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- Gleichstromtechnik -
Herausgeber: Manfred Strohrmann
Änderungsindex
M. Strohrmann
9 14.10.2020 Fehlerkorrektur
C. Klischat
M. Strohrmann
6 01.03.2017 Überarbeitung für H.ErT.Z-Online
C. Klischat
M. Litzenbuger,
4 14.09.2009 Korrektur von Rechtschreib- und Rechenfehlern
M. Strohrmann
1 Einführung .......................................................................................... 3
1.1 Geschichte der Gleichstromtechnik ......................................................................................... 3
1.2 Aufbau des Buchs und ergänzende Lehrmaterialien ............................................................... 5
1.3 Danksagung ........................................................................................................................... 7
1.4 Literaturverzeichnis und Quellenangaben ............................................................................... 8
4 Zweipole ............................................................................................ 41
4.1 Begriff des Zweipols ............................................................................................................. 41
4.2 Bezugspfeile für Ströme und Spannungen ............................................................................ 41
4.3 Verhalten von Zweipolen ...................................................................................................... 47
4.4 Ideale Quellen als Zweipole .................................................................................................. 49
4.5 Verbraucher als passive Zweipole......................................................................................... 53
4.6 Literaturverzeichnis............................................................................................................... 74
9 Superpositionsprinzip................................................................... 137
9.1 Lineare Zweipole ................................................................................................................ 137
9.2 Analyse eines linearen Netzwerks ...................................................................................... 139
9.3 Superpositionsprinzip ......................................................................................................... 141
9.4 Bedeutung des Superpositionsprinzips ............................................................................... 143
9.5 Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 147
Die Anwendung des galvanischen Effektes wurde durch zahlreiche Forscher weiterentwickelt. So kon-
struierte Johann Wilhelm Ritter 1802 den ersten Akkumulator, einen wieder aufladbaren Speicher
elektrischer Energie, der aus Kupferplatten und einer in Kochsalzlösung getränkten Pappe bestand. 1892
stellte der Amerikaner Edward Weston ein Quecksilber-Cadmium-Element vor, das lange als
4 1 Einführung
Normalelement für die Einheit ein Volt verwendet wurde. Thomas Alva Edison stellte einen alkalischen
Nickel-Eisen-Akkumulator her, der in Bild 1.2 dargestellt ist. Bis heute ist die Entwicklung von Batte-
rien und Akkumulatoren nicht abgeschlossen. Vor allem für die Elektromobilität wird an leistungsstar-
ken Energiespeichern mit kleinem Gewicht geforscht.
Volta ebnete mit seiner Erfindung den Weg in die Elektrotechnik und startete eine bis heute andauernde
Entwicklung. 1820 gelang Hans Christian Ørsted der Nachweis des Zusammenhangs zwischen Elektri-
zität und Magnetismus. Michael Faraday entdeckte daraufhin 1831 die elektromagnetische Induktion,
die durch Werner von Siemens 1866 in der Entwicklung der Dynamomaschine technisch genutzt wurde.
Über das Grundprinzip der Dynamomaschine wurde es ermöglicht, einer breiten Masse der Bevölkerung
elektrische Energie zur Verfügung zu stellen. Nikola Tesla und Galileo Ferraris haben 1882 Mehrpha-
sensysteme genutzt, die Voraussetzung für den ersten Zweiphasenmotor mit Drehfeld waren. 1882 nahm
Thomas Alva Edison das erste Elektrizitätswerk der Welt in Betrieb. Im gleichen Jahr wurde die erste
Gleichstromübertragung durch Oskar von Miller und Marcel von Deprez ermöglicht. Zur verlustarmen
Energieübertragung auf großen Strecken, die durch die Entwicklung leistungsfähiger Wechselstromge-
neratoren und Transformatoren ermöglicht wurde, wird jedoch seit Anfang des zwanzigsten Jahrhun-
derts Wechselstrom genutzt [VOLK94].
Die aktuelle Diskussion zum Netzausbau zeigt, dass der Energietransport auch mit sehr großen Wech-
selspannungen über große Distanzen nicht wirtschaftlich ist. Stattdessen wird die am Generator entste-
hende Wechselspannung zu einer Gleichspannung gleichgerichtet. Die Energie wird dann mit Hilfe von
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung transportiert. Um hohe Spannungen zu erreichen, werden da-
bei moderne Halbleiterbauelemente eingesetzt.
Aber auch die Nutzung von Gleichstrom in Endgeräten gewinnt ständig an Bedeutung. Die zunehmende
Digitalisierung und Automatisierung wird, neben dem Fortschritt in der Informatik und des Internets,
vor allem durch die Weiterentwicklung elektronischer Schaltungen vorangetrieben, die über Halbleiter-
Bauelemente realisiert werden. Diese werden vorwiegend mit Gleichspannung betrieben, die über eine
Gleichrichtung der Wechselspannung erzeugt oder über Akkumulatoren zur Verfügung gestellt wird.
Eine zunehmende Miniaturisierung von Bauteilen erlaubt die Realisierung komplexer Schaltungen auf
kleinstem Raum, deren Entwurf, Berechnung und Dimensionierung immer aufwendiger werden. Grund-
lage dafür ist der sichere Umgang mit elektrischen Größen und ein weitreichendes Verständnis der
Elektrizitätslehre [JAEG10].
1.2 Aufbau des Buchs und ergänzende Lehrmaterialien 5
Beispiel:
Erläuterung des Beispiels
6 1 Einführung
In Formeln sind physikalische Größen kursiv gedruckt, während Einheiten und Zahlenwerte ein norma-
les Format besitzen.
Q 6 C
I 3 A (1.1)
t 2s
F =QE (1.2)
Sind Größen, die eigentlich Vektoren sind, nicht unterstrichen, handelt es ich um skalare Größen.
F =Q E (1.3)
Literaturhinweise sind mit eckigen Klammern [Chie16] gekennzeichnet und am Ende jedes Kapitels
beschrieben.
H.ErT.Z Online
Für die Internetplattform H.ErT.Z Online wurden im Rahmen des Projekts elektrotechnische Grundla-
gen didaktisch aufbereitet. Die daraus entstandenen interaktiven Lehrmaterialien können in Vorlesun-
gen eingesetzt und im Selbststudium als virtuelles Nachschlagewerk genutzt werden. Die Studierenden
haben die Möglichkeit, das zugrundeliegende Buch als PDF-Dokument herunterzuladen oder es online
mit mehreren Zusatzfunktionen durchzuarbeiten. Zu den präsentierten Inhalten werden themenbezogen
Links zu Praxisbeispielen sowie Applikationen, Simulationen und virtuellen Versuchen bereitgestellt.
Wesentlicher Erfolgsfaktor für das Verständnis und den praktischen Umgang mit den Methoden der
Gleichstromtechnik ist das selbstständige Bearbeiten von Übungsaufgaben. Aus diesem Grund werden
auf der Plattform H.ErT.Z Online Übungsaufgaben mit umfangreichen Musterlösungen angeboten, die
eine Semester begleitende Vertiefung ermöglichen.
Videoreihe Kurzschluss
In kurzen Videobeiträgen werden Grundbegriffe der Elektrotechnik erklärt und an Beispielen demons-
triert. Die Videos können in Vorlesungen eingesetzt werden oder dem Selbststudium zu Hause dienen.
Sie haben eine kurze Laufzeit und beschränken sich auf das Wesentliche. Teilweise sind die Videos mit
Aufgabenstellungen und Erläuterungen verknüpft. Sie können im Selbststudium oder in Tutorien ge-
nutzt und bearbeitet werden. Außerdem eignen sie sich für innovativen Lehrmethoden wie zum Beispiel
einem Inverted Classroom.
1.3 Danksagung
Das Buch beruht auf einem Entwurf von Prof. Dr. Rudolf Koblitz, der über die Jahre von verschiedenen
Kollegen weiterentwickelt und erweitert wurde. In das Buch sind aber auch viele Hinweise der Studie-
renden der Hochschule Karlsruhe eingeflossen.
An dieser Ausgabe für das Projekt H.ErT.Z haben Prof. Dr. Thomas Ahndorf, Prof. Dr. Marc Ihle, Co-
sima Klischat, Jochen Lang, Prof. Dr. Manfred Litzenburger, Prof. Dr. Rainer Merz, Raffael Naida und
Prof. Dr. Ulrich Schönauer wesentlich mitgewirkt.
Für die Umsetzung des Konzeptes als Online-Plattform bedanke ich mich bei Claudia Gieb, für das
Erstellen der Zeichnungen und Schaltpläne bei Norbert Gatz.
Bilder sagen bekanntlich mehr als viele Worte. Deshalb sind in dem vorliegenden Buch viele Zeichnun-
gen und Fotos abgebildet. Die meisten Bilder wurden an der Hochschule Karlsruhe selbst erstellt. Einige
Bilder für dieses Buch kommen aus frei zugänglichen Quellen, die eine lizenzfreie Veröffentlichung
ermöglichen. Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, deren Bilder wir in diesem Buch verwenden
dürfen.
1.4.1 Quellenangaben
[Chie16] Luigi Chiesa: Voltasche Säule (Pila di Volta - Foto Scattata a Explorazione, Treviglio),
Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/in-
dex.php?curid=5081899, Zugriff 23.12.2016
[Jaeg10] K. Jäger, F.Heilbronner: Lexikon der Elektrotechniker. VDE Verlag, Berlin Offenbach,
2010
[Zdfn16] ZDF Neo: Der Stromkrieg Thomas Edison und George Westinghouse,
https://www.youtube.com/watch?v=XpNCaHpSZbY, Zugriff 23.12.2016
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Einfache Stromkreise, Vom Stromkreis zum
Schaltplan, Leifi Physik 2017, http://www.leifiphysik.de/elektrizitaetslehre/einfache-
stromkreise/vom-stromkreis-zum-schaltplan, Zugriff 03.05.2017
2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Als Einführung in die Gleichstromtechnik werden Grundbegriffe der Elektrizität vorgestellt. Sie bilden
die Basis zur Beschreibung von Mechanismen zum Ladungstransport. Die Bewegung von Ladungsträ-
gern führt zur Definition des elektrischen Stroms, der wesentliche Voraussetzung für die Schaltungs-
analyse ist.
2.1.1 Reibungselektrizität
Bereits um 550 v. Chr. hat Thales von Milet die Reibungselektrizität nachgewiesen. Bernstein, der an
Wolle gerieben wird, zieht Fasern, kleine Federchen und ähnliche Stoffe an. Bernstein hieß bei den
Griechen und wird als ilektron gesprochen. Der Versuch zur Reibungselektrizität ist damit
der Ursprung des Wortes Elektrizität.
Nach dem Reiben zweier unterschiedlicher Körper wirkt zwischen ihnen eine anziehende Kraft, die der
Wirkung elektrischer Ladungen zugeschrieben wird. Dabei wird von zwei verschiedenen elektrischen
Ladungstypen ausgegangen. Sie werden als positive und negative Ladungen bezeichnet. Durch Reibung
werden einem Material Elektronen entzogen, die das andere Material aufnimmt. Grund für diesen Effekt
ist, dass unterschiedliche Materialien Elektronen unterschiedlich stark an sich binden. Die Stärke der
Bindung von Elektronen im Material wird Elektronegativität genannt. Der Stoff mit der kleineren Elekt-
ronegativität gibt beim Reiben Elektronen ab und ist wegen eines Elektronenmangels positiv geladen.
Der mit der höheren Elektronegativität nimmt Elektronen auf und ist damit negativ geladen. Es entstehen
zwei geladene Körper, deren Ladungen betragsmäßig gleich groß sind, aber unterschiedliches Vorzei-
chen aufweisen.
Für einen erfolgreichen Versuch müssen Materialien verwendet werden, die Elektronen unterschiedlich
stark binden. Je größer der Unterschied der Elektronegativität der beteiligten Stoffe ist, desto größer ist
die Ladungstrennung. Werden zum Beispiel Wolle und Bernstein aneinander gerieben, gehen Elektro-
nen von der Wolle zum Bernstein über, da Bernstein eine höhere Elektronegativität aufweist. Bild 2.1
ordnet unterschiedliche Stoffe hinsichtlich ihrer Elektronegativität. In der Grafik steigt die Elektronega-
tivität von Katzenfell zu Speckstein an.
10 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Die Versuche von Thales zeigen, dass Elektrizität nicht direkt wahrgenommen werden kann, sie ist nicht
direkt sichtbar. Elektrizität wird durch ihre Wirkung beschrieben.
Auch dieses Experiment zeigt die Kraftwirkung auf elektrische Ladungen. Kräfte, die auf die Ladungen
wirken, werden coulombsche Kräfte genannt (Charles A. Coulomb, 1736 - 1806). In Bild 2.2 sind die
coulombsche Kräfte und ihre Richtungen skizziert. Ladungen ungleichen Vorzeichens ziehen sich an,
Ladungen gleichen Vorzeichens stoßen sich ab.
Kraftwirkung F
Berühren sich zwei Kugeln, die eine entgegengesetzte Ladung gleichen Betrags besitzen, gleichen sich
die Ladungen aus. Sie sind nach dem Kontakt elektrisch neutral. Bei der Berührung findet ein Ladungs-
ausgleich statt, die Kugeln werden entladen und die Kraftwirkung verschwindet.
2.1 Grundbegriffe und Phänomene der Elektrizität 11
Coulombsche Kräfte treten auch im Vakuum auf, bedürfen also keines besonderen Mediums. Jede La-
dung verändert in ihrer Umgebung den Zustand des Raumes derart, dass auf andere Ladungen Kraftwir-
kungen ausgeübt werden. Dieser besondere Zustand des Raumes wird als elektrisches Feld bezeichnet.
Das elektrische Feld E wird über die Kraft F definiert, die auf eine Ladung Q wirkt. Es gilt der vektori-
elle Zusammenhang
F =QE (2.1)
Hierbei sind die beiden Größen F und E gerichtete Größen (Vektoren). Die Proportionalitätskonstante
Q wird als elektrische Ladung bezeichnet. Für die elektrische Ladung wird das Formelzeichen Q ver-
wendet, ihre Einheit ist das Coulomb (C).
Q C A s (2.2)
Das Coulomb ist eine abgeleitete Größe des SI-Einheitensystems. Sie wurde nach dem Physiker Charles
A. Coulomb benannt, der die Beziehung zwischen Kraft und Ladung erkannte. Ladung lässt sich messen
und liegt nur als ganzzahliges Vielfaches einer Elementarladung e vor.
Q n e (2.3)
Unter der Elementarladung wird die kleinstmögliche, nicht mehr weiter teilbare, Ladung verstanden.
Sie hat einen Wert von
Die Elementarladung wird von Elektronen und Protonen getragen. Elektronen tragen negative, Protonen
positive Ladung. Nach Bild 2.2 stoßen sich Ladungen gleichen Vorzeichens ab, Ladungen ungleichen
Vorzeichens ziehen sich an. Ist die Ladung positiv, wirkt nach Gleichung (2.1) die Kraft in gleicher
Richtung wie das elektrische Feld. Bei negativer Ladung sind Kraft und Feldstärke entgegengesetzt
zueinander. Dieser Zusammenhang ist in Bild 2.3 verdeutlicht.
Elektrisches Feld E
Q Q
Kraftwirkung F
Bild 2.3: Kraft F auf positive und negative Ladungen Q im elektrischen Feld E
Es wird sich zeigen, dass das elektrische Feld die Ursache für die Bewegung der positiven beziehungs-
weise negativen Ladungsträger in einem elektrischen Leiter ist.
12 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
-19
Elektron < 10 0,91110-30 -1,610-19
Zum Verständnis elektrischer Vorgänge wird das bohrsche Atommodell (Niels Bohr, 1885 - 1962) ver-
wendet. Nach diesem Modell umkreisen Elektronen den Atomkern auf geschlossenen Bahnen. Die
Kreisbewegung der Elektronen bewirkt eine Zentrifugalkraft, welche die Elektronen vom Kern abstößt.
Die coulombsche Kraft wirkt dagegen anziehend. Bei einer gleichförmigen Kreisbewegung der Elekt-
ronen sind die Beträge dieser Kräfte gleich groß. Wenn sich ein Elektron für eine Kreisbahn zu langsam
um einen Atomkern bewegt, wird es vom Atomkern angezogen und gelangt auf eine niedrigere Bahn
herab. Dabei gewinnt es an Geschwindigkeit, sodass die Zentrifugalkraft ansteigt. Es stellt sich ein an-
deres Gleichgewicht aus coulombscher Kraft und Zentrifugalkraft ein. Nach der klassischen Physik
müsste es demnach unendlich viele Gleichgewichtszustände mit Kreis- und Ellipsenbahnen geben.
Bohr, Planck und andere Naturwissenschaftler haben jedoch herausgefunden, dass nur Bahnen mit de-
finierten Energieniveaus vorkommen (Quantenphysik). Daher stellen sich ausschließlich bestimmte
Bahnen ein. Diese werden Schalen genannt. Für jede Schale gibt es eine durch die Quantenphysik vor-
gegebene maximale Anzahl von Elektronen, die sich in der Schale aufhalten können. Ist diese Anzahl
erreicht, wird von einer voll besetzten Schale gesprochen. Die Anzahl der Elektronen einer voll besetz-
ten Schale ist unterschiedlich groß. Werden die Schalen von innen nach außen mit n nummeriert, kann
man die maximale Anzahl der Elektronen auf dieser Bahn n mit 2n 2 angeben. Bild 2.4 verdeutlicht das
Modell für das Element Kupfer.
Die Elektronen der äußersten Schale werden als Valenzelektronen bezeichnet. Bei Metallen können
diese mit anderen Atomen wechselwirken und sind im dadurch gebildeten Kristallgitter frei beweglich.
Sie bestimmen die Leitfähigkeit des Materials. Tabelle 2.2 zeigt einen Ausschnitt des Periodensystems
der Elemente. Dabei sind für jedes Element Name und Symbol, die Ordnungszahl, das Atomgewicht,
die Elektronenkonfiguration sowie die Elektronegativität dargestellt.
2.1 Grundbegriffe und Phänomene der Elektrizität 13
Bild 2.4: Illustration des Bohrschen Atommodells für das Element Kupfer
( Atomkern, Elektronen, freies Elektron, Valenzelektronen)
Zum Beispiel hat das Element Kupfer nach dem Periodensystem der Elemente eine Ordnungszahl von
29 und damit 29 Elektronen. Sie sind auf 4 Schalen verteilt. Die inneren Schalen sind mit 2, 8 und 18
Elektronen vollständig besetzt. Das letzte Elektron auf der äußersten Schale ist ein Valenzelektron. Es
trägt zum Ladungstransport bei. Das Atomgewicht von 63,546 besagt, dass ein Mol Kupfer ein Gewicht
von 63,546 g besitzt. Ein Mol entspricht einer Anzahl von 6,0221023 Atomen des jeweiligen Stoffes.
Tabelle 2.2: Ausschnitt des Periodensystems der Elemente
1 H 2 He
Wasser- Helium
stoff
1,00079 4,0026
1 2
2,1
Ordnungszahl 1,0
3 Li 4 Be 29 Cu Symbol 5 B 6 C 7 N8 O 9 F 10 Ne
Lithium Beryllium Name Bor Kohlen- Stickstoff Sauer- Fluor Neon
Kupfer stoff stoff
6,941 9,0122 Atomgewicht 63.546 10,811 12,011 14,007 15,999 18,988 20,180
2/1 2/2 2/3 2/4 2/5 2/6 2/7 2/8
2/8/18/1
Elektronenkonfiguration
1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0
1,9 Elektronegativität
11 Na 12 Mg 13 Al 14 Si 15 P 16 S 17 Cl 18 Ar
Natrium Magne- Alumnium Silicium Phosphor Schwefel Chlor Argon
sium
22,990 24,305 26,982 28,086 30,974 32,065 35,453 39,948
2/8/1 2/8/2 2/8/3 2/8/4 2/8/5 2/8/6 2/8/7 2/8/8
0,9 1,2 1,5 1,8 2,1 2,5 3,0
19 K 20 Ca 21 Sc 22 Ti 23 V 24 Cr 25 Mn 26 Fe 27 Co 28 Ni 29 Cu 30 Zn 31 Ga 32 Ge 33 H 34 Se 35 Br 36 Kr
Kalium Calcium Scandium Titan Vanadium Chrom Mangan Eisen Cobalt Nickel Kupfer Zink Germa- Gallium
Arsen Selen Brom Krypton
nium
39,098 40,078 44,956 47,867 50,942 51,996 54,938 55,845 58,933 58,693 63,546 65,38 69,723 72,64 74,922 78,96 79,904 83,798
2/8/8/1 2/8/8/2 2/8/9/2 2/8/10/2 2/8/11/2/ 2/8/13/1 2/8/13/2 2/8/14/2 2/8/15/2 2/8/16/2 2/8/18/1 2/8/18/2 2/8/18/3 2/8/18/4 2/8/18/5 2/8/18/6 2/8/18/7 2/8/18/8
0,8 1,0 1,3 1,5 1,6 1,6 1,5 1,8 1,8 1,8 1,9 1,6 1,6 1,8 2,0 2,4 2,8
37 Rb 38 Sr 39 Y 40 Zr 40 Nb 42 Mo 43 Tc 44 Ru 45 Rh 46 Pd 47 Ag 48 Cd 49 In 50 Sn 51 Sb 52 Te 53 I 54 Xe
Rubidium Strontium Yttrium Zirconium Niob Molybdän Techne- Ruthe- Rhodium Palladium Silber Cadmium Indium Zinn Antimon Tellur Iod Xenon
tium nium
85,468 87,62 88,906 91,224 92,906 95,96 98,91 101,07 102,91 106,42 107,87 112,41 114,82 118,71 121,76 127,60 126,90 131,29
2/8/18/8/1 2/8/18/8/2 2/8/18/9/2 2/8/18/10/ 2/8/18/12/ 2/8/18/13/ 2/8/18/13/ 2/8/18/15/ 2/8/18/16/ 2/8/18/18 2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/18/
2 1 1 2 1 1 1 2 3 4 5 6 7 8
0,8 1,0 1,3 1,4 1,6 1,8 1,9 2,2 2,2 2,2 1,9 1,7 1,7 1,8 1,0 2,1 2,5
55 Cs 56 Ba 57-71 72 Hf 73 Ta 74 W 75 Re 76 Os 77 Ir 78 Pt 79 Au 80 Hg 81 Tl 82 Pb 83 Bi 84 Po 85 At 86 Rn
Cäsium Barium Hafnium Tantal Wolfram Rhenium Osmium Iridium Platin Gold Quecksil- Thalium Blei Bismut Polonium Astat Radon
180,95 ber
132,91 137,33 178,49 2/8/18/32/ 183,84 186,21 190,23 192,22 195,08 196,97 200,59 204,38 207,2 208,98 209,98 (210) (222)
2/8/18/18/ 2/8/18/18/ 2/8/18/32/ 11/2 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/
8/1 8/2 10/2 12/2 13/2 14/2 15/2 17/1 18/1 18/2 18/3 18/4 18/5 18/6 18/7 18/8
0,7 0,9 1,3 1,5 1,7 1,9 2,2 2,2 2,2 2,4 1,9 1,8 1,8 1,9 2,0 2,2
87 Fr 88 Ra 89-103 104 Rf 105 Db 106 Sg 107 Bh 108 Hs 109 Mt 110 Ds 111Rg 112 Cn 113Uut 114 Fl 115Uup 116 Lv 117Uus _ 118Uuo
Francium Radium Ruther- Dubnium Seabor- Bohrium Hassium Meitner- Darm- Rönt- Coper- Ununtrium Flerovium Ununpen- Liver- Ununsep- Ununoc-
fordium gium ium stadtium genium nicium tium morium tium tium
(223) 226,03 (261) (262) (263) (262) (265) (266) (269) (272) (277) (287) (289) (288) (289) (293) (294)
2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/ 2/8/18/32/
18/8/1 18/8/2 32/10/2 32/11/2 32/12/2 32/13/2 32/14/2 32/15/2 32/17/1 32/18/1 32/18/2 32/18/3 32/18/4 32/18/5 32/18/6 32/18/7 32/18/8
0,7 0,9
1 H2 H3 H 4 H 5 H6 H 7 H 8 H9 H 10 H 11 H 12 H 13 H 14 H 15 H 15 H 15 H 15 H
14 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
N
n (2.5)
V
Tabelle 2.3 gibt die Grenzen für die Einteilung von Stoffen in Leiter, Halbleiter und Isolatoren an.
Tabelle 2.3: Einteilung von Stoffen in Leiter, Halbleiter und Isolatoren
2.2.1 Leiter
Stoffe, die sich für den Transport elektrischer Ströme gut eignen, sind Leiter. In ihnen ist eine große
Dichte von Valenzelektronen vorhanden.
Metallische Leiter
Eine erste Gruppe von Leitern sind die Metalle. Die Mehrzahl aller Elemente sind Metalle, viele liegen
aber in der Natur nicht in Reinform vor. Verwendung finden sie häufig als Stahllegierungen. Zu den
reinen Metallen, die in der Elektrotechnik als Leiter verwendet werden, gehören Silber (Ag) als der beste
Leiter, Kupfer (Cu), Gold (Au) und Aluminium (Al). Reine Metalle bilden im festen Zustand Kristalle,
in denen sich die Valenzelektronen frei zwischen den Atomen bewegen. Dadurch sind die Kristallatome
eigentlich positiv geladen, sie sind also Metallionen. In einem abgeschlossenen Volumen ist das Metall
aber elektrisch neutral, da die Valenzelektronen für den Ladungsausgleich sorgen. Da sich die Anord-
nung der Metallionen in regelmäßigen Abständen wiederholt, wird von einem Kristallgitter gesprochen.
Die positiven Metallionen im Kristallgitter werden Atomrümpfe genannt. Sie schwingen um ihre durch
die Kristallstruktur vorgegebene Ruhelage, wobei die Schwingungsamplitude mit zunehmender Tem-
peratur steigt. Zwischen den Atomrümpfen befinden sich die Valenzelektronen der Metallatome. Sie
können sich frei bewegen, zur Bewegung dieser Valenzelektronen ist keine zusätzliche Energie erfor-
derlich. Bild 2.5 verdeutlicht den Aufbau eines Kristallgitters.
2.2 Leiter, Halbleiter und Isolatoren 15
Die Bewegung der freien Elektronen im Metallgitter ist zunächst eine ungeordnete, statistisch verlau-
fende Bewegung, die sich nach außen nicht bemerkbar macht. Ein elektrischer Strom fließt erst, wenn
sich die ungeordnete Bewegung der Valenzelektronen durch Anlegen eines elektrischen Feldes einer
gemeinsamen Vorzugsrichtung überlagert.
Atome 1 1 Mol g
nN 6,022 1023 1 8,93
Mol Atom 63,54 g cm3
(2.6)
23 1 1 Mol g 1
6,022 10 8,93 3
8,4 1022
Mol 63,54 g cm cm3
Gemäß Tabelle 2.3 liegt die Dichte der Ladungsträger in Kupfer damit deutlich über der Grenze zum
Halbleiter. Kupfer ist also ein Leiter.
Wässrige Salzlösungen
Verdünnte Säuren und Basen, sowie wässrige Salzlösungen bilden eine zweite Gruppe von Leitern. In
diesen Flüssigkeiten sind positive und negative Ionen die bewegten Ladungsträger. Durch die Bewegung
der Ionen entsteht bei einem Stromfluss ein merklicher Massetransport. Außerdem ist mit dem Strom-
fluss eine chemische Veränderung an den Elektroden verbunden (Elektrolyse). In Bild 2.6 wird ein Ver-
suchsaufbau zum Stromfluss in einer wässrigen Kupfersulfatlösung beschrieben.
16 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Spannungsquelle
Strom I
Anode Kathode
SO4 Cu
In der Lösung befinden sich SO4-- und Cu++ Ionen. Durch Anlegen einer Spannung wirken auf die gela-
denen Ionen elektrostatische Kräfte. In dem Beispiel bewegen sich die positiv geladenen Kupferionen
zur negativen Elektrode. Dort nehmen sie zwei Elektronen auf, und es bildet sich Kupfer, das sich an
der Elektrode ablagert.
Cu 2 e Cu (2.7)
Die negativ geladenen Sulfationen bewegen sich zur positiven Elektrode. Dort geben sie zwei Elektro-
nen ab und reagieren mit dem Kupfer der Elektrode. Es bildet sich Kupfersulfat.
Das Kupfersulfat teilt sich in der Lösung selbstständig. Dieser Prozess wird in der Chemie als Dissozi-
ation bezeichnet. Damit kann der Vorgang erneut stattfinden. Während des Prozesses wird die negativ
geladene Elektrode (Kathode) immer schwerer, weil sich Kupfer anlagert. Die positiv geladene Elekt-
rode wird immer leichter, weil Kupfer zu Kupfersulfat gewandelt wird. Beim Stromfluss in wässrigen
Salzlösungen findet also ein Stofftransport statt.
Gasförmige Isolatoren
Bei Edelgasen ist das Valenzband aufgefüllt. Sie besitzen daher keine Valenzelektronen und tragen da-
mit nicht zu einem Stromfluss bei. Deshalb ist zum Beispiel Helium ein gut isolierendes Edelgas. Bei
Gasen mit Valenzelektronen verbinden sich benachbarte Atome über ihre Valenzelektronen. Zum Bei-
spiel bilden zwei Sauerstoffatome zusammen ein Sauerstoffmolekül. Durch die Bindung entsteht
2.2 Leiter, Halbleiter und Isolatoren 17
ähnlich wie bei Edelgasen eine komplett besetzte, äußere Elektronenschale. Bei Gasen sind daher keine
freien Elektronen verfügbar, sie sind Nichtleiter.
Durch Energiezufuhr können Gase jedoch ionisiert werden. Dabei lösen sich Atomverbindungen des
Moleküls, sodass die dabei entstehenden einzelnen Atome oder kleinere Moleküle sich als elektrisch
geladene Ionen unabhängig voneinander bewegen. In diesem Zustand sind sie dann Leiter. Zum Beispiel
findet diese Ladungstrennung bei Quecksilberdampf in Leuchtstoffröhren oder bei Blitzeinschlägen in
Gewittern statt.
Flüssige Isolatoren
Auch viele Flüssigkeiten wie zum Beispiel reines Wasser oder reine Öle sind Nichtleiter. Da sie außer-
dem eine gute thermische Leitfähigkeit besitzen, werden sie bevorzugt zur Isolation und Kühlung
elektrischer Geräte eingesetzt. Ein technisches Anwendungsgebiet sind Hochspannungstransformato-
ren.
Feste Isolatoren
Feste Nichtleiter sind aus technischen Anwendungen bekannt. Sie bestehen aus Verbindungen, die keine
freien oder nur sehr wenige Valenzelektronen aufweisen. Zum Beispiel werden Glas, Keramik, Kunst-
stoffe, Silikone und Papier als Isolatoren eingesetzt.
2.2.3 Halbleiter
Halbleiter besitzen bei Zimmertemperatur nur wenige freie Elektronen pro Volumeneinheit, sind also
bei Raumtemperatur praktisch Nichtleiter. Durch geringe Energiezufuhr oder durch gezielte Verunrei-
nigung des Halbleitermaterials können zusätzliche Ladungsträger entstehen, sodass das Verhalten von
Leitern erreicht werden kann. Die folgende Tabelle gibt eine grobe Übersicht über übliche Halbleiter-
materialien.
Tabelle 2.4: Übersicht üblicher Halbleitermaterialien und ihre Anwendung
Dioden, Transistoren,
Silizium (Si)
integrierte Schaltungen
Chemische
Elemente Germanium (Ge) Dioden, Transistoren
Spannungsabhängige
Zinkoxid (Zn0)
Widerstände, Varistoren
18 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Technische Stromrichtung
- -
-
-
- -
Elektrisches Feld E
In leitenden Flüssigkeiten tragen positive und negative Ionen zum Stromfluss bei.
Technische Stromrichtung
Elektrisches Feld E
Bild 2.8: Technische Stromrichtung und Bewegungsrichtung von Ladungsträgern in leitenden Flüssigkeiten
Die Bewegungsrichtung der freien Ladungsträger ist unterschiedlich, die technische Stromrichtung je-
doch gleich. Unabhängig von dem zugrunde liegenden Leitungsmechanismus ist die positive technische
Stromrichtung so definiert, dass sie in Bewegungsrichtung der positiven Ladungsträger zeigt.
2.3 Ladung und Stromstärke 19
Q
I (2.9)
t
Hieraus folgt für die Ladung Q die schon erwähnte Einheit Coulomb C. Ein Coulomb ist diejenige La-
dung, die bei einem zeitlich konstanten Strom der Stromstärke 1 A in der Zeit 1 s durch einen Leiter
fließt. Aufgrund der Bedeutung der elektrischen Ladung hat sich für die SI-Einheit As die Bezeichnung
Coulomb durchgesetzt. Sie soll an den Entdecker der Kräfte erinnern, die durch die Ladungen hervor-
gerufen werden.
Q I t A s C (2.10)
Für den Fall, dass beide Ladungsträgertypen zum elektrischen Strom beitragen, strömen beide Ladungs-
trägertypen in entgegengesetzter Richtung durch den Leiter. Für die Berechnung der transportierten La-
dungsmenge ΔQ müssen in diesem Fall die Beträge beider Ladungsmengen ΔQP und ΔQN addiert wer-
den.
Da jede Ladung ein ganzzahliges Vielfaches N der Elementarladung ist, kann ΔQ dargestellt werden als
Q N P e N N e N P N N e (2.12)
Da ΔQ als abzählbare Menge richtungslos ist und die Zeit Δt ebenfalls ein Skalar ist, muss der Strom I in
dieser Darstellungsform ebenfalls eine richtungslose Größe sein. Allgemein ist der Strom definiert über
die Zahl der Ladungen pro Zeit, die durch eine ebene Fläche strömen. Der Normalenvektor der Fläche
gibt in dem Fall die Richtung des Stroms vor. Damit ist der Strom ebenfalls eine vektorielle Größe. In
der Gleichstromtechnik wird jedoch als Kontrollquerschnitt die Querschnittsfläche des Leiters verwen-
det. Damit zeigt der Normalenvektor immer in Richtung des Leiters, und der Strom fließt immer in Rich-
tung der Leitung.
