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Martin 

Poppe

Prüfungstrainer
Elektrotechnik
Erst verstehen, dann bestehen
4. Auflage
Prüfungstrainer Elektrotechnik
Martin Poppe

Prüfungstrainer
Elektrotechnik
Erst verstehen, dann bestehen

4. Auflage
Martin Poppe
Fachhochschule Münster
Steinfurt, Deutschland

ISBN 978-3-662-65001-1 ISBN 978-3-662-65002-8 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8

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V

Dieses Buch ist jenen gewidmet, die daran arbeiten,


gute Kenntnisse der Elektrotechnik zu erwerben.
Es ist Ihnen gewidmet.
Vorwort

» Courage ist gut, aber Ausdauer ist besser (Theodor Fontane)

Sie sollen die nächste Prüfung bestehen. Mit diesem Ziel wurde der „Prüfungstrainer
Elektrotechnik“ geschrieben. Er enthält 160 ausführlich beantwortete Fragen aus münd-
lichen Prüfungen, mehr als 200 bis zur vollständigen Lösung durchgearbeitete Klausur-
aufgaben, und zu jedem Kapitel einen kurzen Theorieteil mit Beispielen aus der Praxis.
Über 300 elektronische Lern-Karteikarten, beim Springer Verlag „Flash Cards“ genannt,
gehören in dieser vierten Auflage zum Buch. Letztere dienen dem Festigen der Grund-
kenntnisse. Sie brauchen nur ein Handy, ein Tablet und etwas Ruhe um diese Fundament
zu legen und zu sichern. Am besten beginnen Sie das Lernen mit dem Durcharbeiten der
Flash Cards.

. . . die Frage kenne ich doch. . . Stellen Sie sich vor: Eine Prüfung beginnt mit einer Fra-
ge oder einer Aufgabe, die Sie schon kennen und deren Antwort Sie verstanden haben.
Wir haben Skripte und Prüfungsunterlagen der ersten sechs Semester von 34 Hochschu-
len in Deutschland, Österreich und der Schweiz analysiert. Dabei hat sich gezeigt, dass
es einen gemeinsamen Kern von Kenntnissen und Fähigkeiten gibt. Genau dieser Kern
wird auf den folgenden Seiten behandelt. Sie finden in diesem Buch Fragen, Aufgaben
und Antworten, die denen in tatsächlichen Prüfungen zwar nicht genau gleichen, aber
ähnlich sind. Dieses Buch soll die Teilnahme an Vorlesungen und Übungen Ihrer Hoch-
schule ergänzen. Ein aktives Studium vor Ort kann aber durch nichts ersetzt werden auch
nicht durch die Lektüre dieses Buches. Wo Sie ungefähr stehen, können Sie prüfen. Unter
7 http://www.prüfungstrainer-elektrotechnik.de finden Sie zu jedem Kapitel ein Quiz mit
zehn Fragen und Antworten. Probieren Sie’s doch einfach!
Um die Prüfungsvorbereitung interessant zu gestalten, werden mehrere Praxisbei-
spiele behandelt: Sie werden lernen, warum man sich beim Flug durch ein Gewitter in
die Flugzeugmitte begeben sollte, wie man in der Werkstatt die Güte eines Bauteiles be-
stimmt, oder mit welchen Mitteln es eine Zündanlage im Auto schafft, aus 12 Volt 30.000
Volt zu erzeugen.

Verstehen heißt: Lernen für die Langstrecke Auf Dauer behalten wir nur, was wir auch
verstanden haben, was also auf einen kleinen Kern von Annahmen zurückgeführt wer-
den kann. Deshalb stehen die vier Gesetze der Elektrodynamik ganz am Anfang dieses
Buches. Wo immer möglich, werden elektrotechnische Sachverhalte auf deren physika-
lische Begründung zurückgeführt. Sie werden feststellen: Die Anzahl von k  1 Kno-
tengleichungen der Netzwerktheorie sind leichter zu merken, wenn Sie verstehen, wie
die Ladungserhaltung die k-te Gleichung verschwinden lässt; die Nicht-Messbarkeit der
Halbleiter-Temperaturspannung wird zur Selbstverständlichkeit, wenn sie als Aspekt der
Energieerhaltung erkannt wird, die . . . sehen Sie selbst! Wenn Sie den Mut haben, vom
sturen Auswendiglernen Abschied zu nehmen und sich auf eine analytische Herangehens-
weise einlassen, werden Sie belohnt werden. Ihr Wissen wird Ihnen dauerhaft erhalten
bleiben, und Sie werden die Souveränität erlangen, die man braucht, um bei unerwarteten
Aufgabenstellungen Lösungswege zu finden. Letztlich werden Sie Arbeit sparen. Und
VII
Vorwort

wenn Sie die im Anhang aufgeführten Tipps beherzigen, dann lernen Sie so effektiv, dass
auch noch etwas Freizeit übrig bleibt.

Ihre Zukunft kennt weniger Schranken als die Ihrer Vorgänger Die Elektrotechnik steht
mitten in einer Zeitenwende. Mit der Massenproduktion von EEPROMs und dem Auf-
kommen der Nanotechnologie dringt die Elektrotechnik in Bereiche vor, die bis zur
Jahrhundertwende der Forschung vorbehalten waren: Der Tunneleffekt wird ebenso Ge-
genstand von Entwurfsüberlegungen wie einzelne Atome. Damit geht die Zeit der klassi-
schen, auf sich alleine konzentrierten Elektrotechnik unwiederbringlich vorbei.
Es ist in Ihrem Interesse als Teil einer neuen Generation von Ingenieuren auf die
Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern anderer Fakultäten vorbereitet zu sein. In diesem
Buch wird daher eine Sprache verwandt, die mit der Begriffswelt von Physikern, Che-
mikern und Maschinenbauern kompatibel ist. Veraltete, aber dennoch bis heute benutzte
Fachbegriffe werden genannt, erklärt, aber nicht mehr verwendet. Sie werden erstaunt
sein, wie viel einfacher zu verstehen die theoretische Basis der Elektrotechnik dadurch
wird.

So geht’s: Zunächst stellen Sie bitte mit Hilfe der Flash Cards sicher, dass Ihnen alle
wichtigen Begriffe geläufig sind. Der nächste Schritt zum Erfolg ist dann eine von keiner
Illusion getrübte Selbsterkenntnis. Zu jedem Kapitel dieses Buches gibt es daher einen
Satz von Fragen und Antworten, mit deren Hilfe Sie Ihr Vorwissen testen können. Die
Fragen sind in solche aus mündlichen Prüfungen und solche aus Klausuren unterteilt.
Die Klausuraufgaben sind in aufsteigender Reihenfolge nach ihrem Schwierigkeitsgrad
geordnet. Wenn Sie die leichten Fragen beantworten können, kennen Sie die wichtigs-
ten Begriffe, und Sie wissen, worum es geht. Die mittelschweren Fragen und Aufgaben
wenden sich an die Studierenden von Fachhochschulen. Die schweren Fragen sind für
Studierende an Universitäten und all diejenigen gedacht, die ein weiterführendes Studi-
um (in der Regel das Masterstudium) anstreben.
Versuchen Sie bitte zunächst, alle Fragen zu beantworten und alle Aufgaben zu lösen.
Können Sie alles, brauchen Sie den Theorieteil nicht zu lesen. Vergleichen Sie Ihren
Lösungsweg mit dem hier gezeigten: Welcher ist kürzer, welcher ist geradliniger? Nichts
ist lehrreicher als das Vergleichen eigener Lösungswege mit anderen. Wer aber in eine
Klausur nicht nur mit Fachwissen, sondern auch mit selbst erprobten Lösungsstrategien
hineingeht, der weiß, dass er rechtzeitig fertig werden wird.
Dieses Buch lebt seit dem Erscheinen der ersten Auflage im Jahre 2012 vom Dialog.
Zögern Sie bitte nicht, mir gegebenenfalls unter poppe@fh-muenster.de zu schreiben. Ich
beantworte jede E-mail.

Viel Erfolg wünscht Ihnen

Martin Poppe
Steinfurt
20.1.2022
Dank

Es ist nicht möglich, alle, die geholfen haben, zu erwähnen. Dies beginnt bei den Verant-
wortlichen der Fachhochschule Münster, die mir die Freiräume für das Schreiben dieses
Buches gaben und endet mit denjenigen, die sich die Mühe gemacht haben, einzelne
Kapitel zu lesen: den Kollegen Dirk Fischer, Peter Glösekötter, Reinhard Job und Hans
Christoph Mertins.
Beim Schreiben habe ich sehr von den Diskussionen mit dem Kollegen Jenda Obdrza-
lek von der Karls-Universität Prag profitiert. Mein Dank gilt ferner denjenigen Mitglie-
dern des VDE Rhein Ruhr, die mir viele Anwendungsgebiete der Elektrotechnik vor Ort
gezeigt und erklärt haben. Auch sei dem Kollegen Prof. Dr. rer. nat. Uwe Paschen von
der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen recht herzlich für seine genaue Durchsicht
der dritten Auflage gedankt. Die Verbesserungen der jetzt erscheinenden vierten Auflage
fußen zueinem erheblichen Teil auf seinen kritischen Anmerkungen.
Frau Hestermann-Beyerle, Frau Kollmar-Thoni, Frau Burato und Herrn Kottusch vom
Springer-Verlag danke ich für viele Anregungen, konstruktive Gespräche und für wert-
volle Korrekturhinweise.
Dieses Buch wäre nicht geschrieben worden, hätte mich meine Frau in der Zeit des
Schreibens nicht so bedingungslos unterstützt. Ihr gilt mein ganz besonderer Dank.
IX

Inhaltsverzeichnis

1 Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1


1.1 Grundlagen der Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1 Elektrische Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.2 Magnetische Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.1.3 Zeitlich veränderliche Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.1.4 Die Maxwell’schen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.1.5 Felder in Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.2 Fragen und Aufgaben zur Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.3 Antworten zu Kap. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

2 Passive Bauelemente – den Strom zum Helfer machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49


2.1 Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.1.1 Die Materialien der Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.1.2 Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.1.3 Spulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
2.1.4 Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
2.1.5 Impedanzen und Parasitärelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
2.2 Fragen und Aufgaben zu den passiven Bauelementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
2.3 Antworten zu Kap. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

3 Halbleiter-Bauelemente – durch Verunreinigung Perfektion erreichen . . . 93


3.1 Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
3.1.1 Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
3.1.2 Dotierung und PN-Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
3.1.3 Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
3.1.4 Bipolar-Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
3.1.5 MOS-Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
3.1.6 Leistungshalbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
3.1.7 Ersatzschaltbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
3.2 Fragen und Aufgaben zu Halbleiter-Bauelementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
3.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
3.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
3.3 Antworten zu Kap. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

4 Lineare elektrische Netze – dem Strom einen Weg bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . 145


4.1 Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
4.1.1 Vorzeichen, Richtungen und Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
X Inhaltsverzeichnis

4.1.2 Kirchhoff’sche Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148


4.1.3 Reale Strom- und Spannungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
4.1.4 Analyseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
4.2 Fragen und Aufgaben zu linearen elektrischen Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
4.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
4.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
4.3 Antworten zu Kap. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

5 Wechselstromnetze – beliebige Spannungen erzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181


5.1 Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
5.1.1 Begriffe und Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
5.1.2 Ersatzimpedanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
5.1.3 Leistung und Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
5.1.4 Übertrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
5.1.5 Drei-Phasen-Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
5.2 Fragen und Aufgaben zu Wechselstromnetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
5.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
5.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
5.3 Antworten zu Kap. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

6 Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole – die guten Signalanteile


herausfiltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
6.1 Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
6.1.1 Frequenzselektion durch Widerstandsänderung: Schwingkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
6.1.2 Frequenzselektion durch Spannungsänderung: Übertragungsfunktionen . . . . . . . . . . . . 226
6.1.3 Frequenzselektion durch Spannung und Strom: Vierpoltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
6.2 Fragen und Aufgaben zu Zwei- und Vierpolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
6.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
6.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
6.3 Antworten zu Kap. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

7 Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen . . . . . . . . . . . . . . . 265


7.1 Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
7.1.1 Grundschaltungen des Bipolar-Transistors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
7.1.2 Qualitätssteigerungen von Bipolar-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
7.1.3 Grundschaltungen des MOS-Transistors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
7.2 Fragen und Aufgaben zu Transistorschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
7.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
7.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
7.3 Antworten zu Kap. 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

8 Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305


8.1 Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
8.1.1 Eigenschaften und Aufbau von Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
XI
Inhaltsverzeichnis

8.1.2 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310


8.1.3 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
8.2 Fragen und Aufgaben zu Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
8.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
8.2.2 Klausuraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
8.3 Antworten zu Kap. 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
Allgemeine Tipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
Symbole und Abkürzungen
A 1. für die Diskussion von Feldern: i 1. in der Wechselstromtechnik:
Fläche harmonisch periodischer Strom
2. in der Schaltungstechnik: um die Phase  verschoben, i D
Vierpol-Kettenparameter-Matrix, IO  sin.!  t C /
bei komplexen Werten unterstri- 2. in der Kleinsignalanalyse: Ab-
chen weichung des Stromes vom Ar-
A Flächenvektor beitspunkt, i D dI
B Suszeptanz, Imaginärteil der Leit- IO Amplitude eines harmonisch peri-
fähigkeit in der Wechselstromtech- odischen Stromes
nik i harmonisch periodischer Strom,
B magnetische Feldstärke komplex erweitert. Der messbare
ˇ Vorwärtsstromverstärkung eines Strom ist i D =.i/:
Bipolar-Transistors I Amplitude des komplex erwei-
ˇN Leitwertparameter eines NMOS- terten harmonisch periodischen
Transistors Stromes. Diese Amplitude be-
ˇP Leitwertparameter eines PMOS- inhaltet die Phase : I D IO  e j .
Transistors Daher ist i D I e i !t .
C Kapazität, Q D C  U J Stromdichte,
p J Dv
c Lichtgeschwindigkeit im Vakuum j j D 1, die imaginäre Zahl, die
D Verlustfaktor von Bauelementen Friedrich Gauß i nannte
und Schwingkreisen D D 1=Q k Boltzmann-Konstante
D elektrische Verschiebung, elektri- L Induktivität, Uind D L dIdt
sche Erregung  magnetischer Leitwert, für eine
ı Verlustwinkel D D tan ı Spule mit N Windungen gilt L D
EF Fermi-Energie N 2
e 1. Eulersche Zahl (2,718. . . )  1. in der Physik: Wellenlänge
2. Elementarladung 2. in der komplexen Wechsel-
"0 elektrische Feldkonstante, elektri- stromtechnik: Leistungsfaktor,
sche Permeabilität des Vakuums  D P =S
"r relative elektrische Permeabilität 3. in der Halbleiter-Schaltungs-
"r D 1 C E technik die Änderung des Drain-
F Kraft, F D d p=dt stromes mit der Gate-Source-
f Frequenz, Kehrwert der Perioden- Spannung im Abschnürbereich in
dauer T linearer Näherung I  .1 C UDS /
G Leitwert oder Leitwertmatrix M Masse eines Mols (molare Masse)
g Erdbeschleunigung Für den Stoff x ist M D NA  mx ,
g Übertragungsmaß eines symmetri- NA ist die Avogadro-Konstante
schen Vierpols: A11 D cosh.g/ (Anzahl der Moleküle in einem
H magnetische Erregung Mol)
h 1. in der Schaltungstechnik: M magnetische Polarisation
Vierpol-Hybridmatrix mx Masse eines einzelnen Atoms oder
2. in der Physik: Plancksches Wir- Moleküls eines beliebigen Stoffes
kungsquantum x, Beispiel Kohlenstoff: mC D
I Strom, allgemein I D dQ=dt 12 g=NA
XIII
Symbole und Abkürzungen

 magnetisches Dipolmoment  spezifische Leitfähigkeit


0 magnetische Feldkonstante, ma- t Zeit, allgemein
gnetische Permeabilität des Vaku- T 1. in der Wechselstromtechnik:
ums Periodendauer, Kehrwert der Fre-
p Beweglichkeit von Löchern im quenz f
Halbleiter 2. in der Materialwissenschaft:
n Beweglichkeit von Elektronen im absolute Temperatur
Halbleiter T Spannungs-Übertragungsfunktion,
r relative magnetische Permeabilität Verhältnis Ausgangsspannung zu
eines Stoffes (dimensionslos) Eingangsspannung im lastfreien
nA in der Halbleitertechnik: Anzahl Fall
der Akzeptor-Atome pro Volumen Drehmoment
nD in der Halbleitertechnik: Anzahl U Spannung, allgemein als Differenz
der Donator-Atome pro Volumen zweier Potenziale
nx Teilchendichte des Stoffes x, An- u 1. in der Wechselstromtechnik:
zahl pro Volumen harmonisch periodische Spannung
n in der Halbleitertechnik: Anzahl um die Phase  verschoben, u D
der Elektronen pro Volumen UO  sin.!  t C /
P Leistung, allgemein 2. in der Kleinsignalanalyse: Ab-
P elektrische Polarisation weichung der Spannung vom
p 1. In der Halbleitertechnik: Anzahl Arbeitspunkt: u D d U
der Löcher pro Volumen UO Amplitude einer harmonisch peri-
2. in der Wechselstromtechnik: odischen Spannung
zeitabhängige Leistung u harmonisch periodische Spannung,
p 1. in der Mechanik: Impuls, p D komplex erweitert. Die messbare
mv Spannung ist u D =.u/.
2. in der Elektrodynamik: elektri- U Amplitude der komplex erwei-
sches Dipolmoment terten harmonisch periodischen
˚x Fluss
R des Feldes x, Beispiel ˚B D Spannung. Diese Amplitude be-
Bd A inhaltet die Phase : U D UO  e j .
Q 1. allgemein: Ladung Daher ist u D U e i !t .
2. bei Bauelementen und Schwing- UD Diffusionsspannung
kreisen: Güte UK Schleusen- oder Kniespannung
3. in der Wechselstromtechnik: einer Diode
Blindleistung UT Temperaturspannung UT D kT =e
R Ohmscher Widerstand oder Wider- UT h Schwellspannung von MOS-
standsmatrix Transistoren
r Ohmscher Widerstand in der V 1. in der Geometrie: Volumen
Kleinsignalanalyse 2. in der Elektrodynamik R elektri-
r Radiusvektor sches Potenzial V D  E d s
 1. in der Feldtheorie: Ladungs- Vx Verstärkung der Größe x, es gilt
dichte Vx D dxAus =dxEin
2. in der Schaltungstechnik: spezi- v Geschwindigkeit, v D d s=dt
fischer Widerstand X Blindwiderstand in der Wechsel-
S Steilheit eines Bipolar-Transistors stromtechnik
S Scheinleistung in der komplexen E elektrische Suszeptibilität
Wechselstromtechnik M magnetische Suszeptibilität
XIV Symbole und Abkürzungen

Y Admitanz (komplexer Leitwert) Z0 charakteristische Impedanz eines


oder dessen Matrix symmetrischen Vierpols
Z Impedanz oder Impedanz-Matrix ! Kreisfrequenz, ! D 2
 f
1 1

Elektrodynamik –
die beste Theorie der Welt
verstehen

In diesem Kapitel wird die Verbindung von Physik und Elektrotechnik beschrieben. Es werden
die grundlegenden Begriffe Ladung, Strom, elektrisches und magnetisches Feld und Spannung
eingeführt. Hinzu kommen die in den vier Maxwell-Gleichungen zusammengefassten elemen-
taren Zusammenhänge, auf denen die gesamte Elektrotechnik beruht. Das Kapitel beschreibt
ein ebenso einfaches wie universell anwendbares Verfahren, Materie in den Maxwell-Gleichun-
gen zu berücksichtigen. Und es zeigt, wo die klassische Elektrodynamik an ihre Grenzen stößt.
Die Diskussion der Auswirkung der Verwendung neuer Materialien im Flugzeugbau auf
die Passagiersicherheit bei Blitzschlag dient als Praxisbeispiel.

1.1 Grundlagen der Elektrodynamik

The best theory we have. Diese auf vielen Konferenzen zu hörende Qualifizierung wird
nur einer einzigen Theorie zuteil, der Elektrodynamik. Dies hat zwei Gründe:
Erstens: Die Untersuchung der Transformationseigenschaften der elektrischen Grund-
gleichungen durch Albert Einstein hat, wie . Abb. 1.1 zeigt, die spezielle Relativitäts-
theorie [2, 4] hervorgebracht (siehe Anhang).
Zweitens: Keine andere Theorie ist so genau getestet worden: Bei dem so genannten
g-2 Experiment [7, 8] am CERN wurden Elektronen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit

. Abb. 1.1 Die Relativitätstheo-


rie im Original von 1905. Sie ist
eine Analyse der Transformations-
eigenschaften der Maxwell’schen
Gleichungen und der sich daraus
ergebenden Konsequenzen

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_1
2 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.2 Die Intersecting storage Rings (ISR) am CERN. Hier wurde der genaueste, jemals von Menschen
durchgeführte Test einer Theorie, das g-2 Experiment, durchgeführt. Durch die in den großen Metallblöcken
befindlichen Magnete werden Teilchen auf ihrer Bahn durch eine Vakuum-Röhre gehalten (Foto: CERN)

für mehrere Tage (!) auf der in . Abb. 1.2 gezeigten Kreisbahn gehalten und ihre Präzes-
sionsbewegung gemessen.
Die Messung bestätigte die Vorhersage der Quantenelektrodynamik innerhalb der
Fehlertoleranz von 1 W 5;8 Millionen, oder anders ausgedrückt: Relative Abweichungen
von mehr als 1,7 Zehntausendstel Promille konnten ausgeschlossen werden [7, 8]1 . So ist
die Elektrodynamik die bis heute am härtesten getestete und damit am beeindruckendsten
bestätigte Theorie der Physik überhaupt.
Die Elektrostatik untersucht eine einzige Eigenschaft der Materie und deren Konse-
quenzen für den sie umgebenden Raum: die Ladung. Die Magnetostatik beschreibt die
Kräfteverhältnisse bei ruhenden Magneten. Indirekt beschäftigt sie sich also mit beweg-
ten Ladungen. Die Elektrodynamik untersucht darüber hinaus die Phänomene, welche
durch bewegte und beschleunigte Ladungen und veränderliche Felder entstehen. Von
Magnetodynamik spricht man bei veränderlichen Magnetfeldern, deren Ursachen und
Konsequenzen. Wir wissen heute, dass Elektrostatik, Elektrodynamik, Magnetostatik und
Magnetodynamik unauflöslich zusammengehören.

1 Bei diesem Experiment war das Messergebnis noch etwas genauer als die Vorhersage, welche schwer zu
quantifizierende Korrekturen durch die Kernkräfte auf virtuelle Quark-Antiquark-Paare zu berücksichtigen
hatte.
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
3 1
Die Elektrodynamik ist ein Teilgebiet der Physik. Die Elektrotechnik verwendet die
in der Elektrodynamik gefundenen Erkenntnisse, um sie für den Menschen nutzbar zu
machen.

1.1.1 Elektrische Wechselwirkung

Die Ladung ist eine Eigenschaft mit drei Merkmalen:


4 Ladung kommt in 2 Varianten (C und ) vor.
4 Ladung ist quantisiert.
4 Ladung bleibt erhalten.

1 Kräfte zwischen Ladungen


Gleiche Ladungen stoßen sich ab, entgegengesetzte Ladungen ziehen sich an. Die Stärke
der Kraft ist durch das Coulombsche Gesetz gegeben. Zwei entgegengesetzte Ladungen
Q1 ; Q2 im Abstand2 r21 ziehen sich mit einer Kraft, deren Betrag durch

jQ1  Q2 j
F D (1.1)
4
"0  r21
2

gegeben ist, an. Genau wie bei der Gravitation sinkt die Stärke der Kraft mit dem Quadrat
des Abstandes. Der Proportionalitätsfaktor "0 heißt elektrische Feldkonstante oder auch
Dielektrizitätskonstante. Sie wird auch als dielektrische Leitfähigkeit oder Permittivität
bezeichnet. In vektorieller Form lässt sich das Coulombsche Gesetz so schreiben:
Q1  Q2 r2  r1
F2 D F1 D  : (1.2)
4
"0 jr21 j3

In (1.2) ist F2 die Kraft, welche auf die Ladung Q2 wirkt. Sie gibt für alle Ladungs- und
Richtungskombinationen das korrekte Ergebnis. Denn wenn die Ladungen verschieden
sind, so ist das Produkt Q1  Q2 negativ, und der Kraftvektor bekommt die entgegenge-
setzte Richtung (siehe . Abb. 1.3).

1 Die Ladung ist quantisiert


Bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts schien die uns bekannte, stabile Welt nur aus
Teilchen zu bestehen, die jeweils ein ganzzahliges Vielfaches einer einzigen, bestimmten
Ladung mit sich tragen: Protonen, Neutronen und Elektronen. Daher wird diese Ladung
bis heute Elementarladung (mit e bezeichnet) genannt. Nach heutigem Stand der Wissen-
schaft sind aber die Bausteine der Atomkerne selbst aus Quarks aufgebaut, deren Ladung
einfache Vielfache eines Drittels der Elementarladung sind. Wie . Abb. 1.4 zeigt, sind
am Aufbau unserer unmittelbaren Umwelt jedoch nur zwei Typen von Quarks sowie das
Elektron beteiligt. Die anderen Quarks (s; c; b; t) und die Teilchen  und sind instabil
und kommen nur in der Höhenstrahlung vor. Die drei Neutrino-Typen ( ) fliegen meist
ungehindert durch die gesamte Erde hindurch.

2 In der Regel bedeuten zwei Indizes die Differenz. Es ist zum Beispiel der Abstandsvektor zweier Objekte
gleich der Differenz der Ortsvektoren r21 D r2  r1 . Der Betrag des Abstandes ist dann r21 D jr 21 j.
4 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

y
1 Q1

r21 = r 2 - r1
r1
Q2
r2

. Abb. 1.3 Coulombsches Gesetz in Vektor-Form: Haben die Ladungen Q1 und Q2 das gleiche Vorzeichen,
hat der Kraftvektor, welcher auf Q2 wirkt, die gleiche Richtung wie der Abstandsvektor r2  r1 (Abstoßung).
Sind die Ladungen verschieden, ziehen sie sich an und der Kraftvektor ist antiparallel zu r2  r1 (Anziehung)

1 Die Ladung ist erhalten


Die Erhaltung der Ladung manifestiert sich in besonders auffälliger Weise, wenn Ladung
erzeugt wird. In . Abb. 1.5 sieht man, dass die Erzeugung einer positiven Ladung im-
mer mit der gleichzeitigen Erzeugung einer negativen Ladung erfolgt. Es gibt praktisch
keine technische Nutzung der Ladung ohne deren Bewegung. Wenn aber Ladungen be-
wegt werden, können neue Phänomene beobachtet werden. Der Gewinn oder Verlust von
Ladung pro Zeit wird als (Ladungs-) Strom bezeichnet.

Definition 1.1
Der elektrische Strom ist der Gewinn an positiver Ladung pro Zeiteinheit: I D Q= t.

. Abb. 1.5 zeigt den Extremfall von durch einzelne Teilchen hervorgerufenen Strömen.
Die Bahnen der gerade erzeugten Teilchen sind gekrümmt. Aus der Krümmungsrichtung
im Magnetfeld lässt sich auf das Vorzeichen der Ladung schließen.

1 Ursache von Strömen sind Bewegungen von Ladungsträgern


Ursache eines jeden Stroms ist die Bewegung geladener Teilchen. Im Folgenden soll
der Zusammenhang zwischen dieser Bewegung und dem durch sie verursachten Strom
dargelegt werden. Stellen wir uns einen Draht vor, in dem sich Elektronen mit einer Ge-
schwindigkeit vx entlang der x-Richtung bewegen; so wie in . Abb. 1.6 dargestellt. Der

Familie Ladung Elementarteilchen Ladung Atomteil Name


t
c u u
2/3 u 1 Proton
Quarks s
b d
d
-1/3
d u Neutron
μ τ 0
-1 e d
Leptonen νe νμ ντ
0
-1 e Elektron

. Abb. 1.4 Kleinste heute bekannte Bestandteile der Materie. Die Teilchen, aus denen Atome und Moleküle
bestehen (Protonen, Neutronen und Elektronen), haben Ladungen, die Vielfache der so genannten Elementar-
ladung sind. Protonen und Neutronen bestehen aus Quarks mit Vielfachen eines Drittels der Elementarladung.
Alle Elementarteilchen außer u; d; e; sind instabil
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
5 1
. Abb. 1.5 Blasenkammer-
aufnahme zur Ladungserhaltung.
Ladung wird immer nur in Paa-
ren mit der Gesamtladung Null
erzeugt. Diese Aufnahme [5] von
1964 zeigt an den durch Pfeile
markierten Punkten die Erzeugung
von Paaren geladener Teilchen.
Aus der jeweils entgegengesetzten
Krümmung im Magnetfeld folgt,
dass die Teilchen entgegengesetzte
Ladungen haben

Strom ist gleich der Gesamtladung, die den Querschnitt A pro Zeiteinheit durchquert,
also das Produkt aus der Anzahl der Ladungsträger pro Zeiteinheit und deren jeweiliger
Ladung qT . Die Anzahl lässt sich leicht berechnen, wenn erkannt wird, dass diese genau
so groß ist, wie die Anzahl der Ladungsträger im Volumen V D A x mit x D vx t.
Bei einer Ladungsträgerdichte n (Anzahl pro Volumen) ergibt sich so
I D qT nvx A (1.3)
Der Faktor q n wird auch Ladungsdichte  genannt, denn es gilt:

Definition 1.2
Die Ladungsdichte  ist die durch das Volumen geteilte Ladung in diesem Volumen.

Die Ladungsdichte  kann daher als Produkt aus der Teilchendichte n und der Ladung qT
der einzelnen Ladungsträger berechnet werden.

. Abb. 1.6 Skizze einer Leitung.


Der von ihr transportierte Strom
ergibt sich aus der Anzahl der La-
dungsträger, die sich im Volumen
A x befinden. Dabei ist x von
der Geschwindigkeit abhängig:
x D vx t
6 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.7 Skizze zur Bedeu-


1 tung eines Flächenvektors: Jeder
Fläche kann ein Vektor zugeordnet dA
werden, der die Größe und die Ori- dA
entierung der Fläche angibt. Sein
Betrag ist die Größe der Fläche

Mit Hilfe der Ladungsträgergeschwindigkeit v und des Flächenvektors A (siehe auch


. Abb. 1.7) lässt sich der Zusammenhang (1.3) auf beliebige Winkel verallgemeinern.

I D v  A (1.4)

Geschwindigkeit und Ladung sind verschiedene Eigenschaften der gleichen Teilchen.


Deshalb ist es sinnvoll, beide Größen zu einer neuen zusammenzufassen

Definition 1.3
Die Stromdichte J ist das Produkt aus der Ladungsdichte  und der Geschwindigkeit v der
Ladungsträger.

J Dv (1.5)

Im Allgemeinen ist die Stromdichte an jedem Ort verschieden. Im diesem Falle ist daher
zu schreiben
Z
I D J  dA (1.6)

Ein interessanter Sonderfall ergibt sich, wenn die Fläche A ein Volumen vollständig um-
schließt. Wenn (per Konvention) die Einzelelemente dA des Flächenvektors als nach
außen zeigend definiert werden, dann ist Inach außen der Strom, der dieses Volumen ver-
lässt und es gilt3
I
dQinnen
J  dA D Inach außen D  (1.7)
dt

Mit Hilfe des Gauß’schen Satzes [12] kann dies auch als

@
rJ D (1.8)
@t
geschrieben werden. Gl. (1.8) ist in der Literatur als Kontinuitätsgleichung bekannt. Sie
beschreibt den durch die Ladungserhaltung an jedem Punkt festgelegten Zusammenhang
zwischen der Stromdichte und der Veränderung der Ladungsdichte.
H
3 Das Symbol wird immer dann verwendet, wenn eine Oberfläche oder eine Linie geschlossen ist.
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
7 1
Ist innerhalb eines bestimmten Volumens V die Ladung konstant, so gilt für die dieses
Volumen umschließende Oberfläche
I
J  dA D 0 (1.9)

Gleichung 1.9 ist also eine kompakte Darstellung der Ladungserhaltung in geschlossenen
Systemen.

1 Ladungen verändern ihre Umgebung: Sie erzeugen elektrische Felder


Man kann die durch Ladungen hervorgerufenen Kräfte als Eigenschaften des sie umge-
benden Raumes interpretieren. Diese von Michael Faraday eingeführte Sichtweise [1] ist
erst einmal nichts Neues, öffnet aber den Blick für weitere Erkenntnisse.
Wenn eine von zwei Ladungen, zum Beispiel Q1 in . Abb. 1.3, festgehalten wird,
dann hängt es von der Position der anderen Ladung (Q2 ) ab, welche Kraft auf sie wirkt.
An jeder Stelle des Raumes wirkt eine andere Kraft. Daher kann man jedem Punkt im
Raume einen Kraftvektor zuordnen. Dividiert man diesen durch die Ladung Q2 , so erhält
man einen neuen Vektor E D F 2 =Q2 , welcher nur noch von der Ladung Q1 und der
Position im Raume abhängt. Er wird daher als eine durch die Ladung Q1 hervorgerufene
Eigenschaft des Raumes um sie herum betrachtet, mit der man die Kraft nicht nur auf
die Ladung Q2 , sondern auf eine beliebige andere Ladung QProbe berechnen kann. Diese
neue Eigenschaft des Raumes heißt elektrisches Kraftfeld oder kurz elektrisches Feld.

Definition 1.4
Das elektrische Kraftfeld E , (das elektrische Feld), an einem Punkt des Raumes ist der
Quotient aus der Kraft, die auf einen geladenen Probekörper im betrachteten Punkt wirkt,
und dessen Ladung QProbe : E D F Probe =QProbe . Sein Betrag jE j heißt elektrische Feldstär-
ke.

Nach dem Coulombschen Gesetz (1.2) erzeugt eine am Ort r1 befindliche Ladung Q1 am
Ort r2 ein Feld der Stärke

F2 Q1 r2  r1
E.r2 / D D  : (1.10)
Q2 4
"0 jr21 j3

Meist wird dieses Gesetz für den Fall angegeben, dass r1 D 0 ist. Dann ist die Gleichung
auch ohne Indizes eindeutig und man erhält die Standardformulierung

Q r
ED  3: (1.11)
4
"0 jrj

Dabei ist Q die das Feld erzeugende Ladung und r der Abstandsvektor zu dieser Ladung.
Durch diese Formulierung des Coulombschen Gesetzes wird jedem Punkt im Raume ein
Vektor E zugeordnet, der die Kraft auf einen Probekörper mit der Ladung QProbe angibt.
Wenn mehr als zwei Ladungen beteiligt sind, so ergeben sich die Kräfte und damit die
Felder durch vektorielle Addition. Dies wird auch als Prinzip der linearen Superposition
bezeichnet. Es beinhaltet, dass sich elektrische Felder ohne gegenseitige Störung gegen-
seitig durchdringen (Ausnahmen siehe [9]). Das von n Ladungen erzeugte Gesamtfeld
8 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.8 Von zwei entge-


1 gengesetzten Ladungen erzeugtes
Feld, dargestellt als Feldlinien.
Ein positiv geladener Probekörper
würde von der positiven Ladung
weg und zur negativen Ladung hin
gedrückt werden

. Abb. 1.9 Von zwei gleichen


Ladungen erzeugtes Feld, dar-
gestellt als Feldlinien. Auf einen
Probekörper genau im Punkt in der
Mitte zwischen ihnen würde keine
Kraft wirken

errechnet sich dann als


X n
Qi ri
ED  : (1.12)
i D1
4
" 0 jr ij
3

Die Vektoren des elektrischen Feldes formen regelmäßige Muster, die als Feldlinien wie
in . Abb. 1.8 dargestellt werden. Die Tangenten dieser Linien geben an, in welcher Rich-
tung die Kraft wirkt. Wie in den . Abb. 1.8 und . Abb. 1.9 zu sehen ist, beginnen alle
Feldlinien bei den positiven Ladungen und enden bei den negativen. Daher sagt man
auch: Die positiven Ladungen sind Quellen des elektrischen Feldes, die negativen Ladun-
gen sind die Senken des elektrischen Feldes.

Ladungen erzeugen elektrische Felder und elektrische Felder wirken auf Ladungen.

Bewegen sich Elektronen innerhalb eines Festkörpers aufgrund eines elektrischen Feldes,
so stoßen sie ständig mit den Atomrümpfen zusammen. Dies hat zur Folge, dass ständig
Bewegungsenergie an den Festkörper abgegeben wird. So wird jedes stromdurchflossene
Material erwärmt. Außerdem nimmt die Geschwindigkeit der Elektronen nicht beliebig
zu. Vielmehr stellt sich ein Gleichgewichtswert ein: Es wird im Mittel so viel Energie pro
Kollision abgegeben, wie zwischen zwei Kollisionen im Feld aufgenommen wird. Eine
fundamentale Analyse von Paul Drude [3] ergab, dass die Stromdichte innerhalb eines
Materials in guter Näherung proportional zur Feldstärke ist:

J D E (1.13)
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
9 1
Der Proportionalitätsfaktor  wird spezifische Leitfähigkeit genannt. Die spezifische Leit-
fähigkeit erweist sich bei genauerer Analyse als Kehrwert des spezifischen Widerstan-
des.
Der große Wert von (1.13) liegt darin begründet, dass mit ihrer Hilfe Stromver-
teilungen in komplizierten Geometrien berechenbar werden. (siehe . Abb. 1.11 und
. Abb. 1.12 im Anwendungsbeispiel: Flugzeug im Gewitter)

1 Elektrische Dipole richten sich nach dem elektrischen Feld aus


Bei mehreren verschiedenen Ladungen erscheint das Feld, wie es in . Abb. 1.8 zu se-
hen ist, ausgerichtet. Das Maß für die Ausrichtung wird Dipol-Moment p genannt. Das
Dipolmoment gibt an, wie stark das Bestreben eines Körpers ist, sich parallel zu einem
äußeren elektrischen Feldes auszurichten:

Definition 1.5
Ein Körper hat ein elektrisches Dipolmoment p, wenn auf ihn in einem homogenen elek-
trischen Feld E ein Drehmoment  D p  E ausgeübt wird.

Man kann zeigen, dass das elektrische Dipol-Moment p einer insgesamt neutralen Ge-
samtheit von n Ladungen Qi dann

X
n
pD Qi  r i (1.14)
i D1

ist. Dabei ist dieses Ergebnis für p vom Bezugssystem unabhängig (siehe Lösung zur
Aufgabe 1.23).

1 Das Potenzial bestimmt, wie viel Energie die Bewegung einer Ladung kostet
Um eine Ladung entgegen den Feldlinien von einem Punkt a zu einem anderen Punkt b
zu bewegen, muss Arbeit verrichtet werden. Der Energiegewinn4 ist dabei

Zb Zb
W D F  ds D Q E  ds : (1.15)
a a

Bis auf einen Faktor Q hängt der Energiegewinn nur vom Feld und von den Anfangs- und
Endpunkten ab. Diese neue Eigenschaft eines Punktes im Raum wird Potenzial genannt.
Kennt man also das Potenzial des Anfangspunktes und das des Endpunktes der Bewegung
einer Ladung, dann weiß man sofort, welche Energie benötigt oder freigegeben wurde,
um vom ersten Punkt zum zweiten zu gelangen.

Definition 1.6
R
Das elektrische Potenzial V ist gegeben durch V D  E  ds, und die Differenz zweier
Rb
Potenziale heißt Spannung  a E  ds D .V .a/  V .b//.

4 Das Minuszeichen in (1.15) bedeutet, dass die Energie genau dann gewonnen wird, wenn gegen eine Kraft
bewegt wird.
10 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.10 Feld- und Po-


1 tenzialverlauf in und zwischen
zwei Metallkugeln von unter-
schiedlicher Größe, aber gleichem
Ladungsbetrag

Gemäß Definition 1.6 ist das elektrische Potenzial bis auf eine Integrationskonstante be-
stimmt. Aus diesem Grunde kann willkürlich festgelegt werden, wo das Potenzial gerade
den Wert Null hat. Oft wird das Potenzial auch in differenzieller Form angegeben:

E D r  V : (1.16)

In dieser Form wird der praktische Nutzen des Potenzials deutlich: Wer das Potenzial
kennt, kann durch Ableiten das elektrische Feld und damit die wirkenden Kräfte bestim-
men. . Abb. 1.10 zeigt den Potenzialverlauf zweier geladener Metallkugeln unterschied-
licher Größe, aber vom Betrag her gleicher Ladung im Vergleich zum dazugehörigen
Verlauf des elektrischen Feldes. Geladene Kugeln haben, da sich gleiche Ladungen absto-
ßen, ihre gesamte Ladung auf der Oberfläche. Diese verteilt sich so, dass die elektrische
Feldstärke in ihrem Inneren gleich Null ist. Gemäß Definition 1.6 bedeutet dies ein im
Inneren der Kugeln konstantes Potenzial. In dem in . Abb. 1.10 gezeigten Beispiel sind
die Ladungen auf den Kugeloberflächen nicht ganz gleichmäßig verteilt. Vielmehr ist
die Ladungsdichte auf der der jeweils anderen Kugel zugewandten Seite leicht erhöht,
und zwar genau um die Ladungsmenge, die nötig ist, um das Feld im Inneren der Kugel
verschwinden zu lassen. Eine innen hohle Kugel aus leitendem Material ist daher ein Bei-
spiel für einen Faraday’schen Käfig, einen Raum also, der aufgrund seiner metallischen
Außenwände im Inneren kein elektrisches Feld hat.

Flugzeug im Gewitter

Die Eigenschaften des Faraday’schen Käfigs sind für die Sicherheit von Flugzeugpassa-
gieren von großer Bedeutung, wie . Abb. 1.11 zeigt. Die Grenzen des Schutzes werden
durch die Leitfähigkeit der Außenhaut des Flugzeugs bestimmt. Ansatz: An den Blitzein-
und -austrittspunkten stelle man sich punktförmige Ladungen Q und Q vor. Deren Feld
in der Außenhaut bestimmt den Strom, welcher gleich dem des Blitzes sein muss. Ihr Feld
im Inneren ist eine gute Näherung für die tatsächliche Feldstärke in der Kabine.
Zur Abschätzung der im Flugzeug auftretenden Feldstärken nehmen wir den Rumpf
näherungsweise als langen Zylinder mit dem Radius R aus einem Material der Schichtdicke
ı und der spezifischen Leitfähigkeit  an. Der Blitz treffe den Rumpf am höchsten Punkt
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
11 1

und verlasse ihn auf der gegenüberliegenden Seite. Der Strom geht dann zur Hälfte über
die linke und rechte Seite der Außenhaut.
Zur Berechnung des Stroms stellen wir uns, wie in . Abb. 1.12 gezeigt, einen halben
Zylinder ausgerollt vor. Das elektrische Feld entlang der y-Achse muss aus Symmetrie-
gründen parallel zur x-Achse verlaufen. Das Coulomb’sche Gesetz für die beiden Ladungen
ergibt dann
 
Q 1 1
jE j D Ex D C ; (1.17)
2
"0 2 C y 2 2 C y 2

wobei D
R=2 der Weg vom Einschlagspunkt bis zur y-Achse ist. Der Strom über die
rechte Flugzeughälfte Ir folgt den Feldlinien (siehe (1.13)) gemäß J D E = und dI D
J  dA. Daher ist er am besten entlang der y-Achse zu berechnen:
Z Z Z
Ex ı
Ir D J dA D Jx ıdy D dy

Z (1.18)
Qı 1
D dy :
2
"0  2 C y 2

Nimmt man y im Bereich f1; 1g, dann bekommt das Integral den Wert
= und der
Gesamtstrom durch beide Seiten I D 2Ir wird

Qı Q
I D D : (1.19)
"0  "0 RS

wobei RS D =ı der Schichtwiderstand der Außenhaut genannt wird.

. Abb. 1.11 Flug unter einer


Gewitterwolke. In diesem Fall
war das Flugzeug schneller als der
Blitz (Bild mit freundlicher Geneh-
migung der Dexmet Corporation)
12 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.12 Zur Berechnung


1 der Feldstärke im Flugzeugrumpf;
links der Querschnitt mit dem
Radius R, rechts eine Hälfte der
Außenhaut ausgerollt

Entlang einer Linie zwischen den beiden Ladungen beträgt die elektrische Feldstärke
 
Q 1 1
jE j D Eh D C (1.20)
4
"0 h2 .2R  h/2

Nun können Q und aus (1.19) und (1.20) eliminiert werden. Man erhält die Feldstärke
zwischen den Blitzein- und -austrittspunkten als Funktion des Blitzstroms I :
 
1 1 1
jE j D I RS R 2 C : (1.21)
8 h .2R  h/2

Das Feld nimmt also proportional zum Blitzstrom und zum Schichtwiderstand RS der Au-
ßenhaut zu. Je näher man dem Einschlagspunkt kommt, desto stärker wird das Feld. Und je
besser die Außenhaut leitet, desto sicherer ist man im Inneren.

1.1.2 Magnetische Wechselwirkung

Magnetismus war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur als eine Eigenschaft bestimmter
Stoffe bekannt, scheinbar ohne jeden Bezug zur Elektrizität. Diese Stoffe heißen Magne-
te5 und haben folgende Eigenschaften:
4 Magnete ziehen Eisen an.
4 Magnete haben zwei Pole, Nordpol und Südpol genannt. Schneidet man, wie in
. Abb. 1.13 gezeigt, einen Magneten zwischen den Polen durch, dann entstehen zwei
neue Magnete mit jeweils wieder zwei Polen.
4 Gleiche Pole stoßen sich ab, verschiedene Pole ziehen sich an.

Heute ist bekannt, dass jedes Material magnetische Eigenschaften besitzt, wenn auch in
sehr unterschiedlicher Stärke. In . Abb. 1.14 ist zu sehen, dass Späne aus Eisen in der

5 Der Begriff leitet sich von der griechischen Region Magnesia ab, in der der Überlieferung nach vor etwa
400 Jahren ein Schäfer namens Magnes erstaunt feststellte, dass seine eisernen Nägel an einem bestimmten
Stein festklebten.
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
13 1
. Abb. 1.13 Zerschneidet man
einen Magneten, so entstehen zwei
neue mit der gleichen magneti-
schen Orientierung

Nähe eines Magneten regelmäßige Muster formen, weshalb auch hier dem Raum eine
Eigenschaft zugesprochen werden muss: das magnetische Feld.

1 Magnetismus ist eine Folge von Ladungsbewegungen


Die Ursache für die verschiedenen magnetischen Stoffeigenschaften ist letztlich die
Wechselwirkung des Magnetfeldes mit den Ladungsträgern der Atome.6

Bewegte Ladungen erzeugen Magnetfelder, und Magnetfelder wirken auf bewegte Ladun-
gen.

Die Erzeugung des Magnetfeldes wird durch das Gesetz von Biot-Savart beschrieben: Ei-
ne Ladung Q, die sich mit einer Geschwindigkeit v bewegt, erzeugt an einem r entfernten
Punkt ein magnetisches Kraftfeld B, kurz Magnetfeld7

0 Q
BD  vr : (1.22)
4
jrj3

Der Proportionalitätsfaktor 0 heißt Permeabilität des Vakuums. Dieses Gesetz wird


meist in einer etwas anderen Form angegeben (siehe Aufgabe 1.33). Sein historischer
Ursprung ist jedoch die physikalisch äquivalente Beobachtung von Ampère, dass sich

. Abb. 1.14 Eisenstäbchen


auf einer Glasplatte über einem
Magneten. Sie zeigen charakte-
ristische Muster, aus denen auf
das Magnetfeld geschlossen wird
(Foto: FH Münster, Physikalische
Technik)

6 Die Idee, dass letztlich alle magnetischen Phänomene elektrischen Ursprungs sind, wurde zunächst von
Ampère vorgebracht. Eine gut zu lesende Abhandlung darüber, wie die Erkenntnisse sich historisch entwi-
ckelten, ist bei Max Born [6] im Kapitel über die Grundgesetze der Elektrodynamik nachzulesen.
7 In Rahmen der Potenzialtheorie kann gezeigt werden, dass dieses Feld nicht sofort entsteht. Vielmehr
folgt das Feld im Abstand r mit einer Verzögerung t, welche durch die Lichtgeschwindigkeit gegeben ist:
t D r=c.
14 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

um einen Strom I herum ein Magnetfeld bildet, welches der Gleichung


1 I
B  d` D 0  I (1.23)
L

genügt. Dies ist das zur Magnetostatik gehörende Gesetz von Ampère. Mit Hilfe des Sat-
zes von Stokes lässt sich dieses Gesetz auch so umformulieren, dass es die Verhältnisse
in infinitesimalen Regionen beschreibt:

r  B D 0  J : (1.24)

Die Kraft F Probe , die ein Magnetfeld auf eine Probeladung QProbe ausübt, welche sich
mit der Geschwindigkeit vProbe durch das Magnetfeld bewegt, heißt Lorentz-Kraft und
wird durch die Gleichung

F Probe D QProbe  vProbe  B (1.25)

beschrieben.

1 Magnetische Dipole sind linientreu


Da es keine magnetischen Monopole gibt, gilt auch kein dem Coulombschen Gesetz ähn-
liches Kraftgesetz. Die einfachsten rein magnetisch wechselwirkenden Einheiten sind die
magnetischen Dipole.
Die Größe, mit der die Wechselwirkung zwischen einem Magneten und einem ma-
gnetischen Feld beschrieben wird, heißt magnetisches Dipol-Moment .

Definition 1.7
Ein Körper hat ein magnetisches Dipol-Moment , wenn auf ihn im homogenen Magnet-
feld B ein Drehmoment  D   B ausgeübt wird.

Berechnet man die Lorentz-Kraft auf alle Ladungsträger in einer Leiterschleife, so ergibt
sich

DI A ; (1.26)

wobei A der zu einer ebenen Fläche gehörige Flächenvektor ist. Ein Beispiel ist in Auf-
gabe 1.38 gegeben. Definition 1.7 ist die Basis der Funktion aller Elektromotoren.
Last but not least: Ob irgendwo ein Feld vorhanden ist wird ausschließlich aufgrund
der Kraftwirkung entschieden:

Ein elektrisches (Kraft-) Feld manifestiert sich in der Wirkung der Coulomb-Kraft, ein
magnetisches (Kraft-) Feld in der Wirkung der Lorentz-Kraft.
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
15 1
1.1.3 Zeitlich veränderliche Felder

Ändern sich elektrische oder magnetische Felder, so treten zwei neue Phänomene auf, die
sich nicht mit den bisher genannten Gesetzen beschreiben lassen:

Sich ändernde Magnetfelder erzeugen elektrische Rotationsfelder und umgekehrt.

Das Induktionsgesetz, nach seinen Entdeckern auch Faraday-Henry-Gesetz genannt8 ,


gibt an, wie die Änderung eines Magnetfeldes Spannungen erzeugt. Entscheidend dabei
ist die Änderung des so genannten magnetischen Flusses.

Definition 1.8
Der magnetische Fluss ˚B durch eine geschlossene Fläche A ist das Integral
Z
˚B D B  dA : (1.27)
A

Das Induktionsgesetz gibtH an, welche Wirkung entlang einer genau diese Fläche um-
schließenden Linie L D d` entsteht, wenn sich der magnetische Fluss mit der Zeit
ändert:
I
d˚B
E  d` D  : (1.28)
dt
L

Dabei ist das Integral entlang der Linie zu berechnen, die die zum magnetischen Fluss ge-
hörende Fläche vollständig umschließt. Es ist im Übrigen unerheblich, ob die Änderung
des magnetischen Flusses durch eine Veränderung der Stärke des magnetischen Kraftfel-
des B oder durch eine Bewegung innerhalb eines Feldes geschieht.
Das Induktionsgesetz entzieht sich in mehrfacher Hinsicht dem anschaulichen Ver-
ständnis. Das beginnt damit, dass es nicht möglich ist, den Punkten im Raum einen
Kraftvektor zuzuordnen. Warum das so ist, zeigt ein kleines Gedankenexperiment (siehe
auch . Abb. 1.15):
In einem homogenen, zeitveränderlichen Magnetfeld befinde sich ein Ring. In diesen
werde eine Spannung so induziert, dass ein Strom in mathematisch positiver Richtung
fließe. Nun werde der Ring in zwei Teile geteilt und die jeweils offenen Enden verbunden
und das gleiche, sich mit der Zeit ändernde Magnetfeld angelegt. In beiden Halbringen
wird wieder ein Strom in mathematisch positiver Richtung fließen. Aber was ist in der
Mitte? Treibt die Feldänderung den Strom nach rechts oder nach links . . . ?

8 Der Überlieferung nach wurde Faraday nach einer Vorführung der Induktion vom Ministerpräsidenten ge-
fragt, wozu das gut sei. Er antworte: Why Sir, there is the probability that you will soon be able to tax
it.
16 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

dB /dt
1

1
E

2
. Abb. 1.15 Gedankenexperiment zum Induktionsgesetz: Wenn innerhalb eines homogenen Magnetfeldes ein
Ring in zwei Hälften geteilt wird, so sorgt das Magnetfeld in der oben liegenden geraden Leitung für genau den
entgegengesetzten Strom wie in dem unmittelbar darunter liegenden geraden Stückchen, denn die Drehrichtung
muss die gleiche sein. Man kann also keinem Punkt eine in eine bestimmte Richtung weisende Kraft zuordnen

Ebenfalls unanschaulich ist die Tatsache, dass zwar eine Spannung induziert wird,
gleichzeitig aber keinem Punkt ein Potenzial zugeordnet werden kann. Zerschneidet man
die Leiterschleife in . Abb. 1.15 ganz oben, dann scheint das obere linke Ende der Lei-
terschleife das höchste und das obere rechte Ende das niedrigste Potenzial zu haben.
Schneidet man dagegen den Ring unten durch, dann scheint der Punkt mit dem höchs-
ten Potenzial unten rechts zu liegen. Letztlich kann auf diese Weise jedem Punkt jedes
beliebige Potenzial zugewiesen werden, was nicht sinnvoll sein kann.

1 Der Satz von Stokes verbindet die Eigenschaft einer Fläche mit einer
Randeigenschaft
Am besten stellt man sich das durch Induktion hervorgerufene elektrische Rotationsfeld
als Summe sehr vieler, sehr kleiner Felder vor. Diese bedecken die gesamte zum magne-
tischen Fluss beitragende Fläche. Überall außer am Rand heben sich die Induktionskräfte
auf. Dies ist im Übrigen mehr als eine Veranschaulichung. Denn es ist durch den Satz von
Stokes gerechtfertigt, der in diesem Falle besagt:
I Z
E  d` D .r  E /  dA : (1.29)
L A

Der Term r  E beschreibt, wie stark die Rotation des Feldes im Flächenelement dA
ist (siehe auch A.3). Nach Stokes ist also das Linienintegral entlang der Außenkante der
Fläche gleich der Summe aller Teilrotionen auf der Fläche.
Schneidet man eine die Fläche A umschließende Leiterschleife an einem beliebigen
Punkt durch, so ergibt sich zwischen den Enden eine Spannung
I
Leitung Leitung d˚B
E  d` D U Schleife D VEnde  VAnfang D  : (1.30)
dt
L

Genau so wie Änderungen von Magnetfeldern elektrische Wirkungen hervorrufen,


rufen sich verändernde elektrische Felder magnetische Wirkungen hervor. In diesem Fall
ist der elektrische Fluss entscheidend:
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
17 1
Definition 1.9
Der elektrische Fluss ˚E durch eine geschlossene Fläche A ist das Integral
Z
˚E D E  dA : (1.31)
A

Die Änderung des elektrischen Flusses erzeugt ein magnetisches Wirbelfeld gemäß
I Z
@E
B  d` D "0 0 dA .immer/
@t
L
I (1.32)
d˚E
B  d` D "0 0 (bei ruhender Fläche A/
dt
L

Im Allgemeinen hat ein Magnetfeld also zwei Ursachen: Ströme und elektrische Wech-
selfelder. Beide werden in dem dem so genannten Ampère-Maxwell-Gesetz zusammen-
gefasst:
I Z
@E
B  d` D 0 I C "0 0 dA (1.33)
@t
L

1.1.4 Die Maxwell’schen Gleichungen

Alle bisher geschriebenen Gesetze können in vier Gleichungen zusammengefasst werden,


die als Maxwell’sche Gleichungen9 [11] bekannt geworden sind. Diese sind ausnahms-
los partielle Differenzialgleichungen, welche die im vorherigen Abschnitt beschriebenen
Zusammenhänge auf die Eigenschaften der Felder im infinitesimal Kleinen zurückführen.
Die erste Maxwell’sche Gleichung verbindet die Gesamtladung Q mit dem von ihr
erzeugten Feld E . Sie besagt: Für jede die Ladung vollständig umschließende Oberfläche
A gilt
I
E  dA D Q="0 : (1.34)
Oberfläche

Diese Gleichung ermöglicht es, für eine gegebene Ladung auszurechnen, welche Feld-
stärken und damit auch, welche Kräfte von ihr erzeugt werden. Dies ist auch eine elegante
Verallgemeinerung des elektrischen Kraftgesetzes, (1.11) dem Gesetz von Coulomb (sie-
he auch Aufgabe 1.29). Der in der Vektoranalysis als Gauß’scher Satz bekannte Zusam-
menhang von Divergenz und Oberflächenintegral erlaubt noch eine andere Darstellung
I Z
E  dA D r  E  dV : (1.35)
Oberfläche Volumen

9 Was heute Maxwell’sche Gleichungen genannt wird nannte Einstein noch Maxwell-Hertz’sche Gleichun-
gen. Denn ohne die Entdeckung elektromagnetischer Wellen durch Heinrich Hertz hätte sich dieser Satz
von Gleichungen nicht durchgesetzt.
18 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

Wenn man bedenkt, dass Q=V gerade die Ladungsdichte  ist, dann lässt sich die erste
1 Maxwell’sche Gleichung auch als

r  E D ="0 (1.36)

schreiben.
Die erste Maxwell’sche Gleichung beinhaltet eine wichtige Information über die
Struktur aller durch Ladungen hervorgerufenen elektrischen Felder (siehe auch
. Abb. 1.8 und . Abb. 1.9): Man stelle sich eine immer kleiner werdende geladene
Kugel vor. Je kleiner die Kugel wird, desto näher rücken die Anfänge der Feldlini-
en zusammen. Wenn die Kugel nur noch als Punkt erscheint, scheinen alle Feldlinien
von diesem Punkt auszugehen. Daher sind Punktladungen die Quellen und Senken des
elektrischen Feldes.
Von großer technischer Bedeutung ist auch die Rückwärts-Interpretation des Gauß’-
schen Satzes, denn sie besagt, dass aus gegebenen elektrischen Kräfteverhältnissen die
beteiligten Ladungen folgen. So lässt sich das Verhalten eines Kondensators am leich-
testen mit Hilfe dieses Gesetzes vorhersagen. Darauf soll im nächsten Kapitel näher
eingegangen werden.
Die zweite Maxwell’sche Gleichung wird von der folgenden Beziehung abgeleitet:
I
B  dA D 0 : (1.37)
Oberfläche

Sie wird auch als Gauß’scher Satz für das Magnetfeld bezeichnet. Für jede geschlos-
sene Oberfläche verschwindet das Integral über das Skalarprodukt mit der magnetischen
Feldstärke. Es gibt also keine magnetische Ladung so wie es eine elektrische Ladung gibt.
Denn die Gleichung besagt, dass das Magnetfeld keine Quellen hat. Wenn aber die Linien
des Magnetfeldes weder Anfang noch Ende haben, so müssen sie geschlossen sein: Jeder
Punkt einer Magnetfeldlinie ist auch ihr Anfang und ihr Ende. Der Gauß’sche Satz für
das Magnetfeld ist also gleichbedeutend mit der Tatsache, dass beim Zerschneiden eines
Magneten immer wieder Magnete mit zwei Polen entstehen (siehe 7 Abschn. 1.1.2).
H Die dritte Maxwell’sche Gleichung folgt aus dem Induktionsgesetz für Magnetfelder
( L E  d` D d˚B =dt, (1.28)). Um auf die dazugehörige Differenzialgleichung zu kom-
men, werden beide Seiten der Gleichung auf Flächenintegrale zurückgeführt. Dazu muss
auch die Ableitung in das Integral hineingezogen werden. Nach dem Satz von Stokes ist
I Z
E  d` D .r  E /dA : (1.38)
L

Er setzt das Integral entlang einer geschlossenen Linie in Beziehung zu einem Integral
über die von ihr umschlossenen Fläche. Das Ausführen der zeitlichen Ableitung des ma-
gnetischen Flusses ist nicht-trivial und ergibt nach den Regeln der Vektoranalysis für ein
beliebiges Feld B
Z  Z  
d @B
BdA D C v.r  B/  r  .v  B/ dA : (1.39)
dt @t
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
19 1
Dabei steht v für die Geschwindigkeiten der Randpunkte der Flächenelemente dA. Da
das magnetische Kraftfeld jedoch quellenfrei ist, bleibt in diesem Falle nur
Z  Z  
d @B
BdA D  r  .v  B/ dA (1.40)
dt @t

übrig. Man erkennt, dass das Induktionsgesetz in seiner makroskopischen Form zwei
verschiedene Effekte beinhaltet: Der @B=@t-Term zeigt, dass eine Änderung der magne-
tischen Feldstärke eine Rolle spielt. Dieser Teil wird heute zum Beispiel für Funketiketten
benutzt, und er steht für die Grenzen elektromagnetischer Verträglichkeit. Der r  B-
Term scheint auf die Lorentz-Kraft zu verweisen, wie sich gleich bestätigen wird. Er
bildet das theoretische Fundament aller Elektromotoren.
Nach dem Induktionsgesetz sind die rechten Seiten der Gleichungen (1.38) und (1.40)
bis auf das Vorzeichen gleich. Folglich müssen ihre Integranden gleich sein. Also gilt:

@B
r E D C r  .v  B/ : (1.41)
@t
Die ersten beiden Terme werden dritte Maxwell’sche Gleichung genannt:

@B
r E D : (1.42)
@t
Die beiden äußeren Terme folgen aus der Lorentz-Kraft:

F D Qv  B
!E DvB (1.43)
! r  E D r  .v  B/ :

Die Interpretation dieses Terms als Umformulierung der Lorentz-Kraft setzt damit vor-
aus, dass eine Ladung Q vorhanden ist. Dies führt zusammen mit der geometrischen
Interpretation der Ableitung (1.39) zur Urform aller elektrischen Maschinen: Die Be-
wegung des Randes ist die Bewegung einer Leiterschleife, deren Elektronen der Lorentz-
Kraft ausgeliefert sind. Dies ist ein entscheidender Unterschied zur dritten Maxwell’schen
Gleichung, welche auch im Vakuum gilt. Daraus folgt

Das makroskopische Induktionsgesetz (1.28) setzt das Vorhandensein von Ladungsträgern


voraus (meistens eine Leiterschleife), die in ihm enthaltene dritte Maxwell’sche Gleichung
jedoch nicht.

Das durch Induktion erzeugte elektrische Feld ist im Übrigen ein reines Wirbelfeld, ganz
im Gegensatz zu dem von Ladungen erzeugten elektrischen Feld, welches ein reines
Quellenfeld ist.
20 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.16 Makroskopische


1 Veranschaulichung der differen-
ziellen Form der Maxwell’schen
Gleichungen: Ladungen sind die B
Quellen des elektrischen Feldes:
r  E D ="0 . Das magneti- E
sche Feld hat keine Quellen, es ist
ein Rotationsfeld: r  B D 0.
Elektrische Rotationsfelder
entstehen durch Magnetfeldän-
derungen r  E D @B=@t, und B E
magnetische Felder entstehen
durch Ströme und Änderun-
gen des elektrischen Feldes:
r  B D 0  J C "0 0 @E =@t

E B

Die vierte Maxwell’sche Gleichung fasst die beiden Möglichkeiten zusammen, ein
Magnetfeld zu erzeugen. Aus den Gleichungen (1.23) und (1.32) erhält man
I Z
@E
B  d` D 0  I C "0 0 dA
@t
L
Z Z Z
@E (1.44)
! r  B  dA D 0  J dA C "0 0 dA
@t
@E
! r  B D 0 J C "0 0 :
@t
Insgesamt findet man so den Satz von vier Gleichungen, die heute als Maxwell’sche
Gleichungen bekannt und in . Abb. 1.16 (vergleiche [13]) veranschaulicht sind.
I
E  dA D Q="0 ; r  E D ="0
Oberfläche
I
B  dA D 0 ; r B D0
Oberfläche
I (1.45)
d˚B @B
E  d` D  ; r E D
dt @t
Rand
I Z
@E @E
B  d` D 0  I C "0 0 dA ; r  B D 0  J C "0 0 :
@t @t
Rand

Mit diesen vier Gleichungen ist grundsätzlich alles gesagt. Nur: So elegant ihre For-
mulierung auch daherkommt, so eingeschränkt ist ihre Lösbarkeit. Einer kleinen Zahl
analytischer Lösungen steht eine Unmenge von Problemen gegenüber, für die nur Nähe-
rungslösungen der Maxwell’schen Gleichungen bekannt sind.
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
21 1

Die Maxwell’schen Gleichungen (1.45) und die in ihnen vorkommenden Größen beschrei-
ben zusammen mit der Coulomb-Kraft und der Lorentz-Kraft die gesamte Elektrodynamik.
Alle nicht darin vorkommenden Größen sind Hilfskonstrukte, die bei besonderen Problem-
stellungen (Materialien und Geometrien) helfen sollen, schneller zu Lösungen zu kommen.

Für Feldberechnungen komplexer Geometrien hat sich neben dem elektrischen Potenzial
V die Definition eines magnetischen Potenzials A als hilfreich erwiesen, so dass

@A
E D r  V C und B Dr A : (1.46)
@t
Der praktische Wert des elektrischen Potenzials V liegt in der Tatsache begründet, dass es
eine skalare Größe ist, aus der eine vektorielle gewonnen werden kann. In (1.46) kommt
ferner eine wichtige Tatsache zum Ausdruck:

Man kann einem Paar von Punkten im Raum nur dann eine zwischen ihnen herrschende
Spannung zuordnen, wenn keine zeitabhängigen Magnetfelder vorhanden sind.

1.1.5 Felder in Materie

In Felder eingebrachtes Material verändert ebendiese Felder. Das heißt: Die Materialien
erzeugen unter dem Einfluss äußerer Felder selbst elektrische oder magnetische Kraftfel-
der. Man sagt auch: Ein Material kann magnetisch oder elektrisch polarisiert werden und
nennt diese Vorgänge daher Polarisation bzw. Magnetisierung.

1 Elektrische Felder polarisieren


Wie . Abb. 1.17 zeigt, richten sich bei ionischen oder polaren Bindungen die Ladun-
gen entsprechend dem äußeren Feld aus. Dadurch entstehen viele kleine Dipole, deren
Feld das ursprüngliche Feld abschwächt. Diesen Vorgang nennt man Polarisation. Er
führt dazu, dass das elektrische Feld innerhalb des Festkörpers aus zwei Anteilen zusam-
mengesetzt ist, dem Anteil E frei , welches von den Ladungen außerhalb des Festkörpers

. Abb. 1.17 Feldbilanz in einem


elektrisch polarisierbaren Stoff. Efrei
Ein äußeres elektrisches Feld
zieht die Moleküle auseinander.
Dadurch entstehen im Material
viele Dipole, deren Felder das von Efrei
außen angelegte Feld abschwächen
E
22 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

erzeugt wird, und dem meist entgegengesetzten Polarisationsanteil des Festkörpers E P :


1
E D E frei C E P : (1.47)

Multipliziert man diese Gleichung mit "0 und differenziert nach dem Ort, so ergibt sich
mit Hilfe des Gauß’schen Satzes für das elektrische Feld der freien, nicht gebundenen
Ladung frei D r  "0 E frei

r  "0 E frei D r  "0 E  r  "0 E P


(1.48)
! frei D r  ."0 E  "0 E P /

Gl. (1.48) beschreibt, wie das elektrische Kraftfeld E mit der Dichte der freien Ladung
frei zusammenhängt. In der Literatur wird sie oft in der Form

frei D r  ."0 E C P/
(1.49)
Dr D

angegeben. Gl. (1.49) ist gleichzeitig der Ursprung der beiden Feldgrößen P und D. P
wird Polarisation oder besser elektrische Dipoldichte genannt. Die zweite Option macht
auch das Vorzeichen verständlich: P D "0 E P . Genauso, wie beim elektrischen Di-
pol das elektrische Feld antiparallel zu dessen Dipolmoment ist, ist auch die durch den
Vorgang der Polarisation hervorgerufene Dipoldichte P deren elektrischem Feldanteil
entgegengesetzt. D wird nach dem von Maxwell eingeführten Begriff electrical displace-
ment elektrische Verschiebung oder elektrische Flussdichte, bisweilen auch elektrische
Erregung genannt. Mit Hilfe des Gauß’schen Satzes ergeben sich aus (1.49) die folgen-
den, meist verwendeten Definitionen:

Definition 1.10
Die elektrische Erregung D ist durch
I
DdA D Qfrei (1.50)
Oberfläche

gegeben, wobei Qfrei die nicht ortsfest im Material gebundene, freie Ladung ist.

Die Polarisation ist als Differenz zum (nur durch die freien Ladungen definierten) Feld-
anteil und dem tatsächlich messbaren Kraftfeld definiert:

Definition 1.11
Die Dipoldichte oder Polarisation P eines Materials ist das, was von der elektrischen Erre-
gung abgezogen werden muss, um das elektrische Kraftfeld E zu erhalten:

D  P D "0 E : (1.51)

Letztendlich ist es Ziel aller Berechnungen, das Feld E zu erhalten.


1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
23 1
1 Äußere Magnetfelder erzeugen innere Magnetfelder
Auch Magnetfelder werden durch Stoffe verändert. In diesem Fall wird dem durch freie,
also nicht im magnetisierten Material gebundene Ströme Ifrei erzeugten Feld B frei ein
durch die Magnetisierung des Materials verursachter Feldanteil B M überlagert. Es wird
also
B D B frei C BM (1.52)
gesetzt. Auch hier kann eine in Anwesenheit von Materie gültige Gleichung aus der Tat-
sache gewonnen werden, dass die Maxwell’schen Gleichungen für alle Teilströme und
Teilladungen separat gelten:
@E frei
0  J frei C "0 0 D r  B frei : (1.53)
@t
Durch Einsetzen von (1.52) in (1.53) findet man eine Gleichung für Magnetfelder in
Materie:
@
J frei C ."0 E frei / D r  .1 1
0 B  0 B M / : (1.54)
@t
Gl. (1.54) beschreibt, wie das magnetische Kraftfeld B mit der nicht ortsfest an den Stoff
gebundenen Stromdichte J frei zusammenhängt.
In der Literatur wird (1.54) oft in einer der folgenden Formen angegeben:
@.D/
J frei C D r  .1
0 B  M/
@t (1.55)
DrH :
Dabei werden H magnetische Erregung oder auch Magnetfeld und M Magnetisierung
oder besser magnetische Dipoldichte genannt. Die Vorzeichenwahl von M ist genau um-
gekehrt zu der von P: M D C1 0 BM .
Die integrale Formulierung von (1.55) führt zu folgender, in älteren Skripten populä-
ren Definition:

Definition 1.12
Die magnetische Erregung H ist durch
I Z
@D
H  d` D Ifrei C dA (1.56)
@t
L

gegeben, wobei Ifrei der von der Linie L vollständig umschlossene Strom und A die durch
L begrenzte Fläche ist.

Definition 1.13
Die magnetische Dipoldichte oder Magnetisierung M eines Materials ist das, was zu der
magnetischen Erregung hinzugerechnet werden muss, um das magnetische Kraftfeld B zu
erhalten:

H C M D B=0 : (1.57)
24 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.18 Messbare Größen


1 (links) und Rechenhilfsgrößen
(rechts): In den Maxwell’schen
Gleichungen (1.45) sind die mess-
baren Größen zusammen gefasst.
Sinn der Hilfsgrößen ist die Abkür-
zung bestimmter Rechenwege

. Abb. 1.19 Felder in Materie EP


und ihre Komponenten: a zeigt das BM B
elektrische Feld in einem aniso-
tropen Dielektrikum, b zeigt das Efrei E
magnetische Kraftfeld in einem Bfrei
Ferromagneten. Beide Fälle sind
nicht maßstabsgerecht gezeichnet a b

H und M sind die am häufigsten missverstandenen Größen der Elektrotechnik über-


haupt. Das liegt zunächst an der irreführenden Wortwahl: Magnetisierung ist rein sprach-
lich der Vorgang, der die Dipole und damit ein magnetisches Dipolfeld mit der Dichte
M schafft – und nicht das Ergebnis dieses Vorganges. Und der Begriff Magnetfeld für
die Größe H ist ein Relikt aus der Zeit vor Maxwell und Hertz (1885). Der Begriff ma-
gnetische Erregung ist schon besser. Er darf aber nicht so verstanden werden, dass das
H Feld von der Materie im Raum unabhängig sei. Die weitverbreitete Ansicht, dieses
Feld würde das Magnetfeld von der Erzeugerseite aus betrachtet beschreiben, ist schlicht
falsch: Makroskopisch lassen sich die Felder nicht in Erzeugungs- und Wirkungsanteile
zerlegen. Dies kann man daran festmachen, dass das, was in der Literatur H Feld genannt
wird, von der Materialverteilung im Raume abhängt.

1 Alle Felder sind Kraftfelder oder Kraftfeldanteile


Während die Felder E und B aufgrund der Kraft- und Induktionswirkung experimentell
nachweisbar sind, handelt es sich bei den Größen H , D, M und P um Größen, deren Sinn
die Verkürzung einiger Formeln und Rechenwege ist. In . Abb. 1.18 sind die Prioritäten
dargestellt. Im 19. Jahrhundert nahm man noch an, dass diese jeweils verschiedene Typen
von Feldern seien. So nannte Maxwell D electrical displacement, weil er glaubte, freie
Ladungsträger würden den damals noch angenommenen Äther verschieben (displace). In
aktuellen Feldtheorien wird der gesamte Elektromagnetismus jedoch nur noch durch ei-
nen einzigen Feldtensor beschrieben, in dem sich die Felder B und E wiederfinden. Alle
anderen Feldgrößen werden als spezielle Anteile an diesen Kraftfeldern angesehen.
. Abb. 1.19 zeigt die Verhältnisse so, wie sie sich im Infinitesimalen darstellen,
exemplarisch für ein anisotropes Dielektrikum und für ein ferromagnetisches Material.
Beim anisotropen Dielektrikum ist E P nicht parallel zu E frei . Das von den freien La-
dungen erzeugte elektrische Kraftfeld wird abgeschwächt und erhält eine neue Richtung.
Ferromagnetische Stoffe zeichnen sich dadurch aus, dass das Magnetisierungsfeld sehr
viel stärker ist als das in die gleiche Richtung zeigende Magnetfeld der freien Ströme:
B frei  B M .
Setzt man die in (. Abb. 1.19) gezeigten Feldsummen in die Maxwell’schen Glei-
chungen ein und vergleicht das Ergebnis mit den üblicherweise verwendeten Gleichun-
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
25 1

. Tab. 1.1 Bedeutung der traditionellen Feldgrößen im Infinitesimalen

Trad. Feldgröße H D M P

Bedeutung B frei =0 "0 E frei BM =0 "0 E P

Ursache Freie Ströme Freie Ladung Magnetisierung Polarisation

Ursache (Symbol) J frei frei JM P

gen, so folgt die in . Tab. 1.1 gezeigte Zuordnung. Alle dort aufgeführten Größen stehen
für bestimmte Anteile der Felder E und B. Messbar sind D und H nur, wenn sie mit E
und B zusammenfallen, also im Vakuum. Dagegen sind P und M nur in der Abwesen-
heit äußerer Felder messbar. Im Umkehrschluss gilt, dass beispielsweise das Feld eines
Stabmagneten ebenso durch M wie durch B beschrieben werden kann.
Wichtig bleibt: (1.49) und (1.55) werden oft auch als Maxwell’sche Gleichungen
für Materie bezeichnet. Sie bilden jedoch keine eigene Theorie, sondern sind schlicht
Konsequenzen einer Anwendung der Maxwell’schen Gleichungen auf polarisier-
bare bzw. magnetisierbare Medien. Die Differenzialgleichungen (1.45) gelten ohne
Einschränkungen sowohl im Vakuum als auch in Materie.

1 Mit den Größen "r und r wird vieles einfacher


Die Differenz E  E P kann auch als Modifikation des elektrischen Feldes E durch Mate-
rie interpretiert werden. Da diese stoffspezifisch ist, wird sie am besten durch eine neue,
dem Stoff zugeordnete Größe "r , die relative Dielektrizität beschrieben. Ihr messbarer
Wert ergibt sich aus der Mittelung über sehr viele Stoffatome und ihre Bedeutung ergibt
sich aus der folgenden Umformulierung der Differenz E  E P :

frei D r  ."0 E  "0 E P /


(1.58)
! frei D r  ."0 "r E / :

Durch (1.58) wird "r definiert. Bei Festkörpern, deren Moleküle bzw. Kristalle sich nicht
entgegengesetzt zum äußeren Feld verformen können, ist "r ein Tensor, denn diese Ma-
terialien verändern auch die Richtung des elektrischen Feldes. Man nennt sie elektrisch
anisotrop. Meist ist "r einfach ein Konstante, die relative Dielektrizitätskonstante. Diese
gibt an, um welchen Faktor der im elektrischen Feld befindliche Stoff dieses abschwächt.
Bisweilen wird auch nur angegeben, wie weit "r vom Wert 1 abweicht. Diese Ab-
weichung wird als elektrische Suszeptibilität10 E bezeichnet. Und so lässt sich für die
rechten Seiten von (1.48) und (1.49) auch Folgendes schreiben:

D D "0 E frei D "0 .E  E P / D .1 C E /  "0 E D "r  "0 E D " E (1.59)

Für anisotrope Materialien ist statt der Zahl 1 die Einheitsmatrix zu verwenden, und die
Richtungsänderung des Feldes wird durch ein tensorielles E berücksichtigt. In (1.59)
werden die in verschiedenen Büchern zu findenden Darstellungsformen des gleichen
Sachverhaltes zusammengefasst. Interessant ist, dass für isotrope Materialien der D ge-
nannte Feldanteil die Richtung des E -Feldes übernimmt. Makroskopisch hängt D daher

10 wörtlich: Empfänglichkeit.
26 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

immer von der Materialverteilung ab. Die freie Ladung Qfrei lässt sich also mit den fol-
1 genden, absolut gleichwertigen Integralen ausdrücken:
I I I
"E dA D .1 C E /"0 E dA D DdA D Qfrei : (1.60)

Ähnlich wie beim elektrischen Feld kann die Differenz zwischen dem Feld B und
dem durch die Magnetisierung entstandenen magnetischen Feldanteil B M als Modifikati-
on des durch die freien Ströme erzeugten Magnetfeldes durch die von ihm durchdrungene
Materie interpretiert werden. Es wird dann B frei D B  B M D 1 r B gesetzt. Die Grö-
ße r wird relative magnetische Permeabilität genannt. Ihr messbarer Wert ist ebenfalls
ein sich über viele Atome einstellender Mittelwert. Bei Festkörpern, deren Moleküle sich
nicht (anti-)parallel zum äußeren Feld magnetisch ausrichten können, ist r , ein Tensor,
denn diese Materialien verändern auch die Richtung des magnetischen Feldes. Man nennt
sie magnetisch anisotrop. So lässt sich (1.54) wie folgt schreiben:
@
J frei C ."0 "r E / D r  .1 1
0 r B/ : (1.61)
@t
Die oben beschriebenen Erkenntnisse lassen sich in zwei einfachen Regeln zusam-
menfassen:
Für lineare, isotrope Materialien ist r einfach eine Zahl, die angibt um welchen Fak-
tor das von den freien Strömen erzeugte Magnetfeld verstärkt wird. Die Abweichungen
der relativen Permeabilität vom Wert Eins heißt magnetische Suszeptibilität M . Es gilt
also r D 1 C M , wobei im anisotropen Fall die Zahl 1 durch die Einheitsmatrix und
M durch einen Tensor zu ersetzen ist. Alle folgenden Terme stehen also für das Gleiche:
 
B frei B  BM B B B
H D D D D D : (1.62)
0 0 .1 C M /  0 .r  0 / 
Wenn tensorielle r zugelassen werden, lassen sich die in (1.62) zusammengefassten
Identitäten für beliebige Stoffe benutzen. Da diese Gleichung an jedem Punkt im Rau-
me gilt, ist die Richtung des mit H bezeichneten Feldanteils durch die des B Feldes
vorgegeben.
Makroskopisch lässt sich der Zusammenhang zwischen elektrischer Flussänderung
und Magnetfelderzeugung (1.56) so ausdrücken:
I Z
@."E /
.1 B/  d` D Ifrei C dA (1.63)
@t
L

Vergleicht man die Gleichungen für Felder, welche unter dem Einfluss von Materie
modifiziert werden, mit den dazugehörigen Maxwell-Gleichungen, so ergibt sich eine
einfache Regel, um auf die die Materie berücksichtigenden Gleichungen zu kommen:

Die Wirkung polarisierbarer und magnetisierbarer Stoffe auf die elektromagnetischen


Kraftfelder lässt sich durch die Substitutionen

."0 E / ! ."0 "r E / D ."E /


(1.64)
.1
0 B/ ! . 1 1
0  r B/ D .1 B/
1.1  Grundlagen der Elektrodynamik
27 1

beschreiben. Sie setzt voraus, dass freie Ladungen bzw. Ströme vorhanden sind, und dass
eindeutig zwischen freien und gebundenen Ladungen unterschieden werden kann. Sie gilt
bei makroskopischen Körpern. Sie erlaubt dann, auf D und H in allen Rechnungen zu
verzichten. Werden atomare Distanzen betrachtet, kann sie nicht mehr angewandt werden.

Bei inhomogenen und bei anisotropen Materialien ist es wichtig, dass die Substitution
genau in dieser Reihenfolge und Klammerung geschieht. Das heißt auch: Wenn in For-
meln, die " oder  enthalten, über Felder integriert wird,
R dann müssen diese
R Parameter
immer im Integranden vor dem Feld stehen, also nicht . Bdx/=, sondern .1 B/dx.

1 Unterhalb von einem Nanometer bleiben nur noch E und B


, Die Begriffswelt der Elektrotechnik wurde von Pionieren geprägt, die von heutigen
Techniken wenig ahnen konnten. Eine Strukturierung von Werkstücken im Nanome-
terbereich war schlicht unvorstellbar. Daher brauchten sich die frühen Pioniere auch
keine Gedanken darüber machen, was sich ändert, wenn Felder nicht mehr über Tau-
sende von Atomen gemittelt werden können. Genau dieser Punkt ist aber heute erreicht.
Und so ergeben sich, wie . Abb. 1.20 zeigt, physikalische Grenzen. Die Größen P
und M stehen für über viele Atome gemittelte Feldanteile. Wenn aber wie bei aktuel-
len Transistorgenerationen Oxydschichten nur noch aus fünf Atomen aus drei Elementen
bestehen, dann wird so eine Mittelung fragwürdig. Spätestens wenn die Technik bei der
Behandlung einzelner Atome anlangt werden diese Größen unbrauchbar. Denn die Unter-
scheidung zwischen freien und gebundenen Ladungsträgern wird sinnlos, wenn Bereiche
unterhalb der Größe eines atomaren Orbitals betrachtet werden. Innerhalb eines solchen

. Abb. 1.20 Grenzen der Anwendbarkeit elektromagnetischer Feldgrößen (Z0 Resonanz nach [14])
28 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

Orbitals kann sich ein in ihm gebundenes Elektron frei bewegen. In der Folge werden
1 auch H ; D; "r und r unbrauchbar. Was bleibt sind E und B. Diese können alleine ver-
wendet werden, bis unterhalb von 1 fm die Schwache Wechselwirkung anfängt, mit dem
Elektromagnetismus zu interferieren.

1.2 Fragen und Aufgaben zur Elektrodynamik

1.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

1.1 Welche der folgenden Größen ist in jedem abgeschlossenen System erhalten?
a) Die Stromdichte,
b) die Ladungsdichte oder
c) die Ladung?

1.2 Ein etwa kugelförmiger Luftballon, dessen Oberfläche statisch aufgeladen ist, wird
so weit aufgepumpt, dass sich sein Durchmesser verdoppelt. Wie ändert sich die Feld-
stärke in der Nähe des Ballons?
a) Die Feldstärke wird kleiner.
b) Die Feldstärke bleibt gleich.
c) Die Feldstärke wird größer.

1.3 Woran erkennt man, dass ein Objekt ein elektrisches Dipolmoment hat?
a) Das Objekt bewegt sich parallel zu den elektrischen Feldlinien.
b) Das Objekt bewegt sich antiparallel zu den elektrischen Feldlinien.
c) Das Objekt wird so gedreht, dass es sich an den Feldlinien ausrichtet.

1.4 Welche Aussage stimmt für den Faraday’schen Käfig?


a) Er muss aus gut isolierendem Material gefertigt sein.
b) Er muss aus gut leitendem Material gefertigt sein.
c) Er muss großen mechanischen Belastungen gewachsen sein.

1.5 Zehn Meter unter einer Hochspannungsleitung wird eine magnetische Kraftfeld-
stärke („Flussdichte“) von 5 µT gemessen. Welche Stärke erwarten Sie in 20 Metern
Entfernung von der Leitung?
a) 2,5 µT,
b) ca. 3,5 µT, oder
c) 5 µT?

1.6 Bei eingeschalteter Sitzheizung eines Pkws wird ein Mehrverbrauch von Benzin
festgestellt. Woran „merkt“ der Motor, dass die Sitzheizung eingeschaltet ist?
a) Das meldet ihm die Bordelektronik.
b) Der Motor bemerkt es überhaupt nicht.
c) Die Drehzahl geht zurück, denn die Lichtmaschine ist schwerer zu drehen. Dies muss
die Motorelektronik durch mehr Benzinzufuhr ausgleichen.
1.2  Fragen und Aufgaben zur Elektrodynamik
29 1
1.7 Woran erkennt man ein elektrisch anisotropes Material?
a) Alle elektrischen Feldlinien haben an der Materialoberfläche einen Knick.
b) Senkrecht auf das Material auftreffende Feldlinien haben einen Knick.
c) Nur senkrecht auf das Material auftreffende Feldlinien haben keinen Knick.

1.8 Warum eignen sich ferromagnetische Materialien für die Konstruktion von Motoren?
a) Weil sie Magnetfelder verstärken.
b) Weil sie gut leitfähig sind.
c) Weil sie Magnetfelder abschwächen.

1.9 Welche der folgenden Aussagen gilt für die Maxwell’schen Gleichungen?
a) „Sie beweisen die Symmetrie zwischen E und H .“
b) „Das sind vier Gleichungen, die das Verhalten von vier Feldern beschreiben.“
c) „Eine ihrer Konsequenzen ist die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen.“

1.10 „Ein elektrisches Feld erkennt man an der Kraftwirkung auf Ladungen.“ Stimmt
das?

1.11 „Ein magnetisches Feld erkennt man an der Kraftwirkung auf bewegte Ladungen.“
Stimmt das?

1.12 „Das elektrische Feld ist immer wirbelfrei.“ Stimmt das?

1.13 „Die elektrodynamische Kraft ist die Summe aus Lorentz-Kraft und Coulomb-
Kraft.“ Stimmt das?

1.14 „Der elektrische Strom wird durch einen Vektor beschrieben.“ Stimmt das?

1.15 Auf welches Gesetz geht das Ohm’sche Gesetz zurück?

1.16 Welches Gesetz wurde durch die sogenannte Maxwell’sche Korrektur wie verän-
dert?

1.17 Wie manifestiert sich die Abwesenheit magnetischer Monopole in den Max-
well’schen Gleichungen?

1.18 Was bedeutet in der Elektrodynamik Polarisation, und was hat diese mit der elek-
trischen Influenz zu tun?

1.19 Welche Eigenschaften hat das Magnetfeld im Inneren einer sehr langen Spule?

1.20 Welche Feldgrößen sind nur anwendbar, wenn Prozesse betrachtet werden, bei de-
nen Distanzen unterhalb von 1 Nanometer keine Rolle spielen, und woran liegt das?
30 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

1.2.2 Klausuraufgaben
1
1.21 Um welchen Faktor vergrößert sich die abstoßende Kraft zwischen zwei sehr klei-
nen geladenen Kugeln, wenn bei beiden die Ladung verdreifacht wird? Durch welche
Abstandsveränderung wird die Kraft auf den ursprünglichen Wert reduziert?

1.22 Sie schneiden einen Magneten in der Mitte zwischen Nord- und Südpol durch.
Welche der folgenden Aussagen ist richtig:
a) Die neu entstandenen Magneten stoßen sich ab.
b) Die beiden neuentstandenen Magneten ziehen sich an.
c) Alle Kräfte heben sich auf.

1.23 Stimmt die folgende Aussage? Die Berechnung des elektrischen Dipol-Moments
muss im Ladungsschwerpunkt durchgeführt werden.

1.24 Elektrische Äquipotenziallinien schneiden elektrische Feldlinien in einem Winkel


von 90ı . Stimmt das?

1.25 Durch welche der folgenden Handlungen werden elektrische Spannungen indu-
ziert?
a) Im Inneren eines sehr großen Magneten stehend ein Stromkabel so aufwickeln, dass
die magnetischen Feldlinien durch die Windungen hindurchgehen,
b) in einem starken homogenen Feld eine Leiterschleife quer zu den Feldlinien verschie-
ben,
c) eine Leiterschleife in Rotation um ihre Symmetrieachse (wie ein Autoreifen beim
Fahren) drehen,
d) eine Leiterschleife um eine andere als ihre Symmetrieachse drehen.

1.26 Wie muss ein Magnet durchgeschnitten werden, damit zwei Magneten mit dem
gleichen Dipol-Moment, wie es der ganze Magnet vor dem Durchschneiden hatte, entste-
hen?
a) Längs zur Nord-Süd-Achse,
b) quer zur Nord-Süd-Achse,
c) aufgeben, denn es geht gar nicht.

1.27 Elektro- und Magnetostatik beschreiben


a) ausschließlich das Verhalten ruhender Ladungen,
b) ausschließlich das Verhalten zeitunabhängiger Kraftfelder,
c) die Elektrotechnik ohne Relativitätstheorie. Welche dieser Ergänzungen stimmt?

1.28 Auf wie viele Stellen genau ist die magnetische Permeabilität des Vakuums be-
kannt, auf 7, 12 oder noch mehr?

1.29 Welches Kraftgesetz kann man aus dem Gauß’schen Satz für das elektrische Feld
und der Definition der elektrischen Kraft F D QE erhalten?
1.2  Fragen und Aufgaben zur Elektrodynamik
31 1
. Abb. 1.21 Zur Aufgabe 1.35:
Als Torus gewickelte Spule und
die Definition ihrer zwei Radien r
und R (Photo aus 7 de.wikipedia.
org)

1.30 Bitte skizzieren Sie das elektrische Feld, welches durch eine große positive und
eine viel kleinere negative Ladung erzeugt wird.

1.31 Das Wassermolekül besteht aus einem Sauerstoff- und zwei Wasserstoff-Atomen,
die im Winkel von D 104;45ı zueinander stehen. Der Abstand zwischen dem Sauer-
stoffkern und den Wasserstoffkernen beträgt d D 0;09584 nm. Berechnen Sie das Dipol-
Moment eines Wassermoleküls unter der Annahme, dass der Wasserstoff vollständig
ionisiert ist, und vergleichen Sie den Wert mit dem experimentell gemessenen Wert von
p D 0;613  1029 Cm.

1.32 In den Gauß’schen Sätzen wird über infinitesimale Flächenvektoren dA integriert.


Was muss man sich unter einem Flächenvektor vorstellen?

1.33 Das Biot-Savartsche Gesetz wird meistens in Form eines Linienintegrals angege-
ben:
I
0 d`  r
BD I  : (1.65)
4
r3
Leitung

Bitte zeigen Sie, dass dieses Gesetz für einen konstanten, also nicht von der Zeit abhän-
genden Strom aus der Lorentz-Kraft, (1.22) folgt.

1.34 Was sagt der Gauß’sche Satz für das elektrische Feld über die Topologie des Feldes
aus? Bitte begründen Sie Ihre Aussage!

1.35 Bitte bestimmen Sie das Magnetfeld innerhalb einer als Torus gewickelten Spule,
wie sie in . Abb. 1.21 gezeigt ist. Die N Windungen haben eine Radius r. Der Abstand
zwischen den Windungen ist vernachlässigbar klein. Der Torus hat einen mittleren Radius
R, das heißt, die Zentren der Windungen bilden einen Kreis mit dem Radius R. Betrach-
ten Sie dann den Grenzfall eines sehr großen Radius R: Was folgt aus dieser Betrachtung
für das Magnetfeld einer langen geraden Spule?
32 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.22 Zur Aufgabe 1.36:


1 Spule mit der Länge l und dem
Radius r

1.36 Bestimmen Sie mit Hilfe des Ampèreschen Gesetzes das Magnetfeld in einer sehr
langen zylinderförmigen Spule (siehe . Abb. 1.22) als Funktion des Stromes I , der Win-
dungszahl N , der Länge l und des Radius’ r.

1.37 Ein dünner Metallring mit dem Radius R trägt, wie in . Abb. 1.23 gezeigt, eine
Ladung Q. Diese sei gleichmäßig verteilt, so dass auf jedem kleinen Abschnitt d` des
Ringes die gleiche Ladung dQ D ŒQ=.2
R/d` liegt.
a) Wie groß ist die durch ein kleines Ladungselement dQ hervorgerufene Feldstärke dE
an einem beliebigen Punkt auf der Achse durch den Ring, wenn sich der Punkt in
einer Höhe h über dem Ring befindet?
b) Wie groß ist die Komponente Ez des Gesamtfeldes entlang der Ringachse als Funkti-
on der Höhe?
c) Wie groß muss eine Probeladung QProbe mit dem Gewicht mProbe sein, damit sie in
der Höhe h schwebt?

1.38 Durch eine quadratische Leiterschleife fließt, wie in . Abb. 1.24 gezeigt, ein Strom
I . Die Schleife habe eine Seitenlänge L und befinde sich in einem homogenen Magnet-
feld B. Bitte berechnen Sie das Drehmoment auf die Leiterschleife und zeigen Sie so,
dass gemäß Definition 1.7 der Leiterschleife ein magnetisches Dipol-Moment zuzuord-
nen ist. Bitte bestimmen Sie dessen Größe und vergleichen Sie das Ergebnis mit (1.26).

1.39 Ein Hydrodynamiker ist von der theoretischen Elektrotechnik so begeistert, dass er
für den an seinem Haus vorbeifließenden Bach ein Unterwasser-Vektorfeld v definiert,
das für jeden Punkt im Wasser die jeweilige Fließgeschwindigkeit angibt. Dabei stellt
er erstaunt fest, dass er ein Gesetz findet, welches er schon als eine der Maxwell’schen
Gleichungen kennengelernt hatte. Welche Gleichung wurde wiederentdeckt und welche
Bedeutung hat sie?

. Abb. 1.23 Zur Aufgabe 1.37:


Probeladung QProbe , schwebend in
der Höhe h über einem homogen
geladenen Ring mit dem Radius r Probe
1.2  Fragen und Aufgaben zur Elektrodynamik
33 1
. Abb. 1.24 Zur Aufgabe 1.38: z
Leiterschleife im homogenen F v A
Magnetfeld B D .0; 0; B/. Durch
die Schleife fließe ein Strom in
der durch die Pfeile angegebenen B
Richtung
y

F
v

1.40 Zeigen Sie, dass aus den Maxwell’schen Gleichungen im Vakuum die Ausbreitung
p
von elektrischen Wellen mit der Geschwindigkeit c D 1= "0 0 folgt!

1.41 Bei der so genannten DAWN-Mission der NASA wurde erstmalig das in
. Abb. 1.25 gezeigte Ionentriebwerk eingesetzt. Ein solches Triebwerk produziert klei-
ne Kräfte über einen langen Zeitraum bei geringem Materialverbrauch. Bei diesem
Triebwerk werden Xenon-Atome ionisiert und elektrisch beschleunigt. So entsteht eine
Schubkraft von maximal F D 0;091 N, wenn 3;25 mg=s Xenon verbraucht werden.
a) Wie groß ist die Rückstoßgeschwindigkeit der Xenon-Ionen?
b) Durch welche Spannung müssen sie beschleunigt werden?
c) Welcher Strom I fließt aus dem Triebwerk hinaus und warum lädt sich der Satellit
trotzdem nicht elektrostatisch auf?

1.42 Wenn bei schnell fahrenden Zügen die Räder links und rechts verbunden sind, so
wird während der Fahrt durch das Erdmagnetfeld eine Spannung induziert. Denn die
Schienen sind in regelmäßigen Abständen miteinander (und mit dem Erdreich) verbun-
den. Ein fahrender Zug erzeugt also eine Leiterschleife, deren Breite der Schienenabstand
und deren Länge beim Überfahren eines Verbindungspunktes gleich Null ist und dann

. Abb. 1.25 Zur Aufgabe 1.41:


Der DAWN-Satellit. Er benutzt ein
Ionentriebwerk. Die erzeugte Kraft
ist klein, soll aber mehr als 2000
Tage anhalten (Foto: NASA [10])
34 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

. Abb. 1.26 Zur Aufgabe 1.42: Ein ICx und die bei seiner Fahrt mit der Geschwindigkeit v verursachte
Änderung des magnetischen Flusses aufgrund der Flächenzunahme A (rechts). (Foto: Siemens)

mit der Geschwindigkeit des Zuges wächst. So entsteht, wie in . Abb. 1.26 gezeigt, eine
Leiterschleife, deren Größe sich durch die Zugbewegung ändert. Bitte zeigen Sie anhand
dieses Beispiels, dass das Faraday-Henry-Gesetz (1.28) und die Lorentz-Kraft in diesem
Falle (1.25) eine gleich große so erzeugte Spannung ergeben und daher den gleichen phy-
sikalischen Sachverhalt beschreiben. Hinweis: Für eine Ladung, deren Bewegung durch
andere äußere Kräfte festgelegt ist, ist es vollkommen ununterscheidbar, ob sie durch ein
elektrisches Feld oder durch ein quer dazu befindliches magnetisches Feld beeinflusst
wird.

1.43 Bei dem durch einen elektrischen Stromfluss erzeugten magnetischen Feld kann
jedem Punkt im Raum ein Feldvektor zugeordnet werden, welcher zusammen mit dem
Geschwindigkeitsvektor einer Ladung erlaubt, die auf diese Ladung wirkende Kraft zu
berechnen. Andererseits zeigt eine eingehende Analyse des Induktionsgesetzes (siehe
. Abb. 1.15), dass sich das Magnetfeld gerade dadurch auszeichnet, dass es nicht mög-
lich ist, jedem Punkt im Raum eindeutig einen Kraftvektor für eine Probeladung zuzu-
ordnen. Ist dies ein Widerspruch? Und wenn nicht: Worin besteht die Auflösung?
1.3  Antworten zu Kap. 1
35 1
1.3 Antworten zu 7 Kap. 1

1.1 Antwort c) ist richtig. Die Ladungserhaltung führt zur Kontinuitätsgleichung, nach
der die zeitliche Abnahme der Ladungsdichte gleich der Stromdichte ist.

1.2 Antwort b) ist richtig. Man stelle sich eine den Luftballon weiträumig und ganz um-
schließende Fläche vor. Nach dem Gauß’schen Satz hängt die Feldstärke an dieser Fläche
nur von der umschlossenen Gesamtladung ab. Diese ändert sich durch das Aufblasen
nicht.

1.3 Antwort c) ist richtig. Das elektrische wie auch das magnetische Dipolmoment sind
durch ihr Drehmoment im Feld definiert.

1.4 Antwort b) ist richtig. Das gut leitende Material sorgt dafür, dass die gesamte Käfig-
oberfläche auf dem gleichen Potenzial liegt. Daher ist der Raum im Inneren feldfrei und
es treten keine elektrischen Kräfte auf.

1.5 Antwort a) ist richtig. Dies folgt aus dem Ampère’schen Gesetz.

1.6 Antwort c) ist richtig. Mehr Stromverbrauch bedeutet ein stärkeres magnetisches
Dipolmoment in der Lichtmaschine. Ihr Rotor wird daher stärker abgebremst.

1.7 Antwort b) ist richtig. An den Grenzflächen isotroper Materialien mit verschiedenen
Dielektrizitätskonstanten haben nur senkrecht auftreffende Feldlinien keinen Knick.

1.8 Antwort a) ist richtig. Eine gute Leitfähigkeit ist eher störend, denn sie erlaubt das
Auftreten von Wirbelströmen. Daher werden gute Motoren und Generatoren aus Dyna-
moblech, also lamelliertem Eisen, so hergestellt, dass größere Wirbelströme durch die
Oxidschichten der Lamellen verhindert werden.

1.9 Antwort c) ist richtig. Es sind vier Gleichungen, die das Verhalten von zwei Feldern,
nämlich E und B, beschreiben. Die Annahme einer Symmetrie zwischen E und H ist
ein Überbleibsel aus der Zeit der Elektrostatik vor Maxwell. H ; D; M und P stehen für
Anteile an E und B.

1.10 Das stimmt, denn genauso ist das E Feld definiert.

1.11 Das stimmt, denn genauso ist das B Feld definiert.

1.12 Nein, das stimmt nicht. Nur statische elektrische Felder sind wirbelfrei.

1.13 Das stimmt. Die elektrodynamische Kraft wurde von Einstein im Rahmen der Spe-
ziellen Relativitätstheorie 1905 so benannt. Seither ist bekannt, dass E und B zwei
Aspekte des gleichen Phänomens sind.

1.14 Nein, das stimmt nicht. Der Strom gibt nur eine zeitliche Bilanz der Ladungsände-
rung an: I D dQ=dt. Im Gegensatz dazu ist die Stromdichte J ein Vektor, nämlich das
36 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

Produkt aus Ladungsdichte und Geschwindigkeitsvektor. Bildet man das Skalarprodukt


1 aus der Stromdichte und dem Vektor einer gerichteten Fläche, so erhält man den Strom
durch diese Fläche.

1.15 Das Ohm’sche Gesetz folgt aus dem Gesetz von Drude, nach dem die Stromdichte
aus der elektrischen Feldstärke und der spezifischen Leitfähigkeit folgt: J D  E .

1.16 Das Ampère’sche Gesetz wurde um die zeitliche Ableitung des elektrischen Feldes
erweitert. Seither ist bekannt, dass das Ampère’sche Gesetz nur im statischen Fall gilt.
Außerdem begründet die Korrektur die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, welche
Heinrich Hertz dann auch tatsächlich fand. Aus heutiger Sicht ist daher das Ampère’sche
Gesetz unvollständig.

1.17 Diese wird durch die Divergenzfreiheit des magnetischen Kraftfeldes, div B D 0,
begründet.

1.18 Polarisation steht für den folgenden Vorgang: In einem nicht leitfähigen Körper,
der einem elektrischen Feld ausgesetzt wird, werden auf atomarer Skala Ladungen so
verschoben, dass er insgesamt ein elektrisches Dipolmoment entwickelt. Die verscho-
benen Ladungen ihrerseits erzeugen ein elektrisches Feld, welches dem äußeren Feld
entgegensteht. Dadurch verkleinert sich das Gesamtfeld innerhalb des Körpers.
Ist der Körper leitfähig, so können sich die Elektronen über makroskopische Distan-
zen hinweg bewegen. Diese Bewegung hört erst auf, wenn das elektrische Feld im Inneren
ganz verschwindet. Das heißt dann Influenz.

1.19 Das Magnetfeld im Inneren einer langen Spule ist parallel ausgerichtet und homo-
gen. Insbesondere ist seine Stärke nicht vom Radius abhängig.

1.20 Einige Feldgrößen gehen auf die Unterscheidung zwischen gebundenen und frei
beweglichen Ladungen und Strömen zurück: D und H stehen für Feldanteile, die von
frei beweglichen Ladungen und Strömen erzeugt werden, P und M für diejenigen An-
teile, die von gebundenen Ladungsträgern und Strömen herrühren. Für das Verhältnis der
Anteile zum Gesamtfeld stehen "r und r . Werden Distanzen unterhalb der Größe von
Bindungsorbitalen betrachtet, so wird die Unterscheidung gebunden oder frei sinnlos,
denn innerhalb dieser Distanzen sind auch gebundene Elektronen frei beweglich. Unter-
halb von 1 Nanometer bleiben nur noch E und B.

1.21 Nach dem Coulombschen Gesetz (1.2) verneunfacht sich die Kraft. Diese Vergrö-
ßerung kann dadurch kompensiert werden, dass der Abstand verdreifacht wird.

1.22 Wie in . Abb. 1.13 gezeigt, entstehen zwei neue Magnete mit jeweils zwei Polen,
und zwar so, dass zwei verschiedene Pole nah beieinander sind. Daher ziehen sich die
Magnete an. Antwort b) ist richtig.

1.23 Nein, diese Aussage stimmt nicht. Vielmehr ist die Berechnung des elektrischen
Dipol-Moments nach Definition 1.5 vom Bezugssystem unabhängig. Beweis: Eine Än-
P r i einen konstanten Vektor R
derung des Bezugssystems bedeutet, zu allen Vektoren
hinzu zu addieren. Gemäß (1.14) bedeutet diesp D niD1 Qi  .r i C R/. Trennt man die
1.3  Antworten zu Kap. 1
37 1

PTerm mit R genau


Summe in zwei Teile, so wird deutlich, dass der Pn dannverschwindet,
wenn die Summe aller Ladungen Null ist:p D niD1 Qi  r i C i D1 Qi  R.

1.24 Ja, die Äquipotenziallinien verlaufen senkrecht zu den Feldlinien, denn der Ener-
giegewinn kann gemäß (1.15) nur tangential zu den Feldlinien erfolgen.

1.25 Nach (1.28) wird immer dann eine Spannung induziert, wenn sich der magnetische
Fluss ändert.
a) Im Inneren eines Magneten ein Stromkabel so aufzuwickeln, dass die magne-
tischen Feldlinien durch die Windungen hindurchgehen, bedeutet: In der Aus-
gangssituation gab es keinen nennenswerten magnetischen Fluss, denn es gab
keine vom Leiter umschlossene Fläche. Nach dem Wickeln beträgt der Gesamt-
fluss ˚B bei N Windungen um eine Fläche A W ˚B D N B  A. Wird zum
Wickeln eine Zeit t benötigt, so wird eine Spannung Uind D N B  A=t in-
duziert, die zwar klein, aber nicht Null ist.
b) und c) In einem starken homogenen Feld eine Leiterschleife quer zu den Feldlinien
verschieben ändert nicht den magnetischen Fluss und erzeugt daher keine Span-
nung, ebenso wenig wie eine Rotation um die Symmetrieachse.
d) Eine Leiterschleife um eine andere als ihre Symmetrieachse zu drehen, verän-
dert den magnetischen Fluss und führt zu Spannungen.

1.26 Wenn man einen Magneten halb durchschneidet, dann entstehen zwei Magnete mit
jeweils kleinerem Dipol-Moment, egal ob längs oder quer geschnitten wurde.
a) Wird der Magnet längs durchgeschnitten, so bleibt der Polabstand konstant, jedoch
trägt nur die Hälfte der atomaren Dipole zum Dipol-Moment bei, das Gesamtmoment
halbiert sich.
b) Wird der Dipol quer durchgeschnitten, so halbiert sich die Anzahl der atomaren Ma-
gnete und der durchschnittliche Abstand ebenfalls. Antwort c) ist also richtig.

1.27 Auch statische Magnetfelder werden durch bewegte Ladungen erzeugt (siehe
7 Abschn. 1.1.2). Daher kann Antwort a) nicht richtig sein, vielmehr stimmt Antwort b)
(siehe auch 7 Abschn. 1.1.3).
Ergänzung c) enthält zwei Fehler: Erstens ist die Elektrotechnik weder Elektrostatik
noch Elektrodynamik, sondern deren technische Anwendung. Und zweitens sind sowohl
Elektrostatik als auch Elektrodynamik untrennbar mit der speziellen Relativitätstheo-
rie verbunden. Wann eine Ladung ein elektrisches Feld erzeugt und wann ein magne-
tisches Feld, ist von der Geschwindigkeit des Beobachters abhängig. Dass, unabhängig
von der Geschwindigkeit des Beobachters, immer die gleichen Gesamtkräfte aus den
Maxwell’schen Gleichungen herauskommen, das ist das Ergebnis der heute als spezielle
Relativitätstheorie bekannten Transformations-Gleichungen (siehe . Abb. 1.1).

1.28 0 ist in den mittlerweile zum Standard gewordenen SI-Einheiten mathematisch


und nicht experimentell definiert. (Details siehe Anhang B) Daher ist 0 so genau be-
kannt wie die Zahl
, also auf Tausende von Stellen, und zwar aus folgendem Grund:
Ein Strom von einem Ampere ist über dessen magnetische Kraftwirkung definiert: Zwei
lange, dünne, einen Meter voneinander entfernte Leiter im Vakuum transportieren genau
dann einen jeweils entgegengesetzten Strom von einem Ampere, wenn auf jeden Meter
Länge des Leiters eine Kraft von F=` D 2  107 N=m wirkt. Nach dem Ampèreschen
38 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

Gesetz ist
1 I
Bd` D 0 I ! B  2
 1 m D 0 1 A : (1.66)

Die Kraft des Magnetfeldes auf ein Stückchen ` des anderen Leiters folgt aus der
Lorentz-Kraft, deren Handhabung sich dadurch vereinfacht, dass Strom und Magnetfeld
senkrecht aufeinanderstehen:

`
F D Q  v  B ! F D Q  B : (1.67)
t
Gleichung 1.67 lässt sich als Kraft pro Länge umschreiben:

F N
D I  B ! 2  107 D 1A  B : (1.68)
` m
Aus 1.68 und 1.66 lässt sich die magnetische Feldstärke B eliminieren, und man erhält

Nm
0 D 4
 107 ; (1.69)
A2
eine Zahl also, die genau so genau bekannt ist wie
.

1.29 Das Coulombsche Gesetz (1.11) kann aus dem Gauß’schen Satz für das elektrische
Feld (1.34) hergeleitet werden. Dazu stelle man sich eine Ladung Q im Ursprung des Ko-
ordinatensystems vor. Wie groß und in welche Richtung zeigend ist dann das elektrische
Feld E , zum Beispiel am Punkt r D .r; 0; 0/? Zur Anwendung des Gauß’schen Satzes
legen wir eine Kugel vom Radius r um die Ladung. Dann liegen alle Flächenvektoren
parallel zu den Feldvektoren (E  dA D E  dA). Für alle Punkte r auf der Kugeloberflä-
che hat der Feldvektor E die gleiche Richtung wie die Radius-Vektoren: E D E  r=r.
Nach (1.34) ist dann
I
E  dA D 4
r 2E D Q="0 : (1.70)
Oberfläche

Umgestellt nach E ergibt sich der Betrag

Q
ED (1.71)
4
"0  r 2

und mit Hilfe der Kugel-Symmetriebedingung E D E  r=r schließlich das Coulombsche


Gesetz 1.11.

1.30 Ein Beispiel ist in . Abb. 1.27 gezeigt. Aus sehr großer Entfernung betrachtet ist
das Feld von dem einer Einzelladung, die die Summe der beiden Teilladungen enthält
(vom Betrag her also die Differenz, da die Vorzeichen verschieden sind) kaum zu unter-
scheiden.
1.3  Antworten zu Kap. 1
39 1
. Abb. 1.27 Zur Aufgabe 1.30:
Elektrisches Feld zweier sehr
unterschiedlicher Ladungen. Bei
sehr ungleich großen Ladungen
treffen die Feldlinien sogar von der
Rückseite auf die kleinere Ladung

1.31 Zur Berechnung des elektrischen Dipol-Moments nach Definition 1.5 wird das
Sauerstoff-Atom in den Ursprung des Koordinatensystems gelegt. Die Wasserstoff-
Kerne werden symmetrisch um die x-Achse gelegt. Damit kürzen sich die y- und
z-Komponenten des Dipol-Moments heraus. Die verbleibende x-Komponente ist dann
px D 2  e  d  cos.=2/. Dabei ist  der Winkel zwischen den Wasserstoff-Atomen. In
Zahlen ergibt sich px D jpj D 1;88  1029 Cm. Dieser Wert ist gut dreimal so groß wie
der experimentell bestimmte Wert. Daraus folgt, dass die Bindung des Wassermoleküls
sind nur in geringem Maße ionischer Natur ist. Bildlich gespochen: Die Wasserstoff-
Atome haben ihre Elektronen zum erheblichen Teil selbst behalten und nicht an das
Sauerstoff-Atom abgegeben.

1.32 Ein infinitesimaler Flächenvektor dA ist, wie in . Abb. 1.7 gezeigt, ein Vektor,
dessen Richtung senkrecht von der Oberfläche weg zeigt, und dessen Betrag die Größe
der Fläche ist. So wird zum Beispiel in einem kartesischen .x; y; z/ Koordinatensystem
der Flächenvektor zu einem infinitesimalen Stückchen der x-y-Ebene dA D dx  dy  e z D
dx  dy  .0; 0; 1/.
Die Beschreibung von Flächen durch Vektoren hilft, Flüsse von Vektorfeldern durch
Oberflächen auf sehr kompakte Weise zu beschreiben. Sie ist damit ein Schlüssel zum
Verständnis der in 7 Abschn. 1.1.3 beschriebenen Induktionsvorgänge (siehe auch Auf-
gabe 1.39).

1.33 Nach (1.22) kann der Beitrag B einer kleinen Teilladung Q zum gesamten
Magnetfeld als

0 Q
B D  vr (1.72)
4
r 3
geschrieben werden. In einer Leitung bewegen sich die Ladungsträger parallel und ent-
lang der Leitung. Daher kann der Geschwindigkeitsvektor v als `= t geschrieben
werden, wobei ` ein Stückchen entlang der Leitung ist. So ergibt sich die Form

0 Q `
B D   r : (1.73)
4
r 3 t
Dabei können Q und t zum Strom I zusammengefasst werden und man erhält

0 I
B D   `  r : (1.74)
4
r 3
40 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

Nun wird zu infinitesimalen Stückchen der Leitung übergegangen, ` ! d`, und über
1 alle infinitesimalen Beiträge dB integriert. Da der Strom I überall in einer Leitung der
gleiche sein muss, kann er vor das Integral geschrieben werden. Das Ergebnis ist (1.65).

!Vorsicht Missverständnis!
Dieses Ergebnis gilt so nur bei konstanten Strömen und Magnetfeldern. Im dynamischen
Falle ist zu berücksichtigen, dass Änderungen der Felder erst nach einer Verzögerungszeit
den Änderungen der Ladungsträgerbewegungen folgen. Die Zeit ist durch den Abstand zu
den Ladungsträgern und durch die Lichtgeschwindigkeit gegeben.

1.34 Das elektrische Feld hat Quellen und Senken, die durch die vorhandenen Ladungen
festgelegt werden. Begründung: Man stelle sich eine einzige, punktförmige positive La-
dung im Zentrum einer kleinen Kugel vor. Nach dem Gauß’schen Satz, bzw. der ersten
Maxwell’schen Gleichung (1.34), zeigen die Feldvektoren alle aus der Kugeloberfläche
heraus. Im Grenzfall einer infinitesimal kleinen Kugel gehen alle Feldvektoren von die-
sem kleinen Gebilde aus. Das zum Punkt geschrumpfte Kügelchen ist also die Quelle des
elektrischen Feldes. Entsprechend kann man sich eine negative Ladung vorstellen. Dann
erhält man eine Senke des elektrischen Feldes.

