flüchtige Bestandteile entstehen, ist ein Lüften des Werkzeuges unter Absaugung
durch kurzes Anheben des Stempels zweckmäßig.
Wie oben beschrieben, müssen die heiß entnommenen Formteile entgratet
und „Schwimmhäute“ über Bohrungen eventuell mittels Wasserstrahlschneiden
entfernt werden.
Als Oberflächenbeschichtungen bietet sich für manche Pressformteile das In-
Mould-Pulver-Lackieren oder In-Mould-Painting an. Pulverlack wird elektro-
statisch in das heiße, um 100 bis 200 µm geöffnete Werkzeug eingetragen und
bildet beim erneuten Schließen der Form eine integrale Schicht mit dem Press-
teil, bevorzugt aus UP-Harz.

Spritzpressen (Transfer Moulding)


Während beim Pressen die eingefüllte Masse im Werkzeug von der Wandung her
plastifiziert wird, erfolgt die Plastifizierung des Kunststoffs im Spritzpressen in
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 315

Bild 1-152. Spritzpressen (Transfer Moulding) [1]

einem zusätzlichen Hohlraum (Bild 1-152). Ähnlich wie beim Spritzgießen wird
die plastifizierte Masse über einen Anguss in die Werkzeughöhlung gespritzt.
Möglich ist aber auch die Erwärmung von Masse-Tabletten vor dem Einlegen in
den Zylinder, z. B. mittels Hochfrequenz [1].

Spritzgießen
Die Technologie des Spritzgießens von Duroplasten ist grundsätzlich gleich der
Thermoplastverarbeitung, Bild 1-153. Um vorzeitiges Anvernetzen im Plastifi-
zierzylinder zu vermeiden, dürfen die Temperaturen 80 bis 120 °C nicht über-
steigen. Wie bei der Elastomerverarbeitung muss die Friktionswärme abgeführt
werden, weswegen die Aggregate auch beim Duroplast-Spritzgießen flüssig-

Bild 1-153. Spritzgießen mit Schneckenförderung (schematisch) (Werkbild Bayer [5])


316 1 Einführung in Polymer Engineering

keitstemperiert sind. Die Werkzeugtemperaturen liegen meist zwischen 160 und


200 °C.
Prinzipiell sind die Schnecken zur Verarbeitung vernetzender Formmassen
kürzer und haben eine tiefer geschnittene Einzugszone als Thermoplast-
Schnecken.
Die Kompression bei Duroplast-Schnecken ist gering. Verschlussdüsen und
Rückstromsperren gibt es wegen toter Ecken und vernetzenden Ablagerungen
praktisch nicht.
Wegen der deutlich niedereren Viskosität unvernetzter Formmassen müssen
Trennebenen und Durchbrüche im Werkzeug sehr glatte Oberflächen haben.
Sind die Regelstrategien und konstruktiven Maßnahmen unzureichend, gibt es
entweder Gratbildung oder Brenner und/oder ungenügende Füllung der Kavität.

Gießen
Die Reaktionsharze werden zähflüssig in Styrol gelöst angeliefert. Die Lagerzeit
beträgt unter günstigen Bedingungen (kühl, dunkel) bis zu sechs Monate. Nach
Verarbeitungsvorschrift wird ein Teil des Harzes mit Härter (Peroxid), der Rest
mit Beschleuniger gemischt. Dann werden diese Vormischungen zusammenge-
geben und gemischt. Danach verbleibt eine begrenzte Zeit zur Verarbeitung des
Ansatzes. Unmittelbares Mischen von Härter und Beschleuniger führt zur Ex-
plosion.
Kalthärter vernetzen bei Raumtemperatur. Sie werden 4 bis 5 h bei 80 °C oder
einige Wochen bei Raumtemperatur nachgehärtet. Warmhärter vernetzen bei
Temperaturen von 80 bis 120 °C schnell und gleichmäßig. Sie erfordern keine
Nachhärtung.
Die unverstärkten Gießharze dienen zur Herstellung einphasiger Formteile,
ggf. mit eingebetteten Präparaten.

Glasfaserverstärkte Reaktionsharze: Handlaminieren


Für die Verarbeitung von Reaktionsharzgemischen wurden im Laufe der Zeit
zahlreiche Verfahren entwickelt. Das bekannteste ist das Handlaminieren. Es
wird vor allem bei Einzelstücken, Kleinserien und großflächigen Teilen ange-
wandt. Die erforderlichen Investitionen sind gering. Es eignet sich deshalb vor
allem für den Handwerkbetrieb.
Die aus Glasfaser bestehenden Verstärkerstoffe werden mit Hilfe von Walzen,
Pinseln oder Bürsten mit dem Reaktionsharz von Hand durchtränkt, Bild 1-154.
Aussehen und Oberflächenschutz erfordern das Auftragen harzreicher Deck-
schichten. Sie werden mit dem Pinsel oder der Spritzpistole aufgetragen.

Profilziehen, Pultrusion, Pulforming


Das unter der Bezeichnung Pultrusion bekannte Verfahren zum Herstellen von
GF-verstärkten Profilen aus UP- und EP-Harzen liefert Formstoffe mit Biege-
festigkeiten bis zu 700 N/mm2. Es werden Abzuggeschwindigkeiten bis über
1 m/min erreicht.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 317

Bild 1-154. Handverfahren (schematisch) (Werkbild Bayer [5])

Eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens stellt das in den USA vorgestellte


kombinierte Profilzieh- und Pressformen (pulforming) dar. Die verstärkenden
Glasfaser-Rovings werden nach dem Passieren des Imprägnierbades durch
Presswerkzeuge gezogen und zu komplexen Teilen wie GKF-Federn oder
Stoßfängerträgern geformt. Das Verfahrensprinzip zeigt Bild 1-155.

Wickelverfahren
Rohre, Druckbehälter, Kardanwellen und andere zylindrische Körper können in
rationeller Weise durch Wickeln hergestellt werden. Endlosfasern, Glasfaserge-
webe oder Rovingstränge, die vorher ein Tränkbad mit Abquetschvorrichtung

Bild 1-155. Profilziehverfahren (schematisch) (Werkbild Bayer [5])


318 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-156. Rohrherstellung nach dem Wickelverfahren (schematisch) (Werkbild Bayer [5])

durchlaufen haben, werden auf einen Dorn gewickelt. Die Glasfilament-Ver-


stärkung kann mit Hilfe der Kinematik der Wickelvorrichtung so angeordnet
werden, dass die Festigkeitseigenschaften an jeder Stelle des Formteils den wir-
kenden Kräften entsprechen, Bild 1-156.

Faserspritzen
Statt Textilglasmatten aufzulegen, werden Rovings kontinuierlich in einem
Schneidwerk auf Faserlängen von 20 bis 50 mm geschnitten und auf die mit
Trennmittel versehene Formoberfläche aufgeblasen oder aber auf die zum Be-
schichten vorbereitete Fläche aufgetragen. Gleichzeitig erfolgt der Harzauftrag.
Das vorbeschleunigte Harz wird mit Peroxid innerhalb bzw. außerhalb der Pis-
tole vermischt und verspritzt. Der Spritzvorgang erfolgt von Hand oder man
verwendet entsprechend konstruierte automatische Spritzanlagen. Die Benet-
zung der Faser erfolgt entweder schon während oder aber beim Auftreffen des
aufeinander abgestimmten Glas- und Harzgemenges auf die Form oder auf die
zu beschichtende Fläche.
Beim Faserspritzverfahren, Bild 1-157, unterscheidet man zwischen Nieder-
druck- und Hochdruckverfahren. Damit sind auch die Anforderungen an den
Roving vorgegeben.

Vakuumformen
Kleinserien von Formteilen mit beidseitig glatten Sichtflächen werden nach dem
Vakuumformen, Bild 1-158, diesem Verfahren hergestellt. Es sind zwei Werk-
zeughälften erforderlich. Eine Hälfte kann auch aus einem flexiblen Tuch beste-
hen. In die feste untere Werkzeughälfte werden die Faserbahnen eingelegt, mit
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 319

Bild 1-157. Faserspritzverfahren (schematisch) (Werkbild Bayer [5])

Bild 1-158. Vakuumverfahren (schematisch) (Werkbild Bayer [5])

Harz getränkt und mit dem Gummituch oder der oberen Werkzeughälfte abge-
schlossen. Durch Anschluss des Formnestes an eine Vakuumpumpe wird das
Harz verteilt. Überschüssiges Harz und Luftblasen werden abgesaugt.

Injektionsformen
Dieses Verfahren eignet sich für die Herstellung kleiner und mittlerer Serien. Es
wird mit zwei Werkzeughälften gearbeitet. Vor dem Schließen wird das Ver-
stärkungsmaterial meist in Form eines Vorformlings (Bild 1-159) eingelegt. Dann
320 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-159. Vorformling-Herstellung und Verpressung (schematisch) (z. B. Kotflügel für Motor-
rad) (Bayer, Leverkusen [5])

wird Reaktionsharz in die Werkzeughöhlung gegossen oder nach dem RTM-Ver-


fahren (Bild 1-160) injiziert. Es können komplizierte Formteile mit glatter, ge-
schlossener Oberfläche hergestellt werden, wie Motorhauben u. ä.

Schleuderverfahren
Die formgebenden Werkzeuge werden mit nicht getränkten Verstärkungs-
materialien ausgelegt, die unter Ausnutzung der Zentrifugalkraft mit Reaktions-
harzmasse durchtränkt werden, Bild 1-161. Das Einbringen von Matten und Ge-
weben muss vor Rotationsbeginn erfolgen, während die Aufgabe von Schnittglas
und Harz über eine Lanze während der Rotation ablaufen kann.
Durch die Zentrifugalkraft wird das eingelegte Material an die Außenwand
der Rotationskokille gepresst und mit Harz getränkt. Die Härtung wird durch
Einblasen von Heißluft induziert. Die Drehzahlen richten sich nach den Durch-
messern und bewegen sich im Bereich von 500-3000 Upm.
Die nach dem Schleuderverfahren hergestellten Rohre weisen eine glatte
Außenoberfläche auf.

Pressen faserverstärkter Duroplaste


SMC (sheet moulding compound) ist das Verfahren mit Großserien-Bedeutung,
vor allem in der Automobil- und Elektroindustrie. Die Innenausstattung der
ICE-Züge ist auch aus SMC.
Diese Formmasse besteht im Wesentlichen aus ungesättigten, also härtbaren
Polyesterharzen, dem Härter, mineralischen Füllstoffen, den Glasfasern und ei-
nigen Hilfs- und Zuschlagstoffen. Hierzu zählen Farbpigmente zum Einfärben,
Zinkstearat als Gleit- und Trennmittel und das Magnesiumoxid zum Eindicken
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 321

Bild 1-160. RTM-Verfahren (schematisch) [4]

Bild 1-161. Rohrherstellung nach dem Schleuderverfahren (schematisch) (Werkbild Bayer [5])
322 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-81. Typische SMC-Rezepturen [1]

Type Standard LS LP
Bestandteile Masse % Masse % Masse %

1. Polyesterharz 37,1 27,8 25,54


2. Thermoplastische Komponente – 9,3 14,60
3. Reaktionsmittel 0,4 0,4 0,36
4. Trennmittel 1,5 1,5 1,50
5. Polyethylenpulver 2,0 2,0 –
6. Füllstoffe 55,6 55,6 56,50
7. Pigmentdispersion 3,0 3,0 –
8. Verdickungsmittel 0,4 0,4 1,50
Insgesamt 100,0 100,0 100,0

der Harzmasse. Tabelle 1-81 zeigt drei typische Rezepturen. Bei den LS-(Low-
Shrink) und LP-(Low-Profile) Rezepturen handelt es sich um Formmassen, die
durch den Zusatz von Thermoplastpartikeln modifiziert wurden, um bessere
Oberflächenqualitäten der Bauteile (z. B. Welligkeiten oder Einfallstellen) zu er-
zielen. Die Thermoplastkomponente kann teilweise die Schwindung der Harz-
masse während der Härtung kompensieren [1], siehe auch Kap. 1.4.7.2.3.
Bei einer SMC-Anlage werden auf einem Breitschneidwerk z.B. 40 Roving-
stränge geschnitten. Das auf ca. 20–50 mm geschnittene Glas fällt auf eine mit
Harz-Füllstoff-Paste berakelte Folie und wird anschließend auf der Oberseite mit
einer zweiten ebenso berakelten Folie abgedeckt und zur eigentlichen Harzmatte
zusammengepresst. Nach Durchlaufen einer leicht komprimierenden Laminier-
strecke wird das Laminat als Harzmatte aufgerollt. Dieses kontinuierlich arbeiten-
de Verfahren erzeugt Harzmatten unterschiedlicher Breite. Nach Erreichen des op-
timalen Reifegrades wird die Harzmatte zugeschnitten und verpresst. Durch die

Bild 1-162. Harzmattenverfahren (SMC-Verfahren) (schematisch) (Werkbild Bayer [5])


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 323

Tabelle 1-82. Verarbeitungsparameter (Bereiche) für SMC-Bauteile [4]

Lagerung/Zeit –18°C: 3 Monate, RT: 7 Tage


Reifezeit SMC-Matte ca. 4 Tage
Fläche des Zuschnittpaketes < 70% Werkzeugfläche
Verarbeitungstemperatur 130 bis 160°C
Viskosität bei RT 30.000 bis 50.000 Pas
Viskosität bei 160°C 5.000 bis 10.000 Pas
Pressdruck 80 bis 120 bar
Presskraft je m2 1.000 bis 1.500 t
Härtezeit 1 min/mm Dicke
Zykluszeit 30 bis 90 s je nach Bauteildicke
Nachhärtung in Vorrichtung kühlen
Schwindung 0 bis 0,2% (thermoplastmod.UP) 0,5 bis 3% (UP)
Einleger Metall möglich
Oberfläche IMC (in mould coating)
Materialkosten ca. 3,– €/kg (2,5 bis 5 €/kg)
Lieferformen Kurzfaser-, Matten-, UD-Band-Prepreg
Glasgehalt 30% (25 bis 50 möglich)
Belastungen klebrige SMC-Matten, Styrolgeruch
Halbzeug allgemein (Lagerung, Logistik, d.h. erhöhte
Kosten gegenüber Direktverfahren)

Einarbeitung geeigneter Inhibitoren in die Harzmatten kann die Lagerfähigkeit


bei Raumtemperatur vergrößert werden.Für die fertige Harzmatte ist auch der Be-
griff »Pre-Preg« (preimpregnated material) gebräuchlich [5], Bild 1-162.
Von den Automobilherstellern wird für Karosserieteile aus GFK wegen
Übereinstimmung des Farbtones und aus Kostengründen „on-line“-Lackieren mit
Serienlacken gefordert. Die dabei auftretenden Temperaturen und Verweilzeiten
schädigen die SMC-Formteile zwar nicht, jedoch können dicht unter der Ober-
fläche befindliche Poren und Lunker in der Wärme Krater bilden. Zwar haben die
low-profile Harze (siehe auch Kapitel 1.2.4) zu deutlichen Fortschritten geführt;
das vollständige Vermeiden von Lunkern und Poren gelang jedoch noch nicht.
Als brauchbare – wenn auch aufwändige – Zwischenlösung bewährt sich das
aus den USA übernommene Beschichten der Formteile im Presswerkzeug (In
Mould Coating, IMC). Der Überzug verhindert das Aufbrechen der Poren. Mit
Hilfe dieser Methode kann auch die Oberfläche leitfähig gemacht werden, um sie
für das Elektrotauchlackieren bzw. elektrostatische Spritzlackieren vorzubereiten.
Tabelle 1-82 gibt Bereiche für SMC-Verarbeitungsparameter wieder [4].

Literatur – Kapitel 1.4.6


[1] Michaeli W Einführung in die Kunststoffverarbeitung. München: Hanser 4.Aufl., 1999 ISBN
3-446-21261-2
[2] Saechtling H, Oberbach K Kunststofftaschenbuch. München: Hanser 28. Aufl., 2001 ISBN
3-446-21605-7
[3] Woebcken W (Hrsg) Duroplaste Kunststoffhandbuch 10. München: Hanser 2. Aufl., 1988
[4] Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl., Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[5] Bayer Glasfaser. Leverkusen: Bayer AG Sparte AC 7.79
[6] Dr. Uhlmeyer Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft, Hamburg
324 1 Einführung in Polymer Engineering

1.4.7
Verarbeitungseinflüsse auf Bauteileigenschaften
Jede Art von Be- und Verarbeitung von Werkstoffen beeinflusst die Eigenschaf-
ten des entstandenen Produktes.
Bei Kunststoffen ist der Einfluss der Verarbeitung auf die Fertigteileigen-
schaften besonders groß. Daher muss der Konstrukteur eines Bauteiles die in
Bild 1-163 [1] aufgeführten Faktoren für die Bauteildimensionierung beachten.
Wie riesig die Zahl der Einflussgrößen ist, lassen die Bilder 1-164 [2] und 1-165 [3]
erahnen, die für die Morphologie und den Einspritzvorgang beim Spritzgießen
die Einflüsse auf Formteileigenschaften aufspreizen.
Angesichts dieser Vielfalt und vielschichtigen Verflechtungen kann dieses Ka-
pitel nur eine Kurzfassung sein und nur die wesentlichen Zusammenhänge an-
sprechen.

1.4.7.1
Bauteileigenschaften
Einige wenige allgemeine Bauteileigenschaften sind in Bild 1-163 genannt. Jedes
Bauteil hat spezifische Eigenschaften, sodass es praktisch unmöglich ist, Eigen-
schaften für alle Bauteile umfassend zu beschreiben. Sie lassen sich in Gruppen
zusammenfassen, wie beispielsweise Karosserieaußenteile, Dichtungen, Spielsa-
chen, Elektronikteile usw.
Aber auch innerhalb der Gruppe hat beispielsweise ein Schukostecker im
Hausgebrauch völlig andere Eigenschaften zu erfüllen als eine Steckverbindung
im Motorraum eines LKW.
Jedes Bauteil ist also separat zu betrachten und zwar entlang der gesamten
Produkt-Engineering-Kette, wie sie in Bild 1-166 dargestellt ist. Meistens erfolgt
der Produkt-Entwicklungs- und -Herstellprozess verzahnt, um am Ende das
richtige Produkt für den Markt zum richtigen Zeitpunkt bereitstellen zu kön-
nen.
Tabelle 1-83 nennt einige Bauteile aus Kunststoff. Wie sich später noch zeigen
wird, beeinflussen die verschiedenen Verarbeitungsverfahren die Bauteileigen-
schaften enorm.
Zunächst werden folgende drei Bauteile aus Tabelle 1-83 ausgewählt und bei-
spielhaft deren Bauteileigenschaften, die die Benutzer fordern, dargestellt:
• Bohrmaschinengehäuse (BMG)
• Radialwellendichtring (RWDR)
• Scheibenbremsbelag (SBB).
Die Aktionen und Reaktionen zu diesen drei Beispielen sollen die Breite und
Tiefe der geforderten Eigenschaften von technischen Produkten des täglichen
Lebens zeigen. Die Bauteileigenschaften eines jeden Produktes richten sich nach
den Anforderungen aus seiner Einbauumgebung. Die Beispiele unterteilen sich
daher in die Umgebung (Aktionen), die auf das Produkt (Bauteil) wirken und
seine Reaktionen, die die Bauteileigenschaften ausmachen.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 325

Bild 1-163. Einflüsse auf Bauteileigenschaften (Auswahl) [1]


326 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-164. Einflüsse bei der Kunststoffverarbeitung auf das Gefüge und damit auf die Eigen-
schaften der Erzeugnisse (nach Woebcken [2])

Tabelle 1-83. Beispiele für Bauteile aus Kunststoffen [1]

Anwendung Kunststoff Verarbeitungs- Fertigungs-


verfahren stückzahl
Bauteil Branche

Frontend Automobil, PKW PP-GF/CF Pressen groß


Bohrmaschinen- Maschinenbau PA-GF Spritzgießen mittel
gehäuse
Milchbecher Verpackung PS, PP Warmumformen groß
Hüftpfanne Medizin PE-UHMW Sinterpressen klein
Radialwellen- Fahrzeugtechn. Elastomere Injection- groß
dichtring Maschinenbau Moulding
Scheibenbremsbelag Fahrzeugtechnik Duroplast Pressen groß
Kabelum- Elektrotechnik/ Thermopl. Coextrusion groß
mantelung Elektronik Elastomer
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 327

Bild 1-165. Einfluss des Einspritzvorgangs auf Formteileigenschaften [3]

Anwendungsbeispiele für Kunststoffe

Beispiel 1
Bauteileigenschaften eines Bohrmaschinengehäuses (BMG)
(Beispiel: Handwerker-Ausführung)

a Umgebung (Aktionen)
• Temperatur: – 30 bis + 90 °C
• Bestrahlung: UV, IR, Ozon
• Medien: Wasser, Reinigungsmittel, Lösemittel, Öle, Staub, Schmutz
• Schläge: Kurz- und langzeitige hohe Belastungen, z. B. 6 m Fallhöhe
• Betrieb: Schwingungen, Schlagbohren, Betriebsstunden, Stillstands-
zeiten, Überlastungen (elektrisch, mechanisch, thermisch)
• Missbrauch: z. B. als Hammer oder Spaltgerät mit entsprechendem Ein-
satz

b Eigenschaften des BMG (Reaktionen)


• teilkristalliner Thermoplast
kurzglasfaserverstärktes Polyamid (PA 6-GF35)
– Schlagzähigkeit
– Thermische + elektrische + mechanische Festigkeit sowie Steifigkeit
– Wasseraufnahme/-abgabe
– Dämpfungsvermögen
328 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-166. Umweltgerechtes Produkt-Engineering, Verzahnung von Teilschritten [1]

– Morphologie (Kristallisation)
– Schwindung/Schrumpfung
– Verzug
– Kratzfestigkeit
• Konstruktion
– Ergonomie
– Rippen-Wanddicken-Verhältnis
– Lage Bindenähte
– Radien
– Lage Anguss
– Lage Orientierungen
– Gebrauchssicherheit
– Kreislauffähigkeit (Recycling)
– Integration von Zusatzfunktionen
– Füllsimulation
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 329

Bild 1-167. Photo eines Bohrmaschinengehäuses (Bosch)

• Verarbeitung durch Spritzgießen


– Werkzeugtechnik
– Integrierte Oberflächentechnik
– Nacharbeit
– Herstelltoleranzen
– Recycling von Produktionsreststoffen
– Eigenspannungen
– Molekül-/Glasfaserorientierungen
– Morphologie
– Herstellkosten

Beispiel 2
Bauteileigenschaften eines Radialwellendichtringes (RWDR)
(Beispiel: Antriebsstrang und Nebenaggregate)

a Umgebung (Aktionen)
• Öl auf der Innenseite
Temperatur –40 bis + 150 °C; Druck 0 bis 0,3 (max. 6) MPa; Ölart (Viskosität);
Additive im Öl; Abbauprodukte im Öl (feste Verkokungen, Späne aus der Ag-
gregatefertigung)
• Welle: Durchmesser; Drehzahl ≈ 0 bis 12000 min–1; Oberflächenbeschaf-
fenheit; Exzentrizität; Wellenschlag (zul. 0,1 bis 0,3 mm); Polygoneffekt; Ver-
satz (zul. 0,2 bis 0,5 mm); axiale Bewegung; Werkstoff (z. B. Korrosion, Ver-
schleiß);
330 1 Einführung in Polymer Engineering

• Gehäuse: Oberflächenbeschaffenheit; Exzentrizität; Toleranzabweichungen;


Werkstoff;
• Betrieb: Schwingungen/Dynamik; Laufperioden; Betriebsstunden; Still-
standszeiten;
• Belastungen von der Außenseite: Ozon, UV, Infrarot; verschiedene Medien;
Staub und Schmutz;

b Eigenschaften des RWDR (Reaktionen) (in Anlehnung an Brinck [4])


• Elastomer-Werkstoff
– Ölquellung
– Relaxation
– Kriechen
– Thermische Wirkung
– Ausdehnung
– Schwindung
– Hysterese und Elastizität
– Dehnungsverhalten
– Viskoelastische Schwingung und Dämpfung
– Kristallisation/Morphologie
– Montagefähigkeit (Weiterreißfestigkeit)
– Reibungsverhalten
– Vernetzung
– Härte
– Verschleißfestigkeit
– Alterungsverhalten
– Emissionen
– Chem. Beständigkeit
– Kosten
– Großserienfähige Herstellbarkeit
• Konstruktion
– Radialkraft
– Federkraft
– RK Dichtlippe ohne Feder
– Anlagefläche
– Gestaltung der Dichtlippe
– Abstand Feder-Dichtkante
– Anzahl der Dichtlippen
– Querschnitt Federnut-Dichtkante
– Füllsimulation
– Dichtlippenwinkel < Rückförderdrall
– Elastomervolumen
– Lippenlänge
– Versteifungsblech: Abmessungen u. Werkstoff
– Kosten
• Verarbeitung durch Injection-Molding oder Transfer-Pressen
– Herstellungstoleranzen
– Vernetzungsgrad
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 331

– Oberflächenbeschaffenheit
– Werkzeugtechnik
– Morphologie
– Kosten
– Qualitätsmerkmale

Beispiel 3:
Bauteileigenschaften eines PKW-Scheibenbremsbelages (SBB)

a Umgebung (Aktionen)
• Temperatur: Betrieb bis 1000 °C; Umgebung – 40 bis + 80 °C
• Bremsdruck: 90 bar
• Medien: Wasser, Bremsflüssigkeit, Öle, Reinigungsmittel, Staub,
Schmutz
• Bremsscheibe: Werkstoff, Oberflächenbeschaffenheit,
• Fahrweise/ Stadt (Taxi, Polizei), Autobahn, Gebirge, mit Anhänger,
Betrieb: Betriebsstunden; Stillstandszeiten;
• Befestigung Niet, Kleben, Formschluss
auf Träger:

b Eigenschaften des SBB


• Werkstoff: z. B. Gemisch aus 10 bis 20 Bestandteilen mit Dominanz von Phe-
nolharz (z. B. Novolak-Hexa-Pulverharz), beigefügt NBR und/oder SBR sowie
Füllstoffe, Metallpulver, Schmierstoffe, Reibstützer, Fasern
– niederer Verschleiß von Belag und Scheibe
– konstanter Reibwert in allen Situationen
– geringste Emissionen
– geringe Masse
– chem. Beständigkeit
– Dämpfung
– ausreichende Abscherfestigkeit
– Härte
– Vernetzung
– Morphologie
– Kosten
– Wärmeleitfähigkeit
• Konstruktion
– Verbindung Belag-Trägerplatte
– Geometrie der Reibfläche
– Trennnute für Wasserfilm
– Geräuschverhalten (Rattern, Quietschen)
– Anzeige für Funktionsende
– geringe Betätigungskraft der Bremse (Komfort)
• Verarbeitung durch Heißpressen
– Rezepturgestaltung
– Vormischen (Pulver, Granulat)
– Verpressen mit Lüften
332 1 Einführung in Polymer Engineering

– Vernetzung zu 97 % durch Härtezyklen


– Fertigbearbeitung (Sandstrahlen, Seitenschleifen, Stärkeschleifen, Nuten,
Lackieren, Stempeln, Kontrolle, Verpacken)
– Qualitätsmerkmale
– Werkzeugtechnik
– Toleranzen
– Kosten
• Umwelt
– gesundheitlich unkritische Bremsstäube (Straße, Werkstatt)
– keine Lärm- und Geruchsbelästigung

1.4.7.2
Einflüsse des Verfahrens und des Kunststoffes
auf die Bauteileigenschaften
Die Prozessparameter der verschiedenen Verfahren und die Materialkenn-
größen bestimmen entscheidend die Eigenschaften von Bauteilen mit.
Die verarbeitungstechnischen Materialeigenschaften sind
• Fließen (Orientierungen, Formfüllung)
• Erstarren

(Kristallisation, Eigenspannungen,
• Schwinden Maßhaltigkeit, Verzug …)
Die wesentlichen Prozessparameter für die Formteilbildung am Beispiel Spritz-
gießen sind
• Massetemperatur
• Werkzeugoberflächentemperatur
• Einspritzgeschwindigkeit
• Nachdruck (bzw. Werkzeuginnendruck)
• Nachdruckzeit
• Kühlzeit (Zykluszeit)
• Angusssystem, Angusslage
Für andere Verfahren wie Extrudieren, Pressen, Umformen gelten die Parameter
analog bzw. verändert.
z. B. Pressen von unvernetzten oder vernetzenden Kunststoffen
• Temperatur von Vorformling bzw. Formmasse
• Werkzeugoberflächentemperatur
• Fließgeschwindigkeit
• Werkzeuginnendruck
• Kühl- bzw. Vernetzungszeit
Viele der im Folgenden meist für das Spritzgießen von Thermoplasten ausführ-
lich dargestellten Zusammenhänge zwischen den Verfahrensparametern und
den Bauteileigenschaften lassen sich modifiziert auch auf andere Verarbei-
tungsverfahren übertragen.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 333

1.4.7.2.1
Thermoplaste und thermoplastische Elastomere:
Molekül-Orientierungen
Spritzgießen
■ Entstehung der Molekül-Orientierungen beim Urformen
Besonders beim Spritzgießen,wo hohe Schergeschwindigkeiten auftreten,ergeben
sich Molekülorientierungen, die durch schnelles Abkühlen an der kalten Form-
wand eingefroren werden. Orientierungszustände beim Extrudieren und Kalan-
drieren sind weniger stark ausgeprägt. Beim Spritzgießen von Thermoplasten be-
netzt die Schmelze bei richtigem Anschnitt die Wand und bleibt an der Formwand
in dünner Schicht haften. Die nachfließende Schmelze strömt über diese Schicht
hinweg. Die Form wird in der Regel nicht wie beim Metallguss durch Freistrahl,
sondern durch Quellfluss gefüllt, d.h. die Strömungsfront in geometrisch einfa-
chen Teilen lässt sich in jedem Zeitpunkt der Formfüllung durch Kreisbogen be-
schreiben, deren Mittelpunkt bzw. Mittelpunkte im Anschnitt liegen.
Die in einem Spritzgussteil auftretende Orientierung ist abhängig von


Konstitution der Makromoleküle
beeinflussen Viskosität und
• Molmasse
Elastizität der Schmelze
• Verschlaufungsgrad
• Verarbeitungsparameter, wie Temperatur von Masse und Werkzeug, Dicke
des Teiles, Formfüllgeschwindigkeit, Nachdruckhöhe und -zeit.
Durch die Scherung – insbesondere an der Formwand – werden die Makromo-
leküle ausgerichtet und beim Erstarren eingefroren, Bild 1-168.

Bild 1-168. Verzerrung eines kreisförmigen


Flächenelementes in der Scherströmung nach
einer Darstellung von M. Chatain. Die Ausrich-
tung der Molekülstruktur ist durch ein einzel-
nes Fadenmolekül angedeutet
t = Fließzeit t0 < t1 < t2 < t3 < t4
334 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-169. Deformation von Volumen-


elementen im Massestrom [5]

Aus der Darstellung Bild 1-169 wird deutlich, dass Orientierungseffekte in


zwei zueinander senkrechten Richtungen auftreten können:
• in Fließrichtung infolge Scherströmung (führen zu Normalspannungen)
• senkrecht dazu infolge Dehnströmung (führen zu Schubspannungen).
Werden beide eingefroren, lassen sich biaxiale Orientierungszustände und ent-
sprechende Verfestigungen des Werkstoffes erreichen.
In Fließrichtung wird in der Regel das Orientierungsmaximum nahe an der
Oberfläche des Formteiles liegen, in der Wandmitte ein Minimum.
Über dem Querschnitt der Bauteilwand herrscht also ein unterschiedlicher
Orientierungsgrad. Bedingt durch verschiedene Fließzustände und Abkühlge-
schwindigkeiten über der Bauteildicke lassen sich verschieden orientierte
Schichten unterscheiden. Vereinfachend sind am erkalteten Formteil drei
Schichten nachzuweisen [6–8]:
• eine verstreckte Außenhaut (in Angussnähe infolge Nachdruck oft biaxial
verstreckt)
• eine hochorientierte Schicht, die durch Scherung bei gleichzeitiger schneller
Abkühlung entstanden ist
• eine Mittelschicht geringerer Orientierung (langsamere Abkühlung und ge-
ringere Scherung).
Für den Bauteilkonstrukteur und den Verarbeiter ist zur Beurteilung des
Fließens von Kunststoffschmelzen in Werkzeugen die Viskositätsfunktion (Bild
1-170 [6]) wichtig. Sie beschreibt für die Kunststoffschmelze, Beispiel ABS in Bild
1-170, die Abhängigkeit des Fließverhaltens von der Schergeschwindigkeit
(Schmelzebelastung).

■ Auswirkung der Molekül-Orientierung


Durch die Orientierung der Makromoleküle in einer Vorzugsrichtung werden
mehr Hauptvalenzbindungen in dieser Richtung wirksam und ersetzen teilweise
die um etwa eine 10er-Potenz niedrigeren Nebenvalenz-Bindungen. Somit er-
geben sich unterschiedliche physikalische Eigenschaften in Orientierungsrich-
tung und senkrecht dazu.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 335

Bild 1-170. Viskositätsfunktion für den amorphen Thermoplast ABS (Terluran 967 K), BASF [6]

Der Werkstoff verhält sich anisotrop. Wie stark sich die Festigkeitswerte än-
dern können, zeigt das Spannungs-Dehnungs-Diagramm an verschieden ge-
recktem PMMA bzw. der E-Modul bei verstrecktem PVC, Bilder 1-171 und 1-172.

Definition:
Zunahme der Probenlänge infolge Recken
Reckgrad = 00000002 ¥ 100%
Probenlänge vor dem Recken
In der Literatur [8] kann man weitere Korrelationen z. B. der Festigkeit zum
Orientierungsgrad finden. Ergebnisse hierzu sind für Polypropylen und Poly-
styrol in den Bildern 1-173 und 1-174 [9] dargestellt. (Als mittlere Orientierung
definiert Backhaus das Integral der aus der Polarisationsoptik ermittelten Ori-
entierungsverteilung über dem Querschnitt.)
Sofern möglich, sollte man die Richtung der größten Orientierung mit der
Hauptbeanspruchungsrichtung zusammenfallen lassen. So kann der Formstoff
(Werkstoff) im Bauteil optimal genutzt werden.

■ Beseitigung von Molekülorientierungen


Gleichzeitig mit dem Entstehen der Orientierungen laufen Reorientierungs-
vorgänge ab, d. h. die Moleküle haben das Bestreben, ihre energetisch günstigere
Lage – statistisch regellose Knäuelform – wieder einzunehmen und so die Rück-
stellung eingebrachter Orientierungen zu bewirken [6].
In Formteilen vorhandene Orientierungen können gezielt verringert oder an-
nähernd auch völlig beseitigt werden durch:
Warmlagern bei T > Tg bei amorphen oder T @ Tm bei teilkristallinen
Thermoplasten.
336 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-171. Spannungs-Dehnungs-Dia-


gramme von monoaxial gerecktem PMMA
mit verschiedenem Reckgrad [9]

Bild 1-172. Dynamischer Elastizitätsmodul von verstrecktem PVC in Abhängigkeit vom Streck-
verhältnis (T = 22 °C, f = 320 Hz) [10]

Hierdurch tritt eine Rückknäuelung der Makromoleküle auf (Memory-Effekt).


Die Geschwindigkeit der Rückknäuelung ist stark temperaturabhängig. Soll die
Gestalt des Teiles dabei erhalten bleiben, so muss unter Formzwang gelagert wer-
den. Andernfalls tritt eine Gestaltänderung auf, die als „Schrumpf“, „Rück-
schrumpf“ oder „Schrumpfung“ bezeichnet wird.Aus Kostengründen kann in der
Praxis nur in Sonderfällen unter Formzwang gelagert werden. De facto gibt es also
keine (bezahlbare) Möglichkeit der Beseitigung von Molekülorientierungen.
Allein schon deren Verringerung „kostet“ Zykluszeit, indem beispielsweise
die Werkzeugtemperatur deutlich erhöht wird und dadurch eine erhöhte Rela-
xation (Rückknäuelung) der Makromoleküle erreicht wird. Dies ist praktisch ein
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 337

Bild 1-173. Einfluss der


Orientierung auf die Streck-
grenze von PP [6] (nach
Backhaus [8])

Bild 1-174. Einfluss der


Orientierung auf die Zug-
festigkeit von PS [6] (nach
Backhaus [8])

Formzwang unter erhöhter Temperatur. Teilerfolge lassen sich mit geringeren


Schergeschwindigkeiten beim Formfüllen erzielen, wie beheizte Düsen, größere
Anschnittquerschnitte, höhere Schmelzetemperatur. Mit jeder dieser Maßnah-
men erkauft sich der Verarbeiter jedoch Nachteile wie Teilfüllung oder
Molmassenabbau u. a.

Umformen
■ Entstehung der Molekül-Orientierungen beim Umformen
Kaltumformen
Kaltumformen bei amorphen Thermoplasten wird praktisch nicht angewandt
(hohe Formkräfte; Gefahr der Werkstoffschädigung; beim Wiedererwärmen
Rückstellung). Bei teilkristallinen Thermoplasten ist Kaltumformen zum Teil
möglich; z. B. lässt sich Polypropylen nageln.
338 1 Einführung in Polymer Engineering

Warmumformen
Erfolgt bei amorphen Thermoplasten im thermoelastischen (entropieelasti-
schen) Bereich oberhalb Tg bzw. bei teilkristallinen Thermoplasten ca. 30 °C un-
ter Tm (siehe Versuch mit einem Becher weiter unten).

Verstrecken
Man unterscheidet Warm- und Kaltverstrecken, wobei infolge Dissipation (in-
nere Reibung) auch beim Kaltverstrecken Temperaturen innerhalb der Fließ-
zone bis zu ca. 120 °C zu beobachten sind.

Extrudieren
Wie oben schon erwähnt, sind die Orientierungen beim Extrudieren infolge ge-
ringerer Scherkräfte auf die Thermoplastschmelze geringer, aber vorhanden.
Die Strangaufweitung beim Extrudieren oder das Schwellenverhalten beim
Extrusionsblasformen sowie beim Textilfadenspinnen aus der Schmelze steht
mit den Molekülorientierungen, die sich infolge Scherkräfte beim Düsendurch-
tritt bilden, in Verbindung, Bild 1-175.
Beim freien Ausströmen einer viskoelastischen Kunststoffschmelze aus einer
Düse wird der Strang dicker als der Düsendurchmesser. Diese Erscheinung ist
umso ausgeprägter, je kürzer die Düse ist.

Erklärung zu Bild 1-175:


Durch Scherkräfte werden Molekülketten in Scherrichtung beim Düsendurch-
tritt orientiert. Die Makromoleküle werden demnach zwangsweise aus einem
ungeordneten, verknäuelten Zustand in einen Zustand größerer Ordnung ge-
bracht.
Nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik streben alle Stoffe die größt-
mögliche Unordnung an. (Das Maß für diese Unordnung ist die Entropie).

Bild 1-175. Schematische Darstellung des rheologischen Verhaltens von Kunststoffschmelzen


beim Düsendurchtritt (in Anlehnung an [11])
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 339

Wegen des viskoelastischen Verhaltens von Kunststoffen allgemein und


Kunststoffschmelzen im Besonderen erfolgt diese Rückknäuelung der Molekül-
ketten zeit- und temperaturabhängig, entropieelastisch. Je länger die Düse ist,
um so mehr Zeit haben die Makromoleküle in einem vorgegebenen Düsenquer-
schnitt zu relaxieren, d. h. die Strangaufweitung nach Austritt aus der Düse wird
klein sein.
Der Anteil des viskosen Fließens innerhalb der Düse ist groß, die gummielas-
tische (entropieelastische) Rückdeformation nach Austritt ist klein. Ist die Düse
kurz, findet kaum Relaxation beim Düsendurchtritt statt, der entropieelastische
Anteil überwiegt, die Strangaufweitung ist groß.
Diese beschriebenen Vorgänge können nur bei Temperaturen weit oberhalb des
Glaspunktes bzw. des Schmelzpunktes ablaufen. Wird eine Kunststoffschmelze in
eine in der Regel kalte (~ 50 bis 80°C) Spritzgussform gespritzt, werden die vor-
handenen Molekülorientierungen und örtlich unterschiedlichen Spannungen ein-
gefroren und bestimmen weitgehend die Produkteigenschaften. Dies gilt für das
Extrudieren beispielsweise von Rohren in ähnlicher Weise, da hier der Schmelze-
strang unmittelbar nach Düsenaustritt in die Kalibrier- und Kühlzone eintritt. Der
Einfluss der Düsenlänge bleibt jedoch hiervon unbeeinflusst.
Die Beschreibung der Entstehung, der Auswirkungen und der Beseitigung
von Molekülorientierungen gilt analog auch für die Orientierungen von Fasern
(nicht für deren Beseitigung). Glasfasern, beispielsweise, richten sich infolge
Scherkräfte in der Kunststoffschmelze in Fließrichtung aus. Bei Scher- und
Dehnströmung gibt es somit auch über der Wanddicke eines Formteiles senk-
recht zueinander stehende Molekül- und Faserorientierungen beim Spritz-
gießen oder beim Aufeinandertreffen von Schmelzeströmen (Bindenähte), senk-
recht zu den Fließrichtungen stehende Molekül- und Faserorientierungen. Dies
wird umso ausgeprägter sein, je kälter die Schmelzetemperatur ist (viskositäts-
bedingte höhere Scherkräfte). Die Bindenaht wird zur Schwachstelle.
Bild 1-176 zeigt anhand der Schwindung die Anisotropie eines mit 30 % Glas-
fasern gefüllten Materials [12]. Solche Schwindungsunterschiede führen ver-
ständlicherweise am fertigen Bauteil zu starken Verzugserscheinungen.
Für den Konstrukteur bedeutet dies, er muss Strömungsrichtungen während
der Füllphase entweder aus Erfahrung kennen oder Simulationsprogramme zur
Beschreibung des Füllbildes heranziehen (siehe Kapitel 1.6).
Orientierungen von Molekülen und von Fasern sind also, wie oben beschrie-
ben, Verstärkungen in Richtung der wirkenden Kräfte, sie sind aber wegen der
geringeren sekundären Bindekräfte zwischen Molekülen Schwachstellen senk-
recht zu den Kraftrichtungen.
Versuch: Ein Kunststoffbecher z. B. tiefgezogen oder spritzgegossen wird zer-
drückt.

■ Einfluss von Molekülorientierungen auf Eigenschaften


1. Warum bricht der Becher in Längsrichtung, warum nicht quer dazu?
Weil die Makromoleküle beim Umformen (ca. 120 °C) durch Scherung orien-
tiert werden (Bild 1-177) und diese Orientierung beim schnellen Abkühlen
eingefroren wird. Und weil die Bindekräfte innerhalb eines Makromoleküls
ca. um den Faktor 20 höher sind als zwischen den Makromolekülen.
340 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-176. Orientie-


rungseinfluss auf die
Schwindung von glas-
faserverstärktem PBT
[12], BASF AG

Bild 1-177. Aus einem isotropen Molekülknäuel werden infolge Scherung beim Urformen oder
Umformen anisotrope Molekülorientierungen [1]

2. Wie kann man diese Schwachstelle vermindern?


Durch andere Werkstoffwahl kann Problem reduziert werden oder andere
Spritzbedingungen bzw. Tiefziehbedingungen wählen
Problem vermindert – Kosten erhöht:
Beispiel Spritzgießen: Schmelzetemperatur erhöhen, Formwerkzeugtempera-
tur erhöhen – vermindert die Anisotropie, verlängert aber die Zykluszeit.
3. Was passiert, wenn man den Becher über Tg erwärmt?
Im Fall des tiefgezogenen Bechers warmgeformt aus der Halbzeug-Platte:
Erinnerungsvermögen an die ebene Form der Halbzeug-Platte Æ orientierte
Makromoleküle nehmen die entropisch günstige Gestalt wieder an, sobald die
Beweglichkeit der Makromolekülketten (Ketten gleiten aneinander ab) dies
zulässt (T >> über Tg) (besonders gut bei Polystyrol zu beobachten)
Anhand der verschiedenen Eigenschaften wird je Teilbild in Bild 1-178 der Ein-
fluss der Molekülorientierungen in einem spritzgegossenem Formteil
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 341

a) parallel zur Spritzrichtung (gekennzeichnet mit || und durchgezogene Linie)


b) senkrecht zur Spritzrichtung (gekennzeichnet mit ^ und gestrichelt gezeich-
nete Linie)
sichtbar.

Bild 1-178. Orts- und Richtungsabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften eines Spritz-
gussteiles (U. Delpy, IKP) [13]

Je näher der Messort am Anguss liegt (Abszisse), umso ausgeprägter ist bei
der Reißfestigkeit und der Streckspannung der Einfluss der Orientierungen.
Molekülorientierungen, als Folge der Scherkräfte beim Verarbeiten, sind ver-
fahrensspezifisch stark unterschiedlich. Beim Spritzgießen von Thermoplasten
und thermoplastischen Elastomeren haben Molekül- und Faserorientierungen
einen dominierenden Einfluss auf die Bauteileigenschaften.
Wie der Versuch mit dem Kunststoffbecher zeigt, sind auch beim Warm-
umformen die Orientierungen sehr ausgeprägt. Dies ist, wie schon erwähnt,
342 1 Einführung in Polymer Engineering

beim Extrudieren geringer und, je niedriger die Viskosität oder je geringer die
Schergeschwindigkeit und je kürzer die Fließwege sind, umso weniger ausge-
prägt.

Pressen
Beim Pressen, beispielsweise von Glasmatten verstärkten Thermoplasten (GMT)
oder von langfaserverstärkten Thermoplasten im Direktverfahren (LFT-D) oder
auch von duroplastischem SMC, hängt die Orientierung von Makromolekülen
und Fasern von der Größe der Scherkräfte ab.
Zuschnitte, die die Kavität weitgehend ausfüllen, also in der Regel einfache
Formteilgeometrien, weisen kaum Orientierungen auf.
Zuschnitte, die beim Pressen lange Fließwege vor sich haben, ergeben für
Moleküle und Fasern ausgeprägte Orientierungen.
Dies gilt nach neueren Erkenntnissen auch für Langglasfasern, die
unerwarteterweise bis zu 40 mm hohe Rippen beispielsweise eines Frontends
eines PKW durch eingelegte versteifende Glasfasergewebe hindurch ausfüllen
[14, 15].
Der Einfluss von Molekül- und Faserorientierungen auf die Bauteileigen-
schaften ist gewichtig.
Eigenspannungen in Bauteilen als Folge der Verarbeitung sind eine weitere
bedeutende Einflussgröße.

Eigenspannungen in Formteilen und Bauteilen


■ Definition
Spannungen, die in Körpern (Formteile, Bauteile) ohne Einwirken äußerer
Kräfte vorhanden sind, werden als Eigenspannungen oder innere Spannungen
bezeichnet.

■ Merkmal
Die aus Eigenspannungen resultierenden Kräfte F und Momente M sind gleich
Null; d. h. es existiert statisches Gleichgewicht (SF = 0; SM = 0).

■ Entstehung
Eigenspannungen entstehen durch behinderte Volumenänderung in festen
Körpern (E-Modul > 0).

■ Wirkung auf Makromoleküle


In Kunststoffen führen Spannungen zu Abweichungen der Atomabstände (a)
und der Valenzwinkel (a) von der jeweiligen statistischen Gleichgewichtslage.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 343

■ Ursachen der Behinderung von Volumenänderungen


Die Behinderung entsteht durch örtlich unterschiedliche Volumenänderung in-
folge örtlich und/oder zeitlich unterschiedlicher Vorgänge. Nach Bild 1-179 erge-
ben beispielsweise örtlich unterschiedliche Temperaturen Änderungen des spe-
zifischen Volumens.
Beispiele für solche in der Kunststofftechnik häufig auftretende örtlich unter-
schiedliche Vorgänge sind:
Abkühlung * einschl. kalte Einlegteile
Nachdruck (beim Spritzguss)
Quellung


Krisallisation*
Polyreaktion bzw. Polymerisation strukturelle Änderungen
einschl. Vernetzen
* gilt beispielsweise auch für Metalle und Keramiken
Für den Konstrukteur (Bauteil und Werkzeug) und vor allem für den Verarbei-
ter sind derartige Zusammenhänge für die Bauteileigenschaften von grundle-
gender Bedeutung.
Das p, v, T-Diagramm, Bilder 1-180 und 1-181, BASF AG [6] verdeutlicht die
thermodynamischen Zusammenhänge zwischen Druck (p), spezifischem Volu-
men (v) und der Temperatur (T). Kompressibilität und Schwindung einer
Kunststoffschmelze und eines Bauteils lassen sich damit vorhersagen.
Das spezifische Volumen und damit die Schwindung des Kunststoffes – hie-
raus entnimmt der Werkzeugmacher die erforderlichen Übermaße für seine
Konstruktion, um die geforderten Bauteilabmessungen zu erreichen – sind den
Werkzeuginnendrücken und den entsprechenden Massetemperaturen zuzuord-
nen.
Aus örtlich schwankenden Prozessparametern ergeben sich örtlich unter-
schiedliche Schwindungen.

Bild 1-179. Spezifisches Volumen eines amorphen Polymeren links und eines teilkristallinen
Polymeren rechts in Abhängigkeit von der Temperatur
344 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-180. p, v, T-Diagramm


für den teilkristallinen Ther-
moplast Polyoxymethylen
(POM), BASF AG [6]

Bild 1-181. p, v, T-Diagramm


für das amorphe Terpolymer
(Thermoplast) Acryl-Buta-
dien-Styrol (ABS), BASF AG
[6]

Die verschiedenen Arten von Eigenspannungen können durchaus gleichzei-


tig auftreten, beispielsweise durch Abkühlung, Nachdruck und Kristallisation
beim Spritzgießen teilkristalliner Thermoplaste. Ebenso existieren keine schar-
fen Grenzen zwischen den Eigenspannungen verschiedener Art.

Abkühlung
Beispiel für Abkühleigenspannungen:
Während des beidseitigen Abkühlens einer warmen Tafel aus amorphem Kunst-
stoff ergeben sich parabelförmige Temperaturprofile über die Tafeldicke, Bild
1-182. Sofern die Ausgangstemperatur oberhalb der Glastemperatur liegt und die
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 345

Bild 1-182. Temperaturprofile T(x,t)


während des Abschreckens einer gleich-
mäßig durchwärmten Platte (Tmax) zu
verschiedenen Zeiten. (t0 < t1 < t2 < …)

Abkühlung sehr rasch erfolgt (Abschrecken), bildet sich näherungsweise eine


parabelförmige Eigenspannungsverteilung über den Querschnitt aus.
Die zahlenmäßige Abschätzung der Abkühleigenspannungen sE ebener oder
nur mäßig gekrümmter Platten erfolgt nach Gleichung (1):
2 6x2 1
sE = – 3 a · E · (Tg – Ts) 7
3 冤 –
d2 32 冥 (1)

E … E-Modul; a ... linearer Wärmeausdehnungskoeffizient


TS … Oberflächentemperatur (Abschrecktemperatur)
Tg … Glastemperatur; x … Ortskoordinate; d … Tafeldicke

Für die höchste Temperatur im Scheitel der Parabel wird die Glastemperatur Tg
gesetzt, da sich erst unterhalb von Tg merkliche Spannungen ausbilden können.
d

Aus vorheriger Gleichung folgt für die an der Oberfläche x = 3 auftreten-
den Druckeigenspannungen 2 冣
2
sDE = 3 a · E · (Tg – Ts) (2)
3
In Bild 1-183 stellt die ausgezogene Gerade die nach Gleichung (2) angegebene li-
neare Relation dar, wobei der Elastitätsmodul E im Glaszustand gleich
3000 N/mm2 und der lineare Ausdehnungskoeffizient a im Glaszustand mit
80 ¥ 10–6 grd–1 eingesetzt wurde. Der Einfachheit halber ist mit konstantem E
und a gerechnet.

Bild 1-183. Druckeigenspannungen an


der Oberfläche abgeschreckter Tafeln
aus PMMA [1]
346 1 Einführung in Polymer Engineering

Die Druckeigenspannungswerte von ca. 20 N/mm2 an der Plattenoberfläche


wirken sich bei äußeren Zugspannungen und einwirkenden Medien im Hinblick
auf Spannungsrissbildung positiv aus.
Bei langzeitig wirkender statischer Biegebelastung kann es, insbesondere bei
tiefen Temperaturen, zum Überschreiten der zulässigen Druckspannungen auf
der Druckseite kommen.
Überlagert werden die abkühlbedingten Spannungen durch strömungsbe-
dingte Spannungseffekte. Beim Füllvorgang wird die Fließfront biaxial gedehnt;
diese Dehnungen werden bei Kontakt mit der in Relation zur Massetemperatur
„kalten“ Wand eingefroren, im Formteilkern herrschen Druckspannungen vor.
Es ergibt sich die in Bild 1-184 dargestellte Spannungsverteilung [7].
Bei der Entformung des Teils können diesem Spannungszustand weitere Ef-
fekte überlagert werden. Steht ein Spritzgussteil bei der Entformung noch unter
„Restdruck“, so werden die äußeren Schichten des Teils gedehnt. Die daraus
resultierenden Eigenspannungsüberlagerungen sind in Bild 1-185 zu erkennen
[7]. Im Extremfall können sich in den Randbereichen Zugeigenspannungen aus-
bilden.
Untersuchungen der BASF AG [6] zeigten, dass die Entformung unter Rest-
druck und damit künstlich eingebrachte Expansionsspannungen nur einen
vernachlässigbaren Einfluss auf die mechanischen Kennwerte besaß (Wand-
dicke der Teile 3 mm).
Gleichzeitig mit dem Entstehen der Eigenspannungen setzt die Relaxation,
der Abbau der Spannungen, ein. Dieser Abbau kann so schnell ablaufen, dass
schon kurz nach dem Entformen keine Spannungen durch spannungsrissauslö-
sende Medien mehr nachgewiesen werden können [16].
Auf der anderen Seite treten jedoch auch so große Eigenspannungen auf, dass
sie zum Materialversagen in Form von Fließzonen führen. Aus dem Bereich op-
tischer Anwendungen ist bekannt, dass Eigenspannungen großen Einfluss z. B.
auf den Brechungsindex haben. Bei Standardpolystyrol wurden zum Teil schon
vor der Entformung Spannungsrisse im Teil festgestellt [7].

Bild 1-184. Überlagerung von abkühl- und strömungsbedingten Eigenspannungen [6] (nach
Wübken [7])
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 347

Bild 1-185. Überlagerung der Abkühl-, Strömungs- und Expansionseffekte bei der Entformung
unter Restdruck [6] (nach Wübken [7])

Die Massetemperatur beeinflusst Eigenspannungen nur unwesentlich. Eine


erhöhte Werkzeugoberflächentemperatur hingegen führt zu geringeren Abkühl-
geschwindigkeiten, die Spannungsrelaxation kann länger auf höherem Tempe-
raturniveau ablaufen, und es ergeben sich geringere Eigenspannungen. Für die
Bauteileigenschaften sind jedoch, wie schon erwähnt, symmetrische Verhält-
nisse anzustreben. Geringere Nachdrücke führen nach den Erfahrungen zu ge-
ringen Eigenspannungen.
Ähnlich wie beim Abschrecken einer Tafel stellt sich ein Temperaturgradient
im Formwerkzeug beim Abkühlen aus der Schmelze ein. Die Vorgänge sind aber
insbesondere beim Spritzgießen komplizierter, da bereits die Formfüllung nicht
isotherm verläuft. Dies ändert jedoch nichts an der Form des Spannungsver-
laufs: Druckspannungen an der Oberfläche, Zugspannungen im Werkstoffinne-
ren, sofern nicht durch überhöhten Nachdruck das Werkzeug „überladen“
wurde.
Beispiel: Umspritzen von Einlegeteilen (Thermoplast, Spritzguss) (z. B. Ge-
windehülsen aus Metall), Bilder 1-186, 1-187, 1-188:
Was passiert beim Erstarren der Schmelze im Bereich des Gewindebolzens?
Zu unterscheiden sind folgende Fälle: s << d und s ≥ d, Bild 1-187.

Bild 1-186. Umspritzen eines Einlegeteils [1]


348 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-187. Umspritzen eines Einlegeteils


(schraffiert), geringe Kunststoff-Wanddicke [1]

Bild 1-188. Umspritzen eines Einlegeteils (schraffiert), große Kunststoff-Wanddicke [1]

s << d:
Bei dünner Wanddicke s im Vergleich zum Durchmesser des metallischen Ein-
legeteils schwindet der Kunststoffring auf das Metall. Die Temperatur im Kunst-
stoffring ist praktisch konstant; damit ist auch die Schwindung über dem Radius
r konstant und es entsteht eine gleichmäßige Zugspannung.
s ≥ d, Bild 1-188:
Ist die Kunststoffschicht s im Vergleich zum Metall-Einlegeteil groß, wird zwar
der anliegende Kunststoff in einer dünnen Schicht schnell erstarren, doch die
plastische Seele (siehe Bild) braucht lange zum Abkühlen und erstarrt zuletzt19.

19
Die Temperatur der Kunststoffschicht über dem Radius r ist hier nicht konstant, sie ist in der
Mitte am größten und damit erstarrt der Kunststoff dort zuletzt, wodurch sich starke Zug-
spannungen ausbilden, die bis zu Lunker in der Mitte der Kunststoffschicht führen können.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 349

Der erstarrende Kunststoff schwindet in radialer Richtung zur Mitte der plas-
tischen Seele, wodurch die radiale Pressung vermindert, d. h. die Gefahr der
Lockerung des metallischen Einlegeteils besteht. Formschluss durch Nute oder
Zacken im Einlegeteil sind eine mögliche Lösung.

■ Gegenmaßnahmen
Die Größe der Eigenspannungen beim Formungsprozess kann durch Verminde-
rung der Temperaturunterschiede verkleinert werden, d. h. die Schmelzetem-
peratur sollte möglichst niedrig sein und die Formwandtemperatur möglichst
hoch. Es wird eine geringe Abkühlgeschwindigkeit und damit geringe
Temperaturgradienten im Wandquerschnitt angestrebt. Die genannten Maßnah-
men können nur bis zu bestimmten Grenzen verwirklicht werden, die durch an-
dere Formteileigenschaften und die Wirtschaftlichkeit des Herstellungsverfah-
rens gegeben sind. Eine andere Maßnahme wäre das frühzeitige Entformen, be-
vor die Temperaturunterschiede im Wandquerschnitt ausgeglichen sind. Der
Temperaturgradient und damit die Spannungshöhe werden verringert. Die noch
heiße Werkstoff-Seele kann die Oberfläche sogar nochmals aufwärmen. Diese
Methode ist jedoch häufig durch die mangelnde Stabilität in diesem Zustand
nicht durchführbar.
• Langsamer abkühlen (Werkzeug + Einlegeteil heizen)
• Masse des Einlegeteiles verringern
• Kunststoff-Wanddicke um Einlegeteil größer wählen

■ Auswirkungen der Eigenspannungen


Eigenspannungen im Formteil können beeinflussen:

• Belastbarkeit
• Maßhaltigkeit
Druckeigenspannungen in der Oberfläche erhöhen die Festigkeit bei Biegung.
Zugeigenspannungen an der Oberfläche können ohne Einwirkung äußerer
Kräfte zu Spannungsrissen führen, insbesondere bei zusätzlicher Einwirkung
von Medien kann es zur Spannungsrissbildung kommen.
(Selbstverständlich führen auch äußere Zugspannungen bei Medieneinwir-
kung zu Spannungsrissbildung).
Besonders empfindlich hierfür sind:
Insbesondere sind amorphe Thermoplaste, aber nicht nur diese, spannungs-
rissempfindlich, Tabelle 1-84. Daher empfiehlt es sich, vor Anwendung beim
Rohstoffhersteller anzufragen oder betriebsnahe Versuche durchzuführen.

Kristallisation
Spritzgießen
Bei teilkristallinen Thermoplasten ergeben örtlich unterschiedliche Temperatu-
ren beim Abkühlen Kristallisationsgrad-Unterschiede über der Wanddicke eines
Bauteiles (siehe Kap. 1.3.1). An den Bauteiloberflächen herrscht infolge schneller
Abkühlung an der „kalten“ Werkzeugwand, beispielsweise beim Spritzgießen,
350 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-84. Spannungsrissbildung bei Kunststoffen

Kunststoff Beispiele für Spannungsrisse auslösende Medien

PS n-Heptan (dampfförmig oder flüssig)


Benzin, Äther, Methanol, Ölsäure, Pflanzenöle
PE Tenside, Alkohole, Äther, Siliconöle, Ketone, Ester
PP ähnlich wie PE
PVC Methanol
PA bei Feuchtegleichgewicht mit Umgebung keine Rissbildung durch die meisten
Medien
PMMA 20%ige Natronlauge, Paraffinol, Glycerin, Wasser, Hexan, Heptan,
versch. Alkohole, NMA, Benzol, Aceton
PC Methanol, Terpentin, PVC-Weichmacher, Isopropylalkohol, n-Hexan

ein niedriger Kristallisationsgrad (bis hin zu amorphen Schichten), im Innern


der Bauteilwandung liegt, insbesondere bei größeren Wanddicken, ein hoher
Kristallinitätsgrad.
Dieses Gefüge beeinflusst die makroskopischen Eigenschaften. Man kann fol-
gendes zusammenfassen [8]:
Außenhaut:
Starke Unterkühlung der Schmelze, kaum Ausbildung eines kristallinen Gefüges
Scherzone:
Stark orientierte Schicht mit Entstehung eines kristallinen Gefüges mit feiner
Kornverteilung
Kernschicht:
Kristallisation erfolgt dort nach Ablauf der Füllphase bei wesentlich geringeren
Abkühlgeschwindigkeiten als in Wandnähe. Es entsteht ein grobes Gefüge mit
großen Sphärolithen (kristalline Bereiche)
Die folgende Zusammenfassung experimenteller Arbeiten, die zu Bild 1-189
führten, stammt von Hoven-Nievelstein [6]:

Bild 1-189. Gefüge eines teilkristallinen Spritzgussteils (PP) [6] (nach Backhaus [8])
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 351

„Das Verhältnis der Schichtdicken ändert sich mit wachsender Fließlänge;


ebenso können die Massetemperatur und die Fließfrontgeschwindigkeit, weni-
ger jedoch die Werkzeugoberflächentemperatur die Ausbildung der Schichten
beeinflussen. Die Wanddicke des Formteils hat in den Auswirkungen auf die
Schichtanteile ähnlichen Einfluss wie bei den Orientierungen.
Messungen haben gezeigt, dass der Anteil der Randschicht an der Formteil-
dicke die mechanischen Kenngrößen beeinflusst.
Von der Massetemperatur gehen die stärksten Einflüsse auf die Randschicht-
dicke aus. Mit steigender Temperatur ist eine Abnahme der Randschichtdicke zu
verzeichnen [8].Von der Massetemperatur hängt es ab, in welchem Abstand von
der Werkzeugwand die Fließgrenztemperatur liegt. Bei höheren Temperaturen
ist der Abstand zur Werkzeugwand geringer.
Die Werkzeugoberflächentemperaturen haben im normalen Verarbeitungs-
temperaturbereich keinen Einfluss auf die Randschichtdicke [7].
Die Einspritzgeschwindigkeit hat bei Erhöhung größere Dissipationseffekte
in der Scherzone zur Folge, durch die das Voranschreiten der Erstarrungsfront
zur Querschnittsmitte verlangsamt wird; eine Abnahme der Randschichtdicke
ist die Folge [8].
Neben der Verteilung des Gefüges im Teil hat der Kristallisationsgrad, also der
Anteil an kristallisierten Molekülen, Einfluss auf die Eigenschaften. Streck-
grenze, Zugmodul, Schlagzähigkeit und Härte nehmen mit wachsendem
Kristallisationsgrad zu. Für den Bereich des Spritzgießens sind jedoch die im
normalen Verarbeitungsbereich möglichen Kristallisationsgradänderungen
sehr gering. Dies hat zur Folge, dass die auf diese Weise entstehenden Änderun-
gen der makroskopischen Eigenschaften ebenfalls gering sind [8]“ [6].
Bei Maschinenelementen wie Gleitlager mit tribologischer Funktion sind
derartige verfahrensbedingte Einflüsse höchst unerwünscht. Beheizte Werk-
zeuge, auch beim Spritzgießen, sind eine Lösung.
Bei teilkristallinen Thermoplasten beeinflusst die Kristallisation aus der
Schmelze (Bild 1-179) und nach den Bildern 1-180 und 1-181 das spezifische Volu-
men sprunghaft. Die Bedeutung des Nachdruckes wird ersichtlich.

Extrudieren
Am Beispiel der Rohrextrusion zeigt Bild 1-190 den Einfluss der Abkühlung auf
den Dichteverlauf über der Rohrwanddicke. Man erkennt, dass es sich um eine
außen mit Wasser gekühlte und innen mit Druckluft gefüllte Rohrfertigung han-
delt. Dies ergibt außen eine geringe Dichte (niedriger Kristallisationsgrad), in
der mittleren Wanddicke, zum Innendurchmesser etwas verschoben ein Dichte-
maximum (höchster Kristallisationsgrad) und an der Rohrinnenseite eine ab-
sinkende Dichte, die jedoch aufgrund der gegenüber Wasser geringeren Wärme-
leitung der Luft deutlich höher liegt, als an der Rohraußenseite.
Dichte und Kristallisationsgrad hängen direkt proportional (linear) mitein-
ander zusammen.
Bild 1-191 zeigt an laborgefertigten PE-HD-Plättchen den Zusammenhang
zwischen Dichte und Abkühlgeschwindigkeit.
Tabelle 1-24 gibt für einige teilkristalline Thermoplaste Kristallisationsgrade
und Dichten an [17], Kap. 1.3.1.
352 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-190. Dichte (Kristallinität) als Funktion


der Wanddicke bei Rohren aus PE-HD (nach
P. Stockmayer, in [1])

Bild 1-191. r = f(v) bei PE-HD-


Plättchen (60 ¥ 10 ¥ 1 mm) [1]

Bevor die Schwindung im Zusammenhang mit der Maßhaltigkeit vertieft


wird, noch ein Beispiel zu Eigenspannungen.

■ Versuch zu Eigenspannungen in Rohren


Ein einfacher Nachweis zur Feststellung der Außen- oder Innenkalibrierung (ge-
koppelt mit der Wasserkühlung) eines Rohres lässt sich durch das Aufsägen ei-
nes Rohrabschnittes in Rohrlängsrichtung erbringen:
Schnappt der Rohrring beim Sägen zu, so wurde das Rohr außen kalibriert
(gekühlt); verbreitert sich der Sägespalt, so wurde das Rohr innen kalibriert
(gekühlt).
Diese Eigenspannungen entstehen beim Abkühlen der Kunststoffrohre bei
Temperaturen unterhalb der Kristallitschmelztemperatur bei teilkristallinen
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 353

Bild 1-192. Deformation eines verschweißten Kunststoffrohres aufgrund von Eigenspannungen


(übertrieben gezeichnet) in [1]

bzw. unterhalb der Glastemperatur bei amorphen Thermoplasten. Die Außen-


schicht der Rohre kühlt bei Außenkalibrierung zuerst ab durch die innige
Berührung des Schmelzeschlauches mit der gekühlten Kalibrierhülse. Ist diese
Außenschicht erstarrt und stark abgekühlt, so wird sie von den weiter innen lie-
genden wärmeren Materialschichten zusammengedrückt, wenn diese abkühlen
und schwinden. Dadurch ergeben sich an der Rohrinnenseite Zug- und an der
Rohraußenseite Druckspannungen (wie bei Spritzgussteilen auch).
Diese Spannungen verlaufen nicht nur in tangentialer Richtung, was sich
beim Aufsägen eines Rohrringes bemerkbar macht, sondern auch in Rohrlängs-
richtung, was beim Spiegelschweißen von Rohren erkennbar wird; die Rohr-
enden fallen ein, Bild 1-192.

Maßhaltigkeit
Die Maßhaltigkeit von Kunststoffbauteilen, vor allem im Zusammenbau mit an-
deren Teilen zu Komponenten oder Systemen, insbesondere bei der Kombi-
nation mit verschiedenen Werkstoffen (Stahl,Aluminium, Magnesium, Keramik,
Faserverbundwerkstoffen) spielt bei technischen Anwendungen oft eine zent-
rale Rolle.
Einflussgrößen auf die Maßhaltigkeit von Kunststoffteilen sind (Auswahl):
Masseanhäufungen, Gefügestruktur, Verstärkungsstoffe, Verarbeitungsbedin-
gungen, Feuchtigkeitsgehalt (Quellung), Temperaturschwankungen im Betrieb.
Qualitativ zeigt Bild 1-193 die Vielzahl an Einflussgrößen auf die Maß-
abweichungen von spritzgegossenen Formteilen auf.
Eine andere Darstellung gibt Bild 1-194 nach VDI 2006 wieder.

Schwindung
„Die genaue Vorherbestimmung der Schwindung ist bis heute nicht möglich, der
Konstrukteur muss auf Basis der verschiedensten Quellen (Rohstoffhersteller,
Erfahrungswerte, Vergleichsmessungen) den Maßunterschied zwischen Werk-
zeug und Formteil abschätzen. Da die so ermittelten Werte häufig von den rea-
len Zuständen abweichen, versucht man, die Schwindung noch in relativ weiten
Bereichen über den Prozessverlauf zu beeinflussen“ [6].
Qualitativ zeigt Bild 1-195 die Abhängigkeit der Verarbeitungsschwindung
von den Prozessparametern.
354 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-193. Einflussgrößen auf Formteil-Maßabweichungen [18]

Zusätzlich ist die Schwindung noch stark von der Lage, Art und Größe des An-
schnittes abhängig. Scherkräfte bewirken bei zu kleinen Anschnitten hohe Längs-
orientierung der Makromoleküle und damit eine ausgeprägte Längsschwindung
im Vergleich zur Querschwindung: Die Folge ist Verzug des Bauteiles.
„Amorphe Materialien liegen im Schwindungsniveau bei ca. 0,3 – 0,9 %, Ta-
belle 1-85, die Beeinflussungsmöglichkeit durch die Prozessbedingungen ist

Tabelle 1-85. Schwindungswerte verschiedener Kunststoffe [10]

Ungefüllt:
Amorphe Thermoplaste Teilkristalline Thermoplaste
PS 0,2–0,6% PE 1,2–2,8%
PC 0,4–0,8% PP 1,2–2,5%
PVC 0,4–0,8% POM 1,8–3,0%
PSU 0,6–0,8% PBT 1,2– 2,8%
PPO 0,7–1,0X% PA 6 1,0%
PA 6.6 1,3%
Glasfaserverstärkt:
Amorphe Thermoplaste Teilkristalline Thermoplaste
PC 0,2–0,5% PP 0,5–1,2%
PSU 0,2–0,5% POM 0,2–0,6%
PBT 0,2–1,5%
PA 6.6 0,1–0,4%
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen

Bild 1-194. Einflüsse auf die Maßhaltigkeit von Spritzgussteilen (Bayer AG: Makrolon)
355
356 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-195. Abhängigkeit der Schwindung von den Verarbeitungsbedingungen [3]

dementsprechend gering. Für ABS z. B. sinkt mit einem Anstieg der Massetem-
peratur von 10 °C die Schwindung um 0,01 %. Die Werkzeugoberflächentempe-
ratur hat kaum Einfluss. Über den Nachdruck kann die Schwindung um 0,01 %
je 10 bar reduziert werden (ABS).
Wesentlich größer ist die Bandbreite der Schwindungswerte bei teilkristalli-
nen Kunststoffen (0,4 – 3 %), Tabelle 1-85. Dadurch können auch die verschiede-
nen Prozessbedingungen stärkeren Einfluss auf das Schwindungsniveau neh-
men“ [6].

Bild 1-196. Abhängigkeit


der Schwindung von der
Werkzeugoberflächen-
temperatur [6]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 357

Bild 1-197. Abhängigkeit der Schwindung von der Wanddicke [3]

„Bild 1-196 zeigt für Ultramid B3S die Abhängigkeit der Schwindung von der
Werkzeugoberflächentemperatur. Die Schwindung steigt pro 10 °C um 0,1 %. Die
Massetemperaturabhängigkeit für das Material ist sehr gering, der Nachdruck-
einfluss liegt bei 0,02 % pro 10 bar. In Bild 1-196 sind Zahlen für gebundene Maße
aufgezeigt, bei freien Maßen steigt die Beeinflussbarkeit an“ [6].
Auch die Dicke des Formteiles beeinflusst die Schwindung, Bild 1-197.
„Bei glasfaserverstärkten Materialien werden die Schwindungswerte stärker
durch die Orientierungsrichtung als durch die Prozessbedingungen verändert,
Bild 1-198. Die Schwindung senkrecht zur Glasfaserorientierung ist im Gegensatz
zur Schwindung in Orientierungsrichtung zwar beeinflussbar, die Variations-
möglichkeiten sind jedoch geringer als beim unverstärkten Material, Bild 1-199.
Interpretiert werden kann dies mit dem Füllgrad des Matrixwerkstoffes durch
die Fasern selbst. Diese Zusammenhänge gelten für amorphe und teilkristalline
Materialien gleichermaßen.
Die Schwindungserhöhung von 0,1 % pro 10 °C Werkzeugtemperaturanstieg
in Bild 1-196 zeigt auf, warum teilkristalline Produkte eine stärkere Verzugs-
neigung besitzen. Ebenso wird das Problem der Einhaltung von Toleranzen
deutlich“ [6].
Zur Vertiefung sei hier auch auf [2] verwiesen.

■ Nachschwindung
Besonders bei teilkristallinen Thermoplasten kommt es vor allem bei höheren
Lager- oder Anwendungstemperaturen oder bei Wasseraufnahme (Erhöhung
der Beweglichkeit der Makromoleküle) zu einer Nachschwindung. Folge: Maß-
änderungen und Verzug. Die Nachschwindung wird durch die Abkühlgeschwin-
digkeit, Werkzeugtemperatur und Wanddicke bestimmt. Mit Werkzeugtempera-
358 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-198. Abhängigkeit


der Schwindung von Nach-
druck und Orientierung [6]

Bild 1-199. Beeinflussung


der Schwindung durch
Werkzeugoberflächentem-
peratur [6]

turen von über 90 °C (lange Zykluszeiten) kann die Nachschwindung sehr gering
gehalten werden. Außerdem verringert sie sich mit steigender Wanddicke (ge-
ringere Abkühlgeschwindigkeit).

Verzug
Die maßlichen Abweichungen, die bei Kunststoffteilen auftreten, resultieren
meist nicht aus einer falschen Werkzeugauslegung oder Schwindungsfestlegung,
sondern beruhen auf der Tatsache, dass sich die Spritzgussteile verbiegen und
verformen.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 359

Um maßlich korrekte Teile zu erhalten, muss nun das Verzugsverhalten abge-


schätzt und durch konstruktive Gestaltung, Werkstoffwahl und Verarbeitung
versucht werden, die Verzugserscheinungen so gering wie möglich zu halten.

Als Einflussfaktoren gelten:


Asymmetrische Materialanhäufungen, unterschiedliche Wanddicken, Anguss-
lage, örtlich unterschiedliche Kristallisationsgrade, Füllstoffe, Verstärkungsfa-
sern, örtliche Werkzeugtemperatur, Zykluszeit, Nachdruck, Massetemperatur
und Einspritzgeschwindigkeit.
„Wie stark der Verzug durch Temperaturunterschiede im Werkzeug be-
einflusst wird, macht Bild 1-200 am Beispiel von Polyamid 6 deutlich. Je nach
Wahl der Temperaturen sind sowohl positive wie negative Verzugswerte mög-
lich.
Eine derartig große Beeinflussung des Verzugsverhaltens ist jedoch meist
nur bei thermischen Ursachen zu erzielen. Starke, durch Glasfaserorientie-
rungen hervorgerufene Formabweichungen sind nur in geringem Maße durch
Temperaturen zu beeinflussen. In den meisten Fällen bleibt nur die Möglich-
keit, über eine Änderung der Orientierungen, z. B. durch Variation der An-
schnittlage oder der Wanddickenverteilung am Teil, Verbesserungen zu erzie-
len“ [6].
„Ergibt sich aufgrund eines unsymmetrischen Temperaturprofils (z. B. durch
eine partiell unterschiedliche Werkzeugoberflächentemperatur oder durch
asymmetrische Wanddickensprünge) eine unsymmetrische Spannungsvertei-
lung, so wird sich ein Spannungsgleichgewicht über dem Querschnitt durch
Formänderung einstellen (meist erst nach dem Entformen oder bei Erreichen
der Umgebungstemperatur); Verzug ist die bekannte Folge“ [6].

Bild 1-200. Einfluss der Werk-


zeugoberflächentemperatur
auf den Verzug [6], BASF
360 1 Einführung in Polymer Engineering

1.4.7.2.2
Elastomere

Orientierungen
Molekülorientierung treten beim Einwirken von Scherkräften in Kautschuk-
mischungen in gleicher Weise auf, wie beim Verarbeiten von Thermoplast-
schmelzen. Strangaufweitung und Relaxation bei langen Düsen ist auch grund-
sätzlich vergleichbar.
Extrudierte Profile aus Kautschuk (unvernetzt) zeigen ähnliches Verhalten in
ihrer Relaxation der Orientierungen und damit in Maßänderungen wie
Thermoplastschmelzen [19].
Entscheidende Unterschiede bei Elastomeren (vernetzt) sind jedoch
• die Vulkanisation im Werkzeug und
• die Lage der Glasübergangstemperatur Tg bei tiefen Temperaturen.
Ersteres fixiert Orientierungen durch ein weitmaschiges Netzwerk.
Letzteres erlaubt auch noch bei Raumtemperatur ablaufende Relaxationspro-
zesse.
• Bei dünnwandigen Formteilen und kurzen Zykluszeiten könnten Orientie-
rungen durch Vernetzung fixiert werden. In der Buchliteratur ist davon je-
doch nicht die Rede. Folglich relaxieren Orientierungen auch bei dünnwandi-
gen Bauteilen während der Verarbeitung ohne Anisotropie.
• Bei dickwandigen Formteilen liegt die Vulkanisationszeit selbst beim Spritz-
gießen im ≥ 3 Minuten-Bereich, beim Pressen ≥ 6 Minuten. Die Relaxation der
Orientierungen kann vollständig erfolgen (sie benötigt ohnehin nur Sekun-
den bei hohen Temperaturen).
Als Verstärkungsstoffe werden für Elastomer-Formteile selten Fasern einge-
setzt, sodass diese Art Orientierungen bei den verwendeten Partikeln keine
Rolle spielt.

Eigenspannungen
Allgemein gilt auch für Eigenspannungen die Vorbemerkung zu Orientierun-
gen. Entscheidend für Anisotropien in bevorzugt dickwandigen Formteilen sind
Vernetzungsgradunterschiede zwischen Innen und Außen. Genauere Angaben
finden sich in Röthemeyer/Sommer [19].
Durch Nachvulkanisation im Inneren (Temperaturgradient beim Abkühlen)
kann die Differenz jedoch nicht ausgeglichen werden. Bei einem Gummi-Metall-
Dämpfungselement betrug der Vernetzungsgrad Innen ca. Dreiviertel dessen
von Außen [Röthemeyer/Sommer 19]. Eigenspannungen resultieren daraus
nicht, weil das weitmaschige Netzwerk Verformungen zulässt. Unterschiede in
den Eigenschaften bestehen aber zwischen Innen und Außen.
Beim Abkühlen auf Raumtemperatur nach dem Entformen wird es bei den
Elastomeren, deren Glastemperatur unter Null Grad liegt, keinen Verzug geben,
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 361

da sich einstellende Eigenspannungen im entropieelastischen Netzwerk ab-


bauen. Erst wenn man das Formteil unter seine Glastemperatur abkühlt, sind
beispielsweise bei einer dicken Platte, infolge des höheren Vernetzungsgrades
außen (größerer E-Modul), eine Einfallstelle in der Plattenmitte (Eindellung) zu
erwarten (Tg außen > Tg innen).
Bei Radialwellendichtringen (RWDR) sind Eigenspannungen bei der Lebens-
dauerberechnung und auch bei der Entformung aus dem Werkzeug ein Thema.
Spannungen infolge unterschiedlicher Schwindungen können sich hier zusätz-
lich auswirken.

Maßhaltigkeit
Die Maßhaltigkeit von elastomeren Bauteilen, insbesondere bei Präzision-
steilen wie RWDR oder O-Ringe, ist häufig ein Problem. Hierzu ist sehr wenig
veröffentlicht.Vieles ist firmeninternes Know-how im Elastomer-Engingeering.
So ist beispielsweise die Schwankungsbreite bei den Mischungsbestandteilen
der Elastomer-Rezeptur ein Einflussparameter auf die Maßhaltigkeit von
Dichtringen.

Schwindung
Die Schwindung bei (elastomeren) Bauteilen ist die Abweichung zwischen Werk-
zeug- und Formteilabmessungen. Bezugsgrößen sind die normierten Werk-
zeugabmessungen.
Messverfahren am Beispiel O-Ringe sind optische CNC-Messmaschinen, me-
chanische Tastsysteme oder Messdorne.
Bei Elastomer-Formteilen treten als Schwindungsursachen auf

• thermische Unterschiede (Kompression)


• Ausgasen von niedermolekularen Rezepturbestandteilen oder Spaltproduk-
ten
• Vulkanisation, wobei hier die Schwindung quer zur Walzrichtung größer ist
als in Walzrichtung (Orientierungen).
Am Beispiel von O-Ring-Formteilen aus Nitril-Butadien-Elastomer (NBR), wer-
den qualitativ einige Abhängigkeiten der Schwindung des Innendurchmessers
des O-Rings gegeben:

• Je kleiner der O-Ringdurchmesser, umso größer ist die Schwindung.


• Ein geringer Werkzeugdruck (Nachdruckphase) ergibt eine höhere Schwin-
dung.
• Die Schwindung (O-Ring-Innendurchmesser) steigt mit zunehmender Mas-
setemperatur.
• Das Gleiche gilt auch für die Werkzeugtemperatur, allerdings nicht so ausge-
prägt wie bei der Massetemperatur.
• Die axiale Schnurdickenschwindung eines O-Ringes nimmt mit steigender
Werkzeugtemperatur ab.
362 1 Einführung in Polymer Engineering

Oberflächenmerkmale
Oberflächenfehler sind bei elastomeren Bauteilen durch Fließfehler, Luftein-
schlüsse, Stippen im Werkstoff und viele andere (siehe Kap. 1.4.7.3.2) gekenn-
zeichnet.
In der Regel wird die Oberfläche des Werkzeuges vollständig abgebildet. Die
Rauhigkeit der Werkzeugoberfläche entspricht der Rauhigkeit im Elastomer-
bauteil. Bei bestimmten Materialzusammensetzungen kann es infolge Ober-
flächenspannungen auch leichte Veränderungen geben [20].

1.4.7.2.3
Duroplaste

Orientierungen
Beim Verarbeiten (Pressen, Spritzgießen, Extrudieren, Spritzprägen u. a.) von
unvernetzten (A-Zustand) oder vernetzten (B-Zustand) duroplastischen Form-
massen bewirken die Scherkräfte beim Einspritzen durch Düsen Orientierun-
gen der Makromoleküle und, sofern vorhanden, der Verstärkungsfasern.
Aufgrund der niedrigen Viskositäten der unvernetzten Massen wie Phenol-, Me-
lamin-, UP-, Epoxidharze und der heißen Werkzeugwand relaxieren die Mole-
külorientierungen schnell. In der Regel sind Duroplaste molekülorientierungs-
arm bis -frei. Die Vernetzung fixiert diesen Zustand.
Anders bei Verstärkungsfasern: Diese bleiben orientiert und führen zu den
bei Thermoplasten bekannten Vor- und Nachteilen: Verstärkung in Belastungs-
richtung, Schwächen senkrecht dazu, Bindenahtschwächen, Verzug.
Beispielsweise treten bei direktem Spritzgießen deckelartiger, dünnwandiger
Bauteile (z. B. Scheinwerfer-Reflektoren) starke kreisförmige Orientierungen
der Kurzglasfasern in BMC (bulk molding compound)-UP-Harzen (Sauerkraut-
masse) um den Anguss auf. Abhilfe erfolgt meist durch Spritzprägen oder Ge-
gentakt-Spritzgießen.

Eigenspannungen
Örtliche Vernetzungsgradunterschiede, beispielsweise bei dickwandigen Form-
teilen Innen-Außen, führen zu Schwindungsänderungen und damit zu inneren
Spannungen, die bei Unterschreiten der Glastemperatur – bei Duroplasten
i. d. R. um oder über 100 °C – fixiert werden.
Allerdings besteht bis dahin viel Zeit zum Abbau dieser Spannungen.
Eine weitere gezielt eingesetzte Gegenmaßnahme ist das stufenweise Härten,
wie es bei Scheibenbremsbelägen oder Schleifscheiben beispielsweise seit lan-
gem praktiziert wird.
Bisher war von endotherm vernetzenden Systemen die Rede, bei denen Ener-
gie zum Vernetzen zugeführt werden muss. Bei exotherm reagierenden Syste-
men wie beispielsweise Epoxidharze, UP-Harze und Polyurethane, kann eine
ungünstige Wanddickenverteilung infolge Vernetzungsgradunterschieden zu
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 363

hohen Eigenspannungen im Bauteil führen. Eine mangelnde Wärmeabfuhr be-


wirkt eine starke Vernetzung Innen bis hin zu Zersetzungen und Rissen von In-
nen nach Außen.
Bei Verklebungen z. B. mit Epoxidharz-Klebstoffen kann es Eigenspannungen
in der Klebschicht als Folge von verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten der
verbundenen Materialien geben. Deren E-Moduln sind hierbei wichtig.Auch die
Lage der Glastemperatur und damit die Härtungstemperatur spielen eine Rolle.
Der Reaktionsschwund des Klebharzes ist ein weiterer Grund für Eigen-
spannungen.
Geeignete Rezepturentwicklungen mit zugesetzten Füllstoffen, Oligomeren,
Copolymeren sind Maßnahmen zur Reduzierung der geschilderten Einflüsse.
Von den Füll- oder Verstärkungsstoffen nehmen Mikroglaskugeln eine vor-
teilhafte Stellung zwischen Fasern und kantigen Zusatzstoffen ein.
Sie mildern orientierungsbedingte Schwindungsunterschiede und setzen
radialsymmetrische Eigenspannungen bei kantigen Partikeln herab.
So werden im Werkzeugbau beispielsweise hoch Mikroglaskugeln gefüllte
Epoxidharze verwendet, die dann nur noch Schwindungen von 0,15 % aufwei-
sen [2].

Maßhaltigkeit, Toleranzen
Unter Toleranzen versteht man den Unterschied zwischen zugelassenem Größt-
und Kleinstwert eines Maßes.
Bei der Herstellung von Teilen aus härtbaren Formmassen werden Abwei-
chungen vor allem von den folgenden vier Faktoren beeinflusst [2]:
• dem Aufbau des Werkzeugs und dessen Herstelltoleranzen,
• der Wahl des Verarbeitungsverfahrens und der exakten Reproduzierbarkeit
der einmal festgelegten Herstellbedingungen,
• dem Werkzeug-Verschleiß sowie
• der Art der verwendeten Formmasse und deren Gleichmäßigkeit von Charge
zu Charge.
Von der Formmasse her gesehen sind folgende Kriterien für die einhaltbare
Maßgenauigkeit der Formteile von entscheidender Bedeutung [2]:
• Verarbeitungsschwindung (DIN 53464),
• gegebenenfalls auftretende Anisotropie,
• Nachschwindung (DIN 53464),
• Quellung der Formteile.
In DIN 16901 sind die Kunststoff-Formmassen nach ihren Schwindungskenn-
werten in vier Gruppen eingeteilt. Unterschieden werden die Gruppen 0–1, 1–2,
2–3 und 3–4, wobei die Gruppe 0-1 die feinsten Toleranzen gestattet, die Gruppe
3–4 die ungünstigsten Werte bringt, Tabelle 1-86.

■ Schwindung
DIN 53464 unterscheidet zwischen Verarbeitungsschwindung (oft nur Schwin-
dung genannt) und Nachschwindung. Beim Gebrauch der Formteile muss auch
364 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-86. Schwindungskennwerte von Kunststoff-Formmassen nach DIN 16901

Schwindungskennwerta Duroplaste, Thermoplaste


Typen nach DIN 7708 und 16911

0 bis 1 11 ABS
12 PC
13 PMMA
155, 156 PS
1 bis 2 31, 51, 71, CA
74, 83 CAB
131, 150, 152, 157 PA ungefüllt
154, 180, 181, 157, 180, 183, PP gefüllt
801–804
2 bis 3 – PE, PP
3 bis 4 – Polybuten und PVC z.T.
a
Die Schwindungskennwerte errechnen sich aus der Summe der radialen Verarbeitungs-
schwindung und der Verarbeitungsschwindungs-Differenz (in % insgesamt).

an Quellung gedacht werden. Die Verarbeitungsschwindung wird in %, bezogen


auf das Maß des kalten Werkzeuges angegeben, die Nachschwindung in %, be-
zogen auf das Maß des Formteiles vor der Nachbehandlung.
Die geringe Verarbeitungsschwindung bei Epoxidharz-Bauteilen hängt neben
der Schwindungsarmut der EP-Massen auch mit der gummielastischen
Komprimierbarkeit nach dem Gelieren zusammen. Beim Öffnen der Form fe-
dert das noch heiße EP-Formteil zum Teil zurück. Dies wirkt der chemischen
Schwindung entgegen. Auf diese Weise lassen sich Teile ohne oder mit negativer
Schwindung herstellen. Wichtig ist dabei der Werkzeuginnendruck während des
Vernetzens.
Die geringe Schwindung beim Vernetzen von Epoxidharzen führt zu engsten
Maßtoleranzen. In Kombination mit besten elektrischen Eigenschaften folgen
daraus Anwendungen, wie Leiterplatten, Steckverbindungen, Zündverteiler,
Zündspulendeckel, Zündkerzenstecker, Schaltstangen von Leistungsschaltern
usw.
Besonders komplex ist die Maßhaltigkeit von Leiterplatten und zwar in x-, y-
und z-Richtung über den Herstellprozess und der gesamten Gebrauchsphase.
K. Borchard in Woebcken [2] bietet dazu unter ·Basismaterial für gedruckte
SchaltungenÒ bei Dimensionsstabilität einen vertiefenden Einblick.
Analog zum Thermoplastspritzgießen sollten metallische Einlegeteile auch
bei Duroplasten auf 120 bis 150 °C vorgeheizt in das Werkzeug platziert werden.
Dies gilt für kleine Gewindebuchsen weniger, für große Magnetspulen, die bei-
spielsweise mit Epoxidharz umhüllt werden, mehr. Im speziellen Fall der EP-
Harze kommt allerdings erleichternd hinzu, dass sie eine hohe Rissbeständigkeit
besitzen.
Am Beispiel der Tabelle 1-87 werden Verarbeitungsschwindungen für Mela-
min- und Melamin-Phenolharz-Formmassen einschließlich Richtwerte für die
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 365

Tabelle 1-87. Schwindungswerte von Melamin- und Melamin-Phenolharz-Formmassen sowie


Bereiche der möglichen Nachschwindung der Formstoffe [2]

Typbezeichnung Vearbeitungs- Vearbeitungs- Nachschwindung


schwindung schwindung nach DIN 53464
Pressverfahren Spritzgieß-Verfahren (%)
nach DIN 53464 (%) (%)

150 0,5 bis 0,9 1,3 bis 1,9 1,0 bis 1,9
152 0,5 bis 0,8 1,3 bis 1,7 0,8 bis 1,5
156 0,2 bis 0,5 0,9 bis 1,2 0,8 bis 1,3
157 0,4 bis 0,6 1,0 bis 1,3 0,8 bis 1,3
180 0,5 bis 0,8 1,3 bis 1,7 0,8 bis 1,2
181 0,5 bis 0,8 1,3 bis 1,7 0,8 bis 1,2
182 0,5 bis 0,8 1,1 bis 1,5 0,8 bis 1,4
183 0,5 bis 0,8 1,1 bis 1,5 0,8 bis 1,3

Nachschwindung angegeben. Formpressen und Spritzgießen werden dabei mit-


einander verglichen [2].
Schwindung und Nachschwindung können bei orientierten Fasern richtungs-
abhängig sein [21]. Abhilfe schaffen hier schwindungsarme Formmassen und/
oder vorkondensierte trockene Massen.
Nachschwindung kann auch durch flüchtige Bestandteile, die beim Warmla-
gern im Gebrauch austreten, entstehen. Maßänderungen, Verzug bis hin zu Ris-
sen, z. B. an Rippen und Einpressmetallen, können die Folge sein.
Die Verarbeitung von SMC ist in Kap. 1.4.6.4 kurz beschrieben.
Mit Blick auf diese Schwindung unterscheidet man drei SMC-Qualitäten, Ta-
belle 1-88 [2]. Rezepturangaben liefert Tabelle 1-81 in Kap. 1.4.6.5. Der Mechanis-
mus, der hinter den Qualitäten steht, ist in Woebcken [2] nachzulesen.
Die nahezu schwindungsfreien Qualitäten werden für Class A-Oberflächen
im PKW-Bau eingesetzt. Allerdings steht derzeit aufgrund extremer Anforde-
rung an die Oberflächenqualität einerseits und hoher Nacharbeiten auf der an-
deren Seite, der zukünftige Einsatz von derartigen SMC-Anwendungen auf der
Kippe. Unbestreitbarer Vorteil des SMC ist die Kombination aus hoher Steifig-
keit mit konstruktiven Gestaltungsfreiräumen und der Transparenz für elektro-
magnetische Wellen (Antennen können versteckt werden).
Die Schwindung von BMC ist im Bereich von ca. 0,25 % bis zu einer Aufwei-
tung von 0,05 % einstellbar.
BMC-Typen mit einer Dehnung von 0,05 % (das erkaltete Formteil ist größer
als die kalte Form) werden z. B. für Reflektoren eingesetzt.
Die Nachschwindung von Bauteilen aus trocken aufbereiteten Polyesterharz-
Formmassen ist außerordentlich gering, ihre Maßhaltigkeit hervorragend.

■ Verzug
Verzug oder Verwölbung von meist plattenförmigen Bauteilen hängt natürlich
eng mit der Schwindung zusammen. Immer dann, wenn Schwindung asymme-
trisch, also anisotrop erfolgt, gibt es in Formteilen mit eingefrorenen inneren
Spannungen Verzug.
366 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-88. Einteilung der SMC-Qualitäten nach der Härtungsschwindung (kaltes Werkzeug/
kaltes Formteil) [2]

SMC-Qualität Additive Zustand im Härtungs-


UP-Harz schwindung [%]

Standard SMC Polyethylenpulver Zweiphasen 0,15 bis 0,3


(SMC)
Low Shrink SMC in Styrol-Monomer gelöstes: Zweiphasen 0,06 bis 0,14
(LS-SMC) Polystyrol oder Polycaprolactol Zweiphasen
Low-Profile SMC in Styrol-Monomer gelöstes:
(LP-SMC) Metylmethacrylat (PMMA), Zweiphasen 0,04 bis + 0,04
Polyvinylacetat (PVAC), Einphasen
Liquid Rubber Zweiphasen
gesättigte Polyester Einphasen
Celluloseacetobutyrat Einphasen

Die Art des Verfahrens hat Einfluss auf den Verzug. Pressen beispielsweise lie-
fert Formteile mit homogenen mechanischen Eigenschaften (wenig Anisotro-
pie) und geringem Verzug, selbst bei langglasfaserverstärkten Teilen (kurze
Fließwege, geringe Faserschädigung wegen geringer Schergeschwindigkeiten).
Spritzgegossene, insbesondere ebene Bauteile, sind im Hinblick auf Verzug oft
nur schwer zu lösende Fälle.
Der Verzug von Bauteilen aus Low Profile SMC (LP-SMC), Tabelle 1-88 ist ver-
gleichsweise zu den anderen SMC-Qualitäten mit höherer Schwindung am ge-
ringsten.
Beim Zuschneiden der in das Presswerkzeug einzulegenden SMC-Platinen,
die dieses je nach den gewünschten Fließvorgängen mit 30 bis 70 % belegen,
kann der Verzug des späteren Bauteils über die Glasfaserorientierungen beein-
flusst werden. Die Berechnung der Fließfront ist hierbei wichtig.
Die bei der Schwindung schon angesprochenen Leiterplatten (Platinen) ver-
ziehen sich manchmal. Glasgewebe-Epoxidharz-Schichtpressstoffe sind dabei
unkritischer als Papier-Phenolharz-Laminate. Die Härtungsschwindung ist bei
PF-Harzen größer. Einseitig kupferkaschierte Laminate verziehen sich erwar-
tungsgemäß stärker (unterschiedliche Längenausdehnungen). Bei weichge-
machten PF-Harzen kann man gewaltsam mit dem Kalander gegenbiegen (Lage
von Tg beachten). Bei Glasgewebe-Schichtpressstoffen kann auch die Fadenlage
des Gewebes Grund zu Tafelverzügen sein. Man kann leider kein Gewebe mit ge-
nau rechtwinkeliger Fadenlage herstellen. Manchmal verläuft der Schussfaden
auch bogenförmig [2].

Oberflächenmerkmale
Duroplastische Bauteile werden, wie Formteile aus Thermoplasten auch, in vie-
len Fällen oberflächenbehandelt. Beispiele sind:
Einpressen bedruckter Folien, Lackieren, Bedrucken, Metallisieren, Prägen
[2]. Die Verarbeitungsparameter beim Pressen, Spritzprägen, Spritzgießen, Ex-
trudieren, Wickeln, Faserspritzen, Pulltrudieren u. a.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 367

Die einzelnen Verfahren beeinflussen mit ihren spezifischen Randbedingun-


gen mehr oder weniger die Oberflächenqualität von Formteilen.
Im Folgenden werden Oberflächenmerkmale für Bauteile aus verschiedenen
duroplastischen Formmassen, wie sie aus Verarbeitungseinflüssen resultieren,
beispielhaft als Auswahl dargestellt.
Phenolharz-Formmassen können auch im Flüssigharzverfahren als Harzlö-
sung verarbeitet werden.
Eingekapselte Lösungsmittelreste führen bei mangelhafter Trocknung beim
Formpressen zu Oberflächenstörungen.
Wie beim Spritzgießen von Thermoplasten beeinflusst die Lage des Angusses
die Oberflächenqualität auch beim Spritzgießen von Phenolharz-Formmassen
zu Bauteilen.
Beim Spritzprägen von PF-Massen sind, analog zu den Thermoplasten, die
Oberflächen meist besser.
Duroplastische Formteile besitzen in der Regel eine harzreiche (füllstoff-
arme) Presshaut. Bei Oberflächenbehandlungen z. B. Polieren ist darauf zu ach-
ten, dass diese Presshaut nicht beschädigt wird.
Hohe Gleit- und Trennmittelgehalte führen häufig zu einer Beeinträchtigung
des Oberflächenglanzes.
Dabei treten infolge ungenügender Verteilung dieser Zusätze matte Flecken
auf. Die Gleitmittel wirken zusätzlich als Formtrennmittel. Beim Entformen ist
ihr Effekt durchaus erwünscht. Beim Lackieren werden jedoch zusätzliche
Wasch- und Trockengänge erforderlich, um eine ausreichende Lackhaftung zu
erreichen.
Beim Bedampfen von Formteilen mit Metallen (Metallisieren) tritt die
Schwierigkeit des „Nachgasens“ der Duroplaste im Hochvakuum auf. Entspre-
chende Vorbehandlungen (Tempern) und Schutzlackierungen vor dem Be-
dampfen reduzieren das „Gasen“.
Harnstoff-Formteile werden vielfach als Sichtteile mit technischen Funktio-
nen verwendet, z. B. Schalterabdeckungen, Elektrostecker, Toilettensitze,
Schraubverschlüsse. Oberflächenqualität, wie Farbton, Lichtechtheit, Schlieren-
freiheit, Glanz, Glätte sind von Bedeutung. Typische Fehler bei UF-Formteilen
können Über- oder Unterhärtung sein. Helle Flecken beispielsweise treten bei
Überhärtung auf, während Unterhärtung matte Stellen erzeugt.
Den Einfluss der Rezeptur von SMC-Bauteilen (ungesättigter Polyester) auf
die Schwindung ist oben beschrieben. Die Hauptauswirkung dieser Maßnahmen
zielt auf eine lunkerfreie Oberfläche. LP-UP-Harze besitzen zwar kaum noch
eine Schwindung, sie sind aber oft wegen des bei der Härtung auftretenden
Weißeffektes nicht gleichmäßig einfärbbar, müssen also spritzlackiert werden.
Die Zugabe von fein gemahlenem Polyethylenpulver verbessert nicht nur die
Fließeigenschaften und verringert die Schwindung des LP-UP-Harzes, sondern
als Folge davon, verbessert auch die Oberflächenglätte des Formteils.
Insbesondere bei lackierten SMC-Bauteilen (und auch bei RIM oder RRIM
reinforced reaction injection molding von Polyurethan-Formteilen) werden
Formtrennmittel (Zink- oder Calciumstearate) verwendet, die beim Härten/
Vernetzen an die Formteiloberfläche ausschwitzen und eine gute Entformung
bewirken.
368 1 Einführung in Polymer Engineering

Wie oben beschrieben, stehen sie jedoch einer guten Lackhaftung entgegen.
SMC- oder RRIM-Formteile werden beim Rohteilhersteller grundiert. Dazu
muss er das Formtrennmittel entfernen. Bei diesem Primerlackieren können ne-
ben Haftungsproblemen vor allem Lufteinschlüsse (Poren) oder Krater im SMC-
Teil sichtbar werden, die zu hohen Nacharbeiten führen [2].
Zur Reduzierung von Fehlstellen in der decklackierten Oberfläche wird das
In-Mold-Coating (IMC)-Verfahren angewendet [2].
Zur Erkennung von Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche an Formteilen
hilft im Labor das chemische Abscheiden einer Silberschicht (Verspiegeln der
Oberfläche).
Zur Veredelung der Oberfläche von BMC-Formteilen kommen prinzipiell die
gleichen Verfahren in Betracht, wie bei der SMC-Fertigung.
Das Lackieren und Metallisieren (für Reflektoren von Autoscheinwerfern)
dominieren als Oberflächenveredelung bei BMC-Bauteilen.
Bei trocken aufbereiteten Polyesterharz-Formmassen und daraus hergestell-
ten Formteilen ergibt eine Modifizierung mit Melaminharzen eine ähnlich ge-
ringe Verarbeitungsgeschwindigkeit wie bei Pheno- und Aminoplasten. Die
Oberflächengüte kann verbessert werden [2].
Verschleißfeste Oberflächen lassen sich durch hohe Füllung mit Mikroglas-
kugeln erzielen. Die Schwindung des UP-Harzes während der Härtung lässt die
Kugeln aus der Oberfläche heraustreten.
Dekorative Laminate und beschichtete Holzwerkstoffe (Spanplatten) werden
ausführlich bei Woebcken [2] behandelt.

1.4.7.3
Verarbeitungsfehler
Die Erkennung der Verarbeitungsfehler und die richtige Entscheidung zu ih-
rer Beseitigung interessieren jeden Entwickler, Konstrukteur, Verarbeiter, Ver-
käufer und Einkäufer.
Entsprechend groß ist zu diesem Thema die verfügbare Literatur; meist fin-
den sich in den Materialinformationen der Rohstoffhersteller umfangreiche Er-
fahrungswerte dazu. Einige sind in der für dieses Kapitel eigens angefertigten Li-
teraturliste zusammengefasst.
In den folgenden Übersichten kann aus Raumgründen wiederum nur bei-
spielhaft je Kunststoffgruppe eine Tabelle abgedruckt werden.
Aus den vorigen Teilkapiteln wird dem Leser bewusst, welch enorme Vielzahl
an Parametern beim Entwickeln und Produzieren eines Kunststoff-Bauteiles zu
beachten ist.

1.4.7.3.1
Thermoplaste
Beim Spritzgießen von Thermoplasten treten die folgenden Verarbeitungsfehler
auf [22]:
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 369

• Verunreinigung des Granulats • Kalter Pfropfen


• Verunreinigung des Regenerats • Lunker und Einfallstellen
• Feuchtigkeitsschlieren • Blasen
• Silberschlieren • Freier Massestrahl
• Schlieren • Nicht vollständig ausgeformte
• Verbrennungsschlieren Spritzlinge
• Abschieferungen oder Delaminie- • Fließnahtfestigkeit nicht ausrei-
rungen chend
• Grauschlieren • Verzogene Formteile
• Wolkenbildung • Formteil klebt im Werkzeug
• Dunkle, meist schwarz erschei- • Formteil wird nicht ausgeworfen
nende Stippen • Gratbildung
• Matte Flecken • Raue und matte Formteilober-
• Schallplattenrillen oder Jahres- flächen
ringe

Prinzipiell gelten diese auch für Elastomere und Duroplaste, nur, dass dort die
Randbedingung Vernetzen hinzukommt.
Tabelle 1-89 nennt zu den genannten Verarbeitungsfehlern die Ursachen und
Maßnahmen zu deren Beseitigung [22].

Tabelle 1-89. Maßnahmen zur Beseitigung von Spritzgießfehlern [22]

Fehler Mögliches Mögliche Vorgeschlagene Abhilfe


Erscheinungsbild Ursachen

Verunrei- Graue Fremdpartikel, Abrieb von Be- Keine Rohre, Behälter und Fülltrich-
nigung des die je nach Lichtein- schickungsroh- ter aus Aluminium oder Weißblech,
Granulats fall reflektieren ren, Behältern sondern Stahl- oder VA-Rohre (innen
und Fülltrichtern gereinigt) bzw. Stahl-VA-Bleche ver-
wenden. Förderwege sollten wenig
Umlenkungen aufweisen
dunkle Stippen, Staub oder Trockner sauberhalten und regel-
Verfärbungsschlieren Schmutzpartikel mäßig Luftfilter reinigen, angebro-
chene Säcke und Behälter sorgfältig
schließen
Farbschlieren, Ab- Vermischung Verschiedene Kunststoffe trennen,
lösen von Hautpar- mit anderen niemals verschiedene Kunststoffe
tien im Anguss- Kunststoffen gemeinsam trocknen, Plastifizier-
bereich einheit reinigen, nachfolgendes Mate-
rial auf Reinheit prüfen
Verunreini- Wie bei Granulat Mühlenabrieb Mühlen regelmäßig auf Abrieb oder
gung des (s.o.) Beschädigungen kontrollieren und
Regenerats instand halten
Staub oder Abfälle staubfrei aufbewahren, ver-
Schmutzpartikel schmutzte Formteile vor dem Mahlen
säubern, Formteile aus Feuchteverar-
beitung (PC, PBT) sowie thermisch
geschädigte Formteile verwerfen
370 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-89 (Fortsetzung)

Fehler Mögliches Mögliche Vorgeschlagene Abhilfe


Erscheinungsbild Ursachen

Andere Kunst- Verschiedene Kunststoff-Regenerate


stoff-Regenerate immer getrennt halten
Feuchtig- u-förmig langgezo- zu hohe Rest- Trockner bzw. Trocknungsprozess
keits- gene Schlieren, feuchtigkeit im kontrollieren, Temperatur im
schlieren welche gegen die Granulat Granulat messen, Trocknungszeit
Fließrichtung offen einhalten
sind; in abgemildeter
Form auch nur
strichförmig
Silber- Silbrig-, strichförmig Zu hohe thermi- Schmelzetemperatur überprüfen,
schlieren langgezogene sche Belastung günstigeren Schneckendurchmesser
Schlieren der Schmelze wählen, Schneckendrehzal senken,
durch: zu hohe Düsen- und Fließkanalquerschnitte
Schmelzetempe- erweitern
ratur, zu lange
Schmelzeverweil-
zeit oder zu hohe
Schneckendreh-
zahl, Düse- und
Fließkanalquer-
schnitt zu klein
Schlieren Strichförmig langge- Einspritzge- Einspritzgeschwindigkeit verringern;
(mitge- zogene Schlieren mit schwindigket zu Staudruck im zulässigen Rahmen
schleppte großflächiger Aus- hoch, Luft einge- erhöhen, optimalen Dosierbereich
bzw. einge- breitung und meistens zogen durch nutzen (>1D bis 3D)
schlossene auf einzelne Stellen falsches Dosieren,
Luft) begrenzt, bei trans- Staudruck zu
parenten Kunststof- gering
fen manchmal auch
zusätzlich Blasen- Eingeschlossene Werkzeugentlüftung verbessern,
bildung sichtbar, Luft im Spritz- besonders im Bereich des Schmelze-
strich- und nasen- gießwerkzeug zusammenflusses und bei Vertiefun-
förmig ausgebildet, gen (Stege, Zapfen und Schriftzüge),
konzentrierte Fließfrontverlauf korrigiern (Wand-
Schwarzfärbung dicken, Anschnittlage, Fließhilfen)
(Dieseleffekt) an
zusammenflussstellen
Verbren- Bräunliche Verfär- Schmelzetempe- Schmelzetemperatur kontrollieren
nungs- bung mit Schliren- ratur zu hoch und absenken, Regler überprüfen
schlieren bildung Schmelzeverweil- Zykluszeit verkürzen, kleinere
zeit zu lang Plastifziereinheit einsetzen
Temperaturfüh- Heißkanaltemperatur kontrollieren,
rung im Heiß- Regler und Thermofühler über-
kanal ungünstig prüfen
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 371

Tabelle 1-89 (Fortsetzung)

Fehler Mögliches Mögliche Vorgeschlagene Abhilfe


Erscheinungsbild Ursachen

Periodisch auftre- Plastifiziereinheit Kontrolle der Bauelemente wie


tende, bräunliche verschlissen oder Zylinder, Schnecke, Rückströmsperre
Verfärbung mit „tote Ecken“ an und Dichtflächen auf Verschleiss
Schlierenbildung Dichteflächen und tote Ecken
Strömungsun- ungünstige Strömungsübergänge
günstige Bereiche beseitigen
in Plastifizier-
einheit und Heiß-
kanälen
Einspritzge- Einspritzgeschwindigkiet reduzieren
schwindigkeit
zu hoch
Abschiefe- Ablösungen von Haut- Verunreinigung Plastifiziereinheit reinigen, nach-
rungen oder partien im Anguss- durch andere, folgendes Material auf Reinheit
Delaminie- bereich (besonders unverträgliche prüfen
rungen bei Blends) Kunststoffe
Grau- Graue oder dunkel Verschleißeffekte Austausch der gesamten Einheit oder
schlieren farbige Streifen, an der Plastifi- einzelner Bauteile, Einsatz von korro-
ungleichmäßig ziereinheit sions- und abrasionsgeschützter
verteilt Plastifiziereinheit
Verschmutzte Plastifiziereinheit reinigen
Plastifiziereinheit
Wolken- Feinste Stippen oder Verschleißeffekte Wie oben aufgeführt
bildung Metallpartikel, wol- an der Plastifi-
kenartig ausgebildet ziereinheit
Verschmutzte Plastifiziereinheit reinigen
Plastfiziereinheit
Wolkenartig ausge- Zu hohe Schne- Schneckendrehzahl absenken
bildete, dunke Ver- ckendrehzahl
färbung
Dunkle, Größe unter 1 mm2 Verschleißeffekte Wie oben aufgeführt
meist bis mikroskopisch an der Plastifi-
schwarz er- klein ziereinheit
scheinende Größe über 1 mm2 Aufreißen und Plastifiziereinheit reinigen und Ein-
Stippen Abblättern der an satz von korrosions- und abrasions-
Schnecken- und geschützter Plastifiziereinheit
Zylinderober- Für Makrolon: „Durchheizen“ der
fläche gebildeten Zylinderheizung bei 160–180°C bei
Grenzschichten Produktionsunterberechungen (für
Apec HAT 180–220°C)
matter Samtmatte Flecken Gestörter Anschnitt optimieren, scharfe Kanten
Fleck um den Anschnitt, Schmelzefluss im besonders beim Übergang vom An-
an scharfen Kanten Angusssystem, schnitt in die Formhöhlung vermei-
und Wanddicken- an Übergängen den, Übergänge an Angusskanälen
sprüngen und Umlenkun- und Wanddickensprüngen abrun-
gen (Scherung, den und polieren, gestuftes Einsprit-
Aufreißen schon zen: langsam – schnell
erstarrter Ober-
flächenhaut)
372 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-89 (Fortsetzung)

Fehler Mögliches Mögliche Vorgeschlagene Abhilfe


Erscheinungsbild Ursachen

Schallplat- Feinste Rillen auf Zu hoher Fließ- Schmelze- und Werkzeugtemperatur


tenrillen der Formteilober- widerstand im anheben, Einspritzgeschwindigkeit
oder Jahres- fläche (z.B. bei PC) Spritzgießwerk- erhöhen
ringe oder mattgraue zeug, sodass
Ringe (z.B. bei ABS) Schmelze stag-
niert; Schmelze-
temperatur, Werk-
zeugtemperatur,
Einspritzge-
schwindigkeit zu
niedrig
Kalter Oberflächlich einge- Düsentemperatur Ausreichendes Heizband mit höherer
Pfropfen schlossene, kalte Düsentemperatur Leistung wählen, Düsen mit Thermo-
Schmelzepartikel zu niedrig, Dü- kühler und Regler ausstatten, Düsen-
senbohrung zu bohrung vergrößern. Kühlung der
klein Angussbuchse vermindern. Düse
früher von Angussbuchse abheben
Lunker und Luftleere Hohlräume Volumenkon- Nachdruckzeit verlängern, Nach
Einfall- in Form von runden traktion in der druck erhöhen, Schmelzetemperatur
stellen oder langgezogenen Abkühlphase absenken und Werkzeugtemperatur
Blasen, nur bei trans- wird nicht ändern (bei Lunkern erhöhen und
parenten Kunststof- ausgeglichen bei Einfall absenken), Massepolster
fen sichtbar, Vertie- kontrollieren, Düsenbohrung ver-
fungen in der Ober- größern
fläche
Nicht „kunststoff- Kunststoffgerecht konstruieren, z.B.
gerechte“ Form Wanddickensprünge und Massean-
des Spritzlings häufungen vermeiden, Fließkanäle
(z.B. große und Angussquerschnitte dem Form-
Wanddicken- teil anpassen
unterschiede)
Blasen Ähnlich wie bei Zu hoher Feuch- Trocknung optimieren, ggf. Ent-
Lunker, aber im tigkeitsgehalt in gasungsschnecke durch Normal-
Durchmesser we- der Schmelze, zu schnecke ersetzen und mit Vortrock-
sentlich kleiner und hohe Restfeuch- nung arbeiten, Trockner und Trock-
vermehrt vorhanden tigkeit im nungsprozess kontrollieren, evtl.
Granulat Trockenlufttrockner einsetzen
freier Sichtbare Strang Ungünstige Freistrahlbildung durch Verlegen des
Massestrahl bildung der zuerst Angusslage und Anschnittes vermeiden (gegen eine
eingeflossenen -dimensionierung Wand einspritzen), Anschnittquer-
Masse auf der Form- schnitt vergrößern
teiloberfläche
Einspritzge- Einspritzgeschwindigkeit reduzieren
schwindigkeit bzw. gestuft einspritzen; langsam –
zu hoch schnell
Schmelzetem- Schmelzetemperatur anheben
peratur zu niedrig
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 373

Tabelle 1-89 (Fortsetzung)

Fehler Mögliches Mögliche Vorgeschlagene Abhilfe


Erscheinungsbild Ursachen

nicht voll- Unvollständige Fül- Fließeigenschaf- Schmelze- und Werkzeugtemperatur


ständig aus- lung, insbesondere ten des Kunst- erhöhen
geformte am Fließwegende stoffs nicht
Spritzlinge oder an dünnwan- ausreichend
digen Stellen
Einspritzge- Einspritzgeschwindigkeit und oder
schwindigkeit Einspritzdruck erhöhen
zu niedrig
Wanddicke des Wanddicke des Formteils erhöhen
Formteils zu
niedrig
Düse dichtet Düsenanpressdruck erhöhen, Radien
nicht gegen das von Düse und Angussbuchse über-
Werkzeug prüfen, Zentrierung kontrollieren
Angusssystem Anguss, Fließkanal und Anbindung
mit zu kleinem zum Formteil vergrößern
Querschnitt
Werkzeugentlüf- Werkzeugentlüftung optimieren
tung nicht aus-
reichend
Fließnaht- Deutlich sichtbare Fließeigenschaf- Schmelze- und Werkzeugtemperatur
festigkeit Kerben entlang der ten des Kunst- erhöhen, ggf. Anschnitt verlegen, um
nicht aus- Fließnaht stoffs nicht aus- die Fließverhältnisse zu verbessern
reichend reichend
Einspritzge- Einspritzgeschwindigkeit vergrößern
schwindigkeit zu
niedrig
Wanddicke zu Wanddicken angleichen
gering
Werkzeugent- Werkzeugentlüftung verbessern
lüftung nicht aus-
reichend
verzogene Formteile sind nicht zu große Wand- Formteil „kunststoffgerecht“ kon-
Formteile plan, Teile weisen dickenunter- struiern, Änderung der Anschnittlage
Winkelverzug auf, schiede, unter-
Teile passen nicht schiedliche Fließ-
zueinander geschwindigkeiten
im Werkzeug,
Glasfaserorientie-
rungen
Werkzeugtempe- Werkzeughälften unterschiedlich
raturen ungünstig temperieren
Umschaltpunkt Umschaltpunkt verlegen
von Einspritz-
auf Nachdruck
ungünstig
374 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-89 (Fortsetzung)

Fehler Mögliches Mögliche Vorgeschlagene Abhilfe


Erscheinungsbild Ursachen

Formteil Matte Flecken bzw. Örtlich zu hohe Werkzeugtemperatur reduzieren


nicht im fingerförmige oder Werkzeugwand-
Werkzeug kleeblattartige, glän- temperatur
zende Vertiefungen
auf der Oberfläche
der Formteile
(meist angussnah)
zu frühes Ent- Zykluszeit verlängern
formen
Formteil Formteil klemmt. Werkzeug über- Einspritzgeschwindigkeit und Nach-
wird nicht Auswerfstifte laden, zu starke druck reduzieren, Hinterschneidun-
ausgewor- deformieren das Hinterschnei- gen beseitigen, Werkzeugober-
fen bzw. Formteil oder dungen, umzu- flächen nacharbeiten und in Längs-
wird de- durchstoßen es reichende Werk- richtung polieren
formiert zeugpolitur an
Stegen, Rippen
und Zapfen
beim Entformen Werkzeugentlüftung verbessern
entsteht zwischen
Formteil und
Werkzeug
Unterdruck
Elastische Werk- Steifigkeit des Werkzeugs erhöhen,
zeugdeformation Kerne abfangen
und Kernversatz
durch Einspritz-
druck
zu frühes Ent- Zykluszeit verlängern
formen
Gratbildung Bildung von Kunst- zu hoher Werk- Einspritzgeschwindigkeit und Nach-
(Schwimm- stoffhäutchen an zeuginnendruck druck reduzieren, Umschaltpunkt
haut) Werkzeugspalten von Einspritz- auf Nachdruck vor-
(z.B. Trennebene) verlegen
Werkzeugtrenn- Werkzeug im Bereich Trennflächen
flächen durch oder Konturen nachbearbeiten
Überspritzung
beschädigt
Schließkraft bzw. Schließkraft erhöhen, ggf. Maschine
Zuhaltekraft nicht mit größerer Schließkraft einsetzen
ausreichend
Raue und Rau, matt, schuppen- Schmelzetempe- Schmelzetemperatur erhöhen
matte Form- förmig, Glasfasern ratur zu niedrig
teilober- sichtbar)
flächen (bei Werkzeug zu kalt Werkzeugtemperatur erhöhen,
GF-verstärk- Werkzeug mit Wärmedämmplatten
ten Thermo- ausstatten, leistungsfähigeres Tem-
plasten) periergerät einsetzen
Einspritzge- Einspritzgeschwindigkeit erhöhen
schwindigkeit
zu gering
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 375

1.4.7.3.2
Elastomere
Im Verlauf der Elastomeraufbereitung gibt es zahlreiche Einflussparameter, die
zunächst die Eigenschaften der Kautschukmischung und somit zuletzt auch die
der spritzgegossenen Formteile beeinflussen (Bild 1-201 [3]). So wird die Mi-
schungsqualität nicht nur von den Rohmaterialeigenschaften und der Mi-
schungszusammensetzung, sondern maßgeblich von den Prozessparametern im
Innenmischer und auf dem Walzwerk beeinflusst. Auch die Lagerungsbedin-

Bild 1-201. Einflussfaktoren


auf die Formteilqualität
beim Verarbeiten von Elas-
tomeren [3]

Bild 1-202. Mögliche Fehlstellen am Formteil [3]


376 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-90. Praxisprobleme beim Spritzgießen und Lösungsansätze: Zeichenerklärung:


› Parameter erhöhen, fl Parameter erniedrigen, ¥ Parameter beachten [19]

rauhe Oberfl./„Orangenhaut“
Problem

Überkneifer „back-rinding“
Æ

Anvulkanisation/Knoten
Untervulkanisation
Schwamm Brenner
Artikel unterfüllt

Kleben im Nest
Verformungen
Fließnähte
Porosität
Blasen
mögliche

Grat
Ursachen

Einspritzge- 1fl 2› 2› 2› 3fl 2fl 4›
schwindigkeit
Nachdruckhöhe 1› 3fl 2› 2fl 2fl
Nachdruckzeit 4› 3› 3fl
Umschaltpunkt
Geschwindigkeits-/
Drucksteuerung 3› 2fl 1› 1› 1fl
Maschine

Dosierhub 2› 4fl
Schneckendrehzahl 4› 2fl
Staudruck 1› 3› 1fl
Zylindertemperatur 3› 4fl 5›
Vulkanisationszeit 1› 5› 1›
Düsendurchmesser 5›
Fütterung 2¥
unterbrochen

Verteilerkanäle/ 6fl 6›
Anschnitte
Balancierung 4› 5¥
Werkzeug

Werkzeugtemp. 4› 1fl 3fl 1› 1fl 3fl
Vakuum 5› 4› 3›
Trennmittel 2›
Werkzeugver- 5¥ 4¥
schmutzung

Viskosität 7fl 3fl
Mischung

Anvulkanisation 5› 8› 4› 5fl
flüssige Bestandteile 7fl 4fl 5fl
Mindestlagerzeit 6› 3
Höchstlagerzeit 4fl

Die Nummern geben die Reihenfolge der Abhilfemaßnahmen an.


1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 377

gungen zwischen den einzelnen Aufbereitungsschritten können zu unterschied-


lichen Mischungseigenschaften und somit zu Verarbeitungsschwierigkeiten
beim Spritzgießen führen [3].
Im Folgenden werden einige typische Formteilfehler, welche beim Spritz-
gießen von Elastomeren auftreten, sowie mögliche Ursachen ihrer Entstehung
zusammengefasst (Bild 1-202 und Tabelle 1-90).

■ Spritzgießen von Elastomeren


In Tabelle 1-90 [3] sind tabellarisch einige immer wieder in der täglichen Pro-
duktionspraxis auftretende Probleme und entsprechende Lösungsansätze aufge-
listet. Die Maßnahmen beziehen sich auf Maschine, Werkzeug und Kautschuk-
mischung. Bei mehreren möglichen Ursachen ist die erwartete Bedeutung für
das jeweilige Problem durch eine Nummerierung nach Prioritäten gekennzeich-
net [3].

■ Extrudieren von Elastomeren


In Tabelle 1-91 [3] sind einige Praxisprobleme und Ansätze zu deren Lösung auf-
gelistet.

Tabelle 1-91. Betriebspraxis Extrudieren [3]

Problem mögliche Ursachen Maßnahmen

1. Extruder pumpt 1.1 Abstand zwischen 1.1 Abstand vergrößern, Lochplatte


Schnecke und Mundstück einsetzen
zu klein
1.2 Effektive Schneckenlänge 1.2 Fütterung verbessern, Toleran-
(Druckströmung) zen für Streifengeometrie ein-
schwankt auf Grund engen; Förderverhalten der
schwankender Förderung Vorzonen bei Vakuumextru-
der Vorzonen, besonders dern optimieren
bei Entgasungsextrudern (Abschnitt 10.1.6)
1.3 Reibungskoeffizient ins- 1.3 Zylindertemperatur optimieren
besondere im Einzugs-
bereich zu niedrig

2. Vakuumzone wird 2.1 Ausstoßleistung der Vor- 2.1.1 Leistung der Vorzone drosseln
„überfahren“ zone zu groß durch Anheben der Zylinder-
temperatur
2.1.2 Leistung der Austragszone er-
höhen durch Erhöhen der
Schneckentemperatur und Ab-
senken der Zylindertemperatur
2.1.3 Drosselwiderstand am Ende der
Vorzone erhöhen
2.2 Ausstoßleistung der 2.2.1 Werkzeugwiderstand erniedri-
Austragszone erhöhen gen (Bügellängen, Lochplatten,
Vorzonen)
378 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-91 (Fortsetzung)

Problem mögliche Ursachen Maßnahmen

2.2.2 Schneckentemperatur gezielt


erhöhen; Zylindertemperatur
senken
2.2.3 Schneckengeometrie optimie-
ren (Abschnitt 10.1.6)

3. Knoten im Profil 3.1 Knoten in der Mischung 3.1 siehe Abschnitt 4.6
3.2 Anvulkanisation im Ex- 3.2.1 Mischungstemperatur absenken
truder durch Erniedrigen der
Schneckendrehzahl
3.2.2 Werkzeugwiderstand erniedri-
gen
3.2.3 Werkzeugtemperatur herab-
setzen
3.2.4 Mischungsviskosität erniedri-
gen durch Mischtechnologie
oder „Nachzwicken“
3.2.5 ggf. Rücklaufmischung elimi-
nieren

4. Blasen im Profil 4.1 Mischungstemperatur 4.1 Mischungstemperatur absenken


zu hoch wie bei 3.2
4.2 Mischung enthält Wasser 4.2.1 Mischung trocknen
4.2.2 Wasserbindende Chemikalien
aufmischen
4.2.3 Vakuumextruder einsetzen
4.2.4 Walzwerkentgasung einsetzen
4.3 Mischung enthält flüch- 4.3.1 Vakuumextruder einsetzen
tige Bestandteile 4.3.2 Siedepunkt WM überprüfen
4.3.3 Compoundierung überprüfen
4.4 Mischung enthält einge- 4.4.1 Fütterung verbessern
zogene Luft (NBR, Butyl) 4.4.2 Vakuumextruder einsetzen

5. Stegmarkierungen 5.1 Druck nach Stegen zu 5.1 Druck durch Drosselelement


im Profil niedrig erhöhen
5.2 Temperaturunterschiede 5.2.1 Temperierung des Spritzkopfes
Steg/Mischung zu groß optimieren
5.2.2 Stege temperieren
5.3 Steggeometrie nicht 5.3 Geometrie optimieren
strömungsgünstig
5.4 Stegoberfläche zu rauh 5.4 Stegoberfläche polieren
5.5 Eigenklebrigkeit der 5.5 Compoundierung überprüfen
Mischung zu niedrig
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 379

Tabelle 1-91 (Fortsetzung)

Problem mögliche Ursachen Maßnahmen

6. Fließstrukturen 6.1 Fremdmischung 6.1 Charge verwerfen


im Profil 6.2 Unterschiede in der 6.2.1 Temperierung optimieren
Deformations- und Tem- 6.2.2 Erhöhen des Mischungsdruckes
peraturgeschichte durch Verlängerung der Bügel-
zu groß zonen
6.2.3 Verwendung von Mischelemen-
ten
6.2.4 Erhöhung der Eigenklebrigkeit
der Mischung

7. Raue Profil- 7.1 Dehnviskosität an der 7.1.1 Mundstückstemperatur erhöhen


oberfläche Oberfläche zu groß 7.1.2 Mischung nachzwicken
7.1.3 Fließhilfen verwenden
7.1.4 Compoundierung überprüfen

8. Profil verwirft sich, 8.1 Fehlender Flussausgleich 8.1 Flussausgleich nach rheologi-
läuft schief, ist schen Gesichtspunkten
nicht maßhaltig (Abschnitt 10.2.2)
8.2 Werkzeugtemperierung 8.2 Temperierung optimieren
ungleichmäßig
8.3 Ablagerungen im 8.3 Werkzeug reinigen
Fließkanal

9. Symmetrisches 9.1 Vorlaufkanal asym- 9.1.1 Vorlaufkanal korrigieren


Profil ist einseitig metrisch 9.1.2 Asymmetrische Vorlaufkanäle
dicker nach Möglichkeiten grundsätz-
lich vermeiden

1.4.7.3.3
Duroplaste
■ Pressen und Spritzgießen von Duroplasten
Über Fehlermöglichkeiten beim Verarbeiten von duroplastischen Formmassen
gibt es eine Reihe von Zusammenstellungen [23]. Die zitierte Arbeit befasst sich
ausführlich mit den Fehlermöglichkeiten beim Pressen. Sie soll daher ergänzt
werden durch eine kurze Zusammenstellung von Fehlermöglichkeiten bei der
Spritzgieß-Verarbeitung von duroplastischen Formmassen, Tabelle 1-92 [2].
Außerdem sind von fast jedem Hersteller duroplastischer Formmassen solche
Fehlertabellen zu erhalten [2].
Weitere Literatur zu Verarbeitungsfehlern bieten [24] bis [36].
verformt
1.2 Porosität
Fehlerortung

Teile glatt
Fehler-Ursache

1.Materialfehler
1.1 Entmischung

1.3 Wolken und Schlieren

1.4 Große Blasen, Teile matt,

1.5 Kleine Blasen, aufgeplatzt,


+
+

zu feucht
bei

gene
Masse

zuviel Gleitmittel
grobem
Füllstoff
inhomo-
Formmasse

zu hart
Fließein-
+

+
+
+

zu weich stellung
zu hoch
Härtungs-
geschwindigkeit
+

zu niedrig
+
+
+

zu hoch
Masse-
Tabelle 1-92. Fehler beim Verarbeiten duroplastischer Formmassen [5]

+
+
+

zu niedrig Temperatur
Spritz- bzw.

zu hoch
Press-Einheit

Dosierung
+

zu niedrig

+
+
+
zu hoch
Spritz-
+
zu niedrig geschwindigkeit

+
+
+
zu hoch
Spritz- bzw.
Press-Einheit

Spritzdruck

+
zu niedrig

+
Nachdruck zu wenig

+
+
+
Fließwege zu eng
Werkzeug

+
sonst ungünstig
Konstruktion
Auswerfer nicht richtig

+
Entlüftung ungenügend

+
+
zu hoch
Werkzeug

+
zu niedrig Temperatur

+
zu lang
Werkzeug und Schließeinheit
Härtezeit

+
zu kurz

+
Schließdruck zu niedrig
1 Einführung in Polymer Engineering 380
Tabelle 1-92 (Fortsetzung)

2. Oberflächenfehler
2.1 Unruhig (Orangenhaut) + + + +
2.2 Zu geringer Glanz + + + + + +
2.3 Matte Stellen + + + + +
2.4 Helle Flecken z. T. + + + + + + + + +
2.5 Brandflecken über- + + + + + +
2.6 Klebrig härtet + + +
wärme-
emp-
pfindlich
3. Gestaltfehler
3.1 Einfallstellen + + + + + +
3.2 Lunker + + + + + + + + +
3.3 Teile nicht voll + + + + + + + + +
3.4 Fließmarkierungen + + + + + +
3.5 Rippen durchmarkiert + + + + +
3.6 Kleben an der Form + + + + + +
3.7 Klemmen in der Form + + + + + +
3.8 Übermäßiger Grat + + + +
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen

4. Strukturfehler
4.1 Teile verzogen + + + + + + + +
4.2 Teile gerissen + + + + + + + + +
4.3 Metalleinlagen beschädigt
oder verbogen + + + +
4.4 Masse in Metalleinlagen + + +
381
382 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-93. Fehlererscheinungen, ihre Ursachen und ihre Beseitigung beim Spritzgießen von
härtbaren Formmassen [2]

Fehlererscheinung Etwaige Ursachen Mögliche Beseitigung


am Spritzgießteil

1. Kleine Blasen am Zu- Zu hohe Formfüllgeschwin- Spritzgeschwindigkeit vermin-


sammenfluss der Fließ- digkeit, Werkzeugtemperatur dern, Werkzeugtemperatur
fronten, Brandflecken zu hoch, mangelhafte Werk- erniedrigen. Entlüftungsquer-
zeugentlüftung schnitte reinigen bzw. erwei-
tern
2. Poröse, evtl. verbrannte Zu hoher Spritzdruck, Spritzdruck erniedrigen,
Stellen (Dieseleffekt) schlechte Werkzeugentlüf- Spritzgeschwindigkeit verrin-
tung, zu hohe Formfüllge- gern, Werkzeug besser entlüf-
schwindigkeit, Viskosität ten (über weitere Auswerfer
der Masse zu niedrig o.ä.), härtere Masse verwenden
3. Fließlinien auf der Ober- Werkzeugtemperatur zu Kontrolle der Temperaturen,
fläche von Sichtteilen hoch oder zu niedrig, Masse trockenere oder härtere Masse
zu feucht oder zu weich verwenden
4. Teile nicht ausgespritzt, Werkzeugtemperatur zu hoch Nachdruckhöhe kontrollieren,
Fließfronten nicht voll bzw. zu niedrig, Nachdruck geringes Nachdruckpolster
ausgeformt zu gering, Nachdruckpolster einstellen, Kontrolle der Werk-
fehlt, Dosierung verändert zeugtemperaturen, Dosierung
prüfen
5. Angussstange bleibt Buchse nicht auf Abzug Werkzeugfehler korrigieren,
hängen poliert, Konizität zu gering, Werkzeugtemperatur spritz-
Auswerferkralle zu wenig seitig anheben um Schwin-
hinterschnitten dung zu erhöhen
6. Ungleichmäßige Teile- Kein Staudruck eingestellt, Geringen Staudruck einstellen,
füllung, Dosierschwan- Schneckendrehzahl zu hoch, Schneckendrehzahl zwischen
kungen Materialtrichter nicht genü- 50 und 120 U/Min. wählen,
gend gefüllt, Schnecke Trichter ausreichend füllen
besitzt keine Rückdrehsperre
7. Größere Blasen, Härtezeit zu kurz, Härtezeit verlängern,
Teil verformt Masse zu weich Werkzeugtemperatur erhöhen,
Massetemperatur erhöhen,
härtere Masse verwenden
8. Maße am Fertigteil Schwindung zu hoch Wenn Schwindung zu hoch:
stimmen nicht Massetemperatur erhöhen,
besser Entgasen; härtere Masse
verwenden
9. Teilentformung schlecht, Werkzeugtemperatur zu Werkzeugtemperatur über-
Teil „klebt“ im Werkzeug niedrig, schlechte Auswerfer- prüfen, Werkzeugmängel
platzierung, mangelhafte beheben,
Konizität, mit Formenwachs arbeiten
schlechte Politur, evtl. fehlen-
de oder beschädigte Werk-
zeugverchromung
10. Teile reißen nach dem Anspritzart ungünstig, Änderung der Anspritzlage,
Erkalten (besonders zu starke Spannungen im evtl. Spritzprägeverfahren
Aminoplaste) Teil anwenden
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 383

Tabelle 1-93 (Fortsetzung)

Fehlererscheinung Etwaige Ursachen Mögliche Beseitigung


am Spritzgießteil

11. Teile werden beim Ab- Anschnitte zu stark aus- Anschnittquerschnitte


brechen vom Verteiler gewaschen korrigieren
stark beschädigt möglichst auswechselbare
Einsätze (Ferrotic, Sinter-
metall) vorsehen
12. Teile verziehen sich Ungleichmäßige Beheizung, Kontrolle von Beheizung und
Härtezeit zu kurz, Masse zu Härtezeit; härtere, trockenere
weich oder zu feucht, An- Masse verwenden, Anspritz-
schnittart und -lage lage in dicke Wandstärke
ungünstig legen

1.4.8
Mikrowellentechnologie in der Polymerverarbeitung
Rudolf Emmerich, Mathias Kaiser

Mikrowellen sind elektromagnetische Wellen im Frequenzbereich von 300 MHz


bis 300 GHz. In industriellen Prozessen finden Mikrowellen einer Frequenz von
2,45 GHz Verwendung. In der Polymerverarbeitung liegen die Anwendungs-
gebiete für Mikrowellen unter anderem in der Vernetzung von Kautschuken, im
Schweißen von Thermoplasten, im beschleunigten Aushärten von Duroplasten,
Schäumen sowie im Sintern von Thermoplasten. Polymere sind schlechte
Wärmeleiter. Mit Hilfe von Mikrowellen kann die schlechte Wärmeleitung der
Polymere überwunden und diese volumetrisch erwärmt werden.Voraussetzung
für die Absorption von Mikrowellen ist eine polare Struktur von Polymeren wie
z. B. Polyvinylchlorid, Polyurethane, Epoxidharze oder Polyamid bzw. eine elek-
trische Leitfähigkeit bei entsprechend gefüllten Polymeren. Zur Entwicklung ei-
nes reproduzierbaren Prozesses ist es notwendig, speziell auf die Anwendung
optimierte Mikrowellenantennen zu verwenden. Mit diesen Antennen kann das
gesamte Potenzial der Mikrowellenerwärmung genutzt werden.
Mikrowellen werden aber nicht nur zur Erwärmung eingesetzt. Ein großes
Anwendungsgebiet für Mikrowellen ist die Plasmaerzeugung. Plasma ist ein Ge-
misch aus neutralen Atomen, Ionen und Elektronen und dient der Oberflächen-
behandlung sowie der UV-Lichterzeugung. Bei der Oberflächenbehandlung von
Polymeren sind insbesondere mit Hilfe von Mikrowellen erzeugte Plasmen sehr
günstig, da diese eine schonende Oberflächenbehandlung erlauben. Mit diesen
Plasmen lassen sich beispielsweise polymere Oberflächen reinigen oder so mo-
difizieren, dass eine bessere Benetzung mit Klebstoffen oder Lacken erzielt wer-
den kann. Auch kann mit diesen Plasmen beispielsweise eine kratzfeste Schicht
schonend auf die polymere Oberfläche abgeschieden werden. Für diese Aufga-
ben in der Polymerverarbeitung sind jedoch großflächige Plasmaquellen erfor-
derlich.
384 1 Einführung in Polymer Engineering

Letztendlich bietet die Erzeugung von UV-Licht durch Mikrowellenplasmen


neue Perspektiven in der Polymerverarbeitung. Werden bisher feste Wellenlän-
gen z. B. die Quecksilberlinie oder thermische Strahler als UV-Quellen einge-
setzt, kann durch den Einsatz von verschiedenen Excimeren im Mikrowellen-
plasma eine kalte UV-Quelle aufgebaut werden, deren erzeugte Wellenlänge dem
Prozess angepasst werden kann.

1.4.8.1
Oberflächenbehandlung von Polymeren durch Plasma
Ein Plasma stellt den ionisierten Zustand eines Gases dar, die Atome oder Mo-
leküle befinden sich in angeregtem und ionisiertem Zustand. Die Anregungs-
energie wird in Form nieder- bis höchstfrequenter elektromagnetischer Felder
zugeführt (z. B. Mikrowellen-Plasmen). Zur Aufrechterhaltung von Nieder-
druck-Plasmen (Druckbereich 10 bis 0,01 mbar) wird ein Rezipient benötigt, in
den das Arbeitsgasgemisch eingeleitet wird. Atmosphärische Plasmaanlagen bei
Drücken bis Umgebungsluftdruck können auf einen geschlossenen Aufbau ver-
zichten (z. B. Korona-Entladungen, Beflammung), sind aber im Einsatz der un-
terschiedlichen Arbeitsgase eingeschränkt.

■ Modifizieren
Polymere können im Plasma eine Veränderung der Oberflächeneigenschaften
erfahren. Die Plasma-Modifikation verändert die chemischen Eigenschaften der
Oberfläche durch Angliederung funktionaler Gruppen (z. B. Hydroxyl-, Car-
boxyl- und Carbonyl-Gruppen). Dies bewirkt u. a. eine Einstellung des polaren
Charakters der Oberfläche. Typische Anwendungen sind die Verbesserung der
Klebeeigenschaften oder der Lackierbarkeit von Polymeren.

■ Beschichten
Aus der Gasphase lässt sich ein Stoffniederschlag erzielen, beispielsweise die
Gasphasen-Polymerisation, die für Kunststoffbeschichtungen wichtig ist.
Die Eigenschaften der mittels Plasma abgeschiedenen Schichten lassen sich in
weiten Bereichen einstellen, wobei hier die Gaszusammensetzung, Gasdruck
und Leistungseintrag die maßgeblichen Parameter sind.
Durch Änderung der Gaszusammensetzung während des Beschichtungsvor-
ganges können die Schichteigenschaften innerhalb einer Schicht verändert wer-
den. Damit ist z. B. eine optimale Anpassung an die Substratoberfläche möglich.
Die wichtigsten Anwendungen der Plasmabeschichtung sind:
• Funktionale Schutzschichten
• Barriereschichten
• Antikratz-Beschichtungen
• Wasserabweisende Beschichtungen
• Tribologische Schichten
• Diamantbeschichtungen
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 385

■ Reinigen
Die chemische Reaktionsfähigkeit des Plasmas kann so eingestellt werden, dass
ein gewünschter stoffspezifischer Abtrag stattfindet, z. B. der Abbau von Kohlen-
wasserstoffverbindungen im Sauerstoffplasma. Der Beschuss durch Elektronen
und hochangeregte Ionen bewirkt eine zusätzliche physikalische Reinigungs-
wirkung.
Anwendungen ergeben sich in der Medizintechnik (Plasmasterilisation) und
z. B. bei der Entfernung von kohlenstoffhaltigen Verunreinigungen bei gleich-
zeitig guter Spaltgängigkeit.
Die Reinigungswirkung von Plasmen ist ohne nasschemischen Aufwand bei
vergleichsweise sehr geringem Stoffumsatz möglich (Gas). Für sehr grobe Ver-
unreinigungen, z. B. dicke Ölfilme, muss eine Vorreinigung erfolgen (z. B. me-
chanisch). Die Plasmareinigung eignet sich für die Feinreinigung.

Literatur – Kapitel 1.4.7 und 1.4.8


[1] Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2003/04; 11. Aufl., Stuttgart: Institut
für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 2003
[2] Woebcken W Duroplaste. Kunststoff-Handbuch Bd 10. München: Hanser 2. Aufl., 1988
[3] Johannaber F, Michaeli W Handbuch Spritzgießen. München: Hanser 2002
[4] Brinck RV in Hempel J Der Radialwellendichtring (RWDR) als Beispiel für ein Gummi-
produkt, Vortrag (persönliche Mitteilung von J Hempel, 2002)
[5] Pleßmann K, Michaeli W et al. Fertigungsparameter bestimmen Formteileigenschaften
mit. Kunststoffe 81 (1991) 12, S. 1141 – 1144
[6] Hoven-Nievelstein WB Einfluss des Fertigungsverfahrens auf die Bauteileigenschaften; in
[9]
[7] Wübken G Einfluss der Verarbeitungsbedingungen auf die innere Struktur thermo-
plastischer Spritzgussteile unter besonderer Berücksichtigung der Abkühlverhältnisse.
Dissertation an der RWTH Aachen, 1974
[8] Backhaus J Gezielte Qualitätsvorhersage bei thermoplastischen Spritzgussteilen. Disserta-
tion an der RWTH Aachen, 1985
[9] BASF Kunststoffe (Hrsg) Konstruieren mit thermoplastischen Kunststoffen. Ludwigsha-
fen: BASF AG, 7/89
[10] Bayer GB Kunststoffe (Hrsg) Verarbeitungsdaten für den Spritzgießer. Leverkusen: Bayer
AG, 6/2000
[11] Menges G, Haberstroh E, Michaeli W, Schmachtenberg E Werkstoffkunde Kunststoffe.
München: C. Hanser Verlag, 2002, 5. Aufl., ISBN 3-446-21257-4
[12] Hoven-Nievelstein WB Die Verarbeitungsschwindung thermoplastischer Formmassen.
Dissertation an der RWTH Aachen, 1984
[13] Delpy U Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe. Vorlesungsmanuskript Stuttgart: Insti-
tut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, 1994
[14] Henning F Verfahrensentwicklung für lang- und endlosfaserverstärkte thermoplastische
Sandwich – Bauteile mit geschlossenem Werkstoff-Kreislauf; Dissertation Universität
Stuttgart 2001
[15] Tröster S Materialentwicklung und -charakterisierung für thermoplastische Faserver-
bundwerkstoffe im Direktverfahren; Dissertation Universität Stuttgart, 19.12.2003
[16] Jahn J Der Einfluss der Formteilgestaltung auf die Formteileigenschaften thermoplasti-
scher Spritzgussteile. Dissertation an der RWTH Aachen, 1983
[17] Elias H-G Makromoleküle. Basel/Heidelberg: Hüthig & Wepf, 1971, 856 S. 1. Aufl.; Wein-
heim: Wiley-VHC, 1999 – 2003 6. Aufl.
[18] WEKA Kunststoffpraxis Newsletter 26/2002, Augsburg
[19] Röthemeyer F, Sommer F Kautschuktechnologie. München: Hanser, 2001
386 1 Einführung in Polymer Engineering

[20] Spies KH persönliche Mitteilung 7.1.2004


[21] Woebcken W Kunststoffe 51(1961) S. 547ff
[22] Bayer AG (Hrsg) Verarbeitungsdaten für den Spritzgießer. Techn. Thermoplaste von Bayer,
GB Kunststoffe. Leverkusen: Bayer AG 6/2000
[23] Wallhäuser H Kunststoffe 54 (1964) S. 313ff
[24] Bayer GB Kunststoffe (Hrsg) Spritzgießen von Qualitätsformteilen. Leverkusen: Bayer AG,
3/2000 und 12/2001
[25] Johannaber F Kunststoffmaschinenführer. München: Hanser, 3. Aufl., 1992
[26] Demag Ergotech GmbH (Hrsg) Spritzgießen – kurz und bündig. Schwaig: Demag, 4/99 4.
Aufl.
[27] GE Plastics (Hrsg) Injection Moulding – mini guide. Bergen op Zoom: GE Plastics 4/1995
[28] Kehr, G Die Beeinflussung der Bauteileigenschaften durch Bindenähte. Ludwigshafen:
BASF 9/1989
[29] Mennig G Die Bindenaht in der Kunststoffverarbeitung. Mat.wiss. u. Werkstofftech.
19(1988) S. 383 – 390
[30] Poppe EA, Leidig K, Schirmer K Technische Kunststoffe: Die Top-Ten der Spritzgießpro-
bleme. Plastverarbeiter 46 (1995) Hefte 6 (S. 48 – 50), 7 (S. 20 – 21), 8 (S. 18/21)
[31] Bayer AG (Hrsg) Expertensystem zur Diagnose von Fehlern beim Spritzgießen. Leverku-
sen: Bayer, ATI 897 7/1993
[32] K.I.M.W. (Hrsg) Störungsratgeber für Oberflächenfehler an thermoplastischen Spritz-
gussfehlern. Lüdenscheid: Kunststoff-Institut für die mittelständische Wirtschaft NRW
mbH
[33] Saechtling J, Oberbach K Kunststofftaschenbuch. München: Hanser 28. Aufl., 2001
[34] Bayer AG (Hrsg) Praxisinformation Erkennen und Vermeiden von Verarbeitungsfehlern.
Leverkusen: Bayer P/047 12/91
[35] Broer E Verarbeitungsfehler und ihre Beseitigung/Fehleranalyse. Lüdenscheid K.I.M.W.
[36] Thienel P, Broer E Analyse von Oberflächenfehlern bei Spritzgussteilen. Düsseldorf: VDI-
Verlag 1989
1.5 Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen 387

1.5
Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen
Bernhard Hegemann
Unter Warmformen versteht man das Umformen von erwärmten thermo-
plastischen Halbzeugen zu Formteilen. Es hat seinen Ursprung im Tiefziehen
von Metall, unterscheidet sich jedoch neben den Verfahrensparametern (Tem-
peratur, Druck) wesentlich darin, dass beim Metalltiefziehen das Material nach-
geführt wird und beim Thermoformen das Material keine Möglichkeit zum
Nachrutschen hat. Dies führt dazu, dass thermogeformte Teile selten eine kon-
stante Wanddickenverteilung besitzen und dies somit ein wichtiges Qualitäts-
kriterium darstellt. Der Thermoformprozess [1] beinhaltet neben der Formge-
bung zusätzliche Arbeitsschritte.
Im Folgenden sind die Verfahrenschritte, verwendbare Halbzeuge, Verfahren
und Vor- bzw. Nachteile beschrieben. Da das Thermoformen ein sehr komplexer
Prozess ist, wird für weitreichendere Erklärungen im Anhang auf entsprechende
Literatur verwiesen. Dort ist der gesamte Prozess detailliert erläutert und die
einzelnen Verfahrenschritte beschrieben.

Thermoformen – Verfahrensschritte
Das Thermoformen ist ein Umformverfahren, das durch mehrere verschiedene
Verfahrensschritte die Herstellung eines formstabilen Kunststoffteils ermög-
licht. Im Wesentlichen wird der Werkstoff durch Erwärmen in einen zähweichen
Zustand versetzt und mit relativ geringem Kraftaufwand verformt. Im Werkzeug
kühlt das Teil ab und wird anschließend entformt. Durch die Abkühlung frieren
die Orientierungen der Molekülketten ein und behalten ihre gestreckte Lage bei.
Ein erneutes Erwärmen bedeutet eine Rückverformung in den ursprünglichen
Plattenzustand (Versuch: Kunststoffbecher über die Glasübergangstemperatur
(Tg) erwärmen, siehe Kapitel 1.4.7).
Die Verfahrensschritte gliedern sich wie folgt:
• Erwärmen des Halbzeuges:
Das Kunststoffhalbzeug (z. B. Folie) wird mittels Heizstrahlern auf Umform-
temperatur gebracht. Hierzu sind Keramik-, Infrarot- oder Halogenstrahler
im Einsatz. In einigen Fällen werden auch Kontaktheizungen, teilweise kon-
vektionsunterstützt, verwendet.
• Verformen des Halbzeuges:
Die Umformung kann durch zwei grundlegende Verfahren stattfinden. Ent-
weder wird über eine Druckdifferenz und/oder mechanisch mit ent-
sprechenden Formhelfern wie Vorstreckstempel oder Werkzeug geformt.
Hier wird wesentlich Einfluss auf die Kontur des Fertigteils genommen, da
sich die konturgebende Form entsprechend negativ (auf der Außenseite) oder
positiv (auf der Innenseite des Formteils) abbildet.
• Ausformen des Formteils:
Nachdem das Formteil entsprechend abgekühlt wurde, um eine Rückver-
formung zu vermeiden, wird es ausgeformt. Dies kann ebenfalls durch Druck-
388 1 Einführung in Polymer Engineering

differenz stattfinden (Ausblasen), oder ähnlich wie beim Spritzguss, mecha-


nisch mit Auswerfern erfolgen.

Tabelle 1.94. Beispiel einiger Temperaturbereiche beim Umformen von Thermoplasten

Halbzeug Glastemperatur Schmelztemperatur Umformtemperatur


[°C] [°C] (Oberfläche) [°C]

PC ~ 145 – 150–180
PS ~ 105 – 120–150
PP ~0 ~ 165 150–165
HD-PE ~ –80 ~ 135 140–170
PET ~ 75 ~ 245 100–120

Thermoformen – Kunststoffe
Zum Thermoformen eignen sich fast alle amorphen und teilkristallinen
Thermoplaste. Anwendungsbezogen wird dabei in Kunststoffe für technische
Teile und für Verpackungsteile unterschieden.
Als technische Halbzeuge zählen PC, PMMA, PA und ABS sowie faserver-
stärkte Verbundwerkstoffe und eigenverstärkte Werkstoffe. Im Automobilbe-
reich sind oft thermoplastische Elastomere sowie thermoplastische Polyolefine
aufzufinden.
Als Verpackungshalbzeuge sind oftmals PET, PS, PP, PVC und PE zu finden.
Diese sind mit entsprechenden Additiven zur Eigenschaftsmodifizierung ver-
sehen. Modifikatoren sind zum Erreichen der Lebensmittelverträglichkeit und Be-
ständigkeit oder z.B. zur Verbesserung der Permeationseigenschaften notwendig.
Der Thermoformbereich oder das Verformungsfenster ist bei amorphen
Kunststoffen oberhalb der Glasüberganstemperatur und bei teilkristallinen
knapp unterhalb der Schmelztemperatur. Eine Übersicht über die Temperatur-
bereiche beim Umformen ist in Tabelle 1-94 dargestellt.

Thermoformverfahren
Die Thermoformung findet bei den meisten Verfahren nur in einer Werkzeug-
hälfte statt. Dies bedeutet zum einen, dass nur eine einseitige Konturgebung
möglich ist, zum andern allerdings auch als Vorteil, dass nur eine Werkzeug-
hälfte ausgelegt, bemaßt und hergestellt werden muss.
Unterschieden werden die Formgebungsverfahren in folgende Untergruppen:
• positiv
• negativ
• Druckluft
• Vakuum
• Plattenautomaten (Verarbeitung zu technischen Teilen)
• Rollenautomaten (Verarbeitung zu Verpackungsteilen)
• Kaschieren
Im Folgenden sind zwei jeweils kombinierte Verfahren detaillierter dargestellt:
1.5 Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen 389

Bild 1-203. Verfahrens-


schritte beim Posititv-
Negativ Vakuumformen

Positiv-Negativ Vakuumformung mit Vorblasen


Bei diesem kombinierten Verfahren wird das erwärmte Halbzeug über die Form
gezogen. Konturabbildende Seite ist die Innenseite des fertigen Produktes. Diese
Innenfläche ist während der Umformung in Kontakt mit dem Formwerkzeug
und kann dessen Gestalt annehmen. Der schematische Verfahrensablauf ist in
Bild 1-203 dargestellt.
In der ersten Stufe wird das thermoplastische Halbzeug auf die entspre-
chende Umformtemperatur gebracht (1). Durch Vorblasen wird die Folie vorge-
streckt (2), dies dient der gleichmäßigen Wanddickenverteilung. Danach
schließt das Werkzeug (3) und ein angelegtes Vakuum bringt die Folie in die ge-
wünschte Endform (4). Nach Abkühlen des Kunststoffes kann (ohne Gefahr der
Rückstellung) entformt werden.
Dieses Verfahren wird vorwiegend mit Plattenautomaten realisiert. Die dabei
hergestellten Produkte sind meist technische Teile wie das folgende Beispiel
zeigt:
Als thermogeformter Faserverbundwerkstoff wurde jüngst (2003) ein
Stoßfänger für den 3er-BMW hergestellt. Dieses Bauteil ist eine leichte und
höchstbelastbare Struktur aus Hochleistungs-Faserverbund und Sandwich-
strukturen, Bild 1-204. Dies bedeutet gleiche Belastbarkeit, chemische Bestän-
digkeit, Steifheit und Flexibilität bei enormer Massereduzierung im Gegensatz
zu konventionell hergestellten (spritzgegossenen) Stoßfängern.

Negativ-Druckluftformung
Die Negativformung findet ihre Hauptanwendung in der Becherherstellung. Bild
1-205 zeigt dazu die Verfahrensschritte. Nach Einfahren der erwärmten Folie
390 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-204. Stoßfänger BMW von Jacob Kunststofftechnik GmbH

Bild 1-205. Negativ-Druckluftformung


1.5 Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen 391

schließt das Werkzeug und der Formhelfer (Oberstempel) taucht ein, gleichzei-
tig muss die Abluft aus der unteren Werkzeughälfte austreten können. Danach
wird die Formluft aufgegeben, damit die Folie vom Stempel gelöst und gegen die
Werkzeugwand gedrückt (Oberflächengebung) wird. Nach Abkühlen des Kunst-
stoffes kann (ohne Gefahr der Rückstellung) entformt werden.
In der Anwendung unterscheidet man hauptsächlich zwei Bereiche:
a) Becher zur Lebensmittelaufbewahrung
Saftbecher sind meist ein Mehrschichtverbund. Üblich sind hierbei drei
Schichten, eine Innenschicht, die lebensmittelverträglich ist, eine Zwischen-
schicht zum Schutz vor UV-Einstrahlung oder auch zur Verwendung von
Recyclingmaterial und eine Deckschicht mit aufgedrucktem Label.
b) Becher zum sofortigen Gebrauch
Becher zum sofortigen Gebrauch wie Trinkbecher o. ä. sind einfach
thermogeformte Billigartikel, wie sie in jedem Kaffeeautomat vorkommen.
Sie werden aus einer einzelnen Folie geformt und mit entsprechenden For-
men (Sicke, Riffelung, etc.) stabilisiert.
Bild 1-206 zeigt einen thermogeformten Becher im Vergleich zu einem spritzge-
gossenen Becher. Beim thermogeformten Becher sind die Stapelsicke eindeutig
zu sehen, während im Spritzguss diese mit Hinterschnitten in Form von hohlen
Becherböden realisiert werden können.

Vor- und Nachteile der Thermoformung


Die Thermoformung steht meist in Konkurrenz zum Spritzguss. Die hier aufge-
zählten Vor- bzw. Nachteile sind deshalb vorwiegend gegenüber dem Spritzguss
zu sehen.
Vorteile bei der Herstellung technischer Teile durch Umformen:
• Hohes Teilegewicht (bis 125 kg),
• Große Formteile (bis 4 m2) sind möglich,
• Flexible Wanddicken (0,05 mm – 15 mm),
• Kostengünstig bei kleinen Stückzahlen (Werkzeugkosten),
• Geringe Änderungskosten, Farbwechselkosten,
• Homogene Mehrschichtverbunde möglich.

Bild 1-206. Vergleich: Umgeform-


ter und urgeformter Becher
392 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-95. Tabelle für den Thermoformer Blatt 1/3 (Fa. Illig, Heilbronn) [2]

Lineare Wärmeausdehnung
Tabelle für den Kurz- Dauer-
Thermoformer zeichen gebrauchs-
(unverbindliche Angaben) temperatur

Optische Transparenz
Stand 07.2003

Spezifische Wärme
Fa. Illig, Heilbronn min. max.

Zugfestigkeit

E-Modul
Dichte
Thermoplast – g N N + ja 10–6 kJ °C C
63
cm 7 72 –nein °C
mm2 mm 6 8
kg°K

Polystyrol, Standard PS-GP 1,05 55 3350 + 75 1,3 –10 70


Polystyrol, schlagfest PS-HI 1,05 32 2150 –(+) 70 1,3 –40 70
Styrol-Butadien-Styrol SBS 1,03 31 1800 + 90 1,3 –20 70
Polystyrol, orientiert OPS 1,05 57 3200 + 70 1,3 –60 79
Acrylnitril-Butadien-Styrol ABS 1,05 50 2500 + 90 1,3 –45 85
Acryl-Styrol-Acrylester ASA 1,07 36 2050 – 95 1,3 –40 75
Styrol-Acrylnitril SAN 1,08 73 370 + 80 1,3 –20 80
Polyvinylchlorid, hart PVC-U 1,39 58 2900 + 75 0,9 –5 65
(–25)
Cycloolefin-Copolymer COC 1,02 66 3200 + 65 170
Polyethylen, hoher Dichte PE-HD 0,95 28 1100 – 200 2,1– –50 95
2,7
Polypropylen PP 0,91 30 1200 –(+) 150 2,0 0 110
(–30)
Polymethylmethacrylat, extr. PMMA, ext 1,18 80 3300 + 70 1,47 –40 70
Polymethylmethacrylat, geg. PMMA, geg 1,18 80 3300 + 70 1,47 –40 80
Polyoxymethylen, Polyacetal POM 1,41 66 3000 + 100 1,5 –40 100
Polycarbonat PC 1,2 61 2300 + 65 1,17 –100130
Polyestercarbonat PAR 1,2 66 2300 + 72 1,1 –40 145
Polyphenylenether (-oxid) PPE (PPO) 1,08 55 2450 – 70 1,4 –30 80
Polyamid 6, 15% GF-verstärkt PA 6 GF 15Z 1,22 114 5900 – 61 1,5 140
Polyamid 12 PA 12 1,02 60 1600 – 150 1,6 –70 80
Polyethylenterephthalat, amorph PET-G 1,27 49 1720 + 51 1,1 63
Polyethylenterephthalat, amorph A-PET 1,34 30 2200 + 80 1,05 –40 70
Polyethylenterephthalat, kristall. C-PET 1,37 47 2600 – 70 1,1 –20 220
Polysulfon PSU 1,24 80 2650 + 56 1,3 –70 150
Polyethersulfon PES 1,37 80 3000 + 55 1,1 180
Polyphenylensulfid PPS 1,62 125 12000 – 29 240
Acrylnitril-Methacryl-Butadien A/MA/B 1,15 546 3450 + 66 2,0 –200 70
Celluloseacetat CA 1,28 37 1800 + 110 1,6 –40 80
Cellulosediacetat CdA 1,27 40 1000 + –20 60
Celluloseacetobutyrat CAB 1,18 26 1600 + 120 1,6 –40 60
Polyvinylidenfluorid PVDF 1,78 43 1500 – 120 0,96 –40 120
Polyetherimid PEI 1,27 1,05 2800 – 56 170
PET-Elastomer TPE-E 1,17 28 55 – –50 105
Polylactidacid PLA 1,25 53 3500 + 1,3 –20 45
Tabelle 1-95. Tabelle für den Thermoformer Blatt 2/3 (Fortsetzung) (Fa. Illig, Heilbronn) [2]

Materialfaktor für Kühlzeit c


Kurzzeichen Entlüftung d

Materialfaktor für Heizzeit c


Vortrocknen von Platten

Umformtemperatur

Umformtemperatur
Kristallitschmelzbereich
Erweichungstemperatur

(Folienoberfläche)

(Folienoberfläche)
Vakuum- Druckluft-
formung formung

1,5–2 h/mm

Bohrung

Bohrung
Schlitz

Schlitz
Druckluft Vakuum

– °C °C °C °C °C – – mm mm mm mm

PS-GP 80 – – 120–150 165–190 1,3 0,97 0,8 0,5 0,6 0,3


PS-HI 80 – – 120–160 150–200 1 1 0,8 0,5 0,6 0,3
SBS 90 – – 115–125 140–140 1 1 0,8 0,4 0,6 0,3
OPS 99 – – 115 115 1 0,7 0,8 0,6 0,6 0,4
ABS 100 – 75 130–160 160–220 1,3 1,3 0,8 0,5 0,6 0,3
ASA 90 – 85 120–160 160–190 1,3 1,3 0,8 0,5 0,6 0,3
SAN 95 – – 135–170 165–190 1,6 1,12 0,8 0,5 0,6 0,3
PVC-U 90 – – 120–140 155-200 1,7 2,55 0,8 0,5 0,6 0,3
COC b
– – 0,6 0,3 0,3 0,2
PE-HD 105 125 – 140–170 170–200 2,5 2,5 0,6 0,3 0,4 0,2
+15
PP 140 158 – 150–165 160–200 2,1 2,1 0,6 0,3 0,3 0,2
+10
PMMA, ext 95 – 70 140–160 160–190 1,5 1,5 0,8 0,6 0,8 0,5
PMMA, geg 100 – – 140–170 170–200 1,6 1,6 1,0 0,8 0,6 0,3
POM 120 165 – 145–170 170–180 3,7 1,85 0,6 0,4 0,4 0,2
+10
PC 150 – 100 150–180 180–220 1,5 0,9 0,6 0,5 0,6 0,3
PAR 170 – 110 180–210 210–235 2,6 2,21 0,8 0,5 0,6 0,3
PPE (PPO) 120 – – 180–230 200–250 1,8 1,44 0,8 0,5 0,5 0,6
0,3
PA 6 GF15Z 222 110 230–240 240–250 0,8 0,5 0,6 0,3
PA 12 150 175 80 160–180 170–180 2,5 2 0,8 0,5 0,6 0,3
+10
PET-G 82 – – 100–120 110–190 1,25 0,88 0,8 0,4 0,6 0,3
A-PET 86 – 65 100–120 110-1120 1,25 0,88 0,8 0,4 0,6 0,3
C-PET 86? 225 – 130–145 / / / / / 0,6 0,4
+3
PSU 178 – 120 210–230 220–250 2,9 2,32 0,8 0,5 0,6 0,3
PES 220 – 180 230–270 265–290 – – 0,8 0,6 0,6 0,3
PPS 260 280 – 260–270 260–275 3,5 0,87 0,6 0,3 0,4 0,2
+8
A/MA/B 88 – – 135–150 150–220 1,3 1,69 0,8 0,4 0,6 0,3
CA 98 – 65 145–170 165–180 1,5 1,5 0,8 0,5 0,6 0,3
CdA 70 – 60 115–130 120–140 – – 0,8 0,4 0,6 0,3
CAB 120 – 90 140–200 170–200 1,5 1,5 0,8 0,5 0,4 0,2
PVDF 150 170 – 170–200 170–240 3 3 0,8 0,5 0,6 0,3
+8
PEI 215 – 150 a 230–290 240–330 2,7 0,62 0,8 0,5 0,6 0,3
TPE-E 108 – – – 235–143 1,5 1,5 0,6 0,5 / /
PLA 58 – – 80–100 90–110 0,8 0,4 0,6 0,3
a
Trocknungszeit 4 h/mm; b je nach Type, 70 º 160 °C, c für Oberflächenformung (OFF) und sehr scharfe
Ausformung ¥ 1,5; d für OFF und sehr scharfe Ausformung um ca. 30 % kleinere Werte für sehr geringe
Umformtemperaturen um 25% größere Werte.
394 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-95. Tabelle für den Thermoformer Blatt 3/3 (Fortsetzung) (Fa. Illig, Heilbronn) [2]

Kurzzeichen Optimale Temperatur für das Werkstoff für Verarbei-


Formwerkzeug Vorstreckstempel tungs-
schwin-
1 Holz 6 PU-talkumgefüllt dung e
2 Filz 7 Pertinax
3 POM 8 HytacB1X
4 PA (PA6GGK) 9 PTFE
5 Syntakt. Schaum º

UA RV(b) RDKP RDM HSA UA RV(b) RDKP RDM HSA


SB RD RDK FS SB RD RDK FS

– °C °C °C °C °C – – – – – %

PS-GP 80 / 15 15 / 1,2,6,7 2,5 6) 2,5 f / 0,5


PS-HI 70 25 20 15 –/15 1,2,6,7 1,2,5,6 2,5 2,5 2,5 0,5
SBS 50 25 20 15 40/20 1,2,3,6,7 1,3,5 3,5 3,5 0,5
OPS 65 / 65 40 / 2,5 / 2,5 2,5 / 0,5
ABS 85 35 20 15 –/15 1,2,4,6,7 1,2,4,5 2,5 2,5 2,5 0,6–0,7
ASA 85 – 20 15 – 1,2,4,6,7 – 2,5 2,5 – 0,3–0,7
SAN 85 – – – – 1,2,4,6,7 – – – – 0,4–0,7
PVC-U 25 25 20 15 35/15 1,2,6,7 1,2,5,7 2,5 2,5 2,5 0–0,5
COC – – – – 35/15 3,4,5
PE-HD 100 50 35 20 – 1,4,6,7 1,4,5,7 4,5 4,5 – 1,2–5,0
PP 90 (25) 25 15 –/15 1,2,4,6,7 3,4,5,7 3,4,5 3,4,5 3,4,5 1,5–1,9
PMMA, ex 85 – 25 – – 1,2,4,6,7 – 5 – – 0,5–0,8
PMMA, geg 90 / / / / 1,2,4,6,7 / / / / 0,5–0,8
POM 100 – – – – 1,2,4,6,7 – – – – 1,5–2,5
PC 130 / 125 – – 1,2,6,7 / 5 – –
0,9–1,1
PAR 130 – – – – 1,2,6,7 – – – – 0,8
PPE (PPO) 120 – – – – 1,2,4,6,7 – – – – 0,5–0,7
PA 6 GF 15Z 90 / / / / 1,2,4,6,7 / / / / 0,2/1,6
PA 12 70 – – – – 1,2,4,67 – – – – 1,2–1,8
PET-G 60 35 20 15 35/20 1,2,3,6,7 1,2,3,5 3,5 3,5 3,5 0,4–0,5
A-PET 60 35 20 15 35/20 1,2,367 1,2,3,5 3,5 3,5 3,5 0,4–0,5
C-PET / / 170/ / / / / 9 / / 0,5–2,0
60
PSU 145 – – – – 1,2,4,6,7 – – – – 0,5–0,7
PES 150 – – – – 1,2,4,6,7 – – – – 0,6
PPS 140 – – – – 1,2,4,6,7 – – – – 0,7
A/MA/B 65 35 20 15 35/15 1,2,4,6,7 1,25 2,5 2,5 2,5 0,2–0,5
CA 69 – – – – 12,4,6,7 – – – – 0,4–0,8
CdA 80 – 20 – – 1,2,5 – 5 – – 0,2–0,3
CAB8– – – – – 1,2,4, – – – – – 0,4–0,8
6,7
PVDF 130 – – – – 1,2,4,7 – – – – 0,9–3,2
PEI 150 – – – – 1,2,4,7 – – – – 0,6–0,8
TPE-E 90 – – – – 1,2,5,7 – – – – 1,25
PLA – – – – 20/15 – 3,5,8 3,5,8 5,8 3,5 0,2–0,5
e
Verarbeitungsschwindung = Länge Werkzeug – Länge Thermoformteil/Länge Werkzeug ¥ 100 beide
Maße bei Raumtemperatur nach 24 h gemessen.
f
Nur Inline-Verarbeitung möglich.
1.5 Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen 395

Vorteile der Herstellung von Verpackungsteilen durch Umformen:


• Kürzere Taktzeiten,
• Verarbeitung von Halbzeug.

Nachteile:
• Wenig Gestaltungsmöglichkeit (Hinterschnitte),
• Keine gleichmäßige Wanddickenverteilung,
• Schwierige Temperaturführung,
• Vorgegebenes Halbzeug; keine Einflußnahme des Verarbeiters auf die Rezep-
tur der Folie möglich.
Tabelle 1-95 gibt für den Thermoformer viele in der Praxis sehr wertvolle Infor-
mationen. (Für die Genehmigung zur Veröffentlichung danken wir der Fa. Illig,
Heilbronn) [2].
Das Thermoformen ist ein Umformverfahren, das sehr einfach aussieht, in
der Prozessführung allerdings sehr schwer handzuhaben ist. Gerade der große
Einsatz von Verpackungsmitteln und Trinkbecher, die in aller Regel als Billig-
und Massenware auf dem Markt sind, erlauben keine aufwendigen und kosten-
intensiven Arbeiten und erwartet ein Produkt zu günstigem Preis und hoher
Funktionalität.
Auf wissenschaftlichem Gebiet haben sich bisher nur Wenige in der Lage ge-
sehen, den gesamten Prozess zu verstehen und erklären zu können. Im Gegen-
satz zum Spritzguss, auf dem schon Jahrzehnte geforscht wird, ist bei der Ther-
moformung nur ansatzweise Prozessführung erklärbar und simulierbar.
Auf diesem Gebiet ist das IKP tätig, indem durch einen speziell entwickelten
Messaufbau die notwendigen Parameter und Kenngrößen der eingesetzten
Halbzeuge für die Simulation ermittelt werden. Mit diesen Kennwerten ist es
dann möglich, den Thermoformprozess gesamt im Voraus zu berechnen und
z. B. die Wanddickenverteilung oder Spannungsverteilung aufzuzeigen. Somit
können aufwendige Werkzeuge im Voraus berechnet sowie ausgelegt und Zeit
bzw. Kosten eingespart werden.
Weitere Literatur zur Vertiefung bieten [3] bis [5].

Literatur – Kapitel 1.5


[1] Schwarzmann P Thermoforming. München: Hanser, 2001
[2] Illig A Tabelle für den Thermoformer. Heilbronn: Illig, 7/2003
[3] Illig A Thermoformen in der Praxis, 1997, Carl Hanser Verlag
[4] Throne J Technology of Thermoforming, 1996, Hanser Gardener Publications
[5] Schwarz Ebeling Furth Kapitel 16 in Kunststoffverarbeitung, 8. Aufl., Vogel 1999
396 1 Einführung in Polymer Engineering

1.6
EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen
Otto Altmann

1.6.1
Einführung

Die Gesamtkosen für Bauteile, auch diejenigen aus Kunststoffen, werden wesent-
lich – in der Regel zu 90 Prozent – in der Entwicklungsphase bestimmt. Bauteil-
änderungen zu späteren Zeitpunkten kosten umso mehr, je fortgeschrittener der
Konstruktions- und Auslegungsprozess ist, Bild 1-207.
Wegen der hohen Werkzeugkosten für die Bauteilverarbeitung muss der Ent-
wicklungsprozess spätestens bis zur Werkzeugkonstruktion abgeschlossen sein.
Es kommt dennoch immer wieder vor, dass Werkzeugänderungen notwendig
werden. Diese können jedoch höhere Kosten verursachen, als ein von vornherein
qualifiziert festgelegter durchaus aufwändiger Entwicklungsprozess mit all sei-
nen Einzelschritten.
Änderungen nach dem Serienanlauf oder gar Rückrufaktionen, wie sie im-
mer wieder bekannt werden (Nahrungsmittel, Automobile u. a.), sind extrem
teuer und kosten Zeit, vom Imageschaden ganz abgesehen.
Die EDV-Unterstützung bei der Konstruktion von Kunststoffbauteilen bietet
bei konsequenter Anwendung die Chance der Fehlervermeidung, mindestens
aber deren Reduzierung und damit langfristig gesehen Kostenreduzierung.
Allerdings ist CAX (Sammelbegriff für alle computerunterstützten Me-
thoden) bei Kunststoffbauteilen aufwändiger als beispielsweise bei vergleichba-
ren metallischen Strukturen. Dies hängt u. a. mit den zeit- und temperaturab-
hängigen Eigenschaften von Kunststoffen im Anwendungsbereich von – 30 bis
200 °C und mit deren Verarbeitung zusammen bei i. d. R. zwischen 200 °C und
300 °C.
Dieser Mehraufwand in der Entwicklung von Kunststoffbauteilen lässt sich je-
doch durch Vorteile bei der Verarbeitung (Integration von Funktionen) und in
der Nutzungsphase (Masse, Geräusche u. v. a.) häufig überkompensieren.
Wegen der meist hohen Werkzeugkosten sind bei Kunststoffbauteilen große
Stückzahlen wirtschaftlich erforderlich. Sonderverfahren machen aber auch
Kleinserien möglich.
Der kalkulatorische Entwicklungsaufwand (als Teil der Overheadkosten) liegt
bei Kunststoffbauteilen zwischen 4 Prozent und 9 Prozent (bei hoher Komple-
xität und Funktionalität) der proportionalen Herstellkosten (HKprop).
Bei tragenden Faserverbundstrukturen in der Luft- und Raumfahrt können
HKprop bis 14 Prozent steigen.
Die CAX-Methoden für Konstruktion (CAD Computer Aided Design) und
Auslegung (CAE Computer Aided Engineering) von Kunststoff-Bauteilen haben
das Polymer Engineering in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert.
Bild 1-208 zeigt Hard- und Software für einen kunststofftechnischen Arbeits-
platz eines Konstrukteurs. Allerdings blieb die Generierung der erforderlichen
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 397

Bild 1-207. Kosteneinfluss von Änderungen und Modifikationen während der zeitlichen Ent-
wicklungsphasen von Kunststoffbauteilen

Werkstoffdaten (orts-, verarbeitungs- und konstruktionsabhängig) deutlich


hinter der rasanten Entwicklung auf dem EDV-Gebiet hinterher.
Bis heute ist es beispielsweise nicht umfassend gelungen, verlässliche
Bemessungskennwerte in den CAX-gekoppelten Datenbanken bereitzustellen.
Expertensysteme mit Schlussfolgerungskomponenten müssen daher unver-
mindert Ziel der Arbeit von Kunststofffachleuten sein. Die Kombination von
Verarbeitungsverfahren, die immer stärkere Integration von Funktionen in
Kunststoffbauteile, recyclinggerechte Konstruktionen und Kostenreduzierun-
gen u. a. durch dünnwandigere Konstruktionen sowie das Erschließen neuer An-
wendungen (Sicherheit, Komfort, Leichtbau) würden ohne EDV-unterstützte
Auslegungs- und Simulationsverfahren stagnieren.
Das Ur- und Umformen von Bauteilen aus Kunststoffen (siehe Kapitel 1.4)
und ihre viskoelastischen bis plastischen Eigenschaften (siehe Kapitel 1.3) erfor-
dern völlig andere Entwicklungs- und Prozessstrukturen als beim Umgang mit
Metallen. Bild 1-209 verdeutlicht die Hauptfaktoren (Einflussfelder) beim Poly-
mer Engineering auf die Gestaltung, Fertigung, Nutzung und das Recycling ei-
nes Produktes.
398 1 Einführung in Polymer Engineering

CAE

CAS Interne Systemdefinition


Vorentwicklungstechnik

CAD/CAM CAS Styling


Digitalisierung
WOB Modelltechnik
CAE Prüftechnik
Externe Teilsystemanwender

CAD CAR Werkstofftechnik


CAD/CAM NS
Konstruktionstechnik
Berechnungs-Simulationstechnik

EPS XPS Werkzeugtechnik


Verfahrenstechnik

KTA CAQ CAP CIM KTA Erstmuster, Prototypen


Kalkulation
DB Prozessfähigkeit-
CAD/CAM PPS sicherheitsanalysen
Qualitätssicherung
CAT Montage-Verbindungstechniken
CAM Betriebsfestigkeit
Nachweisversuchstechnik
CAH
Nachkalkulation

BDR Logisitk, Einkauf


Recycling u. Umwelttechnik
CAR

Kunststofftechnische Kunststofftechnische Kunststofftechnische


EDV-System-Struktur EDV-Arbeitsplatz-KTA Prozesskette

Bild 1-208. Kunststofftechnischer EDV-Bauteileentwicklungssystemaufbau


1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 399

Bild 1-209. Haupteinfluss-Technolo-


gien und Schnittstellen

1.6.2
Kunststoff
Aus den Vorgaben des Lastenheftes zum Bauteil leitet sich die Wahl des geeigne-
ten Werkstoffes/Kunststoffes ab.
Über Werkstoff-Vergleichsgrößen sind Bemessungskennwerte für die Be-
rechnungen (mechanisch, chemisch, physikalisch) zu ermitteln.
Dies stellt häufig den kritischsten und auch aufwändigsten Schritt in der Ent-
wicklungs-Prozesskette eines Bauteiles dar. Fehler werden hier oft gemacht.
Weiter sind die Auswahl von Toleranzen für geforderte Maße nach Norm- und
Standardvorgaben ein wichtiges Kriterium beim Eintrag in die Bauunterlagen,
die Kosten und Qualität von Kunststoffbauteilen mitbestimmen, [1] bis [5].
Dazu ist die Kenntnis kunststoffspezifischer Toleranzen unabdingbar [2].
Das Versagen von Kunststoffbauteilen hat meistens seine Ursache in un-
sachgemäßen Konstruktionen, viel weniger im Werkstoff/Kunststoff. Ein-
flüsse der Verarbeitung und Werkzeugtechnik, auch der Oberflächentechnik
beispielsweise werden ignoriert. Die Folge ist ein schlechtes Image der Werk-
stoffgruppe Kunststoff, obwohl die Verantwortung dafür beim Konstrukteur
liegt.
So sollten Kunststoffbauteile, beispielsweise für die Fahrzeugtechnik, bereits
beim Beginn einer Entwicklung, also in der Konzept- und Vorauslegungsphase,
in Primär- und Sekundärstrukturen eingeteilt werden. Bei konsequenter Einhal-
tung dieser Festlegung während der gesamten Entwicklung lassen sich damit
Engpasssituationen besser vorhersehen und auch zeitlich und wirtschaftlich be-
herrschen.
400 1 Einführung in Polymer Engineering

Vertiefte Ausführungen zu den Kunststoffen, ihre Einteilung, Strukturen,


Merkmale u. a. m. gibt Kapitel 1.3.

1.6.3
Struktur-/Bauweisen-Konzepte und Auslegungsphilosophien
Folgende Struktur-/Bauweisen-Konzepte lassen sich unterscheiden (Auswahl):
• Monolytische Strukturen, auch Mono-Konzepte genannt
(Strukturbauteile aus einem Werkstoff, durchaus jedoch in verschiedenen
Herstellformen: beispielsweise eine Mono-Instrumententafel aus glasfaser-
verstärktem Polypropylen, aus PP-Schaum und PP-Integralhaut).
• Differenzierte Strukturen oder auch gradierte Strukturen
(tragende Strukturen mit örtlichen Funktionselementen: beispielsweise ein
PKW-Frontend mit oben eingelegtem, örtlich begrenztem Verstärkungs-
gewebe).
• Hybrid-Strukturen
(Kombination von Bauweisen aus verschiedenen Werkstoffen: beispielsweise
ein Tragrahmen einer Pkw-Fahrgastzelle mit Faserverbund-Vorderwagen,
Stahl- oder Aluminium-Rahmen und Faserverbund-Hinterwagen).
• Sandwich-Struktur
(Deckschichten aus Metallblechen oder polymeren Faserlaminaten mit Wa-
ben oder Schaumstoffen als Kernschichten: beispielsweise Surfbretter oder
Leichtbau in der Luft- und Raumfahrt).
• Verbund-Strukturen, so genannte Verbundwerkstoffe
(Zugabe von teilchenförmigen oder faserförmigen – geschnittene oder end-
lose Fasern – Verstärkungsstoffen bzw. -konstruktionen, wie Gewebe, Ge-
stricke, Gewirke, Gewirre u. a.: beispielsweise Sportartikel wie Tennisschläger,
Speere, Segel u. v. a. Formel 1-Rennwagen, Sicherheitsgurte, -anzüge usw.).
Diese Hauptgruppen lassen sich nun wieder untergliedern, in beispielsweise
– selbsttragende Strukturen
– Ausbaustrukturen
– Rohrrahmen-Bauweisen
– Gitterrohrrahmen-Bauweisen
– Leichtbaustrukturen
– Faserverbund-Laminatstrukturen
– Faserverbund-Wickelstrukturen
– Schaumstrukturen (weich/hart, offenzellig, geschlossenzellig …)
Jede dieser Bauweisen kann nun nach unterschiedlichen Auslegungsphiloso-
phien dimensioniert werden:
• maximal zulässige Dehnungen, Spannungen oder Verformungen
• zulässige Verformungen, im linear elastischen Bereich
• zulässige Verformung, im nicht linearen Bereich (aufwändige Berechnung)
• maximal zulässiger Sekanten-Modul (Spannungen, Dehnungen)
• zulässige Spannungen, als % Anteil der Bruch-Spannung/Dehnung
• „fail safe“ (sicher ertragene Lasten, gegen das Bauteil-Versagen)
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 401

• „safe life“ (sicher ertragene Lasten, über die Bauteile Lebensdauer)


• Lebensdauer-orientierte Auslegungsphilosophien
• Prinzip: Die Bauteile versagen erst nach einer bestimmten Lebensdauer
• die sich an Lastwechselspielzahlen, Lasthöhen oder Lastkollektiven orientiert
(„theoretische Idealkonstruktion“).
Einigen Industriezweigen wird unterstellt, dass diese „Lebensdauer orientierte“
Strukturauslegung die Grundlage für die „Wegwerfgesellschaft“ z. B. mit „Plas-
tik“ ist.
Einige dieser oben angeführten Strukturauslegungsbegriffe stammen aus der
Luft- und Raumfahrtindustrie, in der bekanntlich Leichtbau bis an die möglichen
Versagensgrenzen, mit geringen Sicherheitsbeiwerten, betrieben werden muss.
Es gibt jedoch auch eine andere Art der Einteilung, die sich bei den herzu-
stellenden und auszulegenden Kunststoffbauteilen ausschließlich nach ihrem
späteren, speziellen Einsatzgebieten definiert. Die Vorgaben für diese Gruppen
richten sich nicht oder zum Teil nach den mechanisch physikalischen Kennwer-
ten und der Medien- sowie thermischen Beständigkeit, wie z. B.
• Kunststoffe für optische funktionale Bauteile (Linsen, Spiegel, Prismen u.s.w.)
• Kunststoffe mit speziellen Reibungs- und Verschleißeeigenschaften, Bild 1-210
und 1-211
• für die Optimierung dieser Eigenschaften spielen Füll- und Verstärkungs-
werkstoffe eine entscheidende Rolle, Bild 1-212.
• Kunststoffe mit speziellen elektrischen Eigenschaften,
• Kunststoffe mit elektromagnetischen Abschirmeigenschaften

Bild 1-210. Abrieb für einige gefüllte und ungefüllte PTFE-Compounds (Optimierungsbeispiel
für das Verschleißverhalten)
402 1 Einführung in Polymer Engineering

1
a) PPS 50 % + PAI 50 % 1 MPa/1m/s
b) PPS+PAJ+C-Fasern 1 MPa/3m/s
0,8
3 MPa/1m/s
Reibungskoeffizient µ

c) PPS+PTFE+C-Pulver

0,6 d) PPS mod., ähnlich c)

T = 23°C
0,4

0,2

0
PPS 50%+PAI 50% PPS+PAI+C-Faser PPS+TFE+C-Pulver PPS mod.
Material

Bild 1-211. Abrieb für einige modifizierte PPS-Compounds (Optimierungsbeispiel für das Ver-
schleißverhalten)

Bild 1-212. Übersichtsdaten für die Polymerwerkstoffvorauswahl für verschiedene Faserver-


stärkungen
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 403

1.6.4
Werkstoffkennwerte als Konstruktions- und Auslegungsbasis
Die Werkstoffkennwerte, die von den Polymerwerkstoffherstellern an Proben
ermittelt werden, sind die Basis für eine vergleichende Werkstoffauswahl. Diese
Kennwerte können auf keinen Fall als Bemessungskennwerte (z. B. elastische
Konstanten) für die Auslegung eingesetzt werden.
Über das Lastenheft oder die Spezifikationen sind die Einsatzbedingungen
der Bauteile meistens bekannt. Bereits in der Konzept- und Vorkonstruktions-
phase muss der Kunststoffbauteileentwickler (als Bauteileverantwortlicher), un-
ter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und technischen Parameter, eine
Werkstoffvorauswahl treffen und damit auch einen Großteil, für die möglichen
Werkzeug-, Verfahrens- sowie Prozesstechnologien, definieren.
In den Bildern 1-213 und 1-214 bis 1-218 sind einige vergleichende Eigenschaf-
ten für Polymerwerkstoffe aus Probenkennwerten dargestellt, die man in einem
Bauteil jedoch so nicht wieder vorfindet. Bild 1-219 weist den Weg von den Ei-
genschaften in einer Normprobe hin zu denen im Bauteil, [6] bis [10].

Bild 1-213. Thermoplastische Kunststoffe und ihre thermische Beständigkeit


404 1 Einführung in Polymer Engineering

Feuchtigkeitsaufnahme in % bis zur Sättigung im Normklima

Thermischer Längenausdehnungskoeffizient (10–5 1/K)

Bild 1-214. Feuchtigkeitsaufnahme zum Längenausdehnungskoeffizient


Strahlendosis (kGy)-Dehnung z = -25%

Thermoplastische Polymere

Bild 1-215. Beständigkeit gegen energetische Strahlung, Kennwerte des Herstellers, dargestellt
als wirksame Strahlendosis, welche die Dehnung um 25 % reduziert (mögliche Auslegungskri-
teriengrenze)
1.5 Umformen von Kunststoffen zu Bauteilen – Warmformen 405

Bild 1-216. Erforderliche Dosisbereiche für das Vernetzen von Kunststoffen

Bild 1-217. Zusammenhänge zwischen Reibdruck (P) und Reibgeschwindigkeit (V) für Gleit-
körper aus Kunststoffen

1.6.5
Vor-Auslegung von Kunststoff-Strukturen
Jeder Industriezweig hat, dem hergestellten Produkt entsprechend und den Folgen
bei Bauteileversagen, andere Primärkriterien in der Vorauslegung und Entwick-
lung, die unterschiedlich eingeordnet und bewertet werden, wie z.B. folgende
• Luft- und Raumfahrt: Sicherheit, Leichtbau und Lebensdauer
• Automobilbau Kosten, Sicherheit, Gewicht, Qualität
• Maschinenbau Lebensdauer, Verschleiß und Kosten.
406 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-218. Einflussfaktoren für den Verschleißfaktor bei hohen Reibgeschwindigkeiten für
Gleitkörper (Dark Plastics)

Bild 1-219. Der Weg vom Probenkennwert zum Bemessungskennwert bis zur Freigabe
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 407

Bild 1-220. Zweidimensionales


Vor-Analyse-Entwicklungs-
Diagramm

Diese Einstufung hängt vor allem mit der geplanten, herzustellenden Stückzahl
über die gesamte Projektlaufzeit (Multiplikationsfaktor, bei der Kostenein-
sparung) und damit den Herstellkosten sowie den entstehenden Kosten oder
Auswirkungen, bei einem möglichen Bauteileversagen, zusammen.
Der einfachste Vorauslegungsfall liegt vor, wenn man z. B. nur nach zwei Fak-
toren, z. B. der Steifigkeit und der Masse, Vorauslegungen und optimieren muss,
siehe Bild 1-220.
In der Regel sind eine größere Anzahl von Vorgaben vorhanden, die man im
Rahmen der Bauteile Vorauslegung, mit z. B. vergleichenden Polardiagrammen,
zumindest qualitativ vergleichend darstellen kann, siehe Bild 1-221.
Einige Werkstoffdatenbanken, wie z.B. CAMPUS von M-Base [24], ermöglichen
zumindest die Probenwerkstoffkennwerte-Vorauswahl nach Polardiagrammen.
Andere EDV Hilfsmittel für die Werkstoffvorauswahl, wie RALPH von der Firma
BAYER [25], siehe Bild 1-222, sind sehr hilfreich. In einem derartigen Polardia-
gramm können eine große Anzahl von Vergleichsachsen für verschiedene Vor-
auslegungskennwerte aufgebaut und Varianten miteinander verglichen werden.
Das ergibt jedoch noch keine Aussage oder nur eine relativ vergleichende Aus-
sage über die Bauteilkennwerte. Wobei es selbstverständlich auch möglich ist,
über ermittelte Kennwerte unter verschiedensten Bedingungen, Bauteile Polar-
diagramme zu generieren, die dann über die ermittelten Bauteile Versuchs- und
Testkennwerte eine sehr hohe Aussagekraft, über das Bauteileverhalten unter
Einsatzbedingungen haben.
Eine weitere Vorauslegungsmethode sind Matrixanalysen.
Erst der Vergleich von technischen, auslegungsrelevanten und wirtschaftli-
chen Kriterien ermöglicht es nach der Vorentwicklungsphase, die Serien Ausle-
gungs- und Entwicklungsphase zu starten, siehe Formel in Bild 1-223.
Häufig wird ein zu geringer Aufwand für die Vorauslegung betrieben, was in
der Serienauslegung-, der Fertigungs- und der Nutzungsphase, z. B. über auf-
408 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-221. Vergleichendes, mehrachsiges Polar-Voranalyse-Diagramm

Bild 1-222. Werkstoffvorauslegung mit dem Programm RALPH [25]

wändige Änderungen und Umkonstruktionen, teuer bezahlt werden muss, siehe


Bild 1-207.
In der Vorauslegungsphase sollte bereits eine erste Abschätzung aller ausle-
gungsrelevanten Parameter erfolgen.
Nach dieser Vorauslegungsphase muss eine Basiseinteilung nach Primär-
oder Sekundärstrukturen erfolgen, die den Entwicklungs- und Prüfaufwand,
aber auch die Abminderungs- und Sicherheitsbeiwerte mit bestimmt.
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 409

Bild 1-223. Gesamt-


Struktur-Voraus-
legungs-Formel

1.6.6
Einteilung von Kunststoffstrukturen
Die Einteilung der Kunststoffbauteile in Primär- und Sekundärstrukturen er-
leichtert die Festlegung der durchzuführenden Entwicklungsschritte innerhalb
der Entwicklungs- und Fertigungsprozesskette.
Die Erstellung einer Primär- und Sekundärbauteileliste, mit einer Gruppie-
rung und festgelegten Abläufen, hat sich in der Vergangenheit bewährt.
Dabei kann sich die Sekundär- und Primärbauteilegruppierung nicht nur
nach den rein funktionalen und mechanischen Anforderungen richten, sondern
auch an Kriterien wie z. B.
• hohen optischen und Oberflächenanforderungen
• hohe Toleranzanforderungen, vor allem bei Monategruppen (Gruppenmaße)
• hohe Rundheits- und Ebenheitsanforderungen sowie das Spannungs-
verhalten
• hohe Anforderungen an die Wuchtgüte, bei hoch beschleunigten Bauteilen.
Es ist bis heute, werkstoff- und prozessbedingt, z. B. kaum möglich, „absolut“
runde und ebene Kunststoffbauteile herzustellen.

1.6.7
Gestaltungs-Richtlinien für Kunststoffstrukturen
Es gibt eine relativ große Anzahl von Fachliteratur und Firmenunterlagen, [11] bis
[23], die auf die Konstruktionsproblematik von Kunststoffbauteilen eingehen.
Bezüglich der Bemessungskennwerte findet man jedoch kaum aussagekräf-
tige, allgemein gültige Literaturstellen, was auch relativ schwierig ist, wenn man
das Bauteil nicht kennt.
Für die Gestaltung von Polymerstrukturen ist eine ganze Reihe von grund-
sätzlichen Richtlinien einzuhalten, die bei anderen Werkstoffgruppen nur eine
geringe oder gar keine entscheidende Rolle für die Strukturauslegung spielen,
wie z. B.
410 1 Einführung in Polymer Engineering

• Konstruktion nach dem Prinzip „möglichst gleicher Wandstärken“


• Konstruktionen ohne örtliche Massen- und Volumenanhäufungen,
• Konstruktionen unter Vermeidung von „eingefrorenen Spannungen“
• Konstruktion unter Einhaltung von zulässigen Wanddicken zu Rippenhöhen
bzw.
• Konstruktionen, an denen sich keine Volumenschwindungsmarken abzeich-
nen,
• Konstruktion mit Mindestradien und Wanddicken-Übergangsbereichen
• Konstruktion und Auslegung unter Berücksichtigung der Anisotropie
• Konstruktion und Auslegung unter Berücksichtung von Bindenähten und
• Konstruktionen und Auslegungen, die ein Kriechen unter Dauerlast oder
• andere auslegungsrelevante Einflussfaktoren für Polymerwerkstoffe,
auf die noch näher eingegangen wird, siehe auch [11] bis [23].
Damit sind nur einige wenige, wenn auch wesentliche Punkte, für die konstruk-
tive und auslegungstechnische Gestaltung von Bauteilen aus Polymerwerkstof-
fen aufgezählt, die jedoch häufig nicht eingehalten werden.
Unter Einhaltung der wesentlichen Gestaltungsrichtlinien ist es möglich,
technisch, mechanisch und optisch, hoch qualitative Kunststoffbauteile herzu-
stellen, die auch den wirtschaftlichen Vorgaben entsprechen.
Grundsätzlich sind für Kunststoffe, wie bei Strukturen aus anderen Werkstof-
fen, eine mechanische Vorauslegung neben
• elastischen Werkstoffkonstanten, siehe Bilder 1-224 und 1-222 auch noch fol-
gende Auslegungsparameter mit einzubeziehen
• geometrische Auslegungsparameter der Struktur, siehe Bilder 1-225 und 1-226
• die Lastarten (statisch, dynamisch sowie die anderen Belastungen, wie z. B.
Umwelt)
• die Lasthöhen

Bild 1-224. Mechanisch-geometri-


sche Dimensionierungsaus-
legungskriterien mit Abminde-
rungsfaktoren (A) und Sicher-
heitsbeiwerten (S)
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 411

1 2 3 4
Torsionsarm-
querschnitt/ a

a
Cross-section for

a
torsion arm
a a b

K 57,3 132 84,8

Wp
1,57 0,05 0,208
a3

b
1 1,5 2 3 4 6 8
a
K 84,8 67,0 61,9 58,4 57,8 57,5 57,3 57,3

Wp
0,208 0,354 0,494 0,808 1,130 1,179 2,460 3,120
a3

Bild 1-225. Geometrieauslegungsfaktoren am Beispiel von Querschnittsdaten für Torsionsstä-


ben. W = Widerstandsmoment, a,b = Geometrie, Abmessungen

Bild 1-226. Trägheitsmomente einiger geometrischer Basis- Grundkörper. J = Trägheitsmo-


ment, R = Radius, M = Masse

• die Masse, siehe Bild 1-226


• die Geschwindigkeit der Belastung
• und andere Faktoren
zu beachten, wobei Polymerstrukturen speziellen Gesetzmäßigkeiten unterliegen.

1.6.8
Die kunststofftechnische Entwicklungsprozesskette
Jede Entwicklung von Kunststoffbauteilen startet mit einer Konzeptidee oder
mit dem Digitalisieren vorhandener Bauteile, zur Erfassung der EDV-Geo-
metriedaten, als erster Schritt der EDV-unterstützten Entwicklung.
412 1 Einführung in Polymer Engineering

Im Rahmen der Design und Vorentwicklungsphase wird die äußere und opti-
sche Gestalt eines Bauteiles über Hardware (Design Modelle)- oder Software-
Modelle (Shading-Modelle) festgelegt. Diese Modelle dienen zunächst nur zur
Orientierung und Strukturoptimierung.
Erst nach dieser Phase beginnt die eigentliche Entwicklung von Kunststoff-
bauteilen, unter Berücksichtigung der optimalen Werkstoff- und Prozessbedin-
gungen, wie z. B.

• die anwendungsspektrumsorientierte Werkstoffauswahl,


• projektierte Verfahrens- und Prozesstechnologie,
• vorgesehene Werkzeugtechnologie,
• Erstellung eines Lastenheftes mit Vorgaben und Abnahmebedingungen,
• Vorkalkulation der Bauteile- und Systemkosten,
• Konstruktion nach dem Prinzip „möglichst gleicher Wandstärken“
• Vermeidung von großen Wanddickensprüngen
• Optimierung der „Wandstärken-Rippenhöhen-Verhältnisse“
• werkstoffgerechte Radien und Kanten
• rheologische Analysen
• mechanisch-physikalische Analysen (FEM)
• thermodynamische Analysen
• Vorüberlegungen zu den möglichen Verbindungstechnologien
• Prototypen- und Versuchsmusterkonzepte
• Fertigungs- und Machbarkeitsanalysen
• Montagekonzepte
• Qualitätssicherungs- und Abnahmekonzepte

Ist das Kunststoffbauteil über diese Vorentwicklungsphasen definiert, startet


man die Serienentwicklung über eine 2D (nur Systemskizzen) bzw. vorzugsweise
über eine 3D-CAD-Basiskonstruktion. Diese CAD-Konstruktionsfiles, z. B. in
STEP. IDGES, VDA-FS, bilden die Grundlage für alle folgenden Entwicklungs-
schritte und CAX-EDV-Modelle.
Über z. B. STL-Files ist man bereits zu diesem Zeitpunkt in der Lage, An-
schauungsmuster und Prototypen herzustellen. Damit ist der Schritt von den
Software-Modellen zu den ersten Hardware-Anschauungs-, Einbau- oder Ver-
suchs-Modellen vollzogen, siehe Bild 1-219.
Liegen die ersten Erkenntnisse über das Bauteil vor, startet man die Entwick-
lungsoptimierungsphase mit EDV-CAE- unterstützten Methoden, wobei je nach
Bauteilfunktionalität z. B. folgende CAE-Methoden, siehe Bilder 1-219 und 1-208,
eingesetzt werden:

• rheologische Analyse- und Simulationsverfahren


• mechanisch-, statische oder dynamische Struktur-FEM-Analysen
• thermisch-mechanische FEM-Analysekombinationen
• thermodynamische Analysen (z. B. für die Werkzeugtechnologie)
• akustische Strukturkörperschall- und Luftschallanalysen
• fluiddynamische, aerodynamische und Strömungsanalysen und
• z. B. rheologisch-mechanische Analysekombinationen.
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 413

Grundsätzlich muss man bei den EDV-unterstützten CAX-Analyse- und Simula-


tionsverfahren mit einer Toleranz von maximal ± 15 % rechnen, da zahlreiche
Randbedingungen nicht erfasst werden können und jedes dieser Verfahren von
im Softwaresystem festgelegten, werkstoffspezifischen Berechnungs- und Ausle-
gungsmodellen und Vorgaben ausgeht.
Das bekannte Hooksche Gesetz für die Beschreibung des Materialverhaltens
(Spannungs-Dehnungs-Diagramme) ist für zahlreiche Polymerstrukturen, häu-
fig nur für relativ kleine Lastwege (Dehnungen) und dementsprechend kleine
Spannungen, einsetzbar.
Das Verhalten von Polymerwerkstoffen unter Last, wie das viskoelastiche Ver-
halten z. B. Kriechen, kann nur über Modelle nach Voigt, Maxwell oder Burger
annähernd beschrieben werden.
Noch komplexer werden die Modellgesetze für Elastomeren, da hier nahezu
alle Modelle, wie Neo-Hook, Monney Rivlin, das tatsächliche nichtlineare Ver-
halten nur annähernd korrekt beschreiben und damit berechnen lassen. Für die
Beschreibung von Polymerschmelzen oder für Faserverbunde gelten eigene Ge-
setzmäßigkeiten und Zusammenhänge, um zwei Extremfälle für die Auslegung
und Berechnung zu nennen.
Werden verschiedene Werkstoffe miteinander chemisch-physikalisch, form-
oder kraftschlüssig verbunden, wird die Auslegung durch zusätzlich zu be-
schreibende „Kontaktgesetze“ extrem aufwändig.
Der Strukturberechnung, insbesondere bei den Polymerstrukturen, auch mit
CAE-FEM-Verfahren, sind also Grenzen gesetzt, so dass man häufig ohne
Strukturversuche nicht auskommt.
Bei der CAE-unterstützten Entwicklung muss man zwischen kunststofftech-
nischen Strukturoptimierungsverfahren (Software) und Funktionsoptimie-
rungsverfahren (Software) unterscheiden.
CAE-Programmsoftware, in der die Einsatzbedingungen (Funktion) für ein
Kunststoffbauteil simuliert und analysiert werden, haben mit der eigentlichen
Kunststoffbauteileentwicklung nur einen Entwicklungsschnittpunkt, soweit es
die Strukturoptimierung betrifft. Stellen sich potentielle Kunststoffbauteile-
schwachstellen in der EDV-CAE-Funktionsanalyse oder bei den Bauteileversu-
chen heraus, werden diese zum Teil über mehrere erforderliche Entwicklungs-
iterationsschleifen behoben.
Ist die Kunststoffbauteilestruktur-Serienentwicklung erfolgreich abgeschlos-
sen, muss man sich in der kunststofftechnischen Entwicklungsprozesskette
noch mit den Themenblöcken Werkzeug-, Prozess- und Verfahrenstechnologie
auseinandersetzen.
Die Qualität der Kunststofftechnologieentwicklung wird wesentlich über die
beiden Faktoren Werkstoffe und Prozesse bestimmt.
Die Grundlage für die Werkzeugauslegung bildet wie beschrieben die nun be-
reits voroptimierte CAD-Konstruktion. Die Berücksichtigung der Schwund-
maße ist ausgehend von der CAD-Bauteilekonstruktion häufig Aufgabe des
Werkzeugmachers mit speziellen CAM (Computer Aided Manufacturing)-Pro-
grammen.
Derzeit werden zahlreiche Werkzeugformnester bereits in 3D-CAD-Kons-
truktionen ausgeführt und das Werkzeugkonzept in 2D.
414 1 Einführung in Polymer Engineering

Die FEM-Auslegung von Werkzeugen wird in der Regel nicht durchgeführt,


da man z. B. die preiswerten Stahlformplatten meistens überdimensioniert z. B.
um eine unzulässig hohe Durchbiegung zu vermeiden.
Die Lage, z. B. des Anspritzortes und der Verteilergeometrien, bei der Spritz-
gusstechnologie, ist über die rheologischen Kunststoffbauteileanalysen bereits
festgelegt.
Eine Optimierung der Werkzeugtemperierung (thermodynamische Analyse)
empfiehlt sich bei aufwändigen und größeren Werkzeugkonzepten, um Kosten
zu sparen.
Die Prozessführung hat einen erheblichen Einfluss auf die spätere Kunststoff-
bauteilequalität.
Die Polymerwerkstoffhersteller geben in ihren Datenblättern die wichtigsten
Prozessführungsdaten an. Da aber die Zykluszeit, die sich aus einer ganzen Reihe
von Einzelzeiten zusammensetzt, die Wirtschaftlichkeit und Bauteilequalität we-
sentlich mit bestimmt, muss dieser Faktor im Rahmen der Entwicklung und Kal-
kulation berücksichtigt werden. Die Verfahrensparameter für das Werkzeug, bis
auf eine Werkzeugtemperaturvorgabe, kennt der Polymerwerkstoffhersteller
und selbst der Bauteileentwickler häufig nicht. In jedem Werkzeug sollten heute
zumindest Temperaturmessfühler und mehrere Drucksensoren an kritischen
Stellen integriert sein, um die Daten der rheologischen Analysen in den Vorab-
spritzungen überprüfen zu können. Das ist ein häufig vernachlässigter, aber
wichtiger Punkt innerhalb der kunststofftechnischen Entwicklungsprozess-
kette. Hier werden Kosten an der falschen Stelle gespart.
Jede EDV-, CAX-unterstützte Analyse und Simulation, muss über Praxisdaten
kontrolliert und überprüft werden, siehe die Bemerkungen im Text oben, be-
züglich der Toleranzen bei den EDV-unterstützten Auslegungs- und Simula-
tionsverfahren.
Im Bild 1-208 ist die kunststofftechnische Prozesskette in Korrelation zu dem
CAX-System sowie der Aufbau eines EDV-unterstützten kunststofftechnischen
Ingenieursarbeitsplatzes (KTA) dargestellt.

1.6.9
Koppelung der CAX-Systeme – Kunststofftechnischer
EDV-Ingenieursarbeitsplatz
Zahlreiche EDV-Software-CAX-Systeme werden aus egoistischen wirtschaft-
lichen Interessen heraus, ohne Berücksichtigung der Nutzerprobleme, als „EDV-
Entwicklungsinsel“ projektiert.
Fachspezifische EDV-Ingenieurentwicklungsarbeitsplätze [26] werden kaum
auf dem EDV-Software- und Hardware-Markt angeboten.
Der bauteileverantwortliche Konstrukteur muss jedoch in der Lage sein,
• EDV-Daten-Files ohne ständige Schnittstellenprobleme auszutauschen,
• das Pre- und Post-Processing durchzuführen,
• Programme miteinander zu koppeln,
• nicht ständig zwischen 2D-Flächen und 3D-Volumenmodellen unterscheiden
zu müssen, siehe 3D-CAD und 2D-CAE-Software-Programme und
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 415

• über Informationsdatenbanken schnell zu Zusatzinformationen zu gelangen,


die er im Rahmen der Bauteile-Entwicklung benötigt.
Der EDV-kunststofftechnische Ingenieursarbeitsplatz muss mindestens die
sechs folgenden Komponenten enthalten, siehe Bild 1-208:
• eine CAD-Konstruktionseinheit
• eine CAE-Auslegungseinheit
• unterstützende Informationsdatenbanken
• Informationseingabe- und -ausgabeeinheiten
• externe und interne Netzwerke
• zentrale oder dezentrale Steuer- und Verwaltungsserversysteme.
Diese Komponenten müssen miteinander derart über das Netzwerk oder Server
gekoppelt sein, dass über eine einheitliche Arbeitsplattform ein EDV-File-Da-
tenaustausch, möglichst ohne Schnittstellenprobleme, erfolgen kann. Über ein
internes EDV-Netzwerk müssen alle Arbeitseinheiten verbunden sein, so dass
von jedem Arbeitsplatz aus auf die Einheiten der anderen zugegriffen werden
kann. Bei externen EDV-Verbindungen ist vor allem auf die Sicherheit der Da-
tenübertragung und eine Protokollierung zu achten.
Die Informationsdatenbanken werden aus technischen und wirtschaftlichen
Gründen zunehmend wichtiger, da die CAX-Arbeitsplätze und das speziell ge-
schulte Personal relativ hohe Stundensätze aufweisen und Stillstandszeiten ohne
Belegung und Nutzung, zur Informationsbeschaffung, im Zeitalter der EDV-un-
terstützten Entwicklung, nicht zu akzeptieren sind.
Einige Datenbanken sollten bei Bedarf interaktiv mit den CAX-EDV-Syste-
men arbeiten. Das heißt, die erforderlichen Informationen müssen bei Bedarf
direkt in die CAX-Systeme eingeblendet werden bzw. die erforderlichen Aufga-
ben selbstständig ausführen.
Beispiele dafür sind vergleichende Werkstoffdaten, Bemessungskennwerte,
Kunststoffnormteile-Bibliotheken, interaktive Toleranzauswahlsysteme, Ausle-
gungshilfen für Verbindungselemente und z. B. Klebstoffdatenbanken.
Mit der Eingabe des ausgewählten Kunststofftyps im CAD-Zeichnungs-
schriftfeld ist alles festgelegt, was für eine derartige interaktive Abfrage erfor-
derlich ist.

1.6.10
Auslegungskriterien und Bemessungskennwerte
Vom Werkstoffkennwert, aus den Datenblättern der Chemiewerkstoffhersteller
oder aus Werkstoffdatenbanken wie z. B. CAMPUS [24, 25], POLYMAT [27] und
andere, bis zum Bemessungskennwert für die Auslegung, werden die meisten In-
terpretationsfehler innerhalb der Entwicklung und Auslegung von Kunststoff-
bauteilen gemacht.
Hinzu kommt, dass zahlreiche Polymerwerkstoffhersteller andere, dem
Nicht-Kunststofffachmann kaum geläufige Ausdrücke wie z. B. „spritzfrisch“
oder „konditioniert“ verwenden, die einen erheblichen Einfluss auf die mecha-
nischen Kennwerte von Kunststoffen haben können.
416 1 Einführung in Polymer Engineering

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Kennwerte der Chemiewerk-
stoffhersteller über Probekörper ermittelt werden, die nach einem bestimmten,
meist optimierten Prozess und manchmal auch Lagerungs- und Prüfbedingun-
gen hergestellt und geprüft wurden. Das hat zur Folge, dass diese Kennwerte
meistens überhöhte Lastniveaus angeben, die auf keinen Fall bauteileausle-
gungsgerecht sind, siehe Bild 1-219.
Diese, vorzugsweise an Proben ermittelten Kennwerte, findet man in einem
komplexen Bauteil an keiner Strukturstelle (oder nur statistisch) wieder, da
wichtige Faktoren, wie die Anisotropie, Bindenahtfestigkeitswerte, große örtli-
che Scherraten und Temperaturen sowie damit verbundene Werkstoffschäden,
lange Anspritz- und Fließwege, unsymmetrische Schmelzefrontverteilungen
und Druckverläufe, eingeschlossene Luft- und Fehlstellen sowie Fertigungspro-
zess bedingte Abminderungsfaktoren nicht zu berücksichtigen sind.
Grundsätzlich kann man zwischen folgenden Abminderungsfaktorengrup-
pen unterscheiden:
• werkstoffbedingten Faktoren
• lastarten-, lastniveau- und lastgeschwindigkeitsbedingten Faktoren,
• fertigungs- und prozessbedingten Faktoren,
• umwelt- und einsatzbedingten Faktoren, siehe Bilder 1-214 bis 1-216
• alterungs- und verschleißbedingten Faktoren, siehe Bilder 1-210, 1-211, 1-217,
1-218.
Die große Gefahr bei der Bewertung der Abminderungsfaktoren besteht darin,
dass man durch die Addition der einzelnen Faktoren überlagerte Belastungen
nicht berücksichtigt bzw. den Gesamtabminderungsfaktor zu hoch bewertet,
siehe Formeln in den Bildern 1-223, 1-224, 1-227 und 1-228.
Dividiert man diesen Gesamtabminderungsfaktor, siehe Bilder 1-223 und
1-224, dann noch durch einen zu hohen Sicherheitsbeiwert, werden die Bemes-
sungskennwerte für die Auslegung und Berechnung zum Teil entschieden zu
klein angesetzt.
Es empfiehlt sich also, bei den Abminderungsfaktoren einen zusätzlichen
„Gewichtungsausgleichsfaktor“ einzusetzen, der eventuelle Überlagerungen
berücksichtigt.

Bild 1-227. Bemessungskennwert, unter Berücksichtigung des Strukturgewichtes bzw. des spe-
zifischen Werkstoffgewichtes als Leichtbaufaktor
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 417

Bild 1-228. Bemessungskennwert, unter Berücksichtigung der Strukturkosten, einschließlich


der Werkstoff- und proportionalen Herstellkosten (HKprop)

Als Faustregel für z. B. Thermoplaststruktur-Abminderungsfaktoren kann


davon ausgegangen werden, dass der für die Berechnung zulässige Wert grö-
ßer (>) oder gleich (=) 35 % bis 45 % des Probenkennwertes sein soll, sonst hat
man
• entweder den falschen Polymerwerkstoff ausgewählt, oder
• das Belastungsspektrum ist grundsätzlich nicht für Polymerwerkstoffe geeig-
net.
Bei vielen Vorauslegungen für thermoplastische Kunststoffstrukturen kann man
von einem einsetzbaren Bruchdehnungswert von 0,5 * e, b = Bruchdehnung, als
Richtwert, ausgehen.
Neben den Werkstoffkennwerten sind vor allem Kurven und Graphiken er-
forderlich, die Auskunft über jeden auslegungsrelevanten Punkt geben. Kombi-
nierte Informationen, wie z. B. pvt- Diagramme, Kriechkurven, siehe Bilder 1-229
und 1-230. Kennwerte bei allen Temperaturen, sowie Kurven über andere Ab-
minderungsfaktoren, sind bei der Auslegung von Kunststoffbauteilen sehr hilf-
reich, wenn auch mit relativ großem Aufwand zu erstellen.
Würde man also ein Kunststoffbauteil alleine mit den Werkstoffangaben aus
Probenkennwerten, siehe Bild 1-219, auslegen, ist die Wahrscheinlichkeit eines
vorzeitigen, ungewollten Bauteileversagens relativ hoch. Auf diese Weise ent-
wickelt man „Plastikstrukturen“, die dem Image dieser Werkstoffgruppe nicht
förderlich sind.
Wichtig für die Auslegung eines Kunststoffbauteiles ist bereits bei der Werk-
stoffauswahl, dass Vorgaben über die Einsatzkriterien in einem Lastenheft defi-
niert werden.
Neben den Sicherheitsbeiwerten (S) müssen kunststoff- und funktionsein-
satz- spezifische Abminderungsfaktoren (A) wie z. B.
• belastungsart- und belastungslasthöhenabhängige Faktoren
• zeitliche Faktoren für die Belastungen
• Geschwindigkeiten für die auftretenden Belastungen
• statische und/oder dynamische Lastintervallfaktoren
• thermische Abminderungsfaktoren
• Umwelt und Einsatzabminderungsfaktoren wie
– thermische Faktoren (besonders wichtig für Kunststoffe)
– Feuchtigkeitseinflussfaktoren (für einige Kunststoffe sehr wichtig)
418 1 Einführung in Polymer Engineering

Querschnittsform/ Rechteck/ Trapez/ Ringsegment/


Shape of cross section A: Rectangle B: Trapezium C: Ring segment D: beliebig/
irregular
Dr
a e2 e2
e e2 e1 h
h e1 h e1
Ausführung/ e j
r2 r1 b
Type of design b b

h1:h0 = 1:1
1 b b1:b0 = 1:1
b0 e · l2 a+b✩ e · l2 e · l2 1 e · l2
h f = 0,67 · 7 f=0·7 f = C✩✩ 7 f=3·7
h0 2a+b h0 r2 3 e✩
l h
(permissible) Deflection
zulässige Auslenkung

h1:h0 = 1:2,5
2 b1:b0 = 1:1,0
b
b0 e · l2 a+b✩ e · l2 e · l2 e · l2
h f = 1,20 · 7 f = 1,79 0 · 7 f = 1,79 · C✩✩ 7 f = 0,60 · 7
l
h0 2a+b h0 r2 e✩
h0

h1:h0 = 1:1
3 b1:b0 = 1:4
b
b0 e · l2 a+b✩ e · l2 e · l2 e · l2
h f = 0,82 · 7 f = 1,22 92 · 7 f = 1,22 · C✩✩ 7 f = 0,41 · 7
h0 2a+b h r2 e✩
l h

W✩ W✩
Auslenk-Kraft
Deflec. force

2 2
bh0 Es · e h0 a2 +4ab+b2 Es · e
Q = W✩ · 9
Es · e
Q = W✩ · 9
Q = 7 · 63 Q = 5 · 09 l l
6 l 12 2a+b
Es · e
·8
l

Bild 1-229. Auslegung für z. B. kurzzeitige, einmalige hohe zulässige Dehnungen über den li-
near-elastischen Bereich hinaus, für spezielle Auslegungskonstruktionsvarianten wie Schnapp-
verbindungen (Schnapphaken-Varianten)
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 419

Bild 1-230. Darstellung des


Dehnungsverhaltens in
Abhängigkeit der Belas-
tungszeit mit Relaxations-
und Retardationsdarstellung

– energetische Strahlungsabminderungsfaktoren (Sonneneinstrahlung)


– Medienabminderungsfaktoren
definiert und bezüglich der möglichen Auswirkungen bewertet werden.
Sehr häufig treten mehrere Lastfälle mit unterschiedlichen Lasthöhen sowie
unterschiedlichen Lastrichtungen miteinander auf. In den seltensten Fällen lie-
gen nur klassische statische oder dynamische Einzellastarten vor, wie z. B. nur
Zug oder Druck, Biegung, Torsion, Beulen, Beschleunigungslastfälle.
Die Abschätzung der Lasthöhe und der Belastungsrichtungen muss im Rah-
men der Vorentwicklung geklärt werden, um diese Faktoren bei den Sicherheits-
und Abminderungsfaktoren, entsprechend in den Lastenheften und Vorgaben,
berücksichtigen zu können.
In Extremfällen kann es sein, dass man nur noch einen Bruchteil der ursprün-
glichen ermittelten Werkstoffprobenkennwerte als Bemessungs- und Ausle-
gungskennwerte in der Berechnung, als maximal zulässigen Kennwert (Dehnung,
Spannung, Verformung) berücksichtigen kann.
Anderseits darf man für einen Leichtbauwerkstoff, wie Kunststoff, nicht un-
zulässig hohe Sicherheits- oder Abminderungsfaktoren in die Berechnung ein-
fließen lassen, da sonst die Vorteile dieser Leichtbaugruppe zunichte gemacht
werden.
Es gibt Lastkollektive, die für Kunststoffstrukturen extrem ungünstig sind,
wie z. B. hohe Langzeitdauerlasten unter Temperaturen und Medienangriffen. In
diesen Fällen kann man zu der Erkenntnis kommen, dass Kunststoffe nicht die
geeignete Werkstoffgruppe darstellen.
420 1 Einführung in Polymer Engineering

1.6.11
Zukünftige Entwicklungstendenzen
Die Zukunft fängt immer mit der Gegenwart an, so auch bei der CAX-unter-
stützten Kunststoffbauteileentwicklung und -fertigung.
Derzeit gibt es nur relativ umfangreiche Werkstoffdatenbanken, die einen re-
lativen Vergleich der Werkstoffkennwerte untereinander ermöglichen. Selbst
dieser CAMPUS-Schritt hat viele Jahre gedauert, da vorher jeder Chemiewerk-
stoffhersteller nach eigenen Vorgaben die Proben gefertigt und geprüft hat.
Die Angabe von Bemessungskennwerten für derzeit ca. bis zu 20.000
Polymerwerkstofftypen, wie z. B. einen „Kunststoffschlüssel“, abgleitet vom z. B.
bestens bewährten „Stahlschlüssel“ für metallische Werkstoffe, findet man für
die Polymerwerkstoffe nicht.
Das hat mehrere Gründe:
• Die Ermittelung derartiger Kennwerte für Polymerwerkstoffe ist erheblich
aufwändiger wie z. B. für relativ isotrope, z. B. metallische, Werkstoffe. Zudem
wirken sich zahlreiche mögliche andere Einflussfaktoren auf die im Bauteil zu
realisierenden Kennwerte aus.
• Die Chemiewerkstoffhersteller würden mit derartigen Angaben auch eine
Garantieleistung für die angegebenen Kennwerte übernehmen, wie bei den
Angaben für metallische Werkstoffe („Stahlschlüssel“)
• Da den Chemiewerkstoffherstellern das mögliche Einsatzspektrum der
Kunststoffe meistens nicht bekannt ist, kann eine derartige Garantie auch nur
schwer übernommen werden.
• Es bleibt also auch in Zukunft kein anderer Weg wie die Ausbildung von
Kunststoffspezialisten, die in der Lage sind, das Tragverhalten dieser Werk-
stoffe korrekt zu bewerten und zu beurteilen.
Diese und andere Faktoren, wie z. B. die starke Qualitätsabhängigkeit von den
Prozessbedingungen, führen dazu, dass sich die Polymerwerkstoffe nach wie vor
sehr schwer tun, als „Konstruktionswerkstoffe“ anerkannt zu werden.
Einige CAX-Softwarehersteller, wie z. B. für „solid works“, haben bereits damit
begonnen, kundenspezifische Anwendersoftwarepakete zu entwickeln.
Was hauptsächlich fehlt, sind anwenderspezifische und möglichst interaktiv
arbeitende Datenbank- und Auslegungssysteme, die bei Bedarf gekoppelt wer-
den können oder ohne Aufforderungen die erforderlichen Informationen inter-
aktiv in die CAX-Systeme einfügen.

Literatur – Kapitel 1.6


[1] Wöllmer A Bestimmung der zulässigen Bauteiltoleranzen in Abhängigkeit der Polymer-
werkstoffgruppe. Diplomarbeit an der FH- Rosenheim, bei ASK-Altmann 2001, S. 1 – 63
[2] Altmann O Wirth H Wöllmer A Toleranzen für jedes Maß. Kunststoffe, 2/2004, Carl Han-
ser Verlag, München, 2004, S. 62 – 64
[3] DIN 16901 Kunststoff Formteile – Toleranzen und Abnahmebedingungen für Längen-
maße. Ausgabe November 1982, Beuth Verlag, Berlin
[4] DIN ISO 33021 – Gummi Toleranzen für Fertigteile, Teil 1, Maßtoleranzen. Ausgabe 1993
Beuth Verlag, Berlin
1.6 EDV-unterstützte Konstruktion und Auslegung von Kunststoffbauteilen 421

[5] DIN 7715-T1 – Gummi Zulässige Maßanweichungen für Artikel aus Hartgummi. Ausgabe
1077, Beuth Verlag, Berlin
[6] ASTM 1418 Kurzeichen für Elastomere
[7] DIN ISO 1629 Kurzzeichen für Elastomere. Beuth Verlag Berlin
[8] DIN 7728, Teil 1 Kurzeichen für Homopolymere und Naturstoffe. Beuth Verlag, Berlin
[9] DIN 7726 Schaumstoffe. Ausgabe 1985-05, Beuth Verlag, Berlin
[10] DIN 7724 Polymere Werkstoff- Gruppierung. Ausgabe 1993-04; Beuth Verlag, Berlin
[11] Bayer Kunststoffe – Verarbeitung und Konstruktion – Konstruktion. Information 2003-
09-18, KU21154-0309de, 2003, 12 Seiten. https://plastics.bayer.de/AG/DE/technology
1013/59/ index.jsp
[12] Erhard G Konstruieren mit Kunststoffen – 3. Auflage und CD-Rom. Springer Verlag, ISBN:
3446210164, 1999
[13] Pahl G Beitz W Konstruktionslehre. Methoden und Anwendung- Lehrbuch. Springer Ver-
lag, ISBN: 3-540-61974-7, 1997
[14] Kunststoff- Bauteile werkstoffgerecht konstruieren. Springer Verlag, ISBN: 3-446-17535-0,
1995
[15] Ehrenstein GW Mit Kunststoffen konstruieren – Eine Einführung. Springer Verlag, ISBN:
3-446-21295-7, 2001
[16] Hellrich, Harsch, Haenle Werkstoffführer Kunststoffe – Eigenschaften – Prüfung – Kenn-
werte 8. Aufl., Carl Hanser Verlag, München
[17] Klein B Statistische Tolerierung. Bauteil- und Montageoptimierung. Springer Verlag, ISBN:
3-446-22117-4, 2002
[18] Trumpold H, Beck C, Richter G Toleranzsysteme und Toleranzdesign – Qualität im Aus-
tauschbau Carl Hanser Verlag, München, 1997, ISBN: 3-446-17757-4
[19] Roos E Maile K Werkstoffkunde für Ingenieure. Grundlagen, Anwendungen, Prüfungen
Springer Verlag, ISBN: 3540435999, 2002
[20] Gohl W, Spies KH Elastomere – Dicht- und Konstruktionswerkstoffe. Springer Verlag,
ISBN: 3-816-91882-4, 2002
[21] Röthemeyer F, Sommer F Kautschuktechnologie. München: Hanser, 2001, ISBN 3-446-
16169-4
[22] Decker Kabus K Maschinenelemente – Funktion, Gestaltung und Berechnung. 15. Aufl.,
Carl Hanser Verlag, München, ISBN 3-446-21525-5, 2002
[23] Geschke HW, Goetke W, Grode HP, Orth K et al. Einführung in die DIN- Normen. 12. Aufl.,
Beuth Verlag, Berlin, Wien, Zürich, 1997
[24] Bauer E, Thiel C CAMPUS, M-Base Engineering + Software GmbHvhttp://www.campus-
plastics.com
[25] Oberbach K, Schmachtenberg E Bayer Kunststoffe – Verarbeitung und Konstruktion –
Konstruktion Konstruktionsgerechte Kennwerte – Voraussetzung für eine werkstoffge-
rechte Konstruktion von Präzisionsteilen aus Kunststoff. Information KU 48.860/1723B63,
ATI 956, 1995, 12 Seiten https://plastics.bayer.de
[26] Altmann O Systemkonzept Kunststoff-technischer Ingenieurs-Arbeitsplast (KTA) Interne
Entwicklung der Firma ASK, 1998 – 2004
[27] POLYMAT PC Kunststoff-Auswahl Datenbank Deutsches Kunststoff-Institut (DKI-Darm-
stadt), 2004 www.tut.fi/plastics/kumi-instituutti

Hinweis der Herausgeber


Die Elastomere sind in Kapitel 1.6 wenig berücksichtigt, wenngleich das Be-
schriebene in vielen Punkten auch für das Elastomer-Engineering zutrifft. In der
nächsten Auflage wird diese Lücke gefüllt.
Um dem Leser ein wenig zu nützen, wird hier einige neuere Literatur [28] bis
[35] zitiert, die sich mit Materialmodellen und ihrer Implementierung in Finite-
Elemente (FEM)-Werkzeuge befassen.
422 1 Einführung in Polymer Engineering

[28] Häusler O, Hohmann G, Weiß R Erweiterte Materialmodelle zur Beschreibung von nicht-
elastischen Effekten polymerer Werkstoffe. FFD im Dialog, spezial Ausgabe 1/2004, S 4 – 12
[29] Chaboche JL Cyclic Viscoplastic Constitutive Equations, Part 1: A Thermodynamically
Consistent Formulation, Transaction of the ASME, J Appl Mech 60, S 813 – 821, 1993
[30] Tsakmakis Ch Kinematic Hardening Rules in Finite Plasticity, Part 1: A Constitutive Ap-
proach, Continuum Mech Thermodyn 8 S 213 – 231, 1996
[31] Kasper K, Hornberger K, Guth W User Defined Material Models for an Accurate Simula-
tion of Elastomeric Products, ABAQUS Users’ Conference 1997, Milano, 1997
[32] Ogden RW, Rosxburgh DG A Pseudo-Elastic Model for the Mullins Effect in Filled Rubber,
Proc R Soc London A 485, S2861 – 2877, 1998
[33] Huber N, Tsakmakis Ch Determination of Constitutive Properties from Spherical Inden-
tation Data using Neural Networks. J Mech Phys Sol S 1569 – 1607, 1999
[34] Häusler O, Sckuhr MA, Weiß R Enhancement of the Freudenberg Model for Elastomers to
Account for the Mullins Effect, ABAQUS Users’ Conference 2000 Newport, RI S 421 – 434,
2000
[35] Hartmann S, Haupt P, Tschöpe T Parameter Identification with a Direct Search Method
using Finite Elements. Constitutive Models for Rubber II: Besdo, Schuster, Ihlemann (eds)
S 249 – 256, 2001

Ergänzende Literatur zu Kapitel 1.6


Delpy, U.: Konstruieren mit Kunststoffen; Vorlesung am IKP, Universität Stuttgart 1995
Bode, E.: Konstruktionsatlas; Darmstadt: Hoppenstedt, 1991/5. Auflage
Wimmer, D.: Kunststoffgerecht konstruieren; Darmstadt: Hoppenstedt, 1991/2. Auflage
Kunz, J.; Michaeli, W.; Herrlich, N.; Land, W.: Kunststoffpraxis: Konstruktion; Augsburg: WEKA
2002
Comte, H.: Werkzeuge der Welt: Vom Faustkeil zum Laserstrahl. Knesebeck. München 1998.
ISBN 3-89660-039-7
Eversheim, W.; Klocke, F.: Werkzeugbau mit Zukunft - Strategie und Technologie. Springer-Ver-
lag Berlin Heidelberg 1998. ISBN 3-540-62651-4
Amberg, J.: Konstruktion von Spritzgießwerkzeugen im Baukastensystem (Variantenkonstruk-
tion). Unveröffentlichte Arbeit am IKV. Aachen 1977
Menges, G.; Michaeli, W.; Mohren, P.: Spritzgießwerkzeuge: Anleitung zum Bau von Spritz-
gießwerkzeugen. 5. völlig überarbeitete Auflage. Carl Hanser Verlag. München, Wien 1999.
ISBN 3-446-21258-2
Mennig, G. (Hrsg.): Werkzeuge für die Kunststoffverarbeitung: Bauarten, Herstellung, Betrieb.
Carl Hanser Verlag. München 1995. ISBN 3.446-17294-7
Knappe, W.; Lampl, A.; Heuel, O.: Kunststoff-Verarbeitung und Werkzeugbau: Ein Überblick.
Carl Hanser Verlag. München 1992. ISBN 3-446-16270-4
Fritz, H.-G.: Extrusionswerkzeuge, Spritzgießwerkzeuge. Umdrucke zur Vertiefungsfachvorle-
sung. Institut für Kunststofftechnologie, Universität Stuttgart 1993
DIN 16750: Spritzgieß-, Preß- und Druckgießwerkzeuge, Benennungen, Symbole. Beuth Verlag
1988
Michaeli, W.; Greif, H.; Kretzschmar, G.; Kaufmann, H., Bartuleit, R.: Technologie des Spritz-
gießens: Lern- und Arbeitsbuch. Carl Hanser Verlag. München 1993. ISBN 3-446-15813-8
Ziegler, L.: Systematische Erschließung von Innovationspotentialen Stuttgart: Dissertation Uni-
versität Stuttgart, 2001
Ehrenstein, G. W.: Mit Kunststoffen konstruieren; München: Carl Hanser Verlag, 2002 (2. Auf-
lage)
Burr,A.: Werkzeugtechnik beim Spritzgießen.Vortrag am 12.06.2001 im Rahmen Workshop Po-
lymer Engineering; IKP, Universität Stuttgart
Rothe, J.: Werkzeugtechnik beim Spritzgießen. Vortrag am 09.06.1992, 18.05.1993 im Rahmen
Workshop Polymer Engineering; IKP, Universität Stuttgart
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 423

1.7
Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling

1.7.1
Kreislaufwirtschaft und Recycling
Jörg Woidasky

Die Forderung nach „nachhaltigen Wirtschaftsformen“ umfasst wirtschaftliche,


technische, soziale und ökologische Anforderungen, die eine ausgewogene „dau-
erhaft durchhaltbare Entwicklung“ ermöglichen sollen. Der Grundgedanke da-
bei ist, die Entwicklungsmöglichkeiten der kommenden Generationen minde-
stens auf dem Niveau der heutigen zu erhalten.
Ein Teilaspekt der ökologischen Nachhaltigkeit ist die Kreislaufschließung
von Stoffen und Produkten. Die Kreislauffähigkeit von Werkstoffen lässt sich da-
bei nicht abstrakt definieren, sondern muss die jeweiligen Rahmenbedingungen
mit einbeziehen. Hierzu zählt u. a. der Einsatzzweck, die möglichen Werkstoffal-
ternativen, aber auch das Nutzerverhalten und die vorhandenen Strukturen zur
Kreislaufführung oder Entsorgung der Altprodukte: Während etwa um 1980
Kunststoffe oft als nicht recyclingfähig galten, wurden in den vergangenen Jahr-
zehnten zahlreiche Verfahren entwickelt und zum Teil großtechnisch umgesetzt,
die die Verwertung von Kunststoffen aus den Bereichen Verpackung, elektri-
sche/elektronische Produkte oder Altfahrzeug ermöglichen. Ein maßgeblicher
Treiber hierbei waren und sind rechtliche Rahmenbedingungen, die zunehmend
das Prinzip der Produktverantwortung festschreiben, sodass Herstellern oder
Inverkehrbringern von Produkten auch die Verantwortung für deren Entsor-
gung übertragen wird. Diese Produktverantwortung erfordert dann die Infor-
mation der Nutzer über Entsorgungsmöglichkeiten sowie den Aufbau von
Strukturen zur Sammlung, ggf. Demontage, Sortierung und Verwertung von
Produkten (unter dem Begriff „Restwertbestimmung“ in Bild 1-231 zusammen-
gefasst). Ziel der Kreislaufschliessung war und ist die Schonung natürlicher Res-
sourcen durch verminderten Werkstoffverbrauch und geringeren Bedarf an Ent-
sorgungskapazitäten.
Neben dieser Betrachtung der Nachnutzungsphase sind auch im Sinne der
Nachhaltigkeit die Phasen der Produktkonzeption, der Herstellung und der
Nutzung relevant. Während bei der Produktkonzeption die Möglichkeiten für
nachhaltige Nutzungs- und Entsorgungsformen festgelegt werden, ist bei der
Herstellung u. a. die Frage nach den Arbeitsbedingungen von Relevanz. Bei
der Nutzung wiederum sind Auswirkungen auf (Mit)Mensch und Umwelt von
Bedeutung für die Nachhaltigkeit des Produkts. Umfassend können diese
Fragen kaum beantwortet werden. Für die detaillierte Untersuchung der um-
weltlichen Auswirkungen steht das standardisierte Verfahren der Ökobilanzie-
rung/Life Cycle Assessment nach der Normenreihe DIN ISO 14040ff bereit (siehe
auch 1.7.2).
424 1 Einführung in Polymer Engineering

Bild 1-231. Grundprinzip der Kreislaufwirtschaft

1.7.1.1
Bauteil-Wiederverwendung
Die erneute Verwendung von Bauteilen schließt einen kleinen Kreislauf, bei dem
im Vergleich zur Herstellung neuer Bauteile wenige Prozessschritte durchlaufen
werden. Somit liegt die Bauteil-Verwendung auf einer hohen Stufe in der öko-
logischen Rangfolge der Kreislaufverfahren. Kunststoff-Bauteile werden jedoch
oft als Gehäuse- oder Aussenbauteile verschiedener Produkte eingesetzt und tra-
gen durch ihre Variationsmöglichkeiten maßgeblich zur stilistischen Differen-
zierung der Produktgenerationen bei, sodass sie in den seltensten Fällen für an-
dere Generationen eingesetzt werden können. Eine Wiederverwendung von
Kunststoffbauteilen kann jedoch bei solchen Produkten sinnvoll sein, für die
eine Endbevorratung von Ersatzteilen durchgeführt wird, deren Umfang durch
Wiederverwendung von Produkt-Rückläufern ergänzt werden kann. Dennoch
bleibt der Umfang der Wiederverwendung begrenzt, betrachtet man das Beispiel
Alt-Pkw: Bei 10 – 20 % der abgemeldeten Fahrzeuge wird derzeit eine Altteile-
verwertung durchgeführt, die Demontagehäufigkeit von Kunststoffteilen liegt in
der gleichen Größenordnung, jedoch nur etwa knapp 3 Masse-% der Alt-Pkw
werden im Teilekreislauf rezykliert.
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 425

1.7.1.2
Möglichkeiten der werkstofflichen Kreislaufführung
Die Möglichkeiten der werkstofflichen Kreislaufführung von Polymeren werden
in Tabelle 1-96 dargestellt.
Die Wiederverwertung von Produktionsabfällen (Angüsse, Butzen) ist Stand
der Technik, um den Werkstoffverbrauch zu minimieren. Hierfür werden
Mühlen verschiedenster Größe eingesetzt und das Mahlgut direkt in den Pro-
duktionsprozess zurückgeführt.
Für die werkstoffliche Kreislaufführung von Altteilen wird eine möglichst
hohe und gleichbleibende Rezyklatqualität angestrebt. Eine wichtige Einfluss-
größe bei Altteilen mit thermoplastischer Polymermatrix ist dabei die Ketten-
länge. Durch Alterungs- und Verarbeitungsprozesse wird die Kettenlänge der
Polymere beeinflusst, sodass bei mehrfach verarbeiteten und gealterten ther-
moplastischen Polymeren eine Verschlechterung der Werkstoff-Kennwerte ein-
tritt. Der Einfluss der Alterung von duroplastischen Matrixwerkstoffen auf die
Rezyklatqualität scheint dagegen vernachlässigbar zu sein.
In den wenigsten Fällen werden gebrauchte Materialien ohne Modifikation
wieder verarbeitet. Der Regelfall ist zum einen die Zumischung von Neuware,
zum anderen die gezielte Eigenschaftseinstellung durch Additivierung/Compo-
undierung. Bewährt haben sich dort, wo neuwaregleiche Werte für rezyklathal-
tige Polymere angestrebt werden, Rezyklatanteile von etwa bis 30 Masse-%.

Tabelle 1-96. Werkstoffliche Optionen der Kunststoffverwertung

Polymersystem Werkstoffliche Verwertungsmöglichkeit

Thermoplaste und 1. Regranulieren (ausschließlicher Einsatz von Rezyklat)


thermoplastische 2. Compoundieren (Mischen mit Neuware)
Elastomere
Glasfaserverstärkte 1. Regranulieren (ausschließlicher Einsatz von Rezyklat)
Thermoplaste 2. Compoundieren (Mischen mit Neuware)
3. Bei glasmattenverstärkten Thermoplasten (GMT) Fließpressen
(Umformung des Bauteils)
Duroplaste Partikelrecycling:
1. Einsatz der feingemahlenen Masse als Füllstoff
2. Einsatz der Glasfasern bei verstärkten Massen (SMC/BMC) in
Neuware
thermoplastische 1. Weiterverarbeitung wie Thermoplaste
oder duroplastische 2. Fließpressen
Polyurethane a 3. Vermahlung und Einsatz als PUR-Füllstoff
4. Partikelverbund (PUR zerkleinern und mit Bindemittel verpres-
sen, bei Weichschaum als Flockenverbund, bei Hartschaum durch
Klebpressen)
Elastomere Verarbeitung von Altreifen zu Stücken, Granulat oder Mehl durch
Mahlverfahren. Produkte für Unterbau-, Schalldämmplatten, Isolie-
rungen, Mehl für Reifen, Förderbänder, Matten, Sohlen
a
Die gesonderte Berücksichtigung geht auf die in der Automobilindustrie gebräuchliche Ein-
teilung zurück.
426 1 Einführung in Polymer Engineering

Ein wichtiges Element des Thermoplastrecyclings ist die Schmelzefiltration,


die der Abtrennung ungeschmolzener oder nicht aufschmelzbarer Partikel in
der Polymerschmelze dient. Diese Partikel werden von Metallgeweben oder
Lochplatten zurückgehalten und mit einem Teilstrom der Polymerschmelze aus-
getragen. Der Massenverlust der Polymerschmelze liegt hier bei etwa 3 bis 5 %
zuzüglich der Masse der abgetrennten Partikel.
Die äußeren Alterungsursachen für Außenbauteile aus Kunststoffen sind z.B.
Bewitterung (UV-Strahlung, Wasseraufnahme, Gaszutritt, Temperaturwechsel)
oder ständige dynamische Beanspruchung. Bei pigmentierten Bauteilen be-
schränkt sich die Schädigung durch UV-Strahlung auf eine ca. 300 µm tiefe
Schicht, unter der der Werkstoff weitgehend unverändert bleibt. Eine Lackierung
verändert z.B. die Feuchtigkeits- oder Sauerstoffaufnahme, Strahlungsabsorption
oder mechanische Beanspruchung. Kunststoffe werden darüber hinaus z. B. durch
hohe Temperatur,Öl,Kraftstoff und Säure angegriffen.Daneben führt eine erneute
Verarbeitung des Werkstoffs zur Polymerschädigung. Ausser durch diese chemi-
schen Alterungserscheinungen wird die Rezyklatqualität durch Verunreinigungen
wie unverträgliche Polymere, Lackierungen, Klebstoffe oder Verschmutzungen
(wie z.B.Staub,Aufkleber) negativ beeinflusst.Insbesondere die Lackierung ist da-
bei relevant, da sich in thermoplastischen Recycling-Bauteilen durch Lackpartikel
Fehlstellen bilden, die z.B. die Schlagzähigkeit deutlich herabsetzen.
Die Altstoffverträglichkeit ist daher eine wichtige Voraussetzung für die
werkstoffliche Kreislaufführung. Verunreinigungen oder sortenfremdes Mate-
rial können bereits in geringen Mengen die Qualität von Rezyklaten oder rezy-
klathaltigen Bauteilen deutlich mindern und so die Kreislaufführung erschwe-
ren oder verhindern. Hinweise zur recyclinggerechten Konstruktion gibt u. a. die
VDI-Richtlinie 2243 [1].

1.7.1.2.1
Werkstoffrecycling von Duroplasten – Partikelrecycling
Die Nicht-Umformbarkeit der Duroplaste erfordert die Anwendung anderer
werkstofflicher Verwertungsverfahren als bei Thermoplasten. So ist z. B. das
Grundprinzip der werkstofflichen SMC-Verwertung die Zerkleinerung für das
Partikelrecycling. Eine Übersicht über die Verwertungsmöglichkeiten für SMC-
Mahlgutfraktionen gibt Tabelle 1-97.
Als Partikelrecycling wird das Einbinden von zerkleinerten, chemisch unver-
änderten Duroplastpartikeln oder -fasern in eine Duroplastmatrix aus Primär-
material bezeichnet. Das Ziel des Partikelrecycling ist entweder die Wiederge-
winnung der Glasfasern zur weiteren Nutzung ihrer Verstärkungseigenschaften
oder die Verwendung des gesamten Matrix- und Verstärkungsmaterials in Form
eines feinen Pulvers als Füllstoff-Substitut. Partikelrecycling besteht aus folgen-
den Schritten:
1. Zerkleinerung,
2. Aufbereitung und Fraktionieren,
3. Herstellung der rezyklathaltigen Formmasse,
4. Formgebung und Pressen [3].
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 427

Tabelle 1-97. Einsatzmöglichkeiten für zerkleinertes SMC [2]

Partikelgröße Einsatzmöglichkeiten

> 25 mm Baumaterial, Spanplatten, Leichtbeton, Isoliermaterial, landwirt-


schaftliches Mulchmaterial
ca. 3–10 mm Verstärkung oder Füllmaterial in bituminösen Dichtmassen, Poly-
merbeton, Straßenbaumaterial, Glasfaser-Substitut in Poly-
mermatrizes
< 0,8 mm Füllmaterial in SMC, BMC und Thermoplasten (Partikelrecycling)

Die Fa. ERCOM (Rastatt) betreibt in Deutschland die einzige Anlage zum werk-
stofflichen Recycling von SMC-Bauteilen.

1.7.1.3
Biologisch abbaubare Polymere (biologisch abbaubare Werkstoffe
BAW)
Biologisch abbaubare Polymere werden oft (fälschlicherweise) mit aus nach-
wachsenden Rohstoffen hergestellten Polymeren gleichgesetzt. Beide Eigen-
schaften sind jedoch nicht zwangsläufig miteinander gekoppelt. Biologisch ab-
baubare Werkstoffe sind geeignet, unter bestimmten Umgebungsbedingungen
(Temperatur, Feuchte,Vorhandensein von Mikroorganismen) aerob durch Kom-
postierung oder anaerob durch Vergärung abgebaut zur werden. Dies kann z. B.
durch Tests, wie in EN 13432 beschrieben, überprüft werden [4].
Bei den synthetisch erzeugten Polymeren wird durch eine Verminderung des
Stabilisatorgehalts oder/und den Zusatz von Initiatoren, die den biologischen
Abbau beschleunigen, der biologische Abbau erreicht. Zu dieser Gruppe gehören
zum Beispiel PHB (Polyhydroxybutyrat) oder PLA (Polymilchsäure) [5]. Andere
Polymere nutzen ein Blend beider Typen wie z. B. bei Polyethylen/Stärkekombi-
nation.
BAW haben sich bisher nur in Nischenmärkten, wie z. B. als Geschirr oder Be-
steck bei der Verpflegung im Rahmen von Großveranstaltungen oder im land-
wirtschaftlichen Bereich (als Töpfe oder Mulchfolien) etablieren können. Hier
sind technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen anzutreffen, die Vor-
teile für BAW versprechen. Solche Vorteile konnten bisher z. B. bei der Substitu-
tion von Massenkunststoffen durch BAW jedoch nicht realisiert werden, zumal
sie auch aus abfallwirtschaftlicher Sicht nicht nur Vorteile bieten. So ist insbe-
sondere die Vermischung von BAW mit Massenkunststoffen aufgrund der man-
gelnden Verträglichkeit als problematisch einzustufen.

1.7.1.4
Verträglichkeit von Polymeren
Oft ist es technisch nicht oder nur mit unverhältnismässig hohem Aufwand
möglich, sortenreine Kunststoffe für eine Wiederverwertung zu erhalten. In die-
428 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-98. Verträglichkeitsmatrix für Polymere [6]

PE PP PS PVC PET PC PA PBT

Zumisch- PE 1 3–4 4 4 4 4 2–4 4


werkstoff
PP 2–4 1 4 4 4 4 2–4 4

PS 4 4 1 4 3 2–4 3–4 3–4

PVC 4 4 2–4 1 4 3–4 4 4

PET 4 4 4 4 1 1 3–4 4

PC 4 4 2–4 4 1 1 3–4 1

PA 4 4 3–4 4 3 4 1 3

PBT 4 4 2–4 4 4, 3 1 3–4 1

1 = gut verträglich; 2 = mischbar bis ca. 20%; 3 = mischbar bis ca. 5%; 4 = unverträglich.

sem Fall ist ein werkstoffliches Recycling nicht prinzipiell ausgeschlossen, wenn
die Polymere im Gemisch verträglich, mischbar und daher gemeinsam verar-
beitbar sind. Ein Hilfsmittel zur Beurteilung der Werkstoffverträglichkeit von
Kunststoffen in Gemischen sind Verträglichkeitsmatrizes (Tabelle 1-98).

1.7.1.5
Rohstoffliche Kreislaufführung
Die rohstoffliche Kreislaufführung führt die Polymere auf chemische Grund-
bausteine zurück, die dann erneut z. B. zur Polymersynthese, für die Herstellung
von anderen Chemieprodukten wie Farben oder Klebstoffe oder zur Substitu-
tion von Erdöl oder seinen Derivaten genutzt werden können.

1.7.1.5.1
Inlösungnahme
Bei der Inlösungnahme werden Polymere nicht zu Monomeren zerlegt, sondern
die Makromoleküle unter Strukturerhalt in einem Lösemittel aufgelöst, sodass
feste Füllstoffe und Additive abfiltriert werden können. Die Polymere und das Lö-
semittel werden anschließend durch Verdampfung und Destillation oder Fällung
getrennt [7]. Der gesamte Energiebedarf des Verfahrens liegt je nach Lösemittel-
beladung zwischen 1,5 und 3 kWh/kg freigesetztem Polymer. Thermoplaste sind in
Abhängigkeit von ihrer Polarität in entsprechenden Lösungsmitteln löslich,wovon
z.B. bei der Lackherstellung Gebrauch gemacht wird. So löst sich z. B. PP unter an-
derem in Xylol,Aceton und Tetrachlorethen [8].Die Lösung findet vor allem in den
amorphen Bereichen des Polymers statt, kristalline Bereich sind sehr unempfind-
lich. Problematisch sind Toxizität und Handhabung (Explosionsgefahr) mancher
Lösemittel sowie der hohe Energieaufwand zur Lösemittel-Regenerierung.
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 429

1.7.1.5.2
Solvolyse
Die Solvolyseverfahren Hydrolyse, Alkoholyse, Glykolyse sowie Aminolyse sind
für die Kreislaufführung von Produkten der Polykondensation und -addition ge-
eignet [9]. Da es sich bei diesen Reaktionen um Gleichgewichtsprozesse handelt,
kann das Ausgangsmaterial bei hoher Temperatur und Zugabe entsprechender
Substanzen in die Monomere zerlegt werden. Man unterscheidet dabei summa-
tive und selektive Löseverfahren.

1.7.1.5.3
Verfahren zur Einspeisung in Prozesse der Erdölverarbeitung
Zum Einsatz in Verfahren der Erdölverarbeitung müssen die Kunststoffe durch
eine Vorbehandlung pumpfähig gemacht werden. Die Pumpfähigkeit von Ther-
moplasten wird durch eine Verringerung der Molmasse auf 1.000 bis 15.000 g/
mol (Kettenverkürzung) sichergestellt. Duroplaste können durch mechanische
Zerkleinerung auf unter 100 µm und Anmaischen mit einer geringen Menge von
Erdöl-Zwischenprodukten über den klassischen „Kohleweg“ als Slurry (Suspen-
sion) eingeführt werden [10]. Daher ist das vollständige Schließen des Stoff-
kreislaufs von Polymeren durch die Zerlegung in niedermolekulare Produkte,
die in Raffinerien eingespeist werden und wiederum als Ausgangsstoffe für
Polymersynthesen dienen, möglich. Der Chloranteil des Produkts darf jedoch
bei der Abgabe an eine Raffinerie 1 ppm nicht übersteigen.
Großanlagen für die Spaltung und Aufbereitung hochsiedender, langkettiger
Rückstands-Fraktionen aus der Erdölverarbeitung stehen zur Verfügung. Die
Verfahren zur Einspeisung in Prozesse der Erdölverarbeitung lassen sich unter-
teilen in thermische und katalytische Spaltverfahren sowie hydrierende Verfah-
ren (Tabelle 1-99). Eine Anlage zur Vorbehandlung von Polymeren vor einer Raf-
finerie war die aus wirtschaftlichen Gründen inzwischen stillgelegte Kohleöl-
anlage Bottrop. Neben diesem Hydrierverfahren existieren noch zahlreiche
weitere technische Optionen für die Umsetzung von Polymeren, die jedoch bis-
her höchstens in Pilotversuchen und ausschließlich mit unverstärkten Polyme-
ren untersucht wurden.

1.7.1.5.4
Pyrolyse
Pyrolyse ist die drucklose thermische Zersetzung von Stoffen unter Ausschluss
eines Vergasungsmittels. Die Ausgangsstoffe werden radikalisch zu wasserstoff-
reicheren flüchtigen Pyrolysegasen und -ölen, Wasser und wasserstoffärmerem
festem Pyrolysekoks umgewandelt. Nach den Behandlungstemperaturen unter-
scheidet man Niedertemperatur- (bis 500 °C), Mitteltemperatur- (500 – 800 °C)
und Hochtemperaturpyrolyse (über 800 °C). Durch die Erhöhung der Pyrolyse-
temperatur kann die Produktaufteilung von Öl zu Gas verschoben werden [11].
Besonders vorteilhaft im Vergleich zur Verbrennung ist bei der Pyrolyse der ge-
430 1 Einführung in Polymer Engineering

Tabelle 1-99. Übersicht über für Polymere geeignete Verfahren zur Einspeisung in Verfahren
der Erdölverarbeitung

Verfahren Ausgangsstoffe Produkte b Kurzcharakterisierung

Thermische Spaltverfahren
Visbreaking Vakuumrückstand a Mitteldestillat- druckloses Verfahren zur
komponenten Molmassenreduzierung bei
Temperaturen von 350–
480°C in Röhrenöfen bei
1,4–1,8 MPa
Delayed atmosphärischer Petrolkoks, Gasöl, diskontinuierliche Behand-
coking Rückstand, Benzin, Crackgase lung durch Aufheizen auf ca.
Schweröl a 490°C und Verkokung in
Kokskammern bei 2 MPa,
460°C
Fluid coking Vakuumrückstand a Petrolkoks, Gasöl, kontinuierliche Behandlung
Benzin, Crackgase im Wirbelbett bei 480–560°C
Steamcracking niedrigsiedende Ethen, Propen, weitere Umsetzung bei ca. 600–
Fraktionen (Ethan, Olefine 900°C, 2–3,3 MPa unter Zu-
Leichtbenzin), Naphta a setzung von Wasserdampf
zur Erhöhung der Olefinaus-
beute
Katalytische Spaltverfahren
Catcracking Destillatfraktionen, liquefied petroleum katalytische Behandlung in
metall-/hetero- gas (LPG), Benzin, Wirbelschicht- oder Fließ-
atomarme Rück- Gasöl bettreaktoren bei
standsfraktionen a 0,6–0,9 MPa, 450–510°C
Hydrierverfahren
Hydro- Rückstandsprodukte leichtes Heizöl, katalytische Behandlung bei
cracking (Vakuumrückstand), Benzin, synthetisches hohen Drücken (7–25 MPa)
Naphta a Rohöl aus Rückstands- und Temperaturen (250–
produkten, LPG 450°C) zum Aufspalten der
aus Naphta C-Ketten
Degradative Extrusion
Degradative thermoplastische öl-/wachsartige, Kettenabbau der Polymere in
Extrusion Polymere mit ge- verdüsbare Schmelze modifiziertem Extruder bei
ringem unschmelz- Temperaturen bis ca. 400°C
baren Anteil Optional Zugabe von Verga-
sungsmitteln oder Katalysa-
toren c

Anmerkungen:
a
Beim Einsatz von Kunststoffen wird dem Ausgangsmaterial nur ein kleiner Polymer-Teil-
strom zugesetzt.
b
Siedebereiche (Richtwerte): bis 100°C Leichtbenzin,
bis 200°C Schwerbenzin/Naphta,
bis 250°C Kerosin/Petroleum,
bis 350°C Gasöl
c
Da keine eindeutige Zuordnung dieses Verfahrens zu thermischen oder katalytischen Spalt-
verfahren möglich ist, erfolgt die gesonderte Aufführung des Verfahrens in dieser Tabelle.
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 431

ringere Gas-Volumenstrom, der ca. 5 – 20 % des Verbrennungs-Rauchgasstroms


ausmacht. Die deutlich kleinere Auslegung der Gasreinigungsaggregate führt zu
niedrigeren Investitionskosten.
In der Gasbehandlung wird das Pyrolysegas in der Regel durch Abkühlung in
eine oder mehrere Ölfraktionen unterschiedlicher Siedebereiche und das Per-
manentgas mit den Hauptkomponenten H2, CO, CO2 und CH4 aufgetrennt. Die
kondensierbaren Öle sind chemisch instabil und benötigen eine Nachbehand-
lung z. B. durch Hydrierung oder die direkte Umwandlung durch Kombinations-
verfahren.
Der als festes Pyrolyseprodukt entstehende Koks enthält die mineralischen
und nicht entgasbaren Bestandteile des Ausgangsmaterials. Er ist nach dem Er-
kalten spröde, sodass mineralische Anteile durch mechanische Zerkleinerungs-
und Klassierverfahren abgetrennt werden können. Die Verwertung dieses Mate-
rials ist noch nicht geklärt [12].
Für die Pyrolyse von Kunststoffen wurden Wirbelschicht- und Drehtrommel-
reaktoren als die geeignetesten Aggregate identifiziert und untersucht. Die Ver-
weilzeiten in Drehrohrreaktoren liegen zwischen 20 und 90 Minuten [13], in
Wirbelschichtreaktoren bei bis ca. 90 Sekunden [14]. Insbesondere bei Kunst-
stoffen erschwert die schlechte Wärmeleitung und der hohe Energiebedarf der
Kunststoff-Zersetzung die Anwendung der Pyrolyse.

1.7.1.5.5
Vergasung
Bei der Vergasung wird Kohlenstoff durch unterstöchiometrische Oxidation in
gasförmige Produkte umgesetzt. Der Prozess kann in die idealisierten Teil-
schritte der Trocknung, Entgasung und Vergasung aufgeteilt werden. Die teil-
weise Oxidation von Entgasungsprodukten setzt Wärme frei, die die endother-
men Prozesse der Trocknung und Entgasung fördert. Die Einstellung der Verga-
sungstemperatur erfolgt über die Sauerstoffzufuhr.
Kohlenwasserstoffe werden in Gegenwart von Vergasungsmitteln (Sauerstoff,
Luft, Wasserdampf) bei 1.350 bis 1.600 °C und bis 15 MPa Druck zu Synthesegas
umgesetzt, das je nach Verfahrensbedingungen unterschiedliche Zusammen-
setzungen aufweist und unter anderem für die Ammoniak- oder Methanol-
synthese, Fischer-Tropsch-Synthese von Kohlenwasserstoffen, zur Wasserstoff-
erzeugung oder Energiegewinnung eingesetzt werden kann [11]. Durch hohe
Drücke und Temperaturen werden alle höheren Molekülstrukturen auf CO und
H2 zurückgeführt. Anorganische Schadstoffe (Chlorwasserstoff, Ammoniak,
Schwefel-Verbindungen, Staub) können durch die Gasbehandlung abgetrennt
und teilweise verwertet werden.
Ein Vergasungsverfahren für verschiedene Abfallfraktionen wird in Deutsch-
land vom Sekundärrohstoffverwertungszentrum Schwarze Pumpe betrieben.
432 1 Einführung in Polymer Engineering

1.7.1.5.6
Hochofen-Einblasung
Heizwertreiche Fraktionen können im Kupolofen oder Hochofen zur Eisenher-
stellung bzw. -verarbeitung genutzt werden. Der Kupolofen dient vor allem dem
Aufschmelzen von Schrott mit Koks, beim Hochofen wird durch Reduktion von
Eisenerz metallisches Eisen erschmolzen. Dazu werden sowohl Koks als Möller-
gut eingefüllt als auch schwefelreiches Schweröl oder Kohle eingeblasen und mit
dem Heißwind vergast. Ein Teil des Schweröls kann durch Kunststoff substitu-
iert werden [15]. Der Hochofeneinsatz von Kunststoffen erfordert deren Vorzer-
kleinerung auf einen Durchmesser bis zu 5 mm, da dieses Granulat aus einem
Druckgefäß mit 0,4 – 0,5 MPa über eine Lanze in den unteren Hochofenteil ein-
gebracht wird.

1.7.1.5.7
Einsatz im Zement-Drehrohr
Im Drehrohr eines Zementwerkes werden Ton und Kalk zu Zementklinker ge-
sintert bzw. gebrannt. Der Reaktor wird im Gegenstrom betrieben: Die Primär-
feuerung erhitzt das Material auf ca. 1.400 °C, die Sekundärfeuerung im Aufgabe-
bereich stellt die Calcinierung bei ca. 900 °C sicher. Für die Herstellung von 1 Mg
Zement werden ungefähr 3,3 GJ Energie benötigt [16]. Um die Energiekosten zu
reduzieren, die ca. 50 % der Produktionskosten ausmachen, werden Ersatz-
brennstoffe wie z. B. Altreifen, Altöl, Lackschlämme, Holzmehl oder Brennstoff
aus Müll (BRAM) eingesetzt. Bis zu 30 % des Gesamt-Wärmebedarfs einer An-
lage konnten bereits durch Ersatzbrennstoffe gedeckt werden [17], deren feste
Rückstände in das Produkt eingebunden werden [15].

1.7.1.6
Verbrennung

Bei der Verbrennung geht der stoffliche Charakter des eingesetzten Materials
verloren. Daher kann sie nicht zum Recycling im Sinne der stofflichen Kreis-
laufführung gezählt werden.
Der Verbrennungsvorgang kann in die Teilprozesse Trocknung, Entgasung,
Vergasung und vollständige Oxidation aufgeteilt werden (Bild 1-232) [13]. Diese
idealisierten Prozesse können sich zeitlich und räumlich überlagern und wech-
selseitig beeinflussen. Pyrolyse- und Vergasungsverfahren nutzen die Möglich-
keit, durch Einstellung von Randbedingungen nur einen Teil der Prozesse zu be-
günstigen.
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 433

Bild 1-232. Idealisierte chemische Teilprozesse der Verbrennung

1.7.1.6.1
Verbrennungskonzepte und -aggregate
Als Verbrennungskonzepte kommen in Frage
• Mono-Verbrennungssysteme ausschließlich für Kunststoffe
• Co-Verbrennungssysteme mit einer gemeinsamen Verbrennung von mindes-
tens einer weiteren Fraktion außer Kunststoff [18].
Die Mono-Verbrennung von Kunststoffen in Spezialfeuerungen ist derzeit noch
nicht Stand der Technik. Die relevanten Verbrennungsaggregate für Feststoffe
sind
• Roste (vor allem Stab- und Walzenroste),
• Drehrohre (mit Gleich- oder Gegenstrom-Luftführung),
• Wirbelschichten (mit stationärem, rotierendem oder zirkulierendem Wirbel-
bett)
• Staubfeuerungen.
434 1 Einführung in Polymer Engineering

1.7.1.6.2
Verbrennung in Kraftwerken
Bei der Verbrennung heizwertreicher Fraktionen in Kraftwerken kommen
Wirbelschichtfeuerungen oder Staubfeuerungen zum Einsatz [15]. Bei der Staub-
feuerung wird das Ausgangsmaterial aufgemahlen und durch einen Brenner
staubförmig in den Brennraum eingetragen, wo es in der Schwebe verbrennt.
Für die Vorbehandlung der Kunststoffe zum Zerstäuben in den Brennraum ist
entweder das Aufschmelzen oder das Aufmahlen zu Partikeln für den pneuma-
tischen Brennraum-Eintrag nötig. Kohle wird vor der Verbrennung in Staub-
feuerungen auf Korngrößen unter 100 µm aufgemahlen, um den vollständigen
Ausbrand sicherzustellen. Insbesondere bei Thermoplasten ist eine solche Fein-
zerkleinerung wegen der Erwärmung der Polymere durch mechanische Bean-
spruchungen problematisch. Beim Einsatz von Zyklonbrennkammern sind
größere Korngrößen bis zu mehreren Millimetern möglich, da durch die Brenn-
kammergeometrie eine erheblich längere Verweilzeit erzwungen wird [11].

1.7.1.6.3
Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen
Ungefüllte und unverstärkte Kunststoffe weisen einen hohen Heizwert und ge-
ringe Feuchtegehalte auf, sodass sie bei geringen Temperaturen vergasen, schnell
zünden und verbrennen [18]. Der Heizwert der verstärkten Kunststoffe ist neben
der chemischen Zusammensetzung vom Anteil der mineralischen Füll- und Ver-
stärkungsstoffe abhängig. Eine Übersicht der Heizwerte verschiedener Materia-
lien gibt Tabelle 1-100.
Für die selbstgängige Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen (MVA) ist
neben dem Heizwert der Feuchte- und Aschegehalt eines Materials maßgeblich,
sodass ab ca. 3,4 MJ/kg, einem Wassergehalt unter 50 % und einem Aschegehalt
unter 60 % mit selbstgängiger Brennbarkeit gerechnet werden kann [13].

Tabelle 1-100. Heizwerte verschiedener Materialien

Material Heizwert Hu
[MJ/kg]

PP (unverstärkt) 44
PE (unverstärkt) 43,3
PS 40
PVC 18–26
Glasmattenverstärkte Thermoplaste 30
Duroplaste (allgemein) 20
SMC/BMC (UP-GF) 10–12
Erd-/Heizöl 42
Steinkohle 29–30
Holz 15–17
Papier 13–15
Hausmüll 8,5
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 435

1.7.1.7
Ausblick
Für die Kreislaufführung von Kunststoffen und kunststoffhaltigen Produkten ste-
hen eine Vielzahl technischer Optionen zur Verfügung, von denen jedoch ver-
gleichsweise wenige in Pilot- bzw. Produktionsanlagen umgesetzt wurden. Neben
der technischen Eignung von Verfahren sind vor allem die wirtschaftlichen und
politischen Rahmenbedingungen entscheidend für den Aufbau und Betrieb eines
Verfahrens der Kreislaufwirtschaft. In Bereichen, die von vorneherein direkte (vor
allem wirtschaftliche) Vorteile generieren, wie dies z.B. beim werkstofflichen Pro-
duktionsabfallrecycling meist der Fall ist, wurden und werden solche Verfahren
schnell umgesetzt und dauerhaft betrieben. Zusätzliche Schritte zur Kreislauf-
schließung wurden lange Zeit unter Betonung der ökologischen Dimension der
Nachhaltigkeit politisch gefördert. Hier zeichnet sich derzeit ab, dass eine Neube-
wertung der Aspekte der Nachhaltigkeit stattfinden könnte: Insbesondere der öko-
nomische Nachhaltigkeitsaspekt gewinnt in der politischen Diskussion zuneh-
mend an Bedeutung. Es kann erwartet werden, dass „Insellösungen“ für kleine
Materialströme aus einzelnen Anwendungen zukünftig kaum noch realisiert wer-
den, sofern kein ausreichendes gesellschaftliches Interesse daran besteht. Stattdes-
sen werden große, gleichartige Materialströme aus verschiedensten Anwendungs-
bereichen zusammengefasst und durch kostengünstige Verfahren (z.B. Hochöfen,
Vergasungs- oder Verbrennungsanlagen) mit hinreichender Kapazität und unter
Einhaltung ökologischer Rahmenbedingungen verwertet oder beseitigt werden.

Literatur – Kapitel 1.7.1


[1] VDI-Gesellschaft Entwicklung Konstruktion Vertrieb (Hrsg.): Konstruieren recyclingge-
rechter technischer Produkte, Grundlagen und Gestaltungsregeln. VDI-Richtlinie 2243.
Düsseldorf, 2000
[2] Bledzki, A. K., Goracy, K.: Verwertung von Duroplasten. In: Sutter, H. (Hrsg.): Erfassung
und Verwertung von Kunststoff. EF-Verlag, Berlin, 1993, S. 177 – 185
[3] Bledzki, A. K., Kurek, K., Barth, C.: Eigenschaften von SMC mit Regenerat. In: Kunststoffe
(Zeitschrift) 82 (1992), Nr. 11, S. 1093 – 1096
[4] Association of Plastic Manufacturers in Europe (APME, Hrsg.): Biodegradable Plastics –
Position. Brüssel, Oktober 2001
[5] Bandrup, J. (Hrsg.)/Bittner, M./Michaeli, W./Menges, G.: Die Wiederverwertung von
Kunststoffen. Carl Hanser Verlag, München, Wien, 1995
[6] Nickel, W. (Hrsg.): Recycling-Handbuch, Strategien – Technologien – Produkte. VDI Ver-
lag GmbH, Düsseldorf, 1996
[7] Käufer, H., Thiele, A.: Geschlossene Materialkreisläufe für Kunststoffe durch Wiederverwer-
tung von Abfall. In: Spektrum der Wissenschaft (Zeitschrift), Dezember 1993, S. 102– 106
[8] Thiele, A.: Materialrecycling von Thermoplasten über Lösen. Schriftenreihe Kunststoff +
Recycling. Hrsg. Käufer, H., Band 10, Berlin, 1994
[9] Wanjek, H., Stabel, U.: Rohstoffrecycling – die Verfahrenstechnik. In: Kunststoffe (Zeit-
schrift) 84 (1994), Nr. 2, S. 109 – 112
[10] Korff, J., Keim, K.-H.: Hydrierung von synthetisch organischen Abfällen. In: Erdöl Erdgas
Kohle (Zeitschrift) 105 (1989), Nr. 5, S. 223 – 226
[11] Geiger, T., Knopf, H., Leistner, G., Römer, R., Seifert, H.: Rohstoff-Recycling und Energie-
Gewinnung von Kunststoffabfällen. In: Chem.-Ing.-Tech. (Zeitschrift) 65 (1993), Nr. 6, S.
703 – 709
436 1 Einführung in Polymer Engineering

[12] Kaminsky, W.: Pyrolyse von Kunststoffen in der Wirbelschicht. In: Sutter, H. (Hrsg.): Er-
fassung und Verwertung von Kunststoffen. EF-Verlag, Berlin, 1993, S. 187 – 201
[13] Thomé-Kozmiensky, K. J. (Hrsg.): Thermische Abfallbehandlung. EF-Verlag, Berlin, 1994
[14] Kaminsky, W., Sinn, H.: Verwertung von polymeren Abfallstoffen durch Pyrolyse. In:
Nachr. Chem. Tech. Lab. (Zeitschrift) 38 (1990), Nr. 3, S. 333 – 338
[15] Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie NRW, Initiativkreis Ruhrgebiet
(Hrsg.): ARiV III: Automobil-Recycling im Verbund. Bericht, Vertrieb durch Fa. OrgCon-
sult, Essen. 22.11.1994
[16] Pickering, S., Benson, M.: Recovery of Material and Energy from Thermosetting Plastics.
In: Neitzel, M., Lambert, J. C., Menges, G., Kelly, A. (Hrsg.): ECCM Recycling Concepts and
Procedures. Tagungsband, European Association for Composite Materials, September 22. –
23, 1993, Bordeaux/France, Cambridge, 1993, S. 41 – 46
[17] Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT), Umweltbundesamt (UBA), Verband
kunststofferzeugende Industrie (VKE) (Hrsg.): Müller, H., Haberstroh, E.: Verwendung
von Kunststoff im Automobil und Wiederverwertungsmöglichkeiten. FAT-Schriftenreihe
Nr. 52.Frankfurt/Main, 1986
[18] Christmann, A., Keldenich, K.: Verbrennung. In: Tiltmann, K. O. (Hrsg.): Recyclingpraxis
Kunststoffe. Loseblattsammlung, Verlag TÜV Rheinland, Köln

1.7.2
Umweltbewertung und -bilanzierung von Kunststoffen
Marc-Andree Wolf

Im Zusammenhang mit dem Begriff „Bilanz“ wird man zuerst an die Betriebs-
wirtschaftslehre und z. B. das Gegenüberstellen von Einnahmen und Ausgaben,
Soll und Ist oder von Kosten und Nutzen denken. Bilanzen dienen so als
Entscheidungsgrundlage und Steuerungsinstrument und sind in der Regel auf-
wands- bzw. kostenorientiert.Werkstoff-, Prozess- und Produkt-Entscheidungen
wurden in der Vergangenheit vornehmlich unter technischen und wirtschaftli-
chen Aspekten getroffen. Die ökologischen Gesichtspunkte konnten nur punk-
tuell integriert werden. In dem Instrument der Ökobilanzierung (auch Lebens-
wegbilanzierung; engl. Life Cycle Assessment (LCA)) und ihrer Erweiterung zur
Ganzheitlichen Bilanzierung (engl. Life Cycle Engineering (LCE)) liegen inzwi-
schen leistungsstarke und praxiserprobte sowie in der ISO 14040ff normierte
Werkzeuge für diese Aufgabe vor. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Methode un-
abhängig von bestimmten Werkstoffen oder Produkten angewendet werden
kann und damit Vergleiche und Produktverbesserungen auch konkurrierender
Werkstoffe (z. B. Kunststoffe vs. Metalle; nachwachsende Rohstoffe vs. fossile
usw.) oder Technologien erlaubt. Professionelle Software-Werkzeuge mit um-
fangreichen Hintergrunddatenbanken sind in den letzten 15 Jahren immer wei-
ter entwickelt worden und erlauben die effiziente Durchführung von Studien
auch in der Produkt- und Verfahrensentwicklung im industriellen Kontext
ebenso wie Detailanalysen in der wissenschaftlichen Forschung.
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 437

1.7.2.1
Ganzheitliche Bilanzierung
Für ein nachhaltiges Wirtschaften (sustainable development) ist es wichtig, u. a.
auch ökologische Entscheidungen zu treffen, ohne dabei die Wertschöpfung
oder die Anforderungen an das Erwirtschaftete zu vernachlässigen. Die Anfor-
derungen an das erwirtschaftete Gut können dabei technischer oder auch sozio-
ökonomischer Natur sein.
Ein ganzheitlicher Ansatz hat demnach das Ziel, Entscheidungen zu unter-
stützen bzw. Lösungswege aufzuzeigen, die technisch realisierbar, ökologisch
und gesellschaftlich vertretbar und ökonomisch sinnvoll sind. Bei der Identifi-
kation eines Gesamt-Optimums muss man sich der Wechselwirkungen zwi-
schen Ökologie, Ökonomie und Technik ständig bewusst sein. Eine ökologische
Optimierung darf beispielsweise nicht dazu führen, dass technische Mindestan-
forderungen nicht eingehalten werden oder das Gesamtobjekt nicht mehr finan-
zierbar ist.
Die Ganzheitliche Bilanzierung (GaBi) ist als Verknüpfung der drei Dimen-
sionen Technik,Wirtschaft und Umwelt zu sehen, Bild 1-233. Sie ist eine Methode
zur Erhebung, Dokumentation und Aufbereitung umweltlicher Parameter von
Produkten,Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen auf der Basis technischer
und wirtschaftlicher Pflichtenhefte.
Die ökologischen Betrachtungen innerhalb dieses Spannungsfeldes entspre-
chen der Ökobilanz, die daher als Teilbereich der Ganzheitlichen Bilanzierung
betrachtet werden kann. Prinzipiell beruht das Konzept einer Ökobilanz auf fol-
genden Grundgedanken:
• Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung und
Aufarbeitung, der Herstellung und Nutzung bis hin zu Recycling und Ent-
sorgung.

Bild 1-233. Systematik der Ganzheitlichen Bilanzierung


438 1 Einführung in Polymer Engineering

• Erfassung aller mit dem Lebenszyklus verbundenen Beeinflussungen der


Umwelt wie Emissionen in Luft, Wasser und Boden, Abfälle, Rohstoffver-
brauch, Naturrauminanspruchnahme.
• Zusammenfassung der Umweltbelastungen hinsichtlich möglicher Wirkun-
gen und Bewertung mit dem Ziel, umweltorientierte Entscheidungen zu tref-
fen.
Einige Vorgehensweisen bei der Erstellung von Ökobilanzen sind international
in der Normenreihe DIN/ISO 14040ff. festgelegt.

1.7.2.2
Aufbau von Ökobilanzen
Die Ökobilanz muss, wie auch in Bild 1-234 dargestellt, die Festlegung des Zieles
und des Untersuchungsrahmens, die Sachbilanz (Datenerhebung), die Wir-
kungsabschätzung (Wirkung der erhobenen Sachbilanzdaten auf die Umwelt)
und die Auswertung der Ergebnisse enthalten. Anwendungen von Ökobilanzen
wie die in Bild 1-234 angegebenen Beispiele liegen außerhalb des Anwendungs-
bereiches der internationalen Normung.

Bild 1-234. Phasen einer Ökobilanz


1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 439

1.7.2.3
Zieldefinition und Untersuchungsrahmen
Der erste Schritt, der gleichzeitig auch die Weichen für den weiteren Verlauf der
Bilanz stellt, ist die Zieldefinition und Festlegung des Untersuchungsrahmens.
Bestimmte Randbedingungen werden erst transparent, wenn Erkenntnisinter-
esse und Aufgabe klar formuliert sind. Inhalt der Zieldefinition ist es, folgende
Punkte zu dokumentieren:

• Erkenntnisinteresse
• Gründe für die Durchführung
• Zielgruppe
Die Festlegung des Untersuchungsrahmens beinhaltet folgende Teile:

• Beschreibung des Systems


• Festlegung der funktionellen Einheit
• Festlegung der Systemgrenzen
• Anforderungen an die Datenqualität
• Erläuterung getroffener Annahmen
• Verteilungs- (Allokations-) Methoden
• Wirkkategorien und vorgesehene Methode zur Wirkungsabschätzung

1.7.2.3.1
Funktionelle Einheit
Die funktionelle Einheit kennzeichnet die Funktion des betrachteten Produkts
und dessen Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig dient die funktionelle Einheit als
Bezugseinheit für die ermittelten Umwelteinwirkungen. Sie soll die Vergleich-
barkeit unterschiedlicher Bilanzen gewährleisten. Neben Produkten kann die
funktionelle Einheit auch Dienstleistungen charakterisieren.

1.7.2.3.2
Systemgrenzen
Zur Herstellung von Produkten werden in der Regel eine Vielzahl von Stoffen be-
nötigt. Dies können Ressourcen, Vorprodukte, Betriebsstoffe, Energieträger etc.
sein. All diese Stoffe oder Produkte mussten in Vorstufen aufbereitet und herge-
stellt werden, wobei auch zu deren Aufbereitung und Herstellung wiederum
Stoffe und Energien benötigt wurden. Alle Glieder dieser Kette verursachen Ein-
wirkungen auf die Umwelt, die mit in Betracht gezogen werden müssen. Sicher
ist, dass bestimmte Inputströme keinen Einfluss auf das Ergebnis der Bilanz
mehr haben. Um die Bilanz nicht mit unwichtigen Daten zu überfrachten, die die
Qualität der Studie nicht weiter erhöhen, aber für einen erhöhten Bilanzie-
rungsaufwand sorgen, müssen Abschneidekriterien formuliert werden. Diese
Kriterien müssen so festgelegt sein, dass keine wichtigen Anteile der Umweltbe-
einflussung vernachlässigt werden.
440 1 Einführung in Polymer Engineering

1.7.2.3.3
Datenqualität
Für alle untersuchten Module muss die Datenqualität sichergestellt werden. An-
hand der Eingangsstoffe in einen Prozess und der speziellen Prozessart kann
eine Überprüfung von Vollständigkeit und Plausibilität erfolgen, z. B. durch
stöchiometrische Rechnungen oder durch den Vergleich der Daten mit
veröffentlichten Statistiken. Werden Ersatzwerte oder Schätzungen verwendet,
sind diese Werte als solche auszuweisen und zu begründen. Getroffene Annah-
men sind zu erläutern.

1.7.2.4
Sachbilanz
Vor der eigentlichen Datenaufnahme sind die notwendigen Regeln zur Daten-
verrechnung und Bilanzerstellung festzulegen und zu dokumentieren. Wichtige
Punkte, die einen großen Einfluss auf das Ergebnis haben können und auf unter-
schiedliche Weise in eine Bilanz einfließen können, sind z. B. die Behandlung von
Sekundärrohstoffen, die Betrachtung von Koppel- und Nebenprodukten sowie
die Anwendung von Verteilungsregeln.
Die Hauptaufgabe einer Sachbilanz besteht in der Quantifizierung von Input-
und Outputströmen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes. In Bild
1-235 ist eine Auswahl oft wichtiger Input- und Outputströme dargestellt. Es wird
zwischen verknüpften und unverknüpften Strömen unterschieden:

Bild 1-235. Beispiele für Input- und Outputströme entlang des Produktlebenszyklus
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 441

Unverknüpfte Ströme (Elementarströme) stellen die Flüsse dar, die aus der
Quelle „Erdkruste“ entnommen werden oder in die Senke „Umwelt“ abgegeben
werden.
Verknüpfte Ströme sind solange mit vorgelagerten Prozessen der Herstellung
bzw. mit noch folgenden Prozessen zur Weiterverarbeitung in Beziehung zu set-
zen, bis nur noch unverknüpfte Ströme die Bilanzgrenze überschreiten.
Die modulare Untergliederung ermöglicht es, diese Ströme und somit Um-
welteinwirkungen konkret einzelnen Prozessschritten zuzuordnen und den Ver-
ursacher zu identifizieren. Erst auf dieser Basis ist eine Analyse von Schwach-
stellen und das Erkennen von Verbesserungspotenzialen möglich. In manchen
Fällen lassen sich schon aus den Sachbilanzdaten unter Berücksichtigung der
Zieldefinition erste Schlüsse ziehen.

1.7.2.4.1
Verteilung (Allokation)
Die Frage der Verteilung, auch als Allokation bezeichnet, stellt sich immer dann,
wenn in einer Produktion oder einem Prozessschritt mehrere Produkte erzeugt
oder neben dem Hauptprodukt Nebenprodukte oder Abfälle zur Verwertung an-
fallen. Es gilt nun, die durch die Produktion entstandenen Aufwendungen und so-
mit auch die Auswirkungen auf die Umwelt auf die einzelnen Produkte oder Ne-
benprodukte zu verteilen. Wichtig bei der Auswahl des Verteilungsverfahrens ist,
dass die Art der Verteilung die Prozessintention oder den Prozesszweck wider-
spiegelt. Das heißt, dass dem Hauptprodukt auch die Hauptlasten zugeschrieben
werden. Die Wahl des Verteilungsverfahrens ist in jedem Fall zu dokumentieren.
Können einzelne Produktlinien aus einem Produktsystem modular ausge-
gliedert werden, so wird keine Verteilung durchgeführt. Dies setzt allerdings
voraus, dass sämtliche Input- und Outputströme eindeutig den Einzelprozessen
zugeordnet werden können.
Verteilung stellt immer eine Form der Bewertung dar. Je nach Verteilung kön-
nen unterschiedliche Bilanzergebnisse entstehen. Falls es nicht augenfällig ist,
welches Verteilverfahren das Geeignete ist, sind die in Frage kommenden anzu-
wenden und die Auswirkungen anhand einer Sensitivitätsanalyse darzustellen.

1.7.2.4.2
Recycling
Die Behandlung von Recyclingströmen in der Ökobilanz stellt im Grunde eine
Frage der Verteilung dar, da durch einen Recyclingprozess beeinflusst wird, ob
und in welchem Maße Belastungen aus der Primärherstellung eines Stoffes dem
Rezyklat zugewiesen werden können und so ein Teil der primären Aufwendun-
gen an einen weiteren Lebenszyklus „weitergegeben“ werden können. Es gilt all-
gemein, dass alle Materialströme, die die Systemgrenze überschreiten, berück-
sichtigt werden müssen.
Eine oftmals angewendete Methode, um den Systemraum von weiteren
Lebenszyklen der Sekundärrohstoffe freischneiden zu können, ist die Vergabe
442 1 Einführung in Polymer Engineering

von Gutschriften für alle Stoffe und Energien, die aufgearbeitet in einen neuen
Lebenszyklus eintreten. Die Sekundärrohstoffe aus dem Recycling substituieren
Stoffe und Energien, die ansonsten aus Primärrohstoffen hergestellt worden
wären. Die Herstellung aus den Primärrohstoffen wird also vermieden und kann
dem betrachteten System gutgeschrieben werden. Dieses Vorgehen entspricht ei-
ner Systemraumerweiterung.

1.7.2.5
Wirkungsabschätzung
In der Wirkungsabschätzung werden die Daten der Sachbilanz auf Umwelt-
wirkungen abgebildet, um Aussagen über die Gesamtwirkung treffen zu können.
Die in der Sachbilanz erhobenen Daten stellen daher die Grundlage für die
Wirkungsabschätzung dar. Untersucht wird hierbei die potentielle Umweltbe-
einflussung (wie z. B. Klimaveränderung, Ozonabbau, saurer Regen), die von den
über den gesamten Lebenszyklus auftretenden Input- und Outputströmen ver-
ursacht wird.
Innerhalb der Wirkungsabschätzung werden die Schritte Klassifizierung,
Charakterisierung und Gewichtung unterschieden. Die Klassifizierung und
Charakterisierung stellen den objektiven Teil der Wirkungsabschätzung dar, der
auf naturwissenschaftlichen Grundlagen beruht. Im Rahmen der Klassifizie-
rung werden die auf die Umwelt einwirkenden Stoffe entsprechend ihrer poten-
tiellen Wirkung in Wirkkategorien zusammengefasst. Innerhalb der Wirkungs-
kategorien werden die Sachbilanzdaten derart weiter modelliert, dass das cha-
rakteristische Wirkpotential des berechneten Stoffes ermittelt und den jeweili-
gen Wirkkategorien angerechnet wird. Dieser Schritt wird als Charakterisierung
bezeichnet.
Im Zuge der Gewichtung können in besonderen Fällen die Ergebnisse in Be-
zug auf die Priorisierung der Umweltwirkungen zusammengefasst werden, um
leichter mit anderen Ergebnissen verglichen werden zu können. Dies stellt eine
subjektive Bewertung dar.

1.7.2.5.1
Auswahl der Wirkkategorien
In der Norm ISO 14042 werden keine Wirkkategorien zur Verwendung vorge-
schrieben. Es werden vielmehr Anforderungen an deren Auswahl gestellt. Die
Auswahl der Wirkkategorien sollte sich generell an den Schutzzielen der Nach-
haltigkeit und der Ressourcenschonung, dem globalen Schutz der Ökosphäre,
dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Stabilität der Ökosysteme
orientieren.
Die Methodik zur Wirkungsabschätzung befindet sich wie erwähnt für einige
Umweltwirkungen noch in der Phase der Entwicklung. Dies gilt insbesondere
für die Toxizitätspotentiale (Humantoxizität HTP, Aquatische Ökotoxizität
AETP, Terrestrische Ökotoxizität TETP) und Naturrauminanspruchnahme bzw.
Flächeninanspruchnahme.
1.7 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 443

Für die praktische Durchführung von Ökobilanzen werden daher zum


momentanen Zeitpunkt folgende in der internationalen Diskussion im Wesent-
lichen anerkannte Wirkungskategorien als sinnvoll erachtet:
• Treibhauseffekt, Global Warming Potential (GWP) in kg CO2-Äquivalent
• Stratosphärischer Ozonabbau, Ozone Depletion Potential (ODP) in kg R11-
Äquivalent
• Versauerung, Acidification Potential (AP) in kg SO2-Äquivalent
• Überdüngung, Eutrophication Potential (EP) in kg PO4-Äquivalent
• Sommersmog, Photochemical Ozone Creation Potential (POCP) in kg C2H4-
Äquivalent
• Ressourcenverbrauch, Abiotic Depletion Potential (ADP) in kg Sb-Äquivalent
(Antimon-Äquivalent)
Die Behandlung von Abfällen (Müllverbrennung, Deponie etc.) sollte bei Öko-
bilanzen in das betrachtete System integriert werden und deren umweltliche
Auswirkungen in den bekannten Wirkungskategorien beschrieben werden. Ist
dies nicht möglich, können die Abfälle in den Gruppen Abraum, Erzaufberei-
tungsrückstände, Hausmüll und Sondermüll dokumentiert werden.
Die Betrachtung von Abfällen sollte bei Ökobilanzen in das betrachtete Sys-
tem integriert werden und deren umweltliche Auswirkungen in den bekannten
Wirkkategorien beschrieben werden.

1.7.2.6
Auswertung und Interpretation
Im Rahmen der Auswertung werden die Ergebnisse der Wirkungsanalyse und
Sachbilanz analysiert und daraus Schlussfolgerungen und Empfehlungen abge-
leitet. Ein weiterer Aspekt ist die transparente Darstellung der Resultate der Öko-
bilanz. Die Norm ISO 14043 gliedert die Interpretationsphase in drei Abschnitte:
• Ermittlung der Kernaussagen
• Bewertung
• Ergebnisdarstellung
Um die Kernaussagen zu erhalten, sind die Hauptbeiträge je Wirkungskategorie
(welche Prozesse und welche Emissionen sind je Kategorie dominant?) zu er-
mitteln. Relevante Sachbilanzdaten, die nicht über Wirkkategorien erfasst wer-
den, sind in die Betrachtung zu integrieren. Anhand der Ergebnisse lassen sich
nun die Kernaussagen formulieren, da erkannt werden kann, welche Prozesse
oder Lebensphasen dominant sind.
Zur Bewertung ist nach Norm eine Überprüfung der Vollständigkeit, der
Sensitivität und der Konsistenz der erkannten Prozesse oder Lebensphasen
durchzuführen. Die Vollständigkeit kann durch Massen- der Energiebilanzen
überprüft werden. Die Sensitivität kann durch Szenarienbildung unterschied-
licher Prozesse oder Parameterwahl ermittelt werden. Die Auswirkungen der
unterschiedlichen Annahmen auf das Endergebnis stellt die Sensitivität dar.
Es ist sicherzustellen, dass die zur Interpretation notwendigen Informationen
und Daten vollständig vorhanden sind. Ebenso ist zu überprüfen, inwieweit
444 1 Einführung in Polymer Engineering

Unsicherheiten, etwa durch das Abschätzen von Daten bei Datenlücken, das Er-
gebnis beeinflussen können. Diese Unsicherheiten können durch Berechnung
eines Minimal-Maximal-Intervalls, das die möglichen Extremfälle berücksich-
tigt, und dessen Auswirkungen auf das Endergebnis ermittelt werden.
Die Überprüfung der Konsistenz in der Vorgehensweise soll zum einen die
Übereinstimmung mit der Zieldefinition gewährleisten und zum anderen si-
cherstellen, dass Methodik und Regeln konsequent angewandt wurden.
Im Anschluss findet sich einige Literatur zum Vertiefen.

Literatur – Kapitel 1.7.2


Eyerer, P. (Hrsg.): Ganzheitliche Bilanzierung,Werkzeug zum Planen und Wirtschaften in Kreis-
läufen, Springer Verlag, Berlin, 1996. Bezug über www.ikpgabi.uni-stuttgart.de
ISO 14.040 ff.: Umweltmanagement – Ökobilanz, Brüssel, 1997ff.
Fischer, M.; Kupfer, T.; Eyerer, P.: Life Cycle Engineering and its Use in Environmental Manage-
ment Systems in the Chemical Industry, European Congress of Chemical Engineering (ECCE
4), Granada, 22.-25. September 2003.
Fachverband Wärmedämmverbundsysteme (Hrsg.): Kreissig J.; Betz M.; Schöch, H., Technische
Systeminfo 5. Wärmedämmverbundsysteme, Wärmedämmverbundsysteme zum Thema
Ökobilanz, 1999.
Guinée, J.B., Gorrée, M.; Heijungs, R. u. a. (Hrsg.): Handbook on Life Cycle Assessment – Ope-
rational Guide to the ISO Standards. Kluwer, Dordrecht, 2002.

1.8
Ausblick zu Polymer Engineering

1.8.1
Werkstoffherstellung, Synthese
Die Tendenz der vergangenen Jahrzehnte setzt sich angesichts der Auflösungser-
scheinungen der Kunststoffchemie in Zukunft fort: Neue Kunststoffe werden
kaum noch synthetisiert. Sofern große Absatzmengen locken, wird es höchstens
Mischungen aus bekannten Polymeren (Copolymerisationen, Blending) geben.
Neue Katalysatorsysteme, wie etwa die Metallocen-Technologie, auch deren
Weiterentwicklung, sind zu erwarten. Mittelfristig wird es mehr Polymerisatio-
nen in Wasser und in Masse oder längerfristig auch in supercritical fluids (SCF)
anstelle in Lösemittel geben. Eine Reduktion von Rückständen des Monomeren,
Lösemittels und Zusätzen wie Emulgatoren wird das Ziel sein, sofern die Syn-
thesekosten dabei auch gesenkt werden. Dies geschieht ohnehin permanent
durch Verfahrensanalysen.
Insgesamt wird die Reduktion von Nebenprodukten (100 Prozent Umsatz)
oder deren Verwertung ein Entwicklungsthema sein. So werden Rezepturen für
Polymere angestrebt, die migrationsfreie, halogenfreie und wieder verwertbare
Produkte (schwermetallfreie Additive) liefern.
Ein absehbarer großer Schritt in Richtung der Synthese von biobasierten Po-
lymeren – weg vom Erdöl, hin zu Zucker, Cellulose, Stärke, Ölen und Fetten oder
Lignin als Rohstoff – wird die Polymerchemie verändern.
1.8 Ausblick zu Polymer Engineering 445

Langfaser-, gewebe-, gestrickverstärkte oder örtlich hybridfaserverstärkte


Thermoplaste werden in Richtung Großserie und Strukturbauteile Boden ge-
winnen.
Nanocomposites und Nanopartikel ergänzen hier in Richtung höhere Festig-
keit, Steifigkeit, Leitfähigkeit u. a. auch bei transparenten Kunststoffen.

1.8.2
Werkstoffeigenschaften
Die Vision der variabel, im Betrieb über Sensoren einstellbaren Eigenschaften
von Kunststoffen wird mittel- bis langfristig Realität werden.
Funktions-, Struktur- und Gradientenwerkstoffe im Polymer Engineering
verbreitern ihre Anwendungen. Weitere Entwicklungen, insbesondere im auto-
mobilen Umfeld, zielen auf
• höheres Energieaufnahmevermögen in der Kälte
• schadenstolerante Werkstoffe
• verbessertes Brandverhalten (Toxizität, Rauchgase)
• umweltgerechtere Schäumsysteme
• Kombination von Werkstoffen (Hybridsysteme)
• hohe örtliche elektrische Leitfähigkeit
• emissionsfreie Kunststoffe
• kratzfest beschichtete Kunststoffscheiben
• Polymere LED
• flächige Leuchtdioden zur Illumination
• Flüssigkristall-Bildschirm-Anwendungen
• Eigenschaftsverbesserungen durch Nanopartikel und Nanocomposites

1.8.3
Verarbeitung, Verfahrenstechnik
Der Trend zur Kombination von verschiedenen Verarbeitungstechniken mit In-
tegration von Funktionen in Kunststoff- oder Hybridbauteile wird sich dyna-
misch aus Kostengründen fortsetzen. Die grossserienfähige Verarbeitung von
thermoplastischen langfaserverstärkten Verbundwerkstoffen mit örtlicher Ge-
webe- oder Kohlenstofffaserverstärkung wird sich kurzfristig auch in laufende
Serien eindrängen. Eine kostengünstigere, qualitätssicherere Duroplastverar-
beitung (SMC) ist in drei Jahren zu erwarten. Andere reaktive Verarbeitungen
wie Polyamid aus Caprolactam, PUR-RIM/RRIM und SRIM 20, RTM und TRTM 21
sowie Extrusion lassen deutliche Fortschritte erwarten.
Darüber hinaus werden integrierte Prozesse (Reaktion + Compoundierung +
Formgebung), die auf der Kombination verschiedener Verfahrensschritte basie-

20
PUR-RIM/RRIM … Polyurethan-Reaction Injection Molding/Reinforced RIM; SRIM … Po-
lyurethan-Reaction Injection Molding/Structural RIM.
21
RTM … Resin Transfer Molding (mit Duroplasten); TRTM … Thermoplastic RTM.
446 1 Einführung in Polymer Engineering

ren, zunehmend an Bedeutung gewinnen, da dadurch ein mehrfaches Erwärmen


und Abkühlen von Kunststoffen wegfällt. Die Bedeutung der Mikrowellentech-
nik beim Trocknen, Schweissen, Kleben, Erwärmen/Schmelzen, einschließlich
der Plasmatechnik zum Reinigen und Beschichten wird stark ansteigen, weil
Vorteile in Funktionen, Kosten und Umwelt erkannt werden.

1.8.4
Werkzeugtechnik
Werkzeugfallende Produkte und Komponenten (Integration von Produktions-
folgeschritten in das Ur- oder Umformwerkzeug) wie Instrumententafel, Schein-
werfer, Türkonzepte, Stoßfänger u. a. werden von der Vision zur Kleinserie und
später zur Großserie gelangen. Dazu gehören nacharbeitsfreie Werkzeugsysteme
einschließlich der praxisnahen Vorhersage des Formfüllvorganges für neu ent-
wickelte (kombinierte) Verarbeitungstechniken.

1.8.5
Konstruktion, Berechnung
Dimensionier- und Konstruktionsmethoden innerhalb des Simultaneous En-
gineering werden weiter verfeinert.
Beispielsweise wird die Berechnung von Schwindung und Verzug bei
(lang)faserverstärkten Kunststoffen erarbeitet und dem Verarbeiter und Bautei-
lentwickler angeboten werden. Das Gleiche gilt für die bessere Berücksichti-
gung des anisotropen und viskoelastischen Werkstoffverhaltens. Die Erstellung
und Erweiterung von FE-Modellen für die Berechnung (mit rationellem Über-
gang von CAD zu FE-Modellen) werden die Folge sein, einschließlich computer-
unterstützter Suche nach masseoptimierten Konstruktionen bei Vorgabe von
Konstruktionsvariablen. Die Miniaturisierung und Modulbauweise von Kompo-
nenten schreitet voran bei Wanddickenreduktion, Geräuschdämmung und lös-
baren Verbindungen. Die Vorausberechnung des akustischen Verhaltens von
Formteilen und Komponenten wird Standard werden. Kostengünstige Montage
und Verbindungstechnik bleibt eine Dauerforderung.
Rapid Prototyping (seriengleich Funktionsteile) und Rapid Tooling gewin-
nen weiter an Bedeutung.
Folgende Forderungen des Kunden bestimmen beim Automobil die kom-
menden Jahre:
• Leichtbau (Verbrauch geht in Richtung 3 l/100 km)
dadurch
– mehr Kunststoffanwendungen im Motorbereich,Antriebsstrang, Fahrwerk
– Dachmodule
– Unterbodenmodule mit thermischem Schutz
– Kabelbäume durch Bordnetze ersetzen (drive by wire)
– Hybridbauweisen aus Metallen und Kunststoffen/Faserverbundwerkstof-
fen
1.8 Ausblick zu Polymer Engineering 447

• verbesserte Crash-Sicherheit (wie bei Formel 1)


• bessere Rundumsicht
• Rundumverglasung aus Polymeren
• integrierte Nutzungsvariationen z. B. Cabrio im Sommer, Limousine im Win-
ter
• Schutz vor Vandalismus
• Kunststoff-Brennstoffzelle

1.8.6
Oberflächentechnik
Wirtschaftlichere und umweltgerechtere Oberflächentechniken wie beispiels-
weise durchgefärbte Produkte, hinterspritzte bzw. -prägte Folien (polierbar im
Außenbereich) werden in die Großserie einziehen.
Die überzogenen Ansprüche an Class-A-Oberflächen wird der Kunde nicht
mehr bezahlen wollen. Die Integration des Lackierprozesses in das Werkzeug-
system trifft das Kostenbewusstsein vieler Verbraucher.
Visionen bleiben:
• Folien ersetzen lackierte Flächen
• selbst reinigende Oberflächen
• über Sensoren gesteuerte variable Farbanpassung der Außenhaut an die Um-
gebung (helle Farben in der Dämmerung, reflektierende Folien in der Nacht,
grelle Elemente bei drohendem Unfall)
• selbst heilende Oberflächen

1.8.7
Qualitätsmanagement
In-line-Prüftechniken (bevorzugt zerstörungsfrei) während der Synthese und
vor allem der Verarbeitung werden eine Null-Fehler-Qualität garantieren und
Serienstreuungen extrem einengen (durch noch intelligentere Steuer- und Re-
gelsysteme während des Verarbeitungs- und Montageprozesses).
Vor allem werden dadurch teuere Rückrufaktionen deutlich minimiert und
Reparaturkosten gedrückt. Die Lebensdauer von Produkten wird besser vorher-
sagbar.
Der Einsatz von Faserverbundstrukturen in der tragenden Struktur von Au-
tomobilen (Leichtbau) bedingt einfache, praxistaugliche zerstörungsfreie Prüf-
methodiken für Reparaturbetriebe. Hier besteht noch großer Forschungs-
bedarf.

1.8.8
Serienfertigung
Serienanläufe sind seit Jahrzehnten schon immer die Stunde der Wahrheit. Zeit
und Kosten sind jedoch in jüngster Vergangenheit wettbewerbsentscheidene
448 1 Einführung in Polymer Engineering

Faktoren geworden. Daher ist Simultaneous Engineering zur Verkürzung der


Entwicklungszeiten und für reduzierte Anlaufkosten immer wichtiger.
Selbststeuernde Gruppen sind und bleiben ein wichtiges Führungs- und Or-
ganisationsprinzip. Vorgeben von Zielen und weitgehende Delegation des Ziel-
weges bei strikter Selbstkontrolle sind Eckpunkte darin.
Produktionsintegrierter Umweltschutz bei höchster Prozesssicherheit im
Hinblick auf Produkt und Mensch bleibt höchstes Niveau in Deutschland. Die
Rationalisierung neuer und alter Techniken war und bleibt im globalen Wettbe-
werb überlebensnotwendig.

1.8.9
Umweltaspekte, Recycling, Entsorgung
Als Schwachstellenanalyse während der Produktentwicklung hat sich die Ganz-
heitliche Bilanzierung (technisch, wirtschaftlich, umweltlich) in Konzernen
durchgesetzt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind noch zu gewinnen.
Kosten und Handhabbarkeit des Instrumentariums Ganzheitliche Bilanzierung
sind dazu weiter zu senken und zu verbessern. Risikomanagement, wirtschaft-
liche Fragestellungen, vor allem Kosten, sowie soziale Aspekte werden inte-
griert.
Produktentwicklung muss sich noch mehr um die Reduktion von Logistik
und damit von Mengenströmen kümmern.
Ein wirtschaftliches Stoff-Recycling ist bei hohem Rohölpreis vorstellbar. Die
Beherrschung kritischer Schadstoffe insbesondere bei der energetischen Ver-
wertung und Beseitigung (Additive, Stäube, Emissionen) ist weiter zu optimie-
ren.
Werkstoffe und Verfahren sind zukünftig stärker im Zusammenhang mit ei-
ner weltweiten nachhaltigen Entwicklung zu sehen.

1.8.10
Ausbildung
Ein Ausblick über Polymer Engineering wäre ohne Reflexionen zur Ausbildung
höchst unvollständig. Daher hierzu einige knappe Informationen. Eine Studie
der Technischen Akademie Baden-Württemberg [8, 9] ergab verkürzt bei einer
Umfrage unter Ingenieuren im Beruf als Antworten auf die Frage „Wie beurtei-
len Sie rückblickend die Qualität Ihrer Ausbildung?“:
Die Ausbildung an deutschen Schulen und Hochschulen ist
• praxis- und berufsfern
• zu abstrakt und theoretisch
• nicht teamorientiert.
Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken integriert TheoPrax [10, 11] seit 1996
Projekte aus der Wirtschaft in die Lehre an Schulen und Hochschulen und be-
treibt Lehrerfortbildungen [12].
1.8 Ausblick zu Polymer Engineering 449

Literatur – Kapitel 1.8


[1] Wagner G Polymere als Objekt der Materialwissenschaft und Grundlage neuer Technolo-
gien. In: Festschrift zur Ehrenpromotion von G. Wagner. Erlangen: Friedrich-Alexander-
Universität, 30.1.2004
[2] Schirrmeister E, Warneke P, Wengel J Techniken im Trend – Stand und Dynamik der Ein-
führung innovative Produktionstechniken. Karlsruhe: Fraunhofer ISI Mitteilungen 31/Okt
2003
[3] Faraday Advance Trends in hybrid metallic, polymer and composite automotive structu-
res. Sandy Lande, Yarnton, UK, Feb. 2003
[4] Feldmann J Kunststoff: Werkstoff und Wirtschaft im Wandel. Ludwigshafen: BASF Vortrag
in Freiburg 4.12.2003
[5] Delphi II Umfrage zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik. Karlsruhe: Fraunhofer
ISI, 1996
[6] Reinecke; Automobilanwendungen von übermorgen. Kunststoffe 93 (2003) 8 S 64 – 66
[7] Kunststoffe Automotive 3/2004. München: Hanser 2004
[8] Pfenning, U.; Renn, O.: Berufserfahrungen von Ingenieuren. Kurzbericht zu den Ergebnis-
sen der Umfrage. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württem-
berg, Oktober 2001
[9] Renn, O.; Pfenning, U. et al. Strategien zur Vermeidung eines Mangels an Naturwissen-
schaftlern und Ingenieuren. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-
Württemberg, April 2002
[10] Eyerer P ·TheoPraxÒ Bausteine für Lernende Organisationen – Projektarbeit in Aus- und
Weiterbildung. Stuttgart: Klett-Cotta, 2000
[11] www.theo-prax.de
[12] Krause D Lehreraus- und -weiterbildung – Projektarbeit lernen durch Selbsterleben. Vor-
trag 5. TheoPrax-Tag am Fraunhofer ICT, Pfinztal, 25. September 2002
Polyolefine (PO)
KAPITEL 2

Synthetische Kunststoffe

Nach dem einleitenden Überblick über das Sortiment der anwendungstechnisch


und wirtschaftlich wichtigen Kunststoffe, ihrer Ausgangsprodukte, typischen
Eigenschaften und Verarbeitung, werden in den folgenden Kapiteln die einzel-
nen Kunststoffsorten anhand der jeweils charakteristischen Typen vorgestellt.
Wie Bild 1-4 zeigt, steht von diesen – gemessen an seiner Produktionsmenge –
als bedeutendster, synthetisch hergestellter Thermoplast, das zu den Polyolefi-
nen zählende Polyethylen an erster Stelle.

2.1
Thermoplastische Polymere
Polyolefine (PO)
2.1.1
Polyolefine (PO)

2.1.1.1 Polyethylen (PE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455


2.1.1.1.1 PE-LD und PE-HD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
2.1.1.1.2 PE-LLD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497
2.1.1.1.3 PE-HD-UHMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
2.1.1.1.4 Polyethylen-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512
2.1.1.1.4.1 Vernetztes Polyethylen (PEX) . . . . . . . . . . . . . . . . . 512
2.1.1.1.4.2 Chlorierte Polyolefine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516
2.1.1.1.4.2.1 Chloriertes Polyethylen (PE-C) (thermoplastisches Elastomer) 516
2.1.1.1.4.2.2 Vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX) . . . . . . . . . . . 520
2.1.1.1.4.3 Sulfochloriertes Polyethylen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
2.1.1.1.4.4 Phosphorylierung, Sulfophosphorylierung, Sulfierung,
Oxidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
2.1.1.1.4.5 Copolymere des Ethylens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
2.1.1.1.4.5.1 Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC) . . . . . . . . . . . 522
2.1.1.1.4.5.2 Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH) . . . . . . . . . . 527
2.1.1.1.4.5.3 Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK) . . . . . . . . . . . 528
2.1.1.1.4.5.4 Ethylen/Methacrylat-Copolymere (EMA) . . . . . . . . . . . 530
2.1.1.1.4.5.5 Ethylen/Acrylsäure-Copolymere (EAA) . . . . . . . . . . . . 531
2.1.1.1.4.5.6 Ethylen/Butylarcrylat-Copolymere (EBA) . . . . . . . . . . . 532
2.1.1.1.4.6 Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe . . . . . . . 533
2.1.1.1.5 Literatur – Kapitel 2.1.1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534

2.1.1.2 Polypropylen (PP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535


2.1.1.2.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . . . . . 536
2.1.1.2.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536
2.1.1.2.1.2 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538
2.1.1.2.1.3 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544
2.1.1.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
2.1.1.2.2.1 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 549
2.1.1.2.2.2 Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 560
2.1.1.2.2.3 Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . . . . . . . . 561
2.1.1.2.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . 562
2.1.1.2.3.1 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
2.1.1.2.3.2 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
2.1.1.2.3.3 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
2.1.1.2.3.4 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
Polyolefine (PO)
454 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.2.4 Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567


2.1.1.2.5 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572
2.1.1.2.6 Literatur – Kapitel 2.1.1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574
2.1.1.3 Polybuten-1 (PB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
2.1.1.4 Polyisobutylen (PIB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
2.1.1.6 Andere aliphatische Polyolefine . . . . . . . . . . . . . . . . 591
2.1.1.7 Ionomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592
2.1.1.8 Cycloolefinpolymere (COC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596
2.1.1.9 Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Poyolefine . . . . . 602
Literatur – Kapitel 2.1.1.3–2.1.1.9 . . . . . . . . . . . . . . . . 603

Die Geschichte der Polyolefine begann am 27. März 1933 in den Laboratorien der
ICI, als R. O. Gibson bei einer mit Ethylen und Benzaldehyd durchgeführten
Reaktion (170 °C, 1400 bar) auf der Innenwandung des Autoklaven einen
weißen, wachsartigen Belag entdeckte, der sich als Polyethylen erwies. Nach
vielen Fehlschlägen führte erst im Dezember 1935 ein Versuch – und zwar nur
dank eines undicht gewordenen Autoklaven – zur Gewinnung von 8 g Polyethy-
len. Die entwichene Ethylenmenge wurde durch frisches Ethylen ersetzt, das
zufällig die zur Auslösung der Polymerisation richtige Sauerstoffmenge enthielt.
Am 3. September 1939 lief eine 200-t/a-Anlage an. Dieser verlustarme Isola-
tionswerkstoff spielte in der Radartechnik der Alliierten im Zweiten Weltkrieg
eine entscheidende Rolle. Mit der Umstellung der amerikanischen Kriegs-
produktion auf den zivilen Bedarf begann der einmalige Siegeszug des sog.
Hochdruckpolyethylens.
Wenige Jahre danach erzielte die inzwischen weltweit betriebene Polyolefin-
chemie neue bahnbrechende Erfolge. Der Phillips Petroleum Comp., die Stan-
dard Oil of Indiana und K. Ziegler vom Max-Planck-Institut für Kohleforschung
in Essen-Mühlheim gelang 1953 in kurzem zeitlichen Abstand die Niederdruck-
polymerisation von Ethylen. G. Natta, Mailand, fand auf der Grundlage der
Zieglerschen Arbeiten Wege, auch die höheren a-Olefine zu polymerisieren
und durch die Wahl spezifisch wirkender Katalysatoren und entsprechender
Prozessführung die sog. stereoregulierte Polymerisation von Propylen und
Buten-1 durchzuführen. ICI ergänzte im Jahre 1967 das Sortiment durch das
transparente Poly-4-methylpenten-1 (PMP), das heute nur noch in Japan her-
gestellt wird.
Im Jahre 1977 berichtete die Union Carbide Corp. (UCC), dass es ihr gelungen
sei, nach ihrem für PE-HD entwickelten Gasphasen-Verfahren auch ein lineares
Niederdruckpolyethylen (PE-LLD) niedriger Dichte herstellen zu können.
Damit gewann eine bereits seit Mitte der 60er-Jahre – Du Pont Canada
(Sclair) und 1970 (Phillips) – bekannte, jedoch wenig beachtete neue PE-Familie
weltweit das Interesse von Forschung und Entwicklung.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 455

2.1.1.1
Polyethylen (PE)
Wie gezeigt, ist bei den Polyolefinen, insbesondere bei Polyethylen, die Vielfalt
der Typen, je nach Herstellverfahren, strukturellem Aufbau und den dadurch
bedingten Eigenschaften so groß, dass vor der eingehenden Behandlung
zunächst ein Gesamtüberblick die Orientierung erleichtern möge.
Bild 2-1 zeigt die wichtigsten Gruppen der Polyethylenreihe. Sie unterschei-
den sich u. a. durch Anzahl und Länge ihrer Seitenverzweigungen. Diese wirken
sich auf den möglichen Abstand der einzelnen Makromolekülketten voneinan-
der und damit auf Kristallinität und Dichte des PE-Typs aus, Bild 2-2. Nicht alle
Makromoleküle ordnen sich beim Erkalten aus der Schmelze streng linear. Zwi-
schen den kristallinen Bereichen befinden sich „gestaltlose“ amorphe Zonen,
wie Bild 2-3 zeigt [1].

■ Herstellverfahren: PE-LD
Das PE niederer Dichte (PE-LD) wird nach zwei Verfahren, dem Autoklaven (ICI) –
und dem Röhrenreaktorverfahren (BASF) hergestellt. Diese Hochdruckverfah-
ren arbeiten mit Drücken von 1000 bis 3000 bar und Temperaturen von 80 bis
300 °C. Als Katalysator dienen Sauerstoff oder Peroxid. Unter den gegebenen
Reaktionsbedingungen entstehen verzweigte Polyethylenmoleküle mit Seiten-
ketten unterschiedlicher Länge. Daraus resultieren Kristallinitätsgrade von 40
bis 50 % und Dichten von 0,915 bis 0,935 g/cm3.

Bild 2-1. Schematische Darstellung der unterschiedlichen Strukturen und Verzweigungen bei
Polyethylen (s. a. Kapitel 1.3.1)
Polyolefine (PO)
456 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-2. Kristallinität und Dichte


bei Polyethylen (s. a. Kapitel 1.3.1.2)

Bild 2-3. Schematische Darstel-


lung der Kristall-Lamellen
und der amorphen Bereiche.
Einzelmolekülknäuel im lamella-
ren Verband. Die Punkte kenn-
zeichnen Anfang und Ende des
Makromoleküls
(s. a. Kapitel 1.3.1.2)

PE-LLD
Zur Herstellung von PE-LLD haben sich vier Verfahren durchgesetzt [2].

• Gasphasenverfahren (z. B. Unipol der UCC)


• Lösungsverfahren (z. B. Dow, Du Pont)
• Emulsionsverfahren (slurry, z. B. Phillips, vornehmlich für PE-MD geeignet)
• Hochdruckverfahren (z. B. Orkem, Norsolor)
Nach allen Verfahren kann bei entsprechendem Rezept der gesamte Bereich von
PE-LD, PE-LLD, PE-MD und PE-HD abgedeckt werden (Swingreaktoren), was
eine optimale Anpassung an die Marktverhältnisse ermöglicht. Dabei spielen
halogenfreie, trägerfixierte oder in Kohlenwasserstoffen lösliche Metallkom-
plexe mit einer bis zu 100fach gesteigerten Polymerisationsaktivität eine wich-
tige Rolle [3].
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 457

Um Produkte im Dichtebereich des PE-LD und PE-MD (0,917 bis 0,939 g/cm3)
herzustellen, sind höhere a-Olefine als Comonomere erforderlich. Bevorzugt
werden a-Olefine von C4 bis C8 bzw. deren Isomere (z. B. 4-Methylpenten-1)
sowie Mischungen davon verwendet. Die Anteile betragen 5 bis 10 %.

PE-HD
Im Hinblick auf das Katalysatorsystem wird PE-HD bis heute vorwiegend nach
zwei Verfahren hergestellt:
• Beim Ziegler-Verfahren dienen Titanhalogenide, Titanester und Aluminium-
alkyle als Katalysator (z. B. Titantetrachlorid mit Aluminiumtriethyl als Coka-
talysator).
• Das Phillips-Verfahren arbeitet mit einem Chromoxidkatalysator.
In allen Fällen wird – verglichen mit dem Hochdruckverfahren – bei niedrigen
Drücken gearbeitet. Das Ziegler-Verfahren arbeitet bei Drücken von 1 bis 50 bar
und Temperaturen von 20 bis 150 °C, das Phillips-Verfahren bei Drücken von 30
bis 40 bar und Temperaturen von 85 bis 180 °C. Verfahrenstechnisch wird nach
dem Suspensions-, Lösungs-, Gasphasen- und Masseverfahren mit jeweils unter-
schiedlichen Drücken und Temperaturen gearbeitet.
Unter diesen Bedingungen werden die Ethylenmoleküle in einer anionischen
Polymerisation zu weitgehend linearen, d. h. wenig verzweigten Makromo-
lekülen verbunden.
Der niedrige Verzweigungsgrad des PE-HD führt zu einem höheren Kris-
tallinitätsgrad (60 bis 80 %) und demgemäß zur höheren Dichte von 0,942 bis
0,965 g/cm3.

PE-MD
Das PE mittlerer Dichte (0,925 – 0,935 g/cm3) kann durch Mischen von PE-LD
und PE-HD oder unmittelbar als ein copolymeres PE-LLD hergestellt werden
(siehe oben).

PE-HD-HMW
Das Niederdruckpolyethylen hoher Dichte und hoher molaren Masse wird nach
dem Ziegler-, Phillips- oder dem Gasphasenverfahren hergestellt. Bei den Typen
hoher Dichte handelt es sich um Homopolymere, bei mittlerer Dichte (0,942 –
0,954 g/cm3) um Copolymere mit Buten, Hexen oder Octen.

PE-HD-UHMW
Dieses mit modifizierten Ziegler-Katalysatoren hergestellte PE-HD weist im
Unterschied zum PE-HD-HMW (MW 200 000 bis 500 000) eine molare Masse
von 3 · 106 bis 6 · 106 (g/mol) auf (Dichte 0,93 – 0,94 g/cm3). Das bisher nur durch
Preßsintern verarbeitbare Material wurde 1986 durch einen spritzgießbaren Typ
(Hostalen GUR 812) ergänzt.

Fortschrittliche Katalysator- und Verfahrenstechnologie


Die vorgestellten Typreihen des Polyethylensortiments bilden trotz ihrer Vielfalt
und Vielseitigkeit nicht den Abschluss der Polyethylenentwicklung. Die erstreb-
Polyolefine (PO)
458 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

ten Ziele sind: Weitere Verbesserungen des Eigenschaftsbildes sowie Steigerung


der Produktivität und damit der Wirtschaftlichkeit.
Beispiele für eine Produktivitätssteigerung von Polyethylen (PE-LD und PE-
HD) auf ein und derselben Anlage ohne großen Investitionsaufwand gaben die
Firmen Exxon, BP und Union Carbide.
Für den Verarbeiter und Anwender der verschiedenen Polyethylene ist die
Verteilung der Molmasse wichtig, Bild 2-4. PE-LD weist eine breite Verteilung
auf, PE-LLD hingegen eine wesentlich engere. Die daraus resultierenden Anwen-

Bild 2-4. Schema der Molmasse-


verteilung bei PE-HD
(s. a. Kapitel 1.3.1.2)

Bild 2-5. Viskositätsfunktionen


von PE-LD und PE-LLD
(s. a. Kapitel 1.4.2.1)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 459

dungsgebiete sind in Bild 2-4 hervorgehoben. Die enge Verteilung und die feh-
lenden Langkettenverzweigungen bei PE-LLD erschweren die Verarbeitbarkeit,
wie die Viskositätsfunktionen in Bild 2-5 zeigt. Während sich die Entwicklung
bei PE-LD vorwiegend auf das Optimieren der Wirtschaftlichkeit der Herstel-
lung, das Anheben der Dichte sowie das Erhöhen der Kälteschlagzähigkeit durch
Copolymerisieren mit Vinylacetat (EVA) erstreckt, wird bei PE-LLD; wie im
Übrigen auch bei PE-HD, die Herstellung sogenannter bimodaler Typen, d. h. PE-
Species mit zwei gegeneinander versetzten Molmasseverteilungskurven aktuell,
Bild 2-6. Diese Produkte führen bei PE-LLD zu gut verarbeitbaren, hochzähen
Folien und bei PE-HD zu den besten der bisher hergestellten Rohrtypen (z. B.
Hostalen GM 5010 T 3). Das hierfür bevorzugte Herstellverfahren arbeitet mit
Zweistufenreaktoren (Montell, UCC; Hoechst [4], BASF, Borealis [5]).
Die bisher auf Octen als Comonomer basierenden PE-LLD Folien wurden von
Mobil, UCC und Novacar auf Hexen umgestellt, was eine Reduzierung der Wand-
dicke bei gleichbleibender Festigkeit ermöglichte.
Inzwischen eröffnen die in langjähriger Forschungsarbeit entwickelten Metallo-
cen-Katalysatoren neue Perspektiven für Polyethylen (und nicht minder auch für
Polypropylen). Die neuen Produkte können in vorhandenen Anlagen hergestellt
werden. Die wichtigsten Metallocen-Katalysatoren für Polyolefine sind in Bild 2-7
zusammengestellt. Sie besitzen nur ein einziges aktives Zentrum – ein wesentlicher
Unterschied zu den Z/N-Katalysatoren, Bild 2-8. Der gebräuchlichste Katalysator
für Ethylen besteht aus einem zwischen zwei Cyclopentadienylringen gelagerten
Zirkon-Atom, das zunächst zwei Chloratome als Liganden bindet. Durch Reaktion
mit dem Cokatalysator Methylalumoxan (MAO) entstehen hocheffiziente, stereose-
lektive Katalysatorsysteme. Die verbrückten Systeme (Mitte) werden für die stereo-
selektive Polymerisation von Propen eingesetzt.Das System rechts mit dem unteren
Katalysator führt zur „Insite“ Technologie der Dow Chemical [6].
Die Wirkungsweise der Z/N- und der Metallocen-Katalysatoren zeigt Bild 2-9
am Beispiel zweier PE-LLD (Hexen-)-Copolymere.
Inzwischen eröffnen einige auf Metallocen-Katalysatoren (siehe auch Kapitel
1.2.3.1) basierende Polymerisationsverfahren für Ethylen (BASF, Dow, Exxon,

Bild 2-6. Bimodale Molmassenverteilung spezieller PE-HD-Produkte (steif und zäh)


Polyolefine (PO)
460 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-7. Struktur der wichtigsten Metallocen-Katalysatoren (s. a. Kapitel 1.2.3.1.1)

Bild 2-8. Eigenschaften von Einzentren- und Mehrzentren-Katalysatoren

Bild 2-9. Verteilung von Molmasse und Verzweigungsgrad mit Z/N- bzw. Metallocen-Katalysa-
toren hergestellter PE-LLD-Typen (s. a. Kapitel 1.3.1.1)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 461

Mitsui) und Propylen (Hoechst, BASF, Mitsui, Toatsu und Fina) neue Wege zur
Steigerung der Kapazität vorhandener Polymerisationsanlagen und Herstellung
neuartiger PE- und PP-Typen, die dank ihres Eigenschaftsbildes sowohl an die
Stelle von PVC-P, EVAC, EPDM und sogar einiger technischer Kunststoffe treten
können. Damit kündigen sich für die kommenden Jahre am Polyolefinmarkt
große Veränderungen an [7].

2.1.1.1.1
PE-LD und PE-HD
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die nach den genannten Verfahren als Homo- und Copolymere niederer (LD),
mittlerer (MD) und höherer (HD) Dichte mit niederer, mittlerer, hoher (HMW)
oder sehr hoher (UHMW) molaren Masse (MW), einer engen oder breiten
Verteilung der molaren Masse herstellbaren Polyethylene beschränken sich
keineswegs auf diese Typen allein. Es kommen hinzu die Polymermischun-
gen (Polymerblends), die gefüllten, verstärkten, vernetzten, UV-beständigen,
schäumbaren, antistatisch, flammwidrig, mit Antiblock- und Gleitmittel verse-
henen, die elektrisch leitfähigen sowie nicht zuletzt die eingefärbten Typen. Das
ergibt eine nahezu unüberschaubare Vielfalt, die näher zu beschreiben ist. Zur
Orientierung seien die kennzeichnenden Eigenschaften eines Standardpoly-
ethylens vorangeschickt:
• niedrige Dichte im Vergleich mit anderen Kunststoffen,
• hohe Zähigkeit und Reißdehnung,
• sehr gute elektrische und dielektrische Eigenschaften,
• sehr geringe Wasseraufnahme,
• geringe Wasserdampfdurchlässigkeit,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung nimmt mit der molaren Mas-
se zu, Copolymere sind beständiger als Homopolymere,
• gute Ver- und Bearbeitbarkeit.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Wie bereits aus der Aufzählung der Herstellverfahren hervorgeht, werden die
Grundeigenschaften des Polyethylens, d. h. ohne die Wirkung der möglichen
Zusatzstoffe, maßgebend vom molekularen Aufbau bestimmt, und zwar von:
• Kristallinitätsgrad (Verzweigungsgrad, Dichte)
• Polymerisationsgrad
– –
• mittlerer molarer Masse (Mw = Massemittel, Mn = Zahlenmittel) und
• Verteilung der molaren Masse
Die Polyethylene sind zwar linear aufgebaut, jedoch mehr oder weniger verzweigt.
Verzweigte Makromoleküle entstehen vor allem beim Hochdruck-Polymerisati-
onsverfahren der ICI. Dabei können seitenständige Methylgruppen (etwa 20 bis 40
CH3-Gruppen und 0,5 bis 5 Langkettenverzweigungen je 1000 C-Atome) auftreten.
Diese Langkettenverzweigungen erreichen die Länge der Hauptkette.
Polyolefine (PO)
462 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

PE-LD (verzweigtes PE, Weich-PE)

Demgegenüber weist das PE-HD (Linear-PE, Hart-PE) nach Ziegler oder Phil-
lips nur 3 bis 5 Verzweigungen je 1000 C-Atome auf. Das PE-LLD (Linearpoly-
ethylen niederer Dichte) ist demgegenüber ohne Verzweigungen.
Der Verzweigungsgrad (und damit die Dichte) der Polyethylene kann gesteu-
ert werden. Beim PE-LD geschieht dieses durch Variation der Reaktionsbedin-
gungen. Beim PE-HD werden Verzweigungen durch Zufügen geringer Anteile
von Comonomeren, beispielsweise C4 bis C8-Olefinen bewirkt.
Einen zusammenfassenden Überblick über die Abhängigkeit der kennzeich-
nenden Eigenschaften vom molekularen Aufbau vermittelt Tabelle 2-1 [3].

■ Zusatzstoffe
Funktions-Zusatzstoffe: Antioxidantien, UV-Stabilisatoren, Antiblockmittel,
Antislipmittel, Antistatika, Brandschutzmittel, Farbmittel, Treibmittel (siehe
Abschn. 1.3.5.1).
Füllstoffe: Kreide, Talkum, Glimmer, Kaolin, Kieselsäure, Wollastonit, Alumini-
umtrihydrat, Holzmehl, Schwermetallpulver, Bariumferrit (siehe Abschn. 1.3.5.2).
Verstärkungsstoffe: Glasfasern, Wollastonit (siehe Abschn. 1.3.5.3 und Tabelle 2-2.
Tabelle 2-2 vermittelt einen Überblick über den Einfluss des Füllens und Verstär-
kens von Polyethylen niedriger und hoher Dichte sowie von Polypropylen [8]).
■ Sortiment
Für die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten dieses bedeutendsten Standard-
kunststoffs steht ein reichhaltiges Sortiment zur Verfügung, dessen Typen sich
nach Eigenschaften und Verarbeitbarkeit voneinander unterscheiden. Dabei
führt die konsequente Nutzung der erwähnten Zusatzstoffe, das Copolymerisie-
ren von Ethylen mit anderen Monomeren oder das Mischen von Polyethylen mit
meist bedingt verträglichen anderen Polymeren zu sog. Polymerblends und
nicht zuletzt das Kombinieren mit anderen Werkstoffen zu leistungsfähigen
Werkstoffverbunden, häufig zu neuen, bis dahin nicht genutzten oder sogar
gänzlich neuen Anwendungen (Polymergemische nach DIN 16780, T. 1 (01.88)).
■ Lieferformen
Polyethylen wird vorwiegend in Form von naturfarbenem oder farbigem Gra-
nulat, PE-HD seit Ende der sechziger Jahre auch als Pulver für das Extrusions-
Blasformen und das Spritzgießen geliefert. Für das Pulverschmelzen werden
gemahlene PE-LD- und Copolymer-Typen angeboten.
■ Kennzeichnung
Die PE-Formmassen werden – wie die meisten Standard- und technischen
Kunststoffsorten – international nach dem Datenblocksystem gekennzeichnet.
Tabelle 2-1. Molekularer Aufbau und Eigenschaften von PE [3]

Molekularer Aufbau Dichte Gestalt der mittlere Molmasse Molmasseverteilung


– – –
g/cm3 Makromoleküle Mw MWD = Mw/ Mn

Grenzwerte 0,915 0,97 stark und linear, ohne niedrig hoch eng weit
vielfach oder kurze
– – – –
verzweigt Seitenketten 20000–60000 200000–400 000 Mw/ Mn Mw/ Mn
2.1.1.1 Polyethylen (PE)

Kristallisationsgrad –/+ ++ –– ++ – + + –
Schmelzindex 쏔 쏔 ++ –– 쏔
Verarbeitbarkeit + – + – + – – +

Zug- und Biegefestigkeit


Bruchdehnung
Steifigkeit und Härte 쏔
Schockfestigkeit
Spannungsrissbeständigkeit

Kristallit-Schmelzbereich u.
Wärmeformbeständigkeit
Kältebruch-Temperatur

Chemikalien- und Löse- 쏔


mittel-Beständigkeit
Dampf- und Gas- 쏔 쏔
Diffusionswiderstand

Transparenz 쏔 쏔

+ –: hohe bzw. niedrige Werte; in Pfeilrichtung zunehmender günstiger Einfluss; 쏔 ohne wesentlichen Einfluss.
463

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)

Tabelle 2-2. Einfluss von Füll- und Verstärkungsstoffen auf Polyolefine


464

Werkstoff Füllstoff- Zugfestig- Dehnung E-Modul Schmelz- Wärmeform- Kugel- Dichte


gehalt keit index beständigkeit druck-
190/5 (n. ISO/R75A härte
1,85 N/mm2)
Masse-% N/mm2 % N/mm2 g/10 min °C N/mm2 g/cm3

Polyethylen
niedriger Dichte – 10 500 210 1,7 35 16 0,92
Kreide 40 16 220 900 0,2 – – 1,26
Glasfasern 30 24 65 1200 1,6 – 33 1,11
Talkum 30 16 40 600 1,1 – 30 1,14
Glimmer 30 13 46 440 1,2 – 27 1,16
Glaskugeln < 50 µm 30 10 73 290 2,6 – 19 1,11
Quarzpulver 30 12 77 400 2,5 – 23 1,14

Polyethylen
hoher Dichte – 27 >550 1400 22 50 46 0,95
Glasfasern 30 60 2 7800 6 108 68 1,16
Kreide 75 20 2,5 1200 15 – 51 1,31
Holzmehl 30 28 6 2100 – – – –
Kaolin 40 26 11 2000 2,5 – – 1,24

Polypropylen
normal – 31 620 1600 1,0 62 75 0,90
Kurzglasfasern 30 49 5 7500 6,0 120 100 1,20
Talkum 40 30 11 3100 3,0 95 83 1,21
Glimmer 30 30 – 6900 – – – –
Kreide 40 25 180 3400 2,5 73 63 1,23
Holzmehl 40 20 8 2200 – – – –
Wollastonit 40 23 7 7000 – 85 88 1,24
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 465

Als Hauptmerkmal gelten dabei für Polyethylen die „Dichte“ und die „Schmelze-
Fließrate MFR“, die im Fließprüfgerät bei einer Schmelzetemperatur von 190 °C
und einer Gewichtsbelastung von 2,16 kg ermittelt wird (MFR 190/2,16; nach
DIN 16776, ISO 1872).

■ Physikalische Eigenschaften
Die Wertebereiche kennzeichnender physikalischer Eigenschaften von Polyethy-
len-Homo- und Copolymeren einschließlich einiger Sonderausrüstungen gibt
die Tabelle 2-3 wieder, s. a. Tabelle 4-28 im Anhang (s. a. Kapitel 1.3.1.2, 1.3.3).

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit (s. a. Kapitel 1.3.2)
Die Ergebnisse der mit verschiedenen Werkstoffen durchgeführten Zugversuche
bei einachsiger Beanspruchung zeigt das Spannungsdehnungs-Diagramm, Bild
2-10. Daraus ergibt sich für PE-HD sowie andere zähe Werkstoffe, dass mit
zunehmender Dehnung die Zugkraft ansteigt, bis die Streck- oder Fließgrenze
erreicht ist. Danach nimmt die Kraft wieder ab. Der Werkstoff kann mit geringer
Kraft weiter gedehnt werden. Wenn die dabei beginnende Einschnürung des
Probekörpers die ganze Prüfstrecke erfasst hat, steigt die Zugkraft an, bis die
Bruchdehnung erreicht ist. Beim zweiten Anstieg werden vor allem die Makro-
moleküle in den amorphen Bereichen des Werkstoffs orientiert (verstreckt), was
zur Verfestigung führt. Dieses Verhalten wird beim monoaxialen Verstrecken
von Monofilen und Folienstreifen sowie beim mono- und biaxialen Verstrecken
von Folien genutzt. Je nach Reckverhältnis nimmt die Reißfestigkeit des Werk-
stoffs zu und die Reißdehnung ab. Die Recktemperatur liegt dicht unterhalb der
Kristallit-Schmelztemperatur.
Wie Bild 2-10 zeigt, beruht der Vorteil der metallischen Werkstoffe in der
hohen Festigkeit und der der Kunststoffe in der hohen Reißdehnung.

Bild 2-10. Zugfestigkeitsschaubild


einiger Werkstoffe (s. a. Kapitel 1.3.2.3)
(Prüftemperatur 23 °C)
a Stahl e PE-HD
b Kupfer f Gummi
c Polycarbonat g PE-LD
d Polymethylmethacrylat h PVC-P
Polyolefine (PO)
Tabelle 2-3. Eigenschaftsrichtwerte für Formmassen aus Polyethylen-Homo- und Copolymeren

Eigenschaften Einheit Polyethylen- und Ethylen-Copolymere

PE-LD PE-LLD PE-HD

Dichte bei 23 °C g/cm3 0,920 0,918–0,935 0,954


Schmelzindex 190/2,16 g/10 min 25–0,5 25–0,5 17–0,35
190/5 g/10 min 88–0,4 – 60–< 0,1
190/21,6 g/10 min – – –
Kristallit-Schmelzbereich °C 105–110 122–124 130–135
mechanische
Streckspannung bei 23 °C N/mm2 8–15 10–30 20–30
Dehnung bei Streckspannung % 20 – 12
Reißdehnung % ≈ 600 100–900 400–800
3,5-%-Biegespannung N/mm2 7–10 – 30–40
Torsionssteifheit N/mm2 60–90 – ≈ 400
Schubmodul bei 23 °C N/mm2 100–200 – 700–> 1000
bei 50 °C N/mm2 30–100 – 400–900
bei 100 °C N/mm2 < 10 – 80–200
Kugeldruckhärte, 30-s-Wert N/mm2 ≈ 15 – ≈ 50

Schlagzähigkeit bei 20 °C kJ/m2 o.Br. o.Br. –


bei –20 °C kJ/m2 o.Br. ≈4 ≈5
Kerbschlagzähigkeit bei 20 °C kJ/m2 o.Br. o.Br. 6–o.Br.
bei –20°C kJ/m2 o.Br. ≈4 >5
ft/lb
Izod impact (3,1-mm-Probe) 042 o.Br. 1,09–9,0 0,4–4,0
inch o.n.

thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechan. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 80–90 90–115 90–120
dauernd °C 60–75 70–95 70–80
Formbeständigkeit i.d. Wärme
nach Vicat, Methode B °C 40 115 (A) 60–65
nach ISO/R75, Methode A °C ≈ 35 – 50
Methode B °C ≈ 45 – 75
linearer Ausdehnungskoeffizient
(zwischen 20 °C und 80°C) K–1 1,7 · 10–4 2 · 10–4 2 · 10–4
Wärmeleitfähigkeit W/mK ≈ 0,35 – ≈ 0,43
elektrische
spezif. Durchgangswiderstand W cm >1016 >1016 >1016
Oberflächenwiderstand W 1013 1013 1013
Dielektrizitätszahl (50 bis 1016 Hz) 2,3 2,4 2,4
dielektr. Verlustfaktor tan d
(50 bis 1016 Hz) 2 · 104 3 · 104 3 · 10–4
Durchschlagfestigkeit kV/mm 20–40 20 20–60
Kriechwegbildung CTI 600 600 600
Wasseraufnahme (96 h) mg <0,5 – < 0,5
Wasseraufnahme
n. ASTM D 570 (24 h) % – 0,01 –
Polyolefine (PO)
PE-HD PE-HD PE-HD EVA EEA vernetztes PE (PE-X)
GF 20 HWM UHMW (Ethylen/ (Ethylen/
Vinylacetat- Ethylacrylat- Spritz- Draht- u.
Copolymer) Copolymer) guss Kabel-
umman-
telung

1,09 0,942–0,954 0,94 0,922–0,943 0,93 0,95–1,45 0,91–1,40


– 0,45 – 25–0,55 – – –
10 2,–0,3 – – – – –
– 18–10 < 0,01 – – – –
130–132 125–132 125–135 103–106 – – –

30 22–24 22 16–28 11–15 – –


– 12–16 – – – – –
30 > 800 >600 300–750 700–750 10–440 180–600
60 16–28 14 – – – –
340 230–240 250 – – – –
– – ≈ 300 40 35 – –
– – ≈ 150 – – – –
– – – – – – –
63 36–40 38 Shore D Shore D Shore D Shore D
17–45 27–38 55–80 33–57
o.Br. – o.Br. – – – –
45 – – – – – –
6 18–o.Br. o.Br. o.Br. o.Br. – –
– 15–o.Br. o.Br. o.Br. o.Br. – –

– 3,2–4,5 o.Br. <70°C o.Br. <70 °C o.Br. 1–20 –

120 90–120 –268–+450 – – 130–200 130–200


85 – 100 55–65 55–65 100–120 100–120

77 – – – – – –
121 – 43–49 – – 40–62 38–80
130 66–68 67–82 – – 54–106 –

0,35–0,6 · 10–4 2 · 10–4 2 · 10–4 ≈ 25 · 10–4 ≈ 2 · 10–4 1,0 · 10–4 1,0 · 10–4
≈ 0,50 0,26–0,32 0,42

5 · 1015 >1016 >1016 >1016 >1016 >1016 >1016


2 · 1012 >1013 >1013 >1013 >1013 >1013 >1013
2,49 2,4 2,4 1,6 (106 Hz) 2,7 (106 Hz) – –

30–3 · 10–4 3 · 10–4 3 · 10-4 1,5 · 10–2 (106 Hz) 2 · 10-2 – –


50 50 50 40 – – –
600 600 600 – – – –
– <0,5 <0,5 – – – –

0,02 – – 0,07–0,1 0,08–0,1 0,01–0,06 0,01–0,06


Polyolefine (PO)
468 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-11. Abhängigkeit der Zugfestigkeit einiger Thermoplaste von der Temperatur bei ein-
achsiger Beanspruchung
a PMMA f ABS
b SAN g CA
c PS h PE-HD
d SB i PE-LD
e PVC-U k PE-LD

Wie alle Thermoplaste, so sind auch die Polyethylene viskoelastische Werk-


stoffe. Daraus resultiert das als Kriechen bezeichnete Verhalten, das bereits bei
Raumtemperatur und verhältnismäßig geringer Beanspruchung beginnt und
erst recht bei höherer Temperatur und höherer Beanspruchung vor sich geht.
Bild 2-11 zeigt die Temperaturabhängigkeit der Zugfestigkeit einer Anzahl
bekannter Thermoplaste.

■ Umwandlungstemperaturen (s. a. Kapitel 1.3.1.2)


Einen Überblick über das charakteristische Verhalten der Thermoplaste in
Abhängigkeit von der Temperatur vermitteln der Verlauf des Schubmoduls und
des mechanischen Verlustfaktors, Bild 2-12. Durch Erwärmen werden jeweils
verschiedene und begrenzte Bereiche der Makromoleküle beweglicher. Das
geschieht vor allem im Bereich der sog. Umwandlungstemperaturen. Die Ver-
lustfaktoren aller PE-Typen weisen in der Umgebung von – 110 °C ein ausge-
prägtes Maximum auf, was auf eine Umwandlung zurückzuführen ist. Diese wie-
derum bewirkt die hohe Schlagzähigkeit von PE in der Kälte. PE-LD weist bei
– 10 °C ein zweites, weniger deutlich ausgeprägtes Verlustfaktormaximum auf,
das die sog. Glasumwandlung andeutet. Bei Temperaturerhöhung geht an dieser
Stelle der amorphe Anteil vom glasartig harten Zustand in den weichen, zähen
über, denn die betreffenden Molekülsegmente werden beweglicher. Bei weiterem
Erwärmen wird die Kristallit-Schmelztemperatur erreicht. Bild 2-13 zeigt den
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 469

Bild 2-12. Temperaturabhängigkeit


des dynamischen Schubmoduls G
und des mechanischen Verlustfak-
tors d, gemessen
im Torsionsschwingungsversuch
nach DIN 53445.
0 PE-HD (hochkristallin)
–.–.–. PE-HD (kristallin)
------- PE-LD (weniger kristallin)

Bild 2-13. Temperatur-


abhängigkeit des Schub-
moduls einiger Polyolefine.
a PP-AF 40
b PP unverstärkt
c PE-HD
d PB
e PE-LD
Polyolefine (PO)
470 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Verlauf der Schubmodulkurve für einige Polyolefine im Temperaturbereich von


–40 °C bis 180 °C.Aus dem dynamischen Schubmodul kann der dynamische Elas-
tizitätsmodul nach der Gleichung:
E = 2 G (1 + n)
ermittelt werden. Die Poisson-Zahl n beträgt z. B. für PE-LD = 0,45. Für alle
Thermoplaste (ohne Füllstoffe) gilt:
E ≈ 3 G.

■ Langzeitverhalten (s. a. Kapitel 1.3.2.5)


Der dritte für das viskoelastische Verhalten der Thermoplaste maßgebende
Parameter (außer Temperatur und Beanspruchung) ist die Zeit. Nach der Entlas-
tung nimmt ein Formteil, je nach Höhe und Dauer der Beanspruchung, seine
ursprüngliche Gestalt mehr oder weniger wieder an. Die rückstellbare Verfor-
mung entspricht dem elastischen, die bleibende dem plastischen Anteil.
Das viskoelastische Verhalten muss bei der Auslegung von Formteilen
berücksichtigt werden. In der Feinwerktechnik wird beispielsweise davon aus-
gegangen, dass die Verformung während einer bestimmten Beanspruchungs-
dauer nicht größer sein darf als 0,25 %. Dieser Bedingung entspricht eine
bestimmte Beanspruchung, deren Höhe den in mechanischen Langzeitprüfun-
gen ermittelten Werkstoff-Kenndaten zu entnehmen ist.

■ Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Als Beispiel sind in Bild 2-14 die 2-%-Dehngrenzen einiger Thermoplaste bei
einachsiger Zugbeanspruchung wiedergegeben.

Bild 2-14. 2-%-Dehngrenzen einiger


Thermoplaste bei einachsiger Beanspru-
chung (Prüftemperatur 20 °C)
a SAN d Chlorierter Polyether
b ABS e PE-HD
c SB f PE-LD
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 471

Eine sehr anschauliche Zusammenfassung des Spannungs/Dehnungs-Verhal-


tens in Abhängigkeit von der Zeit und der Temperatur vermitteln die sog.
isochronen Spannungs/Dehnungs-Linien in den Bildern 2-15 und 2-16.
Bis zur Verformung von e ≈ 0,8 % besteht Proportionalität zwischen den im
Zeitstandversuch zu gleicher Zeit gemessenen Spannungen und Dehnungen
(Isochrone Spannungs/Dehnungs-Linien, DIN 53444). Bei geringeren Verfor-
mungen kann das Spannungs/Verformungs-Verhalten auch für Druck- und Bie-
gebeanspruchung mit Hilfe des Kriechmoduls aus dem Zeitstand-Zugversuch
berechnet werden. Der Kriechmodul ist definiert als das Verhältnis von Span-
nung zur Verformung zur Zeit t. Bei längerer Beanspruchungsdauer ist jedoch zu
beachten, dass der Kriechmodul nicht die Steifheit beschreibt. Er ist dann eine
Rechengröße, die lediglich das Kriechverhalten eines Werkstoffs kennzeichnet,
und zwar so, als ob der Elastizitätsmodul vom Beginn der Beanspruchung bis
zur Zeit t den Wert des Kriechmoduls der Zeit t hätte. Deshalb wird der
Kriechmodul im englischen Sprachraum „scheinbarer Elastizitätsmodul“ (appa-
rent modulus of elasticity) genannt.
Bild 2-17 zeigt aus dem Zeitstand-Zugversuch berechnete Zug-Kriechmodu-
len für ein PE-HD-HMW.
Andererseits gibt es Konstruktionselemente, die unter einer vorgegebenen
konstanten Dehnung stehen, z. B. Presssitze, Federelemente oder Formteile mit
Metalleinsätzen. Hier klingt die Spannung infolge molekularer Umlagerungen
mit der Zeit mehr oder weniger ab. Dieser Vorgang, Relaxation genannt, ist

Bild 2-15. Zugzeitstandfestigkeit von PE-LD bei verschiedenen Temperaturen (Lupolen 1810 H)
Polyolefine (PO)
472 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-16. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Lupolen 6021 D, 5261 Z und 4261 A bei
23 °C, 40 °C und 80 °C (gemessen nach DIN 53 444 an gepreßten Probekörpern, Dicke: 4 mm)

indessen äußerlich nicht erkennbar, weil sich die ursprüngliche erzwungene


Dehnung nicht verändert, sie bleibt erhalten.
Analog zum Kriechmodul (Retardationsmodul) beschreibt der ebenfalls zeit-
abhängige Relaxationsmodul das Verhältnis von Spannung zu Dehnung bei
abklingender Spannung und gleichbleibender Dehnung. Im Bild 2-18 ist der
Relaxationsmodul eines PE-HD-HMW in Abhängigkeit von der Beanspru-
chungsdauer wiedergegeben. Parameter ist die Dehnung.

■ Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand


Im Unterschied zu dem in den bisherigen Beispielen gezeigten Verhalten von PE
bei einachsigem Spannungszustand liegt beispielsweise bei Rohren, die unter
Innendruck stehen, ein mehrachsiger Spannungszustand vor. Nach einem Vor-
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 473

Bild 2-17. Zugkriechmodul in Abhängigkeit von der Beanspruchungsdauer von Hostalen GM


5010 T2 (Vorgängertyp von T3) bei 23 °C und 40 °C, ISO 899, einachsige Zugspannung, Pro-
bekörper aus gepressten Platten entnommen

Bild 2-18. Relaxationsmodul von PE-HD-HMW in Abhängigkeit von der Beanspruchungsdauer


(Prüftemperatur 23 °C, Hostalen GF 7750 M)
Polyolefine (PO)
474 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-19. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Hostalen GM 5010 T2 (Vorgängertyp von


T3) bei verschiedenen Temperaturen, Parameter ist die Zeit in Stunden

Bild 2-20. Zeitstandkurven der neuen


PE-HD-Rohrwerkstoffe PE-HD-Typ T3
nach DIN 8075 (-----) und Hostalen GM
5010 T2 (0)

schlag von K. Richard und Mitarbeitern [9] wird das Langzeitverhalten von Roh-
ren aus PE-HD in Form von Zeitstandkurven dargestellt, die sich durch Auf-
tragen des Logarithmus der Vergleichsspannung in Abhängigkeit von der Be-
anspruchungsdauer ergeben.
Sie haben sich in dieser Form bewährt, Bild 2-19. Diese Darstellungsweise
wurde auch für Rohre aus anderen Thermoplasten übernommen. Mitte der 70er-
Jahre kamen verbesserte PE-HD-Rohrwerkstoffe auf den Markt, die es erlaub-
ten, in DIN 8075, Typ 2 mit erhöhten Zeitstandanforderungen zu normen [10].
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 475

Im Bild 2-20 sind die Kurven der DIN 8075, Typ 2, und die auf dem damaligen
Kenntnisstand beruhenden Kurven eines kommerziellen PE-HD-Rohrtyps dar-
gestellt. Inzwischen zeigten Messungen, dass die tatsächlichen Standzeiten zu
günstigeren Werten verschoben sind, denn der flache Kurvenast erstreckt sich
bis zu längeren Zeiten und fällt dann steiler ab.
Die bereits in diesem Kapitel (siehe Bild 2-6) erwähnten, auf modifizierten
Ziegler-Katalysatoren beruhenden, nach der sogenannten bimodalen, linearen
Technologie hergestellten neuen PE-HD Typen bewähren sich als Rohr- und
Folienwerkstoffe mit hohem Leistungsniveau [4].
Hoechst stellte auf der K ’95 den Rohrtyp Hostalen 5010 T3 [11] vor, der im Ver-
gleich mit dem Vorgängertyp T2 auf modernen Extrusionsanlagen bei verbes-
serter Qualität Leistungssteigerungen bis zu 13 % ermöglicht. Der neue Rohr-
werkstoff ist in die Leistungsstufe PE 80 eingestuft, Bild 2-21 und 2-22.

Bild 2-21. Zeitstand-


verhalten von Rohren
aus Hostalen GM 5010
T3, Prüfungen: Studsvil
Material/Nyköping,
Schweden

Bild 2-22. Biege-


kriechmodul von Rohr-
werkstoffen der dritten
Generation, Prüfungen:
SKZ/Würzburg und
MPA/Darmstadt
Polyolefine (PO)
476 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Auch für die Leistungsstufe PE 100, d. h. für Rohre mit erhöhter Spannungs-
rissbeständigkeit und Druckfestigkeit, wurde der neue Typ Hostalen CRP 100
entwickelt. Das Material eignet sich für die Herstellung von Großrohren von 500
bis 1600 mm Dmr. Diese Rohre sind gut schweißbar (Langzeit-Schweißfaktor
> 0,8 nach DVS 2203, Teil 4). Eine Besonderheit bildet die hohe Sicherheit gegen
schnelle Rissfortpflanzung, Bild 2-23.
Für das Bemessen von auf Biegung beanspruchten Bauelementen werden
Ergebnisse aus Biege-Kriechversuchen benötigt. Im Bild 2-24 und 2-25 ist die
Zeitabhängigkeit des Biege-Kriechmoduls von PE-HD wiedergeben.

Bild 2-23. Die Prüfung der schnellen Rissfortpflanzung zeigt die hervorragende Beständigkeit
von Hostalen CRP 100, Prüfungen: Gastec/Apeldoorn, Niederlande

Bild 2-24. Biegekriechmodul von Hostalen verschiedener Dichte bei 23 °C; s b = 1 N/mm2, DIN
54 852-Z 4,Vierpunktbelastung, Probekörper 120 mm ¥ 20 mm ¥ 12 mm aus gepressten Platten,
hochkant eingespannt
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 477

Bild 2-25. Biegekriechmodul von Hostalen verschiedener Dichte bei 40 °C; s b = 1 N/mm2, DIN
54 852-Z 4,Vierpunktbelastung, Probekörper 120 mm ¥ 20 mm ¥ 12 mm aus gepressten Platten,
hochkant eingespannt

■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Über das Zähigkeitsverhalten der Kunststoffe bei hoher Verformungsgeschwin-
digkeit geben beispielsweise der Schlagbiege- und der Schlagzugversuch Aus-
kunft. Die Ergebnisse dieser Versuche werden beim gleichen Materialtyp aller-
dings von den Herstellbedingungen (Abkühlbedingungen, Orientierung) der
Probekörper wesentlich beeinflusst. Bei mehreren Typen nimmt die Zähigkeit
mit der molaren Masse und mit dem Comonomeranteil zu, mit steigender
Dichte (höherer Kristallinitätsgrad) und in der Kälte ab.
Der Schlagzugversuch ermöglicht es, die beim Schlagbiegeversuch „ohne
Bruch“ verbleibenden Probestäbe weiter zu differenzieren sowie aus Fertigteilen
hergestellte Probekörper verschiedener Wanddicke zu untersuchen.
Die Kenntnis der Temperaturabhängigkeit der Schlagzähigkeit gibt dem Kon-
strukteur Hinweise auf die Lage des Temperaturbereichs, in dem der Zähbruch
in den Sprödbruch übergeht. Im Bild 2-26 werden Schlagzähigkeit und bleiben-
de Bruchdehnung in Abhängigkeit von der Temperatur für zwei PE-HD-Typen
einander gegenübergestellt. Sie unterscheiden sich vor allem durch ihre molare
Masse. Die Schlagzugzähigkeit entspricht etwa dem Flächeninhalt im Span-
nungs/Dehnungs-Diagramm bei hoher Verformungsgeschwindigkeit.