20 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Ein Strom mit zeitlich gleichmäßigem Ladungstransport Q/t = I wird als Gleichstrom bezeichnet. Ein
Gleichstromkreis aus mehreren Leitern mit unterschiedlichen Querschnitten, der keine Verzweigungen
besitzt, weist in jedem Leiterabschnitt dieselbe Stromstärke I auf. Es tritt also in jedem Leiterquerschnitt
pro Zeitintervall t immer die gleiche Ladungsmenge Q auf. Damit muss ein Strom, der auf einer Seite
in einen Leiter hineinfließt, auf der anderen Seite wieder herausfließen.
Q Q1 Q2
I (2.13)
t t t
Zum besseren Verständnis lässt sich an dieser Stelle eine Analogie zum Wasserkreis aufstellen, die im
Anhang beschrieben ist.
dQ
I (2.14)
dt
Zur Berechnung der in einer endlichen Zeit t transportierten Ladung Q müssen beide Seiten integriert
werden. Es ergibt sich
t2
Q I t dt (2.15)
t1
wobei die Zeitpunkte t1 und t2 das Zeitintervall t bestimmen, für das die geflossene Ladung ermittelt
werden soll. Für einen konstanten Gleichstrom I(t) = I vereinfacht sich dieses Integral zu
Q I t 2 t1 I t (2.16)
Strom I2(t)
t t t t
1 2 1 2
Zeit t Zeit t
Bild 2.9: Zusammenhang zwischen Ladung Q, Zeit t und Strom I(t)
Das Integral summiert bei beiden Stromverläufen die Ladungen pro Zeitintervall t auf. Geometrisch
gesehen entspricht die Ladung Q der Fläche unter dem Stromverlauf im Zeitabschnitt von t1 bis t2. Im
Fall eines konstanten Stroms I(t) = I vereinfacht sich die Flächenberechnung auf die eines Rechtecks.
2.4 Ladungstransport in homogenen elektrischen Leitern 21
Querschnitts-
Geschwindigkeit v P fläche A
Geschwindigkeit v N
In einem definierten Volumen V des Leitermaterials befinden sich NP frei bewegliche positive und NN
frei bewegliche negative Ladungsträger. Die Größen
NP
nP (2.17)
V
und
NN
nN (2.18)
V
geben damit die Ladungsträgerdichte der negativen und positiven Ladungsträger in dem Material an. In
der Zeit t bewegen sich alle positiven Ladungsträger entlang der Wegstrecke LP und überstreichen
damit den Volumenabschnitt
Hierbei fließen die positiven Ladungsträger in Richtung des Stromes, die negativen Ladungsträger ent-
gegen der Stromrichtung durch den Querschnitt A. Insgesamt fließt durch den Querschnitt damit die
Ladungsmenge
Die Ladungen QP und QN lassen sich gemäß Gleichung (2.12) beschreiben, und es ergibt sich
22 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Zur Darstellung des Stromes in einen Stromanteil aus positiven und einen Stromanteil aus negativen
Ladungsträgern wird der Strom als Differenzenquotient beschrieben.
Q e A nP LP nN LN L L
I e A nP P nN N (2.23)
t t t t
I e A nP v P n N v N (2.24)
Dabei ist vP die Driftgeschwindigkeit der positiven Ladungsträger und vN die der negativen Ladungsträ-
ger. Bei Halbleitern und Elektrolyten treten beide Arten von Ladungsträgern auf, sodass im allgemeinen
nP > 0 und nN > 0 anzunehmen ist. Für den Fall eines metallischen Leiters, bei dem keine beweglichen
positiven Ladungsträger vorhanden sind, gilt diese Gleichung ebenfalls. In diesem Fall ist allerdings nP
= 0 und der zweite Ausdruck in der Klammer wird null. Besitzt jeder Ladungsträger ein Vielfaches der
Elementarladung, wie das zum Beispiel bei Kupferionen Cu++ der Fall ist, ist der entsprechende Term
in (2.24) mit diesem Vielfachen zu multiplizieren.
In Abschnitt 2.2.1 wird berechnet, dass Kupfer eine Ladungsträgerdichte nN = 81022 / cm3 mit jeweils
der Ladung - e besitzt. Bei einem Strom von 16 A und einem Drahtquerschnitt von 1,5 mm2 ergibt sich
für die Leitungselektronen eine Geschwindigkeit von
I 16 A cm 3 mm
vN -19 22 2
0,83 (2.25)
e nN A 1,6 10 A s 8 10 1,5 mm s
Die Geschwindigkeit der Ladungsträger ist eher gering. Sie darf aber nicht mit der Ausbreitungsge-
schwindigkeit des elektrischen Stromes verwechselt werden. Direkt nach dem Einschalten ist der Strom
praktisch sofort im gesamten Stromkreis wirksam. Zum Vergleich wird bei Wassermodell im Anhang
eine inkompressible Flüssigkeit in einem Rohr betrachtet. Bei einem vollständig gefüllten Rohr fließt
die Flüssigkeit auch direkt aus dem geöffneten Ventil. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist damit un-
abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit.
2.4 Ladungstransport in homogenen elektrischen Leitern 23
I
J (2.26)
A
I A
J (2.27)
A m2
wobei in der technischen Praxis die Einheit
A
J mm2 (2.28)
I e A nP v P nN v N
J e nP v P nN v N (2.29)
A A
Damit ergibt sich für die Geschwindigkeit v der Ladungsträger in einem homogenen stabförmigen Leiter
bei negativen Ladungsträgern
1 I 1
vN J (2.30)
e nN A e nN
1 I 1
vP J (2.31)
e np A e np
Die Geschwindigkeit hängt also bei einem bestimmten Material mit der Ladungsträgerdichte nP bezie-
hungsweise nN lediglich vom Quotienten I/A beziehungsweise der Stromdichte J ab.
Bei einem stabförmigen, homogenen Leiter strömen die Ladungsträger mit einer konstanten Geschwin-
digkeit durch den Leiter. Gleichungen (2.30) und (2.31) zeigen, dass die Stromdichte direkt proportional
zur Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger ist. Diese Geschwindigkeit darf nicht beliebig hoch werden.
Durch die Bewegung der freien Ladungsträger werden nämlich die Atomrümpfe im Leiter zu thermi-
schen Schwingungen angeregt. Bei zu hoher Stromdichte wird der Leiter zu heiß, und er selbst oder
die umgebende Isolation kann zerstört werden.
24 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
Die zulässige Stromstärke für ein bestimmtes Leitermaterial ist keine Absolutgröße, sondern hängt von
zahlreichen Faktoren ab. Zum Beispiel sind die Umgebungstemperatur, Querschnitt und Bauart des Lei-
ters sowie die Verlegungsbedingungen Größen, die die zulässige Stromstärke beeinflussen.
Um eine übermäßige Erwärmung von Leitern zu vermeiden und somit Schäden an Installationen vorzu-
beugen, werden die maximal zulässigen Stromdichten in entsprechenden Normen spezifiziert. Die
Grundlagen für viele dieser Normen stellt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informati-
onstechnik (VDE) zusammen. Viele nationale Normen (DIN) und internationale Normen (IEC) basieren
auf diesen Empfehlungen. So sind beispielsweise in der VDE 0298-4 die maximal zulässigen Strom-
stärken eines Kupferleiters für verschiedene Verlegungsszenarien bei einer Umgebungstemperatur von
30 °C und Betrieb in Dauerlast festgelegt. Einige Anhaltspunkte sind in Tabelle 2.5 zusammengefasst
[Kief12].
Tabelle 2.5: Maximal zulässige Ströme für Kupfer bei unterschiedlichen Verlegearten und einer Umgebungstem-
peratur von 30 °C
4 25 23 30 27
6 32 29 38 34
10 43 39 52 46
16 57 52 69 62
25 75 68 90 80
2.4 Ladungstransport in homogenen elektrischen Leitern 25
16 A A
J 2
6,4 (2,32)
2,5 mm mm2
Der Wert von 16 A liegt selbst unter den ungünstigsten Bedingungen aus Tabelle 2.5 unter dem zuläs-
sigen Grenzwert von 17,5 A für einen Leiterquerschnitt von 2,5 mm2.
Abschließend soll noch darauf hingewiesen werden, dass die in diesem Kapitel vorgestellten Modelle
nur für den Sonderfall eines homogenen stabförmigen Leiters gelten. Bei anderen Ausführungsformen
kann es notwendig sein, jedem Ort im Leiter eine unterschiedliche Driftgeschwindigkeit zuzuordnen.
Damit ist die Stromdichte von Ort zu Ort verschieden und nicht an allen Stellen des Leiters konstant.
2.4.3 Strommessung
Bei Strommessungen muss der zu messende Strom durch das Messgerät fließen. Deshalb wird ein
Strommessgerät, das auch Amperemeter genannt wird, in den Stromkreis geschaltet. Dazu muss die
Leitung aufgetrennt werden und die beiden Anschlüsse des Messgeräts an die durch die Auftrennung
entstandenen Leitungsenden angeschlossen werden.
Bei Gleichstrommessungen muss auf die Polarität geachtet werden. Dazu zeigt Bild 2.12 den entspre-
chenden Richtungssinn. Zeigt das Messgerät einen positiven Wert an, fließt der Strom in die Richtung
des Zählpfeils und von dem (+) zu dem (-) Pol des Amperemeters.
I
A
Erzeuger Verbraucher
Das Messgerät soll den Stromfluss nicht beeinflussen. In Kapitel 7.3 wird sich zeigen, dass dazu der
sogenannte Innenwiderstand möglichst klein sein muss.
26 2 Ladung, elektrisches Feld und elektrischer Strom
C 1200mAh
TS 48h (2.33)
IS 25mA
ergeben. Da der Betrieb eines Rauchmelders mit einer Batterie über einen wesentlich längeren Zeitraum
gewährleistet sein sollte, wird eine Strommessung durchgeführt. Dazu wird die Versorgungsleitung auf-
getrennt und ein Strommessgerät in die Versorgungsleitung geschaltet. Bild 2.13 zeigt den verwendeten
Versuchsaufbau.
Der gemessene Stromwert schwankt stark. Über lange Zeiten ergibt sich ein Strom von 3,5 A, in peri-
odischen Abständen steigt er stark an. Eine Messung mit einem Oszilloskop zeigt, dass der Ruhestrom
zwischen diesen Abständen 3,5 µA beträgt, während der Strom in den aktiven Zeitintervallen kurzzeitig
auf bis zu 12 mA ansteigt. Im Mittel ergibt sich ein gemessener Strom von ungefähr
IM =15 µA. Nach dieser Messung liegt die Laufzeit der Batterie damit bei
C 1200mAh 1 d 1Jahr
TM 9,132 Jahre (2.34)
IM 15 A 24 h 365 d
Die Abschätzung bestätigt damit weitgehend das Versprechen des Herstellers, nach der die Laufzeit 10
Jahren betragen soll.
2.5 Zusammenfassung 27
2.5 Zusammenfassung
Tabelle 2.6 fasst die wesentlichen Zusammenhänge zu Ladung, elektrischem Feld und elektrischem
Strom tabellarisch zusammen.
Tabelle 2.6: Zusammenfassung der wesentlichen Zusammenhänge zu Ladung, elektrischem Feld und elektri-
schem Strom
Coulombsche Kraft F = Q E
Elementarladung e 1, 6 10 19 C
dQ Q
Strom I
dt t
t2
Transportierte Ladungsmenge Q I t dt I t 2 t1 I t
t1
2.6 Literaturverzeichnis
[Kief12] G.Kiefer, H.Schmolke: DIN VDE 0100 richtig angewandt: VDE Schriftenreihe Band
106, 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, VDE Verlag, Berlin Offenbach, 2012
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
3 Spannung und elektrische Arbeit
Damit in einem elektrischen Stromkreis ein Strom fließen kann, muss eine elektrische Energiequelle
vorhanden sein. Energiequellen sind zum Beispiel Kraftwerke, die ihre Energie in die Spannungsnetze
einspeisen und so dem Nutzer zur Verfügung stellen. Weitere Energiequellen sind Batterien, Akkus oder
Solarzellen. Ohne eine solche Energiequelle kann keine Ladungsbewegung auftreten und damit kein
elektrischer Strom fließen. Es ist daher notwendig, den Begriff der elektrischen Energie beziehungs-
weise der elektrischen Arbeit genauer zu untersuchen und formelmäßig zu erfassen.
F QE (3.1)
Je nachdem ob die Ladung Q positiv oder negativ ist, besitzt die Kraft F die gleiche Richtung wie
die elektrische Feldstärke E, oder sie ist ihr entgegengesetzt.
Ort s1
Q
Elektrisches Feld E
Kraftwirkung F Ort s 2
Q
Wird eine Ladung Q, auf die eine Kraft F ausgeübt wird, längs eines Weges s bewegt, wird Arbeit
verrichtet. Wie in der klassischen Mechanik kann diese Arbeit über das Produkt aus Kraft und Weg
berechnet werden.
s2
W F s ds
s1
(3.2)
wobei s1 den Anfangs- und s2 Endpunkt des Weges darstellen. Die vektorielle Schreibweise stellt sicher,
dass unter dem Integral stets das Skalarprodukt angewendet wird. Das bedeutet, dass nur die Kraftkom-
ponente in Richtung des Weges zur geleisteten Arbeit beiträgt. Erfolgt die Bewegung der Ladung paral-
lel zur Richtung der Kraft, ist der Zwischenwinkel = 0 und Gleichung (3.2) vereinfacht sich zu
30 3 Spannung und elektrische Arbeit
s2 s2 s2
W
s1
F s ds F s cos ds F s ds
s1 s1
(3.3)
s2 s2
W Q E s ds Q E s ds (3.4)
s1 s1
Die geleistete Arbeit beziehungsweise die zugeführte Energie W ist proportional zur Ladung Q. Wenn
der Quotient aus Arbeit W und Ladung Q gebildet wird, so wird der Ausdruck unabhängig von der
Ladung. Es ergibt sich die Definitionsgleichung der elektrischen Spannung
s2
W
U 21
Q
E s ds
s1
(3.5)
Besonders einfach wird die Berechnung des Integrals, wenn über die gesamte Bewegungsstrecke von
einem konstanten Feld ausgegangen werden kann. In diesem Fall ergibt sich eine einfache Beziehung
für die Spannung.
2 s 2 s
W
U 21 E s ds E ds E s2 s1 (3.6)
Q s1 s1
In der Elektrotechnik wird immer wieder der Begriff des Potenzials verwendet. Dabei wird ein Bezugs-
punkt mit dem Vektor s0 definiert. Die Spannung, die sich auf diesen willkürlich definierten Bezugs-
punkt bezieht, wird als Potential bezeichnet.
s
W
s E s ds
Q s0 (3.7)
Wird Ladung in einem konstanten Feld parallel zu den Feldlinien bewegt, ergibt sich für das Potenzial
s
W
s E ds E s s0
Q s0 (3.8)
Die Spannung U21 zwischen zwei Punkten s1 und s2 kann demnach über die Potenzialdifferenz angege-
ben werden.
U 21 E s 2 s1 E s 2 s 0 s1 s0 2 1 (3.9)
Der absolute Wert des Potenzials eines Punktes ist nicht entscheidend für die geleistete Arbeit W, son-
dern die Potenzialdifferenz zwischen zwei Punkten beziehungsweise die Spannung U21. Die Einheit
der Spannung berechnet sich zu
3.1 Elektrische Arbeit, Potential und Spannung 31
W 1 N m 1 kg m2
U 1 V (3.10)
Q A s A s3
Da die Spannung eine in der Elektrotechnik häufig vorkommende Größe ist, besitzt sie eine abge-
leitete SI-Einheit, das Volt. Die Spannung 1 Volt liegt zwischen zwei Punkten, wenn eine Ladung
1 C zwischen diesen beiden Punkten die Energieänderung 1 J = 1 Nm erfährt.
Grafische Darstellung
Kraftwirkung F Kraftwirkung F
s2
W F s ds
s1
s2
s2
W F ds F s2 s1
s1
Verbraucher Erzeuger
s
F
F s
s E E
F F
s
Auch im Erzeuger wie zum Beispiel einer Batterie stehen die Ladungsträger unter dem Einfluss der
coulombschen Kraft. Die elektrische Feldstärke und damit die Kraft ist dort ebenfalls vom Plus- zum
Minuspol gerichtet. Im Erzeuger sind jedoch zusätzliche ladungstrennende Kräfte wirksam, die jede
Ladung in Gegenrichtung zur coulombschen Kraft bewegen.
In einem stabförmigen homogenen elektrischen Leiter ist bei einem konstanten Strom die mittlere Ge-
schwindigkeit der Ladungsträger überall gleich. In einem solchen Leiter ist daher auch die Kraft auf die
Ladungsträger nach Betrag und Richtung gleich. Damit muss auch die elektrische Feldstärke E gleich
sein.
Mit Gleichung (3.9) kann für einen stabförmigen, homogenen Leiter der Länge L21 der Zusammenhang
zwischen Feldstärke E und Spannung U angeben werden.
E s 2 s1 E L21 U 21 (3.11)
Voraussetzung für diese einfache Beziehung ist ein homogenes elektrisches Feld, dessen Vektor E an
jeder Stelle zwischen den Punkten 1 und 2 gleichen Betrag und gleiche Richtung aufweist, was nur im
einfachen Fall bei einem ausgedehnten homogenen Leiter der Fall ist. In diesem Fall berechnet sich die
elektrische Feldstärke zu
U21 2 1
E (3.12)
L21 L21
3.1 Elektrische Arbeit, Potential und Spannung 33
3.1.4 Spannungsmessung
Die Spannung U21 entspricht der Potenzialdifferenz zwischen den Punkten 1 und 2
U21 2 1 (3.13)
Bei der Festlegung der Spannung ist die Reihenfolge der Indizes nicht beliebig, da sie über das
Vorzeichen der Spannung entscheidet. Es gilt
Die Spannung entlang einem Weg von Punkt 1 nach Punkt 2 wird positiv gerechnet, wenn das Potential
am Punkt 1 größer als an Punkt 2 ist. Diese Festlegung wird als Richtungssinn der Spannung bezeichnet.
Er wird durch die Klemmenbezeichnung (+) und (-) dargestellt
1
Erzeuger V Verbraucher
2
Spannung wird mit einem Spannungsmesser zwischen den Klemmen des Erzeugers beziehungsweise
Verbrauchers gemessen. Das Messgerät wird nach der Einheit der gemessenen Größe auch als Volt-
meter bezeichnet. Es ist in Bild 3.3 als Kreis mit dem Buchstaben V dargestellt. Für einen richtigen
Anschluss sind die Klemmen eines Spannungsmessers mit den Symbolen (+) und (-) gekennzeichnet.
Ist das Potential an der positiven Klemme des Messgerätes größer als das Potential an der negativen
Klemme, zeigt es einen positiven, andernfalls einen negativen Messwert an.
Das Messgerät soll die Schaltung nicht beeinflussen. In Kapitel 7.3 wird sich zeigen, dass dazu der
Innenwiderstand möglichst groß sein muss.
34 3 Spannung und elektrische Arbeit
Eine Autobatterie besitzt im vollgeladenen Zustand eine Spannung von 12,65 V. Die Spannung sollte
nicht unter 12,53 V absinken, in diesem Zustand besitzt die Batterie ungefähr 85 % der Nennladung.
Bei einer Spannung von 12,24 V ist die Batterie halb geladen, bei 11,89 V praktisch vollständig entla-
den. Sollte sie noch weiter entladen werden, kann sie auch bei nachfolgender Vollladung nur noch einen
Teil ihrer ursprünglichen Kapazität erreichen [GELL11].
100
80
Ladezustand SOC / %
60
40
20
0
11,8 12 12,2 12,4 12,6 12,8
Ruhespannnung U / V
Der kurz nach Anlassen des Motors gemessene Spannungswert von 12,002 V suggeriert, dass die Bat-
terie nur zu 18 % geladen ist. Eine Nachmessung fünf Stunden nach Motorstart ergibt eine Spannung
von 12,583 V, was einem Ladezustand von 95 % entspricht.
3.2 Arbeit, Leistung und Wirkungsgrad 35
3.2.1 Leistung
In technischen Anwendungen ist es häufig von Bedeutung, in welcher Zeitspanne t eine bestimmte
Arbeit W verrichtet wird. Bestimmend hierfür ist die physikalische Größe Leistung. Sie erhält das
Formelzeichen P (power). Ihre Einheit ist das Watt.
W
P (3.15)
t
1 Watt ist diejenige Leistung, bei der während der Zeit 1 s die Energie 1 J umgesetzt wird.
J
P 1 s 1 W (3.16)
Wenn die Leistung P im Zeitintervall t nicht konstant ist, ergibt sich aus Gleichung (3.15) der
arithmetische Mittelwert der Leistung in der Zeitspanne t.
t
W P t dt
0
(3.17)
P
t t
Bei nicht konstanter Leistung gilt für die Leistung die differenzielle Beschreibung
dW
P t (3.18)
dt
und die im Zeitraum t1 … t2 verrichtete Arbeit wird über eine Integralgleichung bestimmt.
t2
W P t dt (3.19)
t1
Für eine konstante Leistung P kann die in der Zeit Δt verrichtete Arbeit berechnet werden als
W P t (3.20)
Fließt durch einen Erzeuger oder einen Verbraucher ein Gleichstrom I und liegt an dem Verbraucher die
Spannung U an, so wird zwischen den Klemmen die Energie
W U Q U I t P t (3.21)
umgesetzt. Damit ergibt sich für die elektrische Leistung P der Zusammenhang
P U I (3.22)
Damit kann die Einheit Volt auch über Strom und Leistung definiert werden. 1 Volt ist die elektrische
Spannung zwischen zwei Punkten eines linearen Leiters, in dem bei einem Gleichstrom von 1 A zwi-
schen den beiden Punkten eine Leistung von 1 Watt umgesetzt wird. Weiterhin ergeben sich aus den
bisherigen Herleitungen die Äquivalenzen
36 3 Spannung und elektrische Arbeit
J
1W 1 1V 1 A (3.23)
s
Im Nennbetrieb geben Erzeuger die sogenannte Nennleistung PN ab, und Verbraucher nehmen die Nenn-
leistung PN auf. Dabei liegt die Nennspannung UN an den Anschlussklemmen an, und es fließt der
Nennstrom IN. PN, UN und IN sind Daten, die bei elektrischen Geräten immer angegeben sein sollten.
h Min. s
WAKT PAKT t 0,1 W 365 d 24 60 60 3.1536 MJ (3.24)
d h Min.
Wegen der hohen Zahlenwerte rechnen Energieversorger den Verbrauch in kWh ab.
h
WAKT PAKT t 0,1 W 365 d 24 = 0,876 kWh (3.25)
d
Im Jahr 2008 war der mittlere Verbrauch eines Fernsehers im Stand-by nach Angaben des VDE mit PALT
= 6 W ungefähr 60-mal so groß. Das entsprach einem jährlichen Verbrauch von
h
WALT PALT t 6 W 365 d 24 52,560 kWh (3.26)
d
3.2.2 Wirkungsgrad
Bei technischen Geräten ist die nutzbare abgegebene Leistung PAB, um die Verlustleistung PV kleiner
als die zugeführte Leistung PZU. Ein Beispiel dafür ist die nutzbare mechanische Leistung auf der Welle
eines Elektromotors. Die Verlustleistung ist dabei die Leistung, die nicht gemäß dem eigentlichen Be-
stimmungsziel verwendet wird. Im Beispiel entsteht bei dem Betrieb eines Motors Wärme, die als Ver-
lustleistung bezeichnet und nicht in mechanische Leistung umgesetzt wird.
Eine häufig benutzte Darstellung ist die Beschreibung der Verluste über den Wirkungsgrad eines
Gerätes.
PAB
(3.28)
PZU
Um den Wirkungsgrad eines Gerätes zu bestimmen, wird ein Stromkreis aus Erzeuger, Zuleitung und
Verbraucher analysiert.
3.2 Arbeit, Leistung und Wirkungsgrad 37
Alle Anlagenteile sind verlustbehaftet. Für Erzeuger, Zuleitung und Verbraucher können einzelne
Wirkungsgrade definiert werden
PEAB
E (3.29)
PEZU
PLAB
L (3.30)
PLZU
PVAB
V (3.31)
PVZU
Der Gesamtwirkungsgrad G ergibt sich aus dem Verhältnis von zugeführter Leistung zur abgegebenen
Leistung. Für die Leistungen gilt die Beziehung PEAB = PLZU und PLAB = PVZU. Deshalb kann der Ausdruck
erweitert werden zu
Der Gesamtwirkungsgrad einer Anlage berechnet sich aus dem Produkt der Teilwirkungsgrade sämtli-
cher hintereinandergeschalteter Anlagenteile.
38 3 Spannung und elektrische Arbeit
Das einfallende Sonnenlicht erreicht an schönen Sommertagen eine Leistung von 700 W/m2. Bei einer
Installation von acht Modulen mit einer Fläche von jeweils 1.6 m2 ergibt sich eine Einstrahlleistung von
W
PSZU 700 8 1,6 m2 8,960 kW (3.33)
m2
Die elektrische Leistung, die den Solarzellen entnommen wird, ergibt sich bei einem Wirkungsgrad der
Solarzelle von S = 21 % zu
Um die Batterie geeignet zu betreiben, wird ein Laderegler eingesetzt. Er besitzt einen Wirkungsgrad
von L = 98 %. Damit wird in die Batterie eine Leistung von
eingespeist. Beim Aufladen und Entladen von Bleibatterien wird ein Teil der elektrischen Leistung
durch den inneren Widerstand der Zellen in Wärme umgewandelt. In dem Beispiel wird zunächst davon
ausgegangen, dass die elektrische Leistung nicht direkt genutzt, sondern komplett in der Batterie zwi-
schengespeichert wird. Bei einem Wirkungsgrad für die Speicherung von B = 65 % ergibt sich eine
Leistungsabgabe von
3.3 Zusammenfassung 39
Die Gleichspannung der Batterie wird mit einem Wechselrichter in eine Wechselspannung überführt.
Er hat einen Wirkungsgrad von W = 96 %, sodass dem Verbraucher eine elektrische Leistung von
1,1506 kW
G1 S L B W 0,21 0,98 0,65 0,96 0,1284 12,84% (3.38)
8,960 kW
Würde die elektrische Leistung direkt verbraucht und nicht in der Batterie zwischengespeichert, ergäbe
sich eine deutlich bessere Bilanz, da der Wirkungsgrad der Batterie nach der Solarzelle den kleinsten
Wert aufweist.
3.3 Zusammenfassung
Tabelle 3.2 fasst die wesentlichen Zusammenhänge zu Spannung und elektrischer Arbeit tabellarisch
zusammen.
Tabelle 3.2: Zusammenfassung der wesentlichen Zusammenhänge zu Spannung und elektrischer Arbeit
s s
W 2 2
Spannung U21 E s ds E ds E s2 s1
Q s1 s1
dW W
Leistung P
dt t
t2
Arbeit W P t dt P t
t1
PAB
Wirkungsgrad
PZU
Einzelwirkungsgrade multiplizieren G V L E
sich zum Gesamtwirkungsgrad
40 3 Spannung und elektrische Arbeit
3.4 Literaturverzeichnis
[GELL11] Gellerich Wolfgang: Akkumulatoren - Grundlagen und Praxis, Shaker Media, Aachen,
2011
[SMA016] SUNNY BOY 3600 / 5000 SMART ENERGY, SMA Solar Technology AG,
http://www.sma.de/produkte/solar-wechselrichter/sunny-boy-3600-5000-smart-en-
ergy.html
Zugriff 08.09.2016
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
4 Zweipole
Aufladevorgang Entladevorgang
I I
Q Q0 I t Q Q0 I t
Bild 4.1: Zusammenhang zwischen Stromrichtung und Ladung bei einem Plattenkondensator
Die beiden Platten tragen zeitlich veränderliche, positive beziehungsweise negative Ladungen vom glei-
chen Betrag. Beim Aufladevorgang kann die Ladung durch die Gleichung
Q Q0 I t (4.1)
beschrieben werden. Die erhöht, indem Ladung wird also ausgehend von einer Anfangsladung Q0 in den
Ladungsspeicher Strom hineinfließt. Beim Entladevorgang fließt der Strom heraus, so wird die Ladung
gegenüber der Anfangsladung Q0 verringert. Es gilt
Q Q0 I t (4.2)
Um zu vermeiden, dass zur Beschreibung von Schaltungen zwei unterschiedliche Gleichungen angege-
ben müssen, wird Gleichung (4.1) verwendet und hinsichtlich des Vorzeichens eine Vereinbarung ge-
troffen werden. Fließt der Strom in den Ladungsspeicher, wird I in die Gleichung mit positivem Vorzei-
chen eingesetzt. Fließt der Strom aus dem Ladungsspeicher, wird I in die Gleichung mit negativem Vor-
zeichen eingesetzt. Diese Vereinbarung wird durch einen Bezugspfeil für den Strom I dargestellt.
Bild 4.2 zeigt unterschiedliche Bezugspfeile für das Beispiel des Ladungsspeichers.
I I
Gemäß DIN 5489 wird der Bezugspfeil eines Stromes in den Leitungszweig gezeichnet. Aus Über-
sichtsgründen wird im Buch der Bezugspfeil an einigen Stellen dicht neben den Leitungszweig gezeich-
net. Der Bezugspfeil gibt den positiven Sinn des Stromes wieder und wird als Bezugssinn bezeichnet.
Wirkt der Strom in Bezugspfeilrichtung, erhält er ein positives Vorzeichen. Fließt der Strom entgegen
der Bezugspfeilrichtung, erhält er ein negatives Vorzeichen.
4.2 Bezugspfeile für Ströme und Spannungen 43
Technische Stromrichtung
I1 1A I2 1A
Der Bezugspfeil kann mit der technischen Richtung des Stromes, also der Bewegungsrichtung der po-
sitiven Ladungsträger, übereinstimmen oder ihm entgegen gerichtet sein. Entsprechend besitzt er ein
positives oder negatives Vorzeichen.
U12 1 2 (4.3)
U21 2 1 (4.4)
Bei Verwendung eines Bezugspfeils kann der Doppelindex entfallen. Als Beispiel wird die Spannungs-
angabe einer 9-V-Blockbatterie diskutiert. In Bild 4.4 sind dazu zwei unterschiedliche Zählpfeile dar-
gestellt.
1 1
U U
2 2
U U12 1 2 9 V U U 21 2 1 9 V
Auf der linken Seite ist der Spannungspfeil von Punkt 1 nach Punkt 2 eingezeichnet. Da das Potential
an Punkt 1 höher ist als an Punkt 2 gilt
U U12 1 2 9 V 0 V 9 V (4.5)
Auf der rechten Seite ist der Spannungspfeil von Punkt 2 nach Punkt 1 eingezeichnet. Damit gilt unter
ansonsten gleichen Bedingungen
U U21 2 1 0 V 9 V 9 V (4.6)
44 4 Zweipole
Erzeuger-Pfeilsystem
Bei dem Erzeuger-Pfeilsystem haben Bezugspfeile für Spannungen und Ströme eine entgegengesetzte
Orientierung. Bild 4.5 zeigt einen Zweipol mit Erzeuger-Pfeilsystem. Der Strompfeil ist zur Verdeutli-
chung noch einmal neben dem Zweipol dargestellt.
I
U I
Für den Erzeuger stimmen die Bezugspfeile für die Spannungen mit dem wahren Spannungsabfall und
die Bezugspfeile der Ströme mit der wahren Stromrichtung überein. Deshalb sind beim Erzeuger die
Zahlenwerte für U und I positiv. Die von dem Erzeuger abgegebene Leistung ist ebenfalls positiv.
PAB,EP U I 0 (4.7)
Auch für Verbraucher kann das Erzeuger-Pfeilsystem angewendet werden. In dem Fall stimmt aber ent-
weder der Bezugspfeil für die Spannung nicht mit dem wahren Spannungsabfall überein oder der Be-
zugspfeil des Stroms nicht mit der wahren Stromrichtung. Deshalb ist beim Verbraucher einer der Zah-
lenwerte für U oder I negativ, der andere ist positiv. In diesem Bezugssystem ist damit die von dem
Verbraucher aufgenommene Leistung negativ.
Verbraucher-Pfeilsystem
Bei dem Verbraucher-Pfeilsystem haben Bezugspfeile für Spannungen und Ströme dieselbe Orientie-
rung. Bild 4.6 zeigt einen Zweipol mit Verbraucher-Pfeilsystem. Der Strompfeil ist zur Verdeutlichung
wieder neben dem Zweipol dargestellt.
I
U I
Für den Verbraucher stimmen die Bezugspfeile für die Spannungen mit dem wahren Spannungsabfall
und die Bezugspfeile der Ströme mit der wahren Stromrichtung überein. Deshalb sind am Verbraucher
die Zahlenwerte für U und I positiv. Die von dem Verbraucher aufgenommene Leistung ist ebenfalls
positiv.
Auch für Erzeuger kann das Verbraucher-Pfeilsystem angewendet werden. In dem Fall stimmt aber ent-
weder der Bezugspfeil für die Spannung nicht mit dem wahren Spannungsabfall überein oder der Be-
zugspfeil des Stroms nicht mit der wahren Stromrichtung. Deshalb ist beim Erzeuger einer der Zahlen-
werte für U oder I negativ, der andere positiv. In diesem Bezugssystem ist damit die von dem Erzeuger
abgegebene Leistung negativ.
PAB,VP U I 0 (4.10)
I1 I2
Erzeuger U1 U2 Verbraucher
Die wahre Stromrichtung und der wahre Spannungsabfall stimmen bei Erzeuger und Verbraucher mit
den entsprechenden Pfeilrichtungen überein. Spannungen und Ströme haben damit positives Vorzei-
chen. Die Leistung bei Erzeuger und Verbraucher ist deshalb in beiden Fällen positiv. Aufgrund der
entsprechend gewählten Pfeilsysteme ist trotz einheitlichem Vorzeichen klar, dass der Erzeuger Leis-
tung abgibt, während der Verbraucher Leistung aufnimmt.
46 4 Zweipole
I1 I2
Erzeuger U1 U2 Verbraucher
Beim Erzeuger ist der Strompfeil entgegengesetzt zur wahren Stromrichtung. Der Strom weist damit ein
negatives Vorzeichen auf. Die Leistung beim Erzeuger ist damit negativ. Bei dem Verbraucher hat sich
nichts geändert. Die wahre Stromrichtung und der wahre Spannungsabfall stimmen mit den entspre-
chenden Pfeilrichtungen überein. Spannungen und Ströme haben damit positives Vorzeichen. Die Leis-
tung beim Verbraucher ist positiv. Wird für alle Zweipole einheitlich ein Verbraucher-Pfeilsystem ver-
wendet, kann an dem Vorzeichen der Leistung abgelesen werden, ob es sich um einen Erzeuger oder
einen Verbraucher handelt.