1.35 Aus den Geometriebedingungen folgt, dass die Magnetfeldlinien innerhalb des To-
rus’ Kreise bilden und dass die Magnetfeldstärke entlang dieser Kreise konstant ist. Jede
dieser Magnetfeldlinien führt durch alle Windungen des Torus’. Nach dem Ampère’schen
Gesetz gilt daher

0 NI
BZentrum D : (1.75)
2
R
An der Innenkante des Torus’ sind die Feldlinien kürzer, an der Außenkante länger. So
erhält man
0 NI
BInnenkante D
2
.R  r/
(1.76)
0 NI
BAußenkante D
2
.R C r/

Das Magnetfeld fällt also proportional zum Abstand vom Mittelpunkt ab.
Im Grenzfall eines sehr großen Torus-Radius’ werden die relativen Unterschiede der
Längen der Feldlinien immer unbedeutender. Das Magnetfeld zwischen den Windungen
wird im Grenzfall R ! 1 homogen. Stellt man sich diesen Torus als Aneinanderreihung
vieler fast gerader Spulen vor, so folgt:

Im Inneren einer langen zylindrischen Spule ist das Magnetfeld homogen.

1.36 Aus Symmetriegründen müssen alle Komponenten des Magnetfeldes außer Bx in


. Abb. 1.28 verschwindend gering sein. Um das im Ampèreschen Gesetz auftretetende
Pfadintegral auszurechnen, teilen wir daher den Pfad in vier Teile auf, zwei mit der Länge
1.3  Antworten zu Kap. 1
41 1
-x
-y y

x B = (Bx ,0,0)

. Abb. 1.28 Zur Aufgabe 1.36: Anwendung des Ampèreschen Gesetzes auf eine lange Spule: Nur der untere
Teil des Pfades liefert einen nennenswerten Beitrag: B  ` D x  B. Der Pfad umschließt den Strom I N -mal
(hier: N D 3)

x davon parallel zum Magnetfeld in der Spule, zwei mit der Länge y senkrecht dazu. Wie
in . Abb. 1.28 gezeigt, sind drei der Beiträge zu B  ` gleich Null, zwei wegen des 90ı -
Winkels, einer, weil das Rückfeld so stark verdünnt ist, dass es keinen nennenswerten
Beitrag liefert. Also ist
I
B  d` D x  B D 0 NI : (1.77)

Umgestellt nach B ergibt sich

N
B D 0 I  : (1.78)
x
Gl. (1.78) sieht man an: Die Stärke des Magnetfeldes hängt weder von der Länge, noch
vom Durchmesser der Spule, noch von der radialen Position innerhalb der Spule ab,
sondern (außer vom Strom I ) nur von der Windungsdichte N=x, also der Anzahl der
Windungen pro Längeneinheit.

1.37
a) Der Betrag der Feldstärke, E, ergibt sich aus dem Coulombschen Gesetz (siehe
(1.11)) zu

dQ
dE D (1.79)
4
"0 .h2 C R2 /

Dabei ist die Richtung genau die des Abstandsvektors von dQ zum betrachteten
Punkt. Legen wir fest, dass der Ring in der x-y-Ebene liegt und die Ringachse gleich
der z-Achse ist, kann d E durch den Betrag E und die Winkelfunktionen angegeben
werden. Wenn  der Winkel zur z-Achse ist, ist dEz D cos   dE. Nennt man  den
Winkel zur x-Achse in der x-y-Ebene, dann ergibt sich insgesamt

dE D .dEx ; dEy ; dEz / D dE  .sin  cos ; sin  sin ; cos / (1.80)

Der Winkel  ist durch die Aufgabenstellung nicht bestimmt.  ergibt sich aus

h
cos  D p : (1.81)
h C R2
2
42 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

b) Die gesamte Feldstärke entlang der z-Richtung ergibt sich durch Integration über die
1 Kreislänge d ` D Rd. Diese muss aber nicht explizit ausgeführt werden:
Z Z
dQ cos   Q
Ez D cos E D cos  dE D cos  D :
4
"0 .h2 C R2 / 4
"0 .h2 C R2 /
(1.82)
Jetzt muss noch der Winkel ersetzt werden:
Qh
Ez D : (1.83)
4
"0 .h2 C R2 /3=2
Die Komponenten Ex und Ey verschwinden bei der Integration aufgrund der Rotati-
ons-Symmetrie des Problems.
c) Der Schwebezustand ist erreicht, wenn die Gewichtskraft Fg D m  g genau so stark
ist wie die elektrische Kraft F D Q  E. In diesem Fall ist also

mProbe  g  4
"0 .h2 C R2 /3=2
QProbe  Ez D mProbe  g ! QProbe D : (1.84)
Qh
Sowohl für sehr kleine h (fällt durch) als auch für sehr große h (zu weit weg) divergiert
die notwendige Ladung QProbe .

1.38 Lösungsstrategie: Die Leiterschleife wird in ihre vier Bestandteile zerlegt. Diese
werden einzeln hinsichtlich der wirkenden Lorentz-Kräfte betrachtet. Vor der eigentli-
chen Berechnung muss man sich im Klaren über die Richtung der einzelnen Kräfte sein.
Lösung: Aus . Abb. 1.24 ist ersichtlich, dass die Kraft auf das untere Leitungsstück
immer in Richtung der y-Achse zeigen muss, denn es gilt .1; 0; 0/  .0; 0; 1/ D .0; 1; 0/.
Die Kraft auf das obere Leitungsstück ist gleich groß und genau entgegengerichtet. Diese
beiden Kräfte werden also zum Drehmoment beitragen. Jedes dieser Leitungsstückchen
trägt einen Teil F D .0; F; 0/ D QvB bei. Da v und B senkrecht aufeinander ste-
hen, kann die Kraftkomponente F skalar berechnet werden. Dazu der Standard-Kniff:
x Q
Q  v D Q  D x  D x  I : (1.85)
t t
Mit Hilfe dieser Beziehung kann die gesamte Kraft vom oberen Leitungsstück berechnet
werden:
Z Z Z
F D dF D v  B dQ D BI dx D B  I  L : (1.86)

Die Kraft auf das untere Teilstück ist genau so groß, aber entgegengesetzt gerichtet.
Da der Strom im vorderen Leitungsstück von der Form I D .0; Iy ; Iz / ist, muss der
Kraftvektor parallel oder antiparallel zur x-Achse sein. Aus Symmetrie-Gründen hebt er
genau die Kraft auf, die auf das hintere Stück wirkt. Beide bewirken, dass die Leiterschlei-
fe entlang der x-Achse auseinandergezogen wird. Sie tragen nicht zum Drehmoment bei.
Das Gesamt-Drehmoment ist also das Doppelte dessen, was bei ausschließlicher Be-
trachtung des unteren Leitungsstückes herauskommt: F D .0; 2  B  I  L; 0/. Nennt man
 den Winkel zur y-Achse um die x-Achse herum, so erhält man mit r D L=2

M D r  F D .B  I  L2  sin./; 0; 0/ : (1.87)
1.3  Antworten zu Kap. 1
43 1

. Abb. 1.29 Zur Aufgabe 1.39: Fluss eines Vektorfeldes, hier als Beispiel die Fließgeschwindigkeiten in
einem Bach. Die Quellenfreiheit dieses Feldes ist gleichbedeutend mit der Erhaltung der Wassermenge: So viel
Wasser, wie in jedes Volumen hineinströmt, muss auch wieder hinaus

Das gleiche Ergebnis erhält man aus der Definition 1.7, wenn man (1.27) annimmt.
Daraus lässt sich schließen, dass in der Tat das magnetische Dipol-Moment einer Lei-
terschleife durch das Produkt aus Flächenvektor und Umlaufstrom gegeben ist.

1.39 Er findet den Gauß’schen Satz für das Magnetfeld (1.37) wieder! Dies wird
H in 1.29
deutlich. Denn der Volumenstrom des Wassers durch eine Fläche A ist gerade Oberfläche v
d A. Wenn das Integral über eine geschlossene Fläche berechnet wird, so gibt es an,
wie groß der Wasser-Volumengewinn pro Zeit ist. Da die Masse erhalten und die Dichte
praktisch konstant ist, gilt auch hier:
I
v  dA D 0 : (1.88)
Oberfläche

An diesem Beispiel wird der Sinn des Skalarproduktes zwischen Vektorfeld und Flächen-
vektor deutlich: das Skalarprodukt projiziert genau den Teil des Vektorfeldes heraus, der
senkrecht zur Fläche steht – und nur dieser Teil beschreibt den Zu- und Abfluss!

1.40 Die beiden Induktionsgesetze sind diejenigen, die eine zeitliche Veränderung .@=@t/
mit einer räumlichen Veränderung .r/ verbinden. Daher sind sie der Startpunkt für die
Suche nach einer Wellengleichung. Das Ampère-Maxwell-Gesetz ((1.33) und (1.44)) und
44 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

das Faraday-Henry-Gesetz ((1.28) und (1.42))


1
@E @B
.r  B/ D "0 0 und .r  E / D  (1.89)
@t @t
können ineinander eingesetzt werden, wenn jeweils eins von ihnen von links mit r
multipliziert wird:

@B @2 E
r  .r  E / D r  D "0 0 : (1.90)
@t .@t/2

Wegen der für alle Vektoren v gültigen Identität

r  .r  v/ D r.r  v/  r 2 v (1.91)

können wir die linke Seite von (1.90) umschreiben:

@2 E
r.r  E /  r 2 E D "0 0 : (1.92)
.@t/2

Im Vakuum ist aber wegenr  E D ="0 der linke Term in (1.92) gleich Null. Übrig bleibt
die Wellengleichung

@2 E
r 2 E D "0 0 : (1.93)
.@t/2

Diese Differenzialgleichung beschreibt eine (ansonsten von Randbedingungen abhängi-


ge) Wellenausbreitung mit der Geschwindigkeit

1
cDp : (1.94)
"0 0

Der Rechenweg für das magnetische Feld verläuft analog und gibt das gleiche Ergebnis:

@2 B
r 2 B D "0 0 : (1.95)
.@t/2

q. e. d.

1.41 Lösungsstrategie: Man muss sich klar machen, dass die Kraft allgemein als Im-
pulsänderung definiert ist F D dp=dt und überlegen, was das für einen Strom einfach
geladener Teilchen mit einer bestimmten Geschwindigkeit bedeutet.
Lösung:
a) Die Austrittsgeschwindigkeit ergibt sich bei konstanter Ionengeschwindigkeit v zu

dp d.mv/ dm
F D D Dv : (1.96)
dt dt dt
Auflösen nach v und Einsetzen der Zahlen ergibt

v D 28:000 m=s ' 100:000 km=h : (1.97)


1.3  Antworten zu Kap. 1
45 1
b) Da die Spannung gemäß (1.15) gerade Energie pro Ladung und die Energie gerade
die kinetische Energie der Ionen Ist, ergibt sich
1 2
U D W=Q D mv =e : (1.98)
2
Die Masse eines Xenon-Atoms ist die Molmasse dividiert durch die Avogadro-Zahl:
Da ein Mol Xenon 131;1 g und einer Teilchenanzahl von n D 6;022  1023 entspricht,
ergibt sich in ZahlenU D 534 V.
Der Teilchenstrom lässt sich in einen Ladungsstrom umrechnen:
dQ dQ dm
I D D  I (1.99)
dt dm dt
dabei ist dQ=dm einfach das Verhältnis von Elementarladung zur Masse eines einzel-
nen Xenon-Atoms. In Zahlen:
1;602 1019 C  6;022 1023  3;25 106 kg=s
I D D 2;39 A : (1.100)
0;1313 kg
c) Dass es trotz des großen Stromes nicht zum Aufladen des Satelliten kommt, liegt
daran, dass beim Austritt der Ionen Elektronen mitgerissen werden. Da die Elektronen
im Vergleich zu den Ionen eine vernachlässigbar kleine Masse haben, ändert dies die
Schubkraft praktisch nicht.

1.42 Lösungsstrategie: Die Lorentz-Kraft wird für die Ladungsträger in der Achse
berechnet und als elektrische Kraft entlang einer durch die Achse des Zuges gehenden
Leiterschleife uminterpretiert.
Lösung: Wir betrachten die Elektronen im Metall als Ladungsträger, deren Ge-
schwindigkeit durch die Bewegung der Achse des in . Abb. 1.26 gezeigten Zuges
vorgegeben wird. Entsprechend (1.2) erfahren sie eine Kraft F D QElektron  vAchse  B Erde .
Es ist den Ladungsträgern dabei egal, ob diese Kraft magnetisch oder elektrisch genannt
wird. Deshalb kann jedem Punkt innerhalb der Achse genauso gut ein elektrisches Feld
E D F =Q zugeordnet werden: R E D vAchse  B Erde . Die resultierende Spannung ist
gemäß Definition 1.6 U D Achse E  ds. Alle Ladungsträger auf den Schienen und deren
Erdverbindungen sind in Ruhe. Deshalb hat nur die Achse es Zuges in . Abb. 1.26 einen
Beitrag zur Induktionsspannung. Die gesamte in die Leiterschleife induzierte Spannung
ist genauso groß wie die der Achse allein:
Z I I
U D E  ds D E  ds D vAchse  B Erde  ds (1.101)
Achse Schleife Schleife

Bis zu diesem Punkt haben wir nur die Lorentz-Kraft betrachtet. Aber das letzte Integral
kann so umgerechnet werden, dass am Ende das Faraday-Hernry-Gesetz übrig bleibt.
Das Faraday-Henry-Gesetz beschreibt die Konsequenzen einer Änderung des ma-
gnetischen Flusses. Da das Erdmagnetfeld aber konstant ist, kann es hier nur um die
Änderung der Fläche gehen. Für die in . Abb. 1.26 betrachtete Leiterschleife ergibt die
Geschwindigkeit in einer Zeitspanne t einen Flächenzuwachs von
Z
A D .v t/  LAchse D LAchse  .vAchse t/ D  ds  .v t/ : (1.102)
Achse
46 Kapitel 1  Elektrodynamik – die beste Theorie der Welt verstehen

Von (1.102) ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Änderung des magnetischen Flusses,
1 ˚B = t D B Erde  A= t:
Z
˚B
D B Erde  ds  vAchse : (1.103)
t
Achse

Das Spatprodukt in (1.103), B  ds  v, ist invariant gegenüber einer zyklischen Vertau-


schung. Deswegen können wir schreiben
Z I
˚B
D ds  vAchse  B Erde D  ds  vAchse  B Erde (1.104)
t
Achse Schleife

oder mit (1.101)


I
˚B
D E  ds : (1.105)
t
Schleife

Das ist das Induktionsgesetz.

1.43 Nein, hier liegt kein Widerspruch vor. In keinem einzigen Fall beinhaltet ein Ma-
gnetfeld die Zuordnung eines Kraftvektors zu einem Punkt im Raum. Das Magnetfeld
unterscheidet sich damit grundsätzlich vom elektrischen Feld (und auch vom Gravitati-
onsfeld).
Die genauere Betrachtung zeigt: Sowohl bei der Lorentz-Kraft als auch bei der Induk-
tion gehört zur Berechnung der Kraft an einem Punkt neben der Kenntnis der Feldstärke
die Kenntnis der Bewegung der Ladung. Bei der Lorentz-Kraft ist es die Geschwindigkeit
der Ladungsträger im Term v  B, bei der Induktion ist es die Richtung des Stromflusses
I. Das erstaunliche Induktionsverhalten in . Abb. 1.15 ist also der Tatsache äquivalent,
dass sich die Richtung der Lorentz-Kraft umkehrt, wenn sich die Richtung der Ladungs-
trägerbewegung umkehrt.

Literatur
1. Faraday M (1839) Experimental Researches in Electricity. Philosophical Transactions Series XI [1831–38].
2. Einstein A (1905) Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik Band 322, Nr. 10, Seiten
891ff. Leipzig
3. Drude P (1906) Lehrbuch der Optik. S. Hirzel, Leipzig
4. Faksimile siehe http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/andp.19053221004/references. Zugegriffen:
2021
5. Barnes VE et al. (1964) Observation of a Hyperon with Strangeness Minus Three. Phys. Rev. Lett. 12:204
6. Born M (1969) Die Relativitätstheorie Einsteins. Springer, Berlin, ISBN 3-540-04540-6
7. Van Dyck RS, Eckström RA, Dehmelt HG (1976) Axial, Magnetron, Cyclotron and Spin-Cyclotron Beat
Frequencies Measured on Single Electron Almost at Rest in Free Space (Geonium). Nature 262:776 ff.
8. Van Dyck RS, Schwinberg PG, Dehmelt HG (1977) Precise Measurements of Axial, Magnetron, Cyclotron,
and Spin-Cyclotron-Beat Frequencies on an Isolated 1-meV Electron. Phys. Rev. Lett. 38:310 ff.
9. Poppe M (1986) Exclusive Hadron Production in Two-Photon Reactions. Int. Journal Modern Physics A,
V1, No.3:545 ff.
10. Siehe http://dawn.jpl.nasa.gov. Zugegriffen: 2021
Literatur
47 1
11. Maxwell JC (1865) A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field. Royal Society Transactions Vol.
CLV:459
12. Gauss CF (1813) Observationes cometae secundi, observatorio Gottingensi factae, adjectis nonnullis adno-
tationibus circa calculum orbitarum parabolicarum, Societ. reg. sc., Göttingen
13. Mertins HC, Gilbert M (2016) Prüfungstrainer Experimentalphysik. 3. Aufl. Springer Spectrum, ISBN 978-
3-662-49689-3
14. Siehe http://www.quantumdiaries.org/wp-content/uploads/2010/05/Zres1.png. Zugegriffen: 2021
49 2

Passive Bauelemente –
den Strom
zum Helfer machen

Die elektrischen und magnetischen Eigenschaften der Materie und deren Behandlung im Rah-
men der Maxwell’schen Gleichungen bilden die Grundlage der Konstruktion von Bauelemen-
ten, die heute passiv genannt werden. Ausgehend von den Materialeigenschaften werden die
Brechungsgesetze für statische Magnetfelder hergeleitet und so die Erhaltung des magnetischen
Flusses in Ferromagnetika begründet. Darauf aufbauend folgen zwei Techniken, Magnetfelder
in einfachen Geometrien zu bestimmen.
Das grundsätzliche Verhalten der Bauelemente Widerstand, Kondensator und Spule wird
sowohl reell als auch in der komplexen Ebene beschrieben. Es folgt die Beschreibung von
Parasitärelementen, deren Modellierung, Quantifizierung durch Güte und Verlustwinkel, sowie
deren Einfluss auf das Frequenzverhalten.

2.1 Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente

Widerstände, Kondensatoren und Spulen sind Resultate des Zusammenspiels von Elek-
trodynamik und Materialwissenschaft. Dabei ist es die Materialwissenschaft, die noch
heute Fortschritte macht, während in der Elektrodynamik mit den vier Maxwell’schen
Gleichungen (fast) alles gesagt ist.

2.1.1 Die Materialien der Bauelemente

Die im letzten Kapitel beschriebenen Gesetze sagen noch nichts darüber aus, wie sich
welche Materialien elektrotechnisch nutzen lassen. Die elektrischen und magnetischen
Eigenschaften eines Stoffes werden letztlich von der Verteilung der Elektronen, genauer:
der Struktur der Orbitale der äußeren Elektronenhüllen bestimmt.

1 Atomare Bindungen bestimmen die elektrische Leitfähigkeit


Die elektrischen Eigenschaften der Materie hängen zunächst davon ab, wie frei sich La-
dungsträger in einem Stoff bewegen können, wie leicht also ein Strom fließen kann. Die
Beweglichkeit der Elektronen wird in erster Linie durch die Art der Bindung vorgegeben.
Wie in . Abb. 2.1 gezeigt, bildet bei der metallischen Bindung ein Teil der Elektronen
eine Art Gas, welches sich zwischen den positiv geladenen Atomrümpfen praktisch frei

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_2
50 Kapitel 2  Passive Bauelemente

bewegen kann. Sie können allerdings ohne Energiezufuhr1 von außen nicht das Metall
verlassen, und häufig kommt es zu Stößen mit den Atomrümpfen. Kovalent gebundene
Stoffe werden durch Elektronenpaare zusammengehalten, die sich in zwei oder wenig
2 mehr Atomrümpfen zugeordneten Bahnen (Orbitalen) bewegen. Bei der ionischen Bin-
dung werden die Elektronen von einem Atom abgegeben. Danach verbleiben sie bei
dem anderen Atom und machen es zum negativ geladenen Ion. Ionische und kovalen-
te Bindungen treten praktisch nur als Mischform auf. Je stärker der ionische Charakter
einer Bindung ist, desto weniger beweglich sind die Elektronen. In Metallen hängt die
Fähigkeit des Ladungstransportes von der Anzahl der Elektronen und von deren Wahr-
scheinlichkeit ab, mit den verbleibenden Atomrümpfen zusammenzustoßen.
Zur formalen Beschreibung der Leitfähigkeit wird ein Ausdruck gesucht, in dem die
Materialeigenschaften von den jeweiligen äußeren Bedingungen getrennt werden. Der
Ausgangspunkt ist dabei folgende Überlegung: In einem Material mit einer Dichte von
Ne =V Elektronen, die sich mit einer Geschwindigkeit ve bewegen, fließt durch eine Flä-
che A ein Strom
dQ eNe
I D D Av : (2.1)
dt V
Betrachtet man ein Stück Draht (vergleiche Aufgabe 2.43) mit der Querschnittsfläche A
und der Länge ` und folgt der Argumentation von Drude (siehe (1.13) in 7 Kap. 1), dann
ist die Elektronengeschwindigkeit proportional zum elektrischen Feld E . Daher ist sie
aber auch proportional zu Spannung zwischen den Enden:

v  E ! ve  U=` : (2.2)

Aus (2.1) und (2.2) folgt, dass der Strom proportional zu A  U=` ist. Die Proportionalitäts-
konstante heißt spezifische Leitfähigkeit,  , ihr Kehrwert heißt spezifischer Widerstand, .

Der spezifische Widerstand  eines auf der Länge ` einer Spannung U ausgesetzten Körpers
mit der Querschnittsfläche A senkrecht zum Strom I ist durch

U A
D (2.3)
I `

gegeben.

In dieser Größe sind die für die Stromleitung relevanten Materialeigenschaften, die
Anzahl und Beweglichkeit der Ladungsträger, zusammengefasst und von den äußeren
Geometrie- und Anschlussfaktoren getrennt. Sie wird daher auch zur Kategorisierung der
Materialien verwandt:

1 Hierfür gibt es zwei prominente Beispiele: erstens den photoelektrischen Effekt. Hiermit bezeichnet man
die Tatsache, dass hochenergetische Photonen Elektronen aus einem Metall herausschlagen können. Für
die Analyse des photoelektrischen Effekts erhielt Albert Einstein den Nobelpreis, nicht für die Relativitäts-
theorie. Das zweite Beispiel sind Glühkathoden in alten Verstärkerröhren.
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
51 2

. Abb. 2.1 Veranschaulichung der chemischen Bindungstypen. Elektronen sind bei der metallischen Bin-
dung fast frei beweglich, bei der kovalenten Bindung ortsfest zwischen zwei oder mehreren Ionen und bei der
ionischen Bindung von einem auf das andere Atom übergegangen

1. Leiter, insbesondere Metalle, sind Stoffe mit einem spezifischen Widerstand in der Grö-
ßenordnung   106 m. Innerhalb solcher Stoffe sind Elektronen in großer Zahl frei
beweglich.
2. Isolatoren haben einen spezifischen Widerstand in der Größenordnung von mehr als
  1010 m. In solchen Stoffen sind kaum frei bewegliche Ladungsträger vorhanden.

In dem Bereich dazwischen sind sowohl die so genannten Halbleiter als auch die Elek-
trolyte (Flüssigkeiten mit Ionen) angesiedelt. Bei einigen Materialien geht der spezifische
Widerstand bei sehr niedrigen Temperaturen gegen Null. Dieses Phänomen nennt man Su-
praleitung.

1 Jedes Material hat magnetische Eigenschaften


Da Elektronen selbst ein magnetisches Dipolmoment besitzen und fast alle Atom-
Molekül- und Kristallorbitale mit einem Elektronen-Bahndrehimpuls behaftet sind, gibt
es keinen einzigen Stoff auf der Erde, der nicht irgendwie auf Magnetfelder reagiert.
Fast unmessbar klein ist die Wirkung magnetischer Kräfte auf die so genannten dia-
magnetischen Stoffe. Selbst in der Nähe eines starken Magneten werden diese Stoffe
kaum magnetisch. Paramagnetische Stoffe dagegen werden in der Nähe starker Magnete
selbst zu Magneten, verlieren diese Eigenschaft aber, sobald der Nachbarmagnet entfernt
wird. Am größten ist die Wirkung von Magneten auf Eisen, Nickel und Kobalt. Die-
se können mit Hilfe eines anderen Magneten dauerhaft selbst zu Magneten werden. Sie
werden ferromagnetische Stoffe genannt.
Die magnetischen Suszeptibilitäten (siehe Gl. 1.62) variieren so stark von Material zu
Material, dass man sie in Klassen einteilt:

1. Diamagnetisch heißen Stoffe, die Magnetfelder leicht abschwächen, also mit kleinem
negativen M . Diese haben ohne äußere Einflüsse kein Dipolmoment, bekommen es
aber, solange ein äußeres Magnetfeld wirkt.
2. Paramagnetisch heißen Stoffe, die Magnetfelder leicht verstärken, also mit kleinem
positivem M . Diese Stoffe bestehen aus normalerweise statistisch verteilten kleinen
52 Kapitel 2  Passive Bauelemente

BR Sättigung
2
I

. Abb. 2.2 Grafische Darstellung der Hysterese eines magnetisierbaren Materials. Die Stärke des Magnetfel-
des B hängt sowohl vom Spulenstrom I als auch von der vorherigen Magnetisierung ab. So wird die Kurve
immer in der gleichen Richtung durchlaufen

magnetischen Dipolen, die sich beim Anlegen eines äußeren Feldes ausrichten und die-
ses verstärken.
3. Ferromagnetisch heißen Materialeien, deren magnetische Suszeptibiliäten viel größer
als Eins sind. Durch solche Materialien werden Magnetfelder, verglichen mit dem Va-
kuum, um das bis zu 100.000-Fache (Nickel-Kupfer-Cobalt Legierung) verstärkt. Bei
ferromagnetischen Materialien ist der Zusammenhang zwischen dem von außen ange-
legten Magnetfeld und der Polarisation nicht mehr eindeutig. Die Polarisation hängt
nicht nur vom äußeren Feld, sondern auch vom vorherigen Polarisationsgrad ab. Dieses
Phänomen heißt Hysterese.

Wird ein ferromagnetischer Stoff umgepolt, so wird die in . Abb. 2.2 gezeigte Kurve
durchlaufen. In dieser Abbildung ist auch zu sehen, dass für große Ströme die Feldstärke
B praktisch nicht mehr zunimmt. Dies wird Sättigung genannt.

1 Feldlinien werden an Oberflächen gebrochen


Vom Verhalten von Feldlinien an Materialübergängen hängen viele Details elektrischer
Maschinen ab. Ob und wie sie an Oberflächen knicken, kann wie folgt geklärt werden.
Zunächst müssen die beiden Integralsätze, in denen 0 und "0 vorkommen, mittels der
Substitutionen (1.64) materialtauglich gemacht werden, also so:
I
Gl. (1.34) ) ."0 "r E /  dA D Q
@V
I Z (2.4)
@."0 "r E /
Gl. (1.44) ) .1 1
0 r B/  d` D I C dA :
@t
@A

Von entscheidender Bedeutung ist hier, dass die Materialgrößen "r und r jeweils inner-
halb der Integrale zu finden sind. Mathematisch bedeutet dies, dass sich die makrosko-
pischen Felder aus der Summe aller durch Polarisierung und Magnetisierung auf mikro-
skopischer Skala veränderten Feldelemente zusammensetzen. Daher gilt (2.4) auch für
nicht-lineare und anisotrope Materialien. Viel wichtiger aber ist der praktische Nutzen,
denn in dieser Form ist auch die gleichzeitige Berücksichtigung verschiedener Materia-
lien vorgegeben. Die Integrale müssen nur als Teilintegrale über die Bereiche gleicher
Materialien aufgeteilt und dann addiert werden.
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
53 2
y
α2
E y2 E2
E x2
P4 P3
P P2 1
E x1 E y1 α1
E1

. Abb. 2.3 Skizze zur Berechnung des Brechungswinkels elektrischer Feldlinien an Materialoberflächen (sta-
tischer Fall); links zwei parallel zur Oberfläche verlaufende, mittig zwei senkrechte und rechts eine aus beiden
Komponenten zusammengesetzte. In diesem Beispiel hat das untere Material das größere "r . Der Knick in der
Feldlinie wird durch Abschwächung des vertikalen Feldes ey1 im Gebiet mit großem "r verursacht

y
α2
B x2 B y2 B2
P4 P3
P B x1 P2 1
B y1 α1
B1

. Abb. 2.4 Skizze zur Berechnung des Brechungswinkels magnetischer Feldlinien an Materialoberflächen
(statischer Fall); links zwei parallel zur Oberfläche verlaufende, mittig zwei senkrechte und rechts eine aus bei-
den Komponenten zusammengesetzte. In diesem Beispiel hat das untere Material das größere r . Der Knick in
der Feldlinie wird durch Verstärkung des oberflächenparallelen Feldes B x1 im Gebiet mit großem r verursacht

Zunächst das statische elektrische Feld: Zur Bestimmung seines Brechungsgesetzes


wird ein Materialübergang in einem so kleinen Bereich betrachtet, dass das elektrische
Feld homogen ist. Zunächst ist festzustellen, dass in unmittelbarer Nähe der Oberfläche
die zu ihr parallel verlaufenden Felder gleich stark sein müssen. Denn ein Ladungsträger,
der sich entlang der geschlossenen Kurve auf dem durch die Punkte P1 ! P2 ! P3 !
P4 ! P1 in . Abb. 2.3 bezeichneten Weg bewegt, darf weder Energie gewinnen noch
verlieren. Der Weg ist in der Abbildung als gepunktete Linie dargestellt. Wenn nun die
Punkte P H 1 und P4 sehr nahe beieinander sind, und die Punkte P2 und P3 ebenfalls, dann
ist 0 D E d`  .E x1  E x2 / x, wobei x der Abstand der Punkte 1 und 2 ist. Also
ist E x1 D E x2 . Das Verhältnis der senkrechten Felder E y1 und E y2 ergibt sich aus dem
Gauß’schen Satz für das elektrische Feld: Man stelle sich die in . Abb. 2.4 gezeigte
Anordnung als Teil eines Kondensators mit der Fläche A vor. Dann gilt "0 "r1 E y1 A D
"0 "r2 E y2 A D Q, wobei Q die unter der Fläche A gebundene Ladung ist. Daraus
folgt "r1 E y1 D "r2 E y2 . Für eine aus x- und y-Komponenten zusammengesetzte Feldlinie
folgt, dass sich beim Oberflächendurchtritt nur die vertikale .y/ Komponente ändert. Mit
etwas Geometrie erhält man so
tan ˛2 "2
D (elektrische Feldlinien): (2.5)
tan ˛1 "1
Die Brechungsgesetze für magnetische Feldlinien können auf komplementäre Weise
bestimmt werden.
Denn
H aus1dem Ampère’schen Gesetz für die Abwesenheit eines umschlossenen Stro-
mes 1 0 r Bd` D 0 folgt, dass die Oberflächen-parallelen Komponenten des ma-
54 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.5 Magnetfeldlinien in


und an einem Material mit großem
r : Der größte Teil des Feldes
folgt der Materialform. Ein sehr
2 kleiner Teil tritt in einem Winkel
von knapp 90ı aus

gnetischen Kraftfeldes B sich um den Faktor r1 =r2 unterscheiden, also nicht gleich,
sondern im Material mit dem größeren r größer sind.
Wendet man den Gauß’schen Satz, wie in . Abb. 2.4 gezeigt, für das Magnetfeld auf
ein dünnes Volumenenlement um die Grenzfläche herum an, so findet man, dass ein senk-
rechtes B-Feld beim Durchtritt durch die Oberfläche gleich stark bleibt. So erhält man
aus völlig verschiedenen Gründen das gleich aussehende Ergebnis wie bei den elektri-
schen Feldern:
tan ˛2 2
D (magnetische Feldlinien): (2.6)
tan ˛1 1

Gl. (2.6) ist von großer technischer Bedeutung, denn bei starken Unterschieden der rela-
tiven Permeabilitäten verweist sie auf eine Möglichkeit, Magnetfelder dorthin zu führen
wo diese gebraucht werden.

1 Ferromagnetische Stoffe fangen Magnetfelder ein


Interessant ist der bei Eisen .1 > 1000/ und ähnlichen Stoffen vorkommende Fall
2 =1  0. Dann wird ˛2  0 und ˛1  90ı . Die Effekte einer großen Magnetfeldver-
stärkung sind in . Abb. 2.5 dargestellt. Über 99 % des Magnetfeldes folgen der Form des
Eisens. Nur ein sehr kleiner Teil der Feldlinien durchquert die Oberfläche. Er verlässt das
Eisen in einem Winkel von fast 90ı . Diesen Effekt kann man sich wie folgt erklären: In
dem Material mit großem r (zum Beispiel Eisen mit r;FE ) ist die Dichte der Feldlinien
um den Faktor r;FE =r;Luft  r;FE größer als im angrenzenden Medium mit kleinem r ,
zum Beispiel Luft mit r;Luft  1. Wenn aber links die Dichte der Feldlinien viel größer
ist als rechts, dann können nur sehr wenige Feldlinie die Grenzschicht zwischen links
und rechts durchqueren. Aus diesem Grunde verlaufen sie, wie in . Abb. 2.5 gezeigt,
fast alle parallel zu dieser Schicht. Bei Eisen in Luft gilt dies für weit über 99 % der
Feldlinien. Die wenigen Linien, welche die Grenzschicht durchqueren, verlassen unter
einem Winkel von fast 90ı das Eisen.

Ferromagnetische Materialien verstärken Magnetfelder und führen sie dadurch in sich. Ein
sehr kleiner Teil der Feldlinien durchquert die Oberfläche und verlässt das Eisen im rechten
Winkel.

!Vorsicht Missverständnis!
Im Eisen findet nicht wirklich eine Richtungsänderung der Feldlinien statt. Vielmehr ist bei
der gleichzeitigen Anwesenheit mehrerer Materialien das Magnetfeld immer das gleichzei-
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
55 2
Φ1 Φ2 Φ3

. Abb. 2.6 Durchtritt magnetischer Feldlinien durch eine Material- und Geometriegrenze. Wenn beide Ma-
terialien ein sehr viel größeres r haben als die Umgebung, so verbleiben die Feldlinien innerhalb der Körper.
Das Magnetfeld B ändert sich kontinuierlich, aber es gilt ˚1 D ˚2 D ˚3

tige Resultat der primären Ursache (stromdurchflossene Spule) als auch der anwesenden
Materialien.

Das Einfangen des Magnetfeldes eröffnet eine Perspektive für die Berechnung der Stärke
des magnetischen Kraftfeldes. In . Abb. 2.6 ist der Durchtritt von Feldlinien von ei-
nem Material in ein anderes mit größerem Querschnitt zu sehen. Unmittelbar rechts von
der Grenzfläche sind die Feldlinien noch genau so über den Querschnitt verteilt wie im
schmaleren Materialstück links. In diesem Bereich trägt nur der unmittelbar an das linke
Material angrenzende Teil des Querschnitts zum Fluss bei. Daher ist der Fluss unmittel-
bar rechts von der Grenzfläche genau so groß wie der im linken Materialstück. Wenn sich
nun, wie in . Abb. 2.6 weiter rechts gezeigt, die gleiche Anzahl von Feldlinien gleich-
mäßiger über den Querschnitt verteilt, dann kommt an den Rändern genau so viel Fluss
hinzu, wie in der Mitte verloren geht. Der magnetische Fluss daher ist überall gleich groß.
Daher lassen sich die Magnetfelder aus der Geometrie bestimmen, wenn sie nur an einem
Querschnitt bekannt sind:
˚B1 D ˚B2 D ˚B3 D : : : ;
! B 1  A1 D B 2  A 2 D B 3  A3 D : : : ;
(2.7)
A1 A3
! für B k AW B2 D B1 D B3 D ::: :
A2 A2
In dieser skalaren Form gelten die Gleichungen in dem Maße, in dem die Feldlinien
senkrecht auf den Querschnittsflächen Ai stehen.
Stellt man sich eine der Querschnittsflächen, zum Beispiel die rechte in . Abb. 2.6,
in einen oberen und in einen unteren Teil durchgeschnitten vor, so findet man ohne große
Rechnung, dass sich bei einer Verzweigung von Magnetfeldlinien der Gesamtfluss ˚B
nicht ändert.
Die Berechnung der Feldstärken in den verschiedenen Abschnitten erfolgt mit Hilfe
des Ampère-Maxwell-Gesetzes (2.4). Für einen Strom I , der N -mal durch eine Schleife
der Länge L die die Fläche A umschließt, hindurchfließt, gilt
Z I
@."0 "r E / B
NI C dA D  d` : (2.8)
@t 0 r
L

In der Regel wird dieses Gesetz auf eine Spule angewandt. Dann ist N die Anzahl der
Windungen. Wird das Integral genau entlang einer geschlossenen Feldlinie der Länge L
durch die Spule hindurch berechnet, dann gilt Bd` D Bd`. Im statischen Fall ist @E=@t D
0, r konstant (siehe Hysterese weiter unten), und was übrig bleibt ist das Ampère’sche
Gesetz, auch statisches Durchflutungsgesetz genannt.
56 Kapitel 2  Passive Bauelemente

In vielen Anwendungen wie Transformatoren, magnetische Leseköpfe etc. bilden die


Materialien im Magnetfeld ringförmig geschlossene Körper (siehe Augabe 2.41). Für
einen solchen Körper, der aus Materialien mit relativen Permeabilitäten r1 ; r2 ; : : : be-
2 stehe, gilt dann bei senkrechtem Durchtritt der Feldlinien durch die Querschnittsflächen
in guter Näherung
I
B
NI D d`
0 r
L
B 1  `1 B 2  `2 (2.9)
! NI D C C:::
0 r1 0 r2
 
`1 A1 `2
! NI D B1  C  C::: :
0  r1 A2 0  r2
Dabei sind ` i die gerichteten Längen der Magnetfeldlinien im Material i und B i die
dortigen Magnetfelder. B 1 könnte zum Beispiel das Feld innerhalb der Spule eines Elek-
tromagneten sein, B 2 das Feld im Joch und so weiter.
Gl. (2.9) erlaubt es, entweder bei gegebenem Strom überall die Stärke des Magnetfel-
des zu bestimmen, oder umgekehrt von der an einem einzigen Punkt bekannten Feldstärke
auf den Strom durch den Elektromagneten zu schließen. Zusammen mit (2.7) reicht sie
aus, um bei einer gegebenen Geometrie alle Magnetfeldstärken auszurechnen. Fassen wir
für ein Material i die Faktoren 0 ri D i zusammen, nehmen die Gleichungen die fol-
gende Form an:

Berechnung statischer Magnetfelder in Ferromagnetika


Entlang magnetischer Feldlinien gilt für alle Materialien und Querschnitte

˚B D konstant : (2.10)

An einer Verzweigung B ! B 1 C B 2 gilt entsprechend

˚B D ˚B1 C ˚B2 : (2.11)

Für jede aus Materialstücken i D 1; 2; : : :n zusammengesetzte, N -mal vom Strom I durch-


flossene, geschlossene Linie ist

X
n
B i  `i
N I D : (2.12)
i
i

Dabei sind B i ; ` u und i die Feldstärken, Längen und Permeabilitäten der Materialstücke.

Der Spezialfall I D 0 bestimmt die Aufteilung von Magnetfeldstärken an Verzweigungen.

1 Analogien zu Schaltkreisen führen zu einfachen Berechnungsverfahren


Es gibt Parallelen zwischen statischen Magnetfeldern und statischen, geschlossenen
Stromkreisen, deren Ausnutzung es erlaubt, Magnetfelder mit den Techniken der Schalt-
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
57 2
. Abb. 2.7 Zur Konstruktion von 1,2,.. N
b
Schaltkreisen zur Berechnung von h
B
Magnetfeldern in Ferromagnetika;
s
oben: Elemente der Magnetkreise, I ΦB = Bhb
darunter Schaltkreiselemente,
mit deren Hilfe die Stärke der
Magnetfelder berechnet werden
kann s
"U"= NI "R"= "I"= ΦB
hbμ

kreisberechnung zu bestimmen. Wenn die betrachteten Objekte in Einzelteile mit Längen


si parallel zum Magnetfeld und Querschnitten Ai senkrecht dazu zerlegt werden können,
dann kann die Berechnung des Magnetfeldes auf eine einfache Schaltkreisberechnung
zurückgeführt werden. Zur Begründung des Verfahrens schreiben wir die diskretisierte
Form des Ampère’schen Gesetzes, (2.9), so um, dass anstelle der magnetischen Kraftfeld-
stärken Bi der magnetische Fluss ˚B steht. Denn dieser ist innerhalb von Ferromagnetika
(fast) erhalten:
B1 s1 B2 s2
NI D C C:::
0 r1 0 r2
s1 .B1 A1 / s2 .B2 A2 /
! NI D C C::: (2.13)
1 A1 2 A2
 
s1 s2
! NI D C C : : : ˚B
1 A1 2 A2

Die Gl. (2.13) hat starke Ähnlichkeit mit dem Ohm’schen Gesetz: links die Ursache, so
etwas wie eine Spannungsquelle. Die Terme in der großen Klammer übernehmen die
Rolle in Reihe geschalteter Widerstände, und rechts steht der magnetische Fluss, welcher
ähnlich wie der Strom innerhalb der Vorrichtung erhalten ist. Diese formale Ähnlichkeit
mit U D .R1 C R2 C : : :/I erlaubt die in . Abb. 2.7 gezeigten Substitutionen: Jeder
vom Strom I durchflossenen Spule mit N Windungen wird eine Spannungsquelle der
„Stärke“ „U “ D NI zugeordnet, jedem Materialstück mit der (großen) Permeabilität 
ein „Widerstand“ „R“ D s=.A/ D s=.bh/ und dem magnetischen Fluss ˚B D Bhb
ein „Strom“ „I “.
Nun kann jedem aus solchen Elementen zusammengesetzten Magnetkreis ein äqui-
valenter Schaltkreis zugeordnet werden. Dieser kann mit der jeweils für ihn günstigsten
Berechnungstechnik, in der Regel das Maschenstromverfahren oder die Überlagerungs-
methode, berechnet werden. Das Ergebnis kann zurückübersetzt werden: Man erhält aus
dem jeweiligen Strom für jedes Materialstück einen magnetischen Fluss ˚B , aus dem
dann mittels B D ˚B =.hb/ die Stärke des magnetischen Kraftfeldes gewonnen werden
kann. Das funktioniert gut bei Gleichstrom und bei Frequenzen, die in elektrischen Ma-
schinen auftreten, nicht jedoch im HF Bereich.

!Vorsicht Überinterpretation!
Magnetkreissubstitutionen sind ein praktisches, auf Analogien fußendes Berechnungsver-
fahren – mehr nicht. Die vielen in der Vergangenheit unternommenen Versuche, hieraus
eine scheinbar symmetrische Theorie von elektrischen Feldern und Magnetfeldern zu kon-
struieren, scheitern ausnahmslos, wenn zeitabhängige Felder betrachtet werden.
58 Kapitel 2  Passive Bauelemente

E E E
2
. Abb. 2.8 Prinzipskizze eines Kondensators: Zwei leitende Platten unterschiedlichen Potenzials werden bis
auf den kleinen Abstand d aneinander gebracht. Das Feld E bindet Ladungen

2.1.2 Kondensatoren

Kondensatoren dienen dem kurzzeitigen Speichern von Ladung, wobei kurz von 100 ps
beim LNB eines Satellitenempfängers bis zu Minuten bei Bremsenergie-Speichern2 rei-
chen kann. Eine detaillierte Beschreibung der sehr großen Auswahl an Normen, Typen
und Anwendungen findet sich zum Beispiel in [1].

1 Speichern heißt trennen


Das Funktionsprinzip ist in . Abb. 2.8 dargestellt. Mit Hilfe des Gauß’schen Satzes für
das elektrische Feld lässt sich berechnen, wie viel Ladung gespeichert ist. Denn die La-
dung auf der oberen Platte ist in guter Näherung3
I
Q U
D E  dA  E  A D E  A D A: (2.14)
"0 d

Die Ladungen befinden sich unmittelbar an der Oberfläche der Platte, wobei die Grö-
ßenordnung durch den Durchmesser eines einzelnen Atoms gegeben ist. Auf der unteren
Platte befindet sich die gleiche Ladungsmenge.

Wird bei einem Kondensator (oder einer Batterie) von der gespeicherten Ladung Q ge-
sprochen, so bedeutet dies genau genommen immer die getrennte Ladung: auf der Anode
Q und auf der Kathode Q.

Fügt man zwischen die beiden Platten ein polarisierbares Material, ein so genanntes Di-
elektrikum, so ergibt (2.14) mit "0 ! ":

A
Q DU " : (2.15)
d
Gl. (2.15) sollte als Produkt Spannung mal Materialeigenschaft des Dielektrikums
mal Geometriefaktor gelesen werden. Alle konstruktionsspezifischen Faktoren werden in
einer Proportionalitätsgröße zusammengefasst, die Kapazität C heißt:

2 In der Formel 1 ist dies unter dem Kürzel KERS D Kinetic Energy Recovery Systems bekannt. Neben
Akkumulatoren werden auch Kondensatoren verwendet.
3 Der dominante Anteil am Oberflächenintegral ist derjenige, der zur Fläche zwischen den Platten gehört.
Nach oben hin ist das Feld schwach, zu den Seiten die Fläche klein.
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
59 2
. Abb. 2.9 Strom und Spannung
am Kondensator. Bei harmoni- U I
schen Verläufen eilt der Strom 90ı
voraus, Spannungssprünge geben U,I I
Stromspitzen und lineare Span- I U U
I U
nungsverläufe konstante Ströme
t

Definition 2.1
Die Kapazität C eines Kondensators ist das das Verhältnis C D Q=U .

Hieraus folgt sofort die immer4 gültige Formel

dU
I DC ; (2.16)
dt
welche den Stromverlauf durch einen Kondensator an dessen Spannungsverlauf kop-
pelt. Abb. . Abb. 2.9 zeigt dies für harmonische Verläufe, Einschaltvorgänge und lineare
Spannungsänderungen.
Für komplexe Ströme und Spannungen ergibt (2.16) zusammen mit u D U e j!t die
Impedanz Z und den Blindwiderstand X:

u U 1
ZD D D D jX : (2.17)
i I j! C

Wegen 1=j D j hat ein Kondensator also einen negativen Blindwiderstand.


Für einen Kondensator, wie er in . Abb. 2.8 gezeigt ist, beträgt die Kapazität also

A A
C D" D "0 "r  : (2.18)
d d
Eine große Kapazität, oder auch viel gespeicherte Ladung, heißt also: große elek-
trische Suszeptibilität des Dielektrikums (also auch großes "r ) und kleiner Abstand bei
großer Fläche. Ein geladener Kondensator speichert, wie in Aufgabe 2.30 gezeigt, eine
Energie von

1
W D CU2 : (2.19)
2
Schaltet man zwei Kondensatoren mit den Kapazitäten C1 und C2 parallel, so verhal-
ten sich beide zusammen wie ein einziger Kondensator mit der Kapazität

C D C1 C C2 .Parallelschaltung/: (2.20)

Man kann sich zur Begründung zwei nebeneinander gestellte und parallel geschaltete
Plattenkondensatoren vorstellen, die sich nur in der Fläche unterscheiden. Nach (2.15)
erhöht sich die Gesamtladung proportional zur Fläche: A D A1 C A2 ! C D C1 C C2 .

4 Immer heißt hier: immer wenn Strom und Spannungspfeil parallel gezeichnet werden.
60 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.10 Zwei in Reihe C2


geschaltete Kondensatoren, die von I U2
C1 U1
einer Stromquelle gespeist werden

2 . Abb. 2.11 Prinzipskizze eines


gestapelten Kondensators. Sol-
che Kondensatoren kommen bei
Keramik-Dielektrika zum Einsatz

. Abb. 2.10 zeigt zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren. Mit Hilfe der Ladungs-
erhaltung lässt sich bestimmen, welcher Gesamtkapazität C diese
R Reihenschaltung ent-
spricht: Nach einer bestimmten Zeit t sei eine Ladung Q D I dt durch die beiden
Kondensatoren geflossen. Da durch beide Kondensatoren die gleiche Ladungsmenge flie-
ßen muss, gilt nach der Definition 2.1 der Kapazität

U1  C1 D .U2  U1 /  C2 D U2  C : (2.21)

Aus diesen beiden Gleichungen lässt sich die Zwischenspannung U1 eliminieren, und
man erhält
1 1 1
D C .Reihenschaltung/: (2.22)
C C1 C2

1 Bauform und Material bestimmen die Einsatzmöglichkeiten


Kondensatoren kommen in zwei Gruppen von Bauformen vor: gewickelt, oder gesta-
pelt. Beide nutzen sowohl die Vorder- als auch die Rückseiten der Elektroden. Gestapelte
Kondensatoren wie der in . Abb. 2.11 gezeigte nutzen Materialien mit sehr großen
Dielektrizitätskonstanten. Sie kommen bei Keramiken aus Barium-, Kalzium- und Stron-
tium-Titanat oder auch Zirkonaten mit bis zu "r D 1000 [2] zum Einsatz.
Die häufigste Bauform ist der in . Abb. 2.12 beispielhaft gezeigt gewickelte Kon-
densator. Gewickelte Kunststoff-Kondensatoren setzen auf große Flächen: Sie haben als
Dielektrika 0;7 : : : 3;0 m dünne Plastikfolien mit "r D 2;2 : : : 3;3. Gewickelte Alumini-
um-Elektrolyt-Kondensatoren haben bis zu 200-fach vergrößerte Oberflächen, die durch
elektrochemisches Ätzen des Anoden-Aluminiums erreicht werden. Bei diesen Konden-
satoren wird die Ladung kathodenseitig nicht im Metall, sondern in der leitenden Flüssig-
keit (Elektrolyt) direkt am Rande des Dielektrikums Al2 O3 gespeichert. Dieses bedeckt
die angerauhte Fläche des Aluminiums und hat eine relative Dielektrizitätskonstante von
"r  9;5.
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
61 2
. Abb. 2.12 Gewickelter Kon-
densator: Diese Bauform wird für
elastische Dielektrika und Alumi-
nium-Elektrolyt-Kondensatoren
verwandt. Die Kathode ragt un-
ten heraus und ermöglicht so eine
optimale Kontaktierung. Für die
Anode müssen Extraelektroden
oben mit eingewickelt werden

Elektrolytkondensatoren (ELKOs) sind unipolar, das heißt, Anode und Kathode dürfen
nicht vertauscht werden.

Die im Handel erhältlichen sogenannten bipolaren Elektrolytkondensatoren sind letztlich


Reihenschaltungen von entgegengesetzt gepolten unipolaren Kondensatoren. Sie wer-
den durch die Schichtenfolge Al, Al2 O3 , Elektrolyt, Al2 O3 , Al realisiert. Mithilfe zweier
unipolarer Elektrolytkondensatoren lässt sich, wie in . Abb. 2.13 gezeigt, ebenfalls ein
bipolarer Kondensator diskret aufbauen. Allen diesen Konstruktionen ist gemein, dass sie
nicht oberhalb von ca. 10 kHz betrieben werden sollten.
Die verlässlichsten und teuersten Elektrolytkondensatoren haben Tantal als Anoden-
material und das Oxyd Ta2 O5 mit "r  27 als Dielekrikum. Der innere Aufbau ist von
Hersteller zu Hersteller verschieden. Nur eine großflächige Kathode als äußere Begren-
zung ist allen gemein. Die im praktischen Einsatz wichtigste Eigenschaften der Tantal-
kondensatoren sind ihre Geschwindigkeit (also eine hohe Güte selbst im oberen MHz
Bereich) und ihre Anfälligkeit gegenüber zu großen Strömen (siehe Aufgabe 2.38).
Die mit Abstand größten Kapazitaten erreichen Doppelschichtkondensatoren mit En-
ergiedichten bis zu ca. W=m  30 Wh/kg. Im Handel sind diese als super capacitors oder
gold caps erhältlich. Doppelschichtkondensatoren verdanken ihren Namen der Tatsache,
dass beide ihrer Aktivkohle-Elektroden kapazitiv an eine gemeinsame Elektrolytflüssig-
keit gekoppelt sind. Zwischen den beiden Elektroden befindet sich ein Separator, der ei-
nen direkten Kontakt verhindert, für den Elektrolyten jedoch durchlässig ist. . Abb. 2.14
zeigt die Situation an der Kathode: Der negativ geladene Kohlenstoff zieht sowohl posi-
tiv geladene Ionen als auch Wassermoleküle an, Letztere aufgrund ihres Dipolmoments.
Diese Teilchen bilden die sogenannte Helmholtz-Schicht und fungieren als Anode ei-
nes Kondensators mit einem extrem dünnen Dielektrikum. Dessen Dicke von weniger
als einem Atomradius gibt diesem Teilkondensator sowohl eine sehr große Kapazität als

+ + + +

R > 100 kΩ
a b

. Abb. 2.13 Konstruktion eines unipolaren Elektrolytkondensators. Als Verpolungsschutz werden entweder
Widerstände im 100 k Bereich (a) oder Dioden (b) benutzt
62 Kapitel 2  Passive Bauelemente

Ca Cs
b +
a + -
-

+
2

-
-
+ - + - +
+
- e

-
-

-
+

+
-
+
+ - +

-
c -

-
+
+ +

-
+

+
- + + -
+ -
f

+
+
+ - +

-
-
-
+ - +
+ -

+
-
e
+

-
+

-
-
-
+ - + - +
+ - + - +

-
-

-
+
-
-

+
+ +

+
+
+ - d
. Abb. 2.14 Elektrochemische Beiträge zur Kapazität an der Kathode eines Doppelschichtkondensators:
Überschüssige Elektronen (a) wandern vermehrt an die Oberfläche um dort die positiven Enden der Wasser-
dipole (b), oder positive Ionen (c) oder von Wassermolekülen teilweise abgeschirmten Ionen (d) zu binden.
Zwischen den Teilchen dieser Schicht und der Kathode entsteht so ein Kondensator Ca , dessen Kapazität sehr
groß ist, weil sich die Ladungen nur im Abstand eines Atomradius’ befinden. Weiter weg von der Kathode
herrscht ein ein dynamisches Gleichgewicht von positiven und negativen Ionen mit einem starken Konzentar-
tionsgefälle der positiven Ionen. Dieser Überschuss von positiven Ionen (e) nahe der Kathode und negativen
Ionen (f ) bei größeren Abständen wirkt ähnlich wie ein zweiter Kondensator, Cs

auch eine geringe Spannungsfestigkeit. Da die Oberflächenbindung der Ionen und Was-
sermoleküle aber recht schwach ist, reicht die thermische Energie bei Raumtemperatur,
um einen erheblichen Teil der Ionen wieder von der Oberfläche zu lösen. Außerhalb der
Helmholtz-Schicht entsteht so ein dynamisches Gleichgewicht von positiven und (in der
Flüssigkeit in gleicher Ladungsmenge vorhandenen) negativen Ionen mit einem starken
Konzentartionsgefälle der positiven Ionen. Dieser Überschuss von positiven Ionen nahe
der Kathode und negativen Ionen bei größeren Abständen wirkt ähnlich wie ein zweiter
Kondensator. Er macht die Kapazität stark von Temperatur, der Ladung und der Elektro-
lytkonzentration abhängig.
Das Bild nahe der Anode ähnelt dem an der Kathode, und so kann man sich ei-
nen Doppelschichtkondensator als Reihenschaltung aus insgesamt vier Kondensatoren
vorstellen: zwei zwischen den Elektroden und deren Helmholtz-Schichten und zwei in-
nerhalb des Elektrolyten. Die maximal erreichbaren Spannungen von Umax  2; 3 V sind
der begrenzende Faktor der Energiespeicherdichte.

2.1.3 Spulen

Stromdurchflossene Spulen erzeugen Magnetfelder, die Energie speichern und für eine
Verstetigung des Stromflusses sorgen. Spulen nutzen die magnetische und elektrische
Induktion (siehe (1.28)). Sich ändernde Ströme erzeugen sich ändernde Magnetfelder
welche sich ändernde elektrische Felder erzeugen, die der Stromänderung entgegenwir-
ken.
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
63 2
1 Die Mehrfachnutzung von Magnetfeldern heißt Spule
Der Einfluss einer SpuleR auf eine Schaltung steigt daher in dem Maße, in dem der ma-
gnetische Fluss ˚B D A B  dA steigt. Daher werden einerseits zur Vergrößerung von
A viele Flächen übereinandergelegt (daher Windungen, Spulen), andererseits Materialien
mit großem r in diese Windungen hineingebracht, um ein möglichst starkes Magnetfeld
B zu erhalten.
Da die Stärke eines Magnetfeldes proportional zur Stärke des erzeugenden Stromes
ist, muss die Änderung des magnetischen Flusses proportional zur Änderung der Strom-
stärke sein. Die dazu gehörige Proportionalitätskonstante heißt Induktivität L. In ihr
werden alle stoffspezifischen und geometriespezifischen Konstanten zusammengefasst:

Definition 2.2
Die Induktivität L ist das Verhältnis der Änderung des magnetischen Flusses zur hervorru-
fenden Stromänderung: d˚ dt
B
D L  dI
dt
.

Das Induktionsgesetz (1.28) lässt sich mit Hilfe dieser Definition als
I
dI
E d` D Uind D L  .Spannungsgenerator/ (2.23)
dt
schreiben. Das Minuszeichen findet Anwendung, weil bei Generatoren Strom und Span-
nung antiparallel definiert sind. (Details hierzu später in . Abb. 4.1 und . Abb. 4.3). Das
heißt: Spulen erzeugen Spannungen, die einer schnellen Stromänderung entgegenwirken.
Zum Begriff Spannungsgenerator ein Beispiel: . Abb. 2.15 zeigt die Kombination aus
einer Spule und einem Widerstand. Nehmen wir an, zum Zeitpunkt t D 0 fließe ein
Strom I0 in der dargestellten Richtung. Der Ladungstransport in der Spule sorgt dafür,
dass der Pluspol in . Abb. 2.15 oben liegt. Durch den Widerstand fließt also ein Strom
I D Uind =R. Die weitere Entwicklung folgt nun aus (2.23):
Zt ZI
dI L dI
L  DRI ! dt D  (2.24)
dt R I
0 I0

mit dem Ergebnis


R
I D I0 e  L t : (2.25)
Die Tatsache, dass die Spule einen Strom vom Minuspol zum Pluspol transportiert, zeigt,
dass die Spule in diesem Fall ein Energielieferant oder Generator ist. Mit Hilfe von
(2.25) kann die von der Spule gespeicherte Energie bestimmt werden. Es ist die, die am
Widerstand freigesetzt wird
Z1 Z1 Z1
2R
W D PR dt D R  I dt D R 
2
I02 e  L t dt : (2.26)
0 0 0

. Abb. 2.15 Spule und Wider-


stand
64 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.16 Strom und


Spannung an einer Spule. Bei har- U,I U
U I
monischen Verläufen ist der Strom I
um 90ı verspätet, und Stromsprün- U I t
2 ge geben Spannungsspitzen

Bei der Berechnung des Integrals fällt der Widerstand R ganz heraus – eine Konsequenz
der Tatsache, dass hier unabhängig vom Verbraucher der Energieinhalt des Magnetfeldes
der Spule zum Zeitpunkt t D 0 berechnet wird:

1 2
W D LI : (2.27)
2 0

!Vorsicht Vorzeichen!
Die Betrachtung der Rückwirkung einer stromdurchflossenen Leiterschleife auf sich selbst
führt praktisch zwangsläufig zu der in . Abb. 2.15 gezeigten Wahl von Strom- und Span-
nungsrichtungen. Das Minuszeichen in (2.23) gehört also zu der bei Generatoren üblichen
Wahl der Stromrichtung vom Minuspol zum Pluspol. Innerhalb einer von anderen Quellen
gespeisten Schaltung wird der Strom genau in die andere Richtung gewählt, und es gilt

dI
Uind D CL  (Strompfeil parallel zum Spannungspfeil) (2.28)
dt

Wie in . Abb. 2.16 zu erkennen ist, führt (2.28) dazu, dass bei Spulen der Strom einer
Wechselspannung um 90ı phasenverschoben hinterherläuft. Und plötzliche Stromände-
rungen führen zu Spannungsspitzen. Weitere Beispiele sind in Aufgabe 2.25 gezeigt.
In der komplexen Wechselstromlehre kann eine ideale Spule als reiner Blindwider-
stand betrachtet werden. Ausgehend von (2.28) erhält man

d  j!t 
U e j!t D L Ie
dt
(2.29)
! U e j!t D j!Le j!t
! Z D j!L D jX

Einer Spule ist also ein positiver Blindwiderstand zuzuordnen. Zwei in Reihe geschaltete
Spulen verhalten sich wie eine einzige mit der Gesamtinduktivität

L D L1 C L2 .Reihenschaltung/ (2.30)

Dies folgt aus (2.28), wenn man berücksichtigt, dass der Strom durch beide Spulen der
gleiche ist und sich die induzierten Spannungen addieren. Bei der in . Abb. 2.17 gezeig-
ten Parallelschaltung muss an beiden Spulen die gleiche Spannung abfallen. Will man

. Abb. 2.17 Parallelschaltung


zweier Spulen
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
65 2
. Abb. 2.18 Eine Spule der
Länge l und der Querschnittsflä-
che A wird von einem Strom I
durchflossen. Dadurch entsteht ein
Magnetfeld B

wissen, welches L einer einzigen Spule zuzuordnen ist, die sich genau so verhält wie
diese beiden zusammen, kann man daher schreiben:
dI1 dI2 d
U D L1 D L2 D L .I1 C I2 / : (2.31)
dt dt dt
Eliminiert man mit Hilfe des mittleren Gleichheitszeichens I1 , dann erhält man auf der
rechten Seite von (2.31) eine Gleichung, aus der auch I2 herausfällt:
1 1 1
D C .Parallelschaltung/: (2.32)
L L1 L2
Spulen kommen in verschiedenen Bauformen vor. Die Berechnung der Induktivität
ist für eine gegebene Geometrie meist sehr schwierig. Denn L muss als Doppelintegral
berechnet werden. So sind analytische Ausdrücke nur für wenige Geometrien, und für
diese auch nur in Grenzfällen, bekannt. Für eine lange Spule, wie sie in . Abb. 2.18 zu
sehen ist, ergibt sich (siehe Aufgabe 2.35)

LLange Spule D N 2 A= l : (2.33)

Für die meisten einfachen Formen wie eine Ringspule mit N Windungen, Radius R und
einem Drahtradius a sind nur Approximationen bekannt zum Beispiel:
  
8R
LRing  N R ln
2
2 : (2.34)
a
Ein wichtiger Sonderfall ist der (unendlich) lange, gerade Draht. Denn die Berechnung
seiner Induktivität führt zu einem divergenten Ergebnis. Ebenfalls unmöglich ist es, ei-
nem kurzen Leitungsstückchen allein eine bestimmte Induktivität zuzuordnen. Denn die
magnetische Wirkung hängt davon, ab, in welche Richtung der Strom weiter fließt und
welche Flächen dabei umflossen werden. In den meisten Fällen kann die Induktivität
daher nur mit numerischen Verfahren näherungsweise vorhergesagt oder experimentell
bestimmt werden.
Die dynamischen Eigenschaften einer Spule werden durch das Material ihres Kerns
bestimmt. Vergleicht man mehrere Spulen gleicher Geometrie und Drahtstärke, so ergibt
sich Folgendes:

1. Luftspulen haben die geringsten, aber sowohl von der Stromstärke als auch von der
Frequenz nur sehr schwach abhängige Induktivitäten.
66 Kapitel 2  Passive Bauelemente

2. Spulen mit Ferritkernen5 haben deutlich größere Induktivitäten. Bei großen Strömen
nimmt die Induktivität aufgrund der Sättigung des Kernmaterials (siehe . Abb. 2.2) ab.
2 3. Spulen mit ferromagnetischem Kern haben sehr große Induktivitäten. Diese nehmen
aufgrund der Sättigung des Eisens (siehe 7 Abschn. 2.1.1) bei großen Strömen ab.
Durch Wirbelstromverluste nimmt die Verlustleistung bei hohen Frequenzen deutlich
zu.

Allen Spulen gemein ist die Tatsache, dass der Skin-Effekt, welcher bei hohen Frequenzen
auch mit einer Phasenverschiebung einher geht, (siehe [3, 4]) zu einer über die reine In-
duktivität hinaus gehende Stromdämpfung führt. Der Skin-Effekt wird in 7 Kap. 5 genauer
behandelt.

2.1.4 Widerstände

Widerstände werden benutzt um Ströme zu begrenzen oder im Zusammenspiel mit Spule


und Kondensatoren Frequenzen zu begrenzen. Dabei wird immer Wärme erzeugt, manch-
mal absichtlich, meist aber nur gezwungenermaßen. Widerstände werden bei diskreten
Bauteilen als gewickelte Drähte oder als auf ein Substrat aufgebrachte dünne Schichten
realisiert. Bei Hybridschaltungen werden Bahnen aus schlecht leitendem Material einge-
setzt. Innerhalb von Halbleitern können auch Bahnen aus dotiertem Material verwandt
werden.
Die große Mehrheit aller in der Elektrotechnik verwendeten Materialien, zum Beispiel
alle Metalle, hat einen mit der Temperatur zunehmenden Widerstand. Diese Materialien
werden auch Kaltleiter genannt. Die Abhängigkeit des Widerstandes dieser Materialien
von der Temperatur kann für die meisten Anwendungen durch eine Gerade in der Nähe
von T D 293 K D 20 ı C gemäß (2.35) angenähert werden:
R.T /  R.293 K/ C a.T  293 K/ : (2.35)
Halbleiter und einige wenige andere Materialien haben einen mit der Temperatur ab-
fallenden Widerstand. Diese werden Heißleiter genannt. Aus solchen Materialien werden
die so genannten NTC-Widerstände6 hergestellt (siehe . Abb. 2.19). Das Anwendungs-
gebiet dieser Widerstände reicht von der Temperaturmessung bis zum Begrenzen von
Einschaltströmen. Ihr Verhalten wird phänomenologisch in guter Näherung von der Stein-
hart-Hart-Gleichung (2.36) beschrieben:
1
D a C b  ln.R/ C c  .ln.R//3 : (2.36)
T
Dabei ist T die absolute Temperatur, R der Widerstand sowie a; b und c experimentell
zu bestimmende Parameter. Für besondere Anwendungen gibt es auch noch so genannte

5 Ferrite sind nicht-leitende ferromagnetische Keramiken mit einem hohen Fe2 O3 (Eisenoxyd) oder Fe3 O4
(Magnetit)-Anteil. Ihre magnetische Suszeptibilität ist ähnlich groß wie die des Eisens, aber sie leiten nicht
und haben deshalb keine Wirbelstromverluste.
6 Negative Temperature Coefficient.
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
67 2
. Abb. 2.19 Widerstände mit
negativem Temperaturkoeffizienten
(NTCs): Sie kommen entsprechend
den verschiedenen Einsatzgebieten
in einer Vielzahl von Bauformen
vor

PTCs. Das sind Widerstände mit bei Temperaturerhöhung stark ansteigendem Wider-
stand.
In der Beschreibung von Widerständen hat sich die Verwendung der Größe Schicht-
widerstand als sehr nützlich erwiesen.

Definition 2.3
Der Schichtwiderstand ist der durch die Dicke der Schicht geteilte spezifische Widerstand
des Materials, aus dem die Schicht besteht.

. Abb. 2.20 zeigt den Sinn dieser Größe. Man stelle sich ein quadratisches Plättchen
der Breite b und der Höhe h vor, durch welches ein Strom I fließt. Der Widerstand des
Plättchens ist

Länge b 
RSchicht D   D D : (2.37)
Querschnitt hb h

Gl. (2.37) beinhaltet, dass der Widerstand eines Quadrates einer dünnen Schicht immer
gleich ist, unabhängig davon, welche Seitenlänge es hat. Er ist damit eine charakteristi-
sche Eigenschaft einer Schicht und wird daher als Schichtwiderstand RSchicht bezeichnet.
Für eine Bahn der Länge ` und Breite b in dieser Schicht ist der Widerstand dann

R D RSchicht  `=b : (2.38)

. Abb. 2.20 Zur Definition des I


Schichtwiderstandes: Der Wider-
b
stand, den der Strom I überwinden
muss, hängt nicht von der Seiten- h
länge b des Quadrates ab
b
68 Kapitel 2  Passive Bauelemente

2.1.5 Impedanzen und Parasitärelemente

Im Idealfall haben die passiven Bauelemente sehr einfach zu beschreibende Impedanzen.


2
ZR D R .Widerstand/
Z C D 1=.j! C / D jXC .Kondensator/ (2.39)
ZL D j!L D jXL .Spule/:

Jedoch lehrt die praktische Erfahrung: Wer ein Bauteil in die Hand nimmt, der hat gleich
mehrere in der Hand. Denn jedes Stück Draht hat einen Widerstand, jede Leitungsbahn
eine Induktivität, und zwischen zwei Leitern gibt es immer eine Kapazität. All diejenigen
Bauteile, die (bildlich gesprochen) ohne Bestellung dabei sind, nennt man Parasitärele-
mente. Für eine gegebene Anwendung müssen aber solche Bauteile gefunden werden, bei
denen Parasitärelemente eine untergeordnete Rolle spielen und so die eigentliche Funkti-
on im Vordergrund steht. Phänomenologisch werden zu diesem Zwecke die Größen Güte
Q, der Verlustfaktor D und der Verlustwinkel ıZ eingeführt. Denn sie sind ein Maß dafür,
wie nahe die Bauteilefunktion an ihr Ideal heranreicht. Naturgemäß sind all diese Größen
stark frequenzabhängig.

1 Ein Wort sagt alles: Güte


Die Güte Q (wie quality) eines Bauelements gibt an, wie sehr sich dessen Verhalten dem
Idealfall ähnelt. Sie ist experimentell über den Winkel zwischen Spannung und Strom
definiert:

Definition 2.4
Die Güte Q eines Bauteils, welches von einer harmonischen Strom- oder Spannungsquelle
gespeist wird, ist

Q D j tan.U  I /j; (2.40)

wobei U  I der Abstand der Nulldurchgänge von Strom und Spannung ist.

Für ideale Spulen und Kondensatoren strebt also Q ! 1. Es lässt sich zeigen (siehe
(5.14) und dort folgender Text), dass Q gerade der Faktor zwischen der Blindleistung
und der Wirkleistung ist.

Die Güte eines Bauteils ist das Verhältnis seiner Blindleistung zu seiner Verlustleistung.

Anstelle der Güte werden manchmal der Verlustfaktor D und der Verlustwinkel ı ange-
geben:

1
D tan ı D D : (2.41)
Q
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
69 2
. Abb. 2.21 Die Bedeutung des
Verlustwinkels: Am Verlustwinkel
ız lässt sich festmachen, ob ein
Bauteil geeignet ist

. Abb. 2.22 Zwei austauschbare


Modelle für einen nicht idealen
Kondensator

Die Gl. (2.40) und (2.41) sind, wie in . Abb. 2.21 gezeigt, die Brücke zwischen Mess-
technik und Bauteilebeschreibung. Denn aus ihnen folgt, dass mit der Messung des Pha-
senwinkels zwischen Strom und Spannung die Abweichungen vom Idealbauteil zu quan-
tifizieren sind. Der Verlustwinkel steht ferner in engem Zusammenhang mit der Phasen-
differenz zwischen Strom und Spannung: jıj C jj D 90ı .
Ein Bauteil, von dem das Strom-Spannungsverhältnis und die Phasenverschiebung be-
kannt sind, lässt sich immer, so wie in . Abb. 2.22 gezeigt, entweder als Reihen- oder als
Parallelschaltung eines Blindwiderstandes und eines Ohm’schen Widerstandes darstellen.
Dies zeigt die folgende Überlegung:
Stellt man sich den realen Kondensator als Parallelschaltung eines idealen Konden-
sators mit der Kapazität CP und einem Widerstand RP vor, dann fließt ein Strom i.t/ D
UO C ŒCP ! cos.!t/ C .1=RP / sin.!t/. Die Nulldurchgänge des Stromes sind zu Zeiten

1
t0 D  arctan.RP CP !/ : (2.42)
!
Das Argument des Arcustangens ist aber das Verhältnis der Impedanzen, daher hier auch
das Verhältnis von Blind- zu Wirkleistung und so gerade die Güte des Bauteils. Nennen
wir  D !t0 den Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung, dann ist also

1
 tan./ D  tan.!t0 / D RP CP ! D Q D .Parallelmodell/: (2.43)
D
Stellt man sich den realen Kondensator als Serienschaltung eines Widerstandes RR und
eines idealen Kondensators CR vor, so ergibt eine ähnliche Rechnung oder alternativ die
in . Abb. 2.23 zu sehende Zeichnung.

1 1
 tan./ D  tan.!t0 / D DQD .Reihenmodell/ : (2.44)
RR CR ! D
70 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.23 Zusammenhang


zwischen der Phasenverschiebung
, dem Verlustwinkel ı und den
Impedanzanteilen, dargestellt
2 in der komplexen Ebene für das
Reihenmodell

Da die Tangensfunktion beliebig große Werte annehmen kann, kann man sich also, mess-
technisch völlig äquivalent, den realen Kondensator als Parallelschaltung mit einem sehr
großen oder als Reihenschaltung mit einem sehr kleinen Widerstand vorstellen.

!Vorsicht Fehlerquelle!
In der Literatur findet man die beiden Ausdrücke Q D R=X und Q D X=R etwa gleich häu-
fig. Wann welche Formel stimmt, hängt von der Modellannahme ab: Q D RR =XR stimmt
für das Reihenmodell, Q D XP =RP für das Parallelmodell. Die Aussage Die Güte ist groß
stimmt unabhängig von der Modellannahme immer dann, wenn der Ohm’sche Anteil keine
große Rolle spielt.

Anwendungsbeispiel: Bestimmung der Güte eines Bauteils

Die Güte eines Bauteils lässt sich aus dem zeitlichen Versatz zwischen dem Strom-
und Spannungsverlauf bestimmen. Dazu dient die in . Abb. 2.24 für einen nicht idea-
len Kondensator gezeigte Anordnung. Der Kondensator wird in Reihe zu einem Shunt
genannten Ohm’schen Widerstand RS geschaltet und durch eine Versorgungsspannung
uQ D UO Q sin.!t/ versorgt. Mittels eines Oszilloskops wird die Spannung uS .t/ am Sh-
unt und die am Kondensator anliegende Spannung uC .t/ D uQ .t/  uS .t/ verglichen. Die
Spannung am Shunt liefert zusammen mit dem Innenwiderstand Ri des Oszilloskops den
Strom iC durch den Kondensator:

iC .t/ D uS .t/=.RS C Ri / : (2.45)

Stellt man man nun iC .t/ und uC .t/ auf einem Bildschirm dar, so lässt sich die Zeit-
verzögerung zwischen Strom und Spannung ablesen. Damit ist die Güte bestimmt: Q D
j tan.U  I /j.

Für einen idealen Kondensator .Rp ! 1/ müsste der Strom der Spannung um eine Vier-
telperiode vorauseilen. Je dominanter der Einfluss des Widerstandes, desto kleiner der
Zeitversatz zwischen Strom und Spannung.

1 Bei hohen Frequenzen werden Spulen zu Kondensatoren und umgekehrt


Auf der Entwurfsseite ist es nötig, Modelle für den Einfluss der Parasitärelemente zu ent-
wickeln, die den Frequenzverlauf der Impedanz und der Güte vorhersagen. Hierzu werden
2.1  Funktionsweise und Eigenschaften passiver Bauelemente
71 2

. Abb. 2.24 Messung des Verlustwinkels mittels Zweikanaloszilloskops und Shunt-Widerstands. Die beiden
Kanäle messen uQ .t/ und uS .t/

Ersatzschaltbilder entworfen und durchgerechnet. Diese Modelle sollten aber nicht über-
bewertet werden. Sie dienen in erster Linie dazu festzustellen, wo die Abweichungen
von der Idealfunktion zu groß werden. Und zu diesem Zwecke reicht eine recht grobe
Näherung.
Das tatsächliche Verhalten eines Kondensators beinhaltet, wie in 2.25 gezeigt, sei-
ne gewünschte Funktion .C /, die Widerstände der Leitungen, Elektroden und Lötstellen
.RR /, deren Induktivitäten .LR / sowie einen endlichen Leitwert .1=RP / des Dielektri-
kums7 . Die Impedanz eines realen Kondensators ist daher in guter Näherung
 
Z D RR C ZL C Z C k RP : (2.46)

Der Parallelwiderstand spielt nur bei Anwendungen zur Spannungspufferung eine Rolle.
In allen anderen Fällen gilt
 
1
Z  RR C ZL C Z C D RR C j !L  : (2.47)
!C

Bei der Verwendung von Kondensatoren sind also immer drei Bereiche zu unterscheiden:
1. bei kleinen Frequenzen normale Kondensatorfunktion,
2. bei Näherung an !RC D 1 Zunahme der Ohm’schen Verluste,
3. oberhalb der Reihenresonanz ! 2 LC D 1 Dominanz der Induktivität. Man spricht bei
dieser Frequenz auch von der Eigenresonanz des Kondensators.

Der Frequenzbereich der Anwendung bestimmt also, welcher Kondensator zu wählen ist.
Die folgende Gl. (2.48) zeigt, dass der Phasenwinkel der Gesamtimpedanz ein Maß dafür
ist, welche Rolle der Reihenwiderstand spielt:
 
! 2 LC  1
Z D arctan : (2.48)
RR ! C

Denn wenn dieser Widerstand verschwindet, kann der Winkel zwischen Strom und Span-
nung nur noch ˚Z D 90ı unterhalb der Eigenresonanz und C90ı darüber betragen. Als

. Abb. 2.25 Ersatzschaltbild


eines realen Kondensators. .RR /
und .LR / werden auch als ESR
und ESL bezeichnet

7 Nach den Englischen Begriffen equivalent series resistace und equivalent series inductance werden die
Reihen-Parasitärelemente auch als ESR und ESL bezeichnet.
72 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.26 Ersatzschaltbild einer realen Spule: der Parallelwiderstand RP ist nur bei Spulen mit Wirbel-
stromverlusten relevant. Bei hohen Frequenzen nimmt der Reihenwiderstand RR wegen des skin effect zu

Maß für den Einfluss der Parasitärelemente wird der Verlustwinkel ıZ oder der Verlust-
faktor D angegeben:
   
1  ! 2 LC RR ! C
ıZ D arccotan D arctan D arctan.D/ D arccotan.Q/ :
RR ! C 1  ! 2 LC
(2.49)
An dieser Gleichung ist bei genauerem Hinsehen die generelle Regel8 bestätigt: Die Güte
Q ist immer dann groß, wenn parasitäre Widerstände keine große Rolle spielen.
Bei realen Spulen sind je nach Material und Frequenz der Verwendung unterschied-
liche Effekte zu berücksichtigen. . Abb. 2.26 zeigt ein häufig verwendetes Ersatzschalt-
bild. Der Parallelwiderstand RP muss nur berücksichtigt werden, wenn ein ferromagne-
tischer Kern zu Wirbelstromverlusten führt. Bei ferromagnetischen Kernen nimmt bei
großen Strömen die Induktivität ab: Wenn dem steigenden Strom I aufgrund der Sätti-
gung ein nicht mehr steigendes (d. h. fast konstantes) Magnetfeld gegenüber steht, dann
nimmt die Induktivität wie L  1=I ab. Der Reihenwiderstand RR ist wegen des skin
effect (siehe . Abb. 5.7 und Erklärung dazu) bei hohenpFrequenzen und kleinen Draht-
durchmessern als frequenzabhängig anzunehmen: RR  !. Wie in . Abb. 2.26 gezeigt,
werden die Parasitärkapazitäten zu einer einzigen Parallelkapazität C zusammengefasst.
Dies ist nur eine in der Praxis gängige Näherung. In Wirklichkeit sind die Parasitärkapa-
zitäten kontinuierlich entlang der Spulen-Windungen verteilt.
Zum Verständnis des prinzipiellen Impedanzverlaufs ist das in . Abb. 2.26 gezeigte
Schaltbild ausreichend. Man erhält
 
ZL j!LRP
Z D RR C RP k D RR C : (2.50)
1  ! LC
2 RP .1  ! 2 LC / C j!L
Bei der Verwendung von Spulen sind nach (2.50) im Allgemeinen vier Bereiche zu un-
terscheiden:
1. bei ! D 0 ist Z D RR , also Ohm’sches Verhalten,
2. bei kleinen Frequenzen .RR  !L  RP / normale Spulenfunktion,
3. bei Näherung an ! D L=RP Zunahme der Ohm’schen Verluste,
4. oberhalb der Parallelresonanz ! 2 LC D 1 Dominanz der Parasitärkapazitäten.

In Aufgabe 2.36 wird eine reale Spule inklusive skin effect (siehe auch . Abb. 5.7) durch-
gerechnet. Auch für Spulen kann, unabhängig vom gewählten Ersatzschaltbild, eine Güte

8 Diese Regel ist auf sehr viele verschiedene Situationen, zum Beispiel Reihen- und Parallelschwingkreise
anwendbar. Sie beinhaltet, dass große Güte mit großen Parallelwiderständen und kleinen Reihenwider-
ständen einhergeht. Man frage also nicht, ob ein Widerstand groß oder klein, sondern ob er wichtig oder
unwichtig sei.
2.2  Fragen und Aufgaben zu den passiven Bauelementen
73 2
Q, ein Verlustfaktor D D 1=Q und ein Verlustwinkel ıZ angegeben werden. Für das in
. Abb. 2.26 gezeigte Ersatzschaltbild ergibt sich zum Beispiel eine Güte

!LRP2 .1  ! 2 LC /
QD : (2.51)
.RR C RP /! 2 L2 C RR RP2 .1  ! 2 LC /2

Im doppelten Grenzfall C ! 0 und RP ! 1 ergibt sich die Standardformel für gute


Spulen bei niedrigen Frequenzen: Q  !L=RR .
Bei sehr hohen Frequenzen muss auch der proximity effect und die elektromagnetische
Abstrahlung bei der Modellierung von Spulen berücksichtigt werden. Die Beschreibung
dieser Effekte findet sich in der Fachliteratur zur Hochfrequenztechnik.
Die Ersatzschaltbilder von Widerständen hängen stark von der Bauart ab. Besteht ein
Widerstand aus einem gewickelten Draht, dann ist das in . Abb. 2.26 gezeigte Ersatz-
schaltbild einer Spule angemessen. Besteht er als diskretes Bauteil aus einer dünnen,
auf einen Träger aufgebrachten Schicht, dann sind die Parasitärelemente so klein, dass
sie praktisch in allen Fällen zu vernachlässigen sind. Widerstände in Hybridschaltungen
oder in integrierten Halbleiterschaltungen haben dagegen immer parasitäre Kapazitäten
zu den darunter oder zu den darüber liegenden Schichten. Ihr Verhalten hängt also von
dem der benachbarten Bauelemente ab.

2.2 Fragen und Aufgaben zu den passiven Bauelementen

2.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

2.1 Wodurch zeichnen sich Stoffe aus, die besonders gut isolieren?
a) dass sie metallisch gebunden sind,
b) dass ihre Elektronen eine sehr große Bindungsenergie haben, oder
c) dass sie kristallin sind?

2.2 Welche Materialien verringern die Stärke von sie durchdringenden Magnetfeldern?
a) Diamagnetische Materialien,
b) paramagnetische Materialien, oder
c) ferromagnetische Materialien?

2.3 Woran erkennt man, dass der magnetische Kern einer Spule gesättigt ist?
a) Die Spule wird warm.
b) Das lässt sich ohne Aufschneiden der Spule nicht herausbekommen.
c) Die Induktivität sinkt mit steigender Stromstärke.

2.4 Wann gelten die Ihnen bekannten Brechungsgesetze für elektrische und magnetische
Felder?
a) Sie gelten immer.
b) Sie gelten nur, wenn keine Ströme fließen.
c) Sie gelten nur im statischen Falle.
74 Kapitel 2  Passive Bauelemente

2.5 Welche Eigenschaften sollte ein Kondensator-Dielektrikum haben?


a) Es sollte eine sehr kleine relative Dielektrizitätskonstante haben.
b) Es sollte den Strom gut leiten.
2 c) Es sollte eine sehr gleichmäßige Dicke haben.

2.6 Wie ändert sich der Energieinhalt des Magnetfeldes einer Spule, wenn der sie durch-
fließende Strom verdoppelt wird?
a) Er wächst um den Faktor 1,414213. . .
b) Er wird ebenfalls verdoppelt.
c) Er wächst um den Faktor 4.

2.7 Welchen Nachteil haben gewickelte Kondensatoren?


a) Sie haben eine große parasitäre Induktivität.
b) Sie sind sehr teuer.
c) Sie haben einen großen Widerstand.

2.8 Wann empfiehlt sich die Verwendung von Elektrolytkondensatoren?


a) Wenn sehr hohe Frequenzen abgeblockt werden sollen.
b) Wenn für wenig Geld eine große Kapazität benötigt wird.
c) Wenn die parasitären Widerstände sehr klein sein sollen.

2.9 Ein Plattenkondensator mit einem Stück Papier als Dielektrikum sei auf eine Span-
nung von 10 V vorgeladen. Anode und Elektrode werden danach elektrisch getrennt. Was
passiert, wenn das Papier herausgezogen wird?
a) Die Spannung bricht zusammen, da ein Kurzschluss entsteht.
b) Wegen der Energieerhaltung passiert gar nichts.
c) Die Spannung steigt auf über 10 V an.

2.10 „Eine Spule mit einem Ferritkern ist besser für hohe Frequenzen geeignet als eine
mit einem Eisenkern.“ Stimmt das?

2.11 „Wer den Verlustwinkel misst, kennt die Güte eines Bauteils.“ Stimmt das?

2.12 „Bei extrem hohen Frequenzen verhalten sich Spulen und Kondensatoren ähnlich
wie Widerstände.“ Stimmt das?

2.13 „Die Güte eines Doppelschichtkondensators nimmt bereits bei Frequenzen knapp
oberhalb von f D 10 Hz deutlich ab.“ Stimmt das?

2.14 „Magnetische Feldlinien treten immer im Winkel von ca. 90ı aus einem Eisenkern
heraus.“ Stimmt das?

2.15 „Der Widerstandswert eines Metallschichtwiderstandes steigt mit der Temperatur


an.“ Stimmt das?

2.16 Wann lassen sich Magnetfelder mit Hilfe der sogenannten Magnetkreise berechnen?

2.17 Was hat die Güte eines Bauelements mit dessen parasitärem Widerstand zu tun?
2.2  Fragen und Aufgaben zu den passiven Bauelementen
75 2

. Abb. 2.27 Zur Aufgabe 2.25: Zeitlicher Verlauf des Magnetfelds B durch eine Spule. Zum Zeitpunkt t D
1 ms ist die Spannung der Spule bekannt: U0 D 2

2.18 Bitte nennen Sie eine praktische Anwendung des Brechungsgesetzes für magneti-
sche Feldlinien!

2.19 Wo befindet sich das Dielektrikum eines Aluminium-Elektrolytkondensators mit


flüssigem Elektrolyten?

2.20 Was verstehen Sie unter dem Begriff Schichtwiderstand?

2.2.2 Klausuraufgaben

2.21 Zwei Kondensatoren mit C1 D 2;5 nF und C2 D 10 nF werden in Reihe geschaltet.


Welche Kapazität haben die beiden zusammen?

2.22 Finden Sie einen einfachen Ausdruck ohne das k-Zeichen für 1=.a k b/.

2.23 Zwei Kondensatoren mit C1 D 2;75 nF und C2 D 1;25 nF werden parallel geschaltet.
Welche Kapazität haben die beiden zusammen?

2.24 Zwei Tantal-ELKOs mit einer Kapazität von C1 D C2 D 30 ˙ 3 F sollen zur Verbes-
serung der Spannungsfestigkeit der Gesamtanordnung in Reihe geschaltet werden. Wie
kann das funktionieren?

2.25 In . Abb. 2.27 sehen Sie den zeitlichen Verlauf eines Magnetfeldes durch eine
Drahtscheife. Sowohl die Feldstärke B als auch die induzierte Spannung sind in beliebi-
gen Einheiten angegeben. In diesen Einheiten sei der Wert der Spannung U.t D 0 ms/ D
U0 D 2. Bitte skizzieren Sie den Verlauf der Spannung über den gesamten Zeitbereich.

2.26 In . Abb. 2.28 ist die gemessene Induktivität zweier Spulen als Funktion des hin-
durchfließenden Wechselstromes gezeigt. Um welchen Typ von Spulen handelt es sich?
Welche Effekte sorgen für die Abnahme der Induktivität? Wie könnte der Induktivitäts-
verlauf abgeflacht werden?
76 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.28 Zur Aufgabe 2.26:


Gemessene Induktivitäten L einer
12 mH Spule und einer 5;5 mH
Spule als Funktion des Wechsel-
2 stromes I

2.27 Ein Kette mit elektrischen Tannenbaumkerzen wird oft als Reihenschaltung der Ein-
zelkerzen realisiert. Wie kann verhindert werden, dass der Ausfall einer einzigen Kerze
zum Ausfall der gesamten Kette führt?

2.28 An einer 230 V Netz-Steckdose wird zur Entstörung ein C D 1 F Keramikkonden-


sator mit einem Verlustfaktor D D tan ı D 0;02 eingesetzt. Wie groß ist die Verlustleistung
des Kondensators? Welche Energie verbraucht der Kondensator im Laufe eines Jahres?
Um welchen Faktor ginge diese zurück, wenn der Keramikkondensator durch einen Fo-
lienkondensator mit tan ı D 104 ersetzt werden würde?

2.29 Ein auf 1 Volt aufgeladener Plattenkondensator hat zwischen den Elektroden ein
0;1 mm dickes Blatt Papier mit einer elektrischen Suszeptibilität von E D 1;5 einge-
klemmt. Der Kondensator wird von allen elektrischen Verbindungen getrennt. Was pas-
siert, wenn dann das Papier herausgezogen wird?

2.30 Der in . Abb. 2.29 gezeigte Kondensator vom Typ UltraCap ist bis zu 2;5 V span-
nungsfest und hat eine Kapazität von 5 kF. Bitte leiten Sie aus der Definition 2.1 für die
Kapazität einen Ausdruck für den maximalen Energieinhalt her.

2.31 Ein Kunststoff-Kondensator soll mit dem einzigen übergeordneten Ziel entwickelt
werden, eine möglichst hohe Energiedichte zu erreichen. Welche Strategie verfolgen Sie:
maximale Flächenkapazität oder maximale Spannungsfestigkeit? Bitte begründen Sie Ih-
re Strategie! Wäre bei Elektrolyt-Kondensatoren die gleiche Vorgehensweise richtig?

. Abb. 2.29 Zur Aufgabe 2.30:


Ultracap Kondensator. Solche
Kondensatoren haben heute Kapa-
zitäten im Kilofarad Bereich (Foto:
EPCOS AG)
2.2  Fragen und Aufgaben zu den passiven Bauelementen
77 2
. Abb. 2.30 Zur Aufgabe 2.32:
Frequenzverlauf des Verlustwin-
kels eines handelsüblichen 50 F
Kondensators

2.32 Ein Kondensator wurde zum Schutz gegen kurzzeitige Energieeinbrüche parallel
zur Spannungsversorgung geschaltet. Er hat den in . Abb. 2.30 gezeigten Frequenzver-
lauf des Verlustwinkels (siehe 7 Abschn. 2.1.5). Welchen Ohm’schen Längswiderstand
muss man diesem Kondensator bei f D 1 Hz und bei f D 100 Hz zuordnen? Kurz nach
Inbetriebnahme brennt der Kondensator ab. Welcher Kondensator-Typ könnte das sein?
Worin könnte der Grund für das Abbrennen liegen?

2.33 Bitte skizzieren Sie den Impedanzverlauf eines realen Folienkondensators mit einer
Kapazität von 100 nF.

2.34 Die relative magnetische Permeabilitiät r eines Stoffes kann man bestimmen,
indem man einen Ring mit der Materialdicke r aus ihm formt und mit einem Draht um-
wickelt. Bitte beschreiben Sie: Wie lässt sich aus dem Impedanzverlauf r bestimmen?

2.35 Bestimmen Sie die Induktivität einer langen Spule der Länge l, Windungszahl N
und Radius r mit r  l.

2.36 . Abb. 2.31 zeigt das vom Hersteller angegebene Ersatzschaltbild einer realen Spu-
le (vergleiche [5] S. 452). Die Zahlenwerte sind RS D 1 m, RC D 6 , C D 68 fF,
L D 1 nH. Der Widerstandpdes Spulendrahtes,
p RL .!/ ist wegen des skin effect frequenz-
abhängig: RL D 3;4 = Hz  !=2
.
Bis zu welcher Frequenz ist die Spule einsetzbar?

2.37 In einer gedruckten Schaltung wird ein R D 100  Widerstand durch eine ` D
1 cm lange, b D 2 mm breite und d D 0;2 mm dicke Schicht realisiert. Wie groß sind der
spezifische Widerstand  und der Schichtwiderstand ?

. Abb. 2.31 Zur Aufgabe 2.36: Ersatzschaltbild einer realen Spule [5]. Der Widerstand des Wickeldrahtes
RL .!/ steigt durch den Skin-Effekt mit der Frequenz an
78 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.32 Zur Aufgabe


2.39: Eisenkonstruktion aus drei
verbundenen Quadraten und Kup-
ferwicklungen mit N1 , N2 und N3
2 Windungen. Die Quadrate haben
die gleiche Seitenlänge s

2.38 Zur Stabilisierung einer Leitung wird neben einen C D 1 F Aluminium Elektro-
lytkondensator noch ein zweiter, C D 1 nF Tantal-Kondensator gelötet. Dient der zweite
Kondensator der Kapazitätserhöhung?

2.39 . Abb. 2.32 zeigt eine Eisenkonstruktion in Form von drei verbundenen Quadraten
der jeweiligen Seitenlänge s mit drei Kupferwicklungen. Die N1 Windungen im linken
Quadrat wird von einem Strom I1 durchflossen, die zweite Wicklung ist nicht angeschlos-
sen. Die N3 vom Strom I3 durchflossenen Windungen haben die gleiche Orientierung wie
die linke Wicklung. Die gesamte Konstruktion ist aus Rohlingen mit dem Querschnitt
A D .s=8/2 gefertigt.
Bitte zeichnen Sie das Schaltbild des Ersatzkreises und berechnen Sie den magneti-
schen Fluss ˚B1 durch die linke Wicklung als Funktion von I1 , N1 , s und  für den Fall,
dass I3 D 0 ist.
Welcher Strom I3 müsste durch die rechte Wicklung fließen, damit in die mittlere
Wicklung keine Spannung induziert wird, falls I1 ein Wechselstrom ist?

2.40 Ein Kondensator hat als Dielektrikum eine 0;8 m dünne Schicht aus Polyethy-
lenterephthalat9 (PET) mit "r D 3;3. Er wird aus 15 mm breiten Metallbahnen für die
Kathode und 12 mm breiten Metallbahnen für die Anode gewickelt. Wie lang müssten
die Aluminiumbänder sein, um eine Kapazität von 1 F zu ergeben?

2.41 . Abb. 2.33 zeigt eine Konstruktion aus ferromagnetischen Materialien. Durch ei-
ne Spule wird mit einem durch N D 50 Windungen fließenden, konstanten Strom von
I D 1A ein Magnetfeld erzeugt. Der Bereich 1 hat eine Querschnittsfläche von A1 D 4 cm2
und r1 D 250. Der Bereich 2 hat, wie auch die Bereiche 2, 3, 5, 7 und 8 eine Quer-
schnittsfläche von A2 D 2 cm2 und r2 D 1000. Die Bereiche 4 und 6 haben die gleichen
Querschnittsflächen A4 D A6 D A2 , aber r4 D r6 D 1. Bitte bestimmen Sie die Stärke
des magnetischen Kraftfeldes jBj in den einzelnen Abschnitten.

2.42 Ein so genannter Mischkondensator besteht aus Aluminium-Elektroden, zwischen


denen zwei Lagen Dielektrika platziert sind: 10 m Polypropylen mit "r D 2;25 und
20 m Papier mit "r D 3. Welche Dielektrizitätskonstante muss man ansetzen, um zusam-
men mit der Kondensatorfläche und dem 30 m Abstand den korrekten Kapazitätswert
zu erhalten?

2.43 Durch eine 110 kV Gleichstrom-Überlandleitung, deren leitender Teil aus Alumi-
nium mit einem Querschnitt von 300 mm2 besteht, fließt ein Strom von I D 200 A. Das

9 Wenn Ihre Bierflasche nicht aus Glas ist, dann ist sie aus PET.
2.3  Antworten zu Kap. 2
79 2
. Abb. 2.33 Zur Aufgabe 2.41:
Ein geschlossener Körper aus
verschiedenen Materialien, ange-
regt durch eine Stromschleife als
Beispiel für eine Magnetfeldbe-
rechnung

. Abb. 2.34 Zur Aufgabe 2.44:


Erdleiter in Form einer Halbkugel:
Die ebene Oberfläche schließt an
die des Erdreiches an, so dass nur
der gewölbte Teil der Oberfläche
Kontakt zum Boden hat

Molvolumen von Aluminium beträgt 1  105 m3 =mol. Wie groß ist die Geschwindigkeit
der Elektronen? Wie viele Elektronen passieren pro Zeiteinheit den Leitungsquerschnitt?

2.44 Die Erdung einer Maschine soll mit Hilfe der in . Abb. 2.34 gezeigten Edelstahl-
Elektrode in Form einer Halbkugel erfolgen. Die Elektrode hat einen Radius von r D
5 cm. Das Erdreich hat einen spezifischen Widerstand von   200 m. Wie groß ist der
Widerstand der Erdung (gegen ein hypothetisches, unendlich weit entferntes Nullpoten-
zial)? Welche Schrittspannung muss ein Mensch aushalten, der mit einem Fuß auf der
Elektrode steht und mit dem anderen d D 30 cm vom Rand des Erdleiters, während ein
Strom von I D 200 A durch den Erdleiter fließt?

2.3 Antworten zu 7 Kap. 2

2.1 b) ist richtig: ist ein Elektron fest an einen Kern gebunden, kann es sich nicht bewe-
gen und so Strom transportieren.

2.2 Antwort a) ist richtig. Paramagnetische Materialien verstärken Magnetfelder wenig,


ferromagnetische Materialien verursachen eine große Feldverstärkung.

2.3 Antwort c) ist richtig. Eine Spule mit ferromagnetischem Kern erzeugt im Wechsel-
stromnetz auch außerhalb der Sättigung Wärme. Da im Zustand der Sättigung die Stärke
des magnetischen Kraftfeldes B aber nicht mehr so stark mit dem Strom ansteigt, wird die
Induktivität bei großer Stromstärke geringer. Aus diesem Grunde haben Spulen für große
Stromstärken auch eine beachtliche Baugröße. In Hochleistungstransformatoren wird die
Sättigung zur Gefahr: Schon kleine Stromänderungen können dann zu Überspannungen
führen.
80 Kapitel 2  Passive Bauelemente

2.4 Antwort c) ist richtig. Die Brechungsgesetze folgen genau dann aus den Max-
well’schen Gleichungen in Materie, wenn alle zeitlichen Ableitungen gleich null gesetzt
werden.
2
2.5 Antwort c) ist richtig. Gute Dielektrika haben eine große relative Dielektrizitätskon-
stante und eine hohe Durchbruchspannung. Die sehr gleichmäßige Dicke ist nötig, damit
die Durchbruchspannung überall gleich groß ist.

2.6 Antwort c) ist richtig. Die Energie steigt mit dem Quadrat der Feldstärke an: W D
L I 2 =2.

2.7 Antwort a) ist richtig. Solche Kondensatoren sind günstig zu produzieren. Ihre
Ohm’schen Widerstandsanteile hängen von den verwendeten Materialien ab. Entlang der
Anschlüsse betrachtet zeigt sich jedoch schon ihre Spulenähnlichkeit. Die Wicklung geht
mit einer großen Induktivität einher.

2.8 Antwort b) ist richtig. Elektrolytkondensatoren sind in der Regel unipolar, langsam,
aber günstig (gemessen in Geld pro Kapazität).

2.9 Antwort c) ist richtig. Luft ist ein hinreichend guter Isolator, um die erste Antwort
auszuschließen. Da das Papier bei gegebener Ladung auf den Elektroden das elektrische
Feld verringert, diese Verringerung aber nach dem Herausziehen beendet ist, steigt die
Feldstärke zwischen den Platten und so die Spannung, und zwar um den Faktor "r des
Papiers.

2.10 Ja, das stimmt. Je höher die Frequenz des Spulenstromes, desto größere Wirbelströ-
me werden in das Eisen induziert. So entstehen Wärmeverluste. Ferrit dagegen leitet den
Strom nicht und kann daher keine Wirbelströme in sich tragen.

2.11 Ja, das stimmt. Es gilt tan ı D 1=Q.

2.12 Nein, das stimmt nicht. Bei extrem hohen Frequenzen fangen Spulen an, sich wie
Kondensatoren zu verhalten und umgekehrt.

2.13 Ja, das stimmt, und deshalb sollte er nicht bei höheren Frequenzen betrieben wer-
den. Er könnte aufgrund der Wärmeverluste so heiß werden, dass er abbrennt.

2.14 Nein, das stimmt nicht, denn diese bekannte Regel gilt nur, wenn das Eisen von
einem Stoff mit einem viel kleineren r umgeben ist.

2.15 Ja, das stimmt. Fast alle Materialien haben einen mit der Temperatur ansteigenden
spezifischen Widerstand. Nur Halbleiter und wenige andere Materialien haben einen mit
der Temperatur sinkenden Widerstand.

2.16 Magnetkreise basieren auf einer Analogie der Magnetostatik, die auf der Erhaltung
des magnetischen Flusses basiert und Geometrien voraussetzt, denen man den Verlauf
der Feldlinien sofort ansieht. Im Produktentwurf dienen sie daher der Abschätzung der
2.3  Antworten zu Kap. 2
81 2
Feldstärken bei kleinen Frequenzen, also bei Transformatoren und elektrischen Maschi-
nen.

2.17 Das hängt von der Modellierung ab. Wird der Widerstand als zur Spule (oder zum
Kondensator) parallel geschaltet angenommen, so geht eine große Güte mit einem großen
Widerstand einher. Wird er dagegen als in Reihe geschaltet betrachtet, so ist die Güte
genau dann groß, wenn der Widerstandswert klein ist.

2.18 Jede Spule mit einem ferromagnetischen Kern stellt eine praktische Anwendung
dar. Denn bei extrem unterschiedlichem r führt das Brechungsgesetz dazu, dass der
Stoff mit dem großen r die Feldlinien in sich führt. Nur so kann erreicht werden, dass
praktisch das gesamte Magnetfeld durch dieses Material geht und so eine große Induk-
tivität erreicht wird. Weitere Anwendungen sind Transformatoren, Motoren und Genera-
toren. Auch bei diesen Geräten sorgen die Brechungsgesetze für die Flusserhaltung und
ermöglichen so, durch geometrische Gestaltung der Ferromagnetika die Geometrie der
Magnetfelder zu bestimmen.

2.19 Das Aluminium ist die Anode des Elektrolytkondensators, zwischen ihr und der Ka-
thode befindet sich der elektrisch leitfähige Elektrolyt. Dieser bildet zusammen mit dem
Aluminium an dessen Oberfläche eine wenige Moleküle dünne Schicht Aluminiumoxyd,
Al2 O3 . Letztere ist das Dielektrikum.

2.20 Der Schichtwiderstand einer dünnen Schicht ist derjenige Widerstand, den ein Qua-
drat einer solchen Schicht hat. Vergrößert man die Fläche, so ändert sich dieser nicht,
denn Länge und Breite nehmen in gleichem Masse zu. Der Wert des Widerstandes ei-
nes rechteckigen, auf eine Platine bzw. auf einen Hybriden gedruckten Widerstandes ist
dann einfach dessen Schichtwiderstand multipliziert mit der Länge und dividiert durch
die Breite.

2.21 Mit

1 1 1
D C (2.52)
C C1 C2

erhält man C D 2 nF.

2.22 Es ist

1 aCb 1 1
D D C : (2.53)
akb ab a b

Wegen der Gültigkeit dieser Beziehung ist es oft nützlich, Gleichungen so umzustellen,
dass das k-Zeichen im Nenner steht.

2.23 Die Kapazitäten müssen addiert werden:

C D C1 C C2 D .2;75 C 1;25/ nF D 4 nF: (2.54)


82 Kapitel 2  Passive Bauelemente

. Abb. 2.35 Zur Aufgabe 2.24:


Hochohmige Widerstände parallel
+ +
zum Kondensator schützen von
Überspannung
2
R > 100 kΩ

2.24 Jeder Kondensator muss gegen Überspannung geschützt werden. Bei Elektrolyt-
kondensatoren kommt hinzu, dass sie nicht umgepolt werden dürfen. Eine Umpolung
kann aufgrund von Bauteiletoleranzen auftreten, wie die folgende Überlegung zeigt:
Wenn beide Kondensatoren in Reihe liegen, dann fließt durch sie der gleiche Strom
dU1 dU2
I D C1  D C2  ; (2.55)
dt dt
woraus für beliebige Spannungsveränderungen folgt:
U2 C1
D : (2.56)
U1 C2
Wenn nun die Anordnung vollständig entladen wird, dann ist U1 C U2 D 0. Das heißt,
wenn die Kondensatoren vor der Entladung nicht genau im Verhältnis C1 =C2 vorgeladen
waren, dann wird nach der vollständigen Entladung derjenige mit der kleineren Kapazität
umgepolt sein, was im schlimmsten Falle dessen Zerstörung nach sich zieht. Die Umpo-
lung kann durch in Sperrrichtung betriebene Schutzdioden (am besten Schottky-Dioden)
auf ca. 0;3 V begrenzt werden.
Überspannungen können durch unterschiedliche Leckströme in den Kondensatoren
auftreten: Wenn zwei in Reihe geschaltete, gleiche Kondensatoren auf eine Gesamtspan-
nung U aufgeladen werden, dann fällt zunächst an jedem der beiden U=2 ab. Wenn
danach, bei konstanten äußeren Bedingungen, einer der beiden Kondensatoren aufgrund
seiner größeren Leckströme sich sehr viel schneller entlädt als der andere, dann fällt nach
einiger Zeit fast die gesamte Spannung an dem Kondensator mit der geringeren Selbstent-
ladung ab. Dies kann nur verhindert werden, indem, wie in . Abb. 2.35 gezeigt, zu beiden
Kondensatoren Widerstände parallel geschaltet werden, durch die mehr Strom fließt als
die größten zu erwartenden Leckströme.

2.25 Bei diesem Beispiel wurde offensichtlich die Spannungsrichtung so gewählt, dass
eine positive Ableitung des Magnetfeldes zu einer negativen Spannung gehört, zu erken-
nen an U0 < 0. Da die induzierte Spannung immer proportional zur Ableitung ist, ergibt
sich der in . Abb. 2.36 gezeigte Induktionsspannungsverlauf.

2.26 Die Abnahme der Induktivität legt Spulen mit Eisenkern nahe. Deren Magnetisie-
rung erreicht ein Maximum, wenn alle im Eisen vorhandenen Dipole (bzw. die Weißschen
Bezirke) im Magnetfeld ausgerichtet sind. Die Polarisierung ist dann praktisch konstant.
Die Das von den Leitungswindungen erzeugte Magnetfeld steigt aber proportional zum
Strom. Der magnetische Fluss setzt sich also aus einem konstanten, großen Polarisati-
onsterm und einem sehr viel kleineren stromabhängigen Term zusammen. Die induzierte
Spannung wächst kaum noch mit dem Strom und die gemessene Induktivität zeigt annä-
hernd ein 1=I Verhalten.
2.3  Antworten zu Kap. 2
83 2

. Abb. 2.36 Zur Aufgabe 2.25: Zwischen 0 und 2 Millisekunden muss die Spannung konstant sein, denn
die Änderung des Magnetfeldes ist konstant. Danach ist die Induktionsspannung Null, denn das Magnetfeld ist
konstant, . . . , und so weiter

Die einzige Möglichkeit, den Bereich konstanter Induktivität hin zu größeren Strömen
zu verschieben besteht darin, das Magnetfeld auf mehr Eisen zu verteilen. Spulen für
große Ströme sind daher größer als solche für kleine.

2.27 Zu jeder Kerze wird ein NTC-Widerstand parallel geschaltet. Dieser wird so dimen-
sioniert, dass er im kalten Zustand einen deutlich größeren Widerstand hat als die Kerze.
Fällt die Kerze aus, so fließt der gesamte Strom durch den NTC, er erwärmt sich und sein
Widerstand sinkt, bis sich ein Gleichgewicht einstellt. Bei richtiger Auslegung leuchten
dann die anderen Kerzen nur wenig schwächer als vor dem Ausfall der einen.

2.28 Nach (2.41) wird dem Kondensator ein Widerstand von

1 1
RD D (2.57)
! CD 2
f C tan ı

zugeordnet. In Zahlen ergibt sich ein Wert von R D 159 k. Die Verlustleistung ist nun
P D U 2 =R, also in Zahlen P D 0;33 W. Im Jahr wird also eine Energie W D P  t, also
W D 365;25  24 h  0;33 W D 2;914 kWh verbraucht.
Bei einer Verbesserung von tan ı um den Faktor 0;02=104 D 200 steigt der Wider-
stand auf das 200-Fache und der Energieverbrauch sinkt um das 200-Fache auf P D
0;0146 kWh im Jahr.

2.29 Die Ladung ist erhalten. Bezeichnet man mit den Indizes 1 und 2 den Kondensator
mit und ohne Papier, muss nach (2.15)

A A
U1  " 1  D U2  " 2  (2.58)
d d
gelten oder mit Hilfe der elektrischen Suszeptibilität

1 C E1
U2 D U1  : (2.59)
1 C E2
84 Kapitel 2  Passive Bauelemente

Das heißt, die Spannung steigt in diesem Fall von 1 Volt auf 2,5 Volt. Dieses Ergebnis ist
auch durch den Energie-Erhaltungssatz begründet: Um das Dielektrikum zu polarisieren,
muss Arbeit verrichtet werden. Wenn das Dielektrikum nicht mehr polarisiert ist, dann
2 hat es weniger Energie – genau die, die dem Kondensator zugute kommt.
Falls das Ergebnis der Intuition widersprechen sollte: Der umgekehrte Vorgang
scheint oft leichter verständlich. Schiebt man ein Dielektrikum zwischen die Platten,
dann sorgt dessen Polarisation für eine Verringerung des elektrischen Feldes und damit
zu einer Abnahme der Spannung.

2.30 Um eine Ladung Q eine Potenzialdifferenz U überwinden zu lassen, ist eine


Arbeit W D Q U nötig.Wie viel Energie gebraucht wird, hängt wegen Q D C U also
davon ab, wie viel Ladung bereits auf dem Kondensator ist: W D C U U . Die gesamte
zu verrichtende Arbeit ist genau der Energieinhalt:

ZW ZU
1
W D dW D C U dU D CU2 : (2.60)
2
0 0

In Zahlen ergibt sich W D 15;6 kJ, das sind 4,34 Watt-Stunden.

2.31 Die maximale gespeicherte Energie ist nach (2.18) und (2.19)

"0 "r A 2
Wmax D Umax : (2.61)
2d
Vergleicht man also den Energieinhalt zweier aus gleichen Materialien gefertigten Kon-
densatoren mit den Indizes 1 und 2, so ergibt sich
"0 "r A1 2
Wmax;1 D Umax;1
2d1
"0 "r A2 2
Wmax;2 D Umax;2 (2.62)
2d2
2
Wmax;1 A1 d2 Umax;1
! D 2
Wmax;2 A2 d1 Umax;2

Die Spannungsfestigkeit des Dielektrikums steigt jedoch mit dessen Dicke: Umax;1 =Umax;2
D d1 =d2 . Daher ist

Wmax;1 A1 d1
D (2.63)
Wmax;2 A2 d2

Dabei sind A1 d1 und A2 dd nichts Anderes als die von den Dielektrika eingenommene
Volumina. Das heißt: Bei gegebenen Materialien ist der maximale Energieinhalt des Bau-
elementes im Wesentlichen durch das Volumen vorgegeben. Physikalisch lässt sich das
auch so begründen: Die Energie eines Kondensators ist in dessen elektrischem Feld ge-
speichert. Die maximale Feldstärke ist eine Eigenschaft des Materials des Dielektrikums.
So bestimmt das Dielektrikum die maximale (Feld-)Energiedichte. Die Gesamtenergie ist
dann das Produkt aus Energiedichte und Volumen. Mehr Flächenkapazität durch ein dün-
neres Dielektrikum hilft ebensowenig wie mehr Spannungsfestigkeit durch ein dickeres.
2.3  Antworten zu Kap. 2
85 2
. Abb. 2.37 Zur Aufgabe 2.33:
Impedanzverlauf eines realen
100 nF-Kondensators. Wo genau
das Minimum liegt und ab wel-
cher Frequenz das Spulenverhalten
dominiert, hängt von Herstellungs-
details ab. Universell ist nur der
1=! C Verlauf bei kleinen Fre-
quenzen

Berücksichtigt man allerdings zusätzlich zu den oberen Überlegungen noch die Dicke
der Elektroden, so ergeben sich leichte Vorteile für höhere Maximalspannungen, denn
eine kleinere Fläche der Elektroden geht mit weniger von ihnen verbrauchtem Volumen
einher.
Bei einem Elektrolyt-Kondensator kann so nicht argumentiert werden. Je dicker das
Dielektrikum wird, desto glatter wird die Oberfläche auf der der Flüssigkeit zugewandten
Seite. Mit zunehmender Dicke nimmt also die Fläche ab, ein sehr diffiziles Technologie-
problem ohne einfache Lösung.

2.32 Der Verlustwinkel ist ein Maß für das Verhältnis von Längswiderstand und Impe-
danz. Man erhält für den Ohm’schen Anteil (ESR) R D tan.ıZ /=.! C /. In Zahlen ergeben
sich bei f D 1 Hz RR  1;5 m und bei f D 100 Hz RR  0;26 m.
Die sehr große Kapazität legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem Kondensator
um einen Doppelschichtkondensator handelt. Diese Hypothese wird durch die Tatsache
gestützt, dass er abbrennt: Solche Kondensatoren haben Elektroden aus Aktivkohle. Aus
dem Frequenzverlauf des Verlustwinkels ist zu sehen, dass Ohm’sche Widerstände ab
Frequenzen von 1 Hz eine Rolle spielen. Ab f D 10 Hz sind sie bereits größer als die
Impedanz des Kondensators.
Aufgrund dieser Indizien ist anzunehmen, dass es auf Seiten der Versorgung ein Stör-
signal mit mehr als f D 10 Hz gibt, welches im Kondensator in Wärme umgewandelt wird
und schließlich zu dessen Zerstörung führt. (Dies ist ein Beispiel aus dem wirklichen Le-
ben. Verursacher war ein nicht ausreichend geglätteter Wechselrichter einer Solaranlage.)

2.33 Ein typischer Impedanzverlauf ist in . Abb. 2.37 gezeigt. Bei kleinen Frequenzen
zeigt er das typische 1=.! C / Verhalten. Das Steilerwerden der Impedanzkurve zeigt den
Einfluss der Parasitärinduktivität, welche bei sehr hohen Frequenzen dominiert. Das Mi-
nimum der Impedanz ist bei Reihenresonanz ! 2 LC D 1 erreicht. Dort ist die Impedanz
die Summe der Ohm’schen Widerstände.