■ Verhalten bei schwingender Beanspruchung (s. a. Kapitel 1.3.2.6)


Für die meisten Kunststoffe beträgt die Dauerschwingfestigkeit etwa 20 % bis
30 % der im Kurzzeit-Zugversuch ermittelten Reißfestigkeit. Sie nimmt mit stei-
gender Temperatur, steigender Lastwechselfrequenz und bei vorhandenen
Spannungsspitzen an gekerbten Bauteilen ab. Um die Versuchsergebnisse nicht
durch die infolge innerer Reibung mögliche Erwärmung zu verfälschen, wird
meist eine Lastwechselfrequenz von 10 Hz bis 30 Hz gewählt. Im Bild 2-27 ist die
Wöhler-Kurve für wechselnde Biegebeanspruchung einiger Thermoplaste wie-
dergegeben. Der Spannungsausschlag bei 107 Lastwechseln und damit die Biege-
wechselfestigkeit beträgt s bw = ± 15 N/mm2, bei einem PE-HD-UHMW ist sie
mit ± 20 N/mm2 etwas höher.
Polyolefine (PO)
478 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-26. Temperaturabhän-


gigkeit der Schlagzugzähigkeit
(Kurven a) und der bleiben-
den Bruchdehnung (Kurven b)
von zwei PE-HD-Typen

Bild 2-27. Biegewechselfestigkeit einiger Thermoplaste


a Acetal-Copolymer c PE-HD
b Polypropylen d PVC-U
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 479

■ Härte
Die Härte von Polyethylen wird maßgebend durch die Kristallinität und damit
durch die Dichte sowie durch die Temperatur bestimmt. Ein Einfluss der mola-
ren Masse ist nicht erkennbar. Im Bild 2-28 und 2-29 wird die Abhängigkeit der
Kugeldruckhärte einiger Thermoplaste von der Temperatur bzw. der Dichte
wiedergegeben.

■ Reibungs- und Verschleißverhalten


Unter Reibung ist der Widerstand zu verstehen, der sich der Bewegung zweier
sich berührender Körper entgegensetzt. Je nachdem, ob sich die Körper in einer
Fläche, einer Linie oder einem Punkt berühren, spricht man von gleitender,
rollender oder bohrender Reibung. Häufig sind mehrere Reibungsarten über-
lagert. Wenn die bei der Relativbewegung wirkenden Kräfte den Werkstoff mehr
oder weniger zerstören, dann liegt Verschleiß vor. Er kann durch Tangential-
und/oder Normalkräfte bewirkt werden. Zahlreiche Parameter (Rauhtiefe der

Bild 2-28. Abhängigkeit der


Kugeldruckhärte einiger
Thermoplaste von der Tempe-
ratur
a Acetal-Copolymer
b PA 6
c PP
d PE-HD

Bild 2-29. Kugeldruckhärte von


Polyethylen in Abhängigkeit von
der Dichte; DIN ISO 2039 Teil 1,
Prüfkraft 132 N, Prüftemperatur
23 °C
Polyolefine (PO)
480 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-30. Gleitreibungszahl und Gleitverschleißrate von Lupolen 5261 Z

Oberfläche der Reibpartner, Flächenpressung, Relativgeschwindigkeit und Reib-


wert der Gleitpartner, Schmierung, Temperatur, Einfluss des Technoklimas und
die Laufzeit kommen dazu. Angesichts der Vielfalt von Einflussgrößen ist eine
eindeutige Aussage über das Reibungs- und Verschleißverhalten schwierig, so
dass in vielen Fällen nur der unter Betriebsbedingungen durchgeführte Versuch
Aufschluss geben kann [1]. In jedem Fall müssen bei allen Messergebnissen die
Versuchsbedingungen – etwa die oben genannten Parameter – angegeben wer-
den, Bild 2-30. In der Tabelle 2-4 ist das Reibungs- und Verschleißverhalten der
Paarung Kunststoff/Stahl wiedergegeben [12]. Dabei handelt es sich um reine
Gleitreibung ungeschmierter Partner. Als Stahl wurde 16 MnCr 5 mit einer Här-
te von HRc52 ... 56 gewählt. Die durchschnittliche Rauhtiefe der Stahlgleitfläche
betrug Rt = 2 µm, die Flächenpressung 0,05 N/mm2, die Gleitgeschwindigkeit
0,6 m/s, die Temperatur der Gleitflächen 40 °C. Die Ergebnisse nach verschiede-
nen Methoden durchgeführter Verschleißversuche sind ebensowenig unterein-
ander vergleichbar wie die Härtewerte.
Für Gleitelemente, die rauhem Betrieb ausgesetzt sind und bei denen hohe
Ansprüche an die Zähigkeit und das Verschleißverhalten gestellt werden, hat
sich PE-HD-UHMW bewährt. Die zulässigen pv-Werte sind bei Trockenlauf
etwa:
N m
4 82 · 7 ,
mm min
bei Schmierung bis zum doppelten Wert.
Die zulässige Flächenpressung beträgt etwa 10 N/mm2, die obere Geschwin-
digkeitsgrenze v = 2 m/s.
Das Verhalten eines Werkstoffs als Auskleidungsmaterial in Behältern wird
nach der Methode der Strahlverschleißmethode überprüft. Das plattenförmige
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 481

Tabelle 2-4. Gleitreibungswerte und Gleitverschleiß der Paarung Kunststoff/Einsatzstahl nach


5- bzw. 24stündiger Laufzeit

Kunststoff Gleitreibwert Gleitverschleiß

Polyamid 66 0,25 ...0,42 0,09


Polyamid 6 0,38 ... 0,45 0,23
Polyamid 6 (in situ Polymer) 0,36 ... 0,43 0,10
Polyamid 610 0,36 ... 0,44 0,32
Polyamid 11 0,32 ... 0,38 0,8
Polyethylenterephthalat 0,54 0,5
Acetal-Homopolymer 0,34 4,5
Acetal-Copolymer 0,32 8,9
Polypropylen 0,30 11,0
PE-HD (hochmolekular) 0,29 1,0
PE-HD (niedermolekular) 0,25 4,6
PE-LD 0,58 7,4
Polytetrafluorethylen 0,22 21,0
PA 66 + 8% PE-LD 0,19 0,10
Polyacetal + PTFE 0,21 0,16
PA 66 + 3% MoS2 0,32 ... 0,35 0,7
PA 66-GF 35 0,32 ... 0,36 0,16
PA 6-GF 35 0,30 ... 0,35 0,28
Normalpolystyrol 0,46 11,5
Styrol/Acrylnitril-Copolymer 0,52 23
Polymethylmethacrylat 0,54 4,8
Polyphenylenether 0,35 90

Halbzeug wird auf eine Temperatur von 30 °C vorgewärmt und einem mit Hart-
gussstand (Körnung 0,6 bis 1 mm) beladenen Luftstrom ausgesetzt. Bild 2-31
zeigt das stündlich abgetragene Volumen von Lupolen 5261 Z in Abhängigkeit
von Strahlgeschwindigkeit und Aufprallwinkel [1].

■ Thermische Eigenschaften: Spezifische Wärmekapazität (s. a. Kapitel 1.3.3)


Im Unterschied zu den amorphen Thermoplasten (beispielsweise Polystyrol),
bei denen sich die spezifische Wärme linear nur wenig mit der Temperatur
ändert, weisen teilkristalline Thermoplaste einen Steilanstieg der spezifischen
Wärme im Schmelzbereich auf. Der Schmelzbereich liegt um so höher, je höher
der kristalline Anteil (Dichte) ist. Die spezifische Wärme des Polyethylens bei
Raumtemperatur ist um so niedriger, je höher der kristalline Anteil (Dichte) ist.
Die aus der spezifischen Wärmekapazität einiger Kunststoffe – darunter auch
PE-LD, PE-MD und PE-HD – berechnete Enthalpie ist im Bild 2-32 wiedergege-
ben; dabei wurde der Enthalpiewert bei 20 °C willkürlich mit Null kJ/kg festge-
setzt.

Wärmeleitfähigkeit
Die Wärmeleitfähigkeit von Polyethylen nimmt mit steigender Temperatur bis
zum Kristallitschmelzpunkt ab. Die Wärmeleitfähigkeit der Schmelze ist nahezu
unabhängig von der Temperatur; sie ist bei Raumtemperatur um so höher, je
höher der kristalline Anteil ist.
Polyolefine (PO)
482 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-31. Strahlverschleißvolumen


von Lupolen 5261 Z

Bild 2-32. Enthalpie einiger


teilkristallinen und amor-
phen Thermoplaste (Quelle
VDMA „Verarbeitungs-
kenngrößen thermoplasti-
scher Kunststoffe“)

Bild 2-33 zeigt die Wärmeleitfähigkeit von PE-HD und PE-LD in Abhängig-
keit von der Temperatur. Über die bei den verschiedenen Polyethylentypen
zulässigen kurz- und langzeitigen Gebrauchstemperaturen informiert die Ta-
belle 2-3.

pvT-Diagramme (s. a. Kapitel 1.4.2)


Bild 2-34 zeigt die Temperaturabhängigkeit des spezifischen Volumens bei ver-
schiedenen Drücken.

■ Elektrische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3)


Die kennzeichnenden elektrischen Eigenschaften der Polyethylene enthält die
Tabelle 2-3. Ebenso wie die mechanischen werden auch die elektrischen Eigen-
schaften der Polyethylene durch Wasserlagerung nicht beeinflusst.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 483

Bild 2-33. Abhängigkeit der Wärme-


leitfähigkeit von PE-HD und PE-LD
von der Temperatur
a PE-HD (0,95 g/cm3)
b PE-LD (0,92 g/cm3)

Bild 2-34. Abhängigkeit des


spezifischen Volumens von
Hostalen GF 4760 von der
Temperatur bei verschiedenen
Drücken (Quelle: VDMA „Ver-
arbeitungsgrößen thermoplas-
tischer Kunststoffe“)

Oberflächenwiderstand
Der Oberflächenwiderstand ist wie bei allen Isolierstoffen von Verunreinigun-
gen der Oberfläche und dadurch in geringem Maße auch von der Luftfeuchtig-
keit abhängig.
Über das antistatische Ausrüsten von Polyethylen siehe Abschn. 1.3.5.1.
Polyolefine (PO)
484 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Spezifischer Durchgangswiderstand
Der Kristallinitätsgrad beeinflusst den Durchgangswiderstand nicht merklich.
Durch die Zugabe von Füllstoffen, beispielsweise Aluminiumpulver, kann der
Wert von z. B. 1016 W cm auf 102 W cm gesenkt werden (siehe Abschn. 1.3.5.1).

Dielektrische Eigenschaften
Die Verluste in einem Dielektrikum beruhen in erster Linie auf der Leitfähigkeit
des Stoffes und der Möglichkeit, dass sich die molekularen Dipole in der Rich-
tung eines Wechselfeldes orientieren. Polaren Molekülen wohnt eine elektrische
Asymmetrie inne. Das führt zu einem permanenten Dipolmoment und damit zu
höheren dielektrischen Verlusten, die beispielsweise in der Hochfrequenz-
Schweißtechnik für das Erwärmen der zu verbindenden Teile genutzt werden.
Während die elektrischen Eigenschaften von unpolaren Polymeren nur wenig
durch die Temperatur beeinflusst werden, gilt dies nicht mehr für die polaren
Kunststoffe, Bild 2-35. Der Beitrag der Dipolorientierung nimmt mit sinkender
Temperatur ab. Die Verzögerungszeit bei der Reorientierung im Wechselfeld
nimmt zu. Unpolare Polymeren – wie die Olefin-Homopolymeren – weisen in
weiten Frequenzbereichen eine nahezu konstante Dielektrizitätszahl auf, wie
Bild 2-36 zeigt.

Bild 2-35. Temperaturabhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d (links) und der
Dielektrizitätszahl e (rechts) von PE und anderen Kunststoffen bei 50 Hz
PE-HD Polyethylen, Dichte 0,96 g/cm3 PMMA Polymethylmethacrylat
PS Polystyrol PVC Polyvinylchlorid
PTFE Polytetrafluorethylen TCP Tricresylphosphat
B-Glas Borsilikatglas PFHp Phenolharzhartpapier, trocken
PC Polycarbonat PF 31,5 Phenolharz-Formstoff FS 31,5 DIN 7708
PI Polyimid PA 66 Polyamid 66
PSU Polysulfon PF Phenol-Gießharz
PET Polyethylenterephthalat PCTFE Polychlortrifluorethylen
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 485

Bild 2-36. Frequenzabhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d (links) und der Dielek-
trizitätszahl e (rechts) von Polyethylen und anderen Kunststoffen bei 20 °C (Abkürzungen sie-
he Bild 2-35)

■ Optische Eigenschaften
Im Ausgangszustand sind die Polyethylene, je nach Dichte des betreffenden Typs
und der Wanddicke des Erzeugnisses, schwach transparent bis opak. Der Glanz
spritzgegossener Formteile hängt ab von der Oberflächengüte und der Tempe-
ratur der Formnestwandung.
An dieser Stelle sei die von der BASF anlässlich der K ’95 gezeigte Luflexen
Folie erwähnt, die sich als PE-Copolymer-Folie durch glasklare Transparenz,
außergewöhnliche Schockzähigkeit, niedrige Schweiß- und Siegeltemperatur
und wenig extrahierbare Bestandteile auszeichnet.
Die Herstellung basiert auf Metallocen-Katalysatoren, ein Verfahren, das zu
enger Molmasseverteilung und gleichmäßigem Einbau von Copolymeren führt.

■ Beständigkeit gegen Chemikalien und Spannungsrissbildung (s.a.Kapitel 1.3.4)


Wegen seiner unpolaren Natur als hochmolekularer Paraffinkohlenwasserstoff
weist Polyethylen eine ungewöhnlich hohe Beständigkeit gegen den Angriff
durch Chemikalien auf (siehe Tabelle 4-32 im Anhang). Grundsätzlich gilt, dass
die Beständigkeit mit steigender Dichte zunimmt, während die molare Masse
eine untergeordnete Rolle spielt.
Polyethylen ist
beständig gegen: Verdünnte Säuren, Laugen, Lösemittel, Alkohol, Benzin und
Wasser, Fette und Öle quellen, insbesondere PE-HD, nur wenig an;
nicht beständig gegen: Oxidierende Säuren, Ketone, aromatische Kohlenwasser-
stoffe, chlorierte KW und Detergenzien (je nach Typ).
Polyolefine (PO)
486 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Im Zusammenwirken mit diesen Stubstanzen, herstellbedingten Eigenspan-


nungen und mechanischen Beanspruchungen können sich Spannungsrisse bil-
den (siehe Abschnitt 1.3.4.1).
Der Widerstand gegen Spannungsrissbildung erhöht sich mit abnehmender
Dichte und zunehmender molarer Masse (abnehmender MFR). Copolymere
bestimmter Konstitution neigen weniger zu Spannungsrissbildung (stress
cracking) als Homopolymere. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind
auch die Herstellbedingungen, insbesondere beim Spritzgießen, denn sie beein-
flussen die Größe der kristallinen Überstruktur (Sphärolithe) und den Eigen-
spannungszustand. Deshalb sind die Richtlinien der Rohstoffhersteller über
Formteilgestaltung, Werkzeugauslegung (Kühlung) und Verarbeitungsbedin-
gungen sorgfältig zu beachten – eine Empfehlung, die grundsätzlich für das
Urformen aller Kunststoffe gilt. Polyethylen wird von Mikroorganismen nicht
angegriffen.

■ Witterungsbeständigkeit
Bei längerer Lagerung oder Verwendung im Freien wird Polyethylen wie die
meisten Natur- und Kunststoffe vor allem durch die kurzwelligen UV-Anteile
der Sonnenstrahlung unter Beteiligung des Luftsauerstoffs (Photooxidation)
geschädigt. Mechanische Eigenschaften und Farbton der Gegenstände werden
beeinträchtigt. Die Wirkung der Witterungsbedingungen wird verstärkt durch
Formteilgestalt, Orientierung und Spannungszustände. Pigmente können die
Witterungsbeständigkeit erhöhen, jedoch, je nach Typ des Farbmittels, auch
beeinträchtigen. Einen Schutz gegen die Photooxidation bietet die Kombination
aus Antioxidantien und UV-Stabilisatoren. Wo es anhängig ist, z. B. bei Rohren
und technischen Formteilen wird Aktivruß (2 bis 2,5 %) als wirksamster UV-
Schutz verwendet.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase (s. a. Kapitel 1.3.4)


Polyethylen ist wasserabweisend. Es quillt nicht bei Wasserlagerung. Eine vor
allem bei Temperaturwechsel in feuchtwarmem Klima feststellbare geringfügi-
ge Wasseraufnahme beruht lediglich auf Adsorption von Feuchtigkeitsspuren an
der Oberfläche. In diesem Fall ist es ratsam, das Material unmittelbar vor der
Verarbeitung zu trocknen oder beim Plastifizieren zu entgasen. Dies gilt vor
allem für rußpigmentiertes PE. In Tabelle 4-30 im Anhang ist u. a. die Durchläs-
sigkeit von PE-Folien verschiedener Dichte, Dicke und Orientierung für Wasser-
dampf und für einige Gase bei unterschiedlichen Temperaturen zusammenge-
stellt. Es ist üblich, die Durchlässigkeit von Folien bei der tatsächlichen Dicke
anzugeben, ohne die Werte auf die Einheitsdicke umzurechnen. Die Durchläs-
sigkeit von Polyethylen für Wasserdampf ist gering. Dagegen groß für O2, CO2
sowie viele Geruchs- und Aromastoffe.
Die Bilder 2-37, 2-38 und 2-39 geben die Durchlässigkeit von Polyethylenen
verschiedener Dichte für Wasserdampf sowie einige Gase und Flüssigkeiten wie-
der [1].
Lackieren, Mehrlagenaufbau von Folien, Metall-Sperrfolien, Fluorieren oder
Sulfonieren (z. B. bei Behältern für Vergaser-Kraftstoffe) der Oberflächen min-
dern die Permeabilität.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 487

Bild 2-37. Wasserdampf-


Durchlässigkeit von Lupolen
in Abhängigkeit von der
Dichte, gemessen nach
DIN 53 122 bei 23 °C und 40 °C
(85 % – 0 % rel. Feuchte);
Probendicke 100 mm

Bild 2-38. Gasdurchlässigkeit


von Lupolen-Marken in
Abhängigkeit von der Dichte,
gemessen nach DIN 53 380,
Sauerstoff bei 23 °C und 40 °C,
Kohlendioxid und Stickstoff
bei 23 °C (Probendicke:
100 mm)

■ Strahlenbeständigkeit
PE wird unter Ausschluss von Sauerstoff durch die Wirkung energiereicher ioni-
sierender Strahlung vernetzt. Der Vernetzungsgrad ist allein von der Bestrah-
lungsdosis abhängig, d. h. b-, g- und Röntgenstrahlen haben die gleiche Wir-
kung. Durch Vernetzen wird der Widerstand gegen Spannungsrissbildung
erhöht, bei entsprechender Dosis werden jedoch Reißdehnung und Zähigkeit
beeinträchtigt. Messbare Veränderungen ergeben sich bei einer Dosis von mehr
als 0,1 MJ/kg. 1 MJ/kg mindert die Reißdehnung auf wenige Prozent des Aus-
gangswertes. Bei gleichzeitigem Einwirken von Sauerstoff hängt die schädigen-
de Wirkung von Dosis und Dosisleistung sowie von der Wanddicke des PE-
Erzeugnisses ab.
Polyolefine (PO)
488 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-39. Durchlässigkeit


von Lupolen gegenüber
verschiedenen Flüssigkei-
ten in Abhängigkeit von
der Dichte (gemessen bei
23 °C nach DIN 53 532; Pro-
bendicke bei der Messung
0,5 mm)

■ Brennbarkeit (s. a. Kapitel 1.3.5)


Die Polyethylene brennen wie alle Polyolefine wachsartig, d. h. sie tropfen mit
heller Flamme brennend ab. Die Entzündungstemperatur beträgt 340 °C. Selbst-
entzündung tritt bei 350 °C ein. Die Verbrennungswärme beträgt für PE-LD
48 kJ/kg und für PE-HD 64,5 kJ/kg. Flammwidrige Einstellungen sind lieferbar;
sie erfüllen die Anforderungen an schwer entflammbare Baustoffe nach DIN
4102. Beim Verbrennen von PE entstehen keine umweltgefährdenden Schadstoffe.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Das Bundesgesundheitsamt (BGA) regelt in seiner Empfehlung III „Polyethylen“
die Verwendung von Polyethylen bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen
im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesetzes
(LMBG).
Die Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes geben dem Verarbeiter Hin-
weise für die Einhaltung der Bestimmungen des § 31 Abs. 1 des LMBG, der es ver-
bietet, „Gegenstände als Bedarfsgegenstände im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des
LMBG gewerbsmäßig so zu verwenden oder für solche Verwendungszwecke in
den Verkehr zu bringen, dass von ihnen Stoffe auf Lebensmittel oder deren
Oberfläche übergehen, ausgenommen gesundheitlich, geruchlich und ge-
schmacklich unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind“.
Die lebensmittelrechtlich zulässigen PE-Typen erfüllen auch die Forderungen
der Monographie VI. 2.2.1 der Europäischen Pharmakopoe sowie analoger Texte
der nationalen Arzneibücher, zum Beispiel Monographie VI. 2.2.1 „Kunststoffe,
Behältnisse und Verschlüsse“ des Deutschen Arzneibuches, 10. Ausgabe (DAB
10).
Für Einfärbungen gilt zusätzlich die Empfehlung IX des Bundesgesundheits-
amtes „Farbmittel zum Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 489

Bedarfsgegenstände“, Stand: 01.06.1994 (190. Mitteilung, Bundesgesundheits-


blatt 37 [1994], S. 364). Die Anforderungen dieser Empfehlung werden von der
Mehrzahl der Einfärbungen erfüllt.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften arbeitet an Regelungen
für Kunststoffe im Kontakt mit Lebensmitteln. Diese Regelungen sind von den
Mitgliedstaaten zu übernehmen. Bislang wurden die Richtlinie 90/128/EWG,
92/39/EWG und 93/9/EWG für Monomere veröffentlicht, die mit der Bedarfsge-
genstände-Verordnung (BG-VO) vom 10. 04. 92 in deutsches Recht übernommen
wurden. Sie lösen den entsprechenden Teil der „Empfehlung III Polyethylen“ des
Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin
(BgVV) in Berlin ab. Europäische Regelungen für Additive und Polymerisa-
tionshilfsstoffe sind zur Zeit in Arbeit, die entsprechenden Abschnitte der Emp-
fehlung III des BgVV bleiben solange noch gültig. BG-VO und Empfehlung III
des BgVV bestimmen also die Bedingungen, die ein Bedarfsgegenstand aus
Polyethylen erfüllen muss, um den Anforderungen des deutschen Lebensmittel-
und Bedarfsgegenstände-Gesetzes (LMBG) zu entsprechen. Seine Eignung ist
nach wie vor durch den Hersteller des Gegenstandes zu prüfen.
Für öffentliche Trinkwasseranlagen gelten die „Empfehlungen zur gesund-
heitlichen Beurteilung von Kunststoffen und anderen nichtmetallischen Werk-
stoffen für den Trinkwasserbereich“, die sogenannten KTW-Empfehlungen. Bei-
spielsweise erfüllen die Rohr-Typen Hostalen GM 5010 T3 black und blue stripe,
CRP 100 black und dark blue sowie MPE 80 black und blue stripe mit ihrer stoff-
lichen Zusammensetzung die Bedingungen der „KTW-Empfehlungen 1.3.2.1 bis
1.3.2.4 Polyethylen“, wie übrigens alle lebensmittelrechtlich zulässigen Hostalen-
Typen. Die in der „KTW-Empfehlung 1.3.2.5“ genannten Grund- und Zusatz-
anforderungen beziehen sich auf die Eignung der Fertigteile; die Einhaltung
dieser Anforderungen ist vom Hersteller der Teile nachzuweisen. In diesem
Zusammenhang wird von der DVGW-Forschungsstelle Technologiezentrum
Wasser (TZW) in Karlsruhe eine vierteljährliche Fremdüberwachung der für
Trinkwasser vorgesehenen Hostalen-Rohrtypen durchgeführt – mittels einer
organoleptischen Prüfung des Granulats, entsprechend KTW 1.3.2.5.
Die gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen in der Lebensmittelgesetz-
gebung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist je nach Land unter-
schiedlich, wenn auch ähnliche Prinzipien gelten. Hostalen ohne zusätzliche
Ausrüstung entspricht auch den Bestimmungen nahezu aller Länder. Einschrän-
kungen sind bei bestimmten Ausrüstungen und Einfärbungen möglich.

■ Beständigkeit gegen Mikroorganismen


PE dient Mikroorganismen nicht als Nährboden und wird deshalb von diesen
nicht angegriffen. Es ist für Mikroorganismen undurchdringlich, sofern die
Wanddicke bzw. die Foliendicke mindestens 0,1 mm beträgt. Bei geringerer
Dicke sind kleine Poren herstellungsbedingt möglich.

■ Sterilisieren
Gegenstände aus Polyethylen können mit Hilfe von gespanntem Dampf, Ethy-
lenoxid oder ionisierenden Strahlen sterilisiert werden. In PE-Folien verpackte
Lebensmittel müssen trocken gelagert werden.Wie stets, so geben auch bei PE in
Polyolefine (PO)
490 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

kritischen Fällen nur gezielte Eignungsversuche eine verlässliche Auskunft über


das jeweilige Verpackungsproblem.

■ Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4 und 1.4.7)


Bei allen Verarbeitungs- und Konfektioniervorgängen, bei denen heiße Schmel-
ze unmittelbar der Umgebung ausgesetzt ist, entstehen niedermolekulare
Abbauprodukte, die zur Geruchsbelästigung und zur Schleimhautreizung
führen können. Deshalb ist für gute Entlüftung zu sorgen.
Tabelle 2-5 gibt die Verarbeitungsbedingungen von PE-LD und PE-HD
wieder.

■ Verarbeitung: Veredeln der Oberfläche


Die Veredelungsverfahren Bedrucken, Bemalen und Lackieren erfordern eine
Vorbehandlung der an sich abweisenden Oberfläche von Formteilen und Folien
aus PE. Als Vorbehandlungsverfahren werden das Abflammen (Spritzguss-
Formteile, geblasene Hohlkörper) und die elektronische Sprühentladung (Foli-
en) bevorzugt. Chemische Vorbehandlungsverfahren sind aufwendig und nicht
gefahrlos anzuwenden.
Das Heißprägen von Gold- und Silberdrucken erfordert keine Vorbehand-
lung. Die Temperatur des Prägestempels beträgt 110 bis 130 °C. Das Metallisieren
von Polyethylen im Hochvakuum ist möglich (siehe auch die Richtlinien
VDI/VDE 2421 (02.80) „Kunststoffoberflächenbehandlung in der Feinwerktech-
nik“, Übersicht sowie Bl. 1 bis Bl. 4). Plasmabehandlung siehe Kapitel 1.4.8.1.

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


PE-Halbzeug ist mit den meisten der für das Bearbeiten von Holz und Metallen
bekannten Werkzeuge und Werkzeugmaschinen bearbeitbar. Höhere Schnittleis-
tungen sind jedoch mit speziell für das Bearbeiten von Kunststoffen entwickel-
ten Werkzeugen und Maschinen zu erzielen. Hinweise gibt die Tabelle 2-6.

Spanloses Trennen
Wesentlich kürzere Arbeitszeiten als bei herkömmlichen Trennverfahren kön-
nen beim Trennen mit Laserstrahlen erzielt werden. Die Rüstzeiten sind kürzer,
und mehrere Arbeitsgänge entfallen: Anreißen, Nachbearbeiten der Trenn-
flächen, Reinigen von Staub und Spänen, antistatische Nachbehandlung. Wei-
tere Vorteile sind: hohe Trenngeschwindigkeit, glatte Trennflächen und
schmale Trennfugen. Tabelle 2-7 enthält Richtwerte der Trenngeschwindigkeit
bei unterschiedlicher Werkstoffdicke und Laser-Leistung für PE-HD und einige
andere Thermoplaste. Ein herkömmliches Trennverfahren für PE ist das Form-
stanzen.

Fügeverfahren
Als Fügeverfahren eignen sich das Nageln, Schrauben, Schweißen und Kleben.
Tabelle 2-5. Verarbeitungsbedingungen von PE-LD und PE-HD

Verarbeitungsart Massetemperatur Werkzeugtemperatur Spritzdruck psp

PE-LD PE-HD PE-LD PE-HD PE-LD PE-HD


je nach Typ je nach Typ je nach Typ je nach Typ je nach Typ je nach Typ
°C °C °C °C bar bar
2.1.1.1 Polyethylen (PE)

Spritzgießen 160 bis 260 200 bis 300 30 bis 70 10 bis 90 400 bis 800 600 bis 1200

Blasfolien-Extrusion 140 bis 210 180 bis 250 140 180 bis 250 100 bis 200 150 bis 200
Flachfolien-Extrusion 200 220 200 220 100 bis 250 150 bis 250
Tafeln – 170 – 170 – 100 bis 200
Rohre 150 180 bis 200 150 180 bis 200 100 bis 150 150 bis 250
Monofile – 290 bis 300 – 290 bis 300 – 250 bis 400
Drahtummantelung 230 250 230 250 250 bis 350 250 bis 400
Beschichten 350 – 350 – 250 bis 300 –
Hohlkörperblasen 140 160 bis 190 140 160 bis 190 100 bis 150 100 bis 200
Warmformen 140 170 – – – –
Pressformen 105 bis 115 125 bis 140 – – – –

Nachdruck pN Schwindung Nachschwindung

PE-LD PE-HD PE-LD PE-HD PE-LD PE-HD


% % % %
1/3 bis 1/1 psp 1,5 bis 3 1,5 bis 5,0 1,5 2,0
491

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)

Tabelle 2-6. Richtwerte für Schnittbedingungen und Schneidenformen für das spanende Bearbeiten von Kunststoffen
492

Bearbeitungs- Schnitt- Vorschub Spanwinkel g Freiwinkel a Schneidenformen


verfahren geschwindigkeit mm/Zahn
m/min mm/Umdr. Grad Grad

Sägen

Kreissäge bis 3000 0,1 bis 0,3 0 bis 15 10 bis 15

Bandsäge bis 3000 0,1 bis 0,3 0 bis 5 30 bis 40

Bohren 50 bis 100 0,1 bis 0,3 25 bis 30 um 16


Drallwinkel g 2 Hinterschliff-
an den winkel, gemessen
Schneiden- an den Schneiden-
ecken ecken
Spitzenwinkel j
etwa 110°

Hobeln 200 bis 500 0,1 bis 0,5 0 bis 15 5 bis 15


Drehen

Fräsen bis 1000 0,3 0 bis 15 5 bis 15


2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 493

Tabelle 2-7. Richtwerte für das Trennen einiger Thermoplaste mit Hilfe von CO2-Laser

Laser-Leistung 250 W 500 W 1000 W

Werkstoff Dicke Trenn- Trennfugen- Trenn- Trenn-


geschw. breite geschw. geschw.
mm mm/min mm mm/min mm/min

PE-HD 4 1050 0,4 – –


5 1000 0,7 200 4000
20 150 1,0 300 550
30 100 1,4 – –
PE-HD-GF 20 4 1000 0,3 – –
PE-HD-UHMW 42 80 2,0 – –

PP 4 2000 0,4 – –
10 450 0,5 – –
15 250 1,0 – –
20 120 1,2 – –
PP-TV 20 4 1300 0,4 – 3000
PP-TV 40 4 1100 0,3 – 2500
PP-GF 20 4 1250 0,3 – 2500
PP-GF 30 4 950 0,3 – 2000

PE-LD 4 1200 0,4 – –

POM 3,2 3300 0,2 – –


4 2200 0,2 – 5000
POM-GF 30 4 1000 0,2 – 5000
POM + PTFE 4 2100 0,2 – 2000

PVC-P 3 3300 0,3 – –


5 2050 0,4 – –
10 1090 0,5 – –
PVC-U 16 550 1,0 – –
PVC + PE-C 4 3000 0,3 – –
17 250 0,6 – –

PS 4 1600 0,5 – –
PS + EPDM 4 1700 0,5 – –

Schweißen
Geschweißt wird mit Hilfe von Warmgas und Zusatzdraht (aus dem gleichen
Werkstofftyp), Tabelle 2-8 oder am Heizelement. Die in Tabelle 2-9 für das
Heizelement-Stumpfschweißen angegebenen Anwärmzeiten wurden an 4 mm
dicken Tafeln ermittelt, dickere Werkstücke erfordern längere Anwärmzeiten.
Außerdem sind bei Tafeln von mehr als 10 mm Dicke Anpressdrücke > 5 N/mm2
erforderlich.
Polyolefine (PO)
494 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-8. Richtwerte für das Warmgassschweißen einiger Thermoplaste

Werkstoff Warmgastemperatur Schweißgeschwindigkeit

mit mit mit mit


Runddüse Ziehschweißdüse Runddüse Ziehschweißdüse
°C °C cm/min cm/min

PE-HD 320 ± 10 340 ± 10 12 bis 20 50 bis 70


PP 340 ± 10 350 ± 10 15 bis 25 50 bis 70
PVC-U 300 ± 10 350 ± 10 15 bis 25 50 bis 70
PVC-PE-C 330 ± 10 350 ± 10 15 bis 25 50 bis 70
POM 360 ± 10 380 ± 10 15 bis 25 40 bis 60
PS 320 ± 10 340 ± 10 15 bis 25 40 bis 60

Tabelle 2-9. Richtwerte für das Heizelement-Stumpfschweißen einiger Thermoplaste

Werkstoff Oberflächen- Anwärmzeit Anpressdruck Fügedruck


temperatur des beim Angleichen
Heizelementes bzw. Anwärmen
°C sec N/mm2 N/mm2

PE-HD 210 ± 10 30 bis 60 0,05 bis 0,1 0,1 bis 0,15


PE-HD-UHMW 210 ± 10 60 bis 90 0,1 bis 0,15 1,0 bis 2,0
PE-LD 180 ± 10 20 bis 60 0,05 0,05 bis 0,1
PP 200 ± 10 30 bis 120 0,05 bis 0,1 0,05 bis 0,1
PVC + PE-C 230 ± 5 20 bis 60 0,075 bis 0,1 0,2 bis 0,4
PVC 230 ± 5 20 bis 60 0,075 bis 0,1 0,2 bis 0,4
PS 230 ± 10 20 bis 60 0,05 bis 0,1 0,1 bis 0,15
PS + EPDM 230 ± 10 20 bis 60 0,05 bis 0,1 0,1 bis 0,15
POM 220 ± 10 10 bis 30 0,03 bis 0,05 0,02 bis 0,05

Kleben
Bei den Polyolefinen ist das Kleben von PE am schwierigsten. In jedem Fall ist
eine Oberflächenbehandlung erforderlich.Weil das Diffusionskleben nicht mög-
lich ist, verbleibt nur das Adhäsionskleben. Es eignen sich Haft- und Schmelz-
klebstoffe, Polychlorbutadien mit Vernetzer, Siliconharz, Polysulfid/Epoxidharz,
Nitrilkautschuk/Phenolharz und PUR-Klebstoffe mit Vernetzer. Die Langzeit-
festigkeit und die dynamische Festigkeit der Klebungen sind gering
Das Vorbehandeln der Fügeflächen mit Chromschwefelsäure bringt zwar die
günstigsten Festigkeitswerte, erfordert jedoch ein umsichtiges Arbeiten. Die
übrigen Verfahren gleichen den bei der Druckvorbehandlung erwähnten (elek-
trische Entladung, Gasflamme). Wenn sie dem Herstellprozess unmittelbar
nachgeschaltet werden, ergeben sich die günstigsten Effekte für das Kleben
[näheres siehe VDI-Richtlinie 3821 Kunststoffkleben (09.78)].

■ Umformverfahren: Pressformen (s. a. Kapitel 1.5)


Das Pressformen geschieht mit Hilfe von Werkzeugen, die aus Gesenk und Kern
bestehen. Die dabei auftretenden Drücke betragen bis zu 2 N/mm2. Es ist deshalb
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 495

möglich, eine Werkzeughälfte durch ein strapazierfähiges Tuch zu ersetzen, mit


dem die warme Kunststofftafel auf den Kern gedrückt werden kann. Die Tempe-
ratur der zu formenden Tafeln beträgt gemäß Tabelle 2-5: PE-HD 125 bis 140 °C
und PE-LD 105 bis 115 °C.

Warmformen (s. a. Kapitel 1.5)


Tabelle 2-5 enthält die Bedingungen für das Warmformen von PE-Halbzeug
[siehe auch die VDI-Richtlinie 3008, Bl. 3, (07.67)]. Die Umformtemperatur der
Zuschnitte liegt etwa 30 K über der Kristallitschmelztemperatur. Beheizt wird
meist von beiden Seiten, um kurze Anwärmzeiten zu erreichen und das stören-
de Durchhängen der Tafel zu vermeiden.

Kaltformen
Auch das Kaltformen von PE-Halbzeug bei Umgebungstemperatur oder einer
Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes ist möglich.

Anwendungen
Polyethylen weist von allen Thermoplasten den breitesten Anwendungsbe-
reich auf. Nach nahezu allen für das Ur- und Umformen von Kunststoffen
entwickelten Verfahren werden zahllose Produkte als Fertigteile oder als
Halbzeug hergestellt. Hier einige Beispiele:

PE-LD
Das wichtigste Anwendungsgebiet sind mit einem Anteil von 73 % in West-
europa die Folien. Je nach Verwendungszweck wird unterschieden in: Ver-
packungs-, Schwergutsack-, Schrumpf-, Tragtaschen-, Landwirtschafts-
und Dünnfolien (Automatenfolie). Bei Mehrschichtfolien (Kaschier- und
Coextrusionsfolien) dient PE im Verbund als Siegelschicht und Wasser-
dampfsperre. Einige PE-LD-Copolymere (EVA, EAA, EEA) und Ionomere
dienen als Haftvermittler zwischen den Lagen der Verbundfolie.
Das Spritzgießen und das Beschichten halten seit Jahren ihren Anteil
von je 7 %. Bei Nachrichtenkabeln ist PE-LD geschäumt oder ungeschäumt
unverändert das wichtigste Produkt. Bei der Isolierung von Energiekabeln
setzt sich vernetzbares PE-LD immer mehr durch. PE-LD spielt auch für
das Beschichten von Stahlrohren eine wichtige Rolle. Der Verbrauchsanteil
für flexible Hohlkörper beträgt etwa 3 %. Für das Rotationsgießen wird mit
einem Vordringen von PE-LLD gerechnet.

PE-HD
Seit dem Beginn der Produktion Mitte der fünfziger Jahre ist PE-HD
unverändert der bevorzugte Werkstoff für das Spritzgießen von Haushalts-
waren sowie Lager- und Transportbehältern. Bekannte Anwendungen wur-
den weiterentwickelt. Müllgroßbehälter erreichen heute ein Volumen von
660 bis 1100 l. Die auf dem bundesdeutschen Markt vorhandenen 150 Mio.
Flaschentransportkästen sind größtenteils bereits mehr als 15 Jahre im Ver-
kehr. Daraus resultiert ein großer Ersatzbedarf.
Polyolefine (PO)
496 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Unter den extrusionsgeblasenen Behältern haben vor allem die 220-L-


Ringfässer weltweit große Bedeutung erlangt. Der Kraftstofftank (KKB)
aus PE-HD wird in immer mehr Automobilmodelle eingebaut, nachdem
VW um 1970 auf diesem Wege voranschritt.
Ein beachtenswertes Anwendungsbeispiel von PE-HD-HMW sind die
Surfbretter mit Schlauchlängen von 5 m.
Seit vielen Jahren bewähren sich Monofile für das Herstellen von Net-
zen, Seilerwaren und Gewebe ebenso wie verstreckte Folienstreifen (Bänd-
chen) bei Raschelsäcken und anderen Wirkwaren. Die Entwicklung führt
zu Bändchendicken von 17 µm und Breiten von 0,6 mm bei leichten Ver-
packungsnetzen für landwirtschaftliche Produkte.
Von allen Anwendungsbereichen weist die Herstellung von Ver-
packungsfolien aus PE-HD-HMW die größte Steigerung auf. Dieses hoch-
feste und zähe Material ermöglichte das Reduzieren der Foliendicke von
20 µm auf 7 bis 10 µm bei Haushaltsmüllbeuteln oder von 80 bis 120 µm auf
20 bis 35 µm für Papiersack-Inliner.
Im Apparatebau der chemischen Industrie ist tafelförmiges Halbzeug
dank seiner hohen Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien ein
bevorzugter Werkstoff. Dazu kommt eine unübersehbare Fülle von Fit-
tings, Armaturen und sonstigem Zubehör aus PE-HD. Mit Glasfasermatten
verstärktes Tafel-Halbzeug ist auch im Maschinenbau ein geschätzter
Werkstoff. Ein bekanntes Beispiel sind die unteren Motorraumabdeckun-
gen der neuen DB-Modelle.
PE-HD ist seit mehr als 30 Jahren der unumstrittene Werkstoff für
Trinkwasser-Druckrohre oder Abwasserrohre. Die Durchmesser extru-
dierter Rohre erreichen 1600 mm, noch größere Rohre können nach dem
Bandwickelverfahren hergestellt werden. Heute werden auch die neuange-
legten Ortsgasverteilungsleitungen aus PE-HD ausgeführt. Bei Fußboden-
heizungsrohren spielt strahlenvernetztes PE-LD die führende Rolle.

Handelsnamen
Eltex (Solvay/BE)
Eraclene (Enichem Deutschland/DE)
Escorene (Deutsche Exxon Chem./DE)
Finathene (Fina Deutschland/DE)
Fortiflex (Solvay Deutschland/DE)
Hi-Fax (Montell Polyolefins/BE)
Hostalen (Hostalen Polyethylen GmbH/DE)
Lacqtène (E/F Atochem Deutschland/DE)
Laylene (SABIC/Saudi Arabien)
Lupolen (BASF AG/DE)
Marlex (Phillips Petroleum Chem./US)
Microthene (Quantum Chem. Corp./US)
Mirason (Mitsui Polychemicals Co./JP)
Neo – Zex (Mitsui Petrochemical Ind./JP)
Nipolon (Toyo Soda Mfg. Co./JP)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 497

Novatec (Mitsubishi Chemical Europe/DE)


Novex (BP Chemicals Intern. Ltd./GB)
Petrochem (Quantum Chemical Corp./US)
Rigidex (BP Chemicals Intern. Ltd./GB)
Ropol (Chemisches Kombinat/RO)
Sclair (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Scolefin (Buna AG/DE)
Sholex (Showa Denko K.K./JP)
Staflene (The Nisseki Plastic Chemical Co./JP)
Stamylan (DSM, Polymers & Hydrocarbons/NL)
Sumikathene (Sumitomo Chemical Co./JP)
Suntel (Asahi Chemical Ind./JP)
Super Dylan (Arco Chem./US)
Tenite (Eastman Chemical Int./US)
Tipolen (TVK Tisza Chemical Combine/HU)
Vestolen (DSM/NL)

2.1.1.1.2
PE-LLD
Bereits bei der kurzen Vorstellung des breiten Sortiments der heute verfügbaren
Polyethylene wurden die Wege aufgezeigt, die in den vergangenen zwanzig Jah-
ren beschritten wurden, um das seit den dreißiger Jahren bekannte – und pro-
duzierte – PE-LD sowie das Mitte der fünfziger Jahre am Weltmarkt vordringen-
de PE-HD durch Copolymerisation mit höheren C4 - und C8-Olefinen in seinen
anwendungstechnischen Eigenschaften zu verbessern. Das Ergebnis waren die
Typen des heutigen PE-LLD-Sortimentes. Wie Bild 2-40 zeigt, nimmt die Dichte
mit steigendem Anteil von C4 - bis C8-Olefinen bei 0 bis 8 Masse-% von 0,96 auf
0,92 g/cm3 ab. Die Abhängigkeit der Schmelztemperatur von der jeweiligen
Dichte zeigt Bild 2-41. Auch die Molmasseverteilung verändert sich wesentlich,

Bild 2-40. Abhängigkeit der Dichte von PE-LLD


vom Comonomerenanteil
Polyolefine (PO)
498 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-41. Abhängigkeit der Schmelztempe-


ratur von der Dichte am Beispiel von PE-LD
und zwei PE-LLD-Typen

Bild 2-42. Molmassevertei-


lung von PE-LD und
PE-LLD (s. a. Kapitel 1.3.1)

Bild 2-42. Auf die sich daraus für Verarbeitung und Anwendung ergebenden
Vor- und Nachteile sei nachstehend hingewiesen:
• höhere Steifigkeit und Zugfestigkeit bei gleicher Dichte,
• höhere Zähigkeit (Durchstoßfestigkeit, Dart-drop Schlagzugzähigkeit in der
Kälte, Bild 2-43, 2-44, 2-45),
• bei der Folienextrusion keine Abrisse durch Stippen,
• Ausziehfähigkeit bis 5 µm,
• vorteilhafte Siegelfähigkeit (Feuchtigkeit stört nicht),
• höhere Beständigkeit gegen Spannungsrißbildung, Bild 2-46.
Die nachteiligen Eigenschaften sind in Verbindung mit der schwierigeren Ver-
arbeitbarkeit im Vergleich mit PE-LD zu sehen:
• ungünstige Schrumpfeigenschaften,
• Lappigkeit der Folie trotz des höheren Sekantenmoduls [13],
• zu hohes Dehnvermögen (begrenzte Anwendungsmöglichkeit für Schwergut-
säcke, Tragtaschen u. a.),
• geringere Transparenz,
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 499

Bild 2-43. Stoßenergieverhältnis Bild 2-44. Zähigkeit bei Raumtemperatur


(bei – 40 °C) von PE-LD, (Dartdrop-Test, 50 % Bruch) von PE-LD sowie
C4-PE-LLD und C8-PE-LLD in C4-PE-LLD und C8-PE-LLD in Abhängigkeit
Abhängigkeit vom MFI-Wert vom MFI-Wert

Bild 2-45. Prinzipielle Abhängigkeit der Zähigkeit Bild 2-46. Spannungsrissbeständig-


von der Art des Comonomeren keit von PE-LD, C4-LLD und
C8-PE-LLD in Abhängigkeit vom
MFI-Wert
Polyolefine (PO)
500 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

• etwa 30 % geringerer Ausstoß,


• höhere Antriebsleistung der Schnecke,
• Instabilität der Folienblase,
• Abkühlprobleme,
• Wicklerprobleme,
• erhöhter Verschleiß.
In Tabelle 2-10 werden kennzeichnende Eigenschaften von PE- bzw. PE-LLD-
Folienmaterial miteinander verglichen.

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4.3)


Auf dem verarbeitungstechnischen Gebiet konnten beachtliche Erfolge erzielt
werden, sodass die Überlegenheit auf bestimmten Anwendungsgebieten (z. B. als
Streckfolien) zum Tragen kommt.

Extrudieren (s. a. Kapitel 1.4.3.2)


Schwierigkeiten zeigten sich vor allem beim Extrudieren von PE-LLD im Ver-
gleich mit PE-LD. Auf PE-LD-Anlagen ergab sich zunächst ein um 20 bis 30 %
verminderter Durchsatz. Die höhere Viskosität erfordert ein um 30 % höheres
Drehmoment. Zur Überwindung dieser Nachteile wurden die Schnecken von
30 D auf 25 bis 20 D gekürzt, die Gangtiefen erhöht, um ein zu intensives Sche-
ren des Materials zu vermeiden. Größere Spaltweiten in den Scherteilen waren
erforderlich. Die Drehzahl der Schnecken wurde um etwa 50 % reduziert. Zum
Ausgleich der Durchsatzminderung mussten Schnecken größeren Durchmessers
gewählt werden. Die optimale Temperatur der Schmelze ergab sich zu 210 bis
235 °C. Bei höheren Temperaturen ergaben sich Schwierigkeiten beim Abkühlen
des Folienschlauchs. Wegen der engen Molmasseverteilung neigt PE-LLD zum
Schmelzbruch. Abhilfe brachte das Erweitern des Düsenspaltes auf 1,5 bis
2,7 mm, was gleichzeitig zu einer Durchsatzsteigerung um 25 % führte. Die
geringere Schmelzenfestigkeit des Folienschlauches konnte u. a. durch die Zu-
gabe von 30 % PE-LD ausgeglichen werden. Inzwischen entwickelte Fließver-
besserer, z. B. das ein Fluorpolymer enthaltende PPA Dynamar der 3M, konnten
die verarbeitungstechnische Unterlegenheit gegenüber PE-LD ausgleichen [14].
Breitschlitzfolien können wegen der geringen Dehnviskosität des PE-LLD bei
Massetemperaturen von 250 bis 285 °C ohne Schwierigkeiten hergestellt werden.
Flachfolien zeichnen sich durch gute optische Eigenschaften, hohe Zähigkeit
und vorzügliche Durchdrückfestigkeit (puncture resistance) aus. Deshalb sind
sie in besonderer Weise als Stretchfolien verwendbar. Derartiges Material ist
nach Zusatz von PE-LD jedoch auch auf Blasfolienanlagen herstellbar.
Nach beiden Verfahren werden auch Verbundfolien mit maßgeschneiderten
Eigenschaften extrudiert.
Die in Kapitel 1.2.3.1 erwähnte Metallocene-Technologie brachte auch den
Markt der PE-LLD-Folien in Bewegung. Die von Exxon bereits im Jahre 1979
angekündigte Errichtung einer auf Metallocene-Basis arbeitenden Produktions-
anlage brachte drei Jahre später die sog. Exact-Plastomere auf den Markt. Im
Jahre 1995 folgte die Umstellung auf das Exceed Gasphasenverfahren [15], das in
einer in Frankreich errichteten Produktionsanlage ab Mitte 1997 den europäi-
Tabelle 2-10. Vergleich einiger Folieneigenschaften verschiedener PE-LD- und PE-LLD-Typen sowie eines (PE-LD + PE-LLD)-Blends

Eigenschaften Einheit PE-LD PE-LLD PE-LD/PE-LLD-Polymerblend

PE-LD 70% PE-LD, MFR = 0,3


30% PE-LLD, MFR = 0,9

MFR (190/2, 16) g/10 min 0,24 0,28 1 0,9 1 0,3 1 (PE-LLD)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)

MFR (190/5): MFI (190/2, 16) – 4,6 3 – – – –


Dichte g/cm3 0,918 0,918 0,920 0,919 0,918 0,922 0,919 (PE-LLD)
Kristallit-
Schmelztemperatur (DTA) °C 111 – 125 – – – –
mJ
Schlagzugzähigkeit 82 1800 – 3200 – – – –
mm
Foliendicke µm 40 bis 50 50 40 bis 50 50 50 150 125
Dart-drop g 140 bis 175 295 240 bis 300 190 180 15 14
cmg
Durchdrückfestigkeit 8 – 10 19 – 17 9,6 kg/cm 11,4 kg/cm
µm
Elmendorf-Test längs g – 200 580 – 240 – –
quer g – 300 840 – 680 – –
kg · cm
Falzkantenfestigkeit 0223 – – – – – 1800 2600
cm
501

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)
502 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-47. Molmasseverteilung bei Z/N- und mPE-LLD (Hexen-Copolymer, MFR = 10/10 min)
a Molmasseverteilung
b Molmasseverteilungen Mw/Mn und Mz/Mn

schen Markt versorgen soll. Anlässlich der K ’95 stellte die BASF mit Luflexen
ebenfalls ein mPE-LLD vor, das mit steigender Dichte (0,903 bis 0,917 g/cm3) für
die Herstellung von Schlauchfolien, Breitschlitzfolien und Spritzgussartikeln
sowie für das Extrudieren vernetzbarer Kabelummantelungen dient. Bild 2-47
zeigt die enge Molmasseverteilung des mPE-LLD Exact der Exxon im Vergleich
zum Z/N-Copolymer mit Hexen (beide Produkte mit MFR 190/10 min). Die
mPE-LLD-Polymere weisen im Unterschied zu Z/N-Polymeren kurze hoch-
und niedermolekulare Kurvenenden auf, was zu geringer richtungsabhängiger
Orientierung und zäheren Folien führt.
Wie gleichmäßig das Comonomere Hexen (Dichte = 0,918 g/cm3) in der Poly-
merkette verteilt ist, verdeutlicht Bild 2-48. Die homogene Verteilung führt zu

Bild 2-48. Verteilungsspektrum des Comonomeranteils im Z/N- und mPE-LLD-Polymeren


a Comonomerverteilung
b Verteilungsbreite des Comonomeren
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 503

hoher Transparenz, Klarheit, Siegelfähigkeit und FDA-organoleptischer Güte.


Eingekreiste Bereiche der Verteilungskurve wie bei Z/N-Polymer sind bei
mPE-LLD nicht vorhanden, Bild 2-48 a). Je höher die Kennzahl im Balkendia-
gramm, Bild 2-48 b, desto enger ist die Verteilung und damit die Homogenität
des Copolymeren.
Die nahezu isotrope Natur der mPE-LLD-Folien zeigt sich vor allem in der im
Fallversuch ermittelten Schlagzähigkeit (dart impact g/µm) an 25-µm-Folien (Fall-
höhe 112 cm). Die mit den beiden Folientypen ermittelten Werte zeigt Bild 2-49
in Abhängigkeit vom jeweiligen Mittelwert des Moduls aus Längs- und Quer-
richtung der Folien. Die hohen Werte über einen breiten Molmassebereich sind
auf die sphärolithische Feinkristallinität der mPE-LLD-Folien zurückzuführen.
Auch die Reißfestigkeit der 25-µm-mPE-LLD-Folie ist der Z/N-Folie insofern
überlegen, als sie in Längs- und Querrichtung annähernd gleiche Werte erreicht,
Bild 2-50. Ebenso zeigt sich im sog. passiven Fallversuch die Überlegenheit
der mPE-LLD-Folie, Bild 2-51. Über Trübung sowie das Blockverhalten der mit

Bild 2-49. 1-%-Sekanten-


modul
(Mittelwert längs/quer)

Bild 2-50. Ausgewogene Zugfestigkeit der Exeed-Folien (Dichte = 0,918 g/cm3, Foliendicke:
25 mm)
Polyolefine (PO)
504 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-51. Verhalten der 25-mm-Folie (mPE-LLD und Z/N) im Durchstoßversuch

Bild 2-52. Hohe Transparenz und günstiges Antiblockverhalten der mPE-LLD-Folien

5000 ppm Talkum (als Antiblockmittel) versehenen 25-µm-/Z/N-Folien im Ver-


gleich zur füllstofffreien, balancierten mPE-LLD-Folie informieren die Bilder
2-52. Die m-Folie verhält sich wesentlich günstiger, weil im Polymer der nieder-
molekulare Anteil gering ist (siehe Bild 2-47). Der Antiblockmittelzusatz kann
reduziert werden. Dank der Homogenität des Copolymeren ist auch die Heißsie-
gelfähigkeit günstiger, Bild 2-53. Wie Bild 2-54 zeigt, ist die scheinbare Viskosität
von mPE-LLD noch höher als die des Z/N-PE-LLD, sodass hier die gleichen ver-
fahrenstechnischen Voraussetzungen gelten wie beim Z/N-PE-LLD.

Anwendungen
Die wichtigsten Erzeugnisse der aus den erst seit der K ’95 bekannter gewor-
denen mPE-LLD sind extrudierte Schlauch- und Breitschlitzfolien für viele
Anwendungsbereiche. Dazu gehören auch Mehrlagenfolien, bei denen
mPE-LLD die zähigkeitserhöhende Schicht oder auch die Siegelschicht
bildet, sowie verzugfreie Spritzgußteile, Ampullen und Katheder für die
Medizintechnik. Die leichte Vernetzbarkeit begünstigt die Verwendung für
das Extrudieren von vernetzbaren Kabelmänteln.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 505

Bild 2-53. Vergleich der Siegelfähigkeit von mPE-LLD mit Z/N-PE-LLD

Bild 2-54. Scheinbare


Viskosität ha der bespro-
chenen PE-LLD-Sorten in
Abhängigkeit von der
Schergeschwindigkeit g·

Die Verarbeiter von PE-LD werden die zähigkeitsverbessernde Eigen-


schaft von mPE-LLD durch Zumischen nutzen, um die Anwendungs-
bereiche dieser Folien zu vergrößern.

Handelsnamen
Alathon (Oxychem Vinyls Div./US) [PE-LD, LLD, VLD,
HD]
Bapolene (Bamberger Polymers Inc./US) [PE-MD, LLD]
Brigling (BCL/GB) [PE-LD, LLD]
Brithene (Brilen SA/ES) [PE-LD, LLD]
Coathylene (Plast Labor/CH) [PE-LD, LLD,
MD, HD]
Dowlex (Dow Europe/CH) [PE-LLD]
Eltex (Solvay, Deutschland GmbH/DE) [PE-LLD, HD]
Polyolefine (PO)
506 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Eraclear (Enichem Deutschland/DE) [PE-LLD]


Escorene (Deutsche Exxon Chemical/DE) [PE-LD, LLD, HD]
Exact (Deutsche Exxon Chemical/DE) [mPE-LLD]
Exceed (Deutsche Exxon Chemical/DE) [mPE-LLD]
Finathene (Fina Deutschland GmbH/DE) [PE-LD, LLD]
Flexirene (Enichem Deutschland/DE) [PE-LD, LLD]
Indothene (Indian Petrochemical/IN) [PE-LD, LLD]
Innovex (BP Chemicals International/GB) [PE-LLD]
Lacqtène (Elf Atochem Deutschland/DE) [PE-LD, LLD,
PE-HD]
Ladene (Saudi Basic Ind. Corp./Saudi Arabien) [PE-LLD, HD]
Lotrene, Slotrex (Sofrapol/Eni Chem/FR) [PE-LLD]
Luflexen (BASF AG/DE) [mPE-LLD]
Lupolen (BASF AG/DE) [PE-LD, -LLD,
-MD, -HD]
Microthene (Quantum Chemical Corp./US) [PE-LD, -LLD]
Mirason (Mitsui Polychemical Co./JP) [PE-LD, -LLD, -HD]
Neo-zex (Mitsui Petrochemical Ind./JP) [PE-LD, PE-MD,
mPE-LLD]
Nipolon (Toyo Soda Mfy. Co. Ltd./JP) [PE-LD]
Novapol (Novacor Chemicals Ltd./CA) [PE-LD, -LLD]
Petrothene (Quantum Chemical Corp./US) [PE-LD, -LLD, -MD,
-HD]
Presto (Reynolds Consumer Europe/BE) [PE-LD, -LLD]
Rexene (Rexene Products Co./US) [PE-LD, -LLD, -MD]
Rotothene (Rototron Corp./US) [PE-LD, -LLD, -MD]
Sclair (Du Pont Deutschland GmbH/DE [PE-LLD, -MD]
Stamylex (DSM, Polymers & Hydrocarbon/NL) [PE-LD, -LLD]
Sumikathene (Sumitomo Chemical Co./JP) [PE-HD, -LD, -LLD,
-mPE-LLD]
Tenite (Eastman Chemical Int./US) [PE-LLD, -LD]
Tuplin (Union Carbide Corp./US) [PE-LLD]
Uber (Ube Industries Ltd./US) [PE-LD, -LLD]
Vinora (Vinora AG/CH) [PE-LD, -LLD, -MD,
-HD]
Visqueen (ICI PLC/GB) [PE-LD, -LLD]

2.1.1.1.3
PE-HD-UHMW
Das ultra-hochmolekulare Polyethylen wird mit Hilfe modifizierter Ziegler-

Katalysatoren hergestellt. Die auf das Massemittel bezogene molare Masse M w
erreicht Werte von 3 bis 6 Mio. im Unterschied zum normalen PE-HD mit
200 000 bis 500 000. Obwohl die meisten physikalischen und chemischen Eigen-
schaften mit denen des PE-HD übereinstimmen, unterscheidet es sich grund-
legend von diesen durch eine für Kunststoffe ungewöhnlich hohe Schlag- und
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 507

Kerbschlagzähigkeit sowie durch ein sehr günstiges Reibungs- und Ver-


schleißverhalten – auch bei tiefen Temperaturen – eine hohe Beständigkeit
gegen Spannungskorrosion, sowie geringe Wasseraufnahme.
Der größte Teil des Materials wird „tel quel“, d. h. wie es bei der Polymerisa-
tion anfällt, verarbeitet. Einige Typen enthalten Antioxidantien und UV-Stabili-
satoren, mineralische Füllstoffe, Leitfähigkeitsruß, Aluminium-, Bronze- oder
Kupferpulver, Flammschutzmittel (UL 94 V-O ist erreichbar), Kreide, Kiesel-
säure, Holzmehl, Glasfasern und Glaskugeln oder C-Fasern, um das Reibungs-
und Verschleißverhalten nach Maß zu verändern (siehe Kapitel 1.3.5.2 und
1.3.5.3). Durch den Zusatz von organischen Peroxiden (0,2 bis 0,5 %) wird das
Material vollständig vernetzt. Reibwert, Längenausdehnungskoeffizient und
Transparenz dünner Folien werden günstig beeinflusst.

■ Lieferform
PE-HD-UHMW wird als pulverförmiger Rohstoff, als Grieß sowie in Form von
Blöcken, Tafeln, Folien, Profilen, Rohren als Halbzeug geliefert.

■ Eigenschaften
Das Eigenschaftsbild von unvorbehandeltem Material gibt Tabelle 2-3 wieder.
In Tabelle 2-11 wird das nach der „sand-slurry“-Methode ermittelte Ver-
schleißverhalten von PE-HD-UHMW mit demjenigen anderer Polyolefine und

Tabelle 2-11. Relative volumetrische Verschleißwerte verschiedener Werkstoffe

Werkstoff Dichte rel. volumetr.


g/cm3 Verschleißwert

Hostalen GUR 0,94 100


GUR glaskugelgefüllt 1,14 165
GUR flammwidrig 0,99 150
GUR antistatisch 1,02 150
Acetal-Copolymer 1,42 700
PE-HD 0,95 330
PE-HD 0,92 600
Pertinax 1,4 2500
PMMA 1,31 1800
PVC-U 1,33 920
PP 0,90 440
PTFE 1,26 530
PTFE-GF 25 2,55 570
PTFE + 25% Ruß 2,04 960
PTFE-GF 25 + Metallverbindungen 2,33 750
PET 1,4 610
Buchenholz 0,83 2700
EP + 50% Quarzmehl 1,53 3400
PA 66 1,13 160
PA 12 1,02 260
Gusspolyamid 1,14 150
Stahl St 37 7,45 160
Polyolefine (PO)
508 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

anderer Werkstoffe verglichen. Der Verschleiß von Hostalen GUR wird darin
gleich 100 gesetzt.
Zum besseren Verständnis seien einige Verschleißarten kurz beschrieben:
• Reibungsverschleiß herrscht vor beim Gleiten von Kunststoff gegen andere
Werkstoffe, z. B. gegen Metall,
• Strahlverschleiß tritt auf beim Blasen von körnigem Material auf Kunststoff-
Flächen, z. B. bei der pneumatischen oder hydraulischen Förderung von Fest-
stoffen in Kunststoff-Rohrleitungen,
• Verschleiß durch körniges Gut, z. B. auf Rutschen und in Silos,
• Verschleiß bei Stoßbeanspruchung durch Flüssigkeitstropfen von hoher
Geschwindigkeit, z. B. Radarnasen an Flugzeugen, die sog. Regenerosion.
Die mit einigen erhöht verschleißfesten Lupolen-Typen nach der schmierungs-
frei arbeitenden Stift/Scheibe-Methode (bei der ein Prüfstift aus Lupolen unter
definierten Bedingungen auf einer rotierenden gehärteten und geschliffenen
Scheibe aus legiertem Werkzeugstahl gleitet), ermittelten Gleitreibungszahlen
und Gleitverschleißraten zeigt Bild 2-55.
Über die bei Lagern abzuführende Wärmemenge und die dabei auftretende
Längenänderungen informiert Bild 2-56.
Die Wärmeleitfähigkeit als Funktion der Materialtemperatur ist im Bild 2-57
wiedergegeben. Die bei Temperaturänderungen zu erwartenden Änderungen der
Abmessungen sind beim Berechnen des Lagerspiels zu berücksichtigen, Bild 2-58.
Von ebenso großer Bedeutung wie für den Wärmehaushalt bei Lagern, d. h.
die in Bild 2-56 wiedergegebene Wärmekapazität und in Bild 2-57 dargestellte
Wärmeleitfähigkeit, ist beim Presssintern von Halbzeug die Kenntnis von Heiz-

Bild 2-55. Gleitreibungszahl und Gleitverschleißrate von Lupolen UHM im Vergleich zu Lupo-
len 5261 ZS
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 509

Bild 2-56. Spezifische


Wärmekapazität von Lupolen
UHM in Abhängigkeit von
der Temperatur

Bild 2-57. Wärmeleitfähigkeit von


Lupolen UHM als Funktion der
Temperatur (gemessen an Platte und
Pulver)

zeit tH und Kühlzeit tK , d. h. der Gesamt-Zykluszeit erforderlich. Im Beispiel


betrug die Heiztemperatur 220 °C, die Kühltemperatur 15 °C und die Entfor-
mungstemperatur 25 °C, Bild 2-59.
Über die Abhängigkeit der Steifigkeit dieses hochmolekularen Polymeren in
Abhängigkeit von der Temperatur informiert die Kurve des Schubmoduls G. Der
mechanische Verlustfaktor d vermittelt eine Vorstellung von den Temperatur-
bereichen hoher Schlagzähigkeit (z. B. hoch, selbst bei – 120 °C), Bild 2-60; die
Dauergebrauchstemperatur beträgt maximal 80 °C.

■ Verarbeitungsverfahren (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7.2.1)


Die hohe molare Masse des PE-HD-UHMW bewirkt, dass dieses Produkt nicht
schmilzt bzw. einen messbaren MFR aufweist. Die Verarbeitungstechniken wur-
den deshalb der Pulvermetall-Technologie entlehnt.
Polyolefine (PO)
510 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-58. Längenausdehnungskoeffizient


von Lupolen UHM in Abhängigkeit von
der Temperatur

Bild 2-59. Abhängigkeit der Kühlzeit tK ,


Heizzeit tH und der Zykluszeit tZ = (tH + tK)
von der Plattendicke beim Presssintern
von Lupolen UHM

Beim Pressen von Tafeln wird das im formgebenden Rahmen gleichmäßig


verteilte Pulver einige Minuten bei einem Druck von 7 bis 10 N/mm2 entlüftet,
danach bei einem Druck von 1,4 bis 1,8 N/mm2 und einer Temperatur von 180 bis
220 °C plastifiziert. Nach Beendigung des Schmelzvorganges wird der Druck auf
10 N/mm2 erhöht. Dabei erreicht die Rohdichte einen Wert von 0,935 g/cm3. Das
Gefüge weist demnach noch Poren und Zellen auf. Erst bei einem Druck von
70 N/mm2 kann die Dichte auf 0,955 bis 0,957 g/cm3 erhöht werden.
Mit Hilfe spezieller Sinterprozesse kann Hostalen GUR zu porösen Formtei-
len wie Rohre und Platten verarbeitet werden. Die Pulverkörner sintern bei Tem-
peraturen von 180 bis 230 °C unter niedrigem Druck (< 0,1 N/mm2). Porosität,
Durchlässigkeit und Steifigkeit der Formteile können innerhalb bestimmter
Grenzen durch die Parameter Zeit, Druck und Temperatur variiert werden [16].
Der pulverförmige Rohstoff eignet sich vorzüglich zur Herstellung von porösem
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 511

Bild 2-60. Schubmodul G


und mechanischer Ver-
lustfaktor d von Lupolen
UHM in Abhängigkeit
von der Temperatur
(gemessen nach DIN
53 445 an gepressten Pro-
bekörpern (1 mm dick)

Halbzeug bei der Schmelztemperatur von 135 bis 138 °C. Periodisch, mit kurzem
Hub und Drücken von 2000 bis 3000 bar arbeitende Kolbenstrangpressen, wie
sie bereits vor dem Zweiten Weltkrieg für das Strangpressen von PF-Formmas-
sen verwendet wurden, sowie langsam laufende Doppelschneckenextruder
ermöglichen die Herstellung von Profilen, Stäben und Rohren. Für das Herstel-
len von Formteilen bis zu einigen hundert Gramm Gewicht wurden spezielle, mit
Hochdruckspeicher arbeitende Spritzgießmaschinen entwickelt.
Mit Hilfe des „Lam-N-Hard“-Verfahrens können kontinuierlich Tafeln herge-
stellt werden. Durch Pressen werden Fertigteile unmittelbar aus dem Pulver her-
gestellt [17].
Die Hoechst AG erweiterte ihr Hostalen GUR-Sortiment um einen gut
fließfähigen Typ für das Spritzgießen komplizierter Formteile.

Anwendungen
PE-HD-UHMW wird vor allem in Anlagen für die Handhabung von
Massengütern verwendet. Die hohe Verschleißfestigkeit bewährt sich bei
Auskleidungen von Trichtern, Rutschen für Kohle, Erz, Getreide, Papier
und vieles andere. Extrudierte Profile und Formteile werden im Textil- und
im allgemeinen Maschinenbau verwendet. Die Verfahrenstechnik der Che-
mischen Industrie schätzt das Material für die Herstellung von Pumpen-
teilen, Dichtungen, Filtern, Speiseschnecken, Gleitschienen, Rollen, Zahn-
rädern und Buchsen. Es wird ferner für chirurgische Implantate, Prothesen
und Stützapparate, Skibeläge, Schneepflugkanten, Kegelbahnen und Kegel
sowie Hackblöcke in Fleischereien verwendet.

Handelsnamen
Hostalen GUR (Ticona GmbH/DE)
Lupolen UHM (BASF AG/DE)
Polyolefine (PO)
512 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.1.4
Polyethylen-Modifikationen
Je umfassender die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Poly-
olefine wurden, desto mehr Möglichkeiten eröffneten sich, die Eigenschaften der
Polymeren im gewünschten Sinne zu verbessern oder gar zu neuartigen Pro-
dukten zu gelangen. Die Wege sind physikalischer (Füllen, Verstärken, Ver-
strecken,Verschäumen) oder chemischer (Nukleieren,Vernetzen,Verschäumen,
Substituieren, Copolymerisieren) Natur. Dabei können einige Eigenschafts-
änderungen sowohl in physikalischer als auch in chemischer Hinsicht bewirkt
werden.
Substituiert wird bevorzugt an Verzweigungsstellen, d. h. das am tertiären C-
Atom vorhandene Wasserstoffatom wird substituiert. Dabei beeinflussen polare
Atome oder Atomgruppen die zwischenmolekularen Kräfte und die Kristalli-
nität. Der amorphe Anteil wird erhöht, die kautschukelastischen Eigenschaften
werden verbessert. Es können auch vernetzungsfähige Substituenten eingeführt
werden. Über einige physikalische Modifikationsmöglichkeiten bei PE wurde
bereits berichtet, es verbleiben noch das Vernetzen, Substituieren und das Co-
polymerisieren.

2.1.1.1.4.1
Vernetztes Polyethylen (PEX)
Der lineare Aufbau der thermoplastischen Polyethylene (PE-LD, PE-LLD, PE-
HD) kann durch räumliches Vernetzen (z. B. 5 Vernetzungen auf 1000 C-Atome)
verändert werden [3]. Die Zeitstandfestigkeit, die Schlagzähigkeit in der Kälte,
die Abriebfestigkeit und die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung werden
wesentlich erhöht. PEX schmilzt nicht mehr, sondern erweicht ähnlich wie ein
Elastomer. Deshalb kann es thermisch kurzzeitig bis 200 °C und dauernd hoch
beansprucht werden.
Das Vernetzen kann auf verschiedene Weise geschehen [18].
Große Bedeutung hat bis heute das Vernetzen mit Hilfe von Peroxiden (z. B.
Dicumylperoxid). Beim Engel-Verfahren wird das mit Peroxid und Stabilisato-
ren gemischte PE-HD mit Hilfe eines unter hohem Druck arbeitenden Kolben-
extruders zum Rohr geformt und bereits im Werkzeug vernetzt.
Die französische Firma Pont-à Mousson modifizierte das Engel-Verfahren.
Dabei wird das aus PEX herzustellende Rohr mit größerem Durchmesser und
größerer Wanddicke extrudierte Rohr nach Verlassen der Düse auf das verlang-
te Maß gezogen und anschließend in einem Salzbad vernetzt und kalibriert.
Beim Labonyl-Verfahren dienen Azoverbindungen als Netzmittel in Verbin-
dung mit Stabilisatoren, die bereits vor der Materialaufgabe zugemischt wurden.
Das Vernetzen geschieht im Anschluss an die Extrusion in einem Salzbad.
Beim Silan-Verfahren werden in einer oder mehreren Stufen Silanverbindun-
gen, Peroxid, Katalysator und Stabilisator zunächst als reaktionsfähige Gruppen
auf die PE-Moleküle aufgepfropft. Das extrudierte Rohr wird zum Abschluss in
einem Wasserbad bei erhöhter Temperatur vernetzt.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 513

Das Vernetzen kann auch mit Hilfe einer nachgeschalteten Strahlenquelle


(Elektronenbeschleuniger) oder mit Hilfe von Isotopen durchgeführt werden.
Vernetzt werden Isolationen aus PE-Schaumstoff, Isolierschläuche und
Schrumpffolien. Die regulierbare Eindringtiefe der b-Strahlung (bis 10 mm) und
der g-Strahlung (bis 100 mm) bietet bei dickwandigen Isolationen die Möglich-
keit, die inneren Wandungsschichten unvernetzt zu belassen, sodass beispiels-
weise bei Isolierschläuchen die Innenwand direkt auf den Leiter aufschrumpfen
kann. Das physikalische Vernetzen tritt jedoch wegen hoher Anlage- und
Betriebskosten noch immer hinter dem peroxidischen Vernetzen zurück.
Wie Bild 2-61 am Beispiel der Temperaturabhängigkeit des Schubmoduls zeigt,
führen die bei den genannten Verfahren jeweils üblichen Vernetzungstemperatu-
ren zu Werkstoffen mit unterschiedlichem Verhalten in der Wärme, das gilt
besonders im Bereich oberhalb der Schmelztemperatur, der für silan- und strah-
lenvernetztes PE-HDX zutrifft. Der resultierende Schubmodul ist bei hoher Ver-
netzungsdichte höher als bei geringerer. Aus der Lage der parallel zur Abszisse
verlaufenden Geraden kann auf die Vernetzungsdichte geschlossen werden.
Formstoffe aus PE-HD können bei hohen Temperaturen umgeformt werden
und behalten diese Gestalt beim Abkühlen bei. Bei Erwärmung oberhalb des
Schmelzbereichs stellt sich die ursprüngliche Gestalt wieder ein. Diese Eigen-
schaft des „plastic memory“ wird bei Schrumpfmuffen für Rohrleitungen ge-
nutzt [18].

Bild 2-61. Schubmodul in Abhängigkeit von der Temperatur für unvernetztes und unterschied-
lich vernetztes PE-HD
Polyolefine (PO)
514 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-62. Zeitstandverhalten (Mindestwerte) im Zeitstandinnendruckversuch an Rohren aus


nicht vernetztem Polyethylen hoher Dichte (PE-HD) nach DIN 8075

Bild 2-62 gibt das Zeitstandverhalten von Rohren aus unvernetztem PE-HD
und Bild 2-63 die Ergebnisse aus Zeitstandinnendruckversuchen an Rohren aus
vernetztem PEX hoher Dichte wieder. Der zu erwartende extrapolierbare lineare
Verlauf der Zeitstandfestigkeit dieser Rohre über eine Beanspruchungsdauer
von 50 Jahren hinaus – selbst bei Dauertemperaturen von mehr als 50 °C – macht
dieses Material zu einem wertvollen Technischen Werkstoff.
PE-HDX wird durch Spritzgießen bei Temperaturen bis 160 °C verarbeitet
und im Werkzeug bei Temperaturen bis 230 °C vernetzt. Die Formteile werden in
der Elektrotechnik, dem Automobilbau und in der Verfahrenstechnik eingesetzt.
PE-LDX wird vorwiegend durch Extrudieren zu Mittel- und Hochspannungs-
kabeln (10 kV – 110 kV) verarbeitet. Das Vernetzen geschieht kontinuierlich
unmittelbar im Anschluss an das Extrudieren.

Handelsnamen
ACS (Showa Denko K.K./JP)
Alveolit, Alvecolux (Alveo GmbH/DE)
Elapor (EMW Betrieb/DE)
FF-therm (Fränkische Rohrwerke GmbH/DE)
Friatherm (Friatec AG/DE)
Nucrel (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 515

Bild 2-63. Zeitstandverhalten (Mindestwerte) im Zeitstandinnendruckversuch an Rohren aus


vernetztem Polyethylen hoher Dichte (PE-HDX) nach DIN 16 892

Pexgol (Golan Plastics Products/IL)


Softlon (Sebisui Chemical Co. Ltd./JP)
Superohm (H. Schulmann GmbH/DE)
Trocellen (HT Troplast AG/DE)

Thermoplastische PE-Elastomeren (TPE)

Handelsnamen
Alathon (Oxychem Vanyls Div./US)
Dutralene (Montell Polyolefins/BE)
Dutral (Montell Polyolefins/BE)
Scona (Buna AG/DE)
Statoil TPE (Statoil Den norske stats/NO)
Sumica Flex (Sumitono Chemical Co./JP)
Tafmer (Mitsui Chemical Europe/DE)
Polyolefine (PO)
516 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.1.4.2
Chlorierte Polyolefine

2.1.1.1.4.2.1
Chloriertes Polyethylen (PE-C) (thermoplastisches Elastomer)

Unter den chemischen Verfahren für das Modifizieren von Polyethylen durch
Substitution hatte das Chlorieren große Bedeutung. Die Arbeiten begannen 1934
bei Polyisobutylen und wurden bereits 1936 durch die ICI bei Polyethylen fort-
gesetzt. Im Zuge dieser Arbeiten entstand – wenn auch erst in den fünfziger Jah-
ren – das chlorsulfonierte PE (Hypalon). Das Chlorieren der Polyolefine ge-
schieht in Lösemitteln, Dispersionen oder durch unmittelbares Einwirken von
gasförmigem Chlor. Hoechst brachte im Jahre 1957 ein chloriertes Niederdruck-
polyethylen auf den Markt, das seitdem als Schlagzähkomponente in Mischun-
gen mit PVC-U als (PVC + PE-C)-Blend für die Herstellung von Fensterprofilen,
Dachrinnen und Rohrleitungen große Bedeutung erlangte (Handelsname
Hostalit Z). Hohe Witterungsbeständigkeit und im Vergleich zu PVC-U erhöhte
Schlagzähigkeit in der Kälte zeichnen die aus diesen Blends hergestellten Form-
stoffe aus (siehe Kapitel 2.1.2.1.1).
In den vergangenen Jahren wurden weitere Eigenschaften des Chlorpolyethy-
lens verbessert bzw. optimiert:
• Die Verarbeitbarkeit der für das Kalandrieren von weichmacherfreien Weich-
folien und das Extrudieren von Weichfolien und -profilen, Blends
• Das Eigenschaftsbild als thermoplastisches (vernetzbares) Elastomer.
Molare Masse und Verteilung der molaren Masse unterschiedlicher Polyethylen-
typen hoher Dichte bestimmen das Fließverhalten und die mechanischen Eigen-
schaften des jeweiligen PE-C-Typs.
Reaktionstemperatur, Reaktionszeit und Chlorumsatz beeinflussen Restkris-
tallinität und amorphe Bereiche. Der Chlorgehalt wird zwischen 34 und 44 %
variiert.
Durch Variation der Prozessparameter ist es ferner möglich, bei Einsatz von
PE-Typen mit einem Kristallinitätsgrad von 70 % bis 80 % eine Reihe von Pro-
dukten mit alternierenden Sequenzen aus weichen amorphen und harten
Kristallitsegmenten (typisch für thermoplastische Elastomere) bis hin zu völlig
amorphen, weichen Polymeren hoher Elastizität geringer Härte und verhältnis-
mäßig tiefer Glasumwandlungstemperatur (– 15 °C) herzustellen. Eine schemati-
sche Darstellung dieser Strukturen ist sehr aufschlußreich.
Bedingt durch die ausgeprägte Kautschukelastizität, kombiniert mit der
geringen Oberflächenhärte können vor allem die PE-C-Typen in den Anwen-
dungsgebieten:
• Schlagzähmodifizierung,
• migrationsfreie Weichfolien und Weichprofile
• und Elastomere
eingesetzt werden.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 517

■ Schlagzähmodifizierung
PE-C ist einer der gebräuchlichsten Schlagzäh-Modifikatoren für PVC, mit über
35jähriger Bewährung im Außeneinsatz. Der Schlagzähmechanismus beruht
darauf, dass während der Verarbeitung das weiche, kautschukartige Chlorpoly-
ethylen innerhalb der PVC-Matrix ein schlagzähes Netzwerk bildet.
Die Schlagzähigkeit steigt gegenüber Normal-PC mit zunehmendem Modifi-
katorgehalt an und nähert sich ab etwa 8 phr einem Maximum.
Bei niedriger Modifizierkonzentration lässt sich durch Kombination mit
Kreide die Schlagzähigkeit des Fertigartikels noch verbessern.
Bei alleiniger Verwendung von Kreide werden diese Zähigkeitswerte nicht
erreicht.
Bei der Herstellung von Halbzeug wie Profilen, Platten, Rohren, Dränrohren,
Folien u. a. werden geringe Modifizierermengen von 3 bis 6 Teilen eingesetzt, um
die Nacharbeit durch z. B. Sägen, Schneiden, Nageln, Bohren u. ä. zu verbessern,
wobei die Sprödbruchempfindlichkeit von Normal-PVC weitgehend ausgeschal-
tet wird.
PE-C ist ein hochwirksamer Schlagzähmacher von ausgesprochener Wirt-
schaftlichkeit (siehe auch Kapitel 2.1.2.1.2).
Polyolefine (PO)
518 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Verwendung bei Weichfolien und Weichprofilen


Außer als Schlagzähmodifizierer eignet sich PE-C als thermoplastischer Kaut-
schuk auch für die Herstellung von migrationsfreien Weichfolien und Weichpro-
filen.
Bisher bewährte Anwendungen sind:
• Dachfolien,
• Auskleidungsfolien für Behälter (z. B. Silos, Tanks), Wasser- und Klärbecken,
Deponien, künstliche Seen usw.,
• Abdichtfolien im Tief- und Hochbau,
• Weichprofile/Dichtprofile, besonders im Bausektor.
Die Flexibilität der Endprodukte bzw. deren Shore-Härte ist in weiten Grenzen
durch das Abmischverhältnis (PE-C + PVC) einstellbar. Hierbei ist die Verwen-
dung eines PVC-Typs im K-Wert-Bereich 55 bis 70 möglich.
Dachfolien zeichnen sich durch eine Reihe günstiger Eigenschaften aus:
• bitumenbeständig (im Gegensatz zu PVC-U),
• kein Weichmacher-Ausschwitzen oder -Wandern,
• alterungs- und witterungsbeständig,
• gute mechanische Festigkeitseigenschaften und hohe Zähigkeit (auch bei tie-
fen Temperaturen),
• beständig gegen übliche Einflüsse aus atmosphärischen Verunreinigungen,
• wasserdicht aber wasserdampfdurchlässig,
• quell- und verrottungsfest,
• beständig gegen zahlreiche Chemikalien,
• verträglich mit Polystyrol, Polyurethan, Polyethylen, PVC-U, jedoch nicht ver-
träglich mit PVC-P,
• wurzelfest in Anlehnung an DIN 4062 Blatt 1,
• widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme nach DIN 4102 Teil 7,
normalentflammbar (B 2) nach DIN 4102 Teil 1,
• leicht verschweißbar mit Lösemittel (THF) sowie HF und Heißgas.
Die UV-Beständigkeit wird durch langjährige Bewitterungsversuche (z. B. in
Frankfurt und Bombay) bestätigt.
Die mechanische Festigkeit und die Dehnfähigkeit der Folien bleibt über
viele Jahre Außenbewitterung nahezu unverändert.
Für Weichprofile aus (PE-C + PVC) werden überwiegend 70 bis 90 Masse-
anteile PE-C entsprechend 30 bis 10 Masseanteile PVC-U gewählt. Die Härten
betragen Shore A 60 bis 75. Dazu kommen Stabilisatoren, Gleitmittel, Kreide
(10 bis 20 phr) und TiO2 (3 und 4 phr).

■ Elastomerbereich
PE-C kann nach verschiedenen Methoden – bevorzugt peroxidisch – vernetzt
werden. Das sehr günstige Preis/Leistungsverhältnis erschließt zunehmend brei-
te Anwendungsbereiche in der Kabel- und Gummiindustrie.
Die Eigenschaften dieses Kautschuks überschneiden sich teilweise mit CSM
(chlorsulfoniertes Polyethylen), CR (Polychloropren), EPDM (Ethylen-Propylen-
Dien-Terpolymer) sowie NBR (Acrylnitril-Butadien-Kautschuk).
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 519

Vergleich des Eigenschaftsbildes von Hostapren mit anderen Kautschuken:


Hieraus geht hervor, dass PE-C im Vergleich zu den aufgeführten Kautschu-
ken ein vorzügliches Eigenschaftsbild aufweist.
Die Vorteile von PE-C als Spezialkautschuk ergeben sich aus nachfolgender
Zusammenstellung:
• hervorragende Alterungsbeständigkeit,
• ausgezeichnete Witterungs- und Ozonbeständigkeit,
• günstiges Brandschutzverhalten,
• gute Beständigkeit gegen Öle, auch bei hohen Öl-Temperaturen,
• gute mechanische Eigenschaften und hohe Abriebfestigkeit,
• niedrige Versprödungstemperatur,
• niedriger Druckverformungsrest bis 150 °C,
• gute Verarbeitbarkeit auf den üblichen Maschinen der Gummi-Industrie.
Die Vulkanisierung wird mit Peroxiden durchgeführt. Prinzipiell ist auch eine
Vernetzung durch Bestrahlen oder peroxidfreie Systeme möglich (z. B. Thiodia-
ziol-Derivate). Die peroxidische Vernetzung hat gegenüber der Schwefelvernet-
zung den Vorteil hoher Bindungskraft, was zu besserer Wärmeformbeständig-
keit infolge der stabileren –C–C-Bindung führt.
PE-C kann leicht mit anderen Kautschuken zur Erzielung bzw. Veränderung
charakteristischer Eigenschaften abgemischt werden.
Durch Abmischen mit EPDM kann u. a. die Flexibilität bei tiefen Temperatu-
ren verbessert werden, mit NBR wird eine höhere Benzin- und Ölbeständigkeit
erreicht.
Die zur Zeit verbreitetste Anwendung von Hostapren ist der Einsatz als Man-
telwerkstoff für Kabel.
Im Automobilbau ist die Verwendung für kompakte und geschäumte Weich-
profile erfolgversprechend.
Darüber hinaus ist PE-C für die Herstellung der verschiedenartigsten Schläu-
che und technischen Formartikel (Dichtungsbälge, Manschetten, Förderbänder
u. ä.) geeignet.

Handelsnamen
ACS (Showa Denko K.K./JP)
Daisolac (Osaka Soda Co. Ltd./JP)
Elaslen (Showa Denko K.K./JP)
Fortiflex (Solvay Deutschland/DE)
Haloflex (ICI PLC/GB)
Hypalon (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Kelrinal (DSM Polymers & Hydrocarbon/NL)
Solarflex (Pantasote Inc./US)
Polyolefine (PO)
520 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.1.4.2.2
Vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX)

Speziell für die Herstellung technischer Gummi-Formstoffe entwickelte Du Pont


eine Produktfamilie mit dem Handelsnamen Alcryn®. Dabei handelt es sich –
die Zusammensetzung des jeweiligen Typs wird in den Werkstoffblättern nicht
genannt – vermutlich um ein Elastomer auf der Basis eines vernetzten chlorier-
ten Polyolefins, und zwar ein Blend aus in-situ vernetztem Ethylen/Vinylacetat
und Polyvinylidenchlorid in Verbindung mit Füllstoffen, Stabilisatoren und
Weichmachern. Für die Verarbeitung werden mehrere gebrauchsfertige Typen
im Härtebereich zwischen 60 bis 80 Shore A angeboten. Die verschiedenen
Typen sind miteinander mischbar, ebenso mit PVC [19, 20].
Die Alcryn-Produktfamilie weist charakteristische Merkmale von Elastome-
ren mittlerer Leistungsfähigkeit auf. Im Druckverformungstest bei 100 °C weist
Alcryn für diese Stoffklasse sehr gute Werte auf. Mit einer Versprödungstempe-
ratur zwischen – 42 und – 46 °C erfüllt es die Forderungen der Automobilher-
steller nach ausreichender Zähigkeit in der Kälte bis – 40 °C. Bei dieser Tempe-
ratur wird der Biegetest bestanden. In der Wärme- und Ölbeständigkeit (DIN
78 078) übertrifft dieses Material Nitrilkautschuk und Polychloropren. Im
Gebrauchstemperaturbereich von –40 bis 120 °C ist die Wärmealterung gering.
Die Ozon- und Witterungsbeständigkeit kommt derjenigen von EPDM gleich.
Die Gebrauchstemperatur beträgt 100 °C, kurzzeitig 120 °C. Alcryn erweicht
langsam bei Temperaturen von mehr als 135 °C.
Das Material ist wie ein Thermoplast von allen üblichen Methoden verarbeit-
bar: Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen, Kalandrieren und Warmformen. Das
Fließweg/Wanddickenverhältnis zeigt für den Typ Alcryn 2070 BK Bild 2-64.
Formstoffe aus Alcryn werden bevorzugt eingesetzt als Bauteile im Automo-
bil, für Folien, Dichtungen, Manschetten, Schläuche, Draht- und Kabelisolatio-
nen, Schuhteile, beschichtete Textilien und Förderbänder, d. h. für statisch bean-

Bild 2-64. Fließweg/Wanddickenver-


hältnis von Alcryn 2070 BK (DuPont)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 521

spruchte technische Teile. Für dynamische Beanspruchungen, beispielsweise


Autoreifen, ist Alcryn nicht geeignet.

2.1.1.1.4.3
Sulfochloriertes Polyethylen

Bei der Sulfochlorierung werden sowohl vernetzungsfähige SO2-Cl-Gruppen als


auch in unvermeidbaren Nebenreaktionen Chloratome in die Polymerkette ein-
geführt. Die am häufigsten angewandte Methode ist das gleichzeitige Einwirken
von SO2 und Chlor auf die Polyolefinlösung in einem Chlor-KW unter gleichzei-
tiger Einwirkung und UV-Strahlung oder 60Co-Strahlung.

冤 冷 冷
––––CH2––CH––––CH2––CH2––––CH––CH2––––
| | n

Cl SO2
Chlorethylen Ethylen Chlorsulfonyl-
ethylen
Sulfochlorierte Polyolefine dienen vorwiegend zur Herstellung von Elastomeren
(CSM).Von den Polyolefinen wird vorwiegend PE-LD sulfochloriert. Die Elasto-
mereigenschaften von Ethylen/Propylen-Copolymeren sind jedoch wesentlich
besser. Als Vulkanisationsmittel dienen vor allem MgO und PBO plus-Beschleu-
niger.

Anwendungsbeispiele
Sulfochlorierte Polyolefine mit einem Chlor-Massegehalt bis zu 30 % die-
nen als Auskleidungsmaterial für Transportbehälter sowie im Apparatebau
der chemischen Industrie. Die hohe Ozon- und Oxidationsbeständigkeit
führte zur Verwendung für Kabelisolationen. Verschnitte mit anderen
Kautschuken dienen als Beschichtungsmaterial.

Handelsnamen
Hypalon (Du Pont/US)

2.1.1.1.4.4
Phosphorylierung, Sulfophosphorylierung, Sulfierung, Oxidation

Die Beständigkeit phosphorylierter Ethylen-Propylen-Copolymeren gegen die


Einwirkung von Ozon und Wärme ist höher als die von Hypalon. Sie werden
deshalb als Isolationsmaterial für Drähte und Kabel verwendet.
Sulfiertes PE-Öl dient als Schmiermittelzusatz. Oxidierte Polyolefine mit 3 bis
7 % O2 werden zu stabilen Emulsionen verarbeitet. Sie dienen zur Herstellung
von rutschfesten Selbstglanzemulsionen für die Fußbodenpflege.
Polyolefine (PO)
522 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.1.4.5
Copolymere des Ethylens (s. a. Kapitel 1.3.1)
Das Copolymerisieren des Ethylens mit Propylen, Buten-1, Vinylacetat, Acryl-
säureester, Kohlenmonoxid u. a. stört die Methylenkettenstruktur des PE und
führt zu Segmenten begrenzter Kristallinität. Daraus folgt eine niedrigere
Schmelztemperatur.Art und Polarität des Comonomeren beeinflussen die inter-
molekularen Kräfte und die Glasübergangstemperatur. Zwar üben kleine Seiten-
gruppen darauf nur eine geringe Wirkung aus, Carbonylgruppen führen jedoch
wegen ihrer Polarität zu verringerter Kettenbewegung und damit zu einer höhe-
ren Glasübergangstemperatur. Methylgruppen und Chloratome vergrößern den
Abstand und verringern so die Dispersionskräfte sowie die Kristallinität. Härte,
Steifheit und Zähigkeit sind durch Kristallinitätsgrad, Schmelzpunkt und Glas-
übergangstemperatur gegeben. Das dielektrische Verhalten und die Chemikalien-
beständigkeit werden jedoch durch das Comonomere mitbestimmt. Durch die
statistische Copolymerisation von Ethylen mit geringen Mengen Propylen oder
Buten-1 werden dem PE ähnliche Produkte gewonnen. Die Eigenschaften glei-
chen in mancher Hinsicht denen von verzweigtem PE, d. h. PE-LD.

2.1.1.1.4.5.1
Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC)

Allgemeine Stoffbeschreibung
Einen stärkeren Einfluss auf das Eigenschaftsbild von PE – vor allem PE-HD –
als das Zumischen von Polyisobutylen und Kautschuk oder auch von PE-LD
sowie das Copolymerisieren mit geringen Mengen von Buten-1 gewinnt die
Copolymerisation mit Vinylacetat.

Vinylacetat Ethylen/Vinylacetat-Copolymer (EVA)

Mit zunehmendem Anteil des polaren Comonomeren VAC wandeln sich die ent-
stehenden Produkte vom modifizierten PE über wachsverträgliche Schmelz-
klebstoffe oder kautschukartige Produkte bis hin zu den plastifizierten Pro-
dukten des Comonomeren, die beispielsweise als Dispersionen technische Be-
deutung erlangten.

■ Struktur und Eigenschaften


Während bei PE-LD außer dem Schmelzindex (MFR) die Dichte das wichtigste
Charakteristikum ist, müssen Copolymere außerdem durch den Gehalt an
Comonomeren gekennzeichnet werden. EVA-Copolymer wird mit steigendem
VAC-Gehalt infolge abnehmender Kristallinität weicher. Die Dichte nimmt bis zu
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 523

einem VAC-Anteil von 10 % wegen des gestörten kristallinen Aufbaus ab. Bei
höheren Gehalten strebt sie der des Polyvinylacetats von 1,17 g/cm3 zu.
Bei konstantem Schmelzindex ergibt sich mit zunehmendem VAC-Gehalt fol-
gender Zusammenhang:
es steigen: es fallen:
Zähigkeit in der Kälte Härte
Schockfestigkeit Steifheit
Flexibilität Schmelztemperatur
Spannungsrissbeständigkeit Chemikalienbeständigkeit
Transparenz Streckspannung
Dichte Sperreigenschaften
Witterungsstabilität Formbeständigkeit in der Wärme
Klebrigkeit
Füllstoffaufnahmevermögen
Heißsiegelfähigkeit
Schweißbarkeit
Strahlenvernetzbarkeit
Wechselbiegefestigkeit
Während üblicherweise höhere Dichten höhere Steifheit und eine höhere Glas-
übergangtemperatur bewirken, ist im Falle der EVA-Copolymeren das Gegenteil
der Fall. Bis zu einem Methylengehalt von 30 % enthalten diese Copolymeren
noch kristallin geordnete Methylensegmente. Mit steigendem VAC-Gehalt
nimmt dementsprechend die Transparenz zu. Das Produkt wird gummielas-
tisch. Auch die Reißfestigkeit durchläuft ein Maximum.
Produkte bis zu 10 Masse-% VAC-Anteil sind im Vergleich mit PE-LD trans-
parenter, flexibler und zäher, was bei Schwersackfolien und Tiefkühlverpackun-
gen erwünscht ist. Sie sind leichter siegelbar, eine Eigenschaft, die bei Beuteln
und Verbundfolien geschätzt wird. Die hohe Beständigkeit gegen die Bildung
von Spannungsrissen wird vor allem bei Kabelummantelungen geschätzt.
Schrumpffolien weisen bei niedriger Temperatur einen hohen Schrumpf auf
und Streckfolien relaxieren weniger.
Masseanteile von 15 bis 30 % sind dem PVC-P vergleichbar. Sie sind sehr weich
und flexibel. Aus dem noch thermoplastisch verarbeitbaren Material werden
Verschlüsse, Dichtungen, Keder und rußgefüllte Kabelisolationen hergestellt.
Compounds mit VAC-Anteilen von 30 bis 40 % sind elastisch dehnbar,
weich und hoch füllbar. Festigkeit und Haftfähigkeit sind hoch, schätzenswerte
Eigenschaften von Beschichtungen und Klebstoffen. Bei Anteilen von 40 bis
50 Masse-% treten die Kautschuk-Eigenschaften hervor. Diese Produkte sind bei
Kabelisolationen peroxidisch oder strahlentechnisch vernetzbar. Durch Propf-
reaktion kann hochschlagfestes PVC mit guter Witterungsbeständigkeit erzeugt
werden (siehe auch Kap. 2.1.2 PVC). Hydrolyse-Polymere eignen sich für die
Herstellung von Beschichtungsmaterial, Schmelzklebstoffen sowie zur Herstel-
lung von Formteilen und Folien hoher Festigkeit und Zähigkeit. Copolymere mit
VAC-Anteilen von 70 bis 95 % dienen zur Herstellung von Emulsionsfarben,
Klebstoffen und Folienbeschichtungen.
Polyolefine (PO)
524 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Sortiment, Lieferformen
Naturfarbene, d. h. glasklare sowie gefärbte und gefüllte Formmassen sind als
Granulat und als rotationsformbares Pulver lieferbar. Bei einem Kreideanteil von
50 % entstehen lederähnliche Erzeugnisse mit trockenem Griff.
Eine Rußfüllung von 30 % ergibt halbleitende Erzeugnisse (10 bis 101 W cm).
Ein Bariumferritgehalt bis zu 90 % wird für magnetisierbare flexible Produkte
wie Dichtleisten von Kühlschränken verwendet. Mischungen mit Kollophonium
und Füllstoffen sind als Schmelzklebstoffe bekannt. Mischungen mit Paraffinen
dienen als Schmelzbeschichtungen in der Papierveredelung.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften von Copolymerisaten im Dichtebereich 0,934 bis
0,936 (VAC-Gehalt 13 bis 16 %) sind in Tabelle 2-3 wiedergegeben. Bild 2-65 zeigt
die kennzeichnenden mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit vom VAC-
Gehalt. Der Zusammenhang zwischen mechanischen Eigenschaften, Fließver-
halten, Spannungsrissbeständigkeit und Schmelzindex gleicht dem der Ethylen-
Homopolymeren.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Die Abhängigkeit der Gas- und Dampfdurchlässigkeit von VAC-Gehalt zeigt
Bild 2-66.

■ Chemikalienbeständigkeit
beständig gegen: Verdünnte Mineralsäuren, Laugen, Alkohole, Fette, Öle,
Detergenzien
nicht beständig gegen: Konzentrierte Mineralsäuren, Ketone, aromatische und
chlorierte KW

Bild 2-65. Abhängigkeit kennzeichnender Eigenschaften der E/VA-Copolymeren vom VAC-


Gehalt
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 525

Bild 2-66. Abhängigkeit der Durchlässigkeit von E/VA für Wasserdampf und Gase in Abhängig-
keit vom VAC-Gehalt

Die geringe Kristallinität (hoher Verzweigungsgrad) und die polaren Eigen-


schaften der EVA-Copolymeren bedingen die im Vergleich zu PE-LD geringere
Beständigkeit, die sich mit steigendem VAC-Gehalt noch verschlechtert. Außer
dem Gehalt an VAC hat auch die Temperatur einen entscheidenden Einfluss auf
die Chemikalienbeständigkeit.

■ Spannungsrissbildung (s. a. Kapitel 1.3.4)


Die Beständigkeit steigt mit dem VAC-Gehalt und fallendem Schmelzindex.
Sie ist bei den EVA-Copolymeren grundsätzlich höher als bei vergleichbarem
PE-LD.

■ Brennbarkeit (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


EVAC-Copolymere entzünden sich bei Flammeneinwirkung, brennen mit
schwach leuchtender Flamme auch außerhalb der Zündquelle weiter und trop-
fen brennend ab.

■ Witterungsbeständigkeit
Bei Lagerung im Freien werden Polyethylen und Copolymere des Ethylens (wie
die meisten Natur- oder Kunststoffe) unter der Einwirkung von Witterungsein-
flüssen, insbesondere durch UV-Anteile des Sonnenlichts unter Beteiligung des
Luftsauerstoffs, geschädigt. Durch den Abfall verschiedener Eigenschaftswerte,
beispielsweise Zähigkeit und Reißdehnung, und mögliche Verfärbungen wird
ihr Gebrauchswert beeinträchtigt. Bei gleitmittelhaltigen Typen kann es darüber
Polyolefine (PO)
526 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

hinaus durch Wärmeeinwirkung zu einer Veränderung des Gleitmittels kom-


men, die sich durch gelbliche Verfärbung und durch Geruchsbildung bemerkbar
macht. Ein höherer VAC-Gehalt führt zu einer höheren Witterungsbeständig-
keit, als sie das homopolymere PE-LD aufweist. Durch Zusatz von UV-Stabilisa-
toren kann die Witterungsbeständigkeit erheblich erhöht werden. Den besten
Schutz bietet der Zusatz spezieller Ruße.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Copolymere des Ethylens mit einem Vinylacetatgehalt > 10 % fallen unter die
BGA-Empfehlung XXXV, betreffend „Mischpolymerisate aus Ethylen, Vinyl-
ester ... etc. Gegen ihre Verwendung von Bedarfsgegenständen im Sinne des
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des LMBG bestehen keine Bedenken (Stand vom 01.04.1990 des
BGA (1985. Mitteilung Bundesgesundheitsblatt 33 (1990), S. 269). Das gleiche
gilt auch für § 5 Abs. 1, Nr. 5 (Spielwaren).
Der Kontakt mit Lebensmitteln ist zulässig, ausgenommen sind Fette, fetthal-
tige Lebensmittel und Öle. Diese Ausnahme gilt auch bei Verschnitten mit PE
(und anderen Stoffen), bei denen der Gesamtgehalt wieder unter 10 % liegt.“

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4)


EVA ist unter den für PE-LD üblichen Bedingungen ohne Schwierigkeit verar-
beitbar, wenn auch die Parameter im einzelnen vom VAC-Gehalt abhängig sind.
Es empfiehlt sich, die Verweilzeit der Schmelze kurz zu halten und Temperatu-
ren um 230 °C nicht zu überschreiten, um thermischen Abbau und das Abspal-
ten von Essigsäure zu vermeiden. Bei Produktionsunterbrechungen sollte die
Anlage mit PE-LD durchgespült werden (siehe auch die Sicherheitsvorkehrun-
gen bei PE (Kapitel 2.1.1).
Richtwerte für die verschiedenen Verarbeitungsverfahren sind folgende:

Einzugzone Austragzone
°C °C

Spritzgießen 100 bis 140 175 bis 220


Profilextrusion 100 bis 120 160 bis 180
Tafelextrusion 100 bis 125 160 bis 200
Schlauchfolien 110 bis 130 150 bis 185
Flachfolien 140 bis 160 180 bis 225
Extrusions-Blasformen 100 bis 120 140 bis 175

Die Werkzeugtemperaturen betragen 20 bis 40 °C beim Spritzgießen und 40 °C


beim Blasformen.

Übrige Verarbeitungsverfahren
Die übrigen für EVA in Betracht kommenden Verarbeitungsverfahren gleichen
denen des PE-LD. Wegen seiner polaren Struktur ist EVA besser bedruck- und
lackierbar, obwohl es in den meisten Fällen, beispielsweise durch Coronaentla-
dung, vorbehandelt wird. Auch das Kleben wird günstig beeinflusst.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 527

Anwendungsgebiete
Flexible Extrudate wie Schläuche, Folienbeutel, Profile, Draht- und Kabel-
ummantelungen. Dazu kommen Verschlüsse, Dichtungen, Staub- und Nar-
kosemasken, Wegwerfhandschuhe, Kistenauskleidungen, Verpackungs-
(Schrumpf-, Skin-, Stretch-) und Gewächshausfolien, Eiswürfelbehälter,
Skistockteller, Faltenbälge, aufblasbares Spielzeug, Quietschtiere mit Stim-
me, Beschichtungen auf Aluminium, Stahl, Glas, Papier, Karton, Verbund-
flaschen für Kosmetika, Pharmazeutika, Chemikalien und die Nahrungs-
mittelindustrie, Verbundfolien für Lebensmittelverpackungen (PA, E/VA,
PE-LD) und Skinfolien, Basismaterial für Compounds, beispielsweise
Schalldämmmassen.

Handelsnamen
Aclyn (Allied Color Ind./US)
Araldon (Bayer AG/DE)
Cabalec (Cabot Corp./US)
Capolene (Asahi Chemical Ind./JP)
Elvax (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Evaflex (Du Pont-Mitsui Polychemical Comp./JP)
Evatane (Elf Atochem Deutschland GmbH/DE)
Levapren (Bayer AG/DE)
Levasint (Bayer AG/DE)
Nipoflex (Toyo Soda Mfg. Co./JP)
Nucrel (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Plexar (Quantum Chemical Corp./US)
Roxene (Roxene Products Co./US)
Soarblen (Nippon Gohsei Chemical Ind./JP)
Soarlex (Nippon Gohsei Chemical Ind./JP)
Softlex (Nippon Petrochemical Co./JP)
Sumikathene (Sumitomo Chemical Co./JP)
Ultrathene (Quantum Chemical Corp./US)
Vinnapas (Wacker Chemie GmbH/DE)
Visqueen (ICI PLC/GB)
Vistalon (Advanced Elastomer Systems/US)
Zimek (Du Pont Deutschland GmbH/DE)

2.1.1.1.4.5.2
Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH)

Während im EVA der Ethylenanteil überwiegt, basieren die EVOH-Copolymere


auf einem höheren Gehalt an VAC. EVOH wird durch Teilverseifen von VAC her-
gestellt. Dieses Copolymer weist starke polare und unpolare Segmente auf, was
nahelegt, dieses Material auch als Faserrohstoff zu verwenden. Die bereits im
Jahre 1945 von Du Pont durchgeführten Entwicklungsarbeiten verloren jedoch
mit dem Erscheinen neuer Rohstoffe für synthetische Fasern an Bedeutung.
Polyolefine (PO)
528 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere

EVOH-Folien sind hydrophil. Die Durchlässigkeit hängt somit von der Tempe-
ratur und vom Feuchtigkeitsgehalt ab. Diese Folien bedürfen keiner besonderen
antistatischen Ausrüstung. Sie sind glasklar und glänzend. Während gewöhnli-
che EVOH-Folien für die Verpackung von Textilien verwendet werden, weisen
Verbundfolien mit PE-LD, PP, PA und PET besonders günstige Sperreigenschaf-
ten für Gase und Aromastoffe auf. Dabei bildet die EVOH-Folie die Kernschicht.
Seit mehr als 15 Jahren liegen gute Erfahrungen mit einem EVOH-Wirbel-
sinterpulver in den Bereichen: Anlagen der chemischen Industrie, Hoch- und
Stahlbau, Straßen und Offshorebau sowie im Verkehrswesen vor.
Die Überzüge sind porenfrei, chemikalien- und witterungsbeständig, flexibel,
gut haftend und schwerentflammbar. Die zähelastischen Überzüge sind abra-
sionsbeständig, glatt und inkrustationshemmend. Sie schützen gegen die Wir-
kung vagabundierender Ströme. Der Einsatztemperaturbereich beträgt + 70 °C
bis – 40 °C. Diese Beschichtungen werden durch Wirbel-, Schütt- oder Rota-
tionssintern sowie durch Pulversprühen oder Flammspritzen aufgebraucht. Die
Schichtdicke beträgt 300 bis 800 µm.

Handelsnamen
Clarene (Deutsche Solvay Werke/DE)
Eval (Eval Corp. of America/US)
Levasint (Bayer/DE)
Selar (Du Pont de Nemours/US)
Soarnol (Nippon Gohsei Chem./JP)

2.1.1.1.4.5.3
Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
EEAK-Copolymere ähneln dem PE-LD in ihrem Aussehen. Sie sind flexibel wie
PVC-P, ohne jedoch die thermische Instabilität und die Weichmacherwanderung
desselben aufzuweisen.
Die Herstellung dieses Copolymer geschieht nach dem Hochdruckverfahren.
Der Ethylenacrylat-Anteil und die molare Masse der einzelnen Typen sind
unterschiedlich.
Durch Einführen der Ethylacrylatgruppe in die PE-Kette wird der Kristalli-
nitätsgrad verringert, was zu größerer Flexibilität und niedrigerer Schmelztem-
peratur führt. Mit dem Acrylatgehalt nimmt auch die Polarität des Polymeren
zu, die größere intermolekulare Kräfte bewirkt. Durch Erhöhen der molaren
Masse können einige physikalische Eigenschaften verbessert werden, während
die Verarbeitbarkeit abnimmt.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 529

Ethylen Ethylacrylat Ethylen/Ethylacrylat-Copolymer (EEA)

■ Sortiment, Lieferformen, Typisierung


Die große Typenreihe reicht von kautschukartigen, bei niedriger Temperatur
schmelzenden Produkten, die als Schmelzklebstoff verwendet werden, bis zu
polyethylenähnlichen Typen von ungewöhnlicher Zähigkeit und Flexibilität.
Auf dem Markt überwiegen die höhermolekularen Produkte für das Spritz-
gießen und Extrudieren. Für das Rotationsformen sind pulverförmige Typen
lieferbar. EEA-Formmassen sind nicht typisiert.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften gibt Tabelle 2-3 wieder. Das Mate-
rial ist durchscheinend. Die Wasseraufnahme beträgt weniger als 0,1 %. Die Sau-
erstoffdurchlässigkeit ist geringer als bei PE-LD, die Wasserdampfpermeabilität
dagegen höher.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Schwache Säuren, Laugen, Alkohole, Fette, Öle, Detergenzien;
nicht beständig gegen: Oxidierende Säuren, Ketone, aromatische und chlorierte
KW, (EEA ist beständiger gegen Spannungsrissbildung als EVA) und Witte-
rungseinflüsse (nicht stabilisiertes Material vergilbt).

■ Brennbarkeit
Brennt langsam mit leuchtender Flamme, fruchtartiger Geruch.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Gemäß FDA-Beurteilung sind nur Produkte mit einem Ethylacrylatgehalt bis
8 % lebensmittelrechtlich unbedenklich [21].

■ Verarbeitung
Wie PE-LD und EVA, jedoch mit etwas höherer Temperatur als EVA.

Spritztemperatur: 120 bis 300 °C


Spritzdruck: 560 bis 1400 bar
Verarbeitungsschwindung: 1,5 bis 3,5 %
Polyolefine (PO)
530 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Anwendungsbeispiele
Saugschläuche für Staubsauger und Schwimmbeckensauger, Dichtungen,
Absaugleitungen, Laufrollen, Stoßleisten, Rohrkappen, Keder, Einweg-
handschuhe, Krankenhausfolien. Leitfähige Folien und Rohre dienen zur
Herstellung von Folienbeuteln für den Transport von Sprengstoff oder von
Hospitalbedarf für Anwendungen, bei denen aus Sicherheitsgründen kei-
ne elektrostatische Aufladung erfolgen darf.

Handelsname
Primacor (Dow Chemical/US)

2.1.1.1.4.5.4
Ethylen/Methylacrylat-Copolymere (EMA)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Ethylen/Methylacrylat ist eines der thermostabilsten Olefin-Copolymere. Es
wird für die Herstellung von Folien und Tafeln, für das Spritzgießen, das Extru-
sionsbeschichten und das Coextrudieren verwendet. Bei der Herstellung von
Masterbatch dient es als Basismaterial. Es ist bis zu mehr als 60 % füllbar, ohne
dass seine elastomerischen Eigenschaften beeinträchtigt werden [22].
Polymerisiert wird nach dem üblichen Hochdruckverfahren. Dem Reaktor
wird Ethylen und Methylacrylat zugeführt. Der Acrylatanteil beträgt meistens
20 %.

■ Eigenschaften
Einige der nachhaltigsten Wirkungen bei der Zugabe von EMA bestehen in der
Erniedrigung der Vicat-Temperatur, beispielsweise von 90 °C auf 58 °C, der
Reduktion des Biege-E-Moduls, einer wesentlichen Verbesserung der Beständig-
keit gegen Spannungskorrosion und einer Verbesserung der dielektrischen
Eigenschaften. Die Thermostabilität des Materials ist so hoch, dass beim Extru-
sionsbeschichten Temperaturen von 315 °C bis 330 °C gewählt werden können.

■ Verarbeitung
Bei einer Schmelztemperatur von 150 °C kann EMA auf normalen PE-LD-Anla-
gen zu Schlauchfolien verarbeitet werden. Die dart-drop-Festigkeit ist hoch.
Es kann bei niedriger Temperatur, niedrigerem Anpressdruck und kürzerer
Anpresszeit heißgesiegelt werden. Die optischen Eigenschaften sind nicht so gut
wie die des PE-LD. EMA eignet sich vorzüglich für das Extrusionsbeschichten.
Die Haftung auf gereckten Folien ist vorzüglich, wenn diese mit PVDC-Lösung
vorbehandelt werden.
Aluminiumfolien müssen mit einem Primer versehen werden. EMA dient bei
Verbundfolien als siegelfähige Schicht oder als Haftschicht zwischen den Lagen
coextrudierter Folien, beispielsweise bei Polyolefinen, Ionomeren, PET, EVA und
EEA.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 531

Quetschflaschen und Quietschtiere, flexible Schläuche und Profile sind span-


nungsrissbeständig und kälteschlagzäh. Geschäumte Folien werden zum Ver-
packen von Fleisch verwendet. EMA kann auch als Legierungskomponente für
PE-LD verwendet werden, um dessen Schlagzähigkeit und Heißsiegelfähigkeit
zu verbessern sowie den Oberflächen-Reibwert zu erhöhen.

Handelsnamen
Paxon (Allied Corp./US)
Zetafin (Dow Chemical/US)

2.1.1.1.4.5.5
Ethylen/Acrylsäure-Copolymer (EAA)

Die Copolymeren aus Ethylen, Acrylsäure und/oder Derivaten der Acrylsäure


zeichnen sich aus durch:

• gute Haftfestigkeit auf unterschiedlichen Trägerwerkstoffen,


• hohe Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen,
• hohe Flexibilität.
Die BASF AG verfügt in ihrem Lucalen® Sortiment über ein vielseitig einsetz-
bares Sortiment von Typen, die sich durch unterschiedliche Anteile von Butyl-
acrylat (BA) und/oder Acrylsäure (AA) unterscheiden. Ein hoher BA-Anteil
ohne AA-Gehalt führt zu einem Produkt mit niedrigem E-Modul, hoher Reiß-
dehnung, niedriger Vicattemperatur, höherer Wasserdampf- und Sauerstoff-
durchlässigkeit. Die Vicattemperatur gibt eine orientierende Aussage über den
Beginn der Erweichung sowie des Schweiß- und Siegelbereichs.
Die Lucalen-Marken sind miteinander, mit anderen Ethylen-Copolymeren
sowie mit PE-LD, -HD und -LLD in jedem Verhältnis mischbar. Dabei sollte auf
eine vergleichbare Viskosität der Komponenten geachtet werden (homogene
Mischbarkeit).
Bei der Extrusion wird eine hohe Verbundfestigkeit zwischen Lucalen und
PE-LD, -LLD, -HD, EVA und PA erreicht.
Der Bereich der Verarbeitungstemperatur beträgt je nach Erzeugnis, Ver-
arbeitungsverfahren und Materialtyp 110 – 130 °C bei Profilen und Schläuchen,
180 – 290 °C beim Kaschieren bzw. 160 – 220°C z. B. beim Beschichten von Rohren.
Alle mit heißer Schmelze in Berührung kommenden Maschinen- und Werk-
zeugoberflächen sind korrosionsgefährdet. Einen Schutz bietet das Verchromen
oder der Einsatz von Chrom-Nickel-Stahl.
Die zur Herstellung der Lucalen-Marken verwendeten Monomere und sonsti-
gen Ausgangsstoffe sind in der Bedarfsgegenständeverordnung vom 10. April
1992 (Bundesgesetzblatt 1992, Teil I S. 866, Anlage 3, Abschnitt A) aufgeführt.
alle übrigen verwendeten Stoffe enthält die BGA-Empfehlung XXV. Mischpoly-
merisate aus Ethylen, Stand vom 10. 04. 1991 des Bundesgesundheitsamtes (187.
Mitteilung Bundesgesundheitsblatt 34 (1991), S. 296).
Polyolefine (PO)
532 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Eine Berührung der Erzeugnisse aus Lucalen mit Fetten, Ölen und fetthalti-
gen Lebensmitteln ist nicht zulässig.
Mit Rücksicht auf die Permeabilität von Lucalen-Verpackungen für Gase,
Dämpfe und Geruchsstoffe sind vor der Verwendung Lagerungsversuche unter
Praxisbedingungen durchzuführen.

■ Anwendungen
Die Anwesenheit polarer Gruppen in allen Lucalen-Typen gewährleistet eine
vorzügliche Haftung auf Papier, Karton, Metall, Glas und Kunststoffen.
Stahlrohre für den Transport von Erdöl, Gas, Wasser und andere Medien wer-
den durch Beschichten mit Polyethylen geschützt. Die Haftung von PE auf Stahl
bzw. dem EP-Primer gewährleistet Lucalen.
Pulverbeschichtungen von Glas bieten einen wirksamen Oberflächen- und
Splitterschutz.
Aluminiumfolien verhindern als Diffusionssperre das Eindringen von Feuch-
tigkeit. Lucalen verbindet die Folie mit dem Kabelmantel; ebenso Verbund-
blechlaminate aus Stahl, Aluminium und Polyethylen im Bauwesen und Appara-
tebau sowie die Sperrschicht aus Aluminium mit Polyethylen auf Papier.
Bei Polyolefinen und Polymerblends sowie bei Füllstoffen sorgt Lucalen als
Phasenvermittler für eine sichere Anbindung.
Profile aus E/AA sind auch bei tiefen Temperaturen elastisch, Anwendungs-
beispiele sind Abdichtungen bei Kühlschränken, Schutz- und Zierleisten im
Automobilbau sowie Verbundprofile.
Das Verbinden von Aluminium, Stahl, Holz und Kunststoff ermöglicht es, das
Produkt beispielsweise bei Wohnwagen und Tischtennisplatten zu verwenden.
Spritzgegossen werden Verschlüsse für Hohlkörper, Dichtungen und Kleinteile.

Handelsnamen
Lucalen A (BASF AG/DE)
Nucrel (Du Pont Deutschland GmbH/DE)

2.1.1.1.4.5.6
Ethylen/Butylacrylat-Copolymere (EBA)

ECB, das Lucobit® der BASF AG, unterscheidet sich von zahlreichen PE-Copoly-
merisaten, die vorwiegend mit Paraffinen zu Poliermitteln, Schmelzklebstoffen,
Beschichtungsmassen und Wachsen verarbeitet und teilweise vernetzt werden,
dadurch, dass es thermoplastisch verarbeitet ist. Die anwendungstechnisch
wichtigsten Produkte sind extrudierte Folienbahnen vorwiegend für Flachdach-
abdeckungen, den Tiefbau zum Schutz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit
oder das Versickern von Gewässern in Gräben, Kanälen, Böschungen, Wasser-
rückhaltebecken und Teichen [25].
Diese vielseitigen Anwendungen erfordern eine Stabilisierung gegen die Ein-
wirkung von Wärme und den UV-Anteil der Sonnenstrahlung als Alterungs-
schutz. Alle Lucobit-Typen sind unempfindlich gegen Spannungsrissbildung
und Kerbwirkung.
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE) 533

Bild 2-67. Kennzeichnende Eigenschaften einiger Lucobit-Typen der BASF AG

Wie Bild 2-67 zeigt, unterscheiden sich die drei Typen des Lucobit-Sorti-
mentes durch ihre Reißfestigkeit, -dehnung, Steifigkeit, Kälteschlagzähigkeit
und Formbeständigkeit in der Wärme.
Die als schwarzes Granulat gelieferten Spritzguss-Formmassen werden auf
Schneckenkolbenmaschinen bei Massetemperaturen zwischen 160 und 220 °C,
je nach Typ, verarbeitet.
Lucobit ist beständig gegen Wasser und wässrige Lösungen, Salze, verdünnte
Säuren und Laugen. Aliphatische, aromatische und halogen substituierte Koh-
lenwasserstoffe quellen ECB an bzw. lösen es. Das Material wird im geschmolze-
nen Zustand selbst bei 260°C nach mehrstündiger Dauer nicht geschädigt.

Handelsname
Lucobit (BASF AG/DE)

2.1.1.1.4.6
Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe (s. a. Kapitel 1.2.6)
Umweltdiskussionen über den Verbleib von Kunststoffen nach ihrem Gebrauch
beschäftigen seit Anfang der siebziger Jahre die Rohstoffhersteller. Dabei wur-
den und werden anstelle des Deponierens zwei Wege eingeschlagen, und zwar
das Recycling in Form stofflicher bzw. energetischer Zweitnutzung oder als
Alternative die Entwicklung abbaubarer Polymere, die nur während einer vor-
gebbaren Zeit bei gezielter Anwendung ihren eigentlichen Zweck erfüllen,
Polyolefine (PO)
534 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

danach abgebaut werden und zerbröseln, um die Umwelt nicht länger zu belas-
ten. Der Abbau kann ebenfalls auf zwei Wegen vor sich gehen [24].
Beim biologischen Abbau werden die Polymeren durch Enzyme zersetzt, die
von Mikroorganismen ausgeschieden werden, vorausgesetzt, dass das Polymer
mikrobenfreundlich ist.
Beim photochemischen Abbau wird das entsprechend sensibilisierte Polymer
bei Einwirkung des UV-Anteils der Sonnenstrahlung abgebaut, d. h. die Ketten-
moleküle werden gespalten, der Formstoff zerfällt in kleine Partikel. Selbstver-
ständlich dürfen die Abbaureaktionen nicht beim vorgesehenen Gebrauch der
Kunststofferzeugnisse ausgelöst werden. Zu den Einsatzgebieten, bei denen ein
gezielter Abbau erwartet wird, gehören in der Medizintechnik beispielsweise
Nahtmaterial und resorbierbare Implantate. Ein biologischer bzw. photochemi-
scher Abbau wird auch bei Abdeck- und Frühbeetfolien in der Landwirtschaft
erwartet. Dort sollen sie nur das Wachstum fördern, ohne später bei der Ernte zu
behindern. Der Gartenbau schätzt diese Entsorgungsmöglichkeit bei Folien und
Blumentöpfen.Auf dem vielseitigen Gebiet der Verpackungen geht es um Folien,
Flaschen, Schaumstoffen, Boxen und vieles mehr.
Auf Initiative der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
gründeten am 10. 09. 1991 in Braunschweig Vertreter einer Reihe deutscher
Werkstoffprüfinstitute eine „Nationale Initiative zur Erstellung von Testverfah-
ren“. Im Oktober 1992 wurde unter Beteiligung dieser Initiative vom FNK im
DIN der Arbeitskreis „Bioabbaubare Kunststoffe“ gegründet, der inzwischen
Vorschläge auf europäischer Basis erarbeitete [25].
Der biologische Abbau von Kunststoffen ist auf drei Wegen zugänglich:
• durch Biosynthese (Stärke und Cellulose),
• durch biotechnische Verfahren (z. B. Polyhydroxyfettsäuren),
• durch chemische Synthese (z. B. Polyester, Polyamide, Polvinylalkohol).
Stärke und Cellulose liefert die Syntheseleistung der Natur. Polymerblends aus
PE und ca. 6 % Masseanteil Stärke verarbeiten Pf. Lawrence Starch Comp.,Areter
Daniels Midland Co. und Epron Ind. Ltd. vor allem für Verpackungen. Ein spezi-
elles Verfahren erarbeitete Monteshell mit ihrem „Mater-Bi“, das bis zu 80 %
Masseanteil Stärke und einen nichtolefinischen Thermoplasten enthält [26].
L.J.L. Griffin erreicht die biologische Abbaubarkeit von Mulchfolien durch
Zugabe von 30 % Masseanteil vorbehandelter Stärke als Füllstoff von aliphati-
schen Polyestern, die durch Bodenenzyme abgebaut werden. Hydroxycar-
bonsäurebutyrat und -valeriat (z. B. beim Biopol der ICI), Polymilchsäuren und
Polycaprolakton bilden spezielle Bakterienstämme.
In wässriger Lösung sind Verpackungen aus PVAL (z. B. Aicello der Aquafilm
Ltd.) vor allem für das Verpacken von Hospitalwäsche abbaubar.

2.1.1.1.5
Literatur – Kapitel 2.1.1.1
[1] Lupolen PE-HD, PE-MD, Stoffbroschüre 578 d 1.93
[2] Bork S (1984) Lineares Polyethylen niedriger Dichte (PE-LLD), Eigenschaften, Verarbei-
tung und Anwendung, Kunststoffe 74, S 474–486
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 535

[3] Saechtling HJ (1995) Polyethylen,„Kunststoff-Taschenbuch“, 26. Ausgabe, S 345–366, Mün-


chen, Hanser Verlag
[4] Dominik M (1995) Standard Kunststoffe, Kunststoffe 85, S 2168
[5] NN (1996) Borealis erwartet viel von der „Borstar“-Technologie, K-Plastic & Kautschuk-
Zeitung, Nr 7, S 17 und 18
[6] Fleißner M (1996) „Polyethylene“, Tagungshandbuch Kunststoffe ’96 des SKZ Würzburg
am 17. und 18. April 1996
[7] Gersch B (1996) „New era in polyolefins rewrites supply map for global processors“, Mod-
ern Plastics International, S 112
[8] Bosshard AW u. HP Schlumpf (1989) „Füllstoffe und Verstärkungsmittel“ in R Gächter und
R Müller: Kunststoff-Additive 3. Ausgabe, S 549–615, Hanser Verlag, München
[9] Richard K, Gaube E und G Diedrich (1959) „Langzeitverhalten von Rohren aus PE-HD“,
Kunststoffe 49, S 516–522
[10] Gaube E u.a. (1985) „Zeitstandfestigkeit und Alterung von Rohren aus PE-HD“, Kunststof-
fe 75, S 412–415
[11] Lücker H, Schulte U (1995) „PE-Rohre – Kunststoffe mit verbessertem Leistungsniveau“,
Kunststoffe 85, S 1127–1128
[12] Hachmann H (1973) Das Reibungs- und Verschleißverhalten der Kunststoffe, VDI BW 857
[13] Glaser R (1984) „Polyethylen niedriger Dichte“, Kunststoffe 74, S 543–545
[14] Kneer, J (1996) „Verarbeitungshilfsmittel für PE-LLD“, Kunststoffe 86, S 80–81
[15] Bailey PN u. DC Varrall (1996) Exeed® PE-LLD:„ A New Generation of Linear Polymers for
the European Film Market“ (siehe [7] in Schrifttum Kap. 1 bis 1.3.6)
[16] Hoechst AG: Stoffbroschüre Hostalen GUR®
[17] Prout OE (1983/84) „UHMW-Polyethylene“, Mod. Plast. Encyclopedia, S 55–60
[18] BASF AG (1993) Stoffbroschüre „Lupolen“ B578d 1.93
[19] Khairi, Nagdi (1993) Rubber as an Engineering Material“, Hanser Verlag, München
[20] Hofmann W (1989) „Rubber Technology Handbook“, München, Hanser Verlag, München
[21] Bonotto S (1983/84) „Ethylene-ethylacrylate in [17], S 63–64
[22] Baker G (1983/84) „Ethylene-methylacrylate in [17], S 64
[23] BASF AG (1989) Stoffmerkblatt Lucobit® KPL 8900 d 12.89
[24] SKZ Würzburg: Druckschrift „Kunststoffe und Umwelt“
[25] Pantke M (1994) „Biologisch Abbaubare Kunststoffe“, Kunststoffe 84, S 1090
[26] Oberbach K (1995) in [3], S 365

2.1.1.2
Polypropylen (PP)
Martin Keuerleber
Mit einem weltweiten Verbrauch von ca. 29 Mio. t/a im Jahr 2000 [1] hat sich
Polypropylen (PP) unter den Standardkunststoffen hinter Polyethylen (PE) auf
den zweiten Platz vorgeschoben. Mittelfristig wird mit einer Zuwachsrate von
5 % pro Jahr gerechnet [2]. Die Haupteinsatzbereiche von PP liegen mit insge-
samt 38 % im Verpackungsbereich (21 % starre Verpackungen, 17 % flexible Ver-
packungen bzw. Folien) sowie mit 26 % im Faserbereich (Textilindustrie). Neben
diesen beiden Hauptanwendungsgebieten wird PP verstärkt im Automobil-
(10 %) und Konsumerbereich (16 %) eingesetzt.
Trotz der Verwandtschaft mit dem bedeutendsten polyolefinischen Kunst-
stoff, dem PE, ist PP durch folgende Unterschiede gekennzeichnet:
• niedrigere Dichte
• höhere Glasübergangstemperatur
Polyolefine (PO)
536 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

• höherer Schmelzbereich (mithin höhere Formbeständigkeit in der Wärme,


sterilisierbar bei 135 °C)
• PP-Homopolymere sind in der Kälte spröde, Copolymere mit Ethylen und
PP-Polymerblends dagegen schlagzäh
• PP neigt kaum zur Bildung von Spannungsrissen
• PP ist weniger oxidationsbeständig
• PP ist lebensmittelecht

2.1.1.2.1
Synthese und Compoundierung

2.1.1.2.1.1
Synthese
Christian Ulrich

Polymere des Propylens sind bereits mehr als hundert Jahre bekannt. Dabei han-
delt es sich um amorphe, ölige und wachsartige Substanzen. Im Jahre 1953 erhielt
G. NATTA, Mailand, über die Firma Montecatini Kenntnis von den metallorga-
nischen Mischkatalysatoren, die K. ZIEGLER und Mitarbeiter im Max-Planck-
Institut für Kohleforschung in Essen-Mühlheim zur Darstellung von sehr
hochmolekularem, linearen PE gefunden hatten. Natta gelang die Herstellung
stereospezifisch wirkender Mischkatalysatoren, mit denen es möglich war, PP
von sehr regelmäßiger Struktur, das sog. isotaktische PP (iPP), zu erzeugen.
Dieses Polymer weist einen hohen Ordnungsgrad und damit eine hohe Kristal-
linität auf.
Seit den fünfziger Jahren wurden die Ziegler/Natta-Katalysatorsysteme (Z/N-
Katalysatorsysteme) und die Herstellverfahren (Gas- und/oder Flüssigphase) im
Hinblick auf qualitativ höherwertige Produkte und höhere Wirtschaftlichkeit
wesentlich verbessert. Das Ergebnis dieser Entwicklungsarbeiten sind hochiso-
taktische Polymere, die nur geringe ataktische Anteile innerhalb einer hochkris-
tallinen Matrix aufweisen.
Z/N–Katalysatoren der vierten Generation, die derzeit in den meisten indus-
triellen Verfahren verwendet werden [3], ermöglichen die Kontrolle der Poly-
mermorphologie. Die kugelförmigen Katalysatoren produzieren kugelförmige
Polymerpartikel, die durch Abdampfen der Monomeren leicht abgetrennt wer-
den können. Die Einsparung von Extrusion und Granulierung macht diese Art
der Herstellung zu einem äußerst umweltfreundlichen Verfahren [4].
Die in den letzten Jahren weltweit für die Olefinpolymerisation entwickelten
Metallocen-Katalysatorsysteme führen bei Ethylen (s. Kap. 2.1.1.1) zu Produkten
mit sehr günstigen Eigenschaften und wirtschaftlichen Polymerisationsverfah-
ren. Die dabei gesammelten Erfahrungen wurden folgerichtig auch auf PP über-
tragen. Die Metallocen-Katalysatoren bieten dank ihrer katalytisch einheitlich
wirksamen Zentren (single-site Katalysatoren) durch Variation ihrer Strukturen
die Möglichkeit, zahlreiche kennzeichnende Eigenschaften der Polymeren
gleichsam nach Maß vorgeben zu können, s. Bild 2-68 [5].
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 537

Bild 2-68. Korrelation von Polymermikrostrukturen mit Metallocenstrukturen (s. a. Kapitel


1.2.3.1.1)

Die Produkte zeichnen sich durch eine einheitliche, enge Molmassenvertei-


lung aus. Betrug das Verhältnis Mw/Mn bei Z/N-Polymeren zwischen 3 und 50, so
überschreitet es bei den Metallocen-Produkten kaum den Wert 2. Metallocen-
Strukturen ermöglichen es ebenso, die Molmasse, d. h. die Kettenlänge vorzuge-
ben. Eine breite Molmassenverteilung kann gezielt von Metallocen-Mischungen
oder bei Kaskaden-Reaktoren – ähnlich wie bei dem bimodalen PE – erreicht
werden.
Mit Hilfe der Metallocene ist auch der stereochemische Aufbau der Polymere
steuerbar. Bild 2-68 [5] gibt einen Überblick über die herstellbaren isotakti-
schen, ataktischen, syndiotaktischen, Stereoblock- und hemiisotaktischen
Polyolefine. Kurz- und Langkettenverzweigungen werden durch den kontrollier-
ten Einbau von Comonomeren beherrscht. Dabei eröffnet sich auch die Mög-
lichkeit, neuartige Produkte wie Ethylen/Styrol oder Ethylen/Cycloolefin-Copo-
lymere zu erzeugen. Es sei auch auf die hohe Katalysatoraktivität hingewiesen.
Sie führt zu so geringen Rückständen (< 1 ppm), dass sich das Abtrennen er-
übrigt. Dank der von Hoechst entwickelten „Dropin“-Technologie können die
Metallocen-Katalysatorsysteme in existierende Produktionsverfahren einge-
führt werden, was ihren weltweiten Einsatz fördert [6]. Trotz dieser Vorzüge und
intensiver Forschung auf dem Gebiet der Metallocen-Katalysatorsysteme konn-
ten diese die in sie gesetzten Erwartungen bisher nicht erfüllen, der Marktanteil
der mit Metallocenen produzierten Homo – und Copolymere liegt derzeit noch
unter 10 %.
Die aktuellen Z/N-Katalysatoren der fünften Generation erlauben inzwischen
ebenfalls die Molmasse und die Molmassenverteilung in engen Grenzen zu
Polyolefine (PO)
538 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

bestimmen. Es gibt zwei unterschiedliche Typen. Der Diether-Typ führt zu PP-


Homo- und Copolymeren mit enger Molmassenverteilung, der Succinat-Typ zu
solchen mit breiter Molmassenverteilung.

Polypropylen-Modifikationen
Mit Glasübergangstemperaturen Tg um 0 °C verspröden alle PP-Homopolymere
in der Kälte. Durch Einführung einer elastomeren Phase kann dieser Nachteil
kompensiert werden [7].
Als Comonomere zum Propylen kommen Ethylen, Buten-1 und höhere a-Ole-
fine in Betracht. Sie wirken wie bei PE als Störelement in der Molekülkette.
Durch Copolymerisation zweier oder dreier Monomertypen können Produkte
vom reinen Thermoplasten über thermoplastische Elastomere bis zu chemisch
vernetzten Elastomeren hergestellt werden. Zur Synthese werden sowohl Z/N-
Katalysatoren als auch Metallocene verwendet. Konventionelle Z/N-Katalysato-
ren sind „multi-site“-Katalysatoren, bei denen verschiedenartige katalytische
Zentren vorliegen, welche sehr uneinheitliche Polymere bilden können. Der Ein-
bau von Comonomeren erfolgt unterschiedlich. Neben Copolymeren mit relativ
hohem Comonomergehalt und niedriger Molmasse werden solche mit deutlich
höherer Molmasse aber geringem Comonomergehalt gebildet. Mit Metalloce-
nen, deren katalytische Zentren sehr einheitlich sind, lassen sich eine relativ
enge Molmassenverteilung und ein statistischer Comonomereinbau erreichen
[8]. Das führt zu Produkten mit deutlich homogeneren und reproduzierbareren
Eigenschaften.
Statistische (Random) und Blockcopolymere gehören heute ohne Ausnahme
zum Sortiment aller PP-Hersteller (ohne dass hierfür noch spezielle Handelsna-
men gebräuchlich sind). Das Mengenverhältnis von Homo- zu Copolymeren
verschiebt sich ständig zugunsten der Copolymeren. Diese Entwicklung ist in
Japan am weitesten fortgeschritten; dort beträgt das Verhältnis bereits 1:1 [9].

2.1.1.2.1.2
Struktur und Morphologie
Wolfgang Lutz

Die Eigenschaften von PP hängen stark von der molekularen Struktur, der Vor-
geschichte des Polymers und der Herstellung ab. Unter Vorgeschichte versteht
man die thermischen und mechanischen Beanspruchungen, denen das PP
ausgesetzt war. Die Struktur wird durch Katalysatoren, Polymerisation und
Compoundierung beeinflusst. Vielfältige Anwendungen zeigen die Eigen-
schaftsbreite von PP auf. Die Brücke zwischen Polymerstruktur, Verarbeitung,
thermo-mechanischer Vorgeschichte und Produkteigenschaften bildet die Mor-
phologie (s. a. Kapitel 1.3.1).
PP ist ein teilkristalliner Werkstoff, dessen Kristallisationsfähigkeit und Kri-
stallinitätsgrad wesentlich durch die Taktizität der molekularen Kette bestimmt
wird. Die Methyl-Gruppen (CH3) des Makromoleküls können bei gleicher Kon-
stitution relativ zum Rückgrat der Polymerkette unterschiedlich angeordnet
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 539

sein (Konfiguration). Bei regelmäßiger Anordnung spricht man von isotakti-


schem PP (iPP). Sind die Methyl-Gruppen alternierend angeordnet, so nennt
man diese Polypropylene syndiotaktisch, bei unregelmäßiger Anordnung atak-
tisch. Die Taktizität kann bei PP in weitem Maße variiert werden. Ein hoher Kri-
stallinitätsgrad kann bei hohem isotaktischem Anteil erreicht werden. Bauteile
aus isotaktischem PP, die in typischen industriell eingesetzten Verfahren produ-
ziert werden, weisen Kristallinitätsgrade zwischen 30 und 60 % auf. Bei Einsatz
von syndiotaktischem PP liegen die Werte des Kristallinitätsgrades etwas nied-
riger. Ataktisches PP ist amorph und kristallisiert nicht [10].

■ Isotaktisches Polypropylen (iPP)


Technisch bedeutsam ist das teilkristalline, isotaktische PP (iPP), dessen Struk-
turformel unten abgebildet ist. Je höher der isotaktische Anteil, desto höher sind
Kristallinitätsgrad, Schmelzbereich, Zugfestigkeit, Steifigkeit und Härte [10]. Die
Kristallinität korreliert sehr stark mit der Taktizität, Schmelztemperatur Tm und
Kristallisationstemperatur Tc [11, 12].

isotaktisches PP (iPP)

Der morphologische Aufbau von PP ist komplex. So kann iPP in den kristallinen
Bereichen in verschiedenen kristallinen Modifikationen vorliegen. Diese unter-
scheiden sich durch Ausbildung des Kristallgitters und Anordnung der moleku-
laren Ketten. Bei iPP treten je nach Verarbeitungsbedingungen Kristallmodifi-
kationen der a-, b- und g-Modifikation sowie mesomorphe (smectic) Formen
auf [13]:

a -Modifikation
Die a-Form stellt für iPP die vorherrschende Kristallmodifikation dar. Generell
bilden sich bei der Kristallisation von teilkristallinen Homopolymeren aus
ruhender Schmelze die Lamellen in Form gefalteter Ketten. iPP in der a-Modifi-
kation zeigt das einzigartige Phänomen, dass sich Lamellen in einer sogenann-
ten „cross-hatched“-Struktur anordnen [14]. Tangentiale Lamellen wachsen
nahezu senkrecht („cross-hatched“) auf den hauptsächlich vorkommenden
radialen Lamellen auf, s. Bild 2-69. Bei isothermer Kristallisation treten cross-
hatched-Lamellen bevorzugt bei niedrigen Kristallisationstemperaturen auf.
Die lamellare Morphologie wird zur optischen Klassifizierung von Sphäro-
lithen verwendet, was die starken Zusammenhänge zwischen lamellarer und
sphärolithischer Morphologie aufzeigt. Eingeteilt werden die Sphärolithe der a-
Modifikation in Typ aI, Typ aII und gemischte Formen. Die Einteilung erfolgt
nach dem optischen Erscheinen der Sphärolithe im Polarisationsmikroskop, s.
Bild 2-70. Sphärolithe, die in polarisiertem Licht ein deutlich sichtbares „Mal-
teserkreuz“ und eine positive Doppelbrechung aufweisen, werden als Typ aI
bezeichnet. Sphärolithe des Typs aII zeigen ebenfalls ein Malteserkreuz, aller-
Polyolefine (PO)
540 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-69. Cross-hatched-Struktur von PP, Transmissions-Elektronenmikroskopie-Aufnahme


(TEM): IKP

dings mit negativer Doppelbrechung. Gemischte Formen lassen kein klares Mal-
teserkreuz erkennen. Das unterschiedliche optische Erscheinen der Sphärolithe
wird auf die lamellare Morphologie zurückgeführt.
Sphärolithe des Typs aII werden bei höheren (> 138 °C) und die des Typs aI bei
niedrigeren Temperaturen (< 136 °C) gebildet [15]. Der jeweilige Temperaturbe-
reich in der Praxis ist stark von der thermischen Vorgeschichte und dem einge-
setzten PP abhängig. Die Größe der Sphärolithe beträgt 1 – 50 µm (unter
bestimmten Voraussetzungen bis zu 1000 µm) je nach thermischer Vorgeschich-
te, Verarbeitungsverfahren und eingesetztem PP [16].
Wie die Kristallinität ist der Schmelzpunkt der a-Modifikation von iPP stark
von der Taktizität [11, 12, 17, 18] und der thermischen Vorgeschichte abhängig
[18 – 20]. Der jeweils ermittelte Schmelzpunkt kann stark von angegebenen Wer-
ten abweichen, abhängig u. a. von molarer Masse, Orientierungen und verschie-
denen morphologischen Effekten (z. B. Defekte im kristallinen Gitter). Die
Schmelztemperaturen der kristallinen Bereiche liegen bei in der Literatur ver-
öffentlichten Werten zwischen 185 °C [21, 22] und 220 °C [21, 23]. Die Dichte der
a-Modifikation von iPP variiert zwischen 0,850 g/cm3 (100 % amorph) und
0,936 g/cm3 – 0,946 g/cm3 (100 % kristallin) [17, 24, 25].

b -Modifikation
Die b-Modifikation weist im kristallinen Zustand einen niedrigeren Ordnungs-
grad im Vergleich zur a-Modifikation auf, was sich u. a. in einer höheren Kris-
tallisationsrate [26, 27] und einem niedrigerem Schmelzpunkt [23, 28] zeigt.
Der kristalline Schmelzpunkt der b-Modifikation wird in der Literatur zwi-
schen 170 und 200 °C angegeben [21, 28, 29]. Gemeinhin wird für die kristallinen
Bereiche der b-Modifikation ein etwas niedrigerer Schmelzpunkt im Vergleich
zur a-Modifikation (185 – 220 °C) ermittelt. Dies spielt für den industriellen
Formgebungsprozess eine wichtige Rolle. Die Bildung der kristallinen Bereiche
der b-Modifikation kann durch Zugabe von Nukleierungsmitteln, Kristallisation
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 541

Bild 2-70. Sphärolithstruktur von PP, unterschiedliche Sphärolithtypen (Typ aI, Typ bIII),
Lichtmikroskopieaufnahme: IKP [14]

bei entsprechenden thermischen Bedingungen sowie Scherbeanspruchung


gefördert werden [27, 30]. Durch Zugabe von speziellen Nukleierungsmitteln
kann die Bildung von Kristalliten der b-Modifikation auch unterbunden wer-
den. Thermische Untersuchungen zeigten, dass sich Kristallite der b-Modifika-
tion bevorzugt bei niedrigen Wachstumsraten, hohen Temperaturgradienten
und starker Überhitzung der Schmelze bilden [31].
Die Sphärolithe der b-Modifikation bestehen aus radialen Lamellenstapeln
[15, 30]. Die lamellare Mikrostruktur der b-Modifikation ähnelt damit sehr viel
stärker der bekannten Mikrostruktur von teilkristallinen Homopolymeren, als
die der a-Modifikation („cross-hatched“-Struktur). Die Einteilung der Sphäro-
lithe erfolgt ebenso wie bei der a-Modifikation nach dem optischen Erschei-
nungsbild. Padden und Keith klassifizierten die beiden Sphärolithtypen der b-
Modifikation als bIII und bIV [32]. Beide Typen zeichnen sich durch eine negative
Doppelbrechung aus, die stärker ausgeprägt ist als die der a-Modifikation. bIII-
Sphärolithe weisen eine einheitliche radiale Doppelbrechung, bIV-Typen kon-
zentrische Bänder auf. Die Bildung von b-Sphärolithen tritt bei Temperaturen
< 142 °C (bIII) bzw. im Bereich von 126 – 132 °C (bIV) auf [15]. Im Polarisationsmi-
kroskop erscheinen Sphärolithe der b-Modifikation aufgrund ihrer höheren
Doppelbrechung heller als die der a-Modifikation und weisen wegen der höhe-
ren linearen Wachstumsrate konkave Ränder zu den Sphärolithen der a-Modifi-
kation auf.

g -Modifikation
Die Bildung von Kristalliten der g-Modifikation tritt bei industriell hergestellten
Bauteilen relativ selten auf und wenn, dann in Anteilen < 10 %. Kristallite, lamel-
lare Morphologie, Schmelzverhalten und Kristallisationskinetik sind bisher
noch wenig untersucht worden, da die Bildung kristalliner Bereiche der g-Modi-
fikation nur unter speziellen Voraussetzungen auftritt.
Polyolefine (PO)
542 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Mesomorphe (smectic) Modifikation


In industriellen Verarbeitungsverfahren werden meist hohe Abkühlraten ange-
wendet. Unter diesen Bedingungen wird die Kristallisation von iPP in einer
mesomorphen (smectic) Form beobachtet. Die mesomorphe Phase stellt einen
Ordnungszustand zwischen dem amorphen und kristallinen Zustand dar.
Untersuchungen weisen auf eine vergleichsweise niedrige Dichte (0,916 g/cm3)
hin [33]. Vermutlich liegt die mesomorphe Form im Vergleich zu den übrigen
Modifikationen in einem ungeordneteren Zustand vor [34]. Dieser kann durch
schnelle Abkühlung aus der Schmelze oder unter bestimmten Bedingungen
durch die Störung von bereits bestehenden Kristalliten durch Deformations-
kräfte erreicht werden. Die lamellare Morphologie der mesomorphen Modifika-
tion wurde bisher noch nicht vollständig untersucht. Die kleinen strukturellen
Einheiten, der niedrige Ordnungsgrad und die geringe Dichte werden als Grün-
de für die Klarheit von abgeschreckten Filmen angesehen.

■ Syndiotaktisches Polypropylen (sPP)


Erst in jüngster Zeit wurde die Polymerisation von syndiotaktischem PP (sPP)
hoher Taktizität durch den Einsatz von Metallocen-Katalysatoren möglich. Der
Einsatz von sPP befindet sich zurzeit noch in der Entwicklungsphase. In frühen
Arbeiten von Corradini und Natta wurde die Struktur und teilkristalline Mor-
phologie von sPP charakterisiert [35].
Bei isothermer Kristallisation aus der Schmelze von sPP bilden sich radial
angeordnete Lamellen [36]. Die Wahrscheinlichkeit der Bildung einer cross-hat-
ched-Struktur ist gering. Bei hohen Kristallisationstemperaturen wachsen große
rechtwinklige Einzelkristalle. Diese Kristallite liegen oft in Bruchfragmenten
vor, was auf die sehr große Anisotropie des thermischen Ausdehnungskoeffizi-
enten zurückgeführt wird. Bei Reduzierung der Kristallisationstemperatur bil-
det sich ausgehend von einer axialen zunehmend eine sphärolithische Morpho-
logie. Bei niedrigen Kristallisationstemperaturen von sPP zeigt sich im
Polarisationsmikroskop ein klar erkennbares Malteserkreuz [36]. Die Morpho-
logie zeigt mit radialen Lamellen Ähnlichkeiten zu den bekannten teilkristalli-
nen Polymeren. Die Bildung von großen Sphärolithen in sPP bleibt eher die Aus-
nahme [37].

syndiotaktisches PP (sPP)

Die Gleichgewichts-Schmelztemperatur von sPP ist stark von der Taktizität


abhängig. In der Literatur werden Werte zwischen 161 °C und 186 °C angegeben
[36, 38]. Durch Extrapolation werden für 100 % syndiotaktisches sPP eine
Schmelztemperatur von 208 bis 220 °C ermittelt [39, 40]. Der in der Praxis beob-
achtete Schmelzpunkt von sPP bei vergleichbarem Taktizitätsniveau ist im All-
gemeinen niedriger als der von iPP.
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 543

■ Ataktisches Polypropylen (aPP)


Amorphes bzw. ataktisches PP (aPP) wird durch eine zufällige sterische Orientie-
rung der Methyl-Seitengruppen an den Kohlenstoffatomen entlang der molekula-
ren Kette charakterisiert.Aufgrund seiner amorphen Natur kann aPP im Vergleich
zu iPP auch bei gemäßigten Temperaturen leicht in einer Reihe von Lösungsmit-
teln wie z.B. aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen gelöst werden.
Bis in unsere Zeit wurde aPP als ein Nebenprodukt der iPP-Polymerisation erhal-
ten. Heutzutage ermöglichen Metallocen-Katalysatoren die Herstellung von
höhermolekularem aPP (einige Hundert kg/mol). Im Gegensatz dazu ist aPP als
Nebenprodukt wesentlich niedermolekularer (einige Dutzend kg/mol).

ataktisches PP (aPP)

Bei Raumtemperatur liegt aPP als weißer oder gelblicher wachsartiger und
leicht klebriger Festkörper vor und wird als Elastomerkomponente eingesetzt
[10]. Die Qualität von aPP als Nebenprodukt von iPP streute in der Vergangen-
heit relativ breit, da die Herstellungsprozesse hauptsächlich an den Eigenschaf-
ten von iPP ausgerichtet waren. aPP ist nicht völlig amorph, da abhängig von der
Polymerisation und aPP/iPP-Trenntechniken der kristalline Anteil 15 Gew.-%
erreichen kann. Neben der Kristallinität beeinflussen Verunreinigungen wie z. B.
Reste von Lösungsmitteln oder Katalysatoren sowie Zusatzstoffe wie z. B. Addi-
tive die thermo-mechanischen und optischen Eigenschaften von aPP. Die
Schmelzviskosität nimmt bei steigender Molmasse zu und hängt stark von der
jeweiligen Scherrate ab. Der Erweichungspunkt ist je nach kristallinem Anteil
stark unterschiedlich. Die Zugfestigkeit (0,2 – 0,7 N/mm2) wird von Molmasse
und Kristallinität beeinflusst.

■ Beziehungen zwischen Morphologie, Struktur und thermo-mechanischen


Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1.2 und 1.3.2)
Die thermo-mechanischen Eigenschaften sind insbesondere von Größe und Art
der Kristallstrukturen abhängig. Diese wiederum können durch Abkühlge-
schwindigkeit und Nukleierung (Zusatz von Keimbildern wie Alkali- oder Alumi-
niumsalze) von aromatischen oder alizyklischen Carbonsäuren (z. B. Al-Diben-
zoat, Butylbenzoat) beeinflusst werden. Wie bei allen Thermoplasten, werden
auch bei PP viele Eigenschaften durch die molare Masse bestimmt. Höhermole-
kulare Produkte sind flexibel und zäh, niedermolekulare hart, steif und schlag-
empfindlich. Das Massenmittel Mw isotaktischer Polypropylene liegt zwischen
200.000 und 600.000 g/mol. Die größte Wirkung auf die rheologischen Eigen-
schaften zeigen molare Masse und die Verteilung dieser Masse (Polydispersität).
Hohe molare Masse führt zu hoher Schmelzefestigkeit (wichtig für das Extrusi-
ons-Blasformen von Hohlkörpern sowie das Extrudieren von Rohren, Profilen
und Tafeln). Produkttypen mit niedriger molarer Masse eignen sich für das
Extrudieren von Monofilen und das Spritzgießen dünnwandiger Formteile.
Polyolefine (PO)
544 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Untersuchungen des Fließverhaltens zeigen, dass PP stärker vom newton-


schen Verhalten abweicht als z. B. PE, d. h. der Einfluss der Schergeschwindigkeit
auf die Viskosität der Schmelze ist bei PP größer. Eine nachteilige Eigenschaft
von PP ist die bei Temperaturen um 0 °C eintretende Versprödung. Die Glas-
übergangstemperatur kann jedoch durch Block-Copolymerisation mit Ethylen
bzw. Elastifizieren mit thermoplastischen Elastomeren (z. B. EPDM) zu tieferen
Temperaturen verschoben werden.
Die aus PP-Typen mit enger Verteilung der molaren Masse hergestellten
Spritzgussteile schwinden weniger und vor allem nahezu richtungsunabhängig.
Daraus resultieren geringere Eigenspannungen und Verzug, weniger Weißbruch
und höhere Transparenz.

2.1.1.2.1.3
Compound und Blend
Wolfgang Lutz, Johannes Eschl

Zusatzstoffe
Als inaktive Füllstoffe werden bei PP, EPDM und PP-EPDM-Compounds häufig
Mineralien wie Kreide oder Talkum (s. Kap. 1.3.5.2) eingesetzt, um den Material-
preis zu senken.
Zur Erhöhung der Steifigkeit, der Festigkeit und der Kriechfestigkeit des ver-
gleichbar weichen Polypropylens werden Mineralien, Glasfasern, Glaskugeln
sowie für großflächige Bauteile auch Glasmatten eingesetzt, s. Kap. 1.3.5.3.
Während in Westeuropa die glasfaserverstärkten Polyamide an erster Stelle ste-
hen, nimmt in den USA das glasfaserverstärkte PP den führenden Platz ein. Auf-
grund des geringeren Preises werden für die gleichen Zwecke auch Naturfasern
eingesetzt. Dies gilt insbesondere bei der Herstellung von großen Bauteilen mit-
tels der Verfahren GMT (Glasmattenverstärkte Thermoplaste, dabei werden mit
Kunststoff imprägnierte Matten gepresst), SMC (Sheet Moulding Compound),
BMC (Bulk Moulding Compound), s. Kap. 1.4.6.
Die Polyolefine sind als unpolare Polymere nur wenig mischbar und durch
ein geringes Haftvermögen gekennzeichnet. Mit Hilfe von polaren und/oder
reaktiven Gruppen wie Estern und Säuren können sie jedoch modifiziert wer-
den. Dieses Ziel wird auf zwei Wegen erreicht: Zum Einen durch die Copolyme-
risation mit Monomeren, die polare, reaktive oder verträgliche (kompatible)
Gruppen enthalten. Beispiele sind Ethylen/Ester- und Ethylen/Säure-Copolyme-
re mit polaren Gruppen sowie z. B. Ethlyen/Ester/Maleinsäureanhydrid-Terpoly-
mere mit polaren und reaktiven Gruppen, s. Tabelle 2-12.
Ein zweiter Weg zu Verträglichmachern und Modifikatoren zu gelangen,
besteht darin, PP mit Säure- oder Maleinsäureanhydrid (MAH) im Schmelzzu-
stand zu pfropfen [41]. Mit Acryl- oder Itaconsäure gepfropftes PP dient als Kup-
pelagenz zwischen Füllstoffen (Glimmer und Glasfasern) auf der einen und PP
auf der anderen Seite. Die polaren und reaktiven Funktionen des gepfropften PP
verbessern die Haftfähigkeit auf Füll- und anderen Zusatzstoffen.
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 545

Tabelle 2-12. Olefin-Co- und Terpolymere, die für das Modifizieren von Polymeren, als Ver-
träglichmacher und Kuppelagenzien verwendet werden [10] (s. a. Kapitel 1.3.5.1)

Olefin-Co- und Terpolymere Funktionalität Anwendungen

Typ Mengen-
anteil
mol-%

Freiradikalisch initiierte Hoch-


druckpolymerisation von Co-
und Terpolymeren
Ethylen/Ester-Copolymere polar: MA, EA, BA 20–30 Mittelschlagzäh-
Modifizierer
für PA 6, PA 66, PBT
Ethylen/Säure-Copolymere polar: AA, MAH, Zn 6–9 Mittelschlagzäh-
und Ionomere Modifizerer
für PA 6, PA 66
Ethylen/Ester/Säure- polar: BA + AA 10–14 Mittelschlagzäh-
Terpolymere Modifizierer
für PA 6, PA 66
Ethylen/Säure/Maleinsäure- polar: AA 25 Hochschlagzäh-
anhydrid-Terpolymere reaktiv: MAH <1 Modifizierer
für PA 6, PA 66
Ethylen/Ester/Maleinsäure- polar: MA; EA 25–35 Hochschlagzäh-
anhydrid-Terpolymere reaktiv: MAH Modifizierer
für PA 6, PA 66
Ethylen-/Ester/Glycidylmeth- reaktiv: MAH <1 für PA 6, PA 66
acrylat-Terpolymere polar: VA, MA, EA 12–30 Hochschlagzäh-
Modifizierer
Ethylen/Ester/CO-Terpoly- reaktiv: Epoxid für PA 6, PA 66
mere polar: VA + CO 10 + 4 Weichmacher und
Schlagzähmodifizierer
für PVC
Co-Terpolymere unter Ver-
wendung eines Katalysator-
systems auf der Basis von
Übergangsmetallen
Ethylen/a-Olefin/CO-Ter- Modifizierer für
polymere Schlagzähigkeit und
Weiterreißfestigkeit
von PP und HDPE
Propylen-(Methyl-1,4-Hexa- reaktiv/MHD ≤ 4 mol-% Verbesserte Bedruck-
diene)-Copolymere barkeit und Haftfähig-
keit von PP für ver-
schiedene Lacke und
Substrate

Polyolefin-Elastomer-Compounds können beispielsweise bei verschiedenen


Formmassen als Modifizierer,Verträglichmacher und als Verarbeitungshilfsmit-
tel eingesetzt werden. In Tabelle 2-13 sind typische gepfropfte Polyolefine und
elastomere Polyolefin-Compounds zusammengestellt, die als Modifizierer, Ver-
träglichmacher oder Kuppelagenzien verwendet werden.
Polyolefine (PO)
546 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-13. Gepfropfte Polyolefine und elastomere Polyolefincompounds, die für das Modi-
fizieren von Polymeren, als Verträglichmacher und Kuppelagenzien verwendet werden [10]

Produkte Funktionalität Anwendungen

Typ Mengen-
anteil
mol-%

Gepfropfte Polyolefine
Acrlysäure-gepfropftes PP polar: AA 6 Kuppelagens zwischen Talkum,
Glimmer, Glasfasern und PP
Verträglichmacher für
PP/Acrylnitril/Butadien-
Kautschuk
Verträglichmacher für
reaktivem PSa für PP/PS.
Additiv für PP zum Verbessern
von Haftfähigkeit und
Lackierbarkeit
Methylenbernsteinsäure- polar: MSA <1 Kuppelagens zwischen
gepfropftes PP GF und PP
Maleinsäureanhydrid- reaktiv: MAH < 1 Kuppelagens zwischen
gepfropftes PP GF und PP
Verträglichmacher zwischen
PA/PP und PP/Nitrilkautschuk
mit Aminendgruppen
styrolgepfropftes PP 10 –15 Verträglichmacher für PP/PS
styrolgepfropftes 10 –15 Verträglichmacher für PE/PS
EVA-Copolymer
Elastomeres Polyolefin- Schlagzähmodifizierer für PP,
Compound Verträglichmacher für
PP/PS, PP/PE
a
Reaktives PS: PS-Makromolekülkette mit Oxazolin-Funktionalität.

Elastomer-modifiziertes Polypropylen
Aufgrund der guten Verträglichkeit von PP, EPDM und PE lassen sich physikali-
sche und chemische Compounds in unterschiedlichsten Mischungsverhältnis-
sen herstellen. Dabei verhält sich ein mit 10 % EPDM ausgerüsteter Blend wie
schlagzähes PP mit nur wenig erniedrigtem Modul und Erweichungstempera-
tur, ein Blend mit 60 % EPDM wie ein typischer thermoplastischer Kautschuk
(TPR), s. Bild 2-71.
Besonders ausgeprägt ist die Produktentwicklung bei PP-Elastomerblends.
Die breite Typenpalette reicht von sehr weichen, elastischen bis zu verhältnis-
mäßig steifen Einstellungen. Die Schlagzähigkeit bei tiefen Temperaturen ist
erhöht. Der Steifigkeitsverlust kann durch Füllstoffe wie Talkum oder Verstär-
kungsstoffe wie Glasfasern kompensiert werden.
Zur Schlagzäh-Modifizierung von PP wird oft ein Ethylen-Propylen-Elasto-
mer (EPR) eingesetzt. Die Elastomerkomponente wird während der Polymerisa-
tion oder Compoundierung hinzugefügt. Sie unterscheidet sich erheblich vom
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 547

Bild 2-71. Allgemeine Abhängigkeit von Steifheit, Wärmestandfestigkeit und Schlagzähigkeit


vom Anteil der Elastomerblendkomponenten [10]

PP-Homopolymer bzw. -Copolymer und mischt sich daher normalerweise nicht.


Die Morphologie von Elastomer-modifiziertem PP hängt stark von Scherung
und Deformation während der Bauteilherstellung ab und wird zudem durch die
chemische Zusammensetzung, der Molmasse des Polypropylens und der Elasto-
mer-Phase beeinflusst. Bei Elastomer-modifizierten PP-Blends trennen sich die
Komponenten in verschiedene Phasen auf. Unmischbare Blends aus PP-Homo-
polymeren und Ethylen-Propylen-Copolymeren werden mit niedrigem Como-
nomeranteil hergestellt [42]. Fortschritte der Polymerisations-Technologie
haben die Möglichkeiten geschaffen, die Elastomer-Phase direkt in der Matrix
zu polymerisieren. Die so hergestellten Granulate weisen eine sehr fein verteilte
disperse Elastomer-Phase auf. Sich daran anschließende Schmelzprozesse kön-
nen zu einem Anstieg der Partikelgröße durch Agglomeration führen.
Die Morphologie von Elastomer-modifiziertem PP kann von dispers bis zu
kontinuierlich verteilter Phasenstruktur reichen. Die Elastomer-Phase besitzt
eigene morphologische Eigenschaften, die sich aus der Struktur, der Verarbei-
tung und der thermischen Vorgeschichte ergeben. Der Herstellungsprozess
bestimmt die Morphologie der dispersen Phase in Elastomer-modifiziertem PP
und beeinflusst damit viele der physikalischen Eigenschaften [43, 44]. Der Ein-
fluss der Viskositätsrate (h = hdispers/hMatrix) auf die Blendmorphologie ist gut
dokumentiert [45, 46]. Ändert man h in einem während der Polymerisation her-
gestellten Blend, so ändert sich auch die Partikelgröße. Bei einem Absenken der
Molmasse des Matrixpolymers reduziert sich die Matrixviskosität. Seine Fähig-
keit, Scherbeanspruchungen auf die Elastomer-Phase zu übertragen, sinkt und
die Partikelgröße steigt. Spritzgießen und andere formgebende Prozesse spielen
eine wichtige Rolle in der Bildung der Bauteil-Morphologie mehrphasiger Poly-
mere [47]. Bei einem hohen Verhältnis von Länge zu Durchmesser (aspect ratio)
und Orientierung der dispersen Phase sind die zähigkeitsbezogenen Eigen-
schaften anisotrop. Unter bestimmten Bedingungen ist es wünschenswert, dass
kristallines Material (z. B. HD-PE) in die amorphe Phase eingelagert wird,
wodurch Eigenschaften wie das Schwindungsverhalten verbessert werden.
Polyolefine (PO)
548 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Die Morphologie der Elastomer-Phase kann durch Änderung der chemischen


Zusammensetzung in situ über die Polymerisation oder durch Compoundieren
von Additiven variiert werden. Durch Z/N-Katalysatoren kann bei ausreichen-
der Einlagerung von Random-Comonomeren amorphes EPR hergestellt wer-
den. Bei einem hohen Volumenanteil der Elastomer-Phase kann sie entweder
dispers verteilt oder kontinuierlich sein, abhängig von h. Durch Hinzufügen von
Comonomeren zur PP-Phase wird die Oberflächenspannung zwischen den Pha-
sen verändert und führt zu einer feineren und regelmäßigeren Struktur. Dies
verbessert Eigenschaften wie z. B. die Durchstoßfestigkeit.

PP/EPDM-Elastomerblends
Infolge der unterschiedlichen Sequenz-Längen ist die Kristallinität in der Poly-
merstruktur nur teilweise ausgebildet und deshalb sehr temperaturabhängig.
Bereits bei Temperaturen zwischen 50 und 80 °C nehmen die mechanischen
Werte wesentlich ab. Erwünscht ist eine Blockstruktur aus beweglichen amor-
phen Ethylen- und Propylensequenzen in statistischer Folge und starren PP-
Blöcken. Die angestrebte physikalische Vernetzung erfolgt mit Hilfe der PP-
Blöcke. Ein thermoplastisches Elastomer muss eine starre, kristalline oder
glasartige und eine bewegliche Polymerstruktur enthalten. Es genügt, wenn bei-
de Strukturen (Thermoplast, Elastomer) unabhängig voneinander als Mischung
in einem Compound vorliegen. Unter den Polyolefinen bieten sich Compounds
aus EPDM (mit MAH gepfropftes Ethylen-Propylen-Dien-Copolymer) und PP
mit seinen kennzeichnenden Eigenschaften wie hohe Steifigkeit, hohe Erwei-
chungstemperatur, Beeinflussbarkeit der Kristallinität der starren Komponen-
ten durch Copolymerisieren des Propylens mit Ethylen, günstiger Rohstoffpreis
und Verträglichkeit mit EPDM an [10].

Mit Maleinsäureanhydrid (MAH) gepfropftes EPM oder EPDM


Mit MAH gepfropftes EPM oder EPDM gehört zu den besten Schlagzähigkeits-
verbesserern von PA 6 und PA 66 (sei es unverstärkt oder verstärkt) oder auch
von PC und (PC+PBT)-Blends. EPDMgMAH wird weiterhin als Verträglich-
keitsmacher für (PA+PP)-Blends eingesetzt.

Verarbeitung und Anwendung von EPDM (s. a. Kapitel 1.4.4)


Guntmar Rüb

Amorphes EPDM
EPDM mit etwa 50% Masseanteil von Ethylen hat sich in vielen Bereichen, die bis-
her von der Kautschukindustrie beliefert wurden, durchgesetzt, z.B. im Fahrzeug-
bau, in der Bau- und Kabelindustrie. Es sei besonders betont, dass diese Copoly-
meren nicht zu den sogenannten thermoplastischen Kautschuken gehören, denn
sie sind – wie die normalen Kautschuke – nur chemisch vernetzbar.

Teilkristallines EPDM
Für diese Sequenz-Polymeren gibt es zahlreiche Anwendungen auch im nicht
vulkanisierten Zustand, z. B. thermoplastische Folien für Dach- und Tiefbauab-
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 549

dichtungen. Dabei sind hohe Witterungsbeständigkeit und Heißluftschweißbar-


keit wesentliche Vorteile. Ein anderes Beispiel sind die Geräusch-Dämmfolien.
Derartige Produkte werden im Automobilbau verwendet, sie können mit spezi-
fisch schweren Zusatzstoffen hochgefüllt werden.

2.1.1.2.2
Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften von PP sind in Tabelle 2-14 dargestellt.

2.1.1.2.2.1
Thermo-Mechanische Eigenschaften
Nina Woicke

Thermische Eigenschaften
Die Eigenschaften teilkristalliner Polymeren sind eine Funktion der Tempera-
tur. Durch Erwärmen werden die bei sehr tiefer Temperatur unbeweglichen
Makromoleküle beweglicher. Dieser Übergang vollzieht sich bei den sogenann-
ten Umwandlungstemperaturen. In Tabelle 2-15 sind die Umwandlungstempera-
turen von PP zusammengestellt.

Bild 2-72. Abhängigkeit des Schubmoduls einiger Polypropylen-Typen von der Temperatur
– – – Homopolymer; ææ Copolymer; ............ Elastomer-Blend [10]
Polyolefine (PO)
Tabelle 2-14. Eigenschafts-Richtwerte für Formmassen aus Propylen-Homo- und Copolymeren

Eigenschaften Einheit Homopolymer Blockpolymer

leicht- schwer- leicht- schwer-


fließend fließend fließend fließend

Dichte bei 23 °C g/cm3 0,910 0,915 0,907 0,912


Schmelzindex MFI 190/5 g/10 min 65 0,5 60 0,4
MFI 230/2,16 g/10 min 40 0,3 35 0,25
MFI 230/5 g/10 min 170 1,2 140 1
Kristallit-Schmelzbereich °C 160–165 160–165 160–165 160–165

mechanische
Streckspannung N/mm2 30 33 25 25
Dehnung bei Streckspannung % – 20 10 17
Reißfestigkeit N/mm2 30 41 – 30
Reißdehnung % – 800 – 900
3,5%-Biegespannung N/mm2 – 29 30 22
Torsionssteifheit N/mm2 480 380 310 300
Biege-Kriechmodul 1-min-Wert N/mm2 1650 1100 1150 900
Kugeldruckhärte 30-s-Wert N/mm2 85 64 58 50
Shore-Härte D 74 72 – 67
Schlagzähigkeit ml/mm2 20 o. Br. o. Br. o. Br.
Kerbschlagzähigkeit bei 23 °C mJ/mm2 4 12 9 15
bei 0 °C mJ/mm2 2 4 6 15
bei –20 °C mJ/mm2 – 3 4,5 7
Abrieb n.d. Reibradverfahren mm3/100 U – 15 – 15

thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechan. Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 140 140 140 140
dauernd °C 100 100 100 100
Formbeständigkeit i.d. Wärme
n. ISO/R 75 Methode A °C 70 60 55 56
Methode B °C 130 110 105 110
linearer Ausdehnungs-
koeffizient (zw. 20°C u. 90°C) K-1 · 106 100–200 100–200 100–200 100–200
Wärmeleitfähigkeit W/mk 0,22 0,22 0,22 0,22
spezifische Wärme-
kapazität bei 20°C kJ/kgK 1,7 1,7 1,7 1,7

elektrische
spezif. Durchgangswiderstand W cm >1016 >1016 >1016 >1016
Oberflächenwiderstand W >1013 >1013 >1013 >1013
Dielektrizitätszahl (106 Hz) 2,25 2,25 2,25 2,25
dielektr. Verlustfaktor tan d
50 Hz 2,4 · 10–4 2,4 · 10–4 2,4 · 10–4 2,4 · 10–4
103 Hz 2,6 · 10–4 2,6 · 10–4 2,6 · 10–4 2,6 · 10–4
104 Hz 3,1 · 10–4 3,1 · 10–4 3,1 · 10–4 3,1 · 10–4
105 Hz 3,8 · 10–4 3,8 · 10–4 3,8 · 10–4 3,8 · 10–4
Durchschlagfestigkeit kV/mm 140 140 140 140
Kriechstromfestigkeit (Stufe) KA 3c 3c 3c 3c
vergleichbare Kriechweg-
bildung CTI >600 >600 >600 >600

Wasseraufnahme n. 24 h mg <2 <2 <2 <2


n. 96 h mg <2 <2 <2 <2
Polyolefine (PO)
sowie Elastomer-Blends [10]

Elastomer-Blend Homopolymer

leicht- schwer- gefüllt verstärkt


fließend fließend
40 Masse-% 30 Masse-% 30 Masse-% 20 Masse-%
Talkum Glasfasern Glasfasern Glaskugeln
n. gekuppelt gekuppelt

0,898 0,900 1,21 1,14 1,14 1,03


15 1,2 3 2 2 –
8 0,7 1,5 0,8 0,8 –
35 3 7 4 4 4
160–165 – – – – –

22 23 33 – – 28
– – – – – –
18 17 29 42 71 20
500 500 8 5 5 170
22 21 – 62 80 –
– – 630 620 690 370
800 900 3300 5400 5500 1500
46 48 85 100 110 70
62 64 – – – –
o. Br. o. Br. 18 15 15 36
35 35 4 6 6 4
22 24 – – – –
12 11 – – – –
– 20 25 18 16 –

140 140 150 150 155 150


100 100 100 100 100 100

– 55 85 87 120 65
– 105 137 127 155 110

100–200 100–200 70–120 60–70 60–70 100–200


0,22 0,22 0,51 0,27 0,27 0,25

1,7 1,7 1,34 1,34 1,34 1,47

>1016 >1016 >1016 >1016 >1016 >1016


>1013 >1013 >5 · 1013 >5 · 1013 >5 · 1013 >5 · 1013
2,25 2,25 2,51 2,57 2,64 –

2,4 · 10–4 2,4 · 10–4 65 · 10–4 20 · 10–4 13 · 10–4 20 · 10–4


2,6 · 10–4 2,6 · 10–4 26 · 10–4 10 · 10–4 8 · 10–4 9 · 10–4
3,1 · 10–4 3,1 · 10–4 24 · 10–4 10 · 10–4 9 · 10–4 9 · 10–4
3,8 · 10–4 3,8 · 10–4 23 · 10–4 15 · 10–4 23 · 10–4 9 · 10–4
140 140 160 80 90 –
3c 3c 3c 3c 3c 3c

>600 >600 >600 >600 >600 >600

<2 <2 <2 <2 <2 <2


<2 <2 <2 <2 <2 <2
Polyolefine (PO)
552 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-15. Umwandlungstemperaturen von PP [10]

Glasübergangstemperatur statisch gemessen –10 °C


dynamisch gemessen 10 °C
Kristallitschmelzbereich 160 °C – 168 °C
Rekristallisationstemperatur (bei langsamem Abkühlen der 115 °C– 135 °C
ruhenden Schmelze gemessen)

Einen Eindruck über die Lage der Glasumwandlungstemperatur vermitteln


die Temperaturkurven des Schubmoduls und des mechanischen Verlustfaktors,
Bild 2-72. Die Glasübergangstemperatur ist deutlich an dem Maximum des Ver-
lustfaktors bei 10 °C zu erkennen. Das Copolymere und der Elastomerblend wei-
sen ein Nebenmaximum des Verlustfaktors bei – 45 °C auf, was auf eine höhere
Zähigkeit bei tiefen Temperaturen hinweist.
PP ist bis Temperaturen von etwa 100 °C dauerhaft einsetzbar, kurzzeitig
sogar bis 140 °C. Bei höheren Temperaturen verliert PP seine Festigkeit. Dies ist
am Steilabfall in der Schubmodulkurve zu erkennen, Bild 2-72.
Der Schmelzbereich lässt sich in der Schubmodulkurve nicht genau bestim-
men. In der DSC-Kurve ist er dagegen gut durch ein ausgeprägtes Maximum zu
identifizieren, s. Bild 2-73. Während beim Aufheizen die Schmelztemperatur bei
160 °C liegt, ist beim Abkühlen die Kristallisationstemperatur deutlich niedriger.
Dieser Unterschied wirkt sich in der für PP charakteristischen Unterkühlung der
Schmelze aus.
Neben den Umwandlungstemperaturen ist der thermische Ausdehnungsko-
effizient von PP eine wichtige thermische Eigenschaft. Dieser ist für ein unver-

Bild 2-73. DSC-Kurve von Moplen HP500L (IKP)


Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 553

stärktes PP wesentlich höher als für ein gefülltes oder verstärktes. Dabei wirken
sich jedoch Art und Mengenanteil unterschiedlich aus, s. Bild 2-74. Bei gefülltem
PP ist darauf zu achten, dass der Ausdehnungskoeffizient richtungsabhängig ist.
Er muss also längs und quer zur Fließrichtung gemessen werden, s. Bild 2-75.

Mechanische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.2)

Kurzzeitverhalten
Die mechanischen Eigenschaften von PP sind, von der Temperaturabhängigkeit
abgesehen, eine Funktion der molaren Masse und der Morphologie. Dies muss bei
allen nachfolgenden Betrachtungen beachtet werden.Grundsätzliche Einflüsse der
Morphologie auf die Eigenschaften werden in Kap. 2.1.1.2.1.2 diskutiert.
Das Bild 2-76 zeigt das Spannungs-Dehnungs-Diagramm im Zugversuch.
Zunächst gibt es eine zunehmende Zugkraft bis zur Streckgrenze, dann ein Ein-

Bild 2-74. Linearer Ausdehnungskoeffizient (gemessen in Fließrichtung) von Hostacom und


eines unverstärkten Referenz-Materials sowie Rein-Aluminium in Abhängigkeit von der Tem-
peratur. a unverstärktes Referenz-Material; b Hostacom M2 NO1 (20 % Mineral); c Hostacom;
M2 NO2 (20 % Mineral, schlagzäh); d Hostacom M4 NO1 (40 % Mineral); e Hostacom G2 NO2;
(20 % GF gekuppelt); f Hostacom G2 NO1 (20 % GF); g Hostacom G3 NO1 (30 % GF, gekuppelt)
h Hostacom M1 UO1 (10 % Mineral); i Hostacom M4 UO1 (40 % Mineral); k Rein-Aluminium [10]
Polyolefine (PO)
554 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-75. Linearer Ausdeh-


nungskoeffizient (gemessen
senkrecht zur Fließrichtung)
von Hostacom in Abhängig-
keit von der Temperatur. a
unverstärktes Referenzmate-
rial; b Hostacom M2 NO1
(20 % Mineral); c Hostacom
M2 NO2 (20 % Mineral,
schlagzäh); d Hostacom M4
NO1 (40 % Mineral);
e Hostacom G2 NO2 (20 %
GF, gekuppelt); f Hostacom
G2 NO1 (20 % GF); g Hosta-
com G3 NO1 (30 % GF,
gekuppelt); h Hostacom M1
UO1 (10 % Mineral) [10]

Bild 2-76. Spannungs-


Dehnungsdiagramm
zweier PP-Typen.
a Homopolymer;
b Block-Copolymer [10]
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 555

schnüren des Probestabes bei weiterem Dehnen und schließlich ein erneuter
Anstieg der Zugkraft infolge teilweiser Orientierung und damit Verfestigung des
Werkstoffs bis zum Erreichen der Bruchdehnung.
Diese Endverfestigung kann beim Recken von Monofilen und Folienstreifen
(Bändchen) sowie beim biaxialen Recken von Folien genutzt werden.Je nach Reck-
verhältnis wird dabei die Reißfestigkeit bis zum Mehrfachen der ursprünglichen
erhöht, s. Tabelle 2-16. Die Reißdehnung wird allerdings wesentlich verringert.

Tabelle 2-16. Physikalische Eigenschaften von PP-Folien [10]

Eigenschaften Einheit Folie

ungereckt biaxial gereckt

Dichte g/cm3 0,90–0,91 0,91


Reißfestigkeit längs N/mm2 36–60 120–180
quer N/mm2 25–50 300–400
Reißdehnung längs % 800–1000 100–200
quer % 700–1100 20–50
Schrumpfbedingung – 15 min bei 80 °C 15 min bei 100 °C
Maßänderung längs % 0,2 6
quer % 0 4
Durchschlagfestigkeit
(40-µm-Folie, 50 Hz) kV/mm > 200 ≈ 300
Gebrauchstemperaturbereich
kurzzeitig °C bis 140 bis 140
dauernd °C – 20 bis 105 –20 bis 105

Bild 2-77. Reißfestigkeit von


unverstärktem und glasfaser-
verstärtem PP in Abhängigkeit
von der Temperatur.
a 30 Masse-% Langfasern,
gekuppelt; b 30 Masse-%
Langfasern, nicht gekuppelt;
c unverstärkt zum Vergleich [10]
Polyolefine (PO)
556 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-78. Schlagzähigkeit von Hostacom in Abhängigkeit von der Temperatur (n. ISO 179).
a Hostacom M2 NO2 (20 Masse-% Mineral); b Hostacom M2 NO1 (20 Masse-% Mineral);
c Hostacom M4 NO1 (40 Masse-% Mineral); d Hostacom G2 NO1 (20 Masse-% GF); e Hostacom
G3 NO1 (30 Masse-% GF); f Hostacom G2 NO3 (20 Masse-% Mikroglaskörper); g Hostacom M1
UO1 (10 Masse-% Mineral); h Hostacom M4 UO1 (40 Masse-% Mineral) [10]

Bild 2-79. Temperaturabhängig-


keit der Schlagzähigkeit zweier
PP-Typen. a Homopolymer;
b Copolymer [10]

Der Zusatz von Glasfasern hat eine ähnliche Wirkung. Er erhöht ebenfalls die
Reißfestigkeit gegenüber dem unverstärkten PP, s. Bild 2-77. Dabei sei besonders
auf die Wirkung der chemischen Kupplung zwischen Glasfaser und Haftver-
mittler auf der einen sowie zwischen Haftvermittler und PP auf der anderen Sei-
te hingewiesen. Die Kupplung führt zu einer wesentlichen Erhöhung der Festig-
keit über einen weiten Temperaturbereich.
In der Anwendung verstärkter oder gefüllter PP Typen muss allerdings
berücksichtigt werden, dass deren Zähigkeit bei schlagartiger Beanspruchung
abnimmt, Bild 2-78. Das ungefüllte PP ist deulich schlagzäher, bei Temperaturen
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 557

Bild 2-80. Zeitstandverhalten von Polypropylen-Homopolymer bei verschiedenen Beanspru-


chungen und Temperaturen. A Zeit-Dehnlinien bei 20 °C in Luft; B Zeit-Spannungslinien bei
20 °C in Luft; C Zeit-Dehnlinien bei 65 °C in Luft; D Zeit-Dehnlinien bei 110 °C in Luft [10]
Polyolefine (PO)
558 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

unterhalb von 0 °C nimmt die Schlagzähigkeit allerdings deutlich ab. Will man
hier einen PP Werkstoff schlagartig beanspruchen, sind Copolymere oder Elas-
tomer-Blends besser geeignet, Bild 2-79.

Langzeitverhalten (s. a. Kapitel 1.3.2.5)


Eine andere wichtige Eigenschaft ist das Verhalten bei lang andauernden Belas-
tungen. Das statische Zeitstandzugverhalten von PP-Homopolymer bei ver-
schiedenen Beanspruchungen und Temperaturen zeigt Bild 2-80.
Verstärktes PP hat einen deutlich höheren Kriechmodul als unverstärktes.
Dabei ist vor allem die Faserverstärkung zu nennen, die die Festigkeit über das
vierfache ansteigen lässt. Bild 2-81 gibt entsprechend den aus Zeitstandversu-
chen bestimmten Biegekriechmodul von gefüllten bzw. verstärkten PP-Typen
wieder.
Das Ergebnis von mehrachsigen Zeitstandversuchen bei PP-Rohren unter
Innendruck zeigt Bild 2-82 für verschiedene Temperaturen. Die Zeitstandkurven
stellen jeweils Bruchlinien dar.
Neben der statischen Langzeitbelastbarkeit, muss bei zyklischer Beanspru-
chung auf die Schwingfestigkeit geachtet werden. In Bild 2-83 ist deshalb exem-
plarisch eine Wöhler-Kurve für PP unter Biegebelastung dargestellt.

Bild 2-81. Biegekriechmodul gefüllter und verstärkter PP-Typen (unverstärkter Typ a zum Ver-
gleich) bei 20 °C. a unverstärkt; b 20 Masse-% Talkum; c 40 Masse-% Talkum; d 40 Masse-%
Asbestfasern; e 20 Masse-% Glasfasern (kurz); f 30 Masse-% Glasfasern (lang); g 30 Masse-%
Glasfasern (lang, gekuppelt) [10]
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 559

Bild 2-82. Innendruckzeit-


standfestigkeit von PP-Roh-
ren bei verschiedenen Tem-
peraturen (Werkstoff:
Hostalen PPH 2250) [10]

Bild 2-83. Wöhler-Kurve für


Hostacom M2 NO1, ermittelt im
Biegewechselbereich, Prüftempe-
ratur 23 °C, Lastspielfrequenz
10 Hz, Biegewechselfestigkeit [10]
Polyolefine (PO)
560 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.2.2.2
Beständigkeit und Sperrfähigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)
Christian Ulrich

PP ist für schmierungsfrei arbeitende Gleitelemente nur bedingt verwendbar.


Versuche zur Bestimmung des Gleitverhaltens gegen gehärteten Stahl (Rt =
2,5 µm) ergaben bei einer gleitlagerähnlichen Anordnung mit Stahlwelle und
Kunststofflager, konstanter Gleitgeschwindigkeit von 10 m/min und Flächen-
pressungen von 0,5 N/mm2, Reibwerte im Bereich von m = 0,25 bis 0,45. Die Reib-
werte typischer Gleitwerkstoffe, zum Beispiel POM und PE-HD-UHMW betra-
gen unter den gleichen Bedingungen m = 0,15 bis 0,25.
Glasfaserverstärkte oder mineralgefüllte PP-Typen können als Gleitwerkstof-
fe verwendet werden, allerdings nur bei ausgewählten Anwendungen, beispiels-
weise Führungsleisten bei Transportbändern in der Getränkeindustrie.
Ermittelt man den Trocken-Gleitverschleiß gegen körniges Gut nach dem
Reibradverfahren gemäß DIN 53754 (Taber-Abrieb), dann weist PP ein günstige-
res Abriebverhalten auf als die meisten anderen Thermoplaste. Der Abrieb
beträgt beim ungefüllten und beim glasfaserverstärkten PP etwa 15 mm3/100
Umdrehungen.
Wegen seiner unpolaren Natur als hochmolekularer Paraffin-Kohlenwasser-
stoff weist PP eine ungewöhnlich hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch
Chemikalien und andere Medien auf. Es neigt wesentlich weniger als PE zur Bil-
dung von Spannungsrissen [48].
PP ist beständig gegen Chemikalien wie Säuren (außer oxidierenden), Lau-
gen, wässrige Lösungen ebenso wie gegen viele polare Lösemittel, wie Alkohole,
organische Säuren, Ester und Ketone sowie Detergenzien. Außerdem ist PP
beständig gegen Lebensmittel wie Fruchtsäfte, Milch sowie Öle und Fette (bei
Raumtemperatur). Aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe sowie
Halogen-Kohlenwasserstoffe führen zur Quellung und damit zur Verringerung
der mechanischen Festigkeit.
PP wird von starken Oxidationsmitteln (Chlorsulfonsäure, rauchende Schwefel-
säure oder konzentrierte Salpetersäure) schon bei Zimmertemperatur angegriffen.
Um bei Kontakt mit kochenden Waschlaugen das Verspröden und die Bildung
von Spannungsrissen zu vermeiden, ist eine besondere Stabilisierung erforder-
lich. Bei Packmitteln für intensiv riechende Stoffe, z. B. Parfüms, ist mit einer
Wanderung des Riechstoffs zu rechnen.
PP dient Mikroorganismen nicht als Nährboden und wird deshalb von diesen
nicht angegriffen.
PP ist nur bei entsprechender Stabilisierung UV-beständig. Die Beständigkeit
ist jedoch wegen der Monomereinheit aus tertiären C-Atomen geringer als bei
witterungsbeständig stabilisiertem PE. Im Gegensatz zu PE, bei dem Vernet-
zungsreaktionen dominieren, führen Radikalreaktionen in PP immer zu Ketten-
spaltungen. Als besonders wirksame UV-Stabilisatoren – auch bei geringen
Wanddicken der Erzeugnisse (z. B. monofile Bändchen, Folien) – haben sich die
sterisch gehinderten Amine (HALS) erwiesen [49].
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 561

Für medizinische Anwendungen, bei denen Sterilisation mit Dampf, Ethylen-


oxid oder Gammastrahlen notwendig ist, werden spezielle PP-Typen angebo-
ten.
PP entzündet sich bei Flammeneinwirkung, brennt mit schwach leuchtender
Flamme – auch außerhalb der Flamme – weiter und tropft brennend ab. Nach
ASTM D 1929-77 beträgt die Selbstentzündungstemperatur 360 °C, die Fremd-
entzündungstemperatur 345 °C. Flammhemmend ausgerüstete Typen verhalten
sich wesentlich günstiger.
PP ist wasserabweisend. Es quillt nicht bei Wasserlagerung. Bei Temperatur-
wechsel im feuchtwarmen Klima können vor allem bei rußpigmentiertem PP
Feuchtigkeitsspuren an der Oberfläche absorbiert werden. Sie sind durch Vor-
trocknen oder Entgasen bei der Verarbeitung zu entfernen.
In Tabelle 4-30 im Anhang ist die Durchlässigkeit von PP-Folien verschiede-
ner Dicke (ungereckt und biaxial gereckt) wiedergeben.

2.1.1.2.2.3
Elektrische, optische, akustische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3)
Martin Keuerleber

Elektrische Eigenschaften
Die wichtigsten elektrischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-14. Die dielektri-
schen Werte ähneln denen von Polyethylen. Die Dielektrizitätszahl e und der
Verlustfaktor tan d sind von der Temperatur und von der Frequenz nahezu unab-
hängig, Bild 2-84.
Elektrisch leitfähiges PP mit sehr hohen Füllgraden an Ruß oder Graphit wird
in der Brennstoffzellentechnik zur Herstellung von Bipolarplatten verwendet.

Optische Eigenschaften
Formteile aus naturfarbenem Homopolymer sind transluzent. Prinzipiell ist die
Transparenz von ataktischem PP höher als die von isotaktischem und kann
durch Verstrecken unterhalb der Kristallitschmelztemperatur weiter verbessert
werden. Blockcopolymere und Blends ergeben trübe bis opake Produkte. Durch
den Kontakt mit anderen Medien kann die sogenannte Kontakttransparenz
soweit verbessert werden, dass beispielsweise der Füllstand flüssigkeitsgefüllter
Behälter von außen erkennbar ist.

Bild 2-84. Temperaturabhängigkeit des dielek-


trischen Verlustfaktors tan d von Propylen-
Homopolymer bei verschiedenen Frequenzen [10]
Polyolefine (PO)
562 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Durch Verwendung von Metallocen-Katalysatoren in der Synthese kann die


Kettenlänge und Konfiguration der Seitengruppen kontrolliert und die Über-
struktur beeinflusst werden, s. Kap. 2.1.1.2.1.2. Damit lassen sich hoch transpa-
rente Polypropylene herstellen, die sich durch eine homogene Verteilung von
kleinen Kristallen auszeichnen. Ab einem bestimmten Anteil von Comonome-
ren sind amorphe Produkte erhältlich, die keinerlei kristalline Bereiche aufwei-
sen. Die Kontakttransparenz entspricht hier ungefähr dem des PS, jedoch weist
das PP eine höhere Schlagzähigkeit auf [50]. Insbesondere in der Verpackungs-
industrie finden diese PP-Typen eine breite Anwendung als Flaschen, Behälter
und Folien aller Art.
Neben der Transparenz zeichnet der Glanz die optischen Eigenschaften eines
Produkts aus. Der Glanz von Formteilen hängt in erster Linie von der Güte der
Werkzeugoberfläche ab und wird mit steigender Werkzeugtemperatur besser. Es
gibt allerdings PP-Typen, die hinsichtlich ihrer Glanzeigenschaften optimiert
wurden. Mit diesen Typen ist es möglich z. B. metallisch wirkende Oberflächen
durch Zugabe von metallischen Pigmenten zu erzeugen, die mit denen auf Basis
von PA vergleichbar sind [51].

Akustische Eigenschaften
Der Torsionsschwingungsversuch, s. Bild 2-72, zeigt, dass PP bei normalen
Gebrauchstemperaturen eine hohe akustische Dämpfung mit hoher Steifheit
verbindet. Der mechanische Verlustfaktor d beträgt etwa 0,1 und ist gegenüber
Kunststoffen wie PE-HD, PS und ASA etwa um den Faktor 5 höher. Deshalb nei-
gen Formteile aus diesen Werkstoffen (insbesondere aus PS) zum Klirren und
„Scheppern“. Bauteile aus PP sind dagegen nahezu schalltot. In erster Linie wer-
den jedoch nur die Eigenschwingungen der Bauteile stark gedämpft. Deshalb ist
die Luftschall-Absorption wegen der Steifheit des Werkstoffs nicht gegeben. Der
wirksame Lärmschutz erfordert daher auch bei PP weitere Maßnahmen wie
Auskleidung, Kapselung oder federnde Lagerung der Lärmquelle.

2.1.1.2.3
Verarbeitung und Anwendung (s. a. Kapitel 1.4)
Guntmar Rüb

PP wurde in den vergangenen Jahren aufgrund seines günstigen Preises und sei-
ner vorzüglichen Eigenschaften ungewöhnlich vielseitig eingesetzt. Zahlreiche
PP-Typen sind auf dem Markt erhältlich, deren Eigenschaftsprofile speziell für
die entsprechenden Anwendungen „gezüchtet“ wurden. Das Eigenschaftsspek-
trum reicht von robusten steifen Varianten für Gartenmöbel und Kfz-Kompo-
nenten bis hin zu weichen flexiblen Fasern für Baby-Windeln.
Neben der Steifigkeit können aber auch andere Parameter gezielt verändert
werden, so wurden auf der einen Seite hitzebeständige PP-Typen entwickelt,
die sich für Mikrowellen-Lebensmittelbehälter eignen und andererseits leicht
schmelzende Sorten, die für hitzeversiegelte Lebensmittelverpackungen ver-
wendet werden können [52].
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 563

Die Trends gehen zum Einsatz von PP für großvolumige Bauteile wie Wasch-
maschinengehäusen [53] oder Kfz-Stoßstangen, aber auch verstärkt als Kunst-
stoff in technisch anspruchsvollen Bauteilen wie beispielsweise Bipolarplatten
für Brennstoffzellenanwendungen (mit Ruß hochgefülltes und elektrisch leit-
fähiges PP) bis hin zu langglasfaserverstärkten Bauteilen für tragende Crash-
Elemente im Kraftfahrzeug [54].

2.1.1.2.3.1
Urformen (s. a. Kapitel 1.4.2)
Typische Urformverfahren und deren Prinzipien sind in Kapitel 1.4 zu finden.
Auf das Spritzgießen von Formteilen entfällt ein sehr großer Anteil des PP-
Verbrauchs. Bei der Wahl des geeignetsten Materialtyps für die jeweilige Anwen-
dung spielt die Fließfähigkeit der Schmelze neben qualitativen und wirtschaftli-
chen Gesichtspunkten eine sehr wichtige Rolle.
Zur Charakterisierung der Fließfähigkeit der PP-Typen unter Verarbeitungs-
bedingungen stellt der Schmelzindex eine wenig geeignete Messgröße dar, da
hier mit sehr kleinen Schergeschwindigkeiten gemessen wird. Besser geeignet
ist die Bestimmung der Fließfähigkeit mit einem Kapillarrheometer, welches bei
hohen Schwergeschwindigkeiten misst, wie sie beim Spritzgießen auftreten [55].
Mit PP lassen sich lange Fließwege realisieren. Das Fließweglängen/Wand-
dickenverhältnis für füllstoff- und verstärkungsfreie PP-Typen zeigt das Bild
2-85. Auch aufgrund der unterschiedlichen Fließfähigkeit verschiedener PP-
Typen können die Verarbeitungsbedingungen, wie z. B. Massetemperaturen,
stark variieren.
Da sich PP nicht hygroskopisch verhält, kann in den meisten Fällen auf ein
Trocknen des Granulats vor dem Verarbeiten verzichtet werden.

Bild 2-85. Abhängigkeit der


Fließweglänge von der Wand-
dicke bei verschiedenen
Hostalen PP-Typen [10]
Polyolefine (PO)
564 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Nachfolgend einige Anwendungsbeispiele:

Spritzguss (s. a. Kapitel 1.4.3.1)


Am weitesten verbreitet ist die Verwendung von PP für Verpackungen und Ver-
schlüsse aller Art, weit verbreitet ist auch die Realisierung von Bauteilen mit
Filmgelenken wie beispielsweise Koffer mit Filmgelenk.
PP findet im Spritzguss Anwendung für großvolumige Bauteile, wie sie in der
sogenannten „weißen Ware“ wie Wasch- und Geschirrspülmaschinen, Gehäuse
für Haushaltsgeräte, Küchengeschirr etc. auftreten. Des Weiteren wird PP ver-
stärkt im Automobilbau eingesetzt, auch hier für große Bauteile wie Kfz-Stoß-
stangen [54], Instrumententafeln, aber auch für technische Bauteile wie Anten-
nenzubehör und technische Bauteile mit Filmgelenk [52].

Extrusion (s. a. Kapitel 1.4.3.2)


Extrudiert werden Halbzeuge wie Profile, Tafeln, Rohre, Schaumstoffe und Draht-
ummantelungen. Mittels Extrusionsblasen (s. Kap. 1.4.3.2) werden Folien (unge-
reckt und biaxial gereckt) für Verpackungen und Isolationen sowie Mehrfach-
Verbundfolien und Verpackungsbänder hergestellt. Speziell für die Folien-
anwendungen muss das Material neben hohem Glanz und Transparenz auch
eine hohe Festigkeit aufweisen. Biaxial gereckte Folien sind transparent (z. B.
Brotverpackung), denn beim Recken vergleichmäßigt sich der Brechungsindex
in den verschiedenen Ebenen. Das Material muss hier im geschmolzenen
Zustand eine hohe Festigkeit aufweisen, da sonst die Blase beim Aufblasen ber-
sten könnte. Polypropylenfolien sind das weltweit am meisten eingesetzte Ver-
packungsmaterial für Lebensmittel.
Tabelle 2-17 enthält die Verarbeitungsbedingungen für PP, s. Tabelle 4-34 im
Anhang.

Fasern aus PP (s. a. Kapitel 1.3.5.3)


Fasern aus PP werden eingesetzt als synthetische Fasern für Teppiche, als künst-
licher Rasen, für Säcke und Faservliese, in Seilen und Bändern. In jüngerer Zeit
drängen auch „ungewebte“ („non-woven“) Textilien für Wegwerfbekleidung
und Windeln stark auf den Markt [52].

Schäumen (s. a. Kapitel 1.4.3.3)


Zu den aus PP herstellbaren Halbzeugen gehören auch Schaumstoffe, das Ver-
fahren wird in Kap. 1.4.3.3 beschrieben.
• Flexibler Schaumstoff (kleine, geschlossene Zellen) mit extrem niedriger
Dichte (10 kg/m3) wird als Tafel extrudiert. Das Material dient zu Ver-
packungszwecken;
• Im Hochdruck-Pressverfahren wird aus vernetztem PP ein harter Schaum-
stoff niedriger Dichte (50 bis 120 kg/m3) hergestellt. Bevorzugte Anwen-
dungsgebiete sind Isolierungen von Klimageräten, Heizkanäle, Verpackun-
gen, Sonnenblenden, Autohimmel und Spielzeug;
• Harter Strukturschaumstoff (400 kg/m3) wird formgeschäumt. Es wird mit
chemischen Treibmitteln gearbeitet. Beim Formschäumen dient feinkörniges
Tabelle 2-17. Verarbeitungsbedingungen von Polypropylen

Verarbeitungsart Masse- Werkzeug- Spritzdruck psp Nach- Schwin- Nach-


temperatur temperatur Extrusionsdruck druck PN dung schwindung
°C °C bar bar % %

Spritzgießen 185 bis 260 20 bis 50 >100 1/2 bis 1,0 bis 0,1 bis
1/1 psp 2,5 1,0
2.1.1.2 Polypropylen (PP)

Extrudieren
Blasfolien 220 bis 240 220 bis 240 200 bis 300
Flachfolien 265 265 200 bis 200
Tafeln 235 235 150 bis 200
Rohre 235 235 150 bis 200
Monofile 250 bis 270 250 bis 270 300 bis 400
Hohlkörperblasen 235 235 (Kopf) 150 bis 200
40 (Werkzeug)
Pressformen 250 – 20 bis 50
Warmformen 160 bis 165 °C 40 –
565

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)
566 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

PP-Pulver als Rohstoff. Hergestellt werden Behälter, Beleuchtungskörper und


Verkaufsständer;
• Spritzgegossener Strukturschaumstoff (TSG, 500 bis 700 kg/m3) wird mit Hil-
fe gasförmiger oder chemischer Treibmittel hergestellt. Anwendungsbeispie-
le sind: Gestelle für Polstermöbel, Gehäuse, Werkzeuggriffe, Teile für Koffer,
Taschen, Küchen- und Toiletteneinrichtungen;
• Extrudierte harte Profile (400 bis 700 kg/m3) dienen als Austauschwerkstoff
für Holz (Bretter, Teppich- und Deckleisten).

2.1.1.2.3.2
Umformen (s. a. Kapitel 1.5)
Thermoformen
Das Thermoformen wird in Kapitel 1.5 ausführlich beschrieben.
Thermogeformte Produkte aus PP sind typischerweise Verpackungen aller
Art, Transporthilfen (sogenannte Trays), Becher (z. B. Trinkbecher, Joghurtbe-
cher), aber auch Luftführungskanäle im Automobilbau. Angaben über typische
Verarbeitungstemperaturen beim Thermoformen (Warmformen) von PP-Halb-
zeug enthält Tabelle 2-17.

Bearbeiten
Hinweise für das spanende Bearbeiten, das spanlose Trennen und das Schwei-
ßen von Formstoffen aus PP können den entsprechenden Abschnitten bzw.
Tabellen aus dem Kap. 2.1.1.1 entnommen werden.

Umformverfahren
Neben dem Thermoformen ist auch das Kaltformen von Halbzeug bei Raum-
temperatur (Rollen) bzw. bei Temperaturen unterhalb des Kristallitschmelzbe-
reichs (150 bis 160 °C) durch Schlagpressen, Drücken, Rollen und Prägen bei PP
möglich.

2.1.1.2.3.3
Fügen
Polypropylen ist besser klebbar als PE. Beim Kleben mit anderen Werkstoffen ist
der hohe lineare Ausdehnungskoeffizient von 60 bis 200 · 10–6 1/K im Tempera-
turbereich von 20 bis 90 °C zu beachten, s. Bild 2-74 und Bild 2-75.
Die einzige Klebemöglichkeit bietet das Adhäsionskleben. Als Klebstoffe
kommen in Betracht: Kontakt-Klebstoffe aus Naturkautschuk oder Polychlor-
butadien, Silicon-, Epoxid- und PUR-Klebstoffe. Ein Diffusionskleben ist nicht
möglich. Die üblichen Vorbehandlungsverfahren sind das Chromschwefel-
säureverfahren und vor allem die elektrische Entladung (s. auch Richtlinie VDI
3821 (09.78) „Kunststoffkleben“). Bessere Klebergebnisse werden erzielt, wenn
die unpolare Oberfläche von Polypropylen zuvor aktiviert wird. Diese Aktivie-
rung kann beispielsweise durch eine Plasmabehandlung oder Beflammen erfol-
gen.
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 567

2.1.1.2.3.4
Veredelung
Die Veredelung der Oberfläche von Bauteilen aus PP ist aufgrund der ungenü-
genden Kratzfestigkeit von PP weit verbreitet. Formteile im täglichen Gebrauch,
die häufig berührt, bewegt oder gereinigt werden, können zumindest an den
Kanten mit dem Fingernagel geritzt werden. Basell besitzt spezielle PP-Typen,
die sich vor allem bei Formteilen im Automobil bezüglich einer verbesserten
Kratzfestigkeit bewährt haben [56]. Auch andere Hersteller haben Granulate, die
durch Füllstoffe, beispielsweise Nanoclays [57] oder spezielle, gecoatete Füllstof-
fe in Verbindung mit anderen Additiven und mineralischen Füllstoffen die
Kratzfestigkeit erhöhen.
Beim Spritzgießen ist das In-Mold Coating Stand der Technik, sowie das In-
Mold Decorating (IMD) als neueres Veredelungsverfahren bekannt. Das IMD
kann z. B. für Telefonoberschalen eingesetzt werden. Hier wird eine bedruckte,
tiefgezogene und gestanzte Dekorfolie in das Werkzeug eingelegt und ansch-
ließend hinterspritzt [58].
Die für das Veredeln von PP erforderlichen Vorbehandlungsverfahren sind
die gleichen wie für PE, s. Kap. 2.1.1.1.1 PP kann nicht nur – wie alle Kunststoffe –
im Hochvakuum metallisiert werden, sondern spezielle Typen ermöglichen
auch das galvanische Metallisieren nach einer entsprechenden Vorbehandlung
im Ätzbad und der Aktivierung der Oberfläche mit Hilfe von Edelmetallsalzen.
Auf die vorbehandelte Oberfläche wird eine Metallschicht (meist Nickel) nie-
dergeschlagen, auf die schließlich ein Überzug aus Nickel oder Chrom galva-
nisch aufgetragen werden kann.
Für das Lackieren sind spezielle auf PP abgestimmte Lacksysteme erhältlich
(z. B. für Kfz-Stoßstangen). Teilweise können hierfür ähnliche Vorbehandlungen
wie beim Kleben erforderlich sein.

2.1.1.2.4
Gesundheit und Umwelt
Christian Ulrich

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, früher Bundesgesundheitsamt)


regelt in seiner Empfehlung VII „Polypropylen“ (Stand 01.01.2002) dessen Ver-
wendung bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne von § 5 Abs. 1
Nr. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesetzes (LMBG). Die BfR-
Empfehlungen stellen nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und Tech-
nik fest, unter welchen Bedingungen ein Bedarfsgegenstand aus Kunststoffen
den Anforderungen des § 31 Abs. 1 des LMBG entspricht. Dabei wird vorausge-
setzt, dass der betreffende Gegenstand für die vorgesehene Verwendung geeig-
net ist und das Lebensmittel weder geruchlich noch geschmacklich beeinflusst.
Die in den PP-Sortimenten der einzelnen Hersteller entsprechend gekenn-
zeichneten Typen sind sowohl physiologisch inert (d.h. in der Medizin anwend-
bar) als auch lebensmittelrechtlich unbedenklich. Sie entsprechen hinsichtlich der
Polyolefine (PO)
568 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Einfärbung der BGVV-Empfehlung IX „Farbmittel zum Einfärben von Kunst-


stoffen und anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände (Stand 01.06.1994)“
Die gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen ist in der Lebensmittelge-
setzgebung je nach Land unterschiedlich, sodass Rückfragen bei den Herstellern
erforderlich sind.
Bis auf die ölverstreckten Typen entsprechen die EPDM-Typen in ihrer
Zusammensetzung normalerweise den Anforderungen der Empfehlung 21 „Be-
darfsgegenstände auf Basis von Natur- und Synthesekautschuk“ des Bundes-
instituts für Risikobewertung (BfR) in der derzeit geltenden Fassung.

Umwelteigenschaften

Synthese:
Für die Synthese von PP existieren sehr emissionsarme Verfahren, so können im
Gasphasenverfahren mit 1 g Katalysator rund 40 t PP ohne zu deponierende
Nebenprodukte und Lösungsmittelemissionen hergestellt werden [8].

Recycling:
Jörg Woidasky, Andreas Stolzenberg

Polypropylen lässt sich unter „Idealbedingungen“ sehr gut werkstofflich wie-


derverwerten. Dies gilt selbst für die Mehrfachverarbeitung, die bei Vorhan-
densein ausreichender Stabilisierung praktisch keine Einbußen bei den mecha-
nischen Werkstoffkennwerten hervorruft. Allerdings verändert sich das
Kristallitgefüge, und auch bei Farbe und Geruch werden Qualitätseinbußen fest-
gestellt. Bei nicht ausreichender Stabilisierung, zu hoher Scherung oder zu hoher
Verarbeitungstemperatur wird das Molekulargewicht abgebaut [59]. In der Pra-
xis wird Rezyklat überwiegend mit Neuware verschnitten eingesetzt.
In Westeuropa wurden 2002 etwa 7,8 Mio t Polypropylen vorwiegend im Ver-
packungs- und Automobilbereich verwendet. Typische Produkte sind Folien,
Becher, Gehäuse oder Stoßfänger [60]. Während die Wiederverwertung sorten-
reiner PP-Produktionsabfälle praktisch keine Schwierigkeiten aufweist, so dass
durch innerbetriebliches Recycling bereits bei der Verarbeitung Werkstoffkreis-
läufe geschlossen werden, treten durch Modifikationen des Polymers sowie
Beanspruchungen während der Nutzung aus Sicht des Recyclings verschiedene
Erschwernisse auf: Lackierungen führen – falls sie nicht abgetrennt werden – zu
Fehlstellen im rezyklathaltigen Bauteil. Gleiches gilt für Fremdpolymere aus
Werkstoffverbunden des PP oder andere anhaftende Verunreinigungen. Der
Einsatz verschiedener Füll- und Verstärkungsstoffe erweitert die Bandbreite der
zur Verfügung stehenden Altteile zusätzlich, und auch die Beanspruchungen an
das Polymer während der Nutzung z. B. durch Füllgüter (Migration), Strahlung
oder thermische Belastungen beeinflussen die Rezyklateigenschaften. Gleichzei-
tig lässt jedoch der geringe Neuwarepreis nur noch einen kleinen Spielraum für
Maßnahmen wie Materialcharakterisierung, Sortier- und Klassiervorgänge oder
andere Maßnahmen der Qualitätssicherung.
In Deutschland existiert für post-consumer-Verpackungen initiiert durch die
Verpackungsverordnung von 1991 eine mit großem Aufwand aufgebaute Erfas-
Tabelle 2-18. Eigenschaften von PP-Regranulaten aus/mit Verpackungen [62]

Parameter/Werkstoff recythene PP STF Regranulat PP-Regranulat Grannex PP Polymerchemie PB Polymerchemie


(Recycling- Polypropylen (vogt-plastic 1211 PP Polymerchemie PB PB 1418 PP GV 30
Zentren (STF Recycling gmbh) Homo- ¥ 20% Talkum
Brandenburg) GmbH) polymer gefüllt [63]

Zugfestigkeit [N/mm2] (ISO 527) > 22 > 20 (DIN 53455) 27 28 k. A. k. A.


Zugdehnung [%] (ISO 527) >9 >10 (DIN 53455) k. A. k.A. k. A. k. A.
2.1.1.2 Polypropylen (PP)

Bruchdehnung [%] (ISO 527) k. A. k. A. 100 160. 40 k. A:


Zug-E-Modul [N/mm2] (ISO 527) > 1000 > 1000 1270 1250 2100 5500
Schlagzähigkeit –30° mit Kerb k. A. k. A. 2,2 –20°C: 31 1,5 k. A.
[kJ/mm2] (Charpy EN ISO 179)
Schlagzähigkeit +23° ohne Kerb k. A. >3 k. A. k. A. k. A. k. A.
[kJ/mm2] (Charpy EN ISO 179)
Schlagzähigkeit +23° mit Kerb >3 k. A. 5 k. A. 4,5 8
[kJ/mm2] (Charpy EN ISO 179)
MFR [g/10 min] (ISO 1133 8 +/–2 10 +/–4 9 3 (5 kg: 12) MVR: 8 cm2/10 min MVR 5 cm2/10 min
(230°C, 2,16 kg)
Dichte [g/cm3] 0,91 +/–0,01 0,91 +/–0,01 0,91 0,907 1,05 1,12
(DIN 53479)
Schüttdichte [kg/m3] 550 535 +/–15 k. A. k. A: k. A. k. A:
(DIN 53466)
Restfeuchte [%] < 0,2 k. A. k. A. k. A. <0,1 < 0,15
Granulatform Linse (Heiß- k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
abschlag)
weitere Eigenschaften Farbe original Berücksichtigung Töne von Licht- Vicat A: 153°C, Flaschendeckel, Prod.-Abfälle,
hellgrau-grau- von grau (ca. RAL Shore D 64. Additive, Prod.-Abfälle,
graubraun Farbwünschen 7035) bis Inhaltsstoff: Masterbatch, ¥ Additive,
Graphitschwarz Flaschendeckel Talkum Masterbatch,
(ca. RAL 9011), Anwendung: Glasfasern
Capriblau Filtergehäuse Anwendung:
(ca. RAL 5019) Kofferraum-
abdeckung
569

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)
570 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

sungs-, Sortier- und Verwertungsinfrastruktur sowie eine Entgeltregelung, die


letztlich dem Verbraucher die Verwertungs(mehr)kosten auferlegt. Anfänglich
orientierte sich die Sortierung an Geometrien, jedoch wurde dies zugunsten
stofflicher Sortierkriterien aufgegeben, sodass jetzt Kunststoffsorten (vor allem
PP, PE, PS und PET) aus den Verpackungsgemischen durch optische (NIR-Iden-
tifikation) oder physikalische Verfahren (Dichtetrennung z. B. bei PP-PS-Becher-
gemischen) abgetrennt werden. Zum Teil wird auch eine Polyolefinfraktion
gewonnen, d. h. ein PE-PP-Gemisch, für das auch Anwendungsmöglichkeiten
existieren. Die sortenreinen Polymere werden als Mahlgut oder Regranulat
gehandelt und für hochwertige Anwendungen in konventionellen Kunststoffver-
arbeitungsverfahren eingesetzt [61]. Typische Regranulateigenschaften von PP-
Compounds enthält Tabelle 2-18. Ist eine sortenreine Trennung nicht möglich, so
werden die PP-reichen Gemische über die gut dosierfähige Zwischenstufe Pellet
bzw. Agglomerat zu Produkten u. a. für den Baubereich verarbeitet oder einer
rohstofflichen Verwertung (Hochofeneinsatz, Vergasung/Methanolsynthese)
zugeführt. Ein Verfahren zur selektiven Inlösungnahme soll die Abtrennung von
PP und anderen Komponenten aus den Mischkunststoffen zur hochwertigen
werkstofflichen Verwertung ermöglichen, ist jedoch noch nicht großtechnisch
umgesetzt.
Für die Verwertung von Gehäusekunststoffen aus Haushaltsgeräten nach der
Nutzung wurden Pilotprojekte erfolgreich durchgeführt, z. B. für den Wiederein-
satz in Transportsicherungen für Haushaltsgroßgeräte [64]. Bei anderen techni-
schen Anwendungen wie z. B. Automobilbauteilen existieren bereits bewährte
Recyclingwege für PP-Modifikationen bzw. -Blends von Bauteilen wie Stoßfän-
ger, Radlaufschalen oder Batteriekästen aus der Werkstattentsorgung oder Alt-
fahrzeugverwertung. Zur Aufbereitung von Stoßfängern kommen primär
Stoßfänger aus PP/EPDM in allen Modifikationen. Insbesondere unlackierte
Stoßfänger lassen sich gut vermarkten, da keine Beschränkungen des Wieder-
einsatzes durch Lackanteile auftreten. Beim Einsatz von NIR-Identifikationsver-
fahren erweisen sich jedoch die im Automobilbau oft üblichen schwarzen Bau-
teile oft als nicht identifizierbar, so dass alternative Identifikationsverfahren
eingesetzt werden müssen. Die rezyklathaltigen Produkte werden entweder als

Tabelle 2-19. Verwerter für PP-Stoßfänger (werkstoffspezifisch) [65]

Werkstoff BSB Grannex Polymer- WIPAG


(Beispiel: (Produkt: (Produkt: chemie (Produkt:
Stoßfänger) Granulat) Mahlgut) (Produkt: Granulat)
Granulat)

PP/EPDM T lack ¥ ¥ ¥ ¥
PP/EPDM T unlack. ¥ ¥ ¥ ¥
PP/EPDM lack ¥ ¥ ¥ ¥
PP/EPDM unlack. ¥ ¥ ¥ ¥
PP/EPDM T lack/ ¥ ¥ ¥ –
unlack. m. Schaum
PP/EPDM T20 ¥ ¥ ¥ –

¥ = Werkstoff wird angenommen; – = Werkstoff wird nicht angenommen.


Tabelle 2-20. Eigenschaften von PP-Rezyklaten aus Kfz-Teilen

Parameter/ Polymerche- Grannex Grannex Grannex Grannex Grannex BSB Seculene


Werkstoff mie PB 1150 PP 3261 [66] PP 3351 [66] PP 3352 [66] PP 3442 [66] PP 3551 [66] PPX 8027 S0 [67]
PP/EPDM [63]

Streckspannung [MPa] (ISO 527-2) 18 16 16 16 15–17 16 18


Streckdehnung [%] (ISO 527-2) 9 4 4 5 k. A. 4,3 11
Zugfestigkeit [N/mm2] (ISO 527) k. A. 16 16 16 15–17 k. A.
Bruchdehnung [%] (ISO 527-2) >95 41 36 86 50 >50
2.1.1.2 Polypropylen (PP)

Zug-E-Modul [N/mm2] (ISO 527) 900 1300 1000 860 1000-1300 1300 k. A.
Schlagzähigkeit –20° mit Kerb 23°: o. Br. 52 38 56 bei –40°C bei 0°C 35 bei 23°C > 25
[kJ/mm2] (Charpy ISO R 179) –30°C: 4 nach ISO bei -30°C >3
R 180: 10
MFR [g/10 min] (ISO 1133 k. A. 7 7 7 8–13 10–15 4
(230°C, 2,16 kg)
MFR [g/10 min] (ISO 1133 k. A. 30 30 30 50–60 50–60 k. A.
(230°C, 5 kg)
MVR 230/5 [cm2/10 min] (ISO 1133 8 k. A. k. A. k. A. k. A. 7
Dichte [g/cm3] (DIN 53479) 0,92 (ISO 1183) 0,981 0,942 0,91 0,99 0,992 0,9
Restfeuchte [%] <0,08 k. A.
VICAT A [°C] (ISO 306) 135 128 131 131 115–125 115–120 VST A: 140
VST B: 68
Shore D (DIN 53505-D) 61 52 55 55 k. A. 55 62
Inhaltsstoffe Stoßfänger, schlagzähmod. schlagzähmod. schlagzähmod. Stoßfänger- Stoßfänger-
Flaschendeckel, Stoßfänger- Stoßfänger- Stoßfänger- rezyklat rezyklat
Additive, rezyklat rezyklat rezyklat aus unlackier- lackierter S.
Masterbatch, unlackierten ter S.
Talkum Stoßfängern
weitere Informationen Form: Granulat Aschegehalt Aschegehalt Form: Mahlgut Aschegehalt Aschegehalt Glührückstand
Anwendung: < 8% 3-6% 12–15%, 10%, bei 550°C (DIN
Radhausschalen Form: Mahlgut Form: Mahlgut Anwendung: Form: 53568-1): <3%,
z. B. Radhaus- Mahlgut Form: Granulat
schalen, Form:
Mahlgut
571

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)
572 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Mahlgüter bzw. Mahlgutmischungen (technisch sortenreine Mahlgüter bzw.


„Trockencompounds“) oder Regranulat bzw. rezyklathaltige Compounds ange-
boten. Firmenspezifische Unterschiede existieren in den Annahmequalitäten
und -konditionen, der mechanischen Aufbereitungstechnik, die in der Regel eine
Zerkleinerung der Altteile und mehrstufige Reinigung und Sortierung u. a.
durch Magnetscheider, Windsichter und Hydrozyklone vor der kunststofftech-
nischen Aufbereitung im Extruder umfasst. Eine Übersicht über Unternehmen
und die von ihnen angenommenen Altteilequalitäten am Beispiel Stoßfänger
gibt Tabelle 2-19. In den genannten Unternehmen steht etwa eine Gesamtkapa-
zität von 34.000 t/Jahr für die mechanische und von 46.000 t/Jahr für die kunst-
stofftechnische Aufbereitung zur Verfügung. Typische Materialkennwerte für
Rezyklate enthält Tabelle 2-20. Auch andere PP-Bauteile wie z. B. Gehäuse aus
Haushaltsgeräten sind im Wesentlichen mit den gleichen Verfahren und Ergeb-
nissen wie Kfz-Bauteile rezyklierbar.

2.1.1.2.5
Handelsnamen
Martin Keuerleber

Granulate
Acclear BP Chemicals/UK
Accpro BP Chemicals/UK
Acctuf BP Chemicals/UK
Achieve Exxonmobil Chemical/US
Adell Adell Plastics Inc./US
Adflex Basell Polyolefine/DE
Adstif Basell Polyolefine/DE
Akrolen AKRO-PLASTIC GmbH/DE
Alcom Albis Plastic GmbH/DE
Astryn Basell Polyolefine/DE
Azdel Azdel B. V./NL
Borclean Borealis/DK
Borcoat Borealis/DK
BorECO Borealis/DK
Borflow Borealis/DK
Bormod Borealis/DK
Borsoft Borealis/DK
Borstar Borealis/DK
Carlona Basell Polyolefine/DE
Catalloy Basell Polyolefine/DE
Celstran Ticona GmbH/DE
Clyrell Basell Polyolefine/DE
Daplen Borealis/DK
Daploy Borealis/DK
Dexflex Solvay Deutschland GmbH/DE
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP) 573

Dow PP Dow/US
Eastoflex Eastman Chemical Intern./US
Epolene Eastman Chemical Intern./US
ExxonMobil PP Exxonmobil Chemical/US
Exxtral Exxonmobil Chemical/US
Fortilene BP Chemicals/UK
Hifax Basell Polyolefine/DE
Higlas Basell Polyolefine/DE
Hostacom Basell Polyolefine/DE
Hostalen Basell Polyolefine/DE
Isplen Repsol/ES
Koylene Indian Petrochemicals Corp./IN
Latene Lati Industria Termoplastici/IT
Metocene Basell Polyolefine/DE
Moplen Basell Polyolefine/DE
Multiflex Multibase/US
Multipro Multibase/US
Mytex Exxonmobil Chemical/US
Nepol Borealis/DK
Noblen Sumitomo Chemical/JP
Novolen Basell Polyolefine/DE
Orevac Atofina
Polycom Polyplast Müller GmbH/DE
POLYfill Polykemi AB/SE
Polyflam A. Schulman GmbH/DE
Polyfort A. Schulman GmbH/DE
Pro-fax Basell Polyolefine/DE
Sasolen Sasol Polymers/SA
Stamylan P Sabic (Saudi Basic Industries Corporation)/SA
Stat-Kon LNP Plastics Nederland BV/NL
Topas Ticona GmbH/DE
Torayfan Toray Plastics America/US
Treax Toray Plastics America/US
Typar Du Pont Deutschland GmbH/DE
Verton LNP Plastics Nederland BV/NL
Vestolen P Sabic (Saudi Basic Industries Corporation)/SA
Vistalon Exxonmobil Chemical/US
Xmod Borealis/DK

Halbzeuge
Akylux Kayserberg Plastics/UK
Akyplen Kayserberg Plastics/UK
Alveolen Alveo GmbH/DE
Alveolit Alveo GmbH/DE
Astra Drake (fibres) Ltd./GB
Bekaplast Steuler Industriewerke GmbH/DE
Coroplast Coroplast Inc./US
Polyolefine (PO)
574 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Correx Kayserberg Plastics/UK


Dellit Isola Composites AG/DE
Duron Fibre Drake (fibres) Ltd./GB
Eperan Kaneka Texas Corporation/ US
Folitherm Huthamaki/FI
Gerodur Haka. Gerodur AG/CH
Gymlene Drake (fibres) Ltd./GB
HiPro Gehr Kunstoffwerk GmbH/DE
Loksand Drake (fibres) Ltd./GB
Minicel Sekisui Chemical Company/JP
Neopolen BASF Aktiengesellschaft/DE
PAS-PP Faigle AG Igoplast/CH
Permafresh Drake (fibres) Ltd./GB
Propafilm UCB Films/Belgien
Simona Simona AG Kunstoffwerke/DE
Trespaphan Treofan/DE
Ultralen Lofo High Tech Film GmbH/DE
Walothen Wolff Walsrode AG/DE

EPDM
Alfater Alfagomma Industrial/IT
Buna EP Bayer Buna GmbH /DE
Dutral Polimerieuropa/IT
Epsyn DSM Copolymer Inc./NL
Esprene Sumitomo Chemical/JP
Intolan International Syntetic Rubber Co., Ltd./GB
Invision A. Schulman GmbH/DE
Keltan DSM Copolymer Inc./NL
Mitsui EPT Mitsui Chemical/JP
Nitriflex EP Nitryflex S.A. Industria e Comercio/BR
Nordel Dupont Dow Elastomer/CH
Royaledge Uniroyal Chemical Co. Inc./US
Royalene Uniroyal Chemical Co. Inc./US
Royaltherm Uniroyal Chemical Co. Inc./US
Saxene ECW Eilenburger Compound Werk GmbH/DE
Sure-Seal Carlisl Syntec Inc./US
Trilene Uniroyal Chemical Co. Inc./US
Vistalon Exxonmobil Chemical/US

2.1.1.2.6
Literatur – Kapitel 2.1.1.2
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zeugen in Deutschland. Gutachten angefertigt für das Umweltbundesamt. Pfinztal
[66] Grannex GmbH (2000) Aufbereitbare Kunststoffe, Produkte und Dienstleistungen. Stand
08.01.2004. www.grannex.de
[67] BSB Recycling GmbH (2000) Produktinformation Seculene. Braubach

2.1.1.3
Polybuten-1 (PB)

■ Herstellverfahren
Polybuten-1 wurde erstmals im Jahre 1954 synthetisiert. Die großtechnische Pro-
duktion begann jedoch erst 1964 (Vestolen BT der Hüls AG), 1968 folgte Mobiloil
in den USA. Die Mitsui (Japan) betreibt eine Anlage geringer Kapazität. Die
Shell-Kapazität betrug 30 000 t/a. Sie wurde stillgelegt.
Buten-1 wird mit Hilfe stereospezifischer Ziegler/Natta-Katalysatoren zu
weitgehend isotaktischen teilkristallinen und sehr hochmolekularen (MW =
770 000 bis 3 000 000, MFI 190/2,16 = 0,4 – 20 g/10 min) Produkten polyme-
risiert.

Polybuten-1

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Das mit einer Dichte von 0,91 g/cm3 sehr leichte Material weist folgende kenn-
zeichnenden Eigenschaften auf:

• allgemeines Niveau der mechanischen Eigenschaften, vergleichbar mit dem


des PE-LD,
• höhere Formbeständigkeit in der Wärme,
• hohe Flexibilität, auch in der Kälte,
• niedrige Versprödungstemperatur,
• hohe Zähigkeit,
• hohe Abriebfestigkeit,
• hohe Chemikalienbeständigkeit,
• heißwasserbeständig, spannungsrissbeständig,
• durchscheinend,
• trotz hoher molarer Masse gut verarbeitbar,
• nachteilig ist die schwierige Handhabung der Halbzeuge und Formteile nach
dem Urformen wegen der beginnenden Kristall-Umlagerungen.
Polyolefine (PO)
578 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Festes Polybuten-1 kann in vier kristallinen Varianten auftreten, von denen drei
metastabil sind. Die vier Kristallformen sind:
I zwillingshexagonal
II tetragonal
III orthorhombisch
IV hexagonal ohne Zwillingsbildung
Beim Kristallisieren von PB aus der Schmelze entsteht zuerst die Form II, sie ist
weich und gummiartig. Innerhalb einer Woche verwandelt sich diese Masse in
die festere Form I, d. h. in Produkte mit höherem Schmelzpunkt (125 bis 130 °C)
und höherer Dichte (0,91 bis 0,92 g/cm3). Die Umwandlungsgeschwindigkeit von
II nach I hängt u. a. ab von Temperatur, hydrostatischem Druck, Struktur, Orien-
tierung und Nukleierung. Bei Raumtemperatur und Atmosphärendruck beträgt
die Umwandlungszeit für Homopolymere etwa eine Woche, bei Raumtempera-
tur und 2000 bar jedoch nur 10 min. Niedrigere sowie höhere Temperaturen ver-
zögern die Umwandlung. Die höchste Umwandlungsgeschwindigkeit tritt bei
30 °C ein. Während die Reißfestigkeit von dieser Umwandlung nicht betroffen
wird, nehmen Streckspannung, Steifheit und Härte zu, Bild 2-86.
Die Form II weist die für das Umformen von Halbzeug geeignete Weichheit
auf. Die mechanische Bearbeitung kann zu einer spontanen Umwandlung von II
nach I führen.
Im Endprodukt der Form I stellen viele der langen Molekülketten (MW etwa
750 000 für den Rohrtyp) zwischen den einzelnen kristallinen Bereichen eine
Verbindung her. Auf diesen Verbindungen beruht das für PB typische Kraft-Ver-
formungs-Diagramm, Bild 2-87. Sie bewirken das Aufrechterhalten günstiger
mechanischer Eigenschaften bis zu Temperaturen in der Nähe des Schmelz-
punktes (Glasübergangstemperatur 78 °C), langsame Abnahme der Festigkeit,
hohe Zeitstandfestigkeit, hohe Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungs-
rissen und hohe Innendruckfestigkeit bei Rohren. Die Verarbeitbarkeit wird ent-
gegen der Erwartung durch die hohe molare Masse nicht beeinträchtigt. Die
Schmelzviskosität ist verhältnismäßig niedrig. Die Schmelze ist scherempfind-
lich. Während die homopolymeren Typen bei 125 bis 130 °C schmelzen, liegt der

Bild 2-86. Abhängigkeit eini-


ger Eigenschaften von Poly-
buten-1 von der
Lagerungsdauer bei 30°C
Polyolefine (PO)
2.1.1.3 Polybuten-1 (PB) 579

Bild 2-87. Vergleich des Span-


nungs/Dehnungsverlaufs
von PB mit dem eines anderen
Polyolefins

Schmelzbereich für die Copolymeren bei 102 °C (der Dichtebereich beträgt 0,895
bis 0,910 g/cm3).

■ Sortiment, Lieferformen
Das Sortiment umfasst Materialtypen für das Extrudieren (Rohe, Tafeln, Folien),
das Extrusions-Blasformen und das Spritzgießen, darunter auch mit Flamm-
schutzmittel ausgerüstete. Geliefert wird naturfarbenes, farbiges und schwarzes
Granulat.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 4-28, sowie Tabel-
le 2-22. Obwohl das Gesamtniveau der mechanischen Eigenschaften etwa dem
des PE-LD vergleichbar ist (Bild 2-88), ist PB wegen der hohen Glasübergang-
stemperatur durch eine hohe Formbeständigkeit in der Wärme gekennzeichnet.
Bild 2-89 zeigt die Temperaturfunktion des Schubmoduls. Das Zeitstandverhal-
ten bei einachsiger Zugbeanspruchung geht aus Bild 2-90 hervor, während Bild
2-91 das Zeitstandverhalten bei mehrachsiger Beanspruchung von Rohren durch
Innendruck wiedergibt. Einen eindrucksvollen Vergleich der Zeitstandfestigkeit
durch Innendruck beanspruchter Fußbodenheizungs-Rohre, die aus verschiede-
nen, für diesen Zweck verwendeten Polyolefinen hergestellt wurden, bringt Bild
2-92 [1].
In das Verhalten von PB bei hoher Verformungsgeschwindigkeit gewährt die
Kerbschlagzähigkeit bei verschiedenen Temperaturen einen Einblick, Bild 2-93.

■ Reibungs- und Verschleißverhalten


Rohre aus PB sind sehr verschleißfest beim Transport von Flüssigkeiten mit
einem hohen Anteil an suspendierten Feststoffen, z. B. Schlammleitungen in
Kraftwerken (Asche) und im Bergbau. Die in jüngster Zeit entwickelten Hoch-
Copolymeren bieten eine noch höhere Abriebfestigkeit als Buten-1-Homopoly-
mere. Der relative Abrieb beträgt beispielsweise bei PP das Fünffache, bei PE und
PVC-U sogar das Achtfache.
Polyolefine (PO)
580 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-88. Temperatur-


abhängigkeit der
Streckspannung von PB

Bild 2-89. Temperaturab-


hängigkeit des Schubmoduls
von PB
Polyolefine (PO)
2.1.1.3 Polybuten-1 (PB) 581

Bild 2-90. Zeitstandverhalten von PB bei Zugbeanspruchung

Bild 2-91. Zeitstandfestigkeit von


Rohren aus PB bei Beanspruchung
durch Innendruck (Werkstoff: PB
der Shell Intern. Petroleum)

■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)


Beständig gegen: Säuren (außer oxidierenden), Laugen, Waschmittel, Öle, Fette,
Alkohole, Ketone, aliphatische KW;
nicht beständig gegen: oxidierende Säuren, aromatische und chlorierte KW.

■ Witterungsbeständigkeit
Beständigkeit ist – wie bei allen Polyolefinen – nur bei entsprechender Stabili-
sierung gewährleistet, z. B. durch Ruß oder HALS-Stabilisatoren.

■ Brennbarkeit (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


Brennt wegen des hohen C-Gehaltes der Bausteine – wie alle Polyolefine – mit
leuchtender Flamme auch beim Tropfen weiter und riecht etwas stechend nach
Paraffin.
Polyolefine (PO)
582 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-92. Vergleich der Zeitstandfestigkeit (bis 95 °C) von Fußbodenheizungs-Rohren, ausge-
legt für Betriebstemperaturen bis 60 °C
A statistisches Propylen-Copolymer
B vernetztes PE-weich (PE-LD-X)
C Polybuten-1

Bild 2-93. Kerbschlagzähigkeit von PB


in Abhängigkeit von der Temperatur
Polyolefine (PO)
2.1.1.3 Polybuten-1 (PB) 583

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Eine 100-µm-Folie weist bei 25 °C folgende Durchlässigkeit auf:
O2 1800 cm3/m2d bar Wasserdampf 6,0 g/m2d
N2 500 cm3/m2d bar
CO2 6000 cm3/m2d bar
H2 7100 cm3/m2d bar

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die Berührung mit Lebensmittel ist zulässig im Rahmen der Empfehlungen des
BGA; PB ist physiologisch inert.
Berührung von PB-Schmelze mit der Haut ist unbedingt zu vermeiden, eben-
so das Einatmen von Dämpfen. Hohe Buten-1-Konzentrationen wirken narkoti-
sierend, deshalb sind die Arbeitsplätze gut zu belüften.

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4)


Die bevorzugten Verarbeitungsverfahren sind das Extrudieren und das Spritz-
gießen. Bei eingefärbten Materialtpyen ist Trichtertrocknung zu empfehlen. Im
Hinblick auf die nach dem Verlassen der formgebenden Werkzeuge vor sich
gehende kristalline Umwandlung müssen Halbzeuge und Formteile vorsichtig
gehandhabt werden. Rohrbögen werden beispielsweise aus Rohren hergestellt,
die beim Extrudieren auf Trommeln gewickelt werden. Regenerat kann bis zu
20 % mit Originalmaterial verarbeitet werden.
Richtwerte für die Verarbeitung:
Extrudieren: Massetemperatur 190 bis 290 °C
Spritzgießen: Massetemperatur 240 bis 280 °C
Werkzeugtemperatur 40 bis 80 °C
Schwindung 1,4 bis 3,0 %
Pressformen: Massetemperatur 250 °C
Warmformen: Zuschnitttemperatur 190 °C
Trennen und Fügen: siehe PE, S. Kap. 2.1.1.1.1

Anwendungsbeispiele
Warmwasserleitungen, Fußbodenheizungen, Fittings, Apparate für die
chemische Industrie, Behälterauskleidungen, geblasene Hohlkörper, Tele-
fonkabel, Aufreißverpackungen, Transportsäcke.

Handelsnamen
Acorn (Hepworth Water Systems/DE)
Crestomer (Scott Bader Ltd./GB)
Gabotherm (Thyssen Polymer GmbH/DE)
Hakathen (Haka/CH)
Pekevic (Neste Oy Chemicals/FI)
Polyolefine (PO)
584 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.1.4
Polyisobutylen (PIB)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Polyisobutylen ist das älteste großtechnisch hergestellte Olefin-Polymere. Es
wurde 1935 von der ehemaligen IG-Farbenindustrie auf den Markt gebracht. Je
nach Polymerisationsgrad gewinnt man viskose Öle, plastische klebrige Massen
oder rohgummiartige Polymeren. Demgemäß sind diese Produkte als Öle,
Klebemassen oder meist mit Ruß und Graphit gefüllte Folien am Markt. Am
bekanntesten sind die als Korrosionsschutz dienenden Auskleidungsfolien und
die Folien für den Grundwasserschutz von Gebäuden.

Polyisobutylen

Das Eigenschaftsbild der hoch- und niedermolekularen Homopolymerisate


kann durch Copolymerisieren mit Monoolefinen, Olefin-Oligomere, Styrol u. a.
in gewünschtem Sinne abgewandelt werden.
PIB neigt sehr zum Kriechen. Die Kriechneigung wird durch Zumischen von
Talkum, Ruß und PE-LD gemildert.

■ Sortiment, Lieferformen, Typisierung


Das Sortiment umfasst Öle, klebrige, weichplastische und gummiartige Massen.
Folien werden in Dicken von 1,5 und 3,0 mm geliefert. PIB-Folien für die Bau-
tenabdichtung sind nach DIN 16935 (05. 71) genormt.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht über kennzeichnende physikalische Eigenschaften von PIB-
Folien enthält Tabelle 2-21. Den Schubmodul in Abhängigkeit von der Tempera-
tur gibt Bild 2-94 wieder.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Säuren, Laugen, Salze, bedingt beständig gegen Salpeter- und
Nitriersäure;
nicht beständig gegen: Chlor, Bor, Chlorsulfonsäure

■ Löslichkeit
Löslich bis stark quellbar: aliphatische, aromatische und Chlor-KW
quellbar: Ether, Butylacetat, Öle und Fette
unlöslich: niedere Alkohole, Ester, Ketone

■ Witterungsbeständigkeit
PIB ist bei Anwesenheit von Sauerstoff im Sonnenlicht und gegen UV-Strahlung
nicht beständig. Ruß wirkt als UV-Stabilisator.
Polyolefine (PO)
2.1.1.4 Polyisobutylen (PIB) 585

Tabelle 2-21. Physikalische Eigenschaften von PIB-Folien

Eigenschaften Einheit elektrische Bautenschutz- Korrosions-


Isolierfolie Folie schutzfolie

Dichte g/cm3 0,91 bis 0,93 1,7 1,4


mechanische
Reißfestigkeit N/mm2 2 bis 6 1,5 2,0
Reißdehnung % 21000 200 300
thermische
Gebrauchstemperatur
ohne mech. Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C – 40 bis 80 – 40 bis 80 – 40 bis 80
dauernd °C – 30 bis 65 – 30 bis 65 – 30 bis 65
Glasübergangstemperatur °C – 70
linearer Ausdehnungs-
koeffizient K–1 120 · 10–6 80 · 10–6 80 · 10–6
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,42 bis 0,52 1,1 0,84
elektrische
spezifischer Durchgangs- W 40 cm 1015 – –
widerstand
Dielektrizitätszahl (103Hz) 2,3 – –
dielektrischer Verlustfaktor 0,004 – –
tan d
Durchschlagfestigkeit kV/mm 40 – –
Kriechstromfestigkeit (Stufe) KA 3c – –
vergleichende Kriechweg- CTI > 600 – –
bildung
Wasseraufnahme (96 h) mg 0,5 0,5 0,5

■ Brennbarkeit
PIB brennt ähnlich wie Kautschuk.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die lebensmittelrechtliche Unbedenklichkeit hängt vom jeweiligen Material-
rezept ab. PIB ist grundsätzlich gesundheitlich unbedenklich und physiologisch
inert, vgl. Empfehlung XX.„Polyisobutylen und Isobutylen-Copolymere“, Stand
1. 1. 72 (86. Mitt. Bundesgesundheitsblatt 14, 392 (1972)). Für Mischungen mit
Paraffin oder mikrokristallinen Wachsen ist die Empfehlung XXV „Hartparaf-
fin, mikrokristalline Wachse und deren Mischungen“, Stand 1. 2. 1970 (57. Mitt.
Bundesgesundheitsblatt 13, 85 (1970)) zu beachten.

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4)


Halbfeste Polyisobutylene (MW 8000 bis 20 000) werden in Rühr- und Knet-
maschinen zu teigartigen Substanzen verarbeitet.
Die festen, kautschukartigen PIB-Typen werden wie Kautschuk in Knetern,
auf Walzwerken, Kalandern, Pressen, Extrudern oder Spritzgießmaschinen ver-
Polyolefine (PO)
586 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-94. Schubmodul von


hochmolekularem Polyiso-
butylen in Abhängigkeit
von der Temperatur

arbeitet. Bei tiefen Verarbeitungstemperaturen wird die Formmasse mechanisch


abgebaut.
Üblich sind folgende Verarbeitungstemperaturbereiche:
• Walzen: 160 bis 170 °C
• Pressen: 150 bis 190 °C
• Extrudieren: 150 bis 200 °C
• Spritzgießen: 150 bis 200 °C
PIB kann außerdem in Lösungen und Dispersionen für das Beschichten von
Substraten verarbeitet werden. Auch PIB-Schaumstoffe sind herstellbar.

Anwendungsbeispiele
Hier die Reihe der wichtigsten Anwendungsgebiete:
Haftvermittler beim Trocknen,
Einfärben von Kunststoffgranulat,
Dichtungsmassen,
Wachsabmischungen zum Kaschieren und Beschichten,
Abmischungen mit Polyolefinen zum Verbessern der Verarbeitbarkeit,
Folien für das Abdichten und Auskleiden von Behältern.
Polyolefine (PO)
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP) 587

Handelsnamen
Crestomer (Scott Bader Ltd./GB)
Hyvis (BP Chemicals Intern./GB)
Oppanol-B (BASF AG/DE)
Rhepanol (Braas Flachdrucksysteme/DE)
Vistanex (Advanced Elastomer Systems L.P./US)

2.1.1.5
Poly-4-methylpenten-1 (PMP)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Von den zahlreichen verzweigten aliphatischen Polyolefinen, höher als Polybu-
ten-1, die seit Mitte der fünfziger Jahre in den Forschungslaboratorien entwickelt
wurden, hat außer dem im Jahre 1965 von der ICI (England) eingeführten Poly-4-
methylpenten-1 kein Produkt Marktbedeutung erlangt. Als Rohstoffbasis dient in
zunehmendem Maße Propylen, das zu 4-Methylpenten-1 dimerisiert wird.

Propylen Propylen Poly-4-methylpenten-1

Kennzeichnende Eigenschaften sind:

• sehr niedrige Dichte,


• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• sehr gute elektrische Eigenschaften,
• hohe Transparenz,
• hohe Chemikalienbeständigkeit.

■ Struktur und Eigenschaften


Bei der Polymerisation entsteht ein Material mit einem Kristallinitätsgrad von
etwa 65 %. Eine kennzeichnende Eigenschaft bildet die dennoch glasklare Trans-
parenz. Diese beruht auf dem annähernd gleichen Brechungsindex der amor-
phen und kristallinen Bereiche.
Spritzgegossene Formteile aus Homopolymerisat sind meist trüb. Dieses
Phänomen beruht auf der Hohlraumbildung zwischen amorphen und kristalli-
nen Bereichen als Folge der unterschiedlichen linearen Wärmeausdehnungs-
koeffizienten. Bei einer Temperatur von 60 °C ist die Dichte beider Bereiche
gleich, bei Raumtemperatur sind die amorphen Zonen etwas dichter. Die Dichte
ist mit 0,83 g/cm3 ungewöhnlich niedrig. Die sperrigen Seitengruppen führen zu
der hohen Schmelztemperatur von 245 °C.
Polyolefine (PO)
588 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Die Glasübergangstemperatur beträgt 50 bis 60 °C. Copolymerisation mit


Hexen-1, Octen-1, Decen-1 oder Octadecen-1 erniedrigt die Schmelztemperatur
und verringert die Neigung zur Hohlraumbildung – Hexen-1 führt zu höherer
Transparenz. Die im PMP enthaltenen tertiären C-Atome beeinträchtigen natur-
gemäß die Thermostabilität.

■ Sortiment
Das in den letzten Jahren reichhaltiger gewordene Sortiment umfasst Typen für
das Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen und Papierbeschichten.

■ Lieferformen
Vorzugsweise glasklares und opakes Granulat. Halbzeug ist in Form von Rohren,
Profilen, Stäben, Tafeln und Folien am Markt.

■ Typisierung
Formmassen aus PMP sind nicht typisiert.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften enthält Tabelle 2-22, sowie Tabelle 4-28 im
Anhang.

■ Mechanische Eigenschaften
Die Abhängigkeit der Streckspannung von der Temperatur zeigt Bild 2-95. In
Bild 2-96 wird das Kriechverhalten von PMP mit dem einiger anderer Polyole-
fine verglichen.
Das Zeitstandverhalten PMP ist an Hand des Zug-Kriech-Moduls in Tabelle
4-29 im Anhang wiedergegeben.

■ Optische Eigenschaften
Die Abhängigkeit des Brechungsindex’ von der Wellenlänge zeigt Bild 2-97.

Bild 2-95. Streckspannung von Poly-


4-methylpenten-1 in Abhängigkeit von
der Temperatur
Polyolefine (PO)
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP) 589

Bild 2-96. Zeitdehnungsdia-


gramm einiger Polyolefine
(Prüftemperatur 20 °C, Zugbean-
spruchung 5 N/mm2)
a PE-HD
b Propylen-Copolymer
c Poly-4-methylpenten-1

■ Elektrische Eigenschaften
Die dielektrischen Eigenschaften von PMP entsprechen denen von PE-LD oder
PTFE. Bild 2-98 und 2-99 geben darüber Aufschluss.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen Mineralsäuren (schwacher Angriff bei oxidierenden Säuren),
Laugen, Alkohole, Detergenzien, Öle, Fette, kochendes Wasser; nicht beständig
gegen Ketone, aromatische und chlorierte KW.

Bild 2-97. Brechungsindex von


Poly-4-methylpenten-1 in
Abhängigkeit von der Wellen-
länge (Prüftemperatur 20 °C)

Bild 2-98. Verlustwinkel tand


einiger Thermoplaste in Abhän-
gigkeit von der Frequenz (Prüf-
temperatur 20 °C)
a PTFE
b PMP
c PE-LD (Kabeltyp)
Polyolefine (PO)
590 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-99. Verlustwinkel tand


von Poly-4-methylpenten-1
in Abhängigkeit von Tempe-
ratur und Frequenz

■ Spannungsrissbildung
Neigt zur Bildung von Spannungsrissen.

■ Witterungsbeständigkeit
Wegen tertiärer C-Atome nur bei entsprechender Stabilisierung bedingt witte-
rungsbeständig. Das Material vergilbt und verliert seine guten mechanischen
Eigenschaften.

■ Durchlässigkeit q für Gase und Dämpfe (25-µm-Folie, 25 °C)


O2 N2 H2O
cm3/m2d bar g/m2d

1650 1100 100

■ Brennbarkeit
Brennt langsam mit leuchtender Flamme auch im Tropfen weiter, Geruch paraf-
finartig stechend.
■ Gesundheitliche Beurteilung
Die Berührung mit Lebensmitteln ist zulässig, sterilisierbar, physiologisch inert.

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4)


PMP ist durch Spritzgießen, Extrudieren und Blasformen verarbeitbar. Die hohe
Enthalpie bewirkt, dass die Plastifizierleistung der Maschinen nur 65 % derjeni-
gen von Polystyrol beträgt:
Verarbeitungstemperatur 280 bis 310 °C,
Werkzeugtemperatur 70 °C,
Schwindung 1,5 bis 3,0 %.
Die geringe Schmelzenfestigkeit begrenzt die Größe der durch Extrusionsblasen
herstellbaren Hohlkörper.
Polyolefine (PO)
2.1.1.6 Andere aliphatische Polyolefine 591

Umformen
Tafelförmiges Halbzeug bis zu Dicken von 1 bis 6 mm kann in der üblichen Weise
warmgeformt werden. Bei größeren Wanddicken ist ein Vorwärmen im Umluft-
ofen bei 200 °C während einer Dauer von 2 bis 3 min erforderlich.

Fügen
PMP ist schweißbar und wie alle Polyolefine bedingt klebbar. Die zu klebenden
Flächen sollten vorher mit Glaspapier aufgerauht, jedoch besser im Chrom-
schwefelsäurebad geätzt werden. Als Klebestoffe eignen sich die bei Polyethylen
genannten Produkte.

Anwendungsbeispiele
Transparente Gehäuse, Abdeckungen, Lampenabdeckungen, medizinische
Geräte, Folien für kochfeste Gerichte, Speisetabletts, Geschirr, durchsich-
tige Rohre.

Handelsnamen
TPX (Mitsui Petrochem. Ind. Ltd./JP)

2.1.1.6
Andere aliphatische Polyolefine

Polymere aus höheren a-Olefinen sind bereits seit Anfang der dreißiger Jahre
bekannt, beispielsweise das Polyisobutylen. In Bild 2-100 ist die Wirkung der
wachsenden Länge der Seitengruppen von Polyolefinen (–CHR–CH2–)n mit R
als gerader Seitenkette wiedergegeben. Daraus geht hervor, dass die Schmelz-
temperatur von PP höher ist als diejenige von PE-HD. Dieser Effekt wird noch
sichtbarer bei Polybuten-1 und Polypenten-1. Der Tiefpunkt ist bei Polyocten-1
und Polynonen-1 erreicht. Danach beginnen die Seitenketten zu kristallisieren,

Bild 2-100. Einfluss der Anzahl


der C-Atome in den Seitengrup-
pen auf die Glasübergangstem-
peratur und den Schmelzpunkt
von Polyolefinen
Polyolefine (PO)
592 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

was wieder zu höheren Schmelztemperaturen führt. Man kann davon ausgehen,


dass ein Polyolefin mit n C-Atomen in der Seitenkette einen ähnlichen Schmelz-
punkt aufweist wie ein Paraffin mit 2n Kohlenstoffatomen.
Von den Polymeren aus unverzweigten Polyolefinen hat außer PE und PP bis
jetzt keines große Bedeutung erlangt. Einige dienen als Klebstoffe oder Trenn-
mittel. Zu den Polyolefinen mit verzweigter Seitenkette gehört z. B. das Poly-4-
methylpenten-1. Die höhere Kettenfestigkeit führt zu hohen Schmelztemperatu-
ren. Von 4,4 Dimethylpenten-1 wird eine Schmelztemperatur zwischen 300 und
350 °C angegeben.

Poly-3-methylbuten-1 Poly-4,4-Dimethylpenten-1

Polyvinylcyclohexan Poly-4-methylpenten-1

2.1.1.7
Ionomere
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Zu den bemerkenswerten Entwicklungen auf dem Gebiet ethylenhaltiger Co-
polymerisate gehören die im September 1964 von Du Pont auf den Markt ge-
brachten Ionomere.
Im Unterschied zu den herkömmlichen Thermoplasten sind in diesen Stoffen
als Sekundärkräfte sowohl Nebenvalenzen als auch Ionenbindungen wirksam. Die
starken ionischen, d.h. elektrostatischen Kräfte, die zwischen den Kettenmo-
lekülen wirken, sind für das einzigartige Eigenschaftsbild verantwortlich, das ins-
besondere bei den aus diesem Material hergestellten Folien zum Ausdruck kommt:
• hohe Schlagzähigkeit bei tiefen Temperaturen,
• Durchstoß- und Abriebfestigkeit,
• hohe Schmelzenfestigkeit,
• gutes Tiefziehverhalten,
• Haften ohne Vorbehandlung auf Aluminiumfolie und Papier beim Extru-
sionsbeschichten, im Verbund mit Folien aus PA und anderen Polymeren bei
der Coextrusion,
• niedrige Siegeltemperaturen, hohe Siegelnahtfestigkeit und außergewöhn-
liche Heißklebefestigkeit,
• Fett-, Öl- und Lösemittelbeständigkeit,
• Transparenz mit geringer Schleierbildung.
Polyolefine (PO)
2.1.1.7 Ionomere 593

■ Struktur und Eigenschaften


Der wesentliche Grundstoff der bisher bekannten Ionomere ist das Ethylen.
Durch Copolymerisation (z. B. mit Acrylsäure) werden Carboxylgruppen ent-
lang der Hauptkette angelagert. Sie bilden den anionischen Teil der Ionenbin-
dung. Als Kationen werden Metallabkömmlinge wie Natriummethoxid, Kali-
ummethoxid oder Magnesiumacetat verwendet. Die polaren Bindungen
drängen die Kristallisation zurück, sie führen zu einer physikalischen Vernet-
zung.
Die auf dem Markt befindlichen Ionomere enthalten entweder Zink- oder
Natriumionen. Im allgemeinen weisen Typen mit Natriumionen bessere opti-
sche Eigenschaften, bessere Ölbeständigkeit und höhere Heißklebefestigkeit auf.
Ionomere mit Zinkionen zeichnen sich durch bessere Hafteigenschaften, bei-
spielsweise bei Polyamid, und beim Extrusionsbeschichten von Aluminiumfolie
aus. Die Haftfestigkeit auf Trägermaterialien ist grundsätzlich der aller anderen
Thermoplaste überlegen. Diese Folien werden auch verwendet, wenn Packgüter
mit hohem Wasser- oder Alkoholgehalt zu verpacken sind oder bei Verbundfo-
lien, wenn es auf höchste Heißklebefestigkeit ankommt.
Trotz der Ionenbindung weisen diese Stoffe alle Kennzeichen echter Thermo-
plaste auf. Dadurch unterscheiden sie sich wesentlich von den Duroplasten.
Ionomere haben eine außergewöhnlich hohe Transparenz, weil die Bildung
sichtbarer Sphärolithe völlig unterbunden ist. Die Ionenbindung bewirkt ferner
eine hohe Festigkeit der Schmelze und verbessert die Tiefziehfähigkeit von
Folien und Tafeln im plastischen Bereich. Ionomere werden dort verwendet, wo
es auf hohe Zähigkeit, Transparenz und Flexibilität ankommt. Folien von nur
12 µm Dicke können porenfrei extrudiert werden.

■ Sortiment, Lieferformen, Typisierung


Das Sortiment der von Du Pont (US) angebotenen Surlyn Ionomere enthält z. Zt.
sieben Typen mit Zn-Ionen und vier Typen mit Na-Ionen, die teils für das Extru-
dieren von Folien, von Haftschichten, Tafeln, Rohren, Profilen, Draht- und Kabel-
ummantelungen sowie geblasenen Hohlkörpern, teils für das Spritzgießen
geeignet sind.
Für das Warmformen stehen Tafeln und Folien aus Halbzeug zur Verfügung.
Die Lieferform bildet das glasklare Granulat.
Die Ionomere sind nicht typisiert.

■ Physikalische Eigenschaften
Die kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften von Surlyn sind in Tabelle
4-28 im Anhang zusammengestellt (siehe auch Tabelle 2-22).

■ Mechanische Eigenschaften
Unter den mechanischen Eigenschaften ist vor allem die hohe Schlag- und Kerb-
schlagzähigkeit zu erwähnen. Folien sind so zäh, dass man z. B. einen Zuschnitt
über einer senkrecht stehenden Stricknadel warmformen kann, ohne dass die
Folie durchstoßen wird.
Polyolefine (PO)

Tabelle 2-22. Physikalische Eigenschaften einiger PO-Sondersorten


594

Eigenschaften Einheit Inomere Polybuten-1 Poly-4-methylpenten-1

Spritzguss/Extrusion Folien Folien/Rohrtypen Spritzguss/Blasformen

Dichte g/cm3 0,94–0,96 0,940 0,91–0,915 0,83–0,84


Schmelzindex MFR g/10 min 14–1,0 1,3 1,0–0,4 –
Schmelztemperatur °C 85–99 – 126 230–240

mechanische
Streckspannung N/mm2 – 35,2 längs 12–17 –
Reißfestigkeit N/mm2 20–35 27–38 längs 37–31 25–28
Streckdehnung % – 350 längs 24 –
Reißdehnung % 350–520 – 300–380 10–50
Zugmodul N/mm2 140–420 – 210–260 1100–2000
Grenzbiegespannung N/mm2 – – 14–16 28–42
Biege-E-Modul N/mm2 260–380 160–370 310–350 770–1800
Izod-Kerbschlagzähigkeit J/m 320–800 – o.Br. 16–64
Shore-Härte – D 56–68 D 56–68 D 55–65 Rockwell L 67–74

thermische
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 110 · 10-6 110 · 10–6 130 · 10–6 120 · 10–6
Formbeständigkeit i.d. Wärme
1,8 N/mm2 °C – – 54–60 41
0,45 N/mm2 °C 38–50 38 91–112 100
Vicat-Erweichungstemperatur °C 57–72 71 108–113 179
Wärmeleitfähigkeit W/mk 0,24 0,24 0,22 0,17

elektrische
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 5 · 1015 –10–18 5 · 1015 >1016 >1016
Durchschlagfestigkeit kv/mm 40 44 18–40 –
Dielektrizitätszahl – 2,4 (106 Hz) 2,4 2,52 (106 Hz) 2,12
dielektrischer Verlustfaktor tan d – ≈ 0,003 (50 · 106 Hz) – 0,002–0,005 (106Hz) 0,0015 (107Hz)
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Wasseraufnahme %/24 h 0,5–0,3 0,5–0,3 <0,02 0,01


Polyolefine (PO)
2.1.1.7 Ionomere 595

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: schwache Säuren, Laugen, Fette, Öle, Lösemittel;
nichtbeständig gegen: oxidierende Säuren, Alkohole, Ketone, aromatische und
chlorierte KW.

■ Spannungsrissbildung
Surlyn neigt kaum zu Spannungsrissbildung.

■ Witterungsbeständigkeit
Die Witterungsbeständigkeit gleicht derjenigen der Polyolefine. Durch Stabili-
sieren ist eine graduelle Verbesserung erzielbar.

■ Durchlässigkeit q für Gas und Dämpfe (25-µm-Folie, 25 °C)

O2 H2O
cm3/m2d bar g/m2d

9300 25

■ Brennbarkeit
Surlyn brennt langsam mit leuchtender Flamme.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Entsprechende Typen sind zugelassen für dauernde Berührung mit Lebensmit-
teln und physiologisch inert.

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4)


Durch Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen, Warmformen;
Verarbeitungstemperatur: 150 bis 260 °C,
Werkzeugtemperatur: – 5 bis + 20 °C,
Verarbeitungsgeschwindung: 0,5 bis 1,0 %.
Folienförmiges Halbzeug ist zu Formteilen mit sehr großem Tiefen/Durchmes-
serverhältnis warmformbar. Wegen seiner chemischen Struktur absorbiert
Surlyn Infrarotenergie doppelt so schnell wie PE-LD, Bild 2-101, was beim
Warmformen und Skinverpacken wegen der kürzeren Aufheiz- und Abkühlzei-
ten zu höheren Durchsatzleistungen führt.

Bild 2-101. Aufheizzeiten


verschiedener Foliensorten
für das Skinverpacken
(Foliendicke 100 mm)
Polyolefine (PO)
596 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Anwendungsbeispiele
Glasklare Getränkeleitungen, Wein- und Fruchtsaftverpackungen, Klar-
sichtfolien für fetthaltige Lebensmittel, Laborzubehör und medizinisches
Zubehör, beschichtetes Trägermaterial, Haftschicht bei koextrudierten
Mehrlagenfolien, Flaschen für Pflanzenöle, Hautpackungen, Fleischver-
packungen, Schuhsohlen, -absätze, Einlagen, Werkzeugstiele, Hammer-
köpfe. Es handelt sich somit vor allem um Anwendungsgebiete, bei denen
bisher PVC-P – mit allen seinen Nachteilen – vorherrscht.

Handelsnamen
Aclyn (Allied Color Ind. Inc./US)
Coathylen (Alast Labor SA/CH)
Capolene (Asahi Chemical Ind./JP)
Escor (Deutsche Exxon Chemical GmbH/DE)
Himiran (Du Pont-Mitsui Polychemical Co./JP)
Surlyn A (Du Pont Deutschland GmbH/DE)

2.1.1.8
Cycloolefincopolymere (COC)
Die schon einige Male bei den Polymerisationsverfahren für Polyethylen und
Polypropylen sowie deren Copolymeren erwähnten Metallocen-Katalysatoren
ermöglichen auch Polymere herzustellen, die nicht nur C-Atome in der Haupt-
kette enthalten, sondern auch heterocyclische Seitengruppen, wie die Struktur-
formel zeigt [2].

Baustein eines Cycloolefin-Copolymeren (COC)

Die Ausgangsstoffe dieser Polymeren bilden, wie die Formel zeigt, Ethylen, Nor-
bornen und Tetracyclododecen. Diese Polymere sind unpolar. Das von Hoechst
angewandte Polymerisationsverfahren führt zu einem amorphen und mithin
transparenten Kunststoff.Dieser Tatsache trägt der gewählte Handelsname Topas®
(Thermoplastic Olefin Polymers of Amorphous Structure) Rechnung.Topas ist ein
technischer Kunststoff mit folgenden kennzeichnenden Eigenschaften:
• in weiten Grenzen einstellbare Formbeständigkeit in der Wärme (0 bis 170 °C),
• wertvolle optische und elektrische Eigenschaften,
• geringe Durchlässigkeit von Wasserdampf und Wasser.
Tabelle 2-23. Physikalische Eigenschaften des verfügbaren Topas-Sortimentes

Eigenschaften Prüfmethode Typen

8007 5013 6015 6017

Volumen-Fließindex ml/10 min ISO 1133 4,5 71 16 12


(bei HDT + 115 °C)
Dichte g/cm3 ISO 1183 1,02 1,02 1,02 1,02
Wasseraufnahme % ISO 62 < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0.01
(24 h Wasserlagerung bei 23 °C)
Wasserdampfdurchlässigkeit g · mm DIN 53122 0,023 0,030 0,035 0,045
(23 °C, 85% rel. Feuchte) m2 · d
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC)

Verarbeitungsschwindung % 0,6 bis 0.7 0,6 bis 0,7 0,6 bis 0,7 0,6 bis 0,7
Mechanische Eigenschaften, gemessen im Normklima bei 23 °C, 50 % rel. Feuchte
Zugfestigkeit N/mm2 ISO 527 Teil 1 und 2 66 66 66 66
Bruchdehnung % ISO 527 Teil 1 und 2 10 3 4 4
Zug-E-Modul N/mm2 ISO 527 Teil 1 und 2 2600 3100 3200 3200
Schlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 ISO 179/1eU 20 13 15 15
Kerbschlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 ISO 179/1eA 2,6 1,7 2,0 2,0
Kugeldruckhärte, 30-s-Wert N/mm2 DIN ISO 2039 Teil 1, 130 184 184 190
Prüfkraft 961 N
Thermische Eigenschaften
Wärmeformbeständigkeit HDT/B °C ISO 75 Teil 1 und 2 75 130 150 170
(0,46 N/mm2)
Linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 DIN 53 752 0,7 · 10–4 0,6 · 10–4 0,6 · 10–4 0,6 · 10–4
597

Polyolefine (PO)
Polyolefine (PO)

Tabelle 2-23 (Fortsetzung)


598

Eigenschaften Prüfmethode Typen

8007 5013 6015 6017

Elektrische Eigenschaften
Dielektrizitätszahl bei 1 bis 10 kHz – IEC 250 2,35 2,35 2,35 2,35
Vergleichende Kriechwegbildung CTI – DIN IEC 112 > 600 > 600 > 600 > 600
Spezifischer Durchgangswiderstand W · cm DIN IEC 93 > 1016 > 1016 > 1016 > 1016
Brandverhalten
Brennbarkeit Klasse UL94 HB HB HB HB
(1,6 mm) (1,6 mm) (1,6 mm) (1,6 mm)
Optische Eigenschaften
Lichttransmissionsgrad % ASTM D 1003 92 93 92 92
Brechzahl – – 1,53 –
Abbé-Zahl – – 58 – –
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyolefine (PO)
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC) 599

Kennzeichnende physikalische Eigenschaften enthält Tabelle 2-23. Die letzten


beiden Ziffern geben einen Hinweis auf die Formbeständigkeit in der Wärme.
Auffallend ist die niedrige Dichte von 1,02 g/cm3.
Über die mechanischen Eigenschaften informiert die Übersicht in Bild 2-102.
Die Metallocen-Katalyse ermöglicht es, die Wärmeformbeständigkeit mit
Hilfe des Cycloolefinanteils zwischen 70 und 170 °C einzustellen. Bild 2-103 zeigt
dieses Phänomen anhand der vier Typen des Topas-Sortimentes.

Bild 2-102. Mechanische Eigenschaften von COC


A Spannungsdehungs-Diagramm für einige Topas-Typen
B Verlauf von Zugfestigkeit und Elastizitätsmodul über der Temperatur im Vergleich mit
einigen anderen technischen Kunststoffen
Polyolefine (PO)
600 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-103. Wärmeformbestän-


digkeit von COC
A Temperaturverlauf des
Schubmoduls der COC-
Typen
B Wärmeformbeständigkeit
der Topastypen im
Vergleich zu Polycarbonat

Die betont amorphe Struktur der COC führt zu vorzüglichen optischen


Eigenschaften. Die Transparenz reicht über einen breiten Bereich des sichtbaren
Lichtes (von 800 bis 400 nm). Die Transmission einer 50-µm-Folie erreicht 92 %.
Für UV-Strahlung (< 300 nm) sind die Folien undurchlässig. Die Abbé-Zahl (58)
und der Brechungsindex von 1,53 gewährleisten eine vielversprechende Eignung
für optische Bauteile.
COC ist beständig gegen hydroleptischen Abbau, Säuren, Laugen und polare
Lösemittel. Unpolare Lösemittel wie Benzin und Toluol wirken quellend oder
gar lösend (Gleiches löst Gleiches). Die Wasseraufnahme ist mit 0,01 % (bei
Raumtemperatur) sehr gering. Wie bei den meisten amorphen Thermoplasten
besteht auch bei den COC eine Anfälligkeit für Spannungsrissbildung. Es kommt
also sehr auf spannungsarmes Verarbeiten an. Dabei hilft die Beachtung der Ver-
arbeitungstemperaturen gemäß Tabelle 2-24.

Tabelle 2-24. Richtwerte für die Schmelze- und Werkzeugtemperaturen beim Spritzgießen von
Topas

Typ 8007 5013 6015 6017


Massetemperatur °C 190 bis 250 240 bis 300 260 bis 310 270 bis 320
Werkzeugwandtemperatur °C 20 bis 60 20 bis 110 20 bis 110 50 bis 110
Polyolefine (PO)
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC) 601

Die geringe Bruchdehnung erfordert das Vermeiden von Hinterschneidungen


bei Formteilen. Spannungsarme Spritzgussteile werden erreicht, wenn mit abge-
stufter Einspritzgeschwindigkeit und niedrigem Nachdruck gearbeitet wird.
Die Formteilschwindung beträgt 0,6 bis 0,7%, Nachschwindung tritt nicht ein.
Die Wahl des geeignetsten Typs für die Herstellung von Formteilen, optischen
Speichermedien, Kondensatorfolien oder mehrfach verwendbaren Formteilen für
die Medizintechnik sollte anhand der Tabelle 2-25 getroffen werden.
Die vorzüglichen elektrischen und dielektrischen Eigenschaften von COC
begünstigen die Verwendung für Kondensatorfolien. Die hierfür erforderliche
Dehnfähigkeit erhalten die extrudierten Folien jedoch erst durch biaxiales
Recken, wie Tabelle 2-26 zeigt.
Über die gezielte Entwicklung von mPE berichtet Fina Research/BE [3]. Die
im Suspensionsvefahren hergestellten Metallocen-Produkte mit wahlweise
enger oder breiter Molmasseverteilung umfassten den Dichtebereich 0,931–
0,946 g/cm3 (eng) und 0,92 – 0,96 g/cm3 (breit). Das Scher- und das Dehn-

Tabelle 2-25. Übersicht über charakteristische Eigenschaften und typische Anwendungen der
verfügbaren Topas-Typen

Typ Eigenschaften Anwendung

8007 Glasklarer Grundtyp, Verpackungen für feuchtig-


Wärmeformbeständigkeit 75 °C keitsempfindliche Güter
geringe Wasseraufnahme und sehr gute
Wasserdampfbarriere,
erhöhte Dehnung bei verringertem E-Modul
5013 glasklarer Grundtyp, optische Speichermedien,
Wärmeformbeständigkeit 130 °C z.B. Compact Discs, CD-ROM
hohe Fließfähigkeit,
exzellente optische Eigenschaften (geringe
Doppelbrechung, sehr gute Abformgenauigkeit)
6015 Glasklarer Grundtyp, Kondensatorfolie,
Wärmeformbeständigkeit 150 °C, mehrfach verwendbare Teile
hohe Reinheit, Transparenz und chemische für die Medizintechnik,
Beständigkeit mit Heißdampf oder Gamma-
strahlung sterilisierbar
6017 Glasklarer Grundtyp, Formteile, die kurzzeitig
Wärmeformbeständigkeit 170 °C hohen Temperaturbelastungen
ausgesetzt sind

Tabelle 2-26. Eigenschaften von COC-Folien

Eigenschaft nicht orientiert biaxial orientiert

Verstreckungsfaktor – 3¥3
Elastizititätsmodul N/mm2 2100 bis 2200 2700 bis 3500
Zugfestigkeit N/mm2 60 bis 70 90 bis 140
Bruchdehnung % 3 bis 4 50 bis 90
Schrumpf (bis 20 K unter Tg) % – <1
Polyolefine (PO)
602 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

fließverhalten ist günstig. Daraus ergeben sich als Anwendungsgebiete das


Extrusions-Blasformen und die Schlauchfolien-Extrusion.

2.1.1.9
Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Polyolefin
Zu den zahlreichen Füllstoffen für Kunststoffe zählt nach sorgfältiger Auswahl
und nach optimaler Aufbereitung auch die Kohle, speziell der Anthrazit, auch
wenn die praktische Einführung z. Zt. noch auf sich warten lässt. Kasa-Karbon,
so lautet seine Markenbezeichnung, wird in Anteilen zwischen 40 und 75 %
Masseanteil zugesetzt und führt im Vergleich zum talkumgefüllten PP oder
leichtrußgefülltem PE zu beachtenswertem Erfolg bei der Erhöhung des
E-Moduls, der Oberflächenhärte und der antistatischen Ausrüstung, Bild 2-104
und Bild 2-105. Dazu kommt eine hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch
Chemikalien, gute Schweißbarkeit und vor allem ein günstiges Preis/Leistungs-
verhältnis [4].
Kennzeichnende physikalische Eigenschaften gibt die Tabelle 2-27 wieder.

Handelsname
Kasa-Karbon (Kasa-Gruppe, Frankfurt/DE)

Bild 2-104. Der Anthrazit-gefüllte Polyolefincompound vereinigt die Vorteile von talkumge-
fülltem PP und leitrußgefüllten Polyolefinen
A hinsichtlich Steifigkeit
B hinsichtlich Formbeständigkeit in der Wärme (PEel bzw. PPel mit Leitruß gefülltes Poly-
ethylen bzw. Polypropylen, PPTV10-TV40 mit 10 bis 40 % Talkum gefülltes Polypropylen,
KK(PP) mit Anthrazit gefülltes Polyethylen bzw. Polypropylen, KK 40 – 60, Füllgrad an
Anthrazit 40 – 60 %
Polyolefine (PO)
2.1.1.9 Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Polyolefine 603

Bild 2-105. Der Ober-


flächenwiderstand von
kohlenstoffgefüllten
Polyolefinen als Funk-
tion des Füllgrads

Tabelle 2-27. Eigenschaften eines PP-Compounds mit 50% Anthrazit

Eigenschaften Norm Wert

MFI (190/5) g/10 min DIN 53735 1,7


Dichte g/cm3 DIN 53479 1,11
Streckspannung N/mm2 DIN 53455 20
Bruchdehnung % DIN 53455 10
Schlagzähigkeit (+23°C) kJ/m2 DIN 53453 25
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 DIN 53453 15
E-Modul N/mm2 DIN 53457 2300
Kugeldruckhärte N/mm2 DIN 53456 70
Vicat B Grad C DIN 53460 100
Linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 10–4 DIN 53752 1,10
Wärmeleitfähigkeit W/mK DIN 53612 0,26
spezifischer Durchgangswiderstand Ohm cm DIN VDE 0303T3 4 · 1011
Oberflächenwiderstand Ohm DIN VDE 0303T3 < 1 · 108
Durchschlagsfestigkeit kV/mm DIN VDE 0303T3 <2

Literatur – Kapitel 2.1.1.3 – 2.1.1.9


[1] Bork S (1984) Lineares Polyethylen niedriger Dichte (PE-LLD), Eigenschaften,Verarbeitung
und Anwendung, Kunststoffe 74, S 474–486
[2] Laud HT u. D Niedernberg (1995) CD zukünftig aus COC, Kunststoffe 85, S 1048–1054
[3] Brusewitz M (1984) „Neue Verbundwerkstoffe auf Kohlenstoff-Polyolefin-Basis“, Kunst-
stoffe 84, S 997–1000
[4] Everaert J (1997) „PE: maßgeschneidert“, Kunststoffe 87, S 73–76
[5] Mülhaupt R u. J Rösch (1994) „Phasenvermittler für Polypropylen-Polyamid-6-Legierun-
gen“, Kunststoffe 84, S 1153–1158
2.1.2 Vinylpolymere 605

2.1.2
Vinylpolymere

Vinylpolymere
2.1.2.1 Polyvinylchlorid (PVC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
2.1.2.1.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . . . . . 606
2.1.2.1.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
2.1.2.1.1.2 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
2.1.2.1.1.3 Rohstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
2.1.2.1.1.4 Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
2.1.2.1.1.5 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
2.1.2.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
2.1.2.1.2.1 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 617
2.1.2.1.2.2 Beständigkeiten und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . 629
2.1.2.1.2.3 Elektrische und optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . 632
2.1.2.1.2.4 Sonstige Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
2.1.2.1.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
2.1.2.1.3.1 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
2.1.2.1.3.2 Pastenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640
2.1.2.1.3.3 Schäumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
2.1.2.1.3.4 Bearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
2.1.2.1.3.5 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
2.1.2.1.3.6 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
2.1.2.1.3.7 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
2.1.2.1.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . . . . . 646
2.1.2.1.4.1 Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
2.1.2.1.4.2 Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
2.1.2.1.5 Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.5.1 Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.5.2 Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.5.3 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
2.1.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.1.2.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652
2.1.2.2 Polyvinylchlorid-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . 653
2.1.2.2.1 Blends aus PVC und chloriertem PE-HD (PE-HD-C) . . . . . 655
2.1.2.2.2 Blends aus PVC- und EVA-Copolymeren bzw. EVA/
VC-Pfropfcopolymeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664
2.1.2.2.3 Vergleich mit anderen elastifizierenden Hochpolymeren . . . 668
2.1.2.2.4 Blends aus PVC und Acrylpolymeren . . . . . . . . . . . . . 670
2.1.2.2.5 Copolymere aus Vinylchlorid und Vinylidenchlorid/
Acrylnitril-Copolymeren (VC/VDC/AN) . . . . . . . . . . . 670
606 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.2.2.6 Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere . . . . . . . . . . . . . 672


2.1.2.2.7 Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere . . . . . . . . . . . . . 674
2.1.2.2.8 Literatur – Kapitel 2.1.2.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674
Vinylpolymere

Polyvinylchlorid ist der wichtigste Vertreter dieser Produktgruppe, zu der


naturgemäß auch die VC-Copolymerisate – einschließlich die nachchlorierten
Typen – sowie das Polyvinylidenchlorid, das Polyvinylacetat (plus Copolymere)
und das Polyvinylacetal gehören.

2.1.2.1
Polyvinylchlorid (PVC)
J. Diemert, J. Hauk, A. Stieneker, J.Woidasky

2.1.2.1.1
Synthese und Compoundierung
2.1.2.1.1.1
Synthese (s. a. Kapitel 1.2.3.1.1)
Mit einem Verbrauch von 27 Mio t/a steht PVC von allen Kunststoffen an dritter
Stelle [1] und wird derzeit nur von PE-LD und PP übertroffen. PVC verfügt über
das breiteste Verarbeitungs- und Anwendungsspektrum sämtlicher Thermo-
plaste. Dies ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass eine Vielzahl von
Funktions-Zusatzstoffen entwickelt wurden, die es ermöglichen, verarbeitungs-
und anwendungstechnisch sehr leistungsfähige Compounds herzustellen.

■ Herstellverfahren (s. a. Kapitel 1.2.7)


Den monomeren Ausgangsstoff, das Vinylchlorid, gewann Regnault bereits im
Jahre 1835 durch Anlagerung von Chlor an Ethylen auf dem Umweg über Di-
chlorethan [2]. Ein Gemisch aus 1,2 Dichlorethan und alkoholischer Kalilauge
setzte er einige Jahre später mehrere Tage dem Sonnenlicht aus und stellte fest,
dass sich ein weißes Pulver absetzte. Für die technische Umsetzung dieser Beob-
achtung war die Zeit jedoch noch nicht reif [3].
1912 wurde den Chemikern F. Klatte und E. Zacharias (Griesheim Elektron) [4]
ein Verfahren zum Patent angemeldet [5], monomeres Vinylchlorid durch Anlage-
rung von Chlorwasserstoff an Acetylen herzustellen. Im Jahr darauf erhielten sie
über die Polymerisation des Vinylchlorids ein Patent. Der Erste Weltkrieg setzte
der Entwicklung zunächst ein Ende, bis in den zwanziger Jahren in den Werken
Rheinfelden, Bitterfeld und Ludwigshafen der ehemaligen IG-Farbenindustrie die
Entwicklung technischer Polymerisationsverfahren zum Erfolg führte. Eine Pro-
duktionsanlage für 1500 t/a lief 1938 im Werk Bitterfeld an. Etwa zur gleichen Zeit
führten in den USA die Arbeiten der Union Carbide und von Du Pont zum Erfolg.
2.1.2 Vinylpolymere 607

Vinylchlorid wird heute überwiegend durch ein- oder zweistufige Anlage-


rung von Chlor an Ethylen hergestellt. Das Polymerisieren geschieht auf radika-
lischem Wege. Der Polymerisationsgrad bzw. die molare Masse wird mit Hilfe

Vinylpolymere
der Reaktionstemperatur gesteuert.
Die Rohstoffe von PVC werden ressourcenschonend zu 43 % aus Erdöl und zu
57 % aus Steinsalz gewonnen. PVC wird großtechnisch nach drei Polymerisa-
tionsverfahren hergestellt [7]:

■ Emulsionspolymerisation (E-PVC)
Das System Wasser/Vinylchlorid wird durch Zusatz von grenzflächenaktiven
Substanzen, den Emulgatoren, unter Rühren in eine stabile Emulsion überführt.
Die Polymerisation wird durch wasserlösliche peroxidische Initiatoren akti-
viert und das feindispergierte Polymerisat (Teilchengröße 0,1 bis einige mm)
durch Sprühtrocknen zu feinen, verpastbaren (ca. 10 mm) oder zu groben, riesel-
fähigen Typen (60 bis 300 mm) aufgearbeitet. Das Emulsionspolymerisations-
verfahren kann sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich durchgeführt
werden.

■ Suspensionspolymerisation (S-PVC)
Vinylchlorid wird durch intensives Rühren im Wasser eines Autoklaven in
feinste Tröpfchen zerteilt. Schutzkolloide verhindern das Zusammenfließen der
Tröpfchen. Vinyllösliche Initiatoren lösen die Polymerisation aus. Aus den Mo-
nomer-Tröpfchen werden feste Polymerteilchen (60 bis 250 mm Durchmesser),
die durch Zentrifugieren von der wässrigen Phase getrennt werden. Danach
wird das Produkt gewaschen und getrocknet.
Bei diesem Verfahren werden salz- und emulgatorfreie Polymere gewonnen;
sie enthalten jedoch noch geringe Mengen an Schutzkolloid. Die elektrischen
Werte sind gut, daraus hergestellte Folien und Flaschen sind glasklar.

■ Massepolymerisation (M-PVC)
Als Weiterentwicklung der von Péchiney-Saint Gobain Ende der fünfziger
Jahre erstellten ersten großtechnischen Anlagen zur Massepolymerisation
von Vinylchlorid folgte 1963 das sogenannte „Zweistufenverfahren“. Als Ini-
tiatoren dienen monomerlösliche Peroxide. Im Vor-Polymerisator wird in einer
ersten Stufe ein VC-Umsatz von 5 bis 10 % bei sehr hoher Rührgeschwindigkeit
erreicht. Diese Suspension wird einem zweiten Haupt-Polymerisator mit weite-
rem VC und Initiatorzusatz bis zu einem Endumsatz von 60 – 80 % polyme-
risiert. Das monomerfeuchte Polymere wird ausgegast, gesiebt und den Silos zu-
geführt.
M-PVC ist sehr rein, die Korngröße ca. 100 mm und die Kornverteilung eng.
Bei sehr hohen Anforderungen an die Transparenz (dicke glasklare Platten) oder
im Bereich der Sterilisationsfolien ist M-PVC dem S-PVC vorzuziehen.

■ VC-Copolymere
Die VC-Copolymere werden nach dem Suspensions- und dem Emulsionsverfah-
ren hergestellt. Weiterführende Informationen über diese Materialtypen sind in
Kapitel 2.1.2.2 zu finden.
608 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.2.1.1.2
Struktur (s. a. Kapitel 1.3.1)
Vinylpolymere

Die bei Polyvinylchlorid üblichen Herstellverfahren, wie Emulsions-, Suspen-


sions- und Massepolymerisation, beeinflussen vor allem das äußere Erschei-
nungsbild wie Korngröße, Kornform und gegebenenfalls die Weichmacherauf-
nahme. Nachhaltiger wirkt sich jedoch die chemische Natur bestimmter Zu-
satzstoffe wie Stabilisatoren, Gleitmittel, Füllstoffe, Pigmente, Treibmittel,
Antistatika, Flammschutzadditive, UV-Stabilisatoren, Fungizide u. a. (siehe Ka-
pitel 1.3.5) auf die Eigenschaften des Endproduktes aus.
Röntgenologische Untersuchungen zeigen, dass das Polymer im Wesentlichen
von amorpher Struktur ist. Die Kristallinität beträgt etwa 5 %. Daraus folgt, dass
die Makromoleküle ataktisch (heteroataktisch) aufgebaut sind mit kurzen syn-
diotaktischen Segmenten (siehe folgende Strukturformel).

isotaktisch syndiotaktisch

ataktisch

Die Kettenbildung findet zu 98,5 % in Kopf-Schwanz-Stellung statt, da die Kopf-


Kopf-Stellung aus sterischen Gesichtspunkten ungünstiger ist.

Kopf-Schwanz-Stellung Kopf-Kopf-Stellung

2.1.2.1.1.3
Rohstoffeigenschaften
Wie Polymere allgemein, so unterscheiden sich auch die einzelnen PVC-Typen
durch ihre molare Masse, deren Verteilung sowie äußerlich gesehen durch ihre
Teilchengröße und -form, die Kornstruktur (glatt oder porös) und die Korn-
größenverteilung. Für diese Eigenschaften können nach DIN/ISO Kennzahlen
ermittelt werden, die wiederum Rückschlüsse auf das Verarbeitungsverhalten
der Formmassen und die Gebrauchseigenschaften hieraus hergestellter Halb-
zeuge und Fertigteile zulassen.
Über die Kornbeschaffenheit entscheidet das Polymerisationsverfahren, bei-
spielsweise durch Suspensionsmittel, Emulgator, Rührart und Aufbereitungs-
technik.
2.1.2 Vinylpolymere 609

■ Schütt- und Stopfdichte, DIN EN ISO 60/61


Struktur, Form, Größe und Größenverteilung der Polymerpartikel sind kenn-
zeichnend für die Masse, die ein bestimmtes Volumen PVC-Pulver aufweist. Die

Vinylpolymere
Schüttdichte ist die Kennzahl für eine lose Schüttung, die Stopfdichte gibt das
Masse/Volumenverhältnis von gestampftem PVC-Pulver wieder. Hohe Schütt-
dichten erbringen höhere Durchsatzleistungen bei der Verarbeitung.

■ Korngrößenverteilung, DIN EN ISO 4610, DIN EN ISO 1624 oder DIN 53195
Die Korngrößenverteilung beeinflusst die Rieselfähigkeit und die Mischungs-
schüttdichte und damit das Verarbeitungsverhalten von PVC.

■ Rieselfähigkeit, DIN EN ISO 6186


Eine gute Rieselfähigkeit bewirkt ein gleichmäßiges Speisen der Verarbeitungs-
maschine und damit eine gleich bleibende stetige Durchsatzleistung. Bei der La-
gerung bzw. Silierung und im Materialfluss von PVC ist die Rieselfähigkeit eben-
falls von großer Bedeutung.

■ K-Wert und Viskositätszahl, DIN EN ISO 1628-2


Der K-Wert ist von großer Bedeutung für die Auswahl und Verarbeitung eines
PVC-Polymerisats. Er korreliert mit dem mittleren Polymerisationsgrad bzw.

Tabelle 2-28. Spezifische Anwendungsbereiche von E-, S- und M-PVC verschiedener K-Werte in
Anlehnung an [8]

PVC-Typen PVC-U (K-Wertea) PVC-P (K-Wertea)

Verarbeitung E S M E S M

Kalander, (Schmelz-
walzenmaschinen,
Plattenpressen) (60–65) 57–65 57–65 70–80 65–70 70
thermisch vergütete
Folien 75–80 – – – – –
Fußbodenbeläge – – – 60–70 60–70 –
Extruderverarbeitung
PVC-U
Rohre 70 65–68 67–68
Fensterprofile – 65–68 –
Möbel- u. Bauprofile 60–68 60–68 60–68
Tafeln und
Flachfolien 60–65 60 60
Blasfolien 60 57–60 60
Extruderverarbeitung
PVC-P
allgemein 65–70 65–70 65–70
Kabelmassen – 65–70 –
vorzugsweise – 70 70
Hohlkörperblasen – 57–60 58–60 – 65–80 60–65
Spritzgießen – 55–60 56–60 – 65–70 55–60
Pastenverarbeitung – – – 70–80 (70–80)
a
) Nach DIN 52726: 0,25 PVC in 60 ml Cyclohexanon.
610 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

der mittleren molaren Masse M 3 w und ergibt sich aus der Viskositätszahl, die aus
der Lösungsviskosität bestimmt wird.
Die K-Werte von PVC für thermoplastische Verarbeitung betragen 55 bis 80.
Vinylpolymere

Höhere K-Werte führen zu besseren mechanischen und elektrischen Eigen-


schaften der Formstoffe, allerdings bei schwieriger werdender Verarbeitbarkeit.
Je nach Produkt und Verarbeitungstechnologie kommen PVC-Typen mit bevor-
zugten K-Werten zum Einsatz. Einen Überblick gibt Tabelle 2-28 [8].

■ Flüchtige Bestandteile, DIN ISO 1269, DIN EN ISO 787-2 und Wassergehalt
nach Fischer DIN 53715
Allgemein führt eine erhöhte Restfeuchte in PVC zu Problemen in der Verarbei-
tung auf Extrudern ohne Entgasungssystem. Beispielsweise können Bläschen-
und Kraterbildung im Formteil auftreten. Für S- und M-PVC werden meist
Werte von < 0,3 % und für E-PVC Werte < 0,8 % erreicht [7].
Die Restmonomergehalte an Vinylchlorid liegen heute im Bereich < 1 ppm.

■ Weichmacheraufnahme/Kornporosität, DIN EN ISO 4608 und DIN 54802


Die Kornstruktur wird durch Polymerisations- und Aufbereitungsparameter
bestimmt. Sie ist von entscheidendem Einfluss auf das Weichmacheraufnahme-
vermögen, auf die Absorption flüssiger Zusatzstoffe bei der Aufbereitung von
Pulvermischungen (Dryblends) und auf das Plastifizierverhalten.

2.1.2.1.1.4
Additive und Zuschlagstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5)
Die große Verbreitung von PVC und die Vielseitigkeit im Vergleich zu anderen
Standardkunststoffen beruht darauf, dass dieser Thermoplast wie kein anderer
mit Hilfe von Zusatzstoffen ein breit gefächertes Eigenschaftsbild erlangen
kann, das ihm eine Vielfalt von Anwendungen erschließt.
Wegen dieser grundsätzlichen Bedeutung für die Eigenschaften und die An-
wendung von PVC werden diese Zuschlagstoffe ergänzend zur grundsätzlichen
Beschreibung in Kapitel 1.3.5 im folgenden Abschnitt detaillierter dargestellt.
Hierbei wird insbesondere auf die Bedeutung der jeweiligen Stoffklasse in der
Formulierung einer PVC-Mischung eingegangen.

■ Stabilisatoren (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


In der thermoplastischen Verarbeitung von PVC wird das Polymer durch ther-
mische Belastung und Friktion geschädigt. Die hohen Anforderungen an mo-
derne PVC-Mischungen und die Vielzahl der verschiedenen Abbaumechanis-
men erfordern zunehmend sehr komplexe Stabilisatorsysteme. Die Funktion der
Stabilisatorsysteme besteht darin, präventiv Chlorwasserstoff zu binden, Initial-
stellen des PVC-Abbaus auszuschalten und die Autooxidation zu verhindern.
Weiterhin wirken Stabilisatoren curativ, in dem sie sich an gebildete Polyense-
quenzen addieren oder in Oniumsalze umwandeln können.
Für die Stabilisierung von PVC-Mischungen stehen heute Organozinn-Stabi-
lisatoren, Blei-, Barium-Zink- und Calcium-Zink-Stabilisatoren sowie Calcium-
organische Stabilisatorsysteme zur Verfügung.
2.1.2 Vinylpolymere 611

Cadmium-basierte Stabilisatoren sind aufgrund einer freiwilligen Selbstver-


pflichtung der PVC-verarbeitenden Industrie in Europa seit 2001 nicht mehr im
Einsatz und Blei-basierte Stabilisatoren sollen bis spätestens 2015 sukzessive

Vinylpolymere
durch schwermetallfreie Alternativen ersetzt werden.
Stabilisatoren haben einen wesentlichen Einfluss auf die Verarbeitungseigen-
schaften der PVC-Mischung und die Gebrauchseigenschaften eines Produktes.
Es ist daher entscheidend, das Stabilisator-System auf die jeweilige Verarbeitung
und Anwendung anzupassen.
Typische Lieferformen sind vorgemischte Stabilisator-Compounds (auch als
One-Packs bezeichnet) in Pulver- oder Granulatform, die bei der Herstellung des
PVC-Dryblends zwischen 2 und 6 Prozent dem PVC zugesetzt werden.
Eine nicht ausreichende Stabilisierung von PVC macht sich in einer Verfär-
bung des Materials und der Abspaltung von Chlorwasserstoff bemerkbar.
Die Wirksamkeit eines Stabilisators kann beispielsweise durch einen HCl-Test
oder Mathis-Test nachgewiesen werden. Entsprechende Prüfnormen sind in
Tabelle 2-31 enthalten.

■ Costabilisatoren
Costabilisatoren nehmen in modernen komplexen Stabilisatorsystemen eine
wichtige Rolle ein. Costabilisatoren wirken häufig synergetisch mit dem Stabili-
sator, indem sie gezielt bestimmte Ketten von Abbaureaktionen unterbrechen,
Defektstellen inertisieren oder auf die Zersetzung katalytisch wirkende Zwi-
schenprodukte der Stabilisierungsreaktionen oder Abbaureaktionen auffangen.
Costabilisatoren sind meist organische Substanzen wie Organo-Phosphite, Po-
lyole, 1,3-Diketone, Epoxyverbindungen, Antioxidantien oder UV-Stabilisatoren.

■ Säurefänger
Der bei der Zersetzung von PVC entstehende Chlorwasserstoff wird durch den
Zusatz von anorganischen Säurefängern gebunden. Zu der Gruppe der Säure-
fänger zählen mineralische Stoffe wie Hydrotalcid und Hydrocalumit, Zeolithe
und sonstige anorganische basische Verbindungen.

■ Gleitmittel (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


Um das rheologische Verhalten während der Verarbeitung einzustellen, werden
PVC-Mischungen Gleitmittel zugesetzt. Nach ihrer Wirkung unterscheidet man
zwischen inneren (internen), chemisch vorwiegend polaren Gleitmitteln und
äußeren (externen), vorwiegend unpolareren Gleitmitteln. Für die Löslichkeit
im PVC ist neben der Polarität auch das Verhältnis der polaren Gruppe(n) zum
Kohlenwasserstoffrest entscheidend [8]. Beispiele typischer Gleitmittelverbin-
dungen enthält Tabelle 2-29.
Gleitmittel sind in der Regel im Stabilisator-Compound enthalten, können
aber bei Bedarf individuell zudosiert werden.

■ Füllstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5.2)


In vielen Fällen dienen Füllstoffe (Mineralien) bei PVC vor allem als Extender.
Die gezielte Auswahl und chemische Vorbehandlung der Mineralien ermögli-
chen jedoch immer häufiger, auch bestimmte Eigenschaften der Formstoffe so-
612 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-29. Typische eingesetzte Gleitmittel-Verbindungen mit wirksamer (polarer) Gruppe


und Angabe über die Gleitmittelwirkung [9]
Vinylpolymere

Einteilung der Gleitmittel

Chemische Bezeichnung Kettenlänge Polare Gleit-


unpolare Gruppe Gruppe wirkung

Fettalkohol C14–18 –OH

innerlich
Dicarbonsäureester C14–18
COO–COO–
Glycerinester C14–18 OOC–
Glycerinester ––––OH
Glycerinester OH
Fettsäureester C15–18 –COO–
Fettsäureester
Hydroxifettsäure C14–18 –OH, –COOH
Fettsäure C14–18 –COOH
Metallseifen C16–18 –COO–Me
Metallseifen
Metallseifen
Fettsäureamid C16–18 –CO–NH–CO–
Esterwachse, C6–18 –COO–
teilverseift –COO–Me
Oxidiertes PE C125–600 diverse
Paraffin, flüssig verzw. Ketten –
Paraffin, fest gerade Ketten –
äußerlich

Paraffin, fest
Paraffin, fest
Polyethylenwachs C125–700 –

wie ihre Verarbeitung zu verbessern siehe Abschn. 1.3.5.2 , sowie dort Schrifttum
[10–15]).

■ Füllstoffe für Hart-PVC (PVC-U)


Bei PVC-U werden vor allem Rohre und Profile mit Calciumcarbonat gefüllt. Die
bei Hart-PVC-Druckrohren zugesetzten 1 bis 5 Masse-Teile können als Verarbei-
tungshilfe betrachtet werden. Die hierfür verwendeten Kreiden (Produkte) weisen
eine mittlere Korngröße (D 50%) von ca. 1 mm auf.Abwasserrohre enthalten 10–30
Teile und Dränagerohre 5 bis 20 Teile bei einer Wanddicke von oft weniger als
0,8 mm. Bei Fensterprofilen werden 5 bis 10 Teile zugegeben. Bei Profilen, wie
Sockelleisten und Rollläden, ist der Gehalt mit 25 bis 30 Teilen wesentlich höher.
Der Einfluss verschiedener Mineralien auf die mechanischen Eigenschaften
ist in Tabelle 2-30 dargestellt.

■ Füllstoffe für Weich-PVC (PVC-P)


Calciumcarbonat mit seinen drei Erscheinungsformen Kreide, Kalkstein und
Marmor ist der wichtigste Füllstoff für PVC-P. Es wird in unbehandelter und in
Tabelle 2-30. Eigenschaften von gefülltem und verstärktem PVC-U

Füllstoffe Füllstoff- Zugfestigkeit Dehnung bei E-Modul Vicat- Kerbschlag- Dichte


gehalt Höchstkraft Erweichungs- zähigkeit nach
temperatur Charpy 23 °C
Masseteile N/m2 % N/mm2 °C mJ/mm2 g/cm3
2.1.2 Vinylpolymere

PVC-S weichmacherfrei – 60 6–10 2700 85 3 1,36


natürliche 30 46 8 3200 94 9 1,53
Calciumcarbonate 100 – – – 116 1,78
gefälltes Calciumcarbonat 15 30–47 6 3100 87 14 1,45
Talkum 20 34 6 3500 – – 1,48
Quarzpulver 20 38 – 3100 – – –
Glasfasern 40 25 3 8000 85 – –
Wollastonit 20 25 5,4 – – 3 1,47
613

Vinylpolymere
614 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

gecoateter Form verwendet. Von den Mineralien wird vor allem eine gute Dis-
pergierbarkeit, eine geringe Weichmacher- und Additivabsorption (vor allem
bei gecoateter Kreide), eine hohe chemische Reinheit (Schwermetalle beein-
Vinylpolymere

trächtigen die Alterungsbeständigkeit), eine Verbesserung des trockenen Griffs,


ein Verhindern des Klebens auf den Kalanderwalzen, ein geringes Plateout, ge-
ringe abrasive Wirkung, Erhöhen des Ausstoßes, eine hohe Oberflächengüte und
insgesamt eine Verbilligung des Erzeugnisses verlangt.
Beim PVC-P enthalten vor allem die Kabel- und Profilmischungen höhere Calci-
umcarbonat-Anteile. Bei Primärisolationen sind es 50 bis 70 Teile, bei Mantel-
mischungen 80 bis 100 Teile und bei den ausfüllenden Strängen im Kabel bis zu
350 Teile. PVC-P-Profile wie Sockelleisten und Keder enthalten bis zu 150 Teile,
spritzgegossene Erzeugnisse 10 bis 15 Teile. Wie Plateout-Studien mit PVC-U und
PVC-P ergaben, kann diese beim Kalandrieren und Extrudieren störende Erschei-
nung durch Verwenden feinteiliger, oberflächenbeschichteter Kreide wirkungsvoll
verhindert werden. Die mit zunehmender Temperatur und Druckentspannung im
PVC-System nicht mehr miteinander verträglichen Rezepturbestandteile werden
problemlos vom Calciumcarbonat absorbiert. Calciumcarbonat dient als idealer
Absorber bei Säureabspaltung und verbessert so die Thermostabilität (ggf. Einspa-
ren von Stabilisatoren). Calciumcarbonat erhöht die Formbeständigkeit in der
Wärme und es werden bessere elektrische und dielektrische Eigenschaften erreicht.
Das Kaolin wird vor allem in der Kabelindustrie verwendet, denn es erhöht
den spezifischen Durchgangswiderstand der Kabelmassen. Kaolin weist eine
hohe Weichmacheraufnahme auf.
Silicate verringern das Plateout und das Blocking, sie dienen in der Kabel-
industrie als Ionenfänger.
Aluminiumtrihydrat erhöht die Flammwidrigkeit der Beschichtung textiler
Bodenbeläge.
Bariumferrit dient wie bei PE-LD als ferromagnetischer Füllstoff für extru-
dierte magnetische Türdichtungen (z. B. bei Kühl- und Gefrierschränken).

■ Füllstoffe für PVC-Plastisole


Die natürlichen Calciumcarbonate sind der bevorzugte Extender-Füllstoff für
Streich- und Tauchpasten sowie Schaumstoffe aus PVC-Pastenware. Gecoatetes
Calciumcarbonat von hoher spezifischer Oberfläche und hohem Weißgrad
zeichnet sich durch geringe Weichmacherabsorption aus und verleiht den Pas-
ten die erwünschte Thixotropie.
Silicate erhöhen ebenfalls die Thixotropie. Sie verbessern das Durchschlag-
verhalten von Streichpasten und führen zu Erzeugnissen mit matten Ober-
flächen (siehe Kapitel 1.3.5.2).

■ Verstärkungsstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5.3)


Im Unterschied zu PP und vielen technischen Kunststoffen wird PVC nur selten
mit Verstärkungsstoffen ausgerüstet. Ein stark wachsender Markt ist die Extrusion
von PVC/Holzmehl-Mischungen, beispielsweise für Anwendungen im Baubereich.
Glasfasern dienen mitunter zum Verstärken spritzgegossener Formteile und
extrudierter Halbzeuge wie Tafeln und Profile, die sogar kalt umformbar sind
(siehe Kapitel 1.3.5.3). Der Einfluss von Glasfasern auf die mechanischen Eigen-
2.1.2 Vinylpolymere 615

schaften einer PVC-U-Mischung im Vergleich zur Zugabe von mineralischen


Füllstoffen ist in Tabelle 2-30 dargestellt.

Vinylpolymere
■ Weichmacher und Weichmachung (s. a. Kapitel 1.3.5.1)
Die Aufgabe der Weichmacher besteht darin, die zwischen den Makromolekülen
wegen der polaren Struktur des PVC-U wirksamen Dipolkräfte zu lockern be-

Tabelle 2-31. Eigenschaften und Prüfnormen für PVC nach DIN EN ISO

Eigenschaft Prüfmethode nach Letztes


Ausgabe-
datum

Schütt- und Stopfdichte DIN EN ISO 60/61 01.00


K-Wert DIN EN ISO 1628-2 11.99
Siebrückstand (Luftstrahlsiebung) DIN EN ISO 4610 04.02
Nasssiebung DIN EN ISO 1624 12.02
DIN 53195 09.90
DIN EN ISO 787-18 10.95
Rieselfähigkeit DIN EN ISO 6186 08.98
Flüchtige Bestandteile DIN EN ISO 787-2 04.95
Wassergehalt n. K. Fischer DIN 53715 05.91
Wasseraufnahme nach Lagerung in feuchter Luft DIN EN ISO 62 08.99
Weichmacheraufnahme bei Raumtemperatur DIN EN ISO 4608 08.98
bei höherer Temperatur DIN 54802 09.97
Weichmacherwanderung DIN EN ISO 177 10.99
Prüfung von Pigmenten in PVC-P DIN 53775 T.1 12.96
T. 2 10.90
Chlorgehalt DIN 53474 06.98
DIN EN ISO 1158 06.98
Thermostabilität über pH-Wert DIN 53381 T. 1 05.83
DIN EN ISO 182-2 02.00
Thermostabilität Verfärbungsverfahren (Mathisofen) DIN EN ISO 305 10.99
Glührückstand in PVC DIN EN ISO 3451 T.1 u. 5 10.02
Leitfähigkeit des wässrigen Auszugs DIN EN ISO 787-14 11.02
(Pigmente u. Füllstoffe)
Aufbereiten von Prüfplastisolen DIN 54800 07.79
DIN EN ISO 4612 10.99
Pasten-Viskosität (Kapillar-Viskosimeter) DIN 54801 07.79
ISO 4575 08.85
Spezifischer Durchgangswiderstand DIN IEC 60093 12.93
Isolationswiderstand DIN IEC 60167 12.93
Wasserdampfdurchlässigkeit DIN 53122 T. 1 08.01
Zeitstand-Innendruckprüfung und Chemikalien- DIN 8061 08.94
beständigkeit (Rohre aus PVC-U) DIN EN ISO 1167 07.03
Vinylchlorid Polymere DIN EN ISO 1060 T. 1 u. 2 04.00
Einteilung und Bezeichnung
Eigenschaften
616 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-106. Verlauf der Reißfes-


tigkeit sR und Reißdehnung eR
bei wenig weichgemachtem PVC
für die Weichmacher DINP = Di-
sononylphthalat (––––) und
DINA = Disononyladipat (-----)

ziehungsweise aufzuheben. Das geschieht durch Vergrößern des Kettenabstandes.


Das Zumischen von Polymeren wird als „innere“, die Zugabe von Weichmachern
als „äußere Weichmachung“ bezeichnet. Die äußere Weichmachung ist die anwen-
dungstechnisch wichtigste. Von den Weichmachern wird verlangt, dass sie mit
PVC verträglich sind, nicht ausschwitzen, gut gelieren, nicht flüchtig und extra-
hierbar sind, gute elektrische Eigenschaften aufweisen, geruchs- und geschmacks-
neutral und physiologisch unbedenklich sind. Die Weichmacher werden unter-
schieden nach Monomer-, Polymer- und Epoxidweichmachern. Je nach Art des
Weichmachers kann bei niedrigen Anteilen Versprödung eintreten, sodass min-
destens ein Zusatz von 15 % erforderlich ist, Bild 2-106 [16]. Mit bis zu 20 % Anteil
sind die Produkte halbhart, bei höheren Anteilen werden sie zunehmend weicher
und flexibler. Dabei spielt auch der K-Wert des PVC-U eine wichtige Rolle.
Die systematische Zuordnung der Kurzbezeichnungen von Weichmachern
ist in der DIN EN ISO 1043-3; Kunststoffe – Kennbuchstaben und Kurzzeichen –
Teil 3 geregelt.
Prüfnormen für die Weichmacheraufnahme und Weichmachermigration
sind in Tabelle 2-31 aufgeführt.

■ Prüfnormen für Rohstoffeigenschaften


Eigenschaften und Prüfnormen für Eigenschaften von PVC Rohstoffen enthält
Tabelle 2-31.

2.1.2.1.1.5
Compound und Blend (s. a. Kapitel 1.4.3.2)
PVC wird im Extrusionsprozess überwiegend als Dryblend verarbeitet. Dieses
wird in sogenannten Heiz-/Kühlmischern hergestellt. In einem ersten beheizten
Mischer wird unter überwiegend mechanischer Energiezufuhr das PVC-Pulver
2.1.2 Vinylpolymere 617

unter intensivem Rühren aufgeheizt. Hierbei schmelzen die niedrigschmelzen-


den Komponenten auf und diffundieren teilweise in das PVC-Korn ein, bzw. ag-
glomerieren die nicht schmelzbaren oder bei höheren Temperaturen schmel-

Vinylpolymere
zenden Mischungsbestandteile an der Kornoberfläche. Die erhaltene Mischung
wird unter weiterem Rühren im Kühlmischer abgekühlt um eine Verkleben der
Körner zu vermeiden.
Insbesondere für Spritzgießanwendungen werden auch PVC-Mischungen
durch Aufschmelzen des Compounds hergestellt, sodass die Materialmischung
in Granulatform anfällt.

2.1.2.1.2
Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3)
Kennzeichnende Eigenschaften für Hart-PVC (PVC-U) sind:
• hohe mechanische Festigkeit, Steifheit und Härte,
• in nicht modifizierter Form schlagempfindlich in der Kälte,
• ungefüllt durchscheinend bis transparent (je nach Herstellverfahren),
• gute elektrische Eigenschaften im Niederspannungs- und Niederfrequenzbe-
reich,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• selbstverlöschend nach Entfernen der Zündquelle.
Weich-PVC zeichnet sich vor allem durch folgende Eigenschaften aus:
• in weiten Grenzen einstellbare Flexibilität,
• Zähigkeit je nach Weichmacherart, sehr temperaturabhängig,
• durchscheinend bis transparent,
• gute elektrische Eigenschaften im Niederspannungs- und Niederfrequenzbe-
reich,
• die Beständigkeit gegen Chemikalien ist rezept- und sehr temperaturabhängig.

2.1.2.1.2.1
Thermo-Mechanische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.2)
Mechanische Eigenschaften
Verhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Die Daten in Tabelle 2-32 weisen unmodifiziertes PVC-U als einen harten und ei-
nem im Vergleich zu anderen Kunststoffen wie Polystyrol steifen und schlag-
zähen Werkstoff aus. Wie die meisten harten Kunststoffe ist auch PVC-U kerb-
empfindlich und weist mithin eine geringe Kerbschlagzähigkeit auf.
Die Viskoelastizität des Werkstoffs äußert sich zunächst in der Temperatur-
und Zeitabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften, wie die Bilder 2-107 bis
2-109 am Beispiel von PVC-U zeigen.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Typisch für unmodifiziertes PVC ist eine niedrige Kerbschlagzähigkeit, die auch
bei höheren Temperaturen nur geringfügig ansteigt. Für viele Anwendungen
Vinylpolymere

Tabelle 2-32. Physikalische Eigenschaften von weichmacherfreiem PVC (PVC-U)


618

Polymerisate Einheit E-PVC b S-PVC b PVC 100 c HT-PVC e Copoly- erhöht hoch
PVC-C e mere a schlagzäh c
Eigenschaften aK 5 bis 10 aK 30 bis 50

Dichte g/cm3 1,38 bis 1,39 1,39 bis 1,40 1,40 1,55 1,35 1,38 bis 1,36 1,38 bis 1,34

mechanische
Zugfestigkeit N/mm2 50 bis 60 50 bis 60 > 50 75 50 bis 60 55 bis 45 50 bis 35
Reißdehnung % 10 bis 50 10 bis 20 > 40 10 15 bis 50 20 bis 70 30 bis 100
Grenzbiegespannung N/mm2 70 bis 100 80 bis 110 – 120 < 100 ≈ 80 80 bis 55
E-Modul kN/mm2 2 bis 3 2 bis 3 >3 3,4 3 2,6 bis 2,2 2,4 bis 1,9
Kugeldruckhärte 10-s-Wert N/mm2 100 bis 120 110 bis 130 – 150 < 130 ≈ 100 100 bis 75
Shore-Härte D – 83 bis 84 83 bis 84 – – – 81 81 bis 75
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch – 20 – ohne Bruch ohne Bruch
Kerbschlagzähigkeit bei 20 °C kJ/m2 2 bis 5 2 bis 4 >2 2 3 5 bis 10 30 bis 50
0 °C kJ/m2 2 bis 3 2 bis 3 2 – – 3 bis 7 7 bis 16
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mech. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 75 75 75 100 65 70 70
dauernd °C 65 65 65 85 55 60 60
Glasübergangstemperatur °C 80 80 80 110 80 80 80
Formbeständigkeit in der °C 70 bis 80 70 bis 80 78 100 60 bis 75 f 80 80 bis 75
Wärme nach Vicat B > 75 > 75
Kältebruchtemperatur g °C 0 bis – 5 0 – – – < – 40 < – 40
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,17 0,17 0,17 0,14 0,17 0,17 0,14
linearer Wärmeausdehnungs-
koeffizient K–1 · 106 70 bis 80 70 bis 80 70 60 ≈ 70 70 bis 80 80
spezifische Wärmekapazität kJ/kgK 0,85 0,85 0,85 0,85 0,85 0,90 0,90
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-32 (Fortsetzung)

Polymerisate Einheit E-PVC b S-PVC b PVC 100 c HT-PVC e Copoly- erhöht hoch
PVC-C e mere a schlagzäh c
Eigenschaften aK 5 bis 10 aK 30 bis 50

Dichte g/cm3 1,38 bis 1,39 1,39 bis 1,40 1,40 1,55 1,35 1,38 bis 1,36 1,38 bis 1,34
2.1.2 Vinylpolymere

elektrische
spezif. Durchgangswiderstand W cm > 1015 > 1015 > 1015 > 1015 > 1015 > 1015 > 1015
Durchschlagfestigkeit kV/mm 20 bis 40 20 bis 40 115 d 12 20 40 40
Dielektrizitätszahl
800 bis 106 Hz zwischen 3,5 und 2,7
dielektr. Verlustfaktor tand
800 bis 106 Hz opak zwischen 0,003 und 0,02 transparent 0,015 und 0,013
Kriechwegbildung CTI > 600 > 600 > 600 > 600 > 600 > 600 > 600

Wasseraufnahme mg 14 4 2 2 10 < 20 < 20


a
Richtwerte, außer c an gepressten Probekörpern nach DIN-Vorschriften ermittelt.
b
Werkstoffe für Tafeln nach DIN 16927.
c
am Rohr, Typ PVC 100 nach DIN 8061 T.2 gemessen.
d
3 mm dicke Rohrwand.
e
PVC nachcholoriert, Chlorgehalt rd. 64%.
f
mit 10 bis 13% VAC niedriger, mit 20% Maleinsäureester höhere Vicat-Werte.
g
nach Schulz-Mehnert.
619

Vinylpolymere
620 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-107. Streckspannung und


Reißdehnung von PVC-U in Ab-
hängigkeit von der Temperatur
(ermittelt im Zugversuch (5 mm/
min) an 4 mm dicken Platten aus
zinnstabilisiertem S-PVC nach
DIN EN ISO 527)

Bild 2-108. 3,5 %-Biegespannung von


PVC-U in Abhängigkeit von der Tem-
peratur (gemessen nach DIN EN ISO
178 an 4 mm dicken Platten aus zinn-
stabilisiertem S-PVC)

Bild 2-109. Elastizitätsmodul von


PVC-U in Abhängigkeit von der Tem-
peratur (ermittelt nach DIN EN ISO
527 aus dem Zugversuch an 4 mm
dicken Platten aus zinnstabilisiertem
S-PVC)
2.1.2 Vinylpolymere 621

werden jedoch höhere Anforderungen an die Zähigkeit von PVC-U gestellt, denn
nur dann können die insgesamt sehr guten mechanischen Eigenschaften dieses
Werkstoffes genutzt werden. Die Kerbschlagzähigkeit von PVC-U kann durch

Vinylpolymere
Zugabe von Acrylat-Elastomeren, Ethylen/Vinylacetat-Co-polymeren, MBS-
oder ABS-Elastomeren und nicht zuletzt mit Hilfe von chloriertem Polyethylen
(CPE) wesentlich verbessert werden. Diese Komponenten werden je nach Typ
entweder im Compoundierprozess zugemischt oder aber bereits in das PVC ein-
polymerisiert (siehe auch Kapitel 2.1.2.2).

Verhalten bei dynamischer Beanspruchung (s. a. Kapitel 1.3.2.6)


Die Abhängigkeit des aus dem Torsionsschwingungsversuch (nach DIN EN ISO
6721) ermittelten dynamischen Elastizitätsmoduls E sowie des mechanischen
Verlustfaktors d von der Temperatur gibt Bild 2-110 für ein hartes PVC-U und ein
weichgemachtes PVC-P wieder.

Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand (s. a. Kapitel 1.3.2.5)


Das Bild 2-111 gibt das Zeitstandverhalten von PVC-U am Beispiel durch Innen-
druck beanspruchter Rohre wieder. Die Zeitstandfestigkeit beträgt nach 105 h
bei 20 °C mindestens 25 N/mm2.

Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand (s. a. Kapitel 1.3.2.5)


In Anwendungsfällen, bei denen länger dauernde mechanische Beanspruchun-
gen auftreten, bewährt sich das günstige Zeitstandverhalten von PVC-U, wie Bild
2-112 anhand sehr anschaulicher isochroner Spannungs-/Dehnungslinien für
verschiedene Temperaturen zeigt (siehe auch Tabelle 4-29 im Anhang).

Bild 2-110. Dynamischer E-Modul und mechanischer Verlustfaktor d verschiedener PVC-Ein-


stellungen
622 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-111. Zeitstandfestigkeit von


Rohren aus bleistabilisiertem S-PVC
(K-Wert 68) nach DIN EN ISO 899-1

Bild 2-112. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien von
S-PVC-U bei verschiedenen
Temperaturen

Einfluss der Weichmachung auf die mechanischen Eigenschaften


Die mechanischen Eigenschaften von PVC-P-Mischungen sind nicht nur von der
Art und Menge der zugegebenen Weichmacher abhängig, sondern werden in
großem Maße auch von der Materialrezeptur beeinflusst. Bild 2-106 (Reißdeh-
nung), Bild 2-113 (Shore-Härte), Bild 2-114 (Festigkeit), Bild 2-115 (Kälte-
bruchtemperatur), Bild 2-116 (spez. Durchgangswiderstand, siehe Tabelle 2-33),
Bild 2-117 (Einfluss des K-Wertes), Bild 2-118 (Wärmedruckbeständigkeit) und
Bild 2-119 (Schlagzähigkeit) zeigen daher nur Richtwerte.
2.1.2 Vinylpolymere 623

Vinylpolymere
Bild 2-113. Abhängigkeit der
Shore-Härte A und D nach
DIN EN ISO 868 von der
Weichmachermenge für ver-
schiedene Weichmacher. Basis:
S-PVC, K-Wert = 71

Bild 2-114. Einfluss der Weichmachermenge und der Weichmacherart auf die Reißfestigkeit sR
und Reißdehnung eR, gemessen nach DIN EN ISO 527
624 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-115. Kältebruchtempe-


ratur nach DIN EN 53372 von
Weich-PVC bei Einsatz ver-
schiedener Weichmacher

Bild 2-116. Zusammenhang zwi-


schen spez. Durchgangswider-
stand und Weichmacherart, ge-
messen nach DIN IEC 60093

Für weichmacherhaltige PVC-P-Mischungen ergibt sich der in Abbildung


2-113 dargestellte Verlauf der Shore-Härte A und Shore-Härte D.
Einen Überblick über den Einfluss der Weichmachung auf wichtige mechani-
sche Eigenschaften im Vergleich zu unmodifiziertem PVC gibt auch Tabelle 2-33.
2.1.2 Vinylpolymere 625

Tabelle 2-33. Eigenschaften von PVC-P (auf Basis von Vinoflex S 7114) im Vergleich zu PVC-U
(Vinoflex S 6815)

Vinylpolymere
Vinoflex Vinoflex S 7114
S 6815

PVC 100 75 75 60 60
Weichmacher DOP (Palatinol® AH) – 25 – 40 –
Weichmacher DOA (Plastomol® DOA) – – 25 – 40
Shore-Härte A (DIN EN ISO 868) 100 94 92 74 70
Kältebruchtemperatur °C (DIN EN 1876-2) + 80* – 10 – 43 – 37 – 69
Reißfestigkeit MPa (DIN EN ISO 527) 60 26 23 16 13
Reißdehnung % (DIN EN ISO 527) 30 280 270 370 350
spez. Durchgangswiderstand 10000 500 2 1 0,02
1012 · W · cm (DIN ICE 60093)

DOP = Di-2-ethylhexylphthalat.
DOA = Di-2-ethylhexyladipat.
* Einfriertemperatur.

Bild 2-117. Einfluss des K-Wertes


von PVC auf Zugfestigkeit und
Reißdehnung bei Weich-PVC
(PVC/DOP = 100:60) im Zugver-
such nach DIN EN ISO 527

■ Thermische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1.2)


Umwandlungstemperaturen und Dauergebrauchstemperatur
Die Glasübergangstemperatur von Hart-PVC (PVC-U) beträgt ca. 75 – 80 °C. Sie
kann durch Mischen mit einem wärmeformbeständigeren Material erhöht oder
durch die Zugabe von Weichmachern, Bild 2-120, gesenkt werden.
PVC-U ist überwiegend amorph mit einem geringen kristallinen Anteil. Da-
raus ergibt sich ein breiter Aufschmelzbereich. Die Dauergebrauchstemperatur
beträgt etwa 65 °C in Anwendungen, in denen die Dimensionsstabilität wie bei-
spielsweise bei Fensterprofilen gewahrt werden muss. Sie kann jedoch durch
626 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-118. Wärmedruckbe-


ständigkeit für verschiedene
K-Werte der PVC-Komponente.
Weich-PVC (PVC/DOP =
100:60), Prüfmethode in Anleh-
nung an VDE 0472, jedoch mit
Pressplättchen als Prüfkörper
(Länge 30 mm, Breite 10 mm,
Dicke 3 mm), Leiterdurchmes-
ser 10 mm, Metalldorn 0,7 mm,
Gewicht 750 g

Bild 2-119. Doppel-V-Schlagzähigkeit an transparenten Platten aus S-PVC, schlagzäh modifi-


ziert mit 10 Teilen MBS- bzw. Acrylat/Styrol-basiertem Modifier vor und nach Belichtung im
Xenotestgerät 450 (Kerbradius 0,5 mm)

Modifizieren mit wärmeformbeständigeren Komponenten in Grenzen angeho-


ben werden.
Höhere Belastungen bei Weich-PVC treten in Kabelanwendungen (speziell im
Automobilbau) auf, wo Dauergebrauchstemperaturen von 70 °C bis über 100 °C
gefordert werden.

Spezifische Wärmekapazität
Bild 2-121 gibt die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität
und der Enthalpie von PVC-U wieder.
Die Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität vom Weichmachergehalt
zeigt Bild 2-122 [7].
2.1.2 Vinylpolymere 627

Vinylpolymere
Bild 2-120. Abhängigkeit
der Glasübergangstempe-
ratur (Einfriertemperatur-
bereich) vom Weichma-
cher (DOP)-Gehalt

Bild 2-121. Spezifische


Wärmekapazität und
Enthalpie von PVC-U in
Abhängigkeit von der
Temperatur
628 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

kg · K
Spezifische Wärmekapazität

Bild 2-122. Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität von PVC in Abhängigkeit vom
Weichmachergehalt (DPO) und der Materialtemperatur [7]

Wärmeleitfähigkeit
Eine wichtige Kenngröße für die Berechnung des zeitlichen Ablaufs auf Wärme-
leitung beruhender Austauschvorgänge ist die Temperaturleitfähigkeit a. Sie
wird gebildet als Quotient aus Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität je
Raumeinheit.
Die Änderung der Wärmeleitfähigkeit und der Dichte mit der Temperatur ist
gering im Vergleich zu der spezifischen Wärme.
Die Temperaturleitfähigkeit von PVC im Vergleich zu anderen wichtigen
Kunststoffen ist in Tabelle 2-34 dargestellt.
Die Temperaturleitfähigkeit von Stahl beträgt mehr als das Hundertfache die-
ser Werte.

Tabelle 2-34. Temperaturleitfähigkeit einiger Kunststoffe

Materialtyp Temperaturleitfähigkeit a

PVC-U 1,22 · 10–3 cm2/s


PVC-P 1,45 · 10–3 cm2/s
PE-HD 2,27 · 10–3 cm2/s
PP 1,45 · 10–3 cm2/s
PS 1,15 · 10–3 cm2/s
POM 1,61 · 10–3 cm2/s
2.1.2 Vinylpolymere 629

pVT-Diagramm (s. a. Kapitel 1.4.2)


Die für die Berechnung von Plastifizieraggregaten und die Prozessregelung von
Spritzgießmaschinen wichtigen pVT-Diagramme zeigen die Bilder 2-123 und

Vinylpolymere
2-124.
Weitere Daten für thermische Stoffgrößen von PVC enthält Tabelle 2-32.

2.1.2.1.2.2
Beständigkeiten und Sperrfähigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)
Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien
Bei Temperaturen bis 60 °C ist PVC-U beständig gegen die meisten anorgani-
schen Säuren, Laugen und Salzlösungen, Gase und viele organische Verbindun-
gen wie Fette, Öle, aliphatische Kohlenwasserstoffe (KW), Benzin (nur PVC-U)
oder Waschmittel.
PVC-U ist nicht beständig gegen aromatische KW, chlorierte KW, Ketone,
Ester oder Fleckenreinigungsmittel.
Die Chemikalienbeständigkeit von PVC-P hängt sehr von der Weichmacher-
art und dem Gehalt ab. Spezialweichmacher können die Beständigkeit gegen-
über einzelnen chemischen Verbindungen sogar erhöhen.

Bild 2-123. pvT-Diagramm


von PVC-U
630 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-124. pvT-Diagramm


von PVC-P (30 % DOP)

Angaben zur Beständigkeit von PVC finden sich auch in DIN 8061 „Rohre aus
weichmacherfreiem PVC – Allgemeine Qualitätsanforderungen“.
Die Chemikalienbeständigkeit von PVC und anderen Kunststoffen ist auch in
Tabelle 4-32 im Anhang dargestellt.

Spannungsrissbildung
PVC ist weitgehend beständig gegen die Bildung von Spannungsrissen.

Witterungsbeständigkeit, Wetterechtheit
Bei sachgemäßer Stabilisierung und Additivierung weisen Formteile aus PVC-U
eine vergleichsweise gute Witterungsbeständigkeit auf. Das gute Alterungsver-
halten begünstigt die Verwendung für Fensterprofile, Dachrinnen, Fassadenta-
feln und viele andere Anwendungen im Außenbereich.
PVC-P ist weniger witterungsbeständig als PVC-U. Der Einfluss der Sonnen-
strahlung und der Witterung verstärken eine eventuelle Flüchtigkeit und Migra-
tion der Weichmacher.

Gasdurchlässigkeit
Die Durchlässigkeit q, ermittelt an 40 mm dicken PVC-Folien verschiedener Ein-
stellung (bei 20 °C), ist in Tabelle 4-30 im Anhang wiedergegeben. Bild 2-125 und
2-126 geben zusätzliche Informationen über die Durchlässigkeit für Wasser-
dampf und Gase in Abhängigkeit von der Foliendicke.
2.1.2 Vinylpolymere 631

Vinylpolymere
Bild 2-125. Wasserdampfdurchläs-
sigkeit verschiedener PVC-Sorten
in Abhängigkeit von der Folien-
dicke für (a) E-PVC-U, (b) M-PVC-
U, (c) S-PVC-U

Bild 2-126. Gasdurchlässigkeit von


Folien aus E-PVC-U in Abhängig-
keit von der Foliendicke gegenüber
(a) CO2, (b) O2, (c) Luft, (d) N2
632 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Strahlenbeständigkeit: Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung


PVC weist, verglichen mit anderen Kunststoffen, eine verhältnismäßig hohe
Strahlenbeständigkeit auf. Bei der Einwirkung von energiereichen Strahlen (b-,
Vinylpolymere

g- oder Röntgenstrahlen) unter Sauerstoffausschluss bleibt die Reißfestigkeit


des Materials bis zu Dosen von über 107 J/kg unverändert; die Reißdehnung ist
bei dieser Strahlenbelastung jedoch bereits auf 30 % ihres Ausgangswertes ge-
sunken. In Gegenwart von Luft wirkt sich die energiereiche Strahlung wesentlich
nachteiliger aus. Schon bei 105 J/kg beträgt die Reißfestigkeit nur noch 30 % des
Ausgangswertes. PVC-Rohre und Formteile, die eine nennenswerte Schlagzähig-
keit aufweisen sollen, können in Luft bis zu Dosen von 105 bis 2 · 105 J/kg ver-
wendet werden. Dabei ist zu beachten, dass sich PVC schon bei der Einwirkung
von 105 J/kg zu verfärben beginnt und merklich Chlorwasserstoff abspaltet. Für
Formteile, die mit Strahlen sterilisiert werden sollen (2,5 · 104 J/kg), ist das Mate-
rial daher nicht ohne weiteres verwendbar.
PVC-P ist erheblich strahlenbeständiger als PVC-U.
Die Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung von PVC auch im Vergleich
zu anderen Kunststoffen ist auch in Tabelle 4-31 und Tabelle 4-33 im Anhang dar-
gestellt.

2.1.2.1.2.3
Elektrische und optische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3)
Elektrische Eigenschaften
Isolationseigenschaften
Mit geeigneten Stabilisatoren und Hilfsstoffen sind PVC-Formmassen mit sehr
guten elektrischen Eigenschaften herstellbar. PVC-Isolierstoffe werden im Nie-
derfrequenzbereich bis etwa 10 kV eingesetzt. Bei höheren Frequenzen wirkt
sich der verhältnismäßig hohe dielektrische Verlustfaktor tan d nachteilig aus.
Die Abhängigkeit des spezifischen Durchgangswiderstandes vom Weichma-
chergehalt zeigt Bild 2-127.
Den Einfluss von leitfähigem Ruß auf den spezifischen Durchgangswider-
stand und den Oberflächenwiderstand zeigt Bild 2-128.
Prüfnormen für die elektrischen Eigenschaften von PVC enthält Tabelle 2-31.

Bild 2-127. Abhängigkeit des


spezifischen Durchgangs-
widerstandes von S-PVC-
Folien vom Gehalt an DOP-
Weichmacher
2.1.2 Vinylpolymere 633

Vinylpolymere
Bild 2-128. Elektrische Eigenschaften von PVC-P in Abhängigkeit vom Gehalt an leitfähigem Ruß

Dielektrisches Verhalten von PVC


PVC gehört aufgrund seiner chemischen Struktur zu den polaren Kunststoffen.
Die im Makromolekül vorhandenen polaren Gruppen resultieren in einer elek-
trischen Polarisierbarkeit des Materials und führen in einem elektrischen Wech-
selfeld zu dielektrischen Verlusten, die mit dem Verlustwinkel tan d charakteri-
siert werden können. Die Verluste nehmen mit steigender Temperatur, insbe-

Bild 2-129. Dielektrischer Verlust von Hart-PVC nach [17, 18] in Abhängigkeit von Frequenz und
Temperatur
634 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

sondere nach Überschreiten der Glasübergangstemperatur TG, stark zu (siehe


Bild 2-129) [17, 18].
Wie Bild 2-130 entnommen werden kann, steigert die Zugabe von Weichma-
Vinylpolymere

cher den dielektrischen Verlust deutlich.


Den dielektrischen Verlustfaktor tan d einer PVC-P-Kabelmischung als Funk-
tion der Temperatur zeigt das Bild 2-131.
Der hohe dielektrische Verlust von PVC begrenzt die Anwendbarkeit dieses
Materials in Hochfrequenzanwendungen, macht aber umgekehrt die HF-Ver-
schweißbarkeit möglich.

Bild 2-130. Dielektrischer Verlust von Weich-PVC nach [17, 18] in Abhängigkeit von Frequenz
und Temperatur

Bild 2-131. Dielektri-


scher Verlustfaktor tand
einer Mantel- (a) und
einer Isolationsmischung
(b) von PVC-P in Ab-
hängigkeit von der Tem-
peratur
2.1.2 Vinylpolymere 635

Vinylpolymere
Bild 2-132. Lichtdurchläs-
sigkeit (Gesamtlicht) von
Folien aus M-PVC-U in
Abhängigkeit von der Wel-
lenlänge (gemessen im
Beckmann-Spektralphoto-
meter); Bezeichnungen:
a weiß
b braun
c grün
d gelb
e natur

Bild 2-133. Qualitativer


Vergleich der Transpa-
renz verschiedener trans-
parenter Thermoplaste
636 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Optische Eigenschaften
Der Brechungsindex beträgt n20 D = 1,52 bis 1,55. Die Lichtdurchlässigkeit von
600 mm-Folien aus hartem Masse-PVC in Abhängigkeit von der Wellenlänge
Vinylpolymere

geht aus Bild 2-132 hervor.


PVC ist neben einer Vielzahl anderer ein- und mehrphasiger transparenter
Thermoplaste vielseitig für Packmittel aller Art verwendbar. Die Transparenz
von PVC im Vergleich zu anderen thermoplastischen Kunststoffen zeigt das Bal-
kendiagramm Bild 2-133.

2.1.2.1.2.4
Sonstige Eigenschaften
PVC wird häufig in Form von Weich-PVC für die Herstellung von medizintech-
nischen Artikeln wie beispielsweise Kathetern oder Blutbeuteln eingesetzt.
Speziell formulierte Weich-PVC-Mischungen zeigen eine hohe Biokompatibi-
lität und sind mit Heißdampf (121 bis 134 °C), Gammastrahlung und Ethylen-
oxid-Gas sterilisierbar.
Die hohe Knick- und Walkfestigkeit von Schlauchsystemen aus Weich-PVC
sind wie die hohe Elastizität weitere für medizintechnische Anwendungen wich-
tige Eigenschaften von Weich-PVC.

2.1.2.1.3
Verarbeitung und Anwendung (s. a. Kapitel 1.4)
Die bekannten Verarbeitungs-, Füge-, und Weiterverarbeitungsverfahren von ther-
moplastischen Kunststoffen sind in Kapitel 1 dargestellt. Für PVC kommen diese

Bild 2-134. Verarbeitungsverfahren für PVC-U


2.1.2 Vinylpolymere

Bild 2-135. Verarbeitungsverfahren für PVC-P


637

Vinylpolymere
Vinylpolymere

Tabelle 2-35. Verarbeitungsbedingungen für PVC


638

Verarbeitungsart Massetemperatur Werkzeugtemperatur Spritzdruck psp


°C °C bar

PVC-U PVC-P PVC-U PVC-P PVC-U PVC-P


Granulat Pulver Granulat Pulver Granulat Pulver Granulat Pulver Granulat Pulver Granulat Pulver

Spritzgießen a, b 180–210 170–200 170–200 165–195 > 30 50 >15 50 1000 bis 800 400 bis 1200
Extrudieren
Rohre, Schläuche 185 180 160 160 185 180 160 160 100 bis 200 75 bis 150
Schlauchfolien 175–205 175–195 – – 185 185 – – 100 bis 200 –
Flachfolien – – 160 160 – – 160 160 160 bis 200 100 bis 200
Tafeln 185 180 160 160 185 180 160 160 160 bis 200 75 bis 150
Rohre und Profile 185 180 160 160 185 180 160 160 160 bis 200 75 bis 150
Drahtummantelungen – – 190 190 – – 190 190 100 – 150 bis 250
Borsten und Monofile 185 180 – – 185 180 – – 100 bis 200 –
Hohlkörperblasen 180–210 175–200 160 160 185 180 160 160 160 bis 200 75 bis 150
Spritzblasen a 185 180 – – – 80–160 – – – 1500 –
Pressen a, b 180 175 160 160 – – – – 100 bis 100 50 bis 50

Kalandrieren Hochtemperaturverfahren 160 bis 210°C


Walzentemperatur Niedertemperaturverfahren 145 bis 175°C
a
Die Schwindung beträgt bei PVC-U ≈ 0,5%.
b
Die Schwindung beträgt bei PVC-P < 0,5%.
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.2 Vinylpolymere 639

Verarbeitungsverfahren meist stark modifiziert zum Einsatz, sodass im vorliegen-


den Kapitel auf die speziellen Verarbeitungstechniken von PVC eingegangen wird.
Die wichtigsten Verfahren zur thermoplastischen Verarbeitung von PVC sind

Vinylpolymere
das Extrudieren und das Kalandrieren. Eine mengenmäßig von Land zu Land un-
terschiedliche Bedeutung haben das Spritzgießen, Blasformen, das Streck-Blasfor-
men, das Pressen und das Sintern. Eine Übersicht über die für PVC-U bzw. PVC-P
gebräuchlichen Verarbeitungsverfahren geben die Bilder 2-134 bzw. 2-135 [8].
Richtwerte für die bei der Verarbeitung einzustellenden Verarbeitungspara-
meter sind in Tabelle 2-35 für die gängigsten Verarbeitungsverfahren getrennt
für PVC-U und PVC-P dargestellt.

2.1.2.1.3.1
Urformen (s. a. Kapitel 1.4.3.1)
Spritzgießen
Für die Verarbeitung von PVC im Spritzgießverfahren werden spezielle korro-
sionsgeschützte Plastifizieraggregate mit geringer Kompression und meist ohne
Rückstromsperre eingesetzt. Typische Produkte sind Rohrleitungs-Fittings,
Gehäuse, WC-Spülkästen und Gartenmöbel.

Extrusion (s. a. Kapitel 1.4.3.2)


Die größten Mengen PVC werden im Extrusionsverfahren verarbeitet. Die als
Dryblend vorliegende Materialvormischung oder das bereits compoundierte
PVC-Granulat wird in einem speziell auf die Verarbeitung von PVC ausgerüste-
ten Extruder aufgeschmolzen und zum Produkt ausgeformt.

Anlagentechnik
Mengenmäßig wird der überwiegende Teil des PVC als pulverförmiges Dryblend
in gegenläufigen Doppelschneckenextrudern verarbeitet. Die kammerartige För-
derung dieser Extruderbauform führt zu einem engen Verweilzeitspektrum, wie
es für die Verarbeitung des thermisch empfindlichen PVC erforderlich ist, und er-
laubt einen hohen Druckaufbau von mehreren 100 bar. Der weit überwiegende
Anteil der zur Plastifizierung notwendigen Energie wird dabei über den mecha-
nischen Antrieb in das Produkt eingebracht. Die Entgasung ist ein wesentlicher
Bestandteil in der Produktion hochwertiger lunkerfreier Extrudate.
Vorcompoundierte PVC-Granulate werden häufig auch auf Einschneckenex-
trudern verarbeitet.

Coextrusion
PVC wird auch coextrudiert. Typische Produkte sind hier Profile oder Rohre mit
Rezyklatkern, anextrudierte Dichtlippen an Profilen, PVC-Schaumkernrohre
und PVC-Profile mit coextrudierter PMMA-Deckschicht.

Blasformen
Der Herstellungsprozess entspricht weitgehend dem von anderen Thermoplas-
ten her bekannten Prozess. Allerdings kommen bei der Material-Plastifzierung
ebenfalls spezielle an PVC angepasste Extruder zum Einsatz.
640 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Kalandrieren
Kalandrieren hat bei PVC eine hohe Bedeutung. Typische Produkte sind Schwer-
folien, Platten, Fußböden und Kunstleder.
Vinylpolymere

2.1.2.1.3.2
Pastenverarbeitung
PVC-Pasten, auch Plastisole genannt, sind Dispersionen von feinteiligen PVC-
Partikeln in flüssigen Weichmachern. Sie nehmen im Bereich der Verarbeitung
von PVC eine Sonderstellung ein. Ihre Formgebung erfolgt in flüssiger bzw.
pastöser Phase und nicht im thermoplastischen Zustandsbereich wie bei her-
kömmlichen Verarbeitungsverfahren (Extrusion, Kalandrieren, Spritzgießen).
Die Verfestigung, das sogenannte Gelieren, wird erst im Anschluss an die Form-
gebung durch Wärmebehandlung im Bereich von 120–200°C vorgenommen.
Die Verarbeitung der Pasten kann durch zahlreiche Methoden wie Rakeln,
Drucken, Tauchen und Gießen erfolgen. Die Hauptanwendungen sind kontinuier-
liche Beschichtungsverfahren, wie sie bei der Herstellung von Fußbodenbelägen,
Kunstledern und Gewebebeschichtungen angewendet werden.
Bei der Verarbeitung kommen dem Fließverhalten und der Rheologie große Be-
deutung zu.PVC-Pasten weisen in der Regel nicht newton’sches Fließverhalten auf,
d.h. die Viskosität ist von der Schergeschwindigkeit und -dauer abhängig.
Die Viskosität ist dabei u.a.abhängig von der Teilchenverteilung in dem System.
Durch Einsatz zwickelfüllender kleiner Partikel kann die Viskosität einer Paste mit
gleichgroßen Teilchen reduziert werden. Durch Verwendung von Füller-Polyme-
ren (Extender-/Blend-PVC) kann die Viskosität bei gleich bleibendem Weichma-
cheranteil deutlich reduziert werden. Diese durch Suspensions-Polymerisation er-
zeugten PVC-Typen haben eine Teilchengröße von 20–35 µm und absorbieren
durch ihre möglichst runde Struktur nur äußerst wenig Weichmacher.
Verarbeitungsverfahren für Plastisole sind im Folgenden dargestellt.
Tabelle 2-31 enthält Prüfnormen für wichtige Rohstoffeigenschaften von Pas-
ten-PVC.

Rotationsformen (s. a. Kapitel 1.4.3.4)


Beim Rotationsformen wird das Plastisol in eine zu diesem Zweck geöffnete
Hohlform dosiert. Die Hohlform wird hierauf verschlossen, auf die Geliertem-
peratur erhitzt und anschließend wieder abgekühlt. Hieran anschließend wird
die Form wieder geöffnet. Die relativ weiche Materialbeschaffenheit erlaubt
auch die Entformung starker Hinterschnitte. Produkte sind beispielsweise Bälle,
Puppen und große Dämpfungselemente.

Sprühauftrag
Das zähflüssige Plastisol lässt sich im Sprühverfahren verarbeiten. Eine Anwen-
dung ist beispielsweise der PVC-Unterbodenschutz für PKW.
2.1.2 Vinylpolymere 641

Tauchverfahren
Das Tauchverfahren wird überwiegend in der Beschichtung eingesetzt. Hierbei
wird der zu beschichtende Artikel kurzzeitig in das Plastisol getaucht und an-

Vinylpolymere
schließend ausgeliert.

Streichverarbeitung
Hierbei wird über ein Rakelsystem eine dünne Plastisolschicht auf eine konti-
nuierlich unter dem Rakelsystem durchgezogene Bahn aufgetragen. So können
beispielsweise Tischdecken oder andere beschichtete Stoffe hergestellt werden.

2.1.2.1.3.3
Schäumen (s. a. Kapitel 1.4.3.3)
PVC wird überwiegend durch den Zusatz von chemischen Treibmitteln, d. h.
Treibmitteln, die sich bei den hohen Temperaturen der Verarbeitungsprozesse
unter Gasbildung chemisch zersetzen, verschäumt.
Die Eigenschaften von Hart-Schaumstoffen aus PVC-U und anderen Polyme-
ren gibt Tabelle 2-36 wieder. Einen Überblick über die Eigenschaften weicher
und halbharter Schaumstoffe gibt Tabelle 2-37.

2.1.2.1.3.4
Bearbeiten
Spanende Bearbeitung
Hinweise für das Bearbeiten von PVC-Formstoffen geben die Tabelle 2-6 und 2-7.

Trennen
Hinweise für das Trennen von PVC-Formstoffen gibt Tabelle 2-7.

2.1.2.1.3.5
Fügen
Fügeverfahren
Die Tabellen 2-8 und 2-9 in Kapitel 2.1.1 geben Hinweise über mögliche Fügever-
fahren.

Kleben
Diffusionsklebung ist besonders geeignet für das Verkleben von PVC. Dazu die-
nen Lösungen von nachchloriertem PVC in Chlor oder Kohlenwasserstoffen
(PC-Klebstoff) oder von PVC-Copolymerisaten in Tetrahydrofuran (THF-Kleb-
stoffe). Mit THF-Klebstoffen können Fügeteilabstände von 0,6 bis 1,2 mm (je
nach Anforderungen an die Dichtheit) überbrückt werden. Die Klebeflächen
werden mit chlorierten Kohlenwasserstoffen vorbehandelt. Einen anderen Weg
zur Vorbehandlung von Fügeflächen, beispielsweise bei Fensterprofilen, bietet
die Koronabehandlung [19]. Dabei werden Verarbeitungshilfsmittel entfernt und
die Oberfläche modifiziert; außer Fensterrahmen eignen sich Rohre großen
Vinylpolymere

Tabelle 2-36. Eigenschaften von Hart-Schaumstoffen


642

Struktur des Schaumstoffs zäh-hart spröd-hart

Kunststoffsorte Polystyrol PVC-U PU Phenolharz Harnstoffharz

Herstellverfahren Partikel- Extrudieren Hochdruck- Blockschäumen Spritz-


schäumen ohne mit schäumen schäumen
Schäumhaut

Eigenschaften Einheit

Rohdichtebereich kg/m3 15–30 30–35 40–(60) 50–130 20–100 40–100 5–15


Druckfestigkeit N/mm2 0,06–0,25 > 0,15  0,5 0,3–1,1 0,1–0,9 0,2–0,9 0,01–0,05
Zugfestigkeit N/mm2 0,1–0,5 0,5  0,5 0,7–1,6 0,2–1,1 0,1–0,4 –
Scherfestigkeit N/mm2 0,4–1,2 0,9 1,2 0,5–1,2 0,1– > 1 0,1–0,5 –
Biegefestigkeit N/mm2 0,2–0,5 0,4 0,6 0,6–1,4 0,2–1,5 0,2–1,0 0,03–0,09
Biege-E-Modul N/mm2 – – > 15 16–35 2–20 6–27 –

Gebrauchstemperatur-
bereich kurzzeitig °C 100 100 100 80 > 150 > 250 > 100
dauernd °C 70–80 80–85 80–85 60 80 130 90
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,03–0,035 0,03–0,035 0,03–0,035 0,036–0,04 0,018– 0,024 0,02–0,03 0,03

Wasserdampfdiffusions-
Widerstandszahl m – 30–70 100–130 150–300 200–300 30–130 30–300 4–10
nach DIN V 4108-4
Wasseraufnahme
(Lagerung 7 Tage Vol. % 2–3 2 1,5 1 1–4 7–10 > 20
in Wasser)
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-37. Eigenschaften von weichen und halbharten Schaumstoffen

Struktur des Schaumstoffs Vorwiegend geschlossene Zellen offene Zellen

Kunststoffsorte Polyethylen Polyvinylchlorid Polyurethan

Herstellverfahren Einheit Partikel- Extrudieren und Hochdruck- Blockschäumen


2.1.2 Vinylpolymere

Eigenschaften schäumen Vernetzen schäumen Polyester Polyether

Typen

Rohdichtebereich kg/m3 25–40 30–70 100–200 50–70 100 20–45 20–45


Zugfestigkeit N/mm2 0,1–0,2 0,3–0,6 0,8–2,0 0,3 0,5 ≈ 0,2 ≈ 0,1
Bruchdehnung % 30–50 90–100 130–200 80 170 200–300 200–270
Stauchhärte (40%) N/mm2 0,03–0,06 0,07–0,16 0,25–0,8 0,02–0,04 0,05 0,002–0,006 0,002–0,004
Druckverformungswert
(70 °C, 50%) % – 10–4 3 35–33 32 20–4 ≈4
Stoßelastizität N/mm2 40–50 45 – – ≈ 50 20–30 40–50
Gebrauchstemperatur-
bereich °C bis 100 – 70 bis + 85 – 70 bis + 110 – 60 bis 50 – 60 bis 50 – 40 bis 100 – 40 bis 100
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,036 0,04–0,05 0,05 0,036 0,041 0,04–0,05 0,04–0,05
Wasserdampfdiffusions-
Widerstandszahl mm – 400–4000 3500–5000 15000–22000 50–100 – – –
(n. DIN V 4108-4)
Wasseraufnahme
(Lagerung 7 Tage in Wasser) Vo.-% 1–2 0,5 0,4 1–4 3 – –
Dielektrizitätszahl
(50 Hz) – 1,05 1,1 1,1 1,31 1,45 1,45 1,38
Dielektrischer Verlustfaktor
tand, 50 Hz 0,004 0,01 0,01 0,06 0,05 0,008 0,003
643

Vinylpolymere
644 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Durchmessers aus PVC für diese Behandlung. Für Profile mit gekrümmter Ober-
fläche sind Formelektroden erforderlich.
PVC-P lässt wegen der Anteile an unterschiedlichen Weichmachern keine ein-
Vinylpolymere

heitliche Behandlung zu. PVC-P mit Weichmacher-Anteilen bis zu 40 % ist gut


klebbar. Adhäsionsklebung ist mit Klebstoffen auf der Basis von PUR, Nitrilkau-
tschuk und Polychlorbutadien möglich. Das Diffusionkleben entspricht demje-
nigen bei PVC-U. Die Oberflächen werden mit Leichtbenzin oder Wasser vorbe-
reitet.
Bei PVC-U ist Adhäsionsklebung möglich. Dazu dienen Zweikomponenten-
Reaktions-Klebstoffe auf der Basis von EP, PUR und PMMA.
Für das Kleben von PVC-U bestehen bereits folgende Richtlinien und Normen:
• Richtlinie R 1.1.7 der Gütegemeinschaft Kunststoffrohre;
• Verkleben von Rohren und Fittings aus PVC-U nach dem KRV-Passungssystem.
• DIN 16928 PVC-U (Hart-PVC)-Rohre.
• DIN 16970 Klebstoffe zum Verbinden von Rohren und Rohrleitungen aus
PVC-U, allgemeine Güteanforderungen, Prüfung.
• Richtlinie VDI 3821 Kunststoffkleben.

2.1.2.1.3.6
Veredelung
Lackierung
Das Veredeln der Oberfläche von PVC-U- und PVC-P-Formstoffen erfordert
keine Vorbehandlung. Lackiert wird mit Speziallacken. Die Druckfarben enthal-
ten ein anquellendes Lösemittel. Das Siebdruck- und das Tiefdruckverfahren
werden bevorzugt.

Folierung
Insbesondere in der Herstellung von Fensterprofilen wird PVC mit farbgeben-
den und/oder bedruckten Folien überzogen.

2.1.2.1.3.7
Anwendungsbeispiele
PVC verfügt über ein sehr großes Eigenschaftsspektrum, sodass es für eine Viel-
zahl von verschiedenen Anwendungen als Material in Frage kommt. Im Folgen-
den sind daher nur repräsentative Anwendungen von Hart-PVC (PVC-U) und
Weich-PVC (PVC-P) dargestellt.

Marktverteilung
Die Aufteilung des PVC-Verbrauchs auf die verschiedenen Anwendungsgebiete
enthält Tabelle 2-38.
2.1.2 Vinylpolymere 645

Tabelle 2-38. Anwendungen für PVC [32]

Anwendungsbereich Anteil in Westeuropa 2003 in Prozent

Vinylpolymere
Rohre 21,9
Profile 18,5
Fußbodenbeläge 10,1
Kabel und Drähte 10,7
Andere Hart-PVC-Anwendungen 5,4
Hartfolien 7,0
Plastisole 4,9
Beschichtungen 5,2
Schläuche und Profile 4,1
Weichfolien 7
Andere Weich-PVC-Anwendungen 5,2

Anwendungsbeispiele von Hart-PVC, PVC-U


Hart-PVC wird typischerweise zu folgenden Produkten verarbeitet:
Rohrleitungen, Armaturen, Fittings, Dränagerohre, Apparate für die chemi-
sche Industrie, Fassadenverkleidungen, Rolladenleisten, Fenster- und Tür-
rahmen, Dachrinnen, Schallplatten (Copolymer), Separatorplatten für
Akkus, Tonbandträger, Verpackungsfolien, Verpackungshohlkörper, weich-
macherfreie Weichfolien (VC/EVA), Fasern, Fäden, Vliesstoffe, Netze,
Schaumstoffe.
Die Anwendungsentwicklung der Extrusionserzeugnisse verläuft in
Westeuropa mengenmäßig parallel zur PVC-Konjunktur. Besonders zu er-
wähnen sind Fensterprofile [20, 21]. Daran sind zunehmend die acrylat-
modifizierten Pfropf-Copolymere beteiligt.
Weichmacherhaltiges PVC-TSE (extrudierte Schaumstoffe) wird in
großen Mengen für Fahrzeug-Kantenschutzprofile verwendet. Die steigen-
den Rohstoffkosten für Hohlkörper können durch Streckblasen aufgefan-
gen werden.