Zusammenfassung
Prinzipiell können Bezugspfeile frei gewählt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist es jedoch
bei komplexen Schaltungen zweckmäßig, in einer elektrischen Schaltung nur ein Pfeilsystem anzuwen-
den. Ein einheitliches Zählpfeilsystem erlaubt zu jeder Zeit eine Energiebilanz, auch in umfangreichen
Netzwerken. In dem Fall wird für alle Zweipole das Verbraucher-Pfeilsystem empfohlen.
Tabelle 4.1 stellt den Zusammenhang zwischen Bezugspfeilen und Vorzeichen der Leistung P zusam-
men.
Tabelle 4.1: Zuordnung von Bezugspfeilen und Vorzeichen der Leistung
I I
Schaltbild U U
Erzeuger P U I 0 P U I 0
Verbraucher P U I 0 P U I 0
4.3 Verhalten von Zweipolen 47
I f U (4.11)
U f I (4.12)
an. Die Gleichungen ergeben sich aus physikalischen Gesetzen oder Spezifikationen von Bauelementen.
I
A
Netzteil V U
Zur Aufnahme der Kennlinie wird ein Netzteil mit einstellbarer Spannung verwendet. Mit unterschied-
lichen Spannungseinstellungen ergeben sich die in Tabelle 4.2 zusammengestellten Ströme. Die Punkte
werden in ein Diagramm eingetragen und geeignet verbunden. Es ergibt sich die in Bild 4.10 Strom-
Spannungskennlinie.
48 4 Zweipole
Tabelle 4.2: Messwerte für die Bestimmung der Strom-Spannungskennlinie einer Glühlampe
U/V - 5,0 - 4,5 - 4,0 - 3,5 - 3,0 - 2,5 - 2,0 - 1,5 - 1,0 - 0,5 0,0
I/A - 0,423 - 0,403 - 0,379 - 0,356 - 0,329 - 0,301 - 0,268 - 0,232 - 0,189 - 0,134 0,000
U/V 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0
I/A 0,000 0,135 0,190 0,232 0,269 0,299 0,328 0,355 0,380 0,402 0,424
0,5
0,25
Strom I / A
-0,25
-0,5
-5 -2,5 0 2,5 5
Spannung U / V
2. Quadrant 1. Quadrant
Aktiver Zweipol Passiver Zweipol
Strom I / A
3. Quadrant 4. Quadrant
Passiver Zweipol Aktiver Zweipol
0
Spannung U / V
Bild 4.11: Einteilung von Zweipolen in aktive und passive Zweipole anhand ihrer Strom-Spannungskennlinie
Im ersten und dritten Quadranten haben Spannung und Strom gleiches Vorzeichen. Die Leistung ist
positiv und der Zweipol nimmt Leistung auf. Er ist ein passiver Zweipol. Liegt die Kennlinie im zweiten
oder vierten Quadranten, ist der Wert für Strom oder Spannung negativ. Damit ist die Leistung negativ,
der Zweipol ist ein aktiver Zweipol.
4.4 Ideale Quellen als Zweipole 49
I 0A I IK
U U IK
Leerlauf Kurzschluss
Leerlauf
Dem Zweipol wird kein Strom entnommen. Die Batterie liegt zum Beispiel unbenutzt in der Schublade.
Es gilt I = 0 A. Bei diesem Betriebszustand, der Leerlauf genannt wird, liegt die Leerlaufspannung UQ an
den Klemmen des Zweipols an. Die sogenannte Klemmenspannung U entspricht demnach der Leer-
laufspannung. Da der Strom I = 0 A beträgt, wird dem Zweipol keine Leistung entnommen.
Kurzschluss
Der Zweipol wird an den Klemmen ideal leitend überbrückt, wodurch ein Kurzschluss entsteht und die
Spannung an den Klemmen zu U = 0 V wird. Es fließt ein Kurzschlussstrom IK. Da das Erzeuger-Pfeil-
system verwendet wird, sind die Bezugspfeile von I und IK wie in Bild 4.12 gleichsinnig gerichtet. Es gilt
also I = IK. Durch die inneren Verluste kann der Erzeuger im Kurzschluss unzulässig erwärmt werden.
Wird eine Batterie kurzgeschlossen, entsteht ein sehr hoher Kurzschlussstrom, der bei einem NiCd-Akku
der Größe AA (Mignon) bis zu 20 A betragen kann. Die Batterie erhitzt sich sehr schnell und kann völlig
zerstört werden. Eine Solarzelle hingegen kann ohne Weiteres kurzgeschlossen werden. Die Auswirkung
des Kurzschlusses von Quellen ist abhängig von ihrem Innenwiderstand, der in Kapitel 8 behandelt wird.
Der Kurzschlussfall ist zum Verständnis von aktiven Zweipolen beziehungsweise Quellen jedoch unab-
hängig von der technischen Realisierbarkeit wichtig.
50 4 Zweipole
Bei Leerlauf gibt der Zweipol keine Leistung ab, da der Quellenstrom I = 0 A beträgt.
P U I U 0 A 0 W (4.13)
Bei Kurzschluss gibt der Zweipol ebenfalls keine Leistung ab, da an einem idealen Kurzschluss die Klem-
menspannung U = 0 V ist.
P U I 0 V I 0 W (4.14)
Zwischen diesen beiden Grenzfällen kann der Zweipol Leistung an einen angeschlossenen Verbraucher
abgeben. Ein Zweipol wird als Quelle bezeichnet, wenn er eine Leerlaufspannung und einen Kurzschluss-
strom aufweist.
Ideale Spannungsquelle
Bei idealen Spannungsquellen ist die Klemmenspannung U stets genauso groß wie die Quellenspannung
UQ und damit vom Strom I unabhängig. Der Strom I ist mit dieser Voraussetzung von der äußeren Be-
schaltung abhängig.
aktiv
Strom I
0
UQ
I
passiv
0 U
Q
Spannung U
Eine ideale Spannungsquelle kann nicht im Kurzschluss betrieben werden, denn es gibt keinen Punkt der
I-U-Kennlinie, in dem U = 0 V ist.
Wenn die ideale Spannungsquelle aktiv betrieben werden und damit Leistung abgeben soll, muss beim
Erzeuger-Pfeilsystem der Strom I positiv sein. Ist der Strom negativ, dann fließt Strom in die Spannungs-
quelle hinein und die Spannungsquelle wird passiv betrieben. Die ideale Spannungsquelle kann damit ein
aktiver oder passiver Zweipol sein. Das Verhalten hängt von der äußeren Beschaltung ab.
4.4 Ideale Quellen als Zweipole 51
Eine ideale Spannungsquelle lässt sich mit elektronischen Schaltungen näherungsweise verwirklichen.
Eine solche Quelle wird als Konstantspannungsquelle bezeichnet. Allerdings kann der Strom technisch
bedingt nur innerhalb gewisser Grenzen variiert werden, ohne die Spannung zu verändern.
R/ 12 15 18 22 27 33 39 47 56 68
I/A 1,049 0,840 0,700 0,573 0,467 0,382 0,323 0,268 0,225 0,186
U/V 12,599 12,605 12,609 12,613 12,616 12,619 12,620 12,622 12,623 12,624
Die Klemmenspannung U der Batterie ändert sich in dem variierten Strombereich um U = 0,015 V, die
mittlere Spannung beträgt 12,615 V. Das entspricht einer relativen Abweichung von
U 0,015 V
0,12 % (4.15)
UQ 12, 615 V
Autobatterien können demnach in einem Strombereich bis 1 A in guter Näherung als ideale Spannungs-
quellen aufgefasst werden.
Ideale Stromquelle
Eine zweite ideale Quelle ist die ideale Stromquelle. Sie liefert unabhängig von der Klemmenspannung
einen konstanten Quellenstrom IQ an einen angeschlossenen Verbraucher. Die Klemmenspannung ist da-
bei von der äußeren Beschaltung abhängig.
I
Q
passiv aktiv
Strom I
0
U
IQ
0
Spannung U
Eine ideale Stromquelle kann nicht im Leerlauf betrieben werden, weil in keinem Punkt ihrer I-U-Kenn-
linie I = 0 A ist.
52 4 Zweipole
Die ideale Stromquelle gibt Leistung ab, wenn die Spannung U positiv ist. Ist die Spannung negativ,
haben Spannung und Strom dieselbe Richtung und die Stromquelle wird passiv betrieben. Die ideale
Stromquelle kann damit ein aktiver oder passiver Zweipol sein. Das Verhalten hängt wie bei der idealen
Spannungsquelle von der äußeren Beschaltung ab.
Eine ideale Stromquelle kann nur durch elektronische Schaltungen näherungsweise verwirklicht werden.
Eine solche Stromquelle wird als Konstantstromquelle bezeichnet. Auch für eine solche Konstantstrom-
quelle sind schaltungsabhängig bestimmte Werte der Klemmenspannung nicht zu über- oder zu unter-
schreiten.
4.4.3 Zusammenfassung
Tabelle 4.4 fasst die wesentlichen Zusammenhänge zu idealer Spannungs- und Stromquelle tabellarisch
zusammen.
Tabelle 4.4: Zusammenfassung der wesentlichen Zusammenhänge zu idealer Spannungs- und Stromquelle
Ideale Spannungsquelle,
Spannungsabfall ist immer UQ,
UQ
Strom ergibt sich
I
über äußere Beschaltung
Ideale Stromquelle,
Strom ist immer IQ,
U
Spannungsabfall ergibt sich
IQ
über äußere Beschaltung
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 53
Punktsymmetrische Strom-Spannungskennlinien
Die Kennlinie der Strom-Spannungskennlinie verläuft bei passiven Zweipolen durch den Ursprung, da
für eine Spannung U = 0 V kein Strom fließen kann. Bei der Glühlampe sind die Kennlinienteile im 1.
und 3. Quadranten punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung. Bei einer solchen punktsymmetrischen
Kennlinie genügt es deshalb, nur einen Quadranten zu zeichnen.
0,5
Strom I / A
0,25
0
0 2,5 5
Spannung U / V
Eine punktsymmetrische Kennlinie ergibt sich immer dann, wenn die Klemmen des Zweipols vertauscht
werden können, ohne dass sich an seiner elektrischen Eigenschaft etwas ändert. Bei einer Glühlampe ist
es zum Beispiel gleichgültig, in welcher Richtung der Strom durch den Glühfaden fließt.
54 4 Zweipole
Unsymmetrische Strom-Spannungskennlinien
Es gibt auch passive Zweipole, deren I-U-Kennlinie nicht punktsymmetrisch ist. Ein Beispiel für einen
solchen Zweipol ist eine Diode. Im ersten Quadranten, dem sogenannten Durchlassbereich, fließt bei
relativ niedriger Spannung U bereits ein hoher Strom I. Hier ist der Widerstand sehr niedrig. Zum Beispiel
ergibt sich für die Diode 1N4007 ein Widerstand von 0,9 bei 0,9 V und 1,0 A [Vish16]. Im dritten
Quadranten fließt nur ein sehr kleiner Strom, der im Diagramm mit diesem Maßstab nicht abzubilden ist.
Der Widerstand ist sehr groß. Bei einer Spannung von U = - 500 V ergibt sich ein Strom
I = - 5 µA und damit ein Widerstand von R = 100 M. Da die Diode den Strom praktisch sperrt, wird
der Bereich als Sperrbereich bezeichnet. Dieses Verhalten von Dioden wird genutzt, um bei Spannungen
mit wechselnder Polarität einen Strom nur in einer Richtung fließen zu lassen.
0,8
I
A Strom I / A 0,6
0,4
V U
0,2
-1 -0,5 0 0,5 1
Spannung U / V
Bild 4.16: Schaltungsanordnung zur Ermittlung der I-U-Kennlinie einer Diode und
I-U-Kennlinie einer Diode bei Verwendung des Verbraucher-Pfeilsystems
U
R (4.16)
I
U 1 V 1
R (4.17)
I 1 A
Ein passiver Zweipol besitzt den Widerstand 1 , wenn zwischen seinen Klemmen bei einem Strom von
I = 1 A die Spannung U = 1 V abfällt. Der Widerstand ist bei Verwendung des Verbraucher-Pfeilsystems
immer positiv.
Der Kehrwert des Widerstandes wird als Leitwert G bezeichnet.
I 1
G (4.18)
U R
I 1 A 1 Siemens 1 S
G (4.19)
U 1 V
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 55
Dabei ist zu beachten, dass bei einem passiven Zweipol mit nichtlinearer I-U-Kennlinie wie zum Beispiel
einer Glühlampe der Widerstand R in verschiedenen Punkten der Kennlinie unterschiedliche Werte auf-
weist. Ein solcher Zweipol wird als nichtlinearer passiver Zweipol bezeichnet.
Die Kombination von einer Spannung und dem dazugehörigen Strom wird Arbeitspunkt genannt. Der
Widerstand wird bei nichtlinearen Zweipolen immer für einen Arbeitspunkt angegeben. Der Widerstand
in einem Arbeitspunkt kann als Steigung der Verbindung vom Koordinatenursprung mit dem Arbeits-
punkt verstanden werden. Bild 4.17 verdeutlicht, dass sich für die unterschiedlichen Arbeitsspunkte einer
Glühlampe auf der Strom-Spannungskennlinie unterschiedliche Widerstände ergeben.
0,5
Kennlinie
0,42 Arbeitspunkte
0,38
0,33
Strom I / A
0,27
0,19
0
0 1 2 3 4 5
Spannung U / V
Ist die I-U-Kennlinie eines passiven Zweipols eine Gerade durch den Ursprung, wird der Zweipol als
linearer passiver Zweipol bezeichnet. Sein Widerstand hat in jedem Punkt der Kennlinie denselben Wert.
Solche Widerstände werden als ohmsche Widerstände bezeichnet. Dieser Sonderfall wird im Abschnitt
4.5 behandelt.
I2
P U I I2 R (4.20)
G
oder
2 U2
P U I U G (4.21)
R
Die elektrische Leistung hängt ebenfalls von dem gewählten Arbeitspunkt ab.
56 4 Zweipole
I A e nP v P nN v N (4.22)
Im Abschnitt 2.1.2 wird gezeigt, dass die elektrische Feldstärke die Ursache für die Kraft auf Ladungs-
träger ist.
F =Q E (4.23)
Diese Kraft ist als Ursache der Bewegung der Ladungsträger anzusehen. Durch die Kraft werden die
Ladungsträger beschleunigt und erreichen in sehr kurzer Zeit die konstante Driftgeschwindigkeit v. Der
Quotient aus Geschwindigkeit v und elektrischem Feld E wird als Beweglichkeit b der Ladungsträger
definiert
v
b (4.24)
E
Mit der Beweglichkeit lässt sich die Driftgeschwindigkeit v auf die Feldstärke E zurückführen. Für die
positiven und negativen Ladungsträger gilt
vP bP E (4.25)
v N bN E (4.26)
I e nP bP nN bN A E (4.27)
In einem stabförmigen homogenen Leiter kann die Feldstärke durch die Spannung zwischen zwei Punk-
ten auf dem Leiter angegeben werden, und es ergibt sich
U
I e nP bP nN bN A (4.28)
L
Dabei ist L die Strecke, über der die Spannung U abfällt. Der Widerstand R ergibt sich damit zu
U 1 L
R (4.29)
I e nP bP nN bN A
Diese Gleichung besteht aus zwei Faktoren. Der erste Quotient L/A ist geometrieabhängig, der zweite
Faktor ist materialabhängig. Dieser zweite Anteil wird als spezifischer Widerstand bezeichnet.
1
(4.30)
e nP bP nN bN
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 57
Mit der Bezeichnung für den spezifischen Widerstand ergibt sich für den ohmschen Widerstand R
L
R (4.31)
A
A 1 m
R (4.32)
L
Für technische Anwendungen wird der spezifische Widerstand auf die Fläche in Millimeter und die Länge
in Metern bezogen, sodass sich als technische Einheit
mm2
1 m
(4.33)
ergibt.
In manchen Anwendungen ist es zielführend, statt des spezifischen Widerstands ρ die Leitfähigkeit
anzugeben. Sie ist der Kehrwert des spezifischen Widerstandes und ergibt sich aus
1
e nP bP nN bN (4.34)
Ohmsches Gesetz
Die Leitfähigkeit beziehungsweise der spezifische Widerstand ist im Allgemeinen nicht konstant, son-
dern insbesondere von der Temperatur abhängig. Bei Halbleitern nehmen zum Beispiel die Ladungsträ-
gerdichten nP und nN mit steigender Temperatur zu, was die Leitfähigkeit erhöht. Bei Metallen sind nur
freie Elektronen als Ladungsträger vorhanden (nP = 0), deren Dichte nN temperaturunabhängig und daher
konstant ist. Bei zunehmender Temperatur setzten jedoch die stärkeren Gitterschwingungen der Atom-
rümpfe die Beweglichkeit bN der Elektronen herab und der Widerstand steigt.
Wird bei Metallen die Temperatur konstant gehalten, so erweist sich aufgrund der dabei konstanten Be-
weglichkeit der Elektronen auch der spezifische Widerstand ρ als konstant. Damit berechnet sich bei
gegebener Geometrie A und L der konstante Widerstand R zu
L
R (4.35)
A
Dieser Zusammenhang wird als Ohmsches Gesetz bezeichnet (Georg Simon Ohm, 1787-1854). Es sagt
aus, dass der spezifische Widerstand von der angelegten Spannung und von dem Strom unabhängig und
damit der Widerstand R unabhängig von Spannung und Strom konstant ist.
U
R (4.36)
I
58 4 Zweipole
Das ohmsche Gesetz gilt jedoch nur bei konstanten äußeren Bedingungen, insbesondere bei konstanter
Temperatur. Eine Glühlampe kann kein ohmscher Widerstand sein, da bei ihr die Erwärmung des Me-
talldrahtes erwünscht ist, sie glüht und emittiert Licht. Weitere Einflussgrößen sind zum Beispiel:
Magnetfelder
Die Abhängigkeit ist beim Halbleitermaterial Indiumantimonid (InSb) besonders stark. Dieses
Material wird für magnetfeldabhängige Widerstände, sogenannte Feldplatten, verwendet.
Druck
Bei Halbleitern wird durch zunehmenden Druck eine Zunahme der Leitfähigkeit hervorgeru-
fen. Der Effekt wird als piezoresistiver Effekt bezeichnet. Anwendung findet dieser Effekt zum
Beispiel bei Drucksensoren.
Als ohmscher Widerstand wird ein idealer Zweipol bezeichnet, bei dem das ohmsche Gesetz unabhängig
von äußeren Einflüssen stets erfüllt ist. Gleichung (4.31) ist somit die Zweipolgleichung für den ohm-
schen Widerstand. Ein ohmscher Widerstand ist ein linearer passiver Zweipol, seine
I-U-Kennlinie ist eine Gerade durch den Koordinatenursprung.
2,5
R = 2 k
2
R = 5 k
1,5
I 1
A
Strom I / mA
0,5
0
V U R -0,5
-1
-1,5
-2
-2,5
-5 -2,5 0 2,5 5
Spannung U / V
Bild 4.18: Schaltungsanordnung zur Ermittlung der I-U-Kennlinie eines ohmschen Widerstandes und
I-U-Kennlinie eines ohmschen Widerstandes bei Verwendung des Verbraucher-Pfeilsystems
Der Nachweis des ohmschen Gesetzes an einem Leiter oder einem käuflichen Widerstand ist nicht ein-
fach, weil sich der Leiter bei Stromdurchgang erwärmt. Wegen der Erwärmung ergibt sich bei höheren
Spannungen eine nichtlineare Kennlinie. Nur wenn der Leiter gekühlt wird, sodass sich seine Temperatur
bei unterschiedlichen Spannungen nicht ändert, ist die Kennlinie linear. Typischerweise werden derartige
Messungen deshalb in einem Ölbad durchgeführt, das elektrisch isoliert und für eine gute Wärmeablei-
tung sorgt.
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 59
U/V 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
I / mA 10 20 30 40 51 61 72 82 93 105
P/W 0,010 0,040 0,090 0,160 0,255 0,366 0,504 0,656 0,837 1,050
R/ 100,00 100,00 100,00 100,00 98,04 98,36 97,22 97,56 96,77 95,24
U/V 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
240
Messung
200 Lineare Kennlinie
160
Strom I / mA
120
80
40
0
0 4 8 12 16 20
Spannung U / V
Der Strom steigt erwartungsgemäß mit steigender Spannung an. Allerdings ist ein progressiver Strom-
anstieg zu erkennen. Zur Interpretation des Ergebnisses sind in Bild 4.20 die Verlustleistung P und der
Widerstand R als Funktion der Spannung dargestellt.
60 4 Zweipole
3 100
Widerstand R /
Leistung P / W
2 95
1 90
0 85
0 4 8 12 16 20 0 1 2 3 4
Spannung U / V Leistung P / W
Mit steigender Versorgungsspannung steigt der Strom und damit die Verlustleistung an. In Bild 4.20 ist
der quadratische Zusammenhang zwischen Spannung und Leistung gut zu erkennen.
U2
P U I (4.37)
R
Der Widerstandswert ist spezifiziert für eine Verlustleistung von 0.25 W. Bis zu dieser Verlustleistung
bleibt der Widerstandswert weitgehend konstant. Oberhalb dieser Grenze erhitzt sich der Widerstand
und der Widerstandswert sinkt mit der Temperatur. Dadurch steigen der durchfließende Strom und die
umgesetzte Leistung weiter an. Der Widerstand wird zerstört. Bild 4.21 zeigt einen neuen und einen
durch Überhitzung zerstörten Widerstand. Der Lack, der den Widerstand abgedeckt und isoliert hat, ist
verkohlt. Die rote Verfärbung in der Mitte ist beim Glühen des Widerstandes entstanden.
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 61
R R() P R
Zum Abgleich von Schaltungen werden häufig Potentiometer eingesetzt. Bei diesen Bauelementen wird
auf einem Widerstandsmaterial ein Schleifkontakt angebracht, sodass dieser Schleifer einen beliebigen
Punkt auf dem Widerstand elektrisch abgreifen kann. In diesem Buch wird ein Potentiometer oft mit
einer Stellung x verwendet. Diese Darstellung ist äquivalent zur Darstellung mit zwei Widerständen
Px und P·(1 - x).
P Px P 1 x
In der angelsächsischen Literatur sind Zackenlinien als Widerstandssymbol zu finden. Die Symbole für
einstellbare Widerstände, Potentiometer und Trimmer sind entsprechend mit dieser Zackenlinie gezeich-
net.
Automatische Bestückung
Surface Mounted Device (SMD)
mit hoher Packungsdichte
Sonderanwendungen
Leistungswiderstand
mit hohem Leistungsbedarf
Widerstände in Through Hole Technologie werden in Serienanwendungen mittlerweile kaum noch ein-
gesetzt. Im Laborbetrieb ermöglichen die Zuleitungen aber einen schnellen manuellen Aufbau von Mus-
terteilen.
Die Widerstände werden nicht mit beliebigen Werten hergestellt, sondern nur in Werten nach genormten
Zahlenreihen. Sie orientieren sich an einer logarithmischen Teilung einer Zehnerpotenz in 12 beziehungs-
weise 24 Intervalle. Tabelle 4.8 stellt die Nennwertreihe nach DIN 41426 dar.
Tabelle 4.8: Nennwertreihe für elektrische Widerstände nach DIN 41426
Reihe Widerstandswert
E24 1,0 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,7 3,0
E24 3,3 3,6 3,9 4,3 4,7 5,1 5,6 6,2 6,8 7,5 8,2 9,1
Nach dieser Nennwertreihe existiert zum Beispiel kein Widerstand von R = 1780 . Der Widerstands-
wert, der diesem Wert am nächsten liegt, ist der Widerstand mit einem Wert R = 1800 .
Nach DIN 41429 werden Widerstände mit einem System von umlaufenden Farbringen versehen, um
ihren Widerstandswert zu kennzeichnen. Tabelle 4.9 zeigt den Zusammenhang zwischen Farb-Code und
Zahlenwert. Dabei liegt der erste Ring näher an dem einen Ende des Widerstandes als der letzte Ring am
anderen Ende. Teilweise ist auch der letzte Ring etwas abgesetzt, hat aber denselben Abstand zum Rand
wie der erste.
64 4 Zweipole
Beispiel: Widerstandscodierung
Als Beispiel für die Farbkennzeichnung wird ein 270 k Widerstand mit einer Toleranz von
1 % vorgestellt. Er besitzt die Farbringkombination rot - violett - gelb - braun.
Bild 4.25: Beispiel für die Farbkennzeichnung eines 270 k Widerstandes mit einer Toleranz von 1 %
Die beiden ersten Ringe stellen codiert den Zahlenwert 27 dar. Er wird wegen des gelben dritten Rings
mit dem Faktor 104 multipliziert. Der braune Ring an Position 4 gibt die Toleranz von 1 % an. Damit
lautet der vollständige Widerstandswert
R 27 10 4 1% 270 k 1% (4.38)
Tabelle 4.9: Farb-Code zu Kennzeichnung von Widerständen nach DIN 41429
schwarz 0 0 1
braun 1 1 10 1
rot 2 2 100 2
orange 3 3 1000
gelb 4 4 104
blau 6 6 106
violett 7 7 107
grau 8 8 108
weiß 9 9 109
gold - - 0,1 5
silber - - 0,01 10
keine - - - 20
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 65
Für Widerstände mit 1 % Toleranz kann auch die E48 - und E96 - Reihe Verwendung finden. Bei diesen
Werten werden mindestens 3 Ziffern zur Wertekennzeichnung benötigt. Diese Widerstände haben dann
einen Farbring mehr. Ein Widerstand mit dem Wert R = 2,00 k hätte dann 4 Ringe zur Wertekennzeich-
nung in der Reihenfolge rot - schwarz - schwarz - braun - braun.
Die Widerstandswerte von SMD-Widerständen werden mit einem 3- oder 4-stelligen Ziffern- und Buch-
stabenblock oder dem sogenannten EIA-96 Code bezeichnet.
Bei einem dreistelligen Code geben die beiden ersten Ziffern die Dezimalstellen an, und die dritte Ziffer
bezeichnet die Zehnerpotenz des Widerstandswertes. Liegt der Wert unter 10 bezeichnet der Buchstabe
R den Dezimalpunkt. Bei Widerstandswerten unter 1 erfolgt die Angabe der Position der Tausendstel-
Stelle durch ein M.
Tabelle 4.10: Beispiele zur Kennzeichnung von SMD-Widerständen mit dreistelligem Code
Bei einer Toleranz von 5 % und weniger wird ein vierstelliger Code verwendet. Dabei geben die ersten
drei Ziffern die Dezimalstellen an, und die vierte Ziffer bezeichnet die Zehnerpotenz des Widerstands-
wertes. Liegt der Wert unter 10 bezeichnet der Buchstabe R wieder den Dezimalpunkt. Bei Wider-
standswerten unter 1 erfolgt die Angabe der Position der Tausendstel-Stelle wieder durch ein M.
66 4 Zweipole
Tabelle 4.11: Beispiele zur Kennzeichnung von SMD-Widerständen mit vierstelligem Code
Für SMD-Widerstände mit einer Toleranz von 1 % und weniger wird der sogenannte EIA-96 Code ver-
wendet. Dabei werden zwei Ziffern als Code für einen Zahlenwert verwendet. Die Zuordnung ist in
Tabelle 4.14 zusammengefasst. Ein zusätzlicher Buchstabe gibt eine Zehnerpotenz als Multiplikator an.
Er ist in Tabelle 4.12 aufgeführt.
Tabelle 4.12: Multiplikationsfaktor für EIA-96 Code
Das Vorgehen zur Bestimmung des Widerstandes wird an dem ersten Beispiel in Tabelle 4.13 verdeut-
licht. Der Code 68 steht für den Zahlenwert 499. Der Buchstabe X gibt die Zehnerpotenz 10-1 an. Damit
handelt es sich um einen Widerstand von R = 49910-1 = 49,9 .
Tabelle 4.13: Bespiele zur Kennzeichnung von SMD-Widerständen mit EIA-96 Code
Abbildung
4.5.4 Temperaturabhängigkeit
Bei der Behandlung des ohmschen Gesetzes wird darauf hingewiesen, dass sich der Widerstand eines
Leiters im Allgemeinen bei Erwärmung ändert. Je nach Art der Widerstandsänderung können drei Grup-
pen von Leitern unterschieden werden.
Kaltleiter
Der Widerstand von Kaltleitern steigt mit zunehmender Temperatur an, sie leiten im kalten Zustand be-
sonders gut. Alle Metalle sind praktisch Kaltleiter, denn bei Erwärmung bilden die stärkeren thermischen
Schwingungen der Atomrümpfe eine größere Bewegungshemmung für die Elektronen. Besondere Kalt-
leiter-Bauelemente werden auch als PTC-Widerstände (Positive Temperature Coefficient) bezeichnet.
Bei PTC-Widerständen aus Titanat-Keramik (BaTiO3) steigt der Widerstand in einem definierten Tem-
peraturbereich besonders stark an. Der Widerstandswert von Kaltleitern wird typischerweise mit der Glei-
chung
beschrieben, wobei R0 der Widerstandswert bei der Referenztemperatur T0 in K und BPTC eine Material-
konstante ist. Bild 4.27 zeigt unterschiedliche Ausführungsformen für PTC-Widerstände und einen typi-
schen Verlauf des Widerstandes als Funktion der Temperatur.
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 69
5
Kennlinie Bezugspunkt
Widerstand R / k
3
0
0 10 20 30 40 50
Temperatur / °C
PTC-Widerstände werden zur Messung der Temperatur eingesetzt. Außerdem eignen sie sich zur Strom-
begrenzung: Steigt der Strom unzulässig hoch an, wird der Kaltleiter heiß. Dadurch steigt sein Widerstand
und der Gesamtstrom sinkt.
60
7V
8V
55 9V
Strom I / mA
50
45
40
0 20 40 60 80 100 120
Zeit t / s
Direkt nach Einschalten hat der Kaltleiter Raumtemperatur. Erwartungsgemäß unterscheiden sich nach
Einschalten die Ströme wegen der unterschiedlichen Versorgungsspannungen.
U
I (4.40)
R
Die Spannung wirkt sich aber auch auf die Verlustleistung P aus, die im Widerstand umgesetzt wird.
Mit steigender Versorgungsspannung steigt die Verlustleistung.
U2
P (4.41)
R
70 4 Zweipole
Wegen der unterschiedlich hohen Verlustleistung steigt die Temperatur bei einer hohen Versorgungs-
spannung stärker an als bei einer niedrigen Versorgungsspannung. Damit verbunden ist aber auch ein
stärkerer Widerstandsanstieg, der sich auf den Strom auswirkt. Trotz unterschiedlich hoher Versor-
gungsspannung stellt sich deshalb in allen drei Fällen ein Strom im Bereich I = 42 mA ein. Der Kaltleiter
führt zur Strombegrenzung.
Heißleiter
Der Widerstand von Heißleitern wird mit steigender Temperatur kleiner, sie leiten im heißen Zustand
besonders gut. Dies ist bei Halbleitern, aber auch bei Kohle der Fall. Besondere Heißleiter-Bauelemente
werden als NTC-Widerstände (Negative Temperature Coefficient) bezeichnet. Als Werkstoffe werden
unter anderem Keramiken aus Mn-, Cr- oder Ni-Oxiden verwendet. Der Widerstandswert von Heißleitern
wird typischerweise mit der Gleichung
1 1
BNTC
R T R0 e T T0 (4.42)
beschrieben, wobei T die absolute Temperatur in K, R0 der Widerstandswert bei der Referenztemperatur
T0 und BNTC eine Materialkonstante ist. Bild 4.29 zeigt unterschiedliche Ausführungsformen für NTC-
Widerstände und einen typischen Verlauf des Widerstandes als Funktion der Temperatur.
5
Kennlinie Bezugspunkt
4
Widerstand R / k
0
0 10 20 30 40 50
Temperatur / °C
Heißleiter oder Kaltleiter werden wegen ihrer hohen Empfindlichkeit oft als Temperatursensoren in elekt-
ronischen Thermometern und Steuergeräten eingesetzt.
Temperaturkonstante Leiter
Bei einigen Metalllegierungen (Konstantan, Manganin) bleibt der Widerstand über einen weiten Tempe-
raturbereich praktisch konstant. Hierfür sind spezielle mechanische Vorbehandlungen des Ausgangsma-
terials notwendig. Widerstände aus diesen Materialien können vorteilhaft in der Messtechnik verwendet
werden.
4.5 Verbraucher als passive Zweipole 71
5
Kennlinie Kaltleiter
Abgleichpunkte
4 Lineare Näherung
Widerstand R / k
0
0 10 20 30 40 50
Temperatur / °C
Zum Aufstellen der Geradengleichung wird an einer Bezugstemperatur 0, typischerweise 20 °C, der
Bezugswiderstand R0 ermittelt. Außerdem wird die Steigung der Geraden durch die Messung des Wider-
standes R1 an einem zweiten Temperaturpunkt 1 bestimmt. Die Steigung m der Gerade wird über den
Differenzenquotienten
R1 R0
m (4.43)
1 0
bestimmt. Damit berechnet sich der Widerstand an einer beliebigen Temperatur aus der Geradenglei-
chung
R R0 m 0 (4.44)
m
R R0 1 0 R0 1 0 (4.45)
R0
Der Koeffizient wird als Temperaturkoeffizient bezeichnet. Er ist die auf R0 bezogene Steigung m der
Geraden.
m
(4.46)
R0
72 4 Zweipole
Da die Steigung der Geraden von den beiden Punkten (1, R1) und (0, R0) abhängig ist, ist auch der
Temperaturkoeffizient von der Wahl dieser Punkte abhängig. Eine Angabe des Temperaturkoeffizienten
ohne Bezugstemperatur ist deshalb unvollständig. Der Temperaturkoeffizient hat die Einheit
1
K (4.47)
Die folgende Tabelle zeigt einige Werte für den spezifischen Widerstand und den Temperaturkoeffi-
zient für verschiedene Materialien und eine Bezugstemperatur von 0 = 20 °C.