2.34 Die Feldstärke an jedem Punkt innerhalb des Ringes ist immer proportional zum
Strom I und zur relativen Permeabilität r des Materials (siehe Aufgabe 1.36) und der
Anzahl der Windungen N . Daher lässt sich der magnetische Fluss als Produkt aus einem
Geometriefaktor G und diesen Größen schreiben:

˚B D NGr I (2.64)
86 Kapitel 2  Passive Bauelemente

Bei N Torus-Windungen wird also gemäß dem Induktionsgesetz von Faraday und Henry
Windungen eine Spannung

d˚B dI
2 Uind D N D N 2 Gr (2.65)
dt dt
induziert. Der Faktor vor der Ableitung ist aber (bist auf das Vorzeichen) nichts Anderes
als die Induktivität L. Die Induktivität lässt sich zum Beispiel durch Messung der Impe-
danz Z D R C j!L bestimmen. Diese beginnt bei ! D 0 mit dem Gleichstromwiderstand
p
des verwendeten Drahtes, R, und fällt bei !0 D R=L auf den 1= 2-Fachen Betrag ab.
So folgen aus R und !0 die Induktivität L. Vergleicht man nun zwei mit verschiedenen
Materialien und ansonsten gleiche Spulen, so gilt:

! 0;2 L1 r;1
D D (2.66)
! 0;1 L2 r;2

2.35 Gemäß der Definition 2.2 der Induktivität muss der magnetische Fluss ˚B aus der
Feldstärke bestimmt werden. Die Feldstärke beträgt B D 0 I N= l (siehe Aufgabe 1.37).
Daher beträgt für N Windungen der magnetische Fluss
 
N
˚B D N A  B D N.
r 2/  0 I : (2.67)
l

Einsetzen in Definition 2.2 ergibt




0
L D
r2 N2 ; (2.68)
l
was zu (2.33) äquivalent ist.

2.36 Entscheidend für den Anwendungsbereich ist die Lage der Parallelresonanz von L
und C . In . Abb. 2.38 ist diese deutlich bei knapp f D 20 GHz zu sehen. Für die Reso-
nanz spielt RS keine Rolle, und wir suchen das Minimum des Betrages des komplexen
Leitwertes:
1 1 1 1
Y D C D C p : (2.69)
RC C Z C RL C ZL RC C Z C k !=2
C ZL

. Abb. 2.38 Zur Aufgabe 2.36:


Impedanzverlauf einer realen
Spule. Deutlich ist die Parallelre-
sonanz knapp unter f D 20 GHz
zu sehen. Bis f < 10 GHz ist der
Impedanzverlauf linear und die
Spule verwendbar
2.3  Antworten zu Kap. 2
87 2
Differenzieren nach f und das Ergebnis gleich Null setzen ergibt
q
k 4 C 2  16
2 L2 C.RC2 C  L/  k 2 C
fr D  19;8 GHz : (2.70)
8
2 LC.L  RC2 C /

2.37 Die Lösung folgt unmittelbar aus der Definition 2.3 des spezifischen Widerstandes
:
` Rbd
R D  `=A D !D : (2.71)
bd `
Die Zahlen ergeben einen Wert von 4 m  m. Der Schichtwiderstand ist dann gemäß
(2.37) RSchicht D =d D 20 .

2.38 Der Tantal-Kondensator erhöht die Gesamtkapazität nur um ein Promille, also im
Regelfall um deutlich weniger als die Kapazitätstoleranz des Aluminium-Elektrolyt-Kon-
densators. Daher ist die Kapazitätserhöhung kein Argument für die Parallelschaltung.
Vielmehr decken die beiden Kondensatortypen unterschiedliche Frequenzbereiche der
Störungen ab. Der Tantal-Kondensator hat bei hohen Frequenzen eine viel größere Gü-
te als ein Aluminium-Elektrolyt-Kondensator. Dieser kann dafür bei kleinen Frequenzen
wegen der größeren Kapazität viel mehr Ladung aufnehmen. Damit schützt er den Tantal-
Kondensator auch vor zu großen Strömen.

2.39 . Abb. 2.39 zeigt die Ersatzschaltung. Alle Widerstände müssen aufgrund der
Randbedingungen gleich groß sein. Für U3 D 0 lässt sich der Strom I.U1 / durch die
Spannungsquelle U1 direkt aus der Schaltung ablesen:

U1 D 3R C R k Œ2R C R k .3R/I
56
! U1 D RI (2.72)
15
15U1
!I D :
56R

. Abb. 2.39 Zur Aufgabe 2.39:


Ersatzschaltbild zur Berechnung
der Magnetfelder
88 Kapitel 2  Passive Bauelemente

Nun wird zurückübersetzt:


U1 ! N1 I1
s 64
2 R!
A
D
s
(2.73)

I ! ˚B ;
mit dem Ergebnis ˚B D .15=3584/  sN1 I1 D 0;0042sN1 I1 .
Aus der Symmetrie der Schaltung ergibt sich, dass keine Spannung in die N2 Win-
dungen des mittleren Segments induziert wird, wenn N1 I1 D N3 I3 .

2.40 Lösungsstrategie: Zunächst wird der Flächenbedarf berechnet. Dann wird die Geo-
metrie genauer untersucht.
Lösung: Nach (2.18) wird eine Fläche von
CD
AD (2.74)
"0 "r
gebraucht. Wenn eine schmale Metallbahn über einer breiten liegt, dann definiert die
schmalere (hier: b D 1;2 cm) die Kapazität. Das überstehende Metall wird, wie in
. Abb. 2.12 gezeigt, zum Kontaktieren verwandt. Wenn gewickelt wird, dann tragen
mit Ausnahme der letzten Lage immer sowohl die Vorder- als auch die Rückseite zur
Kapazität bei. Daher kann die Länge ` wie folgt berechnet werden:
CD
A D 2  `b ! ` D : (2.75)
2b"0 "r
Mit den angegebenen Zahlen ergibt sich eine Länge von ` D 1;14 m.

2.41 Lösungsstrategie: Es wird ausgenutzt, dass die Feldlinien in der Konstruktion ver-
bleiben und so der magnetische Fluss ˚B überall der gleiche ist.
Lösung: Die Länge der Teile der Magnetfeldlinien wird, wie durch die grüne Linie
angedeutet, aus den Abmessungen der Teilstücke bestimmt. Wenn Material und Quer-
schnitt gleich sind, können die Längen wie folgt zusammengefasst werden:
`1 D 4;5 cm ;
`4 C `6 D `46 D 0;5 cm ; (2.76)
`Rest D 12 cm :
Nach dem Ampère’schen Gesetz in seiner diskreten Näherung, (2.9), können nun die
Feldstärken in den beliebigen Teilen berechnet werden. Im Bereich der Spule erhält man
zum Beispiel
N  I  0
B1 D D 6 mT : (2.77)
`1 A1 `46 A1 `Rest
C C
r1 A2 r46 A2 r2
Die Berechnung in den anderen Bereichen kann in gleicher Weise erfolgen.
Übrigens: Wäre `46 D 0, wäre das Feld 25-mal so stark. Daran ist zu erkennen, welch
überragende Rolle mechanische Fertigungstoleranzen und Spaltmaße im Zusammenhang
mit der Nutzung von Magnetfeldern haben.
2.3  Antworten zu Kap. 2
89 2
. Abb. 2.40 Zur Aufgabe 2.42:
Kondensator mit zwei Dielektrika

2.42 Am leichtesten lässt sich diese Aufgabe mit einem Gedankenexperiment lösen: Man
stelle sich zunächst zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren mit gleicher Fläche A, aber
unterschiedlichen Dielektrika vor. Die Gesamtkapazität ist dann mit Hilfe von
 
1 1 1 1 d1 d2
D C D C (2.78)
C C1 C2 "0 A "r1 "r2

zu berechnen. Nun werden die Kondensatoren immer näher zusammengerückt, bis die
zwei mittleren Elektroden zu einem einzigen, nirgends angeschlossenen Stück verschmel-
zen. Wenn die Dicke dieser Zwischenelektrode gegen Null geht, ändert sich nichts am
elektrischen Verhalten. Daher beinhaltet (2.78) mit d D d1 C d2 bereits die Lösung:
 
"0 A "0 A d  "r1 "r2
C D D  : (2.79)
d1
"r1
C d2
"r2
d d1 "r2 C d2 "r1

Die Klammer in (2.79) ist die relative Dielektrizitätskonstante für den Gesamtaufbau.
Ein mehr formaler Ansatz kommt zum gleichen Ergebnis: Die Konfiguration ist in
. Abb. 2.40 gezeigt. Der Gauß’sche Satz für die linke Elektrode mit der Querschnitts-
fläche A und der Ladung QC besagt QC ="1 D E 1  A, wobei E das Feld im linken
Dielektrikum ist. Wird als rechte Begrenzungsfläche für das Oberflächenintegral gerade
die Grenzschicht zwischen den Dielektrika genommen, folgt

QC U0  U1
D A: (2.80)
"1 d1

Der Gauß’sche Satz auf die rechte Elektrode für eine bis zur Grenzschicht reichende
Einhüllende angewandt ergibt, da E und A in entgegengesetzte Richtungen zeigen,

Q U1  U2
D A: (2.81)
"2 d2

Das Zwischenpotenzial U1 kann mit Hilfe von Q D QC durch Addition aller Span-
nungen eliminiert werden:

U0  U1 D .QC d1 /=."1 A/
(2.82)
U1  U2 D .QC d2 /=."2 A/ :

Die Addition dieser beiden Gleichungen ergibt genau dasselbe Ergebnis wie (2.78).
90 Kapitel 2  Passive Bauelemente

Zusatzbemerkung: Gl. (2.78) legt die folgende Generalisierung nahe, welche sich mit
Hilfe des Gauß’schen Satzes für das elektrische Feld auch beweisen lässt: für n Dielek-
trika lässt sich die Kapazität eines Kondensators mit der Substitution
2 X n
di
d! (2.83)
"
i D1 ri

berechnen.

2.43 Lösungsstrategie: Zunächst sollte man sich ein Bild machen und dann überlegen:
Wenn Strom Ladung pro Zeit und die Geschwindigkeit Stecke pro Zeit ist, was ist dann
die Bedeutung der Strecke? Dabei ist es hilfreich, den Zusammenhang zwischen der La-
dungsträgergeschwindigkeit und dem Strom (siehe auch (1.5)) zu kennen.
Lösung: In . Abb. 1.6 ist ein Stück Kabel schematisch dargestellt. Der Strom durch
dieses Kabel ist gerade die Ladungsmenge, die pro Zeit durch die Querschnitts-Fläche A
hindurchtritt. Für ne Elektronen ist dies Q D ne  e. Bei einer Drift-Geschwindigkeit
ve D x= t der Elektronen sind dies gerade so viele, wie in dem Volumen A x vorhan-
den sind. Da Aluminium ein dreiwertiges Metall ist, ist die Dichte der Leitungselektronen
dreimal so groß wie die der Atome: .ne =V / D 3.nAl =V / also ist ne D . nVe /  A x D
. nVe /  A  ve  t. Insgesamt ergibt sich so die nützliche Formel

Q
n
e
I D De A ve : (2.84)
t V
Nach ve aufgelöst ergibt sich in Zahlen
200 m
ve D  0;023 mm=s: (2.85)
3  1;602 1019  6;022 1028  3  104 s
Die Drift-Geschwindigkeit ist also erstaunlich klein.
An (2.84) kann man sehr schön erkennen, warum schmale Drähte schneller warm
werden als dicke Kabel: Der gleiche Strom geht bei kleinerem Leitungsquerschnitt mit
einer höheren Geschwindigkeit der Elektronen einher. Pro Stoß mit einem Atomrumpf
wird also mehr Energie frei.
So klein die Geschwindigkeit ist, so groß ist die Anzahl der Ladungsträger, die pro
Zeiteinheit durch einen Leiterquerschnitt hindurchtreten.
n Q I 200 A
D D D D 1;25 1021 s1 : (2.86)
t e t e 1;602 1019 As
Das sind etwas mehr als eine Trilliarde Elektronen pro Sekunde.

2.44 Lösungsstrategie: Das Erdreich um die Halbkugel herum wird in konzentrische,


infinitesimal dicke Schalen unterteilt. Der Gesamtwiderstand ist die Summe der Schalen-
widerstände.
Lösung: Nach der Definition 2.3 des spezifischen Widerstandes  können wir den
Widerstand einer Halbkugelschale bestimmen:
`  
RD ! R D r D r : (2.87)
A A.r/ 2
r 2
Literatur
91 2
Der Gesamtwiderstand wird durch Integration bestimmt:

Z Z1
 
RD dR D dr D : (2.88)
2
r 2 2
r
r

In Zahlen ergibt sich ein Wert von R D 637 .


Bis zu einem Abstand r C rFuß ist der Gesamtwiderstand bereits RFuß D 546 . Dies
ergibt sich, wenn an Stelle von r bis 1 von r bis r C rFuß integriert wird. Bei einem
Strom von I D 200 A ergäbe sich eine Spannung von

U D R  I D 546   200 A  110 kV : (2.89)

Das würde niemand aushalten.


An diesem Beispiel zeigt sich die überragende Bedeutung einer vernünftig geplanten
Erdung gerade dort, wo große Ströme fließen (Fabriken etc.). Diese muss großflächig und
hinreichend weit weg von Lebewesen sein.

Literatur
1. Hering E, Bressler K, Gutekunst J (2017) Elektronik für Ingenieure. Springer, Berlin, ISBN 978-3-662-
54213-2
2. EPCOS AG, Multilayer Ceramic Capacitors, General technical Information, https://www.tdk-electronics.
tdk.com/en. Zugegriffen: 2021
3. Zinke O, Brunswig H (2013) Hochfrequenztechnik 1. 5. Auflage, Springer, Berlin, ISBN 978-3-642-58640-8
4. Henke H (2020) Elektromagnetische Felder. 6. Auflage. Springer, Berlin, ISBN 978-3-662-46917-0
5. Glisson TH (2011) Introduction to Circuit Analysis and Design. Springer, Dordrecht, ISBN 978-90-481-
9442-1
6. Poppe M (2020) Grundkurs Theoretische Elektrotechnik, Springer Heidelberg, ISBN 978-3-662-61913-1
93 3

Halbleiter-Bauelemente –
durch Verunreinigung
Perfektion erreichen

In diesem Kapitel werden Halbleiter-Materialien, ihre Eigenschaften und deren Modifizierung


durch das Dotieren beschrieben. Ausgehend von der Bänderstuktur der Halbleiter wird das Ver-
halten von PN-Übergängen, Halbleiter-Metall Kontakten und deren Durchbruchmechanismen
diskutiert. Darauf aufbauend werden die Funktionen und die Kennlinien von Solarzellen, PN-,
Schottky- und Zener-Dioden beschrieben. Es folgen Kennlinien und Betriebszustände der Bi-
polar Transistoren. Die Funktion und die Kennlinie des MOS Transistors inklusive der neuen
3D Transistoren werden aus den Eigenschaften des Dünnoxyd-Kondensators hergeleitet.
Es werden Modelle für vereinfachte Schaltungsberechnungen vorgestellt und diskutiert.
Mit Hilfe dieser Modelle werden Tests auf die jeweiligen Betriebszustände entwickelt.
Es folgt die Beschreibung der Funktionsweise und Einsatzfelder von Thyristoren, Leis-
tungstransistoren und IGBTs.

3.1 Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente

Software ohne Hardware ist wie eine Idee ohne Gehirn.1 Kern dieser Hardware sind
immer integrierte Schaltungen aus Halbleitermaterial. Pro Jahr werden seit Beginn der
2010er Jahre weltweit mehr als 20 Milliarden integrierte Schaltungen ausgeliefert. Im
Jahre 2017 betrug der Umsatz der Halbleiterindustrie knapp 380 Milliarden US $. Wer
die Funktionen von Halbleiter-Bauelementen versteht, der kennt daher auch die Grundla-
gen eines sehr großen und dynamisch wachsenden Arbeitsmarktes für Ingenieure.

3.1.1 Halbleiter

. Abb. 3.1 zeigt den Verlauf des Potenzials, welcher sich ergibt, wenn Elementarladun-
gen im Abstand von d D 1 nm aufgereiht werden. Ob ein Elektron in dieser Umgebung
frei beweglich ist, hängt ausschließlich von dessen Energie ab. Nach den Gesetzen der
Quantenmechanik aber gilt:
4 Die Energien können nur bestimmte, durch die Lösung der Schrödinger-Gleichung
bestimmte Werte haben. Man spricht von Energieniveaus, auf denen sich die Elektro-
nen aufhalten können.

1 Bajuwarisch A hirnloser Schmarrn.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_3
94 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.1 Potenzialverlauf


}

}
frei
durch einzelne Elementarladungen, 00
U(x)
errechnet als U D e=.4
"0 jrj/. 2 -2

Potenzial in Volt
Strom
Je nach Energie sind die Elektro- 4 -4
6 -6 leitend
nen ortsfest gebunden, innerhalb

U[eV]
}
8 -8
des Materials frei oder ganz frei
10-10
3 12-12
14-14
gebunden

-4-4 -3
-3 --22 --11 0 1 2 33
+ + + +
Abstand zum Rand in nm

. Abb. 3.2 Zur Geometrie des

- -
Silizium-Atoms: Die äußeren
Elektronen des Silizium-Atoms
halten sich bevorzugt in den hier
angedeuteten Räumen auf. Die ++
++ ++
- -
- -
Achsen dieser so genannten Orbi- ++
tale bilden einen Tetraeder

- -
4 Die Lösungen der Schrödinger-Gleichung ergeben eine Schalenstruktur der Elektro-
nen. Kristallstrukturen und praktisch die gesamte Chemie werden durch die Eigen-
schaften der Elektronen der äußeren Schale bestimmt.
4 Jedes Energieniveau kann von maximal zwei Elektronen besetzt werden.2

1 Halbleiter sind vierwertige Elemente


Silizium (und Germanium) sind Materialien, deren äußere Schale gerade acht Plätze
mit vier Elektronen besetzt hat. Diese halten sich überwiegend in so genannten sp3-
Hybridorbitalen auf. . Abb. 3.2 zeigt die örtliche Verteilung der äußersten Elektronen.
Diese umkreisen also nicht den Kern, sondern sie halten sich in so verteilten Bereichen
auf, dass sie im Mittel einen möglichst großen Abstand3 voneinander haben. Die Achsen
bilden daher einen Tetraeder.
Die Tetraeder-Struktur des Silizium-Atoms bleibt erhalten, wenn, wie in . Abb. 3.3
gezeigt, aus vielen Atomen Silizium-Kristalle werden. Jeder Silizium-Atomkern steht in
der Mitte eines Tetraeders der (und das ist neu) nun von zwei Elektronen besetzt ist: eines
eigenen und eines vom Nachbaratom. Das Silizium-Kristall besteht aus Tetraedern, deren
Achsen von Elektronenpaaren gebildet werden.
Alles bisher Geschriebene gilt ebenso für Diamant und Germanium. Neben diesen
vierwertigen Elementen eignen sich aber auch im Mittel vierwertige Kombinationen zur
Realisierung von Halbleiter-Materialien. Diese, nach ihrer Valenzkombination als III-V-

2 Das Elektron hat einen halbzahligen Spin. Für diese Art von Teilchen gilt das so genannte Pauli-Prinzip,
nach dem die Gesamtwellenfunktion antisymmetrisch gegenüber einer Vertauschung der Teilchen sein
muss. Dies wird erreicht, wenn genau zwei Teilchen mit unterschiedlichem Spin das Niveau besetzen.
3 Dieser Tatsache liegt ein fundamentales physikalisches Prinzip zu Grunde. Die stabilsten Verhältnisse sind
immer die mit der minimalen Energie. Da sich Elektronen gegenseitig abstoßen, bedeutet ein großer Ab-
stand eine niedrige Energie.
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
95 3
. Abb. 3.3 Prinzipskizze der ++
- - ++
- - ++
- - ++
++ ++ ++ ++
Silizium-Kristallbindungen: Die

-
Orbitale der Bindungselektronen
des Siliziums ergeben sich durch

-
Übereinanderlegen der Orbitale ++ ++ ++ ++
der Einzelatome ++
- - ++
- - ++
- - ++

-
-

-
++ ++ ++ ++
++
- - ++
- - ++
- - ++

Halbleiter oder II-VI-Halbleiter genannten Materialien finden insbesondere in der Opto-


elektronik Anwendung. Für all diese Stoffe gilt:

Ein Halbleiter ist ein kovalent gebundener Stoff, dessen Elektronen alle ortsfest sind. Daher
leitet er einen Strom nur bei der Zugabe von Wärme oder Verunreinigung.

Wie in Silizium Ströme fließen können, ist nur vor dem Hintergrund der Energiestruktur
der Elektronen im Kristall zu verstehen. Diese ergibt sich so, wie in . Abb. 3.4 ange-
deutet: Die äußere Schale des Silizium-Atoms ist nur halb besetzt. Dies wird dadurch
erreicht, dass sich in jedem der vier Orbitale genau ein Elektron befindet. Zwei Elektro-
nen pro Orbital sind nach den Gesetzen der Quantenmechanik möglich, aber energetisch
ungünstiger. Diese Situation ändert sich, wenn zwei Atome einander angenähert werden.
Wenn sich zwei Orbitale mit jeweils einem Elektron nähern, dann ergeben sich ener-
getisch unterschiedliche Kombinationen. Die mit niedrigerer Energie wird von den beiden
Elektronen besetzt, die energetisch ungünstigere bleibt leer. Der Energieunterschied zwi-
schen dem ursprünglichen Niveau und der neuen Kombination ist letztendlich für den
Zusammenhalt des Kristalls verantwortlich. Die Größe des Energieunterschiedes zwi-
schen den beiden Kombinationen wird die Halbleiter-Eigenschaften bestimmen (s. u.).

}
40 //
(beliebige Einheiten)
zur Fermi-Energie

3-2
Energie relativ

Strom
2-4
1-6 leitend
U[eV]

leer

}
0-8
voll
-10
-1
-2
-12 gebunden
-3
-14

-4 0 -3
//
1 -2 2 -1 4 0 8 1 ... 210 23 3
Anzahl der beteiligten Elektronen

. Abb. 3.4 Entstehung der Silizium-Bandstruktur: Hybridorbital für ein Atom (1), Aufspaltung in doppelt
besetztes Bindungs-Orbital und leeres Extra-Orbital bei zwei Atomen (2), . . . und so weiter. Bei n Atomen
entstehen 4  n Energieniveaus, davon gehört die Hälfte zu Bindungsorbitalen. Sie bilden das Valenzband (bei
niedriger Temperatur voll). Die anderen Orbitale bilden das Leitungsband (bei niedriger Temperatur leer)
96 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

1 Die Kombination der sehr vielen Atomorbitale lässt Energiebänder entstehen


Wenn n Silizium-Atome einander angenähert werden, so kann ein Kristall entstehen.
Dieser hat 2n jeweils doppelt besetzte Bindungs-Orbitale und 2n Orbitale, die zu einer
höheren Elektronenenergie gehören. So entstehen also letztlich zwei Energiebänder: ein
niedrig liegendes, volles Band für ortsfeste Elektronen (das Valenzband) und ein höher
liegendes, zu beweglichen Elektronen gehörendes, leeres Band (das Leitungsband). Die
3 Energielücke zwischen den Bändern heißt Bandlücke und beträgt bei Silizium W D
1;12 eV.4 Elektronen nahe der Unterkante des Leitungsbandes können, da die meisten
Niveaus über ihnen nicht besetzt sind, innerhalb der Breite des Bandes beliebige Ener-
giemengen aufnehmen. Hieraus folgt:

Elektronen nahe der Unterkante des Leitungsbandes verhalten sich annähernd wie frei flie-
gende Teilchen.

Da die beiden Energiebänder nahe beieinander liegen, reicht schon eine geringe Energie-
menge, um eines der Elektronen vom Valenzband in das Leitungsband zu heben. Ist die
Ursache die Temperatur, so gilt die so genannte Fermi-Verteilung: Für jeden Zustand z
mit der Energie Ei ist der Erwartungswert für die Anzahl der Elektronen, nz , gegeben
durch
gz
nz D .E E /=kT : (3.1)
e z F C1
In (3.1) ist EF die so genannte Fermi-Energie , und gz gibt an, wie viele Elektronen
gleichzeitig in einem Niveau sein können. In der Regel ist gz D 2. Bei der Temperatur
T D 0 K sind alle Niveaus unterhalb der Fermi-Energie besetzt (siehe auch Aufgabe 3.33).
Will man wissen, wie viele Elektronen bei einer gegebenen Temperatur im Leitungs-
band sind, muss außer der Fermi-Verteilung noch bekannt sein, wie die Energieniveaus
selbst verteilt sind, ob gleichmäßig im Energieband verteilt, am unteren Ende konzen-
triert oder am oberen Ende konzentriert. Sind die meisten Energieniveaus am unteren
Ende angesiedelt, werden nach der Fermi-Verteilung 3.1 sehr viel mehr Elektronen im
Leitungsband zu finden sein, als wenn die meisten Zustände am oberen Ende sind. Im
Rahmen der Festkörperphysik kann die Dichte der Elektronen im Leitungsband, ni , in
guter Näherung als Funktion der absoluten Temperatur T , der Fermi-Energie EF und der
Energie der Unterkante des Leitungsbandes, EL , berechnet werden:
ni  T 3=2 e .EL EF /=.kT / : (3.2)
ni wird auch intrinsische Elektronendichte des Halbleiters5 genannt. Eine Herleitung
kann zum Beispiel in [2] gefunden werden. Die absolute Anzahl ist nur sehr schwer
messbar, da schon kleinste Verunreinigungen zu großen Fehlern führen. Häufig benutzte
Näherungen sind zum Beispiel
0;785 eV
ni .Si/  6;2  1015 cm3  .T =K/3=2  e 2 kT

1;12 eV
(3.3)
ni .Ge/  1;76  1016 cm3  .T =K/3=2  e 2 kT :

4 Genau genommen wird mit steigender Temperatur die Bandlücke etwas schmaler.
5 Wörtlich: die dem Halbleiter eigene Elektronendichte.
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
97 3

. Tab. 3.1 Bandlücken und Elektronendichten reiner Halbleiter bei T D 300 K

Material Bandlücke [eV] Elektronendichte [m3 ]


Silizium [2] 1,12 1;1  1016

Germanium [2] 0,66 2;4  1019

Galliumarsenid [2] 1,42 1;8  1012

Auf die gleiche Weise lässt sich errechnen, wie viele Elektronen im Valenzband fehlen.
Jede Stelle, an der ein Valenz-Elektron fehlt, wird ein Loch genannt. Man erhält für die
Dichte p der Löcher6

p  T 3=2 e .EF EV /=.kT / : (3.4)

Die Elektronen im Leitungsband sind diejenigen, die im Valenzband fehlen. Die Vorfak-
toren in (3.2) und (3.4) sind fast genau gleich groß (siehe Aufgabe 3.43). Setzt man n D p
in die Gleichungen ein, dann folgt EF D .EL C EV /=2, oder anders ausgedrückt:
Die Fermienergie eines reinen Halbleiters liegt in der Mitte der Lücke zwischen dem
Valenzband und dem Leitungsband.7 In . Tab. 3.1 ist deutlich zu sehen, welch großen
Einfluss die Bandlücke auf die Ladungskonzentration hat. Eine Verdoppelung des Band-
abstandes verringert die Anzahl der Leitungselektronen um mehr als den Faktor 1000.

3.1.2 Dotierung und PN-Übergang

Kein Mensch würde heute über Halbleiter reden, wäre nicht die Idee der Dotierung auf-
gekommen.

Definition 3.1
Dotierung ist die gezielte Verunreinigung eines Halbleiters derart, dass die Dotierungsato-
me Kristallgitterplätze einnehmen.

Verunreinigung heißt in diesem Fall: Auf 50.000 bis 10 Millionen Silizium-Atome


kommt ein Fremdatom. Ist dieses, wie in . Abb. 3.5 gezeigt, fünfwertig, nennt man
es einen Donator8 . Das zusätzliche Elektron findet kein Bindungs-Orbital, liegt aber
energetisch etwas tiefer, als die Silizium-Leitungselektronen. Denn der Atomkern des
Donators hat eine positive Ladung mehr als das Silizium und zieht das Extra-Elektron
stärker an als ein Silizium-Ion. Die Dotierung führt zu einem sehr großen Anstieg der
Leitfähigkeit des Siliziums.
Ist das Dotierungsmaterial dreiwertig, dann spricht man von einem Akzeptor, denn
es kann, wie in . Abb. 3.6 schematisch angedeutet, ein weiteres Elektron zur Komplet-

6 p wie positiv, denn das Fehlen eines negativ geladenen Elektrons kann elektrisch wie eine zusätzliche
positive Ladung an der Fehlstelle beschrieben werden.
7 Bei hohen Temperaturen steigt die Fermi-Energie jedoch leicht an.
8 Lateinisch: Geber, denn es gibt dem Kristall ein zusätzliches Elektron.
98 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.5 Dotierung mit ei-


nem Donator (hier Phosphor): Der
Si - - Si - - Si - - Si

-
Atomrumpf fügt sich in das Kris-
tallgitter ein. Das übrig bleibende -

-
Elektron findet kein Bindungs-
Orbital Si - - P - - Si - - Si
3

-
-

-
Si - - Si - - Si - - Si
++
++

. Abb. 3.6 Dotierung mit ei-


nem Akzeptor (hier Aluminium):
Si - - Si - - Si - - Si

-
Der Atomrumpf fügt sich in das
Kristallgitter ein, aber es fehlt ein

-
Elektron
Si - - Al - Si - - Si

-
-

-
Si - - Si - - Si - - Si
++
++

tierung der Kristallbindungsorbitale akzeptieren. Dieses ist natürlich nicht ganz so fest
gebunden. Energetisch heißt dies: Seine Energie liegt leicht über der des Valenzbandes.
Dotierung fügt also den Energiebändern des reinen Siliziums, wie in . Abb. 3.7
gezeigt, zwei weitere, sehr schmale Bänder hinzu: Wird nur mit Donatoren dotiert, so
erhält der Halbleiter Extra-Elektronen, die annähernd frei beweglich sind. Wird nur mit
Akzeptoren dotiert, so entstehen Löcher. Donator- und Akzeptor-Dotierung heben sich
ansonsten praktisch auf: Eine mit zehnmal so viel Donatoren wie Akzeptoren dotierter
Halbleiter verhält sich bei Raumtemperatur wie ein mit 10 Prozent weniger Donatoren
dotierter Halbleiter.
Die Ladungsträger des Dotierungsmaterials nennt man Majoritätsträger9 (zum Bei-
spiel Elektronen bei Phosphor-Dotierung), die jeweils anderen Minoritätsträger. Unab-
hängig von der Dotierung gilt (Herleitung siehe Aufgabe 3.34)

n  p D n2i : (3.5)

Das bedeutet, dass durch Dotierung im gleichen Maße, in dem die Konzentration der
Majoritätsträger steigt, die der Minoritätsträger sinkt. Bei dotierten Halbleitern ist daher
in der Regel die Anzahl der Ladungsträger fast genau gleich der Anzahl der Dotierungs-
atome.

. Abb. 3.7 Energiebänder beim Leitungsband Leitungsband


dotierten Silizium, links Donator- EF
dotiert, rechts Akzeptor-dotiert.
Donator Elektronen
Das Leitungsband ist bei T D 0 K Akzeptor Löcher
E
leer Valenzband Valenzband F

9 Majorität heißt Mehrzahl.


3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
99 3

0,1

m2
Vs
Beweglichkeit in
Löcher Elektronen
0,01

10 21 10 22 10 23 10 24 10 25 10 26
Teilchendichte in m-3

. Abb. 3.8 Beweglichkeit  für Elektronen und Löcher als Funktion der Dichte der Dotierungsatome

Wird an ein N-dotiertes Material eine Spannung angelegt, so bestimmt neben der
Ladungsträgeranzahl die Beweglichkeit e der Elektronen den elektrischen Widerstand.

Definition 3.2
Die Beweglichkeit  ist das Verhältnis von Ladungsträgergeschwindigkeit zur angelegten
elektrischen Feldstärke:  D v=E.

Die Beweglichkeit hängt, wie in . Abb. 3.8 gezeigt, von der Dotierungskonzentration ab.
In P-dotierten Gebieten wächst unter Einfluss eines äußeren Feldes die Tendenz von
Valenzelektronen, jeweils benachbarte Löcher zu besetzen. Dies wird Löcherleitung ge-
nannt. Eine genauere quantenmechanische Analyse legt nahe, dieses Phänomen so zu
behandeln, als wenn es positive geladene Teilchen mit der Beweglichkeit p gäbe. Die
spezifische Leitfähigkeit ergibt sich dann als Funktion der Elementarladung e aus der
Definition 3.2 zu
1
D D e  p p C n n : (3.6)


Bei dotierten Halbleitern ist einer der beiden Additionsterme in Gl. 3.6 zu vernachlässi-
gen.

3.1.3 Dioden

1 Treffen ein P- und ein N-Gebiet aufeinander, wandern Elektronen ins P-Gebiet
Grenzt ein P-Gebiet an ein N-Gebiet, so lädt sich das N-Gebiet relativ zum P-Gebiet
positiv auf: Die Elektronen des Leitungsbandes sind immer in (ungerichteter) thermi-
scher Bewegung. Einige Elektronen des N-Gebietes erreichen durch puren Zufall auch
das P-Gebiet. Dieser Teilchenstrom wird Diffusionsstrom genannt. Die Elektronen des
Diffusionsstromes finden im P-Gebiet Löcher vor und besetzen diese. Hierdurch lädt
sich das P-Gebiet negativ auf. Denn jedes Akzeptor-Atom bekommt nun ein zusätzliches
Elektron. In . Abb. 3.9 ist die Situation schematisch dargestellt. Im N-Gebiet bleiben
die Donator-Atomrümpfe einfach ionisiert zurück. Es wird daher positiv geladen. Die
100 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.9 PN-Übergang am Beispiel eines abrupten Wechsels bei x D 0 von einem P-Gebiet links auf ein
dreimal so hoch dotiertes N-Gebiet rechts. Die Ladungsdichten  der verbleibenden Atomrümpfe sind propor-
tional zur jeweiligen Dotierung

Elektronen, welche die Akzeptor-Atome besetzen, fehlen im Leitungsband. So entsteht


eine Schicht, in der das Leitungsband praktisch leer ist, die so genannte Verarmungszo-
ne oder auch Sperrschicht. In dieser entsteht nach dem Gauß’schen Satz ein elektrisches
Feld E D .Ex ; 0; 0/ mit
Zx
1
Ex D .x/dx : (3.7)
"
linker Rand

Und dieses Feld erzeugt eine Potenzialdifferenz


Zx
U.x/ D  Ex .x/dx : (3.8)
linker Rand

Dieser Vorgang setzt sich so lange fort, bis ein Gleichgewicht entsteht: Je mehr Elektro-
nen Löcher besetzt haben, desto höher wird die Energie, die ein Elektron braucht, um die
Potenzialbarriere auf dem Weg zum P-Gebiet zu überwinden. Mit der Besetzung wächst
also der Anteil derjenigen Elektronen, die ins P-Gebiet eindringen, vom elektrischen Feld
aber zur Umkehr gezwungen werden, bevor sie ein Loch finden. Gleichzeitig erreichen
aber auch einige der wenigen im Leitungsband des P-Gebietes vorhandenen Elektronen
(Minoritätsträger) die Verarmungszone. Diese finden ein Feld vor, welches sie zu 100 %
ins N-Gebiet zieht. Wenn der kleine Anteil der vielen Majoritätsträger gerade so groß ist
wie die 100 % der Minoritätsträger, herrscht Gleichgewicht. Der Minoritätsträgerstrom
wird, da durch das Feld begünstigt, Feldstrom genannt.

1 Am Übergang entsteht eine Verarmungszone, an der die Diffusionsspannung liegt


Die Potenzialdifferenz zwischen den beiden Gebieten heißt Diffusionsspannung, UD , und
kann als Funktion der Dotierungsdichten für Akzeptoren, nA , und Donatoren, nD , zu
 
nA  nD
UD D UT ln (3.9)
n2i
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
101 3

. Abb. 3.10 Veränderung der potenziellen elektrischen Elektronenenergie We auf dem Weg Metall ! Halb-
leiter P-Gebiet ! Halbleiter N-Gebiet ! Metall. Das N-Gebiet gibt sowohl an das P-Gebiet als auch an das
Metall Elektronen ab, ist also gegenüber beiden positiv geladen. Die Summe der Energieänderungen ist Null

berechnet werden (siehe zum Beispiel [4]). Dabei ist UT die Temperaturspannung10

UT D k T =e : (3.10)

Bei steigender Temperatur gibt es also eine Anstieg der Diffusionsspannung, der jedoch
wegen der stark mit der Temperatur ansteigenden intrinsischen Dichte ni weniger als
linear ist.
Misst man die Spannung zwischen den beiden Gebieten, so findet man an Stelle der
Diffusionsspannung allerdings gar nichts, denn sie wird durch die an den Kontakten
anliegende Spannung exakt kompensiert. Letztlich ist dies eine Konsequenz der Ener-
gieerhaltung. Ein Elektron darf auf dem in . Abb. 3.10 gezeigten Weg weder Energie
gewinnen noch verlieren. Die Summe aller Potenzialänderungen ist also Null.

Die Diffusionsspannung entzieht sich einer direkten Messung.

Wird von außen vom P- zum N-Gebiet eine Spannung U angelegt11 , so liegt an der Ver-
armungszone eine Spannung

UVerarmungszone D UD  U (3.11)

an. Die Weite w der Verarmungszone ist dann für einen abrupten Übergang nach (3.8)
zu berechnen:
s 
nA C nD 2"
wD .UD  U / : (3.12)
nA  nD e

10 Die durchschnittliche Elektronenenergie bei der Temperatur T ist E D kT D UT e.


11 Das heißt in . Abb. 3.10, dass die Energie auf der linken Seite verringert wird.
102 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

Die Verarmungszone verschwindet also, wenn die Diffusionsspannung von außen ange-
legt wird12 . In diesem Falle ist das Material elektrisch kurzgeschlossen. Dies gilt auch für
andere Dotierungsverläufe (vergl. Lösung 3.44).
Da die Ladungsträger am PN-Übergang im Abstand w voneinander getrennt sind, hat
jede Sperrschicht auch kapazitives Verhalten. Diese so genannte Sperrschichtkapazität,
CS , kann aus der Weite ausgerechnet werden:
3
A
CS D " (beliebiger Übergang)
w
A (3.13)
CS D r
(abrupter Übergang) :
2.UD U /
2 nnAACnD
nD "e

Die Anwendung von (3.13) ist nur dann sinnvoll, wenn moderate Ströme fließen. Auch
in Durchlasspolung sind Ladungen noch zusätzlich dynamisch gespeichert: die Minori-
tätsträger in der Nähe der Sperrschicht. Deshalb kann jedem PN-Übergang in Durchlass-
richtung eine Diffusionskapazität zugeordnet werden. Bei schneller Umpolung verzögert
diese alle Schaltvorgänge.
Dioden nutzen die Strom-Spannungs-Kennlinie des PN-Übergangs. Zu deren Ver-
ständnis ist folgende Erkenntnis hilfreich:

An einem PN-Übergang folgen die Minoritätsträger dem elektrischen Feld. So entsteht


ein Feldstrom. Die Majoritätsträger müssen das Feld überwinden. Die Majoritätsträger, die
das gesamte Feld durchqueren, schaffen dies, weil ihre thermische Bewegungsenergie aus-
reicht, um die Potenzialbarriere zu überwinden. Sie diffundieren also durch den Übergang,
weshalb man auch von Diffusionsstrom spricht.

In dem Extremfall, dass zur Diffusionsspannung noch eine große in die gleiche Richtung
wirkende Spannung hinzu kommt, wird die Potenzialbarriere für die Majoritätsträger un-
überwindlich hoch. Der Strom am PN-Übergang wird ein reiner Minoritätsträgerstrom,
dem kein Diffusionsstrom mehr entgegensteht.

1 Verarmungszonen sind für Minoritätsträger durchlässig


Minoritätsträger können aufgrund ihrer thermischen Bewegung zufällig in die Verar-
mungszone eindringen. Das Feld in der Sperrschicht zieht sie dann zu 100 Prozent her-
über. Auf der anderen Seite finden sie sich als Majoritätsträger wieder. Der so zustande
kommende Strom wird Sperrstrom IS genannt. Dieser Teil, welcher durch das Eindrin-
gen der Minoritätsträger in die Verarmungszone zustande kommt lässt sich im Rahmen
der Festkörperphysik (siehe zum Beispiel [5]) berechnen. In der Realität kommen noch
Stromanteile hinzu, die durch Paarbildung innerhalb der Sperrschicht entstehen. Diese
sind, da durch Fehlstellen und Verunreinigungen verursacht, praktisch nicht berechenbar.
Der Mangel an Berechenbarkeit ist jedoch schaltungstechnisch fast immer irrelevant: das
Dreifache eines Pikoamperes ist immer noch wenig.

12 Dies ist jedoch ein Fall, der praktisch nie eintritt. Schon unterhalb von UD ist die Kennlinie einer Diode
(s. u.) so steil, dass UD nicht erreicht wird.
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
103 3
Wird die von außen angelegte Spannung auf Null reduziert, herrscht ein Gleichge-
wicht zwischen Feld- und Diffusionsstrom. Beide Ströme heben sich gegenseitig auf.
Der resultierende Gesamtstrom ist Null.
Wird die Spannung in Durchlasspolung erhöht, dann nimmt die Höhe der Potenzial-
barriere für die Majoritätsträger ab und der Diffusionsstrom nimmt exponentiell zu. Denn
der Anteil der Majoritätsträger, die aufgrund ihrer thermischen Bewegungsenergie den
Potenzialwall überwinden können, steigt exponentiell an. Dieser exponentielle Anstieg
hat übrigens seinen Ursprung in der exponentiellen Energieverteilung im thermodyna-
mischen Gleichgewicht, siehe auch (3.1). Die Majoritätsträger, die in die Sperrschicht
eindringen, kommen an der anderen Seite als Minoritätsträger wieder heraus. Sie rekom-
binieren ab dem Rande .x D 0/ der Sperrschicht, und ihre Konzentration nimmt jenseits
der Verarmungszone exponentiell ab:

n  n.x D 0/e x=Ln : (3.14)

Den Parameter Ln nennt man Diffusionslänge (siehe zum Beispiel [5]).


Die oben genannten Effekte führen letztlich zu der Diodenkennlinie
 
I D IS e U=UT  1 ; (3.15)

welche für sehr viele schaltungstechnischen Anwendungen hinreichend genau ist. Sie
wird nach ihrem Entdecker auch Shockley-Gleichung13 genannt. Entgegen der Intuiti-
on bedeutet der lawinenartige Anstieg des Stromes nicht das vollständige Verschwinden
der Verarmungszone. Sie wird nur von einem rapide anwachsenden Anteil der Majori-
tätsträger überwunden. Bei einer Polung des PN-Überganges in Sperrrichtung stellt die
Shockley-Gleichung eine Idealisierung dar, die nur selten beobachtet wird (siehe unten).

1 Vor dem Erreichen der Diffusionsspannung verdampft eine Diode


Erst bei U D UD würde der Wert w D 0 erreicht werden. Bei dieser Spannung könn-
ten alle Majoritätsträger ungehindert in das angrenzende Gebiet eindringen. Von diesem
Punkt an drehte sich also das Potenzialgefälle an der Sperrschicht um. Es gäbe keine
Potenzialbarriere mehr. Das Verhalten der Diode würde sich dem eines (niederohmigen)
Widerstandes angleichen, dessen Leitfähigkeit zwischen der des P-Gebietes und der des
N-Gebietes liegt. Sie würde zerstört.
. Abb. 3.11 zeigt, dass sich der Ohm’sche Widerstand schon eher bemerkbar macht:
Im Bereich hoher Ströme weicht das tatsächliche Verhalten einer Diode deutlich von dem
durch die Shockley-Gleichung vorhergesagten ab.
Im Sperrbereich sagt die Shockley-Gleichung fast unmessbar kleine Ströme (oft un-
terhalb von einem Nanoampere) voraus. In der Realität werden diese von Verunreini-
gungseffekten überlagert: Durch kleinste Einlagerungen, Verspannungen und sonstige
Defekte in der Kristallstruktur existieren in der Sperrschicht lokale Energieniveaus zwi-
schen dem Valenz- und dem Leitungsband. Dadurch ist es Elektronen aus dem Valenz-
band möglich, in mehreren energetisch kleinen Schritten bis ins Leitungsband zu ge-
langen. Es reicht oft eine rein thermische Anregung. Auf diese Weise entstehen in der
Sperrschicht Elektronen-Lochpaare, die den tatsächlichen Sperrstrom bisweilen um Grö-
ßenordnungen oberhalb der Vorhersage ansteigen lassen. Die Entstehung innerhalb der

13 William B. Shockley, John Bardeen und Walter H. Brattain bekamen 1956 für die Entdeckung des Transis-
tors den Nobelpreis.
104 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.11 Der auf den Sperrstrom normierte Strombetrag einer Siliziumdiode. Die durchgezogene Linie
ist repräsentiert die Shockley-Gleichung. Die gestrichelte Linie zeigt das tatsächliche Verhalten bei großen
Strömen, die gepunktete Linie das tatsächliche Verhalten im Sperrbereich

Verarmungszone zeigt sich experimentell daran, dass der Strom einer in Rückwärts-
richtung gepolten Diode mit der Spannung und daher mit der Weite der Sperrschicht
zunimmt.

1 Zusammenbruch nach Maß: Z-Dioden stabilisieren Spannungen


Bei großen Sperrspannungen kann die Sperrschicht einer Diode sogar durchlässig wer-
den (siehe Aufgabe 3.26). Wird eine Diode so gefertigt, dass diese Spannung reprodu-
zierbar, konstant und einzustellen ist, eröffnet das Ergebnis neue Möglichkeiten in der
Schaltungstechnik. Die folgenden Mechanismen lassen eine Diode in Rückwärtsrichtung
leitfähig werden:
4 Der Zener-Durchbruch wird meist für Dioden mit Durchbruchspannungen unterhalb
von fünf Volt verwendet. Er ist ein nur mit Hilfe des quantenmechanischen Tun-
neleffektes beschreibbarer Mechanismus. Der Tunneleffekt ist eine Konsequenz der
Tatsache, dass sich ein Elektron nach den Gesetzen der Quantenmechanik für eine
sehr kurze Zeit in Gebieten aufhalten kann, für deren „Betreten“ ihm normalerweise
die nötige Energie fehlt. Wenn sich nun jenseits eines solchen Gebietes eine Regi-
on geringer Energie befindet, so besteht eine normalerweise verschwindend geringe
Wahrscheinlichkeit, dass das Elektron in der neuen Region bleibt, so als gäbe es einen
Tunnel durch den Energieberg. Bei Zener-Dioden sind es, wie in . Abb. 3.12 gezeigt,
die in sehr großer Zahl vorhandenen Valenzelektronen des P-Gebietes, die eigentlich
energetisch gebunden sind, sich aber mit endlicher Wahrscheinlichkeit dennoch im N-

. Abb. 3.12 Zur Wirkungsweise


einer in Rückwärtspolung betriebe- Energieberg
nen Zener-Diode: Ein Elektron aus
dem Valenzband des P-Gebietes, Leitungsband
Bindungsenergie

welches durch den Tunneleffekt


unter dem Energieberg hindurch- Valenzband
Leitungsband
kommt und die Unterkante des
Leitungsbandes erreicht, trägt zum
Valenzband
Rückwärtsstrom bei
p n
Ort
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
105 3
Gebiet wiederfinden und so den Rückwärtsstrom ansteigen lassen. Der Zener-Effekt
tritt auf, wenn durch hohe Dotierung die Sperrschicht so schmal ist, dass Feldstärken
von 30 Millionen V=m auftreten.
4 Der Lawinendurchbruch entsteht, wenn das elektrische Feld in der Sperrschicht so
groß ist, dass ein Elektron zwischen zwei Kollisionen mit den ortsfesten Halbleiter-
atomen genug kinetische Energie gewinnt, um mindestens ein weiteres Elektron aus
dem Kristallverband zu lösen. Geschieht dies hinreichend oft innerhalb der Sperr-
schicht, so steigt die Anzahl der Ladungsträger exponentiell, also lawinenartig an.
Dioden, die den Lawineneffekt ausnutzen, sind moderat dotiert und haben dadurch
eine große Weite der Sperrschicht. Mit Hilfe der Dotierung wird die Durchbruch-
spannung eingestellt. Für Durchbruchspannungen oberhalb von fünf Volt werden fast
ausschließlich Lawinendurchbruchdioden verwendet, weil die große Weite der Sperr-
schicht eine weniger konzentrierte Wärmeentwicklung bewirkt. Der Lawinendurch-
bruch hat einen positiven Temperaturkoeffizienten.

Beide Durchbrucharten beenden sich selbst, wenn die Feldstärke in der Sperrschicht unter
den kritischen Wert absinkt. Daher stellt sich bei der Reihenschaltung einer Z-Diode mit
anderen Bauelementen eine Spannung ein, die leicht unterhalb der Durchbruchspannung
liegt.
Wird einer der oben beschriebenen Dioden dauerhaft zu viel Strom eingeprägt, wird
die Sperrschicht so heiß, dass eine Vielzahl von Elektron-Loch-Paaren entsteht, wodurch
der Strom und mit ihm die Hitzeentwicklung noch weiter ansteigt. Das Resultat ist eine
Zerstörung der Diode durch einen thermischen Durchbruch.

!Vorsicht ungenaue Sprache!


Dioden mit festgelegtem Rückwärtsdurchbruch werden meist pauschal als Z-Dioden be-
zeichnet, selbst dann, wenn sie nicht auf dem Zener-Effekt basieren.

1 Metall-Halbleiter-Kontakte können neue Dioden entstehen lassen


Verarmungszonen können auch entstehen, wenn dotierte Halbleiter mit Metallen in Kon-
takt treten. Dies ist schon deswegen von großer Relevanz, weil Halbleiter-Bauelemente ir-
gendwie angeschlossen werden müssen. Entscheidend für das elektrische Verhalten eines
Halbleiter-Metall-Kontakts ist die Antwort auf die Frage: „Kann ein Elektron dadurch En-
ergie verlieren, dass es so wandert, dass eine Verarmungszone entsteht?“ Dies ist entwe-
der der Fall, wenn ein Donator-Elektron den Halbleiter verlässt oder wenn ein Akzeptor-
Loch von einem Elektron aus dem angrenzenden Metall aufgefüllt wird. . Abb. 3.13
zeigt, dass hierüber letztlich die relative Position der Fermi-Niveaus entscheidet: Wenn
das Fermi-Niveau eines Metalls niedriger liegt als das eines N-dotierten Halbleiters, dann
wandern die Donator-Elektronen in das Leitungsband des Metalls. Nahe dem Metallan-
schluss entsteht so im Halbleiter eine Verarmungszone. Wenn andererseits das Fermi-
Niveau des Metalls höher liegt als dasjenige eines P-dotierten Halbleiters, dann wan-
dern Elektronen aus dem Metall in den Halbleiter ein und besetzen die Fehlstellen der
Akzeptor-Ionen. Es entsteht eine Löcher-Verarmungszone im Halbleiter.
Ähnlich wie im Falle des PN-Überganges entsteht mit der Elektronenwanderung ein
Potenzialgefälle, welches durch äußere Spannung verstärkt oder abgebaut werden kann.
Man nennt solche Übergänge auch Schottky-Dioden. Denn diese Übergänge entwickeln
eine ähnliche Strom-Spannungs-Kennlinie wie PN-Dioden. Allerdings haben Schottky-
106 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.13 Energieniveaus Ort


von Halbleitern (in der Mitte) und 0
Metallen vor einer Kontaktierung. Leitungsband EF

Bindungsenergie
Ist der Halbleiter mit Donatoren Leitungsband
dotiert, so entsteht eine Verar- Donator-Elektronen
mungszone durch Abwandern der Leitungsband
Halbleiter-Elektronen (Schottky). Valenzband
3 Ist der Halbleiter mit Akzeptoren
dotiert, so führt das Einwandern
von Metall-Elektronen in die Schottky Ohm
Akzeptor-Löcher zur Bildung
einer Verarmungszone Ort
0
Bindungsenergie Leitungsband

Akzeptor-Löcher EF
Leitungsband
Valenzband
Leitungsband

Ohm Schottky

Dioden mit ca. 0,3 Volt relativ kleine Kniespannungen, und der Stromanstieg ist weniger
steil als beispielsweise der von Siliziumdioden.
Bewirkt die Wanderung der Elektronen kein Entstehen einer Verarmungszone, dann
spricht man von einem Ohm’schen Kontakt. Dies ist nichts als Konvention.
Aus . Abb. 3.13 wird deutlich, dass es unmöglich ist, ein Metall zu finden, welches
sowohl P-Gebiete als auch N-Gebiete ohne die Entstehung einer Schottky-Diode verbin-
det. Für die Produktion hochintegrierter Schaltungen ist die Möglichkeit, unterschiedlich
dotierte Gebiete elektrisch zu verbinden aber zwingend notwendig. Ein technologischer
Ausweg ist die Ausnutzung des Tunneleffekts mittels Hochdotierung der Kontaktstellen.
Denn auch bei Schottky-Dioden sinkt die Weite der Verarmungszone mit der Dotierung.
Für N > 1026 m3 wird die Anzahl der durch die Verarmungszone tunnelnden Elektronen
hinreichend groß, um einen guten Kontakt zu gewährleisten.

1 Solarzellen nutzen die Paarerzeugung in der Verarmungszone


Es gibt Halbleiter-Materialien (meist vom III-V-Typ), bei denen die Energie, die ein Elek-
tron beim Ins-Loch-Fallen (Rekombinieren) verliert, direkt in Form eines Photons abge-
geben werden kann. Solche Materialien heißen direkte Halbleiter. Da alle zum Vorwärts-
Stromfluss beitragenden Elektronen und Löcher nach dem Passieren des PN-Übergangs
rekombinieren müssen, geben solche Dioden Licht ab und heißen daher Leuchtdioden,
LED14 . Da fast alle Löcher ganz oben im Valenzband und fast alle Elektronen ganz unten
im Leitungsband beheimatet sind, ist die Wellenlänge des abgegebenen Photons durch
den Bandabstand vorgegeben:

hc hc
EPhoton D ! : (3.16)
 EL  EV

14 Licht emittierende Diode oder engl: light emitting diode.


3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
107 3
. Abb. 3.14 Kennlinie einer
lichtempfindlichen Diode: Je mehr
Licht einstrahlt desto weiter wird
die Kennlinie nach unten verscho-
ben. Bei U  I < 0 wird Licht in
elektrische Energie umgewandelt

Halbleiter-Materialien wie Silizium oder Germanium, bei denen ein erheblicher Teil der
Energie nicht an das Photon, sondern an das Kristall abgegeben wird, werden indirekte
Halbleiter genannt.
Dioden, die den umgekehrten Prozess ausnutzen heißen Photodioden, wenn sie groß-
flächig gebaut werden auch Solarzellen. Wie in . Abb. 3.14 gezeigt, werden für beide
Anwendungen verschiedene Teile der Kennlinie ausgenutzt.15 Die Kennlinie der licht-
empfindlichen Diode ist um einen konstanten Betrag nach unten verschoben. Dieser
Betrag ist proportional zur Einstrahlung. Dabei tragen nur Photonen zum Strom bei, deren
Wellenlänge höchstens so groß ist, wie in (3.16) angegeben.

3.1.4 Bipolar-Transistoren

Transistoren werden konstruiert, um mit kleinen Eingangsleistungen große Ausgangs-


leistungen zu steuern. Beim Bipolar-Transistor steuert ein kleiner Strom, der Basisstrom,
einen großen Strom, den Kollektorstrom. Er besteht, wie . Abb. 3.15 zeigt, aus zwei PN-
Übergängen. Damit aus diesen beiden Dioden ein Bipolar-Transistor wird, werden zwei
technische Kniffe verwandt:
4 Das Emitter (E) genannte Gebiet wird sehr viel höher dotiert als die darunter liegende
Basis. Dadurch wird erreicht, dass im Durchlassbereich der Diode der Strom durch
den PN-Übergang fast ausschließlich aus Elektronen besteht. Das N-Gebiet sendet
Elektronen aus. Es emittiert Elektronen
4 Die Basis B wird sehr viel dünner als eine Diffusionslänge gemacht. Aus dem Emit-
ter eindringende Elektronen erreichen daher mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den
PN-Übergang zwischen Basis und Kollektor. Der Kollektor C sammelt die meisten
Elektronen ein, bevor sie in der Basis Löcher besetzen können. Er führt also eine
Elektronenkollekte durch.

. Abb. 3.15 NPN Bipolar- E E


Transistor als Schaltsymbol, n E B C
Prinzipskizze und im Querschnitt p
n p n
B B B
n

C C

15 Bei einem Verbraucher fließt der Strom in Richtung C ! , bei einem Generator in umgekehrter Richtung.
108 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

IE IB IC

E
B
C

3
. Abb. 3.16 Ladungsträgerbewegungen im Bipolar-Transistor bei gesperrter Basis-Kollektor-Diode. Die
Elektronenbewegungen sind hell, die Löcherbewegungen dunkel dargestellt. Die Pfeile oben geben die tech-
nischen Stromrichtungen an

Die beiden Kniffe funktionieren besonders gut, wenn die Kollektor-Basis-Diode ge-
sperrt ist. Dieser PN-Übergang ist dann nur für die Minoritätsträger, also die aus dem
Emitter kommenden Elektronen durchlässig. Der Strom durch die Basis-Kollektor-Di-
ode ist also fast genau gleich dem aus dem Emitter kommenden Strom. Damit bleibt für
den Strom aus der Basis heraus fast nichts übrig. . Abb. 3.16 zeigt die Bilanz der La-
dungsträgerströme. Der Basisstrom setzt sich aus zwei Teilen zusammen: erstens aus dem
Löcherstrom durch den PN-Übergang. Dieser ist um so kleiner, je höher das Konzentrati-
onsgefälle vom Emitter zur Basis ist; zweitens aus dem Elektronenstrom, der in der Basis
rekombiniert. Dieser Anteil sinkt mit der Weite der Basis. Die restlichen Elektronen des
Emitters erreichen die Sperrschicht zum Kollektor.

1 Die Transistor-Stromverstärkung müsste eigentlich Stromsteuerung heißen


Das Erreichen des Kollektors durch die Basis-Minoritäten macht den Transistor zum
Stromverstärker: Denn wenn der Emitter-Kollektor-Strom immer ein großes Vielfaches
des Emitter-Basis-Stromes ist, dann lässt sich über einen kleinen Basisstrom ein großer
Kollektorstrom festlegen. Für diesen Betrieb ist der Transistor konstruiert, weshalb man
für diese Konfiguration auch von Normal- oder Vorwärtsbetrieb spricht. Man kann die
Stromverstärkung Bf im Vorwärtsbetrieb als Funktion des Anteils Ae des Elektronenstro-
mes am Strom durch die Emitter-Diode und der Wahrscheinlichkeit PR eines Elektrons,
vor Erreichen der Basis-Kollektor-Verarmungszone zu rekombinieren, bestimmen:

IC Ae .1  PR /
Bf D D : (3.17)
IB Ae PR C .1  AE /

Die Stromverstärkung wächst also mit dem Konzentrationsgefälle vom Emitter zur
Basis, und sie wird durch eine dünne Basis begünstigt. Die Eigenschaften eines Bipolar-
Transistors werden in einem Kennlinienfeld zusammengefasst, wie es in . Abb. 3.17
gezeigt wird. Diese Darstellung erlaubt es, für eine gegebene äußere Beschaltung die
Ströme und Spannungen zeichnerisch und ohne Modellannahmen zu bestimmen. Ein
Beispiel ist in Aufgabe 3.40 zu sehen. Die Kennlinie der Basis-Emitter-Diode ähnelt der
des normalen PN-Übergangs, steigt aber bei großen Strömen etwas weniger steil an. Die
Hochinjektion führt in dem zwischen Emitter und Kollektor liegenden Teil der Basis
zum Verschwinden der Löcher und damit zu einer Reduktion der für die Diodenfunk-
tion wirksamen Querschnittsfläche. Zu jedem Basisstrom gehört eine Kollektor-Strom-
Spannungs-Kennlinie. Diese ist in weiten Bereichen eine fast gerade, flach verlaufende
Kurve.
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
109 3

a b

. Abb. 3.17 Kennlinienfeld eines typischen Bipolar-Transistors: oben rechts IC .UCE / für verschiedene Ba-
sisströme, unten links IB .IBE /, dazwischen IC .IB /, also die leicht von UCE abhängige Stromverstärkung

1 Der Kollektorstrom steigt, wenn die Basis schmaler wird


Die fast gerade verlaufenden Kennlinienabschnitte in . Abb. 3.17 extrapolieren nach
links auf einen gemeinsamen Spannungspunkt, der Early-Spannung genannt wird. Das
leichte Ansteigen der Kennlinien wird Early-Effekt genannt. Dieser Effekt hat die folgen-
de Ursache: Mit steigendem UCE wird die Basis-Kollektor-Sperrschicht breiter. Dadurch
wird der Basis-Bereich, in dem die Elektronen rekombinieren können, noch schmaler.
Das Verhältnis IC =IB steigt damit an. Welchen Wert IC hat (bildlich: auf welchem Punkt
der Kollektor-Emitter-Kennlinie sich der Transistor befindet), hängt von der äußeren Be-
schaltung ab. Der Kollektorstrom ist ein Vielfaches des Basisstromes. Der Faktor hängt
leicht von der Kollektor-Emitter-Spannung UCE ab. In sehr vielen Fällen ist das um den
Early-Effekt erweiterte Ebers-Moll-Modell eine gute Beschreibung des Kollektorstromes
in Abhängigkeit der Basis-Emitter-Spannung:
 
UCE
IC D IS e UBE =UT 1 C .NPN  Transistor/ : (3.18)
UA
In (3.18) wird UA die Early-Spannung genannt.
Durch Anlegen verschiedener Spannungen können die PN-Übergänge auf insgesamt
vier Arten kombiniert werden. . Abb. 3.18 zeigt, wie. Vertauscht man Emitter und Kol-
lektor (Rückwärtsbetrieb), so ist die Verstärkung meist kleiner als Eins. Entscheidend für
die Anwendbarkeit eines Transistors sind fast immer dessen Eigenschaften im Vorwärts-
betrieb. Die Eigenschaften des Rückwärtsbetriebs sind nur bei einigen TTL-Schaltungen
relevant. Der Sättigungsbetrieb wird bei schnellen Schaltungen vermieden: In Sättigung
ist die Stromverstärkung kleiner als im Vorwärtsbetrieb. In diesem Betriebszustand ist
die gesamte Basis, nicht nur der kleine Teil zwischen Kollektor und Emitter, mit Mino-
ritätsträgern angefüllt.16 Da es eine gewisse Zeit braucht, bis all diese Minoritätsträger
die Basis wieder verlassen haben, wird der Sättigungsbetrieb langsamer verlassen, als für
viele Anwendungen nötig.

16 Man kann, da Ladung gespeichert wird, auch von einer großen Diffusionskapazität sprechen.
110 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.18 Die Operationsmodi


des Transistors von links nach
rechts, je nachdem, ob die großen
Potenzialbarrieren unten, oben,
beidseitig oder gar nicht vorhanden
sind. Der Normalbetrieb ist der
Vorwärtsbetrieb
3
. Abb. 3.19 NPN- und IE E IE E
PNP-Transistor neben ihren
n p
Schaltsymbolen. Der Pfeil zeigt IB IB
immer die Basis-Emitter-, bzw. p
B B B n
Emitter-Basis-Diode; in jedem Fall n p
auf ein N-Gebiet
IC C IC
C
a NPN-Transistor b PNP-Transistor

!Vorsicht ungenaue Sprache!


Ein Transistor sollte niemals voll durchgeschaltet genannt werden. Denn es ist unklar, ob
das mit vollem Spannungsabbau, also Sättigung, oder mit voller Verstärkung, also im Vor-
wärtsbetrieb, oder mit voller Basis, also doch in Sättigung, oder mit voller Geschwindigkeit,
also doch Vorwärtsbetrieb bedeutet. Wer in einer Prüfung mehr als voll nur die halbe Punkt-
zahl bekommen möchte, dem reichen die Begriffe Vorwärtsbetrieb und Sättigung – völlig.

Komplementär zum bisher diskutierten NPN-Transistor gibt es den . Abb. 3.19 gezeig-
ten PNP-Transistor. Dieser funktioniert genau so wie der NPN-Transistor, allerdings
mit genau umgekehrten Stromrichtungen: im Normalbetrieb fließt beim PNP-Transistor
Strom aus der Basis heraus. Seine Gleichungen nach dem Ebers-Moll-Modell,
 
UEC
IC D IS e UEB =UT
1C .PNP  Transistor/ ;
UA

erhält man, indem man relativ zum NPN-Transistor alle Spannungs- und Stromrichtungen
vertauscht.

3.1.5 MOS-Transistoren

Der Metal Oxyde Semiconductor Transistor, kurz MOS-Transistor, kann ohne dauerhafte
Eingangsströme die Größe von Ausgangsströmen definieren. Er ist daher der Transis-
tor, der im Verbund mit der CMOS Entwurfstechnik Schaltungen mit besonders geringen
Verlustleistungen ermöglicht. Genau aus diesem Grund basieren heute fast alle hochinte-
grierten Digitalschaltungen auf MOS-Transistoren. Und da ein gutes Oxyd entscheidend
für die Qualität eines MOS-Transistors ist, hat sich der Halbleiter mit dem besten eigenen
Oxyd, das Silizium mit seinem Oxyd Quarz, SiO2 , durchgesetzt, obwohl andere Halb-
leiter höhere Beweglichkeiten der Ladungsträger haben, damit also potenziell schneller
erscheinen. Silicon Valley hieße ohne den MOS-Transistor heute Germanium Valley.
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
111 3
. Abb. 3.20 NMOS-Transistor
(a) und PMOS-Transistor (b)
mit den Anschlüssen Body (B), n n
p
Source (S), Gate (G) und Drain
(D). Was Source und was Drain ist, a
bestimmen die angeschlossenen
Potenziale. Die Source ist Quelle
der Ladungsträger, die Drain p p
Senke der Ladungsträger n
b

. Abb. 3.20 zeigt den prinzipiellen Aufbau der Transistortypen. Die eigentliche
Funktion findet direkt unter dem Gate-Oxid statt. Das Gate-Oxid ist eine aus weniger
als 100 Atomlagen bestehende Quarzschicht zwischen dem Gate-Anschluss und dem
darunter liegenden Body. Bei den neuesten Prozessorgenerationen finden sogar Gates
von nur noch fünf (!) Atomlagen, entsprechend einer Dicke von 1,2 nm, Verwendung.

1 Ein elektrisches Feld zieht den Strom leitende Minoritätsträger unter das Oxid
Die grundsätzliche Wirkungsweise eines MOS-Transistors ist in . Abb. 3.21 zu sehen.
Wenn das Gate eines NMOS-Transistors gegenüber dem Body positiv geladen ist, dann
sorgt das (durch das schmale Gate-Oxid) sehr starke elektrische Feld dafür, dass die
Elektronen im P-Gebiet Energie gewinnen können, indem sie sich an der Unterseite des
Gate-Oxids sammeln. Auf diese Weise werden die Löcher unmittelbar unter dem Oxyd
besetzt. Es entsteht eine negativ geladene Verarmungszone unter dem Gate-Oxid. Dies
schwächt das Feld (gleiche Spannung über einen größeren Abstand). Die Breite der Ver-
armungszone wächst mit der Potenzialdifferenz zwischen Gate und Body.
Ab einer bestimmen Spannung UT h;N , auch Schwellspannung genannt, ist es für das
erste Elektron energetisch günstiger, im Leitungsband unter dem Gate-Oxid zu bleiben,
als im Body zu rekombinieren. Es entsteht eine sehr dünne, Inversionsschicht genann-
te Lage von Elektronen, die konstruktionsbedingt Kontakt zum angrenzenden Source-
Gebiet17 und zum N-Gebiet haben. Dieser Kontakt hat zur Folge, dass das Potenzial in

. Abb. 3.21 Zur Funktions- -

weise des NMOS-Transistors: + UG


a ohne externe Spannung PN-
Sperrschichten, b bei kleiner
positiver Gate-Body-Spannung
a b
Entstehung einer Verarmungs-
- - -
zone unter dem Oxyd, c bei
UGS > UT h;N Inversionskanal + UG + UG +
UD
mit Kontakt zu N-Gebieten, d bei
UDS > 0 Strom von Drain zur
Source
c d

17 Technologisch sind Source und Drain identisch. Welcher von beiden Anschlüssen was ist, wird nur durch
die Beschaltung festgelegt. Beim NMOS-Transistor hat die Source das niedrigere, beim PMOS-Transistor
das höhere Potenzial. Durch diese Konvention ist sichergestellt, dass ein Kanal entweder durchgängig oder
Source-seitig angebunden ist. Wenn er wächst, dann von der Source zur Drain und nicht umgekehrt.
112 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3
. Abb. 3.22 Zur Herleitung der MOS-Kennlinie im Anlauf: Bei einem NMOS-Transistor mit der Weite w
und der Länge l bewegen sich die Elektronen mit einer Geschwindigkeit ve von der Source zur Drain und
ergeben einen Strom I von der Drain zur Source

der Inversionsschicht durch das Source-, bzw. Drain-Potenzial bestimmt wird. Außerdem
können nun sehr viele Elektronen aus der Source in den Kanal wandern – sehr viel mehr
als aus dem Body kommen könnten. Es entsteht um das Siliziumdioxid herum ein Kon-
densator mit einer um UT h;N verschobenen Charakteristik:
"0 "SiO2 ASiO2
Q D C  .UG  UT h;N / D  .UG  UT h;N / : (3.19)
dSiO2
Dabei sind ASiO2 und dSiO2 die Fläche und der Durchmesser des Oxyds. Auf dem Gate ist
die Ladung CQ, im Silizium die Ladung Q gebunden.
Wird die Drain positiv aufgeladen, dann fällt entlang der Inversionsschicht eine Span-
nung ab (siehe . Abb. 3.22) und ein Strom beginnt in einer Weise zu fließen, die als
Anlauf bezeichnet wird. Dessen Größe ergibt sich wie folgt: Unter dem Oxyd variiert die
Spannung U im Kanal zwischen U D US D 0 am Source-Ende und U D UD am Drain-
Ende. So ist auch die gebundene Ladung eine Funktion des Ortes x zwischen den beiden
Gebieten. Auf einem Flächenstück dASiO2 D w  dx ist eine Ladung
"w
dQ D   .UG  UT h;N  U /dx (3.20)
dSiO2
gebunden. Der Strom I D dQ=dt fließt entgegen der Elektronengeschwindigkeit ve D
dx=dt. Diese Geschwindigkeit ist ve D n  E und damit ve D n  E D n d U=dx.
So ergibt sich für den Strom
"  w  n dU
IDS D   .UG  UT h;N  U / : (3.21)
dSiO2 dx
Dies ist eine eine Differenzialgleichung, die durch Integration von 0 bis l und von UD bis
0 gelöst wird:

"  w  n 1
IDS D  .UG  UT h;N /  UD  UD2 .NMOS; Anlauf/: (3.22)
dSiO2  l 2
Da der Einfluss des Body-Potenzials durch die Verarmungszone meist gering ist, kann
man (3.22) auf von Null verschiedene Source-Spannungen, US , generalisieren. Mit
UGS D UG  US und UDS D UD  US wird

"  w  n 1 2
IDS D  .UGS  UT h;N /  UDS  UDS : (3.23)
dSiO2  l 2
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
113 3
. Abb. 3.23 Spannungen an UB US UG UD
einem abgeschnürten NMOS-
Transistor: Wenn UGD < UT h;N
wird, erreicht der Kanal nicht mehr
das Drain-Ende. Das Potenzial am
Kanal-Endpunkt hängt nur von UG
ab

UG - UTh,N = 0

Gl. (3.23) gibt den Strom eines NMOS-Transistors von der Drain zur Source an. Die von
der Technologie und dem Chip-Entwurf bestimmten Vorfaktoren werden meist zusam-
mengezogen, so dass (3.23) als

1 2
IDS D ˇN  .UGS  UT h;N /  UDS  UDS (3.24)
2
geschrieben werden kann.

1 Alle Elektronen, die das Kanalende erreichen, erreichen auch die Drain
Für ein gegebenes UGS hat der Strom nach (3.24) ein Maximum bei UGS  UT h;N D UDS .
An diesem Punkt ist UGD D UT h;N , mit anderen Worten: Der Strom erreicht sein Maxi-
mum, wenn der Kanal gerade noch an das Drain-Gebiet heranreicht. Wenn UDS noch
weiter steigt, dann erreicht der Kanal die Drain nicht mehr. Damit sind die Vorausset-
zungen, die zu (3.23) führen, nicht mehr erfüllt. . Abb. 3.23 zeigt die neue Situation.
Elektronen, die das Kanalende erreichen, werden vom elektrischen Feld zwischen Kanal-
ende und der Drain durch die Verarmungszone gezogen.18 Auf dem Weg zur Drain sind
keine Löcher zum Rekombinieren vorhanden.
So kann in nullter Näherung angenommen werden, dass der Strom bei einer Erhöhung
von UDS über den Wert von UDS D UGS  UT h;N hinaus konstant bleibt:
ˇN
IDS D  .UGS  UT h;N /2 : (3.25)
2
. Abb. 3.24 zeigt, dass der Drain-Strom IDS als Funktion der Spannung UDS jeweils
beim Schneiden mit der Parabel IDS D ˇN UDS 2
=2 vom Anlauf in den Abschnürbereich
übergeht.
Ein von UDS ganz unabhängiger Drain-Strom ist jedoch physikalisch nicht sinnvoll.
Das zeigt folgende Überlegung: Wenn bei konstantem Gate- und Source-Potenzial das
Drainpotenzial im Abschnürbereich erhöht wird, dann wandert der Endpunkt des Kanals
näher an die Source heran. . Abb. 3.23 aber zeigt: Die Spannung zwischen Drain-Ende
und Source bleibt dabei immer die selbe: UGS  UTH;N . Gleiche Spannung auf kleinerer
Distanz ergibt ein stärkeres Feld. Der Strom muss ansteigen.
Bei der Beschreibung des Stromanstiegs wird meist die so genannte Kanallängenmo-
dulation N verwendet, mit deren Hilfe der Ausdruck nullter Ordnung modifiziert wird:
ˇN
IDS D  .UGS  UT h;N /2  .1 C N UDS / : (3.26)
2

18 Zwischen dem Kanalende und der Drain passiert also das Gleiche wie in der Verarmungszone zwischen
Basis und Kollektor eines Bipolar-Transistors im Vorwärtsbetrieb.
114 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.24 Die Drain-Strom- Abschnür-


Anlauf bereich
Spannungs-Kennlinie eines MOS-
1

Drain-Strom in Milliampère
Transistors in nullter Näherung;
UGS = 2,4 V
links der gepunkteten Parabel ist er 0,8
im Anlauf, rechts im Abschnürbe-
reich 0,6
UGS = 2,0 V
3 0,4
UGS = 1,5 V
0,2
UGS = 1,0 V
0
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3
Drain-Source Spannung in Volt

. Abb. 3.25 3 D Transistor:


Bei diesem Transistor verläuft der
Kanal wie an den Wänden eines
Tunnels entlang. Der dargestellte
Transistor ist etwa 22 nm lang und
Teil eines Intel-Prozessors

!Vorsicht Fehlinterpretation!
Dies ist ein rein phänomenologischer Ansatz und nicht die Linearisierung einer physi-
kalisch begründeten Formel. Der Term UDS modifiziert die Kennlinie so, dass sie bei
gegebenem UGS nicht mehr nahtlos an den Anlauf anschließt. Denn sie setzt nicht an dem
Punkt an, ab dem der Kanal abgeschnürt ist (UGD D UT h;N ), sondern bereits bei UDS D 0.
Daher sollte der Faktor  schlicht als einfachste, aus der Kleinsignalanalyse entlehnte Mög-
lichkeit angesehen werden, alle den Strom erhöhenden Effekte zusammenzufassen.

1 3-D-Transistoren minimieren die Ströme in das Substrat hinein


Die Formen von in der Massenproduktion von Digitalchips befindlichen MOS-Transis-
toren weichen heute teilweise stark von der in . Abb. 3.21 gezeigten Geometrie ab. Seit
2011 werden die Transistoren in den Prozessoren der Firma Intel in Serie so produziert,
wie es . Abb. 3.25 darstellt. Durch die senkrechten Anteile des Kanals wird die effektive
Weite deutlich größer, als es die (von oben sichtbare) Breite des Kanals ist. Ein unterhalt-
sames Video hierzu befindet sich im Internet auf youtube [3].
Bis zur Einführung der Transistoren mit vertikalen Kanalkomponenten waren die
Leckströme der Transistoren durch den Source-Body PN-Übergang und den Drain-
Body-Übergang ein begrenzender Faktor der Energieeffizienz und der Packungsdichte
von Transistoren. Anfang des 21. Jahrhunderts galt folgende Faustformel: Die Summe
aller Leckströme ist so groß wie die der Umschaltströme, mit steigender Tendenz. Durch
die sehr viel kleinere Fläche zwischen Source und Body bzw. Drain und Body ist dieses
Problem praktisch gelöst und heute kein Thema mehr. Die Verkleinerung dieser Flächen
hat einen weiteren unschätzbaren Vorteil: Dadurch, dass die Parasitärkapazitäten pro-
portional zur Fläche kleiner werden, steigt die maximal mögliche Schaltfrequenz (siehe
. Abb. 3.39 weiter unten).
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
115 3
Wer die Funktion des NMOS-Transistors kennt, kennt bis auf einige Vorzeichen auch
die des PMOS-Transistors. Denn für den PMOS-Transistor führen die gleichen Überle-
gungen zur entsprechenden Strom-Spannungs-Gleichung

"  w  p 1 2
ISD D  .UGS  UT h;P /  UDS  UDS
dSiO2  l 2
 (3.27)
1 2
ISD D ˇP  .UGS  UT h;P /  UDS  UDS :
2

!Vorsicht Vorzeichen!
Wenn alle Vorfaktoren positiv sind, fließt beim PMOS-Transistor der Strom von der Source
zur Drain. Außerdem gilt im Gegensatz zum NMOS-Transistor: TT h;P ist negativ. Im Ab-
schnürbereich gilt entsprechend in nullter Näherung

ˇP
ISD D  .UGS  UT h;P /2 ; (3.28)
2

und der Kanallängenmodulationsfaktor P in einem Korrekturterm .1  P UDS / ist auch


negativ, da UDS definitionsgemäß negativ ist (sonst müssten Source und Drain die Namen
tauschen).

Die oben genannten Formeln sind gute Wegweiser. Allerdings, je näher die MOS-
Technologie der Ein-Nanometer-Marke kommt, desto stärker machen sich Effekte,
die bei sehr kurzen Distanzen wichtig werden, bemerkbar. Das Verhalten eines MOS-
Transistors, wie er zum Beispiel in neueren smart phones vorkommt, ist praktisch nur
noch anhand von Messungen in numerischer Form bekannt.

3.1.6 Leistungshalbleiter

Leistungshalbleiter verbinden logische Schaltungen und elektrische Maschinen. An-


ders ausgedrückt: Leistungshalbleiter machen aus starken Maschinen intelligente starke
Maschinen. So hat die Entwicklung der Leistungshalbleiter erst marktfähige Elektro-
Automobile und ruckfrei anfahrende Hochgeschwindigkeitszüge ermöglicht. Heute wer-
den in der Leistungselektronik Thyristoren, Vertical Double Diffused MOS-Transistoren,
so genannte VDMOS-Transistoren und Insulated Gate Bipolar Transistors, IGBTs einge-
setzt.
Beispiele hierfür zeigt . Abb. 3.26. Thyristoren sind einschaltbare Dioden. Diese
können Spannungen im Kilovoltbereich sperren und Kiloampere schalten. Einmal ge-
zündet bleibt ein Thyristor leitfähig, bis die Spannung gegen Null geht oder der Strom
kleiner als der Haltestrom wird. In Wechselstromanwendungen werden gerne TRIACs
verwendet, das sind in einem Bauteil zusammengefasste, antiparallele Thyristoren mit
gemeinsamem Steueranschluss.
Schneller als Thyristoren und ohne Zündung schalten VDMOS-Transistoren, das sind
sehr große MOS-Transistoren. Deren Weiterentwicklung, die IGBTs, haben eine zusätz-
liche Stromvervielfältigung durch eine nachgeschaltete, asymmetrische Diode.
116 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.26 Typen und Bauformen verschiedener Leistungshalbleiter-Bauelemente. Für alle Typen gibt es
verschiedene Bauformen

1 Thyristoren sind einschaltbare Dioden


Bereits 1956 wurde das erste Leistungshalbleiter-Bauelement erfunden: der Thyristor.
Dieser verhält sich wie eine durch einen kleinen Steuerstrom einschaltbare Diode. Intern
besteht ein Thyristor, wie . Abb. 3.27 zeigt, aus vier Dotierungsschichten in der Rei-
henfolge pnpn. Man kann sich ihn also als Reihenschaltung von drei Dioden vorstellen,
von denen entweder die beiden äußeren (D1 und D3 ) oder die mittlere (D2 ) leitet. Der
Grundzustand eines Thyristors ist daher praktisch stromlos.
Genau wie der NPN-Transistor erhält auch der Thyristor seine Funktionsfähigkeit
dadurch, dass die zwischen den N-Schichten gelegene P-Schicht sehr dünn gehalten
und deutlich weniger stark dotiert wird als die darüber gelegene N-Schicht (nC in
. Abb. 3.27). Diese P-Schicht verhält sich wie die Transistorbasis, während die mit nC
bezeichnete Schicht die Funktion des Emitters übernimmt.
Wird die Diode D3 mit Hilfe des Gate-Anschlusses in Vorwärtsrichtung gepolt, dann
sorgen Geometrie und Dotierungskonzentrationsgefälle dafür, dass viele Minoritätsträger
die Sperrschicht der Diode D2 erreichen. Der größte Teil der Elektronen aus der Kathode
erreicht daher die unten liegende N-Schicht – genau wie beim NPN-Transistor im Vor-
wärtsbetrieb. Der Unterschied: Wenn erst einmal ein Strom fließt, wächst die Anzahl der
in die Sperrschicht eindringenden Elektronen lawinenartig an. Denn je mehr Strom fließt,
desto mehr Elektronen werden von der Kathode geliefert. In diesem Fall sagt man, der
Thyristor wurde gezündet. Er verhält sich nun so ähnlich wie eine einfache Diode, solan-
ge mindestens der so genannte Haltestrom fließt oder die Polung umgekehrt wird. Dann
bricht der Strom zusammen, der Thyristor ist gelöscht.

. Abb. 3.27 Der prinzipielle


Aufbau eines Thyristors und sein
Schaltsymbol. Dieses verdeutlicht
seine Funktion als einschaltbare
Diode
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
117 3
. Abb. 3.28 Eine typische
Thyristorkennlinie; links unten
in Rot der Sperrbereich, rechts
in Magenta der Übergangsbe-
reich, gezeichnet für vier Werte
I3 ; I2 ; I1 ; 0 des Gate-Stroms, in
Grün der Durchlassbereich

Das Verhalten eines Thyristors kann in der in . Abb. 3.28 gezeigten Kennlinie
zusammengefasst werden. Wird er in Sperrrichtung angeschlossen, so fließt bis zur rück-
wärtigen Durchbruchspannung UBr nur ein sehr geringer Strom (roter Teil der Kennlinie
in . Abb. 3.28). Bei Vorwärtspolung fließt zunächst ein mit dem Gate-Strom anwach-
sender Strom von der Anode zur Kathode (in Magenta gezeichneter Teil der Kennlinie in
. Abb. 3.28). In diesem Bereich ist das Verhalten dem eines Bipolar-Transistors ähnlich.
Ab einer Spannung, welche umso geringer ist, je mehr Strom durch das Gate fließt,
zündet der Thyristor: die Spannung zwischen Anode und Kathode bricht zusammen, und
es können sehr große Ströme fließen (grüner Teil der Kennlinie in . Abb. 3.28). Hat der
Thyristor diesen Bereich erreicht, so bleibt er unabhängig vom Gate-Strom gezündet,
solange der Haltestrom IH nicht unterschritten wird. Ab einer bestimmten Spannung, der
sogenannten Vorwärtsdurchbruchspannung UD0 , zündet der Thyristor selbsttätig, also
ohne Gate-Strom.
Die Fläche eines Thyristors quer zur Stromrichtung bestimmt den maximalen Strom-
fluss. Denn je größer diese Abmessungen, desto geringer die Verlustleistungsdichte. Thy-
ristoren sind keine nanoelektronischen Bauelemente. Im Extremfall wird ein ganzer Wa-
fer zu einem einzigen Thyristor.
Je geringer die Dotierungen der mittleren Diode, desto breiter ist die Verarmungs-
zone. Bei einer gegebenen Spannung wird damit die Feldstärke an dieser Schicht mit
abnehmender Dotierung kleiner. Thyristoren werden daher in krassem Gegensatz zu Pro-
zessoren etc. oft unter Ausnutzung der kompletten Breite einer Siliziumscheibe bei gerin-
ger Dotierung im Zentrum gefertigt. Nur so sind an ihm Spannungen im 100 kV-Bereich
möglich.
In Wechselspannungskreisen kann mit Hilfe eines Thyristors immer nur die Span-
nungshalbwelle durchgelassen werden, bei der der Thyristor in Vorwärtsrichtung gepolt
ist. Daher werden bei 230 V-Anwendungen im Haushalt meist TRIACs verwendet. Das
sind, wie . Abb. 3.29 zeigt, zwei in einem einzigen Bauelement vereinigte Thyristoren,
deren Gate-Anschluss sowohl die eine, als auch die andere Stromrichtung zünden lässt.
Mit Triacs werden zum Beispiel Dimmer angesteuert.
Das Zünden eines Thyristors ist ein von außen nicht zu beeinflussender Vorgang.
Er läuft innerhalb des Bauelements ab und ist durch größere Steuerströme nicht zu be-
schleunigen. Bei zeitkritischen Anwendungen sind Thyristoren daher zunehmend von
Leistungs-MOS-Transistoren abgelöst worden.
118 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.29 Das Schaltsymbol


des TRIACs (links) und seine
interne Struktur (rechts)

3
1 Leistungs-MOS-Transistoren schalten schnell
Leistungs-MOS-Transistoren ermöglichen schon heute Schaltfrequenzen über 500 Hz,
Tendenz steigend. Sie werden daher gerne in Wechselrichtern und Schaltnetzteilen ein-
gesetzt.
Leistungs-MOSFETs sind meist selbstsperrende NMOS-Transistoren. Aufgrund von
hier nicht beschriebenen Besonderheiten bei der Herstellung werden sie im Englischen
als Double Diffused Metal Oxide Semiconductor Field Effect Transistor, kurz DMOS-
Transistoren bezeichnet. Wenn deren Source- und Drain-Anschlüsse auf den gegenüber-
liegenden Seiten einer Siliziumplatte (wafer) liegen, spricht man von vertikalen Tran-
sistoren (VDMOS). . Abb. 3.30 zeigt, dass bei diesen Transistoren Source und Drain
sehr verschieden ausgeführt sind. Der Source-Anschluss umschließt das Gate, so dass
bei positiver Gate-Source-Spannung ein leitender Kanal unter dem Siliziumdioxid in
den Bereich unter der Mitte des Gate-Anschlusses entsteht. In diesem Bereich reicht
der Drain-Anschluss bis unter das Oxid, und die von der Source kommenden Elektronen
können bis zum Drain-Anschluss weiterdriften. Die Länge des Inversionskanals wird also
nicht durch die Geometrie des Gates, sondern durch die Geometrie der Dotierungsgebiete
bestimmt: Die Kanallänge wächst, je weiter das Body-Gebiet unter das Oxid reicht; und
sie wird um so kleiner, je weiter das Source-Gebiet reicht.
Um sicherzustellen, dass unter allen Umständen die Body-Source-Diode gesperrt
bleibt, werden Body und Source in der Regel kurzgeschlossen.
Das elektrische Verhalten eines VDMOS-Transistors ist dem eines normalen Transis-
tors ähnlich. Wegen der sehr viel größeren Abmessungen sind die Sperrströme, welche
auch dann fließen, wenn die Gate-Source-Spannung gleich Null ist deutlich größer als
bei anderen MOS-Transistoren. Wie . Abb. 3.31 zeigt, sind sie nicht zu vernachlässigen.
Dieser Arbeitsmodus wird als Blockierzustand bezeichnet.
Für kleine Ströme gelten (3.27) und (3.25) näherungsweise auch hier. In . Abb. 3.31
wird deutlich, dass die Ausgangskennlinie der eines Bipolar-Transistors überraschend äh-
nelt. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen MOS-Transistor
handelt.

. Abb. 3.30 Querschnitt durch B S G S B


einen Leistungs-MOS-Transistor
vom Typ VDMOS mit den An-
n+ n+
schlüssen Body (B), Source (S), p+ p- p- p+
Gate (G) und Drain (D). Der -
n
schraffierte Bereich ist Silizi-
umdioxid. Der Weg der Elektronen
n+
ist in Grün dargestellt
D
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
119 3
. Abb. 3.31 Ausgangskennlinie
eines VDMOS-Transistors. Die rot
gezeichneten Sperrströme fließen
bei UGS D 0. Die grün gezeich-
neten Linien gehören jeweils zu
einem festen, von Null verschiede-
nen Wert von UGS

!Vorsicht Missverständnis!
Bei DMOS-Transistoren werden oft Begriffe aus der Bipolar-Technik verwandt, die ei-
gentlich nicht passen: Der Abschnürbetrieb wird aktiver Vorwärtsbetrieb genannt und der
Anlauf als Sättigung bezeichnet. Bisweilen werden sogar Source und Drain als Emitter und
Kollektor bezeichnet. Diese Bezeichnungen dürfen nicht wörtlich genommen werden.

Wird ein DMOS-Transistor zum Einschalten einer großen Leistung verwandt, dann stellt
er zunächst einen sehr großen Widerstand dar. Es liegt daher zunächst eine sehr gro-
ße Drain-Source-Spannung an. Wird an das Gate dann eine Spannung gelegt, so nimmt
die Leitfähigkeit zu und damit UDS ab. Um möglichst die Verlustleistung gering zu hal-
ten, muss die Gate-Body-Spannung so groß gewählt werden, dass die Drain-Source-
Spannung möglichst schnell zusammenbricht. Der Abschnürbereich (die Sättigung) wird
also nur kurzzeitig durchlaufen, und der Transistor erreicht den Anlauf (den Normalbe-
trieb). In diesem Bereich spielen die Ohm’schen Widerstände im Halbleitermaterial eine
erhebliche Rolle. Sie werden in der Größe RDS.on/ D UDS =ID zusammengefasst.
Um so große Ströme zu ermöglichen, werden oft ganze Felder von VDMOS-Tran-
sistoren auf einem einzigen Wafer parallel geschaltet. Alle zusammen, und das können
über 800.000 Transistoren auf einem cm2 sein, verhalten sich dann wie ein einziger gro-
ßer Transistor. Dessen Stromdichte ist jedoch dadurch begrenzt, dass der gesamte Strom
durch die relativ schmale Inversionszone fließt. Die dadurch lokal extrem große Strom-
dichte wird bei dem IGBTs (Insulated Gate Bipolar Transistor) dadurch überwunden,
dass die Body-Drain-Diode zur Stromleitenden Basis-Kollektor-Diode umfunktioniert
wird.

1 IGBT heißt die Hochleistungs-Mischung aus MOS- und Bipolar-Transistoren


. Abb. 3.32 zeigt, dass sich ein IGBT technologisch vom VDMOS-Transistor durch eine
zusätzliche Diode unterhalb des Drain-Gebietes unterscheidet. Dass durch diese Diode
erhebliche größere Ströme ermöglicht werden, erklärt sich wie folgt:
Der Elektronenstrom vom Emitter zum Kollektor eines IGBTs verläuft genauso wie
der eines Leistungs-MOS-Transistors von der Source zur Drain, in . Abb. 3.32 also von
oben nach unten. Die neue Diode am Ende des Weges der Elektronen ist in Vorwärts-
richtung gepolt, stellt also keine Barriere dar. Dennoch ist sie es, die den Unterschied
ausmacht. Denn der Strom an einem in Vorwärtsrichtung gepolten PN-Übergang wird
120 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.32 Querschnitt durch


einen IGBT mit den Anschlüssen
Emitter (E), Gate (G) und Kollek-
tor (C). Der schraffierte Bereich
ist Siliziumdioxid. In Grün ist der
Weg der Elektronen dargestellt, in
Rot der der Löcher
3

von denjenigen Ladungsträgern dominiert, deren Dichte in Übergangsnähe größer ist.


Wenn beispielsweise das zusätzliche untere P-Gebiet 50-mal so hoch dotiert (daher in
. Abb. 3.32 mit pC bezeichnet) ist wie das darüber liegende N-Gebiet (daher mit n
bezeichnet), dann wandern für jedes Elektron, welches das unten liegende P-Gebiet er-
reicht, etwa 50 Löcher in das darüber liegende N-Gebiet ein. Es sind diese Löcher, deren
Bewegung den größten Teil des Stromes ausmachen. Denn wenn sich die Elektronen von
oben nach unten bewegen, müssen sich die Löcher genau in der entgegengesetzten Rich-
tung bewegen. In dem nur sehr schwach dotierten N-Gebiet rekombinieren nur wenige.
Die meisten Löcher erreichen daher die nächste, nun allerdings in Sperrrichtung gepolte
Diode. Da die Löcher aber im N-Gebiet Minoritätsträger sind, stellt diese Diode auch
keine Barriere dar. Der Strom kann bis zum oberen Bauteilanschluss weiterfließen. Im
Gegensatz zum Elektronenstrom steht ihm dabei der gesamte Bauteilquerschnitt zur Ver-
fügung, und nicht nur der Kanal unter dem Oxid. Die Überflutung eines in Sperrrichtung
gepolten pn-Übergangs ist aber ein Charakteristikum bipolarer Transistoren. Daher wird
das ganze Bauteil insulated gate bipolar transistor genannt.

Ein in einer schwach n-dotierten Siliziumscheibe realisierter IGBT verhält sich wie ein
NMOS-Transistor, dessen Elektronenstrom durch den Löcherstrom einer stark asymme-
trisch dotierten Diode hinter der Drain vervielfältigt wird.

Wird ein p-dotiertes Basismaterial verwendet, so entsteht ein PMOS-Transistor, dessen


Löcherstrom durch den Elektronenstrom einer vorwärts gepolten Diode vervielfältigt
wird.
Im Vergleich zu MOS-Transistoren erreichen IGBTs daher größere Stromdichten,
allerdings um den Preis erhöhter Schaltzeiten: Wenn ein großer Strom fließt, ist das
schwach dotierte N-Gebiet mit Minoritätsträgern angefüllt. Die angrenzende Diode sperrt
erst wieder, wenn all diese Minoritätsträger abgeflossen sind.
Die Kennlinie eines IGBTs ist, da dieser technologisch eine Fortentwicklung des
Leistungs-MOS-Transistors ist, der in . Abb. 3.31 gezeigten Kennlinie sehr ähnlich. Der
Unterschied besteht praktisch nur in einer Spannungsverschiebung der Kennlinie um ca.
0,7 V nach rechts. Diese Verschiebung ist der zusätzlichen Diode vor dem Drain- bzw.
Kollektor-Anschluss geschuldet. Die Kniespannung dieser Diode kann bei sehr großen
Strömen zu einer erheblichen Verlustleistung führen.
Da ein IGBT, genau wie ein Thyristor über eine npnp Schichtenfolge verfügt, ist ein
unkontrolliertes Durchzünden grundsätzlich möglich. Es wird jedoch bereits auf der Her-
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
121 3
stellerseite durch geschickte Wahl der Dotierungsprofile vermieden, so dass es in der
Anwendung nicht vorkommt.

3.1.7 Ersatzschaltbilder

Die Kennlinien aktiver Bauelemente sind entweder solcher Natur, dass sie in Schaltungs-
berechnungen zu nicht explizit lösbaren Gleichungen führen oder gar nicht analytisch
bekannt sind. Daher wird mit Ersatzschaltbildern gearbeitet. Das sind Linearisierungen
der Kennlinien.
Die Exponentialfunktion in der Diodenkennlinie ist im praktischen Alltag kaum als
solche zu erkennen. Dazu müssten Ströme im Nano-Ampere-Bereich dargestellt wer-
den. . Abb. 3.33 zeigt: Bei Strömen im Milli-Ampere-Bereich scheint die Kennlinie
aus zwei Geraden zu bestehen, von denen eine auf der Strom-Nulllinie verläuft und die
andere bei einer bestimmten Spannung, auch Knickspannung, Kniespannng oder Schleu-
senspannung genannt, fast senkrecht ansteigt. Daher ist das einfachste Ersatzschaltbild
einer Diode in Vorwärtsrichtung eine Konstantspannungsquelle.

Definition 3.3
Die Schleusen- oder Kniespannung UK ist die Spannung, bei der ein Diodenstrom von
einem Zehntel des maximal zulässigen Stromes fließt.

Oft wird auch die folgende Definition verwendet: Die Schleusenspannung UK ist die
Spannung, bei der ein Diodenstrom von I D 1 mA fließt. Die Knick- oder Schleusenspan-
nung ist eine Hilfsgröße ohne theoretisches Fundament. Ihr praktischer Wert liegt darin
begründet, dass in ihrer Umgebung erstens selbst bei großen Stromänderungen die Span-
nung fast konstant ist und zweitens die Ströme bei kleineren Spannungen sehr schnell
vernachlässigbar klein werden.

Eine Diode, an der weniger als die Schleusenspannung anliegt, gilt als gesperrt.

1 Kleinsignalparameter geben lineare Abweichungen von einem Ausgangspunkt an


Sollen die kleinen Strom-Spannungsschwankungen um einen Punkt herum berechnet
werden, so werden der differenzielle Widerstand, r, oder der Kleinsignalwiderstand ver-

. Abb. 3.33 Die Diode und ihre Ersatzschaltbilder: Original, Konstantspannungsquelle, Kleinsignalwider-
stand
122 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

Vorwärts- Rückwärts- Sperrung Sättigung


C Betrieb Betrieb

IB Bf IB UBC UBC
B IB
UBE Br I B UBE
3
E

. Abb. 3.34 Ersatzschaltbilder des NPN-Transistors nullter Ordnung

wendet (. Abb. 3.33 rechts):

1 dI d  U=UT  I
D D IS e 1  : (3.29)
r dU dU UT

Dabei bietet sich bei Dioden als Ausgangspunkt die Schleusenspannung an. Erstaunli-
cherweise ist bei gegebenem Strom der Kleinsignalwiderstand nur von der Temperatur
abhängig; alle technologischen Details, selbst das verwendete Material, fallen heraus. In
Rückwärtsrichtung gepolt verhält sich eine Diode wie ein spannungsabhängiger Konden-
sator (siehe (3.13)).
Beim Entwurf und bei der Analyse von Schaltungen mit Bipolar-Transistoren ist es
ratsam, mit den in . Abb. 3.34 gezeigten, groben Modellen zu beginnen, um Klarheit
über die Betriebszustände zu bekommen. Diese Vereinfachungen reichen in der Regel,
um bipolare Digitalgatter zu verstehen. Sie heißen auch Ersatzschaltbilder nullter Ord-
nung, weil noch nicht einmal lineare Zusammenhänge zwischen Strom und Spannung
berücksichtigt sind. . Abb. 3.35 zeigt, dass sogar die Annahme einer konstanten Strom-
verstärkung meist bis auf wenige Prozent genau ist. Im Alltag sind die folgenden auf der
Schleusenspannung UK basierenden Tests sehr nützlich um den Betriebszustand eines
Transistors festzustellen:

Wenn die Annahmen UBE D UK und IC D Bf IB zum Resultat UBC < UK führen, dann ist
der Transistor im Vorwärtsbetrieb; wenn nicht, dann ist er in Sättigung.

Dabei bedeutet in den meisten Fällen UBC < US , dass UBC negativ ist. Der komplemen-
täre Test lautet:

Wenn die Annahmen UBE D UK und UCE D UK zum Resultat IC < Bf IB führen, dann ist
der Transistor in Sättigung; wenn nicht, dann ist er im Vorwärtsbetrieb.

Für Tests des Rückwärtsbetriebs müssen oben Kollektor und Emitter vertauscht werden
(siehe Aufgabe 3.39).
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
123 3

. Abb. 3.35 Messung der Kollektor-Emitter-Kennlinien IC D f .UCE / für verschiedene Basisströme am Tran-
sistor des Typs BC140 (Quelle: FH Münster, Elektrotechnik)

1 Die Menge aller zeitlichen Durchschnittswerte heißt Arbeitspunkt


Mit Hilfe der Ersatzschaltbilder nullter Ordnung lässt sich der Arbeitspunkt abschät-
zen. Diesem Begriff liegt die Idee zugrunde, dass die Ströme und Spannungen in ei-
ner Schaltung über große Zeiträume konstante Mittelwerte haben, um die herum von
der Zeit abhängige Änderungen passieren. Im einfachsten Falle wären dies Ströme vom
Typ I.t/ D I0 C I1 sin.!t/. Hier würde der Strom I0 Strom des Arbeitspunktes ge-
nannt werden. Der Arbeitspunkt einer Schaltung ist also die Menge all seiner Strom-
und Spannungs-Mittelwerte. Die interessanten, zu analysierenden oder zu verstärken-
den Anteile sind dabei in der Regel die Abweichungen vom Arbeitspunkt. Da selbst
das Ebers-Moll Transistor-Modell (3.18) schon bei einfachen Schaltungen zu unlösba-
ren Gleichungssystemen führt, muss linearisiert werden.

1 Kleinsignalströme und -spannungen stehen für totale Differenziale


Dabei hat sich in der Elektrotechnik die Nomenklatur eingebürgert, anstelle totaler Diffe-
renziale .dU; dI / kleine Buchstaben .u; i/ zu verwenden. Die Linearisierung des Bipolar-
Transistors basiert aus guten Gründen (siehe Aufgabe 3.45) auf der Hybrid-Parameter-
Matrix h:
! ! ! !
dUBE uBE iB dIB
D Dh Dh : (3.30)
dIC iC uCE dUCE

Lässt man die Rückwirkung h12 D @U @UBE


CE
außen vor, dann kann (3.30) als Schaltung
für kleine Strom- und Spannungsänderungen gelesen werden: dUBE D h11 dIB ist eine
Variante des Ohm’schen Gesetzes, beschreibt also einen Widerstand: h11 D rBE . Das Dif-
ferenzial des Kollektorstroms setzt sich aus zwei Teilen zusammen: dIC D h21 dIB C
124 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.36 Kleinsignal- IE iE


Ersatzschaltbilder für den E iB rBE
PNP-Transistor (oben) und den IB
NPN-Transistor (unten) im Vor- PNP-Transistor
βiB rCE
B Linearisierung
wärtsbetrieb nach der h-Parameter
C
Matrix IC iC

3 IC iC
C
βiB rCE
IB
NPN-Transistor iB
B Linearisierung
E rBE
IE iE

. Abb. 3.37 Parasitärkapazitäten


des PNP-Transistors im Vorwärts-
betrieb

h22 dUCE . Dies ist eine Parallelschaltung (Stromsumme!) aus einer von der Basis gesteu-
erten Stromquelle und einem Widerstand 1=rCE D @IC =@UCE . So ergibt sich insgesamt
das in . Abb. 3.36 gezeigte Bild. Der untere Teil der Hybrid-Parameter-Matrix ist durch
den rechten Teil des Ersatzschaltbildes dargestellt, der obere Teil durch rBE .19 Für den
PNP-Transistor gilt Analoges mit der folgenden Konvention: Alle Richtungen der Ströme
sind so gewählt, dass die Ströme im Vorwärts- oder Normalbetrieb positiv sind. Für den
PNP-Transistor heißt das: Der Strom fließt in den Emitter herein20 und aus Kollektor und
Basis wieder heraus.
Bei hohen Frequenzen sind die in . Abb. 3.37 gezeigten Parasitärkapazitäten an den
PN-Übergängen zu berücksichtigen (vgl. (3.13)). An jedem PN-Übergang gibt es eine
Sperrschichtkapazität.
Der MOS-Transistor im Abschnürbereich hat in nullter Näherung einen von UDS un-
abhängigen Drain-Strom. So ist der NMOS-Transistor in nullter Näherung durch eine
Stromsenke und der PMOS-Transistor in nullter Näherung durch eine Stromquelle cha-
rakterisiert.
In erster Ordnung kann die Abweichung des Drain-Stromes vom Arbeitspunkt unab-
hängig vom Betriebszustand als
@IDS @IDS
iDS D dIDS D dUGS C dUDS (3.31)
@UGS @UDS
geschrieben werden. Dies ist also die in . Abb. 3.38 gezeigte Parallelschaltung (Strom-
summe) einer spannungsgesteuerten Stromquelle und einem Widerstand.

19 Es gibt keine allgemeingültigen Kleinsignal-Ersatzschaltbilder für Transistoren. Denn diese sind Abbild
der verwendeten Gleichungssysteme. Ständen anstatt UBE und IC zum Beispiel IB und IC auf der linken
Seite von (3.30), so ergäben sich andere Bilder.
20 Zeichnet man Schaltungen so, dass der Strom von oben nach unten fließt und die Pfeile an den Transistoren
in die gleiche Richtung zeigen, dann vermeidet man fast alle Vorzeichenprobleme.
3.1  Theoretische Grundlagen der Halbleiter-Bauelemente
125 3

S D D
iDS
ISD IDS
G gm gd G
IDS Linearisierung Linearisierung
D S S
PMOS beide NMOS

. Abb. 3.38 Das gemeinsame Kleinsignal-Ersatzschaltbild für den PMOS- und den NMOS-Transistor

Gl. (3.31) wird meist in der folgenden Form geschrieben:

iDS D iD D gm  uGS C gd  uDS .immer/


(3.32)
iD D gm  uG C gd  uD .wenn US konstant ist/:

Dies gilt sowohl für NMOS- als auch für PMOS-Transistoren.


Eine genauere Analyse der partiellen Ableitungen führt zu der erstaunlichen Erkennt-
nis, dass beide Dotierungsvarianten ein gemeinsames Ersatzschaltbild haben: So ergibt
sich zum Beispiel im Abschnürbereich nach (3.26)
ˇN
iD D ˇN .UGS  UT h;N /.1 C N UDS /ug C .UGS  UT h;N /N uD (3.33)
2
für NMOS-Transistoren. Entsprechend wird nach (3.28) für PMOS-Transistoren mit Hil-
fe von dID D dIDS D dISD
ˇP
iD D ˇP .UT h;P  UGS /.1 C P UDS /ug C .UT h;P  UGS /.P /uD ; (3.34)
2
woraus folgt, dass auch bei diesem alle Faktoren zwischen den Kleinsignal Drain-
Strömen und den Kleinsignalspannungen positiv sind. So ergibt sich der in . Abb. 3.38
gezeigte Sachverhalt:

PMOS- und NMOS Transistoren kann ein gleich aussehendes Kleinsignal-Ersatzschaltbild


zugeordnet werden und alle in seiner mathematischen Beschreibung auftauchenden g Fak-
toren sind positiv.

Die höchstmöglichen Umschaltfrequenzen werden durch die Parasitärkapazitäten mit be-


stimmt. Im Detail ist deren Beschreibung recht komplex (siehe [6]). Sie ergeben sich aus
der in . Abb. 3.21 gezeigten Geometrie und sind in . Abb. 3.39 zusammengefasst. Die
in . Abb. 3.39 benutzten Bezeichnungen lehnen sich an die des Simulators SPICE [1]
an. CGSO und CGDO stehen für gate source overlap und gate drain overlap. Ihr Ursprung
ist einerseits die Tatsache, dass in der Realität die Source- und Drain-Dotierungen etwas
unter das Gate diffundieren. Andererseits gibt es auch noch elektrische Streufelder, de-
ren Feldlinien nicht senkrecht durch das Gate-Oxid ausgerichtet sind, sondern Gate und
Drain bzw. Gate und Source verbinden. In den leitenden Zuständen des Kanals kommt
die direkte Kopplung zwischen Kanal und Gate hinzu. CJSB und CJDB stehen für junction
126 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.39 Parasitärkapazitäten


eines MOS-Transistors

3
source body und junction drain body. Diese sind die Kapazitäten der PN-Übergänge. CGB
ist die Parasitärkapazität zwischen Gate und Body. Sie ist von allen die kleinste.
Bei den seit 2011 auf dem Markt befindlichen dreidimensionalen Transistoren sind,
wie in . Abb. 3.25 gezeigt, CJSB und CJDB gegenüber herkömmlichen MOS-Transistoren
um fast eine Größenordnung geringer als bei herkömmlichen Geometrien. So werden
höhere Taktraten ermöglicht.

3.2 Fragen und Aufgaben zu Halbleiter-Bauelementen

3.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

3.1 Welcher Bindungstyp hält Halbleiter zusammen? Ist das


a) die ionische Bindung,
b) die metallische Bindung oder
c) die kovalente Bindung?

3.2 Was haben die Energiebänder von Festkörpern mit atomaren Energieniveaus zu tun?
a) Die Energiebänder sind die nahe beieinander liegenden Energieniveaus der Einzelato-
me. Sie erscheinen als Band, weil es so viele sind.
b) Die Energiebänder ergeben sich aus Linearkombinationen der Wellenfunktionen der
Elektronen der Atome.
c) Es gibt keinen einfachen Zusammenhang, denn Atome werden in der Atomphysik,
Festkörper in der Festkörperphysik analysiert.

3.3 Was ist eine Elektronenvolt?


a) Die Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen eines Potenzialgefälles von einem
Volt gewinnt.
b) Die Spannung, welche durch ein Elektron hervorgerufen wird.
c) Eine durch thermische Elektronenbewegung entstehende Spannung von 1 V

3.4 Wo liegt energetisch das Energieband der Donator-Elektronen eines n-dotierten


Halbleiters?
a) Es liegt knapp über dem Valenzband.
b) Es liegt in der Mitte zwischen dem Leitungs- und dem Valenzband.
c) Es liegt knapp unter dem Leitungsband.

3.5 Wie ist die Gesamtladung der Verarmungszone einer nicht angeschlossenen Diode?
a) Die Gesamtladung ist positiv, wenn das p-dotierte Silizium höher dotiert ist als das n-
dotierte, und negativ im entgegengesetzten Falle.
3.2  Fragen und Aufgaben zu Halbleiter-Bauelementen
127 3
b) Die Gesamtladung ist null.
c) Die Gesamtladung ist negativ, wenn das p-dotierte Silizium höher dotiert ist als das
n-dotierte, und positiv im entgegengesetzten Falle.

3.6 Eine Solarzelle wird von einer monochromatischen Leuchtdiode beschienen und lie-
fert trotzdem keinen Strom. Was hat Aussicht auf Erfolg?
a) Den Strom durch die Leuchtdiode verdoppeln.
b) Die Spannung an der Leuchtdiode um 3 % erhöhen.
c) Die Leuchtdiode durch eine Halogenlampe ersetzen.

3.7 Woran erkennt man, dass sich ein Bipolar Transistor im Zustand der Sättigung be-
findet?
a) Die Stromverstärkung hat ihren Maximalwert.
b) Der Emitterstrom ist kleiner als der Kollektorstrom.
c) Die tatsächliche Stromverstärkung ist kleiner als die im Datenblatt angegebene.

3.8 Woran erkennt man, dass sich ein Bipolar Transistor im Vorwärtsbetrieb befindet?
a) Die Potenziale sind so, dass die Basis-Emitter Diode in Vorwärtsrichtung gepolt ist
und Basis-Kollektor Diode sperrt.
b) Die Basis-Kollektor Diode wird in Vorwärtspolung betrieben.
c) Es fließt kein Emitterstrom.

3.9 Woran erkennt man einen MOS Transistor im Abschnürbetrieb?


a) Zwischen Source und Drain verhält er sich ähnlich einer Stromquelle.
b) Der Drain-Strom ist proportional zur Source-Drain-Spannung.
c) Der Strom in die Drain ist größer als der Strom aus der Source.

3.10 „Wird der Haltestrom eines Thyristors unterschritten, so wird er gelöscht.“ Stimmt
das?

3.11 „Source und Drain eines Leistungstransistors liegen links und rechts neben dem
Gate-Oxid.“ Stimmt das?

3.12 „Die in der Kleinsignalanalyse vorkommenden Ströme und Spannungen sind ma-
thematisch gesehen partielle Ableitungen.“ Stimmt das?

3.13 „Bei schnellen Schaltungen mit Bipolar-Transistoren sollte der Sättigungsbetrieb


vermieden werden.“ Stimmt das?

3.14 „Je größer der Betrag der Early-Spannung eines Transistors, desto besser sind des-
sen Stromquelleneigenschaften.“ Stimmt das?

3.15 Was zeichnet einen sogenannten 3 D Transistor aus?

3.16 Was ist ein 3/5-Halbleiter?

3.17 Welche Vor- und Nachteile hat Silizium als Material für Halbleiter-Bauelemente
gegenüber Germanium?
128 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3.18 Was ist ein Schottky-Transistor, und wozu braucht man ihn?

3.19 Bitte nennen und erklären Sie die zwei Effekte, welche bei einer Diode zu erhebli-
chen Abweichungen der Kennlinie von der Shockley-Gleichung führen!

3.20 Was ist ein Zener-Durchbruch?


3
3.2.2 Klausuraufgaben

3.21 Welche Form bilden die Orbitale der äußeren Elektronen des Silizium-Atoms und
warum?

3.22 Wie viele Joule sind ein Elektronenvolt?

3.23 Welche Ladungsträger können Verarmungszonen durchqueren?

3.24 Ein PN-Übergang habe eine Diffusionsspannung von UD D 0;8 V. Welche Span-
nung wird gemessen, wenn das P-Gebiet an den Minus-Anschluss eines Spannungsmes-
sers und das N-Gebiet an dessen Plus-Anschluss gelegt wird?

3.25 In einer Solarzelle, wie die in . Abb. 3.40 gezeigte, verpasst ein Photon gerade
die Verarmungszone und erzeugt ein Elektron-Loch-Paar einige Atomradien neben der
Verarmungszone im N-Gebiet. Trägt dieses Photon zum Leistungsertrag der Solarzelle
bei?

3.26 Welche Durchbruch-Mechanismen gibt es bei Dioden?

3.27 Eine in Sperrrichtung gepolte Diode hat laut Kennlinienformel (3.15) einen fast
konstanten Sperrstrom IS . Nimmt man aber die Kennlinie mit einem Oszilloskop auf,
dann ist in Sperrrichtung meistens kein Strom auszumachen. Woran liegt das?
a) Das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
b) Das liegt an der Rückwärtsbeschleunigung der Minoritätsträger.
c) Das liegt am angelegten Strom-Maßstab.

3.28 Stimmt es, dass die Verarmungszone eines PN-Übergangs bei Vorwärtspolung ver-
schwindet?

3.29 . Abb. 3.41 zeigt die gemessene Strom-Spannungs-Kennlinie einer Diode. Bitte
bestimmen Sie daraus die Temperaturspannung und den Sperrstrom. Welche Kleidungs-
stücke wurden bei der Messung benötigt? a) Pelzmütze, b) Badehose/Bikini?

