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K.J. Ebeling
J. Mähnß
2 Elektrostatik 39
2.1 Energie und Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.1.1 Potentielle Energie im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.1.2 Potenzialdifferenz und Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2.1.3 Energiedichte im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.2 Elektrische Leiter und Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.2.1 Elektrische Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3
4 INHALTSVERZEICHNIS
4 Magnetostatik 105
4.1 Magnetisches Vektorpotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
INHALTSVERZEICHNIS 5
13 Störungen 433
13.1 Störungstheorie für Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433
13.2 Rayleigh Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
D Symmetrien 457
D.1 Symmetrieangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
D.2 Vereinfachungen bei kontinuierlichen Symmetrieoperationen . . . . . . . . 457
D.3 Spezielle Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
K Personenverzeichnis 497
L Formelzeichen 503
Index 507
Kapitel 1
Die klassischen Eigenschaften elektromagnetischer Felder und Wellen lassen sich in aller
Strenge mit Hilfe der Maxwellschen Gleichungen beschreiben. Hierzu ist jedoch im allge-
meinen eine gewisse Übung und auch Erfahrung im Umgang mit partiellen Differentialglei-
chungen erforderlich, um eine tiefere Einsicht in die physikalischen Zusammenhänge zu er-
halten. Wir wollen in diesem Kapitel einen anderen Weg gehen und ausgehend von einigen
Grundprinzipien wie dem Coulombschen Gesetz, der Lorentzkraft, dem Biot-Savartschen
Gesetz oder dem Faradayschen Induktionsgesetz zunächst die Bedeutung und Tragweite der
Maxwellschen Gleichungen erläutern, aus denen umgekehrt alle genannten Gesetze gewon-
nen werden können. Wir werden uns in diesem Kapitel auf elektrische Ladungen und Ströme
im Vakuum beschränken.
Anfang des siebzehnten Jahrhunderts fand der Franzose Charles Coulomb, dass zwei ruhen-
de elektrische Punktladungen Q1 und Q2 im Abstand R die Kraft
Q1 Q2
F =k (1.1)
R2
aufeinander ausüben. Die Kraft nimmt ähnlich wie beim Gravitationsgesetz umgekehrt pro-
13
14 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
portional mit dem Quadrat des Abstands R ab. Q1 und Q2 sind positive oder negative La-
dungsmengen. Die Proportionalitätskonstante k ist im internationalen Maßsystem durch
1
k= (1.2)
4πε0
gegeben. Die neue Konstante ε0 wird als Dielektrizitätskonstante oder Permittivität des
Vakuums bezeichnet. Sie ist definiert als
1
ε0 = , (1.3)
c20 µ0
wobei die Vakuumlichtgeschwindigkeit c0 := 299792458 m/s und die Permeabilitätskon-
stante µ0 := 4π · 10−7 Vs/(Am) Verwendung finden. Ihr Wert beträgt
As 1 As
ε0 ≈ 8.854 · 10−12 ≈ · 10−9 . (1.4)
Vm 36π Vm
Die Kraft zwischen zwei Punktladungen zeigt in Richtung der Verbindungslinie zwischen
den beiden Ladungen. Der Kraftvektor der Kraft F2 auf die Ladung Q2 ist nach Abbildung
1.1 durch das
Coulombsche Gesetz
Q1 Q2 r~2 − r~1
F~2 = 2
(1.5)
4πε0 |r~2 − r~1 | |r~2 − r~1 |
gegeben.
F2
Q2
(r2 - r1)
Q1
Abbildung 1.1: Kraftvektor F~2 auf eine Ladung Q2 {r~2 },
r2
hervorgerufen durch eine Ladung Q1 {r~1 } gleichen La- r1
dungsvorzeichens.