Tabelle 4.16: Spezifischer Widerstand und Temperaturkoeffizient von Metallen für 0 = 20 °C
R1 R0 648,7
m 64,87 (4.48)
1 0 10 K K
Damit ergibt sich der Widerstand an einer beliebigen Temperatur aus der Geradengleichung
1
R 1 k 64,87 20 C 1 k 1 0,06487 20 C (4.49)
K K
1
0,06487 (4.50)
K
4.5.5 Zusammenfassung
Tabelle 4.17 fasst die wesentlichen Zusammenhänge zu passiven Zweipolen zusammen.
Tabelle 4.17: Zusammenfassung der wesentlichen Zusammenhänge zu passiven Zweipolen
U
Elektrischer Widerstand R
I
I 1
Elektrischer Leitwert G
U R
In passiven Zweipolen U2
P U I I2 R
umgesetzte Leistung R
U 1 L L
Ohmsches Gesetz R
I e nP bP nN bN A A
1 1
BNTC
Heißleiter R T R0 e T T0
Lineare Modellierung
R R0 1 0
der Temperaturanhängigkeit
74 4 Zweipole
4.6 Literaturverzeichnis
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
5 Maschen- und Knotenregel
In technischen Aufgabenstellungen werden Zweipole zu beliebigen Netzwerken zusammengeschaltet.
Bild 5.1 zeigt ein Beispiel mit zwei Spannungsquellen und sechs Widerständen.
U2
R1 U1 R4
R2 R3
R5 R6
Grundlage für die Beschreibung der Beziehungen zwischen Strom und Spannung sind die Kirchhoffschen
Regeln. Sie wurden 1845 als Knotenpunktsatz und Maschensatz von Gustav Robert Kirchhoff hergeleitet.
Die Kirchhoffschen Sätze werden auch Knoten- und Maschenregel genannt und im Folgenden behan-
delt. Grundlage dazu sind die Begriffe Knoten, Zweige und Maschen.
5.1 Knotenregel
In Netzwerken existieren Punkte, an die mehrere Bauelemente angeschlossen sind. Sie werden als Knoten
bezeichnet. Alle Anschlüsse, die leitend mit einem Knoten verbunden sind, gehören zu diesem Knoten
und liegen auf demselben Potential. Ströme durch Zweipole verzweigen sich ausschließlich an Knoten.
In jedem der angeschlossenen Zweige fließt ein Strom In. Zum Zwecke einer einheitlichen Formulierung
des Gesetzes werden zunächst alle Ströme I1 ... IN, die aus dem Knoten heraus gerichtet sind, positiv
gezählt. Die Anordnung und die entsprechenden Zählpfeile sind in Bild 5.2 skizziert.
I4
I3
I2
I5
I1
Bild 5.2: Knoten eines Netzes, Ströme aus dem Knoten heraus werden positiv gezählt
Ein Netzwerkknoten muss im Schaltbild nicht notwendigerweise durch einen einzigen Sammelpunkt ge-
kennzeichnet sein. Eine Anordnung, wie sie als Beispiel in Bild 5.3 gezeigt wird, ist ebenfalls als ein
76 5 Maschen- und Knotenregel
I3
I1 I4
I2 I5
Bild 5.3: Räumlich verteilter Knoten eines Netzes, Ströme aus dem Knoten heraus werden positiv gezählt
Die Knoten, die sich für das in Bild 5.1 gezeigte Netzwerk nach dieser Definition ergeben, sind in Bild
5.4 dargestellt.
U2
Knoten A
R1 U1 R4
R2 R3
Knoten B Knoten D
Knoten C
R5 R6
Knoten E
Knoten D wird in der Literatur nicht zwangsläufig als Knoten gezählt, da sich der Strom bei weniger als
drei angeschlossenen Bauelementen nicht verzweigen kann. Da Programme wie Spice diesen Punkt je-
doch als Knoten betrachten, wird er auch in diesem Buch als Knoten aufgeführt.
dQ
J d A (5.1)
dt A
5.1 Knotenregel 77
Damit ändert sich die Ladung im Volumen des Knotens nicht, wenn keine unausgeglichenen Ströme
durch die Hüllfläche des Knotenvolumens fließen.
dQ
0 (5.2)
dt
Bei dem Integral muss das Innenprodukt von zwei Vektoren ausgewertet werden. Dazu wird das Produkt
der beiden Beträge mit dem Kosinus des Zwischenwinkels multipliziert. Bei bekanntem Winkel zwi-
schen dem Vektor der Stromdichte und der Hüllfläche lässt sich dieses Produkt berechnen.
J d A cos J dA (5.3)
Das Produkt von Stromdichte J und Fläche A entspricht einem Strom. Bei Netzwerken fließen Ströme
über einzelne Leitungen. Vereinbarungsgemäß sind die Ströme wie der Normalenvektor des Flächenele-
mentes nach außen gerichtet, sodass der Kosinus des Zwischenwinkels cos() = 1 ist.
Daraus ergibt sich die Knotenregel, die besagt, dass die Summe aller in den Knoten hineinfließenden
Ströme gleich null ist.
J d A I1 I 2 ... IN I n 0 (5.4)
A n 1
Häufig sind in einem Netzwerk bereits die Strompfeile eingetragen, bevor eine Knotengleichung aufge-
stellt wird. Zweipole liegen zwischen zwei Knoten. Damit fließt der Zweipolstrom in einen Knoten hin-
ein, aus dem anderen Knoten fließt er heraus. Daraus ergeben sich Knoten, bei denen die Ströme teilweise
aus dem Knoten heraus und teilweise in den Knoten hinein positiv gezählt werden. In Bild 5.5 ist ein
räumlich verteilter Knoten angegeben, in den Ströme teilweise hinein und teilweise herausfließen.
I3
I1 I4
I2 I5
Bild 5.5: Räumlich verteilter Knoten mit beliebigen Strömen unterschiedlicher Zählrichtungen
Fließt der Strom in den Knoten hinein, fließt er entgegengesetzt zum Normalenvektor des Flächenele-
mentes. Der Kosinus des Zwischenwinkels ist cos() = - 1, sodass die in den Knoten hinein fließenden
Ströme negativ und die aus dem Knoten heraus fließenden Ströme positiv gezählt werden.
I1 I2 I3 I 4 I5 0 (5.5)
78 5 Maschen- und Knotenregel
Anhand des Beispiels in Bild 5.5 wird eine Variante der Knotenregel deutlich. Werden alle in den Knoten
fließenden Ströme auf eine Seite und alle aus dem Knoten herausfließenden Ströme auf die andere Seite
der Gleichung gebracht, ergibt sich
I1 I3 I5 I2 I4 (5.6)
Die Summe der in einen Knoten hineinfließenden Ströme ist genauso groß wie die Summe der aus dem
Knoten herausfließenden Ströme.
I1 I2
R1 U
I3 R2
I4
I1 I3 I2 I 4 (5.7)
5.2 Maschenregel 79
5.2 Maschenregel
Verbindungen zweier Knoten mit einem Zweipol werden als Zweige bezeichnet. Zwei Knoten dürfen
auch über mehrere Zweipole miteinander verbunden sein. Ein geschlossener Weg in einem Netzwerk
über mehrere Zweige wird als Masche bezeichnet. Dabei sind Anfangs- und Endknoten identisch. An-
sonsten darf jeder Knoten und jeder Zweig nur einmal im geschlossenen Weg durchlaufen werden. Bild
5.7 zeigt als Beispiel eine Masche für das in Bild 5.1 gezeigte Netzwerk.
U2
R1 U1 R4
R2 R3
R5 Masche R6
Bild 5.7: Beispiel für eine Masche für das in Bild 5.1 gezeigte Netzwerk
Um Spannungen vorzeichenrichtig bewerten zu können, wird der Masche ein Umlaufsinn gegeben. Um
eine einheitliche Zählrichtung zu erhalten, wird der Uhrzeigersinn gewählt.
B
E ds t
s A
dA (5.8)
In der Gleichstromtechnik ist die zeitliche Änderung des magnetischen Flusses und damit die induzierte
Spannung null. Damit vereinfacht sich das Induktionsgesetz zu
E ds 0
s
(5.9)
In Netzwerken wird mit diskreten Bauelementen gearbeitet. Damit kann das Umlaufintegral zu einer
Summe umgeformt werden, bei der jeder Summand einem Bauelement entspricht.
E ds E m Lm cos 0
s m 1
(5.10)
Dem Produkt von elektrischen Feld E und Lange L entspricht beim homogenen Leiter eine Spannung.
Stimmen die Richtung des elektrischen Feldes E und der Umlaufsinn ds überein, ist der Kosinus des
Zwischenwinkels cos() = 1, und es gilt:
80 5 Maschen- und Knotenregel
M M M
E m Lm cos Em Lm Um 0 (5.11)
m 1 m 1 m 1
Die Summe aller Spannungsabfälle Um an den Zweigen einer Masche ist null. Bild 5.8 zeigt eine solche
Masche in einem Netzwerk. Die Zweige bestehen in diesem Beispiel aus idealen, widerstandslosen Zu-
leitungen und Widerständen mit einem Spannungsabfall Um.
U3
U2 U4
U1 U5
U7 U6
Bild 5.8: Maschenumlauf in einem verzweigten Netzwerk, Spannungspfeile im Umlaufsinn der Masche gerichtet
Der Masche wird ein Umlaufsinn im Uhrzeigersinn zugeordnet. Alle Spannungen an den Zweigen im
Umlaufsinn der Masche werden damit positiv gezählt. Die Summe aller Spannungen dieser Masche
null.
7
U1 U2 ... U7 U m 0 (5.12)
m 1
Häufig sind in einem Netzwerk aber bereits die Spannungspfeile eingetragen, bevor eine Maschenum-
laufrichtung festgelegt wird. Auch für diesen Fall gilt grundsätzlich die Maschenregel. Allerdings muss
die Zählrichtung der Spannungspfeile berücksichtigt werden. Alle im Umlaufsinn liegenden Spannun-
gen werden positiv gezählt, die entgegengesetzt zum Umlaufsinn liegenden Spannungen werden wegen
cos() = - 1 negativ gezählt. Bild 5.9 zeigt ein solches Beispiel.
5.2 Maschenregel 81
U3
U2 U4
U1 U5
U7 U6
U1 U 2 U3 U 4 U5 U 6 U7 0 (5.13)
U3
U2 U4
UA
U1 U5
U7 U6
In diesem Fall ergibt sich die Maschenregel für die eingezeichnete Masche zu
U1 U2 U3 U A U7 0 (5.14)
Eine Masche ist daher ein beliebiger, in sich geschlossener Weg in einer Schaltungsanordnung über
beliebig viele Knoten, der nicht zwangsläufig über Leiter oder Verbindungselemente geführt zu sein
braucht.
Die elektrische Spannung ist die Differenz der an den Knoten herrschenden Potenziale:
U12 1 2 (5.16)
Das Potential kennzeichnet die potenzielle Energie einer Ladung im Punkt 1 beziehungsweise 2 gegen-
über einem beliebig gewählten Bezugspunkt. Dabei ist nicht die absolute Höhe des Potenzials wichtig,
sondern der Potenzialunterschied an den einzelnen Schaltungselementen. Deshalb ist es bei der Netz-
werkberechnung möglich, einem willkürlichen Schaltungsknoten das Potential = 0 V mit dem Ener-
gieniveau null zuzuordnen. Dieser Knoten hat dann definitionsgemäß die Spannung U = 0 V. Er wird
als Bezugsknoten oder als Masse bezeichnet und wie in Bild 5.10 mit dem Massesymbol gekennzeich-
net.
5.4 Beispiel zur Schaltungsberechnung mit Maschen- und Knotenregel 83
U3
U2 U4
UA
U1 U5
U7 U6
Durch die Festlegung eines beliebigen Knoten als Masseknoten können in einer Schaltung Spannungen
zwischen den Netzwerkknoten und diesem Masseknoten auftreten, die sowohl positiv als auch negativ
sein können. Spannungen von einem beliebigen Knoten zu diesem Bezugsknoten werden üblicherweise
vom Knoten zum Bezugsknoten gerichtet.
R1 I1 R2
I2
I3
UR 1 UR 2
U1 UR 3 R3 U2
I1 I2 I3 0 (5.17)
Für die Zweige 1 - 3 wird die Zweipolbeziehung angewendet, in diesem Fall das Ohmsche Gesetz.
UR1 R1 I1 (5.18)
UR 2 R2 I2 (5.19)
84 5 Maschen- und Knotenregel
U R 3 R3 I3 (5.20)
UR1 UR 2 UR 3
0 (5.21)
R1 R2 R3
Durch Anwenden der Maschenregel für die linke und rechte Masche können UR1 und UR2 eliminiert
werden
UR1 U1 UR 3 0 (5.22)
UR 2 U 2 UR 3 0 (5.23)
Auflösen nach UR1 beziehungsweise UR2 und Einsetzen in Gleichung (5.21) ergibt
UR 3 U1 UR 3 U2 UR 3
0 (5.24)
R1 R2 R3
R2 R3 R1 R3
UR 3 U1 U2 (5.26)
R1 R2 R1 R3 R2 R3 R1 R2 R1 R3 R2 R3
Die Spannung am Widerstand R3 ist erwartungsgemäß von den beiden Spanungsquellen U1 und U2 ab-
hängig.
5.5 Zusammenfassung
Tabelle 5.1 fasst die wesentlichen Zusammenhänge zu Maschen und Knotenregel zusammen.
Tabelle 5.1: Zusammenfassung der wesentlichen Zusammenhänge zu Maschen- und Knotenregel
N
Knotenregel, alle Strompfeile gehen
I1 I2 ... IN I n 0
aus dem Knoten heraus n 1
M
Maschenregel, alle Spannungspfeile zeigen
U1 U 2 ... U M U m 0
in Richtung des Maschenumlaufs m 1
5.6 Literaturverzeichnis
[]
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
Um die Übersichtlichkeit von Schaltkreisen zu verbessern und um deren Berechnung zu erleichtern,
werden diese möglichst vereinfacht. Dabei ist es oft zielführend, verschiedene Widerstände und ver-
schiedene Quellen zusammenzufassen. In diesem Kapitel werden die Reihen- und Parallelschaltung von
Widerständen sowie die Stern-Dreieck-Wandlung hergeleitet und deren Anwendung anhand von Bei-
spielen veranschaulicht. Außerdem wird die Reihen- und Parallelschaltung idealer Quellen diskutiert.
I
A
R1 U1
I
A
R2 U2
U AB RG U AB
B
RM UM
B
Bild 6.1: Spannung und Ströme bei der Reihenschaltung von Widerständen
I I1 I2 ... IM (6.1)
Wobei hier verallgemeinert angenommen wurde, dass M Widerstände in Reihe geschaltet sind. Nach
dem ohmschen Gesetz können die Spannungen durch Widerstände und den Strom I ausgedrückt werden.
88 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
Die Reihenschaltung von M Widerständen soll durch einen Ersatzwiderstand RG so ersetzt werden, dass
bei gleicher Spannung UAB der gleiche Strom I fließt.
U AB RG I (6.4)
RG I R1 I R2 I ... RM I (6.5)
Der Strom l lässt sich kürzen, sodass sich der Gesamtwiderstand ergibt zu
RG R1 R2 ... RM (6.6)
Bei Reihenschaltungen von Widerständen addieren sich die Einzelwiderstände zum Gesamtwiderstand.
Mit Summenzeichen geschrieben lautet die Gleichung
M
RG Rm (6.7)
m1
Der Gesamtwiderstand einer Reihenschaltung ist damit immer größer als jeder Einzelwiderstand.
M
RG R M R (6.8)
m 1
IG IG
A A
I1 I2 IN
R1 R2 RN U AB RG U AB
B B
Für eine Parallelschaltung gilt generell, dass an allen Schaltelementen die gleiche Spannung anliegt.
6.1 Zusammenschaltung von Widerständen 89
An den Verbindungsknoten teilt sich der Gesamtstrom IG in Teilströme auf. Durch die N Widerstände
der Parallelschaltung fließen somit die Ströme I1, I2, ... IN. Bei Parallelschaltungen berechnet sich der
Gesamtstrom IG nach dem Knotensatz als Summe der Einzelströme
IG I1 I2 ... IN (6.10)
Die Einzelströme können nach dem ohmschen Gesetz durch die Klemmenspannung UAB und die Einzel-
widerstände dargestellt werden.
U AB U AB U
IG I1 I2 ... IN ... AB (6.11)
R1 R2 RN
U AB
IG (6.12)
RG
U AB U AB U AB U
... AB (6.13)
RG R1 R2 RN
Die Spannung UAB lässt sich kürzen, sodass sich für die Parallelschaltung von Widerständen ergibt
1 1 1 1
... (6.14)
RG R1 R2 RN
N
1 1
(6.15)
RG n 1 Rn
Den Kehrwert eines Widerstandes wird als Leitwert G bezeichnet. Deshalb gilt für alle Parallelschal-
tungen von Widerständen, dass sich die Einzelleitwerte zum Gesamtleitwert addieren. Die Gleichung
kann über Leitwerte dargestellt werden als
N
GG Gn (6.16)
n 1
Der Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung ist damit immer kleiner als jeder Einzelwiderstand.
A A
R1 R2 RG
B B
Bei Parallelschaltung von nur zwei Widerständen lässt sich der Ersatzwiderstand einfach ausrechnen
1 1 R R
RG 1 2 R1 || R2
1 1 R1 R2 R1 R2 (6.17)
R1 R2 R1 R2
In der Praxis wird R1||R2 gerne als Kurzschreibweise dieser Formel verwendet.
Bei Parallelschaltung von mehreren Widerständen kann die Beziehung aus Gleichung (6.17) mehrmals
angewendet werden. Ein Beispiel zeigt Bild 6.4.
A A
R1 R2 R3 R4 RG
B B
RX RY
In diesem Beispiel kann zunächst die Parallelschaltung von R1 parallel R2 als RX sowie R3 parallel R4 als
RY berechnet werden. Anschließend wird die Parallelschaltung der jeweiligen Ersatzwiderstände erneut
berechnet, um RG zu bestimmen.
R1 R2
R X R1 || R2 (6.18)
R1 R2
R3 R4
RY R3 || R4 (6.19)
R3 R4
R X RY
RG R X || RY (6.20)
R X RY
1 1 R
RG
1 1 1 1 N (6.21)
... N
R R R R
6.1 Zusammenschaltung von Widerständen 91
A A
RA
RAB RAC
RB RC
RBC
B C B C
Sternschaltung Dreieckschaltung
RA RC RB RC R A RB R R
RAB RA RB A B (6.22)
RC RC
RA RC RA RB RB RC R R
RAC RA RC A C (6.23)
RB RB
RA RC RA RB RB RC R R
RBC RB RC B C (6.24)
RA RA
Der Widerstand einer Dreiecksseite ist die Summe der Widerstände, die an diesen beiden Anschlüssen
anliegen plus deren Produkt dividiert durch den Widerstand, der zum gegenüberliegenden Anschluss
führt.
Bei einer Dreieck-Stern-Wandlung gelten folgende Umrechnungsformeln
RAB R AC
RA (6.25)
RAB RAC RBC
RAB RBC
RB (6.26)
RAB RAC RBC
RAC RBC
RC (6.27)
RAB RAC RBC
92 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
Der Widerstand eines Sternzweiges ist das Produkt der an diesen Anschluss anliegenden Widerstände
dividiert durch die Summe aller Widerstände.
Die Herleitung der Formeln ergibt sich aus der Randbedingung, dass sich die Stern- und Dreieckschal-
tung an ihren Klemmen absolut äquivalent verhalten sollen. Es müssen drei Bauelemente dimensioniert
werden. Damit sind drei voneinander unabhängige Gleichungen erforderlich. Um möglichst einfache
Gleichungen zu erhalten, werden jeweils drei Sonderfälle verwendet.
A A
RA
RAB RAC
RB RC
BC BC
Der Leitwert zwischen A und den beiden kurzgeschlossenen Klemmen B - C muss bei beiden Schaltun-
gen identisch sein.
1 1 1
GAB GAC
R R RAB RAC (6.28)
RA B C
RB RC
RB RC 1 1
GAB GAC (6.29)
RA RB RA RC RB RC RAB RAC
Die gleiche Bedingung muss für den Widerstand zwischen Klemme B und den beiden kurzgeschlosse-
nen Klemmen A und C gelten
RA RC 1 1
GAB GBC (6.30)
RA RB RA RC RB RC RAB RBC
R A RB 1 1
GAC GBC (6.31)
RA RB R A RC RB RC RAC RBC
6.1 Zusammenschaltung von Widerständen 93
Diese Gleichungen lassen sich nach GAB, GAC beziehungsweise GBC auflösen, in dem die Summe
(6.29) + (6.30) - (6.31) ausgewertet wird. Es ergibt sich
2 RC 1
2 2 GAB (6.32)
RA RB RA RC RB RC R AB
RA RB RA RC RB RC R R
RAB RA RB A B (6.33)
RC RC
Auf demselben Weg können die Ausdrücke für die Widerstände RAC und RBC hergeleitet werden.
A A
RA
RAB RAC
RB RC
RBC
B C B C
Zwischen den Klemmen A und B ergibt sich folgender Widerstand, der für die Dreieck und die Stern-
schaltung identisch angenommen wird
Derselbe Ansatz für den Widerstand zwischen Klemmen A und C bei offener Klemme B
Ebenso für den Widerstand zwischen Klemmen B und C bei offener Klemme A
Auch hier können wieder zwei Gleichungen addiert und davon die dritte Gleichung subtrahiert werden.
Für die Summe (6.34) + (6.35) - (6.36) ergibt sich für den Widerstand RA
94 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
RAB R AC
RA (6.37)
RAB RAC RBC
Die Gleichungen für die anderen Widerstände können durch ähnliche Summen hergeleitet werden.
RAB RBC
RB (6.38)
RAB RAC RBC
RAC RBC
RC (6.39)
RAB RAC RBC
A A
X X
R1 RA R2 R6 RAC R2
R3 RC
C R7 R AB C
R4 RB R5 R8 RBC R5
Y Y
B B
Bei der Brückenschaltung existiert keine Reihen- oder Parallelschaltung von Widerständen. Deshalb ist
eine Zusammenfassung von Widerständen nicht möglich. Nach Anwendung der Stern-Dreieck-Wand-
lung liegen die Widerstände R2 und R6 sowie R5 und R8 parallel. Der Gesamtwiderstand kann mit den
Rechenregeln für Reihen- und Parallelschaltung berechnet werden zu
RG R7 || R2 || R6 R5 || R8 (6.40)
Dabei ergeben sich die Widerstände R6 … R8 mit den Gleichungen (6.22) … (6.24) zu
R1 R3
R6 R3 R1 (6.41)
R4
R1 R4
R7 R4 R1 (6.42)
R3
6.1 Zusammenschaltung von Widerständen 95
R3 R4
R8 R3 R4 (6.43)
R1
Alternativ kann eine Dreieck-Stern-Wandlung durchgeführt werden, wie sie in Bild 6.9 dargestellt ist.
R3 RBC
B C R10 RB R11 RC
B C
R4 R5
R4 R5
Y Y
Die Widerständen R4 und R10 sowie R5 und R11 sind nach der Dreieck-Stern-Wandlung in Reihe. In dem
Fall errechnet sich der Gesamtwiderstand mit den Rechenregeln für Reihen- und Parallelschaltung zu
RG R9 R 4 R10 || R 5 R11 (6.44)
Dabei ergeben sich die Widerstände R9 … R11 mit den Gleichungen (6.37) … (6.39) zu
R1 R2
R9 (6.45)
R1 R2 R3
R1 R3
R10 (6.46)
R1 R2 R3
R2 R3
R11 (6.47)
R1 R2 R3
96 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
R1
A
R2 R3
R4 R6
R5 R7
R8
B
Im ersten Schritt wird untersucht, welche Widerstände in Reihe oder parallel geschaltet sind. In Bild
6.11 sind die Reihen- und Parallelschaltungen rot markiert.
R1
A
R2 R3
R4 R6
R5 R7
R8
B
Die entsprechenden Widerstände werden mit den Rechenregeln für Reihen- und Parallelschaltungen
zusammengeführt. Es ergibt sich die Schaltung in Bild 6.12 mit den Widerständen
R9 R3 R7 (6.48)
R4 R5
R10 R4 || R5 (6.49)
R4 R5
6.1 Zusammenschaltung von Widerständen 97
R1
A
R2
R9
R10 R6
R8
B
Die resultierende Dreieckschaltung kann mit den Rechenregeln für Reihen- und Parallelschaltungen
nicht weiter vereinfacht werden. Deshalb wird die Dreieck-Stern-Wandlung eingesetzt. Es ergibt sich
die in Bild 6.13 dargestellte Schaltung.
R1
A
R2
R9
R11
R12 R13
B
R6 R10
R11 (6.50)
R6 R8 R10
R8 R10
R12 (6.51)
R6 R8 R10
R6 R8
R13 (6.52)
R6 R8 R10
Anschließend werden die Reihenschaltungen von R2 und R11 sowie R9 und R13 zusammengeführt.
98 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
R1
A
R14 R15
R12
B
Nach Zusammenfassen der parallel geschalteten Widerstände R14 und R15 ergibt sich die in Bild 6.15
dargestellte Reihenschaltung mit dem Widerstand
R14 R15
R16 R14 || R15 (6.55)
R14 R15
R1
A
R16
R12
B
Das Beispiel zeigt, dass zur Berechnung des Gesamtwiderstandes eines Widerstandsnetzwerks eine wie-
derholte Anwendung der Rechenregeln von
Reihenschaltungen
Parallelschaltungen
Stern-Dreieck-Wandlung
Dreieck-Stern-Wandlung
notwenig sein kann.
6.1 Zusammenschaltung von Widerständen 99
M
Reihenschaltung von M Widerständen RG R1 R2 ... RM R
m 1
m
N
1 1 1 1 1
Parallelschaltung von N Widerständen ...
RG R1 R2 RN n 1 Rn
R1 R2
Parallelschaltung von 2 Widerständen R1 || R2
R1 R2
A A
RA
RAB RAC
RB RC
RBC
B C B C
Sternschaltung Dreieckschaltung
R A RC RB RC R A RB
R AB
RC
R A RC R A RB RB RC
Stern-Dreieck-Wandlung R AC
RB
R A RC R A RB R B RC
RBC
RA
R AB R AC
RA
R AB R AC RBC
R AB RBC
Dreieck-Stern-Wandlung RB
R AB R AC RBC
R AC RBC
RC
R AB R AC RBC
100 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
IG
A A
U AB U AB
I1 I2 IG
B B
Mit Hilfe der Knotenregel für den oberen Knoten ergibt sich für die Ströme
IG I1 I2 (6.57)
Die Parallelschaltung von zwei Stromquellen kann demnach als eine einzelne Stromquelle dargestellt
werden, deren Quellstrom so groß ist wie die Summe der beiden einzelnen Quellströme.
I1
I2
I I1 I2 (6.58)
Eine Quelle gibt den Strom I1 vor, die andere Quelle den Strom I2. Unterscheiden sich die Ströme I1 und
I2,
I1 I2 (6.59)
6.2 Zusammenschaltung von idealen Quellen 101
kann Gleichung (6.58) nicht erfüllt werden. Eine Reihenschaltung idealer Stromquellen ist deshalb nicht
realisierbar.
U1 U2 U
U U1 U2 (6.60)
U1 U2 (6.61)
kann die Maschenregel nicht erfüllt werden. Eine Parallelschaltung idealer Spannugsquellen ist deshalb
nicht realisierbar.
A
U1
A
U AB U AB
I
U2
B
I
B
UG U1 U2 (6.62)
Die Reihenschaltung von zwei Spannungsquellen kann demnach als eine Spannungsquelle dargestellt
werden, deren Spannung UG so groß ist wie die Summe der beiden einzelnen Spannungen U1 und U2.
102 6 Zusammenschaltung von Widerständen und idealen Quellen
6.3 Literaturverzeichnis
[]
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
7.1 Stromteilerregel
Eine Parallelschaltung von Widerständen wird wie in Bild 7.1 mit einer Spannung UAB versorgt. Es
ergibt sich ein Strom IG, der sich nach der Knotenregel in N Ströme I1 … IN durch die einzelnen Wider-
stände R1 … RN aufteilt.
IG
A
I1 I2 IN
R1 R2 RN U AB
B
Aufgrund der Parallelschaltung liegt an allen Widerständen die gleiche Spannung UAB an.
UAB R1 I1 R2 I2 (7.3)
Aus der Gleichung kann das Verhältnis der Ströme durch die Widerstände R1 und R2 beschrieben wer-
den, und es ergibt sich die Stromteilerregel für zwei Widerstände:
I1 R2 G1
(7.4)
I2 R1 G2
An zwei parallel geschalteten Widerständen verhalten sich die Ströme I1 und I2 wie die entsprechenden
Leitwerte G1 und G2, durch die sie fließen. Allgemein gilt damit bei einer Parallelschaltung von Wider-
ständen, dass sich die Ströme umgekehrt proportional zu den Widerständen beziehungsweise proporti-
onal zu deren Leitwerten verhalten.
106 7 Strom- und Spannungsteilung
Die Stromteilerregel gilt auch für das Verhältnis eines Teilstromes In zum Gesamtstrom IG einer Paral-
lelschaltung. Zur Herleitung wird wieder das Verhältnis von Spannung und Strom betrachtet. Für die
Schaltung in Bild 7.1 gilt:
U AB RG IG Rn In (7.5)
In RG Gn
(7.6)
IG Rn GG
Ein Teilstrom In in einer Parallelschaltung verhält sich zum Gesamtstrom IG wie der Leitwert Gn zum
Gesamtleitwert GG.
Beispiel: Stromteiler
Zur Vertiefung der Stromteiler-Regel wird die in Bild 7.2 dargestellte Schaltung analysiert.
R1 I1 I3
100 I2
U1 R2 R3
12 V 220 100
Um die Stromteiler-Regel anzuwenden, muss der Strom I1 bekannt sein, der sich auf die Widerstände
R2 und R3 aufteilt. Werden die parallel geschalteten Widerstände R2 und R2 zusammengefasst, ergibt
sich ein Ersatzwiderstand von
R2 R3
R23 R2 || R3 68.75 (7.7)
R2 R3
Unter Berücksichtigung des in Reihe geschalteten Widerstands R1 berechnet sich der Strom I1 zu
U1 12 V
I1 71.1 mA (7.8)
R1 R23 100 68.75
Der Strom teilt sich auf die Widerstände R2 und R3 auf. Bei der Formel für den Stromteiler ist der
Widerstand RG = R23 und der Strom IG = I1. Damit gilt für die beiden Ströme I1 und I2
7.2 Spannungsteilerregel 107
R23 68.75
I2 I1 71.1 mA 22.2 mA (7.9)
R2 220
und
R23 68.75
I3 I1 71.1 mA 48.9 mA (7.10)
R3 100
Zusammenfassung
Tabelle 7.1 fasst die Regeln zum Stromteiler zusammen.
Tabelle 7.1: Regeln zum Stromteiler
7.2 Spannungsteilerregel
Die Spannungsteilerregel wird verwendet, wenn wie in Bild 8.3 mehrere Widerstände Rm in Reihe ge-
schaltet sind und somit vom selben Strom durchflossen sind. Nach der Maschenregel teilt sich die Span-
nung UAB damit in M Teilspannungen auf.
I
A
R1 U1
R2 U2
U AB
RM UM
B
Bei der Reihenschaltung von Widerständen wird gezeigt, dass die Ströme in einer Reihenschaltung
durch alle Widerstände gleich sind.
I1 I2 ... IM I (7.11)
108 7 Strom- und Spannungsteilung
U1 U 2 U
... M I (7.12)
R1 R2 RM
Wird eine Reihenschaltung von zwei Widerständen betrachtet, gilt für das Verhältnis der zwei Span-
nungen
U1 R1
(7.13)
U 2 R2
Diese Gleichung ist als Spannungsteilerregel bekannt. An zwei in Reihe liegenden Widerständen ver-
halten sich die Spannungen wie die entsprechenden Widerstände, an denen die Spannungen abfallen.
Diese Regel kann auch auf den Gesamtwiderstand RG der Schaltung angewendet werden, und es ergibt
sich die Gleichung
U m Rm
(7.14)
U AB RG
Daraus folgt die alternative Formulierung der Spannungsteilerregel: Jede Teilspannung in einer Reihen-
schaltung verhält sich zur Gesamtspannung wie der entsprechende Teilwiderstand zum Gesamtwider-
stand der Reihenschaltung. Aus der Aufteilung der Gesamtspannung auf Teilspannungen ergibt sich der
Name Spannungsteiler.
Unbelastete Spannungsteiler
Es sollen einige Anwendungen der Strom- und Spannungsteilerregel anhand praktischer Beispiele an-
gegeben werden. Gegeben ist die Schaltung nach Bild 7.4 bestehend aus einer idealen Spannungsquelle
und zwei Widerständen.
R1
IL 0
U0
R2 U2
Zur Berechnung kann die Spannungsteilerregel nach Gleichung (7.14) angewendet werden.
U2 R2 R2
(7.15)
U0 RG R1 R2
R2
U2 U0 (7.16)
R1 R2
7.2 Spannungsteilerregel 109
Der Spannungsteiler hat in der Elektrotechnik und Elektronik große Bedeutung. Er dient dazu, ein Signal
abzuschwächen und wird zum Beispiel als Lautstärkeregler eines Audio-Verstärkers eingesetzt. Um die
heruntergeteilte Spannung einstellbar zu machen, kann der Spannungsteiler mithilfe eines Potentiome-
ters realisiert werden.
U0 P x
U2
Häufig wird zur Beschreibung der Schleiferstellung die Variable x mit 0 < x < 1 verwendet. Der untere
Teil des Widerstandes ist dann xP, der obere (1 - x)P, wobei P den Gesamtwiderstand des Potentiome-
ters darstellt. Die Ausgangsspannung U2 ergibt sich damit zu
x P
U2 U x U0 (7.17)
1 x P x P 0
Da die Variable x im Bereich 0 < x < 1 liegt, ist die Spannung U2 immer ein Bruchteil von U0, sie kann
also niemals größer als die Eingangsspannung U0 werden.