3.30 Wie lässt sich eine spannungsgesteuerte Stromquelle am leichtesten realisieren?

3.31 Welche Bedingung muss erfüllt sein, damit ein (P- oder N-) MOS-Transistor in
einen Strom leitenden Zustand kommt? Und welche Bedingung muss zusätzlich erfüllt
sein, damit er sich im Anlauf befindet?
3.2  Fragen und Aufgaben zu Halbleiter-Bauelementen
129 3

. Abb. 3.40 Zur Aufgabe 3.25: Modul aus Solarzellen. Die Solarzelle ist das mittlerweile bekannteste
Halbleiter-Bauelement (Foto: 7 www.pixabay.com)

10

1
Strom in Ampère

0.1

0.01

0.6 0.61 0.62 0.63 0.64 0.65 0.66 0.67 0.68 0.69 0.7
Spannung in Volt

. Abb. 3.41 Zur Aufgabe 3.29: Gemessene Strom-Spannungs-Kennlinie einer Diode. Aus dieser Dioden-
kennlinie lassen sich IS und UT bestimmen

3.32 Was bedeutet Hochinjektion (engl: high injection?)


a) Intramuskuläre Verabreichung oberhalb des Bauchnabels,
b) Minoritätsträger-Überschuss oder
c) Eindringen hoch-energetischer Ladungsträger ins Feldoxyd.

3.33 Zeigen Sie, dass bei T D 0 K alle Energieniveaus eines Festkörpers unterhalb der
Fermi-Energie besetzt und alle darüber leer sind.
130 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.42 Zur Aufgabe 3.39:


Einfache Anschlussumgebung für
einen Bipolar-Transistor

3
3.34 Für reines Silizium erfüllen die Elektronendichte n und die Löcherdichte p die
Gleichgewichtsbedingung n  p D n2i . Gilt dies auch für dotierte Halbleiter, und wenn ja
(nicht), warum (nicht)?

3.35 . Abb. 3.9 zeigt schematisch die Ionenverteilung an einem abrupten PN-Übergang.
Bitte skizzieren Sie die Feldstärke und das Potenzial als Funktion des Ortes. Wenn das
Potenzial ganz links Null ist, wie nennt man den Wert, den es ganz rechts hat?

3.36 Bitte skizzieren Sie in halblogarithmischer Darstellung die Ladungsträgerdichten


als Funktion des Ortes einer in Flussrichtung gepolten Diode, an der von außen weni-
ger als die Diffusionsspannung anliegt. Die Akzeptoren-Konzentration sei höher als die
Donatoren-Konzentration.

3.37 Aus welchen Teilströmen setzt sich der Basisstrom eines Bipolar-Transistors im
Normalbetrieb zusammen, und welcher der beiden hat Auswirkungen auf den Early-
Effekt?

3.38 Sie schalten eine Silizium-(PN-)Diode in Reihe mit einer Schottky-Diode, so dass
durch beide ein Strom von 12,9 mA fließt. Welche Spannung fällt an beiden zusammen
ab und wie groß ist der Kleinsignal-Widerstand der Gesamtanordnung?

3.39 In . Abb. 3.42 sehen Sie eine Spannungsversorgungseinheit mit zwei Innenwider-
ständen von R D 1 k und Leerlaufspannungen von UC D U D 5;65 V. Bitte schließen
Sie einen PNP-Bipolar-Transistor, (ohne Early-Effekt, ohne Rückwirkungen des Kol-
lektors auf die Basis) mit einer Vorwärts-Stromverstärkung Bf D 20, einer Rückwärts-
Stromverstärkung Br D 0;1 und UBE D 0;65 V so an, dass er a) im Vorwärtsbetrieb, b) im
Rückwärtsbetrieb, c) gesperrt oder d) in Sättigung ist. Dabei sollen keine zwei Transistor-
Anschlüsse auf das gleiche Potenzial gelegt werden.

3.40 In einem Automobil soll ein Schrittmotor von einem Digitalchip angesteuert wer-
den. Der Chip liefert zwischen 0 und UChip D 3;3 V Ausgangsspannung. Der Schrittmotor
braucht jedoch den vollen Hub des Bordnetzes VC C D 12 V. Zur Anbindung wird die in
. Abb. 3.43 gezeigte, invertierende Schaltung und ein Transistor mit dem ebenfalls abge-
bildeten Kennfeld verwandt. Der Ausgangswiderstand der Schaltung darf maximal 500 
betragen, der Umschaltpunkt sei so gewählt, dass bei UE D UChip =2 gerade UA D VC C =2.
Bitte bestimmen Sie zeichnerisch den Wert der beiden Widerstände. Mit welcher Verän-
derung der Schaltung könnte die Verlustleistung deutlich gesenkt werden? Wie könnte die
Schaltung weniger anfällig für Störungen gemacht werden? Wäre eine kostengünstigere
Variante denkbar?
3.2  Fragen und Aufgaben zu Halbleiter-Bauelementen
131 3

a b

. Abb. 3.43 Zur Aufgabe 3.40: Invertierende Schaltung zur Pegel-Anpassung (a) und das Kennlinienfeld des
dazugehörigen Transistors (b)

3.41 Was geschieht mit einem Minoritätsträger, nachdem er eine Verarmungszone pas-
siert hat?

3.42 Warum zündet ein Power-MOS-Transistors nicht in ähnlicher Weise wie ein Thy-
ristor?

3.43 Zeigen Sie, dass aus den Temperaturabhängigkeiten der Elektronen- und Löcher-
dichten (3.2) und (3.4) eines nicht dotierten Halbleiters folgt, dass die Fermi-Energie EF
in der Mitte der Bandlücke liegt.

3.44 Ein PN-Übergang hat eine symmetrische Sperrschicht der Breite b. Innerhalb dieser
Sperrschicht seiim Bereich
 x D b=2: : :b=2 die Ionenverteilung in guter Näherung durch
18 3
N.x/ D N0  sin
xb
mit N 0 D 10 m gegeben. Außerhalb der Sperrschicht ist dies die
Dichte der Donatoren und Akzeptoren: Wie groß ist die Diffusionsspannung und welchen
Wert hat die Sperrschichtbreite b?

3.45 Welche Matrix wird zur Beschreibung der Bipolar-Transistor-Eigenschaften be-


nutzt und warum? Bitte nennen Sie drei der vier Elemente der Matrix.

3.46 Wie müsste das Kleinsignal-Ersatzschaltbild des Bipolar-Transistors verändert wer-


den, wollte man die Rückwirkung der Kollektor-Emitter-Spannung auf die Basis Emitter-
Spannung berücksichtigen?

3.47 Bitte skizzieren Sie den Querschnitt durch einen Kondensator auf einem MOS-
Chip. Der Kondensator soll die Kathode an Masse und eine möglichst große Flächenka-
pazität haben. Wie hängt die Kapazität von der Spannung ab?
132 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3.48 Ein Silizium-Chip hat ein d D 1 m tiefes, mit durchschnittlich ND D 1024 m3
Donatoren dotiertes Diffusionsgebiet. Wie groß sind dessen spezifischer Widerstand und
Schichtwiderstand? Welchen Widerstand hätte eine w D 2 m breite und l D 0;1 mm
lange Leiterbahn?
Wie würden sich der spezifische Widerstand und der Schichtwiderstand ändern, wenn
aufgrund einer unbeabsichtigten Erwärmung der Produktionsumgebung die gleiche An-
3 zahl der Donatoren über die doppelte Tiefe verteilt würde?

3.49 Welche der folgenden Aussagen stimmt?


Beim Übergang eines NPN-Transistors von der Sättigung zum Rückwärtsbetrieb
a) . . . nimmt die Anzahl der in die Basis-Emitter-Verarmungszone gelangenden Majori-
tätsträger zu.
b) . . . nimmt die Anzahl der in die Basis-Emitter-Verarmungszone gelangenden Minori-
tätsträger zu.
c) . . . nimmt die Anzahl der Minoritätsträger in der Basis zu.
d) . . . wird die Verarmungszone zwischen Basis und Emitter schmäler.

3.50 Zu welchem Zeitpunkt ist die Verlustleistung eines IGBT maximal? Gilt Entspre-
chendes auch für einen VDMOS-Transistor?

3.3 Antworten zu 7 Kap. 3

3.1 Antwort c) ist richtig.

3.2 Antwort b) ist richtig. Es gibt zum Beispiel für zwei Atome immer sowohl ei-
ne Linearkombination, deren zugehörige Bindungsenergie größer als die ursprüngliche
atomare Bindungsenergie ist, und eine mit weniger Bindungsenergie. Bei sehr vielen
Atomen ergeben sich zwei Gruppen von Linearkombinationen; solche mit mehr und sol-
che mit weniger Bindungsenergie als beim Einzelatom. Alle Kombinationen mit starker
Bindungsenergie liegen energetische nahe beieinander. Sie bilden das Valenzband. Die
Kombinationen mit geringerer Bindungsenergie liegen ebenfalls energetisch nahe beiein-
ander. Sie bilden das Leitungsband.

3.3 Antwort a) ist richtig, denn so ist 1 eV definiert.

3.4 Antwort c) ist richtig, und nur deshalb reicht die thermische Energie bei Raumtem-
peratur aus, (fast) alle Donator-Elektronen ins Leitungsband zu heben.

3.5 Antwort b) ist richtig. Die Verarmungszone entsteht durch Elektronenbewegung in-
nerhalb dieser Zone. Elektronen besetzen Löcher. Es bedarf keiner Ladungszufuhr von
außen.

3.6 Antwort c) ist richtig. Wenn bei intakten Bauteilen kein Strom fließt, so bedeutet
dies, dass die Wellenlänge des Lichts zu groß ist. Eine Halogenlampe hat ein Emissions-
spektrum, welches bis in den nahen UV-Bereich reicht und deshalb die besten Chancen
bietet.
3.3  Antworten zu Kap. 3
133 3
3.7 Antwort c) ist richtig. In Sättigung wird das Kollektor-Potenzial nahe dem Emitter-
Potenzial fixiert. Der Kollektor-Strom wird dann durch die dem Kollektor vorgeschalteten
Widerstände begrenzt.

3.8 Antwort a) ist richtig. Normal- oder Vorwärtsbetrieb heißt: Die Basis-Emitter-Diode
ist in Vorwärtspolung, die Basis-Kollektor-Diode nicht. In diesem Betriebszustand hat ein
Transistor die im Datenblatt angegebene Stromverstärkung.

3.9 Antwort a) ist richtig. Die Stromquellenähnlichkeit bei abgeschnürtem Kanal ergibt
sich aus der Tatsache, dass alle Ladungsträger, welche das Kanalende erreichen, von ei-
nem Potenzialgefälle zur Drain hingezogen werden.

3.10 Ja, das stimmt. Solange mindestens der Haltestrom fließt, bleibt er niederohmig.

3.11 Nein, das stimmt nicht, denn Leistungs-MOS-Transistoren sind in der Regel verti-
kal aufgebaut. Alles neben dem Gate-Oxid ist Source-Anschluss. Die Drain liegt auf der
der Source gegenüber liegenden Seite des Wafers. Die Ladungsträger müssen also die
gesamte Dicke des Halbleitermaterials durchqueren.

3.12 Nein, das stimmt nicht; i und u stehen für totale Differenziale. Dagegen sind Klein-
signalwiderstände in der Tat partielle Ableitungen.

3.13 Ja, das stimmt. Im Sättigungsbetrieb des Transistors befinden sich viele Minoritäts-
träger in der Basis. Da diese gesperrte PN-Übergänge durchdringen, transportieren sie
noch eine Zeitlang nach dem Ausschalten des Transistors Strom. Daher vergeht bis zum
Sperren viel mehr Zeit, als aus dem Vorwärtsbetrieb heraus nötig ist.

3.14 Ja, das stimmt. Eine große Early-Spannung bedeutet eine flache I.U / Kennlinie.
Die Kollektor-Emitter-Strecke wird so zur guten Stromquelle.

3.15 Das Kürzel steht für einen dreidimensionalen MOS-Transistor. Source und Drain
sind nicht, wie sonst üblich, in das Substrat eindiffundiert/implantiert. Vielmehr stehen
sie wie eine Mauer auf dem als Body fungierenden Substrat. Wegen der geringen Kon-
taktflächen zum Body sind die Leckströme solcher Transistoren viel geringer als bei
konventionellen Transistoren. Der Verbindungskanal zwischen Source und Drain hat die
Form eines Tunnels, dessen Auskleidung aus dem Gate-Oxid besteht.

3.16 Dies ist ein Halbleiter, welcher aus der gleichen Anzahl dreiwertiger und fünfwerti-
ger Atome besteht und eine Gitterstruktur ähnlich der des Siliziums hat. Solche Halbleiter
werden meist aus im Periodensystem neben dem Silizium oder dem Germanium stehen-
den Elementen hergestellt.

3.17 Der größte Vorteil des Siliziums ist sein einfach herzustellendes und gleichzei-
tig sehr spannungsfestes Oxid: Quarz, SiO2 . Es ermöglicht die effiziente Herstellung von
MOS-Transistoren. Der Nachteil gegenüber dem Germanium besteht in der kleineren Be-
weglichkeit der Ladungsträger, weshalb bipolare Germaniumtransistoren meist schneller
schalten als solche aus Silizium.
134 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3.18 Ein Schottky-Transistor ist ein Bipolar-Transistor mit einer Schottky-Diode zwi-
schen der Basis und dem Kollektor. Diese sorgt dafür, dass die Spannung zwischen
diesen beiden Anschlüssen nicht unter ca. 0,3 V abfällt. Sättigungseffekte würden aber
eine Spannung von 0,6–0,7 V erfordern. Daher können Schottky-Transistoren nicht in
Sättigung gehen und eignen sich so für schnelle Schaltungen.
3 3.19 Im Rückwärtsbetrieb führt die Paarerzeugung an Defektstellen in der Verarmungs-
zone zu einer spannungsabhängigen Vergrößerung des Rückwärtsstromes, welcher da-
durch den von der Shockley-Gleichung vorhergesagten Wert um Größenordnungen über-
steigen kann. Im Vorwärtsbetrieb sorgen die Ohm’schen Widerstände von Substrat und
Anschlüssen zu einem Strom, welcher geringer ist als der von der Shockley-Gleichung
vorhergesagte.

3.20 Wird bei einer Diode in Rückwärtspolung die sogenannte Zener-Spannung erreicht,
so fängt der Strom an, sehr schnell mit der Spannung anzusteigen. Ursache ist der Tun-
neleffekt. Dieser beruht auf der Tatsache, dass nach den Regeln der Quantenmechanik
ein Elektron kurzzeitig in Bereiche vordringen kann, für die es nicht genug Energie hat.
Findet es jenseits eines solchen Bereichs ein Potenzial vor, welches niedriger ist als sein
ursprüngliches, so bleibt es dort. Man sagt, es ist durch den Energieberg getunnelt. Bei
einer Zener-Diode tunnelt ein Ladungsträger zum Beispiel vom Akzeptor-Band eines P-
Gebiets in das Leitungsband eines N-Gebiets.

3.21 Die vier äußeren Elektronenorbitale bilden einen Tetraeder. Bei dieser Form sind
alle Elektronen gleich weit, und damit möglichst weit voneinander entfernt. Energetisch
stellt für die vier äußeren Elektronen der Tetraeder also ein Minimum dar: möglichst nah
am Kern und gleichzeitig möglichst weit voneinander weg.

3.22 1eV ist der Energiegewinn eines Elektrons beim Durchlaufen einer Potenzialdiffe-
renz von 1 V. Das Potenzial ist aber nichts anderes als Energie pro Ladung: U D W=Q,
und die Ladung ist eine Elementarladung Q  1;6 1019 C. Also ist W D Q  U D
1;6 1019 C  1 V D 1;6  1019 J.

3.23 Alle Minoritätsträger können Verarmungszonen passieren, und sie tun es zu 100 %,
da sie vom Feld in der Verarmungszone beschleunigt werden und auf dem Weg durch die
Zone (bis auf die statistisch nicht ins Gewicht fallenden entgegenkommenden Minoritäts-
träger der anderen Fraktion) nichts zum Rekombinieren finden.
Außerdem kann ein kleiner Teil der Majoritätsträger die Verarmungszone passie-
ren. Es ist genau der Teil, der genügend Energie besitzt, um die Potenzialbarriere zu
überwinden. Bildlich gesprochen ist dies die obere Ecke des thermischen Elektronen-
Energiespektrums.

3.24 Es werden 0 Volt (keine Spannung) gemessen, da die Diffusionsspannung nicht


nach außen dringt (siehe auch . Abb. 3.10).

3.25 Ja! Allerdings hat ein Elektron im P-Gebiet am Rande der Verarmungszone nur
eine knapp 50 %ige Wahrscheinlichkeit, in die Zone einzudringen. Dann fliegt es jedoch
mit fast 100 %iger Wahrscheinlichkeit bis in das N-Gebiet. Je weiter es vom Rand der
Zone entfernt erzeugt wird, um so kleiner wird die Chance, diese zu erreichen. Insgesamt
3.3  Antworten zu Kap. 3
135 3
ergibt sich ein weicher Übergang: Tief in der Verarmungszone tragen alle Photonen zum
Energiegewinn bei. Am Rande, aber noch innerhalb der Zone wächst die Chance, dass der
Impuls des frisch erzeugten Elektrons ausreicht, um gegen das elektrische Feld aus der
Verarmungszone herauszukommen. Genau am Rand beträgt die Chance 50 %, um dann
mit wachsendem Abstand langsam gegen Null zu gehen. Dabei heißt großer Abstand:
deutlich mehr als eine Diffusionslänge.

3.26 Lawineneffekt: Die Elektronen werden in der Verarmungszone so stark beschleu-


nigt, dass sie bei der nächsten Kollision mit einem Atomrumpf ein Elektron-Loch-Paar
erzeugen. So steigt die Anzahl der Ladungsträger bei hinreichender Weite der Sperr-
schicht lawinenartig an. Dieser Zusammenbruch erfordert also eine niedrige Dotierung,
denn eine solche geht mit großen Weiten einher.
Zener-Effekt: Wird die Feldstärke innerhalb der Verarmungszone so groß, dass ein
Bindungselektron dadurch Energie abgeben kann, dass ein Stückchen entgegen dem elek-
trischen Feld ins Leitungsband eindringt, dann wechselt das Elektron mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit spontan vom Valenzband ins Leitungsband. Dies ist nur möglich, weil
im Rahmen der Quantenmechanik das so genannte Tunneln möglich ist. Tunneln heißt,
einen Bereich zu großer Energie überwinden und jenseits des Energieberges wieder her-
auskommen. Die Wahrscheinlichkeit des Tunnelns fällt sowohl mit dem Abstand, als auch
mit der Höhe des Energieberges exponentiell ab. Dieser Zusammenbruch erfordert also
eine sehr hohe Dotierung.
Thermischer Durchbruch: Der thermische Durchbruch kann zusammen mit den bei-
den oben genannten Effekten oder bei sehr hohen Temperaturen auftreten. Der Strom
in Sperrrichtung wird von in der Verarmungszone erzeugten Elektron-Loch-Paaren do-
miniert. Mit steigender Temperatur wächst die Anzahl dieser Paare lawinenartig an. Sie
erzeugen bei einer in Sperrrichtung anliegenden Spannung USperr in der Sperrschicht ei-
ne Wärmeleistung P D .UD C USperr /I (siehe (3.11)). Wenn diese Wärme nicht schnell
genug abgeführt wird (Kühlung), dann sorgen also mehr Paare für noch mehr Paare und
so weiter, bis die Diode thermisch zerstört ist.

3.27
Zu a) Sagen Sie das nie, und schon gar nicht in einer Prüfungssituation. Entweder, die
Theorie sagt das in der Praxis Gefundene richtig voraus, oder sie ist falsch. In
diesem Fall ist die Theorie unvollständig: In der Shockley-Gleichung (3.15) ist
die thermische Erzeugung von Elektron-Loch-Paaren nicht berücksichtigt. Diese
Erzeugung kann den Strom in Sperrrichtung leicht um einen Faktor 1000 erhöhen.
Wenn er aber trotz dieses Faktors noch auf dem Oszilloskop unsichtbar bleibt, dann
muss es einen anderen Grund geben.
c) ist richtig. Der Sperrstrom liegt um Größenordnungen unterhalb der in Vorwärts-
richtung gemessenen Ströme. Er liegt daher optisch näher bei Null, als das mensch-
liche Auge auflösen kann.
Zu b) Das ist natürlich absoluter Quatsch.

3.28 Der Fall, dass die Sperrschicht einer Diode vollständig abgebaut wird, tritt praktisch
nie ein. In der Regel würde das Halbleiter-Bauteil vorher zerstört. Vielmehr bedeutet ein
großer Diodenstrom dass die Potenzialbarriere der Sperrschicht ist so flach geworden,
dass ein großer Teil der Majoritätsträger hindurch diffundieren kann. Man könnte auch
sagen: Die Sperrschicht ist noch da, aber sie ist irrelevant.
136 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3.29 Der lineare Verlauf der Kennlinie zeigt, dass hier mit der Näherung

I  IS e U=UT (3.35)

gearbeitet werden kann. Aus der Steigung der Geraden kann die Temperaturspannung
ermittelt werden, denn für zwei Messpunkte .U1 ; I1 / und .U2 ; I2 / gilt
3 U1  U2 U1  U2
UT D D : (3.36)
ln.I1 =I2 / log.I1 =I2 /  ln.10/
Setzt man die Anfangs- und Endwerte der Messreihe ein, so ergibt sich eine Temperatur-
spannung von UT D 22 mV. Das entspricht einer Temperatur von 21 Grad Celsius und
spricht eindeutig für ein Messen mit einer Mütze auf dem Kopf.21
Für den Sperrstrom kann nun UT in einen beliebigen anderen Punkt gemäß IS D
I =e U=UT eingesetzt werden. Numerisch ergibt sich IS  9;8 fA.

3.30 Der im Abschnürbereich betriebene PMOS-Transistor verhält sich in nullter Nä-


herung wie eine spannungsgesteuerte Stromquelle. Der im Abschnürbereich betriebene
NMOS-Transistor verhält sich in nullter Näherung wie eine spannungsgesteuerte Strom-
senke.

3.31 Damit ein MOS-Transistor überhaupt leitet, muss die Gate-Source-Spannung wei-
ter von der Null weg sein als die dazu gehörige Schwellspannung; also beim NMOS-
Transistor das positive UGS > UT h;N und beim PMOS-Transistor das negative UGS <
UTH;P . Damit der Kanal vollständig ist, müssen die entsprechenden Ungleichungen nicht
nur am Source-Ende, sondern auch am Drain-Ende erfüllt sein: beim NMOS UGD >
UT h;N und beim PMOS UGD < UTH;P .

3.32 Das ist natürlich der durch die Minoritätsträger bedingte Ladungsüberschuss (siehe
Text unter . Abb. 3.17)

3.33 Die Aussagen folgen direkt aus der Fermi-Verteilung (3.1). Für T ! 0 erhält man
wegen e 1 D 1=e 1 D 0

nz .EZ < EF / D 1 und nz .EZ > EF / D 0 : (3.37)

Das heißt: Unterhalb der Fermi-Energie ist alles besetzt, oberhalb ist alles leer.

3.34 Ja, es gilt, und dies ist nichts als Statistik, wie die folgende Überlegung zeigt:
Für reines Silizium sind n und p gleich: n D p D ni . Im Gleichgewicht ist die Wahr-
scheinlichkeit, dass ein Elektronen-Loch-Paar entsteht, genau so groß wie die, dass es
rekombiniert. Dabei ist die Entstehung ein reiner Temperatureffekt, welcher jedes Silizi-
umatom treffen kann.
Wie ändert sich die Situation, wenn durch Dotierung die Anzahl der Elektronen ver-
doppelt wird? Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Loch ein Wiederbesetzungselek-
tron findet, verdoppelt sich. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein neues Loch entsteht, bleibt
aber gleich. Im Mittel wird daher die Anzahl der Löcher halbiert. Es gilt also n.neu/ D

21 Ein Kollege wies mich darauf hin, dass das Messen in Badehose in seinem Labor ohnehin nicht gestattet
sei.
3.3  Antworten zu Kap. 3
137 3

. Abb. 3.44 Zur Aufgabe 3.35: Ionenverteilung, elektrisches Feld und Potenzial als Resultat eines idealisier-
ten, weil abrupten PN-Übergangs; links das P-Gebiet, rechts das N-Gebiet (Einheiten beliebig)

2n.alt/ und p.neu/ D p.alt/=2. Und damit p.neu/  n.neu/ D 2n.alt/  p.alt/=2 D n.alt/ 
p.alt/. Diese Überlegung kann generalisiert werden:

Das Produkt aus Löcherkonzentration und Elektronenkonzentration ist von der Dotierung
unabhängig.

3.35 Nach (3.7) (eine Anwendung des Gauß’schen Satzes) ist die Feldstärke gleich dem
Integral über die Ladungsdichte. In Regionen konstanter Dichte müssen sich daher, wie in
. Abb. 3.44 gezeigt, Geraden-Abschnitte ergeben. Das Potenzial ist (bis auf das Vorzei-
chen) nach (3.8) das Integral über die Feldstärke. Dort, wo die Feldstärke linear ansteigt,
fällt das Potenzial parabolisch ab. Es erreicht schließlich den Wert der Diffusionsspan-
nung UD .

3.36 . Abb. 3.45 zeigt beispielhaft den Verlauf. In einer Prüfungssituation sind folgende
Details zu beachten: An den Rändern, außerhalb der Rekombinationszone liegt ni genau
in der Mitte zwischen P und nmin sowie zwischen N und pmin . In der Verarmungszone
und in den Rekombinationsbereichen muss dies nicht mehr der Fall sein. Der mit Elek-
tronendiffusion und mit Löcherdiffusion bezeichnete Bereich hat im halblogarithmischen
Maßstab genau dann einen linearen Verlauf, wenn die Dotierungskonzentrationen keine
Ortsabhängigkeit mehr haben. Die Verarmungszone reicht weiter in das N-Gebiet als in
das P-Gebiet, denn es gilt N  wN D P  wP mit w D wN C wP .

3.37 In . Abb. 3.16 ist zu sehen, dass eine Komponente der Löcherstrom aus der Basis
in den Emitter ist. Die zweite Komponente ist derjenige Anteil des Elektronenstromes
aus dem Emitter heraus, der in der Basis rekombiniert. Bei steigender Basis-Kollektor-
Spannung nimmt (vergleiche (3.12)) die Sperrschichtweite zu. Dadurch wird die Zone, in
der die Elektronen rekombinieren können, schmaler. Das führt zur Abhängigkeit von IC
von UBC , also zum Early-Effekt.
138 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3
min
min

. Abb. 3.45 Lösungsskizze zur Aufgabe 3.36: Verlauf der Ladungsträgerkonzentration einer vorwärts gepol-
ten Diode

3.38 Die Schleusenspannung bzw. Kniespannung einer Halbleiterdiode liegt zwischen


UK D 0;6 V und UK D 0;7 V, die der Schottky-Diode etwas über UK D 0;3 V. Es fällt
also insgesamt ein knappes Volt ab. Der Kleinsignalwiderstand einer Diode ist nach (3.29)
vom Typ unabhängig rDiode D UT =I . Für beide Dioden zusammen ist also r D 2  rDiode D
2  .UT /=I , also in Zahlen r  4 .

3.39 In . Abb. 3.46 sind die Lösungsmöglichkeiten schematisch dargestellt. Die vorletz-
te in . Abb. 3.46 gezeigte Schaltung kann nicht ausschließlich aufgrund ihrer Struktur ei-
nem Betriebszustand zugeordnet werden. Vielmehr ist die Kenntnis der Rückwärtsstrom-
verstärkung nötig, wie die folgende Überlegung zeigt: Zunächst scheint es, als seien beide
Dioden des Transistors in Durchlassrichtung gepolt, der Transistor also in Sättigung ist.
Wenn jedoch viel mehr Strom durch die Basis fließt als durch den Kollektor, dann sperrt die
Basis-Emitter-Diode und der Transistor ist im Rückwärtsbetrieb. Folgender Test entschei-
det: Wenn die Annahme des Rückwärtsbetriebs zu einer Emitter-Basis-Spannung führt,
die einer noch nicht leitenden Diode (hier UK  0;65 V) gehört, dann ist die Annahme des
Rückwärtsbetriebs richtig, anderenfalls ist der Transistor in Sättigung. Ausgehend von

IE D Br  IB
(3.38)
UCB  UK

und dem Ohm’schen Gesetz für die Widerstände ergibt sich ein Basis-Potenzial von

2VC  UK
UB D V C : (3.39)
2 C Br

Für Br D 0 fließt kein Emitterstrom, und es ergibt sich ein symmetrischer Spannungs-
teiler zwischen den Widerständen an Kollektor und Basis. Das Basispotenzial ist mit
UB D UK =2 zu klein für einen signifikanten Diodenstrom: In diesem Fall ist also die
Annahme des Rückwärtsbetriebs korrekt. Für große Werte von BR wird der Basisstrom
3.3  Antworten zu Kap. 3
139 3

. Abb. 3.46 Zur Aufgabe 3.39: Betriebszustände von Bipolar-Transistoren in verschiedenen Konfiguratio-
nen. Vorwärtsbetrieb und Rückwärtsbetrieb sind eindeutig. Für die Sperrung gibt es zwei Möglichkeiten. Was
zunächst wie Sättigung aussieht, kann sich als Rückwärtsbetrieb herausstellen

sehr klein, und der Spannungsabfall über dem Emitter steigt. Je größer BR desto mehr
sackt das Basispotenzial ab, bis UEB  UK . Dann sorgt die Emitter-Basis-Diode dafür,
dass das Potenzial nicht weiter sinkt, und es herrscht Sättigung. Setzt man das Basispo-
tenzial in (3.39) gleich UK , dann lässt sich die Grenze für Br bestimmen:

UK
Br > (Sättigung). (3.40)
VC  UK

Für die gegebenen Werte müsste für die Sättigung Br > 0;13 sein, ist es aber nicht.22
Daher ist der Transistor im Rückwärtsbetrieb. Nur die letzte gezeigte Möglichkeit zeigt
den Transistor in Sättigung, denn Bf D 20 > 0;13.
Ein Strom von genau 5 mA ergibt sich beim Vorwärtsbetrieb am Emitter, beim Rück-
wärtsbetrieb links am Kollektor und für die Sättigung an der Basis.

3.40 Der Ausgangswiderstand ist am größten, wenn der Transistor in Vollsperrung ist.
Dann ist der Ausgangswiderstand gerade gleich dem an den Kollektor angeschlossenen
Widerstand: RC D 500 . Die Summe der Spannungen an diesem Widerstand plus UCE
ist gerade die Bordnetz-Spannung VC C . Also gilt IC D .VC C  UCE /=RC . Diese Ar-
beitsgerade genannte Linie ist in . Abb. 3.47 gestrichelt eingezeichnet. Bei UCE D 6 V
schneidet die Gerade die zu einem Basisstrom von IB D 30 A gehörende Ausgangs-
linie. Dieser Wert für den Basisstrom wird (schwer abzulesen, aber nicht kritisch) bei
einer Basis-Emitter-Spannung von etwa UBE  0;65 V erreicht. Wenn diese auch ein-
gangsseitig der Umschaltpunkt sein soll, muss der Strom von IB D 30 A über dem
Basiswiderstand einen Spannungsabfall von U.RB / D 3;3 V=2  0;65 V D 1 V hervorru-
fen. Also ist RB D 33;3 k.
Im Hinblick auf die Verlustleistung hat die Schaltung zwei Nachteile: Erstens ist sie
so ausgelegt, dass der maximale Stromfluss durch den Transistor gerade bei UA  0 V
auftritt: Die Schaltung verbraucht also permanent Strom, wenn der Schrittmotor aus-
geschaltet ist. Außerdem ist der Ausgangswiderstand gerade dann am größten, wenn
der Strom gebraucht wird, bei UA D VC C . Beide Nachteile könnten überwunden wer-
den, wenn an Stelle des NPN-Transistors ein PNP-Transistor Verwendung fände. Die
Schaltung hätte bei UA D 0 keinen Stromverbrauch und könnte auf der Kollektorseite
hochohmiger ausgelegt werden.

22 Die Funktion der Eingangs-NPN-Transistoren von TTL-Gattern beruht auf einem sehr kleinen Wert für Br .
140 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

. Abb. 3.47 Zur Aufgabe 3.40:


Zeichnerische Bestimmung der
Ströme und Spannungen an einem
Bipolar-Transistor durch Analyse
des Kennfeldes

Immer, wenn an einer Stelle in der Schaltung nur sehr geringe Ströme fließen, sind
diese Schaltungen störungsgefährdet. Die oben dimensionierte Schaltung ist für den Ein-
satz einer von Streufeldern gefüllten Umgebung wie im Automobil viel zu störanfällig,
weil der Basisknoten sehr hochohmig ist: Der Strom von nur 30 A sollte dauerhaft er-
höht werden, indem an Stelle des einfachen Basis-Vorwiederstandes ein Spannungsteiler
gegen Masse mit mindestens 0;1 mA Dauerstrom verwendet wird.
Der große Wert des Basiswiderstandes zeigt auch an, dass der hier verwendete Tran-
sistor ein teures Spitzenmodell ist. Es dürfte ruhig ein etwas günstigerer mit geringerer
Verstärkung sein.

3.41 Ein Minoritätsträger, der, nachdem er dem elektrischen Feld folgend die Verar-
mungszone passiert hat, findet sich als Majoritätsträger auf der anderen Seite wieder.
Beispiel: Ein Elektron aus einem P-Gebiet erreicht nach dem Durchqueren einer Sperr-
schicht immer das dahinter liegende N-Gebiet. Dort ist es Majoritätsträger und kann es
bleiben. Es geschieht also gar nichts.

3.42 Das lawinenartige Ansteigen des Thyristorstromes ist mit dem Ansteigen der Quer-
schnittsfläche verbunden, die dem Strom zur Verfügung steht: ein kleiner Zündkanal
weitet sich über die gesamte Querschnittsfläche des Bauelements aus. Demgegenüber ist
die Querschnittsfläche des Drain-Stromes eines DMOS-Transistors von vornherein vor-
bestimmt. Die dünnste Stelle ist und bleibt die Inversionsschicht im Body-Gebiet unter
dem Oxid.

3.43 Wir setzen an Stelle der Proportionalitäten in (3.2) und (3.4) beliebige, aber nicht
von der Temperatur abhängige Faktoren ˛ und ˇ:

n D ˛T 3=2 e .EL EF /=.kT / und p D ˇT 3=2 e .EF EV /=.kT / : (3.41)

Das Gleichsetzen von n und p ergibt

ˇ .EF EV /=.kT /


e .EL EF /=.kT / D e : (3.42)
˛
3.3  Antworten zu Kap. 3
141 3
Logarithmieren und Sortieren ergibt dann eine Gleichung, bei der eine Seite von der
Temperatur abhängt, die andere aber nicht:
 
.EL  EF / .EF  EV / ˇ
 D ln : (3.43)
.kT / .kT / ˛

Diese Gleichung kann nur für alle Temperaturen T gelten, wenn beide Seiten gleich Null
sind. Hieraus folgt zweierlei:
4 Die Proportionalitätskonstanten ˛ und ˇ sind gleich (wegen ln.1/ D 0).
4 Die Fermi-Energie liegt in der Mitte der Bandlücke: EF D .EL C EV /=2.

3.44 Lösungsstrategie: Die Diffusionsspannung ergibt sich durch einfaches Einsetzen.


Zur Berechnung der Sperrschichtbreite wird zunächst der allgemeine Zusammenhang
zwischen der Diffusionsspannung und der Sperrschichtbreite für dieses Profil gesucht
und das Ergebnis dann nach der Breite aufgelöst.
Lösung: Die Diffusionsspannung ist nach (3.9)
 
1036 cm6
UD D 0;025 V  ln  0;92 V : (3.44)
1;21 1020 cm6

Zur Berechnung der Sperrschichtbreite betrachten wir, um Vorzeichenfehler zu vermei-


den, nur den Bereich x D 0: : :a mit a D b=2. Die nur in diesem Teil berechnete Spannung
muss dann die halbe Diffusionsspannung sein. Zunächst wird nach 3.7 das Feld an einem
Punkt x berechnet:
Zx

N0 e
x 2aN0 e n

x o
Ex .x/ D sin dx D 1  cos : (3.45)
" 2a "
2a
0

Die Integration über das Feld von Null bis a gibt nach (3.8) die halbe Diffusionsspannung

Za Za n

x o
UD 2aN0 e
D U.a/ D  Ex .x/dx D  1  cos dx : (3.46)
2 "
2a
0 0

Man erhält

4a2 N0 e
UD D  .
 2/ : (3.47)

2"
Nun kann nach a aufgelöst werden. In Zahlen ergibt sich
s s

UD "0 "S i
0;916  8;85 1012  11;7
a D b=2 D D m (3.48)
2 eN0 .
 2/ 2 1;6 1019  1024  1;14

mit dem Endergebnis

b  7;2 nm : (3.49)
142 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

3.45 Es ist die Hybridparameter-Matrix, auch h-Parameter-Matrix genannt. Sie bietet


(gegenüber den Alternativen Kettenparameter-, Leitwert- oder Impedanz-Matrix) folgen-
de Vorzüge:
4 iC und iB stehen auf verschiedenen Seiten. Damit ist die Stromverstärkung ˇ direkt
ablesbar.
4 uBE und iB stehen auf verschiedenen Seiten, daher ist der Eingangswiderstand rBE
3 unmittelbar ablesbar.
4 uCE und iC stehen auf verschiedenen Seiten. Daher ist der Ausgangswiderstand rCE
unmittelbar ablesbar.

Insgesamt ergibt sich:


! ! ! !
@UBE
uBE rBE iB iB
D @UCE  Dh : (3.50)
iC ˇ 1=rCE UCE uCE

Die partielle Ableitung h12 D @U@UBE


CE
beschreibt die Rückwirkung der Kollektor-Emitter-
Spannung auf die Basis-Emitter-Spannung. Diese kann in fast allen praktischen Fällen
vernachlässigt werden.
Die einzige Alternative zur Hybridparameter-Matrix, die alle oben genannten Vorzüge
hätte, wäre die inverse h-Parameter-Matrix.

3.46 Die Vernachlässigung der Rückwirkung zeigt sich in der Hybridparameter-Matrix


@UBE
im Weglassen des Terms @U CE
. Die vollständige Kleinsignal-Gleichung für uBE ist aber
uBE D h11 iB C h12 uCE . Dabei beschreiben BE D h11 iB einen Ohm’schen Widerstand
und uBE D h12 uCE eine von der Kollektor-Emitter-Spannung gesteuerte Spannungsquelle
zwischen Basis und Emitter. Da die Spannungen addiert werden, muss es sich um eine
Reihenschaltung handeln. Berücksichtigen der Rückwirkung hieße also Ersetzen von rBE
durch eine Reihenschaltung aus Widerstand und Spannungsquelle.

3.47 Die größte Kapazität pro Fläche wird bei der Verwendung des Gate-Oxides erreicht.
Man kann also einen wie in . Abb. 3.48 gezeigten NMOS-Transistor verwenden. Ein
Querschnitt durch die Anordnung ist in . Abb. 3.21 c) zu sehen. Die Kapazität dieser
Anordnung (vergleiche (3.19)) beginnt bei einem Wert

"0 "SiO2 ASiO2


C0 D (3.51)
dSiO2

und wird bei steigender Spannung durch die Bildung der Verarmungszone mit der Breite
dV kleiner:23
 
dSiO2 dV 1
C.U / D ."0 ASiO2 /  C (3.52)
"SiO2 "Si
p
Dabei wächst dV gemäß dV  U . Ab der Schwellspannung kommt die Kapazität zwi-
schen Gate und Kanal hinzu. Während der Gate-Body Anteil immer schwächer wird,

23 Kondensatoren mit mehreren Dielektrika werden im 7 Kap. 2 diskutiert.


3.3  Antworten zu Kap. 3
143 3
. Abb. 3.48 Zur Aufgabe 3.47:
Als Kondensator gegen Masse
geschalteter MOS-Transistor

wird mit steigender Spannung der Kanal-Anteil immer stärker. Bei großem UGS bleibt
ein Kondensator mit einer um UT h;N verschobenen Charakteristik. Gemäß (3.19) wird

UG  UTHN
C D C0  (3.53)
UG

3.48 Der spezifische Widerstand  ist nach (3.6)  D .e  ND  n /1 . Bei der Berechnung
des numerischen Wertes muss berücksichtigt werden, dass, wie in . Abb. 3.8 gezeigt, die
Beweglichkeit bei starker Dotierung nachlässt. So ergibt sich   2;1  104 m.
Der Schichtwiderstand folgt mittels Division durch die Dicke der Schicht: RSchicht D
=d , in Zahlen RSchicht  210 .
Eine Leiterbahn, die fünfzigmal so lang wie breit ist, hat einen Widerstand von R D
50  RSchicht , also R  11 k.
Wären die Donatoren auf die doppelte Eindringtiefe verteilt, würde sich der spezi-
fische Widerstand verdoppeln, denn die Konzentration der Ladungsträger wäre halbiert.
Der Schichtwiderstand aber bliebe gleich.

3.49 In Sättigung werden an beiden PN-Übergängen die Ströme von den Majoritätsträ-
gern, die aus dem Emitter und aus dem Kollektor kommen, dominiert. In der P-dotierten
Basis angekommen, finden diese sich als Minoritätsträger wieder. Im Rückwärtsbetrieb
ist dagegen der Strom von Majoritätsträgern durch die Emitter-Basis-Diode stark redu-
ziert. Entsprechend wichtiger wird der Strom der aus dem Kollektor kommenden Elek-
tronen.
Daher ist Aussage a) falsch und Aussage b) richtig. Im Extremfall einer hohen Sperr-
polung an der Basis-Emitter-Diode ist der Strom an diesem PN-Übergang ein reiner
Minoritätsträgerstrom.
Aussage c) ist ebenfalls falsch: nie sind so viele Minoritätsträger in der Basis wie im
Sättigungsbetrieb.
Da Rückwärtsbetrieb eine in Sperrpolung betriebene Basis-Emitter-Diode bedeutet,
ist diese Verarmungszone im Rückwärtsbetrieb weiter als im Vorwärtsbetrieb oder in
Sättigung. Aussage d) ist also auch falsch.

3.50 Am Beginn des Einschaltvorganges ist die Verlustleistung am größten, sowohl beim
IGBT als auch beim VDMOS. Beim Einschalten wird eine der Ausgangskennlinien (wel-
che, wird durch UGS bestimmt) in . Abb. 3.31 von rechts nach links durchlaufen. Je
weiter rechts, desto größer ist das Produkt UDS  ID , also die Verlustleistung.
144 Kapitel 3  Halbleiter-Bauelemente

Literatur
1. Nagel LW, Pederson DO (1973) Simulation Program with Integrated Circuit Emphasis (SPICE), siehe
7 http://www.eecs.berkeley.edu/Pubs/TechRpts/1973/ERL-382.pdf. Zugegriffen: 2021
2. Hunklinger S (2018) Festkörperphysik, 5. Auflage. De Gruyter Oldenbourg, ISBN 978-3-11-056775-5
3. siehe Intel 22nm 3D-Tri-Gate-Transistoren auf https://www.youtube.com/watch?v=d9SWNLZvA8g. Zuge-
3 griffen: 2021
4. Küpfmüller K, Mathis W, Reibiger A (2017) Theoretische Elektrotechnik. 20. Auflage Springer, ISBN 978-
3-662-54836-3
5. Neundorf D, Pfendtner R, Popp H-P (1997) Elektrophysik. Springer Berlin, ISBN 3-540-62996-3
6. Göbel H (2019) Einführung in die Halbleiter-Schaltungstechnik. Springer, Berlin, 6. Auflage, ISBN 978-3-
662-56562-9
145 4

Lineare elektrische Netze


– dem Strom einen Weg
bahnen

Der Einführung in die Begriffswelt der Schaltpläne folgt die Diskussion von Strom- und Span-
nungspfeilen und deren Bedeutung als Koordinatensysteme. Hieraus folgt eine wenig bekannte,
aber sehr einfache Methode zur Bestimmung der richtigen Vorzeichen der Bauelementeglei-
chungen von Energieerzeugern und -verbrauchern. Die Kirchhoff’schen Regeln werden aus
Erhaltungssätzen hergeleitet. Es wird gezeigt, welche Schaltungen auf reale Strom- und Span-
nungsquellen zurückgeführt werden können und wie deren Leistung maximiert wird.
Die Netzwerkberechnung wird auf Basis des Knotenpotenzial-Verfahrens, des Maschenstrom-
Verfahrens und des Überlagerungsverfahrens diskutiert. Es wird gezeigt, wie mit Ausnahmen
umgegangen wird und wann welches Verfahren das beste ist.

4.1 Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze

Wenn Netze betrachtet werden, so ist dies der erste Schritt von der Komponente, also vom
Bauelement, zum Gesamtsystem. Da die Anzahl der Komponenten in einzelnen Systemen
längst Milliardengrenze1 übersprungen hat, werden sowohl vereinfachende Regeln als
auch standardisierte Lösungsverfahren gebraucht. In diesem Kapitel werden Netze aus
Spannungsquellen, Stromquellen, Widerständen, Kondensatoren und Spulen untersucht.
Diese Komponenten haben allesamt lineare Strom-Spannungskennlinien und erlauben so
die Anwendung von Lösungsverfahren aus der linearen Algebra.

4.1.1 Vorzeichen, Richtungen und Topologien

Zur systematischen Analyse elektrischer Netze haben sich bestimmte Begriffe und Kon-
ventionen als nützlich erwiesen. Das beginnt mit der Wahl der Vorzeichen und der dazu-
gehörigen Richtungskonventionen und endet bei topologischen Begriffen zur Beschrei-
bung der Netze.

1 Potenzielle Energie entsteht durch Bewegung entgegen einer Kraft


Vorzeichenfehler sind die Pest der Ingenieurwissenschaften. Daher sind Systeme und Re-
geln entstanden, um die richtigen Vorzeichen in einen immer gleichen Zusammenhang

1 Der Intel Quadcore Titanium brachte es schon 2008 auf zwei Milliarden Transistoren.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_4
146 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.1 Drei Beispiele aus der Mechanik und aus der Elektrotechnik für den Transfer von Energie: Ein
System gewinnt potentielle Energie, wenn eine Kraft überwunden wird (obere Reihe). Ein System gibt Energie
ab, wenn Kraft und Bewegung in die gleiche Richtung zeigen. Die Pfeile hier zeigen die tatsächliche Richtung
an

mit Schaltbildern zu bringen. Letztlich sind diese aus der Mechanik übernommen, wie die
folgenden Beispiele zeigen. . Abb. 4.1 stellt Prozesse, bei denen einem System poten-
zielle Energie (Lageenergie) zugeführt wird solchen gegenüber, bei denen diese Energie
dem System verloren geht. Immer, wenn das Produkt aus Kraft mal Geschwindigkeit ne-
gativ ist, wird Lageenergie gewonnen, anderenfalls wird sie abgegeben.2 In der Regel
wird die Lageenergie dann in Bewegungsenergie verwandelt. Dieses Prinzip gilt eben-
so für die Gravitation wie für die Elektrizitätslehre. Die in einem Netzwerk vorhandene
Energie ist die Summe aller Lageenergien der Ladungsträger. Betrachtet man ein elek-
trisches Netzwerk als System, dann gilt daher: Ihm wird Energie zugefügt, wenn eine
Ladung dem Feld entgegenbewegt wird oder wenn in einer Stromquelle oder in einer
Spannungsquelle der Strom vom Minuspol zum Pluspol fließt. Ihm wird Energie ent-
nommen, wenn in einem Kondensator der Strom von der Anode zur Kathode fließt und so
dem Stromkreis Energie für den Aufbau eines Feldes entnommen wird. Dem elektrischen
Netzwerk wird auch Energie entnommen, wenn in einem Ohm’schen Widerstand Wärme
erzeugt wird. Dies geschieht wie folgt: Lageenergie wird in Bewegungsenergie der La-
dungsträger verwandelt. Die Ladungsträger stoßen mit den Atomrümpfen des Widerstan-
des zusammen und geben so einen Teil ihrer Bewegungsenergie als Bewegungsenergie
der Atomrümpfe ab. Deren Bewegungsenergie ist proportional zu ihrer Temperatur.

1 Strom- und Spannungspfeile sind Koordinatensysteme und keine Vektoren


In der Elektrotechnik wird die Stromrichtung durch Pfeile bezeichnet. Diese legen, wie in
. Abb. 4.2 gezeigt, jeweils ein Koordinatensystem fest. Der positive Wert eines Stromes
bedeutet dann, dass dieser in die vom Pfeil vorgegebene Richtung fließt. Ein negativer
Wert bedeutet, dass der Strom der Pfeilrichtung entgegenfließt. Die Spannung wird mit
einem Pfeil bezeichnet, der bei einem positiven Wert für die Spannung der Richtung des
elektrischen Feldes entspricht, also vom Pluspol zum Minuspol.

2 Ein interessanter Spezialfall ist die Lorentz-Kraft. Da sie stets senkrecht zur Bewegung wirkt, wird weder
Energie zugeführt, noch Energie abgegeben. Eine Ladung wird daher aufgrund der Lorentz-Kraft immer
abgelenkt, aber der Betrag ihrer Geschwindigkeit bleibt gleich.
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
147 4

I>0 I<0
J J

. Abb. 4.2 Strompfeile (rot) sind eindimensionale Koordinatensysteme, die eine Referenzrichtung festlegen.
Dagegen zeigen Pfeile, die für Vektoren stehen (schwarz), die tatsächliche Richtung an

Nun fließt in einem Generator der Strom immer dem Potenzialgefälle entgegen. Will
man in einem einfachen Netz trotzdem nur positive Werte für die Ströme und Spannun-
gen erhalten, müssen die Generatoren entgegengesetzte Pfeile für Strom und Spannung
bekommen. Die am häufigsten anzutreffende Konvention besagt: Bei einem (Energie-)
Verbraucher sind Strom- und Spannungspfeil parallel. Bei einem Erzeuger sind Strom-
und Spannungspfeil entgegengesetzt. Dabei kann der Erzeuger eine Stromquelle, eine
Spannungsquelle oder irgendein anderer Generator sein. Ein positiver Wert für den Strom
im Generator bedeutet daher immer, dass der Strom dem Potenzialgefälle entgegenfließt.
Den Sinn dieser Konvention kann man sofort erkennen, wenn man sich eine Batterie
vorstellt: Dient sie als Energiequelle, dann fließt der Strom außerhalb der Batterie vom
Pluspol zum Minuspol, innerhalb der Batterie jedoch vom Minuspol zum Pluspol. Wird
die Batterie von einem externen Generator geladen, dann fließt der Ladestrom innerhalb
der Batterie vom Pluspol zum Minuspol.

1 Erzeugerpfeile repräsentieren taktische Fehler, die ausgeglichen werden müssen


So nützlich diese Konvention ist, sie birgt doch eine große Fehlerquelle in der Behand-
lung von Spulen und Kondensatoren. Denn diese entnehmen ihrem Netzwerk Energie,
wenn die E - und B-Felder aufgebaut werden. Sie geben Energie ab, wenn die Felder
abgebaut werden. Sie können daher sowohl als Erzeuger als auch als Verbraucher auftre-
ten. Werden sie im Netzwerk als Erzeuger behandelt, so wird ihnen eine der Spannung
entgegengesetzte Stromrichtung zugewiesen. Physikalisch gesehen ist dies ein Fehler:
Es entspricht der Messung des Stromes in einem Koordinatensystem und der gleich-
zeitigen Messung der Spannung in einem um 180ı gedrehten Koordinatensystem. Um
diesen Fehler zu beheben, müssen die Bauelementegleichungen, wie in . Abb. 4.3 ge-

+ +
Generator, dI
U I U=-L dt U I Q=-CU
Erzeuger
- -

+ +
dI
Verbraucher U I U = + L dt U I Q=+CU
- -

. Abb. 4.3 Skizze zur Bestimmung der richtigen Vorzeichen: Die Bauelementegleichungen für Spule und
Kondensator (und aller anderen Bauelemente) gelten nur dann ohne zusätzliches Minuszeichen, wenn der Strom
und die Spannung jeweils relativ zur gleichen Richtung definiert werden
148 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.4 Veranschaulichung einiger häufig gebrauchter Begriffe: Ein Klemmenpaar ergibt zwei Pole, meh-
rere Pole zusammen ergeben einen Knoten; Knoten sind durch Zweige verbunden

. Abb. 4.5 Veranschaulichung der Begriffe Baum und Masche: Hat die Verbindung Endpunkte, ist sie ein
Baum, ist sie geschlossen, spricht man von einer Masche. Alle Quellen und Impedanzen entlang der Zweige
sind hier nicht gezeichnet

zeigt, den gewählten Pfeilrichtungen angepasst werden (siehe auch Aufgabe 4.38). In der
Netzwerkanalyse werden zur Bestimmung der Vorzeichen gerne Pfeilsysteme und damit
verbundene Interpretationsalgorithmen verwandt. Der Leser sei auf die Literatur, zum
Beispiel [4], verwiesen.

1 Für den Baum ist es eine Astgabel, für den Ingenieur ein Knoten
Netzwerke werden mit den in . Abb. 4.4 gezeigten Begriffen beschrieben. Klemmen
sind beliebige Anschlusspunkte. Zwischen zwei Klemmen kann eine Spannung gemes-
sen werden. Zwei Pole sind gleich einem Paar von Klemmen. Die Verbindung zweier
Pole heißt Zweig. Hinter dem ? in . Abb. 4.4 kann sich eine beliebig komplizierte Kom-
bination von Bauelementen verbergen. Eine große Anzahl verschiedener Topologien wird
zum Beispiel in [2] diskutiert.
Mehrere Zweige zusammen ergeben entweder einen Baum oder, wie in . Abb. 4.5
gezeigt, eine Masche. Maschen sind geschlossen und haben genau so viele Knoten wie
Zweige. Bäume haben einen Knoten mehr als Zweige, weil sie offen sind.

4.1.2 Kirchhoff’sche Regeln

Die nach ihrem Entdecker3 genannten Gesetze sind aus heutiger Sicht für die Anwen-
dungspraxis umformulierte physikalische Grundgesetze der Elektrostatik.

. Abb. 4.6 Veranschaulichung der Knotenregel: Bei ihrer Anwendung muss mindestens ein Strom negativ
sein, wenn alle Ströme auf den Punkt zeigen, denn was hereinkommt muss auch wieder hinaus

3 Der Physiker Gustav Robert Kirchhoff wurde am 12. März 1824 in Königsberg, Preußen, geboren und starb
am 17. Oktober 1887 in Berlin.
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
149 4
. Abb. 4.7 Veranschaulichung Ein
des Verlustes einer Knotenglei-
chung: Bei a priori ausgeglichener
Strombilanz (d. h. IEin D IAus D I )
gibt es statt k nur .k  1/ unabhän-
gige Knotengleichungen Aus

Die Erhaltung der Ladung ergibt das erste, auch Knotenregel genannte Kirchhoff’sche
Gesetz. Man stelle sich einen kleinen Tropfen Lötzinn auf einer Platine vor, an dem viele
Leitungen zusammenkommen, so, wie etwas abstrakter in . Abb. 4.6 dargestellt. Wenn
in dem Tropfen keine nennenswerte Ladung gespeichert werden kann, dann fordert das
Gesetz der Ladungserhaltung (vergleiche . Abb. 1.5), dass immer genau so viel Ladung
ankommen wie abfließen muss. Anders ausgedrückt:

Knotenregel: An einem elektrischen Knotenpunkt ist die Summe aller Ströme gleich Null.

Für ein allgemeines Netzwerk mit k Knoten gibt es also k Gleichungen. Wird, wie in
. Abb. 4.7 gezeigt, vorausgesetzt, dass das Gesamtnetzwerk eine ausgeglichene Strombi-
lanz hat, also genau so viel Strom hineinfließt wie heraus, dann wird eine der k Gleichun-
gen überflüssig.4 In der Elektrotechnik ist die radikale Form hiervon, das geschlossene
System (nichts herein, nichts heraus) der Regelfall. So gilt:

In einem offenen Netz mit k Knoten gibt es k unabhängige Knotengleichungen, in einem


geschlossenen Netz gibt es jedoch nur .k  1/ unabhängige Knotengleichungen.

Energieerhaltung ist die Grundlage der in . Abb. 4.8 illustrierten, zweiten Kirch-
hoff’schen Regel. Nach (1.15) muss eine Ladung, die von einem beliebigen Punkt a
zu einem anderen Punkt b und wieder zurück bewegt wird, nach der Rückkehr die glei-
che potenzielle Energie haben wie vor der ersten Bewegung natürlich auch, wenn dabei

. Abb. 4.8 Die Maschenregel als


Konsequenz der Energieerhaltung:
Weil ein Ladungsträger auf dem
Weg a ! b ! c: : : zurück nach a
keine Energie gewinnen kann, ist
die Summe aller Spannungen Null

4 Man stelle sich ein geschlossenes Röhrensystem mit Pumpen, Abzweigungen und Kreuzungen vor. Wenn
von allen Röhrenabschnitten und allen Verzweigungen bis auf eine einzige, letzte Verzweigung bekannt ist,
dass an keiner Stelle Flüssigkeit hinzukommt, dann kann von nirgendwo her eine Flüssigkeitsmenge kom-
men, die die Bilanz an dieser letzten Verzweigung ungleich Null sein lässt. Die Aussage An der letzten
Verzweigung kommt nichts hinzu ist eine notwendige Konsequenz der anderen Bedingungen und keine neue
Information.
150 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

ein dritter Punkt c erreicht wurde, und so weiter. Die Summe aller Energieänderungen
von a über b, c, . . . zurück zu a ist Null. Bis auf die Ladung, Q, ist die Summe aller
Energieänderungen gerade die Summe aller Spannungen. Diese Erkenntnis wird zweite
Kirchhoff’sche Regel oder auch Maschenregel genannt:

Maschenregel: Die Summe aller Spannungen entlang eines geschlossenen Weges ist Null.

4
Sie gilt, wie in . Abb. 4.8 angedeutet, unabhängig von der Art und Anzahl der auf die-
sem Weg befindlichen Bauelemente. Die Maschenregel lässt sich auch komplementär
formulieren: Die Summe aller Spannungen zwischen zwei Punkten einer Masche ist un-
abhängig vom Weg immer die gleiche.

!Vorsicht, eingeschränkte Gültigkeit


Die Maschenregel gilt nur in Abwesenheit zeitlich veränderlicher Felder (siehe
7 Abschn. 1.1.3). Mit kleinen Spannungen arbeitende Schaltungen müssen daher gegen
elektromagnetische Strahlung geschützt werden.

Für ein geschlossenes Netzwerk mit k Knoten und m Maschen ergeben die Kirch-
hoff’schen Regeln also k  1 C m Gleichungen. Diese sind alle linear und ergeben
genau dann ein lösbares Gleichungssystem, wenn die Ströme und Spannungen in einem
Netzwerk überhaupt berechnet werden können.
Zwei häufig gebrauchte Spezialfälle sind der unbelastete Spannungsteiler und der
Stromteiler. Beim unbelasteten Spannungsteiler fließt der gleiche Strom I nacheinan-
der durch mehrere (N ) Widerstände. Die an einem einzelnen Widerstand R1 abfallende
Spannung ist dann
!
X
N
U1 D U.R1 / D U  R1 = Ri (unbelasteter Spannungsteiler), (4.1)
i D1

wobei U die über der gesamten Kette abfallende Spannung ist.


Der Stromteiler ist in . Abb. 4.9 dargestellt. Für diese Schaltung gilt

G1 R1 k R2 : : : k RN
I1 D I.R1 / D I  PN D (Stromteiler). (4.2)
i D1 Gi
R1

Die Herleitung ist in Aufgabe 4.26 zu finden.

. Abb. 4.9 Skizze eines Stromteilers. Stromteiler sind Netze, bei denen alle Komponenten parallel geschaltet
sind. Über allen fällt daher die gleich Spannung U ab und der Strom I wird aufgeteilt
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
151 4
4.1.3 Reale Strom- und Spannungsquellen

Ideale Spannungsquellen liefern immer die gleiche Spannung, egal wie viel Strom aus ih-
nen herausgezogen wird. Ideale Stromquellen liefern immer den gleichen Strom, egal wie
viel Spannung dafür überwunden werden muss. Die einfachste Art, das nicht-ideale Ver-
halten zu berücksichtigen, besteht darin, so wie in . Abb. 4.10 gezeigt, einen Widerstand
zur idealen Quelle hinzuzufügen: Reale Spannungsquellen können in guter Näherung als
Reihenschaltung einer idealen Spannungsquelle, UQ , und einem Widerstand, RS , reale
Stromquellen als Parallelschaltung einer idealen Stromquelle IQ mit einem Widerstand
RP beschrieben werden. Für die außen messbaren Spannungen U und Ströme I gilt dann:

U D UQ  Rs  I
(4.3)
I D IQ  U=Rp :

1 Reale Quellen können ausgetauscht und erweitert werden


Setzt man in (4.3) die beiden Ströme I gleich und fordert, dass das Ergebnis für alle
Spannungen U gilt, dann folgt die Umrechnungsbedingung

Rp D Rs und UQ D RS  IQ : (4.4)

Das heißt: Man kann zu jeder realen Spannungsquelle eine reale Stromquelle finden, die
von außen betrachtet das identische elektrische Verhalten zeigt. In . Abb. 4.11 ist sie
schematisch dargestellt. Da die Widerstände nach (4.4) gleich groß sind, spricht man
auch einfach nur vom Innenwiderstand Ri .
Allerdings: In dem Grenzfall, dass der Innenwiderstand keine Rolle spielt, spricht
man von idealen Quellen, die natürlich nicht mehr ineinander umgerechnet werden kön-
nen: Eine ideale Stromquelle hat einen unendlich großen Innenwiderstand, eine ideale
Spannungsquelle einen verschwindend geringen Innenwiderstand. Experimentell fest-
stellen lässt sich der Innenwiderstand durch Veränderung der Last:
dU U
Ri D   (4.5)
dI I
Gl. (4.5) ist die Basis für eine populäre Vereinfachung, die bei allen Zweipolen funktio-
niert, die Quellen beinhalten. Denn sie sind allesamt in äquivalente Strom- oder Span-
nungsquellen umzurechnen. Ein Beispiel ist in . Abb. 4.12 gezeigt. Zunächst wird der
Innenwiderstand bestimmt. Dies geschieht, indem alle Stromquellen gestrichen und al-

. Abb. 4.10 Ideale und reale


Spannungs- und Stromquellen.
Die Abweichungen vom Idealfall
werden näherungsweise durch
einen zusätzlichen Widerstand
berücksichtigt
152 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.11 Beispiel für das Ersetzen von Parallelschaltungen durch Reihenschaltungen: Reale Strom- und
Spannungsquellen können ineinander umgerechnet werden

4 le Spannungsquellen durch Kurzschlüsse ersetzt werden. Das so verbleibende Netzwerk


wird zu einem einzigen Widerstand zusammengefasst. Soll der Zweipol als reale Strom-
quelle dargestellt werden, so wird der Kurzschlussstrom bestimmt. Denn im Kurzschluss-
falle spielt der Parallelwiderstand keine Rolle und nur der Anteil der idealen Stromquelle
dringt nach außen. Dazu werden Strom- und Spannungsquellen wieder in die Schaltung
eingesetzt. Der Kurzschlussstrom ist dann nach (4.3) mit U D 0 gleich IQ . Ist das Ziel
der Vereinfachung eine reale Spannungsquelle, so wird anstelle des Kurzschlussstromes
die Leerlaufspannung bestimmt. Insgesamt erhält man
Ri D .R1 k R2 / C R3
 
1 UB
IQ D IB C .R1 k R2 k R3 /
R3 R1 (4.6)
UB C R1 IB
UQ D :
1 C .R1 =R2 /
Das obige Beispiel beinhaltet einen simplen Spezialfall: Enthält eine Schaltung nur
Widerstände, also weder Strom- noch Spannungsquellen, so kann sie immer zu einem
einzigen Widerstand zusammengefasst werden.

1 Höchstleistung heißt bei Quellen Anpassung


Die an einem Bauteil erbrachte Leistung P ist das Produkt aus der anliegenden Spannung
U und dem hindurchfließenden Strom I . Belastet man eine reale Quelle mit einem Kurz-
schluss (R ! 0), so bricht die Spannung zusammen, belastet man sie gar nicht (1=R ! 0),

. Abb. 4.12 Grafische Darstellung eines Beispiels zur Bestimmung der Parameter von realen Ersatzquellen.
Für die Bestimmung der Leerlaufspannung ist der Widerstand R3 irrelevant
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
153 4
fließt kein Strom. In beiden Fällen tendiert die Leistung gegen Null. Dazwischen muss
ein Maximum liegen. Zu dessen Bestimmung werden die in . Abb. 4.10 gezeigten Quel-
len jeweils mit einem (einzigen) Widerstand R belastet. Bei der Spannungsquelle liegt
dieser dann in Reihe mit dem Innenwiderstand RS , bei der Stromquelle parallel zu RP .
Die am Widerstand R erbrachte Leistung PR ergibt sich dann zu
R
Spannungsquelle: PR D UQ2
.R C RS /2
(4.7)
.RP k R/2
Stromquelle: PR D IQ2 :
R
Die maximale Leistung lässt sich bestimmen, indem die Leistung nach dem Lastwider-
stand R abgeleitet und das Ergebnis gleich Null gesetzt wird. Man erhält RS D R bzw.
RP D R. Das ergibt die Regel

Ein Widerstand zieht genau dann die maximale Leistung aus einer Quelle, wenn er den
gleichen Wert hat wie der Innenwiderstand der Quelle. Die Bedingung

Ri D R (4.8)

heißt Leistungsanpassung.

4.1.4 Analyseverfahren

1 Mit Hilfe der Kirchhoff’schen Regeln lässt sich eine Matrizengleichung aufstellen
Mit Hilfe der Kirchhoff’schen Regeln können die einzelnen Ströme und Spannungen ei-
ner Schaltung berechnet werden. Für einfache Schaltungen ist die stets das Mittel der
Wahl, denn es führt immer zum Ziel und erfordert nur eine einzige strategische Überle-
gung: Welche Ströme und Spannungen sollen zunächst eliminiert werden?
Bei großen Schaltungen kann das Eliminieren unübersichtlich und fehleranfällig wer-
den. Daher ist es von Vorteil, den Weg von den Kirchhoff’schen Gleichungen zur expli-
ziten Lösung zu systematisieren. Da diese Gleichungen alle linear sind, führt ein direkter
Weg hin zu Matrizengleichungen, die mit Hilfe der Matrix-Inversion gelöst werden kön-
nen. Zu diesem Zweck ist es nützlich, die Gleichungen so aufzuschreiben, dass auf der
rechten Seite des Gleichheitszeichens nur Nullen, Quellspannungen oder Quellströme
stehen. Die linke Seite besteht nur aus Strömen und Widerständen. Das so aufgestellte
Gleichungssystem kann dann gelöst werden.

!Vorsicht eingeschränkte Anwendbarkeit!


Die Kirchhoff’schen Gesetze gelten für ein beliebiges Netzwerk mit beliebigen Bauteilen.
In dem Moment, in dem lineare Gleichungssysteme bzw. Matrizengleichungen aufgestellt
werden, sind die Lösungsverfahren auf Schaltungen aus linearen Bauteilen beschränkt.

Die Vorgehensweise soll anhand des in . Abb. 4.13 gezeigten Schaltungsbeispiels erläu-
tert werden. Die Stromrichtungen können beliebig gewählt werden, zum Beispiel so wie
154 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.13 Beispielschaltung


zur Illustration der Syste-
matisierung der Lösung der
Kirchhoff’schen Gleichungen

in der Abbildung. Die Kirchhoff’schen Regeln ergeben nun drei Gleichungen:

4 I1 R1 C I2 R2 D UB
I2 R2  I3 .R3 C R4 / D 0 (4.9)
IB C I1 D I2 C I3

Nun werden die Gleichung in die Form Matrix mal Stromvektor gleich bekannte Quellen
überführt:
0 1 0 1 0 1 0 1
R1 R12 0 I1 I1 UB
@0 A @
R2 .R3 C R4 /  I2 D M  I2 D 0 A
A @ A @ (4.10)
1 1 1 I3 I3 IB

Genau diese Form ist hilfreich, denn jetzt führt die Inversion der Matrix M zu einem
Gleichungssystem, in dem die gesuchten Ströme .I1 ; I2 ; I3 / aus den gegebenen Quellen
folgen. Die Multiplikation von (4.10) liefert
0 1 0 1 0 1 0 1 0 1
I1 1 0 0 I1 I1 UB
M 1 M  @I2 A D @0 1 0A  @I2 A D @I2 A D M 1  @ 0 A : (4.11)
I3 0 0 1 I2 I3 IB

Das immer zum Ziel führende Verfahren besteht also aus folgenden Einzelschritten:

1. Beliebige Strompfeile vergeben.


2. Alle unabhängigen Kirchhoff’schen Gleichungen hinschreiben und so sortieren, dass
die Ströme alle in der gleichen Reihenfolge auftreten.
3. Alle gemeinsam in die Form Matrix M mal Stromvektor gleich bekannte Quellen
4. Die so gefundene Matrix M invertieren,
5. M 1 von links mit dem Vektor der Spannungen multipliziert ergibt alle Ströme.

!Vorsicht Vorzeichen!
Beim normgerechten Zeichnen einer Spannungsquelle zeigt der Pfeil entgegen der tech-
nischen Stromrichtung (siehe 7 Abschn. 4.1.1), und innerhalb der Spannungsquelle fließt
der Strom vom Minus- zum Pluspol. Tipp: Die Stromrichtung so wählen, dass der Strom
außerhalb der Spannungsquelle vom Pluspol zum Minuspol fließt, und konsistenterweise
eine positive Quellspannung UQ verwenden. Dann passen die Vorzeichen.

1 Das Maschenstrom-Verfahren berücksichtigt automatisch alle Knotengleichungen


Die Größe des aus den Kirchhoff’schen Regeln folgenden Gleichungssystem wächst
sehr schnell mit der Größe der Schaltung. Daher sind Verfahren entwickelt worden,
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
155 4

. Abb. 4.14 Der Kerngedanke des Maschenstrom-Verfahrens: Der Strom durch ein Bauteil, hier ein
Ohm’scher Widerstand, wird als Summe der Maschenströme angegeben, hier I.R/ D IM1 C IM 2

die die Anzahl der Rechenschritte verkleinern. Beim ersten optimierte Verfahren, dem
Maschenstrom-Verfahren, werden die Ströme so gewählt, dass die Knotengleichungen
implizit enthalten sind, die Anzahl der Gleichungen insgesamt also nur so groß wie die
der Maschengleichungen ist.
Zu diesem Zweck werden an Stelle der durch die einzelnen Bauelemente fließenden
Ströme nur noch die Maschenströme analysiert.5 Wie in . Abb. 4.14 angedeutet, wird
der Strom durch ein Bauteil (oder mehrere in Reihe) nicht mehr explizit, sondern als
Überlagerung von Maschenströmen angegeben. Die Idee dabei ist folgende: Sind alle
Maschenströme bekannt, dann ist die Bestimmung der Ströme durch die Bauteile nur
noch eine einfache Addition. Die vollständige Spannungsbilanz in einer Masche wird
nun in zwei Schritten vorgenommen: Zunächst wird die Masche isoliert betrachtet, dann
werden all diejenigen Spannungen addiert, die durch angrenzende Maschenströme hin-
zukommen. Für die in . Abb. 4.15 gezeigte Teilschaltung ist also die Maschengleichung
für die linke Masche
UQ D .R1 C Rk C R2 /  IM1 C Rk  IM 2 : (4.12)
Die Summe aller Widerstände in einer Masche wird Umlaufwiderstand genannt. Ein Wi-
derstand, der wie Rk in . Abb. 4.15 zwei Maschen koppelt, wird auch Koppelwiderstand
genannt.
Die Maschenregel ist eine Spannungsregel. Daher müssen zur Anwendung des Ver-
fahrens zunächst gemäß (4.4) alle realen Stromquellen in reale Spannungsquellen umge-
rechnet werden. Befindet sich in einer Masche allerdings eine ideale Stromquelle, so ist
dies nicht möglich. Daher gilt die Einschränkung

Das Maschenstrom-Verfahren funktioniert nicht für ideale Stromquellen.

Oft hilft eine genauere Analyse der Schaltung dennoch Auswege zu finden, wie
. Abb. 4.16 zeigt: Die Widerstände R2 ; R3 und R4 werden zu einem neuen Widerstand

. Abb. 4.15 Spannungsbilanz


einer Masche. Sie wird in zwei
Schritten erstellt: zunächst die
Masche allein (hier: IM1 ), dann um
die angrenzenden Maschenströme
(hier: IM 2 ) erweitert

5 Eine Reihe von Beispielen hierzu findet sich in [3].


156 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.16 Uminterpretation einer Schaltung zur Vorbereitung des Maschenstrom-Verfahrens: die grau un-
terlegten Widerstände werden benutzt, um aus der idealen eine reale Stromquelle zu machen
4
Rx D R2 k .R3 C R4 / zusammengefasst. Der neue Widerstand Rx wird als Innen-
widerstand der aus ihm und der idealen Quelle IB bestehenden realen Stromquelle
uminterpretiert. Diese reale Stromquelle lässt sich danach in eine reale Spannungsquelle
umrechnen.
Insgesamt lässt sich das Verfahren so zusammenfassen:

1. Alle Stromquellen in Spannungsquellen umrechnen,


2. Maschen und Umlaufrichtungen der Maschenströme festlegen,
3. die Spannungsbilanz für jede Masche ohne Berücksichtigung der Ströme der angren-
zenden Maschen aufstellen,
4. für alle Koppelwiderstände die durch die Ströme der an sie angrenzenden Ma-
schen erzeugten Spannungen hinzuaddieren. Dies gilt, wenn beide Maschenströme am
Koppelwiderstand in die gleiche Richtung zeigen. Wenn die Stromrichtung der an-
grenzenden Masche entgegengesetzt ist, muss der durch den Strom der Nebenmasche
erzeugte Spannungsabfall subtrahiert werden,
5. jede dieser Gleichungen in die Form RM1 IM1 C RM 2 IM 2 C : : : D UQM bringen. Dabei
ist UQM die Summe aller Quellspannungen der Masche M ,
6. die Gleichungen so sortieren, dass die Ströme in allen Gleichungen in der gleichen
Reihenfolge stehen; dann sortiert untereinanderschreiben und als Matrixgleichung
formulieren. Die Umlaufwiderstände bilden nun die Hauptdiagonale der Widerstands-
matrix, die Koppelwiderstände die neben der Diagonalen liegenden Elemente,
7. die so gefundene Widerstandsmatrix R invertieren,
8. R1 mit dem Vektor der Spannungen multipliziert ergibt alle Ströme.

Da die Form der so entstandenen Widerstandsmatrix immer gleich ist, kann sie mit einiger
Erfahrung auch direkt aus der Schaltung abgelesen werden (eine gut lesbare Einführung
findet sich zum Beispiel in [1]):
0 1
0 1 0 1 0 1 UQ1
R11 R12 ::: IM1 IM1 BUQ2 C
@R21 R22 : : :A  @IM 2 A D R  @IM 2 A D B
@ 0 A
C (4.13)
::: ::: ::: ::: :::
:::

In die Hauptdiagonale werden die Umlaufwiderstände eingetragen, die Elemente daneben


sind die Koppelwiderstände. Das Vorzeichen der Koppelwiderstände ist nur positiv, wenn
die Stromrichtungen in den beiden gekoppelten Maschen gleich sind. Auf der rechten Sei-
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
157 4
. Abb. 4.17 Beispiel- V1 V2
schaltung zur Erläuterung des
R2
Knotenpotenzial-Verfahrens IQ1 R1 IQ2

te der Matrix-Gleichung steht die Summe aller in den jeweiligen Maschen auftauchenden
Spannungen der Spannungsquellen. Die Inversion ergibt alle Umlaufströme:
0 1 0 1
IM1 UQ1
BI C BU C
B M 2C B Q2 C
B C B C
BIM 3 C D R1  BUQ3 C : (4.14)
B C B C
@IM 4 A @ 0 A
::: :::

Die Ströme durch die einzelnen Bauteile ergeben sich dann als die Summe der jeweils
beteiligten Maschenströme.

1 Das Knotenpotenzial-Verfahren berücksichtigt automatisch alle


Maschengleichungen
Beim zweiten formalisierten Verfahren, dem Knotenpotenzial-Verfahren, wird ein Glei-
chungssystem mit dem Ziel aufgestellt, dass die Maschengleichungen implizit enthalten
sind. Die Anzahl der Gleichungen für ein geschlossenes System mit k Knoten ist also auf
.k  1/ begrenzt.
. Abb. 4.17 zeigt eine Schaltung, an welcher das Verfahren demonstriert wird. Zu-
nächst werden die Strombilanzen an den Knoten mit den Potenzialen V1 und V2 bestimmt.
Sie lauten
V1 V1  V2
V1 W C D IQ1 ;
R1 R2
(4.15)
V1  V2
V1 W IQ2 C D 0;
R2

und werden als Leitwertgleichungen .g D 1=R/ mit sortierten Potenzialen hingeschrie-


ben:

V1 W .g1 C g2 /V1  g2 V2 D IQ1


(4.16)
V1 W  g2 V1 C g2 V2 D IQ2 :

Die Lösung

V1 D R1 .IQ1 C IQ2 / und V2 D R1 IQ1 C .R1 C R2 /IQ2 (4.17)

ist in diesem Falle also mit geringem Aufwand zu finden. Bei größeren Schaltungen ist
es ratsam, (4.16) in eine Leitwert-Matrizengleichung zu überführen und so die Anwen-
dung der Lösungstechniken der linearen Algebra vorzubereiten. Im Folgenden wird das
allgemeine Verfahren beschrieben.
Zunächst wird jedem Knoten ein Potenzial V zugeordnet.
158 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.18 Der Kerngedanke


des Knotenpotenzial-Verfahrens:
Zum Aufstellen der Knotenma-
trix reicht eine Betrachtung aller
unmittelbaren Nachbarschaften

4 Die Spannung zwischen zwei Knoten ist dann Ui k D Vi  Vk . Beim Knotenpotenzial-


Verfahren wird an Stelle der Widerstandsmatrix R die Leitwertmatrix G invertiert:
0 1
IQ1
0 1 0 1 0 1 BI C
V1 1 0 ::: V1 B Q2 C
B C
G 1 G  @ V2 A D @ 0 1 : : :A  @ V2 A D .V1 ; V2 ; : : :/ D G 1  B : : : C (4.18)
B C
::: ::: ::: ::: ::: @ 0 A
0

Das Verfahren liefert also bei einem gegebenen Satz von Stromquellen alle Potenziale
einer Schaltung.
Eines der Potenziale kann immer frei gewählt werden, denn entscheidend für die
Stromflüsse sind nach U D R  I ausschließlich die Potenzialdifferenzen (also die Span-
nungen). Es ist praktisch, das frei wählbare Potenzial Vfrei D 0 zu setzen und ihm die
Knotennummer 0 zu geben.6 Die Gl. (4.18) nimmt dann die folgende Form an:
0 1
0 1 0 1 0 1 IQ1
U10 1 0 0 ::: U10 BI C
B U20 C B 0 C B U20 C B Q2 C
G GB
1 CDB 1 0 : : :CB C DG B
1 C
B : : : C : (4.19)
@ ::: A @ 0 0 1 : : :A @ : : : A B C
@ 0 A
U.k1/0 ::: ::: ::: ::: U.k1/0
0

Es ist also bei k Knoten die .k  1/  .k  1/ große Leitwertmatrix G aufzustellen und


zu invertieren.
Um dieses Verfahren zum Erfolg zu bringen, müssen zunächst die Spannungsquellen
gemäß (4.4) in Stromquellen umgewandelt werden. Dann wird die Matrix der Leitwerte
bestimmt. Dies geschieht auf besonders effiziente Weise, wenn für jeden Knoten, wie in
. Abb. 4.18 gezeigt, ausschließlich die Nachbarn betrachtet werden. Der Trick besteht
darin, die Stromerhaltung (oder Knotenregel) so aufzuschreiben, dass sie einer Vorberei-
tung des in (4.19) definierten Lösungsweges dient. Nennen wir I1 den Strom durch den
Widerstand R1 , I2 den durch R2 , . . . dann folgt:

I1 C I2 C I3 C IQ D0
U10  Ux0 U20  Ux0 U30  Ux0
! C C C IQ D0
R1 R2 R3

1 1 1 1 1 1
!   U10   U20   U30 C C C  Ux0 D IQ
R1 R2 R3 R1 R2 R3
! Gx1  U10  Gx2  U20  Gx3  U30 C ŒGx1 C Gx2 C Gx3   Ux0 D IQ : (4.20)

6 Genau das macht auch der Simulator SPICE und die auf ihn aufsetzenden Derivate.
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
159 4
Die letzte Form der Stromerhaltung in (4.20) ist einer Reihe einer Matrizengleichung
äquivalent:
0 1
U10
BU20 C
.Gx1 ; Gx2 ; Gx3 ; ŒGx1 C Gx2 C Gx3 /  B C
@U30 A D IQ : (4.21)

Ux

Die (positive) Summe ŒGx1 C Gx2 C Gx3 , also die Summe aller mit dem Knoten x
verbundenen Leitwerte, wird auch Knotenleitwert dieses Knotens genannt. Die anderen,
mit einem Minuszeichen versehenen Leitwerte werden Koppelleitwerte genannt. Auf der
rechten Seite der Gleichung steht die auf den Knoten zeigende Stromquelle.
Entsprechende Gleichungen lassen sich nun für jeden Knoten einer Schaltung finden.
Geordnet und untereinandergeschrieben werden sie zu einem linearen Gleichungssystem,
welches einer Matrixgleichung äquivalent ist. Aus der Form von (4.21) lässt sich eine
Handlungsanweisung für das Aufstellen dieser Matrix für das Knotenpotenzial-Verfahren
ablesen:

1. Alle Spannungsquellen in Stromquellen umwandeln und jedem der k Knoten eine


Nummer geben,
2. ein Potenzial als V D 0 definieren; alle weiteren Potenziale sind Differenzen (Spannun-
gen) zu diesem Potenzial. Für diesen Knoten wird keine Knotengleichung aufgestellt,
3. die Elemente der Hauptdiagonalen Gi i der Leitwertmatrix sind die Knotenleitwerte,
4. die nicht auf der Diagonalen stehenden Elemente Gik sind die mit einem Minuszeichen
versehenen Leitwerte der Kopplungen zwischen den Knoten i und k.

So wird die Schaltung insgesamt in der folgenden Form beschrieben:


0 1 0 1 0 1
G11 G12 ::: G1.k1/ U10 IQ1
B G21 G22 ::: G2.k1/ C B C B C
B C  B U20 C D B IQ2 C : (4.22)
@ ::: ::: ::: ::: A @ ::: A @ ::: A
G.k1/1 G.k1/2 : : : G.k1/.k1/ U.k1/0 IQ.k1/

Dabei sind alle Quellströme IQi , die auf den Knoten i zeigen, positiv und die anderen ne-
gativ. Die Inversion der Leitwertmatrix liefert dann .k  1/ Gleichungen zur Bestimmung
aller Potenziale in der Schaltung.
Das Beste an diesem Verfahren: Die Leitwertmatrix kann direkt durch Betrachten
der Schaltung und ohne weitere Nebenrechnungen aufgestellt werden. Ferner kann ihre
Symmetrie .Gi k D Gki / zur Überprüfung der Richtigkeit benutzt werden. Ein Beispiel
ist in Aufgabe 4.37 zu finden.

Das Knotenpotenzial-Verfahren eignet sich nicht für ideale Spannungsquellen.


160 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

Ideal

. Abb. 4.19 Behandlung idealer Spannungsquellen im Rahmen des Knotenpotenzial-Verfahrens: Zwei durch
eine ideale Spannungsquelle verbundene Knoten können zu einem Doppelknoten zusammengefasst werden
4
Ideale Spannungsquellen lassen sich nicht in Stromquellen umwandeln und bedürfen
daher einer gesonderten Behandlung, die über das reine Knotenpotenzialverfahren hin-
ausgeht. . Abb. 4.19 zeigt, wie die Behandlung zweier durch eine Spannungsquelle
verbundene Knoten als Doppelknoten zu einer Lösung führen kann. An Stelle von zwei
separaten Strombilanzen für zwei Knoten wird die Bilanz für einen einzigen Doppel-
knoten mit den beiden Potenzialen UX und Uy aufgestellt. Diese wird analog zu (4.20)
hingeschrieben und umgeformt:

I1 C I2 C I3 C IQ D 0
U10  Uy U20  Uy U30  Ux
! C C C IQ D 0
R1 R2 R3
 
1 1 1 1 1 1
!   U10   U20   U30 C C  Uy C  Ux D IQ :
R1 R2 R3 R1 R2 R3
(4.23)

Man sieht, dass die Doppelknotenbilanz die gleiche Struktur hat, wie die eines einzelnen
Knotens: Den positiven Knotenleitwerten stehen die negativen Koppelleitwerte gegen-
über. Allerdings gibt es eine Gleichung weniger als zu berechnende Knotenpotenziale.
Dieses Defizit kann mittels Einbau von Uy  Ux D UIdeal in die Matrixgleichung über-
wunden werden. Die Gesamtgleichung hat dann die Form
0 1 0 1 0 1
G11 G12 : : : : : : G1.k1/ U10 IQ1
BG21 G22 : : : : : : G2.k1/ C B C B C
B C  B:::C D B ::: C : (4.24)
@::: ::: ::: ::: ::: A @ Uy A @ ::: A
0 ::: 0 1 1 Ux UIdeal

Auch in dieser Form stehen in dem Vektor auf der rechten Seite nur bekannte Größen.
Die Inversion der Matrix7 gibt also für jeden Knoten ein Potenzial an.

1 Das Überlagerungsverfahren produziert leicht zu rechnende Einzelschaltungen


Jede Quelle liefert ihren Beitrag zum Strom durch die Bauteile eines Netzwerkes. Die
Idee des Überlagerungsverfahrens ist, diese Beiträge für jede Quelle einzeln zu berechnen
und dann deren Beiträge zu addieren.
Der Beitrag einer Stromquelle verschwindet für IQ D 0 und der einer Spannungsquel-
le für UQ D 0. Der Blick auf . Abb. 4.10 zeigt, dass dies im Schaltplan dem Ersetzen

7 Die neue Matrix ist keine reine Leitwertmatrix mehr. Vielmehr ist die letzte Zeile eine Spannungsbilanz.
Dies hat aber weder für die Lösbarkeit noch für die korrekte Behandlung der Einheiten Konsequenzen.
4.1  Theoretische Grundlagen linearer elektrischer Netze
161 4

. Abb. 4.20 Eine Schaltung mit drei Quellen (links) und die zur Berechnung nach dem Überlagerungssatz
dienenden Teilschaltungen (rechts)

einer idealen Stromquelle durch eine fehlende Verbindung und dem Ersetzen einer idea-
len Spannungsquelle durch einen Kurzschluss entspricht (Die Kreise der Quellen aus
den Schaltplänen streichen.). Das Verfahren führt so zu teilweise drastisch vereinfach-
ten Schaltungen und Rechnungen, die allerdings für jede einzelne Quelle nacheinander
durchzuführen sind.
Die Vorgehensweise ist an einem Beispiel in . Abb. 4.20 dargestellt. Die Ströme in
den Teilschaltungen lassen sich in diesem Falle direkt aus den Teilschaltungen ablesen:

I.R1 / D IQ1 C0  IQ3


I.R2 / D 0 C UQ2 =.R2 C R3 / C IQ3 .R2 k R3 /=R2 (4.25)
I.R3 / D 0  UQ2 =.R2 C R3 / C IQ3 .R2 k R3 /=R3 :

Die Terme in (4.25) sind in der Reihenfolge aufgeschrieben, in der die Teilschaltungen in
. Abb. 4.20 dargestellt sind. Man erkennt an diesem Beispiel, dass die Vereinfachungen
drastisch sein können und mit der Anzahl der Quellen zunehmen.
Unabhängig von der Strombestimmung bietet das Überlagerungsverfahren eine her-
vorragende Möglichkeit, das Funktionieren einer Schaltung zu verstehen, denn es beant-
wortet in systematischer Weise die Frage: Welches Bauteil steht wie mit welchen anderen
Bauteilen in welcher Verbindung? So ist in dem in . Abb. 4.20 gezeigten Beispiel vor
dem Aufteilen der Schaltung nicht für jeden unmittelbar ersichtlich, dass die Ströme
durch die Widerstände R2 und R3 völlig unabhängig von der Stärke der Quelle IQ1 sind.

1 Die Wahl der richtigen Methode hilft Zeit sparen


In . Tab. 4.1 sind die oben beschriebenen Verfahren zusammengefasst. Generell gilt: Die
Definition von Ersatzquellen ist oft eine gute Vorbereitung auf das Anwenden der anderen
Verfahren. Je größer die Schaltung, desto eher werden das Maschenstrom-Verfahren oder
162 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Tab. 4.1 Lösungsverfahren für lineare Gleichstromnetze

Verfahren Vorteile Nachteile


Kirchhoff’sche Gesetze Funktioniert immer Viele Gleichungen .m C k  1/

Maschenstrom-Verfahren Wenige Gleichungen .m/ Keine idealen Stromquellen

Knotenpotenzial-Verfahren Wenige Gleichungen .k  1/ Keine idealen Spannungsquellen

Überlagerungsverfahren Vereinfachte Schaltungen Eine Gesamtrechnung pro Quelle


4
Ersatzquellen Vereinfachte Schaltungen Nur bei der Isolierung größerer
Zweipole hilfreich

das Knotenpotenzial-Verfahren Verwendung finden. Das Überlagerungsverfahren führt in


dem Maße zu Vereinfachungen, in dem die Anzahl der Quellen zunimmt.

4.2 Fragen und Aufgaben zu linearen elektrischen Netzen

4.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

4.1 Was kann man über einen Spannungspfeil sagen?


a) Der Spannungspfeil ist ein eindimensionales Koordinatensystem.
b) Er ist ein Vektor.
c) Der Spannungspfeil gibt die Richtung des Stromes an.

4.2 Wie misst man den Innenwiderstand einer Spannungsquelle?


a) Man misst ihn mit einem Ohm-Meter.
b) Man misst den Spannungsabfall bei Stromerhöhung.
c) Das geht nur mit speziellen, dafür entwickelten Messgeräten.

4.3 Wann gelten die Kirchhoff’schen Gesetze?


a) Sie gelten nur bei Schaltungen aus linearen Bauelementen.
b) Sie gelten immer.
c) Sie gelten fast immer.

4.4 Unter welchen Umständen lässt sich ein Netzwerk durch eine reale Spannungsquelle
ersetzen?
a) Nur, wenn es genau zwei Anschlüsse hat,
b) nur, wenn es aus zwei Bauteilen besteht, oder
c) nur, wenn es eine Spannungsquelle enthält?

4.5 Mit welchem Widerstand R wird die maximale Leistung aus einer Stromquelle ge-
zogen?
a) Mit R D 0 fließt der größte Strom, und man hat die größte Leistung.
b) Das lässt sich so allgemein gar nicht beantworten.
c) Wenn der Lastwiderstand gleich dem Innenwiderstand der Stromquelle ist, wird die
meiste Leistung abgeführt.
4.2  Fragen und Aufgaben zu linearen elektrischen Netzen
163 4
4.6 Welches Analyseverfahren eignet sich nicht für ideale Stromquellen?
a) Das Maschenstrom-Verfahren,
b) das Überlagerungsverfahren oder
c) das Knotenpotenzial-Verfahren?

4.7 Wie viele Knotengleichungen hat ein offenes, also mit äußeren Anschlüssen verse-
henes Netzwerk mit einer Anzahl von k Knoten?
a) k  1,
b) k oder
c) k C 1 ?

4.8 Warum werden Verfahren wie das Maschenstrom-Verfahren oder das Knotenpotenzial-
Verfahren angewandt, wo doch die Kirchhoff’schen Gesetze ausreichen, um alle Ströme
und Spannungen in einem Netzwerk zu berechnen?
a) Die Frage enthält einen Irrtum. Die Kirchhoff’schen Gesetze reichen allein nicht aus.
In besonders schwierigen Fällen wird eines der obigen Verfahren nötig.
b) Weil so die Anzahl zu lösender Gleichungen deutlich reduziert wird.
c) Weil so alle Gleichungen linear werden.

4.9 Sie wollen mithilfe zweier Multimeter bestimmen, bei welcher Spannung ein elektri-
sches Gerät im Stand-by-Betrieb welchen Strom verbraucht. Sie wissen, dass der Strom
sehr klein ist. Wie schließen Sie die Messgeräte an, um möglichst genau zu messen?
a) Das den Strom messende Multimeter wird in Reihe mit dem Gerät und zu beiden
zusammen parallel das Voltmeter geschaltet.
b) Das die Spannung messende Multimeter wird in Reihe mit dem Gerät und zu beiden
zusammen parallel das Amperemeter geschaltet.
c) Das die Spannung messende Multimeter wird parallel zum Gerät und beide zusammen
in Reihe mit dem Amperemeter geschaltet.

4.10 „Bei der Umrechnung einer realen Stromquelle in eine reale Spannungsquelle bleibt
der Innenwiderstand der gleiche.“ Stimmt das?

4.11 „Beim Knotenpotenzial-Verfahren ist ein Potenzial frei wählbar.“ Stimmt das?

4.12 „Beim Knotenpotenzial-Verfahren werden automatisch alle Knotengleichungen mit


berücksichtigt.“ Stimmt das?

4.13 „Die Widerstandsmatrix des Maschenstrom-Verfahrens ist symmetrisch.“ Stimmt


das?

4.14 „Das Maschenstrom-Verfahren lässt sich problemlos auch für Schaltungen mit idea-
len Stromquellen anwenden, wenn diese jeweils parallel zu einem oder mehreren Wider-
ständen im Netzwerk geschaltet sind.“ Stimmt das?

4.15 Wie bestimmt man rechnerisch den Innenwiderstand, die Leerlaufspannung und den
Kurzschlussstrom der Ersatzquelle für eine Schaltung aus Widerständen und Quellen?

4.16 Welcher Kerngedanke liegt dem Maschenstrom-Verfahren zugrunde?


164 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

4.17 Welcher Kerngedanke liegt dem Knotenpotenzial-Verfahren zugrunde?

4.18 In welchem Rahmen sind Strom- und Spannungspfeile frei wählbar?

4.19 In welchen Fällen setzten Sie welches Analyseverfahren zur Berechnung von Strö-
men und Spannungen in einem Netzwerk ein?

4.20 Woran ist zu erkennen, dass ein Bauteil dem elektrischen Netzwerk Energie hinzu-
4 fügt?

4.2.2 Klausuraufgaben

4.21 In Passau fließen drei Flüsse zusammen. Welche Größe ist dabei erhalten und was
hat das mit Gustav Robert Kirchhoff zu tun?

4.22 Bitte berechnen Sie den Strom durch den Widerstand R3 in . Abb. 4.21 mithilfe
des Überlagerungsverfahrens!

4.23 Welche Ergebnisse der folgenden Messungen an realen Quellen sind vom Innenwi-
derstand unabhängig?
4 Der Kurzschlussstrom einer realen Spannungsquelle,
4 die Leerlaufspannung einer realen Spannungsquelle,
4 der Kurzschlussstrom einer realen Stromquelle,
4 die Leerlaufspannung einer realen Stromquelle.

Auf welche dieser Messungen sollte man im Berufsleben lieber verzichten?

4.24 . Abb. 4.22 zeigt ein Widerstandsnetzwerk. Bitte stellen Sie alle den Kirch-
hoff’schen Regeln entsprechenden Gleichungen auf! Schreiben Sie auch die zum
Maschenstrom-Verfahren gehörende Widerstandsmatrix auf. Welcher Strom fließt, wenn

. Abb. 4.21 Zur Aufgabe 4.22:


Netzwerk mit Quellen und Wider-
ständen

. Abb. 4.22 Zur Aufgabe 4.24:


Netzwerk aus Ohm’schen Wider-
ständen
4.2  Fragen und Aufgaben zu linearen elektrischen Netzen
165 4
. Abb. 4.23 Zur Aufgabe 4.27:
Netzwerk aus einer Stromquelle
und Ohm’schen Widerständen

U D 12 V ist und die Widerstände die Werte von R1 D R2 D 6 k, R4 D R5 D 3 k


und R3 D 1 k besitzen?

4.25 Die Firma Plagiarius Ltd. kopiert Gleichspannungsgeneratoren für den Bereich
UQ D 1 mV bis UQ D 10 V mit einem Innenwiderstand von Ri D 50  und verkauft sie
zu Dumpingpreisen. Zur Tarnung verkauft sie diese als adjustable current source. Was
muss die Firma für den Innenwiderstand und für den Strombereich angeben?

4.26 Es seien N verschiedene Widerstände R1 : : : RN parallel geschaltet. Bitte finden


Sie mit Hilfe der Kichhoffschen Regeln heraus, welcher Anteil des Gesamtstromes durch
den ersten Widerstand R1 fließt.

4.27 . Abb. 4.23 zeigt eine Schaltung, die sich sowohl in eine Stromquelle, als auch in
eine Spannungsquelle umrechnen lässt. Warum ist das möglich, und was kommt dabei
heraus?

4.28 Welche der folgenden Matrizen ist immer symmetrisch?


a) Widerstandsmatrix für das Maschenstrom-Verfahren
b) Leitwertmatrix für das Knotenpotenzial-Verfahren
c) Ladungserhaltungsmatrix für die Leistungsanpassung.

4.29 Für welche Matrizen gilt der folgende Satz: Die Matrizen haben positive Diagonal-
elemente und ausschließlich negative Nebendiagonalelemente.
a) Für die Widerstandsmatrix des Maschenstrom-Verfahrens gilt das immer.
b) Für die Widerstandsmatrix des Maschenstrom-Verfahrens gilt das in Spezialfällen.
c) Für die Leitwertmatrix des Knotenpotenzial-Verfahrens gilt das immer.
d) Für die Leitwertmatrix des Knotenpotenzial-Verfahrens gilt das in Spezialfällen.

4.30 Ein Bergwanderer gewinnt auf dem Weg zum Gipfel immer die gleiche potenziel-
le Energie, unabhängig von der gewählten Route. Welcher Regel in der Elektrotechnik
entspricht diese Erkenntnis?

4.31 . Abb. 4.24 zeigt eine Schaltung mit einer einzigen Spannungsquelle. Bitte stellen
Sie die Widerstandsmatrix für das Maschenstrom-Verfahren und Leitwertmatrix für das
Knotenpotenzial-Verfahren auf.

4.32 . Abb. 4.25 zeigt eine Schaltung mit zwei Spannungsquellen. Bitte berechnen Sie
die Maschenströme nach dem gleichnamigen Verfahren. Warum bietet sich bei dieser
Schaltung gerade dieses Verfahren an? Und was fällt Ihnen noch an der Schaltung auf?

4.33 Für einen Stadionlautsprecher mit einer durchschnittlichen Impedanz von R D 8 


soll ein Verstärker gebaut werden. Aus Sicht des Lautsprechers ist der Verstärker eine rea-
166 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.24 Zur Aufgabe


4.31: Netzwerk aus einer Span-
nungsquelle und Ohm’schen
Widerständen

4 . Abb. 4.25 Zur Aufgabe 4.32:


Netz aus zwei Spannungsquellen
und drei Ohm’schen Widerstän-
den, dessen Ströme sich nach dem
Maschenstrom-Verfahren berech-
nen lassen

le Stromquelle. Wie groß sollte der Innenwiederstand der Quelle sein, damit möglichst
viel Leistung im Lautsprecher ankommt? Falls nach einigen Jahren bei der gleichen An-
lage der Lautsprecher durch einen mit einem Widerstand von R D 4  ersetzt würde: Wie
änderte sich die vom Lautsprecher aufgenommene Leistung?

4.34 . Abb. 4.26 zeigt die Wheatstonesche Messbrücke zur Bestimmung eines unbe-
kannten Widerstandes RU . Zu diesem Zwecke wird der Schiebewiderstand RS auf einen
sehr genau bekannten Widerstand so eingestellt, dass die zwischen den rechten beiden
Stromzweigen gemessene Spannung UM D 0 ist. Bestimmen Sie RU als Funktion der
anderen Widerstände. Welchen Einfluss hat der endliche Leitwert des Spannungsmessers
auf das Ergebnis?

4.35 Sie bekommen ein Elektronik-Geschenk, welches angeblich bei einer Versorgung
mit U D 1;5 V im Stand-by-Betrieb weniger als P D 10 W verbraucht. Wie genau
schließen Sie die in . Abb. 4.27 gezeigten Geräte (eine Spannungsquelle und zwei Mul-
timeter) mit dem im Karton versteckten Geschenk zusammen, um dessen Leistungsauf-
nahme möglichst genau zu bestimmen?

4.36 . Abb. 4.28 zeigt eine von einer Stromquelle gespeiste Schaltung. Bestimmen Sie
die Ströme nach dem Maschenstrom-Verfahren!

4.37 Das in . Abb. 4.29 gezeigte Netz hat zwei ideale Spannungsquellen. Bitte versu-
chen Sie trotzdem, die Potenziale an den Knoten 1 und 2 mit Hilfe des Knotenpotenzial-
Verfahrens zu bestimmen! Bitte überprüfen Sie das Ergebnis mit Hilfe des Maschen-
strom-Verfahrens.

. Abb. 4.26 Zur Aufgabe 4.34:


Die Wheatstonsche Messbrücke
4.3  Antworten zu Kap. 4
167 4
. Abb. 4.27 Zur Aufgabe 4.35:
Eine Spannungsquelle, zwei Mul-
timeter und ein unbekanntes, als
Geschenk verpacktes Gerät

. Abb. 4.28 Zur Aufgabe 4.36:


Von einer Stromquelle gespeiste
X-Schaltung parallel zu einer
Spule

. Abb. 4.29 Zur Aufgabe 4.37:


Netz mit zwei idealen Spannungs-
quellen

4.38 Auf welches physikalische Prinzip geht der Satz Strom- und Spannungsrichtungen
sind frei wählbar zurück und warum gelten die Strom-Spannungsgleichungen in unver-
änderter Form nur, wenn beide in der gleichen Richtung gewählt werden?

4.3 Antworten zu 7 Kap. 4

4.1 Antwort a) ist richtig. Ist der Strom positiv .I > 0/, so fließt er in Richtung des
Spannungspfeils, sonst entgegengesetzt.

4.2 Antwort b) ist richtig, denn es gilt r D  U= I .

4.3 Antwort c) ist richtig. In Anwesenheit starker elektromagnetischer Wechselfelder


gelten sie nicht. Die Einschränkung ergibt sich dadurch, dass das elektrische Feld bei
sich ändernden Magnetfeldern einen Wirbelanteil bekommt. Dann ist die Maschenregel
nicht mehr anwendbar. Die Knotenregel gilt nur, wenn der Knoten selbst keine Ladung
speichern kann, wenn also Parasitärkapazitäten vernachlässigbar sind.

4.4 Antwort a) ist richtig. Es dürfen beliebig viele lineare Bauteile sein. Die Abwesenheit
einer Spannungsquelle ist kein Problem, denn man kann eine mit einer Spannung von 0 V
einfügen.

4.5 Antwort c) ist richtig. Diesen Maximalfall nennt man auch Anpassung. Sowohl im
Kurzschlussfall .R D 0/ als auch im Leerlauf .R ! 1/ ist die Leistung gleich null.
168 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

4.6 Antwort a) ist richtig. Das Maschenstrom-Verfahren basiert auf der Maschenregel,
also einer Spannungsregel. Es müssen reale Stromquellen in reale Spannungsquellen um-
gerechnet werden. Für ideale Stromquellen ist dies nicht möglich.

4.7 Antwort b) ist richtig. Die Anzahl k  1 gilt nur bei Netzwerken ohne Stromzufuhr,
insbesondere bei geschlossenen Netzwerken.

4.8 Antwort b) ist richtig. Die Kirchhoff’schen Gesetze produzieren für ein geschlosse-
4 nes Netz aus m Maschen und k Knoten .m C k  1/ Gleichungen, das Maschenstrom-
Verfahren m und das Knotenpotenzial-Verfahren k  1 Gleichungen.

4.9 Antwort a) ist richtig. Die zweite Option führt wegen des geringen Innenwiderstan-
des des Amperemeters zu einem Kurzschluss. Die dritte Option ist zu ungenau, weil der
Strom durch das Voltmeter zum Gerätestrom hinzuaddiert wird.

4.10 Ja, das stimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Innenwiderstand bei der Span-
nungsquelle in Reihe, bei der Stromquelle dagegen als parallel zur idealen Quelle liegend
angesehen wird.

4.11 Ja, das stimmt. Das gilt ganz allgemein, denn die Ströme und Spannungen in einer
Schaltung ändern sich nicht, wenn zu allen Potenzialen ein fester Wert addiert wird.

4.12 Nein, das stimmt nicht. Richtig ist: Beim Knotenpotenzial-Verfahren werden alle
Maschengleichungen automatisch mit berücksichtigt.

4.13 Ja, das stimmt. Es gilt also Ri k D Rki .

4.14 Ja, das stimmt deshalb, weil in diesen Fällen der Parallelwiderstand zusammen mit
der idealen Quelle als reale Quelle interpretiert werden kann.

4.15 Bestimmung des Innenwiderstandes: Alle Spannungsquellen durch Kurzschlüsse


ersetzen, alle Stromquellen ganz streichen; dann die verbleibenden Widerstände zu einem
zusammenfassen!
Bestimmung der Leerlaufspannung: Alle im Leerlauf nicht durchflossenen Widerstän-
de durch Verbindungen ersetzten und dann die Spannung ausrechnen!
Bestimmung des Kurzschlussstromes: Ausgangsklemmen verbinden und den Strom
dort ausrechnen!

4.16 Der Kerngedanke lautet: „Der Strom durch ein Bauteil wird nicht direkt, sondern
als Summe all derjenigen Maschenströme bestimmt, die durch dieses Bauteil fließen.“
Die Bestimmung der Maschenströme geschieht durch Inversion der Widerstandsmatrix,
deren Diagonalelemente die Umlaufwiderstände der Maschen sind.

4.17 Der Kerngedanke lautet: „Alle Knotengleichungen werden in einer solchen Weise
hingeschrieben, dass die Maschengleichungen implizit enthalten sind und nicht gesondert
aufgestellt werden müssen.“ Zunächst werden die Strombilanzen aller elektrischen Kno-
ten einzeln als Funktion der Potenziale des Knotens und seiner Nachbarn betrachtet. Dann
werden die Gleichungen so sortiert, dass sie die Form Leitwertmatrix  Spannungsvektor
D Vektor der Stromquellen erhält. Diese Matrixgleichung lässt sich dann invertieren.
4.3  Antworten zu Kap. 4
169 4
. Abb. 4.30 Zur Aufgabe 4.21:
Das mechanische Äquivalent zur
Knotenregel am Beispiel Passau:
In diesem Beispiel ist I4 negativ,
so dass die Summe aller Wasser-
flüsse Null ist (Foto: Google Earth)

4.18 Strom- und Spannungspfeile sind grundsätzlich frei wählbar, weil sie eindimen-
sionale Koordinatensysteme darstellen. Jedoch sind in einem System stets alle Größen
in dem gleichen Koordinatensystem zu berechnen. Daher ist es zunächst ein Fehler,
wenn an einem Bauteil der Strom- und der Spannungspfeil in verschiedene Richtungen
zeigen. Werden aus praktischen Gründen dennoch antiparallele Strom- und Spannungs-
pfeile verwandt, so kann dies in den Bauelementegleichungen durch ein Minuszeichen
ausgeglichen werden, zum Beispiel U D LdI =dt (antiparallele Pfeile) anstelle von
U D CLdI =dt (parallele Pfeile).

4.19 Das Maschenstrom-Verfahren bietet sich an,wenn keine idealen Stromquellen vor-
handen sind. Das Knotenpotenzial-Verfahren wird gewählt, wenn keine idealen Span-
nungsquellen vorhanden sind. Das Überlagerungsverfahren erleichtert das Verständnis
der Funktionsweise einer Schaltung, da es pro Quelle eine Teilschaltung produziert. Er-
satzspannungsquellen/Ersatzstromquellen bieten sich an, wenn dadurch komplexe Zwei-
pole auf zwei oder drei Bauteile reduziert werden können.

4.20 Energie wird im Netz dort gewonnen, wo das Produkt aus Strom und Spannung
negativ ist, der Strom also der Spannung entgegen fließt. Bei parallelen Strom- und Span-
nungspfeilen heißt dies U  I < 0, bei antiparallelen Pfeilen U  I > 0.

4.21 Beim Zusammenfluss bleibt die Wassermenge erhalten: So viel wie in den Zusam-
menfluss hereinkommt, kommt auch heraus. Das entspricht der Knotenregel oder ersten
Kirchhoff’schen Regel. Entsprechend . Abb. 4.30 würde allen Zuflüssen ein positives,
dem Unterlauf der Donau aber ein negatives Fluss-Vorzeichen zugeordnet werden.

4.22 Die beiden Stromquellen können zu einer einzigen zusammengefasst werden. So


braucht das Überlagerungsverfahren nur zwei Teilschaltungen, wie . Abb. 4.31 zeigt
die beiden Teilschaltungen, bei denen sich jeweils drei Widerstände zu einem einzigen
zusammenfassen lassen:

Ra D R1 k .R2 C R3 C R4 /
(4.26)
Rb D R3 k .R1 C R2 C R4 /
170 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.31 Zur Aufgabe 4.22:


Zwei Teilschaltungen zur Anwen-
dung des Überlagerungsverfahrens

4 So sind Ia D IQ1 C IQ2 und Ib D UQ =Rb . Der Anteil der Ströme durch den Widerstand
R1 ergibt sich nun nach der Stromteilerformel:

Ra Rb .IQ1 C IQ2 /Ra UQ


I.R1 / D Ia C Ib D C (4.27)
R1 R1 R1 R1

Der zweite Stromanteil hängt nur noch von R1 ab, weil dieser parallel zur idealen Span-
nungsquelle liegt.

4.23 Welche der folgenden Messungen an realen Quellen vom Innenwiederstand unab-
hängig sind, ergibt sich aus Gl. (4.3):
4 Der Kurzschlussstrom einer realen Spannungsquelle ist UQ =RS , also von RS abhän-
gig.
4 Die Leerlaufspannung einer realen Spannungsquelle ist dagegen ULeerlauf D UQ , also
unabhängig.
4 Der Kurzschlussstrom einer realen Stromquelle ist IKurzschluss D IQ .
4 Die Leerlaufspannung einer realen Stromquelle ist dagegen vom Widerstand abhän-
gig: ULeerlauf D IQ Rp .

Man erkennt: Eine Messung der Leerlaufspannung ist eine Messung von UQ , eine Mes-
sung des Kurzschlussstromes eine von IQ . Von einer Spannungsquelle spricht man, wenn
der Innenwiderstand deutlich unter dem des Verbrauchers liegt. Das bedeutet: sehr große
Ströme im Kurzschlussfall, Zerstörung der Quelle inklusive. Eine im Leerlauf betriebene
Stromquelle produziert dagegen sehr hohe Ausgangsspannungen, was auch nicht vorteil-
haft ist.

4.24 Zur Verwendung der Kirchhoff’schen Gesetze sollte als erstes die Spannungsquelle
mit eingebaut werden. Dadurch entstehen die in . Abb. 4.32 gezeigten drei Maschen und
vier Knoten. Dann werden Strom- und Spannungsrichtungen festgelegt, zum Beispiel so
wie in den Pfeilen der 4.24 eingezeichnet. Nennen wir den Strom durch die Quelle IQ
und benennen wir die anderen Ströme nach den Nummern der Widerstände, so lauten die
ersten drei Knotengleichungen (die Summe aller Ströme am Knoten ist Null):

IQ  I1  I2 D 0
I1 C I3  I4 D 0 (4.28)
I2  I3  I5 D 0 :

Für den Knoten A wird keine Knotengleichung aufgestellt, da in einem geschlossnen


System immer eine Knotengleichung redundant ist (siehe . Abb. 4.7). Die drei Maschen-
4.3  Antworten zu Kap. 4
171 4

. Abb. 4.32 Zur Aufgabe 4.24: Erweiterung eines Widerstandsnetzwerkes um eine Spannungsquelle. So
entstehen in diesem Beispiel drei Maschen. Zu den vier Knoten A; B; C und D gehören drei unabhängige
Gleichungen

gleichungen (die Summe aller Spannungen bei einem Maschenumlauf ist Null) sind

UCB C UB D C UDC D 0 ! R2 I2 C R3 I3  R1 I1 D 0
UBA C UAD C UDB D 0 ! R5 I5  R4 I4  R3 I3 D 0 (4.29)
UCD C UDA  U D 0 ! R1 I1 C R4 I4  U D 0 :

Das Minuszeichen für die Spannung der Quelle ist Ausdruck der Tatsache, dass Strom
und Spannung in ihr entgegengesetzt gerichtet sind.
Insgesamt ist also bei der Verwendung der Kirchhoff’schen Regeln eine 6  6-Matrix-
gleichung aufzustellen und zu lösen. Das ist Aufwand für eine kleine Schaltung.
Deutlich übersichtlicher, wie . Abb. 4.33 andeutet, wird die Situation durch die Ver-
wendung des Maschenstrom-Verfahrens. Für die erste Masche, M1, besteht die Gesamt-
spannungsbilanz aus dem isoliert betrachteten Umlauf U D .R1 C R4 /IM1 , von dem
die beiden Koppelterme R1 IM 2 und R4 IM 3 abzuziehen sind. Das Minuszeichen vor den
Koppeltermen zeigt an, dass die Umlaufströme durch die Koppelwiderstände in entge-
gengesetzter Richtung fließen. Entsprechendes gilt für die Maschen M 2 und M 3. So
entsteht das Gleichungssystem

M1W .R1 C R4 /IM1  R1 IM 2  R4 IM 3 D U


M 2W .R1 C R2 C R3 /IM 2  R1 IM1  R3 IM 3 D 0
M 3W .R3 C R4 C R5 /IM 3  R3 IM 2  R4 IM1 D 0 : (4.30)

Nach Strömen sortiert lässt sich dieses System als Matrixgleichung schreiben:
0 1 0 1 0 1
.R1 C R4 / R1 R4 IM1 U
@ R1 .R1 C R2 C R3 / R3 A  @IM 2 A D @ 0 A : (4.31)
R4 R3 .R3 C R4 C R5 / IM 3 0

Der Vergleich von (4.31) mit (4.28) und (4.29) zeigt, wie sehr das Maschenstrom-
Verfahren die Situation vereinfachen kann.
Sind R1 D R2 und R4 D R5 , dann kann wegen der Symmetrie der Schaltung kein
Strom durch R3 fließen. Der Gesamtwiderstand und der dazu gehörige Strom sind dann

R D .R1 C R4 / k .R2 C R5 / D 4;5 k ! I  2;7 mA : (4.32)

Von dem Strom fließt jeweils die Hälfte durch den linken und den rechten Zweig.
172 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.33 Zur Aufgabe 4.24:


Festlegung der Maschen M1; M 2
und M 3 und der Umlaufrichtun-
gen

4 4.25 Entsprechend (4.4) bleibt der Innenwiderstand bei Ri D 50 . Der Strombereich


ergibt sich zu IQ .min/ D 1 mV=50  D 20 A bis IQ .max/ D 200 mA.

4.26 Es sei U die an allen Widerständen gleichzeitig anliegende Spannung und Ii D


U=Ri D U  Gi der Strom durch den Widerstand Ri mit i D 1 : : : N . Der Gesamtstrom
ist dann, wie in . Abb. 4.9 gezeigt,

X
N X N
1 U X N
I D Ii D U D DU Gi : (4.33)
i D1 i D1
Ri R1 k R2 : : : k RN i D1

Der Strom durch den ersten Widerstand ist I1 D U=R1 . Mit Hilfe von (4.33) lässt sich
nun die Spannung herauskürzen:

R1 k R2 : : : k RN G1
I1 D I  D I  PN : (4.34)
R1 i D1 Gi

Der Gesamtstrom teilt sich also proportional zu den Leitwerten auf.