Ursprung
Durch Vertauschung der Indices 1 und 2 wird die Kraft, die Q2 auf Q1 ausübt, bestimmt. Sie
ist von gleicher Größe aber entgegengesetzter Richtung
1.2. DIE ELEKTRISCHE FELDSTÄRKE 15
Q1 Q2 r~2 − r~1
−F~1 = +F~2 = + 2
. (1.6)
4πε0|r~2 − r~1 | |r~2 − r~1 |
Sind mehrere Ladungen vorhanden, etwa Q0 , Q1 , . . . QN an den Orten ~r0 , ~r1 , . . . , ~rN , so setzt
sich die Gesamtkraft auf die Probeladung Q0 nach dem Superpositionsprinzip vektoriell ad-
ditiv aus der Summe der Einzelkräfte zusammen
N
Q0 X Qi (r~0 − r~i )
F~0 {r~0 } = + . (1.7)
4πε0 i=1 |r~0 − r~i |3
Elektrische Ladungen treten stets als ganzzahlige Vielfache der Elementarladung
auf. Definitionsgemäß ist die Ladung eines Protons +e und diejenige eines Elektrons −e.
Die elektrische Ladung ist stets an massebehaftete Teilchen gebunden. Sie hat Substanzcha-
rakter.
Wir betrachten eine feste Ladung Q′ am Ort ~r ′ . Bewegen wir eine zweite Ladung Q langsam
in der Umgebung ~r von ~r ′ , so wird sie überall eine Kraft erfahren, die durch das Coulomb-
sche Gesetz (1.5) gegeben ist. Die Kraft ist proportional zur Größe der Testladung Q. Der
Quotient
~ Q′ ~r − ~r ′
~ {~r } = F {~r } =
E (1.9)
Q {~r } 4πε0 |~r − ~r ′ |2 |~r − ~r ′ |
N N
~ F~Q {~r } X Qi (~r − ~ri ) X
~ i (~r )
E {~r } = = 3
= E (1.10)
Q {~r } i=1
4πε 0 |~
r − ~
r i | i=1
~ i {~r } das Feld einer Einzelladung bezeichnet. Wir setzen immer voraus,
annehmen, wobei E
dass es sich um eine ruhende Ladungsverteilung handelt. Wenn die Kraft bedingende La-
dungsverteilung beweglich ist, definiert man die elektrische Feldstärke zweckmäßigerweise
über die Kraft auf eine infinitesimal kleine Testladung
~
E~ {~r } = lim FQ {~r } , (1.11)
Q→0 Q {~r}
um die Rückwirkung der Testladung auf die Ladungsverteilung vernachlässigen zu können.
Bei positiver Testladung weist die Feldstärke in Richtung des Kraftfeldes. Die Feldstärke
wird in Newton/Coulomb oder praktischer in Volt/Meter gemessen. Als Beispiel untersuchen
wir das Feld einer Punktladung Q im Ursprung ~r ′ = ~0 des Koordinatensystems
Q~r
~ {~r } =
E . (1.12)
4πε0 |~r |3
Das Feld hat offenbar nur eine radiale Komponente (r = |~r |)
Q
~ {~r } ◦ ~er =
Er {~r } = E (Eθ = Eϕ = 0) , (1.13)
4πε0r 2
die für positive Ladungen nach außen weist. In kartesischen Koordinaten ~r = (x, y, z) lautet
das Feld
~ {x, y, z} = Q
E ·
4πε0(x2 + y 2 + z 2 )
(1.14)
!
x~ex y~ey z~ez
· p +p +p ,
x2 + y 2 + z 2 x2 + y 2 + z 2 x2 + y 2 + z 2
wobei ~ex , ~ey und ~ez Einheitsvektoren in Richtung der Koordinatenachsen bezeichnen. Der
Ausdruck (1.14) lässt die einfache Radialsymmetrie des Feldes nicht mehr so einfach erken-
nen wie beispielsweise (1.12) oder (1.13). Es treten alle drei kartesischen Komponenten des
Feldes auf
1.2. DIE ELEKTRISCHE FELDSTÄRKE 17
mit
Qx
Ex {x, y, z} = ,
4πε0 (x2 + y 2 + z 2 )3/2
Qy
Ey {x, y, z} = , (1.16)
4πε0 (x2 + y 2 + z 2 )3/2
Qz
Ez {x, y, z} = .