R1
100 I
U0 R2
12 V 220
Es handelt sich um einen unbelasteten Spannungsteiler. Damit ergibt sich die Spannung an R2 zu
R2 220
U2 U0 12 V 8,25 V (7.18)
R1 R2 100 220
110 7 Strom- und Spannungsteilung
Belastete Spannungsteiler
Die in Gleichung (7.17) angewendete Spannungsteilerregel gilt nur dann, wenn alle Teilwiderstände
vom gleichen Strom durchflossen werden. Der Spannungsteiler darf nicht belastet werden, sondern er
muss unbelastet betrieben werden. In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass am Ausgang des
Spannungsteilers ein weiterer Widerstand RL angeschlossen ist. Dieser Widerstand wird auch als Last
oder Lastwiderstand bezeichnet, woher der Ausdruck belasteter Spannungsteiler kommt.
R1 R1
IL 0
U0 U0
U2 RERS U2
R2 RL
Wie in Bild 7.7 zu erkennen ist, teilt sich der Gesamtstrom am Ausgangsknoten in zwei Teilströme
durch die Widerstände R2 und RL auf. Die Gleichung des unbelasteten Spannungsteilers kann deshalb
nicht ohne Weiteres zur Bestimmung der Spannung U2 angewandt werden.
Zur Berechnung der Ausgangsspannung eines belasteten Spannungsteilers können jedoch die beiden
Widerstände R2 und RL zu einem Widerstand zusammengefasst werden. Die Schaltung wird somit in
die bereits bekannte Schaltung des unbelasteten Spannungsteilers überführt. Anschließend wird die be-
kannte Spannungsteilerregel angewendet. Mit der Abkürzung
R2 RL
RERS R2 || RL (7.19)
R2 RL
ergibt sich
R2 RL
RERS R2 RL R2 RL
U2 U0 U0 U0 (7.20)
R1 RERS R R R1 R2 (R1 R2 ) RL
R1 2 L
R2 RL
Zusammengefasst ergibt sich, wenn die Gleichung in Zähler und Nenner noch durch RL geteilt wird, die
Spannung U2 zu
R2
U2 U0
R R (7.21)
R1 R2 1 2
RL
Da der Ausdruck R1R2/RL im Nenner steht, wird bei einem endlichen Lastwiderstand RL die Ausgangs-
spannung U2 kleiner als die Spannung U2 bei unbelastetem Spannungsteiler. Die Ausgangsspannung
eines Spannungsteilers sinkt also bei Belastung ab.
Für RL >> R1 oder RL >> R2 geht die Gleichung(7.21) wieder in die Spannungsteilergleichung (7.16)
über, da der Ausdruck R1R2/RL gegen null geht. Der Spannungsteiler ist dann praktisch unbelastet.
7.2 Spannungsteilerregel 111
Für den einstellbaren Spannungsteiler mit Potentiometer und Lastwiderstand werden zur Darstellung
des Spannungsteilerverhältnisses U2/U0 in Abhängigkeit der Schleiferstellung x des Potentiometers die
Widerstände
R1 1 x P (7.22)
und
R2 x P (7.23)
eingeführt. Damit ergibt sich die Ausgangsspannung U2 mit RL/P als Parameter zu
x
U2 U0
P (7.24)
1 1 x x
RL
Das Ersatzschaltbild sowie die entsprechende grafische Darstellung des Ausgangssignals sind in Bild
7.8 zu sehen.
0,8
P x
0,6
U0
RL U2 0,4
0,2
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
Potentiometerstellung x
Mit P = RL ergibt sich bereits eine Kennlinie, die nur wenig vom linearen Verlauf des unbelasteten
Spannungsteilers (RL/P = ∞) abweicht.
R R0 1 0 R0 1 (7.25)
Dabei ist R0 = 1000 der Widerstand für = 0 = 0 °C und der lineare Temperaturkoeffizient mit
= 3.8510-3 / K [Pt1000].
112 7 Strom- und Spannungsteilung
1600
Widerstand R() /
1400
1200
1000
800
-50 -25 0 25 50 75 100 125 150
Temperatur / °C
R1
1000 I
U0
R UA
5V
R R0 1
U A U0 U0 (7.26)
R1 R R1 R0 1
Bei Messaufgaben ist weniger die Spannung als die Temperatur von Interesse. Deshalb wird die Glei-
chung nach der Temperatur aufgelöst. Über Ausmultiplizieren
R 1 R0 1 U A R0 1 U 0 (7.27)
R0 U A R0 U0 R0 U0 R1 R0 U A (7.28)
R0 U A U 0 R0 U 0 R1 R0 U A (7.29)
beziehungsweise
7.2 Spannungsteilerregel 113
R0 U0 R1 R0 U A
(7.30)
R0 U A U 0
Für einen Pt1000 mit einem Vorwiderstand R1 = 1000 sowie einer Versorgungsspannung von
U0 = 5 V ergeben sich die in Bild 7.11 dargestellten Kennlinien.
Spannung Spannungsteiler Berechnete Temperatur
3.2 150
Berechnete Temperatur / °C
125
3
100
Spannung U () / V
2.8 75
A
50
2.6 25
0
2.4
-25
2.2 -50
-50 -25 0 25 50 75 100 125 150 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150
Temperatur / °C Temperatur / °C
Es zeigt sich, dass die Temperatur über die Spannungsmessung ideal zurückgerechnet werden kann. In
praktischen Anwendungen wird dieses ideale Verhalten allerdings nicht erreicht, weil Toleranzen des
Vorwiderstandes sowie Fehler bei der Spannungsmessung zu Abweichungen führen. Außerdem wird
das nichtlineare Verhalten des Pt1000 in Gleichung (7.25) nicht berücksichtigt.
Zusammenfassung
Tabelle 7.1 fasst die Regeln zum Spannungsteiler zusammen.
Tabelle 7.2: Regeln zum Spannungsteiler
R2
Sonderfall: Spannungsteiler mit zwei Widerständen U2 U0
R1 R 2
R2 || RL R2
Sonderfall: Belasteter Spannungsteiler U2 U0 U0
R1 R2 || RL R1 R2
mit zwei Widerständen R1 R2
RL
114 7 Strom- und Spannungsteilung
RI RU
Bei einer Strommessung werden die beiden linken Anschlüsse verwendet. Der Strom fließt über den
Widerstand RI und erzeugt einen Spannungsabfall, der vom Messgerät erfasst wird. Bei einer Span-
nungsmessung werden die beiden rechten Anschlüsse verwendet. Der Strom fließt über den Widerstand
RU, der parallel zu den beiden Klemmen geschaltet ist.
Strommessung
Zur Herleitung der Anforderungen an den Innenwiderstand von Messgeräten bei Strommessungen wird
ein Stromteiler betrachtet. In Bild 7.13 sind der Stromteiler und das Messgerät in Form des Innenwider-
stands RI eingezeichnet.
RI
IE I1 IM
R1 R2
Bei einem Stromteiler mit den beiden Widerständen R1 und R2 berechnet der Strom I2 zu
R1
IR 2 IE (7.31)
R1 R2
7.3 Messen elektrischer Größen 115
Für eine Strommessung wird in Reihe zum Widerstand R2 ein Messgerät mit dem Innenwiderstand RI
geschaltet. Damit hat sich der ursprüngliche Stromteiler aus R1 und R2 geändert. Der gemessene Strom
IM berechnet sich zu
R1
IM IE (7.32)
R1 R2 RI
Ein Vergleich der Gleichungen (7.31) und (7.32) zeigt, dass der Widerstand RI gegen null gehen muss,
damit der Messwert IM und der zu messende Strom I2 übereinstimmen. In dem Fall gilt
R1 R1
lim IM lim IE IE I2 (7.33)
RI 0 RI 0 R1 R2 RI R1 R2
Dieses Ergebnis kann verallgemeinert werden. Für Strommessungen muss der Innenwiderstand RI des
Messgerätes gegen null gehen, damit das Messgerät die Schaltung und damit den zu messenden Strom
nicht beeinflusst.
Spannungsmessung
Zur Herleitung der Anforderungen an den Innenwiderstand von Messgeräten bei Spannungsmessungen
wird ein Spannungsteiler betrachtet. In Bild 7.14 sind der Spannungsteiler und das Messgerät in Form
des Innenwiderstands RU eingezeichnet.
R1
UE R2 UR 2 RU UM
R2
UR 2 UE (7.34)
R1 R2
Für eine Spannungsmessung wird zum Widerstand R2 ein Messgerät mit dem Innenwiderstand RM pa-
rallel geschaltet. Damit ist der ursprüngliche Spannungsteiler aus R1 und R2 belastet. Die gemessene
Spannung UM berechnet sich zu
R2 || RU R2 RU
UM UE UE
R1 R2 || RU R1 R2 RU R2 RU
R2 RU R2 (7.35)
UE UE
R1 R2 R1 RU R2 RU R1 R2
R1 R2
RU
116 7 Strom- und Spannungsteilung
Ein Vergleich der Gleichungen (7.34) und (7.35) zeigt, dass der Widerstand RU gegen unendlich gehen
muss, damit der Messwert UM und die zu messende Spannung UR2 übereinstimmen. In dem Fall gilt
R2 R2
lim UM lim UE UE UR 2
RU RU R1 R2 R1 R2 (7.36)
R1 R2
RU
Auch dieses Ergebnis kann verallgemeinert werden. Für Spannungsmessungen muss der Innenwider-
stand RU des Messgerätes gegen unendlich gehen, damit das Messgerät die Schaltung und damit die zu
messende Spannung nicht beeinflusst.
Zusammenfassung
Tabelle 7.3 fasst die Anforderung an den Innenwiderstand von Messgeräten bei der Messung elektri-
scher Größen zusammen.
Tabelle 7.3: Anforderung an Messgeräte bei der Messung elektrischer Größen
Strommessung RI 0
Spannungsmessung RU
R1 R2
A
R3 R4 R5
R6 R7
R8 R9 R10
R11 R12
B
Um die Symmetrie der Schaltung zu verstehen, werden die Widerstände R6 und R7 aus der Schaltung
entfernt. Es ergibt sich die in Bild 7.16 gezeigte Schaltung.
7.4 Vereinfachung von Schaltungen durch Ausnutzen von elektrischen Symmetrien 117
R1 R2
A
R3 R4 R5
C D E
R8 R9 R10
R11 R12
B
Die Punkte (C), (D) und (E) haben nach der Spannungsteilerregel dasselbe Potential.
U AB
UC U D U E (7.37)
2
Deshalb fließt durch die Widerstände R6 und R7 kein Strom. Sie können aus der Schaltung entfernt
werden. Die Schaltungen in Bild 7.15 und Bild 7.16 haben demnach dasselbe Verhalten. Der Gesamt-
widerstand der Schaltung errechnet sich damit zu
4
2 R0 || 2 R0 2 R0 || 4 R0 2 R0 || 2 R0 R0
3 (7.38)
10 5
2 R0 || R0 R0
3 4
Alternativ können die Widerstände auch durch Kurzschlüsse ersetzt werden, da an beiden Polen der
Widerstände ohnehin dasselbe Potential anliegt. Damit ergibt sich das in Bild 7.17 gezeigte Schaltbild.
R1 R2
A
R3 R4 R5
R8 R9 R10
R11 R12
B
2
2 R0 || R0 R0 || 2 R0 2 R0 || R0 R0
3 (7.39)
5 5
2 R0 || R0 R0
3 4
Trotz der unterschiedlichen Rechenwege sind die Resultate identisch. Beide Rechnungen sind gegen-
über der ohne Symmetrie erforderlichen Stern-Dreieck-Wandlung deutlich effizienter. Es muss aller-
dings berücksichtigt werden, dass beide Fälle Sonderfälle sind. Die Schaltungsvereinfachung ist nur bei
wirklich symmetrischen Schaltungen zulässig.
Allgemein können die in Tabelle 7.4 zusammengestellten Regeln zur Vereinfachung von Schaltungen
angewendet werden, ohne das Verhalten der Schaltung zu verändern.
Tabelle 7.4: Regeln zur Vereinfachung von Schaltungen aufgrund von Symmetrien
Zweige, deren Knoten auf demselben Potenzial liegen, dürfen kurzgeschlossen werden.
7.5 Literaturverzeichnis
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
50
Messwerte
Ausgleichsgerade
40
Strom I / mA
30
20
10
0
9,15 9,2 9,25 9,3
Spannung U / V
Die einzelnen Messpunkte liegen in guter Näherung auf einer Geraden. Auf diesem Zusammenhang
beruht ein Modell für lineare Quellen, das die Beschreibung von Schaltungen hinsichtlich ihres Klem-
menverhaltens vereinfacht. Dazu wird die sogenannte Quellenwandlung eingesetzt. Ihre Verallgemei-
nerung führt zu dem Satz der Ersatzquelle.
I
k
I
passiv aktiv
+
Strom I
0
Lineare U
Quelle
passiv
-
0 U
0
Spannung U
Zunächst wird die Zweipolgleichung hergeleitet. Ausgangspunkt ist eine Geradengleichung in allgemei-
ner Form, bei der m die Steigung und c der Achsenabschnitt auf der Ordinate ist.
I m U c (8.1)
Zur Bestimmung von m und c werden zwei Bestimmungsgleichungen benötigt. Dazu werden die Koor-
dinaten der beiden Punkte (0, IK) und (U0, 0) in die Geradengleichung (8.1) eingesetzt.
IK m 0 c (8.2)
0 m U0 c (8.3)
c IK (8.4)
und
IK
m (8.5)
U0
IK
I U IK (8.6)
U0
Eine Quelle mit einer linearen Kennlinie kann durch eine Ersatzschaltung ersetzt werden. Eine Ersatz-
schaltung weist das gleiche Verhalten wie die zugehörige reale Anordnung auf.
IK
I U IK (8.7)
U0
kann als Strombilanz im Sinne einer Knotenregel aufgefasst werden, die zum Ersatzschalbild in
Bild 8.3 gehört.
IRI
RI U
IQ IK
Bild 8.3: Ersatzschaltung einer linearen Quelle als Stromquelle mit Innenwiderstand RI
(lineare Stromquelle)
8.1 Lineare Quellen und ihre Ersatzschaltungen 123
Das Ersatzschaltbild besteht aus einer idealen Stromquelle mit dem Quellenstrom
IQ IK (8.8)
Der Quelle ist ein Widerstand RI parallel geschaltet. Mit dem Knotensatz für den oberen Knoten gilt die
Gleichung
I IRI IK (8.9)
Der Strom IRI lässt sich durch die Zweipolgleichung des ohmschen Widerstandes ersetzen.
U
I IK (8.10)
RI
U0
RI (8.11)
IK
Die Ersatzschaltung der linearen Quelle in Bild 8.3 verhält sich also wie die entsprechende Geraden-
gleichung.
Auch die Interpretation der Schaltung in Bild 8.3 zeigt, dass die Schaltung das gewünschte Verhalten
besitzt. Bei einem Kurzschluss zwischen den beiden Anschlussklemmen wird die Spannung U = 0. Folg-
lich kann kein Strom IRI fließen. Damit entspricht der Ausgangsstrom dem Kurzschlussstrom
I = IK. Bei Leerlauf ist der Strom I = 0. Der Quellenstrom IK fließt vollständig über den Widerstand.
Damit ist IK = IRI und nach dem ohmschen Gesetz ergibt sich
U0
U RI IK IK U0 (8.12)
IK
Diese beiden Grenzfälle werden also korrekt wiedergegeben. Da eine Gerade über zwei Punkte festge-
legt wird, sind damit damit alle weiteren Punkte der I-U-Kennlinie bekannt. Eine lineare Quelle kann
damit als Stromquelle mit dem Quellstrom IK und dem Parallelwiderstand RI dargestellt werden.
Der Grenzfall einer idealen Stromquelle mit I = IQ ergibt sich aus dem Grenzfall eines unendlichen In-
nenwiderstandes in Gleichung (8.10)
U
lim I lim IQ IQ (8.13)
RI RI
RI
Eine ideale Stromquelle besitzt damit einen unendlich hohen Innenwiderstand RI, der parallel zur Strom-
quelle geschaltet ist.
124 8 Lineare Quellen
IK
U IK I (8.14)
U0
ergibt sich
U0 U
U IK I U 0 0 I (8.15)
IK IK
Die Geradengleichung einer linearen Quelle kann damit auch als Summe von Teilspannungen im Sinne
einer Maschenregel aufgefasst werden, die zum Ersatzschalbild in Bild 8.4 gehört.
URI
I
RI
UQ U0 U
Bild 8.4: Ersatzschaltung einer linearen Quelle als Spannungsquelle mit Innenwiderstand
(lineare Spannungsquelle)
Über die Spannungsquelle UQ = U0, den Innenwiderstand RI und die Klemmenspannung U lässt sich eine
Masche bilden.
U 0 U U RI (8.16)
Die Spannung URI lässt sich durch die Zweipolgleichung des ohmschen Widerstandes ersetzen. Auflösen
nach U führt damit zu
U U 0 RI I (8.17)
U0
RI (8.18)
IK
Die Ersatzschaltung der linearen Quelle in Bild 8.4 verhält sich also wie die entsprechende Geraden-
gleichung (8.6).
Eine Analyse der Schaltung zeigt, dass bei einem Kurzschluss zwischen den beiden Anschlussklemmen
die Spannung U = 0 wird. Folglich liegt am Widerstand RI die gesamte Quellenspannung U0, und es
fließt der Strom
8.1 Lineare Quellen und ihre Ersatzschaltungen 125
U0
I IK (8.19)
RI
Bei Leerlauf ist der Strom I = 0. Der Spannungsabfall über dem Widerstand RI ist URI = 0. Damit wird
die Klemmenspannung U = UQ = U0.
Der Grenzfall einer idealen Spannungsquelle mit U = UQ ergibt sich aus dem Grenzfall eines unendlich
kleinen Innenwiderstandes in Gleichung (8.17)
Eine ideale Spannungsquelle besitzt damit einen unendlich kleinen Innenwiderstand RI, der in Reihe zur
Spannungsquelle geschaltet ist.
R1
U1 UA R2 R3
Die lineare Spannungsquelle kann in eine lineare Stromquelle gewandelt werden. Es ergibt sich die in
Bild 8.6 dargestellte Schaltung.
126 8 Lineare Quellen
U1
R1
R1 R2 R3 UA
Die parallel geschalteten Widerstände werden zu einem Widerstand zusammengefasst. Es ergibt sich
eine lineare Stromquelle, die bei Bedarf wieder in eine lineare Spannungsquelle gewandelt werden kann.
U1
R1
RG UA
Der Widerstand RG errechnet sich aus der Parallelschaltung der Widerstände R1, R2 und R3 zu
1
RG R1 || R2 || R3
1 1 1 (8.21)
R1 R2 R3
Die Schaltung aus Bild 8.5 kann damit auf eine lineare Quelle zurückgeführt werden und die Quellen-
spannung errechnet sich zu
1 U R2 R3
UQ 1 U
1 1 1 R1 R2 R3 R1 R3 R1 R2 1 (8.22)
R1 R2 R3
Wichtig bei der Wandlung ist, dass die eigentliche Zielgröße, in diesem Fall die Spannung UA, sichtbar
bleibt.
8.1 Lineare Quellen und ihre Ersatzschaltungen 127
R2
I1
R1 R3 UR 3
Um die Kombination von Parallel- und Reihenschaltung zu vereinfachen, wird die lineare Stromquelle
in eine lineare Spannungsquelle gewandelt.
R1 R2
I1 R1 R3 UR 3
RE
UE R3 UR 3
RE R1 R2 (8.23)
UE I1 R1 (8.24)
R3 R3
UR 3 UE I1 R1 (8.25)
RE R3 R1 R2 R3
R1 R2
U1 UR 3 R3 U2
Die beiden Spannungsquellen besitzen einen Innenwiderstand und sind damit lineare Spannungsquellen.
Beide Quellen werden zu Stromquellen mit Parallelwiderstand gewandelt.
U1 U2
R1 R2
R1 UR 3 R3 R2
Die beiden Stromquellen und die beiden Widerstände können zusammengefasst werden.
8.1 Lineare Quellen und ihre Ersatzschaltungen 129
U1 U 2
R1 R2
R1 || R2 UR 3 R3
Um das Prinzip des Spannungsteilers anwenden zu können, wird eine wieder eine Quellenwandlung
durchgeführt. Es ergibt sich die in Bild 8.14 gezeigte Schaltung.
RE
UE UR 3 R3
Die Ausgangsspannung UR3 wird bei allen Umformungen eingezeichnet und errechnet sich mit den Er-
satzgrößen
R1 R2
RE R1 || R2 (8.26)
R1 R2
und
U U R R R2 R1
UE 1 2 1 2 U1 U2 (8.27)
R1 R2 R1 R2 R1 R2 R1 R2
zu
R3 R2 R1 R3 R2 U1 R1 U 2
UR 3 U U
R1 R2 R1 R2 1 R1 R2 2 R2 R3 R1 R3 R1 R2 (8.28)
R3
R1 R2
130 8 Lineare Quellen
I I I
A A A
RI
U0 U U RI U
IK
B B B
Bild 8.15: Visualisierung des Satzes von der Ersatzspannungsquelle: Lineare Schaltung mit den Klemmen A - B
und Ersatzspannungsquelle beziehungsweise Ersatzstromquelle
Eine lineare Schaltung kann hinsichtlich ihres Klemmenverhaltens durch eine lineare Spannungsquelle
ersetzt werden, die als Ersatzspannungsquelle bezeichnet wird. Diese hat eine Quellenspannung
UQ = U0 und einen Innenwiderstand RI. Die lineare Schaltung zwischen den Klemmen (A) und (B) kann
alternativ als Ersatzstromquelle mit Quellenstrom IQ = IK mit Innenwiderstand RI dargestellt werden. Die
zunächst unbekannten Größen UQ und RI der Ersatzspannungsquelle beziehungsweise IQ und RI der Er-
satzstromquelle berechnen oder messen.
8.1 Lineare Quellen und ihre Ersatzschaltungen 131
Quellenspannung UQ
Bei Leerlauf an den Klemmen A - B liegt die Leerlaufspannung an, die gemessen oder berechnet werden
kann. UQ muss dieser Leerlaufspannung gleich sein, denn bei Leerlauf der Ersatzspannungsquelle liegt
UQ = U0 an deren Klemmen.
Quellenstrom IQ
Der Strom, der über die kurzgeschlossenen Klemmen A und B fließt, wird gemessen oder berechnet.
Denn bei Kurzschluss der Ersatzstromquelle fließt der Quellenstrom IQ über die Klemmen A und B.
Innenwiderstand RI
Zur Ermittlung des Innenwiderstandes werden die idealen Strom- und Spannungsquellen zu null gesetzt.
Eine ideale Stromquelle, durch die trotz anliegender Spannung kein Strom fließt, verhält sich wie ein
unendlich hoher Widerstand. Sie wird aus der Schaltung entfernt. Eine ideale Spannungsquelle, an der
trotz Stromfluss keine Spannung abfällt, verhält sich wie ein unendlich kleiner Widerstand. Sie wird
durch einen Kurzschluss ersetzt. Für die Schaltung ohne Quellen ergibt sich die Kennlinie eines passiven
Zweipols, dessen I-U-Kennlinie durch den Nullpunkt läuft (Bild 8.16).
I
k
Strom I
IK 1
I U IK U IK (8.29)
U0 RI
ist ein Maß für den Widerstand. Sie ist unabhängig von den Quellen. Deshalb ergibt sich RI als Wider-
stand zwischen den Klemmen A und B dieses passiven Netzwerkes.
Die Darstellung eines linearen Netzwerkes mit Quellen durch eine Ersatzspannungsquelle ist der Dar-
stellung durch eine Ersatzstromquelle gleichwertig. Die Wahl der Ersatzquelle ist beliebig. Bei Reihen-
schaltungen erweist sich die Ersatzspannungsquelle vorteilhaft, während bei Parallelschaltungen die Er-
satzstromquelle übersichtlichere Rechnungsabläufe liefert.
132 8 Lineare Quellen
PI I 2 RI (8.30)
Sie ist bei Leerlauf (I = 0) null und bei Kurzschluss (I = IK) maximal. Bei der linearen Stromquelle
berechnet sich die Verlustleistung aus
1
PI U 2 (8.31)
RI
Sie ist bei Kurzschluss (U = 0) null und bei Leerlauf (U = U0) maximal. In realen Quellen treten im
Allgemeinen sowohl bei Leerlauf als auch bei Kurzschluss-Verluste auf. Daraus ergibt sich, dass die
inneren Verluste in realen Quellen im Allgemeinen nicht mit den hier vorgestellten Ersatzschaltungen
dargestellt werden können.
I
k
I
1
Strom I
I
2
0 U U U
1 2 0
Spannung U
Bild 8.17: Darstellung zur Ermittlung der Kenngrößen einer linearen Quelle mit zwei Messungen
1 I I I
m 2 1 (8.32)
RI U2 U1 U
8.2 Bestimmung der Kenngrößen linearer Quellen 133
U U 0 RI I (8.33)
U0 U1 RI I1 (8.34)
U0
IK (8.35)
RI
Messung 1 2
Strom I / mA 50 100
U 0,18 V
RI 3,6 (8.36)
I 50 mA
134 8 Lineare Quellen
8.3 Zusammenfassung
Tabelle 8.2 fasst die Gesetzmäßigkeiten zum Umgang mit linearen Quellen zusammen.
Tabelle 8.2: Zusammenfassung zu linearen Quellen
1
I U IK
RI
Linearer Zusammenhang zwischen
Spannung und Strom oder
U U 0 RI I
IRI
Lineare Stromquelle RI U
IQ IK
URI
I
RI
Lineare Spannungsquelle
UQ U 0 U
U0
Quellenwandlung Spannungs- in Stromquelle IK
RI
8.4 Literaturverzeichnis
[]
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
9 Superpositionsprinzip
Einige Schaltungen weisen mehr als eine Quelle auf. Maschen- und Knotenregeln sowie der Satz der
Ersatzquelle können verwendet werden, um diese Schaltungen zu analysieren. Trotz dieser Verfahren
ist die Schaltungsanalyse oftmals aufwendig. Eine erhebliche Vereinfachung ergibt sich aus dem Super-
positionsprinzip, bei dem die Wirkung jeder einzelnen Quelle berechnet und anschließend überlagert
wird. Aus der bei diesem Prinzip verwendeten Überlagerung ergibt sich der Begriff Superpositionsprin-
zip. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass das zu analysierende Netzwerk linear ist.
I a I1 b I2 (9.1)
U a U1 b U2 (9.2)
Bild 9.1 verdeutlicht die Voraussetzung für den Linearitätsnachweis und das Verhalten linearer Zwei-
pole mit einem Schaltbild.
I1 I2 a I1 b I2
Der Nachweis der Linearität erfolgt über Einsetzen der Linearkombination von Strömen in die Bauele-
mentegleichung. An einem Beispiel und einem Gegenbeispiel wird der Nachweis der Linearität verdeut-
licht.
138 9 Superpositionsprinzip
U R I (9.3)
U1 R I1 (9.4)
U2 R I2 (9.5)
I a I1 b I2 (9.6)
U R I R a I1 b I 2 R a I1 R b I 2 a R I1 b R I 2
(9.7)
a U1 b U2
Die Spannung U weist dieselbe Linearkombination von Teilspannungen auf wie der Strom I. Ein ohm-
scher Widerstand ist damit ein linearer Zweipol.
UD
ID IS e nUT 1 (9.8)
nUUD1
ID1 IS e T 1 (9.9)
beziehungsweise
nUUD 2
ID 2 IS e T 1 (9.10)
UD a UD1 b UD 2 (9.11)
Der Strom ID durch die Diode ist nichtlinear zur Spannung UD, die an der Diode anliegt. Eine Diode ist
damit ein nichtlineares Bauteil.
Ein ohmscher Widerstand ist ein lineares Bauelement. Linearität ist eine idealisierte Eigenschaft. Zum
Beispiel wird sich der Widerstand R nichtlinear verhalten, wenn in ihm eine hohe Verlustleistung um-
gesetzt wird und er sich erhitzt. Die Linearität von Zweipolen kann auch daran abgelesen werden, dass
Spannungen und Ströme proportional zueinander sind.
Da eine Diode ein nichtlineares Bauteil ist, ist auch eine Schaltung mit mindestens einer Diode nichtli-
near. Die Analyse von Schaltungen mit nichtlinearen Bauelementen wird in Kapitel 10.2 behandelt.
R1 R2
U1 UR 3 R3
In dieser Schaltung sind die Widerstände R2 und R3 parallel geschaltet. Der Spannungsabfall UR3 am
Widerstand R3 lässt sich deshalb nach der Spannungsteilerregel berechnen.
R2 R3
R2 || R3 R2 R3 R2 R3
UR 31 U1 U1 U1 (9.13)
R1 R2 || R3 R2 R3 R1 R2 R1 R3 R2 R3
R1
R2 R3
140 9 Superpositionsprinzip
R1 R2
UR 3 R3 U2
Bei der Schaltung in Bild 9.3 sind die Widerstände R1 und R3 parallel geschaltet. Der Spannungsabfall
UR3 am Widerstand R3 kann wieder mit der der Spannungsteilerregel berechnen werden.
R1 R3
R1 || R3 R1 R3 R1 R3 (9.14)
UR 32 U2 U2 U2
R2 R1 || R3 R1 R3 R1 R2 R1 R3 R2 R3
R2
R1 R3
Die beiden Schaltungen in Bild 9.2 und Bild 9.3 sind identisch, nur die Spannungsquelle befindet sich
in unterschiedlichen Zweigen. In Kapitel 5 wird die Schaltung mit beiden Spannungsquellen über die
Maschen- und Knotenregel analysiert.
R1 R2
U1 UR 3 R3 U2
R2 R3 R1 R3
UR 3 U1 U2 (9.15)
R1 R2 R1 R3 R2 R3 R1 R2 R1 R3 R2 R3
Ein Vergleich der Gleichungen (9.13), (9.14) und (9.15) zeigt, dass sich die Spannung UR3 bei Kombi-
nation der beiden Schaltungsteile aus den Teilspannungen
UR 3 UR 31 UR 32 (9.16)
zusammensetzt. Dieser Sachverhalt tritt immer dann auf, wenn es sich um ein Netzwerk handelt, das
ausschließlich aus linearen Bauelementen und idealen Quellen besteht. Eine Verallgemeinerung dieser
Idee führt zum sogenannten Superpositionsprinzip.
9.3 Superpositionsprinzip 141
9.3 Superpositionsprinzip
Ein Netzwerk, das ausschließlich aus linearen Bauelementen und idealen Quellen besteht, wird als line-
ares Netzwerk bezeichnet. In linearen Netzwerken überlagern sich die einzelnen Wirkungen unter-
schiedlicher Quellen auf einen Strom oder eine Spannung linear. Jeder Zweigstrom beziehungsweise
jede Zweigspannung ergibt sich aus der richtungsabhängigen Summe aller Strom- beziehungsweise
Spannungskomponenten, die die einzelnen Quellen für sich alleine durch den betreffenden Zweig trei-
ben würden. Diese Überlagerung wird als Superposition bezeichnet. Der mathematische Beweis dieses
Prinzips erfolgt über das Knotenpotenzialverfahren in Kapitel 13.
Sind in einem Netzwerk mehrere Quellen enthalten, werden zunächst die Wirkungen der einzelnen
Quellen berechnet. Alle anderen Quellen verhalten sich passiv, ihre Spannungen und Ströme werden zu
null gesetzt. Passive Spannungsquellen werden wie bei der Berechnung des Innenwiderstandes bei dem
Satz der Ersatzquelle in Kapitel 8.1.4 durch einen Kurzschluss ersetzt. Passive Stromquellen werden
dagegen durch einen Leerlauf ersetzt, was einem Entfernen der Stromquelle entspricht.
Das Verfahren wird für jede Quelle durchgeführt. Die Gesamtwirkung, das heißt die Gesamtspannung
oder der Gesamtstrom, ergibt sich dann aus der Summe der einzeln errechneten Teilspannungen bezie-
hungsweise Teilströme. Das Superpositionsprinzip führt zu einfacheren und übersichtlicheren Lösungs-
wegen zur Netzwerkberechnung.
Tabelle 9.1: Ersetzen von passiven Spannungs- und Stromquellen beim Superpositionsprinzip
UQ
IQ
142 9 Superpositionsprinzip
R1
UA R2 R3 U0
I0
R4
Zur Berechnung der Ausgangsspannung UA wird das Superpositionsprinzip verwendet. Im ersten Schritt
wird die Stromquelle zu null gesetzt. Gemäß den in Tabelle 9.1 aufgeführten Regeln wird die Strom-
quelle entfernt. Es ergibt sich das in Bild 9.6 gezeigt Ersatzschaltbild.
R1
UA R2 R3 U0
R5
Der Widerstand R1 war in Reihe zur Stromquelle geschaltet. Da der Zweig unterbrochen ist, hat der
Widerstand keine Funktion mehr. Der Widerstand R3 ist parallel zur Spannungsquelle geschaltet, er geht
in die Berechnung der Spannung UA nicht ein. Die Ausgangspannung ergibt sich in diesem Fall zu
R2
U A1 U0 (9.17)
R2 R5
Im zweiten Schritt wird die Spannungsquelle U0 zu null gesetzt. Nach den in Tabelle 9.1 aufgeführten
Regeln wird die Spannungsquelle damit durch einen Kurzschluss ersetzt. Bild 9.7 zeigt das resultierende
Ersatzschaltbild.
R1
UA R2 R3
I0
R4
9.4 Bedeutung des Superpositionsprinzips 143
Da der Widerstand R3 parallel zur Spannungsquelle geschaltet ist, wird er kurzgeschlossen und hat keine
Funktion mehr. Der Widerstand R1 ist in Reihe zur Stromquelle I0 geschaltet und geht deshalb in die
Berechnung der Spannung UA nicht ein. Damit ergibt sich eine Parallelschaltung von R2 und R4, die von
einem Strom I0 durchflossen wird. Unter Berücksichtigung der Zählpfeilrichtung berechnet sich die
Ausgangsspannung nach dem Ohmschen Gesetz zu
R2 R4
UA2 I0 (9.18)
R2 R4
R2 R R
U A 2 U A1 U A 2 U0 2 4 I 0 (9.19)
R2 R5 R2 R4
Das Beispiel zeigt, wie Schaltungen mit mehreren Quellen mithilfe des Superpositionsprinzips in über-
sichtliche Teilschaltungen zerlegt werden können. Die Berechnung der Spannungen und Ströme wird
dadurch vereinfacht und übersichtlicher.