Anwendungsbeispiele von PVC-P und PVC-Pasten


Typische Anwendungsbeispiele für Weich-PVC sind:
Griffe, Stecker, Kabelummantelungen und Drahtisolationen, Schutzkap-
pen, Schläuche, Pendeltüren, Dämpfungselemente, Dichtungen, Boden-
beläge, Handläufe, Fußleisten, Isolierfolien, Tischdecken, Vorhänge,
Schutzanzüge, Regenkleidung, Schuhsohlen, Stiefel, Sandalen, Dekorfolien,
Bezugstoffe, Förderbänder, Fugenbänder, Puppen, Bälle, Tuben, Flaschen,
Schaumstoffe, Kunstleder. Beschichtete Textilien, Papier, Glas- und Mine-
ralien, Bleche, Boden- und Wandbeläge, Täschnerfolien, Schuhe, Hand-
schuhe, Tapeten, Oberflächenschutz, Faltenbälge, Kappen, Unterboden-
schutz für Kraftfahrzeuge [22].
646 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.2.1.4
Sicherheit, Umwelt und Recycling (s. a. Kapitel 1.7)
Vinylpolymere

2.1.2.1.4.1
Sicherheit
Verarbeitung
Bei sachgemäßer Verarbeitung von PVC und ausreichender Belüftung der Be-
triebsräume wurden bisher keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesund-
heit des Personals festgestellt. Dazu kommt, dass PVC-Polymere mit hohem
Reinheitsgrad hergestellt werden. Die Konzentration des Restmonomers
Vinylchlorid ist meist kleiner 1 ppm.
Die Technische Richtkonzentration (TRK) für das monomere Vinylchlorid
wird in der PVC-verarbeitenden Industrie so weit unterschritten, dass in der Re-
gel auf Konzentrationsmessungen verzichtet werden kann. Die biologische/toxi-
kologische Wirkung von Hilfsstoffen muss allerdings beachtet werden. So kön-
nen Stäube bei unsachgemäßer Verarbeitung von schwermetallhaltigen
Dryblends zu erhöhten Blutwerten führen.

PVC-Produkte
Die PVC-U-Mischungen erfüllen in der Regel in ihrer Zusammensetzung die
Empfehlung II „Weichmacherfreies PVC“, Stand 01.06.94 des Bundesgesund-
heitsamtes (190. Mitteilung: Bundesgesundheitsblatt 37 (1994), Seite 363).
Diese Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes geben dem Verarbeiter
Hinweise für die Einhaltung der Bestimmungen des § 31 Abs. 1 des neuen Le-
bensmittelgesetzes, das verbietet, „Gegenstände als Bedarfsgegenstände im
Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des neuen Lebensmittelgesetzes gewerbsmäßig so zu
verwenden oder für solche Verwendungszwecke in den Verkehr zu bringen, dass
von ihnen Stoffe auf Lebensmittel oder deren Oberfläche übergehen, ausgenom-
men gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche Anteile, die
technisch unvermeidbar sind“. Bei sachgemäßer Verarbeitung können aus PVC
Bedarfsgegenstände hergestellt werden, die die Anforderungen der Vinylchlo-
rid-Bedarfsgegenstände-Verordnung von 10.04.92 (BGBl. 1992, Teil 1 Seite 866)
erfüllen.
Die gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen in der Lebensmittelgesetz-
gebung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist selbstverständlich je
nach Land unterschiedlich, wenn auch ähnliche Prinzipien gelten.
Weichmacher sind chemisch niedermolekulare Verbindungen, die unter
ungünstigen Bedingungen unter Verwendung eines Lösungsmittels aus einem
Weich-PVC-Produkt extrahiert werden können.
In Bezug auf den Einsatz von Stabilisatoren hat sich die PVC-verarbeitende
Industrie in Europa in einer freiwilligen Selbstverpflichtung zum Verzicht auf
Cadmium-Stabilisatoren bis 2001 und zum Verzicht auf Bleistabilisatoren bis
2015 ausgesprochen.
2.1.2 Vinylpolymere 647

2.1.2.1.4.2
Recycling (s. a. Kapitel 1.7.1)

Vinylpolymere
Für die Kreislaufführung von PVC stehen sowohl werkstoffliche, rohstoffliche als
auch energetische Optionen zur Verfügung. Hochwertige sortenreine, vorsor-
tierte Sekundärrohstoffe sind vorrangig für ein werkstoffliches Recycling geeig-
net, wie es bei Produktionsabfällen Stand der Technik ist. Daneben existieren Lö-
severfahren, die robuster gegenüber den Ausgangsmaterialien als das einfache
Regranulieren oder Recompoundieren sind. Materialverbunde, verunreinigte
Produkte oder Produktgemische können außer durch Löseverfahren auch durch
rohstoffliche oder energetische Verfahren verwertet werden. Bei den rohstoffli-
chen Verfahren kommen Pyrolyse- oder Vergasungsverfahren zum Einsatz [23].
Entsprechend den Anwendungsfeldern für PVC (siehe Tabelle 2-38) existieren
seit einigen Jahren branchenspezifische Lösungen für die werkstoffliche Ver-
wertung von Rohren, Fensterprofilen, Dachbahnen und Bodenbelägen in tech-
nischem Maßstab. Daneben sind Löse- und Pyrolyseanlagen für PVC in Betrieb.
Generell schwierig stellt sich neben der Wirtschaftlichkeit die Getrennter-
fassung bzw. die Getrennthaltung von PVC-Altprodukten dar, sodass in West-
europa von den verbrauchten 5,8 Mio Tonnen PVC (2002; [24]) nur etwa
100.000 bis 200.000 Tonnen nach der Nutzung („Post-consumer-Material“) re-
zykliert wurden. Dabei muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass etwa zwei
Drittel der PVC-Produkte sehr langlebig sind, da sie z. B. im Baubereich einge-
setzt werden.
Für PVC-Rohre, PVC-Fensterprofile, PVC-Bodenbeläge, PVC-Dachbahnen
und andere typische PVC-Produkte wie Kabel oder Kreditkarten, die in größe-
ren Mengen oder sortenrein als Sekundärrohstoff anfallen, existieren Recycling-
verfahren und Rücknahmewege, die für Altprodukte meist von den jeweiligen
Branchenverbänden eingerichtet wurden und heute bereits die Wiederverwer-
tung ermöglichen [25].

Werkstoffliche Verfahren (s. a. Kapitel 1.7.1.2)


Werkstoffliche Verfahren zur Kreislaufführung von PVC-Altprodukten verwen-
den eine trockenmechanische Aufbereitung. Dabei werden die Produkte zwei-
stufig (zum Teil kryogen) zerkleinert und in mehreren Schritten durch Siebung,
Sortierung wie z. B. Metallabtrennung oder Windsichtung aufbereitet. Die Pro-

Tabelle 2-39. Materialkennwerte bzw. Garantiewerte für Rezyklate aus Bahnenwaren

Rezyklate aus Korngröße Weitere Eigenschaften

Dachbahnen [26] £ 0,5 mm Reinheitsgrad von 97 bis 99 %


Bodenbeläge [27] < 0,4 mm grau-schwarzes Mahlgut, ggf. mit Rest-
Schäumungsmittelmengen.
Durchschnittswerte: Shore-Härte A 91,
Shore-Härte D 48
Durchschnittszusammensetzung: 70 Teile PVC,
30 Teile Weichmacher, 20 bis 80 Teile Füllstoff
648 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-40. Hart-PVC-Rezyklat aus bzw. für Fensterprofilanwendungen [28]

Kennwert/Material Granulat Granulat Mahlgut Mahlgut


Vinylpolymere

weiß bunt bunt weiß

Farbwerte [L/a/b] 90,8 +/– 0,4 / k. A. k. A. > 89,5/k. A./


(CIE-LAB) k. A./ < 3,9 < 4,5
Thermostabilität [min] ~ 78 ~ 48 ~ 79 ~ 79
(DIN 53381, N2)
Vicat-Erweichungstem- ~ 82 ~ 80 ~ 82 ~ 82
peratur [°C] (DIN ISO 306,
Verfahren B/50)
Zug-E-Modul [N/mm2] ~ 2400 ~ 2400 ~ 2300 ~ 2300
(DIN EN ISO 527-1)
Kerbschlagzähigkeit ~ 20,5 ~23 ~ 23 ~ 23
[kJ/m2] (DIN ISO 179/1eA)
K-Wert (DIN 53726) ~ 64 ~ 64 ~ 63 ~ 63
Schüttgewicht [g/cm2] ~ 0,85 ~ 0,82 ~ 0,65 ~ 0,65
(DIN 53466)
Verunreinigungen [%] < 0,02 < 0,05 0 0
Korngröße k. A. k. A. k. A. < 8 mm

dukte sind Mahlgüter oder seltener Regranulate. Die mechanischen Werkstoff-


eigenschaften der Rezyklate sind abhängig von den eingesetzten Altprodukten
und einzelnen Chargen (Tabelle 2-39, Tabelle 2-40), so dass bei rezyklathaltigen
Compounds eine chargenspezifische Additivierung eingesetzt werden muss. Bis
zu einem Rezyklatgehalt von 10 % sind beispielsweise in Dachbahnen keine Ei-
genschaftsverluste zu befürchten.

Löseverfahren
Das erste großtechnisch umgesetzte Löseverfahren wurde von Fa. Delphi und Fa.
Wietek in Nohfelden zur Entfernung von PVC-Kabelummantelungen aus Kfz-
Kabelbäumen eingesetzt, fand jedoch keine weitere Anwendung. Daneben exis-
tieren verschiedene andere Lösungsverfahren, die mit Tetrahydrofuran, Methyl-
ethylketon (MEK) oder Dichlormethan arbeiten, in der Regel aber noch nicht
großtechnisch umgesetzt wurden [23]. Ausnahmen bilden das Poly-Tec-Verfah-
ren [29], das mit einem organischen Quellmittel v. a. PVC-Kabelummantelungen
am Standort Eppingen bei Heilbronn rezykliert, sowie das Vinyloop-Verfahren.
In Ferrara (Italien) wurde eine bestehende Anlage so modifiziert, dass dort
etwa 10.000 t/a Alt-PVC mit dem „Vinyloop“-Prozess verwertet werden können.
Bei diesem Prozess (siehe Abbildung 2-136) handelt es sich um einen Batch-
Löseprozess, der unter Druck vorzerkleinerte PVC-Produkte in MEK oder MEK-
Mischungen innerhalb von 10 Minuten löst. Zum Einsatz kommt hier ein 27-m3-
Lösereaktor. Nach der Abtrennung von Feststoffen (Verunreinigungen, Metall-
reste, Verstärkungsfasern) aus der PVC-Lösung durch Filtration oder Zentrifu-
gation wird in einem Fällungsreaktor Dampf zugeführt, so dass das PVC aus
der Lösung durch Bildung von im Mittel 0,4 mm großen Partikeln ausfällt. Da-
2.1.2 Vinylpolymere 649

Vinylpolymere
Bild 2-136. Verfahrensschema des Vinyloop-Löseprozesses [23]

bei werden feinverteilte unlösliche Füllstoffe oder Additive im Größenbereich


um 10 µm mitgefällt, da sie durch Zentrifugation/Filtrierung nicht separiert
werden. Das Lösemittel bildet mit dem Wasser ein azeotropes Gemisch und
kann nach Abtrennung des Wassers erneut eingesetzt werden. In einem letzten
Schritt wird das PVC-Produkt kontinuierlich getrocknet. Sehr positive Be-
triebserfahrungen liegen mit diesem Verfahren u. a. mit PVC aus Kabeln vor. Der
Einsatz für Planen und Bodenbeläge ist vorgesehen. Eine Übersicht über die Ei-
genschaften der Produkte aus diesem Prozess enthält Tabelle 2-41.

Pyrolyse und Vergasung (s. a. Kapitel 1.7.1.5.4 und 1.7.1.5.5)


Bei Pyrolyse- und Vergasungsprozessen wird die Polymerkette in kleinere Mo-
leküle aufgetrennt. Dies erfolgt im Falle der Pyrolyse ohne und bei der Vergasung
mit unterstöchiometrischem Zusatz eines Vergasungsmittels wie z. B. Sauerstoff.
Diese Prozesse sind nicht materialspezifisch, so dass sie sich insbesondere für
verschmutzte oder vermischte Polymerabfälle verschiedenster Zusammenset-
zung eignen. So wurden PVC-haltige Abfälle wie z. B. Shredderabfälle oder
Mischkunststoffe erfolgreich in den Anlagen der Festbettdruckvergasung in der
Anlage „Schwarze Pumpe“ bei bis etwa 1300 °C und 25 bar zu Synthesegas umge-
setzt, das z. B. zur Methanolsynthese verwendet werden kann [31].
Speziell zur Verwertung von PVC wurde in Stigsnæs (Dänemark) eine bestehen-
de Hydrolyseanlage für etwa 40.000 t modifiziert, sodass nun in einem zweistufi-
gen Prozess zunächst durch Zugabe von Natronlauge bei 250°C eine Entchlorung
auf < 0,1 Gew.-% Cl durchgeführt und anschließend der entchlorte feste Rückstand
durch Pyrolyse bei bis zu 600°C verwertet werden kann [32]. Die Produkte sind
Salze, die erneut für die PVC-Produktion eingesetzt werden können, eine Ölfrak-
tion, die zur Rohölsubstitution verwendet werden kann, sowie feste Rückstände,
die nach der Entfernung von Schwermetallen verwertet werden sollen [33].
650 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-41. Kennwerte von PVC-Rezyklaten aus Löse-/Quellverfahren

Kennwert/ Vinyloop Vinyloop Vinyloop Poly-Tec


Vinylpolymere

Material FC004 [30] FC005 [30] FC006 [30] Kabelrezyklat [29]

typische Anwen- Membranen, Membranen, Membranen, Kabelummante-


dungsfelder flexible flexible flexible lungen
Schläuche Schläuche, Schläuche,
Kabelum- Kabelum-
mantelung mantelung
Shore-Härte A 76 81 84 91 (Shore D: 37)
(ISO 868)
Zugfestigkeit 12 13 15 12,9
[N/mm2]
(DIN EN ISO
527-2)
Bruchdehnung > 300 275 272 271
[%] (DIN EN ISO
527-2)
Dichte [g/cm2] 1,4 1,42 1,44 k. A.
(ISO 1183)
Schüttgewicht 0,65 0,65 0,65 k. A.
[g/cm2] (ISO 60)
Weitere Angaben schwarze schwarze schwarze Spez. Ober-
Mikropellets, Mikropellets, Mikropellets, flächenwider-
Stabilisator: Stabilisator: Stabilisator: stand 23,6 · 1012
Blei Blei Blei Ohm, Spez.
Durchgangswi-
derstand bei 23°C
7,4 · 1011 Ohm, bei
70°C 0,7 · 1010
Ohm, Durch-
schlagfestigkeit
27 kV/mm

Verbrennung (s. a. Kapitel 1.7.1.6)


Eine Anlage zur Verbrennung von ca. 45.000 t/a chlorhaltiger Abfälle bzw. von
PVC wird von DOW am Standort Leuna betrieben, mit dem Ziel, die dabei frei-
werdende Energie sowie den Chlorwasserstoff aus den gasförmigen Verbren-
nungsprodukten zu nutzen. Die Abfälle werden dazu in einem Drehrohrofen bei
> 1100 °C so weit wie möglich oxidiert. Der Chlorwasserstoff wird durch die
Rauchgaswäsche abgetrennt und die nach der Reinigung gewonnene zwanzig-
prozentige Salzsäure in der Chlorelektrolyse verwendet [31].
Auch bei Prozessen, die geringere Chlorfrachten aufweisen, wie z. B. die Ver-
brennung von Siedlungsabfällen, die auch PVC oder andere chlorhaltige Anteile
enthalten, kann der Chlorwasserstoff durch Rauchgaswäsche abgetrennt und die
so gewonnene Salzsäure oder das aus der Neutralisation stammende Natrium-
chlorid industriell verwertet werden. Dies wurde u. a. mit einer Untersuchung in
der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm in Hamburg, bei der 500 t
PVC verbrannt wurden, bestätigt. Bei dieser Untersuchung wurden weder er-
2.1.2 Vinylpolymere 651

höhte Emissionswerte noch ein erhöhter Anlagenverschleiß bzw. stärkere Kor-


rosion als im Normalbetrieb beobachtet [34].

Vinylpolymere
2.1.2.1.5
Sortiment

2.1.2.1.5.1
Lieferformen
PVC-Rohmaterialien
PVC wird überwiegend als pulverförmiges Dryblend verarbeitet. Diese Mi-
schungen werden meist erst beim Verarbeiter kurz vor der Verarbeitung aufbe-
reitet. Für die Herstellung der Mischungen steht ein überaus reichhaltiges Sorti-
ment an Rohstofftypen, Additiven und Füllstoffen zur Verfügung.
Darüber hinaus können auch verarbeitungsfertige Dryblends am Markt
ebenso bezogen werden wie granulatförmige Compounds.
Über die Vorteile der einen oder anderen Bezugsform entscheiden von Fall zu
Fall wirtschaftliche und technische Überlegungen.

PVC-Halbzeuge
PVC-U-Halbzeuge werden u. a. in Form von Rohren, Profilen, Blöcken, Folien
und Tafeln angeboten. Sie sind Ausgangsmaterialien für die Weiterverarbeitung
durch mechanische, trennende oder fügende Fertigungsverfahren.
PVC-P-Halbzeug liegt vorwiegend in Form von Schläuchen, Folien und Bo-
denbelägen vor.

2.1.2.1.5.2
Typisierung
Die Typisierung von PVC-Polymerisaten ist in DIN EN ISO 1060-1/2 geregelt.
Die Typisierung von PVC-U-Formassen ist in DIN EN ISO 1163 1/2, von PVC-
P-Formmassen in DIN EN ISO 2898-1/2 geregelt.

2.1.2.1.5.3
Handelsnamen
Benvic (Solvay)
Carina (Shell)
Corvic (AVC, Orica)
Evipol (EVC)
Geon (Geon)
Induvil (Solvay)
Lacovyl (Atofina)
Norvinyl (Hydro Polymers)
Oltvil (A.C. Chemicals SLR)
652 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Ongrovil (BorsodChem Rt.)


Pevikon (Hydro Polymers)
Solvic (Solvay)
Vinylpolymere

Vestolit (Vestolit)
Vinnolit (Vinnolit Kunststoff GmbH)
Viplast (Montecatini)

2.1.2.1.6
Literatur – Kapitel 2.1.2.1
[1] Verband Kunststofferzeugender Industrie,VKE, WiDat August 2003
[2] Regnault V, Liebigs Ann. Chem. 14 (1835) 28, 34
[4] Kaufmann, M, The History of PVC, Maclaren & Sons Ltd., London, 1969
[3] Krekeler K, Wick G, Kunststoff-Handbuch Bd. II – Polyvinylchlorid, Carl Hanser Verlag,
München, 1963
[5] DE-PS 278 249 (1912)
[6] DE-PS 288 584 (1913)
[7] Becker W, Kunststoffhandbuch – Polyvinylchlorid, Band 1 und 2, 2.Auflage, Hanser-Verlag,
München, Wien (1985)
[8] Saechtling HJ (2001) „Polyvinylchlorid (PVC)“ in Kunststoff-Taschenbuch, 28. Ausgabe S.
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[9] NN, Baerlocher Additive, Baerlocher Gleitmittel für die PVC-Verarbeitung, Baerlocher
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[10] Schlumpf H P, Mineralstoffe für die Kunststoffindustrie – eine Kurzfassung, Technische
Dokumentation Nr. 184, OMYA GmbH Köln (1995)
[11] Schlumpf H P, Füllstoffte und Verstärkungsmittel in Kunststoffen – physiko-chemische
Aspekte für den Verarbeiter, Technische Dokumentation Nr. 172, OMYA GmbH Köln, 1994
[12] Schlumpf H P, PVC-hart-Extrusion mit hohen Calciumcarbonat-Füllgraden für Kabel-
kanäle oder Rolladenprofile, Technische Dokumentation Nr. 177, OMYA GmbH Köln, 1994
[13] Peter W (1984) „Moderne Rezeptgestaltung in: Kostenoptimiertes Extrudieren von Rohren
und Profilen“, Düsseldorf, VDI-Verlag S. 85
[14] Troitzsch, H-H (1996) „Flame Retardants“ in Gächter/Müller: Plastics Additives 4th Edi-
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[15] Pfister H-J u. a. (1980) „Kombinierter Einsatz von chloriertem Polyethylen und Calzium-
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[16] BASF AG (1995): Druckschrift Vinoflex®, Vinidur®, Vinuran®, B 572 d 9.95, S. 20 – 27
[17] Bergmann K, Dielektrische Eigenschaften von elektrotechnisch wichtigen Kunststoffen in
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[19] Gerstenberg,KW (1994) „PVC-Profile,leichter kleben und bedrucken“,Kunststoff 84 S.869–871
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[25] PVCplus (Hrsg.), PVC - Produktinformation Nr. 1, Bonn, 2000
[26] Prof. Schoepe: Persönliche Mitteilung. 12.09.2003
[27] Dr. J. Zimmermann: Persönliche Mitteilung. 18.08.2003
2.1.2 Vinylpolymere 653

[28] Richter H, Fa. VEKA, Technischen Datenblättern für Produkte Nr. 11 (Granulat weiß), 34
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[29] NN, Patentiertes Verfahren, Sekundärrohstoffe (2003) 1, S. 16 – 17

Vinylpolymere
[30] Solvay/Vinyloop Ferrara S.p.A. (Hrsg.), Precipitated PVC Compound, Vinyloop FC004,
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[31] AGPU (Hrsg.), Rohstoffliches Recycling, Informationsschrift, Bonn
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[34] Vinyl 2010 (Hrsg.),Vinyl 2010 – Die Freiwillige Selbstverpflichtung der PVC-Industrie zur
nachhaltigen Entwicklung – Fortschrittsbericht 2002, www.vinyl2010.org, Brüssel, 2002

2.1.2.2
Polyvinylchlorid-Modifikationen
Das vielfältige Typensortiment und die Möglichkeiten der Rezeptgestaltung mit
Hilfe zahlreicher Zusatzstoffe erschöpfen nicht alle Möglichkeiten, die Eigen-
schaften von PVC-Erzeugnissen gleichsam nach Maß zu schneidern. Es kommen
noch andere hinzu.
Zur Verbesserung der Schlagzähigkeit in der Kälte dienen:
• Mischungen von PVC mit bestimmten Kautschuksorten,
• Mischungen mit weichelastischen Copolymeren aus VC und Butadien oder
aus VC und Ethylen oder Acrylester,
• Mischungen von PVC mit Pfropfpolymeren von VC auf Ethylen/Vinylacetat-
Copolymeren,
• Mischungen von PVC mit chloriertem Polyethylen.
Zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit und zur gezielten Beeinflussung be-
stimmter Eigenschaften dienen:
• Copolymerisation mit geringen Mengen Propylen oder Vinylethern (ergibt
glasklare, gut verarbeitbare Produkte),
• Zumischen von modifizierten Acrylaten oder Methylmethacrylat/Butadien/
Styrol-Copolymeren für die Herstellung stoßfester PVC-U-Kalanderfolien,
• Mischungen von PVC mit ABS-Copolymeren für die Herstellung warm- oder
kaltformbarer Teile für die Automobilindustrie.
Verbessern der Verarbeitbarkeit bei niedrigen Temperaturen ist möglich durch:
• Copolymerisation mit geringen Anteilen (5 bis 20 %) an Vinylacetat oder
Maleinsäure für die Herstellung warmformbarer Tafeln und das Pressformen
von Schallplatten.
Erhöhen der Formbeständigkeit in der Wärme und der Wärmestandfestigkeit
ist durch folgendes zu erreichen:
• Copolymerisation mit Vinylidenchlorid und Acrylnitril, was außerdem zu
Formstoffen mit sehr geringer Durchlässigkeit führt (Saran-Folien, Diofan-
Dispersionen). Diese Formmassen sind wegen erhöhter Neigung zur Cl-Ab-
spaltung schwierig verarbeitbar,
654 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

• Nachchlorieren von PVC bis zu Chlorgehalten von 65 %. Die Formbeständig-


keit in der Wärme wird bis zu 30 K erhöht. Es werden Glasübergangstempe-
raturen bis zu 130 °C erreicht (z. B. Lucalor der ATOchem mit Dauergebrauchs-
Vinylpolymere

temperaturen bis 100 °C),


• Copolymerisation mit Maleinimiden, was zu gut verarbeitbaren, transparen-
ten Formmassen mit einer Vicat-Erweichungstemperatur von 87 °C und einer
Glasübergangstemperatur von 90 °C führt,
• Tieftemperatur-Polymerisation von VC, um den syndiotaktischen bwz. teil-
kristallinen Anteil im Molekülverband zu erhöhen. Es werden Glasüber-
gangstemperaturen von 120 bis 130 °C erreicht.
Außer den genannten, inzwischen zu den klassischen Schlagzähigkeitsverbesse-
rern zählenden polymeren Zusatzstoffen haben einige Rohstoffhersteller, häufig
nach Maßgabe ihres übrigen Produktsortiments, eine Vielfalt von neuen Zusatz-
komponenten entwickelt, die alle dem Ziel dienen, für möglichst jeden Anwen-
dungszweck und jede Verarbeitungsart den günstigsten Weg zu finden. Als
Beispiel dieser Bemühungen sei das derzeitige Sortiment der PVC-Modifier
Vinuran der BASF AG mit seinen kennzeichnenden Merkmalen vorgestellt.

Tabelle 2-42. Das Vinuran® Sortiment der BASF AG

Vinuran® Modifier für Erhöhen der Verarbeitungs-


PVC Zähigkeit hilfe
Außenanwendung

Eigenschaften Einheit Prüfvor- Typ Typ Typ Typ


schriften 3821 3826 KR3831 3833
(Vers.
prod.)

Komponenten ISO DIN Acrylat Acrylat Styrol Methyl-


Styrol Styrolnitril methacry-
Acrylat lat

Dichte g/cm3 1183 53479 1,03 1,03 1,08 1,16


Schüttdichte g/cm3 60 53466 0,53 0,55 0,55 0,55
Körngröße mm 4610 53734 < 500 < 500 < 250 < 250
Flüchtige % ISO/ 1269  0,5  0,5  0,5  0,5
Anteile DIN
optische – – – hochtrans- opak glasklar glasklar
Eigenschaft parent

Anwendungsgebiete und Hochtrans- Opake Extrusion, Extrusion,


übliche Zusatzmengen parente Profile, Blasformen, Blas-
Platten, Rohre, Kalandrie- formen,
Stegdop- Platten, ren, Kalandrie-
pelplatten, Folien u. Spritzgie- ren, Spritz-
Profile, Spritz- ßen gießen
Folien, gussteile 0,5–3% 0,5–3%
Spritzguss- 5–15% PVC-Hart-
teile schaum
5 –15% 5–10%
2.1.2 Vinylpolymere 655

Dabei handelt es sich um ein Sortiment pulverförmiger Polymerer, die als


Modifiziermittel für PVC-U verwendet werden, um die Schlagzähigkeit und das
Verarbeitungsverhalten zu verbessern. Die Vinuran-Typen werden durch Co-

Vinylpolymere
oder Pfropfpolymerisation verschiedener Monomere wie Acrylate, Acrylnitril
und Styrol in wässriger Emulsion gewonnen.
Die Copolymere zur Erhöhung der Schlagzähigkeit basieren auf Acrylaten. Sie
sind vor allem für den Außeneinsatz bestimmt. Es können opake bzw. transpa-
rente Fertigteile daraus hergestellt werden. Zum Verbessern der Verarbeitbarkeit
dienen Copolymerisate auf Basis MMA oder S/SAN/Acrylat.
Das Vinuran Sortiment zeigt Tabelle 2-42.
Von den zahlreichen aufgezeigten und großtechnisch genutzten Möglichkei-
ten sollen einige näher behandelt werden:
• Mischungen von PVC mit chloriertem PE-HD (PE-HD-C),
• Mischungen von PVC mit EVA-Copolymeren bzw. EVA/VC-Pfropfpolymeren,
• Mischungen mit Acryl-Polymeren,
• Copolymere mit Vinylidenchlorid/Acrylnitril,
• Copolymere mit Maleinimid.

2.1.2.2.1
Blends aus PVC und chloriertem PE-HD (PE-HD-C)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Chloriertes Niederdruckpolyethylen wurde im Jahre 1957 auf den Markt ge-
bracht.Abmischungen von PVC-U mit chloriertem Polyethylen dienen vor allem
dazu, einen speziell für die Verwendung im Freien ausgerüsteten Werkstoff her-
zustellen. Demnach muss dieser folgende Anforderungen erfüllen:
• schlagzäh im gesamten, am jeweiligen Verwendungsort herrschenden Tem-
peraturbereich,
• alterungs-, UV- und witterungsbeständig während der voraussehbaren Ver-
wendungsdauer.

■ Struktur und Eigenschaften


Der Vergleich der Strukturformeln zeigt die große Ähnlichkeit von PVC mit
chloriertem Niederdruckpolyethylen. Beim PVC-Makromolekül bewirkt die re-
gelmäßige syndiotaktische Anordnung der Chloratome eine hohe Steifheit und
Starrheit. Die Chloratome in der Hauptkette stoßen einander ab wegen des glei-
chen Ladungszustandes und strecken deshalb die Kohlenstoffkette. Dazu kom-
men die intermolekular wirkenden Dipolkräfte, die den Zusammenhalt unter-
stützen und ebenfalls versteifend wirken.

Polyvinylchlorid (PVC) Summenformel


Cl-Atom an jedem zweiten C-Atom
Cl-Massegehalt 56,7 %
656 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

chloriertes Linearpolyethylen (PE-HD-C) Summenformel


Cl-Atome statistisch verteilt
Cl-Gehalt variabel

Bei chloriertem Polyethylen kann der Chlorgehalt nach Bedarf eingestellt wer-
den. Er ist in jedem Falle kleiner als der des PVC. Wegen der unterschiedlichen
Besetzung der C-Atome mit Chlor verbleibt den chlorierten PE-Ketten in vielen
Segmenten noch die ursprüngliche Beweglichkeit und mithin auch die Zähigkeit
des Polyethylens. Werden beide Polymere miteinander gemischt, so erhält man
ein Polymerblend, dessen Zähigkeit je nach Mischungsverhältnis der des PVC
oder des chlorierten PE nahekommt. Die verwandte chemische Natur der Mi-
schungsbestandteile führt dazu, dass
• die Wärmestandfestigkeit nahezu unverändert bleibt,
• das Verhalten gegenüber Außenbewitterung ähnlich und durch entspre-
chende Stabilisierung beherrschbar ist,
• die Stabilisierung gegen thermischen Abbau bei der Verarbeitung möglich ist,
• Chemikalienbeständigkeit und elektrische Eigenschaften denjenigen von
PVC-U gleichen,
• das Brandverhalten dem des von Hause aus flammwidrigen PVC-U ähnelt
(siehe Kapitel 1.3.5.1).
■ Zusatzstoffe
Bei den Funktions-, Füll- und Verstärkungsstoffen wurde auch über die bei
(PVC + PE-C)-Blends verwendeten Zusatzstoffe berichtet. An dieser Stelle sei
das Ergebnis von Versuchen mit Calciumcarbonat als Füllstoff erwähnt [1].
PE-C und CaCO3 ergänzen sich in ihrer Wirkungsweise.
Die durch PE-C verlängerte Plastifizierzeit wird durch feinteiliges Calcium-
carbonat wieder reduziert. Ohne Änderung der Stabilisator- oder Gleitmittel-
Kombinationen können die Eigenschaften der ungefüllten PVC-Mischung er-

Bild 2-137. Kerbschlagzähigkeit (Charpy)


einer mit PE-C und CaCO3 modifizierten PVC-
U-Mischung bei verschiedenen Temperaturen
(gemessen nach DIN 53 453)
2.1.2 Vinylpolymere 657

reicht werden. Der durch die Zugabe von PE-C erniedrigte E-Modul wird mit
Hilfe der feinteiligen natürlichen, oberflächenbehandelten Kreide wieder an-
gehoben. Die zähigkeitssteigernde Wirkung der Kombination von CaCO3 mit

Vinylpolymere
PE-C in PVC-U-Mischungen zeigt Bild 2-137 für verschiedene Temperaturen.
■ Sortiment
Das Sortiment der am Markt angebotenen Polymerblends enthält Typen für die
Extrusions- und Spritzgussverarbeitung. Sie unterscheiden sich vor allem durch
den K-Wert. Die Reihe der transparenten Typen wird durch acrylatmodifiziertes
PVC ergänzt.

■ Lieferformen
Polymerblends aus PVC und PE-HD-C werden als Granulat, unstabilisiertes
Pulver und verarbeitungsfertige Pulvermischung geliefert. Transluzente Farb-
einstellungen sind in natur, rot, gelb, grün und blau lieferbar, gedeckte Einstel-
lungen in weiß und grau. Der Verarbeiter muss sich bei der Einstellung ande-
rer Farbtöne von der Witterungsbeständigkeit der Formstoffe durch Versuche
von der Eignung überzeugen. Die durch Sonneneinstrahlung verursachte
Oberflächentemperatur kann bei dunklen Farbtönen um 15 bis 20 K höher lie-
gen als bei hellfarbigen Einstellungen. Dies beeinträchtigt die Stabilitätsre-
serve. Als Halbzeuge sind Rohre, ebene und gewellte Tafeln, Profile und Blöcke
lieferbar.

■ Typisierung
Die Kennzeichnung der Eigenschaften von Vinylchlorid-Homo- und Copolyme-
risat-Formmassen enthält die 1986 verabschiedete DIN 7748, T.1: Datenblock 1
Kurzzeichen, Polymerisationsverfahren und Zusammensetzung, Datenblock 2
hauptsächliche Anwendungen und wesentliche Additive, Datenblock 3 kenn-
zeichnende Eigenschaften von PVC-U und PVC-P und Datenblock 4 Massenan-
teile der Komponenten. Als Beispiel seien Angaben des Datenblocks 3 wiederge-
geben, nach dem auch die erhöht kerbschlagzähen PVC-U-Typen eingeordnet
werden können.

Vicat-Erweichungs-Temp. Kerbschlagzähigkeita Elastizitätsmodul


VST/B/50 aK E

Zeichen °C Zeichen kJ/m2 Zeichen N/mm2

060 < 61 03 <5 18 1500–2000


062 > 61–63 10 > 5–20 23 > 2000–2500
⯗ ⯗ 30 > 20 28 > 2500–3000
118 > 117–119 33 > 3000
120 > 119
a
PVC-U-Formmassen mit Kerbschlagzähigkeit < 5 kJ/m2 sind als normal schlagzäh, von
5 – 20 kJ/m2 als erhöht schlagzäh, über 20 kJ/m2 als hochschlagzäh anzusehen.
658 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften hochschlagzäher PVC-U-Typen enthält Ta-
belle 2-43. Bei PE-HD-C und acrylatmodifiziertem PVC-U entfallen die bei
Vinylpolymere

PVC-P bekannten Nachteile der Extrahierbarkeit und Wanderung des


Weichmachers sowie die Minderung der elektrischen Eigenschaften. Die
Formbeständigkeit in der Wärme wird durch den Schlagzähmacher gegenüber
PVC-U nur unwesentlich verändert. Die Wirkung ist vorwiegend elastifi-
zierender Natur. Dabei ist allerdings die Wirkung von Zusatzstoffen zu
berücksichtigen.
Tabelle 2-43. Kennzeichnende Eigenschaften einiger PVC-Modifikationen

Eigenschaften Einheit PVC/Acrylat- VC/VDC-


Mischungen Spritzgusstyp
Dichte g/cm3 1,35 1,65 bis 1,72

Zugfestigkeit N/mm2 46 21 bis 35


Dehnung % 100 < 250
Zug-E-Modul N/mm2 2400 350 bis 560
Druckfestigkeit N/mm2 49 14 bis 19
Biege-E-Modul N/mm2 2800 –
ft.lb.
Kerbschlagzähigkeit 15 0,3 bis 0,1
in. of. n.
linearer Wärmeausdehnungs-
koeffizient 106K-1 – 160 bis 200
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 1014 bis 1016 1014 bis 1016
Durchschlagfestigkeit V/25 mm > 400 400 bis 600
Dielektrizitätszahl
60 Hz 3,9 4,5 bis 6,0
103 Hz 3,7 3,5 bis 5,0
106 Hz 3,4 3,0 bis 4,0
dielektrischer Verlustfaktor tand
60 Hz 0,02 0,030 bis 0,045
103 Hz 0,02 0,060 bis 0,075
106 Hz 0,03 0,050 bis 0,080
optische Eigenschaft opak transparent bis
opak
Wasseraufnahme (24 h) %Massen- 0,06 0,1
gehalt
Brennbarkeit brennt nicht selbsterlöschend
Witterungsbeständigkeit sehr gut gut
Chemikalienbeständigkeit
schwache Säuren sehr gut sehr gut
starke Säuren sehr gut gut
schwache Laugen sehr gut gut
starke Laugen sehr gut gut
organische Lösemittel Ester, Ketone, gut bis sehr gut
arom. u. chlor.
KW greifen an
Verarbeitbarkeit °C gut sehr gut
Massetemperatur Spritzgießen °C 170 bis 195 150 bis 200
Werkzeugtemperatur °C 50 bis 70 80 bis 90
Schwindung % 0,8 0,5 bis 2,5
2.1.2 Vinylpolymere 659

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Streckspannung (Zugfestigkeit), Reißfestigkeit und Reißdehnung eines Spritz-

Vinylpolymere
gusstyps sind im Bild 2-138 wiedergegeben.

Umwandlungstemperaturen
Der Torsionsschwingungsversuch bestätigt, dass der Erweichungsbereich hoch-
schlagzäh eingestellter Typen für Rohre und Profile dem des PVC-U entspricht.
Bild 2-139 verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand des aus dem Versuch nach
DIN 53445 umgerechneten dynamischen Elastizitätsmoduls E und des Verlustfaktors
d. Daraus ergibt sich eine vergleichbare obere Gebrauchstemperatur von 60 bis 65 °C.

■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Als Maß für das viskoelastische Verhalten dieser Formstoffe über eine längere
Zeitdauer und bei verschiedenen Temperaturen wurde der Biege-Kriechmodul
gewählt, Bilder 2-140 und 2-141.

Bild 2-138. Streckspan-


nung (a), Reißfestigkeit
(b) und Reißdehnung
(c) von Formstoffen
aus hochschlagzähem
(PVC + PE-C)-Blend
(Werkstoff: Vinnolit Z
2057 B der Vinnolit
Kunststoff GmbH)

Bild 2-139. Dynamischer


Elastizitätsmodul E und
Verlustfaktor d von er-
höht schlagzähem Poly-
mer-Blend in Abhängig-
keit von der Temperatur
(gemessen nach DIN
53 445, Prüffrequenz ca.
1 Hz (Werkstoff: Vinnolit
Z 2060 der Vinnolit
Kunststoff GmbH)
660 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-140. Biege-Kriechmodul


von hochschlagzäh (A), erhöht
schlagzäh (B) und weich (C)
eingestellten PVC-Polymer-
Blends (Randfaserspannung
10 N/mm2, Prüftemperatur
23 °C)
A Vinnolit Z 2270
B Vinnolit Z 2060
C Vinnolit Z 2057

Bild 2-141. Biegekriechmodul


eines hochschlagzäh eingestell-
ten PVC-Polymerblends bei
verschiedenen Temperaturen
(Randfaserspannung 5 N/mm2)
(Werkstoff: Vinnolit Z 2270)
2.1.2 Vinylpolymere 661

Zeitstandverhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Bei den PVC-Modifikationen ist die Kälteschlagzähigkeit – ausgedrückt in den
Werten der Schlag- und Kerbschlagzähigkeit – von besonderer Bedeutung. Der

Vinylpolymere
Vergleich der entsprechenden Werte (Kerbschlagzähigkeit bei 23 °C = 4 kJ/m2,
Schlagzähigkeit bei – 40 °C Bruch) verdeutlicht dieses. Im Bild 2-142 ist die Kerb-
schlagzähigkeit von drei Materialtypen wiedergegeben. Die Kerbschlagszähig-
keit eines hochschlagzähen Types zeigt Bild 2-143.

■ Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Dauerschwingfestigkeit eines Werkstoffs kennzeichnet das Verhalten bei
schwingender Beanspruchung. In Bild 2-144 sind die Wöhler-Kurven von zwei
Blend-Typen wiedergegeben.

Bild 2-142. Kerbschlag-


zähigkeit einiger (PVC +
PE-C)-Blends in Abhän-
gigkeit von der Tempera-
tur (gemessen nach DIN
53 453)
a Vinnolit Z 2270
b Vinnolit Z 2060
c Vinnolit Z 2057

Bild 2-143. Kerbschlag-


zähigkeit (nach DIN
53 448) eines hochschlag-
zähen Blends in Abhän-
gigkeit von der Tempera-
tur (Werkstoff: Vinnolit Z
2270)
662 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-144. Biegewechsel-


festigkeit einiger
(PVC + PE-C)-Polymer-
Blends (Prüftemperatur
23 °C, f = 10 Hz)
A Vinnolit Z 2060
B Vinnolit Z 2270

■ Härte
Die mit steigender Temperatur zunehmende Erweichung ist Bild 2-145 zu ent-
nehmen, die in den vorangehenden Schaubildern erwähnten Typen Vinnolit 2057
und 2270 verhalten sich analog.
Die übrigen physikalischen und die chemischen Eigenschaften, Witterungs-
und Strahlenbeständigkeit, die Brennbarkeit (in vielen Fällen Anerkennung der
Klasse B 1 nach DIN 4102) T.1–4; durch das Institut für Bautechnik, Berlin, bzw.
die Anerkennung nach ISO 1182, 3008, 6944 und 9239, sowie die Durchlässigkeit
für Gase und Dämpfe entsprechen denen von PVC-U.

Bild 2-145. Kugeldruck-


härte eines (PVC + PE-C)-
Polymer-Blends in Abhän-
gigkeit von der Temperatur
(Werkstoff: Vinnolit Z
2060)
2.1.2 Vinylpolymere 663

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die (PVC + PE-C)-Blends entsprechen nach Art ihrer Ausgangsstoffe und ihrer
polymeren Bestandteile der BGA-Empfehlung II „Weichmacherfreies Poly-

Vinylpolymere
vinylchlorid“. Bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne von § 5
Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes sind im Hinblick
auf die zugesetzten Additive und Stabilisatoren die in der BGA-Empfehlung II
genannten Richtlinien zu beachten. Produkte und Stabilisatoren, die nicht in der
BGA-Empfehlung II genannt sind, dürfen nicht zur Herstellung von Lebensmit-
tel-Bedarfsgegenständen verwendet werden.
Der Gehalt an monomerem Vinylchlorid liegt in der Regel weit unter den
europäischen Normen.

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4 und 1.5)


Die (PVC + PE-C)-Blends werden wie PVC-U ur- und umgeformt, getrennt und
gefügt.
Die Massetemperaturen betragen im Allgemeinen beim:
Extrudieren 170 bis 175 °C
Kalandrieren 165 bis 190 °C
Warmformen 150 bis 175 °C, Werkzeugtemperatur 60 bis 70 °C
Pressen von Blöcken 175 °C
Pressformen von Tafeln 120 bis 130 °C
Spritzgießen 170 bis 180 °C, Werkzeugtemperatur 20 bis 50 °C
Dazu einige Hinweise:
Beim Extrudieren von Fensterprofilen wird die erforderliche hohe Schlag-
zähigkeit nur dann erreicht, wenn die Massetemperatur im Extruder 190 bis
195 °C (gemessen mit einem Einstechpyrometer) erreicht. Sie muss jedoch mit
Sicherheit < 200 °C sein.
Vor dem Warmformen sollte tafelförmiges Halbzeug warm und trocken gela-
gert werden. Treten beim Warmformen Oberflächenrauigkeiten oder Bläschen
auf, dann können diese Erscheinungen durch Trocknen im Umluftofen (etwa
2 Std. bei 135 °C, je nach Tafeldicke) beseitigt werden. Für das Warmgas-
schweißen sind Warmgastemperaturen von 330 ± 10 °C erforderlich (siehe Ta-
belle 2-8). Das Heizelementschweißen geschieht bei Oberflächentemperaturen
des Heizelementes von 230 ± 5 °C (siehe Tabelle 2-9). Beim Reibschweißen wird
mit Umfanggeschwindigkeiten von 100 bis 180 m/min gearbeitet.
Als Klebstoffe eignen sich:
Lösemittel-Klebstoffe (PC- oder THF-Klebstoffe)
Kontakt-Klebstoffe (Polychlorbutadien),
Zweikomponenten-Klebstoffe (Polyester/Diisocyanat),
Schmelz-Klebstoffe (Vinyl-Copolymerisate).
664 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Anwendungsbeispiele
Es sei zuvor darauf hingewiesen, dass den Anwendungsmöglichkeiten von
Vinylpolymere

(PVC + PE-C)-Blends im Freien durch klimatische Bedingungen Grenzen


gezogen sind. Positive Ergebnisse liegen seit mehr als 35 Jahren aus
Ländern vor, deren mittlere Jahrestemperatur nicht mehr als 17 °C beträgt
und deren Mitteltemperatur des heißesten Monats nicht über 24 °C liegt.
Der Mittelwert für die globale Himmelsstrahlung sollte nicht mehr als
50 · 105 kJ/m2/Jahr betragen.
In südlichen Ländern ist mit einer wesentlich intensiveren Sonnenein-
strahlung und höheren Temperaturen zu rechnen. (Eine gewisse Abhilfe
schaffen besonders hochwertige Stabilisierungssysteme sowie Ummante-
lungen mit UV-beständigen Polymeren).
Als bewährte Anwendungsbeispiele seien genannt:
Profile für die Herstellung von Fenstern, Dachrinnen und Straßenleit-
pfosten, Gasrohre, Sitzbanklatten, Tafeln für Fassadenelemente, Balkonver-
kleidungen, der Apparatebau der chemischen Industrie, Kühlmöbel und
Verkehrsschilder, Folien für Registrier- und Lochkarten, schwerentflamm-
bare Wandbeläge, Koffer, Kinderwagen und Automobilausstattungen. Von
den Spritzguss-Formteilen sind besonders Dunstabzughauben, Auffang-
kästen in Abwassersystemen, Dachrinnenzubehör sowie Abdeckkappen
für Straßenleitpfosten und Sitzbanklatten zu erwähnen.

Handelsname
Vinnolit Z (Vinnolit Kunststoff GmbH/DE)

2.1.2.2.2
Blends aus PVC- und EVA-Copolymeren bzw. EVA/
VC-Pfropfcopolymeren
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Auf die Möglichkeit, die Schlagzähigkeit von PVC-U in der Kälte zu erhöhen,
wurde bereits hingewiesen. Der Zusatz von EVA-Copolymeren verbessert außer-
dem die Verarbeitbarkeit. Bei der Herstellung dieser Mischungen ist von Bedeu-
tung, dass die guten Eigenschaften des PVC-U, nämlich:
• hohe Härte,
• Steifheit,
• ausreichende Wärmestandfestigkeit,
• Flammwidrigkeit,
• Chemikalienbeständigkeit
möglichst unverändert erhalten bleiben, so wie sie bei den (PVC + PE-C)-Blends
erreicht wurden.
2.1.2 Vinylpolymere 665

■ Struktur und Eigenschaften


Der Zusatz von Polymeren führt nur dann zu einer elastifizierenden Wirkung,
wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Vinylpolymere
• Fähigkeit, Energie zu absorbieren,
• niedrige Glasübergangstemperatur,
• optimale Teilchengröße,
• homogene Verteilung der zugemischten Komponenten,
• Beibehalten einer separaten Phase.
Vollverträglichkeit, d. h. letztlich ein Einphasensystem bildende Zusätze haben
nur eine geringe elastifizierende Wirkung. Die Unverträglichkeit des in separa-
ter Phase vorliegenden Elastifizierungsmittels verhindert andererseits den Zu-
sammenhang mit der durchgehenden Phase (Matrix), die die Grundeigenschaf-
ten der Mischung bestimmt. Dieses Ziel kann am einfachsten und optimalsten
mit Co- und Pfropfpolymeren erreicht werden, die beispielsweise aus unpolaren
Olefinen und polare Gruppen tragenden Comonomeren bestehen. In Abschnitt
2.1.2.2.1 wurde über das chlorierte Polyethylen (PE-C) berichtet. Andere Copoly-
mere bestehen aus Butadien/Acrylnitril ggf. mit Zusätzen von Styrol, Malein-,
Fumar-, Acryl- oder Methacrylsäureester. Auch an die Verwendung von Poly-
chloropren ist zu denken.
Seit den siebziger Jahren werden z. B. Copolymere aus Ethylen/Vinylacetat
bzw. Pfropfpolymere aus EVA und Vinylchlorid zur Verbesserung der Schlag-
zähigkeit von PVC-U verwendet. Elastifizierende Wirkung zeigt sich sogar bei
den hochwärmebeständigen kalt polymerisierten oder nachchlorierten PVC-
Typen. Die Verträglichkeit der EVA-Copolymeren mit PVC hängt vom Verhältnis
Ethylen zu Vinylacetat ab. Höchste Schlagzähigkeit wird bei einem VAC-Anteil
von 45 % erzielt. Härtere Typen mit nur 10 bis 30 % VAC sind mit PVC unver-
träglich, die elastifizierende Wirkung ist gering, wie Bild 2-146 am Beispiel der
nach DIN 53 453 bei Raumtemperatur (A) und bei 0 °C (B) gemessenen Kerb-
schlagzähigkeit zeigt. Copolymere mit 50 bis 70 % EVA wirken bei zunehmender
Verträglichkeit wie primäre Weichmacher. Für das Abmischen mit PVC wurde
deshalb ein Copolymer mit 45 % VAC entwickelt, das in Anteilen von 7 bis 10 %
dem PVC zugemischt wird, um vor allem eine hohe Schlagzähigkeit in der Kälte
zu erzielen. Für die Herstellung dieser Mischungen bestehen drei Möglichkeiten:
• mechanisches Mischen von EVA-Copolymeren (einem etwas klebrigen Lin-
sengranulat) mit pulverförmigem PVC auf einem Mischwalzwerk,
• Herstellen eines elastifizierten PVC-Typs durch Pfropfen von VC auf das Poly-
mere, Bild 2-147 (nur im Rohstoffbetrieb möglich). Auf diesem Wege kann
beispielsweise ein pulverförmiges Polymer mit 8 % EVA-Copolymer herge-
stellt werden, das unmittelbar zu Halbzeug verarbeitbar ist,
• Mischen eines Pfropfpolymeren-Konzentrates mit PVC. Auch dieses, z. B.
50% EVA-Copolymere enthaltende Pfropfpolymere ist pulverförmig und
rieselfähig. Es kann mit allen handelsüblichen PVC-Typen gemischt werden,
so dass der Gehalt an EVA im Bereich von 4 bis 10 % liegt.
Die Pfropfpolymeren sind Suspensionstypen. Sie können deshalb wie S-PVC sta-
bilisiert werden. Geeignet sind Organozinnverbindungen, Ba/Cd-Seifen in Verbin-
666 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-146. Kerbschlagzähigkeit von Mischungen aus PVC und EVA-Copolymeren bei verschie-
denen EVA-Copolymer-Anteilen und verschiedenen VAC-Anteilen der Copolymeren
A bei Raumtemperatur
B bei 0 °C

dung mit EP- und/oder Phosphit-Costabilisatoren. Gesundheitlich unbedenklich


sind Ca/Zn-Verbindungen. Auch Pb-Stabilisatoren sind anwendbar. Dazu kom-
men wie üblich Gleitmittel und sonstige Zuschlagstoffe.Vorzugsweise werden von
den PVC-Herstellern drei Typen von VC/EVA-Pfropfcopolymeren hergestellt:
A Pfropfpolymere mit 5 bis 6 % EVA
B Pfropfpolymere mit etwa 10 % EVA
C Pfropfpolymere mit etwa 50 % EVA
Das Pfropfprodukt von Typ A ist ein elastifiziertes PVC, das optimale Schlag-
und Kerbschlagzähigkeit, Bild 2-148, Härte, Formbeständigkeit in der Wärme,
2.1.2 Vinylpolymere 667

Vinylpolymere
Bild 2-147. Schematische Darstel-
lung eines mit VC gepfropften EVA-
Copolymeren

Bild 2-148. Kerbschlagzähigkeit


(nach DIN 53 453) mit VC/EVA-Pfropf-
polymer (Levapren 450) elastifizier-
tem PVC verschiedener K-Werte
(Prüftemperatur 20 °C)
(Quelle: Bayer AG)

Biegefestigkeit und Steifheit (E-Modul) aufweist. Nach dem Compoundieren mit


Stabilisatoren, Gleitmittel, Pigmenten und Füllstoffen kann dieses Material un-
mittelbar eingesetzt werden. Diese sogenannten Direktpfropfpolymeren haben
sich in den letzten Jahren sehr bewährt und sind heute gebräuchliche Typen für
das Extrudieren von Rohren und Fensterprofilen.
Die Pfropfprodukte A und vor allem C bieten dem PVC-Verarbeiter die Mög-
lichkeit, durch eigenes Abmischen mit S-PVC oder E-PVC-Typen und Zusatz-
stoffen maßgeschneiderte Compounds für den jeweiligen Verwendungszweck
herzustellen.
Beim Compoundieren mit EVA-Copolymeren mit höheren Anteilen als 15 %
ergeben sich sehr heterogene Gemische nahezu ohne Festigkeit. Ein Weichma-
chen von PVC ist auf diesem Wege nicht möglich. Ein einwandfreies Weichma-
chen ist nur bei Verwendung eines Pfropfpolymeren, etwa dem Typ C, möglich.
Das Ergebnis ist ein migrationsbeständiges PVC-P. Der Veranschaulichung der
elastifizierenden Wirkung von EVA-Modifikationen diene das Bild 2-149. Man
erkennt, dass sich das Dämpfungsmaximum (entsprechend der Glasübergangs-
temperatur) von – 17 °C beim ungemischten EVA-Copolymeren bei einer Mi-
schung von 1 : 1 mit PVC vom K-Wert 70 nur geringfügig nach – 13 °C verschiebt.
668 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere

Bild 2-149. Schubmodul G¢


und mechanischer Verlust-
faktor d verschiedener EVA
Modifikationen in Abhän-
gigkeit von der Temperatur
a VC/EVA Pfropfpolymer
mit 505 EVA (45 % VAC-
Anteil)
b (PVC + EVA)-Blend
(1 : 1) 45 % VAC-Anteil im
Copolymeren
c EVA-Copolymer mit
45 % VAC-Anteil

Beim Pfropfcopolymeren wird das Maximum bei ebenfalls 50 % Anteil an EVA 45


auf + 5 °C verschoben. Die Glasübergangstemperaturen liegen im Bereich von
– 22 °C bis – 25 °C. Härtere Einstellungen können durch Zumischen von VC-Ho-
mopolymeren, weitere durch Weichmacherzugabe eingestellt werden.

2.1.2.2.3
Vergleich mit anderen elastifizierenden Hochpolymeren
Butadienhaltige Modifikationen wie Butadien/Acrylnitril, ABS- und MBS-
Polymere altern im Freien nach. Sie werden spröde. Es ist mit den genannten Po-
lymeren allerdings möglich, durch Anpassen der Brechungsindices transparente
Formstoffe herzustellen, die denen aus PVC ähneln.
Polymethylmethacrylat muss in Anteilen von 20 bis 25 % zugegeben werden,
um Schlagzähigkeit zu erzielen. Weil diese Formmassen teurer sind als der
Grundwerkstoff PVC, werden sie meistens nur mit Anteilen von 1 bis 2 % zuge-
geben und dienen dann nur zum Verbessern der Verarbeitbarkeit. Aufschluss-
reich ist auch ein Vergleich mit ABS als elastifizierende Komponente, Bilder
2-150 und 2-151.

Anwendungsbeispiele
Fensterprofile, Dachrinnen, Regenfallrohre, Profile für Sitzbänke und
Zäune, Lärmschutzwände, Lichtwände, Straßenleitpfosten, Tafeln für Fas-
sadenverkleidungen, Abzug- und Belüftungssysteme, Apparatebau der
chemischen Industrie, Abwasser-, Gas-, Dränage- und Kabelschutzrohre,
Tiefziehfolien, Fittings, Abdeckungen, Flaschen und Behälter.
2.1.2 Vinylpolymere 669

Vinylpolymere
Bild 2-150. Kerbschlagzähigkeit von
elastifizierten (PVC + Polymer)-
Blends in Abhängigkeit vom Anteil
des Zusatzes
a VC/EVA Pfropfpolymer
b EVA-Copolymer
c ABS-Pfropfpolymer
A Raumtemperatur
B –20 °C

Bild 2-151. Vicat-Erweichungstem-


peratur (nach VDE 302) von (PVC
+ Polymer)-Blends in Abhängigkeit
vom Anteil des Zusatzes
a ABS-Pfropfpolymer
b EVA-Copolymer
670 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Handelsnamen
Denkavinyl (Denki Kagaku Kogyo/JP)
Ethyl (Ethyl Corp; Polymer Div/US)
Vinylpolymere

Krene (Union Carbide Corp./US)


Laroflex (BASF/DE)
Lutofan (BASF/DE)
Solvic (Solvay & Cie./BE)
Trosiplast (Hüls AG/DE)
Varlan (DSM/NL)
Vinidur (BASF/DE)
Vinnolit (Kunststoff GmbH/DE)
Vinuran (BASF AG/DE)

2.1.2.2.4
Blends aus PVC und Acrylpolymeren
Diese, im englisch-amerikanischen Schrifttum als Acrylic/PVC alloy bezeichne-
ten Mischungen haben in Europa wegen ihres höheren Preises nur bei erfolgrei-
chem Wettbewerb mit anderen schlagzähen Thermoplasten Bedeutung erlangt.
Das Eigenschaftsbild geht aus Tabelle 2-43 hervor. Das Material wird als Granu-
lat für das Spritzgießen und Extrudieren geliefert.

Anwendungsbeispiele
Elektrowerkzeuggehäuse,. Gehäuse von Rasierapparaten, Staubsaugerteile,
Schutzhelme, Lenkräder, Schallplatten, Spielzeug, Sportartikel, Bürogeräte,
Computer-Formteile, Rechenmaschinen- und Diktiergeräte-Formteile.

Handelsnamen
Kydene (Rohm & Haas Co./US)
Krene (Union Carbide Corp./US)
Vinidur (BASF AG/DE)
Vinnolit (Vinnolit Kunststoff GmbH/DE)

2.1.2.2.5
Copolymere aus Vinylchlorid und Vinylidenchlorid/
Acrylnitril-Copolymeren (VC/VDC/AN)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Polyvinylidenchlorid (PVDC) wurde Ende der dreißiger Jahre entwickelt. Die-
ser Thermoplast ist nicht als Homopolymerisat am Markt. Die Handelstypen
sind Copolymerisate mit 15 bis 20 % Vinylchlorid oder mit 13 % VC und 2 %
Acrylnitril. Der symmetrische Aufbau der Moleküle führt zu hoher Kristal-
Tabelle 2-44. Permeations-Richtwerte für Verpackungsfolien

Material Dichte Reißfestigkeit Reißdehnung Gebrauchs- Permeations-Koeffizienten


(g/cm3) längs/quer längs/quer temperatur-
(N/mm2) (%) bereich Multiplikator für Wasserdampf 10–9
(°C bis °C) für alle Gase 10–12

Wasser- Luft Sauer- Stick- Kohlen- Wasser-


2.1.2 Vinylpolymere

dampf stoff stoff dioxid stoff

PE, niedere Dichte 0,92 22/15 300/700 – 60 bis 80 1,5 9 19 6 75 55


PE, hohe Dichte 0,95 33/25 800/1000 – 50 bis 100 0,5 3,5 8 2 32 25
PP, ungereckt 0,90 50/40 430/540 – 20 bis 100 1,1 2,8 7 2 25 65
PP, monaxial gereckt 0,90 250/40 10/700
- – 50 bis 90 0,4 – 5 – 18 –
PP, biaxial gereckt 0,91 200/200 80/80
PS, biaxial gereckt 1,05 70/70 10/10 bis 80 25 3,5 14 2,2 85 150
Polyvinylalkohol 1,28 28 360 – 10 bis 100 ca. 500 – 90 – – –
PVC-E, therm. vergütet 1,38 53/50 90/30
- – 15 bis 80 6,5 0,12 0,4 0,05 0,9 10
gereckt 1,38 110/45 30/10
PVC-S, glasklar 1,4 55/55 30/30 – 10 bis 70 5 0,1 0,4 0,03 0,8 8
PVDC Cop. 1,6 ~ 80 ~ 30 – 20 bis 100 < 0,2 – 0,2 0,08 1,1 6
PVDF, extrudiert 1,78 –/60 400 – 30 bis 135 5,2 – 0,7 0,2 <1 3
CTFE, extrudiert 2,10 –/40 150 – 200 bis 180 < 0,1 – ~2 < 0,1 1,5 15
PA 6, ungereckt 1,13 80/60 400/- – 30 bis 120 35 0,25 0,6 0,1 3,5 5
PA 6, biaxial gereckt 1,13 300/300 70/70 ~ 20 – 0,3 – – –
PA 12, extrudiert 1,03 60/40 400/250 ~ 10 – ~ 10 ~ 0,1 ~ 70 15
PC, Gießfolie 1,20 85 110 – 100 bis 130 30 7,5 37 1,2 110 200
PETP, biaxial gereckt 1,40 200/220 130/110 – 60 bis 130 4 0,06 0,13 0,03 0,65 4
CA, 21/2-Acetat 1,3 90 20 – 10 bis 120 225 1,6 5 1 34 52
Kautschukhydrochlorid 1,1 39 800 – 30 bis 85 3 3,5 9 2 – 40
Zellglas 1,45 kurzzeitig > 300 – 1 1 – 10
- 155/55 20/55
Zellglas, polymerlackiert 1,45 150 <4 – 1–2 ~2 – 2
671

Vinylpolymere
672 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

linität. Daraus folgen je nach Aufbau des Copolymeren hohe Härte und Abrieb-
festigkeit.
Vinylpolymere

Vinylidenchlorid

Wegen der Gefahr erhöhter Chlorabspaltung bei der Verarbeitung im plastischen


Zustand dürfen nur eisenfreie Werkstoffe mit der Schmelze in Berührung kom-
men. PVDC wird vorwiegend zu Fäden, Borsten, Filter- und Bezugsstoffen, Tauen
und Folien verarbeitet. Gereckte Folien schrumpfen beim Eintauchen in warmes
Wasser auf das Packgut auf (Cryovac-Folie). Wässrige Dispersionen dienen zur
Herstellung von Lacken und zum Beschichten von Papier. In Tabelle 2-43 sind die
wichtigsten Daten eines VC/VDC-Copolymerisates für die Spritzgussverarbeitung
wiedergegeben. Bemerkenswert ist, dass im Hinblick auf hohe Kristallinität der Er-
zeugnisse mit hohen Werkzeugtemperaturen gearbeitet werden muss.
VC/VDC-Copolymerisate zeichnen sich vor allem durch eine sehr geringe
Permeabilität aus. Sie ist für Gase und Wasserdampf niedriger als die aller ande-
ren Thermoplaste. In Tabelle 2-44 ist zum Vergleich der Permeationskoeffizient
der wichtigsten Folien-Kunststoffe für Sauerstoff, Stickstoff und CO2 wiederge-
geben. Die Wasserdampfdurchlässigkeit zahlreicher Kunststofffolien gibt in
übersichtlicher Form Bild 2-152 wieder.

Handelsnamen
Diofan (BASF, DE)
Ixan (Deutsche Solvay Werke, DE)
Saran (Dow Chemical, US)

2.1.2.2.6
Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Copolymere des Vinylchlorids mit N-substituierten Maleinimiden sind in Ab-
hängigkeit vom Maleinimidgehalt wesentlich wärmestandfester als VC-Homo-
polymere. Wird bei tiefer Temperatur polymerisiert, dann steigt die Glasüber-
gangstemperatur abermals an.
Es gelang, mit N-substituierten Maleinimiden der allgemeinen Formel

(mit R als verzweigtem Alkyl oder Cycloalkyl (DBP 1570590)) Copolymere des
Vinylchlorids herzustellen, die in ihrer Wärmestandfestigkeit wesentlich über die-
jenige von VC-Homopolymeren hinausragen.Hohe Imidgehalte erschweren jedoch
die Verarbeitbarkeit.Einen brauchbaren Kompromiss zwischen Formbeständigkeit
in der Wärme, Warmformbarkeit, Extrudier- und Kalandrierbarkeit bildet ein Ge-
2.1.2 Vinylpolymere 673

Vinylpolymere
Bild 2-152. Wasserdampfdurchlässigkeit von Kunststofffolien (gemessen an 100-mm-Folien,
25 °C, Feuchtigkeitsgefälle 90 % gegen 0 % rel. Feuchtigkeit

halt von 5 bis 7% N-Cyclohexylmaleinimid. Die geringere Thermostabilität dieser


Copolymeren erfordert hochwirksame Wärmestabilisatoren,z.B.Alkylzinnthiogly-
colsäureester. Die geringere Schlagzähigkeit dieser Copolymere kann durch die Zu-
gabe von Elastifikatoren wie ABS, MBS u.a. angehoben werden. Flaschen aus VC-
Homopolymeren sinken beim Befüllen mit Wasser von 96 °C sofort zusammen,
während Flaschen aus dem beschriebenen Copolymeren sich nur leicht reversibel
verformen. Das Abfüllen von beispielsweise heißem Schmelzkäse oder Marmelade
bei 90 °C in warmgeformte Becher wird ohne Störung überstanden.
674 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.2.2.7
Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere
Vinylpolymere

Wie HISMA, so können die Acrylimid-Copolymere zur Steigerung der Wärme-


beständigkeit von PVC verwendet werden. Im Vergleich zu HISMA modifizier-
tem PVC verbessern die Acrylimid-Copolymere nicht nur die Vicat-Erwei-
chungstemperatur, sondern auch die Zugfestigkeit von PVC. Die optischen
Eigenschaften werden nicht verändert. Dagegen ist die Schlagzähigkeit niedriger
als beim nicht-modifizierten PVC, wie die nachstehende Tabelle zeigt.

Bestandteile: PVCK–50 phr 100 100


Acrylimid-Cop. phr – 25
MBS a phr 15 15
Vicat-Erweichungstemperatur °C 78 88
Kerbschlagzähigkeit bei 23°C J/m 930 665
Zug-E-Modul N/mm2 2270 2450
Zugfestigkeit N/mm2 46 53
Lichtdurchlässigkeit % 쑺 90 쑺 90
a
Schlagzähigkeitsverbesserer.

Die (Acrylimid + PVC)-Blends können für Erzeugnisse verwendet werden, bei


denen das Heißabfüllen eine Rolle spielt, beispielsweise für die Herstellung
transparenter Flaschen, Rohre, Profile u. a.

2.1.2.2.8
Literatur – Kapitel 2.1.2.2
[1] Pfister H-J u. a. (1980) „Kombinierter Einsatz von chloriertem Polyethylen und Calzium-
Carbonat in Hart-PVC-Mischungen“, Kunststoffe 70 S. 556 – 557
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 675

2.1.3
Styrolpolymere (PS)

Styrolpolymere
(PS)
2.1.3.1 Styrol-Homopolymere (PS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677
2.1.3.2 Styrol-Copolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696
2.1.3.2.1 Schlagzähmodifizierte Polystyrole . . . . . . . . . . . . . . . 698
2.1.3.2.1.1 Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB) . . . . . . . . . . . . 701
2.1.3.2.1.2 Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere (SBS) . . . . . . . . 711
2.1.3.2.1.3 Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS) . . . . . . . . . . . 723
2.1.3.2.2 Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN) . . . . . . . . . . . . . . 725
2.1.3.2.2.1 SAN-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
2.1.3.2.2.1.1 Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere (ABS) . . . . 739
2.1.3.2.2.1.2 Propfcopolymere aus MMA, SB und ABS (MABS) . . . . . . . 751
2.1.3.2.3.1 Polymerblends aus (ABS + PC) . . . . . . . . . . . . . . . . 756
2.1.3.2.3.2 Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropfcopolymere (ASA) . . . . 764
2.1.3.2.3.3 Polymerblends aus ASA und Polycarbonat (ASA + PC) . . . . 776
2.1.3.2.4 Thermoplastische Styrol/Butadien-Elastomere (SBS-TE) . . . 782
2.1.3.3 Nicht auf Polyolefinen basierende verträglich- und schlagzäh-
machende Copolymere und Polymerblends . . . . . . . . . . 786
2.1.3.4 Literatur – Kapitel 2.1.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 788
676 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Der Berliner Apotheker Simon gab im Jahre 1839 einem etherischen Öl, das er
aus flüssigem Storax gewonnen hatte, den Namen Styrol. Er beobachtete ein all-
mähliches Verfestigen zu einer durchsichtigen zähen Masse. Auf Veranlassung
Liebigs polymerisierten Blith und Hofmann 1845 Styrol bei 200 °C zu glasar-
tigen Blöcken.
Matthew nahm 1911 zwei Patente auf die Anwendung von Polystyrol zur
Herstellung von Lacken sowie „Artikeln, die gewöhnlich aus Hartgummi, Cellu-
loid, Vulcanit, Ebonit, Glas, Holz und ähnlichen Stoffen hergestellt werden“. Die
ersten Versuche zur technischen Darstellung von Polystyrol unternahm im Jahre
Styrolpolymere

1925 die Naugatuck/USA. Nachdem H. Staudinger im Verlauf der zwanziger


Jahre die wissenschaftlichen Grundlagen für die technische Produktion geschaf-
(PS)

fen hatte, nahm das Werk Ludwigshafen der IG-Farbenindustrie 1930 die konti-
nuierliche Polymerisation von Styrol auf. Auch die bereits 1868 von Bertholt
beobachtete Dehydrierung von Ethylbenzol zu Styrol (Vinylbenzol) wurde dort
zum großtechnischen Verfahren entwickelt.
Ausgangsprodukte sind heute die aus Erdöl gewonnenen Primärchemikalien
Benzol und Ethylen. Sie werden in Gegenwart von Aluminiumchlorid zu Ethyl-
benzol aneinandergelagert.

Benzol Ethylen Ethylbenzol Styrol Wasserstoff

Ethylbenzol ist das technisch und wirtschaftlich bedeutendste Direktderivat von


Benzol. Jeweils mit Abstand folgen Phenol, Cyclohexan, Chlorbenzol, Nitroben-
zol, Alkylbenzole und Maleinsäure.
Der nach dem Zweiten Weltkrieg vorhandene Überschuss an Benzol führte
vor allem in den USA zur Entwicklung neuer Formmassen auf der Basis von Sty-
rol. „Geschmierte“ Typen ermöglichten die Herstellung dünnwandiger Massen-
artikel auf automatisch arbeitenden Spritzgießmaschinen. Die Sprödigkeit von
PS überwand das elastomermodifizierte schlagzähe PS-I. Dadurch wurde der
Weg zum drittgrößten Standardkunststoff – nach Polyethylen und PVC – frei.
Höhere Schlagzähigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit wurde mit
dem Copolymerisat aus Styrol und Acrylnitril (SAN) 1936 erreicht.
Den Weg zu den als Technische Kunststoffe bezeichneten Polymeren fand das
Material im Jahre 1950 durch das Pfropfcopolymerisat Acrylnitril-Butadien-
styrol (ABS). Die wegen des Dienanteils begrenzte Beständigkeit von ABS im
Freien wurde durch den wahlweise Austausch des UV-empfindlichen Butadien-
anteils durch ein lichtbeständiges Acrylesterelastomer zum ASA-Pfropfpolymer
überwunden (1967). Ein glasklares, schlagzähes Polystyrol Pfropfpolymer (SBS)
ergänzte schließlich (1970) ein Styrol-Butadien-Blockcopolymer.
Auch die Bereitstellung galvanisch metallisierbarer ABS-Polymeren war ein
beachtenswerter Fortschritt.
Zu den schrittmachenden Ergebnissen auf dem Polystyrolgebiet gehören die
Anfang der fünfziger Jahre entwickelten Partikelschaumstoffe der BASF AG und
die aus schäumfähiger Schmelze extrudierten Tafeln und Profile der Dow Che-
mical Corp./USA. Nach dem erstgenannten Verfahren werden Raumgewichte
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 677

von 13 kg/m3 und darüber, nach dem zweiten von 30 bis 40 kg/m3 erzielt. In den
siebziger Jahren folgten die spritzgießbaren Strukturschaumstoffe aus norma-
lem und schlagzähem Polystyrol.
Die Entwicklung des Polystyrols ist bis heute nicht zum Stillstand gekommen.
Das amorphe Polystyrol (aPS) wurde vor mehr als hundert Jahren als erste syn-
thetische makromolekulare Substanz entdeckt. Mit Hilfe von Z/N-Katalysatoren
gelang bereits 1955 die stereospezifische Polymerisation von isotaktischem Poly-
styrol. Idemitsu-Kosan/Japan entdeckte, dass mit Hilfe von Methylaluminoxan
(MAO) aktivierte Titancomplexe vorzügliche Katalysatoren für die Herstellung

Styrolpolymere
syndiotaktischen Polystyrols (SPS) sind, während Trialkylaluminium als Coka-
talysator zu aPS führte. Von den Übergangsmetall-Complexen führte Zr zu

(PS)
einem geringen, Ti jedoch zu einem hohen Anteil an SPS. Der Precurser 1,3 di-
phenylindenyl-TiCl3 erwies sich jedoch als sehr aktiv und dazu sehr stabil in Luft
[1]. Über sPS später Näheres.

2.1.3.1
Styrol-Homopolymere (PS)
■ Herstellverfahren (s. a. Kapitel 1.2.7)
Die wirtschaftlich bedeutenden Herstellverfahren für Polystyrol sind heute:

• die diskontinuierliche und die kontinuierliche Perl- oder Massepolymerisa-


tion und
• die Suspensionspolymerisation.
Emulsions- und Lösungspolymerisation sind von geringer Bedeutung. Bei der
Massepolymerisation entsteht eine zähflüssige Schmelze aus isotaktischem
Polystyrol, die in Aufbereitungsextrudern vom Monomeranteil befreit und gra-
nuliert wird. Das schwierig zu kontrollierende und bei Chargenumstellung
wenig flexible Masseverfahren macht immer häufiger dem Suspensionsverfah-
ren Platz, bei dem das Polymere in Form wasserheller Perlen anfällt.
In Gegenwart von flüchtigen KW wie Pentan können durch Suspensionspoly-
merisation blähfähige PS-Perlen hergestellt werden, die als Ausgangsmaterial
für PS-Schaumstoffe (EPS) dienen.
Formstoffe aus normalen Styrol-Homopolymeren zeichnen sich aus durch:
• Steifheit und Härte (jedoch vor allem bei den leichtfließenden Typen verbun-
den mit Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit),
• wasserhelle Transparenz,
• sehr gute elektrische und dielektrische Eigenschaften,
• geringe Wasseraufnahme,
• brillante Oberfläche,
• hohe Maßbeständigkeit,
• sehr gute Verarbeitbarkeit,
• begrenzte Chemikalienbeständigkeit gegen organische Produkte (außer eini-
gen Ölen und Fetten),
• Neigung zur Spannungsrissbildung,
678 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

• betonte Abhängigkeit der Eigenschaften spritzgegossener Formteile von Arti-


kelgestalt, Art und Lage des Anschnitts sowie den Verarbeitungsparametern.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1)


Chemisch gesehen ist Polystyrol ein Polyvinylbenzol. Die Phenylsubstituenten
sind in räumlich willkürlicher, d. h. ataktischer Anordnung längs der Kette ver-
teilt, sodass sich keine kristallinen Bereiche bilden können. Darauf ist der amor-
phe Zustand des normalen Homopolymeren zurückzuführen.
Styrolpolymere
(PS)

Polystyrol

Mit Hilfe stereospezifischer Natta-Katalysatoren ist es gelungen, ein Polystyrol


herzustellen, bei dem alle Phenylsubstituenten die gleiche räumliche Lage ein-
nehmen. Das Polymerisat ist mithin isotaktisch aufgebaut. (Ein Analogon bildet
das isotaktische PP, bei dem alle Methylgruppen der Makromolekülkette nach
außen zeigen). Isotaktisches, teilkristallines Polystyrol bildet sich, wenn die
Schmelze langsam abkühlt oder der Formstoff oberhalb 150 °C nachbehandelt
wird. Der Kristallinitätsgrad beträgt etwa 50 %, die Kristallit-Schmelztempera-
tur 230 °C. Diese Formmassen sind opak.
Der im Baustein enthaltene Benzolring führt zu einem sperrigen Aufbau der
Makromoleküle. Daraus resultieren einerseits Steifheit und Transparenz,
jedoch andererseits auch die Sprödigkeit. Der Temperaturgradient der mecha-
nischen Festigkeit ist nicht so groß wie bei zahlreichen anderen Thermoplas-
ten. Auch die Kriechneigung ist wegen behinderter Verformung weniger be-
tont [2, 3].

■ Zusatzstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5)


Von den bei Polymeren allgemein erforderlichen Zusatzstoffen kommen bei
Normal-Polystyrol vor allem Funktionszusatzstoffe in Betracht (siehe Kapitel
1.3.5.1).
Funktionszusatzstoffe: Antioxidantien
(Octadecyl-3-(3.5 ditert. butyl-4-hydroxyphenyl)-propionat bis zu 0,15 Masse-
%). Glanzgeber, Antiblock- und Antiklebmittel, Antistatika, innere und äußere
Gleitmittel, Farbstoffe, Brandschutzmittel, optische Aufheller, ggf. Treibmittel
(Tabelle 1-2, siehe auch Abschnitt 1.3.5.1).
Füll- und Verstärkungsstoffe: Kreide, Talkum, Aluminiumtrihydrat, Glasfa-
sern, Glaskugeln (siehe Abschnitt 1.3.5.2 und 1.3.5.3). Füll- und Verstärkungs-
stoffe verändern die für viele technischen Anwendungen nachteiligen Grund-
eigenschaften nicht; deshalb werden am Markt nur wenige Typen angeboten
(Tabelle 2-46).

■ Sortiment
Obwohl erst die Vielfalt der Co- und Pfropfpolymere den Polystyrol-Kunststof-
fen einen ungewöhnlichen breiten Anwendungsbereich erschlossen hat (siehe
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 679

auch Kapitel 2.1.3.2), bietet nichtsdestoweniger auch die Reihe der Homopoly-
meren eine nach Fließfähigkeit, Formbeständigkeit in der Wärme, Härte, Steif-
heit und Zähigkeit breit gefächerte Palette, vor allem für das Spritzgießen und
das Extrudieren. Auch für das Spritzblasen erlangte Normal-Polystyrol große
Bedeutung.
Zu den Grundtypen kommen antistatisch ausgerüstete, UV-stabilisierte,
spannungsrissbeständige oder durch den Zusatz von chemisch oder physi-
kalisch wirkenden Treibmitteln spritzgieß-, extrudier- und extrusionsblas-
bare Typen. Die für viele Anwendungsbereiche prohibitiv wirkende Brennbar-

Styrolpolymere
keit von Polystyrol kann durch den Zusatz von Flammschutzmitteln verringert
werden.

(PS)
■ Lieferformen
PS wird als naturfarbenes, d. h. wasserhelles, transparentes Granulat oder auch
in transparenter bzw. opaker Einfärbung geliefert. Halbzeug steht in Form von
ungereckten und biaxial gereckten Folien sowie als Tafeln zur Verfügung.
Schäumfähiger Rohstoff wird in Form von Perlen verschiedener Korngröße an-
geboten. Daraus hergestelltes Halbzeug ist als Tafel- und Blockmaterial sowie als
Formteile bekannt.

■ Typisierung
Die Kurzbezeichnung für Polystyrol und seine Modifikationen wurden genormt.
Auch diese Norm entspricht in Aufbau und Inhalt der seit 1982 eingeführten Um-
stellung in Datenblöcke, die das Erfassen in der elektronischen Datenverarbei-
tung erleichtern.

■ Physikalische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1.2 und 1.3.3)


Die wichtigsten mechanischen und thermischen Eigenschaften von Formstoffen
aus Homopolymeren sowie aus einer großen Anzahl von PS-Modifikationen
sind in Tabelle 2-45 zusammengestellt. Die elektrischen Eigenschaften enthält
Tabelle 2-47.
Über die Wirkung verschiedener Füllstoffe und von Glasfaserverstärkung bei
PS, PS-Modifikationen und einigen anderen Thermoplasten gibt Tabelle 2-46
Auskunft. Naturgemäß hängt die mechanische Qualität von Formstoffen nicht
allein vom Werkstoff ab. Von erheblichem Einfluss ist in allen Fällen eine werk-
stoff- und verarbeitungsgerechte Formgestaltung.

■ Mechanische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.2)


Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Die Abhängigkeit des im Kurzzeitversuch nach DIN 53 455 ISO 327 ermittelten
Spannungsdehnungsverhaltens in Abhängigkeit von der Temperatur ist in Bild
2-153 wiedergegeben.

■ Umwandlungstemperaturen (s. a. Kapitel 1.3.1.2)


Normal-Polystyrol befindet sich bis zu Temperaturen von ungefähr + 90 °C im
Glaszustand. Bis zu diesem Temperaturbereich beträgt der Schubmodul etwa
1300 N/mm2, Bild 2-154.
680 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-45. Mechanische und thermische Eigenschaften von Polystyrol und PS-Modifikationen

Eigenschaftena Einheit Normal-Polystyrol b SAN SAN-


normal GF 35
hoch- normal leicht
wärme- fließend fließend
stand-
fest

Rohdichte g/cm3 1,05 1,05 1,05 1,08 1,35


Schmelzindex
Styrolpolymere

(Mfl 200/5) g/10 min 1,5 5 18 0,7 –


Viskositätszahl ml/g 124 109 89 120 –
(PS)

K-Wert – 70 66 60 64 –
mechanische
Schubmodul N/mm2 1250 1220 1200 1350 2000
Elastizitätsmodul N/mm2 3350 3300 3200 3600 10000
Streckspannung N/mm2 – – – – –
Reißfestigkeit N/mm2 65 50 45 75 120
Reißdehnung % 4 3 3 5 2,7
Biegefestigkeitc N/mm2 100 100 90 135 160
Schlagzähigkeitd
bei 20 °C kJ/m2 5/20 5/16 5/13 8/20 10 bis 18
bei – 40 °C kJ/m2 – – – – –
Kerbschlagzähigkeit d
bei 20 °C kJ/m2 2,5 2 2 2/3 4 bis 5
bei – 40 °C kJ/m2 – – – – –
Kugeldruckhärte
60-s-Wert N/mm2 1150 1100 1100 – 2500
thermische
Gebrauchstemp. ohne
mech. Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 85 bis 90 80 bis 85 75 bis 80 95 100
dauernd °C 70 bis 80 65 bis 75 60 bis 70 85 90
Formbeständigkeit
nach Vicat/B °C 99 88 78 – 105
nach ISO/R 75 (A) °C 85 bis 95 72 bis 84 66 bis 73 90 100
nach Martens °C 96 85 74 72 –
Glasübergangstemp. °C 100 90 80 106 106
linearer Ausdeh-
nungskoeffizient K–1 7 · 10–5 7 · 10–5 7 · 10–5 8 · 10–5 0,5 · 10–5
Verarbeitungsschwdg. % 0,6 0,6 0,6 0,5 0,18
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,18 0,18 0,18 0,18 –
spez. Wärmekapazität kJ/kgK 1,3 1,3 1,3 1,3 –
Brechungsindex n 20D – 1,59 1,59 1,59 1,57 –
Wasseraufn. n. 96 h %-Masse- 0,1 0,1 0,1 0,2 0,15
Rundsch. 60 mm/l mm gehalt
a
An normgemäßen Probekörpern nach den entsprechenden DIN-Normen gemessene Werte.
b
Formmassen und Werte nach DIN 7741.
c
s bB für Polystyrol und SAN-Cop. Grenzbiegespannung s bG nach DIN 53452 für schlagfeste Massen.
d
Erster Wert für gepressten, zweiter Wert für spritzgegossenen Probekörper.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 681

Tabelle 2-45 (Fortsetzung)

SB-Pfropfpolymere ABS-Pfropfpolymere ASA SM 17

hoch- höchst- hoch- tief- hochschlag- hochschlag-


schlagfest schlagfest wärme- temperatur- zäh zäh
normal leicht standfest zäh
fließend fließend

1,05 1,05 1,06 1,04 1,04 1,07

Styrolpolymere
1,5 6 1,5 1,5 8 1,5
– – – – – –

(PS)
– – – – – –

950 600 950 650 650 –


2500 1800 2700 1900 1800 2100
40 23 50 35 35 –
38 26 45 32 32 36
25 60 15 30 40 40
80 38 80 55 55 55

14/65 870/o.Br. –/70 o.Br. o.Br. o.Br.


10/50 70/80 –/50 20/20 o.Br. –

5/6,5 12/13 –/7 20/20 18/18 13


3,5/4 6/7 –/3 2/2 7/6 –

1200 700 1050 650 650 –

60 bis 70 70 bis 80 90 bis 100 85 bis 90 85 bis 90 90 bis 95


50 bis 60 60 bis 70 80 bis 85 70 bis 75 70 bis 75 75 bis 80

95 77 110 95 92 112
84 64 106 82 – 102
66 58 78 66 64 –
90 80 100 85 100 –

7 · 10–5 7 · 10–5 6 bis 8 · 10–5 8 bis 11 · 10–5 8 bis 11 · 10–5 8 · 10–5


0,5 0,5 0,4 bis 0,7 0,4 bis 0,7 0,4 bis 0,7 0,11 bis 0,6
0,18 0,18 0,18 0,18 –
1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 –
– – – – – –
0,1 0,1 0,45 0,35 0,4 0,3
Styrolpolymere
(PS)
Tabelle 2-46. Mechanische Eigenschaften einiger gefüllter und verstärkter Polymeren 682
Kunststoff Füllstoff- Zugfestig- Dehnung E-Modul Kerbschlag- Wärmeform- Kugel- Dichte
gehalt keit zähigkeit beständigkeit druckhärte
(nach ISO/R75A,
1,85 N/mm2)
Gew.-% N/mm2 % N/mm2 mJ/mm2 °C N/mm2 g/cm3

Polyacetal (POM) – 63 45 2700 9 101 155 1,41


Glasfasern 30 104 4 7200 7,6 161 180 1,60
Glaskugeln 20 42 7 – 2,5 – 167 1,59
Talkum 30 61 3 8600 2,6 – 160 1,64
Calciumcarbonat 20 52 5 2900 4,0 102 84 1,56
Ethylen/Tetrafluor-
ethylen-Copolymere – 40 200 840 – 74 – 1,75
Glasfasern 25 83 9 8400 – 210 – 1,86
C-Fasern 30 100 10000 9 240 – 1,73
Vinylidenfluorid/Tetra-
fluorethylen-Copolymere
C-Fasern 20 86 3,5 7700 2,6 295 – 1,77
Polystyrol – 55 4 3800 2 86 165 1,05
Glasfasern 30 95 2 11000 4 93 240 1,32
Asbest (Chrysotil) 20 71 – 8200 – 91 – 1,26
Calciumcarbonat 30 15 2 2000 18 – – 1,30
Talkum 40 39 1,6 5600 – – – –
Styrol/Acrylnitril-
Copolymere (SAN) – 70 5 3600 2 90 – 1,08
Glasfasern 35 110 3 10000 4,5 100 250 1,35
Glimmer 30 83 3 16300 – 110 – 1,53
ABS – 43 15 2600 10 83 95 1,06
Glasfasern 30 70 3 6600 6 94 130 1,33
Asbest 20 70 – 4100 – 97 – –
Glimmer 50 65 3 14600 – 103 – 1,52
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Polymethylmethacrylat – 80 5 3200 5 75 195 1,18


Glasfasern 35 120 – 12000 – – – –
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 683

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-153. Reißfestigkeit (sR) und Reißdehnung (eR) von zwei Normalpolystyroltypen in Ab-
hängigkeit von der Temperatur
a PS (MFI 200/5 = 9 g/10 min), b PS (MFI 200/5 = 26 g/10 min)

Bild 2-154. Schubmodul eini-


ger Normal-Polystyroltypen
in Abhängigkeit von der Tem-
peratur
a PS (MFI 200/5 = 9 und
26 g/10 min)
b PS (MFI 200/5 =
1,5 g/10 min)
684 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-155. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien (nach DIN
16770) von Normalpolystyrol
bei 23 °C (A), 40 °C (B) und 60°C
(C) (Werkstoff: Polystyrol 168 N
der BASF AG)

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das Zeitstandverhalten von unverstärktem sowie verstärktem PS ist in Tabelle
4-29 (im Anhang) am Beispiel des Kriechmoduls wiedergegeben. Die isochro-
nen Spannungsdehnungs-Linien eines Normalpolystyroltyps gibt Bild 2-155
für drei Temperaturen wieder. Den Biege-Kriech-Modul einiger Typen zeigt Bild
2-156.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Im Unterschied zu den verhältnismäßig geringen Geschwindigkeiten beim Zug-
und Zeitstand-Zugversuch führt die hohe Verformungsgeschwindigkeit beim
Schlagversuch zu einer wesentlich schärferen Beanspruchung der Formstoffe.
Der Schlagbiegeversuch nach DIN 53 435 führt selbst bei den meisten schlag-
zähen Polystyrolen nur dann zum Bruch, wenn die Probekörper zuvor mit der
normgemäßen U-Kerbe versehen wurden. Gegenüber diesem Kerbschlagver-
such hat die Prüfung der Lochschlagzähigkeit nach DIN 53 753 (04. 81) den Vor-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 685

Bild 2-156. Biege-Kriechmodul ei-


niger Normalpolystyrol-Typen

Styrolpolymere
a PS (MFI 200/5 = 1,5 g/10 min)
hochwärmestandfest

(PS)
b PS (MFI 200/5 = 3,0 g/10 min)
wärmestandfest
c PS (MFI 200/5 = 9,0 g/10 min)
leichtfließend
d PS (MFI 200/5 = 26 g/10 min)
sehr leichtfließend

teil, dass der Anriss in der ursprünglichen, zuvor nicht durchtrennten Randzone
beginnen kann. Bild 2-157 zeigt die Lochschlagzähigkeit von Standard- und
schlagfestem Polystyrol in Abhängigkeit von der Prüftemperatur. Bei der Bean-
spruchung von Formstoffen ist in Wirklichkeit mit einer mehrachsigen Bean-
spruchung ohne Vorzugsrichtung zu rechnen. Darauf bezieht sich der Fallbol-
zentest gemäß DIN 53 443 T.1 (01. 84), bei dem mit einem zentralen Stoß auf eine
ebene Fläche (z. B. Rundscheiben) gearbeitet wird.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Zeitstandfestigkeit bei Wechselbeanspruchung ist gering, sodass Normal-
Polystyrol für derartige Anwendungen ausscheidet.

Härte
Die Kugeldruckhärte von PS in Abhängigkeit von der Temperatur gibt Bild 2-159
wieder.

■ Thermische Eigenschaften
Wie bereits Bild 2-154 zeigte, befindet sich Normal-Polystyrol bis zu Temperaturen
um 90 °C im Glaszustand mit einem dementsprechend hohen und nahezu kon-
stanten E-Modul. Über die Fließfähigkeit einiger PS-Typen unterrichtet Bild 2-159.

Spezifische Wärmekapazität, Längenausdehnungskoeffizient


Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität und des Längen-
ausdehnungskoeffizienten in Abhängigkeit von der Temperatur zeigt Bild 2-160
bzw. 2-161.

pvt-Diagramm (s. a. Kapitel 1.4.2 und 1.4.3)


Das pvt-Diagramm von Normal-Polystyrol zeigt Bild 2-162. Mit Hilfe dieses Dia-
gramms kann außer den volumetrischen Vorgängen in Plastifizierzylindern
686 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-157. Lochschlagzähigkeit von Poly-


styrol nach DIN 53 753 in Abhängigkeit
Styrolpolymere

von der Temperatur


(PS)

a Polystyrol 475 K (SB) (MFI 200/5 =


4 g/10 min)
b Polystyrol 432 AB (SB) (MFI 200/5 =
20 g/10 min)
c Polystyrol 168 N (PS) (MFI 200/5 =
1,2 g/10 min)
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-158. Kugeldruckhärte von Nor-


malpolystyrol in Abhängigkeit von der
Temperatur

Bild 2-159. Zusammenhang zwischen Schergeschwindigkeit g· und Wandschubspannung tW für


einige Normalpolystyrole bei verschiedenen Temperaturen
a PS (MFI 200/5 = 9 g/10 min) leichtfließend; b PS (MFI 200/5 = 4 g/10 min) wärmestandfest;
c PS (MFI 200/5 = 1,5 g/10 min) hochwärmestandfest
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 687

Bild 2-160. Spezifische Wär-


mekapazität von Polystyrol
a Polystyrol 475 K (SB)

Styrolpolymere
(MFI 200/5 = 4 g/10 min)
b Polystyrol 168 N (PS)

(PS)
(MFI 200/5 = 1,2 g/10
min)
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-161. Längenaus-


dehnungskoeffizient eini-
ger Polystyrole (Bezeich-
nungen siehe Bild 2-160)

auch die adibatische Erwärmung der Schmelze bei schlagartigem Druckaufbau


abgeschätzt werden.

■ Elektrische Eigenschaften
Die Polystyrolketten enthalten nahezu keine polar wirksamen Molekülgruppen.
Daraus resultieren sehr gute elektrische und dielektrische Eigenschaften, Tabelle
2-47.

Oberflächenwiderstand
Wegen der sehr guten elektrischen Isoliereigenschaften werden Fertigteile aus
Polystyrol häufig bereits bei der Herstellung elektrisch aufgeladen. Die dadurch
bedingte Staubanziehung führt vor allem bei trockener Luft zu störenden Ver-
schmutzungen unter Bildung von Staubfiguren. Antielektrostatisch ausgerüste-
tes Polystyrol zeigt diesen Nachteil nicht, Bild 2-163. Die Dielektrizitätszahl und
688 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-162. pvt-Diagramm von


Normal-Polystyrol

Tabelle 2-47. Elektrische Eigenschaften von PS und PS-Modifikationen

Eigenschaftena Einheit PS SAN SB SBb ABS ASA


„Y“

spezifischer Durchgangs-
widerstand W cm 1018 1016 1016 1012 1015 1015
Oberflächenwiderstand W 1015 1014 1014 109 1013 1013
dielektrischer Verlust-
faktor tan d (106 Hz) · 104 – 1 80 4 120 200 250
Dielektrizitätszahl (106 Hz) – 2,5 2,9 2,6 2,7 3,2 3,4
Durchschlagfestigkeit kV/mm 200 150 200 – 150 80
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI/A 160 < 240 200 – > 600 > 600
a
Richtwerte nach DIN-Prüfnormen und VDE 0303.
b
SB „Y“ ist antielektrostatisch ausgerüstetes SB.

der dielektrische Verlustfaktor sind bei Raumtemperatur nahezu frequenz-


unabhängig, erst bei Frequenzen von mehr als 107 Hz steigt der tan d auf den
vierfachen Wert. Eine Übersicht über die elektrischen Eigenschaften von Poly-
styrol und PS-Modifikationen gibt Tabelle 2-47.

■ Optische Eigenschaften
Das glasklare Normal-Polystyrol weist im Bereich des sichtbaren Lichtes (400
bis 800 nm) eine Lichtdurchlässigkeit von etwa 90 % auf, im UV-Bereich
(< 400 nm) nimmt die Absorption stark zu, Bild 2-164.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 689

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-163. Oberflächenwiderstand von Normal-Polystyrol ohne und mit elektrostatischer Aus-
rüstung (gemessen an spritzgegossenen Rundscheiben)
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-164. Vergleich der Lichtdurchlässigkeit von PS und Fensterglas


a Polystyrol
b Fensterglas

Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien.


Einen Überblick über die Chemikalienbeständigkeit von Normal-Polystyrol
gibt Tabelle 4-32 im Anhang.
■ Spannungsrissverhalten
Unter dem Einfluss von äußeren oder inneren Spannungen können sich an Fertig-
teilen aus Polystyrol bei Einwirkung bestimmter Medien Risse bilden; dabei kön-
nen auch solche Agenzien zur Rissbildung führen, durch welche die Teile ohne das
Vorhandensein von Spannungen nicht oder nur sehr wenig angegriffen würden.
690 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bei Normal-Polystyrol und den schlagfesten Typen wirken z. B. aliphatische


Kohlenwasserstoffe, wie Heptan, sehr stark spannungsrissauslösend.
Ein Medium gilt dann als spannungsrissauslösend, wenn unter seiner Einwir-
kung die zeitabhängige Belastbarkeit im Vergleich zum Verhalten in neutraler
Umgebung vermindert wird.
Als Beispiel für eine solche Bewertung kann der Zeitstandzugversuch dienen.
Das Spannungsrissverhalten hängt nicht allein von der Art des jeweiligen Pro-
duktes, sondern ebenso von dessen Zustand nach der Verarbeitung ab. Um Schä-
den durch Spannungsrisse zu vermeiden, genügt es deshalb nicht, die Produkt-
Styrolpolymere

eigenschaften zu kennen, man muss vielmehr auch die Verarbeitungsqualität


des Fertigteils genau kontrollieren.
(PS)

Die Abhängigkeit des Spannungsrissverhaltens bei gleicher Verarbeitung, je-


doch unter Einwirkung verschiedener Medien ist im Bild 2-165 wiedergeben. Im
Bild 2-166 zeigt sich umgekehrt bei gleichem Medium der Unterschied im Span-
nungsrissverhalten als Folge verschiedener Verarbeitungsbedingungen. Der un-
tersuchte Werkstoff ist zwar das schlagfeste Polystyrol 475 K; Normal-Polystyrol
verhält sich jedoch genauso.

■ Witterungsbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)


Polystyrol ist gegen Alterung, wie sie unter dem Einfluss von Luftsauerstoff und
erhöhter Temperatur entstehen kann, stabilisiert. In geschlossenen Räumen mit
normalen Licht- und Temperatur-Verhältnissen behalten Teile aus Polystyrol ihr
Aussehen und ihre Gebrauchstauglichkeit jahrelang.
Bei Freibewitterung wirkt sich in erster Linie der UV-Anteil von direkt ein-
wirkendem Sonnenschein schädigend aus. Eine Alterung macht sich sowohl
durch eine allmähliche Veränderung des Aussehens – Vergilbung, Matterwerden

Bild 2-165. Spannungsrissprüfung von Polystyrol bei 20 °C in verschiedenen Medien (Werk-


stoff: Polystyrol 475 K der BASF AG)
Zeitbruchlinien für 1. n-Heptan, 2. Olivenöl-Ölsäure-Mischung 1 : 1,3, 3. Methylalkohol, 4. Akku-
Säure, 5. Nekanil-W-Extra-Lösung, 6. destilliertes Wasser, 7. Luft
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 691

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-166. Zeitstand-Zugversuch mit Polystyrol in Olivenöl/Ölsäure 1 : 1 (Werkstoff: Polystyrol
K 475 der BASF AG)
Bruchlinien als Funktion von Betrag und Zeitdauer der angelegten Spannung bei konstanter
Last. Orientierungsgrad der Probekörper durch Verarbeitungstemperaturen verändert, dabei
mit fallender Massetemperatur zunehmend

der Oberfläche – als auch durch eine Abnahme der mechanischen Festigkeit
bemerkbar. Dunkle Einfärbungen verhalten sich günstiger als helle oder trans-
parente Einstellungen. Aus den genannten Gründen ist Polystyrol für Teile mit
längerem Einsatz im Freien nicht zu empfehlen.

■ Strahlenbeständigkeit
Die Wirkung energiereicher Strahlen (schnelle Elektronen, Protonen, g-Teil-
chen, Neutronen, Röntgen- und a-Strahlen) auf Polystyrol ist von der Strahlen-
dosis, der Dosisleistung, der Bestrahlungstemperatur, der Geometrie der be-
strahlten Probe sowie vom umgebenden Medium abhängig. Normal-Polystyrol
gehört bei Ausschluss von Luftsauerstoff zu den strahlenbeständigsten Kunst-
stoffen überhaupt. Bei Bestrahlung in Luft liegt die Schädigungsdosis wesentlich
niedriger, siehe Tabelle 4-31 im Anhang. Die Strahlenbeständigkeit von schlag-
festem Polystyrol liegt wegen des Butadienanteils deutlich unter der von Nor-
mal-Polystyrol.
Die im Vergleich zu anderen Thermoplasten günstige Strahlenbeständigkeit
von Polystyrol veranschaulicht Bild 2-167.

■ Brennbarkeit (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


Polystyrol ist leicht entflammbar, es brennt leuchtend mit stark rußender
Flamme und verbreitet dabei einen süßlichen Geruch.
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase siehe Tabelle 2-48.
692 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

a SAN (Luran)
b Normal-Polystyrol
c PVC-U (Vinoflex hart)
d PVC-P (Vinoflex weich)
e PE-LD (Lupolen)
f PP (Novolen)
1 = Bestrahlung im Vakuum
mit 500 Mrad/h
2 = Bestrahlung in Luft mit
1 Mrad/h

Bild 2-167. Strahlendosis, bei der die Reißfestigkeit s R bzw. die Reißdehnung eR von Kunststof-
fen unter den angegebenen Bestrahlungsbedingungen um 25 % abnimmt. a SAN (Luran)

Tabelle 2-48. Mittlere Glasübergangstemperatur der elastifizierenden Komponenten in schlag-


festen Polystyrolen (SB)

Art und Zusammensetzung mittlere Glasüber-


der dispergierten Phase gangstemperatur °C

Polybutadien 98% 1.4. cis – 94


(nach Ziegler) 1% 1.4. trans
1% 1.2. vinyl
Polybutadien 34% 1.4. cis – 81
(anionisch) 54% 1.4. trans
12% 1.2. vinyl
Polybutadien 15% 1.4. cis – 71
(radikalisch) 64% 1.4. trans
21% 1.2. vinyl
Butadien/Styrol Copolymer 80/20 – 60
Butadien/Styrol Copolymer 50/50 – 20
Butadien/Fumarsäuredibutylester Copolymer – 60
Polybutylacrylat – 40
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 693

■ Gesundheitliche Beurteilung
Bei Verwendung von Polystyrol für Gegenstände, die mit Lebensmitteln in
Berührung kommen, müssen die Rezepte den Empfehlungen des BGA, z. B. der
Empfehlung V „Polystyrol“ bzw. VI „Styrol-Misch- und Pfropfpolymerisate“,
Stand vom 1. 02. 1995 entsprechen. Für die Herstellung von Bedarfsgütern im
Sinne des Lebensmittelgesetzes 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständege-
setzes muss eine technische Eignung gewährleistet sein. Außerdem ist vom Ver-
packer zu prüfen, dass keine geschmackliche oder geruchliche Veränderung des
Füllgutes eintritt.

Styrolpolymere
Bei hochwertigen Polystyrolmarken ist die Menge an flüchtigen Bestandtei-
len – bestimmt nach der vom BGA empfohlenen Methode – deutlich geringer als

(PS)
die zugestandene Höchstgrenze von 15 mg/dm3. Dabei ist jedoch zu beachten,
dass sich die Menge an flüchtigen Bestandteilen bei zu hoher Verarbeitungstem-
peratur und zu langer Verweilzeit des Materials im geheizten Massezylinder
durch Bildung thermischer Abbauprodukte erhöhen kann. Kritisch können da-
bei insbesondere Verarbeitungstemperaturen über 280 °C sein.
Nach der Empfehlung IX „Farbmittel zum Einfärben von Kunststoffen und
anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände“, Stand 01.06.1994 (190. Mitteilung,
Bundesgesundheitsblatt 8/94, S. 363), darf bei Einfärbungen der Farbstoff auch
nicht in Spuren auf die Lebensmittel übergehen. Die Methode der Untersuchung
von Kunststoffen auf Farblässigkeit ist nach dem Stand vom 1. 7. 72 in der 24. Mit-
teilung festgelegt (Bundesgesundheitsblatt 15, 1972, S. 285). Bei einigen Einfär-
bungen kann Farblässigkeit nur bei einigen mit L gekennzeichneten nicht aus-
geschlossen werden, da diese lösliche Farbmittel enthalten.
Bei höherer Konzentration können derartige Farbmittel unter Umständen,
insbesondere bei Berührung mit fetthaltigen Füllgütern, in die Füllgüter über-
gehen, weshalb eine Prüfung für den jeweiligen Verwendungszweck notwendig
ist. Die gekennzeichneten Einfärbungen dürfen grundsätzlich nicht für die Her-
stellung von Bedarfsgegenständen im Sinne des Lebensmittelgesetzes verwendet
werden.
Eine Veränderung im Geschmack oder Geruch des Füllgutes kann dadurch
eintreten, dass Aromastoffe durch die Behälterwand diffundieren. Auch oxida-
tive Veränderungen durch Luftsauerstoff sind dabei zu berücksichtigen, ebenso
die Möglichkeit einer Beeinflussung des Füllgutes durch Licht. Daher muss der
Verpacker bei jeder Neuanwendung durch Praxisversuche ermitteln, ob die ge-
nannten Voraussetzungen erfüllt sind und gegebenenfalls durch Variation von
Verarbeitung, Wanddicke und Einfärbung die optimalen Bedingungen ausar-
beiten.
Ausländische Vorschriften können von den deutschen abweichen.

■ Verarbeitungshinweise:Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


Normal-Polystyrol wird durch Spritzgießen, Extrudieren und Blasformen (Ex-
trusions- und Spritzblasen) verarbeitet. Extrudierte Folien und Tafeln werden
warmgeformt.
694 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Als Verarbeitungstemperaturen gelten:


Masse- Werkzeug- Spritz- Schwin-
temperatur temperatur druck dung
°C °C bar %

Spritzgießen 180 bis 280 10 bis 40 600 bis 1800 0,6


Extrudieren
(Tafeln, Folien) 190 bis 220
Spritzblasen 180 120 600 bis 1200
Pressdruck
Styrolpolymere

Pressformen 170 bis 190 40 bis 70


(PS)

Beim Spritzgießen geschäumter Formteile (TSG) werden chemische Treibmittel


verwendet, die auf das gewählte Granulat aufgetrommelt werden.Als Treibmittel
eignet sich modifiziertes Azodicarbonamid. Als Raumgewicht derartiger Form-
teile haben sich Werte zwischen 0,6 und 0,9 g/cm3 bewährt. Die ADC-Konzen-
tration beträgt 0,5 %.
Elektroisolier- und Kaschierfolien werden nach dem Folienblasverfahren
hergestellt und zur Verbesserung der Festigkeit biaxial gereckt.
Geschäumte Folien werden nach dem Direktbegasungsverfahren mit einem
Raumgewicht von 60 bis 200 g/m3 extrudiert. Als physikalisches Treibmittel die-
nen vorwiegend modifizierte CKW, neuerdings auch CO2 [2].

■ Veredeln der Oberfläche: Metallisieren


Durch Metallisieren im Hochvakuum erhalten Formteile aus Normal-Polystyrol
eine spiegelnde metallische Oberfläche. Ein Grundlack ebnet die Flächen ein
und gewährt gutes Haften der Metallschicht. Als Aufdampfmetall dient meistens
Aluminium (siehe auch Richtlinie VDI/VDE 2421 Bl. 2 (02. 80) „Metallisieren“.

Bedrucken
Für das Bedrucken kommen verschiedene Druckverfahren in Betracht: Sieb-
druck, Trocken-Offset und indirekter Tiefdruck. Die geeignete Druckfarbe emp-
fiehlt der Druckfarbenhersteller (Richtlinie VDI/VDE 2421 Bl. 4 (02.80) „Be-
drucken und Heißprägen“.

Heißprägen
Es können die handelsüblichen Prägefolien verwendet werden. Prägedruck,
-temperatur und Verweilzeit des Metallstempels auf dem Formteil müssen genau
aufeinander abgestimmt werden.

Bearbeitung
Spanendes Bearbeiten und spanloses Trennen siehe Tabelle 2-6 und 2-7, sowie
die Richtlinie 2003 (01. 76) „Spanende Bearbeitung von Kunststoffen“.

Fügen/Schweißen
Halbzeug und Formteile aus Polystyrol können durch Schweißen und Kleben ge-
fügt werden.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 695

Die Bedingungen für das Heizelementschweißen betragen (gemäß Tabellen


2-8 und 2-9):
Heizelementtemperatur 260 ± 10°C,
Anwärmzeit 10 bis 30 s,
Anpressdruck bei
Anwärmbeginn 0,05 N/mm2,
Fügedruck 0,05 N/mm2,
beim Warmgasschweißen Schweiß-
Warmgas-Nenntemperatur geschwindigkeit

Styrolpolymere
Runddüse 240 °C ± 10 K 15 bis 25 cm/min

(PS)
Schnellschweißdüse 290 °C ± 10 K 50 bis 70 cm/min
Wegen des niedrigen dielektrischen Verlustfaktors ist PS nicht mit Hilfe von
Hochfrequenz schweißbar. Die hohe Steifigkeit von Formteilen aus PS ermög-
licht jedoch das Verbinden durch Ultraschall.

Kleben
Die Löslichkeit von Polystyrol in Aromaten und Halogen-KW ermöglicht das
Fügen von Teilen gleichen Typs durch Kleben. Für das Verkleben mit andersar-
tigen Werkstoffen können Haftklebstoffe verwendet werden (s. a. Richtlinie VDI
3821 (09. 78) „Kunststoffkleben“).
Das Diffusionskleben besteht im schwachen Anlösen der Klebeflächen durch
ein Lösemittel,Verflüchtigung desselben und Aneinanderpressen der Teile. Man
wählt große Klebeflächen und vermeidet Stumpfnahtstellen.
Als Lösemittel eignen sich Toluol, Methylenchlorid, Chloroform, Methyl-
ethylketon, Butylacetat und andere. Durch Absaugvorrichtungen muss dafür ge-
sorgt werden, dass in der Raumluft die zulässigen MAK-Werte für die betreffen-
den Lösemittel nicht überschritten werden (MAK = Maximale Arbeitsplatz-
Konzentration).

Anwendungsbeispiele
Haushalt, Sanitärbereich, Spielzeug, Elektro-, Elektronik- und Fotoindus-
trie sowie die heute an erster Stelle rangierende Verpackungsindustrie sind
die wichtigsten Anwendungsbereiche. Hier einige Beispiele [3]:
Verpackungen für Molkereiprodukte, Becher mit antistatischer Glanz-
schicht, transparente Kaltgetränkebecher, Trays für Fleischverpackungen
aus geschäumtem Polystyrol, hochtransparente thermogeformte Ver-
packungen (modifiziert mit Styrolux), Dessertverpackungen, Blister, Ein-
weg- und Partygeschirr, Flaschenummantelungen (Sleeves) aus geschäum-
tem Polystyrol, hochtransparente Schmucketuis, Eiscremeverpackungen,
Deckel für Verpackungsbehälter.
Artikel für Haushalt und Sanitärbereich wie:
Schalen für Kühlschränke, Blumentöpfe, Kleiderbügel, Kleinmöbel, Hal-
terungen für Elektrogeräte im Haushalt, Papierspendergehäuse, Wäsche-
leinenhalter, Wäscheklammern, Badezimmerschränke, Ablagen, WC-Was-
serbehälter, Handschuhhalter, Duschkabinenwände.
696 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Spielzeug- und Zooartikel wie: Figuren, Spiele, Teile für Modelleisen-


bahnen und Autobahnen, Käfige für Kleintiere.
Die Elektro-, Phono-, TV- und Fotoindustrie verwendet Polystyrol für
Fernseherrückwände, Fernseherfrontblenden, Radio-, Fernseher-Phono-
gehäuse, Lautsprecherboxen, Video- und Tonbandkassetten, CD-Ver-
packungen, Gehäuse für Küchengerät, Kühlschrankauskleidungen,
Drahtspulenkörper, Leuchtenabdeckunge, Deckenraster, Fotozubehör,
Elektroverteilersysteme.
Styrolpolymere
(PS)

Handelsnamen
Diarex (Mitsubishi Monsanto Chem./JP)
Dokipel (INA – Organsko Kemijska Ind./YU)
Dylene (Arco Chem., Co/US)
Edistir (Montapolimeri/IT)
Esbrite (Sumitomo Chemical/JP)
Extir (Montepolimeri/IT)
Fy Rid (Borg Warner Chem./US)
Hitanol (Hitachi Chem. Co./JP)
Isomat (Chemie Linz/AT)
Kanelite (Kanegafuchi Chem. Ind./JP)
Kardel (Union Carbide Corp./US)
Krasten (Chemapol/CS)
Okiral (INA Organsko Kemijska Ind./YU)
Opticite (Dow Chemical Cor./US)
Pelaspan (Dow Chemical Cor./US)
Polyrex (Polychem Co. Chi Mei Ind./Taiwan)
Pyro-Chek (Ferro Corp./US)
Rigipore (BP Chemicals Int./GB)
Santoclear (Mitsubishi Monsanto Chem./JP)
Sircel (Montedison/IT)
Stylex (Mitsubishi Kasei Corp./JP)
Styrodur (BASF AG/DE)
Styropor (BASF AG/DE)
Styron (Dow Chemical Corp./US)
Toporex (Mitsui Toatsu Chem./JP)
Vestyron (Hüls AG/DE)

2.1.3.2
Styrol-Copolymere
Die Anzahl durch Co- bzw. Pfropfpolymerisation hergestellter Modifikationen
des Styrol-Homopolymer ist sehr groß. Große Bedeutung haben die Copolyme-
ren mit Butadien, a-Methylstyrol,Acrylnitril,Vinylcarbazol sowie mit Estern der
Acryl-, Methacryl- und Itanconsäure erlangt. Aufbau und Wirkung der Como-
nomeren gehen aus Tabelle 2-49 hervor [4].
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 697

Tabelle 2.49. Grundstrukturen von Polystyrol und Comonomeren

Kurz- chem. Bezeichnung Grundstruktur Einfluss auf PS


zeichen

(PS) Polystyrol transparent, hart, spröde

MS a-Methylstyrol wärmestandfester

Styrolpolymere
(PS)
AN Acrylnitril fester, zäher, chem. beständi-
ger, geringere el. Eigensch.,
höhere Wasseraufnahme,
gelbstichig

MMA Methylmethacrylat ergibt in PS u. ABS


Transparenz

PVK Vinylcarbazol wärmestandfester,


(aber toxisch)

Dimethylsäureester wärmestandfester, höhere


chemische u. UV-Beständig-
keit

Paramethylstyrol

BR (B) Butadien-Kautschuk Schlagzäh-Modifizierer,


verringerte Wärmestand-
festigkeit, Steifigkeit, Festig-
keit, teilweise transparent,
TPE

IR (I) Isopren-Kautschuk TPE: thermoplastische


Elastomere

EPDM EPDM-Kautschuk wie BR,


aber erhöhte Witterungs-
beständigkeit

A Acrylester-Elastomer Wie EPDM

PE-C (C) chloriertes PE Schlagzäh-Modifizierer


698 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2.49 (Fortsetzung)

Kurz- chem. Bezeichnung Grundstruktur Einfluss auf PS


zeichen

TPU thermopl. PUR- schlagzäher, abriebfester


Elastomere

EB Ethenbuten-Cop TPE: thermoplastische


Elastomere
Styrolpolymere

EP Ethenpropen-Cop TPE: thermoplastische


(PS)

Elastomere

MA Maleinsäure wärmestandfester

2.1.3.2.1
Schlagzähmodifizierte Polystyrole
■ Herstellung
Für viele Anwendungen genügen die Eigenschaften der besprochenen Polysty-
rol-Modifikationen nicht. Nachteilig ist vor allem die verhältnismäßig geringe
Schlagzähigkeit. Die Möglichkeit, auch diese Eigenschaft nach Maß verbessern
zu können, hat wesentlich zum Anwachsen der Polystyrole zu einem Massen-
kunststoff beigetragen. Die Rohstoffhersteller haben im Laufe der Jahre eine
große Anzahl von Möglichkeiten untersucht, um dieses Ziel in technischer und
wirtschaftlicher Hinsicht optimal zu erreichen.
Folgende Wege boten sich an:
• Verwenden hochmolekularer Typen (mit der molaren Masse nehmen Zähig-
keit und Festigkeit zu),
• Verwenden von Weichmachern.
• Zusatz von Füllstoffen wie Glasfasern, Holzmehl u. a.,
• ein- oder mehrachsiges Orientieren,
• Copolymerisieren,
• Zusatz von Elastomeren.
Die erste Möglichkeit bringt nur eine graduelle Verbesserung. Die zweite senkt
die Glasübergangstemperatur zu sehr. Der Zusatz von Füllstoffen hat in den USA
einige Bedeutung erlangt, jedoch nicht in Europa. Das Orientieren bleibt auf
Monofile und Folien beschränkt.
Durch Copolymerisieren von Styrol – beispielsweise mit Butadien im Ver-
hältnis 70 : 30 – erhält man zwar ein zähes, lederartiges Produkt, die Glasüber-
gangstemperatur sinkt jedoch wesentlich unter diejenige der Homopolymeren.
Als einzig sinnvoller Weg verbleibt der Zusatz von Elastomeren.Von dieser Mög-
lichkeit wird weltweit in größtem Ausmaß Gebrauch gemacht, sodass die schlag-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 699

zähen Polystyrole heute nahezu die gleiche wirtschaftliche und technische


Bedeutung erlangt haben wie die Homopolymeren.
Für das Modifizieren wurden mehrere Kautschuksorten vorgeschlagen. Für
schlagfestes Polystyrol wird SBR (Styrol-Butadienkautschuk) mit einem Styrol-
gehalt von 25 bis 30 % bevorzugt. Für ABS wird Nitrilkautschuk, d. h. ein Copoly-
mer aus Butadien und Acrylnitril verwendet. Produkte dieser Art werden durch
mechanisches Mischen der Komponenten auf Walzwerken, in Innenmischern
schwerer Bauart oder in Compoundierextrudern hergestellt. Diese Aufberei-
tungsverfahren führten zu der Bezeichnung Polymerblends. Bei der Unter-

Styrolpolymere
suchung des Eigenschaftsbildes dieser Mischung stellt man fest, dass die Schlag-
zähigkeit von Polystyrol nur graduell verbessert wird. Zum gleichen Ergebnis

(PS)
führt auch der Weg, SBR- und Polystyrollatex miteinander zu mischen, zu koa-
gulieren und schließlich zu trocknen.
Der heute beschrittene Weg besteht darin, den Kautschuk – meist Polybuta-
dien – im Styrol-Monomeren zu lösen und dann das Styrol in herkömmlicher
Weise zu polymerisieren. Auf diese Weise enthält das Endprodukt nicht nur SBR
und Polystyrol, sondern auch ein Pfropfpolymer, bei dem kurze Styrol-Seiten-
ketten auf die SBR-Moleküle aufgepfropft werden [5]. Dieses Material weist ge-
genüber dem Styrol-Homopolymeren und auch den Polymerblends eine
wesentlich verbesserte Schlagzähigkeit auf.
Die Elastomerkomponente für ABS wird analog durch Aufpfropfen von Sty-
rol/Acrylnitril auf Polybutadien oder Nitrilkautschuk hergestellt. Die für die
Verträglichkeit der beiden Phasen entscheidende Pfropfpolymerisation führte
zu der Bezeichnung ABS-Pfropfpolymere, was eigentlich nur für die tatsächlich
gepfropfte dispergierte Phase zutrifft.
Die auf den beschriebenen Wegen erzielten Produkte weisen einen unter-
schiedlichen morphologischen Aufbau auf. Reine Polymerblends zeigen in
Dünnschicht zwei einander regellos durchdringende Phasen. Die Grundsubs-
tanz (Matrix) aus thermoplastischem Polystyrol bildet ein kohärentes Gerüst, in
das die Kautschukkomponente in Form von Partikeln von gezielt beeinflusster
Größe und Gestalt gelagert ist.
Beim Pfropfen entsteht eine Grenzschicht, die das Koagulieren der Kaut-
schukteilchen verhindert, anderseits jedoch die Verträglichkeit mit dem Gerüst-
polymeren herbeiführt.
Ausschlaggebend für die Verwendung der modifizierten Produkte ist vor
allem ihre höhere Schlagzähigkeit bzw. die höhere Aufnahmefähigkeit für Form-
änderungsarbeit. Die Kraft/Verformungsdiagramme für nicht modifiziertes und
schlagfest ausgerüstetes Polystyrol weisen bei kleinen Dehnungen einen ähnli-
chen Verlauf auf, Bild 2-168. Beim Normal-Polystyrol fallen Streckspannung und
Zugspannung beim Bruch zusammen. Das modifizierte Material fließt nach
Überschreiten der Streckspannung und verfestigt sich bis zur Reißfestigkeit. Der
Bruch tritt erst bei sehr viel größerer Dehnung ein.
Bild 2-169 bildet die Grundlage der heutigen Vorstellung vom Verformungs-
mechanismus. Sie geht grundsätzlich davon aus, dass eine so große Dehnbarkeit
nicht durch die Eigenschaften der elastischen Phase allein erklärt werden kann.
Die dispergierte Phase verhält sich zunächst wie ein Füllstoff. Bei Zugbeanspru-
chung konzentrieren sich Spannungen an den eingelagerten Partikeln. Es bilden
700 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere

Bild 2-168. Spannungsdehnungs-Dia-


(PS)

gramm eines normalen (a) und eines


schlagfest modifizierten (b) Polysty-
rols
sB Zugspannung zum Bruch
sS Streckspannung
sR Reißfestigkeit

Bild 2-169. Kautschukmorphologie von schlagfesten Polystyrolen


oben links: herkömmliches SB
oben Mitte: SB mit erhöhter Spannungsrissbeständigkeit
oben rechts: SB mit hohem Oberflächenglanz
unten links: Kapselteilchen-Morphologie in SB mit erhöhter Transparenz
unten rechts: fein verteilte Kautschukphase in glasklarem SB
(Werkphoto: BASF AG)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 701

sich Mikrorisse (engl. crazes). Der sich ausbreitende Riss kann seine Energie auf
Kautschukteilchen übertragen, die auf seinem Wege liegen. Andererseits ent-
steht durch zahlreiche andere, gleichzeitig gebildete Risse aus dem ursprünglich
starren Gerüst eine lamellierte Struktur, die an ein räumliches Streckmaterial
erinnert. Jede Lamelle trägt durch Deformation zur Erhöhung der Reißdehnung
und zum Verbrauch an Energie bei. Die entropieelastischen Kautschukpartikel
wirken wie Stoßdämpfer in einem gekoppelten energie- und entropieelastischen
Verbundsystem, d. h. am gesteigerten Energieaufnahmevermögen der schlagfest
modifizierten Polystyrole sind beide, die elastische und die kohärente Kompo-

Styrolpolymere
nente beteiligt.
Aus dem bisher Gesagten kann man im Hinblick auf die geeignete Elasto-

(PS)
merkomponente folgendes entnehmen:

• Kautschuk und Polystyrol dürfen nicht voll verträglich miteinander sein. Sind
sie es, dann vermischen sie sich molekular. Das Endprodukt wird zwar zäh, je-
doch auch weich.
• Die Kautschukkomponente darf nicht zu unverträglich sein, denn es muss
eine gute Haftung zwischen Kautschuk und Matrix gewährleistet sein. Diese
Voraussetzung wird durch Aufpfropfen von Styrol (SB) bzw. von Styrol und
Acrylnitril (ABS) auf Kautschuk in idealer Weise erfüllt.
Die Zugabe einer elastomeren Komponente zum Thermoplasten bewirkt natur-
gemäß eine wesentliche Veränderung des Fließverhaltens. Der „Füllstoff“ wird
gezwungen, die Lageveränderungen der umgebenden Schmelze mitzumachen.
Die Schmelze wird deshalb mit zunehmendem Kautschukgehalt höherviskos
und außerdem strukturviskoser. Schmelzbruch tritt bei Pfropfpolymeren weni-
ger auf als bei Polymerblends.
In gleicher Weise wie bei den nicht modifizierten Produkten werden die
Verarbeitungseigenschaften von schlagfestem Polystyrol und ABS durch
Gleitmittelzusätze den jeweiligen Erfordernissen angepasst. Wird der elastifi-
zierende Anteil in einem schlagfesten Polystyrol immer weiter gesteigert,
dann tritt ein Grenzfall ein, bei dem sich die beiden Phasen und damit ihre Wir-
kung umkehren. Produkte dieser Art können z. B. durch Block-Copolymerisa-
tion von Butadien und Styrol hergestellt werden. Diese Produkte weisen die Ei-
genschaften von Elastomeren auf, können jedoch wie Thermoplaste verarbeitet
werden. Die sich mit diesen Thermoplasten bietenden Möglichkeiten wurden
zwar früh erkannt, jedoch erst in den letzten Jahren anwendungstechnisch aus-
geschöpft.

2.1.3.2.1.1
Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Gruppe der schlagfesten Polystyrole (SB) umfasst elastomerhaltige Polymere
vorwiegend aus Styrol und einfachen Alkylderivaten des Styrols. Die modi-
fizierenden Elastomere bestehen meistens aus Polybutadien oder Copolymeren
des Butadien mit Styrol bzw. Estern der Fumar- oder Acrylsäure, Tabelle 2-48.
702 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Für SB sind folgende Eigenschaften kennzeichnend:

• etwas geringere Härte und Steifheit als PS,


• hohe Schlagzähigkeit, auch in der Kälte,
• opak, nur gedeckt einfärbbar (inzwischen wurden auch transparente Typen
entwickelt),
• geringe, jedoch etwas höhere Wasseraufnahme als PS,
• etwas höhere Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung als PS,
• nicht witterungsbeständig (wegen des Gehaltes an Polybutadien).
Styrolpolymere

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


(PS)

Die Glasübergangstemperatur des Kautschuks bestimmt den Anwendungsbe-


reich bei tiefen Temperaturen. Die mittlere Glasübergangstemperatur der ver-
schiedenen elastifizierenden Komponenten liegt zwischen – 94 und – 40 °C, Ta-
belle 2-48.
Für die Zähigkeit der aus SB-Pfropfpolymeren hergestellten Formteile ist
vor allem entscheidend, dass die Glasübergangstemperatur der Kautschuk-
komponente unterhalb der Gebrauchstemperatur liegt. Andererseits unter-
scheiden sich die beiden Phasen in ihrer Zähigkeit. Auch Zusätze beeinflussen
die Schlagzähigkeit in der Kälte. Die Gebrauchstemperatur darf zwar nicht tie-
fer liegen als die Glasübergangstemperatur der Kautschukkomponente, ande-
rerseits sind auch sehr tiefliegende Glasübergangstemperaturen noch kein hin-
reichendes Kriterium für das tatsächlich zu erwartende Kälteverhalten von
Formteilen.
Die Weiterentwicklung dieses Zweiphasensystems hat in den letzten Jah-
ren große Fortschritte gemacht. Die einzelnen Stufen seien anhand des Bil-
des 2-169 erläutert. Links oben ist die Kautschukmorphologie des herkömmli-
chen, nach dem Lösungs- oder Suspensionsverfahren hergestellten SB wieder-
gegeben. Die mittlere Größe der Kautschukteilchen mit Zellstruktur beträgt 2
bis 3 mm. Die größeren Elastomerteilchen (oben Mitte) führen zu SB mit er-
höhter Spannungsrissbeständigkeit. Kleinere Teilchen (rechts oben) ergeben
Formstoffe mit erhöhtem Oberflächenglanz und einem günstigen Zähig-
keits/Steifigkeitsverhältnis. Die als Kapselteilchen-Morphologie (links unten)
bezeichnete Struktur des eingebetteten Kautschuks von etwa einem Zehntel der
normalen Partikelgröße bildet die Grundlage für ein transluzentes, schlagfestes
Polystyrol. Das Licht wird an den kleinen Teilchen weniger stark gestreut. Wird
die Segmentgröße der Polybutadienphase noch weiter verringert, bis sie
schließlich in ihrer Ausdehnung die Wellenlänge des Lichtes unterschreitet,
dann wird dieser zweiphasige Werkstoff glasklar. Die feine, lamellenförmige
Kautschukphase, Bild 2-169 unten rechts, entsteht durch anionische Lösungspo-
lymerisation.

■ Zusatzstoffe
Auch beim schlagfesten Polystyrol kommen als Zusatzstoffe vor allem die Funk-
tions-Zusatzstoffe in Betracht.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 703

Funktions-Zusatzstoffe
Schlagfestes Polystyrol wird bei Temperaturen von 200 bis 260 °C verarbeitet. Im
Vergleich mit PS ist SB wegen der im Polybutadien enthaltenden singulären
Doppelbindungen oxidationsempfindlicher. Oxidativ geschädigtes SB verfärbt
sich und verliert an Schlagzähigkeit und Dehnung, vor allem beim Wiederverar-
beiten von Produktionsrückständen. Häufig verwendete Antioxidantien sind
2,6-Ditert.-butyl-p-cresol (BHT) und Octadecyl-3-(3,5 ditert.-Butyl-4-hydroxy-
phenyl)-propionat [5].
Bei polybutadienhaltigen Styrol-Copolymeren werden die thermisch gebilde-

Styrolpolymere
ten Hydroperoxide für den photooxidativen Abbau verantwortlich gemacht.
Kombinationen von UV-Stabilisatoren bieten häufig einen wirksamen Schutz

(PS)
gegen die Schädigung der Oberfläche der Formstoffe und der tieferliegenden
Bereiche, z. B. sterisch gehinderte Amine (HALS) u. 2-2¢-Hydroxy-5¢-methyl-
phenyl)-benzotriazol [6].
Als innere Gleitmittel bewähren sich Butylstearat, Paraffinöl und flüssiges Po-
lybuten, als äußere Amidwachs und Zinkstearat [7].
Zur Brandschutzausrüstung dient u. a. Octabromdiphenyl. Ein beim Verarbei-
ten auftretender Gelbstich kann mit Hilfe optischer Aufheller wie Bisbenzixa-
zole und Phenylcumarine – ähnlich wie bei PVC – kompensiert werden [8]. An-
tistatika siehe „Funktions-Zusatzstoffe“ in Abschn. 1.3.5.1.

■ Füll- und Verstärkungsstoffe


S. Tabelle 2-46 und Abschn. 1.3.5.2 u. 1.3.5.3.

■ Sortiment
Das reichhaltige Sortiment an Styrol/Butadien-Copolymeren, wie in einfacher
Sprechweise die in der Überschrift treffender als Pfropfpolymeren bezeichneten
Produkte genannt werden, enthält Typen mit unterschiedlicher Schlagzähigkeit,
Formbeständigkeit in der Wärme und Fließfähigkeit vorwiegend für die Spritz-
guss- und die Extrusionsverarbeitung. Dazu kommen Sondereinstellungen für
Lebensmittelverpackungen und für witterungsbeständige Verwendung, mit
antielektronischer Ausrüstung, treibmittelhaltige und glasfaserverstärkte,
hochglänzende und sogar glasklare, hochschlagzähe Typen.

■ Lieferformen
Opak eingefärbte und transparente Sondertypen als Granulate und Halbzeug in
Form von Folien und Tafeln sowie coextrudiert mit ABS, ASA, PVDC und PA.

■ Typisierung
DIN 16771 entspricht im Aufbau und Inhalt der seit 1982 eingeführten Umstel-
lung in Datenblöcke, die die Übernahme in EDV-Anlagen erleichtern.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften wurden in den Tabellen 2-45 und
2-46 zusammengestellt, siehe auch Tabelle 4-28 im Anhang.
704 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit, Reißfestigkeit und
Reißdehnung hoch- und höchstschlagzäher SB-Typen sind in Bild 2-170 wieder-
gegeben.

Umwandlungstemperaturen
Den Schubmodul G und den mechanischen Verlustfaktor d einiger SB-Typen un-
terschiedlicher Schlagzähigkeit zeigt das Bild 2-171. Der mechanische Verlustfak-
tor d weist einen aufgeprägten Spitzenwert im Bereich der Glasübergangstempe-
Styrolpolymere

ratur des anionisch polymerisierten Butadiens (– 81 °C, s. Tabelle 2-48) auf. Auch
der Verlauf der Schubmodulkurve weist auf diese markante Temperatur hin.
(PS)

Langzeitverhalten
Bild 2-172 veranschaulicht die bei Raumtemperatur ermittelte Zug-Zeitstand-
festigkeit von zwei mittelschlagzähen SB-Typen.
Den Biege-Kriechmodul einiger mittel-, normal- und hochschlagzäher SB-
Typen zeigt Bild 2-173. Den Zug-Kriechmodul von SB für 23 °C und 38 °C enthält
Tabelle 4-29 im Anhang.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Den Vergleich der Lochschlagzähigkeit von PS und SB bringt Bild 2-157.

Bild 2-170. Reißfestigkeit sR und Reißdehnung er hoch- und höchstschlagzäher SB-Typen


a SB hochschlagzäh, hochwärmebeständig, seitenmatt
b SB höchstschlagzäh, hochwärmebeständig
c SB höchstschlagzäh, leichtfließend, hohe Dehnung
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 705

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-171. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d einiger SB-Typen unterschied-
licher Schlagzähigkeit
a SB mittelschlagzäh, hochwärmebeständig, hochglänzend
b SB schlagzäh, hochwärmebeständig, hochglänzend
c SB höchstschlagzäh, hochwärmebeständig, seitenmatt

Bild 2-172. Zeitstandfestigkeit hoch- und höchstschlagzäher SB-Typen (Prüftemperatur:


20 °C)
a höchstschlagzäh, hochwärmebeständig
b höchstschlagzäh, leichtfließend, hohe Dehnung
c hochschlagzäh, sehr leichtfließend, glänzend
706 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-173. Biege-Kriechmodul einiger SB-Typen unterschiedlicher Schlagzähigkeit


a mittelschlagzäh, leichtfließend, hochwärmebeständig
b schlagzäh; leichtfließend, hochwärmebeständig, glänzend
c hochschlagzäh, leichtfließend, hohe Dehnung

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Biegewechselfestigkeit eines hochschlagzähen, hochwärmebeständigen SB-
Typs zeigt Bild 2-174.

Fließverhalten
Das strukturviskose Fließverhalten einiger SB-Typen geht aus Bild 2.175 hervor.

Spezifische Wärmekapazität und Längenausdehnungskoeffizient


Die Bilder 2-160 und 2-161 enthalten außer den Daten für PS auch die Abhängig-
keit der genannten Eigenschaften von SB. (Siehe auch Tabelle 2-45).

■ Elektrische Eigenschaften
Die kennzeichnenden elektrischen Daten enthält Tabelle 2-47, ebenso Werte für
antielektrostatisch ausgerüstetes Material (SB „Y“).

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständigkeit gegen: Mineralsäuren (außer oxidierenden), Laugen und Wasser.
Nicht beständig gegen: Alkohole, Ester, Ketone, Ether, aromatische und chlo-
rierte KW, Waschmittel (nicht beständig bis beständig), Öle und Fette (nicht be-
ständig bis beständig).
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 707

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-174. Wöhler-Kurve eines hochschlagzähen, hochwärmebeständigen SB-Typs, ermittelt
bei Biegewechselbeanspruchung (Mittelspannung sm = 0, Prüftemperatur 20 °C)

■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4)


Die Beständigkeit von SB gegen die Bildung von Spannungsrissen ist nur bei
wenigen Medien gewährleistet. Es kommt entscheidend darauf an, dass die
Formteile spannungsarm hergestellt werden. Bereits im Abschnitt über Poly-
styrol wurde in den Bildern 2-165 und 2-166 auf diesen Nachteil von SB hin-
gewiesen. Bild 2-176 zeigt, dass ein speziell gegen Trichlorfluormethan span-
nungsrissbeständig eingestelltes Polystyrol dem SB deutlich überlegen ist.
Aus diesen PS-Sondertypen können beispielsweise direkt mit PR hinterschäum-
bare Innenbehälter und Türbomben von Kühlschränken hergestellt werden.
Die in Formteilen aus SB durch äußere Beanspruchung verursachte Dehnung
darf betragen bei:

Butter 0,15 %
Mayonnaise 0,21 %
Schmalz 0,20 %
Orangensaft 0,14 %
Senf 0,25 %

■ Witterungsbeständigkeit
SB ist wegen der im Polybutadien enthaltenden singulären Doppelbindungen
weniger alterungsbeständig als Normal-Polystyrol und deshalb nicht im Freien
einsetzbar (s. auch den Abschnitt Zusatzstoffe, siehe Abschn. 1.3.5.1).

■ Strahlenbeständigkeit
Auch bei Luftausschluss ist die Strahlenbeständigkeit der schlagzähen Polymere
wesentlich geringer als die der Homopolymere. Die Reißfestigkeit steigt zwar bei
Dosen oberhalb 107 J/kg erheblich an, doch beträgt die Reißdehnung schon bei
2 · 104 J/kg nur noch die Hälfte des Ausgangswertes. Ähnliches gilt für die Schlag-
zähigkeit.
708 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-175. Zusammenhang zwischen Schergeschwindigkeit g· und Wandschubspannung tW


für einige SB-Typen mit verschiedenen Temperaturen
a SB mittelschlagzäh, sehr leichtfließend, hochglänzend
b SB hochschlagzäh, hochwärmebeständig, seidenmatt

Bild 2-176. Relative Reißdeh-


nung auf Zug beanspruchter
Probekörper aus PS und SB
in Abhängigkeit von der La-
gerzeit in der Atmosphäre
des Kältemittels Trichlor-
fluormethan
a Polystyrol 2710/2711
b Polystyrol 476 L
c Polystyrol 475 K
d Polystyrol 472 C
(Quelle: BASF AG)

Bei Bestrahlung in Luft ändert sich an diesen Verhältnissen wenig. Zwischen


2 und 3 · 105 J/kg sinken Schlagzähigkeit und Reißdehnung auf die Hälfte ihres
Ausgangswertes. Die bestrahlten Proben vergilben.

■ Brennbarkeit (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


Schlagfestes Polystyrol entzündet sich bei Flammeneinwirkung und brennt mit
leuchtender, stark rußender Flamme auch nach dem Entfernen der Zündquelle
weiter. Das zunehmende Bedürfnis nach mehr Sicherheit sowie Brände, an de-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 709

nen Kunststoffe beteiligt waren, haben die Industrie veranlasst, schwerent-


flammbare Kunststoffe zu entwickeln [15]. Es ist zwar nicht möglich, Kunststoffe
absolut unbrennbar zu machen, in der Flamme brennt organische Substanz im-
mer. Es ist jedoch möglich, dieselben so auszurüsten, dass sie nach Entfernen der
Zündquelle selbst erlöschen. Dadurch kann bei kritischen Anwendungsgebieten
ein erhöhtes Maß an Sicherheit erreicht werden.
Das Styroblend der BASF AG zeichnet sich durch eine halogenfreie Brand-
schutzausrüstung aus und ist durch ein sehr günstiges Brennverhalten, ausge-
zeichnete mechanische Eigenschaften sowie durch einen breiten Verarbeitungs-

Styrolpolymere
spielraum und eine problemlose Wiederverwendbarkeit charakterisiert.

(PS)
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase (s. a. Kapitel 1.3.3)
Wie alle Kunststoffe weisen Normal- und schlagfestes Polystyrol eine gewisse
Durchlässigkeit auf. Sie nimmt mit steigernder Temperatur zu. Richtwerte siehe
Tabelle 2-50.
Die Gasdurchlässigkeit von Polystyrol muss vor allem bei Packstoffen und
Packmitteln für Füllgüter mit ausgeprägtem Geschmack oder Geruch berück-
sichtigt werden, weil es sowohl zum Entweichen von Aromastoffen, als auch zum
Eindringen von Gasen und Dämpfen von außen kommen kann. Das Auswan-
dern von Aromastoffen führt vor allem dann zu einer Geschmacksveränderung,
wenn die einzelnen Geschmackskomponenten unterschiedlich stark diffun-
dieren.
Die Gefahr von Veränderungen durch eindringende Gase ist vor allem durch
den Luftsauerstoff gegeben, der zu einem oxidativen Abbau von Bestandteilen
führen oder mikrobiologische Prozesse in Gang setzen kann.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die entsprechend gekennzeichneten Blockcopolymere aus Styrol/Butadien er-
füllen die Anforderungen der Empfehlung VI, „Styrol-Misch- und Pfropfpoly-
merisate“, Stand vom 01. 02. 95 des Bundesgesundheitsamtes. Sie erfüllen zu-
gleich die bisherige FDA-Vorschrift 21: CFR 177.1810 styrene block copolymers.
Nach Maßgabe der Empfehlungen und der anderen im europäischen Bereich
geltenden Verordnungen bestehen für die Verwendung der Handelsmarken aus

Tabelle 2-50. Richtwerte der Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit von Polystyrol bei 23 °C,
gemessen an Folien von 100 mm Dicke

Polystyrol-Typ Wasserdampf a Sauerstoff b Stickstoff b Kohlendioxid b


g/m2d cm3/m2 · bar cm3/m2 · bar cm3/m2 · bar

Normal-Polystyrol
168 N 12 1000 2500 5200
schlagfestes Polystyrol
476 L 13 1600 4000 10000

(Quelle: BASF AG).


a
DIN 53122.
b
DIN 53380
710 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

SB-Blockcopolymer- sowie den zugehörigen Batches unter der Voraussetzung


sachgerechter Verarbeitung bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im
Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, Paragraph 5, Absatz 1,
Nr. 1 (Lebensmittelbedarfsgegenstände) und Nr. 5 (Spielwaren) keine Beden-
ken.
Die Eignung der Bedarfsgegenstände für die vorgesehene Anwendung ist ins-
besondere auch im Hinblick auf eine Beeinflussung in Geschmack oder Geruch
des Füllguts immer zuvor im Einzelfall vom Hersteller bzw. Verwender zu prü-
fen.
Styrolpolymere

Wird SB eingefärbt, so sind die Anforderungen der Empfehlung IX. Farbmit-


tel zum Einfärben von Kunststoffen, Stand vom 01. 06. 94 (190. Mitteilung, Bun-
(PS)

desgesundheitsblatt 8/94, S. 363) zu beachten.


Vorschriften in anderen Ländern können von den deutschen abweichen.

■ Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


Schlagfestes Polystyrol wird vorwiegend durch Spritzgießverfahren verarbeitet.
Auf Tafelanlagen werden Flachfolien und Tafeln hergestellt. In geringem Umfang
werden Hohlkörper durch Extrusionsblasen gefertigt. Tafelförmiges Halbzeug
kann warm geformt werden. Beim Spritzgießen betragen die Massetemperaturen
170 bis 260 °C für mittelschlagzähe Typen und
200 bis 260 °C für hochschlagzähe Typen.
Die Werkzeugtemperatur beträgt üblicherweise 5 bis 75 °C, hoher Ober-
flächenglanz ist nur bei Werkzeugtemperaturen von 60 bis 75 °C erreichbar. Der
Spritzdruck beträgt 600 bis 1500 bar, die Schwindung 0,3 bis 0,7 %. Die Extru-
sionstemperaturen betragen 210 °C für Folien und Tafeln, 240 °C für Borten und
Monofile, Fügen und Oberflächenveredelung s. Polystyrol, siehe Kap. 2.1.3.1.

Handelsnamen
Ancorene (Anchor Plastics Inc./US)
Andres (Anderson Development Co./US)
Buna SL, VSL (Bayer AG/DE)
Butofan (BASF AG/DE)
Emu-Pulver (BASF AG/DE)
Gilco (Gilman Brothers Co./US)
K-Resin (Phillips Petroleum Chemicals NV/BE)
Koblend (Enichem Deutschland GmbH/DE)
Krylene (Bayer AG/DE)
Krynol (Bayer AG/DE)
Litex (Hüls AG/DE)
Osstyrol (R. Hagedorn & Co. AG/DE)
Paraloid (Rohm & Haas Co./US)
Polyflam (A. Schulman GmbH, DE)
Polystyrol (BASF AG/DE)
Rhodopas (Rhone Pulenc S.A./FR)
Styrafil (Akzo Engng. Plastics Inc./US)
Styroblend (BASF AG/DE)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 711

2.1.3.2.1.2
Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere (SBS)
Im vorangehenden Kapitel wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, die nach-
teilige Sprödigkeit des homopolymeren PS und die Opakheit des mit Poly-
butadien elastifizierten SB zu überwinden. Mit Styrolux® bietet die BASF AG
ein Material an, das universell für das Spritzgießen, Extrudieren und Warm-
formen verarbeitbar ist [9]. Styrolux wird durch Copolymerisation von Styrol
und Butadien in Form zusammenhängender Blöcke gewonnen, die sich da-

Styrolpolymere
nach getrennt zu Phasen von Polystyrol und Polybutadien in Form einer

(PS)
Lamellenstruktur zusammenschließen, wie bereits in Bild 2-169 (rechts un-
ten) gezeigt.
Durch eine neuartige Verknüpfung der Monomeren Styrol und Butadien in ei-
nem anionischen Block-Copolymerisationsprozess ist es gelungen, die Vorteile
transparenter schlagfester Styrolpolymerisate (z.B.Typ: Styrolux,Hersteller: BASF
AG) mit denen kommerzieller thermoplastischer Elastomere zu verbinden. Das
Resultat ist ein Material, welches sich durch Eigenschaften auszeichnet wie:
• sehr hohe Reißdehnung,
• hoher Memory-Effekt,
• gute Transparenz,
• gute Verarbeitbarkeit,
• hohe Sauerstoff- und Wasserdampfdurchlässigkeit sowie
• Teilverträglichkeit mit Polystyrol.
Mit diesem Eigenschaftsprofil eignet sich das TPE von Styroflex® unter der Viel-
zahl möglicher Verpackungsanwendungen selektiv für den Markt der Frisch-
fleisch-Verpackungen. Somit gestattet das SB-TPE als Basismaterial für Folien,
die Eigenschaften der bislang dominierenden Verpackungsmaterialien nach-
zustellen. Ökologisch wertvoll ist erstmals die werkstofflich einheitliche Wie-
derverwertung der Frischfleisch-Verpackung in Verbindung mit Trays aus ge-
schäumten Polystyrol möglich.
Thermoplastische Elastomere (TPE) weisen eine Blockstruktur mit der
Blockfolge hart-weich-hart auf, wobei der innere Block, der mindestens 2/3 Volu-
menanteil hat, die kontinuierliche weiche Kautschukphase bildet. Die Elasto-
merblöcke werden durch die endständigen Blöcke mit hoher Glastemperatur,
üblicherweise Polystyrol, in isolierten Hartphasen-Domänen verankert, die als
physikalische Vernetzungsstellen wirken. Unterhalb der Glastemperatur der
Hartphase zeigen solche TPE Eigenschaften eines vernetzten Kautschuks. Bei
ausreichend hohen Temperaturen lassen sie sich jedoch, anders als vulkanisier-
ter Gummi, thermoplastisch verarbeiten.
Klassische Styrol-Butadien-Styrol-TPE sind allerdings vernetzungsanfällig
und auch wegen ihrer Schmelzefließeigenschaften nicht zu dünnen Folien ver-
arbeitbar. Die genannten TPE-Strukturen mussten daher derart modifiziert
werden, dass ein statistisches Styrol-Butadien-Copolymer mit einer Glasüber-
gangstemperatur Tg zwischen – 15 und – 20 °C die Weichphase bildet.
Weil der statistische SB-Block überwiegend Styrol enthält, konnte der Ge-
samtbutadiengehalt des TPE auf ein Niveau abgesenkt werden, wie es bei kom-
712 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

merziellen Werkstoffen auf Basis Styrol/Butadien-Blockcopolymeren (z. B. Typ:


Styrolux) vorkommt. Daraus ergibt sich eine ähnlich gute Verarbeitbarkeit und
Thermostabilität.
Wegen der Unverträglichkeit des statistischen SB-Blocks mit Polystyrol
aggregieren sich die unterschiedlichen Polymerblöcke zu Domänen. Die Mor-
phologie wird durch die Minimierung der Grenzflächenspannung erzwungen;
es handelt sich hier um ein Beispiel für molekulare Selbstorganisation. Die Sty-
rol-Endblöcke sammeln sich in den isolierten kugelförmigen Domänen,
während die SB-Phase die kontinuierliche Kautschukphase bildet. Polystyrol
Styrolpolymere

und SB sind weit weniger unverträglich als etwa Polystyrol und Polybutadien.
Als Konsequenz zeigt das flexible SB-TPE anders als Styrol/Butadien-Block-
(PS)

copolymere keine Thixotropie, die Schmelze klebt nicht an Oberflächen fest und
lässt sich problemlos extrudieren.

Polystyrol Styrol – Butadien – Copolymer Polystyrol


hart weich hart

■ Sortiment
Das Sortiment umfasst bisher vier nach Zähigkeit, Wärmeformbeständigkeit
und Fließfähigkeit differenzierte Typen sowie vier Verarbeitungshilfsmittel ge-
gen Blockneigung, Kratzempfindlichkeit zum Verbessern der Entformbarkeit
und zur Reinigung von Plastifizierzylindern.
Das Produkt wird nur ungefärbt geliefert. Transparente und gedeckte Einfär-
bungen sind möglich. Geeignet sind Farbbatches oder Farbkonzentrate, die sich
bei Polystyrol bewährt haben. Andere Farbmittel sind zu überprüfen, denn sie
können gegebenenfalls Transparenz und Glanz beeinflussen.

■ Lieferform
Styrolux und Styroflex wird als zylindrisches Granulat (2,5 mm lang, 2 mm
Dmr.) geliefert. Die Schüttdichte beträgt etwa 0,63 g/cm3. Bei ungünstigen Lage-
rungsbedingungen muss das Produkt vorgetrocknet werden.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 713

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht über die physikalischen Eigenschaften gibt Tabelle 2-51 [9].
Innerhalb des Produktsortiments nimmt die Steifigkeit naturgemäß mit der
Zähigkeit ab, wie Bild 2-177 zeigt. Zwischenstufen können durch Mischen der Ty-
pen ohne Verlust an Klarheit eingestellt werden [10, 10 a].
Die überlegene Zähigkeit von Styrolux geht aus dem Vergleich der Bruch-
arbeit, d. h. der Flächen unter den Kurven für ein schlagzähes Polystyrol und
Styrolux 684 D, ein schlagzähes, wärmeformbeständiges und gut fließfähiges
Breitschlitzfolienmaterial hervor, Bild 2-178.

Styrolpolymere
An dieser Stelle sei auf ein anderes Entwicklungsprodukt der BASF AG aus der
Reihe der SBS-Blockpolymeren, das Styroflex®, hingewiesen, das in Form von

(PS)
(PS + SBS) Blends vorzügliche Eigenschaften als Verpackungsfolie zu bieten
verspricht. Der hohe Polystyrolanteil bietet in Verbindung mit einem hohen
Kautschukanteil den Vorteil eines thermoplastischen Elastomeren (Zähigkeit,
Rückstelleffekte) [11], Bild 2-179.
Über die Zeitstandfestigkeit bzw. das Kriechverhalten informieren die Bilder
2-180 bis 2-182.
Über das elastische Verhalten und den mechanischen Verlustfaktor d gibt Bild
2-183 Auskunft. Das Dämpfungsnebenmaximum im Bereich von – 80 °C ent-
spricht der Glasübergangstemperatur des Kautschukanteils. Die Wärmeformbe-
ständigkeit ist mit derjenigen von schlagfestem Polystyrol mittlerer Beständig-
keit vergleichbar, d. h. ohne äußere Beanspruchung kurzzeitig zwischen 70 °C
und 80 °C.
Die elektrischen und dielektrischen Eigenschaften gleichen denjenigen von
Standard-Polystyrol.
Die Lichtdurchlässigkeit beträgt in dem Bereich des sichtbaren Lichts
(400 – 800 nm) etwa 90 %. Der Glanzgrad liegt höher als bei allen anderen Sty-
rol-Pfropf- und Copolymerisaten.

Bild 2-177. Klassifizierung


des Styrolux-Sortiments
durch den Zugversuch
Styrolpolymere
(PS)

Tabelle 2-51. Physikalische Eigenschaften von Styrolux


714

Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23°C Einheit Prüfvorschrift Probekörper 656 C 684 C 683 D 692 D
DIN/ ISO/ (mm)
VDE* IEC*

Mechanische Eigenschaften
Zug-E-Modul MPa 53457 527 nach ISO 3167 1800 1550 1300 1100
Streckspannung (v = 50 mm/min) MPa 53455 527 nach ISO 3167 35 28 22 17
Streckdehnung/Bruchdehnung (v = 50 mm/min) % 53455 527 nach ISO 3167 2.4/40 2.3/>50 2.2/>50 1.9/>50
Zug-Kriechmodul, 100 h, Dehnung ≤ 0.5%, + 23 °C MPa 53444 899 nach ISO 3167 1050 790 490 490
Charpy-Schlagzähigkeit + 23 °C kJ/m2 – 179/1eU 80 · 10 · 4 30 100 NB NB
Charpy-Schlagzähigkeit – 30 °C kJ/m2 – 179/1eU 80 · 10 · 4 30 30 30 35
Charpy-Kerbschlagzähigkeit + 23 °C kJ/m2 – 179/1eA 80 · 10 · 4 4 4 5 5
Charpy-Kerbschlagzähigkeit – 30 °C kJ/m2 – 179/1eA 80 · 10 · 4 3 3 3 3
Shore-D-Härte – 53505 868 ≥20 · ≥20 · 4 72 68 64 56
Thermische Eigenschaften
Biegetemp. unter Last 1.8 MPa (HDT A) °C 7552) 75 110 · 10 · 4 67 65 59 60
Biegetemp. unter Last 0,45 MPa (HDT B) °C 7552) 75 110 · 10 · 4 77 75 72 70
Biegetemp. unter Last 5.0 MPa (HDT C) °C 7552) 75 110 · 10 · 4 58 56 51 50
Vicat-Erweichungstemperatur VST/A/50 °C 30652) 306 ≥10 · ≥10 · 4 87 83 76 65
Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/50 °C 30652) 306 ≥10 · ≥10 · 4 65 59 48 45
Max. Gebrauchstemperatur, bis zu einigen Stunden °C – – Formteile 60 60 60 60
Therm. Längenausdehnungskoeff. längs (23–80) °C 10–5/K 53752 – ≥10 · ≥10 · 4 6–9 6–9 6–9 6–9
Elektrische Eigenschaften
Dielektrizitätszahl bei 100 Hz–1 MHz – 0303-4* 250* 80 · 80 · 1 2.5 2.5 2.5 2.5
Dielektr. Verlustfaktor bei 100 Hz/1 MHz – 0303-4* 250* 80 · 80 · 1 0.0003/ 0.0003/ 0.0003/ 0.0003/
0.0008 0.0008 0.0008 0.0008
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-51 (Fortsetzung)

Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23°C Einheit Prüfvorschrift Probekörper 656 C 684 C 683 D 692 D
DIN/ ISO/ (mm)
VDE* IEC*

Spez. Durchgangswiderstand W · cm 0303-30* 93* 80 · 80 · 1 >1016 >1016 >3 · 1016 >1016


Spez. Oberflächenwiderstand W 0303-30* 93* 80 · 80 · 1 >1014 >1014 >2 · 1014 >1014
Elektr. Durchschlagfestigkeit K20/P50 kV/mm 0303-21* 243/1* d = (0.6–0.8) 140 140 88 140
2.1.3 Styrolpolymere (PS)

Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI, – 0303-1* 112/A* ≥15 · ≥15 · 4 CTI 600-0 CTI 600-0 CTI 600-0 CTI 600-0
Prüflösung A
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI M, – 0303-1* 112/A* ≥15 · ≥15 · 4 CTI 150 CTI 200 CTI 175 CTI 275
Prüflösung B M-1.6 M-1.7 M-0.1 M-1.3
Optische Eigenschaften
Brechzahl – – 489 d=1 1.574 1.573 1.57 1.565
Lichtdurchlässigkeit % – – d = 2/0.5 89/91 89/90 86/89 87/89
715

Styrolpolymere
(PS)
716 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-178. Durchstoßversuch


nach DIN 53 443 mit elektronischer
Aufzeichnung der Kraft/Weg-Kur-
ven von Rundscheiben 50 mm
Dmr., 1 mm dick für Styrolux 684
D im Vergleich zu Polystyrol 476 L

Bild 2-179. Kraft-Verfor-


mungsdiagramm einiger
Kunststoff-Verpackungsfolien

Styrolux weist ein gutes Fließverhalten auf. Die Verarbeitungsdaten müssen


jedoch genau eingehalten werden, weil bei Überschreiten Vernetzung und damit
eine Trübung eintritt. Bei Folien kommt es zu Streifenbildung und im weiteren
Verlauf zu Gelpartikeln. Als Anhaltspunkt für eine beginnende Vernetzung gilt
die Erhöhung des Extrusionsdruckes um 10 bar. Einen ersten Hinweis gibt
Bild 2-184.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 717

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-180. Zeit-Dehnungsli-
nien (Kriechkurven) von Sty-
rolux 684 D bei 23 °C, 50 % r. F.

Bild 2-181. Zeit-Spannungs-


linien von Styrolux 684 D bei
23 °C, 50% r. F.

Die Abhängigkeit der Schmelzeviskosität von der Schergeschwindigkeit ge-


ben für einige Materialtypen die Bilder 2-185 und 2-186 wieder.
Styrolux ist chemisch beständig gegen Wasser, Alkalien, verdünnte Mineral-
säuren, wässrige Lösungen der meisten Salze.
Nichtbeständig gegen: konzentrierte Schwefelsäure, oxidierende Agenzien
wie Salpetersäure, Bromwasser, Bleichlauge.
Bei jedem anderen Medium sind Beständigkeitsversuche ratsam. Das güns-
tigste Verhalten bei spannungsrissfördernden Medien weist der Typ Styrolux
718 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-182. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien von
Styrolux 684 D bei 23°C,
50 % r. F.

Bild 2-183. Schubmodul und


logarithmisches Dekrement
der mechanischen Dämp-
fung (Torsionsschwingungs-
versuch nach ISO 6721-2) von
Styrolux 656 C und 684 D

692 DS auf. Auch eine coextrudierte Schicht bietet Schutz gegen Öle und Fette,
wie die Prüfung nach dem Stifteindruckverfahren ISO 4600 ergab.
Die Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit von Styrolux gegen die Bilder
2-187 und 2-188 im Vergleich mit anderen Thermoplasten wieder.
Spannungsrissbeständigkeit, Globalmigration, Aromasperre sowie die Gas-
und Wasserdampfpermeabilität generell werden durch Coextrusion mit einer
20-mm-Folie aus dem Copolyester PETG meist ausreichend vermindert.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 719

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-184. Stabilitätsverhalten von
Styrolux 684 D

Bild 2-185. Viskosität von Styrolux


in Abhängigkeit von der
Schergeschwindigkeit bei 200 °C

Die Transparenz einer Folie aus Styrolux PS hängt entscheidend von den je-
weiligen Materialtypen, dem Mischungsverhältnis der beiden Komponenten
und der Homogenität des Blends ab. Grundsätzlich sollten schmiermittelfreie
PS-Typen gewählt werden. Die Auswirkung der jeweiligen Anteile der Kompo-
nenten auf die Transparenz zeigt Bild 2-189. Durch Zumischen von PS wird die
Zähigkeit von Styrolux vermindert, wie Bild 2-190 anhand der im Zugversuch
ermittelten Brucharbeit zeigt.
720 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-186. Viskosität von Styrolux


in Abhängigkeit von der
Schergeschwindigkeit bei 240 °C

Bild 2-187. H2O-Permeabilität verschiedener Kunststoffe

Bild 2-191 zeigt das Fließverhalten von Styrolux in Abhängigkeit von der Mas-
setemperatur bei Wanddicken der Fließspirale von 1 mm bzw. 2 mm. Die Ab-
hängigkeit ist nahezu linear. Bei Temperaturen > 250 °C nimmt die Fließfähig-
keit wieder ab. Beginnende Vernetzung wird durch Trübung angezeigt.
Richtwerte zur Verarbeitung und das Brandverhalten von Styrolux enthält
Tabelle 2-52.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 721

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-188. Sauerstoff-Permeabilität verschiedener Kunststoffe

Bild 2-189. Lichtdurchlässigkeit in Abhängigkeit vom PS-Anteil in Styrolux


722 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2.52. Produktmerkmale, Verarbeitungskennwerte und Brennverhalten von Styrolux

Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23 °C Einheit Prüfvorschrift Probekörper


DIN/VDE* ISO/IEC* (mm)

Produktmerkmale
Kurzzeichen – 7728 1043 –
Dichte g/cm3 53479 1183
Wasseraufnahme, Sättigung in Wasser bei 23°C % 53495/1L – 80 ∆ · 1
Verarbeitung
Styrolpolymere

Verarbeitungsverfahren:
Spritzgießen (M), Folienextrusion (F),
(PS)

Blasformen (B), Kalandrieren (K) – – – –


Schmelze-Volumenrate MVR 200/5 ml/10 min 1133 1133 Formmasse
Massetemperaturbereich, Spritzgießen °C – – –
Werkzeugtemperaturbereich °C – – –
Verarbeitungsschwindung, frei % – – 110 · 110 · 2
Massetemperaturbereich, Platten-Extrusion °C – – –
Massetemperaturbereich, Flachfolien-Extrusion °C – – –
Massetemperaturbereich, °C – – –
Schlauchfolien-Extrusion
Werkstoffkennwerte zum Brennverhalten
Prüfung nach UL-Standard
bei d = 0.4 mm Dicke Klasse – UL94 127 · 12.7 · d
bei d = 1.6 mm Dicke Klasse – UL94 127 · 12.7 · d

Anwendungsbeispiele
Spritzguss: Verschlüsse, Schraubkappe, Schnappdeckel, Kosmetikdosen,
Becher, Behälter mit Filmscharnier, Gehäuseabdeckungen, Lampenbefes-
tigungen, Kühlschrankinnenteile, Sichtscheiben, Kabelvergussgehäuse,
Aquarienfilter, Wasserstandanzeiger, Ultrafilter, Mundstücke, Messgefäße,
Lineale, Zeichenschablonen, Sortier- und Lagerkästen, Schilder, Lampen-
schirme, Blumentöpfe, Etuis, Koffereinsätze, Verkaufsständer, Badezim-
mersets, Fenster für Spielfahrzeuge.
Extrusion: Breitschlitzfolien für Snap-Packs, Salat- und Fleischver-
packungen, Lunchboxen, Mehrschicht-Coextrusionsverbunde mit Sperrei-
genschaften für Lebensmittelverpackungen. Tafeln für Duschkabinen,
Schlauchfolien als Schrumpf- und Etikettierfolien.
Blasformartikel sind vorwiegend Flaschen mit guter Standfestigkeit.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 723

Tabelle 2.52 (Fortsetzung)

656C 684D 683D 692DS

S/B/S S/B/S S/B/S S/B/S


1.02 1.01 1.01
0.07 0.07 0.07 0.07

Styrolpolymere
(PS)
M F, M, B, K F, M, B, K F, M
16 11 14 12
180–250 180–250 180–250 180–250
30–50 30–50
0.3–1 0.3–1 0.3–1 0.3–1
190–230 190–230
190–230 190–230 190–230
180–210 180–210 180–210

94HB 94HB 94HB 94HB


94HB 94HB 94HB 94HB
Leichtfließendes Pro- Hochschlagzähe Hochschlagzähes Pro- Hochschlagzähes Pro-
dukt, bevorzugt für Marke, bevorzugt für dukt, bevorzugt für dukt für die Verarbei-
die Verarbeitung die Verarbeitung zu die Verarbeitung zu tung durch Spritz-
durch Spritzgießen Breitschlitzfolien; in Breitschlitz- und gießen sowie für die
zu steifen Formteilen Mischung mit Stan- Schlauchfolien in Breitschlitzdüsen-
mit guter Zähigkeit dard-Polystyrol für Mischung mit Stan- Extrusion; hohe Span-
Tiefziehteile; Spritz- dard-Polystyrol nungsrissbeständigkeit
gießen von Formteilen gegenüber Fetten und
mit erhöhter Zähig- Ölen
keit sowie Extrusion
von Hohlkörpern

Handelsnamen
Styrolux (BASF AG/DE)

2.1.3.2.1.3
Styrol/ a -Methylstyrolcopolymere (S/MS)
Der am häufigsten eingeschlagene Weg, die Wärmeformbeständigkeit von Nor-
mal-Polystyrol zu erhöhen, besteht im teilweisen Austausch von Styrol durch
a-Methylstyrol.

a-Methylstyrol
724 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-190. Brucharbeit (im Zugversuch) in Abhängigkeit vom PS-Anteil in Styrolux

Bild 2-191. Fließfähigkeit von Styro-


lux im Spiraltest
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 725

Mit steigendem Anteil nimmt die Glasübergangstemperatur zu. Bei 50 % a-Me-


thylstyrol-Massegehalt steigt die Glasübergangstemperatur von 95°C beim Ho-
mopolymeren auf 115 °C beim Copolymeren an. Thermostabilität und Verarbeit-
barkeit verschlechtern sich jedoch.
In den anwendungstechnischen Eigenschaften der Styrol-Homopolymeren
und der Styrol/a-Methylcopolymeren besteht so weitgehende Ähnlichkeit, dass
diese Copolymeren nicht besonders ausgewiesen werden. In den Typsortimen-
ten erscheinen sie als Normal-Polystyrol mit erhöhter Formbeständigkeit in der
Wärme.

Styrolpolymere
(PS)
2.1.3.2.2
Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN)
■ Herstellung
Die SAN-Formmassen weisen üblicherweise einen Acrylnitrilgehalt von 24 %
auf. Diese Zusammensetzung wird bevorzugt, weil das Verhältnis 76/24 von Sty-
rol/Acrylnitril ein azeotropes Gemisch bildet, bei dem die Konzentrationen in
der Lösungsphase und im Copolymeren gleich sind. Dabei sind 38,3 Mol-%
Acrylnitril statistisch über die Molekülkette verteilt.
Anders gesagt, von fünf Styrol-Bausteinen werden zwei durch Acrylnitril er-
setzt.

Styrol/Acrylnitrilcopolymer

Bei 33,7 % Acrylnitril-Massegehalt beträgt das Molverhältnis der beiden Mono-


meren 1 : 1. Bei höherem AN-Gehalt bilden sich mehr Acrylnitrilsequenzen.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Den Herstellern von Polystyrol gelang schon bald die Verbesserung des Eigen-
schaftsbildes des Homopolymeren, das nur eine begrenzte Verwendung zuließ.
Statistische Copolymere aus Styrol und Acrylnitril zeichnen sich im Vergleich zu
Normal-Polystyrol durch folgende Eigenschaften aus:

• höhere Steifheit, Härte und Kratzfestigkeit,


• höhere Temperaturwechselbeständigkeit,
• höhere Zähigkeit,
• höhere Beständigkeit gegen Öle, Fette und Aromastoffe,
• höhere Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung,
• in den elektrischen Eigenschaften ist SAN unterlegen,
• die Wasseraufnahme ist höher,
• der Gelbstich der Produkte wird durch Zusatz blauer Farbmittel geschönt.
726 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Zusatzstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5)


Ähnlich wie bei Normal-Polystyrol spielen auch bei SAN die Funktionszusatz-
stoffe die wichtigste Rolle.

Funktionszusatzstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


Im Unterschied zu PS vergilbt SAN bereits beim Erhitzen unter Inertbedingun-
gen. Bei mehrmaliger Verarbeitung schreitet der Abbau fort. Dabei handelt es
sich teils um Reaktionen nicht oxidativer Natur. Das erklärt die begrenzte Wirk-
samkeit von Antioxidantien. Als solche kommen Phosphite ggf. in Verbindung
Styrolpolymere

mit phenolischen Antioxidantien in Betracht (siehe auch Abschn. 1.3.5.1).


Gegen das Vergilben von Formstoffen, die einer UV-Einwirkung ausgesetzt
(PS)

sind (z. B. Leuchtenabdeckungen), erweisen sich sterisch gehinderte Amine


wirksamer als die Systeme aus phenolischem Antioxidans und UV-Absorber.Als
innere und äußere Gleitmittel dienen für alle Styrolpolymeren (PS, SAN, SB,
ABS) die bereits bei PS erwähnten inneren und äußeren Gleitmittel. Als innere
Antistatika bewähren sich anionaktive Verbindungen, z. B. Natriumalkylsul-
fonate. Die verwendeten Farbmittel entsprechen den für Polystyrol empfohlenen.
Das gleiche gilt für die Verwendung optischer Aufheller zur Kompensation des
Gelbstichs [12].

■ Füllstoffe
Die mit Hilfe von Elastomeren ligandenschlagzäh ausgerüsteten modifizierten
Polystyrole eignen sich als Matrixmaterial eher für eine Füll- und Verstärkungs-
stoffzugabe, denn bei diesen ist die negative Eigenschaft der Polystyrole – die
geringe Schlagzähigkeit – überwunden (siehe auch Abschn. 1.3.5.2).

■ Verstärkungsstoffe
SAN-Copolymere werden mit Glasfaserverstärkung angeboten. Hin und wieder
kommen Glaskugeln als Hybridverstärkungsmaterial hinzu. Mit Hilfe dieser Zu-
satzstoffe werden die Kurz- und Langzeitfestigkeit erhöht. Die Bruchdehnung
nimmt naturgemäß ab (siehe auch Tabelle 2-46 und Abschn. 1.3.5.3).

■ Sortiment
Das SAN-Sortiment enthält außer den Typen aus einem azeotropen Gemisch der
Comonomeren Typen mit 45 % AN-Massengehalt vorwiegend für technische
Formteile, mit 15 % Massegehalt für Werbeteile und Packmittel sowie mit 20 %
Massegehalt für Konsumwaren und vielfältige andere Anwendungen. Verstärkte
Typen enthalten meistens 35 Masse-% Glasfasern.

■ Lieferformen
SAN-Formmassen stehen als geschöntes naturfarbenes, d. h. blaustichig, glas-
klares, transparent und opak eingefärbtes sowie als verstärktes Granulat – vor-
wiegend für die Spritzgussverarbeitung – zur Verfügung.

■ Typisierung
DIN 16775 entspricht im Aufbau und Inhalt der seit 1982 eingeführten Umstel-
lungen in Datenblöcke.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 727

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten mechanischen und thermischen Eigenschaften sind in Tabelle
2-45, die elektrischen in Tabelle 2-47 zusammengestellt.

■ Mechanische Eigenschaften
Bei der Beurteilung von Tabellenwerten ist stets zu beachten, dass sie von Prüf-
temperatur, Beanspruchungsart und -geschwindigkeit sowie der Gestalt und der
Vorgeschichte der Probekörper abhängen.

Styrolpolymere
■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Das Spannungdehnungs-Diagramm von SAN für verschiedene Temperaturen

(PS)
zeigt Bild 2-192. Die Temperaturabhängigkeit der Streckspannung ist im Bild
2-193 wiedergegeben.

Bild 2-192. Spannungsdehnungsdia-


gramme von SAN bei verschiedenen
Prüftemperaturen (Versuche bei
10 % Dehnung abgebrochen)

Bild 2-193. Abhängigkeit der


Streckspannung von SAN von der
Temperatur
728 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Zu den besonderen Eigenschaften glasfaserverstärkter SAN-Typen (wie auch


von anderen GF-verstärkten Thermoplasten) gehören beispielsweise bei 35
Masse-% ein um 200 % höherer E-Modul, eine um 30 % höhere Zug- und Zeit-
standfestigkeit, eine um 5 bis 15 K höhere Formbeständigkeit in der Wärme, ein
um 70 % niedrigerer Längenausdehnungskoeffizient und eine um 60 % gerin-
gere Verarbeitungsschwindung. Die Bilder 2-194 und 2-195 zeigen anschaulich
den Vergleich zwischen SAN und SAN-GF 35 am Beispiel des E-Moduls und der
Zeitstandfestigkeit.
Styrolpolymere

■ Umwandlungstemperaturen
Das im Vergleich zu PS verbesserte Verhalten von SAN in der Wärme geht aus
(PS)

dem Übersichts-Schaubild für den Schubmodul einiger Thermoplaste hervor,


Bild 2-196. Die Glasübergangstemperatur nimmt mit steigendem Acrylnitrilan-
teil von etwa 95 auf 105 °C zu. Der Abstand zum Polystyrol beträgt nahezu 20 K.

Bild 2-194. E-Modul von SAN-GF


(a) und SAN (b) in Abhängigkeit
von der Temperatur (gemessen
nach DIN 53 457)
a Luran 378 P G 7
b Luran 378 P
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-195. Zeitstandfestigkeit von


SAN-GF 35 (a) und SAN-(b) bei
20 °C und 60 °C
a Luran 378 P G 7
b Luran 378 P
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 729

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-196. Schubmodul einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur

■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die Zeitstandzugfestigkeit einiger SAN-Typen ist im Bild 2-197 wiedergegeben.
Das Kriechverhalten geht noch anschaulicher aus dem vom Konstrukteur ge-
schätzten Schaubild der isochronen Spannungsdehnungslinien hervor, Bild 2-198.

■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Zur Beschreibung des Verhaltens eines Werkstoffs bei dynamischer Beanspru-
chung wird meistens die Biegewechselfestigkeit nach DIN 53 442 herangezogen.
Das Wöhler-Diagramm eines SAN-Typs ist im Bild 2-199 wiedergegeben.

■ Härte
Angaben über die Härte von SAN enthält die Tabelle 4.28 im Anhang.

■ Thermische Eigenschaften
Die Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität ist im Bild 2-200 wiederge-
ben. Bei manchen Anwendungen ist nicht nur die Temperaturbeständigkeit son-
dern auch die Temperaturwechselbeständigkeit zu beachten. Bei häufigen und
schroffen Temperaturwechseln können an den Fertigteilen zunächst winzige
Haarrisse entstehen, die sich mit der Zeit ausweiten und das Teil unbrauchbar
machen. SAN ist gegen solche Temperaturwechsel erheblich beständiger als
Normal-Polystyrol; deshalb wird es auch für hochwertige Haushaltwaren ver-
730 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-197. Zeitstandzugfestigkeit einiger SAN-Typen


a SAN (MFI 200/10 = 5,5g/10 min) erhöhte Festigkeit und Chemikalienbeständigkeit
b SAN (MFI 200/10 = 20g/10 min) leichtfließend, chemikalienbeständig
c SAN (MFI 200/10 = 9g/10 min) Standardtyp
d SAN (MFI 200/10 = 22g/10 min) sehr leichtfließend
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-198. Isochrone


Spannungsdehnungslinien
für SAN (Werkstoff: Luran
388 S der BASF AG)

wendet. SAN mit hohem Acrylnitrilanteil und großer molarer Masse weist eine
besonders gute Temperaturwechselbeständigkeit auf.

■ Elektrische Eigenschaften
Die größten Unterschiede zwischen PS und SAN ergeben sich beim dielektri-
schen Verlustfaktor tan d. Er ist je nach Frequenz bzw. Temperatur bei SAN um
zwei Größenordnungen höher als bei PS. Auch die Dielektritätszahl ist höher.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 731

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-199. Biege-Wechsel-
festigkeit von SAN
(Werkstoff: Luran 368 R der
BASF AG)

Bild 2-200. Spezifische Wär-


mekapazität einiger SAN-
Typen (gemessen nach der
DSC-Methode, Aufheizge-
schwindigkeit 20 K/min)
a Luran 358 N, 368 R, 678 P,
388 S
b Luran KR 2556

Die Bilder 2-201 und 2-202 zeigen diese Zusammenhänge für PS und seine tech-
nisch wichtigsten Modifikationen [13].

■ Optische Eigenschaften
SAN erreicht eine Lichtdurchlässigkeit von mehr als 90 %. Es absorbiert im UV-
Bereich. Wegen der etwas helleren Eigenfarbe fällt die Lichtdurchlässigkeit der
der Kurve a zugrundeliegenden Typen etwas später ab.
An dieser Stelle sei der Transparenz amorpher thermoplastischer Kunststoffe
eine nachträgliche Betrachtung gewidmet, auch deshalb, weil die Transparenz –
732 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-201. Dielektrischer Verlustfaktor tan d von PS1 , PS2 , SB, SAN, ABS und AXS in Abhän-
gigkeit von der Frequenz (A) bei 30 °C und der Temperatur (B) bei 106 Hz
PS1 = Polystyrol wärmebeständig; PS2 = Polystyrol leichtfließend
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 733

Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-202. Dielektrizitätszahl von PS1 , PS2 , SB, SAN,ABS und AXS in Abhängigkeit von der Fre-
quenz (A) bei 30 °C und der Temperatur (B) bei 106 Hz
PS1 = Polystyrol wärmebeständig; PS2 = Polystyrol leichtfließend

ebenso wie bei zahlreichen noch vorzustellenden Kunststoffen – eine anwen-


dungstechnisch wichtige Rolle spielt [14]. Einphasige Thermoplaste wie PS, SAN
und PMMA sind steif bei einer Schlagzähigkeit (nach Charpy) im Bereich von
7 bis 28 kJ/m2 (bei Raumtemperatur).
Zweiphasige zähmodifizierte Thermoplaste: MBS, MABS, SBS und schlagzäh
modifiziertes PMMA erreichen bei Raumtemperatur dagegen Charpy Kerb-
734 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

schlagzähigkeiten von 45 bis 103 kJ/m2.Außerdem weist das Sortiment einphasi-


ger intrinsisch zäher Thermoplaste: PC, aPET, gPET, PVC und PP-Randomco-
polymere Charpy-Kerbschlagzähigkeiten von 2 bis 30 (PC) kJ/m2 auf. Einen
Überblick über kennzeichnende physikalische Eigenschaften der genannten
Reihe vermitteln die Bilder 2-203 bis 2-205 [14].

■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)


SAN-Copolymere weisen eine höhere Chemikalienbeständigkeit auf als Nor-
mal-Polystyrol. Die Beständigkeit nimmt mit dem Acrylnitrilanteil zu. SAN ist
Styrolpolymere

bei Raumtemperatur beständig gegen:


(PS)

Bild 2-203. Optische


Eigenschaften transpa-
renter Werkstoffe

Bild 2-204. Steifigkeit


(Ez-Modul) transparenter
Werkstoffe)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 735

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-205. Wärmeform-
beständigkeit (Vicat-Erwei-
chungstemperatur VST/B)
transparenter Werkstoffe

gesättigte KW, aromatenarme Vergaserkraftstoffe und Mineralöle, pflanzliche


und tierische Fette und Öle, Wasser, wässrige Salzlösungen, verdünnte Säuren
und Laugen.
Nicht beständig gegen:
konzentrierte Mineralsäuren, aromatische KW (z. B. Benzol, Toluol), chlorierte
KW, Ester und Ketone.

■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4)


Außer der Chemikalienbeständigkeit spielt die Beständigkeit gegen die Bildung
von Spannungsrissen eine große Rolle. Der höhere Acrylnitrilgehalt und die
höhere molare Masse wirken sich günstig aus. Die Messergebnisse einer Lang-
zeitprüfung zeigt Bild 2-206.

Bild 2-206. Spannungsriss-


beständigkeit einiger SAN-
Typen in Olivenöl/Ölsäure
1 : 1 (Quelle: BASF AG)
a Luran 388 S
b Luran 378 P
c Luran 368 R
d Luran 358 N
736 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-207. Bewitterung von


Normkleinstäben aus SAN in
einem Xenotestgerät Typ 1200
Styrolpolymere

(Biegefestigkeit nach DIN


53 452)
(PS)

a Luran 378 P Q 42 (UV-stabi-


lisiert)
b Luran 378 P

■ Witterungsbeständigkeit
Das mechanische Niveau von SAN-Probekörpern fällt nach ein bis zwei Jahren
Freibewitterung ab. Als wesentlich beständiger erweisen sich speziell UV-stabi-
lisierte SAN-Typen, wie Bild 2-207 zeigt.

■ Strahlenbeständigkeit
Über die Beständigkeit von SAN gegen die Einwirkung energiereiche Strahlung
gibt das Bild 2-167 Auskunft.

■ Brennbarkeit
Formstoffe aus SAN brennen mit leuchtender, rußender Flamme; sie tropfen
nicht, süßlicher Geruch.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


SAN ist undurchlässiger als PS für Wasser; 100-mm-Folien weisen bei 23 °C für
Wasserdampf eine Durchlässigkeit von 20 bis 25 g/m2d auf. Die Durchlässigkeit
für Sauerstoff beträgt 200 bis 500 cm3/m2d bar, die Durchlässigkeit für CO2 den
fünffachen und für N2 ein Fünftel des Wertes für O2 .

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die entsprechend gekennzeichneten Typen der SAN-Sortimente erfüllen die An-
forderungen der Empfehlungen VI „Styrol-Misch und Pfropfpolymeren“ Stand
vom 10. 04. 92 Bundesgesetzblatt 1992, Teil 1, S. 86 Anlage 3, Abschnitt A sowie
BGA-Empfehlung VI Stand vom 15. 01. 93 (189. Mitteilung Bundesgesundheits-
blatt 36 (1993) S. 114).
Bei sachgerechter Verarbeitung bestehen gegen die Verwendung der ausge-
wiesenen Typen bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne des Le-
bensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes 5 Abs. 1 Nr. 1 (Lebensmittelbe-
darfsgegenständen) und Nr. 5 (Spielwaren) keine Bedenken. Die Eignung der
Bedarfsgegenstände ist im Einzelfall vom Hersteller bzw. Verwender zu prüfen.
Vor der Verwendung anderer Marken für diese Zwecke ist beim jeweiligen Roh-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 737

stoffhersteller nachzufragen, ob deren Zusammensetzung die Anforderungen


der Empfehlung VI erfüllt. Das gleiche gilt für Marken mit Sonderausrüstungen,
z. B. UV-Stabilisierung, antielektrostatische Ausrüstung. Gemäß Empfehlung VI
darf Acrylnitril auf Lebensmittel nicht in Mengen übergehen, die mit einer fest-
gelegten Methode erfassbar sind; die Migrationsprüfungen sind dabei unter
Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen oder vorhersehbaren Verwendung
der Bedarfsgegenstände durchzuführen.
Für Einfärbungen sind die Forderungen der Empfehlung IX „Farbmittel zum
Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände“

Styrolpolymere
zu beachten.

(PS)
■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)
SAN wird durch Spritzgießen, Extrudieren und Blasformen sowie durch Warm-
formen verarbeitet.
■ Verarbeitungsbedingungen
Spritzgießen 180 bis 270 °C
Vortrocknen des Granulates 70 bis 80 °C
Werkzeugtemperatur 65 bis 75 °C
Schwindung 0,5 bis 0,7 %
Extrudieren 180 bis 230 °C
Bild 2-208 zeigt das Fließverhalten von zwei Luran® Spritzgusstypen in Abhän-
gigkeit von der Massetemperatur. Obwohl dieser Test nicht genormt ist, wird er
in sehr vielen Verarbeitungsbetrieben und Produktionsstätten seit vielen Jahr-
zehnten mit Erfolg praktiziert. Er erlaubt vor allem einen Vergleich zwischen
Produkten gleichen Typs. Halbzeuge und Formteile können geklebt und ge-
schweißt werden, s. Polystyrol. Bedrucken und Prägen ist einwandfrei durch-
führbar wie bei PS.

Bild 2-208. Fließfähigkeit in Abhän-


gigkeit von der Massetemperatur.
Werkzeug: Testspirale 10 mm · 2 mm,
Spritzdruck 1000 bar, Werkzeugober-
flächentemperatur 60 °C
738 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Anwendungsbereiche
In der Elektrotechnik im umfassenden Sinne dient SAN zur Herstellung
von: Klarsichtteilen, wie Behälter, Rührschüsseln und Mixbecher für
Küchengeräte, Gehäuseteile für Kühlschränke, Phono-Abdeckhauben, Ab-
deckungen für Drucker, Skalen, Batteriegefäße, Chassis, z. B. für Phono-
und Fernsehgeräte, Kassetten und Kassettenschachteln, Wickelkerne, Tele-
fonwählscheiben, Lampenabdeckungen, Zähler- und Instrumentenab-
deckungen, Mosaikbausteine.
Im Fahrzeug-, Maschinen- und Apparatebau ist SAN ein geschätzter Werk-
Styrolpolymere

stoff für: Scheinwerfergehäuse, Rückleuchtenabdeckungen, Abdeckungen,


(PS)

Gehäuse und Träger für Uhren.


Im Haushalt sind: Isolierkannengehäuse, Geschirr, Bestecke, Kaffeefilter,
Dosen, Becher, Einwegfeuerzeuge;
im Sanitärbereich:
Badezimmergarnituren, Bürstenkörper, Toilettensitze und Kosmetikdosen;
in der medizinischen Technik:
die Gehäuse für Dialysegeräte und
im Spielzeugauto die unzerbrechlichen Fensterscheiben zu unentbehrli-
chen Gegenständen des täglichen Bedarfs geworden.

Handelsnamen
Acrylafil (Akzo Engineering Plastics Inc./US)
Aqualoy (A. Schulman GmbH/DE)
Ardylux (Industrias Petrochimicas Argentinas, Koppers S.A.)
Cebian (Daicel Chemical Ind. Ltd./JP)
Cole (Montell Polyolefins/BE)
Comshield (A. Schulman GmbH/DE)
Comtuf (A. Schulman GmbH/DE)
Excalloy (A. Schulman GmbH/DE)
Foamspan (A. Schulman GmbH/DE)
Geloy (GE Plastics Euorpe B.V./NL)
Hiloy (A. Schulman GmbH/DE)
Kibisan (Chi Mei Industrial Co. Ltd./Taiwan)
Litac (Mitsui Toatsu Chemicals Inc./JP)
Lupan (Standard Polymers/US)
Luran (BASF AG/DE)
Lustran (Monsanto Chemical Co. Plast. Div./US)
Osstyrol (A. Hagedorn & Co. AG/DE)
Polyfort (A. Schulman GmbH/DE)
Polyman (A. Schulman GmbH/DE)
Restil (Montedison S.p.A./IT)
Sansex (Mitsubishi Monsanto Chem. Co./JP)
Starglas (Ferro Eurostar/FR)
Toyolac (Toray Industries Inc./JP)
Tyril (Dow Europe/CH)
Vestyron (Hüls AG/DE)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 739

2.1.3.2.2.1
SAN-Modifikationen
Ähnlich wie beim Styrol-Homopolymeren ein teilweiser Austausch von Styrol
durch a-Methylstyrol zu Produkten mit höherer Formbeständigkeit in der
Wärme führt, so können auch die SAN-Copolymere in gleicher Weise abgewan-
delt werden. Diese modifizierten Produkte haben vor allem als kohärente Phase
in hochwärmebeständigen ABS-Polymeren Bedeutung erlangt. Formteile mit ei-
ner Vicat-Erweichungstemperatur von 110 °C sind kochfest.

Styrolpolymere
Auch Copolymere mit Vinylcarbazol führen zu sehr wärmestandfesten Form-
stoffen. Diese Produkte sind jedoch wegen der Giftigkeit des Vinylcarbazols ge-

(PS)
sundheitlich nicht unbedenklich.

Vinylcarbazol
Verbesserte Formbeständigkeit in der Wärme sowie eine höhere Chemikalien-
und UV-Beständigkeit weisen auch die Copolymeren mit Itaconsäuredimethyl-
ester auf.

Itaconsäuredimethylester

Wenn es in erster Linie auf eine verbesserte UV-Beständigkeit der SAN-Copo-


lymeren, d. h. die Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus der mechanischen
Eigenschaften über längere Zeit ankommt und dabei die wasserhelle Transpa-
renz des Styrol-Homopolymeren erreicht werden soll, dann ist die Copoly-
merisation von Styrol mit Methacrylsäuremethylester angezeigt. Styrol be-
wirkt Steifheit und thermische Beständigkeit, MMA die wasserhelle Klarheit
in Verbindung mit einer erhöhten Beständigkeit gegen einige Chemikalien,
z. B. Vergaserkraftstoffe. Die bekanntesten Formmassen enthalten mehr als
60 % Massegehalt MMA und gehören deshalb eigentlich zu den modifizierten
Polyacrylaten. Die Ähnlichkeit mit den SAN-Formmassen im Hinblick auf
Verarbeitung und Anwendung hat jedoch dazu geführt, dass sie häufig in
Verbindung mit den Polystyrol-Modifikationen genannt werden. Die Styrol-
Methylmethacrylat-Copolymere werden bei den elastifizierten Polystyrol-
Modifikationen beschrieben.

2.1.3.2.2.1.1
Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere (ABS)

■ Herstellung
Die beiden wichtigsten Herstellverfahren für ABS sind die folgenden [5]:
• Pfropfpolymerisation von Styrol und Acrylnitril auf einen vorgelegten Poly-
butadienlatex; das erhaltene Pfropfpolymerisat wird mit einem getrennt her-
gestellten SAN-Latex abgemischt, koaguliert und getrocknet.
740 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

• Pfropfpolymer und SAN werden getrennt hergestellt, isoliert und getrocknet,


schließlich nach dem Abmischen granuliert.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Copolymere des Styrols mit Acrylnitril oder anderen Vinylen unterscheiden sich
so vorteilhaft von Styrol-Homopolymeren, dass es nahe lag, diese Produkte
durch schlagfestes Modifizieren in ähnlicher Weise abzuwandeln wie das Homo-
polymere. Unter den zahlreichen Modifikationen haben die ABS-Pfropfpoly-
mere die größte technische Bedeutung erlangt.Wie beim SB sind durch die Wahl
Styrolpolymere

des Kautschuks, Tabelle 2-45, Abwandlungen der Glasübergangstemperatur und


damit der Schlagzähigkeit in der Kälte oder durch teilweisen Austausch von Sty-
(PS)

rol durch a-Methylstyrol und damit der Formbeständigkeit in der Wärme mög-
lich. Bei ABS darf allerdings nur ein Butadien-Kautschuk verwandt werden, um
der Kurzbezeichnung gerecht zu werden. Unter den Copolymeren des Butadiens
wird Nitrilkautschuk bevorzugt. Nicht mit Butadienkautschuken elastifizierte
Produkte werden als AXS-Produkte bezeichnet.
Dabei steht X als Symbol für die Elastomerkomponente, die im Einzelfall
näher zu beschreiben ist.
Kennzeichnende Eigenschaften von ABS-Kunststoffen sind je nach Typ:
• hohe mechanische Festigkeit und Steifigkeit,
• hohe Härte und Kratzfestigkeit,
• hohe Schlagzähigkeit in der Kälte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• hohe Temperaturwechselfestigkeit,
• verhältnismäßig geringe Wasseraufnahme,
• hohe Maßbeständigkeit,
• hohe Chemikalienbeständigkeit,
• etwas höhere Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung als PS,
• nicht witterungsbeständig (wegen des Gehaltes an Polybutadien).

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Während bei SB-Poylmeren die kohärente Phase aus Polymeren des Styrols
und/oder Alkylstyrolen besteht, kann die zusammenhängende Styrol/Acrylni-
trilphase in einem weiten Bereich unterschiedlich sein. Daraus folgt:

• Produkte mit niedrigem Acrylnitrilgehalt in der Gerüstphase ähneln den


schlagfesten Polystyrolen (SB). Dies ist bei Beurteilung der Chemiekalienbe-
ständigkeit von ABS zu beachten.
• Um eine klare Eigenschaftstrennung von SB zu gewährleisten, enthält die
Gerüstphase 20 bis 35 % Acrylnitril-Massegehalt.
• ABS-Poylmere mit 15 % Acrylnitril-Massegehalt werden gegenüber SB dann
vorgezogen, wenn diese z. B. bei Kühlschrank-Innenbehältern durch Einwir-
kung von Ölen oder physikalischen Treibmitteln (beim Ausschäumen mit
PUR) ein erhöhtes Risiko mit sich bringen. Bereits Polymere mit nur 4 % AN-
Gehalt sind fettbeständiger als SB.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 741

■ Zusatzstoffe
Siehe Kap. 1.3.5 insbes. 1.3.5.1 und Tabelle 2-46.

■ Sortiment
Die Sortimente der meisten Rohstoffhersteller enthalten in der Kälte schlagzähe
und andererseits Typen mit hoher Formbeständigkeit in der Wärme. Sonderty-
pen sind antistatisch ausgerüstet, galvanisch metallisierbar, glasfaserverstärkt,
mit Flammschutzmittel oder mit Treibmittel für das Spritzgießen von Formtei-
len aus Strukturschaumstoffen versehen. Das Sortiment enthält ferner für das

Styrolpolymere
Extrudieren, Extrusionsblasen und das Kalandrieren geeignete Typen; dazu
kommen Abmischungen mit PVC, PC und PUR.

(PS)
■ Lieferformen
Naturfarbenes (gelblich opakes) und in vielen Farbtönen eingestelltes Granulat;
Halbzeug ist in Form von Rohren, Profilen, Folien, Tafeln und Blöcken lieferbar.
Bei längerem Lagern kann bei empfindlichen Farbmitteln eine gewisse Än-
derung des Farbtons auftreten. Unter ungünstigen Bedingungen gelagertes
Material nimmt Feuchtigkeit auf, die vor dem Verarbeiten durch Trocknen (2 bis
4 Std. bei 85 °C) wieder entfernt werden muss.

■ Typisierung
Auch die Norm 16772 entspricht in Form und Inhalt der 1982 eingeführten EDV-
gerechten Umstellung in Datenblöcke.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften von ABS-Pfropfpolymeren und Polymerblends
sind in Tabelle 2-45 (mechanische und thermische) sowie Tabelle 2-47 (elektri-
sche) zusammengestellt.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsge-


schwindigkeit
In Bild 2-209 ist das Kraft-Verformungs-Verhalten eines normalen ABS-Spritz-
gusstyps wiedergegeben. Bild 2-210 zeigt den Elastizitätsmodul zweier Form-
massen in Abhängigkeit von der Temperatur.

■ Umwandlungstemperaturen
Die Kurven des Schubmoduls (G) und des logarithmischen Dämpfungsdekre-
mentes (l) gewähren einen Einblick in das mechanische Verhalten von Form-
stoffen bei verschiedenen Temperaturen, Bild 2-211. Die Kurve a zeigt wegen der
höheren Einfriertemperatur der Elastomerphase ein Dämpfungsmaximum bei
– 50 °C, bei Kurve b liegt dieses Maximum noch etwa 30 K niedriger.
Die Wirksamkeit der Elastomerkomponente hängt außer von der Temperatur
noch von der Beanspruchungsgeschwindigkeit ab. Bei sehr schnellen, schockar-
tigen Belastungen verschiebt sich das Dämpfungsmaximum zu höheren und bei
langsamen Beanspruchungen zu tieferen Temperaturen.
Mit steigender Temperatur bewirken die Dämpfungsmechanismen der Elas-
tomerphase eine zunächst stetig zunehmende Zähigkeit.
742 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-209. Spannungs-


dehnungs-Diagramm ei-
nes normalen ABS-
Spritzgusstyps bei ver-
schiedenen Temperaturen

Bild 2-210. Zug-E-Modul


zweier ABS-Typen mittle-
rer Fließfähigkeit in Ab-
hängigkeit von der Tem-
peratur
a Terluran 877 T
b Terluran 967 K
(Quelle: BASF AG)

Der Schubmodul fällt im Temperaturbereich des ersten Dämpfungsmaximums


geringfügig ab und bleibt dann mit steigender Temperatur bis zum zweiten Dämp-
fungsmaximum, dem Erweichungspunkt der Hartkomponente, fast konstant.

■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das Zeitstandverhalten bei verschiedenen Temperaturen gibt Bild 2-212 am Bei-
spiel der isochronen Spannungsdehnungslinien wieder. Diese Schaubilder er-
möglichen es, das Langzeitverhalten eines Bauteils bei statischer Beanspru-
chung abzuschätzen (siehe auch Tabelle 4-29 im Anhang). Aus dem Proportio-
nalitätsbereich der einzelnen Isochronen können die Kriechmodule für diese
Beanspruchungsdauer in einfacher Weise ermittelt werden. Die punktiert einge-
zeichnete Kurve des Kurzzeitversuchs dient zum Vergleich.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 743

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-211. Schubmodul (G)
und logarithmisches
Dämpfungsdekrement (l)
a Terluran 877 T
b Terluran 967 K

Bild 2-212. Isochrone Spannungsdehnungslinien


eines ABS-Spritzgusstyps
(Werkstoff: Novodur PH-AT der Bayer AG)
744 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-213. Zeitstandschaubild


für ABS-Rohre bei 20 °C und
80 °C (strichpunktierte Linien
sind Bruchlinien)

Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand


Zeitstandfestigkeiten von ABS-Formstoffen bei mehrachsiger Beanspruchung
gibt Bild 2-213 wieder. Für zwei Versuchstemperaturen sind die 1,0-, 1,5- bzw. die
1,0- und 2-%-Dehnungsgrenzen und die Bruchlinien dargestellt.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Es ist eine bekannte Tatsache, dass die mechanischen Eigenschaften, insbeson-
dere die Schlag- und Kerbschlagzähigkeit bei kautschukmodifizierten Polysty-
rolen betont von der Verarbeitung (Spritzgießen), d. h. von der Orientierung ab-
hängen. Diese Zusammenhänge veranschaulicht Bild 2-214 am Beispiel eines SB-
und eines ABS-Formstoffes etwa gleicher Steifheit und Grenzbiegespannung
s bG . Aus Bild 2-214 geht hervor, dass ABS-Formstoffe hinsichtlich ihrer Schlag-
zähigkeit den schlagfesten Polystyrolen überlegen sind. Ähnlich verhält es sich
mit der Kerbschlagzähigkeit und dem Arbeitsaufnahmevermögen, stets jedoch
bei Temperaturen von mehr als – 30 °C. Bei tieferen Werten sind die SB-Form-
stoffe überlegen. In fast allen Fällen ergibt sich für die orientierungsarmen ge-
pressten Probekörper das höhere Wertniveau.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Bei sich häufig wiederholenden, wechselnden Beanspruchungen muss mit we-
sentlich geringeren Festigkeiten gerechnet werden. Die Wöhler-Kurve bietet die
Möglichkeit, unterschiedliche Wirkstoffe (bei gleichen Randbedingungen) zu
vergleichen, Bild 2-215. Bei dynamisch beanspruchten Bauteilen überlagern sich
häufig Spannungen verschiedener Art. Deshalb sind für eine Eignungsprüfung
Modellversuche zu empfehlen.

■ Sicherheitsbeiwerte (s. a. Kapitel 1.3.2.7)


Bei der Verwendung der an Norm-Probekörpern ermittelten Daten für das
Konstruieren von Bauteilen ist zu beachten, dass die für das Bemessen zulässi-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 745

Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-214. Zähigkeit kautschukmodifizierter Styrol-Copolymeren in Abhängigkeit von Tem-


peratur und Herstellverfahren
A Schlagzähigkeit S Spritzgegossener Probekörper
B Kerbschlagzähigkeit P pressgeformter Probekörper
C Brucharbeit im Fallbolzentest
(1) ABS-Formstoff (E-Modul = 2400 N/mm2 s bG = 70 N/mm2)
(2) SB-Formstoff (E-Modul = 2400 N/mm2 s bG = 70 N/mm2)
746 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

gen Werte auch durch eine Reihe nicht werkstoffspezifischer Faktoren beein-
flusst werden. Dazu gehört z. B. die Wirkung von Querschnittsübergängen, Ker-
ben, Bindenähten und nicht zuletzt das gesamte Technoklima, das das Formteil
beim Einsatz umgibt.

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabellen 2-45 und 2-47 sowie Tabelle 4-28 im Anhang. Die elektrischen Ei-
genschaften von ABS sind denen von PS und SB wegen des Acrylnitrilanteils et-
was unterlegen, sie reichen jedoch in den meisten Fällen für die Anwendungen
Styrolpolymere

in der Schwach- und Niederspannungstechnik aus. Eine elektrostatische Aufla-


dung kann auf dem elektrisch isolierenden ABS lange erhalten bleiben. Die Sor-
(PS)

timente der Rohstoffhersteller enthalten jedoch Typen mit einer dauerhaften


antielektrostatischen Ausrüstung.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: schwache Säuren, Laugen, Alkohole, Fette, Öle, Wasser; nicht
beständig gegen: konzentrierte Säuren, Ketone, Ester, Ether, aromatische und
chlorierte KW.

■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4.1)


ABS ist verhältnismäßig beständig gegen die Bildung von Spannungsrissen. Ei-
nige Typen zeichnen sich dabei besonders aus. Eignungsprüfungen sind jedoch
zu empfehlen.

Bild 2-215. Wechselfestigkeit einiger ABS-Typen bei Zug-Schwellbeanspruchung (Prüftempe-


ratur 23 °C, 50 % rel. Feuchtigkeit)
a Novodur PH-GV s Sch = 22,4 N/mm2
b Novodur PH-AT s Sch = 15,0 N/mm2
c Novodur PMT sSch = 13,4 N/mm2
(Quelle: Bayer AG)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 747

■ Strahlenbeständigkeit
Siehe Ausführungen für SB in „Strahlenbeständigkeit“.

■ Witterungsbeständigkeit
Die aus Butadienkautschuk bestehende Elastomerphase ist empfindlich gegen
Sauerstoff und UV-Strahlung. Im Freien verwendete Formstoffe vergilben und
verspröden. Einen Schutz bieten Lackieren, Galvanisieren und Beschichten mit
wetterbeständigen Folien.

■ Brennbarkeit

Styrolpolymere
ABS-Kunststoffe brennen mit leuchtender Flamme unter Rußentwicklung. Ver-

(PS)
brennungsprodukte riechen süßlich und nach verbranntem Gummi. Mit
Flammschutzmittel versehene Typen sind verfügbar. Als Flammschutzmittel
dienen vor allem aromatische Bromverbindungen in Kombination mit Anti-
montrioxid. Bei diesen dürfen jedoch bei der Verarbeitung bestimmte Höchst-
grenzen der Massetemperatur und der Verweilzeit im Plastifizierzylinder nicht
überschritten werden [8].
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase
Die an 100-mm-Folien ermittelten Richtwerte betragen:
für Wasserdampf 27 – 33 g/m2d, für Sauerstoff 400 – 900, für Stickstoff 100 – 200
und für CO2 1500 – 3500 cm3/m2d bar (je nach Typ).
■ Gesundheitliche Beurteilung
Alle ungefärbten AS-Typen erfüllen in ihrer Zusammensetzung die Anforderun-
gen der Empfehlung VI „Styrol-Misch- und Pfropfpolymerisate“, Stand vom
15. 1. 93 (189. Mitteilung, Bundesgesundheitsblatt 36 (1993), S. 114). Unter der Vo-
raussetzung sachgerechter Verarbeitung bestehen gegen die Verwendung dieser
Typen bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne des Lebensmittel-
und Bedarfsgegenständegesetzes § 5 Absatz 1 Nr. 1 (Lebensmittelbedarfsgegen-
stände) und Nr. 5 (Spielwaren) keine Bedenken; die Eignung der Bedarfsgegen-
stände ist im Einzelfall vom Hersteller bzw. Verwender zu prüfen.
Vor der Verwendung eingefärbter Typen ist zu prüfen, ob deren Zusammen-
setzung die Anforderungen der Empfehlung VI erfüllt. Das gleiche gilt auch für
Marken mit Sonderausrüstungen, z. B. mit UV-Stabilisierung oder mit Brand-
schutzausrüstung.
Gemäß Empfehlung VI darf Acrylnitril auf Lebensmittel nicht in Mengen
übergehen, die mit einer festgelegten Methode erfassbar sind. Die Migrations-
prüfungen sind dabei unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen und
vorgesehenen Verwendung der Bedarfsgegenstände durchzuführen.
Für Einfärbungen sind die Forderungen der Empfehlung IX „Farbmittel zum
Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände“
zu beachten.
■ Verarbeiten: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)
ABS-Formmassen können durch Spritzgießen, Extrudieren, Kalandrieren und
Blasformen verarbeitet werden. Folien- und tafelförmiges Halbzeug werden
warmgeformt.
748 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Beim Spritzgießen beträgt die Massetemperatur der


Normaltypen 210 bis 240 °C
hochwärmebeständigen Typen 240 bis 275 °C.
Als Werkzeugtemperaturen sind 40 bis 90 °C zu empfehlen, die Schwindung be-
trägt 0,4 bis 0,7 %.
Galvanisierbare Typen werden bei Massetemperaturen von 240 bis 270 °C mit
langsamer Geschwindigkeit spritzgegossen. Es kommt darauf an, Orientierun-
gen und Eigenspannungen zu vermeiden, die die Haftung der galvanisch aufge-
Styrolpolymere

tragenen Deckschicht beeinträchtigen.


Treibmittelhaltige ABS-Formmassen werden zu Strukturschaumstoff-Form-
(PS)

teilen spritzgegossen. Die Massetemperatur beträgt 230 bis 260 °C, die Werk-
zeugtemperatur 50 bis 70 °C.
Man wählt Massetemperaturen von:
190 bis 210 °C beim Extrudieren,
200 bis 215 °C beim Blasformen,
160 bis 180 °C beim Warmformen von Halbzeug.
Auch bei Raumtemperatur kann ABS-Folienhalbzeug geformt werden. Diese
Materialtypen müssen steif und zäh sein. Als Schmiermittel werden Öl- und
Wachsemulsionen, Seifenwasser oder Mineralöl verwandt. Beim Verarbeiten von
ABS ist zu beachten, dass es sich dabei um ein hygroskopisches Material handelt,
d. h. es muss vor dem Spritzgießen, Extrudieren oder Blasformen vorgetrocknet
werden. Über den Gleichgewichts-Feuchtigkeitsgehalt in Abhängigkeit von der
jeweiligen Luftfeuchtigkeit informiert Bild 2-216. Die Restfeuchtigkeit sollte
etwa 0,1 %, in kritischen Fällen jedoch weniger betragen.

Fügen
Schweißen mit Zusatzdraht und mit Hilfe des Heizelementes ist möglich, ebenso
Reib-, Ultraschall- und HF-Schweißen. Für das Kleben gelten die Hinweise für
Polystyrol, s. „Fügen“ Seite 694.

Bild 2-216. Sättigungsgehalt in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchtigkeit (Quelle: Borg
Warner Chemicals)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 749

■ Oberflächenveredelung
Formteile aus ABS können ohne Vorbehandlung lackiert, bemalt, bedruckt und
im Hochvakuum metallisiert werden. Sondertypen sind galvanisch metallisier-
bar. Grundsätzlich sind die meisten ABS-Typen galvanisierbar. Voraussetzung
für ein gutes Ergebnis sind spannungs- und orientierungsarme Formteile, d. h.
ein galvanogerechtes Spritzgießen.

Anwendungsbeispiele
Spritzgegossen werden Transportbehälter, Textilspulen, Formteile für

Styrolpolymere
Büro- und Haushaltmaschinen, Gehäuse von Fernseh-, Rundfunk- und

(PS)
Phonogeräten, Tür- und Koffergriffe, Haartrockenhauben, Sicherheits-
helme, Ausstattungsteile für Automobile und Flugzeuge sowie Spielzeug.
Aus extrudierten Folien und Tafeln werden Transportbehälter, Kofferscha-
len, Verkleidungen, Abdeckungen, Portionsteller u. a. hergestellt. Kalan-
driertes Folienmaterial wird warm und kalt umgeformt. Galvanisierte
Formteile dienen als Möbel- und Baubeschläge, Bedienungsknöpfe für
Rundfunk- und Fernsehgeräte, als Armaturen, Brillengestelle, Spielzeug
und Schreibmaschinentasten, Telefonkarten.
Aus schäumfähigen ABS-Formmassen werden Wandplatten, Bilderrah-
men, Schirmgriffe, Schuhleisten, Handgriffe, Eiskübel, Schubladen, Tisch-
platten und Sitzmöbelgestelle spritzgegossen.

Handelsnamen
Absafil (Akzo Engn. Platics Inc./US)
Abselex (Courtaulds PLC/GB)
Aqualoy (A. Schulmann GmbH/DE)
Arcoblend (Resinmec Spa/IT)
Bayblend (Bayer AG/DE)
Baymod (Bayer AG/DE)
Beneron (J. A. Benecke GmbH/DE)
Blendex (GE. Speciality Chemicals/US)
Cole (Montell Polyolefins/BE)
Comshield (A. Schulman GmbH/(DE)
Comtuf (A. Schulman GmbH/DE)
Cycolac (GE Plastics Europe B.V./NL)
Cycoloy (GE Plastics Europe B.V./NL)
Cycovin (GE Plastics Europe B.V./NL)
Diapet (Mitsubishi Rayon Co. Ltd./JP)
Editel (Enichem Deutschland GmbH/DE)
Elcalite (Elkaplast/BE)
Enplex (Kanegafuchi Chem. Ind. Co. Ltd./JP)
Escalloy (A. Schulman GmbH/DE)
Fiberod (Polymer Composites Inc./US)
Hiloy (A. Schulman GmbH/DE)
Isopak (Great Eastern Resins/Taiwan)
Kane Ace (Kanegafuchi Chem. Ind. Co. Ltd./JP)
750 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Kralastic (Uniroyal/Sumitomo Chem. Co. Ltd./JP)


Kunslo-ABS (Kunstoplast Chemie GmbH/DE)
Lastiflex (Lati Industria Thermoplastici Deutschl./DE)
Lastilac (Lati Industria Thermoplastici Deutschl./DE)
Litac (Mitsui Toatsu Chem. Inc./JP)
Lubrilon (A. Schulman GmbH/DE)
Lustran (Monsanto Chem. Plat. Div./US)
Magnum (Dow Europe/CH)
Maricon (Riken Vinyl Ind. Co. Ltd./JP)
Styrolpolymere

Metamarble (Teijin Chem. Ltd./JP)


Metzoplast (Metzeler Schaum GmbH/DE)
(PS)

Mindel (Amoco Performance Prod./US)


Nabutene (Ets. Convert/FR)
Novodur (Bayer AG/DE)
Osstyrol (A. Hagedorn & Co.AG/DE)
Oxycal (Occidental Chem. Deutschland/DE)
P-Flex (Putsch GmbH/DE)
Plastiroll (Hermann Wendt GmbH/DE)
Polyflam (A. Schulman GmbH/DE)
Polylac (Chi Mei Ind. Co. Ltd./Taiwan)
Polyman (A. Schulman GmbH/DE)
Polystar (A. Schulman GmbH/DE)
Pulse (Dow Europe/CH)
Ronfalin (DSM Polymers & Hydrocarbons/NL)
Royalite (Royalite Thermopl. Div./US)
Royalstat (Royalite Thermopl. Div./US)
Saxerol (ECW Eilenburger Chemie Werk AG/DE)
Sconater (Buna AG/DE)
Senocryl (Senoplast Klepsch & Co./DE)
Shinko-Lac (Mitsubishi Rayon Co. Ltd./JP)
Sinkral (Enichem Deutschland GmbH/DE)
Staloy (DSM, Polymer & Hydrocarbons/NL)
Starglas (Ferro Eurostar/FR)
Tempalloy (A. Schulman GmbH/(DE)
Terluran (BASF AG/DE)
Terlux (BASF AG/DE)
Thermax I (A. Schulman GmbH/DE)
Thermoder (Mitras Kunststoffe GmbH/DE)
Toyolac (Toray Industries Inc./JP)
Triax (Monsanto Chemical Co. Plast. Div./US)
Vitralex (Stanley Smith & Co. Plast. Div./GB)
Volony (A. Schulman GmbH/DE)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 751

2.1.3.2.2.1.2
Pfropfcopolymere aus MMA, SB und ABS (MABS)

ABS-Kunststoffe können wegen ihres Butadiengehaltes nicht transparent herge-


stellt werden. Bemühungen um eine Lösung dieser Aufgabe, bei der die vorzüg-
lichen mechanischen Eigenschaften der ABS-Kunststoffe mit der Transparenz
verbunden sein sollten, führen zur partiellen Substitution von Acrylnitril und
Styrol durch Methylmethacrylat (M). Das Ergebnis sind Zweiphasensysteme
aus vier Komponenten, MABS. Die Wirkungsweise der verschiedenen Kompo-

Styrolpolymere
nenten zeigt Bild 2-217.
Auf ähnliche Weise werden auch SB-Polymere transparent eingestellt und als

(PS)
MBS bezeichnet.
Der unterschiedliche Brechungsindex zwischen der kohärenten und der
dispergierten Phase ist die Ursache der Opazität. In den bisher bekannt gewor-
denen Formmassen dieser Art sind wichtige Bausteine wie Styrol, Acryl-, bzw.

Bild 2-217. Wirkung der verschiedenen Komponenten in einem transparenten MABS-Pfropf-


polymer
752 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Methacrylsäuremethylester, Acrylnitril und Butadien enthalten. Acrylnitril fehlt


zuweilen ganz. Sofern zur Elastifizierung ein Butadienkautschuk verwendet
wird, kann an die Lichtbeständigkeit der Mehrphasensysteme nicht der für
Acrylate gültige Maßstab angelegt werden.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
MABS-Polymere vereinigen:

• glasklare Transparenz mit



Styrolpolymere

hoher Schlagzähigkeit,
• hoher Festigkeit und Steifigkeit,
(PS)

• hoher Wärmeformbeständigkeit mit


• hoher Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien und
• leichter Verarbeitbarkeit.

■ Sortiment und Lieferform


Das Terlux® Sortiment der BASF umfasst einen Typ mit hoher Transparenz und
Zähigkeit für hochwertige Fertigteile und einen leichtfließenden Spritzgusstyp
zur Herstellung dünnwandiger Formteile mit ungünstigem Fließweg/Wand-
dickenverhältnis.
Diese Typen sind als glasklares, naturfarbenes Granulat sowie in vielen trans-
parenten und gedeckten Einfärbungen lieferbar. Die gedeckt dunkel eingefärb-
ten Typen zeichnen sich durch hohe Brillanz aus, wie sie mit ABS nicht erreicht
werden kann.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-53.

■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit


Bild 2-218 kennzeichnet MABS als zähen Werkstoff hoher Festigkeit. Die hohe
Schlagzähigkeit gewährleistet auch bei multiaxialer Beanspruchung eine hohe

Bild 2-218. Spannungsdehnungs-Dia-


gramm von Terlux KR 2804 nach DIN
53 455 (Zugversuch) bei 23 °C
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 753

Bild 2-219. Durchstoßarbeit (Gesamt-

Styrolpolymere
arbeit) von Terlux 2802 TR nach
DIN 53 443 (Durchstoßversuch an

(PS)
2 mm Rundscheiben in Abhängigkeit
von der Verarbeitungstemperatur)

Bild 2-220. E-Modul (aus Zug-


Versuch nach DIN 53547) von
Terlux 2802 TR in Abhängigkeit
von der Prüftemperatur

Durchstoßarbeit, wie Bild 2-219 als Funktion der Verarbeitungstemperatur


zeigt. Mit einer Schlagzähigkeit von 80 kJ/m2 überragt MABS die ebenfalls
transparenten Thermoplaste PS mit 14 kJ/m2, SAN mit 18 kJ/m2 und PMMA mit
nur 11 kJ/m2 bei weitem. Tabelle 2-53 weist selbst bei tiefen Temperaturen noch
eine hohe Kerbschlagzähigkeit aus.
Der aus dem Zugversuch ermittelte Zug-E-Modul liegt in Abhängigkeit
von der Prüftemperatur gemäß Bild 2-220 über einen breiten Bereich auf
einem hohen Niveau. Diese Feststellung gilbt ebenso für den Schubmodul G,
Bild 2-221.
Die Transparenz von MABS nimmt im Bereich des sichtbaren Lichtes (400 bis
700 nm) von 80 auf 90 % zu; kommt es jedoch in Berührung mit heißem Wasser,
dann kommt es zu einer irreversiblen Eintrübung.
Styrolpolymere
(PS)
Tabelle 2-53. Richtwerte für ungefärbte Terlux®-Typen bei 23 °C 754
Richtwerte Einheit Prüfvorschrift Probekörper
DIN/VDE ISO/IEC (min)

Mechanische Eigenschaften
Zug-E-Modul MPa 53547 527 nach ISO 3167 2000 1900
Streckspannung (v = 50 mm/min) MPa 53455 527 nach ISO 3167 48 42
Streckdehnung/Bruchdehnung (v = 50 mm/min) % 53455 527 nach ISO 3167 4/12 4/20
Zug-Kriechmodul, 100 h, Dehnung ≤0.5%, +23°C MPa 53444 899 nach ISO 3167 1250
Biegespannung bei Höchstkraft MPa 53452 178 80 · 10 · 4 70 60
Schubmodul MPa 53445 537 60 · 10 · 1 800 800
Charpy-Schlagzähigkeit + 23 °C kJ/m2 – 179/1eU 80 · 10 · 4 150 90
Charpy-Schlagzähigkeit – 30 °C kJ/m2 – 179/1eU 80 · 10 · 4 80 55
Charpy-Kerbschlagzähigkeit + 23 °C kJ/m2 – 179/1eA 80 · 10 · 4 5 6
Charpy-Kerbschlagzähigkeit – 30 °C kJ/m2 – 179/1eA 80 · 10 · 4 2 2
Izod-Kerbschlagzähigkeit, Methode Aa + 23 °C J/m – D 256 63.5 · 12.7 · 3.2 100 60
Kugeldruckhärte H 358/30 MPa 2039-1a ≥ 10 · ≥ 10 · 4 70 75
Thermische Eigenschaften
Biegetemp. unter Last 1.8 Mpa (HDT A) °C 75 b 75 110 · 10 · 4 90 87
Biegetemp. unter Last 0.45 Mpa (HDT B) °C 75 b 75 110 · 10 · 4 94 93
Vicat-Erweichungstemperatur VST/A/50 °C 306 b 306 ≥ 10 · ≥ 10 · 105
Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/50 °C 306 b 306 ≥ 10 · ≥ 10 · 4 91 87
Max. Gebrauchstemperatur, bis zu einigen Stunden °C – – Formteile 75 75
Therm. Längenausdehnungskoeff., längs (23–80) °C 10-5/K 53752 – ≥ 10 · ≥ 10 · 4 8–11 8–11
Wärmeleitfähigkeit W(m · K) 52612 – 260 · 260 · 10 0.17 0.17
Elektrische Eigenschaften
Dielektrizitätszahl bei 100 Hz/1 MHz – 0303-4 250 80 · 80 · 1 2.9/2.8 3/2.8
Dielektr. Verlustfaktor bei 100 Hz/1 MHz – 0303-4 250 80 · 80 · 1 0.016/0.014 0.016/0.013
Spez. Durchgangswiderstand W · cm 0303-30 93 80 · 80 · 1 1015 1016
Oberflächenwiderstand W 0303-30 93 80 · 80 · 1 1013 1014
Elektr. Durchschlagfestigkeit K20/P50 kV/mm 0303-21 243/1 d = (0.6–0.8) 85 77
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI, Prüflösung A – 0303-1 112/A ≥ 15 · ≥ 15 · 4 CTI 600 CTI 600
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI M, Prüflösung B – 0303-1 112/A ≥ 15 · ≥ 15 · 4 CTI 600 M CTI 600 M
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

a
Prüfvorschrift nach ASTM.
b
Prüfvorschrift nach DIN/ISO.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 755

Bild 2-221. Schub-


modul (G) und me-
chanischer Verlust-

Styrolpolymere
faktor (d) (Torsions-
schwingungsversuch

(PS)
DIN 53 445) von
Terlux 2802 TR in
Abhängigkeit von
der Prüftemperatur

Gebrauchstemperatur ohne mechanische Beanspruchung in Luft:


dauernd 60 bis 70 °C
kurzzeitig 70 bis 80 °C
Zersetzungstemperatur 240 °C

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die ungefärbten MABS-Typen erfüllen die Empfehlung VI „Styrol-Misch-
Pfropfpolymeren“, Stand vom 15. 4. 1991 (187. Mitteilung Bundesgesundheitsblatt
34 (1991) Seite 296). Bei eingefärbten Typen ist zu prüfen, ob die Empfehlung VI
bzw. die Empfehlung IX „Farbmittel zum Einfärben von Kunststoffen“ erfüllt

Bild 2-222. Fließfähigkeit in Abhän-


gigkeit von der Massetemperatur und
dem Spritzdruck im Werkzeug, Test-
spirale 2 mm · 10 mm, Werkzeugober-
flächentemperatur 60 °C
756 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

werden. Acrylnitril darf auf Lebensmittel nicht in Mengen übergehen, die mit
der festgelegten Methode erfassbar sind, d. h. geringer sind als die Grenzmenge.

■ Verarbeitung
Um bei der Spritzgussverarbeitung ein durch Feuchtigkeit bedingtes Eintrüben
zu vermeiden, ist Vortrocknen ratsam (2 Std. bei 70 °C). Trübung tritt auch ein,
wenn andere – auch transparente – Thermoplaste zugemischt werden. Die Mas-
setemperatur beträgt 230 °C bis 260 °C, die Verarbeitungsschwindung 0,4 bis
0,8 %. Die Abhängigkeit der Fließweglänge in Abhängigkeit von Massetempera-
Styrolpolymere

tur und Spritzdruck zeigt Bild 2-222.


(PS)

Anwendungsbeispiele
In der Kosmetik sind es: Etuis, Zahnbürsten, Kosmetikkoffereinsätze; im
Haushalt: Gefriergutkörbe, Gemüseschalen für Kühlschränke und Sanitär-
papierspender. Im Büro sind: Zeichen- und Schreibgeräte begehrt, Ab-
deckungen und Führungen für Büromaschinen und Tonerbehälter für
Kopiergeräte zu finden. Die Medizintechnik schätzt MABS für Dialysegerä-
tegehäuse, Teile für Infusionsgeräte wie Schlauchverbinder und Konnekto-
ren, Mundrohr für Inhalationsflaschen und Behälter für Wundgarn.
Gehäuse für Armbanduhren und transparente Teile für Spielzeuge sind
weitere Beispiele.

Handelsname
Terlux (BASF AG/DE)

2.1.3.2.3.1
Polymerblends aus (ABS + PC)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Diese Stoffklasse hat in den vergangenen zehn Jahren zunehmend an Bedeutung
gewonnen, weil sie in ihren Eigenschaften zwischen ABS und PC liegt. Durch Va-
riieren des Typs der jeweiligen Komponenten, d. h. in ihrer Zusammensetzung
sowie im Mengenverhältnis im Blend ist es möglich, die Produkte gezielt den An-
forderungen des Marktes anzupassen.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


(ABS + PC)-Polymerblends sind amorphe Thermoplaste. Sie zeigen die für diese
Werkstoffgruppe typischen Eigenschaften auf:

• hohe Maßgenauigkeit,
• geringe Verzugsneigung,
• geringe Gesamtschwindung,
• geringe Feuchtigkeitsaufnahme.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 757

Dazu kommen im Besonderen:

• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (nach Vicat B 112 °C bis 134 °C, mit dem
PC-Anteil zunehmend) – hohe Steifigkeit und Härte (vergleichbar mit PC),
• hohe Kerbschlagzähigkeit bis – 50 °C,
• gute elektrische Eigenschaften im Schwachstrom- und Niederspannungsbe-
reich.
Wegen des ABS-Anteils sind nur gedeckte Einfärbungen möglich. Die Ober-
fläche der aus diesen Blends hergestellten Formstoffe ist hochglänzend.

Styrolpolymere
■ Zusatzstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5)

(PS)
Im Sortiment dieser Blends befinden sich flammwidrig ausgerüstete und glasfa-
serverstärkte Typen. Durch den Zusatz von Glaskugeln und mineralischen Füll-
stoffen bieten sich zahlreiche Möglichkeiten zur Modifikation.

■ Sortiment
Das Sortiment enthält Typen, die außer den genannten Ausrüstungen auch die
Möglichkeit des chemogalvanischen Metallisierens bieten.

■ Lieferform
Die Blends werden als Granulat geliefert.

■ Typisierung
Eine in Arbeit befindliche Norm des DIN über Polymer-Gemische wurde inzwi-
schen veröffentlicht.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-54.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurz- und Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand. Über diese
Eigenschaften geben die Bilder 2-223 bis 2-225 Auskunft.

Bild 2-223. Spannungsdeh-


nungs-Diagramm einiger
(ABS + PC)-Blends
a Bayblend T 85 MN
b Bayblend T 65 MN
c Bayblend T 45 MN
(Quelle: Bayer AG)
Styrolpolymere
(PS)

Tabelle 2-54. Vergleich kennzeichnender Eigenschaften einiger ABS-Polymerblends


758

Eigenschaften Einheit (ABS + PVC) (ABS + PC) ASA Acrylnitril


mit erhöhten
hart flexibel Sperreigenschaften

mechanische
Rohdichte g/cm3 1,35 1,35 1,1 – 1,2 1,07 1,1 – 1,15
Zugfestigkeit N/mm2 38 – 49 18 – 23 53 – 58 42 – 56 56 – 110
Reißdehnung % 5 – 20 250 10 – 150 20 – 60 3,5 – 15
Zug-E-Modul N/mm2 2100 – 2700 – 2100 – 2700 2300 – 2900 3500 – 4800
Biege-E-Modul N/mm2 2100 – 2500 – 2100 – 3000 2300 – 2600 3000 – 4500
ft.lb
Kerbschlagzähigkeit 3 – 15 – 8 – 13 6–8 1,0 – 3,5
inch of notch
Härte – R102 – 113 75 – 95 R106 – 120 R102 – 108 M80 – 101
thermische
Formbeständigkeit in der Wärme
1,85 N/mm2 °C 68 – 77 – 104 – 127 102 – 108 88 – 93
0,46 N/mm2 °C 77 – 82 – 112 – 130 108 – 110 75 – 103
Dauergebrauchstemperatur °C – – 105 – 120 71 – 93 –
elektrisch
Durchschlagfestigkeit V/25 mm 600 – 350 – 500 350 – 500 220 – 243
Dielektrizitätszahl (103 Hz) – – – 2,4 – 4,5 3,0 – 3,8 4,55
dielektrischer Verlustfaktor (103 Hz) – – – 0,003 – 0,006 0,2 – 0,4 0,032
Brennbarkeit – selbsterlösch. brennbar brennbar brennbar brennbar
vergilbt vergilbt vergilbt vergilbt
Sonneneinwirkung beständig
versprödet versprödet versprödet versprödet
schwache Säuren – beständig beständig beständig beständig beständig
starke Säuren – beständig beständig – bei oxid. s. – oxid s. nicht beständig
schwache Säuren – beständig beständig beständig beständig beständig
starke Laugen – beständig beständig leicht unbest. beständig nicht beständig
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-54 (Fortsetzung)

Eigenschaften Einheit (ABS + PVC) (ABS + PC) ASA Acrylnitril


mit erhöhten
hart flexibel Sperreigenschaften

Lösemittel, unbeständig in – Ketonen, Estern, Ketonen, Ketonen, Ketonen,


Aromaten Chlor-KW Estern, Estern, DMF
Aromaten und Aromaten und
2.1.3 Styrolpolymere (PS)

Chlor-KW Chlor-KW
Verarbeitbarkeit – gut gut gut gut gut
Pressform-Temperatur °C 150 – 177 150 – 177 – 200 – 260 150 – 190
Spritzgießtemperatur °C 190 190 255 – 280 230 – 260 215
Schwindung (gesamt) % 0,4 – 0,6 0,4 – 0,6 0,5 – 0,7 0,4 – 0,8 0,3 – 0,5
Klarheit – opak – – opak transparent
Brechungsindex n 23
D – – – – – 1,51 – 1,53
Wasseraufnahme 24 h %-Masseanteil 0,2 – 0,20 – 0,35 0,5 –
759

Styrolpolymere
(PS)
760 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-223. Spannungsdeh-


nungs-Diagramm einiger
(ABS + PC)-Blends
a Bayblend T 85 MN
Styrolpolymere

b Bayblend T 65 MN
c Bayblend T 45 MN
(PS)

(Quelle: Bayer AG)

Bild 2-224. Zug-Kriechmodul zweier (ABS +


PC)-Blends

Bild 2-225. Isochrone Spannungsdehnungs-


linien von Bayblend T 85 MN (Prüftempe-
ratur 23 °C)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 761

Umwandlungstemperaturen
Wie der Verlauf der Schubmodulkurven, Bild 2-226 zeigt, ist die Steifigkeit der
Blends über einen weiten Bereich nahezu unabhängig von der Temperatur.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die (ABS + PC)-Blends zeigen über einen weiten Temperaturbereich eine hohe
Schlag- und Kerbschlagzähigkeit, Bild 2-227, eine Voraussetzung für ihre Ver-
wendung bei mechanisch hochbeanspruchten Formteilen.

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-226. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d einiger (ABS + PC)-Blends
a Bayblend T 85 MN
b Bayblend T 45 MN
(Quelle: Bayer AG)

Bild 2-227. Kerbschlagzähigkeit einiger (ABS +


PC)-Blends in Abhängigkeit von der Temperatur
a Bayblend 85 MN
b Bayblend 65 MN
c Bayblend 45 MN
(Quelle: Bayer AG)
762 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Bild 2-226 sowie Tabelle 2-54, Wärmeleitfähigkeit: 0,2 W/mK.
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI: 250 bis 500 (je nach Typ),spezifischer
Durchgangswiderstand: > 1016 W, spezifischer Durchgangswiderstand: 1016 Wcm.

■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)


Siehe Tabelle 2-54.
(ABS + PC)-Blend ist wegen seines Gehaltes an PC nur bedingt hydrolysebe-
ständig. Eine längere Berührung mit Wasser und wäßrigen Medien bei Tempe-
Styrolpolymere

raturen > 50 °C ist zu vermeiden.


(PS)

■ Witterungsbeständigkeit
(ABS + PC)-Blends weisen bei Bewitterung einen Abfall der Zähigkeit auf. Die
Ergebnisse von künstlicher und Freibewitterung zeigt Bild 2-228. Die Lichtecht-
heit ist mit derjenigen von ABS vergleichbar. Höhere Ansprüche an das Witte-
rungsverhalten sind mit Hilfe spezieller Stabilisierungssysteme oder zusätzli-
cher Lackierung bzw. Metallisierung erfüllbar.
Angesichts der vorzüglichen Witterungsbeständigkeit des mit Hilfe von
Acrylesterelastomeren modifizierten SAN liegt es nahe, auch dieses Pfropfpoly-
mere zur Modifizierung von PC zu verwenden (siehe Abschnitt AXS).

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die (ABS + PC)-Blends entsprechen bei speziellen Einstellungen und sach-
gemäßer Verarbeitung den Empfehlungen VI „Styrol-Misch- und Pfropfpolyme-
risate“ Stand vom 15. 4. 1991 (187. Mitteilung Bundesgesundheitsblatt 34 (1991),

Bild 2-228. Schlagzug-


zähigkeit von (ABS +
PC)-Blends nach Bewitte-
rung
a Bayblend T 85 MN
b Bayblend T 45 MN
(Quelle: Bayer AG)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 763

Seite 296) und können zur Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne des
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes verwendet werden.
Für den Polycarbonatanteil sind die Empfehlungen XI „Polycarbonate“ Stand
15. 01. 93 des Bundesgesundheitsamtes (189. Mitteilung, Bundesgesundheitsblatt
36 (1993), Seite 114) zu erfüllen.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


Spritzgießen, Extrudieren sowie das Warmformen von tafelförmigem Halbzeug
sind die üblichen Verarbeitungsmethoden. Die Formmasse muss vor dem Plas-

Styrolpolymere
tifizieren bis zu einer Restfeuchtigkeit < 0,1 % vorgetrocknet werden. Die Trock-
nungstemperaturen betragen je nach Typ 100 bis 120 °C, die Zeitdauer 3 bis 4

(PS)
Stunden im Umluft- und 2 bis 3 Stunden im Schnelltrockner.
Die Massetemperaturen betragen beim Spritzgießen 230 °C bis 250 °C (je nach
Typ), die Werkzeugtemperaturen 80 °C bis 100 °C. Extrudiert wird mit Masse-
temperaturen von 220 bis 250 °C. Die Temperaturführung muss in jedem Falle so
gewählt werden, dass die Maximaltemperatur 280 °C nicht überschritten wird.
Tafelförmiges Halbzeug wird bei Temperaturen von 180 bis 210 °C warmge-
formt. Um eine hohe Oberflächengüte zu erreichen, müssen die Tafelzuschnitte
mindestens 2 Std. bei 100 °C vorgetrocknet werden. Die Temperatur der Werk-
zeuge beträgt 80 bis 100 °C.

■ Bearbeitung
Formteile und Halbzeug aus (ABS + PC)-Blends sind handwerklich und ma-
schinell gut bearbeitbar. Das Fügen kann duch Ultraschall-, Vibrations- Reib-
und Heizelementschweißen oder durch Kleben mit 1- oder 2-Komponenten-
Klebstoffen geschehen. Für das Bedrucken und Lackieren werden geeignete Pro-
dukte angeboten. Das Galvanisieren ist nach den für ABS bekannten Verfahren
möglich. Dabei liefern naturgemäß die Typen mit hohem ABS-Anteil die besten
Ergebnisse.

Anwendungsbeispiele
Kraftfahrzeugindustrie, Elektroindustrie, Hausinstallationen, Lichttech-
nik, Haushaltgeräte, Sport- und Freizeitgeräte sind die bevorzugten An-
wendungsbereiche. Hier einige Beispiele:
Armaturentafeln, Außenspiegel, Belüftungssysteme, Dachhimmel,
Embleme, Profilleisten, Flankenschutz, Grills, Handschuhkastenklappen,
Hutablagen, Innenspiegel, Instrumentenrahmen, Lautsprecherabdeckun-
gen, Mittelkonsolen, Naben- und Radkappen, Säulenverkleidungen,
Spoiler, Verbandskästen, Schreibmaschinenabdeckungen, Stromvertei-
lungskästen, Sicherungsschaltergehäuse, Stecker, Wandsteckdosen, Unter-
putzdosen, Schalter, Schaltuhrengehäuse, Büroleuchten, Industrieleuchten,
Staubsauger, Thermokannen, Thermostatventile, Bügeleisengriffe, Raum-
befeuchter.
764 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Handelsnamen
Bayblend (Bayer AG/DE)
Cycoloy (General Electric Platics/US)
Lastilac (Lati Industria Thermoplastici Deutschland GmbH/DE)
Pulse (Dow Europe/CH)
Ryulex (Dainippon Ink & Chemicals Inc./JP)

2.1.3.2.3.2
Styrolpolymere

Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropfcopolymere (ASA)
(PS)

■ Herstellung
Die ASA-Pfropfcopolymere werden durch Copolymerisieren von Styrol und
Acrylnitril unter Beifügung einer gepfropften Elastomerkomponente auf
Acrylesterbasis hergestellt. Die Elastomerkomponente ist in Form sehr kleiner
Partikel gleichmäßig im SAN-Gerüst verteilt und durch aufgepfropfte SAN-Ket-
ten damit verbunden.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die ASA-Pfropfpolymere werden wegen ihrer butadienfreien Elastomerkompo-
nente vor allem zur Herstellung von Funktions- und Fertigteilen für Außenan-
wendungen verwendet. Ihre hervorragenden Eigenschaften sind:
• hohe Zähigkeit und Steifheit,
• hohe Thermostabilität,
• hoher Glanz,
• günstiges antielektrostatisches Verhalten,
• hohe Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse, Alterung und Vergilben,
• hohe Chemikalienresistenz,
• problemlos verarbeitbar in einem breiten Temperaturbereich.

■ Zusatzstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5)


Die Funktions-Zusatzstoffe entsprechen grundsätzlich den bei SB und ABS ge-
bräuchlichen.

■ Sortiment
Das heutige Luran S-Sortiment enthält sechs Typen für das Spritzgießen,vier für das
Extrudieren und einen Sondertyp für das Spritzgießen und Extrudieren, der sich
durch besonders hohe Schlagzähigkeit (Typ 799 S/SE, 120 kJ/m2 n. Izod bei – 30 °C)
auszeichnet. Dieser Typ ist jedoch nur in ausgewählten Einfärbungen lieferbar.

■ Lieferform
Naturfarbenes (gelblich-weißes) und farbiges Granulat. Unter ungünstigen Bedin-
gungen aufgenommene Feuchtigkeit muss durch Vortrocknen entfernt werden.

■ Typisierung
DIN 16777.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 765

■ Physikalische Eigenschaften
(siehe Tabellen 2-55 und 2-56 [16])

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Entsprechend dem unterschiedlichen Anteil an Acrylesterelastomeren zeigen sich
bei der Streckspannung deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Typen,
Bild 2-229. Der Verlauf der Kraft/Verformungs-Diagramme hängt naturgemäß
auch von der Dehngeschwindigkeit und der Prüftemperatur, Bild 2-230 ab.

Styrolpolymere
Umwandlungstemperaturen

(PS)
Einen weiteren Einblick in das mechanische Verhalten der ASA-Pfropfpolymere
gewährt der Verlauf des Schubmoduls G und des mechanischen Verlustfaktors d

Bild 2-229. Spannungsdeh-


nungs-Diagramme verschiede-
ner ASA-Typen (Prüftempera-
tur 23 °C)
a Luran S 757 R
b Luran S 776 S
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-230. Spannngsdehnungs-


Diagramme von Luran S 776 S
für verschiedene Temperaturen
(die Versuche wurden bei 10 %
Dehnung abgebrochen)
Styrolpolymere
(PS)

Tabelle 2-55. Physikalische Eigenschaften ausgewählter ungefärbter Luran®-S-Typen


766

Richtwerte Einheit Prüfvorschrift 757 776 77 BT 797 KR KR


DIN/VDE ISO/IEC R/RE S/SE S/SE 2853/1 2858 G3

Mechanische Eigenschaften
Zug-E-Modul MPa 53457 527 2600 2200 2400 2000 2500 6600
Streckspannung (V = 50 mm/min) MPa 53455 527 56 47 53 40 54
Streckdehnung/Bruchdehnung % 53455 527 3,1/15 3,3/20 3,2/20 4,3/25 3,2/15 /2,5
Zug-Kriechmodul, 100 h, Dehnung ≤ 0,5%, + 23 °C MPa 53444 899 1400 1200 1250 1100 1350
Biegespannung bei Höchstkraft MPa 53452 178 80 65 80 60 80 140
Schubmodul MPa 53445 537 900 800 900 730 1000
Charpy-Schlagzähigkeit a + 23 °C kJ/m2 – 179/1eU 180 270 280 NB 230 22
Charpy-Schlagzähigkeit + 30 °C kJ/m2 – 179/1eU 60 125 125 185 110 17
Izod-Schlagzähigkeit 1C a + 23 °C kJ/m2 53453 – NB NB NB NB NB 22
Izod-Schlagzähigkeit 1C – 30 °C kJ/m2 – 180/1C 30 80 65 120 60
Charpy-Kebschlagzähigkeit a + 23 °C kJ/m2 – 179/1eA 11 25 22 45 14 5
Charpy-Kerbschlagzähigkeit – 30 °C kJ/m2 – 179/1eA 3 3 4 9 5 5
Izod-Kerbschlagzähigkeit 1Aa + 23 °C kJ/m2 – 180/1A 10 30 20 45 15
Izod-Kerbschlagzähigkeit 1A – 30 °C kJ/m2 – 180/1A 3 4 4 10 4
Charpy-Kerbschlagzähigkeit a + 23 °C mJ/m2 53453 – 6 12 14 20 8
Izod-Kerbschlagzähigkeit, Methode Aa + 23 °C J/m – D 256 a 110 450 320 600 180
Kugeldruckhärte H 358/30 MPa 2039-1 2039-1 100 70 85 65 100
Thermische Eigenschaften
Biegetemp. unter Last 1,8 Mpa (HDT A) °C 75 75 97 96 103 95 104
Biegetemp. unter Last 0,45 Mpa (HDT B) °C 75 75 101 101 106 100 108
Vicat-Erweichungstemperatur VST/A/50 °C 306 306 105 104 113 104 114
Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/50 °C 306 306 98 92 104 92 106 114
Max. Gebrauchstemperatur, bis zu einigen Stunden b °C – – 85 80 90 80 95
Therm. Längenausdehnungskoeff., längs (23–80) °C 10–5/K 53752 – 8–11 8–11 8–11 8–11 8–11 3.0
Wärmeleitfähigkeit W/(m · K) 52612 – 0,17 0,17 0,17 0,17 0,17
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-55 (Fortsetzung)

Richtwerte Einheit Prüfvorschrift 757 776 77 BT 797 KR KR


DIN/VDE ISO/IEC R/RE S/SE S/SE 2853/1 2858 G3

Elektrische Eigenschaften
Dielektrizitätszahl bei 100 Hz/1 MH – 0303-4 250 3,7/3,4 3,8/3,4 3,9/3,5 3,8/3.3 3,9/3,6
Dielektr. Verlustfaktor bei 100 Hz/1 MHz – 0303-4 250 0,009/ 0,009/ 0,009/ 0,009/ 0,009/
0,025 0,034 0,033 0,026 0,033
2.1.3 Styrolpolymere (PS)

Spez. Durchgangswiderstand W · cm 0303-30 93 1014 1014 1014 1014 1014


Oberflächenwiderstand W 0303-30 93 1013 1013 1013 1013 1013
Elektr. Durchschlagfestigkeit K20/P50 kV/mm 0303-21 243/1 90 95 105 100 105
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI, – 0303-1 112/A CTI 600 CTI 600 CTI 600 CTI 600 CTI 600
Prüflösung A
a
Prüfvorschrift ASTM.
b
Erfahrungswerte.
767

Styrolpolymere
(PS)
768 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-56. Produktmerkmale, Verarbeitungskennwerte und Brennverhalten ausgewählter


Luran®-S-Typen

Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23 °C Einheit Prüfvorschrift 757 R/RE


DIN/ ISO/
VDE IEC

Produktmerkmale
Kurzzeichen – 7728 1043 ASA
Dichte g/cm3 53479 1183 1,07
Einfärbung: natur (n), gefärbt (c), – – – n, c, bk, sp
Styrolpolymere

schwarz (bk), Sonderfarben (sp)


Wasseraufnahme, Sättigung in Wasser % 53495/1L – 1,65
(PS)

bei 23 °C
Wasseraufnahme, 24 h bei 23 °C % 53495/1 – 0,45
Feuchtigkeitsaufnahme, Sättigung % – – 0,35
bei Normalklima 23 °C/50% r.F.
Verarbeitung
Verarbeitungsverfahren: Spritzgießen (M), – – – M/E
Extrusion (E), Blasformen (F)
Schmelze-Volumenrate MVR 200/21,6 ml/10 min 11335 1133 8
Schmelze-Volumenrate MVR 220/10 ml/10 min 11335 1133 14
Vortrocknung: Temperatur/Zeit °C/h – – 80/2-4
Massetemperaturbereich, Spritzgießen °C – – 240–280
Werkzeugtemperaturbereich °C – – 40–80
Verarbeitungsschwindung, frei % – – 0,4–0,7
Massetemperaturbereich, Rohr-Extrusion °C – – 200–240
Massetemperaturbereich, Platten-Extrusion °C – – 230–270
Massetemperaturbereich, Blasformen °C – –
Werkzeugtemperatur, Blasformen °C – –
Werkstoffkennwerte zum Brennverhalten
Prüfung nach UL-Standard
bei d = 1,6 mm Dicke Klasse – UL94 94HB
Prüfung von Elektro-Isolierstoffen
Verfahren BH Stufe – 707 BH3–20 mm/min
Verfahren FH Stufe – 707 FH3–30 mm/min
Anwendungen Gutfließender Stan-
dard-Spritzguss- und
Extrusionstyp
mit hoher Steifig-
keit, Härte und
Wärmeformbestän-
digkeit, z. B. für Gar-
tenmöbel und
Haushaltsgeräte
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 769

776 S/SE 778 T 797 S/SE KR 2853/1 KR 2858 3

ASA ASA ASA ASA ASA-GF15


1,07 1,07 1,07 1,07
n, c, bk, sp n, c, bk, sp n, c, bk, sp n, c, bk n, c, bk, sp

Styrolpolymere
1,65 1,65 1,65 1,65

(PS)
0,45 0,45 0,45 0,45 0,45
0,35 0,35 0,35 0,35 0,35

M/E, B M M/E, B E M

4 4 4 5 4
8 6 7 7
80/2-4 80/2-4 80/2-4 80/2-4 80/2-4
240–280 240–280 240–280 240–280 240–280
40–80 40–80 40–80 40–80 80–95
0,4–0,7 0,4–0,7 0,4–0,7 0.4–0.7 0,4
200–240 200–270 230–270
230–270 230–270 230–270
210–230 210–230
< 60 < 60

94HB 94HB 94HB 94HB 94HB

BH3–20 mm/min BH3–20 mm/min BH3–32 mm/min BH3–30 mm/min


FH3–30 mm/min FH3–30 mm/min FH3–30 mm/min FH3–30 mm/min
Standard-Spritz- Spritzgusstyp Typ mit beson- Typ mit hoher Glasfaserver-
guss- und Extru- mit erhöhter ders hoher Kerb- Wärmeformbe- stärkter Typ
sionstyp mit Wärmeformbe- schlagzähigkeit ständigkeit, be- mit hoher
guter Zähigkeit ständigkeit und für Spritzguss- sonders für die Steifigkeit und
und Steifigkeit, Zähigkeit. Gerin- und Extrusions- Extrusionsver- Wärmeformbe-
z.B. für Garten- ge Neigung zum verarbeitung, z.B. arbeitung ständigkeit
geräteteile, Teile Vergrauen, Be- für Skibindungs-
von Bürostühlen, sonders geeignet teile, Leuchtenab-
Schilder und für Kfz-Außen- deckungen und
Antennenteile teile z.B. Rasenmäherge-
sowie zur Her- Kühlergrills, häuse sowie zur
stellung von Heckblenden Herstellung von
Platten, z.B. für und Spiegelge- Platten, z.B. für
Türpaneele häuse Türpaneele und
und Surfbrett- Surfbrettschalen
schalen
770 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-231. Schubmodul G


und mechanischer Verlust-
Styrolpolymere

faktor d verschiedener ASA-


(PS)

Typen in Abhängigkeit von


der Temperatur
a Luran S 368 R
b Luran S 757 R
c Luran S 776 R
(Quelle: BASF AG)

in Abhängigkeit von der Temperatur, Bild 2-231. Das der Elastomerkomponente


zuzuschreibende Dämpfungsmaximum tritt bei – 40 °C auf. Der Schubmodul
fällt im Bereich des ersten Dämpfungsmaximums geringfügig ab und bleibt bis
zum zweiten Dämpfungsmaximum, der Glasübergangstemperatur der Hart-
komponente (SAN), nahezu konstant. Der Verlauf dieser Kurven zeigt, dass ASA
über einen weiten Temperaturbereich eine hohe Steifheit und eine hohe Zähig-
keit aufweist.

■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das mechanische Verhalten bei statischer Beanspruchung geht aus den isochro-
nen Spannungsdehnungs-Linien hervor, Bild 2-232. Die statische Belastbarkeit
ist betont temperaturabhängig, wie Bild 2-233 zeigt.

■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigeit


Die ASA Pfropfcopolymere sind Werkstoffe, die Steifheit, Härte und Maßhaltig-
keit mit hoher Zähigkeit verbinden. Diese vorteilhaften Eigenschaften bleiben
bei statischer und bei dynamischer Beanspruchung erhalten. Bei den nach DIN,
ISO oder ASTM an genormten Probestäben durchgeführten Prüfungen der
Schlag- und Kerbschlagzähigkeit werden die Messungen bei einer Schlagge-
schwindigkeit von etwa 3 m/s durchgeführt. Ein praxisnahes Zähigkeitsmaß
stellt die im Fallbolzentest (DIN 53 443 Bl. 1) an Rundschreiben (60 mm Dmr,
2 mm dick) ermittelte Schädigungsarbeit in Abhängigkeit von der Temperatur
dar. Wie Bild 2-234 zeigt, wird der Kurvenverlauf bei Temperaturen ab 0 °C
flacher, d. h., dass im Bereich der üblichen Gebrauchstemperaturen keine
größeren Änderungen mehr auftreten.
Die Schlagzähigkeit der ASA-Pfropfpolymere sei im Zusammenhang mit der
Witterungsbeständigkeit im Vergleich mit ABS nach Bewitterung im Weather-O-
Meter und im Xenotest-Gerät wiedergegeben, Bild 2-235. ABS versprödet und
vergilbt bereits nach kurzer Bewitterungsdauer. Der Widerstand der ASA-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 771

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-232. Isochrone Span-
nungsdehnungslinien von Luran
S 776 bei 23 °C (A) und 70 °C (B)
(Quelle: BASF AG)

Pfropfpolymere ist wesentlich höher. Bei der Prüfung differenziert ein Schlag auf
die unbelichtete Seite wesentlich stärker als ein Schlag auf die versprödete be-
lichtete Seite. Sie würde erst nach längerer Bewitterungsdauer einen Zähigkeits-
abfall anzeigen. Bei eingefärbten Produkten vermindert sich die Zähigkeit in der
Regel später als bei uneingefärbten. Besonders günstig verhalten sich schwarze
Einfärbungen. Bei Schlagzähigkeitswerten von mehr als 60 kJ/m2 reißen die Pro-
bekörper meistens nur noch an. Die günstige Wirkung der UV-Ausrüstung auf
die Schlagzähigkeit zeigt Bild 2-235B.

■ Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Zur Beschreibung dieses Verhaltens wird meistens die Biegewechselfestigkeit
nach DIN 53 442 herangezogen. Die entsprechenden Wöhler-Kurven zeigt Bild
2-236.
772 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere

Bild 2-233. Zeitstandfes-


(PS)

tigkeit von Luran S 776 S


und Luran S 757 R bei
verschiedenen Tempera-
turen (gemessen nach
DIN 53 444)

Bild 2-234. Schädigungsarbeit in


Abhängigkeit von der Prüftempera-
tur (nach DIN 53 443) gemessen an
spritzgegossenen Rundscheiben
(∆ 60 mm · 2 mm)

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabelle 2-54 sowie Tabelle 4-28 im Anhang. Auf Fertigteilen aus ASA-
Pfropfpolymeren bilden sich bei durchschnittlicher Luftfeuchtigkeit keine
Staubfiguren.

■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4)


Siehe Tabelle 2-54.
ASA Thermoplaste sind bei Raumtemperatur beständig gegen den Angriff
von gesättigten Kohlenwasserstoffen, aromatenarme Vergaserkraftstoffe und
Mineralöle, pflanzliche und tierische Fette und Öle, Wasser, wässrige Salzlösun-
gen sowie verdünnte Säuren und Laugen.
Konzentrierte Mineralsäuren, aromatische Kohlenwasserstoffe und Chlor-
kohlenwasserstoffe, Ester, Ether und Ketone greifen an. Die Beständigkeit wird
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 773

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-235. Schlagzähigkeit von ABS- und ASA-Pfropfpolymeren nach Bewitterung im Wea-
ther-O-Meter (A) und im Xenotest-Gerät Typ 1200 (B)
a ABS d Luran S 797 SE
b ABS-UV e Luran S 776 UV
c Luran S 776 S f Luran S 797 SE UV
(Quelle: BASF AG)

durch das Einwirken von Wärme und mechanische Beanspruchungen beein-


trächtigt.
Luran S hat ebenso wie Terluran eine gute Spannungsrissbeständigkeit, wobei
wegen des Acrylesterkautschuks die Luran-S-Werte besser sind als die der poly-
butadienhaltigen ABS-Typen, Bild 2-237.
Die Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen ist höher als dieje-
nige von ABS, wie Bild 2-238 zeigt.
774 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-236. Biegewechselfestig-


keit von ASA Pfropfpolymeren
Styrolpolymere

(Lastwechselfrequenz 19 Hz)
a Luran S 776 S
(PS)

b Luran S 757 R
(Quelle: BASF AG)

Bild 2-237. Spannungsrissver-


halten von Luran S und ABS
gegenüber Isopropanol gemes-
sen nach dem Kugeleindruck-
verfahren nach DIN 53 449

Bild 2-238. Beständigkeit ge-


gen Witterungseinflüsse: Schä-
digungsarbeit an 2 mm dicken
Rundscheiben aus (ASA +
PC)-Blend in Abhängigkeit
von der Bewitterungsdauer im
Limburgerhof
a (ABS + PC) natur
b (ASA + PC) natur
c (ASA + PC) elfenbein
d (ASA + PC) schwarz
(Quelle: BASF AG)
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 775

■ Brennbarkeit
Die thermische Zersetzung der Formmasse beginnt bei Temperaturen > 350 °C,
deren Selbstentzündung bei Temperaturen > 450 °C. Die ASA-Formmassen und
Formstoffe sind nach DIN EC 707/VDE 0304, in die Stufen FH3 und BH3 einzu-
ordnen (siehe auch Tabelle 2-56).

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Die an Schlauchfolien von 100 mm Dicke bei einer Temperatur von 20 °C gemes-
senen Durchlässigkeiten sind folgende:

Styrolpolymere
Wasserdampf 30 – 34 g/m2d (n. DIN 53 122, T.2, ISO 1195)

(PS)
H2 50 cm3/m2d bar
N2 60 – 70 cm3/m2d bar
O2 150 – 180 cm3/m2d bar (n. DIN 53 380) ISO 2556
CO2 6000 – 8000 cm3/m2d bar
CH4 100 – 110 cm3/m2d bar

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die entsprechend gekennzeichneten Typen erfüllen in ihrer Zusammensetzung
die Anforderungen der Empfehlung VI „Styrol-Misch- und Pfropfpolymerisa-
te“, Stand vom 15. 01. 93 (189. Mitteilung, Bundesgesundheitsblatt 36 (1993),
Seite 114).
Unter der Voraussetzung sachgerechter Verarbeitung bestehen gegen die Ver-
wendung dieser Typen bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne des
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes §5, Absatz 1, Nr. 1 (Lebensmittel-
bedarfsgegenstände) und Nr. 5 (Spielwaren) keine Bedenken; die Eignung der Be-
darfsgegenstände ist im Einzelfall vom Hersteller bzw.Verwender zu prüfen.
Gemäß Empfehlung VI darf Acrylnitril auf Lebensmittel nicht in Mengen
übergehen, die mit einer festgelegten Methode erfassbar sind; die Migrations-
prüfungen sind dabei unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen oder
vorhersehbaren Verwendung der Bedarfsgegenstände durchzuführen.
Für Einfärbungen sind die Forderungen der Empfehlung IX „Farbmittel zum
Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände“
zu beachten.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


Formstoffe aus ASA können ohne Vorbehandlung bedruckt und lackiert werden.
Das Metallisieren ist nach den üblichen Bedampfungsverfahren im Hochva-
kuum möglich.
Vortrocknen 3 bis 4 Stunden bei etwa 85 °C
Spritzgießen 230 bis 280 °C
Werkzeugtemperatur 40 bis 80 °C
Schwindung 0,4 bis 0,7 %
Extrudieren 230 °C
Wasserbadtemperatur 70 bis 80 °C
Warmformen 140 bis 170 °C
Blasformen 220 bis 230 °C
776 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Trennen und Fügen


Geeignet sind das Heizelement- und das Rotationsschweißverfahren, weniger
das US- und HF-Verfahren. Mit Hilfe von US können Verbindungen mit SAN,
ABS und PVC sowie PMMA hergestellt werden. Zum Kleben eignen sich Löse-
mittel wie Methylethylketon (MEK), Dichlorethylen und Cyclohexan.

Anwendungsbeispiele
Die UV-beständig elastifizierten Pfropfcopolymere werden überall dort
angewandt, wo es auf das mechanische Niveau eines SAN- bzw. SB-Mate-
Styrolpolymere

rials ankommt, jedoch darüber hinaus erhöhte UV- und Thermostabilität


(PS)

verlangt werden. Beispiele sind:


In der Elektrotechnik: Telefonapparate, Schalterprogramme; Schalter-
programme für die Elektroinstallation; Gehäuse für Nähmaschinen,
Dampfbügeleisen, Sprechfunkgeräte, Ventilatorverkleidungen, Abdeck-
hauben für Straßenbeleuchtungen, Wandhalter für Außenleuchten, Teile
von Dachantennen.
In der Haustechnik: Hinweisschilder für Gas,Wasser,Abwasser; Briefkäs-
ten, Lattenroste von Überlaufrinnen in Hallenbädern; Heißwasserbestän-
dige Abflussrohre und Fittings; Toilettenspülkästen, Küchenspülen, Lüf-
tungsgitter für Mauerwerk; Abdeckungen von Unterflurheizungen, Keller-
lichtschächte, Walzenhalterungen und Seitenteile für Rolladenkästen.
Für Sport und Freizeit: Stühle, Sitzschalen, Stuhlverkleidungen; Bootsscha-
len, Segelsurfer, Segelsurferschwertkästen, Spielgeräte, Spielzeugeisenbahnen.
Im Garten: Gartenstühle und -tische, Schlauchhalterungen, Systeme für
Gartenbewässerungen, Teile für Gartengeräte, Rasenmähergehäuse, Ge-
häuse für Rasenkantenschneider, Blumenkästen.
Im Fahrzeugbau [17]: Kühlergitter, Lufteinlaßgitter, Heckblenden, Rück-
leuchtengehäuse, Lkw-Außenspiegel, Windabweiser, Fensterrahmen für
Wohnwagen.

Handelsnamen
Centrex (Monsanto Chem. Plast, Div./US)
Luran S (BASF AG/DE)
Rhodapas (Rhône Poulenc S.A./FR)
Terblend (BASF AG/DE)

2.1.3.2.3.3
Polymerblends aus ASA und Polycarbonat (ASA + PC)
Eine im Vergleich mit ABS erhöhte Formbeständigkeit in der Wärme, hohe
Zähigkeit und Festigkeit, vorzügliche Witterungs- und Alterungsbeständigkeit
sowie eine hohe Farbstabilität kennzeichnen die ASA-Blends. Dieses technisch
geschätzte Eigenschaftsbild gewährleistet die Substitution der ABS-Komponente
durch das witterungsbeständige ASA. Der im ASA enthaltene Polyacrylatkaut-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 777

Styrolpolymere
Bild 2-239. E-Modul nach ISO 527
(Zugversuch) von Terblend S KR

(PS)
2861/1 in Abhängigkeit von der Prüf-
temperatur

schuk weist zwar eine gegenüber ABS höhere Glasübergangstemperatur auf, er


besitzt jedoch keine C=C-Doppelbindung in der Hauptkette. Die höhere Glas-
übergangstemperatur bewirkt eine etwas geringere Zähigkeit in der Kälte;
die fehlenden Doppelbindungen erhöhen jedoch den Widerstand gegen den
photooxidativen Abbau. Die Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse ist an der
Schädigungsarbeit an 2 mm dicken Rundscheiben aus einigen ASA- und ABS-
Blends zu erkennen, Bild 2-239.

■ Sortiment
Zum Terblend® S-Sortiment der BASF gehören beispielsweise Standard- und
leichtfließende Typen für die Spritzgussverarbeitung, Typen mit Brand-
schutzausrüstung und hoher Formbeständigkeit in der Wärme sowie leicht-
fließende Typen mit chlor- und bromfreier Brandschutzausrüstung.

■ Physikalische Eigenschaften
Tabelle 2-57 [18] ermöglicht einen Vergleich der physikalischen Eigenschaften
von (ASA + PC) Blends mit (ABS + PC) Blends sowie den ursprünglichen Ter-
polymeren.
In Bild 2-239 ist der im Kurzzeit-Zugversuch ermittelte E-Modul in Abhän-
gigkeit von der Prüftemperatur wiedergeben, während die Bilder 2-240 und
2-241 das Langzeitverhalten eines Blendtyps bei Temperaturen von 23 °C bzw.
80 °C zeigen.
Über die Umwandlungstemperaturen gibt Bild 2-242 Auskunft. Das Verhalten
der Zähigkeit einiger (ABS + PC)- und (ASA + PC)-Blends und der Vergilbung
nach Wärmelagerung bei 90 °C und 110 °C zeigen die Bilder 2-243 bzw. 2-244 [19].

■ Chemikalienbeständigkeit
(ASA + PC)-Blends sind bei Raumtemperatur beständig gegen Wasser, wässrige
Salzlösungen, verdünnte Säuren, gesättigte Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Gly-
cole, Öle und Fette. Dagegen greifen aromatische Kohlenwasserstoffe, Ester,
Styrolpolymere
(PS)

Tabelle 2-57. Eigenschaftsvergleich der Acryl/Styrol-Copolymerisate und deren Blends mit Polycarbonat (PC)
778

Eigenschaft Einheit Acrylnitril-Styrol-Copolymerisate und Blends

ABS ABS-HI ABSGF 20 (ABS + PC) ASA (ASA + PC)

Dichte g/cm3 1.03–1.07 1.03–1.07 1.18–1.19 1,08–1,17 1,07 1,15


Zug-E-Modul MPa 2200–3000 1900–2500 6000 2000–2600 2300–2900 2300–2600
Streckspannung MPa 45–65 30–45 – 40–60 40–55 53–63
Streckdehnung % 2,5–3 2,5–3,5 – 3–3,5 3,1–4,3 4,6–5
Nominelle Bruchdehnung % 15–20 20–30 – > 50 10–30 > 50
Spannung bei 50% Dehnung MPa – – – – – –
Bruchspannung MPa – – 65–80 – – –
Bruchdehnung % – – 2 – – –
Schmelztemperatur °C – – – – – –
Formbeständigkeitstemperatur HDT/A 1,8 Mpa °C 95–105 90–100 1100–110 90–110 95–104 105–115
Längenausdehnungskoeffizient, längs (23–55 °C) 10–5/K 8,5–10 8–11 3–5 7–8,5 9,5 7–9
Längenausdehnungskoeffizient, quer (23–55 °C) 10–3/K – – 5–6 –
Brennbarkeit UL 94 bei 1,6 0 mm Dicke Klasse HB* HB* HB* HB* HB* HB*
Dielektrizitätszahl bei 100 Hz – 2,8–3,1 2,8–3,1 2,9–3,6 3 3,4–4 3–3,5
Dielektrischer Verlustfaktor bei 100 Hz · 10–4 90–160 90–160 50–90 30–60 90–100 20–160
Spezifischer Durchgangswiderstand Ohm · m 1012–1013 1012–1013 1012–1013 > 1014 1012–1014 1011–1013
Oberflächenwiderstand Ohm > 1013 > 1013 > 1013 1014 1013 1013–1014
Elektrische Durchschlagfestigkeit kV/mm 30–40 30–40 35–45 24
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI/A 550–600 550–600 600 250–600 600 200–225
Aufnahme von Wasser bei 23 °C, Sättigung % 0,8–1,6 0,8–1,6 0,6 0,6–0,7 1,65 1
Feuchteaufnahme bei 23 °C/50% r.F., Sättigung % 0,3–0,5 0,3–0,5 0,3 0,2 0,35 0,3

* Auch als V-2 bis V-0 verfügbar.


2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 779

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-240. Isochrone Spannungsdeh- Bild 2-241. Isochrone Spannungsdeh-
nungslinien für Terblend S KR 2861/1 nungslinien für Terblend S KR 2861/1
bei 23 °C (gemessen nach ISO 899) bei 80 °C (gemessen nach ISO 899)

Bild 2-242. Schubmodul und


mechanischer Verlustfaktor
von Terblend S KR 2861/1 in
Abhängigkeit von der Prüf-
temperatur (Torsionsschwin-
gungsversuch nach ISO 537)

Ether und Ketone an. Sie quellen oder lösen. Konzentrierte Säuren, Amine, Am-
moniaklösungen, Ammoniakgas und Laugen wirken zerstörend [20].

■ Brennverhalten
Durch Brandschutzausrüstung können Entzündbarkeit und Flammenausbrei-
tungsgeschwindigkeit verringert werden. Die für den Fahrzeugbau geltende
Norm FMVSS 302 bzw. DIN 75 200 wird im Allgemeinen von Formteilen mit
Wanddicken > 1 mm erfüllt.
780 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-243. Zähigkeitsabfall von Ter-


blend S und (ABS + PC)-Blend nach
Wärmelagerung bei 90 °C und 110 °C

Bild 2-244. Vergilbung von Terblend S


und (ABS + PC)-Blend nach Wärme-
lagerung bei 90 °C und 110°C

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die (ASA + PC)-Sortimente bieten Einstellungen, die die Anforderungen der Be-
darfsgegenständeverordnung vom 10. 04. 92 (Bundesgesetzblatt 1 1992 S. 806)
und die Empfehlung VI Styrol- Misch- und Pfropfpolymerisate, Stand 15. 01. 1993
des Bundesgesundheitsamtes (189. Mitteilung, Bundesgesundheitsblatt 36 (1993)
Seite 114) bzw. Empfehlung XI „Polycarbonate“ Stand 15. 01. 93 des Bundesge-
sundheitsamtes (189. Mitteilung, Bundesgesundheitsblatt 36 (1993) S. 114) erfül-
len.
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 781

Bild 2-245. Fließfähigkeit von Ter-


blend S KR 2861/1, KR 2863 und KR
2864 in Abhängigkeit von der Masse-

Styrolpolymere
temperatur (Spiraltest)
Werkzeug: Testspirale 2 mm · 10 mm,

(PS)
Spritzdruck 1100 bar, Werkzeugober-
flächentemperatur 80 °C

■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


(ASA + PC)-Blends können bei nicht trockener Lagerung geringe Mengen
Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch bedingte Schlieren, Streifen oder Bläschen
sind durch Vortrocknen vermeidbar. Die Trocknungsbedingungen betragen: 2
bis 4 Stunden bei Temperaturen von 100 °C bis 110 °C. Bei Maschinen mit entga-
senden Plastifizieraggregaten kann auf das Vortrocknen verzichtet werden.
Das Spritzgießen ist das wichtigste Verarbeitungsverfahren. Die Massetempe-
ratur beträgt 280 °C bis 290 °C, die Werkzeugtemperatur 40 °C bis 90 °C. Über
die Fließfähigkeit der bevorzugten Terblend S-Typen informiert Bild 2-245.

Anwendungsbeispiele
Typische Anwendungen im Automobilbau sind: Außenspiegel, Rückleuch-
tengehäuse, Instrumentenrahmen, Lautsprecherabdeckungen, Armaturen-
tafeln, Luftverteilersysteme, Ausströmergehäuse, Kühlergrills, Radkappen,
Säulenverkleidungen und Spoiler [17].
Die Elektrotechnik bevorzugt (ASA + PC)-Blends bei Schalterab-
deckungen, Leuchtenteilen, Bedienungsknöpfen und Konsolen von Elek-
troherden, Dunstabzügen, Haartrocknern, Bügeleisen-, Staubsauger- und
Messgerätegehäusen, bei Kaffeemaschinenzubehör, Mobiltelefonen, Com-
puter-, Bildschirm-, PC-Monitor- und Druckergehäusen, Ladestationen für
schnurlose Telefone.

Handelsname
Bayblend A (Bayer AG/DE)
Terblend S (BASF AG/DE)
782 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.3.2.4
Thermoplastische Styrol/Butadien-Elastomere (SBS-TE)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die thermoplastischen Elastomere (TPE) weisen im Festzustand die Eigenschaf-
ten von Elastomeren auf. In der Wärme sind sie jedoch schmelzbar wie Ther-
moplaste und nach allen für diese gebräuchlichen Methoden formbar. Dazu
kommt der Vorteil, dass ihre Produktionsrückstände – im Unterschied zum
Gummi – wieder verwendbar sind. Die TPE erfordern keine Vernetzungszeit,
Styrolpolymere

deshalb sind die Verarbeitungszyklen wesentlich kürzer. Der Energieaufwand ist


(PS)

geringer, Bild 2-246. Als Elastomere sind sie durch Flexibilität, elastische Erho-
lung, Rückfederung und Dehnfähigkeit gekennzeichnet. Zur hohen Zähigkeit in
der Kälte kommt die hohe Abriebfestigkeit. Die Witterungsbeständigkeit ist bei
entsprechender Stabilisierung hoch. Die aus TPE hergestellten Formteile kön-
nen lackiert werden; sie sind bunt einfärbbar. Durch Mischen mit Thermopla-
sten können bestimmte Zähigkeitseigenschaften gezielt eingestellt werden. Die
am Markt befindlichen TPE unterscheiden sich voneinander durch ihren struk-
turellen Aufbau. Die wesentliche Grundlage bildet dabei die Blockpolymerisa-
tionstechnik. Die Block-Copolymeren bestehen aus Blöcken bzw. Segmenten
von Thermoplasten und Kautschuken. Der thermoplastische Anteil kann kris-
talliner oder amorpher Natur sein. Die thermoplastischen Bereiche bilden eine
reversible „physikalische Vernetzung“, d. h. sie erweichen nach Überschreiten
der Glasübergangstemperatur. Damit werden auch die Kautschukblöcke form-
bar, sodass die Formmasse wie ein Thermoplast verarbeitet werden kann. So-
bald beim Abkühlen die Glasübergangstemperatur unterschritten wird, bildet
sich das Elastomere (ohne Vulkanisation) wieder zurück.Von den vier technisch
wichtigen TPE wurden die polyolefinischen Elastomere bereits im Abschnitt
2.1.1.2.1 vorgestellt. Dazu kommen die Polyester-, Polyurethan-, Polyamid und
die nun zu beschreibenden TPE auf Basis Styrol/Butadien.

Bild 2-246. Vergleich der Verarbeitungsschritte bei vulkanisierbaren und thermoplastischen


Kautschuken
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 783

■ Herstellung
Metallorganische Katalysatoren und Co-Katalysatoren sowie in Zukunft auch
die neuartigen Metallocene ermöglichen es, in Verbindung mit geeigneten Löse-
mitteln viele Molekularparameter, beispielsweise die molare Masse, die Vertei-
lung der molaren Masse, den Verzweigungsgrad, die Mikrostruktur und die
Verteilung der monomeren Bausteine entlang der Makromolekülkette zu kon-
trollieren.
Die Styrol/Butadien-Coplymeren sind leicht mit Polystyrol-Endblöcken ver-
netzbar. Die Polybutadiene können dabei linear in sog. Dreiblock-Copolymeren

Styrolpolymere
des Typs A-B-A oder in einer Radialstruktur verzweigt vorkommen. Bei den
Dreiblock-Copolymeren weisen die äußeren Blöcke (A) der Polymerkette mit-

(PS)
einander identische Polystryolsegmente glasartiger, thermoplastischer Beschaf-
fenheit auf, deren Glasübergangstemperatur beträchtlich über der Raumtem-
peratur liegt. Der kautschukartige Mittelblock (B) ist elastisch und besteht
meistens aus Polybutadien (seltener aus Polyisopren), deren Glasumwand-
lungstemperatur in beiden Fällen beträchtlich unter der Raumtemperatur liegt.
Bei den radialen Dreierketten gehen drei, bei den Tetraketten vier Ketten von
einem gemeinsamen Verknüpfungspunkt aus, Bild 2-247.
Diese Dreiblock-Copolymeren bestehen aus zwei grundsätzlich miteinander
unverträglichen Phasen. Die Natur dieses Zweiphasensystems geht deutlich aus
dem im Torsionschwingungsversuch ermittelbaren Verlauf des Schubmoduls
und des mechanischen Verlustfaktors in Abhängigkeit von der Temperatur her-
vor, Bild 2-248. Ein statistisch copolymerisiertes Elastomer, das aus denselben
beiden Monomeren aufgebaut ist, beispielsweise Styrol/Butadien-Kautschuk
(SBR), weist nur ein Dämpfungsmaximum auf. Getrennt vorkommende Maxima
in Blockpolymeren zeigen, dass die segmentäre Bewegung in den Blöcken etwa
genau so stattfindet wie in den Homopolymeren, was im übrigen mit der Un-
verträglichkeit der Komponenten übereinstimmt.

Bild 2-247. Struktur der Styrol/Butadien-


Copolymeren
A Polystyrol
B Polybutadien
a Linearstruktur
b Radialstruktur, Dreierkette
c Radialstruktur, Tetrakette
784 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere
(PS)

Bild 2-248. Glasübergangstemperaturen statistischer (SBR) und Styrol/Butadien-Dreiblock-


Copolymeren

Ein wirklich elastisches Verhalten von Polybutadien in diesen Copolymeren


kann nur erreicht werden, wenn der Polystyrolanteil unter 40 % liegt. Die Poly-
styrolphase ist dann getrennt und besteht aus kleinen Aggregaten, den soge-
nannten Domänen, Bild 2-249 (A). Diese Polystyroldomänen, die in der konti-
nuierlichen Polybutadienmatrix eingebettet sind, sind fein verteilt und so klein
(30 nm), dass es zu keiner Streuung des sichtbaren Lichtes kommt. Daraus fol-
gert die Transparenz des SBS. Bei dem Styrol-Butadien-Blockpolymeren sind die
festen Bereiche, die durch die Verbindung von Polystyrolsegmenten aus mehre-

Tabelle 2-58. Vergleich der Zugfestigkeit von SBS und Polybutadien

Kautschuk Vernetzungs- Zugfestigkeit


zustand N/mm2

Polybutadien, ungemischt nicht vulkanisiert 3 bis 5


Polbutadien + Schwefel vulkanisiert 30 bis 50
Polybutadien + Schwefel + Ruß vulkanisiert 150 bis 200
Thermoplastischer Kautschuk (SBS) nicht vulkanisiert 300 bis 305

Tabelle 2-59. Verbessern von schlagfestem Polystyrol durch Zumischen von SBS

Polystyrolanteil 100 90 80
SBS-Kautschukanteil 10 20

Schmelzindex dg/min 6,8 6,2 4


Izod-Schlagfestigkeit bei 23 °C kJ/m2 6,0 13 24
Fallgewichtschlagfestigkeit bei 23 °C J 0,3 4,7 9,1
BS-Erweichungspunkt °C 87 92 93
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 785

Styrolpolymere
(PS)
Bild 2-249. Struktur der thermoplastischen Styrol/Butadien-Elastomeren
A bei Linearstruktur der Copolymeren
B bei Radialstruktur der Copolymeren

ren Molekülen gebildet werden, untereinander durch Polybutadienketten ver-


bunden und bilden sowohl bei der Linear- als auch bei der Radialstruktur der
Colpolymeren, Bild 2-249 (B) ein Netzwerk ohne Vulkanisation. Das Vorhan-
densein einer derartigen endlosen Netzstruktur lässt auf eine kautschukartige
Elastizität schließen. Außerdem üben die Domänen die Funktion eines verstär-
kenden Füllstoffs aus und führen zu hoher Festigkeit, Tabelle 2-58, während die
kontinuierliche Butadienkautschukphase hohe Elastizität, einen niedrigen Mo-
dul und günstiges Verhalten des SBS in der Kälte bewirkt, Tabelle 2-59. Das TPE
ist im Temperaturbereich von 140 bis 220 °C durch Spritzgießen und Extrudie-
ren verarbeitbar (s. a. Kapitel 1.4.4 und 1.4.7.2.1). Durch Erhöhen der molaren
Masse der Komponenten in den Dreierblöcken können die TPE auf den jewei-
ligen Anwendungszweck zugeschnitten werden. Auch durch den Zusatz von
Füllstoffen, die vor allem von der Kautschukphase mit hohen Anteilen aufge-
nommen werden, ist ein breites Eigenschaftsbild einstellbar.
786 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Anwendungsbereiche
Die wirtschaftlich bedeutenden Einsatzgebiete: Heißschmelz-, Lösungs-
und Kontaktklebstoffe, Schuhwerk und Bitumenmischungen sind für den
Kunststoffverarbeiter nicht von unmittelbarer Bedeutung.Wichtiger ist die
Möglichkeit, mit Hilfe von SBS Thermoplaste wie Polystyrol und Polyethy-
len modifizieren zu können. Als TPE eignet sich am besten ein ungestreck-
ter SBS-Typ von hoher molarer Masse, Tabelle 2-58 und 2-59.
Das Hinzufügen von SBS zu Polystyrol hoher Schlagfestigkeit führt zu
einem superschlagfesten Produkt mit immer noch guten Verarbeitungs-
Styrolpolymere

merkmalen, das jedoch an die Schlagfestigkeit von ABS herankommt. Ein


(PS)

weiteres Beispiel ist die Verwendung von SBS in flammwidrig ausgerüste-


tem Polystyrol zum Beibehalten der Schlagfestigkeit bei gleichzeitiger
Flammwidrigkeit mit Hilfe feuerhemmender Additive. Das Einarbeiten
von SBS in Polystyrol ist einfach.
Außer zur Modifizierung von PS kann SBS auch zum Elastifizieren die-
nen. Der Zusatz kleiner Mengen von SBS zu PE-LD verbessert beispiels-
weise bei Schwersackfolien die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung
sowie die Stoßfestigkeit und die Flexibilität bei Raumtemperatur und in
der Kälte. Folien und geblasene Hohlkörper werden schlagfester und zäher
bei Raumtemperatur und in der Kälte. Selbst geringe Zusatzmengen um
10 % verbessern bei Polypropylen die Schlagzähigkeit bis in den Bereich
tiefer Temperaturen. Bei PP-Verpackungsbändern wird die Spleißneigung
wesentlich verringert.
Die SBS-Blockpolymeren werden als ungerecktes Material mit hoher
und mit niedriger molarer Masse geliefert. Ungereckt sind ferner die SIS-
Typen. Die leicht verarbeitbaren Typen sind gestreckt.
Bei den jüngsten Entwicklungen wird das Polybutadien durch den PO-
Kautschuk EPDM ersetzt und damit ein UV-beständiges TPE geschaffen.

Handelsnamen
Cariflex (Deutsche Shell Chemie GmbH/DE)
Collimate (Mistubishi Monsanto Chem./JP)
Sconater (Bunga AG/DE)
Thermolast (Gummiwerk Kraiburg/DE)
Vitacom TPE (British Vita Co. Ltd./GB)

2.1.3.3
Nicht auf Polyolefinen basierende verträglich- und schlagzäh-
machende Copolymere und Polymerblends
Im Kapitel 2.1.1.8 wurde eine Reihe von kompatibilisierenden und elastifizieren-
den modifizierten Polyolefinen vorgestellt, die in diesem Kapitel durch einige
nicht-polyolefinische Polymere ergänzt werden sollen, die vor allem die Mög-
lichkeit bieten, auch den Technischen Kunststoffen durch Anwenden der Blend-
2.1.3 Styrolpolymere (PS) 787

Tabelle 2-60. Nicht auf Polyolefinen basierende Elstomere, die als Eigenschaftsverbesserer
und/oder Verträglichmacher für Polyolefine dienen

Modifizierer/ Hersteller/ Bevorzugte Anwendungen


Verträglichmacher Handelsnamen

HHSMA Monsanto/Elix Erhöhen der Wärmebeständigkeit von


von PVC-U (Hart-PVC)
SMA + HISMA Arco/DyLark HIS/MA
DSM/Stapron – PC-Modifizierer

Styrolpolymere
Idemitsu – Schlagzähigkeitsverbesserer von
glasfaserverstärktem PC

(PS)
– Verträglichmacher für (PA + PC),
(PA + ABS) und (PA + PS)
SMA
– Verträglichmacher für (PA + PS)
PCL Union Carbide – Verträglichmacher für (PVC + PS)
und (PC + SAN)
Phenoxy-Polymere Union Carbide – Verbesserer der Nahtfestigkeit von
(PC + HI.SMA)-Blends
SBS Shell/Cariflex – Schlagzähigkeitsverbesserer
Enichem/Europrene für PS und Polyolefine
SEBS Shell/Kraton – Schlagzähigkeitsverbesserer
für PPE, PC
– Verträglichmacher für PET + HDPE
und PS + PE
SEBSgMAH Shell/Kraton – Schlagzähigkeitsverbesserer
für PA 6, PA 66, PBT und PET
– Verträglichmacher für (PA 66 + PP)
und (PPE + PA 66)
SEP Shell/Kraton – Verträglichmacher für (PPE + PP),
(PPE + PE) und (PP + PS)
EPDMgSAN Uniroyal – Schlagzähigkeitsverbesserer
für PVC, PC, PBT
Gebrauchte Flaschen aus PET,
PE–HD und PC können mit MAH
gepfropftem EPDM verträglich
gemacht werden

technik neue Marktchancen zu eröffnen. Tabelle 2-60 gibt eine gedrängte


Übersicht der wichtigsten verwirklichbaren Polymerblends. Die in der Tabelle
vorkommenden Abkürzungen seien vorab erläutert:
HHABS Hochwärmebeständiges ABS
S/MA Styrol-Maleinsäureanhydrid-Copolymer
HIS/MA Hochschlagzähes SMA
PCL Polycaprolacton
SBS Styrol/Butadien/Styrol-Block-Copolymer
SEBS Styrol/Ethylen/Butadien/Styrol-Blockcopolymer
SEBSgMAH Maleinsäureanhydrid-gepfropftes SEBS
SEP Styrol/Ethylen/Propylen-Blockcopolymer
788 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

TPU Thermoplastisches Polyurethan


EPM Gesättigter Ethylen/Propylen-Kautschuk
EPMgMAH Maleinsäureanhydrid gepfropftes EPM
EPDMgMAH Maleinsäureanhydrid gepfropftes EPDM
EPDMgSAN Styrol/Acrylnitril gepfropftes EPDM
MBS Methacrylat/Butadien/Styrol-Elastomer

2.1.3.4
Literatur – Kapitel 2.1.3
Styrolpolymere
(PS)

[1] Yamato H (1993) „Properties and Applications of Syndiotactic Polystyrene“ in „Styrenics


’93“, Tagung in Zürich vom 6. bis 8. Dezember 1993, Session 1, Speaker 1
[2] Dietzen, F-J (1994) „CO2 – ein Treibmittel auch für Folien aus Polystyrolschaum“; Kunst-
stoffe 84, S 365 – 568
[3] BASF AG (1995) „Polystyrol, Styroblend“ Druckschrift: B 564 d, o. 9. 95, S 38
[4] Saechtling HJ (1995) „Kunststoff-Taschenbuch“, 26. Ausgabe, S 386, C. Hanser Verlag, Mün-
chen
[5] Zahn E (1969) „Kunststoff-Handbuch“ Bd. V, Polystyrol, C. Hanser Verlag, München, S
338 – 477
[6] Gugumus F (1989) „Lichtschutzmittel“ in: Gächter, R u. H Müller: „Taschenbuch für Addi-
tive“, C Hanser Verlag, München, S 133 – 273
[7] Riedel T (1989) „Gleitmittel und verwandte Hilfsstoffe in [6], S 443 – 503
[8] Troitzsch JH 1989) „Flammenschutzmittel“ in [6], S 737 – 776
[9] BASF AG (1995) „Druckschrift B 583 d, 09. 95 Styrolux® (Richtwerte
[10] BASF AG (1995) „Druckschrift B 583 d, 09. 95 Styrolux® (Eigenschaften)
[10a]Nießner N et al. (1997) SBS-Copolymere für Folienextrusion, Kunststoffe 87, S 66 – 70
[11] Walter HM (1996) „Polystyrol“, Beitrag D in Tagungs-Handbuch Kunststoffe ’96, Interna-
tionaler Kongreß vom 17.-18. April 1996 in Würzburg
[12] Berger K (1989) „Optische Aufheller“ in [6], S 807 – 821
[13] Krause A (1969) „Vergleich von Polystyrol-Formmassen mit anderen Werkstoffen“, Kunst-
stoff-Handbuch Bd V Polystyrol, S 531 – 560, C Hanser Verlag, München
[14] Lindenschmidt G und N Nießler (1995) „Klarer Durchblick“, Kunststoffe 85, S 1066 – 1074
[15] BASF AG (1995) „Polystyrolmarken mit Brandschutzausrüstung“ in [3] S 18
[16] BASF AG (1995) Luran® S, Acrylnitril/Styrol/Acrylesterpolymer (ASA) Sortimentsüber-
sicht
[17] Winter W (1996) „Winter Auto, Kunststoffbauteile“ Verlag Winter GmbH Heusenstamm
[18] Saechtling JH (1995) „Kunststoff-Taschenbuch“ 26. Ausgabe (Herausgeber: K Oberbach),
Seite 392
[19] Rosenau B (1995) „ASA-Kunststoffe: Eigenschaften und Anwendungen“, Kunststoffe 85,
S 804 – 807
[20] BASF AG (1995) Terblend® S (ASA + PC)-Blend.
2.1.4 Polyacrylate 789

2.1.4
Polyacrylate

2.1.4.1 Polyacrylnitril (PAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789


2.1.4.1.1 Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit
(Barriere-Kunststoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 790
2.1.4.2 Polymethylmethacrylat (PMMA) . . . . . . . . . . . . . . . 793
2.1.4.3 Polymethacryl/Imid (PM/I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 811

Polyacrylate
2.1.4.4 Literatur – Kapitel 2.1.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812

Unter der Bezeichnung Acrylate fasst man heute die Vielzahl von Polymeren auf
der Grundlage von Acrylsäure und Methacrylsäure sowie vor allem deren Ester
zusammen. Für feste organische Gläser hat sich die Bezeichnung Acrylglas und
für synthetische Fasern die Bezeichnung Acrylfasern eingebürgert. Die Acryl-
säure ist schon über 100 Jahre bekannt.

Acrylsäure Polyacrylate Polymethacrylate

Polymethylmethacrylat Polyacrylnitril

2.1.4.1
Polyacrylnitril (PAN)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Polyacrylnitril ist in erster Linie ein Rohstoff für die Herstellung synthetischer
Fasern. H. Rein schuf im Jahre 1942 im damaligen IG-Werk Bitterfeld, die Vo-
raussetzungen für die großtechnische Herstellung von Spinnfasern. Dimethyl-
formamid (DMF) diente als Lösemittel des Polymeren. Der Zweite Weltkrieg ver-
hinderte eine industrielle Nutzung dieses Verfahren in Deutschland. So kam es,
dass Du Pont/USA bereits Anfang der vierziger Jahre mit Orlon® die erste groß-
technisch hergestellte PAN-Faser auf den Markt bringen konnte.
790 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Die Arbeiten von Rein wurden nach dem Kriege von der Bayer AG wieder
aufgenommen. So erschien bald das Dralon® auf dem Markt, dem die Hoechst
AG das Dolan® folgen ließ.
Arcylnitril, eine bei 77 °C siedende farblose, giftige Flüssigkeit, kann nur nach
Zugabe von Polymerisationsinhibitoren gelagert werden. Es wird aus Acetylen
bzw. Ethylenoxid und Cyanwasserstoff hergestellt.

Polyacrylnitril

Die PAN-Faser ähnelt in Griff und Verformungsverhalten der Wolle und der Na-
turseide.
Die allen Acrylpolymeren eigene Licht- und Wetterbeständigkeit gilt auch für
PAN.
Polyacrylate

In den USA ist ein Copolymer aus Vinylidencyanid/Vinylacetat/Vinylchlorid


unter dem Handelsnamen Darvan® bekannt.

Polyvinylidencyanid

An dieser Stelle kommt es auf die Bedeutung von Polyacrylnitril und seinen Mo-
difikationen als formbarer thermoplastischer Kunststoff an. Der Blick auf das
Gebiet der synthetischen Fasern sollte jedoch dazu beitragen, das Bild dieses
Polymeren abzurunden. Acrylnitril spielt als Comonomer bei der Herstellung
von SAN und ABS eine große Rolle. Acrylnitril/Styrol in Verbindung mit einem
Acrylesterelastomeren führen zum ASA, gleichsam einem witterungsbeständi-
gen ABS. Auch in Verbindung mit Vinylchlorid, Vinylidenchlorid und Vinyl-
acetat hat dieses Monomere Bedeutung erlangt für die Herstellung von Poly-
meren mit maßgeschneiderten Eigenschaften. In Verbindung mit Butadien führt
es zum Nitrilkautschuk.

2.1.4.1.1
Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit
(Barriere-Kunststoffe)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Seit Anfang der siebziger Jahre gewinnen Copolymere mit hohem Acrylnitrilge-
halt und 10 bis 25 % Acrylat oder Styrol wegen ihrer hohen Gas- und Aroma-
dichtheit sowie den guten Sperreigenschaften für Geschmackstoffe als Rohstoffe
für die Herstellung extrusions- oder spritzgeblasener Verpackungshohlkörper
an Bedeutung.
Lopac® der Monsanto und Barex® der Vistron Corp. machten in den USA den
Anfang. Es folgte das Cycopac® der Borg Warner. Einige andere Barriere-Kunst-
2.1.4 Polyacrylate 791

stoffe sind inzwischen wieder vom Markt verschwunden. Alle diese Polymeren
sind glasklar, obwohl einige zur Verbesserung der Zähigkeit 10 bis 15 % Latex-
Kautschuk als Zweitphase enthalten. Diese gehören zu den Mehrphasensyste-
men.
Die submikroskopischen Kautschukpartikel sind im Brechungsindex an den
der Matrix angepasst.
In der Reihe der thermoplastisch verarbeitbaren Formmassen gehören zu
den sog. Barriere-Kunststoffen das Copolymerisat aus VC und VDC, Saran®, das
PVDC, PA 6 und die genannten Nitril-Kunststoffe. Bei etwas geringeren An-
sprüchen an die Sperreigenschaften können auch Polyethylenterephthalat, PVC-
U und Polyacetal dazu gezählt werden. Zu den hohen Sperreigenschaften gegen
Gase und Dämpfe kommt die hohe Chemikalienbeständigkeit.

■ Struktur und Eigenschaften


PVC und Nitril-Kunststoffe sind ziemlich ähnlich aufgebaut. Beide bestehen aus
der Vinylgruppe CH2-CHR, bei denen R polare Gruppen mit Cl oder CN enthält.

Polyacrylate
Molare Massen von 75 000 bis 100 000 führen in beiden Fällen zu guten Produkt-
eigenschaften und guter Verarbeitbarkeit.

■ Sortiment, Lieferform
Die Rohstoffhersteller liefern mehrere Typen, die sich in ihrer Steifheit und
Zähigkeit voneinander unterscheiden.
Die genannten Thermoplaste mit verbesserten Sperreigenschaften, im engli-
schen Sprachgebrauch als „nitrile barrier resins“ bezeichnet, werden als glaskla-
res, wasserhelles Granulat geliefert. Dieses ist transparent, transluzent oder opak
einfärbbar.

■ Thermische Eigenschaften
Gebrauchstemperatur ohne mechanische Beanspruchung, in Luft:
dauernd 65 °C bis 75 °C
kurzzeitig 75 °C bis 85 °C

■ Witterungsbeständigkeit
Einige Monate im Freien liegende Formteile verspröden und zerbröckeln.

■ Brennbarkeit
Brennt mit leuchtender Flamme, tropft nicht, Verbrennungsgase riechen frucht-
artig, ggf. nach verbranntem Kautschuk. Die Verbrennungswärme beträgt
30 610 kJ/kg, diejenige von PE 46 090 kJ/kg.

■ Permeabilität
Die z. B. gegenüber PVC und PE-HD wesentlich besseren Sperreigenschaften
sind außer der umweltfreundlicheren Beseitigung gebrauchter Packmittel in
den USA der wichtigste Grund für die Einführung der Barriere-Kunststoffe
außer den bereits bekannten Rohstoffen. Eine Übersicht der Permeabilität von
Nitrilkunststoffen gibt Tabelle 2-61 [1]. Zum Vergleich sind einige nitrilfreie
792 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-61. Durchlässigkeit nitrilhaltiger und einiger nitrilfreier Kunststoffe bei 23 °C (Fo-
liendicke 25 mm)

Polymer AN- O2 CO2 H2O


Gehalt
% cm3/m2 d bar g/m2 d

SAN-(Styrol/Acrylnitril) 27 1100 4500 5,0


ABS (Acrylnitril/Butadien/Styrol) 30 1100 3200 4,0
Nitril-Kunststoff (Barex 210) 72 13 17 1,6
Polystyrol – 235 800 2,5
Polymethylmethacrylat – 270 650 4,0
Stellung von Nitrilkunststoffen
unter den Polymeren mit guten
Sperreigenschaften
Polyvinylidenchlorid – 1,5 5,0 0,03
Barex 210 72 12 17 1,6
Saran (PVDC/PVC) 2 12 80 0,2
Polyamid 66 – 80 140 20
Polyacrylate

Polyethylenterephthalat – 80/110 200/340 0,6


PVC-U – 90 160 7
Polyacetal – 50 96 2,5

Homopolymere mit aufgeführt. Man erkennt, dass die neuen Nitrilkunststoffe


glasklare Transparenz mit vorzüglichen Sperreigenschaften vereinigen.

■ Verarbeitungshinweise (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


Die Verarbeitung dieser Kunststoffe ähnelt in mancher Hinsicht der des PVC-U
oder des ABS. Der breite Verarbeitungsbereich und die hohe Schmelzenfestig-
keit begünstigen die Verarbeitung durch Blas- und Warmformen.
Die Massetemperatur darf z. B. bei Barex 210 nicht höher sein als 230 °C, weil
sonst thermischer Abbau eintritt. Der Feuchtigkeitsaufnahme des Granulats be-
gegnet man durch Vortrocknen (4 h bei 75 °C). Feuchtigkeitsgehalt im Granulat
führt zur Trübung der Erzeugnisse, ohne diese zu schädigen wie beispielsweise
bei Polycarbonat.
Wichtigste Verarbeitungsverfahren sind Blasformen und Spritzblasen. Auch
das sog. Kaltschlauchverfahren, d. h. das Blasformen vorgefertigter Rohrab-
schnitte ist möglich.

Anwendungen und gesundheitliche Beurteilung


Die wichtigsten Anwendungsbereiche sind in den USA Lebensmittel- und
allgemeine Verpackungen. Lebensmittelverpackungen werden – Getränke
ausgenommen – für flüssige und feste Lebensmittel wie Gewürze,Vitamin-
präparate, Suppenpulver, Fleischwaren, Schokolade, Biskuits, Molkereipro-
dukte verwendet. Dazu kommen Behälter für Putzmittel im Haushalt, der
Automobilpflege, Kosmetika.
Die Food and Drug Administration (USA) hat vor einigen Jahren die An-
fang der siebziger Jahre in hohem Kurs stehenden Packmittel für Getränke
wie Bier, Wein und Erfrischungsgetränke verboten.
2.1.4 Polyacrylate 793

Das einzige Zugeständnis, das die FDA bisher machte, ist die Zulassung
für Mehrlagen-Packmittel, bei denen das Nitril-Polymere nicht in unmit-
telbare Berührung mit den Getränken kommt.

Handelsnamen
Barex BP (Chemicals International Ltd./GB)

2.1.4.2
Polymethylmethacrylat (PMMA)

■ Herstellung (s. a. Kapitel 1.2.7)


Caspary und Tollens polymerisierten 1873 Acrylsäureallylester zu einem glas-
klaren festen Körper, RÖHM untersuchte 1901 die Acrylsäureester. Zu den ersten

Polyacrylate
Kunststoffprodukten, die von der 1907 gegründeten Fa. Röhm & Haas, Darm-
stadt, industriell hergestellt wurden, gehören klebrige Filme für Sicherheitsglä-
ser, die später von Polyvinylbutyral verdrängt wurden.
Das Interesse galt bald vorwiegend den Methylestern der Methacrylsäure, die
zu harten, glasartigen Blöcken polymerisiert werden konnten und seit 1933 un-
ter dem Handelsnamen Plexiglas® weltbekannt wurden. Später griff auch die ICI
das Methacrylgebiet auf.
Ausgangsprodukte sind heute das aus Erdöl über Propylen gewonnene Aceton
und die durch Verbrennen eines Gemisches aus Erdgas und Ammoniak am Pla-
tinkontakt hergestellte Blausäure. Dieses Verfahren wurde 1932 von Crawford
(ICI) entwickelt und hat auch heute noch weltweite Bedeutung.
Das süßlich riechende Monomere hat eine Dichte von 0,936 bis 0,940 g/cm3,
einen Siedepunkt von 100,5 °C und einen Brechungsindex von n20 D = 1,413 bis
1,416.
Die Methacrylsäuren können nach allen Methoden, die bei der radikalischen
Polymerisation angewandt werden (Masse-, Emulsions- und Suspensionspoly-
merisation), zu hochmolekularen Produkten umgesetzt werden. Die Massepoly-
merisation führt zum sog. gegossenen Halbzeug (Tafeln, Profile und in rotieren-
den Röhren sogar zu Rohren). Das Gusspolymere zeichnet sich wegen des dabei
erreichbaren höheren Polymerisationsgrades durch bessere mechanische Ei-
genschaften und hohe Oberflächengüte aus.
Die Formmassen werden – ausgehend von der entsprechenden Polymer-
lösung – in speziellen wasser- und monomerundurchlässigen Kunststoff-Folien,
die in einem Rahmen zu großen flachen Taschen gefaltet werden, bei Tempera-
turen > 50 °C in großen Wasserbädern anpolymerisiert. Danach wird die Poly-
merisation durch Temperaturen in Wärmeschränken bei etwa 115 °C zu Ende ge-
führt.
Die entstandenen, bis zu 50 mm dicken Blöcke werden meistens auf Ham-
mermühlen zu Splittergranulat von 1 bis 4 mm Korngröße zerkleinert und als
Mahlgut verarbeitet, oder es wird daraus durch Extrudieren ein Gleichkorngra-
nulat mit einer Schüttdichte von 0,7 g/cm3 hergestellt.
794 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

PMMA-Halbzeug wird sowohl durch diskontinuierliche Kammerpolymerisa-


tion als auch durch Extrudieren aus Formmasse hergestellt. Die Kammerpoly-
merisation arbeitet vorwiegend nach dem Masseverfahren. Dabei wird anpoly-
merisiertes Material bzw. eine Lösung von Polymeren in Monomeren zwischen
Spiegelglasscheiben oder in entsprechenden Werkzeugen auspolymerisiert. Es
entsteht ein Halbzeug hoher optischer Qualität und Oberflächengüte. Das Mate-
rial kann unvernetzt oder vernetzt hergestellt werden [1].
Nach dem inzwischen zum wichtigsten Herstellverfahren für Halbzeug ge-
wordenen Extrudieren hat das früher übliche kontinuierliche Verfahren mit
Bandanlagen an Bedeutung verloren. Dabei läuft eine aus niedermolekularem
PMMA und Monomeren bestehender Sirup zwischen Stahlbändern durch einen
Heizkanal, in dem die Polymerisation zu Ende geführt wird. Die optische Qua-
lität und die Oberflächengüte dieser glasklaren Tafeln ist geringer als die der
nach dem Kammerverfahren hergestellten.
Das schlagzähe Copolymere aus Methylmethacrylat und Acrylnitril wird
ebenfalls durch Gießen zu glasklaren Tafeln und Blöcken verarbeitet.
Polyacrylate

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Kennzeichnende Eigenschaften der Polymethylmethacrylate sind folgende:

• hohe Härte, Steifheit und Festigkeit,


• Homopolymere sind spröde, Copolymere schlagzäh,
• kratzfeste hochglänzende, polierfähige Oberfläche,
• wasserhelle Transparenz; Copolymere weisen gelbliche Eigenfarbe auf,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (bei Copolymeren 10 bis 15 K niedri-
ger),
• gute elektrische und dielektrische Eigenschaften,
• beständig gegen schwache Säuren und Laugen sowie unpolare Lösemittel,
Fette, Öle und Wasser,
• hohe Witterungsbeständigkeit,
• spannungsrissgefährdet,
• brennbar,
• gut ver- und bearbeitbar.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1 und 1.3.2)


Homopolymeres PMMA ist spröde. Durch Misch- oder Pfropfpolymerisation mit
Polybutadien oder anderen Elastomeren mit tiefer Glasübergangstemperatur
können hochschlagzähe Formmassen hergestellt werden. Diese Polymerblends
bzw. Pfropfpolymerisate sind opak. Glasklare Copolymere werden mit Styrol
oder a-Styrol gewonnen. Es sind auch Mischungen mit Melaminharzen bekannt.
Für technische Anwendungen haben vor allem die nach verschiedenen Ver-
fahren hergestellten Polymeren von Methacrylsäuremethylester (PMMA) und
dessen Copolymere mit Acrylnitril Bedeutung gewonnen.
Durch Copolymerisieren mit Acrylnitril wird die Beständigkeit gegen Löse-
mittel erhöht. Bei AN-Gehalten > 50 % wird vor allem die Schlagzähigkeit der
Formmassen verbessert. Das glasklare Produkt hat eine gelbliche Eigenfarbe
wegen in der Wärme gebildeter cyclischer Strukturen.
2.1.4 Polyacrylate 795

Wärmeeinwirkung

Intramolekulare Cyclisierung von Acrylnitril

Das Copolymerisieren kann auch in situ geschehen und beispielsweise unmit-


telbar zu gegossenen Tafeln führen. Durch biaxiales Recken um beispielsweise
70 % werden die mechanischen Eigenschaften dieser Tafeln wesentlich verbes-
sert. Diese Tafeln sind hochschlagzäh, berstdruck- und reißfest sowie flamm-
hemmend ausrüstbar. Man verwendet sie dort für Verglasungen, wo erhöhte

Polyacrylate
Sicherheit verlangt wird (Dach im Münchener Olympiastadion) oder leichte
Warmformbarkeit und hohe Steifigkeit angebracht sind (orthopädische Ein-
lagen). Die Naturfarbe dieser Produkte ist schwach gelblich. Teilvernetztes
Material ist nur begrenzt warmformbar.

■ Zusatzstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5)


Unter der Vielzahl möglicher Zusatzstoffe spielen die Funktionsstoffe die wich-
tigste Rolle.
PMMA weist eine hohe UV-Transparenz auf und ist deshalb wesentlich licht-
stabiler als andere Thermoplaste. Lichtschutzmittel werden bei diesem Material
auch eingesetzt, um eine gewisse Filterwirkung zu erzielen. Bekannte Beispiele
sind sonnenschützende Verglasungen, die 0,05 bis 0,2 %-(2¢-Hydroxy-5¢-methyl-
phenyl)-benzotriazol enthalten [1].
Wie bei zahlreichen anderen Thermoplasten so bewähren sich auch bei PMMA
die sterisch gehinderten Amine (HALS) als vorzügliche UV-Stabilisatoren.
Im Unterschied zu den Sonnenschutzverglasungen muss das zum Abdecken
von Solarienliegen verwendete Halbzeug eine besonders hohe Durchlässigkeit
im UV-A (315 bis 318 nm)- und im UV-B (285 bis 315 nm)-Bereich aufweisen.
Diese Gläser müssen gegen die kurzwellige und besonders intensive Strahlung
der Solarienlampen beständig sein; eine hohe Beständigkeit gegen Hautöle und
Hautcreme kommt hinzu. Für weniger hohe Ansprüche eignet sich statt des
hochwertigen gegossenen auch extrudiertes Acrylglas.
Bei den Copolymeren aus Methylmethacrylat (MMA) und Acrylnitril (AN)
führt die Acrylnitrilkomponente zum beschleunigten Abbau und Vergilben.
Deshalb ist hier eine besonders wirksame Stabilisierung erforderlich.
Die für das Einfärben von PMMA gebräuchlichen Pigmente für opake und
Farbstoffe für transparente Farbtöne siehe Abschn. 1.3.5.1.

■ Füll- und Verstärkungsstoffe (s. a. Kapitel 1.3.5.2 und 1.3.5.3)


Füll- und Verstärkungsstoffe werden selten verwendet. Mineralische Füllstoffe
erhöhen in bekannter Weise Dichte, Härte, E-Modul und die Formbeständig-
796 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

keit in der Wärme. Kreide wird in opak eingefärbten Lichtreklametafeln ver-


wendet.
In der gleichen Weise wie UP-GF kann auch PMMA mit Hilfe von Glasfasern
verstärkt werden, so dass auch bei Temperaturen um 100 °C noch eine hohe me-
chanische Festigkeit gewährleistet ist (siehe Tabelle 2-46, sowie die Abschnitte
1.3.5.2 und 1.3.5.3).

■ Sortiment
Die Sortimente der Rohstoffhersteller umfassen eine große Vielfalt an Typen, die
sich nach Homo- und Copolymeren, Polymerisationsart, Fließfähigkeit, Einfär-
bung, Lichtdurchlässigkeit und Brandverhalten unterscheiden. Auch glasfaser-
verstärkte Typen sind bekannt.

■ Lieferformen
Glasklares und in vielen Farbtönen eingestelltes transparentes, transluzentes
und opakes Granulat oder Mahlkorn. Halbzeug steht in Form von Blöcken,
Polyacrylate

Tafeln, Rohren und Profilen zur Verfügung; biaxial gerecktes tafelför-


miges Halbzeug zeichnet sich gegenüber dem ungereckten durch eine
wesentlich verbesserte Zähigkeit aus. Lichtleitfasern aus PMMA konnten sich
bisher gegenüber Glasfasern nur für bestimmte Anwendungen durch-
setzen, beispielsweise bei Leitungsführungen mit kleinen Krümmungs-
radien.

■ Typisierung
DIN 7745 T.1 (06. 86) Auch diese Norm entspricht in ihrem Aufbau und Inhalt der
seit 1982 eingeführten Umstellung auf EDV-freundliche Datenblöcke.
Wertvolle Hinweise geben auch die Richtlinien VDI/VDE 2476, Bl. 1 Werk-
stoffe der Feinwerktechnik: Polymethylmethacrylat-Formstoffe (11. 69) und
2476, Bl. 2 Werkstoffe der Feinwerktechnik: Halbzeuge aus hochmolekularem
Polymethylmethacrylat und seinen Co-Polymeren (11. 74).

■ Physikalische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3)


Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von normal- und hochschlagzähen
PMMA-Formmassen sowie von extrudiertem und gegossenem PMMA-Halb-
zeug und gegossenem AMMA-Halbzeug enthält Tabelle 2-62, siehe auch
Tabelle 4-28 im Anhang.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Die Abhängigkeit der Zugfestigkeit von PMMA von der Temperatur wird mit
derjenigen anderer Werkstoffe in Bild 2-250 verglichen. Sie ähnelt in ihrem Ver-
lauf derjenigen von SAN.

Umwandlungstemperaturen
Wie Bild 2-251 anhand des Schubmoduls zeigt, ändert sich das mechanische Ver-
halten im Temperaturbereich von – 40 bis + 80 °C nur wenig. AMMA ist dem ge-
gossenen PMMA im Bereich von 80 bis 100 °C im Kurzzeitversuch überlegen,
Tabelle 2-62. Richtwerte für Formmassen und gegossenes Halbzeug (PMMA und AMMA)

Eigenschaften Einheit PMMA PMMA Halbzeug


Spritzguss- zäh/glasklar
Typen PMMA PMMA AMMA
extrudiert gegossen gegossen
2.1.4 Polyacrylate

Dichte g/cm3 1,18 1,12–1,17 1,18 1,18 1,17


Schmelzindex MFI 230/3,8 g/10 min 11–0,8 0,1–1,4 21–0,8 – –
mechanische
Zugfestigkeit N/mm2 68–75 20–54 62–73 80 90
Reißdehnung % 4,5–3,0 50–20 4,5–2,5 5,5 80
Zug-E-Modul N/mm2 3300 600–2400 3300 3300 4800
Quetschspannung N/mm2 100–107 – 97–107 110 110
Biegefestigkeit N/mm2 110–130 45–105 75–115 140 165
Schlagfestigkeit (NKS) kJ/m2 11 o.B.–30 11 12 40
Kerbschlagzähigkeit (NKS) kJ/m2 2 7–2 2 2 3
Kugeldruckhärte 30-s-Wert N/mm2 180–200 40–125 170–200 200 200
Rockwellhärte Skala R M89–M97 – M84–M97 – –
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mech. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 92–108 76–102 84–108 90–100 80
dauernd °C 82–98 68–94 74–98 80–90 70
Glasübergangstemperatur °C 106 – 106 115 (vernetzt) 80
Formbeständigkeit i.d. Wärme
nach Vicat, Methode B °C 92–108 76–102 84–108 112–115 83
nach ISO R 75, Methode A °C 82–98 68–94 74–98 102–107 73
Methode B °C 87–103 – 79–103 110–115 78
linearer Ausdehnungskoeffizient
zwischen 0 und 50 °C K–1 70 · 10–6 90 · 10–6 70 · 10–6 70 · 10–6 65 · 10–6
spezifische Wärmekapazität J/gK 1,5 1,5 1,5 1,47 1,47
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,19 0,10 0,19 0,19 0,23
797

Polyacrylate
Polyacrylate

Tabelle 2-62 (Fortsetzung)


798

Eigenschaften Einheit PMMA PMMA Halbzeug


Spritzguss- zäh/glasklar
Typen PMMA PMMA AMMA
extrudiert gegossen gegossen

elektrische
spezif. Durchgangswiderstand W cm > 1015 2 · 1014 > 1015 1015 1015
Oberflächenwiderstand W 5 · 1013 > 1014 > 1013 5 · 1013 5 · 1013
Dielektrizitätszahl (0,1 MHz) 2,8–2,7 – 2,0–2,7 2,7 3,5
dielektr. Verlustfaktor dan d
50 Hz – 0,06 0,06 0,06 0,06 0,06
0,1 MHz – 0,03 0,03 0,03 0,02 0,03
Durchschlagfestigkeit kV/mm 30 > 30 30 30 30
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI/A 600 600 600 600 600
Wasseraufnahme nach 24 h mg 30 42–30 30 30 30
Optische Eigenschaften
Brechzahl n20D – 1,491 1,492 1,491 1,492 1,508
Abbésche Zahl g – 59 – 59 44,8 59,5
Transmissionsgrad
(Mittelwert im sichtbaren
Bereich 380 bis 780 nm) % 92 85–91 92 92 88
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacrylate
Bild 2-250. Temperaturabhängigkeit der Zugfestigkeit von PMMA und einiger anderer Werk-
stoffe von der Temperatur
St. Stahl PSU Polysulfon
UP 50 % Polyester + 50 % Glasgewebe POM Polyacetal
Cu Kupfer PS Polystyrol
Al Aluminium PMMA Polymethylmethacrylat
K Kiefernholz PF31 Phenolharz-Formstoff FS31 (DIN 7708)
PC Polycarbonat ABS Acrylnitril/Butadien/Styrol-Copolymer
PVC Polyvinylchlorid PP Polypropylen
SAN Styrol/Acrylnitril-Copolymere NR Naturkautschuk
PI Polyimid

Bild 2-251. Schubmodul für ge-


gossenes PMMA und AMMA
in Abhängigkeit von der Tem-
peratur (Prüffrequenz 10 Hz)
a PMMA
b AMMA
800 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

während die Wärmeformbeständigkeit von reinem PMMA je nach Typ bis zu


20 K höher sein kann.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


(s. a. Kapitel 1.3.2.5)
Die Bilder 2-252, 2-253, 2-254 sind Zeitstandschaubilder. Sie wurden nach DIN
53 444 am Zugstab ermittelt. Die Schadenslinien in diesen Diagrammen geben
an, nach welcher Beanspruchungshöhe und -dauer die ersten Haarrisse (engl.
crazes) auftreten. Die feinen Haarrisse bewirken noch keine Minderung der
Festigkeit. Sie sind jedoch Ausgangspunkt des bei Erreichen der Zeitbruchlinie
eintretenden Bruches (engl. crack). Die Schadenslinie stellt einen sinnvollen
Grenzwert für die Zugbeanspruchung von Bauteilen dar, insbesondere von sol-
chen, an die optische Anforderungen gestellt werden. Unterhalb der Schadens-
linie liegt der Bereich der Rissfreiheit.
Polyacrylate

Bild 2-252. Zeitstand-


schaubild einer PMMA-
Spritzgussformmasse

Bild 2-253. Zeitstandschaubild von PMMA-Halbzeug


2.1.4 Polyacrylate 801

Bild 2-254. Zeitstandschaubild von AMMA-Halbzeug

Polyacrylate
Eine sehr übersichtliche Darstellungsart des Langzeitverhaltens vermitteln
die sog. isochronen Spannungsdehnungslinien, Bild 2-255.
An die Stelle der normalerweise für jede Prüftemperatur zu zeichnenden Kur-
venscharen treten in dieser Darstellung die für jede Temperatur getrennt bezif-
ferten Zugspannungs-Ordinaten. In Tabelle 4-29 im Anhang ist der Zug-Kriech-
modul von Guss-PMMA für verschiedene Temperaturen und Prüfspannungen
wiedergegeben.

Bild 2-255. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien eines
niedermolekularen PMMA-
Extrusionstyps bei verschie-
denen Temperaturen
802 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand


Für die Vergleichsspannung s v kann mit guter Näherung die Mohr’sche Span-
nungshypothese angenommen werden, die besagt, dass sich die Vergleichsspan-
nung aus der Addition der Absolutbeträge der maximal auftretenden Zug- und
Druckspannungen ergibt.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Obwohl die Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von PMMA im Vergleich mit ande-
ren Thermoplasten nicht hoch ist, so weist sie doch eine auffallende Konstanz
über einen breiten Temperaturbereich auf, Bild 2-256.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung (s. a. Kapitel 1.3.2.6)


Das Verhalten von PMMA bei Wechselbeanspruchung ist anhand von Bild
2-257 wiedergegeben. Die Abhängigkeit der Biege-Wechselspannung von der
Lastspielzahl zeigt am Beispiel von PMMA das Bild 2-258.
Polyacrylate

Härte
Die Kugeldruckhärte kann der Tabelle 2-62 entnommen werden.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Die Reibungszahlen von PMMA sind verhältnismäßig hoch.Sie betragen für PMMA
auf PMMA 0,8 für PMMA auf Stahl 0,5 und umgekehrt Stahl auf PMMA 0,45.

■ Thermische Eigenschaften: Spezifische Wärmekapazität (s. a. Kapitel 1.3.3)


Bild 2-259 gibt die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität
einiger PMMA-Extrusions-Formmassen wieder. Mit zunehmender Formbe-
ständigkeit in der Wärme verschiebt sich der Übergang in den Schmelzzustand
zu höheren Temperaturen.

■ Elektrische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3)


PMMA weist im Bereich niedriger Frequenzen gute dielektrische Eigenschaften
auf, im Bereich höherer Frequenzen ist es PE und PS deutlich unterlegen. Die Ab-
hängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Temperatur und der Frequenz zeigt
Bild 2-260.
Die hohe Durchschlagfestigkeit und alle anderen elektrischen Eigenschaften
werden durch die Aufnahme von Feuchtigkeit nur unwesentlich beeinflusst.
Die Kriechstromfestigkeit ist hoch. Wegen des hohen Oberflächenwider-
standes fließen elektrische Ladungen nur zögernd ab. Sie können jedoch mit
Hilfe äußerlich anwendbarer Antielektrostatika abgeleitet werden. Derartige
Antielektrostatika sollten unmittelbar nach dem Entformen der Formteile
durch Tauchen aufgetragen werden, um die Berührung mit Staub auszu-
schließen. Derartige Filme bewahren ihre Eigenschaft bis zum Abwaschen
oder Abspülen.

■ Optische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3)


PMMA ist ohne Trübung und Eigenfarbe. Die Absorptionsverluste sind selbst
bei großen Wanddicken vernachlässigbar. Die Lichtdurchlässigkeit beträgt 92 %.
2.1.4 Polyacrylate 803

Polyacrylate
Bild 2-256. Abhängigkeit der Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von PMMA und verschiedener
anderer Werkstoffe von der Temperatur (Prüfung nach DIN 53 453)
______ Schlagzähigkeit
--------- Kerbschlagzähigkeit
bei höheren Temperaturen kein Bruch, Probe wird durchgezogen
PS Polystyrol
PF 31 Phenolharz-Formstoff FS 31 (DIN 7708)++
PVC Polyvinylchlorid+
PMMA Polymethylmethacrylat+
PP Polypropylen
SB Styrol/Butadien-Copolymer
CN Cellulosenitrat+ (Celluloid)
PE 0,92 Polyethylen, Dichte 0,92 g/cm3
ABS Acrylnitril/Butadien/Styrol-Copolymer
+
Normkleinstab 4 · 6 · 50 mm, aus Platten gefräst
++
Normstäbe 10 · 15 · 20 mm, gepresst
ohne Bezeichnung Normstäbe 4 · 6 · 50 mm, spritzgegossen

Bild 2-261 veranschaulicht das optische Verhalten einiger speziell ausgerüsteten


PMMA-Typen.
AMMA ist ebenfalls klar durchsichtig, besitzt jedoch eine gelbliche Eigen-
farbe. Der Oberflächenglanz von PMMA-Formstoffen ist hoch, der Brechungs-
index sehr gleichmäßig und zeitunabhängig. Die hohe Oberflächenhärte be-
günstigt die Verwendung von PMMA in der Optik. Durch Auftragen spezieller
Beschichtungssysteme auf Siloxanbasis ist es möglich, die Kratzfestigkeit der
804 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-257. Biege-Wech-


selfestigkeit von PMMA
(Probekörper aus extru-
dierter Tafel entnommen)
Polyacrylate

Bild 2-258. Biege-Wechselspannung ± s bW von PMMA in Abhängigkeit von der Lastspielzahl

Bild 2-259. Spezifische Wärmekapazität von PMMA in Abhängigkeit von der Temperatur
2.1.4 Polyacrylate 805

Polyacrylate
Bild 2-260. Temperatur- und
Frequenzabhängigkeit der
Dielektrizitätszahl von PMMA

Bild 2-261. Spektraler Transmissionsgrad von glasklarem (a) und IR-durchlässig schwarz ein-
gefärbtem (b) PMMA (Probendicke: 3 mm)
(Quelle: Röhm GmbH, Darmstadt)
806 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Oberflächen wesentlich zu erhöhen, sodass der Austausch gegen Glas im Auto-


mobil und Fahrzeugbau in bestimmten Bereichen möglich ist.

■ Chemikalienbeständigkeit
PMMA ist bei Raumtemperatur beständig gegen: schwache Säuren, schwache
Laugen, Salzlösungen, aliphatische KW, unpolare Lösemittel, Fette, Öle, Wasser,
Detergenzien.
Unbeständig gegen: starke Säuren und Laugen, Benzol, polare Lösemittel, Ke-
tone, Ester, Ether, aromatische und chlorierte KW.
AMMA ist beständig gegen: Chlorkohlenwasserstoffe, Ether und Ester, nicht
beständig gegen: Anilin, Phenole, Brom- und Chlordämpfe.

■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4.1)


Herstellungsbedingt weisen Formteile mehr oder weniger hohe Eigenspan-
nungen auf. Kommen diese Formteile im späteren Gebrauch mit Quell- oder
Lösemitteln in Berührung oder werden sie geklebt bzw. lackiert, dann ist unter
Polyacrylate

allen Umständen eine Warmlagerung vorzusehen. Die Warmlagerungstempe-


raturen betragen je nach Materialtyp 60 bis 90 °C. Die Lagerungsdauer richtet
sich nach der Wanddicke des Formteils, sie kann bis zu einigen Stunden be-
tragen.
Die einfachste Methode, Eigenspannungen zu detektieren, ist der Alko-
holtest. Das Formteil wird etwa 15 min in 90 %igem Alkohol gelagert, mit Was-
ser abgespült und dann 1/2 Stunde bei Raumtemperatur getrocknet. Sind da-
nach keine Risse erkennbar, dann ist das Teil spannungsarm. Zu lackierende
oder zu klebende Formteile sollten jedoch in keinem Fall vor der Nachbehand-
lung warmgelagert werden, denn Lack und Klebstoff enthalten ihrerseits Löse-
mittel.

■ Witterungsbeständigkeit
Die Witterungsbeständigkeit ist hoch. Jahrzehntelanges Bewittern in allen Tei-
len der Erde führte nicht zum Vergilben oder zu Trübung, zu matter Ober-
fläche oder zum raschen Abbau der mechanischen Eigenschaften, wie Bild
2-262 zeigt.

■ Strahlenbeständigkeit
Bereits kleine Dosen von 1 · 10–2 J/kg führen zu Gelbfärbung. Die mechanischen
und elektrischen Eigenschaften ändern sich dabei jedoch nicht. Dosen von
105 J/kg führen zum Abbau. Die Gelbfärbung ist jedoch umkehrbar.

■ Brennbarkeit (s. a. Kapitel 1.3.5.1)


PMMA und AMMA sind leicht entflammbar, sie brennen leuchtend auch nach
Entfernen der Zündquelle; knisternde Flamme, Verbrennungsprodukte riechen
fruchtartig süßlich. Die Zündtemperatur beträgt für PMMA 425 °C und für
AMMA 475 °C.
Für das Bauwesen wurden flammwidrig ausgerüstete Typen entwickelt.
2.1.4 Polyacrylate 807

Bild 2-262. Verhalten einiger Thermoplaste bei Freibewitterung

Polyacrylate
ASA Acrylesterelastomer/Styrol/Acrylnitril
ABS Acrylnitril/Butadien/Styrol
a Plexiglas zk 50
b Plexiglas zk 40
c Plexiglas zk 30
d Plexiglas zk 20
e Plexiglas 8 H
(Quelle: Röhm GmbH, Darmstadt)

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf


Die Wasserdampfdurchlässigkeit eines 3-mm-Probekörpers beträgt 0,33 g/m2d
bei PMMA und 0,25 g/m2 bei AMMA.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Als Beispiel seien die für das Lucryl-Sortiment der BASF AG geltenden lebens-
mittelrechtlichen Bestimmungen genannt:
Die zur Herstellung des derzeitigen Lucryl-Sortimentes (Standard- und
schlagzäh modifizierte Acrylformmassen) verwendeten „Monomere und sons-
tigen Ausgangsstoffe“ sind in der Bedarfsgegenständeverordnung vom
14. 04. 1992 (und deren Ergänzung vom 11. 4. 94) in der Anlage 3 in den Ab-
schnitten A und B ohne spezifische Begrenzung aufgeführt. Die zur Herstellung
außerdem verwendeten Stoffe sind in der Empfehlung XXII des Bundesge-
sundheitsamtes, „Acryl- und Methacrylsäureesterpolymerisate und deren
Mischpolymerisate sowie Mischungen mit Polymerisaten“, Stand 15. April 1991
(187. Mitteilung, Bundesgesundheitsblatt 34 (1991), S. 296) in den gegebenen
Mengen genannt.

Sterilisieren
Wegen ungenügender Formbeständigkeit in der Wärme und zu großer Wasser-
aufnahme bei 100 °C können Formteile aus PMMA nicht im Dampf, beispiels-
weise bei 120 °C, sterilisiert werden, jedoch ist das Sterilisieren mit verschiede-
nen handelsüblichen Mitteln möglich.
808 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)


PMMA-Formmassen können durch Spritzgießen und Extrudieren verarbeitet
werden. Formstoffe sind warmformbar. Die Verarbeitungsbedingungen sind fol-
gende:

Verarbei- Masse- Werkzeug- Spritz- Schwin-


tungsart temperatur temperatur druck psp dung
°C °C bar %

Spritzgießen 210 bis 240 50 bis 70 500 bis 1200 0,1 bis 0,8
Extrudieren 200 bis 230
Pressformen 160 bis 180 50 bis 100
Warmformen 150 bis 170 bei Guss-PMMA
140 bis 160 bei extrudierten
Tafeln
Polyacrylate

Über die Fließfähigkeit von Lucryl-Spritzgusstypen in Abhängigkeit von Masse-


temperatur und Wanddicke informiert Bild 2-263.

■ Veredeln der Oberfläche


Formteile aus PMMA können nach dem Siebdruckverfahren unter Verwendung
von speziellen Acrylglas-Siebdruckfarben bedruckt werden. Die zu bedrucken-
den Teile müssen von Eigenspannungen frei sein, um die Bildung von Span-
nungsrissen zu vermeiden (s. Abschn. Spannungsrissverhalten). Der gleiche

Bild 2-263. Fließfähigkeit von


Lucryl-Marken in Abhängig-
keit von der Massetemperatur
(Spiraltest), (Testspirale:
10 · 2 mm; Spritzdruck:
120 MPa (1200 bar); Werk-
zeugoberflächentemperatur:
60 °C)
2.1.4 Polyacrylate 809

Hinweis gilt auch für das Lackieren mit den besonders geeigneten benzin- oder
toluollöslichen Lacken.
Das Warmprägen wird zum Aufbringen von Schriftzügen, Emblemen und an-
deren Dekorationen häufig angewendet. Beim Metallisieren im Hochvakuum
wird die empfindliche Metallschicht auf die Rückseite des Formteils aufgetra-
gen, um sie vor Beschädigung zu schützen. Das Metallisieren ist mit und ohne
vorheriges Lackieren möglich.

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


Siehe Tabelle 2-6 und Tabelle 2-7.

Fügeverfahren
Formteile aus PMMA können durch Nieten, Schrauben, Warmluft-, Hochfre-
quenz- und Ultraschallschweißen oder durch Spritzgießen miteinander verbun-
den werden. Bei diesen Verfahren kommt es stets zur Bildung mehr oder weni-
ger hoher Eigenspannungen. Falls nicht warmgelagert werden kann oder soll,
muss das Einwirken von Lösemitteln vermieden werden.

Polyacrylate
Schweißen
Tafeln bis 2 mm Wanddicke können mit Hilfe von HF, Ultraschall- oder durch
Heißluftschweißen mit Draht aus PVC oder PMMA verbunden werden. Bei ei-
nem Durchmesser des Zusatzdrahtes von 2 bis 4 mm beträgt die Schweißtempe-
ratur 170 bis 180 °C (PVC-Draht) bzw. 170 bis 200 °C (PMMA-Draht). Formstoffe
aus AMMA-Copolymeren sind nicht schweißbar.

Kleben
Die Fügeflächen werden mit netzmittelhaltigem, warmem Wasser oder Was-
ser/Isopropanolgemischen vorbehandelt. Vernetztes PMMA wird mit Hilfe von
Schleifpapier K 240 aufgerauht. AMMA muss zusätzlich mit einem haftverbes-
sernden Vorstrich versehen werden.
Adhäsionskleben ist möglich mit Polymerisations-Klebstoffen auf Basis Me-
thacrylat. Es gibt Ein- und Zweikomponenten-Klebstoffe. Die Schrumpfung ist
gering. Die Klebnahtfestigkeit erreicht 80 % der Festigkeit des Grundwerkstoffs.
Stumpfkleben ist möglich.
Diffusionskleben gelingt nur bei unvernetztem PMMA. Verwendet werden
Methylenchlorid oder Gemische, bei denen bis zu 20 % PMMA im Chlor-KW
gelöst sind. Diese eignen sich besonders für Formstoffe aus niedermolekularem
PMMA [3, 4].

Warmformen, Pressformen
Siehe: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.5).

Anwendungsbeispiele
Beschläge, Rückstrahler, Gehäuse, Abdeckglocken, Schalen, Vasen, Schilder,
Transparente, Skalen, Zeichengeräte, Uhrgläser, optische Linsen, Lichtkup-
peln, Flugzeugkanzeln, gläserne Modelle, Lichtleitdrähte, Beleuchtungskör-
810 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

per, Modeschmuck, sanitäre Artikel, Augenprothesen, zahnmedizinische Ar-


tikel, gewellte Tafeln, Rohre, Tafeln, Lenkradmedaillons, Windschutzschei-
ben, Spülkästen, Implosionsschutzscheiben, Tonabnehmer.
Gegossenes Halbzeug aus PMMA wird in großem Umfang für das Sa-
nitärgebiet (Badewannen, Brausewannen, Whirlpools u. a.), für Solarien
mit angepasster UV-Durchlässigkeit, Großaquarien, Autobahn-Schall-
schutzwände, für die Kerntechnik (Szintillatoren, Wellenlängenschieber,
Filter, Abschirmungen und Lichtleiter) verwendet. Gegossenes und extru-
diertes Halbzeug dient zur Herstellung von Spiegeln und Solar-Verglasun-
gen. Stegdoppel- und -dreifachplatten sind seit 20 Jahren im Bauwesen
erfolgreich. Zu den speziellen Anwendungen von PMMA gehören die Subs-
trate für optische Speicher bei Videodisks (VD, Substrat PMMA; bei Audio-
disks (compact disks (CD)) dient als Substrat Polycarbonat). Eingeführt
wurden Datenspeicherplatten (DOR-Platten, Digital Optical Recording)
mit den beiden Systemen DRAW (Direct Read after Write) und E-DRAW
(Erasable DRAW). DRAW-Platten werden ohne Information verkauft.
Polyacrylate

Auf dem Gebiet der Lichtleitfasern aus PMMA laufen in Japan und
in den USA aufwändige Entwicklungen. Erwähnt seien auch die hoch-
molekularen Suspensions- und Emulsionspolymeren (Basis PMMA), die
in geringen Mengen dem PVC-U zugesetzt werden. Sie verkürzen die Plas-
tifizierzeit, verbessern das rheologische und das Schäumverhalten bei der
PVC-Schaumextrusion. PMMA-Granulat bildet eine wirksame Hilfe beim
Reinigen von Plastifizierzylindern bei Farb- und Materialwechsel.

Handelsnamen
Acrifix (Röhm/DE)
Acrylite (Cy/Ro Industries/US)
Acrypanel (Mitsubishi Rayon Co/JP)
Altuglas (Altulaor, Orkem/FR)
Asterite (ICI/GB)
Casoglas (Casolith/NL)
Corian (Du Pont de Nemours/US)
Crofon (Du Pont de Nemours/US)
Delmer, Delpet (Asahi Chem. Ind./JP)
Diakon (ICI/GB)
Electroglas (Glasflex Corp./US)
Eska (Mitsubishi Rayon/JP)
Exolite (Cyro Industries/US)
Garolglas (American Filtrona Corp./US)
Lucite (Du Pont de Nemours/US)
Lucryl (BASF/DE)
Oroglas (Rohm & Haas, Co./US)
Palpet (Kyowa Gas Chem./JP)
Paraglas (Degussa/DE)
Perspex (ICI/GB)
2.1.4 Polyacrylate 811

Plexidur, Plexiglas (Röhm GmbH/DE)


Resaritglas (Resart/DE)
Shinkolite (Mitsubishi Rayon Co./JP)
Sumipex (Sumitomo Chem. Co./JP)
Unilok (British Vita Co./GB)
Vestiform (Hüls/DE)

2.1.4.3
Polymethacryl/Imid (PM/I)
Obwohl die Schaumstoffe in diesem Buch nicht im Einzelnen behandelt werden,
bietet jedoch das Polymethacrylimid wegen seiner besonderen physikalischen
und chemischen Eigenschaften die Gelegenheit, die meisten der am Markt be-
findlichen Grundtypen der aus anderen Thermo- und Duroplasten hergestellten
Hartschaumstoffe anhand einiger Graphiken miteinander zu vergleichen [5].
PMI ist ein geschlossenzelliger Hartschaumstoff für den Konstruktions-

Polyacrylate
Leichtbau. Er zeichnet sich aus durch:
Hohe mechanische Festigkeit,Wärmeform- und Lösemittelbeständigkeit und
vor allem durch eine niedrige Wärmeleitfähigkeit bei tiefen Temperaturen. Elas-
tizitäts- und Schubmodul werden von keinem anderen Schaumstoff gleicher
Rohdichte übertroffen. Wie die nachstehende Strukturformel zeigt, handelt es
sich bei PM/I um ein während des Schäumvorgangs aus Metharcylsäure und
Methacrylnitril umgesetztes Copolymerisat, Bild 2-264.
PM/I brennt mit geringer Rauchentwicklung. Die Rauchgase enthalten keine
korrodierenden Zersetzungsprodukte.
Gegenüber den Zersetzungsprodukten von Kiefernholz erweisen sich die Zer-
setzungsprodukte von Rohacell®, im Temperaturbereich bis 600 °C, als weniger

Bild 2-264. Darstellung von Polymethacrylimid (PMI)


812 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

toxisch. Die Typen Rohacell 31, 51 und 71 sind ab 10 mm Materialdicke „normal


entflammbar“ (Klasse B 2) im Sinne der DIN 4102 und gelten als nicht brennend
abtropfend. Nach ASTM D-1692-59 T erhalten sie die Klassifizierung „Burning
by this Test“. Die Abbrandgeschwindigkeit ist bei den einzelnen Typen unter-
schiedlich und von der Materialdicke abhängig. Für Rohacell 51, 10 mm dick, be-
trägt diese z. B. 2,4 cm/min.
Mit entsprechenden Deckschichten versehen, erfüllen die an den Kanten
nicht abgedeckten Sandwichteile die Bedingungen der FAR § 25.853 (a) und (b).
Ebenso werden die Bedingungen der Airbus-Industrie bezüglich Rauchgas-
dichte und Toxizität der Rauchgase erfüllt.
Nach VDE 0471-3 (Glühdrahtmethode) beträgt die Zündtemperatur für Ro-
hacell 51 bei einer Probendicke von 5 mm 710 °C.
Nach DIN 51 794 beträgt die Zündtemperatur für alle Rohacell-Typen ohne
Flamme ca. 600 °C und mit Flamme ca. 350 °C.
Der Heizwert für PM/I gemessen nach DIN 51 708 liegt bei 26 000 We/g.
Der LOI-Wert von Rohacell 31, 51 und 71 liegt zwischen 19 und 20.
Polyacrylate

2.1.4.4
Literatur – Kapitel 2.1.4
[1] Saechtling HJ (1995) „Polymethacrylate,Acrylglas“, in Kunststoff-Taschenbuch 26.Ausgabe,
C Hanser, München, S 422 – 429 und: Schuber MTH u. a. (1973) „Permeabilität von Nitril-
Kunststoffen“ Kunststoff-Plastics 21, Nr 3, S 15 – 18
[2] Dupp G (1968) pvt-Diagramme von Hochpolymeren für die Berechnung von Plastifizie-
rungsaggregaten, Kunststofftechnik, Nr 8
[3] VDI/VDE-Richtlinie 2476: „Halbzeug aus hochmolekularem PMMA und seinen Copoly-
meren“
[4] VDI-Richtlinie 3821: „Kunststoffkleben“
[5] Röhm GmbH: Rohacel® Druckschrift 50/787/100035
2.1.5 Polyacetal (POM) 813

2.1.5
Polyacetal (POM)

■ Herstellung
Die Entwicklung des Polyacetals reicht zurück bis in die zwanziger Jahre. Der
Durchbruch zur Herstellung eines hochmolekularen, thermisch stabilen und
thermoplastisch verarbeitbaren Polymeren gelang erst den Chemikern von
Du Pont de Nemours im Jahre 1956 in den USA. Seit 1959 ist das homopolymere
Delrin® auf dem Markt. Die einzigen Bausteine dieses Polymeren sind bei-
spielsweise Formaldehyd oder Trioxan [1].

Polyacetal
(POM)
Formaledehyd Trioxan

Die Celanese Corp. und die Hoechst AG entwickelten in Europa aus Trioxan und
geringen Mengen von cyclischen Ethern oder Formalen [1] Block-Copolymere,
die auch bei thermischer Beanspruchung eine hohe Kettenstabilität bei aller-
dings etwas niedrigerer Kristallinität und damit eine um 10 K niedrigere
Schmelztemperatur aufweisen. Dieses Copolymer ist seit 1964 unter dem Han-
delsnamen Hostaform® am Markt.

Trioxan Dioxolan
In den folgenden Jahren nahmen die BASF AG mit dem Comonomeren Ultra-
form® und mehrere japanische Firmen die Produktion auf.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Der lineare Aufbau und der hohe Kristallinitätsgrad bestimmen das Eigen-
schaftsbild dieses Thermoplasten. Die Polyacetale zeichnen sich aus durch:
• hohe Zähigkeit (bis – 40 °C),
• hohe Härte und Steifheit,
814 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

• hohe Formbeständigkeit in der Wärme und Wärmestandfestigkeit,


• geringe Wasseraufnahme,
• hohe Maßbeständigkeit,
• günstige elektrische und dielektrische Eigenschaften,
• hohe Beständigkeit gegen Lösemittel,
• Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen,
• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten,
• leichte Verarbeitbarkeit.
Dieses günstige Gesamtbild der Eigenschaften macht die Polyacetale vor allem
zum bevorzugten Konstruktionskunststoff in der Feinwerktechnik im weitesten
Sinne.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Beim Betrachten der strukturbedingten Eigenschaften der Polyacetale drängt
sich ein Vergleich mit Polyethylen auf.

Polyethylen Polyacetal (Polyoxymethylen)

Beide Polymere sind linear aufgebaut. Da kein Taktizitätsproblem vorliegt, sind


beide kristallisationsfähig. Die Kristallisation kann bei Polyethylen durch den
Verzweigungsgrad etwas beeinträchtigt werden. Bei den Polyacetalen sind es die
Polyacetal

Comonomere. Trotz der dichten Packung führt die hohe Beweglichkeit der Kette
(POM)

zu der verhältnismäßig tiefen Glasübergangstemperatur von – 73 °C. Der Kris-


tallinitätsgrad hängt sehr von der Abkühltemperatur ab. Er beträgt 77 % bei 0 °C
und 80 % bei 150 °C. In der Wärme nachbehandelte Formstoffe weisen erhöhte
Kristallinität auf, Bild 2-265.
Das Erhöhen der Abkühltemperatur kann andererseits zur Bildung größe-
rer Sphärolithe führen. Dadurch wird die Schlagzähigkeit beeinträchtigt. Sorgt
man jedoch durch die Zugabe von Nukleierungsmittel dafür, dass sich beim
Abkühlen noch zahlreiche feine Überstrukturen bilden, dann bleibt die Zähig-
keit erhalten. Dieser Effekt kann bei Spritzguss-Formmassen zum Erzielen

Bild 2-265. Wirkung der


Nachbehandlung in der
Wärme auf den Kristalli-
nitätsgrad von Acetal-
Homopolymer
2.1.5 Polyacetal (POM) 815

kürzerer Zykluszeiten genutzt werden, Bild 2-266. Bei allmählicher Verlänge-


rung der Nachdruckzeit zeigt sich, dass normales Acetal-Copolymer das opti-
male Formteilgewicht nach 17 s erreicht, während der modifizierte Produkttyp
bereits nach 11 s zum gleichen optimalen Formteilgewicht führt, d. h. schneller
erstarrt.

■ Zusatzstoffe
Bei den Polyacetalen spielen die Funktionszusatzstoffe eine wichtige Rolle. Das
Füllen und Verstärken erstreckt sich meist auf gezielte Eigenschaften, beispiels-
weise das Verbessern des Gleit- und Verschleißverhaltens durch spezielle Füll-
stoffe, bzw. auf das Verstärken mit Glasfasern.

■ Funktionszusatzstoffe
Polyacetale neigen zur Depolymerisation unter Abspaltung von Formaldehyd.
Strukturelles Modifizieren des Polymeren ist die wichtigste Stabilisierungsmög-
lichkeit. Zu diesen Maßnamen gehören das Copolymerisieren mit cyclischen
Ethern und das Blockieren der Endgruppen. Die beim Abspalten von Formalde-
hyd durch Oxidation entstehende Ameisensäure katalysiert die Depolymerisa-
tion. Stabilisiert wird durch Kombinieren eines sterisch gehinderten Phenols
mit einem Costabilisator. Als solche kommen Stickstoffverbindungen und Salze
von Carbonsäuren (z. B. Calciumstearat) in Betracht [2].
Die Polyacetale sind nicht UV-stabil. Wellenlängen bis zu 365 nm initiieren
den Abbau. Die bei der Depolymerisation entstehende Ameisensäure katalysiert

Polyacetal
den hydrolytischen Abbau [3]. POM neigt ohne UV-Stabilisierung im Freien

(POM)
nach kurzer Bewitterungsdauer zur Bildung von Oberflächenrissen und zum
Kreiden. Falls ein schwarzer Farbton nicht stört, ist mit Hilfe von Ruß eine vor-
zügliche UV-Stabilisierung erreichbar. Für helle Farbtöne bewährt sich die Kom-
bination aus sterisch gehinderten Aminen (HALS) und UV-Absorber, beispiels-
weise 2-(2¢Hydroxy-5¢-methylphenyl)benzotriazol.

Bild 2-266. Optimale Zyklus-


zeit von normalem und nu-
kleiertem Acetal-Copolymer
a nicht nukleiert
b nukleiert
816 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Farbmittel
Bei der Selbstherstellung von farbigen Formstoffen aus naturfarbenem POM
dürfen nur Pigmente verwendet werden, die den Verarbeitungstemperaturen
ohne Zersetzung oder Farbumschlag standhalten können. Außerdem dürfen sie
die Thermostabilität von POM nicht beeinträchtigen. Erste Hinweise gibt die Ta-
belle 1-38. Es ist jedoch zu empfehlen, die Auskunft der Farbmittelhersteller ein-
zuholen. Farbkonzentrate werden als Granulat geliefert.

■ Füllstoffe
Die Verwendung von Füllstoffen zielt bei POM weniger darauf ab, die mechani-
schen Eigenschaften wie Steifigkeit und Oberflächenhärte zu beeinflussen, son-
dern bestimmte Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. Ein mit Molybdändi-
sulfid gefülltes Acetal-Copolymer zeichnet sich bei hohen Flächenpressungen und
sehr niedrigen Gleitgeschwindigkeiten durch ein günstiges Gleitverhalten im Ver-
gleich zum ungefüllten Material aus. Durch das Füllen mit MoS2 wird der Unter-
schied zwischen statischer und dynamischer Reibungszahl und damit die Neigung
zum Ruckgleiten (stick-slip) geringer. Die mechanischen Eigenschaften des Com-
pounds werden im Vergleich zum Grundmaterial nur unwesentlich verändert.
Durch den Zusatz von Kreide wird die Abriebfestigkeit bei Trockenlauf ver-
bessert, eine Eigenschaft, die auf eine Eignung für Zahnräder, Lager und Gleit-
elemente hinweist.Außerdem wird die Biegewechselfestigkeit wesentlich erhöht.
Durch den Zusatz von PTFE werden die guten Gleiteigenschaften dieses Mate-
rials mit der hohen mechanischen Festigkeit von POM vereinigt. Wartungsfreie
Polyacetal

Lager ohne Ruckgleiten sind die bevorzugten Anwendungsbereiche.


(POM)

Das Gleitverhalten normaler POM-Typen kann durch den Zusatz von Ölkon-
zentraten verbessert werden. Abgemischt wird im Verhältnis 1 : 10. Mit Hilfe von
Metallpulvern (Aluminium, Bronze) kann die Formbeständigkeit in der Wärme
und die elektrische Leitfähigkeit erhöht werden.

■ Verstärkungsstoffe
Die durch Verstärkungsstoffe erreichbare hohe Formbeständigkeit in der
Wärme kann bei POM nur für kurze Zeit ausgenutzt werden. Die maximale
Gebrauchstemperatur liegt auch bei glasfaserverstärkten Typen nur knapp
über 100 °C. Es werden Lang- und Kurzfasern mit Masseanteilen von 20 bis
30 % verwendet. Dadurch kann die Zugfestigkeit verdoppelt und der Biege-
E-Modul verdreifacht werden, auch das Kriechverhalten bei höheren Tem-
peraturen wird günstig beeinflusst. Eine niedrigere Kerbschlagzähigkeit und
ein höherer Volumenpreis müssen allerdings in Kauf genommen werden.
Glaskugeln können bis zu 80 % Masseanteil zugesetzt werden, ohne dass sich
die Verarbeitungsbedingungen gegenüber ungefülltem Material wesentlich
ändern.

■ Sortiment
In dem Maße, in dem sich die Polyacetale wegen ihres ungewöhnlich vielseitigen
Eigenschaftsbildes bei zahlreichen Anwendungen als der ideale Technische
Werkstoff erwiesen, wuchsen bei allen Herstellern die Typensortimente; so weist
beispielsweise die Hostaform-Palette allein 35 Typen auf.
2.1.5 Polyacetal (POM) 817

Die angebotenen POM-Typen unterscheiden sich vor allem durch ihre molare
Masse, d. h. durch ihre Fließfähigkeit. Hochmolekulare Typen, d. h. schwer-
fließende, werden vorwiegend extrudiert oder für das Spritzgießen dickwandi-
ger Formteile verwendet. Dadurch wird die Lunkerbildung verringert. Leichter
fließende Typen kommen generell für das Spritzgießen in Betracht. Das Sorti-
ment enthält ferner mit Glasfasern verstärkte sowie mit PTFE, MoS2 und mit
Mineralien gefüllte Typen für das Spritzgießen.

■ Lieferformen
POM wird als opakweißes, naturfarbenes oder als Farbgranulat von etwa 3 mm
Korngröße geliefert, Halbzeug in Form von Blöcken, Tafeln, Stäben oder Rohren.

■ Typisierung
DIN 16781, Tl. 1 (01. 88).

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der physikalischen Eigenschaften der Acetal-Homo- und Copoly-
mere sowie eines glasfaserverstärkten Typs enthält Tabelle 2-63. Siehe auch
Richtlinie VDI/VDE 2477 (Nov. 74).

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
In Bild 2-267 wird das Spannungsdehnungs-Verhalten von Polyacetal mit dem-

Polyacetal
jenigen einiger metallischer Werkstoffe verglichen, an deren Stelle es bei zahl-

(POM)
reichen Anwendungen im Bereich der Feinwerktechnik tritt. Bild 2-268 zeigt,

Bild 2-267. Spannungsdeh-


nungsdiagramme verschiede-
ner Werkstoffe (Prüftempe-
ratur 20 °C)
a Baustahl St 37
b Zink-Druckguss ZnAl
c Kupfer, weichgeglüht
d Aluminium, weichgeglüht
e Acetal-Copolymer
818 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Tabelle 2-63. Eigenschaften von Acetal-Homo- und Copolymeren

Eigenschaften Einheit Homo- Copolymer 30 % GF


polymer unverstärkt verstärkt

Rohdichte g/cm3 1,42 1,41 1,56

mechanisch
Streckspannung N/mm2 65 bis 70 67 bis 72 140
Reißdehnung % 25 bis 70 25 bis 70 3
E-Modul (Zug) N/mm2 2800 3200 10000
Grenzbiegespannung N/mm2 120 120 180
Biegekriechmodul (1-min-Wert) N/mm2 – 3300 9000
Biegekriechmodul (6-Tage-Wert) N/mm2 – 1800 7000
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) N/mm2 145 160 180
Kerbschlagzähigkeit bei 23 °C mJ/mm2 o.B. o.B. 30
Kerbschlagzähigkeit bei – 40 °C mJ/mm2 4,5 bis 6,5 6 bis 8,5 –
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 110 bis 140 110 bis 140 110 bis 150
dauernd °C 90 bis 110 90 bis 110 90 bis 110
thermische
Kristallit-Schmelzbereich °C 175 164 bis 167 164 bis 167
Vicat-Erweichungspunkt VSP/B °C 173 160 bis 163 171
Wärmeformbeständigkeit
ISO R 75/A °C 124 110 bis 125 160
Polyacetal

linearer Ausdehnungskoeffizient
(POM)

zwischen 20 und 100 °C K–1 90 · 10–6 110 · 10–6 30 · 10–6


Wärmeleitfähigkeit bei 20 °C W/mK 0,8 1,1 1,5
elektrisch
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 1015 1015 1015
Oberflächenwiderstand W 1013 1013 1013
Dielektrizitätszahl (1 MHz) – 3,7 3,7 4,8
dielektrischer Verlustfaktor tan d
(1 MHz) – 0,0055 0,0055 0,0050
Durchschlagfestigkeit kV/cm 700 700 650
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI/A 660 660 660
Wasseraufnahme 20 °C/96 h mg 20 bis 30 30 40

dass die mechanische Festigkeit von POM derjenigen zahlreicher anderer Ther-
moplaste überlegen ist. Auch die Streckspannung von Polyacetal verläuft güns-
tig, Bild 2-269.
Die Temperaturabhängigkeit des im Kurzzeitversuchs ermittelten Biege-E-Mo-
duls zeigt Bild 2-270. Man erkennt, wie sehr sich die bei Raumtemperatur noch na-
hezu steifen Kunststoffe mit zunehmender Temperatur voneinander unterscheiden.

■ Umwandlungstemperaturen
In Bild 2-271 erkennt man innerhalb des Temperaturbereiches von – 150 °C bis
zum Schmelzbereich von etwa 164 bis 167 °C drei kennzeichnende Umwand-
2.1.5 Polyacetal (POM) 819

Bild 2-268. Spannungsdeh-


nungsdiagramme verschiede-
ner Thermoplaste (Prüftempe-
ratur 20 °C, Prüfgeschwindig-
keit 60 mm/min)
a Polymethylmethacrylat
b Acetal-Copolymer
c Polycarbonat
d Polyamid 6
e PVC-U
f Polypropylen

Polyacetal
(POM)

Bild 2-269. Streckspannung verschiedener Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur


(Prüfgeschwindigkeit 50 mm/min)
a Acetal-Copolymer
b Polyamid 6
c Polypropylen
d Niederdruck-Polyethylen
820 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-270. Biege-E-Modul


einiger technischer Thermo-
plaste in Abhängigkeit von
der Temperatur
a Polyacetal
b Polysulfon
c Polyphenylenether
d Polycarbonat
e ABS, hochwärmebeständig

Bild 2-271. Schubmodul G und


mechanischer Verlustfaktor d von
Acetal-Copolymer in Abhängig-
keit von der Temperatur (Fre-
quenzen 15 bis 0,3 Hz, Werkstoff:
Hostaform C 9021 der Hoechst
Polyacetal
(POM)

AG)

lungsgebiete – auch Relaxationsgebiete genannt – die technische Bedeutung ha-


ben. Der Bereich um – 60 °C stellt die bei abnehmender Temperatur wichtige Ver-
sprödungsgrenze bei Schlagbeanspruchung dar, sie wird als Einfrier- oder Glas-
übergangstemperatur bezeichnet. Das Relaxationsgebiet um 0 °C beruht auf der
Copolymerisation von Formaldehyd mit Ringethern oder cyclischen Formalen.
Das dritte Nebenmaximum oberhalb 100 °C ist auf molekulare Bewegung im kris-
tallinen Bereich zurückzuführen.Dieses Verhalten ist für die Formbeständigkeit in
der Wärme von Bedeutung. In jedem Umwandlungsgebiet, ausgehend von 0 °C,
wird die molekulare Beweglichkeit durch thermische Aktivierung größer. Dies hat
zur Folge, dass Härte und Sprödigkeit des Materials abnehmen. Die Kerbschlag-
zähigkeit kann sich dabei wesentlich ändern. Häufig beobachtet man Übergänge
vom Sprödbruch zum Zähbruch. Bei höheren Verformungsgeschwindigkeiten
wandern die Schwerpunkte der Umwandlungsgebiete zu höheren Temperaturen.
Der Kunststoff verhält sich somit wie ein steiferes Material.

Langzeitverhalten: Zeitstandsverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die Ergebnisse der unter verschiedenen Bedingungen durchgeführten Langzeit-
versuche dienen dem Konstrukteur als Berechnungsgrundlage beim Entwurf
dauernd beanspruchter Bauteile.
2.1.5 Polyacetal (POM) 821

Das Langzeitverhalten wird in zwei Grundversuchen geprüft:


Zeitstand-, Kriech- oder Retardationsversuch nach DIN 53 444 (Deforma-
tionszunahme bei konstanter Spannung) und im Spannungsrelaxationsversuch
nach DIN 53 441 (Spannungsabbau bei konstanter Dehnung).
Zeitstandfestigkeit ist die Spannung, bei der ein belasteter Probestab unter
bestimmten Umgebungsbedingungen nach einer bestimmten Zeit bricht. Die
Untersuchungen werden an Schulterstäben (einachsiger Spannungszustand)
oder an Rohren (mehrachsiger Spannungszustand) in Luft oder einem anderen
Medium durchgeführt.
Aus den bei verschiedenen Beanspruchungshöhen ermittelten Kriechkurven
(Zeitdehnlinien), Bild 2-272 findet man durch Horizontal-Schnitte bei gleicher
Dehnung die Zeitspannungs-Linien, die im sog. Zeitstandschaubild, Bild 2-273
wiedergegeben werden. Aus Vertikalschnitten erhält man die isochronen Span-
nungsdehnungs-Diagramme gemäß DIN 53 444, Bild 2-274.
Die im Kriechversuch bei Zugbeanspruchung ermittelten Dehnungen und
Kriechmoduln können in guter Näherung auch für Biege- und Druckbeanspru-
chung verwendet werden. Damit eine gewisse Sicherheit gegen Bruch gegeben
ist, wird üblicherweise bei Konstruktionen mit Dehnungen von 0,5 bis 1,0 % ge-
rechnet.
Den im Zeitstandversuch bei einer Randfaserspannung von 10 N/mm2 ermit-
telten Biege-Kriechmodul von unverstärktem und glasfaserverstärktem Acetal-
Copolymer gibt Bild 2-275 für Prüftemperaturen von 20 bis 80 °C wieder. Ta-
belle 4-29 im Anhang enthält Daten über den Biege-Kriechmodul von unver-

Polyacetal
stärktem und verstärktem Acetal-Homo- und Copolymer für verschiedene

(POM)
Beanspruchungen und Temperaturen.