4πε0 (x2 + y 2 + z 2 )3/2
Das Vektorfeld der elektrischen Feldstärke lässt sich durch Feldlinien veranschaulichen. Die
Feldlinien gehen von einer Ladung aus und weisen an jedem Ort ~r in Richtung des Fel-
~ {~r }. Eine kleine positive Testladung würde in Richtung der Feldlinien beschleunigt.
des E
Feldlinien geben zunächst nur die Richtung des Feldes an. Je dichter die Feldlinien zusam-
menliegen, desto stärker ist das Feld.
Die Feldlinien und das elektrische Feld liegen zueinander parallel. Für ein infinitesimales
Stück der Feldlinie und das Feld an dem Punkt muss also gelten
~ × d~r = 0 .
E (1.17)
dx dy dz
= = (1.18)
~
E ◦ ~ex ~
E ◦ ~ey ~
E ◦ ~ez
Feldlinien lassen sich üblicherweise nur in einer Ebene zeichnen. Deshalb betrachtet man in
einer Ebene z = const zum Beispiel die Feldkomponenten Ex und Ey . Am Ort (x, y) ist die
Richtung der Feldlinie definitionsgemäß aus (1.18) durch
18 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
dy Ey {x, y, z = const.}
= = Steigung der Feldlinien (1.19)
dx Ex {x, y, z = const.}
gegeben, wie es in Abbildung 1.2 veranschaulicht ist.
Ey E
(x,y)
Abbildung 1.2: Feldlinien in einer Ebene Ex
z = const
x
Nach (1.16) ergibt sich für die Feldlinien einer Punktladung in der Ebene z = 0
dy y dy dx
= oder = (1.20)
dx x y x
mit der Lösung
z = const
empfiehlt es sich, ähnlich wie bei der Einführung einer Massendichte für aus diskreten Ato-
men aufgebauten Körpern eine Raumladungsdichte ̺V {~r } zu definieren. Hierbei betrachtet
man die infinitesimale Ladung d3 Q {~r } in einem Volumenelement d3 r um ~r herum und
setzt
d3 Q {~r } d3 Q {~r }
̺V {~r } = = (1.22)
d3 r dx dy dz
als ortsabhängige Ladungsdichte an. Ihre Maßeinheit ist C/m3 . Beim Arbeiten mit der Raum-
ladungsdichte vernachlässigt man Schwankungen auf atomarer Skala und mittelt räumlich
über eine ausreichende Anzahl von Elektronen und Protonen. Dieses Konzept hat sich als
äußerst praktikabel erwiesen. Die Gesamtladung eines Volumens V ergibt sich durch Inte-
gration
ZZZ ZZZ
3
Q= d Q= ̺V {~r ′ } d3 r ′ . (1.23)
V V
Das elektrische Feld einer kontinuierlichen Ladungsverteilung findet man mit d3 Q {~r ′ } =
̺V {~r ′ } d3 r ′ durch Grenzübergang von der Summe zum Integral in (1.10)
ZZZ
~ r) = 1 ̺V {~r ′ } (~r − ~r ′ ) 3 ′
E(~ d r (1.24)
4πε0 |~r − ~r ′ |3
V
20 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
ZZZ ZZZ
3
Q= ̺V {~r } d r = Qδ (3) {~r − ~r ′′ } d3 r = Q{~r ′′ } , (1.26)
V V
wie es die Definition der δ-Funktion verlangt. Die Feldstärke berechnet sich nach (1.24) zu
ZZZ
~ {~r } = 1 (~r − ~r ′ ) 3 ′
E ̺V {~r ′ } dr
4πε0 |~r − ~r ′ |3
V
ZZZ
Q (~r − ~r ′ ) 3 ′
= δ (3) {~r ′ − ~r ′′ } d r (1.27)
4πε0 |~r − ~r ′ |3
V
Q (~r − ~r ′′ )
=
4πε0 |~r − ~r ′′ |3
in vollkommener Übereinstimmung mit (1.9) oder (1.12).