RC RB RC
IB
RB
UBE 0
U2 U2
IB
UA U1 UA
U1
RE RE
Das Ersatzschaltbild weist ausschließlich lineare Bauelemente und ideale Quellen auf. Einen Sonderfall
nimmt die ideale Stromquelle ein, die eine sogenannte gesteuerte Quelle ist (Kapitel 11.2). Zur Berech-
nung der Schaltung wird der Strom IB benötigt. Er wird im Folgenden über das Superpositionsprinzip
bestimmt.
Aktive Spannungsquelle U1
Im ersten Schritt werden alle Quellen bis auf die Eingangsspannung U1 zu null gesetzt. Mit den Regeln
in Tabelle 9.1 ergibt sich das in Bild 9.9 gezeigt Ersatzschaltbild.
RB
IB
U1
RE
Der Basisstrom errechnet sich in diesem Fall mit dem ohmschen Gesetz zu
U1
IB1 (9.20)
RB RE
9.4 Bedeutung des Superpositionsprinzips 145
RB
IB
UBE 0
RE
Wieder berechnet sich die Ausgangsspannung mit dem ohmschen Gesetz. Unter Berücksichtigung der
Zählpfeilrichtungen ergibt sich
UBE 0
IB 2 (9.21)
RB RE
Aktive Stromquelle
Im dritten Schritt werden alle Quellen bis auf die Stromquelle zu null gesetzt. Das Ersatzschaltbild ist
in Bild 9.11 dargestellt.
RB
RC
IB
IB
URE RE
Der Strom der Quelle fließt durch die Parallelschaltung von RB und RC. Damit berechnet sich die Span-
nung an den Widerständen RE und RB zu
RB RE
URE IB RB || RE IB (9.22)
RB RE
Mit dem ohmschen Gesetz ergibt sich unter Berücksichtigung der Zählpfeilrichtung
146 9 Superpositionsprinzip
URE IB RB RE RE
IB3 IB (9.23)
RB RB RB RE RB RE
Aktive Spannungsquelle U2
Ist die Spannungsquelle U2 aktiv, ist die Stromquelle definitionsgemäß passiv und wird aus der Schal-
tung entfernt. Damit ist aber auch die Spannungsquelle U2 von der Schaltung abgekoppelt. Sie hat keinen
Einfluss auf den Strom IB und wirkt sich erst auf die Berechnung der Ausgangsspannung aus.
U1 UBE 0 RE
I B IB1 IB 2 IB 3 IB (9.24)
RB RE RB RE RB RE
Da der Strom auf beiden Seiten der Gleichung vorkommt, muss die Gleichung über
RE U UBE 0
IB IB 1 (9.25)
RB RE RB RE
und
IB RB RE RE U1 UBE 0 (9.26)
U1 UBE 0
IB (9.27)
RB RE 1
U1 U BE 0
IC (9.28)
RB RE 1
Die gesuchte Ausgangsspannung UA ergibt sich über die Versorgungsspannung U2 und den Spannungs-
abfall am Widerstand RC zu
U1 U BE 0
U A U 2 RC IC U 2 RC (9.29)
RB RE 1
Wie in diesem Beispiel werden in unterschiedlichen Disziplinen der Elektrotechnik komplexe Aufga-
benstellungen in Teilaufgaben zerlegt, die eine übersichtliche analytische Lösung erlauben. Das hier
eingeführte Superpositionsprinzip wird nicht nur in der klassischen Elektrotechnik eingesetzt. Es eignet
sich darüber hinaus zur Beschreibung elektromagnetischer Felder sowie linearer Systeme in der Sys-
temtheorie und Regelungstechnik.
9.5 Literaturverzeichnis 147
9.5 Literaturverzeichnis
I1 I2
RI
U0 U1 U2 RL
Bild 10.1: Stromkreis mit Quelle und ohmschen Widerstand als Verbraucher
Wenn eine Quelle über verlustfreie Leitungen mit einem Verbraucher verbunden ist, sind die Spannun-
gen an den Klemmen der beiden Zweipole gleich groß.
U1 U2 UA (10.1)
Da bei der Quelle das Erzeugerpfeilsystem und beim Verbraucher das Verbraucherpfeilsystem ange-
wendet wird, herrscht im Stromkreis in Bild 10.1 überall die gleiche Stromstärke.
I1 I2 I A (10.2)
Der Strom IA und die Spannung UA, die sich in der Schaltung einstellen, werden als Arbeitspunkt be-
zeichnet. Sie können analytisch oder grafisch ermittelt werden.
10.1 Analytische Bestimmung der Ströme und Spannungen bei linearem Ver-
braucher
Die Zweipolgleichung der lineare Spannungsquelle lautet
U1 U0 RI I1 (10.3)
U2 RL I2 (10.4)
Die Ströme I1 und I2, die sich in der Schaltung einstellen, entsprechen dem Strom IA im Arbeitspunkt.
Die Spannungen U1 und U1, die sich in der Schaltung einstellen, entsprechen der Spannung UA im Ar-
beitspunkt. Mit diesen Voraussetzungen ergeben sich die beiden Gleichungen
U A U 0 RI I A (10.5)
150 10 Verbindung von Zweipolen
UA RL IA (10.6)
Damit liegen zwei unabhängige Gleichungen für UA und IA vor. Die Lösung lässt sich bestimmen, in
dem die beiden Gleichungen voneinander subtrahiert werden.
0 U0 RI I A RL I A (10.7)
Diese Gleichung lässt sich nach der Unbekannten IA auflösen, und es ergibt sich der Strom
U0
IA (10.8)
RI RL
Dieser Strom kann in eine der beiden Gleichungen (10.5) oder (10.6) eingesetzt werden, und es ergibt
sich die Klemmenspannung
U0 RL
U A U0 RI U (10.9)
RI RL RI RL 0
Da die Gleichung für die Quelle (10.5) und die Gleichung für den Verbraucher (10.6) voneinander un-
abhängig sind, ergibt sich eine eindeutige Lösung.
Linearer Verbraucher
Bild 10.2 stellt die Kennlinien für die Schaltung aus Bild 10.1 dar.
I Quelle
K
Verbraucher
Strom I = I1 = I2
Arbeitspunkt
I
A
0
0 U U0
A
Spannung U = U1 = U2
Da es sich um einen ohmschen Widerstand handelt, ist die I-U-Kennlinie des Verbrauchers eine Ur-
sprungsgerade. Die Bedingungen I1 = I2 und U1 = U2 sind nur im Schnittpunkt beider Kennlinien erfüllt.
Dieser Schnittpunkt ergibt den sogenannten Arbeitspunkt A. Er ist gekennzeichnet durch das oben be-
reits analytisch bestimmte Wertepaar UA und IA.
10.2 Grafische Bestimmung der Ströme und Spannungen 151
UA U1 U2 (10.10)
I A I1 I2 (10.11)
Nichtlinearer Verbraucher
Das im Folgenden beschriebene grafische Verfahren ist besonders dann vorteilhaft, wenn die Kennlinie
der Quelle oder des Verbrauchers nichtlinear ist. Die Lösung zweier Gleichungen mit den beiden Un-
bekannten I und U, von denen eine Gleichung nichtlinear ist, ist nur in Sonderfällen analytisch lösbar.
Mit der grafischen Methode können der Strom IA und die Spannung UA jedoch stets ermittelt werden.
Dies wird im nächsten Beispiel verdeutlicht, bei dem eine Diode an eine lineare Quelle angeschlossen
wird. Die Schaltung ist in Bild 10.3 dargestellt.
I1 I2
RI
U0 U1 U2
Die Kennlinie der Diode liegt grafisch vor und ist in Bild 10.4 dargestellt. Die verbleibende Schaltung
bestehend aus einer idealen Spannungsquelle und dem Innenwiderstand kann als lineare Quelle inter-
pretiert werden.
I Quelle
K
Verbraucher
Strom I = I1 = I2
I
A
Arbeitspunkt
0
0 U U0
A
Spannung U = U1 = U2
Bild 10.4: Lineare I-U-Kennlinien von Quelle und nichtlinearem Verbraucher (Diode)
Die Leerlaufspannung der linearen Quelle ist U0, im Diagramm als Schnittpunkt der Gerade mit der
U-Achse zu erkennen. Der Kurzschlussstrom IK = - U0 / RI ist der Schnittpunkt der Geraden mit der
I-Achse. Die Gerade, die die Strom-Spannungskennlinie der linearen Quelle beschreibt, und die Kenn-
linie der Diode werden in ein gemeinsames Diagramm eingezeichnet. Der Schnittpunkt der beiden
Kennlinien ergibt wieder den Arbeitspunkt, der durch das Wertepaar IA und UA festgelegt ist.
152 10 Verbindung von Zweipolen
Die Bestimmung des Arbeitspunktes gelingt mit dem grafischen Verfahren immer. Das grafische Ver-
fahren wird bei linearen Lasten angewendet, wenn ein Überblick über die Lage des Arbeitspunktes ge-
funden werden soll oder eine Kennlinie nur als grafische I-U-Kennlinie vorliegt. Bei nichtlinearen Zwei-
polen wird der Arbeitspunkt typischerweise grafisch bestimmt, da eine analytische Lösung des nichtli-
nearen Gleichungssystems nicht immer möglich oder aufwendig ist.
UR
ID
U0 UD
Leuchtdioden können wie normale Dioden betrachtet werden. Sie leuchten, wenn ein ausreichend großer
Strom in Durchlassrichtung fließt. LEDs haben eine höhere Durchlassspannung als normale Dioden. Sie
liegt je nach Typ der Leuchtdiode zwischen 1,5 und 4,0 Volt (Tabelle 10.1).
Tabelle 10.1: Durchbruchspannung unterschiedlicher Leuchtdiodentypen [MIKR16]
Der Ausgang des Mikro-Controllers hat eine Ausgangsspannung von U0 = 3,3 V. Der Innenwiderstand
kann in dem relevanten Betriebsbereich vernachlässigt werden. Es soll ein Betriebsstrom von
ID = 15 mA erreicht werden. Dazu benötigt die Leuchtdiode nach der Kennlinie in Bild 10.6 eine Span-
nung von UD = 1,95 V. Der Rest der Spannung soll bei demselben Strom am Vorwiderstand abfallen.
Der Widerstand berechnet sich damit zu
UR U0 UD 3,3 V 1,95 V
R 90 (10.12)
ID ID 0,015 mA
Der Widerstand R und die Mikro-Controller-Spannungsquelle bilden zusammen eine lineare Quelle.
Die Schnittpunkte der Kennlinien der Diode und der linearen Quelle ergeben den Arbeitspunkt.
10.3 Leistungsanpassung 153
40
Lineare Quelle
Diode
30
Strom I / mA
20
Arbeitspunkt
10
0
0 1 2 3 4
Spannung U / V
umgesetzt.
10.3 Leistungsanpassung
Wird ein Verbraucher an eine reale Quelle angeschlossen, fließt sowohl durch den Innenwiderstand als
auch durch den Lastwiderstand derselbe Strom. Die im Innenwiderstand der Quelle und die im Lastwi-
derstand umgesetzte Leistungen sind von diesem Strom abhängig. Bei einer Leistungsanpassung werden
die Widerstände so dimensioniert, dass die im Verbraucher umgesetzte Leistung maximal wird.
I1 I2
RI
U0 U1 U2 RL
P2 U2 I2 (10.14)
Der Strom I2 ergibt sich aus der Anwendung des ohmschen Gesetzes auf RI zu
154 10 Verbindung von Zweipolen
URI U U1 U0 U2
I2 I1 0 (10.15)
RI RI RI
U0 U2 1
P2 U2 I2 U2
RI
RI
U0 U2 U22 (10.16)
Wegen des negativen Vorzeichens vor U22 ist das eine nach unten geöffnete Parabel. Für U2 = 0 ist die
Leistung P2 = 0, sodass die Parabel durch den Ursprung geht. Bild 10.8 zeigt die Verbraucherleistung
als Funktion der Spannung U2.
Leistungsanpassung
P
2MAX
Leistung P2
0
0 U U0
2MAX
Spannung U2
Der Scheitelpunkt der Parabel kann bestimmt werden, indem die Steigung der Parabel ermittelt und zu
null gesetzt wird
P2 1
U0 2 U 2 (10.17)
U 2 RI
P2 1
U0 2 U2MAX 0 (10.18)
U2 RI
In diesem Punkt stellt sich die Spannung U2MAX ein, die sich berechnet aus
U0
U2MAX (10.19)
2
U0
U0
I2MAX 2 U 0 IK (10.20)
RI 2 RI 2
Für den Punkt U2 = U2MAX und I2 = I2MAX ergibt sich die Leistung zu
10.3 Leistungsanpassung 155
U0 IK U2
P2MAX U2MAX I2MAX 0 (10.21)
4 4 RI
U2MAX U0 2 U0 2 RI
RLMAX RI (10.22)
I2MAX 2 IK 2 U0
aufweisen. Dieser Betriebspunkt wird Leistungsanpassung genannt. Ein Verbraucher entnimmt einer
linearen Quelle maximale Leistung, wenn sein Widerstand genauso groß ist wie der Innenwiderstand
der Quelle: RL = RI. Diese Bedingung für die beiden Widerstände wird als Anpassungsbedingung be-
zeichnet.
Wegen der Äquivalenz von linearer Strom- und Spannungsquelle gilt entsprechend für die Leistungs-
anpassung bei einer linearen Stromquelle
1 1
GL GI (10.23)
RL RI
I02 RI I2
P2MAX 0 (10.24)
4 4 GI
Bei großen Leistungen, wie sie in der Energie- und Kraftwerkstechnik auftreten, würde bei Leistungs-
anpassung die Quelle unzulässig erwärmt werden, da wegen RL = RI die gleichen Leistungen in RL und
RI umgesetzt werden. Außerdem wären der niedrige Wirkungsgrad und der hohe Spannungsabfall un-
günstig und nicht im Sinne der Energieversorgungsunternehmen. In der Energietechnik sind daher die
Betriebsströme kleiner als 10 % des Kurzschlussstroms. Auch beim sinnvollen Einsatz einer Batterie
wird der maximale Strom deutlich kleiner als 10 % des Kurzschlussstroms sein.
Bei der Solarzelle ist eine Leistungsanpassung sinnvoll, da in diesem Fall die maximale Leistung aus
der Zelle entnommen werden soll. Bei einer Solarzelle wird das Maximum der Leistung anhand der
I-U-Kennlinie ermittelt. Zur Leistungsanpassung wird eine Schaltung angeschlossen, die den optimalen
Arbeitspunkt einstellt.
156 10 Verbindung von Zweipolen
Zusammenfassung
Tabelle 10.2 fasst die Bedingung für Leistungsanpassung zusammen.
Tabelle 10.2: Zusammenfassung Leistungsanpassung
Unteranpassung RL RI
Überanpassung RL RI
IL
Solarzelle UL
RL
UL / V 2,85 2,75 2,70 2,62 2,44 2,32 2,05 1,92 1,67 0,20
PL / mW 28,5 82,5 108,0 131,0 170,8 185,6 205,0 211,2 200,4 27,6
10.3 Leistungsanpassung 157
Tabelle 10.4: Ausgangsstrom und Ausgangsspannung bei Betrieb im Schatten und Belastung eines Solarmoduls
mit unterschiedlichen Lastwiderständen
IL / mA 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 7,5 8,8 10,0 11,5 13,0
UL / V 1,60 1,56 1,52 1,48 1,42 1,25 1,12 0,98 0,54 0,10
PL / mW 1,60 3,12 4,56 5,92 7,10 9,38 9,76 9,80 6,21 1,30
1,75
2,5
1,5
Spannung U / V
Spannung UL / V
2
1,25
L
1,5 1
0,75
1
0,5
0,5
0,25
0 0
0 25 50 75 100 125 150 0 2,5 5 7,5 10 12,5 15
Strom IL / mA Strom IL / mA
Es zeigt sich, dass eine Solarzelle eine nichtlineare Quelle ist. Die Kennlinien für den Betrieb bei direk-
ter Sonneneinstrahlung und für den Betrieb im Schatten unterscheiden sich erwartungsgemäß. Die Leis-
tung, die in dem Widerstand umgesetzt wird, ergibt sich für jedes Wertepaar aus dem Produkt von Span-
nung und Strom. Sie ist ebenfalls in die beiden Tabellen eingetragen und in Bild 10.11 als Funktion des
Ausgangsstrom IL dargestellt.
Betrieb bei direkter Sonneneinstrahlung Betrieb im Schatten
250 15
Leistung Leistung
Maximale Leistung 12,5 Maximale Leistung
200
Leistung PL / mW
Leistung PL / mW
10
150
7,5
100
5
50
2,5
0 0
0 25 50 75 100 125 150 0 2,5 5 7,5 10 12,5 15
Strom IL / mA Strom IL / mA
Aufgrund des nichtlinearen Verhaltens bildet sich keine klassische Parabel, wie sie zum Beispiel in Bild
10.8 zu sehen ist. Aber auch in diesen Beispielen stellt sich ein Leistungsmaximum ein. Bei direkter
Sonneneinstrahlung wird bei einem Strom von 110 mA eine Leistung von 211 mW erreicht. Im Schatten
wird bei einem Strom von 10 mA ein Leistungsmaximum 9,8 mW erreicht. Dieser Betriebspunkt wird
als Maximum-Power-Point bezeichnet.
158 10 Verbindung von Zweipolen
Die Schaltung, die die elektrische Leistung der Solarzelle weiterverarbeitet, wird den Strom in Abhän-
gigkeit der Sonneneinstrahlung so einstellen, dass der Solarzelle immer die maximale Leistung entnom-
men wird.
10.4 Literaturverzeichnis
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
11 Vierpole
In den vorhergehenden Kapiteln werden ausschließlich elektrische Netzwerke behandelt, die aus Zwei-
polen bestehen und wiederum selbst Zweipole sind. Diese Netzwerke und Bauelemente sind nur an zwei
Klemmen zugänglich und durch das Strom-Spannungs-Verhalten mathematisch beschrieben.
Neben den Zweipolschaltungen gibt es auch elektrische Netzwerke und Bauteile, die vier Klemmen
besitzen. Sie werden als Vierpole bezeichnet. Eine Untergruppe der Vierpole sind sogenannte Zweitore,
bei denen ein Klemmenpaar als Eingangsklemmen und das andere als Ausgangsklemmen bezeichnet
werden. Typische Beispiele sind Transformatoren und Verstärker, die vor allem in der Energietechnik
und in der Informationstechnik Verwendung finden. Im Kapitel 12 werden Operationsverstärker be-
schrieben, die zwei Ein- und zwei Ausgangsklemmen aufweisen und damit ebenfalls Zweitore sind. In
diesem Kapitel werden unterschiedliche Beschreibungsformen für das Verhalten von Vierpolen und
insbesondere Zweitore vorgestellt.
Beim ersten Verfahren wird das Klemmenverhalten von Eingang und Ausgang über Matrizen beschrie-
ben. Dieses Verfahren wird zum Beispiel in der Energie- oder Nachrichtentechnik genutzt, um das Ver-
halten von Leitungen zu beschreiben. Auch wenn sich das Verfahren zur Beschreibung von Verstärker-
schaltungen nicht durchgesetzt hat, wird es an einem einfachen Beispiel kurz skizziert und diskutiert.
Transistor- und Verstärkerschaltungen werden bevorzugt über gesteuerte Quellen beschrieben. Dieses
wichtige zweite Verfahren wird in diesem Kapitel eingeführt. Sie sind Voraussetzung für das Verständ-
nis von den in Kapitel 12 behandelten Operationsverstärkerschaltungen.
I11 I21 I1 I2
U1 Vierpol U2 U1 Zweitor U2
I12 I22 I1 I2
Bild 11.1: Schaltzeichen und Zählpfeile für allgemeine Vierpole und den Sonderfall der Zweitore
Im Allgemeinen müssen die Ströme I11 und I12 sowie I21 und I22 nicht gleich groß sein. In vielen Anwen-
dungsfällen ist das jedoch der Fall. Die entsprechenden Vierpole werden als Zweitore bezeichnet. Bei
Zweitoren ist der Strom I11, der in den einen Eingangsknoten fließt, genauso groß wie der Strom I12, der
aus dem anderen Eingangsknoten fließt. Der Strom wird deshalb als I1 bezeichnet. Dasselbe gilt für die
Ströme I21 und I22 am Ausgang. Diese Ströme werden mit I2 bezeichnet. Das entsprechende Schaltzei-
chen und die Zählpfeile sind Bild 11.1 zu entnehmen. Ein Zweitor ist damit eine beliebige elektronische
Schaltung, die durch vier Klemmen von außen beschrieben werden kann und die Bedingungen
160 11 Vierpole
und
erfüllt. Ob ein Vierpol als Zweitor behandelt werden darf oder nicht, richtet sich nicht nur nach seinem
inneren Aufbau, sondern auch nach seiner äußeren Beschaltung. Beispielsweise kann eine äußere Lei-
tung wie in Bild 11.2 um den Vierpol herum dazu führen, dass die Bedingung I11 = I12 und I21 = I22 nicht
eingehalten wird.
RI
U0 Zweitor RL
RQ
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass es sich bei den zu analysierenden Schaltungen um Zwei-
tore handelt, die teilweise auch als Vierpole bezeichnet werden.
In Kapitel 9 wird gezeigt, dass das Verhalten von linearen Schaltungen unabhängig von Spannung und
Strom ist und dass für lineare Schaltungen das Superpositionsprinzip gilt. Es kann gezeigt werden, dass
ein Zweitor, das nur aus passiven linearen Bauelementen Widerstand, Spule und Kondensatoren besteht,
immer linear ist. Lineare Zweitore sind Gegenstand der klassischen Vierpoltheorie. Nur für sie gelten
die linearen Zweitorgleichungen und damit die im Folgenden beschriebene Matrizendarstellung der
Zweitorparameter. Typische Beispiele für lineare Vierpole sind Filter, Transformatoren und Verstärker.
Bild 11.3 demonstriert an einigen Beispielen, wie unterschiedliche Schaltungen als Vierpole aufgefasst
werden können.
11.1 Beschreibung des Klemmenverhaltens von linearen Vierpolen 161
RC-Glied Transformator
Bild 11.3: Beispiele für die Darstellung von Schaltungen als Vierpol
Zum besseren Verständnis der Vierpoltheorie wird zunächst die Beschreibung von Vierpolen über Mat-
rizen eingeführt, die aber in diesem Buch nicht weiterverfolgt wird. Bild 11.1 zeigt, dass an einem line-
aren Zweitor vier Größen an den Klemmen gemessen werden können, nämlich U1, U2, I1 und I2. Werden
zwei dieser Größen vorgegeben, ergeben sich die beiden anderen Größen über die Zweitorgleichungen.
Je nach Auswahl der abhängigen und unabhängigen Größen ergeben sich unterschiedliche lineare Glei-
chungssysteme in Form von Matrizengleichungen, deren wichtigste Vertreter in Tabelle 11.1 zusam-
mengefasst sind.
Tabelle 11.1: Matrizen zur Beschreibung von Vierpolen
Matrix-Form Gleichung
U1 R11 R12 I1
Widerstand-Matrix
U2 R21 R22 I2
I1 G11 G12 U1
Leitwert-Matrix
I2 G21 G22 U2
U1 A11 A12 U 2
Ketten-Matrix
I1 A21 A22 I2
Da die Beschreibung von Vierpolen über Matrizen in diesem Buch nicht weiterverfolgt wird, wird das
Vorgehen nur an einem Beispiel aufgezeigt. Ausführliche Herleitungen und Anwendungen sind in
[Altm03] zu finden.
162 11 Vierpole
R1 I3
I1 I2
U1 R2 U2 R3 E U2 U3
Bild 11.4: Beispiel für die Beschreibung einer Schaltung mit Kettenmatrizen
Die Schaltung wird in zwei Teile zerlegt. Der erste Teil ist ein Spanungsteiler, der als Vierpol beschrie-
ben wird. Um die Kettenmatrix aufstellen zu können, müssen die Spannung U1 und der Strom I1 als
Funktion von U2 und I2 beschrieben werden. Mit der Knotenregel gilt
U2 1
I1 I2 U 2 I2 (11.3)
R2 R2
U R R1
U1 R1 I1 U 2 R1 2 I2 U2 2 U2 R1 I2 (11.4)
R2 R2
R2 R1
R1
U1 U 2 R2 U2
A1 I 2
(11.5)
I1 I2 1
1
R2
beschrieben werden. Der zweite Schaltungsteil ist ein Verstärker, dessen Ausgangsspannung U3 über
den Verstärkungsfaktor E von der Eingangsspannung U2 abhängt. Es gilt der Zusammenhang
U3 E U2 (11.6)
beziehungsweise
1
U2 U3 (11.7)
E
U2 U3
I2 (11.8)
R3 E R3
1
0
U2 U3 E U
A2 1 3 (11.9)
I2 I3 I
0 3
E R
3
Der Zusammenhang zwischen den Eingangsgrößen U1 und I1 und den Ausgangsgrößen U3 und I3 be-
rechnet sich über die Gleichung
U1 U2 U3 U3
A1 A1 A2 A (11.10)
I1 I2 I3 I3
Das Schaltungsverhalten kann mit der Matrix A beschrieben werden, die sich aus dem Produkt von
A1 und A2 ergibt.
R1 1 R2 R1 R1
1 R R1 0 0
E E R2 E R3
A A1 A2 2
(11.11)
1 1 1 1
1 0 0
R2 E R3 E R2 E R3
R R1 R1
U1 2 U3 (11.12)
E R2 E R3
und
1 1
I1 U3 (11.13)
E R2 E R3
Das Beispiel zeigt, wie mehrstufige Schaltungen mithilfe der Matrizengleichungen formell beschrieben
werden können. Der Vorteil der Darstellung ist, dass komplexe Schaltungen in übersichtlichere Teile
zerlegt werden können. Jeder Schaltungsteil wird über eine Matrizengleichung charakterisiert. Die Be-
schreibung des Gesamtsystems ergibt sich aus der Kombination der unterschiedlichen Matrizenglei-
chungen. Allerdings gehen wegen der abstrakten Beschreibungsform Kausalzusammenhänge verloren.
Zum Beispiel suggeriert Gleichung (11.13), dass der Eingangsstrom I1 unabhängig von dem Widerstand
R1 ist, was aber nicht der Fall ist. Die Abhängigkeit ergibt sich über die Spannung U3. Die Schaltungs-
beschreibung über Matrizen hat sich deshalb nicht allgemein durchgesetzt.
164 11 Vierpole
I1 I2
U1 R1 E U1 U2
U2 E U1 (11.14)
beschrieben, der Verstärkungsfaktor E ist dimensionslos. Der Ausgangsstrom I2 hängt von der Beschal-
tung der Spannungsquelle EU1 ab. Der Eingangsstrom I1 ist von dem Eingangswiderstand R1 der Schal-
tung abhängig. Im Idealfall ist der Eingangswiderstand R1 unendlich groß, sodass der Eingangsstrom zu
null (I1 = 0) wird und die Signalquelle nicht belastet wird.
U1
I1 (11.15)
R1
Typische Beispiele für spannungsgesteuerte Spannungsquellen sind Audioverstärker, die eine Audio-
Spannung im Bereich von 500 mV verstärken und den Lautsprechern die erforderliche Leistung zur
Verfügung stellen. Auch der in Kapitel 12 behandelte Operationsverstärker wird als spannungsgesteu-
erte Spannungsquelle aufgefasst.
11.2 Beschreibung des Klemmenverhaltens über gesteuerte Quellen 165
I1 I2
F I1
U1 R1 U2
I2 F I1 (11.16)
beschrieben, der Verstärkungsfaktor F ist dimensionslos. Die Spannung U2 hängt von der Beschaltung
der Stromquelle ab. Der Eingangsspannung U1 ist von dem Eingangswiderstand R1 abhängig. Im Ideal-
fall ist der Eingangswiderstand R1 unendlich klein, sodass am Eingang keine Spannung abfällt
(U1 = 0).
U1 R1 I1 (11.17)
I2 G U1 (11.18)
I1 I2
G U1
U1 R1 U2
Der Verstärkungsfaktor G beschreibt den Zusammenhang von Strom zu Spannung. Er hat damit die
Dimension eines Leitwertes.
166 11 Vierpole
I 2 1
G (11.19)
U1
Die Spannung U2 hängt von der Beschaltung der Stromquelle ab. Der Eingangsstrom I1 ist von dem
Eingangswiderstand R1 abhängig. Im Idealfall ist der Eingangswiderstand R1 unendlich groß, sodass
der Eingangsstrom zu null wird (I1 = 0) und die Signalquelle nicht belastet wird.
U1
I1 (11.20)
R1
Stromgesteuerte Spannungsquellen werden in der Automatisierungstechnik zum Beispiel für die ana-
loge Signalübertragung mit Stromschnittstellen eingesetzt. Dabei wird ein analoger Spannungsmess-
wert in einen Strom gewandelt, der von der Steuerung ausgewertet wird.
U2 H I1 (11.21)
I1 I2
U1 R1 H I1 U2
Der Verstärkungsfaktor H beschreibt den Zusammenhang von Spannung zu Strom. Er hat damit die
Dimension eines Widerstandes.
U1
H (11.22)
I2
Der Ausgangsstrom I2 hängt von der Beschaltung der Spannungsquelle HI1 ab. Der Eingangsspannung
U1 ist von dem Eingangswiderstand R1 abhängig. Im Idealfall ist der Eingangswiderstand R1 unendlich
klein, sodass am Eingang keine Spannung abfällt (U1 = 0).
U1 R1 I1 (11.23)
Stromgesteuerte Spannungsquellen werden zum Beispiel bei der Auswertung des Fotostroms von Fo-
todioden eingesetzt. Dabei wird der Strom einer Fotodiode für U1 = 0 in eine proportionale Ausgangs-
spannung gewandelt, die im Gegensatz zu einem Strom von einem Analog-Digital-Wandler erfasst
werden kann.
11.2 Beschreibung des Klemmenverhaltens über gesteuerte Quellen 167
Eingangswiderstand
Bezeichnung Schaltbild
und Idealfall
I1 I2
Spannungsgesteuerte U1 !
R1
Spannungsquelle I1 U1 R1 E U1 U2
I1 I2
Stromgesteuerte U1 ! F I1
R1 0
Stromquelle I1 U1 R1 U2
I1 I2
Spannungsgesteuerte U1 ! G U1
R1
Stromquelle I1 U1 R1 U2
I1 I2
Stromgesteuerte U1 !
R1 0 U1 H I1 U2
Spannungsquelle I1 R1
168 11 Vierpole
11.3 Literaturverzeichnis
[Wagn13] Wagner, Bräunig: GET soft, Lernprograme zu den Grundlagen der Elektrotechnik,
Technische Universität Illmenau, 2013, https://getsoft.net/learnweb/ , Zugriff
03.05.2017
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
IP 0
IA IP 0 IA
UD
IN 0 UD AD U D UA
UP AD UA
UN
IN 0
Bild 12.1: Schaltbild und Zählpfeile für einen idealen Operationsverstärker und
Beschreibung eines idealen Operationsverstärkers als spannungsgesteuerte Quelle
Die Eingänge sind der nichtinvertierende oder positive Eingang (+) und der invertierende oder negative
Eingang (-). Das Differenzsignal
UD UP UN (12.1)
das zwischen den beiden Eingängen anliegt, wird um den Faktor AD verstärkt. Am Ausgang ergibt sich
eine Ausgangsspannung UA mit
U A AD UP UN AD UD (12.2)
Beim idealen Operationsverstärker ist dieser Faktor AD unendlich. Da der Ausgang beim unbeschalteten
Operationsverstärker nicht zurückgekoppelt wird, wird der Faktor AD als offene Schleifenverstärkung
(open loop gain) bezeichnet.
Die analytische Auslegung von Schaltungen erfolgt typischerweise unter der Annahme, dass ein idealer
Operationsverstärker vorliegt. Die wesentlichen Eigenschaften eines idealen Operationsverstärkers kön-
nen wie folgt beschrieben werden:
Die offene Schleifenverstärkung AD ist unendlich.
Der Eingangsstrom des Operationsverstärkers ist null, es gilt IP = 0 und IN = 0.
Der Ausgang kann einen beliebig großen Strom zur Verfügung stellen, der Ausgangsstrom IA
hängt nur von der äußeren Beschaltung ab.
Die Verstärkung eines idealen Operationsverstärker hängt nicht von der Anregungsfrequenz ab.
Ein idealer Operationsverstärker ist damit eine spannungsgesteuerte Spannungsquelle mit dem Steuer-
faktor E = AD = . Ein Ersatzschaltbild ist Bild 12.1 dargestellt.
12.1 Grundlagen zur Beschreibung von Operationsverstärkern 171
Auch wenn die angegebenen Eigenschaften auf den ersten Blick sehr unrealistisch erscheinen, kommen
verfügbare Operationsverstärker diesem Ideal sehr nahe. Die Unabhängigkeit der Verstärkung eines re-
alen Operationsverstärker von der Frequenz ist die Forderung, die am ehesten vom idealen Operations-
verstärker abweicht. Operationsverstärker mit hoher Bandbreite sind verfügbar, aber teuer und müssen
häufig andere Kompromisse eingehen. Außerdem kann das Ausgangssignal UA nicht kleiner als eine
minimale Ausgangsspannung UAMIN und nicht größer als eine maximale Ausgangsspannung UAMAX sein,
die sich aus der Spannungsversorgung des Operationsverstärkers ergeben. Diese Aspekte werden in
Abschnitt 12.1.2 ausführlicher diskutiert.
R1 R2
UCC
U1
UCC UA
In Schaltbildern, die mehrere Operationsverstärker beinhalten, wird üblicherweise auf das Einzeichnen
der Spannungsversorgung verzichtet, um die Schaltung nicht unnötig unübersichtlich zu machen. Statt-
dessen wird in einer Ecke des Schaltbildes die Angabe zur Spannungsversorgung eingezeichnet oder
beschrieben.
Die schaltungstechnische Realisierung der im Operationsverstärker eingebauten Ausgangsstufe erlaubt
es nicht, den gesamten Spannungsbereich von UCC- bis UCC+ auszunutzen. Die maximale erreichbare
Ausgangsspannung ergibt sich aus der Beziehung
Dabei wird mit USAT+ die Sättigungsspannung gegen die positive Versorgungsspannung UCC+ bezeichnet.