4.27 Die Schaltung hat nur zwei äußere Anschlüsse und lässt sich daher in eine Strom-
oder Spannungsquelle umwandeln. Der Innenwiderstand wird berechnet, indem Strom-
quellen durch Unterbrechungen und Spannungsquellen durch Kurzschlüsse ersetzt wer-
den. Dadurch fallen die Widerstände R1 und R4 weg, und es bleibt ein Innenwiderstand
Ri D R2 C R3 übrig.
Zur Berechnung der äquivalenten realen Spannungsquelle betrachten wir die Leer-
laufspannung: Der Strom IQ fließt dann durch die Widerstände R1 , R3 und R4 , nicht
jedoch über R2 . Daher ist die Leerlaufspannung die, die über R3 abfällt: ULeerlauf D UQ D
IQ =R3 .
Zur Berechnung der äquivalenten Stromquelle betrachten wir den Kurzschlussstrom.
Das ist genau der Anteil an IQ , der nicht über R3 , sondern über R2 fließt. Da die Span-
nung über diesen beiden Widerständen gleich ist, können wir schreiben:

U.R2 / D U.R3 / D R2  I2 D R3  I3 mit I2 C I3 D IQ : (4.35)

In (4.35) ist der Strom durch den Widerstand R2 gerade der gesuchte Kurzschlussstrom:
IKurzschluss D I2 . Der Kurzschlussstrom der äquivalenten realen Stromquelle lässt sich
daher aus (4.35) ausrechnen:

R3
IKurzschluss D IQ  : (4.36)
R2 C R3
4.3  Antworten zu Kap. 4
173 4
4.28 Zur Symmetrie:
a) Die Widerstandsmatrix für das Maschenumlauf-Verfahren ist symmetrisch.
b) Die Leitwertmatrix für das Knotenpotenzial-Verfahren ist ebenfalls symmetrisch.
c) Die Ladungserhaltungsmatrix für die Leistungsanpassung ist ein reines Fantasiepro-
dukt.

4.29 Sowohl die Leitwertmatrix als auch die Widerstandsmatrix haben ausschließlich
positive Diagonalelemente. Die Leitwertmatrix für das Knotenpotenzial-Verfahren hat
darüber hinaus ausschließlich negative Nebendiagonalelemente. Die Widerstandsmatrix
für das Maschenumlaufverfahren hat überall dort negative Elemente, wo die Umlauf-
ströme durch die Koppelwiderstände (bzw. -impedanzen) in entgegengesetzter Richtung
fließen. Daher sind die Lösungen a) falsch, b) richtig, c) richtig und d) auch richtig, denn
was immer gilt, gilt auch in Spezialfällen.

4.30 Das ist die Maschenregel, die deswegen funktioniert, weil bei der Coulomb-Kraft,
genau so wie bei der Gravitation, jedem Punkt ein Potenzial zugeordnet werden kann.
Die Kirchhoff’sche Formulierung des Bergwanderns wäre: Wenn ein Wanderer aus dem
Tal auf den Berg klettert und auf einem beliebigen anderen Weg zurückkommt, dann hat
er unten im Dorf wieder die gleiche potenzielle Energie wie vorher. Denn die Höhe des
Dorfes über dem Meeresspiegel hängt nicht von der Wahl des Weges ab.

4.31 Das gezeigte Netzwerk lässt sich zunächst, ähnlich wie in . Abb. 5.3 gezeigt, durch
Zusammenfassen von Widerständen vereinfachen. Die drei Widerstände R1 , R2 und R3
bilden gemeinsam einen Zweipol mit dem Widerstand R1;2;3 D R3 k .R1 C R2 /. Es sind
dann, wie in . Abb. 4.34 gezeigt, nur noch zwei Maschen übrig. Nun können die Span-
nungsumläufe für die Maschen berechnet werden:
M1W .R1;2;3 C R4 C R5 /IM1  R6 IM 2 D 0
(4.37)
M 2W .Ri C R6 /IM 2  R6 IM1 D U :
Das Minuszeichen vor der Spannungsquelle zeigt an, dass die Stromrichtung so gewählt
wurde, dass der Strom in der Quelle vom Pluspol zum Minuspol fließt, ganz im Gegensatz
zu einer tatsächlichen, Leistung bereitstellenden Spannungsquelle.
Die beiden Maschengleichungen können jetzt zu einer Matrixgleichung zusammen-
gefasst werden:
! ! !
.R1;2;3 C R4 C R5 / R6 IM1 0
 D : (4.38)
R6 .Ri C R6 / IM 2 U

Das Inverse der Widerstandsmatrix R ist


!
1 .Ri C R6 / R6
R1 D :
.R1;2;3 C R4 C R5 /.Ri C R6 /  R62 R6 .R1;2;3 C R4 C R5 /
(4.39)
Die beiden Umlaufströme sind nun nach (4.14)
!
0
.IM1 ; IM 2 / D R1  : (4.40)
U
174 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.34 Zur Aufgabe 4.31:


Zeichnerische Vorbereitung der
beiden Standard-Analyseverfahren:
Widerstände werden zusammen-
gefasst, Maschenströme und
Knotennummern definiert. Für
das Knotenpotenzial-Verfahren
wird die Spannungsquelle in eine
Stromquelle umgerechnet
4

Um das Knotenpotenzial-Verfahren zur Anwendung kommen zu lassen, muss die Span-


nungsquelle in eine Stromquelle umgewandelt werden. Dabei behält der Innenwiderstand
Ri seinen Wert, wird aber nach (4.4) parallel zu einer Stromquelle IQ D U=Ri geschal-
tet. In dieser Schaltung liegt Ri parallel zu R6 und sollte daher zusammengefasst werden:
R6;i D R6 k Ri , oder G6;i D G6 C Gi . Nach . Abb. 4.34 kann dann direkt die Leitwert-
matrix abgelesen werden, indem für jeden Knoten eine Strombilanz entsprechend (4.21)
aufgestellt wird:
Knoten 0: keine Gleichung
Knoten 1: .G4 C G6;i /U1  G4 U3 D IQ
(4.41)
Knoten 2: .G1;2;3 C G5 /U2  G1;2;3 U3 D 0
Knoten 3: .G1;2;3 C G4 /U3  G1;2;3 U2  G4 U1 D 0 :
Denn auch dieses System ist einer Matrizengleichung äquivalent:
0 1 0 1 0 1
.G4 C G6;i / 0 G4 U1 IQ
@ 0 .G1;2;3 C G5 / G1;2;3 A  @U2 A D @ 0 A : (4.42)
G4 G1;2;3 .G1;2;3 C G4 / U3 0
Die Leitwertmatrix ist wie gewünscht symmetrisch, jedoch größer als die Widerstands-
matrix.

4.32 . Abb. 4.35 zeigt eine mögliche Wahl der Umlaufströme. Die Spannungsumläufe
für die dort gezeigten Maschen sind:
M1 W R3 IM1  R3 IM 2 D UQ1
M2 W .R2 C R3 /IM 2  R3 IM1  R2 IM 3 D UQ2 (4.43)
M3 W .R1 C R2 /IM 3  R2 IM 2 D UQ1 ;
als Matrixgleichung zusammengefasst:
0 1 0 1 0 1
R3 R3 0 IM1 UQ1
@R3 .R2 C R3 / R2 A  @IM 2 A D @UQ2 A : (4.44)
0 R2 .R1 C R2 / IM 3 UQ1
4.3  Antworten zu Kap. 4
175 4
. Abb. 4.35 Zur Aufgabe 4.32:
Definition der Maschenströme.
Hier werden der Einfachheit
halber die Maschenströme den
Spannungsquellen entsprechend
gewählt

. Abb. 4.36 Zur Aufgabe 4.33:


Speisung eines Verbrauchers RV
durch eine reale Stromquelle mit
einem Parallel-Innenwiderstand
Rp

Das Inverse der Widerstandsmatrix R ist


0 1
.R1 R2 C R1 R3 C R2 R3 / .R1 C R2 /R3 R2 R3
1 @
R1 D .R1 C R2 /R3 .R1 C R2 /R3 R2 R3 A : (4.45)
R1 R2 R3
R2 R3 R2 R3 R2 R3

Die Ströme folgen nun aus (4.14) und (4.45):


0 1
UQ1
.IM1 ; IM 2 ; IM 3 / D R1  @UQ2 A : (4.46)
UQ1

Das Maschenstrom-Verfahren bietet sich bei dieser Schaltung an, denn sie enthält
ausschließlich Spannungsquellen. Damit entfällt die Notwendigkeit einer Quellenum-
rechnung.
Eine genauere Betrachtung der Schaltung zeigt: Mit dem Maschenstrom-Verfahren
wird ein großes Werkzeug auf ein kleines Problem losgelassen: Denn der Strom durch
R3 ist schlicht IR3 D UQ1 =R3 . Und der Strom über den Widerstand R2 ist IR2 D .UQ2 
UQ1 /=R2 . Ist aber IR2 bekannt, dann lässt sich auf die Spannung an R1 schließen. Ein
genaues Hinsehen vor der Schaltungsberechnung lohnt also!

4.33 . Abb. 4.36 zeigt die Situation. Grundsätzlich gilt: Ist der Verbraucher sehr viel
niederohmiger als die Quelle, dann bricht die Spannung zusammen und es wird keine
Leistung abgegeben. Ist der Verbraucher zu hochohmig, dann fließt kein Strom und es
wird auch keine Leistung übertragen. Irgendwo dazwischen muss also ein Optimum sein.
Am Verbraucher und am Innenwiderstand liegt die gleiche Spannung U D IQ  .RV k
Rp /. Durch den Verbraucher fließt ein Strom IV D U=RV und erzeugt eine Leistung PV D
U  IV . Diese lässt sich nun als Funktion des Quellenstromes IQ und der Widerstände
angeben:

.Rp k RV /2
PV D U  IV D IQ  .Rp k RV /  IV D IQ2  : (4.47)
RV
176 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.37 Zur Aufgabe 4.35:


Zwei Alternativen für die gleich- I I
zeitige Messung von Strom und UQ UQ U
Spannung an einem Widerstand R: U R R
Entweder der Strom wird genau
gemessen oder die Spannung – nie
beides Spannung richtig Strom richtig

4 Nun muss die Frage beantwortet werden: Bei welchem Verhältnis x D RV =Rp hat die
Leistung am Verbraucher ihr Maximum? Aus (4.47) folgt
x
PV D IQ2  Rp  : (4.48)
.1 C x/2
Setzt man die Ableitung von (4.48) nach x gleich Null, so ergibt sich x0 D 1. Anders
ausgedrückt:

Der Verbraucher erhält die maximale Leistung genau dann, wenn sein Widerstand genau
so groß ist wie der Innenwiderstand der Stromquelle. Ist dies der Fall, spricht man von
Leistungsanpassung.

Wird statt eines angepassten Verbrauchers (also x0 D 1) einer mit dem halben Wider-
stand (also x1 D 1=2) verwendet, so folgt aus (4.48), dass die Leistung auf 8=9-tel der
Maximalleistung, also um 11 % sinkt.

4.34 Wenn UM D 0 ist, dann muss R1 =R2 D RU =RS sein. Daher ist
R1
RU D RS  : (4.49)
R2
Wenn RS so eingestellt ist, dass UM D 0 gemessen wird, dann fließt auch kein Strom
durch den Spannungsmesser. Ein endlicher Leitwert des Messgerätes verfälscht also nicht
das Ergebnis. Wenn R1 und R2 von ähnlicher Größe sind, dann kann im besten Falle eine
Genauigkeit in der Größenordnung UM =UQ erreicht werden. Dabei kann UQ im Bereich
von einigen Volt sein und UM im Mikrovolt-Bereich eingestellt werden.

4.35 Lösungsstrategie: Zunächst muss man sich darüber im Klaren werden, welche der
beiden Messungen, Strom oder Spannung, kritisch ist. Denn beide können nicht gleich-
zeitig genau gemessen werden.
Lösung: . Abb. 4.37 zeigt, warum immer nur eine der beiden Größen genau gemes-
sen werden kann. Bei der linken Variante (Spannung richtig) ist der gemessene Strom die
Summe aus dem interessierenden Strom über R und dem verfälschenende Anteil über das
Spannungsmessgerät. Bei der rechten Variante (Strom richtig) ist die gemessene Span-
nung die Summe aus der interessierenden Spannung über R und dem verfälschenden
Anteil über das Strommessgerät.
Die Angaben beinhalten, dass sich das Geschenk etwa wie ein Widerstand R >
U 2 =P D 225 k verhält. Es muss also ein sehr kleiner Strom bei moderater Spannung
gemessen werden. Deshalb ist die Variante Strom richtig hier die bessere.
4.3  Antworten zu Kap. 4
177 4
. Abb. 4.38 Zur Aufgabe 4.36: Ri R1
Wahl der Maschen bei einer X-
1. Pfad R2 R3
Schaltung. Die Stromrichtungen
und Maschen können wie dar- 2. Pfad L
UQ
gestellt gewählt werden. Alle
3. Pfad
Maschenströme werden in diesem
Beispiel im Uhrzeigersinn gewählt R4

4.36 Zunächst muss die Stromquelle in eine äquivalente Spannungsquelle gemäß (4.4)
umgewandelt werden. Dann werden Stromrichtungen festgelegt, zum Beispiel so wie in
. Abb. 4.38 gezeigt, also mit allen Maschenströmen im Uhrzeigersinn. Die besondere
Schwierigkeit bei dieser Aufgabe ist: Man darf sich nicht davon irritieren lassen, dass
sich zwei Maschen kreuzen oder überlappen. Wichtig ist nur: Man muss die Maschen so
wählen, dass jede Masche mindestens eine Information beinhaltet, die noch nicht in einer
anderen Maschengleichung gegeben ist, und jedes Schaltungselement muss mindestens
einmal vorkommen:
1. Pfad: .Ri C R1 C R3 /IM1 C Ri IM 2 C R1 IM 3 D UQ
2. Pfad: .Ri C R2 C R4 /IM 2 C Ri IM1  R2 IM 3 D UQ (4.50)
3. Pfad: .R1 C ZL C R2 /IM 3 C R1 IM1  R2 IM 2 D 0 :

Die Umlaufwiderstände sind immer positiv. Die Koppelwiderstände tauchen nur mit ei-
nem Plus-Zeichen auf, wenn sich beide Maschenströme im Koppelwiderstand addie-
ren. Haben die beiden Maschenströme eine entgegengesetzte Richtung, dann findet ein
Minus-Zeichen Anwendung.
Nun müssen die Ströme sortiert werden, damit die Matrixgleichung aufgestellt wer-
den kann:
0 1 0 1 0 1
.Ri C R1 C R3 / Ri R1 IM1 UQ
@ Ri .Ri C R2 C R4 / R2 A  @IM 2 A D @UQ A :
R1 R2 .R1 C ZL C R2 / IM 3 0
(4.51)

Natürlich können auch andere Maschen gewählt werden. Ebenso ist die Umlaufrichtung
frei wählbar. Am Ende sollten aber immer die gleichen Ströme durch die Bauteile her-
auskommen.

4.37 Zur Vereinfachung werden zunächst die Leitwerte Gi D 1=Ri betrachtet. Die Kno-
ten 1 und 2 werden zu einem Doppelknoten zusammengefasst. Die Strombilanz beinhaltet
daher die beiden Knotenleitwerte G1 U1 C .G2 C G3 /U2 und die Koppelleitwerte zum
Knoten 3:

G1 U1 C .G2 C G3 /U2  .G1 C G2 /U3 D 0 : (4.52)

Die Kopplung zum Massenknoten taucht nicht auf, da der Leitwert mit U D 0 multipli-
ziert wird. Da der Knoten U3 D UQ1 bekannt ist, kann der dazugehörige Term (genau so
wie bekannte Ströme) auf die rechte Seite geschrieben werden:

G1 U1 C .G2 C G3 /U2 D .G1 C G2 /UQ1 : (4.53)


178 Kapitel 4  Lineare elektrische Netze

. Abb. 4.39 Zur Aufga-


be 4.37: Zur Vorbereitung des
Maschenstrom-Verfahrens wer-
den die Maschenströme und ihre
Richtung festgelegt

Die Spannungsbilanz innerhalb des Doppelknotens lautet


4
U1 D U2 C UQ2 : (4.54)

Die beiden Gl. (4.53) und (4.54) können zu einer Matrix zusammen gefasst werden:
! ! !
G1 .G2 C G3 / U1 .G1 C G2 /UQ1
 D : (4.55)
1 1 U2 UQ2

Da die idealen Spannungsquellen eine Modifikation des Knotenpotenzial-Verfahrens er-


zwingen, ist die Matrix in (4.55) weder eine reine Leitwertmatrix, noch ist sie, wie sonst
beim Verfahren üblich, symmetrisch. Die Inversion führt trotzdem zur Lösung:
! ! !
U1 1 1 .G2 C G3 / .G1 C G2 /UQ1
D  : (4.56)
U2 G1 C G2 C G3 1 G1 UQ2

Werden die Leitwerte wieder durch Widerstände ersetzt, so folgt die endgültige Lösung:
R3 .R1 C R2 / R1 .R2 C R3 /
U1 D  UQ1 C  UQ2
R1 R2 C R2 R3 C R1 R3 R1 R2 C R2 R3 C R1 R3
(4.57)
R3 .R1 C R2 / R2 R3
U2 D  UQ1   UQ2 :
R1 R2 C R2 R3 C R1 R3 R1 R2 C R2 R3 C R1 R3
. Abb. 4.39 zeigt den Lösungsansatz nach dem Maschenstrom-Verfahren. Die beiden
Maschengleichungen sind

M1W .R2 C R3 /IM1  R2 IM 2 D UQ1


(4.58)
M 2W .R1 C R2 /IM 2  R2 IM1 D UQ2 ;

in Matrixform:
! ! !
.R2 C R3 / R2 IM1 UQ1
 D (4.59)
R2 .R1 C R2 / IM 2 UQ2

mit der Lösung


! ! !
IM1 1 .R1 C R2 / R2 UQ1
D  :
IM 2 .R1 C R2 /.R2 C R3 /  R22 R2 .R2 C R3 / UQ2
(4.60)

Setzt man nun U2 D R3 IM1 und U1 D UQ1 C R1 IM 2 , so erhält man die gleichen Ergeb-
nisse wie in (4.57) angegeben.
Literatur
179 4
4.38 In der Physik gilt: Koordinatensysteme sind frei wählbar. Diese Annahme wird
heute nicht mehr bezweifelt, denn im Rahmen der theoretischen Mechanik wird gezeigt,
dass dieses Prinzip untrennbar mit den Erhaltungssätzen für Energie und Impuls verbun-
den ist. Wenn für eine besondere Form der Energiebilanz eines geschlossenen Systems,
die Lagrange-Funktion, gefordert wird, dass die Zeitkoordinate frei wählbar ist, dann
folgt der Energie-Erhaltungssatz. Wird gefordert, dass der Ort frei wählbar ist, folgt die
Impulserhaltung, und wenn die Richtung frei wählbar ist, folgt die Drehimpulserhaltung.
Die Aussage Strom- und Spannungsrichtungen sind frei wählbar ist ein eindimensio-
naler Spezialfall der Freiheit, ein beliebiges Koordinatensystem zu wählen. Wenn zum
Beispiel das Bezugssystem links als negativ und rechts als positiv definiert (das ist der
Normalfall) wird, dann bedeutet eine positive Bewegung eine von links nach rechts, ein
positiver Strom einer von links nach rechts, und ein negativer Strom ist einer von rechts
nach links.
Die Maxwell’schen Gleichungen setzen immer voraus, dass alle in ihnen vorkom-
menden Größen im gleichen Bezugssystem definiert sind. Deshalb gelten auch alle
Bauelemente-Gleichungen in unveränderter Form nur, wenn Strom und Spannung in
der gleichen Richtung definiert sind. Wenn in einem Netzwerk aber der Strom als Be-
wegung positiver Ladungsträger vom Knoten A zum Knoten B, die Spannung aber
entgegengesetzt als Potenzialdifferenz von B nach A definiert wird, dann entspricht das
dem Fall, dass die Geschwindigkeit in einem Bezugssystem, die Kraft aber in einem
um 180ı gedrehten Bezugssystem definiert ist. Nach den Gesetzen der physikalischen
Modellbildung ist dies ein Fehler. Dieser Fehler kann jedoch korrigiert werden, indem
die Bauelemente-Gleichungen dort mit einem Minuszeichen versehen werden, wo Strom
und Spannung in entgegengesetzten Richtungen definiert sind (siehe auch . Abb. 4.3).
Dies gilt nicht nur für Kondensatoren und Spulen, sondern auch für Widerstände und
gekoppelte Induktivitiäten (siehe 7 Kap. 5).

Literatur
1. Böker, Paerschke, Boggasch (2017) Elektrotechnik für Gebäudetechnik und Maschinenbau. Springer, Hei-
delberg, ISBN 978-3-658-14188-2
2. Glisson T (2011) Introduction to Circuit Analysis and Design. Springer. New York, ISBN 978-90-481-9442-
1
3. Baukholt H-J (2019) Grundlagen und Bauelemente der Elektrotechnik, Carl Hanser Verlag, München, 8.
Auflage, ISBN 978-3-446-45904-5
4. Haase H, Garbe H, Gerth H (2009) Grundlagen der Elektrotechnik. Schöneworth, Hannover, 3. Auflage,
ISBN 9783980880558
181 5

Wechselstromnetze –
beliebige Spannungen
erzeugen

In diesem Kapitel werden die grundlegenden Konzepte zur Beschreibung von Phänomenen
in Wechselstromnetzen in einfacher und in komplexer Notation dargelegt. Dazu gehören Par-
allelersatzwiderstände, Effektivwerte, Scheinleistung und Blindleistungskompensation ebenso
wie die komplexe Leistungsanpassung. Die Transformatorgleichungen und deren Eigenschaf-
ten werden hergeleitet.
Auf ihrer Basis wird gezeigt, unter welchen Randbedingungen die Näherung des idealen
Transformators benutzt werden kann. Der Einfluss von Verlustbringern wird ebenso behandelt
wie der Mechanismus der Stromverdrängung. Als Praxisbeispiel wird der Zündtransformator
eines Automobils beschrieben. Die Eigenschaften des Drei-Phasen-Wechselstromes und deren
Ausnutzung in Stern- und Dreieckschaltungen werden analysiert und damit Hausnetze erklärt.

5.1 Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze

In diesem Abschnitt werden die Begriffe Effektivwert, Ersatzimpedanz, Schein-, Blind-


und Wirkleistung sowie Leistungsanpassung erklärt. Mit Hilfe des Zeigerdiagramms wird
die komplexe Wechselstromlehre bildlich dargestellt. In diesem Kontext werden Trans-
formatoren und der Drei-Phasen-Wechselstrom analysiert.

5.1.1 Begriffe und Bilder

. Abb. 5.1 zeigt den zeitlichen Verlauf einer Spannung, die sich gemäß

u.t/ D UO sin.!t C U / (5.1)

entwickelt. Zur Charakterisierung ihrer Stärke gibt man entweder die Amplitude UO , den
im Oszilloskop einfach zup messenden Spitze-Spitze-Wert US S , oder den so genannten
Effektivwert1 Ueff D UO = 2 an. Die Verschiebung des Spannungs-Nulldurchgangs zu
früheren Zeiten hin wird Phasenwinkel U genannt. Für Ströme gilt Entsprechendes.

1 Dieser Begriff deutet an, dass eine Wechselspannung der Größe Ueff auf einen Ohm’schen Widerstand im
zeitlichen Mittel einen genau so großen Effekt hat wie ein Gleichstrom dieser Größe: Ein Widerstand an
einer Wechselspannung mit Ueff D 230 V wird genau so warm wie einer, der an U D 230 V-Gleichstrom
angeschlossen wird.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_5
182 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.1 Die Bedeutungen der


Größen UO , US S und Ueff : Stärken
harmonisch verlaufender Span- U SS U Ueff
ωt
nungen können auf mehrere Arten -π/2 π/2 π
angegeben werden

Die komplexe Erweiterung (siehe Anhang) dieses Spannungsverlaufes ist

u.t/ D U e j!t D UO e jU e j!t : (5.2)


5
1 Zeigerdiagramme veranschaulichen komplexe Größen
Komplex erweiterte Wechselspannungen und -ströme können als Vektor in der komple-
xen Ebene dargestellt werden (siehe Anhang). Diese Darstellung nennt man Zeigerdia-
gramm. Dabei ist die Länge des Vektors der Maximalwert, also die Amplitude. Dieser
wird auch Scheitelwert2 genannt. Der sinusförmige Verlauf einer Wechselspannung ent-
spricht im Zeigerdiagramm einem mit der Kreisfrequenz ! um den Nullpunkt rotierenden
Vektor. Die Projektion auf die reelle Achse ist der momentane Wert. Für t D 0 ist der
aktuelle Wert gleich der komplexen Amplitude. Bei Strömen ist i.t D 0/ D I und bei
Spannungen gilt u.t D 0/ D U . Bei Spannungen, die zum Zeitpunkt t D 0 verschwinden,
gilt ferner u.t D 0/ D UO . Alle anderen Spannungen nennt man phasenverschoben. Man
erkennt sie daran, das die komplexe Amplitude in (5.2) einen endlichen Phasenwinkel,
U ¤ 0 enthält. Für Ströme gilt Entsprechendes.
. Abb. 5.2 zeigt, dass mit Hilfe des Zeigerbildes Spannungen addiert werden können.
Das gezeigte Bild entspricht der Gleichung
 
1
U D R C j!L C I (5.3)
j! C

mit I D 0. Auch die Addition von Strömen funktioniert nach dem gleichen Schema
(siehe Aufgabe 5.23).

. Abb. 5.2 Addition von Span-


nungen in einem Zeigerdiagramm

2 Wird an einem Oszilloskop die so genannte Spitze-Spitze-Spannung einer sinusförmigen Quelle gemessen,
so ist das Resultat der doppelte Scheitelwert.
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
183 5
Die komplexen Erweiterungen von Widerstand und Leitwert heißen Impedanz Z und
Admitanz Y :

Original ! komplexe Erweiterung


uDRi !uDZi (5.4)
i DGu!i DY u:

Sie werden jeweils als Summe aus einem Realteil und einem Imaginärteil angegeben:

Z D R C jX
(5.5)
Y D G C jB :

Die Beträge der Imaginärteile heißen Blindwiderstand X und Suszeptanz B. Nach (5.4)
muss Z D 1=Y sein. Dies führt zusammen mit (5.5) zu

G B
RD XD
C B2
G2 C B2
G2
(5.6)
R X
GD 2 BD 2 :
R C X2 R C X2

Die zu dieser Gleichung führende Rechnung läuft analog zur Bestimmung der Ersatzim-
pedanzen (siehe unten) ab.

1 Phasenverschiebungen sind Zeitverschiebungen


Alle komplexen Größen können (siehe Anhang) auch durch ihren Betrag und ihren Pha-
senwinkel angegeben werden.
 
O jZ ; X
Z D Ze Z D arctan ; ZO 2 D Z  Z
R
 
B
Y D YO e jY ; Y D arctan ; YO 2 D Y  Y (5.7)
G
 
=.U /
U D UO e jU ; U D arctan ; UO 2 D U  U :
<.U /

Dabei geht jeder Phasenwinkel mit einer Zeitverschiebung einher, wie die Rücktransfor-
mation der komplexen Spannung auf die messbare Spannung zeigt:

u.t/ D =.u.t// D UO sin.!t C U / : (5.8)

Das Argument der Sinus-Funktion in (5.8) ist zum Zeitpunkt

t0 D U =! (5.9)

gleich Null. Eine positive Phase sorgt also dafür, dass der erste Nulldurchgang schon vor
t D 0 stattfindet. Die Komplementäraussage lässt sich leichter merken:3

3 Eselsbrücke: Verspätung ist schlecht, also etwas Negatives.


184 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.3 Beispiel für das Zusammenfassen mehrer Bauteile: Bei nur zwei äußeren Anschlüssen können
diese zu einem einzigen zusammengefasst werden. In diesem Beispiel hat das zusammengefasste Bauteil die
Impedanz Z D .ZL C R1 / k .Z C C R2 /

5 Eine Verspätung bedeutet immer einen negativen Phasenwinkel.

5.1.2 Ersatzimpedanzen

Ersatzschaltungen finden heißt: Arbeit sparen, Fehlerquellen minimieren und eine auto-
matisierte Schaltungsberechnung vorbereiten. . Abb. 5.3 zeigt den Ansatz beispielhaft
für vier Bauteile, die gemeinsam nur zwei Anschlüsse haben. Solche Teilschaltungen
werden auch Zweipole genannt.
Für den Fall, dass nur ein kleiner Frequenzbereich betrachtet wird, kann das Erset-
zen von Reihenschaltungen durch Parallelschaltungen viele Rechnungen vereinfachen.
Das Verfahren ist um so genauer, je kleiner der Frequenzbereich ist; im Grenzfall ! !
konstant ist es ein exaktes Verfahren.

1 Zu jedem Reihenwiderstand gibt es einen Parallelersatzwiderstand


. Abb. 5.4 zeigt die am häufigsten verwendete der Substitution: die Berechnung des
Parallelersatzwiderstandes einer realen Spule. Eine Spule ist aufgrund des Ohm’schen
Widerstandes des Wickeldrahtes eine Serienschaltung aus dem Blindwiderstand jX D
j!L und dem Drahtwiderstand RS . Gesucht wird eine Parallelschaltung

RP jXP
ZP D RP k jXP D D RS C jXS (5.10)
RP C jXP

mit der gleichen Impedanz. (5.10) beinhaltet zwei Gleichungen, denn sie muss sowohl
für den Realteil als auch für den Imaginärteil gelten. Diese können entweder so sortiert
werden, dass die Parallelschaltung das Ergebnis ist,

RS2 C XS2 RS2 C XS2


RP D und XP D ; (5.11)
RS XS

. Abb. 5.4 Ersatz einer


Parallelschaltung durch eine Rei- Bei ω = konst. Rs
henschaltung und umgekehrt Lp Rp
äquivalent Ls
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
185 5
oder so, dass die Serienschaltung das Ergebnis ist:
RP XP
RS D und XS D : (5.12)
1 C .RP =XP /2 1 C .XP =RP /2
Die Gl. (5.11) und (5.12) gelten mit X D !L ebenso für Spulen wie mit X D 1=.! C /
für Kondensatoren.
Bei Bauelementen mit hoher Güte, also solchen, bei denen der Ohm’sche Anteil der
Serien-Impedanz deutlich kleiner ist als der Imaginärteil, vereinfachen sich die Gleichun-
gen zu

XS2
RP  und XP  XS : (5.13)
RS
Die durch diese Näherung gemachten Fehler sind meist kleiner als die Bauteiletoleranzen
und die grundsätzlichen Verfahrensungenauigkeiten.

5.1.3 Leistung und Energie

Wechselstrom lässt sich leicht transformieren und wird daher gerne zur Energieüber-
tragung verwandt. Daher lohnt ein genauerer Blick auf die Leistungseigenschaften des
Wechselstromes.

1 Nur die Wirkleistung kostet Energie


Die zu einem beliebigen Zeitpunkt t umgesetzte Leistung ist (siehe Anhang) im Allge-
meinen p.t/ D u.t/  i.t/. Also gilt4 :

p.t/ D UO sin.!t C U /  IO sin.!t C I /


1 (5.14)
! p.t/ D UO IO  Œcos.U  I /  cos.2!t C I C U / :
2
Innerhalb der komplexen Wechselstromrechnung kommt man zum gleichen Ergebnis5 :

p.t/ D =.u.t//  =.i .t//


1 1
! p.t/ D Œu.t/  u .t/  Œi.t/  i  .t/ (5.15)
2j 2j
1˚ 
! p.t/ D <.U  I  /  <.U  I  e 2j!t / :
2
Einsetzen der komplexen Spannungen und Ströme in (5.15) führt zu (5.14).6 Die Leistung
hat gemäß (5.14) zwei Terme mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften: Der erste Term
ist zeitlich konstant. Er gibt die mittlere, dauerhafte Energieabgabe des Netzwerkes, also
dessen Wirkung auf die Umgebung, an. Er hat daher einen eigenen Namen:

4 Unter Ausnutzung von sin ˛ sin ˇ D .cos.˛  ˇ/  cos.˛ C ˇ//=2.


5 Mit =.A/ D .A  A /=.2j/ und <.A/ D .A C A /=2.
6 In der Literatur findet man häufig andere Ausdrücke für den zeitabhängigen Term. Dies liegt an der
unterschiedlichen Festlegung des Phasenwinkels: sin.!t C / ergibt die hier genannten Gleichungen,
cos.!t C / andere.
186 Kapitel 5  Wechselstromnetze

Definition 5.1
Der mittlere, nicht von der Zeit abhängige Teil der Leistung P D UO IO  12 cos.U  I / heißt
Wirkleistung.

p p
Wegen Ieff D IO= 2 und Ueff D UO = 2 kann man die Wirkleistung auch anders schreiben:

P D Ueff  Ieff cos.U  I / : (5.16)

Aus (5.16) wird schließlich die Bedeutung des Begriffes Effektivwert deutlich: Für einen
Ohm’schen Verbraucher ist U D I und daher P D Ueff  Ieff , was Folgendes bedeutet
5 (siehe auch Aufgabe 5.46):

Eine Wechselspannung mit dem Effektivwert Ueff D x heizt einen Ohm’schen Widerstand
genau so effektiv auf wie eine Gleichspannung der Stärke U D x.

1 Blindleistung findet nie ein Ziel


Reine Kapazitäten und reine Induktivitäten nehmen dagegen gar keine Wirkleistung auf.
Im Wechselspannungskreis geben sie alle in einer Viertelperiode aufgenommene Energie
in der nächsten wieder ab. Mit den im Anhang hergeleiteten Impedanzen Z C D 1=.j! C /
und ZL D j!L erhält man für beide Bauteile <.U  I  / D 0. Das heißt: im zeitlichen
Mittel wird überhaupt keine Energie zum Bauteil hin oder von ihm weg transportiert. Die
von der Zeit abhängigen Leistungsteile sind nach (5.15) bei U D 0 für einen Kondensator
1 1
p.t/ D  <.U  I  e 2j!t / D UO 2 ! C sin.2!t/ .für U D 0/ (5.17)
2 2
und für eine Spule

1 UO 2
p.t/ D  sin.2!t/ .für U D 0/ : (5.18)
2 !L
Die zeitabhängigen Leistungen für Kondensator und Spule sind in . Abb. 5.5 skizziert.
Wie dort gezeigt, werden in Zeiten, in denen p.t/ positiv ist, Felder aufgebaut. Die En-
ergie für den Feldaufbau wird dem Netz entzogen. In den Zeiten mit negativem p.t/
wird sie zurückgegeben. Die beiden in (5.17) und (5.18) vor der Sinusfunktion stehenden
Amplituden sind einander sehr ähnlich. Sie lassen sich als UO 2 =.2X/ schreiben. Da X
jeweils Blindwiderstand heißt, nennt man diese Amplituden Blindleistung Q.

Der Betrag der Blindleistung jQj D jUeff


2
=Xj gibt an, welche Leistung ein Blindwiderstand
maximal aufnimmt. Dieses Maximum wird zweimal pro Periode erreicht.

Die Phasenverhältnisse lassen sich am besten mit Hilfe der komplexen Wechselstrom-
lehre darstellen. Erweitert man (5.17), (5.18) mit j so erhält man eine Definition der
komplexen Blindleistung als Amplitude der hin und her oszillierenden Leistung:
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
187 5
. Abb. 5.5 Momentane Leis- E –E
tungen von Kondensator (oben,
(5.17)) und Spule (unten, (5.18))
bei der Speisung durch eine Span-
nungsquelle (Mitte). Bei p.!t/ > 0
werden auf Kosten des Netzes Fel-
der aufgebaut. Bei p.!t/ < 0
wirken die Bauteile wie Generato-
ren

B –B

Definition 5.2
Der Leistungsanteil Q D Ueff
2
=jX D Ieff
2
jX heißt Blindleistung.

Ein Blindwiderstand nimmt also im Wechselstromkreis dauerhaft keine Energie auf.


Gleichwohl fließen Ströme zu ihm hin und von ihm weg, die die Zuleitungen belas-
ten. Diese tatsächlich die Leitungen erwärmenden Ströme heißen Blindströme. In der
komplexen Wechselstromlehre ist Q eine rein imaginäre Größe: Q D jQ.

1 Die Scheinleistung beinhaltet Wirk- und Blindleistung


Wirk- und Blindleistung werden in der komplexen Scheinleistung S zusammengefasst.

Definition 5.3
Die komplexe Scheinleistung ist die Summe aus Wirk- und Blindleistung: S D P C jQ.

Sie beinhaltet daher die Wirkleistung


p pP als Realteil und die Blindleistung Q als Imagi-
närteil. Ihr Betrag ist S D S  S D P 2 C Q2 .
Der Sinn dieser Definition besteht darin, dass die bekannten Gleichstrom-Zusammen-
hänge in die komplexe Ebene hinein verallgemeindert werden können:

Gleichstrom ! komplexer Wechselstrom


(5.19)
P D RI 2 ! S D Z  Ieff
2

Wegen Z D R C jX hat die komplexe Scheinleistung einen zum Ohm’schen Wider-


standsanteil gehörenden Realteil, der Wirkleistung, P D <.S/, und einen Imaginärteil,
Q D =.Z/, der Blindleistung:
Die komplexe Scheinleistung lässt sich wegen u D Z  i auch als

1 1
SD u  i  D U  I  D Ueff  Ieff e j.U I / (5.20)
2 2
188 Kapitel 5  Wechselstromnetze

berechnen. Auch an dieser Darstellung ist zu sehen, dass die komplexe Scheinleistung
explizit nicht von der Zeit abhängt. Der Vergleich mit (5.15) zeigt:7

P D <.S / D Ueff  Ieff cos.U  I /


(5.21)
Q D =.S / D Ueff  Ieff sin.U  I / :

Dabei wird der Ausdruck Ieff sin.U  I / gerne Blindstrom genannt. Unter Ingenieuren
ist es üblich, die verschiedenen Leistungsanteile auch mit verschiedenen Einheiten zu
versehen:

5 Größe Einheit Merkregel


Scheinleistung VA V mal A wegen S D Ueff  Ieff
(5.22)
Blindleistung VAR immer hin und zurück: VARiabel
Wirkleistung W außerhalb der Elektrotechnik schlicht die Leistung

Der Anteil der Wirkleistung an der gesamten Scheinleistung wird auch Leistungsfak-
tor  genannt,

P P
D Dp D cos.U  I / : (5.23)
S P 2 C Q2

Er gibt an, welcher Teil der Leistung dem Netz dauerhaft entzogen wird.

1 Blindleistungskompensation minimiert Verluste in den Zuleitungen


Die Blindleistung hat zur Konsequenz, dass im Netz unnötig große Ströme fließen und
damit von der Wirkung nicht gerechtfertigte Verluste in den Zuleitungen auftreten. Je
größer die Scheinleistung eines Verbrauchers ist, um so wichtiger wird ein kleines Q
bzw. ein Leistungsfaktor nahe  D 1. Die Technik zur Minimierung der Blindleistung
heißt Blindleistungskompensation.

Ziel der Blindleistungskompensation ist das Verschwinden der Blindströme aus den Zulei-
tungen.

Rein rechnerisch kann dieses Ziel mit

=.Z/ D X D 0 oder =.Y / D B D 0 (5.24)

gleichermaßen erreicht werden. Aus . Abb. 5.5 ist ersichtlich, dass Kondensatoren
Spulen-Blindströme kompensieren können und umgekehrt. Denn immer dann, wenn das
elektrische Feld des Kondensators Energie an das Netz abgibt, braucht die Spule diese
Energie zum Aufbau des Magnetfeldes (siehe zum Beispiel Aufgabe 5.38).

7 Zur Herleitung schreibe man Z D jZj  e j.U I / .


5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
189 5
I I
ZS
UQ U IQ U

ZV

YP

YV
. Abb. 5.6 Anpassung bei Spannungsquellen (links) und bei Stromquellen (rechts): Die hier gezeigten Er-
satzschaltbilder führen zusammen mit der Forderung einer maximalen Wirkleistung im Verbraucher auf die Gl.
(5.26) und (5.27)

1 Das Leistungsmaximum heißt Anpassung


Die Bedingungen für die maximale Verbraucherleitungen folgen aus (5.21): Es darf kein
Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung liegen und das Produkt Ueff Ieff muss maxi-
mal sein.
Um die Erfüllung der Bedingung U  I D 0 sicherzustellen, muss neben dem Ver-
braucher auch die Quelle in Betracht gezogen werden. Denn im Allgemeinen wird auch
der Innenwiderstand der Quelle8 Blindanteile beinhalten. Die Analyse der in . Abb. 5.6
gezeigten Schaltung ergibt, dass die Blindströme bei einer Spannungsquelle gerade dann
verschwinden, wenn die Blindwiderstände von Quelle und Verbraucher sich aufheben.
Bei einer Stromquelle müssen die Blindleitwerte entgegengesetzt und betragsgleich sein:

=.Z S / D =.Z V / ideale Spannungsquelle ohne Blindstrom


(5.25)
=.Y P / D =.Y V / ideale Stromquelle ohne Blindstrom

Soll die maximale Leistung aus der Quelle gezogen werden, so müssen noch gemäß
(4.8) die Ohm’schen Anteile von Quelle und Verbraucher gleich groß sein. Beide Forde-
rungen zusammen ergeben die maximale Leistung:

Z V D Z S .Spannungsquelle/: (5.26)

Für eine Stromquelle mit der Paralleladmitanz Y P ist das Ergebnis

Y V D Y S .Stromquelle/: (5.27)

Das konjugiert Komplexe in (5.27) entspricht der Parallelschaltung eines Kondensators


mit einer Spule gleich großer Impedanz. Entsprechendes gilt für die Reihenschaltung,
die zu (5.26) führt. In beiden Fällen neutralisieren sich die Blindströme von Innenimpe-
danz und Verbraucherimpedanz. Bei Erfüllung von (5.26) oder (5.27) spricht man von
Leistungsanpassung.

!Vorsicht Verwechslung!
Leistungsanpassung bedeutet nicht das Verschwinden der Blindströme auf den Versor-
gungsleitungen. Vielmehr bilden die Blindwiderstände der realen Quellen zusammen mit
denen der Verbraucher Schwingkreise, deren Resonanzfrequenzen gleich den Frequenzen
der Quellen sind.

8 Im Ueff D 230 V-Netz ist dies kaum festzustellen, denn der Innenwiderstand ist klein im Vergleich zu den
Impedanzen der Verbraucher.
190 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.7 Prinzipskizze zur


Stromverdrängung (skin effect).
Der größte Teil des Stromes fließt
nahe der Oberfläche bis zu einer
Eindringtiefe ıs

Stromverdrängung bzw. Skin Effect


Wechselströme erzeugen oszillierende Magnetfelder. In leitenden Materialien, also auch in Leitungen, erzeugen
diese wiederum Wirbelströme. Diese Wirbelströme führen letztendlich dazu, dass Wechselstromtransport über-
wiegend nahe der Oberfläche einer Leitung stattfindet, so wie in . Abb. 5.7 gezeigt. Man nennt diesen Vorgang
Stromverdrängung oder auch skin effect.
5 Zu Berechnung wird zweckmäßiger Weise mit den komplexen Feldern E D EO e j!t und B D Be O j!t ge-
rechnet, so dass sich @E =@t D j!E schreiben lässt. Innerhalb eines stromdurchflossenen Leiters werden die
Magnetfelder praktisch ausschließlich von dem Stromfluss erzeugt, also nach dem Ampère’schen Gesetz r 
B  J . Die Erzeugung der Wirbelströme folgt aus dem Induktionsgesetz r  E D j!B, denn die Strom-
dichte folgt immer dem Feld: J D  E. So gilt insgesamt

r  B D J
(5.28)
r  J D j! B;

also ein Satz von zwei Gleichungen, aus denen sich das Magnetfeld eliminieren lässt, um die Abhängigkeit vom
Radius der Leitung zu bestimmen. Hierzu werden Zylinderkoordinaten verwandt: B D .B r ; B  ; B z /. Für das
in . Abb. 5.7 gezeigte Leitungsstück ist
  
1 @.rB  /
B D .0; B  ; 0/ ! r  B D 0; 0;
r @r
  (5.29)
@J z
J D .0; 0; J z / ! r  J D 0;  ;0 :
@r
Der Vergleich von (5.28) und (5.29) ergibt dann

1 @B 
B C D J z
r  @r
@J z
und j! B  D (5.30)
@r
1 @J z @2 J z
! C D j! J z :
r @r .@r/2
Die Lösung von (5.30) ist eine Besselfunktion, die hier nicht im Einzelnen analysiert werden soll. Wichtig ist:
In der Nähe der Oberfläche des Leiters nimmt ihr von der Zeit unabhängiger Teil exponentiell ab:
s
2
J.r/ D jJ z .r/j  J.R/e .rR/=ıs mit ıs D : (5.31)
!

Der Parameter ıs wird Eindringtiefe genannt. Gleichung (5.31) zeigt: Je höher die Frequenzen, desto stärker
wird der Strom an die Oberfläche gedrängt. . Tab. 5.1 zeigt, dass die Eindringtiefen auch stark von Material zu
Material variieren. Dies erklärt, warum Hochspannungsleitungen einen (reißfesten) Eisenkern und einen (gut
leitenden) Kupfer- oder Aluminiummantel haben.

Je größer die Frequenz, desto mehr wird der Strom eines Leiters an dessen Oberfläche gedrängt.

Der skin effect hat natürlich auch großen Einfluss auf das Hochfrequenzverhalten von Spulen (siehe Aufgabe
2.36): Je mehr der Strom an die Oberfläche gedrängt wird, desto größer wird der Ohm’sche Spulenwiderstand.
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
191 5

. Tab. 5.1 Eindringtiefe der Stromdichte bei verschiedenen Frequenzen und Materialien

Material ıs (f D 50 Hz) ıs (f D 1 MHz)


Kupfer 9,4 mm 67 m

Aluminium 11,6 mm 82 m

Gold 10,6 mm 75 m

Eisen 0,71 mm 5 m

5.1.4 Übertrager

Wechselstrom hat in den letzten 120 Jahren die Stromversorgung und die Leistungselek-
tronik dominiert. Das liegt an seiner relativ einfachen Transformierbarkeit.

1 Transformatoren sind Spulen mit gemeinsamem Magnetfeld


Das Prinzip des Transformators ist in . Abb. 5.8 abgebildet. Kern des Transformators ist
im wahrsten Sinne des Wortes ein Eisenring. Wegen der sehr großen magnetischen Sus-
zeptibilität des Eisens (bzw. seines großen R ) sind die Magnetfelder außerhalb dieses
Kerns praktisch zu vernachlässigen. Jede um den Eisenring gelegte Leiterschleife um-
schließt daher fast den gleichen magnetischen Fluss ˚B .
Betrachten wir zunächst den verlustlosen Fall:9 keine Ohm’schen Verluste in der Spu-
le, keine Verluste im Eisen, keinerlei Streufelder. Ferner soll angenommen werden, dass
jede Windung in gleicher Weise zum Magnetfeld und damit zum magnetischen Fluss
beiträgt: ˚B .eine Windung/ D   I . Eine Verkettung von N Windungen hat dann die
Induktivität10

L D N 2 : (5.32)

Für die in . Abb. 5.8 gezeigte Anordnung ist der gesamte magnetische Fluss die Summe
aus dem magnetischen Fluss der Primärspule ˚P und dem der Sekundärspule, ˚S :

˚B D ˚P C ˚S D NP IP C NS IS : (5.33)

IP IS
UP US

. Abb. 5.8 Das Prinzip des Transformators und sein Schaltsymbol: Durch den harmonisch oszillierenden
Strom entsteht im (grau gezeichneten) Eisenkern ein oszillierendes Magnetfeld. Dessen Änderungen induzieren
auf der Sekundärseite eine Spannung US

9 An dieser Stelle soll nicht von Idealfall gesprochen werden, denn unter einer idealen Spule wird eine Spule
mit r ! 1 verstanden.
10 Der Faktor  wird auch als magnetischer Leitwert bezeichnet (siehe zum Beispiel [3]). Nach (1.77) ist er
für eine lange Spule  D 0 A= l.
192 Kapitel 5  Wechselstromnetze

Wenn sich der magnetische Fluss ändert, so wird nach dem Induktionsgesetz jeder Win-
dung eine Spannung Uind D ˙d˚B =dt induziert. Das Pluszeichen betrifft die Primärseite
(UP ist parallel zu IP ). Auf der Sekundärseite wird die Spule als Generator (US ist
antiparallel zu IS ) betrachtet. Für die NP Windungen auf der Primärseite und die NS
Windungen auf der Sekundärseite gilt daher
 
dIP dIS
UP D NP    NP  NS
dt dt
  (5.34)
dIP dIS
US D NS    NP  NS :
dt dt
5 Das Gleichungssystem (5.34) wird als Transformatorgleichungen bezeichnet. Dividiert
man beide Gleichungen durcheinander, so bekommt man das zu jedem Zeitpunkt gültige
Übertragungsverhältnis der Spannungen
NS
US .t/ D UP .t/  : (5.35)
NP
p
Den in beiden Gleichungen auftauchenden Term NP NS  D LP LS nennt man auch
Koppelinduktivität, M . Die Transformatorgleichungen nehmen dann die folgende Form
an:
dIP dIS
UP D LP M
dt dt (5.36)
dIP dIS
US D M  LS :
dt dt
Die komplexe Wechselstromtechnik erlaubt es, Ableitungen durch Faktoren zu ersetzen
(siehe Anhang). Die Transformatorgleichungen werden dadurch einfacher:

uP D LP j!  i P  M j!  i S
(5.37)
uS D M j!  i P  LS j!  i S :

Diese Gleichungen können auch von einer ganz anderen, nämlich der in . Abb. 5.9 ge-
zeigten Schaltung, erfüllt werden.

Beim verlustlosen Transformator ist die primärseitig aufgenommene Wirkleistung (PP >
0) gleich der sekundärseitig gelieferten (PS < 0). Für die Schein- und Blindleistung gilt
dagegen nichts Vergleichbares.

. Abb. 5.9 Der verlustlose Transformator und sein Ersatzschaltbild: Dieser Transformator verhält sich (bis
auf die Potenzialtrennung) im Wechselstromkreis nach (5.37) wie die rechts gezeichnete Schaltung
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
193 5
Mit Hilfe von (5.21) erhält man

PP D PS ! <.U P  I P / D C<.U S  I S / : (5.38)

Ist der verlustlose Transformator von einer Impedanz Z S D uS =i S belastet, so lässt


sich aus den Transformatorgleichungen (5.37) die Sekundärseite komplett herauskürzen,
und man erhält
iP 1 LS 1
D C  : (5.39)
uP j!LP LP Z S

Der belastete verlustlose Transformator verhält sich also wie die Parallelschaltung seiner
Primärspule und einer um das Spulenverhältnis LLPS vergrößerten Lastimpedanz Z S . Dies
führt auf eine Gleichung für den Strom auf der Sekundärseite:

 
NP u
iS D iP  P (verlustloser Transformator): (5.40)
NS j!LP

Gl. (5.39) führt auf eine sehr gut handhabbare Abschätzung des Sekundärstromes. Wenn
LP ! 1, dann fällt der Imaginärteil der am Primärkreis liegenden Last weg und es bleibt
ein Gleichungssystem, welches den sogenannten idealen Transformator beschreibt:

iS u NP
D P D (idealer Transformator): (5.41)
iP uS NS

Die Näherungen des idealen Transformators sind anwendbar, wenn die Bedingung

LP jZ S j
!LP (5.42)
LS

erfüllt ist und Leistungsverluste innerhalb des Transformators vernachlässigbar sind.

1 Leitungswiderstände und Wirbelströme sind unvermeidbar


Reale Transformatoren haben dagegen Ohm’sche Verluste in den Spulenwindungen, Ver-
luste im Eisen und magnetische Flussanteile, die nicht durch beide Spulen gehen (Streu-
felder), so dass (5.38) dort nicht mehr gilt. Zur Beschreibung solcher Effekte (Entwurfs-
anleitungen siehe zum Beispiel in [1]) muss das in . Abb. 5.9 gezeigte Schaltbild mo-
difiziert werden. Ein populäres Ersatzschaltbild, allerdings ohne Berücksichtigung der
Verluste durch Streufelder, zeigt . Abb. 5.10. Die beiden Widerstände RP und RS sind
die Ohm’schen Widerstände der Zuleitungen. Sie machen, außer im Kurzschlussbetrieb,
meist keinen großen Effekt, so dass im wesentlichen LP ; LS und RFe das Verhalten des
realen Transformators bestimmen.
194 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.10 Modell eines rea-


len Transformators. Es beinhaltet
die Leitungswiderstände RP und
RS und Eisenverluste RFe . Streu-
felder sind in diesem Bild nicht Fe
berücksichtigt

1 Durch Kurzschluss- und Leerlaufversuche werden Transformatoreigenschaften


bestimmt
5 Wird der Transformator im Leerlauf betrieben (IS D 0), ergibt die Wirkleistungsmessung
auf der Primärseite die Eisenverluste
2
Ueff;P
PLeerlauf D Ueff;P  Ieff;P cos.U;P  I;P /  (5.43)
RFe
und die Blindleistungsmessung die Induktivität der Primärspule:
q 2
Ueff;P
QLeerlauf D Ueff;P  Ieff;P  PLeerlauf
2
 : (5.44)
!LP
Das Verhältnis von Ein- und Ausgangsspannung
p im Leerlauf gibt darüber hinaus das
Verhältnis der Windungen NP =NS D LP =LS :

UOP2 N2 LP
sin2 .U;P  I;P / D P2  : (5.45)
O
US 2 NS LS

Beim Kurzschlussversuch werden die Anschlüsse der Sekundärseite miteinander


verbunden. Vernünftigerweise wird der Kurzschlussversuch bei deutlich geringeren
Eingangsspannungen als der späteren Betriebsspannung durchgeführt. Die Ohm’schen
Widerstände der Leitungen sorgen in diesem Falle für einen nicht über alle Grenzen
wachsenden Stromfluss, und der parallel zu RS befindliche Eisenwiderstand spielt kaum
noch eine Rolle. Der kurzgeschlossene Transformator verhält sich so wie ein verlustloser
Transformator, dem ein Lastwiderstand RS nach- und ein Vorwiderstand RP vorgeschal-
tet ist. Mit (5.39) erhält man so
 
LP
PKurzschluss  Ieff;P  cos .U  I /  RP C
2 2
RS ; (5.46)
LS

wobei cos2 .U  I /  1 sein muss.11 Für das Verhältnis der Kurzschlussströme gilt dann
s
IKurzschluss;S LP
 : (5.47)
IKurzschluss;P LS

Auf diese Weise können durch Leerlauf- und Kurzschlussmessungen die Merkmale des
Transformators bestimmt werden (Anwendung siehe Aufgabe 5.48).

11 Wenn nicht einmal im Kurzschlussfall die Blindströme viel kleiner sind als die Wirkströme, dann liegt
entweder ein Produktionsfehler oder ein Messfehler vor.
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
195 5
. Abb. 5.11 Prinzipskizze ei-
nes Zündtransformators. Der
Hall-Sensor signalisiert den zur
Zündung passenden Winkel der
Kurbelwelle. Der mit ihm verbun-
dene Schalter ist in der Regel ein
Leistungstransistor. UBat steht für
die Batteriespannung, also meist Bat
12 Volt. Die Zünderze wird paral-
lel zur Induktivität LS geschlossen

Beispiel Zündtransformator: Wie in zwei Schritten aus 12 Volt 30 kV erzeugt werden

Das Benzin-Luftgemisch in einem Verbrennungsmotor wird durch eine Hochspannungs-


entladung gezündet. Dazu wird die in . Abb. 5.11 gezeigte Schaltung verwendet. Deren
Zeitverhalten wird von einem Hall-Sensor bestimmt, welcher die Stellung der Kurbelwelle
feststellt. Die Zündung wird vorbereitet, indem der Hall-Sensor den Steueranschluss eines
Leistungstransistors (hier durch einen Schalter dargestellt) auf Masse zieht. So kann ab dem
Zeitpunkt t D 0 ein Strom von der Batterie durch die Primärspule zur Masse fließen. Da die
Sekundärspule in dieser Zeit keinen Strom führt, verhält sich der Transformator wie eine
einzelne Spule der Induktivität Lp .
Fassen wir alle Ohm’schen Widerstände entlang dieses Stromflusses zu einem einzigen,
Rp , zusammen, so entwickelt sich der Strom gemäß

dIp
UBat D Rp  Ip C Lp
dt
(5.48)
UBat  
! Ip D 1eRt=L
C Ip;0 eRt=L :
Rp

Dabei ist Ip;0 der Strom zum Zeitpunkt t D 0 und UBat die Batteriespannung. Im Magnetfeld
des Transformators ist dann die Energie W D 12 Lp Ip2 gespeichert. Die Dimensionierung
der Bauteile muss so vorgenommen werden, dass für die Zeit T zwischen zwei Zündungen
e RT =L  0 ist. Denn nur dann fließt der maximale Strom

UBat
Ip;max  :
Rp

Die Zündung wird eingeleitet, indem der Hall-Sensor den Strom vom Steueranschluss zur
Masse unterbindet. Dann bleibt primärseitig ein Stromkreis aus Batterie, Kondensator Cp
und Primärspule Lp übrig, also ein Reihenschwingkreis. In diesem oszilliert die Energie
zwischen Spule und Kondensator. Die maximale Spannung am Kondensator, Up;max ist ge-
nau dann erreicht, wenn die im Magnetfeld der Spule gespeicherte Energie vollständig an
196 Kapitel 5  Wechselstromnetze

das elektrische Feld im Kondensator abgegeben worden ist. Sie ist damit durch

Wmax .Cp / D Wmax .Lp /


1 1
! 2
Lp Ip;max D Cp Up;max
2
2 2 (5.49)
s
Lp
! Up;max D Ip;max
Cp

gegeben. Dabei ist Up;max typischerweise 400 Volt. Die maximale Spannung an der Primär-
spule ist nur um 12 Volt geringer.
5 Die fast 400 Volt an der Primärspule werden nun auf 30.000 Volt an der Sekundärspule
hochtransformiert. Gemäß (5.35) wird dies erreicht, indem die Sekundärspule viel mehr
Wicklungen Ns bekommt als die Primärspule: Ns =Np  30:000=400.
So lässt sich die maximale Spannung auch in der Form
s s
Ls Ls Up
Us;max D Ip;max   (5.50)
Cp Cp Rp

angeben. Sie ist also überraschenderweise (fast) nicht von der Induktivität der Primärspule
abhängig. Im Gegenzug hängt die für die Zündung zur Verfügung stehende Gesamtenergie
sehr stark von der Induktivität der Primärspule ab.

5.1.5 Drei-Phasen-Wechselstrom

Der dreiphasige Wechselstrom, auch Drehstrom genannt, erlaubt es, bei gleicher Belas-
tung der Leitungen größere Leistungen zu transportieren als es beim einphasigen Wech-
selstrom möglich ist. Er spielt daher in der Energieversorgung und in der Automatisie-
rungstechnik eine wichtige Rolle.

1 Die meisten Haushalte sind in Sternschaltung angeschlossen


. Abb. 5.12 zeigt ein System, wie es bei der Versorgung von Haushalten anzutreffen
ist. Die energiespendenden Leitungen werden in der Drehstromtechnik auch kurz als

. Abb. 5.12 Typisches Drei-


Phasen-Wechselstrom System mit
jeweils im U D 120ı versetz-
ten Spannungen. Jede Phase hat
gegenüber dem Nulleiter die Span-
nung Ueff D 230 V und gegenüber
dem Nachbarn Ueff D 400 V
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
197 5
. Abb. 5.13 Prinzipskizze einer
Haus-Energieversorgung: Dass
in der Regel drei Phasen der Ver-
sorgung dienen, fällt meist nicht
auf, da pro Zimmer nur eine Phase
angeschlossen ist

. Abb. 5.14 Sternschaltung:


Jede der drei Versorgungsleitun-
gen ist über eine Last ZL mit dem
Nullleiter verbunden. Es gibt aber
keine direkten Verbindungen zwi-
schen den Phasen. Sind, wie hier
gezeigt, die Impedanzen gleich,
führt der Nulleiter keinen Strom

verschiedene Phasen bezeichnet, da sich die in ihnen fließenden Ströme nur durch die
Phasenwinkel unterscheiden. Eine Verbindung, in der ein Verbraucher angeschlossen ist,
wird Strang genannt.
Dass mehrere stromführende Leitungen das Haus erreichen, ist für die einzelnen Zim-
mer nicht sichtbar. Denn, wie . Abb. 5.13 zeigt, wird pro Raum nur eine Phase und der
Nullleiter angeschlossen. Der Sinn dieses Systems wird in dem Extremfall deutlich, in
dem zwischen jeder Phase und dem Nullleiter die gleiche Impedanz Z S angeschlossen
wird. Berechnet man für diesen, in . Abb. 5.14 gezeigten Fall den Strom durch den
Nulleiter, so ergibt sich12
1  ı ı ı
I D  UO e j0 C e j120 C e j240 D : : : D 0: (5.51)
ZS

In einem symmetrisch belasteten Drehstromnetz übernehmen die Versorgungsleitungen die


Rückleitung des Stromes gleich mit.

1 Die Dreieckschaltung macht aus drei 230 V-Phasen drei 400 V-Spannungen
Werden die Phasen nicht mit dem Nullleiter, sondern untereinander verbunden, so ergibt
sich, wie . Abb. 5.15 zeigt, die Anordnung in Form eines Dreiecks. Bei dieser Anord-
nung ist der Nullleiter überhaupt nicht mehr angeschlossen. Der Clou ist aber nicht nur,
dass völlig auf einen Nulleiter verzichtet werden kann, sondern auch, dass die Phasen-
differenz von 120ı zu einer erhöhten zur Verfügung stehenden Spannung führt. Und das
kommt so heraus: Die zwischen den ersten beiden Phasen liegende Spannung ist
 
U 2  U 1 D UO e j2
=3  1 : (5.52)

12 Genau aus diesem Grunde werden im Haushalt verschiedene Verbraucher an verschiedene Phasen gelegt.
Eine kluge Verkabelung wird Verbraucher, die gleichzeitig aktiv sind, an verschiedene Phasen anschließen.
198 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.15 Symmetrische Drei-


eckschaltung im Drehstromkreis

p
Dabei ist UO D 2  230 V D 325 V die allen drei Phasen gemeinsame
p Amplitude. Der
Ausdruck e j 2
=3  1 ist eine komplexe Zahl mitp dem Betrag 3. Daher ist die effektive
Spannung zwischen den Phasen .U2  U1 /eff D 3  230 V D 400 V.
5 . Abb. 5.16 zeigt die Verhältnisse am Beispiel der beiden Phasen u1 D UO sin.!t/
und u2 D UO sin.!t C 120ı /. Für alle drei Möglichkeiten der Differenzbildung erhält man
ı p ı
U 2  U 1 D UO .e j120  e ı / D 3  UO e j150
ı ı p ı
U 3  U 2 D UO .e j240  e j120 / D 3  UO e j270 (5.53)
ı p ı
U 1  U 3 D UO .e ı  e j240 / D 3  UO e j30 :

Durch eine Impedanz mit dem Leitwert Y D D jY D je jY fließt daher in ihrem Strang ein
Strom mit der Amplitude
  p ı
I D D Y D  U 2  U 1 D 3  UO jY D j  e j.150 CY / ; (5.54)

wenn sie zwischen die ersten beiden Phasen geschlossen wird. Der Vergleich mit der
Sternschaltung ergibt:

p p
Bei gleichen Widerständen gibt die Dreieckschaltung eine 3-Fache Spannung, einen 3-
Fachen Strangstrom und so eine verdreifachte Leistung verglichen mit der Sternschaltung.

Für den Strom i 1 in der ersten Zuleitung ergibt sich bei symmetrischer Last eine Ampli-
tude

I 1 D I .U 1  U 3 /  I .U 2  U 1 / D 3  jY D jUO  e jY : (5.55)

. Abb. 5.16 Spannungsverläufe


in einem Drei-Phasen-
Wechselstrom-Netz: Die
Spannungsdifferenz zwischen zwei
ı
um 120
p verschobenen Phasen ist
um 3 erhöht und um  D 30ı
neben der einen Phase. Hier ist
die Amplitude
p der Einzelphasen
UO D 2  230 V D 325 V
5.1  Theoretische Grundlagen der Wechselstromnetze
199 5
Die Stromamplitude in einer Zuleitung hat also,
p verglichen mit Sternschaltung, bei sym-
metrischer Belastung einen um den Faktor 3 größeren Betrag in einem Strang des
Dreiecks.

!Vorsicht, Fehler durch Taschenrechner!


Wegen der Mehrdeutigkeit der Arkustangens-Funktion erhält man leicht andere, falsche
Ergebnisse.

Interessant ist der Vergleich der Schaltungen bei gleicher Leistung: Wird eine Stern-
schaltung mit dem Widerstand RS durch eine Dreieckschaltung p mit dem p Widerstand
RD D 3  RS ersetzt, wird der Strangstrom um den Faktor 3=3 D 1= 3 verringert.
Damit kompensiert ein geringerer Strom eine um den gleichen Faktor erhöhte Spannung
und die Leistung bleibt die gleiche. Nach außen hin ist die Veränderung
p ebenfalls nicht
sichtbar, denn der Strom in den Leitungen ist um den Faktor 3 größer als der (verklei-
nerte) Strangstrom.
Unabhängig von der gewähltenpSchaltungsstruktur wird,pwenn jede Versorgungslei-
tung bei einer Spannung Ueff D UO = 2 einen Strom Ieff D IO= 2 führt, bei symmetrischer
Last eine Gesamtleistung von

3
P D <.U I  / D 3  Ueff Ieff cos.U  I / (5.56)
2
übertragen, ohne dass dafür eine Rückleitung nötig wäre.

1 Impedanzen der Stern- und Dreieckschaltung lassen sich ineinander umrechnen


Der Vorbereitung von standardisierten Lösungsverfahren dient die Stern-Dreieck-Um-
rechnung, wie sie in . Abb. 5.17 dargestellt ist. Fordert man für beliebige Potenziale
an den Anschlusspunkten A; B und C die gleichen Ströme, so folgt für die Berechnung
der Sternwiderstände
R1  R3 R1  R2 R2  R3
Ra D ; Rb D ; Rb D (5.57)
R1 C R2 C R3 R1 C R2 C R3 R1 C R2 C R3

mit der Rücktransformation


Ra  Rb Rb  Rc
R1 D Ra C Rb C ; R2 D Rb C Rc C ;
Rc Ra
(5.58)
Rc  Ra
R3 D Rc C Ra C :
Rb

. Abb. 5.17 Stern-Dreieck-


Umrechnung: Zu jedem Stern lässt
sich ein äquivalentes Dreieck fin-
den und umgekehrt (siehe (5.57),
(5.58))
200 Kapitel 5  Wechselstromnetze

Sie gelten auch für Impedanzen, also bei Ri ! Z i . Die Umrechnungen kann man sich
wie folgt merken:
Ya Yb Produkt der anliegenden Admitanzen
Stern ! Dreieck W Y1 D D
Ya CYb CYc Summe aller Admitanzen
Z1  Z3 Produkt aller anliegende Impedanzen
Dreick ! Stern W Z a D D
Z1 C Z2 C Z2 Summe aller Impedanzen
(5.59)

5.2 Fragen und Aufgaben zu Wechselstromnetzen


5
5.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

5.1 Wie erhält man aus dem komplex dargestellten zeitlichen Verlauf einer Spannung
deren messbaren Verlauf?
a) Man bestimmt den Realteil des komplexen Verlaufes.
b) Man bestimmt den Imaginärteil des Verlaufes.
c) Man bestimmt den Betrag des komplexen Verlaufes.

5.2 Welche der folgenden Aussagen über ein Gerät, welches ausschließlich Blindleistung
aufnimmt, ist korrekt?
a) Gar nichts wird warm, weder das Gerät noch seine Versorgungsleitungen.
b) Gerät und Zuleitungen erwärmen sich.
c) Nicht das Gerät, nur die Zuleitungen erwärmen sich.

5.3 Eine Bohrmaschine hat eine Motorleistung von 4 kW und außerdem noch 3 kW
Blindleistung. Wie groß ist ihre Scheinleistung?
a) Die Scheinleistung beträgt 1 kW.
b) Die Scheinleistung beträgt 5 kW.
c) Die Scheinleistung beträgt 7 kW.

5.4 Wie ändert sich das Verhalten eins Haushaltsgerätes, wenn es mit einer Blindleis-
tungskompensation ausgestattet wird?
a) Die Maßnahme entlastet die Leitungen, allerdings um den Preis einer geringeren
Wirkleistung.
b) Die Maßnahme entlastet die Leitungen, allerdings um den Preis einer geringeren
Blindleistung.
c) Die Maßnahme entlastet nur den Stromversorger.

5.5 Wann stimmt der Satz „Ein blindleistungskompensiertes Gerät ist ein an die Span-
nungsquelle angepasstes Gerät.“?
a) Er stimmt immer. Der gleiche Sachverhalt wird nur in vielen Büchern verwirrend
dargestellt.
b) Er stimmt nie, denn Anpassung und Blindleistungskompensation schließen sich ge-
genseitig aus.
c) Das kann nur sein, wenn der Innenwiderstand der Spannungsquelle keinen Blindanteil
hat.
5.2  Fragen und Aufgaben zu Wechselstromnetzen
201 5
5.6 Bei Hochspannungsmasten kann man oft beobachten, dass anstelle von Einzellei-
tungen Bündel von vier Leitungen mit Abstandshaltern an den Isolatoren hängen. Was ist
der Grund?
a) Der Grund heißt Stromverdrängung.
b) Vier dünne Leitungen zu produzieren, kostet weniger als eine dicke.
c) Man erhält so ein besseres Verhältnis von Leitungsgewicht und Leitungsquerschnitt.

5.7 Was begrenzt die Leistung eines Transformators?


a) Die Anzahl der Sekundärwindungen begrenzt die Maximalleistung.
b) Die Anzahl der Primärwindungen begrenzt die Maximalleistung.
c) Die Masse des Eisenkerns begrenzt die Maximalleistung.

5.8 Bei der Verkabelung eines Einfamilienhauses werden verschiedene Zimmer mit ver-
schiedenen Phasen versorgt. Warum wird das so gemacht?
a) Das wird gemacht, damit weniger Strom durch den Nullleiter fließt.
b) So wird verhindert, dass Strom von einem Zimmer in das andere fließt.
c) Die Frage ist falsch gestellt: Alle Zimmer kommen an die gleiche Phase, nur Groß-
verbraucher wie Herd und Waschmaschine werden an alle Phasen angeschlossen.

5.9 Nach einem Umzug wird der Heizstab einer Waschmaschinen zwischen eine Phase
und Masse (normale Steckdose) geschaltet. Vorher hatte die Maschine einen Drehstrom-
anschluss. Wie ändert sich das Heizverhalten?
a) Es ändert sich nichts.
b) Die Zeit zum Aufheizen des Wassers steigt
p um ca. + 200 %.
c) Die Heizzeit erhöht sich um den Faktor 3.

5.10 „Blindleistung oszilliert so lange zwischen Erzeuger und Verbraucher hin und her,
bis sie in Wirkleistung verwandelt wird.“ Stimmt das?

5.11 „Die Wicklungsdrähte eines Transformators müssen blank sein.“ Stimmt das?

5.12 „Ein verlustleistungsloser Transformator ist ein idealer Transformator.“ Stimmt


das?

5.13 „Beim Kondensator im Wechselstromkreis eilt der Strom der Spannung voraus.“
Stimmt das?

5.14 „Man soll nie ein Verlängerungskabel von einem Zimmer ins daneben liegende
legen.“ Stimmt das?

5.15 Welche drei Parameter kennen Sie, mit denen die Stärke einer Wechselspannung
angegeben wird?

5.16 Ein Verbraucher mit der Impedanz Z S ist über einen verlustlosen Transformator
mit den beiden Induktivitäten LP (Primärseite) und LS (Sekundärseite) mit einem Pri-
märkreis verbunden. Welche Impedanz ZP hat das System im Primärkreis?

5.17 Bitte erläutern Sie Aufbau und Funktion von Dynamoblech.


202 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.18 Zur Aufgabe 5.22:


Zeitlicher Spannungsverlauf an
einem Oszilloskop

. Abb. 5.19 Zur Aufgabe 5.23: I


Von einer Wechselspannungsquelle
U gespeiste Parallelschaltung aus
UQ L R C
Spule, Widerstand und Kondensa-
tor .R; L; C /

5.18 Welche beiden Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein Verbraucher im Wech-
selstromkreis an die Quelle angepasst ist?

5.19 Was ist ein Parallelersatzwiderstand, und wann ist dessen Verwendung sinnvoll?

5.20 Welche Eigenschaften eines Transformators lassen sich aus einem Leerlaufversuch
und dessen Ausmessung bestimmen?

5.2.2 Klausuraufgaben

5.21 Welche der folgenden Optionen stimmt? Unter Blindleistungskompensation ver-


steht man
a) die Möglichkeit, Sozialleistungen rückgängig zu machen,
b) eine Technik zur Reduktion überflüssiger Blindströme,
c) das Einspeisen von Strömen in Solaranlagen bei bewölktem Himmel.

5.22 . Abb. 5.18 zeigt den zeitlichen Verlauf einer Spannung. Könnte hier die Netzspan-
nung in einem europäischen Land dargestellt sein? Bitte bestimmen Sie zur Beantwortung
die Spitze-Spitze-Spannung US S , den Scheitelwert der Spannung UO , die effektive Span-
nung Ueff , die Frequenz f und die Phase U .

5.23 Bitte stellen Sie für U D 0 die Ströme und deren Gesamtsumme der in . Abb. 5.19
gezeigten Schaltung in einem Zeigerdiagramm dar und geben Sie auch die entsprechende
5.2  Fragen und Aufgaben zu Wechselstromnetzen
203 5
Gleichung I D f .U / an. In dem Beispiel soll der Blindwiderstand der Spule kleiner sein
als der des Kondensators.

5.24 Die Spannung am Stromabnehmer einer Elektrolokomotive beträgt


  
2 2
u.t/ D 28 kV sin 2
 16 C Hz  t 
: (5.60)
3 3
Welche Verspätung haben die Spannungs-Nulldurchgänge relativ zu t D 0?

5.25 Welche Spannungen muss ein an das 230 V-Hausnetz angeschlossener Glättungs-
kondensator aushalten? Würden Sie einen Elektrolyt-Kondensator empfehlen?

5.26 Welche der folgenden Optionen stimmt? Blindleistung ist


a) eine zu Unrecht vergebene Sozialleistung,
b) die Leistung einer Photozelle im Dunkeln,
c) der Grund für Überspannungen,
d) immer negativ,
e) von der Netzfrequenz abhängig.

5.27 Vom Energieversorger wird dem Haushalt eine Wechselspannung mit dem Effek-
tivwert Ueff D 230 V geliefert. Warum heißt dieser Wert Effektivwert und wie groß ist die
Amplitude?

5.28 In Technik-Büchern wie [2] tritt im Zusammenhang mit Transformatoren der Faktor
4,44 in Erscheinung. Wie heißen die nächsten Nachkommastellen?

5.29 Welche der folgenden Aussagen trifft für den idealen Transformator zu?
a) Er erzeugt keine Wärme.
b) Für das Eisen wird Fe D 0 angenommen.
c) Das Verhältnis der Ströme auf der Primär- und auf der Sekundärseite ist genau das
inverse Spannungsverhältnis.
d) Er nimmt nur Blindleistung auf.
e) Zwischen Strom und Spannung auf der Sekundärseite liegt ein Phasenwinkel von
U;S  I;S D ˙90ı .

5.30 Welche Verluste treten bei einem realen Transformator auf und wie wirken sie sich
aus?

5.31 Sie schalten drei Transformatoren, die jeweils 1000 Windungen auf der Primärseite
und 100 Windungen auf der Sekundärseite haben, hintereinander. Wie viele Windungen
auf der Sekundärseite müsste ein einziger Transformator auf der Sekundärseite haben,
um das gleiche Spannungsübersetzungsverhältnis zu erzeugen?

5.32 Unter der Strangspannung verstehen Sie


a) die am Verbraucher liegende Spannung in einem Drehstromsystem,
b) die Spannung einer als Strang geflochtenen Leitung,
c) die Spannung im Handlungsstrang eines Kriminalromans, oder
d) die durchschnittliche Spannung im Strang einer Überlandleitung.
204 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.20 Zur Aufgabe 5.36: Schaltung mit paradoxen Eigenschaften. Können die Bauteile so gewählt
werden, dass sich die Gesamt-Stromstärke beim Schließen des Schalters nicht ändert?

5.33 Bitte zeigen Sie, dass für zwei komplexe Größen A und B
5 ˇ ˇ2
ˇAˇ 2
ˇ ˇ D jAj (5.61)
ˇB ˇ
jBj2

gilt.

5.34 Wie lautet die komplexe Darstellung u.t/ des in . Abb. 5.18 gezeigten Spannungs-
verlaufes?

5.35 . Abb. 5.2 zeigt die Addition von drei Spannungen einer Reihenschaltung. Wie
müsste die Darstellung geändert werden, wenn der hindurchfließende Strom eine Ampli-
tude

I D IOe jI D IOe j


=2 (5.62)

hätte?

5.36 Einem f D 50 MHz-Signalgenerator mit einem Innenwiderstand von Ri D 50 


und vernachlässigbaren internen Blindwiderständen ist, wie in . Abb. 5.20 gezeigt, eine
Spule parallel geschaltet. Welche Induktivität muss diese (als ideal angenommene) Spule
haben, damit sich beim Schließen des Schalters die Stromstärke jI j nicht ändert, obwohl
ein Strom durch R D 10 k hinzukommt?

5.37 . Abb. 5.21 zeigt die so genannte Hummel-Schaltung13 , welche zur Bestimmung
der Blindleistung dient. Bitte wählen Sie den Trimmwiderstand R3 so, dass zwischen
der anliegenden Spannung U und dem Strom durch die zweite Spule .L2 ; R2 / eine 90ı -
Phasenverschiebung besteht.

. Abb. 5.21 Zur Aufgabe 5.37: L1 R1


Hummelschaltung. Sie dient der
Bestimmung der Blindleistung. In
dieser Zeichnung sind R1 und R2 L2
U R3
die Ohm’schen Widerstände der
realen Spulen R2

13 Georg Hummel wurde hierfür 1895 das Reichspatent Nr. 968897 erteilt.
5.2  Fragen und Aufgaben zu Wechselstromnetzen
205 5
. Abb. 5.22 Zur Aufgabe 5.38:
Leuchtstofflampe. Diese erreicht
einen Lichtfluss von 900 Lumen
bei einer Leistungsaufnahme von
P D 12;7 W (Foto: OSRAM)

5.38 Die in . Abb. 5.22 gezeigte Leuchtstofflampe ist auf einen Betrieb von Ueff D
77 V ausgelegt und nimmt eine Leistung von P D 12;7 W auf. Bitte liefern Sie die
Begründung dafür, dass solche Lampen heute mit elektronischen Spannungswandlern
ausgerüstet werden, indem Sie die klassische Alternative durchrechnen und dabei zu recht
großen Bauteilen kommen:
Um die Betriebsspannung aus dem 230 V-Netz zu erhalten, kann eine Drosselspule in
Reihe mit dem Leuchtkörper geschaltet werden. Bitte bestimmen Sie unter der Annahme,
dass sich der Leuchtkörper wie ein Ohm’scher Widerstand verhält, die Induktivität L der
Drosselspule. Bitte bestimmen Sie die Blindleistung der Anordnung und den Leistungs-
faktor. Kompensieren Sie danach die Blindleistung. Wie sieht diese klassische Schaltung
(hier: ohne Starter) aus? Welche Kapazität hat der Kondensator und welche Spannungs-
festigkeit braucht er?
Warum wird diese klassische Schaltungstechnik eher bei großen als bei kleinen
Leuchten eingesetzt?

5.39 In einem Drei-Phasen-Wechselspannungsnetz


p hat jede Leitung relativ zu dem allen
gemeinsamen Nullpunkt eine Amplitude UO D 2230 V. Mit einem Oszilloskop wird die
Differenz der Spannungen von zwei dieser Leitungen als Funktion der Zeit dargestellt.
Was ergibt die Spitze-Spitze-Messung der Spannung?

5.40 Eine Waschmaschine kann ihr Wasser entweder mit einem einzigen (Ein-Phasen-
) Heizstab oder mit drei als Dreieck geschalteten Heizstäben für das Drei-Phasen-Netz
erwärmen. In beiden Fällen beträgt die Heizleistung 2 kW. Welche Heizwiderstände sind
zu wählen, und welche Ströme fließen?
Bitte vergleichen Sie auch die Verluste, die in den Zuleitungen auftreten, wenn jede
Leitung einen Ohm’schen Widerstand von R D 0;05  hat.

5.41 Was bedeutet die folgende Aussage im Zusammenhang mit dem Drei-Phasen-
Wechselstrom: In der Dreieckschaltung wird bei gleicher Spannung die dreifache Leis-
tung übertragen?
a) Durch Ausnutzen der 120ı -Winkelbeziehung wird der Strom dreimal so effektiv ge-
nutzt.
b) Bei gleichen Impedanzen führt das Umschalten sowohl zu höheren Strömen als auch
zu höheren Spannungen.
c) Nein, die Aussage ist falsch, denn sie verletzt den Energie-Erhaltungssatz.

5.42 . Abb. 5.23 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Überlandleitungsmastes für Dreh-
strom. Wenn es sich um eine so genannte 230 kV-Übertragung handelt: Welche Spannun-
206 Kapitel 5  Wechselstromnetze

. Abb. 5.23 Zur Aufgabe 5.42:


Typischer Mast für Überlandlei-
tungen. Auf beiden Seiten des
Mastes wird mittels Drei-Phasen-
Wechselstroms Energie übertragen

gen treten zwischen den Leitungen höchstens auf? Und welche Spannung tritt höchstens
zwischen dem Mast und den Leitungen auf? Wie groß ist Strom durch jede der Leitungen
bei einer übertragenen Leistung von 100 MVA?

5.43 In einem Haus in Deutschland brennen in drei Zimmern, die jeweils an verschiede-
nen Phasen der Versorgung liegen, verschiedene Lampen. Die Lampe im ersten Zimmer
verbraucht 12 Watt, die im zweiten 60 Watt und die im dritten 36 Watt. Wie groß sind die
Stromamplitude und der Effektivwert des Stromes im Nullleiter?

5.44 Reihenschaltung von Spulen und Widerständen können, wie in . Abb. 5.4 ge-
zeigt, bei festgelegter Frequenz durch eine sich gleich verhaltende Serienschaltung ersetzt
werden. (Wie) kann dieses Prinzip, wie in . Abb. 5.24 gezeigt, auf beliebige parallel ge-
schaltete Impedanzen verallgemeinert werden?

5.45 Bitte zeigen Sie, dass alle Impedanzen, die den gleichen Leitwert G haben, in der
komplexen Impedanz-Ebene auf einem Kreis liegen, der den Ursprung berührt und der,
wie in . Abb. 5.25 gezeigt, symmetrisch zur reellen Achse liegt. Bitte bestimmen Sie
auch den Radius dieses Kreises.

. Abb. 5.24 Zur Aufgabe 5.44: Versuch des Ersatzes der Parallelschaltung zweier beliebiger Impedanzen ZA
und ZB durch eine Reihenschaltung
5.2  Fragen und Aufgaben zu Wechselstromnetzen
207 5
. Abb. 5.25 Zur Aufgabe 5.45:
Der G-Kreis in der komplexen
Impedanz-Ebene. Er beinhaltet alle
Impedanzen mit gleichem G

. Abb. 5.26 Zur Aufgabe 5.47:


Schaltung aus Spannungsquelle, UP LP LS R
Transformator und Widerstand

5.46 Bitte berechnen Sie die von der Zeit abhängige Leistung p.t/ für einen Ohm’schen
Widerstand R, der von einer Quelle mit u.t/ D UO e jU e j!t gespeist wird.

5.47 Ein verlustloser Transformator wird, wie in . Abb. 5.26 gezeigt, primärseitig an
eine ideale Spannungsquelle uP D UOP e j!t und sekundärseitig an einen Ohm’schen Wider-
stand R angeschlossen. Bitte finden Sie eine nur aus einer Spule und einem Widerstand
bestehende Ersatzschaltung, welche die Spannungsquelle in der gleichen Weise belastet
wie die Schaltung in . Abb. 5.26.

5.48 Sie sind bei der Stiftung Warentest beauftragt, den in . Abb. 5.27 gezeigten
Schweiß-Transformator auszumessen, um zerstörungsfrei auf sein Innenleben zu schlie-
ßen. Sie finden, dass er beim maximalen Schweißstrom von 120 A netzseitig 13,3 A
zieht.14 Im Leerlauf setzt er die Netzspannung von Ueff;P D 230 V auf Ueff;S D 48 V

. Abb. 5.27 Zur Aufgabe


5.48: Handelsüblicher Schweiß-
Transformator (Foto: ich)

14 Dies sind Beispielzahlen. Ähnlichkeiten mit am Markt befindlichen Geräten wären rein zufälliger Natur.
208 Kapitel 5  Wechselstromnetze

herunter. Dabei messen Sie einen Strom von 1;12 Ampere bei einem Phasenwinkel von
39ı zwischen dem Eingangsstrom und der Eingangsspannung.
Bitte schätzen Sie ab, aus wie großen Induktivitäten der Transformator besteht, wel-
cher Widerstand dem Eisenkern zuzuordnen ist und wie viel Wärme der Transformator
im Leerlauf produziert.

5.49 Die aktuelle Leistung in einem Wechselstromkreis lässt sich als

1˚ 
p.t/ D <.U  I  /  <.U  I  e 2j!t / (5.63)
2
5 schreiben. Bitte zeigen Sie, dass der erste Term die Wirkleistung ist und dass der zweite
Term den gleichen Betrag hat wie die Scheinleistung.

5.3 Antworten zu 7 Kap. 5

5.1 Antwort b) ist richtig. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass der Imaginärteil der
komplexen Exponentialfunktion die Sinusfunktion ist. (Es gibt eine kleine Anzahl von
Lehrbüchern, in denen der Verlauf von Wechselspannungen mit Hilfe der Cosinusfunk-
tion dargestellt wird. Nach deren Phasenkonvention wäre dann die erste Antwort die
richtige.)

5.2 Antwort c) ist richtig. Die Blindströme müssen die (Ohm’schen) Widerstände der
Zuleitungen überwinden und setzen so auf ihnen Wärme frei.
p
5.3 Antwort b) ist richtig. Das ergibt sich aus S D P 2 C Q2 .

5.4 Antwort b) ist richtig, denn das Verschwinden der Blindleistung ist gerade das Ziel
der Kompensation. Dieser „Preis“ ist in Wirklichkeit ein Gewinn.

5.5 Antwort c) ist richtig. Bei Anpassung muss die Impedanz des Verbrauchers gleich
dem konjugiert Komplexen des Innenwiderstands der Spannungsquelle sein. Das kann
bei einem Verbraucher ohne Blindwiderstand nur bei einer Quelle ohne Blindwiderstand
der Fall sein.

5.6 Antwort a) ist richtig. Dieser Effekt tritt immer dann auf, wenn Wechselströme flie-
ßen. Wer die dritte Option gewählt hat, muss sich ernsthafte Sorgen um seine Zukunft
machen.

5.7 Antwort c) ist richtig. Das Leistungsmaximum eines Transformators ist erreicht,
wenn sich das Eisen der Sättigung nähert. Mehr Eisen bedeutet eine geringere Felddichte
im Eisen bei gleichem magnetischen Fluss, also ein Eintreten der Sättigung bei höherer
Gesamtleistung.

5.8 Antwort a) ist richtig. Wenn alle Phasen gleichmäßig belastet werden, stellt das Haus
eine symmetrische Sternschaltung dar, bei welcher die Summe aller hausinternen Ströme
durch die Nulleiter gleich null ist.
5.3  Antworten zu Kap. 5
209 5
p
3 gilt für das Verhältnis der Effektivwerte der am
5.9 Antwort b) ist richtig. Der Faktor
Heizstab liegenden Spannungen. Die Leistung sinkt aber um das Quadrat dieses Faktors.
So verdreifacht sich die Heizzeit.

5.10 Ja, das stimmt. Die Transformation in Wirkleistung übernehmen in der Regel die
Ohm’schen Widerstände der Leitungen, denn die Blindströme müssen ständig durch diese
hindurchfließen.

5.11 Nein, das stimmt nicht. Sie sehen zwar fast immer blank aus, aber nur weil sie mit
einem isolierenden Lack- oder Kunststoffmantel überzogen sind. Ein Kontakt zwischen
den Windungen würde zum Kurzschluss führen.

5.12 Nein, das stimmt nicht. Dies ist ein weitverbreitetes Missverständnis. Der ver-
lustleistungslose Transformator behält seinen primärseitigen Spulencharakter auch im
lastfreien Fall im Gegensatz zum idealen Transformator, der dann primärseitig wie ein
offener Schalter wirkt. Der ideale Transformator folgt im Grenzfall r ! 1 aus dem
verlustlosen.

5.13 Ja, das stimmt. Merkregel: Kondensa-TOR: Strom geht VOR, Induktivi-TÄT: Strom
kommt SPÄT.

5.14 Ja, das stimmt, denn wenn die Zimmer an verschiedene


p Phasen angeschlossen sind,
liegt zwischen den Phasen eine um den Faktor 3 vergrößerte Spannung, das sind 400
V statt 230 V. Deswegen ist eine solche Verkabelung auch gesetzlich und nach VDE
Vorschrift verboten.

5.15 Man benutzt die Amplitude UO , die Spitze-Spitze-Spannung


p US S , und den Effektiv-
wert Ueff . Es gelten US S D 2UO und Ueff D UO = 2.

5.16 Das System verhält sich wie die Parallelschaltung der Primärspule und einer um
den Faktor LS =LP vergrößerten Admitanz des Verbrauchers:

ZP D j!LP k Œ.LP =LS /Z S  :

5.17 Dynamoblech ist zu Stapeln zusammengepresstes, an den Oberflächen isoliertes


Blech. Sein Zweck ist die Unterdrückung von Wirbelströmen, welche durch sich verän-
dernde Magnetfelder entstehen. Die Dicke der Einzelbleche begrenzt den Durchmesser
der Wirbelströme. Dynamoblech sollte optimalerweise so verwendet werden, dass die
magnetischen Feldlinien innerhalb der einzelnen Bleche bleiben (großes r für die gan-
ze Feldlinie), die Wirbelströme dagegen quer zu den Schichten verlaufen. Motoren mit
hochwertigem Dynamoblech haben deutlich geringere Verluste als solche ohne.

5.18 Die Ohm’schen Widerstände im Verbraucher und in der Quelle müssen gleich
groß sein, und der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung muss gleich null sein.
Bei einer Spannungsquelle ist dies der Fall, wenn die innere Impedanz der Spannungs-
quelle gleich dem konjugiert Komplexen der Impedanz des Verbrauchers ist. Bei einer
Stromquelle muss die Admitanz des Verbrauchers gleich dem konjugiert Komplexen der
Admitanz der Stromquelle sein.
210 Kapitel 5  Wechselstromnetze

5.19 Für eine gegebene, feste Frequenz lässt sich zu jeder Reihenschaltung eines Blind-
widerstandes und eines Ohm’schen Widerstandes eine Parallelschaltung aus einem ande-
ren Blindwiderstand und einem anderen Ohm’schen Widerstand (dem Parallelersatzwi-
derstand) finden, die zusammen exakt die gleiche Impedanz haben, wie die ursprüngliche
Reihenschaltung. Die Umrechnung ist immer dann sinnvoll, wenn die Berechnung der
Parallelschaltung im weiteren Verlauf die Berechnung der Gesamtschaltung vereinfacht.
Wichtigstes Beispiel ist der Parallelschwingkreis mit verlustbehafteter Spule. Da die Fre-
quenzverläufe von Parallel- und Reihenschaltung aber deutlich verschieden sind, ist die
Verwendung von Parallelersatzschaltungen nur dann sinnvoll, wenn der zu betrachtende
Frequenzbereich klein im Verhältnis zur Umrechnungsfrequenz ist. Dies ist insbesondere
5 dann der Fall, wenn ein Schwingkreis eine hohe Güte hat.

5.20 Die Messung der aufgenommenen Blindleistung ergibt die Induktivität der Primär-
spule. Die Messung der aufgenommenen Wirkleistung ergibt (bis auf kleine Korrekturen
durch die Leitungsverluste) den Widerstand, welcher den Verlusten im Eisen zuzuordnen
ist. Das Verhältnis der Spannungen am Ein- und Ausgang des Transformators ergibt zu-
sammen mit dem Phasenwinkel zwischen Primärstrom und -spannung das Verhältnis der
Windungszahlen der beiden Spulen.

5.21 Option b) ist richtig. Mit der Blindleistungskompensation werden die Blindleis-
tungsanteile (möglichst vollständig) auf Null gebracht. Dadurch verringert sich der Strom
in den Zuleitungen.

5.22 Die Spannung variiert zwischen C220 V und 220 V. Daher ist der Scheitelwert
der Spannung UO D 220 V. pDie Spitze-Spitze-Spannung ist das Doppelte: US S D 440 V.
Der Scheitelwert ist das 2-Fache des Effektivwertes: Ueff  156 V. Mit diesem Wert
liegt die Spannung außerhalb der europäischen Norm von Ueff D 230 ˙ 10 V.
Eine volle Periode dauert D 5 ns. Die Frequenz ist der Kehrwert: f D 200 MHz.
Die Kreisfrequenz ist ! D 2
f D 1;26 Gs1 . Da die Sinusschwingung um t D 1;6 ns
nach rechts verschoben ist15 , kann der Spannungsverlauf als
u.t/ D UO sin.!  Œt  t/ D 220 V sin.1;26  109 s1  Œt  1;6 ns/ (5.64)
geschrieben werden. Vergleicht man diesen Ausdruck mit
u.t/ D UO sin.!  t C U /; (5.65)
dann erhält man
U D !  t D 2;01 rad D 0;64
 115ı : (5.66)

5.23 . Abb. 5.28 zeigt die Addition der Ströme. Das gezeigte Bild entspricht der Glei-
chung
 
1 1
I D C C j! C U (5.67)
R j!L

15 An dieser Stelle werden gerne Vorzeichenfehler gemacht. Tipp: Man frage sich als erstes ab wo die
Kurve genau so aussieht wie ein Lehrbuch-Sinus. Antwort: bei tLehrbuch D 1;6 ns. Dann frage man sich:
bei welchem Argument geht der Lehrbuch-Sinus los? Antwort: bei sin.0/ D 0. Dann stelle man fol-
gende Überlegung an: Wie muss ich das Argument der dargestellten Sinus-Funktion verändern, damit
sin.!  Œt  tLehrbuch / D 0. Dies führt zu (5.64).
5.3  Antworten zu Kap. 5
211 5
. Abb. 5.28 Zur Aufgabe
5.23: Addition von Strömen ei-
ner R; L; C -Parallelschaltung in
einem Zeigerdiagramm

mit U D 0. Hieraus ergeben sich auch die Vorzeichen der Imaginärteile, denn 1=.j!L/ <
0.

5.24 Die Nulldurchgänge sind dort, wo das Argument der Sinus-Funktion die Werte 0;
;
2
; : : : hat. Der erste Nulldurchgang ist also bei
  
50 2
2
 Hz  t 
D 0: (5.68)
3 3
Nach der Zeit aufgelöst gibt dies eine Verspätung von t D 0;02 s.

5.25 Mit den 230 V ist der Effektivwert p


der Spannung gemeint. Daher beträgt die Span-
nungsamplitude (siehe . Abb. 5.1) UO D 2  230 V D 325 V. An dem Kondensator treten
also Spannungen von 325 V bis C325 V auf. Ein unipolarer Typ wie zum Beispiel ein
Elektrolyt-Kondensator ist hierfür ungeeignet.

5.26 Blindleistung hat weder etwas mit Sozialleistungen noch mit Solarstrom zu tun.
Vielmehr führt sie zu einer Erhöhung der Zuleitungsströme bei unveränderter Wirkleis-
tung. Das heißt: Sie führt zu Strömen, die nichts bewirken, den so genannten Blindströ-
men. Die Stromamplitude steigt durch den Blindstrom, die Spannungsamplitude nicht.
Daher ist auch Antwort c) falsch. Im Rahmen der komplexen Wechselstromlehre ist die
Blindleistung immer imaginär, entweder  Cj oder  j . Also ist Antwort d) ebenfalls
falsch.
Blindleistungen werden von Spulen und Kondensatoren verursacht. Beide haben fre-
quenzabhängige Impedanzen. Daher ist auch die Blindleistung immer von der Frequenz
abhängig.

5.27 Der Begriff Effektivwert leitet sich aus der Tatsache ab, dass eine Wechselspan-
nung mit dem Effektivwert Ueff auf einen Ohm’schen Verbraucher im Mittel den gleichen
Effekt hat wie eine Gleichspannung mit dem Wert Ueff . Er heizt ihn mit der gleichen
durchschnittlichen Leistung. Dies ergibt sich wie folgt: Eine Wechselspannung u.t/ D
UO sin.!t/ an einem Ohm’schen Verbraucher R erzeugt einen Strom i.t/ D u.t/=R. Die
Wärmeleistung im Widerstand ist P .t/ D u.t/  i.t/, also

UO 2
P .t/ D sin2 .!t/ : (5.69)
R
212 Kapitel 5  Wechselstromnetze

Den Mittelwert P .t/ kann man aus (5.69) am einfachsten mit Hilfe der aus der Mathe-
matik bekannten Formel sin2 x D .1  cos.2x//=2 ermitteln, denn der Mittelwert der
Cosinus-Funktion ist Null:

UO 2 UO 2 UO 2
P .t/ D sin2 .!t/ D .1  cos.2!t// D : (5.70)
R 2R 2R

Der Vergleich mit P .Gleichstrom/ D P .t/ D Ueff


2
=R ergibt
p
UO D 2  Ueff : (5.71)

5 Für Ueff D 230 V ergibt sich ein Wert von UO D 325 V.


p
5.28 Korrekterweise müsste an Stelle von 4;44 immer 2 
D 4;4428829381583 : : :
stehen. Aber drei Vieren lassen sich besser merken.

5.29 Unter einem idealen Transformator versteht man einen, der keine Verlustleistung
produziert und dessen Kernmaterial R ! 1 hat. Dadurch streben auch die Induktivitä-
ten und mit ihnen die Blindwiderstände gegen unendlich große Werte.
Daher gilt:
a) Er erzeugt in der Tat keine Wärme.
b) Für das Eisen wird nicht Fe D 0, sondern Fe ! 1 angenommen.
c) (Nur) für den idealen Transformator gilt, da keine Blindströme zum Aufbau des Ma-
gnetfeldes nötig sind, für die Leistung zu einem beliebigen Zeitpunkt pP .t/ D pS .t/.
Daraus folgt mit up .t/=uS .t/ D NP =NS (siehe Herleitung von (5.35))

iP .t/ uS .t/ NS
D D (nur idealer Transformator). (5.72)
iS .t/ uP .t/ NS
d) ist falsch: Der ideale Transformator nimmt keine Blindleistung auf.
e) ist auch falsch: Der Phasenwinkel auf der Sekundärseite wird nur vom angeschlosse-
nen Verbraucher bestimmt.

5.30 Die größten Verluste treten durch die ständige Ummagnetisierung des Eisens auf.
Dieser Effekt hat einen Ohm’schen Anteil, der zur Erwärmung des Transformators und
zu einer zusätzlich von der Primärseite zu liefernden Wirkleistung führt. Einen gerin-
geren Einfluss haben in der Regel die Ohm’schen Widerstände der Spulenwicklungen.
Diese beiden Effekte sind in . Abb. 5.10 dargestellt. Wenn nicht der gesamte magne-
tische Fluss durch beide Spulen geht, wenn es also Streufelder gibt, dann kommt es zu
einer Reduktion des Übersetzungsverhältnisses. Da das B-Feld außerhalb des Eisenkerns
um den Faktor Fe kleiner ist als innerhalb des Kerns, liegen die hieraus resultierenden
Effekte typischerweise deutlich unter 1 %.

5.31 Jeder Transformator hat eine Spannungsübersetzung US =UP D NS =NP D 0;1. Drei
Transformatoren hintereinander ergeben also einen Faktor 103 (aus 100 V werden erst
10 V, dann 1 V und schließlich 0;1 V).
Rein rechnerisch müsste also genau eine Windung auf die Sekundärseite des Ein-
zeltransformators gelegt werden. Im praktischen Alltag wird man daher die Anzahl der
Primärwindungen erhöhen.
5.3  Antworten zu Kap. 5
213 5
. Abb. 5.29 Zur Aufgabe
5.35: Spannungsaddition für eine
R; L; C -Kette bei einem um den
Winkel I D
=2 verschobenen
Strom

5.32 Unter der Strangspannung versteht man die am Verbraucher liegende Spannung
in einem Drehstromsystem. Im Haushalt sind dies entweder Ueff D 230 V oder bei einer
Drehstrom-Dreieckschaltung Ueff;Dreieck D 400 V.

5.33 Erster Beweis: Wir zerlegen die komplexen Größen in Real- und Imaginärteil: A D
a C j˛ und B D b C jˇ. Dann wird
ˇ ˇ2    
ˇAˇ 2
ˇ ˇ D a C j˛  a  j˛ D a C ˛ D jAj :
2 2

ˇB ˇ (5.73)
b C jˇ b  jˇ b 2 C ˇ2 jBj2
Gl. (5.73) ist für die Berechnung von Beträgen rationaler Ausdrücke von praktischer Be-
deutung, denn der vorletzte Bruch kann wie folgt gelesen werden: Der Zähler ist das
Quadrat seines Realteils plus das Quadrat seines Imaginärteils. Für den Nenner gilt Ent-
sprechendes. Weitere Terme tauchen nicht auf.
Alternativ kann auch die Länge- und Phasendarstellung A D Ae O jA verwandt werden:
ˇ ˇ2 ! !
ˇAˇ O jA
Ae O jA
Ae AO2 0 jAj2
ˇ ˇ D  D  e D : (5.74)
ˇB ˇ O jB O jB
Be Be BO 2 jBj2

5.34 Die in Aufgabe 5.22, (5.65), vorkommenden Werte sind bekannt. Daher kann die-
se Gleichung, wie im Anhang beschrieben, als Imaginärteil einer komplexen Spannung
interpretiert werden:

u.t/ D U e j!t D UO e jU e j!t : (5.75)

Alle in (5.75) auftauchenden Größen sind nach Aufgabe 5.22 bekannt:


1 t
u.t/ D 220 V e j0;64
e j1;26 Gs : (5.76)

5.35 Wenn der Strom um einen Winkel I D


=2 verschoben ist, so müssen es, wie
. Abb. 5.29 zeigt, auch alle davon abhängigen Spannungen sein. Im Zeigerdiagramm
sind daher alle Vektoren um einen rechten Winkel gedreht. Das Diagramm entspricht der
Gleichung

U D U R C UL C UC : (5.77)

5.36 Lösungsansatz: Wenn in beiden Fällen die Ströme den gleichen Betrag haben
sollen, dann muss auch der Betrag der Gesamtimpedanz von der Schalterstellung un-
abhängig sein: jZ offen j D jZ geschlossen j.
214 Kapitel 5  Wechselstromnetze

L
UQ C R UR

. Abb. 5.30 Zur Aufgabe 5.38: Kompensation des Blindstroms einer Drosselspule durch einen Kondensator.
Die Leuchtstofflampe (rechts) wird wie ein Ohm’scher Widerstand (R) behandelt

Lösung: Es ist Z offen D Ri C j!L und Z geschlossen D Ri C R k j!L. Daher muss


gelten:
ˇ ˇ ˇ ˇ
5 ˇ j!L  R ˇˇ2 ˇˇ j!L.Ri C R/ C RRi ˇˇ2
Ri2 2 ˇ
C ! L D ˇRi C
2

j!L C R ˇ j!L C R ˇ : (5.78)

Ausmultiplizieren und Kürzen von (5.78) ergibt


p
2Ri R
LD D 3;18 H : (5.79)
!
5.37 Lösungsansatz: Wenn zwischen Strom und Spannung eine 90ı -Phasenverschie-
bung liegen soll, dann muss der Realteil des Verhältnisses U =I 2 gleich Null sein (vergl.
ideale Spule, idealer Kondensator).
Lösung: Stromerhaltung liefert den Gesamtstrom I zwischen den Klemmen I D I 2 C
I 3 . Fassen wir die Impedanzen der realen Spulen als Z 1;2 D R1;2 C jX1;2 zusammen, dann
lauten die Spannungsgleichungen U D Z 1 I C Z 2 I 2 und Z 2 I 2 D R3 I 3 . Um U =I 2 zu
erhalten, müssen nun die beiden anderen Ströme eliminiert werden. Das Ergebnis lautet:

U .Z 1 C Z 2 /  R3 C Z 1  Z 2
D : (5.80)
I2 R3

Die Forderung eines verschwindenden Realteiles lässt sich dann als


 
U X1 X2  R1 R2
< D 0 ! R3 D (5.81)
I2 R1 C R2

schreiben. Diese Gleichung ergibt einen positiven Widerstand (ist also nur dann sinnvoll),
wenn

X1 X2 > R1 R2 ; (5.82)

mit anderen Worten wenn beide Spulen eine hinreichende Güte haben.

5.38 Die Schaltung ist in . Abb. 5.30 gezeigt. Der Leuchtkörper entspricht einem
Ohm’schen Widerstand von

R D Ueff
2
=P  1;39 k : (5.83)
5.3  Antworten zu Kap. 5
215 5
So fließt ein Strom der Stärke Ieff D 165 mA. Zur Bestimmung der Induktivität der Dros-
selspule wird die komplexe Spannungsteiler-Formel16 verwendet:
s
   
UR 2 R2 R UQ 2
D 2 ! L D  1  4;2 H (5.84)
UQ R C .!L/2 2
f UR

Die Blindleistung ist dann nach der Gleichung in Definition 5.1 Q D Ieff 2
 2
f L 
35;8 VAR, hat also einen etwa dreimal so großen Wert p wie die Wirkleistung. Die Spule
erhöht also die Stromamplitude in den Zuleitungen um 3  1 D 73 %, und deren Wär-
meverluste verdreifachen sich. Blindleistungskompensation ist also zwingend und kann
mit =.Z gesamt / D 0 oder nach (5.6) auch =.Y gesamt / D 0 berechnet werden. Da insgesamt
eine Parallelschaltung vorliegt, bietet sich die zweite Form an:17
 
1 L
= j! C C D0 ! C D 2 2  1;14 F : (5.85)
R C j!L ! L C R2
p
Er muss eine maximale Spannung von UO D 2  230 V D 325 V aushalten.
Insgesamt lässt sich feststellen: Die Größe der Spule passt nicht zur Randbedingung
einer kompakten Bauweise. Daher ist es besser, ein elektronisches Vorschaltgerät zu be-
nutzen. Je kleiner die Leistung der Leuchte, um so größer muss nach (5.84) die Spule sein
und um so mehr drängt sich ein elektronischer Transformator auf. Andererseits: Steigt die
Leistung der Leuchte oder werden mehrere parallel geschaltet, dann kann die Spule ent-
sprechend kleiner gewählt werden.

5.39 Wir können den Phasenwinkel der ersten Spannung .U 1 / D 0 wählen. Dann sind

U 1 D UO 1 ;
(5.86)
U 2 D UO 2 e j2
=3

und die Differenz wird


r !
1 3
U 1  U 2 D UO .1  e / D UO 1 C  j
j2
=3
2 4 (5.87)
p
! jU 1  U 2 j D UO 3 :
p p
In Zahlen ergibt sich für die Amplitude der Differenz UO gemessen D UO 3 D Ueff 6. Eine
O
p ergibt das Doppelte der Amplitude, also ist US S D 2U . Insgesamt
Spitze-Spitze-Messung
erhält man US S D 24  230 V  1;13 kV.
Genau aus diesem Grund soll in einer Wohnung nicht ein Verlängerungskabel bis
ins Nebenzimmer geführt werden, wenn die beiden Zimmer an verschiedene Phasen der
Versorgung angeschlossen sind.

16 Beim Spannungsteiler ist es unerheblich, ob Amplituden oder Effektivwerte benutzt werden. Das Ergebnis
ist immer gleich.
17 Zur Feststellung eines verschwindenden Imaginärteils bringt man am besten zunächst den Gesamtausdruck
auf einen gemeinsamen Nenner. Wenn dieser Ausdruck mit dem konjugiert Komplexen des Nenners mul-
tipliziert wird, dann wird der Nenner reell. Der Zähler kann nun in Terme mit j und solche ohne j sortiert
werden. Die Summe der Terme mit j muss Null sein.
216 Kapitel 5  Wechselstromnetze

5.40 Für den Einzelstab gilt


2
Ueff 230 V2
R1 D D D 26;45  ; (5.88)
P 2000 W
und es fließt ein Strom von I1 D 8;7 A.
Beim Drei-Phasen-Wechselstrom muss jeder der drei Heizstäbe nur ein Drittel der
Heizleistung übernehmen. Daher ist jeder der drei Widerstände dreimal so groß zu wäh-
len: RStern D 3R1 , und durch jede Leitung fließt nur noch ein Drittel des Stromes
1
IStern D I1 D 2;9 A : (5.89)
3
5
Eine Dreieckschaltung mit RDreieck D 3RStern D 9R1 hat die gleiche Heizleistung bei glei-
chem Strom in den Außenleitern.
Die Verluste in den Zuleitungen sind

P1 D 2  I12  R1 D 70 W
(5.90)
PStern D 3  IStern
2
 RStern D 11 W :
5.41 Die Aussage In der Dreieckschaltung wird bei gleicher Spannung die dreifache
Leistung übertragen betrifft den Fall, dass drei gleiche Impedanzen, die als Stern ge-
schaltet eine bestimmte Leistung PStern verbrauchen, als Dreieck geschaltet die dreifache
p
Leistung PDreieck D 3PStern verbrauchen. Denn in der Dreieckschaltung
p sind sie einer 3-
mal so großen Spannung ausgesetzt, was automatisch zu 3-mal so großen Strömen
führt. Nur Antwort b) ist daher richtig.

5.42 Wenn in der Energietechnik von der Nennspannung die Rede ist, ist immer der
Effektivwert der Spannung zwischen denpLeitungen gemeint: UNenn D 230 kV. Diese ist,
wie in . Abb. 5.16 gezeigt, einen Faktor 3 größer als die Effektivwerte der Spannungen
in den Einzelleitungen relativ zu einem (gedachten) Nullpotenzial. Die Amplitude der
Spannung in einem einzelnen Kabel ist daher
r
O 2
Umax .Leitung/ D U D UNenn  D 188 kV: (5.91)
3
Dies ist die maximale Spannung relativ zur Erde bzw. zum Mast. Zur Bestimmung des
Stromes stellen wir uns drei sternförmig angeordnete Widerstände vor. In dieser Anord-
nung sind die Ströme durch die Widerstände genau so groß wie die in den Leitungen.
Daher ist
p
PGesamt D 3  Ueff .Leitung/  Ieff .Leitung/ D 3  UNenn  Ieff .Leitung/ : (5.92)

Der Effektivwert des Stromes für jede einzelne Leitung ist dann
PGesamt
Ieff .Leitung/ D p D 251 A : (5.93)
3  UNenn
Bei einer Dreiecksbeschaltung käme das gleiche Ergebnis heraus:pEin relativ zur
Sternschaltung verdreifachter Widerstand hätte einen um den Faktor 1= 3 verringerten
Strangstrom und damit sowohl den gleichen Versorgungsleiterstrom als auch die gleiche
Leistung zur Folge.
5.3  Antworten zu Kap. 5
217 5

. Abb. 5.31 Zur Aufgabe 5.44: Ersatz der Parallelschaltung zweier beliebiger Impedanzen ZA und ZB durch
eine Reihenschaltung

5.43 Die Situation ist in . Abb. 5.13 dargestellt. Die Amplitude des Gesamtstromes ist
die Summe
 
U U U 1 1 j!120ı 1 j!240ı
I D 1 C 2 C 3 D UO  C e C e : (5.94)
R1 R2 R3 R1 R2 R3

Die Amplitude des Stromes IO D jI j folgt mit Hilfe von cos.120ı / D cos.240ı / D 0;5.
aus
 
1 1 1 1 1 1
IO2 D I  I D UO 2  C C    : (5.95)
R12 R22 R32 R1 R2 R2 R3 R3 R1

Dabei sind die drei Widerstände durch die jeweiligen Leistungen bestimmt: Ri D Ueff
2
=Pi .
O
In Zahlen erhält man I D 181 mA, was einem Effektivwert von Ieff D 128 mA ent-
spricht. Der Effektivwert ist damit nur knapp halb so groß wie der der 60 W-Lampe allein:
Ieff .60 W/ D 261 mA.

5.44 Grundsätzlich ist dieses ein unterbestimmtes Problem. Denn den zwei Bedingungs-
gleichungen (gleicher Realteil und gleicher Imaginärteil der Impedanz) stehen im All-
gemeinen vier zu bestimmende Größen gegenüber: die beiden Realteile und die beiden
Imaginärteile. Wenn aber nur zwei Größen zu bestimmen sind, dann können auch zwei
willkürlich gleich Null gesetzt werden. So bleiben nur noch die in . Abb. 5.31 gezeigten
Optionen. Interessant ist nur der Fall, in dem das Pendant zur Parallelschaltung beliebi-
ger Impedanzen gesucht wird. Ist der Imaginärteil der Parallelschaltung ZA k ZB negativ,
findet die Kondensator-Option Anwendung, anderenfalls wird eine Spule gewählt:

ZA k ZB D .RA C jXA / k .RB C jXB / D R C jX : (5.96)

Gl. (5.96) gilt genau dann, wenn

.RA XB C RB XA /.RA C RB / C .XA XB  RA RB /.XA C XB /


XD ;
.RA C RB /2 C .XA C XB /2
(5.97)
.RA RB  XA XB /.RA C RB / C .RA XB C RB XA /.XA C XB /
RD :
.RA C RB /2 C .XA C XB /2
Ob Spule oder Kondensator entscheidet das Vorzeichen von X:
1
X < 0WX D 
!C (5.98)
X > 0WX D !L :

Gl. (5.97) beinhaltet die Standardfälle.


218 Kapitel 5  Wechselstromnetze

5.45 Zur Erinnerung zunächst etwas über Kreise:

Kreis um den Ursprung ! x 2 C y 2 D r 2


Kreis um x0 verschoben ! .x  x0 /2 C y 2 D r 2 (5.99)
Kreis um r verschoben ! .x  r/ C y D r :
2 2 2

Die letzte Form der Kreisgleichung passt zu . Abb. 5.25:

.<.Z/  <0 /2 C .=.Z//2 D <20


(5.100)
! <.Z/2 C =.Z/2 D 2<0 <.Z/ :
5
Setzt man <.Z/ D R und =.Z/ D X, so gibt der Vergleich mit G D R=.R2 C X 2 / aus
(5.6)

R2 C X 2 D 2R0  R D R=G : (5.101)

Das heißt: Die dritte der Gl. (5.6) ist die Gleichung für einen Kreis mit dem Radius
R0 D 1=.2G/.

5.46 Es gilt nach (5.15)

1˚ 
p.t/ D =.u/  =.i/ D <.U  I  /  <.U  I  e 2j!t / : (5.102)
2

Mit u.t/ D UO e jU e j!t und u.t/ D R  i.t/ folgt

UO 2 UO 2 2j.!t C/
U  I D und U  I e 2j!t D e : (5.103)
R R

Eingesetzt in (5.102) ergibt zusammen mit sin2 .x/ D Œ1  cos.2x/=2

UO 2 2
p.t/ D sin .!t C U / : (5.104)
R
Dies bedeutet, dass bei einem Ohm’schen Widerstand zu jedem beliebigen Zeitpunkt
p.t/ D Œu.t/2 =R gilt. Da p.t/ > 0 immer gilt, beinhaltet es außerdem, dass ein Ohm’scher
Widerstand immer Energie aus dem Netzwerk herausholt und nie Energie zurückgibt.