Bild 2-272. Zeitdehnungsli-


nien von Acetal-Copolymer
(Prüftemperatur 20 °C, ge-
messen in der Luft, Werk-
stoff: Hostaform C 9021 der
Hoechst AG)
822 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-273. Zeit/Spannungs-


diagramm von Acetal-Co-
polymer (nach DIN 53 444,
Prüftemperatur 20 °C, Werk-
stoff: Hostaform C 9021 der
Hoechst AG)
Polyacetal
(POM)

Die Ergebnisse der Spannungsrelaxationsversuche nach DIN 53 441 zeigt Bild


2-276. Danach liegen die Relaxationsmoduln von glasfaserverstärktem Hostaform
C 9021 CV 1/30 deutlich über denen von unverstärktem Hostaform C 9021; sie zei-
gen außerdem einen wesentlich flacheren Verlauf. Das glasfaserverstärkte Produkt
weist demnach nicht nur eine geringere Kriechneigung als das unverstärkte auf
(vgl. Biege-Kriechmodul, Bild 2-275, sondern relaxiert auch langsamer.
Das Ergebnis von Druck-Zeitstandversuchen gibt Bild 2-277 wieder.
Der für die Berechnung eines Formteils bei Torsionsbeanspruchung
benötigte Schubmodul ergibt sich aus der Beziehung:
E
G = 85
2 (l + n)
Darin ist n die Poisson-Zahl (n ≈ 0,35 für harte Thermoplaste).
Der in Bild 2-271 wiedergegebene Schubmodul wird im Kurzzeitversuch er-
mittelt und kommt deshalb für das Berechnen langzeitig beanspruchter Bauteile
nicht in Betracht.

Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand


Die Ergebnisse aus Zeitstandversuchen im einachsigen Spannungszustand kön-
nen nur bedingt auf den mehrachsigen Spannungszustand übertragen werden.
Der mehrachsige Spannungszustand liegt zum Beispiel bei unter Innendruck
2.1.5 Polyacetal (POM) 823

Bild 2-274. Isochrone Spannungsdehnungsli-


nien von Acetal-Copolymer für verschiedene
Temperaturen (Werkstoff: Hostaform C 9021
der Hoechst AG)

Polyacetal
Bild 2-275. Biege-Kriechmodul (POM)
von unverstärktem und glasfa-
serverstärktem Acetal-Copoly-
mer bei verschiedenen Tempe-
raturen
a Polyacetal + 26 Masse-%
Glasfasern
b Polyacetal unverstärkt
(Werkstoff: Hostaform C 9021
der Hoechst AG)
824 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-276. Relaxations-


modul Er von Hostaform
C 9021 GV 1/30 (a) und
Hostaform C 9021 (b) in
Abhängigkeit von der Be-
anspruchungsdauer bei
Raumtemperatur
Polyacetal
(POM)

Bild 2-277. Druckzeitstandfestig-


keit von Acetal-Copolymer (Prüf-
temperatur 20 °C) (Werkstoff:
Hostaform C 9021 der Hoechst AG)

stehenden Rohren vor. Die Vergleichsspannung s v (Umfangsspannung) für den


mehrachsigen Spannungszustand wird wie folgt berechnet:

dm
s v = p · 5 N/mm2
2s
mit p = Innendruck N/mm2
dm = mittlerer Durchmesser mm
s = Wanddicke mm

Das Ergebnis der sich über eine Dauer von mehr als 30 Jahren erstreckenden
Zeitstandversuche mit Rohren aus Acetal-Copolymer ist in Bild 2-278 wiederge-
geben.
2.1.5 Polyacetal (POM) 825

Bild 2-278. Zeitstandfestigkeit von


Rohren aus Acetal-Copolymer (Prüf-
temperatur 20 °C bis 60 °C, innen und
außen Wasser) (Werkstoff: Hostaform
C 9021 der Hoechst AG)

Polyacetal
(POM)
Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit
Das Zähigkeitsverhalten von Formteilen aus viskoelastischen Werkstoffen ist –
abgesehen von Einflüssen wie Temperatur, Gestalt und Herstellbedingungen –
abhängig von der Verformungsgeschwindigkeit. Ein im herkömmlichen Zugver-
such sich zäh verhaltender Werkstoff kann im Schlagzugversuch ohne Bruch-
dehnung zerreißen und somit als spröder Werkstoff erscheinen.
Die Einfriertemperatur von Polyacetal liegt im Bereich von – 60 bis – 65 °C.
Das ist im Vergleich zu anderen Kunststoffen tief. Daraus erklärt sich die selbst
bei tiefen Temperaturen noch bemerkenswert hohe Schlag- und Kerbschlag-
zähigkeit, Bilder 2-279 und 2-280.
Der Einfluss einer elastifizierenden Komponente auf die Kerbschlagzähigkeit
der S-Typen des Hostaform-Sortimentes im Vergleich mit dem normalen Hosta-
form Typ C 9021 geht aus den Bildern 2-281 und 2-282 hervor. Die Spannweite
der Zähigkeit (Bruchdehnung), die bei der jeweiligen Steifigkeit (E-Modul) mit
den heute verfügbaren POM-Sortimenten überbrückbar ist, zeigt eindrucksvoll
das Bild 2-283.
Die Kerbempfindlichkeit wird – wie bei allen Kunststoffen – u. a. von der
Kerbform, den Beanspruchungsbedingungen und der Temperatur beeinflusst.
Querschnittübergänge, scharfkantige Ecken und Kerben müssen vermieden
werden. Alle Übergänge werden abgerundet, Rippen erhalten Hohlkehlen von
0,2 mm, um bei Stoß- und Schlagbeanspruchung örtliche Spannungsspitzen zu
vermeiden.
826 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-279. Schlagzähigkeit von


Acetal-Copolymer in Abhängig-
keit von der Temperatur
(Werkstoff: Hostaform C 9021
der Hoechst AG)
Polyacetal

Bild 2-280. Kerbschlagzähigkeit


(POM)

von Acetal-Copolymer in Ab-


hängigkeit von der Temperatur
(Werkstoff: Hostaform C 9021
der Hoechst AG)

Bild 2-281. Kerbschlag-


zähigkeit (Charpy) nach
ISO 179 1eA von Hosta-
form S im Vergleich zu
Hostaform C in Abhängig-
keit von der Temperatur
2.1.5 Polyacetal (POM) 827

Bild 2-282. Kerbschlagzähigkeit (Charpy) nach ISO 179 1eA von Hostaform S in Abhängigkeit
von der Temperatur

Polyacetal
(POM)

Bild 2-283. Kombination von Steifigkeit und Zähigkeit: DELRIN im Vergleich zu Acetal-Co-
polymer
왏 Standard Acetal-Copolymere
앩 Schlagzäh-modifizierte Acetal-Copolymere
쐍 Standard DELRIN
앫 Schlagzäh-modifiziertes DELRIN
828 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Für das Berechnen periodisch beanspruchter Konstruktionsteile ist die Zeit-
schwingfestigkeit maßgebend. Darunter versteht man den im Schwingversuch
ermittelten Spannungsausschlag s a – bei gegebener Mittelspannung s m –, den
eine Probe für eine bestimmte Anzahl von Lastspielen, z. B. 107 Lastwechsel, ohne
Bruch aushält („Wöhler-Kurve“).
Die verschiedenen Beanspruchungsbereiche, in denen derartige Versuche
durchgeführt werden, gehen aus Bild 2-284 hervor. Es wird unterschieden nach
Schwell- und Wechselbereichen. Für die meisten Kunststoffe beträgt die Zeit-
schwingfestigkeit 20 bis 30 % der im Kurzzeitversuch ermittelten Reißfestigkeit.
Sie sinkt mit steigender Temperatur und Lastwechselfrequenz sowie an Kerb-
stellen auftretenden Spannungsspitzen. Lastwechselfrequenzen zwischen 10 und
30 Hz verfälschen die Ergebnisse nicht durch die infolge innerer Reibung her-
vorgerufene Erwärmung.
Die Ergebnisse einiger mit einem Acetal-Copolymer-Spritzgusstyp durchge-
führten Schwingversuche geben die Bilder 2-285 bis 2-288 wieder.
Aus der Biegewechselfestigkeit s bw, der Biegeschwellfestigkeit s bSch und der
Biege-Zeitstandfestigkeit kann das Zeitfestigkeits-Schaubild nach Smith kons-
truiert werden. Das vorliegende Diagramm basiert auf einer Prüffrequenz von
10 Hz, Bild 2-289. Zur Ermittlung der zulässigen Spannungen müssen auch in
Polyacetal
(POM)

Bild 2-284. Beanspruchungsbereiche im Dauerschwingversuch

Bild 2-285. Wöhler-Kurve für Hosta-


form C 9021, ermittelt im Zug-
Druckwechselbereich (Probekörper
nach ISO 3167; gilt mit guter Nähe-
rung auch für die übrigen, nicht-
modifizierten Hostaform-Typen
2.1.5 Polyacetal (POM) 829

Bild 2-286. Wöhler-Kurve für Hosta-


form C 9021, ermittelt im Zug-
Schwellbereich (Probekörper nach
ISO 3167, gilt mit guter Näherung
auch für die übrigen, nicht modifi-
zierten Hostaform-Typen

Polyacetal
(POM)
Bild 2-287. Wöhler-Kurven für
Hostaform C 9021 GV 1/30 (a), C 9021
(b), S 9244 (c) und S 9064 (d), ermit-
telt im Biege-Wechselbereich (Kurve
b gilt mit guter Näherung auch für
die übrigen, nicht modifizierten
Hostaform-Typen)

Bild 2-288. Wöhler-Kurven für


Hostaform C 9021 (b) sowie Hosta-
form C 9021 GV 1/30 (a), ermittelt im
Biege-Schwellbereich (Kurve b gilt
mit guter Näherung auch für die
übrigen, nicht modifizierten Hosta-
form-Typen)
830 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

diesem Falle auf Erfahrungswerten basierende Sicherheitszahlen berücksichtigt


werden.

■ Sicherheitsbeiwerte
Für die Berechnung von Konstruktionsteilen müssen die – vorwiegend in me-
chanischen Langzeitprüfungen zu ermittelnden – Werkstoffkennwerte noch
durch einen Sicherheitsbeiwert dividiert werden. Gründe für die Berücksichti-
gung von Sicherheitsbeiwerten sind beispielsweise:
• verarbeitungsbedingte Anisotropie der mechanischen Eigenschaften,
• versuchsbedingte Streuung der Einzelwerte bei der Ermittlung der Werk-
stoffkennwerte,
• Abweichung der Praxisbeanspruchung von der angenommenen Beanspru-
chung,
• Abweichung der wirklichen Spannungen von den berechneten.
Die nachstehende Übersicht enthält für verschiedene Beanspruchungen emp-
fohlene Sicherheitsbeiwerte.

Art des Sicherheits-


Versagens beiwerte S
Ruhende Intermittierende Schwingende
Beanspruchung Beanspruchung Beanspruchung

Bruch 2 bis 3 2 bis 3 1,5 bis 2


Polyacetal
(POM)

Unzulässige
Formänderung 1,2 1,2 1,2
Instabilität >3 >3 >3

Die zulässige Spannung errechnet sich damit – auch unter Berücksichtigung von
Spannungskonzentrationszahlen – zu:
K
szul = 9 N/mm2
S · aK
K Beanspruchungshöhe N/mm2
S Sicherheitsbeiwert
aK Formziffer
Die Formziffer aK berücksichtigt die an einem beanspruchten Bauteil u. U. auf-
tretende Kerbwirkung. Unter Kerben versteht man mehr oder minder schroffe
Querschnittsänderungen oder solche Stellen, an denen Richtungsänderungen
des Kraftflusses infolge der geometrischen Gestalt des Bauteils vorliegen. Die
Formziffer aK ist definiert als:
s max
aK = 8
sS
smax max. Spannung N/mm2
ss Nennspannung N/mm2
2.1.5 Polyacetal (POM) 831

Bild 2-289. Zeitfestigkeitsschaubild


nach Smith für Biege-Wechselbean-
spruchung (N = 107, f = 10 Hz, Prüf-
temperatur 20 °C)

Polyacetal
(POM)
Die Formziffer wird wesentlich von der Schärfe der Kerbe beeinflusst, d. h. je
spitzer die Kerbe, desto größer a K .

Härte
Die Härte von Polyacetal wird unter den Kunststoffen nur von wenigen Ther-
moplasten und duroplastischen Formstoffen übertroffen. Nachfolgend sind ei-
nige Zahlenwerte für einen Polyacetal-Spritzgusstyp aufgeführt. Die unter-
schiedlichen Werte für Vickers-, Brinell- und Kugeldruckhärte ergeben sich aus
den grundsätzlich verschiedenen Prüfverfahren.
Kugeldruckhärte (nach DIN 53 456, Prüfkraft 358 N)
KH (30-s-Wert 160 N/mm2)
Brinell-Härte (DIN 50351)
HB 2,5 205 N/mm2
Vickers-Härte (nach DIN 50133)
HV 0,1 185 N/mm2
Rockwell-Härte (ASTM D 785-62)
HRR 117
Die Änderung der Kugeldruckhärte eines Spritzgussmaterials in Abhängigkeit
von der Temperatur zeigt Bild 2-290.
832 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-290. Kugeldruckhärte


eines Acetal-Copolymer-
Spritzgusstyps in Abhängig-
keit von der Temperatur
(nach DIN 53 456, 30-s-Wert)
(Werkstoff: Hostaform C
9021 der Hoechst AG)

Reibungs- und Verschleißverhalten


Die hohe Oberflächenhärte und die glatte Oberfläche der Formteile aus Poly-
acetal begünstigen das Gleit- und Verschleißverhalten. Durch Versuche im Tem-
peraturbereich von 20 bis 90 °C mit Polyacetal auf Polyacetal ergab sich für die
statische Reibungszahl ein Mittelwert von 0,25. Bild 2-291 zeigt die Gegenüber-
stellung von nicht modifiziertem Acetal-Copolymer und modifizierten Typen
beim Gleiten gegen gehärteten und geschliffenen Stahl (Rautiefe 2,5 mm) in
Abhängigkeit von der Flächenpressung p bei einer konstanten Gleitgeschwin-
digkeit von v = 10 m/min. Die Messanordnung bestand aus Stahlwelle und
Polyacetal
(POM)

Bild 2-291. Dynamische Reibungszahl m von Acetal-Copolymeren in Abhängigkeit von der


Flächenpressung (Gleitgeschwindigkeit v = 10 m/min) beim Gleiten gegen Stahl mit einer
Rautiefe von 2,5 mm
a Acetal-Copolymer, glasfaserverstärkt (30 Masse-%)
b Acetal-Copolymer, Spritzguss- und Extrusionstypen, sowie mit MoS2 und Kreide modifi-
zierte Typen
c Mit PTFE modifizierter Spritzgusstyp
(Quelle: Hoechst AG)
2.1.5 Polyacetal (POM) 833

Bild 2-292. Empfehlenswerte Beanspruchungsgrenzen für ungeschmierte Lager aus Acetal-Co-


polymer

Kunststofflager. Bei Umfangsgeschwindigkeiten bis etwa 30 m/min kann man


aufgrund bisheriger Untersuchungsergebnisse gemäß Bild 2-292 für unge-
schmierte Gleitlager den Wert:
N m
pv = 8 92 · 7 annehmen.
mm min
Bei höheren pv-Werten müssen die Lager üblicherweise geschmiert werden.

Polyacetal
Wegen der im voraus meist nicht vorhersehbaren Lagererwärmung seien in je-

(POM)
dem Einzelfalle Versuche unter Betriebsbedingungen empfohlen.
Ein sicherer Dauerbetrieb wurde zum Beispiel mit einem geschmierten Lager
von 25 mm Bohrungsdurchmesser bei einer Umfangsgeschwindigkeit von
60 m/min und einem pv-Wert von 30 N/mm2 · m/min erzielt.
Zu beachten ist, dass die Kurve in Bild 2-292 keine allgemeingültige Kenn-
funktion darstellt, sondern dass die angegebenen pv-Werte als Richtwerte auf-
zufassen sind. Die im Einzelfall erreichbaren pv-Werte sind von einer Vielzahl
konstruktions- und umweltbedingter Faktoren abhängig; sie können daher tie-
fer, jedoch auch höher als die angegebenen Werte liegen.
Bei Umgebungstemperaturen oberhalb 20 °C sind die angegebenen pv-Richt-
werte mit Sicherheitsbeiwerten zu versehen. Bei Temperaturen oberhalb 80 bis
100 °C in der Gleitzone der Lager ist mit einer starken Zunahme des Verschleißes
zu rechnen. Die Umgebungstemperaturen sollen daher 50 bis 60 °C möglichst
nicht überschreiten.
Der Bemessung des Lagerspiels:
s = die – dwe mm
mit
die effektiver Innendurchmesser der Lagerschale in mm.
dwe effektiver Durchmesser der Welle in mm,
das wegen des hohen linearen Ausdehnungskoeffizienten größer als bei Metall-
lagern zu wählen ist, kann das in Bild 2-293 angegebene Diagramm zugrunde ge-
834 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-293. Vorzusehendes


Spiel bei Gleitlagern

legt werden, das auf eine mittlere Lagertemperatur von 60 °C bezogen ist. Die
obere Begrenzungslinie gilt für ein Durchmesserverhältnis.
da
a = 4 ≈ 1,5
d1
mit
da Außendurchmesser der Lagerschale mm.
Bei kleineren Durchmesserverhältnissen und zu erwartender niedriger Lager-
Polyacetal

temperatur kann das Spiel entsprechend dem angegebenen Bereich verringert


(POM)

werden. Bei kleinerem Spiel besteht die Gefahr des Klemmens der Lager. Lager-
schalen aus Polyacetal sollten mit Rücksicht auf die Wärmeabführung als Kurz-
gleitlager mit l/d = 1 und möglichst geringer Wanddicke ausgeführt werden. Die
Lageschalen können in der Gehäusebohrung durch Einpressen fixiert werden.
Dabei hat sich ein Einpressübermaß von b = 0,8 bis 1 % bewährt. Die durch
das Einpressen bedingte Lagerspaltverringerung ist durch eine etwa dem
Einpressübermaß entsprechende Vergrößerung des Lagerspiels zu kompensie-
ren. Der Lagerzapfen sollte vorzugsweise aus Stahl (mit einer Oberflächenhärte
HRc > 40) bestehen. Obwohl Gleitelemente aus Polyacetal für den Trockenlauf
geeignet sind, ist dennoch Schmierung vorteilhaft. Tempern in Öl verbessert das
Gleitverhalten. Dauerschmierung bewährt sich am besten.
Der Verschleiß von Polyacetallagern wird durch Modifizieren (unter ver-
gleichbaren Laufbedingungen) auf etwa ein Drittel verringert. Durch Pigmen-
tieren kann das Verschleißverhalten beeinflusst werden.

■ Thermische Eigenschaften
Die aus der spezifischen Wärmekapazität berechnete Enthalpie eines Polyacetal-
Spritzgusstyps ist in Bild 2-294 wiedergegeben.
Den Längenausdehnungskoeffizient von unverstärktem und glasfaserver-
stärktem Acetal-Copolymer zeigt Bild 2-295.
An Stelle des üblichen pvt-Diagrammes ist in Bild 2-296 die relative Volu-
menänderung in Abhängigkeit vom Druck bei verschiedenen Temperaturen
wiedergegeben.
2.1.5 Polyacetal (POM) 835

Bild 2-294. Enthalpie eines


Acetal-Copolymer-Spritz-
gusstyps, bezogen auf 20 °C
(Werkstoff: Hostaform C
9021 der Hoechst AG)

Polyacetal
(POM)
Bild 2-295. Längenausdehnungskoeffizient von Acetal-Copolymeren in Abhängigkeit von der
Temperatur
a Acetal-Copolymer, unverstärkt
b Acetal-Copolymer, 20 % Massegehalt Glasfasern (quer)
c Acetal-Copolymer, 30 % Massegehalt Glasfasern (längs)

Bild 2-296. Relative Volumenänderung V/V25 °C von


Acetal-Copolymer in Abhängigkeit von Druck und
Temperatur
836 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Elektrische Eigenschaften
Die elektrischen Eigenschaften der Polyacetale sind gut, wenn auch nicht über-
ragend. In dieser Hinsicht gibt es preiswerte Alternativen. Kommt es jedoch auf
das Gesamtbild der mechanischen und elektrischen Eigenschaften an, dann leis-
ten die Polyacetale vorzügliche Dienste. Die Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl
einiger Thermoplaste von Temperatur (A) und Frequenz (B) gibt Bild 2-297 wie-
der. Die Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors verschiedener Thermo-
plaste von der Temperatur ist in Bild 2-298 wiedergegeben. Die Abhängigkeit des
tan d verschiedener Thermoplaste von der Frequenz zeigt Bild 2-299.
Die Neigung von Polyacetal zu elektrostatischer Aufladung ist gering. Wenn
ein Verstauben ausgeschlossen werden soll, dann ist die Formmasse antista-
tisch auszurüsten. Dadurch wird beispielsweise der Oberflächenwiderstand
von 1014 W auf 1013 W und die Halbwertzeit der Entladung von etwa 60 s auf 10
bis 25 s gesenkt, d. h. die Feldstärke eines Kondensators mit dem Probekörper
als Dielektrikum sinkt nach dem Aufladen mit 1000 Volt auf 50 % des An-
fangswertes.

■ Optische Eigenschaften
Formteile aus Polyacetal sind durchscheinend bis weiß. Die Lichtdurchlässigkeit
von 2 mm dicken spritzgegossenen Platten beträgt 50 %, der Brechungsindex
n20
D = 1,48. Der Glanz der Formteile hängt von der Oberflächengüte der Werk-
zeugwandungen ab.
Polyacetal
(POM)

Bild 2-297. Dielektrizitätszahl einiger


Thermoplaste in Abhängigkeit von der
Temperatur (A) und der Frequenz (B)
(A) gemessen bei 105 Hz
a Polyamid
b Acetal-Copolymer
c schlagfestes Polystyrol
d Polycarbonat
e Niederdruckpolyethylen
(B) gemessen bei 25 °C
Kurvenbezeichnungen wie bei (A)
2.1.5 Polyacetal (POM) 837

Bild 2-298. Dielektrischer Verlust-


faktor tan d einiger Thermoplaste
in Abhängigkeit von der Tempera-
tur (A) und der Frequenz (B)
(A) gemessen bei 105 Hz
a Polyamid
b Acetal-Copolymer
c schlagfestes Polystyrol
d Polycarbonat
e Niederdruckpolyethylen
(B) gemessen bei 25°C
Kurvenbezeichnungen wie bei (A)

Polyacetal
(POM)
Bild 2-299. Abhängigkeit des
dielektrischen Verlustfaktors
tan d verschiedener Thermo-
plaste von der Frequenz (ge-
messen bei 25 °C)

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: schwache Säuren, schwache Laugen (starke Laugen nur bei Co-
polymeren), Benzin, Benzol, Alkohole, Öle, Fette, halogenierte KW, Wasser, De-
tergenzien; nicht beständig gegen: starke Säuren, Oxidationsmittel.

■ Wasseraufnahme
Die Wasseraufnahme von Polyacetal ist gering. Sie beträgt nach DIN 53 495 bei
20 °C nach 24 Std. 15 mg und nach 96 Std. 30 mg. In Bild 2-300 (A) ist die Zeit-
838 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-300. Wasseraufnahme von Poly-


acetal (A) und dadurch bedingte Maß-
änderungen (B)
Polyacetal
(POM)

abhängigkeit der Wasseraufnahme eines Acetal-Copolymer-Spritzgusstyps im


Temperaturbereich von 20 bis 60 °C wiedergegeben. Die dadurch verursachte
Längenänderung gibt Bild 2-300 (B) wieder.
Die relative Änderung der Zugfestigkeit bei Lagerung in heißem Wasser zeigt
Bild 2-301.

■ Spannungsrissverhalten
Die Polyacetale neigen grundsätzlich nicht zur Bildung von Spannungsrissen
(Richtlinie VDI/VDE 2477).

■ Witterungsbeständigkeit
Polyacetale werden insbesondere durch UV-Strahlung geschädigt. Dadurch her-
vorgerufene Eigenschaftsänderungen treten um so schneller ein, je geringer die
Wanddicke ist. Durch Zusatz von Lichtstabilisatoren lässt sich der Abbau verzö-
gern. Als wirksamster Stabilisator erweist sich Aktivruß. Eine geringere Wirk-
samkeit haben organische Lichtstabilisatoren, die für naturfarbenes oder farbi-
ges Material verwendet werden können. Außerdem haben einige pigmentierte
Typen ohne UV-Absorber-Zusatz eine gute Witterungsbeständigkeit.

■ Strahlenbeständigkeit
Formteile aus Polyacetal sollten nicht an Stellen verwendet werden, an denen die
Gesamt-Strahlungsdosis etwa 3 · 104 J/kg überschreitet. Bei höherer Dosis ver-
färben sich die Teile und verspröden.
2.1.5 Polyacetal (POM) 839

Bild 2-301. Relative Zugfestig-


keit von Hostaform C 9021 in
Abhängigkeit von der Lage-
rungsdauer in heißem Wasser

■ Brennbarkeit
Polyacetale sind als Polymerisationsprodukte des Formaldehyds brennbar. Sie
brennen mit schwach bläulicher Flamme und tropfen ab. Nach dem Verlöschen
bzw. bei unvollständiger Verbrennung tritt stechend riechender Formaldehyd
auf. Gemäß der Brennbarkeitsprüfung UL 94 wird Polyacetal als HB eingestuft.
Die Klassifizierung V-O ist nicht möglich.

■ Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe

Polyacetal
(POM)
Die Durchlässigkeit von Behältern aus Polyacetal ist, verglichen mit anderen
Thermoplasten, sehr niedrig. Diese Feststellung gilt auch für aliphatische und
halogenierte KW. Eine Übersicht gibt Tabelle 2-64. Polyacetal ist gegen Brenn-

Tabelle 2-64. Dampf- und Gasdurchlässigkeit von Polyacetal (Werte gemessen an 80 mm dicken
Folien)

Medium Durchlässigkeit

g/m2d cm3/dm2 · d · bar

Wasserdampf 0,15
Sauerstoff 3,6 · 10–2
Stickstoff 0,7 · 10–2
Wasserstoff 32 · 10–2
Kohlendioxid 72 · 10–2
Kohlenmonoxid 2 · 10–2
Luft 1,2 · 10–2
Leuchtgas 2,1 · 10–2
Ethylen 2,9 · 10–2
Methan 1,8 · 10–2
Propan undurchlässig
Butan undurchlässig
Fluor-KW R 12 9,9 · 10–2
Fluor-KW R 114 14 · 10–2
Fluor-KW R 11 0,73
840 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

gase beständig und eignet sich deshalb für die Verwendung in Gasarmaturen
und Aerosolbehältern.

■ Verhalten gegenüber Kraftstoffen


Die Prüfung auf Benzindurchlässigkeit, Bild 2-302, ergab für die nicht modif-
zierten Typen im Vergleich mit PA 6 und PE-HD sehr niedrige Werte. Die Versu-
che wurden an 1-mm-Platten bei 40 °C durchgeführt.
Die Durchlässigkeit von Benzindampf zeigt Bild 2-303.
Die Grundtypen von Polyacetal sind gegen Kraftstoffe – auch mit 15 bis 30 %
Methanolgehalt – für Otto-Motoren und Dieselkraftstoff beständig.
Außer der chemischen Beständigkeit ist auch die Kraftstoffaufnahme, d. h. das
Ausmaß der Quellung zu beachten. Im Sättigungszustand beträgt die Gewichts-
zunahme bei Super-Benzin annähernd 2 %, bei Super/Methanolgemisch (85/15)
etwa 2,3 %, Bild 2-304. Bei glasfaserverstärkten Typen ist die Quellung geringer.
Nachteilig wirkt sich jedoch die Beeinträchtigung der Grenzflächenhaftung auf
die Reißfestigkeit des Werkstoffes aus.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die bei den Standardtypen eingesetzten Monomeren sind in der Bedarfsgegen-
ständeverordnung vom 10. 04. 1992 und deren Ergänzung vom 11. 04. 1994, An-
lage 3 Abschnitt B ohne eine spezifische Begrenzung aufgeführt.
Die zur Herstellung der Produkte außerdem verwendeten Stoffe sind in der
BGA-Empfehlung XXXII.Acetalharze, Stand: 15. 01. 1993 (189. Mitteilung Bundes-
Polyacetal

gesundheitsblatt 36 (1993), Seite 114), genannt.


(POM)

Unter der Voraussetzung sachgerechter Verarbeitung bestehen gegen ihre


Verwendung bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen im Sinne des Le-

Bild 2-302. Benzindurchläs-


sigkeit von Hostaform C
und anderer Thermoplaste
als Funktion der Lagerungs-
dauer (Prüfkraftstoff M 15,
Prüftemperatur 40 °C)
2.1.5 Polyacetal (POM) 841

Bild 2-303. Benzindampfdurchläs-


sigkeit von Hostaform C 27 021 als
Funktion der Temperatur (Prüf-
kraftstoff: Super, bleifrei; Wand-
dicke: 1,22 mm)

Polyacetal
(POM)
Bild 2-304. Kraftstoffaufnahme
der Hostaform-Grundtypen in
Abhängigkeit von der Lagerungs-
dauer bei Raumtemperatur

bensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) § 5 Abs. 1 Nr. 1 (Lebens-


mittelbedarfsgegenstände) und Nr. 5 (Spielwaren) keine Bedenken. Die Eignung
der Bedarfsgegenstände sowie die Messung der Globalmigration ist im Einzelfall
vom Hersteller bzw. Verwender zu prüfen.
Für Einfärbungen gilt zusätzlich die BGA-Empfehlung IX. „Farbmittel zum
Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände“,
Stand: 01. 06. 1994 (190. Mitt. Bundesgesundheitsblatt 37 (1994), Seite 364). Die
Anforderungen dieser Empfehlung werden von der Mehrzahl der Einfärbungen
erfüllt.

■ Sterilisieren
Bei der Sterilisation von Geräten und Behältern aus Kunststoffen wird in der Re-
gel eine Dosis von 2,5 · 104 J/kg verwendet. Dabei tritt ein gewisser Abbau ein, der
mit einer Verminderung der Zähigkeit verbunden ist.
842 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Verarbeitung
Das wichtigste Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen, höhermolekulare
Typen werden extrudiert, schwach vernetzte durch Blasformen zu Hohlkörpern
verarbeitet. Vortrocknen ist empfehlenswert. Die Verarbeitungstemperaturen
sind:

Verarbeitungsbedingungen
Verarbei- Masse- Werk- Spritz- Nach- Schwin-
tungsart temp. zeug- druck psp druck PN dung
temp.
°C °C bar bar %

Spritzgießen 200 – 210 > 90 800 – 1200 800 – 1200 1,9 – 2,3
Extrudieren 180 – 190 100 – 200
Hohlkörper-
blasen 180 90 – 100
Pressformen 180 25 – 50

■ Toleranzen
Im Hinblick auf die vielseitige Verwendung von Polyacetal für spritzgegossene
technische Präszions-Formteile sei an dieser Stelle eine Bemerkung über Tole-
ranzen eingefügt:
Toleranzen sind zugestandene Maßabweichungen. Aussagen über Toleranzen
Polyacetal
(POM)

setzen jedoch absolute Klarheit hinsichtlich der verwendeten Begriffe voraus.



Die Betriebstoleranz lässt sich mit der Gleichung TB = TF + Dx B beschreiben,
wonach sich die Betriebstoleranz (= Funktionstoleranz) TB aus der Ferti-
gungstoleranz TF und einer Schwankung des Betriebsnennmaßes — x B , aufgrund
der während des Betriebes herrschenden Bedingungen zusammensetzt.
Die Fertigungstoleranz TF nimmt die Streuungen eines Qualitätsmerkmals
bei der Herstellung von Spritzguss-Formteilen auf. Wichtigste Qualitäts-
merkmale sind die Maße der Formteile. Die fertigungsbedingten Maßstreu-
ungen ± 3 s (bzw. ± 3 v) müssen kleiner sein als die geforderte Fertigungs-
toleranz TF.
Je nach technischem Aufwand unterscheidet man zwischen drei Toleranzen:
A Normaler Spritzguss TF < 1 %
B Technischer Spritzguss TF < 0,6 %
C Präzisionsspritzguss TF < 0,3 %
Diese Angaben gelten für Nennmaße > 100 mm, Bild 2-305.
Bei Nennmaßen < 10 mm gilt die lineare Abhängigkeit der Toleranz vom
Nennwert nicht mehr. Die prozentuale Toleranz nimmt deshalb sehr schnell zu,
Bild 2-306.

■ Veredelung der Oberfläche: Heißprägen


Das Heißprägen von Formteilen aus POM gewinnt an Bedeutung, z. B. bei der
Herstellung von Zahlenrollen. Vorbehandlung erübrigt sich. Die zu prägende
2.1.5 Polyacetal (POM) 843

Bild 2-305. Toleranzklassen für


formgebundene Maße bei
Formteilen aus Polyacetal (IT 8
bis IT 13 entsprechen den ISA-
Grundtoleranzen)

Polyacetal
(POM)

Bild 2-306. Fertigungstoleranz


bei Präzisions-Spritzgussteilen
aus Polyacetal mit kleinen
Nennmaßen
844 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Oberfläche muss sauber sein. Zu achten ist auf gleichmäßige Auflage des Präge-
stempels. Geprägt wird im Temperaturbereich von 100 bis 165 °C.

Metallisieren
Durch Metallisieren im Hochvakuum kann den Formteilen aus Polyacetal eine
spiegelnde Metalloberfläche verliehen werden.

Bedrucken, Lackieren, Bemalen


Für das haft- und witterungsfeste Bedrucken von POM-Formstoffen wurden
spezielle Druckfarben entwickelt, die nach dem Offset- oder Tampondruckver-
fahren aufgetragen werden. Die einzige Vorbehandlung der zu bedruckenden
Oberfläche besteht in der Reinigung derselben. Die Einbrennzeiten betragen
zwischen 5 und 50 Minuten.
Das Dekorieren der Oberfläche kann auch mit Hilfe des Thermofixierverfah-
rens, d. h. im Anfärben mit wasseremulgierbaren Farben in der Wärme erfolgen.
Der Farbton der Kunststoffoberfläche geht in die Nuance ein. Deshalb können
nur naturfarbene Formteile auf diesem Wege dekoriert werden. Das Fixieren er-
folgt bei Einwirkzeiten von 3 bis 5 min im Umluft-Trockenschrank bei einer
Oberflächentemperatur von 140 °C. Bei dieser Wärmebehandlung dringt das
Farbmittel in die Oberfläche ein und ist somit wischfest. Es ist zu beachten, dass
es jedoch beim Gebrauch der Gegenstände in Kontakt mit heißen Medien tiefer
in die Wandung eindringt.
Ein neues Verfahren zum Auftragen von Beschriftungen und Zeichen ist das
Polyacetal

berührungslose Markieren und Beschriften mit Hilfe von Laserstrahlen. Es ar-


(POM)

beitet ohne Farb- und Lösemittel. Zum Behandeln eignen sich zwei Verfahren:
die Maskenpulsiertechnik und die Laserstrahlablenkung. Die Wahl hängt ab von
der jeweiligen Aufgabe und dem gewünschten Ergebnis [4].
Bei der Masken-Pulsiertechnik löst der Laserstrahl eine photochemische Re-
aktion der Pigmente oder Additive an der Kunststoffoberfläche aus. Dabei ergibt
sich je nach Grundfarbe eine dunkle oder helle Markierung. Jede Markierung
hat ihre eigene Schablone. Mit Hilfe des CO2- oder des sog. Excimer Lasers
(351 nm) ergibt sich auf rotem Grund eine weiße, auf gelb eine graue, auf elfen-
bein und weiß eine schwarze Markierung.
Die Vektortechnik arbeitet mit Hilfe des Nd : YAG (1064 nm) Laser. Die Mar-
kierung entsteht durch Aufschäumen oder Verbrennen einer sehr dünnen
Schicht bzw. durch Ausbleichen von Pigmenten. Dabei wird der Laserstrahl über
ein Spiegelsystem entsprechend der Markierung geführt. Der Vorteil dieses Ver-
fahrens besteht in der großen Flexibilität. Die Vorgaben werden von einem an-
geschlossenen PC übertragen. Folgende Farbtöne der Markierungen sind mit
diesem System erzielbar. Auf schwarzem Grund erscheint weiß, ebenso auf dun-
kelblau und grau. Auf blauem Grund ergibt sich hellblau, auf violett hellviolett,
auf dunkelbraun weiß, auf purpurrot rosa und auf grün hellgrün.

■ Bearbeitung
Spanendes und spanloses Trennen siehe Tabelle 2-6 und 2-7.
2.1.5 Polyacetal (POM) 845

Fügeverfahren
Alle Fügeverfahren – bis auf das Hochfrequenzschweißen – eignen sich für das
Verbinden von Formteilen aus POM.
Es sind dies
Schweißen: Heizelement-, Reib- und Ultraschallschweißen.
Kleben: Haft- und Lösemittelklebstoffe. Die Schälfestigkeit von Klebver-
bindungen ist selbst bei nicht vorbehandelten Flächen überra-
schend hoch, z. B. bei Schmelzklebstoffen, auf Basis Vinyl-Copoly-
meren, Cyanacrylat-Einkomponenten-Polymerisations-Klebstoffe,
EP-Harze, PUR-Klebstoffe. Seit einigen Jahren steht auch Hexa-
fluoraceton-Sesquihydrat als Klebstoff zur Verfügung.
Schrauben: selbstschneidende, Gewindeeinsätze.
Nieten: Kalt- und Warmnieten.
Ferner: Schnapp- und Pressverbindungen.

Anwendungsbeispiele
Beschläge, Kraftfahrzeugteile, Büro- und Haushaltmaschinen, Zahnräder,
Federelemente, Reißverschlüsse, Lager, Schrauben, Leitungshalter, Bauteile
der Feinwerktechnik, Spulenkörper, Gehäuse, Pumpen, Armaturen, Teile
für Textilmaschinen, Reißverschlüsse, Telefonapparate, Radio-, Phono-
und Fernsehgeräte, Aerosolbehälter. Die Anwendung von Polyacetal in der
Feinwerktechnik erfuhr eine wesentliche Ausweitung durch die besonders

Polyacetal
vielseitige Outsert-Technik.

(POM)
Handelsnamen
Homopolymere
Delrin (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Tenac (Asahi Chemical In./JP)
Copolymere
Celcon (Ticona/DE)
Duracon (Daicel Polyplastic Co./JP)
Hostaform (Ticona/DE)
Jupital (Mitsui Gas Chemichal Comp./JP)
Kematal (Ticona/DE)
Ultraform (BASF AG/DE)

Literatur – Kapitel 2.1.5


[1] Schlaf H (1992) Chemische Struktur der Polyacetale in Kunststoff-Handbuch 3/1 „Polycar-
bonate, Polyacetale, Polyester, Celluloseester“, S 302 – 303, C Hanser, München
[2] Schwarzenbach K (1989) Antioxidantien in R Gächter u. H Müller (Herausgeber) Taschen-
buch der Kunststoffadditive, 3. Ausgabe, S 3 – 103, C Hanser, München
[3] Gugumus F (1989) Lichtschutzmittel für thermoplastische Kunststoffe (2), S 133 – 272
[4] Hoechst AG (1995) Hostaform®, Ausgabe April 1995, S 73
2.1.6 Fluorkunststoffe 847

2.1.6
Fluorkunststoffe

2.1.6.1 Polytetrafluorethylen (PTFE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 848


2.1.6.2 Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylencopolymer (FEP) . . . . . . 869
2.1.6.3 Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE) . . . . . . . . . . 878
2.1.6.4 Polytrifluorchlorethylen (PCTFE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 884
2.1.6.5 Polyvinlyfluorid (PVF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 889
2.1.6.6 Polyvinylidenfluorid (PVDF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 892
2.1.6.7 Thermoplastische Fluorelastomere . . . . . . . . . . . . . . . . 900
2.1.6.8 Literatur – Kapitel 2.1.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 901

Der französische Chemiker H. Moissan isolierte im Jahre 1886 Fluor zum ersten
Mal. Er stellte auch den gasförmigen Tetrafluorkohlenstoff her, der ähnlich auf-
gebaut ist wie das Heizgas Methan oder der als Fleckenreinigungsmittel be-
kannte Tetrachlorkohlenstoff.
In den dreißiger Jahren wurden vor allem in den USA zahlreiche gasförmige
Fluorverbindungen auf der Basis von Methan oder Ethylen hergestellt. Sie dien-
ten als Sicherheits-Kältemittel für Kühlkompressoren oder als Treibgas für
Sprühdosen. Die IG-Farbenindustrie nahm im Jahre 1934 ein Patent auf Poly-

Fluorkunststoffe
trifluorchlorethylen (PCTFE). Die technische Herstellung wurde jedoch erst 1950
von einem der Nachfolgewerke, der Hoechst AG, aufgenommen.*
Die Fluorkunststoffe sind Werkstoffe mit außergewöhnlichen Eigenschaften.
Bis zu ihrer Entwicklung gab es keine hochpolymere Substanz, die sowohl Was-
ser als auch Öl widerstand. Sobald sich das reaktionsfreudige Fluor mit einem
anderen Atom verbunden hat, ist es nahezu außerstande, neue Verbindungen
einzugehen.
Zur überragenden Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien kom-
men die guten elektrischen Eigenschaften, die Unbrennbarkeit sowie vor allem
bei Polytetrafluorethylen (PTFE) die vorzüglichen tribologischen Eigenschaf-
ten, d. h. das günstige Gleit- und Verschleißverhalten. Das im Laufe der vergan-

* In den letzten Jahrzehnten ist der Verbrauch an fluorhaltigen synthesischen Produkten – ge-
meint sind die als Kältemittel oder Treibgas dienenden – weltweit so stark angestiegen, dass
durch die in die Erdatmosphäre entweichenden flüchtigen Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW),
die den Menschen vor einer schädigenden Wirkung des in der Sonnenstrahlung enthalten-
den UV-Anteils schützende Ozonschicht zerstört wird. Daraus folgt weltweit eine nur noch
befristete Verwendung flüchtiger FCKW. Demgegenüber sind die fluorhaltigen Kunststoffe
naturgemäß physiologisch unbedenklich.
848 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

genen fünfzig Jahre immer reichhaltiger gewordene Sortiment an Fluorpolyme-


ren umfasst das hochmolekulare, nicht schmelzbare Polytetrafluorethylen
(PTFE) sowie eine Vielzahl von spritzgieß- und extrudierbaren fluorhaltigen
Copolymeren: Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen-Copolymer (FEP), Tetra-
fluorethylen/Perfluoralkoxy/Vinylether-Copolymer (PFA), Ethylen/Tetrafluor-
ethylen-Copolymer (E/TFE) sowie die Homopolymeren Polytrifluorchlorethy-
len (PCTFE), Polyvinylidenfluorid (PVDF) und Polyvinylfluorid (PVF). Dazu
kommt als jüngster Fluorkunststoff das Copolymerisat aus Tetrafluorethylen +
fluoriertem cyclischen Ether [1].

2.1.6.1
Polytetrafluorethylen (PTFE)
Mit fluorhaltigen Substanzen arbeitete R. J. Plunkett in einer Forschungs-
gruppe von Du Pont de Nemours (Wilmington/Del.). Bei einer Versuchsreihe
füllte er an einem Tag des Jahres 1941 mehrere kleine Gefäße mit Tetrafluorethy-
len, verschloss sie und ließ sie über Nacht stehen. Am nächsten Morgen zeigten
die Druckmessgeräte keinen Überdruck mehr an. Demnach hätte der Inhalt ent-
wichen sein müssen. Eine Wägung zeigte jedoch noch das gleiche Gewicht wie
am Vortage. Plunkett öffnete die Autoklaven und fand ein wachsartiges, weißes
Pulver, das Polytetrafluorethylen. PTFE ist wesentlich reaktionsträger als das
ihm verwandte Polyethylen. Die Fluoratome sind größer als die Wasserstoff-
atome. Sie umgeben die Kohlenstoffkette des Makromoleküls wie eine schüt-
zende Hülle. Die Bindung zum Kohlenstoff ist so fest, dass sie fast nicht gelöst
werden kann. Daraus resultieren hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch
Chemikalien sowie hohe physikalische und chemische Beständigkeit in der
Wärme. Dieser Kunststoff wurde zum ersten Male im Zweiten Weltkrieg ver-
wendet. Kurz nach der Entdeckung wurde er zu einem entscheidenden Werkstoff
im sog. Manhattan-Projekt, das zur Entwicklung der ersten Atombombe führte.
Fluorkunststoffe

Es ging darum, ein Dichtungsmaterial zu finden, das gasförmigem Fluor wider-


stand, das zur Trennung des spaltbaren Uranisotopes 235 von seinem unter glei-
chen Bedingungen nicht spaltbaren Gegenstück, dem Uran 238, verwendet
wurde. PTFE wurde außerdem als Leiterisolation bei Radargeräten und in
Kampfflugzeugen verwendet. Auch Kraftstofftanks wurden damit ausgekleidet.
Nach dem Kriege wurde PTFE zu einem begehrten Werkstoff im Apparatebau
der Chemischen Industrie und im Maschinenbau. Zahlreiche andere Fluor-
Kunststoffe kamen hinzu.
■ Herstellung
Das monomere Tetrafluorethylen (CF2 = CF2) wird durch thermische Spaltung
des Kältemittels R22 (Difluorchlormethan CHClF2) bei Temperaturen von 800
bis 1000 °C gewonnen. Das Rohgas wird nach dem Waschen und Trocknen bei
– 35 °C verflüssigt und durch Destillation von den verunreinigenden Pyrolyse-
produkten befreit. Der Siedepunkt des gereinigten Monomeren beträgt – 76,3 °C.
Die gefahrlose Lagerung verlangt einen Sauerstoffgehalt von weniger als
20 ppm. O2-Absorber wie Dipenten, Benzaldehyd oder Methylmethacrylat wer-
den als Stabilisator zugegeben.
2.1.6 Fluorkunststoffe 849

Die von Plunkett entdeckte Druckpolymerisation von Tetrafluorethylen (die


zweite nach der Druckpolymerisation von Ethylen großtechnisch genutzte) ver-
läuft, wenn sie nicht durch Zusätze inhibiert wird, unter hoher Wärmeentwick-
lung. Dieser Umstand führte in nahezu allen Werken, die sich mit der Herstel-
lung von PTFE beschäftigten, in den ersten Jahren zu Explosionsschäden. Um
die Polymerisationswärme zu beherrschen und vor allen Dingen gut abführen
zu können, wird nach dem Suspensions- oder dem Emulsionsverfahren gearbei-
tet. Die Produktion von PTFE macht etwa 40 % der Erzeugung von Fluor-Kunst-
stoffen aus.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Vorzüge dieses hochwertigen Produktes liegen – abgesehen von dem günsti-
gen Gleit- und Verschleißverhalten – weniger in den mechanischen als vielmehr
in den thermischen, elektrischen und chemischen Eigenschaften.
Kennzeichnend sind:
• nahezu universelle Chemikalienbeständigkeit,
• Unlöslichkeit in allen bekannten Lösemitteln unterhalb 300 °C,
• hohe Thermostabilität, dauernd verwendbar im Bereich von – 270 bis +260 °C,
• geringes Adhäsionsvermögen, niedrige Reibungszahl,
• vorzügliche elektrische und dielektrische Eigenschaften,
• Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung und Witterungseinflüsse,
• wegen des niedrigen E-Moduls nur bedingt für tragende Teile einsetzbar.
Dieses Eigenschaftsbild kann durch Compoundieren mit Zusatzstoffen verstär-
kender oder verschleißmindernder Art noch vielfältig modifiziert werden.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Polytetrafluorethylen ist ein nahezu unverzweigtes, linear aufgebautes Polymer.

Fluorkunststoffe

Polytetrafluorethylen

Während das Polyethylen-Makromolekül in den kristallinen Bereichen eine


ebene Zickzackformation zeigt, ist dies bei PTFE nicht möglich. Die größeren
Fluoratome behindern sich räumlich so, dass sie nur in wendelförmiger Anord-
nung entlang dem C–C-Rückgrat Platz finden können. Eine Gangsteigung um-
fasst bei Temperaturen unter 19 °C 26 C-Atome, darüber 30. Dieser Übergang be-
wirkt eine Volumenänderung von 1 %. Der kompakte Aufbau führt zu der unge-
wöhnlich hohen chemischen und thermischen Beständigkeit. Die zwischen-
molekularen Kräfte von PTFE sind nicht groß, der Löslichkeitsparameter be-
trägt 6,2. Daraus folgt eine im Vergleich zu anderen Polymeren hohe Schmelz-
temperatur, geringe mechanische Festigkeit und Steifheit.
Die Fluor-Kohlenstoffbindung ist mit 504 kJ/mol sehr stark. Die hohe Kristal-
linität und die geringen intermolekularen Kräfte machen PTFE beständig gegen
alle Lösemittel. Erst in der Nähe des Kristallitschmelzbereichs (Geltemperatur)
850 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

von 327 °C wirken einige fluorhaltige Flüssigkeiten, wie perfluoriertes Kerosin


lösend.
Die Eigenschaften von PTFE-Formteilen werden von den Verarbeitungsbe-
dingungen wesentlich beeinflusst. Auch der Polymertyp wirkt sich aus. Teil-
chenform und -größe sind maßgebend für die Verarbeitbarkeit und vor allem
für die Anzahl der Hohlräume im Formteil. Die molare Masse beeinflusst die
Kristallinität und mithin die physikalischen Eigenschaften. Kristallinität und
Porenanteil werden allerdings auch von den Verarbeitungsbedingungen beein-
flusst. Die mittlere molare Masse marktgängiger PTFE-Typen beträgt 400 000
bis 9 000 000. Der Kristallitätsgrad der Polymeren erreicht 94 %. Nach der Ver-
arbeitung entscheiden vor allem die Abkühlbedingungen über die Kristallinität
des Formteils. Langsames Abkühlen führt zu hoher Kristallität, Bild 2-307. Eine
höhere Kristallinität wirkt sich naturgemäß auf die physikalischen Eigenschaf-
ten – insbesondere die mechanischen – aus, wie Bild 2-308 am Beispiel des Elas-
tizitätsmodul zeigt.

■ Zusatzstoffe
Im Unterschied zu allen anderen Kunststoffen erfordert PTFE keine Funktions-
zusatzstoffe nach Art von Stabilisatoren jeglicher Art. Anders verhält es sich je-
doch mit jenen Substanzen, die den aus diesem Werkstoff hergestellten Formtei-
len gezielt bestimmte Eigenschaften, beispielsweise die Wartungsfreiheit bei La-
gern, verleihen sollen. Die Rohstoffhersteller bieten ein reichhaltiges Sortiment,
sog. Compounds, an. Aus der Vielzahl der Möglichkeiten haben sich folgende
anorganische Füll- und Verstärkungsstoffe als besonders geeignet erwiesen:
Graphit in Form von unregelmäßig geformten Plättchen bis 60 mm Teil-
chengröße. Graphit erhöht den Abriebwiderstand und bewährt
sich vor allem dort, wo bei Wassereinwirkung die Selbstschmier-
eigenschaften erhalten werden sollen, beispielsweise bei PTFE-
Gleitlagern.
Fluorkunststoffe

Bild 2-307. Rohdichte von


PTFE in Abhängigkeit von der
Kristallinität
2.1.6 Fluorkunststoffe 851

Bild 2-308. Temperaturab-


hängigkeit des Elastizitäts-
moduls von PTFE bei ver-
schiedenen Kristallinitäts-
graden

Kohle/Koks sichern einen niedrigen Anfangsverschleiß, den z. B. PTFE-Kol-


benringe aufweisen sollen. Die Teilchengröße beträgt 5 bis 150 mm.
Bronze 90/10 Cu/Sn weist eine unregelmäßige Teilchenform auf, die Korn-
größe beträgt maximal 60 mm. Bronze verbessert vor allem die
Zeitstandfestigkeit, die Wärmeleitfähigkeit und auch die Ver-
schleißfestigkeit der daraus hergestellten Formteile.
MoS2 Das Molybdändisulfid-Pulver, in Teilchengrößen von 0,1 bis 40 mm,
ist eines der bekanntesten Trockenschmiermittel. Der strukturelle
Aufbau zeigt eine Molybdänebene zwischen zwei Schwefelmole-
külen. Diese Schichten sind leicht gegeneinander verschiebbar. Sie
haften jedoch fest auf dem Trägermaterial. MoS2 wird häufig in
Verbindung mit synergistisch wirkenden Kombinationen fester
Schmierstoffe verwendet.
Fluorkunststoffe
Glasfasern dienen in Form gemahlener Kurzfasern vor allem zum Verbessern
der Zeitstandfestigkeit. Die 10-mm-Fasern weisen Längen von 50
bis 100 mm auf.
Stahl wird aus 18/10 Cr/Ni-Stahl in Form unregelmäßiger Teilchen unter
60 mm verwendet. Auch dabei kommt es wie bei Bronze auf das
Verbessern der mechanischen, thermischen und Verschleißeigen-
schaften an.
Der Anteil der Zusatzstoffe kann je nach Verwendungszweck der Formstoffe 5 bis
40 Vol.-% betragen.
Auf ein Hochleistungs-Polymerlagercompound, bestehend aus PTFE und
Polyimid (PI) weist M. Schobesberger hin [2] (siehe Kapitel 2.2.1.2.8.1 „Poly-
imide“).
Für das Einfärben von PTFE-Pulver stehen im Temperaturbereich von 270 bis
380 °C stabile Pigmente in den Farbtönen gelb, orange, rot, blau, grün, weiß und
grau zur Verfügung. Dazu kommt naturgemäß der Ruß für schwarze Einfärbun-
gen.
852 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Sortiment
Die Rohstoffhersteller bieten – wie bereits eingangs gesagt wurde – ein reich-
haltiges Sortiment von Fluor-Homo- und -Copolymeren an. Dabei weist wie-
derum jede Sorte eine mehr oder weniger große Vielfalt an Typen auf, die vor al-
lem bei technischen Anwendungen zum Erfolg führen. Gemeint sind die Unter-
schiede beispielsweise nach Korngröße und Rieselfähigkeit entsprechend der
jeweiligen Verarbeitungsart, wie Pressformen, Stangpressen oder Pastenextru-
sion. Ferner stehen zahlreiche Sondercompounds zur Verfügung, die als Zusatz-
stoffe Graphit, Bronze, Blei, MoS2 , Glasfasern u. a. enthalten. Für das Beschichten
sind Dispersionen lieferbar.

■ Lieferformen
Pulverförmige Formmassen für die Press- und Stangpressverarbeitung, Disper-
sionen, für die Herstellung abweisender Überzüge auf Substraten aller Art, Halb-
zeug in Form von Blöcken, Stäben, Profilen, Rohren, Schläuchen und Folien.

■ Typisierung
Eine Zusammenfassung und Beschreibung der TFE-Polymeren im Sinne der
neuen DIN-Bearbeitung wurde bisher noch nicht in Angriff genommen. Wert-
volle Hinweise zum Eigenschaftsbild und zur Verarbeitung gibt die Richtlinie
VDI/VDE 2480 Bl. 1 (12. 73) Polytetrafluorethylen [3].

■ Physikalische Eigenschaften
Tabelle 2-65 enthält eine Übersicht über die wichtigsten physikalischen Eigen-
schaften von TFE- und CTFE-Homo- und Copolymeren.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
PTFE ist ein zähelastischer Werkstoff. Die am Fertigteil ermittelten Festigkeits-
Fluorkunststoffe

werte können sich von den an Prüfkörpern ermittelten unterscheiden (Kristalli-


nitätsgrad, Eigenspannungen, Orientierungen). Das im Kurzzeit-Zugversuch er-
mittelte Spannungsdehnungsverhalten zeigt Bild 2-309.
Wie sehr die Form und die Dicke des Probekörpers die Messergebnisse des
nach DIN 53 455 und nach ASTM-D 1457 durchgeführten Zugversuchs beeinflus-
sen und wie wenig sie miteinander vergleichbar sind, zeigt in eindrucksvoller
Weise Bild 2-310.

Umwandlungstemperaturen
Ein für die bekannten Kunststoffe ungewohntes Phänomen ist die Phasenum-
wandlung, d. h. die räumliche Anordnung der Molekülketten in Abhängigkeit
von der Temperatur. Eine verwandte, jedoch zeitabhängige Umwandlung zeigt
der polyolefinische Kunststoff Polybuten-1. Bild 2-311 gibt einen Überblick über
die Umwandlungstemperaturen. Es wurde bereits auf die für die Verarbeitung
wichtige Umwandlung des kristallinen Gefüges bei 19 °C hingewiesen. Hierbei
geht die Trikline in eine weniger geordnete hexagonale Packung über. Das Volu-
men der Kristallite vergrößert sich dabei um 0,0058 cm3/g bzw. etwa 1,2 Volu-
men-%. Mit steigendem Druck nimmt die Übergangstemperatur um etwa
Tabelle 2-65. Physikalische Eigenschaften von Fluor-Kunststoffen

Eigenschaften Einheiten PTFE FEP ETFE ETFE-GF25 PCTFE ECTFE

mechanische
Dichte g/cm3 2,15 bis 2,20 2,12 bis 2,17 1,7 1,86 2,10 bis 2,12 1,68 bis 1,70
Zugfestigkeit N/mm2 25 bis 36 22 bis 28 30 bis 54 83 32 bis 40 49
Reißdehnung % 350 bis 550 250 bis 330 400 bis 500 8 128 bis 175 150 bis 450
2.1.6 Fluorkunststoffe

Zug-E-Modul N/mm2 408 350 1100 8250 1050 bis 2110 1690
Biege-E-Modul N/mm2 – – 1410 6520 – 1690
Biegefestigkeit N/mm2 – – – – – 1690
Druckfestigkeit N/mm2 12 16 – 69 32 bis 52 –
Härte Rockwell – – – – R74 R 75 bis R 95 R 95
Härte Shore – D 50 bis 65 D 55 D 75 – D 76 bis 80 –
ft.lb.
Izod Kerbschlagzähigkeit 23 °C 3,0 kein Bruch kein Bruch 9,0 2,5 bis 2,7 kein Bruch
in.o.n.
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung,
in Luft kurzzeitig °C 300 250 200 220 180 170
dauernd °C 250 205 155 200 150 140
Glasübergangstemperatur °C 127 – – – 45 –
Kristallitschmelztemperatur °C 327 290 270 270 216 190
HDT (1,85 N/mm2) °C – – 71 265 – 77
(0,46 N/mm2) °C 121 70 104 210 126 116
linearer
Ausdehnungskoeffizient K–1 · 106 100 80 40 25 60 80
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,25 0,25 0,23 0,21 0,22 0,15
spezifische Wärmekapazität kJ/kgK 1,0 0,12 0,9 1,95 0,9 1,0
853

Fluorkunststoffe
Fluorkunststoffe

Tabelle 2-65 (Fortsetzung)


854

Eigenschaften Einheiten PTFE FEP ETFE ETFE-GF25 PCTFE ECTFE

elektrische
Spezif. Durchgangswiderstand W cm > 1018 > 2 · 1018 > 1016 1016 > 1,2 · 1018 > 1015
Oberflächenwiderstand W 1017 1017 1013 1015 1016 1012
Durchschlagfestigkeit kV/cm 600 bis 800 800 800 – – –
Durchschlagfestigkeit
(stufenweise 3,2 mm Dicke) V/25 mm 430 – – – 450 bis 550 –
(kurzzeitig, 3,2 mm Dicke) V/25 mm 480 500 bis 600 400 – 500 bis 600 490
Dielektrizitätszahl (103 Hz) – < 2,1 2,1 2,6 3,4 2,3 bis 2,7 2,3
dielektrischer Verlustfaktor
tan d (103 Hz) – 0,0002 0,0002 0,0008 0,002 0,023 bis 0,027 0,0015
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI/A 600 600 600 600 600 600
Wasseraufnahme %-Masse-
(24 h, 3,2 mm Dicke) gehalt 0,00 0,01 0,1 0,08 0,00 0,01
Brennbarkeit (ASTM D 635) brennt nicht brennt nicht brennt nicht brennt nicht brennt nicht brennt nicht
Klarheit opak transparent transparent opak transluzent transparent
bis transluzent (dünn) bis opak bis transluzent
Verarbeitbarkeit sehr gut sehr gut sehr gut sehr gut sehr gut sehr gut
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.6 Fluorkunststoffe 855

Bild 2-309. Spannungsdeh-


nungsdiagramm von PTFE
bei verschiedenen Prüftem-
peraturen

Bild 2-310. Reißfestigkeit s R und Reißdehnung e R von PTFE in Abhängigkeit von Probekörper-
dicke und Prüfnorm
a Prüfnorm DIN 53 455 b Prüfnorm ASTM D 1457-62 T
Probekörper: Breite 10 mm, Länge 150 mm Probekörper: Breite 0,187≤, Länge 1,5≤
Prüftemperatur 23 °C Prüftemperatur 23 °C
Prüfgeschwindigkeit 100 mm/min Prüfgeschwindigkeit 50 mm/min

Fluorkunststoffe

Bild 2-311. Umwandlungstemperaturen


von PTFE in Abhängigkeit vom Druck
856 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

0,013 K/bar zu; die Umwandlungswärme liegt bei 13,4 kJ/kg. Weil die 19-°C-Um-
wandlung nur die kristallinen Bereiche umfasst und die hier genannten Daten
sich nur auf letztere beziehen, verändern sich die angegebenen Volumenzunah-
men und die Umwandlungswärme nach Maßgabe des amorphen Anteils. Eine
zweite Umwandlung der kristallinen Struktur geschieht bei 30 °C, jedoch beträgt
die dabei zu beobachtende Volumenänderung nur etwa den zehnten Teil derje-
nigen bei 19 °C. Bei genügend hohen Drücken kann schließlich eine dritte Kris-
tallphase mit einem Tripelpunkt bei 70 °C und 4500 bar entstehen. Außer den
bisher erwähnten Kristallumwandlungen gibt es bei PTFE noch Übergänge, die
unstetigen Beweglichkeitsänderungen von Molekülsegmenten in den amorphen
Bereichen zugeschrieben werden. Hierbei sind die auftretenden Effekte um so
größer, je niedriger der Kristallinitätsgrad der Probekörper ist. Amorphes PTFE
weist oberhalb – 269 °C Umwandlungspunkte bei – 97 °C (Glasübergangstempe-
ratur des amorphen Anteils) und + 127 °C (Übergang des amorphen Festkörpers
in eine unterkühlte Flüssigkeit) auf.
Zur Untersuchung des temperaturabhängigen viskoelastischen Verhaltens
von PTFE dient der Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53 445. Dabei wird
der Bereich kurzer Relaxationszeiten bei Meßfrequenzen von 0,1 bis 20 Hz er-
fasst. Der Biegeschwingungsversuch nach DIN 53 440 dient zur Messung des
komplexen Elastizitätsmoduls E sowie seiner Komponenten E¢ (dynamischer
Elastizitätsmodul), E≤ (Verlustmodul) und d (Verlustfaktor d = E≤/E¢), Bild
2-312. Man erkennt deutlich die erwähnten Umwandlungstemperaturen an den
Maxima der Kurve des mechanischen Verlustfaktors bei – 97 °C, + 19 °C und
+ 127 °C.

Langzeitverhalten
PTFE verformt sich bei länger dauernder mechanischer Beanspruchung wie an-
dere Thermoplaste. Als maßgebende Parameter kommen dabei Temperatur, Be-
anspruchungsdauer sowie Art und Höhe der Beanspruchung in Betracht. Der
Fluorkunststoffe

Grad der Verformung kann durch Compoundieren des Grundwerkstoffes mit


Füll- und/oder Verstärkungsstoffen wesentlich beeinflusst werden. Tritt die Ver-
formung bereits bei Raumtemperatur ein, dann spricht man vom „kalten Fluss“.
Mit dem Kriechen ist eine fortschreitende Orientierung des Gefüges verbunden.

Bild 2-312. Dynamischer


Elastizitätsmodul E¢ und
mechanischer Verlustfaktor
d von PTFE in Abhängigkeit
von der Temperatur
2.1.6 Fluorkunststoffe 857

Die damit einhergehende Verfestigung bewirkt, dass die Deformationsge-


schwindigkeit mit der Zeit abnimmt.

Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand: Zugbeanspruchung


Die Zeitdehnungsspannungen für ein PTFE-Suspensionspolymer sind für Prüf-
temperaturen von 20, 100 und 200 °C (in Luft) in Bild 2-313 wiedergegeben.
Daraus können durch Vertikalschnitte die zu den Kurvenscheren der Isochro-
nen gehörenden Spannungen und Dehnungen bei den jeweiligen Temperaturen
ermittelt werden, Bild 2-314.

Fluorkunststoffe

Bild 2-313. Zeitdehnungspannun-


gen von PTFE bei verschiedenen
Temperaturen
858 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-314. Isochrone Spannungsdehnungs-


linien von PTFE bei verschiedenen Tempe-
raturen

Druckbeanspruchung
Bild 2-315 vermittelt einen Einblick in das Verhalten von PTFE bei länger anhal-
tender Druckbeanspruchung und anschließender Entlastung. Eine digitale Aus-
Fluorkunststoffe

wertung von Zug- und Druck-Zeitstandversuchen mit unverstärkten und ver-


stärkten Fluor-Kunststoffen bringt Tabelle 4-29 im Anhang.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Formstoffe aus PTFE weisen hohe Zähigkeit auf, dies gilt selbst bis zu Tempera-
turen von – 200 °C, wie Bild 2-316 zeigt.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Werte der dynamischen Festigkeit sind niedriger als die der statischen. Die
Dauerschwingfestigkeit sinkt mit der Temperatur, der Lastwechselfrequenz und
bei auftretenden Spannungsspitzen. PTFE eignet sich jedoch für Bauteile, die
beispielsweise im Zug-Schwellbereich beansprucht werden, wie Bild 2-317 am
Beispiel von spanend hergestellten Faltenbälgen zeigt.

Härte
PTFE ist verhältnismäßig weich. Die Härte kann durch die Zugabe von Füllstof-
fen wesentlich erhöht werden.Auch die Verarbeitungsbedingungen beeinflussen
die Härte.
2.1.6 Fluorkunststoffe 859

Bild 2-315. Zeit-


standdruckversuch
von PTFE in Abhän-
gigkeit von der Be-
lastungsdauer und
nachfolgender
Entlastungsdauer bei
20, 100 und 150 °C

Fluorkunststoffe
Bild 2-316. Kerbschlagzähigkeit
von PTFE in Abhängigkeit von der
Temperatur

Bild 2-317. Dauerschwingversuch


im Zugschwellbereich an Faltenbäl-
gen aus PTFE-Suspensionspolymer
(Prüftemperatur 20 °C, Prüffre-
quenz 6,66 Hz) (Werkstoff:
Hostaflon TF der Hoechst AG)
a Rundprofil-Faltenbälge
b Spitzprofil-Faltenbälge
860 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Adhäsions-, Reibungs- und Verschleißverhalten


PTFE weist wegen der hohen Bindungsenergie zwischen Kohlenstoff und Fluor
und der geringen Polarisierbarkeit der Fluoratome wesentlich kleinere zwischen-
molekulare Kräfte auf als andere Polymeren. Darauf beruht das antiadhäsive
Verhalten. Die Benetzbarkeit mit Wasser wird durch den hohen Kontaktwinkel
von 128 °C erschwert. Antiadhäsiv verhalten sich auch die Compounds, weil der
Zusatzstoffanteil 40 Masse-% nicht übersteigt.
PTFE weist von allen festen Werkstoffen die niedrigste Reibungszahl auf –
auch eine Folge der niedrigen zwischenmolekularen Kräfte. Die gemessenen
Reibungszahlen sind von vielen Faktoren abhängig:
Flächenpressung, Gleitgeschwindigkeit, Gegenlaufpartner, Technoklima und
Zusatzschmierung.
Allgemein gilt: Bei PTFE sind die dynamische und die statische Reibungszahl
gleich, d. h. es tritt kein Ruckgleiten (stick-slip) auf.
Mit steigender Flächenpressung nimmt die Reibungszahl erst schnell, dann
langsam ab, wie Bild 2-318 A zeigt. Mit zunehmender Gleitgeschwindigkeit
nimmt die Reibungszahl bis etwa 50 m/min zunächst rasch zu. Bei höheren Ge-
schwindigkeiten hängt sie kaum noch von der Geschwindigkeit ab, Bild 2-318 B,
sofern nicht durch örtliche Überhitzung der Kristallit-Schmelzbereich von
325 °C bis 340 °C überschritten wird. Wegen der Phasenumwandlung im Bereich
von 20 °C nimmt die Reibungszahl etwas zu, bleibt jedoch bis 327 °C nahezu kon-
stant. Die günstigen Gleiteigenschaften bleiben auch bei Temperaturen unter
0 °C erhalten.
Die Reibungszahlen der gefüllten Compounds sind meist niedriger als die
von ungefülltem PTFE. Im Allgemeinen kann mit Reibungswerten von 0,1 bis
0,25 gerechnet werden. Eine Übersicht über die dynamischen Reibungszahlen
Fluorkunststoffe

Bild 2-318. Dynamische Reibungszahl


von PTFE unverstärkt (a) und glasfaser-
verstärkt (b) in Abhängigkeit von der
Flächenpressung (A) und der Gleitge-
schwindigkeit (B) (Werkstoff: Hostaflon
TF der Hoechst AG)
A Flächenpressung
(spez. Belastung)
a unverstärkt, v = 0,6 m/min
b 25 Masse-% GF, v = 3,0 m/min
B Gleitgeschwindigkeit
a unverstärkt, F = 220 bis 340 N
b 25 Masse-% GF, F = 180 N
2.1.6 Fluorkunststoffe 861

von PTFE bei verschiedenen Werkstoffpaarungen gibt das Bild 2-319 mit den da-
zugehörenden Erläuterungen [3].
Die Abriebfestigkeit von PTFE wird von einigen anderen Werkstoffen über-
troffen. Dies erklärt sich aus den schwachen intermolekularen Kräften und dem
durch Sintern und nicht durch Schmelzen hergestellten Formstoff. Der
Verschleiß ist jedoch bei gefüllten Compounds wesentlich geringer. Bei Ver-
schleißversuchen mit verschiedenen PTFE-Typen ergab sich mit v = 2 m/s und
p = 1 N/mm2 bei St. 50 bzw. Perlitguss als Gegenlaufpartner folgende Staffelung
des Verschleißes (in Pfeilrichtung günstiger werdend).

■ Thermische Eigenschaften: Thermostabilität


PTFE wird in seiner thermischen Beständigkeit von keinem anderen handelsüb-
lichen Kunststoff übertroffen – auch nicht von anderen Fluor-Polymeren. Ein
merklicher Abbau tritt erst bei Temperaturen > 350 °C ein. Das Stabilisieren
gegen thermo- und photooxidativen Abbau ist nicht erforderlich. Andererseits
versprödet PTFE auch in flüssigem Helium (– 269 °C) nicht. Die obere Dauerge-
brauchstemperatur beträgt + 250 °C, d. h. PTFE überspannt einen Anwendungs-
bereich von mehr als 500 K.

Schmelzverhalten
Bei Temperaturen von 325 bis 340 °C verwandelt sich das weiß-kristalline PTFE in
eine amorphe transparente Substanz. Dabei geht eine reversible Volumenver-
größerung von 30% vor sich. Formteile behalten bei dieser Temperatur ihre Form,
wenn auch bei wesentlich geringerer Festigkeit. Wegen dieses Verhaltens scheiden
die üblichen Verfahren für das Urformen von PTFE aus. Es musste eine den Me-
thoden der Sintermetallurgie ähnliche Verarbeitungstechnik entwickelt werden.

Enthalpie, Längenausdehnungskoeffizient
An weiteren wichtigen thermischen Eigenschaften ist außer den Angaben in Ta-

Fluorkunststoffe
belle 2-65 in den Bildern 2-320 und 2-321 die Enthalpie und der Längenausdeh-
nungskoeffizient von PTFE wiedergegeben.

■ Elektrische Eigenschaften: Spezifischer Durchgangs- und Oberflächen-


widerstand
Der spezifische Durchgangswiderstand von 1018 W cm ist bis 150 °C nahezu tem-
peraturunabhängig. Er nimmt auch bei längerer Wasserlagerung nicht merklich
ab. Der hohe Oberflächenwiderstand von 1017 W, der auch in Luft mit 100 % rel.
Feuchtigkeit noch > 1012 W ist, führt zur elektrostatischen Aufladung. Deshalb
muss beim Verarbeiten des Rohstoffs auf größte Sauberkeit geachtet werden.
Schmutzpartikel verursachen Fehlstellen.

Dielektrische Eigenschaften
PTFE hat die niedrigste Dielektrizitätszahl und den niedrigsten dielektrischen
Verlustfaktor aller Kunststoffe. Das ist eine Folge der symmetrischen Struktur
dieses Polymeren. Die Bilder 2-322 und 2-323 vermitteln einen Einblick in die
Temperatur- und Frequenzabhängigkeit dieser für die Hochfrequenztechnik
wichtigen Eigenschaften.
862 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-319. Dynamische Rei-


bungszahl in Abhängigkeit von
der Lagerbelastung bei ver-
schiedenen Werkstoffpaarungen

Die in den Kurven in Bild 2-319 entsprechenden Werkstoffpaarungen sind:


Scheibe von 150 mm Dmr. Platte 250 mm · 175 mm
a1 reines PTFE reines PTFE
a2 reines PTFE Hartchrom
a3 reines PTFE Stahl St. 37
a4 reines PTFE Stahl St. 37
mit Molybdändisulfid-Schmierung
Fluorkunststoffe

b1 PTFE mit Graphit gefüllt PTFE mit Graphit gefüllt


b2 PTFE mit Graphit gefüllt Hartchrom
b3 PTFE mit Graphit gefüllt Stahl St. 37
c1 PTFE mit Molybdändisulfid gefüllt Hartchrom
c2 PTFE mit Molybdändisulfid Polyamid
Scheibe von 75 mm Dmr. Platte 250 mm · 175 mm
d1 reines PTFE Hartchrom
d2 reines PTFE Polyamid
St. 50 Perlitguß
PTFE ungefüllt PTFE ungefüllt
PTFE mit 15 % Graphit PTFE mit 15 % Graphit
1 5% Glasfasern 25 % Glasfasern oder
25 % Glasfasern 25 % E-Kohle
20 % Glasfasern + 33 % Kohle/Graphit
5 % Graphit 15 % Glasfasern
25 % E-Kohle 20 % Glasfasern
60 % Bronze 5 % Graphit
60 % Bronze
2.1.6 Fluorkunststoffe 863

Bild 2-320. Enthalpie von


PTFE in Abhängigkeit von
der Temperatur (Enthalpie
bei 20 °C gleich Null gesetzt)

Bild 2-321. Längenausdehnungskoef-


fizient von PTFE in Abhängigkeit von
der Temperatur

Fluorkunststoffe

Bild 2-322. Dielektrizitätszahl von PTFE in


Abhängigkeit von Frequenz (A) und Tempe-
ratur (B)
864 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-323. Dielektrischer Verlustfaktor tan d von PTFE in Abhängigkeit von Frequenz (A) und
Temperatur (B)

Optische Eigenschaften
Fluorkunststoffe

Brechungsindex für sichtbares Licht n20


D = 1,35.
Ungefülltes, naturfarbenes PTFE ist in dünnen Schichten durchscheinend,
dicke sind opak weiß und undurchsichtig. PTFE-Folien, 100 mm dick, lassen im
Wellenbereich von 300 bis 350 nm 80 % des einfallenden Lichtes durch Im Infra-
rotbereich von 8 bis 8.7 mm werden nahezu 100 % der einfallenden Strahlung ab-
sorbiert, Bild 2-324.

Bild 2-324. Ultrarotspektrum


einer 50 mm dicken PTFE-
Folie
2.1.6 Fluorkunststoffe 865

■ Chemikalienbeständigkeit
Die Stärke der Fluor/Kohlenstoffbindung sowie die nahezu völlige Abschirmung
der Kohlenstoffketten durch Fluoratome führen zu einer universellen Chemika-
lienresistenz von PTFE.
Beständig gegen: fast alle Chemikalien; nicht beständig gegen: elementares
Fluor, Chlortrifluorid, geschmolzene Alkalimetalle.
Bisher ist noch keine Verbindung bekannt geworden, die PTFE bei Tempera-
turen < 300 °C löst. Bei Raumtemperatur quellen chemisch verwandte fluorhal-
tige KW PTFE in reversibler Weise an.

■ Witterungsbeständigkeit
PTFE zeichnet sich durch hohe UV- und Witterungsbeständigkeit aus und kann
ohne Vorbehalt für die Verwendung im Freien empfohlen werden, dies gilt auch
für mehrjährige Bewitterung unter extremen klimatischen Bedingungen. PTFE
erfordert keine stabilisierenden Zusatzstoffe.

■ Strahlenbeständigkeit
PTFE zählt nicht zu den strahlenbeständigen Kunststoffen. Die Strahlenbestän-
digkeit nimmt in folgender Reihenfolge zu:
Butylkautschuk, Polymethylmethacrylat, PTFE, Cellulose, Polyamid, Polystyrol.
Im Gegensatz zu denjenigen Kunststoffen, die bei Einwirkung ionisiserender
Strahlen zunächst vernetzen, herrscht bei PTFE, besonders in Gegenwart von
Sauerstoff, der Kettenabbau vor. Der Abbau wird durch die Anwesenheit von
Sauerstoff wesentlich beschleunigt. Als Spaltprodukt entsteht bei der strahlen-
bedingten Zersetzung von PTFE Tetrafluorethylen. Unter bestimmten Bedin-
gungen (höhere Strahlendosis) bilden sich wachsartige Substanzen mit einem
Erweichungspunkt von etwa 200 °C.
Untersuchungen verschiedener Forscher haben gezeigt, dass bei der Zerset-

Fluorkunststoffe
zung kein elementares Fluor entsteht, jedoch u. U. mit der Bildung korrodierend
wirkender Folgeprodukte gerechnet werden muss.
Erreicht die aufgenommene Strahlendosis 102 J/kg, so beginnen sich die Poly-
mereigenschaften zu verändern. In welchem Maße PTFE beeinflusst wird, hängt
davon ab, ob im Vakuum oder unter Luftzutritt gearbeitet wird. Bei Gegenwart
von Sauerstoff vermindern sich z. B. Festigkeit und Dehnung schon nach einer
Strahlendosis von weniger als 104 J/kg spürbar, während unter Vakuum eine be-
deutend höhere Dosis nicht schadet.
Die Erniedrigung der molaren Masse macht sich in einer verringerten
Schmelzviskosität sowie einer Erhöhung der Dichte bemerkbar. Eine weitere
Folge ist das Ansteigen der elektrischen Leitfähigkeit. Die dielektrischen Eigen-
schaften werden dagegen kaum beeinträchtigt. Für die PTFE-Verarbeitung ist
bemerkenswert, dass die Oberfläche des Kunststoffs durch Bestrahlen kleb- und
druckbar wird. Außerdem können mit Hilfe energiereicher Strahlen Comono-
mere auf das Polymere gepfropft werden.
866 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Brennbarkeit
PTFE ist selbsterlöschend, es wird nach UL 94 in die Stufe SE-0 eingereiht. Der
Sauerstoffindex LOI beträgt 95 %.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Die Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe ist bei PTFE infolge der verhältnis-
mäßig lockeren Gefügestruktur etwas größer als beispielsweise bei PVC-U oder
Polytrifluorchlorethylen (PCTFE).
Sie hängt sehr von den Verarbeitungsbedingungen ab. So wurde in einem Fall
festgestellt, dass die CO2-Durchlässigkeit durch Erhöhen des Kristallinitätsgra-
des auf den dreißigsten Teil gesenkt werden konnte. Bei sehr hohem Porengehalt
dagegen kann sie auf das Tausendfache des Wertes von porenfreien Folien an-
steigen.

Medium Durchlässigkeit
cm3/m2d · bar g/m2d
Luft 80 – 100
O2 160 – 250
N2 60 – 80
CO2 450 – 700
He 1700 – 2100
Wasserdampf 0,03

Dickwandige Formstoffe können als undurchlässig angesehen werden. Durch


Beschichten mit PTFE-Dispersionen können Metalle gegen Korrosion nicht ge-
schützt werden.
Fluorkunststoffe

■ Gesundheitliche Beurteilung
Gegen die Verwendung von PTFE bestehen im Sinne des Lebensmittelgesetzes
keine Bedenken. Der thermische Abbau beginnt bei Temperaturen über 200 °C.
Beispielsweise ist bei PTFE-beschichtetem Küchengeschirr beim Gebrauch
keine gesundheitliche Schädigung zu befürchten. Noch vor Erreichen der Zer-
setzungstemperatur von PTFE verkohlen die Speisen und sondern selbst in
größerem Umfang toxische Dämpfe (Acrolein) ab. Werden PTFE-beschichtete
Küchengeräte im leeren Zustand überhitzt, so kann zwar örtlich ein thermischer
Zerfall des Kunststoffs stattfinden, die zersetzte Polymermenge ist jedoch so
klein, dass in der Umgebung keine bedenkliche Konzentration schädlicher
Spaltprodukte entstehen kann (die übliche Dicke von Beschichtungen beträgt
nur 20 bis 40 mm).
Um einer unsachgemäßen Behandlung vorzubeugen, werden in der Bundes-
republik PTFE-beschichtete Küchengeräte nach einer Empfehlung des Bundes-
gesundheitsamtes mit entsprechenden Gebrauchshinweisen versehen (Bun-
desgesundheitsbl. Nr. 21 v. 13. 10. 1967, S. 331 bis 333). Während der Sinterverar-
beitung von PTFE wird mit größeren Polymermengen gearbeitet. Hier sollte für
ausreichende Belüftung gesorgt werden. Dasselbe gilt auch für alle anderen Ver-
2.1.6 Fluorkunststoffe 867

arbeitungsverfahren, bei denen mit einer Erhitzung der PTFE-Teile zu rechnen


ist (z. B. beim Schweißen).
Zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden sollte beim Arbeiten mit PTFE
nicht geraucht werden; Tabakwaren sind nicht mitzuführen. Die in brennenden
Zigaretten herrschenden Temperaturen von ca. 600 bis 800 °C würden ggf. an-
haftende PFTE-Teilchen weitgehend zersetzen. Die Spaltprodukte würden größ-
tenteils inhaliert werden.
PTFE ist physiologisch inert. Es verursacht keinerlei Hautreizungen und
wurde bei Fütterungsversuchen vom tierischen Organismus monatelang ohne
irgendwelche Nebenwirkungen vertragen. Bei Implantationen ins lebende Ge-
webe, die heutzutage in der Chirurgie bereits routinemäßig durchgeführt wer-
den (künstlichen Venen und Arterien, Herzklappen und Herzschrittmachertei-
len), konnte ebenfalls keine Schädigung festgestellt werden. Bei medizinischen
Instrumenten und Ausrüstungen dient PTFE zur Herstellung von Kathedern,
Kanülen, Filtermembranen und Kathederschläuchen [4].

■ Verarbeitung
Wegen seiner physikalischen Eigenschaften ist PTFE nur nach speziellen Me-
thoden verarbeitbar:
• Pressverarbeitung mit anschließendem Freiform- oder Drucksintern,
• Ramextrusion (Kolbenstrangpressen),
• Pastenextrusion (Kolbenstrangpressen),
• Beschichten mit anschließendem Sintern,
• Tränken.
Bei der Verarbeitung durch Pressen und Extrudieren sind drei Phasen zu unter-
scheiden:
Verdichten, Sintern, Abkühlen.
Die verschiedenen PTFE-Typen sind auf die genannten Verarbeitungsmetho-

Fluorkunststoffe
den abgestimmt.
Als Press- und Ramextrusionspulver eignen sich nur die Suspensions-
polymere, denn sie sind grobkörnig. Die Pastenextrusion ist hingegen nur mit
Pulvern möglich, die durch Koagulieren von PTFE-Dispersionen gewonnen wer-
den (Emulsionspolymere). In Form wässriger Dispersionen wird PTFE beim Be-
schichten und Tränken verschiedener Substrate eingesetzt. PTFE unterscheidet
sich im Schmelzverhalten wesentlich von anderen Thermoplasten (mit Aus-
nahme des sehr hochmolekularen Ziegler-Polyethylens PE-UHMW, Abschnitt
2.1.1.1). Die Schmelzviskosität bei Temperaturen oberhalb 330 °C ± 15 K beträgt
104 Pa · s. Deshalb bewahren gepresste Formteile auch bei Sintertemperaturen
von 400 °C ihre Form (bei verminderter Festigkeit). Leichtrieselnde Formmas-
sen werden bei schwierig zu füllenden Werkzeugen und automatischen Pressen,
weniger gut rieselnde zur Herstellung hochwertiger Formteile verwendet.
Das Pressen der Formkörper geschieht bei Raumtemperatur mit Drücken von
10 bis 35 bar. Bei Compounds wird mit Drücken von 30 bis 100 bar gearbeitet (je
nach Füllstoffmenge und -art).
Die Formteile werden anschließend durch langsames Erwärmen von 300°C ±
15 K auf 370 bis 400 °C gesintert. Freigesinterte Formteile sind nicht porenfrei.
868 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Beim Drucksintern bzw. beim Sintern mit Nachdruck kühlt das Werkstück im
Werkzeug unter Druck ab. Es ist auch üblich, vorgesinterte Rohlinge durch
Schlagpressen zu formen. Die unter Druck abkühlenden Formteile sind poren-
frei und erreichen die höchste Dichte und Festigkeit. Die Ramextrusion dient
zur Herstellung von Stäben und dickwandigen Rohren. Das im Eingangsteil des
Kolbenextruders diskontinuierlich tablettierte Material wird in dem auf 380 °C
geheizten anschließenden Werkzeugteil unter Gegendruck gesintert.
Dünnwandige Schläuche bis 250 mm Dmr. und Wanddicken von 0,1 bis 4 mm
sowie Draht- und Kabelummantelungen werden aus Emulsionspolymer im
„Pasten“-Extrusionsverfahren hergestellt. Das Material wird mit 18 bis 25 % Test-
benzin zu einer knetbaren Masse angeteigt dem Kolbenextruder zugeführt. Im
auf 380 °C geheizten Sinterabschnitt verdampft zunächst das Gleitmittel. Porös
bleibende Gewinde-Dichtbänder werden nicht gesintert, sondern nur gewalzt
und getrocknet.
PTFE-Folien werden entweder vom gesinterten Rundblock geschält oder aus
Dispersionen gegossen. PTFE-Dispersionen dienen ebenfalls zum Imprägnieren
von Asbest- oder Glasfasergewebe.
Halbzeug kann bei Temperaturen um den Kristallit-Schmelzpunkt (330 °C ±
15 K) unter Druck umgeformt werden.

■ Bearbeiten
Spanende Bearbeitung siehe Tabelle 2-6.

Fügeverfahren: Schweißen
PTFE kann nicht im klassischen Sinne durch Aufschmelzen der Fügeflächen
ohne oder mit Zusatz von Schweißdraht verbunden werden, denn im Verarbei-
tungsbereich bildet sich keine Schmelze.
Schälfolien können jedoch nach Erwärmen auf 380 – 390 °C unter Druck (2 bis
3 bar) verschweißt werden.
Fluorkunststoffe

Mit Hilfe dünner Folien aus Hostaflon® TFA in Dicken von 50 bis 100 mm ist
es jedoch möglich, bei niedrigen Drücken von 0,02 bis 0,03 bar und Temperatu-
ren von 360 bis 380 °C geschweißte Verbindungen mit einem Gütefaktor von 0,1
bis 1,0 ohne Vorbehandlung herzustellen.

Kleben
Die einzige Möglichkeit, Fluor-Kunststoffe durch Kleben zu verbinden, ist das
Adhäsionskleben. Geeignet sind Zweikomponenten-Reaktionsklebstoffe auf
Epoxidharzbasis und Cyanacrylat-Klebstoffe. Die Fügeflächen müssen jedoch
vorbehandelt werden mit Natrium in flüssigem Ammoniak oder Naphthyl-
natrium in Tetrahydrofuran.
Klebverbindungen mit Elastomeren müssen in der gleichen Weise vorbehan-
delt werden. Der anschließend auf die PTFE-Fügefläche aufzutragende Haftver-
mittler richtet sich nach dem jeweiligen Elastomer, mit dem das PTFE
verbunden werden soll.

Dekorieren
Das Dekorieren mit fluorhaltigen Druckfarben ist üblich.
2.1.6 Fluorkunststoffe 869

Anwendungsbeispiele
Packungen, statische und dynamische Dichtungen, Dehnungselemente,
Faltenbälge, Kolbenringe, plattenförmige Auflager, Rohre, Schläuche, Ar-
maturen, Drahtisolationen, Isolierfolien, Tiegel, wartungsfreie Lager
(Folien-, Mehrschichtverbund- und Gewebelager sowie Wälzlagerkäfige),
Beschichtungen mit abweisender Oberfläche, ferner Substrate für ge-
druckte Schaltungen und imprägnierte Gewebe aus Asbest, Glas- oder
Aramidfasern.

Handelsnamen
Algoflon (Ausimont (Deutschland) GmbH/DE)
Dyneon PTFE (Dyneon GmbH/DE)
Ferrotron (Polymer Cor./US)
Fluon (ICI PLC/GB)
Fluoroloy (Fluorocarbon/US)
Fluorosint (Polypenco GmbH/DE)
Foraflon (ATOCHEM/FR)
Gaflon (Plastic Omnium/FR)
Halon (Ausimont (Deutschland) GmbH/DE)
Neoflon (Daikin Ind./JP)
Pamflon (Norton Pampus/DE)
Polyflon (Daikin Kogyo Co./JP)
Rulon (Dixon Ind. Corp./US)
Teflon (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Tygaflor (American Cyanamid Aerospace/US)
Xylan (Whitford Corp./US)

Fluorkunststoffe
2.1.6.2
Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylencopolymer (FEP)
Das Copolymer FEP wurde bereits im Jahre 1960 von Du Pont auf den Markt ge-
bracht.
Der anwendungstechnische Erfolg dieses Produktes war zunächst nicht so
groß wie man erwartet hatte. Der Grund bestand darin, dass die Verarbeiter
von PTFE über spezielle Technologien und Maschinen verfügten und keine
Spritzgießmaschinen betrieben. Die mit Spritzgießmaschinen ausgerüsteten
Betriebe waren mit den Fluorpolymeren nicht vertraut und zögerten mit dem
Umrüsten. Dennoch ist inzwischen ein ständig zunehmender Verbrauch zu
beobachten.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die hohe molare Masse von PTFE, die damit verbundene hohe Schmelzviskosität
und spezielle Verarbeitungstechnik legten es nahe, Fluor-Kunststoffe zu ent-
wickeln, die wie gewöhnliche Thermoplaste, d. h. im Schmelzzustand durch
Spritzgießen und Extrudieren verarbeitet werden können. Zu diesen Copolyme-
870 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

ren gehört FEP. Trotz der nahen Verwandtschaft zu PTFE ist es diesem gegenüber
durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
• thermoplastisch ur- und umformbar,
• schlagzäher als PTFE,
• niedrigere Gebrauchstemperatur als PTFE,
• elektrische Eigenschaften, Chemikalienbeständigkeit und Witterungsbestän-
digkeit sind mit denjenigen von PTFE vergleichbar.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die mittlere molare Masse dieser Copolymeren beträgt 50 000 bis 500 000. Ent-
sprechend dem Masseanteil von 50 bis 90 % Hexafluorpropylen erreicht die Roh-
dichte 2,14 bis 2,17 g/cm3.

Hexafluorpropylen Tetrafluorethylen
Copolymer

Der Kristallinitätsgrad beträgt in ungetempertem Zustand 40 bis 50 %, nachbe-


handelt in der Wärme, 16 h bei 245 °C 50 bis 57 %, nachbehandelt in der Wärme,
1 Monat bei 210 °C 50 bis 67 %.

■ Zusatzstoffe
Entsprechend dem strukturellen Aufbau dieses Copolymeren aus perfluorier-
tem Propylen und Ethylen spielen unter den Zusatzstoffen vor allem die Füll-
und Verstärkungsstoffe eine wichtige Rolle. Als Funktions-Zusatzstoffe werden
den Dispersionen außer Farbmittel bevorzugt nichtionische Benetzungsmittel
Fluorkunststoffe

zugegeben. Als Füllstoff dient vor allem Graphit und als Verstärkungsstoff ge-
mahlene Glasfasern. Art und Menge der Füllstoffe sind in erster Linie durch die
Verarbeitbarkeit begrenzt.

■ Sortiment
Das heutige FEP-Sortiment umfasst drei Typen, die sich für das Spritzgießen
und das Extrudieren eignen, sowie eine wässrige Dispersion für das Aufbringen
von Schutzschichten mit schmierenden oder haftabweisenden Eigenschaften für
das Imprägnieren von Garnen und Filzen sowie als Schmelzklebstoff.

■ Lieferformen
FEP wird als Granulat, als Pulver für das Beschichten im Fließbett und das elek-
trostatische Beschichten sowie als Dispersion geliefert; Halbzeug in Form von
Folien, Rohren, Profilen und Folien.

■ Typisierung
Die Bearbeitung von FEP im Sinne der seit 1982 vom DIN eingeführten techni-
schen Regeln wurde noch nicht in Angriff genommen.
2.1.6 Fluorkunststoffe 871

Hingewiesen sei auf die Richtlinie VDI/VDE 2480 Bl. 2 (03. 80) Werkstoffe der
Feinwerktechnik, Perfluorethylenpropylen-Formstoffe.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-65.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Das Kraft-Verformungsverhalten zeigt Bild 2-325. Das Ergebnis von Stauchungs-
versuchen zeigt Bild 2-326.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das Zeitstandverhalten ist in Bild 2-327 anhand der Zeit/Dehnlinien für ver-
schiedene Zugbeanspruchungen und Temperaturen dargestellt.
Im Unterschied zur zeitlich konstanten Beanspruchung ist der Spannungsab-
bau bei zeitlich konstanter Verformung im Bereich von 0,5 bis 2 % bei 23 °C
während einer Zeitdauer von 10 Std. nahezu vernachlässigbar. Das gleiche gilt
für eine gleichbleibende Dehnung von 0,5 % selbst bei – 100 °C.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Formstoffe aus FEP zeigen sowohl beim Schlagbiegeversuch nach DIN 53 453 als
auch bei der Schlagzähigkeitsprüfung nach ISO R 180-Methode A ein zähes Ver-
halten. Das gilt bis zu Temperaturen von – 200 °C.
Kerbschlagzähigkeit
nach DIN 53 453 nach ISO R 180
kJ/m2 J/m
– 52 °C 25 158
23 °C o. B. o. B.

Härte Fluorkunststoffe
Angaben über die Härte enthält die Tabelle 2-65.

Bild 2-325. Spannungsdeh-


nungsdiagramm von FEP bei
verschiedenen Prüftempera-
turen
872 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-326. Stauchungsversuche mit FEP


bei verschiedenen Temperaturen

Reibungs- und Verschleißverhalten


FEP weist gute Gleiteigenschaften auf. Weil die Haftreibungszahlen kleiner sind
als die Gleittreibungszahlen, tritt der stick-slip-Effekt und das damit verbun-
dene Ruckgleiten nicht auf.
Mit steigender Belastung nimmt die Haftreibungszahl erst schnell, dann lang-
sam ab, Bild 2-328.
Fluorkunststoffe

Mit steigender Gleitgeschwindigkeit bis etwa 200 m/min ist ein schnelles An-
steigen der Gleitreibungszahl zu beobachten, Bild 2-328 B. Bei Gleitgeschwindig-
keiten > 20 m/min ist die Gleitreibungszahl nur noch in geringem Maße von der
Gleitgeschwindigkeit abhängig. FEP eignet sich für Gleitflächen bei niedrigen
Flächenpressungen und niedrigen Gleitgeschwindigkeiten.

■ Thermische Eigenschaften
Die relative Längenänderung (bezogen auf 23 °C) ist in Bild 2-329 wiedergege-
ben. Man erkennt, dass FEP die sprunghafte Volumenänderung von PTFE im Be-
reich von 19 °C nicht aufweist. Weitere Werte thermischer Eigenschaften enthält
Tabelle 2-65.

■ Elektrische Eigenschaften
Die elektrischen Eigenschaften von FEP sind nahezu identisch mit denen von
PTFE: niedrigste Dielektrizitätszahl und niedrigster Verlustfaktor aller Kunst-
stoffe sowie ein hoher spezifischer Durchgangswiderstand und hoher Ober-
flächenwiderstand. Diese Eigenschaften sind von Temperatur und Frequenz
weitgehend unabhängig.
2.1.6 Fluorkunststoffe
873

Bild 2-327. Zeitdehnlinien von FEP bei verschiedenen Beanspruchungshöhen und Temperaturen

Fluorkunststoffe
874 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-328. Haft (A)- und


Gleitreibungszahl (B) von
FEP gegen Kohlenstoffstahl
Fluorkunststoffe

mit einer Oberflächenrauig-


keit von 13 bis 25 mm (Prüf-
temperatur 23 °C)

Weil FEP nahezu kein Wasser aufnimmt, bleibt der spezifische Widerstand
auch nach längerer Wasserlagerung unverändert.
Die Dielektrizitätszahl von FEP ist niedrig und ändert sich nur wenig über ei-
nen großen Frequenzbereich, Bild 2-330. Sie bleibt nahezu konstant von 102 bis
109 Hz. Mit zunehmender Temperatur fällt sie leicht ab. Bei 200 °C und 8,5 · 109 Hz
beträgt die Dielektrizitätszahl für FEP 1,95. An während sechs Monaten bei
200 °C gealterten Mustern wurde keine Veränderung der Dielektrizitätszahl be-
obachtet. Die Bilder 2-330 (A) und (B) zeigen den dielektrischen Verlustfaktor
tan d in Abhängigkeit von Temperatur und Frequenz. Er bleibt bis 104 Hz unter
1,9 · 10–4, nimmt dann zu und erreicht bei Raumtemperatur sein Maximum bei
3 · 109 Hz. Der Verlustfaktor wird von der relativen Luftfeuchte nicht beeinflusst.
2.1.6 Fluorkunststoffe 875

Bild 2-329. Relative Längen-


änderung von FEP-Formstof-
fen (bezogen auf 23 °C)

Die Dielektrizitätszahl in Abhängigkeit von der Frequenz ist in Bild 2-330 (C)
wiedergegeben.

■ Optische Eigenschaften
Brechungsindex n20D = 1,338.
Dünnwandige Formteile aus ungefülltem und ungefärbtem FEP sind durch-
scheinend und haben einen bläulichen Schimmer.
FEP-Folien (0,05 mm dick) sind im Wellenlängenbereich von 8 bis 9 mm (In-
frarotbereich) nahezu strahlungsundurchlässig, d. h. dort absorbieren sie die
eingestrahlte Energie.
Die Lichtdurchlässigkeit nimmt im UV-Bereich von 200 bis 400 nm rasch von
0 auf 90 % zu.

■ Chemikalienbeständigkeit

Fluorkunststoffe
Beständig gegen: Säuren, Laugen, alle Lösemittel, Detergenzien, Fette, Öle, Was-
ser.

■ Spannungsrissverhalten
Die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung ist grundsätzlich hoch. Sie ist bei
Formmassen hoher molarer Masse am besten, z. B. Teflon FEP 160 N für Aus-
kleidungen, Ausdehnungsmanschetten und Ventile im Apparatebau der chemi-
schen Industrie.

■ Witterungsbeständigkeit
FEP hat eine sehr gute Licht- und Witterungsbeständigkeit. Bewitterungsversu-
che an der Küste von Florida (USA) lassen für FEP eine Lebensdauer von über
20 Jahren ohne messbare Veränderung der ursprünglichen Eigenschaften er-
warten.

■ Strahlenbeständigkeit
Die Beständigkeit von FEP gegenüber ionisierender Strahlung in Gegenwart
von Sauerstoff ist gering. Der Grenzwert der Schädigung beträgt 4 · 103 bis
876 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe

Bild 2-330. Dielektrischer Verlustfaktor tan d von FEP in Abhängigkeit von Temperatur (A)
und Frequenz (B); Dielektrizitätszahl in Abhängigkeit von der Frequenz (C)
2.1.6 Fluorkunststoffe 877

6,5 · 103 J/kg. Die Änderung der Dielektrizitätszahl und des Verlustfaktors ist bis
103 J/kg vernachlässigbar. Die Strahlenbeständigkeit ist im Vakuum und in
inerter Atmosphäre etwas besser (siehe auch PTFE Abschn. 2.1.6.1).

■ Verhalten im Vakuum
Beim Evakuieren nicht auf 10–5 bar tritt keine Depolymerisation und kein Aus-
gasen des FEP ein. Der bei 10–5 bar und 100 °C auftretende Gewichtsverlust be-
trägt 0,08 %.

■ Brennbarkeit
FEP brennt sich gemäß VDE 0303, Teil 3. Nach UL 94 gehört es zur Stufe SE-O.
Der Sauerstoffindex des ungefüllten Materials beträgt 95 %.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Siehe Tabelle 4-30 im Anhang.

■ Gesundheitliche Beurteilung
FEP (alle Typen) entspricht den Anforderungen der Food and Drug Administra-
tion (FDA)-Verordnung 21. CFR 121.2555 und kann deshalb gemäß dieser Ver-
ordnung ohne gesundheitliche Bedenken zur Herstellung von Bedarfsgegen-
ständen oder Teilen von Bedarfsgegenständen, die mit Lebensmitteln in
Berührung kommen (Verarbeitung, Verpackung, Transport und Aufbewahrung
von Lebensmitteln), angewendet werden.

■ Verarbeitungshinweise
Spritzgießen
Massetemperatur 320 bis 360 °C
Spritzdruck 350 bis 1000 bar

Fluorkunststoffe
Werkzeugtemperaturen 200 bis 230 °C
Schwindung 3,5 bis 6,0 %
Extrudieren,
Massetemperatur 315 bis 410°C (gilt auch für die Kabelei)
Ausrüstung der eisenfreie Legierungen
Plastifizierzylinder: (Hastelloy, Xaloy, Reiloy, Monel)
FEP kann durch Extrusionsblasen zu Hohlkörpern verarbeitet werden. Das Um-
formen von Halbzeug geschieht bei Temperaturen oberhalb 280 °C. Im thermo-
elastischen Bereich geformte Teile nehmen bei Erwärmung die ursprüngliche
Form wieder an (plastic memory).
Halbzeug und Formteile können leicht spanend bearbeitet werden. Kleben ist
nach Vorbehandlung der Fügeflächen mit Ätzmitteln möglich (EP- und SI-Harz-
Klebstoffe, Reibungsschweißen ist möglich, US-Schweißen dagegen nicht (siehe
auch PTFE Abschn. 2.1.6.1).
878 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Anwendungsbeispiele
Drahtisolationen (elektrische Bodenheizung), Beschichtungen, Behälter-
auskleidungen, flexible, gedruckte Schaltungen, Spritzgussteile für den
elektrischen, elektronischen und chemischen Einsatz, Verpackungsfolien,
Imprägnieren von Stoffen, Garnen, Filzen, Schmelzklebstoff.

Handelsnamen
Dyneon FEP (Dyneon GmbH/DE)
Teflon FEP (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Neoflon (Daiki Industries/JP)

2.1.6.3
Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Dieser wärmebeständige Thermoplast wurde im Jahre 1972 erstmals von Du
Pont de Nemours unter dem Handelsnamen Tefzel® auf den Markt gebracht. Die
Hoechst AG folgte zwei Jahre später mit Hostaflon® ET. Kennzeichnende Eigen-
schaften sind:
• breiter Gebrauchstemperaturbereich (– 190 bis + 150 °C),
• gute mechanische und elektrische Eigenschaften,
• hohe Chemikalienbeständigkeit,
• Unbrennbarkeit,
• hohe Alterungs- und Wetterbeständigkeit.
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften
Der Tetrafluorethylenanteil beträgt 75 %. Deshalb nähern sich die physikalischen
und chemischen Eigenschaften denen von PTFE. Hervorzuheben ist, dass es sich
Fluorkunststoffe

bei E/TFE um den ersten Fluorkunststoff handelt, der glasfaserverstärkt und


nicht nur gefüllt werden konnte.

Tetrafluorethylen/Ethylen-Copolymer

■ Zusatzstoffe: Funktions-Zusatzstoffe
Bekanntlich erfordert PTFE keine stabilisierenden Zusatzstoffe. Es kommen nur
Farbmittel in Betracht. Das Copolymere enthält jedoch einen Ethylenanteil von
25 %, der auf übliche Weise gegen den thermischen und photochemischen Abbau
geschützt werden muss.
An weiteren Zusätzen kommen in der Regel nur gemahlene Glasfasern als
Verstärkungsstoff in Betracht (siehe Tabelle 2-65).

■ Sortiment, Lieferformen, Typisierungen


E/TFE wird als durchscheinendes opakes cremeweißes Granulat geliefert; glas-
faserverstärkte Typen sind ebenfalls verfügbar, außerdem Halbzeug in Form von
2.1.6 Fluorkunststoffe 879

Profilen, Rohren, Blöcken und Folien, Spritzguss- und Extrusionstypen sind un-
ter ASTM-D 3159-72 genormt.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften sind in Tabelle 2-65 zusammenge-
stellt.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
E/TFE ist weniger dicht, steifer und schlagzähiger als PTFE und FEP. Es weist je-
doch eine vergleichbare Dehnfähigkeit auf und zeigt das für duktile Werkstoffe
typische nicht lineare Kraft/Verformungsverhalten, Bild 2-331. Die Bilder 2-332
bis 2-336 zeigen Zug- und Biegefestigkeit, den Zug-E-Modul, die Scherfestigkeit
von E/TFE unverstärkt (Tefzel 200) und mit 25 % Masseanteil glasfaserverstärkt
(Tefzel 70 G-25), den Biege-E-Modul und die Bruchdehnung in Abhängigkeit von
der Temperatur. Das Kraft/Verformungsverhalten dieser Werkstoffe bei Biege-
beanspruchung ist in Bild 2-337 dargestellt.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Auch E/TFE kriecht bei Dauerbeanspruchung mit einer im Laufe der Zeit ab-
nehmenden Geschwindigkeit. Bild 2-338 zeigt den Biege-Kriechmodul des glas-
faserverstärkten Tefzel 70 G-25 bei 23 und 100 °C in Abhängigkeit von der Tem-
peratur.

Fluorkunststoffe

Bild 2-331. Kraft/Verformungsverhal-


ten von E/TFE im Zug/Druckbereich
(Prüftemperatur 23 °C, Probekörper:
Zugversuch n. ASTM D 638, Probe
Nr. 5; Druckversuch: Zylinder 12 mm
Dmr., 25 mm lang)
a Tefzel 200
Du Pont Deutschland GmbH
b Tefzel 70 G-25
Du Pont Deutschland GmbH
880 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-332. Biegefestigkeit von E/TFE in Bild 2-333. Zug-E-Modul von E/TFE in Abhän-
Abhängigkeit von der Temperatur. Kenn- gigkeit von der Temperatur
zeichnung der Kurven: siehe Bild 2-331
Fluorkunststoffe

Bild 2-334. Scherfestigkeit von E/TFE Bild 2-335. Biege-E-Modul von E/TFE in Abhän-
in Abhängigkeit von Temperatur gigkeit von der Temperatur. Kennzeichnung der
Kurven: siehe Bild 2-331
2.1.6 Fluorkunststoffe 881

Bild 2-336. Bruchdehnung von Tefzel 200 in Bild 2-337. Kraft/Verformungsverhalten von
Abhängigkeit von der Temperatur E/TFE bei Biegebeanspruchung (Prüftem-
(Probekörper: gepresste Folie 250 mm dick) peratur: 23 °C)

Bild 2-338. Biegekriech-


modul von Tefzel 70 G-25 bei

Fluorkunststoffe
23 °C und 100 °C

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Daten über das Schlagzähigkeitsverhalten enthält Tabelle 2-65. Tefzel 200 und
280 weisen hohe Schlagzähigkeit über einen breiten Temperaturbereich auf. Sie
stehen darin an der Spitze aller Kunststoffe. Die Versprödungstemperatur ist
niedriger als – 100 °C.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Das Ergebnis von Biegewechsel-Versuchen zeigt das Bild 2-339. Der glasfaser-
verstärkte Typ weist eine etwa doppelt so hohe Biegedauerfestigkeit auf wie das
unverstärkte Material.

Härte
Härteangaben enthält Tabelle 2-65.
882 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-339. Biegewechselfes-


tigkeit von E/TFE (Prüftem-
peratur 23 °C, f = 30 Hz,
50 % rel. F.)
a E/TFE
b E/TFE-GF 25

Reibungs- und Verschleißverhalten


Im Unterschied zu vielen anderen Polymeren verbessert eine Glasfaserverstär-
kung die Reibungs- und Verschleißeigenschaften von E/TFE. Beträgt die dyna-
mische Reibungszahl bei 0,7 N/mm2 · 3 m/min für Tefzel 200 0,4, so fällt sie bei
Tefzel 70 G-25 unter den gleichen Bedingungen auf 0,3 ab. Der Verschleißfaktor
nimmt von 6,6 · 10–6 auf 0,018 · 10–6 cm3 min/kg mh ab. Auch auf den Gegen-
flächen wird der Verschleiß überraschenderweise geringer. Die statische Rei-
bungszahl hängt vom Lagerdruck ab. Für Tefzel 70 G-25 ergeben sich folgende
Werte:
Flächenpressung Reibungszahl
N/mm2
0,07 0,51
0,35 0,38
0,7 0,31
3,5 0,34
Der Verschleißfaktor gegenüber Stahl beträgt etwa 1/10 desjenigen von PA 66-
Fluorkunststoffe

GF33.
Bild 2-340 zeigt die Abhängigkeit der Reibungszahl von pv-Wert. Die Wärme-
entwicklung beginnt bei einem pv-Wert von etwa 36 N/ms. Ein starker Tempe-

Bild 2-340. Reibungsverhalten von E/TFE-GF 25 gegenüber Stahl (ohne Schmiermittel)


2.1.6 Fluorkunststoffe 883

raturanstieg setzt bei pv-Werten um 70 N/ms ein. Die sich einstellenden Lager-
temperaturen sind in Bild 2-340 als Funktion von pv in der oberen Hälfte rechts
dargestellt. Eine hohe Abnutzungsgeschwindigkeit beginnt bei einem pv-Wert
von 53 N/ms. Schmierung, harte Oberflächen der Welle und geringe Rautiefe ver-
zögern die Abnutzung. Für Gleitlager wird ein Spiel von mindestens 0,3 bis 0,5 %
des Durchmessers empfohlen.

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabelle 2-65.

■ Optische Eigenschaften
Der Brechungsindex n20D beträgt 1,40; transparent in dünnen Schichten.
Die Durchlässigkeit von 25-mm-Folien beträgt im UV-Bereich (200 bis
400 nm) 50 bis 90 %, im sichtbaren Bereich (400 bis 700 nm) 90 bis 98 % und im
nahen Infrarot-Bereich (800 bis 2400 nm) 95 – 91 % (abnehmend).

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Säuren, Laugen, Lösemittel, hydrolysebeständig; bedingt be-
ständig gegen: Öle, Fette, oxidierende Säuren.

■ Witterungs- und Strahlenbeständigkeit


Im Freien verwendbar; die Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung hinge-
gen ist begrenzt.

■ Brennbarkeit
E/TFE brennt nicht.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen
Das wichtigste Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen. Es wird mit Masse-

Fluorkunststoffe
temperaturen von 300 bis 340 °C gearbeitet. Alle von Schmelze berührten Teile
der Plastifiziereinheit müssen aus korrosionsbeständigen Werkstoffen herge-
stellt sein.

■ Veredelung der Oberfläche: Einfärben


Das Einfärben in der Masse kann mit Pigmenten vorgenommen werden, die bei
der Verarbeitungstemperatur des E/TFE thermisch stabil sind (siehe PTFE). Es
sind auch Farbkonzentrate erhältlich.
Bedrucken
Das Bedrucken der Oberfläche kann durch Heißprägen geschehen. Die Präge-
stempel werden auf 320 °C erwärmt. Der Anpressdruck beträgt etwa 0,2 N/mm2
(während 0,25 s). Die Streifenmusterung von elektrischen Leitungen wird mit
Hilfe von Druckrädern kontinuierlich aufgetragen und getrocknet.
Spanendes Bearbeiten
Siehe Tabelle 2-6.
884 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Fügeverfahren
Zu den lösbaren Verbindungen gehören das Schrauben, zu den bedingt lösbaren
die Schnapp- und Pressverbindung. Nicht lösbare Verbindungen werden durch
Schweißen (Reibschweißen, Heizelementschweißen) und Kleben hergestellt.

Anwendungsgebiete
Zahnräder, Befestigungsklemmen, Pumpenteile, Füllkörper, Automobil-
teile, Packungen, Laborbedarf, Armaturenauskleidungen, Verbindungs-
klemmen, Spulenkörper, Drahtisolationen für Lokomotiven, Automobile,
Stahlwerke, Militärbedarf.
In den letzten Jahren gelang es, Schlauchfolien in Dicken von 25 bis
150 mm und Breiten bis zu 1200 mm (doppelt flach) herzustellen. Diese
Folien eignen sich für das Herstellen transparenter Überdachungen (Ge-
wächshäuser, Sportzentren). Die Lichtdurchlässigkeit beträgt 96 %. Diese
Folien weisen nach zehnjähriger Freibewitterung keine optischen und me-
chanischen Veränderungen auf (Hostaflon ET).

Handelsnamen
Dyneon ETFE (Dyneon GmbH/DE)
Tefzel (Du Pont Deutschland GmbH/DE)

2.1.6.4
Polytrifluorchlorethylen (PCTFE)

■ Herstellung
In den Anfängen der Markomolekularchemie herrschte die Meinung vor, dass
fluorhaltige Vinylverbindungen aus stereochemischen Gründen nicht polymeri-
sierbar seien. Überraschenderweise gelang es im Jahre 1934 O. Scherer und
Fluorkunststoffe

F. Schloffer (Hoechst AG) das bereits länger bekannte Trifluorchlorethylen


zu polymerisieren (PCTFE).
Damit war zum erstenmal ein fluorhaltiger Kunststoff im Labor hergestellt
worden. Er zeichnete sich durch einmalige Eigenschaften, vor allem thermische
und chemische Beständigkeit, aus, die jedoch in jener Zeit noch kein anwen-
dungstechnisches Interesse fanden.
Die technische Herstellung von PCTFE begann Hoechst Anfang der fünfziger
Jahre. Hostaflon C2 wurde bald in ganz Europa bekannt. Die Produktion wurde
jedoch gegen Ende der fünfziger Jahre zugunsten der neu aufgenommenen
PTFE-Produktion eingestellt.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Kennzeichnende Eigenschaften sind:
• hart, steif, kratzfest, unzerbrechlich,
• transparent bis opak,
• geruch- und geschmacklos,
• witterungsbeständig,
2.1.6 Fluorkunststoffe 885

• gesundheitlich unbedenklich,
• thermoplastisch verarbeitbar, auch in dünnen Schichten porenfrei,
• schweiß- und klebbar, leicht spanbar.

■ Struktur und Eigenschaften


Der wesentliche Unterschied zwischen dem Eigenschaftsbild von PTFE und
PCTFE ergibt sich aus dem chemischen Aufbau. Das Chloratom ist wesentlich
größer als das Fluoratom. Dadurch wird der streng symmetrische Aufbau der
PTFE-Kette gestört und der Kettenabstand vergrößert. Die Kettensegmente kön-
nen zwar noch kristallisieren, jedoch wesentlich behinderter und damit geringer
als bei PTFE. Die Kettenbeweglichkeit wird zwar etwas erhöht und damit die Er-
weichungstemperatur erniedrigt, die Polarität der Chloratome führt jedoch zu
größeren intermolekularen Kräften und mithin zu höherer Festigkeit und Steif-
heit des Polymeren. Die Polarität beeinflusst vor allem die dielektrischen Eigen-
schaften dieses Kunststoffs und schränkt die Verwendung auf dem Hochfre-
quenzgebiet ein.

Polytrifluormonochlorethylen

Die geringere Kristallinität ermöglicht die Herstellung transparenter dünner Folien.


Die Beständigkeit von PCTFE gegen den Angriff durch Chemikalien ist gut,
jedoch nicht so gut wie die des PTFE.

■ Sortiment
PCTFE ist ein thermoplastischer Kunststoff. Es wird vorwiegend als Homopoly-
mer für die Spritzguss- und die Extrusionsverarbeitung geliefert. Die Sortimente
der Hersteller enthalten jedoch auch Copolymere mit Vinylidenfluorid und an-

Fluorkunststoffe
deren Monomeren. Für die Herstellung von Dispersionen werden Pulvertypen
geliefert.

■ Lieferformen
PCTFE wird als Granulat oder Pulver geliefert. Es ist mit temperaturbeständigen
Pigmenten einfärbbar. Halbzeug ist in Form von Profilen, Rohren, Stäben,
Blöcken und Folien verfügbar.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht über die wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Ta-
belle 2-65.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem wachsartigen PTFE und dem har-
ten PCTFE wurden bereits hervorgehoben.
886 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-341. Schlagzähigkeit


von PCTFE im Bereich tiefer
Temperaturen

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die hohe Schlagzähigkeit von PCTFE bei tiefen Temperaturen veranschaulicht
Bild 2-341.

■ Thermische Eigenschaften
Die obere Grenze der Gebrauchstemperatur von 150 °C ist nicht nur durch die
nachlassende mechanische Festigkeit, sondern auch durch das Verspröden bei
längerer Einwirkung von Wärme bedingt. Das Polymere schmilzt bei 216 °C. Die
Glasübergangstemperatur beträgt + 45 °C.
■ Elektrische Eigenschaften
Fluorkunststoffe

Das Isolationsvermögen von PCTFE ist sehr gut, denn es nimmt kein Wasser auf.
Es ist wegen seines thermoplastischen Charakters im Gegensatz zu PTFE auch in
dünnen Schichten porenfrei. Die dielektrischen Eigenschaften werden durch das
mit den Chloratomen eingebrachte Dipolmoment negativ beeinflusst, wie Bild
2-342 am Beispiel der Dielektrizitätszahl und des dielektrischen Verlustfaktors
tan d zeigt. Im Übrigen sind die elektrischen Eigenschaften mit denen der per-
fluorierten Polymeren vergleichbar.
■ Optische Eigenschaften
Brechungsindex n20D = 1,425.
Schnelles Abschrecken von Folien und Formteilen führt bei geringen Wand-
dicken zu glasklarer Transparenz.
■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Säuren, Laugen, viele Lösemittel bei Raumtemperatur, aroma-
tische und chlorierte KW, Ester, Ether und Ketone quellen PCTFE bei höherer
Temperatur reversibel an; nicht beständig gegen: Chlorsulfonsäure, geschmol-
zene Alkalimetalle.
2.1.6 Fluorkunststoffe 887

Fluorkunststoffe

Bild 2-342. Dielektrizitätszahl (A) von PCTFE in Abhängigkeit von der Temperatur (a) und der
Frequenz (b) sowie dielektrischer Verlustfaktor tan d (B) in Abhängigkeit von der Temperatur
(a) und der Frequenz (b)
888 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

■ Witterungsbeständigkeit
PCTFE ist witterungsbeständig.

■ Strahlenbeständigkeit
Energiereiche Strahlen schädigen PCTFE bereits in kleinen Dosen, ähnlich wie
PTFE. Wegen der Abspaltung von Chlor besteht bei längerer Einwirkung der
Strahlung für benachbarte Metallteile Korrosionsgefahr.

■ Brennbarkeit
PTFE brennt nicht.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


PCTFE weist gegenüber Gasen günstige Sperreigenschaften auf (siehe Tabelle
4-30 im Anhang). Von allen transparenten Kunststoff-Folien ist bei PCTFE
die Wasserdampfdurchlässigkeit am niedrigsten.

■ Gesundheitliche Beurteilung
PCTFE ist in Berührung mit Lebensmitteln unbedenklich.Physiologisch ist es inert.
Diese Eigenschaft führte zu verbreiteter Anwendung in der medizinischen Technik.

■ Verarbeitung
Bevorzugte Verarbeitungsverfahren sind Pressformen, Extrudieren und Spritz-
gießen. Dazu kommt das Beschichten der Oberfläche metallischer Substrate mit
Hilfe von Dispersionen.

■ Verarbeitungsbedingungen
Spritzgießen
Massetemperatur 270 bis 280 °C
Werkzeugtemperatur 80 bis 130 °C
Fluorkunststoffe

Schwindung 1 bis 2 %
Extrudieren
Massetemperatur 290 bis 300 °C
auch für Drahtummantelung
Pressformen
Massetemperatur 270 bis 280 °C
Kupferdrähte müssen vor dem Ummanteln vernickelt oder versilbert werden,
weil Cu- und Fe-haltige Legierungen den Abbau von PCTFE katalysieren. Hoch-
frequenz- und US-Schweißen ist möglich. Kleben nach Vorbehandlung. Folien
können laminiert, warmgeformt, heißgesiegelt, bedruckt und im Hochvakuum
mit Metall bedampft werden.

Anwendungsbeispiele
Tiegel, Fittings, Armaturen, Rohre, Schaugläser, Membranen, Drahtisola-
tionen, gedruckte Schaltungen, Spulenkörper, Röhrensockel, Isolations-
folien und Verpackungen für Pharmazeutika. Die Verwendung in der
Hochfrequenztechnik ist nur bedingt möglich.
2.1.6 Fluorkunststoffe 889

Handelsnamen
Aclon (Allied Signal Engng. Plastics/US)
Bytac (Norton Chemplast/US)
Daiflon (Daikin Kogyo Co./JP)
Kel-F (3 M Co./US)
Voltalef (Elf Atochem Deutschland/DE)

2.1.6.5
Polyvinylfluorid (PVF)
Polyvinylfluorid wurde Anfang der sechziger Jahre von Du Pont de Nemours als
Tedlar-Folie auf dem Markt eingeführt. Ein gebräuchlicher Weg für die Her-
stellung des Monomeren führt über die Anlagerung von Fluorwasserstoff an
Acetylen.
Die Kristallitschmelztemperatur beträgt 198 °C, die molare Masse 50 000 bis
200 000.

Polyvinylfluorid

Viele Eigenschaften von PVF ähneln denjenigen von PVC (geringe Wasserauf-
nahme, Hydrolysebeständigkeit, Abspaltung von HF bei höherer Temperatur).
Die kleineren F-Atome bewirken jedoch im Gegensatz zu den großen Cl-Atomen
einen höheren Kristallinitätsgrad. Die Flammwidrigkeit ist ungünstiger als die
von PVC; es brennt nach dem Entzünden langsam weiter.

Fluorkunststoffe
■ Sortiment, Lieferformen
PVF wird bisher ausschließlich als folienförmiges Halbzeug geliefert. Es sind
schwach orientierte und biaxial gereckte Folien verfügbar.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften dieser Folien-Formstoffe sind in Tabelle 2-65 wie-
dergegeben.

Umwandlungstemperaturen
Die Glasübergangstemperatur beträgt – 20 °C, die Kristallit-Schmelztemperatur
200 °C.

■ Elektrische Eigenschaften
In Bild 2-343 sind Frequenz- und Temperaturabhängigkeit von Dielektrizitäts-
zahl und dielektrischem Verlustfaktor tan d wiedergegeben.
Der Verlustfaktor weist bei 80 °C ein Minimum auf.
890 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe

Bild 2-343. Dielektrische Eigenschaften von PVF-Folien


A Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Frequenz
(Prüftemperatur 25 °C, Tedlar 40)
B Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Temperatur
(Prüffrequenz 105 Hz, Tedlar 40)
C Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d von der Frequenz
(Prüftemperatur 25 °C, Tedlar 40)
D Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d von der Temperatur
(Prüffrequenz 105 Hz, Tedlar 40)
2.1.6 Fluorkunststoffe 891

■ Optische Eigenschaften
PVF-Folien sind für sichtbares Licht und UV-Strahlung durchlässig. Im Infra-
rotbereich wird die Strahlung vor allem bei Wellenlängen von 7 bis 12 mm ab-
sorbiert. Der Brechungsindex beträgt n20
D = 1,45. Für orientierte Folien müssen
drei optische Achsen unterschieden werden.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Säuren, Laugen, viele Lösemittel bei Raumtemperatur; Kochen
in Tetrachlorkohlenstoff, Benzol, Aceton und MEK schädigt nicht. Die Bestän-
digkeit liegt zwischen derjenigen von PTFE und PCTFE.

■ Brennbarkeit
Langsam brennend, d. h. Brandverhalten etwas ungünstiger als PVC-U.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Siehe Tabelle 4-30 im Anhang.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Lebensmittelrechtlich und physiologisch unbedenklich.

■ Verarbeitungshinweise
Vom Hersteller wird bisher nur folienförmiges Halbzeug geliefert. PVF kann ge-
presst werden. Einfacher ist die Herstellung von Gießfolien aus einem Gemisch
von 25 bis 40 % PVF mit 75 bis 60 % Dimethylsulfoxid auf einer Platte und kurz-
zeitiges Erhitzen auf 130 °C. Das breiartige Gemisch kann auch in heißes Öl von
160 °C extrudiert werden.
Auch Organosole (g-Butyrolacton) können in ein Wasserbad extrudiert wer-
den. Hochtransparente Folien entstehen durch kurzzeitiges Erhitzen der Folien
auf 250 °C und schnelles Abschrecken. Biaxial gereckt wird in warmen Lösemit-
Fluorkunststoffe
teln (g-Butyrolacton, Dimethylacetamid).
PVF-Folien sind wärmeimpuls- und hochfrequenzschweißbar.

Anwendungsbeispiele
Die hohe Witterungsbeständigkeit von PVF drängt zur Außenanwendung
im Bauwesen als Dachbelag, Verkleidungen, Rohrisolierungen, Gewächs-
häuser, Solarkollektoren (UV-durchlässig); Korrosionsschutz von Metall-
tafeln, Sperrholz und Isolierpappe, Straßenschilder, Verpackungsfolien,
Schrumpfschläuche.

Handelsnamen
Kel-F (3 M Co./US)
KF Piezo Film (Kureha Chem. Ind./JP)
Tedlar (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
892 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

2.1.6.6
Polyvinylidenfluorid (PVDF)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Das von der Pennwalt Corp. im Jahre 1961 unter dem Handelsnamen Kynar auf
den Markt gebrachte (PVF2 oder PVDF) ist ein hochmolekulares Homopolyme-
risat.
Das Monomere kann aus Trichlorethylen durch Umsetzen mit Flusssäure und
Einwirken von metallischem Zink auf das dabei gebildete Difluordichlorethan
gebildet werden [5].
Das partiell kristalline Polymere enthält über 57 % Fluor-Massegehalt. Als be-
sondere Vorteile werden herausgestellt:

• hohe mechanische Festigkeit, Steifigkeit und Zähigkeit,


• verhältnismäßig hohe Temperaturbeständigkeit,
• auch bei tiefen Temperaturen zäh,
• hohe Chemikalienbeständigkeit.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Der Kristallinitätsgrad hängt von der thermischen Vorgeschichte der Formteile
ab. Schnelles Abkühlen dünnwandiger Formteile und Folien führt zu transpa-
renten Erzeugnissen; langsames Abkühlen oder eine Wärmenachbehandlung
bei 135 °C führen zu hochkristallinen Produkten von höherer Steifheit und
Druckstandfestigkeit.

■ Sortiment, Lieferformen
Granulat für die Spritzguss- und Extrusionsverarbeitung, als Pulver sowie als 45
bis 50-prozentige Dispersion in organischen Lösemitteln (Dimethylphthalat und
Disobutylketon). Der Hersteller bietet die oben beschriebenen Typen für die ver-
Fluorkunststoffe

schiedenen Verarbeitungsverfahren und Anwendungsfälle an.

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften von PVDF-Formstoffen sind in Tabelle 2-66 zu-
sammengestellt.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
In Bild 2-344 ist die Streckspannung von PVDF in Abhängigkeit von der Tempe-
ratur wiedergegeben. Über das Verhalten bei Druckbeanspruchung mit an-
schließender Entlastung (bei verschiedenen Temperaturen) gibt Bild 2-345
Auskunft.

Umwandlungstemperaturen
Wie Bild 2-346 zeigt, weist PVDF eine Glasübergangstemperatur Tg von 40 °C
und eine Kristallisationstemperatur von 140 °C sowie eine Schmelztemperatur
von 171 °C auf.
2.1.6 Fluorkunststoffe 893

Bild 2-344. Streckspannung


von PVDF in Abhängigkeit von
der Temperatur (Quelle: Hüls
AG)

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die Ergebnisse von Zeitstand-Biegeversuchen sind im Zeit/Dehnungsdia-
gramm, Bild 2-347 wiedergegeben. Den Biege-Kriechmodul zeigt Bild 2-348.

Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand


Das Ergebnis von Zeitstandversuchen mit Rohren aus PVDF zeigt das Bild
2-349.

■ Thermische Eigenschaften
(siehe Tabelle 2-66).
PVDF kann im Bereich von – 60 bis + 150 °C angewandt werden. Ohne nen-
nenswerten Abbau werden folgende Temperaturen überdauert:
150 °C über ein Jahr,
260 °C bis zu 12 h,
Fluorkunststoffe
340 °C bis zu 30 min,
(480 °C Zersetzung in wenigen Minuten).
Kupfer, Aluminium und Eisen katalysieren die Zersetzung.

Bild 2-345. Druckverformung


von PVDF bei verschiedenen
Temperaturen (Beanspru-
chung 5 N/mm2, gemessen
nach 1 h Belastung bzw. 1 h
nach Entlastung) (Quelle:
Hüls AG)
894 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-346. Schubmodul G


und mechanischer Ver-
lustfaktor d von PVDF in
Abhängigkeit von der
Temperatur
(Quelle: Hüls AG)

Bild 2-347. Zeitdehnungs-


diagramm von PVDF
(Prüftemperatur 23 °C)
a amorph
Fluorkunststoffe

b teilkristallin

Bild 2-348. Biege-


kriechmodul von PVDF
bei verschiedenen Tempe-
raturen
a Biegespannung: 2 bis 10
N/mm2, Prüftempera-
tur 23 °C
b Biegespannung:
1 bis 5 N/mm2, Prüf-
temperatur 60 °C
c Biegespannung:
1 bis 5 N/mm2, Prüf-
temperatur 80 °C
(Quelle: Hüls AG)
2.1.6 Fluorkunststoffe 895

Tabelle 2-66. Kennzeichnende Eigenschaften einiger Fluor-Kunststoffe

Eigenschaften Einheit Polyvinyliden- Polyvinyl-


fluorid fluorid

mechanische
Dichte g/cm3 1,7 1,38 bis 1,57
Zugfestigkeit N/mm2 46 49 bis 127
Reißdehnung % 100 bis 400 115 bis 250
Zug-E-Modul N/mm2 840 1800
Biege-E-Modul N/mm2 1400 –
Härte – D75 –
Kerbschlagzähigkeit ft.lb/in. of notch o.Br. –
thermische
obere Dauergebrauchstemperatur °C 150 100 bis 120
Längenausdehnungskoeffizient 106 K–1 85 20
Brechungsindex – 1,42 1,45
Klarheit – transparent transparent
bis transluzent bis transluzent
elektrische
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 2 · 1014 3 · 1013
Durchschlagfestigkeit V/25 mm 260 3500
Dielektrizitätszahl
60 Hz 8,40 –
103 Hz 7,72 8,5
106 Hz 6,43 7,4
dielektrischer Verlustfaktor tan d
60 Hz 0,049 0,008
103 Hz 0,018 0,015
106 Hz 0,17 0,08
Wasseraufnahme (23 °C, 24 h) %-Massegehalt 0,04 0,5
Witterungsbeständigkeit – bedingt beständig

Fluorkunststoffe
Chemikalienbeständigkeit beständig
schwache Säuren – beständig beständig
starke Säuren – rauch. H2SO4 beständig
schwache Laugen – beständig beständig
starke Laugen – beständig beständig
organische Lösemittel – meist beständig beständig
Brennbarkeit – selbsterlöschend langs. brennend
Verarbeitbarkeit – sehr gut sehr gut
Massetemperaturen
Pressformen °C 205 bis 290 –
Spritzgießen °C 2130 bis 270 –
Werkzeugtemperatur °C 60 bis 90 –
Extrudieren °C 230 bis 270 –
Schwindung % 2 bis > 3 –
896 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-349. Zeitstandfestig-


keit von Rohren aus PVDF
(Innendruck) bei verschiede-
nen Temperaturen (Prüfme-
dium: Wasser innen und
außen) (Quelle: Hüls AG)

■ Elektrische Eigenschafen
PVDF ist wie PVF wegen seiner polaren Natur – im Übrigen wie auch PVC und
PVDC – nicht für den Einsatz in der Hochfrequenztechnik geeignet, Bilder 2-350
und 2-351. Dagegen lässt der spezifische Durchgangswiderstand > 1015 W cm bei
einer Temperatur von 30 °C, Bild 2-352, auf eine vorzügliche Verwendbarkeit im
Fluorkunststoffe

Netzfrequenzbereich schließen.
Die Durchschlagfestigkeit (1-mm-Folie) beträgt 22 kV/mm, der Oberflächen-
widerstand > 1013 W und die Kriechstromfestigkeit Stufe C 300 bis 350.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Säuren (außer rauchende Salpetersäure), Laugen, Lösemittel,
aromatische, aliphatische, chlorierte KW, Öle, Fette, Kühlmittel; nicht beständig
gegen: primäre Amine bei höherer Temperatur, heißes Aceton (dünne Folien),
starke polare organische Verbindungen, z. B. Dimethylformamid, Diethylacet-
amid, Cyclohexanon, Ketone, Ester.

■ Witterungsbeständigkeit
PVDF wird im Freien geringfügig geschädigt.

■ Strahlenbeständigkeit
UV-Beständigkeit: geringer Abbau im Bereich 200 bis 400 nm, energiereiche
Strahlung: anderen Fluorkunststoffen überlegen.
2.1.6 Fluorkunststoffe 897

Bild 2-350. Dielektrizitäts-


zahl (A) und dielektri-
scher Verlustfaktor (B)
von PVDF in Abhängig-
keit von der Frequenz
(Quelle: Hüls AG)

Fluorkunststoffe

Bild 2-351. Dielektrizitätszahl


(eR) und dielektrischer Ver-
lustfaktor (tan d) von PVDF in
Abhängigkeit von der Tempe-
ratur (Quelle: Hüls AG)
898 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Bild 2-352. Spezifischer


Durchgangswiderstand von
PVDF in Abhängigkeit von
der Temperatur

■ Brennbarkeit
PVDF wird gemäß UL 94 nach V-O eingestuft.Der Sauerstoffindex LOI beträgt 44%.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Als Durchlässigkeit von 60-mm-Folien für Gase und von 90-mm-Folien für Was-
serdampf wurden folgende Werte ermittelt:
Gase cm3/m2 · d · bar

Sauerstoff 94
Stickstoff 28
Wasserstoff 345 Wasserdampf 2,4 g/m2 d
Helium 975
Ammoniak 83
Chlor 28
Fluorkunststoffe

■ Gesundheitliche Beurteilung
Gegen die Verwendung in Kontakt mit Lebensmitteln bestehen keine Bedenken.
PVDF ist physiologisch nicht toxisch. Während der Verarbeitung müssen die
freiwerdenden Gase abgesaugt werden.

■ Verarbeitung
Spritzgießen, Extrudieren und Beschichten sind die wichtigsten Urformverfah-
ren für PVDF.
Verarbeitungsbedingungen
Spritzgießen 230 bis 270 °C
Werkzeugtemperatur 60 bis 90 °C
Schwindung 2 bis > 3 % (Nachschwinden kann durch
Tempern beschleunigt werden)
Spritzdruck 1000 bis 1500 bar
Extrudieren 230 bis 270 °C
Warmformen bei Überdruck 175 °C
Warmformen bei Vakuum 180 bis 190 °C
2.1.6 Fluorkunststoffe 899

Die Einbrenntemperatur durch Spritzen, Tauchen oder Gießen hergestellter


Dispersionsüberzüge beträgt 190 bis 215 °C.
Bei den Plastifizierschnecken in Spritzgießmaschinen und Extrudern muss
unbedingt darauf geachtet werden, dass die Oberflächen kein Bor enthalten.
Auch borhaltige Produkte wie verschiedene Glasfasertypen oder auch MoS2 sind
mit PVDF unverträglich und führen bei der thermoplastischen Verarbeitung zu
spontaner Zersetzung des Produktes (Brand/Verpuffung).Diese kann auch bei
nicht vom Hersteller freigegebenen Farbmitteln, Füll- und Verstärkungstoffen
eintreten. Geeignete Farbkonzentrate sind lieferbar.

Spanendes Bearbeiten
Siehe Tabelle 2-6 sowie VDI-Richtlinie 2003 (01. 76)

Fügeverfahren
Schweißen mit Runddüse 345 ± 10 K
Schweißen mit Schnellschweißdüse 350 ± 10 K
Heizelementschweißen 230 °C
Anschmelzdruck 0,5 bar
Schweißdruck 2 0bar
HF-Schweißen bis zu Wanddicken von 2 mm
Ultraschallschweißen: Nah- und Fernfeldverfahren.

Kleben
PVDF mit PVDF: Lösemittel-Klebstoff wie bei PVC-U
PVDF mit PVDF oder Zweikomponenten-Klebstoff
anderen Werkstoffen: auf Basis EP-Harz
Klebeflächen aufrauhen mit: Schmirgelleinen 240.

Anwendungsbeispiele
Fluorkunststoffe
Dichtungen, Ventil- und Pumpenteile, Membranen, transparente, steife
Rohre (für HF und HCl), Fittings, Auskleidungen für Rohre, Behälter und
Autoklaven, Folien für das Verpacken von Pharmazeutika, medizinische
Instrumente, Schrumpfschläuche; Kaschierungen von Holz, Metall zum
Schutz gegen Witterungseinflüsse und Korrosion; Draht- und Kabelum-
mantelungen, Monofile für die Filtertuchherstellung sowie die vielseitig
einsetzbaren piezo- und pyroelektrischen Folien für die Herstellung von
Hydrophonen, Infrarotdetektoren,Atemmonitoren, Muskelbewegungssen-
soren, Sicherheitselementen und quantitativen Sensoren.
Es gelang, das verhältnismäßig steife Homopolymer PVDF durch Modi-
fizieren flexibler einzustellen und damit neue Einsatzgebiete, beispiels-
weise das Ummanteln von Drähten und Kabeln, zu erschließen. Der
Schmelzbereich des modifizierten Materials beträgt 162 bis 165 °C.

Handelsnamen
Chemfluor (Norton Performance Plastics/US)
Dyflor (Hüls AG/DE)
900 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere

Foraflon (Elf Atochem Deutschland GmbH/DE)


Hylar (Ausimont (Deutschland) GmbH/DE)
KF Blymer (Kureha Chemical Ind. Co. Ltd./JP)
Kynar (Elf Atochem Deutschland GmbH/DE)
Solef (Solvay Deutschland GmbH/DE)
Xylan (Whitford Cor./US)

2.1.6.7
Thermoplastische Fluorelastomere
Zu den in den letzten Jahren auf dem Gebiet der vernetzten Fluorelastomere er-
zielten Fortschritten kommt eine vielversprechende Neuentwicklung. Daikin In-
dustrie Ltd., Osaka/Japan, brachte unter dem Handelsnamen Dai-EL Thermo-
plastics thermoplastisch verarbeitbare, physikalisch vernetzte Fluorelastomere
auf den Markt, die mit Schmelztemperaturen von 160 °C bzw. 220 °C anwen-
dungstechnisch wertvolle Produkte werden können.

■ Entwicklungstrends
Ein Überblick über die Vielzahl an Fluor-Homo- und Copolymeren zeigt, dass
ihr struktureller Aufbau folgendes bewirkt:

• Die die Polyolefine kennzeichnenden Kohlenstoff- und Wasserstoffatome be-


grenzen durch die verhältnismäßig schwachen Bindungskräfte die thermi-
sche Beanspruchbarkeit; anders gesagt, die Schmelztemperaturen liegen zwi-
schen 110 und 150 °C und erreichen nur im Falle des sehr sperrig aufgebauten
Poly-4-methyl-penten-1 die Grenze von 245 °C.
Fluorkunststoffe

Bild 2-353. Einfluss thermostabiler C–F-Bindungen auf Schmelzbereich und Dauergebrauchs-


temperatur
2.1.6 Fluorkunststoffe 901

• Die wesentlich stärkeren Bindungskräfte der Fluorpolymeren bewirken


höhere Schmelzbereiche und höhere Dauergebrauchstemperaturen, wie Bild
2-353 zeigt [5]. Dazu kommen inhärente Flammwidrigkeit, sehr gute elektri-
sche Eigenschaften und hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemi-
kalien. Sie erfüllen somit – ausgenommen mechanische Festigkeit, Härte und
Steifheit – charakteristische Anforderungen an Hochleistungskunststoffe.
Eine zweite Möglichkeit, die thermischen Eigenschaften nicht nur graduell (wie
durch höhere Kristallinität, Copolymerisieren, Blenden, Vernetzen, Füllen und
Verstärken), sondern wesentlich zu steigern besteht darin, durch hohe Bin-
dungskräfte ausgezeichnete aromatische Bausteine in das Makromolekül einzu-
fügen. Dabei werden die labilen CH- oder aliphatischen C–C-Bindungen durch
stabile homogene aromatische C–C-Bindungen oder heterogene beispielsweise
C–N-Bindungen ersetzt.
Diese Polymere werden in den Kapiteln 2.2.1.3 und 2.2.1.4 im Einzelnen be-
handelt.

2.1.6.8
Literatur – Kapitel 2.1.6
[1] Nieratschker J (1995) Fluorkunststoffe, Kunststoffe 85, S 1590 – 1600
[2] Schobesberger M (1994) High Tech für High Performance. Kunststoffe 84, S 759 – 761
[3] VDI/VDE-Richtlinie 2480 Bl. 1 Werkstoffe der Feinwerktechnik: „Polytetrafluorethylen“
(12. 93)
[4] Jonas F u. a. (1995) Polymere übernehmen Funktionen. Kunststoffe 85, S 1079 – 1086
[5] Fleischer (1991) Entwicklungstendenzen polymerer Werkstoffe. 5. Fachtagung „Polymere
Hochleistungswerkstoffe in der technischen Anwendung“ des SKZ Würzburg am 4. und 5.
Juni 1991, S 7 – 23

Fluorkunststoffe
2.2
Polykondensate

Die Herstellung von Makromolekülen aus monomeren Bausteinen, die eine


Doppelbindung enthalten, geschieht durch Aneinanderreihen auf dem Wege der
Polymerisation. Diese so hergestellten Polymere werden im vorangehenden Ka-
pitel beschrieben. Thermoplaste können auch durch Polykondensation bifunk-
tioneller Verbindungen hergestellt werden. Zur Herstellung von Kunststoffen
werden technisch nur die folgenden Kondensationsreaktionen genutzt:
• Esterbildung aus Säuren und Alkoholen unter Wasserabspaltung,
• Säureamidbildung aus Säuren und Aminoverbindungen unter Abspaltung
von Wasser,
• Säureamidbildung aus Formaldehyd und Harnstoff bzw. Melamin,
• Methylenbrückenbildung aus Formaldehyd und Phenolen unter Abspaltung
von Wasser.
Bei den genannten Polykondensationsreaktionen führen bifunktionelle Grund-
moleküle zu linearen, d.h. thermoplastischen Polykondensaten, tri- und multi-
funktionelle zu Duroplasten. Zu den thermoplastischen Polykondensaten
gehören als bekannteste und wichtigste die Polyamide.

Thermoplastische
Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 905

2.2.1
Thermoplastische Polykondensate

2.2.1.1 Polyamide (PA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909


2.2.1.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 909
2.2.1.1.1.1 Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909
2.2.1.1.2 Aliphatische Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . 912
2.2.1.1.2.1 Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . 914
2.2.1.1.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 920
2.2.1.1.2.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953
2.2.1.1.2.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . . 959
2.2.1.1.3 Partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1 Polyarylamide: Arylamid PA MXD 6 . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . 960
2.2.1.1.3.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960
2.2.1.1.3.1.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964
2.2.1.1.3.2 Polyamid 6/6T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965
2.2.1.1.3.2.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine
Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965
2.2.1.1.3.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966
2.2.1.1.3.2.3 Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976
2.2.1.1.3.2.4 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 976
2.2.1.1.3.2.5 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977
2.2.1.1.3.3 Polyphthalamid PPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 981
2.2.1.1.3.3.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine
Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 981
2.2.1.1.3.3.2 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 982
2.2.1.1.3.3.3 Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.1.3.3.4 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991


2.2.1.1.3.4 Weitere partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . 993
2.2.1.1.3.4.1 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2.1.1.4 Modifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2.1.1.4.1 Flexible Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995
2.2.1.1.4.1.1 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.4.1.2 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.4.2 Co-Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.4.2.1 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.2.1.1.5 Thermoplastische Polyamid-Elastomere . . . . . . . . 997
2.2.1.1.5.1 PA 12-Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998
906 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.1.5.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . 998


2.2.1.1.5.1.2 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 999
2.2.1.1.5.1.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999
2.2.1.1.5.2 PA 11-Elastomer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1000
2.2.1.1.5.2.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . 1000
2.2.1.1.6 Guss-Polyamide und Polyamid-RIM-Systeme . . . . . 1001
2.2.1.1.6.1 Allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 1001
2.2.1.1.6.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . 1001
2.2.1.1.6.1.2 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003
2.2.1.1.6.2 Gusspolyamid 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1006
2.2.1.1.6.2.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1006
2.2.1.1.6.2.2 Verarbeitung von e-Carpolactam zu PA G-6 . . . . . . 1006
2.2.1.1.6.3 Gusspolyamid 6/12 (Copolymerisation) . . . . . . . . . 1007
2.2.1.1.6.3.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1007
2.2.1.1.6.4 Elastomermodifiziertes Gusspolyamid 6 (Nyrim™) . . 1007
2.2.1.1.6.4.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1007
2.2.1.1.6.4.2 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.4.3 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.5 Gusspolyamid 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.5.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1008
2.2.1.1.6.5.2 Verarbeitung von Laurinlactam zu PA 12-G . . . . . . . 1010
2.2.1.1.7 Polymermodifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . 1010
2.2.1.1.7.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 1010
2.2.1.1.7.2 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1013
2.2.1.1.8 Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1014
2.2.1.1.9 Literatur – Kapitel 2.2.1.1 bis 2.2.1.1.4.2 . . . . . . . . . 1018
2.2.1.2 Thermoplastische Polyester . . . . . . . . . . . . . . . 1018
2.2.1.2.1 Polycarbonat (PC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1019
2.2.1.2.1.1 PC-Cokondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043
2.2.1.2.1.1.1 Bisphenol A-Copolycarbonate . . . . . . . . . . . . . . 1043
2.2.1.2.1.1.2 Blockpolymeristion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
2.2.1.2.1.2 Entwicklungstrends bei aromatischen Polycarbonaten . 1044
2.2.1.2.1.2.1 Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung . . . 1044
2.2.1.2.1.2.2 Polycarbonate für Lichtwellenleiter . . . . . . . . . . . 1045
2.2.1.2.1.2.3 Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC) . . . 1046
2.2.1.2.1.2.4 Erhöht schlagzähe PC-Cokondensate . . . . . . . . . . 1047
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.1.3 Polycarbonatblends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048


2.2.1.2.1.4 Polycarbonat + Styrolcopolymerblends (PC + ABS)-,
(PC + ASA)- und (PC + SEBS)-Blends . . . . . . . . . 1049
2.2.1.2.1.5 Polycarbonat+Polybutylenterephthalat-Blends (PC+PBT) 1050
2.2.1.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.2.1.2–2.2.1.2.1.5 . . . . . . . . . . . 1053
2.2.1.2.2 Polyalkylenterephthalate . . . . . . . . . . . . . . . . 1053
2.2.1.2.2.1 Polyethylenterephthalat (PET) . . . . . . . . . . . . . 1053
2.2.1.2.2.1.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.1.2.2.1.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.1.2.2.1.1.1.1 Herstellverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.1.2.2.1.1.2 Rohstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 907

2.2.1.2.2.1.1.2.1 Bestimmung der intrinsischen Viskosität . . . . . . . . 1056


2.2.1.2.2.1.1.2.2 Feuchtegehaltmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.1.2.2.1.1.2.3 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.1.2.2.1.1.3 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . 1057
2.2.1.2.2.1.1.4 Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . . . 1058
2.2.1.2.2.1.1.4.1 Additive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
2.2.1.2.2.1.1.4.2 Flammschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1059
2.2.1.2.2.1.1.4.3 Füll- und Verstärkungsstoffe . . . . . . . . . . . . . . 1059
2.2.1.2.2.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060
2.2.1.2.2.1.2.1 Thermische und Mechanische Eigenschaften . . . . . . 1061
2.2.1.2.2.1.2.1.1 Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 1061
2.2.1.2.2.1.2.1.2 Verhalten bei kurzzeitiger Beanspruchung . . . . . . . 1061
2.2.1.2.2.1.2.1.3 Verhalten bei Langzeitbelastung . . . . . . . . . . . . 1062
2.2.1.2.2.1.2.1.4 Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit . . . 1064
2.2.1.2.2.1.2.1.5 Biege-Wechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067
2.2.1.2.2.1.2.1.6 Härte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067
2.2.1.2.2.1.2.1.7 Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.2.1.2.2.1.2.2. Beständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1070
2.2.1.2.2.1.2.2.1 Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien . . 1070
2.2.1.2.2.1.2.2.2 Spannungsrissbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071
2.2.1.2.2.1.2.2.3 Wasseraufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071
2.2.1.2.2.1.2.2.4 Witterungsbeständigkeit, Wetterechtheit . . . . . . . . 1071
2.2.1.2.2.1.2.2.5 Gasdurchlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1072
2.2.1.2.2.1.2.2.6 Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung . . . . . . 1073
2.2.1.2.2.1.2.3 Elektrische, optische und akustische Eigenschaften . . 1073
2.2.1.2.2.1.2.3.1 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 1073
2.2.1.2.2.1.2.3.2 Dielektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 1074
2.2.1.2.2.1.2.3.3 Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075
2.2.1.2.2.1.2.4 Sonstige Eigenschaften mit besonderer Bedeutung
vor dem Hintergrund der Anwendung . . . . . . . . . 1076
2.2.1.2.2.1.2.4.1 Polymer-Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076
2.2.1.2.2.1.2.4.1.1 Thermischer und oxidativer Abbau . . . . . . . . . . . 1076
2.2.1.2.2.1.2.4.1.2 Hydrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
2.2.1.2.2.1.2.4.1.3 Scherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
2.2.1.2.2.1.2.4.1.4 Bildung von Acetaldehyd . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
2.2.1.2.2.1.2.4.2 Sterilisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.2.1.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . 1078


2.2.1.2.2.1.3.1 Trockung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078
2.2.1.2.2.1.3.2 Thermoplastische Verarbeitung von PET . . . . . . . . 1079
2.2.1.2.2.1.3.3 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1079
2.2.1.2.2.1.3.3.1 Extrusion von PET-Folien . . . . . . . . . . . . . . . . 1079
2.2.1.2.2.1.3.3.2 Faserherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1080
2.2.1.2.2.1.3.3.3 Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1080
2.2.1.2.2.1.3.3.4 Blasformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1081
2.2.1.2.2.1.3.4 Umformen, Fügen und Trennen . . . . . . . . . . . . . 1082
2.2.1.2.2.1.3.4.1 Tiefziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082
2.2.1.2.2.1.3.4.2 Trennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082
908 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.2.2.1.3.4.3 Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082


2.2.1.2.2.1.3.4.4 Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.5 Spanende Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6.1 Lackierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6.2 Metallisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
2.2.1.2.2.1.3.6.3 Sonstige Oberflächenveredelungsverfahren . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.7 Verschäumen von PET . . . . . . . . . . . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.8 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.8.1 Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1084
2.2.1.2.2.1.3.8.2 Verpackung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.3.8.3 Spritzgießteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.3.8.4 Folien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4.1 Verarbeitung, Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4.2 Brandverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085
2.2.1.2.2.1.4.3 Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4 Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.1 Werkstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.1.1 Produktionsreststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.1.2 Verbraucherabfälle aus Flaschen . . . . . . . . . . . . 1086
2.2.1.2.2.1.4.4.2 Rohstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . 1088
2.2.1.2.2.1.4.4.3 Energetisches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . 1088
2.2.1.2.2.1.5 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1089
2.2.1.2.2.1.5.1 Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1090
2.2.1.2.2.1.5.2 Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1090
2.2.1.2.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.1 . . . . . . . . . . . . . . . 1091
2.2.1.2.2.2 Polybutylenterephthalat (PBT) . . . . . . . . . . . . . 1091
2.2.1.2.2.3 Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E) . . . . 1105
2.2.1.2.2.4 Polyethylenterephthalat als Barrierekunststoff . . . . . 1110
2.2.1.2.3 Polyarylate (Polyarylester) . . . . . . . . . . . . . . . 1114
2.2.1.2.4 Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP) . . . 1121
2.2.1.2.4.1 LCP’s und Technische Kunststoffe – ein Vergleich . . . 1138
2.2.1.2.5 Polyarylether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141
2.2.1.2.5.1 Polyphenylenether (PPmod) (substituiert, modifiziert),
Polyphenylenetherblends . . . . . . . . . . . . . . . . 1142
2.2.1.2.5.2 Blend aus Polyamid und Polyphenylether (mod.)
Thermoplastische
Polykondensate

(PA + PPEmod) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151


2.2.1.2.6 Polyarylsulfon und -sulfid . . . . . . . . . . . . . . . . 1153
2.2.1.2.6.1 Polysulfon (PSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1154
2.2.1.2.6.2 Polyarylethersulfon (PES) . . . . . . . . . . . . . . . . 1173
2.2.1.2.6.3 Polyphenylensulfid (PPS) . . . . . . . . . . . . . . . . 1188
2.2.1.2.7 Polyetherketone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1203
2.2.1.2.7.1 Aromatische Polyaryletherketone (PEK, PEEK) . . . . 1203
2.2.1.2.7.2 Aliphatische Polyetherketone (PEK) . . . . . . . . . . 1222
Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.3–2.2.1.2.7.2 . . . . . . . . . 1231
2.2.1.2.8 Hochwärmebeständige duro- und thermoplastische Poly-
kondensate und Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . 1231
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 909

2.2.1.2.8.1 Polyimide (PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1235


2.2.1.2.8.1.1 Klassisches Polyimid (PI) . . . . . . . . . . . . . . . . 1237
2.2.1.2.8.1.2 Copolyimide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1250
2.2.1.2.8.1.2.1 Poly-oxydiazo-benzimidazol . . . . . . . . . . . . . . 1250
2.2.1.2.8.1.2.2 Polybenzimidazol (PBI) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1250
2.2.1.2.8.1.3 Gemischt ein- und zweibindige Polymere . . . . . . . . 1253
2.2.1.2.8.1.3.1 Polybismaleinimid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253
2.2.1.2.8.1.3.2 Polyamidimid (PAI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1262
2.2.1.2.8.1.3.3 Polyetherimid (PEI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1272
2.2.1.2.8.1.3.4 Polyesterimid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1284
2.2.1.2.8.2 Literatur – Kapitel 2.2.1.2.8 . . . . . . . . . . . . . . . 1284

2.2.1.1
Polyamide (PA)
Peter Elsner

2.2.1.1.1
Allgemeine Stoffbeschreibung
Unabhängig von ihrem strukturellen Aufbau sind die Polyamide durch folgende
Eigenschaften gekennzeichnet:
• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• sehr gutes elektrisches Isoliervermögen,
• hoher Verschleißwiderstand, gute Gleit- und Notlaufeigenschaften,
• hohes Dämpfungsvermögen,
• hohe Beständigkeit gegen Lösemittel, Kraftstoffe und Schmiermittel,
• gesundheitliche Unbedenklichkeit,
• wirtschaftliche Verarbeitbarkeit,
• aromatische Polyamide sind von wasserheller Transparenz,
• aliphatische Polyamide sind teilkristallin und deshalb opak,
• zu den negativen Eigenschaften zählt, dass vor allem die mechanischen Ei-
genschaften vom jeweiligen Feuchtigkeitsgehalt des Formteils abhängen und
Thermoplastische
Polykondensate

die Abmessungen des Formteils beeinflusst werden,


• reichhaltige Typenauswahl lässt jedoch eine weitgehende Anpassung an die
jeweiligen Anforderungen zu.

2.2.1.1.1.1
Nomenklatur
Um sich in diesem großen und noch immer zunehmenden Sortiment der Poly-
amid-Typen zurechtzufinden, sei zunächst ein Überblick über die Nomenklatur
gegeben. Generell wird der Definition aller Polyamidsorten die Abkürzung PA
vorangestellt. Ihr folgt eine Zahlenangabe über die Anzahl der Kohlenstoffatome
910 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-67. Symbole wichtiger polyamidbildender Monomere (nach ISO 1874-1)

Symbol Chemische Bezeichnung der Monomeren

PA 6 Epsilon-Caprolactam
PA 11 Aminoundecansäure
PA 12 Laurinlactam
PA 46 1,4-Diaminobutan/Adipinsäure
PA 66 Hexamethylendiamin/Adipinsäure
PA 69 Hexamethylendiamin/Azelainsäure
PA 610 Hexamethylendiamin/Sebazinsäure
PA 612 Hexamethylendiamin/Dodecandisäure
T Terephthalsäure
I Isophthalsäure
IND 1,6-Diamino-2,4,4-trimethylhexan (Isononyldiamin)
IPD Isophorondiamin
N 2,6-Naphthalindicarbonsäure
ND 1,6-Diamino-2,2,4-trimethylhexan(Nonyldiamin)
MXD (A) m-Xylylendiamin
MACM 3,3¢-Dimethyl-4,4¢-diaminocyclohexylmethan
PBGD Polybutylenglycoldiamin

des oder der jeweiligen Monomeren. Bei zwei Zahlen steht die erste Ziffer für die
C-Atomanzahl des Diamins und die zweite für die Anzahl der Kohlenstoffatome
aus der Dicarbonsäure. Somit besteht beispielsweise PA 66 aus Hexamethylen-
diamin und Adipinsäure.
Diese Nomenklatur gilt nur für aliphatische Polyamide, d.h. keine Monomer-
komponente enthält ringförmige Gruppen im Molekül. Werden dagegen cycli-
sche Monomere eingesetzt, dann werden spezifische Kurzzeichen zur Kenn-
zeichnung verwendet. Tabelle 2-67 gibt die Symbole für die wichtigsten poly-
amidbildenden Monomere wieder [1].
Bei den aromatischen Molekülen handelt es sich um Modifikationen des Ben-
zols. Wenn sowohl aliphatische als auch aromatische Monomere zur Polyamid-
bildung eingesetzt werden, dann sind das Ergebnis die sog. partiell aromati-
schen Polyamide. Ein Beispiel ist das aus Hexamethylendiamin und Isophthal-
säure hergestellte PA 6 I oder das auf Meta-Xylylendiamin und Adipinsäure
basierende PA MXD 6.
Thermoplastische
Polykondensate

Flexible thermoplastisch verarbeitbare PA-Elastomere beruhen auf flexibili-


sierten Polyether- oder Polyesterblöcken zwischen Hartblockdomänen aus
Polyamidsequenzen.
Copolyamide werden aus mehreren polyamidbildenden Monomeren synthe-
tisiert. Die Symbole werden durch Schrägstrich getrennt, z. B. PA 6/12 aus Ca-
prolactam und Laurinlactam oder PA 6 I/6 T aus Hexamethylendiamin, Isoph-
thal- und Terephthalsäure. Grilamid® 55 ist ein Copolyamid aus PA 12/MACMI.
Die für die Polyamide allgemein kennzeichnenden Eigenschaften sind:

PA 66 Polyamid mit großer Härte, Steifheit, Abriebfestigkeit und Form-


beständigkeit in der Wärme.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 911

PA 6 Sehr zäh (auch in der Kälte), hart. Einige Typen dieser Gruppe sind
gut geeignet für die Folienherstellung.
PA 69 Zähhart und abriebfest, geringe Feuchtigkeitsaufnahme, daher
maßhaltige Formteile, geeignet zur Folienherstellung.
PA 610, 612 Geringere Wasseraufnahme, daher geeignet für Formteile, bei de-
nen auf größere Maßbeständigkeit Wert gelegt wird.
PA 11 Sehr geringe Wasseraufnahme, daher sehr maßbeständig im Ver-
gleich zu anderen Polyamiden (mit Ausnahme von PA 12), gerin-
gere Härte und Steifheit als die PA 6-Reihe, PA 11 weist das beste
Schlagverhalten aller Polyamide auf.
PA 12 Noch etwas geringere Wasseraufnahme als PA 11. Besseres Schlag-
verhalten als die PA 6-Reihe, aber nicht so gut wie PA 11. Beständi-
ger gegen Spannungskorrosion als andere Polyamide.
Guss- Monomeres Caprolactam wird in Werkzeugen durch „aktivierte
polyamid anionische Polymerisation“ zu einfach geformten Teilen polyme-
risiert. Eigenschaften ähnlich wie PA 6.
Copoly- Entstehen aus mehreren PA-bildenden Monomeren, z. B. PA 6/12
amide (Grilon® C), andere Copolyamide sind löslich in Alkohol-Wasser-
Gemischen, Verarbeitung über die Lösung (Folien, Drahtlackie-
rung).
PA-6-3-T Amorph, glasklar hergestellt durch Kondensation von Terephthal-
säure und alkylsubstituiertes Hexamethylendiamin. Maßbestän-
dig und zäh bei hoher Härte; geringe Schwindung [2].
PA 6I Hergestellt aus Isophthalsäure und alkylsubstituiertem Hexame-
thylendiamin; amorph, glasklar, maßbeständig, zäh, geringe
Schwindung.
PA 46 Ist ein Cokondensat aus 1,4-Diaminobutan und Adipinsäure. Es ist
steif, wärmeformbeständig, schlagzäh, abriebfest und weist ein
günstiges Langzeitverhalten auf.
PA MXD 6 Ein Cokondensat aus m-Xylylendiamin und Adipinsäure, d. h. ein
Poly-m-Xylylenadipamid. Die mechanischen, thermischen und
elektrischen Eigenschaften sind vorzüglich. Dazu trägt vor allem
das im Baustein vorhandene aromatische Glied bei.
Thermoplastische
Polykondensate

PA 6/6 T Ist ein teilkristallines Copolymerisat mit 0,3 Aromatbaustein auf


eine Methylengruppe. Daraus resultieren sehr gute physikalische
Eigenschaften. Die Schmelztemperatur beträgt 298 °C bei hoher
Verarbeitungsstabilität.
PPA Das teilkristalline, teilaromatische Polyphthalamid zeichnet sich
aus durch hohe Formbeständigkeit in der Wärme, hohe Festigkeit,
chemische Beständigkeit und geringe Feuchtigkeitsaufnahme.
PA 12- und Das erste thermoplastische PA-Elastomer wurde als Vestamid® von
andere der Hüls AG anlässlich der K ’79 vorgestellt. Dieses Block-Copoly-
Elastomere mer enthält PA 12 als Hart- und den Polyether Polytetrahydrofuran
912 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

(PTHF) als kälteschlagzähe Komponente. Dieser Werkstoff ist sehr


maßbeständig, steif, schlagzäh, abriebfest, sehr chemikalienbe-
ständig und gut verarbeitbar. Vergleichbare Produkte liefert auch
die Ems Chemie AG: (Grilamid® ELY 60 und Grilon ELX). Das Pe-
bax® (Atofina, US) ist ein Polyetherblockamid und Nyrim® (DSM
RIM Nylon/NL) ein kälteschlagzähes, wärmeformbeständiges, UV-
und chemikalienbeständiges (wie PA) sowie gut verarbeitbares
Produkt.

Man kann festhalten, dass sich die am Markt angebotenen PA-Typen eher durch
die jeweiligen Ausgangsprodukte als im grundsätzlichen Eigenschaftsbild von-
einander unterscheiden.

2.2.1.1.2
Aliphatische Polyamide
■ Synthese
Kurz nachdem sich die ehemalige IG-Farbenindustrie im Jahre 1927 entschlos-
sen hatte, auf dem Gebiet der Hochpolymeren die Grundlagenforschung aufzu-
nehmen, stellte Du Pont de Nemours – der größte Chemiekonzern der USA –
eine ähnliche Forschergruppe zusammen. Ihr Leiter war Wallace H. Carothers.
Das erste Ziel der Arbeitsgruppe bestand darin, die Zusammenhänge verschie-
dener Polymerisationsreaktionen zu untersuchen.
Während J. Hill, ein Mitarbeiter Carothers, an einem Tage des Jahres 1930 in
einem Becherglas eine Kondensationsreaktion beobachtete, entstand ein dicker
Sirup. Am gläsernen Rührstab haftete beim Herausziehen Schmelze als langer
Faden. Dieser Faden war die erste synthetische Faser im Unterschied zu der aus
Cellulose hergestellten Kunstseide und dem Reyon.
Es dauerte fünf Jahre, bis Carothers aus Hexamethylendiamin und Adi-
pinsäure die ersten verwendbaren PA 66-Fäden erhielt. Die Patente wurden im
Jahre 1937 erteilt, in diesem auch die technische Produktion auf eine Menge zur
Herstellung von vier Millionen Paar Nylon®-Strümpfe angehoben. Sie wurden
binnen vier Tagen verkauft. Die vorzüglichen Eigenschaften dieses Fasermate-
rials trugen wesentlich dazu bei, dass vor allem die Hausfrau in den Kunststof-
fen wertvolle Werkstoffe erkannte. Die Bemühungen, auf anderen Wegen zu
Thermoplastische
Polykondensate

spinnfähigen Polyamiden und technischen Formmassen zu gelangen, waren be-


sonders in Deutschland erfolgreich. P. Schlack gelang im Jahre 1938 die hydroly-
tische Polymerisation von e-Caprolactam zum PA 6, das als Perlon® große Be-
deutung erlangte. O. Bayer kam zur gleichen Zeit durch Polyaddition von Di-
isocyanat und Dialkoholen (Diolen) zu den verwandten linearen Polyurethanen.
Die IG-Farbenindustrie schloss 1939 mit Du Pont einen Lizenzvertrag über
die Technologie des Nylon-Spinnens. Bald danach kamen in Deutschland die
ersten Perlon-Borsten in den Handel. Im Werk Ludwigshafen der IG-Farben-
industrie waren in der Zwischenzeit auch höhermolekulare PA 6- und PA 66-
Typen entwickelt worden. Sie eigneten sich vorzüglich als Formmassen für das
Spritzgießen und Extrudieren technischer Formteile.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 913

Bild 2-354. Molekulare Struktur von PA 6 und PA 66


Thermoplastische
Polykondensate

Gusspolyamid ist ein sehr hochmolekulares PA 6. Seine Eigenschaften kön-


nen je nach Polymerisationsbedingungen zwischen zähelastisch und zähhart
modifiziert werden.
PA 6 und PA 66 besitzen die Summenformel (C6H11ON)n. Sie unterscheiden
sich jedoch in ihrem strukturellen Aufbau, wie Bild 2-354 zeigt [3]. Bei PA 66 lie-
gen die Carbonamidgruppen stets so gegenüber, dass jede funktionelle Gruppe
ohne Deformation der Moleküle eine Wasserstoffbrücke bilden kann. Bei PA 6
lässt nur jede zweite Carbonamidgruppe eine Brückenbildung zu. Aus diesem
Aufbau erklärt sich die höhere Schmelztemperatur von PA 66 (255 °C) und die
geringere Wasseraufnahme.
914 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Zu den vorwiegend als Spinnfaserrohstoff dienenden Polyamiden gehören


auch das PA 7 (Enanth) und das PA 9 (Pelargone) aus der ehemaligen Sowjet-
union.
Von den übrigen PA-Typen haben PA 11, PA 12, PA 46, PA 69, PA 610 und die
Copolyamide PA 66/610/6 als technische Formmassen Bedeutung erlangt. Zu
den Copolyamiden gehören auch die in Alkohol-Wassergemischen löslichen PA-
Typen, die über die Lösung zu Folien gegossen werden oder als Drahtlack die-
nen.
Von den zahlreichen Herstellverfahren für lineare Polyamide sind drei von
technischer und wirtschaftlicher Bedeutung, nämlich:
• Polykondensation von Dicarbonsäuren und Diaminen auf dem Wege über ein
sog. AH-Salz im wässrigen Medium,
• Polykondensation von w-Aminosäuren,
• Ringöffnung und Polymerisation (bzw. Polyaddition) ihrer Lactame bei An-
wesenheit von Wasser oder bei Abwesenheit von Wasser durch anionische
bzw. kationische Schnellpolymerisation.

2.2.1.1.2.1
Struktur und allgemeine Eigenschaften
Nach den Ausführungen zum grundsätzlichen Aufbau der Polyamide seien in
Tabelle 2-68 die Kenndaten einiger teilkristalliner Polyamidsorten wiederge-
geben.
Wie bereits eingangs hervorgehoben, wird das Eigenschaftsbild der Poly-
amide wesentlich durch die Carbonamidgruppe CO–NH bestimmt.

Carbonamidgruppe

Man findet sie in der Strukturformel aller Polyamide wieder. Sie verbindet die
Reste der beiden Komponenten bzw. Anfang und Ende eines aufgesprengten
Ringes.
• Der Abstand der Carbonamidgruppen wirkt sich auf die intermolekularen
Thermoplastische
Polykondensate

Kräfte aus. Wie Tabelle 2-68 zeigt, ist er bei PA 11 doppelt so groß wie bei PA 6.
Deshalb sind bei PA 11 wesentlich geringere Kohäsionskräfte wirksam. Es ist
weicher, die Schmelztemperatur ist niedriger. Die Wasseraufnahme ist jedoch
wegen des „polyethylenähnlichen“ Aufbaus geringer, wie Bild 2-355 zeigt.
• Die Anzahl der Methylengruppen zwischen den Carbonamidgruppen wirkt
sich ebenfalls auf die Schmelztemperatur aus. Polymere mit gerader Anzahl
von CH2-Gruppen schmelzen bei höherer Temperatur als die mit ungerader
Anzahl. Zum Beispiel schmilzt PA 11 bei 180 °C, PA 12 bei 175 °C. Die Ursache
bilden die sich jeweils gegenüberliegenden Molekülgruppen. Zwischen NH-
und CO-Gruppen bilden sich Wasserstoffbrücken von sehr kurzer Länge.
• Die molare Masse beeinflusst vor allem die Viskosität der Schmelze.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 915

• Der Kristallinitätsgrad beeinflusst die physikalischen und chemischen Eigen-


schaften der Polyamide nachhaltig.
Während bei vielen teilkristallinen Thermoplasten die Kristallinität nur gering-
fügig durch die Verarbeitungsbedingungen beeinflusst wird (z. B. POM und
PCTFE), kann sie bei PA bis zu 40 % variieren. Schnell abgekühltes PA 6 kann ei-
nen Kristallinitätsgrad von nur 10 % aufweisen, langsam abgekühltes erreicht
Werte von 50 bis 60 %. Mit steigendem Kristallinitätsgrad nimmt die Wasserauf-
nahme ab, die elektrischen und die mechanischen Eigenschaften werden besser,
ebenso die Abriebfestigkeit. Rasch abgekühlte Schmelzen bilden feine Aggre-
gate, langsam abgekühlte Sphärolithe.

Tabelle 2-68. Kenndaten einiger teilkristalliner PA-Typen

PA-Sorte Summenformel Ver- Dichte Schmelz- Was- Ausgangsprodukt


hältnis g/cm3 tempe- serauf-
CH2: ratur nahme
CONH °C %

PA 6… [-NH(CH2)5CO-]… 5 1,12–1,15 230 9,5 e-Caprolactam


PA 11… [-NH(CH2)10CO-]… 10 1,03–1,05 180 – Aminoundecansäure
PA 12… [-NH(CH2)11CO-]… 11 1,01–1,04 175 1,8 Laurinlactam
PA 46… [-NH(CH2)4NH- 4 1,18-1,21 295 13 1,4-Diaminobutan
-CO(CH2)4CO-]… Adipinsäure
PA 66… [-NH(CH2)6NH- Hexamethylendiamin
-CO(CH2)4CO-]… 5 1,13–1,16 255 8,5 Adipinsäure
PA 69… [-NH(CH2)6NH- Hexamethylendiamin
-CO(CH2)7CO-]… 6,5 1,06–1,08 – – Azelainsäure
PA 610… [-NH(CH2)6NH- Hexamethylendiamin
-CO(CH2)8CO-]… 7 1,07–1,09 215 3,3 Sebacinsäure
PA 612… [-NH(CH2)6NH- Hexamethylendiamin
-CO(CH2)10CO-]… 8 1,06–1,07 – – Dodecandisäure

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-355. Struktureller Aufbau und Was-


seraufnahme aliphatischer Polyamide
916 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Über eine nachhaltige Beeinflussung der Morphologie von Polyamiden durch


den Zusatz stark polarer Salze, beispielsweise LiCl berichten G. Schmack et al.
[4]. Kristallisationsgeschwindigkeit, Kristallinitätsgrad und Schmelztemperatur
werden durch Lithiumchlorid reduziert, während die Glasübergangstemperatur
sich erhöht.
Im trockenen – man sagt spritzfrischen – Zustand sind alle PA-Typen hart
und mehr oder weniger spröde. Im konditionierten Zustand sind sie zäh und
verschleißfest. Mit der reversiblen Wasseraufnahme ist eine Volumen- und damit
eine Maßänderung verbunden. Variationen der molaren Masse, Weichmachen,
Schmieren, Nukleieren, Stabilisieren und Verstärken durch pulver- und faserför-
mige Zusatzstoffe sind bekannte Maßnahmen, das Eigenschaftsbild der Poly-
amide in bestimmter Richtung zu beeinflussen. Dazu kommt die bekannte che-
mische Modifikationsmöglichkeit durch Cokondensation, Copolymerisation so-
wie Block-Copolymerisation.
Allein der vorstehende grobe Sortenüberblick lässt eine ungewohnte Vielfalt
an Produkttypen erahnen. Davon entfallen im Jahr 2001 jedoch ca. 97 % auf PA 6
bzw. PA 66 Typen (Bild 2-356), wobei wiederum der Anteil der Synthese-Fasern
etwa 60 % ausmacht.
Außer diesen Produkten werden noch Polymerblends hergestellt, bei denen
z. B. die Komponenten in Gegenwart von Verträglichmachern intensiv in der
Schmelze geknetet, anschließend extrudiert und granuliert werden. Das Ange-
bot an Polymerblends aus verschiedenen Polyamiden wird durch folgende Kom-
binationen ergänzt:
Polyamid + Polyethylen, Polyamid + Polyacetal, Polyamid + Epoxidharz,
Polyamid + PPEmod und Polyamid + Polyethylenterephthalat.

■ Zusatzstoffe
Für die Polyamide als dem im Verbrauch und in seiner nahezu unbegrenzten
Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten bedeutendsten technischen Kunststoff–
ohne jedoch dabei an den Verbrauch der Standard-Kunststoffe heranzureichen
– sind die Zusatzstoffe von großer Bedeutung. Diese Festlegung trifft für alle drei
Gruppen von Zusatzstoffen zu: Funktions-, Füll- und Verstärkungsstoffe.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-356. Polyamid-Produktion weltweit


für 2001 [5]
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 917

■ Funktions-Zusatzstoffe
Wie die meisten synthetischen Polymeren sind auch die Polyamide gegen die
Einwirkung des Luftsauerstoffs zu schützen. Bei den Polyamiden geht die Oxi-
dation, d. h. der Abbau sowohl unter dem Einfluss von Wärme als auch unter dem
Einfluss des UV-Anteils der Sonnenstrahlung vor sich. Mit Phosphiten kann das
mit der Oxidation fortschreitende Vergilben bis zu einem gewissen Grad unter-
drückt werden. Zum Verfärben neigen die Kupfersalze. Von größter technischer
Bedeutung sind die aromatischen Amine. Sie sind sehr wirksam, verfärben je-
doch das Material. Deshalb ist ihre Verwendung vorwiegend auf technische Ar-
tikel beschränkt, bei denen das Verfärben nicht stört.
Ohne diesen Nachteil sind die gehinderten Phenole. Sie gewährleisten Oxida-
tions- und Farbstabilität, auch sind sie lebensmittelrechtlich unbedenklich. Zu
dieser Gruppe gehört das BHT (2,6-Ditertiärbutyl-p-cresol). Mit Hilfe wirksamer
Wärmestabilisatoren gelingt es, glasfaserverstärktes PA 6 und PA 66 gegen bis zu
100 °C heiße Wasser/Glycolgemische zu stabilisieren. Ein Beispiel bilden die Was-
serkästen für Automobilkühler. Die Photooxidation von Polyamiden wird durch
Einwirken von Feuchtigkeit sowie der Verunreinigung der Luft durch Ozon und
Stickstoffdioxid beschleunigt. Auch bei den Polyamiden beweisen heute die ste-
risch gehinderten Amine (HALS) bei einigen PA-Sorten ihre Überlegenheit ge-
genüber phenolischen Antioxidantien, kombiniert mit Phosphiten. Durch Stabi-
lisieren mit Ruß wird auch bei den Polyamiden eine hohe Lebensdauer bei Frei-
bewitterung erzielt. Die Polyamide sind hydrophil. Das setzt ein Vortrocknen bzw.
den trockenen Zustand – auch aller Zusatzstoffe, beispielsweise der Farbmittel –
voraus. Für Polyamide sind alle anorganischen Pigmente mit einer Temperatur-
beständigkeit > 300 °C geeignet. Die Auswahl an organischen Pigmenten ist we-
gen des reduzierenden Einflusses der PA-Schmelzen eingeschränkt. Auch Cad-
mium-Pigmente eignen sich nicht für das Einfärben von PA 6, weil sie mit sauren
Füllgütern reagieren und diese anfärben. Daraus ergibt sich, dass in jedem Fall
eine gezielte Rückfrage beim Farbmittelhersteller angeraten ist.
Als Brandschutzausrüstung für PA eignen sich vor allem bromhaltige, cyclo-
aliphatische Verbindungen in Kombination mit Antimontrioxid. Die Halogen-
träger mit Synergisten weisen den Nachteil auf, dass sie die elektrischen Eigen-
schaften beeinträchtigen und bei Überhitzung bzw. im Brandfall korrodierend
wirken. Der rote Phosphor führt in Verbindung mit Schwermetall zu dunklen
Farbtönen. Gesucht werden halogen- und phosphorfreie Einstellungen. Zur Zeit
werden derartige Produkte auf Basis Melamin- und Melamincyanurat herge-
Thermoplastische
Polykondensate

stellt [6]. Nachteilig sind dabei die Belagbildung bzw. die begrenzte Thermosta-
bilität. Diese Nachteile überwindet die BASF AG mit dem neuentwickelten Typ
Ultramid KR 4205. Dabei handelt es sich um ein mit einem Melamin-Derivat
ausgerüstetes flammgeschütztes unverstärktes Copolyamid 66/6.
Der Schmelzpunkt dieses Produktes ist mit 240 °C naturgemäß niedriger als
der der Komponente PA 66 allein mit 255 °C. Deshalb kann dieses Produkt bei
Temperaturen von 260 °C bis 280 °C verarbeitet werden, wodurch die Problema-
tik des Formbelags behoben wird. Die V-O Einstufung ist bis zu Wanddicken von
0,4 mm gewährleistet [7].
Der Zusatz spezieller Melamin-Derivate versagt bei verstärkten Polyamiden.
Mit Hilfe speziell vorbehandeltem Magnesiumhydroxid, das im Brandfall Wasser
918 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

abspaltet und dabei große Wärmemengen verbraucht, gelang es, hell einfärbbare
Polyamide mit halogenfreiem Brandschutz zu entwickeln. Außerdem sind die
Rauchgasdichte und die -toxizität sehr gering. Die Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI A ist mit einem Wert von 600 hoch. Trotz des hohen Füll-
grades ist die Fließfähigkeit gut, die Verfärbungsneigung gering, die Wasserauf-
nahme gegenüber PA 6 um ca. 60 % niedriger und die Wärmeleitfähigkeit um
den Faktor 4 höher [6].
Die Kristallisation von Polymeren setzt voraus, dass der Molekülaufbau die
Beweglichkeit der Hauptkette nicht behindert, die Kristallisationstemperatur
unter dem Schmelzpunkt des Polymeren liegt, Kristallisationskeime vorhanden
sind, die Kristallite und deren Überstruktur, die Sphärolithe, zu bilden ermögli-
chen und die Kristallisationsgeschwindigkeit im Rahmen der üblichen Taktzei-
ten hoch genug ist. Die Kristallisationsgeschwindigkeit ergibt sich aus der Keim-
dichte und der Wachstumsgeschwindigkeit der Sphärolithe.
Das Nukleieren der Polyamide führt zu einer höheren Kristallisationsge-
schwindigkeit, höherer Härte, Dehnungsspannung, Formbeständigkeit in der
Wärme, Abriebfestigkeit und höherem E-Modul. Reißdehnung, Schlagzähigkeit
und Wasseraufnahme nehmen ab. Aus nukleiertem Material können keine
Formteile mit größeren Wanddicken hergestellt werden (Sphärolith-Dmr.
> 5 µm). Der Spritzzyklus kann um 3 bis 30 % verkürzt werden. Für PA eignen
sich als Keimbildner hochdisperse Kieselsäure, MoS2, TiO2, Talkum, Eisensul-
fid und Natrium-Phenylphosphinat. Bei PA 6 werden auch PA 66 oder PET
als Keimbildner zugesetzt. Ein neues Produkt der Fa. BrüggemannChemical
BRÜGGOLEN® P22 ist chemisch gesehen ein PA 22 und kann für alle Polyamide
eingesetzt werden [8].
Die hochkristallinen Produkte wie PA 6 und PA 66 sind nicht sehr flexibel. Bei
PA 6 wirken jedoch Anteile des Restmonomeren (Caprolactam) als wirkungs-
voller Weichmacher. Bei Polymeren mit geringerem Kristallisationsgrad (PA 11
und PA 12) sowie den Copolyamiden wirken 10 % bis 20 % aliphatische Glykole
oder aromatische Sulfonamide als vorzügliche Weichmacher. Durch Schmieren
der PA-Rohstoffe mit Calcium- oder Aluminiumstearaten, die in der Schmelze
unlöslich sind, kann das Einzugs- und Entformungsverhalten der Polyamide
verbessert werden.
Als Verbesserer der Schlagzähigkeit von PA eignen sich vor allem Zusätze von
Elastomeren, z. B. EPDM, EVA und ein mit MAH gepfropftes SEBS; die auch zu
trocken hoch-schlagzähen Polymerblends führen. Der Zäh/Spröd-Übergang
Thermoplastische
Polykondensate

liegt beispielsweise für ein Blend mit 20 Masse-% gepfropftem SEBS bei – 5 °C bis
–10 °C (siehe Tabelle 2-60).

■ Füllstoffe
PA 6 ist zäh, PA 66 hart, steif, abriebfest und formbeständig in der Wärme. PA 69
und 610 nehmen wenig Wasser auf und sind deshalb maßbeständig. PA 11 ist die
schlagzäheste PA-Sorte; sie ist schlagzäher als PA 12. Das Gusspolyamid auf Ba-
sis PA 6 ist zäh und hart. Die genannten Eigenschaften können durch Zusatz von
Füll- und Verstärkungsstoffen noch verbessert werden.
Als Füllstoffe eignen sich, wie Tabelle 2-69 zeigt: Siliciumoxid (höhere Reiß-
festigkeit, besser extrudierbar, glatte Oberfläche).
Tabelle 2-69. Eigenschaften gefüllter und verstärkter Polyamide

Werkstoff Füllstoff- Zugfestig- Dehnung E-Modul Kerbschlag- Wärmeform- Rockwell- Dichte


gehalt keit zähigkeit beständigkeit Härte
(n. ISO/R75A,
1,85 N/mm2
Masse-% N/mm2 % N/mm2 kJ/m2 °C g/cm3

PA 6 – 64 220 1200 25 80 R 111 1,13


GF-Kurzfaser 30 148 3,5 5500 16 208 E 55 1,37
Glaskugeln 30 65 20 3000 14 – R 120 1,35
C-Faser 20 100 – 8000 – – – –
Siliciumoxid 10 57 140 1000 – – – 1,19
Kreide 30 50 30 3000 6 60 – 1,35
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

PA 66 – 63 60 bis 300 1500 16 66 bis 85 R 113 1,14


GF-Kurzfaser 30 153 3,0 7200 15 204 bis 249 E 60 bis 70 1,37
Glaskugeln 30 81 5,0 3700 11 74 R 120 1,35
C-Faser 20 197 4 16900 – 257 – 1,23
Glimmer 30 39 – 6900 – – – –
PA 610 – 60 85 bis 300 1900 11 – R 111 1,19
GF-Kurzfaser 30 128 3,0 7800 12 204 E 30 bis 40 1,30
Talkum 20 60 5,0 4000 – – – 1,25
PA 11 – 58 325 1200 27 58 R 107 1,04
Glasfasern 30 93 4,0 6200 11 173 R 115 1,26
Bronzepulver 90 34 4,0 5500 – 100 R 106 4,00
PA 12 – 60 270 1200 20 – R 108 1,02
Glasfasern 30 83 6,0 3500 9 147 R 113 1,23
Glaskugeln 30 45 25 2500 8 120 R 113 1,23
919

Thermoplastische
Polykondensate
920 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Silikate werden vorwiegend in Form plättchenförmiger Mineralien in Zusatz-


mengen bis 40 Masse-% verwendet. Glimmer und Talkum erhöhen Steifigkeit,
Festigkeit, Härte, Formbeständigkeit in der Wärme, Maßhaltigkeit und Ober-
flächengüte. Talkum dient außerdem als Nukleierungsmittel. Eine ähnliche
Funktion erfüllt auch das Calciumcarbonat (Kreide), auch die Beständigkeit ge-
gen den Angriff durch Öle, Fette, Kraftstoffe und Lösemittel wird erhöht.
Durch Verbessern der Verbundhaftung zwischen mineralischem Füllstoff
und Matrix können Steifigkeit und Härte der Formstoffe wesentlich erhöht wer-
den.
Die dabei eingebüßte Schlagzähigkeit kompensiert das Modifizieren mit Elas-
tomeren [9]. Ein Beispiel bildet das Minlon® im PA-Sortiment von Du Pont, so-
dass dabei nicht mehr von Füllstoff, sondern von Verstärkungsstoff die Rede ist.
Metalle (Aluminium, Bronze, Stahl, Blei, Zink, Kupfer, Nickel) in Form von
Pulver erhöhen die Wärmeformbeständigkeit, jedoch vor allem die elektrische
Leitfähigkeit.
Bariumferrit dient in Zusatzmengen bis zu 80 Masse-% zur Herstellung von
Kleinmagneten. In den letzten Jahren gelang es, durch den Austausch von Bari-
umferrit gegen seltene Erden wie Samarium und Neodynium wesentlich stär-
kere und damit miniaturisierbarere Magnete zu entwickeln.Als Matrixwerkstoff
dienen beispielsweise amorphe, teilaromatische PA-Typen [10]. PTFE dient wie
PE-HD, MoS2 und Graphit vor allem in glasfaserverstärkten Polyamiden zum
Verbessern des Gleit- und Verschleißverhaltens.

■ Verstärkungsstoffe
An der Spitze der bei PA verwendeten Verstärkungsstoffe rangieren die Glasfa-
sern. Es werden bei PA 6, PA 66 und PA 46 bis zu 50 % Massenanteil zugesetzt.
Bei PA 69, 610, 11 und 12 sind es bis zu 30 % Masseanteil. Verbessert werden Zug-
festigkeit, Steifigkeit, Härte, Wärmeformbeständigkeit, Kriechstromfestigkeit,
Chemikalien- und Hydrolysebeständigkeit [11]. Die Wärmekapazität (kürzere
Zykluszeiten), die Wasseraufnahme und der Längenausdehnungskoeffizient
werden geringer. Den als Hybridverstärkungsstoff zusätzlich hinzuzugebenden
Glaskugeln fällt die Aufgabe zu, das anisotrope Schwinden zu verringern. Im
Übrigen üben sie eine ähnliche – wenn auch geringere – Verstärkungswirkung
aus wie Glasfasern. Die durch Glasfasern und Glaskugeln beeinträchtigte
Schlagzähigkeit kann – wie bei den mineralischen Füllstoffen – durch die Zu-
gabe von Elastomeren kompensiert werden [9].
Thermoplastische
Polykondensate

C-Fasern erhöhen den E-Modul wesentlich stärker als Glasfasern; sie verbes-
sern die Gleiteigenschaft sowie die Wärme- und elektrische Leitfähigkeit.

2.2.1.1.2.2
Eigenschaften
■ Thermo-Mechanische Eigenschaften
Die mechanischen Eigenschaften der Polyamide hängen ab von molarer Masse,
Kristallinitätsgrad und Feuchtigkeitsgehalt. Der Einfluss der Formteilauslegung
und der Verarbeitung kann beträchtlich sein.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 921

■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit


Das Verhalten von PA 6, PA 66, PA 12 und PA 6-3-T im Kurzzeit-Zugversuch zei-
gen die Bilder 2-357 bis 2-360. In diesen Darstellungen wurde Wert darauf gelegt,
das Kraft-Verformungsverhalten dieser Werkstoffe im Bereich geringer Deh-
nungen bei niedriger Verformungsgeschwindigkeit zu erfassen. Die übliche Dar-
stellungsweise des gesamten Spannungs/Dehnungsverlaufs bei einer Prüfge-
schwindigkeit von beispielsweise 100 mm/min vermittelt einen völlig anderen
Eindruck, wie Bild 2-359b vergleichsweise am Beispiel von PA 12 zeigt.

■ Umwandlungstemperaturen
Das dynamisch-mechanische Verhalten unter oszillierenden Spannungen und
Verformungen vermittelt der Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53445. In

Bild 2-357. Spannungsdehnungsdia-


gramm von PA 6 (trocken) bei verschie-
denen Temperaturen

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-358. Spannungsdehnungsdiagramm von


PA 66 (trocken) bei verschiedenen Temperaturen
922 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-359a, b. a Spannungsdeh-


nungsdiagramm von PA 12 bei ver-
schiedenen Temperaturen;
b Spannungsdehnungsdiagramm
(Mittelwerte) von PA 12 (Vestamid)-
Basistypen (Prüfgeschwindigkeit
100 mm/min)

den Bildern 2-361 und 2-362 sind der Schubmodul bzw. der mechanische Ver-
Thermoplastische
Polykondensate

lustfaktor der bisher erwähnten Polyamide wiedergegeben. Daraus ergeben sich


als Temperaturen für das Dämpfungsmaximum bzw. die Glastemperatur fol-
gende Werte bei trockenen Probekörpern [12].
PA 6: 60 °C PA 11: 49 °C
PA 66: 70 °C PA 12: 49 °C
PA 610 u. PA 612: 55 – 65 °C PA 6-3-T: 150 °C
Je höher der Feuchtigkeitsgehalt der Polyamide, desto mehr verschiebt sich die
Glasübergangstemperatur in den Bereich tieferer Temperaturen, beispielsweise
bei PA 6 mit 3,5 % H2O von 60 °C (trocken) nach 5 °C und bei 10 % H2O sogar nach
–15 °C, d. h. der Formstoff wird weicher.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 923

Bild 2-360. Spannungsdehnungsdia-


gramm von PA 6-3-T bei verschiede-
nen Temperaturen

Bild 2-361. Schubmodul von


Polyamiden (trocken) in Abhän-
gigkeit von der Temperatur
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-362. Mechanischer


Verlustfaktor d von Poly-
amiden (trocken) in Ab-
hängigkeit von der Tempe-
ratur
924 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Zeitlich konstante Beanspruchung
Die Bilder 2-363 bis 2-367 geben die Kriechmodule von PA 6, PA 66, PA 612,
PA 12 und dem glasklaren PA 6-3-T wieder. Bild 2-368 zeigt den Biegekriechmo-
dul von verschiedenen Polyamidtypen und einiger anderer unverstärkter und
GF-verstärkter technischer Kunststoffe.
Die isochronen Spannungsdehnungslinien von PA 6, PA 66, PA 66 (feinkris-
tallin), PA 612, PA 12 und PA 6-3-T geben die Bilder 2-369 bis 2-373 wieder.
In der bisherigen Zusammenstellung der Diagramme über das Kriechverhal-
ten verschiedener Polyamidsorten fehlte das PA 11. In den Bildern 2-374 und
2-375 ist die Kriechfestigkeit eines steifen (Rilsan BMNO) und eines flexiblen
(Rilsan BMNO P 40) Typs wiedergegeben.

Bild 2-363. Zugkriechmodul von PA 6 bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen


____ Normklima 23/50 – – – 100 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-364. Zugkriechmodul von PA 66 bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperatu-


ren ____ Normklima 23/50 – – – 120 °C
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 925

Bild 2-365. Zugkriechmodul von PA 612 bei verschiedenen Beanspruchungen, Normklima

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-366. Zugkriechmodul von PA 12 bei


verschiedenen Beanspruchungen und Tem-
peraturen
926 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-367. Zugkriechmodul von PA 6-3-T bei verschiedenen Beanspruchungen und Tempera-
turen

Bild 2-368. Biegekriechmo-


dul unverstärkter und glas-
faserverstärkter techni-
scher Kunststoffe (Prüf-
temperatur: 120 °C)
(Quelle: DSM/NL)
Thermoplastische
Polykondensate

Wie sehr die verschiedenen klimatische Bedingungen die mechanischen Ei-


genschaften von Polyamid-Formstoffen beeinflussen können, sei am Beispiel
der Basistypen des PA 12 in Bild 2-376 gezeigt. Bei jeweils gleicher Temperatur
führt ein höherer Feuchtigkeits-Gleichgewichtsgehalt bei gleicher Zugbean-
spruchung zu einer höheren Dehnung bzw. bei gleicher Dehnung zu einer ent-
sprechend geringeren Belastbarkeit.
In Bild 2-377 ist die Wärmeformbeständigkeit von unverstärkten und glasfa-
serverstärkten technischen Thermoplasten, in Bild 2-378 die Dauergebrauchs-
temperatur (10000 h) einiger technischer Thermoplaste mit 30 %-iger Glasfa-
serverstärkung im Vergleich zu verschiedenen Polyamidtypen dargestellt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 927

Bild 2-369. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von PA 6
____ Normklima 23/50 – – – 100 °C

Bild 2-370. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von PA 6 (feinkristallin)
____ Normklima 23/50 – – – 100 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-371. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von PA 612, Normklima 23/50
928 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-372. Isochrone Spannungsdehnungs-


linien von PA 66 bei verschiedenen Tempera-
turen ____ Normklima 23/50 – – – 100 °C

Bild 2-373. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien von PA
6-3-T bei verschiedenen Tem-
peraturen
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-374. Zeitspannungs-


linien von PA 11 (steifer Typ)
(Quelle: ATOfina/US)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 929

Bild 2-375. Zeitspannungs-


linien von PA 11 (flexibler Typ)
(Quelle: ATOfina/US)

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-376. Zeitdehngrenzen von PA 12 in verschiedenen Klimata:


bei Normklima 23/50 DIN 50014
und Klima 23/100 DIN 50015
60/16 DIN 50015
100/8 DIN 50015
(Werkstoff: Vestamid-Basis-Typen der Hüls AG)
930 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-377. Wärmeformbestän-


digkeit von unverstärkten und
glasfaserverstärkten technischen
Thermoplasten (Quelle: DSM,
Polymers & Hydrocarbons/NL)

Bild 2-378. Dauergebrauchs-


temperatur (10000 h) eini-
ger technischer Thermo-
plaste (GF 30) (Quelle:
DSM, Polymers & Hydro-
carbons/NL)

Zeitlich konstante Dehnung


Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-379 zeigt, wie eine durch plötzlich auftretende Dehnung entstehende
einachsige Spannung infolge molekularer Relaxation im Laufe der Zeit abklingt,
wenn die Dehnung langzeitig konstant bleibt. Die Relaxation nimmt mit der
Temperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt rasch zu.

■ Langzeitverhalten bei schwingender Beanspruchung


Zur Beurteilung des Langzeitverhaltens bei dynamischer Wechselbeanspru-
chung dient der Biegewechselversuch. Die Ergebnisse werden im Wöhler-Dia-
gramm dargestellt, Bild 2-380. Einen Überblick über die Wechselfestigkeit von
PA 66 bei Druck-, Zug- und Zug/Druckbeanspruchung vermittelt Bild 2-381. Bild
2-382 gibt die Ergebnisse für PA 610 wieder. Beide Bilder zeigen, dass die Ergeb-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 931

Bild 2-379. Zeitspannungslinien von


PA 66 (trocken) bei zeitlich konstanten
Dehnungen im Bereich von 0,5 bis 3,5 %
(Prüftemperatur: 20 °C)

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-380. Biegewechselfestigkeit von PA 6, PA 66 und PA 6-3-T in Abhängigkeit von der Last-
spielzahl (Prüftemperatur 20 °C, f = 15 Hz)

nisse von Schwingungsversuchen wesentlich durch die Versuchsparameter be-


stimmt werden. Deshalb ist beim Vergleich stets auf die identische Wechselbe-
anspruchung zu achten. Im Falle glasfaserverstärkter Formstoffe kommt die
beim Spritzgießen nahezu unvermeidliche Orientierung der Glasfasern hinzu,
wie Bild 2-383 am Beispiel von PA 66-GF zeigt. Bei der Übertragung der Prüf-
ergebnisse auf den Betriebsfall ist zu berücksichtigen, dass sich die Werkstücke
932 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-381. Wechselfestig-


keit von PA 66 bei verschie-
denen Beanspruchungsar-
ten (22 °C, 20 Hz).
a Druckwechselbeanspru-
chung
b Zugwechselbeanspru-
chung
c Zug/Druckbeanspruchung

Bild 2-382. Wechselfestigkeit


von PA 610 bei verschiede-
nen Beanspruchungsarten
(22 °C, 20 Hz)
a Zugwechselbeanspru-
chung
b Zug/Druckbeanspruchung
Thermoplastische
Polykondensate

wegen innerer Reibung stark erwärmen können. In diesen Fällen ist ebenso wie
bei höherer Gebrauchstemperatur mit niedrigeren Werten für die jeweilige
Wechselfestigkeit zu rechnen.

■ Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand


Die Zeitstandfestigkeit von Rohren aus PA 11 (32 mm bis 75 mm Dmr.) ist Ge-
genstand von Untersuchungen der Australian Gas Light Company (AGL) in Sid-
ney. Diese Rohre dürfen als Gasverteilungsrohre gemäß der australischen Norm
(Australian Standard AS2943 – 1987) nach 50-jähriger Verwendung bei einer
Temperatur von 23 °C noch einen Minimalwert der Bruchspannung sv von 15
N/mm2 nicht unterschreiten.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 933

Bild 2-383. Wechselfestigkeit von


PA 66-GF 30 im Zug-Schwellbe-
reich in Abhängigkeit von der
Entnahmerichtung des Probe-
körpers (22 °C, 0,05 bis 5 Hz)

Nach den Ergebnissen dieser Zeitstandversuche mit den entsprechenden Ex-


trapolationen der Arrhenius-Diagramme beträgt die zu erwartende Bruchver-
gleichsspannung bei 23 °C nach 50 Jahren noch 18 N/mm2 [13].

■ Zyklische Beanspruchung
Über das Verhalten von unverstärktem PA 66 bei kurz- und langzeitiger zykli-
scher Beanspruchung und Entlastung geben die Bilder 2-384 und 2-385 Aus-
kunft. Dabei handelt es sich um die am Ende eines einseitig eingespannten Pro-
bekörpers (95,2 · 12,7 · 3,2 mm) gemessene Durchbiegung (Mittelwert aus 8 Ver-
suchen).

■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Bild 2-386 zeigt die Abhängigkeit der Kerbschlagzähigkeit (Doppel-V-Kerbe)
vom Konditionisierungszustand und der Temperatur. Bei Raumtemperatur
nimmt die Schlagzähigkeit mit dem Wassergehalt besonders stark zu, während
sie bei –20 °C weniger beeinflusst wird. Der Anstieg mit der Temperatur ist im
nassen Zustand ausgeprägt, im trockenen Zustand dagegen nahezu unabhängig
von der Temperatur [12].

■ Glasfaserverstärkung
Thermoplastische
Polykondensate

Bei dem vielfältigen Angebot an faserverstärkten Polyamidsorten und -typen


spielt das Verstärken mit Glasfasern eine besondere Rolle. Historisch gesehen war
es das Maranyl der ICI, das als erster Thermoplast mit Glasfasern verstärkt
wurde. Die Glasfaserverstärkung wird vor allem im Bereich hoher Temperaturen
sichtbar, wie die Bilder 2-387 und 2-388 am Beispiel von PA 6-GF 30 und PA 66-GF
30 zeigen. Den gleichen Eindruck vermitteln die Bilder 2-389 und 2-390, in denen
die bei verschiedenen Temperaturen im 1000-h-Versuch ermittelten isochronen
Spannungsdehnungslinien der genannten Produkte wiedergeben werden.
Bild 2-391 zeigt im Vergleich die Kerbschlagzähigkeit unverstärkter und glas-
faserverstärkter technischer Kunststoffe, hervorgehoben hier die vergleichs-
weise guten Eigenschaften des PA 46.
934 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-384. Verhalten eines einsei-


tig eingespannten Probekörpers
aus Zytel 1021 bei kurzzeitiger Be-
lastung mit 6,9 N/mm2 und Ent-
lastung (Prüftemperatur 23 °C)
(Quelle: Du Pont Deutschland
GmbH)

Bild 2-385. Verhalten eines einsei-


tig eingespannten Probekörpers
aus Zytel 101 bei längerer Belastung
mit 103 N/mm2 und Entlastung
(Prüftemperatur 23 °C) (Quelle:
Du Pont Deutschland GmbH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-386. Schlagzähigkeit von PA 6 (mit Doppel-V-Kerbe) in Abhängigkeit vom Feuchtig-


keitsgehalt (links) und von der Temperatur (rechts)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 935

Bild 2-387. Zeitbruchlinien von PA 6-GF 30 bei verschiedenen Temperaturen (Werkstoff: Du-
rethan BKV 30, Bayer AG)

Bild 2-388. Zeitbruchlinien von PA 66-GF 30 bei verschiedenen Temperaturen (Werkstoff: Du-
rethan AKV 30, Bayer AG)
Thermoplastische
Polykondensate

Bei den glasfaserverstärkten Polyamiden spielen die langfaserverstärkten


eine besondere Rolle. Während bei den meistens verwendeten Kurzfasern Län-
gen von 0,2 bis 0,4 mm vorherrschen, die im Spritzgießprozess nur wenig von
ihrer Länge einbüßen, werden die neuerdings angebotenen PA 66-Typen mit
10 mm langen Glasfasern verstärkt, die bei produktgerecht ausgelegter Plastifi-
zierschnecke beim Spritzgießen nur wenig kürzer werden. Die im Bauteil fest-
stellbaren durchschnittlichen Faserlängen liegen überwiegend im Bereich von 7
bis 10 mm.
Die Bilder 2-392 und 2-393 zeigen den Einfluss dieser Langfaser-Verstärkung
bei den technisch wichtigen Eigenschaften. Durch diese neuen Polyamidtypen
wird die zwischen spritzgegossenen Produkten und endlosfaser-Verbundwerk-
936 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-389. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien (1000 h)
für PA 6-GF 30 bei verschiede-
nen Temperaturen (Werkstoff:
Durethan BKV 30, Bayer AG)

Bild 2-390. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien
(1000 h) für PA 66-GF 30
bei verschiedenen Tempe-
raturen (Werkstoff: Dur-
ethan BKV 30, Bayer AG)

stoffen bestehende Lücke reduziert und eine neue Möglichkeit zur Substitution
von Metallen geboten [11]. In den letzten Jahren wurde das Verstärken mit Lang-
fasern auch auf andere Thermoplaste, beispielsweise PP und PUR, übertragen.
Thermoplastische
Polykondensate

Außer GF werden auch CF, AF und SF als Langfasern eingesetzt.

■ Wasseraufnahme, Konditionieren
Die Polyamide nehmen – wie die Cellulosederivate – im Vergleich mit anderen
Kunststoffen je nach PA-Sorte verhältnismäßig viel Wasser auf, Bild 2-394. Die
damit verbundene Volumenzunahme beeinflusst die Abmessungen des Form-
teils. Deshalb bildet das sog. Konditionieren, d. h. das beschleunigte und defi-
nierte Anreichern mit Wasser, einen wichtigen Abschluss der Verarbeitung. Für
den Gebrauch der Formteile werden dadurch annähernd konstante Eigenschaf-
ten und Abmessungen erreicht. Wesentlich ist ferner, dass durch das Konditio-
nieren die Zähigkeit erhöht wird, allerdings bei gleichzeitiger Einbuße an Härte
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 937

Bild 2-391. Kerbschlagzähig-


keit unverstärkter und glas-
faserverstärkter Technischer
Kunststoffe (Prüftempera-
tur: 23 °C, trocken)
(Quelle: DSM, Polymers &
Hydrocarbons/NL)

Bild 2-392. Elastizitätsmodul und Kerb-


schlagzähigkeit bei verschiedenen Glas-
faserverstärkungen (Quelle: ICI, GB )
Thermoplastische
Polykondensate

und Steifigkeit. Die Wasseraufnahme wird durch Erhöhen der Temperatur be-
schleunigt. Deshalb werden die Formteile am zweckmäßigsten in heißem Was-
ser, feucht-warmem Klima oder Sattdampf konditioniert.
Die einfachste Art, ohne apparativen Aufwand zu konditionieren, besteht darin,
die Formteile in Polyethylensäcken mit einer Wanddicke >100 mm warmzulagern.
In diese Säcke wird 5 bis 10% Wasser (bezogen auf die Masse der Formteile) gege-
ben. Die richtige Konditionierzeit kann anhand des Nomogramms, Bild 2-395 er-
mittelt werden. Von den vier Veränderlichen des Diffusionsgesetzes: Sättigungs-
grad, d.h. Wassergehalt zur Zeit t = cs, Wassergehalt bei Sättigung = ct, Schicht-
938 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-393. Kerbschlagzähigkeit in Ab-


hängigkeit vom Glasfasergehalt bei ver-
schiedenen Faserlängen und Konditio-
nierungszuständen (Quelle: ICI, GB)

Bild 2-394. Lagerungsbedingun-


gen und Wasseraufnahme bei
verschiedenen PA-Typen
a PA 6
b PA 6/610/66
c PA 66
d PA 610
e PA 11

dicke = s, Lagerungsdauer = t und der temperaturabhängigen Diffusionszahl = D


müssen drei bekannt sein. Das Nomogramm liefert die vierte. Die Sättigung cs und
die Diffusionszahl D können für PA 6 und PA 66 – beide unverstärkt und glasfa-
serverstärkt – der beigefügten Tabelle entnommen werden. Zu verbinden ist D mit
s und cp/cs mit t. Der Schnittpunkt liegt auf der Leitlinie.

■ Härte
Siehe Tabelle 2-70.

■ Reibungs- und Verschleißverhalten


Thermoplastische
Polykondensate

Die Polyamide gehören – wie Polyacetal, Polytetrafluorethylen, Polyurethan,


Polyamid und die Polyalkylenterephthalate zu den bevorzugten Kunststoff-
Lagerwerkstoffen [14]. Als Voraussetzung hierfür bieten sie
• gute Gleit- und Notlaufeigenschaften,
• hohe Verschleiß- und Druckfestigkeit,
• ausreichende Formbeständigkeit in der Wärme;
ferner:
• bei Trockenlauf kein Verschweißen mit Metallen,
• häufig genügt einmalige Schmierung bei der Montage (Initialschmierung),
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 939

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-395. Nomogramm zur einfachen graphischen Ermittlung von Wassergehalt, Lagerungs-
dauer, Eindringtiefe und Sättigungszeit bei Wasserlagerung in Abhängigkeit von Wanddicke (s)
und Temperatur (Quelle: BASF AG)
940 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• unempfindlich gegen Fremdkörper,


• beständig gegen den Angriff durch Chemikalien und damit gegen Korrosion.
Dieses grundsätzliche Verhalten ändert sich bei den glasfaserverstärkten Mate-
rialien nicht wesentlich. Die Gleitreibungszahl ist zwar bis zu 20 % niedriger, der
Gleitverschleiß jedoch um den Faktor 2 bis 6 höher. Wenn es gelingt, den Faser-
gehalt in den Randzonen niedrig zu halten und gleichzeitig einen hohen Kris-
tallinitätsgrad zu erzielen, dann ist eine weitgehende Annäherung der Reibungs-
und Verschleißeigenschaften an das ungefüllte Material möglich.
Bei Verwendung von Kunststoffen als Lagerwerkstoff kann mit Angaben über
Gleitreibungszahl und Gleitverschleiß das tatsächliche Gleitreibungsverhalten
nicht hinreichend beschrieben werden. Die Abhängigkeit dieser Kennwerte von
den Einflussgrößen wie:
• Reibpartner,
• Oberflächenrauigkeit,
• Lagerdruck,
• Gleitgeschwindigkeit,
• Betriebstemperatur,
• Laufzeit,
muss bekannt sein. Für diese Parameter wurden Schaubilder erarbeitet [14]. Die
wichtigsten Zusammenhänge sind in den Bildern 2-396 bis 2-399 wiedergege-
ben.
Die Grenzen der Belastbarkeit von PA-Gleitlagern werden durch Druckfestig-
keit und Lagertemperatur bestimmt. Bei nicht gekammerten PA-Lagern können
folgende Lagerdrücke zugelassen werden (20 °C, 3 und 4 mm Wanddicke):


PA 6 14 N/mm2, PA 610
PA 6-GV 16 N/mm2, PA 11 12 N/mm2.
PA 66 15 N/mm2, PA 12
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-396. Abhängigkeit der


Gleitreibungszahl vom mittle-
ren Lagerdruck; Gleitpartner
54 bis 56 HRc, trocken
Rautiefe für
PA; Polyimid RZ = 1,5 bis 4 µm
POM RZ = 1 bis 2 µm
PET, PE RZ = 10,5 µm
PTFE RZ < 0,2 µm und
Tt < 0,5 µm (Quelle: ICI, GB)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 941

Für den Bereich der Gleitgeschwindigkeit von 0,1 bis 3,0 m/s und Temperaturen
bis 30 °C ergaben sich für die verschiedenen PA-Typen und Schmierungsarten
folgende pv-Richtwerte in N/mm2 · m/s [14].
Bei der Verschleißbeanspruchung durch Tropfenschlag und Kavitation, die
beispielsweise bei Wasserpumpenteilen eine Rolle spielt, ist Polyamid dem Alu-
minium überlegen.

Werk- Wanddicke
stoff

3 mm 1 mm 0,4 mm (Auftrag durch


Pulverschmelzen)

Trocken- Fett- Trocken- Fett- Trocken- Fett


lauf schmie- lauf schmier- lauf schmie-
pv rung pv rung pv rung
pv pv pv

PA 6 0,04 0,2 0,07 0,35 – –


PA 66 0,05 0,2 0,09 0,35 – –
PA 11 0,03 0,2 0,06 0,35 – 0,6

Auch beim Strahlverschleiß, der durch mitgeführte Feststoffteilchen in Lüftern


oder bei Automobilspoilern wirksam ist, bewährt sich das zähelastische Verhal-
ten von Polyamid.

■ Physikalische Eigenschaften
Das Eigenschaftsbild der verschiedenen Polyamide weist graduelle bis größere
Unterschiede auf. Die in Tabelle 2-70 zusammengestellten physikalischen Kurz-
zeiteigenschaften werden an Probekörpern ermittelt, die im Normklima 23/50
bis zur Sättigung gelagert wurden. Im spritzfrischen, d. h. trockenen Zustand er- Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-397. Gleitreibungszahl


für die Paarung PA 66 mit
Metall in Abhängigkeit von
der Laufzeit (Axiallager-Prüf-
stand, trocken,
pv = 0,015 N/mm2 · m/s
a Cu/Zn-Legierung nach DIN
17660
b Al-Legierung nach DIN 1725
c GG 22 nach DIN 1691
d Stahl 16 MnCr 4 nach DIN
17210; 52 HRc
942 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-70. Physikalische Eigenschaften bekannter Polyamide

Eigenschaften Einheit PA 6 PA 6-GF30 Gusspoly- PA 66 PA 66-


amid GF 35

Dichte g/cm3 1,13 1,36 1,135–1,355 1,14 1,4


Wasseraufnahme
Normalklima 23/50 (Sättigung) % 2,5–3,5 1,6–2,2 2,5–3,0 2,5–3,1 1,5–1,9
Wasserlagerung 23 °C (Sättig.) % 9 und 10 5,7–6,3 7–9 8–9 4,7–5,3
mechanische
Streckspannung/Reißfestigkeit N/mm2 40 100 60 65 160
Reißdehnung % 200 – 40 150 5
E-Modul N/mm2 1400 5000 1500–4000 2000 10000
Grenzbiegespannung N/mm2 50 130 – 50 200
Kugeldruckhärte (60-s-Wert) N/mm2 70 110 70 90 170
Schlagzähigkeit kJ/m2 o.Br. 40 o.Br. o.Br. 40
Kerbschlagzähigkeit bei 20 °C kJ/m2 25–o.Br. 17 33 20 14
bei – 40 °C kJ/m2 3 – – 2 –
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 140–180 180–220 140–180 170–200 190–240
dauernd °C 80–100 100–130 80–130 80–120 100–130
Schmelztemperatur °C 220 220 220 255 255
Formbeständigkeit i.d. Wärme
nach Martens °C 55 190 – 60 –
nach Vicat/B °C 180 200 – 200 –
ISO/R 75A: 1,85 N/mm2 °C 80 200 120 105 200
B: 0,45 N/mm2 °C 190 215 210 200 200
linearer Ausdehnungs-
koeffizient K–1 · 106 80 30 80 80 20
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,29 0,23 0,34 0,23 0,23
spezifische Wärmekapazität kJ/kgK 1,8 1,7 1,5 1,7 1,4
elektrische
spezif. Durchgangswiderstand
trocken W cm 1015 1015 1015 1015 1015
luftfeucht W cm 109 1011 1011 1011 1011
Dielektrizitätszahl
Thermoplastische
Polykondensate

trocken/luftfeucht – 4/7 4/6 4/– 4/6 4/5


dielektrischer Verlustfaktor
tan d trocken/luftfeucht – 0,03/0,3 0,02/0,2 0,03/0,3 0,02/0,02 0,02/0,16
Durchschlagfestigkeit kV/mm 30–80 40 30–80 40 40
(trocken)
Vergleichszahl der CTI/A 600 ≈ 450 600 600 ≈ 450
Kriechwegbildung
a
Grilamid TR 55 ist ein Copolymer aus aliphatischen, aromatischen und cycloaliphatischen
Bausteinen. Es ist glasklar wie Trogamid (PA 6-3-T).
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 943

PA 610 PA 11 PA 12 PA 6-3-T Grilamid Polyarylamid DA MXD 6 IXEF


Trogamid TR 55 a
1002 1022 1521 GF 50
(GF 30) (GF 50) (flammwid.)

1,08 1,04 1,02 1,12 1,06 1,43 1,64 1,69

1,2–1,6 0,8–1,2 0,7–1,1 2,6–1,1 1,3 0,20 0,17 0,15


3,0–3,6 1,6–2,0 1,3–1,7 5,6–6,4 3,3 3,5 2,2 1,9

40 50 45 85 75 /185 /255 /222


500 500 300 70 50–150 2,5 1,9 1,9
1500 1000 1600 2000 2300 11800 20000 18200
40 70 650 125 100 – – –
70 50 70 140 120 Rockw.112 M110 M106
o.Br. o.Br. o.Br. o.Br. o.Br. 390 J/m 90 J/m 230 J/m
13 40 10–20 13 o.Br. 75 J/m 107 J/m 110 J/m
3 5–20 6–10 3–5 5

140–180 140–150 140–150 130–140 130 190–230 195–230 195–230


80–110 70–80 70–80 80–100 80 110–140 115–145 115–145
215 185 180 240 240 235–240 235–240 235–240

50 – 45 100 – – – –
170 – 165 145 – – – –
95 55 50 130 135 228 231 229
195 150 140 140 145 – – –

100 130 150 80 80 15 11 10


0,23 0,23 0,23 0,23 0,23 0,23 0,23 0,23
1,8 2,4 2,4 1,6 – 1,7 1,4 1,4

1015 1015 1015 1015 1015 1,3 · 1016 1,3 · 1016 1,3 · 1016
1013 1013 1013 1013 1013 – – –
Thermoplastische
Polykondensate

3/4 _ 4/4 3/4 3 3,9/– 4,2/– 4,1/–

0,03/0,2 –/0,06 0,04/0,09 0,02/0,03 0,01/0,02 0,01/0,07 0,09/– 0,012/–


50 30 30 25 50 300 320 288

600 600 600 600 600 530 600 –


944 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-398. Abhängigkeit


der Gleitverschleißrate
von der durchschnitt-
lichen Rautiefe (nach
DIN 4768)
Radiallager-Prüfstand,
10 bis 15 mm Dmr.,
trocken; Gleitpartner 54
bis 56 HRC,
p = 0,1 N/mm2, J < 40 °C

Bild 2-399. Abhängigkeit


der Gleitverschleißrate
von der Gleitflächentem-
Thermoplastische
Polykondensate

peratur; Radiallager-
Prüfstand 10 bis 5 mm
Dmr., trocken; Gleitpart-
ner 54 bis 56 HRC,
p = 0,1 N/mm2,
Rautiefe für PA; Poly-
imid RZ = 1,5 bis 3 µm
POM RZ = 1 bis 2 µm
PET, PE RZ < 0,5 µm
PTFE RZ < 0,2 µm und
Tt < 0,5 µm (Quelle: ICI,
GB)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 945

reichen Festigkeit und Steifheit bis zu doppelt so hohe Werte, naturgemäß bei ei-
ner um etwa die Hälfte verringerten Dehnung. Die in Tabelle 2-70 wiedergebe-
nen Zahlen stellen Richtwerte dar.

■ Thermische Eigenschaften: Spezifische Wärmekapazität,


Wärmeleitfähigkeit
Siehe Tabelle 2-70.

■ Längenausdehnungskoeffizient
Der mittlere Längenausdehnungskoeffizient der Polyamide ist mit 60 · 10–6 K–1
(PA 6-3-T) bis 100 · 10–6 K–1 (PA 12) verhältnismäßig niedrig.Wie Bild 2-400 zeigt,
ist die thermische Ausdehnung betont von der Temperatur abhängig. Die Ver-
ringerung der Längenausdehnung durch eine Glasfaserverstärkung (bei aller-
dings betonter Anisotropie) zeigt Bild 2-401.

■ Enthalpie
Bild 2-402 gibt die Temperaturabhängigkeit des Wärmeinhalts von PA 6, PA 66
und PA 12 wieder.

■ pvt-Diagramm
Von den thermischen Eigenschaften ist für die Beurteilung und Steuerung von
Spritzgießvorgängen die Kenntnis des spezifischen Volumens in Abhängigkeit

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-400. Mittlerer linearer


Wärmeausdehnungskoeffizi-
ent verschiedener Polyamide
(bezogen auf 20 °C)
a PA 12
b PA 610, 612
c PA 6
d PA 66
e PA 6-3-T (Quelle: ICI, GB)
946 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-401. Temperaturabhängige


Wärmedehnung von PA 66-GF 30
und PA 6-GF 30

Bild 2-402. Wärmeinhalt von PA 6, PA 66


und PA 12 in Abhängigkeit von der Tem-
peratur (bezogen auf 20 °C gleich Null)

von Temperatur und Druck von Bedeutung. Die Bilder 2-403 und 2-404 zeigen
diesen Zusammenhang am Beispiel von PA 6, PA 66, PA 66-GF 35 und PA 610.

■ Beständigkeit und Sperrfähigkeit


Thermoplastische
Polykondensate

Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Lösemittel, Öle, Fette, Benzin, Benzol, schwache Laugen, Ester,
Ketone, Wasser; nicht beständig gegen: Säuren und starke Laugen.
Natürliche Farbstoffe können PA-Formteile verfärben, z. B. Tee, Kaffee und
Fruchtsäfte.

■ Spannungsrissverhalten
Die Polyamide neigen weniger zur Bildung von Spannungsrissen als zahlreiche
andere Thermoplaste. Durch Konditionieren im Normalklima 20/65 kann die
Empfindlichkeit gemildert werden. PA 11 und PA 12 verhalten sich günstiger als
die 6er-Reihe.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 947

Bild 2-403. pvt-Diagramm von PA 6, PA 66 und PA 66-GF 35

Bild 2-404. pvt-Diagramm von


PA 610
Thermoplastische
Polykondensate

■ Witterungsbeständigkeit
Formteile, die langandauernder Wärmeeinwirkung widerstehen sollen, müssen
aus speziell stabilisierten PA-Formmassen hergestellt werden.
Hochstabilisierte PA-Formmassen zeigen selbst nach mehrmonatiger Lage-
rung bis etwa 140 °C in Luft keine durchgreifende Schädigung oder Versprödung.
PA ist mit Ausnahme der klar durchsichtigen Sonderprodukte kochfest und ste-
rilisierbar. Erst nach monatelanger Einwirkung von heißem Wasser, vor allem
wenn es reichlich Sauerstoff oder oxidierende Stoffe enthält, ist mit Schädigun-
gen zu rechnen. Die für die Anwendung im Freien bestimmten stabilisierten PA-
948 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Formmassen zeichnen sich im Vergleich zu anderen kristallinen Thermoplasten


durch gute Witterungsbeständigkeit aus. Einwandfrei gefertigte, spannungs-
arme Artikel in ungefärbter oder pigmentierter Ausführung sind im trocken-
warmen Klima im allgemeinen mehr als fünf Jahre, im feuchtwarmen Klima
mehr als drei Jahre ohne Beeinträchtigung der Gebrauchseigenschaften ver-
wendbar. Bei Formteilen mit hohem Rußgehalt (etwa 2 %) tritt selbst nach zehn-
jähriger Freibewitterung im trocken- oder feuchtwarmen Klima keine Versprö-
dung ein. Stabilisiertes PA 6 und PA 66 sind am beständigsten.
Der Angriff setzt von der Oberfläche her ein, die in dünner Schicht (wenige
Zehntel Millimeter) photooxidativ abgebaut wird und dabei unter Spannungs-
riss- und Vakuolenbildung versprödet, während das darunterliegende Material
unverändert bleibt. Stabilisatoren verzögern, hoher Rußgehalt verhindert durch
weitgehende Abschirmung des Lichtes nahezu den Abbau.
Bei glasfaserverstärkten PA-Typen wird die Oberfläche stärker angegriffen
als bei unverstärktem Material, so dass sich die Beschaffenheit und der Farbton
bereits nach kurzer Freibewitterung ändern können. Bei mehrjähriger Bewitte-
rung ist mit einer Abtragung der Oberflächenschicht bis zu einigen Zehntelmil-
limetern zu rechnen. Erfahrungsgemäß werden dadurch aber die mechanischen
Eigenschaften nicht nennenswert beeinträchtigt.

■ Sterilisieren
Bei g-Strahlensterilisation von 25 kJ/kg (2,5 Mrad) werden die mechanischen Ei-
genschaften von PA nicht beeinträchtigt. Ungefärbte oder weißpigmentierte
Teile bekommen einen leichten Gelbstich.

■ Strahlenbeständigkeit
Im Vergleich zu anderen thermoplastischen Werkstoffen zeigt unverstärktes Poly-
amid eine mittlere Strahlenbeständigkeit. Die Eigenschaften der unverstärkten
Typen ändern sich bei Einwirkung von energiereicher Strahlung in unterschied-
lichem Maße:
Einige Eigenschaften ändern sich schon bei mittlerer Dosis, andere selbst bei
hoher Dosis kaum. Bei 2 MeV-Elektronenstrahlung (hoher Dosisleistung) erge-
ben sich beispielsweise bei PA 66 die in Bild 2-405 in Abhängigkeit von der En-
ergiedosis dargestellten Eigenschaftsänderungen (siehe auch Tabelle 4-31 im
Anhang). Die elektrischen Eigenschaften (Dielektrizitätszahl, dielektrischer
Verlustfaktor, Kriechstromfestigkeit) werden im Bereich bis 10000 kJ/kg
Thermoplastische
Polykondensate

(1000 Mrad) nahezu nicht beeinträchtigt.


Die glasfaserverstärkten PA-Typen, einschließlich derjenigen mit Brand-
schutzausrüstung, sind außerordentlich strahlenbeständig. Eine Energiedosis
von 200 kJ/kg führt beispielsweise zu einem Abfall der Schlagzähigkeit von nur
15 bis 30 %.

■ Brennbarkeit
Die Polyamide beginnen bei Temperaturen > 300 °C sich langsam zu zersetzen.
Im Temperaturbereich von 450 bis 500 °C bilden sich brennbare Gase, die nach
der Zündung weiterbrennen. Die Polyamide brennen mit gelborangefarbener
Flamme mit blauem Rand. Sie schmelzen, tropfen und brennen nach Entfernen
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 949

Bild 2-405. Verhalten von PA


66 bei Einwirkung energierei-
cher Strahlung
(Quelle: BASF AG)

der Zündquelle weiter. Geruch nach verbranntem Horn. Die im Temperaturbe-


reich bis 400 °C sich entwickelnden Zersetzungsprodukte sind gemäß toxiko-
logischer Untersuchungen weniger giftig als die unter gleichen Bedingungen
bei Holz auftretenden, bei höheren sind sie gleich toxisch. Der Heizwert nach
DIN 51900 beträgt 29000 bis 32000 kJ/kg (unverstärkte Typen).

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase, Permeabilität


Für die Verwendung als Packstoff ist die geringe Durchlässigkeit der Polyamide
für Gase und Dämpfe von großer Bedeutung. In der Reihe PA 6, PA 66, PA 610,
PA 612, PA 11 und PA 12 nimmt die Durchlässigkeit für Wasserdampf ab, während
die Gasdurchlässigkeit etwas zunimmt. Mit wachsendem Feuchtigkeitsgehalt
und zunehmender Temperatur steigt die Durchlässigkeit, die auch von der Art
der Herstellung, vom Reckgrad und der Kristallinität beeinflusst wird, beträcht-
lich an. Die Durchlässigkeit q von 100-mm-Folien beträgt:
PA 6, PA 66 PA 11, PA 12

Wasserdampf 10 bis 20 2,5 bis 4 g/m2d


O2 trocken 2 bis 8 2 bis 3,5 cm3/m2d bar
luftf. 10 bis 15 –
N2 trocken 1 bis 2 0,5 bis 0,7 cm3/m2d bar
luftf. 1 bis 2 –
CO2 trocken 80 bis 120 6 bis 13 cm3/m2d bar
R 12 1 < 1 cm3/m2 d bar
Thermoplastische
Polykondensate

R 22 1 < 1 cm3/m2d bar


Butan 200 bis 300 –
Die große Bedeutung der PA-Folien als Packstoff beruht auf ihrer hohen Festig-
keit, Abpackmaschinengängigkeit, guten Thermoformbarkeit, Pasteurisier- und
Sterilisierfähigkeit und der geringen Durchlässigkeit für Gase, insbesondere für
Sauerstoff und Aromastoffe. Polyolefin-Verbundfolien, die Hauptanwendung,
zeichnen sich darüber hinaus durch gute Siegelbarkeit und geringe Wasser-
dampfdurchlässigkeit aus. Sie eignen sich besonders für Vakuumverpackungen.
An dieser Stelle sei auf die aus Polyolefinen und anderen Thermoplasten, da-
runter vor allem das aromadichtere Polyamid, hergestellten Mehrschichtfolien
hingewiesen, die wegen ihrer Sperreigenschaften große Bedeutung erlangt ha-
950 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

ben. Einen umfassenden Überblick über die heute verwendeten Mehrschichtfo-


lien-Kombinationen vermittelt Tabelle 2-71.

■ Elektrische und optische Eigenschaften


Elektrische Eigenschaften
Über die Anwendbarkeit eines Kunststoffs in der Elektrotechnik entscheiden
Durchgangs- und Oberflächenwiderstand, Durchschlag- und Kriechstromfes-
tigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur. Speziell bei den Polyamiden spielt
der Feuchtigkeitsgehalt eine wichtige Rolle. Die Werte der genannten Eigen-
schaften nehmen mit der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt ab, wie die
Bilder 2-406 und 2-407 am Beispiel des Durchgangswiderstandes zeigen. Am
günstigsten verhält sich das amorphe, partiell aromatische PA 6-3-T.
Die elektrischen Eigenschaften können sich im Laufe der Zeit auch durch
Wärmealterung verändern.
Im Vergleich zu anderen Thermoplasten zeichnet sich PA durch eine hohe
Kriechstrom- und Durchschlagfestigkeit aus. Der Oberflächenwiderstand liegt
bei einer unter normalen Bedingungen ständig aufgenommenen Feuchtigkeit in
einem Bereich, in dem sich keine Staubfiguren als Folge elektrostatischer Aufla-
dungen mehr bilden. Die dielektrischen Eigenschaften sind in hohem Maße von
der Temperatur und vom Feuchtigkeitsgehalt abhängig, wie die Bilder 2-408 und
2-409 am Beispiel eines PA 66 und PA 612 zeigen. PA 6-3-T verhält sich in dieser
Hinsicht günstiger. Für Anwendungen, bei denen eine Beurteilung des elektroly-
tischen Korrosionsverhaltens erforderlich ist, solle im Einzelfall nach DIN 53489
(01.68) geprüft werden. Nach den vorliegenden Erfahrungen soll ein Grenzwert
von AN 1,4 nicht überschritten werden.

Optische Eigenschaften
Formteile aus kristallisierenden Polyamiden sind je nach Schichtdicke, Herstell-
bedingungen und verwendeter Formmasse hell-durchscheinend bis opak. Beim
Spritzgießen mit niedriger Werkzeugtemperatur können aus bestimmten Typen
bis 1,5 mm Wanddicke transparente Formteile hergestellt werden, Bild 2-410.
Sonderpolyamide ermöglichen auch bei hoher Werkzeugtemperatur die Her-
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-406. Spezifischer Durchgangswider-


stand einiger Polyamide in Abhängigkeit
von der Temperatur
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 951

Tabelle 2-71. Polymerkombinationen bei Folien, Eigenschaften und Anwendungsbeispiele

Materialkombination Besondere Eigenschaften Einsatzgebiete

Zweischichtfolie bei ungleichen Materialien


Rollneigung
1. PE-LD/PE-LD mikroporendicht, zweifarbig Milchfolie, Tragtaschen,
medizin. Verpackung
2. PE-LD/EVA gut schweißbar, gute mech. Schwergutsäcke Stretch-
Festigkeit verpackung
3. PE-LD/PE-HD gute Festigkeit Abfallsäcke, Backwaren
4. PE-LD/Ionomer gut schweißbar, durchstoßfest Milchprodukte medizinische
Geräte
5. PA/Ionomer gut schweißbar, gas- und Fleisch, Wurst, Schinken, Fisch,
aromadicht Käse
Dreischichtfolie, keine Rollneigung
symmetrisch
6. PE-LD/PE-HD/ beidseitig schweißbar, gute Schwergutsäcke, Abfallsäcke,
PE-LD (Regenerat) Festigkeit, Steifigkeit Backwaren, Cornflakes
7. PE-LD/PE-LD- geschäumt/weicher Griff, exklusive Tragetaschen,
PE-LD lederähnlich, Dämmwirkung Verpackung, empfindlich
Dreischichtfolie bei ungleichen Materialien
unsymmetrische Rollneigung
8. PE-LD/PE-HD/ gute Schweißbarkeit, gute Schwergutsäcke, Abfallsäcke,
HD-EVA Festigkeit, Steifigkeit Back- und Teigwaren
9. PE-LD/EVA/PP erhöhte Steifigkeit Brot- und Backwaren
10. PE-LD/HV/PA gute Gasdichte, Feuchtigkeits- Fleisch, Wurst, Schinken Fisch,
Cop. (HV-Haft- sperre Käse, Fertiggerichte, geschäumtes
vermittler) PS-Granulat, Milchpulver
11. Ionomer/HV/PA gute Schweißbarkeit, gute wie 10., Speiseöl, fetthaltige
Cop. Festigkeit, gute Gasdichte, Produkte
Feuchtigkeitssperre
Fünfschichtfolie keine oder kontrollierbare
Rollneigung, Materialersparnis
gegenüber Dreischichtfolie
12. PE-LD/HV/PA 6/ gute Gasdichte, Feuchtigkeits- Käse, Wurst, Schinken, Fleisch,
HV/PE-LD sperre, rollneigungsfrei, gute Fertiggerichte, Milchpulver,
Festigkeit Viehfutter, medizinische Artikel
Thermoplastische
Polykondensate

13. PE-MD/HV/PA 6/ verbesserte Schweißbarkeit, gute wie 12. Speiseöl, fetthaltige


HV/EVA (Ionomer) Gasdichte, Feuchtigkeitssperre, Produkte
rollneigungsarm
14. PE-LD/HV/EVAL/ sehr gute Gasdichte, Feuchtig- wie 12. Wasser, Fruchtsäfte, Wein
HV/PE-LD keitssperre, rollneigungsfrei
15. EVA/HV/PA 6/ sehr gute Festigkeit, sehr gute Gas- wie 12.
HV/PA Cop. dichte, Feuchtigkeitssperre, rollnei-
gungsarm, gute Tiefziehfähigkeit
16. EVA/HV/EVAL/ gute Festigkeit, sehr gute Gas- wie 14.
HV/PA Cop. dichte, Feuchtigkeitssperre,
rollneigungsarm
952 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-407. Spezifischer Durchgangswiderstand


einiger Polyamide in Abhängigkeit von der rela-
tiven Luftfeuchtigkeit nach Erreichen des
Gleichgewichts (Prüftemperatur 23 °C)

Bild 2-408. Dielektrizitätszahl von Polyamid in Abhängigkeit von der Temperatur (A) und vom
Feuchtigkeitsgehalt (B) (Frequenz 100 Hz)
a PA 66 Zytel 101, Du Pont Deutschland GmbH
b PA 612 Zytel 151, Du Pont Deutschland GmbH
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-409. Dielektrischer Verlustfaktor tand von Polyamid in Abhängigkeit von der Tempera-
tur (A) und vom Feuchtigkeitsgehalt (B) (Frequenz 100 Hz)
a PA 66 Zytel 101, Du Pont Deutschland GmbH
b PA 612 Zytel 151, Du Pont Deutschland GmbH
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 953

Bild 2-410. Spektrale Durchlässigkeit von PA


66 im Bereich der UV- und sichtbaren Strah-
lung bei verschiedenen Wanddicken (Quelle:
Du Pont Deutschland GmbH)

stellung klar durchsichtiger Formteile mit beliebiger Wanddicke. Die Licht-


durchlässigkeit von PA 6-3-T erreicht dabei bis zu 90 %. Der Brechungsindex be-
trägt 1,53.

2.2.1.1.2.3
Verarbeitung
Bei der Verarbeitung im üblichen Temperaturbereich bis ca. 310 °C sind PA-
Schmelzen thermisch stabil und bringen keine Gefährdung durch molekularen
Abbau oder Entwicklung von Gasen und Dämpfen. Wie alle thermoplastischen
Polymeren, so zersetzt sich auch Polyamid bei übermäßiger thermischer Bean-
spruchung, z. B. bei Überhitzung, beim Reinigen durch Abbrennen, wobei sich
gasförmige Zersetzungsprodukte bilden. Oberhalb etwa 310 °C beschleunigt sich
die Zersetzung, wobei zunächst vor allem Kohlenmonoxid, Ammoniak und bei
PA 6 auch Caprolactam gebildet werden. Oberhalb etwa 350 °C entstehen auch
geringe Mengen von stechend riechenden Dämpfen von Aldehyden, Aminen
und anderen stickstoffhaltigen Abbauprodukten.
Bei sachgemäßer Verarbeitung von PA treten im Bereich der Verarbeitungs-
maschinen keine schädlichen Dämpfe auf.
Die Polyamide werden als Rohstoffe für die Herstellung synthetischer Fasern
nach dem Trocken-, Nass- und Schmelzspinnverfahren verarbeitet. Formteile
werden spritzgegossen, Halbzeug wie Röhren, Folien oder Vollstäbe extrudiert.
Die anionische Polymerisation von e-Caprolactam ermöglicht die Herstellung
Thermoplastische
Polykondensate

großer, dickwandiger Formteile und Halbzeug unter Umgehung der Granulat-


stufe. Gemahlenes Polyamid wird elektrostatisch oder im Fließbett auf über die
Schmelztemperatur erwärmte Substrate aufgetragen. Diese Überzüge dienen als
Korrosionsschutz. Aus Gießlösungen werden Folien hergestellt.
Die wichtigsten Richtwerte für das Spritzgießen, Extrudieren und Extrusi-
onsblasen der gebräuchlichsten PA-Sorten enthält Tabelle 2-72.
Im Hinblick auf die Auslegung von Plastifizieraggregaten und formgebenden
Werkzeugen seien die Ausführungen über die thermischen Eigenschaften eini-
ger häufig eingesetzten Polyamidsorten (Bilder 2-400 bis 2-404) noch durch ei-
nige Hinweise zur Verarbeitbarkeit, d. h. zum Fließverhalten gegeben. Am Bei-
spiel einiger PA-Typen des Ultramid-Sortimentes der BASF AG wird die große
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2.72. Verarbeitung PA allgemein. Richtwerte für die Verarbeitungsbedingungen


954

PA6 PA66 PA610 PA 11 PA 6-3-T


PA 12

Spritzgießen
Massetemperatur °C 230 bis 280 260 bis 320 230 bis 280 210 bis 250 260 bis 290
Spritzdruck bar 700 bis 1200 700 bis 1200 700 bis 1200 700 bis 1250 700 bis 1200
Werkzeugtemperatur °C 80 bis 90 in besonderen Fällen 120 °C 40 bis 80 70 bis 90
Schwindung % 0,5 bis 2,2 0,5 bis 2,5 0,5 bis 2,8 0,5 bis 1,54 0,4 bis 0,6
Extrudieren
Massetemperatur °C 240 bis 300 250 bis 300 230 bis 290 230 bis 290 250 bis 280
Massedruck bar 150 bis 300 150 bis 300 150 bis 300 150 bis 300 150 bis 300
Extrusionsblasen
Massetemperatur °C 250 bis 260 270 bis 290 230 bis 250 200 bis 230 240 bis 255
Werkzeugtemperatur °C 80 90 80 70 < 40
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 955

Bild 2-411. Scheinbare Viskosität von Ultramid B und A (unverstärkt) in Abhängigkeit von der
Schergeschwindigkeit bei 250 bzw. 280 °C

Abhängigkeit der Schmelzviskosität im Bereich der Verarbeitungstemperaturen


und der üblichen Schergeschwindigkeiten g· deutlich, wie Bild 2-411 zeigt.
Bei mineralgefüllten und glasfaserverstärkten PA-Typen erhöht sich die Vis-
kosität in Abhängigkeit vom Zusatzstoffanteil.
Das Füllen des Formnestes eines Spritzgießwerkzeugs ist vom aufgezeigten
Fließverhalten und den jeweiligen Verarbeitungsbedingungen sowie von der
Wanddicke des Formteils abhängig.
Eine wertvolle praktische Hilfe bei der Beurteilung des Fließ- und Füllverhal-
tens bietet die Ermittlung der Fließweglänge im Spiralwerkzeug bei einem ein-
heitlichen Spritzdruck von beispielsweise 1000 bar bei bestimmter Werkzeug-
temperatur und Wanddicke der Spirale in Abhängigkeit von der Massetempera-
tur. Es kann ebenso eine Abhängigkeit von Wandtemperatur, Spritzdruck und
Thermoplastische
Polykondensate

Wanddicke ermittelt werden. Ein Beispiel zeigt Bild 2-412.

■ Tempern
Bei dickwandigen Formteilen aus Materialtypen mit hohem E-Modul können
innere Spannungen auftreten. Diese Eigenspannungen sind durch Lagern (10 bis
20 Stunden) in heißem Spezialöl (140 bis 170 °C) beseitigbar. Nicht auskristalli-
sierte Spritzgussteile kristallisieren dabei nach und schwinden entsprechend
der zunehmenden Dichte, wodurch Oberflächenhärte,Verschleißfestigkeit, Stei-
figkeit und Maßhaltigkeit erhöht werden.
956 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-412. Spirallänge in Abhängig-


keit von der Massetemperatur,
Spiraldicke = 1,5 mm

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


Siehe Tabelle 2-6.

■ Fügeverfahren
Das Verbinden von Teilen aus PA mit Hilfe normaler oder selbstschneidender
Schrauben und Nieten ist eine gebräuchliche Methode; auch Schnappverbin-
dungen bewähren sich.

■ Schweißen
Zum Schweißen von Polyamid eignen sich alle für Thermoplaste entwickelten
Verfahren. Bevorzugt werden das Ultraschall-, Reibungs- und Heizelement-
schweißen (Wärmekontakt- und Strahlungsschweißen). Das Hochfrequenz-
und Wärmeimpulsschweißen dient hauptsächlich zum Verbinden von Folien.
Die Ultraschallfügetechnik bietet durch ihre Variationsbreite die Möglichkeit,
vor allem spritzgegossene Serienteile rationell und synchron in automatische
Thermoplastische
Polykondensate

Fertigungsabläufe zu integrieren.
Die Bayer AG hat einen strukturviskosen, glasfaserverstärkten Durethan®-
Typ (PA 6 GF) entwickelt, der speziell auf moderne Fügetechniken wie das Vib-
rations- und das Heizelementschweißen in Kombination mit der Mehrschalen-
Spritzgießtechnik (Ansaugkrümmer für die Automobilindustrie) zugeschnitten
ist.
Die Voraussetzung für ein einwandfreies technisches Gelingen bildet das Vis-
kositätsverhalten der glasfaserverstärkten Schmelze. Die Viskosität ist nahezu
normal niedrig bei hohen Schergeschwindigkeiten (Spritzgießvorgang)
während sie bei den beim Schweißen auftretenden niedrigen Schergeschwindig-
keiten etwa um den Faktor zehn höher ist als bei PA 6 GF-Standardtypen. Einen
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 957

weiteren Vorteil bieten die wesentlich geringeren Schmelzrückstände am Heiz-


spiegel [15].

■ Kleben
Zum Kleben von Polyamiden eignen sich zahlreiche Klebstoffe auf der Basis von
Lösemitteln oder Lacken. Schnell zubereitet ist ein Klebstoff (15-minütiges
Schütteln) aus einem Lösemittelgemisch von Resorcin und Ethylalkohol (1:1).
Außerdem sind geeignet konzentrierte Ameisensäure, Dimethylformamid und
wässriges Phenol (12 % Wasser). Polyamidhaltiger Calciumchlorid/Ethanol
Lösemittelklebstoff kann in Verbindung mit Nahrungsmitteln oder in der Trink-
wasserversorgung verwendet werden. Er ist beständig, ungiftig und geruchfrei.
Außerdem eignen sich Festklebstoffe mit oder ohne chemische Vernetzung (Re-
aktions- und Zweikomponentenklebstoffe), z. B. zum Einkleben von Lagerbuch-
sen in Metallkonstruktionen. Schließlich werden auch Polymerisationskleb-
stoffe sowie Haft- und Kontaktklebstoffe verwendet.

■ Veredelung der Oberfläche


Das Veredeln der Oberfläche von Formteilen durch Lackieren, Bemalen und Be-
drucken ist ohne Vorbehandlung möglich. Nachträgliches Färben von Formtei-
len in wässriger oder alkoholischer Farbflotte – vor allem in Azofarbstoffen – ist
möglich. Metallisiert wird im Hochvakuum.
In den letzten Jahren wuchs das Interesse an galvanisierten PA-Formteilen.
Dadurch ergeben sich zwangsläufig hohe Anforderungen an deren Oberflächen-
qualität. Für spiegelnde Galvanoteile werden füllstoffhaltige Produkte einge-
setzt. Für Formteile mit strukturierten Oberflächen bewähren sich glasfaser-
verstärkte Sondertypen. Bekannte Anwendungsbeispiele sind Radkappen,
Türaußengriffe, Fensterkurbeln und Wasserarmaturen.
Wie PA-Fasern so können auch Formteile mit Azofarbstoffen in wässriger
Flotte leicht gefärbt werden. Das Bedrucken ist ohne Vorbehandlung möglich.
Die hohe Beständigkeit von PA gegen den Angriff von Lösemitteln erleichtert
das Lackieren und sogar mit Hilfe von Einbrennlacken auf der Grundlage von
UF- oder MF-Harzen das Dekorieren.
Das Heißprägen mit geeigneten Prägefolien ist problemlos.

Anwendungsgebiete
Thermoplastische
Polykondensate

PA 6 Spritzguss (niedrigviskose Typen)


dünnwandige unterteilte Artikel wie Kämme, Spulenkörper und
Formteile mit langen Fließwegen wie Gehäuse und viele technische
Formteile;
Spritzguss (normalviskose Typen)
technische Formteile wie Zahnräder, Ritzel, Schrauben, Muttern,
Lager, Dichtungen, Kupplungsteile, Führungsteile, Pumpenteile,
Armaturen, Gehäuse, Spulenkörper, Teile für die Automobilindus-
trie wie Schlosszubehör, Vergaserteile, Kurbeln, Ventilatoren, Teile
für Kühlschränke, Blitzlichtgeräte, Reflektoren, Photo- und Tele-
958 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

fonapparate; Stöpsel, Lampen und Akkubehälter für den Bergbau;


Haushaltgeräte und viele Gebrauchsartikel;
Spritzguss (glasfaserverstärkte Typen)
formstabile, zähe Verkleidungen, Gehäuseteile hoher Steifigkeit,
Kotflügel für Motorräder, Maschinenelemente mit guter Maßhal-
tigkeit;
Spritzguss (Typen mit Spezialkreide)
verzugarme Gehäuseteile und Maschinenelemente;
Spritzguss (Typen mit Molybdändisulfid)
Rollen, Lager, Gleitelemente, Halbzeug für die Fertigung von Ma-
schinenelementen;
Spritzguss (Typen mit Graphit)
wartungsfreie Lager und Gleitelemente;
Extrusion (niedrigviskose Typen)
Borsten, Verpackungsbänder, Fischnetze, Angelschnüre, Puppen-
haar, Monofile, Drähte für Obst- und Weinbau, Flachfolien für Ver-
packungen, Papierbeschichtungen, witterungsbeständige Typen
für das Ummanteln von Feldkabeln;
Extrusion (normalviskose Typen)
Halbzeug (Rundstäbe, Vollprofile, Blasfolien, Flachfolien, Borsten,
Netze, Folienbänder, Angelschnüre, Puppenhaar, Monofile, Spe-
zialtreibriemen, Kabelummantelung, Tafeln;
Extrusion (hochviskose Typen)
hochschlagfestes Halbzeug, Rohre, Profile, Tafeln, Blasfolien, Flach-
folien, Bänder, Ummantelungen, Hohlkörper, Vergaserschwimmer.
PA 66 Spritzguss:
Bevorzugter PA-Typ für mechanisch und thermisch beanspruchte
Formteile in der Elektrotechnik, im Maschinen-, Fahrzeug- und
Apparatebau, z. B. für Spulenkörper, Gleitlager, Zahnräder, Füh-
rungs- und Kupplungsteile;
Spritzguss (glasfaserverstärkte Typen)
Dauernd in der Wärme beanspruchte elektrotechnische Teile mit
hoher Steifigkeit, Verkleidungen, Gehäuseteile;
Spritzguss (mit Molybdändisulfid bzw. Graphit)
wie bei PA 6;
Thermoplastische
Polykondensate

Extrusion
spezielle Monofile (z. B. für Reißverschlussspiralen), Borsten und
Folien, Halbzeug, Profile, Tafeln, Rohre.
PA 69 Spritzguss
PA 610 Technische Formteile (wie bei anderen Polyamiden), bei denen
PA 612 höhere Ansprüche an die Maßhaltigkeit bei Feuchtigkeitseinwir-
kung gestellt werden; Präzisionsteile in der Feinwerktechnik;
Extrusion
einfache Profile wie Drähte, Stäbe, Rohre, Tafeln und Bänder,
Reißverschlusswendel, spezielle Monofile, z. B. für Borsten.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 959

PA 11 Spritzguss
Wasserarmaturen, Unterwasserlager, Dichtungen, Gehäuse, Venti-
latoren, Isolierteile, Teile für Textilmaschinen und Haushaltgeräte,
Zahnräder, Gleitstücke, Führungen;
Extrusion
Halbzeug (Rundstäbe, Tafeln), Treibriemen, Hohlkörper, Rohre [14]
für flexible Pneumatikleitungen und aus Spezialtypen für die Arz-
neimittel- und Nahrungsmittelindustrie.
PA 12 Spritzguss
Wartungsfreie Lager und Getriebeteile unter Wasser, Isolierteile,
Dichtungen, Zahnräder; Teile für Pumpen und Haushaltgeräte, An-
wendung in der Elektrotechnik;
Extrusion
Ummanteln von Kabeln, aromadichte Folien, Isolierfolien, öl- und
benzinfeste Schläuche; Halbzeug (Rundstäbe, Tafeln, Rohre);
außerdem Pulver für die Metallbeschichtung.
Guss- dickwandige Formteile, Halbzeuge mit hohen Stückgewichten (bis
poly- zu 1000 kg). Umgießen von Einlegeteilen (Walzenkernen); große
amid Formteile aller Art, z. B. Heizölbehälter bis 10 000 l Inhalt.

2.2.1.1.2.4
Sicherheit, Umwelt und Recycling
Sämtliche PA-Typen sind geruchlos. In geschmacklicher Hinsicht konnten die
vor allem bei den Polykondensaten des Caprolactam beobachteten Nachteile in
den letzten Jahren behoben werden. Dennoch sollen in Gefäßen aus Polyamid
Lebens- und Genussmittel in wässriger Phase nicht lange höheren Temperaturen
unterworfen werden.
Betriebsräume, in denen PA verarbeitet wird, sollten gut belüftet sein. Viele
PA-Formmassen entsprechen den Empfehlungen X Polyamide, Stand vom
1.6.1994 (Bundesgesundheitsblatt 37/1994, S. 36). Im Einzelfall sollten die Liefe-
ranten der Formmassen nach der lebensmittelrechtlichen Beurteilung gefragt
werden.
Thermoplastische
Polykondensate

Physiologisch verhalten sich alle Polyamide einwandfrei. Sie sind gewebever-


träglich und eignen sich für die Herstellung von Prothesen. Zusätzlich zu den
obigen Ausführungen gilt für das Einfärben die Empfehlung IX des BGA „Farb-
mittel zum Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für Bedarfsge-
genstände“. Stand vom 1.6.1994 (Bundesgesundheitsblatt 8/1994, S. 363). Dieser
Hinweis gilt auch für Spielzeug.
Im Bereich der Polyamidfasern (Teppiche, technische Textilien) kann bei der
rohstofflichen Verwertung von einer Recyclingquote von ca. 50 % ausgegangen
werden. Für die PA-Strukturwerkstoffanwendungen werden keine Zahlen ge-
sondert ausgewiesen, sie sind in den Daten der sonstigen Thermolplaste enthal-
ten [16].
960 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.1.3
Partiell aromatische Polyamide

2.2.1.1.3.1
Polyarylamide: Arylamid PA MXD 6
2.2.1.1.3.1.1
Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur

Als Ergänzung zu den bisher behandelten Polyamiden sei ein ebenfalls in den
achtziger Jahren entwickelter Polyamidtyp vorgestellt, der zur Gruppe der Po-
lyarylamide gehört. Genauer gesagt handelt es sich um ein Polyxylylenadip-
amid, das durch Polykondensation von m-Xylylendiamin und Adipinsäure her-
gestellt wird.

m-Xylylendiamin

Adipinsäure

Analog zu der für Polyamide verwendeten Nomenklatur steht für dieses Poly-
mere Poly-m-Xylylenadipamid das Kurzzeichen PA MXD 6.

Poly-m-Xylylenadipamid

Die Struktur des Polyamid-Bausteins bewirkt, dass dieses Polykondensat außer


den bereits bei den Polyamiden beschriebenen charakteristischen Eigenschaf-
ten wegen des in der Kette vorhandenen aromatischen Gliedes einige besondere
Thermoplastische
Polykondensate

Eigenschaften aufweist, die noch näher beschrieben werden.

2.2.1.1.3.1.2
Eigenschaften

Thermo-Mechanische Eigenschaften

■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit


Unabhängig von der Beanspruchungsart (Zug, Druck, Biegung, Torsion) ist PA
MXD 6 im Vergleich zu den entsprechenden GF-verstärkten Polyamiden und
zahlreichen anderen technischen Kunststoffen höher beanspruchbar, wie Bild
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 961

Bild 2-413. Zug-E-Modul verschiede-


ner Polyamide in Abhängigkeit vom
GF-Anteil

2-413 am Beispiel des Zug-E-Moduls spritzfrischer und konditionierter Poly-


amide zeigt.
■ Umwandlungstemperaturen
Die nachstehende Übersicht enthält die Glasübergangstemperatur Tg und die
Schmelztemperatur Ts von PA MXD 6 und einiger bekannter Polyamide.
Wie Bild 2-414 am Beispiel des Schubmoduls einiger IXEF-Typen zeigt, be-
wirkt die durch den Aromatenanteil in der Hauptkette erhöhte Glasübergang-
stemperatur, dass sich die mechanischen Eigenschaften in Bereich der Raum-
temperatur unverändert auf einem hohen Niveau befinden. Die höchsten Ge-
brauchstemperaturen liegen gemäß Tabelle 2-70 bei 115 bis 230 °C.
Polyamid Tg °C Ts °C
PA MXD-6 85 bis 100 235 bis 240
PA 6 40 bis 45 220 bis 225
PA 66 50 bis 60 250 bis 260
PA 610 50 210 bis 220
PA 11, PA 12 40 bis 45 190
■ Langzeitverhalten:
Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand
Bild 2-415 zeigt, dass PA MXD 6 auch im Zeitstandversuch den vergleichbaren
Technischen Kunststoffen mit Glasfaserverstärkung überlegen ist.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Langzeitverhalten bei schwingender Beanspruchung


Die gleiche Überlegenheit von PA MXD 6 zeigt sich auch bei schwingender Be-
anspruchung. Beispielsweise erreicht IXEF 1022 bei 107 Lastwechseln eine Biege-
wechselfestigkeit von ± 600 N/mm2 und IXEF 1002 von 500 N/mm2, während
PA 66-GF 30 nur 400 N/mm2, PBT-GF 30 ± 300 N/mm2 und PA 6-GF 30 nur
± 220 N/mm2 aufweisen.
■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit
Wie Bild 2-414 vermuten lässt (siehe mechanischer Verlustfaktor d), weist das
schlagzäh ausgerüstete IXEF 13/3 eine hohe Schlag- bzw. Kerbschlagzähigkeit
auf. Sie beträgt nach ISO 12180 1100 J/m bzw. 159 J/m.
962 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-414. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor eines glasfaserverstärkten und ei-
nes schlagzähmodifizierten PA MXD 6
__________ IXEF 9130 (GF 30)
_ _ _ _ _ _ _ IXEF 13/3 (schlagzäh modifiziert)

Bild 2-415. Dehngrenzlinien verschiedener technischer Kunststoffe im Zeitstand-Zugversuch


von 50 °C
Thermoplastische
Polykondensate

■ Wasseraufnahme
Die Wasseraufnahme von Polyamiden, durch Wasserstoffbrücken zwischen be-
nachbarten Amidgruppen (–NHCO–) bedingt, kann nicht völlig vermieden wer-
den.
Wegen des aromatischen Gliedes in der Polymerkette ist die Wasseraufnahme
von PA MXD 6 nicht nur geringer als die von PA 6 und PA 66, Bild 2-416, sondern
sie geht im Unterschied zu allen bekannten Polyamiden vor allem langsamer vor
sich; eine Voraussetzung dafür, dass die meisten mechanischen Eigenschaften
gegenüber wechselnden Umgebungsbedingungen ziemlich unempfindlich sind.
Die Wasseraufnahme und ihre Geschwindigkeit hängen von der Wanddicke des
Formteils ab, Bild 2-417. Ein wesentlicher zweiter Parameter, der die Kinetik der
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 963

Bild 2-416. Wasseraufnahme einiger


Polyamide in Abhängigkeit von der
Lagerungsdauer (Prüftemperatur:
20 °C)

Bild 2-417. Einfluss der Wanddicke


eines Formteils auf die Wasserauf-
nahme von PA MXD 6 (Werkzeug-
temperatur: 140 °C). Werkstoff: IXEF
1002 (GF 30) der Solvay

Wasseraufnahme beeinflusst, ist die Werkzeugtemperatur beim Spritzgießen. Je


langsamer ein Formteil im Werkzeug abkühlt, desto höher wird der Kristalli-
nitätsgrad. Damit verringert sich die Wasseraufnahme, wie Bild 2-418 am Bei-
spiel von IXEF 1002 zeigt.

Beständigkeit
■ Chemikalienbeständigkeit
Thermoplastische
Polykondensate

Die chemische Beständigkeit von Formstoffen ist grundsätzlich anhand von La-
borprüfungen schwierig zu ermitteln. Sie ist nicht nur abhängig von der Tempe-
ratur des umgebenden Mediums, sondern auch von den Herstellbedingungen
(Spritzbedingungen, Kristallinitätsgrad, innere Spannungen und nicht zuletzt
Lage des Anschnitts). Im Vergleich mit PA 6, PA 11, PBT, PC oder PPE schneidet
PA MXD 6 gut ab. Es ist im Unterschied zu diesen selbst bei einer Temperatur
von 60 °C beständig gegen Propanol, Benzylalkohol, Toluol, Dichlormethan, Te-
trachlorethylen, Aceton, MEK, Tetrachlorethylen und THF.
Bei 20 °C ist es im Unterschied zu PA 6 und PA 66 beständig gegen die Kraft-
stoffe M 10 und M 20 (die Ziffern bedeuten den Volumenanteil von Methanol im
Gemisch mit Otto-Kraftstoff).
964 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-418. Einfluss der Werkzeug-


temperatur auf die Wasseraufnahme
von PA MXD 6 (Prüftemperatur:
23 °C, Wanddicke: 3,2 mm). Werk-
stoff: IXEF 1002 (GF 30) der Solvay

■ Brennbarkeit
Mit einem Sauerstoffindex LOI von 27,5 % nimmt PA MXD 6 unter den techni-
schen Kunststoffen einen günstigen Platz ein. Die flammwidrig ausgerüsteten
Typen werden zumindest bis zu Wanddicken der Formteile von 3,17 mm gemäß
UL 94 nach V-O eingestuft. Diese Flammwidrigkeit wird ohne wesentliche Ver-
änderung anderer Eigenschaften erreicht.

■ Elektrische Eigenschaften
Siehe Tabelle 2-70.
Die elektrischen Eigenschaften werden durch wechselnde Umgebungsein-
flüsse kaum verändert. Hervorgehoben sei auch bei PA MXD 6 die den Polyami-
den allgemein eigene hohe Kriechstromfestigkeit.

2.2.1.1.3.1.3
Verarbeitung

Das wichtigste Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen. Der Feuchtigkeits-


gehalt des Aufgabegutes darf 0,4 % nicht übersteigen, andernfalls ist es einige
Stunden bei 80 °C vorzutrocknen.

Verarbeitungsbedingungen
Massetemperatur 250 bis 280 °C
Werkzeugtemperatur 100 bis 140 °C

Anwendungsbeispiele
Thermoplastische
Polykondensate

Rollen, Zahnräder, Achsen, Wellen, Bolzen, Gehäuseteile, Werkzeug- und Büro-


maschinen, Isolierplatten, Steckverbinder, Fassungen, Stecker, Angelgeräte,
Spielzeug, Kamerateile.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 965

2.2.1.1.3.2
Polyamid 6/6T
2.2.1.1.3.2.1
Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine Eigenschaften

Wie die folgenden Ausführungen zeigen, steht dem Konstrukteur im Polyamid


6/6T (Ultramid®T der BASF AG) ein technischer Hochleistungsthermoplast zur
Verfügung. Die kennzeichnenden Eigenschaften sind:
• hohe Festigkeit und Steifigkeit (bis 60 °C unabhängig vom Feuchtigkeitsge-
halt),
• hohe Zähigkeit in der Kälte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• Gebrauchstemperatur bis 250 °C (einige Stunden, ohne mech. Beanspru-
chung),
• gute elektrische Eigenschaften,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• reduzierte Wasseraufnahme,
• gute Verarbeitbarkeit.
Wie die Übersicht (Kap. 2.2.1.1) zeigt, wird das Eigenschaftsbild der Polyamide
zum einen durch die Anzahl der unpolaren Methylgruppen und zum anderen
durch die Anzahl der polaren Amidgruppen (–CO–NH–) bestimmt. Die Amid-
gruppen bilden Wasserstoffbrücken zwischen den linearen, aliphatischen Mak-
romolekülen; sie sind maßgebend für Festigkeit, Steifigkeit und Schmelztempe-
ratur, jedoch auch für die erhöhte Wasseraufnahme [17].
Ein zweiter Weg zu PA-Formmassen mit höherer Schmelztemperatur führt
über das Einfügen aromatischer Gruppen in den Monomer-Baustein; wie nach-
stehende Tabelle 2-73 zeigt.

Tabelle 2-73. Vergleich typischer Eigenschaften einiger Polyamide

Eigenschaften PA 6/6T PA 66 PA 46

Schmelztemperatur °C 298 255 295


Thermoplastische
Polykondensate

Glasübergangs-
temperatur °C 115/40 a 70/0 a 85/0 a
Zug-E-Modul N/mm2 3500/3600 a 3200/1600 a 3000/1000 a
Streckspannung N/mm2 110/110 a 85/60 a 95/55a
Wasseraufnahme bei
23 °C (Sättigung) % 6,0 8,5 15
a
Nach Feuchtigkeitsaufnahme bei 23 °C, 50% rel. F. (Sättigung).

Entfällt beispielsweise 0,3 Aromatbaustein auf eine Methylen (CH2)-Gruppe,


dann beträgt die Schmelztemperatur bereits 295 °C bei 0,5 sogar 371 °C.
966 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-419. Bausteine des aliphatischen PA 66 und des aromatischen PA 6/6 T

Aromaten Schmelz- Wasser- Polyamid


pro Amid temperatur aufnahme
–NH–CO– °C %

0 220 9,5 6
– 0,3 295 6,0 6/6T
0,5 371a 5,5 6T
1 500a 4,0 PDAb-T
a
nicht thermoplastisch verarbeitbar.
b
PDA = p-Phenylendiamin.
Der BASF AG gelang in den achtziger Jahren mit Ultramid T erstmals die Her-
stellung eines teilkristallinen, teilaromatischen PA 6/6T Copolyamids von hoher
Verarbeitungsstabilität [18]. Den Aufbau eines aliphatischen und eines aromati-
schen Bausteins zeigt im Prinzip Bild 2-419. Die Ausgangsprodukte von Ultra-
mid T sind Caprolactam, Hexamethylendiamin und Terephthalsäure.

2.2.1.1.3.2.2
Eigenschaften
Thermoplastische
Polykondensate

■ Thermo-Mechanische Eigenschaften
Die Schmelztemperatur von 295 °C ist für ein Polyamid ungewöhnlich hoch.
Darüber hinaus bewirkt der teilkristalline Aufbau – insbesondere bei ver-
stärkten Typen – eine hohe Formbeständigkeit in der Wärme (250 °C bis 255 °C),
Bild 2-420.
Der Vergleich mit anderen thermischen Eigenschaften der Polyamide zeigt,
dass beispielsweise der Längenausdehnungskoeffizient, Bild 2-421, sich in den
Bereich verstärkter PA 66-Typen einreiht.
Der im Torsionsschwingungsversuch ermittelte Schubmodul G¢ in Abhängig-
keit von der Prüftemperatur zeigt beim Vergleich je eines mit 35 %-Glasfaserver-
stärkung ausgerüsteten A- und T-Typs die zu erwartende Überlegenheit von Ul-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 967

Bild 2-420. Formbeständigkeit in der


Wärme (ISO 75, Verfahren A) einiger
Konstruktions-Kunststoffe verstärkt
mit 30 Masse-% Glasfasern

Bild 2-421. Längenausdehnung von Ultramid in Abhängigkeit von der Temperatur, trocken
Thermoplastische
Polykondensate

tramid T, Bild 2-422. Für das Verhalten bei länger dauernder Wärmeeinwirkung
gibt die nach IEC 216 durchgeführte Wärmealterungsbeständigkeit wertvolle
Hinweise für die maximal anwendbaren Temperaturbereiche, die vor allem im
Automobilbau bekannt sein müssen, Bild 2-423. Das gilt vor allem bei Einwir-
kung von heißen Schmierstoffen oder Kühlflüssigkeiten. Die Bilder 2-424 und
2-425 geben dazu – gemessen an der nach längerer Einwirkungsdauer ausge-
wählter Medien – einen wertvollen Einblick.
Einen Vergleich zwischen einigen technischen Polyamiden im trockenen bzw.
leicht feuchten Zustand vermittelt das Balkendiagramm 2-426. Bild 2-427 zeigt
968 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-422. Schubmodul von glasfa-


serverstärktem Ultramid T und Ul-
tramid A in Abhängigkeit von der
Temperatur, trocken

Bild 2-423. Wärmealterungsbestän-


digkeit von Ultramid T und Ultra-
mid A nach IEC 216 (Eigenschafts-
grenzwert: 50 % Zugfestigkeit)
Thermoplastische
Polykondensate

das Spannungsdehnungsdiagramm eines unverstärkten und eines mit 35 Masse-


% glasfaserverstärkten Ultramid T. Gemäß Bild 2-428 wird die Zugfestigkeit bei-
der TA-Typen nur wenig vom Feuchtigkeitsgehalt beeinträchtigt. Den Zug-E-
Modul einiger Polyamidsorten im unverstärkten bzw. glasfaserverstärkten Zu-
stand bei 23 °C zeigt das Balkendiagramm, Bild 2-429. Die Steifigkeit von
Ultramid T liegt gemäß Bild 2-430 bis etwa 100 °C deutlich über der von PA 66.
Eine Überlegenheit zeigt sich auch im Zeitstandzugversuch, dessen Ergebnis bei
verschiedenen Beanspruchungen Bild 2-431 wiedergibt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 969

Bild 2-424. Schlagzähigkeit aN


(nach DIN 53453) von glasfa-
serverstärktem Ultramid T
und Ultramid A in heißen
Schmierstoffen in Abhängig-
keit von der Lagerungsdauer;
Lagerung bei 120 und 140 °C
(Medium Shell Spirax EP 90),
Messung bei 23 °C

Bild 2-425. Schlagzähigkeit aN


(nach DIN 53453) von glasfa-
serverstärktem Ultramid T
Thermoplastische
Polykondensate

und Ultramid A in heißer


Kühlflüssigkeit in Abhängig-
keit von der Lagerungsdauer;
Lagerung bei 130 °C (Medium:
®Glysantin/Wasser 1:1),
Messung bei 23 °C
970 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-426. Festigkeit einiger Polyamidsorten bei verschiedenen Temperaturen bzw. Prüfge-
schwindigkeiten
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-427. Spannungsdehnungsdiagramme für Ultramid T trocken, nach DIN 43455


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 971

Bild 2-428. Zugfestigkeit (bei unver-


stärkten Marken Streckspannung)
von Ultramid T im Vergleich zu
Ultramid A in Abhängigkeit vom
Feuchtigkeitsgehalt bei 23 °C

Bild 2-429. Zug-E-Modul


einiger Polyamidsorten
Thermoplastische
Polykondensate

Bei dynamischer Beanspruchung ist der PA 66 vergleichbare 6/6T-Typ (GF-


Verstärkung 35 Masse-%) bei mehr als 107 Lastwechseln dem PA 66 überlegen,
siehe Bild 2-432.
Verschleiß und Reibung sind Eigenschaften des jeweiligen tribologischen
Systems. Als Parameter sind Werkstoffpaarung, Oberflächenbeschaffenheit und
Geometrie der sich berührenden Gleitelemente, Zwischenmedium, Beanspru-
chung durch Last, Geschwindigkeit und Temperatur von Bedeutung. Bild 2-433
zeigt Beispiele der Gleitreibungszahl bei verschiedenen Rautiefen.
972 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-430. Elastizitätsmodul (Zug-


versuch) von Ultramid T im Ver-
gleich zu Ultramid A in Abhängig-
keit von der Temperatur, trocken

Bild 2-431. Zugkriechmodul (nach


Thermoplastische
Polykondensate

DIN 53444) von glasfaserverstärk-


tem Ultramid T im Vergleich zu
Ultramid A bei 23 °C, luftfeucht
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 973

Bild 2-432. Biegewechselfestigkeit


von Ultramid T im Vergleich zu Ul-
tramid A nach DIN 53442 (450/min,
luftfeucht)

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-433. Gleitreibungszahl und Verschleißintensität von Ultramid T und Ultramid A. Tribo-
system: Prüfapparatur Stift/Scheibe, p = 1 N/mm2, v = 0,5 m/s

■ Wasseraufnahme
Der Konstrukteur schätzt die im Vergleich zu PA 66 und PA 6 geringere Wasser-
aufnahme, wie Bild 2-434 sehr eindrucksvoll zeigt. Maße und Gewicht von Form-
teilen sind weniger veränderlich.
■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht über kennzeichnende physikalische Eigenschaften einiger Ultra-
mid T-Typen gibt Tabelle 2-74.
974 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-74. Kennzeichnende physikalische Eigenschaften einiger Typen des Ultramid®-T-


Sortimentes

Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23°C Einheit Prüfvorschrift Kondition


DIN/VDE* ISO/IEC*

Mechanische Eigenschaften
Zug-E-Modul MPa 53457 527 tr/lf
Streckspannung, Bruchspannung*, MPa 53455 527 tr/lf
v = 50 mm/min, V = 5 mm/min*
Bruchdehnung % 53455 527 tr/lf
Zug-Kriechmodul, 100 h, Dehnung ≤ 0,5 % 23°C/120°C MPa 43444 899 tr/lf
Charpy-Schlagzähigkeit + 23 °C kJ/m2 53453 – tr/lf
Charpy-Schlagzähigkeit – 40 °C kJ/m2 53453 – tr/lf
Izod-Kerbschlagzähigkeit 4Ab + 23 °C kJ/m2 – 180/4A tr/lf
Izod-Kerbschlagzähigkeit 4Ab – 40 °C kJ/m2 – 180/4A tr/lf
Schädigungsarbeit W50, Gehäuse + 23 °C J 53443 T1 6603/1 tr/lf
Schädigungsarbeit W50, Gehäuse – 30 °C J 53443 T1 6603/1 tr/lf
Kugeldruckhärte H 961/30 MPa – 2039/1 tr

Thermische Eigenschaften
Biegetemp. unter Last 1,8 MPa (HDT A) °C – 75 tr
Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/50 °C – 306 tr
Max. Gebrauchstemperatur, bis zu einigen h c °C – – –
Temperaturgrenze bzw. auf 50% Zugfestigkeits- °C – 2578 nach ISO 3167
abfall nach 20000 h/5000 h d
Therm. Längenausdehnungskoeff., 10–5 K 53752 – tr
längs/quer (23–80 °C)
Wärmeleitfähigkeit W/(m · K) 52612 – tr
Spezifische Wärmekapazität J/(g · K) – 1006* tr

Elektrische Eigenschaften
Dielektrizitätszahl bei 1 MHz – 0303-T4 250 tr/lf
Dielektr. Verlustfaktor bei 1 MHz – 0303-T4 250 tr/lf
Spez. Durchgangswiderstand W · cm 0303-T30 93 tr/lf
Spez. Oberflächenwiderstand W 0303-T30 93 tr/lf
Elektr. Durchschlagfestigkeit K20/P50 kV/mm 0303-T21 243/1 tr/lf
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI. – 0303-T1 112/A tr/lf
Prüflösung A
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI M – 0303-T1 112/A tr/lf
Prüflösung B
Thermoplastische
Polykondensate

Elektrolytische Korrosion – 0303-T6* 426 tr

Kursiv gedruckte Eigenschaftsmerkmale sind Bestandteil der Kunststoffdatenbank Campus® und


basieren auf der vom Fachnormenausschuss Kunststoffe verbindlich eingeführten „Richtlinie für
die Ausarbeitung von Normen über Thermoplast-Formmassen, Teil 2: Herstellung von Probekör-
pern und Bestimmung von Eigenschaften“. CAMPUS: Registriertes Warenzeichen der CWFG.
a
Kondition: tr = spritzfrisch trocken bzw. auf Gewichtskonstanz nachgetrocknet bei 80 °C und
1 mbr, ergibt Wassergehalt < 0,2%; lf = luftfeucht nach Lagerung in Normalklima DIN 50014-
23/50-2 bis zur Sättigung.
b
Umrechnung Werte nach ISO 180/4A in ASTM D 256 wie 1 kJ/m2: 10 J/m.
c
Erfahrungswerte für Teile, die in jahrelangem Gebrauch wiederholt einige Stunden diese Tem-
peratur aushalten müssen, materialgerechte Formgebung und Verarbeitung vorausgesetzt.
d
Erfahrungswerte an Formteilen in Anlehnung an IEC-Publikation 216-1.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 975

KR 4350 KR 4352 KR 4355 KR 4355 KR 4357 KR 4365 KR 4370 KR 4360


G5 G7 G6 G5 C6 M6
unverstärkt verstärkt

3200/3200 3500/3500 9000/9000 12000/12000 9000/8500 8600/8500 23000/23000 5000/5000


100/90 110/100 175*/160* 210*/200* 160*/140* 150*/140* 250/240 90/80

10–20 10–20 3–4 3 3–4 3 2 8–12


2300/ 2300/ 6500/ 8700/2500 6500/2000
NB NB 55 60 65 45 35 NB
NB NB 40 55 65 35 20 80
12 12 15 18 23 13 10 10
5 5 9 13 12 9 8 8
>100 >100 9 8 15 9 0,5 40
40 40 2 2 10 0,5 30
190 190 270 270 200 240 200

100 100 250 255 250 250 255 120


280 280 285 290 285 280 285 285
250 250 270 270 270 270 270 250
110/130 75/90 140/160 150/170 125/155 125/145 140/160

6–8/ 6–8/ 2,5/5–6 2,5/5–6 2,5/5–6 2,5/5–6 2/5–6 4–6

0,23 0,23 0,25 0,28 0,25 0,31 0,32


1,5 1,5 1,4 1,3 1,4 1,4 1,7 1,4

4/4 4/4 4,3/4,5 4,2/4,4 4,3/4,5 4/ 3,8/3,9


0,03/0,04 0,03/0,04 0,03/0,04 0,02/0,03 0,03/0,04 0,02/ 0,03/0,04
1015/1014 1015/1014 1015/1014 1015/1014 1016/1015 1015/ 3 · 103/ 1015/1014
1013 1013 1013 1013 1013 1014 1001 1013
100 100 100 100 100 80 100
CTI 600 CTI 600 CTI 600 CTI 600 CTI 600 CTI 600 CTI<100 CTI 500

CTI 600 M CTI 600 M CTI 375 M CTI 275 M CTI 450 M CTI 525 M CTI<100 M CTI 375 M
Thermoplastische
Polykondensate

A1 A1 A1 A1 A1 A1 A1 A1
976 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-434. Wasseraufnahme von Ultramid T im Vergleich zu Ultramid A in Abhängigkeit von


der Lagerzeit und den Konditionierbedingungen

2.2.1.1.3.2.3
Beständigkeit

■ Chemikalienbeständigkeit und Verhalten bei Bewitterung


Die bei PA 66 gesammelten Beständigkeitsergebnisse sind weitgehend auf PA
6/6T übertragbar. Das Gleiche gilt auch für das Verhalten bei Bewitterung, wenn-
gleich langeinwirkende Strahlung etwas stärker schädigt.

■ Brennbarkeit
PA 6/6T zersetzt sich bei Temperaturen von mehr als 350 °C. Brennbare Gase bil-
Thermoplastische
Polykondensate

den sich zwischen 400 °C und 500 °C, die nach Überschreiten der Zündtempera-
tur weiterbrennen. Der Spezialtyp Ultramid TKR 4365 G5, ein mit 25 Masse-%
glasfaserverstärktes Material, ist flammfest ausgerüstet, sodass bis zu einer
Dicke von 0,8 mm UL 94-Klassifizierung V-O erreicht wird; ein besonderer Vor-
teil für die Elektro- und Automobilindustrie.

2.2.1.1.3.2.4
Elektrische Eigenschaften

Die guten Isoliereigenschaften von 6/6T erkennt man am Beispiel des spezifi-
schen Durchgangswiderstandes in Abhängigkeit von der Temperatur, Bild 2-435,
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 977

Bild 2-435. Spezifischer


Durchgangswiderstand
von glasfaserverstärktem
Ultramid T und Ultra-
mid A im trockenen und
luftfeuchten (konditio-
nierten) Zustand in Ab-
hängigkeit von der Tem-
peratur (DIN 53482)

der weitgehenden Unabhängigkeit vom Feuchtigkeitsgehalt (ein Vorteil gegen-


über aliphatischen Polyamiden) und der Lötbeständigkeit bis zu Temperaturen
von 270 °C. Dazu kommt die geringe Neigung zur Bildung kontaktschädigender
Beläge.

2.2.1.1.3.2.5
Verarbeitung

Siehe PA 6 und PA 66. Einige spezifische Angaben enthält darüber hinaus Tabelle
2-75. Den Spritzgießer interessiert das Fließverhalten der PA 6/6T-Formmas-
sen. Die Bilder 2-436 und 2-437 zeigen die mit vergleichbaren PA 66 und Ultra-
mid T-Typen bei verschiedenen Wanddicken der Fließspirale erzielbaren Ergeb-
Thermoplastische
Polykondensate

nisse.

Anwendungsbeispiele
Fahrzeugbau: Zylinderkopfhaube, Ölwanne, Wasserkästen, Kraftstoffpum-
penteile, Lagerkäfige, Pedale, Bremsscheibenabdeckungen, Befestigungs-
elemente, Kupplungsdruckscheiben, Kabelabdeckungen.
Elektrotechnik: Schalterteile, Gehäuse, Steckvorrichtungen, Schaltele-
mente, Kontaktstücke, Leiterplatten, Spulenkörper.
Maschinen- und Apparatebau: Lager, Gehäuse, Verbindungselemente.
Sport und Freizeit: Tennis- und Golfschläger, Skibindungen.
978 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-75. Produktmerkmale und Verarbeitungsbedingungen einiger Typen des Ultramid®-


T-Sortimentes

Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23°C Einheit Prüfvorschrift Kondition


DIN/VDE* ISO/IEC*

Produktmerkmale
Kurzzeichen – 7728 1043 –
Dichte g/cm3 53479 1183 tr
Verstärkung/Füllstoffgehalt:
Glasfaser (GF), Mineral (M), Kohlenst.-Faser (CF) % – – –
Stabilisierung – – – –
Brandschutzausrüstung (B), Zähmodifizierung (Z) – – – –
Viskositätszahl (Lösung 0,005 g/ml Schwefelsäure) ml/g 53727 307 –
Einfärbung: natur (n), schwarz (sw), Sonderfarben (so) – – – –
Wasseraufnahme, Sättigung in Wasser bei 23°C % 53495/1L – –
Feuchtigkeitsaufnahme, Sättigung bei Normalklima
23°C/50% r. F. % – – –
Verarbeitung
Verarbeitungsverfahren: Spritzgießen (M), Extrusion (E) – – – –
Schmelztemperatur, DSC °C – 3146 –
Schmelz-Volumenrate MVR 325/5 ml/10 min – 1133 –
Massetemperaturbereich, Spritzgießen °C – – –
Werkzeugtemperaturbereich °C – – –
Verarbeitungsschwindung, frei, längs/quer a % – – tr
Verarbeitungsschwindung, behindert, längs/quer c, d % – – tr
Werkstoffkennwerte zum Brennverhalten
Prüfung nach UL-Standard, horizontal/vertikal*
bei 1,6 mm Dicke Klasse – UL94 –
Prüfung von Werkstoffen der Kfz-Innenausstattung
bestanden = (+) – – FMVSS 302 lf

Kursiv gedruckte Eigenschaftsmerkmale sind Bestandteil der Kunststoffdatenbank Campus®


und basieren auf der vom Fachnormenausschuss Kunststoffe verbindlich eingeführten „Richt-
linie für die Ausarbeitung von Normen über Thermoplast-Formmassen, Teil 2: Herstellung von
Probekörpern und Bestimmung von Eigenschaften“. CAMPUS: Registriertes Warenzeichen der
CWFG.
a
Platte mit Bandanschnitt, Maße (110 ·110 ·2) mm, längs = in Fließrichtung, quer = quer hierzu.
b
Kondition: tr = spritzfrisch trocken bzw. auf Gewichtskonstanz nachgetrocknet bei 80 °C und
1 mbr, ergibt Wassergehalt < 0,2%; lf = luftfeucht nach Lagerung in Normalklima DIN 50 014-
Thermoplastische
Polykondensate

23/50-2 bis zur Sättigung.


c
Längs = Bodenlänge, quer = Bodenbreite.
d
Testkästchen mit Zentralanschnitt, Bodenmaße (107·47·1,5) mm, Verarbeitungsbedingun-
gen: TM = 320 °C bzw. 330 °C bei verstärkten Produkten, TW = 80°C, Nachdruck = 80 bar.

Für Spritzguss und Extrusion, hohe Zähigkeit, Festigkeit und Steifigkeit, ge-

40

(+)
295
130
1,18
ringe Wasseraufnahme, hoher Schmelzpunkt (295 °C). Mechanische Eigen-

M, E

0,7/1
1/1,2

94HB
1,6–2
schaften bleiben nach Festigkeitsaufnahme bis 60 °C konstant.

60–100
6,5–7,5
PA 6/6T

n, sw, so
KR 4350

310–340
unverstärkt

10
Für Extrusion, im Übrigen wie KR 4350.

(+)
295
210
1,18

0,7/1
1/1,2
1,6–2

94V-2*
60–100
6,5–7,5
PA 6/6T
KR 4352

310–340

Glasfaserverstärktes Produkt für Spritzguss; hohe Zähigkeit. Festigkeit u. Stei-

30
G5

(+)
295
130
figkeit, geringe Wasseraufnahme, hoher Schmelzpunkt (295 °C). Mechanische

5–6
1,36

94HB
Eigenschaften bleiben nach Feuchtigkeitsaufnahme bis 60 °C konstant.

GF 25

0,4/0,6
0,4/0,7
1,1–1,5

70–100
PA 6/6T

n, sw, so
KR 4355

320–350
verstärkt


Siehe KR 4355 G5.

25
G7

(+)
295
130
1,44

94HB
GF 35

0,4/0,6
70–100
0,8–1,2
4,3–5,3
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

0,3/08,8
PA 6/6T

n, sw, so
KR 4355

320–350
Z

M
Siehe KR 4355 G5, jedoch schlagzähmodifiziert.

20
G6

(+)
295
130

4–5
1,39

94HB
0,6–1
GF 30

0,4/0,7
0,3/0,8
70–100
PA 6/6T

n, sw, so
KR 4357

320–350
B

Brandschutzausgerüstetes, glasfaserverstärktes Produkt für Spritzguss; gute

25
G5

(+)
295
130

mechanische Eigenschaften, hohe Kriechstromfestigkeit, geringe Neigung zur


5–6
1,38

n, sw
GF 25

Kontaktbelagsbildung, hohe Beständigkeit gegen elektrolytische Korrosion,

0,4/0,6
0,4/0,7
70–100
1,1–1,5

94V-O*
PA 6/6T

lötbadbeständig, galvanisierbar.
KR 4365

310–330

Kohlefaserverstärktes Produkt für Spritzguss; extrem hohe Festigkeit u. Stei-


M

15
sw
C6

(+)
295
130

figkeit, geringe Wasseraufnahme, hoher Schmelzpunkt (295 °C). Mechanische


1,32

94HB
CF 30

1–1,4

Eigenschaften bleiben nach Feuchtigkeitsaufnahme bis 60 °C konstant.

0,2/0,5
70–100
4,5–5,5
PA 6/6T
KR 4370

320–350

Mineralgefülltes Produkt für Spritzguss; hohe Zähigkeit, Festigkeit und Stei-


25
M6

(+)
295
130
1,41

figkeit, geringe Wasseraufnahme, hoher Schmelzpunkt (295 °C), isotrope


M 30

94HB
Schwindung, geringer Verzug. Mechanische Eigenschaften bleiben nach
0,8/0,5
1,4/1,2
70–100
0,8–1,2
4,2–5,2
PA 6/6T

n, sw, so

Feuchtigkeitsaufnahme bis 60 °C konstant.


KR 4360

320–350
979

Thermoplastische
Polykondensate
980 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-436. Fließverhalten von Ultra-


mid T in Abhängigkeit von der Mas-
setemperatur. Maschine: Schließ-
kraft: 1100 kN, Schnecken-∆: 40 mm;
Spritzling: Spirale; Dicke: 1,5 mm;
Zykluszeit: 25 s; Einspritzdruck:
1000 bar; Einspritzgeschw.:
50 mm/s
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-437. Fließverhalten von Ultra-


mid T in Abhängigkeit von der Mas-
setemperatur. Maschine: Schließ-
kraft: 1100 kN; Schnecken-∆: 40 mm;
Spritzling: Spirale; Dicke: 2,0 mm;
Zykluszeit 25 s; Einspritzdruck:
1000 bar; Einspritzgeschw.: 50 mm/s
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 981

2.2.1.1.3.3
Polyphthalamid PPA
Amoco Performance Products kündigte 1990 einen neuentwickelten, hoch-wär-
mebeständigen, teilkristallinen, teilaromatischen Thermoplasten, das Amodel®,
an. PPA basiert u. a. auf Terephthal- und/oder Isophthalsäure. Das Ziel bestand
darin, die im Hinblick auf das Preis/Leistungsverhältnis zwischen den klassi-
schen Technischen Kunststoffen und den teueren Hochleistungskunststoffen,
wie den schwefel- und imidhaltigen Polymeren, bestehende Lücke zu schließen.

2.2.1.1.3.3.1
Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine Eigenschaften

Teilkristallinität und teilaromatischer Aufbau dieser Polymeren führen zu fol-


gendem kennzeichnenden Eigenschaftsbild:
• hohe Festigkeit und Steifigkeit,
• gute thermische Eigenschaften, denn unter den teilkristallinen Polymeren
• übertreffen nur die Polyketone die Wärmeformbeständigkeit sowie die hohe
Glas- und Schmelztemperatur von PPA,
• kennzeichnend für dieses kristalline Polymer ist ferner eine hohe Maßbe-
ständigkeit, eine niedrige Schwindung und damit ein geringer Verzug,
• die langsame Feuchtigkeitsaufnahme beeinflusst die Materialeigenschaften
nur wenig,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• das Fließverhalten gleicht dem der Polyamide.
Der nachstehende Vergleich von PPA mit einigen glasfaserverstärkten techni-
schen Kunststoffen bestätigt diese Angaben:
Eigenschaft ASTM Einheit AMO- 30%GF 30%GF 33%GF 30%GF 25%GF POM
Norm DEL PET PPS PA 6.6 PEI PBT
AS1133

Wärmeformbest.
1,8 MPa D-648 °C 285 224 260 249 210 207 163
Zugfestig- D-638 MPa 220 160 110 186 170 120 128
keit, 23°C
Biegemodul, D-790 MPa 11,400 9,000 9,700 9,000 9,000 7,600 7,300
Thermoplastische
Polykondensate

23°C
Izod-Kerb- D-256 J/m 128 101 54 107 107 85 85
schlagzä-
higkeit
Dichte D-792 g/cm3 1,43 1,56 1,57 1,38 1,51 1,53 1,61
Wasserauf- D-570 % 0,21 0,05 0,06 0,7 0,18 0,08 0,29
nahme,
23°C,
24 Std.
982 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.1.3.3.2
Thermo-Mechanische Eigenschaften

■ Thermo-Mechanische Eigenschaften
Die Staffelung der Zugfestigkeit des Typensortimentes zeigt Bild 2-438 (Typen-
übersicht siehe oben). Der Vergleich von PPA mit PA 66 und PPS wird in Bild
2-439 gezogen. PPA-Formstoffe bleiben selbst bei einer Einsatztemperatur von
180 °C bis zu 10000 h in ungeschädigtem Zustand, wie Bild 2-440 überzeugend
zeigt.Auch im Hinblick auf die spezifische Zugfestigkeit s/g schneidet PPA beim
Vergleich von mit 25 bis 33 Masse-% Glasfasern verstärkten Technischen Poly-
meren gut ab, Bild 2-441. Für den Konstrukteur hochbeanspruchter, zugfester,
steifer und dennoch leichter Bauteile ist ebenso die Kenntnis des Verhältnisses
von Zugfestigkeit zu Steifigkeit (s/E) von Interesse.

Bild 2-438. Zugfestigkeit ei-


niger Amodel-Typen (Prüf-
temperatur 23 °C)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-439. Zugfestigkeit eini-


ger mit GF 30 % bzw. GF 33 %
verstärkten Technischen
Thermoplaste in Abhängigkeit
von der Prüftemperatur
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 983

Bild 2-440. Rangordnung ei-


niger Technischer Thermo-
plaste nach einem Dauerein-
satz von 10000 Stunden

Bild 2-441. Spezifische Zug-


festigkeit (s/g) einiger glas-
faserverstärkter Technischer
Polymeren. (Prüftemperatur
23 °C, rel. Feuchtigkeit 50 %

Bild 2-442 A zeigt diesen Zusammenhang für spritztrockene und Bild 2-442 B
für konditionierte Formstoffe.
Den Vergleich der im Biegeschwingungsversuch ermittelten E-Moduli von
Thermoplastische
Polykondensate

PPA, PPS und PA 66 zeigt Bild 2-443. Den Biege-Kriechmodul von GF 33 % glas-
faserverstärktem PPA und PA 66 vergleicht Bild 2-444.
Über das Ermüdungsverhalten von PPA und einiger vergleichbarer Thermo-
plaste informiert Bild 2-445 am Beispiel der Biegewechselfestigkeit.

■ Thermische Eigenschaften
Im Hinblick auf die thermische Ausdehnung in Längs- und Querrichtung ver-
halten sich die mineralgefüllten PPA-Typen naturgemäß am günstigsten. Sie nei-
gen weniger zum Verzug als die GF-verstärkten. Bild 2-446 gibt den linearen
Wärmeausdehnungskoeffizienten einiger PPA-Typen in Längs- und Querrich-
tung wieder.
984 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-442. Verhältnis Zugfestig-


keit: Zug-E-Modul für einige GF
40 % verstärkte Polymere
(A) spritzfrisch
(B) konditioniert
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-443. Biege-E-Modul von


PPA, PPS und PA 66 (GF 33 %
verstärkt) in Abhängigkeit von
der Temperatur
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 985

Bild 2-444. Biege-Kriechmodul von


GF 33 % verstärktem PPA und PA 66

Bild 2-445. Biege-Wechsel-


festigkeit einiger technischer
Polymere
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-446. Linearer Wärmeausdehnungskoeffizient einiger PPA-Typen in Längs- und Quer-


richtung
986 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-447. Glasüber-


gangstemperatur Tg eini-
ger Technischer Polymere

Mitbestimmend für den Bereich der Gebrauchstemperatur ist die Glasüber-


gangstemperatur Tg. Bild 2-447 gibt diese Temperatur für einige gebräuchliche
Technische Kunststoffe wieder. Die für den oberen Bereich der Einsatztempera-
tur maßgebende Wärmeformbeständigkeit zeigt Bild 2-448. Es zeigt sich, dass
unter den glasfaserverstärkten Polymeren PPA nur von Polyetherketon über-
troffen wird.

■ Wasseraufnahme
PPA gehört zur Familie der Polyamide. Daraus folgt, dass es beim Einsatz in
feuchter Umgebung Wasser aufnimmt. Bild 2-449 zeigt, dass Polyphthalamid we-
sentlich weniger Feuchtigkeit aufnimmt als vergleichbare glasfaserverstärkte
Polyamide, dementsprechend sind auch die bei Wasserlagerung auftretenden
Maßänderungen gering, Bild 2-450. Auch die mechanischen Eigenschaften ver-
ändern sich im Vergleich zu PA 66 wesentlich weniger, Bild 2-451.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-448. Wärmeformbe-


ständigkeit einiger Techni-
scher Thermoplaste (DIN
53401, Meth. A, 1,8 N/mm2)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 987

Bild 2-449. Wasseraufnahme


von PPA und einigen Hoch-
leistungspolymeren bei 24-
stündiger Lagerung in Wasser
von 23 °C

Bild 2-450. Maßänderung ei-


niger PPA-Typen (glasfaser-
bzw. glasfaser plus mineral-
verstärkt) bei längerer Was-
serlagerung Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-451. Änderung der Steifigkeit


von PPA im Vergleich mit PA 66 bei
Lagerung in Luft verschiedener
Feuchtigkeit
988 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-76. Kennzeichende Eigenschaften von Polyphthalamid (PPA)

Eigenschaften Norm DIN Einheit AS-1133


oder ASTM Polyphthalamid
33% Glasfaser
hitzestabilisiert
stabilisiert

Allgemeine
Dichte 53479A g/cm3 1,46
Wasseraufnahme, 24 h 53495 % 0,21

mechanische
Zugfestigkeit 53455 MPa 193
Bruchdehnung 53455 % 2,1
Biegefestigkeit 53452 MPa 254
Biegemodul 53457 MPa 11400
Scherfestigkeit D-732 MPa 89
Druckfestigkeit 53454 MPa 247
Izod-Kerbschlagzähigkeit D-256 J/m 101
Charpy-Kerbschlagzähigkeit ISO 179/1A kJ/m2 9,1
Charpy-Schlagzähigkeit ISO 179/1D kJ/m2 34
Rockwell Härte D-785 R 125
Thermische
Wärmeformbeständigkeit, 1,8 MPa 53461 °C 285
0,45 MPa °C 297
Dauergebrauchstemp. 5000 Std. D-3045 °C 185
20000 Std. °C 165
100000 Std. UL °C
Brandverhalten, 3,2 mm, getestet nach UL 94 HB
Linearer Wärmeausdehnungs-
koeffizient (· 10–5), I/q 53752
0–100 °C 1/°C 2,4/6,0
160–250 °C 1/°C 1,5/13,0
Elektrische
Durchschlagfestigkeit, 3,2 mm D-149 kV/mm 21,6
Kriechstromfestigkeit IEC112 V 550
Glühdrahtprüfung bei 960°C VDE 0471/2 2,5 mm
Thermoplastische
Polykondensate

Dielektrizitätszahl bei 60 Hz IEC250 – 4,7


bei 1 Mhz 4,3
Diel. Verlustfaktor bei 60 Hz IEC250 – 0,009
bei 1 Mhz 0,022
Verarbeitung: Formschwindung (längs/quer) D-955 % 0,4/0,8
Schmelzpunkt D-3418 °C 310
Trocknungstemperatur °C 135
Trocknungszeit Std. 10
Werkzeugtemperatur °C 135–160b
Massentemperatur °C 320–345

Mechanische und elektrische Werte: 50% RF (AF-1550 V0 spritztrocken); andere Eigenschaften:


spritztrocken. a vorläufige Einstufung; b für volle Kristallinität.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 989

AS-1145 AF-1133 VO A-1240 AF-1550 VO ET-1001


Polyphthalamid 33% Glasfaser Polyphthalamid 50% GF + Min. schlagfest
45% Glasfaser mit Flammschutz- 40% Mineral mit Flammschutz- modifiziert
hitzestabilisiert mittel hitzestabilisiert mittel

1,56 1,71 1,54 1,82 1,13


0,12 0,18 0,14 0,12 0,65
Werte in
Klammern
bei – 40 °C

227 169 107 145 63 (97)


2,0 2,0 1,1 1,3 18(11)
307 230 176 214 85
14500 13000 8800 14000 2200
92 93
302 166
100 53 37 64 1028 (133)
11,2 6,7 6,5 43,9
49,9 23,1 17 kein Bruch
125 125 120

287 273 183 263 120


301 301 282
185 185 160
165 165 140
130 a
HB V-O HB V-O 0
(bei 0,87 mm) (bei 0,8 mm)

1,5/5,2 3,4/4,0
1,0/10,2 7,9/9,2

23 18 > 22 25
550 550 550 500
2,5 mm 1,6 mm
Thermoplastische
Polykondensate

4,9 4,0 4,4


4,5 4,9 4,0
0,009 0,009 0,007
0,021 0,008 0,019
0,2/0,3 0,2/0,4 0,8/0,8 0,3/0,3 1,5–2/1,5–2
310 310 310 310 310
135 135 135 135 120
10 10 10 10 10
135–160 b 135–160 b 135–160 b 135–160 b 135–160 b
320–345 320–345 320–340 320–340 310–330
990 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Physikalische Eigenschaften
Einen Überblick über die kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften eini-
ger ausgerüsteter Typen des Amodel Sortimentes gibt Tabelle 2-76.

2.2.1.1.3.3.3
Beständigkeit

■ Chemikalienbeständigkeit
Abgesehen vom chemischen Aufbau des jeweiligen Polymeren ist die Beständig-
keit gegen in Kontakt mit dem Formstoff befindliche Medien abhängig vom ge-
samten umgebenden Technoklima. Tabelle 2-77 gibt die Beständigkeit von PPA
und einiger vergleichbarer Polymeren bei Einwirkung organischer Lösemittel
wieder, während in Tabelle 2-78 das Verhalten bei Einwirkung von Medien wie-
dergeben wird, die für den Einsatz in Automobilen üblich sind [19].

Tabelle 2-77. Beständigkeit einiger glasfaserverstärkter Polymeren gegen den Angriff durch
organische Lösemittel

Organische Lösemittel Organische Lösemittel


Ergebnisse nach 30 Tagen Einlagerungszeit

Temperatur Material ZF L G
°C % % %

PPA –3 0,1 0,2


Aceton 23 PA 6,6 –1 0,2 0,2
PET – 28 0,3 3,2
PPA –1 0 0,2
Isopropanol 23 PA 6,6 + 12 0 0,3
PET +9 0 0,3
PPA – 17 0,1 2,9
Methanol 23 PA 6,6 – 32 0,5 5,6
PET –4 0,1 0,5
PPA –6 0 1,1
Methylenchlorid 23 PA 6,6 – 10 0,1 2,4
PET – 29 2,0 9,5
PPA +3 0 0,1
Thermoplastische
Polykondensate

Methylethylketon 23 PA 6,6 +13 0 0,1


PET – 28 0,1 3,0
PPA +1 0 0,1
Toluol 23 PA 6,6 +9 0,1 0,2
PET –9 0,1 1,6
PPA –1 0 0,2
1,1,1-Trichlorethan 23 PA 6,6 + 10 0 0,2
PET 0 0 2,3

ZF: Änderung der Zugfestigkeit.


L: Längenänderung.
G: Gewichtsänderung.
Alle Untersuchungen wurden mit 30 bzw. 33% glasfaservestärkten Werkstoffen durchgeführt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 991

Tabelle 2-78. Beständigkeit einiger glasfaserverstärkter Polymeren gegen den Angriff durch
Kraftstoffe und verwandte Medien im Automobilbau

KFZ-Flüssigkeit Kraftfahrzeugflüssigkeiten
Ergebnisse nach 30 Tagen Einlagerungszeit

Temperatur Material ZF L G
°C % % %

PPA –1 0 0,4
Bremsflüssigkeit 49 PA 6,6 +5 – 0,1 0,2
PET –3 0 1,0
PPA –2 0 0,1
Dieselkraftstoff 23 PA 6,6 0 0 0,3
PET 0 – 0,1 0
PPA – 14 0 1,4
Gasohol (10% Ethanol) 23 PA 6,6 – 35 0,1 3,5
PET –7 – 0,1 0,7
PPA –8 0 0,3
Hydraulikflüssigkeit 49 PA 6,6 +3 0 0,3
PET +5 – 0,1 0,1
PPA –5 0 0,4
Düsenkraftstoff (JP-4) 23 PA 6,6 0 0 0,3
PET 0 0 0,1
PPA 0 0 0,1
Motoröl 110 PA 6,6 +6 0 – 0,2
PET –9 – 0,1 – 0,6
PPA –3 0 0,1
Lenkhilfeflüssigkeit 49 PA 6,6 +6 0 0,2
PET +8 0 0
PPA –3 0 0,1
Getriebeöl 110 PA 6,6 +5 – 0,1 – 0,2
PET – 36 0,1 – 0,6
PPA –4 0,1 0
Bleifreier Kraftstoff 23 PA 6,6 –1 0,1 0,1
PET –1 0 0,1

ZF: Änderung der Zugfestigkeit.


L: Längenänderung.
G: Gewichtsänderung.
Alle Untersuchungen wurden mit 30 bzw. 33% glasfaserverstärkten Werkstoffen durchgeführt.
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.1.3.3.4
Verarbeitung

Die Verarbeitungsbedingungen der wichtigsten Spritzgusstypen des PPA-Sorti-


mentes sind in Tabelle 2-76 wiedergegeben. Über die zu erwartende Verarbei-
tungsschwindung einiger PPA-Typen sowie den Vergleich mit anderen Techni-
schen Polymeren geben die Bilder 2-452 und 2-453 Auskunft. Beim ausschließ-
lich mineralgefüllten Typ A-1240 ist die Schwindung ausgewogen.
992 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-452. Schwindung verschiedener


PPA-Typen in Längs- und Querrichtung

Bild 2-453. Vergleich der


Schwindung von PPA mit
derjenigen anderer tech-
nischer Kunststoffe
Thermoplastische
Polykondensate

Anwendungsbeispiele
Automobilbau: Lagerkäfige, Befestigungselemente, Ventildeckel, Pumpen,
Ladeluftkühler, Wasserkästen, Drosselklappen-Stellglieder, Zündanlagen-
Bauteile, Multiplexergehäuse und Scheinwerferreflektoren.
Elektrotechnik und Elektronik: Steckverbinder, Elektromotorenkompo-
nenten, Sensoren, IC-Gehäuse, Spulenkörper, Lampenfassungen, Leuchten-
gehäuse.
Sanitätsbereich: Armaturen, Sport- und Freizeitartikel sowie Reib- und
Gleitkomponenten im Maschinenbau.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 993

2.2.1.1.3.4
Weitere partiell aromatische Polyamide
Die bisher vorgestellten partiell aromatischen Polyamide wie PA 6/6 T und Po-
lyphthalamid gehören zur Gruppe der teilkristallinen Hochleistungspolymeren.
Ebenso wie die BASF AG und Amoco Performance Products hat auch die EMS
Chemie AG (Domat/EMS/CH) ihr sehr reichhaltiges PA-Sortiment, das u. a. PA
12/ MACM I sowie die PA-Elastomere Grilamid ELY und Grilon ELX umfasst, so-
wohl durch amorphe partiell aromatische Polyamide (Grilamid TR und Grivory
G21) als auch durch teilkristalline partiell-aromatische Polyamide (Grivory HT)
auf Basis Copolyamid 6T/X ergänzt.
Das TROGAMID T, ein PA 6-3-T der Degussa AG, umfasst Basispolymere und
Formmassen, die sich vor allem durch eine dauerhafte Transparenz und hohe
Chemikalienbeständigkeit auszeichnen.

Strukturformel von PA 6-3-T,


hergestellt aus den Monomeren Trimethylhexamethylendiamin/Terephthalsäure

2.2.1.1.3.4.1
Eigenschaften
Bei den partiell aromatischen Polyamiden ist z. T. deutlich unterschiedliches
thermisches und mechanisches Verhalten gegenüber den Standard-PA-Typen zu
beobachten. Dies betrifft sowohl den Schmelzpunkt, die Glastemperatur, die
Wasseraufnahme, chemische Beständigkeiten, elektrische und optische Eigen-
schaften, das mechanische Verhalten als auch die generellen Verarbeitungsei-
genschaften. Da sich die verschiedenen Typen untereinander ebenfalls sehr
deutlich unterscheiden, zudem noch eine Vielzahl von Blends angeboten wird,
auf der anderen Seite aber der Marktdurchsatz dieser Spezialitäten doch eher ge-
ring ist, sei hier an dieser Stelle auf die allgemein auch im Internet angebotenen
Datenblätter verwiesen.
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.1.4
Modifizierte Polyamide
Die Reihe der heute am Markt angebotenen Polyamidtypen eröffnete vor sech-
zig Jahren das PA 66 (Nylon) und das PA 6 (Perlon). Beide erlangten zunächst als
Rohstoffe für die Herstellung synthetischer Textilfasern ihre größte Bedeutung.
Erst in den fünfziger Jahren wurden sie als technische Werkstoffe auf vielen
Anwendungsgebieten zu Konkurrenten der bis dahin in der Technik fast aus-
schließlich verwendeten Duroplaste. Dieses um so mehr, als ihr Eigenschaftsbild
durch den Zusatz von mineralischen Füllstoffen und/oder Glasfasern noch
näher an das der härtbaren Formmassen heranrückte. Die die Polyamide kenn-
994 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-79. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften modifizierter Polyamide

Eigenschaften Einheit Flexible Polyamide

PA 11 PA 12

Dichte g/cm3 1,05–1,06 1,02–1,04


Wasseraufnahme 20°C, 65% r.F. % 1–1,1 0,5–0,7
mechanische
Streckspannung N/mm2 7–18 15–30
Dehnung an der Streckgrenze % 17–25 20–25
Reißfestigkeit N/mm2 30 – 42 24–50
Bruchdehnung % 280–380 250–300
E-Modul N/mm2 120–350 300–750
Schlagzähigkeit 23°C kJ/m2 o.B. o.B.
–40°C kJ/m2 o.B. o.B.
Kerbschlagzähigkeit 23°C kJ/m2 340–o.B. 15–o.B.
– 40°C kJ/m2 21–80 3–6
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) N/mm2 – 22–50
Härte Shore D 43–63 56–72
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 100–120 100–120
dauernd °C 100 100
Formbeständigkeit in der Wärme
nach Vicat, Methode B °C 100–145 95–140
nach ISO R 75 Methode A °C – –
Methode B °C 145–155 120–140
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 9 · 105– 13 · 10–5 12 · 10–5 –13 · 10–5
Schmelztemperatur °C 170–185 162–175
elektrische
spez. Durchgangswiderstand W cm 7 · 1010 –1 · 1011 7 · 109 –1 · 1011
Oberflächenwiderstand W 7 · 1011 –2 · 1012 1 · 1010 –5 · 1010
Dielektrizitätszahl (1 kHz) 3,70–9,70 10–27
dielektr. Verlustfaktor tan d (1 kHz) 0,05–0,20 0,15–0,55
Durchschlagfestigkeit kV/mm –
Vergleichszahl der
Thermoplastische

Kriechwegbildung CTI Prüflösung A > 600 –


Polykondensate

zeichnenden Nachteile waren jedoch damit nicht überwunden: die Feuchtig-


keitsaufnahme und die damit verbundenen – gegebenenfalls häufig wechseln-
den – Maßänderungen der Formteile sowie die niedrige Schlagzähigkeit im
trockenen, d.h. nicht konditionierten Zustand und in der Kälte konnten durch
Einführung von PA 610, PA 11 und PA 12 gemildert, jedoch nicht ganz behoben
werden. Das Konditionieren ist zeitraubend. Es führt außerdem zur Abnahme
der Festigkeit und Steifheit und damit zur Beeinträchtigung der mechanischen
Eigenschaften.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 995

PA-Polymer-Blend Co-Polyamid Thermoplast PA-Elastomere Polyetheramid

PA 6/EVA PA 66/6 Vestamid E Grilamid ELY 60 Pebax


hochmolekular GF 30% PA 12/ PA 12/Poly-
Mineral. 30% THF-Blöcke etherblöcke

1,10 1,34 1,01–1,02 1,01 1,01


2,2 1,8 0,5 0,5 0,5–1,2

tr. 40 kond. 65 – – 20 22
– – – – 45 28
70 40 75 14–32 30 29–33
75 200 8 200 300 500–700
2600 1100 4300 80–360 250 20–200
o.B. o.B. o.B. o.B. o.B. o.B.
o.B. o.B. 90 o.B. o.B. o.B.
16–20 o.B. 70 o.B. o.B. o.B.
– – 40 8–o.B. 10 o.B.
115 70 175 – – –
– – – 40–62 50 55–80

– 180 130 130 130


80 100 120 100 100 100

140 – – 150 (10 N) 150 (10N)


60 65 243 – – –
140 160 210 – – –
20 · 10–5 – 14·10–5–16·10–5 – 17·10–5 –23·10–5
217 221 243 143–170 – 160–168

1014 1015 – 5 · 1012 –


1012 1012 1012 – –
4 – – 5 –
– – – – –
45–55 30 – – 40 –
Thermoplastische

> 600 575 – > 600 –


Polykondensate

2.2.1.1.4.1
Flexible Polyamide
Wie bereits im Abschnitt über Funktions-Zusatzstoffe berichtet, ist es möglich,
mit Hilfe von Weichmachern ähnlicher polarer Struktur (z. B. Cetamol, BASF
AG) die Basispolymeren des Sortiments zu flexibilisieren. Die höhere Dehnung
und Kerbschlagzähigkeit bei Raumtemperatur rückt diese Materialtypen in die
Nähe der thermoplastischen PA-Elastomeren gleicher Härte, wie Tabelle 2-79
996 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

zeigt. Die derart „weichgemachten“ Polyamide sind jedoch wenig kälteschock-


fest; die Weichmacher sind leicht extrahierbar. Deshalb sind sie für den Kontakt
mit Lebensmitteln nicht zugelassen.

2.2.1.1.4.1.1
Verarbeitung
(siehe Abschnitt Polyamide, Tabelle 2-72)

2.2.1.1.4.1.2
Anwendungsbeispiele
Anwendungsbeispiele sind: Sportartikel, Luft- und Schlauchleitungen, Laufrol-
len, Dichtungen und Kabelummantelungen. Das Angebot nahezu aller Herstel-
ler von Polyamiden enthält flexible PA-Sorten.

2.2.1.1.4.2
Co-Polyamide
Einen anderen Weg, der jedoch zu Polyamiden mit hoher Festigkeit bei gleich-
zeitiger hoher Schlagzähigkeit – allerdings nicht in der Kälte – führt, bietet die
Block-Copolymerisation. Die am Markt vorhandenen Copolyamide sind vor-
wiegend aus den Monomeren Caprolactam, Hexamethylendiamin und Laurin-
lactam aufgebaut. Als Schmelzklebstoffe – der wichtigsten Anwendungsform –
werden die Produkte vorwiegend im Pulverschmelzverfahren – mit anschlie-
ßendem Sintern – auf textile Einlagestoffe aufgetragen. Sie versteifen das Ge-
webe und sind beständig gegen Reinigungsmittel und Waschlaugen.
Eine Anwendung für Copolyamide, bei denen der PA 6-Anteil überwiegt, ist
das Coextrudieren mit PE-LD nach dem Schlauchfolienverfahren. Produkte mit
überwiegendem PA 66-Anteil werden wegen ihrer hohen Zähigkeit durch
Spritzgießen verarbeitet [20]. Man kann somit diese Materialien im Einzelfall als
PA 66/6- bzw. PA 6/66-Copolyamide bezeichnen. Es gehört zu den hervorste-
chenden Eigenschaften dieser Cokondensate, dass die elastischen Eigenschaften
– im Unterschied zu den flexibilisierten Basistypen – zeitlich unverändert blei-
ben. Eine Weichmacherwanderung findet nicht statt.
Richtwerte der Eigenschaften eines mit je 30 % Masseanteil GF und minerali-
Thermoplastische

schem Füllstoff versehenen PA 66/6-Copolyamids enthält Tabelle 2-79. Dieser


Polykondensate

Materialtyp weist eine höhere Zähigkeit und Biegewechselfestigkeit auf, als ana-
loge PA 66-Einstellungen. Die Glasfaserverstärkung bewirkt eine hohe Wärme-
standfestigkeit, was den Einsatz daraus hergestellter Formteile im Motorraum
von Kraftfahrzeugen zulässt.

2.2.1.1.4.2.1
Verarbeitung

Die Bedingungen für das Ur- und Umformen von Formteilen und Halbzeug aus
PA-Cokondensaten lehnen sich an die der Basispolymeren (d. h. vorwiegend von
PA 6, PA 66 und PA 11, PA 12) an.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 997

Obwohl die Sortimente der meisten PA-Hersteller Cokondensate enthalten, wer-


den dennoch in vielen Fällen die Polymerblends aus PA und Olefin- bzw. Butadi-
enelastomeren eingesetzt. Die Polymerblends bieten den Vorteil der größeren Va-
riationsbreite und vor allem der geringeren Feuchtigkeitsaufnahme,was wiederum
zu maßhaltigeren Formteilen führt. Radkappen, Geräte und Elektrowerkzeug-
gehäuse sind bekannte Anwendungsbeispiele für GF-verstärktes, schlagzähes PA 6.
Der heute zur Herstellung hochwärmebeständiger, hochfester, schlagzäher,
teilkristalliner und teilaromatischer Copolyamide beschrittene fortschrittliche
Weg wurde anhand einiger Beispiele beschrieben.

2.2.1.1.5
Thermoplastische Polyamid-Elastomere
Die Überlegung, die typischen Elastomereigenschaften vulkanisierter Kaut-
schuke mit der leichten Verarbeitbarkeit der Thermoplaste zu verbinden, führte
auch bei den Polyamiden zur Entwicklung thermoplastischer Elastomere.
Als Konstruktionswerkstoffe erfüllen sie die Forderung an eine leichte Verar-
beitbarkeit des Produktes als Schmelze sowie diejenige an das Fertigteil im Hin-
blick auf niedrige Glasübergangs (Tg)- und hohe Schmelztemperatur (Ts), mit an-
deren Worten nach einem breiten Temperaturintervall zwischen Tg und Ts. Diese
Bedingungen können weder die Homopolymeren noch die statistischen Copoly-
meren, sondern nur Block-Copolymeren erfüllen, wie Bild 2-454 zeigt. Die Block-
polymeren bestehen innerhalb einer Kette aus alternierenden und ausreichend
langen „harten“ und „weichen“ Segmenten, Bild 2-455. Die Elastomereigenschaf-
ten kommen dadurch zustande, Bild 2-456, dass diese Ketten untereinander in

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-454. Abhängigkeit der Glasüber-


gangstemperatur (Tg) und der Schmelz-
temperatur (Ts) verschiedener Poly-
meren vom strukturellen Aufbau

Bild 2-455. Aufbauschema der Block-


copolymeren
998 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-456. Schematische Darstellung thermoplastischer


Elastomeren

Wechselwirkung treten, und zwar so, dass die harten Segmente aggregierte Berei-
che bilden und in der amorphen Matrix als physikalische Vernetzungspunkte wir-
ken (im Falle der PA-Elastomeren durch Wasserstoffbrücken-Kräfte intermoleku-
lar eng gebunden). Die physikalische Vernetzung ermöglicht die thermoplastische
Verarbeitbarkeit und nach dem Erstarren das Verhalten als Elastomer. Die Eigen-
schaft als elastomerer Werkstoff mit hoher Zugfestigkeit ist nur dann erreichbar,
wenn mehr als zwei Hartsegmente pro Block-Copolymer-Baustein vorhanden
sind.Zwei- und Dreiblock-Copolymere mit einem Hartsegment pro Blockmolekül
weisen keine Elastomereigenschaft auf.

2.2.1.1.5.1
PA 12-Elastomere
Das erste thermoplastische PA-Elastomer wurde von der Hüls AG entwickelt und
anlässlich der K’79 in Düsseldorf als Vestamid E der Fachwelt vorgestellt. Bild
2-457 zeigt den Aufbau dieser sehr flexiblen, kälteeschlagzähen, teilkristallinen
Elastomeren.

2.2.1.1.5.1.1
Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur

Als Hartsegment wurde bewusst PA 12 (Polylaurinlactam) gewählt, denn es ist sehr


kristallisationsfähig, nimmt wenig Wasser auf (deshalb maßbeständig), ist steif,
schlagzäh, abriebfest, sehr chemikalienbeständig und gut verarbeitbar. Als Weich-
Thermoplastische
Polykondensate

segment wurde der Polyether Polytetrahydrofuran (PTHF) gewählt, eine vorzügli-


che kälteschlagzähmachende Komponente, die im Vergleich mit Polyethylenglycol
nur wenig Wasser aufnimmt und so zur Maßhaltigkeit der Formstoffe beiträgt.

Hartsegment Weichsegment

Durch Wahl der Masseanteile der Komponenten sowie durch Variation der PA
12- und der PTHF-Sequenzlängen können die Eigenschaften der einzelnen Ty-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 999

Bild 2-457. Schematischer Auf-


bau der Vestamid Elastomeren

pen gezielt eingestellt werden. Mit zunehmendem Weichsegmentanteil werden


die sich bildenden sphärolithischen Überstrukturen der kristallinen Bereiche
aufgelockert und gehen schließlich in einen filzartigen Zustand über.
Das 1979 erstmals vorgestellte Grilamid ELY 60 (früher ELY 1256) der EMS
Chemie AG enthält ebenfalls harte PA 12- und weiche (nicht näher beschriebene)
Polyetherblöcke. Estergruppen sind nicht vorhanden. Auch für dieses Produkt
gelten die für Vestamid beschriebenen Eigenschaften und Anwendungsgebiete.

2.2.1.1.5.1.2
Thermo-Mechanische Eigenschaften

Richtwerte der mechanischen und physikalischen Eigenschaften der Basistypen


enthält Tabelle 2-79. Die Wertebereiche für flexibles PA 12 wurden zum Vergleich
ebenfalls in diese Tabelle aufgenommen.
Zum Eigenschaftsbild ist grundsätzlich zu sagen, dass die Weichphase, gleich-
sam als innerer Weichmacher, folgende Eigenschaften beeinflusst: Härte, E-Mo-
dul und Festigkeit werden herabgesetzt, Biegsamkeit und Kälteschlagzähigkeit
erhöht. Die Geräuschentwicklung wird gedämpft. Die Durchlässigkeit für Was-
serdampf und Gase sowie die Aufnahmefähigkeit für Lösemittel und Öle werden
erhöht; die Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien, der Schmelzbe-
reich sowie Formbeständigkeit in der Wärme erniedrigt. Es sei jedoch auf die
vorzügliche Heißwasser- und Hydrolysebeständigkeit hingewiesen.

2.2.1.1.5.1.3
Verarbeitung

Die elastomeren Polyamide können durch Spritzgießen, Extrudieren, Extru-


sions-Blasformen und Rotationsformen verarbeitet werden.

Verarbeitungsbedingungen
Die optimalen Verarbeitungstemperaturen liegen tiefer als bei PA 12. Sie nehmen
Thermoplastische
Polykondensate

mit zunehmendem Masseanteil von PTHF von 210 – 230 °C auf 170 – 190 °C ab.
Beim weichmacherhaltigen Typ Vestamid E 33 LW beträgt sie nur 150 – 170 °C.

Anwendungsbeispiele
Skischuhe, Sohlen, Bälle, Fahrradsättel, Schläuche, Dichtungen, Pumpen-
membranen, Armaturen, Dämpfungselemente, Katheter und Tankver-
schlusskappen. Die flammwidrig ausgerüsteten Typen eignen sich für Ka-
belummantelungen und sonstige Anwendungen in der Elektrotechnik. Die
dauerantielektrostatisch ausgerüsteten Typen werden in Sicherheitsberei-
chen eingesetzt.
1000 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Trotz des im Vergleich mit Kautschuk höheren Preises sind die daraus
hergestellten Formteile um 10 bis 20 % billiger, weil die Dichte um 25 %
niedriger ist, die Wanddicken um 50 % dünner gewählt und die Spritzzy-
klen um 30 s kürzer eingestellt werden können.

2.2.1.1.5.2
PA 11-Elastomer
2.2.1.1.5.2.1
Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur

Der Handelsname des 1981 von der Elf Atochem eingeführten Pebax ist vom
Wort Poly-Ether-Block-Amid abgeleitet.
Es handelt sich um Copoly(ether-ester-amide), die durch Polykondensation
von carbonylendgruppen-haltigen Polyamiden mit linearen oder verzweigten
Dihydroxy-Polyethern hergestellt werden.
Die Strukturformel dieses Polyetheramids besagt: Die Art des Polyamid-
blocks (bei Pebax meist PA 11) bestimmt die Schmelztemperatur und die chemi-
schen Eigenschaften. Die Länge des PA-Blocks beeinflusst ebenfalls die Schmelz-
temperatur.

PA = Polyamidsegment PE = Polyethersegment

Der Polyetherblock entscheidet über Hydrophilie, Glasübergangstemperatur


und antielektrostatische Eigenschaften; aus dem Verhältnis Polyether zu Poly-
amid resultiert die Flexibilität.
Pebax zeichnet sich aus durch:
• niedrige Dichte,
• hohe Flexibilität und Biegewechselfestigkeit,
• hohe Schlagzähigkeit im Bereich von –40 bis +80 °C,
• hohes Rückstellvermögen bei niedriger Hysterese,
• hohe Geräuschdämpfung,

Thermoplastische
Polykondensate

hohe Chemikalienbeständigkeit,
• leicht einfärbbar,
• für alle Fertigungsverfahren geeignet,
• enge Fertigungstoleranzen,
• hoch füllbar,
• keine Weichmacher,
• Shore-Härten zwischen 63 D und 60 A,
• gesundheitlich einwandfrei,
• physiologisch unbedenklich.
Richtwerte der wichtigsten Eigenschaften enthält Tabelle 2-79.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1001

■ Zusatzstoffe
An Funktions-Zusatzstoffen kommen Antioxidantien, UV-Stabilisatoren, Brand-
schutzausrüstung, Schmiermittel und Antielektrostatika in Betracht.
An mineralischen Füllstoffen werden bis zu 50 % Masseanteil hinzugegeben.
Als Verstärkungsstoffe dienen Glas- und C-Fasern.

■ Beständigkeit
Lösemittel wirken quellend, nicht beständig gegen: Säuren und Laugen, bestän-
dig gegen: Wasser.

Anwendungsbeispiele
Siehe PA 12-Elastomer.

■ Sortiment
Das Pebax-Sortiment ist sehr reichhaltig. Der Flexibilitätsbereich beträgt Shore
63 D bis 60 A. Die Schmelzpunkte variieren entsprechend mit dem Verhältnis der
Komponenten zwischen 120 °C bis 210 °C. Die Typen mit niedriger Wasserauf-
nahme nehmen bei Raumtemperatur deutlich unter 1 % Wasser auf. Dagegen
bringen es hydrophile Typen auf 1,2 %. Dazu kommt die Vielfalt an mineralischen
Füllstoffen (TiO2, CaCO3, BaSO4, ZnO). Durch die Zugabe von MoS2 oder PTFE
kann das Gleit- und Abriebverhalten wesentlich verbessert werden. Ein pulver-
förmiger Materialtyp für Beschichtungen ergänzt das Sortiment.

2.2.1.1.6
Guss-Polyamide und Polyamid-RIM-Systeme
Dieter Gittel, Peter Elsner

2.2.1.1.6.1
Allgemeine Eigenschaften

2.2.1.1.6.1.1
Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur
Thermoplastische
Polykondensate

Es gibt folgende Möglichkeiten der Polymerisation von Lactamen:


• hydrolytisch
• kationisch
• anionisch.
Bei der hydrolytischen Polymerisation von e-Caprolactam wird aus Lactam mit
einem geringen Wasseranteil in 10 bis 20 Stunden bei 260 – 290 °C ein festes li-
neares Polyamid 6 hergestellt. Über 72 % (2000) dieses Polyamid 6 werden zu Fa-
sern, die restlichen 28 % durch Extrusion zu Halbzeugen und Folien oder durch
Spritzgießen verarbeitet.
1002 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

PA 6-G

Ringöffnungspolymerisation von e-Caprolactam

Das Ergebnis der kationischen Polymerisation sind Produkte mit niedrigem


Molekulargewicht, welche technisch oder kommerziell keine größere Bedeutung
haben.
Bei der aktivierten anionischen, aber auch in situ- oder Ringöffnungspolymeri-
sation genannt, wird immer im Zweikomponentenverfahren (2 K) gearbeitet.
Aufgeschmolzenes Monomer wird in getrennten Behältern einer Aufberei-
tungs- und Dosieranlage (PA-RIM-Anlage) mit einem Initiator (Katalysator)
bzw. einem Aktivator versehen. Zur Formteilherstellung werden die beiden
Schmelzeströme in geeigneter Weise miteinander vermischt, und in ein exakt
temperiertes Formgebungswerkzeug ausgetragen. Mit der Schmelzezusammen-
führung ist die Polymerisationsreaktion gestartet und erfolgt nach kurzer Ver-
zögerung mit einstellbarer Geschwindigkeit zu hohen Umsätzen und Molmas-
sen. Über das Monomer-Initiator- sowie das Initiator-Aktivator-Verhältnis
lassen sich Molmasse und in Grenzen ihre Verteilung gezielt einstellen. Ent-
scheidend für die Polymerisationsreaktion und deren Dauer sind die Wirkung
von Initiator und Katalysator sowie die Wahl der Schmelze- und Werkzeugtem-
peratur. So wird bei Guss-PA 6-Systemen deutlich unterhalb des Polymer-
schmelzpunktes gearbeitet, während bei Guss-PA 12 die Werkzeugtemperatur in
Abhängigkeit von der Art des aktivierenden Systems zum Teil signifikant ober-
halb dieses Schmelzpunktes liegen kann.
Mit der anionischen Lactam-Polymerisation ist es möglich, ein Formteil di-
rekt aus dem Monomer in einem Arbeitsschritt mit vergleichsweise geringem
Thermoplastische
Polykondensate

Energieeinsatz herzustellen. Aus Bild 2-458 wird der grundsätzliche Vorteil der
anionischen Polymerisation leicht ersichtlich.

Bild 2-458. Der Weg zum PA 6-Bauteil


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1003

Bild 2-459. Lactam-Polymerisation: Monomere und Endprodukte

Die aktivierte anionische Polymerisation ist ein technisch ausgereiftes Ver-


fahren und wird zunehmend eingesetzt und hat dort eine besondere Bedeutung,
wo herkömmliche Verfahren unwirtschaftlich sind oder Bauteile ausschließlich
nach diesem Verfahren zu fertigen sind. Bild 2-459 gibt eine Übersicht der ver-
wendbaren Monomeren und den daraus entstehenden Polyamidarten.
Die Lactam-Polymerisation ermöglicht eine Online-Rezepturoptimierung
und somit in weitem Bereich eine flexible Anpassung der Materialeigenschaften
an die Bauteilanforderungen. In Tabelle 2-80 werden die notwendigen Grund-
substanzen (Monomere, Aktivator bzw. Katalysator) und mögliche Modifikato-
ren vorgestellt.

2.2.1.1.6.1.2
Verarbeitung

■ Schmelzeaufbereitung
Zur Verarbeitung werden Schmelzeaufbereitungs- und Dosieranlagen verwen-
det, welche in ihrer Ausführung dem zu verwendeten Monomer und dem an-
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-460. Schmelzeaufbereitungs- und Dosieranlageanlage für PA-Gusssysteme


1004 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-80. Substanzen zur Herstellung und Modifizierung von Gusspolyamiden

Bestandteil Chemische Substanz Wirkung

Monomer für e-Caprolactam C6H11NO Hauptbestandteil für PA 6-G und elastomer-


PA 6-G modifiziertes PA 6-G (Nyrim)
Monomer + Pre- Mischung aus Polyether, Modifizierung von schlagzähen bis elasto-
polymer (Nyrim‘) Ca-prolactam + Ketten- meren Eigenschaften; kommerziell Polyol-
verlängerer H-(O-R-O)x anteile von 7, 10, 20, 30 und 40%
[-CO-(CH2)5-NH-]y-H
Monomer für Laurinlactam Hauptbestandteil für PA12-G
PA 12-G C12H23NO
Aktivator (PA 6-G) Aliphatisches Polyiso- Aktivierung des e-Caprolactam Rings für
cyanat in Methylpyrroli- beschleunigte Reaktion; Restmonomer-
don oder blockiertes gehalt < 2%
Diisocyanat
Katalysator (PA 6-G) Metall-Lactamate aus Voraussetzung für die anionische Poly-
Natrium, Kalium oder merisation, auch für PA 12-G geeignet;
Brommagnesium in Brommagnesium-Lactamat für Nyrim‘
e-Caprolactam
Schlagzäh- Triamin Verbesserung der Kaltschlagzähigkeit von
modifikator PA 6-G; Temperaturen bis –40°C
Schlagzäh- Laurinlactam Copolymerisation von e-Caprolactam mit
modifikator 10–20% Laurinlactam
Stabilisatoren Verschiedene Substanzen Stabilisierung gegen Wärmealterung und
UV-Belastung
Entschäumer Polyethylenglykole Vorrangige Verwendung bei der Rotations-
verarbeitung
Aktivator und Ver- Aromatisches Reduziert die Reaktionsgeschwindigkeit
netzer (PA 12-G) Polycarbodiimid und führt zur Vernetzung zwischen Carbo-
diimid und Polyamid
Gleitmittel Verschiedene Öle; Verbesserung der Notlaufeigenschaften,
Molybdändisulfid reduziert Reibwiderstand im Trockenlauf
Farbstoffe Organische Farbstoffe; Nicht jeder Farbton einstellbar
Ruß

schließenden Fertigungsverfahren angepasst sind. Bild 2-460 stellt eine Anlage


zur Verarbeitung von PA 6-G, PA 6/12-G und Nyrim‘ vor.
Thermoplastische
Polykondensate

Folgende Anforderungen werden an die Verarbeitungstechnik gestellt:


• Homogenes Aufschmelzen (± 2 – 3 °C) in schmelzeführenden Verlauf
• Weitestgehender Ausschluss von Luftsauerstoff und Feuchtigkeit
• Bei PA 6-G, PA 6/12-G bzw. mit Elastomer modifiziertem PA 6-G (Nyrim‘)
getrennte Zugabe des Katalysators sowie der Modifikatoren und Füllstoffe ei-
nerseits und andererseits des Aktivators in die Caprolactam-Schmelze (Men-
genverhältnis immer 100:100)
• Bei PA 12-G wird das Monomer Laurinlactam und der Katalysator getrennt
aufgeschmolzen (Mengenverhältnis 100 : 100 oder 100 : x)
• Die Förderung und Dosierung erfolgt in der Regel mit Präzisionszahnrad-
pumpen. In seltenen Fällen wird zusätzlich mit Dosierkolben gearbeitet.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1005

• Die Schmelzeströme können entweder zirkulieren (Behälter Æ Pumpe Æ


Mischkopf Æ Behälter) oder direkt ausgetragen werden.
• Das Mischen (Einleitung der Polymerisation) erfolgt in der Regel im Misch-
kopf durch Öffnen von Ventilen und der Vereinigung der Schmelzeströme un-
ter Druck. Der Schmelzeaustrag erfolgt mit einer Düse oder Leitung in das
Formwerkzeug. Dieser Bereich muss nach dem Dosieren mit Stickstoff oder
Spülmittel gereinigt werden, um einen Leitungsverschluss durch polymeri-
sierende Schmelze zu vermeiden.
Im Folgenden sind bekannte Formgebungsverfahren durch aktivierte anioni-
sche Polymerisation mit typischen Anwendungsbeispielen dargestellt:
• Stand- oder auch gravimetrischer Guss für Halbzeuge und dickwandige
Formteile
Platten, Rundstäbe, Rohre, Preforms für mechanische Bearbeitung
• Schleuderguss für rotationssymmetrische Formteile bei 200– 1 500 min–1
Rollen, Räder, Seilscheiben; Zahnräder, Stützfüße, Rohre
• Rotationsguss für Hohlformen
Öl- und Kraftstoffbehälter für LKW’s, Busse, Hubschrauber und Motorräder,
Lagertanks bis 10 000 l
• Reaktionsspritzgießen (RIM) zur Herstellung von verzugsfreien Formteilen
mit langen Fließwegen, bei geringen bis großen und wechselnden Wandquer-
schnitten (Vorteil gegenüber Spritzgießen) sowie von Hart-Weich-Funk-
tionsbauteilen
Unterschiedlichste Maschinen-, Anlagen- und Funktionsteile, Griffelemente
• Gießen von Prototypen in Silikonformen unter Vakuum
Kurzfristige Herstellung von seriennahen Funktionsprototypen aus Kon-
struktionsdatensätzen möglich (ca. 12–15 Arbeitstage), auch mit Hinterschnei-
dungen und verlorenen Kernen für Hohlkörper
• T-RTM (Thermoplast-Resin Transfer Moulding) serientaugliches Verfahren
in Entwicklung; Substitution auch von hochbelastbaren flächigen und rohr-
förmigen Metallteilen im Fahrzeugbau
Herstellung von leichten, hochsteifen und hochfesten Faser-Verbundbautei-
len aus PA 6-G mit textilen Endlos-Faserstrukturen und lokalen Verstärkun-
gen.

■ Anforderungen an die Werkzeugtechnik


Thermoplastische
Polykondensate

• Der Anguss sowie die Angussverteilung muss in der Werkzeugtrennebene lie-


gen, um Entformen zu können. Geschlossene Zuleitungen müssen mit Stick-
stoff und/oder Spülmittel gereinigt werden (siehe Abschnitt Schmelzeaufbe-
reitung)
• Homogene Temperatur von 2 – 3 °C über die gesamte Kavität
• Sehr gute Abdichtung gegen wasserartige Schmelze und zum Vermeiden von
Gratbildung
• Werkzeugentlüftung oder Vakuumunterstützung bei RIM und T-RTM
• Gute Oberflächenqualitat (Kratzer werden z. B. abgeformt)
• Trennmittel erforderlich
• Die notwendigen Kräfte zum Entformen sind hoch.
1006 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.1.6.2
Gusspolyamid 6
2.2.1.1.6.2.1
Allgemeine Stoffbeschreibung

PA 6-G zeichnet sich im Vergleich zu hydrolytisch kondensiertem PA 6 durch


sein extrem hohes Molekulargewicht und der außerordentlich hohen Kristalli-
nität aus. Dies wirkt sich auf fast alle Eigenschaftswerte vorteilhaft aus. Zug-
festigkeit, Härte und Steifigkeit lassen sich etwa zwischen den Werten von PA 6
und PA 66 einordnen. Daraus resultiert ein hervorragendes Zeitstandverhalten
mit geringer Kriechneigung. Die Abriebfestigkeit übertrifft alle bekannten Po-
lyamide. Die thermischen Eigenschaften werden von der hohen Kristallinität be-
stimmt. Das ausgeprägte Kristallitgefüge des PA 6-G bricht erst kurz vor Errei-
chen des Schmelzpunktes zusammen. Eine hohe Standfestigkeit und Steifigkeit
bei Wärmebeanspruchung leiten sich daraus ab. Die chemischen Eigenschaften
entsprechen dem Niveau von PA 6. Hinsichtlich des Verhaltens gegenüber Was-
ser und quellenden Medien ist es selbst günstiger als PA 66 einzustufen. Bei der
Wasseraufnahme im Sättigungszustand liegt es bei 6,5 bis 7,5 % (PA 66 bei 8 bis
9 % und PA 6 hydrolytisch kondensiert bei 9 bis 11 %)

2.2.1.1.6.2.2
Verarbeitung von e -Caprolactam zu PA 6-G

• Schmelzpunkt e-Caprolactam: 69 °C
• Lagertemperatur langzeitig flüssig: 85 °C
• Mögliche Schmelzetemperaturen: 90 bis 140 °C
110 bis 140 °C Entformung < 10 min
• Mögliche Werkzeugtemperaturen: 130 bis 170 °C
• Anteil Aktivator: 0,5 bis 2,5 Gew.- %
• Anteil Katalysator: 1,0 bis 3,0 Gew.-%
• Feuchtigkeitsgehalt: < 0,02 % (N2-Überlagerung
der Schmelze erforderlich)
• Dichte Caprolactam bei 100 °C: ca. 1,0 g/cm3
• Dichte Gusspolyamid 6: 1,14 – 1,15 g/cm3
• Volumenschwindung: 15 %
Thermoplastische
Polykondensate

• lineare Schwindung: 2,5 – 3,0 %


• Polymerisationsdauer: von 1 bis 30 Minuten einstellbar
• Die Synthese von Guss-PA 6 aus Caprolactam erfolgt exotherm:
– Wärme durch Polymerisation von 30 cal/g (adiabatisches DT = + 55 °C)
– Wärme durch Kristallisation 20 cal/g (für 50 % Kristallinität,
adiabatisches DT = + 30 °C)
• Eigenschaften siehe Tabelle 2-82
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1007

2.2.1.1.6.3
Gusspolyamid 6/12 (Copolymerisation)
2.2.1.1.6.3.1
Allgemeine Stoffbeschreibung

Durch Zugabe von bis zu 25 % Laurinlactam zu e-Caprolactam lassen sich viele


Eigenschaften, insbesondere die Zähigkeit in weiten Bereichen verändern.
Durch Zugabe von nur 5 % Laurinlactam wird die Kerbschlagzähigkeit im trocke-
nen Zustand um den Faktor 3, bei 10 % bis auf das 10-fache des Basismaterials
angehoben. Demgegenüber verringern sich die Festigkeiten und Steifigkeiten
aus Zug- und Biegeversuch sowie die Härte bei Zugabe von 10 % Laurinlactam
auf ca. 55 – 60 % von PA 6-G.
Bei der Verarbeitung nimmt die Polymerisationsgeschwindigkeit zu, während
die Werkzeugtemperatur mit steigendem Laurinlactamanteil um 10 bis 15 °C ab-
gesenkt werden sollte.

2.2.1.1.6.4
Elastomermodifiziertes Gusspolyamid 6 (Nyrim™)
2.2.1.1.6.4.1
Allgemeine Stoffbeschreibung

Nyrim‘ ist ein Polyamid-Elastomer-Blockcopolymer (NBC) mit einstellbaren


Eigenschaften im Bereich von schlagzäh bis elastomer.
Das Zweikomponentensystem besteht aus der reaktionsfesten Mischung von
Polyether, Caprolactam und Adipyl-bis-caprolactam als Kettenverlängerer sowie
dem Katalysator, ein Caprolactam-Magnesiumbromkomplex, gelöst im restli-
chen Caprolactam.
Bei den NBC-Produkten handelt es sich um Blockcopolymere aus Polypropy-
len-glycol mit Caprolactam.

H–(–O–R–O)x–[–CO–(CH2)5–NH–]y–H
Nyrim‘ (NBC)
Thermoplastische
Polykondensate

Der Polyolanteil kann zwischen 0 und 65 % betragen, kommerziell wird zwi-


schen 7 und 40 % angeboten, in ausgewählten Formulierungen mit Kurzglasfa-
sern (15 und 25 Gew.-%) und mineralischen Füllstoffen. Die unterschiedlichen
Materialeinstellungen zeichnen sich durch ein gutes Verhältnis von Steifigkeit
und Zähigkeit, ein geringes Ermüdungsverhalten bei wechselnden Beanspru-
chungen, durch hohe Schlagzähigkeit, auch bei niedrigen Temperaturen, und
einem guten Abriebverhalten aus. Ein Vulkanisieren von Gummi direkt auf Ny-
rim‘ ist möglich. Die Verarbeitungsbedingungen entsprechen denen von e-Ca-
prolactam zu PA 6-G, wobei die Schmelze- und insbesondere die Werkzeugtem-
peratur mit zunehmenden Polyolanteil um bis zu 20 °C reduziert werden sollte.
Weitere Materialeigenschaften sind Tabelle 2-82 zu entnehmen.
1008 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.1.6.4.2
Verarbeitung

Die Herstellung wie auch die möglichen Fertigungsverfahren ähneln der be-
schriebenen anionischen Polymerisation von e-Caprolactam zu PA 6-G.

2.2.1.1.6.4.3
Anwendungsbeispiele

Zahnräder, Kettenräder, Transportbehälter, Hydrozyklone, Förderbänder, Rie-


menscheiben, Rollen, Pumpen und Gebläserotoren, große Gehäuse.

2.2.1.1.6.5
Gusspolyamid 12
2.2.1.1.6.5.1
Allgemeine Stoffbeschreibung

PA 12-G ist ein im drucklosen Gießverfahren hergestellter zäh-harter Kunststoff


mit einem niedrigen spezifischen Gewicht, sehr guter Zeitstandfestigkeit, hoher
Wärmeformbeständigkeit und geringer Wasseraufnahme. Im Zustand der Was-

Tabelle 2-81. Kennzeichnende Eigenschaften von unverstärktem und glasfaserverstärktem


Nyrim-Vollstoff

Eigenschaften Einheit Nyrim 200 Nyrim 2025 (25%GF)

trocken kondit. trocken kondit.

Dichte g/cm3 1,13 1,13 1,31 1,31


Wasseraufnahme % 1,02 – 0,9 –
mechanische
Streckspannung N/mm2 42,5 33,7 – –
Dehnung an der Streckgrenze % 9 11 – 10
Zugfestigkeit N/mm2 47,2 46,8 59,2 45,4
Bruchdehnung % 270 280 8,5 17
Thermoplastische
Polykondensate

Biegefestigkeit – 33 °C N/mm2 1900 – 3690 –


+ 23°C N/mm2 1345 1000 2950 2560
+ 70°C N/mm2 510 – 1535 –
Schlagzähigkeit (n. Gardner) J > 18 > 18 4 17
Kerbschlagzähigkeit (n. Izod) J/m 525 640 145 155
Shore-Härte D 70 – 75 –
thermische
Formbeständigkeit
in der Wärme 0,46 N/mm2 °C 178 – – 205
1,85 N/mm2 °C 73 – – 190
linearer K–1 122 · 10–6 – 36 · 10–6 – –
Ausdehnungskoeffizient 43 · 10–6
Tabelle 2-82. Eigenschaften von verschiedenen Gusspolyamiden (Kennwerte trocken/feucht)

Eigenschaften Einheit PA6-G PA6-G PA6-G Nyrim Nyrim Nyrim PA12-G


% + MoS2 hitzestab. 1000‘ 1525‘ 4000‘

Elastomeranteil – – – 10 15+25GF/GK 40 –

Mechanische Eigenschaften
Streckspannung (ISO 527) MPa 85/60 75–90 80/60 58/49 55/28 26/22 54–60
Reißdehnung (ISO 527) % 3–5/50 5–40/30–60 1 /50 40/250 7/30 420/420 ≥100
Zug-E-Modul (ISO 527) GPa 4,0/3,3 2,8–3,5 / 0 3, /2,1 2,45/1,2 3,75/1,82 0,45/0,23 2,0
Biegefestigkeit (ISO 178) MPa 140*/70* 140*/70* 140*/70* – – – 90
Biege-Elastizitätsmodul (ISO 178) MPa 3,3/2,5 3,4/2,5 3,4/2,5 2,5/1,16 3,85/1,95 0,5/0,24 2,0
Kugeldruckhärte (ISO 2039-1) MPa 160/125 160/130 160/90 79/74 82/76 59/52 100
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Schlagzähigkeit (ISO 180/1C) kJ/m2 ohne Br. ohne Br. ohne Br. 16/31 9/9 – 110
Kerbschlagzähigkeit (ISO 180/1A) kJ/m2 >3,5/>15 >2,7/>12 2,7/>12 13 9 >10 >10
ThermischeEigenschaften
Formbeständigkeit:
HDT; Verfahren A (ISO-R 75) °C 95 95 – 110 – – –
HDT; Verfahren B (ISO-R 75) °C 195 195 185 – – – 122
Maximale Anwendungstemperatur:
kurzzeitig °C 180 170-180 170–180 160 170 – 155
dauernd °C 100 100 115–120 95–100 95–100 95 110
Wärmeleitzahl (23°C, 52612) W/(K*m) 0,24 0,24 0,24 0,3 – – 0,23
Ausdehn.-koeff. (23–55°C; DIN 53752) 10–5/K 6–8 8,5–9,5 8 7–8 6 7–8 2,9
Spez. Wärmekapazität (RT; IEC 1006) J/g*K 1,7 1,67 1,67 – - – 2,5
Sonstige Eigenschaften
Dichte (DIN 53479) g/cm3 1,15 1,15 1,15 1,13/1,16 1,23/1,25 1,09/1,11 1,02
Feuchteaufnahme (NK) (ISO-R 62) % 2,5 2,5 2,5 3,1 2,3 1,6 0,9
Wasseraufnahme (Sättigung, ISO-R 62) % 6– 7 6–7 7 – – – 1,4
Brennbarkeit (UL Standard 94) - HB HB HB HB HB HB HB

* = 3,5%-Biegespannung.
1009

Thermoplastische
Polykondensate
1010 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

sersättigung bleiben die Maß- und Festigkeitsänderungen gering. Die Festigkeit


lässt in diesem Zustand um nur 15 % nach, was von keinem anderen Polyamid er-
reicht wird.Auch im trockenen Zustand und bei niedrigen Temperaturen von ca.
– 50 °C ist der Werkstoff noch zäh. Es existiert keine Spannungsrissanfälligkeit.
Die Beständigkeit gegen Chemikalien ist wegen des erreichbaren höheren
Molekulargewichtes und der höheren Kristallinität besser als bei hydrolytisch
polymerisiertem PA 12.
Anwendungsgebiete liegen im Bereich des Maschinenbaus. Hier werden zur
Geräuschdämpfung Antriebs-, Gleit- und Führungselemente aus PA 12-G einge-
setzt. Das gute Verhalten in wässrigen und organischen Lösungen macht den
Werkstoff auch für den Einsatz in der chemischen Verfahrenstechnik interes-
sant.
Als Fertigungsverfahren werden der Standguss und das Vakuumgießen in Si-
likonformen eingesetzt.

2.2.1.1.6.5.2
Verarbeitung von Laurinlactam zu PA 12-G

• Schmelzpunkt Laurinlactam: 153 °C


• Mögliche Schmelzetemperaturen: >153 °C
• Mögliche Werkzeugtemperaturen: 160…250 °C
• Entformungstemperatur: < bis << 150 °C
• Anteil Aktivator 0,5 bis 2,5 Gew.-%
• Anteil Katalysator: 1,0 bis 3,0 Gew.- %
• System nur Aktivator
(Grilonit LA*, Ems Chemie): 1,5 bis 2,5 Gew.-%
• Feuchtigkeit: N2-Überlagerung der Schmelze
• Dichte Gusspolyamid 12: 1,02 – 1,03 g/cm3
• lineare Schwindung: 2,5 – 3,0 %
• Polymerisationsdauer: stark abhängig von Werkzeugtempe-
(Grilonit LA*, Ems Chemie) ratur und Aktivatorkonzentration
1,5 % Akt., 200 °C: 25 min
2,5 % Akt., 250 °C: 3 min
• Polymerisationsdauer: > 10 min bei niedrigeren Werkzeug-
(andere Systeme) temperaturen
• Eigenschaften siehe Tabelle 2-82
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.1.7
Polymermodifizierte Polyamide

2.2.1.1.7.1
Allgemeine Stoffbeschreibung
War der Fortschritt auf dem Gebiet der Polyamide in den fünfziger Jahren durch
die Entwicklung leicht fließender nukleierter Spritzgussmassen gekennzeichnet,
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1011

denen in den sechziger Jahren die mineralgefüllten und GF-verstärkten Typen


folgten, so kommt in dem letzten Jahrzehnt das gezielte Beeinflussen der Mate-
rialeigenschaften durch Polymermodifizieren hinzu. Diese Formmassen er-
schlossen im Wettbewerb mit Metallen und härtbaren Formmassen neue tech-
nische Anwendungen, die bis dahin nicht zu verwirklichen waren.
Physikalische Mischungen von verschiedenen Polymersorten werden im
Schrifttum Polymerblends oder Polymerlegierungen genannt. Wählen wir hier
die Bezeichnung Polymerblends. Die Bindungen sind: Van der Waals-, Dipol-
und Wasserstoffbrückenkräfte. Einen gewissen Anteil haben auch die Verschlau-
fungen der Makromoleküle. Diese Mehrphasensysteme unterscheiden sich we-
sentlich von den Block- und Pfropfpolymeren. Dort herrschen kovalente Bedin-
gungen vor. Naturgemäß kommt es beim unerlässlich intensiven Mischen der
Komponenten im Schmelzzustand durch Auslösen von Pfropfreaktionen zu sich
überschneidenden Wirkungen. Es ist einleuchtend, dass das Legieren einfacher
ist als das Entwickeln eines neuen Polymeren. Die kennzeichnenden Verbesse-
rungen des Eigenschaftsbildes sind vor allem die erhöhte Schlagzähigkeit – auch
in der Kälte – und Steifheit, erhöhte Formbeständigkeit in der Wärme und
Flammwidrigkeit sowie gegebenenfalls eine bessere Verarbeitbarkeit.
Das Eigenschaftsbild der Polymerblends wird durch die Verträglichkeit der
Komponenten bestimmt. Die Polymere sind grundsätzlich durch die Tendenz
zur Phasentrennung, d. h. Unverträglichkeit gekennzeichnet. Trotzdem können
zahlreiche Legierungen hergestellt werden. Fördernd wirken verträglichkeits-
verbessernde Hilfsstoffe. Dazu gehören beispielsweise Block- und Pfropfpoly-
mere, die Segmente enthalten, die mit den Liganden verträglich sind.