Ladungsansammlungen auf dünnen Drähten. Natürlich interessieren wir uns hier für ru-
hende Ladungsverteilungen und beschreiben eine geradlinige Linienladung auf der z-Achse
durch die Raumladungsdichte
wobei wir die Linienladungsdichte ̺L {z} mit der Maßeinheit C/m eingeführt haben. Für
das Feld ergibt sich bei konstanter Linienladungsdichte ̺L = ̺L {z} = const
ZZZ
~ r) = 1 ̺L δ {x′ } δ {y ′ } (x − x′ , y − y ′, z − z ′ )T ′ ′ ′
E(~ 3/2 dx dy dz
4πε0 (x − x′ )2 + (y − y ′ )2 + (z − z ′ )2
V
Z∞
̺L (x, y, z − z ′ )T ′
= 3/2 dz (1.29)
4πε0 x2 + y 2 + (z − z ′ )2
−∞
T
= Ex {~r } , Ey {~r } , Ez {~r } .
Da der Integrand für die z-Komponente des Feldes antisymmetrisch in z ist, folgt
Ez = 0 . (1.30)
̺L x
= .
2πε0 (x2 + y 2)
Die y-Komponente ist entsprechend
̺L y
Ey (~r ) = . (1.32)
2πε0 (x2 + y 2 )
Ausgedrückt in Zylinderkoordinaten lautet das Feld für die Radialkomponente
22 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
̺L
Eρ = Ex cos {ϕ} + Ey sin {ϕ} = , (1.33)
2πε0 ρ
p p p
wobei ρ = x2 + y 2 , cos ϕ = x/ x2 + y 2 und sin ϕ = y/ x2 + y 2 berücksichtigt wur-
den. Die Azimutalkomponente
verschwindet (aus Symmetriegründen) ebenso wie die z-Komponente. Das Feld einer homo-
genen unendlich langen Linienladung fällt nach außen zylindersymmetrisch mit dem Abstand
1/ρ ab.
Die weitere Integration über die x′ - bzw. y ′ -Komponente liefert für die Ex - und die Ey -
Komponente einen verschwindenden Beitrag, da der Integrand antisymmetrisch ist. Dieses
Ergebnis,
Ex = Ey ≡ 0 , (1.37)
1.3. FELDER KONTINUIERLICHER LADUNGSVERTEILUNGEN 23
folgt auch sofort durch Variablensubstitution x-x’→u und y-y’→v. Für die z-Komponente
erhält man
ZZ
∞
̺S z
Ez = du dv
4πε0 (u2 + + z 2 )3/2
v2
−∞
Z∞ u=∞
̺S z u
= √ dv (1.38)
4πε0 (v 2 + z 2 ) u2 + v 2 + z 2 u=−∞
−∞
Z∞ n v ov=∞
̺S z dv ̺S z 1 ̺S z
= 2 2
= arctan = .
2πε0 v +z 2πε0 z z v=−∞ 2ε0 |z|
−∞
Das Feld der Flächenladung ist also überall konstant und ist von einer positiven Flächen-
̺S ̺S
ladung weg gerichtet. Für ̺S > 0 ist Ez = 2ε0
für z > 0 und Ez = − 2ε 0
für z < 0. Die
Schwierigkeiten mit dem Vorzeichen sind sofort erledigt, wenn man einen Einheitsvektor ~n
definiert, der senkrecht auf der Schicht steht und nach außen bzw. von der Schicht weg weist.
Man bekommt
~ = ̺S ~n .
E (1.39)
2ε0
Ist neben der Ladungsschicht bei z = 0 eine zweite Flächenladungsschicht mit der Ladungs-
dichte −̺S in einer parallelen Ebene z = d vorhanden, dann addieren sich die Einzelfelder.
Für z < 0 ist
̺S ̺S
Ez+ = − , Ez− =
2ε0 2ε0
und damit
Ez = Ez+ + Ez− = 0 .