Sie liegt in der Größenordnung von 1 … 3 V und ist vom Typ und Hersteller abhängig. Dasselbe gilt
auch für die minimal mögliche Spannung.
172 12 Operationsverstärker
Dabei wird mit USAT- die Sättigungsspannung gegen die negative Versorgungsspannung bezeichnet.
Auch diese Spannung beträgt je nach Typ und Hersteller - 3 … - 1 V. Für einen Operationsverstärker
mit endlicher Versorgungsspannung wird die sogenannte Übertragungskennlinie aufgetragen. Sie be-
schreibt die Ausgangsspannung UA als Funktion der Differenzspannung UD und ist in Bild 12.3 darge-
stellt. Ausgangsspannung UA
U
CC+
U
AMAX
U
SAT+
U
SAT-
U
AMIN
U
CC-
0
Eingangsspannung UD
Die Ausgangsspannung wird durch die endliche Versorgungsspannung UCC+ und UCC- sowie die Sätti-
gungsspannungen USAT+ und USAT- begrenzt.
Abbildung
Die unterschiedlichen Bauformen ergeben sich zum einen aus einem Kompromiss zwischen Handhab-
barkeit bei dem Aufbau von Prototypen und Platzbedarf bei Serienprodukten. Zum anderen kann ein
größeres Gehäuse typischerweise mehr Verlustleistung abführen, sodass aus der umgesetzten Verlust-
leistung eine untere Grenze für die Bauformgröße resultiert.
12.2 Operationsverstärker als Komparatoren 173
I2 IN 0
UD
I1 IP 0
U2
UA
U1
Das Eingangssignal UD wird mit der offenen Schleifenverstärkung AD verstärkt. Abgesehen von einem
sehr kleinen Übergangsbereich beträgt das Ausgangssignal UAMIN, sobald eine negative Spannungsdiffe-
renz
UD U1 U2 (12.5)
vorliegt, und UAMAX, sobald eine positive Spannungsdifferenz vorliegt. Die Kennlinie eines Komparators
ist in Bild 12.5 dargestellt.
Ideales Verhalten
A
10
-10
-50 -10 0 10 50
Eingangsspannung UD / µV
Bild 12.5: Ausgangskennlinie eines Komparators mit UAMIN = - 10 V, UAMAX = 10 und AD = 106
R1 A R2
IR 1 IR 2
UR 1 UR 2
IN 0
U1 UD
UA
IP 0
Für den Knoten (A) gilt die Knotengleichung. Da beim idealen Operationsverstärker außerdem der Ein-
gangsstrom IN = 0 ist, ergibt sich
IR1 IR 2 IN 0 (12.6)
Die Ströme IR1 und IR2 lassen sich mit der Maschenregel bestimmen zu
UR1 U1 UD
I R1 (12.7)
R1 R1
und
UR 2 U A UD
IR 2 (12.8)
R2 R2
U1 UD U A UD
0 (12.9)
R1 R2
Da bei einem idealen Operationsverstärker die offene Schleifenverstärkung AD unendlich ist und bei
sinnvoller Beschaltung und Betrieb des Operationsverstärkers eine endliche Spannung UA erwartet wird,
muss die Spannung UD näherungsweise UD = 0 sein, denn nach Gleichung (12.2) gilt
12.3 Verstärkerschaltungen mit Operationsverstärkern 175
UA
UD lim 0 (12.10)
AD AD
Das bedeutet, dass der Knoten (A) am invertierenden Eingang (-) auf gleichem Potential liegt wie der
nichtinvertierende Eingang (+). Unter Berücksichtigung von UD = 0 vereinfacht sich Gleichung (12.9)
damit zu
U1 U A
0 (12.11)
R1 R2
R2
UA U1 (12.12)
R1
Die Schaltungsanordnung verhält sich also wie ein linearer Verstärker mit dem Verstärkungsfaktor
R2
E (12.13)
R1
Das Minuszeichen beschreibt die Invertierung des Eingangsignals. Daher der Name invertierender Ver-
stärker.
Ausgangsstrom
Damit die Schaltung ordnungsgemäß funktioniert, muss der Ausgang des Operationsverstärkers den
erforderlichen Strom durch den Widerstand R2 aufbringen. Da der ideale Operationsverstärker definiti-
onsgemäß einen beliebigen Ausgangsstrom IA liefern kann, wird diese Bedingung erfüllt.
Gegenkopplung
Für den Nachweis, dass die Anordnung ein endliches Ausgangssignal liefert und damit stabil ist, wird
das Signalverhalten analysiert. Liegt eine positive Differenzspannung UD vor, wird die Ausgangsspan-
nung UA wegen der positiven Verstärkung AD ansteigen. Über den Widerstand R2 wird dieses Ansteigen
der Ausgangsspannung auf den negativen Eingang zurückgekoppelt, sodass die Differenzspannung UD
ausgeglichen wird. Die Ausgangsspannung UA wirkt also über R2 der angenommenen Erhöhung entge-
gen. Es wird deshalb von einer Gegenkopplung gesprochen. Damit kann eine allgemeine Aussage ge-
troffen werden: Soll der Operationsverstärker ein endliches Ausgangssignal aufweisen und eine Ein-
gangsspannung UD ≈ 0 besitzen, muss die Rückkopplung stets auf den invertierenden (-) Eingang zu-
rückgeführt werden.
Eingangswiderstand
Aus der Spannungsquelle U1 am Eingang fließt ein Strom I1 = IR1. Er berechnet sich zu
UR1 U1
I1 IR1 (12.14)
R1 R1
176 12 Operationsverstärker
Die Schaltung verhält sich für die Spannungsquelle U1 so, als wäre ein Widerstand R1 angeschlossen.
Dieser Widerstand wird als Eingangswiderstand der Schaltung bezeichnet.
Damit kann der invertierende Verstärker als spannungsgesteuerte Spannungsquelle mit Verstärkungs-
faktur E = - R2/R1 sowie Eingangswiderstand R1 dargestellt werden. Bild 12.7 zeigt sein Ersatzschaltbild
und seine Ausgangskennlinie.
15
Ausgangsspannung U / V
10
A
I1 5
0
R2
U1 R1 U1 UA
R1 -5
-10
-15
-0,2 -0,1 0 0,1 0,2 0,3
Eingangsspannung U1 / V
UA
UD (12.15)
AD
UA UA
U1 UA
AD AD (12.16)
0
R1 R2
Diese Gleichung lässt sich nach UA auflösen, und die Ausgangsspannung UA ergibt sich zu
R2 1
UA U1
R1 R2 1 (12.17)
1 1
R1 AD
Es wird deutlich, dass für große Verstärkungswerte AD der Nennerausdruck zu 1 wird und sich der Ver-
stärkungsfaktor E = - R2/R1 ergibt. Gleichung (12.17) geht damit für den Grenzwert einer unendlichen
Verstärkung AD in Gleichung (12.12) über.
Bei einem idealen invertierenden Verstärker mit R1 = R2 errechnet sich die Verstärkung zu
R2
UA U1 U1 (12.18)
R1
In Abschnitt 12.1.1 werden Eigenschaften realer Operationsverstärker zusammengefasst. Dabei wird für
den realen Operationsverstärker UA 741 von einer offenen Schleifenverstärkung AD = 2105 angegeben.
Damit ergibt sich
R2 1 1 1
UA U1 U1 5
U1
R1 R2 1 2 1 10
1 1 1
R1 AD 2 105 (12.19)
1 10 5 U1 0,99999 U1
Der Fehler, der aus der Annahme eines idealen Operationsverstärkers mit AD = folgt, ergibt sich zu
Das entspricht einem relativen Fehler von 0,001 %, der in aller Regel vernachlässigt werden kann.
IR 1
Rn
IRn
RN A RF
IRN IRF
IN 0
U1 Un UN UD
UA
IP 0
Die Knotengleichung für den Knoten (A) lässt sich bei einem Eingangsstrom IN = 0 aufstellen zu
N
IR1 IR 2 ... IRN IRF IRn IRF 0 (12.21)
n 1
Unter Annahme einer unendlichen Verstärkung liegt der Knoten (A) auf Massepotenzial, und die Ströme
IRn und IRF lassen sich angeben als
178 12 Operationsverstärker
Un
IRn (12.22)
Rn
und
UA
IRF (12.23)
RF
N
U1 U 2 U U U U
... N A n A 0 (12.24)
R1 R2 RN RF n 1 Rn RF
N
RF
U A Un (12.25)
n 1 Rn
Da die Schaltungsstruktur dieselbe wie beim invertierenden Verstärker ist, bleibt die Invertierung der
Eingangsspannung erhalten. Die Eingangsspannungen werden gewichtet mit dem Faktor RRF/Rn auf-
summiert und stehen invertiert am Ausgang UA zur Verfügung.
12.3.4 Strom-Spannungswandler
Eine Variante des invertierenden Verstärkers ist ein Strom-Spannungswandler. Dabei wird der Strom
IR1, der beim invertierenden Verstärker durch den Widerstand R1 fließt, durch eine Stromquelle mit dem
Strom I1 ersetzt.
A R IR
IN 0
I1
UD
UA
IP 0
Für den Knoten (A) gilt weiterhin die Knotengleichung. Da beim idealen Operationsverstärker der Ein-
gangsstrom IN = 0 ist, ergibt sich
I1 IR IN 0 (12.26)
UR U A UD
IR (12.27)
R R
U A UD
I1 0 (12.28)
R
Da bei einem idealen Operationsverstärker die offene Schleifenverstärkung AD unendlich ist und bei
sinnvoller Beschaltung und Betrieb des Operationsverstärkers eine endliche Spannung UA erwartet wird,
muss die Spannung UD näherungsweise UD = 0 sein. Damit vereinfacht sich Gleichung (12.28) zu
UA
I1 0 (12.29)
R
UA R I1 (12.30)
Die Schaltungsanordnung verhält sich wie eine stromgesteuerte Spannungsquelle mit dem Verstär-
kungsfaktor
H R (12.31)
Die Stromquelle I1 am Eingang wird mit dem negativen Eingang des Operationsverstärkers verbunden.
Da UD = 0 ist, entspricht die Spannung UN dem Massepotenzial. Damit kann der der Strom-Spannungs-
wandler als stromgesteuerte Spannungsquelle mit Verstärkungsfaktur H = - R dargestellt werden. Bild
12.7 zeigt sein Ersatzschaltbild und seine Ausgangskennlinie.
10
Ausgangsspannung U / V
A
5
I1
U1 R I1 UA
-5
-10
-0,1 -0,05 0 0,05 0,1
Eingangsstrom I1 / mA
R1 A R2
IR 1 IR 2
IN 0
UD
IP 0 UA
U1
IR1 IR 2 (12.32)
Da der Operationsverstärker eine unendliche Verstärkung besitzt, muss wegen der Rückkopplung und
des stabilen Verhaltens der Schaltung UD = 0 sein. Damit gilt
UR1 U1 (12.33)
U A UR 2 UR1 UR 2 U1 (12.34)
U1 U A U1
(12.35)
R1 R2
R2 R
U A U1 U1 1 2 U1 (12.36)
R1 R1
Durch das Einspeisen des Signals am nichtinvertierenden Eingang ist der Verstärkungsfaktor positiv.
Wegen der positiven Widerstände ist die Verstärkung immer größer oder gleich 1.
Vorteil dieser Schaltung ist, dass die Spannungsquelle U1 nicht belastet wird, da der Strom im Idealfall
I1 = IP = 0 ist. Die Schaltung besitzt damit einen unendlich hohen Eingangswiderstand. Damit kann der
nichtinvertierende Verstärker als spannungsgesteuerte Spannungsquelle mit Verstärkungsfaktur
E = (1+ R2/R1) dargestellt werden. Bild 12.12 zeigt sein Ersatzschaltbild, in dem der unendlich hohe
Eingangswiderstand R1 entfernt ist, und seine Ausgangskennlinie.
12.3 Verstärkerschaltungen mit Operationsverstärkern 181
15
Ausgangsspannung U / V
10
A
I1 0 5
0
R2
U1 1 U1 UA -5
R1
-10
-15
-0,2 -0,1 0 0,1 0,2 0,3
Eingangsspannung U1 / V
12.3.6 Spannungsfolger
Der sogenannte Spannungsfolger ist ein Sonderfall des nichtinvertierenden Verstärkers. Er ergibt sich,
wenn beim nichtinvertierenden Verstärker den Widerstand R2 zu null gesetzt wird. Der Verstärkungs-
faktor ergibt sich dann nach Gleichung (12.36) zu
0 R1
UA U1 U1 (12.37)
R1
Der Verstärkungsfaktor wird zu 1 und die Ausgangsspannung folgt der Eingangsspannung, daher der
Begriff Spannungsfolger. Der Widerstand R1 hat für die Schaltung keine Bedeutung mehr. Sein Wert
kann damit unendlich groß gemacht oder weggelassen werden. Es ergibt sich die Schaltung in
Bild 12.13.
IN 0
UD
IP 0 UA
U1
Der Vorteil dieser Schaltung besteht darin, dass der Ausgang trotz eines Eingangsstroms I1 = IP = 0
beliebig belastet werden kann. Der Spannungsfolger wird deshalb immer dann verwendet, wenn eine
Spannung abgegriffen werden soll, ohne die Spannungsquelle U1 zu belasten. Bild 12.14 zeigt sein Er-
satzschaltbild, in dem der unendlich hohe Eingangswiderstand R1 wieder entfernt ist.
182 12 Operationsverstärker
I1 0
U1 U1 UA
R1 A R2
IR 1 IR 2
IN 0
UD
U1 UA
IP 0
R3 B R4
U2 I2 0
Der Operationsverstärker wird wieder als ideal angenommen. Damit ist diese Schaltungskonfiguration
linear und die Ausgangsspannung kann nach dem Superpositionsprinzip berechnet werden. Die Wir-
kungen der beiden Eingangsspannungen U1 und U2 auf die Ausgangsspannung UA werden getrennt be-
rechnet und ihre Beiträge addiert.
Wird die Eingangsspannung U2 zu null gesetzt, liegt der Knoten (B) auf Massepotential, weil kein Strom
durch die Widerstände fließt. Die Schaltung verhält sich damit wie ein invertierender Verstärker mit der
Eingangsspannung U1.
R2
U A1 U1 (12.38)
R1
Wir die Spannung U1 zu null gesetzt, ergibt sich ein nichtinvertierender Verstärker mit Eingangsspan-
nung UB. Die Eingangsspannung UB des nichtinvertierenden Verstärkers wird über einen Spannungstei-
ler berechnet.
R4
UB U2 (12.39)
R3 R4
R R4 R R2 R4
U A2 1 2 U2 1 U2 (12.40)
R1 R3 R4 R1 R3 R4
R2
U A2 U2 (12.41)
R1
Nach dem Superpositionsprinzip für lineare Netzwerke ergibt sich damit für den Sonderfall R1 = R3 und
R2 = R4 die Ausgangsspannung des Subtrahierverstärkers
R1 R2 R4 R R
UA U2 2 U1 2 U2 U1 (12.42)
R1 R3 R4 R1 R1
Die Schaltungsanordnung erzeugt also am Ausgang eine Spannung, die der Differenz der beiden Ein-
gangsspannungen U2 - U1 skaliert um den Faktor R2/R1 entspricht. Der Eingangsstrom I1 berechnet sich
unter Berücksichtigung der Spannung UP zu
R2
U1 U2
U1 U B R1 R2 R R2 U1 R2 U2 (12.43)
I1 1
R1 R1 R1 R1 R2
Der Eingangstrom I2 ergibt sich für den Sonderfall R1 = R3 und R2 = R4 unter Berücksichtigung
von IP = 0 zu
U2 U2
I2 (12.44)
R3 R4 R1 R2
184 12 Operationsverstärker
Ausgangsspannung
Schaltung Beschaltung
und Eingangsstrom
R1 R2
IR 1 A IR 2
R2
IN 0 UA U1
invertierender R1
Verstärker U1 UD U1
I1 I R 1
UA R1
IP 0
A R IR
IN 0
Strom- I1 U A R I1
Spannungs-
UD U1 0
wandler
UA
IP 0
R1 R2
IR 1 A IR 2
IN 0 R
nicht- U A 1 2 U1
invertierender
R1
UD
Verstärker I1 IP 0
IP 0 UA
U1
IN 0
UD U A U1
Spannungsfolger
IP 0 UA I1 IP 0
U1
12.4 Vorgehen bei der Analyse von Operationsverstärkerschaltungen 185
Ausgangsspannung
Schaltung Beschaltung
und Eingangsstrom
IR 1
Rn
IRn
N
IRN
RN A RF
IRF RF
invertierender U A Un
n 1 Rn
Summier- IN 0
verstärker
Un
I n I Rn
U1 Un UN UD Rn
UA
IP 0
R1 R2
IR 1 A IR 2
R2
IN 0 UA U 2 U 1
R1
Subtrahier- UD
I1 I R 1
R1 R2 U1 R2 U 2
verstärker U1 UA R1 R1 R2
IP 0
U2
I2
R3 B R4 R1 R 2
U2
Beispiel: Instrumentenverstärker
Zur Auswertung von Messbrücken werden Operationsverstärkerschaltungen verwendet, die als Instru-
mentenverstärker bezeichnet werden. Die dabei verwendete Grundschaltung ist in Bild 12.16 dargestellt.
Operationsverstärker OP1
UE 1
UD1 0
R1 R3 R3
UN 1 UE 1
U A1
R2
R1 U A2 UA
UN 2 UE 2
R3 R3
UD 2 0
UE 2
Operationsverstärker OP3
Operationsverstärker OP2
Operationsverstärker können als gesteuerte Quellen angesehen werden. Deshalb wird die Schaltung ge-
danklich in drei Teilschaltungen mit jeweils einem Operationsverstärker zerlegt. Zur Berechnung der
Übertragungsfunktion werden im ersten Schritt die beiden Spannung UA1 und UA2 bestimmt und daraus
die Spannung UA berechnet.
Da zwei Eingangsspannungen anliegen, bietet es sich an, das Superpositionsprinzip anzuwenden. Ist die
Eingangsspannung UE2 = 0 und der Operationsverstärker 2 ideal (UD2 = 0), liegt am negativen Eingang
von OP2 eine Spanung UN2 = 0 an. Damit arbeitet der Operationsverstärker OP1 wie ein nichtinvertie-
render Verstärker, und es ergibt sich
R
U A11 1 1 UE1 (12.45)
R2
Ist die Eingangsspannung UE2 = 0 und der Operationsverstärker OP1 ideal (UD1 = 0), arbeitet der Ope-
rationsverstärker OP2 wie ein invertierender Verstärker. Da UD1 = 0 ist, liegt am negativen Eingang von
OP1 die Spannung UN1 = UE1 an, und es ergibt sich
R1
U A 21 UE 1 (12.46)
R2
Aufgrund der Symmetrie der Schaltung ergibt sich für den Fall UE1 = 0
12.4 Vorgehen bei der Analyse von Operationsverstärkerschaltungen 187
R1
U A12 UE 2 (12.47)
R2
und
R
U A22 1 1 UE 2 (12.48)
R2
R R
U A1 1 1 UE 1 1 UE 2 (12.49)
R2 R2
und
R1 R
UA 2 UE 1 1 1 UE 2 (12.50)
R2 R2
Die Spannungen UA1 und UA2 können als gesteuerte Spannungsquellen betrachtet werden. Der dritte
Operationsverstärker OP3 wird damit als Subtrahierverstärker mit dem Verstärkungsfaktor 1 betrieben,
und die Ausgangsspannung ergibt sich sich zu
U A U A2 U A1
R1 R R R
UE1 1 1 UE 2 1 1 UE1 1 UE 2
R2 R2 R2 R2
R1 R R R (12.51)
UE1 UE 2 1 UE 2 UE1 1 UE 1 1 UE 2
R2 R2 R2 R2
2 R1
1 U E 2 U E 1
R2
Die Ausgangsspannung ist proportional zur Differenz der beiden Eingangsspannungen. Da die beiden
Eingänge direkt auf den Eingang des Operationsverstärkers geführt werden, werden die beiden Quellen
UE1und UE2 nicht belastet.
UR 1
IR 1
R1
IN 0
UR 2 UR 3
IR 2 IR 3 UD 0
X IR 4 IP 0
R2 R3
UA
U1 R4 UA
Bei vielen Anwendungen ist es sinnvoll, die Knotengleichung für den Rückführungsknoten aufzustellen.
Der Rückführungsknoten ist der Knoten, bei dem der Ausgang des Operationsverstärkers auf den Ein-
gang zurückgeführt wird. In diesem Fall ist das der Knoten (X). Mit den eingezeichneten Zählpfeilen
ergibt sich
IR 2 I R 1 I R 3 0 (12.52)
Um die einzelnen Spannungen in Relation zueinander zu bringen, werden die Ströme mithilfe der je-
weiligen Maschenregel bestimmt. Wird die Spannung am Knoten (X) mit UX bezeichnet, berechnet sich
der Strom IR2 zu
UR 2 U1 U X
IR 2 (12.53)
R2 R2
U R1 U X U A
IR 1 (12.54)
R1 R1
12.4 Vorgehen bei der Analyse von Operationsverstärkerschaltungen 189
UA
IR 3 IR 4 (12.55)
R4
Da der Eingangsstrom in den Operationsverstärker null ist, sind IR3 und IR4 gleich. Damit beträgt die
Spannung am Knotenpunkt (X)
UA R R3
U X U A IR 4 R3 U A R3 4 UA (12.56)
R4 R4
R4 R3
U1 UA
UR 2 R4 R U R4 R3 U A (12.57)
IR 2 4 1
R2 R2 R2 R4
und
R4 R3
UA UA
IR1
UR 1
R4 R R3 U A R4 U A
4
(12.58)
R1 R1 R1 R4
R4 U1 R4 R3 UA R4 R3 UA R4 UA UA
0 (12.59)
R2 R4 R1 R4 R4
In der Gleichung kommen nur noch die Eingangsspannung U1 und die Ausgangsspannung UA vor. Mul-
tiplikation mit R1R2R4 und Sortieren nach Ein- und Ausgangsspannung führt zu
R1 R4 U1 R1 R4 U A R1 R3 U A R2 R3 U A R1 R2 U A (12.60)
R1 R4
UA U1 (12.61)
R1 R2 R1 R3 R1 R4 R2 R3
UN UP (12.62)
Durch ein Auflösen der Gleichung wird die Übertragungsfunktion bestimmt. Auch dieses Verfahren
wird mit einem Beispiel veranschaulicht.
R5
R1 R2
IN 0
UN
U0
UD
UP
IP 0
R3 R4 UA
Zur Bestimmung der Ausgangsspannung werden die Spannungen UP und UN berechnet. Die Spannung
UP ergibt sich wegen IP = 0 als unbelasteter Spannungsteiler zu
R3
UP U0 (12.63)
R1 R3
Zur Bestimmung der Spannung UN wird ein Ersatzschaltbild aufgestellt, bei dem die Ausgangsspannung
des Operationsverstärkers mit einer idealen Spannungsquelle modelliert wird.
R2 R5
U0 UN R4 UA
R4 || R5 R2 || R4
UN U0 UA
R2 R4 || R5 R5 R2 || R4
(12.64)
R4 R5 R2 R4
U0 UA
R2 R4 R2 R5 R4 R5 R5 R2 R5 R4 R2 R4
R3 R4 R5 R2 R4
U0 U0 UA (12.65)
R1 R3 R2 R4 R2 R5 R4 R5 R5 R2 R5 R4 R2 R4
R3 R4 R5
R R3 R2 R4 R2 R5 R4 R5
UA 1 U0 (12.66)
R2 R4
R5 R2 R5 R4 R2 R4
12.5 Schmitt-Trigger-Schaltungen
In den Abschnitten 12.3 und 12.4 werden Operationsverstärkerschaltungen behandelt, bei denen der
Ausgang auf den negativen Eingang zurückgekoppelt wird. Durch diese Gegenkopplung ergeben sich
Verstärkerschaltungen, bei denen die Differenzspannung UD in guter Näherung null ist.
Wird der Ausgang einer Operationsverstärkerschaltung auf den positiven Eingang zurückgekoppelt, gilt
diese Annahme nicht mehr. Liegt eine positive Abweichung UD > 0 vor, wird die Ausgangsspannung UA
wegen der positiven Differenzspannung UD und der positiven Verstärkung AD ansteigen. Über den Rück-
kopplungswiderstand R2 wird dieses Ansteigen der Ausgangsspannung auf den positiven Eingang zu-
rückgekoppelt. Dadurch steigt die Differenzspannung und damit auch die Ausgangsspannung UA weiter
an, bis die Ausgangspannung UA den maximalen Wert von UAMAX erreicht. Es wird von einer Mitkopp-
lung gesprochen. Die entsprechende Schaltung wird als Schmitt-Trigger-Schaltung bezeichnet. Wie bei
den Verstärkerschaltungen kann sie invertierend oder nichtinvertierende aufgebaut werden.
R1 A R2
IR 1 IR 2
IP 0
UD
IN 0 UA
U1
Wegen der Rückkopplung auf den positiven Eingang ist Differenzspannung UD nicht null. Die Aus-
gangsspannung der Schaltung weist entweder den minimalen Wert UAMIN oder den maximalen Wert
UAMAX auf. Um das Verhalten der Schaltung zu analysieren, wird zunächst davon ausgegangen, dass die
Ausgangsspannung den minimalen Wert UAMIN < 0 aufweist. Mit IP = 0 ergibt sich eine Spannung UP
von
R1
UP UR1 U AMIN (12.67)
R1 R2
Die Spannung UP wird mit der Spannung UN = U1 verglichen. Sobald UP > U1 ist, ändert sich die Aus-
gangspannung zu UAMAX > 0. In dem Fall ergibt sich die Spannung UP zu
R1
UP U R1 U AMAX (12.68)
R1 R2
Wenn die Spannung U1 den Wert UP = UR1 überschreitet, ändert sich die Ausgangsspannung entspre-
chend zu UAMIN < 0. Aus den Aussteuergrenzen UAMAX und UAMIN ergeben sich zwei unterschiedliche
Schaltschwellen
12.5 Schmitt-Trigger-Schaltungen 193
R1
U1EIN U AMIN 0 (12.69)
R1 R2
und
R1
U1AUS U AMAX 0 (12.70)
R1 R2
Je nach Zustand der Ausgangsspannung UA gilt die Schaltschwelle U1MAX oder U1MAX. Damit ergibt sich
eine Ausgangskennlinie, die von dem aktuellen Ausgangssignal abhängig ist. Sie ist in Bild 12.21 dar-
gestellt.
U <0 U >0
A A
Ausgangsspannung UA
U
AMAX
U
AMIN
U 0 U1AUS
1EIN
Eingangsspannung U1
In Bild 12.21 lässt sich erkennen, dass die Schaltung ein Gedächtnis besitzt. Der aktuelle Zustand des
Ausgangssignals bestimmt über die aktuelle Schwelle. Der invertierende Schmitt-Trigger besitzt eine
sogenannte Hysterese.
R1 (12.71)
UHYS U1AUS U1EIN U AMAX U AMIN
R1 R2
Sie ergibt sich aus der Beschaltung des Operationsverstärkers und verhindert, dass kleine Spannungs-
änderungen das Ausgangssignal ändern. Wegen der definierten Schaltschwellen und des Umschaltens
der Ausgangsspannung von einem Zustand in den anderen wird die Schmitt-Trigger-Schaltung auch als
Schwellwertschalter bezeichnet.
194 12 Operationsverstärker
R1 A R2
IR 1 IR 2
IP 0
U1 UD
UA
IN 0
Um das Verhalten der Schaltung zu analysieren, wird zunächst wieder davon ausgegangen, dass die
Ausgangsspannung den minimalen Wert UAMIN < 0 aufweist. Mit IP = 0 und dem Superpositionsprinzip
ergibt sich eine Spannung UP von
R2 R1
UP U1 U AMIN (12.72)
R1 R2 R1 R2
Die Spannung wird mit der Spannung UN = 0 verglichen. Damit ändert sich die Ausgangsspannung
UAMAX, sobald UP > 0 ist. Dazu muss die Spannung U1 den Wert
R1
U1 U AMIN (12.73)
R2
aufweisen. Weist die Ausgangsspannung einen Wert UAMAX > 0 auf, ergibt sich die Spannung UP zu
R2 R1
UP U1 U AMax (12.74)
R1 R2 R1 R2
Die Spannung wird wieder mit der Spannung UN = 0 verglichen. Sobald UP > 0 ist, ändert sich die
Ausgangspannung. Dazu muss die Spannung U1 den Wert
R1
U1 U AMAX (12.75)
R2
aufweisen. Auch bei nichtinvertierenden Schmitt-Trigger ergeben sich aus den Aussteuergrenzen
UAMAX und UAMIN zwei unterschiedliche Schaltschwellen
R1
U1EIN U AMAX 0 (12.76)
R2
und
12.5 Schmitt-Trigger-Schaltungen 195
R1
U1AUS U AMIN 0 (12.77)
R2
Es ergibt sich eine Ausgangskennlinie, die von dem aktuellen Ausgangssignal abhängig ist. Sie ist in
Bild 12.23 dargestellt.
U >0 U <0
A A
Ausgangsspannung UA U
AMAX
U
AMIN
U 0 U1AUS
1EIN
Eingangsspannung U1
Bild 12.23 zeigt, dass auch die nichtinvertierende Schmitt-Trigger-Schaltung ein Gedächtnis besitzt. Sie
besitzt wieder eine Hysterese von
R1 (12.78)
UHYS U1EIN U1AUS U AMAX U AMIN
R2
Die Ausgangskennlinie ähnelt der des invertierenden Schmitt-Triggers. Es hat sich im Wesentlichen das
Vorzeichen der Ausgangsspannung und die Bestimmung der Schaltschwellen geändert.
2
1
Eingangsspannung U
-1
-2
-3
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
Zeit t / s
Wird das Eingangssignal mit einem Komparator ausgewertet, schaltet das Ausgangssignal bei jedem
Vorzeichenwechsel des Eingangssignals. Das Ausgangssignal ist in Bild 12.25 zu sehen. Der Schalt-
punkt t = 0,5 s ist damit nicht mehr sicher zu detektieren.
Der nichtinvertierende Schmitt Trigger wird so ausgelegt, dass er bei
196 12 Operationsverstärker
R1
U1MIN U AMAX 1 V (12.79)
R2
und
R1
U1MAX U AMIN 1 V (12.80)
R2
schaltet. Bei einer Ausgangsspannung mit einem Aussteuerbereich von 10 V wird dazu ein Wider-
standsverhältnis von
R1 1
(12.81)
R2 10
benötigt, das zum Beispiel mit R1 = 10 k und R2 = 100 k realisiert werden kann. Damit ergibt sich
das in Bild 12.25 gezeigte Signal.
Komparator Nichtinvertierender Schmitt-Trigger
15 15
10 10
Ausgangsspannung UA
Ausgangsspannung UA
5 5
0 0
-5 -5
-10 -10
-15 -15
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
Zeit t / s Zeit t / s
Da die gestörte Eingangsspannung die untere Schaltschwelle von - 1 V nach dem Spannungssprung nie
unterschreitet, schaltet der nichtinvertierende Schmitt-Trigger nur zum Zeitpunkt t = 0. 5 s.
12.5 Schmitt-Trigger-Schaltungen 197
I2 IN 0
UD
Komparator I1 IP 0 U1 U2
U2
UA
U1
R1 R2
IR 1 A IR 2
R1
IP 0 U1MIN U AMIN 0
invertierender R1 R2
Schmitt-Trigger UD
R1
U1MAX U AMAX 0
IN 0 UA R1 R2
U1
R1 R2
IR 1 A IR 2
R1
U1MIN U AMAX 0
IP 0 R2
nicht-invertieren-
der Schmitt-Trig- R1
U1 UD U1MAX U AMIN 0
ger R2
UA
IN 0
198 12 Operationsverstärker
Offene Schleifenverstärkung
Bei der Berechnung von Verstärkerschaltungen wird in vorangegangenen Abschnitten vereinfachend
davon ausgegangen, dass die offene Schleifenverstärkung AD unendlich groß ist.
Bei Verstärkerschaltung wird dadurch die Differenzspannung UD praktisch zu null, weil die Ausgangs-
spannung UA einen endlichen Wert aufweist. Die offene Schleifenverstärkung beträgt beim Operations-
verstärker UA 741 AD = 2105. Dieser Wert ist ausreichend groß, um die verbleibende Differenzspan-
nung
U AMAX 10 V
UD 50 V (12.82)
AD 2 105
U AMAX 10 V
UD 50 V (12.83)
AD 2 105
Nullpunkt
Die Schaltungsberechnung geht bei idealen Operationsverstärkern davon aus, dass die Differenzspan-
nung UD null ist, wenn das Ausgangssignal UA = 0 V beträgt. Tatsächlich verläuft die Übertragungs-
kennlinie eines realen Operationsverstärker nicht durch den Ursprung sondern ist geringfügig verscho-
ben. Der Operationsverstärker verhält sich so, als würde am Eingang die Spannung UD = UOFF anliegen.
Diese Spannung UOFF wird Offsetspannung genannt. Sie hat beim Operationsverstärker
UA 741 einen Betrag von UOFF = 1 mV. Dieser Effekt ist in praktischen Anwendungen größer als die
Auswirkung einer endlichen offenen Schleifenverstärkung. Insbesondere bei messtechnischen Anwen-
dungen muss die Offsetspannung deshalb berücksichtigt werden.
Eingangsstrom
Die Rechnungen mit Operationsverstärkern werden durch die Annahme IP = IN = 0 stark vereinfacht. Es
wird von einem unendlich hohen Eingangswiderstand des Operationsverstärkers ausgegangen. Bei dem
Operationsverstärker UA 741 betragen die maximalen Eingangsströme IP = IN = 12 nA, die im Normal-
fall vernachlässigt werden können.
12.6 Reale Operationsverstärker 199
Common-Mode-Rejection-Ratio
Wenn die Spannungen UP und UN gleich groß sind, liegt eine sogenannte Gleichtaktaussteuerung vor
(Common Mode). Da die Eingangsspannung UD demzufolge null ist, sollte beim idealen Operationsver-
stärker auch die Ausgangsspannung UA null sein. Bei realen Operationsverstärkern ist die Ausgangs-
spannung jedoch von der absoluten Größe der Gleichtakteingangsspannung UP = UN = UGL abhängig.