5.47 Beim verlustlosen Transformator sind die Eingangsspannung und die Ausgangs-
spannung immer phasengleich. Daher gilt mit uS D Ri S

U P D UOP ! U S D UO S ! I S D IOS : (5.105)

Verwendet man die in . Abb. 5.32 links gezeigten Stromrichtungen, dann lassen sich die
Transformatorgleichungen als

UOP D NP2 j!I P  NP NS j!I S


(5.106)
UO S D NP NS j!I P  NS2 j!I S
5.3  Antworten zu Kap. 5
219 5
schreiben. Diese beiden Gleichungen müssen sowohl für den Realteil als auch für den
Imaginärteil gelten. Die beiden Gleichungen für den Imaginärteil sind identisch, so dass
das System (5.106)

UOP D NP2 !  =.I P /


UO S D NP NS !  =.I P / (5.107)
0 D NP <.I P /  NS IO2

ergibt. Dieses Gleichungssystem kann mit UO S D RIOS nach den Amplituden aufgelöst
werden:
NS
UO S D UOP 
NP
NS
IOS D UOP  (5.108)
RNP
"  #
O NS 2 1 1
I P D UP  j 2 :
NP R NP !

Die Amplitude des Primärstromes ist also die Summe aus einem rein realen Teiles, der
einen um den Faktor LP =LS D NP2 =NS2 modifizierten Widerstand enthält, und einem
imaginären Teile, der die Impedanz der Primärspule enthält. Die in . Abb. 5.32 links
gezeigte Schaltung zieht also genau den gleichen Strom wie die dort rechts gezeigte.
Von besonderem Interesse sind die Extremfälle R D 0 (Kurzschluss) und 1=R D 0
(Leerlauf). Im Leerlauf verhält sich die Schaltung so, als wenn es die Sekundärwindungen
des Transformators gar nicht gäbe: Der Transformator verhält sich wie die primärseitige
Spule allein. Im Falle des Kurzschlusses dagegen wächst der Primärstrom, bis die Versor-
gungsspannung zusammenbricht. Anders ausgedrückt: Der sekundärseitige Kurzschluss
schlägt auf die Primärseite durch.

5.48 Lösungsstrategie: Der Maximalfall ist praktisch der Kurzschlussfall. Aus ihm wird
das Verhältnis der Induktivitäten bestimmt. Der Rest folgt aus den Leerlaufmessungen.
Lösung: Mit Hilfe von (5.47) erhält man aus der Kurzschlussmessung
 2
LP Ieff;S
D D 81;5 : (5.109)
LS Ieff;P

IP IS
LP
UP LP LS R US LP R
LS

. Abb. 5.32 Zur Aufgabe 5.47: Der mit einem Ohm’schen Widerstand belastete verlustlose Transforma-
tor verhält sich eingangsseitig wie die Parallelschaltung aus der Primärspule (LP ) und einem um den Faktor
LP =LS vergrößerten Widerstand
220 Kapitel 5  Wechselstromnetze

Aus den Leerlaufmessungen ergibt sich dessen Wirk- und die Blindleistung:

P D Ueff  Ieff  cos.U  I / D 200 W


(5.110)
Q D Ueff  Ieff  sin.U  I / D 162 VAR :

Die Blindleistung verrät die Induktivität der Primärspule, die Wirkleistung den Eisenwi-
derstand:
2
Ueff
RFe D D 264 
P
(5.111)
5 U2
LP D eff D 1 H :
!Q

Mit Hilfe der Kurzschlussmessung ergibt sich schließlich die Induktivität der Sekundär-
spule:

LS D LP =81 D 12;8 mH (5.112)


˚ 
5.49 Der zweite Term in p.t/ D <.U  I  /  <.U  I  e 2j!t / ist im Mittel Null. Bei
1
2
einer zeitlichen Mittelung bleibt also nur der erste Term übrig. Er ist daher definitionsge-
mäß die Wirkleistung.
Den Mittelwert des zweiten Terms können wir auch als
 
1 1
<.U  I  e / D UO  IOhcos.U C I C 2!t/i
2j!t
(5.113)
2 2

schreiben. Das ist also ein oszillierender Term mit der Amplitude UO  IO=2 D Ueff Ieff .
Nach (5.20) ist die komplexe Scheinleistung S D Ueff  Ieff e j.U I / . Sie hat also den
gleichen Betrag jSj D UO  IO=2, wenn auch eine andere Phase.

Literatur
1. Böker, Paerschke, Boggasch (2017) Elektrotechnik für Gebäudetechnik und Maschinenbau. Springer, Hei-
delberg, ISBN 978-3-658-14188-2
2. Baukholt H-J (2019) Grundlagen und Bauelemente der Elektrotechnik, Carl Hanser Verlag, München, 8.
Auflage, ISBN 978-3-446-45904-5
3. Moeller F et al. (2013) Grundlagen der Elektrotechnik. Springer Vieweg, Heidelberg, ISBN 978-3-8348-
1785-3
221 6

Frequenzselektion durch
Zwei- und Vierpole –
die guten Signalanteile
herausfiltern

Anhand von Parallel- und Reihenschwingkreisen werden die Begriffe Güte, Grenzfrequenz,
Bandbreite und Verstimmung eingeführt. Es wird erklärt, wie Parallelersatzwiderstände die
Berechnungen realer Schwingkreise erleichtern und unter welchen Umständen dies möglich
ist.
Von einfachen RC-Pässen werden die Übertragungsfunktionen berechnet und als Bode-
Diagramme dargestellt. Es werden Tipps für die schnelle und sichere Berechnung solcher
Pässe gegeben. Die Vierpoltheorie wird als Verallgemeinerung der Übertragungsfunktion ent-
wickelt. Die verschiedenen Matrizendarstellungen und Begriffe wie Eingangsimpedanz oder
Stromübertrag werden eingeführt. Die Wellenparameterdarstellung stellt sich als natürliche
Darstellungsform symmetrischer Vierpole heraus. Als Praxisbeispiel wird das Hochfrequenz-
verhalten von Leitungen (Telegraphengleichungen) aus der Vierpoltheorie hergeleitet.

6.1 Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole

Frequenzen lassen sich auf zwei Arten herausfiltern: erstens, indem ein frequenzabhängi-
ger Widerstand benutzt wird. Diese Art der Filterung kommt mit zwei Anschlüssen aus.
Die zweite Möglichkeit ist die Verwendung einer Schaltung mit zwei Eingangsanschlüs-
sen und zwei Ausgangsanschlüssen. Diese Möglichkeit wird zunächst ohne Last und dann
im Rahmen der Vierpoltheorie mit Last diskutiert. Eine genauere Analyse symmetrischer
Vierpole führt auf den Wellenwiderstand, zur Impedanzanpassung, und sie erklärt das
Verhalten von Leitungen.

6.1.1 Frequenzselektion durch Widerstandsänderung:


Schwingkreise

Das Schwingen der im Folgenden betrachteten Schaltungen beruht auf dem gegenseitigen
Auf- und Entladen von Kondensatoren und Spulen.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_6
222 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.1 Reihenschwingkreis

1 Reihenschwingkreise haben ein Leitwertmaximum


Sind Spule und Kondensator, wie in . Abb. 6.1 in Reihe bzw. in Serie geschaltet, spricht
man von einem Reihenschwingkreis. Dieser dient dem Herausfiltern bestimmter Fre-
quenzbereiche in der Analogtechnik. Er leitet wegen des Kondensators bei ! D 0 keinen
Strom und wegen der Spule bei 1=! D 0 ebenfalls.
Der Impedanzverlauf des Reihenschwingkreises als Funktion der Kreisfrequenz folgt
aus . Abb. 6.1:
 
1 1
Z.!/ D R C j!L C D R C j !L  : (6.1)
6 j! C !C
Er hat ein Minimum, wenn sich die beiden Imaginärterme gerade aufheben, also bei der
so genannten Resonanzkreisfrequenz
1
!0 D p : (6.2)
LC
Bei ! D !0 erhält die Spule die gesamte, zum Aufbau ihres Magnetfeldes nötige En-
ergie vom Kondensator und gibt diese, wie in . Abb. 5.5 im vorigen Kapitel gezeigt,
dann eine Viertelperiode später wieder an ihn zurück. Auf diese Weise gibt es keine nach
außen dringenden Blindströme. Der Reihenschwingkreis verhält sich wie ein Ohm’scher
Widerstand.

1 Eine kleine Bandbreite entspricht einer großen Güte


Je kleiner der Widerstand R im Vergleich zu den Blindwiderständen ist, desto stärker ist
die Frequenzabhängigkeit. Da diese Abhängigkeit gerade gewünscht ist, beschreibt man
Reihenschwingkreise auch gerne mit dem Parameter Güte QR 1
p r
ZL  Z C 1 L
QR D D  : (6.3)
R R C
p p
Das harmonische Mittel der Impedanzen ZL  Z C D L=C wird auch gerne Kenn-
widerstand genannt. Mit Hilfe der Güte kann man den Impedanzverlauf (siehe (6.1)) in
einer leichter interpretierbaren Weise beschreiben:
  
! !0
Z.!/ D R  1 C jQR   D R  f1 C jQR  V g : (6.4)
!0 !
 
Der Parameter V D !!0  !!0 wird Verstimmung genannt, denn er ist ein Maß für die
Entfernung von der Resonanzfrequenz. . Abb. 6.2 zeigt den Admitanzverlauf des Rei-
henschwingkreises. Wenn die Frequenz auf die Resonanzfrequenz normiert ist, hängt der
Admitanzverlauf nicht mehr von drei Größen (R; L; C ), sondern nur von zweien (R; Q)
ab. Je größer der Wert für QR , desto schmäler wird die Kurve. Dies zeigt sich auch bei
dem Abstand der Grenzfrequenzen, der Bandbreite.

1 QR wie Qualität des Reihenschwingkreises. Genau wie bei der Güte der Bauelemente gibt er das Verhältnis
von Blindwiderstand zu Wirkwiderstand an.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
223 6
. Abb. 6.2 Admitanzverlauf des 1,2
Q =Y(x)
10

und Widerstand (|Y | R)


Produkt aus Admitanz
Reihenschwingkreises. Die Höhe 1 QY2(x)
=5
ist durch R, die Breite durch QR
bestimmt. QR D 0 würde einem 0,8
horizontalen Verlauf entsprechen 0,6
0,4
0,2
0
0,1 1 10
Vielfaches der Resonanzfrequenz (ω/ω0 )

Definition 6.1
Die Grenzfrequenzen fgu und fgo einespReihenschwingkreises sind diejenigen Frequen-
zen, bei denen die Admitanz auf das 1= 2-Fache ihres Wertes bei der Resonanzfrequenz
abgefallen ist. Deren Abstand heißt Bandbreite B D fgo  fgu .

Die Analyse des Verlaufes (6.1) ergibt


0s 1
 2
1 @ R R A
fgu D !02 C 
2
2L 2L
0s 1 (6.5)
 2
1 @ R R A:
fgo D !02 C C
2
2L 2L

Diese beiden Gleichungen führen zu einer Zweitinterpretation der Güte. Sie ist nicht
nur das Verhältnis von Blind- zu Wirkwiderstand, sondern auch das Verhältnis von der
Resonanzfrequenz zur Bandbreite:

f0 f0 !0
QR D D D : (6.6)
B fgo  fgu !go  !gu

Je höher also die Güte, desto schmaler ist der Durchlassbereich des Reihenschwingkrei-
ses.

1 In Resonanz treten Überspannungen auf


Eine hohe Güte führt zwangsläufig zu Überspannungen an der Spule und am Kondensator.
Denn in Resonanz ist der Strom nur noch durch den Ohm’schen Widerstand begrenzt:
I .!0 / D U =R. Er sieht sich aber deutlich größeren Blindwiderständen gegenüber. Wegen
der Ladungserhaltung muss der Strom aber zu allen Zeiten in allen drei Bauteilen gleich
groß sein. So ergibt sich am Kondensator bei Resonanz

1 1
U C .!0 / D Z C .!0 /  I .!0 / D   U D jQU : (6.7)
j!0 C R

Die am Kondensator anliegende Spannung ist also um den Faktor Q größer als die außen
anliegende. Für die Spule gilt das Gleiche.
224 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.3 Parallelschwing-


kreis aus Widerstand, Spule und
Kondensator

1 Parallelschwingkreise haben ein Widerstandsmaximum


Soll ein bestimmter Frequenzbereich gerade nicht durchgelassen werden, findet ein Par-
allelschwingkreis, wie er in . Abb. 6.3 dargestellt ist, seine Anwendung. Dessen Ad-
mitanzverlauf hat die gleiche Form wie der Impedanzverlauf des Reihenschwingkreises,
denn seine Gesamtadmitanz ist gerade die Summe der Admitanzen seiner Bauelemente:
 
1 1 1 1
Y .!/ D C C j! C D C j !C  : (6.8)
6 R j!L R !L

Der Imaginärteil in (6.8) verschwindet ebenfalls bei !0 D pLC 1


. Bei dieser Frequenz
fließt der gesamte, von außen eindringende Strom ausschließlich durch den Widerstand,
während gleichzeitig zwischen der Spule und dem Kondensator ein Lade- und Entlade-
strom hin und her fließt. Die Güte QP des Parallelschwingkreises ist das Verhältnis von
Akzeptanz zum Widerstandsleitwert G D 1=R
p r
YL  Y C C
QP D DR (6.9)
G L
und so genau der Kehrwert der Güte des aus den gleichen Elementen zusammengesetzten
Reihenschwingkreises. Wann der Widerstand im Zähler ist, kann man sich so merken:

Die Güte ist immer dann groß, wenn der Ohm’sche Widerstand nur geringe Auswirkungen
auf das Schaltungsverhalten hat.

Der Admitanzverlauf lässt sich mit Hilfe der Güte als


  
1 ! !0 1
Y .!/ D  1 C jQP   D  f1 C jQP  V g (6.10)
R !0 ! R
schreiben. Bei gleicher Güte und gleicher Resonanzfrequenz hat daher der Impedanzver-
lauf eines Parallelschwingkreises exakt die gleiche Form wie der in . Abb. 6.2 gezeigte
Admitanzverlauf eines Reihenschwingkreises. Die Grenzfrequenzen ergeben sich zu2
0s 1
 2
1 @ 1 1 A
fgu D !02 C 
2
2RC 2RC
0s 1 (6.11)
 2
1 @ 1 1 A
fgo D !02 C C ;
2
2RC 2RC

2 Man kann diese direkt aus den Grenzfrequenzen des Reihenschwingkreises mittels R ! 1=R und L $ C
erhalten.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
225 6

. Abb. 6.4 Konstruktion des Parallel-Ersatz-Schwinkkreises. Je enger der betrachtete Frequenzbereich, desto
ähnlicher sind die beiden Kreise

so dass für die Güte des Parallelschwingkreises ebenfalls

f0 f0 !0
QP D D D (6.12)
B fgo  fgu !go  !gu

gilt.

1 Parallelersatzwiderstände erleichtern das Berechnen von Schwingkreisen


Den hier beschriebenen Parallelschwingkreis gibt es in der Realität nur in grober Nähe-
rung. Denn jeder Kondensator und jede Spule hat Ohm’sche Leitungswiderstände, die
in Reihe zu den Blindwiderständen liegen (siehe 7 Abschn. 2.1.5 in 7 Kap. 2). Jeder
im Labor aufgebaute Parallelkreis hat daher Ohm’sche Reihenwiderstände. Diese ma-
chen die Beschreibung seines Impedanzverlaufes und die Bestimmung der abgeleiteten
Größen Q und B im Allgemeinen sehr kompliziert. Daher werden zur Beschreibung rea-
ler Parallelschwingkreise zunächst alle Serienwiderstände in Parallelersatzwiderstände
umgerechnet. . Abb. 6.4 zeigt die Vorgehensweise. Die Umrechnungsformeln sind im
7 Abschn. 5.1.2 des 7 Kap. 5 zu finden. Die Summe der Ohm’schen Parallelersatzleit-
werte wird zum 1=R des Widerstandes in . Abb. 6.3 hinzuaddiert. Der so entstandene
Parallelkreis hat eine leicht reduzierte Resonanzfrequenz und eine reduzierte Güte. Die
modifizierten Werte können in (6.10) eingesetzt werden und ergeben bei hinreichend ho-
her Güte des Schwingkreises eine gute Näherung an das tatsächliche Verhalten. Jedoch ist
Vorsicht geboten. Diese Technik funktioniert nur bei schmalbandigen Resonanzkreisen
.QP > 10/ und in der Nähe von !0 , da sie nur im Grenzfall einer konstanten Frequenz
exakt ist. Ein weiterer Anhaltspunkt ist die Induktivität der Spule: Wird diese durch die
Umrechnung um mehr als deren Bauteiletoleranz verändert, sollte das Verfahren nicht
angewendet werden.

1 Die Güte der Bauteile begrenzt die Güte des Schwingkreises


Das Gesamtverhalten des Schwingkreises lässt sich in einem Bild, der Ortskurve, zu-
sammenfassen. In der Ortskurve wird für jede Frequenz der Imaginärteil der Impedanz
(oder der Akzeptanz) als Funktion des Realteils dargestellt. . Abb. 6.5 zeigt zum Bei-
spiel auf einen Blick, welch großen Einfluss der Ohm’sche Spulenwiderstand auf das
Selektionsverhalten eines Parallelschwingkreises hat. Im Idealfall ist die Ortskurve des
Parallelschwingkreises ein Kreis, der mit steigender Frequenz vom Nullpunkt aus im
226 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.5 Ortskurve eines 60


Parallelschwingkreises mit R D
100 , L D 100 H und C D 1 F

Imaginärteil der Impedanz in Ohm


40
für den Fall einer idealen Spule
(außen) und mit einem Ohm’schen
Spulenwiderstand RL (innen). Die 20
maximale Impedanz ist reduziert,
und bei hohen Frequenzen werden
0
0  nicht mehr ganz erreicht

-20

-40

6 -60
0 20 40 60 80 100 120
Realteil der Impedanz in Ohm

Uhrzeigersinn durchlaufen wird. Bei ! D !0 schneidet er die =.Z/ D 0 Achse und er-
reicht bei ! ! 1 asymptotisch wieder den Ursprung. Der Ohm’sche Widerstand der
Spule, RL , verringert deutlich den maximalen Gesamtwiderstand und sorgt dafür, dass
bei ! D 0 der Gesamtwiderstand nicht Null, sondern R.! D 0/ D R k RL wird. Eine
quantitative Analyse ist in der Lösung zur Aufgabe 6.51 zu finden.

6.1.2 Frequenzselektion durch Spannungsänderung:


Übertragungsfunktionen

Es gibt kaum ein nachrichtentechnisches System, in dem nicht an irgendeinem Punkt


bestimmte Frequenzen herausgefiltert werden müssen. Um die Selektion von Frequenzen
durch eine Änderung der Spannung zu beschreiben, wird der Einfachheit halber meist mit
dem in . Abb. 6.6 gezeigten Gedankenexperiment begonnen. Man stellt sich eine ideale
Spannungsquelle (mit beliebigem Strom) am Eingang der Schaltung (in . Abb. 6.6 als
Viereck dargestellt) und eine Spannungsmessung praktisch ohne Strom am Ausgang der
Schaltung vor. Im Folgenden soll ausschließlich das Verhalten bei sinusförmigen Ein-
gangsspannungen untersucht werden. Das Verhalten der Schaltung lässt sich dann durch
eine einzige Funktion, die Übertragungsfunktion T .!/ beschreiben. Für Einschwingvor-
gänge siehe zum Beispiel [5].

. Abb. 6.6 Randbedingungen bei der Berechnung einer Übertragungsfunktion. Die Übertragungsfunktion T
beschreibt eine unbelastete Schaltung an einer idealen Wechselspannungsquelle
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
227 6
. Abb. 6.7 RC-Tiefpass. Wi- I1 I2
derstand und Kondensator ergeben
zusammen die hier gezeigte, ein- R
fachste Variante U1 C U2

Definition 6.2
Die Übertragungsfunktion T .!/ einer Schaltung ist das Verhältnis von Ausgangs- zu Ein-
gangsspannung T .!/ D U 2 .!/=U 1 .!/ im unbelasteten Falle.

Die Übertragungsfunktion T kann durch ihren Betrag jT j und ihre Phase  D .U 2 / 
.U 1 / charakterisiert werden. Je nachdem, welches asymptotische Verhalten der Betrag
hat, wird die Schaltung benannt:

Verhalten bei ! D 0 Verhalten bei 1=! ! 1 Bezeichnung


jT .! D 0/j ¤ 0 jT .! ! 1/j D 0 Tiefpass
jT .! D 0/j D 0 jT .! ! 1/j ¤ 0 Hochpass (6.13)
jT .! D 0/j D 0 jT .! ! 1/j D 0 Bandpass
jT .! D 0/j ¤ 0 jT .! ! 1/j ¤ 0 Bandsperre :

Der Name richtet sich also meistens danach, welche Frequenzen die Schaltung passieren
lässt. Ein in (6.13) nicht explizit aufgeführter Spezialfall ist jT .!j D konst., das heißt ein
Pass, der nur die Phase der Eingangsspannung ändert. Ein solcher heißt Allpass.

1 Der Tiefpass lässt tiefe Frequenzen passieren


. Abb. 6.7 zeigt den einfachst möglichen RC-Tiefpass. Da der Ausgangsstrom i 2 bzw.
dessen Amplitude I 2 gleich Null ist, fließt der gleiche Strom i 1 sowohl durch den Wider-
stand, als auch durch den Kondensator. Daher gilt .U 1  U 2 / D R  I 1 und U 2 D Z C  I 1 .
Der Strom lässt sich herauskürzen, und übrig bleibt die Spannungsteiler-Formel

U2 u ZC 1
T D D 2 D D : (6.14)
U1 u1 R C ZC 1 C j!RC

Der Betrag errechnet sich wie folgt:


s
p 1 1 1
jT j D T   T D  Dp : (6.15)
1  j!RC 1 C j!RC 1 C .!RC /2

Welcher Anteil der Spannung hindurchgelassen wird, hängt also ausschließlich vom Pro-
p !RC ab. Die Frequenz bei der der Betrag der Übertragungsfunktion auf den Wert
dukt
1= 2 gefallen ist, nennt man Grenzfrequenz. Diese Definition wird im Übrigen für be-
liebige Schaltungen verallgemeinert:

Definition 6.3
Die Grenzfrequenz fg eines
p Passes ist diejenige Frequenz, bei der der Betrag der Übertra-
gungsfunktion auf das 1= 2-fache seines Maximalwertes abgefallen ist.
228 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

0 0

Spannungsübertrag in Dezibel
phi(x)

Winkel in Grad
|T|
-20 -45
φ

-40 -90
0.01 0.1 1 10 100
Vielfaches der Grenzfrequenz (ω / ω0 )

. Abb. 6.8 Bode-Diagramm des RC-Tiefpasses: Bei der Grenzfrequenz ist die Phase  D 45ı , und der
Betrag geht von einem flachen in einen mit 20 dB pro Frequenzdekade linear abfallenden Verlauf über
6
Für den RC-Tiefpass erhält man
1 1
fg D $ !g D : (6.16)
2
RC RC
!Vorsicht Falle!
Nur bei sehr einfachen Schaltungen ist die Grenzfrequenz auch diejenige Frequenz, bei der
der Real- und der Imaginärteil der Übertragungsfunktion gleich groß sind oder die Phasen-
verschiebung ˙45ı beträgt. Diepimmer und überall gültige Definition der Grenzfrequenz
beinhaltet immer den Faktor 1= 2.

Die Phase der komplexen Größe T ist gemäß Anhang  D =.T /=<.T /. Zur Berechnung
der Phase gibt es bei rationalen Ausdrücken ein universell einsetzbares Verfahren: Mul-
tipliziert man den Ausdruck mit dem konjugiert Komplexen des Nenners, dann entsteht
ein Bruch, dessen Nenner rein reell ist. Dieser kürzt sich dann bei der Berechnung der
Phase heraus. In diesem Falle heißt das:
1 1  j!RC
T D D !  D  arctan.!RC / : (6.17)
1 C j!RC 1 C .!RC /2
Zur Veranschaulichung des Passverhaltens werden meist die Bode-Diagramme verwandt.
In ihnen wird, wie . Abb. 6.8 zeigt, der Betrag in Dezibel3 und die Phase in Grad als
Funktion von !=!g D f =fg aufgetragen. In dieser Darstellung ist auf einen Blick zu
sehen: Bei !  !g wird die Eingangsspannung ohne Größenänderung und ohne Phasen- p
änderung durchgelassen. Bei der Grenzfrequenz ist die Amplitude um den Faktor 1= 2
reduziert, und das Ausgangssignal hat gegenüber dem Eingangssignal eine Verspätung
von
45ı 1
t D  : (6.18)
360ı fg
Oberhalb der Grenzfrequenz geht der Amplitudenverlauf in der doppelt logarithmischen
Darstellung sehr schnell in einen geraden Verlauf mit 20 dB/Frequenzdekade über und
die Phasenverschiebung nähert sich  D 90ı .

3 Eine dimensionslose Größe x wird gemäß xŒdB D 20  log10 .x/ in Dezibel umgerechnet.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
229 6
. Abb. 6.9 RC-Hochpass. Der I1 I2
einfachste Hochpass besteht aus
einem Kondensator und einem
U1 C R U2
Widerstand

1 Ein Hochpass blockt Gleichspannungen ab


Den RC-Hochpass kann man erhalten, indem man Widerstand und Kondensator des
Tiefpasses vertauscht. So entsteht die in . Abb. 6.9 gezeigte Schaltung. Die Übertra-
gungsfunktion ist

U2 R j!RC 1
T D D D D (6.19)
U1 R C ZC 1 C j!RC 1 C j!RC
1

mit dem Betrag


p 1
jT j D T T D q  1 2 : (6.20)
1 C !RC

Da der Betrag alle Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann, ist die Grenzfrequenz hier
diejenige, bei der das Betragsquadrat gleich 1=2 ist:

1 1 1 1
jT .!g /j2 D !
2 D ! !g D : (6.21)
2 2 RC
1C 1
!g RC

Bei gleichen Bauteilen haben also Hoch- und Tiefpass die gleiche Grenzfrequenz. Die
Phase ist
 
1
 D arctan : (6.22)
!RC

Das Bode-Diagramm des RC-Hochpasses ist in . Abb. 6.32 gezeigt.

1 Ein Bandpass lässt nur einen begrenzten Frequenzbereich durch


Der einfachste RC Bandpass ist die in . Abb. 6.10 gezeigte Schaltung, welche auch in
der Wien-Brücke zur Kapazitätsbestimmung Anwendung findet. Bei der Berechnung der
Übertragungsfunktion kommt man am schnellsten ans Ziel, wenn man versucht, sowohl
Parallelschaltungen, als auch Kondensatorimpedanzen möglichst als Kehrwert vorliegen

. Abb. 6.10 Wien-Brücke. Sie


ist Beispiel für einen einfachen
RC-Bandpass
230 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

0 90

Spannungsübertrag in Dezibel
phi(x)
|T|
-10 45

Winkel in Gard
-20 0
φ
-30 -45

-40 -90
0.01 0.1 1 10 100
Vielfaches der Grenzfrequenz (ω / ω0 )

. Abb. 6.11 Bode-Diagramm eines RC-Bandpasses. Dieser Pass interpoliert sowohl hinsichtlich des Betrags
als auch hinsichtlich der Phase zwischen einem Hochpass (links) und einem Tiefpass (rechts)
6
zu haben:
Z2 1 1
T D D D
 
Z1 C Z2 .RCZ C /
1 C .RkZ / 1 C RC 1
 R1 C j! C
C j!C
(6.23)
1
! T D  :
3 C j !RC  1
!RC

Die Ortskurve von 1=T ist eine senkrecht verlaufende Gerade, welche die reelle Achse
bei <.1=T / D 3 schneidet. Hier hat der Betrag der Übertragungsfunktion sein Maximum
jT jmax D 1=3. Dieses Maximum liegt (schon wieder!) bei
1
!0 D : (6.24)
RC
Die Grenzfrequenzen folgen aus

jT .!g /j2 1 1
p
D ! ! g D  13 ˙ 3 : (6.25)
jT .!0 /j2 2 2RC
Dabei gehört das positive Vorzeichen zur oberen Grenzfrequenz. Die Bandbreite ist
!g;o  !g;u 3
B D fg;o  fg;u D D (6.26)
2
2
RC
und zusammen mit der Phase in . Abb. 6.11 dargestellt. Die Phase ist nach (6.23)
!
1
 !RC
 D arctan !RC
: (6.27)
3

Dort, wo der Durchlass maximal ist, heben sich alle Phasenverschiebungen auf, und die
Übertragungsfunktion verhält sich wie ein Spannungsteiler, dessen Elemente alle den
gleichen Widerstand R haben.
Eine Bandsperre erhält man, wenn man einen Hochpass parallel zu einem Tiefpass
legt. Bei tiefen Frequenzen lässt der Tiefpass alles passieren, bei hohen der Hochpass,
und dazwischen blockieren beide. Ein Beispiel ist in Aufgabe 6.52 durchgerechnet.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
231 6
1 Die Ordnung eines Filters steht für sein asymptotisches Potenzverhalten
Pässe, die mehr als einen Kondensator enthalten, haben asymptotisch entweder von ! D 0
einen steileren Anstieg oder für ! ! 1 einen steileren Abfall. Ganz egal, wie die Struk-
tur im Detail ist: Die Übertragungsfunktion einer Schaltung, die nur aus Widerständen,
Kondensatoren und Spulen besteht, lässt sich immer als Bruch darstellen, in dessen Zäh-
ler ein komplexes Polynom und in dessen Nenner ein anderes komplexes Polynom steht:

a C b! C c! 2 C : : :z! N
T D : (6.28)
˛ C ˇ! C ! 2 C : : :! M

Dabei seien z und  die zu den größten vorkommenden Potenzen gehörenden Koeffizi-
enten. Alle anderen der komplexen Konstanten a; b; c; : : : und ˛; ˇ; ; : : : können gleich
Null sein. Für große ! nähert sich diese Funktion einem einfachen Potenzgesetz:
z
T .! ! 1/   ! .N M / : (6.29)


Für kleine ! hängt das Verhalten davon ab, welche der ersten im Nenner von (6.28)
auftretenden Koeffizienten Null sind:
a
a ¤ 0 ˛ ¤ 0 T .! ! 0/ 
˛
b
a D 0 ˛ ¤ 0 T .! ! 0/  !
˛ (6.30)
c
a D 0 b D 0 ˛ ¤ 0 T .! ! 0/  ! 2
˛
: : ::

Die Gl. (6.29) und (6.30) haben eine weitreichende Konsequenz:

Alle Übertragungsfunktionen von Filtern aus Spulen, Widerständen und Kondensatoren


nähern sich sowohl bei ! ! 0, als auch bei ! ! 1 einfachen Potenzgesetzen.

Die hinsichtlich ihres Betrags höchste vorkommende Potenz im asymptotischen Verhal-


ten nennt man Ordnung des Filters. Mit der Ordnung eines Hoch- oder Tiefpasses ist (bis
auf eine Konstante) dessen Übertragungsverhalten an den Frequenzrändern bereits fest-
gelegt. Im Bode-Diagramm zeigt sich dieses Verhalten dadurch, dass jT .!/j für einen
Hochpass bei sehr kleinen Frequenzen immer durch eine Gerade mit der Steigung 20 mal
Filterordnung pro Frequenzdekade beschrieben wird, während bei einem Tiefpass 20
mal Filterordnung pro Frequenzdekade bei hohen Frequenzen zu beobachten sind.
Was dazwischen passiert, hängt von der relativen Größe der Koeffizienten in (6.28)
ab. Die Literatur enthält viele Rezepte, wie für bestimmte Typen von Übergängen die
richtigen Koeffizienten gefunden werden können. Eine recht detaillierte Übersicht ist bei
[2] zu finden.
. Abb. 6.12 zeigt den Typen des Potenzfilters, der auch Butterworth-Filter genannt
wird, für drei verschiedene Ordnungen. Potenzfilter n-ter Ordnung sind solche, deren
232 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.12 Spannungsübertrag für drei Potenzfilter. Alle Kurven gehen durch den Punkt .!=!0 ; jT j/ D
.1; 3 dB/. Andere Typen von Tiefpass-Filtern sehen an den !=!0 -Rändern bei gleicher Ordnung gleich aus
6
Spannungsüberträge gemäß
1
jT .!/j D p (6.31)
1 C .!=!0 /2n
verlaufen und dadurch bis zur Grenzfrequenz möglichst lange flach bleiben, um dann
 ! n abzufallen.

1 Zwei Rechenstrategien verkürzen Bestimmung von Übertragungsfunktionen


Selbstverständlich können Übertragungsfunktionen mit den Methoden der Knotenpoten-
zialanalyse oder mit dem Maschenstromverfahren berechnet werden. In vielen Fällen ist
dies aber zu aufwändig. Als Alternative bietet sich an, Filterschaltungen als Abfolgen
von Spannungsteilern zu interpretieren. . Abb. 6.13 zeigt das Prinzip. In der Darstellung
rechts wird deutlich, dass die Spannungsamplituden U 1 und U X einen unbelasteten Span-
nungsteiler mit der gemeinsamen Stromamplitude I 1 bilden. Ein zweiter unbelasteter
Spannungsteiler wird durch den Strom ganz rechts an U 2 vorbei definiert, also insgesamt
Ux R k ŒR C Z C 
D
U1 Z C C R k ŒR C Z C 
(6.32)
U2 R
D :
Ux R C ZC
Die Übertragungsfunktion ist nun
U2 U U
D 2  x : (6.33)
U1 Ux U1
Das Verfahren lässt sich leicht verallgemeinern: Wird der Eingangsstrom i 1 n-mal auf-
geteilt, so lassen sich für die Bestimmung der Übertragungsfunktion n unbelastete Span-
nungsteiler finden, die die Potenziale der Verzweigungspunkte verbinden. Bei der Be-
rechnung der Spannungsverhältnisse gilt:

Parallelschaltungen sollten möglichst nur im Nenner von Brüchen stehen.


6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
233 6
I1

I1 Ux

U1 U2 U1 U2

. Abb. 6.13 Interpretation eines Filters als doppelter unbelasteter Spannungsteiler

Tun sie dies nicht, sollte durch diese Ausdrücke gekürzt werden, auch um den Preis von
Doppelbrüchen. In dem Beispiel in . Abb. 6.13 heißt das:
R k ŒR C Z C  1 1
D D (6.34)
Z C C R k ŒR C Z C  ZC
1 C RkŒRCZ 1C
ZC
C
ZC
C R ŒRCZ C 

und für die gesamte Übertragungsfunktion


0 1
 
U2 R 1 R
D @ AD : (6.35)
U1 R C ZC 1C
Z C
C
ZC
3Z C C R C
Z 2C
R ŒRCZ C  R

Vor dem Einsetzen von Z C D 1=.j! C / steht die Erkenntnis:

Kondensatorimpedanzen sollten möglichst nur im Nenner stehen.

Denn das Teilen durch Z C erspart im nächsten Schritt das Teilen durch ! und das Ver-
gessen der Regel 1=j D j ist eine häufige Fehlerquelle. Im betrachteten Beispiel wird
daher durch Z C gekürzt:
U2 R=Z C j!RC
D D   : (6.36)
U1 3 C .R=Z C / C .Z C =R/ 3 C j  !RC  1
!RC

!Vorsicht Fehlerquelle!
Die Übertragungsfunktion einer Kette von Einzelschaltungen ist nicht das Produkt der
einzelnen Übertragungsfunktionen. Denn die jeweils nachfolgende Schaltung belastet die
vorige. Deren Ausgangsstrom ist also nicht mehr gleich Null.

Bei größeren Schaltungen führt das sukzessive Berechnend der Übertragungsfunktion


schnell zu sehr aufwändigen Rechnungen. Aber es gibt eine Alternative, die die Berech-
nung von Kettenschaltungen auf das Multiplizieren von Matrizen reduziert: die Vierpol-
theorie.
234 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

6.1.3 Frequenzselektion durch Spannung und Strom:


Vierpoltheorie

In der Vierpoltheorie wird das Übertragungsverhalten von belasteten Schaltungen be-


schrieben. . Abb. 6.14 zeigt den Unterschied zur lastfreien Übertragungsfunktion.
Vierpole können durch zwei Gleichungen beschrieben werden, wie das folgende Ge-
dankenexperiment zeigt (siehe . Abb. 6.15):
Stellen wir uns zunächst eine Quelle (hier: E-Gitarre) und einen daran angeschlosse-
nen Verbraucher (hier: Verstärker) vor. Elektrotechnisch ist die Schaltung beschrieben,
wenn sowohl der Strom als auch die Spannung bekannt sind. Um diese zwei Unbekann-
ten zu bestimmen, braucht man 2 Gleichungen, die die beiden Teile charakterisieren, zum
Beispiel u1 D UO e.j!t / und i 1 D u1 =Z Lautsprecher . Wenn nun, wie in . Abb. 6.16 gezeigt,4
6 zwischen diese beiden eine Zusatzschaltung geschlossen wird, so hat sie natürlicherwei-
se vier Anschlüsse (Pole). Außerdem kommen noch zwei Unbekannte (i 2 und u2 ) hinzu.
Nun kann man sich leicht überlegen, wann genau die Gesamtschaltung so beschrieben
ist, dass alle Spannungen und Ströme festliegen: genau dann, wenn zu den zwei neuen
Unbekannten noch zwei Gleichungen hinzukommen. Daher muss gelten:

. Abb. 6.14 Die von außen


sichtbaren komplexen Amplituden
an einem Vierpol. Diese hängen
von der Last ab. Hier ist VP der
Vierpol und Z die Last

. Abb. 6.15 Beispielschaltung


vor dem Einbau eines Vierpols:
E-Gitarre und Verstärker

. Abb. 6.16 Beispielschaltung


nach dem Einbau eines Vierpols.
u1 und i 1 sind die Spannung und
der Strom am Eingang des Vier-
pols, u2 und i 2 gehörn zu dessen
Ausgang. Hier könnte der Vierpol
für ein Verzerrerpedal stehen

4 In einigen Büchern wird der Strom i2 als in den Vierpol hinein fließend definiert. Dadurch haben bei den
dazugehörigen Matrizen alle mit i2 multiplizierten Matrixelemente umgekehrte Vorzeichen.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
235 6
1 Jeder Vierpol kann durch ein System aus zwei Strom-Spannungs-Gleichungen
beschrieben werden
Wenn der Vierpol nur aus linearen Bauelementen (Widerstand, Spule, Kondensator) be-
steht, so werden auch die Strom-Spannungs-Gleichungen linear, das heißt, quadratische
Terme oder höhere Exponenten von u und i treten nicht auf. Dies führt zu einer grund-
sätzlichen Vereinfachung der Situation. Im Allgemeinen müsste man zum Beispiel für die
neuen Ströme und Spannungen u2 und i 2 schreiben:

u2 D f .u1 ; i 1 ; i 2 /
(6.37)
i 2 D g.u1 ; i 1 ; u2 / :

Wenn nun aber f und g lineare Funktionen sind, dann lassen sich die Gleichungen 6.37
nach u2 und i 2 auflösen:

u2 D f .u1 ; i 1 ; g.u1 ; i 1 ; u2 // D fneu .u1 ; i 1 /


(6.38)
i 2 D g.u1 ; i 1 ; f .u1 ; i 1 ; i 2 // D gneu .u1 ; i 1 / :

Daher kann jeder aus linearen Bauelementen bestehende Vierpol durch ein System aus
zwei linearen Gleichungen beschrieben werden, bei denen auf der rechten Seite jeweils
nur zwei unbekannte Ströme und Spannungen stehen. Ein solches System ist einer Ma-
trixgleichung mit vier Matrixelementen äquivalent.

Jeder lineare Vierpol kann durch eine 2  2-Matrixgleichung beschrieben werden.

Je nachdem, wie die Unbekannten im Gleichungssystem sortiert sind, spricht man von
einer Impedanz-, Admitanz-, Kettenparameter- oder Hybrid-Matrix.

Definition 6.4
! ! ! !
u1 Z 11 Z 12 i1 i1
Impedanz-Matrix Z: D  DZ .
u2 Z 21 Z 22 i2 i2

Definition 6.5
! !
i1 u1
Admitanz-Matrix Y : DY  .
i2 u2

Definition 6.6
! !
u1 i
Hybrid-Matrix h: Dh 1 .
i 2 u2

Diese Matrizen lassen sich natürlich ineinander umrechnen, zum Beispiel durch Lösen
des Gleichungssystems. Je nach Anwendung bieten sich die verschiedenen Matrizen an.
236 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.17 Beschreibung eines Gesamtsystems aus Quelle, Vierpol und Last (siehe (6.39)). In diesem Fall
ist der Versorger eine Spannungsquelle mit dem Innenwiderstand RI und der Verbraucher ein Verstärker mit
der Impedanz ZL

So spielt die Hybrid-Matrix in der Beschreibung von Bipolar-Transistoren eine große


Rolle.
6 1 Die Kettenparameter-Matrix beschreibt den Eingang als Funktion des Ausganges
Für die Beschreibung hintereinander, also als Kette geschalteter Vierpole ist die Ketten-
parameter-Matrix von besonderer Bedeutung.

Definition 6.7
! !
u1 u
Kettenparameter-Matrix A: DA 2 .
i1 i2

Die Konvention besagt hier, dass bei der Kettenparameter-Matrix der Eingang als Funkti-
on des Ausgangs definiert ist und nicht umgekehrt. Dies scheint dem Ursache-Wirkung-
Denken zu widersprechen, aber nur wenn man vergisst, dass das, was im Kraftwerk
geschieht auch vom Verbrauch abhängt.
Insgesamt wird für das System aus Gitarre, Verzerrerpedal und Verstärker eine Mo-
dellierung, wie in . Abb. 6.17 gezeigt, erreicht. Mit Hilfe der Kettenparameter-Matrix
ist die Systembeschreibung dann
! !
u0  RI  i 1 ZL  i 2
DA : (6.39)
i1 i2

Aus (6.39) ist ersichtlich, dass nun alle Ströme und Spannungen berechnet werden kön-
nen. Die Matrixgleichung steht für zwei einzelne Gleichungen, und die beiden einzigen
Unbekannten sind i 1 und i 2 .
Zur Charakterisierung des Vierpols (z. B. dessen des Verzerrerpedals) werden die fol-
genden Größen definiert:

Definition 6.8
Spannungsübertrag oder Spannungsdämpfung u2 =u1 .

Der Spannungsübertrag ist keine Zahl, sondern eine Funktion der Ströme. Er hängt also
davon ab, was vor und hinter den Vierpol geschaltet ist. Ist beides nicht spezifiziert, so
ist meist der Wert im Leerlauf (i 2 D 0) gemeint. Wegen der Linearität der Bauteile hängt
der Spannungsübertrag dann nicht mehr von den Eigenschaften der Quelle ab.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
237 6

. Abb. 6.18 Elementare Vierpoltypen: Wer den Namen kennt, kennt die Struktur

Etwas Komplementäres gilt für den Stromübertrag:

Definition 6.9
Stromübertrag oder Stromdämpfung i 2 =i 1 .

Werden hier keine Spannungen spezifiziert, so ist der Fall des Kurzschlusses (u2 D 0)
gemeint.
Ein Maß für die Belastung der vorangehenden Schaltung ist die Eingangsimpedanz,
welche natürlich auch eine Funktion der an den Ausgang geschalteten Last ist:

Definition 6.10
Eingangsimpedanz u1 =i 1 und Eingangsadmitanz i 1 =u1 .

Auch hier kann zwischen den Extremfällen Leerlauf (i 2 D 0) und Kurzschluss (u2 D 0)
unterschieden werden. Eine solche Unterscheidung ist für die Ausgangsimpedanz sinnlos.
Denn was immer sich innerhalb des Vierpols abspielt; am Ausgang gilt in Anwesenheit
einer Last ZL : u2 =i 2 D ZL . Daher wird folgende Definition verwandt:

Definition 6.11
Ausgangsimpedanz @u2 =@i 2 und Ausgangsadmitanz @i 2 =@u2 .

Zur Bestimmung der Ausgangsimpedanz muss man also mit einer Spannungsquelle am
Ausgang eine Spannungsänderung erzwingen und messen, wie sich der Strom ändert.
Man kann auch eine Stromänderung erzwingen und die Spannung messen.

1 Vierpole werden nach Buchstaben benannt, die das gleiche Aussehen haben
Vierpolmatrizen erleichtern die Berechnung komplizierter Schaltungen, indem diese als
Zusammenschaltungen einfacher Strukturen interpretiert werden. Dabei wird auf die drei
in . Abb. 6.18 gezeigten Grundformen T , ˘ und X zurückgegriffen.
Die Techniken zur Bestimmung der Matrixelemente sind in den Lösungen zu den Auf-
gaben 6.48 und 6.49 erklärt. Um, ausgehend von diesen Grundformen, zu komplexeren
Strukturen zu kommen, bieten sich je nach Struktur verschiedene Matrizen an.
238 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.19 Kombinationen von Vierpolen und die jeweils am leichtesten zu rechnenden Matrizen

1 Zu jeder Schaltung gibt es eine beste Matrix


Die jeweils am leichtesten zu rechnenden Matrizen sind in . Abb. 6.19 symbolisch
dargestellt: für die Reihenschaltung die Impedanz-Matrix, für die Parallelschaltung die
6 Admitanz-Matrix und für die Ketten- oder Hintereinanderschaltung die Kettenparameter-
Matrix. Denn die Matrizen der zusammengesetzten Gesamtschaltung sind für jeweils ei-
nen Fall besonders einfach. Die Additionsbeziehungen für die Impedanz- und Admitanz-
Matrizen gelten im Übrigen unabhängig von der Wahl der Stromrichtung für i 2 . Für die
Kettenschaltung muss allerdings die Richtung so wie gezeigt gewählt werden.

Z D Z1 C Z2 .Reihenschaltung/
Y D Y1 CY2 .Parallelschaltung/ (6.40)
A D A1  A2 .Kettenschaltung/

Die letzte der drei Gl. (6.40) ist eine große Hilfe für die Berechnung von Filtern höherer
Ordnung. Denn für eine lange Kette A1 ; A2 ; : : : AN kann man auch A D A1  A2  : : : AN
schreiben. So wird die Berechnung komplizierter Schaltungen auf die Multiplikation von
Matrizen reduziert.

1 Bei Impedanzanpassung ist das Verhältnis u=i vorne und hinten gleich
Der Eingangswiderstand eines Vierpols hängt von der Last ab. Wenn für eine Last ZL die
Eingangsimpedanz gerade genau so groß ist wie die Ausgangsimpedanz, so nennt man
diese die charakteristische Impedanz des Vierpols.

Definition 6.12
Z 0 heißt charakteristische Impedanz eines Vierpols, wenn für diesen gilt: u1 =i 1 D u2 =i 2 D
Z 0 . Wird ein Vierpol mit seiner charakteristischen Impedanz belastet, so spricht man von
Impedanzanpassung.

Dass die charakteristische Impedanz eine zum Vierpol gehörende Eigenschaft ist, lässt
sich daran ablesen, dass sie sich aus den Matrixelementen berechnen lässt:
v
u ! !
u A2  A2 2 A A222  A211
Z0 D t 22 11
C 12  : (6.41)
2A21 A21 2A21

Dabei kann es jedoch vorkommen, dass der errechnete Wert 0 oder 1 wird (verglei-
che die Lösung zu Aufgabe 6.38). Impedanzanpassung ist dann nicht mehr möglich.
6.1  Theoretische Grundlagen der Zwei- und Vierpole
239 6

i1 i2 i2 i1
u1 Vierpol u2 u2 Vierpol u1

. Abb. 6.20 Gedankenexperiment zur Bestimmung der Bedingungen für die Matrixelemente symmetrischer
Vierpole. Das elektrische Verhalten darf sich nicht ändern, wenn Ein- und Ausgang ebenso vertauscht werden
wie die Stromrichtung

1 Symmetrische Vierpole haben nur zwei freie Parameter


Symmetrisch heißt ein Vierpol, wenn er, wie in . Abb. 6.20 gezeigt, von rechts nach
links das gleiche elektrische Verhalten zeigt wie von links nach rechts. Mathematisch
heißt dies, dass die Vierpolmatrizen invariant gegenüber der Vertauschung

u1 $ u2
(6.42)
i 1 $ i 2

sein müssen. Man erhält dann für symmetrische Vierpole

A11 D A22 und A211  A12 A21 D 1


Y 11 D Y 22 und Y 12 D Y 21 (6.43)
Z 11 D Z 22 und Z 12 D Z 21 :

Da, unabhängig von der Wahl der Matrizen, zwei Bedingungsgleichungen erfüllt sein
müssen, reduziert sich die Anzahl der freien Parameter der Matrizen um zwei. Den ele-
mentaren Vierpoltypen (siehe . Abb. 6.18) ist die Symmetrie sofort anzusehen: Wenn
Z ˛ D Z  oder Z ı D Z  oder Z  D Z  , dann sind Vierpole symmetrisch.
Eine besonders elegante Darstellung symmetrischer Vierpole ist die so genannte Wel-
lenparameterdarstellung, welche sich wie folgt ergibt: Für einen symmetrischen Vierpol
vereinfacht sich die charakteristische Impedanz zu
s
A12
Z0 D : (6.44)
A21

Die zweite Bedingung für die Kettenparameter-Matrix einer symmetrischen Schal-


tung lässt sich daher wie folgt umschreiben:

A211  A12 A21 D A211  Z 20 A221 D 1 : (6.45)

Wenn aber die Differenz zweier Quadrate immer 1 ist, dann kann man wegen cosh2 .g/ 
sinh2 .g/ D 1 zu folgender Darstellung kommen:
!
cosh.g/ Z 0 sinh.g/
AD 1 : (6.46)
Z
sinh.g/ cosh.g/
0

Definition 6.13
Für einen symmetrischen Vierpol mit cosh.g/ D A11 heißt g das Übertragungsmaß des
Vierpols.
240 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

Die Symmetrie ist in (6.46) a priori gegeben und die charakteristische Impedanz ohne
Rechnung ablesbar. Die Wellenparameterdarstellung vereinfacht auf erstaunliche Weise
die Berechnung von Ketten Impedanz-angepasster Schaltungen. Dies ist exemplarisch in
der Lösung zu Aufgabe 6.46 (6.66) gezeigt.

Jeder lineare symmetrische Vierpol ist mit nur zwei unabhängigen Größen vollständig
beschrieben. Diese können zum Beispiel die charakteristische Impedanz Z 0 und das Über-
tragungsmaß g sein.

1 Leitungen sind symmetrische Vierpole


6 Ein in fast jedem System vorkommender Vierpol ist die Hin- und Rückleitung. Gene-
rell gilt: Je höher die Frequenzen desto wichtiger werden die induktiven und kapazitiven
Eigenschaften einer Leitung. Eine gute Abschätzung ist

Das Übertragungsverhalten einer Leitung der Länge ` ist so lange trivial, wie für die Kreis-
frequenz ! des Nutzsignals die Bedingung !`  c, wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist,
erfüllt ist.

Aus dieser Bedingung folgt, dass die Vierpoleigenschaften einer 50 Hz-Versorgungslei-


tung meist ohne praktische Konsequenzen bleiben. Wo aber große Informationsmengen
lange Strecken überwinden müssen, also bei LAN-Netzwerken (Aufgabe 6.50), Satelli-
tenempfängern (Aufgabe 6.55) oder auch im PC, kann der Systementwurf nur glücken,
wenn das Verhalten der Leitungen an das der angeschlossenen Geräte angepasst ist.
Mit dem PCI-Express ist zum ersten Mal der charakteristische Leitungswiderstand Teil
der Spezifikation einer PC-internen Kommunikation geworden, und das bei Leitungslän-
gen deutlich unter einem Meter. Die Herleitung der Eigenschaften ist in der Vertiefung
Hochfrequenz-Übertragungsverhalten von Leitungen zu finden.

Hochfrequenz-Übertragungsverhalten von Leitungen


Da die Widerstände und Kapazitäten einer Leitung über deren Länge verteilt sind, wird die zu betrachtende
Leitung in sehr viele kleine Stücke geteilt. Für jedes Teilstückchen ergibt die in . Abb. 6.21 gezeigte Modellie-
rung aus vier Widerständen, vier Spulen und einem Kondensator dessen Verhalten. Die Kettenparameter-Matrix
dieser Schaltung lässt sich mit Hilfe der Abkürzungen Z 1 D R C j!L und Z 2 D 1=j! C wie folgt schreiben:
0 1
Z1 Z 21
B1 C 2Z Z1 C
4Z2 C
B 2 C
ADB C: (6.47)
@ 1 Z1 A
1C
Z2 2Z 2

Für sehr kurze Leitungsstückchen nähern sich Z 1 ! 0 und .1=Z 2 / ! 0. Daher kann der Zusammenhang
zwischen den Wellenparametern in (6.46) und den Vierpolparametern in (6.47) mit Hilfe einer Potenzreihen-
entwicklung gefunden werden:
p
cosh.g/  1 C g 2 =2 ! g D Z 1 =Z 2
p (6.48)
sinh.g/  g ! Z 0 D Z1 Z2 :
6.2  Fragen und Aufgaben zu Zwei- und Vierpolen
241 6
. Abb. 6.21 Modellie-
rung eines infinitesimal langen
Zweidraht-Leitungsstückchens als
symmetrischer RLC Vierpol

Im Grenzfall einer in infinitesimale Stückchen geteilten Leitung wird diese Bestimmung von g und Z 0 exakt. Da
sich der Wellenwiderstand nicht ändert, wenn beliebig viele Teilleitungen addiert werden, ist das Ergebnis für
Z 0 bereits das Endergebnis für die gesamte Doppelleitung. Das gesamte Übertragungsmaß ist erstaunlicherwei-
se ebenfalls durch (6.48) gegeben. Denn, wie in Aufgabe 6.46 gezeigt, vergrößert sich bei der Kettenschaltung
N symmetrischer Vierpole mit gleicher charakteristischer Impedanz das Übertragungsmaß um den p Faktor N .
Gleichzeitig wird bei einer Unterteilung der Gesamtleitung das Übertragungsmaß pro Teilstück, g D Z 1 =Z 2 ,
um den Faktor 1=N kleiner. So bleibt das Übertragungsmaß von N ingesamt unabhängig.
Für eine Doppelleitung mit einem Ohm’schen Widerstand RL und einer Induktivität LL entlang des ge-
samten Strom-Hin- und -Rückweges und einer Kapazität CL zwischen den Einzelleitungen erhält man so
p
g.Leitung/ D j!RL CL  ! 2 LL CL
s
LL jRL (6.49)
Z 0 .Leitung/ D  :
CL ! CL

Diese Gleichungen werden zusammen mit (6.46) Telegrafengleichungen genannt.


Eine verlustlose Leitung hat also ein rein imaginäres Übertragungsmaß und eine rein reelle charakteristi-
sche Impedanz (siehe Aufgabe 6.55). Die Gl. (6.46) und (6.49) erlauben es, die in einem System enthaltenen
Leitungen wie zusätzliche Bauelemente zu behandeln. Eine anschauliche Herleitung ist in [4] zu finden.

6.2 Fragen und Aufgaben zu Zwei- und Vierpolen

6.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

6.1 Woran erkennt man messtechnisch einen Reihenschwingkreis?


a) Die Impedanz hat bei einer bestimmten Frequenz ein Maximum.
b) Die Admitanz hat bei einer bestimmten Frequenz ein Maximum.
c) Der Strom oszilliert bei einer bestimmten Frequenz um 90ı verschoben relativ zur
Spannung.

6.2 Was versteht man unter der Güte eines Schwingkreises?


a) Die Güte gibt an, aus welchem Preissegment die Bauteile kommen.
b) Die Güte ist das Verhältnis von Resonanzfrequenz und Verstimmung.
c) Die Güte ist das Verhältnis von Resonanzfrequenz und Bandbreite.
242 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

6.3 Welche der folgenden Pässe haben jT .! ! 1/j D 0?


a) Hochpass und Bandpass,
b) Tiefpass und Bandsperre,
c) Tiefpass und Bandpass?

6.4 Ein Tiefpass dritter Ordnung fällt asymptotisch mit


a) 30 dB pro Dekade,
b) 60 dB pro Dekade oder mit
c) 90 dB pro Dekade ab.
Was ist richtig?

6.5 Welche Matrix eignet sich am besten zur Beschreibung von Parallelschaltungen von
Vierpolen?
6 a) Das ist die Impedanz-Matrix.
b) Das ist die Kettenparameter-Matrix.
c) Es ist die Admitanz-Matrix.

6.6 Wann lässt sich das Verhalten eines Vierpols im Wechselstromkreis vollständig durch
die Angabe des Wellenwiderstandes und des Übertragungsmaßes beschreiben?
a) Das ist möglich, wenn der Vierpol symmetrisch ist.
b) Das ist möglich, wenn die Frequenz so hoch ist, dass Wellenphänomene dominieren.
c) Das ist nur möglich, wenn der Vierpol eine Leitung beschreibt.

6.7 Wann ist bei einem Tiefpass die Grenzfrequenz erreicht?


a) Die Grenzfrequenz ist immer erreicht, wenn der Imaginärteil der Übertragungsfunk-
tion genauso groß ist wie der Realteil.
b) Die Grenzfrequenz ist immer erreicht, wenn die Übertragungsfunktion den Betrag
jT j D 21=2 hat.
c) DiepGrenzfrequenz ist immer erreicht, wenn der Betrag der Übertragungsfunktion das
1= 2-Fache ihres Maximalwertes erreicht.

6.8 Welche Aussage gilt für alle Schwingkreise?


a) In Resonanz ist ihre Impedanz rein imaginär.
b) In Resonanz ist ihre Impedanz rein reell.
c) In Resonanz treten Überspannungen auf.

6.9 Wie erhält man für einen gegebenen Parallelschwingkreis dessen Ortskurve?
a) Man trägt die Übertragungsfunktion in db gegen die Frequenz in logarithmischer Ska-
la auf.
b) Man trägt die Phasenverschiebung gegen die Frequenz in logarithmischer Skala auf.
c) Man berechnet für viele verschiedene Frequenzen Real- und Imaginärteil der Impe-
danz und trägt diese gegeneinander auf. Danach verbindet man alle Punkte.

6.10 „Beim Parallelschwingkreis kann mehr Strom durch die Spule allein fließen, als
durch den gesamten Parallelkreis fließt.“ Stimmt das?

6.11 „Schaltet man zwei RC-Tiefpässe hintereinander, so ist die Übertragungsfunktion


der Gesamtschaltung das Produkt der einzelnen Übertragungsfunktionen.“ Stimmt das?
6.2  Fragen und Aufgaben zu Zwei- und Vierpolen
243 6
6.12 „Die Beträge der Übertragungsfunktionen aller aus Spulen, Kondensatoren und
Widerständen konstruierten Tiefpässe werden asymptotisch durch Geraden im Bode-
Diagramm dargestellt.“ Stimmt das?

6.13 „Wenn am Eingang eines Vierpols das gleiche Verhältnis von Strom und Spannung
gemessen wird wie am Ausgang, dann muss er mit seiner charakteristischen Impedanz
belastet sein.“ Stimmt das?

6.14 „Die charakteristische Impedanz einer verlustlosen Doppelleitung ist rein imagi-
när.“ Stimmt das?

6.15 „Für die Beschreibung einer Reihenschaltung eignet sich am besten die Kettenpa-
rameter-Matrix.“ Stimmt das?

6.16 Wann reicht die Übertragungsfunktion nicht mehr aus, um das Frequenzverhalten
eines Filters hinreichend genau zu beschreiben, und welche Theorie bietet dann den kor-
rekten Beschreibungsrahmen?

6.17 Wie lassen sich die Diagonalelemente der Kettenparameter-Matrix einer Vierpol-
schaltung experimentell bestimmen?

6.18 Warum wird bei hohen Frequenzen meist nicht mit idealen Quellen gearbeitet, bei
50 Hz-Haushaltsanschlüssen aber näherungsweise doch?

6.19 Hoch getaktete Mikroprozessoren werden heute oft mit Hilfe kleiner Kügelchen
(Fachausdruck: ball grid arrays) direkt auf Systemplatinen befestigt. Was könnte der
Grund sein, bei Hochleistungs-ICs auf Bonddrähte zu verzichten?

6.20 Was sagt die Güte eines Schwingkreises alles über diesen aus?

6.2.2 Klausuraufgaben

6.21 Wann gilt der Satz Je kleiner der Widerstand, desto größer die Güte des Schwing-
kreises?

6.22 . Abb. 6.22 zeigt die Raster-Elektronenmikroskop-Aufnahme eines so genann-


ten Bonddrahtes. Bonddrähte dienen der Verbindung von integrierten Schaltungen nach
außen. Sie werden zur Kontaktierung angeschmolzen und auf die bond land genannte
Fläche gedrückt. Die Krümmung des Bonddrahtes verleiht ihm, zusammen mit den Zu-
leitungen, eine Induktivität von ca. L D 10 nH. Die quadratische Fläche darunter ist durch
eine Schicht Siliziumdioxyd vom Nullpotenzial (Masse) getrennt und verhält sich etwa
wie ein Kondensator mit C D 1 pF. Die Ohm’schen Widerstände belaufen sich insgesamt
auf ca. R D 20 . Bitte bestimmen Sie die Resonanzfrequenz des Schwingkreises. Wel-
che Spannungen muss das Dielektrikum des bond land aushalten, wenn der Chip einem
rechteckigen Eingangssignal mit der Amplitude von UO D 2;3 V und einer Frequenz von
f D 1;6 GHz ausgesetzt wird?
244 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.22 Zur Aufgabe 6.22:


Raster-Elektronenmikroskop-
Aufnahme einer Chip-
Kontaktierung. Man erkennt den
gekrümmten Bonddraht, seinen
durch Anschmelzen entstandenen
Fuß und (quadratisch) die darunter
liegende Kontaktierungsfläche.
(Photo:SEM Lab [1])

6.23 Beim Ausmessen eines Bandpasses werden folgende Spitze-Spitze-Werte notiert:

f ŒMHz 0;8 1;0 1;2 1;4 1;6 1;8 2;0 2;2


:
U2;S S =U1;S S ŒdB 12 6 4 3 4 6 15 30

Bitte bestimmen Sie hieraus die Durchlassfrequenz f0 und die Bandbreite B.

6.24 Die Phase einer Übertragungsfunktion ist bei der Grenzfrequenz  D ˙45ı. Stimmt
das immer oder nur manchmal oder gar nicht?

6.25 Ein Hochpass 6. Ordnung lässt bei f D 15 kHz nur UO 2 =UO 1 D 0;1 % der Spannung
durch. Wie groß ist die Spannungsdämpfung bei 10 kHz in Dezibel?

6.26 Welche Matrix wird benötigt, um aus Strömen Spannungen zu berechnen?

6.27 Wie groß ist der bei der Berechnung der Übertragungsfunktion angenommene Aus-
gangsstrom?

6.28 Wie heißt das Verhältnis Eingangsstrom durch Eingangsspannung?

6.29 Welche Matrix eignet sich besonders zur Berechnung von Hintereinander-Schal-
tungen?

6.30 Welche der folgenden Matrizen enthält dimensionslose Elemente?


Impedanz-Matrix, Admitanz-Matrix, Kettenparameter-Matrix oder die Hybrid-Ma-
trix?
6.2  Fragen und Aufgaben zu Zwei- und Vierpolen
245 6
. Abb. 6.23 Zur Aufgabe 6.41:
Zwei Tiefpässe zweiter Ordnung, R1 R2 R L
C1 C2 C
links ein reiner RC -Pass, rechts
die RCL-Variante

6.31 Die so genannte T-Schaltung verdankt ihren Namen . . .

6.32 Sind Ein- und Ausgangsimpedanz gleich, so spricht man von . . .

6.33 Wie misst man das obere Diagonalelement .A11 / der Kettenparameter-Matrix?

6.34 Wie misst man das untere Diagonalelement .A22 / der Kettenparameter-Matrix?

6.35 In welchem Zusammenhang steht die Kettenparameter-Matrix mit dem Frequenz-


gang T ?

6.36 Woran erkennt man die Kettenparameter-Matrix einer symmetrischen Schaltung?

6.37 Was ergibt das Produkt aus Eingangskurzschlussimpedanz und Eingangsleerlauf-


impedanz?

6.38 Jeder Vierpol hat eine charakteristische Impedanz. Stimmt das?

6.39 Welche Formen haben die Ortskurven der Impedanz eines Reihenschwingkreises
und der Admitanz eines Reihenschwingkreises?

6.40 Bitte skizzieren Sie die Bode-Diagramme der RC-Tiefpässe mit der folgenden Be-
stückung:
a) R D 1 k; C D 1 F
b) R D 500 ; C D 20 nF
c) R D 17;5 k; C D 3;14 F

6.41 . Abb. 6.23 zeigt zwei Ansätze, einen Butterworth-Filter zweiter Ordnung zu rea-
lisieren. Welchen wählen Sie und warum?

6.42 . Abb. 6.24 zeigt eine Tiefpass-Schaltung. Wie lautet die Übertragungsfunktion
und wo liegt die Grenzfrequenz für R1 D 390 , R2 D 160  und C D 14 nF?

6.43 . Abb. 6.25 zeigt einen sowohl seriellen als auch parallelen Schwingkreis. Bitte
bestimmen Sie den Betrag der Impedanz als Funktion der Kreisfrequenz, jZ.!/j.

R2
U1 R1 C C R1 U2

. Abb. 6.24 Zur Aufgabe 6.42: RC -Schaltung, bei der es sich lohnt, vor der Berechnung der Übertragungs-
funktion genau hinzusehen
246 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.25 Zur Aufgabe 6.43: L R C


Ein Zweipol, der gleichzeitig ein
Reihenschwingkreises und ein C
Parallelschwingkreis ist

. Abb. 6.26 Zur Aufgabe 6.50: I1 I2


˘ -Schaltung aus zwei Kondensa-
toren und einer Spule
U1 U2

6.44 Zur Bestimmung des Wellenwiderstandes braucht man nur die beiden Kettenpara-
meter-Matrixelemente neben der Diagonalen. (Wann) stimmt das?
6 6.45 Wie viele freie Parameter hat die Kettenparameter-Matrix einer symmetrischen
Schaltung?

6.46 Ein symmetrischer Vierpol hat eine charakteristische Impedanz von 2 . Wie groß
ist der charakteristische Widerstand derjenigen Schaltung, die man erhält, indem man
diesen Vierpol insgesamt dreimal hintereinander schaltet?

6.47 Bei einer Zweidraht-Leitung mit vernachlässigbarem Ohm’schen Widerstand wird


der Abstand zwischen Hin- und Rückleitung halbiert. Welche der folgenden Aussagen
stimmt?
a) Der Induktivitätsbelag wird halbiert.
b) Der Kapazitätsbelag wird verdoppelt.
c) Der Wellenwiderstand wird halbiert.
d) Die Signalgeschwindigkeit bleibt gleich.

6.48 Bitte skizzieren Sie einen Vierpol, der nur aus einem Längswiderstand zwischen
den oberen Ein- und Ausgangsanschlüssen sowie einer Kurzschluss-Verbin-dung (also
nur einer Leitung) zwischen den unteren beiden Anschlüssen besteht. Bestimmen Sie bit-
te für diesen die Admitans-Matrix, die Kettenparameter-Matrix und die charakteristische
Impedanz.

6.49 Bitte skizzieren Sie einen RC-Tiefpass als Vierpol und berechnen Sie dessen
Impedanz-Matrix.

6.50 Eine für niedrige Frequenzen an 50  angepasste symmetrische ˘ -Schaltung (siehe


. Abb. 6.26) soll zur Dämpfung hoher Frequenzen eingesetzt werden. Die Spannungs-
übertragung habe im lastfreien Fall einen Pol bei einer Frequenz von fPol D 100 kHz.
a) Bitte bestimmen Sie L und C!
b) Wie groß ist der Betrag der Spannungsübertragung, wenn die Schaltung ausgangssei-
tig mit RL D 50  belastet wird?
c) Um welchen Winkel ist die Ausgangsspannung relativ zur Eingangsspannung ver-
schoben?
6.2  Fragen und Aufgaben zu Zwei- und Vierpolen
247 6
. Abb. 6.27 Zur Aufgabe 10
6.51: Ortskurve eines Paral-

Imaginärteil der Impedanz in Ohm


lelschwingkreises mit nicht zu
vernachlässigendem Spulenwider- 5
stand

f = 100 kHz
-5

-10

-15
0 5 10 15 20 25
Realteil der Impedanz in Ohm

6.51 . Abb. 6.27 zeigt die Ortskurve eines Parallelschwingkreises, dessen Spule einen
erheblichen Ohm’schen Widerstand hat. Die Güte der Spule beträgt bei einer Frequenz
von f D 16 kHz QSpule D 2. Die übrigen Bauteile sind fast ideal. Bei einer Frequenz von
f D 100 kHz beträgt die Gesamtimpedanz ca. jZj D 1;6 . Bitte schätzen Sie die Werte
für RL ; L und C ab.

6.52 . Abb. 6.28 zeigt den Doppel-T-Filter. Bitte bestimmen Sie die Übertragungsfunk-
tion sowie deren Betrag und Phase.

6.53 Wie ändert sich die Ausgangsspannung U2 .t/ an einem einfachen RC-Hochpassfilter
(siehe . Abb. 6.9) mit der Zeit, wenn U1 .t/ D U1 .t D 0/ D konst. und U2 .t D 0/ D UStart
ist?

6.54 Wie ändert sich die Ausgangsspannung U2 .t/ an einem einfachen RC-Tiefpassfilter
(siehe . Abb. 6.7) mit der Zeit, wenn U1 .t/ D U1 .t D 0/ D U10 und U2 .t D 0/ D UStart
ist?

6.55
a) Bitte finden Sie mit Hilfe der Gl. (6.46) und (6.49) (siehe unten) einen einfachen
Ausdruck für die Kettenparameter-Matrix des in . Abb. 6.29 gezeigten verlustlosen
LAN-Kabels.

. Abb. 6.28 Zur Aufgabe 6.52:


Doppel-T-Filter: Ein T-förmiger
RC -Hochpass wird mit einem T-
förmigen RC -Tiefpass verbunden
248 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.29 Zur Aufgabe 6.55:


Steckverbindung eines LAN-
Kabels. LAN-Kabel haben eine
charakteristische Impedanz von
50 

b) Bestimmen Sie, unter welchen Bedingungen eine verlustlose Leitung gerade an einen
50 -Widerstand angepasst ist.
c) Bestimmen Sie für einen Kapazitätsbelag von 75 pF=m die Phasenverschiebung bei
Impedanz-Anpassung und versuchen Sie daraus einen Ausdruck für die Signalge-
schwindigkeit auf der Leitung herzuleiten.

6.56 Ein Antennenkabel habe einen vernachlässigbar kleinen Ohm’schen Widerstand


6 und eine charakteristische Impedanz von Z 0 D 75 . Es werde von einem angepassten
LNB (aus dem Englischen low noise block, der Verstärker, der in . Abb. 6.30 auf die
Satellitenschüssel zeigt) mit einer Leistung von P D 10 nW gespeist. Welcher Anteil
der vom LNB erzeugten Signalspannung und welcher Anteil der abgegebenen Leistung
kommen beim Satellitenempfänger an, wenn dieser einen Eingangswiderstand von RE D
75  hat? Welche Spannungsamplitude und welche Leistung würde man für RE D 750 
erhalten?

. Abb. 6.30 zur Aufgabe 6.56:


Fernseh-Satellit und passende An-
tenne. Die kleinen Leistungen der
Satellitenempfänger sind nur mit
vollständig angepassten Systemen
zu transportieren
6.3  Antworten zu Kap. 6
249 6
6.3 Antworten zu 7 Kap. 6

6.1 Antwort b) ist richtig. Die 90ı Bedingung wird beim Reihenschwingkreis nur asym-
ptotisch, und dann bei verschwindend kleinen Strömen erreicht.

6.2 Antwort c) ist richtig. Reihenschwingkreise hoher Güte sind also schmalbandig.

6.3 Antwort c) ist richtig, denn . . . pass kommt von passieren lassen.

6.4 Antwort b) ist richtig. Bei der n-ten Ordnung hat man allgemein 20n dB pro Dekade.

6.5 Antwort c) ist richtig, denn die Admitanz-Matrix einer Parallelschaltung ist einfach
die Summe der Admitanz-Matrizen der einzelnen Vierpole.

6.6 Antwort a) ist richtig. Durch die Symmetriebedingungen für Strom und Spannung
wird die Zahl der freien Parameter auf zwei reduziert.

6.7 Antwort c) ist richtig. Die Antworten a) und b) gelten nur in Spezialfällen.

6.8 Antwort b) ist richtig. Überspannungen treten nur bei Reihenschwingkreisen auf. Bei
Parallelkreisen gibt es dagegen in Resonanz eine Stromüberhöhung.

6.9 Antwort c) ist richtig. Die ersten beiden Optionen waren Teile des Bode-Diagramms.

6.10 Ja, das stimmt. In Resonanz wird dies besonders kritisch, denn dann fließen große
Ströme zwischen Spule und Kondensator hin und her, ohne dass dies nach außen sichtbar
wird.

6.11 Nein, das stimmt nicht. Eine Übertragungsfunktion wird immer unter der Voraus-
setzung ausgerechnet, dass kein Strom aus der Schaltung herausfließt. Diese Bedingung
ist für den vorderen Tiefpass nicht erfüllt.

6.12 Ja, das stimmt, denn bei hohen Frequenzen dominiert die jeweils höchste Potenz der
Frequenz die Übertragungsfunktion, sodass diese in ein einfaches Potenzgesetz übergeht.
Potenzgesetze ergeben in doppelt logarithmischer Darstellung immer eine Gerade.

6.13 Ja, das stimmt, denn genauso ist die charakteristische Impedanz definiert.

6.14 Nein, das stimmt nicht. Sie ist rein reell.

6.15 Nein, das stimmt nicht. Die Impedanz-Matrix ist am besten für Reihenschaltun-
gen geeignet, denn die Impedanz-Matrix der Gesamtschaltung ist einfach die Summe der
Einzelmatrizen. Die Kettenparameter-Matrix eignet sich insbesondere für Kettenschal-
tungen. (Im Unterschied zur Kettenschaltung, die aus mehreren Teilschaltungen zwischen
Ein- und Ausgang besteht, verbindet die Reihenschaltung mehrere Teilschaltungen von
einer Versorgungsleitung zur anderen.)
250 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

6.16 Immer dann, wenn der Filter ausgangsseitig belastet wird, ist eine Voraussetzung für
die Berechnung von Übertragungsfunktionen nicht mehr erfüllt. Die korrekte Behandlung
erfolgt dann im Rahmen der Vierpoltheorie.

6.17 A11 ist das Verhältnis von Eingangs- und Ausgangsspannung im Leerlauf .D 1=T /,
und A22 ist das Verhältnis von Eingangs- und Ausgangsstrom bei Ausgangskurzschluss.

6.18 Wenn die Längen der Spannungswellen auf den Leitungen in der Nähe oder sogar
unter der Leitungslänge liegen, dann können offene Leitungen zu Resonanzen mit Über-
spannungen führen: je hochwertiger die Leitung, desto größer die Überspannung. Bei
Spannungsquellen, die an die Leitung angepasst sind, deren Innenwiderstand also gleich
der charakteristischen Impedanz der Leitung ist, ist die Spannungsüberhöhung auf einen
Faktor zwei begrenzt. Die Leitungslängen innerhalb eines Hauses sind sind jedoch viel
6 kleiner als die Wellenlänge der 50 Hz-Versorgungsspannung .  4000 km/.

6.19 Ein wichtiger Grund ist die Vermeidung von Reihenschwingkreisen. Ein Bonddraht
verhält sich jenseits von 1 GHz bereits ein wenig wie eine Spule. Das Metallplättchen, auf
dem der Bonddraht endet, stellt zusammen mit dem unter ihm liegenden Oxid und dem
darunter liegenden Silizium einen Kondensator dar. So entsteht ein Reihenschwingkreis
und damit die Möglichkeit von Überspannungen, also das Letzte, was man einem MOS-
Chip antun möchte.

6.20 Die Güte ist immer das Verhältnis von Resonanzfrequenz und Bandbreite. Beim
Reihenschwingkreis gibt sie ferner an, um welchen Faktor die Spannungen an Spule und
Kondensator in Resonanz überhöht sind. Beim Parallelschwingkreis gibt sie an, um wel-
chen Faktor der Strom durch die Spule und den Kondensator überhöht ist. Grundsätzlich
ist die Güte immer dann groß, wenn der Ohm’sche Widerstand keine Rolle spielt, er also
beim Reihenschwingkreis klein und beim Parallelschwingkreis groß ist.

6.21 Die Güte eines Reihenschwingkreises ist um so größer, je kleiner dessen Ohm’sche
Widerstände sind. Beim Parallelschwingkreis gilt genau das Gegenteil: Hier wirkt ein
kleiner Widerstand wie ein Kurzschluss, der den Strom an der Spule und dem Kondensa-
tor vorbei führt.
p
6.22 Dies ist ein Reihenschwingkreis mit der Resonanz-Kreisfrequenz !0 D 1= LC
D 10 GHz. Die Güte beträgt QR D !L=R D 5. Das ist auch der Faktor, um den die am
Kondensator liegende Spannung erhöht ist, denn f D 1;6 GHz entspricht recht genau der
Resonanzfrequenz. Das Oxyd muss also eine Spannung von bis zu Umax D UO  Q D 11;5 V
aushalten.

6.23 Die Durchlassfrequenz f0 ist diejenige, bei der das Spannungsverhältnis am größten
ist: f0 D 1;4 MHz. Da in der Nähe dieser Frequenz der Spannungsübertrag einen symme-
trischen Verlauf hat, kann man davon ausgehen, bei der Messung wirklich das Maximum
getroffen zu haben. p
der der Spannungsübertrag einen Faktor 1= 2
Die Grenzfrequenz ist diejenige, beip
unter dem Maximum liegt. Da 20  log10 . 2/ D 3;0103: : : ist, liegt bei der Grenzfrequenz
der Spannungsübertrag gerade 3 dB unterhalb des Maximums. In der angegebenen Wer-
6.3  Antworten zu Kap. 6
251 6
tetabelle ist das bei fg;u D 1;0 MHz und bei fg;o D 1;8 MHz der Fall. Die Bandbreite
beträgt also B D 800 kHz.

6.24 Eine Phase von ˙45ı tritt immer auf, wenn der Real- und der Imaginärteil der
Übertragungsfunktion gleich groß sind. Das muss nicht immer eine Grenzfrequenz sein.
Für Übertragungsfunktionen, die die Form T D 1=.1 C jf .!// haben, ist dies der Fall,
für viele andere nicht.

6.25 Wenn der Betrag der Übertragungsfunktion bereits im Promille-Bereich angekom-


men ist, kann von einem Verlauf jT j  f 6 ausgegangen werden. Daher gilt
 6  6
f2 3 10
jT 2 j D jT 1 j D 10  D 8;8  105 : (6.50)
f1 15

In Dezibel ergibt sich ein Wert von 20  log10 .8;8 105 / D 81 dB.
! !
u1 i
6.26 Es ist die Impedanz-Matrix (siehe Definition 6.4). Denn DZ 1 funk-
u2 i2
tioniert nur, wenn die Matrix Z aus Elementen mit der Einheit  besteht.

6.27 Für die Berechnung von T wird immer der lastfreie Fall, also gar kein Ausgangs-
strom angenommen.

6.28 Das ist nach Definition 6.10 die Eingangsadmitanz.

6.29 Das ist die Kettenparameter-Matrix (siehe . Abb. 6.19, (6.40) und folgender Text).

6.30 Dimensionslose Matrixelemente findet man dort, wo das Ergebnis die gleiche
Einheit hat wie der Multiplikator. Wo dies der Fall ist, geht aus den Definitionen
6.4 bis 6.6 hervor, bei den Impedanz- und Admitanz-Matrizen zum Beispiel nie. Bei
der Kettenparameter-Matrix sind die Diagonalelemente dimensionslos, bei der Hybrid-
Matrix sind es die Elemente h12 und h21 .

6.31 Auch diese elementare Vierpolschaltung verdankt, wie in . Abb. 6.18 gezeigt,
ihren Namen der Struktur: Die beteiligten Impedanzen sind in Form eines T zusammen-
geschaltet.

6.32 Gemäß Definition 6.12 spricht man hier von Impedanzanpassung.

6.33 Die Lösung folgt aus der Definition 6.7: Wegen u1 D A11 u2 C A12 i 2 kann man
u
durch Messung des Leerlauf-Spannungsübertrags A11 D u1 .Leerlauf/ bestimmen. Denn
2
im Leerlauf ist i 2 D 0.

6.34 Die Lösung folgt ebenfalls aus der Definition 6.7: Wegen i 1 D A21 u2 C A22 i 2 kann
i
man durch Messung des Kurzschluss-Stromübertrags A22 D i 1 .Kurzschluss/ bestimmen.
2
Denn Kurzschluss bedeutet u2 D 0.
252 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

u
6.35 A11 ist in Definition 6.7 bestimmt, T im 7 Abschn. 6.1.2. Wegen A11 D u1 .Leerlauf/
2
ist A11 D T 1 (Vergleich: Lösung der Aufgabe 6.33)
u2
und T D u1
.Leerlauf/

6.36 Die in (6.42) geforderte Symmetrie führt zu den in (6.43) gegebenen Symmetrie-
bedingungen: Die Determinante ist gleich 1 und die Diagonalelemente sind gleich.

6.37 Das Produkt aus Eingangskurzschlussimpedanz und Eingangsleerlaufimpedanz ist


für eine symmetrische Schaltung das Quadrat der charakteristischen Impedanz. Dies er-
gibt sich in der folgenden Weise:
Die Eingangsimpedanz ist gemäß der Definition 6.7

u1 A u C A12 i 2
ZE D D 11 2 : (6.51)
6 i1 A21 u2 C A22 i 2

Im Leerlauf fallen die Terme mit i 2 weg, bei Kurzschluss die mit u2 . Zusammen mit
(6.43) ergibt sich dann

A12 A11 A
Z E .kurz/  Z E .leer/ D  D 12 : (6.52)
A22 A21 A21

Der Vergleich mit (6.44) zeigt, dass der letzte Ausdruck in (6.52) gerade gleich dem
Quadrat der charakteristischen Impedanz ist.

6.38 Grundsätzlich kann jedem Vierpol eine charakteristische Impedanz zugeordnet wer-
den. Gl. (6.41) zeigt, dass sie für jeden Satz von Vierpolparametern auszurechnen ist. Sie
kann allerdings im Extremfall 0 oder 1 betragen (siehe . Abb. 6.31). Im praktischen
Alltag sind solche Vierpole nicht anzupassen. Ein Beispiel dafür ist in Aufgabe 6.48 ge-
rechnet (6.68).

6.39 Die Impedanz des Reihenschwingkreises hat einen konstanten Realteil <.Z/ D R
und einen von der Frequenz abhängigen Imaginärteil =.Z/ D QV . Daher ist die Ortskur-
ve der Impedanz eine senkrechte Linie, die die reelle Achse beim Wert R schneidet.
Die Ortskurve der Admitanz ist ein Kreis. Dies ergibt sich wie folgt: Wir können sie
als
1 1  jQV
Y D D (6.53)
Z R.1 C Q2 V 2 /

Längswiderstand Querwiderstand

. Abb. 6.31 Zu den Aufgaben 6.38 und 6.48: Beispiele für Vierpole mit extremen charakteristischen Impe-
danzen (Wellenwiderständen): Der Längswiderstandsvierpol hat Z 0 ! 1, der Querwiderstand ergibt Z 0 D 0
6.3  Antworten zu Kap. 6
253 6
. Abb. 6.32 Zur Aufgabe 0 90

Spannungsübertrag in Dezibel
6.40: Das Bode-Diagramm des phi(x)

RC-Hochpasses sieht für alle Di-

Winkel in Grad
mensionierungen gleich aus, wenn |T|
die Kreisfrequenz auf die Grenz- -20 45
kreisfrequenz !g normiert wird φ

-40 0
0.01 0.1 1 10 100
Vielfaches der Grenzfrequenz (ω / ω0 )

schreiben. In einem x-y-Koordinatensystem mit x D <.Y / und y D =.Y / ist dann


1
xD
R.1 C Q2 V 2 /
(6.54)
QV
yD :
R.1 C Q2 V 2 /
Wenn aus diesem Gleichungssystem die für alle Frequenzen verschiedene Laufvariable
QV eliminiert wird, folgt die Abhängigkeit y.x/:
r
x
yD
 x2 : (6.55)
R
Das ist die Gleichung für einen Kreis, der symmetrisch zur x-Achse liegt und diese bei
den Werten x01 D 0 und x02 D 1=R schneidet.

6.40 Betrag und Phase des RC-Hochpasses hängen ausschließlich von !RC D !=!g ab.
Trägt man den Betrag oder die Phase des einfachen RC-Hochpasses als Funktion dieser
Größe auf, so kommt für alle denkbaren Bauteilekombinationen immer das gleiche, in
. Abb. 6.32 gezeigte Bild heraus. Für die Bode-Diagramme der RC-Hochpässe gilt, wie
auch für die der RC-Tiefpässe: Kennt man eins, kennt man alle. . .

6.41 Die Übertragungsfunktion der ersten, nur aus Widerständen und Kondensatoren
bestehenden Schaltung hat die Übertragungsfunktion
1
T D : (6.56)
1 ! 2 R1 C1 R2 C2 C j!.R1 C1 C R2 C2 C R1 C2 /

Für einen Butterworth- oder Potenzfilter muss das Betragsquadrat der Übertragungsfunk-
tion die Form
1
jT j2 D (6.57)
1 C ˛! 4
haben. Dies ist für einen Ausdruck wie (6.56) unmöglich: Von den sechs positiven
Termen, die die Quadratur des Imaginärteils ergeben, wird nur ein einziger (nämlich
2R1 RC1 R2 C2 ) durch die Quadratur des Realteiles kompensiert. Daher kann der ! 2 -
Term in der Übertragungsfunktion nicht verschwinden, wie immer man auch die Bauteile
wählt. Anders ausgedrückt: Die erste Option ist keine, denn sie hat keine Lösung.
254 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

Die Übertragungsfunktion der zweiten Option ist

1 1
T D ! jT j2 D :
1  ! 2 LC C j!RC 1 C ! 4 L2 C 2 C ! 2 .R2 C 2  2LC /
(6.58)

Dies ist die zu einem Potenzfilter gehörende Übertragungsfunktion, wenn R2 C 2 2LC D


0 ist, also bei
p
R D 2L=C : (6.59)

Wenn diese Randbedingung erfüllt


p ist, dann ist die zweite Option ein Butterworth-Filter
mit der Grenzfrequenz !g D 1= LC . Das ist gerade die Resonanzfrequenz des Reihen-
6 Schwingkreises. Der Verlauf ist in . Abb. 6.12 abgebildet.

6.42 Die beiden Bauelemente ganz links in der Schaltung belasten die Spannungsquelle
U 1 und tragen nichts zur Übertragungsfunktion bei. Übrig bleibt ein Spannungsteiler:
R1 k C 1 R1
T D D D : (6.60)
R2 C .R1 k C / 1 C R1 kC
R2 R1 C R2 C jR1 R2 ! C

Man kann den frequenzabhängigen Teil ausklammern und erhält einen Ausdruck, dem
die Grenzfrequenz schon fast anzusehen ist:
   
R1 1
T D  : (6.61)
R1 C R2 1 C j! C.R1 k R2 /
In diesem Fall verschwindet der Imaginärteil bei ! ! 1, und der Realteil des Nenners
hängt nicht von der Frequenz ab. Die Grenzfrequenz ist daher in diesem Falle tatsächlich
diejenige, bei der Real- und Imaginärteil im Nenner gleich groß sind. Daher ist
R1 C R2
!g D ! fg  10 kHz: (6.62)
R1 R2 C
6.43 Die Impedanz ist
 
R C Z C C ZL R C j !L  !C 1
Z D .R C Z C C ZL / k Z C D D : (6.63)
R
C
ZL
C2 2  ! 2 LC C j!RC
ZC ZC

Am Betrag
v
u  
u R2 C !L  1 2
ZDt !C
(6.64)
.2  ! 2 LC /2 C .!RC /2

fällt auf, dass er im Grenzfall R ! 0 sowohl einen Pol bei ! 2 CL D 2, als auch eine
p
Nullstelle bei ! D 1= LC hat.

6.44 Bei symmetrischen Vierpolen (nur dort) lässt sich der Wellenwiderstand ge-
mäß (6.44) aus den Matrixelementen A12 und A21 errechnen. Der Rechenweg ist in
7 Abschn. 1.1.2 und in der Lösung zur Frage 6.37 gezeigt.
6.3  Antworten zu Kap. 6
255 6
6.45 Es sind zwei Parameter: Im Allgemeinen hat die Matrix vier frei wählbare Matrix-
elemente. Die Austauschbedingungen u1 $ u2 und i 1 $ i 2 reduzieren entsprechend
(6.43) die Zahl auf 4  2 D 2 freie Parameter.

6.46 Es bleibt bei den 2 . Denn die charakteristische Impedanz ist gerade so definiert
(siehe Definition 6.12), dass eine beliebig große Anzahl verketteter Teilschaltungen im-
mer genau diese Ein- und Ausgangsimpedanz hat. Hierfür sei im Folgenden der Beweis
für zwei symmetrische Vierpole mit der gleichen charakteristischen Impedanz geführt. Er
benutzt die beiden folgenden Additionstheoreme:

cosh.g 1 /  cosh.g2 / C sinh.g 1 /  sinh.g 2 / D cosh..g1 C g2 //


(6.65)
cosh.g 1 /  sinh.g2 / C sinh.g1 /  cosh.g 2 / D sinh..g1 C g 2 // :

Denn es sind genau diese beiden Additionstheoreme, die die Wellenparameter Darstel-
lung so nützlich machen. Hier ergeben sie für die Gesamtschaltung:

A D A1  A2
! !
cosh.g1 / Z 0 sinh.g1 / cosh.g 2 / Z 0 sinh.g 2 /
AD 1  1
Z
sinh.g 1 / cosh.g1 / Z0
sinh.g 2 / cosh.g 2 / (6.66)
0
!
cosh.g1 C g 2 // Z 0 sinh.g 1 C g 2 //
AD :
Z sinh.g 1 C g 2 // cosh.g 1 C g 2 //
1
0

Aus der letzten Gleichung lässt sich die charakteristische Impedanz direkt ablesen. (6.66)
beweist: Selbst wenn die Struktur einer Schaltung nicht symmetrisch ist, wenn zum Bei-
spiel g 1 ¤ g 2 ist, so kann ihr elektrisches Verhalten dennoch symmetrisch sein.

6.47 Alle Aussagen sind richtig! Und das kommt so:


a) Die Induktivität einer Leiterschleife ist proportional zur umschlossenen Fläche (siehe
7 Kap. 2). Hier ist die Fläche das Produkt Leitungslänge mal Abstand. Wenn der
Abstand bei gleicher Länge halbiert wird, so halbiert sich auch die Induktivität.
b) Für Kondensatoren verdoppelt sich bekanntermaßen die Kapazität, wenn der Abstand
halbiert wird (siehe 7 Kap. 2). p
c) Für die verlustlose Leitung ist gemäß (6.49) Z 0 D L=C . Nach a) und b) halbiert
Z0.
sich also p
d) Da v D Lx  Cx (siehe Lösung der Aufgabe 6.55, (6.100)) ist, kürzen sich beide
Faktoren von 2 und das Ergebnis bleibt.

Alle Aussagen a) bis d) gelten streng genommen nur bei Drähten mit einem Durchmesser,
welcher viel geringer als ihr Abstand zueinander ist.

6.48 Lösungsstrategie:
a) Zunächst für alle Bauelemente die Spannungen so weit es möglich ist als Funktion
der von außen messbaren Ströme hinschreiben,
b) dann für die Admitanz-Matrix entsprechend der Definition 6.7 die Gleichungen so
sortieren, dass i 1 D f1 .u1 ; u2 / und i 2 D f2 .u1 ; u2 / herauskommt.

Lösung: Die Skizze ist in . Abb. 6.31 (links) zu sehen.


256 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.33 Zur Aufgabe 6.49: I1 I2


Tiefpass als Vierpol und Definition
der äußeren Amplituden
R
U1 C U2

a) Aus dieser Skizze ist ersichtlich, dass u1  u2 D R  i 1 und i 1 D i 2 .


b) Für die Admitanz-Matrix braucht man entsprechend Definition 6.5 Gleichungen, in
denen jeweils nur ein Strom steht. Das ist in diesem Falle:
i 1 D u1 =R  u2 =R
i 2 D u1 =R  u2 =R
! (6.67)
6 1=R 1=R
Y D :
1=R 1=R
Umsortieren ergibt die Kettenparameter-Matrix:
!
1 R
AD : (6.68)
0 1
An dieser Darstellung sieht man die Symmetrie der Schaltung und die charakteristi-
sche Impedanz Z 0 ! 1.

6.49 Lösungsstrategie:
a) Zunächst für alle Bauelemente die Spannungen. so weit es möglich ist, als Funkti-
on der von außen messbaren Ströme aufschreiben. Bei komplizierteren Schaltungen
müssen gegebenenfalls für den ersten Schritt Hilfsströme definiert werden, die dann
mittels Stromerhaltung aus den Formeln herausgekürzt werden,
b) dann die Gleichungen entsprechend der Definition 6.7 so sortieren, dass Gleichungen
des Typs u1 D f1 .u2 ; i 2 / und i 1 D f1 .u2 ; i 2 / übrigbleiben.

Lösung: Die Skizze ist in . Abb. 6.33 gezeigt.


a) Beim RC-Tiefpass sind die Bauelemente-Gleichungen u1  u2 D R  i 1 und u2 D
Z C  .i 1  i 2 /.
b) Für die Kettenparameter-Matrix werden nun Gleichungen benötigt, in denen der In-
dex 1 nur einmal vorkommt. Dies ist bei der Impedanzgleichung des Kondensators
der Fall und sie kann umsortiert werden: i 1 D Z1 u2 C i 2 . Das ist, anders ausge-
C
drückt, schon die untere Hälfte der Kettenparameter-Matrix. Die Gleichung für den
Ohm’schen Widerstand ist in ihrer jetzigen Form noch nicht zu gebrauchen, da sie
sowohl u1 als auch i 1 enthält. Da zum Komplettieren der Matrix aber noch eine Glei-
chung für u1 fehlt, ist es sinnvoll, i 1 mit der gerade gefundenen Beziehung aus der
Widerstandsgleichung zu eliminieren:
 
1 R
u1  u2 D R  i 1 D R  . u2 C i 2 / ! u1 D 1 C  u2 C R  i 2 : (6.69)
ZC ZC
Damit steht das Endergebnis fest:
! !
.1 C R=Z C / R .1 C j!RC / R
A.RC  Tiefpass/ D D : (6.70)
1=Z C 1 j! C 1
6.3  Antworten zu Kap. 6
257 6
Mit der gleichen Lösungsstrategie können auch alle Matrixelemente der in
. Abb. 6.18 gezeigten elementaren Vierpoltypen (T, ˘ , X) bestimmt werden.

6.50 Lösungsstrategie: Man kann sicher sein, dass es eine Lösung gibt, denn zu den
zwei freien Parametern, die zu einem symmetrischen Vierpol gehören (vergleiche (6.46)
kommen zwei Randbedingungen, so dass das System vollständig bestimmt ist. Zunächst
müssen die gegebenen Randbedingungen in Formeln gegossen werden. Mit Hilfe einer
Kettenparameter-Matrix für eine a priori symmetrische ˘ -Schaltung müsste das Ergebnis
folgen.
Lösung: Anpassung an 50  bei niedrigen Frequenzen muss heißen:
Z 0 .! D 0/ D 50  : (6.71)
Der Pol der Spannungsübertragung bedeutet
A1
11 .fPol D 100 kHz/ D 0: (6.72)
Beide Bedingungen können mit Hilfe der Kettenparameter-Matrix für eine symmetrische
˘ -Schaltung (siehe . Abb. 6.18 mit Z ˛ D Z  ) mit der Schaltung in Verbindung gebracht
werden.
Die Bestimmung der Kettenparameter-Matrix für eine symmetrische ˘ -Schaltung
verläuft wie in den letzten beiden Aufgaben und ergibt
! !
.1 C Z ˇ =Z ˛ / Zˇ .1  ! 2 LC / j!L
AD Z D :
.2 C Zˇ /=Z ˛ .1 C Z ˇ =Z ˛ / j! C.2  ! 2 LC / .1  ! 2 LC /
˛
(6.73)
a) Dem oberen linken Matrixelement sieht man an, dass der Spannungsübertrag einen
Pol bei
r
1
!Pol D (6.74)
LC
hat. Die beiden Nebendiagonalelemente ergeben nach (6.44) die charakteristische Im-
pedanz:
r
L
Z 0 .! D 0/ D : (6.75)
2C
Damit sind beide Bauteile bestimmt:
1
C Dp
2  !Pol  Z 0 .! D 0/
p (6.76)
2  Z 0 .! D 0/
LD :
!Pol
b) Für ! ! 0 werden die Diagonalelemente der Kettenparameter-Matrix gleich eins und
die Nebendiagonalelemente gleich null. Daher ist
u2
D1: (6.77)
u1
c) aus dem gleichen Grunde gibt es auch keine Phasenverschiebung . D 0/.
258 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

6.51 Bei f D 0 kHz bleiben nur die Ohm’schen Anteile R und RL übrig. Da diese
parallel zueinander liegen, ist der kleinere von beiden entscheidend. Man kann davon
ausgehen, dass dies der Spulenwiderstand ist:

Rgesamt .f D 0 kHz/ D R k RL  RL D 5 : (6.78)

Der Punkt, welcher zur höchsten dargestellten Frequenz gehört, hat, wie . Abb. 6.27
zeigt, einen sehr kleinen Realteil, und er befindet sich schon weit vom =.Z/ D 0 Achsen-
Durchgang der Ortskurve entfernt im Bereich negativer Blindwiderstände. Hier dominiert
also die Leitfähigkeit des Kondensators:

1 1
C  D D 1 F : (6.79)
!  =.Z/ 2
 100 kHz  1;6 
6
Die Induktivität der Spule ergibt sich aus der Güte:

!L QSpule  RL 25
QSpule D !LD DLD  100 H : (6.80)
RL ! 2
 16 kHz

Ein Vergleich mit . Abb. 6.5 zeigt, was auch schon durch den Wert QSpule D 2 deut-
lich wird: Bei diesem Schwingkreis wird die Näherung durch Parallelersatz-widerstände
recht ungenau, wie der Versuch einer Rekonstruktion des Widerstandes zeigt: Bei f0 
16 kHz ist der Parallelersatzwiderstand der Spule RL0 D .RL2 C ! 2 L2 /=RL D 25 . Die
größte Gesamtimpedanz des idealen Parallelschwingkreises ist erreicht, wenn sich die
Suszeptanzen aufheben. Dann bleibt jZ max j D R k RL0 übrig. Nach . Abb. 6.27 muss
das Ergebnis bei ca. jZ max j D 18  liegen. Der tatsächlich zum Berechnen der Ortskurve
verwandte Wert ist aber R D 100 , was jZ max j D 20  entspricht.

6.52 Die Übertragungsfunktion kann mit Hilfe der Knotenpotenzialanalyse bestimmt


werden:

1  .!RC /2
T D : (6.81)
1  .!RC /2 C j  4!RC

Man sieht, dass bei

!0 D 1=RC (6.82)

der Spannungsübertrag Null ist.


Zur Bestimmung der Grenzfrequenzen ist es am günstigsten, den gesamten Bruch in
(6.81) durch den Zähler zu kürzen:

1
T D : (6.83)
1Cj 4!RC
1.!RC /2

Denn diesem Ausdruck sieht man an, dass er einen maximalen Betrag von 1 haben kann,
und dass die Grenzfrequenz gerade erreicht ist, wenn der Term hinter dem j gleich 1 ist.
Dies ist also ein Beispiel dafür, dass die Grenzfrequenzen oft (aber nicht immer) mit ˙45ı
6.3  Antworten zu Kap. 6
259 6
Phasenverschiebungen einhergehen. Die Lösung des quadratischen Gleichungssystems
ergibt die beiden Grenzfrequenzen
1
p
!g D  5˙2 : (6.84)
RC
Der Betrag der Übertragungsfunktion ist

j1  .!RC /2 j
jT j D q (6.85)
.1  .!RC /2 /2 C .4!RC /2

und die Phase


 
4!RC
 D  arctan : (6.86)
1  .!RC /2
Die Phase macht bei ! D !0 einen Sprung von  D 90ı auf  D C90ı . Dies ist nur
scheinbar ein Problem: im Alltag werden die Widerstandsverhältnisse nie exakt so sein,
dass die Übertragungsfunktion in (6.81) ganz korrekt ist. Und sollte dies doch der Fall
sein, dann ist der Punkt der springenden Phase gerade der Punkt, bei dem die Aus-
gangsamplitude genau gleich Null ist. Und wen kümmert schon die Phase einer nicht
vorhandenen Ausgangsspannung . . . ?

6.53 Lösungsstrategie: Aus den beiden Bauelemente-Gleichungen Q D C U und U D


RI kann der Strom eliminiert werden, wenn die Kondensator-Gleichung nach der Zeit
abgeleitet wird. Übrig bleibt eine Differenzialgleichung für die Ausgangsspannung.
Lösung: Aus I D C  dtd .U1  U2 / und U2 D R  I folgt mit dU1 =dt D 0 eine lineare
homogene Differenzialgleichung:
d dU2
U2 .t/ D RC .U1  U2 / D RC (6.87)
dt dt
Diese Gleichung hat eine bekannte Lösung:

U2 .t/ D UStart et =RC : (6.88)

. Abb. 6.34 zeigt dieses Verhalten. Wenn an den Eingang eines Hochpasses ein Recht-
ecksignal mit hinreichend kleiner Frequenz gelegt wird, so wird der Ausgang vor jedem
neuen Sprung des Eingangs gleich Null. Die Spitze-Spitze-Spannung des Ausgangs wird
so doppelt so groß wie die des Eingangs, ganz ohne Verletzung des Energie-Erhaltungs-
satzes.

6.54 In dieser Aufgabe kann wie in Aufgabe 6.53 der Strom eliminiert werden. In diesem
Fall ist das Ergebnis die folgende inhomogene Differenzialgleichung (DGl.):
dU2 .t/
U2 .t/ D U1 .t/  RC : (6.89)
dt
Die Lösung dieser DGl. kann gefunden werden, indem zunächst die dazu gehörige homo-
gene DGl. allgemein gelöst und dann eine spezielle Lösung der inhomogenen Gleichung
hinzuaddiert wird.
260 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

. Abb. 6.34 Zur Aufgabe


6.53: Messungen der Ein- und
Ausgangsspannungen an einem
RC-Hochpass. Speist man diesen
mit einem Rechtecksignal, so kann
er bei fg fRechteck Nadelimpul-
se liefern (Quelle: J. Decking FH
Münster)

6
Die homogene DGl. hat die Lösung (6.88), allerdings mit noch nicht bekannter Inte-
grationskonstante U0 :

U2 .t/ D U0 et =RC : (6.90)

Zu dieser Lösung kann die spezielle Lösung für den Fall U1 D U2 D konst. hinzuaddiert
werden.

U2 .t/ D U1 C U0 et =RC : (6.91)

Die Integrationskonstante folgt nun aus der Randbedingung U2 .t D 0/ D UStart . Eingesetzt


in die allgemeine Lösung folgt das Endergebnis
 
U2 .t/ D UStart et =RC C U1 1  et =RC : (6.92)

Das heißt, mit der gleichen Zeitkonstanten RC , mit der der Ausgang sich vom An-
fangswert wegbewegt, bewegt er sich auf den Eingangswert zu, um ihn asymptotisch zu
erreichen. Die Differenzialgleichung kann auch mit Hilfe von Transformationen gelöst
werden. Eine Anleitung hierzu ist auch in [3] zu finden.

6.55 Lösungsstrategie:
a) Kettenparameter-Matrix für den Spezialfall R D 0 hinschreiben und dann für sinh und
cosh nach Vereinfachungen suchen. Das geht ohne Formelsammlung, wenn ej anders
ausgedrückt werden kann, b) folgt dann zwingend.
b) Da Geschwindigkeit als Verhältnis Strecke pro Zeit definiert ist, muss nach Größen
gesucht werden, in denen die Zeit und der Weg versteckt sind.

Lösung:
a) Eine verlustlose Leitung hat R D 0. In diesem Falle vereinfachen sich die in (6.49) an-
gegebenen Ausdrücke für das Übertragungsmaß und die charakteristische Impedanz:
p p
g.Leitung/ D ! 2 LC D j! LC
p (6.93)
Z 0 .Leitung/ D L=C :
6.3  Antworten zu Kap. 6
261 6
Jetzt muss nachgesehen werden, ob es eine Vereinfachung für die Hyperbelfunktionen
bei rein imaginären Argumenten gibt. Tatsächlich findet man:

cosh.j/ D cos./
(6.94)
sinh.j/ D j  sin./ ;

so dass die Kettenparameter-Matrix die folgende, einfache Form bekommt:


p p p !
cos.! LC / j L=C  sin.! LC /
AD p p p : (6.95)
j C =L  sin.! LC / cos.! LC /

b) Die Anpassung erfolgt an einen Ohm’schen Widerstand, da die charakteristische Im-


pedanz keinen Imaginärteil hat. Entsprechend (6.93) muss L=C D 2500 2 sein.
c) Zunächst wird ein Zusammenhang zwischen der Matrix und der Zeit gesucht. Bei har-
monischen Signalen steckt die Zeitverschiebung immer in der Phasenverschiebung.
Die Phasenverschiebung steckt im Spannungsübertrag. Es muss also zuerst der Span-
nungsübertrag bei Anpassung berechnet werden. Aus (6.95) folgt:
p
u2 D ej! LC
u1 : (6.96)

Das Argument der Exponentialfunktion ist die Phasenverschiebung.


Die Suche nach der Zeit wird nun mit Hilfe der Definitionsgleichungen komplexer
Amplituden erfolgreich:
p p
U 2 ej!t D ej! LC
U 1 ej!t D U 1 ej!.t  LC /
: (6.97)
p
Die Ausgangsspannung läuft der Eingangsspannung also um eine Zeit t D LC
hinterher.
Um in den Formeln eine Entfernung zu finden, muss man sich erinnern, dass bei einer
Leitung Kapazität und Induktivität gleichmäßig über die Leitungslänge x verteilt
sind:
L D Lx  x
(6.98)
C D Cx  x :

Dabei sind Lx und Cx die Induktivitäts- und Kapazitätsbelege der Leitung. Also gilt
p p
t D LC D Lx Cx  x : (6.99)

Und so folgt aus (6.99) die Signalgeschwindigkeit


1
vDp D 267  103 km=s : (6.100)
L x Cx
(Der Induktivitätsbelag ergibt sich aus der Anpassungsbedingung und dem Kapazi-
tätsbelag von 75 pF=m.)

Wenn Sie diese Aufgabe ohne oder mit nur wenig Hilfe gelöst haben sollten, können Sie
allen weiteren Fragen und Aufgaben der Vierpoltheorie mit großer Gelassenheit entge-
gensehen.
262 Kapitel 6  Frequenzselektion durch Zwei- und Vierpole

6.56 Lösungsstrategie: Hier ist das Gesamtsystem inklusive einer angepassten Span-
nungsquelle und einem nicht unbedingt angepassten Verbraucher zu betrachten. Daher
muss nach einem Strom-Spannungsvektor für die Quelle, einer Kettenparameter-Matrix
für das Kabel und einem Strom-Spannungsvektor für den Verbraucher gesucht werden.
Lösung: Eine an 75  angepasste Spannungsquelle ist eine, die selbst einen Innen-
widerstand von RI D 75  hat. Dieser lässt sich, wie in . Abb. 6.17 gezeigt, als Rei-
henschaltung einer idealen Spannungsquelle u0 und dem Innenwiderstand RI darstellen.
Die vom LNB gelieferte Spannung ist also u1 D u0  RI  i 1 . Die angepasste Quelle kann
dann entsprechend (6.39) als
! !
u1 u0  RI  i 1
D (6.101)
i1 i1
6 beschrieben werden.
Der Widerstand des Verbrauchers kann durch das Ersetzen i 2 ! u2 =RL eingearbeitet
werden. Zusammen mit (6.95) folgt dann die Gesamtsystembeschreibung:
! ! !
u0  RI  i 1 cos.!=!0 / j  Z 0  sin.!=!0 / u2
D  (6.102)
i1 j  sin.!=!0 /=Z 0 cos.!=!0 / u2 =RL

Diese Matrixgleichung steht für zwei lineare Gleichungen, von denen die untere .i 1 D : : :/
in die obere eingesetzt werden kann, um den Zusammenhang von u0 und u2 zu erhalten.
Die Tatsache, dass !0 an dieser Stelle nicht bekannt ist, sollte nicht daran hindern, wei-
terzurechnen! Man erhält
   
RI Z0 RI
u0 D 1 C cos.!=!0 / C C j  sin.!=!0 /  u2 : (6.103)
RL RL Z0

Für den Fall des angepassten LNB .RI D Z 0 / vereinfacht sich Gleichung 6.103 zu
 
RI j!=!0
u0 D 1 C e  u2 : (6.104)
RL

Aus (6.104) folgt unmittelbar, dass der Betrag der Ausgangsspannung begrenzt ist: Er ist
0 im Kurzschlussfall, ju2 j D ju1 j D ju0 j=2 bei Anpassung und ju2 j D ju1 j D ju0 j, wenn
kein Verbraucher angeschlossen ist. Ist auch der Verbraucher angepasst, so erhält er die
gesamte vom LNB gelieferte Energie:
p p
ju2 .Anpassung/j D P  R D 100 nW  75  D 0;866 mV : (6.105)

Wenn der Lastwiderstand verzehnfacht wird, so verzehnfacht sich aber nicht die an ihm
liegende Spannung, dann gilt entsprechend (6.104) dass

ju .R /j 2
ˇ 2 L;10fach ˇ D : (6.106)
ˇu .RL;angepasst /ˇ 1;1
2

Gleichzeitig geht der Strom drastisch zurück, und die Leistung sinkt gemäß P D ju2 j2 =R
auf 3;3 nW.
Literatur
263 6
Literatur
1. siehe http://www.semlab.com/examples. Zugegriffen: 2021
2. Tietze U, Schenk C, Gamm E (2019) Halbleiter-Schaltungstechnik, Springer, 16. Auflage, ISBN: 978-3-662-
48553-8
3. Glisson TH (2011) Introduction to Circuit Analysis and Design. Springer, ISBN: 978-90-481-9442-1
4. siehe www.prüfungstrainer-elektrotechnik.de, Zugegriffen: 2022
5. Unbehauen R (2000) Grundlagen der Elektrotechnik II. Springer, Berlin, ISBN 3-540-66018-6
265 7

Transistorschaltungen –
mit kleinen Strömen viel
bewegen

Im Rahmen der Diskussion von Emitter-, Kollektor- und Basisschaltung werden die Begriffe
Strom- und Spannungsverstärkung eingeführt. Es wird gezeigt, wie die Großsignalanalyse die
Arbeitspunkte und die Kleinsignalanalyse die Verstärkereigenschaften liefert. Hierzu werden
vereinfachende Rechentipps gegeben.
Eine Diskussion der Einflüsse von Temperatur- und Parameterschwankungen führt zu Di-
mensionierungsbedingungen und zu den Techniken der Strom- uns Spannungsgegenkopplung.
Eine Diskussion der Erweiterung des Anwendungsspektrums durch Darlington-Schaltungen
und Schottky- Transistoren beschließt diesen Teil.
Als einfachste MOS Schaltung wird der Inverter sowie dessen Dimensionierung und Kenn-
linie beschrieben. Ein Anwendungsbeispiel ist seine Verwendung in einem Quarz-Oszillator.
Anhand des Transfer Gatters (elektronischer Schalter) wird gezeigt, wie MOS Transistoren im
laufenden Betrieb nicht nur ihre Arbeitszustände, sondern auch die Bedeutung von Source-
und Drain-Anschlüssen wechseln können. Zum Schluss wird die Funktion eines Master-Slave
Flipflops behandelt.

7.1 Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen

Im Folgenden werden die Prinzipien erklärt, auf denen die Konstruktion von Transistor-
schaltungen beruht. Die Eigenschaften der Emitter-, Kollektor-, und Basisschaltung und
Techniken zu deren Verbesserung werden ebenso vorgestellt wie das Verhalten der MOS-
Grundschaltungen. Für die Analyse komplexerer aktiver Schaltungen sei auf die Literatur
[2–4] verwiesen.

7.1.1 Grundschaltungen des Bipolar-Transistors

Die Grundschaltungen werden nach demjenigen Anschluss benannt, der jeweils auf kon-
stantem Potenzial liegt. Sie werden durch ihren Arbeitspunkt sowie durch ihre Verstär-
kereigenschaften charakterisiert.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_7
266 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.1 System-Einbindung


von Bipolar-Schaltungen. Bei der
Berechnung des Arbeitspunktes Ein Ein Aus Aus
wird von einer Potenzialent-
kopplung der Ein- und Ausgänge Ein Aus
ausgegangen

Definition 7.1
Der Arbeitspunkt einer Schaltung ist die Menge aller Ströme und Spannungen, die sich im
langfristigen Mittel einstellt.

In der Regel wird davon ausgegangen, dass der Arbeitspunkt durch verschwindende Ein-
und Ausgangsströme gekennzeichnet ist. Dem liegt die in . Abb. 7.1 skizzierte Annahme
zugrunde, dass das zu verstärkende Signal nur kapazitiv in die Schaltung (in . Abb. 7.1:
7 IEin ) eingekoppelt ist.

1 Transistorschaltungen werden durch ihr Kleinsignalverhalten charakterisiert


Alle Verstärkereigenschaften werden als Änderungen gegenüber diesem Arbeitspunkt
verstanden.

Definition 7.2
Die Spannungsverstärkung VU ist das Verhältnis VU D VAus = VEin .

Für kleine Änderungen gilt die lineare Näherung

dVAus uAus
VU D D : (7.1)
dVEin uEin

In diesem Kapitel wird ausschließlich diese Näherung verwandt. Wenn keine Last ange-
geben wird, ist mit der Spannungsverstärkung immer die Verstärkung ohne Last gemeint.
Für die Stromverstärkung gilt Entsprechendes:

Definition 7.3
Die Stromverstärkung VI ist das Verhältnis VI D IAus = IEin .

Auch hier wird nur der folgende Fall betrachtet:

dIAus iAus
VI D D : (7.2)
dIEin iEin

Die Stromverstärkung kann immer nur zusammen mit einer Last, meist ein Lastwider-
stand RL , angegeben werden. Denn im lastfreien Fall fließt kein Ausgangsstrom und
VI D 0. Mit den Ein- und Ausgangswiderständen sind die in . Abb. 7.2 skizzierten Grö-
ßen gemeint.
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
267 7

Ein Ein Aus

Ein Aus

Ein Aus

. Abb. 7.2 Modellvorstellungen zur Bestimmung von Ein- und Ausgangswiderstand

Definition 7.4
Der Eingangswiderstand ist das Verhältnis der Änderungen rEin D VEin = IEin bei kon-
stanter Last RL . Der Ausgangswiderstand ist das Verhältnis der Änderungen rAus D
VAus = IAus bei konstantem Eingangspotenzial und einer idealen, variablen Spannungs-
quelle am Ausgang.

!Vorsicht Falle!
Wer den Ausgangswiderstand als uAus =iAus unter der Annahme einer festen Last RL be-
stimmt, der erhält wegen der Gültigkeit des Ohm’schen Gesetzes nur RL D uAus =iAus und
erfährt nichts über die Eigenschaften der analysierten Transistorschaltung.