̺S ̺S
Im Zwischenraum zwischen beiden Schichten 0 < z < d gilt Ez+ = 2ε0
und Ez− = 2ε0
und
folglich
̺S
Ez = Ez+ + Ez− = . (1.40)
ε0
Das Feld zwischen beiden Schichten ist homogen und besitzt nur eine z-Komponente. ̺S
bezeichnet den Absolutwert der Flächenladungsdichte einer Schicht. Im Außenraum ver-
schwindet das Feld. Die Analogie zum Plattenkondensator ist evident.
Ursprung
n
Abbildung 1.4: Volumenbereich r
2
V , Oberflächenelement d r und
nach außen weisend Normalen-
Einheitsvektor ~n auf der Oberfläche V
S.
Zur Herleitung des Gaußschen Integralsatzes wollen wir das elektrische Feld auf der ge-
samten Oberfläche eine beliebigen Körpers, wie er in Bild 1.4 dargestellt ist, integrieren.
1.4. DAS GAUSSSCHE GESETZ FÜR DAS ELEKTRISCHE FELD 25
Man kann sich den Körper aus lauter kleinen Elementarzellen von der Gestalt eines Würfels
zusammengesetzt denken. Die Gesamtfläche von zwei an einer Fläche exakt aneinandersto-
ßenden Würfeln ist genau die Summe der äußere Flächen, da die Oberflächenelemente im-
mer nach außen zeigen und sich die aneinanderstoßenden Flächen kompensieren. Es genügt
zunächst einmal den Würfel nach Bild 1.5 zu betrachten.
Der Würfel hat die Kantenlängen ∆x, ∆y, ∆z, und daher kann
ZZ
lim
~ {~r } ◦ d2~r =
E
∆V →0
S∆V
ZZ ZZ
∆x ∆x
lim Ex ~r + ~ex dy dz − lim Ex ~r − ~ex dy dz
∆V →0 2 ∆V →0 2
vorn hinten
ZZ ZZ
∆y ∆y
+ lim Ey ~r + ~ey dx dz − lim Ey ~r − ~ey dx dz
∆V →0 2 ∆V →0 2
rechts links
ZZ ZZ
∆z ∆z
+ lim Ez ~r + ~ez dx dy − lim Ez ~r − ~ez dx dy ,
∆V →0 2 ∆V →0 2
oben unten
(1.41)
notiert werden, wobei offensichtliche Abkürzungen für die Bezeichnungen der Seitenflä-
chen des infinitesimalen Würfels eingeführt wurden. Durch die Minuszeichen wurden die
unterschiedlichen Orientierungen der Oberflächenelemente berücksichtigt. Die Einheitsvek-
26 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
toren in Achsenrichtung sind ~ex , ~ey , ~ez . Setzt man die Taylorentwicklung der Feldstärke
∂Ex ∆x
zum Beispiel Ex ~r + ∆x
2
~
e x = E x {~ r } + ∂x ~r 2
in (1.41) ein so ergibt sich
ZZ
∂E x ∂E y ∂E z
lim
E ~ {~r } ◦ d ~r = lim
2
+ + ∆x ∆y ∆z .