■ Polyolefine als Modifikator


Bei den Polyamiden dient das Modifizieren mit Polymeren ausschließlich zur
Verbesserung bestimmter Eigenschaften, die die Basispolymere nicht aufweisen,
jedoch sehr erwünscht sind. Zu diesen gehört bei PA 6 und PA 66 vor allem das
Überwinden der Sprödigkeit im spritzfrischen, d. h. trockenen Zustand sowie in
der Kälte. Das Konditionieren wird der erstgenannten Forderung gerecht – al-
lerdings bei Einbuße an Festigkeit und Steifheit. Die Schlagzähigkeit in der Kälte
kann naturgemäß dadurch nicht erhöht werden, denn auch die zu Eis gefrorene
Feuchtigkeit ist hart und spröde. Das Eigenschaftsbild der Polyolefine begüns-
tigte schon bald die Verwendung dieser Produkte als Modifikatoren. Als unpo-
lare Stoffe sind sie grundsätzlich mit den polaren Polyamiden nahezu unver-
Thermoplastische
Polykondensate

träglich. Sie können allenfalls durch feinstes Dispergieren mit der PA-Kompo-
nente lose verbunden werden. Eine wesentliche Verbesserung erbrachten
Copolymere aus Ethylen und polaren Monomeren, beispielsweise Vinylacetat.
Polymerblends aus PA und EVA in fein verteilter Form bewähren sich seit vielen
Jahren als trocken-schlagzähe Compounds. Das Eigenschaftsbild dieser Poly-
merblends kann darüber hinaus noch dadurch verbessert werden, dass als PA 6-
Ligand ein höhermolekularer Typ gewählt wird, Tabelle 2-79.
Eine Vorstellung vom mechanischen und thermischen Verhalten PO-modifi-
zierter Polyamide vermitteln die Bilder 2-461 und 2-462. Die Weichkomponente
führt außer einem 10- bis 20-prozentigen Abnehmen des E-Moduls nicht zu ei-
ner wesentlichen Beeinträchtigung des mechanisch thermischen Verhaltens.
1012 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-461. Schubmodul und mechanischer Verlustfaktor d einiger PA 6-Typen


a (PA 6 + E/VA)-Standard-Blend
b (PA 6 + E/VA + PA (hochmolekular))-Blend
c (PA 66 + Elastomer)-Blend

Wie die Schubmodulkurven, Bild 2-461 zeigen, ist die für normales PA charakte-
ristische treppenförmige Temperaturfunktion erhalten geblieben. Bei Tempera-
turen bis zu +40 °C sind die (PA 6 + PO)-Blends sogar etwas steifer als das PA
66/Elastomerblend.
Die als Haftvermittler bei PA/PE-Verbundfolien bekannten Ionomere (s. Ab-
schn. 2.1.1.7) eignen sich wegen ihrer Verträglichkeit mit PA ebenfalls zum
Verbessern der genannten negativen Eigenschaften von PA 6 und PA 66. Die Io-
nomere sind Na- oder Zn-Salze carboxylierter Polyolefine. Die Wirksamkeit der
Legierungen wird jedoch durch eine Maximalkonzentration von 10 bis 15 % be-
grenzt [12]. Eine wesentlich größere Bedeutung haben als PA-Liganden jedoch
die Co- und Pfropfpolymere des Ethylens mit ethylenisch ungesättigten Mono-
und Dicarbonsäuren erlangt. Derartige Polymerblends sind in den Sortimenten
vieler PA-Hersteller enthalten, ohne dass sie im Einzelnen näher bezeichnet sind.
Sie bilden die Grundstufe der mit Hilfe von Olefin-Polymeren erreichbaren
Modifizierung von Polyamid.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Elastomere als Modifikator


Die Schlagzähigkeit der Polyamide im trockenen Zustand und in der Kälte wird
am wirksamsten durch den Zusatz von Elastomeren verbessert. Hierfür eignen
sich EP(D)M-Polymere, ABR-, BR- und SBR-Pfropfpolymere. Naturgemäß muss
die Elastomerkomponente im Hinblick auf die erstrebte Morphologie und die
Ankoppelung an die kohärente Phase der Polymermatrix gewählt werden. Wie
viele Beispiele zeigen, kommt es bei der Aufbereitung dieser Polymerblends ent-
scheidend auf die Güte der Dispergierung, die Teilchengröße und den Grad der
Ankoppelung der elastomeren Phase an. Ohne Ankoppelung chemischer und
physikalischer Natur wird auch bei steigendem Elastomergehalt die Schlag-
zähigkeit nicht wesentlich verbessert. Die Teilchengröße und die Verteilung sind
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1013

Bild 2-462. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien eines PA 6- und eines
(PA + E/VA)-Blends (Prüfbedingungen:
23 °C, 50 % rel. Feuchtigkeit)

im Hinblick auf das Auslösen der für die Zähigkeitserhöhung verantwortlichen


Haarrisse (crazes) und Scherdeformationen von ausschlaggebender Bedeutung.
Die elastomermodifizierten Polyamide, meistens PA 66 und PA 6, weisen eine
hohe Beständigkeit gegen beginnende und sich fortsetzende Spannungsrisse
auf, sofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind [12].
Obgleich viele PA/Elastomer-Systeme in beliebigem Verhältnis miteinander
mischbar sind, so wird dennoch in den meisten Fällen ein Zähigkeitsmaximum
überschritten. Die Festigkeit nimmt naturgemäß mit steigendem Elastomeran-
teil stetig ab.
Eine technisch bedeutsame Variante der elastifizierten PA-Basistypen bilden
die ternären Systeme aus PA, Elastifikator, Füll- und Verstärkungstoffen. Durch
die Zugabe des Elastifikators werden Steifigkeit und Festigkeit der gefüllten
und/oder verstärkten Formstoffe nur wenig verändert, das Arbeitsaufnahme-
vermögen bei mehrachsiger Schlagbeanspruchung nimmt jedoch erheblich zu.
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.1.7.2
Verarbeitung
Die extrem schlagzähen Polyamide werden ausschließlich durch Spritzgießen
verarbeitet. Sie erfordern keine Vortrocknung. Die Massetemperaturen liegen im
Bereich von 260 bis 290 °C.

■ Anwendungen
Skibindungen, Skistiefel, Stollensohlen, Rollschuhe, Surfboard-Mastschuhe,
Fahrradfelgen und -räder, Gardinengleiter, Gehäuseteile, Griffe, Elektroteile,
Zahnräder, Schutzhelme, Dichtungen, Manschetten, flexible Kupplungen, Kabel-
1014 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

ummantelungen, Radkappen und Frontspoiler für Automobile, Holzfällerkeile,


Viehtränken, Drehstuhlfüße und Fahrradsättel.

2.2.1.1.8
Sortiment
Das Sortiment der heute lieferbaren Polyamide wurde bereits in den vorange-
henden Abschnitten mit den wichtigsten Sorten und Typen vorgestellt. Zu jeder
dieser Sorten, beispielsweise PA 6, PA 66 usw., gehören Typen mit Sondereinstel-
lungen: gefüllte, verstärkte, speziell stabilisierte, z. B. hydrolysestabilisierte, u. a.
Das seit mehr als zwanzig Jahren bekannte transparente Trogamid der Hüls
AG wurde durch den neuen glasklaren, transparenten Typ Trogamid X7323 er-
gänzt. Kennzeichnende Eigenschaften sind: hohe Schlagzähigkeit in der Kälte,
Bruchsicherheit und Lichtdurchlässigkeit (unabhängig von der Wanddicke
> 90 %). Wärmestabile, UV- und witterungsbeständige Sondertypen sind liefer-
bar [21].
Verbessert wurde auch die Transparenz der Grilamid®-Typen TR55, 70 und 90
der EMS Chemie [22].
Zu den Copolyamiden mit niedrigem Schmelzpunkt gehört auch das
Capron® HPN CA 73TP und 95TP der Allied Signal Europe/BE.
Zu den vielbeachteten Entwicklungen der EMS Chemie anlässlich der K’95
gehörten auch die fünf Typen des partiell-aromatischen Copolyamid 6T/X [21]:
Grivory HTV mit Glasfaser- und Grivory HTM mit Mineralverstärkung.
Der mit 50 Masse-% verstärkte Typ Grivory GV-5H ist so steif und schlagzäh,
dass daraus beispielsweise Nägel für das Befestigen von Rohrschellen auf Poren-
beton hergestellt werden können [23].
Zu den erwähnenswerten Entwicklungen der letzten Zeit gehören auch die
beiden Copolyamidtypen auf Basis PA 6/6I: Durethan CI 31F und der zusätzlich
mit Keimbildner und Schmiermittel ausgerüstete Typ Durethan CI 31F KS [24].
Beide Copolyamide werden in Verbund mit Polyethylen und anderen Polymeren
für die Herstellung flexibler, gut tiefziehfähiger Mehrschicht-Coextensionsfolien
verwendet. Die Permeation von Sauerstoff, Kohlendioxid, Stickstoff und Aroma-
stoffen liegt auf dem Niveau des Homopolyamids PA 6.
Die EniChem, Mailand/Italien, entwickelte neuartige Acrylat-Elastomere, die
es ermöglichen, mit diesen bisher nur in der Kautschukindustrie eingesetzten
Thermoplastische
Polykondensate

Acrylaten auch im Kunststoffbereich Fuß zu fassen [25]: dabei wird das Acryl-
elastomer Europrene® AR auf Polyamidketten (PA 6) aufgepfropft und bei ei-
nem Anteil von 17 Masse-% Acrylatelastomer ein hochschlagzähes PA 6 herge-
stellt, das auch in thermischer und chemischer Hinsicht die bisher elastomer-
modifizierten PA 6-Blends übertrifft. Die Polarität des Acrylat-Kautschuks
ermöglicht Verarbeitungs- und Nachbehandlungsmethoden, die bisher bei ela-
stifiziertem PA 6 nicht möglich waren.
Verpackungen und Einwegprodukte werden auch heute noch vorwiegend aus
langlebigen Kunststoffen hergestellt, weil biologisch abbaubare Kunststoffe die
Qualitätsanforderungen nicht immer erfüllen. Neuere Entwicklungen zielen
darauf ab, verbrauchte Packmittel nicht nur in großtechnischen Kompostieran-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1015

lagen sondern auch in der Komposttonne biologisch abbauen zu können [26].


Die Voraussetzungen hierfür müssen allerdings bereits von den Rohstoffen ge-
boten werden. Um beispielsweise auch die Cellulose abbaubar zu machen, wird
die zugrundeliegende Glucoseeinheit mit einer einzigen Seitenkette derivati-
siert. Das geschieht ohne Polyaddition von e-Caprolacton zum Cellulosepolyhy-
droxylhex-ansäureester.
Aus e-Caprolactam, Adipinsäure, 1,4-Butandiol konnten statistisch aufge-
baute Polyesteramide hergestellt werden, die als abbau- und kompostierbar ein-
gestuft werden. Trotz dieser Umweltfreundlichkeit sind die mechanischen Ei-
genschaften mit denen von PE-LD vergleichbar.
Daraus ergibt sich, dass die Cellulosederivate als Folien in der Landwirtschaft
und im Gartenbau bevorzugt werden, während die Polyesteramide sowohl für
Folien und Müllsäcke als auch für Einmalgeschirr geeignet sind.

40 Masse-% 60 Masse-%
Chemische Struktur von Polyesteramiden

■ Lieferform
Die übliche Lieferform ist wasserfreies Granulat in luftdichter Verpackung für
das Spritzgießen und Extrudieren. PA 11 und PA 12 sind auch pulverförmig für
die Verarbeitung nach dem Pulverschmelzverfahren im Handel. Dazu kommt
PA-Halbzeug in Form von Rohren kleinen Durchmessers (z. B. Kraftstoffleitun-
gen in Automobilen), Stäben, Folien, Monofilen.
Die Abmessungen zahlreicher PA-Halbzeuge wurden genormt:
Thermoplastische
Polykondensate

Rundstäbe DIN 16980 (05.80) (E 01.84)


Vierkantstäbe
Hohlstäbe DIN 16982 (09.74)
Tafeln
Flachstäbe DIN 16984 (05.80)

■ Typisierung
Gemäß der auf den neuen Richtlinien aufgebauten Norm PA Homopolymere
DIN 16773 T.1 (02.85) u. T.2 (12.87).
Wertvolle Hinweise über unverstärkte und verstärkte Polyamide gibt die
Richtlinie VDI/VDE 2479 Bl. 1 und 2: Werkstoffe der Feinwerktechnik, Polyamid-
1016 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Formstoffe, unverstärkt (Blatt 1) (01.78), und Polyamid-Formstoffe, verstärkt


(Blatt 2) (04.80).

Handelsnamen Polyamide
Handelsnamen PA 6
Akulon (DSM/NL)
Amilan, Amilon (Toray Ind./JP)
Capran, Capron (Allied Signal Europe N.V./BE)
Durethan B (Bayer/DE)
Fabelnyl (Tubize Plastics S.A./BE)
Grilon, Grivory (EMS Chemie/CH)
Kelon, Latamid (L.A.T.I./IT)
Maranyl (Du Pont/US)
Nivionplast (EniChem/IT)
Orgamide (Atofina/US)
Plaskon (Plaskon Moldings Div./US)
Renyl (Snia Technopolimeri/IT)
Schulamid (Schulmann/DE)
Silon (Silon-Werk/CS)
Sniamid (Snia Technopolimeri/IT)
Torayxa (Toray Ind./JP)
Trogamid B (Degussa AG/DE)
Ultramid B (BASF AG/DE)
Vestamid (Degussa AG/DE)
Zytel (Du Pont/US)

Handelsnamen PA 66
Akulon (DSM/NL)
Durethan A (Bayer AG/DE)
Grilon (EMS Chemie/CH)
Leona (Asahi Chemical Ind./JP)
Maranyl A (ICI PLC/GB)
Minlon (Du Pont/US)
Schulamid (Schulmann/DE)
Stanyl (DSM/NL)
Thermoplastische
Polykondensate

Torayxa (Toray Ind/JP)


Ultramid A (BASF/DE)
Zytel (Du Pont/US)

Handelsnamen PA 11
Rilsan B (Atofina, US)

Handelsnamen PA 12
Grilamid (EMS Chemie/(CH)
Rilsan A (Atofina, US)
Vestamid (Degussa AG/DE)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1017

Transparente Polyamide
Trogamid (Degussa AG/DE)
Ultramid (BASF AG/DE)
Vidyne R (Monsanto/US)
Handelsnamen PA 46
Stanyl (DSM, NL)
Nylatron 46 (Polymer Corporation/US)
Handelsnamen Co-PA
Durethan (Bayer AG/DE)
Grilamid, Grivory (EMS Chemie CH)
Novamid (Mitsubishi Chemical/Jp)
Siramide (Siolite Srl/IT)
Technora (Teijih Ltd./JP)
Versamid (Henkel Corp./US)
Vestamid, Vestoson (Degussa AG/DE)
Zytel (Du Pont/US)
Handelsnamen PA MXD 6
IXEF (Solvay Deutschland GmbH/DE)
Reny (Mitsubishi Geochem. Comp Inc./JP)
Selar (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Handelsnamen PA 6/6T
Ultramid T (BASF AG/DE)
Handelsnamen PPA
Amodel (Solvay Plastics/BE)
Grivory HT (EMS Chemie CH)
Handelsnamen PA 11, PA 12-Elastomere
Dynyl (Rhône Poulenc/FR)
Grilamid (EMS Chemie/CH)
Keltaflex (DSM/NL)
Pebax (Atofina, US)
Vestamid E (Degussa AG/DE)
Thermoplastische
Polykondensate

Handelsnamen PA 6-3-T
Trogamid T (Degussa AG/DE)
Handelsnamen PA-RIM
Nyrim (DSM RIM Nylon/NL)
Elastamid-GM (BASF/DE)
Handelsnamen Polymermodifizierte Polyamide
Siehe PA 6 und PA 66
Bexloy (Du Pont/US)
Noryl GTX (GE Plastics Europe B.V./NL)
1018 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.1.9
Literatur – Kapitel 2.2.1.1 bis 2.2.1.1.4.2
[1] Maskus M (1996) „Polyamide“ in Tagungshandbuch:„Internationaler Kunststoffkongreß“.
Kunststoffe ’96 am 17. und 18. April 1996 in Würzburg
[2] Schneider J (1974) „Erfahrungen mit einem amorphen, transparenten Polyamid aus Te-
rephthalsäure und Trimethylhexamethylendiamin“. Kunststoffe 64, S 365–371
[3] Bayer AG (1993) „Die Zwillinge unter den Polyamiden“. Anwendungstechnische Informa-
tion ATI 901 Durethan 11.10.1993 sowie: Schwartz E (1966) „Bildung und Verhalten der Po-
lyamide“ in: Vieweg R u.A Müller (1966) Kunststoff-Handbuch Bd VI „Polyamide“, C. Han-
ser Verlag, München, S 171
[4] Schmack G et al. (1994) „Strukturbeeinflussung von Polyamiden“. Kunststoffe 84, S 1590–1594
[5] Neuhaus R; Uske K; Kunststoffe Jahrg. 90 (2002) 10, S 72–77
[6] Görrissen H (1995) „Polyamide halogen- und phosphorfrei“. Kunststoffe 85, S 1754
[7] BASF AG „Ultramid® Polyamide (PA)“. Druckschrift B 568 d (9.95) 2.96
[8] Technische Information der Firma BrüggemannChemical http://www.brueggemann.com
[9] Hepp D (1989) „Hochpolymere Additive zur Verbesserung der Schlagzähigkeit von Ther-
moplasten“ in R Gächter u. H Müller (Herausgeber) Taschenbuch der Kunststoff-Additive,
3. Ausgabe, C. Hanser Verlag, München, S 525–548
[10] EMS Depesche 1/96, S 15 der EMS Chemie AG: „Kunststoff zieht magnetisch an“
[11] ICI Langfaserverstärkte Compounds, Plastik & Kautschuk-Zeitung, Nr. 301, 20.06.85, S 9
und 10
[12] VDI/VDE: Richtlinie 2479, Bl. 1,Werkstoffe der Feinwerktechnik, Polyamid-Formstoffe un-
verstärkt (01.78)
[13] Satyo H (1994) „Lebensdauer von Polyamid 11-Rohren“. Kunststoffe 84, S 1182–1183
[14] VDI-Richtlinie 2541 (10.75) „Gleitlager aus thermoplastischen Kunststoffen ohne Zusatz-
stoffe“
[15] Bayer AG (1996) „Neuer Poyamidtyp für die Fügetechnologie, Druckschrift (96-09-635)
[16] Quelle: VKE, http://www.vke.de
[17] Kalsch H (1982) „Polyamide“, Plastverarbeiter 33, 1065–1069
[18] Blinne G (1989) „Neue teilaromatische Polyamide“ in „Polymere Hochleistungswerk-
stoffe“ (s 25–34), Tagungshandbuch des SKZ Würzburg vom 31.05. und 1.06.1989
[19] Schmeer HP (1993) „Polyphthalamid“. „KGH Kautschuk,Gummit,Kunststoffe“ 10,S 799–804
[20] Hessenbruch R (1985) „Coextrusion von Schlauchfolien“ in: Extrudieren von Schlauchfo-
lien“, Düsseldorf VDI-Verlag, S 115–134
[21] NN (1994) „Transparentes Polyamid“. Kunststoffe 84, S 130
[22] Krüger G (1995) „Hochleistungskunststoffe und Technische Thermoplaste“. Kunststoffe 85,
S 2172–2174
[23] NN (1995) „Hart wie Metall“. Kunststoffe 85, S 103
[24] NN (1995) „Copolyamide für den Verpackungssektor“. Kunststoffe 85, S 794
[25] NN (1995) „Elastomer modifiziertes PA 6“. Kunststoffe 85, S 919
Thermoplastische

[26] Jonas F et al. (1995) „Polymere übernehmen Funktionen“. Kunststoffe 85, S 1079–1086
Polykondensate

2.2.1.2
Thermoplastische Polyester

Zu den gesättigten, auch lineare oder thermoplastische Polyester genannten


Kunststoffen gehören jene Polykondensate, die die Estergruppe
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1019

enthalten. Die bekanntesten sind das Polycarbonat (PC) und die Polyalkylen-
terephthalate: Polyethylenterephthalat (PET) und Polybutylenterephthalat (PBT).
Auch die aus Bispenol A und Terephthalsäure aufgebauten Polyarylate gehören
zu den Thermoplasten mit der typischen Estergruppe. Sie enthalten jedoch im
Unterschied zu PC, PET und PBT keine aliphatisch/aromatischen, sondern aus-
schließlich aromatische Gruppen.

2.2.1.2.1
Polycarbonat (PC)
Obwohl aromatische Polycarbonate bereits im Jahre 1898 Einhorn und vier Jahre
später auch Bischoff und Hedenström zu ähnlichen Produkten gelangten, ver-
hinderte die Tatsache,dass sie in üblichen Lösemitteln unlöslich waren und sowohl
Carothers als auch Notta mit den von ihnen entwickelten niedermolekularen
aliphatischen Polycarbonaten zu keinen praktisch verwertbaren Kunststoffen ge-
langten, blieb es Schnell und seinen Mitarbeitern (Bayer AG) vorbehalten, als
Erste zu technisch brauchbaren aromatischen Polycarbonaten zu gelangen.
Unabhängig von den deutschen Arbeiten entdeckte D.W. Fox (General Elec-
tric) bei der Untersuchung von Polyesterharzen durch Zufall, dass sich in einer
Vorratsflasche eine durchsichtige Masse gebildet hatte, aus der der Rührer nicht
mehr herausgezogen werden konnte. Der durch Zertrümmern der Flasche be-
freite massive Körper erwies sich als so zäh, dass er durch Hammerschläge nicht
zerkleinert werden konnte.
Bayer begann 1958 mit der großtechnischen Produktion von Makrolon®, dem
1973 General Electric mit Lexan® folgte. Anic, Italien und AtoChem, Frankreich
nahmen 1978 bzw. 1979 die Produktion von PC auf. Inzwischen sind weitere Fir-
men in den USA und in Japan hinzugekommen.

■ Chemischer Aufbau
Polycarbonate sind im Allgemeinen lineare, thermoplastische Polyester der
Kohlensäure mit aliphatischen oder aromatischen Dihydroxy-Verbindungen:

R = aliphatische oder
aromatische Struktureinheit
Thermoplastische
Polykondensate

Im Fall des 2,2-Bis(4-hydroxyphenyl)propan-Polycarbonats (Bisphenol A-Poly-


carbonat), dem wichtigsten Vertreter dieser Stoffklasse, stellt R folgende Struk-
tureinheit dar: [1]

■ Herstellung
Die Basis der als technische Kunststoffe bekanntesten Polycarbonatgruppe bil-
det das aus Phenol und Aceton (daher der Buchstabe A) hergestellte Bisphenol
A. Aus diesem Produkt wird durch Umestern mit Diphenylcarbonat bei hohen
1020 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Temperaturen (unter Phenolabspaltung) oder durch Lösen des Bisphenol A in


Pyridin und Umsetzen mit Phosgen bei 30 °C bzw. durch Lösen in wässriger Na-
tronlauge und Einleiten von Phosgen in Gegenwart indifferenter Lösemittel Po-
lycarbonat hergestellt.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Aus der Vielzahl der möglichen Polycarbonate zeigt Bisphenyl-A-Polycarbonat
eine ausgewogene Kombination anwendungstechnisch wertvoller Eigenschaf-
ten, durch die es mengenmäßig in der Reihe der Technischen Kunststoffe – nach
Polyamid – an zweiter Stelle steht.

Polycarbonat

Hier die kennzeichnenden Eigenschaften:


• niedrige Dichte,
• hohe Festigkeit, Steifheit, Härte und Zähigkeit im Bereich von –150 bis + 135 °C
unverstärkt und von – 150 bis + 145 °C verstärkt,
• glasklare Transparenz, hoher Oberflächenglanz,
• hohe Maßbeständigkeit – dank geringer Schwindung,
• in allen wichtigen Farbtönen transparent, transluzent und gedeckt mit großer
Farbtiefe einfärbbar,
• gute elektrische Isoliereigenschaften, die auch bei Feuchtigkeitseinwirkung
nicht beeinträchtigt werden,
• hohe Witterungsbeständigkeit bei Wanddicken > 0,75 mm,
• hohe Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung,
• selbsterlöschend nach Entfernen der Zündquelle.
Zu beachten ist:
• Die Verarbeitung erfordert erhöhte Aufmerksamkeit.
• Die Chemikalienbeständigkeit ist begrenzt.
• PC ist kerbempfindlich und anfällig gegen Spannungsrissbildung.
• Formmassen sind vor der Verarbeitung sorgfältig zu trocknen.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Aus dem Aufbau der auf Bisphenol A basierenden Polycarbonate kann man auf
das Eigenschaftsbild schließen:
• Die symmetrische Gestalt der Bausteine wirft keine stereospezifischen Prob-
leme auf.
• Die Carbonatgruppen –O–CO–O– sind polar, jedoch durch aromatische
Gruppen voneinander getrennt.
• Die Benzolringe in der Hauptkette behindern die Beweglichkeit der Makro-
moleküle.
• Die sich wiederholende Moleküleinheit ist ziemlich lang.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1021

Angesichts des regelmäßigen Aufbaus könnte man eine gewisse Kristallinität


erwarten. Diese tritt jedoch nur bei aus Lösungspolymeren hergestellten Fo-
lien nach mehrtägigem Erwärmen auf 180 °C auf. Die sehr begrenzte Kristalli-
nität des Polycarbonats ist Ursache der ungewöhnlich hohen Zähigkeit; kris-
tallines PC ist spröde. Die hohe Steifigkeit der Moleküle bedingt eine hohe
Glasübergangstemperatur und eine hohe Formbeständigkeit in der Wärme.
Die Steifheit der Moleküle und nicht die intermolekularen Anziehungskräfte
zwischen den Benzolringen oder den polaren Gruppen führen zu den vorzüg-
lichen mechanischen Eigenschaften. Dies lehrt z. B. ein Vergleich mit Poly-
ethylenterephthalat (PET). Der Aufbau dieses Makromoleküls ist ähnlich, die
Glasübergangstemperatur ist jedoch viel niedriger (100 °C gegenüber 130 °C
bei PC).
Löslichkeit und elektrische Eigenschaften entsprechen denen eines schwach
polaren Polymeren. Die Chemikalienbeständigkeit wird jedoch durch die hy-
drolysierbaren Carbonatesterbindungen, die nur teilweise durch Benzolringe
geschützt sind, bestimmt.
Die molare Masse thermoplastisch verarbeitbarer PC-Typen überschreitet
meist nicht den Wert von 30 000, weil bei höheren Werten die Schmelzviskosität
unzulässig hoch wird.

■ Zusatzstoffe
Die vielseitige technische Verwendung dieses zu den Konstruktionswerkstoffen
gehörenden Kunststoffs lässt erwarten, dass die Eigenschaften des Basispolyme-
ren durch eine Reihe von Zusatzstoffen den jeweiligen Erfordernissen nach Maß
angepasst werden.

Funktions-Zusatzstoffe
Die thermooxidative Schädigung von PC zeigt sich sichtbar in der Vergilbung
der Formstoffe. Das Vergilben wird vor allem durch den Zusatz von Phosphiten
oder Phosphoniten gehemmt. Die nur auf ein einwandfreies Verarbeiten im
Schmelzzustand begrenzte Wirksamkeit reicht für die Langzeitstabilisierung
nicht aus. Diese Aufgabe übernehmen sterisch gehinderte Phenole, beispiels-
weise Octadecyl-3-(3,5-ditert.butyl-4-hydroxyphenyl)-propionat. Auch die
Photooxidaton führt zum Vergilben von PC. Die Strahlungsabsorption beginnt
bereits bei 360 nm und nimmt bei Wellenlängen < 300 nm stark zu. Als UV-
Schutzmittel haben sich bisher nur UV-Absorber bewährt. Sie müssen wegen der
Thermoplastische
Polykondensate

hohen Verarbeitungstemperaturen von PC ausreichend thermostabil sein. Die


beste Schutzwirkung ergeben die 2-(2¢-Hydroxyphenyl)-benzotriazole. Bei der
Auswahl muss darauf geachtet werden, dass die Flüchtigkeit so gering ist, dass
sich beispielsweise beim Extrudieren von Tafeln an Düse und Kühlwalzen keine
Ablagerungen bilden. Den wirksamsten UV-Schutz bietet das Auftragen einer
zusätzlichen dünnen Schutzschicht, die durch Lackieren oder Coextrudieren
aufgebracht werden kann [2].
Das Vergilben von PC kann durch den Zusatz von optischen Aufhellern
gemildert werden. Naturgemäß müssen auch diese schwerflüchtig und thermo-
stabil sein. Für PC kommen die gleichen Stoffklassen wie für PVC und die Sty-
rolpolymere, d. h. Bis-benzoxazole und Phenylcumarine in Betracht.
1022 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die Farbmittelpalette ist durch die Forderung nach hoher thermischer Be-
ständigkeit bis zu Temperaturen > 300 °C eingeengt. Geeignet sind einige orga-
nische und nahezu alle anorganischen Pigmente. Dazu kommen einige organi-
sche Farbstoffe für Transparenteinfärbungen.
Weil Polycarbonate nur eingeschränkt einfärbbar sind, bieten sich auch opa-
lisierende Farbmittel an [5]. Opale Produkte sind meistens weiß eingefärbt. Ein
Teil des von der Lichtquelle ausgesandten Lichtes wird reflektiert, ein anderer
Teil durchdringt das Objekt. Die opalisierende Funktion übernehmen meist
weiße anorganische Pigmente wie Bariumsulfat, Kalziumcarbonat, Titandioxid
und deren Kombinationen. Entscheidend ist dabei die Differenz des Brechungs-
indices (PC mit 1,59, Bariumsulfat mit 1,64). Die optimale Größe der Pigment-
teilchen beträgt etwa 9 mm.
Ein Additivsystem auf Basis organischer Lichtdiffuser für PC, beispielsweise
vom Typ Calibre® der Dow, weist eine bessere Farbstabilität, der physikalischen
Eigenschaften und der Oberflächenqualität auf. Diese seit langem bekannten
Diffuser bestehen aus kringelförmigen, vernetzten Polymermatrices. Kürzlich
zum Patent angemeldete lichtstreuende Polyacrylatpartikel (2 µm bis 15 mm
Dmr) weisen eine Kern (Polybutylacrylat)/Schale (Polymethylmethacrylat)-
Morphologie auf. Bei einer Dosierung bis 10 % Masseanteil können Lichttrans-
missionwerte von 80 % bis 25 % eingestellt werden. Die Dosierung dieser Diffu-
ser kann wesentlich reduziert werden, wenn sie mit geringen Mengen eines an-
organischen Pigmentes mit einem Brechungsindex zwischen 1,9 und 3,1 wie
MgTiO3 , TiO2 oder ZnS kombiniert werden. Wirtschaftliche Vorteile bringt der
Austausch von Bariumsulfat (Dichte = 4,4 g/cm3) gegenüber 1,1 g/cm3 der neuen
Licht-Diffuser. Dazu kommt bei PC eine verbesserte UV-Beständigkeit in Ver-
bindung mit verbesserter Schlagzähigkeit.
Die Polycarbonate enthielten bisher als Flammschutz bevorzugt einkon-
densiertes Tetrabrombisphenol A. Für das nachträgliche Ausrüsten eignet sich
beispielsweise Decabromdiphenylether in Verbindung mit Antimontrioxid.
Den Bemühungen der Rohstoffhersteller ist es gelungen, auch halogenfreie,
schwerentflammbare Produkte zu entwickeln, um vor allem den Einsatz von PC
in der Büromaschinenindustrie und im Flugzeugbau zu sichern, die bei Brän-
den vor allem die von Halogenen hervorgerufenen Folgeschäden zu fürchten
haben.
Bromfreie flammgeschützte Polycarbonate können durch den Zusatz be-
stimmter salzartiger Verbindungen hergestellt werden. Selbst bei Anteilen
Thermoplastische
Polykondensate

von weniger als 1 % Masseanteil ist bereits eine Schutzwirkung deutlich er-
kennbar. Salze mit ausreichender Löslichkeit in Polycarbonat ermöglichen die
Klassifizierung UL 94 V-O bei 3,2 mm Wanddicke unter Beibehaltung der
Transparenz.
Die Wirkung von Alkalimetallsalzen kann durch den Zusatz abtropfhemmen-
der Substanzen (vor allem PTFE) weiter optimiert werden, sodass UL 94 V-O bei
0,8 mm Wanddicke erreicht werden kann [1].
Als Brandschutzprüfungen dienen bei elektrischen Bauelementen die Glüh-
draht-, -dorn- und Glühstabprüfung. Im Fahrzeugbau gilt die US-Sicherheits-
norm MVSS 302 bzw. die FKT-Richtlinie DIN 75200. In der Bundesrepublik
Deutschland geschieht die Einteilung nach DIN 4102.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1023

Polycarbonat eignet sich für die Herstellung von Strukturschaumstoff-Spritz-


gussteilen. Die Handhabung der erforderlichen Treibmittel wird heute durch die
Bereitstellung von Konzentraten auf PC-Basis wesentlich erleichtert.

■ Füllstoffe
Als Füllstoffe bewähren sich bei PC MoS2 , Graphit und PTFE, um bei Formteilen
einen minimalen Abrieb und geringen Verschleiß zu erreichen [2].
Aluminiumpulver wird zum Erhöhen der thermischen und elektrischen Leit-
fähigkeit eingesetzt. Dadurch wird z. B. bei Datenverarbeitungsanlagen ein
Schutz gegen die störende elektromagnetische Interferenz (EMI) erreicht.

■ Verstärkungsstoffe
Die bevorzugte Verstärkungsfaser für PC ist – wie bei vielen anderen Kunststof-
fen – die Glasfaser. Unter den GF-verstärkten Thermoplasten steht PC nach PA
und PP an dritter Stelle. Der Glasanteil beträgt zwischen 10 und 40 %. Bevorzugt
werden Kurzfasern aus dem bekannten alkalifreien E-Glas, deren Haftung durch
eine Silanbehandlung verbessert wird. Die Auswirkung der GF-Verstärkung auf
das Eigenschaftsbild entspricht dem bei den bekannten Thermoplasten erreich-
baren. Ein mit 30 % Masseanteil glasfaserverstärktes PC kann in mechanischer
Hinsicht an die Stelle von Buntmetallen oder Duroplasten treten. Das nur selten
verwendete Wollastonit erhöht vor allem die Steifigkeit der Formteile. Die ver-
stärkende Wirkung der Fasern auf das Eigenschaftsbild von PC zeigt Tabelle
2-83.

■ Sortiment
Alle am Markt befindlichen Polycarbonate sind – mit Ausnahme einiger jün-
gerer Spezialtypen und Polymerblends – chemisch gleich aufgebaut. Es gibt
nicht jene Unterscheidung in verschiedene Sorten wie beispielsweise bei den
Polyamiden. Zu den Spritzguss- und Extrusionstypen, Blasform- und Spritz-
blastypen – teilweise mit besonderem UV-Schutz und Hydrolysebeständig-
keit, speziellen, gesundheitlich unbedenklichen und sog. strukturviskosen Ty-
pen – kommen GF- und zu Strukturschaumstoffen-Formteilen spritzgießbare
Produkte. Das ganze Sortiment ist naturfarben und in bunten Einstellungen
erhältlich.
Thermoplastische

■ Lieferformen
Polykondensate

PC wird als Granulat in luftdicht verschlossenen Kanistern geliefert. Halbzeug


ist in Form von massiven Tafeln, Stegdoppelplatten, Rundstäben, Rohren und
Schweißdraht verfügbar.
Nicht thermoplastisch verarbeitbare Gießfolien und extrudierte Folien
(hauptsächlich für die Elektrotechnik und die Verpackungstechnik) sind am
Markt.

■ Typisierung
Die PC-Formmassen sind in Form der seit 1982 üblichen Datenblöcke typisiert.
Für den Formteilkonstrukteur enthält die Richtlinie VDI/VDE 22475 (08.67)
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-83. Eigenschaften einiger gefüllter und verstärkter technischer Kunststoffe


1024

Werkstoff Füllstoff- Zugfestigkeit Dehnung E-Modul Kerbschlag- Wärmeform- Rockwell- Dichte


gehalt zähigkeit beständigkeit Härte
(n. ISO/R 75 A
%-Masse- 1,85 N/mm2)
anteil N/mm2 % N/mm2 Nmm/mm2 °C g/cm3

Polycarbonat – 69 98 2150 28 142,5 R 122 1,22


Glasfasern 30 115 3,6 7100 11 145 R 125 1,43
Wollastonit 50 44 – 8100 – 266 – 1,44
Polyethylenterephthalat – 66 160 2800 5 72 L 107 1,35
Glasfasern 30 165 4,0 11000 7 221 M 100 1,58
C-Fasern 30 140 2,5 14300 – 221 – 1,47
Polybutylenterephthalat – 60 120 2700 3,4 67 – 1,30
Glasfasern 30 130 2,0 8500 10 205 R 120 1,52
Glaskugeln 20 50 4,0 3500 – 70 – 1,45
Wollastonit 50 60 – 6500 – 130 – –
Aromatische Polyester – 70 9 2100 22 – – 1,2
Glasfasern 30 108 3,5 6900 8 – – 1,44
modif. Polyphenylether (Noryl) – 68 20 2500 – 130 – –
Glasfasern 30 120 2,5 8500 – 126 L 108 1,30
Polyphenylensulfid – 76 3,0 3400 1,6 – – 1,34
Glasfasern 40 137 – 12000 4,3 218 R 123 1,6
C-Fasern 30 190 – 17000 2,3 260 – 1,45
Polysulfon – 75 75 2500 – 175 70 1,24
Glasfasern 30 115 3,0 7600 – 177 90 1,43
C-Fasern 30 130 2,0 13000 – 177 – 1,37
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1025

Werkstoffe der Feinwerktechnik: Polycarbonat-Formstoffe Angaben zum Eigen-


schaftsbild dieses Materials.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von PC-Formstoffen enthält Ta-
belle 2-84.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Während die unverstärkten PC-Typen ein Kraft/Verformungsverhalten mit aus-
geprägter Streckgrenze aufweisen, fehlt dieser Bereich bei den GF-verstärkten.
Die Reißdehnung geht bei den technisch üblichen Glasanteilen auf weniger als
10 % zurück. Die Zugfestigkeit unverstärkter PC-Standardtypen (in Abhängig-
keit von der Temperatur) gibt Bild 2-463 wieder.

Umwandlungstemperaturen
Über die in Tabelle 2-84 wiedergegebenen, im Kurzzeitversuch ermittelten Ei-
genschaften hinaus ist für die Vorauswahl eines Materials die Kenntnis des im
Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53 445 ermittelten Schubmoduls, Bild
2-464 aufschlussreich. Mit einer Glasübergangstemperatur von 150 °C erweist
sich PC über einen sehr breiten Temperaturbereich als ein steifer, formbeständi-
ger Werkstoff. Die Versprödung beginnt erst unter – 100 °C. Der stetige Verlauf
der Schubmodulkurve lässt auch in diesem Bereich auf keine plötzliche Verän-
derung der Eigenschaften schließen.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten im einachsigen Spannungszustand


Als Konstruktionsunterlage dient am besten die im Langzeit-Zugversuch ermit-
telte Zeitstandfestigkeit (bei verschiedenen Temperaturen). Bild 2-465 zeigt die
isochronen Spannungsdehnungslinien von unverstärktem PC.
In der Feinwerktechnik ist vor allem der Bereich kleiner Verformungen
(< 1 %) von Bedeutung. Hierüber gibt für eine Prüftemperatur von 23 °C Bild
2-466 anhand zweier Lexan Typen Auskunft.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-463. Temperaturabhängigkeit


der Zugfestigkeit von Lexan Stan-
dardtypen
(Quelle: GE Plastics Europe B.V./NL)
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-84. Eigenschaften von Polycarbonat und einiger PC-Blends


1026

Eigenschaften Einheit PC-Standardtyp PC-GF 30 Xenoy Bayblend


CL 101 T 65 MN T 88-2N

Dichte g/cm3 1,2 1,44 1,21 1,13 1,20


Schmelzindex (MFI 300/1,2) g/10 min 9–13 – – – –
Wasseraufnahme 23/50, 24 h % 0,15 0,13 – 0,2 0,2
mechanische
Streckspannung N/mm2 > 55 75 46 50 65
Dehnung an der Streckgrenze % 6 3 5 4,5 3
Reißfestigkeit N/mm2 > 65 70 > 50 45 60
Reißdehnung % 110 3,5 > 100 80 5
Quetschspannung N/mm2 > 80 110 – – –
Stauchung % 7 4,5 – – –
Zug-E-Modul N/mm2 2300 5500 1900 2100 4000
Schlagzähigkeit + 23°C kJ/m2 o.Br. 30 – o.Br. 25
– 40°C kJ/m2 o.Br. 30 – o.Br. –
Kerbschlagzähigkeit + 23°C kJ/m2 > 30 6 45 35 9
– 40°C kJ/m2 – – 25 35 9
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) N/mm2 110 145 – 80 115
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechan. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C – 115 bis + 150 – 135 bis + 170 100 100 110
dauernd °C – 115 bis + 130 – 115 bis + 150 90 90 100
Glasübergangstemperatur °C 150 150 – 140 150
Schmelzbereich °C 220 bis 260 220 bis 260 – 220 bis 260 220 bis 260
Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/120 °C 148 150 124 122 131
Formbeständigkeit in der Wärme
Methode A °C 138 147 95 105 115
Methode B °C 142 153 105 125 125
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-84 (Fortsetzung)

Eigenschaften Einheit PC-Standardtyp PC-GF 30 Xenoy Bayblend


CL 101 T 65 MN T 88-2N

linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 65 · 10–6 27 · 10–6 95 · 10–6 75–80 · 10–6 40–45 · 10–6
spezifische Wärmekapazität kJ/kgK 1,17 1,09 – – –
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,21 0,24 – 0,2 0,2
elektrische
Oberflächenwiderstand W > 1015 > 1014 – > 1014 > 1014
spezifischer Durchgangswiderstand W cm > 1016 > 1016 – 1016 1016
Dielektrizitätszahl 50 Hz 3,0 3,3 – 2,9 3,2
1 MHz 2,9 3,3 – 2,9 3,1
dielektrischer Verlustfaktor tan d, 50 Hz 0,9 1 – 4 · 10–3 2 · 10–3
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

1 MHz 11 · 10–3 12 · 10–3 – 4 · 10–3 2 · 10–3


Durchschlagfestigkeit (tr.) kV/mm 30 30 – 24 24
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI A 250 bis 300 150 bis 175 – 300 200
1027

Thermoplastische
Polykondensate
1028 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-464. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d eines PC-Standard- und eines
glasfaserverstärkten Typs (PC-GF 30)
a Makrolon 2800, Bayer AG
b Makrolon 8030, Bayer AG
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-465. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Makrolon 2800 der Bayer AG (unver-
stärkt)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1029

Bild 2-466. Isochrone Spannungsdehnungslinien von unverstärktem (a) und mit 20 % Masse-
anteil GF-verstärktem Polycarbonat (Prüftemperatur: 23 °C)
a Lexan 140, General Electric Plastics B.V./NL
b Lexan 3412 R, General Electric Plastics B.V./NL

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von PC ist vorzüglich. Mit zunehmendem
Glasgehalt nehmen diese Werte zwar ab, doch erreichen selbst bei 40 % Masse-
anteil GF die Standardtypen bei 23 °C noch Werte um 8 bis 10 kJ/m2 (nach
Charpy) bzw. 750 J/m (nach Izod), wie Bild 2-467 zeigt.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Thermoplastische
Polykondensate

PC versagt bei wechselnder Beanspruchung durch Bruch, wenn die Ermüdungs-


schwelle von 7 N/mm2 und 2,5 · 106 Lastspielen überschritten wird, Bild 2-468.
Durch Verstärken mit Glasfasern wird die Wechselfestigkeit wesentlich erhöht
und erreicht die Werte unverstärkter hochwechselfester Thermoplaste, bei-
spielsweise Polyacetal (sa = ± 35 N/mm2 bei 107 Lastwechseln). Sollte eine lange
Lebensdauer verlangt werden, dann empfiehlt es sich, diese Werte um ein Drit-
tel zu unterschreiten.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Die Reibungszahl von unverstärktem PC (als statisches Material) gegenüber
Hartstahl beträgt 0,39, gegen Messing 0,38, bei PC + MoS2 0,34. Bei PC gegen-
1030 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-467. Temperaturabhängig-


keit der Kerbschlagzähigkeit von
Polycarbonat (nach Izod) (Quelle:
General Electric Plastics Europe
B.V./NL)

Bild 2-468. Biegewechselfes-


tigkeit von unverstärktem
und glasfaserverstärktem
Polycarbonat (Prüftempe-
ratur: 23 °C, f = 30 Hz)
a PC-40 GF
b PC-20 GF
c PC (unverstärkt)

über PC-GF nur 0,30 und Hartstahl 0,25. PA (ruhend) gegenüber PC + MoS2 er-
reicht 0,17 und PC gegenüber Hartstahl (geschmiert) sogar nur 0,02. Die dyna-
mische Reibungszahl von PC gegenüber PC beträgt 0,52, bei Stahl 0,42, bei Mes-
sing 0,50. Umwelteinflüsse, Verschmutzungen und Oberflächengüte können
Thermoplastische
Polykondensate

diese Werte beeinflussen.

■ Thermische Eigenschaften
PC zeichnet sich durch eine hohe Formbeständigkeit in der Wärme aus. Sie be-
trägt 135 °C bei unverstärkten und 145 °C bei verstärkten Typen. Bei 240 bis
260 °C wird die für das thermoplastische Verarbeiten erforderliche Fließfähig-
keit erreicht. Bei Temperaturen > 320 °C beginnt die thermische Zersetzung un-
ter CO2-Abspaltung und Verfärbung. Einige thermische Daten geben die Bilder
2-469 und 2-470 wieder (siehe auch Tabelle 2-84). Bild 2-471 zeigt die relative Vo-
lumenänderung DV/V25°C von unverstärktem PC in Abhängigkeit von Druck
und Temperatur.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1031

Bild 2-469. Enthalpie von glasfaserverstärk- Bild 2-470. Wärmeleitfähigkeit von GF-ver-
tem PC in Abhängigkeit von der Temperatur stärktem PC in Abhängigkeit von der Tem-
(20 °C willkürlich gleich Null gesetzt) peratur

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-471. Relative Volu-


menänderung DV/V25°C von
unverstärktem PC in Abhän-
gigkeit von Druck und Tem-
peratur
1032 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Elektrische Eigenschaften
Die Isolationseigenschaften von PC sind nahezu unabhängig von der Tempera-
tur und der Feuchtigkeit. Der spezifische Durchgangswiderstand von 1016 W cm
bei 23 °C nimmt bei einer 24stündigen Wasserlagerung nur auf 5 · 1015 W cm ab.
Die Temperatur- und Frequenzabhängigkeit der Dielektrizitätszahl und des di-
elektrischen Verlustfaktors ist in den Bildern 2-472 und 2-473 wiedergegeben.
Der tan d nimmt erst im Schmelzbereich mit der Temperatur zu und überschrei-
tet bei 170 °C ein Maximum. Die Frequenzabhängigkeit weist bei 107 Hz mit
tan d = 0,01 ein Maximum auf. Bei einem Oberflächenwiderstand von 1015 W sind
Formteile aus PC elektrostatisch aufladbar. Die dadurch bedingte Staubanzie-
hung kann jedoch durch Behandeln der Formteile mit einem Antistatikum ver-
mindert werden.
Obwohl die elektrischen Eigenschaften von PC im Vergleich mit Polyethy-
len nicht besonders günstig sind, ergibt dennoch das Gesamtbild der Eigen-
schaften (Wärmestandfestigkeit, Transparenz, Zähigkeit, Flammwidrigkeit)
einen hochwertigen Werkstoff, der in der Elektrotechnik weite Verbreitung ge-
funden hat.

■ Optische Eigenschaften
Die Brechungsindizes für die bisher untersuchten Polycarbonate liegen im Be-
reich von 1,56 bis 1,65 und sind damit hoch für transparente Kunststoffe. Für PC
aus Bisphenol A fällt der Brechungsindex von 1,59 bei – 20 °C auf 1,56 bei 200 °C.
Im Bereich der Einfriertempertur von etwa 145 °C zeigt sich ein scharfer Knick.
Die Abhängigkeit des Brechnungsindex’ von Molmasse und Umgebungstempe-
ratur zeigt Bild 2-474. Im Bereich des sichtbaren Lichtes wird eine Durchlässig-
keit von 85 bis 90 % erreicht.
Die Lichtdurchlässigkeit im ultravioletten, sichtbaren und infraroten Bereich
ist in Bild 2-475 dargestellt. Im UV-Bereich bis zu Wellenlängen von 275 nm wird
das Licht völlig absortiert. Danach steigt die Durchlässigkeit steil an, wie Bild
2-474 bereits zeigte, und bleibt nahezu bis in den Infrarotbereich konstant. Wie
Bild 2-474 ebenfalls zeigt, beeinflusst die Wanddicke die Durchlässigkeit nur we-
nig, was gemäß Bild 2-476 auch für Signalfarben gilt.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-472. Temperaturabhängigkeit


der Dielektrizitätszahl und dielektri-
schen Verlustfaktors tan d von PC
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1033

Bild 2-473. Frequenzabhängigkeit der


Dielektrizitätszahl und des dielektri-
schen Verlustfaktors tan d von PC

Bild 2-474. Abhängigkeit des Bre-


chungsindex (l = 550 nm) von Poly-
carbonat von Temperatur und Mol-
masse
a MW = 20 000
b MW = 24 000,
c MW = 28 000
Thermoplastische
Polykondensate

■ Wasseraufnahme
Die Wasseraufnahme von PC aus Bisphenol A beträgt bei 23 °C und 65 % relati-
ver Feuchte etwa 0,2 %, bei direkter Wasserlagerung 0,36 %. Die physikalischen
Eigenschaften werden davon nicht berührt. Ein Wassergehalt über 0,01 % stört
jedoch bei der Verarbeitung durch Blasenbildung. Die physikalischen Eigen-
schaften werden durch Verseifen des PC verschlechtert.
Günstiger verhält sich PC bei wiederholtem jedoch kurzzeitigen Kontakt –
selbst mit heißem Wasser. Spannungsarme Geschirrteile können mehr als tau-
sendmal ohne Schädigung in Spülautomaten gespült werden. Ebenso können
Formteile aus PC mehrmals mit Wasserdampf sterilisiert werden.
1034 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-475. Lichtdurchlässigkeit von


Polycarbonat in Abhängigkeit von
der Wellenlänge (Schichtdicke 4 mm)

Bild 2-476. Lichttransmissionsgrad


von Polycarbonat-Signalfarben als
Funktion der Wanddicke
a: weiss, b: gelb, c: rot, d: grün, e: blau

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser, Alkohol (außer Methanol), Fette, Öle, Milch, Glycol,
Obstsäfte, verdünnte Säuren und Laugen;
nicht beständig gegen: Benzol, Toluol, Xylol, chlorierte KW, Methanol, zahl-
reiche Lösemittel, starke Säuren und Laugen, dauernde Einwirkung von heißem
Wasser.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Spannungsrissverhalten
Nach der Formgebung und dem Abkühlvorgang im Spritzgießwerkzeug können
Spritzgussteile aus PC infolge ungleichmäßiger Wandungstemperatur oder be-
hinderter Schwindung innere Spannungen aufweisen. Diese Eigenspannungen
können so groß werden, dass sie bei Einwirken lösender und quellender Medien
zur Bildung von Rissen führen. Andererseits können mit Hilfe derartiger Mittel
etwa vorhandene Eigenspannungen erkannt werden.
Über spannungsrissauslösende Medien gibt für eine Auswahl thermoplasti-
scher Kunststoffe Tabelle 2-85 Auskunft. Eine gezielte Auswahl erleichtert Tabelle
2-86 [3].
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1035

Tabelle 2-85. Spannungsrissauslösende Medien

Spannungsriss- Spannungsrissanfällige Kunststoffe


auslösende
Medien ABS AMMA PA PC PE PMMA PP PS PVC SAN SB

Aceton • • • • • •
Ethanol • • • • • •
Ether • • • • •
Alkohole •
Anilin • •
Benzin • • • • • •
Erdöl •
Essigsäure • •
Ester •
Glyzerin • •
Heizöl •
Heptan • • • •
Hexan • • • •
Isopropanol • • • •
Kaliumhydroxid •
Ketone • •
Kohlenwasserstoffe, •
aromat.
Metallhaologenide •
Methanol • • • • •
Natriumhydroxid • • •
Natriumhypochlorid • •
Paraffinöl • •
Pflanzenöl • • • •
Quellmittel, •
chlorhaltig
Salpetersäure • •
Silikonsäure •
Schwefelsäure •
Tenside •
Terpentin • •
Tetrachlorkohlenstoff • • •
Wasser • • •
Thermoplastische
Polykondensate

■ Witterungsbeständigkeit
Bild 2-475 zeigt, dass Polycarbonat die UV-Strahlung nahezu vollständig absor-
biert, was bei fortschreitender Einwirkungsdauer zum Vergilben der Oberfläche
führt. Trotz der Bewährung von UV-stabilisiertem PC, die dennoch das Vergil-
ben einer bis zu 200 mm dicken Oberflächenschicht auf die Dauer nicht verhin-
dern kann, erhalten beispielsweise PC-Stegplatten eine zusätzliche UV-Schutz-
schicht von 20 bis 30 mm Dicke in Form von Acryllacken mit hohem UV-Schutz
oder als kontinuierlich bei der Herstellung coextrudierte Deckschicht, Bild
2-477.
1036 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-86. Empfehlung für rissauslösende Medien bei Prüfung der Spannungsrissneigung
verschiedener Kunststoffe

Kunststoff- Rissauslösende Medien Eintauchzeit


Kurzzeichen

PE Tensid-Lösung (2%), 50°C > 50 h


Tensid-Lösung (2%), 70°C 48 h
Tensid-Lösung (5%), 80°C 4h
PP Chromsäure, 50°C
PS n-Heptan
Petroleum-Benzin, Siedebereich 50–70°C
n-Heptan: n-Propanol (1:1)
S/B n-Heptan
Petroleum-Benzin, Siedebereich 50–70°C
n-Heptan: n-Propanol (1:1)
Ölsäure
SAN Toluol: n-Propanol (1:5) 15 min
n-Heptan
Tetrachlorkohlenstoff
ABS Dioctylphthalat
Toluol: n-Propanol (1:5)
Methanol 15 min
Essigsäure (80%) 20 min
Toluol 1h
PMMA Toluol: n-Heptan (2:3) 15 min
Ethanol
n-Methylformamid
PVC Methanol
Methylenchlorid 30 min
Aceton 3h
POM Schwefelsäure (50%), örtliche Benetzung bis 20 min
PC Toluol: n-Propanol (1:3 bis 1:10) 3–15 min
Tetrachlorkohlenstoff 1 min
Natronlauge (5%) 1h
(PC + ABS) Methanol: Ethylacetat (1:3)
Methanol: Essigsäure (1:3)
Toluol: n-Propanol (1:3)
PPE + PS Tributylphosphat 10 min
Thermoplastische
Polykondensate

PBT ln-Natronlauge
PA6 Zinkchloridlösung (35%) 20 min
PA 66 Zinkchloridlösung (50%) 1h
PA 6-3-T Methanol
Aceton 1 min
PSU Ethylenglykolmonoethylether 1 min
Essigsäure-Ethylester
1,1,1-Trichlorethan: n-Heptan (7:3)
Methylglykolacetat
Tetrachlorkohlenstoff
1,1,2-Trichlorethan 1 min
Aceton 1 min
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1037

Tabelle 2-86 (Fortsetzung)

Kunststoff- Rissauslösende Medien Eintauchzeit


Kurzzeichen

PES Toluol 1 min


Ethylacetat 1 min
PEEK Aceton
PAR Natronlauge (5%) 1h
Toluol 1h
PEI Propylencarbonat

Bild 2-477. Lichttransmission (A) und


Yellowness-Index (B) nach künstli-
cher Bewitterung (Xenon-Weathero-
meter) von 10 mm dicken Stegplatten
aus Polycarbonat
a: unlackiert, b: mit 25 mm dicker
Thermoplastische

Lackschicht (UV-Lack 27 699 a,


Polykondensate

Hersteller: Diegel)

■ Brennbarkeit
Polycarbonat brennt rußend mit leuchtender Flamme; nach Entfernen der
Zündquelle verlöscht es. Es wurden halogenhaltige und halogenfreie flamm-
widrige Typen entwickelt (s. Abschnitt Funktions-Zusatzstoffe Kapitel 1.3.5.1).
Die Verbrennungsgase riechen phenolartig.
Die Nachbrennzeit ist kurz, ebenso der Brennweg. Die Ergebnisse der Brand-
prüfungen hängen jedoch häufig von der Wanddicke und den Zusatzstoffen ab.
1038 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Speziell ausgerüstete Typen erfüllen jedoch die Anforderungen der Elektrotech-


nik und des Automobilbaus [1].

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Für die Durchlässigkeit ergeben sich für 40-mm-Folien bei 20 °C die in Tabelle
4-30 wiedergegebenen Werte. Bild 2-478 sowie Tabelle 2-87 ergänzen diese An-
gaben. Die verhältnismäßig hohe Durchlässigkeit von PC für Sauerstoff und
Kohlendioxid begrenzt die Anwendung von Polycarbonat beispielsweise in der
Lebensmittelverpackung.

Bild 2-478. Wasserdampfdurchlässigkeit von


Polycarbonat-Folien in Abhängigkeit der
Dicke, gemessen nach DIN 53 122

Tabelle 2-87. Gasdurchlässigkeit von Poly-


Gas Permeation carbonat aus Bisphenol A bei Raumtempe-
cm1 (NTP) ratur (gemessen an 100-mm-Folien
m2 · b · bar

Wasserstoff 7800
Stickstoff 190
Thermoplastische

Sauerstoff 1100
Polykondensate

Kohlendioxid 6700
Helium 7200
Argon 520
Methan 190
Ethan < 30
Ethylen 60
Ethylenoxid 5000
Propan < 10
Butan < 10
Butylen < 20
Schwefelwasserstoff 120
Schwefeldioxid 6200
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1039

■ Verhalten gegen energiereiche Strahlung


Zwar verursachen b- und g-Strahlen bereits bei einer Strahlendosis von etwa
3 Mrad eine Radikalbildung, die zur Gelbfärbung führt (g-Strahlen erhöhen die
elektrische Leitfähigkeit und die Dielektrizitätszahl), die mechanischen Eigen-
schaften werden jedoch erst im Dosisbereich von 10 Mrad gemindert.
Zur Verringerung der Farbortverschiebung, verursacht durch die bei der Ste-
rilisation übliche Dosis von 2,5 Mrad (d. h. einer schwachen Gelbfärbung) ent-
wickelte die Mobay-Corp. das Makrolen Rx 2530. Zwar tritt trotz Anwesenheit
radikal absättigender Additive eine Gelbfärbung auf; sie bildet sich jedoch nach
wenigen Stunden soweit zurück, dass die Gesamtveränderung gering und meist
tolerierbar ist [1].

■ Gesundheitliche Beurteilung
Aus Bisphenol A hergestelltes PC ist geschmacks- und geruchsfrei.Weichmacher
werden bei der Herstellung nicht verwendet. Die entsprechend gekennzeichne-
ten Typen der PC-Sortimente entsprechen in ihrer stofflichen Zusammenset-
zung den Empfehlungen des Deutschen Bundesgesundheitsamtes (Empfehlung
XI „Polycarbonat“ Stand 1. 1. 1983) und können zur Herstellung von Bedarfsge-
genständen im Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes ver-
wendet werden. Zahlreiche Typen genügen ebenso den Spezifikationen der
American Food and Drug Administration (FDA) sowie der französischen Posi-
tivliste. Bei der Zulassung von Farbeinstellungen bestehen noch Unterschiede.
Darüber informieren die Rohstoffhersteller.

■ Verarbeitung
PC kann nach allen für Thermoplaste üblichen Methoden ur- und umgeformt
werden. Auch das dekorative Ausrüsten bereitet keine Schwierigkeiten.

Verarbeitungsbedingungen
Vorbedingung für einwandfreies Verarbeiten ist ein Feuchtigkeitsgehalt
< 0,02 %. Demgemäß sind Formmassen und umzuformendes Halbzeug 4 bis
24 h bei Temperaturen um 120 °C vorzutrocknen.

Verarbeitungs- Massetempe- Werkzeugtem- Spritzdruck Schwindung


methode ratur °C peratur °C bar %
Thermoplastische
Polykondensate

Spritzgießen 280 bis 320 85 bis 120 800 bis 1200 0.7 bis 0,8
Nachdruck GV 0,15 bis 0,55
Extrudieren 240 bis 280 niedrig
Rohre, Tafeln
Folien, Hohlkörper
Warmformen 180 bis 210
Warmbiegen 145 bis 160
Kaltformen ist bedingt möglich

PC-Folien können auch durch Gießen von PC/Methylenchloridlösungen herge-


stellt werden. Außer den normalen extrudierten und gegossenen Folien sind
einachsig gereckte, amorphe und teilkristalline PC-Gießfolien handelsüblich.
1040 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Veredeln der Oberfläche


PC kann ganz leicht auf Hochglanz poliert werden. Es dürfen nur alkalifreie Po-
lierpasten verwendet werden, um die Oberfläche nicht zu schädigen. Für das
Lackieren, Bedrucken und Heißprägen liefert die einschlägige Industrie auf PC
abgestimmete Erzeugnisse. Formteile und Folien können in verschiedenen Far-
ben metallisiert werden.
Metallisieren
Hochglänzende Metallschichten mit gleichmäßiger Schichtdicke werden dis-
kontinuierlich im Hochvakuum (Kathoden-Sputtern) bedampft. Anwendungs-
beispiele sind Folien, Leuchtreflektoren, Parabolspiegel und Compact Disks. Me-
chanischen Schutz bietet eine Decklackierung. Als Beispiel sei der Decklack auf
der Reflexionsschicht aus Aluminium auf CDs erwähnt.
Polycarbonat ist ein bevorzugter Werkstoff für die Herstellung von Büroma-
schinengehäusen. Nachteilig ist die Durchlässigkeit für elektromagnetische
Strahlung. Ein Schutz gegen die störende Elektromagnetische Interferenz (EMI)
kann zwar mit Hilfe leitfähiger Zusatzstoffe wie Ruß, Aluminiumflocken oder
vernickelte Graphitfasern erzielt werden, kostengünstiger ist jedoch die auch bei
komplizierten Teilgeometrien anwendbare Metallisiertechnik. Dabei wird
stromlos eine Nickel- oder Kupfer-Nickelschicht aufgetragen. Der Störschutz be-
trägt 65 – 125 dB.
Über vergleichende Versuchsergebnisse an metallisierten Kunststoffgehäusen
berichtet F. Gerling [4]. Untersucht wurden die Nachbehandlungsverfahren: Gal-
vanisieren (Cu/Ni-Beschichtung), Vakuumbedampfen (Al) und Lackieren (Cu,
Ni/Ag, Ag). Außer dem beidseitigen Galvanisieren und dem Lackieren mit Kup-
ferleitlack zeigten alle untersuchten Verfahren nahezu die gleiche Abschirmwir-
kung gegen die elektrische und magnetische Komponente einer elektromagne-
tischen Welle. Daraus folgt, dass in Zukunft wirtschaftliche Gesichtspunkte
(Gehäuseform und -größe sowie die Stückzahl) die Auswahl des Verfahrens be-
stimmen werden.

Kratzfestbeschichten
Das Kratzfestbeschichten gewann in letzter Zeit eine besondere Bedeutung da-
durch, dass es gelang, damit einen besonderen UV-Schutz zu erzielen. Dieser
Fortschritt kommt der Verwendung von PC für Kraftfahrzeug-Streuscheiben,
Helmvisire, Brillenscheiben und industrielle Verscheibungen zugute.
Thermoplastische
Polykondensate

Die Kratzfestigkeit der ursprünglich verwendeten Polyacrylatlacke reichte


nicht aus, wenn sie auch wegen des guten UV-Schutzes geschätzt worden wären.
Die heute praxiserprobten Polysiloxanlacke sind zwar kratzfest, bieten jedoch
keinen UV-Schutz, weil die UV-Strahlung ungehindert diesen Lack durchdringt.
Deshalb hat es sich bewährt, die Oberfläche des PC-Formteils oder Halbzeugs
zunächst mit einem gut UV-geschützten, elastischen Polyacrylatlack als Primer
und darauf den Polysiloxanlack aufzutragen.
Handelsübliche Lacksysteme liefern:
Sherwin Williams/USA, Degussa, Röhm GmbH, Bee Chem./USA und Mitsu-
bishi Rayon/Japan [1].
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1041

■ Bearbeitung
Halbzeug kann Abkühlspannungen enthalten, deshalb kann es erforderlich sein,
den Werkstoff vor der weiteren Verarbeitung zu entspannen (tempern). Das ge-
schieht bei Temperaturen von 130 bis 150 °C (30 min je 5 mm Wanddicke).

Spannendes Bearbeiten
Siehe Tabelle 2-6.

Fügeverfahren: Schweissen
Formteile und Halbzeug können durch Vibrations-, Reib-, Heizelement- oder
Warmgasschweißen gefügt werden. In den letzten Jahren wird bei Formteilen
das Schweißen und Nieten mit Ultraschall bevorzugt. Das Heizelement-
schweißen ist günstiger als das Warmgasschweißen. Die Spiegeltemperatur be-
trägt 400 °C, während beim Warmgasschweißen Lufttemperaturen von 450 bis
500 °C (5 mm vor der Düse) gemessen werden.
Bei hohen Anforderungen an die Sauberkeit des Fertigteils z. B. für die Medi-
zintechnik kann PC erfolgreich nach der Methode des Widerstandschweißens
gefügt werden.

Kleben
Als Klebstoffe eignen sich Lösemittel wie Methylenchlorid, mit dem die Kon-
taktflächen der zu verbindenden Teile vor dem Fügen angelöst werden. Reak-
tionsklebstoffe auf der Basis von Epoxid- und Siliconharzen (mit aminfreien
Härtern) sowie Polyurethan-Klebstoffe eignen sich zum Verbinden von PC mit
PC sowie mit anderen Werkstoffen. Die Klebstoffe müssen jedoch frei sein von
PC unverträglichen Bestandteilen. Cyanacrylat-Klebstoffe eignen sich für
schnelle Verklebungen. Die Teile müssen spannungsarm sein und dürfen nicht
hydrolytisch beansprucht werden.

Anwendungsbeispiele
Spritzguss-Formteile
Elektrotechnik und Elektronik: Spulenkörper, Relaiskappen, Teile für Re-
chenanlagen, Ablenkeinheiten, Gehäuse für Zeilentrafos, Telefongehäuse
für den Bergbau, Wählscheiben, Klemm- und Kontaktleisten, Schaltkästen,
Zählergehäuse, Leuchtstoffröhrensockel und -halterungen, Stecker, Kupp-
Thermoplastische
Polykondensate

lungen, Drucktasten, Abdeckungen für Signalleuchten. Aus optisch ein-


wandfreien PC-Typen werden die als Ton- und Bildträger dienenden, la-
serabtastbaren Compact-Discs spritzgegossen
Maschinenbau: Bauelemente für pneumatische Steuerungen und Mehr-
stufen-Flüssigkeitspumpen, Filtertassen, Schaugläser, Schutzhauben,
Gehäuse, Filterschleusen und -platten, Kaltwasserpumpen, Ventile, Hebel,
Nockenscheiben, Chassis, Drucktasten, Lüfterräder, Nähmaschinenteile.
Photo-, Film-, und Lichttechnik: Gehäuse für Kleinbild- und Schmal-
filmkameras sowie Blitzlichtgeräte, Dia- und Schmalfilmprojektoren,
Objektivhalterungen, Kameraverschlussleisten, Film- und Diakassetten,
1042 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Filmtransportspulen, Sucher, Blenden, Belichtungsmesser, Leuchtenab-


deckungen, Schalterkästen, Lichtraster, Lampenfassungen, Fernglas-
gehäuse, Mikroskopteile.
Büromaschinen, Schreibwaren: Rechen- und Schreibmaschinenteile,
Kugelschreiber- und Füllfederhaltergehäuse, Schriftschablonen, topogra-
phische Folien, Papierwickelhülsen, Tintenleiter, Rechenschieberteile,
Lineale, Dreiecke, Rohrposthülsen.
Verkehrswesen: Signalgebergehäuse und farbige Scheiben, Verkehrszei-
chen, Hinweisschilder, Fahrzeugabdeckungen (Snow-mobile), Scheinwer-
ferreflektoren, kratzfeste Streuscheiben, Rücklichter, Blinker, Warnleuch-
ten und Armaturengehäuse, Heizungsgitter, Belüftungs- und Kühlergrills,
Sicherungskästen und -abdeckungen, Armaturengläser, Innenleuchten,
Gehäuse für Autoantennenmotoren, Schiffsleuchtenabdeckungen.
Extrudate
Rundstäbe, Rohre, Profile und Tafeln für technische Anwendungen,
Schweissdraht, Tafeln, insbesondere für die Weiterverarbeitung zu Leuch-
tenabdeckungen, Leuchtwannen, u. ä.
Tafeln zur Verscheibung von Fenstern, Türen, Terrassen, Hallen, wenn
besondere Sicherheitsanforderungen gestellt werden. Tafeln für Schutz-
zwecke, Schutzschilde, Hohlkammertafeln für Lichtwände. Überdachun-
gen und Gewächshäuser.
Tafeln für Seitenscheiben für landwirtschaftliche und forstwirtschaftli-
che Zugmaschinen, Seiten- und Rückenwandscheiben für Lkw und Zug-
maschinen mit klappbarem Führerhausverdeck, Rundumverglasung für
Bagger, Baukräne und dgl., Fensterscheiben für Wohnwagen usw.
Hohlkörper
Flaschen, Ampullen, Leuchten.
Extrudierte Folien werden für Verpackungszwecke verwendet, gereckte
Gießfolien für Schrumpffolien zur Spulenisolation, als Klebbänder und
Tonträger.

Handelsnamen
Calibre (Dow Europe/CH)
Durolon (Policarbonatos do Brasil S. A./BR)
Ekonol (Sumitomo Chemical Co. Ltd./JP)
Thermoplastische
Polykondensate

Lexan (GE Plastics Europe/NL)


Makrolon (Bayer AG/DE)
Novarex (Mitsubishi Chemical Europe/DE)
Panlite (Teijin Chemicals Ltd./JP)
Polycarbafil (Akzo Engineering Plastics Inc/US)
Polygard MR (Polytech Inc./US)
Royalite (Royalite Thermoplastics Div./US)
Sinvet (Enichem Deutschland GmbH/DE)
Sparlux (Solvay Deutschland GmbH/DE)
Star-C (Ferro Eurostar/FR)
Xantar (DSM Polymers & Hydrocarbons/NL)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1043

2.2.1.2.1.1
PC-Cokondensate
Wie bei allen Kunststoffen des breiten Sortiments an Thermoplasten stand und
steht auch bei Polycarbonat die Entwicklung nicht still. Dabei kann einerseits auf
die teilweise schon viele Jahre zurückliegenden Erkenntnisse über die chemi-
sche Abwandlung des Basiswerkstoffs als auch auf die Erfahrungen beim Legie-
ren von Polymeren zurückgegriffen werden [6].
Welches sind die Ziele beim Abwandeln des Eigenschaftsbildes von Polycar-
bonat?
Die Arbeiten konzentrieren sich auf das Verbessern der Kerbschlagzähigkeit
für dickwandige Formteile, das Erhöhen der Schlagzähigkeit in der Kälte und
der Formbeständigkeit in der Wärme, das Verbessern der Flammwidrigkeit und
das Erhöhen der Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen.
Die Bemühungen führten schon bald zu einer Reihe von Co-Kondensaten, die
einige dieser Forderungen erfüllten. Angesichts der mit der vielseitigen Verwen-
dung von Kunststoffen, insbesondere der Technischen Polymeren, bestand und
besteht fortlaufend ein Bedarf an maßgeschneiderten Formmassen für spezielle
Anwendungen.

2.2.1.2.1.1.1
Bisphenol A-Copolycarbonate
Im Unterschied zu Tetrachlorbisphenol A verändert Tetrabrombisphenol A die
Flammwidrigkeit von PC nachhaltig, ohne dabei die ausgewogenen Eigenschaf-
ten wesentlich zu verändern. Inzwischen verlieren die halogenhaltigen Flamm-
schutzmittel wegen der beim Brand entstehenden gesundheitsschädlichen
Rauchgase an Bedeutung (siehe Abschnitt: Funktions-Zusatzstoffe Kapitel 1.3.5.1).
Bisphenol A-Copolycarbonate mit Phenolphthalein oder geringen Mengen
Homoalkyl-bis (hydroxy-4-phenyl) alkylphosphonatmonoalkalisalz sind erhöht
flammfest. Thermoplastische
Polykondensate

Erhöht flammwidriges Bisphenol A-Copolycarbonat

Copolykondensate mit 4,4-Dihydroxydisphenylsulfid weisen eine hohe Schlag-


zähigkeit in der Kälte auf [1]. Sie sind hochtransparent, verarbeitungsstabil und
fließnahtfest.
Eine andere Möglichkeit, die Struktur und damit die Eigenschaften von Bis-
phenol A-Polycarbonat nachhaltig zu verändern, besteht darin, die Säureeinheit
(Kohlensäure) partiell durch aromatische Dicarbonsäuren wie Terephthal- oder
Isophthalsäure sowie deren Gemische zu ersetzen. Diese Substitution führt zu
höheren Glastemperaturen.
1044 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.2.1.1.2
Blockcopolymerisation
Durch den Einbau von Anteilen chemisch verschiedener Segmente, seien es fle-
xible oder hydrophile Blöcke, kann das Eigenschaftsbild aromatischer Polycar-
bonate in weiten Grenzen verändert werden [1]. Die Blockcopolycarbonate wur-
den vor allem als ölbeständige Elastomere und biocompatible Membranwerk-
stoffe entwickelt. Diese sind den üblichen Cellulosehydratmembranen weit
überlegen zum Trennen polarer von unpolaren Gasen, zur Mikrofiltration,
Ultrafiltration, Elektrophorese, Dialyse und Umkehrosmose (Meerwasserent-
salzung).

2.2.1.2.1.2
Entwicklungstrends bei aromatischen Polycarbonaten
Polycarbonate mit sehr niedriger Schmelzviskosität bewähren sich seit Jahren
als Trägerwerkstoff für Audio-Compact-Disks. Eine hohe Fließfähigkeit ist die
Voraussetzung für eine sehr genaue Abbildung der Matrizenstruktur. Geringe
Eigenspannungen bedeuten ein Minimum an Doppelbrechung.

2.2.1.2.1.2.1
Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung
Polycarbonate mit sehr niedrigem Schmelzindex bewähren sich seit einigen
Jahrzehnten für das Spritzgießen von Audio-Compact-Disks. Die Matrizen-
struktur wird mit höchster Präzision abgebildet, die Eigenspannungen und da-
mit auch die störende Orientierungs-Doppelbrechung werden auf ein Minimum
reduziert. Für die laseroptische Datenspeicherung ist diese Leistungsfähigkeit
jedoch meistens nicht ausreichend.
Durch Mischen von PC bzw. strukturmodifiziertem PC wie Tetramethylbis-
phenol A-Polycarbonat mit Blendkomponenten z. B. bestimmten PS-Copolyme-
ren von entgegengesetzter Doppelbrechung kann die störende unterschiedliche
Orientierungs-Doppelbrechung vermieden werden.
Um optimale mechanische und thermische Eigenschaften, Beständigkeit ge-
gen Spannungsrissbildung und Sprödbruch bei PC-Formstoffen sowie eine pra-
xisübliche Verarbeitbarkeit zu gewährleisten, werden PC-Typen im Molmasse-
Thermoplastische
Polykondensate

bereich Mw = 22000 – 35000 gewählt. Einen Hinweis auf die Molmasse und damit
die Verarbeitbarkeit gibt Bild 2-479.
Wie bereits erwähnt, ist es in letzter Zeit gelungen, das Bisphenol A-Polycar-
bonat durch Modifizieren mit Polymeren auch Materialtypen im Molmassebe-
reich Mw = 18000 bis 25000 mit ausreichender Kerbschlagzähigkeit und deutlich
besserem Fließverhalten herzustellen, wie Bild 2-480 zeigt. Einen Vergleich mo-
difizierter und polymermodifizierter Typen bringt Tabelle 2-88 [2].
Diese Modifikation vereinfacht das Füllen komplizierter Formnester – selbst
bei dünnwandigen Spritzlingen – in kurzen Zykluszeiten.
Polycarbonate sind jedoch auch bei Polymermodifizierung bei mittleren
Molmassen M2 < 22 000 spröde und spannungsrissgefährdet. Bei laseroptisch
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1045

Bild 2-479. Abhängigkeit der scheinbaren Viskosität ha bei 300 °C von Polycarbonat von der
Schergeschwindigkeit g· am Beispiel einiger ®Makrolon-Typen.
a: niedermolekularer Spritztyp (24 000), b bis d: Produkttypen mit von b nach d steigenden
Molmassen (26 000, 28 000 und 31 000), e: Extrusionstyp mit angehobener Molmasse (32 000)

Bild 2-480. Zusammenhang von


Molmasse MW, Schmelzindex
MFI (ISO 1133) und Kerbschlag-
zähigkeit ak (DIN 53 453) bei kon-
ventionellem (a) und polymer-
modifiziertem (b) Polycarbonat
Thermoplastische
Polykondensate

ablesbaren Speicherplatten (CDs) sind die mechanischen Eigenschaften jedoch


bei Mw = 18 000 noch ausreichend.
Ähnliche Effekte wurden bei (Tetramethylbisphenol A-Polycarbonat + SAN)-
Blends beobachtet. [2, 8]

2.2.1.2.1.2.2
Polycarbonate für Lichtwellenleiter

Lichtwellenleiter aus Glas zeichnen sich durch sehr geringe Lichtverluste aus,
nachteilig ist ihre Sprödigkeit und die Notwendigkeit, mit größeren Krüm-
mungsradien verlegt werden zu müssen. Geeignete Polymerfasern wie PMMA
1046 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-88. Eigenschaftsvergleich leicht fließender Polycarbonate (Standard- und polymer-


modifizierte Typen)

Eigenschaft leicht fließende PC-Typen Prüf-


vorschrift
neu entwickelte Standard-
Produkte Produkte

Schmelzindex g/10 min 32 bis 35 17 bis 20 17 bis 20 10 bis 12 DIN 53735


MFI 300/11,8 ISO 1133
Fließspirale cm ≈ 54 ≈ 38 ≈ 39 ≈ 33
bei 300°C
Kerbschlag- kJ/m2 > 20 > 40 > 20 > 40 DIN 53453,
zähigkeit ISO R 179
Reißdehnung nach % 10 50 10 30 DIN 53455,
400 h thermischer ISO R 527
Alterung bei 100 °C

(Tg = 105 °C), Polystyrol (Tg = 100 °C) und PC (Tg = 150 °C) sind duktiler. Dieser
Vorteil lässt vor allem bei PC kleinere Krümmungsradien zu und prädestiniert
dieses Material für den Einsatz im Automobil, vor allem im Bereich von Moto-
ren. Die Lichtdämpfung ist allerdings höher als die des PMMA und des PS. Durch
geeignetes Umhüllungsmaterial wie PMMA, Poly-4-methylpenten-1 und Co-
polycarbonate kann der Lichtverlust verringert werden.

2.2.1.2.1.2.3
Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC)

Bei Vergleich der Daten für die Vicat-Erweichungstemperatur (nach DIN 53 460,
Methode B/120) von PC fällt auf, dass die Obergrenze selbst bei den verstärkten
PC-Standardtypen bereits mit 150 °C erreicht ist (Tabelle 2-84). Bis zu den
Schwefelpolymeren, beginnend bei Polysulfon, mit VSP/B/120 = 184 °C, besteht
eine Lücke, die mit Hilfe modifizierter Polycarbonate geschlossen werden kann.
Diese Lücke schließt eine neue Gruppe modifizierter Polycarbonate: die Poly-
ester-Cocarbonate. Wie die Bezeichnung sagt, erhalten diese Makromolekülket-
ten sowohl Polycarbonat- als auch Polyesterstrukturen [7].
Thermoplastische
Polykondensate

Polyester-Cocarbonat

Bei der Herstellung dieser Produkte kann durch Variieren der relativen Mengen
von Phosgen und Iso- bzw. Terephthalsäuredichlorid die Formbeständigkeit in der
Wärme mit steigendem Anteil an aromatischen Dicarbonsäuren erhöht werden.
Mit steigenden Anteilen von 30, 50 bis 80% ergeben sich Vicat-Temperaturen von
159, 170 bis 182 °C (Tabelle 2-84), im Vergleich zum unverstärkten PC mit 148 °C.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1047

Die mechanischen Eigenschaften gleichen denen des normalen PC. Die Kerb-
schlagzähigkeit bei – 40 °C übertrifft die des PC. Das hohe Niveau wirkt sich vor-
teilhaft aus bei Formteilen mit Durchbrüchen und großen Wanddickenunter-
schieden sowie bei Schnappverbindungen.
Die hohe Formbeständigkeit in der Wärme ist die hervorstechende Eigen-
schaft dieses Materials. Der Längenausdehnungskoeffizient unterscheidet sich
nur wenig von dem des PC.
Die elektrischen Eigenschaften gleichen ebenfalls denjenigen von PC, nur der
dielektrische Verlustfaktor nimmt mit wachsendem Esteranteil zu und die
Kriechstromfestigkeit ab.
Die Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien sowie gegen die Bil-
dung von Spannungsrissen gleicht dem Verhalten von Polycarbonat. Dement-
sprechend muss beim Spritzgießen mit niedriger Einspritzgeschwindigkeit und
niedrigem Nachdruck gearbeitet werden.
Beim Spritzgießen wird mit Massetemperaturen zwischen 320 und 370 °C und
beim Extrudieren zwischen 270 und 290 °C gearbeitet. Eine unerlässliche Vo-
raussetzung für die Herstellung einwandfreier Formteile ist das Vortrocknen des
Granulates bei mindestens 130 °C. Die Trocknungsdauer kann je nach Leistung
des Gerätes bis zu 8 Stunden dauern.
Beim transparenten Material eröffnen sich Anwendungsmöglichkeiten bei
Leuchtenabdeckungen, Linsen und Scheinwerferstreuscheiben, in der Elektro-
technik für Schalter, Kontrolleuchten-Abdeckungen, Lötleisten, Lampensockel
und Leuchtröhrenhalterungen.
Unter dem Handelsnamen Lexan PPC bietet General Electric Plastics ebenfalls
ein wasserhelles Polyterephthalatcarbonat an, das sich durch eine hohe Formbe-
ständigkeit in der Wärme auszeichnet. Lexan PPC 4704 erreicht eine Vicat Tempe-
ratur von 185 °C und PPC 4504 von 175 °C. Beide Typen erfüllen die Anforderungen
der FDA und des USP Class VI Standard. Bei diesem Produkt wird besonders die
wiederholte Sterilisierbarkeit im Autoklaven bei 130 °C hervorgehoben. Die UV-
Beständigkeit dieses sowie des Bayer-Produktes kann durch Auftragen einer
Schutzschicht wesentlich erhöht werden. Das Apec HT (Bayer AG) weist verbes-
serte Fließfähigkeit und Formbeständigkeit in der Wärme auf.

2.2.1.2.1.2.4
Erhöht schlagzähe PC-Cokondensate
Thermoplastische
Polykondensate

Seit 1980 bietet Mobay Chemical Co. (US) unter dem Handelsnamen Merlon
(T 4610, T 4530 und T 4340) ein PC-Cokondensat an, das sich vor allem durch
eine hohe Kerbschlagzähigkeit auszeichnet (0,87 kJ/m bei 23 °C). Die Kerb-
schlagzähigkeit steigt mit zunehmendem Anteil der Bisphenol S-Komponente
an. Dieses Cokondensat basiert auf Bisphenol A, Phosgen und vor allem
Di-p-hydroxydiphenylsulfid.

Di-p-hydroxydiphenylsufid (Bisphenol S)
1048 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die eigenschaftsverbessernde Wirkung der Schwefelverbindungen tritt insbe-


sondere bei den noch vorzustellenden Schwefelpolymeren hervor.

Handelsnamen
Apec HT (Bayer AG/DE)
Lexan PPC (GE Plastics Europe B.V./NL)
Makrolon (Röhm GmbH/DE)
Merlon T (Mobay Chemical Co./US)

2.2.1.2.1.3
Polycarbonatblends
Wegen der großen Bedeutung, die die Blend-Technologie heute allgemein für
den Einsatz technischer Thermoplaste gefunden hat, seien an dieser Stelle die
wesentlichen Gründe für ihre Entwicklung zusammengefasst:
• charakteristische Eigenschaftsprofile, die jeweils von dem ungemischten Aus-
gangspolymeren nicht erreicht werden können,
• die Eigenschaften von Polymerblends liegen mitunter sogar über den Aus-
gangsniveaus der Basispolymere,
• mit Hilfe von Polymerblends können häufig gezielt ganz bestimmte Anwen-
dungen bzw. Einsatzbereiche erschlossen werden,
• die Entwicklungsdauer von Polymerblends beträgt durchschnittlich 3 bis
5 Jahre, die allgemeine Marktaufnahme von neu entwickelten Polymeren 8 bis
10 Jahre,
• günstiges Preis/Leistungsverhältnis.
Die Thermoplastblends schließen viele Lücken im Rohstoffangebot, wie Bild
2-481 zeigt [9]. Im Sockel der heute naturgemäß noch abgestumpften Pyra-
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-481. Polymerblends schließen die


Lücken im Gesamtfeld der Technischen
Thermoplaste
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1049

mide befinden sich die Standardkunststoffe, im Mittelpunkt die als Technische


Thermoplaste bekannten Produkte und im oberen Bereich die sog. Exoten.
Just der mittlere Bereich ist der Standort der (umrahmten) Polymerblends, die
sich organisch in die Lücken im Gesamtfeld der Technischen Thermoplaste
einfügen.

2.2.1.2.1.4
Polycarbonat + Styrolcopolymerblends
(PC + ABS)-, (PC + ASA)- und (PC + SEBS)-Blends
Im Vorgriff auf das eigentliche Kapitel Polycarbonat-Blends wurden bereits im
Kapitel 2.1.3.2.3. ABS und ASA als elastifizierende Mischkomponenten in den
Polymerblends (ABS + PC) und ASA + PC) beschrieben. Dabei kommt es für
ABS auf das Erhöhen der Formbeständigkeit in der Wärme (durch die Zugabe
von PC) und für PC auf das Erhöhen der Schlagzähigkeit in der Kälte an, Bild
2-482.
Angesichts der begrenzten UV-Beständigkeit der Butadienkomponente im
ABS bietet ASA, mit einem Acrylester als elastifizierender Komponente, auch bei
Freibewitterung beides:
für die ASA-Komponente eine Erhöhung der Formbeständigkeit in der
Wärme und für PC eine Erhöhung der Schlagzähigkeit in der Kälte [6].
Die Formbeständigkeit der styrolhaltigen Blendkomponenten in der Wärme
kann auch durch den Einsatz von SMA eines methylstyrolhaltigen ABS oder spe-
zieller PC-Typen erhöht werden.
PC-Blends mit PMMA erhöhen die UV-Beständigkeit.
Blends aus PC und TPU eignen sich wegen ihrer hohen Zähigkeit und Kraft-
stoffbeständigkeit für zahlreiche Anwendungen im Kraftfahrzeugbau. Gegebe-
nenfalls kann diesen Blends außerdem noch Pfropfkautschuk zur Verbesserung
der Tieftemperaturzähigkeit zugesetzt werden [1].
PC-Formteile mit geringer Wanddicke weisen eine hohe Schlagzähigkeit
auf, bei größerer Wanddicke ist dieser Thermoplast jedoch bereits bei Raum-
temperatur und erst recht in der Kälte spröde. Außerdem büßt PC durch
Wärmealterung bei hohen Temperaturen sehr viel von seinen mechanischen
Eigenschaften ein. Durch den Zusatz von weniger als 10 Masse-% eines hoch-
molekularen SEBS zum PC wird die Schlagzähigkeit auch bei dickwandigen
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-482. Vergleich der Izod-


Kerbschlagzähigkeit von ABS
und PC mit der eines daraus
hergestellten Polymerblends
1050 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-483. Dynamischer Zugmodul


von Mischungen aus SEBS und Poly-
carbonat (Volumenverhältnis 70 : 30)
im Vergleich zu den Werten der rei-
nen Komponenten

Teilen erhöht. Außerdem ist die Schlagzähigkeit eines in der Wärme gealter-
ten (PC + SEBS) wesentlich höher als die eines nicht-modifizierten PC, Bild
2-483.

2.2.1.2.1.5
Polycarbonat + Polybutylenterephthalat-Blends (PC + PBT)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Zeichneten sich (PC + ABS)-Blends durch die erreichbare hohe Formbeständig-
keit in der Wärme und eine hohe Schlagzähigkeit in der Kälte aus, so kommt es
durch das Legieren mit PBT zunächst auf das Erhöhen der Steifigkeit der Form-
stoffe sowie eine bessere Chemikalien- und Kraftstoffresistenz an. Dabei geht je-
doch die hohe Schlagzähigkeit des PC verloren (zähspröd-Übergang 10 °C), so-
dass es notwendig war, als dritte Komponente einen Elastifikator, d. h. ein Elas-
tomer, hinzuzufügen. Das nunmehr aus drei Komponenten bestehende Blend ist
ein Beispiel für das Entstehen eines thermoplastischen Werkstoffs mit einem
vorher bei den einzelnen Basispolymeren nicht gekannten Eigenschaftsprofil.
Bild 2-484 zeigt die kennzeichnenden Eigenschaften, die jeder Ausgangsstoff
zum Gesamtprofil beiträgt.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Mechanische Eigenschaften
Bild 2-485 gibt das Zeitstandverhalten eines Polymerblends (mittlerer Kälte-
schlagzähigkeit) bei – 50 °C wieder. Diese Werte sind bei dem in der Tabelle auf-
genommenen Typ Makroblend KL 1-1197 noch wesentlich günstiger. Die Form-
beständigkeit in der Wärme entspricht derjenigen von Standard-PC.

■ Umwandlungstemperaturen
Bild 2-486 gibt den Schubmodul von Makroblend PR 51 wieder. Die Steifheit
von PC bleibt bis etwa 50 °C erhalten; dann nimmt sie bis 150 °C allmählich
ab und liegt bis zur Schmelztemperatur von 225 °C über der des Basispolymeren
PC.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1051

Bild 2-484. Kennzeichnende Eigen-


schaften von PC und PBT sowie
daraus hergestellten zusätzlich elas-
tifizierter Polymerblends

Bild 2-485. Isochrone Spannungsdehnungslinien von (PC + PBT)-Blend


A Prüfergebnisse bei 23 °C
B Prüfergebnisse bei 80 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-486. Schubmodul von


PC und (PC + PBT)-Blends in
Abhängigkeit von der Tempe-
ratur
a Markolon 2800
b Makroblend PR 51
1052 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Chemikalienbeständigkeit
Der Vorteil gegenüber normalem PC besteht vor allem in der geringeren Span-
nungsrissempfindlichkeit bei Berührung mit Kraftstoffen (Super-Kraftstoffe
und M 15).
■ Verarbeitung
Die als zylindrisches Granulat gelieferte Formmasse darf bei der Verarbeitung –
wie alle Polycarbonate – einen Feuchtigkeitsgehalt von höchstens 0,02 % aufwei-
sen. Sie ist etwa 5 Std. bei 120 °C im Schnelltrockner zu trocknen. Die optimale
Verarbeitungstemperatur beträgt 265 bis 280 °C. Temperaturen > 310 °C sind zu
vermeiden, ebenso lange Verweilzeiten im Plastifizierzylinder. Die Schwindung
beträgt 0,8 bis 1,0 %.
Formteile und Halbzeug aus den (PC + PBT)- sowie den (PC + PBT)-Modifi-
katorblends können durch Vibrations- und Ultraschallschweissen gefügt wer-
den. Das Ein- und Mehrschichtlackieren bereitet keine Schwierigkeiten.
Handelsnamen
Um angesichts der großen Vielfalt an PC-Blends und der zugehörigen Han-
delsnamen einen Überblick zu gewinnen, seien nachstehend die gebräuch-
lichsten Handelsnamen wiedergegeben:
(PC + ABS)
Bayblend T/FR (Bayer AG/DE)
Cycoloy (GE Plastics Europe/NL)
Koblend (Enichem Deutschland GmbH/DE)
Lastilac (Lati Industria Thermoplastici Deutschland GmbH/DE)
Pulse (Dow Europe/CH)
Ryulex (Dainippon Ink & Chemicals Inc./JP)
Terblend B (BASF AG/DE)
Transparene (Neste Oy Chemicals/FI)
(PC + ASA)
Bayblend A (Bayer AG/DE)
Terblend S (BASF AG/DE)
(PC + SMA)
Arloy (Arco Chemical Co./US)
Exolite (Cyro Industries/US)
(PC + PBT)
Lexan (GE Plastics Europe B.V./NL)
Thermoplastische
Polykondensate

Ultrablend (BASF AG/DE)


Xenoy (GE Plastics Europe/NL)
(PC + PSH I)
Bayblend H (Bayer AG/DE)
(PC + PMMA)
Makrolon Longlife-UV (Röhm GmbH/DE)
(PC + PPmod)
Azloy (Azdel B.V./NL)
Multilon (Teijin Chemicals Ltd./JP)
(PC + TPE-U)
Texin (Miles Chemical Corp./US)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1053

2.2.1.2.1.6
Literatur – Kapitel 2.2.1.2 – 2.2.1.2.1.5
[1] Grigo U et al. (1992) „Polycarbonate“ in Kunststoff-Handbuch Bd. 3/1 (Herausgeber: L. Bot-
tenbruch) C. Hanser Verlag, München, S 117–159
[2] Müller PR (1984) „Polycarbonat“, Kunststoffe 74, S 569–572
[3] Saechtling, Hj „Kunststoff-Taschenbuch“ 26. Ausgabe (Herausgeber K. Oberbach) S 710 u. 711
[4] Gerling F (1994) „Metallisierte Kunststoffgehäuse“, Kunststoffe 84, S 899–903
[5] Eiffler J et al. (1995) „Opaleszierende Polycarbonate“, Kunststoffe 85, S 799–802
[6] Elias H-G, Vowinkel F (1983) „Neue Werkstoffe für die industrielle Anwendung“, München
C. Hanser Verlag, S 125–134
[7] Rathmann D (1984) „Polycarbonat – ein wärmebeständiger Thermoplast“, synthetic 15
Nr. 6, S 50–52
[8] Freitag D et al. (1988) „Polycarbonate“ in Encyclopedia of Polymer Science and Engineer-
ing 2. Aufl Vol 11, Wiley, New York, S 648–718
[9] Witt W (1985) „Polymerblends und ihre Bedeutung als Konstruktionswerkstoffe“, Gummi,
Fasern, Kunststoffe 38, S 155–161

2.2.1.2.2
Polyalkylenterephthalate
Zu den Polyalkylenterephtalaten gehören die Werkstoffe Polyethylenterephtalat
(PET) und Polybutylenterephtalat (PBT).

2.2.1.2.2.1
Polyethylenterephthalat (PET)
Frank Henning; Jan Diemert; Benjamin Sandoz

Im Jahre 1928 begann W. H. Carothers mit seinen Arbeiten über lineare Poly-
kondensate für die Herstellung von Polyestern. Ihm gelang die Herstellung von
verspinnbaren Polyestern aus Diolen und Alkylendicarbonsäuren. Jedoch erst
die Arbeiten von I. R. Whinfield und J. T. Dickson führten zu technisch nutzba-
ren Faserrohstoffen. Die Firmen ICI und DuPont erwarben die Schutzrechte der
Fa. Calico Printers’ Assoc. Accrington, UK, und gelangten Anfang der fünfziger
Jahre zur Großproduktion der ersten Polyesterfasern mit den Produktnamen
Terylen® und Dacron® für die Verarbeitung in der Textilindustrie. Nach dem Er-
Thermoplastische
Polykondensate

werb der ICI-Lizenz folgten die Firmen Hoechst AG mit einem Faserprodukt na-
mens Trevira® und die Enka-Glanzstoff AG mit dem Produkt Diolen®.
Nach Ablauf der Patente im Jahre 1966 nahmen zahlreiche Firmen in der
ganzen Welt die Produktion der Polyesterfasern auf.
Außer der Gewinnung von Spinnfasern erlangte bereits Mitte der fünfziger
Jahre die Herstellung von Folien große Bedeutung (Mylar® der Fa. DuPont,
Hostaphan® der Fa. Hoechst AG). Sie waren jahrelang ein wichtiges Isolations-
material für die Elektrotechnik.
Als Konstruktionswerkstoff gewann Polyethylenterephthalat (PET) im Jahre
1966 erstmals an Bedeutung, als die Firma AKU, Niederlande, ihr Produkt Arnite®
vorstellte. Später kamen die Produkte zahlreicher weiterer Hersteller auf den Markt.
1054 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Der seit den fünfziger Jahren mit großem anwendungstechnischen und


wirtschaftlichen Erfolg produzierte Faserrohstoff PET wies als Formmasse für
technische Spritzgießteile eine zu hohe molare Masse und eine zu niedrige
Rekristallisationsgeschwindigkeit auf. Daraus ergaben sich zwangsläufig lange
Zykluszeiten und auch die Schlag- sowie die Kerbschlagzähigkeit waren verhält-
nismäßig niedrig.
Der Einsatz von PET als Formmasse für den Spritzguss wurde erst möglich,
als auf der Basis hochmolekularer Einstellungen die Kristallisationsgeschwin-
digkeit durch den Einsatz von Nukleierungsmitteln erhöht werden konnte. Dies
führte zu einem wirtschaftlichen Einsatz dieses Werkstoffs zur Herstellung teil-
kristalliner Bauteile.
Durch den linearen Aufbau der Kettenmoleküle entsteht ein kristallines Ge-
füge mit etwa 30 bis 40 % Kristallinität. Diese kann durch den Einbau geeigneter
Comonomere so weit verringert werden, dass auch glasklare Produkte mit
amorpher Struktur entstehen.
Die mehr oder weniger problematische Spritzgießverarbeitung (hohe Werk-
zeugtemperaturen, lange Zykluszeiten) führte nahezu zwangsläufig zur Ent-
wicklung des leichter zu verarbeitenden homologen Polybutylenterephthalats
(PBT) sowie zu einer Vielzahl modifizierter PET-Typen und (PET + PBT)-Hy-
briden. PBT ist heutzutage ein gängiger Formstoff, der ausschließlich teilkristal-
lin und somit nicht transparent ist. Inzwischen gibt es noch weitere Terephthalate
auf dem Markt, welche die folgende Liste ergänzen:
PET Polyethylentherephthalat
PBT Polybutylentherephthalat
PET-A amorphes Polyethylentherephthalat
PET-C kristallines Polyethylentherephthalat
PET-G zähigkeitsoptimiertes Polyethylentherephthalat mit Glykol
PEN Polyethylennaphthalat
PCT Polycyclohexendimethylterephthalat
PET und PEN können durch rasche Abkühlung bei der Verarbeitung weitestge-
hend amorph hergestellt werden. Hierdurch erzielen sie die von Verpackungs-
materialen oft geforderte Transparenz.
Polyethylentherephtalat basiert heutzutage rohstoffseitig auf Paraxylen (PX),
das mengenmäßig zu 98 % in die alternativen PET-Rohstoffe Dimethylte-
rephtalat (DMT) und Therephtalsäure (PTA) geht. Zur Zeit werden knapp 90 %
Thermoplastische
Polykondensate

der PET-Polymere aus PTA und nur 10 % aus DMT hergestellt.


Die vier bedeutendsten Anwendungsgebiete sind:
Fasern (Textilindustrie)
Flaschen (Getränkehandel)
Folien (Verpackungsindustrie)
Technische Compounds (Formteile und Profile)
PET ist in Westeuropa mit einem Verbrauch von 1,8 Mio. to pro Jahr an sechster
Stelle der am meisten eingesetzten Thermoplaste [1]. Das rasante Wachstum
liegt in den stark wachsenden Verpackungsanwendungen. Jährliche Wachstums-
raten von bis zu 10 % in diesen Segmenten verdeutlichen die steigende Nachfrage
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1055

Bild 2-487. Weltproduktion


von PET/Polyesterpolymeren

[2]. Durch die steigende Massenproduktion des Werkstoffs für die Verpackungs-
industrie entstand ein signifikanter Preisverfall, der diesem Werkstoff neue An-
wendungsgebiete eröffnet.
Im Jahr 2002 belief sich die Weltproduktion von PET/Polyesterpolymeren auf
31,3 Mio. t. Bild 2-487 zeigt die Verteilung auf die Anwendungsgebiete. Zu den
Spezialitäten gehören auch die technischen PBT/PET-Werkstoffe, speziell für
Spritzgießanwendungen [3].

2.2.1.2.2.1.1
Synthese und Compoundierung

2.2.1.2.2.1.1.1
Synthese

2.2.1.2.2.1.1.1.1
Herstellverfahren

PET und PBT gehören zur Gruppe der Polyalkylentherephthalate. Während


Polyethylenterephthalat zunehmend aus hochreiner Therephthalsäure herge-
stellt wird, basiert die technische Herstellung von Polybutylenterephthalat fast
ausschließlich auf Terephthalsäuredimethylester.

Ethylenglykol

Aus Terephthalsäure wird durch Veresterung mit Methanol Dimethylterephtha-


Thermoplastische
Polykondensate

lat. Die Veresterung mit Ethylenglycol führt bei einer Temperatur von 190 bis
200 °C in Stickstoffatmosphäre zum Glycolterephthalat. Unter Verwendung von
Antimon- und Germanium-Katalysatoren entsteht bei vermindertem Druck bei
290 °C durch Schmelzepolykondensation ein Polyalkylenterephthalat als Kon-
densationsmasse. Das dabei freiwerdende überschüssige Glykol destilliert ab.
Die zähflüssige Kondensationsmasse wird nach 3 bis 5 Stunden abgepresst, in
Wasser gekühlt und in Granulate zerkleinert.
1056 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

n = 1 ergibt Polyethylenterephthalat (PET), wohingegen n = 2 zum Polybutylen-


terephthalat (PBT) führt.

2.2.1.2.2.1.1.2
Rohstoffeigenschaften

2.2.1.2.2.1.1.2.1
Bestimmung der intrinsischen Viskosität

Da die Verarbeitungs-, Gebrauchseigenschaften und Einsatzgebiete von PET


stark von der molekularen Struktur abhängen, kann die Qualität einfach mit der
IV-Wertbestimmung überwacht werden. Der IV-Wert dient als Maß für die mitt-
lere molekulare Masse eines Polymers. Er wird aus der Lösungsviskosität er-
rechnet und dient zur Charakterisierung von Produktionschargen. Dies dient
dem Verarbeiter zur Qualitätskontrolle der Rohstoffe und Zwischenprodukte.
Die Bestimmung der Lösungsviskosität ist eine bewährte und sehr genaue Me-
thode zur Beurteilung der molekularen Identität vieler Kunststoffe. Für die
Durchführung existieren verbindliche Normen, die beispielsweise Lösemittel,
Konzentrationen, Viskosimetertyp und -größe, Messbedingungen usw. vor-
schreiben (DIN 53728/3, DIN ISO 1628). Die Messung erfolgt mit Hilfe eines Ka-
pillarviskosimeters an in Lösung befindlichen Polymeren. Als Messergebnis
wird immer die relative Viskosität aus dem Verhältnis der Viskositäten der Poly-
merlösungen und der Lösemittel berechnet. Daraus wird je nach Bestimmungs-
methode wiederum die intrinsische Viskosität (IV-Wert, Grenzviskositätszahl,
Staudingerindex) entnommen.

2.2.1.2.2.1.1.2.2
Feuchtegehaltmessung

Auf die Wasseraufnahme von PET sei anhand Bild 2-488 hingewiesen. Um einen
hydrolytischen Abbau zu verhindern sind PET Granulate zu trocknen. Für die
Feuchtigkeitsmessung eignet sich besonders die Karl-Fischer-Methode. Für den
industriellen Einsatz eignen sich Verfahren wie das Aquatrac und der Aboni
Hydrotracer.

2.2.1.2.2.1.1.2.3
Thermoplastische
Polykondensate

Normen

DIN 16 779, Teil 1 Polyalkylenterephtalat- Formmassen


DIN 16 779, Teil 2 Polyalkylenterephtalat- Formmassen
DIN ISO 1628 Bestimmung der Viskositätszahl und der Grenzviskositätszahl
DIN 53728/3, DIN ISO 1628 Bestimmung der Lösungsviskosität
DIN Karl-Fischer-Methode
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1057

Bild 2-488. Wasseraufnahme von teilkristallinem, unverstärktem PET

2.2.1.2.2.1.1.3
Struktur und Morphologie

Die Eigenfarbe von PET reicht von amorph-transparent über kristallin-opak bis
hin zu weiß.
Bei teilkristallinen Thermoplasten werden die physikalischen Eigenschaften
maßgebend durch den Kristallinitätsgrad bestimmt. Beim teilkristallinen PET
wird je nach Verarbeitungsbedingungen ein Kristallinitätsgrad von 30 bis 40 %
erreicht. Die sich bildenden Überstrukturen (Sphärolithe) unterscheiden sich
zwar nicht von denen anderer teilkristalliner Thermoplaste, jedoch ist die Kris-
tallisationsgeschwindigkeit wesentlich geringer. Die Wachstumsgeschwindigkeit
der Sphärolithe beträgt nur 10 mm/min im Vergleich zu 400 mm/min bei POM
und 5000 mm/min bei PE-HD. Die Wachstumsgeschwindigkeit der Sphärolithe
ist im Temperaturbereich von 200 bis 230 °C am größten, Bild 2-489. Deshalb
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-489. Kristalldichte von Poly-


ethylenterephthalat in Abhängigkeit
von der isothermen Kristallisations-
temperatur
1058 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

müsste die Werkzeugtemperatur diesem Bereich ziemlich nahe kommen. Die


hohe Enthalpie der Schmelze erlaubt es jedoch, mit Werkzeugtemperaturen von
etwa 140 °C zu arbeiten. Aufgrund des hohen amorphen Anteils in der polyme-
ren Schmelze bei dieser Temperatur ist die Kristallisationsgeschwindigkeit
durch den Zusatz von Keimbildnern (Nukleierungsmittel) zu steigern. Die In-
duktionszeit wird somit abgekürzt und es entstehen viele feine Sphärolithe. Po-
lyalkylenterephthalate bestehen aus Kettenmolekülen mit einer Molmasse von
8000 bis 10000 g/mol.
Durch den Einbau sperriger comonomerer Bausteine wie die bereits er-
wähnte Isophthalsäure und/oder CHDM kann die Kristallinität von PET so weit
verringert werden, dass daraus hergestellte Formteile auch bei großer Wand-
dicke transparent bleiben.

2.2.1.2.2.1.1.4
Additive und Zuschlagstoffe

2.2.1.2.2.1.1.4.1
Additive

Trotz einer verhältnismäßig hohen Stabilität gegen oxidativen Abbau ist den-
noch eine Stabilisierung bei Langzeiteinsatz der Produkte erforderlich. Ziel der
Stabilisierung ist die Verhinderung der Abnahme der Molmasse und der gleich-
zeitigen Zunahme von Carboxylengruppen nach der Polykondensation und bei
der Verarbeitung. Hierfür kommen vor allem Phosphite und Phosphate, wie z. B.
Triphenylphosphat, Trimethylphosphat und Triphenylenphosphit zum Einsatz.
Die Schmelzestabilisierung wird durch die Komplexierung/Chelatisierung der
als Umesterungs- und Polykondensationskatalysatoren eingesetzten Metallver-
bindungen (z. B. Manganacetat, Antimontrioxid) ermöglicht [4].
Als Stabilisatoren bei der Langzeitbeanspruchung von PET unterhalb 200 °C
dienen auch phenolische Antioxidantien wie beispielsweise Pentaerythritylte-
trakis-3 (3,5-ditert.butyl-4-hydroxyphenyl)-propionat. Das in PET enthaltene
Diethylenglykol, das in einer Nebenreaktion aus Ethylenglykol gebildet wird, ist
aufgrund der sich in alpha-Stellung zu den Ethersauerstoffatomen befindlichen
Methylengruppen besonders oxidationsanfällig. Phenolische Antioxidantien
verhindern oder schränken einen solchen Abbau erheblich ein.
Die thermoplastischen Polyester-Elastomere enthalten leicht oxidierbare Po-
Thermoplastische
Polykondensate

lyethersegmente. Antioxidantien werden am besten bereits während der Kon-


densationsreaktion zugegeben.
Wegen der Amidstruktur wird beispielsweise NN¢-Hexamethylen bis-3-(3,5
ditert.butyl-4-hydroxyphenyl)-propionamid teilweise chemisch in das Polymer
eingebaut, um es bei der Extraktion zu stabilisieren und den Farbton der Elasto-
mere zu verbessern.
Ein weiteres Ziel besteht im Erreichen einer erhöhten Schmelzestabilität in
Verbindung mit guter Hydrolysebeständigkeit, vor allem bei PBT.
Die Hydrolysebeständigkeit von Polyestern spielt besonders bei der Verarbei-
tung eine signifikante Rolle [5]. Schon ein geringer Anteil an Wasser kann einen
merklichen Abfall der Viskosität und der Molmasse durch hydrolytische Spal-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1059

tung der Esterbindungen bewirken. Die Konzentration des Wassers beeinflusst


direkt die Hydrolysegeschwindigkeit, die 10000 mal so schnell wie der thermi-
sche Abbau und 1000 mal so schnell wie der thermooxidative Abbau abläuft [6].
Der wirksamste Schutz gegen Hydrolyse ist das intensive Trocknen des Poly-
esters vor der Verarbeitung. Die Hydrolysebeständigkeit kann zudem durch
Maßnahmen bei der Festphasen-Nachkondensation erhöht werden.
Um die Polyalkylenterephthalate, inbesondere PET-Folien, bei längerer Be-
witterung vor Vergilben und Verspröden zu schützen, ist der Zusatz von UV-Ab-
sorbern aus der Klasse der Hydroxybenzophenone und der 2-(2¢-Hydroxy-
phenyl) benzotriazole erforderlich.
Hinweise für das Einfärben von thermoplastischen Polyestern mit allgemein
verwendbaren Farbmitteln finden sich in Kapitel 1.3.5.1 Tabelle 1-38.

2.2.1.2.2.1.1.4.2
Flammschutz

Technische PET-Compounds eignen sich aufgrund ihrer Eigenschaften für die


Herstellung von Gehäuseteilen von Elektrogeräten und Elektrosteckverbindun-
gen. Diese Anwendungen erfordern einen effektiven Flammschutz, der mit PET
nur durch Zugabe von Flammschutzmitteln zu erreichen ist.
Die Wirksamkeit eines Flammschutzes kann anhand einer Reihe von Prüfver-
fahren ermittelt werden, wobei Kriterien wie Nachbrennzeit, Abtropfverhalten,
Nachglühzeit,Wärmeentwicklung, Rauchgasentwicklung, Toxizität der Brandgase
und viele andere geprüft und bewertet werden.PET-Typen werden häufig nach UL
94-Norm getestet (siehe auch Abschnitt Brandverhalten 2.2.1.2.2.1.4.2).
In PET haben sich organische Bromverbindungen in Kombination mit dem
synergetisch wirkenden Antimontrioxid als zuverlässige und wirtschaftlich in-
teressante Lösung herausgestellt. Eine Einstufung nach UL 94 V-O erfordert
meist eine Zugabe von ca. 15 % Flammschutzmittel zum PET-Compound.
Als halogenfreie Alternative werden Flammschutzmittel auf Phosphorbasis
angeboten, die allerdings für PET zur Zeit kaum Einsatz finden.
Bei der Verarbeitung flammgeschützt ausgerüsteter PET-Typen ist auf eine
genaue Einhaltung der Massetemperaturen zu achten, da einige Flammschutz-
typen ebenfalls thermisch sehr empfindlich sind [7].

2.2.1.2.2.1.1.4.3
Thermoplastische
Polykondensate

Füll- und Verstärkungsstoffe

PET wird in meist uncompoundierter Form zu Fasern versponnen oder zu Fla-


schen-Preforms verspritzt. Für den Einsatz in technischen Bauteilen wird PET
häufig mit Schlagzähmodifikatoren, Fasern, Farbstoffen und Füllstoffen aus-
gerüstet.
Neben der Kostenreduktion ist der wichtigste mechanische Effekt beim Ein-
satz von Füllstoffen die Erhöhung der Steifigkeit. Zudem werden meistens auch
andere mechanische, thermische und elektrische Eigenschaften signifikant ver-
ändert. Nicht zu vernachlässigen ist der Einfluss der Füllstoffe auf die Thermo-
dynamik und der davon beeinflussten Kristallisationskinetik [8].
1060 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Einsatz finden vor allem Mikroglaskugeln, Glimmer, Talkum, nadelförmiges


Calciumsilikat (Wollastonit) und mikrokristallines Siliciumdioxid (Novaculit).
Der Zusatz von Mikroglaskugeln führt zu wesentlich geringerem Verzug der
Formteile, zu hoher Oberflächengüte und geringerem Maschinenverschleiß. Die
Zugabe von Glimmer ergibt sehr gute elektrische Eigenschaften bei verringer-
tem Verzug sowie eine erhöhte Wärmeformbeständigkeit. Bemerkenswert ist die
Lichtreflexion von bis zu 95 % bei der Füllung des Polyesters mit Titandioxid [9].
Der aus Kostengründen bevorzugte Verstärkungsstoff ist – wie bei allen Ther-
moplasten – die Glasfaser. Bei der Verstärkung stehen die signifikante Erhöhung
der Steifigkeit, Festigkeit, Kriechfestigkeit, Härte und Wärmeformbeständigkeit
im Vordergrund. Zudem wird die thermische Längenausdehnung durch die Zu-
gabe von Verstärkungswerkstoffen reduziert. Aufgrund der Anisotropie faser-
verstärkter Polyester ist bei der Bauteilauslegung darauf zu achten, dass die Ver-
zugsneigung berücksichtigt ist.
Die für die Steigerung der oben aufgeführten Werte verantwortliche Haftung
der Glasfaser in der Polyestermatrix ist auf einen geeigneten Haftvermittler, vor
allem auf Basis von Epoxysilanen mit hydrolisierbaren Alkoxysilangruppen wie
zum Beispiel g-Glycidoxypropyltrimethoxylan, zurückzuführen. Hierbei beruht
die Wirkungsweise auf der Bindung von hydrolisierten Alkoxysilangruppen mit
den Hydroxy-Gruppen der Glasoberfläche und der Bindung der organofunktio-
nellen Gruppe, z. B. Epoxygruppe, mit den Endbindungen des Polyesters.
Eine Verstärkung mit Kohlenstofffasern ergibt eine weitere Steigerung der
Steifigkeit, sowie eine Verringerung der thermischen Ausdehnung. Die durch
Kohlenstofffasern gesteigerte Oberflächenleitfähigkeit führt zu einer Verbesse-
rung der antistatischen Eigenschaften bei jedoch signifikant reduzierter Schlag-
zähigkeit.
Eine Verstärkung durch Aramidfasern weist keinen wirtschaftlich techni-
schen Nutzen auf [10].
PET lässt sich durch eine Kombination von Verstärkungsstoff und Füllstoff in
seinen dadurch erzielten Eigenschaften für die jeweilige Anwendung maß-
schneidern.
An dieser Stelle sei auch auf das Kapitel 2.2.1.2.1 (siehe auch Tabelle 2-83) ver-
wiesen.

2.2.1.2.2.1.2
Thermoplastische

Eigenschaften
Polykondensate

Kennzeichnende Merkmale des teilkristallinen PET sind folgende: [7, 11]


• naturfarben, trüb
• hohe Festigkeit, Steifigkeit und Härte
• gute Zähigkeit auch in der Kälte
• günstiges Zeitstandverhalten
• sehr gute Maßbeständigkeit
• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten
• gute elektrisch isolierende, mittelmäßige dielektrische Eigenschaften
• hohe Chemikalienbeständigkeit
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1061

• hohe Kriechstromfestigkeit,
• geringe Wasseraufnahme,
• witterungs- und heißluftbeständig,
• brennbar bei rußender Flamme und süßlich aromatischem Duft,
• harte und polierfähige Oberfläche,
• physiologisch unbedenklich
Amorphe PET-Typen zeichnen sich zudem vor allem durch folgende Eigen-
schaften aus: [7] [11]
• hohe Transparenz,
• hohe Zähigkeit,
• günstiges Zeitstandverhalten,
• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten,
• Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung,
• geringe Schwindung und hohe Maßbeständigkeit.

2.2.1.2.2.1.2.1
Thermische und Mechanische Eigenschaften

2.2.1.2.2.1.2.1.1
Mechanische Eigenschaften

Richtwerte für die mechanischen Eigenschaften von:


• unverstärktem PET,
• glasfaserverstärktem PET,
• glasfaserverstärktem und zusätzlich schlagzähmodifiziertem PET (Rynite
TYPE, siehe 2.2.1.2.2.1.5.3)
• amorphen Polyesterelastomeren,
• unverstärktem PBT,
• glasfaserverstärktem PBT,
• und von 6 mm dicker Mylar Folie
enthält Tabelle 2-89 (siehe auch Tabelle 4-28 im Anhang).

2.2.1.2.2.1.2.1.2
Verhalten bei kurzzeitiger Beanspruchung
Thermoplastische
Polykondensate

Teilkristallines und amorphes PET weist bis zum Erreichen der mittleren Glasü-
bergangstemperatur von ca. 75 °C einen hohen Modul (Steifheit) auf, wie der Ver-
lauf des Schubmoduls und des mechanischen Verlustfaktors in Bild 2-490 zeigt.
Glasfaserverstärkte Materialtypen erreichen bei 30 % Glasanteil bereits E-
Modul-Werte von 9300 MPa, wie Bild 2-491 zeigt, bei Bruchdehnungen im Be-
reich von 2,5 %. Die Zugabe von Flammschutzmittel verringert die Bruchdeh-
nung und erhöht den E-Modul nochmals.
1062 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-89. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von unverstärktem und verstärktem
PET und PBT sowie zusätzlich von elastifiziertem PET-GF 35 und thermoplastischen Polyester
Elastomeren

Eigenschaften Einheit Polyethylenterephthalat (PET)

unverstärkt GF-33 Rynite


SST 35

Dichte g/cm3 1,38 1,52 1,51


Wasseraufnahme (23/50, 24 h % 0,1 0,04 –
mechanische
Streckspannung N/mm2 81 – –
Dehnung an der Streckgrenze % 4 – –
Reißfestigkeit N/mm2 42 165 103
Reißdehnung % 70 2 6
Zug-E-Modul N/mm2 2800 1150 6500
Schlagzähigkeit 23°C kJ/m2 o.Br. o.Br. o.Br.
Kerbschlagzähigkeit 23°C kJ/m2 3 7,5 235 (J/m)
– 40°V J/m – – 160
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) N/mm2 150 240 –

2.2.1.2.2.1.2.1.3
Verhalten bei Langzeitbelastung

Bei länger dauernder mechanischer Beanspruchung zeigt PET ebenfalls eine


hohe Steifigkeit auf, wie der Verlauf der Dehngrenzlinien, Bild 2-492, des Biege-
Kriechmoduls bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen, Bild
2-493 und Bild 2-494, sowie der Verlauf der isochronen Spannungsdehnungs-
Linien, Bild 2-495, zeigen.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-490. Schubmodul


G und mechanischer Ver-
lustfaktor d von PET in
Abhängigkeit von der
Temperatur
a PET-GF 20, teilkristal-
lin
b PET unverstärkt, teil-
kristallin
c PET amorph
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1063

Polyethylenterephthalat (PET) PBT Elastomere

amorph Mylar-Folie unverstärkt GF-30 Polyester Polyetherester


6 µm Shore D 55 Shore D 45

1,34 1,40 1,30 1,52 1,20 1,16


0,16 0,1 0,09 0,07 0,18 0,29

55 – 52 – 17 –
3,5 – 4 – – –
38 220 50 135 27 21
300 110 200 3 480 700
2200 4500 2600 9000 185 100
o.Br. – o.Br. 45 o.Br. o.Br.
2,5 – 3,5 9,5 o.Br. o.Br.
– – – – o.Br. o.Br.
97 – 120 170 55 (Shore D) 45 (Shore D)

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-491. Darstellung des Zug-E-Moduls unterschiedlicher Rynite Typen, DuPont mit zu-
gehöriger Bruchdehnung [12]
1064 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-492. Dehngrenzli-


nien von teilkristallinem,
unverstärktem PET bei
23 °C

Bild 2-493. Biege-Kriechmodul von teilkristallinem, unverstärktem PET bei verschiedenen


Temperaturen (maximale Beanspruchung 5 N/mm2)
Thermoplastische
Polykondensate

Eine Vorstellung von der hohen Zeitstandfestigkeit des PET vermittelt der
Vergleich mit dem ebenfalls zu den technischen Kunststoffen zählenden Poly-
acetal, Bild 2-496.

2.2.1.2.2.1.2.1.4
Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit

Ungekerbte Proben aus PET brechen im Charpy-Test nicht.


Die Schlagzähigkeit von unverstärktem und verstärktem PET kann durch die
Zugabe von Impact-Modifiern erheblich gesteigert werden, wie Bild 2-497 zeigt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1065

Bild 2-494. Biege-Kriechmodul von teilkristallinem, unverstärktem PET bei verschiedenen


Temperaturen (maximale Beanspruchung 10 N/mm2)

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-495. Isochrone Span-


nungsdehnungslinien von
PET (teilkristallin, unver-
stärkt) bei 23 °C
1066 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-496. Isochrone Spannungs-


dehnungslinien von PET (teilkris-
tallin, unverstärkt) (A) und Acetal-
Copolymer (B) bei 20 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-497. Schlagzähigkeit unterschiedlicher glasfaserverstärkter PET-Rynite Typen nach


Charpy [12]
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1067

Bild 2-498. Kerbschlagzähigkeit nach


Izod für PET G in Abhängigkeit von
der Temperatur mit und ohne
Schlagzähmodifikatoren

Den Einfluss der Schlagzähmodifikation auf die Schlagzähigkeit nach Izod,


die Transparenz von PET-Folien und die Durchstoßfestigkeit von PET-Folien ist
in den Bildern 2-498 bis 2-501 gezeigt.

2.2.1.2.2.1.2.1.5
Biege-Wechselfestigkeit

Die Biege-Wechselfestigkeit von PET (teilkristallin unverstärkt) ist in Bild 2-502


wiedergegeben. Ein Überblick über verschiedene Arten der Wechselfestigkeit
gibt Tabelle 2-90.

2.2.1.2.2.1.2.1.6
Härte

Angaben über die Kugeldruckhärte thermoplastischer Polyester sowie die


Shore-Härte von thermoplastischen Polyester-Elastomeren enthält Tabelle 2-89. Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-499. Schlagzähigkeit und


Transparenz von Platten mit unter-
schiedlichem Gehalt an Schlag-
zähmodifiziermittel (MBS 1)
1068 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-500. Durchstoßschlagzähigkeit


von dicken Folien und Platten aus
C PET mit und ohne Schlagzähmodi-
fiziermittel in Abhängigkeit von der
Temperatur

Bild 2-501. Durchstoßschlagzähigkeit


von dünnen Platten und Folien aus
C PET mit und ohne Schlagzähmodi-
fiziermittel bei tiefen Temperaturen

Tabelle 2-90. Wechselfestigkeit von teilkristallinem, unverstärktem PET


Thermoplastische

Beanspruchungsart Biege-Wechselfestigkeit
Polykondensate

107 Lastspiele, 10 Hz, 23°C

sm su
N/mm2 N/mm2

Biegewechsel 0 ± 30
Biegewechsel 26 ± 26
Zug-/Druck-Wechsel 0 ± 24
Zugschwell 20 ± 20
Druckschwell 26 ± 26
Torsionswechsel 0 ± 19.5
Torsionsschwell 14 ± 14
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1069

Bild 2-502. Biege-Wechsel-


festigkeit von PET (teilkristal-
lin, unverstärkt) (Prüftempe-
ratur 23 °C, Frequenz 10 Hz)
a Mittelspannung sm = 0
b Unterspannung sm = 0

2.2.1.2.2.1.2.1.7
Thermische Eigenschaften

Wichtige thermische Eigenschaften von PET enthält Tabelle 2-91.


Die Veränderung der Abmessungen eines Formteils ist vor allem vom linea-
ren Wärmeausdehnungskoeffizienten abhängig. Der Verlauf des linearen Wär-
meausdehnungskoeffizienten in Abhängigkeit von der Temperatur ist in Bild
2-503 dargestellt.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-503. Linearer Wärmeausdehnungskoeffizient von teilkristallinem, unverstärktem PET in


Abhängigkeit von der Temperatur
1070 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-91. Richtwerte der thermischen Eigenschaften von unverstärktem und verstärktem
PET und PBT sowie zusätzlich von elastifiziertem PET-GF 35 und thermoplastischen Polyester-
Elastomeren

Eigenschaften Einheit Polyethylenterephthalat (PET)

unverstärkt GF-33 Rynite


SST 35

thermische
Gebrauchstemperatur
kurzzeitig °C 200 220 220
dauernd °C 100 100 100
Glastemperatur DTA °C 73 bis 79 73–79 73–79
Glasüberganstemperatur °C 98 98 98
Schmelzbereich °C 255 255 250
Vicat-Erweichungstemperatur °C
VST/B/120 °C 185 225 –
Formbeständigkeit i.d. Wärme
Methode A °C 80 230 220
Methode B °C 115 > 250 –
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 70 · 10–6 20 · 10–6 30 · 10–6
spezif. Wärmekapazität kJ/kgK 1,2 0,9 –
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,29 0,33 0,29

2.2.1.2.2.1.2.2
Beständigkeiten

2.2.1.2.2.1.2.2.1
Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien

PET gilt im Vergleich zu vielen anderen Polymeren als chemisch sehr beständig.
Beständigkeit besteht unter anderem gegen:
• schwache Säuren und Laugen,
• Öle und Fette,
• perchlorierte, aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe,
• Tetrachlorkohlenstoff,
• Neutrale und saure Salze,
Thermoplastische
Polykondensate

• Alkohole,
• Ether,
• Wasser bei Raumtemperatur.
Beständigkeit besteht nicht gegen:
• starke Säuren und Laugen,
• Phenolen
• längere Einwirkung von heißem Wasser (Hydrolyse).
Aufgrund der Reversibilität der Polykondensationsreaktion ist PET hydroly-
seempfindlich, was den dauernden Einsatz in wässrigen Lösungen bei Tempera-
turen > 70 °C oder in Dampf ausschließt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1071

Polyethylenterephthalat (PET) PBT Elastomere

amorph Mylar-Folie unverstärkt GF-30 Polyester Polyetherester


6 µm Shore D 55 Shore D 45

180 180 165 220 – 120


100 – 60 bis + 150 100 100 – – 70 bis + 70
68–77 73–79 36–40 36–49 – –
86 98 60 60 – –
255 250–265 223 223 202 185

73 – 175 210 180 (10N) 150 (A/50)

70 – 65 205 49 –
72 – 170 275 110 –
80 · 10–6 17 · 10–6 70 · 10–6 45 · 10–6 150 · 10–6 160 · 10–6
1,3 1,32 1,35 1,15 1,40 –
0,24 0,38 0,21 0,24 – –

2.2.1.2.2.1.2.2.2
Spannungsrissbildung

Im allgemeinen ist PET aufgrund seiner kristallinen Struktur nicht spannungs-


rissempfindlich.

2.2.1.2.2.1.2.2.3
Wasseraufnahme

Die Sättigung von Polyestern bei Lagerung in Wasser wird erst nach langer Zeit
(ca. 6 Monate) erreicht und beträgt ca. 0,6 %. Die Prüfung nach DIN 53 472 ergibt
einen Feuchtegehalt von ca. 0,1 – 0,2 %, bei glasfaserverstärkten Polyestern sogar
deutlich darunter.
Thermoplastische
Polykondensate

Auf die ebenfalls sehr eingeschränkte Wasseraufnahme von PET bei erhöhten
Temperaturen sei in Bild 2-504 hingewiesen.

2.2.1.2.2.1.2.2.4
Witterungsbeständigkeit, Wetterechtheit

PET ist vergleichsweise UV- und witterungsbeständig. Die Witterungsbestän-


digkeit kann vor allem durch den Zusatz von Ruß als UV-Schutz wesentlich er-
höht werden.
1072 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-504. Wasseraufnahme von teilkristallinem, unverstärktem PET

2.2.1.2.2.1.2.2.5
Gasdurchlässigkeit

PET zeichnet sich durch eine gute Barrierewirkung aus. Es ist beispielsweise un-
durchlässiger als PVC-U. Tabelle 2-92 zeigt die Durchlässigkeit von 40 mm-Fo-
lien für verschiedene Medien.
Die Wasserdampfdurchlässigkeit von PET ist höher als die der Polyolefine, je-
doch geringer als bei PC, PA und POM. PET-Folien sind in hohem Maße aroma-
dicht. Die gewünschte Kombination von Wasserdampfundurchlässigkeit und
Aromadichtigkeit führt bei der Entwicklung von Packstoffen für Lebensmittel
häufig zum Einsatz coextrudierter PE/PET-Folien.

Tabelle 2-92. Gasdurchlässigkeit q von 40-mm-Folien

Medium Durchlässigkeit in cm3/m2 d bar

23°C 30°C 50°C


Thermoplastische

Stickstoff 6,6 11,5 16 bis 24 Wasserdampf 4,5 bis 5,5


Polykondensate

g/m2d
Sauerstoff 30 40 99
Luft 12 16 35
Wasserstoff 850 950 1800
Kohlendioxid 140 180 –
Schwefelwasserstoff 320 – –
Schwefeldioxid 625 – –
Ammoniak 2500 – –
Argon 16 – –
Helium 1170 – –
Leuchtgas 280 – –
Methan 8 – –
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1073

Die Barrierewirkung von PET ist vom verwendeten Material, der Kristalli-
nität, dem Orientierungszustand (besonders bei Folien), sowie der Wanddicke
und der Größe der Oberfläche abhängig.
Da für manche Anwendungen die sehr guten Barriereeigenschaften von PET
nicht ausreichen (bsp. Bier und Fruchtsäfte), werden mehrschichtige oder plas-
mabeschichtete Systeme zur Verbesserung der Eigenschaften eingesetzt. Bei den
mehrschichtigen Systemen für Flaschen und nicht verstreckten Folien werden
Barrierepolymere wie EVOH oder PA eingesetzt. Bei verstreckten Folien kann
das Permeationsverhalten durch Metallisierung verbessert werden, wobei hier
meist Aluminiumoxid zum Einsatz kommt.
Durch Tauch-, Sprüh oder Vakuumbeschichtung kann die Barrierewirkung
des PETs ebenfalls verbessert werden. Für die Tauchbeschichtung verwendet
man vorwiegend PVDC. Bei der Sprühbeschichtung werden meist Epoxy-Harz-
Systeme außen auf den PET-Behälter aufgetragen und gehärtet. Die Vakuumbe-
schichtung unterscheidet man nach Innen- oder Außenbeschichtung und nach
dem Abscheideprozess physikalisch (PVD) oder chemisch (CVD).
Die beschriebenen Verfahren weisen heute noch technische Probleme auf
oder führen zu hohen Halbzeugpreisen.
Heute sind drei Verfahren am Markt. Bei dem BestPET-Verfahren (PVD-Ver-
fahren) (Fa. Krones) wird eine Außenbeschichtung aus SiO2 aufgebracht. Die
CVD-Verfahren Actis (Fa. Sidel) und Glaskin (Fa. TetraPak) bedienen sich einer
Innenbeschichtung, indem man bei Actis Acetylen und bei Glaskin Si-haltige
Monomere auf die Oberfläche aufträgt.

2.2.1.2.2.1.2.2.6
Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung

PET ist gegen energiereiche Strahlung verhältnismäßig beständig (s. Tabelle


4-31). Erst oberhalb einer absorbierten Energie von ca. 100 kJ/kg bei einer Strah-
lendosis von 20 kJ/(kg h) wird es merklich abgebaut. Bei einer insgesamt absor-
bierten Energie von 1000 kJ/kg bleiben jedoch noch 80 % der ursprünglichen
Festigkeit und der ursprünglichen Reißdehnung erhalten [13].

2.2.1.2.2.1.2.3
Elektrische, optische und akustische Eigenschaften
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.2.1.2.3.1
Elektrische Eigenschaften

Die wichtigsten Kennwerte für die elektrischen Eigenschaften von PET sind in
Tabelle 2-93 wiedergegeben. PET zeigt im Vergleich eine hohe Durchschlag-
festigkeit und einen hohen spezifischen Durchgangswiderstand und eignet sich
damit gut für Anwendungen in der Elektrotechnik.
1074 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-93. Richtwerte der elektrischen Eigenschaften von unverstärktem und verstärktem
PET und PBT sowie zusätzlich von elastifiziertem PET-GF 35 und thermoplastischen Polyester-
Elastomeren

Eigenschaften Einheit Polyethylenterephthalat (PET)

unverstärkt GF-33 Rynite


SST 35

elektrische
Oberflächenwiderstand W 6 · 1014 8 · 1014 –
spezif. Durchgangswiderstand W cm 2 · 1014 2 · 1014 –
Dielektrizitätszahl 50 Hz 3,4 4,0 –
1 MHz 3,2 3,8 –
dielektr. Verlustfaktor 50 Hz 0,002 0,002 –
1 MHz 0,021 0,015 –
Durchschlagfestigkeit kV/mm 60 45 21
Vergleichszahl der Kriech-
wegbildung CTI Prüflösung A 350 225 175 (KB)

2.2.1.2.2.1.2.3.2
Dielektrische Eigenschaften

PET zeigt aufgrund seiner polaren chemischen Struktur eine Polarisierbarkeit


der Dipole im elektrischen Feld. Im elektrischen Wechselfeld führt die Dipolpo-
larisation zu dielektrischen Verlusten, die die Anwendbarkeit des PET in der
Hochfrequenztechnik einschränkt.
Den Einfluss von Temperatur (A) und Frequenz (B) auf die Dielektrizitätszahl
und den dielektrischen Verlustfaktor geben Bild 2-505 und Bild 2-506 wieder.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-505. Einfluss von Temperatur und Frequenz auf die Dielektrizitätszahl von PET-Folien
(A) Mylar, Typ C
a) 12 µm, 1000 Hz (DuPont Deutschland GmbH/DE)
b) 25 µm, 1000 Hz (DuPont Deutschland GmbH/DE)
(B) Mylar, Typ C
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1075

Polyethylenterephthalat (PET) PBT Elastomere

amorph Mylar-Folie unverstärkt GF-30 Polyester Polyetherester


6 µm Shore D 55 Shore D 45

5 · 1014 1016 5 · 1013 5 · 1013 7,8 · 1013 1013


2 · 1014 1018 5 · 1014 8 · 1014 2,5 · 1010 1011
3,6 3,3 3,0 3,3 4,6 4,6
3,4 3,0 2,9 3,2 4,2 4,2
0,002 0,0025 0,001 0,002 0,010 0,008
0,030 0,016 0,017 0,013 0,027 0,020
45 300 > 45 52 52 50

325 – > 600 400 > 600 600

2.2.1.2.2.1.2.3.3
Optische Eigenschaften

Wie Bild 2-507 am Beispiel von zwei Mylar® Folientypen zeigt, kann die Licht-
durchlässigkeit des transparenten PET je nach chemischem Aufbau sehr unter-
schiedlich sein. Der stark streuende Folientyp A lässt im gesamten Bereich weni-
ger Strahlung durchtreten als Typ B und Fensterglas, die sich in ihrem Absorpti-

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-506. Einfluss der Temperatur und der Frequenz auf den dielektrischen Verlustfaktor von
PET-Folien
(A) Mylar, Typ C, 12 µm (DuPont Deutschland GmbH/DE)
(B) Mylar, Typ C, 12 µm (DuPont Deutschland GmbH/DE)
1076 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-507. Absorptionsspektrum von Fensterglas und PET-Folien im UV-, sichtbaren und In-
frarot-Bereich
a Fensterglas
b Mylar, Typ B, 25 µm (DuPont Deutschland GmbH/DE)
c Mylar, Typ B, 125 µm (DuPont Deutschland GmbH/DE)
d Mylar, Typ A, 125 µm (DuPont Deutschland GmbH/DE)

onsverhalten im gesamten wiedergegebenen Bereich nahezu gleich verhalten. Bei


Wellenlängen < 0,31 mm = 310 nm lässt Mylar Folie keine Strahlung mehr durch.

2.2.1.2.2.1.2.4
Sonstige Eigenschaften mit besonderer Bedeutung vor dem Hintergrund
der Anwendung

2.2.1.2.2.1.2.4.1
Polymer-Abbau

Der Abbau von PET spiegelt sich in einer Abnahme der Molmasse, Verringerung
der Viskosität, Zunahme der Endgruppen,Verfärbung des Materials und letztend-
Thermoplastische
Polykondensate

lich in einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften wieder. Je nach


Verarbeitungsparametern und Materialbeschaffenheit gewinnen die im Folgen-
den beschriebenen Abbaumechanismen eine unterschiedliche Bedeutung.

2.2.1.2.2.1.2.4.1.1
Thermischer und oxidativer Abbau

PET baut unter dem Einfluss hoher Temperaturen und insbesondere in der Ge-
genwart von Sauerstoff ab. Die Geschwindigkeit des thermo-oxidativen Abbaus
ist dabei 10 mal schneller als der reine Einfluss der Temperatur.
Thermo-oxidativer Abbau resultiert vor allem in einer Verfärbung des Materials.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1077

2.2.1.2.2.1.2.4.1.2
Hydrolyse

PET ist ein durch Polykondensation hergestelltes Polymer. Als Gleichgewichts-


reaktion ist diese Reaktion umkehrbar, wenn während der Verarbeitung zu hohe
Feuchtigkeitsgehalte innerhalb des Polymers vorliegen. Als Grenzfeuchte für
technische PET-Compounds werden überwiegend 0,02 % Restfeuchte angege-
ben, während bei der Verarbeitung zu PET-Preforms für Getränkeflaschen
nochmals deutlich reduzierte Feuchtegehalte von unter 50 ppm Restfeuchte an-
gestrebt werden.
Die Hydrolysereaktion läuft um den Faktor 1000 schneller ab als der thermo-
oxidative Abbau, sodass sie auch nicht durch kurze Verweilzeiten im Plastifizier-
aggregat unterbunden werden kann. Die Umkehrbarkeit der Hydrolysereaktion
erlaubt jedoch auch einen Wiederaufbau des Molekulargewichts durch raschen
Entzug der Feuchtigkeit durch entsprechend ausgelegte Vakuumzonen im Pla-
stifizierzylinder eines Extruders.

2.2.1.2.2.1.2.4.1.3
Scherung

PET reagiert empfindlich auf zu hohe Schergeschwindigkeiten, sodass insbe-


sondere auf modernen Compoundierextrudern nicht mit den maximal mögli-
chen Schneckendrehzahlen gefahren werden kann. Zu hohe Scherung resultiert
in einem deutlichen Abbau des Molekulargewichts und in Folge in einer Visko-
sitätsverringerung.

2.2.1.2.2.1.2.4.1.4
Bildung von Acetaldehyd

Acetaldehyd (AA) bildet sich bei der Verarbeitung von PET als niedermolekula-
res Spaltprodukt. Der in der Natur vorkommende Stoff findet sich z. B. in Zit-
rusfrüchten und wird durch seinen intensiven Geschmack wahrgenommen. In
den meisten Fällen ist die Konzentration in der im Behältnis eingefüllten aro-
matisierten Flüssigkeit so gering, dass AA nur sehr schwierig zu messen ist und
kaum wahrgenommen wird. Der Geschmack reinen Wassers ist jedoch nicht im-
mer in der Lage den Geschmack von AA zu überdecken. Kleinste Geschmacks-
Thermoplastische
Polykondensate

abweichungen, die beim Trinkwasser oft signifikant hervortreten, beeinflussen


das Kundenverhalten jedoch deutlich.
Bei der Plastifizierung des vorgetrockneten Polyesters entsteht AA. Neben re-
zepturabhängiger Modifikationen sind die wichtigsten Einflussgrößen auf die Bil-
dung von AA die Verweilzeit in der Spritzgießmaschine und die Verarbeitungs-
temperatur. Der niedere Siedepunkt von AA, der sich unterhalb der Raumtempe-
ratur befindet, begünstigt das Migrationsverhalten. Die Lagerzeit und -temperatur
beeinflussen somit die Migration erheblich. Einige Hersteller wie z.B. Voridian
Aqua bieten deshalb Produkte mit niedrigen AA Gehalten im Endprodukt an.
Eine geringe intrinsische Viskosität minimiert die Erzeugung von AA
während des Plastifiziervorgangs.
1078 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Einzige Möglichkeit zur Senkung von AA über die Optimierung der Prozess-
parameter hinausgehend besteht in der Zugabe von AA Blockern, die mit AA
reagieren und es in der Matrix über die Produktlebenszeit gebunden halten.
Blocker sind in der Lage bis zu 80 % des AA Anteils zu binden.
Es ist jedoch zu beachten, dass eine Ausgewogenheit zwischen reduziertem
AA Gehalt und hohen mechanischen Eigenschaften bei der Auswahl des geeig-
neten Polyesters erzielt wird.

2.2.1.2.2.1.2.4.2
Sterilisation

PET ist wegen der Hydrolyseanfälligkeit nur für das Sterilisieren in einer Ethy-
lenoxidatmosphäre oder durch Bestrahlen geeignet.

2.2.1.2.2.1.3
Verarbeitung und Anwendung

2.2.1.2.2.1.3.1
Trocknung

Obwohl die Wasseraufnahme mit 0,3 – 0,5 % sehr gering ist, reagiert PET
während der thermoplastischen Verarbeitung sehr empfindlich auf im Material
gebundene Feuchtigkeit. Eine Vortrocknung ist daher in den meisten Verarbei-
tungsprozessen unumgänglich. Je nach Materialtyp ist hierbei eine Restfeuchte
von 0,01 – 0,02 % vor der Verarbeitung zu erzielen, da andernfalls die Viskosität
der Schmelze und die mechanischen Eigenschaften der Bauteile abnehmen.
In der Herstellung von Preforms müssen diese Feuchtegehalte nochmals
deutlich unterschritten werden. Für die Trocknung kommen daher vorwiegend
Trockenlufttrockner mit Taupunkten von < – 50 °C zum Einsatz.
Die schnelle Wiederaufnahme von Feuchtigkeit ist beim Materialhandling zu
beachten. Bei der Trocknung von amorphen Granulaten ist die beim Übergang
in den kristallinen Zustand auftretende Klebrigkeit des Materials zu beachten,
sodass diese Materialien entweder unterhalb der Glasübergangstemperatur von
76 °C getrocknet werden oder vor der Trocknung rekristallisiert werden müssen.
Hierzu kommen Behälter mit integriertem Rührwerk zum Einsatz, die ein Ver-
kleben des Materials beim Übergang in den kristallinen Zustand verhindern. Im
Thermoplastische
Polykondensate

kristallinen Zustand kann PET ohne Verkleben auch bei höheren Temperaturen
von bis zu 160 °C getrocknet werden.

C-PET G-PET A-PET

Trocknungstemperatur 120 – 160 °C 65 – 70 °C 65 – 70 °C


Trocknungszeit 2–6 h 6h 6h

Bei der Trocknung amorpher und glykolmodifizierter Typen ist auf eine genaue
Einhaltung der Temperaturen zu achten, um ein Verkleben zu vermeiden.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1079

2.2.1.2.2.1.3.2
Thermoplastische Verarbeitung von PET

Durch Extrusion werden außer Folien Vollstäbe und Tafeln hergestellt.

Masse- Werkzeug- Spritzdruck Schwindung


temperatur temperatur bar %
°C °C

Spritzgießen 260 bis 290 140 800 bis 1200 1,2 bis 2,0
( 60 amorphe
Formteile, wenn
s  4 bis 5 mm)
amorph 260 bis 270  60 800 bis 1200 0,2
(s  4 mm)
Extrudieren 260 bis 280 260 bis 270

2.2.1.2.2.1.3.3
Urformen

2.2.1.2.2.1.3.3.1
Extrusion von PET-Folien

PET-Folien werden überwiegend als Flachfolie über Glättwerke extrudiert. Zum


Aufschmelzen kommen überwiegend Einschnecken mit Vortrocknung des PET
zum Einsatz. Die zunehmende Verwendung von Rezyklaten macht Schnecken
mit höherer Mischleistung notwendig, sodass zunehmend auch Barriere-
schnecken mit Mischelementen eingesetzt werden. Neuere Entwicklungen ba-
sieren auf der Feuchtverarbeitung von ungetrocknetem PET mit effektiver Ent-
gasung im Extruder unter Nutzung von Doppelschneckenextrudern.
Aufgrund der niedrigen Schmelzeviskosität kommen vor allem horizontale
oder geneigte Glättwerke zum Einsatz. Unterhalb einer Foliendicke von 150 mm
kommen fast ausschließlich horizontale Glättwerke zum Einsatz. In diesem Fall
wird der Schmelzefilm vertikal ausgetragen. Die durch die Gravitation verur-
sachten Kräfte am niedrig viskosen Schmelzefilm sind auf diese Weise auch bei
dünnen Schmelzefilmen beherrschbar.
Thermoplastische
Polykondensate

Massetemperaturen: 260 – 280 °C


Werkzeugtemperaturen: 260 – 270 °C
Die überwiegend in der Lebensmittelverpackung eingesetzten Folien sind
Mehrschichtverbunde, wie beispielsweise PET-Folien mit einer Siegelschicht. Sie
werden auf oben genannten Anlagen unter Verwendung eines Feedblocks her-
gestellt.
1080 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.2.2.1.3.3.2
Faserherstellung

Die traditionelle Anwendung von PET ist die Herstellung von Synthesefasern im
Schmelze-Spinnprozess. Hierbei werden vorwiegend dünnflüssige PET-Typen
mit IV-Werten von 0,58 bis 0,64 dl/g eingesetzt. Die Einstellung der IV-Werte
kann dabei in gewissen Grenzen über die Vortrocknung des Materials und die
Beimengung von Regeneraten erfolgen.
Das aus der Spinndüse senkrecht nach unten austretende schmelzeflüssige
Material wird durch einen Kühlluftstrom, Schwerkraft und Abzugswalzen be-
schleunigt und hierdurch verstreckt. Hierbei werden Abzugsgeschwindigkeiten
der Faser von 200 bis 8000 m/min erreicht. Je nach Abzugsgeschwindigkeit un-
terscheidet man in verschieden orientierte PET-Fasern.
LOY Low Oriented Yarn ca. 1000 m/min
POY Partially Oriented Yarn ca. 3000 m/min
HOY High Oriented Yarn 4000 – 5000 m/min
FOY (nicht kommerzialisiert) Fully Oriented Yarn 6000 – 8000 m/min
In einem nachgeschalteten Schritt werden die Fasern weiter verstreckt und er-
halten hierdurch ihre endgültigen mechanischen Eigenschaften.

2.2.1.2.2.1.3.3.3
Spritzgießen

Das Spritzgießen von PET hat durch den zunehmenden Einsatz von PET Fla-
schen im Getränkemarkt stark an Bedeutung gewonnen, da die für das Streck-
blasen benötigten Preforms im Spritzgießprozess hergestellt werden. Im Gegen-
satz zur Extrusion kommen hier jedoch ausschließlich vorgetrocknete Materia-
lien zum Einsatz. Der sehr hohe wirtschaftliche Druck erfordert hier den Einsatz
spezialisierter Spritzgießmaschinen mit schnellen Maschinenbewegungen, opti-
mierten Plastifizier- und Spritzaggregaten und exakt abgestimmten Handling-
systemen und Werkzeugen mit hoher Formnestanzahl (heute bis zu 144 Form-
nester).
Zur Vermeidung hoher Acetaldehydkonzentrationen in den spritzgegossenen
Preforms ist eine exakte Kontrolle der Schmelzetemperatur und ein enges Ver-
weilzeitspektrum notwendig, da sich der Abbau ab einer Schmelzetemperatur
Thermoplastische
Polykondensate

von 290 – 300 °C stark beschleunigt. Üblicherweise werden daher Verarbeitungs-


temperaturen von 270 – 290 °C gewählt.
Üblicherweise werden maximale Verweilzeiten von 5 bis 10 Minuten als Ober-
grenze angesehen.
Die hohe Kristallisationsgeschwindigkeit von PET erfordert hohe Einspritzge-
schwindigkeiten, die aufgrund der niedrigen Viskosität unverstärkter Typen
meist einfach zu realisieren sind. Es ist jedoch auf eine gute Entlüftung des Werk-
zeuges zu achten, um unter diesen Bedingungen die Bildung von Verbrennungen
zu vermeiden. Die offene Düse ist deshalb der Verschlussdüse vorzuziehen.
Werkzeugtemperaturen für die Herstellung von Spritzgießteilen aus unver-
stärktem amorphen PET: 15 – 45 °C
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1081

Tabelle 2-94. Typische Verarbeitungsparameter für PET

Amorphe Bauteile

Schneckenumfangsgeschwindigkeit 0,1 - 0,3 m/s für GF-Typen


Schmelzetemperatur 270 - 290 °C
Einspritzdruck 1000 - 1200 bar
Nachdruck 50 - 60 % Einspritzdruck

Werkzeugtemperaturen für die Herstellung von Spritzgießteilen aus glasver-


stärktem PET: 125 – 45 °C.

2.2.1.2.2.1.3.3.4
Blasformen

Wichtigstes Einsatzgebiet für PET bei Packmitteln sind seit Jahren die blasge-
formten Behälter, vor allem in Form von Getränkeflaschen. Dieses Marktseg-
ment ist verantwortlich für das ausgeprägte Wachstum der Polyester.
Dabei ist die Eigenschaftskombination: hohe Transparenz, geringes Gewicht,
mechanische Stabilität, hohe Gasdichte, hohe Designfreiheit, hohe Widerstands-
fähigkeit und Geschmacksneutralität entscheidend. Wirtschaftliche Rezyklier-
barkeit und niedrige Material- und Verarbeitungskosten sind weitere positive
Gesichtspunkte für die Bevorzugung von PET.
Neue Entwicklungen im Bereich der Barrieretechnologien ermöglichen eine
zunehmende Lagerfähigkeit bei gashaltigen Getränken.
Kunststoffflaschen aus PE, PP oder PVC werden ursprünglich im Extrusions-
Blasverfahren hergestellt. Aufgrund der geringen Schmelzeviskosität benötigt
PET einen alternativen Verarbeitungsprozess. Grundsätzlich unterscheidet man
zwei unterschiedliche Herstellungsrouten, einen Einstufenprozess unter direkter
Weiterverarbeitung eines spritzgegossenen Vorformlings im Blasformen und ei-
nen Zweistufenprozess, bei dem die Massenherstellung von Preforms von der ei-
gentlichen Blasformgebung zur Flasche örtlich und zeitlich getrennt erfolgt.
Beim einstufigen Verfahren erfolgt die Flaschenherstellung direkt vom Gra-
nulat über den Vorformling direkt zur Flasche. Die einzelnen Prozessschritte
sind hierbei in einer Anlage zusammengefasst. Verfahrenstechnisch bedeutet
dies, dass der spritzgegossene Vorformling bei einer Massentemperatur aus dem
Thermoplastische
Polykondensate

Spritzgießwerkzeug genommen wird, die es erlaubt, diesen direkt im Blasform-


verfahren zur Flasche weiterzuformen. Dabei wird ein zusätzlicher Aufwärm-
vorgang der Preforms umgangen. Zudem sind Oberflächenbeschädigung durch
das Zwischenlagern und den Transport von Vorformlingen ausgeschlossen.
Das einstufige Verfahren ist für die Herstellung kleiner und mittlerer Serien
sehr gut geeignet.
Der wesentliche Unterschied im zweistufigen Verfahren ist die Trennung der
Herstellung eines Halbzeugs von der Weiterverarbeitung im Blasformen zur Fla-
sche. Die zum Einsatz kommenden Spritzgießsysteme besitzen 16, 24, 48, 72 oder
96 Kavitäten, in denen die Vorformlinge mit einer Zykluszeit von 8 – 13 s herge-
stellt werden. Diese Trennung erfordert eine zweite Erwärmung des Preforms
1082 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

auf eine Temperatur von 95 – 120 °C, also oberhalb der Glasübergangstemperatur
und deutlich unterhalb der Schmelztemperatur. Hierbei ist besonderes Augen-
merk auf das für das Blasformen geeignete Temperaturprofil zu richten. Ein
Streckblassystem besitzt in der Regel zwischen einer und 32 Kavitäten und stellt
bei einer Zykluszeit von 2,5 s ca. 40.000 Flaschen pro Stunde her. Der Zweistu-
fenprozess, der in Form von Linearmaschinen (< 6.000 Flaschen/h) oder Rund-
läufermaschinen (> 6.000 Flaschen/h) betrieben werden kann, besitzt eine ge-
ringere thermische Effizienz als der Einstufenprozess. Das Verfahren eignet sich
besonders für mittlere bis große Serien.
Der heiße Vorformling wird beim Blasformen biaxial verstreckt und in einem
Negativwerkzeug abgeformt. Das Polyester besitzt die Eigenschaft, dass beim
Verstrecken des erwärmten Materials die Orientierung durch Kettengleitvor-
gänge zunimmt und gleichzeitig eine dehnungsinduzierte Kristallisation erfolgt.
Der Effekt der Streckverfestigung tritt bei PET oberhalb der Glastemperatur bei
konstanter Spannung im Material während des Blasvorgangs bei einem Streck-
verhältnis von 5:1 auf. Neben der Steigerung der mechanischen Eigenschaften
um ein Vielfaches verbessern sich auch die Barriereeigenschaften und die che-
mische Beständigkeit signifikant, sodass eine Reduktion der Wandstärke ohne
Kompromisse möglich ist [14].

2.2.1.2.2.1.3.4
Umformen, Fügen und Trennen

2.2.1.2.2.1.3.4.1
Tiefziehen

PET-Folien sind auf Spezialmaschinen durch Tiefziehen formbar. Die Folien


werden hierzu auf Temperaturen von 230 – 240 °C erwärmt.Wie auch in der ther-
moplastischen Verarbeitung von PET ist das Prozessfenster auch beim Thermo-
formen sehr eng.

2.2.1.2.2.1.3.4.2
Trennen

Für das Trennen von PET-Profilen und Halbzeugen sind die in Tabelle 2-6 ge-
nannten Verfahren geeignet.
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.2.1.3.4.3
Kleben

PET weist eine hohe Lösungsmittelbeständigkeit auf. Lösungsmittelklebstoffe


kommen daher bei PET kaum zum Einsatz, da die für PET geeigneten Lösungs-
mittel meist gesundheitsschädlich sind.
Geeignet sind Zwei-Komponenten-Klebstoffe auf Epoxidharz-, Polyurethan-
oder Silikonharzbasis, Schmelzekleber und Cyano-Acrylat-Klebstoffe.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1083

2.2.1.2.2.1.3.4.4
Schweißen

Bauteile aus unverstärktem PET lassen sich gewöhnlich gut mittels Ultraschall-,
Heizelement-, Warmgas- und Reibungsschweißen zusammenfügen. Flamm-
schutzmittel, mineralische Füllstoffe und Glasfasern reduzieren die Festigkeit
der Schweißverbindung jedoch deutlich.
HF-Schweißen ist aufgrund des geringen dielektrischen Verlustes bei Raum-
temperatur nicht möglich.
Die Bedingungen für das Heizelementschweißen sind folgende:
Heizelementtemperatur 260 ± 10 °C
Anpressdruck bei Anwärmbeginn 0,5 bar
Anpressdruck bei Schweißbeginn 0,5 bar
Anwärmdauer (je nach Wanddicke) 10 – 30 s

2.2.1.2.2.1.3.5
Spanende Verarbeitung

Halbzeuge aus PET lassen sich meist gut mechanisch durch Drehen, Fräsen,
Bohren und andere spanende Bearbeitungsverfahren weiterverarbeiten. Der
hohe Schmelzpunkt verhindert ein vorzeitiges Verschmieren.
Typische Schnittgeschwindigkeiten sind [7]:
Bohren bis 60 m/min
Fräsen 250 – 500 m/min
Drehen bis 400 m/min
Sägen bis 2500 m/min

2.2.1.2.2.1.3.6
Veredelung

2.2.1.2.2.1.3.6.1
Lackierung

Die hohe Chemikalienbeständigkeit von PET erschwert die Lackhaftung, da ein


Anlösen des Polymers durch das Lacksystem kaum möglich ist. Die Lackhaftung
Thermoplastische
Polykondensate

kann durch Vorbehandlung der Bauteiloberfläche oder durch den Einsatz von
Primern verbessert werden. Die hohe Warmformbeständigkeit glasverstärkter
PET-Typen erlaubt die Lackierung mit den in der KFZ-Industrie üblichen Lack-
systemen.

2.2.1.2.2.1.3.6.2
Metallisieren

Das Aufdampfen von Metallschichten, wie es beispielsweise bei der Herstellung


von Reflektoren für Scheinwerfern eingesetzt wird, ist bei PET möglich. Die
durch Füllstoffe und Verstärkungsfasern verursachte Oberflächenrauigkeit der
1084 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bauteile erfordert jedoch eine Zwischenlackierung mit einer hochglänzenden


Schicht, um den notwendigen Oberflächenglanz zu erreichen.

2.2.1.2.2.1.3.6.3
Sonstige Oberflächenveredelungsverfahren

Das Laserbeschriften von PET, insbesondere von speziell pigmentierten PET-Ty-


pen, ist möglich.
Die Polierfähigkeit von PET ist sehr gut.

2.2.1.2.2.1.3.7
Verschäumen von PET

PET-Schäume werden vorwiegend als Verpackungsmittel eingesetzt. Weitere


Anwendungen sind jedoch auch im Baubereich und der Fahrzeugindustrie
denkbar, wo heute noch PS, PVC und PUR-Schäume zum Einsatz kommen.
Die kontinuierliche Herstellung von geschäumten PET-Folien oder Platten
stellt aufgrund der hohen Verarbeitungstemperaturen, der sehr kleinen Verar-
beitungsfenster, der geringen Kristallisationsgeschwindigkeit und des aufgrund
des geringen Molekulargewichts der meisten PET-Typen nur wenig elastischen
Verhaltens der Schmelze hohe Anforderungen an die Anlagentechnik, die Pro-
zessführung und die Materialformulierung [15]. Zum Einsatz kommen hierbei
speziell formulierte PET-Typen mit breiterer Molekulargewichtsverteilung und
höherer Schmelzeviskosität. Als Treibmittel kommen sowohl physikalische
Treibmittel wie Kohlenwasserstoffe und Kohlendioxid für Leichtschäume als
auch chemische Treibmittel für Schäume mit Raumgewichten oberhalb von
500 kg/m3 zum Einsatz.

2.2.1.2.2.1.3.8
Anwendungsbeispiele

Die Verarbeitung von PET erfolgt überwiegend zu Fasern und Verpackungsmit-


teln. Nur ein geringer Anteil wird für die Herstellung technischer Bauteile ge-
nutzt. Die fallenden Rohstoffpreise und die auf der Basis von Sekundärrohstof-
fen aufgebauten nochmals günstigeren technischen Compounds lassen in Zu-
kunft eine weitere Verbreitung des Materials auch in technischen Anwendungen
Thermoplastische
Polykondensate

erwarten.

2.2.1.2.2.1.3.8.1
Fasern

Typische Anwendungen sind Textil- und Industriefasern unterschiedlicher


Reckgrade (beispielsweise LOY, POY, FOY-Fasern) und unterschiedlicher Kon-
fektionierung (Endlosfaser und Stapelfaser). Eine weitere Anwendung sind
Fleece-Stoffe.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1085

2.2.1.2.2.1.3.8.2
Verpackung

Im Verpackungsbereich wird PET typischerweise im Blas- oder Streckblaspro-


zess zu Behältern für Getränke oder Reinigungsmittel verarbeitet. PET-Folien
werden ebenfalls für die Lebensmittelverpackung oder die Herstellung von Dis-
playverpackungen genutzt. Ein wachsender Markt ist auch die Nutzung von PET
für mikrowellengeeignete Einwegverpackungen.

2.2.1.2.2.1.3.8.3
Spritzgießteile

Verschleißfeste Elemente der Feinwerktechnik (Zahnräder, Lager, Nocken, Steu-


erscheiben, Kupplungen, Schlossteile), Türgriffe, Gerätegehäuse, Textilmaschi-
nenzubehör; GF-verstärktes PET eignet sich wegen des im Gegensatz zu anderen
GF-verstärkten Thermoplasten günstigen Gleit- und Verschleißverhaltens eben-
falls für die Herstellung von Führungs- und Lagerelementen.

2.2.1.2.2.1.3.8.4
Folien

PET-Folien eignen sich als Elektrofolie, Magnettonträger, Substrat für photogra-


phische und reprographische Schichten, Schreibbänder, Textileinlagen, Trennfo-
lien in der Gießharzverarbeitung, zum Aufdampfen von Metallen im Hochva-
kuum zur Herstellung von Effektfolien (Lurex-Fäden), Schrumpfschläuche für
Wursthüllen, Baudichtungsbahnen und als optisch hochwertige Folien im gra-
phischen Gewerbe.

2.2.1.2.2.1.4
Sicherheit, Umwelt und Recycling

2.2.1.2.2.1.4.1
Verarbeitung, Arbeitsplatz

Bei der Verarbeitung flammgeschützter Typen wird eine Absaugung über dem
Plastifizieraggregat, insbesondere über dem Werkzeugaustritt, bzw. der Maschi-
Thermoplastische
Polykondensate

nendüse, empfohlen.
Bei der thermischen Reinigung von Maschinenbauteilen ist in jedem Fall eine
Absaugung erforderlich.

2.2.1.2.2.1.4.2
Brandverhalten

Der überwiegende Teil der PET-Typen ist nach der UL 94 Prüfung in die Brand-
klasse HB einzuordnen. Für die Anwendung in der Elektroindustrie und andere
Anwendungen mit hohen Anforderungen an die Flammwidrigkeit der Materia-
lien werden speziell flammgeschützte Typen, meist in Form glasfaserverstärkter
1086 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Compounds eingesetzt, die auch die UL 94 V-0 erfüllen. Die hier verwandten
Flammschutzmittel basieren zur Zeit allerdings überwiegend auf Brom-Verbin-
dungen.
Die Selbstentzündung von PET setzt bei Temperaturen von 450 – 500 °C ein.

2.2.1.2.2.1.4.3
Produkte

Gegen die Verwendung von PET bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen
im Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) 5 Absatz 1
Nr. 1 (Lebensmittelbedarfsgegenstände) und Nr. 5 (Spielwaren) bestehen keine
Bedenken. Ungefüllte und unverstärkte PET-Typen erfüllen die an die einge-
setzten Monomere vorgegebenen Anforderungen der Bedarfsgegenständever-
ordnung vom 10.4.1992 und deren Ergänzung vom 11.4.1994, Anlage 3, Abschnitt
A und B ohne spezifische Beschränkung.
Die bei den Produkten außerdem verwendeten Stoffe sind gemäß BGA-Emp-
fehlung XVII, Polyterephthalsäurediolester, Stand 15.1.1993 (189. Mitteilung Bun-
desgesundheitsblatt 36 (1993), Seite 114, zugelassen.
Für gefärbtes PET gelten in den einzelnen Ländern stark voneinander abwei-
chende Vorschriften, die gegebenenfalls zu beachten sind.

2.2.1.2.2.1.4.4
Recycling

2.2.1.2.2.1.4.4.1
Werkstoffliches Recycling

2.2.1.2.2.1.4.4.1.1
Produktionsreststoffe

Produktionsreststoffe werden eingemahlen und nach einer Vortrocknung er-


neut dem Verarbeitungsprozess zugeführt.

2.2.1.2.2.1.4.4.1.2
Verbraucherabfälle aus Flaschen
Thermoplastische
Polykondensate

Beim werkstofflichen Recycling bleibt das ursprüngliche Polymer über den ge-
samten Aufbereitungsprozess erhalten. In den heute üblichen Prozessen werden
die farblich vorsortierten, sortenreinen PET-Abfälle zuerst zu sog. Flakes zer-
kleinert. Dabei ist für die spätere Materialqualität von entscheidender Bedeu-
tung, evtl. enthaltene PVC-Anteile zu entfernen, da sonst bei der Aufbereitung
durch freiwerdenden Chlorwasserstoff eine Schädigung des Polymers eintritt.
Die Flakes werden gewaschen und mit dem Sink-Steig-Trennverfahren (Dichte-
unterschiede) von Deckel- und Papierresten getrennt. Es folgt eine weitere Rei-
nigung in wässriger Lösung, die weitere Verunreinigungen von den Flakes ab-
löst. In den meisten Verfahren folgt nach der Trocknung eine Regranulierung im
Extrusionsprozess mit Schmelzefilterung. Das erzeugte Granulat enthält Anteile
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1087

von Acetaldehyd und Oligomeren, es weist eine niedrige Viskosität (IV-Werte


von 0,5 – 0,7 dl/g) auf und befindet sich im amorphen Zustand. Verarbeitung
wäre für Spinnvliese, Fasern, Filamente, anspruchslose A-PET-Filme, Ver-
packungsfolien usw. möglich.
Um die Verarbeitungsbedingungen (z. B. spätere Vortrocknung) und Mate-
rialeigenschaften zu verbessern, folgt eine Kristallisation und Festphasen-Nach-
kondensation (Solid State Polycondensation, SSP) (Erhöhung der IV-Werte
durch SSP bis 0,8 dl/g, Verringerung von Acetaldehyd < 1 ppm) des Granulats.
Bei dem beschriebenen Verfahren ist zwischen dem „Flasche-zu-Flasche-
Recycling“-Verfahren der Schmalbach-Lubeca AG, Ratingen, welches ein zwei-
stufiges Verfahren darstellt und dem darauf aufbauenden einstufigen „Super-
cycle-Technologie“-Prozess der Bühler AG, CH-Uzwil zu unterscheiden. Mit den
Verfahren können, bei entsprechend hochwertigem Ausgangsmaterial, Re-
zyklate für den „food“-Bereich hergestellt werden. Im anderen Fall eignen sich
die Rezyklate nur für den „non-food“-Bereich, dabei spricht man von „Down-
cycling“.
Für den Bereich der Getränkeflaschen gibt es das URRC-Verfahren (Krones
AG, Neutraubling). Das Verfahren ist eine Kombination aus werkstofflichem und
chemischen Recycling. Die dabei erzielte Rezyklatqualität ist sehr hoch und er-
hält die Lebensmittelfreigabe der FDA (USA). Es handelt sich um einen ge-
schlossenen Aufbereitungskreislauf, bei dem die angelieferten PET-Getränkefla-
schen ähnlich dem oben beschriebenen Verfahren aufbereitet werden, jedoch
ohne Regranulierung. Es folgen weitere Aufbereitungsschritte, bei denen die Fla-
kes mit Natronlauge benetzt, getrocknet und bei geeigneter Temperaturführung
im Drehofen erwärmt werden. Dies führt zum Ablösen einer dünnen PET-
Schicht von den Flakes. Die Flakes können damit gezielt von anhaftenden restli-
chen oder auch migirierten Verunreinigungen befreit werden. Nach Entfernung
der entstandenen Nebenprodukte werden die Flakes mit Hilfe einer Farbzeilen-
kamera einer genauen Farbtrennung unterzogen, bei der alle andersfarbigen Be-
standteile ausgeschleust werden. Aus den sauberen PET-Flakes werden wieder
Getränkeflaschen hergestellt.
In Bereichen der „non-food“-Anwendung der Rezyklate stehen das OHL
Stehning-Verfahren, das Erema Vacurema-Verfahren und das Wellmann
EcoClear-Verfahren zur Verfügung.
Das OHL Stehning-Verfahren ist ein Extrusionsprozess. Ausgehend von sor-
tierten und gewaschenen PET-Flakes werden sowohl mit atmosphärischer Ent-
Thermoplastische
Polykondensate

gasung, als auch Schmelzeentgasung unter Vakuum amorphe Granulate herge-


stellt. Diese werden mittels Solid State Polycondensation (SSP) nachkondensiert.
Einsatzgebiete sind in technischen Anwendungen zu finden.
Beim Erema Vacurema-Verfahren wird das gewaschene Flaschenmahlgut im
Kristallisationstrockner getrocknet und kristallisiert. Über eine Vakuum-
schleuse wird das Material in den Vakuumreaktor überführt, indem es bei hoher
Temperatur und hohem Druck von den Kontaminationen gereinigt wird. Das
gereinigte PET wird dann im Extruder regranuliert oder direkt zu Halbzeugen
verarbeitet.
Bei der Herstellung im Wellmann Ecoclear-Verfahren werden die Flaschen-
Flakes automatisch sortiert und anschließend chemisch und thermisch gerei-
1088 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-508. Einsatzbereiche von PET-Rezyklaten

nigt. Das gereinigte Rezyklat wird mit 75 % Neuware gemischt und kann für tech-
nische Anwendungen oder für Multilayerflaschen eingesetzt werden.

2.2.1.2.2.1.4.4.2
Rohstoffliches Recycling

Beim rohstofflichen Recycling bedient man sich der bei PET ohne weiteres mög-
lichen Umkehrung der Synthese. Die dabei entstehenden Oligo- oder Monomere
können chemisch durch Destillation gereinigt und anschließend erneut zu PET
kondensiert werden.Anschließend folgt eine Kristallisation und Nachkondensa-
tion durch SSP. Das dabei entstehende PET-Rezyklat entspricht praktisch einer
Neuware. Nachteilig an diesem Verfahren sind jedoch die noch relativ hohen
Prozesskosten.

2.2.1.2.2.1.4.4.3
Energetisches Recycling
Thermoplastische
Polykondensate

PET wird beim energetischen Recycling als Energiequelle genutzt, es kann z. B.


als Erdölersatz bei der Eisenherstellung oder aber als Energiequelle bei der Er-

Tabelle 2-95. Rohstoffliche Recyclingverfahren

Verfahren Produkte

Hydrolyse Terephthalsäure, Ethylenglycol


Glykolyse Bishydroxyethylterephalat
Methanolyse Dimethylterephthalat, Ethylenglycol
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1089

Bild 2-509. PET Produzenten und deren


Anteil am Weltmarkt [16]

zeugung von Synthesegas dienen. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist die


energetische Umsetzung der Polymerabfälle in Müllheizkraftwerken, bei denen
eine Erhöhung des Müllheizwertes erreicht werden muss und sich dazu eine
PET-Abfallzugabe als zusätzlicher Energieträger anbietet.

2.2.1.2.2.1.5
Handelsnamen

Neben den in großen Mengen produzierten unverstärkten Typen für die Faser-
herstellung und das Blasformen von Flaschen existieren in den Sortimenten der
PET-Hersteller eine Reihe von Spritzgießtypen unterschiedlicher Fließfähigkeit
in unverstärkter, glasfaser- und/oder glaskugelverstärkter und auch flammwid-
riger Form. Außerdem werden Typen für das Extrudieren von Rohren und Pro-
filen sowie für das Spritzblasen von Hohlkörpern und die Flach- und Schlauch-
folienextrusion angeboten.
Transparente PET-Typen erfüllen hohe optische Anforderungen. Spezialsor-
timente enthalten Typen mit bis zu 55 Masse-% Glasfasern und auch schlag-
zähmodifiziertes Material.
Die zehn größten PET Lieferanten decken etwa zwei Drittel des weltweiten
PET Marktes ab.
Elegante, Voridian, AmberGuard, Heatwave, VersaTray Æ (Voridian, USA)
Thermoplastische
Polykondensate

Kosa Æ (KoSa, USA)


Cleartuf, Cobiter, Traytuf, Cobitech, Repete Æ (M&G Polymers)
Permaclear, EcoClear Æ (Wellman, USA)
Eastlon Æ (Far Eastern, China)
Fiber Chip, SSP Chip Æ (Nanya, Taiwan)
Lighter, All Lighter Æ (Dow, USA)
Mylar, Rynite, Melinex, Melinar, Dacron, Selar Æ (DuPont, USA)
Kohab Æ (Kohab, Korea)
Diafoil, Hostaphorm Æ (Mitsubishi, USA)
Arnite Æ (DSM, Niederlande)
Impet Æ (Ticona, Deutschland)
1090 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-96. PET-Kapazitäten in Europa

Produzenten Kapazität [jato]

Eastman (Voridian) 430


Dow 330
KoSa 300
DuPont Sabanci 295
Mossi & Ghisolfi 250
Sonstige (13) 605
Gesamt 2210

Bild 2-510. PET-Kapazitäten in Europa [17]

Petal Æ (Tekno Polymers AS, USA)


Petra Æ (BASF, Deutschland)
Hostaglas Æ (Hagedorn AG, Deutschland)
Insbesondere in Asien und Europa wird PET jedoch von relativ vielen weiteren
Produzenten angeboten.

2.2.1.2.2.1.5.1
Typisierung

Die Norm DIN 16779 Tl. 1 (01.88) PET und PBT Tl. 2-E (12.80) gibt die Typisie-
Thermoplastische
Polykondensate

rung.

2.2.1.2.2.1.5.2
Lieferformen

Teilkristallines PET wird als naturfarbenes, weißes oder farbiges Granulat in


feuchtigkeitsdichter Verpackung geliefert. Das amorphe PET liegt als glasklares
Granulat vor. Halbzeug steht in Form von Blöcken, Vollstäben, Tafeln und Dräh-
ten für den Maschinen- und Apparatebau zur Verfügung. Ein reichhaltiges Foli-
ensortiment erfüllt die Anforderungen der Elektrotechnik und Elektronik sowie
der Verpackungstechnik.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1091

2.2.1.2.2.1.6
Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.1
[1] Kunststoff-Märkte Westeuropa, APME Jahresbericht 2001 und Statistiken
[2] Polyethylenterephtalat für Verpackungen, Kunststoffe, Jahrgang 92 (2002) 10, Seite 111 – 113
[3] www.kiweb.de, KI20885/27.10.2003
[4] Zimmermann, H.: Plaste, Kautschuk 28 (1981), S. 433
[5] Bartel W.: Kunststoffe 77 (1987), S. 348
[6] Falkai B von: Synthesefasern, Verlag Chemie, Weinheim 1981, S. 171
[7] Becker/Braun; Kunststoffhandbuch Band 3/1; Hanser-Verlag; 1992
[8] Stepek J; Jaoust H: Additives for Plastics, Springer, New York 1983, S. 83
[9] DE-OS 27 19 429, 1977, Bayer AG
[10] Keuerleber R H; Schütt, K.P.: Kunststoffe 76, 1986, S. 912
[11] Celanex Impet Vandar – Technische Polyester; Technische Informationen der Ticona
GmbH; 2001
[12] CAMPUS-Datenbank
[13] Kricheldorf H R, u.a.: Makromolekulare Chemie, 179, 1978, S. 2133
[14] Stoyko Kakirov, Handbook of Thermoplastic Polyesters Volume 1, Wiley-VCH Verlag
GmbH, Weinheim, 2002
[15] Lee S T; Foam Extrusion, Principles and Practice, aTECHOMICpublication; Technomic
Publishing Company, Inc.; 2000
[16] Technische Kunststoffe: „Polyethylen-terephthalat (PET)...für Verpackungen“, S. 111, Carl
Hanser Verlag, München, Jahrg. 92 (2002)
[17] Technische Kunststoffe: „Polyethylen-terephthalat (PET)...für Verpackungen“, S. 111, Carl
Hanser Verlag, München, Jahrg. 92 (2002)

2.2.1.2.2.2
Polybutylenterephthalat (PBT)
■ Herstellung
Die Herstellung von Polybutylenterephthalat (PBT) erfolgt ähnlich wie die von
PET, jedoch mit Butandiol-1,4 anstelle von Ethylenglykol.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
PBT wird im angloamerikanischen Sprachgebrauch auch als Polytetramethylen-
terephthalat (PTMT) bezeichnet. Dieser teilkristalline Thermoplast weist zahl-
reiche, dem PET verwandte Eigenschaften auf, dazu gehören vor allem:
• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,
• hohe Zähigkeit bei tiefen Temperaturen,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
Thermoplastische
Polykondensate

• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten,


• geringe Wasseraufnahme,
• niedriger Längenausdehnungskoeffizient,
• hohe Maßbeständigkeit,
• hohe Beständigkeit gegen Kraftstoffe, Öle, Fette und viele Lösemittel,
• Spannungsrissbeständigkeit,
• problemloses Verarbeiten.

Polybutylenterephthalat
1092 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Beide Polyalkylenterephthalate sind kerbempfindlich.


PBT liegt nur im teilkristallinen Zustand vor.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die amorphe Phase des Gefüges erweicht bei + 60 °C, während die teilkristalli-
nen Anteile erst bei Temperaturen über 210 °C schmelzen. Daraus resultieren
hohe Formbeständigkeit in der Wärme und hohe Festigkeit in einem großen
Temperaturbereich. Durch Verstärken mit Glasfasern kann das Niveau über die-
sen ganzen Bereich noch angehoben werden.
Im Gegensatz zum kristallinen PET erreicht man optimale Kristallinität und
Werkstoffeigenschaften bei spritzgegossenen Formteilen, wenn mit Werkzeug-
temperaturen von 40 °C bis 80 °C bei unverstärkten und von 60 °C bis 100 °C bei
verstärkten Formmassen gearbeitet wird. PBT ähnelt in seinem Gleitverhalten
den Polyacetalen und im Gleitverschleiß den Polyamiden.
Das hohe Niveau der mechanischen Eigenschaften von PET wird allerdings
nicht erreicht.

■ Zusatzstoffe
siehe PET.

■ Sortiment
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten dieses Technischen Kunststoffs konnten im
Laufe der letzten Jahre durch die ständig zunehmenden Angebote der Rohstoff-
hersteller an maßgeschneiderten Materialtypen erschlossen werden. Diese
umfassen unverstärkte Formmassen (z. B. leichtfließende, zähmodifizierte, ther-
moplastmodifizierte Blends wie PBT + PC), flammwidrig ausgerüstete (selbst
Standardtypen V-O), sowie verwandte jedoch glasfaser- und glaskugelverstärkte
oder mineralgefüllte homopolymere Formmassen und Polymerblends. Die
reichhaltigen Spritzgusssortimente werden ergänzt durch Typen für das Extru-
dieren und Beschichten.

■ Typisierung
siehe PET.

■ Physikalische Eigenschaften
Thermoplastische
Polykondensate

Richtwerte der wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-89.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Das im Kurzzeitversuch nach DIN 53455 ermittelte Kraftverformungsdia-
gramm je eines unverstärkten und verstärkten PBT-Spritzgusstyps zeigen die
Bilder 2-511 und 2-512. Die normalerweise mit einem Masseanteil der Glasfa-
sern von 30 % verbundene Verdoppelung der Zugfestigkeit wird in diesem Bei-
spiel vor allem bei Temperaturen > 60 °C weit übertroffen. Dieses überraschende
Ergebnis ist auf die Entwicklung sehr wirksamer Haftvermittler zurückzu-
führen.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1093

Umwandlungstemperaturen
Zur Charakterisierung eines Kunststoffs dient in besonderem Maße die Abhän-
gigkeit des im Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53 445 in Abhängigkeit
von der Temperatur gemessenen Schubmoduls G und des mechanischen
Verlustfaktors d. Bild 2-513 gibt diese Kennwerte für drei Celanex®-Typen der Ti-
cona GmbH wieder.
Wegen der im Vergleich zu PET (Tg = 98 °C) niedrigeren Glasübergangstempe-
ratur von PBT (Tg = 60 °C) kann das Niveau der mechanischen Eigenschaften na-
turgemäß trotz GF-Verstärkung nicht erreicht werden. Beanspruchungen können
bei unverstärktem Material bereits im Temperaturbereich von 60 bis 70 °C Verfor-
mungen verursachen. Die um etwa 40 K tiefer liegende Glasübergangstemperatur
bringt jedoch andererseits eine problemlose Verarbeitbarkeit mit sich.
Das ausgeprägte Maximum des mechanischen Verlustfaktors d bei + 60 °C
kennzeichnet den Erweichungsbereich des amorphen Anteils, während die kris-
tallinen Bereiche erst bei Temperaturen um 220 °C erweichen. Dadurch sind
Festigkeit und Formbeständigkeit in einem breiten Temperaturbereich gewähr-
leistet.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die Ergebnisse der unter verschiedenen Bedingungen durchgeführten Dauer-
versuche geben dem Konstrukteur Hinweise für die Berechnung beim Entwurf
entsprechend beanspruchter Bauteile (siehe auch Kapitel 1.3.2.5).
Das Verhalten der Kunststoffe bei langzeitiger Zugbeanspruchung wird in
zwei Grundversuchen geprüft.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-511. Spannungsdehnungsdiagramm Bild 2-512. Spannngsdehnungsdiagramm


von unverstärktem PBT (v = 5 mm/min) von PBT-GF 30 (v = 5 mm/min) (Werk-
(Werkstoff: Pocan 1505, Bayer AG) stoff: Pocan 3235, Bayer AG)
1094 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-513. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d von verstärktem und unverstärk-
tem Celanex, gemessen im Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53 445

• Zeitstand-, Kriech- bzw. Retardationsversuch nach ISO 899 (Deforma-


tionszunahme bei konstanter Spannung),
• Spannungsrelaxationsversuch nach DIN 53 411 (Spannungsabbau bei kons-
tanter Dehnung).
Ersterer liefert die Zeitdehnlinien, d. h. die zeitabhängige Dehnung bei jeweils
konstanter Beanspruchung. Aus einem derartigen Schaubild kann durch Hori-
zontalschnitte das Zeitspannungsdiagramm ermittelt werden, Bild 2-514, und
durch Zusammenfassung beider Diagramme die sog. isochronen Spannungs-
dehnungslinien, Bild 2-515 und 2-516 für PBT und PBT-GF 30.
Am Beispiel der Biegekriechlinien von unverstärktem PBT bei verschiedenen
Thermoplastische
Polykondensate

Randfaserspannungen und Temperaturen, Bilder 2-517 und 2-518, sowie anhand


der Biegekriechmoduli von unverstärktem und verstärktem PBT (Glasfaseran-
teile von 10 bis 50 Masse-%), Bilder 2-519 und 2-520, zeigt sich, dass dieses Mate-
rial selbst bei hohen Temperaturen nur eine geringe Kriechneigung aufweist, die
auch bei Langzeitbeanspruchung nur geringfügig abnimmt.
Die Ergebnisse aus Zeitstandversuchen im einachsigem Spannungszustand
sind jedoch nur bedingt auf den mehrachsigen Spannungszustand, der bei-
spielsweise bei auf Innendruck beanspruchten Rohren bestehen würde, über-
tragbar.
Die im Kriechversuch ermittelten Dehnungen und Kriechmoduli können in
guter Näherung auch für Biege- und Druckbeanspruchung verwendet werden.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1095

Bild 2-514. Zeitspannungs-


linien von unverstärktem PBT
bei 23 °C

Damit eine ausreichende Sicherheit gegen Bruch gegeben ist, wird bei Kons-
truktionen üblicherweise mit Dehnungen von 0,5 bis 1 % gerechnet.
Die Verformung eines Kunststoff-Formteils ist nicht nur zeit- und tempera-
turabhängig, sondern darüber hinaus auch eine Funktion der Beanspruchungs-
art. Streng genommen wären für jede Beanspruchungsart eigene Werkstoff-
Kennwerte zu ermitteln. Bei Verformungen von 2 % sind die Abweichungen der
Werkstoff-Kennwerte jedoch vernachlässigbar, so dass z. B. der Zeitverlauf der
Stauchung eines druckbeanspruchten Bauteils auch mit dem bei Biegebean-
spruchung ermittelten Biege-Kriechmodul ausreichend genau zu berechnen ist.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Auffallend ist die im Verhältnis zum Normaltyp hohe Kerbschlagzähigkeit des
mit 30 % Masseanteil Glasfasern verstärkten PBT, während das unverstärkte
Material bei – 50 °C nur die Hälfte dieses Wertes erreicht, Bild 2-521. Die Kerb-
schlagzähigkeit eines Formstoffs kann nicht etwa durch Vergrößern der Wand-
dicke erhöht werden. Bei der Gestaltung eines Formteils kommt es vielmehr da-
rauf an, mechanisch hochbeanspruchten Partien eine gewisse Nachgiebigkeit
zum Abbau von Spannungsspitzen zu verleihen bzw. diese ganz zu vermeiden.
Thermoplastische
Polykondensate

Die Schlagzähigkeit von PBT verbessert ein Zusatz von SEBSg + MAH (Malein-
säureanhydrid).

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Das dynamische Langzeitverhalten wird in Dauerschwingversuchen ermittelt.
In Bild 2-522 sind die Ergebnisse von Biegewechsel- und Biegeschwellversuchen
von unverstärktem PBT und PBT-GF wiedergegeben. Auch hier weist das GF-
verstärkte Material eine hohe Biegewechselfestigkeit auf.
Thermoplastische
Polykondensate
1096

Bild 2-515. Isochrone Spannungsdehnungslinien von unverstärktem PBT bei verschiedenen Temperaturen
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Bild 2-516. Isochrone Spannungsdehnungslinien von verstärktem PBT-GF 30 bei verschiedenen Temperaturen
1097

Thermoplastische
Polykondensate
1098 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-517. Biege-Kriechlinien von


Celanex 3300-2, Randfaserspannung
3,5 N/mm2, bei verschiedenen Tempe-
raturen

Bild 2-518. Biege-Kriechlinien von


Celanex 3300-2, Randfaserspannung
14 N/mm2, bei verschiedenen Tempe-
raturen

Reibungs- und Verschleißverhalten


Die Oberfläche von Formteilen aus PBT ist hart und glatt. Die Werte der stati-
schen und der dynamischen Reibung sind niedrig und unterscheiden sich nur
wenig voneinander. Der statische Reibungswert des normalen Spritzgusstyps
gegen Stahl beträgt 0,13, gegen sich selbst 0,17. Die Werte des PBT-GF 30 betra-
gen 0,14 bzw. 0,16 (ASTM D 1894). Der pv-Wert beträgt beim unverstärkten Ma-
Thermoplastische
Polykondensate

terial gegen Stahl (v = 500 mm/s) 140 N/mm2 · mm/s, beim glasfaserverstärkten
unter den gleichen Bedingungen 700 N/mm2 · mm/s. Demgemäß erweist sich
PBT als ein vielversprechender Lagerwerkstoff.

■ Thermische Eigenschaften
Während die kristallinen Bereiche von PET bei 255 °C schmelzen, beträgt die
entsprechende Temperatur bei PBT 225 °C. Diese Werte besagen, dass eine kurz-
zeitige thermische Beanspruchung (ohne mechanische) bis etwa 225 °C bzw.
200 °C möglich ist. Außer den thermischen Daten für PBT in Tabelle 2-91 ist in
Bild 2-523 die Enthalpie des Produktes bei verschiedenen Glasanteilen wieder-
gegeben.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1099

Bild 2-519. Biege-Kriechmodul von unverstärktem und verstärktem Celanex, Biegespannung


s b = 10 N/mm2, Prüftemperatur 23 °C

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-520. Biege-Kriechmodul von unverstärktem und verstärktem Celanex, Biegespannung


s b = 5 N/mm2, Prüftemperatur 80 °C

■ pvt-Diagramm
Das für das Auslegen und Steuern von Spritzgießmaschinen wichtige pvt-Dia-
gramm für PBT-GF 30 gibt Bild 2-524 wieder.

■ Wasseraufnahme
An dieser Stelle sei Bild 2-525 über die Wasseraufnahme von unverstärktem und
GF-verstärktem PBT eingefügt.
1100 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-521. Kerbschlagzähigkeit von


unverstärktem und flammwidrig
ausgerüstetem PBT sowie PBT-GF
30 (nach Izod)
a Valox 420 glasfaserverstärkt GF 30
b Valox 325 unverstärkt
c Valox 310 SE-O unverstärkt,
flammwidrig ausgerüstet
(Quelle: General Electric Plastics
Europe B.V./NL)

Bild 2-522. Biegewechsel- und Biegeschwellfestigkeit von unverstärktem PBT und PBT-GF 30
(Frequenz 10 Hz)
a Mittelspannung sm = 0 N/mm2
b Unterspannung su = 0 N/mm2

■ Elektrische Eigenschaften
Thermoplastische
Polykondensate

Die elektrischen Isolationseigenschaften von PBT sind gut. Sie werden durch
Feuchtigkeitsaufnahme kaum beeinflusst. Mit elektrolytischer Korrosion oder
kontaktschädigenden Ausscheidungen ist nicht zu rechnen.Wie Bild 2-526 zeigt,
sind die Dielektrizitätszahl und der dielektrische Verlustfaktor nahezu unab-
hängig von Temperatur und Frequenz. Auch die Durchschlagfestigkeit erweist
sich als temperaturunabhängig, Bild 2-527.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser, wässrige Lösungen (bei Raumtemperatur), schwache
Säuren, viele organische Lösemittel, Öle, Fette, Bremsflüssigkeit, Tetrachlorkoh-
lenstoff;
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1101

Bild 2-523. Enthalpie von PBT bei verschie- Bild 2-524. pvt-Diagramm eines mit 30 %
denen Glasfaseranteilen (H = 0 für 20 °C) Masseanteil glasfaserverstärkten PBT

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-525. Wasseraufnahme von unverstärktem PBT bei verschiedenen Lagerungsbedingungen


a Lagerung in Wasser von 23 °C; b Lagerung im Normklima 23/50

nicht beständig gegen: starke Säuren, Laugen, Phenol, Ethylacetat, Aceton.


Länger dauernde Berührung mit Wasser von 60 °C führt zum hydrolytischen
Abbau.

■ Spannungsrissverhalten
PBT ist spannungsrissbeständig.
1102 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-526. Dielektrizitätszahl und


dielektrischer Verlustfaktor von
PBT-GF 30 in Abhängigkeit von
der Temperatur bei verschiedenen
Frequenzen (Werkstoff:
Pocan B 3295, Bayer AG)

Bild 2-527. Durchschlagfestigkeit von drei


PBT-Typen in Abhängigkeit von der Tem-
peratur
a Pocan B 3235 (GF 30)
b Pocan B 4235 (GF 30 flammwidrig)
c Pocan B 1505 (unverstärkt, hochviskos)
(Quelle: Bayer AG)

■ Witterungsbeständigkeit, Strahlenbeständigkeit
siehe PET.
■ Brennbarkeit
Das Brandverhalten von unverstärktem PBT kann mit langsam brennend be-
zeichnet werden. Die Flamme ist orangefarben und rußt. Die Schmelze tropft ab;
Thermoplastische

sie ist mit den Polyamiden vergleichbar. Glasfaserverstärktes Material entwickelt


Polykondensate

eine höhere Brenngeschwindigkeit, weil die Abtropfneigung geringer ist und die
Flammenfront sich dadurch stärker aufbaut.
Die angebotenen Sortimente enthalten flammwidrig ausgerüstete Typen.
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase
Die Permeabilität ähnelt derjenigen der PET-Folien, d. h. sie ist günstig im Ver-
gleich zu anderen Polymeren.
■ Gesundheitliche Beurteilung
Gegen die Verwendung von Artikeln aus PBT bestehen keine Bedenken im Sinne
des Lebensmittelgesetzes. Die Reinheitsanforderungen sind in der Empfehlung
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1103

Bild 2-528. Fließweglänge von


Celanex 2500 als Funktion der Wand-
dicke der Testspirale bei verschiede-
nen Spritzdrücken

Bild 2-529. Fließweglänge von Celanex


2300 GV1/50 als Funktion der Wand-
dicke der Testspirale bei verschiedenen
Spritzdrücken

XVII der Kommision des BGA, 01. 07. 1984 (147. Mitteilung Bundesgesundheits-
blatt 27, 289, 1984), PBT ist physiologisch inert. (Vergleich PET).

■ Verarbeitung
Das Spritzgießen ist das bis heute bevorzugte Verarbeitungsverfahren. Die Bil-
Thermoplastische
Polykondensate

der 2-528 und 2-529 zeigen die Fließfähigkeit eines leichtfließenden und eines
mit 50 % Glasfaseranteil verstärkten Typs des Celanex-Sortimentes der Hoechst
AG. Obwohl häufig mit Werkzeugtemperaturen von weniger als 60 °C gearbeitet
wird, wird die höchste Oberflächengüte doch erst bei Temperaturen von 110 °C
erzielt. Durch Extrudieren werden Flachfolien, Tafeln und Profilstäbe herge-
stellt.
Flachfolien aus PBT sind transparent und glänzend. Sie können durch biaxia-
les Recken verfestigt werden.

Verarbeitungsbedingungen
siehe nachstehende Übersicht.
1104 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Masse- Werkzeug- Spritzdruck Schwindung Vortrocknen


temperatur temperatur bar % (wenn feucht)
°C °C

Spritzgießen
unverstärkt 230 – 260 50 – 80 800 – 1200 1–2 10 h bei 130°C
Glasfaser- 250 – 270 60 – 100 800 – 1200 0,5 – 1,3 im Umluft-
verstärkt ofen
Extrudieren 250 – 280 – 100 – 200 – 10 h bei 130°C
im Umluft-
ofen
Warmformen Zuschnitt-Temperatur 230°C bis 240 °C
von Folien bei
150 µm

■ Veredeln der Oberfläche


siehe PET.

■ Trennen und Fügen


siehe PET.

Anwendungsbeispiele
Gleitlager, -elemente, Ventil-Formteile, Laufrollen, Zahnräder, Kurven-
scheiben, Pumpengehäuse und -laufräder, Kupplungen, Schrauben,
Gehäuse für Zündkerzenstecker, Trägerplatten für Schrittschaltwerke, Spu-
lenkörper, Klemmen, Verteiler, Steckerleisten, LCD-Displays, Tastentele-
fonteile, Miniaturschalter.
Bei den Haushaltgeräten sind es: Kaffeemaschinen, Eierkocher, Toaster-
teile, Haarföndüsen, Bügeleisengehäuse, Staubsaugerteile, Fritteusen und
Fonduegeräte, Haarpflegegeräte, Elektro-Kochtopfgehäuse, Herdgriffleis-
ten, Herdknöpfe.

Handelsnamen
Arnite (Akzo Engng. Plastics/NL)
Thermoplastische
Polykondensate

Celanex (Ticona GmbH/DE)


Crastin (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Duranex (Ticona GmbH/DE)
Novadur (Mitsubishi Chemical Europe/DE)
Orgater (Palmeroll sarl/FR)
Torlen (Elana-Werke/PL)
Tufpet (Toyobo Co. Ltd./JP)
Ultradur (BASF AG/DE)
Valox (GE Plastics Europe B.V./NL)
Vandar (Ticona GmbH/DE)
Vestodur (Hüls AG/DE)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1105

2.2.1.2.2.3
Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E)
Die Reihe der thermoplastischen Elastomere, beginnend in den fünfziger Jahren
mit den thermoplastischen Polyurethanen,erweitert in den Sechzigern durch ther-
moplastische Polyolefin- und Styrol-Elastomere, erhielt in den siebziger Jahren
neuen Zugang durch die thermoplastischen Polyamid- und Polyester-Elastomere.
Zu dem im Jahre 1972 von Du Pont (US) auf den Markt gebrachten Hytrel®
kamen kurz danach das Pelpren der Toyobo Co. (JP), 1977 das Arnitel der Akzo
(NL) und 1985 das Lomod der General Electric Plastics (US).

■ Herstellung
Die Rohstoffbasis bilden 1,4-Butandiol, Terephthalsäure und Polytetrahydro-
furan. Demnach handelt es sich um Copolyetherester mit harten kristallinen
Tetramethylenglycolterephthalat-Blöcken und weichen, amorphen Polyalkylen-
etherterephthal-Blöcken.
Die Herstellung der elastomeren Copolyetherester erfolgt in der Schmelze
durch Umesterungsreaktionen zwischen einem Terephthalatester, einem Poly-
alkylenetherglycol und einem kurzkettigen Diol, beispielsweise 1,4-Butandiol.
Bei der Untersuchung verschiedener Polyalkylenetherglycole, wie Polytetrame-
thylenetherglycol (PO4), Polyethylenoxidglycol (PO2) und Polypropylenoxidgly-
col (PO3) mit 4 GT-Hartsegmenten ergab sich mit PTMEG die höchste Zug- und
Einreißfestigkeit. In diesen Copolymeren kann in den Hartsegmenten der Te-
repthalsäureester zum Teil durch Ester der Isophtal- oder Sebazinsäure ersetzt
werden. Zug- und Einreissfestigkeit steigen an, ohne die Härte, den Modul oder
die Tieftemperaturflexibilität nennenswert zu beeinflussen.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die thermoplastischen Polyetherester-Elastomere zeichnen sich aus durch:
• hohe mechanische Festigkeit,
• hohe Flexibilität und Schlagzähigkeit in der Kälte,
• hohe Verschleißfestigkeit,
• hohe Chemikalien- und Alterungsbeständigkeit,
• gute Erholung von Druck- und Zugverformungen,
• leichte und wirtschaftliche Verarbeitbarkeit.
Thermoplastische
Polykondensate

Die thermoplastischen Polyetherester können bei höheren Temperaturen einge-


setzt werden als die TPE auf Basis Polyolefine, Polystyrol und Polyurethan. Ge-
gen den oxidativen Abbau bei höheren Temperaturen und bei Einwirkung von
UV-Strahlung kann das Produkt wirksam stabilisiert werden.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Das Eigenschaftsbild der Grundtypen kann am übersichtlichsten als Funktion
der Härte dargestellt werden. Mit steigender Härte nimmt die Steifheit zu, die
Flexibilität naturgemäß ab, die Formbeständigkeit in der Wärme und die Be-
ständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien zu. Wenn höhere Chemika-
lienbeständigkeit verlangt wird, ist ein härterer Typ zu wählen.
1106 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Zusatzstoffe: Funktions-Zusatzstoffe
Die wichtigsten Zusatzstoffe für Polyetherester-Elastomere sind die Funktions-
Zusatzstoffe. Sie stehen meistens in Form von Konzentraten auf der Basis eines
universell verarbeitbaren Grundtyps zur Verfügung. So beispielsweise zur Ver-
besserung der UV-Beständigkeit, der Wärmestabilität bei Anwendungen über
120 °C, zur Erhöhung der Hydrolysebeständigkeit oder der Flammwidrigkeit.
Rußkonzentrate dienen zum Schwarzeinfärben bzw. in höherer Konzentration
zum Verbessern der UV-Beständigkeit.

■ Sortiment
Die Sortimente der Hersteller umfassen Typen verschiedener Härtegrade, bei-
spielsweise Shore D Härten von 46 bis 63 für das Spritzgießen und das Extrudie-
ren, hochviskose Typen für das Extrusions-Blasformen sowie Typen für das
Rotationsformen.

■ Lieferform
Die Grundtypen sowie die Konzentrate werden als getrocknetes Granulat gelie-
fert, dessen Feuchtigkeitsgehalt 0,1 % beträgt.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der wichtigsten Eigenschaften thermoplastischer Polyester-Elasto-
mere enthält Tabelle 2-89.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Das Kurzzeitverhalten einiger TPE-E-Elastomertypen ist in den Bildern 2-530
und 2-531 dargestellt. Bei Formteilen, die Elastizität erfordern, ist zu beachten,
dass TPE-E-Elastomere bei etwa 25 % Verformung nachgeben und sich nicht völ-
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-530. Spannungsdehnungsdia-


gramm von Polyetherester-Elastomer
bei verschiedenen Temperaturen
(Werkstoff: Arnitel EL 550,
Akzo Plastics/NL)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1107

Bild 2-531. Biege-E-Modul von TPE-


Elastomeren verschiedener Härte-
grade in Abhängigkeit von der Tempe-
ratur
a Arnitel EL 630 (Akzo Plastics/NL)
b Arnitel EL 550

lig erholen. Deshalb sollte beim Entwurf der Teile eine Verformung von ≤ 10 %
gewählt werden.

■ Umwandlungstemperaturen
Die Glasübergangstemperaturen der TPE-E-Elastomeren richten sich natur-
gemäß nach dem jeweiligen Härtegrad. Liegt Tg bei den in Bild 2-532 wiederge-
gebenen beiden Typen mit Shore D Härten von 63 bzw. 55 bei – 30 °C bzw. bei
0 °C, so liegt Tg bei Härten von 40 bzw. 46 bei – 60 °C bzw. – 50 °C. Dementspre-
chend nehmen mit abnehmender Härte die Kerbschlagzähigkeit und die Flexi-
bilität zu, eine Eigenschaft, die auch diesen Elastomeren als modifizierende
Komponente bei weniger kälteschlagzähen Thermoplasten, insbesondere linea-
ren Polyestern, zugute kommt. Typen mit Shore D Härten von 60 bis 75 sind al-
lerdings kerbempfindlich und zum Flexibilisieren nicht geeignet.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-532. Schubmodul G und me-


chanischer Verlustfaktor d von
TPE-E-Elastomeren verschiedener
Härtegrade in Abhängigkeit von
der Temperatur
a Arnitel EL 630
(Akzo Plastics/NL)
b Arnitel EL 550
(Akzo Plastics/NL)
1108 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Zeitstandverhalten bei einachsiger Verformung


Über das Kriechverhalten von TPE-E-Elastomeren bei Zugbeanspruchung ge-
ben die Bilder 2-533 und 2-534 Auskunft.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die dynamischen Eigenschaften der Polyetherester-Elastomeren sind selbst bis
zu Temperaturen von – 40 °C gut. Je nach Typ, Endprodukt und Betriebsbedin-
gungen werden Biegewechsel von 70 bis 150 000 überstanden. Bei geringer
dynamischer Belastung, z. B. 10 Hz, werden nur etwa 4 % der aufgewendeten
Energie in Wärme umgesetzt. Bei höherer Beanspruchung ändert sich das Ver-
halten drastisch, sodass mit einem Einsatz bei Pkw-Reifen nicht zu rechnen ist.

Härte
Wie Bild 2-535 am Beispiel zweier TPE-E-Elastomertypen zeigt, bleibt die Härte
je nach Typ über einen breiten Temperaturbereich konstant. Dabei schneiden
die flexiblen Typen naturgemäß am günstigsten ab.

Bild 2-533. Zeit/Dehnungsdiagramm von Arnitel E 550 bei verschiedenen Zugbeanspruchun-


gen (Prüftemperatur: 23 °C)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-534. Isochrone Spannungsdehnungslinien von TPE-E-Elastomeren verschiedener


Härtegrade. Beanspruchungsdauer 1000 h; Prüftemperatur: 23 °C; a Arnitel EL 630 (Akzo Plas-
tics/NL); b Arnitel EL 550 (Akzo Plastics/NL)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1109

Bild 2-535. Härte zweier wei-


cher TPE-E-Elastomeren in
Abhängigkeit von der Tempe-
ratur
a Arnitel EL 460
(Akzo Plastics/NL)
b Arnitel EL 400
(Akzo Plastics/NL)

■ Thermische Eigenschaften
Kennzeichnende Daten enthält Tabelle 2-91. Verallgemeinernd ist festzustellen,
dass bei entsprechender Wärmestabilisierung die Lebensdauer von TPE-E-Elas-
tomeren um das fünf- bis achtfache erhöht werden kann. Beträgt die Lebens-
dauer von nicht stabilisiertem Material beispielsweise bei Betriebstemperaturen
von 100 °C mehr als drei Jahre, so fällt sie bei 150 °C auf wenige Tage ab. Durch
Stabilisieren werden unter den gleichen Bedingungen 60 Tage ereicht. Wärme-
stabilisierung empfiehlt sich stets bei dauernder Beanspruchung bei Tempera-
turen von mehr als 120 °C.

■ Elektrische Eigenschaften
Die elektrischen Eigenschaften der TPE-E-Elastomeren ermöglichen eine Ver-
wendung im Netzspannungsbereich bis zu 600 Volt.

■ Chemikalienbeständigkeit
PEE-E-Elastomere sind je nach Härtegrad und Betriebstemperatur beständig
gegen: Öle, Kraftstoffe, Lösemittel, Ozon, verdünnte Säuren und Basen.
Sie sind nicht beständig gegen: starke Säuren und Laugen, Alkohole, Glycole
und Wasser von Temperaturen > 65 °C.

■ Sterilisieren
Formteile aus TPE-E-Elastomeren können mit Hilfe von Dampf oder g-Strahlen
sterilisiert werden.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Thermoplastische

In den USA sind die TPE-E-Elastomeren freigegeben für die Verwendung in


Polykondensate

Kontakt mit trockenen Nahrungsmitteln (FDA) sowie für das Verpacken von
Fleisch und Geflügel (VSDA) und Trinkwassereinrichtungen (NSF). In der Bun-
desrepublik wird beispielsweise Hytrel in der Produktion und Verteilung von
Bier verwendet.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen
Die Verarbeitungstemperaturen betragen beim
Spritzgießen ca. 220 °C
(Abbau bei Temp. > 230 °C und
Verweilzeiten > 20 min)
1110 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Extrudieren ca. 215 °C


Extrusions-Blasformen ca. 200 bis 220 °C
Rotationsformen ca. 220 °C
Feucht gewordenes Granulat und wieder zu verwendende Produktionsrück-
stände müssen vor dem Verarbeiten etwa 10 Std. lang in einem Heißluftofen je
nach Typ bei Temperaturen von 80 bis 110 °C getrocknet werden.

Anwendungsbeispiele
Dichtungen, Dichtungsstopfen, flexible Kupplungen, Zahnräder, Isolier-
kappen für elektrische Anschlüsse, Keilriemen, Druckluft- und Hydraulik-
schläuche, Kabelummantelungen, Stecker, Innenbeschichtungen von
Feuerwehrschläuchen, Sohlen für Langlauf-Skischuhe, Fußballstiefel, Fuß-
ballblasen, Sicherungsklammern für Skistöcke und im Automobilbau;
Faltenbälge, Bedienungsknöpfe, Lager für Fensterheber, Stützringe, Rück-
spulautomatik in Sicherheitsgurten, Türfallen und Befestigungselemente.
Es ist naheliegend, dass sich die thermoplastischen Polyester-Elastomere
als Schlagzähigkeitsverbesserer bei den linearen Polyestern PET und PBT
bewähren.

Handelsnamen
Anitel E (Akzo Engng. Plastics/NL)
Bexloy V (Du Pont de Nemours/US)
Ecdel (Eastman Chemical International/US)
Hytrel (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Lomod (General Electric Plastics Europe/NL)
Riteflex BP (Ticona GmbH/DE)

2.2.1.2.2.4
Polyethylenterephthalat als Barrierekunststoff
Im Abschnitt 2.1.4.1.1 wurden die als erste in den sechziger Jahren entwickelten
Barriere-Kunststoffe auf Basis Acrylnitril vorgestellt.
Nach dem teilweisen Verbot dieser Produkte durch die US-Gesundheitsbehörde
(FDA) haben die thermoplastischen Polyester deren Platz eingenommen.
Die ersten streckgeblasenen biaxial-orientierten Getränkeflaschen aus PET
Thermoplastische
Polykondensate

kamen 1976 in den USA auf den Markt, in der Bundesrepublik erst 1980. Für Ge-
tränkeflaschen ist ein Spezialtyp, der sog.„bottle grade“ erforderlich.

■ Herstellung
Die Herstellung dieses Sondertyps geschieht bei einigen Produzenten nach
bekannten Verfahren aus Dimethylenterephthalat oder Terephthalsäure und
Ethylenglycol mit Antimon-, Germanium oder Titandioxid als Katalysator. Im
glasklaren Produkt der Celanese verhindert der Einbau von Isophthalsäuren,
Cyclohexandimethylol oder Neopentylglycol die Bildung unerwünschter kristal-
liner Bereiche. Die kontinuierliche Polymerisation in der Schmelze liefert höher-
wertige Produkte (hohe thermische und thermooxidative Beständigkeit). In al-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1111

len Fällen wird anschließend eine Polykondensation in fester Phase bei Tempe-
raturen zwischen 180 °C und 240 °C durchgeführt. Dabei entweichen durch
Überleiten von Stickstoff oder Anlegen von Vakuum die flüchtigen Verbindun-
gen weitgehend [1].
Vom qualitativ hochwertigen Produkt wird ein niedriger Gehalt von Acetal-
dehyd, Oligomeren und Carboxylgruppen verlangt.
Die PET-Flaschentypen müssen eine niedrige Kristallisationsgeschwindig-
keit (dieses im Gegensatz zum Spritzgussmaterial) aufweisen, um glasklar zu
bleiben. Sie wird durch eine hohe molare Masse (≥ 23 600), einen höheren Anteil
an Diethylenglycol und geringe Nukleierung (niedrige Katalysatorkonzentra-
tion) erreicht.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Das PET wird mit einem Feuchtigkeitsgehalt < 0,01% angeliefert. Damit wirkt es
wie ein Trockenmittel. Der hydrolytische Abbau beginnt bereits bei 150 °C, der ther-
mooxidative bei 200 und der rein thermische bei 260 °C. Es ist unerlässlich, die
Formmasse vor dem Verarbeiten auf einen Wassergehalt von 20 bis 30 ppm zu
trocknen. Getrocknet wird bei 150 bis 175 °C mit trockener Luft während 3 h (bei
175 °C). Bereits bei einem Wassergehalt von 50 ppm wird das Verarbeiten erschwert.
■ Sortiment
Die Sortimente der Rohstoffhersteller enthalten mehrere Typen, die sich in
der Grenzviskosität voneinander unterscheiden, beispielsweise von 72 ± 2 über
80 ± 2 bis 85 ± 2 ml/g.

■ Lieferform
Die Lieferform ist glasklares Granulat in vakuumverschlossenen Behältern.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der kennzeichnenden Eigenschaften enthält Tabelle 2-97. Zum Ver-
gleich wurden die Werte eines Nitril-Polymeren aufgenommen.
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase
Eine aufschlussreiche Gegenüberstellung der Gasdurchlässigkeit von Barriere-
Kunststoffen bringt Tabelle 2-98. Daraus geht hervor, dass die Permeabilität von
PET und PVC-U im Vergleich zu PP nur geringfügig voneinander abweicht. Die
Nitril-Polymeren sind den genannten Polymeren weit überlegen. PET ist jedoch
Thermoplastische
Polykondensate

preiswerter als Nitril-Polymere und außerdem zäher.

■ Verarbeitung
Die Herstellung der PET-Flaschen geht in zwei Stufen vor sich. Zunächst wird ein
Vorformling spritzgegossen, der dann in ein Blaswerkzeug geschwenkt und
durch Streckblasen biaxial gereckt wird. Bei dieser Verarbeitungsmethode ent-
steht erneut Acetaldehyd. Deshalb darf die Schmelztemperatur den Bereich von
260 bis 290 °C nicht überschreiten. Die Verweilzeit im Plastifizierzylinder muss
kurz und die Scherbeanspruchung beim Plastifizieren gering sein. Die Poly-
merhersteller sind bemüht, modifizierte Materialtypen mit niedrigeren Ver-
arbeitungstemperaturen zu entwickeln.
1112 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-97. Eigenschaftsvergleich von Nitrilpolymeren mit PET Barriere-Formmassen

Eigenschaften Einheit Nitril-Formmasse PET-Formmasse


Barex 210 Impet M 81

nicht orientiert nicht orientiert


orientiert orientiert

Dichte g/cm3 1,15 – 1,41 –


Zugfestigkeit N/mm2 66 – 52 –
Streckspannung N/mm2 – 138 – 83–200
Reißdehnung % 33 65 12 130
Biegefestigkeit N/mm2 99 – 67 125
Kerbschlagzähigkeit kJ/m 0,16 – 0,05 –
Schlagzugzähigkeit kJ/m 301 831 – –
mittlere Fallhöhe m 2,18 > 6,5 – >4
Formbeständigkeit in der
Wärme 1,81 N/mm2 °C 74 – > 93 –
Vicat-Einweichungs-
temperatur °C 78 – – –

Anwendungen
PET hat als Rohstoff für die Herstellung von Flaschen inzwischen weltweit
eine Produktionsmenge von 500 000 t erreicht. In den USA wurden nahezu
alle Glasflaschen für Erfrischungsgetränke > 1 l Inhalt durch PET ersetzt.
Andere Getränke wie Bier, Wein und Whisky folgen.
Große und zugleich dickwandige PET-Flaschen weisen nur eine geringe
Gasdurchlässigkeit auf.
In Großbritannien, Italien, Spanien, Frankreich und Benelux werden
PET-Flaschen für kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke, Mineral-
wasser, Apfelmost und Bier verwendet. Dazu kommen Kosmetika, Phar-
mazeutika, Haushaltchemikalien u. a. Der Markterfolg der 1-l-Flasche ist
wesentlich geringer und die 0,5-l-Flasche kann sich offenbar gegen die
Glasflasche und die Metall-Getränkedose nicht durchsetzen.
Bei Bierflaschen erhält die Außenseite eine Beschichtung mit PVDC. In
England ist die Umstellung bei Bier abgeschlossen.
Thermoplastische
Polykondensate

In Japan werden die PET-Flaschen für Sojasoße, Speiseöl, Reiswein, Bier


und stille Getränke verwendet.
In Deutschland sind PET-Flaschen für Speiseöle, Essig und Limonaden
z. B. Coca Cola und Sprite, (Inhalt 1,5 l, Gewicht 106 g) gebräuchlich.

Handelsnamen
Arnite (Akzo Engng. Plastics, NL)
Cleartuf (Goodyear Tire and Rubber Co., US)
Kodar, Kodapak (Eastman Chem. Int., US)
Polyclear (Kalle Pentaplast/DE)
Tabelle 2-98. Gasdurchlässigkeit von Kunststoffen mit Barriere-Eigenschaften

Medium Einheit Nitril-Polymer PET PP PVC-U

nicht orient. nicht orient. nicht orient. nicht orient.


orient. orient. orient. orient.

cm3 mm
Sauerstoff 0,3–0,4 0,15–0,25 4–4,5 1,8–3,5 80–90 35–45 6–7 3–3,5
m2 d bar
cm3 mm
Kohlendioxid 0,6–0,8 0,4–0,5 10–11 5–8 300–320 170–180 10–11 7,5–9
m2 d bar
Wasserdampf g · mm
0,5–0,8 0,3–0,5 3 0,9–2 0,10–0,15 0,04–0,07 0,8 0,6
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

20°C/85% rel. F. m2 d
1113

Thermoplastische
Polykondensate
1114 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.2.3
Polyarylate (Polyarylester)
Die Bezeichnung „Polyarylate“ ist ein Sammelbegriff für aromatische Polyester
(APE) und Polyestercarbonate (PEC). Sie sind ausschließlich aus aromatischen
Komponenten aufgebaut, d. h. aus: aromatischen mehrfunktionellen Carbonsäu-
ren, mehrfunktionellen Phenolen und/oder aromatischen Hydroxycarbonsäu-
ren; auch Kohlensäure kann noch hinzukommen.
Beispielhaft gilt folgende Strukturformel [2].

Irreführend werden häufig Produkte, die zwar aromatische Komponeten, jedoch


keine aus aromatischer Carbonsäure und Phenol aufgebaute Estergruppierun-
gen enthalten, als Polyarylate bezeichnet. Korrekter sollte es lauten „teilaromati-
sche“ Polyester.
Den Eigenschaften und Anwendungen gemäß können die Polyarylate als Wei-
terentwicklungen der aromatischen Polycarbonate betrachtet werden.
Stellvertretend für eine Vielzahl von Polycarbonaten sei zunächst das Ardel®
der Amoco Performance Products, Genf, beschrieben.
Das ebenfalls zu den Polyarylaten zählende Polyestercarbonat Apec® HT
(Bayer AG) wurde bereits im Kapitel 2.2.1.2.1 (Polycarbonat) beschrieben.
Das erste kommerzielle Polyarylat wurde 1973 von der Unitika Ltd. (JP) unter
dem Handelsnamen U-Polymer auf den Markt gebracht. In den USA bot die
UCC dieses Produkt unter dem Handelsnamen Ardel® an. Den Verkauf über-
nahm vor einigen Jahren Amoco Performance Products, Genf.

■ Herstellung
Das U-Polymer enthält Terephthalsäure, Isophthalsäure und Bisphenol-A-Ein-
heiten im Molverhältnis 1 : 1 : 2.
Thermoplastische
Polykondensate

Terephthalsäure Isophthalsäure Bisphenol A

Die Herstellung der Polyarylate erfolgt üblicherweise durch Grenzflächen-Poly-


kondensation zwischen Dicarbonsäurechloriden, gelöst in Chlorkohlenwasser-
stoffen und wässrigen Lösungen der Alkalisalze von Bisphenol mit quarternären
Ammoniumsalzen als Katalysatoren [3].
Anlässlich der K ’86 stellte Du Pont erstmals seine unter dem Handelsnamen
Arylon angebotene Produktfamilie der Polyarylate vor. Das neu entwickelte Her-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1115

stellverfahren ließ dank höherer Wirtschaftlichkeit einen wesentlich niedrigeren


Materialpreis als bei den seither bekannten Produkten erwarten.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Wegen iher Zugehörigkeit zur Gruppe der thermoplastischen Polyester sind die
Polyarylate mit den Polycarbonaten verwandt. Sie sind jedoch in der Wärme
formbeständiger. Generell sind die folgenden kennzeichnenden Eigenschaften
hervorzuheben:
• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,
• hohe Schlagzähigkeit,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (175 °C),
• hohe Maßbeständigkeit,
• gute elektrische und dielektrische Eigenschaften,
• hohe Transparenz,
• hohe Flammwidrigkeit (UL 94 V-O),
• hohe Witterungs- und UV-Beständigkeit.

■ Sortiment
Die von verschiedenen Herstellern in Lizenz der Fa. Unitika Ltd. (JP) und der Fa.
Hooker Chemical (US) angebotenen Sortimente enthalten außer den Basispoly-
meren sowohl gefüllte und GF-verstärkte oder Polymerblends mit geringen An-
teilen von Polyethylen als auch von PA 6, um vor allem die Verarbeitbarkeit zu
verbessern.

■ Lieferform
Die Polyarylate werden als glasklares und farbiges Granulat geliefert. Halbzeug
ist in Form von Rohren, Profilen, Tafeln und Folien lieferbar.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine umfassende Übersicht über das Eigenschaftsbild der Polyarylate (und da-
mit vergleichbarer Schwefelpolymere) gibt Tabelle 2-99.

■ Mechanische Eigenschaften: Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Eine der hervorstechendsten mechanischen Eigenschaften ist – in Annäherung
an Polycarbonat – die hohe Schlag- und Kerbschlagzähigkeit.
Thermoplastische
Polykondensate

Kerbschlagzähigkeit einiger Thermoplaste


Werkstoff Izod-Kerbschlagzähigkeit J/m
Ardel D-100 220
Polyacetal 50
Polyphenylenether 125
Polycarbonat 740
Polysulfon 85
Hinzu kommt die hohe Reißdehnung von 50 %. Das hohe Niveau der mechani-
schen Eigenschaften bleibt in einem breiten Temperaturbereich erhalten.
1116 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-99. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von Polyarylaten

Eigenschaften Einheit Polyarylate

Ardel Apec Arylon Lexan


401
D-100 KI 1-9310 Nt-10 PPC 4504

Dichte g/cm3 1,21 1,21 1,19 1,20


Wasseraufnahme (23 °C, 24 h) % 0,26 0,18 0,09 0,16
mechanische
Streckspannung N/mm2 71 69 – 65
Dehnung an der Streckgrenze % 8 9 25 7
Zugfestigkeit N/mm2 66 60 68 70
Reißdehnung % 50 50 7,0 100
Zug-E-Modul N/mm2 2000 2200 2000 2000
Schlagzähigkeit (Izod) J/m – o.Br. 288 –
Schlagzähigkeit kJ/m2 260–360 o.Br. – –
Kerbschlagzähigkeit (Izod) J/m 220 420 – 500
Kerbschlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 – 28 – 27
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) – 110 – –
Härte Rockwell Skala R 125; M 95 – R 122 R 122
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mech. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 170 – – 185
dauernd °C 150 – – 170
Glasübergangstemperatur °C – – – –
Formbeständigkeit i.d. Wärme
nach Vicat, Methode B °C – 182 – 165
nach ISO Methode A °C 175 160 155 152
Methode B °C – 174 171 –
linearer
Ausdehnungskoeffizient K–1 62 · 10–6 72 · 10–6 56 · 10–6 92 · 10–6
spezif. Wärmekapazität kJ/kgK 1,3 1,10 1,67
Wärmeleitfähigkeit W/mk – 0,21 0,21
elektrische
spezif. Durchgangswiderstand W cm 3 · 1016 > 1015 – > 1015
Oberflächenwiderstand W 2 · 1017 > 1014 – –
Dielektrizitätszahl 50 Hz 3,34 3,4 3,14 3,15
1 MHz 3,30 3,2 3,05 3,0
Thermoplastische
Polykondensate

dielektr. Verlustfaktor 50 Hz 0,002 0,002 0,002 0,0012


1 MHz 0,2 0,017 0,023 0,024
Durchschlagfestigkeit kV/mm 16,8 42 24 20
Kriechstromfestigkeit Stufe C 200 225 200 –
Brandverhalten nach UL 94 Stufe V-0 V-2 HB –
(1,5 mm)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1117

Langzeitverhalten
Ebenso günstig verhält sich die Zeitstand- bzw. Kriechfestigkeit, wie das Zeit-
verformungsdiagramm bei Zugbeanspruchung und einer Prüftemperatur von
100 °C zeigt, Bild 2-536.
Die hohe Kriechfestigkeit erlaubt es, Ardel Polyarylat D-100 in Luft wie folgt
dauernd zu beanspruchen;
bei 23 °C mit 10 N/mm2 und
bei 100 °C mit 7 N/mm2.
Diese Beanspruchungen führen innerhalb der Lebensdauer eines Bauteils nur zu
einer geringfügigen Verformung. Ein ebenso günstiges Verhalten zeigt der Zug-
kriechmodul bei verschiedenen Belastungen, Bild 2-537.

Verhalten bei wechselnder Beanspruchung


Formteile aus Polyarylat nehmen bei Biegebeanspruchung nach dem Entlasten
ihre Ausgangsform sehr rasch wieder an, wie das Bild 2-538 für zehnmaliges Bie-
gen zeigt. Zum Vergleich wurden einige andere Technische Kunststoffe hinzuge-
zogen. Die hohe Rückstellfähigkeit bewährt sich vor allem bei Schnappverbin-
dungen, z. B. Gehäusedeckel, Clipse, Reißverschlüsse u. a.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Die Ergebnisse von Abriebversuchen nach dem Reibradverfahren (DIN 53 754)
gibt Bild 2-539 wieder. Durch Modifizieren des Grundmaterials kann dieses Ver-
halten noch verbessert werden.

■ Thermische Eigenschaften
Hervorstechend ist die hohe Formbeständigkeit in der Wärme. Sie ist derjenigen
von Polysulfon vergleichbar.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-536. Zeitdehnungsdiagramm einiger


technischer Thermoplaste bei verschiedenen
Zugbeanspruchungen (Prüftemperatur 100 °C)
(Quelle: Amoco Performance Products/CH)
1118 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-537. Zug-Kriechmodul von Ardel D-100 bei verschiedenen Belastungen und Temperatu-
ren (Quelle: Amoco Performance Products/CH)

Bild 2-538. Hystereseschleife einiger technischer Kunststoffe bei Biegebeanspruchung (10 Zyk-
len) (Quelle: Amoco Performance Products/CH)

Bild 2-539. Abriebverhalten einiger


technischer Kunststoffe (Quelle:
Amoco Performance Products/CH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-540. Verbleibende Schlag-


zugzähigkeit einiger technischer
Kunststoffe nach 1000-h-Bewitte-
rung im Weather-O-Meter
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1119

Formbeständigkeit in der Wärme (1,84 N/mm2):


Ardel D-100 175 °C
Polyacetal 124 °C
Polycarbonat 135 °C
Polyphenylenether 130 °C
Polyphenylensulfid 135 °C
Polysulfon 174 °C
Der Torsions-Schubmodul ist im Bereich von – 50 °C bis – 160 °C nahezu kons-
tant.

■ Elektrische Eigenschaften
Bei der Beurteilung und vor allem bei der Nutzung der elektrischen Eigenschaf-
ten von Polyarylat ist es wichtig zu wissen, dass alle elektrischen und dielektri-
schen Eigenschaften bis 150 °C nahezu konstant bleiben. Sie werden durch hohe
Luftfeuchtigkeit nicht beeinträchtigt. Auch die Unabhängigkeit der dielektri-
schen Eigenschaften von der Frequenz, z. B. im Bereich von 50 Hz bis 1 MHz, ist
für viele Anwendungen von großem Nutzen.

■ Chemikalienbeständigkeit
Formstoffe aus Polyarylaten sind beständig gegen: Alkohol, Fette, Öle, Milch,
Glycol, verdünnte Säuren, Laugen, Obstsäfte, Wasser (bis 60 °C);
unbeständig gegen: aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe, starke
Säuren und Laugen sowie gegen dauernde Einwirkung von heißem Wasser.

■ Spannungsrissverhalten
Die Anfälligkeit des Materials gegen die Bildung von Spannungsrissen kann
durch Nachbehandeln (Tempern) der Formstoffe bei Temperaturen um 160 °C
wesentlich verringert werden.

■ Witterungsbeständigkeit und Strahlenbeständigkeit


Das Material ist gegen die Einwirkung von UV-Strahlung sehr beständig und so-
mit gut für die Verwendung im Freien geeignet. Selbst ohne die Zugabe von Ad-
ditiven ist bereits eine hohe Witterungsbeständigkeit gegeben. Das Material ver-
gilbt im Freien geringfügig. Die Transparenz bleibt jedoch erhalten. Bewitte-
rungsversuche im Atlas Weather-O-Meter führten nach einer Prüfdauer von
Thermoplastische
Polykondensate

1000 h zu dem in Bild 2-540 wiedergegebenen Abfall der Schlagzähigkeit. Es ist


mit PC den übrigen technischen Thermoplasten überlegen.

■ Brennbarkeit
Die Polyarylate gehören ohne flammwidrige Ausrüstung zu den schwerent-
flammbaren Kunststoffen. Sie brennen rußend mit leuchtender Flamme. Die
Verbrennungsgase sind gesundheitlich und physiologisch unbedenklich. Die
Rauchgasdichte ist gering. Hier der Sauerstoffindex einiger Thermoplaste:
Polyvinylchlorid 44 % Polycarbonat 28 %
Polyarylate, Polysulfon 34 % POM 16 %
PPE und PA 29 %
1120 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die Polyarylate sind gesundheitlich unbedenklich. Sie sind ohne Eigengeruch
und Geschmack. Die Formteile sind sterilisierbar.

■ Verarbeitung
Wie die meisten Polyaromate, so müssen auch die Polyarylate vor dem Ver-
arbeiten getrocknet werden. Feuchtes Material wird beim Plastifiziervorgang
hydrolysiert; es verliert dadurch seine guten mechanischen Eigenschaften und
das entsprechende Aussehen. Die Restfeuchte sollte < 0,2 % betragen.
Getrocknet wird im Wärmeschrank mit Frischluftbetrieb bei Schichtdicken
des Granulates von 3 bis 4 cm. Es ist ratsam – wie bei allen hygroskopischen Pro-
dukten – die Maschinen mit einem beheizbaren Speisetrichter zu versehen.

Verarbeitungsbedingungen
Massetemperatur beim Spritzgießen 350 bis 390 °C
Werkzeugtemperatur 120 bis 150 °C
Spritzdruck 1300 bis 1400 bar
Extrusionstemperatur 340 bis 400 °C

■ Bearbeitung
siehe Polycarbonat

Anwendungsbeispiele
In ihren Anwendungen stehen die Polyarylate im Wettbewerb mit PC und
Polysulfon (PSU). In den Fällen, in denen die Formbeständigkeit von PC in
der Wärme nicht mehr ausreicht, können die Polyarylate mit Preisvorteil
gegenüber PSU eingesetzt werden. Die Preisrelation beträgt in der Reihen-
folge PC, Polyarylate, PSU etwa 1 : 2 : 3.
Bedienungspulte von Küchenherden, Schutzgitter, Haatrocknerkämme,
Gehäuse, Unterbrecher, Stecker, Spulen, Fassungen, Schalterelemente,
Buchsen, Isolierplatten, Kontrolltasten, Sichtscheiben, Lampenabdeckun-
gen (hohe Kratzfestigkeit), Befestigungsclipse, Schnappverbindungen,
Formteile für Mikrowellenherde, Elektrowerkzeuge, Büromaschinen,
Drahtummantelungen, Sonnenkollektoren, Scheinwerferreflektoren,
Zahnräder, Rollen, Spindeln, Stellringe, Lager, Muffen, Schrauben, Arznei-
Thermoplastische
Polykondensate

mittelflaschen, Prothesen.

Handelsnamen
PAR
Ardel (Amoco Performance Products/US)
Arylon (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Aryphan (Lonza-Folien/DE)
Carodel (ICI America Inc./US)
U-Polymer (Unitika Ltd./JP)
PEC
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1121

Apec HT (Bayer AG/DE)


Lexan (GE Plastics Europe/NL)

2.2.1.2.4
Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP)
Obwohl selbstverstärkende Stoffe seit langem bekannt waren, führten For-
schungsarbeiten von Du Pont erst im Jahre 1965 zu lyotropen (d. h. in gelöster
Form makromolekular geordneten) Polymeren, der heute vielseitig verwende-
ten Verstärkungsfaser® Kevlar 49, ein aromatisches Polyamid. Diesem folgte
1972 das Thermotrop (d. h. in der Schmelze verarbeitbare) Ekcel I-2000 der Car-
borundum.

■ Herstellung
Bei den seit dem Jahre 1975 weltweit aufgenommenen Forschungs- und Ent-
wicklungsarbeiten war die Celanese Ltd., Summit N.J./USA, mit ihrer Vectra®-
Faser besonders erfolgreich. Als Ausgangsmaterialien dieser, in ihrem Eigen-
schaftsbild zwischen PET und Kevlar 49 rangierenden Faser, dienten ther-
motrope Polyester wie 2,6-Naphthalen-dicarboxylsäure (NDA), 2,6-Dihy-
droxynaphthalen (DHA)- und 6-Hydroxy-2-Naphthalamide (HNA).

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Während sich die Makromoleküle in einer Polymerschmelze normalerweise im
ungeordneten, d. h. amorphen Zustand befinden, gibt es sowohl Polymere als
auch Flüssigkeiten, die im Gegensatz dazu steife, kristalline Bereiche aufweisen.
Daher rührt die Bezeichnung Liquid Crystal Polymers (LCP) [4]. Wie Bild 2-541
zeigt, nehmen die LCPs eine mittlere, mesomorphe Stellung vorwiegend nema-
tischer Natur, zwischen den amorphen und den teilkristallinen LCP’s ein. Die
kristallinen, steifen (mesogenen) Bereiche können, wie Bild 2-542 zeigt, in der
Haupt- oder in den Seitenketten angeordnet sein. Würde das Polymer nur aus
mesogenen Bausteinen bestehen, dann wären die inter- und intramolekularen
Kräfte so groß, dass es erst bei Temperaturen von 400 bis 600 °C verarbeitbar
wäre. Vor Erreichen dieser Schmelztemperaturen würde es sich jedoch zerset-
zen. Um die LCP’s in thermoplastisch verarbeitbare Formmassen umzuwandeln,
ist der Einbau von Störstellen zwischen den mesogenen Bereichen erforderlich.
Thermoplastische
Polykondensate

Dabei handelt es sich um flexible Segmente, winkelförmige Monomere oder


voluminöse Substituenten, die seitlich aus der Polymerkette herausragen, Bild
2-542B.
Die heute von den Herstellern angebotenen LCP’s sind vorwiegend aromati-
sche Polyester, Polyestercarbonate, Polyesteramide, Polyesterimide und Polyazo-
methine.
Diese LCP’s sind amorph und wie die bekannten amorphen Thermoplaste
durch ihre Glasübergangstemperatur gekennzeichnet. Nicht nur die Wahl der
Basis- und Störstellenpolymere allein bestimmen das Eigenschaftsbild der
LCP’s; es kann außerdem durch verschiedene Füll- und Verstärkungsstoffe ver-
ändert werden. Zu den grundsätzlichen Eigenschaften zählen: die thermoplasti-
1122 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-541. Vergleich der


Polymerkonformation von
amorphen, flüssigkristalli-
nen und teilkristallinen
Polymeren und flüssiger und
fester Phase
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-542. Bauprinzipen flüssig-kristalliner Polymere


A) Haupt- und Seitenketten LCP
B) Störstellen in thermotropen Hauptketten – LCP
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1123

sche Verarbeitbarkeit, der flüssigkristalline Aufbau in der Schmelze, die daraus


resultierende holzähnliche Faserstruktur und die durch die Linearität des Mole-
külverbandes bedingte Anisotropie. Die LCP’s sind in Fließrichtung sehr fest
und steif (zunehmend mit dünner werdender Wanddicke) sowie sehr kerb-
schlagzäh. Zu den kennzeichnenden Eigenschaften zählen ferner:
• hohe Gebrauchstemperatur bis 220 °C, kurzzeitig bis 240 °C,
• inhärente Flammwidrigkeit (UL 94 V-O),
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• sehr niedriger Wärmeausdehnungskoeffizient (vergleichbar mit Stahl und
Keramik),
• sehr niedrige Schmelzwärme (sehr kurze Zykluszeiten möglich),
• gratfreie Fertigung beim Spritzgießen,
• sehr geringe Wasseraufnahme.
Jene Eigenschaften der LCP’s, die durch die hohe Orientierung der Makro-
moleküle beeinflusst werden, zeigen eine sehr ausgeprägte Anisotropie. Dazu
gehören: Festigkeit und Steifheit in Orientierungsrichtung, niedriger Wärme-
ausdehnungskoeffizient (senkrecht zur Fließrichtung, höher als parallel dazu).
Füll- und Verstärkungsstoffe mildern diesen Unterschied wesentlich, sodass er
mit dem anderer faserverstärkter Polymere vergleichbar ist. Der extrem geringe
Anteil an ionischen Verunreinigungen begünstigt die Verwendung im Bereich
der Elektronik. Bei vielen hochbeanspruchten Formteilen sind die LCP’s man-
chen Hochleistungspolymeren, Duroplasten und Leichtmetall überlegen.
Um einer Vielzahl von Anforderungen gerecht zu werden, bieten einige Roh-
stoffhersteller bis zu dreissig verschiedene Typen an, die mit Hilfe von Farbkon-
zentraten in zahlreichen Farbtönen einstellbar sind.

■ Sortiment, Zusatzstoffe und Lieferformen


Als Beispiel sei das Vectra Sortiment gewählt [5]. Drei Basismaterialien: Voll-
aromatischer Copolyester (A), vollaromatisches Copolyesteramid (B) hochsteif
und ein leichtfließender, wärmeformbeständiger vollaromatischer Copolyester
(C) bilden die Grundtypen. Sie werden je nach Anforderungen mit 15, 30 oder
50 Masse-% Glasfasern, 30 Masse-% Kohlenstoffasern, durch Füllstoff-/Faser-
kombinationen, Mineralien, Graphit oder leitfähigen Ruß gefüllt bzw. verstärkt.
Dazu kommen wahlweise neun Farbkonzentrate. Um 15 bis 20 % niedrigere
Preise weisen die mit bis zu 50 Masse-% Regenerat versehenen, glasfaserver-
Thermoplastische
Polykondensate

stärkten Typen Vectra K 130 und K 140 auf. Sie erfüllen viele der an das Ori-
ginalmaterial gestellten Anforderungen [6].

■ Physikalische Eigenschaften
Einen Gesamtüberblick über die physikalischen Eigenschaften ausgewählter ty-
pischer Formmassen vermittelt Tabelle 2-100.

■ Mechanische Eigenschaften
Das anisotrope Verhalten einiger glasfaserverstärkten Vectra-Typen im Ver-
gleich zu PBT-GF 30 bei spritzgegossenen 3,2 mm dicken Platten zeigt Bild
2-543. Eine Zunahme des Biege-E-Moduls und der Biegefestigkeit mit abneh-
1124 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-543. Anisotropie der Biegefestigkeit und des Biege-E-Moduls von Vectra im Vergleich zu
glasfaserverstärktem PBT. Wanddicke s = 3,2 mm

mender Wanddicke (bei glasfaserverstärkten Materialtypen) zeigen die Bilder


2.544 und 2.545. Die bei größeren Wanddicken vorwiegend an der Formteilober-
fläche wirksame Orientierung erfasst bei dünnen Wandungen den gesamten
Querschnitt.

Kurzzeitverhalten
Die Ergebnisse von Kurzzeit-Zugversuchen zeigen, dass durch die Zugabe von
Verstärkungsstoffen die Dehnung nur wenig verändert wird. Mit steigender
Temperatur nehmen Steifigkeit und Festigkeit der Formstoffe ab, wie die Schau-
bilder 3-546 bis 2-548 zeigen. Bild 2-549 gibt die Temperaturabhängigkeit des
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-544. Biege-E-Modul ver-


schiedener glasfaserverstärkter
Vectra-Typen in Abhängigkeit
von der Wanddicke (gemessen
in Fließrichtung bei 23 °C)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1125

Bild 2-545. Biegefestigkeit von


Vectra in Abhängigkeit von der
Wanddicke (gemessen in
Fließrichtung bei 23 °C)

Bild 2-546. Zug-E-Modul von Vectra


in Abhängigkeit von der Temperatur
(DIN 53 457)

Schubmoduls G und des Verlustfaktors d für zwei mit 30 Masse-% Glasfasern


Thermoplastische
Polykondensate

verstärkte Typen (A 130 und 130) wieder. Die thermische Überlegenheit des
leichtfließenden Copolyesters (C 130) tritt deutlich hervor (siehe auch Tabelle
2-100). Der mechanische Verlustfaktor d ist etwas niedriger als der des Grund-
typs A 130. Zu beachten ist ferner die hohe Glastemperatur beider Typen.

Langzeitverhalten
Das Verhalten bei Langzeitbeanspruchung geht aus Bild 2-550 hervor. Im Ver-
gleich zu anderen Hochleistungsthermoplasten ist die hohe Zeitstandfestigkeit
bei Temperaturen von mehr als 200 °C hervorzuheben. Im Zeitstandversuch
(1000 Std. bei 23 °C) weisen die mit 50 Masse-% glasfaserverstärkten Vectra-Ty-
pen naturgemäß die geringste Kriechneigung auf.
1126 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-100. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften eigenverstärkender Polyester

Eigenschaft Einheit Prüfmethode

Gehalt an Verstärkungs-/Füllstoffen Gew.-% –


Dichte g/cm3 ASTM D 792
Wasseraufnahme nach 24 h (Lagerung bei 23°C) % ASTM D 570
Feuchtigkeitsaufnahme (23°C, 50% RF) Sättigung % ASTM D 570
Verarbeitungsschwindung längs/quer % –
Mechanische Eigenschaften, gemessen bei 23°C, 50% relativer Luftfeuchtigkeit
Reißfestigkeit N/mm2 DIN 53455-2-3
Reißdehnung % Prüfgeschw.
5 mm/min
Reißfestigkeit N/mm2 ASTM D 638
Reißdehnung % ASTM D 638
Zug-E-Modul N/mm2 DIN 53457-t
Zug-E-Modul N/mm2 ASTM D 638
3,5%-Biegespannung/Biegespannung b. Höchstkraft N/mm2 DIN 53452
Biege-E-Modul N/mm2 DIN 53452
Biege-E-Modul N/mm2 ASTM D 790
Druckfestigkeit N/mm2 ASTM D 695
Scherfestigkeit N/mm2 ASTM D 732
Schlagzugzähigkeit mJ/mm2 ASTM D 1822
Kerbschlagzugzähigkeit mJ/mm2 DIN 53448
Kerbschlagzähigkeit nach IZOD J/m ASTM D 256
Schlagzähigkeit mJ/mm2 DIN 53453
Kerbschlagzähigkeit mJ/mm2 DIN 53453
Rockwell Härte (Skala M) – ASTM D 785
Abrieb nach Taber mg/1000 U ASTM D 1044
Thermische Eigenschaften
Formbeständigkeit HDT/A (1,82 N/mm2) °C DIN 53461 A
in der Wärme HDT/C (5 N/mm2) °C DIN 53461 C
Formbeständigkeit HDT/B (0,46 N/mm2) °C ASTM D 648
in der Wärme HDT/A (1,82 N/mm2) °C ASTM D 648
Vicat-Erweichungspunkt VST/B/50 °C DIN 53460
Linearer Ausdehnungskoeffizient längs K–1 DIN 53752-A
zwischen 23 und 80 °C quer K–1 DIN 53752-A
Linearer Ausdehnungskoeffizient längs K–1 ASTM D 696
zwischen – 50 und 140 °C quer K–1 ASTM D 696
Schmelzpunkt °C
Elektrische Eigenschaften, gemessen bei 23°C, 50% relativer Luftfeuchtigkeit
Spezifischer Durchgangswiderstand W · cm DIN 53482
Thermoplastische
Polykondensate

Oberflächenwiderstand W DIN 53482


Durchschlagfestigkeit bei 1 mm Dicke kV/mm DIN 53481
Dielektrizitätszahl er bei 50 Hz – DIN 53483
bei 1 MHz – DIN 53483
dielektr. Verlustfaktor tan d bei 50 Hz – DIN 53483
bei 1 MHz – DIN 53483
Dielektrizitätszahl er bei 1 kHz – ASTM D 150
bei 1 GHz – ASTM D 150
dielektr. Verlustfaktor tan d bei 1 GHz – ASTM D 150
Kriechwegbildung CTl Vergleichs- DIN IEC 112
CTl M zahl DIN IEC 112
Lichtbogenfestigkeit s ASTM D 495
Brandverhalten
Brennbarkeit Klasse UL 94

Sauerstoffindex (LOI) % O2 ASTM D 2863


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1127

Vectra

Unverstärkte Typen Glasfaserverstärkte Typen

A 950 B 950 A 130 A 150 B 130 B 150 C 130 C 150

– – 30 50 30 50 30 50
1,40 1,40 1,60 1,80 1,60 1,80 1,60 1,80
0,02 0,03 0,02 0,01 0,02 0,01 0,02 0,01
0,03 0,10 0,04 – 0,08 – 0,03 –
0,0/0,6 0,0/0,6 0,1/4 0,1/0,3 0,0/0,2 – 0,1/0,4 0,1/0,3

156 – 188 165 204 – 150 157


2,6 – 2,1 1,1 1,0 – 1,5 0,9

165 188 207 180 221 216 161 165


3,0 1,3 2,2 1,3 1,2 0,7 1,7 1,2
10400 21200 16100 21900 23300 – 14200 21400
9700 19300 16600 22000 24100 28000 14500 –
149/– –/223 –/256 –/248 –/310 –/– –/232 –/208
7900 11900 14000 17700 18500 – 12200 18500
9000 15200 15000 20000 19000 25000 13100 19000
70 84 140 155 192 – 124 117
105 129 123 – 132 – – –
115 59 84 53 53 – 74 –
76 58 50 40 34 – 51 40
520 415 150 90 90 95 125 85
39 – 20 12 – – 17 9
35 – 12 7 – – 11 6
60 100 80 80 98 97 75 75
56 – 7,4 – – – – –

168 182 232 234 – – 250 250


98 130 206 202 202 – 222 218
222 – 254 251 – – 284 –
180 200 230 232 230 227 243 252
145 157 177 177 169 – 192 192
– 3 · 10–6 – 3 · 10–6 – 1 · 10–6 10 · 10–6 2 · 10–6 – 3 · 10–6 5 · 10–6
66 · 10–6 39 · 10–6 47 · 10–6 48 · 10–6 45 · 10–6 – 61 · 10–6 48 · 10–6
– 5 · 10–6 – 5 · 10–6 5 · 10–6 5 · 10–6 2 · 10–6 – 6 · 10–6 7 · 10–6
75 · 10–6 40 · 10–6 65 · 10–6 60 · 10–6 50 · 10–6 – 70 · 10–6 60 · 10–6
280 280 280 280 280 – 320 320

1016 1016 1016 6 · 1015 6 · 1015 – 8 · 1015 7 · 1015


Thermoplastische
Polykondensate

4 · 1013 – 8 · 1013 4 · 1013 8 · 1013 – 7 · 1013 7 · 1013


47 37 50 36 – – 43 34
3,20 3,10 3,43 4,09 3,10 – 3,72 4,04
2,98 3,10 3,37 3.86 3,07 – 3,49 3,49
15.9 · 10–3 8 · 10–3 13,4 · 10–3 12,9 · 10–3 9,3 · 10–3 – 12,7 · 10–3 12,4 · 10–3
20 · 10–3 10 · 10–3 17,1 · 10–3 14,5 · 10–3 8,3 · 10–3 – 18,4 · 10–3 18,4 · 10–3
3,3 3,3 4,1 4,3 – – 4,1 –
– – 3,7 3,9 – – 3,8 –
4 · 10–3 4 · 10–3 6 · 10–3 6 · 10–3 – – 4 · 10–3 –
150 100 125 150 150 – 150 150
100 < 100 100 100 100 – 100 150
137 74 137 181 – – 137 –

V-0 V-0 V-0 V-0 V-0 V-0 V-0 V-0


(0,8 mm) (0,4 mm) (0,4 mm) (0,4 mm) (0,4 mm) (1,6 mm) (0,4 mm) (0,4 mm)
35 50 37 37 – – 37 –
1128 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-100 (Fortsetzung)

Eigenschaft Einheit Prüfmethode

Gehalt an Verstärkungs-/Füllstoffen Gew.-% –


Dichte g/cm3 ASTM D 792
Wasseraufnahme nach 24 h (Lagerung bei 23°C) % ASTM D 570
Feuchtigkeitsaufnahme (23°C, 50% RF) Sättigung % ASTM D 570
Verarbeitungsschwindung längs/quer % –
Mechanische Eigenschaften, gemessen bei 23°C, 50% relativer Luftfeuchtigkeit
Reißfestigkeit N/mm2 DIN 53455-2-3
Reißdehnung % Prüfgeschw.
5 mm/min
Reißfestigkeit N/mm2 ASTM D 638
Reißdehnung % ASTM D 638
Zug-E-Modul N/mm2 DIN 53457-t
Zug-E-Modul N/mm2 ASTM D 638
3,5%-Biegespannung/Biegespannung b. Höchstkraft N/mm2 DIN 53452
Biege-E-Modul N/mm2 DIN 53452
Biege-E-Modul N/mm2 ASTM D 790
Druckfestigkeit N/mm2 ASTM D 695
Scherfestigkeit N/mm2 ASTM D 732
Schlagzugzähigkeit mJ/mm2 ASTM D 1822
Kerbschlagzugzähigkeit mJ/mm2 DIN 53448
Kerbschlagzähigkeit nach IZOD J/m ASTM D 256
Schlagzähigkeit mJ/mm2 DIN 53453
Kerbschlagzähigkeit mJ/mm2 DIN 53453
Rockwell Härte (Skala M) – ASTM D 785
Abrieb nach Taber mg/1000 U ASTM D 1044
Thermische Eigenschaften
Formbeständigkeit HDT/A (1,82 N/mm2) °C DIN 53461 A
in der Wärme HDT/C (5 N/mm2) °C DIN 53461 C
Formbeständigkeit HDT/B (0,46 N/mm2) °C ASTM D 648
in der Wärme HDT/A (1,82 N/mm2) °C ASTM D 648
Vicat-Erweichungspunkt VST/B/50 °C DIN 53460
Linearer Ausdehnungskoeffizient längs K–1 DIN 53752-A
zwischen 23 und 80°C quer K–1 DIN 53752-A
Linearer Ausdehnungskoeffizient längs K–1 ASTM D 696
zwischen – 50 und 140°C quer K–1 ASTM D 696
Schmelzpunkt °C
Elektrische Eigenschaften, gemessen bei 23°C, 50% relativer Luftfeuchtigkeit
Thermoplastische
Polykondensate

Spezifischer Durchgangswiderstand W · cm DIN 53482


Oberflächenwiderstand W DIN 53482
Durchschlagfestigkeit bei 1 mm Dicke kV/mm DIN 53481
Dielektrizitätszahl er bei 50 Hz – DIN 53483
bei 1 MHz – DIN 53483
dielektr. Verlustfaktor tan d bei 50 Hz – DIN 53483
bei 1 MHz – DIN 53483
Dielektrizitätszahl er bei 1 kHz – ASTM D 150
bei 1 GHz – ASTM D 150
dielektr. Verlustfaktor tan d bei 1 GHz – ASTM D 150
Kriechwegbildung CTl Vergleichs- DIN IEC 112
CTl M zahl DIN IEC 112
Lichtbogenfestigkeit s ASTM D 495
Brandverhalten
Brennbarkeit Klasse UL 94

Sauerstoffindex (LOI) % O2 ASTM D 2863


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1129

Vectra

Kohlenstoffaser- Faser/Füllstoff-modifizierte Typen Mineralmodifi- Graphit-


verst. Typen zierte Typen modif. Typen

A 230 B 230 A 420 A 430 A 435 B 420 A 530 C 550 A 625

30 30 55 25 36 55 30 50 25
1,50 1,50 1,90 1,50 1,62 1,89 1,65 1,80 1,50
0,03 0,03 0,02 – – – – 0,02 0,03
0,06 – – – – – 0,06 – 0,03
0,0/0,3 0,0/0,4 0,1/0,4 0,0/0,08 – – 0,1/0,4 0,1/0,4 0,1/0,4

167 – 150 140 154 143 157 125 139


1,6 – 1,6 5,9 2,9 0,8 4,4 2,3 5,9

193 241 149 169 173 117 186 115 162


1,1 1,0 1,4 5,2 3,0 0,6 4,7 2,0 6,6
– 32300 20500 6000 9600 22600 12100 18300 10400
31000 37000 21000 7600 11000 20700 14000 13800 10300
–/243 –/294 –/213 105/116 182/183 –/193 163/171 –/181 143/–
– – 17900 5100 8600 17500 9600 14300 10300
24000 32000 20000 7200 9600 20700 11700 17200 10300
124 238 140 – – – – – 74
121 – – – – – – – –
63 42 – – – – – 53 84
27 34 28 39 34 20 35 36 40
64 75 100 203 112 32 294 55 95
6 – – 31 – – 27 – 28
4 – – – – – – – 7
80 100 79 32 49 93 65 62 60
5,8 – – – – – – – –

240 – 225 177 – – 183 – 188


195 199 200 < 100 179 174 126 179 126
– – – – – – – – –
221 225 225 178 225 210 200 221 180
158 167 160 138 146 166 151 184 159
– 1 · 10–6 – 2 · 10–6 9 · 10–6 1 · 10–6 0 9 · 10–6 17 · 10–6 12 · 10–6 16 · 10–
52 · 10–6 38 · 10–6 43 · 10–6 82 · 10–6 71 · 10–6 32 · 10–6 57 · 10–6 46 · 10–6 40 · 10–6
– 2 · 10–6 – 3 · 10–6 7 · 10–6 – – – – 12 · 10–6 6 · 10–6
65 · 10–6 45 · 10–6 50 · 10–6 – – – – 65 · 10–6 45 · 10–6
280 280 280 280 280 280 280 320 280
Thermoplastische
Polykondensate

4 · 103 – 1016 1016 1016 – 1016 – 6 · 1015


104 – 1014 1014 1014 – 8 · 1013 – 4 · 1013
– – – – – – 38 – –
– – 5,40 2,80 3,20 5,20 3,70 3,90 5,59
16,09 32,0 4,80 2,60 2,90 4,70 3,20 3,50 4,72
– – 10 · 10–3 7 · 10–3 8 · 10–3 6 · 10–3 18 · 10–3 8 · 10–3 22,3 · 10–33
25,7 · 10–3 – 18 · 10–3 14 · 10–3 14 · 10–3 11 · 10–3 17 · 10–3 17 · 10–3 118,7 · 10–3
– – – – – – – – –
– – – – – – – – –
– – – – – – – – –
< 100 < 100 100 150 125 150 100 125 150
< 100 < 100 < 100 < 100 < 100 < 100 < 100 < 100 < 100
– – – – – – 100 – –

V-0 V-0 V-0 V-0 – – V-0 V-0 V-0


(0,4 mm) (0,4 mm) (0,9 mm) (0,4 mm) – – (0,4 mm) (3,0 mm) (1,5 mm)
– – – – – – – 37 –
1130 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-547. Zugfestigkeit einiger glas-


faserverstärkter Vectra-Typen in Ab-
hängigkeit von der Temperatur (DIN
53 455)

Bild 2-548. Biege-E-Modul von Vectra


in Abhängigkeit von der Temperatur
(DIN 53 457)
Thermoplastische
Polykondensate

Die hohe Längsorientierung der Verstärkungsfasern in Fließrichtung führt zu


einer hohen Kerbunempfindlichkeit. Dieser Vorteil geht allerdings verloren,
wenn die Faserorientierung durch Kerben unterbrochen wird.
Verhalten bei schwingender Beanspruchung
Für das Dimensionieren schwingend beanspruchter Konstruktionsteile ist die
Zeitschwingfestigkeit (üblicherweise für 107 Lastwechsel) maßgebend. Sie ent-
spricht jeweils einer bestimmten Wechselbeanspruchungsart (Zug, Druck, Bie-
gung oder Torsion) sowie der jeweiligen Art und Höhe der Mittelspannung und
der zeitlichen Beanspruchung (dauernd oder periodisch). Für die meisten
Kunststoffe beträgt die Zeitschwingfestigkeit bei 107 Lastwechseln etwa 20 bis
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1131

Bild 2-549. Schubmodul G und


Verlustfaktor d zweier Vectra-
Typen in Abhängigkeit von der
Temperatur (Torsionsschwin-
gungsversuch nach DIN 53 445)

Bild 2-550. Biege-Kriech-


modul von Vectra A 130 bei
verschiedenen Temperaturen
und Randfaserspannungen
Thermoplastische
Polykondensate

30 % der im Kurzzeit-Zugversuch ermittelten Reißfestigkeit. Sie sinkt mit stei-


gender Temperatur und Lastwechselfrequenz sowie bei Vorhandensein von
Spannungsspitzen.
Gleit- und Verschleißverhalten
Die dynamische Reibungszahl m gegen Stahl beträgt 0,1 bis 0,4. Sie kann
durch den Zusatz von PTFE gesenkt werden (A 430 und A 435) wie Bild 2-551
zeigt.Auch hier weisen die meisten Typen der 400er-Reihe die besten Ergebnisse
auf.
1132 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-551. Dynamische Reibungszahl m von Vectra bei Gleiten gegen Stahl im Vergleich zu
POM (Stahlkugel ∆ 13 mm, Last FN = 6 N, Gleitgeschwindigkeit v = 60 cm/min)

■ Thermische Eigenschaften
Über die Wärmeformbeständigkeit ausgewählter Vectra-Typen gibt Tabelle
2-100 Auskunft. Der UL-Temperaturindex von Vectra liegt zwischen 220 und
240 °C, je nach Ausrüstung.
Naturgemäß ist der lineare Ausdehnungskoeffizient von Vectra sehr niedrig
im Vergleich zu anderen Thermoplasten. Für die meisten Typen gleicht er mit
≈ 10 · 10–6 K–1 (in Fließrichtung) dem Koeffizienten von Stahl, Bild 2-552.
Formteile aus Vectra sind sehr maßhaltig, ein Vorteil, der sie für das Dampf-
phasen-, Infrarot- und Schwallöten prädestiniert. Nachschwindung, Maßände-
rungen und Verzug treten nicht auf.
Einen Vergleich der spezifischen Wärmekapazität und der Enthalpie von Vec-
tra mit den Werten von Polyacetal (POM) zeigen die Bilder 2-553 und 2-554. Der
Verlauf der Kurven von Vectra ähnelt in beiden Bildern nahezu demjenigen von
amorphen Thermoplasten, was auf die verhältnismäßig geringe Änderung des
Ordnungszustandes beim Schmelzvorgang der LCP’s zurückzuführen ist. Auch
die Schmelze bleibt geordnet. Beim C-Polymeren ist nahezu kein Schmelzpeak
Thermoplastische
Polykondensate

zu erkennen.
Die beim Schmelzen und Kühlen des Polymeren im Plastifizierzylinder bzw.
im formgebenden Werkzeug mit der Formmasse auszutauschende Wärme-
menge beeinflusst die Auslegung der Verarbeitungsmaschine und vor allem
die Kalkulation der Formteile. Die auszutauschenden Wärmemengen können
Bild 2-554 entnommen werden. Die geringe Abnahme der Enthalpie führt bei
Vectra zu kurzen Zykluszeiten und damit zur wirtschaftlichen Fertigung.
Für das Auslegen der formgebenden Werkzeuge ist die Kenntnis der Wärme-
und der Temperaturleitfähigkeit der Formmasse erforderlich. Bild 2-555 gibt
darüber Auskunft.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1133

Bild 2-552. Linearer Aus-


dehnungskoeffizient
technischer Werkstoffe

Bild 2-553. Spezifische Wär-


mekapazität von Vectra in Ab-
Thermoplastische

hängigkeit von der Tempera-


Polykondensate

tur

Brandverhalten
Vectra ist inhärent, d. h. ohne Zusätze schwerentflammbar und selbstverlö-
schend. Der LOI beträgt je nach Typ zwischen 35 und 50 % (siehe Tabelle 2-100).
Dort ist auch die Einstufung der Brennbarkeit nach UL 94 wiedergegeben. Die
Selbstentzündungstemperatur von Vectra beträgt 540 °C. Bei mehr als 350 °C be-
ginnt an Luft die thermische Zersetzung.
1134 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-554. Enthalpie von


Vectra als Funktion der Tem-
peratur (bezogen auf 20 °C)

Bild 2-555. Wärmeleitfähig-


keit l von Vectra in Abhän-
gigkeit von der Temperatur
Thermoplastische
Polykondensate

■ Elektrische Eigenschaften
Tabelle 2-100 enthält die für das Auslegen elektrisch beanspruchter Konstruk-
tionsteile benötigten elektrischen und dielektrischen Daten.

■ Hydrolyse- und Chemikalienbeständigkeit


Die Hydrolysebeständigkeit von Vectra ist derjenigen von PET und PBT überle-
gen. Längeres Einwirken von Heisswasser und Dampf führt jedoch zum hydro-
lytischen Abbau. Dabei weisen die glasfaserverstärkten Typen einen stärkeren
Abfall der mechanischen Werte auf, was auf die Dochtwirkung der Glasfasern
zurückzuführen ist. Die hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemika-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1135

lien erstreckt sich vor allem auf organische Lösemittel, beispielsweise Reini-
gungsmittel für Elektronikteile – auch bei hohen Temperaturen. Weniger be-
ständig ist Vectra gegen konzentrierte Laugen und Säuren bei erhöhter Tempe-
ratur. Bei ständigem Kontakt mit Methanol und methanolhaltigen Kraftstoffen
sollten 70 °C nicht überschritten werden. Beständigkeit besteht bei ausgewähl-
ten Vectra-Typen, beispielsweise gegen Aceton (180 d/50 °C), Bremsflüssigkeit
(30 d/23 °C), Dimethylformamid (180 d/66 °C), Diphenylamin, Eisessig, Ethanol,
Ethylacetat, H-FCKW, Hydraulikflüssigkeit, Benzin (bleifrei), Monochlores-
sigsäure, Motorenöl, Nitrobenzol, Nitroglycerin, Salpetersäure (60 d/70 °C),
Schwefelsäure 50 %ig, Siliconöl, Toluol und Trichlorethylen. Selbstverständlich
sollten in jedem Anwendungsfall Eignungsversuche durchgeführt werden.

■ Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe;


Strahlen- und Witterungsbeständigkeit
Vectra ist außerordentlich gas- und wasserdampfundurchlässig. Feuchtigkeit hat
darauf keinen Einfluss.
Angesichts der hohen Impermeabilität von LCP wundert es nicht, dass ver-
sucht wird, diese Eigenschaft bei Packstoffen zu nutzen. Bei Verpackungen für
Lebensmittel wird eine hohe Sperrwirkung für Wasserdampf und Sauerstoff
verlangt. Die bisher für diese Anwendungen verwendeten Folien sind Verbund-
materialien aus Polyethylen- und Polyvinylalkohol (EVOH). Die erforderliche
hohe Wanddicke der EVOH-Schicht (50 mm) und der verhältnismäßig hohe
Materialpreis führten bei Firma Supex Polymer, Waltham (USA) zur Kombina-
tion einer PET- oder PP-Folie mit einer nur 10 mm dicken Mittelschicht aus LCP.
Mit dieser Folie wurde die gleiche Sperrwirkung wie mit einer 50 mm dicken
EVOH-Mittellage erzielt. Entscheidend wurde jedoch, dass durch Reduzieren
der Wanddicke per saldo eine Kostenersparnis von 25 % erreicht werden konnte
[7].
Die Beständigkeit gegen g-Strahlen ist hoch. Vectra verändert sich unter der
Einwirkung des UV-Anteils der Sonnenstrahlung. Die Oberflächen verlieren
ihren Glanz. Nach künstlicher Bewitterung während 2000 Stunden erreichten
die Werte der mechanischen Eigenschaften noch immerhin 90 % der Ausgangs-
werte. Inzwischen wurden wirksame Wege zum UV-Schutz entwickelt.

■ Verarbeitung
Das am meisten praktizierte Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen. Hohe
Thermoplastische
Polykondensate

Fließfähigkeit, geringe Neigung zur Schwimmhautbildung und kurze Zyklus-


zeiten begünstigen den Einsatz dieses Verfahrens.
Zur Sicherheit beim Verarbeiten sollte gewährleistet sein, dass die Tempera-
tur der Schmelze im Plastifizierzylinder bei den Vectra A- und B-Typen 350 °C
nicht übersteigt. Bei den C-Typen sind 370 °C einzuhalten.Vortrocknen ist emp-
fehlenswert. Die Massetemperaturen sind typabhängig. Für die A- und B-Typen
betragen sie um 290 °C, für C-Polymere 320 – 340 °C. Formteile, die späteren Löt-
schritten unterworfen werden, sollten aus einem besonders sorgfältig vorge-
trockneten Material hergestellt und beim Verarbeiten nicht überhitzt werden.
Die Werkzeugtemperaturen betragen zwischen 50 und 180 °C, am häufigsten
werden 80 bis 120 °C gewählt.
1136 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Fließverhalten und Fließweglänge


Vectra weist eine nematische Flüssigkristallstruktur auf. Die Schmelzviskosität
nimmt mit zunehmender Deformationsgeschwindigkeit kontinuierlich ab. Trotz
der guten Fließfähigkeit der Schmelze bei hohen Schergeschwindigkeiten bildet
sich nicht der sonst beim Spritzgießen übliche Grat. Diese Tatsache kann bei-
spielsweise beim Spritzgießen von Steckverbindungen und Relaisteilen zu er-
heblicher Reduktion der Fertigungskosten beitragen.
An Formteilen realisierte Fließweglängen zeigt Bild 2-556. Die Spirallängen
verschiedener Typen kann dem Bild 2-557 entnommen werden. Höhere Fließ-
frontgeschwindigkeiten ermöglichen längere Fließwege.

■ Schwindung
Analog zur niedrigen Schmelzwärme und damit des bei teilkristallinen Poly-
meren normalerweise üblichen sprunghaften Anstiegs der spezifischen Wärme-

Bild 2-556. An Formteilen realisierte


Fließweglängen von Vectra C 130
in Abhängigkeit von der Wanddicke
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-557. Fließweglänge


einiger Vectra-Typen in Ab-
hängigkeit vom Spritzdruck;
Wanddicke der Spirale 1 mm
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1137

Bild 2-558. Verarbeitungs-


schwindung von Vectra A 130
in Abhängigkeit vom Nach-
druck bei verschiedenen
Wanddicken s (Platten
80 · 80 · 1; 2; 3 mm)

kapazität im Kristallitschmelzbereich ist bei einem LCP mit einer wesentlich ge-
ringeren Schwindung zu rechnen. Sie kann in Orientierungsrichtung sogar
negative Werte erreichen. Anders verhält es sich in Querrichtung. Die Schwin-
dungsanisotropie kann jedoch durch die Wahl der Füll- und Verstärkungsstoffe
oder auch durch Mischen mit kompatiblen Thermoplasten zu Polymerblends
mehr oder weniger gemildert werden. Die geringe Schwindung erfordert eine
größere Entformungsschräge und polierte Formnestoberflächen. Über das
Schwindungsverhalten von Vectra informiert Bild 2-558.

■ Bearbeiten
Die LCP können mit den üblichen Werkzeugen und Maschinen bearbeitet und
nach den bekannten Methoden getrennt oder gefügt werden, d. h. sie sind mit
den für Polyester gebräuchlichen Klebstoffen klebbar und mit Hilfe von Ultra-
schall vorzüglich schweißbar. Das Metallisieren ist durch Besprühen oder auf
galvanischem Wege möglich.

■ Wiederverwendung
Thermoplastische
Polykondensate

Produktionsrückstände können bis zu 25 % Masseanteil dem Originalmaterial


wieder zugegeben werden. Nur feuchtgewordenes Material muss vorgetrocknet
werden. Die Plastifizierzylinder der Verarbeitungsmaschinen sind mit Hilfe von
PE-HD leicht zu reinigen.

Anwendungsbeispiele
Klemmleisten, Träger für Chips und gedruckte Schaltungen, Spulenkörper,
Sockel, Einkapselungen, miniaturisierte Formteile – vor allem in aggressiver
Umgebung [8] – ferner Pufferschichten, Kupplungen und Verbinder in der
Faseroptik, Keilriemenscheiben, Kraftübertragungselemente, Buchsen, La-
1138 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

ger, Dichtungen, Gleitelemente, Geräte für Industrie und Haushalt, Füllkör-


per für Destillierkolonnen und Waschtürme, Zubehör für Öl- und
Tiefbohrungen, Pumpen, Messgeräte, Absperrungen, mit Kraftstoff in
Berührung kommende und elektronische Bauteile unter der Motorhaube
von Kraftfahrzeugen sowie zahlreiche Bauteile im Innenraum von Flugzeu-
gen, für Kraftstoffsysteme, Radome, Recks und elektrische Bauteile. [9]

Handelsnamen
Polyterephthalate:
Vectra (Ticona GmbH/DE)
Ecoul (Sumitomo Chemical Europe, DE)
Novadur (Mitsubishi Chemical Europe, DE)
Polyarylate:
Xydar (Amoco Performance Products, Genf)
Polyester:
Rodrun (Unitika Ltd., JP)
Granlar (Montedison S.p.A., IT)
Zenite (Du Pont Deutschland GmbH, DE)

2.2.1.2.4.1
LCP’s und Technische Kunststoffe – ein Vergleich
Die LCP’s sind den meisten Konstrukteuren und technischen Entwicklungsfach-
leuten dem Namen nach bekannt. Die Kenntnis über das tatsächliche Eigen-
schaftsbild ist jedoch noch nicht sehr verbreitet, insbesondere nicht über jene
Eigenschaften, die einen echten werkstofftechnischen Fortschritt bedeuten. Wie
bei kaum einem anderen Werkstoff müssen die wichtigen vier Parameter: Mate-
rial, Konstruktion,Verarbeitung und Anwendung in all ihren Zusammenhängen
sorgfältig beachtet werden. So wird die einfache Substitution gegen einen ande-
ren Werkstoff oder die Verwendung eines auf das vorangehende Material zuge-
schnittenen Werkzeugs nur selten zum angestrebten Ziele führen.
Tabelle 2-100 enthält Richtwertbereiche der physikalischen Eigenschaften ei-
genverstärkender Thermoplaste, während in Tabelle 2-101 u. a. glasfaserver-
Thermoplastische
Polykondensate

stärkte LCP’s mit anderen faserverstärkten Hochleistungs-Polymeren vergli-


chen werden.
Die Bilder 2-559 bis 2-562 veranschaulichen ebenfalls diesen Vergleich.
Die ursprünglich für das Extrudieren von Profilen entwickelten LCP’s, eine
Anwendung, bei der die spezifischen Eigenschaften dieser vor allem in
Fließrichtung sich selbstverstärkenden flüssigkristallinen Thermoplaste unein-
geschränkt zur Geltung kommen, wurden erst vor wenigen Jahren – mehr oder
weniger erfolgreich – auch auf die Anforderungen der Spritzgussverarbeitung
zugeschnitten. Diese Einschränkung gilt vor allem für das Spritzgießen dreidi-
mensionaler Formteile, bei denen die Vorteile der LCP’s, d. h. vor allem ihre
außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften, ebenfalls erwartet wurden.
Tabelle 2-101 Vergleich GF-verstärkter LCPs mit anderen GF-verstärkten Hochleistungskunststoffen

Eigenschaft Einheit Werkstoff


LCP-GF30 LCP-Graphit 25 PEEK-GF 30 PEEK-GF 30 PA 46-GF 25 PA 66-GF 25
get. 1 h/200°C
– – – – – –
x s n x s n x s n x s n x s n x s n

Streckspannung N/mm2 207 6,5 10 156 2,5 10 160 4,5 10 156 4,2 10 179 2,3 10 163 2,0 10
Dehnung % 2,0 0,14 10 6,0 0,28 10 2,0 0,13 10 1,9 0,09 10 3,2 0,15 10 3,1 0,14 10
bei Strecksp.
Schlagzähigkeit mJ/mm2 16,9 1,5 20 32,1 3,8 20 37,5 1,5 20 34,1 1,3 20 37,4 3,7 20 37,4 3,3 20
Biegefestigkeit N/mm2 235 5,7 5 145 0,3 5 231 2,5 5 233 3,5 5 259 1,3 5 246 0,8 5
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Randfaserdehnung % 2,9 0,09 5 5,6 0,20 5 3,0 0,03 5 2,9 0,06 5 4,7 0,07 5 4,6 0,06 5
bei Höchstkraft
Biege-E-Modul N/mm2 12211 131 5 10121 106 5 8784 168 5 8704 149 5 6835 107 5 6789 34 5
1139

Thermoplastische
Polykondensate
1140 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-559. Zugfestigkeit glasfaserver-


stärkter (30 % GF, PPS 40 % GF), Hoch-
leistungs-Kunststoffe in Abhängigkeit
vom Biege-E-Modul (Quelle: Hoechst
AG)

Bild 2-560. Kerbschlagzähigkeit glas-


faserverstärkter (siehe Bild 2-559)
Hochleistungs-Kunststoffe (Quelle:
Hoechst AG)

Bild 2-561. Dauergebrauchstemperatur


glasfaserverstärkter (siehe Bild 2-559)
Hochleistungs-Kunststoffe in Abhän-
gigkeit von der Formbeständigkeit i. d.
Wärme (Quelle: Hoechst AG)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-562. Durchschlagfestigkeit glas-


faserverstärkter (siehe Bild 2-559)
Hochleistungs-Kunststoffe (Quelle:
Hoechst AG/DE)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1141

Beim Spritzgießen und Extrudieren treten Scher- und Dehnströmungen


auf. Sie richten die Makromoleküle aus. In einem Strömungskanal werden vor
allem die Randschichten geschert und somit orientiert. In konvergenten und
divergenten Kanälen kommen Dehnströmungen hinzu, sodass bei der Gleich-
zeitigkeit beider Strömungen sich die Orientierungen überlagern. Das Ergeb-
nis ist eine Anzahl von Schichten mit unterschiedlichen Orientierungen [10].
Daraus geht hervor, dass durch die Wahl von Wanddicke, Anschnittform und
-lage die Eigenschaften der Formteile aus LCP entscheidend beeinflusst wer-
den können.

2.2.1.2.5
Polyarylether
Man kann erwarten, dass einbindige aromatische Polymere, bei denen die in der
Hauptkette befindlichen Benzolringe durch Sauerstoffatome verbunden sind,
hohe Thermostabilität, hohe Formbeständigkeit in der Wärme und hohe Zähig-
keit aufweisen.
Polyphenylenether (PPE) (substituiert, nicht modifiziert)
Obwohl das bis vor etwa fünfzehn Jahren noch im PPE-Sortiment der General
Electric Plastics aufgeführte reine PPE heute nicht mehr produziert wird, sei
zum Verständnis der Weiterentwicklung zum modifizierten PPE die Eigenschaf-
ten des nicht modifizierten Materials kurz beschrieben.
■ Herstellung
Im Jahre 1965 wurde Poly(2,6-dimethyl-1,4-phenylenether) von General Electric
in den USA und von AKU in den Niederlanden unter der irreführenden Be-
zeichnung Polyphenylenoxid (PPE) eingeführt, denn in Wirklichkeit handelte es
sich um disubstituierte Phenylenether.

Polyarylether

Die Polykondensation von disubstituierten Phenolen gelingt nur bei kleinen


Seitengruppen, z. B. CH3. Die molare Masse des technisch verwendbaren Mate-
Thermoplastische
Polykondensate

rials beträgt 25 000 bis 30 000. Das Polymere ist nur wenig verzweigt. Aus Bild
2-563 erkennt man, dass die Schubmoduli von PPE und Polysulfon einander glei-
chen. Das modifizierte Material, ursprünglich ein Polyblend aus PPE und PS,
hingegen weist eine viel niedrigere Glasübergangstemperatur auf. Bild 2-563
enthält u. a. auch die Schubmoduli von PET und PBT zum Vergleich.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die hervorstechenden Eigenschaften von PPE sind:
• niedrige Dichte,
• hohe Steifheit und Härte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
1142 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-563. Schubmodul einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur

• geringe Wasseraufnahme,
• niedriger Längenausdehnungskoeffizient,
• hohe Chemikalienbeständigkeit,
• hohe Hydrolysebeständigkeit,
• flammwidriges Verhalten,
• Fließverhalten ähnlich demjenigen newtonscher Flüssigkeiten.
Nachteilig ist ein
• bei Temperaturen über 100 °C beschleunigter Abbau in Luft.

2.2.1.2.5.1
Polyphenylenether (PPEmod) (substituiert, modifiziert) =
Thermoplastische
Polykondensate

Polyphenylenetherblends
Trotz der vorzüglichen physikalischen und chemischen Eigenschaften hat das
amorphe Homopolykondensat in Europa keine Verbreitung gefunden. Nachtei-
lig ist vor allem der bei Temperaturen über 100 °C sich beschleunigende oxida-
tive Abbau. Die Hydrolysebeständigkeit ist demgegenüber sehr gut.
Die General Electric erkannte bald nach der Einführung die Nachteile und
schuf als Übergangslösung in dem im Verhältnis 1 : 1 aus PPE und Polystyrol
hergestellten Polymerblend Noryl® eine amorphe, vorwiegend durch Spritz-
gießen verarbeitete Formmasse mit vorzüglichen technischen Eigenschaften.
Inzwischen wird modifiziertes PPE auch von japanisch-amerikanischen Ge-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1143

meinschaftsunternehmen (Borg Warner/Mitsubishi und Asahi/Dow) sowie


bundesdeutschen Herstellern (BASF AG und Hüls AG) hergestellt. Um sich auf
dem japanischen Markt in Zukunft behaupten zu können, baute GE auch in
Japan eine Monomer- und Polymeranlage (siehe auch die Handelsnamen-
Übersicht).

■ Herstellung
Bei dem am Markt angebotenen modifizierten Polyphenylenether handelt es
sich heute nicht mehr um das ursprüngliche Polymerblend, sondern um ein
Polyoxy-2,6-dimethyl-1,4-phenylen/Styrol-Pfropfpolymer, das in einem zwei-
stufigen Verfahren hergestellt wird. Durch oxidative Kupplung wird aus 2,6-Di-
methylphenol zunächst das PPE hergestellt, auf das anschließend Styrol ge-
pfropft wird.
Die Polykondensation von disubstituierten Phenolen gelingt – wie bereits er-
wähnt – nur bei kleinen Seitengruppen, z. B. CH3 . PPE ist nur wenig verzweigt.
Einen anderen Weg zu PPE höherer Schlagzähigkeit bieten die mit der Matrix
verträglichen SBS- und SEBS-thermoplastischen Elastomere. Die volle Verträg-
lichkeit beruht auf der gebildeten aromatischen Bindung. SEBS mit hoher mola-
rer Masse führt zu hochsteifen Formstoffen. Bei einer Temperatur von – 40 °C
beträgt die Kerbschlagzähigkeit eines (PPE + SEBS)-Blends 320 J/m im Ver-
gleich mit 130 J/m beim nichtmodifizierten Material.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die kennzeichnenden Eigenschaften von PPEmod sind:
• niedrige Dichte,
• hohe Festigkeit, Steifheit und Maßbeständigkeit über einen breiten Tempera-
turbereich,
• geringe Wasseraufnahme,
• gute elektrische Eigenschaften,
• höhere Oxidationsbeständigkeit als PPE,
• hohe Hydrolysebeständigkeit,
• geringe Verarbeitungsschwindung,
• selbsterlöschend, nicht tropfend (bei flammwidriger Einstellung),
• gute Verarbeitbarkeit.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Der modifizierte Polyphenylenether unterscheidet sich vom reinen PPE zwar
durch bessere Verarbeitbarkeit und hohe Oxidationsbeständigkeit, diese Vor-
teile gehen jedoch vor allem zu Lasten der thermischen Eigenschaften. Eine ge-
wisse Kompensation ist mit Hilfe von Füll- und Verstärkungsstoffen möglich.
Wenn auch die Glasübergangstemperatur von PPEmod gegenüber PPE um 80 bis
100 K niedriger ist, so unterscheidet sich die HDT nur um 45 K beim unver-
stärkten bzw. 20 K beim mit 30 % Masseanteil glasfaserverstärkten Material. Die
Unabhängigkeit der dielektrischen Eigenschaften von Frequenz und Tempera-
tur bleibt erhalten. Hervorzuheben ist ferner die Flammwidrigkeit der entspre-
chend ausgerüsteten Typen.
1144 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die künftige Entwicklung umfasst cadmiumfreie Farbeinstellungen, UV-sta-


bilere Produkte, Formstoffe mit verbesserter Oberflächenhaftung und einem
günstigeren Gleit- und Verschleißverhalten sowie neue Produkte für spezielle
Anwendungen. Ein jüngeres Beispiel ist das 1984 vorgestellte (Noryl GTX), ein
vor allem gegen die im Automobilbetrieb vorkommenden Kraftstoffe und
Schmiermittel beständiges Material.

■ Zusatzstoffe
Die unzureichende Oxidationsbeständigkeit von PPE führte zur Entwicklung
von (PPE + PS)-Blends bzw. von PPE/Styrol-Pfropfpolymeren. Als Antioxidans
für Polystyrol bewährt sich Octadecyl-3-(3,5-ditert, butyl-4-hydroxyphenyl)-
propionat – ggf. in Verbindung mit Phosphiten oder Phosphoniten zur Verbes-
serung der Substratfarbe.
PPE absorbiert UV-Strahlung schon bei Wellenlängen von 380 nm. Für
die Absorption kommen vor allem die im PPE enthaltenen Hydroperoxide in Be-
tracht. Als wirksame Hydroperoxidzersetzer erweisen sich Metallkomplexe
schwefelhaltiger Verbindungen. Stabilisierende Reaktionen ergeben sich auch
aus dem Zusammenwirken von Hydroperoxiden und sterisch gehinderten Ami-
nen (HALS). Als Flammschutzmittel bewähren sich bei PPE – wie bei PVC-P –
alkylsubstituierte Arylphosphate. Sie werden in großem Umfang eingesetzt. Für
die übrigen Thermoplaste sind sie von geringer Bedeutung [11].
Die verhältnismäßig hohe Formbeständigkeit von PPE in der Wärme sowie
die einen Konstruktionswerkstoff kennzeichnenden physikalischen Eigen-
schaften (Zugfestigkeit, E-Modul, Biege- und Scherfestigkeit) können durch Ver-
stärken der Basistypen mit Glasfasern nach Maßgabe des Glasanteils (10, 20 und
30 % Masseanteil) noch verbessert werden. Die mechanischen Eigenschaften des
verstärkten PPE gleichen denen von Polycarbonat, wie Tabelle 2-102 zeigt. Das
Noryl-Sortiment enthält entsprechende Typen, die auch in flammwidriger Ein-
stellung nicht tropfend (gemäß UL 94 V-1) lieferbar sind.
■ Sortiment
Seit der Einführung des modifizierten PPE Noryl im Jahre 1964 wurde ein brei-
tes Produktsortiment entwickelt, das heute mehr als 50 verschiedene Typen um-
faßt. Dazu gehören Spritzguss- und Extrusionstypen mit unterschiedlicher
Formbeständigkeit in der Wärme, flammwidrig ausgerüstete und GF-verstärkte
sowie Typen für das Spritzgießen von Strukturschaumstoffteilen. Zu den Spe-
Thermoplastische
Polykondensate

zialtypen gehören die Hochglanztypen und das (PPEmod + ABS)-Blend sowie


(PPEmod + PA).

■ Lieferform
PPE wird als opak, farbiges und schwarzes Granulat geliefert.

■ Typisierung
Eine Typisierung gemäß DIN ist bis jetzt nicht vorgesehen.
■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht über typische Eigenschaften des PPEmod-Sortiments gibt Ta-
belle 2-102.
Tabelle 2-102. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von Polyarylethern

Eigenschaften Einheit Polyphenylenether mod.

Noryl Luranyl Ultranyl

J 31 GFN 3 KR 2401 KR 2403 G 6 KR 4510 KR 4590 G 6

Dichte g/cm3 1,06 1,27 1,07 1,26 1,10 1,32


Wasseraufnahme (23°C, 24 h) % 0,07 0,06 < 0,1 < 0,1 3,4 2,7
mechanische
Streckspannung N/mm2 55 – 52 100 tr. lf. tr. lfd.
Dehnung an der Streckgrenze % 6–7 – 4 1,5 – –
Zugfestigkeit N/mm2 50 120 45 100 – –
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Reißdehnung % 50 2–3 28 2 60/50 140/135


Zug-E-Modul N/mm2 2500 9000 2500 9000 60/70 2/3
Schlagzähigkeit (Izod) J/m – – – – 2200/2100 8500/8300
Schlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 – – o. Br. 12 – –
Kerbschlagzähigkeit J/m 200 80 – – o. Br. 34/35
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 > 15 8–10 11 5 – –
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) – 100 13– 100 180 23125 –
Härte Rockwell Skala M 78 M 93 – – 130/125 185/175
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mech. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 120 139 120 130 160 200
dauernd °C 100 110 100 110 140 160
Glasübergangstemperatur °C 140 140 – – – –
Formbeständigkeit i.d. Wärme
nach Vicat Methode B °C 135 159 115 146 180 250
nach ISO Methode A °C 130 144 90 137 110 200
Methode B °C – – 105 145 – –
1145

Thermoplastische
Polykondensate
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-102 (Fortsetzung)


1146

Eigenschaften Einheit Polyphenylenether mod.

Noryl Luranyl Ultranyl

J 31 GFN 3 KR 2401 KR 2403 G 6 KR 4510 KR 4590 G 6

linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 60 · 10–6 50 · 10–6 30 · 10–6 80 · 110 · 10–6 20 · 30 · 10–6


spezifische Wärmekapazität kJ/kg K – – – – – –
Wärmeleitfähigkeit W/m K 0,22 0,28 0,18 0,22 0,23 0,24
elektrische
spezif. Durchgangszahl Wcm > 1015 > 1015 1015 1015 6,7 · 1013 5,0 · 1013
Oberflächenwiderstand W 1014 1014 1012 1014 1014 1014
Dielektrizitätswiderstand 50 Hz 2,7 2,9 – – – –
1 MHz 2,6 2,9 2,6 2,9 3,3 3,6
dielektrischer Verlustfaktor 50 Hz 0,0004 0,0009 – – – –
1 MHz 0,0009 0,0015 0,001 0,001 0,004 0,042
Durchschlagfestigkeit kV/mm 22 22 80 80 95 65
Vergleichszahl der Kriechwegbildung – – 325 250 600 300
CTI, Prüflösung A
Brandverhalten nach UL 94 Stufe HB HB HB HB HB HB
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1147

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Die verstärkten Noryl-Typen weisen eine ausgeprägte Streckgrenze auf. Die
Reißdehnung ist mit 50 bis 55 % verhältnismäßig hoch. Die Abhängigkeit der
Zugfestigkeit unverstärkter und verstärkter Typen von der Temperatur zeigt
Bild 2-564. Das unverstärkte Material weist bei einer Temperatur von 82 °C noch
85 % der Festigkeit bei Raumtemperatur auf.
Umwandlungstemperaturen
Die Schubmodulkurven des nicht modifizierten und des ursprünglichen Poly-
merblends zeigt Bild 2-563 in der sehr differenzierenden linearen Darstellung im
Vergleich mit bekannten anderen Polymeren. Auch der Kurvenverlauf bestätigt
die hohe Steifigkeit von PPEmod . Sie ist bis 120 °C dem PC überlegen. Die Glas-
übergangstemperatur beträgt etwa 140 °C.
Langzeitverhalten: Zeitzustandverhalten bei einachsigem Spannungszustand
Über das Zeitstandverhalten von unverstärktem und einem mit 30 % Massean-
teil glasfaserverstärkten PPEmod informieren die Bilder 2-565 und 2-566, wobei
mit Rücksicht auf die Forderung der Feinwerktechnik der Bereich geringer Ver-
formung berücksichtigt wird. Je nach Betriebstemperatur werden (in Luft) fol-
gende Höchstspannungen empfohlen:
Noryl 731 Noryl GF 30
°C N/mm2 N/mm2
23 28 45
50 21 42
100 14 28
120 2 21

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die nach ASTM D 256 ermittelte Kerbschlagzähigkeit weist auch bei Temperatu-
ren von – 50 °C noch hohe Werte auf. Bei sämtlichen unverstärkten Typen ist sie
noch > 120 J/m und bei den GF-verstärkten > 70 J/m, Bild 2-567.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-564. Zugfestigkeit einiger


PEEmod-Typen in Abhängigkeit von
der Temperatur
a Noryl SE 100 und 110
b Noryl SE 1 und 731
c Noryl GNF 2
c Noryl GFN 3
der GE Plastics Europe B.V./NL)
1148 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-565. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Noryl 731 (PPEmod unverstärkt) bei 23 °C
und 65 °C

Bild 2-566. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Noryl GFN 3 (PPEmod-GF 30) bei 23 °C,
65 °C, 80 °C und 100 °C

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Bild 2-568 gibt die Biegewechselfestigkeit von Noryl 731 wieder. Beträgt diese bei
107 Lastwechseln ± 12 N/mm2, so erhöht sie sich bei Noryl GFN 3, d. h. einem mit
30 % Masseanteil Glasfasern verstärkten Material, auf ± 32 N/mm2. Bei Zug-
Thermoplastische
Polykondensate

wechselbeanspruchung sind diese Werte jedoch um 40 % niedriger.

Härte
Werte für Kugeldruck- und Rockwell-Härte enthält Tabelle 2-102.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Der dynamische Reibungswert von Noryl gegenüber Noryl beträgt bei einer Ge-
schwindigkeit von 1 m/s 0,30 bis 0,45 beim unverstärkten und 0,27 bis 0,47 bei
GF-30, gegenüber rostfreiem Stahl 0,27 bis 0,36 bzw. 0,26 bis 0,33; gegenüber
Messing 0,20 bis 0,33 bzw. 0,26 bis 0,31 und gegenüber Kupfer 0,39 bis 0,42 bzw.
0,33 bis 0,39.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1149

Bild 2-567. Kerbschlagzähigkeit von


Noryl in Abhängigkeit von der Tempera-
tur
a Noryl unverstärkt
b Noryl glasfaserverstärkt

Bild 2-568. Biegewechsel-


festigkeit von Noryl 731

■ Thermische Eigenschaften
siehe Tabelle 2-102.

■ Elektrische Eigenschaften
Die elektrischen und dielektrischen Eigenschaften von PPEmod sind sehr gut und
von Temperatur und Frequenz, Bild 2-569, nahezu unabhängig. Hier zeigen sich
die typischen Eigenschaften der Polystyrolkomponente.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: verdünnte Säuren, starke Laugen, Alkohol, Detergenzien, Fette
Thermoplastische
Polykondensate

und Öle je nach Begleitstoffen.


nicht beständig gegen: konzentrierte Säuren, Ketone, chlorierte KW, Aroma-
ten; quillt in vielen Aliphaten.
Im Vergleich zu den Polyacetalen ist die Löslichkeit von PPEmod in chlorierten
und aromatischen KW zu beachten. Es quillt in vielen aliphatischen Kohlenwas-
serstoffen. Die Wärmebeständigkeit ist beim Dauereinsatz sowohl in Luft als
auch in Wasser vor allem in Gegenwart von Luftsauerstoff nicht so günstig wie
die des Polyacetals.

■ Spannungsrissverhalten
PPEmod neigt wegen des Styrolanteils zur Spannungsrissbildung.
1150 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-569. Frequenzab-


hängigkeit des dielektri-
schen Verlustfaktors tan d
a Polyethylenterephthalat
b Polycarbonat
c Polyacetal
d Noryl

■ Witterungsbeständigkeit
PPEmod weist zwar eine geringere Beständigkeit als das nicht modifizierte Mate-
rial auf; sie ist jedoch verhältnismäßig hoch.

■ Brennbarkeit
Flammwidrig ausgerüstete Typen sind selbsterlöschend und nicht tropfend.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Entsprechend gekennzeichnete Typen sind gesundheitlich unbedenklich. FDA-,
NSF- und BGA-Zulassungen liegen vor. Auch die mit Entformungshilfe, UV-Sta-
bilisator und GF ausgerüsteten Typen sind zugelassen. Einschränkungen beste-
hen nur für die Einfärbung (cadmiumhaltige Pigmente). Als nicht-toxische
Farbmittel kommen Ruß, TiO2 , Ultramarinblau und Eisenoxid in Betracht.
Rückfragen beim Hersteller sind zu empfehlen.

■ Sterilisieren
Formteile aus PPE sind sterilisierbar.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen
PPEmod wird vorwiegend durch Spritzgießen verarbeitet. Das Extrudieren ist
Thermoplastische
Polykondensate

ebenfalls möglich. Das als Granulat gelieferte Material ist 1 bis 2 Std. bei 110 °C
vorzutrocknen. Die Verarbeitungstemperatur beträgt je nach Typ 260 bis 300 °C,
die Werkzeugtemperatur 110 bis 120 °C, der Spritzdruck > 1000 bar. Die Schwin-
dung liegt mit 0,5 bis 0,7 % im Rahmen der bei amorphen Thermoplasten übli-
chen Werte. Spritzgegossene Formteile schwinden nicht nach.

Veredeln der Oberfläche


Bedruckt wird nach dem Siebdruckverfahren, auch das Heißprägen ist üblich.
Lackiert wird mit Lacken auf Alkyd-, Acryl- und Epoxidbasis. Metallisiert wird
im Hochvakuum.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1151

Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


siehe Tabelle 2-6.

Fügen: Schweißen
Beim Heizelementschweißen werden Oberflächentemperaturen von 260 bis
290 °C gewählt. Das Reibschweißen geschieht bei Drehzahlen von 1200/min und
Anpressdrücken um 20 N/mm2. Außerdem wird das Ultraschall- und Wider-
standsdrahtschweißen praktiziert.

Kleben
PPEmod kann mit Hilfe von Lösemitteln wie Dichlorethylen, Toluol, Chloroform
oder 95 % Dichlorethylen + 5 % Tetrachlorkohlenstoff geklebt werden. Mit Kaut-
schuk-, Epoxidharz-, Silicon-, Cyanacrylat- und PUR-Klebstoffen werden hohe
Zug- und Scherfestigkeit erreicht.

Anwendungsbeispiele
Zubehör zu Rundfunk- und Fernsehgeräten, Röhrensockel, Schalter-
gehäuse, Spulenkörper, Elektro-Wasserkocher, Formteile für Geschirrspül-
maschinen, Waschmaschinen, Haartrockner, Armaturen, Wassermesser-
gehäuse, Bauteile für Büromaschinen, Kameras und Projektoren, metalli-
sierte Formteile für den Automobilbau, Luftführungssysteme, Grills,
Radkappen, Armaturenbretter, Instrumenten- und Lampengehäuse,
Schlossteile.

Handelsnamen
Iupiace (Mitsubishi Gas Chem. Comp. Inc./JP)
Luranyl (BASF AG/DE)
Necofene (Ashland Chemical Corp./US)
Noryl (GE Plastics Europe/NL)
Prerex (GE Plastics Europe/NL)
Tarnoform (Stickstoffwerke Tarno/PL)
Vestoran (Hüls AG/DE)
Xyron (Amoco Performance Products/US)
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.5.2
Blend aus Polyamid und Polyphenylenether (mod.) (PA + PPEmod)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die aus Polyamid und modifiziertem Polyphenylenether hergestellten Polymer-
blends vereinen optimal die Vorteile der beiden Komponenten. Daraus ergibt
sich das folgende Eigenschaftsbild:
• hohe Wärmeformbeständigkeit,
• hohe Chemikalien- und Lösemittelbeständigkeit,
• leichte, unproblematische Verarbeitbarkeit,
• hohe Zähigkeit bei guter Steifigkeit,
1152 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• gute Maßhaltigkeit und geringer Verzug,


• eine gegenüber Polyamid deutlich reduzierte Wasseraufnahme (Bild 2-571).

■ Sortiment
Die Sortimente der zahlreicher werdenden Hersteller umfassen bis zu einem
Dutzend verschiedener Typen (unverstärkt und verstärkt, gefüllt oder schlagzäh
modifiziert).

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte eines Standardtyps (Ultranyl KR 4510) und eines GF 30 verstärkten
Typs enthält die Tabelle 2-102. Einen Überblick über die physikalischen Eigen-
schaften einiger Polymertypen vermitteln die Bilder 2-570 und 2-571 (mecha-
nisch) und 2-572 (thermisch).
Beim Einsatz von (PA + PPEmod)-Blends gewinnt das on-line Lackieren an Be-
deutung. Voraussetzung ist eine hohe Wärmeformbeständigkeit und Thermo-
stabilität des Polymerblends. Bei Einbrenntemperaturen von mehr als 160 °C
sind diese (PA + PPEmod)-Blends die einzigen Thermoplaste, die den Anforde-
rungen an den Werkstoff gerecht werden.

Bild 2-570. Schubmodul von unverstärktem Ultranyl ® im Vergleich zu schlagzähmodifizier-


tem Polyamid in Abhängigkeit von der Temperatur (DIN 53 445, trocken)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-571. Feuchtigkeitsaufnahme von


Ultranyl im Vergleich zu Polyamid 66
(DIN 50 014; Normklima 23/50-2 bis zum
Gleichgewicht)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1153

Bild 2-572. On-line-


Lackierung von Testplat-
ten aus Ultranyl KR 4520

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die Lebensmittelindustrie ist ein Beispiel für die ausschließliche Verwendung
zugelassener Produkte mit hoher Verbrauchssicherheit. Dies betrifft alle Mate-
rialien, die in direkten oder indirekten Kontakt mit Lebensmitteln kommen.
In den USA werden diese Anforderungen beispielsweise durch die Food und
Drug Administration (FDA) geregelt.Angesichts der großen Vielfalt von PPEmod-
Blends als Ausgangsmaterial sowie der zusätzlich gezielten Ausrüstung mit
Funktions-, Füll- und Verstärkungsstoffen (darunter häufig auch Farbmittel)
werden heute alle Typen der PPmod-Blends, die für diese speziellen Anwendun-
gen vorgesehen sind, einzeln geprüft und freigegeben. Es ist deshalb ratsam, in
jedem Fall den Rohstoffhersteller nach gesundheitlich unbedenklichen Mate-
rialtypen zu befragen [12].

Anwendungsbeispiele
Kotflügel, Kühlergrill, Spoiler, Radblenden, Tankverschlüsse, Außenspie-
gel, Funktionsteile im Motorbereich, Maschinenbau und in der Elektro-
technik. Dazu kommt der Sport- und Freizeitbereich.

Handelsnamen
Gemax (GE Plastics Europe/NL)
Noryl GTX (GE Plastics Europe/NL)
Ultranyl (BASF AG/DE)
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.6
Polyarylsulfon und -sulfid
Einige der in den letzten zwanzig Jahren hinsichtlich ihrer Anzahl ständig wach-
senden thermoplastischen Polykondensate enthalten in der Hauptkette ihres
Bausteins Schwefelatome in Form des Sulfids (S) oder des Sulfons (SO2). Für
diese Thermoplaste ist außerdem kennzeichnend, dass das Schwefelatom stets
an ebenfalls in der Hauptkette befindliche Aromaten in Form der Diphenylsul-
fon- oder -sulfidgruppe gebunden ist.
1154 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Diphenylsulfon Diphenylsulfid
Die Bedeutung dieser Gruppe für das Eigenschaftsbild eines Thermoplasten
wurde seit Anfang der sechziger Jahre intensiv in den Laboratorien der UCC er-
forscht, während die Phillips Petroleum Comp. zur gleichen Zeit sich mit der Un-
tersuchung der Polyphenylensulfide beschäftigte. Im Laufe der letzten zwanzig
Jahre kamen einige Schwefelpolymere hinzu. Alle Polysulfone enthalten außer
Schwefel als zweites kennzeichnendes Glied ein Sauerstoffatom; sie können des-
halb als Polyethersulfone bezeichnet werden. Die für einige Polymere dieser Pro-
duktfamilie gewählte Bezeichnung Polysulfon, Polyarylsulfon oder Polyphenyl-
sulfon ist von der chemischen Struktur her nicht gerechtfertigt, denn alle Pro-
dukte enthalten SO2-, Ether- und Phenylgruppen. Auch ein Blick auf den
historischen Werdegang dieser von großen Erwartungen begleiteten hochwär-
mebeständigen Kunststoffe (häufig auch Hochleistungs-Kunststoffe – engl. ad-
vanced plastics – genannt) möge zum Entwirren dieses Begriffsknäuels nützlich
sein.
Die UCC brachte nach dem bereits 1965 eingeführten Polysulfon Udel® im
Jahre 1976 ihr neues Produkt Radel® auf den Markt. Die Firma 3 M stellt die Pro-
duktion ihres Astrel® ein, nachdem in den USA ein Streit zwischen den Firmen
UCC und ICI über die Polysulfonpatente anhängig wurde, der zugunsten von ICI
(mit ihrem Victrex Polyethersulfon) entschieden wurde. Die Firma Carborun-
dum wurde Lizenznehmer von ICI und erwarb die Produktionsrechte für Astrel.
Heute halten ICI und UCC in den USA jeweils eigene Patentrechte für ihre Poly-
ethersulfone. Die UCC erwarb von Uniroyal die Rechte für ein (PSU + ABS)-
Polymerblend, das unter dem Handelsnahmen Mindel® LA auf den Markt kam.
Im Jahre 1989 übernahm die Amoco Performance Products sämtliche Arylsul-
fonprodukte der UCC und verkauft sie unter den ursprünglichen Markennamen:
Mindel® (Polymerblend), Radel A (Polyarylsulfon), Radel R (Polyphenylsulfon)
und Udel (Polysulfon).Außerdem umfasst das Lieferprogramm Torlon® (Polyamid-
imid), Xydar® (LCP), und als jüngstes Produkt Amodel® (Polyphthalamid).
Wie das am Schluss des Kapitels Polyarylsulfone befindliche Handelsnamen-
verzeichnis aufzeigt, hat die Anzahl der Hersteller der Polyarylsulfone in den
letzten Jahren zugenommen.
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.6.1
Polysulfon (PSU)
Die außer dem seit 1965 eingeführten Udel der UCC am Markt angebotenen
Polysulfone gehören wie Polycarbone und lineare Polyester zu den sog. einbin-
digen Polyaromaten.

■ Herstellung
Polysulfon wird durch eine Mehrstufen-Kondensationsreaktion aus Bisphenol A
und 4,4-Dichlorsulfonylsulfon hergestellt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1155

Polysulfon

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Kennzeichnende Eigenschaften sind [13]:
• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte über den großen Temperaturbereich von
– 100 bis + 150 °C, kurzzeitig bis 180 °C,
• hohe Thermostabilität und Formbeständigkeit in der Wärme,
• glasklare (schwach gelbliche) Transparenz,
• hohe Verarbeitungstemperaturen,
• hohe Schmelzviskosität,
• hohe Hydrolysebeständigkeit,
• hohe Chemikalienbeständigkeit,
• bei bestimmten Lösemitteln Neigung zur Bildung von Spannungsrissen,
• hohe Beständigkeit gegen b-, g-, Röntgen- und Infrarotstrahlen,
• hohe Durchlässigkeit für Mikrowellen,
• hohe Flammwidrigkeit und geringe Rauchgasentwicklung.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Um die wertvollen Eigenschaften der Diphenylsulfongruppe voll nutzen zu kön-
nen, muss diese durch thermisch und hydrolytisch stabile Glieder verbunden
werden. Eine hohe Flexibilität verschafft die Etherbindung, das Sauerstoffatom.
Diese erhöht ebenfalls die Thermostabilität und verbessert die Verarbeitbarkeit.
Die aliphatische (Isopropyliden-)Gruppe trägt in begrenztem Maße zur Flexibi-
lisierung, jedoch nicht zur Verbesserung der Thermostabilität bei.

■ Zusatzstoffe
Die Polysulfone werden nur durch UV-Strahlung mit Wellenlängen < 320 nm ab-
gebaut. Die Photooxidation wird vorwiegend durch die Sulfongruppe (SO2) und
weniger durch Verunreinigungen hervorgerufen. Wegen der vorwiegend gebil-
deten Hydroxylgruppen kommen als UV-Absorber vor allem die Hydroperoxid-
zersetzer und Radikalfänger (sterisch gehinderte Amine HALS) in Betracht.
Thermoplastische
Polykondensate

Kunststoffe wie Polysulfon (PSU), Polyethersulfon (PES) und Polyphenylen-


sulfid (PPS) benötigen wegen ihrer geringen Neigung zum Brennen meist keine
zusätzlichen Flammschutzmittel.
Außer durch mineralische Füllstoffe können die Eigenschaften durch den Zu-
satz von GF und C-Fasern verbessert werden, wie Tabelle 2-103 zeigt.

■ Sortiment
Die PSU-Sortimente enthalten glasklare und farbig transparente oder opak ein-
gefärbte, sowie mineralgefüllte und GF-verstärkte Typen, PTFE- und graphitge-
füllte werden von Compoundierbetrieben geliefert. Halbzeug ist in Form von
Rohren, Tafeln und Folien lieferbar.
1156 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-103. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von schwefelhaltigen Polymeren

Eigenschaften Einheit Polysulfone

Udel Astrel 360


Radel A400
P 1700 GF-130

Dichte g/cm3 1,24 1,45 1,37


Wasseraufnahme (23°C, 24 h) % 0,3 0,2 1,8

mechanische
Streckspannung N/mm2 70 – 83
Dehnung an der Streckgrenze % 6 – 6,5
Zugfestigkeit N/mm2 – 108 91
Reißdehnung % 50–100 2 13–40
Zug-E-Modul N/mm2 2500 7400 2650
Schlagzähigkeit (Izod) J/m o.Br. 96 –
Schlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 o.Br. – –
Kerbschlagzähigkeit J/m 69 75 85
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 5 – –
Kugeldruckhärte (30-s-Wert) – 140 – –
Härte Rockwell Skala M 69 M 92 M 110
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mech. Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 170 180 –
dauernd °C 160 160 180–190
Glasübergangstemperatur °C 190 190 –
Formbeständigkeit i.d. Wärme
nach Vicat Methode B °C 188 – –
nach ISO Methode A °C 174 185 204
Methode B °C – – –
linearer Ausdehnungskoeff. K–1 56 · 10–6 19 · 10–6 49 · 10–6
spezifische Wärmekapazität kJ/kg K – – –
Wärmeleitfähigkeit W/m K 0,26 0,32 –
elektrische
spezif. Durchgangswiderstand Wcm 5 · 1016 > 1016 7,7 · 1016
Oberflächenwiderstand W 3 · 1016 – –
Dielektrizitätszahl 50 Hz 3,15 3,5 3,51
1 MHz 3,10 3,7 3,54
dielektr. Verlustfaktor 50 Hz 0,001, 0,001 0,002
Thermoplastische
Polykondensate

tan d 1 MHz 0,005 0,004 0,006


Durchschlagfestigkeit kV/mm 20 475/25 µm 480/125 µm
Kriechstromfestigkeit Stufe C – – –
Brandverhalten nach UL 94 Stufe V-2 V-0 V-0
(1,5 mm) (0,6 mm)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1157

Tabelle 2-103 (Fortsetzung)

Polyethersulfon Polyphenylsulfid

Mindel Mindel Victrex Ryton


A 670 B 332
4100 G 4101 GL 30 R-4 R-10

1,13 1,47 1,37 1,60 1,60 1,90


0,25 0,14 0,43 0,28 0,05 0,03

50 – – – – –
4 – – – – –
43 103 84 140 116 83
75 2,5 40–80 3 0,9 0,5
2120 6200 2600 8400 11700 12400
– – o.Br. 540 175 132
– – – – 12,8 6,1
374 53 84 80 58 53
– – – – 6,6 4,2
– – – – – –
– M 80 M 88 M 98 R 123 R 120

– 160 260 260 300 300


– 160 200 200 200 200
– – 230 230 88 88

159 – 222 222 – –


150 – 203 216 243 245
– 166 – – – –
65 · 10–6 – 55 · 10–6 26 · 10–6 22 · 10–6 22 · 10–6
– – – – – –
– – – – 0,25 0,25

3,6 · 1016 – 1017 1015 4,6 · 1016 –


– – – – 4,5 · 1016 2 · 1015
3,14 3,7 3,7 4,0 3,9 5,1–6,6
3,26 3,7 3,7 4,0 3,8 4,8–6,1
0,004 0,002 0,001 0,003 0,0014 0,01–0,08
Thermoplastische
Polykondensate

0,008 0,009 0,003 0,004 0,0014 0,01–0,02


17 20 16 20 – –
175 150 175 180 166–280
– V-0 V-0 V-0 V-0 V-0
1158 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Typisierung
Eine Typisierung nach DIN wurde bis jetzt nicht vorgenommen.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht über Richtwerte der physikalischen Eigenschaften eines unver-
stärkten und GF-verstärkten Typs enthält Tabelle 2-104.

Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit


Die im Kurzzeitversuch ermittelte Abhängigkeit der Zugfestigkeit eines nicht
verstärkten PSU zeigt das Spannungsdehnungsdiagramm, Bild 2-573. (Der Typ S
2010 G4 ist mit 20 Masse-% GF verstärkt, S 2010 ist unverstärkt).
Aufschlussreich ist der Vergleich der Temperaturabhängigkeit von unver-
stärktem PSU mit derjenigen anderer technischer Thermoplaste, Bild 2-574.
Das gleiche gilt für den Verlauf des Biege-E-Moduls der in Bild 2-575 aufge-
führten Thermoplaste (hier einschließlich POM).
Wie wesentlich die Steifigkeit eines unverstärkten PSU (Ultrason S 2000)
durch den Zusatz von Glasfasern (10, 20 mm, 30 Masse-%) erhöht werden kann,
zeigt Bild 2-576.

Bild 2-573. Spannungsdehnungsdia-


gramme nach DIN 53 455 von Ultrason®
S 2010 (bis zur Streckgrenze) und
S 2010 G4 (bis zur Reißgrenze), bei 23 °C
und 160 °C, Prüfgeschwindigkeit
5 mm/min (Quelle: BASF AG)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-574. Abhängigkeit der Zug-


festigkeit einiger Technischer
Thermoplaste von der Temperatur
(Quelle: Amoco Performance Pro-
ducts/CH)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1159

Tabelle 2-104. Gleitreibungszahl und Verschleißintensität von unverstärktem und glasfaserver-


stärktem Ultrason. Tribosystem Prüfapparatur: Stift/Scheibe, Flächenpressung p = 1,0 N/mm2,
Gleitgeschwindigkeit v = 0,5 m/s, Gleitpartner Stahl Cr6/8000 HV; technisch trocken

Ultrason-Marke Gleitreibungszahl Verschleißintensität Gemittelte


[µ] S [µ/km] Rautiefe
Rz [µm]

Gleitflächentemperatur 40°C 100°C 40°C 100°C

E 2010 (PES) 0,63 – 280 – 0,15


E 2010 0,68 – 880 – 2,5
S 2010 (PSU) 0,65 – 200 – 0,15
S 2010 0,60 – > 1000 – 2,5
E 2010 G4 0,56 0,49 2,0 15 0,15
E 2010 G4 0,55 0,56 5,0 10 2,5
S 2010 G4 0,55 0,51 2,6 15 0,15
S 2010 G4 0,42 0,48 60 1000 2,5

Bild 2-575. Biege-E-Modul eini-


ger Technischer Thermoplaste in
Abhängigkeit von der Tempera-
tur (Quelle: Amoco Performance
Plastics/CH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-576. Elastizitätsmodul aus


dem Zugversuch nach DIN 53 457
verschiedener Ultrason S-Marken
in Abhängigkeit von der Tempera-
tur (trocken) (Quelle: BASF AG)
1160 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-577. Schubmodulkurven nach


DIN 53 445 für Ultrason S-2010 (PSU)
Ultrason E 2010 (PES) trocken

Umwandlungstemperaturen
Das handelsübliche Polysulfon ist von amorpher Struktur und deshalb glasklar.
Die in der Molekülkette vorherrschenden Benzolringe führen zur hohen Glas-
übergangstemperatur von + 190 °C, wie Bild 2-577 zeigt. Ein Nebenmaximum be-
findet sich bei – 100 °C. In diesem breiten Temperaturbereich von nahezu
300 K ist PSU hart, steif und zäh, ähnlich PC. Der starre Aufbau bewirkt eine
hohe Wärmestandfestigkeit, jedoch ebenso die hohe Wärmestandfestigkeit und
die hohe Verarbeitungstemperatur von 300 bis 400 °C.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


In den Bildern 2-578 und 2-579 ist das Kriechverhalten von PSU und einigen
Technischen Kunststoffen bei 22 °C bzw. 100 °C wiedergegeben. Die Zugspan-
nung betrug in beiden Fällen 21 N/mm2. Bild 2-579 zeigt, wie sehr PSU bei 100 °C
das Polycarbonat an Wärmestandfestigkeit übertrifft. PC versagt mit einer Deh-
nung von 4 % bereits nach weniger als 2000 Stunden.
Im Bild 2-580 ist der Zug-Kriechmodul von PSU bei Temperaturen von 22 bis
150 °C wiedergegeben. Bild 2-581 zeigt den gleichen Zusammenhang für den
Biege-Kriechmodul. Für den Konstrukteur ist Bild 2-582 besonders aufschluss-
Thermoplastische
Polykondensate

reich. Es zeigt die für unverstärktes PSU empfohlene Zugbeanspruchung in Luft


(a) und in Wasser oder Dampf (b) und Bild 2-583 den Zug-Kriechmodul bei
Berührung mit heissem Wasser.
Eine bekannte und bewährte Konstruktionsunterlage bilden die isochronen
Spannungsdehnungslinien. Für eine Prüfdauer von 1000 h sind die von Lang-
zeit-Zugversuchen für unverstärktes bzw. mit 20 Masse-% GF verstärktes PSU
in den Bildern 2-584 bzw. 2-585 wiedergegeben.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Einen Vergleich der Kerbschlag- und Schlagzugzähigkeit verschiedener Techni-
scher Thermoplaste ermöglicht die nachstehende Übersicht:
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1161

Kunststoffsorte Kerbschlag- Schlagzug-


zähigkeit zähigkeit
J/m J/m
Polyphenylensulfid Ryton R-4 37 61
Polysulfon 69 420
Polyacetal 74 126
ABS (wärmebeständig) 213 168
Polycarbonat 801 473
Die Schlagzähigkeit von PSU ist, wie die aller Thermoplaste, abhängig vom
Kerbradius, der Umgebungstemperatur und der aufgenommenen Feuchtig-
keit. Die Temperaturabhängigkeit der Schlag- und Kerbschlagzähigkeit zeigt
Bild 2-586.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Bild 2-587 ist zu entnehmen, dass die Biegewechselfestigkeit bei mehr als 107
Lastwechseln kaum noch weiter abnimmt. Daraus ergibt sich für das unver-
stärkte PSU eine Biegewechselfestigkeit von ± 18 N/mm2 und für das mit
20 Masse-% GF verstärkte Material ein Wert von ± 40 N/mm2.

Bild 2-578. Zeitdehnungsdiagramm


einiger Technischer Thermoplaste
(Prüftemperatur: 22 °C, Zugspan-
nung: 21 N/mm2) (Quelle: Amoco
Performance Product/CH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-579. Zeitdehnungsdia-


gramm von PC und PSU (Prüf-
temperatur: 100°, Zugspannung:
21 N/mm2 (Quelle: Amoco Perfor-
mance Products/CH)
1162 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-580. Zugkriechmodul von un-


verstärktem PSU in Luft bei verschie-
denen Temperaturen (Zugspannung:
21 N/mm2) (Quelle: Amoco Perfor-
mance Products/CH)

Bild 2-581. Biegekriechmodul von


unverstärktem PSU in Luft bei ver-
schiedenen Temperaturen (Prüfspan-
nung: 21 N/mm2) (Quelle: Amoco
Performance Products/CH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-582. Empfohlene Beanspruchungen


für unverstärktes PSU in verschiedenen
Medien in Abhängigkeit von der Tem-
peratur
a in Luft
b in Wasser oder Wasserdampf
(Quelle: Amoco Performance Products/CH)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1163

Bild 2-583. Zugkriechmodul von un-


verstärktem PSU in heißem Wasser
(Zugspannung: 21 N/mm2) (Quelle:
Amoco Performance Products/CH)

Bild 2-584. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von Ultrason S 2010 nach
DIN 53 444; 1000-h-Werte für ver-
schiedene Temperaturen (Quelle:
BASF AG)

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-585. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von Ultrason S 2010 G4
nach DIN 53 444; 1000-h-Werte für
verschiedene Temperaturen (Quelle:
BASF AG)
1164 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-586. Schlagzähigkeit (an) von


Ultrason S 2010 G4 und Kerbschlag-
zähigkeit (aK) von Ultrason S 2010 in
Abhängigkeit von der Temperatur
(trocken)

Bei der Übertragung der Prüfergebnisse in die Praxis ist zu berücksichtigen,


dass bei hoher Lastwechselfrequenz die Werkstücke infolge innerer Reibung
sich stark erwärmen können. In diesen Fällen ist ebenso wie bei höherer
Betriebstemperatur mit niedrigeren Werten für die Biegewechselfestigkeit zu
rechnen.

Reibungs- und Verschleissverhalten


Einige Angaben über den statischen und dynamischen Reibungswert von PSU
gegen Stahl und gegen sich selbst vermittelt Tabelle 2-104.

■ Thermische Eigenschaften
Die wichtigsten Stoffdaten enthält Tabelle 2-103. Bild 2-588 zeigt die Abhängig-
keit der spezifischen Wärmekapazität von der Temperatur.
Das spezifische Volumen von PSU nimmt im Bereich von 20 bis 170 °C linear
von 0,8038 auf 0,8253 cm3/g und von 170 °C bis 400 °C mit größerem Gradienten
auf 0,94 cm3/g zu. PSU eignet sich für Anwendungen im Temperaturbereich bis
150 °C (dauernd) und 170 °C (kurzzeitig) in Luft als Umgebung. Der Tempera-
turindex (nach UL) beträgt 160 °C für elektrische und für mechanische Anwen-
dungen, bei denen die Schlagfestigkeit nicht ausschlaggebend ist, nach Poly-
ethersulfon mit 180 °C, jedoch vor PBT (140 °C), PC (130 °C) und PA (120 °C).
Thermoplastische
Polykondensate

■ Elektrische Eigenschaften
Polysulfon weist für Anwendungen in der Elektrotechnik eine günstige Kombi-
nation von Eigenschaften auf: Hoher Durchgangs- und Oberflächenwiderstand,
hohe Durchschlagfestigkeit, günstige dielektrische Werte und mechanische Ei-
genschaften (auch bei erhöhten Temperaturen), hohe Dauergebrauchstempera-
turen und günstiges Brandverhalten. Die Kriechstromfestigkeit ist – wie bei den
meisten Polyaromaten – verhältnismäßig niedrig. Feuchtigkeit beeinträchtigt
das Eigenschaftsbild nur geringfügig. Die Dielektrizitätszahl von PSU ist in ei-
nem breiten Frequenzbereich sowie bei Temperaturen von – 50 °C bis in die Nähe
der Glasübergangstemperatur nahezu konstant, Bild 2-589.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1165

Bild 2-587. Wöhler-Diagramm


für Ultrason S 2010 und
S 2010 G4, ermittelt im Wech-
selbiegeversuch nach
DIN 53 442. Normalklima
DIN 50 014/50-2, Lastwechsel-
frequenz 15 Hz

Bild 2-588. Spezifische Wärme-


kapazität von unverstärktem PSU
(Quelle: UCC)

Auch der dielektrische Verlustfaktor tan d zeigt nur eine geringe Abhängigkeit
von Frequenz und Temperatur und ist für einen polaren Kunststoff bemerkens-
wert niedrig, Bild 2-590.
Die Abhängigkeit des spezifischen Durchgangswiderstandes von der Tempe-
ratur zeigt Bild 2-591.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: wässrige anorganische Säuren, Alkalien, Salzlösungen, alipha-
tische Kohlenwasserstoffe, Reinigungsmittel und Paraffinöl, bedingt beständig
gegen: Kraftstoffe;
nicht beständig gegen: Ketone, Aromaten, chlorierte KW, polare organische
Lösemittel, Wasser bei höherer Temperatur (Spannungsrissbildung).

■ Spannungsrissbildung
Polysulfon neigt in bestimmten Lösemitteln zur Bildung von Spannungsrissen.
Daraus ergeben sich unterschiedliche kritische Spannungsniveaus (Eigenspan-
1166 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-589. Dielektrischer Verlustfaktor


tan d und Dielektrizitätszahl er von
Ultrason S-2010 in Abhängigkeit von
der Temperatur
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-590. Dielektrischer Verlustfak-


tor tan d und Dielektrizitätszahl er von
Ultrason S 2010 und E-2010 in Abhän-
gigkeit von der Frequenz (NK 23/50)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1167

Bild 2-591. Abhängigkeit des spezifi-


schen Durchgangswiderstandes von
der Temperatur (Quelle: UCC)

nungen). Diese können qualitativ durch Eintauchen in verschiedene Lösemittel


festgestellt werden. Folgendes Verfahren ist üblich: [14]
• Teil auf Raumtemperatur abkühlen lassen,
• Teil für ca. 1 Minute in Lösungsmittel A (Tabelle 2-104) eintauchen,
• Teil mit Wasser abspülen,
• Teil auf Risse prüfen,
• sind keine Risse festzustellen, weiter mit Lösemittel B usw.
Die Beurteilung erfolgt anhand Tabelle 2-105.
Die aufgeführten Lösemittel sind teilweise giftig oder gesundheitsschädlich;
sie dürfen nicht ins Abwasser gelangen. Die Bestimmungen für das Entsorgen
sind zu beachten.
Ur- oder umgeformte Teile weisen nach der Fertigung zum größten Teil
schädliche Eigenspannungen auf. Diese begünstigen die Bildung von Span-
nungsrissen. Diese sind durch Tempern abbaubar: Die Temperbedingungen sind
produkt- und wanddickenabhängig, beispielsweise: PSU bei 160 °C bis 170 °C.
Wanddicke Temperzeit
2 mm 2 bis 4 h
4 mm 3 bis 6 h
8 mm >5h

Tabelle 2-105. Lösemittel zur Abschätzung des Spannungsniveaus von Formteilen aus PSU und
Thermoplastische

PES
Polykondensate

Lösungsmittel PSU PES Spannungsbewertung


bei Rissbildung

A Isopropanol Xylol hohe Spannungen


B Aceton/Isopropanol Toluol mittlere Spannungen
20/80
C Aceton/Isopropanol Ethylacetat geringe Spannungen
50/50
D Xylol Methylethylketon sehr geringe
Spannungen
1168 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Wärmealterung
Die Wärmealterungsbeständigkeit von PSU beträgt nach UL 746 160 °C, entspre-
chend einer Lagerungszeit von 10 000 h, in der die Festigkeit auf 50 % ihres Aus-
gangswertes abgefallen ist. Diesem Wert entspricht in vielen Fällen die Dauerge-
brauchstemperatur. Bei Schlagbeanspruchung ist dieser Wert um 10 K tiefer an-
zusetzen.
Das Verhalten von glasfaserverstärktem PSU in einem zweijährigen Zugzeit-
standversuch bei verschiedenen Temperaturen zeigt Bild 2-592. Das Zeitstand-
verhalten von Rohren aus PSU (schwarz) bei Innenbeaufschlagung durch Was-
ser (95 °C) vermittelt Bild 2-593.
Von anwendungstechnischer Bedeutung ist das Verhalten von PSU in heißem
Motoröl (160°C), Bild 2-594 und Glycol-Wassergemisch von 130°C, Bild 2-595. In
den drei gezeigten Beispielen verhält sich Polyethylensulfon (PES) günstiger als
PSU. Diese Beobachtung trifft auch für vergleichbare glasfaserverstärkte Typen zu.

Bild 2-592. Zeitstandfestigkeit von


Ultrason S 2010 G6 in Wasser unter-
schiedlicher Temperatur
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-593. Zeitstandfestigkeit eines


Rohres aus Ultrason S 2010 schwarz,
das durch 95 °C heißes Wasser mit
einem Innendruck p belastet wurde.
Die Vergleichsspannung berechnet
D
sich unter Verwendung von sv ≈ p · 3 ;
25
dabei ist die Wanddicke s = 2,5 mm
und der Durchmesser D = 31,8 mm
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1169

Bild 2-594. Abfall der Schlagzähigkeit


von Ultrason und Ultramid nach La-
gerung in Synthetik-Motoröl Castrol
TXT Softec SAE 10 W 40 bei 160 °C

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-595. Zähigkeit von Ultrason


nach Lagerung in einem Wasser-Gly-
kol-Gemisch (50 : 50) mit 2 % Korro-
sionsschutzöl (Shell Donax C) bei
130 °C
1170 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Wasseraufnahme
Formteile aus Polysulfon nehmen in Wasser oder an Luft, abhängig von Feuchte,
Zeit, Temperatur und Wanddicke, eine bestimmte, vom jeweiligen Materialtyp
abhängige Menge Wasser auf. Der zeitliche Verlauf der Wasseraufnahme folgt
dem Diffusionsgesetz. Bild 2-596 zeigt den zeitlichen Verlauf der Wasserauf-
nahme bei verschiedenen Versuchsbedingungen.
Feuchtigkeitsaufnahme erhöht die Reißdehnung und insbesondere die
Schlagzähigkeit vor allem bei den ungefüllten PES-Typen.
Festigkeit und Zug-E-Modul werden nur geringfügig beeinflusst. Die Maß-
änderung durch Wasseraufnahme ist gering.

■ Witterungsbeständigkeit
PSU ist wegen seiner aromatischen Bindungen bei Freibewitterung einem chemi-
schen Abbau unterworfen, gegen den auf die Dauer nur das Stabilisieren mit Ak-
tivruß, Lackieren oder Metallisieren (galvanisch oder im Hochvakuum) schützen.

■ Strahlenbeständigkeit
Der hohen Beständigkeit gegenüber b-, g-Röntgen- und Infrarotstrahlen steht
die Schädigung durch den UV-Anteil der Sonnenstrahlung gegenüber. PSU ist
sehr beständig gegen Strahlung im Bereich der Mikrowellen (2,45 GHz) – auch
im Bereich höherer Temperaturen. Daraus resultiert die Eignung dieses Ther-
moplasten zu einem Werkstoff für die Herstellung von Kochgeschirr für Mikro-
wellenherde, eine in den USA und Großbritannien weit verbreitete Anwendung.

■ Brennbarkeit
Polysulfon ist schwerentflammbar, es brennt nicht tropfend mit leuchtender,
rußender Flamme und erlischt nach Entfernen der Zündquelle. Der Brandge-
ruch ist stechend. Die Einstufung der einzelnen Typen ist sehr unterschiedlich.
Sie reicht von V-2 bis V-0 ab 1,02 mm.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-596. Wasseraufnahme von


Ultrason in Abhängigkeit von der
Lagerzeit unter verschiedenen
Bedingungen. Schichtdicke 2 mm
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1171

Die Selbstentzündungstemperatur beträgt 621 °C. Beim Brennen wird nur we-
nig Rauch entwickelt.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die militärische Spezifikation MIL-P-46210 (MR) befasst sich mit PSU für das
Spritzgießen und das Extrudieren. PSU besitzt die Billigung der Food und
Drug Administration (FDA) zur wiederholten Berührung mit Lebensmitteln
sowie die Genehmigung der National Sanitation Foundation (NSF) für Rohr-
armaturen und andere Zubehörteile für Trinkwasserleitungen. PSU ist laut
„3-A Sanitary Standards“ für Anwendungen in Molkereiausrüstungen freige-
geben. In Frankreich wurde PSU vom Gesundheitsministerium für Anwen-
dungen im Lebensmittelbereich, insbesondere Rohre zum Milchtransport,
zugelassen.

■ Sterilisieren
Transparenz, Geruch- und Geschmackfreiheit sowie die Sterilisierbarkeit
prädestinieren diesen Werkstoff für die Herstellung von medizinischen Gerä-
ten. Den Einfluss der Sterilisationszyklen (jeweils 30 min bei 121 °C) auf wich-
tige mechanische Eigenschaften zeigt Bild 2-597. Außer der Reißdehnung
bleiben Zugfestigkeit und Zug-E-Modul auch nach 10 000 Zyklen nahezu un-
verändert.

■ Verarbeitung
PSU ist nach allen für Thermoplaste üblichen Verfahren verarbeitbar.

Verarbeitungsbedingungen
Spritzgießen 350 bis 400 °C, Werkzeugtemperatur bis zu 150 °C
Extrudieren von Blasfolien 410 °C
Extrusions-Blasformen 275 bis 300 °C
Warmformen 200 bis 220 °C, bei Foliendicken
> 375 mm Vortrocknen bei 375 °C,
Werkzeugtemperatur 150 bis 165 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-597. Einfluss der Anzahl der


Sterilisationszyklen auf einige me-
chanische Eigenschaften von PSU
(Quelle: UCC)
1172 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Polysulfon ist hygroskopisch, deshalb muss es vor der Verarbeitung mindestens


5 Std. bei 120 °C getrocknet werden. Die hohe Schmelzviskosität führt leicht zu
Orientierungen, daher müssen hohe Werkzeugtemperaturen gewählt werden.
Wärmenachbehandlung geschieht im Glycerinbad oder in Luft bei 160 °C. Die
Verarbeitungsgeschwindigkeit beträgt 0,7 %; sie ist bei unverstärktem Material
richtungsunabhängig.
Den Spritzgießer interessiert das Fließverhalten der Formmasse. Es ist üblich,
die Fließfähigkeit mit Hilfe eines Spiralwerkzeugs zu ermitteln. Das Ergebnis für
einen unverstärkten und drei glasfaserverstärkte Typen gibt Bild 2-598 wieder.

■ Veredeln der Oberfläche


Getemperte Formteile können galvanisch und im Hochvakuum metallisiert wer-
den. Die Überzüge werden bei einer Temperatur von 163 °C verfestigt.
Das Bedrucken ist ohne Vorbehandlung möglich. Für den Flexodruck bei
Folien eignet sich beispielsweise ein für das Bedrucken von PVC-P entwickeltes
Rezept.

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


siehe Tabelle 2-6.

Fügeverfahren: Schweißen
Formteile und Halbzeug aus PSU können nach dem Heizelement-Schweißver-
fahren, mit Hilfe von Warmgas, Ultraschall oder Induktion nach dem Emabond-
Verfahren gefügt werden. Beim Heizelementschweißen beträgt die Temperatur
der Elementoberfläche 370 °C, die Anpresszeit 10 s. Das Fügen der Partner-
flächen geschieht unter zunehmendem Anpressdruck. Die PSU-Formstoffe ent-
halten meist etwas Feuchtigkeit. Deshalb sollten sie etwa 3 bis 6 Std. bei 130 °C in
einem Umluftofen getrocknet werden.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-598. Fließfähigkeit von


PSU in Abhängigkeit von der
Massetemperatur, Wanddicke
2 mm, Zykluszeit 30 s, Spritz-
druck 1000 bar, Einspritzge-
schwindigkeit 50 mm/s, Tem-
peratur der Werkzeugwan-
dung 160 °C
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1173

Kleben
Für das Kleben von PSU eignet sich beispielsweise eine 5 %ige Lösung von PSU
in Methylenchlorid. Die Fügeteile werden 5 min lang mit einem Druck von
35 N/mm2 aufeinandergepresst.
Elastomere Kontakt-Klebstoffe eignen sich für das Verbinden von PSU mit
Gummi, Textilien und Filz. Zum Herstellen mechanisch hochbeanspruchbarer
Klebverbindungen eignen sich 2-Komponenten-EP-Klebstoffe und PUR-Kleb-
stoffe am besten.

Anwendungsbeispiele
Elektrotechnik und Elektronik
Spulenkörper; Steckverbinder; Kohlebürstenhalter; spritzgegossene Lei-
terplatten (in Entwicklung); Teile für Leitungsschutzschalter; Teile für
Schaltschütze; Sichtscheiben für Signalleuchten und Schalttafeln; Lampen-
sockel und -abdeckungen; Hitzeschutzschilder.
Allgemeiner Apparatebau
Ölstandanzeiger; Teile für Getränkeautomaten; Teile für Melkmaschinen;
Teile für Wärmetauscher, Füllkörper für Absorptions- und Destillations-
kolonnen; Dichtungen; Transportbandrollen; Membranfilter.
Haushalt
Küchenherdteile; Griffe; Teile für Haar- und Händetrockner, Kaffeema-
schinen, Luftbefeuchter.
Medizintechnik
Teile für Dialysegeräte; Instrumente; Teile von Instrumenten; Abdeckun-
gen.
Fahrzeugbau
Nadellagerkäfige; Schalterelemente; Scheinwerferreflektoren-Halterah-
men; Teile in der Motorperipherie und -elektrik.
Innenausstattung von Transportmitteln (u.a. Flugzeugen)
Deckenelemente; Gepäckablage; Luftführungskanäle, Teile der Bord-
kücheneinrichtung.

Handelsnamen
Stabar (ICI PLC/UK)
Sumilik FST (Sumitomo Chem. Co./JP)
Thermoplastische
Polykondensate

Udel (Amoco Performance Products/US)


Ultrason S (BASF/DE)

2.2.1.2.6.2
Polyarylethersulfone (PES)
Dem im Jahre 1965 von der Firma UCC auf den Markt gebrachten Udel, einem
teilaromatischen Polyethersulfon mit methylhaltigen Bindegliedern folgte 1967
das von der 3 M Comp. entwickelte und später von der Carborundum herge-
stellte Astrel, ein ganz aromatisches Copolymerisat, das anstelle der aliphati-
1174 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

schen Isopropyliden-Gruppe Diphenyleinheiten enthält, was grundsätzlich auf


eine hohe Formbeständigkeit in der Wärme schließen lässt, die allerdings durch
eine schwierige und mithin teuere Herstellung erkauft werden muss.
ICI begann 1972 mit der Markterschließung ihres Victrex Polyethersulfon,
dessen Bezeichnung das Produkt eindeutig identifizierte.
Schließlich folgte im Jahre 1976 die Union Carbide Corp. mit Radel, einem
Produkt gleichen Aufbaus wie Astrel.

■ Herstellung
Die Polyarylsulfone werden technisch nach zwei Verfahren, und zwar durch eine
Polysulfonylierung oder über eine Polyethersynthese hergestellt. Die Struktur-
formeln der Polyethersulfone sind folgende:

Victrex (Victrex Deutschland


GmbH/DE)

Radel A
(Amoco Performance Plastics/CH)

Die Polyethersulfone sind in der Herstellung allesamt wesentlich teurer als die
bekannten, jedoch weniger wärmebeständigen Thermoplaste Polyamid oder
Polycarbonat.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Polyethersulfone sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
• hohe Festigkeit über einen großen Temperaturbereich von – 100 bis + 200 °C,
kurzzeitig bis + 260 °C,
• hohe Steifheit und Härte,
• hohe Thermostabilität und Formbeständigkeit in der Wärme,
• hohe Wärmestandfestigkeit,
• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten, das durch den Zusatz von PTFE und
Graphit noch verbessert werden kann,
• gute elektrische und dielektrische Eigenschaften,
Thermoplastische
Polykondensate

• Transparenz,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• hohe Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung,
• hohe Flammwidrigkeit und geringe Rauchentwicklung,
• geringe Ausgangsverluste im Hochvakuum,
• gute Verarbeitbarkeit.
Zu den negativen Eigenschaften zählen – in Übereinstimmung mit zahlreichen
Thermoplasten, insbesondere den amorphen – die:
• hohe Kerbempfindlichkeit,
• Anfälligkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen,
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1175

• Witterungsbeständigkeit nur rußstabilisierter, lackierter oder metallisierter


Formstoffe.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die Polyethersulfone sind typische Beispiel dafür, wie durch die Wahl wärme-
beständiger Monomere, die durch wärmebeständige Bindungen miteinander
verknüpft sind, thermisch stabile Polymere hergestellt werden können. Die Bin-
dungsenergie aliphatischer C–C-Bindungen beträgt 335 kJ/mol, die der aromati-
schen hingegen 520 kJ/mol. Die Anwesenheit der Etherbindung (O-Atom in der
Hauptkette) ermöglicht die thermoplastische Verarbeitung und gewährleistet
eine hohe Zähigkeit. Die O=S=O-Gruppe sichert eine hohe Beständigkeit gegen
den oxidativen Abbau. Der sperrige strukturelle Aufbau bewirkt die Transparenz
der Polyethersulfone.

■ Zusatzstoffe
siehe Abschnitt 2.2.1.2.6.1 Polyarylsulfon.

■ Sortiment
Das Sortiment des größten deutschen PES-Herstellers, der BASF, enthält acht un-
verstärkte und sieben mit Glasfasern verstärkte Typen [14].

■ Lieferform
Die normale Lieferform ist das Granulat. Das in Säcken verpackte Material kann
bis zu 1,4 % Feuchtigkeit aufnehmen, deshalb ist vor der Verarbeitung Trocknen
erforderlich.

■ Typisierung
Die Typisierung nach DIN wurde noch nicht durchgeführt.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der physikalischen Eigenschaften einiger PES-Typen enthält Tabelle 2-103.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Bild 2-599 zeigt die Abhängigkeit der Zugfestigkeit einiger unverstärkter und
Thermoplastische
Polykondensate

GF-verstärkter hochwärmebeständiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der


Temperatur und Bild 2-600 die entsprechende Abhängigkeit des Zug-E-Moduls.

Umwandlungstemperaturen
Die Glasübergangstemperatur von Victrex beträgt 230 °C im Vergleich zu 288
bzw. 290 °C bei Astrel bzw. Radel, was angesichts der aus zwei ohne Zwi-
schenglied aneinander gekuppelten Benzolringen in ihrem Polymerbaustein
nicht verwunderlich ist. Daraus resultiert naturgemäß auch eine höhere Ge-
brauchstemperatur (siehe Tabelle 2-103). Das sekundäre Dämpfungsmaximum
von PES bei – 100 °C ist verantwortlich für die hohe Zähigkeit in einem großen
Temperaturbereich [14], siehe auch Bild 2-577.
1176 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-599. Temperaturabhän-


gigkeit der Zugfestigkeit a/
Streckspannung b verschiede-
ner Ultrason E-Marken
(trocken)

Bild 2-600. Elastizitäts-


modul aus dem Zugversuch
nach DIN 53 457 für ver-
schiedene Ultrason E-Mar-
ken in Abhängigkeit von
der Temperatur (trocken)
Thermoplastische
Polykondensate

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Polyethersulfon ist in seinem Zeitstandverhalten den bekannten Technischen
Thermoplasten und auch dem Polysulfon überlegen, wie Bild 2-601 am Beispiel
des Zugkriechmoduls bei vergleichbarer Beanspruchung zeigt. Bild 2-602 gibt
den Verlauf des Zug-Kriechmoduls einiger wärmestandfester Thermoplaste bei
höheren Temperaturen und angepassten Beanspruchungen wieder.
Die Grundlage für eine übersichtliche Darstellung des Zeitstandverhaltens
bilden die für jeweils verschiedene Temperaturen aufzuzeichnenden Zeit-
dehnungslinien mit verschiedenen Beanspruchungen als Parameter. Bild 2-603
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1177

Bild 2-601. Zugkriechmodul Technischer Thermoplaste bei 20 °C


a Polyethersulfon (Beanspruchung sz = 28 N/mm2)
b Polysulfon (Beanspruchung sz = 28 N/mm2)
c Acetal-Copolymer (Beanspruchung sz = 20 N/mm2)
d Polyamid 66 (Beanspruchung sz = 20 N/mm2)
(Quelle: ICI)

Bild 2-602. Zugkriechmodul einiger wärmestandfester Thermoplaste bei höheren Tempera-


turen
a Polyethersulfon (Beanspruchung sz = 6,9 N/mm2, 150 °C)
b Polyethersulfon (Beanspruchung sz = 20,7 N/mm2, 150 °C)
c Polyphenylenether (Beanspruchung sz = 6,9 N/mm2, 100 °C)
d Polysulfon (Beanspruchung sz = 6,9 N/mm2, 250 °C)
e Polycarbonat (Beanspruchung sz = 3,5 N/mm2, 120 °C)
(Quelle: ICI)
Thermoplastische
Polykondensate

gibt diesen Zusammenhang beispielsweise für eine Prüftemperatur von 180 °C


wieder.
Die isochronen Spannungsdehnungslinien eines unverstärkten und eines
glasfaserverstärkten (20 Masse-%) PES bei verschiedenen Prüftemperaturen ge-
ben die Bilder 2-604 und 2-605 wieder. Die Beanspruchungsdauer betrug in al-
len Fällen 1000 h.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die Polyethersulfone sind Kunststoffe mit hoher Festigkeit, Steifheit, Zähigkeit
und hohem Arbeitsaufnahmevermögen. Diese Eigenschaften bleiben wegen der
1178 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-603. Zeitdehnungslinien


(Kriechkurven) nach
DIN 53 444 für Ultrason
E 2010 G4, 180 °C, trocken

Bild 2-604. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von Ultrason E 2010 nach
DIN 53 444, 1000-h-Werte für verschie-
dene Temperaturen (Quelle: BASF AG)

amorphen Struktur über einen breiten Temperaturbereich erhalten. Durch den


Thermoplastische
Polykondensate

Zusatz von Glasfasern werden diese Eigenschaften noch verbessert (während die
Dehnbarkeit abnimmt). Bild 2-606 zeigt die Schlag- und Kerbschlagzähigkeit
eines mit 20 % Masseanteil glasfaserverstärkten PES. Polyethersulfon ist jedoch –
wie fast alle Thermoplaste – ein kerbempfindlicher Kunststoff, Bild 2-607. Quer-
schnittübergänge setzen deshalb entsprechend große Übergangsradien voraus.
Innenkanten und Durchbrüche müssen abgerundet werden. PES ist selbst bei
hoher Spannungskonzentration noch ein verhältnismäßig zähes Material.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Wechselfestigkeit von PES ist wie die vieler amorpher Thermoplaste be-
grenzt. Wie Bild 2-608 zeigt, beträgt die Biegewechselfestigkeit nur ± 2 N/mm2.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1179

Bild 2-605. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von Ultrason E 2010 G4 nach
DIN 53 444, 1000-h-Werte für verschie-
dene Temperaturen (Quelle: BASF AG)

Bild 2-606. Schlag- und Kerbschlagzähig-


keit von glasfaserverstärktem Polyether-
sulfon (PES-GF 20) in Abhängigkeit von
der Temperatur (Werkstoff:
Ultrason E G4 der BASF AG)

Härte
siehe Tabelle 2-103.
Thermoplastische
Polykondensate

Reibungs- und Verschleißverhalten


Zwischen Reibungs- und Verschleißverhalten besteht kein zwangsläufiger Zu-
sammenhang. Beide Werte können durch den Zusatz von PTFE ohne oder mit
Zusatz von C-Fasern, Glasfasern oder Graphit wesentlich beeinflusst werden.
Wies beispielsweise Victrex 4100 G (ein Typ, der heute von Victrex Deutschland
GmbH/DE am Markt angeboten wird) einen statischen und dynamischen Rei-
bungswert von 0,3 auf, so verbessern sich diese Werte bei einem Anteil von 15 %
Massegehalt PTFE + 30 % Glasfasern auf 0,16 (statisch) und 0,20 (dynamisch).
Bei 15 % Masseanteil PTFE sogar auf 0,10 bzw. 0,14.
Tabelle 2-106 gibt Reibungs- und Verschleißwerte verschiedener Ultrason-Ty-
pen für zwei Rauigkeitsgrade, ermittelt in einem tribologischen System.
1180 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-607. Abhängigkeit der Kerbschlagzähig-


keit verschiedener Thermoplaste vom Kerb-
radius (Prüftemperatur: 23 °C) (Quelle: ICI)

Bild 2-608. Wöhler-Diagramm


für Ultrason E 2010 und
E 2010 G4, ermittelt im Wechsel-
biegeversuch nach DIN 53 442.
Normalklima DIN 50 014/50-2,
Lastwechselfrequenz 15 Hz
Thermoplastische
Polykondensate

Aufgrund der niederen Gleitreibungszahl und der geringen Gleitverschleiß-


rate (Verschleißintensität S in mm/kg) sind vor allem glasfaserverstärkte PES für
gleitbeanspruchte Bauteile geeignet.

■ Thermische Eigenschaften
Kennzeichnende thermische Eigenschaften der Polyethersulfone enthält Ta-
belle 2-103.
Im Hinblick auf die erreichbaren Toleranzen ist die Abhängigkeit der Län-
genänderung von der Temperatur von Bedeutung. Bild 2-609 zeigt diesen Zu-
sammenhang am Beispiel eines unverstärkten PES.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1181

Tabelle 2-106. Gleitreibungszahl und Verschleißintensität von unverstärktem und glasfaserver-


stärktem Ultrason. Tribosystem Prüfapparatur: Stift/Scheibe, Flächenpressung p = 1,0 N/mm2,
Gleitgeschwindigkeit v = 0,5 m/s, Gleitpartner Stahl Cr6/8000 HV; technisch trocken

Ultrason-Marke Gleitreibungszahl Verschleißintensität Gemittelte


[µ] S [µm/kg] Rautiefe
Rz [µm]

Gleitflächentemperatur 40°C 100°C 40°C 100°C

E 2010 (PES) 0,63 – 280 – 0,15


E 2010 0,68 – 880 – 2,5
S 2010 (PSU) 0,65 – 200 – 0,15
S 2010 0,60 – > 1000 – 2,5
E 2010 G4 0,56 0,49 2,0 15 0,15
E 2010 G4 0,55 0,56 5,0 10 2,5
S 2010 G4 0,55 0,51 2,6 15 0,15
S 2010 G4 0,42 0,48 60 1000 2,5

Bild 2-609. Längenänderung von


Victrex PE 4100 G in Abhängigkeit
von der Temperatur

Zu den thermischen Eigenschaften gehört auch die Thermostabilität bei der


Verarbeitung sowie die Alterungsbeständigkeit. Gegen beide Einflüsse – unter-
schiedlicher Dauer – werden die Formmassen entsprechend stabilisiert.
Bei Lagerung in Luft von 150 °C nimmt die Zugfestigkeit in einem Jahr um
etwa 20 % zu, in Wasser von 23 °C um etwa 10 % ab, während sie in kochendem
Thermoplastische
Polykondensate

Wasser nahezu konstant bleibt. Die Kerbschlagzähigkeit nimmt bei Lagerung in


Wasser von 23 °C von 140 auf 172 kJ/m2 zu und in Wasser von 100 °C nach einem
Jahr auf 45 kJ/m2 ab (der Kerbradius der Probekörper betrug 2 mm).

Wärmealterung in heißen Schmierstoffen, Kraftstoffen und Kühlflüssigkeiten


Voraussetzung für die vielfältige technische Anwendung von Ultrason insbeson-
dere im Fahrzeugbau ist seine ausgezeichnete Dauerbeständigkeit gegen heiße
Schmierstoffe, Kraftstoffe und Kühlflüssigkeiten. Auf welche Weise die Schlag-
zähigkeit von unverstärkten und verstärkten Ultrason-Marken durch Lagerung
in heißen Schmierstoffen (150 und 170 °C). Kraftstoffen (50 °C) und Kühlflüssig-
keiten (130 °C) beeinflusst wird, zeigen die Bilder 2-610 bis 2-612.
1182 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-610. Zähigkeit von Ultrason


nach Lagerung in Hypoidol bei
150 °C und 170 °C (Quelle: BASF AG)

Bild 2-611. Zähigkeit von Ultrason


nach Lagerung in Superbenzin bei
50 °C

Das höhere Eigenschaftsniveau von Ultrason E zeigt sich deutlich bei Lage-
rung in heißen Schmierstoffen. Ebenso ist die positive Auswirkung der Glasfa-
Thermoplastische
Polykondensate

serverstärkung sehr deutlich zu ersehen. Die stärksten Veränderungen treten er-


wartungsgemäß nach Lagerung in hochlegiertem Hypoidöl bei 170 °C auf. Auch
glasfaserverstärktes Ultrason-E zeigt bereits nach einem Tag Lagerung einen
deutlichen Abfall der Schlagzähigkeit.Allerdings treten auch bei diesen extremen
Temperaturen keine optischen Veränderungen (abgesehen von Ölrückständen
auf der Oberfläche, die abwaschbar sind) oder sichtbare Maßänderungen auf.

■ Elektrische Eigenschaften
siehe Tabelle 2-103.
Die Abhängigkeit des spezifischen Durchgangswiderstandes von PES von der
Temperatur (bei einer Polarisationszeit von 1000 s) zeigt Bild 2-613. Die Dielek-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1183

Bild 2-612. Zähigkeit von Ultrason


nach Lagerung in einem Wasser-
Glykol-Gemisch (50 : 50) mit 2 %
Korrosionsschutzöl (Shell Donax C)
bei 130 °C (Quelle: BASF AG)

Bild 2-613. Spezifischer Durchgangs-


widerstand von Victrex 4100 G in
Abhängigkeit von der Temperatur

trizitätszahl beträgt bei trockenem PES bei einer Temperatur von 20 °C im Fre-
quenzbereich von 50 bis 1 MHz gleichbleibend 3,7; sie verändert sich im Tempe-
raturbereich von 20 bis 210 °C nur um 1,1 %, Bild 2-614. Auch der dielektrische
Verlustfaktor ist im Unterschied zu den genannten Kunststoffen (außer Poly-
Thermoplastische
Polykondensate

imid) im Temperaturbereich bis 150 °C verhältnismäßig konstant, Bild 2-614.


Polyethersulfon wird bei den üblichen Lötarbeiten und durch die dabei kurzzei-
tig auftretenden Temperaturen nicht geschädigt.

■ Optische Eigenschaften
Polyethersulfon ist transparent. Der Brechungsindex n20
D beträgt 1,65, die Licht-
durchlässigkeit bei Wanddicken von 1,5 mm 80 %, bei 3 mm 69 %.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: verdünnte Säuren, Laugen, Alkohole und andere Aliphaten,
Öle, Reinigungsmittel;
1184 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-614. Dielektrischer Verlustfak-


tor tan d und Dielektrizitätszahl er
von Ultrason E 2010 in Abhängigkeit
von der Temperatur (Quelle:
BASF AG)

nicht beständig gegen: Ketone, Ester, chlorierte KW, heißes Wasser, Aromaten,
hochpolare Lösemittel.
PES ist löslich in hochpolaren Lösemitteln wie Dimethylsulfoxid, Pyridin,
Quinolin, Anilin sowie in Methylenchlorid und Chloroform.

■ Spannungsrissverhalten
In Übereinstimmung mit allen amorphen Polymeren ist PES bei Berührung mit
einigen organischen Lösemitteln durch die Bildung von Spannungsrissen ge-
fährdet (Ketone, Ester, chlorierte KW) [15]. Sofern die Formteile nicht unter
hohen Spannungen stehen, können sie jedoch mit den meisten dieser Lösemit-
Thermoplastische
Polykondensate

tel gereinigt werden. Die Beständigkeit GF-verstärkter Formstoffe ist grundsätz-


lich höher als die der unverstärkten. Zur Prüfung von Formteilen auf Eigen-
spannungen dienen Test-Lösemittel folgender Einstufungen:
Testmittel Eigenspannungsniveau
Xylol hoch
Toluol mittel
Ethylacetat niedrig
Methylethylketon (MEK) sehr niedrig
Die mit MEK feststellbaren Eigenspannungen können durch zweistündiges
Tempern bei 190 bis 200 °C beseitigt werden.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1185

■ Witterungsbeständigkeit
Ähnlich wie bei PSU wirkt auch bei PES die SO2-Gruppe als UV-Absorber. Da-
raus ergibt sich eine begrenzte Witterungsbeständigkeit. Im Freien vergilben na-
turfarbene Formteile, sie verlieren an Festigkeit und verspröden. Um die nach-
teilige Wirkung des UV-Anteils in der Sonnenstrahlung zu bannen, empfiehlt
sich das Einfärben des Materials mit Aktivruß – wie bei den Polyolefinen – oder
das Lackieren bzw. Metallisieren der Oberfläche (als Lacksysteme eignen sich
Desmophen 650 und Desmodur N 75 – Handelsnamen der Bayer AG – mit 0,5 %
UV-Absorber Bayer 340).

■ Strahlenbeständigkeit
Im gesamten nutzbaren Temperaturbereich ist PES gegen b-, g- und Röntgen-
strahlen sehr beständig. Erst bei hoher Strahlungsdosis (> 2 · 106 J/kg) ist bei den
unverstärkten Materialtypen ein merklicher Abfall der Streckgrenze und der
Reißdehnung feststellbar. Die Gasabgabe ist dabei gering.

■ Brennbarkeit
PES ist ohne die Zugabe von Flammschutzmitteln schwer entflammbar und selbst
erlöschend, wie die Einstufung V-O (nach UL 94) bei Wanddicken von nur 0,5 mm
zeigt. Der LOI beträgt je nach Typ und Probekörperabmessungen 41 bis 45%.

■ Wasseraufnahme
Formstoffe aus PES nehmen Feuchtigkeit auf. Die Auswirkungen sind verhält-
nismäßig gering. Ein 3 mm dicker Prüfkörper erreicht selbst beim Eintauchen in
Wasser von 100°C seinen Gleichgewichtszustand erst nach einer Woche und da-
mit nimmt sein Gewicht um 2,3 % zu. Bei einer Temperatur von 23 °C ist der
Gleichgewichtszustand nach zwei Wochen erreicht. Die Gewichtszunahme be-
trägt dann 2,1 %. Ein spritzfrischer Prüfkörper vergrößert seine Abmessungen
nach viermonatiger Lagerung in Luft von 20 °C und 56 % rel. Feuchtigkeit im
dann erreichten Gleichgewichtszustand nur um 0,15 %.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die Wärmealterungsbe-
ständigkeit, die Bild 2-615 wiedergibt. Die Versuche wurden bei statischer Bean-
spruchung in Wasser von 23 °C, 60 °C und 95 °C durchgeführt. Gemessen wurde
nach DIN 53 444 die Zeit bis zum Bruch der mit konstanter Zugspannung bean-
spruchten Probekörper [16].
Thermoplastische
Polykondensate

■ Gesundheitliche Beurteilung
Bei Befolgung der vom Hersteller empfohlenen Verfahrensweisen sind beim Um-
gang mit PES und bei seiner Verarbeitung keine Toxizitätsprobleme zu erwarten.
Die Thermogravimetrische Analyse (TGA) zeigt, dass bei Temperaturen bis
460 °C keine thermische Zersetzung eintritt. Das ist 60 bis 100 K höher als die
empfohlene Verarbeitungstemperatur. Bei der Zersetzung entstehen gesundheits-
schädliche Dämpfe, darunter – wie beim Verbrennen – SO2 . Dieses Gas ist jedoch
bereits bei einer Konzentration von 5 ppm am Geruch erkennbar.
Die Polyethersulfone sind grundsätzlich gesundheitlich unbedenklich. Die
nicht den Anforderungen der FDA, NSF oder den BGA entsprechenden Einstel-
lungen werden von den Herstellern ggf. gekennzeichnet.
1186 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-615. Zeitstandfestigkeit von


Ultrason E 2010 G6 in Wasser unter-
schiedlicher Temperatur

■ Sterilisieren
Formteile aus PES sind nach allen gebräuchlichen Methoden sterilisierbar; die-
ser Hinweis gilt auch für Sterilisierlösungen und Anästhetika bei den jeweils
empfohlenen Konzentrationen.