Um genau diesen Fehler zu vermeiden, wird für die Bestimmung von rAus am Ausgang
eine ideale Spannungsquelle angenommen. Am einfachsten ist das Ablesen der Ein- und
Ausgangswiderstände direkt aus der Schaltung. Für den Fall, dass der Kollektor-Klein-
signalwiderstand rCE keine Rolle spielt, ist dies fast immer möglich. Man muss sich
allerdings vorher über die Wirkung der gesteuerten Stromquellen auf die Wirkung der
Widerstände im Klaren sein.

1 Der Basisstrom entscheidet fast alles


. Abb. 7.3 zeigt, dass Widerstände hinter dem Emitter von der Basis aus gesehen um
den Faktor .1 C ˇ/ vergrößert erscheinen. Der Basiswiderstand rBE und alle Widerstän-
de vor der Basis erscheinen dagegen vom Emitter aus gesehen um den gleichen Faktor
verkleinert.

. Abb. 7.3 Vereinfachung von iB iB


Kleinsignal-Ersatzschaltbildern
bei gesteuerten Stromquellen. rBE βi rBE
Diese Technik funktioniert, wenn B R (1+β)R
1=rCE D 0 ist oder wenn rCE
parallel zur Stromquelle liegt
iB iE iE

rBE R + rBE
R βiB (1+β)
268 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.4 Temperaturabhängig-


keit der Kleinsignal-Verstärkung
als Funktion des Kollektorstromes
für drei verschiedene Temperatu-
ren am Beispiel des Transistors
BC239 [5]. An diesem Beispiel
wird deutlich: Robuste Schal-
tungen sind nur solche, deren
Eigenschaften nicht von einem
bestimmten Wert für ˇ abhängen

Für die Berechnung von Bipolar-Transistorschaltungen zeigt die Erfahrung: Wer den
Basisstrom einer Transistorschaltung kennt, findet schnell alle weiteren Ströme und Span-
nungen. Daher ist es eine erfolgversprechende Strategie, alle interessierenden Größen
immer zunächst als Funktion des Basisstromes darzustellen.

1 Transistorparameter variieren stark


Transistorschaltungen sind anfällig für Temperaturschwankungen und Fertigungstoleran-
zen. Für die meisten PN-Übergänge in Silizium ist die Faustregel

UK mV
 2 (7.3)
T K

eine hinreichend genaue Näherung. Hinzu kommt, dass die Verstärkung oft sehr stark von
der Temperatur abhängt. . Abb. 7.4 zeigt dies am Beispiel eines in Großserie gefertigten
Transistors. Wenn die Temperaturabhängigkeiten zusammen mit den Fertigungsschwan-
kungen, die leicht

B ˇ
  ˙20 % (7.4)
B ˇ

erreichen können, auftreten, kann eine Schaltung leicht unbrauchbar werden. Im Fol-
genden werden daher auch Schaltungsvarianten gezeigt werden, die gegenüber diesen
Effekten robust sind.

1 Die Emitterschaltung verstärkt Spannung und Strom


Die Minimalform der Emitterschaltung ist in . Abb. 7.5 zu sehen. Nimmt man zwischen
Basis und Emitter konstante Spannung von etwa UK  0;6 : : : 0;7 V an, dann folgen unter
der Annahme, dass weder von links noch von rechts Strom in die Schaltung fließt, die
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
269 7
. Abb. 7.5 Minimalform der
Emitterschaltung: Namensgebend
ist das feste Emitterpotenzial

Aus
Ein

Potenziale und Ströme des Arbeitspunktes:

VEin D UK
! IB D .VC C  UK /=RB
(7.5)
! IC D B  IB D B  .VC C  UK /=RB
! VAus D VC C  RC  IC D VC C  RC  B  .VC C  UK /=RB :

Dabei ist IB der Strom in die Basis hinein, IC der Strom in den Kollektor hinein und
B D IC =IB die Stromverstärkung des Transistors.
Zur Berechnung der Spannungs- und Stromverstärkung wird das in . Abb. 7.6 ge-
zeigte Ersatzschaltbild verwandt. Der Kleinsignal-Basisstrom ist iB D uEin =rBE . Die
Stromquelle liefert daher ˇiB und erzeugt so am Ausgang eine Kleinsignal-Spannung
uAus D .rCE k RC /  ˇiB . Die Spannungsverstärkung im Leerlauf ist dann
uAus rCE k RC
VU D D ˇ : (7.6)
uEin rBE
Vernachlässigt man den Early-Effekt (siehe 7 Abschn. 3.1.4), dann kann rCE weggelas-
sen werden, und man erhält
uAus RC
VU D  ˇ D S  RC : (7.7)
uEin rBE
Der Parameter S D ˇ=rBE wird Steilheit des Transistors genannt.
Zur Berechnung der Stromverstärkung muss irgendeine Last zwischen dem Ausgang
und dem Nullpotenzial angenommen werden, denn ohne Last kein Strom. Genau wie im
7 Kap. 6 und entsprechend . Abb. 7.1 wird der Eingangsstrom in die Schaltung hinein
und der Ausgangsstrom aus der Schaltung heraus definiert. Der in . Abb. 7.6 gezeigte
Stromteiler am Eingang liefert iB D i.rBE / D iEin  .RB k rBE /=rBE . Am Ausgang liegt
die Last parallel zu den Widerständen RC und rCE . Der Stromteiler heißt hier iAus D
ˇiB  .rCE k RC k RLast /=RLast . Die Stromverstärkung ist so
iAus .rCE k RC k RLast /  .RB k rBE /
VI D Dˇ : (7.8)
iEin RLast  rBE

. Abb. 7.6 Kleinsignal- iEin iB iAus


Ersatzschaltbild der in . Abb. 7.5
gezeigten Minimalform der Emit-
terschaltung uEin RB rBE βiB rCE RC uAus
270 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.7 Emitterschaltung mit


Stromgegenkopplung. RE sorgt
für eine reduzierte aber gegenüber
Temperaturschwankungen von UK
weniger anfällige Spannungsver-
Aus
stärkung. Im Verbund mit RE sorgt Ein
der zweite Basiswiderstand RB2
für eine verringerte Abhängigkeit
vom genauen Wert für B bzw. ˇ

In vielen Fällen ist RB rBE und 1=rCE  0. Dann findet man die oft zitierte Formel

iAus .RC k RLast / RC


VI D ˇ Dˇ : (7.9)
iEin RLast RLast C RC

7 Die Stromverstärkung kann also fast den Wert ˇ erreichen.

Die Emitterschaltung ist ein Spannungsverstärker und gleichzeitig ein durch die Transistor-
Stromverstärkung begrenzter Stromverstärker. Sie ist daher ein Leistungsverstärker.

1 Gegenkopplung verringert die Abhängigkeit von Parameterschwankungen


Um die Emitterschaltung robuster gegenüber Temperaturschwankungen und Fertigungs-
toleranzen zu machen, wird die Technik der Stromgegenkopplung eingesetzt. . Abb. 7.7
zeigt das Prinzip. Deutlich robuster als die Minimalform der Emitterschaltung ist die um
zwei Widerstände erweiterte Schaltung. Der Emitter-Widerstand RE dient der Tempe-
raturstabilisierung, der Widerstand RB2 reduziert die Abhängigkeit vom genauen Wert
von B.
RE wirkt wie folgt: Eine Erhöhung des Basisstroms bringt eine Erhöhung des Emit-
terstroms und mit Hilfe des Emitterwiderstandes eine Erhöhung des Emitterpotenzials.
Durch diese Erhöhung sinkt die Basis-Emitter Spannung und so der Basisstrom. Daher
spricht man von Stromgegenkopplung: RE sorgt dafür, dass sich der Basisstrom selbst zu-
rückregelt. Für eine quantitative Analyse wird zunächst der Kollektorstrom als Funktion
der Basis-Emitter-Spannung UBE bestimmt:1


VC C RB1RkR
B1
B2
 UBE
IC D 1 : (7.10)
B
 .RB1 k RB2 / C RE BC1
B

Für große Werte von B wird die IC  VC C  RRB1B1kR B2


RE
 URBE
E
. Die Änderung des Kollek-
torstromes mit der Änderung der Basis-Emitter-Spannung ist daher IC   R1E  UBE .
Bis auf einen Faktor RC ist dies gerade die Änderung des Potenzials des Arbeitspunktes:

RC
VAus    UBE : (7.11)
RE

1 der Einfachheit halber ohne den Early-Effekt, also mit 1=rCE D 0.


7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
271 7
In der Regel ist aber UBE  UK . Je größer der Emitterwiderstand RE , um so we-
niger hängt daher der Arbeitspunkt von UK ab. Die Kleinsignalanalyse (vergleiche
. Abb. 7.34) zeigt weiter, dass sich RE auch stabilisierend auf die Spannungsverstär-
kung auswirkt, denn sie ergibt
ˇRC
VU D  : (7.12)
rBE C .1 C ˇ/RE

Wenn RE so groß gewählt wird, dass rBE  .1 C ˇ/RE , dann wird die Spannungsver-
stärkung von den Transistorparametern praktisch unabhängig:
RC
VU   : (7.13)
RE
Um die Arbeitspunkt-stabilisierende Wirkung von RB2 zu sehen, muss man sich fra-
gen: Wann hängt der Kollektorstrom nur noch schwach von B ab? Nach der Formel für
den Kollektorstrom (7.10) genau dann, wenn

RB1 k RB2  RE  .B C 1/; (7.14)

also wenn RB1 oder RB2 klein ist oder beide. Ein sehr niederohmiger RB1 würde aber
den Stromverbrauch der Schaltung sehr stark ansteigen lassen. Ein sehr niederohmiger
RB2 würde – auch nicht besser – den Transistor abschalten. Gl. (7.14) wird am besten so
interpretiert: Wenn an der Basis deutlich mehr Strom vorbeifließt als in die Basis hinein,
dann wird die Abhängigkeit von B klein.
Die Kleinsignalanalyse zeigt weiter, dass sich hinreichend niederohmige Basiswider-
stände auch stabilisierend auf die Stromverstärkung VI auswirken. Zu deren Berechnung
wird dem Kleinsignal-Ersatzschaltbild am Ausgang eine Last RL gegen Masse hinzuge-
fügt. Man erhält

RC ˇ.RB1 k RB2 /
VI D  : (7.15)
RC C RL rBE C .1 C ˇ/RE C .RB1 k RB2 /

Die Stromverstärkung wird unter fast der gleichen Voraussetzung von ˇ unabhängig, wie
der Arbeitspunkt von B (siehe (7.14)) unabhängig wird:

RB1 k RB2  RE  .ˇ C 1/ : (7.16)

Man sieht auch hier: Der Widerstand RB2 ist nur zusammen mit dem Emitterwiderstand
RE sinnvoll. Er sorgt im Verbund mit ihm für einen von B unabhängigen Arbeitspunkt
und für eine von ˇ unabhängige Stromverstärkung. Der Preis ist nicht nur eine reduzierte
Stromverstärkung, sondern auch eine reduzierte Eingangsimpedanz.
Neben der Stromgegenkopplung gibt es auch die Technik der Spannungsgegenkopp-
lung (siehe . Abb. 7.29). Kern der Spannungsgegenkopplung ist die Stromversorgung
der Basis über einen Widerstand zwischen ihr und dem Kollektor. Dieser Widerstand
sorgt für eine negative Rückkopplung: Steigt der Basisstrom, steigt der Kollektorstrom.
Steigt der Kollektorstrom, fällt das Kollektor-Potenzial. Fällt das Kollektor-Potenzial,
nimmt die Kollektor-Basis-Spannung ab. Nimmt die Kollektor-Basis-Spannung ab, wird
der Basisstrom kleiner. So regelt sich der Basisstrom selbst zurück und macht die
Schaltung weniger temperaturanfällig und weniger anfällig für Prozessstreuungen der
Transistor-Stromverstärkung (Details siehe Aufgabe 7.40).
272 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.8 Kollektorschaltung.


Der Kollektor liegt auf konstantem
Potenzial

1 Die Kollektorschaltung verstärkt Ströme


Die Minimalform der Kollektorschaltung ist in . Abb. 7.8 zu sehen.2 Der Pfeil im Tran-
sistorsymbol deutet darauf hin, dass bei der Kollektorschaltung zwischen VEin und VAus
nur ein PN-Übergang liegt, der im Normalfall in Durchlassrichtung gepolt ist. Daher
folgt die Ausgangsspannung um ca. 0;6–0;7 V verschoben der Eingangsspannung, und
7 die Spannungsverstärkung ist fast genau VU D 1.
Zur Bestimmung der Eingangsspannung des Arbeitspunktes
 bestimmt man am besten
den Basisstrom zunächst von der Eingangsseite IB D VRCB1C  RB1VEinkRB2 , dann von der
Ausgangsseite ..B C 1/IB D .VEin  UK /=RE /, um ihn dann herauszukürzen:
 
VC C UK
VEin D C  .RB1 k RB2 k Œ.B C 1/RE / : (7.17)
RB2 .B C 1/RE

Ein Blick auf die Schaltung (. Abb. 7.8) zeigt: Ist VEin bekannt, ist die Bestimmung von
VAus und die der Ströme nicht mehr aufwändig.
Der Arbeitspunkt der in . Abb. 7.8 gezeigten Kollektorschaltung enthält bereits zwei
Basiswiderstände und einen Emitterwiderstand. Sie kann daher alleine durch Dimensio-
nierungsmaßnahmen von der Temperatur und von Variationen der Transistor-Parameter
unabhängig gemacht werden. Denn wird

.B C 1/RE RB1 k RB2 (7.18)

gewählt, dann wird für jede Dimensionierung, bei der die beiden Basiswiderstände von
ähnlicher Größenordnung sind, VEin unabhängig von B. Die Bedingung (7.18) wird oft so
formuliert: Der Arbeitspunkt der Kollektorschaltung ist dann stabil, wenn deutlich mehr
Strom durch die Basiswiderstände fließt als in die Basis des Transistors hinein.
Zur Bestimmung der Stromverstärkung wird das in . Abb. 7.9 gezeigte Kleinsignal-

iEin iB iAus

uEin rBE βi
RB1 RB2 B RE u Aus RL

. Abb. 7.9 Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Kollektorschaltung mit Quelle (links) und Last (rechts)

2 Die theoretisch mögliche Variante mit nur einem Basiswiderstand ist so wenig robust, dass sie nicht weiter
diskutiert werden soll.
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
273 7
Ersatzschaltbild zusammen mit einer Eingangsstromquelle und einer Last RL betrachtet.
Das Schaltbild zeigt ausgangsseitig einen Stromteiler .ˇ C 1/iB  .RE k RL / D RL  iAus
und einen Eingangsstrom, der nicht nur durch RB1 und RB2 , sondern auch (und verstärkt)
bis zur Last fließt. Daher ergibt sich ein unübersichtlicher Ausdruck für die Stromverstär-
kung:
 
iAus RB1 k RB2 1
VI D D  rBE C.RB1 kRB2 /
: (7.19)
iEin RL 1C .ˇC1/RL kRE

Die maximale Stromverstärkung wird im Falle des Kurzschlusses erreicht

.ˇ C 1/.RB1 k RB2 /
VI .RL ! 0/ D ˇC1 (7.20)
rBE C .RB1 k RB2 /

und durch die nominelle Kleinsignal-Stromverstärkung ˇ begrenzt.

Die Kollektorschaltung ist ein durch die nominelle Stromverstärkung ˇ des Transistors
begrenzter Stromverstärker. Sie verstärkt nicht die Spannung.

Auch die Stromverstärkung der Kollektorschaltung kann (ohne zusätzliche Bauelemente)


durch die Dimensionierung der Widerstände von der Temperatur und von Streuungen der
Transistorparameter unabhängig gemacht werden. Gl. (7.19) zeigt, dass dies gerade dann
der Fall ist, wenn die Stromverstärkung des Transistors nicht ausgereizt wird:

.ˇ C 1/.RL k RE / .RB1 k RB2 / C rBE : (7.21)

Wenn diese Bedingung erfüllt ist, dann ist wegen B  ˇ die Bedingung für einen stabilen
Arbeitspunkt (7.18) gleich mit erfüllt. (7.21) kann so interpretiert werden:

Eine Kollektorschaltung ist dann immun gegen Temperaturschwankungen und Transistor-


parameter-Streuungen, wenn die Stromverstärkung der Gesamtschaltung deutlich unter der
nominellen Transistor-Stromverstärkung liegt und gleichzeitig die Last hochohmiger als
die inverse Steilheit des Transistors ist.

Der erste Teil der Aussage kommt vom .RB1 k RB2 /-Term, der zweite vom rBE -Term der
Ungleichung. Eine so stabilisierte Kollektorschaltung hat eine Stromverstärkung
 
iAus RB1 k RB2
VI D  : (7.22)
iEin RL

Die Kollektorschaltung wird auch als Impedanzwandler eingesetzt, das heißt, sie er-
scheint einer am Eingang liegenden Quelle sehr viel hochohmiger als einem am Ausgang
274 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

liegenden Verbraucher. Ein- und Ausgangswiderstand lassen sich aus dem Kleinsignal-
Ersatzschaltbild . Abb. 7.9 ablesen:

rEin D RB1 k RB2 k frBE C .ˇ C 1/ŒRE k RL g


 
1 (7.23)
rAus D RE k  .rBE C RB1 k RB2 / :
ˇC1

Von diesem Gleichungssystem bleiben sehr viel leichter handhabbare Ausdrücke üb-
rig, wenn die Dimensionierungsbedingung (7.21) eingehalten wird. Im Grenzfall RB1 k
RB2 rBE wird dann

rAus 1
 : (7.24)
rEin ˇC1

Die Kollektorschaltung ist ein durch die nominelle Stromverstärkung des Transistors be-
7 grenzter Impedanzwandler.

1 Die Basisschaltung hat ihre Nische in der HF-Technik


Die Basisschaltung ist wegen der hervorragenden Leistungsverstärker-Eigenschaften der
Emitterschaltung nur noch relativ selten zu finden. Sie wird aber noch im Bereich hoher
Frequenzen eingesetzt, da sie leicht an niedrige Eingangsimpedanzen anzupassen ist und
weil sie als einzige der Grundschaltungen keine direkte kapazitive Kopplung zwischen
Ein- und Ausgang hat.
. Abb. 7.10 zeigt den Aufbau einer Basisschaltung: Im doppelten Grenzfall IB ! 0
und C ! 1 wirken die linken drei Bauteile RB1 ; RB2 und C wie eine ideale Spannungs-
quelle. In diesem Grenzfall liegt die Basis auf einem konstanten Potenzial.
Der Arbeitspunkt der Basisschaltung ergibt sich zu
 
VC C UK
VB D C  Œ.B C 1/RE  k RB2 k RB1
RB1 .B C 1/RE
VEin D VB  UK (7.25)
B  RC
VAus D VC C  VEin  :
.B C 1/  RE

Die Spannungsverstärkung soll für den (einzig interessanten) Fall berechnet werden,
in dem die Frequenzen hoch genug sind, um das Basispotenzial konstant erscheinen zu
lassen. Das Kleinsignal-Ersatzschaltbild enthält dann, wie . Abb. 7.11 zeigt, nicht mehr

. Abb. 7.10 Basisschaltung.


Sie hat ein (fast) konstantes Ba-
sispotenzial. Dafür sorgt der
Kondensator
Aus

Ein
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
275 7

Ein Aus

Ein Aus

. Abb. 7.11 Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Basisschaltung für den Grenzfall eines konstanten Basispoten-
zials

die beiden Basiswiderstände (zur Entwicklung des Kleinsignal-Ersatzschaltbildes siehe


Aufgabe 7.41). Vernachlässigt man den Early-Effekt, nimmt also rCE ! 1 an, dann wird
die Spannungsverstärkung
RC
VU D ˇ  D S  RC : (7.26)
rBE
Der Vergleich mit (7.9) zeigt: Bis auf das Vorzeichen ist die Spannungsverstärkung der
Basisschaltung genau so groß wie die der minimalen Emitterschaltung. Im Gegensatz zur
Emitterschaltung verstärkt die Basisschaltung den Strom jedoch nicht. Denn man kann
die Stromverstärkung in der Form
ˇ
VI D h i h i (7.27)
rBE
RE C .1 C ˇ/  1 C RL
RC

schreiben. Die linke Klammer im Nenner ist immer größer als ˇ und die rechte immer
größer als 1. Also ist VI < 1. Wird die Steilheit des Transistors nicht ganz ausgereizt,
dann vereinfacht sich der Ausdruck für die Stromverstärkung:
ˇ 1 RL k RC
SD ! VI  : (7.28)
rBE RE RL
Ein- und Ausgangswiderstand lassen sich aus dem Kleinsignal-Ersatzschaltbild
. Abb. 7.11 ablesen. Wird auch hier rCE weggelassen, ergibt sich
rBE
rEin D RE k
.1 C ˇ/ (7.29)
rAus D RC :
Wird auch hier der Emitterwiderstand hinreichend groß gewählt, dann wird rEin  1=S
und das Verhältnis von Aus- und Eingangsimpedanz wird
ˇ 1 r Ein 1
SD !  : (7.30)
rBE RE rAus RC  S

Die Basisschaltung ist ein reiner Spannungsverstärker, dessen Ausgangswiderstand größer


als der Eingangswiderstand ist.

Sie wird daher dort angewandt, wo höchste Frequenzen und kleine Eingangsimpedanzen
zusammenkommen.
276 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.12 Darlington-


Schaltung aus zwei NPN
Transistoren. Der Ausgangstran-
sistor T2 erhält den vorverstärkten
Basisstrom vom Emitter des Ein-
gangstransistors T1

7.1.2 Qualitätssteigerungen von Bipolar-Schaltungen

1 Die Darlington-Schaltung macht aus zwei Transistoren einen Supertransistor


Wenn die Verstärkereigenschaften eines Einzeltransistors nicht ausreichen, wird gerne auf
die in . Abb. 7.12 gezeigte Darlington-Schaltung zurück gegriffen. Bei dieser werden
zwei Transistoren so verbunden, dass sie zusammen wie ein einzelner Transistor mit einer
sehr großen Stromverstärkung wirken. Die Stromverstärkung der Gesamtanordnung ist
7 (siehe Aufgabe 7.32)
ˇgesamt D ˇ1 ˇ2 C ˇ1 C ˇ2  ˇ1  ˇ2 ; (7.31)

allerdings um den Preis einer verdoppelten Basis-Emitter-Spannung UBB;EE  2UK .


Wenn das Eingangspotenzial VBB das Versorgungspotenzial VC sowieso nicht erreichen
kann, wird daher eine komplementäre Schaltung, wie sie . Abb. 7.13 zeigt, bevorzugt.

1 Die Verwendung komplementärer Transistoren verringert die Verlustleistung


DieVerwendung komplementärer Transistoren empfiehlt sich auch bei von großen Strö-
men durchflossenen Endstufen. Das Funktionsprinzip lässt sich aus . Abb. 7.14 ablesen.
Es folgt aus einer Kombination aus zwei Kollektorschaltungen, bei denen die Basispoten-
ziale durch zwei Dioden auseinandergezogen werden. Diese beiden Dioden verhindern,
dass beide Transistoren gleichzeitig sperren (siehe auch Aufgabe 7.36). Die Spannungs-
verstärkung dieser Schaltung ist VU  1. Die Stromverstärkung ist für große Basiswider-
stände
h i
r
.ˇNPN C 1/ C .ˇPNP C 1/  2rDBE;NPN CrBE;PNP
VI .RB1 ; RB2 ! 1/ D h i : (7.32)
r
1 C 2rDBE;NPN
CrBE;PNP

Eine genaue Betrachtung von (7.32) zeigt, dass dies der gewichtete Mittelwert der .ˇ C
1/ Faktoren der Transistoren ist. Die Gewichte sind die Kleinsignal-Leitwerte der vom

. Abb. 7.13 Komplementäre Darlington-Schaltungen. Sie erlauben höhere Spannungsausgangsamplituden


als die aus Transistoren gleicher Polarität bestehenden, denn zwischen Basis- und Lastanschluss liegt nur eine
Dioden-Kniespannung
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
277 7

Ein
Aus

. Abb. 7.14 Urform der Gegentakt-Endstufe: Ein kleiner Strom durch die Basiswiderstände führt zu einer
um 2 Kniespannungen auseinandergezogenen Ansteuerung der beiden Transistoren. Damit kompensieren die
externen Dioden die Basis-Emitter-Dioden der Transistoren und verhindern, dass diese gleichzeitig sperren

Eingang zum Ausgang führenden Verbindungen. Je kleiner die Basiswiderstände werden,


um so weniger verstärkend, aber gleichzeitig auch temperaturstabiler und unabhängiger
von Transistor-Parametern wird die Schaltung.

1 Schottky-Transistoren sind schnell abzuschalten


Wann immer Geschwindigkeit bzw. hohe Frequenzen gefordert sind, werden Schaltun-
gen so entwickelt, dass kein Transistor in den Sättigungsbereich kommt. Denn sonst
würde dessen Basis über die großflächige Basis-Kollektor-Grenzschicht mit Minoritäts-
trägern aus dem Kollektor gefüllt. Da PN-Übergänge für Minoritätsträger keine Barriere
darstellen, kann der Zustand der Sättigung erst wieder verlassen werden, wenn die Mi-
noritätsträger die Basis wieder verlassen haben. Um die Zeit aber, die zum Abfließen der
Minoritätsträger benötigt wird, verlangsamt sich der Umschaltvorgang.
In der Digitaltechnik wird Sättigung durch die Verwendung integrierter Schottky-
Dioden verhindert. . Abb. 7.15 zeigt das Funktionsprinzip: Die Schottky-Diode leitet
bereits ab ca. UK .Schottky/  0;3 V gut. Da sie parallel zur Basis-Kollektor-Diode des
Transistors geschaltet wird, verhindert sie, dass hier ein nennenswerter Diffusionsstrom
entsteht: Es bleibt beim Vorwärtsbetrieb (oder Sperrung). Die Kombination Transistor
plus Schottky-Diode wird auch Schottky-Transistor genannt.

7.1.3 Grundschaltungen des MOS-Transistors

MOS-Schaltungen dominieren seit langer Zeit die Digitaltechnik. Der Trend zu immer
höher integrierten Gesamtsystemen hat zur Folge, dass auch die analogen MOS-
Schaltungen immer wichtiger werden. Für die technologischen Aspekte hierzu siehe [6].
Während die Funktion der meisten Bipolar-Transistorschaltungen auf der hohen
Stromverstärkung im Vorwärtsbetrieb basieren, sind bei den MOS-Transistorschaltungen
meist sowohl der Anlauf, als auch der Abschnürbereich relevant. Nach dem einfachst

. Abb. 7.15 Schottky-


Transistor und seine Entstehung
aus Schottky-Diode und Transistor
278 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

möglichen Kleinsignal-Modell des NMOS-Transistors (siehe . Abb. 3.38) lässt sich die
Stromänderung als

iDS D gm;N  uGS C gd;N  uDS (7.33)

schreiben. Nach (3.27) gilt im Anlauf

@IDS
gm;N D D ˇN UDS
@UGS
(7.34)
@IDS
gd;N D D ˇN .UGD  UT h;N /
@UDS

und im Abschnürbereich in erster linearer Näherung (N ¤ 0, siehe (3.26))

gm;N D ˇN .UGS  UT h;N /  .1 C N UDS /


7 gd;N D
ˇN
 .UGS  UT h;N /2  N  N IDS :
(7.35)
2

!Vorsicht Vorzeichen!
Beim PMOS-Transistor ist der Strom als von der Source zur Drain kommend definiert, und
es gilt ˇP > 0, aber TT h;p < 0 und P < 0.

Ein Strom mit positivem Wert in der Kleinsignalanalyse des PMOS-Transistors ist
einer, der von der Drain zur Source fließt, also genau die entgegengesetzte Richtung
zu einem Strom mit positivem Wert in dessen Großsignalanalyse hat.

Gl. (7.33) und alle Ableitungsdefinitionen gelten gleichermaßen für PMOS- und NMOS-
Transistoren. Die Kleinsignalparameter eines mit der Source an VDD geschlossenen
PMOS-Transistors sind dann im Anlauf
@IDS
gm;P D D ˇP USD D ˇP .VDD  VD /
@UGS
(7.36)
@IDS
gd;P D D ˇP .UDG C UT h;P / :
@UDS

Beide Kleinsignal-Leitwerte haben also im Anlaufbereich einen positiven Wert. Dies


bleibt auch im Abschnürbereich so:

gm;P D ˇP .VDD C UT h;P  VG /  .1 C P .VD  VDD //


ˇP (7.37)
gd;P D   ..VDD C UT h;P  VG /2  P  P ISD :
2
Für das Verständnis vieler MOS-Schaltungen ist die Tatsache, dass im Abschnür-
bereich gd in nullter Ordnung ganz verschwindet und sonst immer noch klein bleibt,
entscheidend. Denn mit (7.33) folgt, dass bei konstantem UGS schon sehr kleine Drainst-
romänderungen große Änderungen der Drain-Source-Spannung hervorrufen.
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
279 7
. Abb. 7.16 Der CMOS-Inverter,
Urahn aller CMOS-Gatter: links
die Schaltung, rechts das Schalt- Ein Aus Ein Aus
symbol, dessen Kreis ganz rechts
die Signalinversion andeutet

1 Der CMOS-Inverter verbraucht nur beim Umschalten Energie


MOS-Transistoren treten heute in der weit überwiegenden Mehrheit in CMOS-Schaltun-
gen, also solchen, in denen sowohl NMOS- als auch PMOS-Transistoren zu finden sind,
auf. Die einfachste CMOS-Schaltung ist der in . Abb. 7.16 gezeigte Inverter. Für die
CMOS-Schaltungstechnik gilt: Wer die Kennlinie des Inverters verstanden hat, der ver-
steht schnell andere Schaltungen. Hierzu ein Gedankenexperiment: Wir stellen uns eine
zwischen VEin und Masse geschlossene Spannungsquelle vor, die langsam von 0 Volt auf
VDD D 3 V hochgefahren wird. Das Ergebnis zeigt die Kennlinie (. Abb. 7.17), welche
aus fünf Bereichen besteht:
4 Ab VEin D 0 V sperrt der NMOS-Transistor, und der PMOS-Transistor hat einen voll-
ständigen Kanal, ist also im Anlaufbetrieb. Die Ausgangsspannung ist genau VAus D
3 V, und es fließt kein Querstrom.
4 Wenn die Schwellspannung des NMOS-Transistors erreicht wird, also ab VEin D
UT h;N bildet der NMOS-Transistor von der Source-Seite, also dem Massenanschluss,
einen Kanal aus. Da die Gate-Drain-Spannung zunächst bei UGD D UT h;N  VDD <
0 < UT h;N beginnt, ist dieser Kanal nicht vollständig: Der NMOS-Transistor ist im
Abschnürbereich.

!Vorsicht Falle!
Nach der Sperrung kommt nicht der Anlauf.3

4 Wenn die Kennlinie die Gerade VAus D VEin  UT h;P schneidet, reicht der Kanal des
PMOS-Transistors gerade an das Drain Gebiet heran. Ab diesem Schnittpunkt verlässt
der PMOS-Transistor den Anlaufbetrieb. Für höhere Eingangspotenziale ist er im Ab-
schnürbereich. Im Bereich zwischen den beiden Diagonalen in . Abb. 7.17 sind also
beide Transistoren im Abschnürbereich. In nullter Näherung ist die Kennlinie hier

. Abb. 7.17 Kennlinie des


CMOS-Inverters. Dort, wo die Ein
Geraden geschnitten werden, än-
Ein
dern sich die Betriebszustände.
Aus

Links von der gepunkteten Linie Ein Aus


ist der PMOS-Transistor im An-
lauf, rechts von der gestrichelten
Linie ist der NMOS-Transistor im
Anlauf. a Schaltung, b Übertra-
gungsfunktion
Ein
a b

3 Eselsbrücke: erst gar kein Kanal, dann ein halber, und schließlich ein ganzer.
280 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.18 Kleinsignal- Ein Ein


Ersatzschaltbild des in Aus
. Abb. 7.16 gezeigten CMOS- Aus
Inverters

senkrecht, und es gilt wegen der Gleichheit der Ströme durch beide Transistoren
s
ˇP VEin;0  UT h;N
D : (7.38)
ˇN VDD C UT h;P  VEin;0

Das heißt: Der Umschaltpunkt


p VEin;0 teilt den Bereich, in dem beide Transistoren lei-
ten, im Verhältnis ˇP =ˇN . Je größer ˇP , um so näher rückt der Umschaltpunkt an
VDD C UT h;P heran. Je größer ˇN , um so näher kommt er UT h;N .
4 Ab dem Schnittpunkt der Kennlinie mit der Linie VAus D VEin  UT h;N verlässt der
7 NMOS-Transistor den Abschnürbereich und erlangt den Anlauf.
4 Ab VEin D VDD C UT h;P sperrt der PMOS-Transistor. Es fließt kein Querstrom mehr.

So bedeutet die Kennlinie für den NMOS-Transistor die Abfolge Sperren ! Abschnürbe-
reich ! Anlauf, und der PMOS-Transistor hat genau die entgegengesetzte Reihenfolge.
Die Tatsache, dass in den Randbereichen der Kennlinie keine Querströme fließen, ist der
wesentliche Grund für den Erfolg der CMOS Technik.
. Abb. 7.18 zeigt das Kleinsignal-Ersatzschaltbild des Inverters (vergl. . Abb. 3.38).
Es gilt für alle Betriebszustände, und aus ihm lässt sich der Kleinsignal-Ausgangsstrom
ablesen:

iAus D uEin  .gm;N C gm;P / C uAus  .gd;N C gd;P / : (7.39)

Im lastfreien Fall (iAus D 0) folgt die Spannungsverstärkung

.gm;N C gm;P /
VU D  : (7.40)
.gd;N C gd;P /

Man sieht, dass für gd ! 0 die Verstärkung gegen 1 strebt. Für die Kleinsignal-
parameter aus (7.35) und (7.37) wird die Verstärkung im Falle einer symmetrischen
Transistorkonfiguration (ˇP D ˇN , P D N und UT h;P D UT h;N ) bei der halben
Betriebsspannung

4
VU D  : (7.41)
N .VDD  2UT h;N /

Der sehr steile Kennlinienverlauf begründet die Tatsache, dass sich nicht nur die meisten
analogen CMOS-Schaltungen auf den Inverter zurückführen lassen, sondern auch fast
alle CMOS-Digitalgatter.
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
281 7

Anwendungsbeispiel: Quarz Oszillator für Digitalschaltungen

Praktisch alle digitalen Systeme brauchen Taktgeber, also Schaltungen, die von allei-
ne mit großer Verlässlichkeit und stabiler Frequenz 1010. . . Oszillationen ausführen.
Die stabilsten und genauesten Taktgeber nutzen den Piezo-elektrischen Effekt des in
. Abb. 7.19 gezeigten Materials: Quarz. Dessen mechanische Schwingungen sind an
elektrische Schwingungen gekoppelt. Legt man durch mechanische Bearbeitung die me-
chanische Schwingfrequenz fest, ist auch die elektrische Schwingfrequenz mitbestimmt.
In . Abb. 7.20 ist zu sehen, dass ein Quarz oberhalb seiner durch einen verschwindenden
Blindwiderstand .X D 0/ feststellbaren Resonanzfrequenz induktives Verhalten .X > 0/
zeigt. Er bildet dann mit den beiden Kondensatoren einen Schwingkreis. Die zwei Konden-
satoren wirken dabei zusammen wie ein einziger mit halber Kapazität. Energienachschub
erhält der Schwingkreis durch den Inverter. Damit der Inverter im steilsten Bereich seiner
Kennlinie operiert, wird der Ausgang mit dem Eingang über einen hochohmigen Wider-
stand verbunden. Durch diese Rückkopplung schwingt der Quarz um eine Spannung herum,
die in der Nähe der halben Versorgungsspannung liegt.
Verbindet man den Ausgang des Inverters mit dem Eingang eines weiteren Inverters
(in . Abb. 7.20 ganz rechts), so sorgt dieser dafür, dass ein praktisch rechteckiges Signal
erzeugt wird.

1 Der elektronische CMOS-Schalter heißt Transfer-Gatter


Das in . Abb. 7.21 gezeigte Transfer-Gatter besteht aus Transistoren in Gate-Schaltung,
das heißt, die Gates liegen auf festem Potenzial, meist so, dass sie, wie in . Abb. 7.22 ge-

. Abb. 7.19 Quarz und


zwei seiner piezoelektrischen
Anwendungen: Feuerzeug
und Oszillator (unter Ver-
wendung eines Bildes aus
7 de.wikipedia.org/wiki/Quarz)
282 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.20 Verlauf des Blind-


widerstandes eines Quarzes (links)
und diesen nutzende Oszillator-
schaltung (rechts)

. Abb. 7.21 Transfer-Gatter,


auch bekannt als elektronischer
Schalter. Hier sind die Gates so
angeschlossen, dass der Gesamt-
leitwert maximal ist Aus
Ein

7
zeigt, den maximalen Stromfluss ermöglichen. Bei diesen Schaltungen ist die Frage, wo
die Transistor-Sourcen und wo die Drains liegen, von der Differenz zwischen Ein- und
Ausgangsspannung abhängig. Ist VEin > VAus , dann hat der NMOS-Transistor die Source
an VAus und der PMOS-Transistor die Source an VV Ein . Im Falle eines Wechselstromsi-

Aus

Ein Aus

Ein

Aus

Ein Aus

Ein

. Abb. 7.22 Operationsmodi der MOS-Transistoren bei der Gate-Schaltung. Bei langsamen Potenzialände-
rungen am Eingang werden die Diagonalen der dargestellten Quadrate durchlaufen. Schnelle Wechsel spielen
sich in den Randbereichen ab
7.1  Theoretische Grundlagen für die Transistorschaltungen
283 7
gnals am Eingang wechseln sich die Bedeutungen der Anschlüsse sogar ab! Dies ist im
Übrigen kein physikalisches Durcheinander, sondern Konsequenz der Tatsache, dass der
Kanal eines MOS-Transistors immer auf der Seite die höchste Ladungsdichte hat, auf der
die Differenz zum Gate den größten Betrag und das jeweils richtige Vorzeichen hat. Aus
. Abb. 7.22 kann man sehen:

VEin < VDD  UT h;N und VAus < VDD  UT h;N ! NMOS Anlauf
VEin > VDD  UT h;N und VAus > VDD  UT h;N ! NMOS Sperrung
(7.42)
VEin > UT h;P und VAus > UT h;P ! PMOS Anlauf
VEin < UT h;P und VAus < UT h;P ! PMOS Sperrung .

In den übrigen Bereichen haben die Transistoren abgeschnürte Kanäle.


Aus . Abb. 7.22 kann man auch entnehmen, dass für jede nur denkbare Kombina-
tion von Ein- und Ausgangsspannungen wenigstens einer der beiden Transistortypen in
der Gate-Schaltung in einem leitenden Zustand ist. Auf dieser Erkenntnis baut der in der
CMOS-Technik verwendete elektronische Schalter auf. . Abb. 7.21 zeigt das unter dem
Namen Transfer-Gatter bekannte Transistor-Duo. Dessen dynamisches Verhalten wird
an zwei Extremen deutlich: zunächst ein sehr schnelles Umschalten des Eingangs mit
langsam folgendem Ausgang. Dieser Fall tritt praktisch nur bei Digitalgattern auf. Wenn
zum Beispiel das Potenzial des Eingangs in vernachlässigbar kurzer Zeit von 0 auf VDD
springt, dann ist VEin D VDD und VAus D 0 und beide Transistoren sind im Abschnürbe-
reich. Der PMOS-Transistor hat die Source am Eingang und der NMOS-Transistor hat
sie am Ausgang. Es fließen dann die beiden Ströme

ˇN
IDS .NMOS/ D .VDD  UT h;N /2
2 (7.43)
ˇP
ISD .PMOS/ D .VDD C UT h;P /2
2

parallel vom Eingang zum Ausgang. Von dem Punkt .VEin ; VAus / D .VDD ; 0/ an be-
wegt sich das Paar .VEin ; VAus / in . Abb. 7.22 auf der senkrechten Linie oberhalb von
VEin D VDD . Bei VAus D UT h;P geht der PMOS-Transistor in den Anlaufbereich über,
bei VAus D VDD  UT h;N verlässt der NMOS-Transistor den Abschnürbereich und sperrt.
Das verbleibende Potenzialgefälle wird vom Strom durch den PMOS-Transistor allein
überwunden.
Je langsamer sich das Eingangspotenzial ändert und je geringer die Ausgangslasten
sind, um so näher kommt die Umschaltkurve in . Abb. 7.22 der Hauptdiagonalen VAus D
VEin .
Der (zweite) Extremfall ist der, bei dem sich das Potenzial am Eingang so langsam
ändert, dass die Differenz zwischen Ein- und Ausgangspotenzial immer klein bleibt:
jVEin  VAus j  VDD . Beide Transistoren sind dann, wenn sie überhaupt Strom leiten,
im Anlauf. Daher gilt für den NMOS-Transistor mit der Drain auf der Eingangsseite für
Eingangsspannungen unterhalb von VEin D VDD  UT h;N

1
IDS D ˇN .VDD  UT h;N  VEin /  .VEin  VAus /  .VEin  VAus /2
2 (7.44)
 ˇN .VDD  UT h;N  VEin /  .VEin  VAus /
284 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.23 Leitwertverlauf des


Transfer-Gatters für sich langsam
ändernde Eingangspotenziale. Bei
symmetrischer Wahl der Tran-
sistorparameter verhält sich die
Schaltung um VEin D VDD =2 her-
um wie ein Ohm’scher Widerstand Ein

und für den PMOS-Transistor mit der Source auf der Eingangsseite für Ausgangsspan-
nungen oberhalb von VEin  VAus D UT h;P

1
ISD D ˇP .UT h;P  VAus /  .VAus  VEin /  .VAus  VEin /2
2 (7.45)
7  ˇP .UT h;N C VEin /  .VEin  VAus / :

Die beiden Gl. (7.44, 7.45) sind Beschreibungen von fast linearen Leitwertverläufen:
Es sind die Leitwerte GNMOS D IDS =.VEin  VAus / und GPMOS D ISD =.VEin  VAus /.
. Abb. 7.23 zeigt den häufig genutzten Spezialfall ˇP D ˇN . In integrierten Analogschal-
tungen wird die Tatsache, dass ein Transfer-Gatter in diesem symmetrischen Fall einem
Ohm’schen Widerstand ähnelt, ausgenutzt, um integrierte Widerstände zu ersetzen.

1 Flipflops sperren Störungen aus


Wann immer digitale Daten übermittelt werden, wird ein Übernahmezeitpunkt festge-
legt. Mit Hilfe von Master-Slave Flipflops werden daraus stabile, jeweils einen Takt lang
anliegende Signale.
. Abb. 7.24 zeigt, dass Flipflops aus Invertern und gegenphasig angesteuerten elek-
tronischen Schaltern bestehen. In dem dort gezeigten Beispiel spricht man von einem
Master-Slave Flipflop. Die linken beiden Inverter und ihre Schalter werden Master, die
rechten beiden Slave genannt. Sind die Rückkopplungsschalter geschlossen, fungieren die
jeweils beteiligten Inverter als Speicher, der von jeglichen Eingangssignalen entkoppelt
ist. In . Abb. 7.24 sind diese Zeiträume mit sl für „speichern links“ und sr für „speichern

. Abb. 7.24 Ein Master-Slave


Flipflop (oben) und seine Wirkung
auf den zeitlichen Verlauf von Si-
gnalen (unten): Ein stark gestörtes
Eingangssignal (d ) wird gesäu-
bert und mit dem Taktsignal T
synchronisiert. Das Taktsignal T
und sein Komplement T bestim-
men, ob speichern links (sl) oder
speichern rechts (sr) aktiv ist
7.2  Fragen und Aufgaben zu Transistorschaltungen
285 7
rechts“ angedeutet. Andernfalls wird der Eingang invertiert und es wird nichts gespei-
chert.
Werden die Spannungsverläufe am Eingang (d ), in der Mitte (q) und am Ausgang (r)
verglichen, so zeigt sich, dass der Wert des am Ausgang r anliegenden Signals ausschließ-
lich von dem Wert am Eingang d abhängt, welcher zum Beginn des Speicherzustandes
des Masters anliegt (also während des Wechsels sr ! sl). Dieser Wert wird dann eine
ganze Taktperiode lang an r gehalten. Sämtliche dazwischen liegende Störungen von d
werden entweder im Master oder im Slave abgeblockt. So entstehen stabile Signale, deren
Flanken ausschließlich von den Flanken des Taktgebers bestimmt werden.

7.2 Fragen und Aufgaben zu Transistorschaltungen

7.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

7.1 Was verstehen Sie im Zusammenhang mit Bipolar Transistoren unter Verstärkung?
a) Ein kleiner Strom wird vergrößert.
b) Eine kleine Spannung wird vergrößert.
c) Ein kleiner Strom steuert einen viel größeren Strom.

7.2 Auf wie große Parameterschwankungen muss man sich beim Entwurf von Transis-
torschaltungen einstellen?
a) Auf ca. ˙ 5 %,
b) auf ca. ˙ 10 %,
c) auf ca. ˙ 20 %?

7.3 Bei welchen Schaltungen spielt die Rückwärtsstromverstärkung von Transistoren


eine wichtige Rolle?
a) Bei Digitalschaltungen der 7400-Serie ist sie wichtig.
b) Bei Operationsverstärker-Eingangsstufen ist sie wichtig.
c) Die Rückwärtsstromverstärkung ist nie wirklich wichtig.

7.4 Warum ist die Spannungskennlinie des CMOS-Inverters so steil?


a) Weil CMOS-Transistoren eine große Stromverstärkung VI haben.
b) Weil mindestens ein Transistor immer voll durchgeschaltet ist.
c) Weil im Abschnürbereich kleine Stromänderungen IDS mit großen Spannungsän-
derungen UDS einhergehen.

7.5 Was ist ein Darlington-Transistor?


a) Das ist ein Transistor, der nie in Sättigung gehen kann.
b) Das ist eine Schaltung aus zwei kaskadierten Transistoren.
c) Das ist die Urform des Bipolar Transistors.

7.6 Warum schalten Bipolar-Gatter mit Schottky-Transistoren schneller als solche mit
„normalen“ Bipolar Transistoren?
a) Weil die Basis von Schottky-Transistoren schneller mit Ladungsträgern gefüllt wird.
b) Weil Schottky-Transistoren beim Schalten den Vorwärtsbetrieb überspringen.
c) Weil die Schottky-Dioden kleinere Kniespannungen haben als Silizium-PN-Dioden.
286 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

7.7 Was verstehen Sie unter dem Arbeitspunkt einer Transistorschaltung?


a) Die Menge aller zeitlichen Mittelwerte von Strömen und Spannungen in der Schal-
tung,
b) den Punkt maximaler Leistungsaufnahme oder
c) den Startpunkt, von dem aus sich alle Potenziale entwickeln, bevor der erste Strom
fließt.

7.8 Was ist eine Open Kollektor-Schaltung?


a) Das ist eine Schaltung, bei der der Ausgang nur mit dem Kollektor eines einzigen
Transistors verbunden ist.
b) Darunter versteht man eine Schaltung, bei der der Kollektor isoliert ist.
c) Das ist eine Schaltung, die nur für Kollektoren anderer Transistoren zugänglich ist.

7.9 Welche Bipolar-Schaltung verstärkt nur Ströme?


a) Das ist die Emitterschaltung.
7 b) Das ist die Basisschaltung.
c) Das ist die Kollektorschaltung.

7.10 „Die Kleinsignal-Stromverstärkung ˇ begrenzt sowohl die Strom- als auch die
Spannungsverstärkung der Emitterschaltung.“ Stimmt das?

7.11 „Die Kollektorschaltung eignet sich besonders gut als Audio-Endstufe.“ Stimmt
das?

7.12 „Alle CMOS-Digitalschaltungen ziehen nur beim Umschalten Strom.“ Stimmt das?

7.13 „Ein Master-Slave-Flipflop verleiht Digitalsignalen eine einheitliche zeitliche Län-


ge.“ Stimmt das?

7.14 Die Frequenz eines Quarz-Oszillators wird durch die Spannung bestimmt, weshalb
man ihn auch VCO (voltage controlled oscillator) nennt. Stimmt das?

7.15 Wie wird in CMOS ein elektronischer Schalter realisiert?

7.16 Was verstehen Sie unter Stromgegenkopplung?

7.17 Was verstehen Sie unter Spannungsgegenkopplung?

7.18 Warum werden bei bipolaren Verstärkerschaltungen die Ein- und Ausgangssignale
meist über Kondensatoren eingekoppelt, und woran orientiert sich die Dimensionierung
des eingangsseitigen Kopplungskondensators?

7.19 Quarz-Oszillatoren wird die Schwingungsenergie oft über Inverter zugeführt, indem
der Quarz zwischen den Invertereingang und -ausgang geschaltet wird. Gleichzeitig wer-
den der Invertereingang und der Inverterausgang kapazitiv an Masse geschlossen. Was ist
die Aufgabe der Kondensatoren, warum wird zusätzlich noch ein Ohm’scher Widerstand
dem Quarz parallelgeschaltet?
7.2  Fragen und Aufgaben zu Transistorschaltungen
287 7
7.20 Welche fünf wichtigsten Kleinsignalparameter bestimmen das statische Verhalten
von Bipolar- und CMOS-Transistoren, und welche Parameter kommen im dynamischen
Fall hinzu?

7.2.2 Klausuraufgaben

7.21 Die minimale Emitterschaltung besteht, wie . Abb. 7.5 zeigt, aus einem Transistor
und zwei Widerständen. Wie groß sind der differenzielle Eingangswiderstand rEin und
der differenzielle Ausgangswiderstand rAus dieser Schaltung?

7.22 Die Spannungsverstärkung der stromgegengekoppelten Emitterschaltung (siehe


auch . Abb. 7.7) ist im lastfreien Fall durch den Kollektorwiderstand RC und den Emit-
terwiderstand RE gegeben: VU  RC =RE . Wie muss diese Formel modifiziert werden,
wenn am Ausgang eine Last RL hinzukommt?

7.23 Welche Bipolar-Transistorschaltung verstärkt nur Spannungen, welche nur Ströme


und welche sowohl Spannungen als auch Ströme?

7.24 Für eine Platine mit einer VC C D 3;2 V Spannungsversorgung soll eine Kol-
lektorschaltung entwickelt werden. Die wichtigste Vorgabe lautet: Die Schaltung soll
möglichst große Eingangsspannungs-Amplituden verzerrungsarm übertragen. Für wel-
che Arbeitspunkt-Basisspannung muss die Schaltung dimensioniert werden?

7.25 Zwei NPN-Transistoren mit ˇ1 D 49 und ˇ2 D 39 werden zu einer Darlington-


Schaltung verbunden. Welche Gesamt-Stromverstärkung hat diese?
a) ˇgesamt D 88,
b) ˇgesamt D 1999,
c) das hängt vom Kontext ab,
d) ˇgesamt D 2000,
e) alles falsch! Mein Ergebnis lautet ˇgesamt D : : :

7.26 Wie würde sich das Verhalten der in . Abb. 7.14 gezeigten Gegentakt-Endstufe
ändern, wenn man die beiden Transistoren vertauschen würde?

7.27 Welche Vorteile hat die CMOS-Digitaltechnik verglichen mit der TTL-Logik?

7.28 Stimmt die folgende Aussage: Im Umschaltpunkt eines CMOS-Inverters, also bei
VEin D VAus , sind beide Transistoren im Abschnürbereich. Bitte begründen Sie Ihre Ant-
wort.

7.29 Wie groß ist die Stromverstärkung VI eines CMOS-Inverters mit ˇP D ˇN D


2 mA=V2 und UT h;N D UT h;P D 0;7 V im Umschaltpunkt bei einer Last von RL D 1 k?

7.30 Wie gelangt ein MOS-Transistor in den Rückwärtsbetrieb?


288 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.25 Zur Aufga- VCC


be 7.35: Emitterschaltung mit
Basis-Vorspannung und DC-
Stromgegenkopplung RB1 RC

VAus
VEin

RB2 RE CE

7.31 Im Motorraum eines Automobils können Temperaturen zwischen 40 ı C und


C120 ıC auftreten. Schätzen Sie bitte ab, um wie viel Volt sich die Ausgangsspan-
nung des Arbeitspunktes einer minimalen Emitterschaltung (. Abb. 7.5) mit den Werten
RB D 50 k, RC D 1 k, VC C D 12 V, UBE .0 ı C/ D 0;65 V und B D 25 in diesem Tempe-
raturbereich ändern kann. Bestimmen Sie bitte auch, wie groß die Schwankungsbreite der
7 Ausgangsspannung aufgrund der Fertigungstoleranz des Transistors (B =B  ˙20 %)
ist.

7.32 Bitte zeichnen Sie das Kleinsignal-Ersatzschaltbild einer Darlington-Schaltung aus


zwei NPN-Transistoren mit den Kleinsignalparametern rBE1 , ˇ1 und rBE2 , ˇ2 . Nehmen
Sie 1=rCE D 0 für beide Transistoren an und leiten Sie einen Ausdruck für die gesamte
Stromverstärkung und für den Emitter-Basis-Widerstand der Gesamtschaltung her.

7.33 Kann man aus einem PNP-Transistor einen Schottky-Transistor machen? Und wenn
ja: Wie muss die Schottky-Diode angebracht werden?

7.34 Bitte zeichnen Sie das Kleinsignal-Ersatzschaltbild einer Strom-gegengekoppelten


Emitterschaltung und lesen Sie daraus den Eingangswiderstand und den Ausgangswider-
stand ab.

7.35 . Abb. 7.25 zeigt eine teilweise Strom-gegen gekoppelte Emitterschaltung. Bei
dieser Schaltung sind VC C D 10 V, h11 D 2 k und B D ˇ D 160. Der Arbeitspunkt des
Transistors soll für VC C D 10 V auf einen Basisstrom von IB D 25 A bei UBE D 0;6 V
eingestellt werden. Im Arbeitspunkt liegt zwischen Kollektor und Emitter gerade die hal-
be Versorgungsspannung. Das Potenzial des Emitters ist VE D 1 V. Der Kondensator CE
kann als sehr groß angesehen werden.
a) Wie groß ist RC zu wählen?
b) Wie groß muss RB2 gewählt werden, wenn er den vierfachen Basisstrom führen soll
(I.RB2 / D 4IB )?
c) Wie groß ist RB1 ?
d) Wie groß ist die Spannungsverstärkung für Wechselstrom-Signale VU .AC /, wenn der
Early-Effekt vernachlässigt werden kann?
e) Wie groß ist der Kleinsignal-Eingangswiderstand der Schaltung?

7.36 . Abb. 7.26 zeigt den ersten Versuch des Entwurfs einer Gegentakt-Endstufe. Bitte
skizzieren Sie qualitativ die Übertragungsfunktion VAus .VEin / im Bereich V < VEin < VC .
Der Lastwiderstand RL sei hochohmig.
7.2  Fragen und Aufgaben zu Transistorschaltungen
289 7
. Abb. 7.26 Zur Aufgabe 7.36: V+= 5 V
Noch nicht ganz praxistaugliche
Gegentakt-Endstufe mit Last RL VAus
VEin
RL

V- = -5 V

7.37 . Abb. 7.27 zeigt den Querschnitt durch die Transistoren eines CMOS-Inverters.
Bitte bestimmen Sie, welche Gebiete welche Dotierungen haben und wo die Anschlüsse
der Transistoren liegen (ein Body Anschluss fehlt). Ist das Substrat an der positiven oder
an der negativen Versorgungsspannung angeschlossen?

7.38 Gegeben sei die in . Abb. 7.28 gezeigte Schaltung mit ˇN D 0;1 mA=V2 und
UT h;N D 0;5 V.
a) Bitte bestimmen Sie die Source- und Drain-Potenziale für VEin D 1;5 V!
b) Mit welchem Wert für den Drain-Widerstand würde man bei ansonsten unveränderter
Schaltung ein Drain-Potenzial von 2 V erhalten?
c) Ab welchem Wert für den Drain-Widerstand würde der Transistor bei VEin D 1;5 V
den Sättigungsbetrieb verlassen und in den Anlauf übergehen?

7.39 Aus zwei NMOS-Transistoren und einem Widerstand kann eine Stromsenke reali-
siert werden.
a) Bitte zeichnen Sie das Schaltbild.
b) Bei VDD D 12 V und R D 2 k stellt sich ein Gate-Potenzial von VG D 1;2 V ein, und
die Stromsenke hat einen Innenwiderstand von 60 k. Welcher Strom fließt durch den
Widerstand und wie groß ist ˇN , wenn UT h;N D 1 V vorausgesetzt wird?
c) In welcher Größenordnung liegt der von der Senke gezogene Strom?
d) In welchem Bereich von Eingangsspannungen funktioniert die Schaltung als Strom-
senke?

7.40 . Abb. 7.29 zeigt die Minimalversion einer Emitterschaltung mit Spannungsgegen-
kopplung. Bitte zeigen Sie, dass durch geschickte Dimensionierung entweder die Tem-
peraturabhängigkeit oder die Abhängigkeit von der Produktionsstreuung der Transistor-
Stromverstärkung B gesenkt werden kann, dass beides gleichzeitig aber ohne zusätzliche
Bauelemente nicht möglich ist.

7.41 Bitte entwickeln Sie ein vereinfachtes Schaltbild für eine Basisschaltung (siehe
. Abb. 7.10) für den Grenzfall B ! 1 und C ! 1. Leiten Sie dann aus diesem Schalt-
bild das vereinfachte Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Basisschaltung ab.

. Abb. 7.27 Zur Aufgabe 7.37:


Querschnitt durch die beiden Tran-
sistoren eines CMOS-Inverters auf
einem Silizium-Chip
290 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.28 Zur Aufgabe 7.38: VDD = 3 V


NMOS-Transistor zwischen zwei
sehr unterschiedlich großen Wider-
RD= 1 kΩ
ständen
VEin

RS = 10 kΩ

. Abb. 7.29 Zur Aufgabe 7.40: VCC


Emitterschaltung mit Spannungs-
gegenkopplung. Eine Erhöhung RC
RB
des Basisstromes führt zu einem
Absinken von VAus , damit zu ei-
VAus
ner geringeren Spannung an RB VEin
und so zu einem zurückgeregelten
Basisstrom
7
7.42 . Abb. 7.30 zeigt ein NAND-Gatter der TTL-Serie 74S00.
a) Bitte erklären Sie die Funktion der beiden Schottky-Dioden.
b) Warum sind die meisten Transistoren Schottky-Transistoren?
c) Bitte erklären Sie das Zusammenspiel der Transistoren T3 und T4 . Wie nennt man
eine solche Kombination?
d) Stimmt es, dass im schlimmsten Fall ein Querstrom von IQuer > .VC C  2UK /=.50 /
fließen kann?
e) Bitte bestimmen Sie die internen Potenziale sowohl für den Fall V1 D V2 D 5 V als
auch für V1 D 0 V und V2 D 5 V mit VC C D 5 V. Dabei falle über allen vorwärts
gepolten Schottky-Dioden eine Spannung von 0,3 V und über den PN-Übergängen
0,6 V ab; Ausnahme: Über den Ausgangs PN-Übergängen fallen 0,7 V ab.
f) Warum ist der Transistor T4 kein Schottky-Transistor?

. Abb. 7.30 Zur Aufgabe 7.42:


NAND-Gatter der TTL-Serie
74S 00 (Nach [1]) mit Multi-
Emitter-Transistor links, squaring
network unten und einem einzigen
Nicht-Schottky-Transistor (T4 )

Aus
7.3  Antworten zu Kap. 7
291 7
. Abb. 7.31 Zur Aufgabe 7.43:
Erste Stufe eines Komparators;
die drei Schalter sind Transfer-
Gatter. Die Kapazitäten CC dienen
der Signalweitergabe, CL sind die Aus
Kapazitäten der Leitungen

g) Die Kombination des Transistors T6 mit den beiden angeschlossenen Widerständen


wird im Amerikanischen squaring network genannt. Wie unterscheidet sich dessen
Funktionsweise von der eines einfachen Basis-Vorwiderstands?

7.43 Für Analog-Digitalwandler werden so genannte Komparatoren verwandt. Das sind


Schaltungen, die zwei Eingangsspannungen vergleichen und je nachdem, welche größer
ist, VAus D 0 V, oder VAus D VDD ausgeben. Der Kern eines jeden Komparators ist ein
übersteuerter Spannungsverstärker auf einem einzelnen Chip.
. Abb. 7.31 zeigt die erste Stufe eines solchen Komparators. V1 und V2 sind die
zu vergleichenden Spannungen. Durch den Schalter SV erhält der Inverter (vergleiche
. Abb. 7.16) dasjenige Eingangspotenzial, bei dem seine Kennlinie am steilsten ist,
der Inverter also die größte Spannungsverstärkung besitzt. Wenn SV geschlossen ist,
ist der Inverter für V1 und V2 unsensibel. Alle Schalter sind als Transfer-Gatter (siehe
. Abb. 7.21) realisiert.
a) Finden Sie eine vernünftige Abfolge von Schalterstellungen, so dass am Ende VAus
mit möglichst großer Verstärkung den Unterschied von V1 und V2 weitergibt.
b) Welche Parameter der Invertertransistoren sind für die Qualität der Gesamtschaltung
entscheidend?
c) Falls CC D 1 pf, und CL D 0;2 pF, CGDO .NMOS/ D 5 fF und CGDO .PMOS/ D 8 fF
sind, welche Spannung stellt sich am Ausgang des Komparators nach dem Öffnen von
SV ein? (VDD D 3;3 V, VU .Inverter/ D 60)
d) Wie viele Bits Auflösung wären das Maximum, was dieser Komparator einem ADC
erlaubt?
e) Wie könnte die Auflösung verbessert werden?

7.3 Antworten zu 7 Kap. 7

7.1 Antwort c) ist richtig. Der Basis-Emitter-Strom steuert den Kollektor-Emitter-Strom.

7.2 Antwort c) ist richtig. Und dann kommt noch der Temperaturdrift hinzu.

7.3 Antwort a) ist richtig. Die Digitalgatter der 7400-Serie funktionieren nur unter der
Voraussetzung, dass die Rückwärtsstromverstärkung sehr klein ist.

7.4 Antwort c) ist richtig. Im mittleren Bereich der Kennlinie sind beide Transistoren
im Abschnürbereich und verhalten sich daher ähnlich wie Stromquellen. Im Grenzfall
idealer Stromquellen wäre die Kennlinie senkrecht. Der Begriff voll durchgeschaltet ist
im Übrigen nicht eindeutig und daher zu vermeiden.
292 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

7.5 Antwort b) ist richtig. Man verbindet entweder den Emitter eines Transistors mit der
Basis eines folgenden Transistors gleichen Typs oder den Kollektor eines Transistors mit
der Basis eines folgenden Transistors komplementären Typs. In beiden Fällen wird die
Stromverstärkung drastisch gegenüber einem Einzeltransistor erhöht.

7.6 Antwort c) ist richtig. Durch die kleinere Kniespannung der Schottky-Dioden wird
der Sättigungszustand des bipolaren Siliziumtransistors vermieden. Die Basis reichert
sich nicht mit Minoritätsträgern an. Genau diese würden aber beim Abschalten des Tran-
sistors für einen verlängert andauernden Stromfluss sorgen. Der Schottky-Transistor kann
daher schnell in den Sperrzustand kommen.

7.7 Antwort a) ist richtig. Genauso ist der Arbeitspunkt definiert.

7.8 Antwort a) ist richtig. Bei der Open Kollektor-Schaltung eines NPN-Transistors
erfolgt der Stromfluss von der positiven Versorgungsspannung VC C zum Kollektor aus-
7 schließlich durch den Verbraucher. Das minimiert Querströme und somit Leistungsver-
luste. Entsprechendes gilt für einen PNP-Transistor und die negative Versorgungsspan-
nung.

7.9 Antwort c) ist richtig. Die Basisschaltung verstärkt nur die Spannung, die Emitter-
schaltung den Strom und die Spannung.

7.10 Ja, das stimmt. Sowohl Vu als auch Vi sind proportional zu ˇ.

7.11 Ja, das stimmt. Die Kollektorschaltung ähnelt ausgangsseitig einer gesteuerten
Stromquelle. Und die Auslenkung eines Lautsprechers wird durch den durch seine Spule
hindurchfließenden Strom bestimmt.

7.12 Ja, das stimmt. Das Wort complementary in CMOS bedeutet, dass es zu jedem
NMOS Transistor genau einen PMOS-Transistor gibt, und dass jede Parallelverbindung
im NMOS-Teil mit einer Reihenverbindung im PMOS-Teil einhergeht. Die Aussage gilt
für alle CMOS-Digitalgatter, nicht jedoch für viele aus PMOS und NMOS aufgebaute
Analogschaltungen. Sogenannte CMOS-Verstärker sind nicht so symmetrisch aufgebaut
und tragen daher ihren Namen nicht ganz zu recht. Sie können durchaus permanente
Querströme haben, weshalb sie oft abschaltbar entworfen werden.

7.13 Ja, das stimmt, und diese beträgt genau die Dauer eines Taktes.

7.14 Nein, das stimmt nicht. Die Frequenz eines Quarz-Oszillators wird durch die me-
chanische Schwingfrequenz des Quarzes und gerade nicht durch die Spannung bestimmt.
VCOs haben keinen Quarz.

7.15 Der CMOS-Schalter ist die Parallelschaltung zweier komplementärer, selbstsper-


render MOS-Transistoren. Der Schalter wird geschlossen, wenn am Gate des NMOS-
Transistors das hohe Versorgungspotenzial .VDD / und am Gate des PMOS-Transistors
das niedrige Versorgungspotenzial .VS S / anliegt. Der NMOS-Transistor hat einen ho-
hen Leitwert, wenn das zu verbindende Potenzial niedrig, der PMOS-Transistor, wenn
dieses Potenzial hoch ist. Im mittleren Bereich summieren sich die Leitwerte. Bei der
7.3  Antworten zu Kap. 7
293 7
Verbindung von SRAM-Speicherzellen mit den Bit-Leitungen wird aus Platz- bzw. Kos-
tengründen auf den PMOS-Transistor verzichtet.

7.16 Dies ist eine Schaltungstechnik, mit deren Hilfe Emitterschaltungen unempfind-
lich gegenüber Temperatur- und Parameterschwankungen gemacht werden. Bei einem
Verstärker mit einem NPN-Transistor wird zu diesem Zwecke zwischen Emitter und
Masse ein (niederohmiger) Widerstand geschaltet, welcher die Verstärkung einregelt:
Mehr Verstärkung gibt ein höheres Emitterpotenzial, diese führt zu einer geringeren
Basis-Emitter-Spannung und das Resultat ist eine kleinere Verstärkung. Die Strom-
Gegenkopplung funktioniert nur, wenn der Basis ein Spannungsteiler vorgeschaltet wird,
durch den deutlich mehr Strom hindurch fließt als in die Basis hinein. Schaltungen mit
Strom-Gegenkopplung haben eine deutlich kleinere Verstärkung als solche ohne.

7.17 Dies ist ebenfalls eine Schaltungstechnik, mit deren Hilfe Emitterschaltungen un-
empfindlich gegenüber Temperatur- und Parameterschwankungen gemacht werden. Bei
einem Verstärker mit einem NPN-Transistor wird der Kollektor über einen Widerstand
mit der Basis verbunden, welcher in folgender Weise regelnd wirkt: Eine höhere Verstär-
kung führt zu einem höheren Strom durch den Kollektorwiderstand. Dadurch sinkt das
Kollektorpotenzial, welches über den zusätzlichen Widerstand mit der Basis verbunden
ist. So sinkt das Basispotenzial ebenfalls und der Strom wird ein geringerer. Auch die
Spannungsgegenkopplung verringert die Gesamtverstärkung.

7.18 Die Kondensatoren dienen der Potenzialtrennung. Das heißt, der Arbeitspunkt der
Verstärkerschaltung lässt sich unabhängig von allen anderen Potenzialen einstellen. Die
Dimensionierung des Eingangskondensators folgt aus der minimalen Kreisfrequenz ! min
des Nutzsignals und dem Kleinsignal- Eingangswiderstand r Ein der Verstärkerschaltung:
C > 1=.r Ein ! min /.

7.19 Der Quarz wird bei einer solchen Schaltung im Bereich eines positiven Blindwi-
derstandes (also spulenähnlich) betrieben. Die beiden Kondensatoren verhalten sich im
Frequenzbereich zusammen wie ein einzelner Kondensator der halben Kapazität, wel-
cher zusammen mit dem Quarz einen Schwingkreis formt. Der zusätzliche Widerstand
dient dazu, den Inverter im Arbeitspunkt maximaler Verstärkung zu halten. Er kann sehr
hochohmig sein.

7.20 Das statische Verhalten von Bipolar-Transistoren wird von den Variablen rBE ; ˇ
und rCE bestimmt. Bei MOS sind es gm und gd . Im dynamischen Falle kommen an den
PN-Übergängen und an den Gate-Oxiden Parasitärkapazitäten hinzu.

7.21 Die beiden Widerstände lassen sich direkt aus dem Kleinsignal-Modell (. Abb. 7.5)
ablesen:

rEin D rBE k RB rAus D rCE k RC : (7.46)

7.22 . Abb. 7.7 zeigt, dass zwischen dem Ausgangspotenzial VAus und dem konstanten
Versorgungspotenzial VC C nur der Kollektorwiderstand RC liegt. In der Kleinsignalana-
lyse werden alle festen Potenziale gleich Null gesetzt. Bei der Berechnung der Span-
nungsverstärkung liegt RC zwischen VAus und Null. Parallel dazu wird im Lastfall RL
294 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

angeschlossen. Daher ergibt die Substitution

RC ! RC k RL (7.47)

die richtige Formel: VU  .RC k RL /=RE .

7.23 Die Basisschaltung verstärkt nur Spannungen, die Kollektorschaltung nur Ströme
und die Emitterschaltung verstärkt sowohl Ströme als auch Spannungen.

7.24 Die Schaltung sollte so dimensioniert werden, dass das Basispotenzial des Arbeits-
punktes eine halbe Kniespannung, also ca. 0;3 V, über der halben Betriebs-spannung
liegt. Dann ist VEin .A:P:/ D 1;9 V und VAus .A:P:/ D 1;3 V. Die Differenz zwischen
VC C und dem Eingangspotenzial ist dann genau so groß wie die Differenz zwischen
dem Ausgangspotenzial und dem Massenpotenzial. Es können Signale bis zu einer Am-
plitude von UO D 1;3 V übertragen werden. Wäre der Arbeitspunkt des Eingangs genau
7 VEin .A:P:/ D VC C =2, würden Signale mit UO > 1;0 V abgeschnitten.

7.25 Antwort b) ˇgesamt D 1999 ist die einzig richtige. Die Herleitung ist in der Lösung
7.32 gezeigt. Wer auf Antwort c) gesetzt hat, sollte ein Studium der Kunstgeschichte
ernsthaft in Betracht ziehen.

7.26 Ein Vertauschen der in . Abb. 7.14 gezeigten Transistoren ergäbe eine nur aus
Dioden bestehende Verbindung von VC C bis zur Masse. Dabei wären die äußeren Dioden
die Basis-Emitter-Dioden der beteiligten Transistoren.
An Stelle einer funktionierenden Gegentakt-Endstufe hätte man also einen von der
Eingangsspannung unabhängigen Kurzschluss.

7.27 Das Wichtigste: Im Gegensatz zu allen bipolaren Technologien fließen durch


CMOS-Digitalgatter nur dann Querströme, wenn sie im Umschalten begriffen sind. Die
CMOS-Technik erreicht immer den vollen Spannungshub, während die ausgereiften
Bipolar-Technologien ausgangsseitig nicht an die Versorgungspotenziale heranreichen
(vergleiche Lösung der Aufgabe 7.42).

7.28 Ja, im Umschaltpunkt sind, unabhängig von der Dimensionierung, immer beide
Transistoren im Abschnürbereich. Denn erstens sind sie beide in einem leitenden Zu-
stand, es kommen also nur Abschnürbereich und Anlauf in Frage. Zweitens bedeutet
VEin D VAus beim Inverter auch UGD D 0 für beide Transistoren. Drain-seitig ist keine
Spannung vorhanden, die einen Kanal erzeugen könnte. Für beide Transistoren gilt da-
her: Es gibt einen Kanal, aber er reicht nicht bis zur Drain.

7.29 Dies ist natürlich eine Scherzfrage! Da kein Strom in das Gate hineinfließt, ist die
Stromverstärkung theoretisch unendlich: 1=VI D 0.

7.30 Dies ist auch eine Scherzfrage! So etwas wie Rückwärtsbetrieb kennen MOS-
Transistoren nicht. Beim MOS-Transistor hängt die Frage, welcher Anschluss die Source
und welcher die Drain ist, nur von der anliegenden Spannung ab: Beim NMOS-Transistor
ist UDS > 0, beim PMOS-Transistor UDS < 0.
7.3  Antworten zu Kap. 7
295 7
. Abb. 7.32 Zur Aufgabe 7.32:
Kleinsignal-Ersatzschaltbild der
Darlington-Schaltung

7.31 Die Temperaturabhängigkeit folgt aus (7.3) und (7.5). Die Basis-Emitter-Spannung
verändert sich vom kältesten bis zum wärmsten Arbeitspunkt um UK D 160 ı C 
.2 mV=ı C/ D 0;32 V. Die Änderung der Ausgangsspannung ist dann
RC
VAus D  B  UK D 0;16 V : (7.48)
RB
Die Abhängigkeit von der Streuung der Verstärkung ist nach dem Gauß’schen Fehlerfort-
pflanzungsgesetz
@VAus RC
VAus D  B D  .VC C  UK /  B : (7.49)
@B RB
Mit B D 5 ergibt sich ein Zahlenwert von UAus D 1;13 V.

7.32 . Abb. 7.32 zeigt das Ersatzschaltbild (ohne rCE ). Durch die linke Stromquelle
wird der äußere Basisstrom iBB um den Faktor .ˇ1 C 1/ verstärkt. Der verstärkte Strom
fließt durch rBE2 und wird um den Faktor .ˇ2 C 1/ weiter verstärkt. Da die Gesamtver-
stärkung aber nicht als iEE =iBB , sondern als iC =iBB definiert ist, ergibt sich insgesamt
ˇgesamt D .ˇ1 C 1/  .ˇ2 C 1/  1 D ˇ1 ˇ2 C ˇ1 C ˇ2 : (7.50)
Der Basis-Emitter-Widerstand ist das Verhältnis rBB;EE D uBB;EE =iBB . Die Spannung
ist die Summe der Spannungen über den einzelnen Basis-Emitter-Widerständen. Mit
u.rBE1 / D rBE1  iBB und u.rBE2 / D rBE2  .ˇ1 C 1/  iBB ergibt sich
rBB;EE D rBE1 C .ˇ1 C 1/rBE2 : (7.51)
Die Asymmetrie der letzten Gleichung lässt sich in der Praxis ausnutzen: Soll der Ein-
gangswiderstand besonders hoch sein, wird der Transistor mit der größeren Verstärkung
vorgeschaltet, und der schwächere Transistor kommt an den Ausgang.

7.33 Ja, es gibt PNP-Schottky-Transistoren. Ziel der Konstruktion ist auch hier das
Verhindern der Sättigung. Daher muss auch hier die Schottky-Diode parallel zur Basis-
Kollektor-Diode geschaltet sein, wie in . Abb. 7.33 gezeigt. Zur Richtung: Grundsätzlich
ist es möglich, Metalle zu finden, die mit P-Gebieten eine Schottky-Diode bilden. Die
große Mehrheit der Schottky-Dioden resultieren jedoch aus jedoch Metall-N-Gebiet Ver-

. Abb. 7.33 Zur Aufgabe


7.33: Schottky PNP-Transistor als
Zusammenschaltung von Schottky-
Diode und PNP-Transistor
296 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.34 Zur Aufga-


be 7.34: Zwei Schritte von
der Originalschaltung zum
Kleinsignal-Ersatzschaltbild: zu- Aus
nächst wird nur der Transistor Aus Ein
ersetzt, dann alle festen Poten- Ein
ziale gleich Null gesetzt und die
Schaltung neu sortiert

Ein Aus

7
bindungen. Man kann sich merken: Fast jede Diode zeigt auf ein N-Gebiet, was beim
PNP-Transistor die Basis ist.

7.34 . Abb. 7.34 zeigt, wie man in zwei Schritten zum Erfolg kommen kann. Zunächst
wird nur der Transistor ersetzt. Dann werden alle festen Potenziale gleich Null gesetzt.
Danach kann die Schaltung so sortiert werden, dass sie möglichst einfach aussieht.
Bei der Bestimmung des Eingangswiderstandes muss berücksichtigt werden, dass
über den Widerstand RE der .ˇ C 1/-fache Strom fließt wie über rBE . Er erscheint daher
eingangsseitig um diesen Faktor vergrößert. Insgesamt gilt daher

rEin D RB1 k RB2 k .rBE C .1 C ˇ/RE /


(7.52)
rAus D RC :

!Vorsicht Falle!
Der Ausgangswiderstand ist weder UAus =IAus noch uAus =iAus . Versuche, ihn auf diese Art
zu berechnen, werden wegen der Gültigkeit des Ohm’schen Gesetzes immer RL als Ergeb-
nis haben. Die Bedeutung des Ausgangswiderstandes rAus ist die Änderung der Ausgangs-
spannung bei einer erzwungenen Änderung des Ausgangsstromes ohne Berücksichtigung
der Last: rAus D @UAus
@IAus .

7.35
a) Am Widerstand RC liegen nach Spezifikation U.RC / D VC C  .VE C UCE / D 4 V an.
Der Strom IC D I.RC / ist gerade das B-Fache des Basisstromes, also I.RC / D 4 mA.
Daher ist
VC C  .VE C UCE /
RC D D 1 k : (7.53)
B  IB

b) Über RB2 fließt ein Strom von I.RB2 / D 100 A bei einer Spannung von U.RB2 / D
VE C UBE D 1;6 V. Daher gilt

VE C UBE
RB2 D D 16 k : (7.54)
4  IB
7.3  Antworten zu Kap. 7
297 7

Aus

Aus
Ein Ein

. Abb. 7.35 Zur Aufgabe 7.35: Kennlinie einer Gegentakt-Endstufe ohne Spreizung der Eingangspotenziale.
Wenn die Basispotenziale der Transistoren zusammengeschaltet sind, bekommt die Kennlinie zwei Knicke. Die
bessere Alternative zeigt . Abb. 7.14

c) Über RB1 fließt das Fünffache des Basisstromes bei einer Spannung von U.RB1 / D
VC C  .UBE C VE / D 8;4 V. Daher ist RB1 D 62 k.
d) Die Wechselspannungsverstärkung ist genau die gleiche wie bei der minimalen
Emitterschaltung (siehe (7.9)). Denn für einen sehr großen Kondensator am Emit-
ter hat letzterer ein (fast) konstantes Potenzial. RE hat keinen Einfluss auf die
Wechselspannungs-Verstärkung. Es bleibt

RC
VU .AC / D ˇ D 80 : (7.55)
h11

Bei dieser Schaltung dient RE also nur der Stabilisierung des Arbeitspunktes bei ma-
ximal möglicher Wechselspannungsverstärkung.
e) Für Wechselspannungen ist das Kleinsignal-Ersatzschaltbild das gleiche wie für die
minimale Emitterschaltung (. Abb. 7.6), vorausgesetzt, man setzt RB D RB1 k RB2 .
Daher ist

rEin D RB1 k RB2 k rBE D 1;73 k : (7.56)

7.36 Im Bereich UK < VEin < UK sperren beide Transistoren und, wie . Abb. 7.35
zeigt, das Ausgangspotenzial wird vom Lastwiderstand bei Null gehalten. Bei Potenzia-
len oberhalb von VEin D UK folgt der Ausgang dem Eingang um eine Kniespannung
verschoben. Daher ist hier die Steigung UAus = UEin D 1, ebenso wie unterhalb von
VEin D UK .

7.37 . Abb. 7.36 zeigt die Lösung. Die schraffierten, in das Silizium hineinragenden Tei-
le sind das so genannte Feldoxyd. Es dient ausschließlich der Isolation. Das p-Substrat
ist der Body des NMOS-Transistors, die n-Wanne der Body des PMOS-Transistors. Zur
besseren Kontaktierung der Wanne dient das nC Gebiet rechts. Die anderen hoch dotier-
ten Gebiete (nC und pC) sind die Source- und Drain-Gebiete. Was dabei Source und
was Drain ist, hängt von der Beschaltung ab. Da beim Inverter die beiden Drain-Gebiete
verbunden sind, drängt sich ihre Platzierung in der Mitte auf. Die Gates bestehen nor-
298 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.36 Zur Aufgabe 7.37:


Querschnitt durch die beiden Tran-
sistoren eines CMOS-Transistors
mit Anschlüssen und Dotierungen

malerweise aus nC dotiertem Poly-Silizium. Das dünne, farblose Gebiet darunter ist das
Gate-Oxid.

7.38
a) Zunächst muss der Betriebszustand geklärt werden. Da VEin > UT h;N muss es ein
leitender sein. Das Verhältnis der Widerstandswerte klärt den Rest. Die beiden Wider-
stände RD und RN stellen einen 1 W 10 Spannungsteiler dar. Daher muss das Drain-
7 Potenzial höher als VDD  10=11 D 2;73 V liegen. Damit ist UGD < 0 < UT h;N , und
es kann drainseitig kein Kanal vorliegen. Der Transistor ist im Abschnürbetrieb. Das
Source-Potenzial kann nun bestimmt werden, indem die Ströme durch den Transistor
und durch den Widerstand RS gleichgesetzt werden:

ˇN
VS D RS  I D RS  .VEin  VS  UT h;N /2 : (7.57)
2
Nach VS aufgelöst ergibt sich

1
p
VS D VEin  UT h;N C  1  1 C 2ˇN RS .VEin  UT h;N / D 0;27 V :
ˇN RS
(7.58)

Durch RD lässt der gleiche Strom nur ein Zehntel des Spannungsabfalls entstehen.
Daher ist VD D 2;97 V.
b) Da der Strom bei Sättigung praktisch unabhängig vom Drain-Widerstand ist, kann
durch dessen Veränderung das Drain-Potenzial eingestellt werden:

RD
VD D VDD  VS  : (7.59)
RS

Nach VD aufgelöst, ergibt sich ein Zahlenwert von RD D 37;3 k.


c) RD kann so lange vergrößert werden, bis beim Transistor UGD D UT h;N gilt, wenn
also UK D VEin  UT h;N ist. Man erhält RD D 74;6 k.

7.39
a) . Abb. 7.37 zeigt die Schaltung. Die Gate-Drain Verbindung des linken Transistors
zwingt diesen in den Abschnürbereich (UGD D 0). Solange auch der rechte Transistor
in diesem Bereich arbeitet, sind die Ströme in nullter Näherung . D 0/ identisch.
Der rechte Transistor bestimmt den Strom. Die Gleichheit der Source- und Gate-
Potenziale spiegelt diesen Strom auf den rechten Transistor.
7.3  Antworten zu Kap. 7
299 7

Ein

Ein

. Abb. 7.37 Zur Aufgabe 7.39: Stromsenke mit einem Stromspiegel. Der Stromfluss durch den linken Tran-
sistor ist ganz unabhängig von VEin . Wenn beide Transistoren im Abschnürbereich sind, dann sind die Ströme
durch beide Transistoren fast identisch

b) Aus dem Innenwiderstand ri lässt sich mit Hilfe von (7.35) die Kanallängenmodula-
tion bestimmen:
1 R
N D D  3;1  103 V1 : (7.60)
ri I ri .VDD  VG /

Durch den linken Transistor fließt der gleiche Strom wie durch den Widerstand:

VDD  VG ˇN
D  .VG  UT h;N /2  .1 C N VG / : (7.61)
R 2
Wegen des kleinen Wertes von N kann bei der Umstellung von (7.61) nach ˇ auf
den Modulationsterm verzichtet werden:
2  .VDD  VG /
ˇN  D 270 mA=V2 : (7.62)
R  .VG  UT h;N /2

c) Der Strom IEin ist natürlich so groß wie der durch den Widerstand R: IEin D 5;4 mA.
d) Die Schaltung funktioniert als Stromsenke, wenn beide Transistoren im Abschnürbe-
reich sind, also insbesondere der rechte: VG  VEin < UT h;N . In Zahlen heißt das: Bei
Eingangspotenzialen oberhalb von VEin D 0;2 V ist die Schaltung eine Stromsenke.

7.40 Lösungsstrategie: Zunächst muss VAus als Funktion der Bauteileparameter ge-
funden werden. Dann wird geprüft, wann das Ergebnis von UBE und wann es von B
unabhängig wird.
Lösung: Über RC fließt der .B C 1/-fache Basisstrom und über RB der einfache
Basisstrom. Daher ist die Versorgungsspannung die Summe der folgenden Einzelspan-
nungen:

VC C  VAus D RC .B C 1/IB
VAus  VEin D RB IB (7.63)
VEin  0 D UBE :

Addiert man alle unter der Nummer (7.63) zusammengefassten Gleichungen, erhält man
den Basisstrom, daraus den Strom durch den Kollektorwiderstand und so schließlich die
Kollektor-Spannung:

VC C  UBE
UAus D VC C  : (7.64)
1C RB
.BC1/RC
300 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.38 Zur Aufgabe


7.41: Vereinfachung der Basis-
schaltung und Entwicklung des
Kleinsignal-Ersatzschaltbildes in
Einzelschritten. Unterlegt sind Aus Aus
die Teile, die im jeweils nächsten
Schritt verändert werden Ein Ein

Aus

Ein

Ein Aus

Nach (7.64) ist das Ausgangspotenzials von UBE dann unabhängig, wenn der Nenner
RB
unter UBE groß wird, wenn also gilt .BC1/R C
1.
Andererseits verschwindet die Abhängigkeit von B, wenn genau das Entgegengesetz-
RB
te gilt: .BC1/R C
 1.
So folgt: Beides ist möglich, aber nicht gleichzeitig. Eine vernünftige Dimensionie-
RB
rung wird .BC1/R C
 1 wählen. Dann liegt das Ausgangspotenzial bei VC C =2, ermöglicht
damit einen großen Spannungshub und sorgt dafür, dass ein Absinken der Basis-Emitter-
Spannung nur zu 50 % auf das Ausgangspotenzial durchschlägt.

7.41 . Abb. 7.38 zeigt die sukzessive Vorgehensweise. Wenn die Stromverstärkung des
Transistors sehr groß wird, dann verschwindet der Basisstrom, und links vom Transistor
bleibt ein unbelasteter Spannungsteiler übrig. Dieser hält die Basis auf einem konstanten
Potenzial VB D VC C  RB2 =.RB1 C RB2 /. Im zweiten Schritt wird der Transistor durch
sein Kleinsignal-Ersatzschaltbild ersetzt und alle festen Potenziale werden gleich Null
gesetzt. Zum Schluss wird das Gesamtbild übersichtlicher gestaltet.

7.42
a) Die beiden Schottky-Dioden sind ein Schutz gegen Unterspannungen.
b) Die Verwendung der Schottky-Transistoren verhindert, dass diese in Sättigung gehen.
Dadurch vergeht nach dem Abfallen des Basisstromes viel weniger Zeit, bis sie wieder
sperren.
c) Die beiden Transistoren T3 und T4 bilden einen Darlington Transistor. Die Verstär-
kung dieser Anordnung ist B D .B3 C 1/  .B2 C 1/  1 (siehe Aufgabe 7.32).
7.3  Antworten zu Kap. 7
301 7
5,0 5,0

4,6y
1,6 4,9x 0,6
1,0 T3 4,9y T3
T1 T1
0,4 4,3y
5 T2 0 T4
1,3 0
5 0,4
5
3,6y
0,7
T5 0

0,3 0
0
T6
0,6

. Abb. 7.39 Zur Aufgabe 7.42: Potenziale des 74S 00 NAND-Gatters für niedriges (links) und hohes (rechts)
Ausgangspotenzial. Die Buchstaben x und y stehen für irrelevante Nachkommastellen. Die mit einem T verse-
henen Transistoren leiten Strom, die anderen nicht

d) Nein, es fließt niemals ein Strom durch beide Endstufen-Transistoren T4 und T5 , denn
einer von ihnen sperrt immer.
e) . Abb. 7.39 zeigt die Potenziale unter der Annahme, dass die Stromverstärkungen
so groß sind, dass die Potenziale durch die Dioden und nicht durch die Widerstände
bestimmt werden. Alle gesperrten Transistoren sind hier unbezeichnet. Am Kollek-
tor von T3 liegt ein Potenzial knapp unterhalb des Versorgungspotenzials, denn es
fließt nur ein Strom von I  0;4 V  3;5 k. Wird einer der Eingänge auf das Nullpo-
tenzial gezogen, dann sperrt der Transistor T2 . Dieser und die ihm nachgeschalteten
Transistoren entladen sich langsam, aber fast vollständig. Das höchste innerhalb der
Schaltung vorkommende Potenzial (knapp unter 5 V) liegt an der Basis von T3 . Dieses
bestimmt die weiteren Potenziale.
f) T4 ist kein Schottky-Transistor, weil der vorgeschaltete Schottky-Transistor T3 die
Sättigung für beide Transistoren verhindert.
g) Das squaring network (T6 und Widerstände) beschleunigt den Aufbau eines leiten-
den Zustandes des Ausgangstransistors T5 . Wenn der erste Stromstoß die Basis von
T5 erreicht, ist T6 noch gesperrt. Fast der gesamte Anfangsstrom kommt also dem
Umschaltvorgang am Ausgang zugute. Erst wenn die Parasitärkapazitäten des Tran-
sistors T6 umgeladen sind, wird ein nennenswerter Teil des Emitter-Stromes von T2 an
T5 vorbeigeführt – aber dann ist zumindest bei kleinen Lasten der Umschaltvorgang
am Ausgang schon beendet.

7.43
a) Jeder Vergleichszyklus muss mit dem Einstellen des Inverters auf dessen optimalen
Arbeitspunkt, also mit dem Schließen des Schalters SV beginnen. Danach muss dieser
geöffnet und an Stelle von V1 das Potenzial V2 mit der Schaltung verbunden werden.
Das Öffnen von SV ist kritisch, denn es entsteht ein hochohmiger Knoten am Eingang
des Inverters. Das Öffnen des Schalters gibt diesem einen Potenzialsprung, dessen Hö-
he sich aus der Versorgungsspannung und dem Verhältnis der Gate-Drain-Kapazitäten
der Schaltertransistoren und der anderen am Knoten liegenden Kapazitäten ergibt.
302 Kapitel 7  Transistorschaltungen – mit kleinen Strömen viel bewegen

. Abb. 7.40 Zur Aufgabe 7.43: C GDO CC + CL


Kapazitiver Spannungsteiler, wel-
cher das Eingangspotenzial des VG,P VEin
Inverters bestimmt

Der meist kleine Potenzialsprung am Eingang wird mit dem Faktor VU an den In-
verterausgang gegeben und verursacht daher einen viel größeren Sprung, oft bis zur
Übersteuerung, an den Folgestufen. Von den Kondensatoren muss CC der größte sein,
sonst wäre die Schaltung falsch dimensioniert. Damit dieser Kondensator aber dem
ungewollten Potenzialsprung entgegenwirken kann, muss beim Öffnen von SV der
Schalter S1 noch geschlossen sein. Die beste Abfolge ist also: SV und S1 schließen,
dann SV öffnen und schließlich gleichzeitig S1 öffnen und S2 schließen.
b) Der Inverter soll eine möglichst hohe Spannungsverstärkung haben. Nach (7.40) heißt
das: gd soll für beide Transistoren so klein wie möglich und gm so groß wie möglich
7 sein.
c) Beim Öffnen des Schalters springt das Gate-Potenzial von dessen PMOS-Transistor
von 0 auf VDD und gleichzeitig das des NMOS-Transistors von VDD auf 0. Die bei-
den Überlappungskapazitäten haben also einen genau entgegengesetzten Einfluss auf
die Potenzialentwicklung des Eingangsknotens. Für die Ladungsbilanz sind sie daher
gleichbedeutend mit dem Effekt eines einzigen PMOS-Transistors mit der Kapazität
CGDO D CGDO .PMOS/  CGDO .NMOS/. So bleibt der in . Abb. 7.40 gezeigte
Spannungsteiler, an dessen Eingang das Potenzial einen Sprung von VG;P D 0 auf
VG;P D VDD macht. Daher ist

CGDO
VEin D VDD  D 8;25 mV : (7.65)
CC C CL

Das scheint nicht viel, bedeutet aber, dass am Ausgang des Inverters ein Sprung von
VAus D VU  VEin  0;5 V folgt.
d) Durch den Potenzialsprung am Eingang wird die Eingangsspannung um 8,25 mV
verfälscht. Differenzen in dieser Größenordnung werden also nicht mehr korrekt auf-
gelöst. Dies bedeutet eine relative Ungenauigkeit von VEin =VDD D 1=400. Bei einem
8 Bit ADC bräuchte man 1=28 D 1=256 Auflösung. Dafür würde es gerade reichen.
e) Eine Verbesserung wäre nur durch eine genauere Kompensation der Potenzialsprün-
ge der Schaltertransistoren zu erreichen, Bei den hier genannten Zahlen heißt das:
Der NMOS-Schaltertransistor sollte eine um den Faktor CCGDO GDO .PMOS/
.NMOS/ D 1;6 vergrö-
ßerte Weite bekommen. Die verbleibenden Spannungsimpulse wären dann durch die
Fertigungstoleranzen bestimmt.

Literatur
1. Erwin Böhmer, Dietmar Ehrhardt, Wolfgang Oberschelp, Elemente der angewandten Elektronik, 17. Aufla-
ge, Vieweg (2018), ISBN 978-3-8348-1496-8
2. Göbel H (2019) Einführung in die Halbleiter-Schaltungstechnik. Springer, 6. Auflage, ISBN 978-3-662-
56562-9
3. Tietze U, Schenk C, Gamm E (2019) Halbleiter-Schaltungstechnik, Springer, 16. Auflage, ISBN 978-3-662-
48553-8
Literatur
303 7
4. Hering E, Bressler K, Gutekunst J (2017) Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Springer,
Berlin, ISBN 978-3-662-54213-2
5. Siemens (1992) Einzelhalbleiter Datenbuch II. 3. Auflage, Siemens, München
6. Veendrick H (2017) Nanometer CMOS ICs: From Basics to ASICs. Springer, New York, ISBN 978-3-319-
47595-0
305 8

Operationsverstärker –
Sensorsignale nutzbar
machen

In diesem Kapitel werden die Eigenschaften, der Aufbau und exemplarische Anwendungen
von Operationsverstärkern gezeigt. Aus den Forderungen an einen Operationsverstärker (kurz:
OP) wird die Aufteilung in Differenz-, Verschiebungs- und Endstufe abgeleitet. Es werden die
Unterschiede zwischen bipolaren Verstärkern und CMOS Verstärkern aufgezeigt.
Anhand der Vereinfachung des idealen Operationsverstärkers werden Techniken zur Schal-
tungsberechnung eingeführt. Diese werden benutzt um aktive Filter höherer Ordnung zu kon-
struieren. Dabei werden verschiedene Topologien von der reinen Lasttrennung bis zur Sallen-
Key Struktur diskutiert.
Es wird gezeigt, mit welchen Maßnahmen sichergestellt wird, dass Schaltungen mit rea-
len Operationsverstärkern ähnlich funktionieren wie die mit idealen. Dabei werden die Slew
Rate, Verzögerungszeiten, Offset-Spannung und endliche Verstärkung berücksichtigt. Als An-
wendungsbeispiel dient eine einfache Lambda-Sonden Anbindung an die KFZ Elektronik.

8.1 Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern

Der Begriff Operationsverstärker war ursprünglich die Kurzform von Rechenoperations-


verstärker, denn diese Schaltungen wurden in den 1960er und 1970er Jahren für analog
ausgeführte Rechenoperationen verwendet. Hierzu wurden Differenzverstärker mit hohen
Verstärkungen und kleinen Eingangsströmen gebraucht (siehe zum Beispiel [3]). In die-
sem Kapitel wird beschrieben, welche Schaltungsstrukturen dies leisten, wo die Grenzen
liegen und wie universell Operationsverstärker heute, fern von allen analogen Rechen-
operationen, eingesetzt werden (viele Beispiele sind in [2] zu finden).

8.1.1 Eigenschaften und Aufbau von Operationsverstärkern

Entwurfsziel beim Operationsverstärker ist eine maximale Spannungsdifferenzverstär-


kung bei gleichzeitig minimalen Eingangsströmen und minimaler Ausgangsimpedanz.
Operationsverstärker haben meistens die in . Abb. 8.1 gezeigte Struktur. Die Verteilung
von Spannungs- und Stromverstärkung auf unterschiedliche Stufen ermöglicht die kom-
promisslose Optimierung der Einzelstufen. Details zur Konstruktion findet man in [5].

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8_8
306 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.1 Grundsätzlicher


Aufbau von Operationsverstär-
Aus
kern. Die ersten beiden Stufen
sind spannungsverstärkend, die
Aus
Endstufe ist oft ein reiner Strom-
verstärker. Bei Endstufen aus
Bipolar-Transistoren ist eine zwei-
te Ansteuerungsleitung (gepunktete
Linie) nötig

!Vorsicht Falle!
Während bei vielen Transistorschaltungen das Massenpotenzial das am tiefsten liegende
ist, wird bei OP-Schaltungen oft ein negatives Versorgungspotenzial V angenommen, und
das Massenpotenzial ist VC C V D 0.

Die wichtigsten Kenngrößen eines Operationsverstärkers sind


Kenngröße Definition
8 dVAus uAus
Differenzverstärkung V U D D
d.V2  V1 / u2  u1
2dVAus 2uAus
Gleichtaktverstärkung VkU D D
d.V2 C V1 / u2 C u1
(8.1)
Gleichtaktunterdrückung CMRR D V U =VkU
dV1 dV2 u1 u2
Eingangswiderstand rEin D D D D
dI1 dI2 i1 i2
dVAus uAus
Ausgangswiderstand rAus D D :
dIAus iAus
Alle Größen sind frequenz- und lastabhängig. Werden sie nur als Zahl angegeben, so
ist der lastfreie Fall bei niedriger
p Frequenz gemeint. Die Frequenz, bei der die Dif-
ferenzverstärkung auf das 1= 2-Fache des Maximums abgefallen ist, heißt auch hier
Grenzfrequenz. In . Abb. 8.2 ist anhand der Angaben für einen handelsüblichen Ope-
rationsverstärker zu sehen, dass die Grenzfrequenzen typischerweise unter fg D 100 Hz
liegen. Unbrauchbar wird der Verstärker, wenn seine Ausgangsspannung nur noch genau
so groß ist wie die Eingangsdifferenz. Die Frequenz, bei der jVAus j D jV1  V2 j ist, wird
Transitfrequenz genannt und mit f t bezeichnet. Daneben gibt es weitere Parameter, die
im 7 Abschn. 8.1.3 behandelt werden.

1 Bipolare Verstärker sind robust


Die einfachste stabile Differenzstufe in Bipolar-Technik zeigt . Abb. 8.3. Die Eingänge
sind die Basen der Transistoren T1 und T2 . Der Transistor T3 fungiert als Stromsenke.
Liegen die Eingänge auf gleichem Potenzial, zieht der Eingangstransistor T1 einen Strom
IB1 D IB3  B3 =Œ2.B1 C 1/. Ähnliches gilt für alle Differenzstufen in Bipolar-Technik:

Bipolare Operationsverstärker ziehen an den Eingängen permanent einen kleinen Strom.


8.1  Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern
307 8
. Abb. 8.2 Differenzverstär-
kung zweier Operationsverstärker.
Die Transitfrequenz ist mit f t
bezeichnet (Quelle: National Semi-
conductors [1])

. Abb. 8.3 Differenzstufe mit


Bipolar-Transistoren. Sie besteht
aus zwei gegengekoppelten Emit-
terschaltungen, die durch eine Diff
gemeinsame Stromsenke (Transis-
tor T3 ) verbunden sind

Ref

Der Transistor T3 unterstützt die Differenzverstärkung. Denn jede Erhöhung des Strom-
flusses auf der einen Seite der Schaltung führt so zwangsläufig zu einer gleich großen
Verringerung des Stromflusses auf der anderen Seite. Durch die gemeinsame Stromsenke
ist es für den Anstieg von UDiff irrelevant, ob V1 steigt oder V2 sinkt. Gleichzeitig redu-
ziert die Stromsenke die Gleichtaktverstärkung: Wenn an beiden Eingängen das Potenzial
gleichzeitig steigt, so ändert sich der Strom kaum, denn der Transistor T3 hält die Sum-
me konstant. Die Gegentaktverstärkung dieser Differenzstufe wird unter der Annahme
berechnet, dass 1=rCE  0 ist (vergleiche Aufgabe 8.31, (8.23)) und dass die Parameter
beider Eingangstransistoren gleich sind. In diesem Fall wird der Transistor T3 zur idealen
Stromsenke und fällt so aus dem Kleinsignal-Ersatzschaltbild heraus. Die Analyse des in
. Abb. 8.4 gezeigten Ersatzschaltbildes ergibt die Differenzverstärkung:

uDiff RC ˇ
V U D D : (8.2)
u2  u1 2.rBE C Œˇ C 1RE /

Diff

. Abb. 8.4 Kleinsignal-Ersatzschaltbild der in . Abb. 8.3 gezeigten Differenzstufe. Es kommt ohne den Tran-
sistor T3 aus, wenn man diesen als ideale Stromsenke betrachtet. iB1 und iB2 sind Basisströme der Transistoren
T1 und T2
308 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.5 Bipolare Endstufe, V+


aus drei Teilen bestehend: 1. Pe-
gel-Verschiebung und Verstärkung, RV1 RB1
2. Signalteilung für den NPN- und
den PNP-Transistor der Endstu- VDiff
fe, 3. Stromverstärkung in einer
Gegentakt-Kollektorschaltung VAus

RV2 RB2

V-

Für 1=rCE  0 herrscht auch perfekte Gleichtaktunterdrückung:


uDiff
VkU D !0: (8.3)
.u2 C u1 /=2
Dies lässt sich direkt aus dem Kleinsignal-Ersatzschaltbild entnehmen. Die Ausgangs-
8 spannung UDiff ist durch die beiden Stromquellen von den Eingangsspannungen u1 und
u2 getrennt. Rechnerisch kommt man zu dem gleichen Schluss: Stromerhaltung fordert
.ˇ C 1/iB1 C .ˇ C 1/iB2 D 0. Wenn aber gleichzeitig iB1 D iB2 , dann folgt zwingend
iB1 D iB2 D 0. Das heißt: Wenn sich beide Eingangspotenziale parallel in die gleiche
Richtung bewegen, nimmt der Strom weder zu noch ab. Also bleibt uDiff D 0.
Die oben gezeigte Schaltung kann als Ausgangspunkt für diskret aufgebaute Opera-
tionsverstärker dienen. In integrierten Schaltungen werden jedoch aus technologischen
Gründen wann immer möglich Widerstände vermieden bzw. durch Transistoren ersetzt.
Integrierte Operationsverstärker haben daher viel mehr Transistoren und nur wenige Wi-
derstände. Aufgabe 8.32 zeigt einen Ansatz: Werden die Kollektorwiderstände durch
einen PNP-Stromspiegel ersetzt, tritt in der Verstärkung an Stelle von RC der Kleinsignal-
Parameter rCE , was in der Regel eine deutliche Vergrößerung der Differenzverstärkung
nach sich zieht.
. Abb. 8.5 zeigt eine der sehr vielen Varianten bipolarer Zwischen- und Endstufen.
Deren Eingang ist der Ausgang der Differenzstufe, VDiff (vergleiche . Abb. 8.1). Die
beiden Widerstände RV 1 und RV 2 sorgen im Verbund mit dem an VDiff angeschlossenen
Transistor für eine Verlagerung des Durchschnittspegels in die Mitte zwischen VC und
V . Dabei wirkt der Transistor zusätzlich leistungsverstärkend. Die beiden Dioden der
folgenden Stufe ziehen die Basis-Potenziale der Endstufen so weit auseinander, dass sie
deren Spannungsabfall über die Basis-Emitter-Dioden kompensieren. Die letzte Stufe ist
ein reiner Stromverstärker.

1 CMOS-Verstärker ziehen keinen Eingangsstrom


Während einzelne Operationsverstärker überwiegend in Bipolar-Technik hergestellt wer-
den, sind Differenzverstärker auf digitalen ICs, wie Prozessoren oder Speicherbausteinen,
fast immer in CMOS-Technik gefertigt. Dabei ist es von besonderem Vorteil, dass diese
Verstärker eine rein kapazitive Last darstellen, also bis auf die sehr kleinen Leckströ-
me der Eingangsschutzschaltungen keine dauerhaften Eingangsströme haben. . Abb. 8.6
zeigt die am weitesten verbreitete Variante.
Der Transistor T3 fungiert auch in dieser Schaltung als Stromsenke und unterstützt die
Differenzverstärkung. In Speicherchips wird er gerne intern mit dem chip enable-Signal
8.1  Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern
309 8
. Abb. 8.6 In integrierten Schal-
tungen weit verbreitete CMOS-
Differenzstufe. Die Versorgungs-
anschlüsse werden oft mit VDD
wie Drain-Drain und VS S wie Diff
Source-Source bezeichnet. V1 und
V2 sind die Eingänge, VDiff der
Ausgang. T4 und T5 bilden einen
Stromspiegel Ref

verbunden. Denn bei VRef D V ist der Stromfluss durch die ganze Stufe gleich Null. Der
Verstärker wird dadurch abschaltbar. Die Differenzverstärkung ist
gm;N gm;N
V U D n o : (8.4)
.gd;P C gd;N /  1 C
gd;P gd;P C gd;N
2gm;P Cgd;P

Konstruktionsbedingt sind die Transistoren T3 , T4 und T5 im Abschnürbereich. Für diese


Transistoren kann also gd  gm angenommen werden. Der Vergleich mit . Abb. 3.38
zeigt jedoch: Im Grenzfall gd =gm ! 0 liegen im Kleinsignal-Ersatzschaltbild zwischen
den Eingangsspannungen u1 und u2 und dem Nullpotenzial nur noch ideale Stromquel-
len. Das Durchschnittspotenzial der Eingänge wird damit irrelevant und die Gleichtakt-
verstärkung

VkU .1/ ! 0 : (8.5)

Die Ausgangsstufen der CMOS-Differenzverstärker unterscheiden sich in zweifacher


Hinsicht von den bipolaren: Erstens gibt es nicht immer eine Aufsplittung des Ansteuer-
signals, und zweitens wird die Stärke der Ausgangsströme ausschließlich von der Weite
der Transistoren der letzten Stufe bestimmt.
. Abb. 8.7 zeigt das vereinfachte Beispiel eines vollständigen CMOS-Verstärkers.
Vom Ausgang der Differenzstufe wird in der Pegel-Trennungsstufe ein zu geringeren
Potenzialen verschobenes Signal für den Ausgangs-NMOS-Transistor erzeugt. Dies

V+(VDD ) V+ V+ V+

V- V-
V1 V2 V+
V- VAus

VRef VRef

V- (VSS ) V- V- V-
Differenzstufe Pegel-Trennung HF Dämpfung Endstufe

. Abb. 8.7 Beispiel eines dreistufigen CMOS-Operationsverstärkers mit zusätzlicher HF-Dämpfung gegen
unerwünschtes Schwingen
310 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

vermindert die Verlustleistung der Endstufe. Der mit HF-Dämpfung bezeichnete Teil
verhindert das Schwingen des Operationsverstärkers bei negativer Rückkopplung (siehe
7 Abschn. 8.1.3).

8.1.2 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern

1 Die Fiktion „idealer Operationsverstärker“ hilft, Schaltungen zu verstehen


Operationsverstärkerschaltungen lassen sich am besten verstehen, wenn zunächst ein
idealer Operationsverstärker angenommen wird. Das heißt:
4 Die Spannungsverstärkung ist unendlich groß: V U ! 1.
4 Der Ausgangswiderstand ist Null: rAus ! 0
4 Der Eingang nimmt keinen Strom auf: I1;Ein D I2;Ein D 0.

Die große Mehrheit der Operationsverstärkerschaltungen ist negativ rückgekoppelt.


Diese Schaltungen können mit Hilfe der in . Abb. 8.8 gezeigten Ersatzschaltung berech-
net werden. Denn ein idealer Operationsverstärker hat eine so hohe Verstärkung, dass
8 in diesem Fall der Potenzialunterschied zwischen den beiden Verstärkereingängen ver-
schwindet. So wird dem elektrischen Knoten zwischen Z E und Z R das am Plus-Eingang
des Verstärkers liegende Potenzial V1 aufgezwungen. Da der ideale OP keine Eingangs-
ströme hat, fließt an dieser Stelle kein Strom ab. So ist der Strom, der am Anschluss VEin
in die Schaltung hineinfließt, genau so groß wie der, der aus der Schaltung herauskommt.
Auf diese Weise lässt sich VAus berechnen:
ZE C ZR Z
V Aus D  V 1  R  V Ein : (8.6)
ZE ZE
Geübte Augen werden im ersten Term von (8.6) den nicht invertierenden Verstärker
(VEin D 0) und im zweiten Term den invertierenden Verstärker (V1 D 0) wiedererkennen.
Schaltungen mit positiver Rückkopplung werden nur dann verwendet, wenn am Aus-
gang der Schaltung der volle Spannungshub bis zur Versorgungsspannung erreicht wer-
den soll. Der Schmitt-Trigger (siehe Aufgabe 8.27) ist hierfür ein Beispiel.

1 Operationsverstärker geben dem Filterentwurf Freiheiten


Filter, die Operationsverstärker enthalten, werden aktiv genannt. Sie unterscheiden sich
von den passiven Filtern dadurch, dass das Ausgangssignal verstärkt sein kann.
Operationsverstärker erlauben es, Filterstufen zu trennen. Dies geschieht, indem die
Operationsverstärker als Spannungsfolger geschaltet werden. Durch den Kurzschluss von
invertierendem Eingang und dem Ausgang ist das Potenzial an allen drei Verstärker-
anschlüssen gleich. So entstehen, wie in . Abb. 8.9 gezeigt, Filter höherer Ordnung,
deren Übertragungsfunktion einfach das Produkt der Übertragungsfunktionen der einzel-
nen Stufen ist

T .!/ D T 1 .!/  T 2 .!/  T 3 .!/  : : : (8.7)

Denn durch den hohen Eingangswiderstand der Operationsverstärker wird keine Stufe
durch die Folgestufe belastet.
Deutlich mehr Möglichkeiten bieten sich, wenn Rückkopplungen in den Eingangs-
zweig hinein zugefügt werden. . Abb. 8.10 zeigt eine häufig verwendete Topologie, auch
8.1  Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern
311 8

ZR

8
VEin ZE
VAus VEin ZE ZR VAus
V1
Idealer OP V1

. Abb. 8.8 Ersatzschaltung zur Berechnung negativ rückgekoppelter Schaltungen mit idealen Operationsver-
stärkern. Die gepunktete Linie deutet an, dass das Potenzial fest liegt, ohne dass eine leitende Verbindung zum
nicht invertierenden Eingang besteht

Aus
Ein

. Abb. 8.9 Dreistufiger Tiefpass mit Stromtrennung durch Operationsverstärker. Diese sind als Spannungs-
folger geschaltet. Grau hinterlegt sind die Teile, die zu den jeweiligen Teilübertragungsfunktionen T 1 , T 2 , . . .
gehören. Die gesamte Übertragungsfunktion ist durch (8.7) gegeben

als Sallen-Key Filter bekannt. Die negative Rückkopplung sorgt zusammen mit der gro-
ßen Verstärkung dafür, dass beide Verstärkereingänge auf dem gleichen Potenzial liegen
wie der Ausgang. Da die Eingänge sehr hochohmig sind, ist i 2 D i 4 , und es gilt Strom-
erhaltung in der Form

uEin  V x V  uAus V  uAus


i Ein D i 2 C i 3 ! D x C x
Z1 Z2 Z3
(8.8)
V  uAus u 0
i2 D i4 ! x D Aus :
Z2 Z4

Aus den beiden rechten Gleichungen von (8.8) lässt sich das Zwischenpotenzial V x her-
auskürzen, und man erhält die Übertragungsfunktion

uAus Z3Z4
T D D : (8.9)
uEin Z 1 Z 2 C Z 3 .Z 1 C Z 2 / C Z 3 Z 4

. Abb. 8.10 Aktive Filterschal-


tung mit einer Rückkopplung in
den Eingangszweig hinein Ein

Ein
Aus
312 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.11 Aktive Filterschal-


tung mit doppelter Rückkopplung
in den Eingangszweig hinein; hier
ein Tiefpass
Ein Aus

Setzt man beispielsweise für Z 3 und Z 4 Kondensatoren ein und an die anderen Stellen
Widerstände, so ergibt sich ein Tiefpass zweiter Ordnung. Bei komplementärer Wahl der
Bauteile entsteht ein Hochpass zweiter Ordnung.
Schließlich lässt sich das Ausgangssignal auch noch mehrfach zurückkoppeln, wie
. Abb. 8.11 beispielsweise zeigt. Eine besonders günstige Eigenschaft dieses Schal-
tungstyps ist, dass das Ausgangssignal immer um das Massenpotenzial herum schwingt.
Daher wird der Operationsverstärker in dem Arbeitspunkt betrieben, für den er entworfen
wurde. Das bedeutet: wenig Verzerrung und maximale Verstärkung.

8
Aktive Filter sind dann besonders arm an Verzerrungen, wenn der nicht invertierende Ein-
gang des Operationsverstärkers am Massenpotenzial liegt.

Die Übertragungsfunktion der in . Abb. 8.11 gezeigten Schaltung folgt aus zwei Span-
nungsteilergleichungen. Zu deren Bestimmung wird der invertierende Eingang des Ver-
stärkers wie ein Massenpotenzial behandelt (vergleich . Abb. 8.8):
Vx Z 2 k R3 k .R4 C Z 5 /
D
uEin R1 C Z 2 k R3 k .R4 C Z 5 /
(8.10)
uAus Z5
D ;
Vx R4 C Z 5
wobei Z D 1=.j! C / gesetzt wurde. Die Übertragungsfunktion ist dann das Produkt T D
.uAus =V x /  .V x =uEin /.
Die Mehrfachrückkopplung erfordert zwar ein Bauteil mehr als die Einfachrückkopp-
lung. Dafür lässt sie dem Entwickler mehr Freiheiten bei der Form des Übergangs vom
Durchlass- in den Sperrbereich.