Mit AGL als Gleichtaktverstärkung ergibt sich
AD
CMRR (12.85)
AGL
Für ideale Operationsverstärker ist dieser Wert CMRR = . Beim Operationsverstärker UA 741 ist die
Gleichtaktunterdrückung CMRR > 3104, sodass dieser Effekt in vielen Anwendungen vernachlässigt
werden kann.
Power-Supply-Rejection-Ratio
Der ideale Operationsverstärker ist unempfindlich gegenüber Schwankungen der Versorgungsspan-
nung. Bei realen Operationsverstärkern hängt die Ausgangsspannung in geringem Maß auch von
Schwankungen der Versorgungsspannung ab, da die Versorgungsspannung Einfluss auf die Eigenschaf-
ten der elektronischen Schaltung im Innern des Operationsverstärkers hat. Dies wird durch die Versor-
gungsspannungsunterdrückung (Power-Supply-Rejection-Ratio PSRR) gekennzeichnet. Sie gibt das
Verhältnis der Versorgungsspannungsänderung UCC zur Offset-Spannungsänderung UOFF an, die zu
derselben Änderung UA am Ausgang führen. Für einen idealen Operationsverstärker ist die Versor-
gungsspannungsunterdrückung PSRR = . Bei dem Operationsverstärker UA 741 ist
PSRR > 3104, sodass dieser Effekt abgesehen von absoluten Präzisionsanwendungen vernachlässigt
werden kann.
200 12 Operationsverstärker
Gain-Bandwidth-Product
In diesem Buch werden nur Gleichströme betrachtet. Bei Wechselstrom-Anwendungen ist die Frequenz-
abhängigkeit des Operationsverstärkers von Bedeutung. Bei idealen Operationsverstärkern wird davon
ausgegangen, dass ihre Verstärkung nicht von der Frequenz des Signals abhängt. Die Unabhängigkeit
der Verstärkung von der Frequenz ist eine Forderung, die von realen Operationsverstärkern nicht einge-
halten werden kann. Reale Operationsverstärker weisen auch ohne äußere Beschaltung eine Tiefpass-
Charakteristik auf. Es zeigt sich, dass das Produkt von maximaler Signalfrequenz (Bandbreite) und Ver-
stärkung konstant bleibt. Die Größe wird als Gain-Bandwidth-Product bezeichnet und im Datenblatt
spezifiziert. Der Operationsverstärker UA 741 besitzt bei Gleichstromanwendungen eine offene Schlei-
fenverstärkung AD = 2105. Bei einer Frequenz von 1 MHz beträgt der Verstärkungsfaktor nur noch
AD = 1.
Spannungsanstiegsrate
Die Spannungsanstiegsrate (Slew Rate) gibt die maximal mögliche Spannungsänderung am Ausgang
des Operationsverstärkers pro Zeit an. Sie repräsentiert die maximal mögliche Flankensteilheit des Aus-
gangssignals. Ein idealer Operationsverstärker weist eine unendlich hohe Spannungsanstiegsrate auf,
bei realen Operationsverstärkern ist sie begrenzt. Beim Operationsverstärker UA 741 beträgt die Span-
nungsanstiegsrate 0.5V/µs.
12.7 Literaturverzeichnis 201
12.7 Literaturverzeichnis
[Wagn13] Wagner, Bräunig: GET soft, Lernprograme zu den Grundlagen der Elektrotechnik,
Technische Universität Illmenau, 2013, https://getsoft.net/learnweb/ , Zugriff
03.05.2017
[Leit17] Leitner, E. & Finckh, U.: Elektrizitätslehre, Leifi Physik 2017, https://www.leifiphy-
sik.de/elektrizitaetslehre, Zugriff 03.05.2017
[Webe06] Weber, S.M.: Didaktik der Physik, Virtuelle Experimente aus der Elektrizitätslehre,
http://virtphys.uni-bayreuth.de/elek/, Universität Bayreuth 2006, Zugriff 16.05.2017
Zweipol 1
Zweipol 4
Zweipol 2 Zweipol 3
Zweipol 5
Zweipol 6
Das Netzwerk besteht aus Knoten und Zweigen. Die Knoten sind die Punkte, an denen mehrere Zweige
zusammengeschaltet werden. Zweige sind die Zweipolverbindungen zwischen den Knoten. Im Beispiel
aus Bild 13.1 liegt ein Netzwerk mit 4 Knoten und 6 Zweigen vor. Allgemein besteht ein Netzwerk aus
P Zweigen und Q Knoten. Tabelle 13.1 gibt eine Übersicht über die unbekannten Größen.
Tabelle 13.1: Übersicht über Größen einer Schaltung mit P Zweigen und Q Knoten
Zweigströme P 6
Zweigspannungen P 6
Knotenspannungen Q 4
204 13 Knotenpotenzialverfahren
Im Folgenden wird gezeigt, wie die Spannungen an den Knoten und die Ströme in den Zweigen berech-
net werden können. Zur vollständigen Beschreibung aller elektrischen Größen müssen P Zweigspan-
nungen und P Zweigströme bestimmt werden. Jedem Knoten der Schaltung kann ein Knotenpotenzial
zugeordnet werden, wobei einem Knoten ein willkürlich festgelegtes Bezugspotenzial von 0 = 0 V
zugewiesen wird. Die Spannung zwischen einem Knoten und dem Bezugsknoten ist die Potenzialdiffe-
renz beider Knoten. Sie wird als Knotenspannung bezeichnet. In einem Netzwerk mit Q Knoten müssen
damit Q - 1 Knotenspannungen angegeben werden. In Summe sind also 2P + Q - 1 Größen unbekannt.
Für diese 2P + Q - 1 Unbekannten werden ebenso viele unabhängige Gleichungen benötigt, um eine
eindeutige Lösung zu erhalten. Dazu stehen Zweipolbeziehungen sowie Knotenregel und Maschenregel
zur Verfügung.
Zweipolbeziehung
In einem linearen Netzwerk sind alle Zweipole linear. Sie sind durch die Zweipolbeziehung
U U0 RI I (13.1)
beschreibbar. Dies ist die Gleichung einer Spannungsquelle mit Innenwiderstand. Für eine äquivalente
Stromquelle mit Innenwiderstand gilt
I IK U GI (13.2)
Die ohmschen Widerstände können hierbei als Sonderform der linearen Quellen mit U0 = 0 beziehungs-
weise IK = 0 aufgefasst werden. Da das Netzwerk P Zweige aufweist, können P Zweipolgleichungen
aufgestellt werden.
Knotenregeln
Für jeden Knoten des Netzwerkes kann nach dem Knotensatz eine Gleichung
I
n 1
n 0 (13.3)
aufgestellt werden, wobei N die Anzahl der an dem jeweiligen Knoten angeschlossenen Zweige darstellt.
Auch für den Bezugsknoten kann eine Gleichung angegeben werden, diese Gleichung kann jedoch aus
allen anderen Knotengleichungen ermittelt werden, sodass sich am Bezugsknoten keine neue Informa-
tion ergibt. Die für diesen Knoten aufgestellte Gleichung wäre von den anderen Knotengleichungen
linear abhängig. Damit existieren Q - 1 Knotengleichungen, die für die Berechnung des Netzwerkes
ausgewertet werden können.
13.1 Strukturierte Berechnung von Schaltungsnetzwerken 205
Maschenregeln
Über Maschengleichungen können die noch fehlenden Gleichungen aufgestellt werden. Die Vorgehens-
weise ist in Bild 13.2 visualisiert.
Zweipol 1
Zweipol 4
Zweipol 2 Zweipol 3
Zweipol 5
Up
Zweipol 6
U p1 Up2
Lösbarkeit
Insgesamt liegen damit P + Q - 1 + P Gleichungen vor. Es sind also genau so viele unabhängige Glei-
chungen wie unbekannte Größen im Netzwerk vorhanden. Das Gleichungssystem ist damit eindeutig
lösbar und das Netzwerk vollständig beschrieben.
Bei einfachen Netzwerken ist es leicht möglich, mithilfe dieser Gleichungen die gesuchten Größen zu
ermitteln. Bei komplizierten Netzwerken ergeben sich Gleichungssysteme höherer Ordnung. Um solche
Schaltungen zu berechnen, muss systematisch vorgegangen werden.
Es existieren unterschiedliche Verfahren zur Analyse von elektrischen Netzwerken, die sich für die Pro-
grammierung im Rechner eignen. Von der Vielzahl der Möglichkeiten wird das Knotenpotenzialverfah-
ren vorgestellt. Neben anderen Verfahren wie zum Beispiel der Maschenanalyse oder der Zustandsana-
lyse hat sich das Knotenpotenzialverfahren wegen der einfachen Strukturierung durchgesetzt. Dieses
Verfahren ist auch in dem bekannten Software zur Schaltungssimulation SPICE implementiert.
206 13 Knotenpotenzialverfahren
Nr. Prozessschritt
Beispiel: Knotenpotenzialverfahren
Die einzelnen Schritte des Knotenpotenzialverfahrens werden für die Schaltung durchgeführt, die in
Bild 13.3 dargestellt ist.
IR 3 R3
A IR 2 R2 B IR 5 R5 C
IR 1
IR 4 IR 6
I7
R1
UA UB UC
R4 R6
U1
Dieses Netzwerk enthält 4 Knoten und insgesamt 7 Zweipole, wobei der erste Zweipol aus einer Span-
nungsquelle U1 mit Innenwiderstand R1 besteht.
IR 1 IR 3 I R 2 0 (13.4)
I R 2 IR 4 IR 5 0 (13.5)
IR 5 I R 6 I 7 IR 3 0 (13.6)
Der Bezugsknoten als 4. Knoten wird in die Aufstellung der Gleichungen nicht einbezogen, da er keine
neue Information enthält. Dieser Bezugsknoten hätte nämlich die Knotengleichung
IR1 IR 4 IR 6 I7 0 (13.7)
Diese Gleichung ergibt sich aber aus der Summe der Gleichungen (13.4), (13.5) und (13.6). Diese Glei-
chung wäre also von den drei anderen Gleichungen linear abhängig.
208 13 Knotenpotenzialverfahren
UA U1 R1 IR1 (13.8)
UR 2 R2 IR 2 (13.9)
UR 3 R3 IR 3 (13.10)
UR 4 R4 IR 4 (13.11)
UR 5 R5 IR 5 (13.12)
UR 6 R6 IR 6 (13.13)
Diese Zweipolbeziehungen werden nach den jeweiligen Strömen aufgelöst und in die drei Knotenglei-
chungen eingesetzt:
U A U1 UR 3 UR 2
0 (13.14)
R1 R3 R2
UR 2 UR 4 UR 5
0 (13.15)
R2 R4 R5
UR 5 UR 6 U
I7 R 3 0 (13.16)
R5 R6 R3
UR 2 UB UA (13.17)
UR 3 UC U A (13.18)
UR 4 UB (13.19)
UR 5 UC UB (13.20)
UR 6 UC (13.21)
13.2 Einfaches Knotenpotenzialverfahren 209
Die Gleichungen werden in die 3 Knotengleichungen eingesetzt. Damit verbleiben nur noch die 3 un-
bekannten Knotenspannungen UA, UB und UC:
U A U1 UC U A UB U A
0 (13.22)
R1 R3 R2
UB U A UB UC UB
0 (13.23)
R2 R4 R5
UC U B UC U UA
I7 C 0 (13.24)
R5 R6 R3
Zur besseren Übersicht werden die 3 Gleichungen nach den 3 Unbekannten UA, UB und UC sortiert und
die bekannten Größen U1/R1 und I7 auf die rechte Seite gebracht:
1 1 1 1 1 U1
U A UB UC (13.25)
R1 R2 R3 R2 R3 R1
1 1 1 1 1
UA UB UC 0 (13.26)
R2 R2 R4 R5 R5
1 1 1 1 1
UA UB UC I7 (13.27)
R3 R5 R3 R5 R6
Das Beispiel zeigt, dass das Netzwerk durch das konsequente Vorgehen aus Tabelle 13.2 analysiert
werden kann. Da das Verfahren auf der Knotenregel beruht, ist es zunächst nur für Stromquellen oder
für reale Spannungsquellen mit Innenwiderstand anwendbar. Bei dem erweiterten Knotenpotenzialver-
fahren können auch ideale Spannungsquellen berücksichtigt werden. Es wird in Kapitel 13.3 eingeführt.
1 1 1 1 1 U1
U A UB UC (13.28)
R1 R2 R3 R2 R3 R1
1 1 1 1 1
UA UB UC 0 (13.29)
R2 R2 R4 R5 R5
1 1 1 1 1
UA UB UC I7 (13.30)
R3 R5 R3 R5 R6
die Matrizengleichung
1 1 1 1 1
- - U1
R1 R2 R3 R2 R3 U R
1 1 1 1 1 A 1
- - UB 0 (13.31)
R2 R2 R 4 R 5 R5 U I
C 7
1 1 1 1 1
- -
R3 R5 R3 R5 R6
Die Matrix wird als Knotenleitwertsmatrix G bezeichnet und besteht aus den Leitwerten Gik.
1 1 1 1 1
R1 R2 R3 R2 R3
G G12 G13
1 1 1 1 1 11
G G21 G22 G23 (13.32)
R2 R2 R4 R5 R5 G
31 G32 G33
1 1 1 1 1
R3 R5 R3 R5 R6
In der Matrix G ist jede Spalte einer Knotenspannung zugeordnet, jede Zeile steht für die Knotenglei-
chung eines Netzwerkknotens.
IR3 R3
UA UB UC
R1 R4 R6
Bild 13.4: Äquivalente Umformung der Spannungsquelle U1 in eine Stromquelle I1 mit I1 = U1/R1
Mit diesen Regeln wird die Matrizengleichung, mit der das Netzwerk beschrieben wird, allein aus gra-
fischen Überlegungen gewonnen. Das aufwendige Aufstellen und Umformen von Maschen- und Kno-
tengleichungen entfällt.
I1
R5
R2 R4
R7
R1 R3 R6
U2
Bild 13.5: Beispiel zur Beschreibung eines Netzwerks mit dem Knotenpotenzialverfahren
212 13 Knotenpotenzialverfahren
Als Vorbereitung wird die lineare Spannungsquelle U2 mit Reihenwiderstand R1 in eine lineare
Stromquelle I2 mit Parallelwiderstand R1 gewandelt. Damit ergibt sich das in Bild 13.6 gezeigte Netz-
werk.
I1
R5
A R2 R4
C R7
I2 U 2 / R1 B
R1 R3 R6
Bild 13.6: Äquivalente Umformung der Spannungsquelle U2 in eine Stromquelle I2 mit I2 = U2/R1
Das Netzwerk besitzt die Knoten (A) – (C) und einen Bezugsknoten. Mit den Regeln zum Aufstellen
des Gleichungssystems ergibt sich die Matrizengleichung
1 1 1 1 1 1
- -
R1 R2 R5 R7 R2 R5
U I I
1 1 1 1 1 A 2 1
- - UB I1 (13.33)
R2 R2 R3 R4 R4 U 0
C
1 1 1 1 1
- -
R5 R4 R4 R5 R6
IR 3 R3
A IR 2 R2 B IR 5 R5 C
IR 4 IR 6
I1 I7
UA UB UC
U1 R4 R6
Durch die Änderung der realen Spannungsquelle in eine ideale Spannungsquelle liegt die Knotenspan-
nung UA fest. Es gilt
UA U1 (13.34)
Unbekannt ist der Strom I1, der aus dem Knoten (A) herausfließt. Er muss bei der Knotenregel für Kno-
ten (A) berücksichtigt werden.
UR 3 UR 2
0 I1 IR 3 IR 2 I1 (13.35)
R3 R2
1 1 1 1
UA UB UC I1 0 (13.36)
R2 R3 R2 R3
Die Gleichungen (13.34) und (13.36) müssen in Matrizenschreibweise integriert werden. Dabei ist der
Strom I1 ein neues Element im Vektor der unbekannten Größe und die Spannung U1 ein neues Element
im Vektor der bekannten Quellen. Aus den einzelnen Gleichungen
1 1 1 1
UA UB UC I1 0 (13.37)
R2 R3 R2 R3
214 13 Knotenpotenzialverfahren
1 1 1 1 1
UA UB UC 0 (13.38)
R2 R2 R4 R5 R5
1 1 1 1 1
UA UB UC I7 (13.39)
R3 R5 R3 R5 R6
UA U1 (13.40)
1 1 1 1
R R 1
R2 R3
2 3
1 1 1 1 1 U 0
0 A
R2 R2 R4 R5 R5 UB 0
U I (13.41)
1 1 1 1 1
0 C 7
R3 R5 R3 R5 R6 I1 U1
1 0 0 0
Die Matrix wird als erweiterte Knotenleitwertsmatrix bezeichnet. Die eigentliche Knotenleitwertsmatrix
wird um die Gleichung ergänzt, die die Lage der idealen Spannungsquelle beschreibt.
1 U A 0 UB 0 UC 0 I1 U1 (13.42)
Aufgrund des gewählten Zählpfeilsystems ist die zusätzliche Spalte transponiert zur zusätzlich einge-
fügten Zeile. Der Vektor der unbekannten Größen wird um den Strom ergänzt, der durch die ideale
Spannungsquelle fließt. Der Vektor der bekannten Quellen wird um die ideale Spannungsquelle erwei-
tert.
U3
I3
A IR 2 R2 B IR 5 R5 C
IR 4 IR 6
I1 I7
UA UB UC
U1 R4 R6
UA U1 (13.43)
Die ideale Spannungsquelle U3 legt die Differenz der beiden Knotenspannungen UA und UC fest.
UC U A U3 (13.44)
UR 2
0 I1 I3 IR 2 I1 I3 (13.45)
R2
UR 5 UR 6
0 IR 5 IR 6 I7 I3 I7 I3 (13.46)
R5 R6
Substitution der Zweipolspannungen durch die Knotenspannungen und Sortieren ergibt die Gleichungen
1 1
U A UB I1 I3 0 (13.47)
R2 R2
1 1 1 1 1
UA UB UC 0 (13.48)
R2 R2 R4 R5 R5
1 1 1
0 UA UB UC I3 I7 (13.49)
R5 R5 R6
216 13 Knotenpotenzialverfahren
UA U1 (13.50)
UC U A U3 (13.51)
1 1
R 0 1 1
R2
2
1 1 1 1 1
0 0 UA 0
R2 R2 R4 R5 R5 U 0
1 1 1 B
0 0 1 UC I7
R5 R5 R6 (13.52)
I1 U1
1 0 0 0 0 I3 U3
1 0 1 0 0
Die eigentliche Knotenleitwertsmatrix wird wieder um die Gleichungen ergänzt, die die Lage der idea-
len Spannungsquellen beschreiben.
1 U A 0 UB 0 UC 0 I1 0 I3 U1 (13.53)
1 U A 0 UB 1 UC 0 I1 0 I3 U3 (13.54)
Aufgrund des gewählten Zählpfeilsystems sind die zusätzlichen Spalten transponiert zu den zusätzlich
eingefügten Zeilen. Die erweiterte Knotenleitwertsmatrix bleibt also symmetrisch zur Hauptdiagonalen.
Der Vektor der unbekannten Größen wird um die Ströme ergänzt, die durch die idealen Spannungsquel-
len fließen. Der Vektor der bekannten Quellen wird um die idealen Spannungsquellen erweitert.
Tabelle 13.3: Vorgehen zum Aufstellen der Matrizengleichung nach dem erweiterten Knotenpotenzialverfahren
Nr. Prozessschritt
Der Vektor der unbekannten Größen ergibt sich aus den gesuchten Knotenspannungen
6
und den Strömen durch die idealen Quellen.
U2 1 V
R1
U1 2 V
R2 1 k
4 k
R4
2 k
R3
R5 4 k
2 k
Bei der Anwendung des erweiterten Knotenpotenzialverfahrens werden nicht mehr die einzelnen Kno-
tengleichungen aufgestellt. Stattdessen wird die Matrizengleichung direkt aus der Schaltungstopologie
bestimmt. Dazu wird zunächst ein Bezugsknoten definiert, und die übrigen Knoten werden markiert.
218 13 Knotenpotenzialverfahren
U2 1 V
A
R1
U1 2 V
R2 1 k
4 k
R4
B
2 k
C R3
R5 4 k
2 k
Die Schaltung besitzt 4 Knoten, von denen einer der Masseknoten ist. Außerdem besitzt die Schaltung
2 ideale Spannungsquellen. Die Schaltung kann damit mit einem Gleichungssystem der Ordnung 5 be-
schrieben werden.
Die Quellen sind in diesem Fall die idealen Spannungsquellen U1 und U2. Stromquellen liegen nicht vor.
Die unbekannten Größen sind die Spannungen der Knoten (A), (B) und (C) sowie die Ströme I1 und I2
durch die Spannungsquellen U1 und U2.
In der Matrix befinden sich links oben die Elemente der 3 x 3 Knotenleitwertmatrix. Rechts unten ist
eine 2 x 2 Nullmatrix. Die idealen Spannungsquellen führen zu den Gleichungen
UA U1 (13.55)
und
UA UB U2 (13.56)
1 1 1
R R 0 1 1
R1
1 4
1 1 1
0 0 1 UA 0
R2 R5 R2 U 0
1 1 1 1 1 B
0 0 UC 0 (13.57)
R1 R2 R1 R2 R3
I1 U1
1 0 0 0 0 I2 U2
1 1 0 0 0
1 1 1
1 k 2 k 0 1 1
1 k
1 1 1
0 0 1 UA 0
4 k 2 k 4 k U 0
1 1 1 1 1 B
0 0 UC 0 (13.58)
1 k 4 k 1 k 4 k 4 k I 2 V
1
1 0 0 0 0 I2 1 V
1 1 0 0 0
Sie kann zum Beispiel mit dem Programm MATLAB gelöst werden. Es ergibt sich der Lösungsvektor
U A 2 V
UB 1 V
UC 1,5 V (13.59)
I1 1,9 mA
I 0,4 mA
2
I3 F IR 5
A IR 2 R2 B IR 5 R5 C
IR 1
IR 4 IR 6
I7
R1
UA UB UC
R4 R6
U1
I3 F I R 5 (13.60)
Da der Strom IR5 nicht explizit in der Matrizengleichung erscheint, muss er über die aufgeführten Kno-
tenspannungen ausgedrückt werden.
UR 5 UC UB
IR 5 (13.61)
R5 R5
Außerdem muss der unbenannte Strom in den Knotengleichungen für Knoten (A) und (C) berücksichtigt
werden.
U A U1 U U U1 UB U A
0 IR 1 I3 IR 2 I3 R 2 A I3 (13.62)
R1 R2 R1 R2
UR 5 UR 6 U UB UC
0 IR 5 IR 6 I 7 I3 I7 I3 C I 7 I3 (13.63)
R5 R6 R5 R6
Zur besseren Übersicht werden die 5 Gleichungen nach den 5 Unbekannten UA, UB, UC , IR5 und I3 sortiert
und die bekannten Größen U1/R1 und I7 wieder auf die rechte Seite gebracht. Es ergibt sich das Glei-
chungssystem
1 1 UB U
UA I3 1 (13.64)
R1 R2 R2 R1
1 1 1 1 1
UA UB UC 0 (13.65)
R2 R2 R4 R5 R5
1 1 1
UB UC I3 I7 (13.66)
R5 R5 R6
1 1
UB UC IR 5 0 (13.67)
R5 R5
F IR 5 I 3 0 (13.68)
1 1 1
R R 0 0 1
R2
1 2
1 1 1 1 1 U U / R
0 0 A 1 1
R2 R2 R4 R5 R5 UB 0
1 1 1 U I (13.69)
0 0 1 C 7
R5 R5 R6 I
R5 0
1 1 I 0
0 1 0 3
R5 R5
0 0 0 F 1
Die hier beschriebene Vorgehensweise kann sinngemäß auch auf andere gesteuerte Quellen angewendet
werden. Es führt zu ähnlichen Konstruktionsregeln für die Matrizengleichung wie bei dem erweiterten
Knotenpotenzialverfahren. Das Vorgehen ist ausführlich in [Grae95] dargestellt und wird in den
Übungsaufgaben aufgegriffen.
222 13 Knotenpotenzialverfahren
13.5 Literaturverzeichnis
[LTSP16] LTSpice,
http://www.linear.com/designtools/software/
Simulationsprogramm für elektrische Schaltungen,
Linear Technology, 2016, Zugriff 26.09.2016
[Wagn13] Wagner, Bräunig: GET soft, Lernprograme zu den Grundlagen der Elektrotechnik,
Technische Universität Illmenau, 2013, https://getsoft.net/learnweb/ , Zugriff
03.05.2017
14 Anhang Wassermodell
Wird später ergänzt …
224 15 Anhang: Lösung linearer Gleichungssysteme
Das Gleichungssystem besteht aus M Zeilen, die mit dem Index m durchgezählt werden. Die N gesuch-
ten Größen xn werden mit dem Index n durchgezählt und sind unbekannt. Die Zahlen amn werden als
Koeffizienten des Gleichungssystems bezeichnet. Der erste Index m gibt die Zeile, der zweite Index n
die Variable an, zu der dieser Koeffizient gehört. Die Zahlen bm heißen Störglieder des Systems. Wenn
alle Störglieder bm = 0 sind, dann heißt das System homogen, sonst inhomogen. Ist speziell M = N, wird
das quadratische Gleichungssystem als quadratisch bezeichnet. Die aus dem Knotenpotenzialverfahren
resultierenden Gleichungssysteme sind typischerweise quadratisch und inhomogen.
Sie enthält M Zeilen und N Spalten. Die N unbekannten Größen xn können zu einem Vektor der unbe-
kannten Größen zusammengefasst werden
x1
x
x 2 (15.3)
xN
b1
b
b 2 (15.4)
bM
15.1 Lösung mit Hilfe des Eliminationsverfahrens von Gauß 225
Das lineare Gleichungssystem ist dann mit diesen Bezeichnungen in der wesentlich kürzeren Matrizen-
form darstellbar.
A x b (15.5)
Zur Lösung linearer Gleichungssysteme können unterschiedliche Verfahren genutzt werden. In den bei-
den folgenden Abschnitten werden der Gauß-Algorithmus und ein Verfahren mit Matrizenrechnung und
Cramerschen Regel vorgestellt.
überführt werden. Dazu können äquivalente Umformungen des Gleichungssystems verwendet werden.
Die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems bleibt bei Anwendung der folgenden Operationen
unverändert erhalten.
Zwei Gleichungen dürfen miteinander vertauscht werden.
Jede Gleichung darf mit einer beliebigen von Null verschiedenen Zahl multipliziert oder durch
eine solche Zahl dividiert werden.
Zu jeder Gleichung darf ein beliebiges Vielfaches einer anderen Gleichung addiert werden.
Das Eliminationsverfahrens von Gauß nutzt diese äquivalenten Umformungen. Das Verfahren ist in
Tabelle 15.1 zusammengestellt.
Tabelle 15.1: Vorgehen beim Eliminationsverfahren von Gauß
Nr. Prozessschritt
Im 1. Rechenschritt wird das lineare Gleichungssystem durch Eliminieren der Unbekannten x1 auf
N – 1 Gleichungen mit den N - 1 Unbekannten x2, x3, …, xN reduziert.
Dazu wird die 1. Gleichung mit dem Faktor (– a21/a11) multipliziert und zur 2. Gleichung addiert.
1 Die Unbekannte x1 kommt in der Summe der Gleichungen nicht mehr vor.
Das unter in Schritt 1 beschriebene Verfahren wird jetzt auf das reduzierte Verfahren,
bestehend aus N – 1 Gleichungen mit den N – 1 unbekannten Größen x2, x3, …, xN angewandt.
2
Dadurch wird die nächste Unbekannte x2 eliminiert. Nach insgesamt N – 1 Schritten
bleibt eine einzige Gleichung mit einer Unbekannten xN übrig.
Die eliminierten Gleichungen bilden zusammen mit der letzten Gleichung das gestaffelte
3 Gleichungssystem, aus dem sich die Unbekannten sukzessive in der Reihenfolge
xN, xN-1, …x1 berechnen lassen.
Das in Bild 13.5 dargestellte Netzwerk weist eine reale Spannungsquelle, eine ideale Stromquelle und
einige Widerstände auf. Nach Umwandlung der linearen Spannungsquelle U2 mit Reihenwiderstand R1
in eine lineare Stromquelle I2 mit Parallelwiderstand R1 ergibt sich das in Bild 15.1 gezeigte Netzwerk,
in das auch die Werte der Bauelemente eingetragen sind.
I1 2 mA
R5
1 k
A R2 1 k R4 4 k
R7
C
4 k
I2 1 mA B
R1 R3 R6
1 k 2 k 2 k
Bild 15.1: Netzwerk nach Quellenwandlung mit Werten für die Bauelemente
1 1 1 1 1 1
- -
R1 R2 R5 R7 R2 R5
U I I
1 1 1 1 1 A 2 1
- - UB I1 (15.7)
R2 R2 R3 R4 R4 U 0
C
1 1 1 1 1
- -
R5 R4 R4 R5 R6
3,3 mS U A 1 mS UB 1 mS UC 1 mA
1 mS U A 1,8 mS UB 0,25 mS UC 1 mA (15.8)
1 mS U A 0,25 mS UB 1,8 mS UC 0
Bei der Addition zur zweiten Gleichung fällt der Summand mit UA weg.
Bei der Addition zur zweiten Gleichung fällt der Summand mit UB weg.
0,0455 mA
UC 0,0352 V (15.15)
1,2927 mS
Dieser Wert wird in Gleichung (15.13) eingesetzt und die Spannung UB berechnet.
Damit sind alle gesuchten Spannungen bestimmt, das Gleichungssystem ist gelöst.
A x b (15.18)
mit der regulären Koeffizientenmatrix A zu lösen, beruht auf der Cramerschen Regel. Dazu wird eine
Matrix An gebildet, bei der die n-te Spalte durch den Störgrößenvektor b ersetzt wird. Die Größe xn
berechnet sich dann nach der Cramerschen Regel zu
An
xn (15.19)
A
Durch Variation der Spalte im Bereich n = 1 … N ergeben sich alle gesuchten Größen.
228 15 Anhang: Lösung linearer Gleichungssysteme
Für die Anwendung müssen Determinanten bestimmt werden. Handelt es sich bei der Matrix um eine
2 x 2 Matrix, berechnet sich die Determinante zu
a11 a12
A a11 a22 a21 a12 (15.20)
a21 a22
Liegt eine Matrix höherer Ordnung vor, wird die Determinante durch die Entwicklung nach einer belie-
bigen Spalte n
M
m n
A amn 1 U mn (15.21)
m 1
N
m n
A amn 1 U mn (15.22)
n 1
berechnet. Die dabei verwendete Matrix Umn entsteht durch Streichen der m-ten Zeile und n-ten Spalte
aus der Matrix A. Durch das Streichen einer Zeile und einer Spalte wird die Ordnung der Matrix um 1
reduziert. Ist die Ordnung durch wiederholte Anwendung auf die Ordnung 2 reduziert worden, kann die
Berechnung der Determinante auf Gleichung (15.20) zurückgeführt werden.
3,3 mS 1 mS 1 mS U A 1 mA
1 mS 1,8 mS 0,25 mS UB 1 mA (15.23)
1 mS 0,25 mS 1,8 mS UC 0
1 mA 1 mS 1 mS
1 mA 1,8 mS 0,25 mS
0 0,25 mS 1,8 mS
UA (15.24)
3,3 mS 1 mS 1 mS
1 mS 1,8 mS 0,25 mS
1 mS 0,25 mS 1,8 mS
1,8 mS 0,25 mS 1 mS 1 mS
A1 1 mA 1 mA
0,25 mS 1,8 mS 0,25 mS 1,8 mS
(15.25
2
1 mA 1,8 mS 0,25 mS
2
1 mA 1 mS 1,8 mS 0,25 mS 1 mS )
1,1275 mA mS2
15.3 Lösung mit Hilfe der Matrizenrechnung 229
1,1275 mA mS 2
UA 0,1766 V (15.27)
6,3858 mS3
Die übrigen Spannungen werden auf dieselbe Art berechnet. Es ergibt sich
2,8900 mA mS 2
UB 0,4526 V (15.28)
6,3858 mS 3
0,2250 mA mS 2
UC 0,0352 V (15.29)
6,3858 mS3
Die Zahlenwerte stimmen mit den in Abschnitt 15.1 berechneten Werte überein.
A x b (15.30)
ergibt sich die Lösung direkt durch Division der Gleichung durch A.
b
x (15.31)
A
A x b (15.32)
Zum Lösen der Gleichung muss die inverse Matrix A-1 bestimmt werden. Multiplikation der Gleichung
(15.32) mit der inversen Matrix führt zu der Lösung des Gleichungssystems:
A 1 A x E x x A 1 b (15.33)
Bei der Herleitung des Knotenpotenzialverfahrens wird sichergestellt, dass das Gleichungssystem ein-
deutig lösbar ist. Damit besitzt die Koeffizientenmatrix A immer eine inverse Matrix A-1. Die Koeffi-
zientenmatrix ist regulär und ihre Determinante ist ungleich null.
Die inverse Matrix kann auf unterschiedliche Arten bestimmt werden. Bei einem Verfahren wird die
adjungierte Matrix AADJ benötigt. Dazu wird zunächst die Adjunkte zu jedem Element amn bestimmt.
m n
c mn 1 U mn (15.34)
230 15 Anhang: Lösung linearer Gleichungssysteme
Die dabei verwendete Matrix Umn entsteht durch Streichen der m-ten Zeile und n-ten Spalte aus der
Matrix A. Die adjungierte Matrix ergibt sich aus der Gleichung
T
c11 c12 c1N
c c22 c 2N
AADJ 21 (15.35)
cM 1 cM 2 cMN
1
A 1 AADJ (15.36)
A
1
x A1 b AADJ b (15.37)
A
3,3 mS 1 mS 1 mS U A 1 mA
1 mS 1,8 mS 0,25 mS UB 1 mA (15.38)
1 mS 0,25 mS 1,8 mS UC 0
2 1,8 mS 0,25 mS
c11 1 U11
0,25 mS 1,8 mS
(15.39)
2 2
1,8 mS 0,25 mS 3.1775 mS2
Nach demselben Verfahren werden die übrigen Elemente cmn bestimmt. Die adjunkte Matrix ergibt sich
damit zu
15.4 Literatur
[Papu15] L. Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 2,
14. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden, 2015