■ Verarbeitung
PES kann nach den allgemein für Thermoplaste gebräuchlichen Methoden ver-
arbeitet werden. Das Spritzgießen steht dabei an erster Stelle, gefolgt vom Ex-
trudieren. Halbzeug kann warmgeformt werden.

Verarbeitungsbedingungen
Die empfohlenen Verarbeitungstemperaturen sind folgende:
Verarbeitung Ultrason E Radel A-400 Astrel 360

Vortrocknen 3 h 150°C 2,5 h 180°C oder 6 h 250°C oder


4,5 h 135°C 3 h 260 °C
Spritzgießen 340–390°C 365°C 385–420°C
Thermoplastische

Werkzeugtemperatur 150°C 140°C 175–260°C


Polykondensate

Extrudieren 340–390°C – 165–260°C


Warmformen 300°C – 200°C

Über die Fließfähigkeit einiger Typen des Ultrason-Sortimentes informiert


Bild 2-616.

■ Veredeln der Oberfläche


siehe Polysulfon, Abschnitt 2.2.1.2.6.1.
■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten
siehe Tabelle 2-6.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1187

Bild 2-616. Fließfähigkeit in


Abhängigkeit von der Masse-
temperatur. Maschine:
Schließkraft: 800 kN,
Schnecken-∆: 30 mm, Spritz-
ling: Spirale 2,0 mm dick,
Zykluszeit: 30 s, Spritzdruck:
1000 bar, Einspritzgeschwin-
digkeit: 50 mm/s, Two: 160 °C

Spanloses Formen, Fügemethoden


Die bevorzugte Fügemethode ist das Ultraschallschweißen. Zum Kleben dienen
Lösemittel- und Reaktions-Klebstoffe. Als Lösemittel eignen sich N-Methyl-2-
Pyrrolidon (NMP) oder Dichlormethan. Dabei werden 3 bis 15 % PES in NMP
gelöst. Vor dem Fügen sollten die Formteile 2 Std. bei 200 °C getempert werden.
Mechanisch hochbeanspruchbare Verbindungen liefern Ein- und Zweikompo-
nenten EP-Harze. SI-Einkomponenten-Klebstoffe sind dauerelastisch im Be-
reich von – 60 bis + 225 °C.
Thermoplastische
Polykondensate

Anwendungsbeispiele
Spulenkörper, Buchsen, Rahmen, Gehäuse, Kohlebürstenhalter, gedruckte
und integrierte Schaltungen, Verbindungsklemmen, Kondensatorfolien,
Lagerkäfige, Zündkerzenentstörstecker, Vergaser-Bauteile, Lagerkäfige,
optische und feinwerktechnische Bauteile wie Reflektoren, Lampenfassun-
gen, Spotlight-Bauteile, Linsen, Rahmen.
Medizinische Geräte [17], Apparatebau der Chemischen Industrie [18],
Heißwasserinstallationen, Ultrafiltrationsanlagen und -membranen,
Haushaltsgeräte, Instrumentengehäuse, Fittings, Verbinder, Flugzeug-
nasen, Radome, Luftführungskanäle.
1188 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Handelsnamen
Radel A (Amoco Performance Plastics/CH)
Ultrason E (BASF (AG)
Victrex (Victrex Deutschland GmbH/DE)

2.2.1.2.6.3
Polyphenylensulfid (PPS)
Gegen Ende des Jahres 1968 kündigte die Phillips Petroleum Company an, dass
ein zur Gruppe der Phenylensulfide gehörendes lineares Polymere, mit dem Han-
delsnamen Ryton® in Versuchsmengen zur Verfügung stünde. Anfang 1973 lief in
Borger, Texas, eine 3000-t/a-Produktion an. Seit der K’ 83 bot auch die Bayer AG
(DE) zwei PPS-Typen (Tedur®) an. Dazu kam das Forton® der Hoechst AG.

■ Herstellung
Als Ausgangsstoffe dienen p-Dichlorbenzol, Natriumsulfid und eine polare or-
ganische Substanz. PPS steht als vernetzbarer duroplastischer und als thermo-
plastischer Kunststoff zur Verfügung. Die Bedeutung als Thermoplast überwiegt
jedoch bei weitem.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Benzolringe und Schwefelatome bilden das Rückgrat des symmetrisch aufge-
bauten Makromoleküls und kennzeichnen das Eigenschaftsbild:

Polyphenylensulfid

• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,


• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• geringe Feuchtigkeitsaufnahme,
• günstiges Fließverhalten,
• hohe Maßbeständigkeit,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• hohe Witterungs- und Strahlenbeständigkeit,
• hohe Flammwidrigkeit (ohne Zusatzstoffe).
Thermoplastische
Polykondensate

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


PPS ist nur wenig verzweigt und deshalb hochkristallin. Der Kristallinitätsgrad
– und damit die Eigenschaften des Formteils – hängen jedoch – wie bei kaum
einem anderen Kunststoff – von der thermischen Vorgeschichte ab, d. h. von der
Masse- und der Werkzeugtemperatur sowie von der thermischen Nachbehand-
lung. (Hinsichtlich des Einflusses der Werkzeugtemperatur erinnert PPS an das
Verhalten von Polyethylenterephthalat). Die Schmelztemperatur beträgt 288 °C.
Bei den härtbaren Typen schreitet die Polymerisation der Ketten in der Wärme
fort (Wärmenachbehandlung 3 Std. bei 205 °C), außerdem vernetzt das Material
(Schwefelvulkanisation) [19], Bild 2-617.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1189

Bild 2-617. Kristallinitätsgrad


von PPS in Abhängigkeit von
der Werkzeugstemperatur und
Temperung
a getempert
b spritzfrisch

Die Zähigkeit des spröden Basismaterials wird durch den Zusatz von Glas-
fasern und anderen mineralischen Fasern verbessert.

■ Zusatzstoffe
Unter den für hochwärmebeständige Thermoplasten gebräuchlichen Zusatz-
stoffen sind vor allem verstärkende Glasfasern, C-Fasern und mineralische Füll-
stoffe wie Kreide, Eisenoxid und andere – in den Stoffbroschüren nicht näher be-
zeichnete – Füllstoffe von Bedeutung. Durch Verstärken mit C-Fasern wird der
Oberflächenwiderstand gesenkt und eine in Sonderfällen erforderliche elektri-
sche Leitfähigkeit erzielt. Mineralische Füllstoffe verbessern die Verarbeitbar-
keit, verringern die Schwindung (vor allem das anisotrope Schwinden) und ver-
bessern den Oberflächenglanz. Graphit erhöht die Steifigkeit der Formstoffe,
PTFE begünstigt das Reibungs- und Verschleissverhalten.
Tabelle 2-103 enthält Angaben über die Eigenschaften von verstärktem PPS.

■ Sortiment
Zu dem zunächst allein lieferbaren Typ R-4 (mit 40 % Masseanteil Glasfasern)
kamen Ende der sechziger Jahre die Typen R-8 und R-10 mit einer Kombination
von Glasfasern und speziellen mineralischen Füllstoffen. Die R-10 Typen sind in
den Farbtönen braun, blau, grün, beigebraun und schwarz lieferbar.
Thermoplastische
Polykondensate

In den letzten Jahren kamen R-7 (vor allem als Austauschmaterial für Duro-
plaste bestimmt), Ryton A-100, ein Material für das Spritzgießen isotrop schwin-
dender und damit rissbeständiger, dickwandiger Formteile (bis 12 mm dick) so-
wie R-9 und die BR-Reihe, die u. a. hohe Kriechstromfestigkeit und vor allem
eine vorzügliche Eignung für das Einkapseln elektronischer Bauteile durch
Spritzgießen aufweist, hinzu.
Wie das Verzeichnis der Handelsnamen am Schluss des Kapitels zeigt, nahm
die Anzahl der PPS-Hersteller im Laufe der letzten Jahre wesentlich zu. Hoechst
bietet in seinem Forton® Sortiment neunzehn und Bayer mit Tedur sechzehn Ty-
pen an (heute unter dem selben Handelsnamen verkauft durch: Albis Plastic
GmbH, Hamburg). Dabei handelt es sich um mineralgefüllte und/oder glas-
1190 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

faserverstärkte Granulate bzw. Pulvertypen, die als wärmebeständige Bindemit-


tel und als Zusatz zu PTFE-Compounds dienen.

■ Lieferform
PPS wird vorwiegend als Granulat für die Spritzgussverarbeitung geliefert.
Außerdem werden einige Typen als feinkörniges Pulver angeboten.

■ Typisierung
Die Polyphenylensulfid-Formmassen wurden bisher nicht nach DIN typisiert.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender physikalischer Eigenschaften enthält Tabelle 2-103.
Um angesichts der Neigung von PPS zur Rekristallisation bei höheren Tempera-
turen – insbesondere wenn mit einer zu niedrigen Werkzeugtemperatur gear-
beitet wurde – Prüfergebnisse miteinander vergleichen zu können, ist die An-
gabe der Herstellbedingungen der Probekörper unerlässlich.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Formteile aus PPS zeichnen sich aus durch hohe Härte und Steifigkeit. Die Zu-
sammenhänge zwischen Reißfestigkeit und Dehnung für ausgewählte Typen
sind in Bild 2-618 dargestellt. Bild 2-619 zeigt am Beispiel von Fortron 1140 L4
die Abhängigkeit dieser beiden Größen von der Temperatur.
Den Einfluss der Temperatur auf die mechanische Festigkeit und den für die
Steifigkeit eines Formteils maßgebenden E-Modul zeigen die Bilder 2-620 und
2-621.

Umwandlungstemperaturen
Über den charakteristischen Verlauf des Energieinhalts eines Thermoplasten
gibt die Differential-Thermoanalyse (DTA) Auskunft. Sie zeigt die für die Verar-
beitung und die Verwendung wichtigen Temperaturen wie Glasübergangstem-
peratur Tg , Rekristallisationstemperatur Tr (wichtig für das Tempern) und die
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-618. Spannungsdeh-


nungsdiagramm von Fortron ®
1140 L4 (40 Masse-% Glas-
fasern) bei verschiedenen
Temperaturen
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1191

Bild 2-619. Spannungsdeh-


nungsdiagramm von Fortron
6165 A4 (65 Masse-% GF und
Mineral) bei verschiedenen
Temperaturen

Bild 2-620. Zug-E-Modul der wichtigsten


Fortron-Typen in Abhängigkeit von der
Temperatur, gemessen nach DIN 53 457
(Quelle: Hoechst AG)
a Fortron 6165 A4 (GF 65)
b Fortron 1140 L4 (GF 40)
c Fortron 1140 A1 (GF 40)
d Fortron 1140 A4 (GF 40)

Schmelztemperatur Ts . Bild 2-622 bringt diesen Zusammenhang, der natur-


gemäß für alle Typen auf der Basis von PPS gleich ist.
Ein sehr anschauliches Bild vom thermischen Verhalten eines Thermoplasten
Thermoplastische
Polykondensate

liefert ebenfalls der bereits bei vielen Polymeren erwähnte Verlauf des im Tor-
sions- oder Biegeschwingungsversuch ermittelte Schubmodul. Bild 2-623 zeigt
die Wirkung einer niedrigen und einer hohen Werkzeugtemperatur bzw. einer
Nachbehandlung in der Wärme am Beispiel von Ryton R-4.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Für die Beurteilung des Zeitstandverhaltens von PPS ist Bild 2-624 aufschluss-
reich. Es gibt die Spannungsdehnungsdiagramme, die Zeitdehnlinien und die
Zugkriechmoduli eines glasfaserverstärkten und hybridverstärkten Typs des
Tedur-Sortimentes bei 23 °C wieder. Den Biegekriechmoduli beider PPS-Typen
bei 120 °C und 200 °C bringen die Bilder 2-625 und 2-626.
1192 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-621. Reißfestigkeit der wichtigsten


Fortron-Typen in Abhängigkeit von der
Temperatur, gemessen nach DIN 53 455
(Quelle: Hoechst AG)
a Fortron 1140 L4 (GF 40)
b Fortron 1140 A1 (GF 40)
c Fortron 1140 A4 (GF 40)
d Fortron 6165 A4 (GF 65)

Bild 2-622. Differenzial-Thermoanalyse (DTA) von Ryton ® PPS (Quelle: Phillips Petroleum
Comp.)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-623. Schubmodul G und


Verlustfaktor d der wichtigsten
Fortron-Typen in Abhängigkeit
von der Temperatur, gemessen im
Torsionsschwingungsversuch nach
DIN 53 445
a Fortron 6165 A4 (GF 65)
b Fortron 1140 A4 (GF 40)
c Fortron 0214 P1 (unverstärkt)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1193

Bild 2-624. Kennwerte für das


Thermoplastische
Polykondensate

Kriechverhalten von Fortron


6165 A4 bei Zugbeanspru-
chung im Normalklima 23/50

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die Schlagzähigkeit von Formteilen aus PPS hängt ab vom Herstellverfahren
und von der Wärmenachbehandlung. Bei getemperten Formteilen muss mit
einer geringfügig niedrigeren Schlagzähigkeit als bei unbehandelten gerechnet
werden. Wie Bild 2-627 erkennen lässt, nimmt die Kerbschlagzähigkeit bei Tem-
peraturen oberhalb der Glasübergangstemperatur zu. Sie überschreitet jedoch
1194 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-625. Biege-Kriechmodul


von Fortron 1140 L4 und
6165 A4 für 80 und 120 °C (ge-
messen bei einer Randfaser-
spannung s b = 50 N/mm2)

Bild 2-626. Biege-Kriechmodul


von Fortron 1140 L4 und
6165 A4 für 200 °C (gemessen
bei einer Randfaserspannung
s b = 30 N/mm2)
Thermoplastische
Polykondensate

bei Temperaturen um 170 °C ihr Maximum und nimmt bei steigendem Kristalli-
nitätsgrad ab. Zur Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von Ryton ist grundsätzlich
zu sagen, dass in diesem Falle die Verstärkung mit Glasfasern (bei R-4 immerhin
40 % Massegehalt Glasfasern) überraschenderweise zur Erhöhung der Schlag-
zähigkeit des an sich noch spröderen Grundmaterials beiträgt.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die nachstehenden Werte wurden an spritzgegossenen 6,35-mm-Probekörpern
im Biegewechselversuch ermittelt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1195

Bild 2-627. Kerbschlagzähigkeit (n. Izod) von Ryton R-4 in Abhängigkeit von der Temperatur

Biegewechselfestigkeit (107 Lastspiele)


ungetempert getempert
N/mm2 N/mm2
R-4 46,2 44,8
R-8 27,6 20,7
Es zeigt sich auch hier, dass ein zunehmender Kristallinitätsgrad die Versprö-
dung des Materials fördert.
Formteile aus PPS widerstehen hohen dynamischen Beanspruchungen über
längere Zeit. Diese Eigenschaft kommt in der Wöhler-Kurve zum Ausdruck, wie
in Bild 2-628 am Beispiel von Tedur 1-9511 gezeigt wird.

Härte
siehe Tabelle 2-103.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Zwischen dem statischen und dem dynamischen Reibungswert von Ryton R-4
besteht nur ein geringer Unterschied, nämlich 0,50 (statisch) und 0,55 (dyna-
misch) bei v = 0,15 m/s bzw. 0,53 bei 0,27 m/s.
(Die Auflast betrug 0,67 N; PPS gegen Stahl).

■ Thermische Eigenschaften
Die spezifische Wärmekapazität von Ryton R-4 beträgt 0,9 kJ/kg bei 0 °C; 1,18 bei
Thermoplastische
Polykondensate

80 °C; 13,8 bei 160 °C, 1,49 bei 240 °C und 2,08 kJ/kg bei 320 °C.
Der Längenausdehnungskoeffizient ist mit demjenigen von Aluminium
vergleichbar. Die Wasseraufnahme von PPS ist gering. Nach einer Lagerungs-
dauer von 31 Tagen in Wasser von 100 °C betrug die Gewichtszunahme nur
1,01 %.
Die Eigenschaften von Formteilen aus PPS hängen weitgehend vom Grad der
bei der Verarbeitung erreichten Kristallinität ab, ähnlich wie von PET (Polyethy-
lenterephthalat) bekannt. Die Kristallinität wird wesentlich durch die Werkzeug-
wandtemperatur bestimmt. Bild 2-629 zeigt am Beispiel der Wärmeformbestän-
digkeit HDT/A diesen Einfluss. Erst mit Werkzeugwandtemperaturen von
≥ 140 °C wird das hohe Niveau der mechanischen Festigkeit erreicht.
1196 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-628. Dauerschwingversuch im


Zugschwellbereich (f = 7 Hz); Wöhler-
kurve von Tedur ® 1-9911

Bild 2-629. Zusammenhang zwischen


Wärmeformbeständigkeit HDT/A und
Werkzeugwandtemperatur (Fortron
1140 L4) (Quelle: Hoechst AG)

Die günstigen Ergebnisse der Wärmealterung führten zu den UL-Langzeit-


Temperaturindices von
Thermoplastische

170 °C für Ryton R-4,


Polykondensate

200 °C für Ryton R-8,


240 °C für Ryton R-10 (ohne Berücksichtigung der Schlagzähigkeit) und
220 °C für auf Schlag beanspruchte Formteile.
Eine wertvolle Hilfe bei der Vorentscheidung für einen Hochleistungswerkstoff
bietet die Formbeständigkeit in der Wärme HDT/A nach ISO 75 Teil 1 und 2.
Bei den thermoplastisch verarbeitbaren Kunststoffen (ausgenommen Poly-
amidimid (PAI)) bieten die glasfaserverstärkten Materialtypen das günstigste
Gesamtbild der Eigenschaften.
Für PPS erweisen sich die mit einem Glasfaseranteil von 40 Masse-% Glas-
fasern als optimal, Bild 2-630.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1197

Bild 2-630. Wärmeformbeständigkeit HDT/A (°C) für einige Kunststoffe (U: unverstärkte Poly-
mere; GF und Zahl: Menge an Glasfasern; Tr: spritzfrisch im Falle von Polyamiden; LCP-A,
LCP-C: Vectra-A, Vectra-C, Hoechst)

Davon ausgehend, dass Hochleistungs-Kunststoffe eine HDT/A > 200 °C auf-


weisen, lässt sich mit dieser Aufstellung das Umfeld von PPS-GF40 genauer be-
schreiben. PPS-Compounds konkurrieren am unteren Ende ihres Leistungs-
spektrums mit thermoplastischen Polyestern (PBT-GF 30, PET-GF30) sowie mit
verstärkten Standard-Polyamiden (PA-66-GF). In Bereichen der Elektronik ist
eine Überlappung der Einsatzgebiete mit LCP gegeben. Am oberen Ende der
Thermoplastische
Polykondensate

Leistungsfähigkeit konkurriert PPS-GF40 mit Spezialpolyamiden (PA-46-


GF 30/GF 50, PPA-GF 33/45). Die extrem hohe Leistungsfähigkeit von PEEK-GF30
erreicht PPS-GF 40 nicht. In dem oberen Leistungssegment stehen nur teil-
kristalline Thermoplaste miteinander im Wettbewerb. Diese Darstellung ermög-
licht eine erste Differenzierung innerhalb der angesprochenen Werkstoff-
Gruppe. In den nächsten Schritten sind dann die Leistungsschwerpunkte der
Polymeren miteinander zu vergleichen, wobei nur für PPS und daraus her-
gestellte Compounds in Ergänzung zu dem in der Eingangsstoffbeschreibung
gegebenen Eigenschaftsbild das folgende Eigenschaftsprofil gilt:
• teilkristallin, Schmelzpunkt 285 °C,
• sehr geringe mechanische Kriechneigung (auch bei hohen Temperaturen),
1198 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• unlöslich unterhalb 200 °C,


• vorzügliche chemische Beständigkeit, insbesondere gegen alle im Automobil-
bau verwendeten Kraftstoffe, Öle, Fette und sonstigen Chemikalien,
• Dauergebrauchstemperatur bis 240 °C, kurzzeitig bis 260 °C.

■ Elektrische Eigenschaften
siehe Tabelle 2-103.
Die Kriechstromfestigkeit von R-4 mit KC = 180 ist mit derjenigen von PE, PS
oder PA mit KC = 600 nicht vergleichbar. Es ist dennoch zu beachten, dass einige
Modifikationen des Tpys R-10 Werte von KC = 280 erreichen.
Bei zahlreichen Anwendungen in der Elektronik spielt die Dielektrizitätszahl
und der dielektrische Verlustfaktor tan d eine wichtige Rolle. In Bild 2-631 ist die
Dielektrizitätszahl in Abhängigkeit von der Frequenz und von der Temperatur
wiedergegeben. Während Bild 2-632 die Abhängigkeit des dielektrischen Ver-
lustfaktors von Temperatur und Frequenz zeigt.
Der spezifische Durchgangswiderstand beträgt beispielsweise für alle Fort-
ron-Typen > 1015 W cm, nimmt jedoch mit der Temperatur ab, Bild 2-633. Die
Sortimente einiger Rohstoffhersteller enthalten ebenfalls Typen mit Durch-

Bild 2-631. Dielektrizitätszahl


= f (T) von Tedur 1-9510-1
(Quelle: Albis Plastic GmbH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-632. Dielektrischer Verlust-


faktor = f (T) von Tedur 1-9510-1
(Quelle: Albis Plastic GmbH)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1199

Bild 2-633. Spezifischer Durch-


gangswiderstand r D von Fortron
1140 L4 als Funktion der Tem-
peratur

gangswiderständen ≤ 500 W cm, die sich vor allem für die Anwendungen in der
Elektronik eignen.
■ Chemikalienbeständigkeit
PPS weist bei Raumtemperatur folgende Beständigkeit auf:
Beständig gegen: verdünnte Mineralsäuren, Laugen, aliphatische und aroma-
tische KW, Ketone, Alkohole und chlorierte KW, Öle und Fette, Wasser, hydro-
lysebeständig:
nicht beständig gegen: Chlorsulfonsäure.
Die ständige Berührung mit heißem Wasser oder heißen wässrigen Lösungen
kann zu einer Beeinträchtigung der physikalischen Eigenschaften durch Hydro-
lyse führen. Dabei wird vor allem die Haltung zwischen Matrix und Glasfaser
gelockert.

■ Spannungsrissbildung
Bei Anwendung von Trichlor- und Perchlorethylen als Entfettungsmittel besteht
keine Gefahr der Spannungsrissbildung.
Bei Temperaturen von 70 bis 120 °C treten keine kontaktschädigenden Aus-
scheidungen auf.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Witterungsbeständigkeit
Mit nicht stabilisierten Probekörpern im Weather-O-Meter durchgeführte be-
schleunigte Bewitterungsversuche ergaben, dass die Zugfestigkeit von R-4-Pro-
bekörpern von 115 N/mm2 nach 8000 Stunden auf 99 N/mm2 abnahm, während
die Reißdehnung von 1,1 % auf 1,23 % anstieg. Nach 10 000 Std. tritt jedoch eine
beschleunigte Alterung auf.
PPS wird von Ozon auch bei hoher Temperatur nur wenig angegriffen.
1200 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Strahlenbeständigkeit
Untersuchungen brachten folgende Beständigkeitsergebnisse:
Strahlenart Dosis Biegefestigkeit Biege-E-Modul
104 J/kg N/mm2 N/mm2

g-Strahlen 0 190 13050


500 200 13150
1000 199 12950

Neutronen 500 205 12450


1000 208 12650
5000 196 12550

■ Brennbarkeit
Einer Flamme ausgesetzte Formstoffe aus PPS brennen bis zum Entfernen der
Zündquelle, danach verkohlen sie. Andere kennzeichnende Brenneigenschaften
sind: gelblich-orange farbene Flamme, grauer Rauch mit schwarzen Spuren, Ge-
ruch von faulen Eiern, schwarze, glänzende Kruste, leichtes Aufblähen, keine
Tropfenbildung.
Der Sauerstoffindex (LOI) von PPS ist demjenigen vieler Thermoplaste über-
legen:

Kunststoff Sauerstoffindex (LOI)

Ryton R-8 53
Ryton R-4 46,6
PVC 47
Polyimid 44
Polyarylsulfon 36
aromat. Polyester 36
Polycarbonat (flammwidrig) 32,5
Polysulfon (flammwidrig) 32
Polyphenylenether (flammwidrig) 30
PA 66 (flammwidrig) 28
Polyolefine 18–20

Der Flammpunkt von Ryton R-4 liegt bei 500 °C, die untere Zündgrenze beträgt
540 °C.
Thermoplastische

Gemäß einer NASA-Studie ergibt sich für einige flammwidrig bekannte Ther-
Polykondensate

moplaste – ohne den Zusatz von Flammschutzmitteln – folgende Stufung in ab-


nehmender Feuersicherheit:
Polyphenylensulfid
Polyethersulfon
Polyvinylfluorid
Polyvinylidenfluorid
Polyarylsulfon
Polycarbonat (Bisphenol A)
chloriertes Polyvinylchlorid
Polyphenylenether
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1201

■ Durchlässigkeit für Flüssigkeiten, Gase und Wasserdampf


Foliendicke 25 mm, Prüftemperatur 23 °C
g/m2 · d
Wasser 12,4
Salzsäure (37 %) 1,3
Essigsäure 31
Benzol 97,7
Methylalkohol 4,7
Die ebenfalls auf eine Foliendicke von 25 mm bezogene Gasdurchlässigkeit be-
trägt:
cm3/d · bar
Sauerstoff 465
Kohlendioxid 1160
Wasserstoff 6510
Ammoniak 233
Schwefelwasserstoff 46,5
Wasserdampf 27,5 g/m2d

■ Gesundheitliche Beurteilung
Obwohl Tierversuche ergaben, dass das Einatmen von staubförmigem PPS keine
Schädigungen hervorruft, ist dennoch zu empfehlen, beim Spritzgießen für aus-
reichende Belüftung der Werkräume zu sorgen. Als gasförmige Zersetzungspro-
dukte können sich Schwefeldioxid und Carbonylsulfid bilden, die beide die
Schleimhaut reizen. Beim Verarbeiten sollten Schmelztemperaturen > 370 °C
vermieden werden.
Entsprechend gekennzeichnete Produkte sind physiologisch unbedenklich.

■ Verarbeitung
PPS wird durch Spritzgießen, Pressen zu Formteilen, durch Fließbettauchen
oder elektrostatisches Sprühen zum Auftragen haftabweisender Überzüge auf
metallische Substrate verarbeitet. Beim Pressen und noch mehr beim Spritz-
gießen ist auf gutes Entlüften der Formnester zu achten. Lufteinschlüsse führen
zu schwachen Bindenähten.
Für den Spritzgießer geben die Bilder 2-634 bis Bild 2-635 wertvolle Hinweise zur
optimalen Nachdruckzeit und die zu erwartende Fließweglänge in Abhängigkeit
Thermoplastische
Polykondensate

von der Wanddicke sowie die Typwahl aus dem Fortron-Sortiment als Beispiel.

Verarbeitungsbedingungen: Vortrocknen
Während die glasfaserverstärkten Typen meist nur bei ungünstigen Lagerungs-
bedingungen vorgetrocknet werden müssen, empfiehlt es sich jedoch, die mine-
ralgefüllten vorzutrocknen (6 Std. bei 160 °C).
Rückführmaterial sollte in jedem Fall vorgetrocknet werden. Die vorzügliche
Thermostabilität des Materials ermöglicht es, den Anteil an Rückführmaterial
bis zu 35 % zu bemessen.
Die Massetemperatur beträgt 340 bis 370 °C, die Werkzeugtemperatur 25 bis
200 °C. Bei 120 °C wird die Oberfläche der Formteile glatt und glänzend, bei 25 bis
1202 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-634. Ermittlung der optimalen Nachdruck-


zeit tNo

Bild 2-635. Fließweglänge als


Funktion der Wanddicke eini-
ger Fortron-Typen

40 °C erhält man die zähesten Spritzlinge. Die Verarbeitungsschwindung beträgt


1 % bei unverstärktem und 0,2 % bei GF-verstärktem Material. Metall-Einlege-
teile verursachen leicht Spannungsrisse, die jedoch bei Wahl neu entwickelter
Typen vermeidbar sind.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


siehe Tabelle 2-6.
Fügen
Formteile aus PPS können durch Schrauben lösbar miteinander verbunden wer-
den. Für das nicht lösbare Verbinden dieses harten und formsteifen Werkstoffs
eignen sich nach neueren Untersuchungen das Vibrationsschweißen besser
als das herkömmliche Ultraschallschweißen. Diese Methode führt zu höheren
Nahtfestigkeiten. Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, dann kann PPS mit sich
selbst und mit anderen Werkstoffen auch durch Kleben unlösbar verbunden
werden.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1203

Für das Kleben von PPS mit sich selbst kommen Klebstoffe auf der Basis von
Epoxidharz, Cyanacrylat und reaktive monomere Acrylatsysteme in Betracht.
Diese Klebstoffe eignen sich ebenfalls für das Kleben mit den meisten anderen
Werkstoffen und mit Metallen.

■ Laserstrahlbeschriften
Das berührungslose Beschriften von PPS-Formstoffen mit Hilfe von Laserstrahl-
energie ist möglich. In Betracht kommt der Nd : YAG-Laser (1064 nm). Der Strahl
erzeugt dunkle, matte Schriftbilder.

Anwendungsbeispiele
Pumpengehäuse, Laufräder, Lagerbuchsen, Ventilkugeln, Steckerleisten,
Kontaktträger, Spulenkörper, Kohlebürstenhalter, Polklemmen, Platinen
für Digital-Armbanduhren, Einbetten von Kontakten und Verbindungs-
stücken, Deckenleuchten, Halogenlampengehäuse, Adaptoren für Halo-
gen-Spotlight, Gehäuse für Kamingas-Absaugmotoren.

Handelsnamen
Fortron (Ticona GmbH/DE)
Lastron (Lati Industria Thermoplastici Deutschland GmbH/DE)
Primef (Solvay Deutschland GmbH/DE)
Ryton (Phillips Petroleum Chemicals NV/BE)
Supec (GE Plastics Europe B.V./NL)
Tedur (Albis Plastic GmbH/DE)
Toraylina (Toray Plastics America/IR)

2.2.1.2.7
Polyetherketone

2.2.1.2.7.1
Aromatische Polyetherketone (PEK, PEEK)
Die Synthese von Polyaryletherketonen der allgemeinen Struktur:
Thermoplastische
Polykondensate

Polyaryletherketon

gelang bereits im Jahre 1962 Mitarbeitern der Firma Du Pont und zwei Jahre spä-
ter ICI. ICI stellte 1979 ein sog. Polyetheretherketon (PEEK) der Strukturformel

Polyaryletheretherketon
1204 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

vor, das mit einer Glasübergangstemperatur von Tg = 143 °C und einer Schmelz-
temperatur Tm = 334 °C heute zu den fortschrittlichen Hochleistungskunststof-
fen gehört.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Bei PEK und PEEK handelt es sich um teilkristalline Thermoplaste mit einer ma-
ximalen Kristallinität von 48 %. Diese wird aus der Schmelze bei 256 °C und beim
nachträglichen Tempern von Formstoffen bei 185 °C erreicht. Die Dichte des
amorphen PEEK beträgt 1,265 g/cm3, die des kristallinen 1,32 g/cm3 (siehe Ta-
belle 2-107).
Je nach Wahl der Monomeren lässt sich nach zwei grundsätzlich verschiedenen
Verfahren eine Vielzahl von Polyetherketonen mit unterschiedlichem Gehalt an
Keto- und Ethergruppierungen aufbauen. Dieses Verhältnis bestimmt maßgeb-
lich die thermischen Eigenschaften, wie Bild 2-636 zeigt [20]. So sinkt mit stei-
gendem Gehalt an Ethergruppen (Flexibilisierung) der Glas- und Schmelzpunkt.
Viele dieser unterschiedlichen Polyetherketone sind kommerziell erhältlich.
Die Copolymeren z. B. PEKEKK weisen eine ähnliche Glastemperatur wie das
Homopolymer auf. Die Schmelztemperatur wurde jedoch deutlich abgesenkt.
Deshalb sind die Copolymeren wesentlich einfacher zu verarbeiten. Sie zeichnen
sich durch sehr gute Fließfähigkeit und hohe Zähigkeit aus.
Durch Variation des Comonomeranteils können die Schmelztemperatur und
die Kristallinität der Copolymeren über einen weiten Bereich variiert werden,
Bild 2-637.
Zu den hervorstechenden Eigenschaften dieser Werkstoffe gehören:
• hohe Zug- und Biegefestigkeit,
• hohe Schlagzähigkeit,
• hohe Wechselfestigkeit,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (315 °C bei GF 30),
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-636. Sortiment der Polyetherketone


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1205

Bild 2-637. Abhängigkeit der Schmelz-


und Glastemperatur vom Comonomer-
gehalt

• gute elektrische Eigenschaften über einen weiten Temperaturbereich,


• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten,
• hohe Chemikalienbeständigkeit,
• hohe Hydrolysebeständigkeit,
• hohe Strahlenbeständigkeit,
• schwer entflammbar (ohne Flammschutzmittel V-O bei 2 mm Wanddicke),
• sehr geringe Gas- und Rauchentwicklung,
• leicht verarbeitbar, keine thermische Nachbehandlung von Spritzgussteilen.

■ Zusatzstoffe
Die wichtigsten Zusatzstoffe für die Polyaryletherketone sind verstärkende Glas-
fasern, mineralische Füllstoffe und C-Fasern. ICI stellte bereits anlässlich der
K’83 einen C-Faser-Verbundstoff unter der Bezeichnung „APC1“ (aromatic poly-
mer composite) vor.
Die besonderen Vorteile der zu 20 bzw. 30 % mineralverstärkten Produkte ge-
genüber den glasfaserverstärkten Typen liegen in der besseren Verarbeitbarkeit,
der besseren Oberflächenqualität der Fertigteile und vor allem im isotropen
Schwindungsverhalten, das die Herstellung von verzugfreien Spritzgussteilen
Thermoplastische
Polykondensate

erlaubt. Die mineralverstärkten PEK-Typen eignen sich daher für die Herstel-
lung von mechanisch und thermisch hochbelasteten Formteilen hoher Maßhal-
tigkeit.

■ Sortiment und Lieferform


Das derzeitige Angebot an Polyaryletherketonen umfasst verstärkte und glas-
faserverstärkte Spritzgusstypen, Extrusionstypen für die Draht- und Kabelum-
mantelung, Monofile und Folien als Granulate sowie Pulvertypen für das elek-
trostatische Beschichten und Wirbelsintern.
Das speziell für das Extrudieren von Erzeugnissen für die Elektro-, Luft- und
Raumfahrtindustrie entwickelte Victrex PEEK 381G zeichnet sich vor allem
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-107 Richtwerte der physikalischen Eigenschaften einiger Polyetheretherketone


1206

Eigenschaft Testmethode Einheit 450 G 450 GL30* 450CA30* 450FC30*

Allgemeine Eigenschaften
Form – – Granulat Granulat Granulat Granulat
Farbe – – Grau Braun Schwarz Schwarz
Dichte (kristallin) ISO R1183 – 1,32 1,49 1,44 1,48
(amorph) ISO R1183 – 1,26 – – –
Füllstoffgehalt % 0 30 30 30
Typischer Kristallinitätsgrad – % 35 35 35 35
Schwindmaß quer zur Fließrichtung/
in Fließrichtung – % 1,2/0,7 1,1/0,2 0,3/+ 0,03 0,9/0,3
Wasseraufnahme 24 Std. bei 23°C ISO R62A % 0,5 0,11 0,06 –
Gleichgewichtszustand bei 23°C ISO R262A % 0,5 – – –
Mechanische Eigenschaften
Zugfestigkeit bei 23°C (Bruch/Strecken) ISO R527 (5 mm/min) MPA 96,9(y) 156(b) 233(b) 142(b)
bei 250 °C (Bruch/Strecken) ISO R527 (5 mm/min) MPA 12(y) 34(b) 43(b) 25(b)n
Bruchdehnung bei 23°C ISO R257 (5 mm/min) % > 50 2,0 1,5 1,6
Streckspannung bei 23°C ISO R257 (5 mm/min) % 4,9 – – –
Zug-E-Modul 1% Sekantenmodul bei 23°C ISO R527 GPa 3,6 9,7 13 –
Biege E-Modul bei 23°C ISO R178 GPA 4,1 10,0 20,2 9,8
bei 120°C ISO R178 GPA 4,0 9,2 18,6 8,0
bei 250°C ISO R178 GPA 0,3 3,0 5,1 3,0
Biegefestigkeit bei 23°C ISO R178 MPA 170 233 355 210
bei 120°C ISO R178 MPA 100 175 260 –
bei 250°C ISO R178 MPA 12,5 70 105 36
Scherfestigkeit (Endfestigkeit) ASTM D3846 MPa 53 97 97 –
Schubmodul bei 23°C GPa 1,30 2,4 – –
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-107 (Fortsetzung)

Eigenschaft Testmethode Einheit 450 G 450 GL30* 450CA30* 450FC30*

Druckfestigkeit bei 23°C


(in Fließrichtung) ASTM D695 MPa 118 215 240 150
Druckfestigkeit bei 23°C ASTM D695 MPa 119 149 153 –
(quer zur Fließrichtung)
Schlagzähigkeit nach Charpy bei 23°C
2 mm Kerbradius ISO 179 KJm 35 11,3 7,8 –
0,25 mm Kerbradius ISO 179 KJm 8,2 8,9 5,4 –
Schlagzähigkeit nach Izod bei 23 °C
gekerbt 0,25 mm Radius
3,5 mm tief ISO R180/IA Jm 65 102 91 64
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

ungekerbt ISO R180/IA Jm k.Bruch 409 421 280


Poisson’sche Verhältniszahl
bei 23°C: In Fließrichtung ASTM D638 – 0,4 – – –
Quer zur Fließrichtung: ASTM D638 – 0,4 0,45 – –
Rockwell Härte R-Skala ASTM D785 – 126 124 124 –
M-Skala ASTM D785 – 99 103 107 –
Thermische Eigenschaften
Schmelzpunkt
(Spitze des Schmelzendotherms) DSC °C 340 340 340 340
Glasübergangstemperatur Tg DSC °C 143 143 143 143
(Anfangswert)
Spezifische Wärme – KJKg–10C–1 0,32 – –
Wärmeausdehnungs-
koeffizient: <Tg ASTM D696 10–5 °C–1 4,7 2,2 1,5 –
>Tg ASTM D696 10–5 °C–1 10,8 – – –
1207

Thermoplastische
Polykondensate
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-107 (Fortsetzung)


1208

Eigenschaft Testmethode Einheit 450 G 450 GL30* 450CA30* 450FC30*

Formbeständigkeit in der ISO R75 °C 152 315 315 > 293


Wärme 1,82 MPa
Wärmeleitfähigkeit ASTM C177 Wm–10C–1 0,25 0,43 0,92 0,24
Dauergebrauchstemperatur nach UL UL746B °C 240 240 240 240
(vorläufig)
(erwartet) 260 260 260 260
Entflammbarkeit
Einstufung nach Underwriter’s Laboratories UL94 – V-0(1,45) V-0(1,45) V-0(1,45) V-0(1,45)n
(mm Dicke)
Sauerstoffindex
0,4 mm dicke Probe ISO 4589 %O2 24 – – –
3,2 mm dicke Probe ISO 4589 %O2 35 – – 43
Temperaturindex
3,2 mm dicke Probe ASTM D2863 °C > 325 – –
Spezifische optische Dichte Ds
3,2 mm Probe : flammend BS 6401/ – 19 – 5 3
: nicht flammend ASTM E662 – 2 – 2 –
1,6 mm Probe : flammend – 50 – – –
: nicht flammend – 5 – – –
Zeit bis 90% Ds,
3,2 mm Probe : flammend min 18 – 19 –
: nicht flammend min 19,6 – – –
Ds (1,5 min),
3,2 mm Probe : flammend – 0 – 0 –
: nicht flammend – 0 – 0 –
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-107 (Fortsetzung)

Eigenschaft Testmethode Einheit 450 G 450 GL30* 450CA30* 450FC30*

Ds (4 min),
3,2 mm Probe : flammend – 1 – 0 –
: nicht flammend – 0 – 0 –
Toxizitätsindex: : CO NES713 – 0,74 – 0,051 –
(10-g-Probe) : CO2 NES713 – 0,146 – 0,123 –
: insgesamt für alle Gase NES713 – 0,22 – 0,17 –
Elektrische Eigenschaften
Durchschlagfestigkeit IEC243
(50-µm-Folie) ASTM D149 kVcm–1 175 – –
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Kriechstromfestigkeit
bei 23 °C ICE112 V 150 – – –
Verlusttangens bei 23°C, 1 MHz IEC112 – 0,003
Dielektrizitätskonstante: 50 Hz–10 kHz
0–150 °C IEC250 – 3,2–3,3 – – –
50 Hz, 200 °C IEC250 – 4,5 – – –
Spezifischer Durchgangswiderstand IEC93 Ohm-cm 4,9 · 1016 – 1,4 · 105 –

(y) = Wert beim Fließen, (b) = Wert bei Bruch, N = geschätzter Wert
Die aufgeführten Daten sind Kurzzeit-Testdaten, die nach ISO,ASTM, BS, DIN Standardmethoden gemessen wurden. Die meisten Ergebnisse sollten nicht
für die Konstruktion lasttragender Teile verwendet werden, da die Eigenschaften von ,Victrex’ PEEK wie die aller thermoplastischen Werkstoffe von Tem-
peratur und Belastungsdauer abhängen. Überdies weisen faserverstärkte Typen infolge der Faserorientierung weitere Eigenschaftsvariationen auf.
Sofern nicht anders angegeben, wurden alle Daten mit ungetemperten Proben, die in Luft geprüft wurden, erzielt.
1209

Thermoplastische
Polykondensate
1210 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

durch verbesserte Fließfähigkeit, sehr gute elektrische Eigenschaften und hohe


Strahlenbeständigkeit aus [21]. Es eignet sich für die Herstellung von dünnwan-
digen Schläuchen, Drahtisolationen, Folien und Monofilen.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender Eigenschaften von PEEK (unverstärkt und ver-
stärkt) enthält Tabelle 2-107.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Die Spannungsdehnungsdiagramme eines unverstärkten sowie eines mit 20
bzw. 30 Masse-% Glasfasern verstärkten PEKEKK (dem nicht mehr am Markt
befindlichen Copolymer Ultrapek der BASF AG) zeigen die Bilder 2-638 und
2-639.

Umwandlungstemperaturen
Der Übergang von Polyaryletherketon vom thermostatischen (Glastemperatur)
in den thermoplastischen Bereich sei hier anstelle des Schubmoduls durch die
Abhängigkeit des Biege-E-Moduls von der Temperatur wiedergegeben, Bild
2-640. Eine Verstärkung von Victrex durch beispielsweise 30 Masse-% C-Fasern
(Victrex PEEK 450 CA 30) führt zu der Steifigkeit von 5000 N/mm2.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das Zeitstandverhalten des unverstärkten Universaltyps Victrex PEEK 450G
a bei 23°C und b 180°C
sowie des GF-verstärkten Typs: Victrex PEEK 450 GL30 zeigt Bild 2-641.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-638. Spannungsdehnungsdiagramm


nach DIN 53 455 von Copolymer für ver-
schiedene Temperaturen (Prüfgeschwin-
digkeit 5 mm/min; Proben 3 h bei 250 °C
getempert)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1211

Bild 2-639. Spannungsdehnungsdiagramm nach DIN 53 455 von Copolymer GF 20 und GF 30


für verschiedene Temperaturen (Prüfgeschwindigkeit 5 mm/min)

Bild 2-640. Biege-E-Modul als


Funktion der Temperatur für
verschiedene Victrex ®
Thermoplastische
Polykondensate

PEEK-Typen (Quelle: Victrex


Europa GmbH)

Das Zeitstandverhalten von unverstärktem Copolymer (PEKEKK) bei ver-


schiedenen Temperaturen (1000-h-Werte nach DIN 53 444) zeigt Bild 2-642.
Die Auswirkung eines sehr kleinen Kerbradius von 0,25 mm zeigt, dass auch
bei Formteilen aus Polyarylketonen jeder scharfe Querschnittübergang und jede
scharfe Kante vermieden werden muss – im Übrigen eine für alle Formteile aus
Kunststoffen eherne Gestaltungsregel. Den Vergleich mit ungekerbten Techni-
1212 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-641. Zug-Zeitstandverhalten von Victrex PEEK 450 G (A) und Victrex PEEK 450 GL 30
(B) bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen (Quelle: Victrex Europa GmbH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-642. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von Copolymer nach
DIN 53 444. 1000-h-Werte für ver-
schiedene Temperaturen (Probekörper
konditioniert; bei 23 °C, 50 % r. F.)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1213

schen Kunststoffen zeigt Bild 2-643.Wie sich ein Kerbradius von 0,25 mm auf die
Schlagzähigkeit auswirkt, gibt Bild 2-644 wieder. Das Ergebnis von Fallbolzen-
tests bringt Bild 2-645.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Wie die meisten teilkristallinen Thermoplaste weisen auch die Polyarylether-
ketone eine hohe Wechselfestigkeit auf, Bild 2-646. PEKEKK erreicht gemäß
Bild 2-647 zwar nicht die hohe Wechselfestigkeit des PEEK, dafür jedoch eine
wesentlich höhere Lastspielzahl bis zum Bruch, die noch über 107 Wechsel
hinausgeht, Bild 2-647 [22].

Härte
Angaben über die Oberflächenhärte enthält Tabelle 2-107.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Das an sich sehr günstige tribologische Verhalten von PEEK kann durch den Zu-
satz von PTFE, Graphit und C-Fasern noch wesentlich verbessert werden. Das
mit C-Fasern verstärkte Material ist wahrscheinlich der einzige Thermoplast,
der auch bei 250 °C noch einen messbaren Verschleiß aufweist, während alle an-

Bild 2-643. Schlagzähig-


keit von ungekerbtem
Victrex PEEK nach Izod
im Vergleich zu anderen
Technischen Kunststoffen
bei 23 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-644. Schlagzähig-


keit von gekerbtem
Victrex PEEK nach Izod
im Vergleich zu anderen
Kunststoffen bei 23°C.
Kerbradius: 0,25 mm,
Kerbtiefe: 2,5 mm
1214 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-645. Im Fallbolzentest er-


mittelte Schlagzähigkeit von
unverstärktem und verstärktem
Victrex PEEK. Dicke der Probe
3,2 mm, Testgeschwindigkeit
3 m/sec, Durchmesser des Fall-
bolzens 12,7 mm

Bild 2-646. Zugwechselfes-


tigkeit eines PEEK Grund-
typs (450 G), glasfaserver-
stärkten (450 GL 30) und
C-Faser verstärkten
(450 CA 30) Victrex PEEK
(Quelle: Victrex Europa
GmbH)
Thermoplastische
Polykondensate

deren bereits versagen (PA und POM bei 100 °C, Sinterbronze bei 70 °C). Diese
Überlegungen führten zur Entwicklung des Hochleistungstyps Victrex PEEK
KX3, der bei 200 °C und einer Prüfgeschwindigkeit von 183 m/min noch einen
zuverlässigen pv-Wert von 610 N/mm2 · m/min aufweist (PA 90), Polyimid 670,
CF-Prepeg 750 und graphitierte Sinterbronze 400 N/mm2 · m/min.
Die Gleitreibungszahl und die Gleitverschleißrate hängen sowohl von der
Flächenpressung und der Gleitflächentemperatur als auch von der Oberflächen-
rauigkeit und -härte des Gleitpartners ab. Dabei sind die Gleiteigenschaften un-
verfälscht nur an völlig schmierungsfreien, entfetteten Gleitpartnern festzustel-
len (Trockenlauf).
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1215

Bild 2-647. Biegewechsel-


festigkeit von unverstärktem
und verstärktem PAEK im
Vergleich mit PA 66

Tabelle 2-108 vergleicht Reibungs- und Verschleißwerte von unverstärktem


und glasfaserverstärktem PEKEKK, ermittelt im Stift-Scheibe-Versuch unter de-
finierten Bedingungen bei zwei verschiedenen Rauhtiefen.
Niedrige Gleitreibungszahlen und geringere Gleitverschleißraten machen
dieses Material für Anwendungen mit Gleit/Reib-Beanspruchung interessant.
Die Stellung von PEKEKK im Ensemble von Konstruktionswerkstoffen der BASF
veranschaulicht Bild 2-648. (Ultrapek (PEKEKK) ist inzwischen nicht mehr am
Markt erhältlich.)
Die Einsatztemperatur von PEEK als Lagerwerkstoff kann durch Verstärken
mit C-Fasern wesentlich erhöht werden. Victrex PEEK 450 FC30 ist wahrschein-
lich das einzige spritzgießbare Lagermaterial, das bei Temperaturen von mehr
als 260 °C einen messbaren Verschleißfaktor aufweist, alle anderen versagen be-
reits bei oder unterhalb diesem Grenzwert.

Tabelle 2-108. Gleitreibungszahl m und Gleitverschleißrate DS von unverstärktem und glasfa-


serverstärktem Ultrapek bei verschieden rauen Oberflächen. Tribosystem: Prüfapparatur
Thermoplastische
Polykondensate

Stift/Scheibe; Flächenpressung p = 1,0 N/mm2; Gleitgeschwindigkeit v = 0,5 m/s; Gleitpartner


Stahl Cr 6/800/HV; technisch trocken; gemittelte Rautiefe Rz = 0,15 bzw. 2,5 mm

Ultrapek Gleitreibungszahl Gleitverschleißrate Gemittelte


[µ] s [µm/km] Rautiefe
Rz [µm]

Gleitflächentemperatur [°C] 40 120 40 120


PEKEKK 0,43 0,49 0,7 5,8 0,15
dto. GF30 0,68 0,65 0,8 6,6 0,15
PEKEKK 0,56 0,51 2,4 7,0 2,5
dto. GF30 0,58 0,52 2,6 10,7 2,5
1216 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-648. Gleitreibungszahl m und Gleitverschleißrate DS verschiedener Konstruktionskunst-


stoffe (Tribosystem Stift-Scheibe)

■ Thermische Eigenschaften
Die Wärmeformbeständigkeit HDT nach den genormten Prüfmethoden gibt
dem Konstrukteur Hinweise zur Vergleichbarkeit und zur Vorauswahl im Hin-
blick auf die thermische Belastbarkeit eines Polymer. Das unverstärkte Victrex
weist einen HDT/A-Wert von 152 °C auf. Mit 30 %iger Glasfaserverstärkung liegt
er bei über 315 °C.
Der lineare Ausdehnungskoeffizient ist mit ≈ 40 · 10–6 · K–1 niedrig. Bei mit
30 Masse-% Glasfasern verstärkten Materialtypen beträgt er nur noch ≈ 20 · 10–6
· K–1 und kommt damit dem Wert für Stahl von 12 · 10–6 · K–1 bereits sehr nahe.
Thermoplastische
Polykondensate

Bei den faserverstärkten Typen ist der Ausdehnungskoeffizient im gesamten üb-


lichen Einsatzbereich nahezu temperaturunabhängig.

■ Elektrische Eigenschaften
Das ausgewogene Eigenschaftsbild der Polyaryletherketone ist besonders bei
elektrischen und dielektrischen Eigenschaften selbst bei Temperaturen um
200 °C noch ausgeprägt. Bild 2-649 zeigt die Temperaturabhängigkeit des spezi-
fischen Durchgangswiderstandes von Victrex PEEK 450 G. Ein Wert von
1010 W cm bei 205 °C prädestiniert das Material für die Herstellung von Draht-
und Kabelisolationen, Kondensator- und Isolierfolien, Steckverbindern, Kohle-
bürsten und Spulenkörpern.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1217

Bild 2-649. Abhängigkeit des spe-


zifischen Durchgangswiderstan-
des von Victrex PEEK 450 G
(Quelle: Victrex Europa GmbH)

Das Bild 2-650 zeigt die Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d
von
a Temperatur und
b Frequenz
von Victrex Kunststoffen. Das Bild 2-651 rundet den Werteüberblick ab mit der
Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Temperatur (Prüffrequenz
9,368 GHz).
Die geringe Wasseraufnahme wirkt sich vorteilhaft beim Einsatz ausge-
wählter Materialtypen für die Herstellung von Leiterplatten aus. Hier ist es
selbst dem Polyimid (PI) überlegen. Selbst Wasserlagerungen von mehreren
tausend Stunden schaden nicht und verändern auch nicht die mechanischen
Werte.

■ Chemikalienbeständigkeit
Wie umfangreiche Beständigkeitsversuche zeigen, sind die Polyaryletherke-
tone gegen die meisten Chemikalien beständig. Nur konzentrierte Schwefel-
säure löst das Produkt auf. Salpetersäure und einige Halogen-Kohlenwasser-
stoffe bauen es ab. Sie sind auch in Wasser von 280 °C (18 bar) noch hydrolyse-
beständig.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Spannungsrissbildung
Die Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen ist hoch, nur in Ace-
ton bilden sich Haarrisse. Durch hohe mechanische Beanspruchungen kann die
Lebensdauer naturgemäß verkürzt werden.

■ Witterungsbeständigkeit
Wie alle einbindigen Polyaromaten, so werden auch die Polyaryletherketone bei
Außenbewitterung vom UV-Anteil der Sonnenstrahlung beeinflusst. Unter ex-
tremen Witterungsbedingungen empfiehlt sich deshalb das Pigmentieren oder
Lackieren der Formstoffe. Als Pigmente bewähren sich bunte Farbtöne ebenso
sehr wie Ruß.
1218 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-650. Abhängigkeit des


dielektrischen Verlustfaktors
von Victrex PEEK 450 G und
anderer Kunststoffe
(A) von der Temperatur
(B) von der Frequenz bei 23 °C

■ Strahlenbeständigkeit
Bild 2-652 zeigt die überlegene Strahlenbeständigkeit von PEEK. Es widersteht
Thermoplastische
Polykondensate

einer g-Strahlendosis von 107 Joule/kg. Bei den GF-verstärkten Typen kann mit
einer noch höheren Beständigkeit gerechnet werden.

■ Witterungsbeständigkeit
Wie die meisten Polyaromate werden die Polyaryletherketone bei Bewitterung
im Freien nur geringfügig geschädigt. Einfärben in der Masse oder Lackieren
bieten meist einen ausreichenden Schutz.

■ Beständigkeit gegen Regenerosion


Die hohe Beständigkeit der Polyaryletherketone hat zu häufigerem Einsatz
im Flugzeugbau geführt, beispielsweise für Radome und Verkleidungen. In
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1219

Bild 2-651. Abhängigkeit der Di-


elektrizitätszahl von Victrex PEEK
450 G von der Temperatur (Prüf-
temperatur: 23 °C) (Quelle: Victrex
Europa GmbH)

Bild 2-652. Bestän-


digkeit von PEEK
und einiger anderer
technischer Kunst-
stoffe gegen g-Strah-
len (Quelle: Victrex
Europa GmbH)

Bild 2-653 wird die Bewährung von Victrex PEEK 450 G bei einer Regenein-
wirkungsgeschwindigkeit von 223 m/s gezeigt. Besser bewährten sich nur
Metalle und hochwertige Keramikwerkstoffe.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Brennbarkeit
PEEK ist auch ohne den Zusatz von Flammschutzmitteln schwer entflamm-
bar. Der Typ PEEK 450 G wird nach UL 94 mit V-O (2 mm dick) eingestuft. Der
Sauerstoffindex beträgt 35 und ist damit höher als derjenige von Polysulfon
und Polyimid, jedoch niedriger als der LOI von Polyamidimid und PPS,
Bild 2-654. Die Rauchentwicklung ist die niedrigste von allen Thermoplasten.
PEEK entwickelt bei der Verbrennung nur geringe Mengen an toxischen Ga-
sen. Die Hauptverbrennungsprodukte sind Kohlendioxid und Kohlenmonoxid.
Der NES 713 Test (Britisches Verteidigungsministerium) ergab beispielsweise für
die Toxizität der Verbrennungsprodukte von Victrex PEEK 450 G den extrem
niedrigen Wert von 0,22. Saure Gase wurden nicht festgestellt. Die Entwicklung
1220 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-653. Beständig-


keit gegen Regenero-
sion (Quelle: Victrex
Europa GmbH)

Bild 2-654. Sauerstoffindex von


Victrex PEEK 450 G und ande-
ren Technischen Kunststoffen,
Testmethode ASTM D2863
Thermoplastische
Polykondensate

toxischer Gase bei der Verbrennung von faserverstärktem PEEK ist sogar noch
geringer. Halogengase werden nicht freigesetzt.

■ Verarbeiten: Verarbeitungsbedingungen
Die Polyaryletherketone werden durch Spritzgießen verarbeitet. Vorgetrocknet
wird mindestens drei Stunden bei 150 °C. Die Massetemperatur beträgt 350 bis
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1221

380 °C beim unverstärkten und 370 bis 400 °C beim verstärkten Material. Als
Werkzeugtemperatur sind 150 bis 180 °C zu empfehlen.
Aus spritzgegossenem Halbzeug können Schälfolien bis zu 20 mm hergestellt
werden, für die sich Anwendungsmöglichkeiten im Austausch gegen biaxial
orientierte technische Folien bieten.

Veredeln der Oberfläche


Formteile können lackiert und im Hochvakuum metallisiert werden.

■ Bearbeiten: Spanendes Bearbeiten


siehe Tabelle 2-6.

Fügeverfahren: Schweißen
Formstoffe aus PEK und PEEK können mit Hilfe von Ultraschall- und Reibungs-
schweißen gefügt werden. Dabei muss die hohe Schmelztemperatur (334 °C) und
ein hoher Anpressdruck während des Schweißens beachtet werden.

Kleben
Die Fügeflächen müssen sauber, trocken und fettfrei sein. Durch Aufrauen,
Flammbehandlung oder Ätzen mit Chromschwefelsäure kann die Festigkeit der
Klebnaht wesentlich erhöht werden.
Als Klebstoffe eignen sich: Epoxidharz, Cyanacrylat, anaerobische und Sili-
con-Klebstoffe. Die höchste Festigkeit wird jedoch mit EP-Harz erzielt. Die Bil-
dung von Spannungsrissen ist nicht bekannt.

Anwendungsgebiete
Automobil- [23], Luftfahrt-, Elektro-, Maschinenbau- [24], und die chemi-
sche Industrie [25, 26] in Form von Spritzgussteilen, Draht- und Kabel-
ummantelungen, Monofile und Folien. Metallteile werden elektrostatisch
oder nach dem Wirbelsinterverfahren beschichtet. In Erprobung befinden
sich Hüftgelenkprothesen im Wettbewerb mit Titan- und Kobaltlegierun-
gen.

Neue Anwendungsmöglichkeiten bietet das vor einigen Jahren eingeführte APC1


(aromatic polymer composite), eine Kombination von PEEK als Matrix und
Thermoplastische

C-Fasern als Verstärkungsmaterial. Dieses Halbzeug wird in Form von Bän-


Polykondensate

dern und Platten geliefert. Das günstige Eigenschaftsbild wird durch eine spe-
ziell entwickelte Vorbehandlung der C-Fasern erreicht.
Als Vorteile werden genannt:

• 30 % leichter als Aluminium,


• leichter verarbeitbar als EP-Harze,
• höhere Schlagzähigkeit und kein Fortschreiten von Anrissen,
• hohe Scher- und Wechselfestigkeit,
• geringe Wasseraufnahme und hohe Beständigkeit gegen Lösemittel,
• Wiederverwendbarkeit von Produktionsrückständen,
• geeignet für das Warmformen, Kaltwalzen und Hohlkörperwickeln.
1222 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Handelsnamen
Arotone (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Declar (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Kadel (Amoco Performance Products/CH)
Santolite (Advanced Elastomer Systems L.P./US)
Stabar (ICI PLC/GB)
Victrex (Victrex Europa GmbH/DE)
Zyex (ICI PLC/GB)

2.2.1.2.7.2
Aliphatische Polyetherketone (PEK)
In den vergangenen vier Jahrzehnten entwickelte die Kunststoff-Rohstoffindu-
strie eine große Anzahl von thermoplastischen Polymeren, die als Homo- oder
Copolymere aliphatischer oder aromatischer Natur, als gefüllte und/oder ver-
stärkte Formmassen und Polymerblends dank ihrer stetig zunehmenden me-
chanischen, thermischen und chemischen Beanspruchbarkeit sowie ihrer wirt-
schaftlichen Verarbeitbarkeit und anderer spezieller Vorzüge immer häufiger
die bis dahin gebräuchlichen metallischen Werkstoffe ersetzten.
Unter den Technischen Hochleistungspolymeren traten in den vergangenen
Jahren – wie die K ’95 in Düsseldorf zeigte – die Polyaryletherketone immer häu-
figer hervor. Die Tatsache, dass von der ursprünglich großen Anzahl der Her-
steller nur noch wenige verblieben sind, zeigt, dass trotz der hervorragenden Ei-
genschaften bei vielen Anwendungsmöglichkeiten, der recht hohe Materialpreis
von einer breiten Verwendung abhält. Den noch verbliebenen Herstellern bieten
sich umso günstigere Marktchancen.
Zu den aromatischen Polyetherketonen stieß anlässlich der K ’95 in Düssel-
dorf überraschend das aliphatische Polyketon Carilon® der Monteshell.

■ Herstellung
Das von BP und Shell hergestellte Carilon ist ein Copolymer aus Ethylen und
Kohlenmonoxid bzw. Polypropylen und Kohlenmonoxid. Das im Shell Re-
search Labor Amsterdam entwickelte Katalysatorsystem (siehe Organomat
Chemistry 417 (1991)), bestimmte den streng alternierenden Aufbau der Poly-
merstruktur
Thermoplastische
Polykondensate

aliphatische Polyketone

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Carilon ist teilkristallin. Der Kristallinitätsgrad beträgt durchschnittlich 30
Masse-%. Die aliphatischen Polyketone reihen sich in ihrem Eigenschaftsniveau
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1223

zwischen den Polyamiden und den Polyacetalen ein [27]. Daraus resultiert auch
das für diesen Werkstoff typische Eigenschaftsbild:

• hohes Rückstellvermögen,
• Hydrolysebeständigkeit,
• Schlagzähigkeit in der Kälte,
• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten,
• Flammschutz ohne Halogene und roten Phosphor,
• günstiges Fließverhalten, damit kurze Spritzzyklen und hohe Abbildegenau-
igkeit.

■ Sortiment
Das Basismaterial für die Spritzgussverarbeitung ist der Entwicklungstyp DP
P1000. DP R1130 (GF 30) ist mit 30 Masse-% Glasfasern verstärkt. Die beiden
Typen RDP1 (FR) und RDP2 (GF, FR) sind mit Flammschutz ausgerüstet bzw.
zusätzlich mit 30 Masse-% Glasfasern verstärkt. Die FR-Typen sind vor allem für
Formstoffe in den Bereichen Elektrotechnik und Elektronik bestimmt.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte für die kennzeichnenden mechanischen, thermischen und elektri-
schen Eigenschaften enthält die Tabelle 2-109.

■ Mechanische Eigenschaften
Der Carilon Grundtyp weist die Technische Kunststoffe kennzeichnende hohe Zug-
Streckspannung von 60 N/mm2 bei einer Dehnung von 25% und einer Reißdeh-
nung von 350% auf, Bild 2-655. Daraus resultiert eine hohe Rückstellfähigkeit, die
in ähnlicher Form höchstens von konditioniertem PA 66 erreicht wird. Die hohe
Elastizität prädestiniert Polyketon für den Einsatz bei Schnappverbindungen. Bei
einer Anfangsverformung bis zu 10% tritt keine bleibende Deformation auf.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-655. Spannungsdeh-


nungsverhalten an der Streck-
grenze: Carilon DP P1000 im
Vergleich mit anderen Kunst-
stoffen
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-109. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften einiger Carilon® Typen (Prüfbedingungen: 23°C, 50% rel. Feuchte)
1224

Eigenschaft Prüfmethode Einheit DP P1000 DP R1130 RDP 1 RDP 2


(GF 30) (FR) (GF, FR)

Allgemeine Kennwerte
Dichte ISO 1183 g/cm3 1,24 1,48 1,4 1,6
Schmelztemperatur – °C 220 220 220 220
Glasübergangstemperatur – °C 15 15 15 15
Schmelzindex IS= 1133 (240°C; 2,16 kg) g/10 min 6 5 – –
Wasseraufnahme ASTM D570 (23°C, 50% rel. F.) % 0,5 0,3 – –
Mechanisch
Streckspannung im Zugversuch ISO/R 527 N/mm2 60 – – –
Dehnung bei der Streckspannung im ISO/R 527 % 25 – – –
Zugversuch
Reißfestigkeit im Zugversuch ISO/R 527 N/mm2 55 120 55 > 90
Reißdehnung im Zugversuch ISO/R 527 % 350 3 9 2,5
Zug-E-Modul ISO/R 527 N/mm2 1400 7300 2500 > 6000
Biege-E-Modul ISO/R 527 N/mm2 1400 7000 2500 –
Kriechmodul ISO 899
1 h, 0,5% Dehnung N/mm2 1300 – – –
1000 h, 0,5% Dehnung N/mm2 900 – – –
Izod-Kerbschlagzähigkeit ISO 180/1A kJ/m 15 8 – –
Charpy-Schlagzähigkeit ISO 179/fU (flach, ungekerbt) kJ/m2 – – 70 > 30
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-109 (Fortsetzung)

Eigenschaft Prüfmethode Einheit DP P1000 DP R1130 RDP 1 RDP 2


(GF 30) (FR) (GF, FR)

Thermisch
Formbeständigkeit in der Wärme (Heat ISO 75/A (1,84 N/mm2) °C 100 215 100 215
distortion temperature)
Vicat-Erweichungspunkt ISO 306/B (5 kg) °C 205 215 – –
Relativer Temperatur-Index (ohne UL 746 B °C 90 120 – –
Schlag)
Elektrisch
Kriechstromfestigkeit (CTI) IEC 112 V 600 600 550 > 400
Glühdrahttemperatur IEC 695.2.1 (2 mm) °C 750 650 960 960
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Sonstige Kennwerte
Entflammbarkeit UL 94 (1,6 mm) – HB HB V-0 V-1
Sauerstoffindex ISO 4589 % 21 20 30 30
Verarbeitungsschwindung – % ~2 0,3/0,7 – –
1225

Thermoplastische
Polykondensate
1226 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Mit neu entwickelten scherspannungsgeregelten Spritzgießtechniken wie


dem Scorim [28] kann eine gewünschte Orientierung erreicht werden. Dabei er-
reicht DP P1000 eine Streckgrenzendehnung von 40 % und eine Zugfestigkeit an
der Streckgrenze von 80 N/mm2. Der E-Modul nimmt von 1400 N/mm2 auf ca.
2100 N/mm2 zu.
Das Zeitstandverhalten von DP P1000 ist in Bild 2-656 wiedergegeben.

■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Zahlreiche technische Anwendungen erfordern hohe Schlagzähigkeit, eine
Eigenschaft, die bei teilkristallinen Kunststoffen meist nur durch den Zusatz
elastifizierender Komponenten unter Einbuße von Steifigkeit und Festigkeit er-
reicht wird. Carilon verfügt mit der Kohlenmonoxid-Olefin-Polymerkette über
einen flexiblen Aufbau, sodass der amorphe Matrixanteil mehr Energie absor-
bieren kann.

■ Tribologische Eigenschaften
Untersuchungen zeigten gemäß Tabelle 2-110, dass bei der Paarung von Polyke-
ton und Platte DP P1000 bei Anwendung von Schmierfett die Werte von nicht ge-
schmiertem Carilon mit nicht geschmiertem POM das DP P1000 überlegen ist.
Die Paarung PA 66 mit POM führt zu höherem Verschleiß. Man kann allge-
mein davon ausgehen, dass bei Kunststoffpaarungen günstige Ergebnisse erzielt
werden, wenn mindestens eines der Teile aus einem Polyketon besteht. Diese
Feststellung gilt auch für Zahnräder. Damit bieten sich Vorteile bei Druckern,
Kopiermaschinen, Haushaltgeräten, Förderanlagen und beim Warentransport.

■ Brennbarkeit
Außer einigen aromatischen Thermoplasten erfordern die meisten Technischen
Kunststoffe flammhemmende Zusätze, vor allem bei Formstoffen für die Elek-
trotechnik und Elektronik. Den aliphatischen Polyketonen bieten bereits mine-
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-656. Isochrone Span-


nungsdehnungslinen von
DP P100 (Quelle: Deutsche
Monteshell) (Prüftemperatur:
23 °C)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1227

Tabelle 2-110. Reibung und Verschleiß von Carilon, Polyacetal (POM) und Polyamid 66 (PA 66)
beim Stift/Platte Versuch

Stift Stahlplatte POM-Platte


Stahl: 100 Cr 6; Ra = 0,1 µm; (Homopolymer)
Geschwindigkeit 0,1 m/s; Geschwindigkeit 0,25 m/s;
Belastung 1,5 N/mm2 Belastung 5 N/mm2

dyn. Verschleiß- dyn. Verschleiß-


Reibungs- faktor Reibungs- faktor
koeffizient µd 10–15 m3/Nm koeffizient µd 10–15 m3/Nm

Polyketon
DP P1000 0,3 17 0,25 0,3
DP P1000 mit Schmierfett 0,15 0,2 – –
POM 0,15–0,2 5–10 >1 > 1000
PA 66 0,5–0,6 40–50 0,3 4,3

ralische Füllstoffe einen ausreichenden Schutz. Die flammhemmende Wirkung


beruht auf endothermer Zersetzung unter Wärmeeinfluss. Die dadurch bewirkte
Kühlung wird unterstützt durch die Emission von CO2 und Wasserdampf. Cari-
lon RDP1 erfüllt die Bedingungen gemäß UL 94 V-O. Dazu kommt eine hohe
Kriechstromfestigkeit (CTI 550 V).

■ Chemikalienbeständigkeit
Die aliphatischen Polyketone bestehen zu etwa 50 Masse-% aus Kohlenmonoxid;
d. h. es lässt sich kaum eine gebräuchliche Chemikalie oder ein verwandtes Lö-
semittel finden. Daraus resultiert eine hohe Beständigkeit gegen den Angriff von
Chemikalien, siehe Tabelle 2-111.

■ Hydrolysebeständigkeit
Polykondensate wie Polyamide und Polyester können unter bestimmten Bedin-
gungen gegen Hydrolyse instabil sein oder bei Verarbeitungsprozessen und An-
wendungen in Berührung mit Wasser abbauen. Carilon wird trotz geringer Was-
seraufnahme nicht hydrolytisch abgebaut (selbst bei Lagerung in Wasser von
100 °C).
Thermoplastische
Polykondensate

■ Permeabilität
Die chemische Resistenz und die hohe Hydrolysebeständigkeit bewirken gute
Basiseigenschaften. Daraus resultiert ein vielversprechender Einsatz im Behäl-
terbau der chemischen Industrie und bei Behältern für methanolfreie Kraft-
stoffe, bei denen das bisher übliche Modifizieren der Oberfläche oder die Mehr-
lagentechnik entfallen kann, Tabelle 2-112.

■ Verarbeitungseigenschaften [29]
Die lineare Kettenstruktur und die enge Molmasseverteilung führen zu einem
durch Temperatur und Scherbeanspruchung nur wenig beeinflussbaren
1228 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-111. Beständigkeit von Carilon DP P1000 gegen den Angriff durch Chemikalien

Medium- Prüf- Prüfzeit Streck- Gewichts-


veränderung temperatur spannung im veränderung
(°C) Zugversuch (%)
(Veränderung
in %)

Kraftstoffe
Vergaserkraftstoff 23 2 Jahre 0 0
Vergaserkraftstoff 45 1 Jahr 0 1
Vergaserkraftstoff, 15% Methanol 23 1 Jahr – 11* 5*
MTBE 23 1 Jahr 0 1
Flugkraftstoff 23 2 Jahre 0 0
Schmiermittel
Motoröl 23 2 Jahre 0 0
Motoröl 120 6 Monate +6 0
Bremsflüssigkeit 23 2 Jahre +6 0
Bremsflüssigkeit 120 6 Monate + 10 5
Hydraulikflüssigkeit 23 2 Jahre 0 0
Lösemittel
Aceton 80 1 Jahr 0 5
Butylacetat 80 1 Jahr + 10 2
Dichlorethan 23 1 Jahr – 12 0
Dimethylformamid 23 1 Jahr – 10 5
Heptan 23 1 Jahr 0 0
Methanol 23 1 Jahr – 11 2
Ethanol 23 1 Jahr –8 2
Methylethylketon 23 6 Monate –4 2
Toluol 80 1 Jahr + 10 4
Trichlorethan 80 1 Jahr 0 5
Wässrige Lösungen
Wasser 23 2 Jahre –3 2
Ethylenglykol, 50% 45 1 Jahr +8 1
Zinkchlorid, 10% 23 1 Jahr –4 2
Natriumchlorid, 10% 23 1 Jahr 0 0
Essigsäure, 5% 23 1 Jahr 0 3
Salzsäure, 10% 23 1 Jahr 0 2
Natronlauge, 1% 23 1 Jahr 0 1
Natriumhypochlorid, 5% 80 6 Moante +6 –2
Thermoplastische
Polykondensate

* Geringe Plastifizierung durch Methanol, nach dem Trocknen keine Eigenschaftsveränderung.

Fließverhalten, Bild 2-657. Die bevorzugten Spritzgusstypen Carilon DP P1000


und RDP-3 sind außerdem dadurch gekennzeichnet, dass durch längere Verweil-
zeit der heißen Formmasse im Plastifizierzylinder kein thermischer Abbau er-
folgt. PK-Schmelzen hingegen neigen zum Vernetzen, das jedoch bei Beachtung
der vom Hersteller empfohlenen Schmelzentemperatur und der Verweilzeit die
Qualität der Formteile nicht beeinträchtigt. Als Schmelzentemperatur wird
240 °C – 270 °C empfohlen. Den Zusammenhang zwischen Spritzdruck und rela-
tivem Fließweg Länge (l) pro Millimeter Wanddicke (t), d. h. l/t, zeigt Bild 2-658.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1229

Tabelle 2-112. Permeabilität von Carilon DP P1000

Medium Permeabilität bei 40°C


(g mm/m2d)

Terpentin 0,03
Butylacetat 0,1
Xylol 0,15
Trichlorethan 0,4
Ethanol 1,5
Methylethylketon 5

Bild 2-657. Rheologisches Ver-


halten von aliphatischen Poly-
ketonen

Die Carilon-Schmelze kristallisiert bzw. erstarrt in sehr kurzer Zeit. Das führt zu
kurzen Nachdruck- und Restkühlzeiten. Im Bild 2-659 werden die Zykluszeiten
von aliphatischen Ketonen mit denjenigen anderer Technischer Kunststoffe mit-
einander verglichen. Dabei zeigt sich überzeugend das günstige Verhalten von
Polyketon (PK). Kurze Kühlzeiten begünstigen die Verzugfreiheit der Form-
Thermoplastische
Polykondensate

teile.

Anwendungsbeispiele
Kraftstoffleitungen und Kühlsysteme für Automobile, Bauteile in gewerb-
lichen und privaten Wasseranlagen, Waschmaschinen, Schnappverbindun-
gen, Zahnräder für Büromaschinen und Haushaltgeräte, Schalter, Relais
und Steckbinder [30].

Handelsnamen
Carilon (Deutsche Shell Chemie GmbH/DE)
1230 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-658. Bestimmung des


Fließverhaltens von aliphati-
schen Polyketonen (Typen:
Carilon DP P1000 und RDP3)
nach dem Spiraltest
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-659. Vergleich der Zykluszeiten von aliphatischen Polyketonen mit anderen Technischen
Thermoplasten (Angaben in %)
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1231

Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.3 – 2.2.1.2.7.2


[1] Stoeckhert K (1984) „Kunststoffe im Verpackungswesen“, Kunststoffe 74, S 229–236
[2] Rathmann D, Tacke P (1994) „Polyarylate“ in Kunststoff-Handbuch 3/3 (Herausgeber: L.
Bottenbruch) C. Hanser Verlag, München, S 1–53
[3] Elias H-G, Vowinkel F (1983) „Neue Werkstoffe für die industrielle Anwendung“, München
C. Hanser Verlag, S 125–134
[4] Saechtling Hj „Selbstverstärkende, teilkristalline Polymere (LCP)“ in [3], S 477–479
[5] Hoechst AG (1990) „Vectra® Werkstoffbroschüre“
[6] Hoechst AG (1996) „Kostengünstige LCP“, Kunststoffe 86, S 535
[7] NN (1996) „LCP-Barriereschicht“, Kunststoffe 86, S 664
[8] Huber H-J (1996) „LCP für Elektrobauteile“, Kunststoffe 86, S 530–532
[9] Huber H-J (1996) „Flüssigkristalline Kunststoffe“, Kunststoffe 86, S 1530–1532
[10] Bangert H (1990) „Eigenschaftssteuerung durch Konstruktion und Verarbeitung“ in Flüs-
sigkristalline Polymere (LCP) in der Praxis, VDI-Verlag Düsseldorf, S 47–85
[11] Troitzsch JH (1989) „Flammschutzmittel“ in R. Gächter u. H. Müller (Herausgeber): Ta-
schenbuch der Kunststoff-Additive, 3. Ausgabe, S 737–777, München C. Hanser Verlag
[12] Bussink J et al. (1993) „Polyphenylenether: Zulassungen, Zertifikate“ in Technische Poly-
mer-Blends (Herausgeber: L. Bottenbruch), S 133–135, Kunststoff-Handbuch 3/2, München,
C. Hanser Verlag
[13] Blinne G et al. (1985) „Thermoplastische Polyethersulfone – Aufbau, Eigenschaften, An-
wendungen“, Kunststoffe 95, S 29–34
[14] BASF AG Materialbroschüre „Ultrason E und Ultrason S“, B602d, 9.92, S 47
[15] Bussink J (1984) „Aromatische Polyether“, Kunststoffe 74, S 573–575
[16] „Wärmebeständigkeit in Luft und Wasser“, siehe [36] S 15
[17] Ticktin A, Ahlers J (1996) „Polysulfon, Polyethersulfon“, Kunststoffe 86, S 69–72
[18] „Pumpenlaufrad aus PES“ (1994) Kunststoffe 84, S 771
[19] Ostlinning E et al. (1994) „Polyarylensulfide“ in Hochleistungskunststoffe (Herausgeber:
L. Bottenbruch) C. Hanser Verlag, München, S 55–140)
[20] Fleischer D (1991)„Entwicklungstendenzen polymerer Werkstoffe“ in: 5. Fachtagung des
SKZ Würzburg: Polymere Hochleistungswerkstoffe in der Anwendung, S 7–23
[21] Hohmuth S, Fiala P (1984) „Neue Polyarylate für Hochleistungsanwendungen“, Kunststoffe
84, S 1015–1019
[22] Wolf P (1984) „Polyaryletherketon – ein Hochleistungsthermoplast mit großem Potential“,
Kunststoffe 84, S 990–994
[23] Reimer W et al. (1996) „PEEK ersetzt Metall“, Kunststoffe 86, S 528–530
[24] NN (1996) „PEEK im Getriebe“ und „Hart wie Stahl“, Kunststoffe 86, S 84
[25] NN (1995) „Aggressiv und heiß“, Kunststoffe 85, S 495
[26] NN (1996) „PEEK für Anwendungen unter Wasser“, Kunststoffe 86, S 1724
[27] Wakker A et al. (1995) „Robust und leistungsfähig“, Kunststoffe 85, S 1056–1063
[28] Kalay G et al. (1994) „Polymer“ 35, S 2480
[29] Wakker A et al. (1996) „Kurze Verarbeitungszyklen“, Kunststoffe 86, S 1318–1322
Thermoplastische
Polykondensate

[30] NN (1996) „Aliphatische Polyketone für elektrotechnische Anwendungen“, Kunststoffe 86,


S 11

2.2.1.2.8
Hochwärmebeständige duro- und thermoplastische
Polykondensate und Polyaddukte
Wegen der Bedeutung wärmebeständiger Kunststoffe seien diesem Abschnitt ei-
nige grundsätzliche Bemerkungen vorangeschickt. Die Gebrauchstemperatur
der thermoplastischen Massekunststoffe liegt bei Temperaturen unter 100 °C, bei
1232 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Technischen Thermoplasten werden – mit Einschränkungen – Dauergebrauchs-


temperaturen von 150 °C erreicht. Duroplastische Sonder-Formmassen errei-
chen 180 °C, der Schwelle von 200 °C nähern sich die Silicone und einige Fluor-
polymere. Die Si- und F-Kunststoffe weisen jedoch in diesem Temperaturbe-
reich keine hervorstechenden mechanischen Eigenschaften auf, sodass sie als
Konstruktionswerkstoffe nicht in Betracht kommen. Auch die Rohstoff- und
Verarbeitungskosten schließen eine breite Verwendung aus. Ein vorzügliches
Hilfsmittel für die Beurteilung der beiden wichtigen thermischen Eigenschaf-
ten:
• Thermostabilität,
• Temperaturverlauf der Formbeständigkeit in der Wärme
bilden die thermogravimetrische Analyse (TGA), Bild 2-660 und der Torsions-
schwingungsversuch, Bilder 2-661 und 2-662. Die langfristige Gebrauchstüchtig-
keit der Kunststoffe kann naturgemäß nach diesen Ergebnissen nicht beurteilt
werden. Seit Anfang der sechziger Jahre wurden vor allem in Ländern, die sich
um Fortschritte in der Luft- und Raumfahrt und nicht zuletzt in der Wehrtech-
nik bemühen, große Anstrengungen unternommen, Kunststoffe mit verbesser-
ten thermisch-mechanischen Eigenschaften zu entwickeln. Bei Geschwindigkei-
ten von 2 Mach beträgt z. B. die Oberflächentemperatur von Flugkörpern 150 °C,
bei 3 Mach sind es 300 °C und bei 4 Mach sogar 500 °C. Außerdem wird eine
Gebrauchstüchtigkeit bei – 60 °C verlangt. Häufig treten diese extremen Bean-
spruchungen im Betrieb nur für eine begrenzte Zeit auf. Dabei nimmt man eine
Zersetzung an der Oberfläche (Ablation) in Kauf.
Die Wege, die bei bekannten Kunststoffen zu Werkstoffen mit graduell ver-
besserten Eigenschaften führen, sind chemischer und physikalischer Natur. Die
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-660. Thermogramm einiger


Kunststoffe
a Polybenzimidazol
b Polyphenylen
c Polyamid
d Polyphenylenether
e Polyoxidiazol
f Polyphenylensulfid
g Phenol/Formaldehydharz
h Polycarbonat
i Polyvinylchlorid hart
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1233

Bild 2-661. Schubmodul einiger amorpher Thermoplaste


a Polyvinylcarbazol
b Polycarbonat
c Polymethylmethacrylat
d Polystyrol
e Styrol/Butadien-Copol.
f PVC-U
g VC/VAC-Copolymer
h Polyacrylsäuremethylester

Bild 2-662. Schubmodul


einiger teilkristalliner
Thermoplaste
a Polyamid 66
b Polyamid 6
c chlorierter Polyether
d PE-HD
Thermoplastische
Polykondensate

e PE-LD

chemischen Maßnahmen greifen in den strukturellen und den morphologi-


schen Aufbau der Werkstoffe ein. Sie haben zum Ziel, sowohl die Formbestän-
digkeit in der Wärme als auch die Thermostabilität zu erhöhen. Die Formbe-
ständigkeit in der Wärme kann erhöht werden durch Ändern des strukturellen
Aufbaus, z. B.
• Homo-, Co- und Pfropfpolymerisation von beständigen, d. h. sperrig aufge-
bauten Monomeren,
1234 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• Austausch der Kohlenstoffkette durch Silicium-, Sauerstoff-, Stickstoff-,


Schwefel- und/oder Metallbindungen (die erzielten Ergebnisse befriedigen
bis auf wenige Ausnahmen bis heute noch nicht).
Ändern des morphologischen Aufbaus:
• Stereoregulierung zur Erzielung höherer kovalenter Bindungskräfte,
• Vernetzen.
Die Thermostabilität wird gesteigert durch:
• Verwenden wirksamerer Stabilisatoren.
Die physikalischen Maßnahmen zur Verbesserung der Wärmestandfestigkeit
bestehen in:
• Verstärken mit anorganischen oder organischen faser- oder pulverförmigen
Zusatzstoffen,
• Mischen mit reflektierenden Füllstoffen.
Der Weg zu Kunststoffen mit chemisch und physikalisch gleichermaßen wesent-
lich verbesserten Eigenschaften führt jedoch nur über Monomere, deren Bin-
dungsenergie höher ist als die der einfachen C–C-Ketten.
Für den Aufbau thermisch stabiler und standfester Polymeren müssen Bin-
dungsenergien von mehr als 420 J/mol gefordert werden; denn so hoch ist allein
die Energie des UV-Anteils der Sonnenstrahlung.
Die Richtigkeit dieser Überlegungen beweisen die Fluorkunststoffe. Die ali-
phatischen Fluorpolymeren sind seit vielen Jahrzehnten bekannt. Die perfluo-
rierten Aromaten eröffnen jedoch noch viele Möglichkeiten. Der größte Nachteil
ist ihr hoher Preis. Die Thermostabilität einfacher aromatischer Verbindungen,
in denen die Ringe durch Gruppierungen wie:

–O–

O O
|| ||
–C– –O–C–O–

H O
| ||
–C– –O–C–
|
Thermoplastische
Polykondensate

H
|
–S– –N–

O O
|| ||
–, S – –N–C–
|| |
O H

unterbrochen werden, beträgt zwischen 400 und 500 °C, einfache, nur aus Rin-
gen bestehende Verbindungen erreichen bis zu 600 °C.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1235

Die Ringverbindungen bestehen jedoch nicht nur aus C-Atomen und Substi-
tuenten, sondern es sind ebenso zahlreiche heterocyclische Ringverbindungen –
außer Kohlenstoff vornehmlich auf Stickstoff und Sauerstoff aufbauend – vor-
handen. Sie führen zu den sog. Halbleiter- und den Leiterpolymeren. Den
Unterschied im Aufbau der linearen Halbleiter- und Leiterpolymeren zeigt
nachstehende Übersicht. Die Halbleiterpolymeren sind gemischt ein- und zwei-
bindig, die Leiterpolymeren nur zweibindig aufgebaut und daher in besonderem
Maße thermisch stabil und wärmestandfest.

Zahlreiche bifunktionelle Aromaten führen zu linearen thermoplastisch verar-


beitbaren Polykondensaten. Lange Zeit war man der Meinung, dass höherfunk-
tionelle Verbindungen wegen der kaum voneinander trennbaren Stufenreak-
tionstests zu unlöslichen, räumlich vernetzten und kaum formbaren Polymeren
führen müssen. Dem ist jedoch nicht so, wie noch gezeigt wird.
Wenden wir uns nun den bekanntesten hochwärmebeständigen Kunst-
stoffen zu.
Thermoplastische
Polykondensate

2.2.1.2.8.1
Polyimide (PI)
Gemessen an der Produktionsmenge sind die Polyimide die wichtigste Grup-
pe der hochwärmebeständigen Kunststoffe (im englischen Schrifttum häufig
als „exotics“ bezeichnet). Alle Polyimide sind durch die charakteristische
Gruppe

* D = Duroplast
Th = Thermoplast
1236 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

gekennzeichnet.
Polyimide können durch Polykondensation oder durch Polyaddition herge-
stellt werden. Die Polykondensate beruhen auf der Reaktion eines aromatischen
Diamins mit einem aromatischen Dianhydrid. Es entsteht ein schmelzbares Zwi-
schenprodukt, das durch Wärmezufuhr unter Abgabe von Reaktions-Nebenpro-
dukten in ein unlösliches und nicht schmelzbares Polyimid übergeführt wird.
Die Polykondensate weisen häufig große Hohlräume auf, die vom erzeugten
Wasserdampf herrühren. Dadurch werden die mechanischen Eigenschaften be-
einträchtigt.
Die Polyadditionsprodukte basieren auf kurzkettigen Vorpolymeren. Diese
weisen ungesättigte aliphatische Endgruppen auf, die durch thermisch polyme-
risierende Gruppen gesättigt werden, ohne dass flüchtige Bestandteile entwei-
chen. Die Polyadditionsreaktion führt zu Produkten, die eine etwas geringere
Wärmestandfestigkeit aufweisen als die Polykondensate.
Die Polykondensationstypen sind als Duro- und Thermoplaste verfügbar, die
Polyaddukte nur als Duroplaste. Wenn auch einige Polykondensattypen als Ther-
moplaste bezeichnet werden können, so bedeutet dies nicht, dass sie als Schmelze
formbar sind.Die Polyimide von DuPont wie Vespel-Formstoffe,Pyrolin-Laminate
und Kapton-Folien weisen Schmelztemperaturen auf, die weit oberhalb der Zer-
setzungstemperatur liegen. Zu den thermoplastischen Polyimiden gehören bei-
spielsweise das Torlon der Amoco und das Polyimid 2080 von Upjohn.
Einige Polyimide erfordern spezielle Verarbeitungsverfahren. Deshalb sind
sie am Markt nicht als Rohstoffe, sondern nur als vorgefertigtes Halbzeug er-
hältlich. Das Halbzeug wird nach Art der Pulver-Sintertechnik hergestellt.
Außerdem gibt es Polyimidtypen, die durch Pressformen verarbeitbar sind. Im
Vergleich zu den bekannten Formmassen sind wesentlich höhere Verarbeitungs-
temperaturen erforderlich. Die Zykluszeiten ähneln jedoch denen der üblichen
Massen (1,5 bis 2 min/mm Wanddicke). Meist wird eine Wärmenachbehandlung
bei 250 °C empfohlen, um die bestmögliche Wärmestandfestigkeit zu erzielen.
Einige Polyimidtypen können spritzgegossen werden. Die Massetemperatur
Thermoplastische
Polykondensate

beträgt 350 °C, die Spritzdrücke sind sehr hoch. Die Zykluszeiten sind lang we-
gen der großen Temperaturspanne während des Abkühlens. Die spritzgießbaren
Polyimide könne auch extrudiert werden.
Mehrschichtstoffe werden in beheizten Pressen, mit Hilfe des Vakuumsack-
verfahrens oder im Niederdruckautoklaven hergestellt. Auch das Filamentwin-
ding ist üblich. Diese Verfahren erfordern das Einhalten eines Heiz-, Härte- und
Abkühlprogramms. Wenn es sich um Kondensationsharze handelt, werden Pau-
sen für das Entweichen der flüchtigen Reaktionsprodukte eingelegt. Dadurch
werden die Erzeugnisse weitgehend frei von Vakuolen. Bei den flüchtigen Ne-
benprodukten der Polykondensationsreaktion handelt es sich um aromatische
Säuren, aromatische Stickstoffverbindungen auf Lösemitteldämpfe.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1237

Die Polyimide können auch durch Sprühen aufgetragen werden. Polyimidbe-


schichtungen führen bei Aluminium zu glänzenden, wärmebeständigen Über-
zügen, die gegen Lösemittel beständig sind und Fleckenbildung verhüten. Für
das Kleben von Polyimid-Formteilen untereinander oder mit anderen Werk-
stoffen stehen zahlreiche Klebstoffe zur Verfügung. Die Auswahl richtet sich
nach der jeweiligen Betriebstemperatur. Bei Gebrauchstemperaturen von weni-
ger als 150 °C bewähren sich Epoxidharze. Phenolharzklebstoffe sind etwas
wärmebeständiger. Mit Polyimidklebstoffen könnte auch Aluminium, Titan und
austenitischer Stahl verbunden werden. Das Polyimid NR-150 (DuPont de Ne-
mours) kann sogar durch Ultraschall mit anderen Werkstoffen verbunden wer-
den. Formteile und spanend bearbeitetes Halbzeug liefern die Dixon Corp. und
DuPont. DuPont liefert ebenfalls beschichtetes Glasgewebe, beschichtete Glas-
seidenrovings und polyimidbeschichtetes, wärmebeständiges Nylongewebe
(Pyrali). DuPont ist auch Hersteller der Kapton-Folie, die auf einer oder auf bei-
den Seiten mit FEP beschichtet sein kann. Die zweistufige Polykondensation ei-
nes im Grunde thermoplastischen – jedoch nicht schmelzbaren – Polyimids sei
näher beschrieben.

2.2.1.2.8.1.1
Klassisches Polyimid (PI)
Die aromatischen Polyimide, beispielsweise Vespel der Firma DuPont de Ne-
mours (US) gehören zu den Produkten mit in-situ durch Polykondensation ge-
bildeten Imidgruppen.

■ Herstellung
Ausgangsstoffe sind z. B. ein Tetracarbonsäureanhydrid und ein aromatisches
Diamin. Das Diamin wird bei Temperaturen von 20 bis 40 °C in DMF (Dimethyl-
formamid), N,N-Dimethylpyrrolidon oder Dimethylsulfidoxid (DMSO) gelöst.
Die Polykondensationsreaktion verläuft stark exotherm.
Thermoplastische
Polykondensate

Pyrromellitanhydrid 20...40°C aromatisches Diamin

Wasser wird abgespalten, und es bildet sich die Amidcarbonsäure als Präpoly-
mer. Sie ist in den genannten Lösemitteln löslich.

Amidcarbonsäure
1238 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die Lösung wird als Lack oder zur Herstellung von Folien oder Formmasse ver-
wendet. Man gibt z. B. die Lösung auf Glasplatten und trocknet 20 min bei 80 °C
im Stickstoffstrom. Eine genaue Reaktionsführung muß verhindern, dass sich
die hydrolyseempfindliche Amidcarbonsäure bei der Cyclisierungsreaktion im
eigenen Reaktionswasser spaltet. Dann wird bei langsam auf 300 °C gesteigerter
Temperatur im Vakuum getrocknet. Festes Pulver erhält man durch Sprühtrock-
nung. Daraus werden nach den Methoden der Pulvermetallurgie bei Temperatu-
ren von 800 °C und hohen Drücken Festkörper hergestellt.

Amidcarbonsäure

Polyimid

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Häufig können diese Vorteile nicht genutzt werden, weil bis jetzt nur eine be-
grenzte Auswahl von Formteilen und Halbzeug herstellbar ist. Es ist bis heute
nicht üblich, Pressmassen oder Prepregs im Kunststoffverarbeitungsbetrieb zu
formen. Die Rohstoffhersteller ziehen es vor, die komplizierte Verarbeitung
selbst durchzuführen und Formteile nach Zeichnung und Angaben des Auftrag-
gebers zu fertigen. So ergibt sich das Kuriosum, dass mehrere Hersteller am
Markt u. a. auch Fertigkeile anbieten.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Aus der Tatsache, dass bei den Polyimiden(PI) die in die linearen, d. h. fadenför-
mig angeordneten Makromoleküle eingebauten aromatischen oder heterocycli-
schen Ringverbindungen dicht zusammengerückt sind, ergibt sich das Eigen-
schaftsbild:


Thermoplastische
Polykondensate

hohe Festigkeit über einen breiten Temperaturbereich(– 240 bis + 370°C),


• hohe Steifheit und Härte,
• hohe Thermostabilität,
• hohe Wärmestandfestigkeit,
• günstiges Gleit- und Abriebverhalten,
• gute elektrische Eigenschaften,
• hohe Strahlenbeständigkeit,
• hohe Flammwidrigkeit,
• geringe Ausgasverluste im Hochvakuum,
• befriedigende Beständigkeit gegen Chemikalien und Wasser.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1239

■ Zusatzstoffe
Von Bedeutung sind Funktions- und Verstärkungsstoffe. Zu den bevorzugten
Funktions-Zusatzstoffen gehören im Hinblick auf die Anwendung der Produk-
tion als Lagerwerkstoffe: Molybdändisulfid (MoS2), Graphit und PTFE.
Als Verstärkungsstoffe kommen außer Glasfasern, C- und Aramidfasern so-
wie daraus hergestellte flächenförmige Erzeugnisse in Betracht.

■ Sortiment
Das Sortiment der Imid-Polykondensate ist angesichts einer Reihe von Herstel-
lern und deren Produkttypen sehr zahlreich. Es umfasst duro- und thermoplas-
tische Produkte mit den genannten Funktions- und Verstärkungsstoffen.

■ Lieferformen
Die Polyimide sind grundsätzlich als Harze und Compounds in Form von
trockenen Pulvern oder in Lösemitteln gelöst lieferbar. Dazu kommen gepresste
und spanend hergestellte Formteile, im B-Zustand vorpolymerisierte Prepregs,
Honigwaben, Folien, Schichtstoffe, Schaumstoffe, Beschichtungsmaterial, Draht-
lacke und Klebstoffe.
Bei den in diesem Abschnitt zu besprechenden Polyimiden, Vespel Form-
stoffe und Kapton Folien, handelt es sich ausschließlich um Erzeugnisse der
Firma DuPont de Nemours (US), die nur als fertige Präzisions-Formteile bzw.
Folien von DuPont unmittelbar geliefert werden. Halbzeug steht in begrenzten
Mengen in Form von Stäben, Rohren, Platten, Ringen und Scheiben zur Ver-
fügung.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender Eigenschaften bearbeiteter Vespel Polyimid-Form-
stoffe enthält Tabelle 2-113.

■ Mechanische Eigenschaften:
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Bild 2-663 zeigt das Kraft/Verformungsdiagramm des direkt geformten, unge-
füllten Vespel SP-1 bei verschiedenen Temperaturen und Entnahmerichtungen
der Probekörper. In Bild 2-664 ist der Bereich geringer Dehnung für SP-1 wie-
dergegeben. Das Polyimid Vespel SP schmilzt nicht und zeigt keine mit übli-
chen Verfahren messbaren Phasenübergänge. Deshalb nehmen Zugfestigkeit
Thermoplastische
Polykondensate

und E-Modul nahezu linear mit der Temperatur ab, wie die Bilder 2-665 und
2-666 zeigen.
Ein Vergleich des Spannungsdehnungsverhaltens spanend aus Vollmaterial
und durch direktes Formen hergestellter Formstoffe zeigt, dass die spanend ge-
formten Teile bei gleicher Zugspannung je nach Typ eine bis zu 100 % höhere
Dehnung aufweisen als die unmittelbar geformten.

Umwandlungstemperaturen
Wie bereits erwähnt, sind bei Vespel SP keine messbaren Phasenübergänge fest-
stellbar.
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-113. Eigenschaften bearbeiteter Vespel Polyimid-Formstoffe


1240

Eigenschaften Einheit Prüf- Grundstoff gefüllt verstärkt


vorschrift 15% Graphit 42% Glasfasern
ASTM SP-1 SP-21 SP-5

mechanische
Dichte g/cm3 D 792 1,43 1,51 1,75
Zugfestigkeit (23°C) N/mm2 D 1708 75 bis 100 45 bis 80 25 bis 50
(300°C) 33 bis 44 30 bis 41 –
Biegefestigkeit (23°C) N/mm2 D 790 105 bis 130 80 bis 125 40 bis 80
(300°C) N/mm2 60 bis 73 45 bis 70 –
Biege-E-Modul (23°C) N/mm2 D 790 3000 bis 3200 3500 bis 4000 4300 bis 7000
(300°C) N/mm2 1800 bis 1900 2100 bis 2500 –
Druckfestigkeit (23°C) N/mm2 D 695 250 bis 310 200 bis 235 –
(300°C) N/mm2 130 bis 133 64 bis 68 –
Scherfestigkeit N/mm2 D 732 85 bis 95 75 bis 80 –
Kerbschlagzähigkeit (Izod) kJ/m2 D 256 3,8 bis 7,6 2,7 bis 3,3 –
Poissonzahl – – 0,41 0,41 –
Biegewechselfestigkeit (107 Lastwechsel) N/mm2 – 35 35 –
Verformung unter Last (13,8 N/mm2 bei 60°C) % D 621 0,14 0,10 –
Abrieb (mm/1000 h) in N2 mm – 250 100 –
in Luft mm – 6 bis 30 2,5 –
Reibungskoeffizient (ungeschmiert)
statisch in Luft 0,35 0,30 –
dynamisch in Luft (p · v = 500) 0,29 0,24 –
dynamisch in Stickstoff (p · v = 500) 0,04 bis 0,09 0,06 bis 0,08 –
Härte (Rockwell) D 785 48 bis 58 E 32 bis 44 E
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-113 (Fortsetzung)

Eigenschaften Einheit Prüf- Grundstoff gefüllt verstärkt


vorschrift 15% Graphit 42% Glasfasern
ASTM SP-1 SP-21 SP-5

thermische
Gebrauchstemperatur ohne mechanische
Beanspruchung, in Luft
kurzzeitig °C – 400 400 400
dauernd °C 260 260 260
Formbeständigkeit in der Wärme
(HDT 185 N/mm2 °C D 648 280 bis 360 360 360
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 · 10–6 D 696 50 bis 63 41 bis 65 18 bis 38
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

Wärmeleitfähigkeit W/mK C 177 0,29 bis 0,35 0,47 bis 0,87 0,35 bis 0,41
elektrische
spezifischer Durchgangswiderstand W cm D 257 1016 bis 1017 1,5 · 1015 –
Oberflächenwiderstand W D 257 1015 bis 1016 – –
Dielektrizitätszahl (105 Hz) (23°C) – D 150 3,41 7,60 –
(263°C) – – 3,01 – –
dielektrischer Verlustfaktor tan d, (23°C) – – 0,0052 0,0040 –
105 Hz (263°C) – – 0,0011 – –
Durchschlagfestigkeit (2-mm-Probe) kV/mm D 149 22 10 –
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI/A > 380 240 240
Lichtbogenfestigkeit s D 495 230 – –
Wasseraufnahme (24 h) % D 570 0,32 0,6 0,4
(Sättigung) % 3,0 – –
1241

Thermoplastische
Polykondensate
1242 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-663. Spannungsdehnungsdiagramm von Bild 2-664. Spannungsdehnungsdiagramm


Vespel SP-1 bei verschiedenen Temperaturen von Vespel SP-1 im Bereich geringer
und Entnahmerichtungen der Probekörper Verformung

Langzeitverhalten: Verhalten bei einachsigem Spannungszustand


Beachtenswert ist das selbst bei 300 °C noch hohe Niveau des Biege-Kriechmo-
duls und der nahezu lineare Abfall, Bild 2-667.
Im Hinblick auf die Wärmestandfestigkeit ist das Aufrechterhalten eines
günstigen Eigenschaftsbildes bei höherer Temperatur von besonderer Bedeu-
tung. In inerter Atmosphäre beeinträchtigt selbst ein Dauereinsatz bei 300 °C die
Zugfestigkeit nicht, wie Bild 2-668 zeigt.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Wie Tabelle 2-113 zeigt, ist die Kerbschlagzähigkeit von Vespel SP mit derjenigen
Thermoplastische
Polykondensate

duroplastischer Formmassen vergleichbar und naturgemäß derjenigen hoch-


wärmebeständiger Thermoplaste unterlegen. Vespel ist kerbempfindlich.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


In Bild 2-669 ist die Zug/Druckwechselfestigkeit von Probestäben aus Vespel
SP-1 bei 105, 106 und 107 Lastwechseln in Abhängigkeit von der Temperatur wie-
dergegeben.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Typische im Drucklagerversuch (ohne Schmierung) bei dem mit 15 % Massege-
halt Graphit gefüllten Typ Vespel SP-21 ermittelte Werte sind folgende:
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1243

Statisch v = 150 m/min v = 90 /min v = 300 m/min v = 100 m/min


p = 0,35 N/mm2 p = 0,7 N/mm2 p = 0,7 N/mm2 p = 7 N/mm2

0,30 0,24 0,17 0,07 0,04

Bei etwa 150 °C weist der Reibungswert einen Übergangsbereich auf. Unterhalb
von 150 °C ähnelt das Reibungsverhalten demjenigen von PA 66, bei höheren
Temperaturen fallen die Reibungswerte jedoch ab und bei 200 bis 540 °C bleiben
sie nahezu unbeeinflusst von der Temperatur. Die niedrigen Werte hängen mit
dem höheren Druck zusammen. Daraus resultiert für den Konstrukteur, dass die
hohen Reibungswerte während des Anlaufvorgangs zu berücksichtigen sind.
Beim Wiederanlaufen muss zwar keine neue Schmierschicht gebildet werden,
der Temperatureinfluss bleibt jedoch bestehen.
Vespel Lager bewähren sich gut mit und ohne Schmierung unter Bedingun-
gen, bei denen andere Kunststoffe zerstört und viele Metalle hohen Abrieb auf-
weisen. Ein breiter Temperatur- und Lastbereich sowie eine hohe Beständigkeit
gegen den Angriff durch Chemikalien, Schmiermittel und hydraulische Flüssig-
keiten bewirken, dass sich diese Lager bewähren in:
• Luft und inerter Umgebung bis 370°C,
• radioaktiver Strahlung,
• hohem Vakuum (10–10 Torr),
• hydraulischen Flüssigkeiten und flüssigem Wasserstoff.
Die Gegenlaufflächen sollen hart und glatt sein. Bei hydrodynamischer Schmie-
rung (dicker Film) entsteht kein Abrieb, im Grenzschmierbereich (dünner
Schmierfilm) ändern sich die Eigenschaften von Vespel je nach Schmiermittel.
Es ist jedoch Bronze und Weißmetall überlegen. Die gleiche Feststellung gilt
auch für das Notlaufverhalten.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-665. Zugfestigkeit von Vespel SP-1 Typen


in Abhängigkeit von der Temperatur und der
Entnahmerichtung der Probekörper
1244 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-666. Biege-E-Modul von Vespel


SP-1 in Abhängigkeit von der Temperatur
und der Entnahmerichtung der Probe-
körper

Bild 2-667. Biege-Kriechmodul von Vespel SP bei verschiedenen Temperaturen

Bild 2-668. Verhalten der


Thermoplastische
Polykondensate

Zeitstand-Zugfestigkeit von
Polyimid-Formstoffen bei
Lagerung in verschiedenen
Medien
a in Stickstoff von 300 °C
b in Luft von 250 °C
c in Luft von 300 °C
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1245

■ Thermische Eigenschaften
siehe Tabelle 2-113.
Die relative Längenänderung von Formstoffen aus Vespel SP-1 in Abhängig-
keit von der Temperatur ist in Bild 2-670 wiedergegeben. Die Absolutwerte in
1 · 106 K–1 sind für die jeweiligen Bereiche angegeben.
Der lineare Ausdehnungskoeffizient unverstärkter Formstoffe liegt zwischen
dem der Metalle und bekannter Thermoplaste. Durch Verstärken und Füllen
können diese Werte wesentlich reduziert werden.
(Polyimid-Drahtlacke lassen hohe Überlastung von Wicklungen zu. Dauernd
sind Betriebstemperaturen von 225 °C möglich, sogar Spitzentemperaturen bis
400 °C. Die Überzüge umschließen vorzüglich auch rechteckige oder profilierte
Leiterquerschnitte).

■ Elektrische Eigenschaften
Hohe Festigkeit, Wärmestandfestigkeit und Strahlenbeständigkeit begünstigen
die Verwendung von Polyimid in der Elektrotechnik. Dazu kommt das günstige
Verhalten bei hohen Temperaturen, wie die Bilder 2-671 und 2-672 zeigen. Auffal-
lend ist auch hier die lineare Abnahme des Oberflächenwiderstandes und des spe-
zifischen Durchgangswiderstandes. Die Abhängigkeit der Durchschlagfestigkeit
von der Temperatur gibt Bild 2-673 wider. Dielektrizitätszahl und dielektrischen
Verlustfaktor als Funktion der Temperatur zeigen die Bilder 2-674 und 2-675.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Lösemittel, Kraftstoffe, Fette, Öle, Detergenzien, verdünnte
Säuren und Laugen;
nicht beständig gegen: starke Säuren und Laugen sowie Oxidationsmittel,
nicht dauernd gegen kochendes Wasser und Dampf (Abnahme der Festigkeit ist
reversibel);
beständig gegen Spannungsrissbildung außer in alkalischen Medien.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-669. Zug/Druckwechselfestigkeit aus


Vollmaterial spanend geformter Probestäbe
aus Vespel SP-1 Formstoff in Abhängigkeit
von der Temperatur
(Prüffrequenz: 30 Hz)
1246 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-670. Relative Längenänderung von Formstoff aus Vespel SP-1 in Abhängigkeit von der
Temperatur (eingeklammerte Ziffern sind die Absolutwerte des linearen Ausdehnungskoeffi-
zienten (K– 1) im jeweiligen Bereich, zu multiplizieren mit 10–6)

■ Witterungsbeständigkeit
Formteile und Formstoffe büßen nach längerem Aufenthalt im Freien an Festig-
keit und Bruchdehnung ein. Sie sollten deshalb dort nicht angewendet werden.
Sie widerstehen jedoch der Schimmelbildung.

■ Strahlenbeständigkeit
Formteile und Formstoffe aus Polyimiden sind bis zu einer absorbierten Dosis
von 107 J/kg beständig, d. h. höher als die der meisten anderen Kunststoffe.

■ Brennbarkeit
Polyimide erlöschen nach Entfernen der Zündquelle. Es bildet sich rasch eine
verkohlte Kruste. Die Rauchgasentwicklung ist gering.

■ Durchlässigkeit für Gase


Für die auf Polyimid basierenden Kapton-Folien von 25 mm Dicke wurde fol-
Thermoplastische
Polykondensate

gende Durchlässigkeit gemessen:


Medium Durchlässigkeit
cm3/dm2d bar

Stickstoff 96
Sauerstoff 400
Kohlendioxid 670

■ Wasseraufnahme
Obwohl der Feuchtigkeitsgehalt von Vespel SP im Gleichgewichtszustand unter
normalen Umgebungsbedingungen (23 °C, 50 % rel. Feuchtigkeit) 1,25 % beträgt,
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1247

Bild 2-671. Spezifischer Durchgangswider- Bild 2-672. Oberflächenwiderstand von Ves-


stand von Vespel SP-1 in Abhängigkeit von pel SP-1 in Abhängigkeit von der Temperatur
der Temperatur

Bild 2-673. Durchschlagfestigkeit von


Vespel SP-1 in Abhängigkeit von der
Temperatur (in Luft); Wanddicke des
Probekörpers: 0,3 mm)

sind die durch Schwankungen des Feuchtigkeitsgehaltes der Umgebung verur-


sachten Maßänderungen gering. Sie betrugen unter den genannten Bedingun-
gen nach 1000 Std. 0,11 % in Fließrichtung und 0,06 % senkrecht dazu. Nach
10 000 Std. sind die Werte 0,28 bzw. 0,16 %. Nur sehr enge Toleranzen und ex-
treme Bedingungen könnten die Verwendung von Vespel ausschließen.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Gesundheitliche Beurteilung
Polyimide geben bei Temperaturen über 400 °C CO ab. Die Verarbeitung sollte
deshalb in gut belüfteten Räumen stattfinden.
Bei Tierversuchen wurden keine schädlichen Einflüsse von pulverförmig in-
haliertem Polyimid festgestellt.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen
Vespel Polyimide erfordern spezielle Verarbeitungsverfahren. Deshalb sind sie
generell nicht als Rohstoffe und Halbzeug, sondern nur als von Firma DuPont
hergestellte Fertigteile erhältlich. Lediglich für Versuchszwecke und zur Prüfung
von Prototypen wird Halbzeug in einigen Normabmessungen angeboten.
1248 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-674. Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von Vespel SP-1 von Temperatur und Frequenz
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-675. Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d von Temperatur und Frequenz
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1249

Spanendes Bearbeiten
Das Bearbeiten geschieht mit Standard-Metallwerkzeugen. In der Produktion
sollten Stähle mit Carbidschneiden verwendet werden. Die Werkstücke dürfen
nicht so heiß werden, dass man sie mit bloßer Hand nicht mehr anfassen kann.
Richtwerte für Schnittbedingungen und Schneidenformen siehe Tabelle 2-6.

Fügen
Das bevorzugte Fügeverfahren ist das Kleben. Polyimid-Formteile können mit-
einander und mit anderen Werkstoffen geklebt werden. Die Auswahl des Kleb-
stoffs richtet sich nach der jeweiligen Betriebstemperatur. Bei Gebrauchstempe-
raturen < 150 °C bewähren sich EP-Harze. Phenolharz-Klebstoffe sind etwas
wärmebeständiger.

Anwendungsbeispiele
Als Formkörper und spanend geformte Werkstücke werden die Polyimide
verwendet für: Kolbenringe, Ventilsitze, Lager, Dichtungen, Schweißbren-
ner-Handgriffe, Strahltriebwerk-Zubehör, elektronische Verbindungsele-
mente, Spulenkörper,Abdeckungen für Messgeber und Automobilzubehör.
Das größte und bedeutendste Anwendungsgebiet für Formteile aus Poly-
imid sind bis heute die Strahltriebwerke, beispielsweise in der Boeing 747
für Dichtungen in den verschiedenen Kompressorstufen.
Neuerdings werden Polyimid-Formteile auch für Büromaschinen und
Computer als Lager, Rollen, Gleit- und Führungsschienen verwendet. Da-
bei kommt es vor allem auf günstiges Gleit- und Abriebverhalten bei
schmiermittelfreiem Betrieb an. Polyimide werden auch als Ventilschäfte
in Absperrorganen verwendet. Hohe Thermostabilität und Wärmestand-
festigkeit sind entscheidend für die Verwendung bei Löt- und Schweiß-
verbindungen.
Kapton Folien werden heute in den verschiedensten Anwendungsberei-
chen von – 269 °C bis + 400 °C erfolgreich eingesetzt. Diese Folien sind
schwer entflammbar, schmelzen nicht, sind lösemittelbeständig und be-
ständig gegen energiereiche Strahlung. PI-Folien dienen als Nutisolierun-
gen, Kabel- und Drahtmäntel sowie als Träger gedruckter Schaltungen. Mit
FEP ein- oder beidseitig beschichtete Folien sind heisssiegelfähig und die-
nen als Feuchtigkeitssperre.
Thermoplastische
Polykondensate

Al-bedampfte Folien schützen Raumfahrzeuge vor Sonneneinstrahlung


und Wärmeeinwirkung der Triebwerke. Auch die Raumanzüge der Astro-
nauten werden mit diesen Folien thermisch isoliert.
Polyimid-Schaumstoffe dienen zur Schalldämmung bei hohen Betriebs-
temperaturen.

Handelsnamen
Avimid (DuPont de Nemours/US)
Denka Malecca (Denki Kogaku/JP)
Hot-Hard (Midland Div., Dexter Corp./US)
Hy-Comp (Hysol Div. Dexter Corp./US)
1250 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Kapton (DuPont Deutschland GmbH/DE)


Kay Fax (Toa Gosei Chemical Ind. Co./JP)
Kerimid (Rhône-Poulenc Spécialités Chimiques/FR)
Larc (US Polymeric (NASA)/US)
Sintimid (Lenzing/AT)
Polyimidal (Raychem Corp./US)
Skybond (Monsanto Chemical Co., Plast. Div./US)
Vespel (DuPont Deutschland GmbH/DE)

2.2.1.2.8.1.2
Copolyimide

Naturgemäß können aus den verschiedenen Komponenten der Polyimide auch


Polymere hergestellt werden, was zu einer großen Vielfalt von Produkten führt,
von denen sich diejenigen mit besonders wertvollen Eigenschaften, mit guter
Verarbeitbarkeit oder mit erschwinglichem Preis einen Marktanteil sichern wer-
den. Als Beispiel sei das Poly-oxadiazo-benzimidazol erwähnt.

Poly-oxadiazo-benzimidazol

2.2.1.2.8.1.2.1
Poly-oxadiazo-benzimidazol

Dieses Produkt schmilzt bei 525 °C und zersetzt sich bei 550 °C.

2.2.1.2.8.1.2.2
Polybenzimidazol (PBI)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Das seit dem Jahre 1961 bekannte PBI diente, wie viele PI-ähnliche langkettige
Leiterpolymere mit heterozyklischen Bausteinen, viele Jahre als Kleb- und
Tränkharz für Träger gedruckter Schaltungen in der Mikroelektronik und als
Thermoplastische
Polykondensate

strahlungsvernetzender Photoresist-Lack für gedruckte Schaltungen auf


Halbleiterchips der Computertechnik, die selbst bei Temperaturen um 400 °C
mechanisch beansprucht werden können.
Ausgangsprodukte sind aromatische Tetramin- und aromatische Dicar-
bonsäuren.

Polybenzimidazol
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1251

Als Fortentwicklung dieses Produktes brachte die Hoechst Celanese Corpora-


tion (US) im Jahre 1989 Celazole auf den Markt. Seine kennzeichnenden Eigen-
schaften sind:

• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,


• hohe Druckfestigkeit und Maßbeständigkeit,
• hohe Hydrolysebeständigkeit,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• günstige Ablationseigenschaften.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-114.
Das Druck/Verformungsdiagramm zeigt eine hohe Druckfestigkeit von PBI.
Sie übertrifft die aller marktgängigen Kunststoffe. Bei Temperaturen zwischen
– 75 °C und + 100 °C verhält sich das Material elastisch, d. h. nach Entlastung stel-
len sich die ursprünglichen Abmessungen wieder ein.
Die Zugfestigkeit von PBI ist selbst bei Temperaturen bis 375 °C mit 70 N/mm2
noch sehr hoch. PBI zeigt bei 315 °C eine höhere Festigkeit auf als Polyimid (PI)
bei Raumtemperatur. Die Zugfestigkeit von Polyamidimid ist zwar bei Raum-
temperatur höher, jedoch bereits bei 100 °C niedriger.
Versuche zeigten, dass selbst bei Temperaturen von – 75 °C Formstoffe aus PBI
nicht verspröden und brüchig werden. PBI-Fasern behalten selbst bei der Tem-
peratur des flüssigen Stickstoffs (– 196 °C) ihre Duktilität.
Auch bei höheren Temperaturen weisen Formstoffe aus PBI kaum Gewichts-
verluste auf.Wie Bild 2-676 zeigt, bleibt bei Temperaturen von 260 und 315 °C das
Gewicht auch nach einer Lagerungsdauer von 100 h unverändert. Selbst bei
760 °C zeigten sich nach 3 min noch keine wesentlichen Veränderungen in den
Abmessungen und den Eigenschaften.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Kohlenwasserstoffe, (Xylol, Toluol, Kerosin, Benzin, Methyl-
ethylketon, Chlorkohlenwasserstoffe), Organische Säuren, Alkohole, schwache
Laugen, schwache Säuren, Wasser.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-676. Gewichtsverlust von


Formstoffen aus PBI in Abhängig-
keit von der Lagerungsdauer und
der Temperatur
1252 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-114. Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von Polybenzimidazol (PBI) (unge-
füllt, unverstärkt)

Eigenschaften Prüfmethode Einheit Wert


ASTM

Zugfestigkeit D 638 N/mm2 160


Dehnung D 638 % 3
Zugmodul D 638 kN/mm2 5,9
Zugwechselfestigkeit, % von Spannung bis zum % 35
Bruch bei 1 Mill. Zyklen, 1 Hz N/mm2 (56)
Biegefestigkeit D 790 N/mm2 220
Biegemodul D 790 kN/mm2 6,5
Druckfestigkeit bei Nachgeben (12% Dehnung) N/mm2 400
bei 10% Dehnung N/mm2 340
Druckmodul D 695 kN/mm2 6,2
Schlagzähigkeit (IZOD) D 256
mit Kerbe J/m 30
ohne Kerbe J/m 590
Querkontraktionszahl 0,34
Formbeständigkeit in der Wärme (1,85 N/mm2) D 648 °C 435
Einfriertemperatur DMA °C 425
Wärmeleitfähigkeit 25°C W/mK 0,41
2
Linearer Wärmeausdehnungskoeffizient TMA K–1 · 106
25–150°C 23
200–300°C 33
Sauerstoff-Grenzindex D 2863 % 58
Elektrische Durchschlagfestigkeit D 149 kV/mm 20,9
Spezifischer Durchgangswiderstand D 257 Wcm 8 · 1014
Dielektrischer Verlustfaktor tan d D 150
1 kHz 0,000
10 kHz 0,003
0,1 MHz 0,034
Dielektrizitätskonstante D 150
1 kHz 3,3
10 kHz 3,3
0,1 MHz 3,2
10 GHz 3,5
Lichtbogenfestigkeit D 4951 sek 186
Verlustziffer 8–12 GHz 0,004–
0,006
Thermoplastische
Polykondensate

Sonstige
Dichte g/cm3 1,3
Härte
Rockwell K D 785 115
Rockwell M D 785 > 125
Shore D D 2240 99
Wasseraufnahme, 24 Stunden bei 23°C D 570 % 0,4
Tribologische Eigenschaft D 308
Statischer Reibungswert C1018 Stahl 0,27
Dynamischer Reibungswert C1018 Stahl 0,19
Verschleißfaktor (K) (100-h-Test) p · v = 119 29
p = 0 N/mm2, v = 17 m/min
Gesamter Verschleiß (100-h-Test) 14,4
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1253

Nicht beständig gegen: Polare Lösemittel, starke Basen und Säuren, wässrige
Oxidationsmittel, Wasserdampf von 340°C (15 bar).

Anwendungsbereiche:
• Luft- und Raumfahrt: beispielsweise Raketenkanten und Nasenkegel,
• Apparatebau der chemischen Industrie: Dichtungen,Ventile,Armaturen.
• Elektronik: Steckerleisten und Verbindungselemente, Schalter und Bau-
teile.
• Erdölgewinnung: bei Herstellung und Nachbearbeitung von Bohr-
löchern, Rostschutzmittel.
• Maschinenbau: Lager, Buchsen, Walzen, Führungen und anderen An-
wendungen, bei denen es auf einen Werkstoff mit günstigem Gleit- und
Verschleißverhalten ankommt.
Wie die beschriebenen Imide, so gehört auch das PBI zu den sog. Halblei-
terpolymeren. Die Polybenzimidazole sind nur unter Luftausschluss wär-
mebeständig. Unterhalb 500 °C zeigen sie nur geringen Gewichtsverlust. In
Luft werden sie jedoch bei Temperaturen über 300 °C schnell abgebaut.
Verantwortlich dafür ist die labile NH-Bindung. Substituiert man diesen
Wasserstoff durch Phenyl, so wird eine wesentliche Verbesserung erzielt.
Wegen ihrer vorzüglichen Haftung auf Metalloberflächen werden sie trotz
der verhältnismäßig geringen oxidativen Wärmebeständigkeit als wärmebe-
ständige Metallklebstoffe verwendet. In der zwischen den Metallkörpern
befindlichen Klebstoffschicht sind sie dem Sauerstoffangriff weitgehend ent-
zogen. Wegen der Beständigkeit gegenüber allen Lösemitteln, Ölen, Säuren
und Alkalien werden sie im Einzelfall als Lacke und Überzüge geschätzt.

Handelsnamen
Celazole (Hoechst-Celanese Corp./US)
Ensinger, PBI (TKG Ensinger GmbH & Co./Nufringen)

2.2.1.2.8.1.3
Gemischt ein- und zweibindige Polymere

2.2.1.2.8.1.3.1
Polybismaleinimid
Thermoplastische
Polykondensate

Das Sortiment der auf Imidgruppen basierenden Kunststoffe erhielt für den
Konstrukteur und nicht zuletzt für den Verarbeiter eine wesentliche Ergänzung,
als es gelang, die bis dahin nur auf dem Wege über sehr aufwendige Sonderver-
fahren verarbeitbaren Formmassen durch Polyadditionsreaktionen (z. B. Kinel
der Rhône-Poulenc) oder durch den Einbau aliphatischer Segmente (z. B. Ester-
oder Amidgruppen) langkettig polykondensierte Produkte zu schaffen, die ther-
moplastisch d. h. nach den bei den bekannten härtbaren Formmassen üblichen
Verfahren verarbeitet werden konnten und die dennoch in ihrem Eigenschafts-
bild den „reinen“ Polyimiden nicht zu sehr unterlegen waren. Einige dieser Pro-
dukte seien näher beschrieben.
1254 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Wasserstofffreie Polyimide
Die Oxidationsbeständigkeit und damit die Thermostabilität der Polyimide
kann wesentlich gesteigert werden, wenn es gelingt, wasserstofffreie Polymeren
herzustellen.
Die Chemstrand verwendet statt des Pyrromellitsäurenanhydrids Pyrrazin-
tetracarbonsäureanhydrid und statt des Diarylamins Diaminothiodiazol.
Dieses Polyimid ist bis 600 °C in Luft beständig.
Die durch Polykondensationsreaktionen hergestellten Polyimide können we-
gen der bei diesen Reaktionen entstehenden und abzuführenden flüchtigen
Nebenprodukte nur durch spezielle Verfahren in die endgültigen Formstoffe
übergeführt werden.

■ Herstellung
Es bedeutete deshalb einen großen verarbeitungs- und anwendungstechnischen
Fortschritt, als es der Firma Rhône-Poulenc gelang, durch Umsetzen von Male-
insäureanhydrid mit geeigneten Diaminen verschiedene Präkondensate mit in
situ gebildeten Imidgruppen herzustellen, die anschließend in Wärme durch
eine Polyadditionsreaktion, d. h. ohne die Bildung von Nebenprodukten poly-
merisieren, die das Gefüge des Formstoffs stören könnten.

Polybismaleinimid

Neuere Produkte zeichnen sich durch besonders hohe Thermostabilität aus. Die
Synthese erfolgt aus einem Bismaleinimid durch Kettenverlängerung mit einem
aromatischen Amino-maleinimid.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Polybismaleinimide sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:

• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,


Thermoplastische
Polykondensate

• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (> 300 °C),


• hohe Gebrauchstemperaturen (kurzzeitig bis 250 °C, dauernd bis 190 °C),
• niedriger linearer Ausdehnungskoeffizient (12 · 10–6 bis 66 · 10–6 K–1),
• hohe Strahlenbeständigkeit (bis 108 J/kg),
• hohe Flammwidrigkeit (erlischt nach Entfernen der Zündquelle),
• wirtschaftliche Verarbeitbarkeit (nach den für härtbare Formmassen übli-
chen Methoden),
• chemisch beständig gegen: verdünnte Säuren (ausgenommen die asbestge-
füllten Typen), aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Ester, Ether,
Alkohole, Hydraulikflüssigkeiten, Kerosin, kochendes Wasser; nicht bestän-
dig gegen: starke Säuren und Laugen;
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1255

• es ist zu beachten, dass Formteile nach dem Urformen noch 8 Std. bei 250 °C
nachgehärtet werden müssen.

■ Zusatzstoffe
Der durch Pressen verarbeitbare Typ ist mit 50 % Masseanteil und der spritz-
gießbare Typ mit 40 % Massegehalt GF-verstärkt. Spritzgießbare Typen enthal-
ten 20 % GF bzw. eine Kombination von Graphit mit Asbest bzw. synthetischen
Fasern für die Herstellung von Lager- und Gleitelementen – auch für Trocken-
lauf (Kinel 74012).
Entsprechend der Vielfalt der geforderten Eigenschaften und der großen An-
zahl der möglichen Anwendungen zur Lösung von Sonderaufgaben in vielen Be-
reichen der Industrie ist das Sortiment der angebotenen Kinel-Typen groß.
Grundsätzlich gibt es für die Herstellung von Konstruktionselementen einer-
seits sowie von Lagern und Gleitelementen andererseits spezielle Typen.

■ Lieferformen
Die Lieferform richtet sich nach dem zu wählenden Verarbeitungsverfahren. So
gibt es pulverförmige Formmassen mit auffallend niedrigem Schüttgewicht für
das Pressen und das Spritzpressen sowie compoundierte Granulate für das
Spritzgießen.
Außer Kinel-Formmassen gibt es noch die Kerimid-Harze als Bindemittel für
die Herstellung von Schichtpressstoffen, Mehrschicht-Leiterplatten und für das
Verarbeiten nach dem Filament-Windingverfahren.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht der physikalischen Eigenschaften häufig verwendeter Kinel-
Typen enthält Tabelle 2-115.

■ Mechanische Eigenschaften: Verhalten bei kurzzeitiger Beanspruchung


Die für das Pressformen von Konstruktionsteilen bestimmte Formmasse Kinel
5504 zeigt im Vergleich mit PF- und EP-Harzen eine geringere Abhängigkeit der
Zugfestigkeit von der Temperatur im Bereich bis 200 °C. Bild 2-677 gibt die ent-
sprechende Abhängigkeit für die Biegefestigkeit (A) und den Biege-E-Modul (B)
wieder. Die hohe Alterungsbeständigkeit von Kinel zeigt Bild 2-678 und 2-679
am Beispiel der Biegefestigkeit selbst bei der hohen Prüftemperatur von 200 °C.
Thermoplastische
Polykondensate

Umwandlungstemperaturen
Der formgebenden Verarbeitung des heute bevorzugten Kinel Polyaminobis-
maleinimid (Pressen bei 250 – 260 °C, Spritzpressen bei 185 bis 195 °C und Spritz-
gießen bei 220 – 240 °C Werkzeugtemperatur) folgt das Aushärten (Vernetzen) in
einer Zeitspanne von etwa 8 Std. bei Temperaturen von 200 bis 250 °C.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Entsprechend der hohen Form- bzw. Alterungsbeständigkeit in der Wärme, die
aus den Bild 2-677 und 2-678 hervorgeht, weist Kinel auch eine hohe Wärme-
standfestigkeit auf, wie Bild 2-679 am Beispiel der Zeitstandbiegefestigkeit bei
einer Beanspruchung von 17,2 N/mm2 bei 200 °C zeigt.
1256 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-115. Physikalische Eigenschaften von Kinel®-Formstoffen

Eigenschaften Prüfmethode Einheiten Formmassen für Konstruktionselemente

4515 5504 5514


SG Pr Pr

Zusatzstoffe GF 40 GF 65 GF 50
9 mm 6 mm 3 mm
Rohdichte ASTM D 792 g/cm3 1,55 1,90 1,50
mechanische
Zugfestigkeit 25°C ASTM D 638 N/mm2 98 157 44
250°C N/mm2 88 118 39
Reißdehnung 25°C ASTM D 638 % 1,1 – –
Druckfestigkeit 25°C ASTM D 595 N/mm2 177 226 235
250°C N/mm2 – 128 137
Biegefestigkeit 25°C ASTM D 790 N/mm2 128 343 147
250°C N/mm2 118 245 123
Biege-E-Modul 25°C ASTM D 790 N/mm2 8300 20500 13700
250°C N/mm2 6200 16700 10300
Kerbschlagzähigkeit 25°C ASTM D 256 J/m 69 780 294
ft-lb/inch – – –
250°C J/m 69 – –
Härte Rockwell 25°C ASTM D 785 M 115 M 120 M 118
thermische
Gebr.-Temp. ohne mech.
Beanspruchung in Luft
kurzzeitig °C 250 250 250
dauernd °C 190 190 190
Formbeständigkeit in der
Wärme ISO Methode A ASTM D 548 °C 330 330 320
linearer Ausdehnungs-
koeffizient zwischen
0 und 300°C ASTM D 690 K–1 · 10–6 40 14 15–30
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,25 0,37 0,26
Wasseraufnahme
(n. 24 h bei 25°C) ASTM D 570 Masse-% 0,6 0,5 0,5
elektrische
spez. Durchgangswider- UTE 26-215 W cm
stand, trocken 3 · 1015 5 · 1015 1 · 1016
1,2 · 1015 1,5 · 1014 2 · 1014
Thermoplastische

n. 24 h Wasserlagerung
Polykondensate

Durchschlagfestigkeit UEEC 26-215


trocken kV/mm 14 20 18
n. 24 h Wasserlagerung kV/mm 17 15 17
dielektr. Verlustfaktor ASTM 150–65
(1 MHz) trocken 1,5 · 10–2 7 · 10–3 1,7 · 10–2
n. 24 h Wasserlagerung 2,6 · 10–2 9 · 10–3 1,8 · 10–2
Verarbeitungsschwindung
(vor dem Tempern) % 0,3–0,5 0,1 0,1
Brandverhalten AIR 0978 A flammwidrig
dynam. Reibungskoeffizient
0,6 m/s, 0,4 N/mm2

Es bedeuten: SG = Spritzgießen; SP = Spritzpressen; Pr = Pressen; PS = Presssintern.


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1257

Formmassen für Lager- und Gleitelemente

3515 4511 5505 5508 5511 5517 5518


SP SG Pr Pr Pr Pr + PS Pr

GF Graph. 25% 40% Graph. Graph. PTFE


3 mm + Asb. Graph. Graph. + Asb. + MoS2
1,60 1,6–1,7 1,43 1,55 1,6–1,7 1,5

49 49 – – 40 – 30
44 45 – – 30 – –
– 0,45 – – <1 – –
176 100 140 110 110 155 140
98 80 – – 70 – –
80–100 70–90 90 80 100–120 90 45–60
70–90 60–80 65 55 80–90 55 35–45
5800 10500 6300 7400 12500 5300 2800
7600 8500 5300 7000 11000 4500 2300
79 30 – – 0,25 0,25
– – 0,25 0,4 0,8–1 – –
– – – – – – –
M 115 M 107 M 112 M 95 M 111 M 110 M 115

250 250 250 250 250 250 250


190 190 190 190 190 190 190

> 300 > 300 > 300 > 300 > 300 > 300 > 300

15–30 25 19 15 12 18 66
0,23 0,62 0,46 0,42 0,24 0,30 0,63

0,6 0,6 0,6 0,3 0,6 0,3 0,3

3 · 1016 2 · 1016
8 · 1014 3,5 · 1015
Thermoplastische
Polykondensate

10 15
10 15

9 · 10–3 9,4 · 10–3 5,2 · 10–3


15 · 10–3 9,4 · 10–3

0,1–0,35 0,2–0,3 0,56 0,45 0,1–0,2 0,6 0,6

0,25 0,25 0,20 0,20 0,25 0,17


1258 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-677. Vom Ausgangswert verbliebener Restwert der Biegefestigkeit (A) und des Biege-E-
Moduls (B) einiger wärmebeständiger Kunststoffe in Abhängigkeit von der Temperatur
a Kinel 5504 der Rhône-Poulenc
b Phenolharz
c Epoxidharz

Bild 2-678. Vom Ausgangswert verbliebener Restwert der Biegefestigkeit von Kinel 5504 nach
Lagerung bei 200 °C und 250 °C in Luft
(A) Prüftemperatur: 25 °C
(B) Prüftemperatur: 200 °C
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-679. Kriechen von Kinel 5504 unter


Biegebeanspruchung (17,2 N/mm2) bei 200 °C
a Kinel 5504 der Rhône-Poulenc
b Phenolharz
c Epoxidharz
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1259

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die Polybismaleinimide weisen, wie alle hochwärmebeständigen Polyaromaten,
eine niedrige Schlagzähigkeit auf. Sie sind kerbempfindlich, was bei der Ausle-
gung der Formteile zu berücksichtigen ist.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Dynamische Reibungswerte siehe Tabelle 2-115.
Die Kinel-Typen der 55er-Reihe wurden eigens für die Herstellung selbst-
schmierender Lager und Gleitelemente entwickelt. Zu diesen durch Pressformen
verarbeitbaren Formmassen kommt neuerdings auch ein spritzgießbarer Typ
(Kinel FE 74012) mit Graphit als Füll- und synthetischen Fasern als Verstär-
kungsstoff. Darin können die synthetischen Fasern bei bestimmten Anwendun-
gen die Funktion von Asbest übernehmen.
In Bild 2-680 ist der Reibungswert von zwei Kinel-Typen mit verschiedenem
Graphitanteil in Abhängigkeit von der Temperatur und von der Flächenpressung
bei einer Gleitgeschwindigkeit von 2,5 bzw. 0,5 m/s wiedergegeben. Daraus geht
hervor, dass die guten Gleiteigenschaften bei hohen Temperaturen sich sogar
verbessern.

■ Thermische Eigenschaften
Bei den in Tabelle 2-115 wiedergegebenen Werten sei vor allem auf die niedrigen
linearen Ausdehnungskoeffizienten einiger Typen von 12 bis 19 · 10–6 K–1 hinge-
wiesen, die bei hohen Temperaturen zu einer den metallischen Werkstoffen ver-
gleichbaren Maßbeständigkeit führen.

Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-680. Reibungswert der Kinel-


Typen 5505 und 5508 in Abhängig-
keit von der Flächenpressung (A)
und der Temperatur (B)
1260 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Elektrische Eigenschaften
Die elektrischen Eigenschaften von Kinel bleiben in einem breiten Frequenz-
und Temperaturbereich nahezu konstant, was ihre Verwendung in der Elektro-
technik und Elektronik begünstigt.
Die folgende Übersicht ergänzt die dielektrischen Kennwerte in Tabelle 2-115.

Frequenz Temperatur Dielektrizitäts- Dielektrischer


Hz °C zahl Verlustfaktor tan d

50 25 (trock.) 4,84 0,0034


50 25 (50% r.F.) 5,01 0,0034
50 200 5,02 0,0180
1 · 102 25 (trock.) 4,70 0,0030
1 · 103 25 (trock.) 4,74 0,0055
1 · 103 80 4,80 0,0030
1 · 103 107 4,90 0,0040
1 · 106 25 (50% r.F.) 4,91 0,0090
1 · 106 80 4,70 0,0050
1 · 106 107 4,80 0,0040
1 · 106 200 4,82 0,0057

■ Chemikalienbeständigkeit
In der Zusammenstellung wird die Beeinflussung einiger mechanischer Eigen-
schaften durch eine 60-tägige Alterung von Kinel 5504 in verschiedenen Medien
aufgezeigt.

Medium Konzentration Biege-E-Modul Biegefestigkeit


verbleibender Restwert
% % %

Essigsäure 93 90
Schwefelsäure 50 88 88
Aceton 10 100 98
Tetrachlorkohlenstoff 100 92 76
Natronlauge 100 93 82
Salpetersäure 10 94 80
Ammoniumhydroxid 10 81 77
Thermoplastische
Polykondensate

kochendes Wasser 103 112


Kerosin JP-4 95

■ Witterungsbeständigkeit
siehe Abschnitt 2.2.1.2.8.1 Polyimide

■ Strahlenbeständigkeit
Formteile aus Kinel werden selbst durch eine Strahlendosis von 108 J/kg nicht ge-
schädigt, was ihre Verwendung auf dem Gebiet der Nukleartechnik sehr begüns-
tigt.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1261

■ Brennbarkeit
Kinel 5504 erfüllt die Normen AIR 0978/A und F. A. A., part 25. Die hohe Flamm-
widrigkeit und die hohe Wärmestandfestigkeit begünstigen die Anwendungen
in der Luft-, Raumfahrt- und Wehrtechnik. Die Strahltriebwerke und die In-
nenausrüstungen von Flugzeugen sind bekannte Anwendungsbereiche.

■ Verarbeitung
Für das Verarbeiten von Kinel kommt je nach Typ das Pressen, das Spritzpressen
oder das Spritzgießen in Frage.Hier die verschiedenen Verarbeitungsbedingungen:

Pressformen
Die angelieferte Formmasse wird zunächst tablettiert. Die Temperatur des Ta-
blettierwerkzeugs beträgt etwa 120 °C, der Tablettierdruck 20 N/mm2 und die
Mindestdauer 2 min. Die Presszeit richtet sich nach der Wanddicke der Tablet-
ten. Dem eigentlichen Pressvorgang geht meist das Vorwärmen der Tabletten
voraus. Dazu dient ein HF-Gerät (40 MHz). Die Verweilzeit beträgt 1 bis 2 min,
dagegen erfordert ein Umluft-Wärmeschrank bei einer Temperatur von 130 °C
eine Verweilzeit von 20 bis 40 min.
Während der Pressdruck bei den durch Pressformen verarbeitbaren Typen
etwa 20 N/mm2 und die Werkzeugtemperaturen 200 bis 260 °C betragen, wird
für Kinel 5515 ein Pressdruck von 5 N/mm2 und eine Werkzeugtemperatur von
190 bis 200 °C empfohlen. Die durchschnittliche Aushärtungszeit beträgt für alle
drei Formmassen 1 bis 2 min/mm (bei einer Werkzeugtemperatur von 240 °C).
Die Formmassen werden anschließend bei 250 °C 24 h nachgehärtet (Schwin-
dung siehe Tabelle 2-115).

Spritzpressen
Der für das Spritzpressen in Frage kommende Typ 3315 wird nach dem gleichen
Programm vorbehandelt wie die pressformbaren Typen (außer Typ 5515). Der
Spritzpressdruck ist mit 20 bis 60 N/mm2 naturgemäß höher. Die Werkzeug-
temperatur beträgt wegen der zusätzlichen Schererwärmung nur 185 bis 195 °C.
Nachgehärtet wird wie beim Pressformen.

Presssintern
Der Typ 5517 eignet sich für das Presssintern. Die Verarbeitung verläuft wie folgt:

Thermoplastische

Einfüllen der Formmassen in das Werkzeug.


Polykondensate

• Aushärten bei allmählicher Temperatursteigerung, z. B. 30 min bei 180 bis


185 °C, 90 min ansteigend von 185 auf 200°C, 4 h Verweilen bei 200 °C, 60 min
ansteigend von 200 auf 250 °C, 4 h Verweilen bei 250 °C, danach langsames Ab-
kühlen auf Raumtemperatur.
• Die Formmasse muss in jedem Fall trocken sein. Deshalb sollte sie 1 h bei
130 °C im Umluftwärmeschrank oder 2 h bei 80 °C im Vakuum von weniger als
10 Torr vorgewärmt werden. Unzureichend getrocknete Formmasse kann
beim Aushärten zur Blasenbildung führen.
1262 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Spritzgießen
Das Spritzgießen der Typen 4511 und 4515 kann auf Maschinen mit der für das
Verarbeiten von härtbaren Formmassen üblichen Ausrüstung durchgeführt
werden. Werkzeugtemperaturen zwischen 220 und 240 °C, Zykluszeiten 10 bis
20 s/mm Wanddicke, Nachhärtung 24 h bei 200 bis 250 °C.

Anwendungsbereiche und -beispiele


Das Eigenschaftsbild der aus Kinel hergestellten Formstoffe ist derart, dass
sich in vielen Fällen Vorteile im Vergleich zu den Metallen ergeben, und
zwar aus folgenden Gründen:
• wirtschaftliche Herstellung, Nachbearbeitung entfällt,
• rationelle Fertigung (Pressen, Spritzpressen),
• Gewichtsminderung (niedrige Dichte),
• Korrosionsbeständigkeit,
• Wärmedämmung,
• Schalldämpfung,
• elektrische Isolierung,
• Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung.
Die Formteile können gleichzeitig mechanische Beanspruchungen – auch
bei hoher Temperatur und in Kontakt mit zahlreichen Medien – überneh-
men. Anwendungsbeispiele sind: Flügelzellenpumpen, Zigarrenanzünder-
sockel, Vergaserflansche, Trägerplatten für integrierte Schaltungen (IC),
Druckerführungen bei EDV-Anlagen, Steckerleisten, Klemmbretter und
Raketennasen.

Handelsnamen

-
Kerimel (Harze)
Kinel (gefüllte und verstärkte Formmassen) (Rhône-Poulenc/FR)
Nolimid (Klebstoffe)

2.2.1.2.8.1.3.2
Polyamidimid (PAI)
Thermoplastische
Polykondensate

Die Polyamidimide (PAI) sind seit dem Jahre 1964 am Markt. Das derzeitige
Angebot umfasst Formmassen, Elektroisolier- und Einbrennlacke, Folien und
Fasern. Der alleinige Hersteller der für den Konstrukteur bedeutsamen Form-
massen ist die Firma Amoco Chemical Corp. mit ihrer Torlon-Typenserie. Den
Verkauf übernahm 1986 die Amoco (Performance Products/CH).

■ Herstellung
Bei dieser Produktgruppe handelt es sich um Polyimide, die durch Polykonden-
sation von Imidketten mit aromatischen Diaminen gebildet werden. Torlon wird
durch Phosgenierung von Trimellitsäureanhydrid und Umsetzung des Säure-
chlorids mit 4,4¢-Diaminophenylmethan in N-Methylpyrrolidon bei Raumtem-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1263

pertaur hergestellt. Die zunächst entstehende Polyamidsäure wird dann zum


Polyamidimid cyclisiert [1].

Polyamidimid

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Amidimid-Polymere hätten bei der ihrem Eigenschaftsbild entsprechenden
molaren Masse eine so hohe Schmelzviskosität, dass sie auf Spritzgießmaschinen
und Extrudern nicht mehr verarbeitbar wären. Um jedoch diese Verarbeitungs-
methoden anwendbar zu machen, wird das Material mit reduzierter Molmasse ge-
liefert. Die Schmelzviskosität von Torlon ist im Anlieferungszustand so niedrig,
dass daraus auch schwierige, dünnwandige Formteile spritzgegossen werden kön-
nen.Weil die Formteile auch nach dem Spritzgießen, d.h. vor der Nachbehandlung
in Wärme, noch thermoplastisch sind, können auch Produktionsrückstände wie
Angüsse, Angussverteiler oder Ausschussteile nach dem Aufbereiten wieder ver-
wendet werden – ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Vorteil.
Die Torlon-Schmelze polymerisiert weiter bei Temperaturen von mehr als
246 °C. Weil diese Formmassen jedoch bei Temperaturen um 350 °C verarbeitet
werden, führt diese Bedingung bereits zur Nachpolymerisation. Wenn auch die
Verarbeitbarkeit dadurch normalerweise nicht beeinträchtigt wird, begrenzt sie
doch die Verweilzeit der Schmelze im Plastifizierzylinder und damit die Wie-
derverwendbarkeit von Produktionsrückständen.
Auch das anschließend in der Wärme nachbehandelte Torlon besitzt noch
eine gewisse Thermoplastizität. Die Schmelzviskosität ist jedoch so hoch, dass
nicht nochmals plastifiziert werden kann.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die Imide verleihen dem Produkt die hohe Steifigkeit, Härte und Flammwidrig-
keit, während die Amidgruppen Flexibilität und Duktilität bewirken, außerdem
ermöglichen sie die thermoplastische Verarbeitbarkeit dieses Polyamidimids.
Die Polyamidimide sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
Thermoplastische
Polykondensate

• hohe Festigkeit über den breiten Temperaturbereich von – 190 bis + 260 °C,
• hohe Schlagzähigkeit,
• hohe Maßbeständigkeit (amorpher Thermoplast),
• hohe Wechselfestigkeit s Bw = 56 N/mm2,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (265 bis 280 °C),
• niedriger linearer Ausdehnungskoeffizient (6 · 10–6 bis 20 · 10–6 K–1),
• sehr gute dielektrische Eigenschaften,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien (ausgenommen
sind starke Laugen, oxidierende Säuren, stickstoffhaltige Lösemittel, Heiß-
dampf über 160 °C),
1264 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• beständig gegen spannungsrissbildende Medien,


• flammwidrig (V-O), geringe Bildung von Rauch und toxisch wirkenden
Gasen,
• oxidationsbeständig,
• beständig gegen die Wirkung energiereicher Strahlung,
• hohe UV-Stabilität,
• geringe Ausgasverluste im Hochvakuum,
• klebbar,
• metallisierbar nach den gebräuchlichen Methoden.
Der Konstrukteur und der Verarbeiter müssen jedoch folgendes beachten:
• die verhältnismäßig hohe Schmelzviskosität begrenzt die Größe der Spritz-
gussteile,
• beim Spritzgießen muss mit hohen Drücken und Einspritzgeschwindigkeiten
gearbeitet werden,
• Granulate müssen vorgetrocknet werden,
• die Spritzgießwerkzeuge müssen auf Temperaturen von 200 bis 260 °C vorge-
heizt werden,
• die Formteile müssen nach dem Spritzgießen in der Wärme nachbehandelt
werden.

■ Sortiment
Das heutige Torlon-Sortiment umfasst außer den Anfang der 70er-Jahre aus-
schließlich verfügbaren, nicht mit Zusatzstoffen modifizierten Typen 2000 und
4000 elf mit Füll- und/oder Verstärkungsstoffen ausgerüstete Compounds für
das Spritzgießen und Extrudieren.
Nachstehend die wichtigsten dieser Typen einschließlich ihrer jeweils kenn-
zeichnenden Eigenschaften und bevorzugten Anwendungsgebiete.

Typ Zusatzstoffe kennzeichnende bevorzugte


Eigenschaften Anwendungsgebiete

4203 L 3 Masse-% TiO2 hohe Kerbschlagzähigkeit, Isolationen für elektrische


0,5 Masse-% PTFE hohe Dehnung, gute und elektronische Bauteile,
elektrische Eigenschaften, schlagzähe Formteile
gut entformbar
Thermoplastische
Polykondensate

4301 12 Masse-% Graph. hohe Druckfestigkeit, Lager, Anlaufscheiben,


3 Masse-% PTFE niedriger Reibungswert, Gleitelemente, Dichtringe
hoher Verschleißwiderstand
4275 20 Masse-% Graph. ähnlich wie der Typ 4301, wie Typ 4301, jedoch für
3 Masse-% PTFE jedoch höherer Verschleiß- noch höhere Anforderungen
widerstand
5030 30 Masse-% Glasf. hohe Steifigkeit bei hohen Hebel, Funktionsteile,
1 Masse-% PTFE Temperaturen, hohe Ventilplatten, Kolben,
Festigkeit und Formbe- insbesondere im Austausch
ständigkeit gegen Metalle
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1265

Typ Zusatzstoffe kennzeichnende bevorzugte


Eigenschaften Anwendungsgebiete

6000 30 Masse-% Miner. gute mech. Eigenschaften Isolationen für elektronische


1 Masse-% PTFE bei hohen Temperaturen, Bauteile, Funktionsteile,
gute elektrische Eigen- Wärmedämmung
schaften, ca. 30% billiger
als die übrigen Typen
7130 30 Masse-% C-Fas. ähnlich wie der Typ 5030, Tragteile mit höchster
1 Masse-% PTFE jedoch steifer, auch bei Festigkeit, Wärmedämmung
höheren Temperaturen,
hohe Dauerschwingfestigkeit

■ Lieferform
Torlon wird für das Spritzgießen als Granulat geliefert.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender physikalischer Eigenschaften enthält Tabelle 2-116.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Die Polyamidimide weisen bei Raumtemperatur keine Streckgrenze auf. Die in
Tabelle 2-116 angegebenen Dehnungen entsprechen somit der Dehnung beim
Bruch. Die Bilder 2-681 und 2-682 zeigen das Spannungsdehnungsverhalten ei-
niger Torlon Spritzgusstypen bei 23 °C bzw. 135 °C. Wie Bild 2-683 veranschau-
licht, ist die Biegefestigkeit der gewählten Torlon Typen selbst bei einer Tempe-
ratur von 204 °C derjenigen bekannter hochwärmebeständiger Thermoplaste
und sogar den Polyimiden überlegen. Gemäß Bild 2-684 bewahren die Poly-
amidimide auch nach langdauernder Wärmealterung bei 250 °C das hohe Niveau
ihrer mechanischen Eigenschaften.

Umwandlungstemperaturen
Die Glasübergangstemperatur der Polyamidimide beträgt 275 °C. Dieser Wert
wird nur von den Polyimiden mit 350 bis 365 °C übertroffen. Bis zum Erreichen
dieser Temperaturen sind die Formstoffe fest und steif.
Thermoplastische
Polykondensate

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die Polyamidimide sind sehr kriechfest. Auf hohe mechanische Beanspruchun-
gen regieren sie eher wie Metalle denn als Kunststoffe. Bei hohen mechanischen
und thermischen Beanspruchungen bewähren sich die glasfaserverstärkten PAI.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Von anderen Hochleistungs-Kunststoffen, Bild 2-685, werden die Werte der ge-
nannten Torlon Typen nicht erreicht.
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-116. Richtwerte der kennzeichnenden Eigenschaften von Torlon®-Polyamidimid


1266

Eigenschaften Prüfmethode Einheit Typ


ASTM 4203 L 4301 4275 5030 7130

Dichte D 792 g/cm3 1,38 1,43 1,44 1,56 1,50


mechanische
Zugfestigkeit bei 23°C D 1708 N/mm2 190 164 152 205 –
150°C 106 100 95 150 150
260°C 52 70 45 100 100
Reißdehnung bei 23°C D 1708 % 15 7 7 7 6
150°C 17 22 16 16 12
260°C 22 15 18 10 10
Biegefestigkeit 23°C D 790 N/mm2 244 220 212 340 355
150°C 158 150 150 240 250
260°C 76 100 100 160 160
Biege-E-Modul 23°C D 790 N/mm2 5000 6900 7400 11700 19900
150°C 4000 5100 5600 10600 17000
260°C 3500 4100 4800 8600 14000
Druckfestigkeit bei 23°C D 696 N/mm2 220 170 120 260 –
Kerbschlagzähigkeit nach Izod D 256 J/m 142 63 84 79 1,7
Reibungskoeff. dyn. trocken – 0,9–0,25 – – –
thermische
Gebrauchstemperatur in Luft °C
kurzzeitig 300 300 300 300 300
dauernd 260 260 260 260 260
Formbeständigkeit in der Wärme D 648 °C 278 279 280 282 282
ISO Methode A
linearer Ausdehnungskoeffizient D 696 106 · K–1 31 27 25 16 9
Wärmeleitfähigkeit C 177 W/mK 0,26 0,54 – 0,37 0,53
Entflammbarkeit UL 94 V-O V-O V-O V-O V-O
Sauerstoffindex (LOI) D 2863 % 45 44 45 51 52
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-116 (Fortsetzung)

Eigenschaften Prüfmethode Einheit Typ


ASTM 4203 L 4301 4275 5030 7130

elektrische
Oberflächenwiderstand D 257 W 5 · 1018 8 · 1017 4 · 1017 1 · 1018 –
Durchgangswiderstand D 257 W cm 2 · 1015 8 · 1013 8 · 1013 2 · 1015 –
Durchschlagfestigkeit D 149 kV/mm 23 – – 33 –
Dielektrizitätszahl 103 bis 1 MHz D 150 – 4,2–3,9 6,0–5,4 7,3–6,6 4,4–6,5 –
dielektr. Verlustfaktor 103 bis 1 MHz D 150 – 0,026–0,031 0,037–0,042 0,059–0,063 0,022–0,023 –
Wasseraufnahme 24 h, 23°C D 570 % 0,33 0,28 0,33 0,24 0,26
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
1267

Thermoplastische
Polykondensate
1268 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-681. Spannnungsdehnungsverhalten eini- Bild 2-682. Spannungsdehnungsverhal-


ger Polyamidimid-Typen (Prüftemperatur: 23 °C) ten einiger Polyamid-Typen (Prüftem-
a Torlon 7130 peratur: 135 °C) Kurvenbezeichnungen
b Torlon 5030 s. Bild 2-681
c Torlon 4203 L
(Amoco Performance Products/CH)
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-683. Biegefestigkeit einiger Technischer Kunststoffe bei 204 °C


2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1269

Bild 2-684. Zugfestigkeit einiger


Polyamidimid-Typen nach Wärme-
alterung bei 250 °C
a Torlon 4203 L
b Torlon 5030
c Torlon 4301

Bild 2-685. Kerbschlagzähigkeit (Izod) einiger Technischer Kunststoffe

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


PAI weist eine hohe Wechselfestigkeit auf, Bild 2-686. Diese Eigenschaft bleibt
auch beispielsweise bei Temperaturen um 177 °C noch erhalten. Die Biegewech-
selfestigkeit von Torlon 7130 beträgt bei dieser Temperatur noch ± 40 N/mm2.

Reibungs- und Verschleißverhalten


Thermoplastische
Polykondensate

Die häufige und gezielte Verwendung von Torlon, insbesondere der mit Graphit
und PTFE gefüllten Typen 4301 und 4275 für die Herstellung von Lager- und
Gleitelementen beruht auf dem geringen Verschleiß dieses Materials auch beim
Trockenlauf.
Zahlreiche Verarbeiter und Compoundierbetriebe haben eigene Rezepte ent-
wickelt. Dies ist auf der Grundlage des in Pulverform vorliegenden Typs 4000 T
leicht möglich.
Alle Formteile aus Torlon müssen nach dem Urformen in der Wärme nach-
behandelt werden. Der Verschleißfaktor K wird durch diese Nachbehandlung
wesentlich beeinflusst. Der höchste Verschleißwiderstand wird erst nach mehr
als acht Tagen bei einer Lagertemperatur von 260 °C erreicht.
1270 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-686. Zug-Schwellfestigkeit von


Torlon 7130, Prüftemperatur: 23 °C,
Frequenz: 2 Hz

■ Thermische Eigenschaften
siehe Tabelle 2-116.

■ Elektrische Eigenschaften
siehe Tabelle 2-116.
Bei den meisten Anwendungen von PAI in der Elektrotechnik spielen die vor-
züglichen elektrischen und dielektrischen Eigenschaften eine entscheidende
Rolle. Durch den Zusatz von Graphit kann – wie bei den Kunststoffen allgemein
– die Leitfähigkeit von Torlon wesentlich erhöht werden. Insbesondere das mit
30 % Masseanteil C-Fasern verstärkte Material schirmt die Einbauteile gegen die
Wirkung elektromagnetischer Interferenz (EMI) ab.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Säuren, Lösemittel, schwache Laugen (bedingt);
nicht beständig gegen: starke Laugen.

■ Witterungsbeständigkeit
Im Unterschied zu vielen hochwärmebeständigen Kunststoffen weist Torlon
eine vorzügliche UV-, d. h. Witterungsbeständigkeit auf.

■ Strahlenbeständigkeit
PAI ist sehr strahlenbeständig. Eine g-Strahlen-Dosis von 107 J/kg führt zur Ab-
nahme der Zugfestigkeit um nur 5 %.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Brennbarkeit
PAI zeichnet sich im Brandfall durch eine sehr geringe Rauchentwicklung aus.
Die Flammtemperatur beträgt 570 °C, die Selbstentzündungstemperatur
620 °C. Der Sauerstoffindex der Torlon Typen erreicht Werte zwischen 44 und
52 %.

■ Wasseraufnahme
In feuchter Atmosphäre oder beim Eintauchen in Wasser nimmt Torlon eine ge-
ringe Feuchtigkeitsmenge auf. Die maximale Menge von 5 % Massegehalt wird
nach etwa drei Monaten Lagerungsdauer in Wasser von 90 °C erreicht. Die auf-
genommene Wassermenge wird jedoch beim Erwärmen der Formteile auf Tem-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1271

peraturen von 120 bis 175 °C rasch wieder abgegeben. Bei Wasseraufnahme ver-
ändern sich die Abmessungen des Formteils; auch die Formbeständigkeit in der
Wärme nimmt mit zunehmendem Feuchtigkeitsgehalt ab.

■ Verarbeitung
Grundsätzlich gilt, dass Torlon vor dem Urformen durch Spritzgießen, Pressen
oder Spritzpressen etwa 16 h bei einer Temperatur von 150 °C bzw. im Fall des
Spritzgussgranulates etwa 8 h bei 180 °C getrocknet werden muss.
Bei niedrigen Schergeschwindigkeiten ist die Viskosität der Torlon-Schmelze
sehr hoch, bei höheren nähert sie sich derjenigen von Polycarbonat und ABS.
Deshalb können beim Spritzgießen mit hohen Einspritzgeschwindigkeiten auch
komplizierte Formnester mit verhältnismäßig niedrigem Spritzdruck gefüllt
werden. Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität ist im Verarbeitungsbereich
von 315 bis 360 °C nicht besonders betont.

Verarbeitungsbedingungen
Spritzgießen: Schmelztemperatur: 336 bis 360 °C
Werkzeugtemperatur: 230 °C
Pressformen: Pressdruck: 35 N/mm2
Werkzeugtemperatur: 345 °C
Vorheizen ist erforderlich.
Formteile aus PAI werden in der Wärme nachbehandelt. Nach Erreichen einer
Temperatur von 245 °C wird diese 24 Std. aufrechterhalten und anschließend
24 Std. auf 260 °C gesteigert. Auf dieser Temperatur sollten die auf Verschleiß
beanspruchten Formteile fünf Tage gehalten werden, um den Verschleißwider-
stand der Formteile zu erhöhen.

■ Veredeln der Oberfläche


Von allen heute bekannten Metallisierungsverfahren wie galvanisches Metalli-
sieren, Plasmasprühen, Ionenplattieren und Metallisieren im Hochvakuum ist
nur das zuletzt genannte ungeeignet. Die zu metallisierenden Formteile werden
zuerst geätzt, dann gespült, katalytisch behandelt, aktiviert, chemisch vernickelt,
dann galvanisiert und getrocknet. Das galvanische Metallisieren wird grund-
sätzlich an noch nicht in der Wärme nachbehandelten Formteilen durchgeführt.
Thermoplastische
Polykondensate

Die Wärmebehandlung folgt anschließend.

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


siehe Tabelle 2-6.

Fügeverfahren: Kleben
Formteile aus Torlon können mit Klebstoffen auf der Grundlage von Amidimid
geklebt werden. Diese Verbindungen sind mechanisch beanspruchbar sowie
wärme- und chemikalienbeständig. Geeignete Klebstoffe können z. B. durch Lö-
sen von Torlon 4000 in n-Methylpyrrolidon (35 %ige Lösung) hergestellt werden.
Die miteinander zu verbindenden Flächen müssen fettfrei und sauber sein.
1272 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Außerdem müssen sie dicht aufeinander passen. Aufrauen erhöht die Klebnaht-
festigkeit. Die nach dem Auftragen des Klebstoffs fest aneinandergefügten Teile
werden 30 min auf einer Temperatur von 175 bis 190 °C gehalten. Die bei Wand-
dicken > 10 mm gewählten höheren Härtetemperaturen dürfen die Grenze von
230 bis 245 °C nicht überschreiten. Von den übrigen Klebstoffen kommen noch
EP-Harze und Cyanacrylate in Betracht. Dabei sind allerdings die physikalischen
und chemischen Grenzen dieser Produkte zu beachten.

Anwendungsbeispiele
Torlon Polyamidimid wird erfolgreich für tragende Bauteile bis zu Tempe-
raturen von 260 °C angewendet. Die Beanspruchungen sind vor allem
mechanischer und/oder elektrischer Natur. Häufig ist auch das günstige
Verschleißverhalten dieses Materials entscheidend. Zu den elektrisch/di-
elektrisch beanspruchten Formteilen gehören beispielsweise:

• Stecker-Isolierteile aus Torlon 4203 für die Luft- und Raumfahrt,


• Spulenkörper aus Torlon 4203 für Seismographen,
• Funkenschutzkappen aus Torlon 4203 für die Luft- und Raumfahrt.
Vorwiegend mechanisch beansprucht werden die folgenden Formteile:
• Schaltnocken aus Torlon 4301 für den Automobilbau,
• Lamellen für Hydraulik- und Druckluftmotoren,
• Lager und Gehäuse für Benzinverbrauchsanzeiger aus Torlon 4301 für
den Automobilbau,
• Schalthebel aus Torlon 4301 für Schaltschütze,
• Abdeckrahmen aus Torlon 4301 für Büromaschinen,
• Gleitringe aus Torlon 4301.
In polaren Lösemitteln gelöstes Polyamidimid dient zur Herstellung hoch-
wärmebeständiger Drahtlacke und Klebstoffe.

Handelsname
Torlon (Amoco Performance Products/CH)

2.2.1.2.8.1.3.3
Thermoplastische
Polykondensate

Polyetherimid (PEI)

Nach zehnjähriger Entwicklungsarbeit stellte General Electric (US) Anfang 1982


das Polyetherimid Ultem vor. Bei diesem Produkt handelt es sich um einen aus-
gesprochen thermoplastischen Kunststoff. Ultem füllt bei den Technischen
Kunststoffen die Lücke zwischen den Polyethersulfonen und den wesentlich teu-
reren Polyamidimiden bzw. Polyfluorcarbonen[2].

■ Herstellung
Ausgangsprodukte des Polyetherimids sind das N-Phenyl-4-nitrophthalimid
und das Dinatriumsalz des Bisphenol A:
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1273

N-Phenyl-4-nitrophthalimid + Dinatriumsalz von Bisphenol A

Daraus entsteht in mehreren Kondensations-Vorstufen und schließlich durch


kontinuierliche Schmelzpolykondensation mit einem aromatischen Diamin in
einem Entgasungsextruder bei Temperaturen zwischen 200 °C und 290 °C

Polyetherimid

Die Polykondensation wird durch NaCl oder Fe2(SO4)3 katalytisch beschleunigt [2].

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Polyetherimid (PEI) ist durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
• sehr hohe Festigkeit (auch im unverstärkten Zustand),
• hohe Steifigkeit und Härte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme (>200°C),
• hohe Gebrauchstemperatur (dauernd 170°C),
• hohe Durchschlagfestigkeit,
• in einem breiten Temperatur- und Frequenzbereich nahezu gleichbleibende
dielektrische Eigenschaften,
• bernsteinfarbene Transparenz,
• niedriger thermischer Ausdehnungskoeffizient,
• hohe Chemikalien- und Hydrolysebeständigkeit,
• hohe Witterungsbeständigkeit,
• hohe Beständigkeit gegen g-Strahlen,
• hohe Flammwidrigkeit (V-O bei 0,76 mm Probedicke),
• geringe Rauchentwicklung,
• gute und wirtschaftliche Ver- und Bearbeitbarkeit.
Thermoplastische
Polykondensate

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Der Aufbau der Polyetherimide aus Imidgruppen O=C–N–C=O, die durch
Ethergruppen –O– verbunden sind, gewährleistet gute mechanische und ther-
mische Eigenschaften einerseits und eine gewisse Flexibilität der Polymerkette
durch die Ethergruppe andererseits. Daraus resultiert insgesamt die gute Verar-
beitbarkeit der amorphen Polyetherimide.

■ Zusatzstoffe
Unter den Zusatzstoffen ist bei dem bisher verfügbaren Sortiment vor allem die
Glasfaser als Verstärkungsstoff zu erwähnen.
1274 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Sortiment
Das Sortiment befindet sich seit seiner Vorstellung im Jahre 1982 in einer stän-
digen Weiterentwicklung. Zum Standardtyp (Ultem 100) und den mit 10, 20 und
30 % Massegehalt glasfaserverstärkten Typen kamen inzwischen (s. Tabelle
2-117) der mit 40 % glasfaserverstärkte (Ultem 2400), der mit 15 % C-Faser ver-
stärkte (Ultem 7700), die Entwicklungsserie D 6000, die sich vor allem durch
eine erhöhte Formbeständigkeit in der Wärme auszeichnet (dazu gehören na-
turgemäß auch einige glasfaserverstärkte Typen) und schließlich Sondertypen
für die Herstellung auf Verschleiß beanspruchter Formteile sowie die Herstel-
lung von Leiterplatten.

■ Lieferformen
Ultem wird als Granulat geliefert.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-117.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Der strukturelle Aufbau der Polyetherimide bewirkt eine sehr hohe Festigkeit
und Steifigkeit dieser Werkstoffe. Das unverstärkte Material erreicht eine Zug-
festigkeit von über 100 N/mm2 und einen Biegemodul von 3300 N/mm2. Beide
Werte liegen weit über dem Eigenschaftsniveau sonstiger thermoplastischer
Kunststoffe. Die Bilder 2-687 und 2-688 verdeutlichen, dass das hohe Eigen-
schaftsniveau auch bei höheren Temperaturen erhalten bleibt.
Einen Vergleich kennzeichnender mechanischer Eigenschaften einiger Tech-
nischer Thermoplaste zeigt die folgende Übersicht.

Thermoplast Prüf- Einheit Zugfestigkeit


Methode unverstärkt
ASTM bei 23°C

Ultem 100 D 368 N/mm2 103


Polyethersulfon D 368 N/mm2 83
Polysulfon D 368 N/mm2 70
Thermoplastische

N/mm2
Polykondensate

Polycarbonat D 368 66
Zugfestigkeit, glasfaserverstärkt bei 23°C
Ultem 2200 D 368 N/mm2 140
Polyphenylensulfid 40 Masse-% GF D 368 N/mm2 135
Polyethersulfon 20 Masse-% GF D 368 N/mm2 122
Polycarbonat 20 Masse-% GF D 368 N/mm2 108
Polysulfon 20 Masse-% GF D 368 N/mm2 103
Biege-E-Modul, unverstärkt bei 23°C
Ultem 100 D 790 N/mm2 3300
Polysulfon D 790 N/mm2 2650
Polyethersulfon D 790 N/mm2 2550
Polycarbonat D 790 N/mm2 2300
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1275

Umwandlungstemperaturen
Die hohe Steifheit und Formbeständigkeit in der Wärme sind angesichts der ho-
hen Glasübergangstemperatur der ursprünglichen Typen von 217 °C und derje-
nigen der Entwicklungstypen (6000er-Reihe) von 230 °C nicht verwunderlich.
Die zulässige Dauerbeanspruchung (in h) einiger Ultem-Typen bei verschiede-
nen Temperaturen zeigt die nachstehende Übersicht:

Ultem-Typ Temperatur

– 20 °C 0 °C 23 °C 94 °C 177 °C

1000 32 29 26 14 7
2100 37 33 31 21 10
2200 44 43 35 26 14
2300 55 49 43 32 20

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das hohe Niveau der mechanischen Eigenschaften bleibt auch bei Langzeitbe-
anspruchung bei höheren Temperaturen erhalten, wie der Vergleich der isochro-
nen Spannungsdehnungs-Linien in den Bildern 2-689 und 2-690 zeigt.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Das nicht verstärkte Material besitzt eine ausreichende Schlagzähigkeit. Aller-
dings ist das Material kerbempfindlich, was sich in der relativ niedrigen Kerb-
schlagzähigkeit widerspiegelt (s. Tabelle 2-117). Deshalb sind bei Formteilen
Spannungskonzentrationen z. B. an scharfen Kanten zu vermeiden.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Wechselfestigkeit der Ultem Typen entspricht dem Verhalten der Thermo-
plaste allgemein. Dabei weist das mit 30 %-Massegehalt GF-verstärkte Ultem
2300 nach 107 Lastspielen bei Raumtemperatur eine Biege-Wechselfestigkeit von
s Bw von ± 31 N/mm2 auf, Bild 2-691.
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-687. Zugfestigkeit von unver-


stärktem und glasfaserverstärktem
Polyetherimid
a Ultem 2300 (GF 30)
b Ultem 2200 (GF 20)
c Ultem 2100 (GF 10)
d Ultem 1000 (unverstärkt)
(Quelle: GE Plastics Europe B.V./NL)
1276 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-688. Biege-E-Modul von unver-


stärktem und glasfaserverstärktem
Polyetherimid (Kurvenbezeichnungen
s. Bild 2-687)

Bild 2-689. Isochrone Spannungsdehnungs- Bild 2-690. Isochrone Spannungsdeh-


linien von Polyetherimid im Zeitstand-Biege- nungs-Linien von Polyetherimid im
versuch (Prüftemperatur: 23 °C), (Kurven- Zeitstand-Biegeversuch (Prüftempe-
bezeichnungen s. Bild 2-687) ratur: 82 °C), Kurvenbezeichnungen
s. Bild 2-687
Thermoplastische
Polykondensate

Reibungs- und Verschleißverhalten


Der Spezialtyp Ultem 400 eignet sich in besonderer Weise für Anwendungen,
die eine hohe Verschleißfestigkeit erfordern, z. B. bei Lagern, Lagerkäfigen und
Flügelpumpen. Bei diesem Material konnte der pv-Wert auf 1575 N/mm s ange-
hoben werden.

■ Thermische Eigenschaften
Die wichtigsten thermischen Eigenschaften von Polyetherimid enthält Tabelle
2-117. Der niedrige lineare Ausdehnungskoeffizient – insbesondere der glasfaser-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1277

Bild 2-691. Biegewechselfestigkeit von


Polyetherimid (Prüftemperatur: 23 °C,
f = 30 Hz) (Kurvenbezeichnungen
s. Bild 2-689)

verstärkten Typen – erleichtert den Zusammenbau mit metallischen Werkstof-


fen, wie nachstehender Vergleich zeigt:

Werkstoff linearer Werkstoff therm. Ausdehnungs-


Ultem Ausdehnungs- koeffizient [K–1]
koeffizient [K–1] · 10–6
· 10–6

1000 62 Messing 16 bis 18


2100 32 Zink 27
2200 25 Aluminium 22
2300 20 Stahl 12 bis 15

Die Formbeständigkeit in der Wärme (bei 1,82 N/mm2) von Polyetherimid ist
mit 200 °C gleichrangig mit derjenigen von Polyethersulfon, während Polysulfon
170 °C und PC 135 °C erreichen.

■ Elektrische Eigenschaften
Die günstigen dielektrischen Eigenschaften sowie der hohe Durchgangswider-
stand von Polyetherimiden bleiben über einen breiten Temperaturbereich kons-
tant und werden auch von den Umgebungseinflüssen kaum beeinträchtigt. Der
Verlustfaktor ist niedrig und verbleibt auf diesem niedrigen Niveau über einen
breiten Frequenzbereich, insbesondere im Kilo- (103 Hz) und Gigahertz (109 Hz)-
Thermoplastische
Polykondensate

Bereich (s. Bilder 2-692 bis 2-694). Diese Eigenschaft ist für Anwendungen wie
Schaltelemente in der Computerelektronik oder Komponenten für Mikrowel-
lenanwendungen von Bedeutung, denn hier kommt es darauf an, dass der Werk-
stoff möglichst wenig elektrische Energie in Form von Wärme absorbiert.

■ Chemikalienbeständigkeit
• hohe Beständigkeit gegen: mineralische Säuren und Salzlösungen, wässrige
Laugen (pH < 9), Frostschutzmittel, im Automobil- und Flugzeugbau ge-
bräuchliche Öle, Kraftstoffe und Reinigungsmittel, Alkohole, Tetrachlorkoh-
lenstoff und Ether,
• bedingt beständig gegen: Ketone,
Thermoplastische
Polykondensate

Tabelle 2-117. Richtwerte der kennzeichnenden Eigenschaften von Ultem®-Polyetherimid


1278

Eigenschaften ASTM-Prüf- Einheiten ULTEM ULTEM ULTEM ULTEM ULTEM ULTEM


methoden 1000 2100 2300 2400 7700 6200

mechanische
Zugfestigkeit an der Streckgrenze D 638 N/mm2 105 120 160 185 145 145
Zug-E-Modul (1-%-Sekante) D 638 N/mm2 3000 4500 9000 – – –
Dehnung an der Streckgrenze D 638 % 7–8 5 – – – –
Reißdehnung D 638 % 60 6 3 2,5 3,5 4
Biegefestigkeit D 790 N/mm2 145 200 230 250 – 210
Biege-E-Modul (Tangente) D 790 N/mm2 3300 4500 8300 11700 8000 6550
Druckfestigkeit D 695 N/mm2 140 160 160 200 – 170
Druck-E-Modul D 695 N/mm2 2900 3100 3800 – – –
Kerbschlagzähigkeit
(3,2-mm-Probekörper) D 256 J/m 50 60 100 110 50 80
Schlagzähigkeit
(3,2-mm-Probekörper) D 256 J/m 1300 480 430 105 – 400
Scherfestigkeit – N/mm2 100 90 100 430 – –
Rockwell Härte D 785 – M 199 M 114 M 125 – – –
Taber Abrieb D 1044 mg/ 10 – – – – –
(CS 17,1 kg) 1000 Umdr.
pv-Wert – N/mm2 · s 315 455 1225 – – –
thermische
Formbeständigkeit in der Wärme
(ungetempert) D 648
ISO Methode A °C 200 207 210 213 210 223
ISO Methode B °C 210 210 212 216 – 225
Vicat-Erweichungstemp., Methode B °C 219 223 228 234 – 225
Dauergebrauchstemperatur,
Index, nach UL Bulletin 746 B – °C 170 170 170 – – –
linearer Ausdehnungskoeffizient
(– 18°C bis + 150°C) in Spritzrichtung D 696 K–1 62 · 10–6 32 · 10–1 20 · 10–6 14 · 10–6 – 25 · 10–6
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Wärmeleitfähigkeit C 177 W/mK 0,22 – – – – –


Tabelle 2-117 (Fortsetzung)

Eigenschaften ASTM-Prüf- Einheiten ULTEM ULTEM ULTEM ULTEM ULTEM ULTEM


methoden 1000 2100 2300 2400 7700 6200

elektrische
Durchschlagfestigkeit
(1,6-mm-Probekörper) D 149
in Öl kV/mm 24 – – 240 – 23
in Luft kV/mm 33 – 30 – – –
Dielektrizitätszahl (1 kHz, 50% r.F.) D 150 – 3,15 3,5 – 3,7 – 3,1
dielektrischer Verlustfaktor tan d
1 kHz, 50% r.F., 23°C – 0,0013 0,0014 0,0015 0,002 – 0,001
2450 kHz, 50% r.F. 23°C – 0,0025 – – – – –
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate

spez. Durchgangswiderstand
(1,6-mm-Probekörper) D 257 Wm 6,7 · 1015 1,0 · 1015 3 · 1015 – – 1 · 1015
Lichtbogenbeständigkeit D 495 s 128 – 85 – – –
Brennbarkeit
Sauerstoffindex
(1,5-mm-Probekörper) D 2863 % 47 47 47 50 54 44
Brennbarkeit nach UL – – V-O bei V-O bei V-O bei V-O bei – V-O bei
Bulletin 94 0,76 mm 1,6 mm 1,6 mm 1,6 mm 1,6 mm
NBS Rauchkammer E 662 5 V bei – – – – –
(1,5-mm-Probekörper) 1,9 mm
Ds nach 4 min – 0,7 – – 1 – 4
Dmax nach 20 min – 30 – – 20 – 70
andere:
Dichte D 792 g/ml 1,27 1,34 1,51 1,61 1,33 1,43
Verarbeitungsschwindung – % 0,5–0,7 0,4 0,2 0,2 0,3 0,3
Wasseraufnahme nach 24 h bei 23°C D 570 % 0,25 0,28 0,18 0,12 – 0,22
im Sättigungszustand bei 23°C % 1,25 1,0 0,9 – – –
1279

Thermoplastische
Polykondensate
1280 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-692. Dielektrizitätszahl von Ul-


tem 1000 in Abhängigkeit von Tempe-
ratur (A) bei verschiedenen Frequen-
zen und (B) bei verschiedenen
Temperaturen
(A) a 103 Hz (B) a 23 °C
b 106 Hz b 82 °C

Bild 2-693. Dielektrischer Verlustfaktor


tan d einiger technischer Kunststoffe in
Abhängigkeit von der Frequenz
a Polyethersulfon
b Polycarbonat
c Polysulfon
d Ultem 1000
Thermoplastische
Polykondensate

Bild 2-694. Dielektrischer Verlustfak-


tor tan d von Ultem 1000 in Abhängig-
keit von Frequenz und Temperatur
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1281

Bild 2-695. Witterungsbeständigkeit


von Polyetherimid im Vergleich mit
PSU und PES (Quelle: GE Plastics Eu-
rope B.V./NL)

• nicht beständig gegen: Chloroform, Ethylacetat, MEK, Trichlorethan und


Methylendichlorid,
• hohe Hydrolysebeständigkeit.
■ Spannungsrissbeständigkeit
Wie alle hochwärmebeständigen Polyaromaten, so ist auch Polyetherimid gegen
einige Medien nur bedingt spannungsrissbeständig. Auch hier sind die glasfa-
serverstärkten Typen den unverstärkten überlegen. Durch Formgebung und
Verarbeitung sind spannungsarme Formteile anzustreben.
■ Witterungsbeständigkeit
Die hohe Beständigkeit von Ultem 1000 bei Bewitterung im Xenotestgerät wird
in Bild 2-695 mit dem Verhalten von PSU und PES verglichen.

■ Strahlenbeständigkeit
Auch die Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung (g-Strahlen einer Co60-
Quelle) ist bemerkenswert hoch. Selbst eine Bestrahlungsdosis von 5000 kJ/kg
bewirkt eine Minderung der Zugfestigkeit von nur 6 %.

■ Brennbarkeit
Das Brandverhalten von Polyetherimid ist günstig. Die Einstufung dieses Werk-
Thermoplastische
Polykondensate

stoffs nach verschiedenen amerikanischen und europäischen Brandschutzprüf-


methoden ist folgende:
UL V-O bei 0,64 0mm
UL 94 5V bei 1,9 mm
DIN 4102 B1 bei 1,55 mm
CSTB M1 bei 1,5 mm
BS 476 Teil 6 und 7 Klasse 0 bei 1,5 mm
LOI 47%
Außerdem zeigt Polyetherimid im Brandfall eine nur sehr geringe Rauchent-
wicklung; folgende Werte wurden ermittelt:
1282 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

NBS-Rauchgasdichte Ds nach 5 min: 0,7,


Dmax nach 20 min: 30 (s. nachstehende Übersicht)
Die beim Verbrennen von Polyetherimid entstehenden Rauchgase enthalten im
Wesentlichen CO, CO2 und Wasser; hinsichtlich der Toxizität sind diese Rauch-
gase mit denen von Holz vergleichbar.
Den Vergleich des Sauerstoffindex’ (LOI) und der Rauchdichte (NBS-Test) ei-
niger technischer Thermoplaste zeigen die folgenden Übersichten:

Sauerstoffindex

Thermoplast Prüfmethode Einheit Wert

Ultem 1000 02863 % 47


Polyethersulfon 02863 % 38
Polycarbonat 02863 % 35
Polysulfon 02863 % 30

Rauchdichte (NBS-Test)

Thermoplast Prüfmethode Einheit Wert

Ultem 1000 E 662 Dmax 30


Polyethersulfon E 662 Dmax 40
Polycarbonat E 662 Dmax 150
Polysulfon E 662 Dmax 225

■ Wasseraufnahme
Unverstärkte Polyetherimide nehmen bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von
60 % bis zum Sättigungszustand 1,3 % Wasser auf. Zulässig sind jedoch höchs-
tens 0,5 %.

■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen
Das bevorzugte Verarbeitungsverfahren ist bis heute das Spritzgießen. Die
Ultem Formmassen dürfen nur im trockenen Zustand verarbeitet werden. Die
Polyetherimide nehmen auch bei Lagerung in Luft soviel Wasser auf, dass ange-
sichts des Limits von 0,05 % ein Vortrocknen unerlässlich ist. Die empfehlens-
Thermoplastische
Polykondensate

werten Temperaturen zeigt Bild 2-696 in Abhängigkeit von der Trocknungs-


dauer. Die Massetemperatur beträgt 375 bis 425 °C, die Werkzeugtemperatur 100
bis 150 °C. Dabei erreicht die Schwindung, je nach Typ, Wanddicke und Verarbei-
tungsbedingungen 0,2 bis 0,7 %.

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


s. Tabelle 2-6.
Mit dem Laserstrahl wird dann gearbeitet, wenn es auf sehr hohe Bohr- und
Trenngeschwindigkeiten ankommt. Enge Toleranzen, keine Trennspäne, kein
Wulst, kein Grat und nur geringe Eigenspannungen der Formteile gehören zu
den Vorteilen dieses Verfahrens. Es können z. B. Löcher von nur 0,15 mm Durch-
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate 1283

Bild 2-696. Trocknungstemperatur


von Polyetherimid in Abhängigkeit
von der Trocknungsdauer

messer gebohrt werden und das an Stellen, die für das normale Bohren unzu-
gänglich sind. Die erzielbare Schnittgeschwindigkeit hängt von der installierten
Leistung ab. Es besteht der folgende Zusammenhang:
150 W – 90 cm/min
300 W – 180 cm/min
500 W – 340 cm/min.

Fügeverfahren
Schraubverbindungen können mit Hilfe vorgeformter Gewinde oder selbst-
schneidender Schrauben hergestellt werden. Inserts werden eingerüttelt oder
vor dem Spritzgießen vorgewärmt eingesetzt.
Schnappverbindungen nutzen das elastische Rückfedern dieses steifen
Werkstoffs innerhalb des Proportionalitätsbereichs.
Für Klebverbindungen eignen sich das Adhäsions- und das Diffusions-
kleben. Als Lösemittel für das Diffusionskleben eignet sich Methylenchlorid.
Die PEI-Konzentration beträgt 1 bis 5 %. Die Oberflächen werden vor dem Auf-
tragen des Klebstoffs mit Hilfe von Isopropylalkohol von Fett, Öl und Staub
befreit.
Während das Diffusionskleben nur für Verbindungen mit sich selbst in Be-
tracht kommt, eigenen sich Adhäsionsklebstoffe für Verbindungen von PEI mit
sich selbst oder anderen Werkstoffen. Die Adhäsionsklebstoffe basieren auf
Polymethan, Silicon, nichtaminischen Epoxidharzen, Polyamidschmelzkleb-
stoffen und Ultem 1000 Kupferlaminatfolien.
Thermoplastische
Polykondensate

Anwendungsbeispiele
Hochspannungsschutzschaltergehäuse, Steckanschlüsse, Bauteile von Mik-
rowellenherden, schwallötbeständige Klemmleisten, Träger integrierter
Schaltungen; Getriebeteile, Kolben- und Bremszylindermäntel, Vergaser-
gehäuse, Ventildeckel, Kugelventile [4], Scheinwerfer; Flugzeug-Sitzscha-
len, Sicherheitsgurtschlösser, Verkabelungen, Flugzeugsitze, Kabinenver-
kleidungen [5], Lager, Lagerkäfige, Zahnräder, Flügel für Flügelzellenpum-
pen [6, 7].

Handelsname
Ultem (GE Plastics Europe B.V./NL)
1284 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.1.2.8.1.3.4
Polyesterimid

Die Polyesterimide sind seit 1966 am Markt. Die Herstellung geschieht durch
Polykondensation von Trimellitsäureanhydrid mit Diphenolestern oder dem
Ethylenglycolester der Terephthalsäure [3]. Das Ergebnis des erstgenannten
Weges zeigt nachstehende Strukturformel:

Polyesterimid

Poylesterimide werden vorwiegend als wärmebeständige Drahtlacke verwendet.


Der Einsatz von tri- und tetrafunktionellen Verbindungen führt während des
Einbrennvorgangs zu Vernetzungen. Diese Produkte bewahren ihre guten physi-
kalischen Eigenschaften bis zu Temperaturen von 230 °C. Die Thermostabilität
(Oxidationsbeständigkeit) ist nicht so hoch wie bei den Polyimiden.
Die General Electric entwickelte Polyesterimide, die als Isolierfolien oder Prä-
polymere im Handel sind.

Handelsname
Imidex (GE Plastics Europe B.V./NL)

2.2.1.2.8.2
Literatur – Kapitel 2.2.1.2.8
[1] Behr E (1969) „Hochwärmebeständige Kunststoffe“, C. Hanser Verlag, München
[2] von Hoewe PW (1983) „Polyetherimide“, Kunststoffe 73, S 266 – 269
[3] Elias HG u.Vowinkel F (1983) „Neue polymere Werkstoffe für die industrielle Anwendung“,
C. Hanser Verlag, München, S 125 – 134
[4] NN (1995) „Polyimid zuverlässig“, S 323
[5] Stahl PO (1995) „Polyetherimid“, Kunststoffe 85, S 1611 – 1612
[6] NN (1996) „Mehrweggeschirr aus Polyetherimid“, 86, S 100
Thermoplastische
Polykondensate

[7] Schobesberger M (1994) „High-Tech für High-Performance“, Kunststoffe 84, S 759 – 761
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1285

2.2.2
Duroplastische Polykondensate

2.2.2.1 Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe (Phenoplaste) (PF) . . . . . 1286


2.2.2.1.1 Härtbare PF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1290
2.2.2.1.2 Technische Phenolharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1314
2.2.2.2 Harnstoff/Formaldehyd-Kunststoffe (Aminoplaste) (UF) . . . 1318
2.2.2.2.1 Härtbare UF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1319
2.2.2.2.2 Technische Harnstoffharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1325
2.2.2.3 Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF) . . . . . . . . . . . 1326
2.2.2.3.1 Härtbare MF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1327
2.2.2.3.2 Modifizierte MF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1330
2.2.2.3.2.1 Härtbare Melamin/Phenol/Formaldehyd-Formmassen . . . . 1330
2.2.2.3.2.2 Technische Melaminharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1331
2.2.2.4 Ungesättigte Polyesterharze (UP) . . . . . . . . . . . . . . . 1333
2.2.2.4.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . . . . . 1339
2.2.2.4.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1339
2.2.2.4.1.2 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1341
2.2.2.4.1.3 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1341
2.2.2.4.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1345
2.2.2.4.2.1 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 1345
2.2.2.4.2.2 Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1356
2.2.2.4.2.3 Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . . . . . . . . 1358
2.2.2.4.3 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1361
2.2.2.4.3.1 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366
2.2.2.4.3.2 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1368
2.2.2.4.3.3 Bearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1369
2.2.2.4.3.4 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1369
2.2.2.4.3.5 Veredeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1369
2.2.2.4.3.6 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1370
2.2.2.4.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . . . . . 1370
2.2.2.4.5 Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1372
2.2.2.4.6 Literatur – Kapitel 2.2.2.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1374
2.2.2.5 Verwandte Reaktionsharz-Formmassen . . . . . . . . . . . . 1374
2.2.2.5.1 Alkydharz-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1374
Polykondensate
Duroplastische

2.2.2.5.2 Polydiallylphthalat-Formmassen (PDAP) . . . . . . . . . . . 1375


2.2.2.6 Silicone (SI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379
2.2.2.6.1 Härtbare Siliconharz-Formmassen . . . . . . . . . . . . . . 1381
2.2.2.6.2 Literatur – Kapitel 2.2.2.5–2.2.2.6 . . . . . . . . . . . . . . . 1385
1286 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die ersten synthetischen Kunststoffe, die im Unterschied zu den abgewandelten


Naturstoffen auf niedermolekularem Ausgangsprodukten basieren, waren duro-
plastische, d. h. härtbare Polykondensate. Die technische Herstellung dieser
Stoffe gelang zu einem Zeitpunkt, als man sich über die dabei ablaufenden Vor-
gänge noch nicht im Klaren war. Auf dem Gebiet der Makromolekularchemie
wurde zu jener Zeit ausnahmslos auf empirischer Basis gearbeitet.
Im Abschnitt 2.2.1 wurden die thermoplastischen Polykondensate behandelt,
die durch aufeinander folgende Kondensation zwischen Grundmolekülen mit
mindestens zwei funktionellen Gruppen entstehen. Dabei werden nieder-
molekulare Reaktionsprodukte wie Wasser, Ammoniak, Chlorwasserstoff u. a.
gebildet.
Sind die Grundeinheiten höher als bifunktionell, dann entstehen verzweigte
bzw. vernetzte Makromoleküle sowie niedermolekulare Reaktionsprodukte. Zu
dieser makromolekularen Stoffgruppe gehören die schwach vernetzten Elasto-
mere, die härtbaren Technischen Harze und die Reaktionsharze.
An dieser Stelle soll von den Technischen und den Reaktionsharzen die Rede
sein. Sie dienen als Werkstoffe für die Herstellung einer Vielzahl von Erzeugnis-
sen. Zu den wichtigsten Erzeugnissen aus Technischen Harzen gehören:
• Lacke,
• durch Gießen oder Laminieren hergestellte Formkörper,
• durch Sintern, Tränken, Laminieren oder Kleben hergestellte Formteile und
Überzüge, beispielsweise als Korrosionsschutz,
• lackierte Faserstoffe in Form von Lackpapieren und Lackgeweben,
• duroplastische Schaumstoffe,
• Technische Schichtpressstoffe (VDE 0318, T1 und T2),
• Pressschichtholz (DIN 4076, T 1, E 10. 84; T 3, 01. 74; T 5, 11. 81),
• Kunstharz-Pressholz (DIN 7707, T1, 01.79; T2, 01.79, ISO 800) und anderes,
• Halbzeug zur spanenden Bearbeitung in Form von Tafeln, Blöcken, Profilen
und Rohren,
• dekorative Schichtpressstoffe,
• härtbare Formmassen (DIN 7708, T1, 12.80; T2, 10.75; T3, 10.75; T4 01.83) für
die spanlose Verarbeitung (Urformen) zu Formteilen (besonders durch
Form- und Spritzpressen sowie Spritzgießen) oder Profilen.

2.2.2.1
Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe (Phenoplaste) (PF)
Obwohl die Entwicklung von härtbaren Phenolharzen fast gleichzeitig mit der
Erzeugung von abgewandelten Naturstoffen (Celluloid 1869) begann, dauerte es
noch nahezu vier Jahrzehnte, bis die durch A. v. Baeyer bereits im Jahre 1872 be-
obachtete Härtbarkeit von Phenol/Formaldehyd-Gemischen (durch Zugabe von
Säure) im Jahre 1909 durch L.H. Baekeland in den USA Grundlage eines
betriebsreifen Verfahrens zur Herstellung des bekannten Bakelite® wurde. Die
Polykondensate
Duroplastische

Verarbeitungsversuche und Nutzanwendungen führten bald zu der Erkenntnis,


dass die bei der in der Wärme durchgeführten Reaktion gebildeten gas- oder
dampfförmigen Substanzen nur unter Druck im Harz gelöst bleiben konnten.
Das Ergebnis waren die Druck/Hitze-Patente, die wegen der zahlreichen darum
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1287

geführten Prozesse berühmt wurden. Am bekanntesten sind die Patente AP


942 699 (18. 2. 1907) und DRP 233803 (1908).
In den folgenden Jahren wurde in mehreren Ländern die Produktion von Phe-
nolharzen aufgenommen. 1910 entstand in Berlin die Bakelite GmbH. Einen Tag
nach dem Einreichungstermin des AP 942 699, d. h. am 19. 2. 1907, reichte I. Swin-
burne in England ebenfalls ein Druck/Hitze-Patent ein.
Baekeland stellte einen Unterschied zwischen sauer und alkalisch konden-
sierten Harzen fest und prägte bereits die Begriffe Novolake bzw. Resole. Für die
Phenoplaste führte er ferner die Bezeichnung A-, B- und C-Zustand ein, um
anzudeuten, dass das Harz vom schmelzbaren und löslichen A-Zustand in den
unlöslichen, quellbaren Zwischenzustand B und schließlich in den festen C-Zu-
stand übergeht. Ende der zwanziger Jahre erloschen Baekelands Patente; es wur-
den zahlreiche neue Herstellerfirmen gegründet. Bereits 1924 bildete sich die
„Technische Vereinigung der Hersteller typisierter Pressmassen und Press-
stoffe“, um Typisierungsrichtlinien und Prüfvorschriften auszuarbeiten.
Ausgangsstoff der Phenoplaste sind Phenol (Schmelzpunkt 41 °C), Kresole
und die weniger verwendeten Xylenole. Dazu kommen Aldehyde als Reaktions-
partner.

Phenol m-Kresol 3,5 Xylenol

Von den drei isomeren Kresolen o-, m- und p-Kresol sowie den sechs isomeren
Xylenolen wurden nur die für die Phenoplastherstellung wichtigen trifunktio-
nellen Isomeren wiedergegeben. Nur die Stellen im Ringmolekül können zur
Verknüpfung beitragen, die sich in Nachbarlage oder Gegenüberstellung zur Hy-
droxylgruppe befinden. Daraus ergeben sich mono-, bi- und trifunktionelle
Phenole.
Von den Aldehyden ist Formaldehyd (Siedepunkt – 21 °C) der wichtigste. Er
wird meist in wässriger Lösung verarbeitet.

Novolake
Novolake werden aus Phenol und Formaldehyd (molares Verhältnis etwa 1 :0,8)
bei saurer Reaktionsführung gebildet:
Polykondensate
Duroplastische

Phenol Formaldehyd o-Methylolphenol p-Methlyolphenol

Phenol plus Formaldehyd bilden o- und p-Methylolphenol, die mit Phenol


schnell zu di-Hydroxydiphenylmethan kondensieren.
1288 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

o-Methylolphenol Phenol 2,2¢ DPM

Drei isomere DPM können sich bilden. Der jeweilige Anteil hängt vom pH-Wert
des Reaktionsmediums ab. Üblicherweise überwiegen die 2,4¢- und die 4,4¢-Iso-
meren.

Diese Isomeren reagieren langsam mit dem noch vorhandenen Formaldehyd


und bilden ihre eigenen Methylolabkömmlinge, die ihrerseits schnell mit Phenol
reagieren und höhere Verbindungen bilden. Der Phenolüberschuss begrenzt
diese Verbindungen auf 5 bis 6 Ringe je Molekül.

Novolak

Diese Novolake enthalten keine Methylolgruppe. Sie vernetzen auch beim Erhit-
zen nicht. Gibt man jedoch Komponenten hinzu, die Methylbrücken bilden kön-
nen, z. B. Hexamethylendiamin oder Paraformaldehyd, dann vernetzen sie in der
Wärme zum nicht mehr lös- und schmelzbaren Duroplast.

Resole
Wird die Reaktion alkalisch so durchgeführt, dass der Aldehydanteil den
Phenolanteil überwiegt, dann werden die sog. Resole gebildet. Die Phenolalko-
hole bilden sich rasch, die nachfolgende Kondensationsreaktion dagegen ver-
läuft langsam. Es bilden sich Polyalkohole.
Es sind wenige Benzolringe im Molekül enthalten.
Polykondensate
Duroplastische

Resol
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1289

Werden die Resole erhitzt, dann härten sie auf dem Wege über die nicht kon-
densierten Methylolgruppen. Sie sind selbsthärtend.
Novolake und Resole sind lösliche und schmelzbare Substanzen von niedriger
molarer Masse. Baekeland bezeichnete sie als Harze im A-Zustand. Bei Wärme-
zufuhr gehen sie durch einen kautschukähnlichen Zustand, der von vielen
Lösemitteln zwar quellbar, aber nicht lösbar ist. Die Harze befinden sich im
B-Zustand. Bei weiterer Wärmezufuhr bildet sich der nicht quell- und lösbare
C-Zustand. Die Härtungstemperatur beträgt 160 bis 180 °C.
Der B-Zustand wird bei den Resolen auch als Resitol- und der C-Zustand als
Resitstufe bezeichnet. Von A-, B- und C-Stufen spricht man auch bei anderen
härtbaren Harzen.
Für die Verarbeitung dieser Harze ist entscheidend, dass sich die Zusammen-
lagerung der Ausgangskomponenten, insbesondere der Übergang vom B-Zu-
stand in den C-Zustand, in zeitlich voneinander getrennten Schritten durch-
führen lässt.
Bild 2-697 zeigt den Verlauf der Polykondensation am Beispiel des eigenhär-
tenden Resoles. Das Harz wird im Bereich 0 bis A hergestellt. Ein niedermoleku-
lares wäre bei A1 ein höhermolekulares bei A2 erreicht.
Bei der Herstellung härtbarer Formmassen wird beispielsweise das Harz mit
Hilfe von Füll- und Verstärkungsstoffen im Bereich A bis B konfektioniert. Bei
den dabei üblichen Temperaturen von 120°C schreitet die Kondensation des
Harzes fort. Im Punkt B1 liegt eine leicht fließende, bei B2 eine schwer fließende
Formmasse vor. Im Bereich B bis C wird die Formmasse verarbeitet. Bei C1 ist die
Aushärtung noch nicht vollständig, bei C2 ist sie beendet. Sterische Behinderung
und statistische Gründe lassen einen Kondensationsgrad von 100 % nicht zu.
Da die duroplastischen Harze nur mit wenigen Ausnahmen als solche ver-
wendet werden und meist von Füll- und Verstärkungsstoffen und Substraten
verschiedener Art begleitet sind, kann das Eigenschaftsbild nur in Verbindung
mit diesen beschrieben werden, Tabelle 2-118.
Das vorliegende Buch beschäftigt sich in Anlehnung an die behandelten ther-
moplastischen Kunststoffe in erster Linie mit den formbaren Massen. Deshalb
kommen diesen auch bei den Duroplasten die größere Bedeutung zu. Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-697. Verlauf der Poly-


kondensation von eigenhär-
tenden Resolen
1290 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.2.1.1
Härtbare PF-Formmassen
■ Herstellung
Über die Herstellung der Phenolharze und der PF-Formmassen wurde bereits
im Abschnitt 2.2.2.1 berichtet.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Der hohe Vernetzungsgrad der PF-Formstoffe und die Zugabe von Verstär-
kungsstoffen führen zu folgenden Eigenschaften:
• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,
• geringe Kriechneigung,
• je nach Verstärkungsstoff hohe Zähigkeit; auch in der Kälte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• niedriger linearer Ausdehnungskoeffizient,
• hohe Glutbeständigkeit,
• hohe Beständigkeit gegen organische Lösemittel, neutrale Chemikalien,
schwache Säuren und Laugen,
• unbeständig gegen starke Säuren und Laugen,
• beständig gegen die Bildung von Spannungsrissen,
• schwer entflammbar,

Tabelle 2-118. Einfluss von Harzsorte, Füll- und Verstärkungsstoffen auf die Eigenschaften der
Formstoffe

Harz Festig- Wärme- Maß- elektr. Kriech- helle Preis


Verstärkerart keit beständig- haltig- Eigen- strom- Farben
Verstärkerform keit keit schaften festigkeit möglich

Harzbasis:
PF 䊊 + + – – – +
UF 䊊 – – + 䊊 + +
MF, MP 䊊 – – + + + –
UP 䊊 + + + + + –
EP 䊊 + + + + + –
DAP 䊊 + + + + – –
Verstärkerart:
Asbest + + + – + – +
Glimmer – + + + + – –
Glas + + + + + + –
Holz – – – – – – +
Cellulose + – – – – + –
Verstärkerform:
Pulver – 䊊 䊊 䊊 䊊 䊊 +
Polykondensate
Duroplastische

Faser,
Schnitzel + 䊊 䊊 䊊 䊊 䊊 –
Bahn, Matte + 䊊 + 䊊 䊊 䊊 –

Bedeutung: + günstig; – ungünstig; 䊊 mittel.


2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1291

• nur in dunklen Farbtönen einstellbar,


• Eigengeruch; Berührung mit Lebensmitteln unzulässig.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die meisten PF-Formmassen basieren auf Novolaken; Resole werden für
Sonderzwecke, beispielsweise für ammoniakfreie Formteile, verwendet. Die
Novolake führen zu schnellhärtenden Einstellungen, die Xylenole zu höherer
Alkalibeständigkeit. Phenol/Kresolgemische sind teurer und werden deshalb
kaum noch verwendet.
In der Wärme härten die Resole allein oder durch Zugabe von Katalysatoren.
Die Novolake härten nach Zugabe von Hexa. Die PF-Formmassen enthalten
demnach folgende Bestandteile:
• PF-Harz,
• Härter (bei Novolaken),
• Beschleuniger,
• Füllstoffe,
• Gleitmittel,
• Farbmittel,
• Weichmacher (im Bedarfsfall).

■ Zusatzstoffe
Auch bei den duroplastischen Formmassen können die Zusatzstoffe nach Funk-
tions-, Füll- und Verstärkungsstoffen unterschieden werden.

Funktions-Zusatzstoffe
Die PF-Formmassen enthalten nur geringe Mengen an Funktions-Zusatzstoffen.
Am wichtigsten sind die Gleitmittel, die beim Formungsvorgang zwischen
Formteil und Werkzeugwandung einen dünnen Film bilden. Sie verbessern die
Fließfähigkeit und das Entformen. Gebräuchliche Gleitmittel sind Wachse,
Fettsäuren und Metallstearate.
Metalloxide, vor allem Magnesium-, Calcium- und Zinkoxid beschleunigen
den Härtungsvorgang.
Als Farbmittel eignen sich nur Produkte mit hoher Alkalibeständigkeit (Am-
moniak) und Unempfindlichkeit gegen Formaldehyd. Die gelbliche Eigenfarbe
der Phenolharze engt die Reihe der möglichen helleren Farbtöne ein. Zum Ein-
färben werden vorwiegend fettlösliche Anilin-Farbstoffe verwendet. Hellbunte
Farbtöne werden mit Hilfe von Lithopone oder Titanweiß aufgehellt. Die anor-
ganischen Pigmente sind farbschwach und wirken stumpf.
Als aktive Flammschutzmittel werden Phenoplasten außer dem bekannten Te-
trabrombisphenol A und organischen Phosphorverbindungen speziell haloge-
nierte Phenole und Aldehyde zugesetzt. Als additive Komponenten wirken Chlor-
paraffin, aromatische Bromverbindungen und als Synergist Antimontrioxid [1, 2].
Polykondensate
Duroplastische

Füllstoffe
Zu den organischen Füllstoffen zählen: Holzmehl, pulverförmige Cellulose auf
der Basis von Fichten- und Buchenholz (dabei handelt es sich um zerkleinerte
1292 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Cellulosefasern), Schalenmehl aus Kokosnuss- und Walnussschalen sowie Mehl


aus Olivenkernen. Elastifizierend wirkt der Zustand von synthetischem Kaut-
schuk, vorwiegend NBR.
Die Anzahl der anorganischen, d. h. mineralischen Füllstoffe ist sehr groß. In
Betracht kommen vor allem Gesteinsmehle, Glimmer und Graphit. Diese Füll-
stoffe erhöhen die Wärmestandfestigkeit und Glutfestigkeit; sie verringern die
Verarbeitungs- und Nachschwindung sowie die Feuchtigkeitsaufnahme. Nach-
teilig sind die geringere Festigkeit, die höhere Dichte und der höhere Verschleiß
der Werkzeuge, siehe Kap. 1.

Verstärkungsstoffe
Das Verstärken synthetischer Kunststoffe begann mit der technischen Produk-
tion von PF-Harzen durch L.H. Baekeland im Jahre 1907. Die begrenzte Schlag-
zähigkeit des Bakelit behob er durch die Zugabe von Holz- und Asbestfasern,
Textilschnitzel, Woll- und Asbestgewebe. Selbst an Drahtgewebe wurde bereits
gedacht. Es zeugt von großer Erfindungsgabe und technischem Weitblick, wenn
er 1911 in einem Bericht über neue Entwicklungsarbeiten schreibt: „I found we
can enormously increase the practical uses of Bakelite by incorporating it with
structural fillers, like fibrous or cellular bodies“.
Die Bezeichnung „strukturelle Füllstoffe“ trifft den Kern der eigentlichen
Aufgabe der Verstärkungsstoffe.
Zu den natürlichen organischen Verstärkungsfasern der PF-Formmassen
zählen die Holzfasern. Zu den an Bedeutung gewinnenden synthetischen, orga-
nischen Fasern gehören die Polyacrylfasern (vor allem Spezialtypen im Aus-
tausch gegen Asbest), Polyester (PET)- und Polyamidfasern zum Erhöhen der
Schlagzähigkeit.Verstärkend wirkende Fasern werden auch in Form von Papier-
und Textilschnitzeln verwandt. Auch sie dienen vor allem zum Erhöhen der
Schlagzähigkeit der an sich spröden Harze. Zu den natürlichen Verstärkungs-
fasern zählen heute – nachdem der Zusatz von Asbest aus gesundheitlichen
Gründen verboten wurde – nur noch Wollastonit und die aus der Schmelze her-
gestellten Glasfasern. Zunehmende Bedeutung gewinnen die vorwiegend aus
Polyacrylnitril hergestellten C-Fasern sowie die Aramid-, Metall- und Borfasern.
Reibbeläge, die Kunstharze als Bindemittel enthalten, werden als Brems- und
Kupplungsbeläge vorwiegend in der Kraftfahrzeugindustrie verwendet, außer-
dem in steigendem Maße in Schienenfahrzeugen und diversen Maschinen-Aus-
rüstungen.
Reibbelagmassen sind Vielkomponentensysteme, die vorwiegend aus Faser-
material, Füllstoffen, Metallanteilen, diversen Zusatzstoffen und Bindemitteln
bestehen (s. Kap. 1).
Die laufende Entwicklung führte beispielsweise zu einer reichhaltigen Palette
von Bakelite Produkten, die für die Herstellung von Reibbelägen zugeschnitten
sind und in Pulverform, in Lösung oder als wässrige Harze geliefert werden.
Polykondensate
Duroplastische

■ Sortiment
Das Sortiment der härtbaren PF-Formmassen ist so vielfältig, dass für zahlrei-
che Anwendungsfälle der bestgeeignete Werkstoff gewählt werden kann. Dabei
spielen Eigenschaften der Formstoffe,Verarbeitbarkeit der Formmasse und Ver-
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1293

arbeitungsverfahren eine wichtige Rolle. Als Ergänzung zu den Standardtypen


enthalten die Sortimente eine Reihe von Spezialitäten für die Elektro- und Auto-
mobilindustrie. Besonders hochwärmebeständige Typen (kurzzeitig bis 280 °C)
und Sonder-Formmassen mit geringer Wärmeausdehnung erschließen den Ein-
satzbereich der Stähle. Sehr schlagzäh sind Typen mit Glasfasern und organi-
schen Fasern. Eine Besonderheit bieten die galvanisierbaren PF-Formmassen.
Die Möglichkeit, das Typensortiment in ähnlicher Weise wie bei den Thermo-
plasten durch Mischen mit anderen Duroplasten, Thermoplasten und Elastome-
ren zu erweitern, ist Stand der Technik [3].
Die PF-Formmassen sind üblicherweise nur in dunklen, nicht lichtbeständi-
gen Farbtönen eingestellt, weil das Phenolharz eine gelblichbräunliche Eigen-
farbe aufweist und nachdunkelt. Eine Formmasse mit der Bezeichnung Typ 31.5
( RAL 9005) ist demnach eine mit Holzmehl verstärkte elektrisch hochwertige
Phenolharz-Formmasse mit etwa 50% Harzgehalt von schwarzem Farbton.

■ Lieferformen
Die PF-Formmassen mit feinkörnigen Füllstoffen werden als Pulver, staubarmes
Automatenkorn von 1 bis 3 mm ∆, oder als Granulat für das Pressen, Spritzpres-
sen und Spritzgießen geliefert. Außerdem stehen faserige und schnitzelige
Formmassen zur Verfügung. Halbzeug wird in Form von Tafeln, Rohren, Profi-
len und Blöcken angeboten.

■ Typisierung
PF-Formmassen sind nach DIN 7708 T.2 (10. 75) und 70 a (DIN/ISO) typisiert,
Tabelle 2-119 s. a. Richtlinie VDI/VDE 2478 Bl. 1 (07. 73) Phenoplast-Formstoffe
mit Holzmehl. Der Zweck der Typisierung besteht darin, die Vielzahl der mögli-
chen Harz- und Füllstoffkombinationen zu ordnen und dem Verarbeiter den Be-
zug definierter Formmassen zu ermöglichen.
Die Gütesicherung geschieht auf der Grundlage freiwilliger Überwachungs-
verträge durch die Bundesanstalt für Materialprüfung, Berlin, sowie die Staatli-
che Materialprüfungsanstalt, Darmstadt. Den in DIN 7708 T 2 festgelegten Be-
dingungen entsprechende Formmassen können durch das Überwachungszei-
chen nach DIN 7702 (10. 79), Bild 2-698, gekennzeichnet werden.
Die Typen werden unterschieden nach Art des Füllstoffs, Tabelle 2.2-3 DIN
7708, T 2 (10.75), sowie auf Grund von Mindestanforderungen an einige typische
Eigenschaften, ermittelt an Probekörpern, die unter definierten Bedingungen
aus der Formmasse hergestellt werden.
Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-698. Überwachungszeichen von DIN 7702 (10.79)


a Kennzeichen des Herstellers bzw. Verarbeiters
b Typbezeichnung
Duroplastische
Polykondensate

Tabelle 2-119. Formmassegruppen nach DIN 7708, T2 und 3 (10.75)


1294

PF-Formmassen Formstoffe

Typ- Füllstoffe Rohdichte maximale Anwendungstemperatur kennzeichnende Anwendungsgebiete


Nummern ohne zusätzliche Beanspruchung Eigenschaften
Stunden bis Tage Monate
g/cm3 °C °C

Phenoplast-Formmassen nach DIN 7708 Bl. 2


11.5 bis 16 mineralisch, 1,8 bis 2,1 160 bis 170 130 bis 150 wärmebeständig, gegen Feuchtigkeit und
körnig maßhaltig wärmeunempfindliche
faserig Isolierteile, mit Asbest-
fasern mechanisch
hoch beanspruchbar
30.5 bis 33 Holzmehl 1,4 140 110 31: Standard- Formteile aller Art bis
Schnellpressmassen, zu Gehäusen, Elektro-
31.5: elektrisch hoch- Isoliermaterial
wertig
51 bis 84 organische 1,35 bis 1,5 140 bis 150 110 bis 120 mit zunehmender Technische Teile mit
Fasern, Längen-, bzw. Flächen- gegenüber Typ 31
Schnitzel ausdehnung der Füll- steigend höheren Anfor-
stoffe steigend kerb- derungen an Kerb-
unempfindlich, aber auch unempfindlichkeit und
beschränkter formbar (gerichteter) Festigkeit
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1295

Formmassen,deren Füllstoffart von den Angaben nach DIN abweichen,können


nur dann einem Typ zugeordnet werden, wenn nachgewiesen ist,dass sie nicht nur
die Mindestanforderungen nach Tabelle 2-120 erfüllen,sondern auch im Verhalten
der aus ihnen hergestellten Formteile den Formmassen des betreffenden Typs mit
Füllstoffart entsprechen. Der Nachweis hierfür ist über die im Anwendungsfall zu
fordernden Formteileigenschaften zu erbringen.
Seit einigen Jahren wird – ebenso wie bei den Thermoplasten – auch bei den
Duroplasten an einer Kennzeichnung bzw. Typisierung nach DIN/ISO gearbei-
tet. Die im Anhang eingefügte Tabelle 4-37 umfasst am Beispiel der vorläufig ver-
einbarten Mindestanforderungen bei den physikalischen Eigenschafen sowohl
die bisherigen als auch die neuen Kennzeichnungen nach DIN 7703/ISO CD
14526 ff. Tabelle 4-37 gibt die zu erfüllenden Mindestanforderungen für PF-, MF-,
MP-, UP- und EP-Formmassen insgesamt wieder. (Bei den noch zu beschreiben-
den härtbaren Formmassen werden die Mindestanforderungen im einzelnen
nicht tabellarisch wiederholt.)
Je nach Art des Füllstoffs werden bei den Phenolharz-Formmassen die Typen
durch zweistellige Zahlen gekennzeichnet. Bei Formmassen mit Sondereigen-
schaften wird der Typbezeichnung eine weitere Ziffer angehängt, die durch ei-
nen Punkt abgesetzt wird, z. B. 31.5. Dabei bedeuten
.5 elektrisch hochwertiger als der Grundtyp,
.7 geruch- und geschmackfrei für Ess- und Trinkgeschirr, nur bei MF),
.9 ammoniakfrei.
Außer der Typbezeichnung werden Harzsorte, Harzgehalt und Farbton durch
eine vierstellige Zahl angegeben. Die erste Ziffer bezeichnet die Harzbasis:
1 Phenol, Kresol, Roh-Phenole.
Die zweite Ziffer gibt den Harzgehalt an, z. B.:
3 35 % Harz, 4 40 % Harz, 5 45 % Harz, 6 50 % Harz,
7 55 % Harz, 8 60 % Harz.
Zwei weitere Ziffern bezeichnen den Farbton, z. B.:
00 bis 09 weiß, elfenbein, gelb, natur,
10 bis 19 hell- bis dunkelbraun,
20 bis 29 rot bis mahagoni,
30 bis 35 grün,
36 bis 39 blau,
40 bis 49 grau bis schwarz,
50 bis 99 marmoriert und getupft.
Nach Möglichkeit sollen Vorzugsfarbtöne nach RAL gewählt werden; Aufstel-
lung s. DIN 16 919 (05. 72), z. B.:
nf naturfarben,
Polykondensate
Duroplastische

RAL 3000 rot,


RAL 6017 grün, statt bisher 30
RAL 8003 lehmbraun, statt bisher 09
RAL 8016 braun, statt bisher 14
1296 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

RAL 8022 elektrobraun (dunkel), statt bisher 18


RAL 9005 tiefschwarz, statt bisher 49.

■ Physikalische Eigenschaften
Die sehr große Anzahl typisierter Formassen und die noch größere Anzahl nicht
typisierter Sondermassen erschwert die Wiedergabe typischer Eigenschaftsbil-
der. Es ist deshalb zweckmäßig, die Grundeigenschaften einiger (an genormten
Prüfstäben ermittelter) Massetypen wiederzugeben, Tabelle 2-120 (nach DIN
7708, T2 (10.75).

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Obwohl es bei den PF-Formstoffen wie auch bei den noch zu besprechenden aus
UF-, MF-, MP- und UP-Formmassen herstellbaren Formstoffen vor allem auf eine
hohe Wärmestandfestigkeit ankommt, sei in Bild 2-699 u.a. die im Kurzzeitversuch
ermittelte Biegefestigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur wiedergegeben.
Nach einem Abfall im Temperaturbereich bis 80 °C bleibt sie z. B. bei PF über
einen Bereich von 100 K, d. h. bis in den Zersetzungsbereich der normalen Mas-
sen, konstant.
Bei der Beurteilung der mechanischen Eigenschaften spritzgegossener und
spritzgepresster verstärkter duroplastischer Formstoffe ist zu beachten, dass die
Vorzugsrichtung senkrecht zur Fließrichtung liegt. Hier sind die höchsten
Festigkeitswerte zu erwarten.

Umwandlungstemperaturen
Wie Bild 2-700 zeigt, ändert sich der im Torsionsschwingungssversuch nach
DIN 63 445 ermittelte Schubmodul der duroplastischen Formstoffe nur wenig
Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-699. Biegefestigkeit einiger duroplastischer Formstoffe in Abhängigkeit von der Tempe-
ratur
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1297

Bild 2-700. Schubmodul du-


roplastischer Formstoffe in
Abhängigkeit von der Tempe-
ratur

mit der Temperatur. Auffallend sind die hohen Moduli der einstigen asbestfa-
serverstärkten PF- und MF-Formstoffe [4].
Anstelle der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zulässigen Asbestfa-
ser wurden für die Gruppe III andere Fasern und Füllstoffe gewählt [5].
Die Kurve des hier nicht wiedergegebenen mechanischen Verlustfaktors
des Typs 31 ist im Temperaturbereich von – 60 °C bis + 40 °C nahezu konstant,
sie steigt bis 80°C an und erreicht nach steilem Anstieg bei 170 °C ihr Maxi-
mum.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Bild 2-701 gibt die Abnahme (30 % bzw. 50 %) der Biegefestigkeit einiger duro-
plastischer Formstoffe in Abhängigkeit von der Temperatur und der Zeit (5000
Std. bzw. 25 000 Std.) wieder. Die Länge der Balken schließt die Streuung der ein-
zelnen Typen der jeweiligen Sorte ein.
Bei der Weiterentwicklung duroplastischer Formmassen gelang es bereits in
den siebziger Jahren, außer der für die daraus hergestellten Formstoffe typi-
schen hohen Formbeständigkeit in der Wärme auch das Zeitstandverhalten in
der Wärme durch den Einsatz besonderer Harze und Füllstoffe wesentlich zu
verbessern. Diese Formmassen wurden mit dem Ziel entwickelt, daraus herge-
stellte Formteile (Bauteile von Haushaltgeräten und Automobilen) auf längere
Dauer hohen Temperaturen aussetzen zu können. Das Ergebnis dieser Arbeiten
zeigt Bild 2-702 am Beispiel einer mit speziellen Fasern und Füllstoffen aus-
gerüsteten Formmasse. Mit Gebrauchstemperaturen von 250 bis 280 °C (meh-
rere Stunden) gehören sie zur „zweiten Generation“ der härtbaren Formmassen.
Der Preis dieser Formmassen liegt nur wenig höher als der ihrer Vorgänger mit
Gebrauchstemperaturen von 180 °C (mehrere Stunden).
Polykondensate
Duroplastische

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


In Bild 2-703 ist die Temperatur/Zeitgrenze der Schlagzähigkeit von PF- und an-
deren bekannten duroplastischen Formstoffen wiedergegeben.
1298 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-120. Eigenschaften von Phenol-Formaldehyd-Formmassen


(Mindestanforderungen nach DIN 7708/ISO CD 14 526 ff. typisierter Formmassen)

Formmasse-Typ Einheit Prüf- Gruppe I


methode
Eigenschaften DIN 31

Rohdichte g/cm3 53479 1,4


Biegefestigkeit N/mm2 53452 70
Schlagzähigkeit Nmm/mm2 53453 6
Kerbschlagzähigkeit Nmm/mm2 53453 1,5
Druckfestigkeit N/mm2 53454 200
Zugfestigkeit N/mm2 53455 25
Biege-E-Modul kN/mm2 53457 6–8
Kugeldruckhärte N/mm2 · 102 53456 2,5 – 3,2
Oberflächenwiderstand Vergleichs- 53482 8
zahl (VZ)
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 53482 1010
dielektrischer Verlustfaktor tan d – 53483
50 Hz – 1,0
1 kHz – 0,3
1 MHz – 0,1
Dielektrizitätszahl – 53483
50 Hz – 1 kHz – 6–9
1 MHz – 5–7
Durchschlagfestigkeit kV/cm 53481 50 – 100
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI – –
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung,
in Luft
kurzzeitig °C – 140
dauernd °C – 110
Formbeständigkeit in der Wärme °C 53458 125
nach Martens
lineare Wärmedehnzahl K · 10–6 – 30 – 50
Wärmeleitfähigkeit W/mK 52612 0,3
spezifische Wärme kJ/kgK – 1,3
Glutbeständigkeit Gütegrad- 53459 alt 3
Stufe 53459 neu 2a
Wasseraufnahme mg/4d 53472 150
Verarbeitungsverfahren – – P, SP, SG
Dosierbarkeit – – r.
Tablettierbarkeit – – gut
Füllfaktor – 53466 2,5
Entgratung – – aut.
Verarbeitungsschwindung % 53464 0,4 – 0,8
Nachschwindung % 53464 0,1 – 0,4
Polykondensate
Duroplastische

Es bedeuten: aut. = automatisch; n.aut. = nicht automatisch; bed. = bedingt; P = Pressen;


r. = rieselfähig; sch. = schüttbar; SP = Spritzpressen; SG = Spritzgießen; *) Bakelite B 1040.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1299

Gruppe II Sonder-
Form
85 51 83 71 84 74 75 masse*)

1,4 1,4 1,4 1,4 1,4 1,4 1,4 1,75


70 60 60 60 60 60 60 65 – 85
5 5 5 6 6 12 14 3,5 – 5,0
2,5 3,5 3,5 6 6 12 14 1,8 – 2,2
150 140 140 140 140 140 200 120
25 25 25 25 25 25 25 20
6–8 4–8 6–9 6–9 6–9 7 – 10 6–8 9 – 15
1,8 – 3 1,6 – 3,4 1,8 – 2,8 1,8 – 2,6 2,0 – 3,2 1,6 – 3,0 2,5 – 3,5 4,5 – 7,0
8 7 8 7 8 7 8 8 – 10

1011 108 109 108 108 108 1010 109 – 1011

1,0 1,0 1,0 1,0 0,5 1,0 0,5 0,2 – 0,5


0,3 0,5 0,3 0,4 0,4 0,4 0,3 0,1 – 0,4
0,1 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,1 – 0,3

6 – 10 5–8 8 – 15 6 – 10 5–9 6 – 10 6 – 15 5–7


5–7 4–7 4–7 4–7 3–7 4–7 7–7 4–6
80 – 120 50 – 100 50 – 90 50 – 100 50 – 100 50 – 100 100 – 150 –

– – – – – – – 175

140 150 140 140 140 140 140 260 – 280


110 120 110 110 110 110 110 160 – 180
125 125 125 125 125 125 125 160 – 180

15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30
0,3 0,4 0,4 0,4 0,4 0,4 0,4 0,7
1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 1,1
3 3 3 2 3 2 3 4
2a 2b 2b 2b 2b 2b 2b 1
200 300 180 250 150 300 300 10 – 25
P, SP, SG P, SP, SG P, SP, (SG) P, SP, (SG) P, SP, (SG) P, SP P, SP, SG P, SP, SG
r. r .... sch. r ... v.H. sch ... v.H. sch ... v.H. v.H. sch. r.
gut gut ... bed gut ... bed bed ...n.aut. bed .... n.aut. n.aut. bed. gut
4 4–6 5–7 6 6–7 10 4 2,5
aut. aut. aut. ... v.H. aut. ... v.H v.H. v.H. v.H aut.
0,4 – 0,6 0,3 – 0,6 0,2 – 0,6 0,3 – 0,6 0,2 – 0,6 0,2 – 0,5 0,7 0,2 – 0,4
0,1 – 0,4 0,1 – 0,4 0,1 – 0,4 0,1 – 0,4 0,1 – 0,5 0,1 – 0,5 0,9 0 – 0,1
Polykondensate
Duroplastische
1300 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-120 (Fortsetzung)

Formmasse-Typ Einheit Prüf- Gruppe III


methode
Eigenschaften DIN 12 15

Rohdichte g/cm3 53479 1,8 1,8


Biegefestigkeit N/mm2 53452 50 50
Schlagzähigkeit Nmm/mm2 53453 3,5 –
Kerbschlagzähigkeit Nmm/mm2 53453 – –
Druckfestigkeit N/mm2 53454 120 100
Zugfestigkeit N/mm2 53455 20 20
Biege-E-Modul kN/mm2 53457 9 – 15 8 – 15
Kugeldruckhärte N/mm2 · 102 53456 2,1 – 3,8 2,2 – 3,4
Oberflächenwiderstand Vergleichs- 53482 8 7
zahl (VZ)
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 53482 109 108
dielektrischer Verlustfaktor tan d – 53483
50 Hz – 0,5 –
1 kHz – 0,5 0,5
1 MHz – 0,3 0,2
Dielektrizitätszahl – 53483
50 Hz – 1 kHz – 6 – 20 10 – 20
1 MHz – 5 – 10 –
Durchschlagfestigkeit kV/cm 53481 40 – 70 30 – 50
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI 175 175
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung,
in Luft
kurzzeitig °C – 160 170
dauernd °C – 140 150
Formbeständigkeit in der Wärme °C 53458 150 150
nach Martens
lineare Wärmedehnzahl K · 10–6 – 15 – 30 15 – 30
Wärmeleitfähigkeit W/mK 52612 0,7 0,7
spezifische Wärme kJ/kgK – 1,1 1,1
Glutbeständigkeit Gütegrad- 53459 alt 4 4
Stufe 53459 neu 1 1
Wasseraufnahme mg/4d 53472 60 130
Verarbeitungsverfahren – – P, SP, SG P, SP
Dosierbarkeit – – r. u. sch. sch.
Tablettierbarkeit – – gut ... bed. n. aut.
Füllfaktor – 53466 3 6
Entgratung – – aut. v.H.
Verarbeitungsschwindung % 53464 0,2 – 0,5 0 – 0,3
Nachschwindung % 53464 0 – 0,2 0 – 0,2
Polykondensate
Duroplastische

Es bedeuten: aut. = automatisch; n.aut. = nicht automatisch; bed. = bedingt; P = Pressen;


r. = rieselfähig; sch. = schüttbar; SP = Spritzpressen; SG = Spritzgießen; *) Bakelite B 1040.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1301

Gruppe III Gruppe IV Sonder-


Form
16 11,5 13 13,5 30,5 31,5 51,5 masse*)

1,8 1,8 1,9 1,9 1,4 1,4 1,4 1,75


70 50 50 50 60 70 60 65 – 85
15 3,5 – – 5 6 5 3,5 – 5,0
15 1,3 – – 1,5 1,5 3,5 1,8 – 2,2
120 120 120 120 200 200 140 120
25 15 20 20 25 25 25 20
9 – 16 6 · 15 7 – 12 7 – 12 6–8 6–8 4–8 9 – 15
3,1 – 3,5 2,7 –3,5 1,7 – 3,0 1,7 – 3,0 2 – 2,8 2,5 – 3,5 1,6 – 3,4 4,5 – 7,0
7 10 10 11 10 10 10 8 – 10

108 1011 1012 1012 1011 1011 1011 109 – 1011

– 0,2 0,2 0,1 0,2 0,4 0,2 0,2 – 0,5


0,3 0,1 0,1 0,03 0,1 0,1 0,1 0,1 – 0,4
0,3 0,1 0,05 0,02 0,1 0,05 0,05 0,1 – 0,3

10 – 20 4–7 4–6 3–6 5–7 6–9 4–7 5–7


8 – 15 4–5 4–5 4–5 4–6 5–7 3–4 4–6
30 – 50 100 – 200 120 – 200 120 – 200 150 – 150 80 – 150 80 – 150 –

175 175 175 175 – – – 175

170 160 160 160 140 140 150 260 – 280


150 140 140 140 110 110 120 160 – 180
150 150 150 150 100 125 125 160 – 180

15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30 30 – 50 30 – 50 15 – 30 15 – 30
0,8 0,5 0,7 0,7 0,3 0,3 0,4 0,7
1,1 1,1 1,1 1,1 1,3 1,3 1,3 1,1
4 4 4 4 2 3 3 4
1 2a 1 1 2a 2a 2b 1
90 45 20 20 200 150 300 10 – 25
P, SP P, SP P, SP, SG P, SP, SG P, SP, SG P, SP, SG P, SP P, SP, SG
v.H r r. r. r. r. sch. r.
n. aut. gut gut gut gut gut b. ... n. aut. gut
10 2 3 3 2,5 2,5 6 2,5
v. H. aut. aut. aut. aut. aut. aut. aut.
0 – 0,2 0,2 – 0,5 0,2 – 0,5 0,2 – 0,5 0,4 – 0,8 0,5 – 0,8 0,3 – 0,6 0,2 – 0,4
0 – 0,2 0,0 – 0,1 0,0 – 0,1 0,0 – 0,1 0,1 – 0,3 0,1 – 0,5 0,2 – 0,4 0 – 0,1
Polykondensate
Duroplastische
1302 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-120 (Fortsetzung)

Formmasse-Typ Einheit Prüf-


methode
Eigenschaften DIN

Rohdichte g/cm3 53479


Biegefestigkeit N/mm2 53452
Schlagzähigkeit Nmm/mm2 53453
Kerbschlagzähigkeit Nmm/mm2 53453
Druckfestigkeit N/mm2 53454
Zugfestigkeit N/mm2 53455
Biege-E-Modul kN/mm2 53457
Kugeldruckhärte N/mm2 · 102 53456
Oberflächenwiderstand Vergleichs- 53482
zahl (VZ)
spezifischer Durchgangswiderstand W cm 53482
dielektrischer Verlustfaktor tan d – 53483
50 Hz –
1 kHz –
1 MHz –
Dielektrizitätszahl – 53483
50 Hz – 1 kHz –
1 MHz –
Durchschlagfestigkeit kV/cm 53481
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI –
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung,
in Luft
kurzzeitig °C –
dauernd °C –
Formbeständigkeit in der Wärme °C 53458
nach Martens
lineare Wärmedehnzahl K · 10–6 –
Wärmeleitfähigkeit W/mK 52612
spezifische Wärme kJ/kgK –
Glutbeständigkeit Gütegrad- 53459 alt
Stufe 53459 neu
Wasseraufnahme mg/4d 53472
Verarbeitungsverfahren – –
Dosierbarkeit – –
Tablettierbarkeit – –
Füllfaktor – 53466
Entgratung – –
Verarbeitungsschwindung % 53464
Nachschwindung % 53464
Polykondensate
Duroplastische

Es bedeuten: aut. = automatisch; n.aut. = nicht automatisch; bed. = bedingt; P = Pressen;


r. = rieselfähig; sch. = schüttbar; SP = Spritzpressen; SG = Spritzgießen; *) Bakelite B 1040.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1303

Gruppe V Sonder-
Form
13,9 31,9 32 51,9 52 52,9 masse*)

1,9 1,4 1,4 1,4 1,4 1,4 1,75


50 70 70 60 55 55 65 – 85
3 6 6 5 3,5 3,5 3,5 – 5,0
2 1,5 1,5 3,5 2 2 1,8 – 2,2
120 200 200 140 150 150 120
20 25 25 25 25 25 20
7 – 12 6–8 6–8 4–8 6–8 6–8 9 – 15
1,7 – 3 2,5 – 3,2 2,1 – 2,4 1,6 – 3,4 2,2 – 2,4 2,2 – 2,4 4,5 – 7,0
10 8 8 7 9 9 8 – 10

1012 1010 1010 108 1010 1010 109 – 1011

0,2 0,4 0,6 1,0 0,2 0,1 0,2 – 0,5


0,1 0,3 0,3 0,5 0,1 0,1 0,1 – 0,4
0,05 0,1 0,1 0,2 0,05 0,05 0,1 – 0,3

4–6 6–9 6–9 6–9 5–8 5–8 5–7


4–5 5–7 5–7 5–7 4–7 4–7 4–6
120 – 220 50 – 100 50 – 100 50 – 100 80 – 150 80 – 150 –

175 – – – – – 175

160 130 130 130 150 130 260 – 280


140 100 100 100 120 100 160 – 180
150 125 125 125 125 125 160 – 180

15 – 30 30 – 50 30 – 50 15 – 30 15 – 30 15 – 30 15 – 30
0,7 0,4 0,4 0,4 0,4 0,4 0,7
1,1 1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 1,1
4 3 3 3 3 3 4
1 2a 2a 2b 2a 2a 1
20 150 150 300 100 100 10 – 25
P, SP P, SP, SG P, SP, SG P, SP P, SP P, SP P, SP, SG
r. r. r, sch. r. r. r.
gut gut gut b ...n.aut. bed . bed. gut
3 2,5 2,5 6 3,5 3,5 2,5
aut. aut. aut. aut. aut. aut. aut.
0,2 – 0,5 0,7 –1,0 0,5 – 0,8 0,3 – 0,6 0,4 – 0,6 0,4 – 0,6 0,2 – 0,4
0,0 – 0,1 0,4 – 0,8 0,4 – 0,6 0,3 – 0,2 0,2 – 0,3 0,2 – 0,3 0 – 0,1
Polykondensate
Duroplastische
1304 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


PF-Formstoffe weisen im Vergleich mit zahlreichen unverstärkten Thermoplas-
ten ein günstiges Wechselfestigkeitsverhalten auf. So beträgt beispielsweise die
Biegewechselfestigkeit des holzmehlgefüllten Typs 31 ± 28 N/mm2 (sm = 0), die
Biege-Schwellfestigkeit ± 25 N/mm2 bei sm = 20 N/mm2.

Reibungs- und Verschleißverhalten


PF-Formmassen werden nur mit geeigneten Füllstoffen, beispielsweise Baum-
wolle + PTFE, als Lagerwerkstoffe verwendet. Bei einem aus den genannten
Werkstoffen gefertigten Lager ergibt sich für die Paarung Kunststoff/Stahl, einer
Auflast von 20 N und einer Gleitgeschwindigkeit von 1 m/s bei Wasserschmierung
ein Verschleißfaktor von 2 · 10–12 cm3/N · cm und bei Trockenlauf von 20 · 10–12 cm3/
N · cm. Die Rautiefe des Stahls betrug Ra ≈ 0,15 mm. Die zulässige Betriebstem-
peratur beträgt 180 °C (dauernd) und 250 °C (kurzzeitig).

■ Thermische Eigenschaften
Siehe Tabelle 2-120.
Zur Beurteilung der Wärmebeständigkeit eines Formstoffs sind Angaben er-
forderlich über:

• Art der funktionswichtigen Eigenschaften


• Maß der zulässigen Änderung
• erforderliche Lebensdauer
Daraus kann eine Grenztemperatur ermittelt werden, wie sie sich gemäß
Bild 2-701 bis 2-706 ergibt [5]. Aus den genannten Einzelergebnissen können
Mittelwerte, Bild 2-707 gebildet werden, wenn sich auch aus dieser Rangfolge der
Anwendungsbereich nicht exakt ablesen lässt.

Bild 2-701. Abnahme der


Biegefestigkeit einiger du-
roplastischer Formstoffe in
Abhängigkeit von Tempera-
tur und Zeit
a PF, anorganisch
b PF, organisch
Polykondensate
Duroplastische

c MF und MP, organisch


d MF anorganisch, fein
e MF anorganisch, grob
f UP, anorganisch
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1305

Bild 2-702. Änderung


der Biegefestigkeit eines
hochwärmebeständigen
PF-Formstoffs in Ab-
hängigkeit von Tempe-
ratur und Zeit (Form-
masse: Bakelite B 1040
der Bakelite Gesellschaft
mbH)

Bild 2-703. Abnahme der


Schlagzähigkeit einiger du-
roplastischer Formstoffe in
Abhängigkeit von Tempera-
tur und Zeit
a PF, anorganisch
b PF, organisch
c MF und MP, organisch
d MF, anorganisch, fein
e MF, anorganisch, grob
f UP, anorganisch

Die in Bild 2-704 wiedergegebene Gewichtsabnahme nach Warmlagerung ist


zwar allein kein eindeutiges Kriterium für die Temperatur/Zeit-Grenze eines
Formstoffs, sie vermittelt jedoch ein gutes Bild vom Gesamtverhalten. Hinsicht-
lich Nachwindung bei Warmlagerung schneiden gemäß Bild 2-705 die anorga-
nisch gefüllten PF- und UP-Formstoffe günstig ab.

■ Elektrische Eigenschaften
Der Oberflächenwiderstand durch Wärmealterung behandelter duroplastischer
Formstoffe verändert sich meist nur wenig. Das Verhalten nach anschließender
Polykondensate
Duroplastische

24stündiger Wasserlagerung ist jedoch ein geeignetes Kriterium zur Bestim-


mung der Temperatur/Zeitgrenzen, Bild 2-706. Formstoffe reagieren sehr emp-
findlich auf darin enthaltene Feuchtigkeit. Formmassen mit hohem Harzgehalt
und anorganischen Füllstoffen verhalten sich am günstigsten.
1306 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-704. Gewichtsverlust


duroplastischer Formstoffe
nach Warmlagerung
a PF, anorganisch
b PF, organisch
c MF und MP, organisch
d MF, anorganisch, fein
e MF, anorganisch, grob
f UP, anorganisch

Bild 2-705. Längenänderung


einiger Duroplast-Form-
stoffe nach Warmlagerung
a PF, anorganisch
b PF, organisch
c MF und MP, organisch
d MF, anorganisch, fein
e MF, anorganisch, grob
f UP, anorganisch

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: schwache Säuren, schwache Laugen, Alkohole, Ester, Ketone,
Ether, Chlor-KW, Benzol, Mineralöl, tierische und pflanzliche Öle und Fette;
nicht beständig gegen: starke Säuren, starke Laugen, kochendes Wasser (je
Polykondensate
Duroplastische

nach Typ).

■ Wasseraufnahme
Siehe Tabelle 2-120.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1307

Bild 2-706. Oberflächen-


widerstand duroplastischer
Formteile nach Wärmealte-
rung und Warmlagerung
a PF, anorganisch
b PF, organisch
c MF und MP, organisch
d MF, anorganisch, fein
e MF, anorganisch, grob
f UP, anorganisch

Bild 2-707. Mittelwerte der


Zeit/Temperaturgrenzen du-
roplastischer Formstoffe
gemäß Bilder 2-701, 2-704,
2-705, 2-706

■ Witterungsbeständigkeit
Im Freien oder in feuchten Räumen verwendete PF-Formmassen nehmen
Feuchtigkeit auf. Die Oberfläche wird mit der Dauer der Wettereinwirkung rau
und matt. Die elektrischen Eigenschaften verschlechtern sich je nach Füllstoff-
art. Hoher Harzgehalt und Formstoffe mit anorganischen Füllstoffen nehmen
Polykondensate
Duroplastische

wenig Wasser auf.


PF-Formstoffe können bei Klimaeinwirkung korrosiv wirkende Bestandteile wie
Ammoniak und Essigsäure (bei holzmehlgefüllten Typen) abgeben.Gegebenenfalls
muss auf Sondereinstellung wie Typ 31.9 oder 32,DIN 7708 zurückgegriffen werden.
1308 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die gelbbraune Eigenfarbe der PF-Formstoffe dunkelt bei Wärme- und Licht-
einwirkung nach. Gedeckte dunkle sowie gelbe und rote Farbtöne herrschen vor.
Farblich kritische Anwendungen bleiben den lichtechten MF-, PM- und UF-
Formmassen vorbehalten.

■ Strahlenbeständigkeit
PF-Harz ist sehr strahlenbeständig. PF-Formstoffe sind je nach Füllstoff mehr
oder weniger beständig. Am günstigsten verhielten sich die inzwischen nicht
mehr zugelassenen asbestfaserverstärkten Formmassen.
■ Brennbarkeit
Die Brennbarkeit von PF-Formstoffen ist wie die aller übrigen duroplastischen
(und thermoplastischen) abhängig von der Grundsubstanz und den jeweiligen
Zusatzstoffen. Für die Untersuchung von Flammwidrigkeit, Brennbarkeit, Zünd-
temperatur und Entflammbarkeit – um einige der vieldeutigen Bezeichnungen
zu nennen – gibt es zahlreiche Prüfmethoden. Die bei duroplastischen Form-
stoffen nach verschiedenen Methoden ermittelten Ergebnisse enthält Ta-
belle 2-121. In Einzelfällen sind naturgemäß Abweichungen möglich.
Mit entsprechenden Füllstoffen bzw. Flammschutzmitteln nicht ausgerüstete
PF-Formstoffe brennen mit heller, rußender Flamme, die nach Entfernen der
Zündquelle erlöscht. Die Formstoffe blähen sich auf. Die Rauchgase riechen
nach Phenol und ggf. nach Ammoniak [6].
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf
Siehe Tabelle 2-122.
■ Gesundheitliche Beurteilung
Gute Entlüftung und Entstaubung vorausgesetzt, treten bei Herstellung und Ver-
arbeitung von PF-Formmassen keine gesundheitlichen Schädigungen auf.
Kommt es dennoch zu allergisch bedingten Hautekzemen, dann ist ein Arbeits-
platzwechsel erforderlich.
Geruchfrei sind nur die ammoniakfreien Formmassen, z. B. Typ 39.9. Be-
darfsgegenstände aus PF-Formmassen, die in irgendeiner Form mit Lebens- und
Genussmitteln in Berührung kommen, sind nach dem deutschen Lebensmittel-
gesetz nicht zulässig.
■ Hinweise zur Typauswahl
Die am meisten verwendete härtbare Formmasse ist die PF-Holzmehl-Form-
masse, Typ 31. Sie ist leicht verarbeitbar. Die Oberfläche der Formteile ist glatt
und glänzend. Die Formstoffe sind fest, steif, wärmebeständig und elektrisch gut
isolierend. Bei erhöhten Anforderungen an das Isoliervermögen wird Typ 31.5
oder der mit feinem Glimmer gefüllte Typ 13.5 gewählt. Höchste Anforderungen
erfüllt der UP-Typ 802.
PF-Formstoffe weisen nur eine begrenzte Kriechstromfestigkeit auf (s. Tabelle
Polykondensate
Duroplastische

2-120). In dieser Hinsicht sind die MF-, MP- und die UP-Formmassen überlegen
(s. Tabelle 4-28). Formstoffe aus Typ 31 sind kerbempfindlich. Höheren An-
sprüchen wird der mit Zellstoff verstärkte Typ 51 sowie der mit Baumwollfaser
und Holzmehl verstärkte Typ 83 gerecht. Noch wesentlich schlagzäher ist der mit
Tabelle 2-121. Flammwidrigkeit einiger duroplastischer Formstoffe

Prüfung Prüfvorschrift Einheit PF UF*) MP MF UP


anorganischer organischer
Füllstoff Füllstoff

Glutbeständigkeit DIN 53459 (09.81) Gütegrad 4 2 bis 3 3 3 bis 4 2 bis 4


ISO R 181
Brennverhalten VDE 0304 Teil 3/5.70 c) Stufe I bis II a IIa IIa I bis IIa IIa bis IIb
ISO R 181 (Revision)
Kleinstbrenner VDE 0730 Teil 2 h (03.71) + + + + –
„Glühdorn“ VDE 0470 (01.61) + + + + +
Glühdraht 960 °C a) DIN IEC 69572/ + + + + +
2.2.2 Duroplastische Polykondensate

VDE 0471T2 (04.75)


Glühkontakt VDE 0471 Teil 3/70 + + + + +
Kurzschlusslichtbogen VDE 0471 Teil 4/70 + + + + +
Flammability ASTM D 635-68 n.b.b) n.b. bis s.e. n.b. n.b. n.b. bis s.e.
Flammability ISO R 1210 Juni 1970 Category 1 1 bis 2 1 1 1 bis 2
Flammability UL Subject 492 April 70 Index V-O V-I bis HB V-O V-O V-I bis HB
Ignition ASTM D 1929-62T °C 500 bis 600 450 bis 550 – 550 bis 650 400 bis 500
Vergleichszahl Prüflösung A CTI 200 bis 320 140 bis 220 600 600 600
der Kriechwegbildung

*) Harzbasis: Harnstoff-Formaldehyd.
+ bestanden
– teilweise bestanden.
a)
etwas abweichendes Verfahren, jedoch ebenfalls bestanden: CEE-Empfehlung 4 (960°C).
b)
n.B. = non burning by this test; s.e. 0 = self-extinguishing by this test.
c)
ähnliches Verfahren: DIN 53459 (09.81).
1309

Duroplastische
Polykondensate
1310 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-122. Wasserdampfdurchlässigkeit einiger Kunststoffe bei 20°C (Probendicke 40 mm)

Wasserdampfdurchlässigkeit q
g/m2 d

PF-Harz 43
PF, Typ 31 (50%ig) 300
PF, Typ 31 (45%ig) 390
PF, Typ 31 (35%ig) 560
MF, Typ 152 400
Paraffin 0,7
Polystyrol (ungereckt) 25
Buna 110
PMMA 270
Cellophan 4500

Baumwollfaser verstärkte Typ 71, der mit Baumwollschnitzel und Zellstoff ver-
stärkte Typ 84 sowie vor allem der als lose Schnitzelmasse lieferbare Typ 74.
Zu den schlagzähen Formmassen mit anorganischen Verstärkungsstoffen
gehören vor allem die mit Glasfasern und Mineralmehl verstärkten Typen PF
6537 und PF 6540 (nach ISO 179/1eV).
Je gröber die Struktur des Harzträgers, desto besser sind die mechanischen
Eigenschaften des Formstoffs; um so stärker wird jedoch auch die Oberfläche
des Formteils durch die Struktur des Harzträgers geprägt. Deshalb werden die
Massen ab Typ 51 vorwiegend für technische Formteile weniger für Sichtteile
verwendet.
PF-Formmassen mit Gewebeschnitzeln und Zellstoff sind gute Lagerwerk-
stoffe. Sie eignen sich ferner für die Herstellung von Zahnrädern. Die Schlag-
zähigkeit von PF-Formstoffen kann nicht nur durch den Harzträger, sondern
ebenfalls durch die Zugabe von Kautschuk erhöht werden. Diese Formteile wei-
sen glatte Sichtflächen auf.
Die meisten PF-Formmassen enthalten Novolakharz als Binder und Hexa-
methylentetramin als Härtungsmittel.Aus Hexa wird beim Härten Formaldehyd
und Ammoniak gebildet. CH2O wird in den Formstoff eingebaut, NH3 bleibt
darin eingeschlossen. Geringe Mengen entweichen dauernd aus dem Formstoff.
Sofern dadurch Geruch oder Geschmack von Füllgütern z. B. durch Schraubkap-
pen aus PF, beeinträchtigt werden oder Messingteile korrodieren, wählt man die
durch .9 gekennzeichneten Formmassen, z. B. Typ 31.9.
Eine Sonderstellung unter den wärmebeständigen PF-Formmassen nehmen
die modifizierten GF- und Mineralmehl verstärkten PF-Formmassen ein. Da-
raus hergestellte Formteile können Stunden bis Tage bei Temperaturen bis
280 °C beansprucht werden, z. B. als wärme- und spülmaschinenbeständige Ge-
schirrbeschläge, Lampenfassungen, Warmluftkanäle in Fahrzeugen, Schweiß-
gerätegriffe, Kollektoren.
Polykondensate
Duroplastische

Die günstigsten mechanischen Eigenschaften in Verbindung mit hoher


Wärmebeständigkeit weisen Formmassen mit Langglasfasern auf. Zu diesem
Zweck wurden Massen entwickelt, bei denen parallelgerichtete Glasfaserstränge
in Stäbchen bis zu 20 mm Länge eingebettet sind.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1311

Die Erfüllung der ständig verschärften Forderung des Umweltschutzes und


der Arbeitssicherheit war einer der Entwicklungsschwerpunkte der vergange-
nen Jahre. Nahezu alle PF-Formmassen stehen heute mit freiem Phenolgehalt
< 1 % zur Verfügung. Das Stauben der Massen konnte durch verbesserte Her-
stelltechnologien in vielen Fällen beseitigt werden. Der Austausch des wegen
seiner vermuteten kanzerogenen Wirkung unerwünschten Asbests ist in den
meisten Fällen gelungen.
Das leichtere Handhaben mit Langfasern verstärkter Formmassen konnte in
Form kontinuierlich imprägnierter Faserstränge oder von Zylindergranulat er-
reicht werden. Die Forderungen der Fahrzeugbauer können heute durch eine
ganze Familie, beispielsweise 10 Typen der Bakelite Reihe 100 mit Kerbschlag-
zähigkeiten von 2,5 bis 20 kJ/m2 erfüllt werden [7].

■ Verarbeitung
PF-Formmassen werden wie die meisten duroplastischen Formmassen durch
Pressen, Spritzpressen, Spritzgießen [8] und Stangpressen unter Einwirkung von
Wärme und Druck verarbeitet. Dabei überlagert sich dem physikalischen
Schmelzvorgang im beheizten Werkzeug die chemische Härtungsreaktion. Der
Bereich minimaler Viskosität gibt Hinweise auf die Formbarkeit (Druckbedarf,
Zeit, Fließweg). Der Anstieg nach dem Minimum ist ein Maß für die Härtege-
schwindigkeit und die erforderliche Stehzeit bis zum möglichen Entformen des
Formteils. Das Fließ- und Härtungsverhalten von thermoplastischen und härt-
baren Formmassen zeigt auch Bild 2-708. Dabei wurde die Formmasse unter
konstantem Druck in einen beheizten Kanal gespritzt. Der Härtungsvorgang
bremst bei Duroplasten das Fließen ab.
Die Zeit bis zur Entformung – Härte- oder Stehzeit genannt – ist von der
Formmasse und den Verarbeitungsbedingungen abhängig. Höhere Werkzeug-
temperatur verkürzt die Härtezeit.

■ Verarbeitungshinweise
Die Verarbeitungsbedingungen für die bekannten härtbaren Formmassen fin-
den sich in Kap. 1. Formteile müssen meist entgratet werden [9]. Bei Formstoffen Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-708. Fließweg/


Fließzeit-Diagramm von
thermoplastischen und
härtbaren Formmassen
1312 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

mit feinen Füll- und Verstärkungsstoffen geschieht dies durch Trommeln oder
Strahlen. Die Oberfläche der Formteile ist je nach Füllstoffart und Ober-
flächengüte des Formnestes matt bis glänzend.
Um die Faserorientierung möglichst niedrig zu halten, wird am zweckmäßig-
sten nach dem Spritzprägeverfahren gearbeitet. Die Kombination des Spritzprä-
gens mit der Kaltkanaltechnik hat einen entscheidenden Fortschritt in der
Duroplastverarbeitung gebracht. Dieses sog. RIC (Runnerless Injection Com-
pression)-Verfahren ermöglicht die Verwendung verhältnismäßig strenger Ein-
stellungen und bringt dadurch wirtschaftliche Zykluszeiten; außerdem wird die
Bildung von Abfall durch Anguß und Gratbildung wesentlich verringert.

■ Veredeln der Oberfläche


PF-Formstoffe können poliert (geschwabbelt), lackiert, bedruckt und durch Be-
dampfen im Hochvakuum oder auch galvanisch (Sondertypen) metallisiert wer-
den.

■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten


PF-Formteile werden meist trocken bearbeitet. Geschmiert wird ggf. mit Öl oder
MoS2 .
Zum spanenden Bearbeiten werden Schnellstahl- oder mit Hartmetallschnei-
den versehene Werkzeuge verwendet (siehe Tabelle 2-123).

Fügeverfahren
Lösbare Verbindungen können durch Schrauben hergestellt werden. Meist wer-
den zu diesem Zweck beim Urformen Gewindebuchsen eingelegt. Es können
auch selbstschneidende Schrauben verwendet werden. Für das Direktverschrau-
ben bewähren sich z. B. die EJOT-Schrauben. Unlösbare Verbindungen sind
durch Nieten und Kleben herstellbar. Höchste Festigkeiten werden mit Hilfe von
UP- und EP-Klebstoffen erreicht.

■ Lötbadbeständigkeit
In der Feinwerktechnik wird häufig im Lötbad durch Eintauchen gelötet. PF-
Formstoffe sind lötbadbeständig (nach DIN 40802, T 1 und T 2 (02.86) 250°C, 5 s).

Anwendungsbeispiele
Schaltergehäuse und -einbauten,Verteilerkästen, Klemmbretter, Röhrenfas-
sungen, Spulenkörper, lötbadfeste Anschlussleisten, Bedienungsknöpfe,
Schraubfüße, Pumpenteile, Luftführungskanäle, Keilriemenscheiben und
Bremskolben [10] in Kraftfahrzeugen, Bügeleisengriffe, Pfannenstiele,
Aschenbecher, Deckenknöpfe, Herdleisten, Filmleuchten, Schweißzangen-
griffe, Schraubkappen, Zahnräder.
Polykondensate
Duroplastische

Handelsnamen
Bakelite (Bakelite/DE)
Durax (Isola Werke/DE)
Durex (Occidental Chemical Corp./US)
Tabelle 2-123. Spanende Bearbeitung von härtbaren Formmassen

Bedingungen Sägen Bohren Drehen Fräsen

Schnellst. Hartm. Schnellst. Hartm. Schnellst. Hartm. Schnellst. Hartm.

Freiwinkel ° 30–40 10–15 6–8 6–8 8 5–10 20–30 10–15


Spanwinkel ° 5–8 ca. 3 6–10 6–10 12–25 10–15 15–25 5–15
Spitzenwinkel ° 60–80 60–100 80–90
Spitzenrundung mm
Zahnteilung mm 5–8 4–8 1
Neigungswinkel ° 0
Schnittgeschwindigk. m/min – – 40–100 90–120 80–100 20–400 40–80 200–400
2.2.2 Duroplastische Polykondensate

Kreissäge m/min – < 3000 – – – – – –


Bandsäge m/min < 2000 – – – – – – –
Vorschub mm/U – – 0,2–0,4 0,3–0,5 0,1–0,3 0,5–0,8
1313

Duroplastische
Polykondensate
1314 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Fenochem (Chemiplastica II)


Fenoform (Chromos-Ro Polimeri/YU)
Genal (General Electric Co./US)
Moldesite (HMC-SPREA/IT)
Plenco (Plastics Engineering Co./US)
Resinol (Raschig/DE)
Resocel (S. I. R. (Montedison)/IT)
Supraplast (Süd-West Chemie/DE)
Tecolite (Toshiba Chem. Prod. Co./JP)
Trolitax (Hüls-Troisdorf/DE)
Vegetalite (SALT)/IT)
Vyncolite (Vynckier/BE)

2.2.2.1.2
Technische Phenolharze
In den folgenden Abschnitten wird in gedrängter Form die außer den PF-Form-
massen noch bestehende ungewöhnlich große Vielfalt der Darbietungsformen
und Anwendungsmöglichkeiten der Phenol/Formaldehydharze aufgezeigt.
Technische Phenolharze stehen als Rein- und Cokondensate sowie durch den
Einbau weiterer Komponenten modifizierte Harze zur Verfügung.
Resole werden als wässrige Flüssigharze, als Lösungen, in stückig fester Form
oder pulverförmig gemahlen geliefert. Novolake sind meist fest ggf. bereits mit
eingewalztem Hexamethylentetramin versehen.
Novolake sind unbegrenzt haltbar. Resole sind in wässriger Form nur vier
Wochen haltbar, in fester Form müssen sie innerhalb eines Jahres verarbeitet
werden, weil die Härtung auch bei Raumtemperatur langsam fortschreitet.

Gießharze
PF-Gießharze werden in offene Werkzeuge gegossen und anschließend durch
Wärmeeinwirkung oder durch Zusatz eines Härtungskatalysators bei Raum-
temperatur drucklos gehärtet. Im Ansatz überwiegt die Formaldehydkompo-
nente. In Abhängigkeit vom molaren Verhältnis Formaldehyd/Phenol ergeben
sich folgende mechanische Eigenschaften.

Molverhältnis Schlagzähigkeit Zugfestigkeit Druckfestigkeit


Phenol/Formaldehyd kJ/m2 N/mm2 N/mm2

1,5:1 6,5 14 125


2,0:1 11,5 18 115
2,5:1 15,0 20 105
3,0:1 12,5 19 95
Polykondensate
Duroplastische

3,5:1 7,0 17 85

Ein hoher Formaldehydanteil vermeidet Spuren von freiem Phenol und gewähr-
leistet so eine hohe Lichtechtheit des Harzes.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1315

PF-Edelkunstharze
Edelkunstharze stehen in Form von Blöcken, Platten, Stangen, Rohren und
Profilen zur Verfügung. Gehärtet wird bei Temperaturen von 60 bis 80 °C. Der
Härtungsvorgang dauert 2 bis 5 Tage.
Schmuckwaren, Möbelbeschläge sowie technische Formteile sind bekannte
Anwendungsgebiete. Durch das Aufkommen neuer Gießharze ist die Bedeutung
rückläufig.
Mit PF-Gießharzen können nach dem Reproduktionsverfahren auch Gegen-
stände mit geringer Stückzahl sowie Prototypen hergestellt werden.
Schaumstoffe
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass aus flüssigen Phenol-
resolen fest, sprödharte Schaumstoffe mit gemischtzelliger Struktur hergestellt
werden können. Das Verschäumen wird durch verdampfendes Kondensations-
wasser, durch Schaumigschlagen des Harzes mit oder durch den Zusatz ver-
dampfender Treibmittel bewerkstelligt. Es sind bei Temperaturen von 50 bis
60 °C schäumende sowie sog. kaltschäumende Phenolharztypen verfügbar.
PF-Schaumstoffe zeichnen sich durch niedrige Wärmeleitfähigkeit und hohe
Formbeständigkeit in der Wärme aus. Sie sind schwer entflammbar und nach
Entfernen der Zündquelle selbsterlöschend.
Schichtpressstoffe
Schichtpressstoffe für technische und dekorative Zwecke werden durch
Lackieren oder Imprägnieren von Papierbahnen und Geweben aus Textilien
oder Glasfasern mit verdünnten oder gelösten Phenol- und Kresolharzen her-
gestellt. Die Bahnen werden bei mäßigen Temperaturen getrocknet und vor-
gehärtet. Danach wird die erforderliche Anzahl von Bahnen übereinanderge-
schichtet und bei einem Druck von 120 bar und Temperaturen von 140 bis
170 °C gepresst. Rohre werden auf einem Dorn gewickelt und drehend zwi-
schen beheizten Walzen gepresst.
Laminate aus PF-Harzen zeichnen sich durch hohe Festigkeit, gute elektrische
Eigenschaften und geringe Wasseraufnahme aus. Spezialharze sind für die Her-
stellung von kaltstanzbaren und flammhemmend eingestellten Typen entspre-
chend den NEMA und UL-Spezifikationen verfügbar. Modifizierte Harze wer-
den als Klebestoffe zum Beschichten von Kupferfolien eingesetzt.
Zu den technischen Laminaten gehören: Elektrolaminate, Formteile und
Rohre aus Hartpapier und Hartgewebe, Dekorlaminate, Filter und Batteriesepa-
ratoren. Die Kombination von PF- und EP-Harz, d. h. eine Co-Härtung führt zu
zähelastischen und zugleich flammwidrigen Formstoffen, die im Fahrzeugbau
zunehmend an Bedeutung gewinnen (Beispiel: Airbus) [11].

Handelsnamen
Hartpapier
Polykondensate
Duroplastische

Birax (Norplex Div., UOP Inc./US)


Geax (AEG Isolier- und Kunststoff GmbH/DE)
Harex (Resopal Werk H. Römmler GmbH/DE)
Trolitax (Hüls AG/DE)
1316 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Hartgewebe
Biratex (Norplex Div., UOP Inc./US)
Harex (Resopal Werk H. Römmler GmbH/DE)
Trolitax (Hüls AG/DE)
Glasfaser-Hartgewebe
Birakrit (Norplex Div., UOP Inc./US)
Diverrit (Felten & Guilleaume Carlswerk AG/DE)
Durapol, Duraver (Isola Werke AG/DE)
Glasotext (AEG Isolier- und Kunststoff GmbH/DE)
Trolitax (Hüls AG/DE)

Leim- und Klebstoffe


Duroplastische Klebstoffe weisen im Vergleich zu thermoplastischem Material
geringe Kriechneigung bei mechanischer Beanspruchung und hohe Festigkeit
bei erhöhter Temperatur auf. Die PF-Klebstoffe zeichnen sich außerdem durch
hohe Nassfestigkeit, Tropen- und Schimmelbeständigkeit aus. Sie werden des-
halb trotz schwieriger Verarbeitung und höheren Preisen den Harnstoff/Form-
aldehydharzen vorgezogen.
PF-Leime dienen beispielsweise zur Herstellung von wetterfestem Sperrholz
nach DIN 68705, T 2 (07. 81), T 3 (12.81), T 4 (12. 81), T 5 (10. 80), T 5 Beibl. 1 (10. 80).
Hochwirksame Alkylphenolharze werden zur Formulierung folgender Kleb-
stoffe verwendet:
Polychloropren- und Nitrilkautschukklebstoffe
Polyvinylacetal-Klebstoffe
Kontaktklebstoffe
Klebrigmacherharze
Pulverförmige Phenol-Novolak-Harze mit HTMA werden in Gummimischun-
gen als Verstärkerharze verwendet.

Veredelte Holzwerkstoffe
Phenol- und Harnstoffharze werden in großem Umfang zur Herstellung von
Hartfaser- und Spanholztafeln, d. h. zur Verwertung von forstlichem und ge-
werblichem Abfallholz eingesetzt.
Kunstharz-Pressholz wird aus Buchenholzfurnieren hergestellt, die mit
Phenolharz beleimt oder imprägniert und dann getrocknet werden. Die Dicke
der Lagen beträgt 0,3 bis 3 mm. Nach dem Trocknen wird der Schichtstoff bei
Drücken bis zu 200 bar und Temperaturen von 145 bis 180 °C gepresst. Der
Harzgehalt beträgt 8 bis 30 %. Typen und Aufbau von Kunstharz-Pressholz
werden in DIN 7702 (10. 79) beschrieben. Die Eigenschaften gibt DIN 7707
(01. 79) wieder.
Polykondensate
Duroplastische

Phenolharze als Bindemittel


Als Bindemittel für die in der Elektrotechnik als Kollektorbürsten, Schleifbügel
und Gleitkontakte verwendete Kunstkohle dienen außer Teerpech Harze auf der
Basis von Phenol-Formaldehyd. Flüssige Harze werden mit Graphit und Kohle
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1317

zu einer plastischen Masse angeteigt, die durch Pressen oder Strangpressen ge-
formt wird. Das Aushärten geschieht bei Temperaturen von 95 bis 150 °C. Pulver-
förmige Mischungen werden kalt bei Temperaturen von 90 bis 150 °C und
Drücken bis 250 bar oder warm bei Temperaturen von 140 bis 150 °C in wenigen
Minuten geformt.
Die Formkörper werden nach dem Härten gebrannt, um das isolierende
Bindemittel leitfähig zu machen. Nach längerer Brenndauer entsteht Hartbrand-
kohle, die sich beim Nachbrennen bei höherer Temperatur in thermisch und
elektrisch gut leitenden Graphit verwandelt.
Phenolharze dienen in Verbindung mit Kohle ebenfalls zur Herstellung von
Festwiderständen.
PF-Harze werden außerdem verwendet als:
Blumensteckschaumstoffe,
Sockelkitte,
Kitte für Pinsel und Bürsten,
Photolacke,
Stichloch-Stampfmassen.
An dieser Stelle seien auch die Phenolharze für die Herstellung von Kaltpress-
massen erwähnt. Durch Mischen flüssiger Kresol-Resole mit Asbest, Schiefer-
mehl, Kaolin oder Quarzmehl und Zusatz von Erdfarben werden vom Verarbei-
ter Formmassen hergestellt, die bei Raumtemperatur und Drücken von 100 bis
500 bar zu Formkörpern gepresst werden. Daran schließt sich das Aushärten
nach einem Temperaturprogramm zwischen 80 und 140 °C an, mit Nachhärtung
bei 170 °C. Flammwidrigkeit und andere günstige physikalische Eigenschaften
sind der Grund für den Einsatz von Wärmedämmstoffen aus Glas- und Mineral-
wollfasern aus Diabas, Basalt, Kalkmergel und Dolomit (seltener Hochofen-
schlacke und andere Schlackenmaterialien) sowie von Phenolharz-Schaumstof-
fen und Glasfaservliesen zur Schalldämmung.
Große Bedeutung erlangten die PF-Harze in der Gießereitechnik als Binde-
mittel für Form- und Kernsande (Hot-box, No-bake-Verfahren). Beim Croning-
Verfahren werden dünnschalige Formmasken und Hohlkerne verwendet, die
eine hohe Gasdurchlässigkeit aufweisen und nach dem Gießprozess zerfallen.
Das Formmaskenverfahren hat vor allem in der Automobilindustrie große Be-
deutung erlangt. Phenol- und Kresolharze ermöglichen in Brems- und Kupp-
lungsbelägen optimale Reibungswerte, Wärmebeständigkeit, Elastizität, gerin-
gen Abrieb sowie Beständigkeit gegenüber hydraulischen Flüssigkeiten, Benzin
und Wasser. Durch die Verwendung modifizierter Harze werden besondere An-
forderungen erfüllt bei der Herstellung von Scheibenbremsen, Trommelbrem-
sen und Kupplungsbelägen. Schleif- und Trennscheiben werden aus Elektro-
korund und Siliciumcarbid aufgebaut. Als Bindemittel behaupten sich außer ke-
ramischen Massen die PF-Harze. Die harzgebundenen Scheiben sind weniger
druckempfindlich und lassen wegen höherer Festigkeit höhere Scheibenge-
Polykondensate
Duroplastische

schwindigkeit zu. PF-Harze dienen als Bindemittel bei der Herstellung hochtou-
riger flexibler Schleifscheiben mit Einlagen aus Papier, Glas- und Textilgewebe
sowie aus Vulkanfiber.
1318 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Apparatebau und Oberflächenschutz


Kunstharzwerkstoffe aus einem hohen Anteil an aufbereiteten säurefesten Füll-
stoffen wie Graphit, Kohle, Schwerspat, knet- und formbaren GF-Kurzfasern,
langfaserverstärkten Prepregs oder Rovings, mit einem Bindemittel auf der Ba-
sis von Phenol- oder Kresolharz eignen sich vorzüglich für die Herstellung
säurefester Apparate, Pumpen,Armaturen, Kolonnen, Glockenböden und korro-
sionsbeständiger Überzüge. Dazu kommen die säurefesten Kitte [12, 13].
Wenn hohe Alkalibeständigkeit verlangt wird, werden modifizierte Phenol-
harze mit veretherten Hydroxylgruppen verwendet.
Diese Kunstharz-Formstoffe erreichen folgende mechanische Eigenschaften:
Dichte 1,75 g/cm3
Zugfestigkeit 20 N/mm2
Druckfestigkeit 100 N/mm2
Biegefestigkeit 40 N/mm2
Schlagzähigkeit 3,5 kJ/m2
Kerbschlagzähigkeit 1,5 kJ/m2
E-Modul 7000 bis 14 000 N/mm2
Die hohe Chemikalienbeständigkeit gegen Säure, Laugen und Lösemittel er-
streckt sich nicht auf oxidierende Säuren.

Bekannte Handelsnamen
Bakelite GmbH/DE)
Haveg (Dr. C. Otto & Comp. GmbH/DE)
Keraphen (Keramchemie GmbH/DE)

2.2.2.2
Harnstoff/Formaldehyd-Kunststoffe (Aminoplaste) (UF)
Bis zum Jahre 1920 waren von den technisch verwendbaren synthetischen Duro-
plasten nur die Phenol/Formaldehyd-Harze bekannt.Sie waren wegen der bei Licht-
einwirkung nachdunkelnden Eigenfarbe nur in gedeckten Farbtönen von geringer
Brillanz im Handel; es überwogen die braunen und schwarzen Einstellungen.
E. Pollak und K. Ripper bemühten sich seit Anfang der zwanziger Jahre um
die Herstellung eines organischen Glases aus Harnstoff/Formaldehydharz. Es er-
wies sich jedoch als sehr spröde. Größere Erfolge waren diesem Produkt bei
einer den PF-Formmassen analogen Verwendung beschieden. Etwa bis zum
Jahre 1930 waren die Harnstoff-Formaldehyd-Formmassen zur Produktionsreife
gediehen. Die wasserhellen Harze ergaben mit hochgebleichter Cellulose als
Füllstoff in allen beliebigen, lichtechten Farbtönen von durchscheinend bis ge-
deckt einfärbbare Formmassen.
Polykondensate
Duroplastische

■ Herstellung
Aus dem wasserlöslichen, bei 132,6 °C schmelzenden kristallinen Harnstoff, der
in Formalin gelöst wird, entsteht in neutraler Lösung durch stufenweise Reak-
tion von Formaldehyd mit den Amminogruppen ein lineares Vorkondensat.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1319

Harnstoff + Formaldehyd Monomethylol- + Formaldehyd Dimethylol-


harnstoff harnstoff

lineares Vorkondensat

In Verbindung mit Harnstoff wird häufig der Thioharnstoff

gemeinsam mit Formaldehyd kondensiert. Thioharnstoff enthaltende Form-


massen entsprechen jedoch nicht dem neuen deutschen Lebensmittelgesetz. Sie
werden seit 1960 nicht mehr am deutschen Markt angeboten.

2.2.2.2.1
Härtbare UF-Formmassen
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
UF-Formmassen sind die gebräuchlichsten härtbaren Formmassen für die Her-
stellung von Formstoffen in weißen und hellen Farbtönen. Außerdem sind sie
durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:

• hohe mechanische Festigkeit, Steifheit und Oberflächenhärte,


• hoher Oberflächenglanz,
• sehr gute elektrische Eigenschaften,
• empfindlich gegen hohe Feuchtigkeitsgehalte (gegen Wärme und Feuchtig-
keit sind MF- und MP-Formstoffe beständiger, jedoch ebenfalls nicht geeignet
für dauernden Kontakt mit kochendem Wasser),
• höhere Schwindung als PF-Formmassen, Neigung zur Spannungsrissbildung,
• geringere Maßbeständigkeit als Formstoffe aus PF-Typ 31 (Nachschwinden
bei Trockenheit und Wärme, Quellen bei Feuchtigkeitseinwirkung),
• nicht zugelassen für Formteile, die mit Lebens- und Genußmitteln in
Berührung kommen.
Der verhältnismäßig hohe Harzgehalt der UF-Formmassen ist zur Erzielung ei-
Polykondensate
Duroplastische

ner guten Fließfähigkeit erforderlich. Die wichtigsten Anwendungsgebiete des


Harnstoff-Reinharzes sind Lacke für Holz und Metalle sowie Ausrüstungsmittel
für die Textilindustrie. Hier sollen vorwiegend die UF-Formstoffe vorgestellt
werden.
1320 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Das Vorkondensat liegt in Form einer kurzen, durch CH2-Brücken verknüpften
Molekülkette vor. Bei näherer Betrachtung der Formel wird ersichtlich, dass sol-
che Vorstufen mit ihrer großen Anzahl reaktionsfähiger Wasserstoffatome sehr
leicht Vernetzungsreaktionen mit Nachbarketten eingehen und zu Duroplasten
führen. Die wasserlöslichen Zwischenstufen, die als Klebstoffe (Holzleime) und
Beschichtungsstoffe ihre eigenen Verwendungsgebiete haben, werden nach Ver-
mischen mit Füllstoffen, Härtern, Stabilisatoren, Weichmachern, Gleitmittel und
Pigmenten zu Formstoffen, die unter Anwendung von Druck und Wärme zu
Halbzeug und Fertigteilen formbar sind.

■ Zusatzstoffe: Funktionszusatzstoffe
Beim Härten der UF-Formmassen bedient man sich sog. latenter Härtungskata-
lysatoren, die erst bei Presstemperaturen Säure bilden oder abspalten bzw. wirk-
sam werden. In Betracht kommen Harnstoffnitrat und als Beschleuniger Alkyl-
oder Arylhalogenide u. a. Als schwache Säuren dienen Carbon- und Dicar-
bonsäuren. Die Fließfähigkeit wird durch den Zusatz von Stearinsäure, Zink-
und Aluminium- oder Magnesiumstearat verbessert.
Ein für Aminoplast-Formmassen unentbehrlicher Weichmacher ist das Was-
ser. Einschließlich des bei der Härtungsreaktion frei werdenden Wassers beträgt
der Anteil insgesamt 5 bis 9 %. Weichmacher ersetzen einen Teil der Feuchtigkeit
ohne deren nachteilige Wirkung. Außerdem verringern sie die Sprödigkeit der
Formstoffe. Als Weichmacher dienen aliphatische ein- und mehrwertige Alko-
hole.
Von den anorganischen Pigmenten haben die Weißpigmente Lithopone und
Titandioxid große Bedeutung. Die gängigen TiO2-Typen weisen eine höhere
Deckkraft als die Lithopone auf. Ihre UV-Beständigkeit ist jedoch nicht so gut.
An bunten anorganischen Pigmenten kommen Cadmium-Farbmittel (gelb,
orange, rot und violettrot), Chromgelb, Chromoxidhydratgrün, Ultramarinblau
und -grün, Ruß und Eisenoxidsorten in Betracht. Ein nachleuchtendes Pigment
ist aktiviertes Zinksulfid.
Die Reihe der für Aminoplast verwendbaren organischen Pigmente ist be-
grenzt. Mit ihnen können jedoch alle Farbtöne erzielt werden.
Optische Aufheller werden den Aminoplast-Formmassen in Mengen von 0,01
bis 0,05 % zugesetzt. Sie bringen die dem menschlichen Auge unsichtbare UV-
Strahlung zur Fluoreszenz und strahlen dabei sichtbares Licht aus. Leichtgelb-
liche Weißtöne erscheinen wieder absolut weiß.

Füllstoffe
Zu den für Aminoplast verwendeten Füllstoffen gehören: native Cellulose, Holz-
und Sägemehl, Furnierschnitzel, Stein- und Kokosnussmehl. Bei den hellen
Formmassen überwiegt die Cellulose.
Anorganische Füllstoffe verleihen den Formstoffen hohe Wärmebeständig-
Polykondensate
Duroplastische

keit und Glutfestigkeit, geringe Schwindung und Nachschwindung sowie ein ge-
ringeres Feuchtigkeitsaufnahmevermögen. In Betracht kommen Gesteinsmehl
und Glimmer.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1321

Verstärkungsstoffe
Unter den organischen Verstärkungsfasern überwiegt ebenfalls die Cellulose.
Die Nadelholzzellstoffe sind langfaseriger als die Buchenholzzellstoffe. Sisal-
fasern werden selten verwendet. Zunehmende Bedeutung erlangen die syntheti-
schen organischen Fasern, beispielsweise die Polyamid- und die Polyesterfasern.
Hohe Festigkeit und Schlagzähigkeit werden mit anorganischen Glas- und mit
Asbestfasern erreicht. Die Bedeutung der Asbestfasern geht jedoch wegen der
bekannten gesundheitlichen Bedenken zurück.

■ Sortiment
Das Sortiment an UF-Formmassen ist nicht groß. Bevorzugt werden die mit ge-
bleichter Cellulose verstärkten Typen für die Herstellung hellfarbiger Formteile.

■ Lieferformen
Die UF-Formmassen werden feinpulvrig, überwiegend jedoch gekörnt geliefert.

■ Typisierung
Von den UF-Formmassen sind die Typen 131 und 131.5 (Zellstoff als Füll-
stoff) genormt. DIN 7708 T 3 (10.75) enthält außer den Typen 131 und 131.5 eine
Anzahl typisierter UF- und MF-Formmassen. Der holzmehlgefüllte Typ 130
hat in Deutschland keine Bedeutung mehr. Als Typen nach DIN 7708 T 3 gel-
ten warmhärtbare Aminoplast-Formmassen, die den Anforderungen nach Ta-
belle 2-100 und 2-101 entsprechen. Die Typen werden in vier Gruppen einge-
teilt:
Gruppe I: Typen für allgemeine Verwendung,
Gruppe II: Typen mit erhöhter Kerbschlagzähigkeit,
Gruppe III: Typen mit erhöhter Formbeständigkeit in der Wärme,
Gruppe IV: Typen mit erhöhten elektrischen Eigenschaften,
Gruppe V: Typen mit sonstigen zusätzlichen Eigenschaften.
Zur Gütesicherung und Überwachung vgl. PF-Formmassen.
(Siehe auch Tabelle 4-37 im Anhang).

■ Physikalische Eigenschaften
Die Mindestanforderungen nach DIN 7708 T 3 an die Typen 131 und 131.5 enthält
Tabelle 2-124.

■ Mechanische Eigenschaften
Die Abhängigkeit der Biegefestigkeit einiger UF-Formstoffe und anderer duro-
plastischer Formstoffe zeigt Bild 2-699.
Den Vergleich der Wechselfestigkeit einiger aus typisierten Formmassen her-
gestellten Formstoffe bei 2 · 107 Lastspielen bringt die folgende Übersicht auf
Polykondensate
Duroplastische

S. 1324 oben.

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabelle 2-124.
Duroplastische
Polykondensate

Tabelle 2-124. Eigenschaften von Aminoplast-Formstoffen


1322

Formmasse-Typ Einheit Prüf- Gruppe I Gruppe II


Eigenschaften methode
DIN Typ 131 Typ 150 Typ 180 Typ 153 Typ 154

mechanische
Rohdichte g/cm3 53479 1,5 1,5 1,5 1,55 1,5
Biegefestigkeit N/mm2 53452 80 70 80 60 60
Schlagzähigkeit kJ/m2 53453 6,5 6 6 5 6
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 53453 1,5 1,5 1,5 3,5 6
Druckfestigkeit N/mm2 53454 200 170 200 190 190
Zugfestigkeit N/mm2 53455 30 30 30 30 30
Biege-E-Modul kN/mm2 53457 6 bis 11 6 bis 9 7 bis 10 8 bis 10 8 bis 10
Kugeldruckhärte N/mm2 · 102 53456 2,16–3,5 2,3–3,2 2,3–2,9 2,5–3,0 2,5–3,1
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechan. Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 100 120 120 120 120
dauernd °C 70 80 80 80 80
Formbeständigk. n. Martens °C 53458 100 120 120 125 125
linearer Ausdehnungs-
koeffizient K-1 · 10–6 – 40–60 40–60 15–50 30–60 30–60
Wärmeleitfähigkeit W/mK 52612 0,4 0,4 0,4 0,5 0,5
spezifische Wärme kJ/kgK – 1,3 1,2 1,2 1,1 1,1
Glutbeständigkeit Gütegrad 53459 alt 3 3 3 3 3
Stufe 53459 neu 2a 2a 2a 2a 2a
elektrische
Oberflächenwiderstand Vergl.-
zahl (VZ) 53482 10 10 10 9 9
spez. Durchgangswiderstand W cm 53482 1011 1010 109 109 108
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-124 (Fortsetzung)

Formmasse-Typ Einheit Prüf- Gruppe I Gruppe II


Eigenschaften methode
DIN Typ 131 Typ 150 Typ 180 Typ 153 Typ 154

dielektr. Verlustfaktor tan d – 53483


50 Hz 0,3 0,4 0,5 0,6 0,6
1 kHz 0,3 0,3 0,3 0,4 0,5
1 MHz 0,1 0,1 0,1 0,2 0,3
Dielektrizitätszahl – 53483
50 Hz ... 1 kHz 6–9 6–12 5–15 6–10 5–10
1 MHz 6–7 9 4–6 5–8 5–8
2.2.2 Duroplastische Polykondensate

Durchschlagfestigkeit kV/cm 53481 80–150 50–140 50–200 50–140 50–150


Kriechstromfestigkeit – 53480
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI 600 600 175 600 600
Wasseraufnahme mg/4d 53472 300 250 180 300 200
Verarbeitungsverfahren – – P, SP, SG P, SP, SG P, SP, SG P, SP, SG P, SP
Dosierbarkeit – – r. r. r. sch. ... v.H. v.H.
Tablettierbarkeit – – gut gut gut bed.-n.aut. n.aut.
Füllfaktor – 53466 2,5 3 3 7 10
Entgratung – – aut. aut. aut. aut. .. v.H. v.H.
Verarbeitungsschwindung % 53464 0,5–0,8 0,4–1,1 0,4–0,8 0,2–0,7 0,1–0,6
Nachwindung % 53464 0,7–1,2 0,8–1,7 0,4–0,8 0,4–1,2 0,3–1,0

Es bedeuten: v.H. = von Hand; aut. = automatisch; n.aut. = nicht automatisch; r. = rieselfähig; bed. = bedingt; sch. = schüttbar; P = Pressen;
SP = Spritzpressen; SG = Spritzgießen
1323

Duroplastische
Polykondensate
1324 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Formstofftyp Zug/Druck s zdw Biegung s bw


N/mm2 N/mm2
31 11 17
74 18 25
130 15 16
131.5 16 30
150 10 20
154 30 30

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Lösemittel, Öle, Fette, schwache Säuren und Laugen;
nicht beständig gegen: starke Säuren und Laugen, kochendes Wasser, oxidierend
und reduzierend wirkende Stoffe.
■ Witterungsbeständigkeit
UF-Formstoffe nehmen bei Kaltwasserlagerung mehr Wasser auf als MF-Form-
stoffe (s. Tabelle 2-124). Weichmacher unterstützen die Wasseraufnahme. Die
Natur der Harzträger wirkt sich ebenfalls auf die Wasseraufnahme aus. Minera-
lische Träger verhalten sich in der Reihenfolge Gesteinsmehl, Glasfasern, Glim-
mer günstiger.
Holzmehlgefüllte UF-Formstoffe verhalten sich ungünstiger als cellulosehal-
tige. Die Oberflächen verwittern und bleichen, die Oberfläche vergraut durch
eindringenden Schmutz. Feuchtigkeit dringt ein.
■ Strahlenbeständigkeit
Die Strahlenbeständigkeit der UF-Harze ist hoch, bei den Formmassen ent-
scheidet die Natur des Verstärkungsstoffs. Cellulose verhält sich ungünstiger als
Asbest (s. Tabelle 4-31).
■ Brennbarkeit
MF-Formstoffe brennen mit gelblicher Flamme. Nach Entfernen der Zündquelle
erlischt sie. Die Verbrennungsprodukte riechen stechend nach Aminen (fischar-
tig) und Formaldehyd.
■ Gesundheitliche Beurteilung
Formstoffe aus den Typen 130, 131 und 131,5 sind für den Kontakt mit Lebens-
mitteln nicht zugelassen.
Verarbeitung
Durch Pressen, Spritzpressen und Spritzgießen. Höhere Schwindung als PF-
Formmassen, deshalb Neigung zur Spannungsrissbildung. UF-Formstoffe sind
spanend bearbeitbar und gut klebbar (u. a.Verarbeitungshinweise für PF-Form-
massen und Formstoffe.
Polykondensate
Duroplastische

Anwendungsbeispiele
Schaltergehäuse, Steckdosen,Anschlussklemmen, Stecker, Leuchten, Schub-
laden, Beschläge, Schraubverschlüsse in der Kosmetik, Bildwerfergehäuse,
Bedienungsknöpfe, Toilettensitze, Haartrocknerhauben.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1325

Handelsnamen
Bakelite (Bakelite/DE)
Beetle (American Cyanamid Co./US)
Carbaicar (AICA/ES)
Cibamin (Ciba AG/CH)
Gabrite (Montedison/IT)
Pollopas (Perstorp/SE)
Scarab (BIP Chemicals/GB)
Sirit (S. I. R./IT)
Urochem (Chemiplasta/IT)
Uroplas (AMC-Sprea S.p.A./IT)

2.2.2.2.2
Technische Harnstoffharze
Die Harnstoff/Formaldehydharze und die eng dazu gehörenden Melamin/Form-
aldehydharze haben außer den besprochenen Formmassen große Bedeutung er-
langt als Lackharze, Leim- und Klebstoffe, Bindemittel, Textilhilfsmittel, Isolier-
stoffe, Schichtpressstoffe und Schaumstoffe.

Leime, Bindemittel
Duroplastleime binden entweder unter Mitwirkung von Katalysatoren bei
Zimmertemperatur oder bei Temperaturen von 90 bis 150 °C ab. Die UF-Harze
gehören zu den sog. Kaltleimen, bei denen Kalthärter wirksam werden müssen
(auch mit PF-Harzen sind Kaltverleimungen möglich).
Lösungen von Harnstoffharzen sind meist unbegrenzt verdünnbar und
streckfähig mit Hilfe von Stärke oder Getreidemehl. Die Verleimungen sind ge-
gen kaltes Wasser beständig. Die Leimfilme sind farblos. Diese preiswerten
Harze werden für die Herstellung von Sperrholz und als Bindemittel für Span-
platten in großen Mengen verwendet.

Handelsname
Kaurit (BASF AG/DE)

Schaumstoffe
UF-Schaumstoffe können nach dem Latexschäumverfahren sowie mit Hilfe
chemisch und physikalisch wirkender Treibmittel hergestellt werden. Das La-
texschäumverfahren hat sich hierbei am besten bewährt. Als Ausgangsprodukt
dient eine wässrige, nicht ganz auskondensierte UF-Lösung sowie die wässrige
Lösung eines synthetischen Schäummittels (oberflächenaktive Substanz), dem
vor dem Schäumvorgang katalytisch wirkende Mengen einer anorganischen
oder organischen Säure beigemischt werden.
Polykondensate
Duroplastische

UF-Schaumstoffe können stationär oder am Verwendungsort, d. h. in situ,


hergestellt werden. UF-Schaumstoffe sind schwer entflammbar.
Bauwesen, Kältetechnik und Landwirtschaft sind die bekanntesten Anwen-
dungsgebiete.
1326 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Schichtpressstoffe
UF- und MF-Harze werden vorwiegend für das Imprägnieren der farbgebenden
Schichten von Dekortafeln verwendet, während die Innenlagen mit PF-Harzen
imprägniert werden.

Handelsnamen
Duropal (Duropal-Werk/DE)
Formica (Formica Vertriebs GmbH/DE)
Getalit (Westag & Getalit AG/DE)
Homapal (Homapal Plattenwerk GmbH & Co./DE)
Hornit (Hornitex-Werke Gebr. Künnemeyer/DE)
Max-Platte (Isovolta/AT)
Perstorp (Compounds, Perstorp AB/SE)
Resopal (Rethmann Plano GmbH/DE)
Ricolor (Holztechnik GmbH-Ricolor/DE)

2.2.2.3
Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF)
Melamin wurde bereits im Jahre 1834 erstmals durch Justus von Liebig aus ei-
ner Kaliumrhodamid-Ammoniumchlorid-Schmelze isoliert. Er nannte diese
Verbindung Melamin. A.W. v. Hoffmann schlug 1885 die noch heute gültige
Strukturformel vor:

Melamin

Im Jahre 1935 erkannten die Firmen Henkel & Cie., IG Mainkur und Ciba, dass
aus Melamin und Formaldehyd härtbare Harze herstellbar waren. Melamin wird
heute ausschließlich aus Harnstoff hergestellt.
Aus Melamin und Formaldehyd entstehen stufenweise durch Anlagerung
(Addition) und Polykondensation die Melaminharze. Zunächst werden dabei
wasserlösliche Zwischenverbindungen gebildet. Jede der drei Aminogruppen
des Melamin kann eine bzw. zwei Formaldehydmoleküle anlagern. Es entstehen
Trimethylol- bis Hexamethylolmelamin.
Polykondensate
Duroplastische

Formaldehyd
Melamin Hexamethylolmelamin
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1327

Diese Zwischenstufen werden wie die Harnstoff-Formaldehydharze in wässriger


Lösung oder nach einer Sprühtrocknung als Pulver weiterverarbeitet. Durch Mi-
schen mit Füll- und/oder Verstärkungsstoffen sowie Funktionszusatzstoffen,
Trocknung und Zerkleinerung entstehen die Melaminharz-Formmassen. Die
wichtigste Verkaufsform für die reinen MF-Harze sind die farblosen Leimharze,
mit deren Hilfe nassfestes Papier, Sperrholz und Spanplatten hergestellt werden.
Textilien werden knitterfest und wasserabweisend ausgerüstet.

2.2.2.3.1
Härtbare MF-Formmassen
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
In MF-Formmassen dienen organische und anorganische Stoffe als Harzträger.
Wie bei den UF-Formmassen werden daraus Formstoffe in weißen und Pastell-
farbtönen hergestellt. Sie sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:

• hohe Oberflächenhärte und Kratzfestigkeit,


• hoher Oberflächenglanz,
• hohe Kriechstromfestigkeit,
• Wärmebeständigkeit (Sondertypen bis 250 °C),
• Feuchtigkeitsbeständigkeit,
• nicht geeignet für dauernden Kontakt mit kochendem Wasser,
• hohe Nachschwindung wie bei UF-Formmassen, deshalb Neigung zu Rissbil-
dung,
• Härtungseigenschaften günstiger als bei UF-Formmassen,
• der geschmack- und geruchsfreie Typ 152.7 ist für die Herstellung von Bedarfs-
gegenständen nach dem Lebensmittelgesetz zugelassen (s. Tabelle 2-101).
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften
Aminoplaste reagieren auch bei gewöhnlicher Temperatur weiter. Dies äußert
sich in einer Abnahme der Fließfähigkeit (im Gegensatz zu den UF- und MF-
Formmassen sind die Thioharnstoff-Formmassen auch nach mehrjähriger La-
gerung noch verarbeitbar). MF-Formmassen können so eingestellt werden, dass
sie sich für den Export in tropische Länder eignen. Voraussetzung für die Her-
stellung wenig nachschwindender Formteile ist das Arbeiten mit trockener
Formmasse. MF-Formstoffe nehmen bei Lagerung im kalten Wasser weniger
Feuchtigkeit auf als UF-Formstoffe.Von großem Einfluss ist allerdings die Natur
der Harzträger. Holzmehl, Cellulose und textile Verstärker verhalten sich un-
günstiger als Asbest, Glimmer und Glasfasern.

■ Zusatzstoffe
Siehe Abschnitt 2.2.2.2.1.
Polykondensate
Duroplastische

■ Sortiment
Das Sortiment der MF-Formmassen umfasst vor allem jene Anwendungsge-
biete, die durch die billigeren UF-Formmassen nicht abgedeckt werden können.
Dieses ist in der Elektrotechnik dann der Fall, wenn höhere Kriechstromfestig-
1328 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

keit sowie höhere Beständigkeit gegen Feuchtigkeit und Wärme verlangt wer-
den. Kriechstromfest ist Typ 150, schlagfest Typ 153 und warmfest sind die Typen
156, 157 und 158. Für Sichtflächen eignet sich der mit feingemahlenem Zellstoff
verstärkte Typ 152.
Die Typen 150, 152 und 157 schwinden stark nach, der mit langfaserigem As-
best verstärkte Typ hingegen am wenigsten.
Typ 152.7 ist für die Herstellung von Bedarfsgegenständen nach dem Lebens-
mittelgesetz zugelassen. Die besonderen Anforderungen sind nachstehend zu-
sammengestellt.

Prüfung auf Anforderung

Verhalten beim Kochversuch Kein Becher darf Risse oder sonstige äußer-
liche Veränderungen zeigen. Das Kochwasser
darf weder gefärbt noch getrübt sein.
Verschmutzbarkeit Kein Becher darf angefärbt sein oder Risse
aufweisen.
Geschmack- und Geruchfreiheit Geschmack und Geruch des Brühwassers
dürfen bei keinem Becher von dem des
Vergleichswassers abweichen.
Formaldehyd-Abgabe Kein Becher darf mehr als 3 ppm (3 mg/ml)
Formaldehyd abgeben.

■ Lieferformen
MF-Formmassen werden pulverförmig, faserig und schnitzelig oder als Granu-
lat geliefert. Sie enthalten wie bei den Harnstoffharzen z. B.
30 bis 40 % gebleichte Cellulose,
30 bis 50 % Harz,
5 bis 8 % Feuchtigkeit
(einschl. des bei der Polykondensation gebildeten Wassers),
0,5 bis 1 % wachsartige Gleitmittel (z. B. Zinkstearat),
0 bis 5 % Farbmittel,
0,5 bis 3 % Härtungskatalysatoren,
0 bis 10 % Weichmacher.

■ Typisierung
Zahlreiche MF-Formmassen sind gemäß DIN 7708 T 3 (10.75) typisiert.
Zur Gütesicherung und Überwachung vgl. PF-Formmassen.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender Eigenschaften typisierter MF-Formmassen enthält
Tabelle 2-124.
Die Abhängigkeit der Biegefestigkeit des holzmehlgefüllten Typs 150 von der
Polykondensate
Duroplastische

Temperatur zeigt Bild 2-699. Die bereits von der Beschreibung der PF-Form-
stoffe her bekannten Bilder 2-703 und 2-707 zeigen auch das temperaturabhän-
gige Verhalten wichtiger mechanischer, thermischer und elektrischer Eigen-
schaften des Typensortimentes der MF-Formmassen. Man erkennt, dass die Ge-
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1329

samtbeurteilung bei anorganisch verstärkten MF-Formmassen günstiger ist als


die der organisch verstärkten. Keine erreicht jedoch das Gesamtniveau der an-
organisch verstärkten UP-Formmassen.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Lösemittel, Öle, Fette, schwache Säuren und Laugen (grund-
sätzlich chemikalienbeständiger als UF-Formstoffe), erhöht heißwasserbeständig;
nicht beständig gegen: starke Säuren und Laugen, oxidierend und reduzierend
wirkende Stoffe.

■ Witterungsbeständigkeit
(Siehe UF-Formmassen, Abschn. 2.2.2.2.1)

■ Strahlenbeständigkeit
Die Strahlenbeständigkeit celluloseverstärkter MF-Formmassen gleicht derjeni-
gen von PF-Harz und UF-Typ 131, d.h. bei einer Strahlendosis von 106 J/kg (in Luft)
fallen Zugfestigkeit und Reißdehnung um 20% ab, s. Tabelle 4-31 im Anhang.

■ Brennbarkeit
Siehe UF-Formmassen.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf


Die Wasserdampfdurchlässigkeit von MF-Formstoffen ist etwas höher als die
vergleichbarer PF-Formmassen.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Nur der Typ 152.7 ist für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen (s. a. Ab-
schnitt Sortiment).

■ Verarbeitung
Siehe Abschnitt PF-Formmassen.
Durch Pressen, Spritzpressen und Spritzgießen. Höhere Schwindung als bei
PF-Formmassen, deshalb Neigung zur Spannungsrissbildung. MF-Formstoffe
sind spanend bearbeitbar und gut klebbar (s. a. Verarbeitungshinweise für PF-
Formmassen und PF-Formstoffe).

Anwendungsbeispiele
Elektroinstallationsmaterial, Verschraubungen, Beschläge, Haus- und
Küchengeräte, Gehäuse, Essgeschirr, Programmsteuerscheiben u. a.

Handelsnamen
Bakelite (Bakelite/DE)
Cymel (American Cyanamid Corp./US)
Polykondensate
Duroplastische

Isomin (Perstorp/SE)
Malaform (Chromos-Ro Polimeri/Croatia)
Melaicar (AICAR/ES)
Melbrite (Montedison/IT)
1330 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Melmex (BIP Chemicals/GB)


Melochem (Chemiplastics S.p.A./IT)
Melopas (Raschig AG/DE)
Supraplast (Süd-West-Chemie GmbH/DE)

2.2.2.3.2
Modifizierte MF-Formmassen
2.2.2.3.2.1
Härtbare Melamin/Phenol/Formaldehyd-Formmassen
Das Eigenschaftsbild der PF-, UF- und MF-Formmassen ist unterschiedlich. Es
liegt deshalb nahe, ähnlich wie bei den thermoplastischen Copolymeren, auch
bei diesen Kunststoffen die Eigenschaften durch Cokondensation auszugleichen
und zu verbessern. Ein erfolgreiches Beispiel sind die MF/PF-Formmassen. Sie
sind seit 1957 am deutschen Markt.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die kennzeichnenden Eigenschaften dieser MF-Formstoffe sind gegenüber den
PF-Formstoffen:

• gute dielektrische Eigenschaften,


• verbesserte Kriechstromfestigkeit,
• cellulosegefüllte Typen können in hellen Farbtönen eingestellt werden, ge-
genüber den MF-Formmassen:
• verringerte Schwindung und Nachschwindung,
• geringere Neigung zu Rissbildung bei Einwirken von Feuchtigkeit und
Wärme,
• niedrigerer Preis.

■ Sortiment
Das Sortiment enthält organisch und anorganisch gefüllte Typen. Typ 180 (holz-
mehlgefüllt) und Typ 181 (zellstoffgefüllt) werden für die Herstellung von Sicht-
teilen verwendet. Typ 181.5 ist elektrisch hochwertig. Für Elektroinstallations-
material werden ebenso die Typen 182 (Holzmehl und anorganisch), 183 (Zell-
stoff und anorganisch) verwendet.
■ Lieferformen
Diese Formmassen stehen als Granulat und als Pulver zur Verfügung.

■ Typisierung
Diese Formmassen sind z. T. typisiert (Typ 180 bis 183). Zur Gütesicherung und
Überwachung s. PF-Formmassen (siehe auch Tab. 4-37 im Anhang).
Polykondensate
Duroplastische

■ Physikalische Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften der MF-Formmassen sind in Tabelle 2-124 zu-
sammengestellt. Das zeit- und temperaturabhängige Verhalten einiger mechani-
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1331

scher, thermischer und elektrischer Eigenschaften geben die Bilder 2-699 und
2-703 bis 2-707 wieder.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser (kalt und kochend), schwache Laugen, Alkohole, Ester,
Ether, Benzol, Benzin, Mineralöl, Fette.
Bedingt beständig gegen: schwache Säuren (wie PF, UF und MF).
Nicht beständig gegen: starke Säuren und starke Laugen.

■ Strahlenbeständigkeit, Witterungsbeständigkeit, Brennbarkeit


Je nach überwiegendem Harzanteil.

■ Gesundheitliche Beurteilung
MP-Formaldehyd-Formstoffe sind für den Kontakt mit Lebensmitteln nicht zu-
gelassen.

■ Verarbeitung
(Siehe PF-Formmassen)

Anwendungsgebiete
Gehäuse, Schalen, Griffe, Schraubverschlüsse, Installationsmaterial, Schal-
ter, Schütze, Funkenlöschkammern.

Handelsnamen
Bakelite (Bakelite/DE)
Melaicar (AICAR/ES)
Melopas (Ciby-Geigy/CH)
Resimene (Monsanto Co./US)
Resart (Resart/DE)
Vyncolite (Vynckier/BE)

2.2.2.3.2.2
Technische Melaminharze
Die Bedeutung der MF-Harze erstreckt sich nicht allein auf die besprochenen
Formmassen, sondern ähnlich wie bei den UF-Harzen auf Lacke, Leime, Binde-
mittel, Textilhilfsmittel, und vor allem Imprägniermittel für dekorative Schicht-
pressstoffe.

Leime, Bindemittel
Vorkondensationsprodukte von Melamin und Formaldehyd werden durch Sprü-
hen oder auf der Walze getrocknet und kurz vor dem Verbrauch als Pulver in
Polykondensate
Duroplastische

Wasser angerührt. Diese Vorkondensate können ohne Säurezusatz allein durch


Erhitzen in gehärtete Endprodukte übergeführt werden. MF-Harze eignen sich
nicht für das Kaltverleimen. MF-Harz-Verleimungen sind im Gegensatz zu UF-
Harz-Verleimungen gegen kochendes Wasser beständig. Sie erreichen nicht ganz
1332 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

die Beständigkeit der PF-Harze, sind jedoch diesen gegenüber durch ihre helle
Farbe im Vorteil.
Wegen des hohen Preises der MF-Harze werden im Hinblick auf eine höhere
Beständigkeit gegen warmes Wasser Gemische aus MF- und UF-Harzen verwen-
det. MF-Harzleime sind einfach anzurühren, sie ergeben ohne Härterzusatz ei-
nen sofort gebrauchsfertigen Leim, der vor allem in der Furnier- und Möbel-
industrie Bedeutung erlangte.

PF/MF-Harz-Schichtpressstoffe
Der Kern dekorativer Schichtpressstoffe besteht üblicherweise aus mehreren La-
gen Natronkraftpapier, das mit 30 bis 35 % Phenol- oder Kresolformaldehydharz
imprägniert wird. Auf diesen Kern wird ein einfarbiges oder bedrucktes Blatt
a-Cellulosepapier gelegt, das mit einer MF-Harzlösung bestrichen wurde.
Bedruckte Papiere sind weiß und hoch gefüllt, weil der braune Kern verdeckt
werden muss. Häufig wird über das Dekorpapier ein dünner Überpresser (over-
lay) aus ungefülltem, sehr saugfähigem, MF-Harz imprägniertem Papier gelegt.
Die Schichtstoffe werden in Mehretagenpressen (bis zu 40 Etagen, z. B. 10 bis 14
Tafeln 1,3 mm dick je Etage) bei Drücken von 70 bis 120 bar gepresst.
In den letzten Jahren haben die sog. Nachformqualitäten an Bedeutung ge-
wonnen. Sie enthalten modifizierte PF-Harze im Kern und plastifizierte MF-
Harze in der Dekorschicht, die ein nachträgliches Warmformen, z. B. mit Radien
von 10 mm, zulassen.
Flammschutzmittel können in das Papier oder in das Harz eingebracht wer-
den. Dekorative Schichtpressstoffe spielen eine große Rolle beim Bau von Hotels,
Krankenhäusern, Schulen und Büros sowie bei der Herstellung von Möbeln,
Türen und Wandverkleidungen.
Die Anforderungen an dekorative Schichtpressstofftafeln enthält DIN 16926 E
(03. 84), die Prüfung geschieht nach DIN 53 799 E (03. 84).

Handelsnamen
Duropal (Duropal Werk-E/DE)
Formica (Formica Vertriebs GmbH/DE)
Getalit (Westag und Getalite/DE)
Homapal (Homapal Plattenwerk/DE)
Hornit (Hornitex Werke/DE)
Max-Platte (Isovolta/AT)
Perstorp Platten (Compounds Perstorp AB/SE)
Resopal (Rethmann Plano GmbH/DE)
Ricolor (Holztechnik GmbH Ricolor/DE)

Literatur – Kapitel 2.2.2.1 – 2.2.2.3.2.2


Polykondensate
Duroplastische

[1] Troitzsch J (1984) Kunststoffe 74, S 627


[2] Troitzsch J (1982) „Brandverhalten von Kunststoffen“, C. Hanser Verlag, München
[3] Braun O u. W Schöthaler (1986) „Blends in duroplastischen Formmassen“, Kunststoffe 76,
S 927–929
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1333

[4] VDI/VDE-Richtlinie 2478 (07.73) Werkstoffe der Feinwerktechnik: „Phenoplast – Form-


stoffe mit Holzmehl“
[5] Tintelnot D (1995) „Wasser – eine ökologische Alternative für FCKW“, Kunststoffe 85, S
509–516
[6] Schönthaler W (1988) „Phenolharz-Formmassen“, Kunststoffhandbuch Bd. X Duroplaste,
C. Hanser Verlag, München, S 207–264
[7] Schönthaler W u. KH Decker (1984) „Härtbare Formmassen“, Kunststoffe 74, S 601–603
[8] Michaeli W u.a. (1995) „Druckregulierung beim Spritzgießen von Duroplasten“, Kunst-
stoffe 85, S 654–659
[9] NN (1995) „Duroplast-Formteile entgraten“, Kunststoffe 85, S 1751
[10] Gardziella A (1995) „Härtbare Harze und Formmassen“, Kunststoffe 85, S 2184–2186
[11] Böttcher A (1995) „Zähelastisch und flammfest“, Kunststoffe 85, S 1142–1144
[12] Gibbesch B u.a. (1994) „Faserverstärkte Phenolharzwerkstoffe für den Anlagenbau“,
Kunststoffe 84, S 773–778
[13] Gardziella A (1995) „Duroplastische Werkstoffe aktuell“, Kunststoffe 85, S 1736–1741

2.2.2.4
Ungesättigte Polyesterharze (UP)
Die weltweite Produktion von ungesättigten Polyesterharzen betrug im Jahre
2002 ca. 2,4 Mio. t. Dies entsprach rund 9 % der im gleichen Jahr produzierten
27 Mio. t Duroplaste, die wiederum etwa 25 % der weltweiten Kunststoffproduk-
tion betrugen [1].
Vernetzungsreaktionen von Polyestern wurden 1934 erstmalig von H. Stau-
dinger untersucht. Ellis und Forster erhielten 1936 das erste Patent für die Poly-
merisation ungesättigter Polyester in formgebenden Werkzeugen. Die United
States Rubber Company fand 1942, dass die mechanischen Eigenschaften von
Polyesterharzen durch Verstärken mit Glasfasern wesentlich verbessert werden
können (siehe auch Kapitel Verstärkungsfasern 1.3.5.3). Die ungesättigten Poly-
esterharze werden meistens unter Weglassen des Adjektivs genannt. Man ver-
steht darunter durch Polykondensation hergestellte polyfunktionelle, d. h. unge-
sättigte Produkte, die mit ungesättigten Monomeren zu duroplastischen Ender-
zeugnissen verarbeitet werden. Dabei findet eine Copolymerisation zwischen
den ungesättigten Polyestermolekülen und den Monomeren statt. Da diese
Harze erst bei der Verarbeitung – besser noch erst bei der Herstellung – durch
eine Reaktion in situ zu Formstoffen werden, zählen sie zu den so genannten Re-
aktionsharzen.
Die UP sind nicht zu verwechseln mit den linearen, gesättigten Polyestern
(z. B. Polyethylenterephthalat PET), die aus Terephthalsäure und Alkylenglykol
polykondensiert werden. Polyethylenterephthalat ist z. B. seit 1941 ein wichtiger
Faserrohstoff. Es dient außerdem zur Herstellung hochwertiger Folien und seit
Mitte der sechziger Jahre auch zur Herstellung technischer Spritzgussartikel.
UP-Reaktionsharze gibt es in zahlreichen Rezepturen und für vielfältige An-
wendungen. Am bekanntesten sind:
Polykondensate
Duroplastische

• GF-verstärkte Formteile und Halbzeuge,


• GF-verstärkte Formmassen für das Pressen, Spritzpressen und Spritzgießen,
• Harzbeton,
• Klebemörtel,
1334 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• Versiegelungen,
• Beschichtungsmassen für den Korrosionsschutz von Bauwerken, Behältern
und Rohrleitungen,
• Estrichmassen,
• Gieß-, Tränk- und Einbettharze für die Elektrotechnik,
• geschleuderte, dekorativ gefüllte Knopfplatten,
• Einbettmassen für die Konservierung von Sammelobjekten aller Art,
• Lacke und Klebstoffe.
Die unverstärkten, unmodifizierten Gießharze sind
• hart,
• spröde,
• transparent.
Zur Verbesserung ihrer Eigenschaften werden sie meist in Verbindung mit
Verstärkungsmaterialien und Füllstoffen verarbeitetet. Die wichtigste Produkt-
form der UP-Harze sind die für die Herstellung von Formteilen und Halbzeugen
bestimmten Gießharze. Das bevorzugte Verstärkungsmaterial sind Glasfasern
(E-Glas). Diese UP-GF-Formstoffe zeichnen sich durch folgende grundlegende
Eigenschaften aus:
• hohe Festigkeit, Steifigkeit und Härte,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• durchscheinend,
• elektrisch und dielektrisch hochwertig, kriechstromfest,
• Formstoffe aus UP-Harzen laden sich wegen ihres hohen Oberflächenwider-
standes von >1013 W elektrostatisch auf,
• maßhaltiger als anorganisch verstärkte Phenoplaste,
• nahezu nachschwindungsfrei,
• frei von Spannungsrissen,
• geringe Wasseraufnahme,
• hohe Witterungsbeständigkeit.
Außer den „klassischen“ Duroplasten (Pheno- und Aminoplaste) werden seit
Ende der fünfziger Jahre – vorzugsweise in der Elektrotechnik, der Elektronik,
dem Automobil-, Nutzfahrzeug- und Haushaltsgerätebau – in zunehmendem
Maße Formmassen aus ungesättigten Polyesterharzen (UP-Formmassen) ver-
wendet.
Die Anzahl der technisch bedeutungsvollen verstärkten Reaktionsharze, zu
denen außer den UP- und Epoxid- (EP-) auch die Polydiallylphthalat- (DAP-)
Harze gehören, ist so groß, dass es begrüßenswert ist, in DIN 16913 diese Harze
geordnet vorzufinden. Tabelle 2-125 gibt einen Überblick am Beispiel von UP-
Harz-Glasfasern [2].
Unabhängig von der Darbietungsform: Faser- oder Stäbchen-Formmasse, li-
nien- oder flächenförmiges Prepreg, handelt es sich in jedem Falle um vorim-
Polykondensate
Duroplastische

prägnierte Formmassen. Für Formmassen auf anderer Harzbasis ist statt des
Kurzzeichens UP die jeweilige Harzart EP (Epoxidharz), VE (Vinylesterharz)
oder DAP (Polydiallylphthalat) einzusetzen. An die Stelle des Buchstabens G
(Glasfaser) tritt gegebenenfalls das Zeichen C = Kohlenstoff-, B = Bor-, M = Me-
Tabelle 2-125. Verstärkte Reaktionsharz-Formstoffe aus UP und Glasfasern nach DIN 16 913, T. 1 (04. 81)

Formmassenart Gruppe Systematische Benennung – Kurzeichen Andere eingeführte Bezeichnungen


Ungesättigtes Polyesterharz –
Glasfasern

1. Nicht flächenförmig, 1.1 + 1.2 Faser-Formmasse: UP-GF Polyesterharz-Formmasse, DIN 16911


fließfähig 1.1 Stapelfaser DMC = Dough Moulding Compound
1.2 Geschnittene Filamentfäden BMC = Bulk Moulding Compound
1.3 Stäbchen-Formmasse UP-GS Polyesterharz-Formmasse, DIN16911
Nach der Imprägnierung Stäbchenpressmasse
geschnittene Filamentfäden
2.2.2 Duroplastische Polykondensate

2. Linienförmig, 2.1 Strang-Prepreg: UP-GR Vorimprängiertes Roving


nicht fließfähig Roving oder Kabel Stratipreg

3. Flächenförmig, 3.1.1 Schnittroving-Prepreg: UP-GMSR Polyester-Harzmatte, DIN 16913 Teil 3


fließfähig (Harzmatte) Prepreg
Schnittmatte ohne Binder SMC = Sheet Molding Compound
HMC = SMC mit hohem Glasgehalt
3.1.2 Matten-Prepreg: UP-GMSB
Schnittmatte mit Binder
3.2 Endlosmatten-Prepreg In Kombination mit Harzmatte als:
3.2.1 (aus Endlosmatte ohne Binder) UP-GMC „Harzmatte mit Endlosfasern“
(Harzmatte) (Endlosmatten als „Gelege“ im Kern ver-
3.2.2 (aus Endlosmatte mit Binder) UP-GMCB hüten Ausschwimmen beim Pressen)
(Harzmatte)
1335

Duroplastische
Polykondensate
Duroplastische
Polykondensate

Tabelle 2-125 (Fortsetzung)


1336

Formmassenart Gruppe Systematische Benennung – Kurzeichen Andere eingeführte Bezeichnungen


Ungesättigtes Polyesterharz –
Glasfasern

4. Flächenförmig, 4.1 Vliesstoff-Prepreg UP-GV Oberflächenharzmatte


nicht fließfähig 4.2 Papier-Prepreg UP-GP
4.3.1 Rovinggewebe-Prepreg UP-GRW Vorimprägniertes Rovinggewebe
4.3.2 Filamentgewebe-Prepreg UP-GFW
4.4.1 Unidirektionalgewebe-Prepreg UP-GLU In Kombination mit Harzmatte:
O-SCM = Orientated SMC
C-SMC = Continous SMC
4.4.2 Kreuzgelege-Prepreg UP-GLX XMC = X-Gelege Moulding Compound
4.4.3 Nähwerkstoff-Prepreg UP-GLN
4.5 Gewirk- oder Gestrick-Prepreg UP-GT
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1337

tall- oder S = synthetische Faser. Auf dem Weg zur wirtschaftlichen Herstellung
von Formteilen im Nasspressverfahren war man bald gezwungen,Verstärkungs-
fasern mit dem UP-Harz vorzuimprägnieren, um die erhaltenen Formmassen
wie Pheno- oder Aminoplaste im Warmpressverfahren verarbeiten zu können.
Die schwierige Handhabung derartiger Massen zwang ferner dazu, die Klebrig-
keit mit Hilfe feingemahlener Mineralien wie Kreide, Dolomit, Talkum und
Kaolin zu überwinden (siehe auch Kapitel Füllstoffe 1.3.5.2) [3].
Die Typisierung umfasst die UP-Formmassen 801 bis 804 nach DIN 16911
(01.78) sowie die Polyester-Harzmatten 830,5, 831,2 und 833,5 nach DIN 16913 T3
(04.81), welche wie folgt erhältlich sind:
• In flüssiger, vorgemischter, stabilisierter Form,
• als kittähnliche Formmasse,
• als rieselfähige kleinstückige Masse (englisch: bulk molding compound,
BMC),
• als mattenförmige (vorimprägnierte) Prepregs (englisch: sheet molding
compound, SMC),
• als Halbzeug in Form glasfaserverstärkter Tafeln, Rohre und Profile, gepress-
ter oder spritzgegossener Formteile,
• als Lackharze, Vergussmassen und Gießharze für Betonbeschichtungen und
Gießharzbeton.
Die relevanten Normen sind in der folgenden Tabelle 2-126 dargestellt:

Tabelle 2-126. Relevante Normen

DIN 7708-1 (12/80) Kunststoff-Formmassen; Kunststofferzeugnisse; Begriffe


DIN 16911 (01/78) Kunststoff-Formmassen; Polyesterharz-Formmassen, Typen,
Anforderungen, Prüfung
DIN 16911 Kunststoff-Formmassetypen; Eigenschaften von Norm-Probekörpern
Beiblatt (02/72) aus Polyesterharz-Preßmassen
DIN 16913-1 (04/81) Kunststoff-Formmassen; Verstärkte Reaktionsharz-Formmassen;
Begriffe, Einteilung, Kurzzeichen
DIN 16913-2 (04/81) Kunststoff-Formmassen; Verstärkte Reaktionsharz-Formmassen;
Prepreg; Bestimmung der Eigenschaften an genormten Probekörpern
DIN 16913-3 (04/81) Kunststoff-Formmassen; Verstärkte Reaktionsharz-Formmassen;
Prepreg, flächenförmig, fließfähig; Polyester-Harzmatten; Typen,
Anforderungen
DIN 16944 (07/88) Glasfaserverstärkte Reaktionsharzformstoffe; Prüfverfahren
DIN 16945 (03/89) Reaktionsharze, Reaktionsmittel und Reaktionsharzmassen;
Prüfverfahren
DIN 16946-1 (03/89) Reaktionsharzformstoffe; Gießharzformstoffe; Prüfverfahren
DIN 16946-2 (03/89) Reaktionsharzformstoffe; Gießharzformstoffe; Typen
Polykondensate
Duroplastische

DIN 16948-1 (02/75) Glasfaserverstärkte Reaktionsharzformstoffe; Einteilung und


Bezeichnung
DIN 53464 (11/62) Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung der Schwindungseigenschaf-
ten von Pressstoffen aus warm härtbaren Pressmassen
1338 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-126 (Fortsetzung)

DIN 53477 (11/92) Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung der Korngrößenverteilung


von Formmassen durch Trocken-Siebanalyse
DIN 53499 (05/74) Prüfung von Kunststoff-Fertigteilen; Kochversuch an Fertigteilen aus
härtbaren Formmassen
DIN 53756 (08/74) Prüfung von Kunststoff-Fertigteilen; Lagerungsversuch bei chemi-
scher Beanspruchung
DIN 53764 (06/92) Prüfung von Kunststoffen – Rieselfähige duroplastische Formmassen
– Prüfung des Fließ-Härtungsverhaltens
DIN 7708-11 (11/93) Kunststoffe; Rieselfähige duroplastische Formmassen; Rieselfähige
(Norm-Entwurf) Polyesterharz (UP)-Formmassen
DIN EN 12575 (09/98) Kunststoffe – Härtbare Formmassen – Bestimmung des Faser-
benetzungsgrades in SMC
DIN EN 12576 (09/98) Kunststoffe – Faserverstärkte Verbundwerkstoffe – Herstellung von
formgepreßten Prüfplatten aus SMC, BMC und DMC
DIN EN 14598-3(02/03) Verstärkte härtbare Formmassen – Spezifikation für Harzmatten
(Norm-Entwurf) (SMC) und faserverstärkte Pressmassen (BMC) – Teil 3: Spezifische
Anforderungen
DIN EN 1842 (11/97) Kunststoffe – Wärmehärtende Formmassen (SMC – BMC) –
Bestimmung der Verarbeitungsschwindung
DIN EN ISO 3672-1 Kunststoffe – Ungesättigte Polyesterharze (UP-R) –
(07/02) Teil 1: Bezeichnungssystem (ISO 3672-1:2000)
DIN EN ISO 3672-2 Kunststoffe – Ungesättigte Polyesterharze (UP-R) – Teil 2: Herstellung
(07/02) von Probekörpern und Bestimmung von Eigenschaften
(ISO 3672-2:2000)
ISO 10352 (01/97) Faserverstärkte Kunststoffe – Formmassen und Prepregs –
Bestimmung des Flächengewichtes
ISO 11248 (12/93) Kunststoffe; Härtbare Formmassen; Beurteilung der Kurzzeit-
Leistungsfähigkeit bei erhöhten Temperaturen
ISO 12114 (05/97) Faserverstärkte Kunststoffe – Härtbare Formmassen und Prepregs –
Bestimmung des Härtungsverhaltens
ISO 12115 (05/97) Faserverstärkte Kunststoffe – Härtbare Formmassen und Prepregs –
Bestimmung der Fließfähigkeit, Reifung und Gebrauchsdauer
ISO 171 (05/80) Kunststoffe; Bestimmung des Füllfaktors von Formmassen
ISO 2577 (12/84) Kunststoffe; warmaushärtbare Formkunststoffe; Bestimmung der
Schrumpfung
ISO 295 (11/91) Kunststoffe; Pressen von Probekörpern aus härtbaren Formmassen
ISO 4899 (12/93) Textilglasverstärkte härtbare Kunststoffe; Eigenschaften und
Prüfverfahren
ISO 4901 (09/85) Verstärkte Kunststoffe basierend auf ungesättigten Polyesterharzen;
Bestimmung des Restgehaltes an Styren-Monomer
ISO 60 (08/77) Kunststoffe; Bestimmung der scheinbaren Dichte von Formmassen,
die durch einen genormten Trichter geschüttet werden können
Polykondensate

(Schüttdichte)
Duroplastische

ISO 61 (06/76) Kunststoffe – Bestimmung der Stopfdichte von Formmassen, die nicht
durch einen genormten Trichter abfließen können
ISO 7808 (12/92) Kunststoffe; Bestimmung des Fließvermögens härtbarer Formmassen
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1339

Tabelle 2-126 (Fortsetzung)

ISO 8605 (06/01) Textilglasverstärkte Kunststoffe – SMC-Formmassen – Basis für eine


Spezifikation
ISO 8606 (10/90) Kunststoffe; Prepregs; BMC- und DMC-Formmassen (Faser-Form-
massen); Basis für eine Spezifikation
ISO/DIS 1268-8 (03/01) Faserverstärkte Kunststoffe – Verfahren zur Herstellung von Prüf-
(Norm-Entwurf) platten – Teil 8: Formpressen von SMC und BMC
ISO/FDIS 17771 (06/02) Kunststoffe – Härtbare Formmassen – Bestimmung des Faser-
(Norm-Entwurf) benetzungsgrades in SMC
NF T57-155 (07/98) Kunststoffe. Härtbare Formmassen. Bestimmung des Faser-
benetzungsgrades in SMC
NF T57-156 (07/98) Kunststoffe. Faserverstärkte Verbundwerkstoffe. Herstellung von
formgepressten Prüfplatten aus SMC, BMC und DMC
NF T57-510 (04/02) Textilglasverstärkte Kunststoffe – SMC – Formmassen – Basis für eine
Spezifikation
NF T57-519 (09/97) Kunststoffe. Wärmehärtende Formmassen (SMC-BMC). Bestimmung
der Verarbeitungsschwindung
NF T57-530 (12/91) Kunststoffe. Prepregs. BMC und DMC-Formmassen. Basis für eine
Spezifikation
OENORM EN 12576 Kunststoffe – Faserverstärkte Verbundwerkstoffe – Herstellung von
(08/98) formgepressten Prüfplatten aus SMC, BMC und DMC
OENORM EN 14598-3 Reinforced thermosetting moulding compounds – Specification for
(03/03) (Norm-Entwurf) Sheet Moulding Compound (SMC) and Bulk Moulding Compound
(BMC) – Part 3: Specific requirements
Prüfung von Kunst- Schrumpfung
stoffen (08/76)
SN EN 12575 (99) Kunststoffe – Härtbare Formmassen – Bestimmung des Faser-
benetzungsgrades in SMC
SN EN 12576 (99) Kunststoffe – Faserverstärkte Verbundwerkstoffe – Herstellung von
formgepreßten Prüfplatten aus SMC, BMC und DMC
SN EN 1842 (98) Kunststoffe – Wärmehärtende Formmassen (SMC – BMC) –
Bestimmung der Verarbeitungsschwindung
T57-153-8PR Plastiques reinforces de fibres. Methodes de fabrication de plaques
(Norm-Entwurf) d’essai. Partie 8 : moulage par compression des SMC et BMC
VDG P 81 (04/97) Prüfung exothermer Massen

2.2.2.4.1
Synthese und Compoundierung

2.2.2.4.1.1
Synthese
Polykondensate
Duroplastische

Die für die UP-Herstellung als eine der Reaktionskomponenten dienenden Ester
werden aus Alkoholen und Säuren gewonnen. Als Ausgangsstoffe für hoch-
molekulare Ester müssen bi- oder polyfunktionelle Edukte gewählt werden. Es
1340 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

werden zunächst lineare Polyester aus Dicarbonsäuren, beispielsweise Malein-


säure, und mehrwertigen Alkoholen, beispielsweise Ethylenglykol, gebildet. Eine
der beiden Komponenten muss ungesättigt sein. Dieser Vorgang verläuft als
Polykondensation bei Temperaturen von 150 bis 200 °C während einiger Stunden
ab. Vorzeitiges Gelieren des Ansatzes wird durch Arbeiten unter Inertgas-
atmosphäre verhindert.

Maleinsäure Ethylenglykol

An Stelle von Ethylenglykol können auch höhere Dialkohole, z. B. 1,3-Propy-


lenglykol oder 1,3-Butandiol verwendet werden. Beide Diole sind preiswert und
allgemein gebräuchlich, 1,2-Propylenglykol ist einer der wichtigsten Ausgangs-
stoffe für die Herstellung von UP-Gießharzen. Es führt zu Harzen, die nicht kri-
stallisieren und mit Styrol verträglicher sind als Harze auf der Grundlage von
Ethylenglykol. Höhere Glykol-Homologe führen zu flexibleren und wasserfeste-
ren Harzen.

1,2-Propylenglykol 1,3-Butandiol

Die aus Maleinsäure und Diolen gebildeten Kettenmoleküle enthalten je Malein-


säurerest eine Doppelbindung, die die Möglichkeit zur späteren Vernetzung bie-
tet. Bei der Veresterung können verhältnismäßig hochmolekulare Verbindungen
hergestellt werden, sofern diese im Monomer löslich sind. Als Lösemittel dient
beispielsweise monomeres Styrol.
Außer den ungesättigten Dicarbonsäuren werden auch gesättigte Dicar-
bonsäuren in die Molekülkette eingebaut. Darin enthaltene Doppelbindungen
nehmen an den Polymerisationsreaktionen nicht teil. o-Phthalsäureanhydrid
und Terephthalsäure sind Beispiele für aromatische Dicarbonsäuren.

o-Phthalsäurenanhydrid Terephthalsäure

Die gesättigten Dicarbonsäuren dienen dazu, den Abstand zwischen den


reaktionsfähigen Doppelbindungen zu vergrößern und somit den Vernetzungs-
grad zu verringern, was andererseits zu geringerer Wärmestandfestigkeit der
Polykondensate
Duroplastische

Harze führt. Diese Harze eignen sich vorzüglich für die Herstellung von Deck-
schichten bei Glasfaserverstärkten Kunststoff- (GFK-) Formteilen, d. h. als so ge-
nanntes Gelcoat.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1341

2.2.2.4.1.2
Struktur und Morphologie
Die UP-Reaktionsharz-Formmassen härten durch radikalische Polymerisation.
Sie werden im angloamerikanischen Sprachgebrauch häufig auch als Alkydharz-
Formmassen bezeichnet. Die Mischung polymerisiert erst dann, wenn ein Kata-
lysator, z. B. Peroxid, zugegeben wird. Das Harz geht vom ungesättigten in den
gesättigten, räumlich vernetzten Zustand über.

Chemikalienbeständige Harze sind zugleich wärmeformbeständige Harze mit


Glasübergangstemperaturen im Bereich von 130 bis 150 °C. Zu diesem Ziel
führen eine hohe Vernetzungsdichte und/oder „steife“ Bausteine.
Elastische Harze weisen eine geringere Vernetzungsdichte auf. Sie enthalten
einen hohen Anteil an langkettigen zweiwertigen Alkoholen und damit wenig
reaktionsfähige Doppelbindungen.
Harze mit hohem mechanischen Niveau sind mit Hilfe hochmolekularer
Polyesterkomponenten herstellbar.
Schwerentflammbare Harze spielen vor allem in der Elektrotechnik und im
Bauwesen eine immer wichtigere Rolle. Flammhemmende Zusatzstoffe, z. B. auf
Chlor und Brom basierende Verbindungen mit Antimon als Synergist, sowie
Phosphorderivate beeinträchtigen jedoch die Reaktionsfreudigkeit der Harze
beim Härten und die Witterungsbeständigkeit.

2.2.2.4.1.3
Compound und Blend
Die ungesättigten Polyesterharze erfordern bei der Weiterverarbeitung als
Reaktionsharze zahlreiche Zusatzstoffe, zu denen die bereits im Kapitel Funk-
Polykondensate
Duroplastische

tionszusatzstoffe 1.3.5.1 beschriebenen Funktionszusatzstoffe wie Härter, Photo-


initiatoren, Phlegmatisierungsmittel, Beschleuniger, Aktivatoren, Inhibitoren,
Low Profile (LP) Additive, Haftvermittler, viskositätserhöhende Zusätze, Ver-
dünnungsmittel, UV-Stabilisatoren, Leitfähigkeits- und hautbildende Zusätze,
1342 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-709. Glasfasererzeugnisse in vereinfachter Übersicht

Antistatika,Verminderer der Klebrigkeit,Weichmacher, Brandschutz- und Farb-


mittel gehören [4].
Zu dem in Kapitel Füllstoffe 1.3.5.2 beschriebenen Füllstoffen zählen Alumi-
niumtrihydrat (ATH), Calciumcarbonat, Dolomit, Kaolin, Talkum, Glimmer und
Glaskugeln sowie synthetische Schaumstoffe, die auch bei den UP-Harzen zum
Einsatz kommen. Als verstärkende Stoffe (siehe Kapitel Verstärkungsfasern
1.3.5.3) dienen vor allem anorganische Fasern wie Glasfasern bzw. die daraus
hergestellten textilen Erzeugnisse, Kohlenstoff- und Aramdifasern, Metall- und
Borfasern (siehe auch Bild 2-709).
Ein typisches UP-Standardharz hat folgende Rezeptur:
Propylenglykol 159 Teile
Maleinsäureanhydrid 114 Teile
Phthalsäureanhydrid 86 Teile
Die Polyester werden meist mit Styrol (seltener mit Methylmethacrylat (MMA),
Vinyltoluol oder Diallylphthalat (DAP)) gemischt und stabilisiert. In dieser
Form kommen sie in den Handel. Kühl und vor Licht geschützt gelagert sind sie
so mehrere Monate lagerfähig.
Typische Zusatzstoffe, bezogen auf das oben genannte Standardrezept, sind:
Styrol 148 Teile
Benzyltrimethylammoniumchlorid 0,38 Teile
Hydrochinon 0,05 Teile
Polykondensate
Duroplastische

Chinon 0,005 Teile


Die übliche Zusammensetzung der weichen teigigen Formmassen mit Glas-Sta-
pelfasern (engl. dough molding compound = DMC) oder geschnittenen Fila-
menten (engl. bulk molding compound = BMC) ist folgende:
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1343

Masseanteil %
UP-Harz 35,0
Härter (z. B. tert. Butylperbenzoat, 95 %ig) 0,3
Eindickungsmittel (z. B. Magnesiumoxid) 0,5
Interne Trennmittel (z. B. Zinkstearat) 1,2
Füllstoff (z. B. Kreide) 35,0
Geschnittene Filamente (BMC) 28,0
100,0
Harz, Funktionszusatzstoffe und Füllstoffe werden in einem Kneter homogen
gemischt und dabei die verstärkenden Glasfasern eingestreut, wobei die Faser
nicht zerkleinert werden darf. Die Verarbeitungsverfahren dieser teig- bis stroh-
artigen Formmassen sind das Pressformen, Spritzpressen und das Spritzgießen.
Die Verarbeitung auf rationell arbeitenden Spritzgießautomaten erfordert – wie
bei den Pheno- und Aminoplasten – die Entwicklung riesel- bis schüttfähiger
Formmassen.
Die übliche Zusammensetzung eines UP-Formmassegranulates ist folgende:
Masseanteil %
UP-Harz 24,0
Härter (z. B. Dicumylperoxid) 0,3
Interne Trennmittel (z. B. Zinkstearat) 0,7
Füllstoff (z. B. Kreide) 65,0
Glasfasern 10,0
100,0
Bei der Herstellung von Stranggranulat werden die Faserstränge durch ein
Imprägnierbad geführt und anschließend getrocknet. Stranggranulate können
nur mit hohem Glasfaseranteil hergestellt werden. Vielseitiger einsetzbar sind
die Zylindergranulate, bei deren Fertigung die faserverstärkte Masse auf Spezial-
granulatoren im gewünschten Durchmesser extrudiert und gleichzeitig zu Gra-
nulat bestimmter Länge geschnitten wird.
Das Sortiment umfasst durch Pressformen, Spritzpressen und Spritzgießen
verarbeitbare Typen mit unterschiedlichen Füll- und Verstärkungsstoffen und
unterschiedlicher Dosierbarkeit. Daraus resultieren unterschiedliche mechani-
sche Eigenschaften, vor allem im Hinblick auf Schlagzähigkeit, Druckfestigkeit
und Wasseraufnahme. Schrumpfarme UP-Formmassen siehe Kapitel Funktions-
Zusatzstoffe LP-Additiv 1.3.5.1.
Die längere Fasern und anorganische Füllstoffe enthaltenden Typen 801 und
802 nach DIN 16911 (01.78) werden als kittartige Teigpressmassen und schütt-
bare Stäbchen oder Schnitzelmassen geliefert.
Kittartige Massen sind schwierig zu dosieren, sie weisen jedoch den Vorteil
größerer Glasfaserlänge und damit verbunden guter mechanischer Eigenschaften
auf. Styrolfeuchte „Sauerkrautmassen“ erfordern spezielle Speisevorrichtungen.
Polykondensate
Duroplastische

Schnitzelmassen mit festem Vernetzer können tablettiert und Hochfrequenz-


(HF-) vorgewärmt werden.
Die mit Kurzfasern verstärkten Typen 802 und 804 sowie die nicht typisier-
ten Sonderformmassen, die mit anorganischen und organischen Verstärkern
1344 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

ausgerüsteten Formmassen, sind schüttbar bis rieselfähig und leicht verarbeit-


bar.
Die Qualitätsprüfung erstreckt sich auf Dichte,Viskosität, Farbe und Klarheit.
Die Vernetzungspolymerisation mit kurzen, zwei bis drei Polystyrolgruppen
enthaltenden Brücken, wird durch Peroxidhärter initiiert. Während die
Reaktionstemperatur üblicherweise 80 bis 100 °C beträgt, kann sie durch die Zu-
gabe eines Aktivators, z. B. Kobalt oder Manganseife, Vanadium oder tertiäre
Amine, auf Raumtemperatur gesenkt werden. Die Härtungszeit beträgt je nach
Beschleunigermenge einige Minuten bis einige Stunden. Die Verarbeitungszeit
(Topfzeit) beträgt etwa zwei Drittel der Härtezeit. Zur Kalthärtung wurden spe-
zielle Härter-/Beschleunigersysteme entwickelt. Sie dürfen nie unmittelbar mit-
einander vermischt werden. Mit Beschleunigern versetzte UP-Harze sind län-
gere Zeit haltbar, der Härter wird unmittelbar vor dem Verarbeiten, d. h. ge-
trennt, hinzugemischt [5].
Die Vielzahl der für die Polykondensation und die Härtungsreaktion ver-
fügbaren Stoffe und Additive führt zu einer weiten Spanne möglicher Eigen-
schaften. Die mechanischen Eigenschaften hängen beispielsweise vom Ver-
netzungsgrad ab. Durch Wahl der Rezeptbestandteile kann der Vernetzungs-
grad weitgehend variiert werden. Die Reinharze sind spröde. Durch Verstär-
ken mit Glasfasern in Form von Stapelfasern, Matten, Geweben und Glasfaser-
strängen (Rovings) sind mechanisch hochwertige Form- und Bauteile herstell-
bar. Es stehen chemikalienbeständige, elektrisch hochwertige, hochtemperatur-
beständige, elastische, hochfeste, durch günstigen Brechungsindex ausgezeich-
nete (Zugabe von Methylmethacrylat (MMA)), flammwidrig ausgerüstete
Prepregs und Kalthärter zur Verfügung. Als Zähigkeitsregler werden spezielle
Siliziumdioxide und Aerosile, verwendet (siehe Kapitel Funktionszusatzstoffe
1.3.5.1).
Eine neue Generation von Epoxid-Vinylester-Harzen ist jetzt auch als LSE-
Version (Low Styrene Emission) verfügbar [6]. Durch Zusatz speziell entwickel-
ter Additive konnte die Styrolemission gegenüber herkömmlichen Typen um
über 50 % verringert werden. Solche Werkstoffe finden Anwendung im
Korrosionsschutz, z. B. für Behälterauskleidungen.
UP-Harze mit verringerter Styrolverdunstung sind seit mehr als 15 Jahren be-
kannt. Der Effekt wird durch den Zusatz von Paraffinen, Wachsen usw. erreicht,
die im Harz dispergiert sind und an der Oberfläche eine styroldichte Haut bil-
den. Die Styrolverdunstung wird um über 90 % reduziert (statischer Versuch),
bei der Verarbeitung (z. B.Wickeln, Laminieren) kann eine Reduzierung der Sty-
rolemission um 50 % oder mehr erreicht werden.
Der Einsatz der Hautbildner blieb bisher auf thixotrope Harze beschränkt, da
ohne die Anwesenheit von Thixotropiermitteln ein mehr oder weniger schnelles
Entmischen der Harze nicht verhindert werden konnte.
Nichtthixotrope Typen waren früher nicht bekannt. Der Hautbildner
schwimmt nach mehr oder weniger kurzer Zeit an der Oberfläche des Harzes
Polykondensate
Duroplastische

(Aufrahmen). Durch Modifikation der Harzkomposition ist es jedoch gelungen,


die Harze selbst bei tiefer Temperatur so zu stabilisieren, dass der Hautbildner
nicht zum Aufrahmen neigt. Die übrigen Eigenschaften der Harze bleiben weit-
gehend unbeeinflusst.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1345

Um den Schäumungseffekt und die Klebrigkeit von Vinylesterharzen auf der


Basis von Bisphenol A und Novolak zu vermeiden, sind Methylethylketon-Per-
oxide (MEKP) mit höherem Dimeranteil (MEKP-D) und niedrigerem Wasser-
stoffperoxidgehalt zu bevorzugen. Der Promotor Diethylacetoacetamid redu-
ziert zusätzlich das Schäumen [2].
Formulierungen mit kurzen Gelierzeiten zeigen in nicht getemperten Lami-
naten einen niedrigeren Reststyrolgehalt, wenn MEKP-D und Diethylaceto-
acetamid in VE eingesetzt werden. Mit diesem System lassen sich die Taktzeiten
bzw. Entformungszeiten stark reduzieren. Für dickwandige Teile ist Cumolhy-
droperoxid eine gute Alternative. Falls der Einsatz von Promotoren nicht er-
wünscht ist, kann für gewisse Vinylesterharztypen ein Mischperoxid auf Basis
Cumolhydroperoxid verwendet werden.

2.2.2.4.2
Eigenschaften

2.2.2.4.2.1
Thermo-Mechanische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender Eigenschaften aus normal und erhöht wärme-
beständigen und biegefesten Formmassen hergestellter Probekörper enthält
Tabelle 2-127. Die Angaben stellen jeweils die zu erreichenden Mindestwerte
dar.
Richtwerte der kennzeichnenden Eigenschaften der rieselfähigen Formmas-
sen und Harzmatten enthält Tabelle 2-128.
Hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften sowie ihrer Veränderung
durch Feuchtigkeits- und Witterungseinflüsse stehen die UP-Formmassen zwi-
schen den Phenol- und Epoxidharz-Formmassen.
Über die insgesamt gesehen guten physikalischen Eigenschaften der UP-
Formmassen ragen diejenigen einiger Sonderformmassen hinaus. Zu nennen
sind die höhere Schlagzähigkeit, der höhere Elastizitätsmodul, die höhere Kugel-
druckhärte, die höhere Formbeständigkeit in der Wärme sowie der niedrigere li-
neare Ausdehnungskoeffizient. Andere Sondertypen weisen erhöhte Flamm-
widrigkeit auf.
Im Hinblick auf die technische Verwendung von Formteilen aus UP-Form-
massen ist vor allem die Zeit- und Temperaturabhängigkeit wichtiger mechani-
scher Eigenschaften von Bedeutung. Hierüber geben Bild 2-701 und Bild 2-703
(siehe Kapitel Härtbare PF-Formmassen 2.2.2.1.1) Auskunft.

■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit


Der strukturelle Aufbau der Harze sowie Art und Anteil der Verstärker und/oder
Füllstoffe beeinflussen die mechanischen Eigenschaften der Formstoffe we-
Polykondensate
Duroplastische

sentlich. In Bild 2-710 ist das Spannungsdehnungsdiagramm einiger unverstärk-


ter Harztypen wiedergegeben. Zum Vergleich zeigt Bild 2-711 das Spannungs-
dehnungsdiagramm zweier glasfaserverstärkter Formstoffe. Man erkennt, dass
die Abweichung von der Linearität mit abnehmendem Glasgehalt größer wird.
1346 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-710.
Spannungsdehnungsdiagramm
verschiedener unverstärkter
UP-Harzformstoffe (nach DIN
16946)
a Normalharz, Typ 1110
b besonders zähes Harz, Typ
1120
c wärmeformbeständiges Harz,
Typ 1130
d Weichharz, Typ 1100

Bild 2-711. Spannungsdeh-


nungsdiagramm von verschie-
denen UP-GF-Formstoffen
(Harz: Typ 1130)
a 35 % Glasfasermatte –
Massegehalt
Polykondensate
Duroplastische

b 60 % Glasfasergewebe 181 –
Massegehalt
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1347

Tabelle 2-127. Eigenschaften unverstärkter UP-Formstoffe nach DIN 16946, T2 (04.76)

Eigenschaften Einheit Prüf- Formmasse-Typ


methode
DIN 1110 1140
wärmeformfest
und biegefest

mechanische
Rohdichte g/cm3 53479 1,2 1,2
Biegefestigkeit N/mm2 53542 65 110
Zugfestigkeit N/mm2 53455 30 55
Reißdehnung % 53455 2 2
Biege-E-Modul N/mm2 53457 3500 3500
Druckfestigkeit N/mm2 53454 150 150
Schlagzähigkeit kJ/m2 53453 10 10
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 53453 1,5 2,5
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C – 160 180
dauernd °C – 120 140
Glasübergangstemperatur °C – 70 120
Formbeständigkeit
ISO/R 75 °C – 50 80
nach Martens °C 53458 55 90
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 · 106 – 60 bis 80 60 bis 80
elektrische
Oberflächenwiderstand W 53482 1015 1015
spezif. Durchgangswiderstand W cm 53482 1013 1013
dielektrischer Verlustfaktor tan d – 53483
(trocken) 50 Hz – – 0,02 0,01
1 kHz – – 0,02 0,02
1 MHz – – 0,03 0,02
Dielektrizitätszahl (trocken)
50 Hz bis 1 MHz – 53483 4,5 bis 4 4
Kriechstromfestigkeit – 53480
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI – > 400 > 500
Wasseraufnahme (24 h) mg/4 d 53472 40 40

■ Umwandlungstemperaturen
Über die Abhängigkeit der Steifheit eines Kunststoffes von der Temperatur gibt
der im Kurzzeitversuch ermittelbare Schubmodul Auskunft. Bild 2-712 zeigt den
Verlauf des Schubmoduls einer rieselfähigen faserverstärkten UP-Formmasse.
Dabei zeigt sich augenfällig der Unterschied in der versteifenden Wirkung ver-
Polykondensate
Duroplastische

schiedener Fasersorten.
Der Verlauf des Schubmoduls von vier UP-Harzformstoffen verschiedener
Einstellung in Abhängigkeit von der Temperatur ist in Bild 2-713 wiedergegeben.
Mit abnehmender Temperatur steigen Zug-, Druck- und Biegefestigkeit stark an.
1348 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-128. Eigenschaften von UP-Harz-Formstoffen (Mindestanforderungen nach DIN


16911 (01.78), Typen 801 bis 804 und DIN 16913 T3 (04.81), Typen 830 bis 834

Formmasse-Typ Einheit Prüf- Typ 801 Typ 802


methode
Eigenschaften DIN

mechanische
Rohdichte g/cm3 53479 1,8 bis 2,0 2,0 bis 2,1
Biegefestigkeit N/mm2 53452 60 55
Schlagzähigkeit kJ/m2 53453 22 4,5
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 53453 22 3
Druckfestigkeit N/mm2 53454 120 230
Zugfestigkeit N/mm2 53455 25 30
Biege-E-Modul kN/mm2 53457 12 bis 15 10 bis 15
Kugeldruckhärte N/mm2 · 10–2 53456 1,6 bis 2,4 2 bis 3
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C – 200 200
dauernd °C – 150 160
Formbeständigkeit
nach Martens °C 53458 125 140
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 · 106 – 10 bis 40 20 bis 50
Wärmeleitfähigkeit W/mK 52612 – 0,4
spezifische Wärme kJ/kgK – 0,9 0,9
Glutbeständigkeit Gütegrad 53459 neu 3a 2c
elektrische
Oberflächenwiderstand Vergleichs- 53482 10 12
zahl (V)
spezifisch. Durchgangswiderstand W cm 53482 1012 1012
dielektrischer Verlustfaktor tan d – 53483
50 Hz – – 0,06 0,04
1 kHz – – 0,1 0,03
1 MHz – – 0,02 0,01
Dielektrizitätszahl
50 Hz bis 1 MHz – 53483 4 bis 6 4 bis 6
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI/A – > 600 >600

Wasseraufnahme mg/4 d 53472 100 45

Verarbeitungsverfahren – – P, SP P, SP, SG
Dosierbarkeit – – v.H. r
Tablettierbarkeit – – n.aut. gut
Füllfaktor – 53466 4 bis 10 3
Entgratung – – v.H. aut.
Verarbeitungsschwindung % 53464 0,1 bis 0,4 0,5 bis 0,7
Nachschwindung % 53464 0 bis 0,1 0 bis 0,1
Polykondensate
Duroplastische

Es bedeuten: v.H. = von Hand; aut. = automatisch; n.aut. = nicht automatisch; r. = rieselfähig;
bed. = bedingt; sch. = schüttbar; P = Pressen; SP = Spritzpressen; SG = Spritzgießen;
*) bei den „5-Typen“ Mindestanforderung nach DIN 16913 T3 (04.81)
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1349

Typ 803 Typ 804 Typ 830 Typ 831 Typ 832 Typ 833 Typ 834
830.5 831.5 832.5 833.5

1,8 bis 2,0 2,0 bis 2,1 1,8 1,8 1,8 1,8 1,8
60 55 120 120 160 160 140
22 4,5 40 40 50 50 50
22 3 – – – – –
120 230 150 150 150 150 150
25 30 40 40 80 80 70
12 bis 15 10 bis 15 9 9 12 12 10
1,6 bis 2,4 2 bis 3 1,6 1,6 1,8 1,8 1,8

200 200 200 200 200 200 200


150 160 150 150 150 150 150

125 140 – – – – –
10 bis 40 20 bis 50 10 bis 40 10 bis 40 110 bis 40 10 bis 40 10 bis 40
0,8 0,4 0,8 0,5 0,5 0,5 0,5
0,9 0,9 0,9 0,9 0,9 0,9 0,9
2a 2a 3a 2b 3a 2b 2a

10 12 11*) 10*) 11*) 10*) 10

1012 1012 1014 1012*) 1014*) 1012*) 1012

0,06 0,01 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1


0,1 0,1 0,05*) 0,05*) 0,05*) 0,05*) 0,05
0,02 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01

4 bis 6 4 bis 6 4 bis 6 4 bis 6 4 bis 6 4 bis 6 4 bis 6

> 600 > 600 > 600 > 600 > 600 > 600 > 600

100 45 100 100 100 100 100

P, SP P, SP, SG P, SP P, SP P, SP P, SP P, SP
v.H. r v.H. v.H. v.H. v.H. v.H.
n.aut. gut – – – – –
4 bis 10 3 – – – – –
v.H. aut. v.H. v.H. v.H. v.H. v.H.
0,1 bis 0,4 0,5 bis 0,7 0 bis 0,2 0 bis 0,2 0 bis 0,2 0 bis 0,2 0 bis 0,2
0 bis 0,1 0 bis 0,1 0 bis 0,1 0 bis 0,1 0 bis 0,1 0 bis 0,1
Polykondensate
Duroplastische
1350 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-712. Vergleich der Schub-


modulkurven einer mit verschie-
denen Fasersorten verstärkten UP-
Formmasse
a Glasfasern
b Polyesterfasern
c Cellulosefasern

Der E-Modul ändert sich nicht wesentlich. Die Gebrauchstemperatur styrolver-


netzter, harzmattenverstärkter UP-Formstoffe beträgt:
180 °C Stunden bis Tage,
130 °C dauernd.
Mit mehrfunktionellen Vernetzern wie Diallylphthalat (DAP) und Triallyl-
cyanurat (TAC) erhält man Formstoffe mit höherer Wärmebeständigkeit. Sie
sind kurzzeitig bis 200 °C und dauernd bei 150 °C verwendbar.

■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das Zeitstandverhalten eines UP-Mattenlaminats gibt Bild 2-714 wieder. In Bild
2-715 und 2-716 sind die isochronen Spannungsdehnungslinien von glasfaser-
matten- und glasfaserrovingverstärkten UP-Formstoffen dargestellt. Beim
Übergang von 23 °C auf 40 °C nimmt die Zeitstand-Zugfestigkeit bei gleicher
Dehnung nur um 10 bis 15 % ab.

■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Die Aussagekraft von Schlagzähigkeitswerten ist bei GF-verstärkten UP-Form-
stoffen umstritten. Schlag- und Kerbschlagzähigkeit unterscheiden sich nur we-
nig voneinander. Aussagekräftiger ist das Verhalten bei Schlagbeanspruchung,
d. h. Bildung von Rissen, Delaminierung und Undichtheit, beispielsweise bei
Kugelfallversuchen. Grundsätzlich ist jedoch ein Steilabfall der Schlagzähigkeit
mit abnehmender Temperatur – wie bei Thermoplasten – bei Matten- und
Gewebelaminaten nicht zu beobachten. Wie Untersuchungen zeigten, wirkt sich
thermisches Nachhärten ungünstig auf die Schlagzähigkeit (und die Biegefes-
tigkeit) aus [7]. Eine Nachbehandlung von Formstoffen in der Wärme (1 bis 2 Std.
bei 80 °C) ist jedoch dann erforderlich, wenn der Reststyrolgehalt gesenkt wer-
den muss. Das trifft beispielsweise für alle Formteile zu, die mit Lebens- und Ge-
nussmitteln in Berührung kommen.
Polykondensate
Duroplastische

■ Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Die Zug/Druck-Wechselfestigkeit von wärmebeständigem glasfaserverstärktem
TAC-Harz (bei verschiedenen Temperaturen) zeigt Bild 2-717, die Zug/Druck-
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1351

Bild 2-713. Schubmodul unverstärkter UP-Harz-Formstoffe verschiedener Einstellungen in Ab-


hängigkeit von der Temperatur
a Weichharz
b normales UP-Harz
Polykondensate
Duroplastische
1352 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-713 (Fortsetzung)


c erhöht wärmestandfestes Harz
d hochwärmestandfestes Harz

wechselfestigkeit eines wärme- und chemikalienbeständigen, glasfaserverstärk-


ten UP-Harzes gibt Bild 2-718 wieder.