1 Aktive Filter brauchen Schutz an den Frequenzgrenzen


Diese Verstärkung von Eingangssignalen kann ohne Schutzmaßnahmen sinnlos große
Werte annehmen. . Abb. 8.12 zeigt den aktiven Tiefpass als Beispiel. Ohne den zusätz-
lichen Widerstand RR hat der Tiefpass eine Übertragungsfunktion T D 1=.j!RE CR /.
Diese divergiert für ! ! 0. Das heißt, ein beliebig kleiner Gleichstromanteil am Ein-
gangssignal hält den Ausgang bei VAus D VC oder VAus D V .
Zur Abwendung dieser DC-Katastrophe kann dem Kondensator ein zusätzlicher Wi-
derstand RR parallel geschaltet werden. Die Übertragungsfunktion ist dann
RR k Z CR 1
T D DR : (8.11)
RE RR
E
C RE j! CR
8.1  Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern
313 8
. Abb. 8.12 Auf der linken
RR
Seite ist der einfachst mögliche CR CR
aktive Tiefpass gezeigt. Dessen
Übertragungsfunktion divergiert
RE RE

8
jedoch bei kleinen Frequenzen.
Daher wird der Tiefpass rechts VEin VEin
VAus VAus
verwandt

DC Katastrophen-Tiefpass verbesserter Tiefpass

Sie strebt bei ! D 0 gegen T D RR =RE , bleibt also endlich. Die in . Abb. 8.12 links
gezeigte Schaltung wird auch Integrator genannt, denn für ein beliebiges Eingangspoten-
zial VEin .t/ gilt
Z
1
VAus .t/ D VEin dt : (8.12)
RE CR
Diese Eigenschaft hat die rechte Schaltung in . Abb. 8.12 nur noch für Zeiträume t 
RR CR .
Der minimale aktive Hochpass macht am anderen Ende des Frequenzspektrums Pro-
bleme, wie . Abb. 8.13 zeigt. Der verbesserte Hochpass hat dagegen die Übertragungs-
funktion
RR ! CE
T D : (8.13)
RE ! CE  j
Ohne den Zusatzwiderstand RE hätte sie eine Divergenz bei ! ! 1. Die in . Abb. 8.13
links gezeigte Schaltung wird auch Differenzierer genannt, denn für diese Schaltung gilt
dVEin
VAus .t/ D RC : (8.14)
dt
Diese Eigenschaft hat die rechte Schaltung in . Abb. 8.13 nur noch für Änderungen des
Eingangspotenzials, die deutlich länger als Zeiträume t  RE CE anhalten.

Ein Ein
Aus Aus

. Abb. 8.13 Auf der linken Seite ist der einfachst mögliche aktive Hochpass gezeigt. Dessen Übertragungs-
funktion divergiert jedoch bei großen Frequenzen. Daher wird der Hochpass rechts verwandt
314 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.14 Eine Lambda-Sonde


links und ihre Kennlinie rechts.
Durch die Löcher dringen Abgase
ein und werden mit der Außenluft
verglichen (Foto:Bosch)

. Abb. 8.15 Elektronische


Anbindung einer Lambdasonde:
Der linke Operationsverstärker
dient als Impedanzwandler, der
rechte ist als nicht-invertierender
Verstärker beschaltet

8
Anwendungsbeispiel: Elektronische Anbindung einer Lambda-Sonde

Eine Lambda-Sonde (siehe . Abb. 8.14) dient dazu festzustellen, ob ein Verbrennungsmo-
tor genau so viel Sauerstoff ansaugt, wie für die Verbrennung benötigt wird. Das Verhältnis
von zugeführtem zu benötigtem Sauerstoff wird  genannt. Wenn im Abgas noch Sauer-
stoff vorhanden ist, so ist  > 1 und der Motor saugt zu viel Luft an. Bei  D 1 ist der
Motor nahe dem Wirkungsgradmaximum und seine Abgase lassen sich optimal per Kataly-
sator reinigen. Eine Lambda-Sonde misst den Unterschied zwischen dem Sauerstoffgehalt
der Außenluft und dem Abgas. Dank ihrer steilen Kennlinie im Bereich   1 reicht es,
die Ausgangsspannung in den Bereich von 0,3 V bis 0,7 V hinein zu regeln, um  innerhalb
von 1 % beim Wert 1 zu halten. Hierzu wird das Signal, wie in . Abb. 8.15 gezeigt, zu-
nächst analog verstärkt. Wählt man zum Beispiel RR D 50 k und RM D 10 k, dann liegt
am Ausgang UA ein stabiles Signal im Bereich von 0 V bis 5 V an. Die in . Abb. 8.15 ge-
zeigten Kondensatoren dienen der Abfederung von Störsignalen. Daher kann die Spannung
UA direkt an einen Analog-Digitalwandler und von dort an die Motorsteuerung gegeben
werden.

8.1.3 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern

Damit eine Operationsverstärkerschaltung auch im realen Einsatz Bestand hat, muss ihr
Entwurf die nicht idealen Eigenschaften eines Operationsverstärkers berücksichtigen.
Dies kann per Simulation (siehe [6]) geschehen, sollte aber vorab analytisch verstanden
sein.
8.1  Theoretische Grundlagen zu Operationsverstärkern
315 8
1 Die Slew Rate gibt jedem Operationsverstärker Tiefpassverhalten
Die Geschwindigkeit, mit der sich die Spannung am Ausgang eines Verstärkers ändert,
wird mit Slew Rate bezeichnet und in V/s oder V/s angegeben. . Abb. 8.16 zeigt am
Beispiel eines Spannungsfolgers, welchen Einfluss die Slew Rate auf Rechtecksignale
verschiedener Frequenz hat. Bei einer bestimmten Frequenz fg reicht der Anstieg gerade,
um den vollen Spannungshub des Eingangs zu erreichen. Ab dann ist US S  T D 1=f . Die
Slew Rate führt also zu einem Tiefpassverhalten erster Ordnung, bei dem die Grenzfre-
quenz umgekehrt proportional zur Ausgangsspannung ist. Dies gilt mit leicht veränderten
Parametern auch für andere Signalformen.

Ein Operationsverstärker sollte so gewählt werden, dass das Produkt aus der maximalen
Signalfrequenz und dem Scheitelwert UO Aus deutlich kleiner als die Slew Rate ist.

Ist diese Bedingung nicht zu erfüllen, so muss ein anderer Verstärker gewählt werden.

1 Interne Verzögerung plus negative Rückkopplung führt zu Oszillation


Murphy’s Gesetz der Elektronik lautet: Amplifiers will oscillate, oscillators won’t. Wenn
Operationsverstärkerschaltungen von alleine und unbeabsichtigt zu schwingen anfangen,
so liegt das daran, dass sich Änderungen am Eingang erst nach einer gewissen Verzöge-
rungszeit t am Ausgang bemerkbar machen.
. Abb. 8.17 zeigt den Effekt der Verzögerung wiederum am Beispiel eines Span-
nungsfolgers. Formal lässt sich die Verzögerungszeit als Zeitverschiebung des Ausgangs
relativ zum Eingang schreiben:

VAus .t/ D VU  .V1 .t  t/  V2 .t  t// : (8.15)

Interessant ist die Konsequenz bei einer sinusförmigen Ansteuerung. Setzen wir zum
Beispiel in . Abb. 8.8 V Ein D VOEin ej!t , V 1 D 0 und nehmen für die Impedanzen Ohm’sche

Ein

Aus

Aus

. Abb. 8.16 Dämpfung der Spitze-Spitze-Spannung an einem Spannungsfolger durch die Slew Rate eines
Operationsverstärkers bei der Speisung durch ein ideales Rechtecksignal. Für f < fg werden die Ausgangssi-
gnale nur bei gleichbleibender Spannungsamplitude deformiert, ab f D fg bleiben Dreieckssignale mit immer
kleinerer Amplitude
316 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

Ein

Aus
Aus Ein
Aus

. Abb. 8.17 Anschauliche Bedeutung der Verzögerungszeit t. Unter der Verzögerungszeit wird die Zeit bis
zum Erreichen der halben Sollspanung am Ausgang verstanden. Im Gegensatz dazu bezeichnet die Slew Rate
dVAus =dt die Steigung des Anstiegs

Widerstände an, dann wird


V Aus RE j! t
D e : (8.16)
V Ein RR
Für t D 0 ist dies die Formel für den invertierenden Verstärker. Für Frequenzen, bei
denen ! t ein ungeradzahliges Vielfaches von
ist, wird jedoch aus der negativen
8 Rückkopplung eine positive Rückkopplung.
Ohne Gegenmaßnahmen würde praktisch jede negativ rückgekoppelte OP-Schaltung
mit einer Frequenz fSchwing D 1=.2 t/ schwingen. Wie sich die Schwingungen aufbauen,
zeigt Aufgabe 8.35. Zur Verhinderung der Schwingungen sind in handelsüblichen Ope-
rationsverstärkern Tiefpässe eingebaut. In dem in . Abb. 8.7 gezeigten Beispiel werden
Ein- und Ausgang der Differenzstufe mit einer Reihenschaltung aus Kondensator und
einem Transfer-Gatter verbunden. Dabei ersetzt das Transfer-Gatter einen Ohm’schen
Widerstand. Der Kondensator schließt die Ausgangsstufe bei hohen Frequenzen kurz.
Das Transfer-Gatter sorgt dafür, dass die Verbindung auch bei sehr hohen Frequenzen
nicht zu niederohmig wird. Insgesamt wird erreicht, dass VU .fSchwing / < 1.

1 Eingangsdifferenzen unterhalb der Offset-Spannung erfordern Zusatzmaßnahmen


Schließt man die beiden Eingänge eines Operationsverstärkers zusammen, so sollte am
Ausgang das Potenzial Null liegen. In der Regel ist dies nicht der Fall. Vielmehr muss am
Eingang eine Vorspannung UOffset anliegen, damit am Ausgang das Nullpotenzial liegt.

Definition 8.1
Die Offset-Spannung UOffset ist diejenige Spannung, die an die Eingänge des Operations-
verstärkers angelegt werden muss, damit am Ausgang das Nullpotenzial liegt.

Ursprung einer von Null verschiedenen Offset-Spannung ist das Ungleichgewicht der
Ströme in der Eingangsstufe. Denn nur, wenn alle Transistoren der beiden Eingangs-
zweige exakt die gleichen Parameter haben, fließen auch die gleichen Ströme. Da jedoch
selbst unmittelbar nebeneinanderliegende Transistoren auf einem Chip Unterschiede im
%-Bereich haben können, unterscheiden sich auch die Ströme in dieser Größenordnung.
Will man sowohl die Offset-Spannung, als auch eine endliche Spannungsverstärkung VU
bei der Berechnung von Operationsverstärkerschaltungen berücksichtigen, so kann man

VAus D VU  .V1  V2  VOffset / (8.17)


setzen.
8.2  Fragen und Aufgaben zu Operationsverstärkern
317 8

Ein Ein
Aus Aus

. Abb. 8.18 Ausbalancieren der Eingangsströme zur Vermeidung einer von außen aufgezwungenen Offset-
Spannung

1 Eingangsströme sollten ausbalanciert werden


Die durch die Offset-Spannung entstehenden Probleme werden oft als Konsequenz
schlechter äußerer Beschaltung verschlimmert: Wird einer der beiden Eingänge sehr viel
niederohmiger angeschlossen als der andere, dann fließt durch den Eingangstransistor
auch sehr viel mehr Strom. Im Extremfall kann das bedeuten, dass trotz Potenzial-
gleichheit an den Eingängen am Ausgang Vollausschlag herrscht. . Abb. 8.18 zeigt die
Lösung dieses Problems am Beispiel eines Bandpasses. Ziel der äußeren Beschaltung ist
die Gleichheit der Eingangsströme im zeitlichen Mittel. In dem Beispiel fließt nur über
den Widerstand RR ein permanenter Strom. Die Ströme durch CE ; RE und CR sind im
Mittel gleich Null. Daher ist RR dem nicht invertierenden Eingang vorzuschalten.

Zum näherungsweisen Ausbalancieren der Eingangsströme bipolarer Verstärker werden ak-


tive Filterschaltungen so entworfen, dass den jeweiligen Eingänge die gleichen Ohm’schen
Widerstände vorgeschaltet werden.

Zur Dimensionierung der Widerstände werden Spulen wie Kurzschlüsse und Kondensa-
toren wie offene Schalter behandelt.

8.2 Fragen und Aufgaben zu Operationsverstärkern

8.2.1 Fragen aus mündlichen Prüfungen

8.1 Was versteht man unter der Transitfrequenz eines Operationsverstärkers?


a) Dies bezeichnet das Inverse der Zeit, die ein Signal zum Durchqueren des OP benö-
tigt.
b) Das ist die Oszillationsfrequenz des rückgekoppelten Verstärkers.
c) Das ist die Frequenz, bei der die Spannungsverstärkung eins wird.

8.2 Ein Operationsverstärker nimmt eingangsseitig einen Strom von nur knapp einem
Pikoampere auf. Um was für einen Verstärker handelt es sich?
a) Das ist ein idealer Operationsverstärker.
318 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

b) Das ist ein bipolarer Operationsverstärker.


c) Das ist ein CMOS-Operationsverstärker.

8.3 Welchen Vorteil haben Operationsverstärkerschaltungen, bei denen ein Sensorsignal


direkt und ausschließlich auf den nicht invertierenden Eingang gegeben wird?
a) Der Sensor muss nur sehr wenig Strom liefern.
b) Solche Schaltungen haben eine besonders große Verstärkung.
c) Das lässt sich so allgemein nicht beantworten.

8.4 Welche Vorteile haben Operationsverstärkerschaltungen, bei denen der nicht in-
vertierende Eingang (gegebenenfalls über einen Widerstand) mit dem Massenpotenzial
verbunden ist? Dabei wird angenommen, dass es sowohl eine positive als auch eine ne-
gative Spannungsversorgung gibt.
a) Der Sensor muss nur sehr wenig Strom liefern.
b) Solche Schaltungen haben eine besonders große Verstärkung.
c) Das lässt sich so allgemein nicht beantworten.

8.5 Welchen Einfluss hat eine (als konstant angenommene) slew rate auf das Verhalten
8 eines Operationsverstärkers?
a) Sie gibt ihm ein Tiefpassverhalten erster Ordnung.
b) Sie sorgt für eine konstante Verstärkung.
c) Sie verhindert, dass der Operationsverstärker zu schwingen anfängt.

8.6 Was versteht man unter einer virtuellen Masse?


a) So nennt man ein Potenzial, welches durch einen Spannungsteiler aus den beiden
Versorgungsleitungen gewonnen wird.
b) Das ist ein elektrischer Knoten, der auf dem Massenpotenzial liegt, ohne mit dem
Massenanschluss verbunden zu sein.
c) Das ist der Fachausdruck für das Massenpotenzial, welches im Rahmen der Knoten-
potenzialanalyse bei einer Schaltungssimulation festgelegt wird.

8.7 Wie wirkt sich die Offset-Spannung eines Operationsverstärkers auf dessen Verstär-
kung Vu von Wechselspannungen aus?
a) Die Spannungsverstärkung ändert sich praktisch gar nicht.
b) Die Spannungsverstärkung wird um das Verhältnis von Offset-Spannung zu Nutzsi-
gnalamplitude verringert.
c) Die Spannungsverstärkung wird kleiner. Um wie viel kleiner, hängt von der Schaltung
ab.

8.8 Bei bipolaren Operationsverstärkerschaltungen ist oft der nicht invertierende Ein-
gang nicht direkt, sondern über einen Widerstand mit dem Massenpotenzial verbunden.
Was ist der Grund?
a) So verbraucht der Verstärker weniger Strom.
b) So bleibt die Offset-Spannung klein.
c) Dies begrenzt die Verstärkung.
8.2  Fragen und Aufgaben zu Operationsverstärkern
319 8
8.9 Was verstehen Sie unter einem kompensierten Operationsverstärker?
a) Das ist ein Verstärker, bei dem genauso viel Strom in den positive Spannungsversor-
gungsanschluss fließt, wie aus dem negativen herauskommt.
b) Ein solcher Verstärker hat eine verschwindend geringe Offset-Spannung.
c) Das ist ein Operationsverstärker, der nicht von alleine zu schwingen anfängt.
8.10 „Operationsverstärkerschaltungen, bei denen der nicht invertierende Eingang (über
einen Widerstand) mit dem Massenpotenzial verbunden ist, sind besonders arm an Ver-
zerrungen des Eingangssignals.“ Stimmt das?

8.11 „Bei der Konstruktion einer Operationsverstärkerendstufe ist die Stromverstärkung


wichtiger als die Spannungsverstärkung.“ Stimmt das?

8.12 „Bei der Kleinsignalanalyse von OP-Schaltungen werden alle Konstantquellen


durch Kurzschlüsse ersetzt.“ Stimmt das?

8.13 „Je höher die Frequenz eines Signals, desto geringer die Leerlaufverstärkung durch
einen Operationsverstärker.“ Stimmt das?

8.14 „Werden OPs zur Signalverstärkung eingesetzt, so gibt es immer irgendeine Ver-
bindung zwischen dem Ausgang und dem invertierenden Eingang.“ Stimmt das?

8.15 Welcher wesentliche Unterschied besteht aus der Sicht des Anwenders zwischen
bipolaren Operationsverstärkern und MOS-Operationsverstärkern?

8.16 Bitte beschreiben Sie, aus welchen Schaltungsteilen ein Operationsverstärker be-
steht!

8.17 Ein minimaler invertierender RC-Tiefpass besteht aus OP, einem Widerstand und
einem Kondensator. Um welche zwei wie dimensionierten Bauteile erweitert ihn der er-
fahrene Ingenieur?

8.18 Für viele Operationsverstärker wird ein maximales Produkt aus Frequenz und Am-
plitude der Ausgangsspannung angegeben. Was bedeutet dies und was ist der Grund
dafür, dass gerade dieses Produkt entscheidend ist?

8.19 Welchen Einfluss hat die Verzögerungszeit eines OPs auf dessen nutzbaren Fre-
quenzbereich und dessen Schwingverhalten?

8.20 Wie unterscheidet sich ein idealer OP von einem realen?

8.2.2 Klausuraufgaben

8.21 Unter matching versteht man


a) die Reduktion auf Streichholzgröße,
b) das Austragen einer Differenz auf dem Fußballfeld,
c) die (annähernde) Gleichheit der Bauteileparameter auf einem Chip oder
d) eine Schlammschlacht?
320 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.19 Zu den Aufgaben V+(VDD ) V+(VDD )


8.24 und 8.34: NMOS-
Differenzstufe mit Stromspiegel
RS RD RD
V
V1 V2 VDiff
V-

TS T3

V- (VSS ) V- (VSS )

8.22 Sie entwerfen eine Schaltung mit zwei Operationsverstärkern. Welche der folgen-
den Verbindungen sollten Sie vermeiden:
a) invertierender Eingang des einen mit nicht invertierendem Eingang des anderen,
b) Ausgang des einen mit nicht invertierendem Eingang des anderen,
c) Ausgang des einen mit dem Ausgang des anderen?

8 8.23 Sie wollen einen Sensor, der nur sehr wenig Strom liefert, mit Hilfe eines Ope-
rationsverstärkers an eine Auswerteschaltung anbinden. Entscheiden Sie sich für einen
CMOS-Verstärker oder für einen OP in Bipolar-Technik?

8.24 . Abb. 8.19 zeigt das Schaltbild einer NMOS-Differenzstufe. Es sei VDD D
VS S D 2;3 V. Der Widerstand RS hat einen Wert von RS D 1;5 k. Über diesem
Widerstand fallen U.RS / D 3 V ab
a) Wie groß ist die Verlustleistung dieser Schaltung?
b) In welchem Betriebszustand sind die Transistoren?

8.25 In welchen Einheiten wird die Slew Rate angegeben? a) Ohne Einheiten, da sie
dimensionslos ist, oder b) in m/s, oder c) in Hz, oder d) in V=.s/ oder e) Es hängt von
der Rating Agentur ab.

8.26 . Abb. 8.3 zeigt eine Differenzstufe in Bipolar-Technik.


a) Bitte zeichnen Sie das Großsignal-Ersatzschaltbild.
b) Für alle Transistoren sei B D 60 und UBE D 0;65 V. Die Widerstände haben die Werte
RC1 D RC 2 D 2 k und RV 1 D RV 2 D 750 . Der Strom an der Basis des Senken-
transistors ist IB3 D 20 A. Welche Potenziale stellen sich bei VC D V D 3 V bei
symmetrischer Ansteuerung (V1 D V2 ) ein, und welche Ströme fließen?
c) In welchem Bereich von V1  V2 ist die Differenzstufe gut einsetzbar (kein Transistor
in Sättigung)?

8.27 . Abb. 8.20 zeigt links einen invertierenden Schmitt-Trigger und rechts dessen
Schaltsymbol. Es sind VC D V D 5 V, R1 D 8 k und R2 D 2 k. Bitte bestimmen Sie
den Wert des Widerstands RE sowie die Umschaltpunkte: Bei welcher Eingangsspannung
VEin springt der Ausgang von VAus D V auf VAus D VC und bei welcher wieder zurück?

8.28 In . Abb. 8.21 sehen Sie drei Signale, die jeweils an den Eingang eines Umkehr-
Integrators gelegt werden. Welche Signalformen erwarten Sie am Ausgang?
8.2  Fragen und Aufgaben zu Operationsverstärkern
321 8

Ein
Aus
Ein Aus

. Abb. 8.20 Zur Aufgabe 8.27: Invertierender Schmitt-Trigger (links) und dessen Schaltsymbol (rechts)

. Abb. 8.21 Zur Aufgabe 8.28:


Signalformen am Eingang eines UEin t
Umkehr-Integrators

UEin t

UEin t

. Abb. 8.22 Zur Aufgabe 8.31: V+


Einfache Differenzstufe in Bipolar-
Technik RC1 RC2
VDiff
V1 T1 T2 V2

VRef T3
IB3
V-

8.29 Zum Aufbau eines Operationsverstärkers haben Sie zwei Transistortypen zur Wahl:
erstens Transistoren mit ˇ D 50, rBE D 10 k und UEarly D 20 V und zweitens solche
mit ˇ D 40, rBE D 20 k und UEarly D 40 V. Für welchen Typ entscheiden Sie sich?

8.30 Was verstehen Sie unter der Transitfrequenz eines Operationsverstärkers?

8.31 . Abb. 8.22 zeigt eine sehr einfache Differenzstufe aus Bipolar-Transistoren.
a) Welche Betriebszustände sollten die Transistoren haben?
b) Zeichnen Sie das Kleinsignal-Ersatzschaltbild unter der Annahme, dass der Early-
Effekt vernachlässigt werden kann. Wie vereinfacht sich das Schaltbild, wenn alle
drei Transistoren die gleichen Transistorparameter haben und der Strom aus der Re-
ferenzquelle, IB3 , konstant ist?
c) Welche Spannungs-Differenzverstärkung V U D dVDiff =d.V2  V1 / hat die Schaltung
unter diesen optimalen Umständen?
d) Ist diese Schaltung robust?
322 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.23 Zu den Aufgaben V+


8.32 und 8.39: Differenzstufe mit
einen Stromspiegel aus zwei PNP- T4 T5
Transistoren zur Erhöhung der
VDiff
Differenzverstärkung
V1 T1 T2 V2

VRef T3
IB3
V-

. Abb. 8.24 Zur Aufgabe 8.35:


Schaltung mit einem langsamen,
nicht kompensierten Verstärker, die
sehr kurzzeitig an ein von Null ver-
Ein Aus
schiedenes Potenzial geschlossen
wird

8 e) Wie kann man sie (noch mehr) gegen Temperatur- und Parameterschwankungen
schützen?
f) Bitte finden Sie einen möglichst einfachen Ausdruck für die statische Verlustleistung
der Differenzstufe als Funktion der Bauteileparameter, der Potenziale und des Basis-
stromes IB3 .

8.32 . Abb. 8.23. zeigt das vereinfachte Schaltbild der Bipolar-Eingangsdifferenzstufe


eines integrierten Operationsverstärkers. Nehmen Sie bitte an, dass am Anfang V1 D V2 D
0 sei. Dann wird V1 etwas erhöht. Bitte beschreiben Sie alle Konsequenzen für die Tran-
sistoren T1 bis T5 , die Stromflüsse in beiden Zweigen und den Effekt auf VDiff .

8.33 Bitte zeichnen Sie das Schaltbild und das Kleinsignal-Ersatzschaltbild einer aus
zwei PMOS-Transistoren bestehenden Stromquelle und bestimmen Sie den Innenwider-
stand dieser Quelle.

8.34 . Abb. 8.19 zeigt das Schaltbild einer NMOS-Differenzstufe.


a) Bitte zeichnen Sie das Kleinsignal-Ersatzschaltbild.
b) Bitte bestimmen Sie die Differenzverstärkung als Funktion der Kleinsignal-Transistor-
Parameter. Dabei sind gd .TS / und gd .T3 / zu vernachlässigen.
c) Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit (8.4). Kann Ihr Ergebnis für V U auch aus (8.4)
abgeleitet werden?
d) Wie würde sich das Verhalten der Schaltung ändern, wenn bei allen Transistoren die
Weiten verdoppelt und gleichzeitig die Widerstände RS und RD halbiert würden?

8.35 Der in . Abb. 8.24 gezeigte Operationsverstärker mit den Versorgungsspannungen


VC und V habe eine Verzögerungszeit (bzw. Signallaufzeit) t. Der Verstärker habe
eine nicht allzu große Spannungsverstärkung und (was für diese Aufgabe am wichtigsten
ist) keinerlei interne Vorkehrungen gegen das Schwingen.
8.2  Fragen und Aufgaben zu Operationsverstärkern
323 8
. Abb. 8.25 Zur Aufgabe 8.36:
Operationsverstärker, als Rechen-
operationsverstärker bestückt

Aus

Angenommen, der nicht invertierende Eingang würde für eine sehr kurze Zeit
(tV;Ein  t) an das von Null verschiedene Potenzial VEin geschlossen. Wie würde
sich das Potenzial am Ausgang mit der Zeit entwickeln?
a) Bitte skizzieren Sie den Verlauf qualitativ für einen 5  t langen Zeitraum.
b) Welche Signalform (oder Signalformen) erwarten Sie im eingeschwungenen Zustand,
also nach vielen t?

8.36 Wie müssen die Widerstände der in . Abb. 8.25 gezeigten Schaltung gewählt
werden, damit die Rechenoperation VAus D VP  VM ausgeführt wird? Mit welchen Di-
mensionierungen kann die Schaltung auch für die allgemeinere Operation VAus D ˛.VP 
VM / eingesetzt werden?

8.37 Bei der in . Abb. 8.26 gezeigten Schaltung ist RE D 5 k, und RR D 15 k. Bitte
zeichnen Sie die Kennlinie VAus .VEin / im Bereich 3 V < VEin < 3 V.

8.38 Die in . Abb. 8.27 gezeigte Verstärkerschaltung soll die Spannungsamplitude eines
sinusförmigen Eingangssignals verzehnfachen. Der Scheitelwert beträgt VOEin D 200 mV,
der Widerstand R0 hat einen Wert R0 D 1 k.
a) Wie sind die anderen Widerstände zu wählen?

. Abb. 8.26 Zur Aufgabe 8.37:


Aktiver Gleichrichter mit Dioden
und Widerständen

Ein
Aus

. Abb. 8.27 Zur Aufgabe 8.38:


Aktiver, nicht invertierender Ver-
stärker Ein
Aus
324 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.28 Zur Aufgabe 8.40:


Mit drei Zweipolen bestückter
Operationsverstärker. Z R , ZM und
ZP stehen für beliebige Impedan-
zen Aus

. Abb. 8.29 Zur Aufgabe 8.41:


Aktiver RC -Bandpass

Ein
Aus

b) Die Slew Rate des ansonsten als ideal anzunehmenden Verstärkers beträgt SR D
10 V=.s/. Bis zu welcher Frequenz ist die Schaltung zu gebrauchen?
8
8.39 Bitte schätzen Sie ab, wie sich der Stromspiegel in der Schaltung in . Abb. 8.23 auf
die Differenzverstärkung auswirkt. Um diesen Effekt zu isolieren, nehmen Sie vereinfa-
chend an, dass die Transistoren T1 bis T3 vom Early-Effekt befreit und hoch verstärkend
sind. Die beiden den Stromspiegel bildenden PNP-Transistoren T4 und T5 haben identi-
sche Parameter, die beiden NPN Eingangstransistoren T1 und T2 ebenfalls.

8.40 Kann für die in . Abb. 8.28 gezeigte Operationsverstärker-Schaltung ein Ersatz-
schaltbild ähnlich wie in . Abb. 8.8 gefunden werden, wenn der Verstärker eine endliche
Spannungsverstärkung VU und eine Offset-Spannung UOffset hat? Falls ja, zeichnen Sie
das Ersatzschaltbild und bestimmen Sie VAus .

8.41 Der in . Abb. 8.29 gezeigte Bandpass soll so dimensioniert werden, dass seine
Durchlassfrequenz f0 D 200 MHz beträgt und er die maximal möglich Güte Q aufweist.
Dabei ist CE D CR D 1;2 F vorgegeben.
a) Bitte bestimmen Sie RE und RR .
b) Wie groß ist die Bandbreite?
c) Angenommen, am Eingang würde ein Rechtecksignal mit US S D 1 V und einer Fre-
quenz fRechteck D f0 angelegt. Was würde am Ausgang gemessen werden: welche
Form, welche Amplitude?

8.42 Die in . Abb. 8.30 gezeigte Schaltung aus einem invertierenden Schmitt-Trigger
(siehe . Abb. 8.20), einem Widerstand und einem Kondensator kann nicht nur schwin-
gen, sie soll es auch.
a) Welche Signalform erwarten Sie?
b) Mit welcher Frequenz oszilliert die Schaltung bei R D 120  und C D 0;3 F in dem
Fall, dass sowohl die Versorgung VDD D 5 V D VS S als auch die Umschaltpotenziale
VEin1 D 1 V D VEin2 symmetrisch um das Massenpotenzial liegen?
8.3  Antworten zu Kap. 8
325 8
. Abb. 8.30 Zur Aufga-
be 8.42: Signalgenerator aus
Ein
Schmitt-Trigger, Widerstand und Aus
Kondensator

. Abb. 8.31 Zur Aufgabe 8.43:


Zweistufiger Instrumentenverstär-
ker: In der vorderen Stufe werden
die beiden Potenziale VX und
VY auseinandergezogen. In der
zweiten Stufe wird die Differenz
gebildet Aus

8.43 Ein Instrumentenverstärker soll mit minimalen Eingangsströmen ein Ausgangssi-


gnal VAus erzeugen, welches proportional zur Eingangsdifferenz ist. . Abb. 8.31 zeigt
eine häufig zu findende Schaltung, die dies leistet. Es sind R1 D 500 , RV D R0 D
RR D 15 k und RM D RP D 7;5 k, Bitte bestimmen Sie VAus unter der Annahme
idealer Operationsverstärker-Eigenschaften.

8.44 PCI-Express-Verbindungen benutzen komplementäre Signale. Das sind solche, bei


denen parallel zu jeder logischen Eins eine logische Null gesandt wird und umgekehrt.
Jede PCI-Express-Verbindung besteht also aus Paaren von Drähten, deren logischer Wert
die Differenz der beiden Potenziale auf den Drähten ist.
Bitte versuchen Sie, ausgehend von der in . Abb. 8.23 gezeigten Schaltung, eine be-
sonders günstige CMOS-Schaltung zur Verstärkung eines PCI-Express-Differenzsignales
zu entwerfen.

8.3 Antworten zu 7 Kap. 8

8.1 Antwort c) ist richtig. Denn so ist die Transitfrequenz definiert.

8.2 Antwort c) ist richtig. Ideale Operationsverstärker haben den Eingangsstrom null.
CMOS-Gates ziehen ebenfalls keinen Strom. Der kleine Eingangsstrom geht auf die
Sperrströme der Schutzdioden des CMOS-ICs zurück.

8.3 Antwort a) ist richtig. Da die Eingänge von OP Schaltungen sehr hochohmig sind,
stimmt die erste Antwort. Das Wort „ausschließlich“ bedeutet in diesem Falle, dass es
vom Sensor keinen Stromfluss zu anderen Knoten gibt.

8.4 Antwort b) ist richtig. Ein so beschalteter OP hat im zeitlichen Mittel an beiden
Eingängen genau jenes Potenzial, welches die maximale Verstärkung zur Folge hat.
326 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

8.5 Antwort a) ist richtig. Die slew rate bewirkt, dass das Ausgangssignal bei hohen
Frequenzen nicht genug Zeit zum Erreichen der vollen Amplitude hat.

8.6 Antwort b) ist richtig. Man erhält dieses Potenzial, also die virtuelle Masse, meist am
invertierenden Eingang eines Operationsverstärkers, wenn die Schaltung negativ rück-
gekoppelt ist und der nicht invertierende Eingang des OPs mit dem Massenpotenzial
verbunden ist.

8.7 Antwort a) ist richtig. Der einzige Effekt ist, dass der Ausgangsspannung eine
Gleichspannung überlagert wird.

8.8 Antwort b) ist richtig. Bipolare Eingangsstufen funktionieren nur dann gut, wenn
die durchschnittlichen Ströme in beiden Eingangszweigen gleich groß sind. Diese Be-
dingung kann näherungsweise erfüllt werden, wenn beiden Eingängen jeweils gleich
große Ohm’sche Widerstände vorgeschaltet sind. Ein komplettes Ignorieren der Bedin-
gung führt bei bipolaren Operationsverstärkern mindestens zu einer Erhöhung der Offset-
Spannung, manchmal sogar zum Totalausfall.
8 8.9 Antwort c) ist richtig. Solche Operationsverstärker haben interne Verbindungen, die
den Betrag der Differenzverstärkung nahe der Schwingfrequenz unter 1 absinken lassen.

8.10 Ja, das stimmt, denn so liegt ihr Arbeitspunkt am Punkt der maximalen Verstärkung.
Er liegt ferner in der Mitte zwischen den Versorgungspotenzialen. Letzteres erlaubt den
maximalen Spannungshub am Ausgang.

8.11 Ja, das stimmt, denn die Eingangsstufen haben in der Regel eine hohe Spannungs-
verstärkung und auch eine hohe Ausgangsimpedanz. Also muss eine Stufe mit hoher
Eingangs- und niederer Ausgangsimpedanz nachgeschaltet werden: die Endstufe.

8.12 Nein, das stimmt nicht. Nur Spannungsquellen werden durch Kurzschlüsse, Strom-
quellen dagegen durch fehlende Verbindungen (= offene Schalter) ersetzt.

8.13 Ja, das stimmt. Die wesentlichen Gründe sind die Verzögerungszeit und die slew
rate. Bei vielen Operationsverstärkern ist das Produkt aus maximaler Frequenz und ma-
ximaler Ausgangsamplitude fast konstant.

8.14 Ja, das stimmt, denn die negative Rückkopplung ist eine notwendige Vorausset-
zung für die Selbstreguliertung der Potenziale. Eine rein positive Rückkopplung führt
zu Eigenschwingungen oder konstanten Ausgangspotenzialen nahe den Versorgungs-
spannungen. Es gibt allerdings auch Schaltungen,zum Beispiel die Sallen-Key-Filter, bei
denen zusätzlich zur negativen Rückkopplung noch eine Verbindung zum nicht invertie-
renden Eingang existiert.

8.15 MOS-Operationsverstärker haben verschwindend kleine Eingangsströme.

8.16 Die Eingangsdifferenzstufe dient der Spannungsdifferenzverstärkung. Die Endstufe


sorgt für einen niederohmigen Ausgang. Dazwischen ist meist noch eine Anpassungsstufe
geschaltet, die oft auch verstärkend wirkt. Zusätzlich wird eines der invertierenden Teile
8.3  Antworten zu Kap. 8
327 8
noch durch eine Reihenschaltung aus Kondensator und Widerstand (bei MOS realisiert
als Transfer-Gate) überbrückt, um ein Schwingen des OPs zu verhindern.

8.17 Er schaltet dem Rückkopplungskondensator CR einen Widerstand RR parallel,


um die Verstärkung für Gleichspannungen nicht über alle Schranken wachsen zu las-
sen. Um das Nutzsignal oberhalb der Kreisfrequenz ! min nicht zu stören, wird er RR >
1=.! min CR / wählen. Außerdem wird er dem nicht invertierenden Eingang einen Wider-
stand vorschalten, welcher genauso groß ist wie der am invertierenden Eingang anliegen-
de.

8.18 Aus Anwendersicht bedeutet dies, dass man den Operationsverstärker bei hohen
Frequenzen gebrauchen kann, solange er keine großen Amplituden ausgeben muss. Oder
umgekehrt: Man kann ihm große Amplituden zumuten, wenn die Frequenzen nicht zu
hoch sind. Aus Konstrukteurssicht ist diese Angabe des Produkts ein Hinweis darauf,
dass die slew rate der begrenzende Faktor ist. Für harmonische Signale gilt du=dt D j!u.
Die maximale Ableitung der Ausgangsspannung nach der Zeit ist aber mit der slew rate
fast identisch.

8.19 Wenn die Verzögerungszeit t eine halbe Periodendauer des Eingangssignals be-
trägt, dann wird aus einer negativen Rückkopplung eine positive und umgekehrt. Die
Schaltung funktioniert also nur im Bereich f  1=.2 t/. Für moderne, also schnelle
Operationsverstärker gilt: Ohne Kompensationsmaßnahmen würde eine negativ rückge-
koppelte Operationsverstärkerschaltung mit der Frequenz fSchwingung D 1=.2 t/ schwin-
gen.

8.20 Der reale Operationsverstärker hat eine endliche Differenzverstärkung, eine von
null verschiedene Gleichtaktverstärkung, einen endlich großen Eingangsstrom und eine
von null verschiedene Ausgangsimpedanz.

8.21 Unter matching versteht man die (annähernde) Gleichheit der Bauteileparameter
auf einem Chip. Praktisch alle Transistor-Parameter haben, betrachtet man einzelne Bau-
teile, Fertigungstoleranzen deutlich über 10 %. Befinden sich aber zwei Transistoren auf
einem einzigen Chip nebeneinander, dann kann man sicher sein, dass sich die Transistor-
Parameter dieser beiden nur sehr viel weniger unterscheiden, nämlich typischerweise bei
oder unter 1 %. Perfect matching würde bedeuten: Die Parameter auf einem Chip unter-
scheiden sich überhaupt nicht.

8.22
a) ist unkritisch. Eingänge können beliebig kombiniert werden.
b) Eine direkte Verbindung vom Ausgang eines Operationsverstärkers zum Eingang ei-
nes anderen geht nur dann gut, wenn dadurch nicht zu große Ströme in dessen Eingang
fließen. Sonst kann es zu einer drastischen Vergrößerung der Gleichtaktverstärkung
kommen. Bei bipolaren Operationsverstärkern müssen die Eingangsströme auf jeden
Fall begrenzt werden.
c) Die Verbindung zweier Verstärkerausgänge ist ein häufiger Praktikumsfehler: er führt
direkt in den Kurzschluss.
328 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.32 Zur Aufgabe 8.26:


Großsignal-Ersatzschaltbild der in
. Abb. 8.3 gezeigten Differenzstu-
fe

8.23 Sie entscheiden sich für einen CMOS-Verstärker. Denn dieser hat keinen andauern-
den Eingangsstrom.

8 8.24
a) Über den Widerstand RS fließt ein Strom I.RS / D U.RS /=RS D 2 mA. Dieser Strom
fließt insgesamt zweimal parallel durch die Schaltung, nämlich durch TS und T3 . Da-
her ist die gesamte Verlustleistung
PV D 2  .VC  V /  I.RS / D 13;8 mW : (8.18)
b) Der Transistor TS ist konstruktionsbedingt im Abschnürbereich. Bei den anderen
beiden muss eine vernünftige Dimensionierung der Bauteile vorausgesetzt werden:
T3 soll mit TS einen Stromspiegel bilden, was nur funktioniert, wenn die über ihm
liegenden Zweige einen hinreichend großen Leitwert haben, so dass auch T3 im Ab-
schnürbereich arbeitet. Die Differenzstufe wird nur dann hoch verstärkend sein, wenn
die beiden Eingangstransistoren an V1 und V2 ebenfalls im Abschnürbereich sind.

8.25 Die Slew Rate gibt die maximale Änderung des Ausgangspotenzials an. Sie wird
also in V=.s/ (Lösung d)) angegeben.

8.26
a) . Abb. 8.32 zeigt das Großsignal-Ersatzschaltbild der Differenzstufe. Man erkennt,
dass der nach V abfließende Strom unabhängig von den Eingangspotenzialen ist.
b) Der abfließende Strom ist I D .B C 1/IB3 D 61  20 A D 1;22 mA. Jeweils die Hälfte
fließt durch die Emitter der beiden Eingangstransistoren. Daher sind die Eingangs-
ströme unabhängig von den Eingangspotenzialen I1 D I2 D 12 IB3 D 10 A. Über die
Kollektorwiderstände fließt ein Strom von jeweils I.RC1 / D BI1 D 60 A und er-
zeugt einen Spannungsabfall von URC D RC1  I.RC1 / D 1;2 V. Daher liegt an den
Kollektoren der Eingangstransistoren ein Potenzial von VC D VC  URC D 1;8 V. Das
Emitterpotenzial folgt dem Eingangspotenzial um UBE D 0;65 V versetzt. Über den
Emitterwiderständen fällt eine Spannung von URE D .B C 1/I1  RE  0;46 V ab.
c) Das Großsignal-Ersatzschaltbild ist nur so lange anwendbar, wie die Transistoren im
Vorwärtsbetrieb sind. Das heißt in diesem Falle: So lange, wie die Ströme und Span-
nungen an den Stromquellen das gleiche Vorzeichen haben ist das Bild anwendbar.
8.3  Antworten zu Kap. 8
329 8

UAus t

UAus
t

fun(x) fun(x)

UAus
t

. Abb. 8.33 Zur Aufgabe 8.28: Ein- und Ausgangssignale an einem Umkehrintegrator. Die dunklen Linien
sind die Ausgangssignale, die gepunkteten die Eingangssignale. Das integrierte Signal eines Dreieck-Eingangs
(Mitte) wird gerne mit einer Sinus-Funktion verwechselt. Es handelt sich aber um Parabelabschnitte (Splines).
Alle Ausgangssignale haben Maxima oder Minima bei den Nulldurchgängen der Eingangssignale

Wenn die Spannung über den Stromquellen gleich Null ist, gehen die Transistoren in
die Sättigung. In diesem Falle heißt das: 1;89 V < V1 < 1;85 V.

8.27 Zum Ausbalancieren der Eingangsströme muss RE D R1 k R2 D 1;6 k gewählt


werden.
Da der Operationsverstärker positiv rückgekoppelt ist, ist die Ausgangsspannung auf
Dauer entweder VAus D VC oder VAus D V . Am nicht invertierenden Eingang des Ver-
stärkers liegt dann ein Potenzial VAus  R1 =.R1 C R2 / an. Daher sind die Umschaltpunkte
R1 R1
VEin;1 D VC  und VEin;2 D V  : (8.19)
R1 C R2 R1 C R2
Die Umschaltpunkte liegen also bei ˙1 V.

8.28 Zur Lösung muss man die Integrale kennen: Eine Konstante integriert gibt eine
Gerade, eine Gerade integriert gibt eine Parabel und eine Sinus-Funktion integriert gibt
eine negative Cosinus-Funktion, die vom Operationsverstärker wieder umgekehrt wird.
So ergibt sich das in . Abb. 8.33 gezeigte Bild.

8.29 Der zweite Satz Transistoren ist vorzuziehen. Er hat zwar eine geringere Strom-
verstärkung, dafür aber eine höhere Eingangsimpedanz und die größere Early-Spannung.
Und es gilt: Je größer der Betrag der Early-Spannung, desto kleiner rCE und desto besser
die Gleichtaktunterdrückung.

8.30 Die Transitfrequenz eines Operationsverstärkers ist diejenige Frequenz, bei der die
Ausgangs-Spannungsamplitude gleich der Amplitude der Eingangs-Spannungsdifferenz
ist.

8.31
a) Der an VRef angeschlossene Transistor dient als Stromsenke, soll also einen möglichst
konstanten Kollektorstrom ziehen. Deshalb sollte dem Basisanschluss dieses Tran-
330 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.34 Zur Aufgabe 8.31:


Oben ist das Kleinsignal-Ersatz-
schaltbild einer Differenzstufe
mit 1=rCE D 0 für alle Tran-
sistoren gezeigt. Das Schaltbild
wird deutlich einfacher, wenn
IB3 D konst: ! iB3 D 0 angenom-
men wird und die Bauteile gleiche
Parameter haben (unten)

Diff

sistors eine Schaltung mit möglich konstantem Strom vorgeschaltet werden und der
Transistor selbst im Vorwärtsbetrieb sein. Auch die beiden Transistoren T1 und T2
sollten zur maximalen Verstärkung im Vorwärtsbetrieb sein.
b) . Abb. 8.34 zeigt das Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Differenzstufe. Man erkennt
die Stromquellenfunktion des Transistors T3 in der Mitte. Da dessen Strom von u1
8 und u2 nicht abhängt, entscheiden die beiden Eingangsspannungen nur noch über die
Aufteilung des Quellenstroms. Ist dieser konstant, so wird die mittlere Stromquel-
le zur Konstantstromquelle und fällt aus dem Ersatzschaltbild heraus (. Abb. 8.34
unten).
c) Vor der Rechnung ein Tipp: Schaltungen mit Bipolar-Transistoren lassen sich am
leichtesten berechnen, wenn zunächst versucht wird, die Basisströme zu bestimmen.
Differenzstufen mit Bipolar-Transistoren lassen sich am leichtesten berechnen, wenn
man zunächst versucht, die Differenzen der Basisströme zu finden. Hier bedeutet dies
eingangsseitig

u1  u2 D rBE1 iB1  rBE2 iB2 ! u1  u2 D rBE .iB1  iB2 / : (8.20)

Ausgangsseitig betrachten wir die Differenz der Spannungen über den Kollektorwi-
derständen. Da die Kollektorwiderstände gleich dimensioniert sind, können wir

u.RC 2 /  u.RC1 / D RC ˇ.iB1  iB2 / (8.21)

schreiben und die Differenz der Basisströme herauskürzen:


u.RC 2 /  u.RC1 / RC ˇ
D : (8.22)
u2  u1 rBE
Da aber die Summe der Emitter-Ströme konstant ist, gilt iE1 C iE2 D 0, also auch
.ˇ C 1/iB1 C .ˇ C 1/iB2 D 0 ! iB1 D iB2 und iC1 D iC 2 , daher schließlich uDiff D
u.RC 2 / D u.RC1 /, und man gelangt zum Endergebnis

uDiff RC ˇ
V U D D : (8.23)
u2  u1 2rBE
d) Nein, diese Schaltung ist nicht robust. Das ist daran zu erkennen, dass ˇ und rBE
explizit in der Formel für die Differenzverstärkung auftreten. Die Erfahrung lehrt:
Wer diese Schaltung im Labor aufbaut, wird an ihr keine Freude haben.
8.3  Antworten zu Kap. 8
331 8
. Abb. 8.35 Zur Aufgabe
8.33: Stromquelle aus PMOS-
Transistoren. Die gepunktete Linie
gibt an, von wo aus die Stromquel-
len gesteuert werden Aus
Aus

e) Stromgegenkopplung ist das Mittel der Wahl, um diese Schaltung robuster zu machen
(siehe 7 Abschn. 8.1).
f) Tipp: Wann immer dies möglich ist, sollten Verlustleistungen für die Schaltung als
Ganzes und nicht als Summe der Einzelverluste berechnet werden. Dieser Ansatz führt
zu deutlich einfacheren Berechnungen. In diesem Fall heißt dies PVerlust D Gesamt-
strom mal Gesamtspannung, oder

PVerlust D .VC  V /  B  IB3 : (8.24)

Dabei wird in der Regel .VC  V / D 2VC sein. In (8.24) wurde der Anteil des Basis-
stromes, welcher von VRef nach V fließt, vernachlässigt. Die zusätzliche Verlustleis-
tung in Höhe von PZusatz D IB3  .VRef  V / wird in der Regel keinen nennenswerten
Beitrag darstellen. Dafür überschätzt (8.24) an anderer Stelle die Verlustleistung ein
wenig: Die in die Basen der Transistoren T1 und T2 hineinfließenden Ströme fließen
über ein kleineres Potenzialgefälle als .VC  V /. Insgesamt ist (8.24) bis zu maxi-
malen relativen Abweichungen der Größenordnung 1=B korrekt.

8.32 Wenn V1 steigt, nimmt der Basisstrom von T1 zu, und mit ihm der Strom im gesam-
ten linken Zweig. Da T3 aber die Summe aus den beiden Strömen fast konstant hält, muss
der Strom im rechten Zweig etwa in dem Maße sinken, in dem er im linken Zweig an-
steigt. Gleichzeitig bilden die Transistoren T4 und T5 einen Stromspiegel, der im Idealfall
bis auf einen Faktor .B C 1/=B gleiche Ströme in beiden Zweigen erzwingt.
Wären alle Transistoren vom Early-Effekt befreit, wäre also das Verhalten der Schal-
tung nicht widerspruchsfrei zu beschreiben.
Weil die Stromquelle T3 nicht ganz ideal ist und (wichtiger) weil der Kollektor-
Emitter-Widerstand des Transistors T5 Stromdifferenzen durch entsprechend hohe Span-
nungen über rCE5 kompensieren kann, kann der Strom über rCE5 den scheinbaren Wi-
derspruch auflösen. Genau diese Kompensation sorgt jedoch für ein großes uDiff . Und
genau deshalb hat diese Differenzstufe eine so große Spannungsdifferenzverstärkung.
Eine quantitative Abschätzung liefert Aufgabe 8.39.

8.33 Das Schaltbild ist in . Abb. 8.35 links gezeichnet. Bei der Konstruktion des
Kleinsignal-Ersatzschaltbildes kann man zunächst die Transistoren ersetzen (. Abb. 8.35
rechts). Dabei zeigt sich aber: Alle Stromquellen liefern konstanten Strom, und so bleibt
nur noch ein einziger Widerstand mit dem Leitwert gd übrig. Das ist der Kehrwert des
Innenwiderstandes: ri D 1=gd .
332 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.36 Zur Aufgabe 8.34:


Kleinsignal-Ersatzschaltbild der
in . Abb. 8.19 gezeigten NMOS-
Differenzstufe. RS und TS führen
konstante Ströme und fallen ganz
Diff
heraus

8.34
a) Das Schaltbild ist in . Abb. 8.36 gezeichnet. Die Stromquellen der Eingangstran-
sistoren werden durch die Differenzen der Eingangspotenziale zum gemeinsamen
Source-Potenzial gesteuert, also durch u1  uS und u2  uS .
b) Wird gd 3 ! 0 gesetzt, der Transistor T3 also als perfekte Stromquelle behandelt, dann
ist die Summe der beiden (Kleinsignal-) Zweigströme Null. Ströme und Spannun-
gen in der Schaltung werden vollständig antisymmetrisch. Über den linken Drain-
Widerstand RD fließt ein Strom mit der gleichen Stärke wie über den rechen, nur in
entgegengesetzter Richtung. Die Source-Spannung uS kann durch Differenzbildung
eliminiert werden. Nennt man im1 den Strom durch die linke Quelle und im2 den durch
8 die rechte, dann wird

im1  im2 D gm .u1  u2 / : (8.25)

Genau so werden die Drain-Source-Widerstände behandelt:

id1  id 2 D 2uDiff gd .u1  u2 / : (8.26)

Insgesamt erhält man


uDiff gm
V U D D
: (8.27)
u1  u2 2 gd C 1
RD

c) Setzt man in (8.4) gd;P D 1=RD und gm;P D 0, dann kommt es, wie es kommen muss:
Gl. (8.27).
d) Eine Verdoppelung der Transistorweiten würde deren Leitfähigkeit verdoppeln. Bei
gleichzeitiger Halbierung der Drain-Widerstände RD würden sich die Spannungen
genau so einstellen, wie vor der Änderung. Die Kleinsignal-Parameter würden eben-
falls ihren Wert verdoppeln. Nach (8.27) bliebe also die Verstärkung konstant.

Im Halbleiter-Schaltungsentwurf ist noch folgender Fall interessant: Vergrößert man


die Längen und die Weiten aller Transistoren um den gleichen Faktor, so ändern sich
deren Leitwerte kaum. Die Prozessstreuungen nehmen aber in dem Maße ab, in dem sich
die Längen und Weiten von der optischen Auflösung der Fertigungsausrüstung entfernen
(siehe Aufgabe 8.21).

8.35
a) In . Abb. 8.37 wird der Verlauf skizziert: Der kleine Impuls am Eingang wird zu-
nächst verzögert an den Ausgang weitergegeben. Er liegt dann sofort am invertieren-
den Eingang an und führt zu einem um ein weiteres t verzögerten, aber vergrößerten
Impuls. So schaukelt sich das Signal auf.
8.3  Antworten zu Kap. 8
333 8

Aus

. Abb. 8.37 Zur Aufgabe 8.35: Entstehung einer Schwingung an einem nicht kompensierten Operationsver-
stärker: Ein beliebig kleiner Anfangsimpuls reicht

b) Die Form des Endzustandes hängt von der Slew Rate ab: Ist diese groß (schnelles
Umschalten), dann steht am Ende der Entwicklung ein Rechteckgenerator mit der
Frequenz fSchwing D 1=.2 t/. Ist die Slew Rate so klein, dass die Versorgungsspan-
nungen nicht annähernd erreicht werden, so bleibt eine Sinus-Schwingung gleicher
Frequenz.

8.36 Am nicht invertierenden Eingang des Operationsverstärkers liegt ein Potenzial


VC D VP  R0 =.R0 C RP / an. Wegen der negativen Rückkopplung liegt das gleiche Po-
tenzial am invertierenden Eingang, V an. Da in den invertierenden Eingang kein Strom
hinein-fließt, gilt
   
RR RR RR R0
VAus D .VM  V / C V D   VM C 1 C   VP :
RM RM RM R0 C RP
(8.28)

Wenn dies insgesamt eine Subtraktion sein soll, dann muss der Faktor vor VM ebenso
gleich Eins sein, wie der vor VP . Dies ist dann der Fall, wenn

RR D RM und R0 D RP : (8.29)

Um den allgemeineren Fall VAus D ˛.VP  VM / zu erreichen, müssen die beiden in


(8.29) vor den Potenzialen stehenden Faktoren gleich ˛ gesetzt werden. Man erhält

RR R0
˛D D : (8.30)
RM RP

8.37 Um die Kennlinie dieser Schaltung zu verstehen, muss man die Fälle VEin < 0 V
und VEin > 0 V getrennt betrachten.
Schon bei kleinen negativen Eingangspotenzialen sorgt die hohe Verstärkung dafür,
dass die Diode DA gut leitet, während DR in Sperrrichtung gepolt ist. Die Schaltung
verhält sich genau so wie ein invertierender Verstärker: VAus D VEin  RR =RE .
Bei positiven Eingangspotenzialen wird das Potenzial am Ausgang des Operations-
verstärkers stark negativ. In diesem Fall sperrt die Diode DE , und die Diode DR sorgt
dafür, dass am invertierenden Eingang des Verstärkers das Massenpotenzial liegt. Damit
ist auch VAus D 0. So ergibt sich insgesamt die in . Abb. 8.38 gezeigte Kennlinie.

8.38
a) Für den in . Abb. 8.27 gezeigten, nicht invertierenden Verstärker gilt

dVAus RR
VU D D .1 C /: (8.31)
dVEin R0
334 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.38 zur Aufgabe 8.37: VAus

Ausgangspotenzial in Volt
Kennlinie eines aktiven Präzisions-
Gleichrichters. Bei negativen 9
Eingangspotenzialen ist die Aus-
gangsspannung proportional zum
6
Eingangspotenzial, bei positiven
hält der Verstärker den Ausgang
auf Null 3

VEin

-2 0 2
Eingangspotenzial in Volt

Daher ist RR D 9 k zu wählen. Damit in beide Eingänge ähnlich große Ströme


fließen, wird ein Widerstand

RE D RR k R0 D 900  (8.32)

8 gebraucht.
b) Die Schaltung erreicht nur dann die volle Verstärkung, wenn die maximale Ände-
rungsgeschwindigkeit des Ausgangspotenzials kleiner als die Slew Rate ist:
dVAus
< SR ! VOAus !max < SR : (8.33)
dt
Mit fmax D 2
!max ergibt sich ein Zahlenwert von fmax D 796 kHz.

8.39 Vor dem Zeichnen des Kleinsignal-Ersatzschaltbildes ist die Frage zu beantworten,
welche Bauteile unter den gegebenen Voraussetzungen ganz wegfallen. Dann ist zu über-
legen, welcher Eingangsfall zu betrachten ist: u1 D 0 weil dann T1 wegfällt, u2 D 0 weil
dann T2 wegfällt oder u1 D u2 weil symmetrische Lösungen am Ende doch immer die
besseren sind?
Da der Transistor T3 als Konstantstromquelle arbeitet, fällt er aus dem Kleinsignal-
Ersatzschaltbild heraus und, übrig bleibt das in . Abb. 8.39 oben gezeigte Ersatzschalt-
bild. Setzt man in diesem Bild u1 gleich Null, wird der Strom i2 unbestimmbar, eine
Konsequenz der Idealisierung der Transistoren T1 bis T3 . Der einzige in dieser Nähe-
rung sinnvoll rechenbare Fall ist der antisymmetrische: u1 D u2 . In diesem Fall ist
iB1 u1 =rBE1 D i2 und iC 2 D iC1 . In Worten: Die Eingangs-Basisströme heben sich auf
und die Stromquellen der Eingangstransistoren verhalten sich als Reihenschaltung ge-
meinsam wie eine einzige Stromquelle, die den Strom iC1 D ˇi1 D u1 ˇ=rBE1 D u1 S1
führt. So entsteht das in . Abb. 8.39 unten gezeigte Ersatzschaltbild. Die Stromsumme
aus iC1 C ˇiB5 fließt über rCE5 ab und erzeugt die Ausgangsspannung uDiff .
Die Stromquelle ˇiB4 verhält sich zusammen mit dem Emitterwiderstand rBE4 wie
ein einzelner kleiner Widerstand. Denn bei einer Spannung uBE4 an diesen Bauteilen
fließt durch beide zusammen ein Strom .ˇ C 1/rBE4 . Daher kann der Strom durch den
Emitterwiderstand rBE5 mit Hilfe der Stromteiler-Formel bestimmt werden:
1
rBE5 1
iB5 D i.rBE5 / D iC1  D iC1  : (8.34)
1
rBE5
C 1
rCE4
C .ˇ4 C 1/  1
rBE4
2 C ˇ4 C rBE
rCE
8.3  Antworten zu Kap. 8
335 8
. Abb. 8.39 zur Aufgabe
8.39: Vereinfachtes Kleinsignal-
Ersatzschaltbild des Stromspiegels
der Differenzstufe. Für u1 D u2
wird der Strom durch rBE1 über
rBE2 wieder abgeführt. So bleiben
vom unteren Teil des Ersatz- Diff
schaltbildes nur zwei in Reihe
geschaltete, den gleichen Strom
iC1 führende Stromquellen übrig

Diff

Dabei dürfte der Term rBE =rCE in der Regel zu vernachlässigen sein. Der gesamte Strom
ist dann
!
ˇ5
i.rCE5 / D iC1  1 C  2iC1 : (8.35)
2 C ˇ4 C rrBE
CE

Damit ergibt sich am Ausgang eine Verstärkung


uDiff uDiff
VU D D  S1 rCE5 : (8.36)
u1  u2 2  u1
Man sieht: Je kleiner der Early-Effekt, desto größer die Differenzverstärkung. Deshalb
führt die Extrembetrachtung rCE ! 1 auch zu unauflösbaren Widersprüchen (siehe Auf-
gabe 8.32).

8.40 Das Ersatzschaltbild ist in . Abb. 8.40 gezeigt und sieht dem mit Hilfe des idea-
len Verstärkers gewonnenen sehr ähnlich. Das liegt zunächst daran, dass durch ZP kein
Strom fließt und deswegen am nicht invertierenden Eingang direkt das Potenzial VP
anliegt. Dies ist aber nicht gleich dem zwischen ZM und Z R liegenden Potenzial VX .
Vielmehr gilt nach (8.17)
VAus D VU  .VP  VX  UOffset / : (8.37)
Außerdem fordert die Stromerhaltung
VM  VX VX  VAus
D : (8.38)
ZM ZR
Nun kann VX eliminiert werden. Man erhält
.VP  UOffset /.ZM C Z R /  VM Z R
VAus D : (8.39)
ZM C .ZM C Z R /=VU
336 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

Aus

. Abb. 8.40 Zur Aufgabe 8.40: Ersatzschaltung eines rückgekoppelten Operationsverstärkers mit endlicher
Verstärkung und Offset

Im Grenzfall V u ! 1 und UOffset D 0 erhält man das mit (8.6) konsistente Ergebnis
 
Z Z
VAus D 1 C R  VP  R  VM : (8.40)
ZM ZM

8.41
a) Die Übertragungsfunktion dieser Schaltung ist

RR k Z R 1
T D D
: (8.41)
RE C Z E
RR C C j !RE CR 
RE CR 1
CE !RR CE

8 Der Betrag dieser Funktion ist maximal, wenn der Imaginärteil im Nenner verschwin-
det. Daraus ergibt sich eine Durchlass-Kreisfrequenz von

1
!0 D 2
f0 D p : (8.42)
RE RR CE CR

In dem Maße, in dem sich die Frequenz von f0 entfernt, nimmt der Imaginärteil im
Nenner von (8.41) zu. Die Grenzfrequenz fg D !g =.2
/ ist bei dieser Schaltung
erreicht, wenn sie genau so groß wie der (konstante) Realteil ist:
 
RE CR 1
C D ˙ !g RE CR  : (8.43)
RR CE !g RR CE

Von den vier Lösungen dieser quadratischen Gleichung in !g sind nur zwei positiv:
s
 2  
1 1 1 1 1 1 1
!g D C C ˙ C : (8.44)
4 RE CE RR CR RE RR CE CR 2 RE CE RR CR

Die Güte ist daher


p
!0 RE RR CE CR
QD D : (8.45)
!go  !gu RE CE C RR CR

Auffällig an (8.45) ist die Symmetrie: Man kann Ein- und Rückkopplungselemente
vertauschen und erhält dieselbe Güte. Um das beste Verhältnis der beiden zu finden,
setzen wir RR CR D x  RE CE und erhalten
p
x
QD : (8.46)
1Cx
Diese Funktion hat ihr Maximum bei x D 1, wenn also RE CE D RR CR ist.
8.3  Antworten zu Kap. 8
337 8
Mit dieser Erkenntnis können die Zahlenwerte ermittelt werden. Aus (8.42) folgt
1
RE D RR D D 0;67 k : (8.47)
2
f0 CE
b) Die Bandbreite kann direkt aus (8.46) und ohne Einsetzen der Bauelemente-Parameter
gewonnen werden: B D f0 =2 D 100 MHz.
c) Ein Rechtecksignal der Frequenz f0 kann als Summe von Sinus-Schwingungen mit
den Frequenzen f0 , 3f0 , 5f0 ,. . . zusammengesetzt werden. Der Bandpass lässt davon
(bis auf kleine Korrekturterme) nur die mit der kleinsten Frequenz f0 durch. Daher ist
das Ausgangssignal eine Sinus-Funktion. Deren Amplitude ergibt sich aus der Über-
tragungsfunktion bei f D f0 :
1
uAus .t/ D T .f0 /  uEin .t/ D u .t/ : (8.48)
2 Ein
Am Ausgang sieht man also eine Sinus-Funktion, deren Amplitude halb so groß ist,
wie die des Rechtecksignals und die demgegenüber keinerlei Phasenverschiebung hat.
Zusatzinformation aus dem Hochschulleben: Als Praktikumsversuch hat diese Schal-
tung schon viele Beinamen bekommen: Versuch der Unverbesserlichen oder Schwie-
germutterversuch oder sogar Professorenversuch, denn ganz egal, was man dem Ein-
gang an Signalen vorsetzt, ob Rechteck, Dreieck oder Sägezahn, es kommt immer das
Gleiche am Ausgang heraus.

8.42
a) Das Ausgabesignal ist ein Rechtecksignal, dessen Amplitude die Differenz der Ver-
sorgungspotenziale ist.
b) Zur Bestimmung der Frequenz muss der zeitliche Verlauf der Eingangsspannung un-
mittelbar nach einem Umschaltvorgang bestimmt werden. Aus den Bauelemente-
Gleichungen Q D C  VEin und VAus  VEin D R  I folgt die Differenzialgleichung
dVEin
VAus  VEin D RC (8.49)
dt
mit der allgemeinen Lösung VEin D VAUS CV0 et =.RC / . Die Unbekannte V0 wird durch
die Anfangsbedingung festgelegt: Bei t D 0 soll das Eingangspotenzial gerade gleich
der unteren Umschaltschwelle VEin1 sein. Durch Einsetzen in (8.49) folgt

VEin D VAus C .VEin1  VAus /et =.RC / : (8.50)

Die halbe Periodendauer =2 ist gerade die Zeit, die verstreicht, bist die zweite Um-
schaltschwelle, VEin2 , erreicht ist:

VEin2 D VAus C .VEin1  VAus /e =.2RC / : (8.51)

Nach aufgelöst ergibt sich mit VAus D VDD


 
VDD  VEin1
D 2RC ln  29 s : (8.52)
VDD  VEin2

Die Schaltung erzeugt also ein Rechtecksignal mit einer Frequenz von f  34 kHz.
338 Kapitel 8  Operationsverstärker – Sensorsignale nutzbar machen

. Abb. 8.41 Zur Aufgabe 8.43: VA


Ersatzschaltbild des Instrumen- VB VA
tenverstärkers. Das durch den RV
Spannungsteiler von VB erzeugte VX RP RM
Potenzial wird in den Formeln mit R1
V::: bezeichnet VY R0 RR
RV
VAus
VB

. Abb. 8.42 Zur Aufgabe 8.44: V+


Die hier gezeigte Differenzstufe er-
zeugt in einem einzigen Schritt das
Komplementärsignal .V1CC ; V2CC /
aus dem ursprünglichen .V1 ; V2 / V2++ V1++
V1 V2
V-

VRef T3
8 V-

8.43 Am besten zeichnet man, wie in . Abb. 8.41 gezeigt, für beide Stufen getrennte
Ersatzschaltbilder. Für die linke Stufe erhält man
VA  VX VX  VY VY  VB
D D (8.53)
RV R1 RV
und damit die Potenziale VA , VB und deren Differenz:
 
RV RV
VA D 1 C VX  VY
R1 R1
 
RV RV
VB D 1 C VY  VX (8.54)
R1 R1
 
2RV
VA  VB D 1 C .VX  VY / :
R1
Die rechte Stufe besteht aus zwei gekoppelten, unbelasteten Spannungsteilern (siehe Auf-
gabe 8.36):
R0
V::: D VB
R0 C RP
(8.55)
VA  V::: VAus  V:::
D :
RM RR
Werden die Zahlen eingesetzt, ergibt sich VAus D 122  .VY  VX /. Weitere Informationen
zur elektronischen Messtechnik findet man in [4].

8.44 In jeder Differenzstufe ist auf der nicht an den Ausgang geschlossenen Seite das
Komplementärsignal bereits vorhanden. Man muss es nur noch, wie in . Abb. 8.42 ge-
zeigt, nutzen.
Literatur
339 8
Literatur
1. ti.com/product/LM148, Zugegriffen 2021
2. Federau J (2017) Operationsverstärker, 7. Auflage Springer, ISBN 978-3-658-16372-3
3. Hering E et al. (2021) Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 8. Auflage, Springer, ISBN 978-
3662626979
4. Lerch R (2016) Elektrische Messtechnik. Springer-Verlag, Berlin, ISBN 978-3-662-46940-8
5. Wupper H, Niemeyer U (1996) Elektronische Schaltungen 2. Springer Berlin, ISBN 3-540-60745-5
6. Ose R (2006) Elektrotechnik für Ingenieure: Bauelemente und Grundschaltungen mit PSPICE. Hanser Ver-
lag, ISBN 978-3-446-40678-0
341

Serviceteil
Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten – 342

Allgemeine Tipps – 353

Stichwortverzeichnis – 356

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65002-8
342 Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

» Wer etwas richtig gut macht, der findet immer etwas Neues (Samuel Ting, Entdecker des
Charmed Quarks)

A.1 Einheiten verstehen

Warum gilt eigentlich die folgende Gleichung?

1V1A D 1W (A.1)

Dies ist weder ein Zufall noch ein Naturgesetz, sondern eine Konsequenz der Tatsache,
dass die Einheiten Volt und Ampere gerade so definiert wurden, dass A.1 erfüllt ist.

1 Die freie Wahl


Dass diese Freiheit, Volt und Ampere so zu definieren, überhaupt gegeben ist, liegt daran,
dass es in der Elektrostatik zwar drei Parameter, aber nur zwei Randbedingungen gibt. Die
beiden von einer Probeladung QProbe zu erfüllenden Kraftgesetze sind die der Coulomb-
Kraft (siehe Definition 1.4)
X n
Qi ri
F Probe D QProbe  E mit E D  3 (A.2)
i D1
4
" 0 ri

und der Lorentz-Kraft (siehe 1.25)


I
F Probe D QProbe  vProbe  B mit Bd ` D 0 I : (A.3)

In diesen beiden Kraftgesetzen sind nur die Einheiten für die Kraft F und die Geschwin-
digkeit v vorgegeben. Aber es gibt drei neue Größen: Q; "0 und 0 (I und Q legen sich
wegen I D dQ=dt gegenseitig fest), für die nur die zwei oben gezeigten Randbedingun-
gen existieren. Daher kann eine der drei Größen frei gewählt werden.1

1 Der Weg zum Ampere


Die Art, wie die Einheit Ampere definiert ist, hat die bemerkenswerte (und natürlich er-
wünschte) Konsequenz, dass von den drei Konstanten nur zwei, "0 und der Strom von
genau 1 A experimentell zu bestimmen sind. Das verbleibende 0 wird so eine rein ma-
thematisch bestimmte Größe.
Im 20. Jahrhundert ist das Zeitalter der hinterlegten Einheitsmaße wie Urmeter etc.
durch das Zeitalter der überall nachzumessenden Definitionen abgelöst worden: Eine Se-
kunde wird als Anzahl von Atomschwingungen definiert, ein Meter als die Länge der
Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von (1/299.792.458) Sekunden
durchläuft. Es gibt also keine in Paris hinterlegte Flasche mit einer Ur-Einheitsladung

1 Man kann hierzu folgendes Gedankenexperiment anstellen: Wenn die Einheit für die Ladung so verän-
dert würde, dass Q immer den doppelten Wert hätte, dann würde eine Vervierfachung von "0 die erste
Randbedingung (A.2) und eine Viertelung von 0 die zweite Randbedingung (A.3) retten.
343
A.1  Einheiten verstehen

. Abb. A.1 Messanordnung zur


Definition eines Amperes: Wenn
pro Meter auf jeden der beiden
langen, dünnen Drähte im Abstand
von 1 m pro Länge eine Kraft von
2  107 N=m wirkt, dann fließen
genau 1 A hin und 1 A zurück

(das würde auch gar nicht funktionieren), sondern eine Messvorschrift, wie die Einheits-
größe des Stromes, 1 Ampere, zu bestimmen ist:

Definition A.1
Durch zwei sehr lange, gerade, a D 1 m voneinander entfernte Leitungen im Vakuum fließen
I D 1 A hin und I D 1 A zurück, wenn auf jeden Meter Länge der Leitungen eine Kraft
von F=` D 2  107 N=m wirkt.

Gemeint ist die in . Abb. A.1 gezeigte Anordnung. Mit Hilfe des Ampèreschen Gesetzes
(siehe Aufgabe 1.28 im ersten Kapitel) lässt sich die Kraft berechnen:

F
DI B und B  2
a D 0 I (A.4)
`
und man erhält als Wert von 0

F 2
a N
0 D  2 ! 0 D 4
 107 2 : (A.5)
` I A
0 ist also mathematisch und nicht physikalisch definiert. Wie viel genau ein Ampere ist,
muss dagegen experimentell bestimmt werden.
Grundsätzlich ließe sich das noch verbleibende "0 über das Kraftgesetz A.2 bestim-
men. Eine andere Methode ist aber sehr viel genauer: Aus den Maxwell’schen Gleichun-
gen (1.45) folgt unmittelbar, dass zeitlich veränderliche Felder zur Wellenausbreitung
führen:

@2 E @2 B
r 2 E D 0 "0 und r 2 B D 0 "0 : (A.6)
.@t/2 .@t/2

Die Gl. (A.6) sind Gleichungen für Wellen mit einer Ausbreitungsgeschwindigkeit

1
cDp : (A.7)
0 "0

Da die Lichtgeschwindigkeit c sehr genau bekannt ist, wird (A.7) zur Messvorschrift für
"0 verwandt.

1 Der Weg zum Volt


Aus dem Coulomb’schen Kraftgesetz lässt sich ein Energiegesetz gewinnen. Numerisch
funktioniert dies genau deshalb, weil die Konstanten in (A.2) gerade so gewählt wurden,
344 Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

dass eine Einheitsladung und eine Einheitsfeldstärke gerade zu einer Einheitskraft von 1
Newton führen.
Nach Definition 1.6 ist das Potenzial gleich der Energie eines Probekörpers, dividiert
durch seine Ladung. Die Spannung genannte Potenzialdifferenz ist daher bis auf den
Faktor Q eine Energiedifferenz W :

Zb Zb
W D  F d s D Q E d s D Q.Ub  Ua / : (A.8)
a a

Die Einheit für Spannung ist also 1 Joule pro Coulomb.


Wenn nicht nur eine einzige Ladung bewegt wird, sondern dies kontinuierlich mit
einem Strom I D Q= t geschieht, dann folgt aus (A.8):

W Q
P D D .Ub  Ua / D I.Ub  Ua / : (A.9)
t t
Da sowohl die Einheit für den Strom als auch die Kopplungskonstante für das elektrische
Feld, "0 , mit dem mechanisch definierten Newton konsistent sind, muss auch die daraus
abgeleitete (A.9) mit den mechanischen Einheiten konsistent sein. Deshalb gilt 1 Watt D
1 Volt  1 Ampere.

A.2 Euler verstehen

Warum soll sich eigentlich ein Ingenieur oder eine Ingenieurin (bildlich gesprochen) in
die komplexe Ebene begeben, wenn doch alle Messungen, p alle Bauelemente und alle
Schaltungen real sind? Bis 3 kann man zählen, aber bis j D 1?
Die Antwort lautet: weil dort die komplexe Exponentialfunktion e j˛x zu finden ist.
Und genau diese Funktion erlaubt es, zu multiplizieren statt abzuleiten und zu dividieren
statt zu integrieren:
Z
d  j˛x  1 j˛x
e D j˛  e j˛x und e j˛x dx D e : (A.10)
dx j˛

Dass sich auch der Umgang mit den Winkelfunktionen drastisch vereinfacht, ist eine
praktische Zugabe, die aus

e j˛x D cos.˛x/ C j sin.˛x/ (A.11)

folgt.

1 Der Weg in die komplexe Ebene und zurück


Die Benutzung komplexer Größen ist nur für harmonisch verlaufende Ströme und Span-
nungen oder für deren Überlagerung sinnvoll. Sie verläuft immer in drei Schritten,
4 Erweiterung in die Ebene hinein AO sin.!t C ˛/ ! AO e j˛ e j!t ,
4 rechnen in der Ebene, zum Beispiel mit dem Ergebnis BO e jˇ e j!t ,
4 zurück BO sin.!t C ˇ/ D =.BO e jˇ e j!t /,
345
A.2  Euler verstehen

und sie funktioniert genau deswegen, weil alle Gesetze der Elektrodynamik auch für kom-
plexe Werte gelten. Was leicht vergessen wird:

Die in der Wirklichkeit messbaren Ströme und Spannungen sind, im Gegensatz zu dem,
was der Name suggeriert, der Imaginärteil ihrer komplexen Erweiterungen.

Es hat sich als praktisch erwiesen, die komplexen Größen mit einem Unterstrich kennt-
lich zu machen und die von der Zeit abhängigen Teile von den konstanten Anteilen zu
separieren. Dabei werden für die Amplituden große Buchstaben verwandt. Der Weg in
die komplexe Ebene hinein wird dann folgendermaßen geschrieben:


u D UO sin.!t C ˛U / ! u D UO e j.!t C˛U / D UO e j˛U e j!t D U e j!t

(A.12)
i D IO sin.!t C ˛I / ! i D IOe j.!t C˛I / D IOe j˛I e j!t D I e j!t :

Aus den komplexen Amplituden lassen sich die messbaren Amplituden UO und IO durch
Multiplikation mit den konjugiert komplexen Größen U  und I  gewinnen:

U  U D UO e j˛U  UO e j˛U D UO 2 e 0 D UO 2
(A.13)
I  I D IO e j˛I  IO e j˛I D IO2 e 0 D IO2 :

Die Produkte auf der linken Seite von (A.13) nennt man auch Betragsquadrate:

jU j2 D U  U D UO 2 und jI j2 D I  I D IO2 : (A.14)

Mit Hilfe von (A.12) lässt sich zeigen, dass darüber hinaus u u D U  U D UO 2 und das
Entsprechende für Ströme gilt.
Das Konzept lässt sich auch auf oszillierende Felder anwenden:

E D EO sin.!t  k  x C / ! E D EO ej e!t kx


(A.15)
B D BO sin.!t  k  x C ˇ/ ! B D Be
O jˇ e!t kx

Von jeder komplexen Amplitude A lässt sich außerdem die Phase ˛A gewinnen. Die Glei-
chungen
O j˛ D A.cos.˛/
O =.A/
A D Ae C j sin.˛// ! tan ˛ D (A.16)
<.A/

führen zu der sehr praktischen, auf alle komplexen Größen anwendbaren Beziehung
 
=.A/
˛ D arctan : (A.17)
<.A/

1 Das Beste kommt zum Schluss: ableiten und integrieren


Der komplexen Erweiterung von Widerstand und Leitwert wurden eigene Namen ge-
geben: Der komplexe Widerstand heißt Impedanz, Z, und der komplexe Leitwert heißt
346 Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

Admitanz, Y . Sie werden als Verhältnis der komplexen Ströme und Spannungen defi-
niert:2
u U i I
ZD D und Y D D : (A.18)
i I u U
Der Impedanzbegriff ist für den effektiven Umgang mit Kapazitäten und Induktivitä-
ten bei Berechnungen von Schaltungseigenschaften von unschätzbarem Wert. Denn ein
Kondensator im Stromkreis führt wegen I D C  d U=dt normalerweise zu einer Diffe-
renzialgleichung, deren Lösung der Bestimmung von Strom und Spannung vorangehen
muss. Entsprechendes gilt wegen U D L  dI =dt auch für Spulen.
In der komplexen Ebene dagegen ergibt sich
du d  j!t 
i DC DC U e D C j!U e j!t D j! C u : (A.19)
dt dt
In (A.19) zeigt der Vergleich zwischen der ganz linken und der ganz rechten Seite: Strom
und Spannung an einem Kondensator unterscheiden sich nur um einen konstanten kom-
plexen Faktor j! C . Also gilt für die Impedanz Z C eines Kondensators
1 1
ZC D D : (A.20)
j! C YC
Für Spulen ergibt sich auf die gleiche Weise die Impedanz:
di d  j!t 
uDL DLI e D Lj!I e j!t D j!Li ; (A.21)
dt dt
also insgesamt
1
ZL D j!L D ; (A.22)
YL
während für Ohm’sche Widerstände das Ergebnis trivial ist:
1
ZR D R D : (A.23)
YR
Auch bei Feldern werden die Ableitungen zu Faktoren:
@E
D j!E : (A.24)
@t
Der praktische Nutzen von (A.20) bis (A.24) ist der Grund für die Verwendung komplexer
Größen in der Elektrotechnik.

A.3 Nabla verstehen

Die Verwendung des Nabla-Operators r hat viele Formeln drastisch vereinfacht und so
die Anzahl der Abschreib- und Rechenfehler verringert.

2 Falls das Gleichsetzen der Verhältnisse großer und kleiner Größen irritieren sollte: Setzt man in (A.18)
u D U e j!t , dann kürzen sich die von der Zeit abhängenden Terme heraus.
347
A.3  Nabla verstehen

1 Partielle Ableitungen
Um die Verwendung des Nabla-Operators zu verstehen, muss zunächst klar sein, was die
partielle Ableitung @=@x nach einer Variablen x ist. Die Verwendung partieller Ablei-
tungen ist dann sinnvoll, wenn eine Funktion von mehreren Größen abhängt. Bei einer
stetigen Funktion zweier Variable z D f .x; y/ gibt es zwei mögliche partiellen Ableitun-
gen:

@z @z
und : (A.25)
@x @y

Diese haben eine einfache anschauliche Bedeutung. Die Menge aller Punkte .x; y; z/
bildet eine über der xy-Ebene schwebende Fläche. Die partielle Ableitung der Funktion
f nach der Variablen x an der Stelle .x1 ; y1 /,
ˇ
@f =@x ˇ.x ;y / ; (A.26)
1 1

gibt die Steigung z= x derjenigen parallel zur x-Achse verlaufenden Geraden an, wel-
che die Fläche am Punkt .x1 ; y1 ; z1 / tangential berührt. Das heißt: Alle Punkte dieser
Geraden werden durch die Funktionen
@f
zTangente D z.x1 ; y1 / C  .x  x1 /
@x (A.27)
yTangente D y1

beschrieben.
Ganz allgemein beantwortet die partielle Ableitung immer die folgende Frage: „Wie
ändert sich eine Funktion f .x; y; z; : : :/, wenn sich nur eine einzige der Variablen ändert
und alle anderen konstant sind?“ Hier ein Beispiel:

f .x; y; z/ D x 2 y sin.!z/ C 3y
!
(A.28)
@f @f @f
D 2xy sin.!z/; D x 2 sin.!z/ C 3; D x 2 y! cos.!z/ :
@x @y @z

Im Gegensatz dazu steht das totale Differenzial df . Dieses beantwortet immer die Fra-
ge: „Wie ändert sich eine Funktion f .x; y; z; : : :/, wenn sich alle Variablen gleichzeitig
ändern?“ Es ist definiert als
@f @f @f
df D dx C dy C dz : (A.29)
@x @y @y

Totales und partielles Differenzial sind identisch, wenn eine Funktion nur von einer ein-
zigen Variablen abhängt.

1 Gradient, Divergenz und Rotation


Die drei partiellen Ableitungen der in (A.28) gezeigten Beispielgleichung lassen sich zu
einem Vektor zusammenfassen. Dieser Vektor heißt Gradient der Funktion f
 
@f @f @f
gradf D ; ; : (A.30)
@x @y @z
348 Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

Man kann diesen als Produkt aus dem Nabla-Operator r genannten Vektoroperator und
der Funktion f auffassen:
 
@ @ @
rD ; ;
@x @y @z
  (A.31)
@ @ @
! gradf D rf D ; ; f :
@x @y @z

Der Nabla-Operator ist also eine Abkürzung für die Vorschrift „Bilde die drei partiellen
Ableitungen nach x, y und z und sortiere das Ergebnis als Vektor“.
Man kann den Nabla-Operator auch auf Vektorfelder anwenden. Das Skalarprodukt
aus dem Operator und dem Vektorfeld V D .Vx ; Vy ; Vz / heißt Divergenz des Vekorfel-
des V :

@Vx @Vy @Vz


div V D r  V D C C : (A.32)
@x @y @z

Das Kreuzprodukt aus dem Nabla-Operator und einem Vektorfeld heißt Rotation des Fel-
des. Mit Hilfe der Einheitsvektoren e x ey und e z ergibt sich
ˇ ˇ
ˇe ˇ
ˇ x ey e z ˇ
ˇ@ @ ˇ
rot V D r  V D ˇ @x @y
@
@z ˇˇ
ˇ
ˇVx Vy Vz :ˇ (A.33)
 
@vz @vy @vx @vz @vy @vx
D  ;  ; 
@y @z @z @x @x @y

Die Bedeutung von Divergenz und Rotation wird anhand von Kraftfeldern F deut-
lich: Die Punkte, an denen die Divergenz am größten ist, sind diejenigen, von denen das
Kraftfeld alle Körper wegdrückt. Dort, wo die Rotation des Kraftfeldes ungleich Null ist,
versucht das Kraftfeld, alle Körper in Drehbewegung zu versetzen.

A.4 Einstein verstehen

Was jetzt noch folgt, ist kein Prüfungsstoff mehr. Aber es soll Ihnen zeigen: Wenn Sie bis
hierher gekommen sind, dann sind Sie nur noch zwei Buchseiten vom grundsätzlichen
Verständnis der Relativitätstheorie entfernt und damit den ganz großen Köpfen schon
sehr nahe! Denn Einstein forderte: Nur was immer, überall und bei jeder Geschwindigkeit
gilt, ist ein Naturgesetz. Die Forderung, dass die Gesetze der Elektrodynamik bei jeder
Geschwindigkeit gelten müssen, führt direkt zur speziellen Relativitätstheorie.

1 Die Grenze der Wahlfreiheit


Die Elektrostatik wird mit drei Parametern (I , "0 und 0 ) beschrieben, kennt aber nur
zwei experimentell zu erfüllende Randbedingungen: die Gesetze der Coulomb-Kraft und
der Lorentz-Kraft. Folgendes Gedankenexperiment führt zu einer wichtigen Erkenntnis:
Wie müssten die Kraftgleichungen geändert werden, wenn der Strom I , bzw. die Ladung
349
A.4  Einstein verstehen

Q, in neuen, um einen Faktor f von den alten Einheiten unterschiedenen Einheiten ge-
messen würden?

Q0 D f  Q ! I0 D f  I : (A.34)

Dann müssten die Gleichungen umgeschrieben werden: für die Coulomb-Kraft

X n
Qi ri
F Probe D f  QProbe  E mit E Df   (A.35)
i D1
4
"00 ri3

und für die Lorentz-Kraft (siehe (1.25))


I
F Probe D f  QProbe  vProbe  B mit Bd ` D f  00 I : (A.36)

Die Gl. (A.35) und (A.36) ergeben nur die gleiche Kraft, wenn gleichzeitig gilt

1
"00 D f 2  "0 und 00 D 0 : (A.37)
f2

Hieraus folgt sofort:

"00  00 D "0  0 : (A.38)

Nun ist es es selbstverständlich, dass die Gültigkeit physikalischer Gesetze nicht davon
abhängen darf, in welcher Einheit gemessen wird, oder anders ausgedrückt:

Die Größen "0 und 0 sind wählbar, ihr Produkt 0  "0 muss dagegen den Rang einer
Naturkonstanten haben, wenn alle Gesetze der Elektrostatik gleichzeitig gelten sollen.

1 Der Weg zur Lorentz-Transformation


Wenn das Produkt "0  0 eine Naturkonstante ist und die Maxwell’schen Gleichungen
zwangsläufig zu Wellengleichungen mit einer nur von diesem Produkt abhängigen Aus-
breitungsgeschwindigkeit führen (siehe (A.7)), dann muss immer, überall, auch bei jeder
Geschwindigkeit die gleiche Lichtgeschwindigkeit gemessen werden. Dies widerspricht
der Anschauung, wie . Abb. A.2 zeigt. Wenn das Licht die Lampe mit der Lichtge-
schwindigkeit c verlässt und die Lampe selbst mit der Geschwindigkeit v des Fahrrades
unterwegs ist, dann vermuten wir für die Photonen eine Gesamtgeschwindigkeit c C v.
Die immer und überall gültige Beziehung A.7 erlaubt dies aber nicht. Vielmehr muss
das Licht mit einer Geschwindigkeit von genau c unterwegs sein, unabhängig von der
Geschwindigkeit des Fahrrades. Diese erstaunliche, der Anschauung vollkommen wi-
dersprechende Tatsache wurde von Michelson und Morley in den Jahren 1881–1887,
also lange vor der Veröffentlichung der Relativitätstheorie, in dem nach ihnen benann-
ten Experiment nachgewiesen (eine Beschreibung des Experiments findet sich in vielen
Physikbüchern, zum Beispiel auch in [3]).
350 Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

. Abb. A.2 Paradoxon der Lichtgeschwindigkeit: Mit welcher Geschwindigkeit fliegen die Photonen aus der
Fahrradlampe? Nach der naiven Anschauung müsste es mehr als die Lichtgeschwindigkeit sein, nach den Ge-
setzen der Elektrodynamik aber nur genau die Lichtgeschwindigkeit

Wenn die Gesetze in allen Systemen unabhängig von der Geschwindigkeit gleich sind,
dann müssen die Umrechnungsvorschriften von einem System (Fahrrad) in das andere
(Radweg) neu geschrieben werden. Hendrik Antoon Lorentz schlug vor, die klassische
Umrechnung

x0 D x C v t und x D x0  v t (A.39)

um einen Faktor  so zu erweitern, dass

x2 D c2 t 2 und x 02 D c 2 t 02 (A.40)

gleichzeitig zu erfüllen sind:

x 0 D .x C v t/ und x D .x 0  v t 0 / : (A.41)

Diep Gl. (A.40) und (A.41) sind genau dann in Einklang zu bringen,3 wenn  D
1= 1  v 2 =c 2 und so folgende Lorentz-Transformation genannten Gleichungen ent-
stehen:

xvt t  v  x=c 2
x0 D q und t0 D q : (A.42)
2 2
1  vc 2 1  vc 2

Kern der Relativitätstheorie ist also die Antwort auf die Frage: Wie müssen Raum und
Zeit zwischen zwei verschiedenen, sich mit der Geschwindigkeit v relativ zueinander
bewegenden Beobachtern umgerechnet werden, damit beide die Induktionsgleichungen
bestätigt sehen, indem sie die gleiche Lichtgeschwindigkeit messen und damit auch si-
cherstellen, dass für beide die gleichen Gesetze der Elektrostatik gelten.

1 Zur Äquivalenz von Masse und Energie


Die Universalität der Lichtgeschwindigkeit ist auch Basis der berühmten Formel E D
mc 2 . Einstein hat hierzu folgendes Gedankenexperiment vorgeschlagen: Man betrachte
n
o
3 Aus A.41 lässt sich t 0 D  t C xv 1  1
2
bestimmen. Die nun beide bekannten t 0 und x 0 werden in die
rechte der Gl. (A.40) eingesetzt. Das Ergebnis ist eine Gleichung, in der x 2 ; t 2 und x  t vorkommen. Der
Term vor x 2 muss 1, der vor t 2 muss c 2 und der vor x  t muss 0 sein. Aus diesen Bedingungen folgt ,
siehe zum Beispiel [1].
351
A.4  Einstein verstehen

. Abb. A.3 Gedankenexperi-


ment zur Formel E D mc 2 : a Ein
Körper, der von zwei Photonen
getroffen wird, bleibt in Ruhe.
b Betrachtet man den Absorptions-
vorgang in einem System, in dem
der Körper sich mit der Geschwin-
digkeit vm D .vxm ; 0; 0/ bewegt, so
darf sich seine Geschwindigkeit
auch dort nicht ändern. c Im-
pulserhaltung fordert daher eine
Änderung des Impulses bei gleich-
bleibender Geschwindigkeit

a b c

einen ruhenden Körper, der zwei aus entgegengesetzten Richtungen kommende Photonen
absorbiert. Der Kerngedanke dieser Überlegung ist: Wenn man einerseits beweist, dass
sich die Geschwindigkeit v nicht ändert, andererseits aber der Impuls p des Körpers
zunehmen muss, dann muss durch die Photonenabsorption die Masse zunehmen:

v D 0 ! p D .mv/ D . m/ v : (A.43)

. Abb. A.3a zeigt die Ausgangssituation. Ein ruhender Körper, der von zwei Photonen
getroffen wird, bleibt in Ruhe, da sich die beiden Photonenimpulse aufheben. Betrach-
tet man den gleichen Vorgang jedoch in einem Bezugssystem, welches sich sehr lang-
sam entgegen der x-Achse bewegt, so scheinen sich sowohl die Photonen als auch der
Körper in x-Richtung zu bewegen. Die Geschwindigkeit sei so klein gewählt, dass das
nicht-relativistische p D mv gilt. Dann ist gemäß . Abb. A.3b die Geschwindigkeit des
massiven Körpers vxm D c sin ˛. Denn die tatsächliche Geschwindigkeit des Photons
entlang der Hypotenuse des Dreiecks muss gerade die Lichtgeschwindigkeit sein. Für die
Impulse ergibt sich das gleiche Dreieck (siehe . Abb. A.3c). Die x-Komponente eines
jeden Photonenimpulses ist daher px D p sin ˛. Wenn sich aber die Geschwindigkeit
des Körpers nicht ändern darf und trotzdem der Impuls der Photonen aufgenommen wird,
so kann dies wegen p D mv nur durch die Änderung der Masse passieren. Mit Hilfe von4
E D hf und f D c ergibt sich so

h
px D pxm D sin ˛

und pxm D mvxm D c sin ˛ m
h (A.44)
! D mc

E
! D mc
f
! E D mc 2 :

4 Einstein benutzte noch E für die Energie.


352 Was Sie vielleicht schon immer wissen wollten

Experimentell ist heute sowohl die Erzeugung von Masse aus Photonenkollisionen (siehe
[2]) als auch die Zerstrahlung von massiven Teilchen in Photonenpaare beobachtet wor-
den. (A.44) gilt also bis hinunter zu m D 0, und man kann daher auch E D mc 2 schreiben.
353
Allgemeine Tipps

Allgemeine Tipps

Eine Elektrotechnikprüfung bestehen heißt: Alles andere muss sich diesem Ziel unter-
ordnen. Bitte prüfen Sie sich: Ist es wirklich Ihr Ziel? Wenn dies nicht der Fall ist, dann
werden Sie nie wirklich gute Leistungen bringen. Wenn Sie aber – aus sich selbst heraus
– unbedingt den Studienabschluss erreichen wollen, dann können Sie es schaffen.

A.5 Effektiv lernen

1 Setzen Sie Prioritäten


Nichts ist wichtiger als Ihre nächste Prüfung. Planen Sie die Tage so, dass die Zeiten
des Lernens mit denen der größten Aufnahmefähigkeit übereinstimmen. Bei den meisten
Menschen ist das der frühe Vormittag und der späte Nachmittag. Vielleicht gehören Sie
aber auch zu den Nachteulen, die am besten lernen, wenn andere schlafen.
Alles ist trainierbar. Genau so, wie ein Muskel im Fitness-Studio wächst, so wachsen
auch die intellektuellen Fähigkeiten mit dem Training des Geistes. Am Ende der Lern-
phase werden Sie nicht nur mehr wissen; Sie werden auch intelligenter sein!

1 Trennen Sie Lernen und Freizeit


Der größte Feind des Verständnisses heißt Ablenkung. Auch wenn Sie es gewohnt sind,
immer online zu sein: Haben Sie den Mut zum Abschalten. Und wenn Sie noch so gute
Freunde haben: Haben Sie den Mut, für einige Stunden nicht erreichbar zu sein. Eine
große Hilfe kann auch die räumliche Trennung von Arbeit und Freizeit sein: Der Autor
dieses Buches hat als Student gerne in der Bibliothek gearbeitet.
Umgekehrt gilt: Nur wer sich in seiner Freizeit einmal ganz von der Arbeit trennt, der
wird in ihr die notwendige Erholung finden. Suchen Sie sich für die Zeit zwischen den
Arbeitsphasen Beschäftigungen, die Sie ganz vereinnahmen und nicht mehr an die Arbeit
denken lassen (Mannschaftssport, Musikgruppen, . . . ).

1 Reduzieren Sie Stress


Stresshormone blockieren das Langzeitgedächtnis. Planen Sie deshalb Ihre Prüfungsvor-
bereitung so, dass Sie nicht in Zeitnot geraten. Wer zu spät anfängt, hat schon verloren.
Machen Sie sich (am besten schriftlich) einen Plan mit erreichbaren Zielen, an dessen
Ende noch etwas Extrazeit ist. Dann haken Sie ab, was Sie schon gemacht haben.
Ehrlichkeit heißt die Mutter der Gelassenheit. Wer sich nichts vormacht, wer weder
sich noch anderen ein vergrößertes Arbeitspensum vorzugaukeln versucht, der schläft ru-
hig. Selbstbetrug und alle milderen Versuche, das eigene Verhalten umzudeuten, funktio-
nieren nur bis zum Ende der ersten Tiefschlafphase. Sie sind keine Maschine. Verzeihen
Sie sich schlechte Tage. Wenn Sie die Angst überkommt nicht zu bestehen, stellen Sie
sich den schlimmsten Fall vor: Was wären die Folgen, wenn das tatsächlich passiert? Sie
werden feststellen: Selbst der ungünstigste Fall lässt Sie weiterleben! Selbst wenn Sie
das Studium abbrechen müssen, bietet Ihnen die Zukunft eine Welt voller Chancen. Nur
sind dies vielleicht andere Chancen, als Sie bisher dachten. Auch Einsteins Habilitation
wurde von der Universität Bern 1906 zunächst abgelehnt.
354 Allgemeine Tipps

1 Mens sana in corpore sano


Alt, aber wahr! Wer ausgeschlafen ist, kann sich besser konzentrieren. Wer körperlich
trainiert ist, dessen Blut transportiert mehr Sauerstoff. Wer aber regelmäßig trainiert, der
schläft auch besser. Und wer ausgeschlafen ist . . . Jeder kann sich selbst entscheiden, in
welcher Richtung er diese Spirale durchlaufen will.

1 Erst allein, dann zusammen


Wer anderen eine Sache erklären kann, der hat sie selbst verstanden. Wer das erkannt hat,
der wird nach Gelegenheiten Ausschau halten, den Stoff anderen zu vermitteln. Tutor an
einer Hochschule zu sein ist eine Gelegenheit; innerhalb einer Lerngruppe sich den Stoff
gegenseitig vortragen eine andere. Am meisten profitiert der, der sich vorbereitet hat und
den anderen die Höchstschwierigkeiten erklärt.

A.6 Prüfungen bestehen

1 Aussichtslos heißt noch lange nicht verloren


Es gibt immer wieder Situationen, in denen im wahrsten Sinne des Wortes die Aussicht
auf Erfolg verloren gegangen ist. Hier heißt es: Auch dann im Tunnel weiterfahren, wenn
noch kein Licht am Ende sichtbar ist – im Leben allgemein und in der Prüfung ganz
besonders. Besser als Anhalten ohne Erfolg sind die folgenden Versuche:

1 Machen Sie sich ein Bild


Eine Skizze hilft immer! Bei elektrotechnischen Problemen sollten Sie sich angewöhnen,
in solchen Skizzen Namen für alle Potenziale zu vergeben und Stromrichtungen einzu-
zeichnen.

1 Konkretisieren Sie die Aufgabenstellung


Die Abwesenheit eines Lösungsansatzes ist sehr oft nichts anderes als ein Nicht-
Verstehen der Fragestellung. Kennen Sie die Definition der Größe, nach der Sie gefragt
werden? Wenn ja: Schreiben Sie sie hin. Die Definitionsgleichungen sind oft schon der
erste Wegweiser in Richtung einer Lösung. Ist zum Beispiel nach einer Induktionsspan-
nung gefragt, so folgt aus Uind D L dIdt : Es müssen die Induktivität und die zeitliche
Abhängigkeit des Stromes bestimmt werden. Wenn Sie nicht genau verstanden haben,
wonach gefragt ist: erkundigen Sie sich, was genau gemeint ist. Ist Ihnen klar, ob es um
einen Spezialfall geht? Wenn ja: welchen? Fragen Sie nach.

1 Suchen Sie nach Anknüpfungspunkten an Ihr Wissen


In fast jeder Fragestellung tauchen Dinge auf, die Ihnen bekannt vorkommen. Sind dies
einfache Bauelemente, so schreiben Sie deren Definitionsgleichungen wie Q D C  U
hin. Sind es Transistoren, so bemühen Sie sich, Klarheit über deren Betriebszustand zu
bekommen. Sind es elektrische Verzweigungen, so schreiben Sie die Stromerhaltung für
diese auf.
Ein entscheidender Schritt zur Lösung kann es sein, die so im eigenen Gedächtnis
gefundenen Zusammenhänge als Funktion der in der soeben gemachten Skizze auftau-
chenden Größen, zum Beispiel Q.C2 / D C2  .UBatterie  U7 /, hinzuschreiben.
An diesem Punkt wird sehr oft das Tunnelende sichtbar. Jetzt gilt es, Anknüpfungs-
punkte an die Fragestellung zu finden: Sind im gesammelten Wissen Größen enthalten,
355
A.6  Prüfungen bestehen

die auch in der Frage vorkommen? Lassen sich Größen, die in der Frage vorkommen, aus
den gesammelten Größen ableiten, zum Beispiel I.C2 / D C2  ddtU7 ?

1 Lassen Sie sich helfen


Die Hilfe kann schon lange vor der Prüfung beginnen. Bekommen Sie in Prüfungssitua-
tionen kribbelige Finger? Haben Sie vor Prüfungen manchmal das Gefühl, dass Ihnen
ganz heiß wird? Das ist unangenehm, aber leider normal. Wenn es aber bei Ihnen so weit
geht, dass Sie sich in einer Prüfung an Dinge, die Sie vorher sicher wussten und die Ih-
nen hinterher wieder einfallen, schlicht nicht erinnern können, dann brauchen Sie Hilfe.
Wenn Sie erkennen, dass das in einer Prüfung abrufbare Wissen weit hinter dem norma-
len Wissensstand zurückbleibt, dann sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt darüber, am besten
lange vor der Prüfung.

1 Literatur
1. Hrasko P (2011) Basic Relativity, an Introductory Essay. Springer, New York, ISBN
978-3-642-17810-8
2. Poppe M (1986) Exclusive Hadron Production in Two-Photon Reactions. Int. Journal
of Modern Physics A V1, Nr. 3:545–668
3. Mertins HC, Gilbert M (2016) Prüfungstrainer Experimentalphysik. 3. Auflage,
Springer Spectrum, ISBN 978-3-662-49689-3
356 Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis

3D Transistor, 114 C
CERN, 1
A chemische Bindungsarten, 49
CMOS-Inverter, 279, 287
Ableitung
– Siliziumquerschnitt, 289
– partiell, 347
Gesetz von Coulomb, 3, 7
Admitanz, 183
Admitanz-Matrix, 235
Akzeptor, 97 D
Allpass, 227
Darlington-Schaltung, 276, 287, 288
Gesetz von Ampère, 32
Dezibel, 228
Ampèresches Gesetz, 55
Diamagnete, 51
Gesetz von Ampère und Maxwell, 17
Diamant, 94
Ampère-Maxwell-Gesetz, 55
Dielektrikum, 58
Amplitude, 182
Dielektrizität
anisotrop, 26
– relative, 25
Anlauf, 128
Dielektrizitätskonstante
Anpassung
– relative, 25
– Leistung, 189
Differenzial
Antennenkabel, 248
Arbeitspunkt, 123 – totales, 347
– Stabilisierung, 271 Differenzstufe
Ausgangsadmitanz, 237 – Bipolar, 306, 320–322, 324, 325
Ausgangswiderstand, 130, 267 – CMOS, 308, 320, 322, 325
Diffusionskapazität, 102
Diffusionsspannung, 100, 101, 128, 131
B Diffusionsstrom, 99, 102
Bändermodell, 95 Diode, 99, 130
Bandabstand, 106 Diodendurchbruch, 128
Bandbreite, 222, 244 Dipoldichte
Bandlücke, 96, 98, 131 – elektrische, 22
Bandpass, 227, 229, 244, 324 – magnetische, 23
Bandsperre, 227 Dipol-Moment, 9, 14, 30–32
Basisschaltung, 274, 289 Divergenz
Baum, 148 – eines Vektorfeldes, 348
Betriebszustand DMOS Transistor, 118
– Bipolar-Transistor, 109, 122, 139 – Abschnürbereich, 119
– MOS-Transistor, 113 – Anlaufbereich, 119
Beweglichkeit, 99 – Kennlinie, 118
Bindung – VDMOS, 118
– ionische, 50 – Verlustleistung, 119
– kovalente, 50 Donator, 97, 99
– metallische, 49 Doppelknoten, 160
Gesetz von Biot und Savart, 13, 31 Doppel-T-Filter, 247
Blindleistungskompensation, 188, 202 Dotierung, 97
Blindstrom, 188, 222 Drehstrom, 196, 203, 205
Blindwiderstand, 59, 64, 183, 203 Dreieckschaltung, 197, 205
Bode-Diagramm, 228–230, 245 Drosselspule, 205
bond land, 243 Dünnoxyd-Kondensator, 131
Bonddraht, 244 Durchflutungsgesetz, 55
Butterworth-Filter, Potenzfilter, 232, 245 Durchlassfrequenz, 244
357 A–H
Stichwortverzeichnis

E Feldlinien, 9
Feldstärke
Early-Effekt, 109, 130
– elektrische, 7
Early-Spannung, 109
Feldstrom, 102
Ebers-Moll-Gleichung, 109
Fermi-Energie, 96, 97, 129
Effektivwert, 182, 186
Fermi-Verteilung, 96
Eingangsadmitanz, 237, 244
Ferritkern, 66
Eingangswiderstand, 248, 267
Ferromagnet, 52, 72
Einheiten, 342
Ferromagnete, 51
Einstein, 1, 348
Filter
Eisenkern, 66
– Bandpass, 317
Elektrodynamik, 2
– entkoppelte, 311
Elektrolytkondensator, 61
– Hochpass, 313
Elektronendichte, 97
– RC-Bandpass, 229
– intrinsische, 96
– RC-Bandsperre, 247, 258
Elektronenvolt, 128
– RC-Hochpass, 229
Elektrostatik, 2
– RC-Tiefpass, 227
Elektrotechnik, 3
– Sallen-Key, 310
Emitterschaltung, 268, 288, 290
– Spannungsfolger, 315
Energie – Tiefpass, 313
– Festkörper-Elektron, 93, 95, 96, 101 Flächenvektor, 31
– Kondensator, 76, 222 Flipflop, 284
– Netzwerk, 146, 147 – Master Slave, 284
– Spule, 64, 222 Fluss
Erdmagnetfeld, 33 – elektrischer, 17
Erdung, 79 – magnetischer, 15, 55, 63
Erregung – Wasser, 43
– magnetische, 23 Folienkondensator, 61, 76
Ersatzschaltbild
– Bipolar-Transistor, 122–124, 131
– Differenzstufe, 307 G
– Diode, 121 Galliumarsenid, 97
– Dreieck, 199 Gate-Oxid, 111
– Kleinsignal, 273, 275, 280, 288 Gaußscher Satz, 6, 17, 18, 31
– MOS-Transistor, 125, 126 Gegentakt-Endstufe, 277, 287, 289
– Operationsverstärker, 310, 324 Generator, 63, 147
– reale Spannungsquelle, 151, 152, 154 Germanium, 94, 97
– reale Spule, 72 G-Kreis, 207
– reale Stromquelle, 151, 152, 154 Gleichrichter, 323
– realer Kondensator, 71 Gradient, 347
– realer Widerstand, 73 Grenzfrequenz, 227, 244
– Reihen- und Parallelschaltung, 184, 206, 225 – Bandpass, 230
– Stern, 199 – Hochpass, 229
– Transformator, 192 – Parallelschwingkreis, 225
Ersatzschaltung – Reihenschwingkreis, 223
– Transformator, 207 – Tiefpass, 228
Erzeuger, 147 Güte, 72, 73, 185
ESL, 71 – Schwingkreis, 222–224, 243
ESR, 71
Euler, 344
H
Halbleiter, 51, 66, 93, 95–97
F – direkte, 106
Gesetz von Faraday und Henry, 15, 34 – III-V-, 95, 106
Feld – II-VI-, 95
– elektrisches, 7, 8, 17 – indirekte, 107
– magnetisches, 13, 18, 34 Hochinjektion, 108, 129
358 Stichwortverzeichnis

Hochpass, 227, 229, 247, 313 Kraftfeld


Hummel-Schaltung, 204 – elektrisches, 7
Hybrid-Parameter-Matrix, 123, 235 – magnetisches, 13, 23
Hysterese, 52
L
I Ladung, 3, 4, 7, 22, 31, 34, 58
ideale Spannungsquelle, 151 – freie, 22
ideale Stromquelle, 151 Längswiderstand, 246
IGBT, 119, 120 Lambdasonde, 314
– Kennlinie, 120 LAN-Kabel, 247
– Querschnitt, 119 Leistung, 185, 192, 207
– Verlustleistung, 143 – Blindleistung, 187, 203, 205
Impedanz, 71, 183, 206 – Scheinleistung, 186, 188, 208
– charakteristische, 238, 245 – Wirkleistung, 186, 187, 208
– Leitung, 241 – zeitabhängig, 208
Impedanzanpassung, 238, 245, 248 Leistungsanpassung, 153, 165, 189
Impedanz-Matrix, 235, 244 Leistungsfaktor, 188, 205
Impedanzwandler, 273 Leistungshalbleiter, 115
Induktion, 30, 75 Leistungstransistor, 118
Induktionsgesetz, 34, 63 Leiter, 51
Induktivität, 63–65 Leiterschleife, 32
Innenwiderstand, 151, 164–166, 189, 204 Leitfähigkeit, 50
Instrumentenverstärker, 325 – spezifische, 9, 99
Integrator, 313, 320 Leitung, 246, 248
Inversionsschicht, 118 – Signalgeschwindigkeit, 248
Ionentriebwerk, 33 Leitungsband, 95, 96
Isolator, 51 Leitwertmatrix, 158, 159, 165
Leuchtdiode, 106
Leuchtstofflampe, 205
K Lichtgeschwindigkeit, 33, 349
Kaltleiter, 66 Löcher, 99, 100
Kanallängenmodulation, 113, 115, 278 Löcherleitung, 99
Kapazität, 59 Löcherstrom, 108
Kennlinie Lorentz-Kraft, 34
– Bipolar-Transistor, 108, 109, 122, 140 Lorentz-Transformation, 349
– Diode, 103, 128 Luftspule, 65
– MOS-Transistor, 112, 115
– Solarzelle, 107
Kennwiderstand (Schwingkreis), 222
M
Keramikkondensator, 60, 76 Magnet, 12, 30
Kettenparameter-Matrix, 235, 239, 244–246 Magnetfeld
Gesetze von Kirchhoff, 148–150, 153, 164 – Beispielrechnung, 78
Kleinsignalwiderstand, 122 – Berechnung, 56
Klemme, 148 – Verformung, 54
Knoten, 148 Magnetisierung, 21, 23
Knotengleichungen, Anzahl, 149 Majoritätsträger, 98, 102
Knotenleitwert, 159 Maschenregel, 149, 150
Knotenpotenzial-Verfahren, 157, 159, 165, 166 Maschenstrom-Verfahren, 154, 157, 164–166
Knotenregel, 149, 158 Massenwirkungsgesetz, 98
Kollektorschaltung, 272, 287 matching, 319
Komparator, 291 Maxwell’sche Gleichungen, 1, 17, 20, 21, 24, 26, 32, 33,
Kondensator, 58, 75–78 349
Kontaktpotenzial, 101 messen, 166, 167
Kontinuitätsgleichung, 6 Minoritätsträger, 98, 102, 131
Koppelleitwert, 159 MOS Transistor
Koppelwiderstand, 155 – Leistungstransistor, 118
359 H–S
Stichwortverzeichnis

MOS-Kanalabschnürung, 113 R
Rekombination, 108
N Relativitätstheorie, 1, 348
Relativitätstheorie, 1
Nabla-Operator, 346, 348
Resonanzfrequenz, 222, 224
NTC, 66
Rotation
Nullleiter, 197, 206
– eines Vektorfeldes, 348
Rückwärtsbetrieb, 130
O Rückwärts-Stromverstärkung, 130

Operationsverstärker, 320, 321


– Transitfrequenz, 321 S
Operationsverstärker, 305, 306 Sättigung
– Endstufe, 308 – Eisen, 52, 66, 72, 75
– Grenzfrequenz, 306 – Transistor, 109, 130
– ideal, 310 Schalter, elektronischer, 282
– Kenngrößen, 306 Scheitelwert, 182
– Offset, 316 Schichtwiderstand, 67, 77, 132
– real, 314 Schleusenspannung, 121
– Schwingen, 322 Schmitt-Trigger, 320
– schwingen, 316 – Oszillator, 324
– Slew Rate, 315, 323 Schottky-Diode, 105, 277
– Struktur, 305, 309 Schottky-Transistor, 277, 288
– Verzögerung, 315 Schwingkreis, 221, 245
– Verzögerungszeit, 322 – parallel, 224, 247
Ordnung eines Filters, 231 – Reihe, 222, 244, 245
Ortskurve, 225, 230, 245, 247 Shockley-Gleichung, 103
Silizium, 94, 95, 97, 130, 132
P skin effect, 72, 190
Slew Rate, 320
Paarerzeugung, 4 Solarzelle, 107, 128
Paramagnete, 51 SP3-Hybridorbital, 94
Parasitärelemente, 68 Spannungsdämpfung, 236, 244
Parasitärkapazitäten, 124, 126 Spannungsfolger, 310
magnetische Permeabilität Spannungsgegenkopplung, 271, 290
– magnetische, 30, 77 Spannungsquelle, 164, 165, 167, 189
– relative, 26 Spannungsteiler, 150, 233
Pfeil, 146–148 Spannungsübertrag, 236
Pfeilsysteme, 147 Spannungsverstärkung, 266
Phasenwinkel, 183, 203, 204, 208, 228 – CMOS-Invereter, 280
Photodiode, 107 Sperrschicht, 131
Photon, 128 Sperrschichtkapazität, 102
Pi-Schaltung, 237, 246 Sperrstrom, 128
PN-Übergang, 97, 100, 124, 130–132, 138 Spitze-Spitze-Wert, 182
Pol, 148 Spule, 31, 32, 62, 63, 65, 72, 75, 77
Polarisation, 21 Sternschaltung, 197
– elektrische, 21, 22 Strang, 203
– magnetische, 23 Strom, 4, 63
Polarisationsfeld, 22 Stromdichte
Potenzial, 9, 21, 93 – freie, 23
– magnetisches, 21 Stromgegenkopplung, 270, 288
Probeladung, 14, 34 Stromquelle, 128, 158, 164, 165, 167, 189, 322
Stromsenke, 289
Stromteiler, 150
Q Stromübertrag, 237
Quarks, 3 Stromverdrängung, 190
360 Stichwortverzeichnis

Stromverstärkung, 108, 130, 266 UltraCap, 76


Subtrahierer, 323 Umlaufwiderstand, 155
Suszeptanz, 183
magnetische Suszeptibilität
– elektrische, 25, 76 V
– magnetische, 66, 191 Valenzband, 95
Verarmungszone, 100, 101, 128
Verbraucher, 147
T Verlustfaktor, 68, 72, 73, 76
Tannenbaumkerzen, 76 Verlustleistung, 76, 130
Teilchen, 3 Verlustwinkel, 68, 69, 73
Telegrafen-Gleichungen, 241 Verschiebung
Temperatur, 66, 268, 288 – elektrische, 22
– Spannungsverstärkung, 268 Verstimmung, 222
Temperaturspannung, 101, 128 Vierpol
Thyristor, 116–118 – symmetrischer, 239, 246
– Durchbruchspannung, 117 – Theorie, 234
– Haltestrom, 116 Vorwärtsbetrieb, 108, 130
– Kennlinie, 117
Vorzeichen
– löschen, 116
– Generator und Verbraucher, 64
– Vorwärtsdurchbruch, 117
– PMOS, 115, 278, 294
– zünden, 116
– und Energiebilanz, 146, 147
Tiefpass, 227, 245–247, 312
– und Pfeilrichtungen, 147
Torus, 31
– Wahlfreiheit und Konsistenzbedingung, 179
Transfer-Gatter, 281, 284
Transformator, 191, 207
– ideal, 203 W
– real, 193, 203
Wechselstrom, 181
– Spannungsverhältnis, 192, 203
– komplex, 344
– verlustlos, 191, 193, 207
– Windungsverhältnis, 203 Wechselwirkung
Transformatorgleichungen, 192 – elektrische, 3
Transistor – magnetische, 12
– Bipolar, 107 Wellenparameter, 239
– MOS, 110, 111, 128 Wellenwiderstand, 238, 246
– VDMOS, 118, 119, 131 Wheatstonesche Messbrücke, 166
Transistor-Leckströme, 114 Widerstand, 66, 67, 73, 77, 99, 165
TRIAC, 117 – spezifischer, 50, 132
T-Schaltung, 237, 245 Widerstandsmatrix, 154, 156, 158, 164, 165, 244
TTL74S00, 290 Wienbrücke, 229

U X
Überlagerungssatz, 161, 164 X-Schaltung, 167, 237
Überlandleitung, 78, 206
Überspannungen (Schwingkreis), 223
Übertragungsfunktion, 226, 232, 233, 244
Z
Übertragungsmaß, 239 Zeigerdiagramm, 182, 202, 204
– Leitung, 241 Zündtransformator, 195
Übertragungsfunktion, 245 Zweig, 148

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