■ Thermisches Verhalten
Den Vergleich des Schubmodulverlaufs verschiedener Formstoffe aus härtbaren
Formmassen zeigt Bild 2-712. Die Gebrauchstemperaturen der UP-Formstoffe
betragen 150 °C dauernd und 200 °C kurzzeitig (siehe auch Tabellen 2-125, 2-127
Polykondensate
Duroplastische

und 2-128).
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1353

Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-714. Zug-Zeitstandverhalten von UP-Harz normal


(A) Zeitdehnlinien
(B) Zeitspannungslinien
(C) Isochrone Spannungsdehnungslinien
Duroplastische
Polykondensate
1354

Bild 2-715. Isochrone Spannungsdehnungslinien (Zeitstand-Zugversuch) von UP-GF-Formstoffen


(A) Palatal A 410 30 bis 35 % Glasfasermatte-Massegehalt (B) Palatal A 410 50 bis 55 % Glasfasermatte-Massegehalt
23 °C, 50 % relative Feuchte 23 °C, 50 % relative Feuchte
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

40 °C, 35 % relative Feuchte 40 °C, 35 % relative Feuchte


2.2.2 Duroplastische Polykondensate

Bild 2-716. Isochrone Spannungsdehnungslinien (Zeitstand-Zugversuch) glasfaserverstärkter UP-Formstoffe


(A) Palatal P 8 50 bis 55 % Rovinggewebe und Glasfasermatte (B) Palatal P 8 55 bis 65 % Rovinggewebe
23 °C, 50 % relative Feuchte 23 °C, 50 % relative Feuchte
1355

40 °C, 35 % relative Feuchte 40 °C, 35 % relative Feuchte

Duroplastische
Polykondensate
1356 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-717. Temperaturab-


hängigkeit der Zug/Druck-
Wechselfestigkeit von UP-
Harz-Laminat (60 % Glasfi-
lamentgewebe,
Beanspruchung in
Kettrichtung des Gewebes;
Mittelspannung sm = 0)

Bild 2-718. Zug/Druck-


wechselfestigkeit von UP-
Formstoffen im
Temperaturbereich 20 bis
80 °C (Formmasse: Leguval
W 45, Bayer AG)
a unverstärkte Tafel
b 40 % Glasmatte-Masse-
gehalt
c 60 % Endlosfasergewebe-
Massegehalt

Die Abhängigkeit des Gewichtsverlustes von der Warmlagerungszeit zeigte


Bild 2-704, die dabei auftretende Längenänderung von UP-Formstoffen und Pro-
bekörpern aus anderen härtbaren Formmassen Bild 2-705 (Siehe auch Tabelle
4-28 und 4-37).

2.2.2.4.2.2
Beständigkeit und Sperrfähigkeit
■ Chemikalienbeständigkeit
Die chemische Beanspruchung von UP-Formstoffen kann in etwa drei Gruppen
gegliedert werden:
• Hydrolyse oder Verseifung durch Alkalien, Säuren und heißes Wasser,
• Quellen durch organische Lösemittel,
• Oxidation z. B. durch Chromschwefelsäure.
UP-Normalharze sind gegen Salz-, Akku-, Milch- und Phosphorsäure, schwache
Polykondensate
Duroplastische

Laugen, Benzin, Dieselkraftstoffe, Glyzerin, Fette, Terpentinöl, Tetrachlorkoh-


lenstoff und Wasser beständig.
Nicht beständig sind sie gegen Aceton, Ethanol, Ethylacetat, Ameisensäure,
Ammoniak, Benzol, Methylenchlorid, Chloroform, Essigsäure, Methanol, Nat-
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1357

ronlauge, Kalilauge, Phenol, Salpetersäure, Schwefelsäure, Schwefelkohlenstoff


und Toluol.
Speziell chemikalienbeständige UP-Harze können so eingestellt werden, dass
sie zusätzlich zu den Stoffen, gegen die die UP-Normalharze ohnehin schon be-
ständig sind, gegen Ethanol, Ameisensäure, Ammoniak, Essigsäure, Methanol,
Natronlauge, Kalilauge und Toluol eine Beständigkeit aufweisen.

■ Witterungsbeständigkeit
UV-stabilisierte, unverstärkte UP-Gießharzformstoffe und GF-verstärkte Form-
stoffe werden durch Bewitterung nur wenig geschädigt. Im Industrie-, Alpen-
und Seeklima fällt beispielsweise die Biegefestigkeit nach achtjähriger Bewitte-
rung um 30 % ab. Dabei kommt es entscheidend auf die Güte der Laminate an.
Die Oberflächengüte verstärkter Formstoffe bleibt dann lange Zeit erhalten,
wenn die Glasfasern nicht aus der Oberfläche herausragen. Der unterschiedliche
lineare Ausdehnungskoeffizient von Harz und Glas lockert den Verbund; Feuch-
tigkeit dringt ein (Gelcoat erforderlich). Nicht UV-stabilisierte und unvollstän-
dig ausgerüstete Harze vergilben rasch.

■ Strahlenbeständigkeit
Bei unverstärktem UP-Gießharz können bereits bei einer Strahlendosis von
105 J/kg Zugfestigkeit und Reißdehnung um 20 % abnehmen, während ein Ring-
verbindungen enthaltender, mineralgefüllter Formstoff noch bis 107 J/kg unver-
ändert bleibt, s. a. Tabelle 4-33 im Anhang.

■ Brennbarkeit
Nicht mit Flammschutzmittel ausgerüstete UP-Harze sind leicht entflammbar.
Sie brennen mit leuchtender, rußender Flamme. Dabei verbreiten sie meist einen
süßlichen Geruch nach Styrol.
Als Flammschutzmittel dient z. B. Antimontrioxid (7 bis 10 % Massegehalt).
Transparente Einstellungen werden mit speziellem Flammschutzmittel aus-
gerüstet. Derartige UP-Laminate erfüllten die Anforderungen der Klasse B 1
(schwer brennbare Baustoffe) gemäß DIN 4102 T 1 (05.81) ASTM E84, ASTM E
119, NF P 92-501.

■ Wasseraufnahme
Wassereinwirkung schädigt vor allem die GF-verstärkten UP-Harze. Der Abfall
ist bei Mattenlaminaten meist größer als bei Gewebelaminaten. Die Festigkeits-
minderung ist bei Dauereinwirkung von Wasser bei Raumtemperatur nach etwa
einem Monat abgeschlossen. Die Vorgänge in der Grenzfläche Faser/Harz sowie
die Oberflächenbehandlung des Glases bestimmen dieses Verhalten. Ein hydro-
lytischer Abbau des Harzes tritt nicht ein.
Bei höherer Temperatur werden nicht nur die Vorgänge in der Grenzfläche,
sondern auch der Einfluss auf das Harz wirksam. Die Schädigung äußert sich in
Polykondensate
Duroplastische

Rissbildung und hydrolytischem Abbau. Naturgemäß spielt die Art des Harzes
dabei eine entscheidende Rolle.
1358 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.2.4.2.3
Elektrische, optische, akustische Eigenschaften
■ Elektrische Eigenschaften
UP-Formstoffe zeichnen sich durch gute elektrische Eigenschaften aus:
• hoher Oberflächenwiderstand,
• hoher spezifischer Durchgangswiderstand,
• hohe Durchschlagfestigkeit,
• hohe Kriechstromfestigkeit (ausgenommen sind Spezialharze),
• günstige dielektrische Eigenschaften.
Die Überlegenheit der UP-Formstoffe hinsichtlich ihrer elektrischen Eigenschaften
wird besonders deutlich im Vergleich mit anderen duroplastischen Formstoffen.

Bild 2-719. Kriechstromfestigkeit (nach DIN) und Lichtbogenfestigkeit (nach ASTM) einiger
duroplastischer Formstoffe

Bild 2-720. Abhängigkeit des


dielektrischen Verlustfaktors
Polykondensate
Duroplastische

tan d und der Dielektrizitäts-


zahl des PF-Formstoffs Typ
13.5 von Frequenz und Tempe-
ratur
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1359

Bild 2-706 zeigte bereits den Oberflächenwiderstand einer Formstoffauswahl.


In Bild 2-719 werden Kriechstrom- und Lichtbogenfestigkeit einiger duro-
plastischer Formstoffe miteinander verglichen [8].
In den Bildern 2-720 bis 2-722 können Temperatur- und Frequenzabhängig-
keit des dielektrischen Verlustfaktors tan d sowie die Dielektrizitätszahl der PF-
Formmasse, Typ 13,5 und der UP-Formmassen, Typ 801 und 802, miteinander
verglichen werden.
Aus den gezeigten Einzelergebnissen der Langzeit-Lagerungsversuche bei ver-
schiedenen Temperaturen ergibt sich die bekannte Reihenfolge gemäß Bild 2-707.
Die Lichtbogenfestigkeit styrolvernetzter Formstoffe ist niedrig. Die elektri-
schen Eigenschaften der Harze können durch den chemisch-physikalischen Auf-
bau in weiten Grenzen variiert werden.

Bild 2-721. Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d und der Dielektrizitätszahl des
UP-Formstoffs Typ 801 von Frequenz und Temperatur

Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-722. Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d und der Dielektrizitätszahl des
UP-Formstoffs Typ 802 von Frequenz und Temperatur
Duroplastische
Polykondensate
1360
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-723. Abhängigkeit einiger elektrischer Eigenschaften von UP-Weichharzformstoff von Temperatur und Frequenz
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1361

Bild 2-723 gibt einige elektrische Eigenschaften von Weichharzen in Ab-


hängigkeit von Temperatur und Frequenz wieder. Bild 2-724 ergänzt diese Über-
sicht für ein Normalharz und Bild 2-725 für ein wärmebeständiges UP-Gießharz.
Den Einfluss des Gehaltes an Glasseidengewebe auf die elektrischen Eigenschaf-
ten gibt Bild 2-726 wieder.
■ Optische Eigenschaften
Transparent eingestellte UP-Formstoffe ähneln in ihrem optischen Verhalten
Glas. Der Brechungsindex n20 D beträgt 1,52 bis 1,57 (E-Glas 1,548). Wie Bild
2-727A zeigt, beträgt die Lichtdurchlässigkeit UV-stabilisierter, unverstärkter
Normalharze bei einer Wanddicke von 32 mm zwischen Wellenlängen von 500
bis 700 nm etwa 90 %. Gegen das kurzwellige Ende fällt sie steil ab. Solche Harze
zeigen dementsprechend einen schwach gelben Farbton. Die Lichtdurchlässig-
keit im infraroten Spektralbereich, Bild 2-727B, hängt vom Aufbau des Harzes ab.
Die Lichtdurchlässigkeit im UV-Bereich ist nur an dessen langwelligem Ende
messbar. Bei kürzeren Wellenlängen nimmt sie rasch ab und damit die Absorp-
tion zu, wie Bild 2-727 C zeigt. Dieses Verhalten nutzen neuentwickelte Initiator-
systeme insofern aus, als sie den Bereich hoher Strahlenabsorption in einen
langwelligeren, d. h. dem sichtbaren Licht nahen Bereich verschieben und so die
Möglichkeit bieten, in UP-Harzen ohne den Zusatz von Härtungsmitteln den Ge-
lier- und Härtungsvorgang auszulösen. Solche Initiatorsysteme sorbieren im Be-
reich von 365 bis 410 nm, d. h. es können Lampen verwendet werden, die keine
kurzwelligen und damit haut- und augenschädigenden Strahlen emittieren. Zu
diesen Lampen gehören die seit Jahren in der Medizin verwendeten Uvaspot-
400/T-Lampen (Dr. Hönle AG, Gräfelfing). Der Vorteil der Lichthärtung besteht
darin, dass eine fast beliebig lange Topf- und Verarbeitungszeit gegeben ist und
der Härtungsvorgang zum günstigen Zeitpunkt durch Einschalten der Härte-
lampen gestartet werden kann.

■ Akustische Eigenschaften
Im Vergleich zu Stahl sind die akustischen Eigenschaften speziell der glasfaser-
verstärkten Formmassen (SMC/BMC) deutlich besser, weshalb SMC immer häu-
figer, beispielsweise als Ölwanne, im Motorraum eingesetzt wird. Dies ist auf eine
gute Dämpfung des Körper- und Luftschalls zurück zu führen.

2.2.2.4.3
Verarbeitung und Anwendung
Die Reaktionsharze werden zähflüssig in Styrol gelöst angeliefert. Die Lagerzeit
beträgt unter günstigen Bedingungen (kühl, dunkel) bis zu sechs Monate. Nach
Verarbeitungsvorschrift wird ein Teil des Harzes mit Härter (Peroxid), der Rest
mit Beschleuniger gemischt. Dann werden diese Vormischungen zusammen-
gegeben und gemischt. Danach verbleibt eine begrenzte Zeit zur Verarbeitung
Polykondensate
Duroplastische

des Ansatzes. Unmittelbares Mischen von Härter und Beschleuniger führt zur
Explosion.
Kalthärter vernetzen bei Raumtemperatur. Sie werden 4 bis 5 h bei 80 °C oder
einige Wochen bei Raumtemperatur nachgehärtet. Warmhärter vernetzen bei
Duroplastische
Polykondensate
1362

Bild 2-724. Abhängigkeit einiger elektrischer Eigenschaften von UP-Normalharzformstoff von Temperatur und Frequenz
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
2.2.2 Duroplastische Polykondensate

Bild 2-725. Abhängigkeit einiger elektrischer Eigenschaften von wärmebeständigen UP-Harzformen von Temperatur und Frequenz
1363

Duroplastische
Polykondensate
Duroplastische
Polykondensate
1364
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-726. Abhängigkeit dielektrischer Eigenschaften von UP-Normalharzformstoffen von Frequenz und Temperatur bei verschiedenen Glasfaser-
gehalten. A Normalharz, unverstärkt; B 40 % Endlosfasermatte-Massegehalt;
2.2.2 Duroplastische Polykondensate

Bild 2-726. Abhängigkeit dielektrischer Eigenschaften von UP-Normalharz-


formstoffen von Frequenz und Temperatur bei verschiedenen Glasfasergehalten.
C 60 % Endlosfasergewebe-Massegehalt
1365

Duroplastische
Polykondensate
1366 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-727. Lichtabsorption eines UV-stabilisierten unverstärkten UP-Harzes (Wanddicke


3 mm)
A UV- und sichtbarer Bereich
B IR-Bereich
C Absorption von Initiatorsystemen im sichtbar nahen UV-Bereich
(Quelle: BASF AG)

Temperaturen von 80 bis 120 °C schnell und gleichmäßig. Sie erfordern keine
Nachhärtung.
Die unverstärkten Gießharze dienen zur Herstellung einphasiger Formteile,
ggf. mit eingebetteten Präparaten.

2.2.2.4.3.1
Urformen
■ Handlaminieren
Für die Verarbeitung von Reaktionsharzgemischen wurden im Laufe der Zeit
Polykondensate
Duroplastische

zahlreiche Verfahren entwickelt. Das bekannteste ist das Handlaminieren. Es


wird vor allem bei Einzelstücken, Kleinserien und großflächigen Teilen ange-
wandt. Die erforderlichen Investitionen sind gering. Es eignet sich deshalb vor
allem für den Handwerkbetrieb.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1367

Die aus Glasfasern bestehenden Verstärkungsstoffe werden mit Hilfe von


Walzen, Pinseln oder Bürsten mit dem Reaktionsharz von Hand durchtränkt.
Aussehen und Oberflächenschutz erfordern das Auftragen harzreicher Deck-
schichten. Sie werden mit dem Pinsel oder der Spritzpistole aufgetragen.

■ Faserspritzen
Reaktionsharz und geschnittene Endlosfasern (Stapelfasern) werden zusammen
auf das Werkzeug gesprüht. Die vorbereiteten Reaktionskomponenten werden
in einer Mischanlage zusammengeführt. Die Rovingstränge werden in einem
Schneidwerk zu 30 bis 50 mm langen Stapelfasern geschnitten und in den Harz-
strahl geblasen. Mit diesem gelangen sie auf das Werkzeug. Die aufgesprühte
Harz/Faserschicht wird von Hand entlüftet und eingewalzt.

■ Vakuumformen
Kleinserien von Formteilen mit beidseitig glatten Sichtflächen werden nach die-
sem Verfahren hergestellt. Es sind zwei Werkzeughälften erforderlich. Eine
Hälfte kann auch aus einem flexiblen Tuch bestehen. In die feste untere Werk-
zeughälfte werden die Faserbahnen eingelegt, mit Harz getränkt und mit dem
Gummituch oder der oberen Werkzeughälfte abgeschlossen. Durch Anschluss
des Formnestes an eine Vakuumpumpe wird das Harz verteilt. Überschüssiges
Harz und Luftblasen werden abgesaugt.

■ Injektionsformen
Dieses Verfahren eignet sich für die Herstellung kleiner und mittlerer Serien. Es
wird mit zwei Werkzeughälften gearbeitet. Vor dem Schließen wird das Ver-
stärkungsmaterial eingelegt. Dann wird Reaktionsharz in die Werkzeughöhlung
injiziert. Es können komplizierte Formteile mit glatter, geschlossener Oberfläche
hergestellt werden.

■ Schleuderverfahren
Die formgebenden Werkzeuge werden mit nicht getränkten Verstärkungs-
materialien ausgelegt, die unter Ausnutzung der Zentrifugalkraft mit der
Reaktionsharzmasse durchtränkt werden.

■ Kontinuierliche Verarbeitungsverfahren
Von den drei für die Herstellung von UP-GF-Formteilen bekannten kontinuier-
lichen Verfahren, kontinuierliches Imprägnieren (Herstellen von Tafeln),
Wickelverfahren und Profilziehen, wurde in den letzten Jahren vor allem das
Profilziehen technisch weiterentwickelt.

■ Wickelverfahren
Rohre, Druckbehälter und andere zylindrische Körper können in rationeller Weise
durch Wickeln hergestellt werden. Endlosfasern, Glasfasergewebe oder Roving-
Polykondensate
Duroplastische

stränge, die vorher ein Tränkbad mit Abquetschvorrichtung durchlaufen haben,


werden auf einen Dorn gewickelt. Die Glasfilamentverstärkung kann mit Hilfe der
Kinematik der Wickelvorrichtung so angeordnet werden, dass die Festigkeits-
eigenschaften an jeder Stelle des Formteils den wirkenden Kräften entsprechen.
1368 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Profilziehen
Das unter der Bezeichnung Pultrusion bekannte Verfahren zum Herstellen von
GF-verstärkten Profilen aus UP- und EP-Harzen liefert Formstoffe mit Biege-
festigkeiten bis zu 700 N/mm2. Es werden Abzuggeschwindigkeiten bis zu
1 m/min erreicht.
Eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens stellt das zuerst in den USA vorge-
stellte kombinierte Profilzieh- und Pressformen (pulforming) dar. Die ver-
stärkenden Glasfaser-Rovings werden nach dem Passieren des Imprägnierbades
durch Presswerkzeuge gezogen und zu komplexen Teilen wie GFK-Federn oder
Stoßfängerträgern geformt.

2.2.2.4.3.2
Umformen
■ Pressformen
Zur Durchführung dieses Verfahrens dienen mechanische oder hydraulische
Pressen sowie zwei- oder mehrteilige Werkzeuge. Diese können für das Kalt-
pressverfahren aus GF-verstärkten UP-Harzen hergestellt werden. Mittelgroße
Serien stellt man nach dem Kaltpressverfahren her, große nach dem Warmpress-
verfahren. Beim Warmpressen kann man im Nassverfahren oder mit vorimpräg-
niertem Verstärkungsmaterial (SMC) arbeiten.
Von den Automobilherstellern wird für Karosserieteile aus GFK wegen Über-
einstimmung des Farbtones und aus Kostengründen das „on-line“-Lackieren
mit Serienlacken gefordert. Die dabei auftretenden Temperaturen und Verweil-
zeiten schädigen die SMC-Formteile zwar nicht, jedoch können dicht unter der
Oberfläche befindliche Poren und Lunker in der Wärme Krater bilden. Zwar ha-
ben die low-profile Harze (siehe auch Kapitel Funktionszusatzstoffe 1.3.5.1) zu
deutlichen Fortschritten geführt; das vollständige Vermeiden von Lunkern und
Poren gelang jedoch noch nicht.
Als brauchbare – wenn auch aufwendige – Zwischenlösung bewährt sich das
aus den USA übernommene Beschichten der Formteile im Presswerkzeug (In
Mold Coating, IMC). Der Überzug verhindert das Aufbrechen der Poren. Mit Hilfe
dieser Methode kann auch die Oberfläche leitfähig gemacht werden, um sie für
das Elektrotauchlackieren bzw. elektrostatische Spritzlackieren vorzubereiten.

■ Spritzgießen
Der Spritzgießprozess duroplastischer Formmassen, bei dem sauerkrautähnli-
che Halbzeuge (BMC) verarbeitet werden, ähnelt dem Spritzgussprozess der
Thermoplaste, jedoch ist der notwendige Druck auf Grund der geringeren Vis-
kosität deutlich niedriger. Verglichen mit SMC resultieren hauptsächlich durch
kürzere Faserlängen im Bauteil zumeist niedrigere mechanische Eigenschaften,
weshalb dieses Verfahren vorwiegend für kleinere Anwendungen, beispiels-
Polykondensate
Duroplastische

weise in der Elektroindustrie, angewendet wird. Durch entsprechende Material-


und Verfahrensoptimierungen können jedoch auch qualitativ hochwertige Bau-
teile, beispielsweise Scheinwerferreflektoren in der Automobilindustrie, herge-
stellt werden. Vorteile des Verfahrens sind konstante Bauteileigenschaften sowie
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1369

die Möglichkeit, einen hohen Automatisierungsgrad einzuführen, wodurch auch


größere Stückzahlen realisiert werden können.

2.2.2.4.3.3
Bearbeiten
Bei der spanenden Bearbeitung führt der mehr oder weniger hohe Anteil an
Glasfasern und Füllstoffen zu einem hohen Verschleiß an den spanenden Werk-
zeugen. Deshalb werden grundsätzlich hartmetall- oder diamantbestückte und
keramische Werkzeuge verwendet. Die große Staubentwicklung zwingt zum
nassen Arbeiten.
Das Schneiden beschränkt sich auf Wanddicken von 4 mm, das Stanzen auf
Laminate von nur 2 mm Wanddicke.
Zum Sägen dienen Trennscheiben mit Siliziumcarbid- bzw. Diamantbestü-
ckung (Schnittgeschwindigkeit 3 bzw. 6 m/min sowie mit Diamant versehene
Stich- und Vibrationssägen).
Zum Bohren, Fräsen und Drehen werden ausschließlich diamantbestückte
Werkzeuge verwendet.
Das Schleifen mit Band-, Scheiben- und Vibrationsschleifmaschinen dient vor
allem zum Vorbereiten von Klebflächen, zum Entgraten, Brechen von Kanten,
Glätten von Klebfugen und Vorbereiten von Oberflächenveredelungen.

2.2.2.4.3.4
Fügen
Lösbare Verbindungen sind mit Hilfe eingebetteter Muttern beziehungsweise
Buchsen, so genannten Inserts, oder durchgehender Schrauben mit großen Un-
terlegscheiben herstellbar. Sehr gut bewähren sich auch die vor einigen Jahren
eingeführten gewindeschneidenden EJOT-Schrauben für das Direktverbinden.
Festverbindungen werden meist geklebt. Diffusionskleben ist nicht möglich,
dagegen bewährt sich das Adhäsionskleben mit Klebstoffen auf Basis von EP-
und Vinylphenolharz, Acrylnitrilkautschuk/Phenolharz, UP-Harz und PUR so-
wie Cyanacrylat. Die Oberflächen werden vor dem Auftragen des Klebstoffs
durch Schleifen/Köpfen aufgerauht, mit ionisierter Luft abgeblasen und mittels
Auftrag eines Primers für das Kleben vorbereitet.

2.2.2.4.3.5
Veredeln
Grundsätzlich können alle UP-Formstoffe lackiert werden. Auf die beim Ein-
brennlackieren zu beachtende Oberflächenbeschaffenheit wurde bereits im Ab-
Polykondensate
Duroplastische

schnitt Pressformen hingewiesen. Als Lacksysteme werden hierfür PUR-Lacke


bevorzugt (Einbrenntemperatur < 150 °C). Luft- und ofentrocknende Lacke ba-
sieren auf Cellulosenitrat oder Alkydharzen. Chemisch härten UP-, EP-, PUR-
und Acrylharzlacke.
1370 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Metallisiert wird im Hochvakuum, auch Kaschieren (mit PVC-Folie) und Be-


flocken ist möglich. Bedruckt wird mit speziellen Farbmitteln nach dem Sieb-
druckverfahren.

2.2.2.4.3.6
Anwendungsbeispiele
Behälter, Rohrleitungen, Profile, Bootskörper, Lichtdächer, Fahrzeugkarosserien,
Maschinengehäuse, Abdeckungen, Seezeichen, Silos, Badewannen, Briefkästen,
Rückkühltürme, Lüfter, Kanäle, Lagerbehälter, Vergussmassen, korrosions-
beständige Überzüge, Gießharzbeton, Betonbeschichtungen, Lacke, Stecker,
Röhrensockel, Sicherungsschalter und -automaten, Abdeckringe und Schraub-
kappen für Sicherungen, Installationsmaterial, Isolierscheiben für Paketschalter,
Isolierwände für NH-Sicherungsunterteile, Klemm- und Lötleisten, Spulenkör-
per (häufig im Austausch gegen Niederspannungsporzellan), Langfeldleuchten,
Elektrowerkzeuggehäuse, Zündspulen,Verteilerkappen, Zündkerzenstecker. Die
Anwendungen im Bauwesen wurden durch die Entwicklung flammwidrig aus-
gerüsteter Harze vergrößert.

2.2.2.4.4
Sicherheit, Umwelt und Recycling
■ Sicherheit und Umwelt
Die zum Härten von UP- und VE-Harzen benötigten organischen Peroxide kön-
nen Haut und Augen des Menschen ätzen. Beim Umgang mit diesen Stoffen sind
die Hinweise im Merkblatt „Organische Peroxide“ der Berufsgenossenschaft der
Chemischen Industrie zu beachten.
Auch das in den meisten UP- und VE-Rezepten verwendete Monostyrol reizt
Haut und Schleimhaut. Deshalb sind auch hierbei Schutzmaßnahmen zu beachten.
Nur bestimmte UP- und VE-Harzrezepte entsprechen der Empfehlung XII,
ungesättigte Polyesterharze, Stand 1.11.72 (85. Mitt., Bundesgesundheitsbl. 15, 393
(1972)). Die europäischen Gesetzgeber sind bestrebt, akzeptable Maximalwerte
für Styrol am Arbeitsplatz zu definieren, die sich auf den Tagesdurchschnitt
(TWA: Time Weighted Average over an 8 hour working day) und die kurzfristige
Exposition (STEL: Short Term Exposure Limit) beziehen. Die derzeit von Land
zu Land noch unterschiedlichen Werte schwanken bei TWA zwischen 20 und
100 ppm (Tendenz: 50 ppm und darunter) als vorgeschriebene Maximalwerte.
In Deutschland beträgt der MAK-Wert 20 ppm. Die Spitzenbegrenzung liegt da-
bei bei 40 ppm als 30-Minuten-Mittelwert. Dies zwingt die Hersteller von glas-
faserverstärkten Werkstoffen zum Einsatz von styrolemissionsreduzierten Har-
zen, kombiniert mit verbesserten Abluftsystemen [6].
Polykondensate
Duroplastische

■ Recycling
Für die Kreislaufführung von SMC steht das Partikelrecycling zur Verfügung.
Andere Verfahren der Kreislaufführung, wie z. B. Pyrolyse oder Löseverfahren,
sind in der Regel schlechter oder nicht für die Verwertung von SMC geeignet.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1371

Beim Partikelrecycling werden SMC-Bauteile in der Regel in einem mehrstu-


figen Prozess zerkleinert und anschließend klassiert, um einzelne Faserlängen-
fraktionen in Form von Pulver, Stäbchen oder Plättchen zu separieren. Diese
Fraktionen können erneut als Füll- oder Verstärkungsstoffe eingesetzt werden.
Im Rahmen eines europäischen Projektes wurde dieses Verfahren zum werk-
stofflichen Recycling von duroplastischen GFK (SMC) entwickelt und zu Beginn
der 90er-Jahre in einer Pilotanlage umgesetzt.
Hauptschritte des Verfahrens sind ein mobiler Shredder, der dezentral an den
Anfallstellen SMC-Teile in handtellergroße Stücke vorzerkleinert. Dieses Mahl-
gut wird in 30 m3-Containern in der Aufbereitungsanlage angeliefert und dort
mehrstufig durch Metallabscheidung, Zerkleinerung und Siebung/Sichtung auf-
bereitet.
Voraussetzung für ein hochwertiges werkstoffliches Recycling ist die Vorse-
paration der Bauteile. So dürfen insbesondere keine thermoplastischen Materia-
lien in den Aufbereitungsprozess gelangen. Besonders problematisch bei der
SMC-Aufbereitung stellt sich zum einen die hohe Abrasivität der Produkte dar,
zum anderen die Neigung des Mahlgutes, Agglomerate („Pillings“) zu bilden.
Lackierte oder gering verunreinigte Produkte stellen keine Probleme für den
Aufbereitungsprozess und die anschließende Verwertung dar, da sie sich als
Füllstoff inert verhalten. Auch wurde bisher kein Einfluss des Alters der zu recy-
celnden Bauteile auf die Rezyklatqualität festgestellt. Ungeeignet für eine Ver-
wertung in diesem Verfahren sind jedoch thermoplastische Materialien (auch
z. B. Aufkleber oder Folien), die zu Produktfehlern bei rezyklathaltigen Bautei-
len führen. Ebenso sind mit halogenierten Additiven flammgeschützte Bauteile
von der Verwertung ausgeschlossen.

Polykondensate
Duroplastische

Bild 2-728. SMC-Recycling nach dem Ercom-Verfahren [9]


1372 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die Produkte werden durch die Partikelgrößen bzw. Faser(rest)längen cha-


rakterisiert und haben eine mit dem Ausgangsmaterial identische Zusammen-
setzung. Typische Faserlängen liegen in den Bereichen < 0,25 mm, 0,25 bis 3 mm
und 3 bis 20 mm. Die Feinfraktion kann als Füllstoff (Calciumcarbonat-Substi-
tut), die Mittelfraktion 0,25 bis 3 mm bei der Thermoplastcompoundierung und
die Fraktion 3 bis 20 mm bei der Fasermattenherstellung eingesetzt werden. Je
länger die Recyclingfasern werden, desto anspruchsvoller wird jedoch auch ihre
Dosier- und Handhabbarkeit.
Anwendungsbeispiele für SMC-Rezyklate sind beispielsweise Kabel-Vertei-
lerschränke, Kfz-Reserveradmulden oder Gartenmöbel, bei denen das SMC-Re-
zyklat interessante optische Effekte erzeugt. Beim Einsatz als Füllstoff erweist
sich das Rezyklat gegenüber konventionellen Füllstoffen als vorteilhaft, da es
eine geringere Dichte aufweist, sodass bei einem Rezyklatgehalt von 25 % bis zu
15 % leichtere Bauteile hergestellt werden können [10, 11].

2.2.2.4.5
Sortiment

■ Lieferformen
Die wichtigste Lieferform der UP-Harze sind die für die Herstellung von Form-
teilen und Halbzeugen bestimmten Gießharze. Eine Übersicht über die Form-
massen aus ungesättigten Polyesterharzen (UP-Formmassen in Form von Faser-
oder Stäbchen-Formmassen, linien- oder flächenförmigen Prepregs) geben die
DIN 16913 sowie die Tabelle 2-125.

■ Typisierung
Die Typisierung umfasst die UP-Formmassen 801 bis 804 nach DIN 16911 (01.78)
sowie die Polyester-Harzmatten 830,5, 831,2 und 833,5 nach DIN 16913 T3 (04.81).

Handelsnamen
AdvancedSMC Menzolit-Fibron GmbH/D
Altac DSM Composite Resins AG/CH
Altek AOC Inc./USA
AMC Raschig GmbH/D
AME Ashland Specialty Chemical Company/USA
Ampal Raschig GmbH/D
Armorcast Cook Composites and Polymers/USA
Armorcote Cook Composites and Polymers/USA
Armorflex Cook Composites and Polymers/USA
Armorstar Cook Composites and Polymers/USA
Aropol Ashland Specialty Chemical Company/USA
Arotran Ashland Specialty Chemical Company/USA
Polykondensate
Duroplastische

Atryl AOC Inc./USA


Bakelite Bakelite AG/D
Bathcote Cook Composites and Polymers/USA
Bimoco Menzolit s.r.l./I
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1373

Buffback Cook Composites and Polymers/USA


CarbonSMC Menzolit-Fibron GmbH/D
Chroma-Tek AOC Inc./USA
Crystic Scott Bader Company Limited/GB
Dion Reichhold Inc./USA
Distigel Lonza/I
Distitron Lonza/I
Durapol Isola Composites GmbH/D
Enguard Ashland Specialty Chemical Company/USA
Enydyne Cray Valley/USA
Epolac Nippon Shokubai Co., Ltd./JP
Firepel AOC Inc./USA
Glastic Glastic Corporation/USA
Haysite Haysite Reinforced Plastics/USA
Hycryl AOC Inc./USA
Hydrex Reichhold Inc./USA
Hyfill AOC Inc./USA
Keripol Bakelite AG/D
Lomix LORENZ Kunststofftechnik GmbH/D
Lopreg LORENZ Kunststofftechnik GmbH/D
Maxguard Ashland Specialty Chemical Company/USA
Menzolit Menzolit-Fibron GmbH/D
Norpol Reichhold Inc./USA
Norsodyne Cray Valley/USA
Norsomix Cray Valley/USA
Oldopal Büfa Reaktionsharze GmbH & Co./D
Optimold Cook Composites and Polymers/USA
Palapreg DSM Composite Resins AG/CH
Palatal DSM Composite Resins AG/CH
Pkb Altinel Melamin Sanayii AS/T
Polycor Cook Composites and Polymers/USA
Polylite Reichhold Inc./USA
Premi-Glas Premix Inc./USA
Premi-Ject Premix Inc USA
Pultru AOC Inc./USA
Ralupol Raschig GmbH/D
Rigolac Showa Highpolymer Co., Ltd./JP
Rosite Rostone Facility of ORC Plastics/USA
Rütaform Bakelite AG/D
Shimoco Menzolit s.r.l./I
Sprelaform Sprela AG/D
Stypol Cook Composites and Polymers/USA
Supraplast Raschig GmbH/D
Polykondensate
Duroplastische

Synolite DSM Composite Resins AG/CH


Tetra-Dur Tetra-DUR GmbH/D
U-Pica U-Pica Co., Ltd./JP
Vibrin AOC Inc./USA
1374 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Vicast AOC Inc./USA


Vipel AOC Inc./USA

2.2.2.4.6
Literatur – Kapitel 2.2.2.4
[1] Forsdyke Ken L Thermoset resins : a Rapra market report/by Ken L. Forsdyke and Trevor
F. Starr. – Shawbury: Rapra Technology, 2002
[2] NN (1994) „UP- und VE-Harze mit verringerter Styrolverdunstung“, Kunststoffe 84, S 275
[3] Schwarz O (1975) „Glasfaserverstärkte Kunststoffe“, Vogel Verlag, Würzburg
[4] Köhler G et al. (1996) „FKV in der U-Bahn“, Kunststoffe 86, S 1872–1874
[5] Schrempf C et al. (1995) „Harz-Härter Beschleuniger“, Kunststoffe 85, S 380–383
[6] NN (1994) „Styrolemission halbiert“, Kunststoffe 84, S 593–594
[7] Haas P et al. (1993) „Hilfs- und Zusatzstoffe für Polyurethane“ in [Schauerte K (1993) „Ab-
wandlungsprodukte der Rohstoffe“, Kunststoffhandbuch Bd. 7, „Polyurethane“, C. Hanser
Verlag, München, S 88–103], S 104–138
[8] Gilfrich HP (1974) „Neue härtbare UP-Harz-Formmassen für die Elektrotechnik“, Kunst-
stoffe 64, S 341–345
[9] NN Mitteilung der Ercom Composite Recycling GmbH, Rastatt, 2004
[10] Woidasky J Kreislaufführung von Verbundwerkstoffen aus dem Automobilbau am Beispiel
von Stoßfängern und Karosseriebauteilen. Diplomarbeit. TU Berlin. Pfinztal/Berlin, 1995
[11] Braunmiller U, Eyerer P, Hirth T, Woidasky J (Hrsg.) Kreislaufgerechte Verbundwerkstoff-
bauteile. Pfinztal, 1998

2.2.2.5
Verwandte Reaktionsharz-Formmassen
2.2.2.5.1
Alkydharz-Formmassen
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Im englisch-amerikanischen Sprachgebrauch werden die UP-Harzformmassen
häufig als „alkyd resin“ bezeichnet und auch als solche angeboten. Grundsätz-
lich besteht zwischen diesen und den im Abschn. 2.2.2.4.1 besprochenen Form-
massen kein Unterschied. Der Vollständigkeit halber sind in Tabelle 2-129 die
wichtigsten Eigenschaften einiger amerikanischer Alkydharz-Formmassen wie-
dergegeben. Daraus geht die Übereinstimmung hervor. Die guten elektrischen
Eigenschaften sind verbunden mit Härte, Festigkeit und Wärmebeständigkeit.
Helle Farbtöne können eingestellt werden.
■ Verarbeitung
Alkydharze können durch Pressen, Spritzpressen und Spritzgießen bei Masse-
temperaturen von 130 bis 160 °C verarbeitet werden. Die rasche exotherme Poly-
merisation führt zu schnellem Aushärten, die Bildung niedermolekularer Be-
standteile wird vermieden. Daraus resultieren gute elektrische Eigenschaften.
Polykondensate
Duroplastische

Anwendungsbeispiele
Wie bei UP-Reaktionsharz-Formstoffen.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1375

Handelsnamen
Bakelite (Bakelite UK Ltd./GB)
Durez (Occidental Chemical Deutschland GmbH/DE)

2.2.2.5.2
Polydiallylphthalat-Formmassen (PDAP)
■ Herstellung
DAP kann im Gegensatz zu anderen Monomeren mit Peroxiden in indifferenten
Lösemitteln in reaktionsfähige Präpolymere umgewandelt werden. Diese kön-
nen einerseits mit ungesättigen Polyestern zu rieselfähigen Formmassen verar-
beitet oder dank der im Präpolymeren noch enthaltenen, reaktionsfähigen, un-
gesättigten Gruppen mit Hilfe von Peroxiden zu hochvernetzten Produkten, dem
Polydiallylphthalat, ausgehärtet werden. Bei dieser Reaktion entstehen keine
niedermolekularen Nebenprodukte.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Diallylphthalat gehört außer Styrol zu den gebräuchlichsten Monomeren, die
mit ungesättigten Polyesterharzen vernetzen, d. h. zu duroplastischen Formstof-
fen polymerisieren.

Diallylphthalat

Formstoffe aus (P)DAP sind gekennzeichnet durch:

• hohe Maßhaltigkeit,
• gute Isolationseigenschaften,
• hohe Witterungsbeständigkeit,
• hohe Lichtbeständigkeit – auch in hellen Farbtönen –,
• geringere Haftfähigkeit auf Metallen als EP-Harze; sie sind deshalb für den
wasserdichten Abschluss elektrischer Bauelemente nicht geeignet.

■ Struktur und Eigenschaften


DAP-Harze sind wesentlich höherviskos als Epoxidharze und deshalb üblicher-
weise nicht als sog. Niederdruck-Formmassen verarbeitbar. Die molare Masse
der Präpolymeren beträgt 6000 bis 12 000.
Polykondensate
Duroplastische

■ Sortiment
Das verfügbare PDAP-Sortiment umfasst Formmassen mit kurzen bis lan-
gen Glasfasern, mit Gesteinsmehl plus Glasfasern sowie mit PAN- sowie PET-
Fasern.
Duroplastische
Polykondensate

Tabelle 2-129. Eigenschaften von Aldehydharz-, Polydiallylphthalat- und Silicon-Formmassen


1376

Eigenschaften Einheit Alkydharz-Formmasse Polydiallylphthalat-Formmassen Silicon-


Formm.
mineral- asbestfaser- glasfaser- mineral- glasfaser- synthesefaser- glasfaser-
verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt

mechanische
Rohdichte g/cm3 1,6 – 2,3 1,65 – 2,2 2,0 – 2,3 1,65 – 1,68 1,51 – 1,78 1,34 – 1,39 1,8 – 1,9
Zugfestigkeit N/mm2 20 – 60 30 – 60 30 – 65 35 – 60 40 – 75 40 – 50 28 – 46
Dehnung % – – – – – – –
Zug-E-Modul kN/mm2 3,5 – 20 14 – 20 14 – 20 8,4 – 15,5 9,8 – 15,5 4,2 –
Biege-E-Modul kN/mm2 14 14 – 20 14 8,4 – 10,5 – – –
Biegefestigkeit N/mm2 40 – 120 55 – 70 60 – 180 60 – 77 77 – 245 180 – 210 70 – 105
Druckfestigkeit N/mm2 85 – 270 160 105 – 255 140 – 225 175 – 245 180 – 210 70 – 105
Härte Rockwell – 98 (E-Skala) M99 95 (E-Skala) 61 (E-Skala) 80–87 (E-Sk.) M 108– 115 M 80– 90
ft.-lb.
Kerbschlagzähigkeit
inchof notch 0,3 – 0,5 0,45 – 0,5 0,5 – 16 0,3 – 0,45 0,4 – 15,0 0,6 – 8,0 0,3 – 8
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechan. Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 200 200 200 190 – 250 190 – 250 160 – 220 250
dauernd °C 150 150 150 150 – 180 150 – 180 120 – 175 170 – 180
HDT (1,85 N/mm2) °C 150 – 260 155 200 – 260 160 – 280 165 – 230 160 – 200 480
linearer Ausdehnungs-
koeffizient K–1 · 106 20 – 50 – 15 – 30 10 – 40 10 – 35 55 – 60 20 – 50
Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,5 – 1,05 – 0,6 – 1,05 0,3 – 1,05 0,2 – 0,6 0,2 – 0,25 0,3 – 0,4
spezifische Wärme kJ/kgK 1,05 – 1,05 – – – 0,8 – 0,9
elektrische
spez. Durchgangswiderstand W cm 1013 – 1015 6,5$P108 1012 – 1015 1013 1013 – 1016 1013 – 1016 1014
Durchschlagfestigkeit kV/25 mm 350 – 450 380 250 – 530 395 – 420 395 – 450 390 – 400 200 – 400
Vergleichszahl der
Kriechwegbildung CTI > 600 > 600 > 600 > 600 >6 00 > 600 440
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-129 (Fortsetzung)

Eigenschaften Einheit Alkydharz-Formmasse Polydiallylphthalat-Formmassen Silicon-


Formm.
mineral- asbestfaser- glasfaser- mineral- glasfaser- synthesefaser- glasfaser-
verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt verstärkt

Dielektrizitätszahl (103 Hz) – 5 – 6,4 5,2 5,4 – 7,4 4,8 – 5,3 4,1 – 4,5 3,3 – 3,9 3,2 – 4,5
dielektrischer Verlust-
faktor tan d l(103 Hz) – 0,007 – 0,04 0,11 0,007 – 0,04 0,03 – 0,1 0,004 – 0,009 0,004 – 0,025 0,0035 – 0,02
Wasseraufnahme %/24 h 0,05 – 0,5 0,14 0,03 – 0,5 0,2 – 0,5 0,12 – 0,35 0,2 0,2
(n. ASTM D 550)
2.2.2 Duroplastische Polykondensate
1377

Duroplastische
Polykondensate
1378 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

■ Lieferform
PDAP-Formmassen werden als Pulver oder als Granulat geliefert.

■ Typisierung
PDAP-Formmassen sind noch nicht nach DIN typisiert. In den USA enthält die
militärische Spezifikation MIL-M 1430 Typen wärmebeständiger Formmassen
und Formstoffe. Darunter befinden sich fünf PDAP-Typen. Die Luftfahrt ist der
wichtigste Verbraucher dieser Formstoffe. Eine deutsche Luftfahrt-Norm LN
29 820 (08. 77) über PDAP-Formmassen mit Glasfasern als Verstärkungsstoff
wurde inzwischen herausgegeben.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht der wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle
2-129. Über das Zeitstandverhalten einiger duroplastischer Formmassen unter-
richtet Tabelle 4-29.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: wasserverdünnte Mineralsäuren, Laugen, Alkohole, Ketone,
Aromaten, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Fette, Öle, Detergenzien.
Nicht beständig gegen: konzentrierte Mineralsäuren.

■ Strahlenbeständigkeit, Witterungsbeständigkeit, Brennbarkeit und gesund-


heitliche Beurteilung
Siehe UP-Reaktionsharzformmassen, Abschn. 2.2.2.4.2

■ Verarbeitungshinweise
Durch Pressen, Spritzpressen und Spritzgießen verarbeitbar. Die Massetempera-
turen betragen 135 bis 165 °C, die Schwindung 0,1 bis 1,1 %; gut spanbar und kleb-
bar.

Anwendungsbeispiele
Klemmleisten, Verbinder, elektronisches Zubehör (vor allem in Satelliten
und Raketen, Automobilen, wenn gleichzeitig hohe mechanische, thermi-
sche, elektrische und chemische Ansprüche gestellt werden).

Handelsnamen
Daiso (Osaka Soda Co. Ltd./JP)
Daiso DAP (Doskia Kogyo Co. Ltd./JP)
Durez (Occidental Chemical Deutschland GmbH/DE)
Fudowlite (Fudow Chemical Co./JP)
Glaskyd (American Cyanamid Corp./US)
Polykondensate
Duroplastische

Neonit (Ciba-Geigy/CH)
Plaskon (Plaskon Elektronic Inc./US)
Polychem (Budd Co. Polychem Div./US)
Supraplast (Süd-West-Chemie GmbH/DE)
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1379

2.2.2.6
Silicone (SI)
Die Zwischenprodukte für die Herstellung von Siliconen sind seit fast einem
Jahrhundert bekannt. Es ist kein Zufall, dass die ersten Arbeiten über die Ent-
wicklung eines technischen Herstellungsverfahrens für Silicon in einer Glasfa-
brik durchgeführt wurden; ist doch das Silicium ein wesentlicher Bestandteil
beider Werkstoffe. Die im Jahre 1931 von J.F. Hyde in der Versuchsabteilung der
Corning Glass-Works, N.Y./USA, begonnenen Arbeiten führten 1933 zu den er-
sten für das Imprägnieren von Glasgeweben geeigneten Produkten, die sich
durch eine bis dahin für einen Kunststoff ungewöhnliche Temperaturbeständig-
keit auszeichneten. Die von den Corning Glass Works in Verbindung mit der
Dow Chemicals Comp. gegründete Dow Corning nahm 1943 in Midland, Michi-
gan, die großtechnische Produktion auf. Die General Electric begann 1946 mit
der Erzeugung, die Union Carbide Corp. kam 1956 hinzu. Die Imperial Chemical
Industries (ICI, GB) begannen ihre Produktion 1955, die ehemalige UdSSR er-
zeugte 1957 bereits 2200 Tonnen. In der Bundesrepublik Deutschland nahmen
nach dem Zweiten Weltkrieg die Wacker-Chemie, die Bayer AG und Th. Gold-
schmidt die Produktion einer breiten Silicon-Palette, die von Imprägnierungs-
mitteln bis zu den Silicon-Kautschuken führte, auf.

■ Herstellung
Die Silicone unterscheiden sich von den bisher beschriebenen und den meisten
der noch zu behandelnden Kunststoffe dadurch, dass nicht Kohlenstoffatome,
sondern die ebenfalls vierwertigen Silicium-Atome, häufig in Verbindung mit
Sauerstoff – neuerdings auch mit Aluminium, Titan und Phosphor – das Rück-
grat der Molekülkette bilden. Silicium und Sauerstoff verleihen diesem Hoch-
polymeren Flexibilität [1].
Zwischenprodukte der Silicone sind die Chlorsilane, bei denen die vier Valen-
zen des Siliciums durch Alkylgruppen (R, R1 …) beispielsweise CH3-Gruppen
(Methylgruppen) und Chloratome gesättigt sind. Je nach Anzahl der Chloratome
entstehen mono-, bi-, tri- oder tetrafunktionelle Hydroxylverbindungen (Silan-
ole), die bei der Polykondensationsreaktion unter Wasseraustritt lineare Ketten-
moleküle oder flächenförmige sowie räumlich vernetzte Produkte ergeben.

Dimethylchlorsilan Hydrolyse Salzsäure


bifunktionelles Silanol
Polykondensate
Duroplastische

Polykondensation Wasser
lineares Silicon
1380 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bei der Polykondensation können auch verschieden funktionelle Chlorsilane


miteinander verbunden werden.
Die oben wiedergegebene Polykondensation von Dimetylchlorsilan führt zu
linearen Polymeren. Die Hydrolyse von Monomethyltrichlorsilan zur Netz-
struktur.

Monomethyl- Hydrolyse trifunktionelles Polykondensation


trichlorsilan Silanol vernetztes Silicon

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Eigenschaften der Silicone weichen wegen ihres vorwiegend anorganischen
Charakters wesentlich von denen der herkömmlichen Kunststoffe ab. Die Vielfalt
des Aufbaues der Chlorsilane, die außer Chloratomen entweder Methyl-, Ethyl-
oder Phenylgruppen enthalten, führt zu einer großen Anzahl von Siliconen un-
terschiedlicher Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten. Methylgruppen
machen wasserabweisend und schwer entflammbar, Phenylgruppen erhöhen die
Formbeständigkeit in der Wärme, Fluorgruppen erhöhen die Beständigkeit ge-
gen Kohlenwasserstoffe und Ester. Den vielfältigen Möglichkeiten der Polykon-
densation der Silicone entsprechend werden die Silicone als Flüssigkeiten,
Wachse oder Feststoffe geliefert.
Werfen wir vor Behandlung der in diesem Buch im Vordergrund stehenden
härtbaren Silicon-Formmassen einen Blick auf die wichtigsten Siliconerzeug-
nisse.

Öle, Wachse, Pasten


Die hydrolytische Polykondensation von Di- und Trimethylchlorsilanen führt zu
den Siliconölen, die sich in einem breiten Temperaturbereich durch eine fast
gleichbleibende Viskosität auszeichnen. Sie werden als Hydraulikflüssigkeit in
Messgeräten, Getrieben und im Fahrzeugbau verwendet. Die Siliconöle und Sili-
confette wirken als Trennmittel in Werkzeugen bei der Kautschuk- und Kunst-
stoffverarbeitung. In Verbindung mit Wachs erhält man wasserabweisende
Poliermittel für Möbel und Automobile. SI-Pasten werden für die Herstellung
hautverträglicher medizinischer und kosmetischer Präparate verwendet. Was-
serlösliches Siliconat dient als wasserabweisendes Schutzmittel für Mauerwerk
und Putz. Selbst in großer Verdünnung wirken die Siliconöle als Entschäu-
mungsmittel. Copolymere aus Silicon werden zur Beherrschung der Zellstruktur
von Polyurethan-Schaumstoffen verwendet.

Harze
Polykondensate
Duroplastische

Die Siliconharze zeichnen sich durch hohe Temperaturbeständigkeit aus. Sie


werden zum Imprägnieren von elektrischen Isolationen bei Motoren und Trans-
formatoren, zum Imprägnieren von Glasgewebe sowie als Rohstoffe für wärme-
beständige Lacke verwendet. Siliconharze mit reaktiven Gruppen dienen zur
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1381

Modifizierung von Alkyd-, Epoxid- und Acrylharzlacken, die dadurch elastisch


und witterungsbeständig werden.

Elastomere
Hochmolekulare, mit Kieselsäure gefüllte Polysiloxane können mit Hilfe von
Peroxiden zu Elastomeren vernetzt werden. Diese Silicon-Kautschuke zeichnen
sich durch hohe Formbeständigkeit in der Wärme und hohe Zähigkeit bei tiefen
Temperaturen aus. Dazu kommt die Beständigkeit gegen zahlreiche Chemika-
lien – außer Lösemittel und Ozon. Dichtungsringe und Dichtungsmanschetten
aus SI-Kautschuk sind im Maschinenbau unentbehrliche Hilfsmaterialien ge-
worden.

IPN-Technik (Interpenetrating Network)


Die klassische, auf SI-Formmassen basierende IPN-Technik nach einem Verfah-
ren der Shell besteht aus dem Aufbau eines räumlich vermaschten Netzwerks
von zwei Komponenten (SI plus einer zweiten vernetzenden Kompetente). In-
zwischen wurde eine gleichsam Semi-IPN-Technik entwickelt, die sich vor allem
für Thermoplaste eignet, indem nur die reaktionsfähigen Komponenten ver-
netzt werden und die anderen linear verbleiben. Nach diesem Verfahren werden
die reaktiven Silicon-Komponenten im Schmelzzustand mit dem Granulat des
Matrix-Thermoplasten gemischt. Sobald im Plastifizierzylinder des Extruders
oder der Spritzgießmaschine der Schmelzzustand erreicht ist, beginnen die Sili-
cone miteinander zu reagieren und bilden ein räumliches, den linear verblei-
benden Thermoplasten durchdringendes Netzwerk. Die Reaktion startet zwar
im Schmelzzustand, sie schreitet jedoch im Festzustand fort. Die LNP Corp./US,
hat unter dem Handelsnamen „Rimplast“ eine Reihe konventionell thermoplas-
tisch verarbeitbarer Polymere in das Lieferprogramm aufgenommen. Sie sind
für das Extrudieren, Blasformen und Spritzgießen bestimmt.

2.2.2.6.1
Härtbare Siliconharz-Formmassen
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Siliconharz-Formmassen werden ausschließlich in der Elektrotechnik verwen-
det. Sie sind stets dann am Platze, wenn die Wärmestandfestigkeit der Pheno-
und Aminoplaste sowie der UP- und PDAP-Formmassen nicht mehr ausreicht.
Bei Temperaturen unter 150 °C sind die übrigen Massen, vor allem die UP-Reak-
tionsharz-Formstoffe, überlegen.
Die Silicon-Formstoffe sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
• hohe Wärmebeständigkeit,
• gute elektrische und dielektrische Eigenschaften über einen breiten Fre-
quenz- und Temperaturbereich,
Polykondensate
Duroplastische

• geringe Wasseraufnahme,
• ohne Zusatzstoffe flammwidrig, selbsterlöschend,
• gute Fließeigenschaften,
• lange Aushärtezeit im Vergleich zu anderen Formmassen,
1382 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• begrenzte Lagerbarkeit,
• mittleres Niveau der mechanischen Eigenschaften,
• mäßiges Wärmeschockverhalten,
• hoher Preis.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die härtbaren SI-Formmassen enthalten einen Katalysator, der beim Verarbei-
ten, d. h. Temperaturen von 160 bis 200 °C, die in-situ-Vernetzung des aus cycli-
schen, linearen, verzweigten und teilvernetzten, an Hydroxylgruppen reichen
Polymeren bewirkt. SI-Formteile werden häufig einige Stunden bei Temperatu-
ren um 200 °C nachgehärtet, um optimale Eigenschaften zu erzielen.

■ Zusatzstoffe
Als Härtungskatalysatoren werden beispielsweise Ethanolamin, Triphenoxy-
oder Tributoxysilan verwendet.
Als Füllstoffe dienen Glimmer und Kieselgur, als Verstärkgungsstoffe Glas-
und (Asbestfasern).

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte kennzeichnender Eigenschaften von SI-Formstoffen enthält Tabelle
2-129.

■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-


geschwindigkeit
Silicon-Formmassen sind in ihren mechanischen Eigenschaften weniger tempe-
raturabhängig als andere härtbare Formmassen, z. B. Phenoplaste, wie Bild 2-729
anhand der Biegefestigkeit zeigt.
Das Niveau ist zwar bis 150 °C niedriger, bei höheren Temperaturen zeigt sich
jedoch die Überlegenheit der Siliconharz-Formteile.

Langzeitverhalten
Den Einfluss der Wärmealterung bei verschiedenen Temperaturen auf die Bie-
gefestigkeit zeigt Bild 2-730.Auch hier zeigt sich ein wesentlich geringerer Abfall
als bei den duroplastischen Formstoffen.

Bild 2-729. Biegefestigkeit gehärte-


Polykondensate
Duroplastische

ter Formstoffe in Abhängigkeit von


der Temperatur
a Siliconharz-Formmasse
b Phenolharz-Formmasse
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1383

Bild 2-730. Einfluss der Wär-


mealterung bei verschiedenen
Temperaturen auf die Biege-
festigkeit von Siliconharz-
Formstoffen

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabelle 2-129.
Langzeitlagerung nasser und trockener Probekörper in Luft bei 300 °C verän-
dert auch die Dielektrizitätszahl kaum, Bild 2-731. Die geringfähige Wasserauf-
nahme bei Lagerung in kochendem Wasser zeigt Bild 2-732 im Vergleich zu EP-
und PF-Harz-Formstoffen.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: verdünnte Mineralsäuren und Laugen, Meerwasser, Methanol,
Glycol, Ameisensäure.
Nicht beständig gegen: aromatische Kohlenwasserstoffe und zahlreiche Löse-
mittel, konzentrierte Säuren, Laugen.

■ Witterungsbeständigkeit
Die Witterungsbeständigkeit von Silicon-Formstoffen ist derjenigen von EP-,
PF- und UP/Styrolharz-Formstoffen vergleichbar.

■ Strahlenbeständigkeit
SI-Formstoffe vernetzen zunächst bei Einwirkung energiereicher Strahlung und
zersetzen sich dann. Es fehlen die schützenden Phenylringe, wie bei den Poly-
aromaten. Bei Strahlungsdosen von 15 kJ/kg fallen die Werte der mechanischen
Eigenschaften bereits um die Hälfte. Bei Temperaturen um 200 °C tritt der Abfall
bereits bei Strahlungsdosen von 5 · 10 J/kg ein [1].

■ Brennbarkeit
Silicon weist wegen seiner thermischen Beständigkeit eine höhere Entzündungs-
Polykondensate
Duroplastische

temperatur als andere Kunststoffe auf. Es brennt – solange eine Zündquelle vor-
handen ist – unter Einwirkung eines charakteristischen Kieselsäurerauchs. Ge-
ringe Zusätze von Kupferoxid setzen die Entflammbarkeit herab. Es verbleibt ein
zerklüfteter Rückstand (SiO2).
1384 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-731. Einfluss der


Wärmealterung auf die Di-
elektrizitätszahl von Silicon-
harz-Formstoffen

Bild 2-732. Gewichtsveränderung


von Formstoffen aus verschiede-
nen härtbaren Harzen
a Epoxidharz
b Phenol/Formaldehydharz
c Siliconharz

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase


Eine Kuriosität der Silicone ist ihre selektive Gasdurchlässigkeit. Überzieht man
einen 28 l fassenden Käfig mit einer 25 mm dicken Folie aus Silicon-Kautschuk,
so erhält ein in dem Käfig unter Wasser getaucht lebender Vogel durch die Folie
Polykondensate
Duroplastische

hindurch genügend Sauerstoff, um am Leben zu bleiben. Ein Mensch würde eine


Käfigoberfläche von 24 m2 benötigen. Wegen dieser hohen Durchlässigkeit für
Sauerstoff im Vergleich mit anderen Gasen könnte auf diese Weise ein Zelt mit
Sauerstoffanreicherung sogar unter Wasser geschaffen werden.
2.2.2 Duroplastische Polykondensate 1385

■ Gesundheitliche Beurteilung
Siliconharz-Formstoffe werden üblicherweise nicht für Gegenstände verwendet,
die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Die Silicone sind grundsätzlich
physiologisch unbedenklich.

■ Verarbeitung
Dielektrisch vorgewärmte Vorformlinge werden vorwiegend durch Spritzpres-
sen für das Einkapseln elektrischer Bauteile verarbeitet. Die Formzeit beträgt
1 bis 5 min bei 150 bis 180 °C und Drücken von 300 bis 700 N/mm2. Die Ver-
arbeitungsschwindung ist mit 0,2 bis 0,9 % gering.

Anwendungsbeispiele
Einbetten elektronischer Bauteile, Spulenkörper, als Füllstoffe dienen Glas-
(und Asbestfasern) sowie Glimmer; Siliconöle sind im Temperaturbereich
von – 60 bis + 300 °C beständig.

Handelsnamen
Baysilon (Bayer AG/DE)
Blu-Sil (The Perma Flex Mold Co.Inc./US)
Commex (Tecknit/US)
Forrozell (Ferrozell GmbH/DE)
Lamitex (Franklin Fibre Lamitex Corp./US)
Rimplast (LNP Plastics Nederland BV/NL)
Silbione (Rhône-Poulenc Silicones/FR)
Silipact (Lonza-Werke/DE)
Siltem (GE Plastics Europe BV/NL)
Wacker Silicone (Wacker Chemie GmbH/DE)
Textolite (GE Plastics Europe BV/NL)
Wacker Silicone (Wacker Chemie GmbH/DE)

2.2.2.6.2
Literatur – Kapitel 2.2.2.5 – 2.2.2.6
[1] Andres, K-H (1971) „Silicone“, Kunstsstoffhandbuch Bd. XI, C. Hanser Verlag, München, S
432 – 508
Polykondensate
Duroplastische
2.2.3 Polyaddukte 1387

2.2.3
Polyaddukte

2.2.3.1 Duroplastische Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . . . 1387


2.2.3.1.1 Epoxidharze (EP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1388
2.2.3.1.2 Technische Epoxidharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1388
2.2.3.1.3 Prepregs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1409
2.2.3.2 Duroplaste als Hochleistungswerkstoffe mit günstigem
Preis/Leistungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1410
2.2.3.2.1 Vernetzte Polyurethane (PUR) . . . . . . . . . . . . . . . 1412
2.2.3.2.1.1 Isocyanatharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1413
2.2.3.2.1.2 Polyurethan-Gießharz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1420
2.2.3.2.1.3 PUR-Integralschaumstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424
2.2.3.2.2 Thermoplastische Polyurethan-Elastomere (TPE-U) . . . 1431
2.2.3.2.2.1 Thermoplastische Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . . 1440
2.2.3.2.2.1.1 Lineare Polyurethane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1440
2.2.3.3 Literatur – Kapitel 2.2.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1442

Im Verlauf der vergangen vier Jahrzehnte kam zu den beiden seit langem be-
kannten Arten des Aufbaus von Polymeren, der Polykondensation und der Poly-
merisation die Polyaddition. Beispielsweise sind Diisocyanate in der Lage, mit
Verbindungen, die Hydroxyl- oder Aminogruppen enthalten, durch Austausch
von Wasserstoffatomen der reagierenden Endgruppen lineare oder vernetzte
Hochpolymere zu bilden. Diese Reaktion kann in Stufen ablaufen wie die Poly-
kondensation. Kennzeichnend ist, dass dabei im Gegensatz zur Polykondensa-
tion keine niedermolekularen Reaktionsprodukte frei werden. Weisen die rea-
gierenden Produkte mehrere reaktionsfähige Gruppen auf, dann entstehen im
Verlauf der Stufenreaktion entweder schwach vernetzte (Elastomere) oder stark
vernetzte (duroplastische) Produkte.

2.2.3.1
Duroplastische Polyaddukte

Während sich bei den Polykondensaten thermoplastische und duroplastische


Sorten in ihrer technischen und wirtschaftlichen Bedeutung die Wage halten,
überwiegen bei den Polyaddukten die Duroplaste bei weitem. Deshalb sollen
diese zuerst besprochen werden.
Polyaddukte
1388 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.3.1.1
Epoxidharze (EP)
Als erster beschrieb P. Schlack (IG-Farbenindustrie AG) im Jahre 1934 Darstel-
lung und Identifizierung verschiedener phenolischer Polyglycidether. Die ent-
scheidende Idee, die große Reaktionsfähigkeit der Ethylenoxidgruppe dieser
Harze zunächst mit Säureanhydriden und später mit Polyaminen technisch zu
verwenden, stammt von P. Castan (De Trey AG, Zürich). Er ließ 1938 Kunstharze
patentieren, die ohne Abspalten flüchtiger Bestandteile aushärten und bei über-
raschend geringem Schwund Endprodukte mit vorzüglichen mechanischen Ei-
genschaften ergeben. Die Firma de Trey verwendete als erste derartige Harze für
zahntechnische Zwecke. Diese Grundlagen führten in der CIBA AG, Basel, im
Jahre 1946 zur Herstellung von EP-Metallklebstoffen, Gieß- und Lackharzen.We-
nige Jahre später begannen auch einige amerikanische Unternehmen und Werke
in der Bundesrepublik Deutschland mit Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet.

2.2.3.1.2
Technische Epoxidharze
Bei den Epoxidharzen handelt es sich um Verbindungen, die eine oder mehrere
sehr reaktionsfähige endständige Epoxidgruppen und Hydroxylgruppen

Epoxidgruppe

enthalten. Die Epoxidharze werden häufig auch als Epoxy- oder Ethoxylinharze
bezeichnet.

■ Herstellung, Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die Vielfalt der Herstellungsverfahren für EP-Harze beruht auf der hohen Reak-
tionsfähigkeit des Dreierrings, d. h. der Epoxidgruppe. Unter jeweils geeigneten
Reaktionsbedingungen (und Katalysatoren) reagiert die EP-Gruppe mit Subs-
tanzen mit „aktivem“ Sauerstoff wie Säuren, Säureanhydriden, Amiden, Ami-
nen, Thiolen, Alkoholen u. a. additiv unter Verschiebung des Wasserstoffs zur
Ethylenoxidgruppe, sodass eine neue HO-Gruppe im Additionsprodukt ent-
steht, die zu weiteren EP-Reaktionen, jedoch auch zu anderen Additionsreaktio-
nen (z. B. Polyurethanen), genutzt werden kann.
Die gebräuchlichen EP-Harze sind nahezu ausschließlich Umsetzungspro-
dukte von Bisphenol A und Epichlorhydrin.

Bisphenol A Epichlorhydrin
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1389

Ausgangsprodukte für die Herstellung von Bisphenol A sind Phenol und Aceton
(daher der Buchstabe A). Bei der Herstellung von EP-Harzen kommt es wegen
der nicht kritischen gelblichen Tönung nicht so sehr auf die höchste Reinheit des
Bisphenol A an wie beispielsweise bei der Herstellung von Polycarbonat. Bisphe-
nol A schmilzt bei 153 °C.
Epichlorhydrin ist der teurere der beiden Ausgangsstoffe für EP-Harze. Pro-
pylen und Chlor sind dessen Ausgangsprodukte. Eine Folgereaktion führt zum
Epichlorhydrin.
Epichlorhydrin ist eine farblose leichtbewegliche Flüssigkeit mit einem Rein-
heitsgrad von 98 %. Epichlorhydrin und Bisphenol A reagieren in Anwesenheit
von Alkalihydroxid unter Bildung einer Chlorhydrinverbindung, die durch Na-
tronlauge rasch in die Glycidyletherverbindung übergeführt wird.

Diglycidylether

Das theoretische molare Verhältnis von Epichorhydrin zu Bisphenol A bei der


Darstellung des Diglycidylethers beträgt 2 : 1. In praxi ist jedoch ein höheres Ver-
hältnis erforderlich, denn das stöchiometrische Verhältnis liefert eine Epichlor-
hydrinausbeute von nur 10 %. Man wählt deshalb das Zwei- bis Dreifache der
stöchiometrischen Menge.
Diglycidylether hat eine molare Masse von 340. Höhermolekulare Verbindun-
gen entstehen durch Verringern des Epichlorhydrinüberschusses und arbeiten
unter strengeren alkalischen Bedingungen. Sie begünstigen die Reaktion der
Epoxidgruppen mit Bisphenol A.
Wenn der Diglycidylether als Diepoxid aufgefasst wird, dann kann dieser mit
weiteren Hydroxylgruppen reagieren. In diesem Falle bilden sich mittelständige
Hydroxylgruppen entlang der Molekülkette und endständige Epoxidgruppen. Die
Strukturform dieses linearen Polyethers kann dann wie folgt dargestellt werden:

linearer Polyether

Mit n = 0 wird das Produkt zu Diglycidylether, die molare Masse beträgt 340, mit
n = 10 wird es etwa 3000. Weil die handelsüblichen Diglycidylether die molare
Masse 4000 kaum übersteigen, liegt meistens nur ein niedriger Polymerisa-
tionsgrad vor. Produkte mit n < 1 sind bei Raumtemperatur flüssig, Produkte mit
n ≥ 1 dagegen fest.
Polyaddukte
1390 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Wenn weniger als 1,6 Moleküle Epichlorhydrin je Molekül Bisphenol A ver-


wendet werden, dann entstehen feste niedrigschmelzende Harze. Daraus können
mit einem Unterschuss von Bisphenol A feste, bei über 100°C schmelzende Harze
hergestellt werden.
Um Epichlorhydrin nicht zu Polyglycerin werden zu lassen, muss Wasser aus-
geschaltet werden. Das als Katalysator verwendete NaOH wird deshalb in fester
Form zugegeben. Die Rekationstemperaturen betragen 50 bis 80 °C. Wenn die
phenolischen Hydroxylgruppen umgesetzt sind, werden das überschüssige
Epichlorhydrin und Kochsalz abgetrennt.

Bisphenol-F-Harze
In neuerer Zeit kamen auch Epoxidharze auf Basis von Bisphenol F in den Han-
del. Bei der Herstellung von Bisphenol F entsteht ein Isomergemisch, bestehend
aus einer Mischung von o,o-, o,p und p,p¢-Bisglycidyloxyphenylmethan. Im Ver-
gleich zu den unmodifizierten flüssigen Bisphenol-A-Harzen weisen Bisphenol-
F-Harze vor allem eine niedrigere Viskosität und eine geringere Neigung zur
Kristallisation auf [1].

Aliphatische Epoxidverbindungen
Als Verdünnungsmittel bzw. reaktive Flexibilisatoren für lösemittelfreie Epoxid-
harzsysteme sind niederviskose Glycidylether aliphatischer Polyole, z. B. der Bu-
tyldiglycidylether, auf dem Markt.

Cycloaliphatische EP-Harze
Während sich die Bisphenol AEP-Harze für Hochspannungsbauteile von Innen-
raumanlagen gegenüber Porzellan rasch durchsetzen konnten, machte sich bei der
Freiluftanwendung dieser aromatenhaltigen Harze die geringere Kriechstrom-
festigkeit störend bemerkbar. Aromatenfreie Polyepoxidverbindungen bilden bei
der Oberflächenzerstörung der Formstoffe deutlich weniger Rückstände. Daraus
resultiert ein besseres Freiluftverhalten in Industrieatmosphäre, nämlich:
• hohe Kriechstromfestigkeit,
• hohe Lichtbogenbeständigkeit,
• hohe Witterungsbeständigkeit.
Verglichen mit den Diglycidylether-Harzen zeichneten sich die cycloaliphati-
schen EP-Harze aus durch:
• helle Farbe,
• niedrige Viskosität,
• geringe Reaktionsgeschwindigkeit mit Aminhärtern,
• hohen Vernetzunsgrad,
• die an sich spröden Harze können durch Verwendung wenig vernetzender
langkettiger aliphatischer Härter flexibilisiert werden,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme,
• hohe Kriechstrom- und Lichtbogenfestigkeit.
Cycloaliphatische EP-Reaktionsharze werden vorwiegend für die Herstellung
von Freiluftisolatoren, Löschkammern von Lasttrennschaltern, GF-verstärkten
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1391

Formteilen, als Stabilisatoren für halogenhaltige Monomere und Polymere so-


wie als Verdünnerharz für Bisphenol-A-Reaktionsharz verwendet [2].
Die cycloaliphatischen EP-Harzsysteme übertreffen auch die übrigen, nicht
aus Bisphenol A hergestellten EP-Harze, z. B. die halogenhaltigen, die aliphati-
schen, die Epoxypropylamine und die Novolaksysteme. Cycloaliphatische EP-
Reaktionsharze wurden Anfang der sechziger Jahre in den USA eingeführt.
Nachstehend einige am Markt erhältliche Harzklassen.

3,4 Epoxy-6-methyl-cyclohexyl-methyl

Vinlycyclohexandioxid Dicyclopentadiendioxid

Heterocyclische EP-Harze
Die cycloaliphatischen Epoxidharze erlangten auf dem Gebiet des Oberflächen-
schutzes bisher keine Bedeutung. Durch Glycidylierung von Cyanursäure mit
Hilfe von Epichlorhydrin kann das technisch bedeutsame Triglycidylisocyanurat
hergestellt werden.

Cyanursäure Triglycidylisocyanurat (TGIC)

Kombinationen von TGIC mit carboxylgruppenhaltigen, ölfreien Polyestern


führen zu Pulverlacksystemen, die außenbewitterungsbeständige Filme er-
geben.

Thermoplastische Epoxidharze
Lineare, hochmolekulare Polykondensate aus Bisphenol A und Epichlorhydrin
(Molmassebereich 50 000) werden als thermoplastische Lackharze verwendet.

linearer Polyether

Im Unterschied zu den konventionellen Epoxidharzen können sie als rein physi-


kalisch trocknende Bindemittel angewendet werden. Sie erfordern keine Härter.
Polyaddukte
1392 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Wegen ihrer Hydroxylfunktionalität können sie jedoch mit anderen Komponen-


ten vernetzt werden, z. B. mit Harnstoffen-, Melamin- und Phenolharzen sowie
mit Polyisocyanaten.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
EP-Harze sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet [3 – 5].
• die Reaktions-Formmasse kann in einem großen Viskositäsbereich zwischen
fest und flüssig eingestellt werden. Reaktive verdünnte Weichmacher und
Füllstoffe ermöglichen die Wahl des jeweils günstigsten Rezeptes;
• die Wahl des Härtungsmittels ermöglicht das Beschleunigen oder das Verzö-
gern des Härtungsverlaufs bei verschiedenen Temperaturen [6].
Die spezifischen Vorteile der aus EP-Reaktionsharzen hergestellten Formstoffe
und Formteile geht am deutlichsten aus einem Vergleich mit den in vielen Fällen
damit in Wettbewerb stehenden Formstoffen aus UP-Reaktionsharzen hervor [5].
Gießharzformstoffe aus EP-Harz und UP-Harz haben folgende Eigenschaften:

EP-Harz
• luftrocknende Härtung,
• hohe Füllbarkeit,
• geringe Schwindung,
• geringe Neigung zu Spannungsrissbildung,
• gute Haftung auf nahezu allen Werkstoffen,
• keine Abspaltung niedermolekularer Reaktionsprodukte, deshalb geringe
Mikroporosität,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien (vor allem gegen
Alkalien),
• hohe Festigkeit bei zügiger und schwingender Beanspruchung,
• gutes Dämpfungsvermögen (bei höherer Temperatur),
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme und Wärmestandfestigkeit,
• günstiges Alterungsverhalten,
• gute elektrische und dielektrische Eigenschaften – auch nach Alterung,
• geringe Brennbarkeit der Standard-Reaktionsharze,
• Geruch- und Geschmackfreiheit,
• Systeme nach Maß einstellbar.

UP-Harze
• kurze Härtungszeiten,
• leichte Handhabung,
• weniger Fehlermöglichkeiten bei der Dosierung der Härter,
• leichte Entformbarkeit,
• Herstellung glasklarer Formkörper möglich,
• geringe Vergilbung,
• höhere Beständigkeit gegenüber organischen Säuren,
• geringere Toxizität bei der Verarbeitung,
• niedrigerer Preis.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1393

■ Zusatzstoffe: Funktionszusatzstoffe; Härtungsmittel


Aus EP-Harzen werden Formstoffe erst durch einen Härtungsprozess. Die Harze
sind im reinen Zustand bei Raumtemperatur unbegrenzt stabil. Da die Härter
bei diesen Reaktionen nicht Katalysatoren, sondern Reaktionspartner sind,
kommt es auf eine genaue Einhaltung der vorgeschriebenen Mengenverhält-
nisse an. Für deren Berechnung geben die Hersteller das Epoxid-Äquivalentge-
wicht, den Epoxidwert oder die Epoxidzahl der Harze und die entsprechenden
Äquivalentgewichte der Reaktionsmittel an.
• Das Epoxidäquivalent entspricht derjenigen Harzmenge in Gramm, die 1 Mol
Epoxidgruppen enthält (Leiter c, Bild 2-733).

Bild 2-733 Stöchiometrische Mischungsverhältnisse für EP-Reaktionsharzsysteme mit Poly-


aminhärtern
a Härter, Mol aktiver Wasserstoff je 1000 g Härter
b Masseteile Härter je 100 Harz
c EP-Harz Epoxidwert je 1000 g
d EP-Harz Epoxidwert je 1000 g
e Masseteile Härter je 100 Harz
f Härter, Mol aktiver Wasserstoff je 1000 g Harz
g Triethylentetramin (TETA)
Beispiel:
Epoxidwert des Harzes 5,2 (Leiter c)
molare Masse von TETA 146,24
Anzahl der aktiven H-Atome 6
Mol aktiver Wasserstoff je 100 g 4,1 (Leiter f)
Zusatzmenge an Härter je 100 g Harz 12,7 Masse-Teile
Polyaddukte
1394 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• Der Gehalt an Epoxidgruppen im Molekül wird häufig auch als Epoxidwert


bezeichnet. Er entspricht der Anzahl an Epoxidgruppen in 100 bis 1000 g
Harz. Berechnet durch Dividieren von 100 bis 1000 durch das Epoxidäquiva-
lent (Leiter d).
• Der Gehalt an Mol aktivem Wasserstoff je 100 g Härter wird ermittelt durch
Dividieren der Anzahl der aktiven H-Atome (6 bei TETA) durch die molare
Masse (146,24 bei TETA) entsprechend 4,1 (Leiter f).
Die Härter werden nach Warm- und Kalthärtern unterschieden.
Härtungsdauer und -temperatur sind von der Art der Reaktionspartner ab-
hängig. Allgemein gilt: Je höher die Härtungstemperatur, desto kürzer die Här-
tungszeit. Für kalthärtende Massen werden keine Angaben gemacht. Hier gilt all-
gemein, dass die Härtung in 24 Std. bei Raumtemperatur ausreichend ist. Eine
anschließende Temperung kann allerdings noch zu einer Steigerung der mecha-
nischen und thermischen Werte führen.

Warmhärter (Säureanhydride)
Phthalsäureanhydrid Härtezeit 54 bis 8 h bei 150 °C,
HDT des Formstoffs nur 110 °C,
Hexahydrophthalsäureanhydrid schmilzt bei 35 bis 36 °C, löst sich bei Raum-
temperatur im EP-Harz, HDT des Formstoffs
120 °C, teuer als Phthalsäure.
Das Beispiel einer Säureanhydrid-Heiß- bzw. Warmhärtung gibt Bild 2-734 wie-
der. Die genannten Harzsysteme werden vorwiegend als Gieß-, Laminier- und
Imprägnierharze in der Elektrotechnik verwendet.
Für die Herstellung schwer entflammbarer EP-Formstoffe stehen chlorierte
Polycarbonsäureanhydride zur Verfügung.

Warmhärter (aromatische Amine)


Zu dieser Gruppe gehören z. B. m-Phenylendiamin (MPD) und Dicyandiamid
(DICY). Diese Härter werden vorwiegend für die Herstellung von Schichtpress-

Bild 2-734. Temperatur/Zeitdiagramm


von Lekutherm Reaktionsharzen (nach
DIN 16 945) Säureanhydrid-Heiß- bzw.
Warmhärtung (Quelle: Bayer AG/DE)
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1395

stoffen und Bauteilen verwendet, die einer hohen chemischen Beanspruchung


(vor allem Lösemittel) ausgesetzt sind. Im Vergleich mit den aliphatischen Ami-
nen und deren Derivate führen die aromatischen Polyamine entsprechend der
höheren Härtungstemperatur zu Formstoffen mit höherer Formbeständigkeit in
der Wärme, höherer Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien und
besseren dielektrischen Eigenschaften. Meta-Phenylendiamin, 4,4¢-Methylen-
dianilin und 4,4¢-Diaminodiphenylsulfon sind feste Stoffe. Sie müssen vor der
Verarbeitung geschmolzen oder in erwärmtem Harz gelöst werden. Die Härtung
vollzieht sich nur in der Wärme. Bei Raumtemperatur sind diese Harze lange
verarbeitbar. Außerdem durchläuft die Reaktion eine stabile Zwischenstufe, den
sog. B-Zustand.

Kalthärter (aliphatische Amine)


Primäre und sekundäre aliphatische Polyamine ermöglichen das Härten flüssi-
ger Harze bei Raumtemperatur. Zu den Polyaminen gehört beispielsweise das
Triethylentetramin (TETA). Aliphatische Amine führen zu Formstoffen mit ho-
her Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien. Einen Eindruck vom
Härtungsverlauf einer Reaktionsharzmasse mit kalthärtenden Polyaminen ver-
mittelt das Bild 2-735.
Zu den Kalt- und Warmhärtern gehören die Polyaminamide (auch Polyami-
doamine). Sie erhöhen Flexibilität, Bruchdehnung und Schlagzähigkeit, sie er-
niedrigen jedoch Festigkeit und Formbeständigkeit in der Wärme. Epoxidharz
und Härter sind nicht die einzigen Bestandteile eines Harzrezeptes. Es bedarf
noch einiger Zusatzstoffe, um Formstoffe mit gezielten Eigenschaften herstellen
zu können.

Verdünner
Für manche Anwendungszwecke ist die Viskosität der Epoxidharze zu hoch. Bla-
sige Formstoffe und nicht benetzte Armierungen sind die Folge. Lösemittel müs-
sen vor der Härtung wieder entfernt werden, Weichmacher beeinträchtigen die
Formbeständigkeit in der Wärme. Am besten eignen sich die sog. reaktiven Ver-

Bild 2-735. Temperatur/Zeitdiagramm


von Lekutherm Reaktionsharzen (nach
DIN 16945) Aminhärtungs-Kalthärtung
(Quelle: Bayer AG/DE)
Polyaddukte
1396 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

dünner. Sie enthalten Epoxidgruppen, die mit in den Härtungsmechanismus


einbezogen werden. Einen vorzüglichen Verdünnungseffekt hat Butylglycidyl-
ether (Verdünner eignen sich ebenfalls zum Reinigen von Werkzeugen und
Geräten [7]).

Flexibilisatoren
Nicht modifizierte EP-Harze sind meistens hart und spröde. In Verbindung mit
verstärkenden Glasfasern macht sich die Sprödigkeit kaum bemerkbar. Von
Tränk-, Gieß- und Klebharzen wird jedoch eine höhere Zähigkeit und Schlag-
festigkeit verlangt.
Die bei der PVC-Verarbeitung üblichen Weichmacher eignen sich auch zum
Elastifizieren von EP-Harzen. Es muss jedoch eine Einbuße bei Festigkeit, di-
elektrischen Eigenschaften und Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemi-
kalien in Kauf genommen werden.
Polysulfide und Polyaminoamide erfüllen weitgehend die technischen Anfor-
derungen.
Polysulfide (z. B. Thiokole) sind leichtbewegliche Flüssigkeiten. Sie beeinflus-
sen den Härtungsvorgang nur geringfügig.
Die Polyaminoamide sind bei kalt- und warmhärtenden Harzen anwendbar.
Viskosität der Harzmischungen, Schwindung und Wärmetönung werden er-
niedrigt. Gute mechanische und elektrische Eigenschaften werden beibehalten.
Die Gefahr, dass Dermatosen ausgelöst werden, ist gering.

Farbmittel
Vergussmassen für die Elektroindustrie werden in Weiß oder Braun mit TiO2
bzw. Eisenoxidbraun oder den entsprechenden Farbpasten eingefärbt. Beschich-
tungsharze erhalten in Füllstoffen wie Kreide, Kaolin, Kieselerde u. a. als Farb-
mittelzusatz Eisenoxidpigmente, Chromoxidgrün oder Titandioxid. Im Boot-
und Flugzeugbau werden hochwertige Farbmittel eingesetzt, beispielsweise
Cadmium- oder Phthalocyaninpigmente, häufig in Abmischung mit TiO2. Farb-
pasten gewährleisten grundsätzlich die beste Dispergierung der Farbmittel.

Füllstoffe
EP-Harze eignen sich für die Aufnahme inerter Füllstoffe. Diese können anorga-
nischer, organischer oder metallischer Natur sein.
Füllstoffe verringern Wärmetönung, Härtungsschwindung und thermische
Ausdehnung. Sie verbessern die Wärmeleitfähigkeit. Auch die Fließfähigkeit
kann beeinflusst werden. Bestimmte Füllstoffe verleihen den Harzen z. B. Thi-
xotropie.
Eine umfassende Übersicht gibt Tabelle 2-130.

Verstärkungsstoffe
Siehe Abschnitt 2.2.2.4 Ungesättigte Polyesterharze.

■ Sortiment
EP-Reaktionsharze stehen als Gieß-, Träufel- und Imprägnier- sowie als Lack-
und Beschichtungsharze in großer Vielfalt zur Verfügung.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1397

■ Lieferform
EP-Rekationsharze werden in fester und flüssiger (unverdünnt und mit Lösemittel
verdünnt) Form sowie als Glasfaser-Prepregs geliefert.Dazu kommen press-,spritz-
press- und spritzgießbare Formmassen. Halbzeug wird in Form von Rohren, Profi-
len und Schichtpressstoffen angeboten. Die Lagerfähigkeit der ungehärteten Harze
dauert je nach Lagerungstemperatur und Rezept Stunden bis Jahre.
■ Typisierung
DIN 16 945 (04.76) Reaktionsharze, Reaktionsmittel, Reaktionsharzmassen,
Prüfverfahren
DIN 16 946 T1 (04.76) Reaktionsharzformstoffe, Gießharzformstoffe,
Prüfverfahren
DIN 16 946 T2 (04.76) Reaktionsharzformstoffe, Gießharzformstoffe, Typen
VDI-Richtlinie 2010, Faserverstärkte Reaktionsharzformstoffe;
Bl. 3 (01.80) Epoxidharze
Außerdem liefern die Hersteller eine große Anzahl nicht typisierter Harze, die
den jeweiligen Anforderungen entsprechen.
■ Physikalische Eigenschaften
Die physikalischen Eigenschaften von EP-Formstoffen sind wegen ihrer Abhängig-
keit von dem jeweiligen Rezept (Harz-, Härter- und gegebenenfalls Beschleuniger-
typ) nur im Einzelfall angebbar. Dazu kommt die betonte Abhängigkeit von anderen
Parametern wie Temperatur, Beanspruchungsdauer und -art sowie der Frequenz.
Sofern EP-Harze nicht flexibilisiert, gefüllt oder verstärkt wurden, weichen
ihre physikalischen Eigenschaften bei Raumtemperatur nicht sehr voneinander
ab. Das Bild ändert sich jedoch mit zunehmender Temperatur grundlegend.
■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Das typische Verhalten von EP-Formstoffen bei Zugbeanspruchung zeigt Bild
2-736. Die Ergebnisse der nach DIN 53452 ISO 527, ASTM D 638 durchgeführten
Biegeversuche gibt Bild 2-737 wieder.

Bild 2-736. Spannungsdehnungsdia-


gramm von Lekutherm Fomstoffen
(Quelle: Bayer AG/DE)
Polyaddukte
1398 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Tabelle 2-130. Füllstoffe für EP-Harze, Verarbeitung und Anwednung

Charakteristische Eigenschaften der Füllstoffe

Füllstoff Spez. Gewicht Schüttgewicht Ungefähre Farbe Zusatzmenge


100 cm3 Korngröße zu 100 Masse-
Teilen Epoxid-
harz in
Masse-Teilen

Aerosil 2,2 4,0 10 … 40 10–6 mm weiß 0 … 20

Microdol 20 mm 2,87 125 2,9 mm weiß 100 … 400

Kreidemehl 2,7 100 …120 < 0,1 mm gelblich ~ 50 … 300

Kaolin 2,6 25 … 45 < 0,1 mm weiß-gelb. ~ 25 … 200

Talk 2,7 50 … 60 < 0,5 mm weiß ~ 25 … 200

Schiefermehl 2,5 45 … 70 < 0,6 mm grauschwarz ~ 25 …150

Quarzmehl 2,65 100 …110 < 0,06 grau ~ 100 … 400

Prozellanmehl 2,4 100 < 0,06 mm weiß ~ 100 … 400

Quarzsand 2,65 130 …160 0,1…1 mm grau ~ 300 …700

Glimmer-Pulver 2,6 … 3,2 45 … 55 < 0,1 mm grau ~ 25 …100

Vulkanasche 0,3 … 0,5 5 …15 0,5 … 2 mm gelb-braun ~ 10 … 30


Korkmehl 0,2 … 0,3 5 …10 0,1… 2 mm gelb-braun ~ 5 …10
Graphit 2,3 … 2,6 25 … 45 < 0,1 mm schwarz ~ 30 … 80

Metallpulver verschieden verschieden verschieden verschieden verschieden

Metallspäne verschieden verschieden – – verschieden

Metallgeflechte vorhanden – – verschieden verschieden

Baumw.-Flock. 1,5 …1,55 12 …15 – weiß ~ 10 … 20


Glasfasern 2,4 …2,6 13 …106 Länge 1/2 …20 weiß ~ 20 … 35
mm
Glasfaser- 2,4 …2,6 – – weiß ~ 20 … 80
matten
Glasfaserbänder 2,4 …2,6 – – weiß ~ 100 … 300
u. -gewebe

Erläuterungen zur vorletzten Spalte:


1 gut einfärbbar 7 bleibt in Schwebe
2 erhöht Viskosität schon bei geringen Zusätzen 8 beschleunigt Härtungsvorgang.
3 sehr leicht mischbar (netzt gut, keine Knollen) verkürzt Standzeit (pot, life)
4 nicht gut mischbar (netzt schlecht, Knollen) 9 Armierungsmaterial, el. Spannungsableiter
5 sehr schwer mischbar (netzt schlecht, Knollen) 10 hygroskopisch: Achtung Feuchtigkeit
6 setzt rasch ab
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1399

Einfluss der Füllstoffe auf Epoxidharze

Besonderheiten Bezüglich Verarbeitung Bezüglich Anwendung

mit heiß- und kalthärtenden 2 4 10 2 9 12 13


Harzen
mit heiß- und kalthärtenden 1 3 7 1 3 9 10 11
Harzen
meist nur mit kalthärtenden 1 3 10 1 2 5
Harzen
meist nur mit kalthärtenden 1 4 10 1 3
Harzen
mit heiß- und kalthärtenden 1 3 10 1 2 6 7 8
Harzen
mit heiß- und kalthärtenden 3 1 3 7 9
Harzen
für Eektroanwendung: 1 3 6 konzentr. abhängig 1 4 7 9 10 11
99,2% SiO2 notwendig, Fe-frei
mit heiß- und kalthärtenden 1 3 6 konzentr. abhängig 1 4 7 9 10 11
Harzen
mit heiß- und kalthärtenden 3 6 konzentr. abhängig 1 4 7 9 10 11
Harzen
mit heiß- und kalthärtenden 2 4 2 6 7 9 12
Harzen
nur mit kalthärtenden Harzen 2 3 7 10 1 3 5 12 13
nur mit kalthärtenden Harzen 2 4 7 konzentr. abh. 10 2 5 8 12 13
mit heiß- und kalthärtenden 3 8 1 2 5 6 7 11
Harzen
meist nur mit kalthärtenden 3 6 8 1 2 5 6 10 11 14 15
Harzen
meist nur mit kalthärtenden 3 6 8 1 2 5 8 10 11 14 15
Harzen
meist nur mit kalthärtenden 9 Armierungsmaterial, erhöht
Harzen allgemein mech. Festigkeit
und Leitfähigkeit
nur mit kalthärtenden Harzen 1 2 3 7 (Armierung) 10 1 2 5 8 12 13
meist nur mit kalthärtenden 1 2 3 7 1 4 7 8 9 10 12
Harzen
9 Armierungsmaterial, erhöht
allgemein mech. Festigkeit
9 Armierungsmaterial, erhöht
allgemein mech. Festigkeit

Erläuterungen zur letzten Spalte:


1 geringer Schwund 9 gute elektr. Isolierfähigkeit
2 gute mech. Bearbeitbarkeit 10 geringer Ausdehnungskoeffizient
3 mittl. mech. Beanspruchung 11 erhöhte Wärmeleitfähigkeit
4 schlechte mech. Bearbeitbarkeit 12 gute Wärmedämmung
5 ungeeignet als Elektro-Isoliermaterial 13 geringes spez. Gewicht
6 gute Gleiteigenschaften 14 hohes spez. Gewicht
7 gute Abriebfestigkeit 15 erniedrigt exotherm. Reaktion
8 hohe Schlagfestigkeit (Schlagbiege, Kerbschlag)
Polyaddukte
1400 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-737. Biegespannungsdurchbiegungs-


diagramm von Lekutherm Formstoffen
(Quelle: Bayer AG/DE)

Umwandlungstemperaturen
Die Umwandlungstemperatur von EP-Formstoffen und damit auch die Formbe-
ständigkeit in der Wärme werden – wie viele andere physikalische Eigenschaf-
ten – durch die Härtungsbedingungen wesentlich beeinflusst, wie nachstehende
Übersicht am Beispiel des heißhärtenden Laminierharzsystems Araldit LY-556
und Härter HT 972 zeigt:

Härtungsbedingungen Umwandlungstemperatur Tg

2 h/100°C 115 bis 120°C


1
/2 h/120°C 120 bis 130°C
2 h/120°C 140 bis 150°C
1
/2 h/140°C 150 bis 155°C
2 h/140°C 150 bis 160°C
8 h/140°C 160 bis 170°C
2 h/160°C 165 bis 175°C

Die Abhängigkeit des Schubmoduls dieses Formstoffs von der Temperatur ist in
Bild 2-738 wiedergegeben.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Das Zeitstandverhalten eines GF-verstärkten EP-Formstoffs gibt Tabelle 4-29 an
Hand des Zug-Kriech-Moduls wieder. Es versteht sich von selbst, dass diese
Werte angesichts der großen Vielfalt möglicher Harzrezepte nur richtungsge-
bend sein können. Es ist beachtlich, dass der Zug-Kriech-Modul nach 1000-stün-
diger Beanspruchung mit 21 N/mm2 bei 121 °C noch den Wert von 4800 N/mm2
aufweist.

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Einen Eindruck vom Schlagzähigkeitsverhalten in Abhängigkeit von der Tem-
peratur vermittelt Bild 2-739.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1401

Bild 2-738. Abhängigkeit des


Schubmoduls eines heißhärtenden
Araldit Laminierharzsystems von
der Temperatur
Härtungsbedingungen: 4 h/80 °C +
8 h/140 °C

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Glasfaserverstärkte EP-Formstoffe weisen eine überraschend hohe Wechsel-
festigkeit auf, wie die nachstehende Übersicht zeigt. Die Prüftemperatur betrug
23 °C, die Lastspielfrequenz 7 Hz [8].

Formstoff Biegewechselbereich Zugschwellbereich


sm = 0 sm = 1 N/mm2
ss = kosnt. sa = konst.
N/mm2 N/mm2

EP-GF 50 (Gewebe) 140 55


UP-GF 60 (Gewebe) – 41
PET-GF 30 – 33
PBT-GF 30 – 27
UP – 7
UP-GF 40 (Matte) 55 18
POM-GF 40 – 21
PA 6-GF 30 (tr.) – 30
PC 21 12
PC-GF 35 –
PMMA 11 –
UF Typ 131.5 30 –

■ Thermische Eigenschaften
Die EP-Formstoffe weisen sehr unterschiedliche thermische Eigenschaften auf.
So beträgt z. B. die Glasübergangstemperatur eines Kalthärtersystems 70 °C, die
eines Warmhärters 140 °C. Darauf beruht die sehr unterschiedliche Formbestän-
digkeit in der Wärme.

■ Elektrische Eigenschaften
Auch die elektrischen und die dielektrischen Eigenschaften von EP-Harzen wer-
den maßgebend vom Aufbau des Rezeptes, d. h. vom Härtersystem, und den
Zusatzstoffen bestimmt. Bild 2-740 gibt die Temperaturabhängigkeit der Dielek-
Polyaddukte
1402 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-739. Temperaturabhängigkeit der Biegefestigkeit und Schlagzähigkeit einiger EP-Form-


stoffe
a Epoxidharz festes, niederschmelzendes
Epoxidwert 2,2 bis 2,6
Härter Phthalsäureanhydrid
Aushärtung 7 h bei 160 °C
b Epoxidharz Viskosität bei 25 °C, 9 bis 13 Pa · s
Epoxidwert 5,1 bis 5,3
Härter HY 905 der CIBA (Eutektisches Gemisch von Anhydriden)
beschleunigt mit einem Amin
Aushärtung 2 h bei 80 °C und anschließend 2 h bei 140 °C
c Epoxidharz Viskosität bei 25 °C, 9 bis 13 Pa · s
Epoxidwert 5,1 bis 5,3
Härter 4,4¢-Methylendianilin
Härtung 2 h bei 80 °C und anschließend 2 h bei 140 °C
d Epoxidharz ARALDIT D flüssig, plastifiziert
Härter Triethylentetramin
Aushärtung 24 h bei 40 °C

trizitätszahl und des dielektrischen Verlustfaktors verschiedener EP-Harz/Här-


tersysteme wieder. Bild 2-741 zeigt die Änderung des spezifischen Durchgangs-
widerstandes mit der Temperatur.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Bisphenol-A-Epoxidharzen und cy-
cloaliphatischen Harzen besteht im Verhalten gegenüber Lichtbögen und
Kriechströmen. Die aromatenfreien Verbindungen weisen günstigere Werte
auf. Die Ursache ist in der geringeren Kohlenstoffabscheidung im Lichtbogen
zu suchen.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1403

Bild 2-740. Temperaturabhängigkeit der Dielektrizitätszahl und des dielektrischen Verlustfak-


tors tan d von verschiedenen EP-Harz/Härtersystemen (Messung nach VDE 0303)
a Epoxidharz festes, niederschmelzendes
Epoxidwert 2,2 bis 2,6
Härter Phthalsäureanhydrid
Aushärtung 7 h bei 160 °C
b Epoxidharz Viskosität bei 25 °C, 9 bis 13 Pa · s
Epoxidwert 5,1 bis 5,3
Härter HY 905 der CIBA (Eutektisches Gemisch von Anhydriden)
beschleunigt mit einem Amin
Aushärtung 2 h bei 80 °C und anschließend 2 h bei 140 °C
c Epoxidharz Viskosität bei 25 °C, 9 bis 13 Pa · s
Epoxidwert 5,1 bis 5,3
Härter 4,4¢-Methylendianilin
Härtung 2 h bei 80 °C und anschließend 2 bei 140 °C
d Epoxidharz ARALDIT D flüssig, plastifiziert
Härter Triethylentetramin
Aushärtung 24 h bei 40 °C

■ Chemikalienbeständigkeit
Betonte Abhängigkeit vom Harzsystem. Grundsätzlich trifft etwa folgende Ein-
stufung zu:
beständig gegen: schwache Säuren, schwache Laugen, Alkohol, Benzol, Ben-
zin, Öle, Fette, Lösemittel;
bedingt beständig gegen: heißes Wasser;
nicht beständig gegen: starke Säuren, starke Laugen, Ammoniak, Aceton,
Ester, Ketone.
Polyaddukte
1404 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-741. Temperaturabhängigkeit des spezifischen Durchgangswiderstandes von verschie-


denen EP-Harz/Härtersystemen
a Epoxidharz festes, niederschmelzendes
Epoxidwert 2,2 bis 2,6
Härter Phthalsäureanhydrid
Aushärtung 7 h bei 160°C
b Epoxidharz Viskosität bei 25 °C, 9 bis 13 Pa · s
Epoxidwert 5,1 bis 5,3
Härter HY 905 der CIBA (Eutektisches Gemisch von Anhydriden)
beschleunigt mit einem Amin
Aushärtung 2 h bei 80°C und anschließend 2 h bei 140 °C
c Epoxidharz Viskosität bei 25 °C, 9 bis 13 Pa · s
Epoxidwert 5,1 bis 5,3
Härter 4,4¢-Methylendianilin
Härtung 2 h bei 80 °C und anschließend 2 h bei 140 °C
d Epoxidharz ARALDIT D flüssig, plastifiziert
Härter Triethylentetramin
Aushärtung 24 h bei 40 °C

■ Witterungsbeständigkeit
Während EP-Harzformstoffe auf der Grundlage von Bisphenol A im Freien ver-
gilben und Füllstoffe wegen des Abbaus organischer Substanzen auskreiden,
verhalten sich die cycloaliphatischen EP-Harzformstoffe wesentlich günstiger.
Sie absorbieren nur einen geringfügigen Anteil des in der Sonnenstrahlung ent-
haltenen UV-Anteils.

■ Strahlenbeständigkeit
EP-Harzformstoffe sind wie PF- und UP-Formstoffe sehr strahlenbeständig. Je
nach Harzsystem beginnt die Schädigung bei Strahlendosen von 106 J/kg und er-
reicht z. B. bei 107 J/kg eine 50 %ige Schädigung der Biegefestigkeit.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1405

■ Brennbarkeit
Während die ungefüllten und unverstärkten EP-Reaktionsharzformstoffe auch
nach Entfernen der Zündquelle mit leuchtender Flamme brennen, verleihen, die
an Stelle von Bisphenol A verwendeten, von Tetrachlorbisphenol A bzw. Te-
trabrombisphenol A abgeleiteten Härtungsprodukte den Formstoffen eine hohe
Flammwidrigkeit, die durch mineralische Füllstoffe wesentlich gesteigert wer-
den kann. Brennende EP-Formstoffe (ausgenommen die cycloaliphatischen)
riechen nach Phenol.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Bei unsachgemäßem Umgang mit EP-Reaktionsharzen und Reaktionsmitteln
wie Säureanhydride, Polyamide und Beschleuniger können Haut- und Schleim-
hautreizungen auftreten.
Die ausgehärteten Formstoffe sind dagegen gesundheitlich unbedenklich und
nicht toxisch.
Um Gesundheitsschädigungen zu vermeiden, müssen die von den Rohstoff-
herstellern und der Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie herausge-
gebenen Merkblätter beachtet werden.
Oberstes Gebot ist peinliche Sauberkeit am Arbeitsplatz und beim Hantieren.
Es darf dort nicht geraucht und nicht gegessen werden.

■ Verarbeitung: Verarbeitungshinweise; Gießharze


Die Lagerfähigkeit der Harze beträgt bei kühler Lagerung je nach Typ sechs bis
zwölf Monate.
Entgasen des Harzes ist wegen des – wenn auch nur geringen – Gehaltes an
flüchtigen Bestandteilen und bei der Herstellung hochwertiger elektrischer
Formstoffe erforderlich. Dem aufbereiteten Harz wird Härter im vorgeschriebe-
nen Verhältnis zugegeben.
Alle Zusatzstoffe müssen trocken sein. Es empfiehlt sich, die Zusatzstoffe im
Vakuum einzurühren. Der fertige Ansatz ist nur eine begrenzte Zeit (eine bis
mehrere Stunden) verarbeitbar. Das bei vorgeschriebener Mischtemperatur auf-
bereitete Gießharz wird in das auf Härtetemperatur vorgewärmte Werkzeug ge-
gossen. Einzubettende Formteile müssen getrocknet und vorgewärmt werden.
Als Werkzeugwerkstoffe eignen sich Stahl, Leichtmetall oder EP-Gießharz.
Prototypwerkzeuge werden aus Siliconkautschuk oder Thermoplasten herge-
stellt. Bei Metallwerkzeugen sind Trennmittel erforderlich.
Die Vorteile der EP-Gießharze wie gute mechanische und elektrische Eigen-
schaften, geringe Schwindung und das Fehlen von störenden Reaktionsproduk-
ten bei der Verarbeitung tragen sehr zur Verbreitung bei. Der Verarbeiter würde
es begrüßen, wenn auch die Herstellzeiten verkürzt werden könnten. Hohe Här-
tetemperaturen und hochreaktive Reaktionsharzsysteme verkürzen zwar die
Belegungszeiten der Werkzeuge, sie führen jedoch zu Formstoffen mit ver-
schlechterten mechanischen und elektrischen Eigenschaften.
Das von der Firma Ciba-Geigy AG (CH) entwickelte automatische Druckge-
lier(ADG)-Verfahren arbeitet zwar ebenfalls mit höheren Werkzeugtemperatu-
ren als bisher (160 °C statt 80 °C) und hochreaktiven Gemischen, der Form-
nestinhalt wird jedoch zusätzlich unter einen Druck von 0,5 bis 5 bar gesetzt,
Polyaddukte
1406 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

solange bis schließlich das Harz auch im Eingießkanal (als letztes) geliert. Die-
ses Verfahren führt zu einer geringeren Verarbeitungsschwindung [9]. Im Ge-
gensatz zum konventionellen Härtungsvorgang beginnt das Gelieren von der
heißen Werkzeugwandung aus. Ihre Temperatur ist bis zu 70 K höher als die Ge-
mischtemperatur. Dadurch verringert sich der Schwindungsdruck auf Einbett-
teile und damit die Neigung zur Rissbildung.

Schwindung
Die Schwindungsvorgänge in einem gelierenden und härtenden EP-Reaktions-
harz seien an Hand von Bild 2-742 erklärt [10]. Die Darstellung berücksichtigt
nur die Dichte und die Temperatur, nicht die Zeit.
Die ungehärtete Mischung aus EP-Harz und PA (Phthalsäureanhydrid) weist
auf 20 °C extrapoliert eine Dichte von 1,229 g/cm3 (Punkt A) auf. Die Dichte der
Mischung verliefe bei Temperatursteigerung ohne Reaktion entlang der Geraden
A-H. Würde bei 120 °C isotherm gehärtet, dann nähme die Dichte entlang der
Geraden B-D bis zum Ende der Härtung zu. Im Festzustand folgt die Dichte bis
zur Glasübergangstemperatur (Punkt E) der Geraden D-E und unterhalb 105 °C
der Geraden E-F.
Wie das Schaubild zeigt, sind die Dichten der ungehärteten und der gehärte-
ten Massen nahezu gleich. Die Differenz entspricht im vorliegenden Fall der

Bild 2-742. Verlauf der Dichte von Epoxidharzen während der Härtung
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1407

Strecke A-F. Wird bei 180 °C gehärtet, dann entspricht die Schwindung in der
festen Phase der Strecke I-L.
Die Schwindung setzt sich zusammen aus einer Schwindung in der flüssigen
Phase und in der gelatinierten oder festen Phase. In der flüssigen Phase bilden
sich keine Spannungen, jedoch in der festen. Dieser Vorgang ist zu beachten im
Hinblick auf das Verhalten des Formstoffs bei Einbettungen mit anderen Wär-
meausdehnungskoeffizienten.
Bei der vorliegenden Harzmischung verteilt sich die Schwindung je zur Hälfte
auf die flüssige und die feste Phase. Dieser Festellung entspricht die eingezeich-
nete „Gelierlinie“.
Nur bei kleinen Gießharzmengen verläuft die Härtung isotherm. Größere
Mengen reagieren schon beim Aufheizvorgang und außerdem infolge der bei
der exothermen Reaktion in der Mischung entwickelten Wärme.
Der Dichteverlauf führt somit nicht zum Punkt B, sondern zum Punkt M. Ist
die Reaktionswärme groß, dann folgt der Dichteverlauf der Linie M-N. Die
Schwindung im Festzustand entspricht der Strecke N-O.
Ist die Reaktionswärme gering, dann verläuft die Dichte entlang der Linie
M-P. Die Schwindung wird in diesem Fall nicht von der maximalen Temperatur
(Punkt Q), sondern von der Temperatur an der Gelierlinie (Punkt P) bestimmt.
Sie entspricht der Strecke P-R.
Im Hinblick auf eine erwünschte geringe Schwindung ist deshalb die Reak-
tion wie folgt zu führen:
• Durchlaufen der Gelierlinie bei möglichst niedriger Temperatur (z.B. Punkt P),
• nach Durchlaufen der Gelierlinie langsame exotherme Reaktion, sodass die
chemisch bedingte Schwindung stets größer ist als die durch Temperatur-
erhöhung verursachte Wärmedehnung.

GFK-Formteile
Faserverstärkte Formteile werden nach dem Handauflege- oder dem Wickelverfah-
ren hergestellt. Die Techniken ähneln den bei den UP-Reaktionsharzen üblichen.
Auch das Schleudern von Rohren ist üblich [11]. Die Aushärtungszeit nach dem
Handauflegeverfahren hergestellter Formteile beträgt bei Raumtemperatur 6 bis
24 h.Gewickelte Behälter und Rohre härten im Wärmeschrank in 15 min bis 3 h aus.
Schichtpressstoffe
Harz, Härter und Beschleuniger werden z. B. in Aceton gelöst. Die zu imprägnie-
rende Bahnenware (meist Glasfaserglasgewebe) wird durch das Tränkbad gezo-
gen. Im Trockenkanal verdunstet das Lösemittel und eine Vorreaktion setzt ein.
Die Prepregs werden getrocknet und aufgewickelt. Später werden Zuschnitte in
einer Mehretagenpresse bei Drücken von 40 bar und Temperaturen von 170 °C –
ähnlich wie MF-Schichtpressstoffe – gepresst.

Pulverlackierungen
EP-Pulverlackierungen übernehmen beim sog. passiven Korrosionsschutz erd-
verlegter Rohre allmählich die Aufgaben der bisher üblichen Bitumen, PE-Um-
mantelungen und Teer-Polyurethanbeschichtungen. Dank der geringen Durch-
lässigkeit für Sauerstoff – EP : PVC : PE verhalten sich wie 1 : 8,4 : 42 – reichen
Polyaddukte
1408 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Beschichtungsdicken von 300 mm entsprechend 400 g/m2 für den Korrosions-


schutz aus. Die Wasserdampfdurchlässigkeit von PE : PVC : EP verhält sich wie
1 : 5 : 15, d. h. PE-HD verhält sich in dieser Hinsicht am günstigsten. Der Pulverlack
wird elektrostatisch auf das vorgeheitzte Rohr gesprüht, schmilzt und härtet in
15 bis 30 s aus. Schweißnähte und Schadstellen werden mit einer EP-Spachtel-
masse (Aushärtezeit 3 h bei 20 °C) geschützt.

Formmassen
Siehe Abschnitt 2.2.3.1.3.

Trennen, Fügen, Veredeln


Siehe Abschnitt 2.2.2.4 UP-Harze.

Anwendungsbeispiele
Lasttragende Bauteile Stütz- und Hängeisolatoren,
Formstoffteile Stangen, Halterungen, Kammern,
Schalterteile
Isolieren und Einbetten Messwandler, Transformatoren, Kabel-
garnituren, Kondensatoren,
Schaltungen
Zusatzdielektrikum in Verbindung Spulen im Wandler- und Trafobau,
mit Papier, Folien, Glimmer Motorwicklungen, Großmaschinen-
bau, Kondensatorenbau
Trägermaterial für gedruckte Computerbau, Radar- und Fernseh-
Schaltungen (DIN 7735 (09.75) technik
Hgw 2372)
Schichtpressstoffe-Glashartgewebe Elektromaschinenbau, Nutenkeile,
(DIN 7735 (08.75) HGW 2372.4) Löschkammerrohre
Flugzeug- und Segelflugzeugbau Höhenruder
Sportgeräte Skier, Hochsprungstäbe, Angelruten,
Hockeyschläger, Trommelstöcke
Modellbau Flug- und Segelflugmodelle
Bootsbau Schiffmodelle
Werkzeugbau Tiefziehwerkzeuge, Streckziehwerk-
zeuge, Fallhammerwerkzeuge, Kopier-
modelle, Touchierrahmen, Werkzeuge
für PUR-Strukturschaumstoffe

Handelsnamen
Acme (Acme Chemical Div./US)
Aerolam, Aerolite, Aracast, Araldite (Ciba AG/CH)
Conapoxy (Conap Div. of WFI/US)
Corlar (DuPont Deutschland GmbH/DE)
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1409

Desmobond (Miles Chemical Corp./US)


Dobeckot (BASF Lacke + Farben AG/DE)
Dularit (Henkel KGaA/DE)
Durapox, E-Cu (Isola Werke/DE)
Dynopon (Dyno Industrie A.S./NO)
Ecofoam, -gel, -mold, -seal (Emerson and Cuming Inc./US)
Epidian (Ciech Chemikalien GmbH/PL)
Epikote (Deutsche Shell Chemie GmbH/DE)
Epocast (Ciby AG/CH)
Epodite (Showa High Polymer Co./JP)
Epophen (Borden Chemical Co./UDS)
Glasotext (AEG Isolier- u. Kunststofftechnik/DE)
Grilonit (Ems Chemie Deutschland GmbH/DE)
Hysol (Hysol Div. Dexter Corp./US)
Lekutherm (Bayer AG/DE)
Myoflex (Von Roll Isola/CH)
Opto (ICI Fibenite/DE)
Paraplex (Rohm & Haas Co./US)
Probimer (Ciba AG/CH)
Ravepox (Enichem Deutschland GmbH/DE)
Rütapox (Bakelite GmbH/DE)
Scotchcast (3M Co./US)
Stycast (Emerson & Cuming Inc./US)
Tipox (TVK Tisza Chemical Combine/HU)

2.2.3.1.3
Prepregs
Für die Herstellung verstärkter EP-Formteile stehen seit einigen Jahren Glas-
fasergewebe-Prepregs mit Epoxidharzen zur Verfügung. Der Glasgehalt beträgt
37 bis 60 %, die Rollenbreite 1000 mm. Die Lagerfähigkeit dieser Prepregs be-
trägt sechs Monate bei – 18 °C und 10 Tage bei Raumtemperatur.
Die bei Temperaturen von 120 bis 160 °C und Drücken von 0,7 bis 7,0 bar ge-
pressten Prepregs erreichen Biegefestigkeiten von 560 N/mm2. Die formgepress-
ten Prepregs erreichen Biegefestigkeiten von 560 N/mm2. Die Formgebung kann
auch im Autoklaven unter Vakuum geschehen.
Die Chemikalienbeständigkeit erstreckt sich vor allem auf Flugzeugtreib-
stoffe und Hydrauliköle. In der Luftfahrtindustrie dienen sie zur Herstellung von
Laminaten und leichten, steifen Verbundwerkstoffen.
Es sind auch mit C-Fasern verstärkte EP-Prepregs am Markt.

Handelsname
Elitrex (AEG Isolier- und Kunststoff GmbH/DE)
Polyaddukte
1410 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

2.2.3.2
Duroplaste als Hochleistungswerkstoffe mit günstigem
Preis/Leistungsverhältnis

Die vorgestellten duroplastischen Polykondensate und Polyaddukte zeigen, dass


diese breitgefächerte Werkstoffgruppe gekennzeichnet ist durch hohe Steifig-
keit, Oberflächenhärte, günstige elektrische Isolationswerte und hohe Bestän-
digkeit gegen den Angriff durch Chemikalien. Die niedrige Schmelzviskosität
und die polare Natur erlauben den Zusatz hoher Anteile von Füll- und Verstär-
kungsstoffen. Bild 2-743 zeigt eine Groborientierung über die Einsatztempera-
turbereiche der bekanntesten duroplastischen Formstoffe. Dabei schneiden die
PF- und EP-Formstoffe mit Dauereinsatztemperaturen von mehr als 180 °C güns-
tig ab [12]. Übertroffen werden sie nur von dem allerdings wesentlich teureren
Polyimid (PI).
Formteile aus Duroplasten können auf Temperaturen weit oberhalb der je-
weiligen Wärmeformbeständigkeit erwärmt werden, ohne dass sie sofort versa-
gen. Damit weisen sie gleichsam Notlaufeigenschaften auf, die von keinem
Hochleistungsthermoplasten übertroffen werden.
Die Charakterisierung der Duroplaste wäre unvollständig, wenn nicht auch
die Preisrelation, beispielsweise des Typs 31, zu den konkurrierenden Duro- und
Thermoplasten aufgezeigt würde, Bild 2-744.
Angesichts der in den letzten Jahren erzielten Fortschritte bei den Form-
masserezepten, den Spritzgießmaschinen und dem Werkzeugbau mag dieser
Preisvergleich manchen Konstrukteur zum Nachdenken anregen [13].
Das positive Eigenschaftsbild der Reaktionsharze wird dadurch getrübt, dass
die Verarbeitung als solche aufwändiger und damit kostenintensiver ist als die
der Thermoplaste. Dazu kommt, dass vor allem ihre Zähigkeit zu wünschen
übrig lässt, sie verschlechtert sich sogar, wenn die Wärmeform- und Chemikali-
enbeständigkeit verbessert werden.
Einen Ausweg bietet – wie bei den Thermoplasten – die zweiphasige Mo-
difizierung mit Hilfe einer elastomeren Komponente. Um diese in gewolltem
Sinne wirksam werden zu lassen, muss sie dem ursprünglich flüssigen Aggre-
gatzustand der Reaktionsharze in Form einer ebenfalls flüssigen Prepolymer-

Bild 2-743. Groborientierung über Einsatztemperaturbereiche von Duroplasten


Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1411

Bild 2-744. Volumenpreis


ausgewählter duroplasti-
scher und thermoplastischer
Konstruktionswerkstoffe

Vorstufe angepasst werden. Beim Härtungsvorgang trennen sich die beiden Pha-
sen wieder. Dieser Weg führt allerdings zur Beeinträchtigung der ursprüngli-
chen Matrixeigenschaften, denn es verbleiben gewisse Anteile des Elastomeren
im Netzwerk des Harzes zurück. Demnach wäre es günstiger, die Elastomerteil-
chen im unvernetzten Reaktionsharz bereits vor der Härtung in Form einer Dis-
persion vorzubilden. Die sich dabei ergebenden Probleme können gelöst wer-
den, wenn als Elastomerkomponente Silicone verwendet werden. Der Aufbau der
Siliconteilchen ist dergestalt, dass sie noch von einer Hülle umgeben sind, die
ambivalente Eigenschaften, d. h. Bindung zum Silicon besitzt und eine Bindung
zum vernetzenden Harz eingehen kann. Das Hüllmaterial muss naturgemäß
dem Harz angepasst werden. Dadurch wird es möglich, auf diese Weise UP-, VE-,
EP-, MF-, PE, PUR- und Arylharze zu elastifizieren [14].
Silicon bringt folgende vorzügliche Eigenschaften mit:
• verbesserte Schlagzähigkeit,
• höhere Biegefestigkeit,
• niedrigere Glasübergangstemperatur (– 100 °C),
• thermische Beständigkeit in Luft bis 200 °C,
• gute elektrische Werte,
• hohe Witterungsbeständigkeit.
Der wirksame Elastomergehalt beträgt meist nur 3 bis 5 %, d. h. bedeutend weni-
ger als bei Thermoplasten. Die Glasübergangstemperatur des elastifizierten
Harzes wird vor allem durch das Härtersystem bestimmt. Sie nimmt mit höhe-
Polyaddukte
1412 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

rem Siliconanteil naturgemäß ab. Dieser ist jedoch nicht erforderlich. Auch die
Verbesserung der dielektrischen Werte durch den SI-Anteil wird in vielen An-
wendungsfällen geschätzt. Ein entscheidender Vorteil besteht ferner in einer
wesentlichen Verbesserung der Oberflächengüte des ausgehärteten Harzes.
Auch das Elastifizieren von PUR mit Hilfe von SI-Elastomeren führt insgesamt
zu verbesserten Eigenschaften.

2.2.3.2.1
Vernetzte Polyurethane (PUR)
Das Prinzip, hochmolekulare Stoffe durch Additionsreaktionen, d. h. ohne Ab-
spaltung anderer Komponenten über Heteroatome (z. B. Sauerstoff) miteinan-
der zu verknüpfen, führte zu den in Abschnitt 2.2.3.1.1 behandelten Epoxidhar-
zen. Auf diesem Wege können ebenso einfach Pfropfpolymere hergestellt wer-
den. Dabei werden auf Heteroatome, die noch ein Wasserstoffatom tragen, durch
Polyadditionsreaktionen Seitenzweige aufgepfropft. Dieses Grundrezept wurde
seit 1937 von O. Bayer und seinen Mitarbeitern im IG-Werk Leverkusen in den
Diisocyanat-Polyadditionsverfahren, der sog. Polyurethanchemie, verwirklicht.
Jedoch spielen auch andere Isocyanat-Polyaddukte eine wichtige Rolle, z. B. die
Polyharnstoffe und für Vernetzungsaktionen die Allophanat- und die Biuret-
gruppen, die durch Addition von Isocyanatgruppen und bereits gebildete Ur-
ethan- bzw. Harnstoffgruppen erzeugt werden.
Die Grundlagen dieses Verfahrens sind in dem 1937 erteilten DRP 728 891 be-
schrieben. Mit den aus Dicarbonsäuren und Diisocyanaten hergestellten line-
aren Polyurethanen beschäftigt sich das 1938 erteilte italienische Patent 367 704.
Im Jahre 1938 nahm auch DuPont, USA, die Forschungsarbeiten auf. Der deut-
sche Vorsprung wurde jedoch erst nach Bekanntwerden der Leverkusener
Arbeiten in den nach dem Zweiten Weltkrieg von den damaligen Besatzungs-
mächten verfassten BIOS- und FIAT-Berichten eingeholt.
Die außerordentliche Vielfalt der möglichen Isocyanatsysteme, insbesondere
der Polyurethane, hat zu zahlreichen Anwendungen geführt, allen voran die
PUR-Schaumstoffe. Im Einzelnen sind dies:

• Elastomere (vernetzte und thermoplastische),


• Weichschaumstoffe,
• Hartschaumstoffe,
• Strukturschaumstoffe (Integralschaumstoffe),
• Gießharze,
• Lacke und Klebstoffe,
• lineare Polyurethane.
Da im Rahmen dieses Buches Elastomere, Schaumstoffe, Lacke und Klebstoffe
nicht behandelt werden, verbleiben die Gießharze, die Strukturschaumstoffe
und die linearen Polyurethane. Wegen der großen Verwandtschaft der thermo-
plastischen PUR-Elastomere mit den übrigen formbaren Kunststoffen werden
diese im Abschnitt 2.2.3.2.2 behandelt. Zuvor sei jedoch eine kurze Einführung
in die Chemie der Isocynat-Reaktionsharze gegeben.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1413

2.2.3.2.1.1
Isocyanatharze
Als Isocyanatharze werden monomere bzw. dimere Di- oder Tri-Isocyanate be-
zeichnet. Sie sind durch die Isocyanatgruppe gekennzeichnet:
–N=C=O
Isocyanatgruppe

Sie vermögen Verbindungen mit aktiven Wasserstoffatomen (z. B. Alkohole,


Phenole, Amine, Carbonsäuren, Chlorwasserstoff, Wasser u. a.) so zu addieren,
dass der Wasserstoff zum Heteroatom, d. h. zum N-Atom wandert und der Rest
mit dem C-Atom verknüpft wird. Die Isocyanatgruppe ist an einen indifferenten
Rest aliphatischer, aromatischer, paraliphatischer, hydroaromatischer oder auch
heterocyclischer Natur gebunden. In Verbindung mit alkoholischen (OH)-Grup-
pen entstehen dabei Urethane.

Polyurethane
Als Beispiel sei das aus Diol und Diisocyanat hergestellte lineare Polyurethan er-
wähnt.

Diol Diisocyanat Diol Diisocyanat

Urethangruppe lineares Polyurethan

Für die PUR-Kunststoffe kennzeichnend ist die Urethangruppe.

Verzweigte Polyole lassen bei ihrer Rekation mit Diisocyanaten sofort vernetzte
Produkte entstehen, ebenso wie Isocyanate mit mehr als zwei NCO-Gruppen im
Molekül. Je nach Reaktionsbedingungen reagiert das Polyurethan mit Isocyanat
weiter zu einem Allophanat. Dabei vernetzt es.
Polyaddukte
1414 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Umsetzung eines Urethans mit Isocyanat: Harnstoffderivate


Aus der Verbindung von Diisocyanat mit Aminen entstehen Harnstoffderivate,
z. B.
R – NCO + H2NR¢ Æ R – NH – CO – NH R¢
Isocyanat Amin unsymmetrischer Harnstoff
Harnstoffderivate können mit zusätzlichem Isocyanat zu Biuretgruppen weiter-
reagieren.

Harnstoffgruppe

Umsetzung eines Harnstoffs mit Diisocyanat


Die Reaktion von Diisocyanat mit Wasser führt zu symmetrischen Harnstoffen
unter Abspaltung von CO2.
2 R – NCO + H2O Æ R – NH – CO NH – R + CO2
Diisocyanat Wasser symmetrischer Harnstoff Kohlenstoffdioxid

Die Harnstoffglieder werden in das Makromolekül von Schaumstoffen einge-


baut. Üblicherweise erhalten Weichschaumstoffe, die unter Verwendung von
Wasser als Treibmittelerzeuger hergestellt werden, wesentlich mehr Harnstoff-
gruppen als Urethanbrücken (und damit Biuretgruppen).
Amide
Durch Reaktion von Isocyanat mit Carbonsäuren werden Amide gebildet. Dabei
wird ebenfalls CO2 abgespaltet.
R – NCO + R¢ COOH Æ R – NH – CO – R¢ + CO2
Isocyanat Carbonsäure Amid Kohlenstoffdioxid

Reagieren die Amide weiter mit Isocyanat, dann bilden sich Acylharnstoffe.

Amid Isocyanat Acylharnstoff

Für die PUR-Chemie sind die Diisocyanate von großer Bedeutung geworden. Es
sind niedermolekulare Substanzen, die im Verlauf ihrer Herstellung durch Des-
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1415

tillation, Kristallisation oder Sublimation in reiner Form gewonnen werden. Im


Gegensatz dazu sind die Reaktionsmittel zum Vernetzen von Isocyanatharzen
z. B. Polyester und Polyether höhermolekulare Stoffe.
Besondere Bedeutung erlangte das Diisocyanat-toluol (TDI), das aus einer
Mischung der beiden isomeren Formen 1,2,4-Diisocyanat-toluol und 1,2,6-Di-
isocyanat-toluol im Verhältnis 65 : 35 oder 80 : 20 besteht.

1,2,4-Diisocyanat-toluol 1,2,6-Diisocyanat-toluol

In Folgereaktionen kann die Funktionalität der Polyisocyanate erhöht werden, um


dadurch das Eigenschaftsbild gezielt zu verändern. Es sind auch undestillierte und
daher dunkel gefärbte Polyisocyanate im Handel. Zu diesen gehört das 4,4¢-Di-
isocyanat-diphenylmethan. Die Funktionalität ist höher als zwei. Deshalb werden
diese Produkte auch als „polymere MDI’s“ bezeichnet [15].TDI und MDI sind Groß-
produkte der Isocyanatchemie; weitere Typen enthält nachstehende Übersicht.

Produkte Kurz- hauptsächliche


bezeichnung Verwendung

Diisocyanat-toluol TDI 80 Weich- und Hartschaumstoffe,


(80% 2,4- u. 20% 2,6-Isomere) teilweise Elastomere
Diisocyanat-toluol TDI 65 Weichschaumstoffe
(65% 2,4- u. 35% 2,6-Isomere)
1,5-Diisocyanat-Naphtalin NDI Elastomere
4,4¢-Diisoxyanat-Diphenylmethan MDI Elastomere
1,6-Diisocyanat-hexan HDI Elastomere (nicht vergilbend)
„rohes“ Diisocyanat-toluol rohes TDI Hartschaumstoffe
polymeres („rohes“) Diisocyanat- polym. MDI Hartschaumstoffe, harte
diphenylmethan Strukturschaumstoffe, mit TDI
für Kaltschaumstoffe
modifizierte Diisoxyanat-toluole mod. TDI Kaltschaumstoffe
modifizierte 4,4¢-Diisocyanat- mod. MDI Elastomere, halbharte und
diphenlymethane harte Strukturschaumstoffe

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die Dämpfe aller Isocyanate reizen Augen und Schleimhäute sehr. Lungen-
emphysem und asthmatische Sensibilisierung können die Folgeerscheinungen
sein [15].
Flüssige und feste Isocyanate, die mit der Haut in Berührung kommen, hin-
terlassen dann keine Schäden, wenn sie sofort beseitigt werden. Augen und Au-
genlider sind durch Spritzer besonders gefährdet. Sie müssen durch Brillen ge-
schützt werden.
Polyaddukte
1416 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Die meisten Schädigungen entstehen durch Einatmen von Dämpfen und


staubförmigen Verunreinigungen. Die maximale Arbeitsplatzkonzentration
(MAK) des Diisocyanat-toluols wurde von 0,1 ppm auf 0,02 mppm herabgesetzt
(ppm = parts per million parts of air z. B. cm3/m3).
Bei der Handhabung der Isocyanate sind deshalb die Hinweise der Rohstoff-
hersteller und die Vorschriften der Berufsgenossenschaft streng zu beachten.

■ Reaktionsmittel zum Vernetzen von Isocyanatharzen zu Polyurethanen


Polyole
Als Reaktionspartner der Di- und Polyisocyanate für die Herstellung von Poly-
urethanen dienen Polyhydroxylverbindungen, d. h. Substanzen, die Hydroxyl-
(–OH)-Endgruppen enthalten. Die Anzahl der OH-Gruppen beträgt mindestens
zwei je Molekül. Chemische Struktur und Molekülgröße beeinflussen wesentlich
die Eigenschaften der damit hergestellten Polyurethane, im Übrigen ebenso wie
die Polyisocyanate.
Die Forderung technisch leichter und wirtschaftlicher Darstellbarkeit erfül-
len die Polyester, Polyether und einige Naturstoffe.
Die molare Masse der Polyhydroxylverbindungen beträgt 400 bis 6000. Sie ste-
hen damit zwischen den nieder- und hochmolekularen (>10000) Stoffen. Sie sind
nicht destillierbar,kristallisieren nicht und lasen sich nicht sublimieren.Es handelt
sich um Gemische von Polymer-Homologen mit einer mittleren molaren Masse.

Polyester
Die Polyester weisen in ihrem Molekül mehrfach die Estergruppierung auf.

Estergruppierung

Die wichtigsten Herstellungsmethoden sind:

• Veresterung von Polycarbonsäuren mit Polyhdroxylverbindungen,


• Umesterung von Polycarbonsäureestern mit Polyhydroxylverbindungen,
• Polykondensation von Hydroxycarbonsäuren,
• Polymerisation von Lactonen.
Die erste Methode wird heute bevorzugt. Bei diesem Polykondensationsver-
fahren bildet sich aus einer organischen Säure, z. B. Adipinsäure, und aus ei-
nem mehrwertigen Alkohol (Diol) z. B. Diethylenglycol, ein höhermolekularer
Polyester. Wird das Diol teilweise durch ein Triol, z. B. Triethylenglycol, er-
setzt, dann entsteht ein verzweigter Polyester. Je höher der Triolanteil, desto
höher der Verzweigungsgrad der Polyester. Als Dicarbonsäuren werden vor-
wiegend Adipin- und Phthalsäure verwendet. Die für die Herstellung der Poly-
urethane verwendeten Polyester erreichen mittlere molare Massen von 20 bei
OH-Zahlen von 50 bis 70. Die Viskosität ist bei Raumtemperatur mit 20 bis
40 Pa s ziemlich hoch. Die für die Elastomeren verwendeten Polyester sind z. T.
sogar fest.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1417

■ Gesundheitliche Beurteilung
Polyester
Polyester sind höhermolekulare Substanzen mit niedrigem Dampfdruck. Ge-
sundheitlich sind sie unbedenklich; ebenso die Ausgangsmaterialien und die
hydrolytischen Spaltstücke. Die menschliche Haut wird üblicherweise nicht ge-
zeigt.

Polyether
Die Polyether sind Polymerisationsprodukte von Epoxiden. Sie werden entwe-
der aus Propylenoxid oder Gemischen von Ethylen- und Propylenoxid aufge-
baut. Die Epoxide weisen die typische Ringstruktur auf.
Für die PUR-Chemie sind die Umsetzungsprodukte des 1,2-Propylenoxids am
wichtigsten. Mit Wasser als Startsubstanz entstehen zwei endständige OH-Grup-
pen, somit ein Diol.
Wird an Stelle eines Produktes mit zwei eines mit drei oder mehr aktiven H-
Atomen als Startmolekül benutzt, dann entstehen verzweigte Polyether analog
den Polyestern.
Polyether sind hochmolekulare Verbindungen und nicht flüchtig. Deshalb
sind sie physiologisch unbedenklich zu handhaben. Gegenüber der menschli-
chen Haut verhalten sie sich inaktiv [16, 17].
Starter mit drei oder mehr aktiven Wasserstoffatomen sind beispielsweise
Trimethylolpropan, Ethylendiamin oder Pentaerythrit und Amine. Ein anderes
wichtiges Ausgangsmaterial für die Herstellung von Polyethern ist das Tetrahy-
drofuran, eine 5-Ring-Verbindung aus vier C-Atomen und einem O-Atom. Die-
ses Produkt wird in Europa durch Anlagerung von Formaldehyd an Acethylen
gewonnen.
Als Katalysatoren für die Polymerisation von Propylen- und Ethylenoxid die-
nen wasserfreies NaOH2, KOH u. a.; Polyether aus Propylenoxid enthalten se-
kundäre und damit weniger reaktionsfreudige Hydroxylgruppen. Die Reakti-
vität kann durch Mitverwendung von Ethylenoxid erhöht werden. Ethylenoxid
kann entweder in Blöcken oder durch Pfropfen in bzw. an die Propylenoxidkette
gebunden werden. Die in der PUR-Chemie verwendeten Polyether weisen mo-
lare Massen von 300 bis 6000 auf. Die Funktionalität beträgt 2 bis 8. Da Polyether
keine intermolekularen Bindungen aufweisen, überschreitet die Viskosität selten
1 Pa s.
Durch Aufpfropfen von Styrol oder Acrylnitril auf normale Polyether können
PUR-Spezialschaumstoffe hergestellt werden.

■ Zusatzstoffe: Funktions-Zusatzstoffe
Die Herstellung der Polyurethanerzeugnisse erfordert eine Reihe von Zusatz-
stoffen, sei es zur Regelung der Reaktionsgeschwindigkeit, zum Alterungsschutz,
zum Erhöhen der Flammwidrigkeit, zum Schäumen, zur Farbgebung, zum Fül-
len, zum Verstärken und vielem anderen [18].
Außer der Struktur und Temperatur der Rohstoffe beeinflussen Katalysatoren
u. a. die Geschwindigkeit der Polyurethanbildung, die Fließfähigkeit und die
physikalischen Eigenschaften des Fertigproduktes. Häufig sind Katalysatorkom-
binationen erforderlich. Reaktive Katalysatoren leiten zu den Vernetzern über.
Polyaddukte
1418 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Zu der Vielzahl der Katalysatoren zählen tertiäre Amine, Salze schwacher Säu-
ren, organische Metallverbindungen, Phosphorverbindungen. Die Beschreibung
der Reaktionskinetik wird vom makroskopischen Erscheinungsbild abgeleitet,
d. h. von Misch-, Liege-, Steig-, Abbinde-, Formstand- und Reifezeit.
Weniger bekannt sind die Inhibitoren der Isocyanat-Reaktion. Zu diesen
gehören Salzsäure, Benzoylchlorid und p-Toluolsulfonsäure.
Vernetzer und Kettenverlängerer beeinflussen die Endeigenschaften des
Polyurethans über die Hartsegment/Weichsegment-Reaktion. Ihre Anwen-
dungsgebiete sind die Kalt-, Hart- und Integral-Schaumstoffe. Große Bedeutung
haben die OH- und NH-funktionellen Vernetzer und Kettenverlängerer. Diole
und Amine sind die wichtigsten Hilfsstoffe dieser Art.
Tenside bewirken durch ihre Emulgierwirkung ein gutes Vermischen der Re-
aktionskomponenten.
Emulgatoren sorgen dafür, dass bei der Herstellung von PUR-Schaumstoffen
die Wasser/Polyisocyanatumsetzung zu einer gleichmäßigen Treibreaktion führt.
Als Schaumstabilisatoren kommen hauptsächlich wasserlösliche Polyether-
siloxane in Betracht.
Zellregler beeinflussen die Oberflächenspannungsverhältnisse der Schaum-
stoffmischung. Sie wirken vor allem als Entschäumer. Die technisch wichtigen
Produkte basieren auf Methylpolysiloxanen.
Zum Aufschäumen der Polyurethane sind zusätzliche Treibmittel erforder-
lich. Dabei können verschiedene Methoden angewendet werden.
• durch die Reaktion von Isocyanat mit Wasser wird CO2 gebildet, das als che-
misch erzeugtes Treibgas dient;
• durch den Zusatz niedrig siedender Flüssigkeiten (z. B. Chlorfluoralkane)
wird das exotherm reagierende Gemisch unter Verdampfen des Treibmittels
physikalisch aufgeschäumt;
• durch Einblasen oder Einschlagen von Luft wird mechanisch ein Schaum er-
zeugt.
Der erstgenannte Weg wird bei der Herstellung von Weichschaumstoffen bevor-
zugt [17]; der zweite Weg wird bei Hartschaumstoffen und der dritte bei ge-
schäumten Beschichtungen gewählt.
Als physikalische Treibmittel dienten bisher die Chlorfluoralkane R-11, R-12,
R-21 und R-113 (FCKW), dazu kommt Methlyenchlorid (CHCl2). Die ökologisch
bedenklichen FCKW (Ozonloch) wurden ab dem Jahre 1995 durch klimatisch
nicht schädigende Substanzen ersetzt.
Flammschutzmittel beeinflussen bei den Polyurethanen die Entflammbarkeit
und die Flammausbreitung. Bevorzugt werden Halogen- und Phosphorverbin-
dungen. Die Wirkung kann durch Synergisten gesteigert werden. Ein wichtiges
Flammschutzmittel ist auch das Aluminiumhydroxid, das sich zwischen 180 und
200 °C unter Wasserabspaltung in Aluminiumoxid umwandelt [19].
Alterungsschutzmittel wie Antioxidantien verzögern die Thermooxidation
der Polyurethane. Sie werden bereits bei der Herstellung der Ausgangsstoffe zu-
gegeben. Als Hydroperoxidzersetzer dienen sterisch gehinderte Phenole und se-
kundäre aromatische Amine. Als Synergisten wirken Thioether, Phosphite oder
Phosphine.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1419

Als Schutz gegen die Wirkung des UV-Anteils der Sonnenstrahlung dienen
Bisbenzooxazole, Cumarinderivate oder Bis(steryl)bisphenyle.
Der hydrolytische Abbau von Polyester-Polyurethanen wird durch den Zusatz
von Polcarbodiimiden gehemmt.
Das vorzügliche Haften von Polyurethanen auf anderen Werkstoffen führte
zu ihrer breiten Anwendung als Klebstoff. Das Adhäsionsvermögen wirkt sich je-
doch bei der Herstellung von Formstoffen nachteilig aus. Deshalb werden in das
geöffnete Werkzeug Trennmittel auf der Basis von Wachs, Seifen oder Ölen ge-
sprüht. Die auf der Oberfläche der Formteile haftenden Trennmittel müssen vor
einer Nachbehandlung, etwa dem Lackieren, entfernt werden. Neuere Entwick-
lungen zielen auf „innere“ Trennmittel, die das häufige und zeitraubende Ein-
sprühen des Formnestes erübrigen.
Die photochemische Oxidation der aus aromatischen Polyisocyanaten er-
zeugten Urethanverbindungen ist die Ursache des Vergilbens der Formstoffe bei
Einwirkung von UV-Strahlung. Die Vergilbungstendenz wird mit Hilfe der er-
wähnten UV-Stabilisatoren wesentlich verringert. Lichtstabile Polyurethane
können mit Hilfe aliphatischer Isocyanate hergestellt werden. Das Vergilben
zwingt häufig zum Einfärben oder zum Lackieren der Formteile.
Als Farbmittel dienen anorganische Pigmente wie Titandioxid, Eisenoxide,
Chromoxide, Cadmiumsulfid, Mischoxide, Spinelle, Farbruß u. v. a. Organische
Pigmente stammen aus den Reihen der Azo- und Diazoverbindungen, der
Phthalocyanine und Dioxazine. Polyol oder wasserlösliche Farbstoffe werden
wegen des Ausblutens nicht verwendet.
Polyurethane werden von Mikroorganismen nicht angegriffen. Unter tropi-
schen Bedingungen sind jedoch die Polyesterpolyurethane dagegen empfind-
lich. Deshalb werden diesen bereits bei der Herstellung Biozide gegen den An-
griff durch Pilze, Bakterien oder Hefe zugesetzt. In Betracht kommen Kupfer-7-
hydroxy-chinolin sowie Tributylzinn und seine Derivate.
Die Anwendung von Polyurethanen für Sicherheitsschuhe, Packmittel für
elektronische Güter und Plattenspielerauflagen erfordert eine nachhaltige Ver-
ringerung des Oberflächenwiderstandes.
Durch den Zusatz von Antistatika, beispielsweise Tetraalkylammoniumalkyl-
sulfat, zur Polyolkomponente kann der Oberflächenwiderstand auf etwa 108 W
gesenkt werden. Eine zusätzliche Behandlung mit Ruß-Dispersion vermag die-
sen sogar auf einige hundert W herabzudrücken.

Füllstoffe
Unter den Füllstoffen für Polyurethane stehen die Carbonate (Kreidetypen) an
erster Stelle. Ihr Anteil beträgt etwa die Hälfte des gesamten für PUR in Betracht
kommenden Füllstoffverbrauchs. Kreide gewinnt auch für Integralschaumstoffe
(RIM) an Bedeutung. Verschiedene Kreide- und Baryttypen werden in Weich-
schaumstoffen für Teppichunterlagen und in elastischen Materialien für Sport-
stätten und Teppichrückenbeschichtungen verwendet.
An organischen Füllstoffen kommen als Streckmittel zur Verbilligung der
Produkte Holz, Stroh, Schalen und einjährige Pflanzen in Betracht.
Polyaddukte
1420 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Verstärkungsstoffe
Glasfasern gewinnen für Polyurethane im Hinblick auf die angestrebten „High
Modulus“ RIM-Produkte an Bedeutung [20]. Außer den kontinuierlich einge-
schäumten Rovings werden geschnittene und gemahlene Fasern eingesetzt.
Glas-(Hohl)kugeln von 5 bis 300 mm Durchmesser verbessern die Eigenschaften
sog. syntaktischer Hartschaumstoffe. Dem gleichen Zweck dienen auch größere
Kugeln aus geschäumtem Glas oder aus Ton.

2.2.3.2.1.2
Polyurethan-Gießharz
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die Anwendungsmöglichkeiten der Isocyanat-Reaktionsharze wurden durch
die Entwicklung von Gießharzsystemen wesentlich erweitert. Die flüssigen Di-
isocynate (Reaktionsharze) härten nach dem Mischen mit Polyolen (Reaktions-
mittel) zu PUR-Formstoffen unterschiedlicher physikalischer Eigenschaften.
Die verarbeitungsfertige Gießharzmasse enthält ferner Füllstoffe, Weichmacher
und Farbmittel, wie im vorangehenden Abschnitt beschrieben.
Kennzeichnende Eigenschaften der Harze sind:
• kalt verarbeitbar bis zu Temperaturen von 0 °C,
• geringe Selbsterwärmung bei der Härtung,
• gleiches Gießharzrezept für kleine und große Formteile,
• Schnellhärtung durch Katalysatoren,
• geringe Schwindung,
• geringer Schwindungsdruck auf Einlegeteile,
• gute Haftung auf allen Werkstoffen,
• hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien,
• geringe Wasseraufnahme und Wasserdampfdurchlässigkeit,
• gefahrlose Handhabung,
• niedrige Materialkosten.

■ Struktur und Eigenschaften


Das Reaktionsharz setzt sich mit den Reaktionsmitteln um, gemäß der Gleichung:
R¢ – OH + R – NCO Æ R – NHCO – OR¢ + Wärme
Polyol Isocyanat Polyurethan

Nach dieser Gleichung werden die Mischungsverhältnisse der Reaktanten be-


rechnet [21].
Auf 1,0 g Äquivalent OH kommt 1 g Äquivalentgewicht NCO. Die Kennzahlen
der Reaktionspartner sind in den Typenübersichten enthalten. Der härtbaren
PUR-Gießharzmasse werden weitere Komponenten zugegeben, um bestimmte
Verarbeitungs- und Formstoffeigenschaften zu erzielen. Rizinusöl dient zur Fle-
xibilisierung. Da sein OH-Gehalt 5,2 % beträgt, kann es auch als 100 %iges Reak-
tionsmittel verwendet werden. Für Anwendungen in der Elektrotechnik werden
Kreide, Quarzmehl und andere Mineralien zugegeben.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1421

Die Viskosität wird mit Hilfe von Verdünnern, z. B. Butylcarbitolacetat, einge-


stellt. Außer geeigneten Hydroxylkomponenten können auch Weichmacher zum
Flexibilisieren verwendet werden. Chlorparaffine wirken gleichzeitig als
Flammschutzmittel.
Zusätzlich mit Dibutylzinnlaureat als Aktivator eingestellte Systeme vernetzen
so schnell, dass sie mit Hilfe von Zweikomponenten-Sprühmaschinen zu groß-
flächigen Boden-Verschleißschutzbeschichtungen verarbeitet werden können.

■ Sortiment
Die Sortimente der Hersteller enthalten eine breite Typenauswahl an sog. Ver-
kapselungsharzen für Massivstoffe als auch Elastomer-Gießharze, d. h. Dreikom-
ponentensysteme, die wegen des im Formstoff verbleibenden Gasgehaltes ein
günstiges Dämpfungs- und Rückprallverhalten aufweisen (Puffer, Maschinen-
gründungen, Eisenbahnbrücken, U-Bahn-Linien).

■ Lieferform
Die Gießharzkomponeten werden in flüssiger Form geliefert. Das Isocyanatharz
ist stets unvermischt. Polyol- und Isocyanatvorräte sind stets vor Feuchtigkeits-
einwirkung zu schützen.

■ Typisierung
Die Isocyanat-Gießharze sind nicht typisiert.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Vorstellung des bei der möglichen Rezeptvielfalt der Gießharze erzielbaren
Eigenschaftsbildes vermittelt Tabelle 2-131.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: schwache Säuren, Laugen, mineralische Fette, Öle, aliphatische
KW;
nicht beständig gegen: starke Säuren und Laugen, Aromaten, Alkohole, heißes
Wasser.

■ Strahlenbeständigkeit
Bei einer Dosis von 1012 J/kg nehmen Zugfestigkeit und Reißdehnung um 20 %
ab.

■ Witterungsbeständigkeit
PUR-Gießharzformstoffe sind witterungsbeständig. Vergilben schadet nicht.

■ Brennbarkeit
PUR-Gießharzformstoffe sind brennbar. Chlorhaltige Reaktanten und Zusatz-
stoffe wie Aluminiumtrihydrat (ATH) wirken als Flammschutzmittel.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Ausgehärtete PUR-Formstoffe sind gesundheitlich unbedenklich und nicht
toxisch.
Polyaddukte
Polyaddukte

Tabelle 2-131. Eigenschaften massiver PUR-Gießharz-Formstoffe


1422

Ausgangskomponenten Anteile der Komponenten

Polyether-Polyol 100 50 50 50
Polyether/Polyester-Polyol 100
Rinzinusöl 100
linearer Polyester 100
kombiniert linearer Polyester/Polyole 50
verzweigtes Polyetherpolyol 50
verzweigtes Polyesterpolyol 50
wasserentziehender Zusatz verhütet Schaumbildung 10 10 10 10 10 10 10
aromatisches Diisocyanat
niederviskos 100 42 44 15 57 60 57
Härtungsbeschleuniger 0,2 0,5 0,8

Eigenschaften Einheit Prüfvorschrift


DIN/VDE

mechanische
Zugfestigkeit N/mm2 53455 60 20 4,5 4,8 10,9 24 1,5
Reißdehnung % 53455 6 90 75 200 80 70 80
Schlagzähigkeit kJ/m2 53454 40 – – – – – –
Biegefestigkeit N/mm2 54452 110 5 – – – – –
Druckfestigkeit N/mm2 53454 88 3,8 – – – – –
Shore-Härte A – 53505 99 96 70 71 92 99 98
Shore-Härte D – 53505 84 61 20 21 39 69 58
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C – 100 90 80 70 90 90 80
dauernd °C – 80 70 60 50 70 70 60
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Tabelle 2-131 (Fortsetzung)

Eigenschaften Einheit Prüfvorschrift


DIN/VDE

Glasübergangstemperatur °C 53445 90 47 15 21 32 52 40
2.2.3 Polyaddukte

Formbeständigkeit nach Martens °C 53 458 70 – – – – – –


elektrische
Oberflächenwiderstand VDE 0303/3
trocken VZ 14 14 12 9 – – –
4 Tage 80% relative Feuchte VZ 14 14 12 9 – – –
24 h Wasserlagerung VZ 14 14 12 8 – – –
spezif. Durchgangswiderstand W cm VDE 0202/3 2 · 1016 8 · 1014 1 · 1014 25 · 1010 5 · 1013 – –
Durchschlagfestigkeit kV/mm VDE 0303/2 24 25 20 16,5 – – –
Dielektrizitätszahl – VDE 0303/4 3,6 3,4 5,1 9,5 5,3 – –
dielektr. Verlustfaktor tan d – VDE 0303/4 0,06 0,03 0,25 0,08 – –
Kriechstromfestigkeit (Stufe) KA VDE 0303/1 3c 3c 3c 3c – – –
Glutbeständigkeit (Gütegrad) – 56459 2 1 2 – – – –

Wasseraufnahme nach 30 Tagen % – 0,5 0,05 0,6 – 3,5 1,8 2,0


1423

Polyaddukte
1424 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Hautspritzer der reagierenden Gießharzmasse müssen sofort abgewaschen


werden, andernfalls wird die Haut an den Berührungsstellen dunkel gefärbt.
Wird mit heißen Gießharzmassen gearbeitet, dann ist für Absaugen der
Dämpfe und Frischluftzufuhr zu sorgen.

■ Verarbeitungshinweise
Polyol, wasserentziehende Komponenten und alle andern Zusatzstoffe werden
im Rührwerk bei Temperaturen von 100 bis 120 °C und im Vakuum bei 1 bis
10 mbar Absolutdruck gerührt, bis keine Blasen mehr aufsteigen.
Die Isocyanatkomponente erhält vorher keine Zusätze, sondern wird stets in
der Lieferform verwendet. Die Mischung wird 3 min lang gerührt und auf Um-
gebungstemperatur abgekühlt. Dann ist sie gießfertig. Unterschuss an Isocyanat
führt zu weichen Formstoffen. Überdosierung zu größerer Härte.
Isocyanat-Gießharze werden meist durch Formgießen verarbeitet. Die Verar-
beitungs(Gebrauchs-)dauer der fertigen Harzmischungen beträgt 30 bis 50 min.
Rasch vernetzend eingestellte Mischungen können mit Zweikomponenten
Misch- und Dosieraggregaten verarbeitet werden [22].
Die Härtungszeit beträgt bei Raumtemperatur 8 bis 10 h, die Durchhärtung
weitere 8 Tage. Durch Erhöhen der Temperatur kann die Härtungszeit z. B. bei
40 °C auf 90 min, bei 80 °C auf 10 min verkürzt werden.
Durch die Zugabe von Beschleunigern, z. B. Desmorapid DB oder Dibutyl-
zinnlaurat kann die Gelierzeit von 30 min auf 8 min bei Zugabe von 1,0 % Des-
morapid DB oder auf 4 min bei Zugabe von 0,1 % Dibutylzinnlaurat gesenkt
werden.

Anwendungsbeispiele
Vergießen von Kabelgarnituren (Muffen und Endverschlüsse), Kleben und
Abdichten von Batteriekästen, Implosionsschutz für Fernsehröhren, Ver-
gießen von Transformatoren. Wandlern, Spulenteilen, Zündspulen, Be-
cherkondensator-Deckeln. Bindemittel für Formsande, Kohleverfestigung
im Steinkohlenbergbau (Verhindern des Auslaufens von Flözen), Bodenbe-
schichtungen gegen Verschleiß.

Handelsnamen
Baybond, Baydur, Bayfill, Baymer, Baynat, Baypreg, Baysport,
Baytec, Baytherm (Bayer AG/DE)
Conathane (Conap Div. of WFI/US)
Cyanaprene (American Cyanamid Corp./US)
Elastopan (Elastogran GmbH/DE)
Monothane (Sinair Corp./US)
Vibrathane (Uniroyal/US)

2.2.3.2.1.3
PUR-Integralschaumstoffe
Das bei vielen Anwendungen erforderliche zeitaufwändige Kombinieren von
PUR-Schaumstoffen mit anderen Werkstoffen, beispielsweise mit Folien aus ABS,
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1425

PVC oder Metallblech, kann durch das vor fünfundzwanzig Jahren eingeführte
RIM (reaction injection moulding) vorteilhaft umgangen werden. Die PUR-
Schaumbildung kann in den Werkzeugen so gesteuert werden, dass Formteile mit
zelligem Kern und weitgehend zellfreier Randzone erzeugt werden. Die Formteile
entstehen in einem Arbeitsgang und die beim Schäumen sich bildende Haut ist
ein integraler Bestandteil des Formteils. Daher die Bezeichnung „Integral-
schaumstoff“ gemäß DIN 7726 (05. 82) [23 – 25]. Das RIM-Verfahren setzt ein ge-
naues Abstimmen der bei der Schaumbildung nebeneinander ablaufenden che-
mischen Reaktionen mit Werkzeugtemperatur, Treibmittelart und -menge sowie
der Verdichtung, die die schäumende Mischung erfährt, voraus. Die Rohdichte
muss über den Querschnitt gesehen von innen nach außen nicht sprunghaft, son-
dern allmählich zunehmen, denn nur dann ist – den Beispielen aus der Natur fol-
gend – bei niedrigem Gesamtgewicht eine hohe mechanische Festigkeit erreich-
bar. Die Dichteverteilung gleicht im Idealfall einer Parabel. Die Randzone erreicht
die Dichte der polymeren Gerüstsubstanz. Zur Mitte hin nimmt sie allmählich ab
und erreicht in Querschnittmitte ihr Minimum. Es wird mehr Reaktiongemisch
in das Formnest gefüllt, als zum freien Aufschäumen und Ausfüllen erforderlich
wäre. Die Werkzeugtemperatur muss die maximale Reaktionstemperatur um
mindestens 60 K unterschreiten. Bei Verwendung des Halogen-KW R-11, gegebe-
nenfalls in Kombination mit Methylenchlorid, wird das Werkzeug auf 50 bis 70° C
temperiert. Dort, wo kein Treibmittel verdampft, härtet der Formkörper porenfrei
aus. Bei einer Isocyanat/Wasser-Reaktion würde das entstehende CO2 an der
Wandung nicht kondensieren und kein Integralschaumstoff sich bilden können.
Die Integralschaumstoffe (in Anlehnung an die thermoplastischen Form-
stoffe mit vergleichbarem Querschnittaufbau wäre aus Gründen der sprachli-
chen Vereinheitlichung die Bezeichnung „Strukturschaumstoffe“ wohl wün-
schenswerter gewesen) werden meist aus Polyetherpolyolen mit Butandiol,
Ethylenglykol, Aminopolyolen oder Diaminen als Vernetzer hergestellt. Als Ka-
talysator dienen tertiäre Amine und zinnorganische Verbindungen.
Das Gemisch aus Polyolen, Vernetzern, Katalysatoren, Treibmittel, Emulgato-
ren und ggf. Farbpasten u. a. bildet die A-Komponente des Integralschaumstoff-
Systems. Ihr wird häufig eine geringe Luftmenge beigegeben. Die B-Komponente
besteht meist aus modifiziertem Diphenylmethandiisocyanat. Lichtstabile Inte-
gralschaumstoffe basieren auf aliphatischen und araliphatischen Diisocyanaten.
Zum Optimieren der Formstoffeigenschaften werden Füll- und Verstärkungs-
stoffe zugesetzt. Das entsprechend modifizierte Herstellverfahren wird als RRIM
(reinforced reaction injection moulding) bezeichnet [26].
Integralschaumstoffe bieten folgende Vorteile:
• Variationsbreite der mechanischen Eigenschaften,
• vielfältige Oberflächenexturierung,
• Freiheit in Konstruktion und Formgebung,
• niedriges Gewicht,
• wirtschaftliche Fertigung.
Diese Vorteile nutzt vor allem die Automobilindustrie im Interesse der inneren
und äußeren Sicherheit [27]. Schuhsohlen aus diesem Werkstoff haben bereits
einen beträchtlichen Marktanteil. Harte PUR-Integralschaumstoffe werden zur
Polyaddukte
1426 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Herstellung wärmegedämmter Fensterrahmen, von Sportartikeln, Möbeln und


Gehäusen für technische Einrichtungen verwendet.
Die folgenden Abschnitte bringen eine kurze Übersicht über die Vielfalt der
technischen PUR-Integralschaumstoffe.

Flexible PUR-Integralschaumstoffe: Polyether-Schaumstoffe


Eine Einteilungsmöglichkeit dieser Werkstoffe bietet der chemische Aufbau. Bei
der Beschreibung der Eigenschaften flexibler Polyetherschaumstoffe ist jedoch
die Unterscheidung nach Rohdichten sinnvoller, zumal diese jeweils bestimmten
Anwendungsgebieten zugeordnet werden können.
• Weich-elastische PUR-Integralschaumstoffe niedriger Dichte (200 bis
300 kg/m3) für Fahrradsättel oder Sicherheitsteile im Innenraum von Kraft-
fahrzeugen, z. B. Kopfstützen und Lenkradumhüllungen, ferner für Mofasättel
und Motorradsitzbänke [28];
• Flexible PUR-Integralschaumstoffe hoher Rohdichte (700 bis 1000 kg/m3)
sog. „mikrozellulare Elastomere“, z. B. für Karosserieteile wie Stoßfänger,
Stoßfängerhörner, Außenspiegel;
• Massive RIM-Polyurethane (Rohdichte etwa 1100 kg/m3) z. B. für Karosse-
rieaußenteile.

Polyester-Schaumstoffe
Flexible PUR-Integralschaumstoffe für Schuhsohlen werden vorwiegend aus li-
nearen Polyethern aufgebaut. Die Estersysteme enthalten außer Glycolen als Ver-
netzer auch Wasser. Der Glycolanteil bestimmt die Härte, die Wasserkonzentra-
tion die Formteildichte. Diese Polyesterformulierungen werden bei der Verar-
beitung mit der äquivalenten Menge Prepolymer umgesetzt. Die vorzügliche
Abriebfestigkeit führte dazu, dass Polyesterpolyurethane bevorzugt für hochbe-
anspruchbare Sohlen, beispielsweise Sportschuhe, eingesetzt werden. Der Ab-
rieb beträgt nur ein Drittel der vergleichbaren Gummisohlen. Besonders be-
währt haben sich Mehrlagen-Kombinationen aus einer dichten Lauf- und einer
etwa halb so dichten (450 kg/m3) Zwischensohle.

Harte PUR-Integralschaumstoffe

■ Herstellung
Für die Herstellung dieser anwendungstechnisch ebenso bedeutenden PUR-
Schaumstoffe werden vorwiegend 4,4¢-Diphenylmethan-Diisocyanat (MDI) und
auf der Polyolseite Polyether verwendet. Aufgeschäumt wird mit R-11 bzw. Mi-
schungen mit Trichlorfluorethan oder Methylenchlorid (in Zukunft treten fluor-
freie Treibmittel an die Stelle der klimagefährdenden FCKW). An Zusatzstoffen
können noch Flammschutzmittel, dunkle Pigmente, Bariumsulfat und nicht zu-
letzt Glasfasern in Betracht kommen.

■ Physikalische Eigenschaften
Die Produkteigenschaften sind in weiten Grenzen variierbar; sie werden deshalb
häufig durch ein Eigenschaftsspektrum beschrieben, das die Eigenschaften als
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1427

Funktion der Rohdichte darstellt. Dem besonderen Charakter der PUR-Integral-


Schaumstoffe werden speziell hierfür entwickelte Prüfverfahren (zusammenge-
fasst in DIN 53 432 (06. 77) gerecht.

■ Mechanische Eigenschaften
Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit
Richtwerte der wichtigsten mechanischen Eigenschaften von PUR-Integral-Hart-
schaumstoffen bei Rohdichten von 400 und 600 kg/m3 enthält Tabelle 2-132.

Umwandlungstemperaturen
Sehr aufschlussreich über das Verhalten dieses Materials in der Wärme und in
der Kälte ist die Abhängigkeit des Schubmoduls, Bild 2-745. Dabei darf nicht
außer Acht gelassen werden, dass es sich bei diesen Schaumstoffen um vernetzte,
d. h. duroplastische Formstoffe handelt.
Das System a erweicht bereits bei etwa 100 °C, während das System b mit vor-
wiegend Polyisocyanurat-Strukturen bis 200 °C keinen ausgeprägten Erwei-
chungspunkt aufweist.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die aus dem Zeitdehnlinien-Diagramm durch Schnitte ermittelbaren isochro-
nen Spannungsdehnungslinien bilden ihrerseits die Grundlage zum Berechnen
des für den Konstrukteur wichtigen Kriechmoduls. In Bild 2-746 sind die bei
zwei Temperaturen ermittelten Versuchsergebnisse für ein Material mit einer
Rohdichte von 550 kg/m3 wiedergegeben.

Tabelle 2-132. Kennzeichnende Eigenschaften von PUR-Integral-Schaumstoffen

Eigenschaften Einheit Rohdichte kg/m3

400 600

mechanische
Zugfestigkeit N/mm2 8 18
Reißdehnung % 7 7
Zug-E-Modul N/mm2 350 600
Biegefestigkeit N/mm2 25 45
Durchbiegung mm 10 12
Biege-E-Modul N/mm2 600 1050
Schlagzähigkeit kJ/m2 – 20 bis 60
Kugelfalltest (1,37 kg) cm – 40 bis 200
elektrische
Oberflächenwiderstand W 1 · 1013
Spezif. Durchgangswiderstand W cm 1 · 1014
Durchschlagfestigkeit kV/cm 123
Dielektrizitätszahl – 2,6
50 bis 1 MHz
dielektr. Verlustfaktor tan d – 0,023
50 bis 1 MHz
Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI/A 600
Polyaddukte
1428 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-745. Schubmodul von


PUR-Integral-Hartschaumstoff-
systemen in Abhängigkeit von
der Temperatur
(Rohdichte: 600 kg/m3)

Bild 2-746. Isochrone Spannungsdeh-


nungslinien von PUR-Intetral-Hart-
schaumstoff (Rohdichte: 550 kg/m3)
______ 23 °C
-------- 70 °C

Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


Siehe Tabelle 2-132.
Die Schlagzähigkeitswerte hängen sehr von der Formteilgeometrie ab. Durch
den PUR-Aufbau kann die Schlagzähigkeit in einem weiten Bereich verändert
werden. Hohe Schlagzähigkeitswerte deuten allerdings häufig auf einen niedri-
gen E-Modul hin. Ein für sich selbst aussagefähiger Schlagversuch ist der Kugel-
falltest.

Verhalten bei schwingender Beanspruchung


Siehe Bild 2-747.

Bild 2-747. Wechselfestigkeit von


PUR-Integral-Hartschaumstoff
(Rohdichte: 600 kg/m3)
a Biegewechselfestigkeit
b Zugschwellbereich
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1429

■ Thermische Eigenschaften
Bei einer Rohdichte von 600 kg/m3 beträgt der mittlere lineare Ausdehnungs-
koeffizient 80 · 10–6 K–1. Eine Abhängigkeit von der Rohdichte ist nur bei Roh-
dichten < 100 kg/m3 feststellbar. Bei der ersten Aufheizperiode überlagern sich
bei Temperaturen > 60 °C nicht reversible Vorgänge durch Zellgasverluste.

■ Elektrische Eigenschaften
Siehe Tabelle 2-132.

■ Akustische Eigenschaften
Vor allem bei Tonmöbeln ist das akustische Verhalten der Werkstoffe von großer
Bedeutung. PUR-Integral-Hartschaumstoffe sind in dieser Hinsicht dem Holz
vergleichbar, teilweise sogar überlegen, wie Bild 2-748 zeigt.

■ Chemikalienbeständigkeit
Siehe Abschnitt 2.2.3.2.1.2 Gießharze. PUR-Integral-Hartschaumstoffe sind wie die
meisten PUR-Produkte gegen viele aggressive Lösemittel wenig empfindlich.

■ Witterungsbeständigkeit
Harte PUR-Integralschaumstoffe absorbieren im UV-Bereich. Der Farbton der
Formstoffe verändert sich, die Oberfläche von bewittertem Material zeigt mik-
roskopisch feine Risse, die Zugfestigkeit nimmt ab.

■ Strahlenbeständigkeit und Brennbarkeit


Siehe Abschnitt 2.2.3.2.1.2 PUR Gießharze.

■ Durchlässigkeit für Wasserdampf


Sie beträgt bei 10 mm dicken Probekörpern 0,15 g/m2d bar.

■ Wasseraufnahme
Feuchtigkeit wirkt im PUR-Gerüst als Weichmacher. Dieses Verhalten wirkt sich
vor allem auf die Zeitstandfestigkeit aus. Zwar lässt die Geschlossenzelligkeit der
Hartschaumstoffe eine geringe Wasseraufnahme zu. Sie vergrößert sich jedoch
mit steigender Temperatur, Bild 2-749.

Bild 2-748. Mechanischer Verlust-


faktor einiger Tonmöbelwerkstoffe
in Abhängigkeit von der Frequenz
a PUR-Integral-Hartschaumstoffe
b Eichenholz
c Fichtenholz
Polyaddukte
1430 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-749. Massezunahme von


PUR-Integral-Hartschaumstoff
bei Lagerung in Wasser verschie-
dener Temperatur in Abhängig-
keit von der Lagerungsdauer

■ Gesundheitliche Beurteilung
Siehe Abschnitt 2.2.3.2.1.2 PUR-Gießharze.

■ Verarbeitung: Veredeln der Oberfläche


Das in die Trennebene des Werkzeugs gelangte Material bleibt häufig als dünner
Film am Formteil haften und wird nach dem Entformen mit einem Schaber bzw.
in Putzautomaten entfernt. Fehlstellen müssen vor dem Lackieren ausgebessert
werden. Lacke trocknen beschleunigt bei Temperaturen von 60 bis 80 °C. Holz-
imitationen in niedriger Rohdichte werden häufig nach dem IMC (in mould
coating)-Verfahren aufgetragen.

Trennen
Siehe Tabelle 2-6.

Fügen
PUR-Integralschaumstoffe werden mit Hilfe von Reaktionsklebstoffen auf Basis
PUR-, EP- und UP-Harz geklebt. Das Haften geschieht durch Adhäsion und che-
mische Bindung. Beim Verbinden mit anderen Werkstoffen müssen die Kleb-
stoffe jeweils auf beide Substrate abgestimmt werden.
Die hohe Scher- und Zugfestigkeit der PUR-Integral-Schaumstoffe lässt na-
turgemäß auch Schraubverbindungen zu.

Anwendungsbeispiele
Fenster- und Lichtkuppelrahmen, Musiktruhen, Sockel und Gehäuse von
TV-Standgeräten, Lautsprecher-, Radio- und Tonbandgerätegehäuse,
Waschbecken-Bidet-Kombinationen, Paddel-, Alpin-, Langlaufski- und
Tennisschläger-Verbundkonstruktionen, Kabelmuffen, Konsolen und
Gehäuse für Fernschreiber, Kopier- und Rechengeräte, Schreibmaschinen-
gehäuse, Sesselschalen, Liegen, Betten, Tische, Stühle, Schul- und
Kinderschreibtische, Labormöbel und Ladeneinrichtungen.

Handelsnamen
Bayflex, Baydur, Bayfill, Bayfit, Baymer, Baynat, Baytherm (Bayer AG/DE)
Clocel (Baxenden Chemical Co. Ltd./GB)
Daltocel (ICI Polyurethanes/BE)
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1431

Desmophen (Bayer AG/DE)


Elastoflex, Elastofoam, Elastopor (Elastogran GmbH/DE)
Hexacal (ICI Europa Ltd./BE)
Hypol (W. R. Grace and Co., Organic Chemical Div./US)
Isofoam (Baxenden Chemical Co./GB)
Moltopren (Bayer AG/DE)
Quelflam (Baxenden Chemical Co. Ltd./GB)
Resinol (Raschig AG/DE)
Selectrofoam (PPG Industries Inc./US)
Thanol (Texaco Chemical Co./US)

2.2.3.2.2
Thermoplastische Polyurethan-Elastomere (TPE-U)
Die thermoplastischen Polyurethan-Elastomere (TPE-U) sind die ältesten in der
Gruppe der thermoplastischen Elastomere (TPE). TPE-U wurden erstmals in
den fünfziger Jahren von Forschern der heutigen Bayer AG beschrieben, 1959
nahmen US-Firmen, Patente auf derartige Produkte. Anfang der sechziger Jahre
brachten außer der Bayer AG auch die Elastogran PUR-Chemie sowie US-Fir-
men TPE-U-Typen auf den Markt.

■ Herstellung
Die thermoplastischen Polyurethane sind wie alle Kunststoffe dieser Familie
Polyaddukte aus Polyisocyanaten und Polyolen. Das gummiähnliche Verhalten
resultiert aus dem segmentartigen Aufbau der Makromoleküle. Das Hartseg-
ment wird aus Diisocyanat und einem Kettenverlängerer, beispielsweise MDI +
Butandiol 1,4 gebildet. Als Weichsegment dienen langkettige Polyole. Sie bilden
eine Art chemisch gebundener Weichmacher.
Außer MDI (4,4-Diisocyanat-diphenylmethan) als dem am häufigsten ver-
wendeten Diisocyanat können auch HDI (Hexamethylen-diisocynat) und IPDI
(Isopren-Diisocyanat) als Hartsegmentkomponente verwendet werden.
Kurzkettige Diole, vorwiegend Butandiol 1,4, seltener Ethandiol 1,2 oder Hex-
andiol 1,6 dienen als Ausgangsprodukte für die Herstellung der Polyesterpolyole
(Butandiol 1,4-Polyadipat oder Ethandiol-butandiol 1,4-Polyadipat [29].

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die thermoplastischen Polyurethane zeichnen sich durch folgende Eigenschaf-
ten aus:
• hohe Zugfestigkeit und Reißdehnung,
• hohe Flexibilität – auch bei tiefen Temperaturen,
• hohe Dauergebrauchstemperatur,
• geringe bleibende Verformung bei statischer und dynamischer Beanspruchung,
• günstiges Reibungs- und Verschleißverhalten,
• hohe Weiterreißfestigkeit,
• hohes Dämpfungsvermögen,
• hohe Beständigkeit gegen Öle, Fette und viele Lösemittel,
Polyaddukte
1432 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

• hohe Beständigkeit gegen energiereiche und UV-Strahlung,


• frei von Weichmacher,
• Sondertypen sind witterungs- und verrottungsbeständig.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Durch Variation des NCO/OH-Verhältnisses werden Verarbeitung und Eigen-
schaften wesentlich beeinflusst. Produkte ohne NCO-Überschuss sind linear
aufgebaut und damit thermoplastisch. Mit überschüssigem Diisocyanat herge-
stellte Produkte verhalten sich bei Temperaturen unter 100 °C wie vernetzte Elas-
tomere. Bei höheren Temperaturen werden die Vernetzungsstellen wie Allo-
phanat- und Biuretbindungen rückgespalten.

reversible Allophanatbindung reversible Biuretbindung

Die Rückspaltung muss bei Temperaturen unterhalb der Zersetzungstemperatur


anderer Bindungen geschehen. Die Wahl der Rohstoffe bestimmt den Schmelz-
punkt. Die Eigenschaften werden durch das NCO/OH-Verhältnis geändert. Es
beträgt 1,02 bis 1,3.
Das Tieftemperaturverhalten hängt wesentlich von der Art des verwendeten
Polyester-Polyols ab. Symmetrische Polyester ergeben eine geringere Festigkeit
als Mischpolyester. Der Unterschied in der Gebrauchstemperatur beträgt 15 bis
20 K. Ihre obere Grenze in Luft erreicht etwa 80 °C.
Die z. Z. am Markt befindlichen TPE-U umfassen einen Härtebereich Shore D
von 75 bis 30 bzw. Shore A > 98 bis 75. Die entsprechenden E-Moduln liegen zwi-
schen 10 und 700 N/mm2. Die TPE-U schließen eine Lücke zwischen den
technischen Gummisorten und Polyamid füllen.

■ Sortiment
Das Sortiment umfasst Typen verschiedener Härte sowie verschiedener oberer
und unterer Gebrauchstemperatur. Die Sortimente einiger Hersteller enthalten
Polymerblends mit TPE-U als elastifizierende Komponente, beispielsweise mit
den polaren Thermoplasten PVC, ABS und PC. Spröde Thermoplaste wie POM
werden schlagzäher bei allerdings reduzierter Steifigkeit. Weiche TPE-U-Typen
dienen vor allem bei PVC-U als nicht migrierender Weichmacher.

■ Lieferform
Granulat für das Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen, Kalandrieren und
Pressformen. Die Formmassen sind hygroskopisch. In Orginalgebinden dicht
verpackt sind sie sechs Monate lagerfähig.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1433

■ Typisierung
Die thermoplastischen TPE-U-Elastomere sind nicht typisiert. Die Hersteller
klassifizieren die Formmassen meist nach der Härte.

■ Physikalische Eigenschaften
Eine Übersicht kennzeichnender Eigenschaften der thermoplastischen TPE-U-
Elastomere gibt Tabelle 2-133.

■ Mechanische Eigenschaften
Das Spannungsdehnungsverhalten einiger TPE-U-Typen bei Raumtemperatur
zeigt Bild 2-750. Die letzten beiden Ziffern der Kurvenbezeichnungen geben

Tabelle 2-133. Kennzeichnende Eigenschaften thermoplastischer TPE-U-Elastomeren

Eigenschaften Einheit Typ 385 Typ 790 Typ 460

Rohdichte g/cm3 1,20 1,21 1,21


mechanische
Reißfestigkeit N/mm2 35 bis 40 35 bis 45 35 bis 45
Reißdehnung % 400 bis 450 450 bis 500 400 bis 500
Abriebfestigkeit mm3 20 bis 30 20 bis 30 35 bis 456
Shore-Härte A/D – 85/33 92/42 97/56
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft: kurzzeitig °C 110 120 130
dauernd °C 80 80 80
Glasübergangstemperatur °C – 40 – 40 – 40
linearer Ausdehnungskoeffizient K–1 · 106 150 180 150
elektrische
Oberflächenwiderstand trocken W 5 · 1011 4 · 1012 5 · 1012
24 h Wasserlagerung W 5 · 1010 2 · 1012 3 · 1012
spezifischer Durchgangswiderstand
trocken Wcm 8 · 1011 4 · 1012 2 · 1012
24 h Wasserlagerung Wcm 1 · 1011 3 · 1012 3 · 1012
Dielektrizitätszahl (trocken
50 Hz – 6,5 5,2 5,4
800 Hz – 6,4 5,1 5,3
1 MHz – 5,6 4,3 4,5
1 GHz – 3,8 3,5 3,6
dielektrischer Verlustfaktor tan d
50 Hz – 0,029 0,018 0,021
800 Hz – 0,018 0,023 0,024
1 GHz – 0,032 0,017 0,019
Vergleichszahl der CTI/A 600 600 600
Kriechwegbildung
optische – transluzent opak opak
Wasserdampfdurchlässigkeit
(2-mm-Probe) g/m2d 7,0 3,0 1,9
Wasseraufnahme g/7d 53 59 54
Polyaddukte
1434 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-750. Zugspannungs-


dehnungsdiagramm von
TPE-U-Typen verschiede-
ner Härte
E-Modul
N/mm2
a Desmopan 460 150
b Desmopan 790 85
c Desmopan 485 41
(Quelle: Bayer aG)

(auch in den noch folgenden Diagrammen) den Shore-Härtebereich an. Bei


Werten > 70  Shore A, bei Werten < 70  Shore D.
Eine Vorstellung vom Verhalten des Typs Desmopan 4875 (85 Shore A) bei
Druckbeanspruchung vermittelt Bild 2-751.

Umwandlungstemperaturen
Das Verhalten eines Kunststoffs über einen breiten Temperaturbereich kann
sehr gut anhand des Schubmodulverlaufs in Abhängigkeit von der Temperatur
beschrieben werden. Bei der Messung des Schubmoduls im Torsionsschwin-
gungsversuch nach DIN 53 445 wird gleichzeitig der mechanische Verlustfaktor,
ein Maß für das Dämpfungsvermögen, ermittelt. Bild 2-752 A zeigt die Abhän-
gigkeit des Schubmoduls von drei Desmopan Typen und Bild 2-752 B den Verlauf
des mechanischen Verlustfaktors in Abhängigkeit von der Temperatur.
Das Hartsegment entscheidet über die Gebrauchstüchtigkeit bei hohen Tem-
peraturen. Bei TPE-U mit MDI als Basis steigt die Wärmestandfestigkeit bei
Variation der Kettenverlängerer in dieser Reihenfolge:
Hexandiol 1,6 < Butandiol 1,4 < Ethandiol. Weiche Typen mit Shore A 80 bis
90 sind je nach Rezept und Beanspruchung wärmestandfest im Bereich 60 bis
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1435

Bild 2-751. Stauchung von Desmopan 485 in


Abhängigkeit von der herrschenden Druck-
spannung, bei verschiedenen Temperaturen
(Quelle: Bayer AG)

90 °C. Härtere Typen können eine um 10 bis 25 K höhere Standfestigkeitsgrenze


erreichen. Durch die Zugabe anorganischer Füll- und Verstärkungsstoffe ist be-
reits mit einem Masseanteil von 10 % eine deutliche Erhöhung erreichbar.
Das Weichsegment bestimmt das Verhalten in der Kälte. Polyether weisen eine
tiefere Einfriertemperatur auf als Polyester. Die Einfriertemperaturen der TPE-
U liegen meist um 15 bis 30 K über denen der Polyole selbst. Die Kälteflexibilität
der TPE-U reicht bei Einfriertemperaturen von – 25 bis 60 °C für viele Anwen-
dungen aus.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Die Zeitdehnlinien für einen 98 Shore A Harttyp sind Bild 2-753 zu entnehmen.
Das Bild gibt auch Auskunft über die nach einer Entlastungszeit von 6 min ver-
bleibende Restdehnung. Für harte TPE-U-Typen liegt die Grenzverformung zwi-
schen 1 und 2 %, bei weichen um 3 %. Innerhalb dieses Bereiches ist der
Kriechmodul nahezu unabhängig von der Spannung. Außerhalb nimmt er mit
zunehmender Spannung ab, Bild 2-754. Die Ergebnisse des Zeitstand-Druckver-
suchs mit demselben Material zeigt Bild 2-755. Die aus dem Zeitstand-Zugver-
such ermittelten isochronen Spannungsdehnungslinien für zwei TPE-U-Typen
zeigt Bild 2-756.

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabelle 2-133.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: mineralische Fette, Öle, Benzin (Additive können schädigen),
schwache Säuren, schwache Laugen, Ozon, O2 ;
Nicht beständig gegen: starke Säuren, starke Laugen,Aromaten,Alkohole, heißes
Wasser, heiße feuchte Luft, Sattdampf.
Polyaddukte
1436 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-752. Temperaturabhängigkeit des Schubmoduls (A) und des mechanischen Verlustfak-
tors (B) von drei TPE-U-Typen
a Desmopan 460
b Desmopan 790
c Desmopan 385
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1437

Bild 2-753. Zeitstand-Zugversuch mit


Desmopan 460, 98 Shore A
(Quelle: Bayer AG)

Bild 2-754. Zug-Kriechmodul von Desmo-


pan 460
Polyaddukte
1438 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Bild 2-755. Zeitstand-


Druckversuch mit Des-
mopan 460 bei verschie-
denen Beanspruchungen

Bild 2-756. Isochrone Span-


nungsdehnnungslinien von
Desmopan (Quelle: Bayer
AG)
a Desmopan 460
b Desmopan 485

■ Witterungsbeständigkeit
Hohe Witterungsbeständigkeit, Vergilben beeinträchtigt die Eigenschaften
nicht.

■ Strahlenbeständigkeit
Beständig bis zu Strahlendosen von 1011 J/kg. Bei 1013 J/kg werden Zugfestigkeit
und Dehnung um 50 % vermindert.

■ Brennbarkeit
Brennt mit leuchtender Flamme und stechendem Geruch. Flammwidriges Aus-
rüsten ist mit Hilfe chlorhaltiger Reaktanten und Antimontrioxid möglich.

■ Durchlässigkeit für Gase


Die Luftdurchlässigkeit der TPE-U ist niedrig, ebenso die Wasserdampfdurch-
lässigkeit der harten Typen. Die Durchlässigkeit für Stickstoff und Sauerstoff ist
derjenigen für Luft vergleichbar. Bei einer Temperatur von 60 °C ergeben sich
etwa fünfmal höhere Werte.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1439

■ Wasseraufnahme
TPE-U Granulat nimmt bei Lagerung in Luft mit 50 % rel. Feuchtigkeit in fünf
Tagen 0,4 % und bei 95 % rel. Feuchtigkeit 1,2 % Wasser auf.

■ Gesundheitliche Beurteilung
TPE-U sind gesundheitlich unbedenklich. In der Medizin wird vor allem die
hohe Blutverträglichkeit geschätzt.

■ Verarbeitung
Alle TPE-U-Typen sind auf Schneckenkolbenmaschinen spritzgießbar.Die Masse-
temperatur ist wie folgt zu wählen:
Härtebereich Shore A/D Massetemperatur
75 bis 90/28 bis 40 180 bis 210 °C
95/ 55 210 bis 245 °C
Die Werkzeugtemperatur beträgt normalerweise 20 °C, bei dicken Formteilwan-
dungen 5 °C und bei dünnen (< 2,5 mm) 40 bis 50 °C.
Beim Extrudieren von Folien und Halbzeug sind Massetemperaturen von 170
bis 190 °C und bei Draht- und Kabelummantelungen bis zu 22 °C zu wählen.
Für das Extrusions-Blasformen stehen Sondertypen zur Verfügung. Form-
teile aus TPE-U sollten in der Wärme nachbehandelt werden. Die Typen Shore A
Härte < 90 werden 20 h bei 80 bis 90 °C, die härteren, die nicht nachbehandelt
werden können, erreichen das Eigenschaftsniveau nach einigen Wochen. Form-
teile und Halbzeug sind kleb- und schweißbar.
Kleine Fügeflächen können mit Hilfe von N-Methylpyrrolidon oder Dime-
thylformamid (DMF) geklebt werden. Zweikomponenten-Klebstoffe auf Basis
modifizierter Polyester mit Härtern auf Diisocyanatbasis eignen sich für das
Verkleben von TPE-U untereinander, mit anderen Kunststoffen und Metallen.
Geeignet sind auch Reaktions-Klebstoffe auf der Basis von EP-Harzen.
Für das Schweißen kommen
Heißluft- und Stickstoffschweißen (Gastemperatur 290 bis 330 °C)
Heizelementschweißen (Oberflächentemperatur 270 bis 320 °C)
Hochfrequenzschweißen (Wanddicken < 2 mm)
Reibungsschweißen (Umfangsgeschwindigkeit 4,5 bis 8 m/s) in Betracht.

Anwendungsbeispiele
Automobilbau: Lager, Buchsen, Türschloßdichtungen, Dämpfungsele-
mente, Membranen, Manschetten, Seilzuführungen,
Schlauchummantelungen, Stoßdämpferzubehör;
Maschinenbau: Zahnräder zur Übertragung geringer Kräfte, Dichtun-
gen, Manschetten, Abstreifer, Kupplungselemente,
Zahnriemen, Schläuche, Rollen, Picker, Rollschuhrol-
len, Auskleidungen von Gewebe- und Druckschläuchen;
Werkzeuge: Hammerköpfe, Schleifteller, Abstreifer;
Schuhindustrie: Sportschuhsohlen, Stollen, Absätze, Skischuhe;
Polyaddukte
1440 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

Elektroindustrie: schwingungsdämpfende Elemente, abriebfeste Umman-


telungen für Kabel, flexible Flächenheizfolien;
Medizinische Herzklappen, Bypass, Dialysenmembranen, Infusions-
Technik: schläuche, Schlauchpumpen [29].
Im Kapitel 2.1.5 wurde auf die Verwendung von TPE-U als Verbesserer der
Schlagzähigkeit von POM hingewiesen. Diese Aufgabe kann das thermo-
plastische Elastomer ebenso bei PVC, PC und ABS übernehmen. Bei ABS
trägt es außerdem zur Erhöhung der Abriebfestigkeit bei, z. B. im Pell-
ethane der Dow Chemical Corp., US.

Handelsnamen
Desmopan (Bayer AG/DE)
Durelast (Kemira Polymers Ltd./GB)
Elastolen, Elastolan (Elastogran GmbH/DE)
Estaloc, Estane (B.F. Goodrich Chemical Co./US)
Europolymers (Avalon Chemical Group /US)
Fabeltan (Tubize Plastics S.A./BE)
Irogran (Morton International Inc./US)
Oldopren (Büsing u. Fasch GmbH & Co./DE)
Pelprene (Toyobo Co. Ltd./JP)
Plastothane (Morton Thiokol/US)
Polyathane (Morton International Inc./US)
Roylar (B.F. Goodrich Chemical Group/US)
Urafil (Akzo-Engineering Plastics Inc./US)
Uthane (Urethanes India Ltd./IN)

2.2.3.2.2.1
Thermoplastische Polyaddukte
Zur Herstellung thermoplastischer Polyaddukte werden bifunktionelle Aus-
gangskomponenten benötigt. Die Anzahl dieser Polyaddukte ist ziemlich groß,
jedoch gehören nur wenige zu den formbaren Kunststoffen. Zu den bekanntes-
ten zählen die linearen Polyurethane.

2.2.3.2.2.1.1
Lineare Polyurethane

Lineare Polyurethane werden seit dem Jahre 1940 großtechnisch hergestellt. Die
Produktion begann mit dem Faserrohstoff Perlon U im Werk Leverkusen der IG
Farbenindustrie. Obwohl die Bayer AG im Jahre 1976 die Produktion ihres line-
aren PUR Durethan U aus wirtschaftlichen Gründen einstellte, sei dennoch das
Eigenschaftsbild dieser dem PA 66 verwandten linearen Polyurethane in ge-
drängter Form wiedergegeben. Dies erscheint um so gerechtfertigter, als vor
etwa zwei Jahren die Firma Upjohn Co. (US) die Markterschließung mit ihrem
auf Diphenylmethan-4,4¢-Diisocyanat (MDI) basierenden Isoplast ankündigte.
Polyaddukte
2.2.3 Polyaddukte 1441

Die bevorzugten Ausgangskomponenten von Durethan U waren als Diol das 1,4-
Butylenglycol und als Diisocyanat das 1,6-Diisocyanat-hexan.

1,4-Butandiol 1,6-Diisocyanat-hexan
Allgemein kann man für diese Reaktion schreiben:

Diol Diisocyanat

Bei der Polyadditionsreaktion wandert der Wasserstoff zum Stickstoff des Di-
isocyanats und es entsteht:

lineares Polyurethan

Im Falle des Durethan U lautet die Strukturformel

Durethan U

Formstoffe aus linearen Polyurethanen ähneln in ihrem Eigenschaftsbild


grundsätzlich demjenigen der Polyamide. Sie kommen PA 66 am nächsten. Je-
doch mit dem Unterschied, dass die Wahl der Diisocyanate und Polyole eine
Vielfalt an PUR-Typen zulässt. Die linearen Polyurethane können beispielsweise
hart oder weich und zäh eingestellt werden. Die mechanischen Eigenschaften
sind wie die der Polyamide vom Feuchtigkeitsgehalt, dem Kristallinitätsgrad
und mithin von den Verarbeitungsbedingungen abhängig.
PUR-Formstoffe zeichnen sich im Vergleich mit Polyamiden aus durch:
• hohe Maßhaltigkeit,
• geringe Schwindung,
• geringe Wasseraufnahme (je nach Typ),
• höhere Chemikalienbeständigkeit (z. B. schwache Säuren, starke Laugen),
• hohes Dämpfungsvermögen,
• hoher Verschleißwiderstand nach Initialschmierung mit Siliconöl,
• bei längerem Gebrauch muss bei Temperaturen um 100 °C mit oxidativem
Abbau gerechnet werden.

■ Struktur und Eigenschaften


Eine Abstufung in Festigkeit und Härte wird durch Kombination verschiedener
Diole erreicht, Durethan U zeigte mit steigendem Index zunehmende Kerb-
schlagzähigkeit und abnehmende Härte.
Die Kristallisationsneigung der linearen Polyurethane ist noch größer als die
des chemisch verwandten Polyamid 66. Daraus folgert eine geringere Wasser-
Polyaddukte
1442 2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate

aufnahme (2 bis 2,5 % bei Wasserlagerung 20 °C). Die PUR-Formmassen werden


deshalb bei der Verarbeitung nach dem Spritzgieß- oder Extrusionsverfahren
nicht vorgetrocknet. Die höhere Kristallinität bewirkt ferner eine geringere Lös-
lichkeit und eine höhere Chemikalienbeständigkeit als bei PA 66. Die Oxida-
tionsempfindlichkeit bei Schmelztemperaturen über 230 °C ist vorhanden, je-
doch nicht in dem Maße wie bei PA 66. Die Anwendungsgebiete beider Form-
massen stimmen überein.

2.2.3.3
Literatur – Kapitel 2.2.3
[1] Ciba-Geigy (1980) „Epoxidharze und deren Härtungsmechanismen“, Druckschrift 2430/d
780.615/70
[2] Kubeus K (1971) „Cycloaliphatische Epoxidharze“, Kunststoff-Handbuch Bd. XI, C. Hanser
Verlag, München, S 247 – 269
[3] Meyerhaus K (1971) „Epoxidharz auf der Basis von Epichlorhydrin und Bisphenol A“ in
[22], S 99 – 246
[4] Fuhrmann U (1995) „Epoxidharze (EP)“, Kunststoffe 85, S 1630 – 1632
[5] Schik J-P (1968) „Reaktionsharz und Reaktionsmittelsysteme und Verstärkungsfaser“,
VDI-Bildungswerk BW 1126
[6] Schrempf C et al. (1995) „Harz-Härter Beschleuniger“, Kunststoffe 85, S 380 – 383
[7] Berger St et al. (1996) „Spülen mit einer Komponente“, Kunststoffe 86, S 186 – 190
[8] Oberbach K (1980)“Kunststoff-Kennwerte für Konstrukteure“, C. Hanser Verlag, Mün-
chen, S 101
[9] Ciba-Geigy „Das automatische Druckgelieren“, Druckschrift Nr. 28160/d 841, 121/30
[10] Fisch W et al. (1961) „Chemischer Aufbau von gehärteten Epoxidharzen“ in „Die Makro-
molekulare Chemie“ Bd. XL IV XL VI, S 8 – 23
[11] Liebold R (1995) „SMC, BMC, GMT, Stand der Technik und Trends in der GFK-Verarbei-
tung“, Kunststoffe 85, S 1743 – 1750
[12] Müller K et al. (1985) „Kunststoffeinsatz bei erhöhter Wärmebeanspruchung“, Maschinen-
baunachrichten 10, S 12ff
[13] Ehrentraut P (1989) „Duroplaste – hochwärmebeständige, vielseitige Verbundwerkstoffe“
in Tagungshandbuch: „Polymere Hochleistungswerkstoffe in der technischen Anwen-
dung, SKZ Würzburg, S 37 – 57
[14] Pyrlik M (1981) „Eigenschaften Silicon-Kautschuk modifizierter Reaktionsharze“ in [1], S
183 – 196
[15] Schauerte K (1993) „Abwandlungsprodukte der Rohstoffe“, Kunststoffhandbuch Bd. 7,
„Polyurethane“, C. Hanser Verlag, München, S 88 – 103
[16] Abele L et al. (1993) „Polyurethane und Umwelt in [15], S 695 – 716
[17] Tintelnot D (1995) „Wasser – eine ökologische Alternative für FCKW“, Kunststoffe 85, S 509–516
[18] Haas P et al. (1993) „Hilfs- und Zusatzstoffe für Polyurethane“ in [15], S 104 – 138
[19] Walz R et al (1996) „Halogenfreies Flammschutzmittel“, Kunststoffe 86, S 230 – 235
[20] Lorch O (1996) „Kostengünstig verstärken“, Kunststoffe 86, S 1860 – 1863
[21] Dieterich D et al. (1993) „Grundlagen der Polyurethanchemie und Sondergebiete“ in [35],
S 11 – 50
[22] Berger St et al. (1996) „Spülen mit einer Komponente“, Kunststoffe 86, S 186 – 190
[23] Avar, G et al. (1993) „Integral-Schaumstoffe und RIM-Werkstoffe“ in [35], S 355 – 415
[24] Uhlig K (1995) „Polyurethane: Rohstoffe und Anwendungen“, Kunststoffe 85, S 2176 – 2178
[25] Lüdke H (1995) „PUR-Verarbeitung“, Kunststoffe 85, S 2146 – 2148
[26] Meiners H-J et al. (1996) „Dünnwandige PUR-Bauteile“, Kunststoffe 86, S 1855 – 1859
[27] Sattlecker B (1995) „Glasmattenvorformtechnik“, Kunststoffe 85, S 1332 – 1336
[28] Mawbey J (1996) „Leichte PUR-Schaumstoffe“, Kunststoffe 86, S 1713 – 1714
[29] Awater A et al. (1993) „Massive PUR-Werkstoffe“ in [35], S 417 – 514
Polyaddukte
KAPITEL 3

Spezialkunststoffe

In den letzten Jahren gewannen Polymere mit besonderen Eigenschaften zuneh-


mend an Bedeutung. In diesem Kapitel werden unter dem Überbegriff Spezial-
kunststoffe die zwei Gebiete „Abgewandelte Naturstoffe“ und „Elektrisch leit-
fähige Polymere“ behandelt.
Das Unterkapitel 3.1 „Abgewandelte Naturstoffe“ gibt einen Überblick über
die derzeit technisch wichtigsten und zukünftig erfolgversprechenden auf Na-
turstoffen basierenden Polymere. Polymere auf Basis abgewandelter Naturstoffe
sind von ihrer Bedeutsamkeit schon heute nicht mehr zu vernachlässigen und
werden sicherlich auch zukünftig aus umweltlichen und technischen Gesichts-
punkten einen hohen Stellenwert einnehmen.
Unterkapitel 3.2 „Elektrisch leitfähige Polymere“ gibt einen Überblick über
Möglichkeiten, die elektrische Leitfähigkeit von Polymeren gezielt zu beeinflus-
sen. Elektrisch leitfähige Kunststoffe werden schon seit geraumer Zeit für Pro-
dukte, bei denen eine elektrostatische Aufladung vermieden werden muss, ein-
gesetzt. Der Einsatz für weitere technische Bereiche wie die elektromagnetische
Abschirmung von Geräten oder Anwendungen in der Energie- und Elektrotech-
nik führt zur Forderung nach Kunststoffprodukten mit maßgeschneiderten
elektrischen Eigenschaften.

3.1
Abgewandelte Naturstoffe
Emilia R. inone-kauffmann

Über lange Zeiträume hinweg waren nachwachsende Rohstoffe die einzigen En-
ergieträger und Rohstoffquellen für chemische Produkte. Als vor etwa hundert
Jahren die intensive Suche nach neuen Werkstoffen begann, lag es nahe, einige
der in der Natur vorkommenden Hochpolymere – auch wenn diese erst viel spä-
ter als solche erkannt wurden – als Ausgangsstoffe zu verwenden. Einige wich-
tige und sich ständig erneuernde Rohstoffvorräte der Natur sind: Cellulose,
Zucker, Stärke, Lignin, Fette und Öle.
Die Begriffe abgewandelte Naturstoffe, natürliche Polymere oder Biopoly-
mere werden in der Literatur unterschiedlich verwendet.
Häufig stehen Biopolymere für biologische Abbaubarkeit, unabhängig von
den Ausgangsmonomeren oder einfach für Polymere, die in der Natur vorkom-
men.
1444 3 Spezialkunststoffe

In strenger Hinsicht sind Biopolymere Moleküle der in der Natur vorkom-


menden Monomere, die durch biologische Polymerisationsprozesse in pflanzli-
chen oder tierischen Zellen hergestellt werden, wie Cellulose oder Stärke aus
dem Monomerzucker „Glucose“.
Hier wird als Oberbegriff „Abgewandelte Naturstoffe“ für Polymere gewählt,
die zum einen aus in der Natur vorkommenden und chemisch modifizierten
Monomeren oder Hochpolymeren hergestellt werden.

3.1.1
Stärke und Derivate
Rainer Schweppe

■ Synthese/Vorkommen
Wann immer eine Pflanze Traubenzucker nicht benötigt, speichert sie ihn in
Form von Stärkekörnern in Wurzeln, Knollen, Mark oder Samen. Stärke ist ein
Reservekohlenhydrat, das von vielen Pflanzen in Form von 1 – 200 mm großen
Stärkekörnern in verschiedenen Pflanzenteilen gespeichert wird, z. B. in Knollen
oder Wurzeln [z. B. Kartoffeln, Maranta (Arrowroot), Maniok (Tapioka), Batate],
in Getreide-Samen (z. B. Weizen, Mais, Roggen, Reis, Gerste, Hirse, Hafer, Sorg-
hum), in Früchten (z. B. Kastanien, Eicheln, Erbsen, Bohnen, Hülsenfrüchte, Ba-
nanen) sowie im Mark (z. B. Sagopalme).
Nach Cellulose ist Stärke der bedeutendste nachwachsende Rohstoff. Der
überwiegende Anteil der weltweiten Stärkeerzeugung entfällt auf die Rohstoffe
Mais, Kartoffeln, Tapioka (Maniok) und Weizen. Weltweit werden heute jährlich
über 45 Millionen Tonnen Stärke industriell erzeugt, davon knapp 10 Mio. Ton-
nen in Europa und 2 Mio. Tonnen teilweise durch Importe in Deutschland [1].
Etwa 1 Mio. Tonnen fließen jährlich in Deutschland in technische Anwendungen.
Tabelle 3-1 zeigt die Anbaufläche für Stärke in Deutschland.

■ Compound und Blend [2]


Die 1988 erfundene thermoplastische Stärke (Patent-Nr. EP 0397819) ist mit ei-
nem geschätzten Marktanteil von etwa 80 % führend im Bereich der „Biokunst-
stoffe“. Um native Stärke zum thermoplastischen Werkstoff zu machen, müssen
natürliche Weichmacher und Plastifizierungsmittel wie Glycerin oder Sorbit
beigegeben werden. Die Mischung erfolgt im Extruder. Über Düsenplatten mit
runden, profilierten oder schlitzartigen Öffnungen tritt die erwärmte Masse als
Schaum aus, der sich entweder zu Chips konfektionieren oder noch heiß zu

Tabelle 3-1. Anbaufläche in Deutschland in Hektar

1997 1999 2000 2001 2003

Stärke 138.000 125.000 125.000 125.000 125.000


Nachwachsende Rohstoffe, gesamt 510.034 739.452 683.391 675.242 835.000

Quelle: Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.


3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1445

Bild 3.1. Prinzip der druckthermischen Verfestigung [3]


A geöffnete Platten; 1 obere Heizplatte;
B geschlossene Platten; 2 untere Heizplatte;
Q Heizung 3 Suspension;
4 geformter poröser Körper;
5 Abdampföffnung

Formteilen pressen lässt. Da das Endprodukt keine kristallinen Anteile mehr


enthält, ist die thermoplastische Stärke für die Vermischung mit weiteren Poly-
merkomponenten bestens geeignet.
Zur Herstellung von Werkstoffen auf Stärkebasis wird häufig auch die druck-
thermische Verfestigung verwendet, die in Bild 3-1 schematisch dargestellt ist.
Die stärkehaltige Ausgangsmasse wird zunächst auf die untere Hälfte einer
zweiteiligen erhitzten Form aufgebracht. Die obere Formhälfte wird abgesenkt,
wobei sich die Masse auf einer größeren Fläche verteilt. Die Erhitzung führt zur
Bildung von Wasserdampf, der als treibende Kraft das weitere Breitfließen der
Masse bewirkt. Über Abdampföffnungen kann der Dampf schließlich nach
außen entweichen. Das Material nimmt eine poröse Struktur an, wird fest und
kann anschließend entnommen werden.
Für Kunststoffmischungen mit thermoplastischer Stärke werden häufig was-
serabweisende, biologisch abbaubare Polymere wie z. B. Polyester, Polyestera-
mide, Polyesterurethane oder Polyvinylalkohol eingesetzt. Der Blend besteht so-
mit aus zwei Phasen – der kontinuierlichen und hydrophoben Polymerphase
und der dispersen und hydrophilen Stärkephase. Im Extruder vermischen sich
beide Phasen zu einem wasserfesten Stärkekunststoff.
Derzeit werden stärkebasierende, biologisch abbaubare Kunststoffe haupt-
sächlich für die Herstellung von Blasfolien, tiefziehbaren Flachfolien, Spritzguss-
artikeln oder Beschichtungen verwendet (Tragetaschen, Joghurt- oder Trinkbe-
cher, Pflanztöpfe, Besteck, Windelfolien, Lebensmittelverpackungen, Einweg-
schalen, CD-Verpackungen, Grablichthüllen, beschichtete Papiere und Pappen).
Auch durch chemische Veränderung (Umsetzung zu Stärkeestern oder
-ethern mit hohem Substitutionsgrad) kann Stärke thermoplastisch modifiziert
werden. Diese Verfahren haben sich aber wegen der damit verbundenen hohen
Kosten noch nicht durchgesetzt.
Stärkecompounds lassen sich problemlos auf klassischen Spritzgießanla-
gen verarbeiten. Das Material besitzt mit Polypropylen vergleichbare Eigen-
schaften.
1446 3 Spezialkunststoffe

■ Eigenschaften
Physikalische, chemische und mechanische Eigenschaften
Chemisch gesehen besteht die Stärke der allgemeinen Zusammensetzung
(C6H10O5)n aus drei verschiedenen D-Glucopyranose-Polymeren, der Amylose,
dem Amylopektin und einer sogenannten Zwischenfraktion, die auch als „anor-
males Amylopektin“ bezeichnet wird.
Weitere Bestandteile der Stärke sind: Wasser (ca. 20 %, je nach Sorte und La-
gerungsbedingungen), Eiweiß, Fette und esterartig gebundene Phosphorsäure.

Schematischer Strukturaufbau der Stärke [4]

Mikroskopisch betrachtet besteht Stärke aus farblosen Körnern mit Durchmes-


sern zwischen 1 – 150 mm je nach Herkunft (z. B. Reisstärke 3 – 9 mm, Kartoffel-
stärke 15 – 100 mm). In heißem Wasser quillt Stärke irreversibel unter Verkleiste-
rung auf, an die sich eine Gelbildung anschließt. Die erforderlichen Temperatu-
ren für diese Verkleisterungen liegen, abhängig von der Herkunft der Stärke, bei
60 – 70 °C (vgl. Tabelle 3-2).
Die Fähigkeit der Stärke, Gele oder Pasten zu bilden, ist die Grundlage für die
meisten Stärkeanwendungen. Chemikalien wie Natriumsulfat, Saccharose und
D-Glucose erhöhen die Gelbildungs-Temperatur, während Natriumnitrat, Na-
triumhydroxid und Harnstoff sie erniedrigen.
Mit steigendem Amylopektin-Gehalt nimmt die Kristallinität eines Stärke-
korns zu und die Verkleisterungsenergien steigen an. Stärken, die ausschließlich
Amylopektin enthalten (von bestimmten Mais- und Kartoffelsorten), nennt man
Wachsvarietäten. Amylose liefert Komplexe, in denen organische Moleküle in
der Helixstruktur eingelagert werden; mit Iod bildet sie den blau gefärbten Iod-
Stärke-Komplex (Stärkenachweis). In den Tabellen 3-3 bis 3-6 sind die Eigen-
schaften einiger stärkebasierender Werkstoffe dargestellt.

■ Verarbeitung und Anwendung


Stärke wird als funktionelles Polymer zum Verdicken, Binden, Kleben oder zur
Ausbildung von Filmen genutzt. Stärkehaltige Produkte sind weit verbreitet, wie
z. B. Zahnpasta, Arzneimittel, Papier, Pappe, Textilien und auch Baustoffe.
Die hohe Sauerstofffunktionalität der Stärke erweist sich auch als vorteilhaft
für die Synthese sauerstoffreicher Zwischenprodukte, wie z. B. Propan- und
Butandiol für die Lack- und Farbenindustrie. Ferner dient Stärke gekocht und
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1447

Tabelle 3-2. Eigenschaften der Stärken bestimmter Stammpflanzen [4]

Stärke Amylose- Wasser- Verkleisterungstemperatur


Gehalt [%] Gehalt [%] [°C]

Kartoffelstärke 17–22 17–18 58–60


Maisstärke 0–42 10–15 63–70
Reisstärke 12 12 72
Weizenstärke 16–18 12 50

Tabelle 3-3. Eigenschaften des Stärkecompounds Bioplast GF 10a [2]

Eigenschaften Einheit Bioplast GF 102

Korndurchmesser mm 3,5–4
Dichte g/cm3 1,1
Schüttdichte kg/m3 760
MFR (150 °C, 10 kg) g/10 min 9,5 ± 1
Wassergehalt % 3,5 ± 0,5
Vicat-Enweichungstemperatur (VST A/50) °C 64
a
Hersteller: Firma Biotec Biologische Naturverpackungen GmbH, Emmerich.

Tabelle 3-4. Eigenschaften der Blasfolie “Bioflex BF 102“ a [2]

Eigenschaften Einheit Bioflex BF

Foliendicke mm 20–100
Dichte g/cm3 1,1
Zugfestigkeit, längs N/mm2 34
Zugfestigkeit, quer N/mm2 26
Dehnung bei Höchstzugkraft, längs % 900
Dehnung bei Höchstzugkraft, quer % 750
a
Hersteller: Firma Biotec Biologische Naturverpackungen GmbH, Emmerich

Tabelle 3-5. Sauerstoffdurchlässigkeiten von Packstoff-Folien [5]

Folie Folienstärke Schichtdicke Sauerstoffdurch-


[mm] [hm] lässigkeit a
[cm3/(m2 ·d·bar O2)]

Thermoplastische Weizenstärke 170 30


+ 30% Polycaprolacton
Thermoplastische Weizenstärke 170 ~ 70 27
+ 30% Polycaprolacton + SiOx
Thermoplastische Maisstärke 300 25
+ 20% Polycaprolacton
Thermoplastische Maisstärke 300 ~ 70 3
+ 20% Polycaprolacton + SiOx
a
Sauerstoffdurchlässigkeit bei 23°C, 75% Feuchte.
1448 3 Spezialkunststoffe

Tabelle 3-6. Vergleich verschiedener Packstoffe [3]

Eigen- Einheit Stärke a PS PP PVC Voll- Well- Altpapier


schaften pappe pappe

E-Modul N/mm2 186,4– 77,6 1008,5 699,4 1322,7 699,4 314,4


704,7
Dichte g/cm3 0,18–0,37 0,052 0,912 0,663 0,754 0,354 0,296
Wasser- % 19,82– 0,02 0,03 0,11 13,66 12,28 14,36
aufnahme 20,38
a
Drei unterschiedliche Stärketypen.

getrocknet als Basis von Instant-Lebensmitteln, Tapetenkleister, Füllmittel in Pa-


pier (der durchschnittliche Stärke-Gehalt von Papier liegt bei 1,9 %), als Schlichte
und zur Appretur von Textilien. Stärke wird auch zunehmend als nachwachsen-
der Rohstoff zur Ethanol-Gewinnung genutzt und zum Einschluss von Arznei-
mittel-Wirkstoffen in stärkehaltigen Kapseln, um sie verträglicher zu machen.
Auch modifizierte Stärken (extrudierte Stärke, Dextrine, Quell-Stärke, Stärke-
Ester) werden in zunehmendem Maße in der Industrie genutzt.

■ Marktübersicht
Handelsnamen
Bioplast (Biotec/DE)
Mater-Bi (Novamont SpA/IT)
Eco-Foam (National Starch and Chemical GmbH/DE)
Paragon (Avebe B.A./NL)
Storopack (Storopack Deutschland GmbH + Co. KG/DE)
Evercorn (Ever Corn, Inc./JP)
Earth Shell (Earth Shell Corporation/US)
Biopar (BIOP Biopolymer Technologies AG/DE)
Novon (Novon International Inc./US)

Literatur – Kapitel 3.1.1


[1] Biologisch abbaubare Werkstoffe, Pflanzen, Rohstoffe, Produkte (2002). Fachagentur Nach-
wachsende Rohstoffe. Gülzow
[2] Schröter E (1998) Von Anfang bis Ende Natur. Kunststoffe 88: 892–893
[3] Hofmann T, Linke L, Tsiapouris A, Ziems A (1998) Poröse Werkstoffe auf Stärkebasis; Che-
mie Ingenieur Technik (70): 722–726
[4] Römpp-Chemielexikon Bd 5, 10. Auflage. Falbe J, Regitz M. (Hrsg) Georg Thieme Verlag,
Stuttgart, S 3369–43635
[5] Bichler C, Bischoff M, Langowski HC, Moosheimer U, Utz UH (1995) Vakuumbedampfung
biologisch-abbaubarer Folien. Spektrum d. Wissenschaft S 84-87
[6] Vorwerg W, Loth F (1994) Stärke und Cellulose für neue Anwendungen. Spektrum d. Wis-
senschaft S 107–113
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1449

3.1.2
Polymilchsäure (PLA)
Emilia R. inone-kauffmann

Polymilchsäure, auch Polylactid genannt, ist ein aliphatischer Polyester, der aus
Milchsäure oder Polyglykolsäure hergestellt wird. Milchsäure wurde 1780 vom
schwedischen Chemiker Scheele entdeckt und 1881 mit der industrielle Herstel-
lung begonnen. [1]
Heute wird Milchsäure u. a. durch Fermentation von Traubenzucker, Zucker,
Mais, Stärke oder anderen Rohstoffen hergestellt.

■ Synthese/Vorkommen [2–5]
Polymilchsäure kann durch Polykondensation aus Milchsäure oder Ringöff-
nungspolymerisation aus dem entsprechenden Lactid hergestellt werden.
Mit der Ringöffnungspolymerisation wird über die Ringöffnung der Dil-
actide und Verkettung der Milchsäuremoleküle ein hohes Molekulargewicht er-
zielt.
Die direkte Kondensation führt zu niedermolekularen Oligomeren. Eine ge-
zielte Prozesssteuerung, bei der sich niedermolekulare Moleküle miteinander
verketten und verzweigen führt so zu größerem Molekulargewicht.

Polymerisationsprozesse für Polymilchsäure

■ Compound und Blend [6, 7]


Durch Polykondensationsverfahren lassen sich neue Copolymere mit Sequen-
zen von links- und rechtsdrehenden Milchsäuren herstellen.
Durch Blenden sowie Vermischung von Plastifizierern können die Eigen-
schaften der PLAs maßgescheitert werden.
Die Lieferform ist ein Granulat für das Spritzgießen, die Extrusion und die
Presstechnik.
1450 3 Spezialkunststoffe

■ Eigenschaften [2, 3, 8]
Physikalische, chemische und mechanische Eigenschaften
PLA zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus.
• Teilkristallines thermoplastisches Material
• Hohe Widerstandsfähigkeit gegen Fette, Feuchte und Alkohol
• Steif bis flexibel je nach Modifizierung
• Glänzende Oberfläche und transparent
• Mischung mit Füllstoffen sowie Copolymerisation möglich
• Einfärbbar
Die Eigenschaften einiger PLA-Typen sind in Tabelle 3-7 zusammengestellt.

■ Verarbeitung und Anwendung


Ein Vortrocknung des Granulates ist bei Spritzgussverarbeitung erforderlich.
• Vortrocknung bei 70 °C, über 4 Stunden im Umlufttrockner
• Verarbeitbar auf konventionellen Spritzgießmaschinen
• Empfohlene Verarbeitungstemperatur 190 – 210 °C
• Niedriger Staudruck
• Mittlerer Einspritz- und Nachdruck (1000 – 1200 bar)
• Werkzeugtemperierung bei 20 °C
• Gute Entformungseigenschaften

■ Anwendungsbeispiele
Einwegprodukte wie Teller, Trinkbecher und Besteck
Verpackungsmaterial für Tiefkühlkost, Salat und Margarinenbecher, Kosmetik,
Flaschen und Flaschenverschlüsse, Chirurgisches Nahtmaterial, Implantate.

■ Umwelt [2, 8]
Nach ASTM D 5338 (58°C) verläuft der Abbau einer PLA-Folie in 60 Tagen zu 90 %.

Tabelle 3-7. Eigenschaften der Extrusion/Thermoformen Typen von NatureWorksTM a

Eigenschaften Einheit PLA 2002D PLA 2100D

Dichte g/cm3 1,25 1,3


MFR (190 °C/2,16 kg) g/10 min 4–8 5–15
Mechanische
Bruchfestigkeit N/mm2 53 56
Streckspannung N/mm2 60 62
Zug-E-Modul N/mm2 3500 3500
Zugdehnung % 6,0 3,0
Izod-Kerbschlagzähigkeit J/m 12,81 19,8
a
Hersteller: Cargill Dow LLC.Alle Werte nach Internet Daten http://www.cargilldow.com. Stand
25.03.2004.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1451

■ Marktübersicht

Handelsnamen
Medizin [9]
PLA hat eine erste kommerzielle Anwendung in der Medizintechnik für Im-
plantate und Nahtmaterial gefunden.
BioScrew (Linvatec Corporation/US)
Biofix (Bioscience, Ltd./UK)
PL-Fix (Bristol-Myers Squibb Company/US)
Phusiline (Phusis/FR)
Lactel (Birminghan Polymer Inc/UK)
Purac (Purac Biochem/NL)
Biomer L (Biomer/DE)
Verpackung
Mittlerweile gibt es auch Anwendungen in der Verpackungsindustrie.
NatureWorks (Cargill Dow LLC/US)
Ecoloju (Mitsubishi Plastics, Inc./JP)

Literatur – Kapitel 3.1.2


[1] Hartmann MH (1998) High Molecular Weight Polylactic Acid Polymers. In: Kaplan DL
(Hrsg) Biopolymers from Renewable Resources. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, S
367–405
[2] Drumright RE, Gruber PR, Henton DE (2000) Polylactic Acid Technology. Advanced Mate-
rials 12 Nr. 23, 1841–1846
[3] Witzke DR (1996) Properties and Engineering of Polylactide Polymers. Thesis, Michigan
State Univ
[4] Chiellini E, Solaro R (1996) Biodegradable Polymeric Materials. Advanced Materials 8. Nr.
4, 305–313
[5] Conn RE, Kolstad JJ, Borzelleca JF, Dixler DS, Filer LJ, LaDu BN, Pariza MW (1995) Food and
Chem Toxic 33 (4): 273–283
[6] Sinclair RG (1996) J Mat Sci; Pure Appl Chem A33(5): 585–597
[7] Gilding DK, Reed AM (1979) Polymer 20: 1459–1464
[8] Raschke M, Marek A, Otten A, Widdecke H (2000) Technische Kennwerte und Verarbei-
tungsparameter von bioabbaubaren Kunststoffen, Wolfsburg: Institut für Recycling, 138 S.
[9] Perrin DE, English JP (1997) Polyglycolide and Polylactide. In: Domb AJ, Kost J, Wise-
man DM (Hrsg) Handbook of Biodegradable Polymers. Hardwood Academic Publishers,
Amsterdam, S 3–26

3.1.3
Polyhydroxyfettsäuren (PHF)
Emilia R. inone-kauffmann

Die Entdeckung der Polyhydroxyalkanoate (PHA) eine natürlich vorkommende


Form von Polyestern geht zurück auf den französischen Biologen Maurice Le-
moigne 1925 im Institut Pasteur. Lemoigne entdeckte Polyhydroxybutyrate
(PHB), die einfachste Art von PHAs in der Natur [1].
1452 3 Spezialkunststoffe

Mehr als 100 unterschiedliche Monomere können innerhalb dieser Familie


kombiniert werden, um Materialien mit extrem unterschiedlichen Eigenschaf-
ten zu erzielen. Dabei handelt es sich entweder um thermoplastische oder ela-
stomere Materialien, mit Schmelzpunkten von 40 bis zu 180 °C.

■ Synthese/Vorkommen
PHAs (Polyhydroxyalkanoate) oder PHFs (Polyhydroxyfettsäuren) sind lineare
Polyester, die in der Natur durch bakterielle Gärung des Zuckers oder der Lipide
hergestellt werden. Der Energiespeicherstoff wird in den Bakterien-Körpern
in Form von Fettsäuren (Polyhydroxyfettsäuren) eingelagert. Am Ende des
Gärungsprozesses besteht 80 % des Gewichts der Bakterien aus dem Polyester,
der dann extrahiert und gereinigt wird. Heute sind über 70 Bakterienarten be-
kannt, die in den Zellen Energiespeicherstoff einlagern [2–6].
Die Nutzung genetisch modifizierter Pflanzen ist ein relativ neuer Weg um
PHB herzustellen. Die Gene einiger Pflanzen werden so modifiziert, dass PHB in
den pflanzlichen Geweben synthetisiert werden kann. Nach Extraktion von PHB
können die pflanzlichen Reste verbrannt werden, um Energie zu gewinnen [7, 8].

■ Struktur und Morphologie

■ Molekularer Strukturaufbau von PHFs


Die bekannteste Form von PHF ist die Polyhydroxybuttersäure auch PHB ge-
nant. Dabei handelt es sich um Polymere, die aus 1000 bis 30000 Hydroxy-
fettsäureeinheiten bestehen [1, 6].

■ Compound und Blend


Um das Verarbeitungsfenster zu erweitern, kann PHB plastifiziert werden. We-
gen der hohen Kristallinität des Polymers ist aber nur ein kleiner Anteil der
amorphen Phase plastifizierfähig.
Das Copolymer Poly(b-hydroxybuttersäure-co-b-hydroxyvaleriansäure) ist
auch durch Gärungsprozesse herstellbar [6].
Die Lieferform ist ein Granulat für das Spritzgießen, Extrudieren und Blas-
formen.

■ Eigenschaften
Physikalische, chemische und mechanische Eigenschaften [6, 7]
Richtwerte der kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle
3-8.
PHB hat Eigenschaften, die denen von Polypropylen ähnlich sind. Allerdings
ist PHB etwas steifer und spröder.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1453

• Die Kristallinität beträgt bis zu 80 %, abhängig vom Copolymer


• PHB-Homopolymere sind relativ steif und spröde; PHB-Copolymere können
elastisch sein
• Der Anteil von Valeriat-Einheiten (HV) fördert die Verarbeitbarkeit, Schlag-
festigkeit und Flexibilität
• PHB weist eine gute Beständigkeit gegen Feuchtigkeit auf und besitzt Aroma-
Barriereigenschaften
• Die Schmelztemperaturen liegen zwischen 50 bis 180 °C
• Der Formschwund ist kleiner als 1 %
• Gute Wasserbeständigkeit
• Relativ hohe Wärmebeständigkeit
• Toxikologisch unbedenklich

■ Verarbeitung und Anwendung


Die bevorzugten Verarbeitungsverfahren sind Spritzgießen, Extrudieren und
Extrusionsblasen zur Folien- und Hohlkörperherstellung.
Bei der Spritzgussverarbeitung kann eine Vortrocknung der Materialien er-
forderlich sein. Für die Verarbeitung gelten folgende Richtwerte:
Massetemperatur: 150 bis 160 °C
Werkzeugtemperatur: 20 bis 50 °C
Einspritzgeschwindigkeit: niedriger bei höheren Temperaturen

Anwendungsbeispiele
Verpackungsbereich: Lebensmittel, Flaschen, Dosen, Deckel, Wegwerf-
artikel.
Medizintechnik: Chirurgische Nahtmaterialien, künstliche Knochen, Im-
plantate.

■ Umwelt
Die bakteriellen PHAs sind im Boden, Schlamm und Seewasser biologisch ab-
baubar. Die Abbauzeit ist abhängig von den Wandstärken der Bauteile.
Das Material Biocycle ist nach DIN 53739 (ASTM G21/G22-90) nach 29 Tagen
biologisch abbaubar. Im Boden erfolgen der Abbau zu 75 % in 180 Tagen.

■ Marktübersicht

Handelsnamen
Metabolix (Metabolix, Inc./US)
Biomer P (Biomer/DE)
Biocycle (PHB Industrial S.A./BR)
Tabelle 3-8. Physikalische Eigenschaften von PHB – Biocycle a
1454

Eigenschaften Einheit Biocycle Biocycle Biocycle Biocycle Biocycle Biocycle Biocycle Biocycle Biocycle
1000 1011 1021 1022 1041 1042 1043 1071 1081

Dichte g/cm3 1,24 1,23 1,33 1,32 1,17 1,18 1,19 1,28 1,32
Schmelzindex g/10 min 5,5 15,0 44,0 37,0 13,0 10,0 14,0 – 15,3
Mechanische Eigenschaften
Bruchfestigkeit N/mm2 30,1 27,8 14,8 22,4 – - 30,2 25,1 25,1
Zugdehnung % 3,8 1,6 1,3 1,5 > 350,0 >350,0 7,0 1,7 1,2
Zug-E-Modul N/mm2 2400 4200 2800 3200 600 1100 1800 4800 4600
Izod-Kerbschlagzähigkeit J/m 26,3 23,2 16,7 20,4 535,7 356,9 25,7 49,0 20,6
Kristalinität % 51,0 50,5 52,5 49,5 55,3 51,8 53,6 52,1 56,8
a
Alle Werte von der Firma PHB Industrial S.A.
3 Spezialkunststoffe
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1455

Literatur – Kapitel 3.1.3


[1] Kaplan DL (Hrsg) (1998) Biopolymers from Renewable Resources, Springer-Verlag, Berlin
Heidelberg, S 220–244
[2] Lemoigne M (1925) Ann Inst Pasteur 41:148–165
[3] Lemoigner M (1925) Bull Soc Chim Biol 8:770–782
[4] Domb AJ; Kost J; Wiseman DM (1997) Handbook of Biodegradable Polymers, Hardwood
Academic Publishers, S 79–97.
[5] Gross RA; DeMello C; Lenz RW; Brandl H; Fuller RC (1989) Macromolecules 22:1106
[6] Chiellini E; Solaro R (1996) Adu Mater 8, Nr. 4, 305
[7] Holmes PA (1988) Developments in Crystalline Polymers. Applied Science, S 1
[8] Metabolix Brochure, Stand vom 25.03.2004, http://www.metabolix.com/resources/bro-
chure.pdf

3.1.4
Cellulose und Cellulosederivate

Einen sich ständig erneuernden Rohstoffvorrat bietet die Natur im Baustoff der
Pflanzen, der Cellulose. Mit dem im Jahre 1859 dem englischen Chemiker
Th. Taylor erteilten britischen Patent Nr. 787, das eine „Erfindung zur Steige-
rung der Festigkeit von Pergamentpapier und Vulkanfiber betraf“, war der An-
stoß zu der bedeutsamen Entwicklung abgewandelter Naturstoffe, auf der
Grundlage von Cellulose gegeben. Cellulose, ein Polysaccharid, findet man in der
Natur vor allem als Gerüstsubstanz des Holzes, in Bast und Baumwollfasern und
in allen verholzten Pflanzenteilen. Cellulose, mit der Summenformel (C6H10O5)n
enthält drei Hydroxylgruppen, die beispielsweise mit einem Gemisch aus Sal-
petersäure, Schwefelsäure und Wasser nitriert werden können. Die Struktur-
formel der Cellulose zeigt, dass die Traubenzuckerreste durch Sauerstoffatome
miteinander verbunden werden.

Cellulose
1456 3 Spezialkunststoffe

3.1.4.1
Vulkanfiber (VF)

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Die 1859 von Taylor vorgeschlagene Behandlung von ungeleimtem Papier mit
Zinkchloridlösung macht die ursprünglich weichen Cellulosefasern wieder hart
und hornartig. Sie verkleben miteinander. Die allerdings nur scheinbare Pa-
rallele zum Vulkanisationsvorgang des Kautschuks führt zu der englischen Be-
zeichnung „vulcanized fibre“ bzw.Vulkanfiber. Im Unterschied zu dem sehr ver-
wandten Pergamentpapier besteht Vulkanfiber aus mehreren, unter Anwendung
von Druck und Wärme fest miteinander verbundenen Schichten aus Hydrat-
cellulose [1].
Durch Pressen dünner, getränkter Vulkanfiberlagen mit härtbaren Harzen
können hohe Festigkeitswerte erzielt werden. Die verschiedenen Vulkanfiberty-
pen sind durch folgende gemeinsame Eigenschaften gekennzeichnet:

• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,


• hohe Zähigkeit,
• hohe Formbeständigkeit in der Wärme und Wärmestandfestigkeit,
• günstiges Gleit- und Verschleißverhalten,
• hohe Beständigkeit gegen Lösemittel,
• Feuchtigkeitsaufnahme reversibel, Schutz durch Imprägnieren oder
Lackieren.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Die natürliche Cellulose weist eine molare Masse von 500 000 bis 1,5 Mio auf.
Sie wird durch den Pergamentierungsvorgang nur unwesentlich abgebaut.
Deshalb stimmt das Eigenschaftsbild mit dem der Naturstoffe auf Cellulose-
basis weitgehend überein. Vulkanfiber ist weder ein Duroplast noch ein Ther-
moplast.

■ Sortiment
Das in Form von Halbzeug angebotene Sortiment umfasst Erzeugnisse für all-
gemeine Zwecke sowie spezielle Typen für die Elektrotechnik und für die Her-
stellung von Koffern und Behältern.

■ Lieferform
Tafeln 0,1 bis 50 mm dick
Rollenware 0,1 bis 1,5 mm dick
Rundstäbe 2 bis 50 mm Durchmesser
Rohre 4 bis 90 mm Nennweite.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1457

■ Formstücke
Das angebotene Halbzeug und die Formstücke sind in den Farben grau, rot,
weiß, schwarz und lederähnlich lieferbar.

■ Typisierung
Die Typbezeichnung, z. B.
Vf 3110 (Vulkanfiber für allgemeine technische Zwecke),
Vf 3120 (Elektro-Vulkanfiber),
Vf 3160 (Vulkanfiber für Koffer und Behälter),
geschieht nach DIN 7737 (09. 59). Die Eigenschaftswerte waren früher in der
heute nicht mehr bestehenden DIN 2237 festgelegt.

■ Physikalische Eigenschaften
Die Spanne der für die genannten Typen gültigen Eigenschaftswerte ist in Ta-
belle 3-9 wiedergegeben.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: organische Lösemittel, Treibstoffe, Öle;
weichmachend wirken: Glycol, Glycerin, Calciumchlorid u. a.;
nicht beständig gegen: Säuren und Laugen.

Tabelle 3-9. Eigenschaften von Vulkanfiber-Formstoffen

Eigenschaften Einheit Wertbereich

Dichte g/cm3 1,10 bis 1,45


mechanische
Zugfestigkeit längs N/mm2 85 bis 100
quer N/mm2 60 bis 130
Biegefestigkeit längs N/mm2 120 bis 140
quer N/mm2 100 bis 180
Schlagzähigkeit kJ/m2 20 bis 120
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 30
Druckfestigkeit N/mm2 250
Kugeldruckhärte N/mm2 80 bis 140
thermische
Gebrauchstemperatur ohne
mechanische Beanspruchung
in Luft kurzzeitig °C 180
dauernd °C 105
elektrische
Oberflächenwiderstand
(4 Tage, 80% relative Feuchte) W 10 8 bis 10 9
Durchschlagfestigkeit
(4 Tage, 65% relative Feuchte) kV/mm 7 bis 18
dielektrischer Verlustfaktor tan d –
(4 Tage, 65% relative Feuchte, 800 Hz) 0,08
Wasseraufnahme (reversibel) % 7 bis 9
1458 3 Spezialkunststoffe

■ Brennbarkeit
Mit heller Flamme brennend, Geruch nach verbranntem Papier.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Ohne Eigengeruch und Geschmack,Verwendung in Berührung mit Lebens- und
Genussmittel nicht üblich.

■ Verarbeitung
Umformen nach Erwärmen auf Temperaturen von 80 bis 100 °C in Werkzeugen
mit Temperaturen von 100 bis 120 °C. Gut spanbar, schraub- und klebbar.

Anwendungsbeispiele
Koffer, Transportbehälter, Knöpfe, elektrotechnische Artikel, Halbzeug für
die Möbel- und Textilindustrie, den Maschinen- und Fahrzeugbau, Schleif-
scheiben und -bänder, Dichtungen, Schutzhelme, Mützenschirme, Bürobe-
darf sowie Halbzeug für Sportartikel und Schuhwerk.

Bekannte Handelsnamen
Dynos (HT Troplast AG/DE)
Hornex (Vulkanfiberfabrik E. Krüger/DE)

3.1.4.2
Kunststoffe aus abgewandelter Cellulose
Durch Einwirken von einem Gemisch aus Schwefelsäure und Salpetersäure auf
Cellulose gewinnt man Cellulosenitrat.Der Baseler Chemieprofessor Chr.Schön-
bein machte im Jahre 1846 durch Zufall diese Beobachtung. Dadurch war der An-
stoß gegeben zu einer Palette neuer Substanzen, zu denen nicht nur Sprengstoffe
(Nitrocellulose), sondern auch Celluloid, Reyon, Zellglas und Lacke gehören.

3.1.4.2.1
Celluloseester aus anorganischen Säuren

3.1.4.2.1.1
Cellulosenitrat (CN)
Cellulosenitrat – fälschlich of Nitrocellulose genannt – ist der älteste formbare
Kunststoff, der wirtschaftliche Bedeutung erlangte. Wenn auch Parkes bereits
1865 ein englisches Patent (Nr. 1313) für die von ihm entwickelte nitrierte Cellu-
lose erhielt, so war es doch J. W. Hyatt, der 1869 dieses Produkt erstmalig im
technischen Maßstab herstellte. Vor allem verwendete er größere Mengen von
Campher als Weichmacher als seine Vorgänger. Hyatt wurde zu seinen Arbeiten
durch ein Preisausschreiben angeregt, das für die Entwicklung eines Ersatzstof-
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1459

fes für Billardkugel-Elfenbein durchgeführt worden war. Billardkugeln wurden


somit das erste Celluloid-Erzeugnis. Hyatt gründete 1872 in Newark/N.J. die
Celluloid Comp., 1877 die British Xylonite Comp., 1878 die Comp. Française du
Celluloide und im gleichen Jahr die Rheinische Gummi- und Celluoloidfabrik in
Mannheim.
Unter Celluloid versteht man einen thermoplastischen Kunststoff der durch
teilweises Nitrieren von Cellulose (10,6 bis 11,2 % Stickstoff  2 bis 21/2 veresterte
Hydroxylgruppen je Glucoseeinheit), gründliches Kneten mit 20 bis 25 % Cam-
pher in alkoholischem Medium und anschließendes Pressen in geschlossenen
Werkzeugen zu Blöcken geformt wird. Von den erkalteten Blöcken werden Ta-
feln geschält, die zwischen Glanzblechen geglättet werden.

Cellulose Cellulosenitrat

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Cellulosenitrat ist durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:

• hohe Festigkeit, Steifheit und Härte,


• hohe Zähigkeit,
• hoher Oberflächenglanz,
• sehr leicht entflammbar.

■ Lieferform
Tafeln 0,125 bis 15 mm, dick, poliert, matt, geprägt
Rundstäbe 2 bis 30 mm Durchmesser
Drähte 1,5 bis 6 mm Durchmesser
glasklar, einfarbig bunt, Nachstellungen von Schildpatt, Horn, Achat, Perlmutt
u. a.

■ Physikalische Eigenschaften
Die für Celluloid üblichen Wertebereiche sind in Tabelle 3-10 wiedergeben.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser, Salzlösungen, verdünnte Säuren, schwache Alkalien
(Seife), Benzin, Schmieröl;
1460 3 Spezialkunststoffe

nicht beständig gegen: konzentrierte Säuren, starke Laugen, viele organische Lö-
semittel (Ketone, Ester niedere Alkohole).

■ Witterungsbeständigkeit
nur bei entsprechender Stabilisierung.

■ Brennbarkeit
Brennt heftig mit heller Flamme, entwickelt braune Dämpfe, Geruch nach Stick-
oxid und Campher.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Ohne Eigengeruch und Geschmack. Die Verwendung in Berührung mit Lebens-
mittel ist nicht üblich.

■ Verarbeitung
Umformen von Halbzeug durch Pressen, Blasformen von Folien und Tafeln in
der Wärme; spanbar, polierfähig, klebbar mit Aceton und Ester-Lösemitteln, die
schon gelöstes CN enthalten.

Tabelle 3-10. Eigenschaften von Celluloid-Formstoffen

Eigenschaften Einheit Wertbereich

Dichte g/cm3 1,38


mechanische
Zugfestigkeit N/mm2 40 bis 60
Bruchdehnung % 30 bis 50
Biege-E-Modul N/mm2 2500
Druckfestigkeit N/mm2 60
Kugeldruckhärte N/mm2 60 bis 90
Schlagzähigkeit kJ/m2 100 bis 200
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 20 bis 30
thermische
linearer Ausdehnungskoeffizient K –1 100 · 10 –6
wird spröde bei °C 0
erweicht bei °C 70
zersetzt sich bei °C 120
Selbstentzündung bei °C 200
elektrische
Durchschlagfestigkeit kV/mm 15
Oberflächenwiderstand (24 h in Wasser) W 1010
Dielektrizitätszahl
(4 Tage, 80% relative Feuchte, 800/106 Hz) 7/5
dielektrischer Verlustfaktor tan d
(4 Tage, 80% relative Feuchte, 800/106 Hz) – 0,04/0,05
Brechungsindex n 20D – 1,50
Wasseraufnahme (DIN 53472) mg 100
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1461

Anwendungsbeispiele
Kämme, Haarschmuck, Brillengestelle, Toilettenartikel, Musikinstrumente,
Tischtennisbälle, Griffe und Beschläge. Die wirtschaftliche Entwicklung
dieses Kunststoffs ist rückläufig. Er wurde wegen der leichten Entflamm-
barkeit und der verhältnismäßig hohen Herstellkosten von anderen Kunst-
stoffen verdrängt.

Handelsnamen
Die frühere Wortmarke Celluloid wurde wie viele andere zur Sammelbe-
zeichnung.
Hagedorn (Hagedorn AG/DE)

3.1.4.2.2
Celluloseester aus aliphatischen Carbonsäuren
Die Feuergefährlichkeit des Celluloids war seit der Erfindung für viele Forscher
Anlass, sich mit der Acetylierung von Cellulose zu beschäftigen. P. Schützen-
berger gelang zwar bereits 1865 die Herstellung von Celluloseacetat aus Cellu-
lose und Essigsäure und 1909 entwickelte A. Eichengrün die erste Acetat-
Kunstseide nach Patenten der Farbenfabriken Bayer, es dauerte jedoch noch bis
zum Jahre 1919, bis Eichengrün gemäß DRP Nr. 441 023 das Spritzgießen von
CA-Spritzgussmassen geschützt wurde.
Der Aufschwung der Produktion von Celluloseestern setzte ein, als es ge-
lang, durch teilweise Abspaltung von Essigsäure, das beschränkt lösliche Tri-
acetat (Primäracetat) in ein Sekundäracetat überzuführen, das in zahlrei-
chen Lösemitteln löslich ist. Damit war ein thermoplastischer Celluloseester ge-
schaffen.
Auch das Acetylcelloid ist ein thermoplastischer Kunststoff, der aus Acetyl-
cellulose (Celluloseacetat) und Weichmachern jedoch nach dem Celluloid-
Block-Verfahren hergestellt wird. Celluloseester-Formmassen werden heute in
Form von Granulat für das Spritzgießen und Extrudieren bevorzugt [2].
Die Veresterung der Cellulose mit organischen Säuren wird mit den Säure-
chloriden oder Säureanhydriden in Gegenwart eines Katalysators durchgeführt
wie die Nitrierung.
Wird statt mit Essigsäure mit Propionsäure verestert, dann tritt an die Stelle
von COCH3 die Gruppe CO–CH2–CH3 entsprechend Cellulosepropionat (CP),
mit Buttersäure erhält man CO–CH2–CH2–CH3 entsprechend Cellulosebutyrat
(CB). Außerdem sind Mischester herstellbar.
Die vollständige Acetylierung führt zu einem Produkt mit 44,8 % Acetyl, d. h.
drei Acetylgruppen je Glucoseeinheit. Durch partielle Hydrolyse des Triacetats
erhält man CA mit einem niedrigen Acetylgehalt. Üblicherweise werden nur 2,2
bis 2,8 Hydroxylgruppen des Glucoseanhydrids verestert.
Triacetat wird nur für photographische Filme, elektrische Isolierfolien und
Triacetatfasern verwendet. Triacetat löst sich u. a. in chlorierten Kohlenwasser-
stoffen und beschränkt in Aceton.
1462 3 Spezialkunststoffe

Mit der Herstellung von Celluloseacetat (CA) 1904, Celluloseacetobutyrat


(CAB) 1946 und Cellulosepropionat (CP) 1956 galt die Entwicklung thermopla-
stischer Cellulose-Formmassen von den Grundkomponenten her im Wesent-
lichen als abgeschlossen. In der Folgezeit wurde hauptsächlich an der Verbes-
serung der Stabilisierung und von Weichmacherkombinationen gearbeitet. Das
Eigenschaftsbild der Celluloseester-Formmassen wird nicht allein durch die
Celluloseester-Matrix (CA, CP und CAB) geprägt, sondern ebenso sehr durch die
jeweils verwendeten Weichmacher oder deren Kombinationen.
Trotz zahlreicher positiver Eigenschaften – die im Einzelnen bei den jeweili-
gen Formmassen beschrieben werden – muss ein Kompromiss bei folgenden in
Kauf genommen werden:

• Formbeständigkeit in der Wärme,


• Steifigkeit und Härte,
• Zeitstandverhalten (kalter Fluss) und
• Weichmacherwanderung.

Deshalb lag es nahe, die bisher verwendeten klassischen Weichmacher durch


andere Modifikatoren zu ersetzen. Dabei mussten die positiven Eigenschaften
erhalten bleiben, jedoch vor allem die Weichmachermigration eliminiert
werden.
Im Jahre 1977 wurden erstmals weichmacherfreie EVA-modifizierte CAB-
Formmassen vorgestellt. Inzwischen wurden auch weichmacherfreie Cellu-
lose(aceto)-propionat (CP)-Typen entwickelt [1].
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1463

3.1.4.2.2.1
Celluloseacetat (CA)
■ Herstellung
Durch Verestern von Cellulose mit Essigsäure entsteht Celluloseacetat.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Celluloseacetat ist durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:

• hohe Festigkeit und Schlagzähigkeit,


• hornähnlicher Charakter,
• hoher Oberflächenglanz, gute Griffigkeit,
• nicht kratzempfindlich wegen hoher Oberflächenelastizität,
• hohe Lichtdurchlässigkeit,
• geringe elektrostatische Aufladbarkeit, staubfreie Oberfläche,
• hohe Kriechstromfestigkeit,
• hohes akustisches Dämpfungsvermögen (schalltot),
• hohe Fließfähigkeit,
• keine Spannungsrissbildung,
• reversible Feuchtigkeitsaufnahme, die zu Maßänderungen und veränderli-
chen elektrischen Eigenschaften führt,
• hohe Beständigkeit gegen Hydrolyse.

■ Zusatzstoffe
Für die Celluloseester-Formmassen kommen etwa die gleichen Funktions- und
Verstärkungsstoffe in Betracht, wenn auch bis heute in den Typenreihen der ein-
zelnen Sorten noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Füll-
stoffhaltige Typen werden bis jetzt nicht angeboten.
1464 3 Spezialkunststoffe

Die Sondertypen der einzelnen Sorten (CA, CP und CAB) enthalten als Funk-
tions-Zusatzstoffe spezielle Thermo-, Witterungs-, UV- und IR-Stabilisatoren
bzw. deren Kombinationen. Dazu kommen glasfaserverstärkte Typen (insbeson-
dere bei CA).

■ Sortiment
Das Sortiment der CA-Kunststoffe umfasst außer den Typen auf der Grundlage
von 11/2-Celluloseacetat höher veresterte Typen, die sich durch erhöhte Festig-
keit, Oberflächenhärte und Wärmestandfestigkeit sowie verringerte Feuchtig-
keitsaufnahme auszeichnen. Dazu kommen schwerentflammbare Typen. Außer
den schwerentflammbaren Typen werden die übrigen durch Verändern des
Weichmachergehaltes (17 bis 32 %) in verschiedenen Härtestufen und unter-
schiedlicher Fließfähigkeit hergestellt.

■ Lieferformen
Staubfreies Granulat für das Spritzgießen, Extrudieren und Blasformen. Für das
Spritzgießen stehen glasfaserverstärkte Typen zur Verfügung; wasserhell sowie
in fast allen Farbtönen transparent, transluzent oder gedeckt eingefärbt. Halb-
zeug ist in Form von Tafeln, Folien, Rohren und Profilen erhältlich.

■ Typisierung
Die CA-Formmassen sind genormt: DIN 7742 T.1 (01.81).

■ Physikalische Eigenschaften
Das Eigenschaftsbild einiger CA-Formmassen ist in Tabelle 3-11 wiederge-
ben. Die Temperaturabhängigkeit des Schubmoduls einiger CA-Typen zeigt
Bild 3-2.
Das spezifische Volumen und die spezifische Enthalpie von CA sind in den
Bildern 3-3 und 3-4 wiedergegeben.
In Ergänzung der in Tabelle 3-11 enthaltenden Daten sei in Bild 3-5 auf das
vorzügliche antistatische Verhalten von CA-Formstoffen hingewiesen.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser, Tetrachlorkohlenstoff, Ether, Trichlorethylen, Benzol,
Xylol, Terpentin, Benzin, Superkraftstoffe, Mineralöl, Leinöl, Fette;
nicht beständig gegen: Alkohol, Ethylacetat, chlorierte Kohlenwasserstoffe,
Formalin, anorganische Säuren, Laugen, Spannungsrissbildung wurde nicht
beobachtet.

■ Witterungsbeständigkeit
Nicht dauernd witterungsbeständig. Bisher stehen noch keine Zusätze für eine
wirksame Stabilisierung zur Verfügung.

■ Brennbarkeit
Brennt mit gelbgrüner Flamme, tropft, riecht stechend nach Papier und Es-
sigsäure; mit Flammschutzmittel ausgerüstete Typen sind lieferbar.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1465

Bild 3-2. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d von zwei CA-Formmassen


a niedrig acetyliert
b hoch acetyliert

Bild 3-3. pvt-Diagramm von CA-Formmas- Bild 3-4. Spezifische Enthalpie von CA- und
sen (Quelle: IKV, Aachen) CP-Formmassen (Quelle: IKV, Aachen)
Tabelle 3-11. Physikalische Eigenschaften von Formstoffen aus Celluloseestern a
1466

Eigenschaften Einheit CA-Formmassetyp CP-Formmassetyp CAB-Formmassetyp

S 200–32 S 200–17 CP 300–08 CP 400–20 B 500–20 B 700–04 B 900–05

Dichte g/cm3 1,26 1,29 1,19 1,22 1,17 1,22 1,21


Wasseraufnahme
(DIN 53 495, Verfahren A) % 3,1 4,5 1,9 2,8 1,5 2,4 2,8
Brechungsindex n 20
D – 1,49 1,49 1,47 1,47 1,47 1,48 –
mechanische
Streckspannung N/mm2 29 58 52 20 17 48 57
Dehnung an der Streckgrenze % 3,1 3,9 4,4 3,4 3,5 4,6 4,9
1-%-Stauchspannung N/mm2 25 51 48 18 178 45 –
3,5-%-Biegespannung N/mm2 37 75 70 30 24 60 64
Zug-E-Modul N/mm2 1500 3000 2400 1000 800 2100 2300
Schlagzähigkeit 23 °C kJ/m2 o.Br. 70 bis o.Br. o.Br. o.Br. o.Br. o.Br. o.Br.
– 40 °C kJ/m2 65 30 70 bis o.Br. o.Br. o.Br. 70 bis o.Br. 130 bis o.Br.
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 18 2,5 2,0 15 25 2,5 3
Izod-Kerbschlagzähigkeit J/m 260 50 60 560 620 50 120
Kugeldruckhärte 30-s-Wert N/mm2 42 94 82 30 25 75 77
Rockwell-Härte Skala R 77 120 117 55 42 112 110
thermische
Gebrauchstemperaturbereich
(ohne mechn. Beanspruchung in Luft)
kurzzeitig °C 0 bis 80 0 bis 100 – 40 bis 100 – 40 bis 80 – 40 bis 80 – 40 bis 110 – 40 bis 130
dauernd °C 0 bis 70 0 bis 80 – 40 bis 90 – 40 bis 70 – 40 bis 70 – 40 bis 95 – 40 bis 115
Glasübergangstemperatur °C 60 80 110 60 60 120 140
Vicat-Erweichungstemperatur
VST/B/50 °C 77 110 114 69 65 108 111
Formbeständigkeit in der Wärme
ISO Methode A °C 47 82 96 42 37 92 100
a
3 Spezialkunststoffe

Alle Werte nach Druckschrift D 239-892/850252, Ausgabe 07.82 der Bayer AG (DE)
Tabelle 3-11 (Fortsetzung)

Eigenschaften Einheit CA-Formmassetyp CP-Formmassetyp CAB-Formmassetyp

S 200–32 S 200–17 CP 300–08 CP 400–20 B 500–20 B 700–04 B 900–05

linearer Ausdehnungskoeffizient 106 K –1 120 100 120 145 148 115 97


Wärmeleitfähigkeit W/mK 0,22 0,21 0,21 0,22 0,22 0,20 –
spezif. Wärmekapazität kJ/kgK 1,3 bis 1,7 1,3 bis 1,7 1,3 bis 1,7 1,7 1,3 1,3 –
elektrische
3.1 Abgewandelte Naturstoffe

Oberflächenwiderstand, trocken W 1013 1014 1015 1014 1013 1015 1016


24 h Wasserlagerung W 1011 1012 1013 1012 1012 1014 1016
spezif. Durchgangswiderstand trocken W cm 1014 1015 1016 1015 1014 1016 1016
24 h Wasserlagerung W cm 1011 1012 1013 1012 1012 1013 1014
Durchschlagfestigkeit, trocken kV/mm 28,5 33 35,5 34,5 34,5 38 39
24 h Wasserlagerung kV/mm 25,5 29 33 31 32 32 31
Dielektrizitätszahl, trocken 50 Hz – 5,6 5,1 4,1 4,2 4,1 3,6 3,6
1 MHz – 4,3 4,0 3,7 3,7 3,6 3,2 3,2
dielektr. Verlustfaktor, trocken 50 Hz – 0,007 0,013 0,005 0,005 0,005 0,007 0,008
1 MHz – 0,068 0,063 0,025 0,029 0,031 0,021 0,018
Kriechstromfestigkeit
KB Verfahren, Prüflösung A Stufe >600 >600 >600 >600 >600 >600 >600
1467
1468 3 Spezialkunststoffe

Bild 3-5. Abklingen der elek-


trostatischen Aufladung bei
einigen Thermoplasten
(ohne Antistatikum)
a schlagfestes Polystyrol
b Polymethylmethacrylat
c Polyolefine
d Celluloseacetubutyrat und
-propionat
e Celluloseacetat

■ Gesundheitliche Beurteilung
Die Basistypen des CA-Sortiments mit bis zu 22 % Weichmacher (bei CP und
CAB liegt die Grenze bei 12 %) entsprechen in ihrer stofflichen Zusammenset-
zung den Empfehlungen des Deutschen Bundesgesundheitsamtes (Empfehlung
XXVI „Celluloseacetat und -propionat“, Stand 1. 1. 1976, Neufassung). Sie können
unter Berücksichtigung der folgenden Ausnahmen zur Herstellung von Bedarfs-
gegenständen im Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes ver-
wendet werden.
Es gelten folgende Ausnahmen:
Bedarfsgegenstände aus den genannten Typen sind nicht geeignet für „Le-
bensmittel von grieß- und mehlartiger Beschaffenheit, fetthaltige Lebensmittel,
in denen Fett in solcher Form enthalten ist, dass es mit den Bedarfsgegenstän-
den in unmittelbare Berührung kommt, gewachste oder paraffinierte Lebens-
mittel, Milch und Milcherzeugnisse einschließlich Käse und Lebensmittel, die
Alkohol oder ätherische Öle enthalten“.

■ Verarbeitung
Die bevorzugten Verarbeitungsverfahren sind Spritzgießen, Extrudieren, Extru-
sionsblasen, Warmformen und Pulverschmelzen.

■ Verarbeitungsbedingungen: Spritzgießen
Bei der Spritzgussverarbeitung kann ein Vortrocknen des hydrophilen Granu-
lates (3 h bei 80 °C) erforderlich sein. Die Verarbeitungstemperaturen betra-
gen:
Massetemperatur 180 bis 230 °C je nach Typ und Formteil
Werkzeugtemperatur 40 bis 50 °C
Spritzdruck 800 bar
Einspritzgeschwindigkeit hoch niedriger bei dickwandigen Formteilen
Die Schwindung beträgt 0,5%.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1469

Extrudieren
Die Zylindertemperaturen betragen von der Einfüllöffnung bis zum Schnecken-
ende bei:
Folien 180 bis 210 °C,
Tafeln 165 bis 195 °C,
Rohren 165 bis 195 °C,
geblasenen Hohlkörpern 15 bis 195 °C,
(Werkzeugtemperatur) 50 bis 60 °C.

Warmformen
Folien und Tafeln aus Celluloseestern werden im plastischen Bereich, d. h. bei
180 bis 200 °C geformt, um optisch klare und spannungsfreie Formteile zu er-
halten.

■ Bearbeiten
Formteile und Halbzeug aus Celluloseestern sind gut spanbar, schraub- und
schweißbar. Sie können miteinander – sofern sie demselben Estertyp angehören
– mit Klebelösungen geklebt werden. Das Kleben von Formteilen aus unter-
schiedlichen Celluloseestern oder aus anderen Werkstoffen geschieht mit Zwei-
komponentenklebstoffen auf der Basis von Polyurethan oder -Epoxidharzen.
Das Kleben wird meistens dem Schweißen vorgezogen. Das Ultraschall-
schweißen ist im Vordringen.

Anwendungsbeispiele
Werkzeuggriffe, Hammerköpfe, Ölkannen, Staubsaugerteile, Lenkräder,
Zierleisten, Lampenschirme, Schirmgriffe, Bedienungsknöpfe, Magnetton-
träger, Brillengestelle und -gläser, Bürstenrücken, Zahnbürstenstiele, Ku-
gelschreiber; Drehbleistifte, Puppen, Spielzeug, Spielfiguren, Kämme,
Stricknadeln, Packmittel für Feuerzeugbenzin, Bohnerwachs, Farbmittel,
Pulver.

Bekannte Handelsnamen
Bioceta, Plastiloid (Mazzucchelli 1849 SPA (IT)
Dexel (Acordis Acetate Chemical Ltd./Uk
Setilithe (Tubize Plastics S.A./BE)
Tenite (Eastman Chemical Intern./US)

3.1.4.2.2.2
Cellulosepropionat (CP)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Mit größer werdender Länge der Estergruppen weisen die Celluloseester höhere
mechanische Festigkeit sowohl bei tiefen als auch bei höheren Temperaturen
(sie sind sogar bedingt kochfest) auf.
1470 3 Spezialkunststoffe

Ebenso nimmt die Wasserempfindlichkeit ab. Daraus folgen erhöhte Maßbe-


ständigkeit und Alterungsbeständigkeit bei Außenbewitterung. Mit der Ketten-
länge der aliphatischen Säuren nimmt die Härte ab, die Verträglichkeit mit Weich-
machungsmitteln zu. Waren bei den CA-Formmassen 20 bis 30% WM erforder-
lich, so sind es bei CP noch 10 bis 20% und bei den CAB-Formmassen 5 bis 15%.
Im gleichen Maße wie der WM-Gehalt abnimmt, steigt die Alterungs- und Witte-
rungsbeständigkeit dieser Massen, CP-Formmassen sind seit 1956 auf dem Markt.
Hier die kennzeichnenden Eigenschaften zusammengefaßt im Vergleich mit
Celluloseacetat:
• niedrigere Dichte,
• höhere Zähigkeit und Kratzfestigkeit,
• höhere Formbeständigkeit in der Wärme, verwendbar im Temperaturbereich
von – 40 bis + 115 °C (je nach Typ)
• höhere Lichtbeständigkeit,
• geringere Wasseraufnahme.

■ Struktur und allgemeine Eigenschaften


Der große Nachteil weichgemachter Celluloseester besteht in der Migrationsnei-
gung der elastifizierenden Komponente. Das erste weichmacherfreie, mit dem
Copolymeren Ethylen/Vinylacetat modifizierte CAB kam 1977 auf den Markt.
Die mit diesem Produkt bei CAB gemachten Erfahrungen konnten wegen der
größeren Unverträglichkeit des Copolymers nicht auf das Legieren mit CP über-
tragen werden. Diese Schwierigkeit beseitigte jedoch ein Pfropfpolymer auf
Basis EVA. Es konnte eine bessere Verträglichkeit erreicht werden. Die charakte-
ristischen Eigenschaften von CP wie Transparenz, Spannungsrissunempfind-
lichkeit, hohe Schlagzähigkeit, Hydrolysefestigkeit u. a. bleiben bei dieser Kom-
bination erhalten. Das Wertniveau der Formbeständigkeit in der Wärme, des
Kriechverhaltens und der Steifigkeit bleibt unverändert erhalten. Hinzugekom-
men ist die Migrationsfreiheit. Dank dieser Verbesserung rückte das CP in die
Reihe der Konstruktionswerkstoffe auf [3].
■ Sortimente
Das CP-Sortiment umfasst Härtegrade, die von besonders weich bis besonders
hart reichen. Bei den weichgemachten Typen wird nach weichmacher- und
pfropfpolymer-modifzierten unterschieden.
■ Lieferformen
Staubfreies Granulat für das Spritzgießen und Extrudieren, wasserhell sowie in
fast allen Farbtönen, transparent, transluzent oder gedeckt. Halbzeug ist in Form
von Tafeln, Folien, Rohren und Profilen lieferbar.

■ Typisierung
Die Typisierung von CP-Formmassen wurde noch nicht in Angriff genommen.

■ Physikalische Eigenschaften
Richtwerte der kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften enthält Ta-
belle 3-11.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1471

■ Mechanische Eigenschaften
Sehr aufschlussreich ist die Gegenüberstellung von zwei CP-Typen, davon einer
mit herkömmlichem Weichmacher (härteste Einstellung) und einer mit poly-
mermodifiziertem EVA (ebenfalls härteste Einstellung).

Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit


In Bild 3-6A sind Reißfestigkeit und Reißdehnung von normal-weichgemach-
tem Material (CP) bzw. pfropfpolymer-modifiziertem (CP*) in Abhängigkeit
vom jeweiligen Weichmachergehalt wiedergegeben. Bild 3-6B zeigt die gleiche
Abhängigkeit am Beispiel der Biegefestigkeit. Das entsprechende Spannungs-
dehnungsdiagramm gibt Bild 3-6C wieder. Die Abhängigkeit des Zug-E-Moduls
eines mit durch Pfropfen modifizierten EVA-Weichmachers ausgestatteten CP*
zeigt Bild 3-7.

Umwandlungstemperaturen
Den Schubmodul und den mechanischen Verlustfaktor von CP-Formmassen
verschiedener Dichte gibt Bild 3-8 wieder. In der härtesten Einstellung mit ei-

Bild 3-6. Abhängigkeit von Reißfestigkeit und Reißdehnung (A), Biegefestigkeit (B) und Span-
nungsdehnungsverhalten (C) vom Anteil an Normal-Weichmacher (CP) bzw. pfropfpolymer-
modifiziertem EVA-Weichmacher (CP)
1472 3 Spezialkunststoffe

Bild 3-7. Zug-E-Modul von CP mit


einem durch Pfropfen modifizierten
EVA-Weichmacher in Abhängigkeit von
Temperatur und Weichmacheranteil

Bild 3-8. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor von Cellulosepropionat


a Dichte 1,225 g/cm3
b Dichte 1,23 g/cm3
c Dichte 1,22 g/cm3
d Dichte 1,21 g/cm3
e Dichte 1,19 g/cm3
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1473

nem (hier nicht wiedergebenen) pfropfpolymer-modifizierten EVA-Weichma-


cher ist die Schubmodul- und die Verlustfaktorkurve jeweils gegenüber den Kur-
ven d um 20 K weiter nach rechts verschoben und weist somit die hohe Glas-
übergangstemperatur von 150 °C auf.

Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand


Siehe Bild 3-9.

■ Thermische und elektrische Eigenschaften


Siehe Tabelle 3-11.

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser, Benzin, Leinöl, quillt bei Tetrachlorkohlenstoff, Per-
chlorethylen, Superkraftstoff, Terpentin, Ether, Formalin;
nicht beständig gegen: Alkohole, Ethylacetat, Ketone, chlorierte Kohlenwas-
serstoffe, Benzol, Xylol, anorganische Säuren, Laugen.

■ Spannungsrissbildung
Spannungsrissbildung wurde nicht beobachtet.

■ Witterungsbeständigkeit
Dauernd witterungsbeständig.

■ Brennbarkeit
brennt mit dunkelgelber Flamme, tropft, riecht stechend nach Papier und Pro-
pionsäure.

Bild 3-9. Isochrone Spannungsdehnungs-


linien von weichmacherhaltigem CP (här-
teste Einstellung) im Vergleich zu ge-
pfropftem EVA-Weichmacher enthalten-
den CP
1474 3 Spezialkunststoffe

■ Gesundheitliche Beurteilung
CP-Formmassen mit einem Weichmachergehalt < 12 % entsprechen in ihrer
stofflichen Zusammensetzung den Empfehlungen des Deutschen Bundesge-
sundheitsamtes (Empfehlung XXVI, Celluloeacetat und -propionat, Stand
1.1.1970; Neufassung).

■ Verarbeitung
Spritzgießen, Extrudieren, Warmformen, gut spanbar, klebbar, (s. Abschnitt
3.1.4.2.2.1 Celluloseacetat).

Anwendungsbeispiele
Werkzeuggriffe, Griffe und Beschläge für Möbel, Fenster, Türen, Rück-
leuchten, Stopplichter, Telephonapparate, Gehäuse für elektrische Appa-
rate, Ton- und Fernsehgeräte, Abrechnung, Brillengestelle, Einstück-Son-
nenschutzbrillen, Filmrollen, Kugelschreiber, Füllhalter, Zeichengeräte,
Spielzeug, Puppen, Zahnbürstenstiele, Toilettenartikel, Frisierhauben,
Bürsten, Massagegeräte, Schuhabsätze, Schirmgriffe, Besteckgriffe, Staub-
saugerteile, Verpackungsfolien, Fenster-, Blister-, Skinpackmittel, Rekla-
meschilder, Preisschilder.

Handelsnamen
Cellidor (Albis Plastic GmbH/DE)
Tenite (Eastman Chemical Products Inc./US)

3.1.4.2.2.3
Celluloseacetobutyrat (CAB)
■ Herstellung
In den dreißiger Jahren wurden in Deutschland und in den USA (DuPont, Cela-
nese) Cellulose-Mischester entwickelt, bei denen außer Essigsäure Buttersäure
und Propionsäure als Komponenten verwendet werden. Die CA-Massen enthal-
ten nur gebundene Essigsäure, die CAB-Massen 1/3 gebundene Essigsäure und 2/3
gebundene Buttersäure, CP-Massen 9/10 gebundene Propionsäure und 1/10 gebun-
dene Essigsäure. Die Wasserempfindlichkeit nimmt bekanntlich mit steigender
Kettenlänge der aliphatischen Säuren ab, die Härte ebenfalls.
CAB-Massen sind seit 1946 auf dem Markt.

■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Hier sei das Eigenschaftsbild mit CA-Formmassen verglichen. (Die CP-Form-
massen nehmen eine Mittelstellung zwischen CA- und CAB-Formmassen ein,
nämlich):
• niedrigere Dichte,
• höhere Festigkeit, Härte und Zähigkeit,
• höherer Oberflächenglanz erreichbar,
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1475

• höhere Formbeständigkeit in der Wärme, verwendbar im Temperaturbereich


von – 45 °C bis + 115 °C (je nach Typ),
• höhere Thermostabilität,
• geringere Wasseraufnahme,
• höhere UV-Beständigkeit.

■ Sortiment
Das CAB-Sortiment umfasst verschiedene Härteeinstellungen sowie witterungs-
stabilisierte und für das Wirbelsintern geeignete Typen. Die „neue Generation“,
d. h. die polymermodifizierten Typen weisen erhöhte Witterungs- und Wärme-
formbeständigkeit auf.

■ Lieferform
Staubfreies Granulat für das Spritzgießen und Extrudieren sowie Pulver für das
Beschichten von Substraten. Für das Spritzgießen stehen glasfaserverstärkte Ty-
pen zur Verfügung; wasserhell sowie in fast allen Farbtönen transparent, trans-
luzent oder gedeckt eingefärbt. Halbzeug ist in Form von Tafeln, Folien, Rohren
und Profilen erhältlich.

■ Typisierung
Eine Normung von CAB-Typen ist z. Z. nicht in Arbeit. Die frühere Norm
DIN 7743 besteht nicht mehr.

■ Physikalische Eigenschaften
Die kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften sind in Tabelle 3-11 zusam-
mengestellt. In Ergänzung dazu gibt Bild 3-10 die Temperaturabhängigkeit des
Schubmoduls einiger CAB-Formmassen unterschiedlicher Dichte wieder.
Die Ergebnisse bei verschiedenen Temperaturen und Beanspruchungen
durchgeführter Zeitstand-Zugversuche sind in Bild 3-11 wiedergegeben.

Bild 3-10. Schubmodul


G und mechanischer
Verlustfaktor d von
Celluloseacetobutyrat
a Dichte 1,22 g/cm3
b Dichte 1,21 g/cm3
c Dichte 1,19 g/cm3
d Dichte 1,18 g/cm3
e Dichte 1,18 g/cm3
1476 3 Spezialkunststoffe

Bild 3-11. Zeit/Dehnungsdiagramm von CAB-Formstoff bei verschiedenen Temperaturen

■ Chemikalienbeständigkeit
Beständig gegen: Wasser, Handschweiß, Benzin, Mineralöl, Leinöl, quillt bei Tet-
rachlorkohlenstoff, Perchlorethylen, Superkraftstoff, Terpentin, Ether, Formalin;
nicht beständig gegen: Alkohole, Ethylacetat, Ketone, chlorierte Kohlenwas-
serstoffe, Benzol, Xylol, anorganische Säuren und Laugen.

■ Spannungsrissbildung
Spannungsrissbildung tritt nicht auf.

■ Witterungsbeständigkeit
Dauernd witterungsbeständig, tropenfest.

■ Brennbarkeit
Brennt mit dunkelgelber, an den Rändern leicht blauer Flamme, tropft, riecht
nach Essig- und Buttersäure sowie verbranntem Papier.

■ Gesundheitliche Beurteilung
Formteile aus CAB-Formmassen weisen einen charakteristischen Geruch auf,
der z. T. überdeckbar ist. Die Verwendung für Gegenstände, die mit Lebensmit-
teln dauernd in Berührung kommen, ist nicht üblich.

■ Verarbeitung
Spritzgießen, Extrudieren und Warmformen (s. Abschnitt 3.1.4.2.2.1 Cellulose-
acetat).

■ Pulverschmelztechnik
Das zu beschichtende Substrat, z. B. Drahtwaren aller Art, Handräder und
Türdrücker, wird auf eine Temperatur zwischen 300 und 400 °C vorgewärmt
und dann ins Pulver-Fließbett getaucht oder elektrostatisch mit Pulver be-
schichtet.
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1477

■ Fügen
Für das nicht lösbare Fügen werden Kleben und Ultraschallschweißen bevor-
zugt.Als Kleblösung für CAB-Formteile, die miteinander verbunden werden sol-
len, eignet sich eine Lösung, die CAB in gelöster Form enthält. Für das Verbinden
mit anderen Celluloseestern oder anderen Werkstoffen eignen sich Polyurethan-
oder Epoxidharz-Klebstoffe.

Anwendungsbeispiele
Werkzeuggriffe, Hammerköpfe, Möbel-, Fenster- und Türbeschläge, Stuhl-
sitze, Straßenleuchten, explosionssichere Scheiben, Gewächshäuser, Klar-
sichtkuppeln, Wellglas, Rolladenprofile, Lenkräder, Armaturenbretter,
Bedienungsknöpfe, Rückleuchten, Warnleuchten, polizeiliche Kennzei-
chen, Ölkannen, Fahrradleuchten, Lenksäurenverkleidungen, Telefonappa-
rate, Kabelrohre, Rohrpostleitungen und -hülsen, Weidezaunisolatoren,
Kabelmuffen, Uhrengehäuse, Ton- und Fernsehgerätegehäuse, Antennen-
zubehör, Skalenscheiben, Brillengestelle, Hörgeräte, Photozubehör, Tasten
für Büromaschinen aller Art, Maschinengehäuse, Zeichengerät, Tasten,
Musikinstrumente, Spielzeug, Puppenaugen, Spielfiguren, Zahnbürsten-
stiele, Schuhabsätze, Miederstäbe, Schirmgriffe, Ziergürtel, Knöpfe für
Wasserarmaturen, Küchengerätegehäuse, Verpackungen, Schilder, Trans-
parente, korrosionsbeständige Überzüge.

Bekannte Handelsnamen
Cellidor (Albis Plastic GmbH/DE)
Tenite (Eatman Chemical Products Inc./US)
Tenex (Teijin Chemicals Ltd./JP)

Literatur – Kapitel 3.1.4


[1] Leuschke CH u M Wandel (1982) „Neue weichmacherfreie Werkstoffe auf Celluloseester-
basis“, Plastverarbeiter 33, S 1095–1198
[2] Gilbert AD (1994) „Cellulosis Polymers“, C. Hanser Verlag, München
[3] Wandel M u. Ch Leuschke (1984) „Celluloseester“, Kunststoffe 74, S 589–592

3.1.5
Thermoplaste auf Ligninbasis
Helmut Nägele, Jürgen Pfitzer

Ausgangspunkt für eine neue thermoplastische Werkstoffgruppe aus aus-


schließlich nachwachsenden Rohstoffen ist das natürliche Polymer Lignin, wel-
ches zu etwa 30 % in jedem Baum und jeder verholzenden Pflanze durch die
Photosynthese gebildet wird.
1478 3 Spezialkunststoffe

■ Synthese/Vorkommen
Lignin ist nach der Cellulose das am häufigsten vorkommende natürliche Poly-
mer und bildet z. B. im Baumstamm aus unten abgebildeten Monomeren eine
dreidimensional vernetzte Gerüststruktur um die Cellulosefasern.

Monomere des Lignins [1]: p-Cumarylalkohol (1), Coniferylalkohol (2), Sinapylalkohol (3)

Lignin bzw. Ligninderivate fallen bei der Papierherstellung weltweit jährlich zu


etwa 60 Mio. Tonnen an. Nur ein kleiner Teil des daraus gewonnenen Lignins von
etwa 5 % findet eine stoffliche Verwendung. 95 % des aus dem Holz herausgelös-
ten Lignins wird zumeist direkt in den Zellstoffwerken zur Energiegewinnung
verbrannt.
Durch die stoffliche Nutzung des durch die Photosynthese gebildeten Holzin-
haltsstoffs Lignin als Matrixwerkstoff und Naturfasern als Verstärkung können
Werkstoffrezepturen erstellt werden, die keinen Zusatz von synthetisch herge-
stellten Kunststoffen für deren Verarbeitung benötigen.

■ Eigenschaften
Physikalische, chemische und mechanische Eigenschaften
Je nach der quantitativen Zusammensetzung dieser Lignincompounds können
die Festigkeit, Steifigkeit, Wärmeformbeständigkeit u. a. Materialeigenschaften
in gewissen Bereichen gezielt auf die Produktanforderungen eingestellt werden.
Generell zeichnet sich dieser Holzwerkstoff aus durch:
• Hohe Steifigkeit und Härte
• Wurzelholzähnliche Oberflächenstruktur
• Dämpfende akustische Eigenschaften
• Teilweise typischer, holzartiger Geruch
• Sehr geringer Formschwund bei der Urformung
• Gutes Rückstellvermögen
• Sehr geringes Kriechverhalten
• Sehr geringer Wärmeausdehnungskoeffizient
• Gute Formstabilität in der Wärme
• Angenehme haptische Eigenschaften
• Gute Lackierbarkeit
• Gute spanende Nachbearbeitung (MDF- oder Spanplatte)
• Deutlich bessere Wasserbeständigkeit gegenüber klassischen Holzwerkstof-
fen (MDF, Spanplatte)
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1479

• Für Kontakt mit trockenen und nicht fettenden Lebensmitteln geeignet


• Speichel- und Schweißecht
• Gut beständig gegen: Wasser, Öle, verdünnte und starke Säuren, schwache Al-
kalien. Nicht beständig gegen: starke Alkalien, Alkohol
Die für ARBOFORM“ üblichen Wertebereiche sind in Tabelle 3-12 wiedergegeben.

■ Verarbeitung und Anwendung


Granulat oder Pulver für das Spritzgießen, Extrudieren oder Pressen verschie-
den eingefärbt. Urfomen auf herkömmlichen Spritzgussmaschinen, Pressen
oder Extrudern; spanbar, lackierbar, klebbar.

Anwendungsbeispiele
Lautsprechergehäuse, Musikinstrumente, hochpräzise Formteile, Spielwa-
ren, Beschlagelemente, Bauteile mit wurzelholzähnlicher Oberfläche, allg.
Gebrauchsartikel, Plattenware.

Tabelle 3-12. Eigenschaften von ARBOFORM“ a

Eigenschaften Einheit Wertebereich

Mechanische Eigenschaft
Zugfestigkeit N/mm2 10–30
Reißdehnung % 0,3–6,0
Zug-E- Modul N/mm2 300–6000
Biege-E-Modul N/mm2 300–6000
Biegespannung N/mm2 10–45
Schlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 2–15
Härte Shore D 30–80
Kugeldruckhärte N/mm2 50–150
Thermische Eigenschaften
Ausdehnungskoeffizient 1/°C 1 · 10–5–5 · 10–5
Vicat-Temperatur °C 80
Martens-Temperatur °C 54
Wärmeleitfähigkeit W/(m · K) 0,384
Glühdrahtprobe – 650°C bestanden
Elektrische Eigenschaften
Leitfähigkeit, Oberfläche GW 5
Leitfähigkeit, Durchgang GW 3
Sonstige Eigenschaften
Formschwund % 0,1–0,3
Dichte (im Formteil) g/cm3 1,3–1,4
Wassergehalt % 2–10
Migration versch. Elemente – bestanden
Speichel- u. Schweißechtheit – bestanden
Brandverhalten – bestanden
Fließlänge (Spiraltest,v Kanalquerschn.: 4 · 4 mm) cm bis 100
a
Je nach Rezeptur. Hersteller: Firma Tecnaro GmbH, Eisenach.
1480 3 Spezialkunststoffe

■ Umwelt
Ähnlich wie gewachsenes Holz (silbergraue Patina nach ca. 1–2 Jahren), bei
Langzeitbewitterung werden Holzschutzmittel (Öle, Lasuren, Lacke) empfohlen.
Brennt ohne abzutropfen (ähnlich gewachsenem Holz, nur langsamer).
Rauchgase riechen typisch nach Verbrennung von Holz.

Marktübersicht
ARBOFORM (Tecnaro GmbH/DE)

Literatur – Kapitel 3.1.5


[1] Bahadir M, Parlar H, Spiteller M (Hrsg) (2000): Springer Umweltlexikon, 2. Aufl., Springer
Verlag, Berlin Heidelberg

3.1.6
Duroplaste auf Basis nachwachsender Rohstoffe
Christoph Schrader

Pflanzliche Öle wie Soja-, Lein-, Raps- und Kokosöle sind wichtige Rohstoffe für
die Oleochemie. Für die Polyurethanindustrie sind Pflanzenöle und -proteine
schon seit vielen Jahren von wesentlicher Bedeutung. Fettchemische Polyole auf
der Basis natürlicher Öle und Fette substituieren dort petrochemische Polyole. So
verwendete Bayer bereits 1957 erstmals Polyole auf Zuckerbasis für Hartschaum-
stoffe [1]. Weitere duroplastische Polymere auf Basis nachwachsender Rohstoffe
befinden sich im Entwicklungsstadium oder im Stadium der Markteinführung.
Durch die steigenden fossilen Rohstoffpreise werden pflanzliche Öle und
Fette als Rohstoffe für die Kunststoffindustrie in Zukunft noch weiter an Bedeu-
tung gewinnen.

3.1.6.1
Polyurethane (mit Polyolen auf Basis natürlicher Öle/Fette)
■ Synthese/Vorkommen
Die Rohstoffe wie z. B. Sojaöl bestehen überwiegend aus Triglyceriden und Gly-
cerolestern.Verarbeitet und veredelt werden diese auf verschiedenen Wegen, wie
Veresterung, Umesterung, Epoxidierung und Ringöffnungsreaktion, Ethoxylie-
rung und Propoxylierung. Durch die Vielfalt der Verfahrenswege und Rohstoffe
wird eine Palette an Grundstoffen für die Polyurethanchemie gewonnen [2]. Bei-
spielhaft seien hier Elastoflex (BASF) und BIOBALANCE (Universal Textile
Technologies LLC, UTT) erwähnt. Das für BIOBALANCE verwendete Polyol aus
Sojaöl Soyoyl™, wird von der Urethane Soy Systems Company (USSC) hergestellt
[3]. Zum Polyol auf Basis nachwachsender Rohstoffe ist als zweite Komponente
in diesen Produkten ein Isocyanat aus fossilen Rohstoffen notwendig (Kapitel
2.2.3.2.1 Polyurethan).
3.1 Abgewandelte Naturstoffe 1481

■ Eigenschaften
Gegenüber petrochemischen Polyolen haben Polyole auf Basis natürlicher Öle
und Fette eine bessere Hydrophobie. Durch das Fehlen einer charakteristischen
Triglyceridstruktur sind über Fettsäureester als Grundgerüst aufgebaute Polyole
hydrololysebeständiger und ermöglichen die Herstellung säure- und laugenbe-
ständiger Polyurethane.

■ Verarbeitung und Anwendung


Hydrophobe Polyole auf fettchemischer Basis können für alle bekannten Ein-
satzgebiete für Polyurethane eingesetzt werden. Wichtige Anwendungen sind
Beschichtungsanwendungen (z. B. Fußböden, Brückenbeschichtungen, Park-
decks etc.), Vergussanwendungen (z. B. Elektro- und Elektronikanwendungen),
Modellbau, Klebstoffe und Spezialschäume.
Für Elektrogießharze wird vielfach Rizinusöl als Rohstoff verwendet, welches
jedoch weniger hydrolysebeständig ist als spezielle fettchemische Polyole.

Marktübersicht [4]
Elastoflex (Elastogran GmbH/DE)
Biobalance (Dow Chemical Company/US)
Merginol (Hobum Oleochemicals GmbH/DE)

3.1.6.2
Epoxyacrylate auf Basis nachwachsender Rohstoffe
■ Synthese/Vorkommen
Epoxyacrylate auf Basis nachwachsender Rohstoffe befinden sich größtenteils
noch im Entwicklungsstadium, teilweise im Stadium der Markteinführung. Auf
dem Markt eingeführt werden derzeit Epoxyacrylat Oligomere auf Soja- und
Leinölbasis. Diese Oligomere werden zum überwiegenden Teil aus pflanzlichen
Ölen als Rohstoff gewonnen und benötigen zum radikalischen Aushärten noch
einen Peroxidinitiator. Die radikalische Aushärtung verläuft über die Acrylat-
gruppen der im Sojaöl enthaltenen Triglyceridmoleküle [5].
Die Vernetzung solcher Duroplaste erfolgt zum jetzigen Stand noch mit Här-
tern auf petrochemischer Basis. Entwicklungen von Epoxydharzen vollständig
aus nachwachsenden Rohstoffen sind patentiert, jedoch nicht auf dem Markt
verfügbar [6].

■ Eigenschaften
Epoxyacrylat Oligomere sind z. T. mit Reaktivverdünnern versetzt und weisen
eine niedrige Viskosität auf. Ihre Verarbeitungstemperatur liegt bei bis etwa
70 °C. Die optimalen Aushärtetemperaturen liegen im Bereich von 130 bis 150 °C
bei einer Aushärtezeit von 30–90 s. Datenblätter sind für diese Polymere derzeit
z. T. noch nicht verfügbar.
1482 3 Spezialkunststoffe

Anwendung
Epoxyacrylat Oligomere werden als 1-K-Harzsystem beispielsweise zur
Herstellung von Beschichtungsmassen und Faserverbundwerkstoffen ver-
wendet.

Marktübersicht
Handelsnamen
Tribest (Cognis Deutschland GmbH&Co.KG/DE)
Mercryl (Hobum Oleochemicals GmbH/DE)

3.1.6.3
Weitere Duroplaste und Duroplastanteile auf Basis pflanzlicher Fette
und Öle
Marktübersicht
Handelsnamen
Sovermol (Cognis Deutschland GmbH&Co.KG/DE)
Edenol (Cognis Deutschland GmbH&Co.KG/DE)
Merginamide (Hobum Oleochemicals GmbH/DE)

Literatur – Kapitel 3.1.6


[1] http://www.bayerpolymers.de/ls/bpo internet cms.nsf/id/milestones de 1950
[2] Adolph G, Roloff T Oleochemical building blocks and additives for two component poly-
urethane systems for civil engineering application
[3] USB (United Soybean Board) Soy-based Thermoset Plastic, Newsletter 2002
[4] Riedel U Naturfaserverstärkte Polymere: Stand der Technik und Perspektiven. 4. Interna-
tionale AVK-TV Tagung 11.–12.10.2001, Baden-Baden
[5] Skwiercz M Duroplaste aus nachwachsenden Rohstoffen 7. Symposium Nachwachsende
Rohstoffe für die Chemie 20.–22.03.2001, Dresden
[6] Preform The new material PTP – status report, Preform Polymerwerkstoffe GmbH & Co.
KG., 1998 – Produktinformation

3.2
Elektrisch leitfähige Polymere
Axel Kauffmann, Rudolf Emmerich, Karsten Pinkwart
Grundsätzlich kann zwischen drei verschiedenen Arten elektrisch leitfähiger
Kunststoffe unterschieden werden:
• intrinsisch leitfähige Polymere
• leitfähig gefüllte Polymere
• leitfähig beschichtete Polymere
Intrinsisch leitfähige Polymere sind Polymere, die über eine Elektronenleit-
fähigkeit verfügen. Häufig steht heute noch einer technischen Anwendung
3.2 Elektrisch leitfähige Polymere 1483

selbstleitender Polymere die schwierige Verarbeitbarkeit, die mangelnde chemi-


sche Stabilität sowie die damit verbundene, mit der Zeit abnehmende Leitfähig-
keit entgegen [1].
Leitfähig gefüllte Polymere sind Kunststoffe, die durch eingelagerte Addi-
tive/Füllstoffe (Metall oder Kohlenstoff in verschiedenen Modifikationen) leit-
fähig gemacht werden. Ab einer bestimmten kritischen Füllstoffkonzentration
bildet sich ein elektrisch leitfähiges Netzwerk der Füllstoffe aus.
Leitfähig beschichtete Polymere zeichnen sich durch elektrische Leitfähig-
keit an der Oberfläche aus. Die Beschichtung erfolgt in der Regel mit Folien,
Lacken oder über PVD-Verfahren (Physical Vapor Deposition) d. h. Bedampfen
oder Sputtern.

3.2.1
Intrinsisch leitfähige Polymere
■ Eigenschaften
Unter intrinsisch leitfähigen Polymeren versteht man Kunststoffe, die ohne zu-
sätzliche Additive, allein aufgrund ihrer Struktur elektrisch leitfähig sind.
Die chemische Struktur intrinsisch leitender Kunststoffe unterscheidet sich
nur wenig von der konventioneller Polymeren. Sie enthalten allerdings mehr un-
gesättigte Bindungen (Doppelbindungen) als isolierende Kunststoffe. Charakte-
ristisch für alle leitenden Ketten ist die Abfolge von Einfach- und Doppelbin-
dungen (konjungierte Doppelbindungen). Durch Dotierung mit Stoffen wie Jod
oder AsF5 kann ein Konjugationsfehler eingebaut werden, um den regelmäßigen
Wechsel der Einfach- und Doppelbindungen zu unterbrechen. Da vom Dotie-
rungsmittel ein Elektron abgezogen wird, kann ein Elektron aus der Nachbar-
doppelbindung mit diesem eine neue Doppelbindung eingehen, wobei jedoch
ein neues freies Elektron entsteht. Der Konjugationsfehler hat sich somit verla-
gert, eine Elementarladung wurde transportiert. Tabelle 3-13 zeigt einige intrin-
sisch leitende Polymere.

Tabelle 3-13. Leitfähigkeit einiger intrinsisch leitender Polymere [2]

Polymer Leitfähigkeit [S/cm]

Polyacetylen 102–1,7 · 105


Polypyrrol 102–7,5 · 103
Polythiophen 101–103
Polyanilin 3 · 101–102

Die als Intrinsically Conducting Polymers (ICP) bezeichneten Materialien


weisen Probleme auf, die das bisherige Fehlen am Markt begründen [2]:
• Neben dem elektrischen Leitvermögen verursacht der Konjugationsfehler
auch eine gewisse Vernetzung der Ketten. ICP sind in der Regel unschmelzbar
und kaum löslich.
1484 3 Spezialkunststoffe

• Aufgrund der chemischen Instabilität (Abnahme der Konjugationsfehler im


Lauf der Zeit) nimmt die elektrische Leitfähigkeit vieler intrinsisch leitender
Kunststoffe mit der Zeit drastisch ab.
• Geringer Kontrast, geringe Farbintensität.
• Schwierige Verarbeitbarkeit (kaum löslich oder schmelzbar).
Die meisten intrinsisch leitfähigen Polymere befinden sich derzeit noch im Sta-
dium der Entwicklung. Für die ICP Polyanilin, Polythiophen und Polypyrrol
wird jedoch eine hohes Potential und baldige Marktreife vorgesagt [3].

■ Verarbeitung und Anwendung


Die Technologien zur Polymerverarbeitung von ICP sind vielfältig und unter-
scheiden sich aufgrund der unterschiedlichen Werkstoffeigenschaften der ver-
schiedenen Polymere deutlich voneinander. In Abhängigkeit vom Polymermate-
rial und der Fabrikationstechnik lassen sich Dünnschichtverfahren (z. B. Spin-
coaten) und Bulktechnologien (z. B. Spritzgießen) unterscheiden. Wichtige
Technologien sind u. a.:
• Laminieren,
• Spritzgießen,
• Drucken,
• Heißpressen,
• Dispensen,
• Spincoaten,
• Lithographie (in Anlehnung an die Standardsiliziumtechnik),
• Nanoimprint.
Die Technologien sind in Bezug auf Maßtreue, Durchsatz und Miniaturisierung
optimierbar. Insbesondere die Fabrikationstechniken für leitende und halblei-
tende Polymere sind noch nicht standardisiert [4].
Eine Fülle von Anwendungen bieten vor allem elektrochrome Systeme auf Ba-
sis der ICP. Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder sogar eingeführte
Produkte beschränken sich momentan allerdings auf eine kleine Anzahl. Durch
definiertes Einstellen der Dotierung, Wahl des Dotiermittels und/oder Reduk-
tion oder Oxidation lassen sich die jeweiligen Zustände des Polymers einstellen.
Vorteile elektrochromer Systeme auf Polymerbasis liegen vor allen Dingen bei
den Schaltzeiten und der großen Farbvariabilität. Weiter weisen bestimmte Po-
lymere eine sehr hohe Färbeeffizienz auf. Daraus ergeben sich folgende Anwen-
dungen und Einsatzgebiete:
• Scheiben mit steuerbarer Transparenz, IR-Abschirmung,
• EMV-Abschirmung,
• Sensoren, die eine Veränderung der chemischen Umgebung erfassen,
• „Schaltbare“ Membranen zu Stofftrennung mit einstellbarer Stoffdurchläs-
sigkeit und regulierbarem Trennfaktor,
• Antistatik-Beschichtung von Werkstücken, Folien etc. ,
• Einsatz als katalytisch wirksame Komponente für den Korrosionsschutz,
• Electrochrom steuerbare Anzeigen, Displays,
• Leuchtdioden,
3.2 Elektrisch leitfähige Polymere 1485

• Computerchips,
• Millitärischer Einsatz an Stealth Flugzeugen durch Streuung eintreffender
Radar Strahlen,
• Polymerbatterien,
• Ersatz für Heißluftverzinnung bei der Leiterplattenherstellung.

3.2.2
Elektrisch leitfähige gefüllte Polymere

3.2.2.1
Eigenschaften
Entscheidend für die Funktion gefüllter leitfähiger Kunststoffe ist die Ausbil-
dung eines durchgehenden Netzwerkes sich berührender Füllstoffpartikel, über
das der Stromtransport stattfindet. Der typische Verlauf der spezifischen Leit-
fähigkeit eines gefüllten Systems in Abhängigkeit vom Gehalt des leitfähigen
Füllstoffes ist in Bild 3-12 dargestellt.
Bereich 1: Bei niedrigen Konzentrationen liegen die Füllstoffpartikel isoliert
in der Kunststoffmatrix vor. Die Leitfähigkeit entspricht im Wesentlichen der der
reinen Polymerkomponente.
Bereich 2: Ab einer kritischen Füllstoffkonzentration, die vom jeweiligen Sys-
tem abhängt, bildet sich ein durchgehendes, dreidimensionales Netzwerk von
Füllstoffteilchen. In einem schmalen Konzentrationsbereich, dem Perkolations-
bereich, steigt die Leitfähigkeit um mehrere Zehnerpotenzen an.
Bereich 3: Der Verlauf der Kurve wird zunehmender flacher, bis man ein Pla-
teau bestimmter Leitfähigkeit erreicht. Dieser Plateauwert, die maximale Leit-
fähigkeit, wird im Wesentlichen durch die Eigenschaften der Füllstoffe bestimmt
[6, 7].

Bild 3-12. Prinzipieller Verlauf der Leitfähigkeit eines gefüllten Kunststoffs


1486 3 Spezialkunststoffe

Die erzielbare elektrische Leitfähigkeit hängt im Wesentlichen von der Art des
Füllstoffes ab. Zur Herstellung elektrisch leitfähiger Kunststoffe lassen sich zahl-
reiche Füllstoffe einsetzen.
Entscheidend für den benötigten Füllstoffanteil ist das Zustandekommen der
Kontakte zwischen den Füllstoffpartikeln. Diese kritische Konzentration wird
bestimmt durch:
• die Form der Füllstoffpartikel,
• die Ausrichtung der Füllstoffpartikel,
• die elektrische Leitfähigkeit der Füllstoffpartikel,
• gegebenenfalls eine Wechselwirkung zwischen Additiv und Polymermatrix
(die Form und Ausrichtung der Füllstoffpartikel beeinflussen können).
Tabelle 3-14 zeigt einige elektrisch leitfähige Füllstoffe, die für die Ausrüstung
von Kunststoffen in Betracht kommen.
Derzeit werden für den Einsatz in technischen Produkten im Wesentlichen
metallische Fasern, Ruße oder Graphite eingesetzt. Im Bereich der massiven
Füllstoffe eignen sich für gute Leitfähigkeiten besonders lange dünne metal-
lische Fasern (mit statistischer Ausrichtung), da hier eine gute Kontaktwahr-
scheinlichkeit der Fasern besteht. Nichtmassive Partikel führen zu einem nied-
rigen Wert der kritischen Konzentration, wenn sie sich wie z. B. Rußpartikel bei
kleinem Eigenvolumen in viele Richtungen erstrecken.
■ Eigenschaften elektrisch leitfähiger Füllstoffe
Metallfasern eignen sich aufgrund des gut leitenden Materials zur Herstellung
elektrisch leitfähiger Bauteile. Ideal zur Ausbildung eines Leitnetzes sind lange
(einige Millimeter) dünne (unter 50 mm Durchmesser) Fasern. Die Schwierigkeit
besteht hierbei allerdings in der Verarbeitung. Bei der Auswahl der Fasern sind
eine Reihe von Kriterien abzuwägen:
• Herstellbarkeit dünner Fasern,
• mechanische Widerstandsfähigkeit der Fasern während der Kunststoffverar-
beitung (Die Verarbeitung in der Spritzgießmaschine kann häufig zum
Knicken oder Brechen der Fasern führen),
• Verträglichkeit zwischen Fasern und Polymermatrix,
• Alterungsverhalten (Korrosion),
• Recyclingmöglichkeiten.
Aluminium-Plättchen haben den Vorteil des gut leitenden Materials, aber auch
den Nachteil der weniger langgestreckten Geometrie. Die ca. 1¥1 mm großen
Plättchen lassen sich schwer verarbeiten. Häufig besteht während des Spritz-
gießprozesses die Gefahr des Knickens oder Brechens der Teilchen. Um gute
elektrische Leitfähigkeiten zu erreichen, müssen hohe Füllgrade erzielt werden,
was Verarbeitungsprobleme sowie eine Beeinträchtigung der mechanischen Ei-
genschaften mit sich bringt.
Kohlenstoff-Fasern sind im Vergleich zu Metallfasern weniger elektrisch leitend.
Aufgrund ihrer Steifigkeit lassen sie sich auch schlechter als Metallfasern verar-
beiten. Um den Leitwert von C-Fasern zu verbessern, gibt es die Möglichkeit, me-
tallisierte C-Fasern (mit Nickeloberfläche) herzustellen. Hierdurch kann die Leit-
fähigkeit deutlich erhöht werden; die Fasern sind jedoch bislang relativ teuer.
Tabelle 3-14. Eigenschaften elektrisch leitfähiger Materialien für den Einsatz in Kunststoffen [8]

Eigenschaften Einheit Metallische Werkstoffe C-haltige Werkstoffe

Niob Titan Gold Ni-Legie- Fe-Legie- C-Polymere Graphit Glas-


rungen rungen Karbonat

Zugfestigkeit N/mm2 480 475 120 460 480 80–2000 6 70


el. Leitfähigkeit 103 S/cm 7400 2400 45000 10500 5300 < 0,001 1 0,2
Wärmeleitfähigkeit W/mK 54 22 320 70 57 <1 >400 4,7
Dichte g/cm3 8,6 4,5 19,3 8,9 7,0 1,0 – 1,5 1,65 1,55
3.2 Elektrisch leitfähige Polymere

Materialkosten – Hoch Hoch Sehr hoch Mittel Sehr niedrig Sehr niedrig Hoch Mittel
Verformbarkeit – Plastisch Plastisch Plastisch Plastisch Plastisch Plastisch Spröde Spröde
Verarbeitung – – 0 ++ ++ + – –
Korrosionsbeständigkeit – + + ++ + 0 + + +
1487
1488 3 Spezialkunststoffe

Ruß wird häufig in Form von Leitruß als Füllstoff für Kunststoffe verwendet.
Aufgrund der verzweigten Struktur, die bei geringer Masse viele Poren und
Hohlräume enthält, können schon bei niedriger kritischer Konzentration gute
Leitfähigkeiten erzielt werden. Für den Einsatz in Kunststoffen ist ein breites
Sortiment an Leitfähigkeitsrußen erhältlich. Durch Auswahl geeigneter Ruß-Ty-
pen lassen sich bei allen gebräuchlichen Polymersystemen ein Widerstandsbe-
reich von kleiner 106 Wcm bis etwa 101 Wcm erreichen. Je nach verwendetem
Ruß- und Polymertyp bzw. den Einarbeitungs- und Verarbeitungsbedingungen
ist der Einsatz von 5 – 35 % eines Leitfähigkeitsrußes erforderlich.
Eigenschaften von Pigment- und Leitfähigkeitsrußen:
• Primärteilchengröße zwischen 10 und 100 nm,
• spezifische Oberfläche zwischen 80 und 1200 m3/g,
• spezifischer Widerstand bei Furnacerußen ca. 0,05 Wcm,
• Dichte von 1,8 bis 1,9 g/cm3.
Die Funktionsweise des Leitfähigkeitsrußes als leitfähiger Füllstoff basiert auf
einer vollständigen Volumenerfüllung des auszurüstenden Materials mit gerin-
gem Füllstoffanteil. Voraussetzung ist jedoch wie bei allen leitenden Füllstof-
fen, dass sich die Rußteilchen berühren (Abstand der Teilchen untereinander
< 10 nm). Im Vergleich zu Metallen hat Ruß eine deutlich geringere Eigenleit-
fähigkeit. Aufgrund der Struktur (Teilchenfeinheit und Porösität) von Leitfähig-
keitsrußen nimmt Leitfähigkeitsruß jedoch ein hohes Volumen im Bindemittel
(Kunststoff) ein, so dass zur Steigerung der Leitfähigkeit von Kunststoffen deut-
lich geringere Konzentrationen an Ruß benötigt werden.
Graphit als Füllstoff hat eine schichtförmige Struktur und in etwa die gleichen
elektrischen Eigenschaften wie Leitfähigkeitsruß. Als Folge der Struktur des
Graphits erreicht man erst bei höheren Füllgraden eine gute Leitfähigkeit, je-
doch ist die Einarbeitung in Kunststoffe bei Graphiten deutlich einfacher als bei
Ruß. Die größte Bedeutung haben graphitgefüllte Kunststoffe aufgrund ihres
Abriebverhaltens jedoch bei der Herstellung selbstschmierender Bauteile.
Weitere Füll- und Verstärkungsstoffe, die sich durch ihre elektrische Leit-
fähigkeit auszeichnen, sind auch in Kapitel 1.3.5 zu finden.
■ Elektrische Eigenschaften
Tabelle 3-15 zeigt die elektrischen Leitfähigkeitswerte, die mit verschiedenen
Füllstoffen erreicht werden können. Es zeigt sich, dass zwischen den Leitfähig-

Tabelle 3-15. Elektrische Leitfähigkeit einiger gefüllter elektrisch leitfähiger Kunststoffe [7, 9]

Füllstoff elektrische Leit- Füllstoffgehalt


fähigkeit [S/cm] [Gew.-%]

Ruß, Graphit 10-2–10-1 10–20


C-Fasern 10-1–10 30–50
Ni-beschichteter Glimmer 1–10 keine Angaben
Metallfasern 1–50 35–50
Metallplättchen 1–50 35–50
Aluminiumplättchen 1–50 keine Angaben
3.2 Elektrisch leitfähige Polymere 1489

keitswerten der gefüllten Systeme und der Füllstoffe gravierende Unterschiede


liegen. Dies liegt vor allem an den begrenzten Füllgraden, da immer ein Kom-
promiss zwischen den gewünschten elektrischen und den mechanischen Eigen-
schaften gefunden werden muss.
Rußgefüllte Polymere sind in ihrer Leitfähigkeit schon durch die maximale
Leitfähigkeit der Ruße von max. 25 S/cm begrenzt. Die Eigenleitfähigkeit metal-
lischer Partikel oder Fasern liegt bei 104 bis 105 S/cm, sodass mit diesen Füllstof-
fen sicherlich höhere Leitfähigkeiten erreicht werden könnten als in Tabelle 3-15
angegeben sind. Weitere Einflussfaktoren auf die Leitfähigkeit gefüllter Poly-
mere sind:
• Geringe elektrische Leitfähigkeit an der Oberfläche von Spritzgussteilen
(Spritzhaut).
• Inhomogenitäten der Füllstoffverteilung.
• Temperaturwechsel können zur Abnahme der elektrischen Leitfähigkeit und
teilweise zur Zerstörung des leitfähigen Netzwerks gefüllter Kunststoffe
führen.
• Bei zu hohen Stromdichten kann es zu lokaler Erwärmung und dadurch even-
tuell zu einer Zersetzung des Kunststoffes in der Umgebung der Leitpfade
kommen.
• Korrosionsschichten an der Oberfläche der Kunststoffe können zu erhöhten
Kontaktwiderständen führen.

■ Mechanische Eigenschaften
Die Wechselwirkungen zwischen Füllstoffen und Polymeren sind sehr komplex
und rechnerisch kaum erfassbar. Die Zugabe von Additiven zur Steigerung der
elektrischen Leitfähigkeit beeinflusst in der Regel eine Reihe weiterer Eigen-
schaften des Polymers.
Die Füllung eines Polymers mit Ruß hat eine Erhöhung der Steifigkeit und des
Zugmoduls mit wachsender Zunahme der Rußkonzentration zur Folge.
Reißspannung und -dehnung sowie Schlagzähigkeit nehmen deutlich ab. Tabelle
3-16 zeigt den Einfluss von Ruß auf die mechanischen Eigenschaften von ABS.
Gravierenden Einfluss hat der Ruß auch auf die Fließfähigkeit und damit
die Verarbeitbarkeit des Compounds, die mit zunehmendem Füllstoffgehalt
schlechter wird.
Tabelle 3-16. Einfluss von Ruß auf die mechanischen Eigenschaften von ABS [10]

Füllstoff- E-Modul Reiß- Reiß- Schlagzähigkeit az


gehalt c [N/mm2] spannung sr dehnung er [KJ/m2]
[%] [N/mm2] [%]

0 2280 30,9 8,2 208


3 2500 44,2 3,4 36
5 2720 43,2 3,1 43
7,5 2820 37,7 2,5 41
10 3010 35,1 2,2 31
15 3540 27,8 1,9 29
20 4000 24,8 1,1 26
1490 3 Spezialkunststoffe

Repräsentativ für gefüllte Polymere mit kugelartigen, massiven Füllstof-


fen sind in Tabelle 3-17 die mechanischen Eigenschaften einiger nickelgefüll-
ter Polymere dargestellt. Wie beim rußgefüllten ABS steigt das E-Modul an,
Bruchspannung und -dehnung sowie Schlagzähigkeit nehmen jedoch deutlich
ab.

Tabelle 3-17. Einfluss von massiven Partikeln auf die mechanischen Eigenschaften von PP, PVC
und PA-11 [11]

Material Partikel E-Modul Bruch- Bruch- Schlag-


Gehalt [N/mm2] spannung dehnung zähigkeit az
[Vol % Ni] sB [N/mm2] er [%] [KJ/m2]

Polypropylen (PP) 0 470 18,5 125 62


5 580 16,5 380 34
10 790 17,0 7,3 18
15 730 17,9 23 21
20 770 14,9 5,2 16
Polyvinylchlorid (PVC) 12 1480 48,0 5,7 4,2
15 2200 40,0 1,5 3,2
Polyamid 11 (PA-11) 12 1420 37,3 15,6 67
15 1130 23,5 8,2 19

Geringe Füllgrade haben kaum Auswirkungen auf die mechanischen Eigen-


schaften gefüllter Polymere. Ebenso unterscheiden sich die mechanischen Ei-
genschaften bei Kunststoffen mit einem geringem Faseranteil im Vergleich zu
ungefüllten Kunststoffen nur unwesentlich.

■ Verarbeitung und Anwendung


Zur Einarbeitung von Ruß in thermoplastische Polymersysteme werden vorwie-
gend geperlte Rußtypen oder Ruß-Compounds eingesetzt, die leicht zum Kunst-
stoff-Granulat zudosiert werden können. Eingebracht wird der Ruß über Kneter,
Mischextruder oder auch direkt mittels geeigneter Spritzgießmaschinen. Bei
duromeren Systemen wird vorzugsweise pulverförmiger Ruß oder Graphit mit
Hilfe von Flügelrührern, Planetenmischern usw. eingerührt und unter Verwen-
dung von Mühlen, Walzen usw. so lange dispergiert, bis die gewünschte Vertei-
lung erreicht wird [12].
Neben der beabsichtigten Veränderung des Widerstands von Polymeren tre-
ten bei Einsatz von Ruß und Graphit meist unerwünschte Begleiterscheinungen
auf wie z. B. Erhöhung der Viskosität, Verringerung der Flexibilität und Zähig-
keit, Beeinträchtigung der thermischen Stabilität und Störungen von Aushär-
tungs- oder Vernetzungsreaktionen. Durch geeignete Zusätze oder Modifikatio-
nen lassen sich diese Begleiterscheinungen jedoch meist auf ein akzeptables
Maß reduzieren.
Für technisch einsetzbare Produkte werden derzeit häufig Edelstahlfasern
eingesetzt (ca. 8 mm Durchmesser). Die Fasern werden in der Regel in Bündeln
(mit einigen hundert bis einigen tausend Einzelfasern) in das Polymer einge-
3.2 Elektrisch leitfähige Polymere 1491

bettet und zu Granulat geschnitten [13]. Das Fasergranulat kann relativ problem-
los mit ungefülltem Granulat gemischt werden und mittels Spritzgießverfahren
verarbeitet werden. Um die Gefahr des Knickens oder Brechens der Fasern zu
minimieren, ist eine schonende Verarbeitung (niedrige Drehzahl, geeignete
Schneckengeometrie) notwendig. Um eine ausreichende Durchmischung sicher-
zustellen, ist beim Einspritzen eine gewisse Scherung der Schmelze erforderlich
[14]. Bei guter Verarbeitung können so eine relativ niedrige kritische Konzen-
tration und gute Leitfähigkeiten erreicht werden.
Die Herstellung gefüllter Thermoplaste erfolgt meist mittels Extruder oder
direkt mittels Spritzgießmaschine. Der Füllstoff wird vor oder während der Ver-
arbeitung zugemischt. Je höher der Anteil des Füllstoffes im Kunststoff ist, desto
schlechter ist die Fließfähigkeit und damit die Verarbeitbarkeit der Polymermi-
schungen. Um diesen Schwierigkeiten entgegen zu wirken, gibt es Bestrebungen
Füllstoffe gezielt auszurichten oder im Kunststoff zu konzentrieren und damit
eine Steigerung der Leitfähigkeit bei gleichzeitig reduziertem Füllstoffgehalt
und verbesserten Fließeigenschaften zu erzielen [5, 15].
Die gängigsten Kunststoffbasismaterialien aus der Gruppe der Thermoplaste
sind Polymere wie ABS, EVA, PA, PC, PE, PP, PPO, PS oder PVC. Wichtigste An-
wendungen sind derzeit Bauteile zur elektromagnetischen Abschirmung oder
für die Ableitung elektrischer Ladungen (Vermeidung elektrostatischer Auf-
ladungen), wie Gehäuse, antistatische Fußbodenbeläge oder leitfähige Dich-
tungen.
Für Anwendungen, bei denen ein hoher Graphitanteil und eine hohe spezifi-
sche Leitfähigkeit erforderlich ist, wie beispielsweise für Elektrodenmaterialien,
werden derzeit häufig Duroplaste/Harze zum Binden der Graphite eingesetzt. In
letzter Zeit gewinnen aber auch hochgefüllte thermoplastische Polymere zuneh-
mend an Bedeutung für Anwendungen, für die eine hohe spezifische Leitfähig-
keit erforderlich ist, wie beispielsweise graphitgefüllte Polymere für Bipolarplat-
ten in Brennstoffzellen [5].

3.2.3
Elektrisch leitfähige beschichtete Polymere
Zur leitfähigen Beschichtung von Kunststoffen werden in der Regel PVD-Ver-
fahren (Physical Vapor Deposition) angewendet oder ein Metall direkt aufgetra-
gen.
Es wurden bereits eine Reihe von Verfahren entwickelt, um Kunststoffe elek-
trisch leitend auszustatten. Großtechnisch werden heute folgende Verfahren ein-
gesetzt:

• Beschichtung von Oberflächen mit Leitlacken, die mit Metallpartikeln verse-


hen sind. Hierzu werden vorwiegend Kupfer, Silber, Nickel oder in wenigen
Fällen Kohlenstoff verwendet.
• Sputterverfahren – das aufzutragende Schichtmaterial wird als Kathode, das
zu beschichtende Substrat als Anode geschaltet.
• Auskleidung mit metallischen Folien.
1492 3 Spezialkunststoffe

• Bedampfen der Oberflächen mit Aluminium. Hierbei werden im Hochva-


kuum bis zu 5 mm Aluminium aufgebracht.
• elektrochemische/galvanotechnische Beschichtung: Durch geeignete Vorbe-
handlungsschritte werden auf elektrochemischem Wege dünne Metallschich-
ten aufgebracht.
Tabelle 3-18 zeigt einen Vergleich der gängigen Verfahren.

Tabelle 3-18. Vergleich verschiedener Beschichtungen [16]

Technologie Metall Schicht- Komple- Hand- Kosten Investi-


mm xität habung Euro/m2 tionsauf-
wand
a a a
Leitfähige Lacke Ag, Ni, Cu 50–75 5–7
c c b
Zn-Flammspritzen Zn 75–125 6–12
c c c
Vakuum Metallis Al (Cu, Ag) 5 5–15
c c c
Sputter-Verfahren Al, Cu, Ni, Ag 3–5 5–15
b c b
Galvanotechnik Cu, Ni 2–4 6–12
a c a
Silber Reduktion Ag 5–15 Hoch
b a
Metallische Folien Al, Cu 20–50 2–3 –
a a
Insert Moulding Legierungen 0,25 – –
a
= qualitativer Indikator (a = einfach, gering; b = mittel; c = aufwändig, hoch).

Von der einfachen Handhabung und Komplexität als auch von den Kosten her
sind Leitlacke und metallische Folien die geeigneteste Beschichtungsmethode
zur Erzielung einer erhöhten elektrischen Leitfähigkeit an der Oberfläche.
Typische Anwendungen sind Kunststoff-Gehäuse jeglicher Art mit abschir-
menden Eigenschaften.

Handelsnamen
Tabelle 3-19. Einige kommerziell erhältliche elektrisch leitfähige Kunststoffe

Produktname Firma Material

Luvocom Lehmann & Voss, PA, PPS mit C-Fasern


& Co. Hamburg /DE
Neusil K 684 Neuhaus, Berlin /DE
PE 105 LF-VP Clariant Masterbatch HD-PE mit Ruß
PP 400493 LF-VP Ahrensburg PP mit Ruß
Europlex EC Röhm, Darmstadt PC
Ultraform N2520XL2 BASF, Ludwigshafen POM-Copolymer mit Ruß
Hostaform, Fortron, Vectra Ticona POM, PPS, LCP mit Füll-/
Verstärkungsstoffen
3.2 Elektrisch leitfähige Polymere 1493

Tabelle 3-20. Hersteller von Rußen, Graphiten und Kohlenstoffprodukten

Hersteller

GTD Graphit Technologie GmbH, Langgöns/DE


NGS Naturgraphit GmbH, Leinburg/DE
Graphit Kropfmühl AG, Hauzenberg/DE
K.W. Thielmann & Cie KG, Grolsheim/DE
SGL TECHNIK Carbon Composites Meitingen/DE
Carbone Lorraine Pagny-sur-Moselle/FR
Schunk, Kohlenstofftechnik Gießen/DE
Degussa-Huels AG Frankfurt/DE
Cabot GmbH, Hanau/DE

3.2.4
Literatur – Kapitel 3.2
[1] Roth S (1989) Selbstleitende Kunststoffe. In: Mair HJ (Hrsg) Elektrisch leitende Kunststoffe
2. Auflage, Hanser Verlag, München, 569 S
[2] Symposium ‘Elektrisch leitende Kunststoffe’, Technische Akademie Esslingen, 1995
[3] Frost & Sullivan: Commercialising Conductive Polymers (Report B036),
[4] Studie im Auftrag des BMBF: Evaluation des Förderkonzeptes Mikrosystemtechnik
2000+, Berlin 2002
[5] Kauffmann A (2003) Hochgefüllte elektrisch leitfähige Thermoplaste für Bipolarplatten in
Brennstoffzellen. 7. VDI-Kunststoff-Forum Münster. Spezial- und Hochleistungskunst-
stoffe – Perspektiven und Potentiale, Münster.
[6] Brendel U, Münstedt H (1996) Permanent antielektrostatische Kunststoffe, Kunststoffe 86,
Hanser Verlag, München
[7] Münstedt H (1989) Elektrisch leitfähige Polymere, Kunststoffe 79, Hanser Verlag, München
[8] Ivers-Tiffée E (1997) Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik IWE: Werkstoffe für die En-
ergie- und Umwelttechnik
[9] Möbius KH (1989) Füllstoffhaltige elektrisch leitfähige Kunststoffe, Kunststoffe 79, Hanser
Verlag, München
[10] Münstedt H (1989) Vergleich von gefüllten und intrinsisch leitfähigen Kunststoffen. In:
Mair HJ (Hrsg) Elektrisch leitende Kunststoffe 2. Auflage, Hanser Verlag, München, 569 S
[11] Wenderoth KL (1988) Leitfähige Polymermischungen zur Abschirmung elektromagneti-
scher Wellen, Reihe 5: Grund- und Werkstoffe, VDI-Verlag, Düsseldorf
[12] Gilg RG (1995) Ruß und andere Pigmente, 6. Technische Akademie Esslingen, Esslingen
[13] Pfeiffer B, Celstran S (1996) Konstruktionswerkstoffe mit Edelstahlfasern gefüllt für ESD-
und EMV-Anwendungen; Lehrgang Technische Akademie Esslingen ‘Elektrisch leitende
Kunststoffe’
[14] Leute U (1997) Kunststoffe und EMV, Elektromagnetische Verträglichkeit mit leitfähigen
Kunststoffen, Hanser Verlag, München Wien
[15] Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie: Mit Kunststoffen zu neuen Produkten,
Symposium Karlsruhe, 1997
[16] Hempelmann S (1996) Oberflächentechnik und EMV, mo metalloberfläche, Hanser
Verlag
KAPITEL 4

Anhang
Normbezeichnungen, Kurzzeichen
und Eigenschaftstabellen
zur Erleichterung der Vorauswahl
1496 Anhang

4.1
Kurzzeichen für Kunststoffe
Tabellenverzeichnis
Tabelle 4-1 Normen für Einteilung und Kurzzeichen von Polymeren . 1498
Tabelle 4-2 Kennzeichnungsschema für Kunststoffe . . . . . . . . . . 1498
Tabelle 4-3 Kennzeichnung spezieller Stoffmerkmale . . . . . . . . . 1498
Tabelle 4-4 Kennzeichnung spezieller Stoffeigenschaften
(DIN ISO 1043-1.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1499
Tabelle 4-5 Kurzzeichen für aufbereitungsbedingte Stoffeigenschaften 1499
Tabelle 4-6 Kurzzeichen für Art und Struktur von Zusatzstoffen
(DIN ISO 1043-1.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1500
Tabelle 4-7 Kurzzeichen für Homopolymere und chemisch modifizierte
Naturstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1500
Tabelle 4-8 Kurzzeichen für Copolymere . . . . . . . . . . . . . . . . 1503
Tabelle 4-9 Kurzzeichen für Blockpolymere (Tele- und Segmentblock-
copolymere/TPE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1504
Tabelle 4-10 Kurzzeichen für Polymerblends . . . . . . . . . . . . . . 1504
Tabelle 4-11 Kurzzeichen für verstärkte Kunststoffe (DIN 7728, Teil 2) . 1505
Tabelle 4-12 Weichmacher (in Anlehnung an DIN 7723 (12.87)
und ISO 1629) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1505
Tabelle 4-13 Normbezeichnung thermoplastischer Formmassen . . . . 1506
Tabelle 4-14 Bedeutung der Zusatzzeichen im Datenblock 1 . . . . . . . 1507
Tabelle 4-15 Bedeutung der Zusatzmerkmale im Datenblock 2 . . . . . 1508
Tabelle 4-16 Bedeutung der quantitativen Angaben im Datenblock 3 . . 1510
Tabelle 4-17 Kennzeichnung von Art und Menge der Zusatzstoffe
im Datenblock 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1511
Tabelle 4-18 Ermittlung der Werkstoffkenndaten . . . . . . . . . . . . 1511
Tabelle 4-19 Vorzugsweise zu ermittelnde Eigenschaften
von Thermoplasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1511
Tabelle 4-20 Normen für Formmassen und Vorprodukte . . . . . . . . 1512
Tabelle 4-21 Technische Lieferbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 1513
Tabelle 4-22 Aufbau der Harze für härtbare Formmassen und Art
der Vernetzungsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1514
Tabelle 4-23 Füllstoffe für härtbare Formmassen . . . . . . . . . . . . 1515
Tabelle 4-24 Kurzzeichen für synthetische Kautschuke (DIN ISO 1629) . 1516
Tabelle 4-25 Kurzbezeichnungen für Textilfasern
(DIN 60 001 Bl. 1 08.70) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1517
Tabelle 4-26 Herkunftsbezeichnungen von Handelsnamen . . . . . . . 1517
Tabelle 4-27 In der Fachliteratur häufig wiederkehrende Kurzzeichen . 1518
Anhang 1497

Kurzzeichen für Kunststoffe, Hilfsstoffe und Kautschuke


Die große Vielfalt sowie die weltweit produzierten Mengen von Polymeren, die
in verarbeiteter Form in allen Bereichen unseres technischen Zeitalters unent-
behrlich geworden sind, zwingt zu einer leichtverständlichen eindeutigen Kenn-
zeichnung dieser Rohstoffe. Nur allseits anerkannte Kurzbezeichnungen können
dieser Aufgabe gerecht werden. Gäbe es keine einheitliche, auf die chemische
Herkunft der Produkte bezogene Kennzeichnung, wie sollte sich selbst der Fach-
mann in den Tausenden von Handelsnamen zurechtfinden, die die Verarbeiter
und Verwender von Kunststoffen ihren Erzeugnissen geben. Dazu kommt heute
noch ein anderer nicht weniger wichtiger Gesichtspunkt: die Rückführung der
Produktionsrückstände und das nach dem Gebrauch anfallende Konsumenten-
material, bekannt unter dem englischen Wort: Recycling.
Die Aufgabe, für die überwiegende Gruppe, d. h. die thermoplastischen
Basispolymeren und deren Modifikationen einheitliche Benennungen und
Kurzzeichen einzuführen, obliegt in der Bundesrepublik Deutschland dem
Fachnormenausschuß Kunststoffe (FNK). Auf internationaler Ebene ist das
Technische Komitee der Internationalen Standardisierungsorganisation
(ISO/TC 1) tätig. Zwischen beiden Organisationen besteht eine gute Zusam-
menarbeit und Abstimmung, die sich in den Normbezeichnungen DIN/ISO
widerspiegelt.
Außer den Kurzbezeichnungen für thermoplastische Basispolymeren, deren
Anzahl sich durch die Entwicklung neuer Produkte und Produktmodifikationen
ständig vermehrt, wurden für einige der daraus hergestellten Formmassen, die
der Verarbeiter üblicherweise bezieht, computergerecht ausgearbeitete Daten-
blöcke zu deren genauen Identifizierung eingeführt.
Die Normen für Formmassen und Formstoffe aus Duroplasten und Reak-
tionsharzen basieren auf anderen Kennzeichnungs- und Typisierungssystemen.
Für die Bezeichnung von Kautschuken gelten die Kurzzeichen nach DIN
ISO 1629.
Kurzzeichen für Textilfasern enthält DIN 60 001, Blatt 1.
So fortschrittlich und weit die Normung der Kurzbezeichnungen bis heute ge-
diehen ist, so sei doch darauf hingewiesen, dass bis heute noch keine Überein-
stimmung mit den verwandten großen Produktbereichen: Duroplaste, Reakti-
onsharze, Kautschuke und Fasern erzielt werden konnte, d. h. selbst dort sind
von Bereich zu Bereich verschiedene Kurzbezeichnungen für Rohstoffe auf der
gleichen chemischen Basis üblich und genormt.

Die folgenden Tabellen enthalten die Kurzzeichen für Thermoplaste wegen der
besseren Übersicht, Zuordnung und Auffindbarkeit (ohne EDV), vorwiegend in
Anlehnung an DIN 7728 T. 1, d. h. getrennt nach Homopolymeren und chemisch
modifizierten Naturstoffen, Copolymeren sowie Polymerblends (DIN 16 980
T. 1). In alle Tabellen wurden Ergänzungen nach DIN ISO 1043-1 aufgenommen.
Die Klammerschreibweise nach den IUPAC-Regeln wurde in DIN/ISO 1043-1
nicht berücksichtigt. Im vorliegenden Buch wurde sie jedoch beibehalten, weil
sie im deutschen Fachschrifttum noch immer bevorzugt wird.
Bei den Copolymeren entfällt der Schrägstrich, wenn kein Irrtum möglich ist
(z. B. ABS).
1498 Anhang

Die Komponenten in Polymerblends wurden, wie gesagt, durch eine gemein-


same Klammer und durch Pluszeichen (+) miteinander verbunden. In PC-
Schreibweise entfallen allerdings diese Klammern aus technischen Gründen.
Die genormten Datenblocksysteme für thermoplastische Formmassen geben
zwar einen vollständigen Überblick über die Komponenten eines bestimmten
Massetyps, sie sind jedoch sehr komplex und deshalb schwer zugänglich. Des-
halb werden Polymere häufig mit normgerechten, vereinfachten Kurzzeichen
benannt.

Tabelle 4-1. Normen für Einteilung und Kurzzeichen von Polymeren

DIN 7728 Teil 1 Kennbuchstaben und Kurzzeichen für Polymere und ihre besonderen
Eigenschaften
DIN 7728 Teil 2 Kurzzeichen für verstärkte Kunststoffe
DIN 16913 Teil 1 Verstärkte Reaktionsharz-Formmassen –
Begriffe, Einteilung, Kurzzeichen
DIN ISO 1629 Kautschuk und Latices – Einteilung, Kurzzeichen
DIN 7726 Schaumstoffe – Begriffe, Einteilung

Der Umfang dieses Kurzzeichensystems kann den jeweiligen Erfordernissen an-


gepasst werden. Nachfolgend wird ein Schema angegeben, das alle wichtigen
Möglichkeiten enthält, Polymere rasch einzuordnen.

Tabelle 4-2. Kennzeichnungsschema für Kunststoffe

Polymerkurzzeichen Stoffmerkmale Sondereigenschaften Art u. Menge


Herstellungsart von Zusatzstoffen

Tabelle 4-7 bis 4-9 Tabelle 4-3 Tabelle 4-4, 4-5 Tabelle 4-6

z.B. PP-H-FR-GF20; PE-UHMW- (CG + Al); PVC-P.

Tabelle 4-3. Kennzeichnung spezieller Stoffmerkmale

In Verbindung mit den Kurzzeichen des Basispolymeren können bis zu vier wesentliche Stoff-
merkmale und Herstellungsarten mit Buchstaben (ohne Wertabgaben gemäß nachstehender
Übersicht gekennzeichnet werden.

B Blockcopolymer
C chloriert (z.B. PVC-C)
E Emulsionspolymer
Anhang 1499

Tabelle 4-3 (Fortsetzung)

G Gießharz
H Homopolymer
HD hohe Dichte (z.B. PE-HD)
HMW hochmolekular (z.B. PE-HD, HMW)
J Prepolymer
L Pfropfpolymer
LD niedrige Dichte (z.B. PE-LD)
LLD linear, niedrige Dichte (z.B. PE-LLD)
M Massepolymer (z.B. PVC-M)
MD mittlere Dichte (z.B. PE-MD)
N Novolak
P weichmacherhaltig (z.B. PVC-P)
R Resol, statistisches Copolymer (Randompolymer)
UHMW Ultrahochmolekular (z.B. PE-UHMW)
VLD sehr niedrige Dicht (z.B. PE-VLD)
X vernetzt bzw. vernetzbar (z.B. PE-X)

Tabelle 4-4. Kurzzeichen spezieller Stoffeigenschaften (DIN ISO 1043-1.3)

Kurzzeichen Bedeutung Kurzzeichen Bedeutung

B bromiert O orientiert
C chloriert P weichgemacht
D Dichte R gebläht
E geschäumt R Resol
schaumfähig S gesättigt
Elastomer S sulfoniert
F flexibel T Temperatur
F flüssig T temperaturbeständig
H hoch T duroplastisch
I schlagzäh T thermoplastisch
L linear T zäh ausgerüstet
L niedrig U Ultra
M mittel U ohne Weichmacher
M molekular U ungesättigt
N normal V sehr
N Novolak W Gewicht
X vernetzt, vernetzbar

Tabelle 4-5. Kurzzeichen für aufbereitungsbedingte Stoffeigenschaften

AR zusätzlich verschleißfest und/oder reibwiderstandsgemindert


CHR besonders chemikalienbeständig (außer WR)
EMI besonders geeignet für elektromagnetische Abschirmwirkung
FR verringerte Brennbarkeit durch Brandschutzausrüstung
GV besonders geeignet für galvanochemisches Metallisieren
HI hochschlagzäh
HR besonders wärmealterungsbeständig
1500 Anhang

Tabelle 4-5 (Fortsetzung)

LR besonders licht- und/oder witterungsbeständig


RM reduzierte Wasseraufnahme (reduced moisture)
T erhöht transparent
WR besonders hydrolyse- oder waschlaugenbeständig
Y erhöht elektrisch leitend
Z permanent antistatisch

Tabelle 4-6. Kurzzeichen für Art und Struktur von Zusatzstoffen (DIN ISO 1043-1.3)

Stoffart Darbietungsform

B Bor B Kugeln, Perlen


G Glas C Schnitzel
K Kreide D Mehl, Pulver, Grieß
L Cellulose F Faser, -büschel, Flocken
M Mineralien, Metall G Fasermehlgut
P Glimmer H Whiskers
R Aramid L Gelege, Nähwerkstoffe
S Synthetics M Matte
T Talkum P Papier, Folie
W Holz R Roving, Strang, Draht
S Plättchen, Faserstäubchen
T Gewirk, Gestrick, Schnur
V Vlies, Furnier
W Gewebe
Y Garn

Tabelle 4-7. Kurzzeichen für Homopolymere und chemisch modifizierte Naturstoffe

Kurzzeichen Chemischer Aufbau

CA Celluloseacetat
CAB Celluloseacetatbutyrat
CAP Celluloseacetatopropionat
CF Kresol-Formaldehyd
CMC Carboxymethylcellulose
CN Cellulosenitrat
CP Cellulosepropionat
CSF Casein-Formaldehyd
CTA Cellulosetriacetat
EC Ethylcellulose
EP Epoxid
MC Methylcellulose
MF Melamin-Formaldehyd
PA Polyamid
PA 6 Homopolykondensat aus e-Caprolactam (Polycaprolactam)
P 46 Homopolykondensat aus 1,4 Diaminobutan und Adipinsäure
Anhang 1501

Tabelle 4-7 (Fortsetzung)

Kurzzeichen Chemischer Aufbau

PA 66 Homopolykondensat aus Hexamethyldiamin und Adipinsäure


(Polyhexamethylenadipinamid)
PA 69 Homopolykondensat aus Hexamethylendiamin und Azelainsäure
(Polyhexamethylenazelainamid)
PA 610 Homopolykondensat aus Hexamethylendiamin und Sebacinsäure
(Polyhexamethylensebacinamid)
PA 612 Homopolykondensat aus Hexamethylendiamin und Dodecandisäure
(Polyhexamethylendodecanamid)
PA-6-3-T Polykondensat aus Trimethylhexamethylendiamin und Therephthalsäure
(Polytrimethylhexamethylenterephthalamid)
PA 11 Homopolykondensat aus 11-Aminoundecansäure
(Poly-11-aminoundecanamid)
PA 12 Homopolykondensat aus w-Laurinlactam
PAE Polyarylether
PAEK Polyaryletherketon
PAI Polyamidimid, hergestellt durch Polykondensation von Imidketten
mit aromatischen Diaminen
PAK Polyacrylate
PAN Polyacrylnitril
PAR Polyarylat
PB Polybuten-1
PBAK Polybutylacrylat
PBI Polybenzimidazol
PBMI Polybismaleinimid
PBT Polybutylenterephthalat
PC Polycarbonat
PCTFE Polychlortrifluorethylen
PDAP Polydiallyphthalat
Polydicyclopentadien
PE Polyethylen
PE-X vernetztes Polyethylen
PE-C chloriertes Polyethylen
PE-HD Polyethylen hoher Dichte
(> 0,940 g/cm 3, MW um 100000)
PE-HD-HMW (Polyethylen hoher Dichte und hoher molarer Masse
(MW 200000 bis 500000)
PE-HD-UHMW Polyethylen hoher Dichte
(0,94 g/cm3) und sehr hoher molarer Masse
(MW > 3 · 106 bis 6 · 106)
PE-LD Polyethylen niedriger Dichte (<0,930 g/cm 3 )
PE-LLD Polyethylen niedriger Dichte (0,918 bis 0,935 g/cm 3 ) und linearer Struktur
PE-MD Polyethylen mittlerer Dichte (0,930 bis 0,940 g/cm 3 )
PEEK Polyetherketon
PEEKK Polyetheretherketonketon
PEEST Polyetherester
PEI Polyetherimid
PEK Polyetherketon
PEKEKK Polyetherketonetherketonketon
PEKK Polyetherketonketon
PEOX Polyethylenoxid
PES Polyethersulfon
1502 Anhang

Tabelle 4-7 (Fortsetzung)

Kurzzeichen Chemischer Aufbau

PESTUR Polyesterurethan
PET Polyethylenterephthalat
PEUR Polyetherurethan
PF Phenol-Formaldehyd
PFA Perfluoralkoxylalkan Polymer
PFEP Perfluorethylen/propylen
PI Polyimid
PIB Polyisobutylen
PIR Polyisocyanurat
PMI Polymethacrylimid
PMMA Polymethylmethacrylat
PMMI Poly N-methylmethylacrylimid
PMP Poly-4-methyl-penten-1
PMS Poly-a-Methylstyrol
POM Polyoxymethylen, Polyacetal, Polyformaldehyd
PP Polypropylen
PPA Polyphthalamid
PP-C chloriertes Polypropylen
PPE Polyphenylenether
PPOX Polyphenylenoxid
PPS Polyphenylensulfid
PPSU Polyphenylensulfon
PS Polystyrol
PSU Polysulfon
PTFE Polytetrafluorethylen
PTMT Polytetramethylenterephthalat (vgl. PBT)
PUR Polyurethan
PUR-X vernetztes Polyurethan
PVAC Polyvinylacetat
PVAL Polyvinylalkohol
PVB Polyvinylbutyral
PVC Polyvinylchlorid
PVC-C chloriertes Polyvinylchlorid
PVC-P Weich-PVC
PVC-U Hart-PVC
PVDC Polyvinylidenchlorid
PVDF Polyvinylidenfluorid
PVF Polyvinylfluorid
PVFM Polyvinylformal
PVK Polyvinylcarbazol
PVP Polyvinylpyrrolidon
SI Silicon
UF Harnstoff-Formaldehyd
UP ungesättiger Polyester
VF Vulkanfiber
Anhang 1503

Tabelle 4-8. Kurzzeichen für Copolymere

ABAK Acrylnitril/Butadien/Acrylat
AEPDS Acrylnitril/Ethylen-Propylen-Dien/Styrol
AMA Acrylnitril/Methacrylat
AMMA Acrylnitril/Methylmethacrylat
ACS Acrylnitril/chloriertes Polyethylen/Styrol
ABS Acrylnitril/Butadien/Styrol
ASA Acrylnitril/Styrol/Acrylester
EBA Ethylen/Butylacrylat
ECO Ethylen/Cycloolefin
ECTFE Ethylen/Chlortrifluorethylen
EEAK Ethylen/Ethylacrylat
EMA Ethylen/Methacrylat
EP Ethylen/Propylen (nicht verwechseln mit EP-Epoxidharz)
ETFE Ethylen/Tetrafluorethylen
EVAC Ethylen/Vinylacetat
EVOH Ethylen/Vinylalkohol
FEP Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen
PI Polyimid
LCP Flüssigkristalline Polymere
MABS Methylmethacrylat/Acrylnitril/Butadien/Styrol
MBS Methacrylat/Butadien/Styrol
MPF Melamin/Phenol-Formaldehyd
PFA Perfluoralkoxylalkan-Polymer
SAN Styrol/Acrylnitril
SB Styrol/Butadien
SEPDM Styrol/Ethylen-Propylen-Dien
SMAH Styrol/Maleinsäureanhydrid
SMAH/B Styrol/Maleinsäureanhydrid/Butadien
SMMA Styrol/Methylmethacrylat
SMS Styrol/a-Methylstyrol
SAN Styrol/Acralnitril
TFEHFPVDF Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen/Vinylidenfluorid
VCAK Vinylchlorid/Acrylat
VCE Vinylchlorid/Ethylen
VCEMAK Vinylchlorid/Ethylen/Methacrylat
VCEMMA Vinylchlorid/Methylmethacrylat
VCEVAC Vinylchlorid/Ethylen/Vinylacetat
VCMAK Vinylchlorid/Methacrylat
VCMAH Vinylchlorid/Maleinsäureanhydrid
VCMMA Vinylchlorid/Methylmethacrylat
VCOAK Vinylchlorid/Octylacrylat
VCVAC Vinylchlorid/Vinylacetat
VCVDC Vinylchlorid/Vinylidenchlorid
VDFHFP Vinylchlorid/Hexafluorpropylen
1504 Anhang

Tabelle 4-9. Kurzzeichen für Blockcopolymere

Zu den Teleblockcopolymeren gehören:

ISI Isopren/Styrol/Isopren
SBS Styrol/Butadien/Styrol
SEBS Styrol/Ethylen/Butadien/Styrol
SIS Styrol/Isopren/Styrol

Bekannte Segmentblockcopolymere sind:

PEBA Polyetherblockamid
PEEST Polyetheretherester
PEESTUR Polyetheresterurethan
PESTEST Polyetherester
PESTUR Polyesterurethan
PEUR Polyetherurethan

Tabelle 4-10. Kurzzeichen für Polymerblends

Die Kurzzeichen für Polymerblends werden aus den Kurzzeichen für die Ausgangspolymeren
zusammengesetzt, durch ein Plus(+)-Zeichen verbunden und als Ganzes in eine Klammer ge-
setzt. Die Klammer entfällt aus technischen Gründen im Falle der PC-Schreibweise. Im gesetz-
ten Druck ist sie jedoch üblich, beispielsweise: (PMMA + ABS). Die im jeweiligen Polymer-
blendtyp mit dem größten Masseanteil vorhandene Komponente sollte an erster Stelle genannt
werden.Weil jedoch je nach Anforderung an das Produkt die Anteile jeder Komponente in mehr
oder weniger weiten Grenzen sich verändern können, müsste die Reihenfolge geändert werden,
was jedoch nicht immer zuverlässig geschieht. Nun einige Beispiele aus der ständig zunehmen-
den Anzahl von Polymerblends:

(ABS + PA) Acrylnitril/Butadien/Styrol + Polyamid


(ABS + PBT) Acrylnitril/Butadien/Styrol + Polybutylenterephthalat
(ABS + PC) Acrylnitril/Butadien/Styrol + Polycarbonat
(ABS + TPU) Acrylnitril/Butadien/Styrol + thermoplastisches PUR-Elastomer
(ABS + PSU) Acrylnitril/Butadien/Styrol + Polysulfon
(ABS + PTFE) Acrylnitril/Butadien/Styrol + Polytetrafluorethylen
(ASA + PC) Arylnitril/Styrol/Acrylester + Polycarbonat
(ASA + PMMA) Arylnitril/Styrol/Acrylester + Polymethylmethacrylat
(PA + EPDM) Polyamid + Ethylen/Propylen/Dien – Terpolymer
(PA + PET) Polyamid +Polyethylenterephthalat
(PA + PPE) Polyamid + Polyphenylenether
(PA + PPS) Polyamid + Polyphenylensulfid
(PBT + ASA) Polybutylenterephthalat + Acrylnitril/Styrol/Acrylester
(PBT + EPDM) Polybutylenterephthalat + Ethylen/Propylen/Dien Terpolymer
(PBT + LCP) Polybutylenterephthalat + Liquid-Crystal-Polymer
(PBT + SMA) Polybutylenterephthalat + Styrol/Maleinsäureanhydrid
(PC + AES) Polycarbonat + (Acrylnitril/Ethylen/Propylen/Dien + PS)
(PC + LCP) Polycarbonat + Liquid-Crystal-Polymer
(PC + PMMA) Polycarbonat + Polymethylmethacrylat
(PC + (PPE + SB) Polycarbonat + (Polyphenylenether + Styrol)-Blend
(PC + PS -HI) Polycarbonat + Polystyrol, hochschlagfest
(PC + SMA) Polycarbonat + Styrol/Maleinsäureanhydrid
Anhang 1505

Tabelle 4-10 (Fortsetzung)

(PC + TPU) Polycarbonat + thermopl.-PUR-Elastomer (TPE-U)


(PET + EPDM) Polyethylenterephthalat + Ethylen/Propylen/Dien-Terpolymer
(PET + LCP) Polyethylenterephthalat + Liquid-Crystal-Polymer
(PET + PBT) Polyethylenterephthalat + Polybutylenterephthalat
(PET + PSU) Polyethylenterephthalat + Polysulfon
(PMMA + PAN) Polymethylmethacrylat + Polyacrylnitril
(PMMA + PVDF) Polymethylmethacrylat + Polyvinylidenfluorid
(POM + PTFE) Polyacetal + Polytetrafluorethylen
(POM + TPU) Polyacetal + thermopl. PUR-Elastomer
(PPE + PS-HI) Polyphenylenether + Polystyrol schlagfest
(PS + PE) Polystyrol + Polyethylen
(PVC + ABS) Polyvinylchlorid + Acrylnitril/Butadien/Styrol
(PVC + PMMA) Polyvinylchlorid + Polymethylmethacrylat
(PVC + TPU) Polyvinylchlorid + thermopl. (TPE-U)-Elastomer

Tabelle 4-11. Kurzzeichen für verstärkte Kunststoffe (DIN 7728, Teil 2)

Gruppenbezeichnung

BFK Borfaserverstärkter Kunststoff


CFK Kohlenstoffaserverstärkter Kunststoff
GFK Glasfaserverstärkter Kunststoff
MFK Metallfaserverstärker Kunstoff
SFK Synthesefaserverstärkter Kunststoff
MWK Metallwhisker verstärkter Kunststoff

Die Metall- oder Synthesefasern können durch Angaben über das jeweilige Fasermaterial er-
gänzt werden, z.B. H, Ag-MFK, PET-SFK. Die Art der Faserverstärkung (ggf. mit Ziffernangabe
über den prozentualen Anteil) folgt der Kurzbezeichnung des Kunststoffs und wird durch einen
Mittelstrich angebunden, z.B.: UP-GF 30 mit 30% Glasfaser verstärktes ungesättigtes Poly-
esterharz, PF-PET-SF 10 = 10% Polyesterfasern verstärktes Phenol-Formaldehydharz.

Tabelle 4-12. Weichmacher (in Anlehnung an DIN 7723 (12.87) und ISO 1629)

ASE Alkylsulfonsäureester
BBP Butylbenzylphthalat
BOA Benzyloctyladipat
BOP Butyloctylphthalat
DBP Dibutylphthalat
DCP Dicaprylphthalat
DDP Didecylphthalat
DEP Diethylphthalat
DHP Diheptylphthalat
DHXP Dihexylphthalat
DIPB Diisobutylphthalat
DIDA Diisodecyladipat
DIHXP Disohexylphthalat
DINA Diisononyladipat
DINP Diisononylphthalat
DIOA Diisooctyladipat
DIOP Diisooctylphthalat
DIPP Diisopentylphthalat
1506 Anhang

Tabelle 4-12 (Fortsetzung)

DITDP Diisotridecylphthalat (auch DITP)


DMP Dimethylphthalat
DNODP Di-n-octyl-decylphthalat
DNP Dinonylphthalat
DOA Dioctyladipat
DODP Dioctyldecylphthalat
DOIP Dioctylisophthalat
DOP Dicotylphthalat
DOS Dioctylsebazat
DOTP Dioctyltherephthalat
DOZ Dioctylazelat
DPCF Diphenylkresylphosphat
DPOF Diphenyloctylphosphat
DUDP Diundecylphthalat
ELO Epoxidiertes Leinöl
ESO Epoxidiertes Sojabohnenöl
HNUDA Heptylnonylundecyladipat
HNUDP Heptylnonylundecylphthalat
HXODA Hexyloctyldecyladipat
NUDA Nonylundecyladipat
NUDP Nonylundecylphthalat
ODA Octyldecyladipat
ODP Octyldecylphthalat
TCEF Trichlorethylphosphat
TCP Tricresylphosphat (auch TCFR, TKP, TTP)
TIOTM Triisooctyltrimelliat
TOP Trioctylphosphat
TOPM Trioctylpryromelliat (auch TOF)
TOTM Trioctyltrimelliat
TPF Triphenylphosphat (auch TPP)

Tabelle 4-13. Normbezeichnung thermoplastischer Formmassen

Seit dem Jahre 1971 stimmen die bis dahin für den Aufbau von Formmasse-Normen geltenden
Richtlinien nach DIN und ISO überein. Die technischen Regeln (Normen) enthalten im Teil 1
die „Einteilung und Bezeichnung“ und im Teil 2 die „Bestimmung der Eigenschaften“. Seit 1982
werden die bisherigen Normen nach DIN und ISO auf das neue System umgestellt. Der Eintei-
lung und Bezeichnung liegt ein computergerechtes Blocksystem zugrunde, das nur Großbuch-
staben (beginnend mit dem Basispolymeren), Ziffern, Kommas und Bindestriche enthält.
Den Aufbau einer Normbezeichnung gibt das nachstehende Schema wieder.

Norm-Bezeichnung

Benennungsblock Identifizierungs-Block

Norm-Nummern-Block Merkmale-Block

Datenblock

1 2 3 4 5

Benennungs- und Identifizierungsblock


Anhang 1507

Beispiel für PC in folgender Übersicht

Benennungs- Identifizierungsblock
block
Norm- Merkmale-Block
nummer
Daten- Daten- Daten- Daten-
block block block block
1 2 3 4

Formmasse DIN 7744 PC XF 55-045 G F 30

Benennung
DIN-Nummer
Block 1 Kurzzeichen
Block 2 Anwendung nicht gekennzeichnet
Additiv (Brandschutzmittel)
Block 3 Viskositätskennzeichen
Schmelzindexkennzeichen
Block 4 Füllstoffmaterial: Glas
Füllstoff-Form: Faser
Füllstoffgehalt: 30%

Formmasse: DIN 7744-PC, XF, 55045, GF 30;


Kurzbezeichnung PC-GF 30
Polycarbonat-Formmasse mit Brandschutzausrüstung (F),
Viskositätszahl VZ = 56 cm3/g,
Schmelzindex 5,5 g/10 min,
(045) bei den für alle PC-Formmassen einheitlich festgelegten Prüfbedingungen mit einem
Glasfasergehalt von 30%.

Tabelle 4-14. Bedeutung der Zusatzkennzeichen im Datenblock 1

Zeichen Bedeutung des Zusatzkennzeichens

A –
B Blockcopolymer
C (reserviert für „chloriert“)
D –
E Emulsionspolymer
F –
G –
H Homopolymer
J –
K –
L –
M Massepolymer
N –
P Weichmacher
Q Mischung verschiedener Polymere
R Statistisches Copolymer
S Suspensionspolymer
T –
1508 Anhang

Tabelle 4-14 (Fortsetzung)

Zeichen Bedeutung des Zusatzkennzeichens

U ohne Weichmacher
V –
W –
X ohne Angabe
Y –
Z –

Zusatzkennzeichnungen im Datenblock 1.

Die Datenblöcke 1, 2 und 4 nennen Code-Buchstaben, die für alle Kunststoffe


identisch sind. In den einzelnen Blöcken unterscheidet sich jedoch ihre Bedeu-
tung, wie Tabelle 4-14 und Tabelle 4-15 zeigen. Der Merkmaleblock ist aus den
Datenblöcken 1 bis 4 aufzubauen.

Tabelle 4-15. Bedeutung der Zusatzmerkmale im Datenblock 2

Zeichen Position 1 Zeichen Position 2 bis 4

A Klebstoff A Verarbeitungsstabilisator
B Blasformen B Antiblockmittel
C Kalandrieren C Farbmittel
D Schallplattenherstellung D Pulver
E Extrusion von Rohren, E Treibmittel
Profilen und Platten
F Extrusion von Folien F Brandschutzmittel
G allgemeine Anwendung G Granulat
H Beschichtung H Wärmealterungsstabilisator
J – J –
K Kabel- und Drahtisolierung K –
L Monofilextrusion L Licht-und Witterungsstabilisator
M Spritzgießen M –
N – N ohne Farbzusatz (naturfarben)
P Pastenherstellung P polymerer Zusatz
Q Pressen Q –
R Rotationsformen R Entformungshilfsmittel
S Pulversintern S Gleit- und Schmiermittel
T Brandherstellung T erhöhte Temperatur
U – U –
V – V –
W – W Hydrolysestabilisator
X keine Angabe X –
Y Faserherstellung Y –
Z – Z Antistatikum

Merkmale im Datenblock 2.

Der Datenblock 3 enthält quantitative Angaben über typische Formmasseeigen-


schaften, die in der nachstehenden Übersicht angekreuzt sind.
Anhang 1509

Die Kennwerte werden in Bereiche eingeteilt und durch entsprechende Zif-


fern gekennzeichnet, wie am Beispiel der Viskositätszahl gezeigt wird.
Ein nicht in den Normen vorgesehener Datenblock 5 bleibt den zwischen Her-
steller und Abnehmer auszumachenden Spezifikationen vorbehalten, die bei-
spielsweise im Hinblick auf Formteile mit definierten Eigenschaften getroffen
werden. Ein weiteres Beispiel der Formmassenormung ist nachstehend wieder-
gegeben.

Benennungs- Identifizierungsblock
block
Norm- Merkmale-Block
nummer
Daten- Daten- Daten-
block block block
1 2 3

Formmasse DIN 16776 PE FS 20-D050

Benennung
DIN-Nummer
Block 1 Kurzzeichen
Block 2 Anwendung (Folienherstellung)
Additiv (Gleitmittel)
Block 3 Dichtekennzeichen
Schmelzindexkennzeichen (D: MFI 190/2,16)

Formmasse: DIN 16776-PE, FS, 20-D050.


Formmasse für die Folienherstellung (F) mit Gleitmittel (S), einer Dichte von 0,918 g/cm 3 (20)
und einem Schmelzindex 190/216 (D) von 4,2 ag/10 min (050).
1510 Anhang

Tabelle 4-16. Der Datenblock 3 enthält quantitative Angaben über typische Formmasseneigen-
schaften, die in der nachstehenden Übersicht angekreuzt sind.

Eigenschaft Thermoplast-Formmasse

PE PP EVA PVC PVC-U PVC-P PS SB SAN ABS PA PC PMMA PET


ASA

Schmelzindex
(MFI) X X X X X X X X

Vicat-Temp.
(VST) X X X X X X

Viskositätszahl (J) X X X X X

(Kerb-)
Schlagzähigkeit X X X

E-Modul X X X

K-Wert (X)

Dichte X

Schüttdichte X

Shore-Härte X

Isotaxie-Index X

VAC-Gehalt X

AN-Gehalt X X

Spannungswerte
s 100 X

Torsionssteifheits-
Temperatur X

Quantitative Angaben über typische Formmasse-Eigenschaften.

Viskositätszahlbereich Zeichen
VZ [cm3/g]

VZ < 90 09
90 < VZ < 100 10
110 < VZ < 130 12
130 < VZ < 160 14
160 < VZ < 200 18
200 < VZ < 240 22
240 < VZ < 290 27
290 < VZ < 340 32
340 < VZ 34

Viskositätszahlbereiche und deren Kennziffern.


Anhang 1511

Tabelle 4-17. Kennzeichnung von Art und Menge der Zusatzstoffe im Datenblock 4

Position 1 Position 2 Position 3

Zeichen Material Zeichen Form Zeichen Masseanteil (in %)

A – A – · ·
B – B – · ·
C Kohlenstoff C – · ·
D – D – 15 > 12,5–17,5
E – E – 20 > 17,5–22,5
F – F Faser 25 > 22,5–27,5
G Glas G Mahlgut 30 > 27,5–32,5
H – H – 35 > 32,5–37,5
J – J – 40 > 37,5–42,5
K – K – 45 > 42,5–47,5
L – L – 50 > 47,5–52,5
M Mineralien M – 55 > 52,5–57,5
N – N – 60 > 57,5–62,5
P – P – 65 > 62,5–67,5
Q – Q – 70 > 67,5–72,5
S – S Kugeln · ·
T – T – · ·
U – U – · ·
V – V – · ·
W – W – · ·
X nicht spezifiziert X – · ·
Y – Y – · ·
Z – Z – · ·

Kennzeichnung der Zusatzstoffe nach Art und Mengenanteil.

Tabelle 4-18. Ermittlung der Werkstoffkenndaten

Die für eine lückenlose Charakterisierung einer Formmasse durchzuführenden Untersuchun-


gen waren so zahlreich, zeitraubend und kostspielig, dass sich die Normenausschüsse auf
etwa 30 durch DIN-Prüfnormen und ISO-Standard geregelte Prüfverfahren einigten. Sie sind in
Tabelle 4-19 zusammengestellt.
Die Normen für Formmassen und Vorprodukte aus Thermoplasten, Reaktionsharzen und
Duroplasten enthält Tabelle 4-20. Die technischen Lieferbedingungen für Halbzeug gibt Ta-
belle 4-21 wieder.

Tabelle 4-19. Vorzugsweise zu ermittelnde Eigenschaften von Thermoplasten

Nr. Eigenschaft Bemerkungen DIN ISO

1 Mechanische Eigenschaften
1.1 a) Sreckspannung s s e R bis 50%, wenn höher 53455 527
Dehnungen e s , e R nur >50%
b) Spannung bei 50% Dehnung Wenn Werte nach a nicht
bestimmbar, dann Werte nach b
c) Zugfestigkeit s B Wenn Werte nach b nicht
Reißdehnung e R bestimmbar, dann Werte nach c
Prüfgeschwindigkeit:
a, b 50, c 5 mm/min.
1512 Anhang

Tabelle 4-19 (Fortsetzung)

Nr. Eigenschaft Bemerkungen DIN ISO

1.2 Elastizitätsmodul E aus dem Zugversuch 53457 527


1.3 Kriechmodul Ee E e /h und E e /1000 h, e < 0,5% 53444 899
1.4 a) Schlagzähigkeit Izod ISO 180/I C bei 23 °C – 180
und –30 °C
b) Kerbschlagzähigkeit Izod ISO 180/I A bei 23 °C – 180
und – 30 °C
c) Kerbschlagzähigkeit Doppel-V-Kerbe, bei 23 °C. in Vorbe- –
Werte nur, falls nach a und b reitung
kein Bruch

2 Thermische Eigenschaften
2.1 a) Schubmodul G Messwerte 23 °C und 53445 537
Temperaturfunktion
b) Log. Dekrement D – 70 °C bis zur Erweichung 4663
Probekörper
2.2 Formbeständigkeitstemperatur HDT Verf. A, bei weichen 53461 75
Kst. zus. B, harten C
2.3 Vicat-Erweichungstemperatur VST Verfahren B/50 53460 306
2.4 Ausdehnungskoeffizient Verf. B, Mittelwert 23 °C/80 °C, 53752 –
längs u. quer

3 Elektrische Eigenschaften
3.1 a) Dielektrizitätszahl er bei 50 Hz und 1 MHz, VDE 0303/ IEC 250
Pressplatte 1 mm Teil 4
b) Dielektrischer Verlustfaktor tan d
3.2 Durchschlagfestigkeit E d in Trafoöl, Prüfkörper wie 3.1 53481 IEC 243
Elektrodenanordnung K20/P50 VDE 0303/
Teil 2
3.3 Kriechwegbildung CTI u. CTI-M Prüflösungen A und B VDE 0303/ IEC 112
Teil 1
3.4 a) Spez. Durchgangswiderstand PD Prüfkörper wie 3.1 53482 IEC 93
b) Oberflächenwiderstand ROP Prüfkörper wie 3.1 VDE 0303/ IEC 163
Teil 3
3.5 Elektrolytische Korrosionswirkung s. Text 53489 IEC 426

Tabelle 4-20. Normen für Formmassen und Vorprodukte

DIN a ISO a

Thermoplastische Kunststoffe
Polyethylen 16776 1872
EVA-Copolymere 16778 4613
Polypropylen 16774 1873
Stryrolpolymere PS 7741 1622
SAN 16775 4894
SB 16771 2797
ABS 16772 2580
ASA 16777 3580
Anhang 1513

Tabelle 4-20 (Fortsetzung)

DIN a ISO a

Vinylchlorid-Homo- und Copolymere 7747 1060


Weichm.-freie Formmassen PVC-U 7748 1163
Weichm.-haltige Formmassen PVC-P 7749 2898
Polymethylmethacrylat 7745 8257
Methacrylat-Gießharz 16946 –
Polyoxymethylen 16781 9988
Polyamide 16773 1874
Polycarbonat 7744 7391
Polyterephthalate 16779 7792
Polymergemische 16780 –
Celluloseester 7742
Reaktionsharze und Reaktionsharz-Formstoffe
MMA, UP, EP, PUR gemeinsam
Vorprodukte, Prüfungen 16945 –
Gießharz-Formstoffe 16946 –
GF-verstärke Formstoffe 16948 –
Phenolharze 16916 –
Ungesättgte Polyesterharze 3672
Epoxidharze und Reaktionsmittel 3673/4597
Polyurethan-Formstoffe –
Duroplast-Formmassen
Übersichts-Tafeln
Phenoplast-Formmassen 7708, T.2 800
Aminoplast- und Aminoplast/Pheno-
plast-Formmassen 冧 7708, T.3 2112
4896
Kaltpressmassen 7708, T.4 –
Polyesterharz-Formmassen 16911 –
Verstärkte Reaktionsharz-Form-
massen, Einteilung, Bezeichnung 16913 –

Tabelle 4-21. Technische Lieferbedingungen (Maße, Mindesteigenschaft für Halbzeuge)

Lieferform Polymere DIN

Thermoplastische Halbzeuge
Rohre PE, PE-V, PP, PB, s. Listen S. 360 ff.
ABS, PVC, PVC-C, PA
Tafeln PE-LD, PE-HD 16925
Tafeln PP 16971
Dach- und Bau-Dichtungsbahnen ECB, PE-C, PIB 16729, 16736, 16737
16731, 16935
Tafeln und Bahnen SB, ABS, ASA 16955, 16956
Tafeln und Bahnen PVC-U 16927
Tafeln und Bahnen PVC-P 16950
Dach- und Bau-Dichtungsbahnen PVC-P bitumenbeständig,
nicht bitumen-
beständig, verstärkt
16937
15730, 16938
16734, 16735

Fußbodenbeläge PVC-P, ohne und mit Träger 16950, 16951, 16952
1514 Anhang

Tabelle 4-21 (Fortsetzung)

Lieferform Polymere DIN

Kunstleder mit und ohne Deckschicht 16922


Tafeln PMMA, gegossen 16957, 16958
und extrudiert
Maßnormen für PA, POM 16974 bis 16986
Tafeln, Stäbe, Rohre
zur spangebenden
Verarbeitung
PPO mod.
PC
PETP, PBTP
冧冦 16813, 16814
16800 bis 16803
16807 bis 16811

Halbzeug-Mindestanforderungen PA, POM 16985, 16979
Duroplastische Halbzeuge
Technische Schichtpressstoffe PF, MF, UP, EP, 7735, ISO 1642,
SI, Hart-Papier, Nema-Grades
-Matten, -Gewebe
Dekorative Schichtpressstoffe MF + PF, UP 16926
Kunstharz-Pressholz PF + Furniere 7707
Rohre UP-GF
EP-GF
16869, 16964, 16965
16870, 16871, 16967 冧
Sonstiges
Vulkanfiber Cellulose 7737
Schaumstoffe Gesamt-Übersicht 7726

Tabelle 4-22. Aufbau der Harze für härtbare Formmassen und Art der Vernetzungsreaktionen

Reaktionsprodukt
Bei Vernetzung
Harzbausteine

Harzbildungs-

abgespaltenes
Vernetzungs-
Kurzzeichen

reaktion

reaktion
Harztyp

Phenoplast PF Phenol und Polykondensation Polykondensation Wasser


Formaldehyd
Aminoplast UF Harnstoff und Polykondensation Polykondensation Wasser
Formaldehyd
MF Melamin und Polykondensation Polykondensation Wasser
Formaldehyd
Furanharz FF Furan und Polykondensation Polykondensation Wasser
Formaldehyd
Amino- MPF Melamin/Phenol- Polykondensation Cokondensation Wasser
Phenoplast Formaldehyd
Ungesättiger UP ungesättigte Polykondensation Polymerisation keines
Polyester Disäure
und Diol
Epoxidharz EP Bisphenol und Polykondensation Polyaddition keines
Epichlorhydrin mit Diamin
oder Disäure
Polydiallyl- PDAP monomeres Polymerisation Polymerisation keines
phthalat Diallylphthalat (DAP)
Tabelle 4-23. Füllstoffe für härtbare Formmassen

Füllstoffart Teilchenform Beispiel Vorteile Nachteile


Anhang

Anorganisch Pulver Gesteinsmehl gleichmäßige Verteilung niedrige mechan. Werte


Kurzfaser Asbest hohe hohe mechan. Werte Orientierungseffekte
Langfasser Glasfaser Temperatur- hohe Dichte
Blättchen Glimmer
冧 beständigkeit 冧
Organisch Pulver Holzmehl gleichmäßige Verteilung niedrige mechan. Werte
Kurzfaser Zellstoff niedrige hohe mechan. Werte niedrige Orientierungseffekte
Langfaser Textilfäden Dichte Temperatur-
Blättchen Gewebeschnitzel
冧 冧 beständigkeit
1515
1516 Anhang

Tabelle 4-24. Kurzzeichen für synthetische Kautschuke (DIN ISO 1629)

1. M-Gruppe (nur Methylengruppen im Baustein)


ACM Copolymere aus Acrylaten und 2-Chloroprenethern
AECM Ethylen-Acrylester-Kautschuk
ANM Copolymere aus Acrylnitril und Acrylaten
CM Chlorierter Polyethylenkautschuk
CSM Chlorsulfoniertes Polyethylen
EAM Ethylen-Acrylat-Kautschuk
EPDM Ethylen-Propylen-Dien (Terpolymer)-Kautschuk
EVM Ethylen-Vinylacetat Kautschuk
FPM Vinylidenfluorid-Hexafluorpropylen-Copolymer-Kautschuk
IM Polyisobutylen-Kautschuk
(auch PIB)
2. O-Gruppe (Sauerstoff im Baustein)
CO Epichlorhydrin-Kautschuk
ECO Epichlorhydrin-Ethylenoxid-Copolymer Kautschuk
GPO Polypropylenoxid-Allylglycidether Copolymer-Kautschuk
3. R-Gruppe (klassische Diolefin-Kautschuke mit ungesättigten Bindungen im Baustein)
ABR Acrylat-Butadien-Kautschuk
BR Polybutadien-Kautschuk
CR Chloropren (Polychlorbutadien)-Kautschuk
IIR Isobutylen-Isopren Kautschuk  Butyl-Kautschuk
IR Isopren-Kautschuk (synthetisch)
NBR Acrylnitril-Butadien-Copolymer
 Pyridin-Kautschuk
HNBR NBR-Kautschuk (hydriert)
NCR Acrylnitril-Chlorbutadien-Copolymer-Kautschuk
NR Isopren-Kautschuk (natürlich)
PBR Vinylpyridin-Butadien-Copolymer
 Pyridin-Kautschuk
SBR Styrol-Butadien-Kautschuk
SCR Styrol-Chlorbutadien-Copolymer-Kautschuk
SIR Styrol-Isopren-Copolymer-Kautschuk
4. T-Gruppe (Schwefel im Baustein)
in Entw. Thiocarbonyldifluorid-Copolymer-Kautschuk
TM Polysulfid-Kautschuk
TOR Trans-Polyoctenamer-Kautschuk
5. SI-Gruppe (Silicium im Baustein)
MFQ Methyl-Fluor-Silicon-Kautschuk
MPQ Methylphenyl-Silicon-Kautschuk
MVFQ Fluor-Silicon-Kautschuk
MVQ Methyl-Vinyl-Silicon-Kautschuk
SI Siliconkautschuke, die nur Methylseitengruppen enthalten
6. U-Gruppe (Polymere, die außer Kohlenstoff auch Sauerstoff und Stickstoff im Baustein ent-
halten)
AFMU Terpolymer aus Tetrafluormethylen, Trifluornitrosomethan und Nitrosoperfluor-
buttersäure
AU Polyesterurethan-Kautschuk
EU Polyetherurethan-Kautschuk
PNF Fluor-Phosphacen-Kautschuk
in Entw. Polyperfluortrimethyltriazin-Kautschuk
Anhang 1517

Tabelle 4-25. Kurzbezeichnungen für Textilfasern (DIN 6000, Blatt 1/08.70)

AL Alginat
AR Ardein (Erdnuss-Protein)
CA Celluloseacetat
CAX Celluloseacetat, desacetyliert
CC Cupro-Faser
(Cellulose, Kupferoxid-Ammoniak-Verfahren)
CCP Spinnpapier und Cellulose
CT Cellulose-Triacetat
CV Viskose-Faser (Cellulose-Viskoseverfahren)
GL Textilglas
KA Casein
LA Gummi
MT Metallfaser
PA Polyamid
PAC Polyacryl (nitril)
PAM Modacryl
PB Elastodien
PCF Polychlortrifluorethylen
PE Polyethylen
PEE Polyesterether
PES Polyester
PO Polyolefin
PP Polypropylen
PST Polystyrol
PTF Polytetrafluorethylen
PUH Polyharnstoff
PUE Elasthan
PUR Polyurethan
PVA Vinal (mindestens 85 Masse-% Vinylalkohol)
PVA+ Vinalal (acetalisierte Vinal-Faser)
PVC Polyvinylchlorid
PVC+ nachchloriertes Polyvinylchlorid
PVD Polyvinylidenchlorid
PVM Multipolymerisat
ZE Zein (Mais-Zein)

Tabelle 4-26. Herkunftsbezeichnungen von Handelsnamen

AT Österreich IN Indien
AU Australien IT Italien
BE Belgien JP Japan
CA Kanada NL Niederlande
CH Schweiz NO Norwegen
DE Bundesrepublik Deutschland PL Polen
DK Dänemark PT Portugal
ES Spanien RO Rumänien
FI Finnland RUS Rußland
GB Großbritannien SA Saudiarabien
GR Griechenland SE Schweden
HU Ungarn SU Soviet Union
IE Island TW Taiwan
IL Israel US Vereinigte Staaten von Amerika
1518 Anhang

Tabelle 4-27. In der Fachliteratur häufig wiederkehrende Kurzzeichen

Afnor Association Française de Normalisation


AKI Arbeitsgemeinschaft Kunststoffindustrie
APME Association of Plastics Manufacturers in Europa
a.r. Aspect ratio (z.B. Längen/Durchmesserverhältnis bei Fasern)
ASTM American Society for Testing and Materials
AVK Arbeitsgemeinschaft Verstärkte Kunststoffe
BAM Bundesanstalt für Materialprüfung
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
BGBl Bundesgesetzblatt
BMC Bulk Molding Compound
(UP-Formmasse mit geschnittenen Glasfasern)
BOPP Biaxial orientierte PP-Folie
CAD Computer Aided Design
CAE Computer Aided Engineering
CAM Computer Aided Manufacturing
CAMPUS Kunststoff-Datenbank
CAO Computer Aided Optimization
CAP Computer Aided Planing
CAQ Computer Aided Quality Assurance
CE Certified Europe (Europäisches Prüfzeichen für elektromagnetische
Verträglichkeit)
CEN Europäisches Komitee für Normung
CENELEC Europäisches Komitee für elektrotechnishe Normung
CIM Computer Integrated Manufacturing
CNC Computer numerisch kontrolliert
CR Controlled Rheology (Kennzeichnung bestimmter PP-Typen)
CS Compression Set
CTI Comparative Tracking Index (Kriechwegbildung nach Underwriters Lab.)
DAbF Deutscher Ausschuss für brennbare Flüssigkeiten
DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft
DIN Deutsches Institut für Normung
DIN EN Europäische Norm
DIS Draft International Standard
DKG Deutsche Kautschukgesellschaft
DKI Deutsches Kunststoffinstitut
DKS Dekorative Schichtpressstoffe
DMC Dough Moulding Compound
(UP-Formmassen mit Stapelfasern)
DMS Dehnungsmessstreifen
DQS Qualitätszeichen der Deutschen Gesellschaft für Zertifizierung von
Qualitätssicherungssystemen
DSC Differential Scanning Calorimetry
DSD Duales System Deutschland
DTA Differential-Thermoanalyse
DVR Druckverformungsrest
DVGW Deutscher Verband der Gas- und Wasser-Fachleute
DVS Deutscher Verband für Schweißtechnik
DZ Dielektrizitätszahl
EDX Energy Dispersive X-ray Spectroscopy
ELD Elektrolumineszenz Display
EM Electron Microscopy
EMA Röntgen-Mikroanalyse
Anhang 1519

Tabelle 4-27 (Fortsetzung)

EMI Electro Magnetic Interferences


(Elektromagnetische Abschirmung)
EMV Elektromagnetische Verträglichkeit
EN Europäische Norm
ESC Environmental Stress Cracking (Spannungsrißbildung)
ESD Electrostatic Discharges (elektrostatische Aufladung)
Euro-MAP Europäisches Komitee der Hersteller von Kunststoff- und Gummimaschinen
FAR Federal Aviation Regulation (Prüfvorschrift für die USA-Luftfahrtindustrie)
FCKW Fluor-Chlorkohlenwasserstoffe
FCR Fast Cycling Resins (leichtfließende Kunststoffe für schnelle Zyklen)
FDA Food and Drug Administration (USA)
FEM Finite Elemente Methode
FIFO First in First out (Füll- und Entleerungsfolge)
FFS Formen, Füllen, Siegeln
FMVSS Federal Motor Vehicle Safety Standards
(Brennbarkeitsprüfvorschrift/USA)
FNK Fachnormenausschuss Kunststoffe
FSK Fachverband Schaumkunststoffe
FTZ Fernmeldetechnisches Zentralamt
GC Gaschromatographie (Analysenmethode)
GGVE Gefahrgutverordnung Eisenbahn (D)
GGVS Gefahrgutverordnung Straße (D)
GIT Gasinjektionstechnik
GKV Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie
GMT Glasmattenverstärkte Thermoplaste
GMT-DU Unidirektional glasmattenverstärkte Kunststoffe
GTS Gegentaktspritzen
HDT Heat Distorsion Temperature
Formbeständigkeit in der Wärme (ISO-Norm)
-HF High Flow, leichtfließend (Zusatz zum Kurzzeichen)
-HH High Heat, hochwärmebeständig
-HI High Impact, hochschlagfest
Hgw Hartgewebe
Hm Harzmatte
HMC SMS mit hohem Glasfaseranteil
HST Hinterspritztechnik
HT High Temperature, hochwärmebeständig
HVTR High Voltage Arc-Tracking (UL-Prüfung)
HWI Hot Wire Ignition (UL-Prüfung)
-I Impact Resistant (schlagfest)
ICP Intrinsic Conductive Polymers
(intrinsisch leitfähige Polymere)
IKT Institut für Kunststofftechnik (Stuttgart)
IKV Institut für Kunststoffverarbeitung (Aachen)
IM Impact Modifier (Elastifizierungsmittel)
IMC In Mould Coating (Glätten eines UP-Formteils im Formnest)
IMD In Mould Decoration
IML In Mould Labeling
IMR Internal Mould Release (nicht haftende Formmasse im Werkzeug)
IPN Interpenetrating Network (Shell-Verfahren des Legierens von Kunststoffen)
ISBM Injection Stretch Blow Moulding
(Spritz-Streckblasverfahren)
1520 Anhang

Tabelle 4-27 (Fortsetzung)

ISO International Standardization Organisation)


IUPAC International Union of Pure and Applied Chemistry
JIT Just in Time (vor allem im Automobilbau erforderliches pünktliches Zuliefern ans
Fließband, kurze Lagerungszeit)
KIB Arbeitskreis selbständiger Kunststoffingenieure und Berater
KKB Kunststoff-Kraftstoffbehälter
KNV Katalytische Nachverbrennung
KP Kunstharz-Pressholz
LC 50 Letale Concentration, wenn 50% der Versuchstiere beim Einatmen einer be-
stimmten Substanzmenge in ml/l/4 h sterben
LD 50 Letale Dosis, wenn 50% der Versuchstiere bei einer Menge von 100 mg/kg Gewicht
sterben
LED Liquid Electronic Display
LIM Liquid Injection Moulding (Spritzgießverfahren für Harze mit kurzer Tropfzeit,
z.B. EP)
LISA Lichtsammelnde Kunststoffe
LOI Limiting Oxygen Index
LP Low Profile-Harze für GFK Teile mit glatter Oberfläche
LS Low Shrink (z.B. schrumpfarme SMC)
MAK Maximale Arbeitsplatzkonzentration
MFI Melt Flow Index (Schmelzindex von Thermoplasten angegeben in g/10 min bei
bestimmter Temperatur und bestimmter Druckkolbenbelastung)
MM Molmasse (früher MW  Molgewicht)
MMV Molmassenverteilung
MVR Mould Volum Rate (Volumenfließrate in cm 3/10 min)
NBS Rauchdichtetest
NC Numerische Steuerung
NF Norme Française
NMR Nuclear Magnetic Resonance (Kernresonanzspektroskopie)
NS Nachschwindung
NSF National Sanitation Foundation
ODP Ozone Depletion Potential (Ozon-Schädigungswert)
OSHA Occupational Safety and Health Administration
OSS One-Shot System (Rim-Verarbeitung)
PC Polymer Concret (Polymerbeton)
PCC Polymer Cement Concret
pH-Wert negativer dekadischer Logarithmus der wirksamen Wasserstoffionen-
konzentration
PN Nenndruck bei Rohren
phr parts per hundred parts of resin (Teile auf 100 Teile)
ppm parts per million (z.B. 1 mg/kg)
ppb parts per billion (z.B. 1 mg/t)
ppt parts per trillion (1 Teil auf 109 Teile)
ppq parts per quadrillion (1 Teil auf 1012 Teile)
PP-O Orientiertes PP (bisher BOPP)
PVD-Verf. Physical Vapour Deposition
(Vakuum-Beschichtungsverfahren)
pvt-Diagr. Druck/Volumen/Temp.-Diagramm
QKE Qualitätsverband Kunststofferzeugnisse, Bonn
QS Qualitätssicherung
RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung, St. Augustin
REM Rasterelektronenmikroskop
Anhang 1521

Tabelle 4-27 (Fortsetzung)

RFA Rasterfluoreszenzanalyse
RIM Reaktion Injection Moulding
(Reaktions-Strukturschaumgießen vorwiegend bei PUR)
R-RIM Reinforced Reaction Injection Moulding
(Reaktionsgießen verstärkter Strukturschaumstoffe, vorwiegend bei PUR)
RGS Reaktionsharz-Spritzguss
RT Raumtemperatur
RTV Room Temperature Vulcanizing
SDP Stegdoppelplatte
SEM Scanning Electron Microscopy  REM
SG Spritzgießen (allgemein)
SIN Simultaneous Interpenetrating Network
SKZ Süddeutsches Kunststoffzentrum
SMC Sheet Moulding Compound (Harzmatten)
SMD Surface Mounted Devices ( OMD, deutsch)
SPC Statistical Process Control
SPE Society of Plastics Engineers
SPI Society of Plastics Industry
SPPF Solid Phase Pressure Forming
SQC Statistical Quality Control
SRP Selfreinforcing Plastics ( LCP)
STL Stereolithographie
TAR Time of Arc Resistance (UL)
TC Toxische Konzentration
TD Toxische Dosis
TGA Thermogravimetrische Analyse
TI Tracking Index (UL)
TMC Thick Moulding Compound
TQC Total Quality Control
TSB Thermoplast-Schaumblasverfahren
TSE Thermoplast-Schaumextrusion
TSG Thermoplast-Schaumspritzguss
TV Technische Vereinigung der Hersteller und Verarbeiter typisierter Kunststoff-
Formmassen, Würzburg
TWB Temperaturwechselbeständigkeit
UD Unidirektionale Fasergelege
UHF Ultrahochfrequenz
UL Underwriters’ Laboratories (USA)
UNI Ente Nazionale Italiano di Unificazione (ital. Normverband)
UWS Umweltschutz
VbF Verordnung über brennbare Flüssigkeiten
VDE Verein Deutscher Elektrotechniker
VDI Verein Deutscher Ingenieure
VDI-K VDI-Gesellschaft Kunststofftechnik
VDMA Verein deutscher Maschinenbauanstalten e.V.
VLC Visible Light Curing (UP-Härteverfahren im Wellenbereich des sichtbaren Lichtes
VST Vicat Softening Temperature/Verfahren B (Beständigkeit bei 10 N oder
50 N Belastung)
VZ Vergleichszahl
XMC Kreuzgelege (spezielles SMC)
XPS Extrudiertes EPS
ZMC Sonderverfahren für BMC (extrem lange Fasern)
ZST Zwischenschicht Hinterspritztechnik
Anhang 1523

4.2
Kunststoffkennwerte
Tabellenverzeichnis

Tabelle 4-28 Übersicht über Kennwerte und Anwendungen thermo-


und duroplastischer Kunststoffe . . . . . . . . . . . . Beilage 1
Tabelle 4-29 Kriechmodule einiger Kunststoffe . . . . . . . . . . . 1525
Tabelle 4-30 Durchlässigkeit von Folien aus verschiedenen
Kunststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1527
Tabelle 4-31 Wirkung energiereicher Strahlung auf Zugfestigkeit
und Reißdehnung einiger Kunststoffe . . . . . . . . . 1528
Tabelle 4-32 Chemikalienbeständigkeit einiger Kunststoffe . . . . . 1530
Tabelle 4-33 Gasabgabe einiger Kunststoffe bei einer
Bestrahlungsdosis von 107 J/kg . . . . . . . . . . . . . 1532
Tabelle 4-34 Daten für das Spritzgießen und Nachbearbeiten
von Thermoplasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1533
Tabelle 4-35 Deutsche und amerikanische Prüfvorschriften
für Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1535
Tabelle 4-36 Kennen und Erkennen thermoplastischer Kunststoffe 1545
Tabelle 4-37 Übersicht über Kennwerte und Mindestanforderungen
an typisierte duroplastische Formmassen . . . . . . . Beilage 2
1524 Anhang

Tabelle 4-28 Übersicht von Kunststoffkennwerten

(s. Beilage 1 am Ende des Buches)


Tabelle 4-29. Kriechmodule einiger Kunststoffe.

Kunststoff- Beanspru- Prüf- Prüfspan- Kriechmodul N/mm2 nach: Kunststoff- Beanspru- Prüf- Prüfspan- Kriechmodul N/mm2 nach: Kunststoff- Beanspru- Prüf- Prüfspan- Kriechmodul N/mm2 nach: Kunststoff- Beanspru- Prüf- Prüfspan- Kriechmodul N/mm2 nach: Kunststoff- Beanspru- Prüf- Prüfspan- Kriechmodul N/mm2 nach: Kunststoff- Beanspru- Prüf- Prüfspan- Kriechmodul N/mm2 nach:
sorte chungsart tempe- nung (Rand- sorte chungsart tempe- nung (Rand- sorte chungsart tempe- nung (Rand- sorte chungsart tempe- nung (Rand- sorte chungsart tempe- nung (Rand- sorte chungsart tempe- nung (Rand-
ratur spannung ratur spannung ratur spannung ratur spannung ratur spannung ratur spannung
°C bei Biegung) °C bei Biegung) °C bei Biegung) °C bei Biegung) °C bei Biegung) °C bei Biegung)
N/mm2 1h 10 h 100 h 1000 h N/mm2 1h 10 h 100 h 1000 h N/mm2 1h 10 h 100 h 1000 h N/mm2 1h 10 h 100 h 1000 h N/mm2 1h 10 h 100 h 1000 h N/mm2 1h 10 h 100 h 1000 h

PE-HD Zug 23 1,75 – 950 760 520 Acetal-Copoly- Biegung 23 3,5 2700 2400 2200 1900 PET Spritzguß Zug 23 7,5 3100 2900 2800 2650 PA610-GF30 Biegung 23 56,0 5550 4950 4500 – ABS Tafel- Zug 23 11,2 2550 2300 2000 1650 EP-Formstoff Zug 23 28,0 10200 9500 8800 –
Spritzguß 3,50 – 580 480 380 mer-Spritzguß 35,0 2700 2400 1900 1550 15,0 3100 2900 2800 2650 nicht kondition. 38 56,0 3250 2950 2900 – extrusion 14,0 2500 2300 1950 1500 (Plaskon 121 21,0 6550 5900 5350 4800
5,25 – 480 395 295 82 3,5 700 620 540 480 25,0 3100 2900 2800 2650 82 56,0 3000 2550 2400 – 21,0 2500 2250 1800 1000 Epiall 1919) 28,0 4000 3500 3100 –
7,00 – 420 345 280 116 3,5 51 44 40 33 40 7,5 2750 2450 2200 1700 116 56,0 2650 2200 1900 – 28,0 2500 2050 – –
40 1,75 – 320 290 265 7,0 51 43 39 32 10,0 2750 2450 2200 1650 PA610-GF40 . Biegung 23 70,0 8500 7400 6700 – 71 3,5 2050 1500 750 300 PP Zug 20 3,5 1050 810 610 465
3,50 – 240 225 210 POM-Copoly- Biegung 82 3,5 3750 – 2900 2700 15,0 2750 2450 2100 1600 nicht kondition. 38 70,0 6350 6000 5750 – 7,0 2050 1350 600 – Spritzguß 7,0 880 660 505 395
5,25 – 225 205 200 mer-GF 25 22,0 3750 – 2900 2600 PET-GF 18 Zug 23 20,0 6750 6250 5900 5250 82 70,0 5250 5050 4800 – 10,5 1850 1000 – – 10,5 730 540 410 325
7,00 – 175 170 – 3,5 2300 – 1650 1300 Spritzguß 40,0 6750 6250 5900 5250 116 70,0 5150 4950 4550 – ABS/PVC Biegung 23 7,0 2100 2050 1850 1600 60 1,4 410 330 280 240
POM-GF 25 Biegung 23 3,5 8500 – 5600 4500 60,0 6750 6250 5900 5250 Spritzguß 14,0 2150 2100 1900 1600 2,8 380 310 265 225
PE-HD-GF20 Zug 23 14,0 2600 2400 2200 – PC Spritzguß Biegung 23 21,0 2450 2350 2250 2150 4,2 345 280 245 211
38 14,0 2000 1750 1600 – 7,0 6500 – 4600 3800 40 20,0 6250 5600 5250 4850 ABS/PC Spritz- Biegung 23 7,0 2550 2500 2350 2200
40,0 6050 5400 5150 4100 54 10,5 2100 1950 1750 1600
10,5 6200 – 4300 3500 guß u. Extrusion 14,0 2550 2450 2350 2200 Propylen/ Zug 20 20,4 820 680 535 395
PE-HD- Biegung 23 14,0 5900 5200 4800 – 60,0 5750 5000 4100 3350 14,0 2100 1850 1600 1400
14,0 6100 5500 4450 3450 ABS-GF20 Biegung 24 14,0 – 5700 5550 5500 Ethylen- 51,0 730 550 395 290
GF 40 38 14,0 4850 4350 4100 – 70 10,0 3450 2650 2000 1550 71 3,5 1750 1550 1400 1300
60 3,5 4800 4150 2900 2100 35,0 – 5650 5500 5400 Copolymerisat 60 10,2 330 265 225 200
60 14,0 4100 3600 3350 – 20,0 3100 2400 1850 1350 7,0 1700 1500 1350 1250
7,0 3750 3250 2450 2000 20,4 315 255 220 190
82 14,0 3500 3400 2950 – 30,0 2750 2150 1650 1250 10,5 1600 1400 1350 1200 ABS-GF40 Biegung 24 35,0 – 12000 12000 11600
14,0 2950 2250 1750 1350 35,6 240 185 140 90
121 1,7 1050 750 490 390 70,0 – 12500 11600 11200
85 3,5 2900 2400 1850 1400 PET-GF 30 Biegung 24 14,0 – 7750 5600 5050
PE-LD Zug 20 2,0 127 110 98 – 3,5 950 700 490 390 PP-GF20 Zug 23 17,5 4500 3800 3250 2750
7,0 2650 2100 1700 1350 PMMA Zug 20 10,2 2800 2550 2300 –
Spritzguß 4,1 108 87 73 – PET-GF 36 Zug 23 20,0 10900 10300 10000 9700 PC-GF20 Biegung 23 56 7200 7000 6850 – Spritzguß 35,0 3750 3400 3000 2550
10,5 2300 2100 1550 1250 Gießmasse 20,4 2700 2450 2050 –
60 5,1 52 46 42 39 17,5 2100 1600 1300 – 40,0 10800 10200 9900 9600 Spritzguß 38 56 6750 6300 5900 – 80 10,5 2950 2750 2600 2300
10,2 48 42 38 – 60,0 10600 10100 9800 9400 30,6 2350 2000 1650 – 21,0 2650 2400 2000 1700
90 14,0 2300 1750 1350 1100 93 56 5100 4450 3650 –
15,0 41 37 32 – 80,0 10300 10000 9300 8800 60 5,1 2300 2100 1750 1350
POM-GF 30 Biegung 24 14 – 8000 6000 5500 PC-GF30 Biegung 24 14 – 8400 6300 6050 15,3 2100 1850 1350 – PP-GF30 Zug 23 28,0 5750 5150 4650 4150
100,0 9700 9200 8800 7900 Spritzguß 56,0 5150 4550 3900 3150
Poly-4-methyl Zug 20 5,1 1200 850 560 – POM-GF 40 Biegung 23 28 8800 7750 6700 – 40 20,0 10600 9500 8000 7100 PC-GF40 54 21 7300 7000 7000 7000 20,4 1900 1550 – –
28 7050 6100 5300 5300 80 14,0 4350 4000 3450 2950
penten-1 60 10,2 740 460 – – 38 28 6100 6100 4700 – 40,0 10500 9400 7800 7050
35 6750 5600 5250 5250 PA 6 nicht Zug 23 14 2350 2200 1850 – 24,5 4000 3450 2950 2400
2,0 220 170 145 – 82 28 3150 2400 2100 – 60,0 10200 9100 7700 7000
71 21 7600 7050 6900 6700 kondition. 66 14 330 280 225 – PP, 40% Talkum Zug 24 7,0 8100 5600 4100 –
80,0 9400 8100 7400 6700
PTFE- Zug 18 7,0 1260 1260 1260 – 28 7400 6800 6200 6000 21 232 197 169 – Spritzguß
PVC Zug 23 3,50 1650 1600 1550 – 100,0 8100 7300 6700 6000
schlagzäh 7,00 1350 1200 1100 – Formmasse 14,0 670 625 515 – Zug 70 20,0 6700 4700 4150 3950 35 6600 6100 5800 5350 PA 6, 50% rela- Zug 23 14 430 385 335 310
PP-GF40 Zug 23 35,0 7700 6350 5200 4450
21,0 420 330 175 – 40,0 6200 4650 4100 4000 43 28 7700 6600 6100 6050 tive Feuchte
Spritzguß 10,50 1100 950 775 – Spritzguß 56,0 5900 5000 4100 –
23 3,5 420 310 225 – 60,0 6000 4550 3950 3450 35 7100 5600 5400 5300 PA 66 nicht Zug 23 10,5 2950 2750 2400 –
38 2,10 740 580 410 275 70,0 5300 4500 3700 –
7,0 125 74 44 – 80,0 5600 4150 3350 – 121 21 7500 6250 4700 2950 kondition. 21,0 2900 2700 2350 –
5,25 740 520 350 210 60 17,5 5150 4650 4400 3750
100 1,4 115 105 90 – 100,0 5150 – – – 35 7500 6250 4700 2950 42,0 2800 2650 2000 –
49 3,50 470 200 85 – 28,0 4600 4150 3750 3250
3,5 44 35 30 – 110 5,0 3900 3650 3500 3300
7,00 415 120 – – 4,1 28 22 17 – PPE modifiz. Biegung 23 7 2750 2750 2650 2350 PA 66, 50% rela- Zug 23 10,5 1100 900 800 700 32,5 4350 4000 3350 –
10,0 3800 3300 2900 2700 tive Feuchte 21,0 700 600 500 450
PVC Zug 23 14,0 1850 1750 1650 – 200 0,7 50 40 35 – Spritzguß 14 2500 2450 2350 2050
15,0 3750 3150 2800 2550 PS Spritzguß Zug 23 21,8 2950 2950 – –
schlagzäh 28,0 1700 1500 1300 – 1,4 42 32 25 – 21 2400 2300 2200 1850 PA6-GF14 Zug 23 14,0 2700 2300 2050 1750
22,0 3650 3100 2750 2400
Rohrextrusion 35,0 1550 1150 – – 2,1 18 15 13 – 60 7 2050 1950 1800 1700 30% relative 28,0 2000 1650 1400 1200 SB Spritzguß Zug 23 14,2 2100 1950 1700 –
30,0 3500 2800 2600 2250
Druck 23 3,5 35 30 26 – 14 2050 1750 1500 1250 Feuchte 16,0 1850 1500 – –
PVC-GF 25 Biegung 24 35,0 – 9500 8800 8500 7,0 28 23 20 – 21 2050 1700 1250 1000 PA6-GF30 Zug 121 28,0 1900 1750 1500 1300 17,0 1700 – – –
Polysulfon Zug 23 28,0 – 2450 2400 2300
Spritzguß 70,0 – 9200 8500 7900 12,3 15 13 – – 77 5,6 1700 1400 1200 1000 nicht kondition. 38 7,4 1800 1750 1450 900
Spritzguß 100 21,0 – 1700 1500 1350
100 1,4 18 13 11 – 7,0 1650 1400 1200 1000 10,3 1800 1750 1450 900
PVC-GF 35 Biegung 24 35,0 – 15400 11100 10600 149 7,0 – 1000 700 550 PA6-GF30
3,5 10 8,5 7,1 – 10,5 1650 1250 1050 900 14,2 1600 – – –
Spritzguß 70,0 – 12000 10800 9900 Polysulfon SE-O Biegung 60 29,5 – 2300 2250 2200 14,0 1650 1150 850 650 50% relative Zug 23 28,0 4300 3800 3350 3050
5,3 8,0 7,0 – –
Spritzguß 125 14,0 – – – – 100 21,0 1550 1250 1000 800 Feuchte PS-GF20 Biegung 23 14,0 6900 6700 6550 –
VC/Propylen- 23 27,1 3900 3200 1700 910 PTFE-GF 25- 20 1,1 140 108 84 70
Copolymere 28,0 3750 2450 1200 – 14,0 1650 1350 1000 800 PA6-GF30 Biegung 23 56,0 5850 5550 5050 – 38 14,0 6600 6050 4750 –
Formmasse 2,8 122 94 75 64 Polysulfon-GF 30 100 14,0 – 7000 5400 5200
Spritzguß und 30,2 3550 1750 1000 – 10,5 1650 1400 1100 800 nicht kondition. 38 56,0 3600 3400 3250 – 60 14,0 5550 3650 2900 –
4,2 104 85 70 60 Spritzguß 21,0 – 5600 4350 4200
Extrusion 32,3 2950 1475 – – 3,5 1750 1450 1100 800 82 56,0 3300 3150 2950 – PS-GF35 Biegung 23 56,0 9500 9000 8750 –
5,6 93 73 60 51 Polysulfon- Biegung 24 14,0 – 8450 6400 6050
34,5 2450 1150 – – PPE modifiz.- Biegung 77 24,5 4400 3700 3000 2250 116 56,0 2650 2450 2250 – 38 56,0 8800 8100 6750 –
7,0 84 63 51 43 GF 30 u. PTFE15
38,7 1300 – – – 8,4 72 54 43 36 GF20-Spritzguß 17,5 4650 3600 3200 2950 PA6-GF40 Biegung 23 70,0 7750 7000 6100 – 60 56,0 6000 3400 3000 –
9,8 64 48 37 30 Polysulfon- Biegung 24 70,0 – 11000 10200 10200 14,0 5250 4100 3300 3100 nicht kondition. 38 70,0 6700 6100 5700 –
Actal-Homo- Biegung 23 3,5 2800 2600 2050 1750 GF 30 35,0 – 12000 10600 10400 PPE modifiz.- 23 14 8000 8000 8000 7350 82 70,0 5400 5150 4800 – SAN Spritzguß Zug 23 31,0 3500 3350 3000 2300
FEP Spritzguß Zug 18 2,1 610 560 510 –
Polym.- 7,0 2800 2550 2050 1750 GF30 21 7700 7500 7400 6900 116 70,0 4650 4350 3900 – 34,5 3500 3350 3000 2200
und Extrusion 14,0 390 335 260 – Alkydharz- Zug 23 21,0 19000 17600 16200 –
Spritzguß 10,5 2750 2550 2000 1700 66 28 6800 6800 6700 6600 PA 6, Asbest40 Zug 23 28,0 11200 11200 9850 – 38,7 3450 3100 2500 –
23 3,5 470 420 370 – Formstoff 121 7,0 3650 3250 2950 –
46 3,5 1850 1500 1200 1050 35 6650 6650 6500 5550 nicht kondition. 121 14,0 3150 2550 2100 – 42,3 3350 3050 2300 –
7,0 395 330 275 – 14,0 3050 – – –
7,0 1750 1400 1200 1000 14 7800 7300 6850 6300 21,0 2300 1900 1600 1350 45,4 3300 3000 – –
10,5 210 130 65 –
10,5 1750 1400 1100 900 Diallylphthalat- Zug 23 24,5 14800 14200 13500 – 77 21 7350 7050 6800 6050 48,3 3250 – – –
100 1,4 51 42 37 – dto. 50% rela- 23 28,0 3100 2550 2050 –
14,0 1700 1350 1100 850 3,5 31 20 17 – Formstoff 121 7,0 4200 3800 3300 – 14 7050 6150 5900 5000 tive Feuchte SAN-GF20 Biegung 24 35,0 – 7750 7000 6500
60 3,5 1700 1400 1050 850 175 0,7 32 28 25 – 14,0 3750 3100 2550 – 21 6700 6150 5500 4800
21,0 1850 – – – 28 6450 6100 5100 4350 PA66-GF30 23 70,0 8800 6700 5850 – SAN-GF30 Biegung 24 35,0 – 9850 8800 8800
7,0 1600 1350 1050 850 1,4 26 21 17 –
100 35 5850 5300 4600 4000 nicht kondition. 38 70,0 5200 4700 4550 – SAN-GF35 Biegung 23 14,0 11500 11000 10500 –
14,0 1350 1000 850 700 Druck 23 3,5 34 31 29 – EP-Formstoff Zug 23 28,0 10200 9500 8800 – 82 70,0 4550 4300 4200 – 38 14,0 8000 6250 5050 –
85 3,5 1250 1050 850 650 14,0 25 22 19 – 121 21,0 6550 5900 5350 4800 Polyarylether Zug 23 14,0 2150 2100 1750 1300 116 70,0 3550 3300 3100 – 60 14,0 5800 4800 4350 –
7,0 1200 1000 750 550 17,5 16 15 13 – 28,0 4000 3500 3100 –
10,5 1150 1000 750 500 21,0 12 11 – – 21,0 1950 1700 1400 1050 PA66-GF30
PF-Formstoff, 23 21,0 30900 30200 26700 – 28,0 1900 1650 1300 950 SAN-GF40 Biegung 24 70,0 – 12700 11500 10900
14,0 1100 900 700 – 100 1,4 12 9,5 8,0 – 15% PTFE,
100 3,5 900 800 650 500 3,5 9,5 7,5 6,0 – GF-verstärkt 28,0 29900 28000 21000 – 35,0 1700 1400 1050 –
50% relative 23 14,0 – 6550 4200 3950 ABS Spritzguß Zug 23 14,0 2300 2250 2050 1700
7,0 850 700 550 400 5,25 8,0 6,2 5,4 – 121 14,0 6550 6000 5400 – Zug 82 3,5 2000 1700 1200 720
Feuchte 21,0 2300 2150 1850 1500
10,5 800 650 500 – 21,0 5700 5300 4850 – 7,0 1950 1650 1050 670
PCTFE Spritz- Zug 23 14,0 930 830 705 585 28,0 2150 1950 1600 –
dto. Glimmer Zug 25 14,2 30900 – 29500 2800 10,5 1850 1350 1000 570 PA66-GF40 Biegung 23 70,0 11500 11000 10500 –
guß und 21,0 570 470 375 275 35,0 2000 1650 – –
verstärkt 17,5 1700 1300 800 – 38 70,0 9500 9000 8500 –
Extrusion 66 7,0 470 325 255 – 71 3,5 1850 1750 1400 700
82 70,0 8000 7500 7400 –
121 1,4 120 91 63 – UP-Formstoff, 23 14,0 9600 9200 7750 6550 lineares PUR- Biegung 23 3,5 – 1100 900 875 7,0 1850 1650 1000 600
116 70,0 7500 7000 6700 –
3,5 84 56 35 – GF-verstärkt 21,0 9850 9200 7750 5550 GF40 10,5 1850 1450 950 500
Anhang 1527

Tabelle 4-30. Durchlässigkeit von Folien aus verschiedenen Kunststoffen

Kunststoffsorte Tempe- Folien- Wasser- N2 Luft O2 CO2 H2 Ar He


ratur dicke dampf
°C mm g/m2 cm3/m2 d bar

PE-LD 23 100 1 700 1100 2000 10000 8000 – –


PE-HD 25 40 0,9 525 754 1890 7150 6000 – –
(r = 0,95 g/cm3, 30 40 1,7 720 960 2270 8600 7600 – –
ungereckt) 40 40 3,5 1220 1660 3560 13100 11400 – –
50 40 8,1 2140 2650 5650 19500 16800 – –
PE-HD 25 40 1,0 430 680 1210 5900 5000 – –
(r = 0,95 g/cm3, gereckt) 30 40 1,6 560 830 1530 7200 6000 – –
40 40 4,3 1050 1490 2650 11200 9400 – –
50 40 10,5 1870 2670 4650 18100 14800 – –
EVA-Copolymer,VAC 20% 23 100 455 1400 – 4000 17000 – – –
Polypropylen 25 40 2,1 430 700 1900 6100 15700 1480 19200
(ungereckt) 30 40 3,2 600 960 2500 8400 18200 2100 21700
40 40 7,4 1280 1820 5100 14800 28100 4100 29800
50 40 19,0 2800 3600 9200 27300 46600 8000 43500
Polypropylen 25 40 0,81 200 350 1000 3300 6700 – 7300
(gereckt) 30 40 1,2 260 480 1200 3900 8200 – 8500
40 40 3,3 560 940 2300 7050 12300 – 12100
50 40 8,4 1200 1850 4150 13200 19800 – 17800
PVC-U (ungereckt) 20 40 7,6 12 28 87 200 – – –
PVC-U (gereckt) 20 40 4,4 13 13 43 110 – – –
PVC-P 20 40 20 350 550 1500 8500 – – –
Polyvinylidenchlorid 25 25 0,1/0,2 1,8/2,3 5/10 1,7/11 60/700 630/ – –
1400
Polystyrol (gereckt) 25 50 14,0 27 80 235 800 1260 – –
Polyacetal 20 40 2,5 10 16 50 96 420 – –
PFEP-Copolymer 40 25 2,0 375 – 3000 6500 2000 – –
PCTFE 40 25 0,38/0,85 39 – 110/230 250/620 3400/ – –
5200
ETFE-Copolymere 23 25 0,6 470 – 1560 3800 – – –
ECTFE-Copolymere 23 25 9,0 150 – 39,0 1700 – – –
PVF 23 25 50,0 3,8 – 4,7 170 900 – –
Polyamid 6 25 25 80/110 14 – 40 200 1500 – –
Polyamid 66 25 25 15/30 11 – 80 140 – – –
Polyamid 11 25 25 1,5/4,0 50 – 540 2400 5000 – –
Polyamid 12 25 25 0,35 200/280 – 800/ 2600/ – – –
1400 5300
Polycarbonat 23 25 4 680 – 4000 14500 22000 – –
Polyethylenterephthalat 23 25 0,6 9/15 – 80/110 200/340 1500 – –
(gereckt)
Polysulfon 23 25 6 630 – 3600 15000 28000 – –
PUR-Elastomer 23 25 13/25 550/ – 1000/ 6000/ – – –
1600 4500 22000
Polyimid 23 25 25 94 – 390 700 3800 – –
Celluloseacetat 25 25 150/600 470/630 – 1800/ 13000/ 14000 – –
2300 15000
Celluloseacetobutyrat 25 25 460/600 3800 – 15000 94000 – – –
1528 Anhang

Tabelle 4-31. Wirkung energiereicher Strahlung auf Zugfestigkeit (s B) und Reißdehnung (e R)


einiger Kunststoffe

Wertangaben 0 J/kg 5 · 104 J/kg 105 J/kg

sB eR sB eR sB eR
Kunststoff N/mm2 % N/mm2 % N/mm2 %

PE-HD 30 600 A C B D
PE-LD 13 380 – – A A
Polypropylen 33 70 A B B C
PVC-U 57 30 – – – –
PVC-P 19 300 – – – –
PVDC 26 200 A B B B
PS, normal 13 0,32 – – – –
PS, schlagzäh 22 20 – – – B
SAN-Copolymere 28 8,5 – – – –
PMMA 78 4,5 A – B B
Polyvinylcarbazol 130 0,32 – – – –
POM 74 70 B D C D
PTFE 34 400 C (B) D (B) C (C) D (C)
PCTFE 35 50 – – A C
PVF 62 160 – – – –
PA 66 54 62 – A – B
PC 48 75 – – – A
PET* 180 50 – – – –
PF-Formmasse (Asbest) 77 1,3 – – – –
PF-Formmasse (Cellulose) 77 4,0 – A A B
PF-Gießharz 77 4,0 – – – –
UF-Formmasse (Cellulose) 55 0,5 – – A A
MF-Formmasse (Cellulose) 64 0,65 – – A A
UP-Gießharz 14 20 – A – B
UP-Gießharz (mineralgef.) 33 0,2 – – – –
Polydiallylphthalat 47 2,4 – – – –
Silicon (Glasfasermatte) 95 – – – – –
Polyimid (Folie) 180 65 – – – –
EP-Harz (aromatische Amine) 120 – – – – –
EP-Gart (aliphatische Amine) 130 – – – – –
EP-Harz (Araldit B) 56 – – – – –
TPE-U 45 500 – – – –
Cellulosenitrat 53 30 – A A B
Celluloseacetat 37 20 – – – A
Cellulosepropionat 18 1,6 A A B B
Celluloseacetobutyrat 30 60 – – – A

A Abnahme um 20%,
B Abnahme um 20 bis 50%,
C Abnahme um 50 bis 90%,
D Abnahme > 90%,
() im Vakuum,
* gereckte Folie.
1)
Quelle: siehe Tab. 5–6
Anhang 1529

106 J/kg 107 J/kg 108 J/kg Proben- Dosis-


dicke leistung
sB eR sB eR sB eR mm 104 J/(kg h)
N/mm2 % N/mm2 % N/mm2 %

D – – – – – 0,05 1
B C(A) – – – – 0,075 1
C D D – – – 0,075 1
– – A – B A 4,3 0,2
– A A B B C 0,5 1
C C D D – – 3,3 2
– – – – A A 3,0 2
– A – D A – 2,5 2
– A – B A C 1,5 2
D C D D – – 3,3 2
– – – – – A 3,8 2
D – – – – – 0,5 2
D(D) – – – – – 1,5 1
D D – – – – 3,6 1
A C C D D – 3,0 1
– C – C A D 2,5 2
A B B C C D 0,08 1
A A C D D – 0,05 2
A A B B B B 3,0 1
B C C D D – 6,0 2
A A B B D D 4,6 2
B B D D – – 3,0 2
B B C C D D 6,0 2
– C – D D D 6,6 2
– – – – A A 3,3 1
A – B A D D 3,0 2
A – B B D D 1,8 1
– – – A C D 0,05 2
– – – – – A 3,0 3
– A A C B D 3,0 3
– – A B C C 3,0 3
B A C C D D 3,0 2
B D D D – – 3,0 2
B C D D – – 3,0 2
C C D D – – 15,7 2
B B D D – – 4,6 2
Tabelle 4-32. Chemikalienbeständigkeit einiger Kunststoffe
1530

Kunststoff Wasser-
aufnahme
ASTM

Medium
D 570

Kurzbezeich-
nung
Wasser kalt
Wasser heiß
Säuren schwach
Säuren stark
oxidierende Säuren
Flußsäure
Laugen schwach
Laugen stark
Lösungen an-
organischer Salze
Halogene (trocken)
aliphatische KW
chlorierte KW
Alkohole
Ester
Ketone
Ether
Aldehyde
Amine
organische Säuren
aromatische KW
Kraftstoffe
Mineralöl
Fette, Öle
ungesättigte
chlorierte KW
Terpentin

Polyethylen weich PE-LD + + 앫 – 앫 + + + – + – 앫 앫 앫 – + – – 앫 앫 – – 0,01


Polyethylen hart PE-HD + + + + – 앫 + + + – + 앫 + + + 앫 앫 + + 앫 앫 + + – – 0,01
Ethylen/Vinylacetat EVA + + 앫 – – + + + – – – + – – – + 앫 앫 – – – 앫 – – 0,05–0,13
Copolym. Polypropylen PP + + + 앫 – 앫 + + + 앫 + – + 앫 앫 – + + 앫 앫 앫 + + – – 0,01–0,03
Polyisobutylen PIB + + + + – + + + + 앫 – – + – 앫 – + 앫 앫 – – – – – – 0,01
Poly-4-methylpenten-1 PMP + + + + – 앫 + + + – – – 앫 – 앫 – + 앫 – 앫 앫 + – – 0,01
Polyvinylchlorid hart PVC-U + 앫 + + 앫 앫 + + + 앫 + – + – – – – 앫 앫 – – + + – – 0,04–0,4
Polyvinylchlorid weich PVC-P + 앫 + – – – + – + – – – – – – – + + 앫 – – 앫 앫 – – 0,15–0,75
Polystyrol PS + + + 앫 – 앫 + + + – – – + – – – – + 앫 – – 앫 + – – 0,03–0,1
Styrol/Polybutadien- SB + + + 앫 – 앫 + + + – 앫 – – – – – – + 앫 – – 앫 + – – 0,2–0,4
Propfpolym.
Styrol/Acrylnitril- SAN + + + 앫 – 앫 + + + 앫 + – + – – – – + 앫 앫 – + + – – 0,1–0,3
Copolym.
ABS-Pfropfpolymerisat ABS + + + 앫 – 앫 + + + – + – + – – – – + + – + + + – – 0,2–0,45
Polymethylmethacrylat PMMA + + 앫 – – 앫 + 앫 + 앫 + – – – – 앫 + + – 앫 – + + – + 0,2–0,4
Acrylnitril/MMA- AMMA + + + + 앫 앫 앫 앫 + 앫 앫 앫 + + – + + + 앫 앫 + + + – 앫 0,15
Copolym.
Polyvinylcarbazol – + + + 앫 앫 + + + + + + – + 앫 앫 앫 + + 앫 – – + + – 앫 0,1
Polyacetal POM + + 앫 – – – + + + – + + + – 앫 + 앫 앫 + 앫 + + + + 앫 0,22
Polytetrafluorethylen PTFE + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + 0
Polytrifluorchlorethylen PCTFE + + + + 앫 + + + + 앫 + 앫 + 앫 + + + 앫 앫 앫 + + + – – 0
Anhang
Tabelle 4-32 (Fortsetzung)

Polyamid 6 PA 6 + – – – – + + + + + + – 1,3–1,9
Anhang

앫 앫 – + 앫 + + 앫 + 앫 + 앫 앫
Polyamid 12 PA 12 + 앫 – – – – + 앫 + – + 앫 + + + + 앫 + 앫 + + + + 앫 앫 0,25
Polycarbonat PC + 앫 + 앫 앫 앫 – – 앫 + + – 앫 앫 앫 – – – 앫 – 앫 + + – + 0,1– 0,2
Polyethylenter- PET + – + 앫 앫 + 앫 – + + 앫 + + + + + + + + + 앫 앫 0,1
ephthalat
Polybutylenterephthalat PBT + – 앫 – 앫 + + + + + 앫 + 앫 – + 앫 앫 + + + 앫 앫 0,1
Polyphenylenether PPE + + + + + + + + 앫 0,06
Polysulfon PSU + 앫 + + + – + + + + – + – – – – – + + 0,22
härtbare Phenol/ PF + 앫 앫 – – – + – + + 앫 + 앫 + + 앫 앫 앫 + + – 앫 0,1–0,2
Formaldehyd-Harze
härtbare Harnstoff/ UF + 앫 앫 – – 앫 + 앫 + + + + + + + + 앫 + + + + 0,4–0,8
Formaldehyd-Harze
härtbare Melamin/ MF + + 앫 – – 앫 + – + – + + + + + + 앫 + + + + 0,3–0,7
Formaldehyd-Harze
unges. Polyesterharze UP + 앫 앫 – – – – – + – + – + 앫 – 앫 – + + + + – 앫 0,2–0,6
Siliconharze SI + + + – 앫 – – + + – – – – + – + – 앫 앫 + – – 0,2
Polyimide PI + – + + + 앫 – + + + + + + + + + + + + + + + 0,1–0,3
Epoxidharze EP + 앫 + – + 앫 + 앫 + + + 앫 앫 앫 앫 + + + + + + – 앫 0,1–0,5
lineare Polyurethane PUR + + 앫 – – – – – + – + – + + + + – + + + + 앫 0,7–0,9
vernetzbare Poly- PUR + 앫 앫 – 앫 – + – + – 앫 + 앫 – + 앫 + 앫 + 앫 – 앫 0,1–0,2
urethane
Urethan-Elastomere TPE-U + 앫 앫 – – – 앫 앫 + – + – + – – + – – – + – – 0,7–0,9
Celloulosenitrat CN + 앫 앫 – – – 앫 – + – + – – – – – – 앫 앫 + + – – 6
Celluloseacetat CA + 앫 + – – – 앫 – + – + – 앫 – – + – 앫 + + + – + 2–7
Cellulosepropionat CP + 앫 앫 – – – – – + – + – – – – – 앫 – + + + 1–3
Celluloseacetobutyrat CAB + 앫 + – – – + 앫 + – + – – – – – 앫 – + + + – – 1–2
Vulkanfiber VF + – 앫 – – – – – + – + + + + + + + + + + + 9

+ beständig; 앫 bedingt beständig; – unbeständig.


1531
1532 Anhang

Tabelle 4-33. Gasabgabe einiger Kunststoffe bei einer Bestrahlungsdosis von 107 J/kg.

Kunststoff Gasabgabe
ml/g

Polyethylen 70
Polystyrol 1,5
Polymethylmethacrylat 35
Polyamid 66 25
Polyethylenterephthalat 3
PF-Gießharz 3
PF-Formmasse (mit Cellulose) 17
PF-Formmasse (mineralverstärkt) 2
UF-Formmasse (mit Cellulose) 17
MF-Formmasse (mit Cellulose) 10
Polyester-Gießharz 2–40
Cellulosenitrat 105
Celluloseacetat 17
Cellulosepropionat 35
Celluloseacetobutyrat 28

Nach Parkinson, W.W., u. O. Sisman: The Use of Plastics and Elastomers in Nuclear Radiation.
Nuclear Engng. and Design 17 (1971) S. 247–280.
Tabelle 4-34. Daten für das Spritzgießen und Nachbearbeiten von Thermoplasten

Spritzgießen Injection moulding Nachbearbeitung Finishing 5

Verarbei- Vor- Werkzeug- Verarbei- Fließweg- Galvani- Spritz- Heiß- Be- Ultra- Spiegel Lösungs-
tungstem- trocknen temperatur beitungs- länge 4 bei sieren lackieren prägen dampfen schall schweißen kleben
peratur schwindung 2 mm und Be- schweißen
Wanddicke drucken
processing predrying mould tem- shrinkage flow path galva- lacquering hot metalliz- US butt- cement-
temperature perature after un- at 2 mm nizing and stamping ing under welding welding ing
moulding wall thick- printing vacuum
ness
°C °C/h °C %

PE-LD-normal 1 160 to 270 – 20 to 60 1,0 to 3,0 550 to 600 – + ++ + – ++ –


PE-HD 200 – 300 – 10 – 60 1,5 – 3,0 200 – 600 – + ++ + ++ ++ –
PE-HD geschäumt2 200 – 260 – 10 – 20 1,5 – 3,0 – + ++ + ++ ++ –
EVA normal 130 – 240 – 10 – 50 0,8 – 2,2 320 – + ++ + ++ ++ –
PP normal 200 – 300 – 20 – 90 1,3 – 2,5 250 – 700 ++8 + ++ + ++ ++ –
PP-GF203) 200 – 300 – 20 – 90 1,2 – 2,0 500 ++8 + ++ + ++ ++ –
PP geschäumt 200 – 290 – 10 – 20 1,5 – 2,5 – + ++ + ++ ++ –
PB normal 200 – 290 – 10 – 60 1,5 – 2,6 300 – 800 – + ++ ++ ++ ++ +
PVC-U normal 170 – 210 – 20 – 60 0,4 – 0,8 160 – 250 +8 ++ ++ + ++ ++ ++
PVC-U geschäumt 190 – 210 – 10 – 20 0,5 – 0,7 – + ++ + ++ ++ ++
PVC-P normal 160 – 190 – 20 – 60 0,7 – 3,0 150 – 500 – + ++ – – ++ ++
PVC-P geschäumt 160 – 190 – 10 – 20 0,7 – 3,0 – + ++ – – ++ ++
PS normal 170 – 280 – 10 – 60 0,4 – 0,7 200 – 500 – ++ ++ + ++ ++ ++
PS geschäumt 170 – 280 – 10 – 20 0,4 – 0,6 – ++ ++ + ++ ++ ++
SAN normal 200 – 260 85/2 to 4 50 – 80 0,4 – 0,6 – ++ ++ + ++ ++ ++
SAN-GF30 200 – 260 85/2 – 4 50 – 80 0,2 – 0,3 – ++ ++ + ++ ++ ++
SB normal 190 – 280 – 10 – 80 0,4 – 0,7 200 – 500 +8 ++ ++ + ++ ++ ++
SB geschäumt 190 – 280 – 10 – 80 0,4 – 0,7 +8 + ++ + ++ ++ ++
ABS normal 200 – 260 70 – 80/2 6 50 – 80 0,4 – 0,7 320 ++8 ++ ++ + ++ ++ ++
ABS-GF30 200 – 260 70 – 80/2 6 50 – 80 0,1 – 0,3 300 – ++ ++ + ++ ++ ++
ABS geschäumt 200 – 260 70 – 80/2 6 10 – 40 0,4 – 0,7 – ++ ++ + ++ ++ ++
ASA normal 220 – 260 70 – 80/2 – 4 50 – 85 0,4 – 0,7 – ++ ++ + ++ ++ ++
PMMA normal 190 – 290 70 – 100/2 – 6 40 – 90 0,3 – 0,8 200 – 500 – ++ ++ + ++ ++ ++
POM normal 180 – 230 110/2 6 60 – 120 1,5 – 2,5 500 – + ++ + ++ ++ ++9
POM-GF30 180 – 230 110/2 6 60 – 120 0,5 – 0,1 350 – + ++ + ++ ++ ++9
Perfluoralkoxy normal 380 – 400 – 95 – 230 3,5 – 5,5 80 – 120 + + + + – ++ –
PA6 normal 240 – 290 80/8 – 15 6 40 – 120 0,8 – 2,5 400 – 600 – ++ ++ + ++ + ++9
PA6-GF30 240 – 290 80/8 – 15 6 40 – 150 0,2 – 1,2 360 – 580 – ++ ++ + ++ + ++9
PA66 normal 260 – 300 80/8 – 15 6 40 – 120 0,8 – 2,5 810 – ++ ++ + ++ + ++9
PA66-GF30 260 – 300 80/8 – 15 6 40 – 120 0,2 – 1,2 610 – ++ ++ + ++ + ++9
PA610 normal 230 – 290 80/8 – 15 40 – 120 0,8 – 2,0 – ++ + + ++ + ++9
PA11 normal 200 – 270 70 – 80/4 – 6 40 – 80 1–2 ++ ++ ++ ++ ++9
PA11-GF30 230 – 300 70 – 80/4 – 6 60 – 90 0,3 – 0,7 ++ ++ ++ ++ ++9
PA12 normal 190 – 270 10/4 6 20 – 100 1–2 200 – 500 – + ++ ++ ++ ++ ++
PA12-GF30 210 – 270 100/4 6 20 – 100 0,5 – 1,5 200 – + ++ ++ ++ ++ ++
PA12 geschäumt 220 – 250 100/4 6 20 – 100
PA6-3-T normal 250 – 320 80 – 90/10 70 – 90 0,5 – 0,6 – ++ ++ + ++ ++ ++
PA6-3-T-GF35 270 – 310 110/8 70 – 90 0,16 – 0,22 – ++ ++ + ++ ++ ++
PC normal 270 – 380 110 – 120/4 80 – 120 0,6 – 0,7 150 – 220 + ++ ++ + ++ ++ ++
PC-GF30 270 – 380 110 – 120/4 80 – 120 0,2 – 0,4 120 – 170 – ++ + + ++ ++ ++
PC geschäumt 270 – 380 110 – 120/4 60 – 90 0,7 – 0,9 – ++ + + ++ ++ ++
PET normal 260 – 300 120/4 6 130 – 150 1,6 – 2,0 200 – 500 – ++ ++ + ++ ++ –
20 7 0,2 7
PET-GF30 260 – 300 120/4 6 130 – 150 0,2 – 2,0 200 – 330 – ++ ++ + ++ ++ –
20 7
PBT normal 230 – 280 120/4 6 40 – 80 1,0 – 2,2 250 – 600 – + ++ – ++ ++ –
PBT-GF 30 240 – 280 120/4 6 40 – 80 0,5 – 1,5 200 – 400 – + ++ – ++ ++ –
PBT geschäumt 230 – 270 120/4 6 50 – 60 2,0 – 2,5 200 – 300 – + ++ – + ++ –
PPE/PS normal 260 – 310 100/2 40 – 110 0,5 – 0,8 260 + ++ ++ + ++ ++ ++
PPE/PS-GF 30 260 – 310 100/2 40 – 110 0,2 170 – ++ ++ + ++ ++ ++
PPE/PS geschäumt 260 – 310 100/2 10 – 80 0,6 – 0,8 – ++ ++ + ++ ++ ++
PSU normal 340 – 390 120/5 100 – 160 0,6 – 0,8 + ++ ++ + ++ ++ ++
PSU-GF40 340 – 370 120/5 100 – 160 0,2 – 0,4 + ++ ++ + ++ ++ ++
PPS-GF40 320 – 380 – 20 – 200 ca. 0,2 – + ++ + –
PES normal 320 – 390 160/5 100 – 160 0,6 – ++ ++ + ++ ++ ++
PES-GF 40 320 – 380 160/5 100 – 160 0,15 – ++ ++ + ++ ++ ++
thermoplast. Elastomer 175 – 250 – 10 – 90 0,3–2,2 – + ++ – – + ++
auf Basis PS normal
thermopl. Elastomer 180 – 220 120/3 – 4 50 – 80 1,0 – 2,0 – + ++ + – + –
auf Basis PP normal
thermopl. Elastomer 150 – 225 120/3 – 4 50 – 80 1,0 – 2,0 – ++ ++ + – + –
auf Basis Polyester
normal
CA normal 180 – 220 80/2 – 4 40 – 80 0,4 – 0,7 350 – ++ ++ + – – ++
CP normal 190 – 230 80/2 – 4 40 – 80 0,4 – 0,7 500 – ++ ++ + – – ++
CAB normal 180 – 220 80/2 – 4 40 – 80 0,4 – 0,7 500 – ++ ++ + – – ++

1 Formmasse in Standardeinstellung 1 standard type


2 Formmasse schäumbar 2 foamable type
3 Formmasse mit Glasfasern in % 3 with glass fibre content in %
4 bei mittlerer Massetemperatur, Massedruck und Spritzgießwerk-Wandtemperatur 4 at average melt temperature, melt pressure and mould temperature
5 ++ ohne Vorbehandlung; + mit Vorbehandlung bedingt möglich; – nicht möglich 5 ++ without pretreatment; + pretreatment possible; – not possible
6 zum Teil nicht nötig, da vorgetrocknet angeliefert 6 partly not necessary as supplied predried
7 für amorphe Typen 7 for amorphous types
8 für bestimmte Typen 8 for special types
9 nicht zu empfehlen 9 not recommendable
Tabelle 4-35. Nationale und internationale Prüfvorschriften für Kunststoffe

Mechanische Prüfungen
Anhang

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

DIN EN ISO 527-1 Kunststoffe; Bestimmung der Zugeigenschaften Streckspannung sY MPa


Teil 1: Allgemeine Grundsätze Bruchspannung sB MPa
Zugfestigkeit sM MPa
DIN EN ISO 527-2 Teil 2: Prüfbedingungen für Form- und Extrusionsmassen Streckdehnung eY %
Bruchdehnung eB %
Dehnung bei Zugfestigkeit eM %
Nominelle Dehnung et %
DIN EN ISO 527-3 Teil 3: Prüfbedingungen für Folien und Tafeln Zugmodul Et MPa
Poisson-Zahl m _
DIN EN ISO 527-4 Teil 4: Prüfbedingungen für isotrop und anisotrop
faserverstärkte Kunststoffverbundwerkstoffe

DIN 65378 Faserverstärkte Kunststoffe; Prüfung von unidirektionalen Zugfestigkeit szB90° N/mm2
Laminaten; Zugversuch quer zur Faserrichtung Dehnung bei 10% der Bruchkraft e10 %
Dehnung bei 50% der Bruchkraft e50 %
Dehnung beim Bruch ezB90° %
Elastizitätsmodul aus Zugversuch Ez90° kN/mm2

DIN 65469 Faserverstärkte Kunststoffe; Zugversuch an einlagigen Zugfestigkeit szB N/mm2


Zugflachprobekörpern Bruchdehnung eB %
Elastizitätsmodul aus Zugversuch Ez N/mm2

DIN 53504 Kautschuk und Elastomere; Bestimmung von Reiß- Reißfestigkeit sR MPa
festigkeit, Zugfestigkeit, Reißdehnung und Spannungs- Zugfestigkeit smax MPa
werten im Zugversuch Reißdehnung eR %
Spannungswert für bestimmte Dehnung s50, s100 MPa
1535
Tabelle 4-35 (Fortsetzung) 1536

Mechanische Prüfungen

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

ISO 37 Elastomere und thermoplastische Elastomere; Bestimmung Zugfestigkeit TS MPa


der Zugspannungs-Dehnungseigenschaften Zugspannung beim Bruch TSb MPa
Bruchdehnung Eb %
Dehnung an Streckgrenze Ey %

DIN 53506 Kautschuk und Elastomere; Bestimmung des Nadelaus- Nadelausreißwiderstand N N/mm
reißwiderstandes

DIN 53507 Kautschuk und Elastomere; Bestimmung des Weiterreiß- Weiterreißwiderstand W N/mm
widerstandes von Elastomeren, Streifenprobe

DIN 53515 Kautschuk, Elastomere und Kunststoff-Folien; Weiterreiß- Weiterreißwiderstand _ N/mm


versuch mit der Winkelprobe nach Graves
mit Einschnitt

DIN EN ISO 1798 Weichelastische polymere Schaumstoffe; Bestimmung der Zugfestigkeit – MPa
Zugfestigkeit und der Bruchdehnung Bruchdehnung _ %

DIN EN ISO 604 Kunststoffe; Bestimmung der Druckeigenschaften Druckfließspannung sY MPa


Druckfestigkeit sM MPa
Druckspannung beim Bruch sB MPa
Druckspannung bei x % Stauchung sx MPa
Nominelle Fließstauchung ecy %
Nominelle Stauchung bei Druckfestigkeit ecM %
Nominelle Stauchung beim Bruch ecB %
Druckmodul Ec MPa

DIN 53421 Harte Schaumstoffe; Druckversuch Druckfestigkeit sdB MPa


Druckspannung bei 10% Stauchung sd10 MPa
Anhang

Stauchung bei Druckfesigkeit edB %


Tabelle 4-35 (Fortsetzung)

Mechanische Prüfungen
Anhang

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

DIN EN ISO 3386-1 Weich-elastische Schaumstoffe; Bestimmung der Druck- Druckspannungs-Verformungs- CCxx kPa
spannungs-Verformungseigenschaften eigenschaft bei bestimmter
Teil 1: Materialien mit niedriger Dichte Verformung xx
Druckspannungswert bei 40% Verformung CV40 kPa

DIN EN ISO 3386-2 Weich-elastische Schaumstoffe; Bestimmung der Druck- Druckspannungs-Verformungs, CCxx kPa
spannungs-Verformungseigenschaften eigenschaft bei bestimmter
Teil 2: Materialien mit hoher Dichte Verformung xx (25, 40, 50, 65% Stauchung)

Din EN ISO 178 Kunststoffe; Bestimmung der Biegeeigenschaften Biegespannung beim Bruch sfB MPa
Biegefestigkeit sfM MPa
Norm-Biegespannung für sfC MPa
Normdurchbiegung sc = 1,5 ◊ h
Biegedehnung beim Bruch efB %
Biegedehnung bei Biegefestigkeit efM %
Biegemodul Ef MPa

DIN 53423 Harte Schaumstoffe; Biegeversuch Grenzbiegespannung sb20 kPa


Biegefestigkeit sbB kPa
Durchbiegung beim Bruch fbB mm

ISO 1209-2 Harte Schaumstoffe; Biegeprüfung Biegefestigkeit R kPa


Teil 2: Bestimmung der Biegeeigenschaften Biegemodul E kPa

DIN EN ISO 14125 Faserverstärkte Kunststoffe; Bestimmung der Biegefestigkeit sfm MPa
Biegeeigenschaften Biegespannung beim Bruch sfB MPa
Durchbiegung bei Biegefestigkeit sM mm
Durchbiegung beim Bruch sB mm
Biegemodul (Sekantenmodul) Ef MPa
1537
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)
1538

Mechanische Prüfungen

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

ASTMD 4065 Standard Practice for Determination and Reporting Elastic Modulus in Shear G¢ MPa
Dynamic Mechanical Properties of Plastics Logarithmic Decrement D –
(versus temperature)
Transition temperatures of plastic – °C

DIN EN ISO 179-1 Kunststoffe; Bestimmung der Charpy- Charpy-Schlagzähigkeit acU kJ/m2
Schlageigenschaften Charpy-Kerbschlagzähigkeit acN kJ/m2
Teil 1: Nicht instrumentierte Schlagzähigkeitsprüfung
DIN EN ISO 179-2 Teil 2: Instrumentierte Schlagzähigkeitsprüfung

DIN EN ISO 180 Kunststoffe; Bestimmung der Izod-Schlagzähigkeit Izod-Schlagzähigkeit aiU kJ/m2
Izod-Kerbschlagzähigkeit aiN kJ/m2

DIN EN ISO 2039-1 Kunststoffe; Bestimmung der Härte Kugeleindruckhärte HB N/mm2


Teil 1: Kugeleindruckversuch

DIN EN ISO 2039-2 Kunststoffe; Bestimmung der Härte Rockwellhärte (Härteskala R, L oder M) HR –
Teil 2: Rockwellhärte Rockwellhärte a Ra –

DIN EN ISO 868 Kunststoffe und Hartgummi; Bestimmung der Eindruck- Shore-Härte A/15 – –
härte mit einem Durometer (Shore-Härte) Shore-Härte D/15 – –

DIN EN ISO 899-1 Kunststoffe; Bestimmung des Kriechverhaltens Kriechdehnung bei Zugbeanspruchung et %
Teil 1: Zeitstand-Zugversuch Zugkriechmodul Et MPa
Kriechdehnung-Zeit-Kurven
Kriechmodul-Zeit-Kurven
Isochrone Spannungs-Dehnungs-Kurven
Bruchkennlinien
Anhang
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)

Mechanische Prüfungen
Anhang

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

DIN EN ISO 899-2 Kunststoffe; Bestimmung des Kriechverhaltens Biege-Kriech-Dehnung et %


Teil 2: Zeitstand-Biegeversuch bei Dreipunkt-Belastung Biege-Kriech-Modul Et MPa
Biege-Kriech-Dehnung-Zeit-Kurven
Biege-Kriech-Modul-Zeit-Kurven
Isochrone Spannungs-Dehnungs-Kurven
Bruchkrennlinien

DIN ISO 815 Elastomere; Bestimmung des Druckverformungsrestes Druckverformungsrest C %


bei Umgebungs-, erhöhten oder niedrigen Temperaturen

DIN 53758 Prüfung von Kunststoff-Fertigteilen; Kurzzeitinnen- Innendruck bei Bruch pB bar
druckversuch an Hohlkörpern Innendruck bei Undichtigkeit pU bar
Innendruck bei Überschreiten pε bar
bestimmter Deformation

DIN 53759 Prüfung von Kunststoff-Fertigteilen; Zeitstand-Innen- Innendruck bei Bruch nach z.B. 1000 h pB/1000 bar
druckversuch an Hohlkörpern Zeitstandschaubild

DIN 16887 Prüfung von Rohren aus thermoplastischen Kunststoffen; Standzeit bis zum Bruch oder Undich- t h
Bestimmung des Zeitstand-Innendruckverhaltens tigkeit für bestimmte Prüfspannung

Thermische Prüfungen

DIN 53765 Prüfung von Kunststoffen und Elastomeren; Thermische Glasumwandlungstemperatur Tg °C


Analyse; Dynamische Differenz-Kalorimetrie (DDK) Schmelztemperatur TSP °C
Kristallisationstemperatur TKP °C
Temperatur einer chemischen Reaktion TRP °C
1539
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)
1540

Thermische Prüfungen

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

DIN EN ISO 11357-1 Kunststoffe; Dynamische Differenz-Thermoanalyse Glasübergangstemperatur Tg °C


(DSC); Teil 1: Allgemeine Grundlagen Schmelztemperatur Tm °C
Kristallisationstemperatur Tc °C
Enthalpieänderung DH J/g

DIN EN ISO 3146 Kunststoffe; Bestimmung des Schmelzverhaltens Anfangstemperatur Schmelzen To °C


(Schmelztemperatur oder Schmelzbereich) von Peaktemperatur Schmelze Tp °C
teilkristallinen Polymeren

IKP AA PP 12 a Bestimmung der Glasumwandlungstemperatur von Glasumwandlungstemperatur Tg °C


Polymerwerkstoffen mit Hilfe des Dilatometers

DIN 53752 Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung des thermischen Thermischer Längenausdehnungs- a(t) 10–4 ◊ K–1
Längenausdehnungskoeffizienten koeffizient

DIN EN ISO 11358 Kunststoffe; Thermogravimetrie (TG) von Polymeren; Massezunahme MG %


Allgemeine Grundlagen Masseabnahme ML %
Masserückstand R %

DIN EN ISO 75-1 Kunststoffe; Bestimmung der Formbeständigkeitstemperatur Wärmeformbeständigkeits- Tf °C


Teil 1: Allgemeine Prüfverfahren temperatur
DIN EN ISO 75-2 Teil 2: Kunststoffe und Hartgummi
DIN EN ISO 75-3 Teil 3: Hochbeständige härtbare Schichtstoffe und lang-
faserverstärkte Kunststoffe

DIN EN ISO 306 Kunststoffe; Thermoplaste; Bestimmung der Vicat- Vicat-Erweichungstemperatur VST °C
Erweichungstemperatur (VST)
Anhang

a
Interne, akkreditierte Prüfvorschrift, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde IKP, Universität Stuttgart.
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)

Thermische Prüfungen
Anhang

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

EN ISO 1210 Kunststoffe; Bestimmung des Brandverhaltens von Lineare Brenngeschwindigkeit V mm/s
waagrechten und senkrechten Probekörpern durch Nachbrennzeit tf s
eine kleinflammige Zündquelle

Elektrische Prüfungen

DIN IEC 93 Prüfverfahren für Elektroisolierstoffe; Spezifischer Spezifischer Durchgangswiderstand r Wm


VDE 0303 Teil 30 Durchgangswiderstand und spezifischer Oberflächenwider- Spezifischer Oberflächenwiderstand s W
stand von festen, elektrisch isolierenden Werkstoffen

DIN IEC 167 Prüfverfahren für Elektroisolierstoffe; Isolations- Isolationswiderstand R W


VDE 0303 Teil 31 widerstand von festen, isolierenden Werkstoffen

DIN IEC 112 Verfahren zur Bestimmung der Vergleichszahl und Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI V
VDE 0303 Teil 1 Prüfzahl der Kriechwegbildung auf festen isolierenden Prüfzahl der Kriechwegbildung PTI V
Werkstoffen unter feuchten Bedingungen

DIN 53483-1 Prüfung von Isolierstoffen; Bestimmung der Dielektrizitätszahl eR –


elektrischen Eigenschaften Dielektrischer Verlustfaktor tan d –
Blatt 1: Begriffe, allgemeine Angaben
DIN 53483-2 Blatt 2: Prüfung bei festgelegten Frequenzen
50 Hz, 1 kHz, 1 MHz

DIN EN 60243-1 Elektrische Durchschlagfestigkeit von isolierenden Durchschlagspannung Ud kV


VDE 0303 Teil 21 Werkstoffen Durchschlagfestigkeit Ed kV/mm
Teil 1: Prüfungen bei technischen Frequenzen
DIN EN 60243-2 Teil 2: Zusätzliche Anforderungen für Prüfung mit
VDE 0303 Teil 22 Gleichspannung
DIN EN 60243-3 Teil 3: Zusätzliche Festlegungen für
VDE 0303 Teil 23 Stoßspannungsprüfungen
1541
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)
1542

Elektrische Prüfungen

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

DIN ISO 2878 Elastomere; Antistatische und leitende Erzeugnisse, Widerstand _ W


Bestimmung des elektrischen Widerstandes

Chemisch analytische Prüfungen

IKP AA PU 22a Identifizierung von Polymeren, Füllstoffen, Verstärkungs- Art des Kunststoffs – –
stoffen, Farbstoffen und Hilfsstoffen Art der Zusatzstoffe – –
durch infrarotspektrometrische Analyse (FT-IR)

DIN EN ISO 6427 Kunststoffe; Bestimmung der extrahierbaren Bestandteile Masseanteil an extrahierbaren – %
durch organische Lösemittel Bestandteilen

DIN EN ISO 1172 Textilglasverstärkte Kunststoffe – Prepregs, Formmassen Textilglasgehalt MGlas %


und Laminate; Bestimmung des Textilglas- und Mineral- Mineralfüllstoffgehalt MFüllstoff %
stoffgehalts; Kalzinierungsverfahren

ISO 1408 Kautschuk; Bestimmung des Rußgehalts; Alterungs- Rußgehalt – %


verfahren mittels Pyrolyse und chemischer Verfahren

DIN EN ISO 62 Kunststoffe; Bestimmung der Wasseraufnahme Masseänderung C %

DIN EN ISO 930 Kunststoffe; Polyamide; Bestimmung des Wassergehalts Wassergehalt – %

IKP AA PU 31a Übersichtsanalyse organischer Verbindungen mittels Totalionenstromchromatogramm TIC –


Gaschromatographie-Massenspektroskopie Namen der identifizierten Stoffe – –
a
Interne, akkreditierte Prüfvorschrift, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde IKP, Universität Stuttgart.
Anhang
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)

Chemisch analytische Prüfungen


Anhang

Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

IKP AA PP 10a Identifizierung von Füllstoffen, Verstärkungsstoffen, Elemente Chemische –


Farbstoffen und Hilfsstoffen in Polymeren durch energie- Formel-
dispersive Röntgenanalyse (EDX) zeichen

Charakterisierung der Molmasse, Fließverhalten

DIN EN ISO 1628-1 Kunststoffe; Bestimmung der Viskosität von Polymeren Viskositätszahl I cm3/g
in verdünnter Lösung durch ein Kapillarviskometer Grenzviskositätszahl [ h] cm3/g
Teil 1: Allgemeine Grundlagen (Intrinsic-Viskosität)
DIN EN ISO 1628-2 Teil 2: Vinylchlorid-Polymere K-Wert K –
DIN EN ISO 1628-3 Teil 3: Polyethylen und Polypropylen
DIN EN ISO 1628-4 Teil 4: Polycarbonat-Formmassen
DIN EN ISO 1628-6 Teil 6: Methylmethacrylat-Polymere

DIN EN ISO 307 Kunststoffe; Polyamide; Bestimmung der Viskositätszahl Viskositätszahl VN ml/g

DIN 53728-3 Kunststoffe; Bestimmung der Viskositätszahl von Poly- Viskositätszahl J cm3/g
ethylenterephthalat (PETP) oder Polybutylenterephthalat
(PBTP) in verdünnter Lösung

DIN EN ISO 1133 Kunststoffe; Bestimmung der Schmelze-Massefließrate Schmelze-Massefließrate MFR g/10 min
(MFR) und der Schmelze-Volumenfließrate (MVR) Schmelze-Volumenfließrate MVR cm3/10 min
von Thermoplasten
a
Interne, akkreditierte Prüfvorschrift, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde IKP, Universität Stuttgart.
1543
Tabelle 4-35 (Fortsetzung)
1544

Sonstige Prüfungen
Prüfvorschrift Titel Eigenschaft Symbol Einheit

DIN EN ISO 1183-1 Kunststoffe; Verfahren zur Bestimmung der Dichte von Dichte r g/cm3
nicht verschäumten Kunststoffen
Teil 1: Eintauchverfahren; Verfahren mit
Flüssigkeitspyknometer und Titrationsverfahren
DIN EN ISO 1183-2 Teil 2: Verfahren mit Dichtegradientensäule
DIN EN ISO 1183-3 Teil 3: Gas-Pyknometer-Verfahren

IKP AA PP 01a Kunststoffe und Elastomere; Lichtmikroskopie Struktur – –


Inhomogenitäten
Sphärolite Größe
Verstärkungsstoffe, Füllstoffe: Größe,
Verteilung, Orientierung

IKP AA PP 03a Kunststoffe und Elastomere; Rasterelektronen- Struktur einer Oberfläche – –


mikroskopie (REM) Riss- und Bruchstrukturen
Schädigung an Bauteiloberfläche
Verstärkungsstoffe, Füllstoffe: Größe,
Verteilung, Orientierung
a
Interne, akkreditierte Prüfvorschrift, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde IKP, Universität Stuttgart.
Anhang
Tabelle 4-36. Kennen und Erkennen thermoplastischer Kunststoffe

PMP Poly-4-methylpenten-1
PE Polyethylen
PP Polypropylen
SB + T Polystyrol schlagfest + Treibmittel
ABS + T Acrylnitril/Butadien/Styrol + Treibmittel
PE + F Polyethylen + Flammschutzmittel
PP + F Polypropylen + Flammschutzmittel
CAB Cellulose-Acetobutyrat
PA Polyamid
POM Polyformaldehyd
PMMA Polymethylmethacrylat
PET/PBT Polyester, thermoplastisch
CA Celluloseacetat
PS Polystyrol
SB Schlagfestges Polystyrol
SAN Styrol/Acrylnitril-Copolymer
ABS Acrylnitril/Butadien/Styrol-Copolymer
PVC-P Polyvinylchlorid weich
PSU Polysulfon
PC Polycarbonat
PPE-M Polyphenylenether modifiziert
SB + F schlagfestes Polystyrol + Flammschutzmittel
ABS + F Acrylnitril/Butadien/Styrol + Flammschutzmittel
PVC-U Polyvinylchlorid hart
PA + F Polyamid + Flammschutzmittel
Sternchen: siehe PBT*

* Unterscheidung mit Hilfe des Schmelzpunktes möglich


Anhang 1547

Tabelle 4-37 Typisierte Formmassen – Mindestanforderungen

(s. Beilage 2 am Ende des Buches)


KAPITEL 5

Datenbanken

Computergerechte Datenbanken werden in allen Industrieländern von der


kunststofferzeugenden Industrie, neutralen Institutionen und Software-Firmen
herausgegeben und zeitgerecht aktualisiert. Die bekannteste und wohl weltweit
größte Datenbank ist die von zahlreichen Rohstoffherstellern geschaffene
Gemeinschaftssoftware Campus® (Computer Aided Material Preselection by
Uniform Standards). Die Vergleichbarkeit der jeweiligen Werkstoffwerte ist da-
durch gewährleistet, dass alle Angaben auf dem DIN-Grundwert-Katalog basie-
ren, der von den vier Gründerfirmen BASF, Bayer, Hoechst und Hüls in enger
Zusammenarbeit mit dem Fachnormenausschuss Kunststoffe (FNK) entwickelt
wurde.
Wie dem Kapitel „Software“ im „Kunststoff-Taschenbuch“, 28. Aufl., 2001
(Hanser Verlag, München), S. 845 – 847, zu entnehmen ist, gehören das System
Polymat des DKI Darmstadt mit 13 000 Kunststofftypen von 120 Herstellern und
der C. Hanser Verlag mit dem Angebot der Systeme Kuhan, Polchem, Polselec
und Polrecyc sowie das unter Federführung der AVK für glasmattenverstärkte
Thermoplaste und faserverstärkte Duroplaste entwickelte Software Fundus zu
den bekannten und verbreiteten Systemen. Noch wesentlich umfangreicher ist
das Software-Angebot für Berechnungen und Simulation, das W. Land ebenfalls
für das „Kunststoff-Taschenbuch“ zusammenstellte (S. 847 –854).Außerdem ver-
mittelt das Ringbuch „Neue Konstruktionsmöglichkeiten mit Kunststoffen“ von
Kunz, Land und Wierer (WEKA Verlag Augsburg) auf ca. 150 Seiten umfassende
Informationen über Datenbanken- und Berechnungsprogrammangebote.
KAPITEL 6

Handelsnamenverzeichnis

A AMC (Raschig GmbH/DE) 1372


Absafil (Akzo Engng. Platics Inc./US) 749 AME (Ashland Specialty Chemical Com-
Abselex (Courtaulds PLC/GB) 749 pany/US) 1372
Acclear (BP Chemicals/UK) 572 Amilan (Toray Ind./JP) 1016
Accpro (BP Chemicals/UK) 572 Amilon (Toray Ind./JP) 1016
Acctuf (BP Chemicals/UK) 572 Amodel (Nyltech Deutschland/DE) 1017
Achieve (Exxonmobil Chemical/US) 572 Ampal (Raschig AG/DE) 1372
Aclon (Allied Signal Engng. Plastics/US) 889 Ancorene (Anchor Plastics Inc./US) 710
Aclyn (Allied Color Ind. Inc./US) 572, 596 Andres (Anderson Development
Acme (Acme Chemical Div./US) 1408 Co./US) 710
Acorn (Hepworth Water Systems/DE) 583 Anitel E (Akzo Engn. Plastics/NL) 792
Acrifix (Röhm/DE) 810 Apec HAT (Bayer AG/DE) 1121
Acrylafil (Akzo Engineering Plastics Aqualoy (A. Schulman GmbH/DE) 738, 749
Inc./US) 738 Aracast (Ciba AG/CH) 1128
Acrylite (Cy/Ro Industries/US) 810 Araldite (Ciba AG/CH) 1128
Acrypanel (Mitsubishi Rayon Co./JP) 810 Araldon (Bayer AG/DE) 527
ACS (Showa Denko K.K./JP) 514, 519 Arcoblend (Resinmec Spa/IT) 749
Adell (Adell Plastics Inc./US) 572 Ardel (Amoco Performance
Adflex (Basell Polyolefine/DE) 572 Products/US) 1120
Adstif (Basell Polyolefine/DE) 572 Ardylux (Industries Petrochimicas Argen-
AdvancedSMC (Menzolit-Fibron GmbH/DE) tinas, Koppers S.A.) 738
1372 Arloy (Arco Chemical Co./US) 1052
Aerolam (Ciba AG/CH) 1408 Armorcast (Cook Composites and Poly-
Akrolen (AKRO-PLASTIC GmbH/DE) 572 mers/US) 1372
Akulon (DSM, Polymers & Armorcote (Cook Composites and Poly-
Hydrocarbons/NL) 1016 mers/US) 1372
Akylux (Kayserberg Plastics/UK) 573 Armorflex (Cook Composites and Poly-
Akyplen (Kayserberg Plastics/UK) 573 mers/US) 1372
Alathon (Oxychem Vinyls Div/US) 505, 515 Armorstar (Cook Composites and Poly-
Alcom (Albis Plastic GmbH/DE) 572 mers/US) 1372
Alfater (Alfagomma Industrial/IT) 574 Arnite (DSM/NL) 1089, 1104, 1112
Algoflon Dyneon PTFE (Dyneon Arnitel E Akzo Engng. Plastics/NL) 1110
GmbH/DE) 869 Arotone (DuPont Deutschland GmbH/NL)
All Lighter (Dow/US) 1089 1222
Altac (DSM Composite Resins AG/CH) 1372 Aropol (Ashland Chemical Corp./US) 1372
Altek (AOC Inc./US) 1372 Arotran (Ashland Specialty Chemical Com-
Altuglas (Altulaor, Orkem/FR) 810 pany/US) 1372
Alvecolux (Alveo GmbH/DE) 514 Arylon (Du Pont Deutschland
Alveolen (Alveo GmbH/DE) 573 GmbH/DE) 1120
Alveolit (Alveo GmbH/DE) 573 Aryphan (Lonza-Folien/DE) 1120
Alveolit (Alveo GmbH/DE) 514 Asterite (ICI/GB) 810
AmberGuard (Voridian/US) 1089 Astra (Drake (fibres) Ltd./GB) 573
1552 6 Handelsnamenverzeichnis

Astryn (Basell Polyolefine/DE) 572 Borsoft (Borealis/DK) 572


Atryl (AOC Inc./US) 1372 Borstar (Borealis/DK) 572
Ausimont (Deutschland GmbH/DE) 548 Brigling (BCL/GB) 505
Avimid (Du Pont de Nemours/US) 1249 Brithene (Brilen SA/ES) 505
Azdel (Azdel B. V./NL) 572 Buffback (Cook Composites and
Azloy (Azdel B.V./NL) 1052 Polymers/US) 1373
Buna EP (Bayer Buna GmbH/DE) 574
B Buna SL (Bayer AG/DE) 710
Bakelite (Bakelite GmbH/DE) 1312, 1318, Buna VSL (Bayer AG/DE) 710
1325, 1329, 1331, 1372 Butofan (BASF AG/DE) 710
– Bakelite (Bakelite UK Ltd./GB) 1375 Bytac (Norton Chemplast/US) 889
Bapolene (Bamberger Polymers
Inc./US) 505 C
Barex BP (Chemicals International Cabalec (Cabot Corp./US) 527
Ltd./GB) 793 Calibre (Dow Europe/CH) 1042
Bathcote (Cook Composites and Capolene (Asahi Chemical Ind./JP) 527, 596
Polymers/US) 1372 Capran (Allied Signal Europe N.V./BE) 1016
Bayblend (Bayer AG/DE) 749, 784 Capron (Allied Signal Europe N.V./BE)
Bayblend A (Bayer AG/DE) 781, 1052 1016
Bayblend H (Bayer AG/DE) 1052 Carbaicar (AICA/ES) 1325
Bayblend T/FR (Bayer AG/DE) 1052 CarbonSMC (Menzolit-Fibron GmbH/DE)
Baybond (Bayer AG/DE) 1424 1373
Baydur (Bayer AG/DE) 1424, 1430 Cariflex (Deutsche Shell Chemie
Bayfill (Bayer AG/DE) 1424, 1430 GmbH/DE) 786
Bayfit (Bayer AG/DE) 1430 Carilon (Deutsche Shell Chemie
Bayflex (Bayer AG/DE) 1430 GmbH/DE) 1229
Baymer (Bayer AG/DE) 1424, 1430 Carina (Shell Intern. Chem. Co./GB) 650
Baymod (Bayer AG/DE) 749 Carlona (Basell Polyolefine/DE) 572
Baynat (Bayer AG/DE) 1424, 1430 Carodel (ICI America Inc./US) 1120
Baypreg (Bayer AG/DE) 1424 Casoglas (Casolith/NL) 810
Baysilon (Bayer AG/DE) 1385 Catalloy (Basell Polyolefine/DE) 572
Baysport (Bayer AG/DE) 1424 Cebian (Daicel Chemical Ind. LTD./JP) 738
Baytec (Bayer AG/DE) 1424 Celanex (Ticona GmbH/DE) 1104
Baytherm (Bayer AG/DE) 1424, 1430 Celazole (Hoechst-Celanese Corp./US) 1253
Beetle (American Cyanamid Co./US) Celcon (Ticona GmbH/DE) 845
1325 Cellidor (Albis Plastic GmbH/DE) 1474,
Bekaplast (Steuler Industriewerke 1477, 1196
GmbH/DE) 573 Celluloid 1181
Beneron (J.A. Benecke GmbH/DE) 749 Celstran (Ticona GmbH/DE) 572
Benvic (Solvay/B) 650 Centrex (Monsanto Chem. Plast,
Bexloy (Du Pont Deutschland Div./US) 776
GmbH/DE) 1017 Chemfluor (Norton Performance
Bexloy V (Du Pont de Nemours/US) 1110 Plastics/US) 899
Bimoco (Menzolit s.r.l./IT) 1372 Chroma-Tek (AOC Inc./US) 1373
Birakrit (Norplex Div., UOP Inc./US) 1316 Cibamin (Ciba AG/CH) 1318
Biratex (Norplex Div., UOPIinc./US) 1316 Clarene (Deutsche Solvay Werke/DE) 528
Birax (Norplex Div., UOP Inc./US) 1315 Cleartuf (M & G Polymers/US) 1089, 1112
Blendex (GE. Speciality Chemicals/US) 749 Clocel (Baxenden Chemical Co.
Blu-Sil (The Perma Flex Mold Co. Ltd./GB) 1430
Inc./US) 1385 Clyrell (Basell Polyolefine/DE) 572
Borclean (Borealis/DK) 572 Coathylen (Alast Labor SA/CH) 596
Borcoat (Borealis/DK) 572 Coathylene (Plast Labor/CH) 505
BorECO (Borealis/DK) 572 Cobitech (M&G Polymers/US) 1089
Borflow (Borealis/DK) 572 Cobiter (M&G Polymers/US) 1089
Bormod (Borealis/DK) 572 Cole (Montell Polyolefins/BE) 738, 749
6 Handelsnamenverzeichnis 1553

Collimate (Mitsubishi Monsanto Diafoil (Mitsubishi/US) 1089


Chem./JP) 786 Diakon (ICI/GB) 810
Commex (Tecknit/US) 1385 Diapet (Mitsubishi Rayon Co.Ltd./DE) 749
Comshield (A. Schulman GmbH/DE) 738, Diarex (Mitsubishi Monsanto
749 Chem./JP) 696
Comtuf (A. Schulman GmbH/DE) 738, 749 Diofan (BASF/DE) 671
Conapoxy (Conap Div. Of WFI/US) 1408 Dion (Reichhold Inc./US) 1373
Conathane (Conap Div. Of WFI/US) 1424 Distigel (Lonza/IT) 1373
Corian (Du Pont de Nemours/US) 810 Distitron (Lonza/IT) 1373
Corlar (Du Pont Deutschland Diverrit (Felten & Guilleaume Carlswerk
GmbH/DE) 1408 AG/DE) 1316
Coroplast (Coroplast Inc./US) 573 Dobeckot (BASF Lacke + Farben
Correx (Kayserberg Plastics/UK) 574 AG/DE) 1408
Corvic (AVC, Orica/AU) 650 Dokipel (INA – Organsko
Crastin (DuPont Deutschland GmbH/De) Kemijska/YU) 696
1104 Dow PP (Dow/US) 573
Crestomer (Scott Bader Co./GB) 583, 587 Dowlex (Dow Europe/CH) 505
Crofon (Du Pont de Nemours/US) 810 Dularit (Henkel KGaA/DE) 1409
Crystic (Scott Bader Co./GB) 1373 Duracon (Daicel Polyplastic Co./JP) 845
Cyanaprene (American Cyanamid Durane (Ticona GmbH/DE) 1104
Corp./US) 1424 Durapol (Isola Werke AG/DE) 1316, 1373
Cycolac (GE Plastics Europe B.V./NL) 749 Durapox, E-Cu (Isola Werke AG/DE) 1409
Cycoloy (GE Plastics Europe B.V./NL) 749, Duraver (Isola Werke AG/DE) 1316
1052 Durax (Isola Werke AG/DE) 1312
– Cycoloy (General Electric Plastics/US) Durelast (Kemira Polymers Ltd/GB) 1440
764 Durethan (Bayer AG/DE) 1017
Cycovin (GE Plastics Europe B.V./NL) 749 Durethan A (Bayer AG/DE) 1016
Cymel (American Cyanamid Durethan B (Bayer AG/DE) 1016
Corp./US) 1329 Durex (Occidental Chemical
Corp./US) 1312
D Durez (Occidental Chemical Deutschland
Dacron (DuPont/US) 1089 GmbH/DE) 1375, 1378
Daiflon (Daikin Kogyo Co./JP) 889 Durolon (Policarbonatos do Brasil
Daiso (Osaka Soda Co. Ltd./JP) 1378 S.A./BR) 1042
Daiso DAP (Doskia Kogyo Co. Ltd./JP) 1378 Duron Fibre (Drake (fibres) Ltd./GB) 574
Daisolac (Osaka Soda Co. Ltd./JP) 519 Duropal (Duropal-Werk/DE) 1326, 1332
Daltocel (ICI Polyurethanes/BE) 1430 Dutral (Montell Polyolefins/BE) 515
Daplen (Borealis/DK) 572 Dutral (Polimerieuropa/IT) 574
Daploy (Borealis/DK) 572 Dutralene (Montell Polyolefins/BE) 515
Declar (DuPontDeutschland/DE) 1222 Dyflor (Hüls AG/DE) 899
Dellit (Isola Composites AG/DE) 574 Dylene (Arco Chem. Co./US) 696
Delmer (Asahi Chem. Ind./JP) 810 Dyneon ETFE (Dyneon GmbH/DE) 884
Delpet (Asahi Chem. Ind./JP) 810 Dyneon PTFE (Dyneon GmbH/DE) 869
Delrin (Du Pont Deutschland Dyneon FEP (Dyneon GmbH/DE) 878
GmbH/DE) 845 Dynopon (Dyno Industrie A.S./NO) 1409
Denka Malecca (Denki Kogaku(JP) 1249 Dynos (HAT Troplast AG/DE) 1458
Denkavinyl (Denki Kagaku Kogyo/JP) 667 Dynyl (Rhône Poulenc, Spécialités Chimi-
Desmobond (Miles Chemical ques/FR) 1017
Corp./US) 1409
Desmopan (Bayer AG/DE) 1440 E
Desmophen (Bayer AG/DE) 1431 Eastlon (Far Eastern/CN) 1089
Dexel (Cortaulds Chemicals & Plastics Eastoflex (Eastman Chemical Intern./US)
Ltd./GB) 1469 573
Dexflex (Solvay Deutschland GmbH/DE) Ecdel (Eastman Chemical
572 International/US) 1110
1554 6 Handelsnamenverzeichnis

EcoClear (Wellman/US) 1089 Escor (Deutsche Exxon Chemical


Ecofoam, -gel, -mold, -seal (Emerson and GmbH/DE) 596
Cuming Inc./US) 1409 Escorene (Deutsche Exxon Chemical
Ecoul (Sumitomo Chemical Europe/DE) GmbH/DE) 496, 506
1138 Eska (Mitsubishi Rayon/JP) 810
Edistir (Montapolimeri/IT) 696 Esprene (Sumitomo Chemical/JP) 574
Editel (Enichem Deutschland Estaloc, Estan (B.F. Goodrich
GmbH/DE) 749 Chemical Co./US) 1440
Ekonol (Sumitomo Chemical Co. Ethyl (Ethyl Corp. Polymer Div/US) 667
Ltd./JP) 1042 Europolymers (Avalon Chemical
Elapor (EMW Betrieb/DE) 514 Group(US) 1171
Elaslen (Showa Denko K.K./JP) 519 Evaflex (Du Pont Deutschland
Elastamid-GM (BASF/DE) 1017 GmbH/DE) 527
Elastoflex (Elastogran GmbH/DE) 1431, Eval (Eval Corp. Of America/US) 528
1481 Evatane (Elf Atochem Deutschland
Elastofoam (Elastogran GmbH/DE) 1431 GmbH/DE) 527
Elastolan (Elastogran GmbH/DE) 1440 Evipol (EVC/NL) 650
Elastolen, Elastolan (Elastogran Exact (Deutsche Exxon Chemical/DE) 506
GmbH/DE) 1440 Excalloy (A. Schulman GmbH/DE) 738
Elastopan (Elastogran GmbH/DE) 1424 Exceed (Deutsche Exxon Chemical/DE) 506
Elastopor (Elastogran GmbH/DE) 1431 Exolite (Cyro Industries/US) 810, 1052
Elcalite (Elkaplast/BE) 749 Extir (Montepolimeri/IT) 696
Electroglas (Glasflex Corp./US) 810 ExxonMobil PP (Exxonmobil Chemical/US)
Elegante (Voridian/US) 1089 573
Elitrex (AEG Isolier- und Kunststoff Exxtral (Exxonmobil Chemical/US) 573
GmbH/DE) 1409
Eltex (Solvay, Deutschland GmbH/DE) F
505 Fabelnyl (Tubize Plastics, S.A./BE) 1016
– Eltex (Solvay/BE) 496 Fabeltan (Tubize Plastics S.A./BE) 1440
Elvax (Du Pont Deutschland Fenochem (Chemiplastica II) 1314
GmbH/DE) 527 Fenoform (Chromos-Ro Polimeri/YU) 1314
Emu-Pulver (BASF AG/DE) 710 Ferrotron (Polymer Cor,/US) 869
Enguard (Ashland Specialty Chemical Com- FF-therm (Fränkische Rohrwerke
pany/US) 1373 GmbH/DE) 514
Enplex (Kanegafuchi Chem. Ind. Co. Fiber Chip (Nanya/TW) 1089
Ldt./JP) 416, 749 Fiberod (Polymer Composites Inc./US) 749
Ensinger, PBI (TKG Ensinger GmbH & Finathene (Fina Deutschland
Co./Nufringen) 1253 GmbH/DE) 496, 506
Enydyne (Cray Valley/US) 1373 Firepel (AOC Inc./US) 1373
Eperan (Kaneka Texas Corporation/ US) Flexirene (Enichem Deutschland/DE) 506
574 Flexvin (Technochemie Kessler &
Epidian (Ciech Chemikalien Co./DE) 226
GmbH/DE) 1409 Fluon (ICI PLC/GB) 869
Epikote (Deutsche Shell Chemie Fluoroloy (Flurocarbon/US) 869
GmbH/DE) 1409 Fluorosint (Polypenco GmbH/DE) 869
Epocast (Ciby AG/CH) 1409 Foamspan (A. Schulman GmbH/DE) 738
Epodite (Showa High Polymer Co./JP) 1409 Folitherm (Huthamaki/FI) 574
Epolac (Nippon Shokubai Co., Ltd./JP) 1373 Foraflon (Elf Atochem Deutschland
Epolene (Eastman Chemical Intern./US) 573 GMBH/DE) 584
Epophen (Borden Chemical Co./US) 1409 – Foraflon (ATOCHEM/FR) 869
Epsyn (DSM Copolymer Inc./NL) 574 Formica (Formica Vertriebs
Eraclear (Enichem Deutschland/DE) 506 GmbH/DE) 1326, 1332
Eraclene (Enichem Deutschland/DE) 496 Forrozell (Ferrozell GmbH/DE) 1385
Esbrite (Sumitomo Chemical/JP) 696 Fortiflex (Solvay Deutschland
Escalloy (A. Schulman GmbH/DE) 749 GmbH/DE) 496, 519
6 Handelsnamenverzeichnis 1555

Fortilene (BP Chemicals/UK) 573 HiPro (Gehr Kunstoffwerk GmbH/DE)


Fortron (Ticona GmbH/DE) 1203 574
Friatherm (Friatec AG/DE) 514 Hitanol (Hitachi Chem. Co./JP) 696
Fudowlite (Fudow Chemical Co./JP) 1378 Homapal (Homapal Plattenwerk GmbH &
Fy Rid (Borg Warner Chem./US) 696 Co./DE) 1326, 1332
Hornex (Vulkanfiberfabrik E.
G Krüger/DE) 1458
Gabotherm (Thyssen Polymer Hornit (Hornitex-Werke Gebr. Künne-
GmbH/DE) 583 meyer/DE) 1326, 1332
Gabrite (Montedison/IT) 1325 Hostacom (Basell Polyolefine/DE) 573
Gaflon (Plastic Omnium/FR) 869 Hostaform (Ticonal/DE) 845
Garolglas (American Filtrona Hostaglas (Hagedorn AG/DE) 1090
Corp./US) 810 Hostalen (Basell Polyolefine/DE) 573
Geax (AEG Isolier- und Kunststoff Hostalen (Hostalen Polyethylen
GmbH/(DE) 1315 GmbH/DE) 496
Geloy (GE Plastics Europe B.V./NL) 738 Hostalen Gur (Ticona GmbH/DE) 511
Gemax (GE Plastics Europe B.V./NL) 1153 Hostaphorm (Mitsubishi/US) 1089
Genal (General Electric Co./US) 1314 Hot-Hard (Midland Div., Dexter
Geon (Geon) 650 Corp./US) 1249
Gerodur (Haka. Gerodur AG/CH) 574 Hy-Comp (Hysol Div. Dexter
Getalit (Westag & Getalit Ag/DE) 1326, Corp./US) 1249
1332 Hycryl (AOC Inc./US) 1373
Gilco (Gilman Brothers Co./US) 710 Hydrex (Reichhold Inc./US) 1373
Glaskyd (American Cyanamid Hyfill (AOC Inc./US) 1373
Corp./US) 1378 Hylar (Ausimont Deutschland
Glasotext (AEG Isolier- und Kunststoff GmbH/DE) 584
GmbH/DE) 1316, 1409 Hypalon (Du Pont Deutschland
Glastic (Glastic Corporation/US) 1373 GmbH/DE) 519
Granlar (Montedison S.P.A./IT) 1138 – Hypalon (Du Pont/US) 521
Grilamid (EMS Chemie/CH) 1017 Hypol (W.R. Grace and Co., Organic
– Grilamid (EMS Chemie/CH) 1016 Chemical Div./US) 1431
Grilon (EMS Chemie/CH) 1016 Hysol (Hysol Div. Dexter Corp./US) 1409
Grilonit (EMS Chemie Deutschland Hytrel (Du Pont Deutschland
GmbH/DE) 1409 GmbH/DE) 1110
Grivory (EMS Chemie/CH) 1016, 1017 Hyvis (BP Chemicals Intern./GB) 587
Grivory HT (EMS Chemie CH) 1017
Gymlene (Drake (fibres) Ltd./GB) 574 I
Imidex (GE Plastics Europe B. V./NL)
H 1284
Hakathen (Haka/CH) 583 Impet (Ticona GmbH/DE) 1089
Haloflex (ICI PLC/GB) 519 Indothene (Indian Petrochemical/IN) 506
Halon (Ausimont (Deutschland) Induvil (Solvay/BR) 650
GmbH/DE) 869 Innovex (BP Chemicals
Harex (Resopal Werk H. Römmler International/GB) 506
GmbH/DE) 1315, 1316 Intolan (International Syntetic Rubber Co.,
Haveg (Dr.C.Otto & Comp. GmbH/DE) 1318 Ltd./GB) 574
Haysite (Haysite Corp./US) 1373 Invision (A. Schulman GmbH/DE) 574
Heatwave (Voridian/US) 1089 Irogran (Morton International
Hexacal (ICI Europe Ltd./BE) 1431 Inc./US) 1440
Hifax (Basell Polyolefine/DE) 573 Isofoam (Baxenden Chemical Co.
Hi-Fax (Montell Polyolefins/BE) 496 Ltd./GB) 1431
Higlas (Basell Polyolefine/DE) 573 Isomat (Chemie Linz/AT) 696
Hiloy (A. Schulman GmbH/DE) 738, 749 Isomin (Perstorp/SE) 1329
Himiran (Du Pont-Mitsui Polychemical Isopak (Great Eastern Resins/Taiwan) 749
Co./JP) 596 Isplen (Repsol/ES) 573
1556 6 Handelsnamenverzeichnis

Iupiace (Mitsubishi Gas Chem. Comp. Krasten (Chemapol/CS) 696


Inc./JP) 1151 Krene (Union Carbide Corp./US) 667, 669
Ixan (Deutsche Solvay Werke/DE) 671 K-Resin (Phillips Petroleum Chemicals
IXEF (Solvay Deutschland GmbH/DE) NV/BE) 710
1017 Krylene (Bayer AG/DE) 710
Krynol (Bayer AG/DE) 710
J Kunslo-ABS (Kunstoplast Chemie
Jupital (Mitsuio Gas Chemichal GmbH/DE) 750
Comp./JP) 845 Kydene (Rohm & Haas Co./US) 669
Kynar (Elf Atochem Deutschland
K GmbH/DE) 584
Kadel (Arnoco Performance Products/CH)
1222 L
Kane Ace (Kanegafuchi Chem. Ind. Co. Lacovyl (Atofina) 650
Ldt./JP) 749 Lacqtène (Elf Atochem
Kanelite (Kanegafuchi Chem. Ind Co. Deutschland/DE) 496, 506
Ldt./JP) 696 Ladene (Saudi Basic Ind. Corp./Saudi Ara-
Kapton (Du Pont Deutschland bien) 506
GmbH/DE) 1250 Lamitex (Franklin Fibre Lamitex
Kardel (Union Carbide Corp./US) 696 Corp./US) 1385
Kasa-Karbon (Kasa-Gruppe, Larc (US Polymeric NASA/US) 1250
Frankfurt/DE) 252 Laroflex (BASF/DE) 667
Kaurit (BASF AG/DE) 1325 Lastiflex (Lati Industria Thermoplastica
Kay Fax (Toa Gosei Chemical Ind. Deutschand GmbH./DE) 750
Co./JP) 1250 Lastilac (Lati Industria Thermoplastici
Kel F (3 M Co./US) 889, 891 Deutschland GmbH/DE) 750, 764, 1052
Kelon (L.A.T.I./IT) 1016 Lastron (Lati Industria Thermoplastici
Kelrinal (DSM Polymers & Hydro- Deutschland GmbH/DE) 1203
carbon/NL) 519 Latamid (L.A.T.I./IT) 1016
Keltaflex (DSM Polymers & Latene (Lati Industria Termoplastici/IT)
Hydrocarbons/NL) 1017 573
Keltan (DSM Copolymer Inc./NL) 574 Laylene (SABIC/Saudi Arabien) 496
Kematal (Ticona GmbH/DE) 845 Lekutherm (Bayer AG/DE) 1409
Keraphen (Keramchemie GmbH/DE) 1318 Leona (Asahi Chemical Ind./JP) 1016
Kerimel 1262 Levapren (Bayer AG/DE) 527
Kerimid (Rhône-Poulenc Spécialités Chimi- Levasint (Bayer AG/DE) 527, 528
ques/FR) 1250 Lexan (GE Plastics Europe B.V./NL) 1042,
Keripol (Bakelite AG/DE) 1373 1052, 1121
KF Blymer (Kureha Chemical Ind. Co. Lexan PPC (GE Plastics Europe
Ltd./JP) 584 B.V./NL) 747
KF Piezo Film (Kureha Chemical Ind. Co. Lighter (Dow/US) 1089
Ltd./JP) 891 Litac (Mitsui Toatsu Chemicals Inc./JP) 738,
Kibisan (Chi Mei Industrial Co. Ltd./Tai- 750
wan) 738 Litex (Hüls AG/DE) 710
Kinel 1262 Loksand (Drake (fibres) Ltd./GB) 574
Koblend (Enichem Deutschland Lomix (LORENZ Kunststofftechnik
GmbH/DE) 710, 752 GmbH/DE) 1373
Kodapak (Eastman Chem. Int./US) 1112 Lomod (General Electric Plastics
Kodar (Eastman Chem. Int./US) 1112 Europe/NL) 1110
Kohab (Kohab/Korea) 1089 Lopreg (LORENZ Kunststofftechnik
Kosa (KoSa/US) 1089 GmbH/DE) 1373
Koylene (Indian Petrochemicals Corp./IN) Lotrene (BASF AG/DE) 506
573 Lubrilon (A.Schulman GmbH/DE) 750
Kralastic (Uniroyal/Sumitomo Chem. Co. Lucalen A (BASF AG/DE) 532
Ltd./JP) 750 Lucite (Du Pont de Nemours/US) 810
6 Handelsnamenverzeichnis 1557

Lucobit (BASF AG/DE) 533 Monothane (Sinair Corp./US) 1424


Lucryl (BASF AG/DE) 810 Moplen (Basell Polyolefine/DE) 573
Luflexen (BASF AG/DE) 506 Moplex (Montell Polyolefins/BE) 218
Lupan (Standard Polymers/US) 738 Multiflex (Multibase/US) 573
Lupolen (BASF AG/DE) 496, 506 Multilon (Teijin Chemicals Ltd./JP) 1052
Lupolen UHM (BASF AG/DE) 511 Multipro (Multibase/US) 573
Luran (BASF AG/DE) 738 Mylar (Du Pont/US) 1089
Luran S (BASF AG/DE) 776 Myoflex (Von Roll Isola/CH) 1409
Luranyl (BASF AG/DE) 1151 Mytex (Exxonmobil Chemical/US) 573
Lustran (Monsanto Chemical Co. Plast
Div./US) 738, 750 N
Lutofan (BASF AG/DE) 667 Nabutene (Ets. Convert/FR) 750
Necofene (Ashland Chemical Corp./US)
M 1151
Magnum (Dow Europe/CH) 750 Neoflon (Daikin Industries./JP) 869, 878
Makrolon (Bayer AG/DE) 1042 Neonit (Ciba-Geigy/CH) 1378
– Makrolon (Röhm GmbH/DE) 747 Neopolen (BASF Aktiengesellschaft/DE)
Makrolon Longlife-UV (Röhm 574
GmbH/DE) 1052 Neo-Zex (Mitsui Petrochemical
Malaform (Chromos-Ro Ind./JP) 496, 506
Polimeri/Croatia) 1329 Nepol (Borealis/DK) 573
Maranyl (ICI PLC/GB) 1016 Nipoflex (Toyo Soda Mfy. Co. Ltd./JP)
Maranyl A (ICI PLC/GB) 1016 572
Maricon (Riken Vinyl Ind. Co. Ldt./JP) 750 Nipolon (Toyo Soda Mfy. Co.Ltd./JP) 496,
Marlex (Phillips Petroleum Chem./US) 496 506
Maxguard (Ashland Specialty Chemical Nitriflex EP (Nitryflex S.A. Industria e
Company/US) 1373 Comercio/BR) 574
Max-Platte (Isovolta/AT) 1326, 1332 Nivionplast (EniChem/IT) 1016
Melaicar (AICAR/ES) 1329, 1331 Noblen (Sumitomo Chemical/JP) 573
Melbrite (Montedison/IT) 1329 Nolimid 1262
Melinar (DuPont/US) 1089 Nordel (Dupont Dow Elastomer/CH) 574
Melinex (Du Pont/US) 1089 Norpol (Reichhold Inc./US) 1373
Melmex (BIP Chemicals/GB) 1330 Norsodyne (Cray Valley/US) 1373
Melochem (Chemiplastics SiP.Ai/IT) 1330 Norsomix (Cray Valley/US) 1373
Melopas (Cidy-Geigy/CH) 1331 Norvinyl (Hydro Polymers/NO) 650
– Melopas (Raschig AG/DE) 1330 Noryl (GE Plastics Europe/NL) 848, 1151
Menzolit (Menzolit-Werke Albert Schmidt Noryl GTX (GE Plastics Europe
GmbH/DE) 1373 B.V./NL) 1017, 1153
Merlon T (Mobay Chemical Co./US) 747 Novadur (Mitsubishi Chemical
Metamarble (Teijin Chem, Ltd./JP) 750 Europe/DE) 1104, 1138
Metocene (Basell Polyolefine/DE) 573 Novamid (Mitsubishi Chemical
Mezoplast (Metzeler Schaum GmbH/DE) Europe/DE) 1017
750 Novapol (Novacor Chemicals Ltd./CA) 506
Microthene (Quantum Chemical Novarex (Mitsubishi Chemical
Corp./US) 496, 506 Ltd./JP) 1042
Mindel (Amoco Performance Prod./US) 750 Novatec (Mitsubishi Chemical
Minicel (Sekisui Chemical Company/JP) Europe/DE) 497
574 Novex (BP Chemicals Intern.Ltd./GB) 497
Minlon (Du Pont Deutschland Novodur (Bayer AG/DE) 750
GmbH/DE) 1016 Novolen (Basell Polyolefine/DE) 573
Mirason (Mitsui Polychemical Co./JP) 496, Nucrel (Du Pont Deutschland
506 GmbH/DE) 514, 527, 532
Mitsui EPT (Mitsui Chemical/JP) 574 Nylatron 46 (Polymer Corporation/US)
Moldesite (HMC-SPREA/IT) 1314 1017
Moltopren (Bayer AG/DE) 1431 Nyrim (DSM RIM Nylon/NL) 1017
1558 6 Handelsnamenverzeichnis

O Plaskon (Plaskon Elektronic Inc./US) 1378


Okiral (INA – Organsko Kemijska – Plaskon (Plaskon Moldings Div./US) 1016
Ind./YU) 696 Plastiroll (Hermann Wendt GmbH/DE)
Oldopal (Büfa Reaktionsharze GmbH & 750
Co./DE) 1373 Plastothane (Morton Thiokol/US) 1440
Oldopren (Büsing & Fasch GmbH & Plenco (Plastis Engineering Co./US) 1314
Co./DE) 1440 Plexar (Quantum Chemical Corp./US) 527
Oltvil (A.C. Chemicals SLR/RO) 650 Plexidur (Röhm GmbH/DE) 811
Ongrovil (BorsodChem Rt./HU) 650 Plexiglas (Röhm GmbH/DE) 811
Oppanol-B (BASF AG/DE) 587 Pollopas (Perstorp/SE) 1325
Opticite (Dow Chemical Cor./US) 696 Polyathane (Morton International Inc./US)
Optimold (Cook Composites and Poly- 1440
mers/US) 1373 Polycarbafil (Akzo Engineering Plastics
Opto (ICI Fibenite/DE) 1409 Inc./US) 1042
Orevac (Atofina) 573 Polychem (Budd Co. Polychem
Orgamide (Atofina/US) 1016 Div./US) 1378
Orgater (Palmeroll sarl/FR) 1104 Polyclear (Kalle Pentaplast/DE) 1112
Oroglas (Rohm & Haas, Co./US) 810 Polycom (Polyplast Müller GmbH/DE) 573
Osstyrol (A. Hagedorn & Co. AG/DE) 710, Polycor (Cook Composites and
738, 750 Polymers/US) 1373
Oxycal (Occidental Chem. POLYfill (Polykemi AB/SE) 573
Deutschland/DE) 750 Polyflam (A. Schulman GmbH/DE) 573,
710, 750
P Polyflon (Daikin Kogyo Co./JP) 869
Palapreg (DSM Composite Resins AG/CH) Polyfort (A. Schulman GmbH/DE) 573, 738
1373 Polygard MR (Polytech Inc./US) 1042
Palatal (DSM Composite Resins AG/CH) Polyimidal (Raychem Corp./US) 1250
1373 Polylac (Chi Mei Ind. Co. Ldt./Taiwan)
Palpet (Kyowa Gas Chem./JP) 810 750
Pamflon (Norton Pampus/DE) 869 Polylite (Dainippon Ink an Chemicals,
Panlite (Teijin Chemicals Ltd.IJP) 1042 Inc./JP) 1373
Paraloid (Rohm & Haas Co./US) 710 Polyman (A. Schulman GmbH/DE) 738,
Paraglas (Degussa(DE) 810 750
Paraplex (Rohm & Haas Co./US) 1409 Polyrex (Polychem Co. Chi. Mei Ind./Tai-
PAS-PP (Faigle AG Igoplast/CH) 574 wan) 696
Paxon (Allied Corp./US) 531 Polystar (A. Schulman GmbH/DE) 750
Pebax (Atofina/US) 1017 Polystyrol (BASF AG/DE) 710
Pekevic (Neste Oy Chemicals/FI) 583 Premi-Glas (Premix Inc./US) 1373
Pelaspan (Dow Chemical Cor./US) 696 Premi-Ject (Premix Inc./US) 1373
Pelprene (Toyobo Co. Ltd./JP) 1440 Prerex (GE Plastics Europe/NL) 1151
Permaclear (Wellman/US) 1089 Presto (Reynolds Consumer Europe/BE)
Permafresh (Drake (fibres) Ltd./GB) 574 506
Perspex (ICI/GB) 810 Primacor (Dow Chemical/US) 530
Perstorp (Compounds, Perstorps Primef (Solvay Deutschland
AB/SE) 1326, 1332 GmbH/DE) 1203
Petal (Tekno Polymers AS/US) 1090 Probimer (Ciba AG/CH) 1409
Petra (BASF/DE) 1090 Pro-fax (Basell Polyolefine/DE) 573
Petrochem (Quantum Chemical Propafilm (UCB Films/BE) 574
Corp./US) 497 Pulse (Dow Europe/CH) 750, 764, 1052
Petrothene (Quantum Chemical Pultru (AOC Inc./US) 1373
Corp./US) 506 Pyro-Chek (Ferro Corp./US) 696
Pevikon (Hydro Polymers/NO) 650
Pexgol (Golan Plastics Products/IL) 515 Q
P-Flex (Putsch GmbH/DE) 750 Quelflam (Baxenden Chemical Co.
Pkb (Altinel Melamin Sanayii AS/TR) 1373 Ltd./US) 1431
6 Handelsnamenverzeichnis 1559

R Rynite (DuPont/US) 1089


Radel A (Amoco Performance Ryton (Phillips Petroleum Chemicals
Plastics/CH) 1188 NV/BE) 1203
Ralupol (Raschig GmbH/DE) 1373 Ryulex (Dainippon Ink & Chemicals
Ravepox (Enichem Deutschland Inc./JP) 764, 1052
GmbH/DE) 1409
Reny (Mitsubishi Geochem. Comp. S
Inc./JP) 1017 Sansex (Mitsubishi Monsanto Chem.
Renyl (Snia Technopolimeri/IT) 1016 Co./JP) 738
Repete (M&G Polymers/US) 1089 Santoclear (Mitsubishi Monsanto
Resaritglas (Resart/DE) 811 Chem./JP) 696
Resart (Resart/DE) 1331 Santolite (Advanced Elastomer Systems
Resimene (Monsanto Co/US) 1331 LP/US) 1222
Resinol (Raschig AG/DE) 1314, 1431 Saran (Dow Chemical/US) 671
Resocel (S.I.R. Montedison/IT) 1314 Sasolen (Sasol Polymers/SA) 573
Resopal (Rethmann Plano GmbH/DE) 1326, Saxene (ECW Eilenburger Compound Werk
1332 GmbH/DE) 574
Restil (Montedison S.p.A./IT) 738 Saxerol (ECW Eilenburger Chemie Werk
Rexene (Rexene Products Co./US) 506 AG/DE) 750
Rheponal (Braas Scarab (BIP Chemicals/IT) 1325
Flachdrucksysteme/DE) 587 Schulamid (Schulmann/DE) 1016
Rhodapas (Rhône Poulenc S.A./FR) 710, Sclair (Du Pont Deutschland
776 GmbH/DE) 497, 506
Ricolor (Holztechnik GmbH Scolefin (Buna AG/DE) 497
Ricolor(DE) 1326, 1332 Scona (Buna AG/DE) 515
Rigidex (BP Chemicals Intern. Ltd./GB) 497 Sconater (Buna AG/DE) 750, 786
Rigipore (BP Chemicals Int./GB) 696 Scotchcast (3M Co./US) 1409
Rigolac (Showa High Polymer Co./JP) 1373 Selar (Du Pont Deutschland
Rilsan A (Atofina/US) 1016 GmbH/DE) 1017
Rilsan B (Atofina/US) 1016 – Selar (Du Pont de Nemours/US) 528
Rimplast (LNP Plastics Nederland Selar (DuPont/US) 1089
B.V./NL) 1385 Selectrofoam (PPG Industries Inc./US) 1431
Riteflex BP (Ticona GmbH/DE) 1110 Senocryl (Senoplast Klepsch & Co./DE) 750
Rodrun (Unitika Ltd./JP) 1138 Setilithe (Tubize Plastics S.A./BE) 1469
Ronfalin (DSM Polymers & Shimoco (Menzolit s.r.l./IT) 1373
Hydrocarbons/NL) 750 Shinko-Lac (Mitsubishi Rayon Co.
Ropol (Chemisches Kombinat/RO) 497 Ltd./JP) 750
Rosite (Rostone Corp./JP) 1373 Shinkolite (Mitsubishi Rayon Co./JP) 810
Rotothene (Rototron Corp./US) 506 Sho-Allomer (Showa Denko K.K./JP) 218
Roxene (Roxene Products Co./US) 527 Sholex (Showa Denko K.K./JP) 497
Royaledge (Uniroyal Chemical Co. Inc./US) Silbione (Rhône-Poulenc Silicones/FR) 1385
574 Silipact (Lonza-Werke/DE) 1385
Royalene (Uniroyal Chemical Co. Inc./US) Silon (Silon Werk/CS) 1016
574 Siltem (GE Plastics Europe B.V./NL) 1385
Royalite (Royalite Thermoplastics Simona (Simona AG Kunstoffwerke/DE) 574
Div./US) 750, 1042 Sinkral (Enichem Deutschland
Royalstat (Royalite Thermoplastics GmbH/DE) 750
Div./US) 750 Sintimid (Lenzing/AT) 1250
Royaltherm (Uniroyal Chemical Co. Sinvet (Enichem Deutschland
Inc./US) 574 GmbH/DE) 1042
Roylar (B.F. Goodrich Chemical Siramide (Siolite Srl/IT) 1017
Group/US) 1440 Sircel (Montedison/IT) 696
Rulon (Dixon Ind. Corp./US) 869 Sirit (S.I.R./IT) 1325
Rütaform (Bakelite AG/DE) 1373 Skybond (Monsanto Chemical Co., Plast.
Rütapox (Bakelite GMBH/DE) 1409 Div./US) 1250
1560 6 Handelsnamenverzeichnis

Slotrex (BASF AG/DE) 506 Superohm (H. Schulman GmbH/DE) 515


Sniamid (Snia Technopolimeri/IT) 1016 Supraplast (Raschig GmbH/DE) 1373
Soarblen (Nippon Gohsei Chemical Supraplast (Süd-West-Chemie
Ind./JP) 527 GmbH/DE) 1314, 1330
Soarlex (Nippon Gohsei Chemical Sure-Seal (Carlisl Syntec Inc./US) 574
Ind./JP) 527 Surlyn A (Du Pont Deutschland
Soarnol (Nippon Gohsei Chem./JP) 528 GmbH/DE) 596
Softlex (Nippon Petrochemical Co./JP) 527 Synolite (DSM Composite Resins AG/CH)
Softlon (Sebisui Chemical Co.Ltd./JP) 515 1373
Solarflex (Panasote Inc./US) 519
Solef (Solvay Deutschland GmbH/DE) 584 T
Solvic (Solvay & Cie./BE) 650, 667 Tafmer (Mitsui Chemical Europe/DE) 515
Sparlux (Solvay Deutschland Tarnoform (Stickstoffwerke Tarno/PL) 1151
GmbH/DE) 1042 Technoduct (Techno Chemie Kessler &
Sprelaform (Sprela-Schichtstoff Co./DE) 226
GmbH/DE) 1373 Technora (Teijih Ltd./JP) 1017
SSP Chip (Nanya/TW) 1089 Tecolite (Toshiba Chem. Prod. Co./JP) 1314
Stabar (ICI PLC/UK) 1173, 1222 Tedlar (Du Pont Deutschland
Staflene (The Nisseki Plastic Chemical GmbH/DE) 891
Co./JP) 497 Tedur (Albis Plastic GmbH/DE) 1203
Staloy (DSM; Polymer & Teflon (Du Pont Deutschland
Hydrocarbons/NL) 750 GmbH/DE) 869
Stamylan (DSM, Polymers & Hydrocar- Teflon FEP (Du Pont Deutschland
bons/NL) 497 GmbH/DE) 878
Stamylan P (Sabic (Saudi Basic Industries Tefzel (DuPont Deutschland GmbH/DE) 884
Corporation)/SA) 573 Tempalloy (A. Schulman GmbH/DE) 750
Stamylex (DSM; Polymers & Tenac (Asahi Chemical In./JP) 845
Hydrocarbon/NL) 506 Tenex (Teijin Chemicals Ltd./JP) 1477
Stanyl (DSM, Polymers & Tenite (Eastman Chemical Products
Hydrocarbons/NL) 1016, 1017 Inc./US) 506, 1469, 1474, 1477
Star-C (Ferro Eurostar/FR) 1042 – Tenite (TVK Tisza Chemical
Starglas (Ferro Eurostar/FR) 738, 750 Combine/HU) 497
Stat-Kon (LNP Plastics Nederlands Terblend (BASF AG/DE) 776
B.V./NL) 573 Terblend B (Basf AG/DE) 1052
Statoil TPE (Statoil Den norske Terblend S (BASF AG/DE) 781, 1052
stats/NO) 515 Terluran (BASF AG/DE) 750
Stycast (Emerson & Cuming Inc./US) 1409 Terlux (BASF AG/DE) 750, 756
Stylex (Mitsubishi Kasei Corp./JP) 696 Tetra-Dur (Tetra-DUR GmbH/DE) 1373
Stypol (Cook Composites and Polymers/US) Texin (Miles Chemical Corp./US) 1052
1373 Textolite (GE Plastics Europe BV/NL) 1385
Styrafil (Akzo Engng. Plastics Inc./US) 710 Thanol (Texaco Chemical Co./US) 1431
Styroblend (BASF AG/DE) 710 Thermax I (A. Schulman GmbH/DE) 750
Styrodur (BASF AG /DE) 696 Thermoder (Mitras Kunststoffe
Styrolux (BASF AG/DE) 723 GmbH/DE) 750
Styron (Dow Chemical Corp./US) 696 Thermolast (Gummiwerk Kraiburg/DE) 786
Styropor (BASF AG /DE) 696 Tipolen (TVK Tisza Chemical
Sumica Flex (Sumitono Chemical Combine/HU) 497
Co./JP) 515 Tipox (TVK Tisza Chemical
Sumikathene (Sumitomo Chemical Combine/HU) 1409
Co./JP) 497, 506, 527 Topas (Ticona GmbH/DE) 573, 596
Sumilik FST (Sumitomo Chem. Co./JP) 1173 Toporex (Mitsui Toatsu Chem./US) 696
Sumipex (Sumitomo Chem. Co./JP) 811 Torayfan (Toray Plastics America/US) 573
Suntel (Asahi Chemical Ind./JP) 497 Toraylina (Toray Plastics America/IR) 1203
Supec (GE Plastics Europe B.V./NL) 1203 Torayxa (Toray Ind./JP) 1016
Super Dylan (Arco Chem./US) 497 Torlen (Elana-Werke/PL) 1104
6 Handelsnamenverzeichnis 1561

Torlon (Amoco Performance V


Products/CH) 1272 Valox (GE Plastics Europe B.V./NL) 1104
Toyolac (Toray Industries Inc./JP) 738, Vandar (Ticona GmbH/DE) 1104
750 Varlan (DSM/NL) 667
TPX (Mitsui Petrochem, Ind. Ltd./JP) 591 Vectra (Ticona GmbH/DE) 1138
Transparene (Neste OY Chemicals/FI) Vegetalite (SALT/IT) 1314
1052 Versamid (Henkel Corp./US) 1017
Traytuf (M&G Polymers/US) 1089 VersaTray (Voridian/US) 1089
Treax (Toray Plastics America/US) 573 Verton (LNP Plastics Nederland BV/NL) 573
Trespaphan (Treofan/DE) 574 Vespel (Du Pont Deutschland
Triax (Monsanto Chemical Co. Plast. GmbH/DE) 1250
Div./GB) 750 Vestalon EM (DSM/NL) 226
Trilene (Uniroyal Chemical Co. Inc./US) Vestamid (Degussa AG/DE) 1016, 1017
574 Vestamid E (Degussa AG/DE) 1017
Trocellen (HAT Troplast AG/DE) 515 Vestason (Degussa AG/DE) 705
Trogamid (Hüls-Troisdorf/DE) 1017 Vestiform (Hüls/DE) 811
Trogamid B (Degussa AG/DE) 1016 Vestodur (Hüls AG/DE) 1104
Trogamid T (Degussa AG/DE) 1017 Vestolen (DSM/NL) 497
Trolitax (Hüls AG/DE) 1314, 1315, 1316 Vestolen P (Sabic (Saudi Basic Industries
Trosiplast (Hüls AG/DE) 667 Corporation)/SA) 573
Tufpet (Toyobo Co. Ltd./JP) 1104 Vestolit (Vestolit/DE) 650
Tuplin (Union Carbide Corp./US) 506 Vestoran (Hüls AG/DE) 1151
Tygaflor (American Cyanamid Vestoson (Degussa AG/DE) 1017
Aerospace/US) 869 Vestyron (Hüls AG/DE) 696, 738
Typar (Du Pont Deutschland GmbH/DE) Vibrathane (Uniroyal/US) 1424
573 Vibrin (AOC Inc./US) 1373
Tyril (Dow Europe/CH) 738 Vicast (AOC Inc./US) 1374
Victrex (Victrex Deutschland
U GMbH/DE) 1188, 1222
Uber (Ube Industries Ltd./US) 506 Vidyne R (Monsanto/us) 1017
Udel (Amoco Performeance Vinidur (BASF AG/DE) 667, 669
Products/US) 1173 Vinnapas (Wacker Chemie GmbH/DE) 527
Ultem (GE Plastics Europe B.V./NL) 1283 Vinnolit (Vinnolit Kunststoff
Ultrablend (BASF AG/DE) 1052 GmbH/DE) 650, 667, 669
Ultradur (BASF AG/DE) 1104 Vinnolit Z (Vinnolit Kunststoff
Ultraform (BASF AG/DE) 845 GmbH/DE) 663
Ultralen (Lofo High Tech Film GmbH/DE) Vinora (Vinora AG/CH) 506
574 Vinuran (BASF AG/DE) 668
Ultramid (BASF AG/DE) 1017 Vipel (AOC Inc./US) 1374
Ultramid A (BASF/DE) 1016 Viplast (Eni Chem. Deutschland/DE) 304
Ultramid B (BASF AG/DE) 1016 Viplast (Montecatini/IT) 650
Ultramid T (BASF AG/DE) 1017 Visqueen (ICI PLC/GB) 506, 527
Ultranyl (BASF AG/DE) 1153 Vistalon (Advanced Elastomer
Ultrason E (BASF AG/DE) 1188 Systems/US) 527
Ultrason S (BASF AG/DE) 1173 Vistalon (Exxonmobil Chemical/US) 573
Ultrathene (Quantum Chemical Vistalon (Exxonmobil Chemical/US) 574
Corp./US) 527 Vistanex (Advanced Elastomer Systems
Unilok (British Vita Co./GB) 811 L.P./US) 587
U-Pica (U-Pica Co., Ltd./JP) 1373 Vitacom TPE (British Vita Co. Ltd./GB) 786
U-Polymer (Unitika Ltd./JP) 1120 Vitralex (Stanley Smith & Co. Plast.
Urafil (Akzo-Engineering Plastics Div/GB) 750
Inc./US) 1440 Volony (A. Schulman GmbH/DE) 750
Urochem (Chemiplasta/IT) 1325 Voltalef (Elf Atochem Deutschland/DE) 889
Uroplas (AMC-Sprea S.p.A./IT) 1325 Voridian (Voridian/US) 1089
Uthane (Urethanes India Ltd./IN) 1440 Vyncolite (Vynckier/BE) 1314, 1331
1562 6 Handelsnamenverzeichnis

W Xylan (Whitford Cor./US) 584, 869


Wacker Silicone (Wacker Chemie Xyron (Amoco Performance
GmbH/DE) 1385 Products/US) 1151
Walothen (Wolff Walsrode AG/DE) 574
Z
X Zenite (DuPont Deutschland GmbH/DE)
Xanter (DSM Polymers & 1138
Hydrocarbons/NL) 1042 Zetafin (Dow Chemical/US) 531
Xenoy (GE Plastics Europe/NL) 1052 Zimek (DuPont Deutschland GmbH/DE) 527
Xmod (Borealis/DK) 573 Zyex (ICI PLC/GB) 1222
Xydar (Amoco Performance Products Zytel (DuPont Deutschland GmbH/DE)
Genf/CH) 1138 Zytel (DuPont/US) 1016, 1017
KAPITEL 7

Kunststoffverzeichnis
(Die Eigenschaften der mit * gekennzeichneten Kunststoffe sind in
Beilage 1 näher dargestellt)

A Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK)
* Acrylnitril/Polybutadien/Styrol-Pfropf- 528
polymere (ABS) 739 Ethylen/Methylacrylat-Copolymere (EMA)
* Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropfpoly- 530
mere (ASA) 764 Ethylen/Propylen (Dien)-Copolymere
Acrylnitril-Copolymere 790 (EPDM) 548
Alkydharz-Formmassen 1374 * Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC)
Amide, partiell aromatische 993 522
Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH)
B 527
Bisphenol A-Copolycarbonate 1043
Blend aus Polyamid und Polyphenylen- F
ether (PA + PPEmod) 1151 Fluorelastomere, thermoplastische 900
Blends aus PVC und Acrylpolymeren 668
Blends aus PVC und chloriertem PE-HD G
(PE-HD-C) 654 Gusspolyamid 12 1008
Blends aus PVC und EVA-Copolymeren Gusspolyamid 6 1006
bzw. EVA/VC-Propfcopolymeren Gusspolyamid 6, elastomermodifiziertes
663 1007
Gusspolyamid 6/12 1007
C Gusspolyamide 1001
* Celluloseacetat (CA) 1463
* Celluloseacetobutyrat (CAB) 1474 H
Cellulosenitrat (CN) 1458 * Harnstoff/Formaldehyd Kunststoffe
* Cellulosepropionat (CP) 1469 (Aminoplaste)(UF) 1318
Copolyimide 1250 Harnstoffharze, technische 1325
Copolymer aus
– Vinylchlorid und I
Vinylidenchlorid/Acrylnitril-Copoly- * Ionomere 592
meren (VC/VDC/AN) 669 Isocyanatharze 1413
Cycloolefincopolymere (COC) 596
M
D * Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF)
Duroplaste 41, 362, 379 1326
* Melamin/Phenol/Formaldehyd-Form-
E massen, härtbare (MPF) 1330
* Epoxidharze (EP) 1388 Melaminharze, technische 1331
– technische 1388 MF-Formmassen
Ethylen/Acrylsäure-Copolymer (EAA) – härtbare 1327
531 – modifizierte 1330
Ethylen/Butylacrylat-Copolymerisat
Bitumen (EBA) 532
1564 7 Kunststoffverzeichnis

P * Polyesterharze, ungesättigte (UP) 1333


PA 12-Elastomer 998 Polyesterimid 1284
PC Cokondensate (PEC) 1043 * Polyetherimid (PEI) 1272
PF-Formmassen, härtbare 1290 Polyetherketone
Pfropfcopolymere * – aliphatische (PEK) 1222
– MMA, SB und ABS (MABS) 751 * – aromatische (PEK, PEEK) 1203
* Phenol/Formaldehyd-Kunststoff (PF) * Polyethersulfon (PES)
1286 Polyethylen (PE) 455
Phenolharze, technische 1314 – abbaubare und andere Kunststoffe 533
* Poly-4-methylpenten-1 (PMP) 587 – chloriertes (PE-C) 516
* Polyacetal (POM) 813 – Modifikation 512
Polyacrylnitril (PAN) 789 * – PE-HD 461
Polyaddukte, thermoplastische 1440 – PE-HD-UHMW 506
Polyamide (PA) 909 * – PE-LD 461
– Co-Polyamide 996 – PE-LLD 497
– modifizierte 993 – sulfochloriertes 521
* – Polyamid 6 911 – vernetztes (PEX) 512
* – Polyamid 11 911 * Polyethylenterephthalat (PET) 792, 1053
* – Polyamid 12 911 * Polyimid (PI) 1235
– Polyamid 46 911 – klassisches 1237
* – Polyamid 66 910 * Polyisobutylen (PIB) 584
* – Polyamid 6/3T 911 Polyethylennaphthalat (PEN) 1054
– Polyamid 610 911 Polyethylenterephthalat mit Glykol,
– Polyamid 612 911 zähigkeitsoptimiertes (PET-G) 1054
– Polyamid 69 911 Polyethylenterephthalat, amorphes
– Polyamid 6I 911 (PET-A) 1054
– Polyamid 6/6T 965 Polyethylenterephthalat, kristallines
Polyamide, flexible 995 (PET-C) 1054
– polymermodifizierte 1010 Polykondensat, thermoplastisches 905
Polyamidelastomere, thermoplastische Polymere
997 – eigenverstärkende teilkristalline (LCP)
* Polyamidimide (PAI) 1262 1121
Polyamid-RIM-Systeme 1001 Polymerblends (ABS + PC) 756
Polyarylamide, Arylamid (PA MX D 6) – (ASA + PC) 776
960 Polymethacryl/Imid (PM/I) 811
Polyarylate (Polyarylester) 1114 * Polymethylmethacrylat (PMMA) 793
* Polyarylether 1141 Polyolefine
Polyarylethersulfone (PES) 1173 – aliphatische 591
* Polyarylsulfon 1153 – chlorierte 516
* Polybenzimidazol (PBI) 1250 – – vernetzte (PE-CX) 520
* Polybismaleinimid 1253 Polyoxadiazo-benzimidazol 1250
* Polybuten-1 (PB) 577 * Polyphenylensulfid (PPS) 1188
* Polybutylenterephthalat (PBT) 1091 * Polyphthalamid (PPA) 981
* Polycarbonat (PC) 1019 * Polypropylen (PP) 535
Polycarbonat + Styrolcopolymerblends 1049 * Polystyrole, schlagzähmodifizierte 698
Polycarbonat+Polybutylenterephthalat- * Polysulfon (PSU) 1154
Blends (PC+PBT) 1050 * Polytetrafluorethylen (PTFE) 848
Polycarbonatblends 1048 * Polytrifluorchlorethylen (PCTFE) 884
* Polydiallylphathalat-Formmassen Polypropylen, ataktisches (aPP) 543
(PDAP) 1375 Polypropylen, elastomermodifiziert 546
Polycyclohexendimethylterephthalat (PCT) Polypropylen, isotaktisches (iPP) 539
1054 Polypropylen, sydiotaktisches (sPP) 542
Polyester, thermoplastische 1018 Polyurethane
Polyesterelastomere, * – lineare 1440
thermoplastische((TPE-E) 1105 – vernetzte (PU) 1412
7 Kunststoffverzeichnis 1565

* Polyurethan-Elastomere, thermoplasti- Styrol/Butadien-Elastomere, thermo-


sche (TPE-U) 1431 plastische (SBS-TE) 782
* Polyurethan-Gießharz (PUR) 1420 * Styrol/Butadien-Pfropfpolymere (SB)
* Polyphenylenether (PPEmod) 1142 701
* Polyvinylchlorid (PVC) 605 Styrol-Copolymere 696
Polyvinylchlorid-Modifikationen 652 Styrol-Homopolymere (PS) 677
Polyvinylchlorid, Emulsionspolymerisation
(E-PVC) 606 T
Polyvinylchlorid, Massepolymerisation * Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer
(M-PVC) 606 (E/TFE) 878
Polyvinylchlorid, Suspensionspoly- * Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen-
merisation 606 Copolymer (FEP) 869
Polyvinylfluorid (PVF) 889
* Polyvinylidenfluorid (PVDF) 892 U
Prepregs 1409 UP-Formmassen, verstärkte 1343
PUR-Integralschaumstoffe 1424 UP- Reaktionsharze 1333
UP-Reaktions-Gießharze 1334
S
SAN-Modifikationen 739 V
Silicone (SI) 1379 Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-
* Siliconharz-Formmassen 1381 Polyolefin 602
Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS) Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere 672
723 Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere 672
* Styrol/Acrylnitril-Copolymere (SAN) Vinylpolymere 605
725 * Vulkanfiber (VF) 1456
Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere
(SBS) 711
KAPITEL 8

Sachverzeichnis

A Metallisieren 775
2D-Flächen 414 Rotationsschweißverfahren 776
3D-Volumenmodelle 414 Schädigungsarbeit 770, 772
a-Modifikation 539 Schlagzähigkeit 764, 773
Abbaubarkeit, biologische 1443 Selbstentzündung 775
Abriebfestigkeit 519 Spannungsdehnungslinien, isochrone
ABS + PC 756 771
Bearbeitung 763 Spannungsrissbeständigkeit 73
Beurteilung, gesundheitliche 762 Trennen 775
Chemikalienbeständigkeit 762 Umwandlungstemperaturen 765
Eigenschaften 758 Verarbeitungsbedingungen 775
– elektrische 762 Verhalten bei hoher Verformungs-
– thermische 762 geschwindigkeit 770
Formbeständigkeit in der Wärme 758 Verhalten bei schwingender
Galvanisieren 763 Beanspruchung 771
Heizelementschweißen 763 Witterungsbeständigkeit 770
Kerbschlagzähigkeit 758 Wöhler-Kurven 771
mechanische 758 Acrylnitril-Copolymere 790
Metallisieren, chemogalvanisches 757 Barriere-Kunststoffe 790
Reibschweißen 763 Brechungsindex 791
thermische 758 Brennbarkeit 791
Ultraschallschweißen 763 Chemikalienbeständigkeit 791
Umwandlungstemperaturen 761 Eigenschaften, thermische 791
Verarbeitungsbedingungen 763 Latex-Kautschuk 791
Verhalten bei hoher Verformungs- Mehrphasensysteme 791
geschwindigkeit 761 Permeabilität 791
Vibrationsschweißen 763 Schmelzenfestigkeit 792
Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropf- Sperreigenschaften 791
copolymere (ASA) 764 Transparenz 792
Beurteilung, gesundheitliche 775 Witterungsbeständigkeit 791
Brennbarkeit 775 Additionspolymerisation 22
Chemikalienbeständigkeit 772 Additionspolymerisation 27
Dehngeschwindigkeit 765 Copolymerisation 25
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Epoxidharz 31, 32
Gase 775 Polymerisation, ionische 28
Eigenschaften, elektrische 772 Polypropylen, isotaktisches 23
– thermische 772 Polymerisation, katalytische 29
Fügen 775 Katalysatoren, anionisch koordinative 23
Heizelementschweißverfahren 776 Kettenabbruch 26
Kurzzeitverhalten bei geringer Kettenreaktion 22
Verformungsgeschwindigkeit 764 Kettenwachstum 26, 29
Langzeitverhalten 770 Kondensationspolymerisation 33
1568 8 Sachverzeichnis

Additionspolymerisation Verarbeitungsbedingungen 964


Massenkunststoff 26 Wasseraufnahme 962
Metallocen-Katalysator 24, 29, 30 ASA + PC 776
Monomere 26 Abbau, photooxidativer 777
– für Kondensationspolymerisate 35 Alterungsbeständigkeit 776
– für Polyadditionen 31 Beurteilung, gesundheitliche 780
Niederdruck-Polyethylen 29 Brennverhalten 779
Oligomere 36 Chemikalienbeständigkeit 777
PET 35 Entzündbarkeit 779
Phenolharz 34 Flammenausbreitungsgeschwindigkeit
Polyaddition 31, 33 779
Polyaddukte 32 Fließfähigkeit 781
Polyamid 36, 37 Glasübergangstemperatur 777
Polycarbonat 36, 37 Verarbeitung 781
Polyester 37 Witterungsbeständigkeit 776
Polyesterbildung 36 ataktisches Polypropylen (aPP) 543
Polyethylenterephthalat 34 Aufbau der Kunststoffe 52
Polykondensation 36 aliphatisch 53
Polyolefin 30 aromatisch 53
Polypropylen, ataktisches 23 Atombindung 54
Polysiloxane 37 Bindekräfte, primäre 53
Polyurethan 31, 32 – zwischenmolekulare 53
Polymerisation, radikalische 26 Bindung, kovalente 52, 54
Radikalkettenpolymerisation 23 – metallische 52, 54
Reaktionen – Polyaddition 31 – zwischenmolekulare 52
Silikone 37 Bindungsabstand 52
Startreaktion 26, 28 Bindungsart 54
Polymerisation, stereoregulierte 23 Bindungsenergie 52
Stufenreaktion 31, 36 Bindungspartner 52
Polypropylen, syndiotaktisches 24 Dipolkräfte 54
Ziegler/Natta (Z/N)-Polypropylen 24 Dispersionskräfte 54
Ziegler-Natta-Katalysator 29, 30 Hauptvalanzbindung 54
Ziegler-Polyethylen 24 Ionenbindung 54
Alkydharz-Formmassen 1341, 1374 Ionomere 54
alkyd resin 1374 van der Waal’s Kräfte 54
Allokation 441 Wasserstoff-Brückenbindung 54
Abfälle 441 Aufbereitung, Zusatzstoffe, Additive 222
Bilanzergebnisse 441 Abdichtungen 229
Hauptprodukt 441 Anfärben 224
Nebenprodukt 441 Armstützen 226
Produktsystem 441 Auf- und Einschrumpfen 224
Sensitivitätsanalyse 441 Aufbereitung 223
Alterungsbeständigkeit 519 Auftriebskörper 229
Angussstange 382 Auskleiden 224
Anschnittart 383 Bälle 226
Anschnitte 383 Bänder 228
Anschnittquerschnitte 383 Bedampfen 224
Anspritzlage 382 Bedrucken 224
Arbeitsplattform 415 Beflocken 224
Arylamid PA MXD 6 960 Behälter 226, 227
Beständigkeit, chemische 963 Beschichtungen von Trägerbahnen
Brennbarkeit 964 227
Eigenschaften, elektrische 964 Blöcke 225
Langzeitverhalten 961 Bojen 229
Umwandlungstemperaturen 961 Bürowesen 227
8 Sachverzeichnis 1569

Einbetten von Elektronikteilen 229 Rohre 225, 227, 228


Elektrotechnik 225 – dickwandige 228
Extrudieren 223, 227 Rotationsformen 226
Extrusionsblasen 227 Rotationssintern 228
Feuchtigkeitsaufnahme 231 Schallschutz 229
Feuchtigkeitseinfluss 230 Schäumen 223, 229
Feuchtigkeitsempfindlichkeit 231 Schergeschwindigkeit 230
Fingerhandschuhe 225 Schiffsschrauben 225
Flachfolien 227 Schlauchfolien 227
Flammspritzen 224 Schleudergrößen 226
Foliengießen 225 Schmelze 230
Formgießen 225 Schnappen 224
Formteile, wärmedämmende 229 Schuhe 229
Fotoindustrie 225 Schutzhelme 229
Fugenausschäumen 229 Schutzkleidung 229
Fußbodenbeläge 225 Schutzstiefel 225
Getränkeflaschen 226 Schweißen 224
Gewebebeschichtung 225 Schwimmwesten 229
Gießen 223 Seilrollen 225
Gleitmittel 222 Sesselschalen 229
Granulieren 223, 230 Sintern 223, 228
Großbehälter 226 Spritzblasen 223, 226
Großzahnräder 225 Spritzgießen 223, 226
Haftvermittler 222 Spritzgussteil 230
Haushaltsflaschen 226 Spritzpressen 223
Heißabschlag-Granulierung 231 Strangpressen 228
Imprägnieren 223 Streckblasen 226
Isolierungen, temperaturfeste 229 Streichen 224
Kabeltrommeln 226 Surfbretter 229
Kabelummantelungen 227 Tafeln 226, 227
Kalandrieren 223, 224, 227 Tauchen 223, 225
Kaschieren 224 Thixotropie 230
Kfz-Außenteile 229 Thixotropierungsmittel 222
Kfz-Sitze 229 Trocknung 230
Kleben 224 – von Granulaten 232
Knochenzement 225 Turnmatten 229
Kunststoffe, faserverstärkte 223 Verarbeitung 223
Lagerschalen 225 Verarbeitungsverfahren 225
Landwirtschaft 229 Verdünner 222
Lenkrad 229 Veredeln und Beschichten 224
Linsen 225, 228 Verkehrskegel 226
Metallisieren 224 Verpackung 225, 227
Mischen 223, 230 Verschrauben 224
Möbelbau 229 Verstärkungsstoffe 222
Nieten 224 Verstrecken 224
Plastifizieren 223, 230 Viskosität 230
Polsterung 229 Warmumformung 224
Polyamid 6 231 Weichmacher 222
Polymerisation 225 Wirbelsintern 224
Prägen 224 Zahnräder 226
Pressen 223, 228 Zerkleinern 223, 230
Profile 227, 228 Zerspanen 224
Prothesen 229 Auslegungskriterien und Bemessungs-
Puppen 226 kennwerte 415
Ringe 226 Abminderungsfaktoren 416
1570 8 Sachverzeichnis

Auslegungskriterien und Bemessungs- Injection-Molding 330


kennwerte Kabelummantelung 326
Bemessungskennwert 416, 417 Karosserieaußenteile 324
Bruchdehnung 417 Konstruktion 328, 330, 331
CAMPUS 415 Kristallinität 327
Dehnung, zulässige 418 Lebensdauer 328
Dehnungsverhalten 419 Life Cycle Engineering 328
Herstellkosten 417 Maschine 325
POLYMAT 415 Material 325
Schnapphaken 418 Materialeigenschaften, verarbeitungs-
Schnappverbindungen 418 technische 332
Sicherheitsbeiwert 416 Materialkenngrößen 332
Strukturkosten 417 Metallpulver 331
Auswerferkralle 382 Milchbecher 326
Auswerferplatzierung 382 Molekülabbau 327
Auswertung, Interpretation 443 NBR 331
Interpretationsphase 443 Oberflächen 327
Sachbilanz 443 Oberflächentechnik 328
Wirkungsanalyse 443 Orientierungszustand 327
Phenolharz 331
B PKW-Scheibenbremsbelag (SBB)
b-Modifikation 540 331
Bauteileigenschaften 324, 325, 332 Polyamid (PA 6-GF35) 327
Anwendungsbeispiele 327 Produkt-Engineering 324
Aus- und Weiterbildung 328 – umweltgerechtes 328
Aussehen 327 Produkt-Nutzung 328
Bauteilkonstruktion 328 Prozessparameter 332
Belastung 325 Qualitätsmanagement 328
Bilanzierung, ganzheitliche 328 Radialwellendichtring (RWDR) 324,
Bindenahtausbildung 327 326, 329
Bohrmaschinengehäuse (BMG) 324, Reibstützer 331
326, 327 Reparatur 328
Design 328 SBR 331
Dichtungen 324 Scheibenbremsbelag 324, 326
Dieseleffekt 327 Schmierstoffe 331
Eigenschaften des BMG 327 Schukostecker 324
– des RWDR 330 Spielsachen 324
– des SBB 331 Spritzgießen 332
Einflüsse bei der Kunststoffverarbeitung Steckverbindung 324
326 Thermoplast, teilkristalliner 327
Einspritzvorgang 327 Transfer-Pressen 330
Elastomer-Werkstoff 330 Umwelt 325, 328, 332
Elektronikteile 324 Verarbeitung 328
Entsorgung 328 – durch Spritzgießen 329
Faser 331 Verbrennungen, sichtbare 327
Fertigungstechnik 328 Verfahren 325
Formteilbildung 332 Viskosität 327
Formteileigenschaften 327 Werkstoffe 328
Formteilgeometrie 325 Werkstoffherstellung 328
Frontend 326 Werkzeug 325
Füllgrad 327 Werkzeugtechnik 328
Füllstoffe 331 Wieder-/Weiterverwertung 328
Gefügezustand 326 Bauteil-Wiederverwendung 424
Heißpressen 331 Alt-Pkw 424
Hüftpfanne 326 Altteileverwertung 424
8 Sachverzeichnis 1571

Demontagehäufigkeit 424 Holzwerkstoff 1478


Produkt-Rückläufer 424 Kleben 1477
Teilekreislauf 424 Kokosöle 1480
Beanspruchung, zyklische 933 Leinöle 1480
Beheizung 383 Lignin 1477, 1478
Beständigkeit 976, 990 Lignincompounds 1478
Bilanzierung, ganzheitliche 437 nachwachsende Rohstoffe 1480
Bewertung 437 Öle, natürliche 1481
Entscheidungsunterstützung 437 – pflanzliche 1481
Entsorgung 437 Polymere, duroplastische 1480
Gewinnung 437 Polyole 1481
Nutzung 437 Pulverschmelztechnik 1476
Pflichtenheft 437 Rapsöle 1480
Produktion 437 Sojaöle 1480
Recycling 437 Spannungsrissbildung 1476
Synthese 437 Triglyceride 1480
Systemmodell 437 Ultraschallschweißen 1477
Technik 437 Witterungsbeständigkeit 1476
Umwelt 437 Celluloseester aus aliphatischen
Wirtschaft 437 Carbonsäuren 1461
biologisch abbaubare Polymere 427 Weichmachermigration 1462
Besteck 427 Cellulosenitrat 1458
Geschirr 427 Beurteilung, gesundheitliche 1460
Initiatoren 427 Brennbarkeit 1460
Kompostierung 427 Campher 1458
Mikroorganismen 427 Celluloid 1459
Mulchfolie 427 Chemikalienbeständigkeit 1459
PHB (Polyhydroxybutyrat) 427 Verarbeitung 1460
PLA (Polymilchsäure) 427 Witterungsbeständigkeit 1460
Stabilisatorgehalt 427 Cellulosepropionat 1469
Stärkekombination 427 Brennbarkeit 1473
Töpfe 427 Chemikalienbeständigkeit 1473
Vergärung 427 Hydrolysefestigkeit 1470
Biopolymere 1443 Kurzzeitverhalten bei geringer
Blasen 382 Verformungsgeschwindigkeit 1471
BMC 544, 1337, 1368 Migrationsneigung 1470
Brandschutzverhalten 519 Spannungsrissbildung 1473
Brennbarkeit 948 Transparenz 1470
Buten-1 454 Umwandlungstemperaturen 1471
Witterungsbeständigkeit 1473
C Zeitstandverhalten bei einachsigem
Cellulose 1443, 1455 Spannungszustand 1473
Celluloseacetat 1463 Chemikalienbeständigkeit 946
Beurteilung, gesundheitliche 1468 chlorsulfonierte PE 516
Brennbarkeit 1464 Co-Colyamide 996
Chemikalienbeständigkeit 1464 PA 6/66-Copolyamide 996
Verarbeitung 1468 Verarbeitung 996
Witterungsbeständigkeit 1464 Copolyamid 6T/X 993
Celluloseacetobutyrat 1474 Copolymere 538
Basis nachwachsender Rohstoffe 1480 Copolymere aus Vinylchlorid und Vinyl-
Beurteilung, gesundheitliche 1476 idenchlorid/Acrylnitril/Copolymeren
Chemikalienbeständigkeit 1476 670
Fette 1481 Beschichten 670
Glycerolester 1480 Folien 671, 672
Holz 1477, 1478, 1480 Permeabilität 672
1572 8 Sachverzeichnis

Copolymere aus Vinylchlorid und Vinyl- BMC-Formteile 368


idenchlorid/Acrylnitril/Copolymeren BMC-Typen 365
Permeationskoeffizient 672 B-Zustand 362
Polyvinylidenchlorid 670 Class A-Oberflächen 365
Wasserdampfdurchlässigkeit 672 Dimensionsstabilität 364
Copolymere des Ethylens 522 Eigenspannungen 362, 363
Dispersionskräfte 522 Einlegeteile, metallische 364
Glasübergangstemperatur 522 Einpressmetalle 365
Kristallinität 522 Elektrostecker 367
Costabilisatoren 611 Entformen 367
CR 518 EP-Formteil 364
„cross-hatched“-Struktur 539 Epoxidharz-Bauteile 364
CSM 518 Epoxidharze 362, 363
Cycloolefincopolymere 596 Epoxidharz-Klebstoffe 363
Abbé-Zahl 600 Farbton 367
Folien 601 Faserschädigung 366
Metallocen-Katalysatoren 596 Flecken, matte 367
Nachschwindung 601 Fließeigenschaften 367
Recken, biaxiales 601 Fließfront 366
Spannungsrissbildung 600 Fließwege 366
Transparenz 600 Folien, bedruckte 366
Wasseraufnahme 600 Formpressen 365
Formtrennmittel 367
D Gegentakt-Spritzgießen 362
Dämpfung, mechanische 96 Gelieren 364
Dämpfungspeak 96 Gestaltungsfreiräume 365
Dissipation 96 Gewebe 366
Glasübergangstemperatur 96 Gewindebuchsen 364
Kettengleitvorgänge 97 Glanz 367
Phasenverschiebung 96 Glasfaserorientierungen 366
Phasenwinkel 96 Glasgewebe-Epoxidharz-Schichtpress-
Reibung, innere 96 stoffe 366
Schwingung, erzwungene 96 Glasgewebe-Schichtpressstoffe 366
Verlustfaktor, mechanischer 96 Glastemperatur 363
Datenqualität 440 Glätte 367
Datenübertragung 415 Gleitmittel 367
Dauergebrauchstemperatur 926 Haftungsprobleme 368
Dieseleffekt 382 Harnstoff-Formteile 367
DMC 1341 Härten, stufenweises 362
Dosierschwankungen 382 Härten/Vernetzen 367
Dosierung 380 Härtungsschwindung 366
Drahtlack 914 Härtungstemperatur 363
Druckverformungsrest 519 Harze, technische 41
Dryblends 610 Hochleistungswerkstoffe 1410
Duroplaste 41, 362, 1334, 1410 Holzwerkstoffe, beschichtete 368
Aminoplaste 368 In-Mold-Coating (IMC)-Verfahren 368
Anisotropie 363, 366 Klebschicht 363
Antennen 365 Krater 368
Ausdehnungskoeffizienten 363 Lackhaftung 367, 368
A-Zustand 362 Lackieren 366–368
Bauteile, plattenförmige 365 Laminate, dekorative 368
Bedampfen 367 – kupferkaschierte 366
Bedrucken 366 Leistungssschalter 364
BMC (bulk molding compound) 362, Leiterplatten 364
365 Lichtechtheit 367
8 Sachverzeichnis 1573

Lösungsmittelreste, eingekapselte 367 RIM oder RRIM (reinforced reaction


Low Shrink SMC 366 injection molding) von Polyurethan-
Low-Profile SMC 366 Formteilen 367
LP-UP-Harz 367 Rippen 365
Lufteinschlüsse 368 Rissbeständigkeit 364
Magnetspulen 364 Risse 363
Maßgenauigkeit 363 Sauerkrautmasse 362
Maßhaltigkeit 363, 364 Schalterabdeckungen 367
Melamin-Formmassen 364 Schaltstangen 364
Melaminharze 362, 368 Schaltungen, gedruckte 364
Melamin-Phenolharz-Formmassen Scheibenbremsbeläge 362
364 Scheinwerfer-Reflektoren 362
Metallisieren 366–368 Scherkräfte 362
Mikroglaskugeln 363, 368 Schleifscheiben 362
Nacharbeiten 368 Schlierenfreiheit 367
Nachbehandlung 364 Schraubverschlüsse 367
Nachgasen 367 Schussfaden 366
Nachschwindung 363–365 Schutzlackierungen 367
Nachschwindung nach DIN 53464 Schwindung 363, 367
365 Schwindungsänderungen 362
NOVOLAKE 41 SMC 367
Oberfläche, decklackierte 368 – Verarbeitung 365
– lunkerfreie 367 SMC-Anwendungen 365
Oberflächen, verschleißfeste 368 SMC-Bauteile 367
Oberflächenglanz 367 SMC-Fertigung 368
Oberflächenglätte 367 SMC-Platinen 366
Oberflächengüte 368, 1412 SMC-Qualitäten 365, 366
Oberflächenmerkmale 366 SMC-Teil 368
Oberflächenqualität 365, 367 Spanplatten 368
Orientierungen 362 Spritzgießen 365, 367
Papier-Phenolharz-Laminate 366 Spritzprägen 362, 367
PF-Harze 366 Standard SMC 366
– weichgemachte 366 Steckverbindungen 364
Phenolharze 362 Tempern 367
Phenolharz-Formmassen 367 Toilettensitze 367
Phenoplaste 368 Toleranzen 363
Polieren 367 Überhärtung 367
Polyesterharz-Formmassen 368 UF-Formteile 367
Polyethylenpulver, gemahlenes 367 Unterhärtung 367
Polyurethane 362 UP-Harze 362
Poren 368 Verarbeitungsschwindung 363, 364
Prägen 366 – Pressverfahren 365
Presshaut 367 – Spritzgieß-Verfahren 365
Presswerkzeug 366 Verarbeitungsverfahren 363
Primerlackieren 368 Veredeln der Oberfläche 368
Quellung 363 Verklebungen 363
Reaktionsschwund 363 Vernetzen 364
Reflektoren 365 Vernetzungsgradunterschiede 362
– von Autoscheinwerfern 368 Verspiegeln der Oberfläche 368
Reproduzierbarkeit 363 Verstärkungsfaser 362
Resit (C-Zustand) 41 Verwölbung 365
Resitol (B-Zustand) 41 Verzug 365
RESOLE (A-Zustand) 41 Wanddickenverteilung 362
Rezepturangaben 365 Wärmeabfuhr 363
Rezepturentwicklungen 363 Werkzeug 363
1574 8 Sachverzeichnis

Duroplaste Werkzeugkonstruktion 396


Werkzeugbau 363 Werkzeugkosten 396
Werkzeuginnendruck 364 Eigenschaften 993
Werkzeug-Verschleiß 363 – chemische 112
Wirtschaftsdaten 17 a-Strahlung 122
Zersetzungen 363 Abbau, thermooxidativer 123
Zink- oder Calciumstearate 367 Abnahme 114
Zündkerzenstecker 364 Aceton 120
Zündspulendeckel 364 Adsorption 113
Zündverteiler 364 Alterung 120
Alterungserscheinungen 121
E Alterungsursachen 120
e-Caprolactam 912 Alterungsvorgänge 120
EDV-File-Datenaustausch 415 Amidgruppe 117
EDV-unterstützte Konstruktion, Auslegung, Antioxidantien 123
Kunststoffbauteile 396 – primäre 124
Bauteilverarbeitung 396 – sekundäre 124
Bemessungskennwerte 397 b-Strahlung 122
CAD 396 Belastung, mechanische 122
CAD-Bauteile-Konstruktion 397 – thermische 122
CAD-Werkzeug-Konstruktion 397 Beständigkeit 112, 117, 120
CAE 396 Bestandteile, niedermolekulare 119
CAE-Auslegung 397 Bewitterung, natürliche 118
computerunterstützte Methoden 396 Bruchverhalten 126
Entwicklungsphase 396 C-Atom, tertiäres 118
Expertensysteme 397 Chemikalien 112
Faserverbundstrukturen 396 Chemikalieneinwirkung 113
Funktionalität 396 Costabilisatoren 124
Herstellkosten 396 Desorption 113
Integration von Funktionen 396 Dichtwerkstoffe 125
Komfort 397 Diffusion 113, 119
Konstruktionen, recyclinggerechte 397 Diffusionsgeschwindigkeit 114
Konzepte 397 Dipolmomente 114
Kostenreduzierung 396 Di-tert.-Butylphenol 123
kunststofftechnische Prozesskette 398 Doppelbindung 117
kunststofftechnischer EDV-Arbeitsplatz Effekte, nicht elastische 125
398 Eigenspannungen 118
kunststofftechnisches EDV-System Elektrolyte 113
398 Estergruppe 117
Leichtbau 397 Ether-Sauerstoff 117
Luft- und Raumfahrt 396 Fette 113
Nutzung 397 Fremdspannungen 118
Nutzungsphase 396 g-Strahlung 122
Overheadkosten 396 Gleitvorgänge 119
Polymer Engineering 397 Halogen 118
Rückrufaktionen 396 Halogen-KW 113
Serien-Fertigung 397 Hauptkette 117
Sicherheit 397 Hydrolyse 116
Simultationsverfahren 397 Hydroperoxid 123
Spezifikation 397 Kaltwasserbeständigkeit 116
Versuchsmuster 397 Kettenspaltung 116
Vor-Serie 397 Konstruktionswerkstoffe 125
Werkstoffdaten 397 Kraftstoffbehälter 114
Werkzeugänderungen 396 Kunststoff/Medium-Paarungen 118
Werkzeug-Herstellung 397 Kunststoffadditive 126
8 Sachverzeichnis 1575

Kunststoffe, polare 113 Versprödung 120


– unpolare 113 Verunreinigungen 119
– unvernetzte 116 Vorgänge, physikalisch-chemische 116
– vernetzte 116 Wasser, Einwirkung 116
– weitmaschig vernetzte 116 Weich-PVC-Kabelisolierungen 119
KW1, chlorierte 113 Zeitstandversuche 114
Lampengehäuse 119 Zugspannungsrichtung 119
Langzeitverhalten 125 Zunahme 114
Laugen 112 – elektrische 950, 976
Lichtschutzmittel 124 – von Kunststoffen 51
Löscher 124 Bauteildimensionierung 51
Lösen 113, 114 Beanspruchungsdauer 51
Löslichkeitsverhalten 114 Beanspruchungshöhe 51
Lösungsmittel 120 Betriebstemperatur 51
– organische 113 Formgebung 51
Lösungsmittelmolekül 113 Morphologie 51
Materialmodelle 125 Umwelteinflüsse 51
Medien 112 Verarbeitung 51
– aggressive 114 Zusätze 51
Mesomeriestabilisierung 123 – mechanische 85
Module 126 – physikalische 107, 942
Molmassenabbau 116 – akustische 107
Öle 113 – elektrische 107
Oxidation 123 – optische 107
Oxidationsinhibitor 123 – thermische 107
Permeation 113 Absorption 109
Permeationsvorgang 113 Aluminium 108, 112
Peroxiradikal 123 Dämpfe 110
Phenylgruppen 116 Diffusion 110
Photodegradation 122, 125 Durchschlagfestigkeit 110
Photokatalyse 126 Eisen 108
Photovoltaik 126 E-Modul 112
Polycarbonat (PC) 119 Festigkeit 112
Polyestersynthese 116 Gase 110
Polysiloxan 120 Grauguss 112
Quellen 113, 114 Keramik, technische 112
Quellvorgänge 118 Kunststoffe 107
Quencher 124 – thermoplastische 112
Radikalfänger 124 Ladungsträgerbeweglichkeit 110
Radikalfängerfunktion 123 Längenausdehnungskoeffizient 107
Rapid Testing 120 Leitfähigkeit 110
Rissbildung 119 – elektrische 109
Rohrleitung 114 Magnesium 112
Sauerstoff 123 Medien, polare 110
Säuren 112 – unpolare 112
Seitengruppe 117 Metalle 107
Spannungsrissbildung 113, 119 Polyethylen, ungefülltes 108
Spannungsrisse 118 Polystyrol, geschäumtes 108
Spannungsrisskorrision 113 – ungefülltes 108
Strahlung, energiereiche 122 Preis/dm3 112
Tenside 113 Preis/kg 112
Thermooxidation 123 Reflexion 109
Titandioxid 126 Sauerstoffdurchlässigkeit 111
Transportmechanismen 113 Schallabsorber 110
UV-Absorber 124 Schallausbreitung 110
1576 8 Sachverzeichnis

Eigenschaften Blasen im Profil 378


Schallreflexion 110 Bügellängen 377
Schmelztemperatur 112 Bügelzonen 379
Schmelzwärme 112 Compoundierung 378
Steifigkeit 112 Dehnviskosität 379
Stofftransport 107 Dichtringe 361
Transmission 109 Dosierhub 376
Verhalten, akustisches 110 Drosselelement 378
– dielektrisches 109 Drosselwiderstand 377
– elektrisches 109 Düsen, lange 360
– optisches 109 Düsendurchmesser 376
Wärmeausdehnung 108, 112 Eigenklebrigkeit 378
Wärmekapazität 112 Eigenspannungen 360
Wärmeleitfähigkeit 108, 112 Einspritzgeschwindigkeit 376
Wasserdampfdurchlässigkeit 110, 111 Elastomer-Engineering 361
Wasserdampfpermeabilität 112 Extruder pumpt 377
Wellenlänge 109 Fließhilfen 379
– thermo-mechanische 966, 982 Fließkanal 379
Einflüsse der Polymerisation auf Werkstoff- Fließnähte 376
eigenschaften 38 Fließstrukturen im Profil 379
Bestandteile, niedermolekulare 39 Flussausgleich 379
Duroplaste 39 Formteilabmessungen 361
Elastomere 39 – dünnwandige 360
LP-Systeme 40 Formteile, dickwandige 360
LS-Systeme 40 Formteilfehler 377
Molmasse 38 Formteilqualität 375
Molmassenverteilung 38 Fremdmischung 379
Nachschwindung 40 – unterbrochen 376
Restmanomere 39 Fütterung 377
Rückstände 39 Geschwindigkeit 376
Schrumpfen 40 Grat 376
Schrumpfung 39 Gummi-Metall-Dämpfungselement
Schwindung 39 360
Sequenzlänge 39 Höchstlagerzeit 376
Syntheseschwindung 40 Kautschuk 360
Taktizität 38 Kleben im Nest 376
Thermoplaste 38 Knoten im Profil 378
UP2-Ausgangsharz 40 Lagerungsbedingungen 375
Vernetzungsgrad 39 Lebensdauerberechnung 361
Verzweigungsgrad 38 Lochplatten 377
Einsätze 383 Lufteinschluss 375
Einteilungen 3 Maschine 376
Elastomere 360, 375 Maßänderungen 360
Ablagerungen 379 Massetemperatur 361
Anisotropie 360 Maßhaltigkeit 361
Anisotropien 360 Mindestlagerzeit 376
Anvulkanisation 376, 378 Mischelemente 379
Anvulkanisation/Knoten 376 Mischung 376
Artikel unterfüllt 376 Mischungsbestandteile 361
Ausstoßleistung 377 Mischungsdruck 379
Austragszone 377 Mischungsqualität 375
Balancierung 376 Mischungstemperatur 378
Bestandteile, flüssige 376 Mischungsviskosität 378
Bindenaht 375 Mischungszusammensetzung 375
Blasen 376 Mundstückstemperatur 379
8 Sachverzeichnis 1577

Nachdruckhöhe 376 Vulkanisation 361


Nachdruckzeit 376 – im Werkzeug 360
Nachvulkanisation 360 Vulkanisationszeit 360, 376
Nachzwicken 378 Walzrichtung 361
Netzwerk, entropieelastisches 361 Walzwerkentgasung 378
Nitril-Butadien-Elastomer (NBR) 361 Werkzeug 376
Oberfläche, raue 376 Werkzeugabmessungen 361
Oberflächenkerbe 375 Werkzeugoberfläche 362
Oberflächenmerkmale 362 Werkzeugtemperatur 361, 376, 378
Orangenhaut 376 Werkzeugverschmutzung 376
Orientierungen 360 Werkzeugwiderstand 377
O-Ringdurchmesser 361 Wirtschaftsdaten 17
O-Ringe 361 Zykluszeiten 360
Porosität 376 Zylindertemperatur 376, 377
Präzisionsteile 361 elastomer-modifiziertes Polypropylen
Profil einseitig dicker 379 546
Profil nicht maßhaltig 379 elektrisch leitfähig 1443, 1483, 1485, 1486,
Profile, extudierte 360 1491, 1492, 1493
Profiloberfläche, raue 379 Kunststoffe, elektrisch leitfähige 1486,
Prozessparameter 375 1488
Radialwellendichtringe 361 – leitfähige 1485
Reibungskoeffizient 377 Leitfähigkeit 1485, 1486, 1488, 1489,
Relaxation 360 1491, 1492
Relaxationsprozesse 360 elektrisch leitfähige Kunststoffe 1482
Rezepturbestandteile 361 Enanth 914
Schneckendrehzahl 376, 378 Enthalpie 945
Schneckengeometrie 378 Entlüftungsquerschnitte 382
Schneckenlänge, effektive 377 Entwicklungsprozesskette 411
Schneckentemperatur 378 Abnahmebedingungen 412
Schwamm Brenner 376 Abnahmekonzepte 412
Schwindung 361 Analysen, rheologische 412
Schwindungsursachen 361 – thermodynamische 412
Spritzgießen von Elastomeren 377 Anspritzort 414
Spritzkopf 378 CAE 412
Staudruck 376 CAM (Computer Aided Manufacturing)
Stege 378 413
Steggeometrie 378 Datenblätter 414
Stegmarkierungen im Profil 378 Drucksensoren 414
Stegoberfläche 378 FEM-Analysen 412
Strangaufweitung 360 Ingenieursarbeitsplatz 414
Streifengeometrie 377 Kanten 412
Trennmittel 376 Luftschallanalysen 412
Überkneifer „back-rinding“ 376 Montagekonzepte 412
Umschaltpunkt 376 Prototypenkonzepte 412
Untervulkanisation 376 Prozessführungsdaten 414
Vakuum 376 Prozesstechnologie 412
Vakuumextruder 377, 378 Qualitätssicherungskonzepte 412
Vakuumzone wird „überfahren“ 377 Radien 412
Verformungen 376 Stahlformplatten 414
Vernetzungsgrad 361 Strömungsanalysen 412
Vernetzungsgradunterschiede 360 Strukturkörperschallanalysen, akustische
Verteilerkanäle/Anschnitte 376 412
Viskosität 376 Temperaturmessfühler 414
Vorlaufkanal 379 Verbindungstechnologien 412
Vorzonen 377 Versuchsmusterkonzepte 412
1578 8 Sachverzeichnis

Entwicklungsprozesskette Verstärkungsstoffe 1396


Verteilergeometrien 414 Witterungsbeständigkeit 1404
Wanddickensprünge 412 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Wandstärken 412 Spannungszustand 1400
Wandstärken-Rippenhöhen-Verhältnisse EPR 548
412 Erdölverarbeitung 429
Werkstoffauswahl 412 Chloranteil 429
Werkzeugformnester 413 Erdöl-Zwischenprodukte 429
Werkzeugtechnologie 412 Hydrierverfahren 429
Zykluszeit 414 Pumpfähigkeit 429
Entwicklungstendenzen 420 Raffinerien 429
Elastomere 421 Rückstands-Fraktionen 429
Elastomer-Engineering 421 Slurry 429
Finite-Elemente (FEM)-Werkzeuge 421 Spaltverfahren 429
Materialmodelle 421 Stoffkreislauf 429
Entwicklungstrends bei aromatischen Suspension 429
Polycarbonaten 1044 Ethylen/Acrylsäure-Copolymer 531
erhöht schlagzäh 1047 Bildung 531
erhöht wärmebeständig 1046 Diffusionssperre 532
Polycarbonate für laseroptische Flexibilität 531
Datenspeicherung 1044 Haftfestigkeit 531
Polycarbonate für Lichtwellenleiter 1045 Haftung 532
Epoxidharze 1388 Permeabilität 532
– technische 1388 Polymerblends 532
– thermoplastische 1391 Pulverbeschichtungen 532
Beurteilung, gesundheitliche 1405 Spannungsrisse 531
Bisphenol-F-Harze 1390 Splitterschutz 532
Brennbarkeit 1405 Verbundfestigkeit 531
Chemikalienbeständigkeit 1403 Vicattemperatur 531
Dreierring 1388 Ethylen/Butylacrylat-Copolymerisat-
Druckgelier(ADG)-Verfahren 1405 Bitumen 532
Eigenschaften, elektrische 1401 Alterungsschutz 532
– thermische 1401 Formbeständigkeit in der Wärme 533
EP-Harze 1392 Kälteschlagzähigkeit 533
– cycloaliphatische 1390 Kerbwirkung 532
– heterocyclische 1391 Spannungsrissbildung 532
Epoxidverbindungen, aliphatische 1390 Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere 528
Farbmittel 1396 Beurteilung, gesundheitliche 529
Flexibilisatoren 1396 Brennbarkeit 529
Füllstoffe 1396 Chemikalienbeständigkeit 529
Funktionszusatzstoffe 1393 Rotationsformen 529
GFK-Formteile 1407 Sauerstoffdurchlässigkeit 529
Glasfaser-Prepregs 1397 Spannungsrissbildung 529
Glasübergangstemperatur 1406 Wasserdampfpermeabilität 529
Härtungsmittel 1393 Weichmacherwanderung 529
Kurzzeitverhalten bei geringer Ethylenmethylacrylat-Copolymere 530
Verformungsgeschwindigkeit 1397 Festigkeit 530
Pulverlackierungen 1407 Folien 530
Schichtpressstoffe 1407 Spannungskorrosion 530
Schwindung 1406 Thermostabilität 530
Strahlenbeständigkeit 1404 Ethylen-Propylen-Elastomer 546
Verarbeitungshinweise 1405 Ethylen/Vinylacetat-Copolymere 522, 527,
Verdünner 1395 530
Verhalten bei hoher Verformungs- Abbau, thermischer 526
geschwindigkeit 1400 Beurteilung, gesundheitliche 526
8 Sachverzeichnis 1579

Brennbarkeit 525 Dispergierbarkeit 260


Chemikalienbeständigkeit 524 Domäne 258
Coronaentladung 526 Doppelschnecke 255
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Doppelschneckenextruder 256
Gase 524 Dorn 264
Folien 523 Dosierpumpe 257
Keder 523 Dreischichtfolie 263
Papierveredelung 524 Druckaufbauverhalten 256
Pfropfreaktion 523 Durchmischung 256
Schmelzindex 525 Durchsatz 256
Schmelzklebstoffe 524 Düse 255, 264
Spannungsrissbildung 525 Düsenkonstruktion 257
Transparenz 523 Düsenspalt 264
Verzweigungsgrad 525 Eindosierung, flexible 256
Witterungsbeständigkeit 525 Einfärben 255
Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere 527 Einfüllöffnung 263
Wirbelsinterpulver 528 Einschneckenextruder 255
Extrudieren, Fließprozess, kontinuierlicher Einzugszone 255
Prozess 254 Emulgatorrückstände 258
Abbaureaktionen 259, 260 Emulsions-PVC (E-PVC) 257
Abkühlung 255 Emulsionsverfahren 258
Abquetschwalzen 262 Entgasen 255
Absägen 255 Entgasung 256, 257
Abzug 255 Entgasungsöffnungen 257
Abzugswalzen 262 Entgasungszonen 257
Additive für PVC-Mischungen 259 Ester 259
Additivierung 258, 261 Extruder 254, 255, 262
Additivmischungen 261 Extruderdüse 265
Agglomerat 258 Extrusion 257
Alkohole, höhere 259 Extrusion, reaktive 255
Arbeitsweise, adiabatische 255 Extrusion von PVC-Mischungen 261
– polytrope 255 Extrusionsanlage 255
Artikel, medizintechnische 257 Extrusionsblasformen 263, 264
Aufbereitung von PVC-Mischungen 260 Extrusionswerkzeug 255
Aufbereitungsprozess 258 Fässer 263
Aufschmelzen 254 Fensterprofile 257
Ausstoßzone 255 Fensterrahmenprofile 258
Barriereschichten 262 Feststoffdosierung 257
Beschichtungen 255 Feststoffteilchen 257
Blasdorn 263 Feststoffzone 255
Blasfolienanlage 261 Fette, gehärtete 259
Blaskopf 261, 262 Fettsäuren, höhere 259
Bleistabilisator 259 Flachlegeeinrichtung 262
Bodenbeläge 257 Flachlegung 262
Bodenquetschkante 264 Flasche 263
Breitschlitzdüsensysteme 262 Flascheneinfüllöffnung 263
Butzen 263 Flüssigkeiten, Dosierung 257
Butzenkammer 264 Folien 254
Calciumcarbonat-Füllstoffe 260 Folienblase 262
Calcium-Zink-Stabilisator 259 Förderelemente 256
Coatingsubstanz 260 Förderkammern 256
Coextrusion 262 Fördern 254, 255
Costabilisatoren 259 Förderwirkung 256
Dachgepäckträger 263 Formwerkzeug 255
Dichte 257 Friktion 255
1580 8 Sachverzeichnis

Frostlinie 262 Mischen 254, 255


Füllstoffe, anorganische 260 Molmasse 258
Füllstoffe für PVC-Mischungen 260 Monomere, Entfernung 257
Funktionszonen 255 Morphologie 258
Gebläse 262 Peripherie-Geräte 256
Gleitmittel 259 Planetenwalzenextruder 255
– äußere 259 Plastifiziereinheit 254
– innere 259 Plastifizierzone 255
Haftvermittlung 262 Polarität 259
Halbzeuge 255 Poly-Butylacrylat (PBA) 258
Halsschneide 264 Polyethylen, nachchloriertes 258
HCl 260 Polymerisationsgrad 258
Heizelemente 255 Polymerschmelzen 255
Heizöltanks 263 Polyvinylchlorid (PVC) 257
Hohlkörperblasformen 262 Porosität 258
Homogenisieren 254 Produktionskapazität 257
Injektionsdüse 256 Profile 254
Innenkühlvorrichtung 263 – marmorierte 262
Kabel 262 Pumpen 257
Kabelisolierungen 257 Pumpzone 255
Kalibrierdorn 264 PVC-Dryblends 261
Kalibrierkorb 262 PVC-Mischungen 258
Kalibrierung 255 PVC-Polymerisate 257
Kanister 263 PVC-Rezepturen 261
Kaskadenextruder 255 Ramextruder 255
Kernmaterial 266 Raupenabzug 255
Kfz-Kraftstofftanks 263 Recyclinglagen 262
Knetelemente 256 Rezepturvielfalt 261
Kofferhalbschalen 263 Ringdüsensysteme 262
Kolbenpumpen 257 Rohre 254, 257
Kompressibilität 257 Säge 255
Kreiden 260 Säurefänger 260
Krümmer 262 Schaltdrähte 262
Kühlkanäle 255, 264 Schererwärmung 259
Kühlring 262 Schlagzähigkeit 258
Kühlstrecke 255 Schlauchbildungszone 262
Kunststoff-Kraftstoffbehälter 262 Schläuche 262
K-Wert 258 Schlauchfolie 262
Längsdorn 263 Schleppförderleistung 256
Längsorientierung 263 Schleppförderung 256
Leckströmung 256 Schmelzenergie 255
Lösemittel, Rückgewinnung 257 Schmelzesieb
Lüftungskanäle 263 Schmelzeströme 262
Luftzuführung 262 Schnecke 255
Maschinentechnik 256 Schnecken, kämmende 256
Masseverteiler, rotierender 262 Schneckenelemente 256
Masse-PVC (M-PVC) 257 Schneckenkanal 257
Materialzufuhr 255 Schneckenkonfiguration 257
Mehrschicht-Blasfolienwerkzeuge 262 Schneckenspritzaggregate 255
Mehrschneckenextruder 256 Schraubenpumpen 257
Membranpumpen 257 Seitendosierung 256
Metallseifen 258, 260 Selbstreinigungseffekt 256
Meteringzone 255 Siedepunkt 257
Mikrodomäne 258 Spielwaren 257
Mischelemente 256 S-PVC-Korn 258
8 Sachverzeichnis 1581

Stabilisator, cadmiumbasierter 259 Extrudieren 238


Stabilisatoren 259 Fließen, viskoses 238
Stabilisatorzugabe 259 Fließfront 234
Steuerung 262 Fließfrontänderung 234
Streckblasen 263 Fließverhalten 237
Streckrichtungen 263 Flüssigkeit, elastische 239
Surfbretter 263 – strukturviskose 236
Suspensionshilfsstoffe 258 Füllstoffanteil 238
Suspensions-PVC-Korn 258 Füllvorgang 237
Suspensions-PVC (S-PVC) 257 Geschwindigkeitsverteilung 235
Tafeln 254 Gleitmittel 238
Ummantelungen 255, 262 Kalandrieren 238
Umwandlungszone 255 Molmasse 238
Unverträglichkeit 259 Newton’sches Fließen 236, 237
Vakuumstutzen 256 Newton’sches Fließverhalten 236
Verbindungen, flüchtige 257 Newton’sches Zweiplattenmodell 234
Verdichten 254 Orientierungseffekt 234
Verdrängerströmung 256 Polyethylen 237, 238
Verfahrensintegration 266 pseudoplasticity 238
Verpackungsfolien 262 Punkt-Anguss 234
Verweilzeit 255, 256 Randschichten 237
Viskosität 257 Rheologie der Kunststoffschmelze
Viskositätsmessung 258 233
Vorformling 264 Rheopexie 238
– wanddickenprofilierter 265 Rohrströmung 236
Vorformlinge 265 Scherfließen 234
Vorformlingsextrusion 263 Schergeschwindigkeit 235–238
Vorformlingübernahme 263 Scherspannung 236
Wanddickenprogrammierung 265 Scherströmung 234
Wanddickenverteilung 265 Schmelzeprofil 237
Wasserkühlung 255 Schmelzindex 238
Weißenbergextruder 255 Schubspannung 235
Wendelverteilerwerkzeug 261 Seele, plastische 237
Wickler 262 Spritzgießen 238
Zahnradpumpen 257 Streckfließen 234
Zwangsförderung 256 strukturviskos 237
Zwickelbereich 256 Strukturviskosität 238
Zylinderbohrung 256 Thixotropie 238
Zylinderelemente 256 Treibmittel 238
Zylinderwand 255 Verarbeitungsdruck 238
Zylinderzone 255 Verformungsgeschwindigkeit 236
Verzweigungen 238
F Viertelkreisscheibe 234
Fahrzeugtechnik 399 Viskosität 234, 236–238
Fehler beim Verarbeiten duroplastischer – dynamische 236
Formmassen 380 – kinematische 236
Fehlererscheinungen 382 Wandhaftung 235
Fließeigenschaften von Schmelzen 233 Weichmacher 238
Alterung 238 Weißenberg-Effekt 239
Angussbereich 234 Werkzeugwand 236
Band-Anguss 234 Zähigkeit 236
Dehnkräfte 234 Zweiplattenmodell 235
Dehnströmung 234 Fließeinstellung 380
dilatant 237 Fließfronten 382
Dilatanz 238 Fließlinien 382
1582 8 Sachverzeichnis

Fließweglänge 955 8-Hydroxychinolin 137


Fluorkunststoffe 847 a-Messing 161
Eigenschaften, tribiologische 847 Abbau, biochemischer 172
Fluorkohlenwasserstoffe, flüchtige 847 – photo- oder biochemischer 172
Ozonschicht 847 – photooxidativer 170
Polytrifluorchlorethylen 847 Abkühlgeschwindigkeit 163
Sicherheits-Kältemittel 847 ABS 151
Tetrachlorkohlenstoff 847 Abschiefern 157
Tetrafluorkohlenstoff 847 Absorption 139
Formfüllgeschwindigkeit 382 Absorptionsvermögen 139
Formgebung (Rohlingsverarbeitung), ABS-Polymere 131
Vernetzung (Vulkanisation) 301 ACE (Acrylester/MMA-Pfropf-
Fertigungskosten 302 polymerisat) 166
Flashless-Ausführung 302 Adipinsäure 164, 174
Fließgeschichte 302 Agglomeratbildung 133
Gewebe, gummierte 301 Agglomerate 138
Großserien 302 Aggregate 138
Gummihalbzeuge 301 Airless-Spritzen 156
Gummilösungen 301 Aktivatoren 134
Gummi-Metall 302 Aktivruß 133
Gummi-Metall-Verbunde 301 Algen 164
Gummi-Verbundkörper 301 Alterungsschutzmittel, Wirksamkeit 170
Investitionskosten 302 Aluminium 134, 164
Kompressionsverfahren 301 Aluminiumhydroxid 136
Maßgenauigkeit 302 Aluminiumoxid 164
Materialabfall 302 Aluminiumsilicate 148
Membranen 302 Aluminiumtrihydrat 136
Mischungsabfall 302 Aminbeschleuniger 134
Präzisionsformteile 302 Amine 167
Pressen (CM) 302 – aromatische 130
Pressverfahren 301 – ethoxylierte tertäre 133
Spritzgießen (IM) 302 – sterisch gehinderte (HALS) 171
Spritzgießen mit Kaltkanal (IM-K) 302 Aminogruppe 138
Spritzgießen mit Mehrstationen (IM-M) Ammoniumpolyphosphat 135
302 Ammoniumsalze, quaternäre 132
Spritzgießverfahren 301 Ammonmolybdat 137
Spritzprägen (ICM) 302 Anthrachinon-Farbstoffe 151
Teile, nacharbeitsfreie 302 Anthrachinonpigmente 141
Transferpressen (TM) 302 Antiblockmittel 156, 157
Transferpressen mit Kaltkanal (TM-K) Anti-Friction-Coatings 155
302 Antimonoxid 134
Transferpressverfahren 301 Antimontrioxid 136
Transferspritzpressen (ITM/ITM-K) Antioxidans 146
302 Antioxidantien 130, 169
Verteilerkanäle 302 – phenolhaltige 144
Vulkanisation, kontinuierliche 301 – phenolische 170, 171
Vulkanisierstationen 302 Antislipmittel 156, 157
Werkstoffpreis 302 Antistatika 131
Werkzeugkosten 302 – äußere 132
Füllstoffe 918 – innere 133
– für Hart-PVC 612 Arbeit 142
– für Weich-PVC 612 Audiobänder 132
Funktionszusatzstoffe (Additive) 129 Aufhellen 144
4,4¢-Oxibis(benzolsulfohydrazid) 168 Aufheller 145
5-Phenyltetrazol 168 – optische 153
8 Sachverzeichnis 1583

Aufhellung 149 – organische 148


Aufladbarkeit 132 Butandiol 174
Aufschäumen 135 Butylsterat 145
ausschwitzen 173 Butylsteratoleatzusatz 145
Außeneinsatz 166 Butylzinnmercaptide 171
Autooxidation 171 CA 151
AXS-Polymere 166 CAB 151
Azelainsäure 174 Cadmiumpigmente 140, 147, 152
Azodicarbonamid (ADC) 163, 167, 168 Cadmiumstabilisatoren 171
Azodicarbonamid, modif. 168 Cadmiumsulfoselenid 147
Azo-Farbstofffe 151 Calcium 131
Azopigmente 141, 149 Calcium/Zink-Stabilisatoren 172
– verlackte 141 Calciumcarbonat, gefälltes 166
Ba/Cd-Stabilisatoren 172 Calciumstearat 167
Bakterien 164 Calcium-Zink-Basis 168
Barium 131 Campher 173
Barium/Zink-Stabilisatoren 172 Carboxylanionen 138
Bariumsulfat (BaSO4) 142 Carboxylgruppe 138
Baustoffe 140 Channelverfahren 145
Benetzungsvermögen 145 Chinacridonpigmente 141
Benzil 165 Chinone 163
Benzimidazolderivat 165 chloriertes Niederdruckpolyethylen PE-C
Benzimidazole 169 166
Benzimidazolon-Pigmente 150 Chlorparaffine 174
Benzoaxine 167 Chromat-Pigmente 148
Benzoin 165 Chromechtgrün 148
Benzyliden-Campher 170 Chromgelb 148
Berylliumoxid 164 Chromgelb-Pigmente 140
Beschleuniger 134 Chromgrün 148
Biostabilisatoren 165, 176 Chromophoren 170
Bisphenole, substituierte 169 Chromorgange 148
Blähgraphit BG 136 Chromoxidgrün 147
Blättchenform 152 Chromoxid-Pigmente 140, 147
Bleichchromate 148 Chromtitangelb 147
Bleichromat/Bleimolybdatpigmente 148 Co- und Pfropfpolymerisation 166
Bleimolybdat 148 Co-Stabilisatoren 168, 172
Bleioxide 134, 164 coupling agents 161
Bleistabilisatoren 168 CP 151
Bleiweiß 142 Cromophtal-Sortiment 149
– (basisches Bleicarbonat) 142 Cyclopentan 167
Blockverhalten 156 Deckvermögen 139, 149
BMC 156, 164 Dialkylzinnmaleinate 172
Borverbindungen 135 Diamantschleifscheiben 164
Brandkatastrophe 136 Diazokondensations-Pigmente 150
Brandschutzausrüstung 134, 175 Dibenzyltoluol 174
Brandschutzmittel 155 Dibromneopentylglycol 137
Brandunfälle 136 Dibutylphthalat (DBP) 173
Brandverhalten 175 Dicarbonsäuren, aliphatische 174
Brechungsindex 166 Dichte 164
Brechzahlen 139, 142, 145 Dihydrochinoline 169
Brenngeschwindigkeit 134 Diisocyanat, aromatisches 160
Brillanz 148 Diisooctyl- und Diisononylphthalat 173
Bronze 164 Diketone 172
Buntpigmente 139 Dimethylanilin 134
– anorganische 146 Dimethylphthalat (DMP) 173
1584 8 Sachverzeichnis

Funktionszusatzstoffe (Additive) Ethylen/Acrylester-Copolymerisate 163


Dioctylphthalat (DOP) 173 EVAC 166
Diphenylamine 169 EVAC/VC-Pfropfpolymerisat 166
Diphenylantimon-2-ehtylhexanoat 165 Extender 174
Diphenyldisulfid 165 Extraktionsbeständigkeit 173
Diphenyle, polybromierte 135 Farbeigenschaften 168
Diphenylsulfon-3,3¢-disulfohydrazid 168 Farbeindruck 139
Diphenylsulfon-4,4¢-disulfohydrazid 168 Farbfernsehen 139
Direkteinfärben 141 Farbmasterbatch 141, 176
Disazopigmente 150 Farbmischung 139
Dispergieren 138 Farbmittel 138
Dispergierhilfe 141 Farbstärke 149
Dispergiermedium 138 Farbstoffe 138
Dispergierqualität 141 – gelöste 139
Dispersionen 146 – lösliche 151
Doppelschneckenextruder 141 Farbton 139
Druckfarben 140, 170 Farbtöne 148
Dryblend-Bildung 175 Farbtronreinheit 148
Dünnsäure 145 Farbwahrnehmung 139
Durchgangswiderstand 133 Faser 140
Effektpigmente 140 FCKW 167
Einfärben 175 Fehlchargen 141
Einkapseln 153 Fensterprofile 168
Einkomponenten-Haftvermittler 160 Ferrocen 137
Einschneckenextrusion 141 Festschmierstoffe 154, 155
Eisenacetonylacetonat 137 Fettsäureester, epoxidierter 174
Eisenblau 130, 140 Fettsäuren, epoxidierte 165
Eisendialkylthiocarbamat 172 Fischsilber 152
Eisendicyclopentadienyl 137 Flammenausbreitung 134
Eisenglimmerplättchen 147 Flammruß 140
Eisenoxide 140, 164 Flammrußverfahren 145
Eisenoxidpigmente 146 Flammschutzmittel (FSM) 134
Eisenoxidrot 147 Flexibilisatoren 174
Eisenoxidschwarz 147 Fließfähigkeit 156
Elastomere 169 Fließhilfsmittel 155
elektromagnetische Abschirmung (EMV) Fließverhalten 139
132 Fluoreszenz 153
Elektronik-Bauteile 132 Fluoreszenz-Farbstoffe 153
Email und Keramik 140 Formamidin 170
Emulgatoren 137 Formtrennmittel 156, 157
– anionische 138 – innere 158
– kationische 138 Fugen-Dichtungsmasse 156
– neutrale 138 Füllstoffcoating 157
Emulsion 137 Funkenbildung 132
EMV 164, 175 Furnaceruß 130
Endgruppenbildner 130 Furnaceverfahren 145
Energie 142 Gasabspaltung 163
Entformbarkeit 156 Gasausbeute 168
Entformen 158 Gasruß 130
EPDM 166 Gasrußverfahren 145
EP-Gießharze 133 Gelenkendoprothesen 158
EP-Harze 155 gelieren 173
Epoxid-Pre-Dips 161 geruchsfrei 172
Epoxidverbindungen 172 Gewebe 156
Ermüdungsrissbildung 170 Gießharze 156
8 Sachverzeichnis 1585

Glanz 149 Ketone, UV-sensitive 172


Glanzverlust 169 Kicker 163, 167
Glasfasermatten, vorimprägnierte 165 Kieselsäure, synthetische 156
Gleitfähigkeit 156 Klebstoffe 138
Gleitmittel 156, 174 Kobaltbeschleuniger 134
– innere 156 Kobaltblau 130, 140, 147
Gleitmittelcompounds 157 Kohle-Spender 135
Glimmer, blättchenförmiger 152 Kosmetika 138
Glycerin 174 Kreide 130
Glycolester, ethoxylierte 132 Kresole 163
Goldbronze 152 Kristallinitätsgrad 163
Granulate 146 Kristallmodifikationen 139
Graphit 133, 154 Kunststoffe 140
– expandierbarer 136 Kunststoffmüll 172
Gruppen, chromophore 165 Küpenpigmente 152
– lichtabsorbierende 165 Kupfer 164
Haftvermittler 159 Kupfer-8-hydroxychinolin 165
– halogenierte 161 Lacke 165
Halogenradikale 135 – und Farben 140
Halogenwasserstoff 135 Laserbeschriftung 154
Harnstoff 167 Lasermarkierung 154
Härter 158 Laurate 131, 174
Hart-PVC 172 Lebensmittel 138
Hart-PVC-Einstellungen, bleistabilisierte Leinöl, epoxidiertes 174
172 Leitfähigkeiten, elektrische 132
Härtungsvorgang 158 Leitlacke 133
Harze, schwindungsarme 163 Leuchtpigmente 154
Hausfassaden, abwaschbare 145 Licht, sichtbares 139
Hefen 164 Lichtechtheit 139, 145, 149
Helligkeit 139 Lichtempfindlichkeit 169
HF(C)KW 167 lichtstabil 172
Hitzeschutz 170 Lichtstreuung 148
Hydrazide 130 Lithopone 142
Hydrazin-Derivate 167 Lithopone-Typen 145
Hydrazone 130 Lösemittelbeständigkeit 149
Hydroperoxide 170 Losgröße 142
Hydroxybenzophenone 170 Löslichkeit 138
Hydroxyphenylbenzotriazole, LP-Additive 163
schwerflüchtige 170 Magnesium 134
Inhibitoren 162 Magnesiumhydroxid 135, 136
Initiatoren 158 Magnesiumoxide 134, 156, 164
Innenanwendung 166 Magnetverhalten 164
Intensität 170 Maschinenkosten 142
Intumeszens-Flammschutzsysteme 135 Materialien, selbstreinigende 145
Isatosäureanhydrid 168 – selbststerilisierende 145
Isocyanat-Haftsysteme 161 Materialverlust 142
Isoindolinpigment, deckendes 140 MEK-Peroxid/Kobaltbeschleuniger 134
Isoliereigenschaften 131 Melamincyanurate 136
Kabel, bleifreie 168 Melaminpolyphosphat 136
Kalthärtung 158 Melaminprodukte 135
Kalttauchen 156 Messingbeschichtung 161
Kaltverschweißen 154 Metall (Ni, Zn)-Komplexe 170
Kalziumstearate 158 Metallcarboxylate 172
Kautschuk 140, 159 Metalldesaktivatoren (MD) 130, 131,
Keimbildner 163 175
1586 8 Sachverzeichnis

Funktionszusatzstoffe (Additive) Oberflächenspannung 137


Metalle 133 Oberflächenwiderstand 131
– und Metalloxide 164 Oleate 165
Metalleffekt-Pigmente 152 Ölsäureamid 157
Metallfaser 164 Organozinn-Stabilisatoren 171
Metallkomplex-Pigmente 149 Oxidation 168
Metalloxide 134 Oxidationsempfindlichkeit 130
Metallpulver 133, 164 Oxidationsschutz 170
Metallstabilisatoren 174 Ozonschutz 170
Metallstearate 157 PA 160
Metallüberzüge 133 PA 6 148
Methylenchlorid 167 PA 6.6 163
Methylengruppen 131 PAE/VC (Polyacrylsäureester/
Methylethylketonperoxid 134 Vinylchlorid-Copolymerisat) 166
Methylmethacrylat/Butadien/Styrol- PA-Elastomere 166
Pfropfpolymerisat 166 Palmitate 174
MF-Formmassen 144, 174 Papier 140
Migration 158 Paraphenylendiamine 169
migrationsbeständig 171 Pastelltöne 144
Migrationsechtheit 149 Pasten 146
Migrationseigenschaften 168 PC 149, 160
Migrationsgeschwindigkeit 133 PE 148
Migrationsneigung 138, 139 PE-HD 147, 148, 150
Mikroorganismen 165 Pelargonate 174
Milchsäure 164 PE-LD 157
Mischphasenpigmente, oxidische 147 PET 149
Mohs-Härte 142, 145, 154 Pentan 167
Molybdändisulfid 154 Perlglanz-Pigmente 152
Molybdäntrioxid 137 Perlglanzpigmente-Titandioxid 152
Molybdatrot 148 Perlmuttknöpfe 152
Molybdatrot-Pigmente 140 Peroxide 158
Monoazopigmente 149 – phlegmatisierte 165
Monokomponente 141 Peroxidkombinationen 158
Montanwachse 157 Peroxidzerfall 134
Mulchfolien 172 Peroxidzersetzer 130
N-(trihalogenmethylthio)phthalimid Perylenpigmente 141
165 Perylenrot, transparentes 140
N-(trihalogenmethylthio)tetrahydroph- PET-Pulver 163
thalimid 165 PE-Wachse 157
Nachkristallisation 163 Pflegemittel 138
Nahrungs- und Genussmittel 130 PF-Pulverharze 164
Naphthol AS-Pigmente 141, 150 Pharmazie und Kosmetik 140
Naphtholimide 153 Phenole, alkylierte 163
Naphtyl-Vinylacetat 165 – substituierte 130, 169
Nd-YAG-Laser 154 Phenolharze 174
Nickel 164 Phenoplaste 166
Nickelchelate 170 Phenyl-Naphtylamine 169
Nickeltitangelb 147 Phlegmatisierungsmittel 158, 165
Nitril/Butadien-Kautschuk (NBR) 166 Phosphate 165
Oberfläche, nachbearbeitungsfreie 164 Phosphite 130, 168, 171
Oberflächen, antibakterielle 145 – organische 172
Oberflächenglanz 156 Phosphonate 130
Oberflächengruppen, sauerstoffhaltige Phosphoreszenz-Farbmittel 153
133 Phosphor-Flammschutzmittel, reaktive
Oberflächengüte 166 135
8 Sachverzeichnis 1587

Phosphorpolyole 135 Polyvinylalkohol 138, 157


Phosphorsäureester 174 Polyvinylbutyralfolien 174
Photoinitiatoren 165 Porenstruktur 163
Photokatalyse 145 PP 157
Photooxidation 131 p-Phenyldiamine 169
Phthalate 165 PP-Typen 150
Phthalocyaninblau 139, 148 PP-Wachse 157
Phthalocyaninpigmente 141 Primärteilchen 138
Phthalocyanin-Pigmente 150 Primärweichmacher 173
Phthaloxyaningrün 148 Produkte, polybutadien-modifizierte 166
Phthalsäureester 173 Promotoren 134
Pigmente 138, 140 Propandiol 174
– anorganische 140, 142 PS 151
– cadiumhaltige 138 – und Copolymerisate 164
– nichtverküpfbare 152 PS-Schaumstoff 167
– organische 141 PTFE 154, 155
– polyzyklische 150 p-Toluolsulfamid 174
Pigmentpräparationen 139 p-Toluylensulfonylsemicarbazid 168
Pigmentruße 140 Pulver, rieselfähige 156
Pilze 164 Pulverruße 146
Plastisolen 156 PUR 158
Plateout 139, 157 PVAC 164
PMMA 151, 160, 164 PVAC-Dispersionen 157
PO-Elastomere 166 PVC 148, 167, 171, 172, 174
Polarität 138 PVC-Pasten 155, 174
Polyacetalen (POM) 131 PVC-Stabilisator 168
Polyamid 174 Quellvorgang 173
Polyaminoamide 174 Quencher 170
Polycaprolactone 172 Quietschgeräusche 157
Polyester 138, 165 Radikalfänger 130
– aliphatischer 172 Radikalfänger/Peroxidzersetzer 170
– hydroxylgruppenhaltiger 160 Rauchdichteverminderer 136
Polyesterharze, ungesättigte 165 Rauchentwicklung 134, 137
Polyether 138 Rauchgase 135
Polyetherketon 137 Rauchgasminderer 137
Polyethersulfon 137 Rauchhemmer 137
Polyethylen 172 Reaktionen, photochemische 165
– abbaubares 172 Reaktionsverzögerer 160
– ultrahochmolekulares 158 Reflexion 139
Polyethylenglycole 138, 157 Reibwerte 154
Polyhalide 138 Reinigungsmaterial 142
Polyisocyanat, aliphatisches 160 Resorcin-Formaldehyd-Silica 161
Polyisocyanurat, aromatisches 160 Resorcin-Methylos-Systeme 161
Polymer-Blends 166 RFL-Dip 161
Polymerweichmacher 173 Rhodamine 153
Polyole 158, 167, 168, 172 Ricinoleate 174
Polyolefine 160, 164 Rizinolate 131
Polyolefinelastomere 166 Rotationsgusspasten 174
Polyphenole 131 Rovings 165
Polyphosphorsäure 135 Ruß 133, 145, 170
Polystyrol, elastifiziertes (EPDM) 166 Ruße 138
– schlagfestes (SB) 166 – geperlte 146
Polysulfide 174 Rutilpigmente 144
Polysulfon 137 Rutilstrukturen 147
Polytetrafluorethylen 155, 157 SAN 151
1588 8 Sachverzeichnis

Funktionszusatzstoffe (Additive) Tetrabrombisphenol A (TBBA) 135


Säurechlorid, organisches 160 Tetrabromphthalsäureanhydrid 135
Säurehärter 158 Tetrazole 167
Säurespender 135 Textilschnitzel 167
SB-Polymere 131 Thermoformanlagen 165
Schädigung, photochemische 170 Thermostabilisatoren 131
Schaumstoffe 163, 167 Thio-Verbindungen 130
Schäumverfahren 167 Titanate 162
Schiefermehl 130 Titanat-Haftvermittler 162
Schlagzähigkeit 162, 166 Titandioxid (TiO2) 138, 139, 142
Schlagzähigkeitsverbesserer 166 Titanoxide 140
Schmelzviskosität 162 Titanoxidhydrat 152
Schuppen 146 Toluolsulfonate 165
Schutzgas 135 Toxizität 136, 165
Schutzüberzüge 170 Transferfolie, selbstklebende 154
Schutzwirkung 170 Transparenz 149, 166
Schwarz 139 Treibmittel 135, 167
Schwarzpgimente, anorganische 145 Treibverfahren 167
Schwefel-Beschleuniger-Systeme 134 Trennmittel 138, 157
Schwermetallsalze 137 Tribromphenol 135
Schwermetallstabilisator 170 Tributylzinnoxid 165
Schwindung 163 Triethylenglycol-di-2-ethylbutyrat 174
Sebacinsäure 174, 165 Trihydrazinotriazin 168
Sedimentieren 156 Triphenylphosphat 174
Sekundärweichmacher 174 Trockenschmierstoff 145
Selbstschmiereigenschaft 154 Tröpfchengröße 137
Semicarbazide 167 Überlackierechtheit 139
Silan-Haftvermittler 162 UF-Formmassen 144
Silberbronze 152 UHMW-PE 158
Silicone 157 Ultramarinblau 140, 148
Sintermetallteile 154 Ultramarin-Pigmente 148
Slipmittel 156, 157 Ummanteln von Kupferleitungen 130
SMC 156, 164 Unlöslichkeit 139
Sojaöl, epoxidiertes 174 UP 148
Solvatation 173 UP-Gießharze 133
Spachtelmassen 165 UP-Harze 147, 152, 155, 158, 162, 165,
Spinell-Mischphasenpigmente 147 174
Spinellschwarz 147 UV-Absorber 170
Stabilisatoren 167 UV-Stabilisatoren 169
Stabilität (Abbau) 172 UV-Stabilisierung 131
Stärke, thermoplastische 172 Vanadiumbeschleuniger 134
Stearate 131, 165, 174 Verarbeitungskosten 142
Stoffwechselprodukte 164 Verbindungen, metallorganische 172
Strahlung 170 Verbund-Sicherheitsglas 174
Strontium 131 Verdickungswirkung 156
Styrol 163 Verfärbung 169
Styrol-Polymerisate 160 Vergilben 131, 144
Substanzen, pulvrige 146 Vergrauen 144
Sulfide 147 Verkohlen 137
Sulfoselenide 147 Verkohlung 135
Synergismus 130 Vernetzungsreaktionen 158, 159
Tagesleucht-Farbmittel 153 Vernetzungssysteme 159
Talkum 130 Verschleiß 154
Tauchpasten 174 Verspröden 131
Teilchengrößenvergleich 140 Verstärkungsmaterial 164
8 Sachverzeichnis 1589

Verzug 150 Zusätze, mikrobentötende 164


Verzugsfreiheit 149 – viskositätserhöhende 155
Verzugsneigung 138 – viskositätserniedrigende 155
Videobänder 132 Zweikomponenten-Haftvermittler
Vinyl-Cinnamat 165 160
Viskosität 149 Zweiphasensystem 164
Viskositätserhöhung 156
Viskositätsregler 164 G
Volumenvergrößerung 164 g-Modifikation 541
Vulkanisation 134, 158 Gasphasen-Verfahren 454
Wachse 141, 157 Gelieren 640
Wärmeleitfähigkeit 164 Gestaltfehler 381
Wärmestabilisatoren 131, 170, 171 Gestaltung 409
Weichmacher 164, 166, 173 Abmessungen 411
– niedermolekularer 173 Abminderungsfaktoren 410
Weichmacheraufnahme 175 Auslegungsfaktoren 411
Weichmachung, äußere 173 Auslegungskriterien 410
– innere 173 Gestaltungsrichtlinien 410
Weich-PVC 160, 164 Sicherheitsbeiwerte 410
Weich-PVC-Einstellungen, Torsionsstäbe 411
bleistabilisierte 172 Trägheitsmomente 411
Weich-PVC-Folie 157 Widerstandsmoment 411
Weißgrad 145 GFK 1340
Weißpigmente 139 Gießharze 1334
– anorganische 142 Glasfaserverstärkung 933
Weißtöner 153 Glasübergangstemperatur 922
Wellenbereich 170 Gleiteigenschaften 938
Werkzeugverschleiß 145 Gleitmittel 611
Wetterbeständigkeit 139, 149 GMT 544
Wetterechtheit 149 Gusspolyamid 6 1006
Zellstruktur 167 Gusspolyamid 6 (NyrimTM), elastomer-
Zelluloid 173 modifiziertes 1007
Zersetzung 134 NyrimTM 1007
Zersetzungstemperatur 163 Gusspolyamid 6/12 1006
Zimtsäureester 170 Gusspolyamid 12 1008
Zink 134 Guss-Polyamide 1001
Zinkbeschichtung 161 anionisch 1001
Zinkborat 137 Dosieranlagen 1003
Zinkdithiocarbamat 165 e-Caprolactam 1001
Zinkechtgrün 148 Herstellung 1004
Zinkeisenbraun 147 hydrolytisch 1001
Zinkgrün 148 kationisch 1001
Zinkhydroxystannant 137 Modifizierung 1004
Zinkoxid 134, 164, 167 Polyamid-RIM 1001
Zinkpigmente 140 Polymerisation, anionische 1003
Zinkstannat 137 – hydrolytische 1001
Zinkstearat 167 – kationische 1002
Zinkstearate 158 RIM 1005
Zinksulfid (ZnS) 136, 142 Schmelzaufbereitungsanlagen 1003
Zinksulfidpigmente 145 T-RTM 1005
Zinkweiß (ZnO) 142
Zinnstabilisatoren 171 H
Zinnverbindungen 131 Harnstoff/Formaldehyd-Kunststoffe
Zitronensäure 163 (Aminoplaste) 1318
Zitronensäureester 174 Thioharnstoff 1319
1590 8 Sachverzeichnis

Harnstoffharze, technische 1325 Polyole 1416


Bindemittel 1325 Polyurethane 1413
Leime 1325 Reaktionsgeschwindigkeit 1417
Schaumstoffe 1325 Urethangruppe 1413
Schichtpressstoffe 1326 Verstärkungsstoffe 1420
Spanplatten 1325 isotaktisches Polypropylen (iPP) 539
Härtezeit 380, 382, 282
Härtungsgeschwindigkeit 380 K
Hochdruckpolyethylen 454 Kautschuk, thermoplastischer 546
Hochöfen 435 Kautschukelastizität 516
Hochofen-Einblasung 432 Kerbschlagzähigkeit 933
Eisenherstellung 432 Kleben 957
Eisenverarbeitung 432 Kohlenstoff-Polylefin, Basis 602
Kupolofen 432 Preis/Leistungsverhältnis 602
Möllergut 432 Konditionieren 936
Schrott 432 Konizität 382
Vorzerkleinerung 432 Kreislaufführung 425
hochwärmebeständige duro- und Additivierung/Compoundierung 425
thermoplastische Polykondensate und Alterungsursachen 426
Polyaddukte 1231 Altreifen 425
Ablation 1232 Duroplaste 425
Halbleiterpolymere 1235 Elastomere 425
Leiterpolymere 1235 – thermoplastische 425
Ringverbindungen, heterocyclische 1235 Förderbänder 425
Gaszutritt 426
I Isolierungen 425
IMC 1368 Klebstoffe 426
Informationsdatenbanken 415 Kunststoffverwertung 425
Inlösungnahme 428 Lackierungen 426
Explosionsgefahr 428 Lackpartikel 426
Lösemittel-Regenerierung 428 Matten 425
Intrinsically Conducting Polymers 1483 Mehl für Reifen 425
Ionomere 592 Polyurethane, duroplastische 425
Abriebfestigkeit 592 – thermoplastische 425
Bindungen, polare 593 Rezyklatanteile 425
Chemikalienbeständigkeit 595 Rezyklatqualität 425
Durchstoßfestigkeit 592 Schalldämmplatten 425
Hafteigenschaften 593 Schlagzähigkeit 426
Heißklebefestigkeit 593 Schmelzefiltration 426
Kerbschlagzähigkeit 593 Sohlen 425
Schmelzenfestigkeit 592 Temperaturwechsel 426
Siegeltemperaturen 592 Thermoplaste 425
Spannungsrissbildung 595 – glasfaserverstärkte 425
Sphärolithe 593 UV-Strahlung 426
Transparenz 593 Verschmutzungen 426
Witterungsbeständigkeit 595 Wasseraufnahme 426
Isocyanatharze 1413 Werkstoff-Kennwerte 425
Beurteilung, gesundheitliche 1415, 1417 Kreislaufwirtschaft 423, 424
Diisocyanat-toluol (TDI) 1415 Altfahrzeug 423
Flammschutzmittel 1418 Entsorgung 423
Funktions-Zusatzstoffe 1417 Entsorgungskapazitäten 423
Harnstoffderivate 1414 Kreislauffähigkeit 423
Inhibitoren 1418 Kreislaufschließung 423
Polyester 1417 Nachhaltigkeit, ökologische 423
Polyether 1417 Produktverantwortung 423
8 Sachverzeichnis 1591

Rahmenbedingungen, rechtliche 423 Skischuhe 11


Verpackung 423 SMC 12
Werkstoffverbrauch 423 Spoiler 11
Kriechmodule 924 SRIM 12
Kristallinitätsgrad 516, 915 Stoßfänger 11
Kristallisationsgeschwindigkeit 918 Thermoelaste 6
Kunststoffe auf Cellulosebasis 43 Thermoplaste 5, 6, 8
Glukose-Moleküle 43 – amorphe 5
– auf Ligninbasis 45 – teilkristalline 5
– auf Proteinbasis 44 Transportbänder 11
a-Aminosäure-Moleküle 44 Verschlaufung 7
Casein 44 Verschleißschutz 11
Milcheiweiß 44 Walzenüberzüge 11
– aus abgewandelter Cellulose 1458 Wellendichtringe 11
– Einteilung 3 – Preisspanne 17
– Hauptmerkmale 5 Elastomere, thermoplastische 17
Anwendungsbereiche 11 Formmassen, duroplastische 18
Apparatebau 11 – Synthese 18
Automobilaußenteile 11 – Erzeugung 18
Behälterauskleidungen 11 – Herstellung 18
BMC 12 Kunststofferzeugung 46
CFK 12 Alkylierung 50
Dämpfungselemente 11 Dehydrierung 50
Dichtmanschetten 11 – von Ethylbenzol 49
Dichtungen 11 Emulsionspolymerisation 48
Dichtungsmassen 11 Fällung aus Substanz 47
Duroplaste 8 – in Suspension 48
– faserverstärkte 6 Fällungspolymerisation 47
Elastizitätsmodul 6 Jahreskapazität 46
Elastomere 6, 8, 11 Lösungspolymerisation 47
– thermoplastische 6, 8 Polyethylen 46
Faltenbeläge 11 Polymerisation 50
Fließtemperatur 6 Polypropylen 46
Front- und Heckspoiler 11 Polystyrol 46, 49, 50
Glasübergangstemperaturen 6 – technischer Prozess 46
Gummistiefel 11 Substanzpolymerisation 47
Handschuhe 11 Suspensions oder Perlpolymerisation 48
Haupterweichungsbereich 6 Verfahrenstechnik 47
Hydraulik 11 Kunststoffschmelzen 232
Kabelindustrie 11 Anguss 233
Kabelisolierungen 11 Druckaufbau 233
Klebstoffe 11 Düse 233
Kunststoffe, Kurzzeichen 14 Formeinheit 233
Membranen 11 Formteil 233
Mischkomponenten 11 Plastifiziereinheit 233
Nut-Ringe 11 Plastifizierung 233
O-Ringe 11 Kunststoff-Strukturen 405
Pneumatik 11 Automobilbau 405
Prepreg 12 Bauteileversagen 407
Profildichtungen 11 Bemessungskennwert 406
Reifenrezeptur 8 CAMPUS 407
RIM 12 Freigabe 406
RTM 12 Gewicht 405
Schläuche 11 Gleitkörper 406
Schuhsohlen 11 Kosten 405
1592 8 Sachverzeichnis

Kunststoff-Strukturen Leime 1331


Lebensdauer 405 PF/MF-Harz-Schichtpressstoffe 1332
Leichtbau 405 mesomorphe (smectic) Modifikation 542
Luft- und Raumfahrt 405 Metallocen 536
Maschinenbau 405 MF-Formmassen, härtbare 1327
Polardiagramme 407 Beurteilung, gesundheitliche 1329
Polar-Voranalyse-Diagramm 408 Brennbarkeit 1329
Programm RALPH 408 Chemikalienbeständigkeit 1329
Qualität 405 Durchlässigkeit für Wasserdampf 1329
Reibgeschwindigkeiten 406 Kriechstromfestigkeit 1327
Sicherheit 405 Spannungsrissbildung 1329
Sicherheitsbeiwerte 406 Strahlenbeständigkeit 1329
Verschleiß 405 Verarbeitung 1329
Verschleißfaktor 406 Wasserdampf, Durchlässigkeit 1329
Vor-Analyse 407 Witterungsbeständigkeit 1329
Vorauslegungs-Formel 409 – modifizierte 1330
Werkstoffdatenbanken 406, 407 Mikrowellentechnologie 383
Werkstoffvorauslegung 408 Absorption von Mikrowellen 383
Kurzzeitverhalten 921 Aushärten, beschleunigtes 383
K-Wert 609 Epoxidharze 383
Frequenzbereich 383
L Kautschuk 383
Längenausdehnungskoeffizient 945 Mikrowellen 383
Langzeitverhalten 924 Mikrowellenantennen 383
Lastenheft 399 Mikrowellenerwärmung 383
LCPs und technische Kunststoffe 1138 Oberflächenbehandlung 383
Polyphenylenether 1141 Plasmaerzeugung 383
Glasübergangstemperatur 1141 Plasmaquellen 383
Leitfähigkeit 1443, 1483, 1484 Polyamid 383
Lignin 1443 Polyurethane 383
Löseverfahren 648 Polyvinylchlorid 383
Low Profile (LP) 1341 Quecksilberlinie 384
Low Styrene Emission 1344 Schicht, kratzfeste 383
Schweißen 383
M Sintern von Thermoplasten 383
Maleinsäureanhydrid (MAH) 544 Struktur, polare 383
Masse-Temperatur 380 Thermoplaste 383
Materialfehler 380 UV-Lichterzeugung 383
Materialtrichter 382 UV-Quelle 384
Mehrschichtfolien 949 Vernetzung 383
Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF) MMA, SB und ABS (MABS) 751
1326 Beurteilung, gesundheitliche 755
Papier, nassfestes Brechungsindex 751
Spanplatten 1327 Fließweg 752
Sperrholz 1327 Gebrauchstemperatur 755
Melamin/Phenol/Formaldehyd-Form- Opazität 751
massen, härtbare 1330 Schlagzähigkeit 752
Beurteilung, gesundheitliche 1331 Transparenz 751, 752
Brennbarkeit 1331 Wanddickenverhältnis 752
Chemikalienbeständigkeit 1331 Wärmeformbeständigkeit 752
Strahlenbeständigkeit 1331 Zweiphasensysteme 751
Witterungsbeständigkeit 1331 Müllverbrennungsanlagen 434
Melaminharze, technische 1331 Aschegehalt 434
Bindemittel 1331 Brennbarkeit 434
Flammschutzmittel 1332 Feuchtegehalt 434
8 Sachverzeichnis 1593

Heizwerte 434 Block-Copolymere 71, 72, 73


Müllverbrennungsanlagen (MVA) 434 Blockpolymere 70
Bohrmaschinengehäuse 77
N Butadien-Styrol-Copolymerisat 71
Nachdruck 382 Cellulose 57
Nachdruckhöhe 382 Copolymere 70, 72
Nachdruckpolster 382 – alternierende 72
Naturstoffe 1443 – statische 72
– abgewandelte 42, 1443 – statistische 71
nicht auf Polyolefinen basierende Diamin-Dicarbonsäuren 57
verträglich- und schlagzähmachende Diaminsäure 58
Copolymere und Polymerblends 786 Dicarbonsäure 58
Nomenklatur 909 Dichte 67, 74
Copolyamide 910 Dioctylphthalat (DOP) 76
PA-Elastomere 910 Dioctylsebazat (DOS) 76
Polyamide, aliphatische 910 Drehbarkeit 61
Polyamide, partiell aromatische 910 Druckverformungsrest 74
Notlaufeigenschaften 938 Einphasen-Kunststoffe 72
Nylon 912 Eiweiße 57
Elastomere, thermoplastische, TPE 71, 73
O E-Modul 67, 75
Oberflächenbehandlung, Plasma 384 E-Modul-Verlauf 74
Antikratz-Beschichtungen 384 Endgruppen 61
Barriereschichten 384 Esterbindungen 57
Beflammung 384 Etherbindungen 57
Beschichtungen, wasserabweisende 384 Ethylen-Vinylacetat-Terpolymere (EVA)
Diamantbeschichtungen 384 76
Gasphasen-Polymerisation 384 Flüssigkristall-Polymer (LCP) 60
Klebeeigenschaften 384 Fremdatome bzw. -moleküle 70
Korona-Entladungen 384 Glastemperatur 59, 77
Kunststoffbeschichtungen 384 Glykogen 57
Lackierbarkeit 384 Graphitstruktur 59
Medizintechnik 385 Grundmolekülkette 56, 61
Niederdruck-Plasmen 384 Guttapercha 57
Oberflächeneigenschaften 384 Härte 74
Plasma-Modifikation 384 Hartphase, disperse 72
Plasmareinigung 385 Heteroatome 56
Plasmasterilisation 385 Hinderung, sterische 61
Reinigen 385 Hochdruckverfahren 65
Reinigungswirkung 385 Homo- und Copolymere 70
Schichten, tribologische 384 Homopolymere 72
Schutzschichten, funktionale 384 Isomerie 65
Substratoberfläche 384 isotaktisch 56
Zustand, ionisierter 384 Kautschuk 67, 74
Oberflächenfehler 381 Kohlenstoffbindungen 57
Ökobilanzen 438 Kohlenstofffaser 59
Produkt-Ökobilanz 438 Kohlenstoffkette 63
Ordnungszustände, chemische 54 Konfiguration 55, 63, 65
Acetalbindungen 57 Konformation 56, 63
Amidbindungen 57 Konstitution 54, 63
Amidgruppen 56 Kristallisation 64
Aminosäuretypen 57 kurzkettenverzweigt 65
ataktisch 56 Löse- bzw. Quellvermögen 76
Beanspruchung, schlagartige 70 Makromoleküle, natürliche 57
Beständigkeit 74 – synthetische 57
1594 8 Sachverzeichnis

Ordnungszustände, chemische Polymere, fluorhaltige 62


Mehrphasen-Kunststoffe 72 Polymerisationsgrad 69
meta-Stellung 59 Polymerisationsgrad n 65
Migration 76 Polymer-Legierungen (polymer alloys)
Molekülkettenstruktur 59 72
Molmasse 65 Polymermischung 70, 72, 73
– Massenmittel 69 Polymer-Weichmacher 76
– mittlere 69 Polymethacrylat 70
– Viskositätsmittel 69 Polymethylacrylat (PMA) 62, 75
– Zahlenmittel 69 Polymethylmethacrylat (PMMA) 62, 75
Molmassenverteilung 65, 68 Polyol 74
Molmassen-Verteilungskurve 69 Polyolefine 62
monodispers 68 Polyoxymethylen (POM) 62, 64, 70
Monomerweichmacher 76 Polyphenylensulfid (PPS) 60
Nah- und Fernordnung 66 Polypropylen (PP) 62, 70
Niederdruckverfahren 65 Polysaccharide 57
Nucleinsäuren 57 Polysiloxankunststoffe 63
Oligomere 76 Polysiloxanöle 63
PA 6 57, 58 Polystyrol (PS) 62, 66, 70, 71, 73
PA 6.6 58 Polysulfon (PSU) (PSO) 60
PA 6.10 58 Polytetrafluorethylen (PTFE) 62, 70
PA 11 57, 58 Polyurethan 74
PA 12 58 – lineares (TPU) 77
para-Stellung 59 Polyurethane, lineare (TPU) 61
Partner, unverträgliche 73 Polyvinylacetat (PVAC) 62
– verträgliche 73 Polyvinylalkohol (PVAL) 62, 77
PE 65 Polyvinylchlorid (PVC) 62, 70, 76
Pfropf-Copolymer 72, 73 Polyvinylether (PVE) 62
Pfropf-Copolymerisation 70 Polyvinylfluorid (PVF) 62
PMMA 67 Polyvinylidenchlorid (PVDC) 62
Polyacetale 62 Polyvinylidenfluorid (PVDF) 62
Polyacrylate 62 Polyvinylkarbazol (PVK) 62
Polyacrylnitril (PAN) 62 Preisniveau 74
Polyamid (PA) 76, 77 PUR 74
Polyamide 56 Quaterpolymere 70
– aliphatische 57 Quelleigenspannungen 77
– aromatische 59 Reißdehnung 67
Polyamidimid (PAI) 60 Reißfestigkeit 71
Polyarylat (PAR) 60 Rotationskegel 63
Polyarylsulfon (PAS) 60 Schubmodul 77
Polyblend 70, 73 Schubmodul G¢ 66
Polyblends (polyblends) 72 Seide 57
Polybutadien, lineares 73 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 71
Polybuten 1 (PB-1) 62 Stärke 57
Polychlorbutadien 66 Stereoisomerie 65
Polychlortrifluorethylen (PCTFE) 62 Streckspannung 71
polydispers 68 Strukturisometrie 65
Polyetherimid (PEI) 60 Substituenten 61
Polyetherketon (PEK) 60 Taktizität 56, 65
Polyethersulfon (PES) 60 Temperaturabhängigkeit 75
Polyethylen (PE) 62, 66, 67, 70 Temperaturgrenze 74
– ultrahochmolekulares 70 Terpolymere 70
Polyisobutylen (PIB) 62 Thermoplaste 70
Polyisocyanat 74 – hochtemperaturfeste 60
Polymerblends 73 TPE-A 74
8 Sachverzeichnis 1595

TPE-E 74 Kristallgittertypen 81
TPE-Klassen 74 Kristallisationsgeschwindigkeit 81
TPE-O 74 Kristallisationsgrad 81, 82
TPE-S 74 Kristallisationszeit 82
TPE-U 74 Kristall-Lamelle 80
TPE-V 74 Lamellendicke 80
Trikresylphosphat (TKP) 76 Lamellenstruktur 79
Urethangruppe 61 Langperiode 79
Verhakungen 66 Licht-Mikroskopie 80
Verknüpfungsart 56 Maßhaltigkeit 83
Vernetzung, physikalische 66 Nachkristallisation 82
Verschlaufungen 66 Nachschwindung 83, 84
Verteilung, breite 69 PE-Ketten, zickzackförmige 79
– enge 69 Polyamid (PA) 82
Verzweigungen 64 Polybutylenterephthalat (PBT) 82
Verzweigungsgrad 65 Polyethylen 79, 80
Vinylverbindungen 62 – (PE-HD) hoher Dichte 82
Wasseraufnahme 77 – (PE-LD) niedriger Dichte 82
Wassergehalt 76 Polyethylenterephthalat (PET) 82
Weichmacherwanderung 76 Polyoxymethylen (POM) 82, 84
Weichmachung 70, 75 Polypropylen (PP) 79, 82
– äußere 76 Polytetrafluorethylen (PTFE) 82
– innere 75 POM 84
Weichphase, zusammenhängende Reaktionsharze 85
(kohärente) 72 Scherung in der Schmelze 79
Wolle 57 Schlagzähigkeit 83
Zugfestigkeit 71 Schmelzetemperatur 79
Ordnungszustände, physikalische 78 Schrumpfung 82
Abkühlgeschwindigkeit 78 Schwefelbrücke 84
Brechungsindex 78 Schwindung 82, 83
Bruchdehnung 83 Seitengruppen 78
Dichte 82 Spannungsrissbildung 82, 83
Dichteerhöhung 83 Sphärolith 80, 83
Druckeigenspannung 82 Sphärolithgrenze 83
Duroplaste 85 Strukturen, kristalline 79
Elastomere 84 Systeme, orthorhombische 81
– thermoplastische 84 Thermoplaste, teilkristalline 78
Elektronen-Mikroskop 80 tie-molecules 79, 80
Elementarzellen 81 tie-Moleküle 79
Fernordnung 78 Verarbeitungsschwindung 83, 84
Formbeständigkeit 85 Vernetzungsstelle 84
Formteil 80 Werkzeugoberflächentemperatur 84
Formteil-Wandquerschnitt 82 Werkzeugtemperatur 83
Gesamtschwindung 83 Werkzeugwand 82
Hauptkristallisation 82 Zugeigenspannung 82
Kautschuk 84 Zugspannung 83
Keimbildner 79 Zustand, amorpher 78
Keimbildung 82 – teilkristalliner 78
Kettenaufbau 78 zweiter Hauptsatz der Thermodynamik
Knäueldichte 78 78
Knäuelstruktur 78 Organische und anorganische Füllstoffe
Konfiguration 79 177
Konstitution 79 Abriebfestigkeit 185
Kriechen 85 Additive 188, 189
Kristallblock 79, 80 Additive für Rezyklate 189
1596 8 Sachverzeichnis

Organische und anorganische Füllstoffe EMV-Ausrüstung 185


A-Glas 185, 201 EP 182, 184
Al2O3 180 EP-Harze 187, 188, 190, 191
Alkalialuminosilikat 186 Extender 180, 182, 187
Alpha-Cellulose 178 Farben 186
Alphacellulose 179 Farbton 181
Aluminiumtrihydrat 180 Feldspat 183
Aluminiumverbindungen 180 Feldspatmehle 183
Aminoplasten 188 Feldspatmineralien 186
Andalusit 183 Fettsäuren 177
Antiblocking-Verhalten 181 Fibrillieren 181
Arbeitsplatten 188 Fichtenholz-Faserstoffe 178
Asbest 188 Filterhilfsmittel 184
Asbestfasern 187 Flachdichtungen 187
aspect ratio 177, 188 Fließverhalten 181
Aspektverhältnis 179 Flugzeug-Bremsscheiben 183
ATH 177 Fluorkunststoffe 188
Ausdehnungskoeffizient 187 Folien, atmungsaktive 188
Ausdehnungsverhalten 187 Formbeständigkeit 182
Automobilkennzeichen 185 Füllgrad 179
Bariumferrit 181 Füllstoffe, anorganische 179
Bariumsulfat 179 Funktionszusatzstoffe 180
Bariumverbindungen 180 Furanharze 183
Barrierewirkung 186 Gesamtschwindung 186
Bauelemente, elektronische 187 Gießharze 186
Bauxit 180 Glanzgrade 182
Bedruckbarkeit 181 Glaskohlenstoff 183
B-Glasfasern 186 Gleitmittel 177
Blanc fixe 181 Gleitschutzmittel 183
BMC 182, 184 Glimmer 177, 179, 183, 184
BMC-LP-Formmassen 182 Graphit 177, 183
Brandschutzmittel 180 Graphitanoden 183
Brechzahl 183 Hart-PVC 182
Brillanz 181 Hemicellulose 178
Buchenholz-Faserstoffe 178 Holzmehl 178
Calciumcarbonat 179, 181 Hybridverstärkung 177, 185
– agglomeratfreies 188 Isolierteile 187
Ca-Stearat 182 Kalinit 184
Cellulosefasern 178 Kalium/Aluminiumsilicat 184
Cellulosepulver 178 Kaolin 179, 183, 184
Chemikalienbeständigkeit 187 Kaoline, kalzinierte 188
Chromkomplexe 177 Kautschuk 186
Cristobalit 187 Keimbildner 182, 186
Dichte 186 Kerbschlagzähigkeit 181
Dichtprofile, magnetische 181 Kernmehle 179
Dichtungstechnik 187 Kieselalgen 184
Dielektrizitätszahl 188 Kieselgur 184
Dispergierbarkeit 181 Kieselpanzer 184
Dolomit 182 Kieselsäure 187
Durchgangswiderstand 185, 186 Klebstoffe 186
Durchschlagfestigkeit 180 Kleinmagneten 181
Edelkorund 180 Kohle 183
E-Glas 185, 201 Kohlebürsten 183
Elektroden von Herzschrittmachern 183 Kokosnussschalen 179
Elektrokorund 180 Kontaktrollen 183
8 Sachverzeichnis 1597

Kornform 177 Quarzsand 187


Kratzfestigkeit 188 Rieselfähigkeit 181
Kreiden 182 RIM-Systeme 182
Kriechstromfestigkeit 180 RRIM-Systeme 182
Kryo-Elektronik 187 Schalenmehle 179
Kryolith 180 Schaumkohlenstoff 183
Kunstkohle 183 Schiefermehl 187
Lacke 186 Schlagzähigkeit 177, 181, 188
Lignin 178 Schleifbügel 183
LP-Harze 184 Schleifmittel 180, 187
Lumenanteil 178 Schleifscheiben 180, 187
Magnesiumsilikat 186 Schmelzspinnen 184
Messgeräte 187 Schwarzkorund 180
Mica-Typen 184 Schwerspat 180, 183
Mikrokugeln, hohle 185 Schwindung 185
– massive 185 Schwindungsverhalten 182
Mohs-Härte 7, 177, 180, 181, 183–188 Silane 177
Mörtel, phenolharzgebundener Siliciumcarbid 187
feuerfester 186 Silikat-Hohlkugel 185
Motorenbau 187 Siliziumverbindungen 183
Mullit 186 Sillimanit 186
Muskovit 184 SMC 182, 184
Nanoclays 180 Spitzen von Großraketen 183
Nanocomposites 179 Spritzgießen 181
Nanoverbunde 179 Spülbecken 188
Nephelin 186 Stampfmassen, phenolharzgebundene
Normalkorund 180 feuerfeste 186
Oberfläche, spezifische 182 Steifigkeit 181
Oberflächenbeschichtung 177 Steine, phenolharzgebundene feuerfeste
Oberflächenenergie 177 186
Oberflächengüte 182 Straßenmarkierungen 185
Oberflächenwiderstand 186 Strukturschaumstoffe 186
Olivenkerne 179 Talkum 177, 179, 183, 186
Olivin 186 Tiefzieheigenschaften 182
Orangenhautbildung 178 Titanate 177
Papierindustrie 184 Triebwerkteile 183
PE-HD 181, 184 Überzugmassen 183
PE-LD 181 UP 182
PF-Formmassen 187 UP-Gussmassen 188
Phenolharze 183 UP-Harze 186, 187, 188, 191, 195
Phenoplaste 184, 188 UV-Absorption 186
Plateout 181 Vergussmassen 186
Plättchen 177 Verkehrsschilder 185
Polyolefine 188 Verschleißwirkung 181, 187
PP 186 Walnussschalen 179
Prothesen 183 Wärmebeständigkeit 181
PS-Schaumfolien 182 Weißgrad 181, 184
PUR-Weichschaumstoffe 182 Wollastonit 179, 188
PVC 183 Zellenregler 182
PVC-Fensterprofile 182 Zellhohlraum 178
PVC-P 181 Zugfestigkeit 181
PVC-U 181 Zykluszeiten 181
Quarz 179
Quarzkies 187
Quarzmehl 187
1598 8 Sachverzeichnis

P Fließrate MFR 465


PA 6-3-T 993 Fluorieren 486
PA 11-Elastomer 1000 Folien 495
Zusatzstoffe 1001 Füllstoffe 462
PA 12-Elastomere 998 Funktions-Zusatzstoffe 462
Eigenschaften, thermo-mechanische Glasumwandlung 468
999 Gleitreibungszahl 480
Verarbeitung 999 Gleitverschleißrate 480
PA 12/MACM I 993 Großrohre 476
Pastenverarbeitung 640 Härte 479
PC-Cokondensate 1043 Haushaltswaren 495
Formbeständigkeit in der Wärme 1043 Heizelement-Stumpfschweißen 494
Formmassen 1043 Hochfrequenz-Schweißtechnik 484
Kerbschlagzähigkeit 1043 Ionomere 495
PE-HD-UHMW 506 Kaltformen 495
„sand-slurry“-Methode 507 Kleben 494
Hochdruckspeicher 511 Kriechen 468
Kerbschlagzähigkeit 507 Kriechmodul 471
Presssintern 508 Kriechverhalten 471
Pulvermetall-Technologie 509 Kristallinität 479
Reibungsverhalten 507 Kristallinitätsgrad 461
Schubmodul 509 Kugeldruckhärte 479
Verlustfaktor, mechanischer 509 Kurzzeitverhalten bei geringer
Verschleißarten 508 Verformungsgeschwindigkeit 465
Verschleißverhalten 507 Langkettenverzweigungen 461
Pelargone 914 Langzeitprüfungen 470
PE-LD, PE-HD 461 Langzeit-Schweißfaktor 476
Abbauprodukte 490 Langzeitverhalten 470
Abkühlbedingungen 477 Lastwechselfrequenz 477
Aktivruß 486 Leistungsstufe PE 475
Apparatebau 496 Makromoleküle, verzweigte 461
Armaturen 496 Masse, mittlere 461
Ausrüsten, antistatisches 483 – molare 461
Bearbeitung 490 Metallocen-Katalysatoren 485
Beschichten 495 Monofile 496
Beständigkeit gegen Chemikalien 485 Oberflächenwiderstand 483
– gegen Mikroorganismen 489 Orientierung 477
Beurteilung, gesundheitliche 488 PE-HD-UHMW 480
Biegewechselfestigkeit 477 Photooxidation 486
Brennbarkeit 488 Poisson-Zahl 470
Dauerschwingfestigkeit 477 Polymerblends 462
Dielektrizitätszahl 484 Polymerisationsgrad 461
Dipole, molekulare 484 Pulverschmelzen 462
Dipolmoment 484 pvT-Diagramme 482
Dosis 487 Reckverhältnis 465
Druckfestigkeit 476 Reibungsverhalten 479
Durchgangswiderstand, spezifischer 483 Relaxation 471
Eigenschaften, dielektrische 483 Relaxationsmodul 472, 473
– elektrische 482 Retardationsmodul 472
– optische 485 Rissfortpflanzung 476
Eigenschaftsrichtwerte 466 Rohre 496
Elastizitätsmodul, dynamischer 470 Rotationsgießen 495
– scheinbarer 471 Schlagbiegeversuch 477
Enthalpie 481 Schlagzähigkeit 468
Entzündungstemperatur 488 Schlagzugversuch 477
8 Sachverzeichnis 1599

Schneidenformen 492 Durchdrückfestigkeit 500


Schnittbedingungen 492 Durchstoßfestigkeit 498
Schubmodul 468 Extrudieren 500
– dynamischer 470 Fließverbesserer 500
Schweißen 493 Folien 500
Seilerwaren 496 Gasphasenverfahren 500
Selbstentzündung 488 Güte, organoleptische 503
Spannungsdehnungs-Diagramm 465 Kabelmäntel, vernetzbare 504
Spannungs-/Dehnungs-Linien 471 Medizintechnik 504
Spannungsdehnungslinien, isochrone Mehrlagenfolien 504
472, 474 Metallocene-Technologie 500
Spannungsrissbeständigkeit 476 Molmasseverteilung 497, 500
Spannungsrissbildung 485–487 Schergeschwindigkeit 505
Sphärolithe 486 Schlagzugzähigkeit 498
Spritzgießen 495 Schmelzbruch 500
Standardpolyethylen 461 Schrumpfeigenschaften 498
Sterilisieren 489 Siegelfähigkeit 498
Strahlenbeständigkeit 487 Siegelschicht 504
Sulfonieren 486 Spannungsrissbildung 498
Technologie, bimodale, lineare 475 Stretchfolien 500
Torsionsschwingungsversuch 469 Viskosität, scheinbare 505
Umformverfahren 494 Perlon 912
Umwandlungstemperaturen 468 Permeabilität 949
Verarbeitung 490 Peroxid 1341
Veredeln 490 Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe
Vergleichsspannung 474 (Phenoplaste) 1286
Verhalten bei hoher Verformungs- Asbest 1292
geschwindigkeit 477 Bearbeitung 1312
Verhalten bei schwingender Beurteilung, gesundheitliche 1308
Beanspruchung 477 Bindemittel 1316
Verhalten, viskoelastisches 470 Brennbarkeit 1308
Verlustfaktor, dielektrischer 484 Chemikalienbeständigkeit 1306
Verlustfaktormaximum 468 Druck/Hitze-Patent 1287
Vernetzungsgrad 487 Durchlässigkeit für Wasserdampf 1308
Verpackung 496 Eigenschaften, elektrische 1305
Verschleißverhalten 479 – thermische 1304
Verstärkungsstoffe 462 Filter 1315
Verstrecken, biaxiales 465 Flammschutzmittel 1308
– monoaxiales 465 Füllstoffe 1291
Wärmekapazität, spezifische 481 – strukturelle 1292
Wärmeleitfähigkeit 481 Funktions-Zusatzstoffe 1291
Warmformen 495 Gießharze 1314
Warmgasschweißen 494 Glasfaser 1292
Wasserlagerung 482 Härtegeschwindigkeit 1311
Witterungsbeständigkeit 486 Härtungsreaktion 1311
Wöhler-Kurve 477 Holzwerkstoffe, veredelte 1316
Zeitstandkurven 474 Klebstoffe 1316
Zeitstandverhalten bei einachsigem Kondensationsreaktion 1288
Spannungszustand 470 Kriechstromfestigkeit 1308
Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Kurzzeitverhalten bei geringer
Spannungszustand 472 Verformungsgeschwindigkeit 1296
Zugkriechmodul 473 Lötbadbeständigkeit 1312
Zusatzstoffe 462 Nassfestigkeit 1316
PE-LLD 497 Novolake 1287
Dehnviskosität 500 Novolakharz 1310
1600 8 Sachverzeichnis

Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe Glasübergangstemperatur 588


(Phenoplaste) Kristallinitätsgrad 587
Oberflächenschutz 1318 Schmelzenfestigkeit 590
PF-Edelkunstharze 1315 Spannungsrissbildung 590
PF-Formmasse 1292 Transparenz 588
Reibungsverhalten 1304 Umformen 591
Resitstufe 1289 Verlustwinkel 590
Resole 1287 Witterungsbeständigkeit 590
RIC 1312 Zeitdehnungsdiagramm 589
Schaumstoffe 1315 Polyacetal 813
Schichtpressstoffe 1315 Abriebfestigkeit 816
Schimmelbeständigkeit 1316 Aktivierung, thermische 820
Schlagzähigkeit 1292 Bearbeitung 844
Schubmodul 1296 Beurteilung, gesundheitliche 840
Spritzprägeverfahren 1312 Biege-Kriechmodul 821
Stehzeit 1311 Biegewechselfestigkeit 816
Strahlenbeständigkeit 1308 Brennbarkeit 839
Temperatur/Zeit-Grenze 1305 Chemikalienbeständigkeit 837
Tropenbeständigkeit 1316 Depolymerisation 815
Typauswahl 1308 Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe
Überwachungszeichen 1293 839
Umwandlungstemperaturen 1296 Eigenschaften, elektrische 836
Verarbeitungshinweise 1311 – optische 836
Veredeln der Oberfläche 1312 – thermische 834
Verhalten bei hoher Verformungs- Einfriertemperatur 825
geschwindigkeit 1297 Enthalpie 834
Verhalten bei schwingender Farbmittel 816
Beanspruchung 1304 Formbeständigkeit in der Wärme 816
Verschleißverhalten 1304 Formziffer 830
Verstärkungsstoffe 1292 Füllstoffe 816
Vulkanfiber 1317 Glasübergangstemperatur 814, 820
Wärmedämmstoffe 1317 Gleitverhalten 815
Wärmestandfestigkeit 1296 Härte 831
Wasseraufnahme 1306, 1315 Heißprägen 842
Witterungsbeständigkeit 1307 Kerbempfindlichkeit 825
Wollastonit 1292 Kettenstabilität 813
Zeitstandverhalten bei einachsigem Kristallinitätsgrad 813, 814
Spannungszustand 1297 Kurzzeitverhalten bei geringer
Zündtemperatur 1308 Verformungsgeschwindigkeit 817
Phosphorylierung 521 Lagererwärmung 833
Plastisole 640 Längenausdehnungskoeffizient 834
Politur 382 Masse, molare 817
Poly-4-Methylpenten-1 (PMP) 454, 587 Metallisieren 844
Beurteilung, gesundheitliche 590 Nukleierungsmittel 814
Brechungsindex 588 Oberflächenwiderstand 836
Brennbarkeit 590 pvt-Diagramm 834
Chemikalienbeständigkeit 589 Reibungszahl 816
Dämpfe, Durchlässigkeit q 590 – statische 832
Durchlässigkeit q für Gase und Dämpfe Relaxationsgebiet 820
590 Retardationsversuch 821
Eigenschaften, elektrische 589 Schlagzugversuch 825
– mechanische 588 Sicherheitsbeiwerte 830
– optische 588 Spannungsdehnungs-Diagramm,
Fügen 591 isochrones 821
Gase, Durchlässigkeit q 590 Spannungsrelaxationsversuch 821, 822
8 Sachverzeichnis 1601

Spannungsrissverhalten 838 – thermische 1270


Spannungsspitzen 828 Interferenz 1270
Sterilisieren 841 Kurzzeitverhalten bei geringer
Strahlenbeständigkeit 838 Verformungsgeschwindigkeit 1265
Toleranzen 842 Reibungsverhalten 1269
Umfangsspannung 824 Strahlenbeständigkeit 1270
Umwandungstemperaturen 818 Umwandlungstemperaturen 1265
Verarbeitung 842 Veredeln der Oberfläche 1271
Verformungsgeschwindigkeiten 820, 825 Verhalten bei hoher Beanspruchung
Vergleichsspannung sv 824 1269
Verhalten bei hoher Verformungs- Verhalten bei hoher Verformungs-
geschwindigkeit 825 geschwindigkeit 1265
Verhalten bei schwingender Verschleißverhalten 1269
Beanspruchung 828 Verschleißwiderstand 1271
Verhalten gegenüber Kraftstoffen 840 Wasseraufnahme 1270
Verschleißverhalten 815, 832, 834 Witterungsbeständigkeit 1270
Verstärkungsstoffe 816 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Wasseraufnahme 837 Spannungszustand 1265
Witterungsbeständigkeit 838 Polyarylate 1114
Wöhler-Kurve 828 Brennbarkeit 1119
Zeitfestigkeits-Schaubild nach Smith Chemikalienbeständigkeit 1119
828 Eigenschaften, elektrische 1119
Zeitstandfestigkeit 821 – thermische 1117
Zeitstandsverhalten bei einachsigem Kerbschlagzähigkeit 1115
Spannungszustand 820 Kriechfestigkeit 1117
Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Langzeitverhalten 1117
Spannungszustand 822 Polyestercarbonat 1114
Polyacrylate 789 Polymerblends 1115
Acrylate 789 Reibungsverhalten 1117
Acrylfasern 789 Schnappverbindungen 1117
Acrylglas 789 Spannungsrissverhalten 1119
Polyacrylnitril 789 Strahlenbeständigkeit 1119
Dimethylformamid 789 Transparenz 1119
Polyacrylnitril 790 Verhalten bei hoher Verformungs-
Polymerisationsinhibitoren 790 geschwindigkeit 1115
Polyaddukte 1387 Verhalten bei wechselnder
duroplastische 1387 Beanspruchung 1117
thermoplastische 1440 Verschleißverhalten 1117
Polyamid 6/6T Witterungsbeständigkeit 1119
– und Polyphenylenether (mod.) 1151 Polyarylethersulfone 1173
Beurteilung, gesundheitliche 1153 Beanspruchung, schwingende 1178
Polyamide 909 Bearbeitung 1186
– flexible 995 Beurteilung, gesundheitliche 1185
– modifizierte 993 Biegewechselfestigkeit 1178
– partiell aromatische 960 Brechungsindex 1183
– polymermodifizierte 1010 Brennbarkeit 1185
Elastomere als Modifikator 1012 Chemikalienbeständigkeit 1183
Haftvermittler 1012 Eigenschaften, elektrische 1182
Ionomere 1012 – optische 1183
Polyolefine als Modifikator 1011 – thermische 1180
Polyamidimid (PAI) 1262 Eigenspannungen 1184
Bearbeiten 1271 Flammschutzmittel 1185
Brennbarkeit 1270 Gleichgewichtszustand 1185
Chemikalienbeständigkeit 1270 Gleitverschleißrate 1180
Eigenschaften, elektrische 1270 Härte 1179
1602 8 Sachverzeichnis

Polyarylethersulfone Haftvermittler 1092


Kurzzeitverhalten bei geringer Kerbschlagzähigkeit 1095
Verformungsgeschwindigkeit 1175 Kurzzeitverhalten bei geringer
Reibungsverhalten 1179 Verformungsgeschwindigkeit 1092
Reibungswert 1179 Polymerblends 1092
Spannungsdehnungslinien, isochrone pvt-Diagramm 1099
1177 pv-Wert 1098
Spannungsrissverhalten 1184 Reibungsverhalten 1098
Sterilisieren 1186 Retardationsversuch 1094
Strahlenbeständigkeit 1185 Schubmodul 1093
Thermogravimetrische Analyse 1185 Spannungsdehnungslinien, isochrone
Transparenz 1173 1094
Umwandlungstemperaturen 1175 Spannungsrelaxationsversuch 1094
Verarbeitungsbedingungen 1186 Spannungsrissverhalten 1101
Veredeln der Oberfläche 1186 Spannungsspitzen 1095
Verformungsgeschwindigkeit, hohe Strahlenbeständigkeit 1102
1177 Umwandlungstemperaturen 1093
Verschleißverhalten 1179 Verhalten bei hoher Verformungs-
Wärmealterung 1181 geschwindigkeit 1095
Wasseraufnahme 1185 Verhalten bei schwingender
Witterungsbeständigkeit 1185 Beanspruchung 1095
Zeitstandverhalten bei einachsigem Verlustfaktor, mechanischer 1093
Spannungszustand 1176 Verschleißverhalten 1098
Polyarylsulfon und -sulfid 1153 Wasseraufnahme 1099
Hochleistungs-Kunststoffe 1154 Werkstoff-Kennwerte 1095
Polybuten-1 577 Witterungsbeständigkeit 1102
Abriebfestigkeit 577 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Beurteilung, gesundheitliche 583 Spannungszustand 1093
Chemikalienbeständigkeit 581 Polycarbonat (PC) 1019
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Antistatikum 1032
Gase 583 Aufheller, optische 1021
Formbeständigkeit 577 Bearbeitung 1031
Kristallformen 578 Beurteilung, gesundheitliche 1039
Nukleierung 578 Brechungsindex 1032
Reibungsverhalten 579 Brennbarkeit 1037
Schubmodul 580 Chemikalienbeständigkeit 1034
Trichtertrocknung 583 Durchlässigkeit für Wasserdampf und
Verschleißverhalten 579 Gase 1038
Versprödungstemperatur 577 E-Glas, alkalifreies 1023
Witterungsbeständigkeit 581 Eigenspannungen 1034
Zeitstandfestigkeit 579 Einfriertemperatur 1032
Zeitstandverhalten 579 Flammschutz 1022
Polybutylenterephthalat 1091 Fließfähigkeit 1030
Abtropfneigung 1102 Formbeständigkeit in der Wärme 1030
Beurteilung, gesundheitliche 1102 Glasübergangstemperatur 1021
Brennbarkeit 1102 Glühdornprüfung 1022
Chemikalienbeständigkeit 1100 Glühdrahtprüfung 1022
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Glühstabprüfung 1022
Gase 1102 Kleben 1041
Eigenschaften, elektrische 1100 Kratzfestbeschichten 1040
– thermische 1098 Kurzzeitverhalten bei geringer
Flammenfront 1102 Verformungsgeschwindigkeit 1025
Formbeständigkeit in der Wärme 1092 Langzeitstabilisierung 1021
Glasübergangstemperatur 1093 Langzeit-Zugversuch 1025
Gleitverschleiß 1092 Medien, spannungsrissauslösende 1034
8 Sachverzeichnis 1603

Photooxidation 1021 Härte 1108


Polymerblends 1023 Kerbschlagzähigkeit 1107
Radikalbildung 1039 Kurzzeitverhalten bei geringer
Reibungsverhalten 1029 Verformungsgeschwindigkeit 1106
Silanbehandlung 1023 Stabilisieren 1109
Spannungen, innere 1034 Sterilisieren 1109
Spannungsdehnungslinien, isochrone Tieftemperaturflexibilität 1105
1025 Umwandlungstemperaturen 1107
Spannungsrissbildung 1020 Verhalten bei schwingender
Spannungsrissverhalten 1034 Beanspruchung 1108
Substanzen, abtropfhemmende 1022 Zeitstandverhalten bei einachsiger
Transparenz, glasklare 1020 Verformung 1108
Umwandlungstemperaturen 1025 Polyesterharze 1333
UV-Beständigkeit 1022 Polyetherimid 1272, 1284
Verarbeitungsbedingungen 1039 Bearbeiten 1282
Veredeln der Oberfläche 1040 Brennbarkeit 1281
Vergilben 1021 Chemikalienbeständigkeit 1277
Verhalten bei hoher Verformungs- Eigenschaften, elektrische 1277
geschwindigkeit 1029 – thermische 1276
Verhalten bei schwingender Glasübergangstemperatur 1275
Beanspruchung 1029 Kurzzeitverhalten bei geringer
Verhalten gegen energiereiche Strahlung Verformungsgeschwindigkeit 1274
1039 Leiterplatten 1274
Verschleißverhalten 1029 Rauchdichte 1282
Wasseraufnahme 1033 Reibungsverhalten 1276
Wechselfestigkeit 1029 Sauerstoffindex 1282
Witterungsbeständigkeit 1020, 1035 Spannungsrissbeständigkeit 1281
Zeitstandfestigkeit 1025 Strahlenbeständigkeit 1281
Zeitstandverhalten im einachsigen Umwandlungstemperaturen 1275
Spannungszustand 1025 Verarbeitungsbedingungen 1282
Zersetzung, thermische 1030 Verhalten bei hoher Verformungs-
Polycarbonat + Polybutylenterephthalat- geschwindigkeit 1275
Blends 1050 Verhalten bei schwingender
Chemikalienbeständigkeit 1052 Beanspruchung 1275
Spannungsrissempfindlichkeit 1052 Verschleißverhalten 1276
Polycarbonat + Styrolcopolymerblends Wasseraufnahme 1282
1049 Witterungsbeständigkeit 1281
Polycarbonatblends 1048 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Polydiallylphthalat-Formmasssen (PDAP) Spannungszustand 1275
1375 Polyetherketone, aliphatische 1222
Beurteilung, gesundheitliche 1378 Verhalten bei hoher Verformungs-
Chemikalienbeständigkeit 1378 geschwindigkeit 1226
Strahlenbeständigkeit 1378 Eigenschaften, tribologische 1226
Witterungsbeständigkeit 1378 Brennbarkeit 1226
Polyester 1333 Chemikalienbeständigkeit 1227
– thermoplastische 1018 Hydrolysebeständigkeit 1227
– ungesättigter 1333 Permeabilität 1227
Polyesterelastomere, thermoplastische – aromatische 1203
1105 Bearbeiten 1221
Beurteilung, gesundheitliche 1109 Beständigkeit gegen Regenerosion
Chemikalienbeständigkeit 1109 1218
Eigenschaften, elektrische 1109 Brennbarkeit 1219
– thermische 1109 Chemikalienbeständigkeit 1217
Einreißfestigkeit 1105 Eigenschaften, elektrische 1216
Flexibilisieren 1107 – thermische 1216
1604 8 Sachverzeichnis

Polyetherketone, aliphatische – vernetztes 512


Flammschutzmittel 1219 Abriebfestigkeit 512
Fließfähigkeit 1204 b-Strahlung 513
Härte 1213 Elektronenbeschleuniger 513
Kurzzeitverhalten bei geringer Engel-Verfahren 512
Verformungsgeschwindigkeit 1210 g-Strahlung 513
Reibungsverhalten 1213 Isotopen 513
Spannungsrissbildung 1217 Labonyl-Verfahren 512
Strahlenbeständigkeit 1218 plastic memory 513
Tempern 1204 Schlagzähigkeit 512
Umwandlungstemperaturen 1210 Schrumpfmuffen 513
Verarbeitungsbedingungen 1220 Silan-Verfahren 512
Veredeln der Oberfläche 1221 Spannungsrissbildung 512
Verhalten bei schwingender Vernetzen 512
Beanspruchung 1213 – peroxidisches 513
Verschleißverhalten 1213 – physikalisches 513
Witterungsbeständigkeit 1217, 1218 Zeitstandfestigkeit 512
Zeitstandverhalten bei einachsigem Zeitstandinnendruckversuche 514
Spannungszustand 1210 Zeitstandverhalten 514
Polyethylen 454, 455 Polyethylene, abbaubare 533
Autoklaven 455 Abbau 534
Bereiche, kristalline 455 Enzyme 534
Comonomere 457 Folien 534
Dichte 455 Implantate 534
Einzentren-Katalysatoren 460 Mikroorganismen 534
Emulsionsverfahren 456 Polymere, abbaubare 533
Gasphasenverfahren 456 Recycling 533
Herstellverfahren PE-LD 455 Zweitnutzung 533
Hochdruckverfahren 455, 456 Polyethylen-Modifikationen
„Insite“ Technologie 459 C-Atom, tertiäres 512
Kälteschlagzähigkeit 459 Polyethylenterephthalat (PET) 1053
Katalysator 455 Abbau 1076
Katalysatorsysteme, stereoselektive 459 Acetaldehyd 1077
Kristallinität 455 Barrierewirkung 1072
Langkettenverzweigungen 459 Beständigkeit 1070
Lösungsverfahren 456 Biege-Wechselfestigkeit 1067
Mehrzentren-Katalysatoren 460 Blasformen 1081
Metallocen-Katalysatoren 459 Dielektrizitätszahl 1074
Molmassenverteilung, bimodale 459 Eigenschaften, elektrische 1073
PE-HD-HMW 457 – mechanische 1061
PE-HD-UHMW 457 – thermische 1069
PE-MD 457 Faserherstellung 1080
Philips-Verfahren 457 Festphasen-Nachkondensation 1059
Polyolefine 455 Feuchtegehalt 1071
Presssintern 457 Flammschutz 1059
Röhrenreaktorverfahren 455 Flammschutzmittel 1086
Swingreaktoren 456 Folien 1085
Typen, bimodale 459 Füllstoffe 1059
Verteilung der Molmasse 458 Grenzfeuchte 1077
Verzweigungsgrad 457 Härte 1067
Viskositätsfunktionen 459 Herstellung 1055
Ziegler-Verfahren 457 Hydrolyse 1070, 1077
Zonen, amorphe 455 Hydrolysebeständigkeit 1058
Zweistufenreaktoren 459 IV-Wertbestimmung 1056
Polyethylen, sulfochloriertes 521 Kleben 1082
8 Sachverzeichnis 1605

Kristallinität 1054 – thermische 1245, 1259


Kristallinitätsgrad 1057 Filamentwinding 1236
Lackhaftung 1083 Glasseidenroving 1237
Langzeitbelastung 1062 Kapton-Folie 1237
Lichtdurchlässigkeit 1075 Kurzzeitverhalten bei geringer
Lösungsviskosität 1056 Verformungsgeschwindigkeit 1237
Permeationsverhalten 1073 Notlaufverhalten 1243
Recycling 1088 Polyadditionsreaktion 1254
Schäume 1084 Polybenzimidazol (PB) 1250
Schlagzähmodifikation 1067 Polybismaleinimid 1253
Schnittgeschwindigkeit 1083 Polyimide, klassische (PI) 1237
Schubmodul 1061 Polyimide, wasserstofffreie 1254
Schweißen 1083 Polymere, gemischt ein- und zweibindige
Solid State Polycondensation 1087 1253
Sphärolithe 1057 Poly-oxadiazo-benzimidazol 1250
Spritzgießen 1080 Prepreg 1238
Stabilisatoren 1058 Pulver-Sintertechnik 1236
Sterilisieren 1078 Reibungsverhalten 1242, 1259
Strahlung, energiereiche 1073 Schichtpressstoffe 1255
Streckblasen 1080 Strahlenbeständigkeit 1246, 1260
Tafel 1-2 1059 Umwandlungstemperaturen 1239,
Tiefziehen 1082 1255
Trennen 1082 Vakuumsackverfahren 1236
Verarbeitung 1079 Verarbeitung 1247, 1261
Verlustfaktor, mechanischer 1061 Verarbeitungsbedingungen 1247
Vortrocknung 1078 Verhalten bei einachsigem Spannungs-
Wärmeausdehnungskoeffizienten, lineare zustand 1242
1069 Verhalten bei hoher Verformungs-
Wasseraufnahme 1056 geschwindigkeit 1242, 1259
Wasserdampfdurchlässigkeit 1072 Verhalten bei kurzzeitiger
Werkzeugtemperatur 1058 Beanspruchung 1255
Witterungsbeständigkeit 1071 Verhalten bei schwingender
Zeitstandfestigkeit 1064 Beanspruchung 1242
Polyethylenterephthalat als Barrierekunst- Verschleißverhalten 1242, 1259
stoff 1110 Wärmenachbehandlung 1236
Abbau 1111 Wasseraufnahme 1246
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Witterungsbeständigkeit 1246, 1260
Gase 1111 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Getränkeflaschen 1110 Spannungszustand 1255
Kristallisationsgeschwindigkeit 1111 Polyisobutylen (PIB) 584
Nukleierung 1111 Beurteilung, gesundheitliche 585
Scherbeanspruchung 1111 Brennbarkeit 585
Vorformling 1111 Chemikalienbeständigkeit 584
Polyhydroxyalkanoate 1451 Folien 584
Polyhydroxybutyrate (PHB) 1451 Löslichkeit 584
Polyimide (PI) 1235 Polymerisationsgrad 584
Alterungsbeständigkeit 1255 Schubmodul 586
Bearbeiten 1249 Witterungsbeständigkeit 584
Beurteilung, gesundheitliche 1247 Polykondensate, duroplastische 1285
Brennbarkeit 1246, 1261 Polykondensation 903
Chemikalienbeständigkeit 1245, 1251, Polylactid 1449
1260 Polymer Engineering, umweltgerechtes 1
Copolyimide 1250 Aus- und Weiterbildung 3
Durchlässigkeit für Gase 1246 Betrachtung, ganzheitliche 1
Eigenschaften, elektrische 1245, 1260 Bilanzierung, ganzheitliche 2
1606 8 Sachverzeichnis

Polymer Engineering, umweltgerechtes Verlustfaktor 1125


Eigenschaften, temperatur- und Verschleißverhalten 1131
zeitabhängige 1 Wiederverwendung 1137
Integration verschiedenster Funktionen Witterungsbeständigkeit 1135
2 Zeitschwingfestigkeit 1130
Oberflächentechnik 2 – elektrisch leitfähige 1443
Polymer Engineering 1 – intrinsisch leitende 1483
Polymerisation 1 – leitfähige 1483
Produkte, werkzeugfallende 2 – stereoregulierte 454
Prototypenherstellung 2 – Übersicht 18
Prüftechnik, in-line zerstörungsfreie 2 Polymerisationsarten 18
rapid prototyping 2 Additionspolymerisation 19
rapid tooling 2 Anwendungen 20
Umweltprobleme 2 Bauwesen 20
Verarbeitungsmöglichkeiten, Behälter 20
wirtschaftliche 2 Brandschutz 20
Werkstoffe nach Maß 2 Dämmstoffe 20
Werkzeugtechnik 2 Dekorpapiere 20
Polymere 1443 Dichtungen 20
– eigenverstärkende teilkristalline (LCP) Duroplaste 20
1121 Elektronik 20
Abbau 1134 E-Technik 20
Anisotropie 1123 Fahrzeuge 20
Bausteine, mesogene 1121 Flugmotoren 20
Bearbeiten 1137 Formmassen 20
Brandverhalten 1133 Fundamente 20
Chemikalienbeständigkeit 1134 Gehäuse 20
Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe Holzwerkstoffe 20
1135 Karosserie 20
Eigenschaften, thermische 1132 Kettenreaktion 19
Enthalpie 1132 Klebstoffe 20
Fließfähigkeit 1135 Kondensationspolymerisation 19
Fließverhalten 1136 Kunststoffe, Bildungsmechanismen 19
Fließweglänge 1136 Lager 20
Glasübergangstemperatur 1121 Luft- + Raumfahrt 20
Gleitverhalten 1131 Maschinenelemente 20
Hochleistungsthermoplaste 1125 Medizin 20
Hydrolysebeständigkeit 1134 Motor 20
Impermeabilität 1135 Papiere 20
Kerbunempfindlichkeit 1130 Polyaddition 19
Langzeitverhalten 1125 Polykondensation 19
Löten 1132 Polymerbeton 20
Nachschwindung 1132 Polymerisation 19
Polymerblends 1137 Polymerisationsreaktionen 18
Schubmodul 1125 Press- + Spanplatten 20
Schwimmhautbildung 1135 Sanitär 20
Schwindung 1136 Schall- + Brandschutz 20
Selbstentzündungstemperatur 1133 Sportgeräte 20
Spannungsspitzen 1131 Stufenreaktion 19
Störstellen 1121 Tiefbau 20
Störstellenpolymere 1121 Polymethacryl/Imid 811
Strahlenbeständigkeit 1135 Polymethylmethacrylat 793
thermotrop 1121 Abbau 806
UL-Temperaturindex 1132 Alkoholtest 806
Vectra Sortiment 1123 Amine, sterisch gehinderte 795
8 Sachverzeichnis 1607

Antielektrostatika 802 Klebstoffe 592


Bearbeitung 809 Schmelztemperatur 592
Beurteilung, gesundheitliche 807 Seitengruppen 591
Brechungsindex 793 Trennmittel 592
Brennbarkeit 806 Polyphenylenether, modifiziert 1142
Chemikalienbeständigkeit 806 Bearbeiten 1151
Durchlässigkeit für Wasserdampf 807 Beurteilung, gesundheitliche 1150
Durchschlagfestigkeit 802 Brennbarkeit 1150
Eigenschaften, elektrische 802 Chemikalienbeständigkeit 1149
– optische 802 Eigenschaften, elektrische 1149
Eigenspannungen 806 – thermische 1149
Fließfähigkeit 808 Glasübergangstemperatur 1143
Fügeverfahren 809 Gleitverhalten 1144
Gleichkorngranulat 793 Härte 1148
Haarrisse 800 Kurzzeitverhalten bei geringer
Kratzfestigkeit 803 Verformungsgeschwindigkeit 1147
Kriechstromfestigkeit 802 Reibungsverhalten 1148
Kugeldruckhärte 802 Spannungsrissverhalten 1149
Kurzzeitverhalten bei geringer Sterilisieren 1150
Verformungsgeschwindigkeit 796 Umwandlungstemperaturen 1147
Lichtdurchlässigkeit 802 Verarbeitungsbedingungen 1150
Lichtleitfaser 796 Verhalten bei hoher Verformungs-
Oberflächenglanz 803 geschwindigkeit 1147
Oberflächengüte 794 Verhalten bei schwingender
Oberflächenhärte 803 Beanspruchung 1148
Pfropfpolymerisation 794 Verschleißverhalten 1144, 1148
Polymerblends 794 Witterungsbeständigkeit 1150
Reibungsverhalten 802 Zeitzustandverhalten bei einachsigem
Schadenslinie 800 Spannungszustand 1147
Schlagzähigkeit 794 Polyphenylensulfid (PPS) 1188
Schubmodul 796 Bearbeiten 1202
Spannungsdehnungslinien, isochrone Beurteilung, gesundheitliche 1201
801 Biegewechselfestigkeit 1195
Spannungsrissverhalten 806 Brennbarkeit 1200
Splittergranulat 793 Chemikalienbeständigkeit 1199
Sterilisieren 807 Durchlässigkeit für Flüssigkeiten, Gase
Strahlenbeständigkeit 806 und Wasserdampf 1201
Transparenz, wasserhelle 794 Eigenschaften, elektrische 1198
Umwandlungstemperaturen 796 – thermische 1195
UV-Transparenz 795 Formbeständigkeit in der Wärme
Verarbeitungsbedingungen 808 1196
Veredeln der Oberfläche 808 Glasübergangstemperatur 1190, 1193
Verhalten bei schwingender Härte 1195
Beanspruchung 802 Kerbschlagzähigkeit 1193
Verschleißverhalten 802 Kriechstromfestigkeit 1198
Wärmekapazität, spezifische 802 Kristallinitätsgrad 1188, 1195
Warmlagerung 806 Kurzzeitverhalten bei geringer
Witterungsbeständigkeit 806 Verformungsgeschwindigkeit 1190
Zeitstandverhalten bei einachsigem Laserstrahlbeschriften 1203
Spannungszustand 800 Oberflächenglanz 1189
Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Reibungsverhalten 1195
Spannungszustand 802 Rekristallisationstemperatur 1190
Polymilchsäure 1449 Spannungsrissbildung 1199
Polyolefine 454 Strahlenbeständigkeit 1200
– aliphatische 591 Umwandlungstemperaturen 1190
1608 8 Sachverzeichnis

Polyphenylensulfid (PPS) – bei einachsigem Spannungszustand


Verhalten bei hoher Verformungs- 1160
geschwindigkeit 1193 Polytetrafluorethylen 848
Verhalten bei schwingender Abriebfestigkeit 861
Beanspruchung 1194 Adhäsionskleben 868
Verschleißverhalten 1189, 1195 Adhäsionsverhalten 860
Vorgeschichte, thermische 1188 Anfangsverschleiß 851
Vortrocknen 1201 Aufladung, elektrostatische 861
Witterungsbeständigkeit 1199 Benetzbarkeit 860
Wöhler-Kurve 1195, 1196 Beschichten 867
Zeitstandverhalten bei einachsigem Beurteilung, gesundheitliche 866
Spannungszustand 1191 Brechungsindex 864
Polyphthalamid PPA 981 Brennbarkeit 866
Polystyrole, schlagzähmodifizierte 698 Chemikalienbeständigkeit 865
Copolymerisieren 698 Compounds 850
Fließverhalten 701 Dekorieren 868
Massenkunststoff 698 Dispersionen 852
Mikrorisse 701 Druckbeanspruchung 858
Pfropfpolymer 699 Druckpolymerisation 849
Polymerblends 699 Drucksintern 868
SBR 699 Durchgangswiderstand, spezifischer 861
Schmelzbruch 701 Durchlässigkeit für Wasserdampf und
Polysulfon (PSU) 1154 Gase 866
Bearbeiten 1172 Eigenschaften, dielektrische 861
Beurteilung, gesundheitliche 1171 – optische 864
Brennbarkeit 1170 Emulsionspolymere 867
Chemikalienbeständigkeit 1165 Enthalpie 861
Eigenschaften, elektrische 1164 Formteile, freigesinterte 867
– thermische 1164 Füll- und Verstärkungsstoffe 850
Eigenspannungen 1167 Gewinde-Dichtbänder 868
Kleben 1173 Glasfaser 851
Kurzzeitverhalten bei geringer Gleitlager 850
Verformungsgeschwindigkeit 1158 Gleitverhalten 849
Orientierungen 1172 Graphit 850
Radikalfänger 1155 Härte 858
Reibungsverhalten 1164 Kleben 868
Reibungswert 1164 Kohle/Koks 851
Spannungsdehnungslinien, isochrone Kristallinitätsgrad 866
1160 Kristallitätsgrad 850
Spannungsrissbildung 1165 Kurzzeitverhalten bei geringer
Sterilisieren 1171 Verformungsgeschwindigkeit 852
Strahlenbeständigkeit 1170 Längenausdehnungskoeffizient 861
Temperaturindex 1164 Langzeitverhalten 856
Umwandlungstemperaturen 1160 Manhattan-Projekt 848
Verarbeitungsbedingungen 1171 Molybdändisulfid 851
Veredeln der Oberfläche 1172 Oberflächenwiderstand, spezifischer 861
Verhalten bei hoher Verformungs- Pastenextrusion 852, 867
geschwindigkeit 1160 Phasenumwandlung 852
Verhalten bei schwingender Polybuten-1 852
Beanspruchung 1161 Ramextrusion 867
Verschleißverhalten 1164 Reibungsverhalten 860
Wärmealterung 1168 Reibungszahl, dynamische 860
Wasseraufnahme 1170 – statische 860
Witterungsbeständigkeit 1170 Ruckgleiten 860
Zeitstandverhalten 1168 Schmelzverhalten 861
8 Sachverzeichnis 1609

Schweißen 868 Eigenschaften, elektrische 889


Sintern 867 – optische 891
Strahlenbeständigkeit 865 Umwandlungstemperaturen 889
Suspensionspolymere 867 Verarbeitungshinweise 891
Thermostabilität 861 Polyvinylidenfluorid (PVDF) 892
Tränken 867 Bearbeiten, spanendes 899
Trockenschmiermittel 851 Beurteilung, gesundheitliche 898
Umwandlungstemperaturen 852 Chemikalienbeständigkeit 896
Verhalten bei hoher Verformungs- Eigenschaften, thermische 892
geschwindigkeit 858 Einbrenntemperatur 899
Verhalten bei schwingender Kleben 899
Beanspruchung 858 Kristallinitätsgrad 892
Verhalten, antiadhäsives 860 Kurzzeitverhalten bei geringer
Verschleißeigenschaften 851 Verformungsgeschwindigkeit 892
Verschleißverhalten 849, 860 Schweißen 899
Witterungsbeständigkeit 865 Strahlenbeständigkeit 896
Zeitstandverhalten bei einachsigem Umwandlungstemperaturen 892
Spannungszustand 857 Verarbeitungsbedingungen 898
Zugbeanspruchung 857 Witterungsbeständigkeit 896
Zweikomponenten-Reaktionsklebstoffe Zeitstandverhalten bei einachsigem
868 Spannungszustand 892
Polytrifluorchlorethylen (PCTFE) 884 Zeitstandverhalten bei mehrachsigem
Abbau 888 Spannungszustand 892
Beurteilung, gesundheitliche 888 Post-Processing 414
Brennbarkeit 888 PP/EPDM-Elastomerblends 548
Chemikalienbeständigkeit 886 PP-Homopolymere 538
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Preis/Leistungsverhältnis 518
Gase 888 Prepregs 1409
Eigenschaften, elektrische 886 Pre-Processing 414
– optische 886 Pressverfahren (Kompressionsverfahren)
– thermische 886 (CM Compression Molding) 303
Kurzzeitverhalten bei geringer Austriebsnut 303
Verformungsgeschwindigkeit 885 Einspritzeinheit 303
Strahlenbeständigkeit 888 Flachdichtungen 303
Verarbeitungsbedingungen 888 Fließprozess 303
Verhalten bei hoher Verformungs- Formteiltoleranzen 303
geschwindigkeit 886 Heizplatten 303
Witterungsbeständigkeit 888 Membranen 303
Polyurethane, lineare 1440 Präzisionsteile 303
– vernetzte (PUR) pvT-Diagramm 303
Polyurethan-Gießharz 1420 Rohling 303
Beurteilung, gesundheitliche 1421 Spritzprägeverfahren 303
Brennbarkeit 1421 Transferpressverfahren 304
Chemikalienbeständigkeit 1421 Vorplastifizierung 303
Strahlenbeständigkeit 1421 Warenträge 303
Verarbeitungshinweise 1424 Werkzeug 303
Witterungsbeständigkeit 1421 Primärstrukturen 399
Polyvinylchlorid-Modifikationen 653 Propylen 454
Polyvinylfluorid (PVF) 889 PUR-Integralschaumstoffe 1424
Beurteilung, gesundheitliche 891 – flexible 1426
Brechungsindex 891 – harte 1426
Brennbarkeit 891 Beurteilung, gesundheitliche 1430
Chemikalienbeständigkeit 891 Brennbarkeit 1429
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Chemikalienbeständigkeit 1429
Gase 891 Durchlässigkeit für Wasserdampf 1429
1610 8 Sachverzeichnis

PUR-Integralschaumstoffe Fluid coking 430


Eigenschaften, akustische 1429 Gasreinigungsaggregate 431
– elektrische 1429 Hochtemperaturpyrolyse 429
– thermische 1429 Hydrierverfahren 430
Kurzzeitverhalten bei geringer Hydrocracking 430
Verformungsgeschwindigkeit 1427 Investitionskosten 431
RIM 1425 Katalysatoren 430
RRIM 1425 Kettenabbau 430
Strahlenbeständigkeit 1429 Mitteltemperaturpyrolyse 429
Umwandlungstemperaturen 1427 Molmassenreduzierung 430
Verarbeitung 1430 Niedertemperaturpyrolyse 429
Veredeln der Oberfläche 1430 Olefinausbeute 430
Wasseraufnahme 1429 Ölfraktionen 431
Witterungsbeständigkeit 1429 Pyrolyse von Kunststoffen 431
Zeitstandverhalten bei einachsigem Pyrolysegas 431
Spannungszustand 1427 Pyrolyseprodukt 431
PVC 605 Spaltverfahren, katalytisches 430
– und Acrylpolymere 670 – thermische 430
– und chlorierte PE-HD 655 Steamcracking 430
Beurteilung, gesundheitliche 663 Vergasungsmittel 430
Extrahierbarkeit 658 Verkokung 430
Härte 662 Visbreaking 430
Heizelementschweißen 663 Wirbelbett 430
Klebstoffe 663 Wirbelschichtreaktoren 430, 431
Kurzzeitverhalten bei geringer
Verformungsgeschwindigkeit 659 R
K-Wert 657 Reaktionsgießen 279
Niederdruckpolyethylen, chloriertes 655 Guss, elastomermodifizierter 280
Profile 664 Guss-PA6 280
Umwandlungstemperaturen 659 Guss-PA12 280
Verhalten bei schwingender in-situ Polymerisation 279
Beanspruchung 661 Lactam-Polymerisation 280
Wanderung 658 PBT, zyklisches (CBTTM) 280
Warmformen 663 Polyester, thermoplastisches 280
Warmgasschweißen 663 Reaktionsharz-Formmassen, verwandte
Weichmacher 658 1374
Wöhler-Kurven 661 Recycling 423, 441, 959
Zeitstandverhalten bei einachsigem Materialströme 441
Spannungszustand 659 Primärherstellung 441
Zeitstandverhalten bei hoher Primärrohstoffe 442
Verformungsgeschwindigkeit 661 Recyclingströme 441
Zusatzstoffe 656 Rezyklat 441
PVC- und EVA-Copolymere 664 Sekundärrohstoffe 441
Kerbschlagzähigkeit 665 Rohstoffe, nachwachsende 1443
Pfropfen 665 rohstoffliche Kreislaufführung 428
Pfropfpolymere 665 Rotationsformen 640
Weichmacher, primäre 665 Rotationsgießen – Rotationsformen 275
Pyrolyse 429 2-K-Polyurethane 276
Behandlung, katalytische 430 4-Stationenkarussell 276
Catcracking 430 Bauteile, großvolumige 275
Delayed coking 430 Entformung 275
Drehtrommelreaktoren 431 Fahrzeuge 275
Extruder 430 Gehäuseteile 275
Extrusion, degradative 430 Gusspolyamid 276
Fließbettreaktoren 430 Herstellung von Hohlkörpern 275
8 Sachverzeichnis 1611

Inserts 279 Spannungsrissverhalten 746


Kanu 275 Spritzgießen 747
Kehrmaschinen 275 Strahlenbeständigkeit 747
Kraftstofftanks 275 Strukturschaumstoff-Formteile 748
Kühlstation 275 thermische und elektrische Eigenschaften
Kunststoffe, pastöse 276 746
– pulverförmige 275 Umwandlungstemperaturen 741
Labels 279 Verarbeitungsbedingungen 747
Lagerhallen 275 Verhalten bei hoher Verformungs-
Lagertank 277 geschwindigkeit 744
Luftansaugkanäle 275 Verhalten bei schwingender
Mikrogranulate 275 Beanspruchung 744
Ping-Pong-Ball 277 Witterungsbeständigkeit 747
PVC-Plastisole 276 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Rieselfähigkeit 276 Spannungszustand 742
Rotationsprozess 276 Zeitstandverhalten bei mehrachsigem
Weichmacher 276 Spannungszustand 744
Werkzeugwandung 275 Säurefänger 611
Rückdrehsperre 382 Säuren, anorganische 1458
Schäumen 266
S Autoklavprozess 270
Sachbilanz 440 Bauindustrie 273
Bilanzerstellung 440 Bauteilherstellung aus Partikelschaum-
Datenaufnahme 440 stoffen 271
Elementarströme 441 Beads 269, 270
Inputströme 440 Dampfkammer 272
Koppelprodukte 440 Deformation, verbleibende 274
Nebenprodukte 440 Dehnungsviskosität 270
Outputströme 440 Dichteverteilung 267
Produktlebenszyklus 440 Direkt-Schäumen im Extrusionsprozess
Verteilungsregeln 440 268
SAN-Modifikationen 739 Druckabsenkung 268
Arbeitsaufnahmevermögen 744 Druckfüllmethode 272
Ausrüstung, antielektrostatische 746 Druckspannungen bei 50% Kompression
Beanspruchungsgeschwindigkeit 741 274
Beurteilung, gesundheitliche 747 Druckverformungsrest 274
Brennbarkeit 747 Eigenschaften von Partikelschaumstoffen
Chemikalienbeständigkeit 746 274
Dämpfungsdekrement, logarithmisches EPE 271
741 – (expandiertes Polyethylen) 269
Durchlässigkeit für Wasserdampf und EPP 271, 272
Gase 747 – (expandiertes Polypropylen) 269
Eignung 747 EPP/EPE-Schaumpartikel 270
Fügen 748 EPP-Werkzeug 272
galvanisch aufgetragene Deckschicht 748 EPS 271
Gleichgewichts-Feuchtigkeitsgehalt 748 – (expandiertes Polystyrol) 269
Kurzzeitverhalten bei geringer Expansion 269
Verformungsgeschwindigkeit 741 – von Polystyrol (EPS) 271
Oberflächenveredelung 749 Expansionsprozess 266
prüfen 747 Expansionsverfahren 267
Restfeuchtigkeit 748 Extrusion von Schaumpartikeln
Schubmodul 741 (EPS, EPE, EPP) 269
Sicherheitsbeiwerte 744 Extrusionsschäume 267, 270
Spannungsdehnungslinien, isochrone Formteilherstellung 269
742 gemischtzellig 267
1612 8 Sachverzeichnis

Schäumen Wasserdampf 271


geschlossenzellig 267 Zelldurchmesser 267
Gestalt der Zellen 267 Zellgerüst 270
Heißdampfbeaufschlagung 269 Zellstruktur 267
Herstellung von Schaumpartikeln 269 Zellverteilung 269
Hysterese, statische 274 Zellwachstum 269
Integralschaumstoffe 267 Zellwände, plastische 269
Lochplattte 269 Zyklusablauf der Formteilherstellung
Mischverfahren 267 272
Nukleierung 266, 269 Schlagzähmodifizierung 517
Oberflächenspannung 269 Schneckendrehzahl 382
offenzellig 267 Schnittstellenprobleme 415
Partikelschaum 273 Schwefelvernetzung 519
Partikelschäume 270 Schweißen 956
Partikelschaumstoffe 266 Schwindung 382
Partikelschäumverfahren 267 Sekundärstrukturen 399
Partikelschaumwerkzeuge 272 Sicherheitsbeiwerte 106
Pentan 271 Beanspruchung, intermittierende 106
Polyethylenschaum 267 – ruhende 106
Polyolefine 270 – schwingende 106
Polyolefinschäume 267 Bruch 106
Polypropylen 270 Formänderung, unzulässige 106
Polyurethanschaum 267 Instabilität 106
Randzone, kompakte 267 Versagen, Art 106
Säulenverkleidungen 273 Silicone (SI) 1379
Schäumen 268 IPN-Technik 1381
– von Thermoplasten 266 Siliconharz-Formmassen, härtbare 1381
Schaumpartikel 270, 271 Beurteilung, gesundheitliche 1385
Schaumperlen 271 Brennbarkeit 1383
Schaumschlagverfahren 267 Chemikalienbeständigkeit 1383
Schaumstoff 266 Durchlässigkeit für Wasserdampf und
Schaumstoffe, duromere 267 Gase 1384
– elastomere 267 Eigenschaften, elektrische 1383
– weichplastische 267 – thermische 1383
Schaumstofffolien 269 in-situ-Vernetzung 183
Schaumstoffpartikel 269 Kurzzeitverhalten bei geringer
Schäumtemperatur 269 Verformungsgeschwindigkeit 1382
Schäumverfahren 267 Langzeitverhalten 1382
Schema zur Extrusion von Schaum- Strahlenbeständigkeit 1383
partikeln 270 Verarbeitung 1385
Seitenaufprallschutz 273 Witterungsbeständigkeit 1383
Sonnenblende 273 SMC 544, 1337, 1368
Stoßfängereinlagen 273 Solvolyse 429
Temperaturintervall 268 Alkoholyse 429
Transportverpackungen 273 Aminolyse 429
Treibmittel 267 Glykolyse 429
– chemisches (CBA) 266 Hydrolyse 429
– physikalisches (PBA) 266 Löseverfahren 429
Türverkleidungen 273 Sortiment 1014
Verfahrensschritte beim Extrusions- Polyamide, Handelsnamen 1016
prozess 269 Polyesteramide 1015
Verpackungen 273 Spannungs/Dehnungsverlauf 921
Wärmeisolationen 273 Spannungsrissverhalten 946
Wärmeleitfähigkeit 274 Spezialkunststoffe 1443
Wasseraufnahme 274 Sphärolythen 539
8 Sachverzeichnis 1613

Spritzdruck 380, 382 Formteiltemperatur 246


Spritzgeschwindigkeit 380, 382 Formwerkzeug 244
Spritzgießen 243 Freistrahl 254
Abkühlen 249 Gas-Assisted Injection Molding (GAIM)
Abkühlzeit 246 251
Abmessung 249 Gasdurchbrüche 253
Additionsverfahren 251 Gasfüllphase 253
Aneinanderspritzgießen 251 Gasinjektionstechnik (GIT) 251
Anguss 244 Gasinnendruck 253
Angussgestaltung 244 Gasinnendruckverfahren (GID) 251
Angusszerkleinerung 244 Gasnachdruckphase 253
Antrieb 244 Gehäuse 254
– hydraulischer 248 GIT-Spritzgießen 252
Auslegung 244 Glastemperatur 246
Ausstoßleistung 246 Handhabungsgeräte 244
Automobil-Innenbereich 254 Haupterweichungsbereich 246
Behälter 254 Heißkanalregelung 244
Chargenschwankungen 244 Heiß-Pressen 254
Coinjektions-Verfahren 251 Heizung 244
Dachhimmel 254 Hinterprägetechnik 254
Dekorfolien 253 Hinterspritztechnik 253
Druck im Angießkanal 248 Hohlraumkontur 253
– im Hydraulikzylinder 248 Hutablagen 254
– im Werkzeug, angussfern 248 in- und on-line Messtechnik 244
– im Werkzeug, angussnah 248 Ineinander-SG 251
– vor der Schneckenspitze 248 Injektionsdüse 253
Druckabfall 246 Instrumententafel 254
Druckguss 244 Kavität 246, 253
Druckverlauf 249 Kofferraumabdeckungen 254
Druck-Zeit-Verlauf im Werkzeug 247 Kosten 244
Duroplastverarbeitung 253 Kristallisationswärme 246
Eigenspannungen 246 Kühlen 246
Eigensteifigkeit des Formteils 246 Kühlraten 246
Einflussgrößen auf die Spritzgieß- Kühlzeiten 254
produktion 243 Kunststoffschmelzen 244
Einspritzbeginn 246 Kunststoffverarbeiter 249
Einspritzdruck 254 Langfaser-Verbundwerkstoffe 254
Einspritzen 246 Linsen, optische 253
Einspritzvorgang 246 Masse 250
Einspritzzeit 248 Massenfüllphase 253
Elastomerverarbeitung 253 Massetemperatur 245, 246
Endprodukt 243 Maßhaltigkeit 249
Energieverbrauch 243 Mehrfarben SG 251
Fließfront 244 Mehrkomponenten Spritzgießen 251
Fließgießen 244 Mehrstationenmaschinen 254
Flüssigkeitsstrahl 244 Membranen 253
Formfüllung 246, 254 Mikrophone 253
Formfüllvorgang beim Gasinnendruck- Nacharbeit 243
Spritzgießen 252 Nachdruck 245, 246
Formgebung 244 Nachdrücken 246
Formhohlraum 253 Nachdruckniveau 246
Formmassen 250 Nachdruckzeit 248
Formteil 244 Niederdruck-TSG 254
Formteilgestaltung 244 p,v,T-Diagramm 249
Formteilqualität 249 Paletten 254
1614 8 Sachverzeichnis

Spritzgießen Türseitenverkleidungen 254


Peripherie 244 Two/Multi Colour Molding 251
Plastifizierung 244 Übermaße 249
Polyethylen 254 Umgebungseinflüsse 244
Polystyrol 254 Umwelt 244
Prägephase 253 Verfahrensablauf beim Spritzgießen 245
Prägespalt 253 Verfahrensparameter 245
Pressverfahren 254 Verfahrensvarianten beim Spritzgießen
Prozess, diskontinuierlicher 244 249
Pumpendruck 248 Verschleiß 244
Reinheit 244 Verschlussdüse 250
Reproduzierbarkeit der Fertigung 243 Viskosität 246
Richtwerte für das Spritzgießen 250 Viskosität-Zeit-Verlauf des Werkstoffs
Rückstromsperre 250 247
Sandwich- oder 2K-Spritzgießen 252 Volumen, spezifisches 249
Sandwich-Spritzgießen 251 Volumenschwund 249
Säulenverkleidungen 254 Vorderwandverkleidungen 254
Schäumdruck 254 Vortrocknung 244
Schlagzähigkeit 246 Wandungsquerschnitt 246
Schließeinheit 244 Wartung 244
Schmelzekuchen 253 Werkstoff 244
Schmelzeviskosität 254 Werkzeug 244, 246, 248, 250
Schnecke 244 Werkzeugbauer 249
Schwindung 249 Werkzeughöhlung 248
Seele, plastische 253 Werkzeuginnendruck 246
Sequenzverfahren 251 Werkzeuginnendrücke 253
Sicherheit 244 Werkzeugtemperatur 245
Siegelpunkt 246 Werkzeugtrennebene 254
Spannungsrissbildung 246 Werkzeugwand 254
Sportgeräte 254 Wiederverwertbarkeit 244
Spritzdruck 245, 246, 250 Zustandsdiagramm 249
Spritzeinheit 244, 248 Zwei- oder Mehrfarben-SG 252
Spritzgießen 245 Zweifarben Spritzgießen (SG) 251
Spritzgießmaschine 244 Zweikomponenten SG 251
Spritzgießsystem 249 Zwei-Komponenten Spritzgießen 252
Spritzgießwerkzeug 249 Zweirohstoff-SG 252
Spritzguss 244 Zykluszeit 246, 248
Spritzprägen 252 Spritzgießverfahren 305
Spritzpressen 254 Angusskanal 305
Spritzzyklus 246 Einspritzdruck 306
Standard-Spritzgießen 244 Einspritztemperatur 306
Staudruck 245 Formnest 305
Steifigkeit 244 Heizplatten 305
Steuerung 244 Pressverfahren 306
Stückprozess 244 Prozessparameter 306
Tauchkanten-Werkzeughälfte 253 Schnecke 305
Temperaturen 250 Schneckenkolbenprinzip 305
Temperatur-Zeit-Verlauf des Werkstoffs Spritzgießverfahren 306
247 Transferpressverfahren 306
Temperiergeräte 244 variables Volumen für plastifizierte
Thermoplast, amorpher 247 Mischung 305
– teilkristalliner 247 Vernetzungsreaktion 306
Thermoplastschaumguss (TSG) 252, 254 Vulkanisationszeiten 305
Transfer-Moulding 254 Werkzeugkosten 305
Trichter 244 Werkzeugplatten 305
8 Sachverzeichnis 1615

Werkzeugträgerplatten 305 Füllstoffe 726


Zykluszeit 306 Gemisch, azeotropes 725
Zykluszeiten 305 Gleitmittel, äußere 726
Zylinder 305 – innere 726
Spritzprägeverfahren 382 Hybridverstärkungsmaterial 726
Sprödbruchempfindlichkeit 517 Kerbschlagzähigkeiten 734
Stabilisatoren 610 Kratzfestigkeit 725
Stärke 1443 Kurzzeitverhalten bei geringer
– thermoplastische 1444 Verformungsgeschwindigkeit 727
Staudruck 382 SAN-Formmassen 725
Stellen, verbrannte (Dieseleffekt) 382 Schubmodul 729
Strahlenbeständigkeit 948 Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN)
Struktur-/Bauweisen-Konzepte, Spannungsdehnungslinien, isochrone
Auslegungsphilosophien 400 729, 730
Abrieb 401, 402 Spannungsrissbildung 725
Ausbaustrukturen 400 Spannungsrissverhalten 735
Auslegungsphilosophien 400 statistisch 725
Faserverbund-Laminatstrukturen 400 Strahlenbeständigkeit 736
Faserverbund-Wickelstrukturen 400 Temperaturwechselbeständigkeit 725,
Gitterrohrrahmen-Bauweisen 400 729
Hybrid-Strukturen 400 Thermoplaste, einphasige 733
Lebensdauer 401 – zweiphasige zähmodifizierte 733
Leichtbaustrukturen 400 Transparenz 731
Mono-Konzepte 400 Verhalten bei hoher Verformungs-
PKW-Frontend 400 geschwindigkeit 729
PPS-Compounds 402 Verstärkungsstoffe 726
PTFE-Compounds 401 Witterungsbeständigkeit 736
Rohrrahmen-Bauweisen 400 Wöhler-Diagramm 729
Sandwich-Struktur 400 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Schaumstrukturen 400 Spannungszustand 729
Sicherheitsbeiwerte 401 Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere
Strukturen, differenzierte 400 (SBS) 711
– gradierte 400 Brandverhalten 719
– monolytische 400 Elastomere, thermoplastische 711
– selbsttragende 400 Gaspermeabilität 718
Verbund-Strukturen 400 Lamellenstruktur 711
Verbundwerkstoffe 400 Lichtdurchlässigkeit 713
Verschleißverhalten 401, 402 Schubmodul 718
Strukturfehler 381 Styrolux 711
Styrol 1340 Transparenz 719
Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN) 725 Wasserdampfpermeabilität 718
Antioxidantien 726 Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB) 701
Aufheller, optischer 726 Abbau, photooxidativer 703
Beurteilung, gesundheitliche 736 Antioxidantien 703
Biegewechselfestigkeit 729 Beurteilung, gesundheitliche 709
Brennbarkeit 736 Biege-Kriechmodul 704, 706
Chemikalienbeständigkeit 734 Brennbarkeit 708
Copolymere 725 Chemikalienbeständigkeit 706
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Doppelbindungen, singuläre 703
Gase 736 Durchlässigkeit für Wasserdampf und
Eigenschaften, elektrische 730 Gase 709
– optische 731 Eigenschaften, elektrische 706
– thermische 729 Fließverhalten 706
Fließverhalten 737 Glasübergangstemperatur 702
Formbeständigkeit in der Wärme 728 Gleitmittel, innere 703
1616 8 Sachverzeichnis

Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB) Spannungsdehnungslinien, isochrone


Kapselteilchen-Morphologie 702 684
Längenausdehnungskoeffizient 706 Spannungsrissbildung 677
Langzeitverhalten 704 Spannungsrissverhalten 689
Oberflächenglanz 702 Sprödigkeit 678
Schergeschwindigkeit 708 Strahlenbeständigkeit 691
Spannungsrissbeständigkeit 702 Suspensionsverfahren 677
Spannungsrissverhalten 707 Transparenz 677
Strahlenbeständigkeit 707 Ultraschall 695
Umwandlungstemperaturen 704 Umwandlungstemperaturen 679
Verhalten bei hoher Verformungs- Verarbeitungsbedingungen 693
geschwindigkeit 704 Veredeln der Oberfläche 694
Verhalten bei schwingender Verhalten bei hoher Verformungs-
Beanspruchung 706 geschwindigkeit 684
Verlustfaktor, mechanischer 704 Verhalten bei schwingender
Wandschubspannung 708 Beanspruchung 685
Wärmekapazität, spezifische 706 Verstärkungsstoffe 678
Witterungsbeständigkeit 707 Wärmekapazität, spezifische 685
Wöhler-Kurve 707 Witterungsbeständigkeit 690
Zug-Kriechmodul 704 Zeitstandzugversuch 690
Zug-Zeitstandfestigkeit 704 Styrolpolymere 675
Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS) Ethylbenzol 676
723 Partikelschaumstoffe 676
Thermostabilität 725 Pfropfcopolymerisat 676
Styrol-Copolymere 696 Polymerisation, stereospezifische 677
Styrolemission 1344 Standardkunststoff 676
Styrol-Homopolymere (PS) 677 Sulfierung 521
Antioxidantien 678 Sulfophsphorylierung 521
Beanspruchung, mehrachsige 685 syndiotaktisches Polypropylen (sPP) 542
Bearbeitung 694 Systemgrenzen 439
Bedrucken 694
Beurteilung, gesundheitliche 693 T
Brennbarkeit 691 Teilentformung 382
Direktbegasungsverfahren 694 Temperaturabhängigkeit der mechanischen
Durchlässigkeit für Wasserdampf und Eigenschaften 85
Gase 691 Aggregatzustand 88
Eigenschaften, elektrische 687 Belastungsgeschwindigkeit 89
– optische 688 Deformationsverhalten 87
Heißprägen 694 Duroplaste 86
Kleben 695 Eisen (Fe) 87
Kriechneigung 678 Elastizitätsmodul 87
Kugeldruckhärte 685 Elastomere 86
Kurzzeitverhalten bei geringer E-Modul 87
Verformungsgeschwindigkeit 679 Entropieelastizität 86
Längenausdehnungskoeffizient 685 Fließverhalten, viskoses 86
Lochschlagzähigkeit 684 Glasübergangstemperatur 85, 86
Massepolymerisation, isotaktische Glaszustand 86
677 Hooke’sche Gesetz 87
Oberfläche, brillante 677 Kristallitschmelztemperatur 86
Oberflächenwiderstand 687 Metalle 87
Polystyrol 677 Schmelzbereich 85
– isotaktisches 678 Schmelzen 88
Polyvinylbenzol 678 Schubmodulkurve 87
pvt-Diagramm 685 Schweißen 86
Schlagbiegeversuch 684 Stahl 87
8 Sachverzeichnis 1617

Thermoplaste, amorphe 86 Eigenschaften, elektrische 872


– teilkristalline 86 – optische 875
Thermoplastizität 86 – thermische 872
Urformen 86 Härte 871
Verhalten, energieelastisches 86 Imprägnieren 870
– entropieelastisches 86 Kleben 877
– gummielastisches 86 Kristallinitätsgrad 870
Viskosität 88 Kurzzeitverhalten bei geringer
Warmumformung 86 Verformungsgeschwindigkeit 871
Weichgummi 86 Reibungsverhalten 872
Zersetzungstemperatur 86 Ruckgleiten 872
Zustand, eingefrorener 86 Schutzschichten 870
Zustandsänderung 88 Spannungsrissverhalten 875
Tempern 955 stick-slip-Effekt 872
Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer 878 Strahlenbeständigkeit 875
Abnutzungsgeschwindigkeit 883 Verhalten bei hoher Verformungs-
Bearbeiten, spanendes 883 geschwindigkeit 871
Bedrucken 883 Verschleißverhalten 872
Brechungsindex 883 Witterungsbeständigkeit 875
Brennbarkeit 883 Zeitstandverhalten bei einachsigem
Chemikalienbeständigkeit 883 Spannungszustand 871
Einfärben 883 Thermoplaste 368
Fügeverfahren 884 Abschieferungen 369
Heißprägen 883 Beseitigung von Spritzgießfehlern 369
Kurzzeitverhalten bei geringer Verfor- Blasen 369
mungsgeschwindigkeit 879 Delaminierungen 369
Pressverbindungen, bedingt lösbare 884 Duroplaste 369
Reibungsverhalten 882 Einfallstellen 369
Schnappverbindungen, bedingt lösbare Elastomere 369
884 Feuchtigkeitsschlieren 369
Schrauben 884 Flecken, matte 369
Strahlenbeständigkeit 883 Fließnahtfestigkeit 369
Verarbeitungsbedingungen 883 Formteil klebt im Werkzeug 369
Verbindungen, lösbare 884 Formteil wird nicht ausgeworfen 369
Verhalten bei hoher Verformungs- Formteile, verzogene 369
geschwindigkeit 881 Formteiloberflächen, matte 369
Verhalten bei schwingender – raue 369
Beanspruchung 881 Gratbildung 369
Verschleißfaktor 882 Grauschlieren 369
Verschleißverhalten 882 Jahresringe 369
Versprödungstemperatur 881 Lunker 369
Witterungsbeständigkeit 883 Massestrahl, freier 369
Zeitstandverhalten bei einachsigem Pfropfen, kalter 369
Spannungszustand 879 Schallplattenrillen 369
Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen- Schlieren 369
copolymer (FEP) 869 Silberschlieren 369
Benetzungsmittel 870 Spritzgießen 368
Beschichten 870 Spritzlinge, ausgeformte 369
– elektrostatisches 870 Verbrennungsschlieren 369
Beurteilung, gesundheitliche 877 Vernetzen 369
Brechungsindex 875 Verunreinigung des Granulats 369
Brennbarkeit 877 – des Regenerats 369
Chemikalienbeständigkeit 875 Wolkenbildung 369
Durchlässigkeit für Wasserdampf und – thermoplastische Elastomere:
Gase 877 Molekül-Orientierungen 333
1618 8 Sachverzeichnis

Thermoplaste Feuchtigkeitsgehalt 353


2. Hauptsatz der Thermodynamik 338 Fließfrontgeschwindigkeit 351
Abkühleffekte 347 Fließgrenztemperatur 351
Abkühleigenspannungen 344, 345 Fließrichtung 334
Abkühlgeschwindigkeiten 334, 349, Fließzonen 346
350, 357 Formabweichungen 359
Abkühlung 343, 344 Formteildicke 351
ABS 336 Formteile, spritzgegossene 353
Abschrecken 345 Formtemperatur 356
Acryl-Butadien-Styrol 344 Formzwang 336
Aluminium 353 Frontend 343
angussfern 341 Füllbild 339
Angusslage 359 Füllgrad 357
angussnah 341 Füllphase 350
Anisotropie 339, 340 Füllstoffe 359
Anschnitt 354 Gefüge 350, 351
Anschnittlage 359 Gefügestruktur 353
Atomabstände 343 Gestaltänderung 336
Außenhaut 334, 350 Gewindebolzen 347
Bauteilabmessungen 343 Gewindehülsen 347
Bauteileigenschaften 341 Glasfasergewebe 343
Bereiche, kristalline 350 Glasfaserorientierungen 357, 359
Beseitigung von Molekülorientierungen glasfaserverstärkt 354
336 glasfaserverstärktes PBT 340
Bindekräfte 340 Glasmatten verstärke Thermoplaste
Bindenähte 339 (GMT) 343
Brechungsindex 346 Glastemperatur 345, 353
Dehnströmung 334 Gleitlager 351
Dichte 352 Hauptbeanspruchungsrichtung 336
Dichteverlauf 351 Herstellungstoleranz des Werkzeugs 355
Dissipationseffekte 351 – WZ 355
Druckeigenspannungen 345 Innenkalibrierung 352
Düsenaustritt 339 kalibriert, außen 352
Düsendurchmesser 338 Kalibrierzone 339
Düsendurchtritt 338 Kaltumformen 337
Düsenlänge 339 Keramiken 343, 353
Eigenspannungen 343, 344, 352 Kernschicht 350
– in Formteilen und Bauteilen 343 Knäuelform 336
Eigenspannungsverteilung 345 Kompressibilität 343
Einlegeteile 347, 349 Kristallinitätsgrad 350
Einspritzgeschwindigkeit 351, 356, 359 Kristallisation 343, 349
Entformen 349, 359 Kristallisationsgrad 351
Entformung 346, 347 Kristallisationsgrade, örtlich
Entropie 338 unterschiedliche 359
Entstehung der Molekül-Orientierungen Kristallitschmelztemperatur 352
333 Kühlzone 339
Erstarrungsfront 351 Kunststoffbecher 339, 341
Expansionseffekte 347 Kunststoffrohr 352, 353
Expansionsspannungen 346 Kunststoffschmelzen 334
Extrudieren 338, 351 Kunststoff-Wanddicke 349
Faserorientierungen 339, 341 kurze Düse 338
Faserverbundwerkstoffe 353 lange Düse 338
Fertigungstoleranz 355 langfaserverstärkte Thermoplaste
– des Formteils 355 im Direktverfahren (LFT-D) 343
Feuchtigkeitsaufnahme 355 Langglasfasern 343
8 Sachverzeichnis 1619

Längsrichtung 340 Pressung, radiale 348


Längsschwindung 354 Prozessparameter 343
Magnesium 353 PS 337, 350
Maßabweichungen 354 PVC 336, 350
Maßänderungen 357 – verstreckter 336
Masseanhäufungen 353 Quellung 343, 353
Massestrom 334 Querschnittsmitte 351
Massetemperatur 347, 351, 359 Querschwindung 354
Massetemperaturabhängigkeit 357 Randschicht 351
Massetemperaturen 343 Randschichtdicke 351
Maßhaltigkeit 352 Reckgrad 336
Maßhaltigkeit 353 Reißfestigkeit 341
Maßschwankungen 355 Relaxation 339, 346
Materialanhäufungen, asymmetrische Reorientierungsvorgänge 336
359 Restdruck 347
Matrixwerkstoff 357 rheologisches Verhalten 338
Medien, auslösende 350 Richtungsabhängigkeit 341
Medieneinwirkung 349 Rippen 343
Memory-Effekt 336 Rohraußenseite 351, 353
Metalle 343 Rohre 352
Metall-Einlegeteil 348 Rohrextrusion 351
Mittelschicht 334 Rohrinnenseite 351, 353
Molekül-Orientierung 334, 338, 339, 341 Rohrwanddicke 351
Molekülorientierungen auf Eigen- Rückknäuelung 336
schaften 339 Rückschrumpf 336
Molmassenabbau 337 Sägespalt 352
Nachdruck 343, 351, 356, 358, 359 Schergeschwindigkeit 334, 336, 337
Nachdrücke 347 Scherströmung 333, 334
Nachdruckeinfluss 357 Scherung 340
Nachdruckzeit 356 Scherzone 350, 351
Nachschwindung 355, 357 Schicht, transkristalline 350
Oberflächentemperatur 345 Schmelzebelastung 334
Orientierung 333, 337, 340, 351, 358 Schmelztemperatur 356
Orientierungseffekte 334 Schrumpfung 336
Orientierungseinfluss 340 Schwachstelle 339
Orientierungsgrad 336 Schweißspiegel 353
Orientierungsrichtung 334, 357 Schwellenverhalten 338
Orientierungsverteilung 336 Schwindung 343, 348, 352, 353, 357,
Ortsabhängigkeit 341 358
p,v,T-Diagramm 343 – verarbeit. 355
PA 350 Schwindungsunterschiede 339
PA6-GF 358 Schwindungswerte 354
PC 350 Seele, plastische 348
PE 350 Simultationsprogramme 339
PE-HD 352 SMC 343
Plattenoberfläche 346 Spannungen, innere 343
PMMA 336, 350 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 336
– monoaxial gereckter 336 Spannungsrelaxation 347
Polyamid 359 Spannungsrissbildung 346, 349, 350
Polymerisation 343 Spannungsrisse 350
Polyoxymethylen 344 Spannungsverteilung 346
Polypropylen 336 Sphärolithen 350
Polystyrol 336, 340 Spritzdruck 356
PP 337, 350 Spritzgießen 333
Pressen 343 Spritzgussteil (PP) 333, 350
1620 8 Sachverzeichnis

Thermoplaste Werkzeuginnendrücke 343


Spritzrichtung, parallel 341 Werkzeugkorrektur 355
– senkrecht 341 Werkzeugoberflächentemperatur 347,
Stahl 353 351, 356, 357, 359
Standardpolystyrol 346 Werkzeug-Sollmaß 355
Strangaufweitung 338 Werkzeugtemperatur 336, 357
Streckgrenze 337 – örtliche 359
Streckspannung 341 Werkzeugwand 351
Strömungseffekte 347 Zugeigenspannungen 346
Strömungsrichtungen 339 Zugfestigkeit 337
Temperaturprofil, unsymmetrisches 359 Zugspannungen, äußere 346
Temperaturprofile 345 Zuschnitte 343
Temperaturschwankungen 353 Zykluszeit 336
Temperaturunterschiede 349 Zykluszeiten 358, 359
Textilfadenspinnen 338 – Wirtschaftsdaten 14
Thermoplaste, amorphe 354 Bedeutung, volkswirtschaftliche 16
– teilkristalline 354 Bekleidung 16
Toleranz durch Feuchtigkeitsaufnahme Bergbau 16
355 Chemie 16
Toleranz für Nachschwindung 355 Druckerzeugnisse 16
Toleranz infolge Wärmeausdehnung 355 Eisen und Stahl 16
Toleranzen 357 Elektronik 16
Übermaße 343 Elektrotechnik 16
Umformen 337 Erdölverbrauch 15
Urformen 222 Feinmechanik 16
Valenzwinkel 343 Glas 16
Verarbeitungsbedingungen 353, 356 Holz 16
Verarbeitungsschwindung 353 Keramik 16
Vernetzen 343 K-Erzeuger 16
Verstärkungsfasern 359 Kunststoffe 14
Verstärkungsstoffe 353 Kunststoff-Industrie 16
Verstrecken 338 – -Struktur 16
Verzug 354, 357, 358 K-Verarbeiter 16
Verzugserscheinungen 339 Leder 16
Verzugsneigung 357 Maschinenbau 16
Verzugsverhalten 359 Metallbau 16
Verzugswerte 359 Mineralöl 16
viskoelastische Kunststoffschmelze 338 Möbel 16
Viskositätsfunktion 336 Nahrungs- und Genussmittel 16
Volumen, spezifisches 343, 351 NE-Metalle 16
Volumenänderung, behinderte 343 Optik 16
Volumenänderungen 343 Papier 16
Wanddicke 352, 357 Pappe 16
– des Formteils 351 Prognose 14
Wanddicken, unterschiedliche 359 Rohstahl 14
Wanddickensprünge 359 Spielwaren 16
Wanddickenverteilung 359 Sport 16
Wandnähe 350 Steine/Erden 16
Wärmeausdehnung 355 Straßenfahrzeuge 16
Wärmeausdehnungskoeffizient, linearer Textil 16
345 Weltproduktion 14
Wärmedehnung WZ 355 thermoplastische Faserverbundwerkstoffe
Warmlagern 336 282
Warmumformen 338, 341 CPI-Prozess (CPI process) 288
Wasseraufnahme 357 DIF-Extrusionslinie 290
8 Sachverzeichnis 1621

DIF-Verfahren 290 Abriebfestigkeit 782


Doppelbandpresse 282 Blockpolymerisationstechnik 782
Dosierung, gravimetrische 289 Katalysatoren, metallorganische 783
Einmaschinentechnologie 287 Metallocene 783
Faserbenetzungseinheit 284 Molekularparameter 783
Fibropress 291 Spannungsrissbildung 786
Fließpressen 282 Vernetzung, physikalische 782
Frontend-Montageträger 288 Witterungsbeständigkeit 782
Frontendsysteme 291 Toleranzen 399
Glasfaser 287 Transferpressen (TM Transfer Molding)
glasmattenverstärkte Thermoplaste 304
(GMT) 282 Formnester 304
GMT-Halbzeug 282 Restkuchen 304
In-Line-Compoundieren 292 Transferpressen mit Kaltkanal 304
Kurzfaser-GMT 282 Transferspritzpressen 304
Langfaser-Thermoplast-Direktverfahren Schneckenextruder 304
(LFT-D) 286 Transferzylinder 304
LFT-D-Anlagenschema 288 Transferspritzpressverfahren 305
LFT-Granulate 285 Typisierung von Duroplasten (härtbare
Matten-GMT 282 Formmassen) 309
Nadelgreifer 286 „formaldehydfreie“ Holzfaserplatten 311
Nadelgreifer 288 Aminoplaste 309
Plastifikatstrang 287 Bindemittel 309
Polyamid (PA) 288 BMC 312
Polyethylenterephthalat (PET) 288 Diallylphthalat 310
PP 287 Diallylphthalat-Harze 309
PP-Pulver 282 Diallylphthalat-Massen 309
Pultrusion 284 Diamin 310
Sandwichkonstruktion 293 Einteilung der Duroplastverarbeitung
Sheet Thermoplastic Composites (STC) 312
283 Epoxid-Harze 309
Sportschläger 293 Epoxidharz-Pressmassen 309
Spritzgießprozess, kontinuierlicher 292 Formaldehyd 310, 311
Stäbchengranulate (LFT-G) 284 Formaldehydemission 311
Stanzabfälle 282 Formaldehyd-Problematik 311
Strangablegeverfahren 285 Formmassen 309
Strang-Granulator 285 – typisierte 310, 311
Wasserstrahlschneiden 288 Gütegemeinschaft AVK-TV 311
XRETM-Verfahren 291 Gütezeichen 311
Zweischneckenextruder 284 Harnstoff-Harze 309
– Polyurethan-Elastomere (TPE-U) 1431 Harzarten 309
Beurteilung, gesundheitliche 1439 Holz 311
Brennbarkeit 1438 Holzfaserplatten 311
Chemikalienbeständigkeit 1435 Holzproduktion 311
Durchlässigkeit für Gase 1438 Hydrolysevorgänge 311
Eigenschaften, elektrische 1435 Melamin-Harze 309
– thermische 1435 Nebenprodukte 310
Strahlenbeständigkeit 1438 Novolak 311
Umwandlungstemperaturen 1434 Phenol-Harze 309
Verarbeitung 1439 Phenoplaste 309
Wasseraufnahme 1439 Polyester-Harze, ungesättigte 309
Witterungsbeständigkeit 1438 Polyester-Harzmatten 309
Zeitstandverhalten bei einachsigem Polyester-Pressmassen 309
Spannungszustand 1435 Restmonomere 310, 311
– Tyrol/Butadien-Elastomere (SBS-TE) 782 SMC 312
1622 8 Sachverzeichnis

Typisierung von Duroplasten (härtbare Thermoformen 387, 392


Formmassen) Thermoformprozess 387
Styrol 310 Tiefziehen 387
Überwachungszeichen 311 Trinkbecher 391
Verarbeitungsverfahren 311 Umformtemperatur 388, 393
Vernetzungsreaktion 310 Vakuum 393
– anlegen 389
U Vakuumformung 393
UF-Formmassen 1319 Verarbeitungsschwindung 394
Aufheller, optische 1320 Verformungsfenster 388
Beschichtungsstoffe 1320 Verpackungshalbzeuge 388
Beurteilung, gesundheitliche 1324 Verpackungsteile 388
Brennbarkeit 1324 Vorblasen 389
Chemikalienbeständigkeit 1324 Vorstreckstempel 387, 394
Fluoreszenz 1320 Wanddickenverteilung 387, 389
Härtungskatalysatoren, latente 1320 Werkzeug 387
Holzleime 1320 – schließen 389
Spannungsrissbildung 1324 Werkzeughälfte 388
Strahlenbeständigkeit 1324 Umwandlungstemperaturen 921
Wechselfestigkeit 1321 Umwelt 423
Witterungsbeständigkeit 1324 Umweltbewertung, -bilanzierung 436
Umformen – Warmformen 387 Life Cycle Assessment (LCA) 436
Becher 391 Life Cycle Engineering (LCE) 436
– gespritzter 391 Software-Werkzeuge 436
– thermogeformter 391 Untersuchungsrahmen 439
Becherböden 391 UP 1333
Dauergebrauchstemperatur 392 UP-Formmassen 1334
Druckluft 393 UP-Reaktionsharze 1333
Druckluftformung 393
Entlüftung 393 V
Faserverbundwerkstoff 389 Verarbeitung 222, 953, 977, 991, 1013
Formwerkzeug 394 Urformen 222
Glasübergangstemperatur 388 – von Duroplasten 307
Heizen 389 Aprikosenkerne 309
Hinterschnitte 391 Aushärtung 307
Hochleistungs-Faserverbund 389 Bestrahlen 309
Kunststoffhalbzeug 387 Cellulose 309
Lebensmittelverträglichkeit 388 Duroplastverarbeitung 309
Materialfaktor für Heizzeit 393 Entformen 308
– für Kühlzeit 393 Entgraten 309
Mehrschichtverbund 391 Epoxidharz 307, 309
Metalltiefziehen 387 Formmasse 307
Negativ-Druckluftformung 389 Formmassen, duroplastische 307
Oberstempel 391 Formtrennmittel 308
Orientierungen 387 Füllstoffe 307, 309
Permeationseigenschaften 388 Gewebeschnitzel 309
positiv-negativ Vakuumformung 389 Glasfaser 309
Prozessführung 395 Glastemperatur 307
Recyclingmaterial 391 Grate 308
Rückverformung 387 Harnstoff-Formaldehydharz 307
Sandwichstrukturen 389 Härter 307
Schmelztemperatur 388 Haupterweichungsbereich 307
Simulation 395 Häute 308
Stapelsicke 391 Holzmehl 309
Stoßfänger 389 Kalziumkarbonat 309
8 Sachverzeichnis 1623

Kohlenstofffaser 309 glasmattenverstärkte Thermoplaste


Kreide 309 (GMT) 243
Melaminharz 307 Hinterprägetechnik (HPT) 241
Nacharbeiten 308 Hinterspritz-Technik (HST) 241
Naturfaser 309 Hohlkörper-Technologie 242
Nusskerne 309 Inmold Coating (IMC) 241
Phenolharz 307, 309 Inmold Decorating (IMD) 241
Polyamidfaser, aromatische 309 Kalandrieren 243
Polyesterharz 307, 309 Keramikspritzgießen (KSG) 241
Pressen 307 Langfaser-Spritzgießen 241
Pressmasse 308 langfaserverstärkte Thermoplaste im
Quarzmehl 309 Direktverfahren (LFT-D) 243
Reaktionsharz 307 Lasersintern (LS) 243
Reaktionsmittel 307 Liquid Crystal Polymer (LCP)-Spritz-
Ruß 309 gießen 241
Schließkräfte 308 Lösekerntechnik (LKT) 241
Schwindung 309 mechanisches Tiefziehen
Spritzgießen 307 (Kaltumformen) 243
Spritzpressen 307 Mehrfarben-Spritzgießtechnik (MF-SGT)
Tauchkanten 308 241
Trommeln 309 Mehrkomponenten-Spritzgießtechnik
Verarbeitungsfenster 308 (MKT) 241
Vernetzung 307 Metal Injection Molding (MIM) 241
Vernetzungsgrad 307 mikrowellenunterstützt 241
Verschleiß 308 Prägen 243
Verstärkungsstoffe 307, 309 Pulforming 243
Viskositätssenkung 307 Pultrusion 243
Viskositätssteigerung 307 Pulvermetallspritzgießen (PM-SG)
Viskositätsverlauf 308 241
Vorkondensation 307 Pulvertechnologie 243
Werkzeugspalte 308 Pyrolyse 241
Zellstoff 309 Ram-Extrusion 243
Zusatzstoffe 307 Rotationsformen 242
Zykluszeit 309 Rotationssintern 243
Verarbeitung von Thermoplasten 241 Rotations-Tiefziehen 243
3D-Blasformen (hart-weich- Schalenguss (slush molding) 242
Kombination) 241 Schäummittel 241
Advanced Composite Casting (ACC) Schleudergießen 242
241 Schmelzkerntechnik (SKT) 241
Ceramic Injection Molding (CIM) 241 Schrumpen 243
Cermet Ceramic Injection Molding Sintern 243
(CCIM) 241 spanen 241
Coatingtechnologie 243 Spritzblasen 241
elektrostatisches Pulverbeschichten 243 Spritzgießen 241
energieelastisch 241 Spritzgieß-Pressrecken 241
entropieelastisch 241 Spritzpräge-Technik (SPT) 241
Extrudieren 241 Streckblasen 241
– mehrschichtiges/-farbiges Thermoplaste, amorphe 241
(Coextrusion) 241 – teilkristalline 241
Extrusionsblasen 241 Thermoplast-Schaumextrusion (TSE)
Fließgießtechnik (FGT) 241 241
Fließpressen 243 Thermoplast-Schaumguss (TSG) 241
Gasinnendruck-Spritzgießtechnik Tiefziehpressen (TZP) 243
(GIT, WIT) 241 überkritisches CO2 241
Gegentakt-Spritzgießen (GTS) 241 Umformen 241, 243
1624 8 Sachverzeichnis

Verarbeitung von Thermoplasten Mischungsherstellung 297


Urformen 241 Mischvorgang 297
Verwertung, energetische 241 Mischvorschrift 298
– stoffliche 241 Mischzyklen 299
viskoelastisch/viskos 241 Nachbearbeiten 297
Warmumformung 243 Nachvulkanisieren 297
Wirbelsintern (Beschichten) 243 Nachzwicken 298
Zersetzung 241 NR 298
Zustandsform 241 Paste 297
Zwei-Schalen-Technik (2-ST) 241 Phosphatieren 297
Verarbeitung von thermoplastischen Präpolymere 294
Elastomeren 294 PS:PEB 295
Antriebsleistung 294, 298 Pulver 297
Ballen 297 Radialwellenherstellung 297
Batchmassen 300 Reinigen 297
Chips 297 Rezeptur 297
Dreiblockpolymer S-EB-S 295 Rohlingsverarbeitung 297
Einspritzdrücke 294 Schmelzetemperatur 294
Elastomere 294 Schweißen 296
– Verarbeitung 296 Spritzgießen 295
Elastomerphase, vernetzte 295 Spritzquellung 295
Elastomerverarbeitung 294, 297 Stockblender 300
Extrudieren 296 Stopfextruder 300
Extrusionsblasformen 296 Strangaufweitung 295
Fertigmischen 298 Thermoplaste 294
Flüssigkeit 297 Verarbeitung von TPE 295
Formgebung 297 Verarbeitungshilfe 296
Friktionswärme 294 Verarbeitungsparameter 294
Füllstoffe 296 Vernetzung 297
Gasinnendrucktechnik (GIT) 295 Vernetzungschemikalien 300
Granule 297 Verpacken 297
Grundmischen 298 Viskosität 294
Gummiverarbeitung 296, 297 Vormischen 297
Haftvermittlerauftragung 297 Vulkanisation 297
Halbzeug (Rohlings)herstellung 301 Vulkanisieren 297
Harze 294 Walze 300
Harzmischungen 294 Walzenspalt 300
Innenmischer 298 Walzwerk 300
Kaschieren 296 Walzwerke 298
Kautschuk 294, 296 Weichmacher 296
Kautschukmischung 294, 296 Werkzeuginnendruck 294
Kleben 296 Werkzeugreinigung 297
Kneter 298 Werkzeugtemperatur 294
Kneterbauarten 299 Wiegen 297
Krümel 297 Zuschlagsstoffe 297
LKW-Laufflächenmischung 297 Zykluszeit 294
Luftkühlung 294 Verarbeitungsfehler 313, 368
Maschineneinstellung 295 Bauteilfehler 313
Maschinenstundensatz 294 Fehlerursache 313
Mastifizieren 298 Verarbeitungsparameter 313
Mehrkomponenten-Spritzgießen 295 Verarbeitungsverfahren 313
Metallvorbehandlung 297 Abquetschvorrichtung 317
Mischen 297 Abquetschwerkzeuge 314
Mischextruder 298, 300 Absaugung 314
Mischprozesse 297 Abzuggeschwindigkeit 316
8 Sachverzeichnis 1625

Andruckrolle 318 Harztränkung 317


Aushärten 313, 314 Hochfrequenz-Vorwärmen 313
Aushärtung 317 Imprägnierbad 317
Auswerfen 315 Imprägnierstrecke 322
Auswerfersysteme 314 In Mould Coating, IMC 323
Automobilindustrie 320 Infrarot-Vorwärmen 313
Belastungen 323 Inhibitoren 323
Beschleuniger 316 Injektionsformen 319
Blasvorrichtungen 314 In-Mould-Painting 314
Bohrungen 314 In-Mould-Pulver-Lackieren 314
Breitschneidwerk 322 Innenausstattung der ICE-Züge 320
Bürsten 316 Kalthärter 316
Deckschichten 316 Kaltpressverfahren 313
Dosieren 313 Kardanwellen 317
Druckbehälter 317 Karosserieteile 323
Düsenrohr 321 Kleinserien 316
Eindicken 320 Körper, zylindrische 317
Einfallstellen 322 Krater 323
Einleger 323 Lagerfähigkeit 323
Einspritzen 313 Lagerzeit 316
Elektroindustrie 320 Laminat 322
Elektrotauchlackieren 323 Lieferformen 323
Endlosfasern 317 LP-(Low-Profile) 322
Entgraten 314 LS-(Low-Shrink) 322
EP-Harze 316 Lüften 314
Explosion 316 Lunker 323
Farbpigmente 320 Magnesiumoxid 320
Faserlänge 318 Masse-Tabletten 315
Faserspritzen 318 Materialkosten 323
Faserspritzverfahren 319 Matritze 320
Feuchtmassen 314 Mattenverlegung 317
Formgebung 313 Mikrowelle-Vorwärmen 313
Formmasse 313 Motorhauben 320
Formmassen, duroplastische 314 Nacharbeit 314
Friktion 313 Nachhärtung 323
Füllen 315 Oberfläche 323
Füllraumwerkzeuge 314 Oberflächenqualitäten 322
Füllstoffe, mineralische 320 „on-line“-Lackieren 323
Gießen 316 Partikel, Verkleben 313
GKF-Federn 317 Patritze 320
Glasfaser 320 Peroxid 316, 318
Glasfasergewebe 317 Pinsel 316
Glasfilament-Verstärkung 318 Polyesterharze, härtbare 320
Glasgehalt 323 Poren 323
Gleitmittel 320 Präparate 316
Gummituch 319 Pre-Preg 323
Handhabungstechnik 313 Pressautomaten 313
Handlaminieren 316 Pressdruck 323
Handwerkbetrieb 316 Pressdrücke 314
Härter 320 Pressen faserverstärkter Duroplaste 320
Härtezeit 313, 323 Pressformen 313
Harz-Füllstoff-Paste 322 Presskraft je m2 323
Harzmasse 322 Pressvorgang 313
Harzmatte 322 Presswerkzeug 313, 314, 317
Harzmattenverfahren 322 Profilbeispiele 317
1626 8 Sachverzeichnis

Verarbeitungsverfahren Vakuumpumpe 319


Profildüse 317 Verarbeitungstemperatur 323
Profile 316 Viskosität 323
Profilziehen 316 Vorformling 319
Pulforming 316 Vorwärmung 313
Pultrusion 316 Walzen 316
Pulverlack 314 Wanddicke 313
Reaktionsharze 316 Wärmeleitung 313
– glasfaserverstärkte 316 Warmhärter 316
Reaktionsharzmasse 320 Warmpressen 313
Reifegrad 322 Warmpressverfahren 313
Reifezeit SMC-Matte 323 Welligkeiten 322
Rezepturen 322 Werkzeugbauarten 314
Rohre 317, 320 Werkzeughälfte 319
Rohrherstellung 321 Werkzeugwände 313
Rotation 320 Wickelkörper 318
Rotationskokille 320, 321 Wickelverfahren 317
Roving-Gatter 322 Wickelvorrichtung 318
Rovingspule 317, 318 Zentrifugalkraft 320
Rovingstränge 317 Zinkstearat 320
RTM-Verfahren 320, 321 Zuschlagstoffe 320
Schleuderverfahren 320, 321 Zuschnittpaket 323
Schmelzwärmezufuhr 313 Zykluszeit 314, 323
Schneckenaggregate 313 Verbrennung 432, 433
Schneckenzylinder 313 Entgasung/Pyrolyse 433
Schneidwerk 318, 319, 322 Sekundärreaktionen 433
Schnittglas 320, 322 Teilprozesse der Verbrennung 433
Schwimmhäute 314 Trocknung 433
Schwindung 322, 323 Vergasung 433
Siebboden 320 – Kraftwerke 434
SMC (sheet moulding compound) 313, Zyklonbrennkammern 434
320 Verbrennungskonzepte, -aggregate 433
SMC-Anlage 322 Co-Verbrennungssysteme 433
SMC-Rezepturen 322 Mono-Verbrennung 433
SMC-Verarbeitungsparameter 323 Verbundwerkstoffe, Einteilung 4
SMC-Verfahren 322 Faserverbunde 5
Spritzanlagen 318 Matrixwerkstoffe 5
Spritzgießen 313, 315 Schichtverbunde 5
Spritzlackieren, elektrostatisches 323 Teilchenverbunde 5
Spritzpistole 316, 319 Verstärkungsstoffe 5
Spritzprägen 313 Werkstoffverbunde 5
Spritzpressen 314, 315 Veredeln 957
Stoßfängerträger 317 Verformungsverhalten 89
Tauchkantenwerkzeuge 314 Burger-Modell 89
Teile, großflächige 316 Deformation, viskoelastische 89
Thermoplastpartikel 322 Dehnungs-Zeit-Verhalten 90
Tränkbad 317 elastisch 90
Tränkwanne 317 entropieelastisch 90
– mit Führung 318 Gummielastizität 89
Transportband 322 ideal 90
Trennmittel 320 Maxwell-Modell 89
Überdosierung 314 Rückdeformation, zeitverzögerte 90
Unterdosierung 314 Temperatur-Zeit-Abhängigkeit 89
UP-Harze 313, 314, 316 Vier-Parameter 89
Vakuumformen 318 viskoelastisch 89
8 Sachverzeichnis 1627

viskos 89, 90 Deformationsverhalten 94


Voigt-Kelvin-Modell 89 Dehnung, bleibende 91
Verformungsverhalten von Schmelzen 239 Einschnürung 95
Burger-4 Parameter Modell 240 Elastizitätsmodul 93
Deformationsverhalten 239 Elastomere 94
Düsenlänge 239 Elastomer-Füllstoff-Verbund 95
Elastomere, ideale 240 Energie, potenzielle 93
Extrudieren 239 Energieelastizität 93
Grundgleichungen zum Verformungs- Entropieänderung 94
verhalten 239 Entropieelastizität 93
Hooke’sches Gesetz 240 Fließvorgänge 95
Kunststoffschmelze 238, 239, 240 GG30 93
– ideale 240 Hooke’sche Gesetz 94
Kunststoffe, reale 240 Hooke’scher Bereich 92
Massetemperatur 239 Hyperelastizität 94
Maxwell-Modell 240 Keramik 94
Molekülgestalt 239 Mooney-Rivlin 94
Molekülorientierungen 239 Mullins-Effekt 95
Newton’sches Gesetz 240 Neo-Hooke 94
Öl 240 PMMA 94
Profilwerkzeug 239 Querkontraktionszahl v 91
Relaxation 239 Rückstellkraft 94
Rheologie 239 Schnapphaken 93
Scherkräfte 239 Sekantenmodul 93
Strangaufweitung 239 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 94
Stahl 240 Spannungs-Dehnungs-Verhalten 95
Verformungsverhalten beim Kriechen St 37 94
240 Tangentenmodul 91
Viskoelastizität 239 Ursprungssteigung 92
Viskosität 239 Ursprungstangente 92
Voigt-Kelvin Modell 240 Verformungsarbeit 93
Vergasung viskoelastisch 91
Ammoniaksynthese 431 Vorbelastung 96
Energiegewinnung 431 Wärmeenergie 94
Entgasung 431 Zeitverzögerung 93
Fischer-Tropsch-Synthese 431 vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX)
Methanolsynthese 431 520
Oxidation, unterstöchiometrische 431 Alcryn 520
Synthesegas 431 Druckverformungstest 520
Trocknung 431 Fließweg/Wanddickenverhältnis 520
Vergasung 431 Versprödungstemperatur 520
Wasserstofferzeugung 431 Witterungsbeständigkeit 520
Vergleich mit anderen elastifizierenden Vernetzung, peroxidische 519
Hochpolymeren 668 Verstärkungsstoffe 189, 198
Brechungsindices 668 2K-Technik 221
Verarbeitbarkeit 668 Abaka 206
Verhalten bei Zugbelastung 90 Acrylfaser 205
AI 94 Airbus Flugzeuge 193
Arbeitsaufnahme-Vermögen 92, 95 Aluminat-(Böhmit)-Pulver 195
Beanspruchung, kurzzeitige 93 Aluminiumoxid 194
Belastung, dynamische 96 Aminoplast-Formmassen 207
Belastungsamplitude 96 Aminosilane 191
Belastungszyklus 95 Ammoniumpolyphosphate (APP) 209
Bereich, linearelastischer 92 Aramid-Faser 191, 201, 215
Cu weichgeglüht 94 Arbeitsanzüge 216
1628 8 Sachverzeichnis

Verstärkungsstoffe Farbstoffmoleküle 197


Arbeitssicherheit 199 Faser, eigenverstärkende synthetische
Asbest 199, 210 213
Asbestose 199 – keramische 201
Asbeststaub 199 – natürliche anorganische 199
Aufwachsverfahren 194, 195 – synthetische anorganische 200
Ausrüstung 191 Faserabmessungen 200
Autoreifen 211 Faserbruch 192
Baekeland 180 Faserenden 192
Bakelite 189 Faserlänge 192
Bändchen 213 Faserverbundwerkstoffe-Bauweise 193
Bänder 190 Fette 207
Bauindustrie 204 Filamente 210
Baumwolle 205, 206 Filtertücher 211
Beanspruchungsrichtung 190 Flachs 208
Bedrucken 215 Flash-Spinnen 214
Bentonite 196 Flüssigkristalle 216
Berylliumfaser 201 Füllstoffdispergatoren 196
Blähgraphit (BG) 209 Füllstoffe 198
Bodenbeläge 211 Funktionsmaterialien 197
Bootsbau 204 Garne aus Polyamiden 212
Borfaser 194, 201 Gasphasensynthese 196
Bornitrid 194 Gelspinnen 213
Bremsbeläge 207, 210 Gewebe 189, 190, 204
Bruchdehnung 203, 205 – technische 211
Bruchfestigkeit 205 Gewebeschnitzel 207, 211
Calcium-Bentonit 197 Gewirke 189, 190
Carbonsäuren, ungesättigte 191 Gewirre 211
Carbonylgruppen 191 Glasfaser 199–201, 207
Carboxylgruppen 191 Glasfasergewebe 202
Cellulose 207 Glasfaserstapelgarn 202
Cellulosefasern 194, 206–208 Glasfibervliesstoff 202
Cellulosepapier 214 Glasfilamente 201
C-Fasern 191, 195, 200, 218 Glasfilamentgarn 202
C-Glas 201 Glasfilamentzwirn 202
Chipverpackungen 196 Glasgewebe 204
Chordmodul 205 Glas-Kurzfaser 202
Chrysotil 199 Glasmischgewebe 202
Dauermagnete 221 Glasrovinggewebe 202
Dehnung bei Höchstzugkraft 205 Glasspinnfaden 202
Dentrimere, verzweigte 196 Glasstapelfaser 202
Detergenzien 196 Glasstapelfasergarn 202
Dreischichtsilicate 196 Glasstapelfaserzwirn 202
Druckbehälter 204 Glaswatte 201
Düsenziehverfahren 193 Glaswolle 201
Eigenverstärkung 221 Grafit, expandierbarer 221
Einkristallplättchen 213 Grenzflächenablösung 192
Einkristall-Whisker 199 Grenzflächengleiten 192
Elastan-Faser 214, 215 Grenzflächenhaftung 191
Elastofaser 214 Grenzflächenwechselwirkungen 195
Endlosfaser 190 Großraumflugzeug 192
EP-Harz 190, 191, 195 Gummifaden 214, 215
Epoxidharze 195 – aus Naturkautschuk 214
Epoxisilane 191 Haftvermittler 221
Fadenziehvermögen 194 Hanf 206, 208
8 Sachverzeichnis 1629

Henequen 206 Metall-Verbundwerkstoffe 195


HM (Hochmodul)-Faser 218 Methylenblau 197
HM-Faser 219 Mikrofaser 210
Höchstzugkraft 205 Mikrofilamente 211
Holzfaser 206 Mineralfaser 199, 203
Hybridpartikel 195 Mischgewebe 207
Hydrophobierungsmittel 197 Monofilamente 213
Hydroxylgruppen 191 Montmorillonit 196
it-Poly(propylen) 213, 214 Nadelkristallwachstum 214
Jute 206 Nanocomposites 195, 220
Kapok 206 Nanofaser 200
Kenaf 206 Nanofüllstoffe 195
Keramik 199 Nanopartikel 195
Keramikmaterialien 195 Nanopolymere 196
Keramik-Verbundwerkstoffe 195 Nanosysteme 196
Kerbschlagzähigkeit 207 Naturkautschuk 215
Kieselglas 199 Naturseide 205
Kieselsäure, gefällte 195 Netzmittel 190
– pyrogene 195 Nitrilkautschuk 215
Klebstoffrohstoffe 196 Nukleierungsmittel 195
Knitterfestigkeit 207 Oberflächenvlies 202
Kohlenstoff-Faser 218 Oberhemden 207
Kohlenstofffaser-Kunststoffverbunde Olympia-Kanu 221
221 PA 6 191
Kohlenstoff-Nanoröhrchen 196 Papiere, synthetische 214
Kokos 206 Passagierflugzeug 194
Korund-Whisker 195 PBO-Faser 217
Kosmetika 196 Pektine 207
Kraft-Dehnungs-Kurve 205 PF-Formmassen 208
Kreide 221 Pflanzenfaser 206
Kriechstromfestigkeit 211 Phenoplaste 207
Kristallisation 214 Pigmentdispergatoren 196
Krokydolith 199 Pigmente 195
Kunststoff-Faser 219 Poly(1,4-cyclohexandimethylol-
Kunststoffkraftstoff-Behälter 196 terephthalat) 210
Kunststoffpapier 214 Poly(butylenterephthalat) 210
Kupferammoniak-Verfahren 208 Poly(chloropren) 215
Kupferdrähte 193 Poly(ethylen) 214
Kurzfaser 190, 192 – ultrahochmolekulares 213
Lackrohstoffe 196 Poly(ethylen)-Papier 214
Lactongruppen 191 Poly(ethylenterephthalat) 210, 211
Länge, kritische 192 Poly(m-phenylenisophthalamid) 215,
Langfaser 190 216
Längsrichtung 190 Poly(olefin)-Faser 212
Latexmischungen 215 Poly(p-phenylenterephthalamid) 215,
Lignine 207 216
Luftfahrt 195 Poly(tetrafluorethylen) 211
Magnettechnik 221 Poly(trimethylenterephthalat) 210
Masterbatches 196 Poly(vinylalkohol) 211
Matrixverformung 192 Polyacrylnitril 209
Matten 190, 204 – (PAN)-Faser 218
Melamincyanurate (MC) 209 Polyamid 6 205
Metall-Bauweise 193 Polyamidcord 211
Metallfaser 193, 199, 201 Polyamide 191, 214
Metalloxidfaser 194 Polyamidfäden 211
1630 8 Sachverzeichnis

Verstärkungsstoffe Segelboote 221


Polyamidfaser 211, 214 Sekantenmodul 205
– texturierte 214 Silan-Haftvermittler 190
Polyamidgarne 211 Silanisieren 191
Polybenzimidazol-Faser 216 Silanverbindungen 191
Polyester 205, 214 Silberdrähte 193
Polyester, gesättigte 191 Silesquioxane 196
Polyesteramide 196 Siliciumcarbidfaser 195, 201
Polyesteramid-Polyole 196 Silicose 199
Polyesterfaser 210 Silikatfaser 203
Polyestergarne 207 Silikon-Nanopartikel, reaktive 195
Polyesterpolyole 196 Sintern 193
Polyethylenimine 196 Sisal 206, 207
Polyimid-Verbundwerkstoffe 191 Sol-Gel-Verfahren 195
Polymer-Blends 211 Spaltfaser 213
Polymer-Polyelektrolyten 197 Spannungs-Dehnungs-Kurve 205
Polyolefine 191 Sport 195
Polyolefinfaser 211 Stahldrähte 193
Polyosen 207 Stapelfaser 210
Polypropylen 191, 207 Stärkefolien 196
– flachsfaserverstärktes 221 Stärke-Werkstoffe 196
– flachsverstärktes 209 Stein 199
Polypropylen-Cellulose-Compounds Strümpfe 211
221 Sulfitzellstoff 207
Polypropylen-Flachs-Compounds 209, Superfilamente 210
221 Synthesezellstoffe 214
Polysaccharid 206 Tangentenmodul 205
Polyvinylalkoholfaser 211 Tantaloxid 194
PP 190 Textilfaser 205
pull-out-Effekt 192 Textilglas 201
Pultrusion 204 Textilglasmatte 202
Pulvermetalle 193 Textilglasrovings 202
PVAL-Fasern 213 Textilschnitzel 209
PVC-Fensterprofile 221 Texturierfähigkeiten 211
Quarz 199 Thermoplaste, eigenverstärkte 214
Querrichtung 190 Tiefseetechnik 195
Rauchgasfilter 216 Tintenadditive 196
Raumfahrt 195 Titanoxid 194
Rayon 205 Tränkverfahren 194
Reibbeläge 207, 210 UHM (Ultrahochmodul)-Faser 218
Reißfestigkeit 205 UHM-Faser 219
Roving 204 Ultrasuperfeinstfaser 211
Ruße 195 Ultraverstrecken 214
Schafwolle 205 Umweltschutz 199
Scheibenbremsanlage 200 Unterwäsche 207
Scheibenbremsbeläge 200 UP-Formmassen 207
Schichtpressstoffe 213 UP-Formstoffe 211
Schichtsilikate 195 Verarbeitungshilfe 191
Schichtsilikat-Nanofüllstoffe 196 Verbundwerkstoffanwendungen 192
Schlacke 199 Verbundwerkstoffe 189
Schlichte 191 Verkehrsflugzeugbau 220
Schmelzöfen 216 Verstärkungsfaser, anorganische 199
Schmelzspinnen 212 – natürliche organische 205
Schmelzziehverfahren 195 – organische 204
Schutzhandschuhe 216 – synthetische organische 209
8 Sachverzeichnis 1631

Verstärkungswirkung 190 Polyethylen hart 104


Vliese 189 Polypropylen 104
Vliesstoffe 190 Polyvinylchlorid hart 104
Vorgarn 202 PVC 105
Wachse 207 Relaxationsmodul 103
Wehrtechnik 195 Spannungsrelaxationsversuch 103
Werkstoffverbunde 189 Spannungsspitzen 104
Whisker 194 Speichermodul 105
Wickelverfahren 204 Torsionsschwingversuch 105
Wolframfaser 194 Wöhler-Kurve 102
Wollastonit 199 Zeitspannungslinie 103
Zirkoniumoxid 194 Weichfolie 518
Zugkraft, feinheitsbezogene 205 Weichmacher 615
Verträglichkeit von Polymeren 427 Weichmacheraufnahmevermögen 610
Verträglichkeitsmatrix 428 Weichmachung 615
Vinylchlorid 606 Weichprofile 518
Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere 674 Werkstoffe, Einteilung 3
Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere 672 Werkstoffkennwerte 403
Vinylpolymere 605 Beständigkeit, thermische 403
Viskosität der Masse 382 Dosisbereiche 405
Volumen, spezifisches 945 Feuchtigkeitsaufnahme 404
Vorauslegungsphase 399 Gleitkörper 405
Vulkanfiber 1456 Längenausdehnungskoeffizient 404
Beurteilung, gesundheitliche 1458 Reibdruck 405
Brennbarkeit 1458 Strahlendosis 404
Chemikalienbeständigkeit 1457 Strahlung, energetische 404
Verarbeitung 1458 Werkstoffrecycling, Duroplaste – Partikel-
Vulkanisierung 519 recycling 426
Baumaterial 427
W Dichtmassen 427
Wandstärke 383 Duroplastmatrix 426
Wärmeausdehnungskoeffizienten 983 Füllmaterial 427
Wärmeformbeständigkeit 926 Glasfaser 426
Wasseraufnahme 914, 936 Isoliermaterial 427
Wasserstoffbrücke 913 Leichtbeton 427
Wechselbeanspruchung 930 Mahlgutfraktionen 426
Wechselfestigkeit 102 Mulchmaterial 427
Abgleitvorgänge 105 Polymerbeton 427
Acetal-Copolymerisat 104 SMC-Verwertung 426
Belastung, schlagartige 105 SMC, zerkleinertes 427
Belastungsgeschwindigkeit 105 Spanplatten 427
Biegewechselfestigkeit 104 Straßenbaumaterial 427
Dauerschwingversuch 102 Wiedergewinnung 426
Dauerwechselfestigkeit 102 Werkstoff-Vergleichsgrößen 399
Entspannungsversuch 103 Werkzeugentlüftung 382
Ermüdungsfestigkeit 104 Werkzeug-Konstruktion 380
Glasübergänge, dynamische 105 Werkzeugmängel 382
Glasübergangstemperatur 105 Werkzeugtemperatur 380, 382
Kriechmodul 103 Werkzeugverchromung 382
Lastspielzahl 102 Wirkkategorien 442
Lastwechselfrequenz 104 Abfälle 443
Messfrequenz 105 Abiotic Depletion Potential (ADP)
Mittelspannung 102 443
Polyacetal 103 Abraum 443
Polycarbonat, glasfaserverstärktes 103 Acidification Potential (AP) 443
1632 8 Sachverzeichnis

Wirkkategorien Radialwellendichtring 98
Deponie 443 Relaxation 98
Erzaufbereitungsrückstände 443 Schraubenverbindung 98
Eutrophication Potential (EP) 443 Spannungsdehnlinie, isochrone 99
Flächeninanspruchnahme 442 Streckgrenze 97
Gesundheit 442 Tangentialspannung 101
Global Warming Potential (GWP) 443 Thermoplaste 98
Hausmüll 443 Zeitbruchlinie 102
Humantoxozität HTP 442 Zeitdehnlinie 98, 99
Müllverbrennung 443 Zeitspannungslinie 100
Nachhaltigkeit 442 Zeitspannungslinien-Diagramm 99
Naturrauminanspruchnahme 442 Zeitstandverhalten 101
Ökobilanzen 443 Zeitstandversuch 97, 99
Ökosphäre 442 Zeitstand-Zugversuch 98
Ökosysteme 442 Zement-Drehrohr 432
Ökotoxizität, Aquatische, AETP 442 Altöl 432
– Terrestrische, TETP 442 Altreifen 432
Ozonabbau, stratosphärischer 443 Brennstoff aus Müll (BRAM) 432
Ozone Depletion Potential (ODP) 443 Calcinierung 432
Photochemical Ozone Creation Potential Energiekosten 432
(POCP) 443 Ersatzbrennstoffe 432
Ressourcenschonung 442 Holzmehl 432
Ressourcenverbrauch 443 Lackschlämme 432
Sommersmog 443 Zementwerk 432
Sondermüll 443 Ziegler/Natta-Katalysatorsysteme 536
Toxizitätspotentiale 442 Zieldefinition 439
Treibhauseffekt 443 Zucker 1443
Überdüngung 443 Zugversuch 921
Versauerung 443 Zusatzstoffe 126, 916
Wirkungskategorien 443 Additive 127
Wirkungsabschätzung 442 Antiblockiermittel 126
Charakterisierung 442 Antioxidantien 126
Gewichtung 442 Antistatika 126
Klassifizierung 442 Benetzungsmittel 126
Klimaveränderung 442 Biozide 126
Ozonabbau 442 Blähmittel 126
Regen, saurer 442 Calciumcarbonat 128
Umweltwirkungen 442 Effektpigmente 128
Wirkungsabschätzung 442 Eigenschaftsverbesserer 128
Witterungsbeständigkeit 519, 947 Farbmittel 126
– für transparente Einfärbung 128
Z Fasern 126
Zeitabhängigkeit 97 Flammschutzmittel 126
Axialspannung 101 – (bromiert) 128
Dehngrenzlinie 100 Füllstoffe 126, 128
Dehngrenzlinien-Diagramm 99 Funktions-Zusatzstoffe 128
Isochron 100 Gleitmittel 126
Kriechkurve 98 Haftvermittler 126
Kriechmodul 99 Hilfsstoffe 126
Kriechversuch 97 Kaolin, kalzinierter 128
Kurzzeitzerreißversuch 97 Lichtschutzmittel 126
Langzeitverhalten 97 Modifikatoren 128
Metalle 98 Nukleierungsmittel 126
PE-HD-Rohre 102 Performance Additive 128
Radialspannung 101 Pigmente 128
8 Sachverzeichnis 1633

– für Polyolefine 128 Trennmittel 126


– lasersensitive 128 Ultramarinpigmente 128
PVC-Stabilisator 128 UV-Absorber 128
Ruß, gekapselter 128 Verarbeitungshilfsmittel 128
Schlagzähmacher 126 Vernetzungsmittel 126
Silica-Produkt 128 Verstärkungsstoffe 128
Stabilisatoren 126 Wärmestabilisatoren 126
Titandioxid 128 Weichmacher 126

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