∆V →0 ∆V →0 ∂x ∂y ∂z ~r
S∆V
Die Erweiterung auf den Gesamtkörper erfolgt durch aufintegrieren über das Gesamtvolu-
men, so dass
ZZ ZZZ
∂E x ∂E y ∂E z 3
E~ {~r } ◦ d ~r =
2
+ + dr (1.42)
∂x ∂y ∂z ~r
SV V
resultiert. Die Orientierung des Oberflächenelementes in (1.42) ist immer nach außen, wie
in Bild 1.4 dargestellt ist. Abkürzend wird
~ ◦E
~ {~r} = ∂Ex ∂Ey ∂Ez
∇ + + ,
∂x ∂y ∂z ~r
T
~ = ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂
∇ , , = ~ex + ~ey + ~ez (1.43)
∂x ∂y ∂z ∂x ∂y ∂z
geschrieben. Dies ist der Ausdruck für die Divergenz in kartesischen Koordinaten. Zur Ver-
allgemeinerung ersetzen wir E ~ {~r } = Cx {~r } , Cy {~r } , Cz {~r } T
~ durch ein Vektorfeld C
mit stetigen partiellen Ableitungen. Nach Einsetzen resultiert der Gaußsche Integralsatz
Gaußscher Integralsatz
ZZZ ZZ
~ ~ 3
∇ ◦ C {~r } d r =
C~ {~r } ◦ d2~r (1.44)
V SV
1.4. DAS GAUSSSCHE GESETZ FÜR DAS ELEKTRISCHE FELD 27
Als Beispiel wenden wir den Gaußschen Integralsatz auf das Vektorfeld
∂ x − x0 ∂ 2 2
2 −3/2
= (x − x0 ) (x − x0 ) + (y − y 0 ) + (z − z0 )
∂x |~r − r~0 |3 ∂x
−3/2
= (x − x0 )2 + (y − y0 )2 + (z − z0 )2 +
−5/2
+(x − x0 ) −−32 2 (x − x0 ) (x − x0 )2 + (y − y0 )2 + (z − z0 )2
1 3(x − x0 )2
= − , (1.47)
|~r − r~0 |3 |~r − r~0 |5
∂Cx ∂Cy ∂Cz
und die Addition der drei Ableitungen ∂x
, ∂y und ∂z
ergibt offenbar das Ergebnis (1.46).
Damit gilt für r~0 außerhalb V
ZZ ZZZ
~ 2
C ◦ d ~r = ~ ◦C
∇ ~ d3 r = 0 . (1.48)
SV V
28 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
Wir legen gemäß Abbildung 1.6 eine Kugel K mit Radius ∆r0 um den Aufpunkt ~r0 , so dass
die Kugel vollkommen in V liegt. Wir untersuchen das neue Volumen V ′ = V − K mit der
Oberfläche SV′ = SV ∪ SK . Da r~0 außerhalb von V ′ liegt, gilt nach Fall 1
ZZ ZZ ZZ
0=
C ~ ◦ d ~r =
C
2 ~ ◦ d ~r +
C
2 ~ ◦ d2~r , (1.49)
SV ′ SV SK
also
ZZ ZZ
~ 2 ~ ◦ d2~r
C ◦ d ~r = −
C (1.50)
SV SK
wobei die Gleichheit auf der rechten Seite für alle Integrale, insbesondere Flächenintegrale
gültig ist. Das Integral über die Kugeloberfläche lässt sich einfach auswerten. Für Punkte
auf der Kugeloberfläche gilt |~r − r~0 | = ∆r0 und (~r − r~0 ) ◦ d2~rK = −∆r0 d2 rK , da der
Normalenvektor auf der Kugeloberfläche nach innen auf den Kugelmittelpunkt gerichtet ist.
Damit ist
ZZ ZZ ZZ
(~r − r~0 ) 2 −∆r0 2 ∆r0
3
◦ d ~r =
3
d r=− 3
d2 r
|~r − r~0 | ∆r0 (∆r0 )
SK SK SK
(1.51)
∆r0
=− 4π(∆r0 )2 = −4π ,
(∆r0 )3
1.4. DAS GAUSSSCHE GESETZ FÜR DAS ELEKTRISCHE FELD 29
da das Integral über die Kugeloberfläche 4π(∆r0 )2 beträgt. Nach (1.50) folgt damit für r~0
innerhalb V
ZZ
C~ ◦ d2 r~V = 4π , (1.52)
SV
vollkommen unabhängig von der Gestalt von V . Fassen wir (1.48) und (1.52) zusammen,
erhalten wir das wichtige Ergebnis
ZZ 4π
~r − r~0 2
für r~0 innerhalb V
◦ d ~r = . (1.53)
|~r − r~0 |3 0 für r~0 außerhalb V
SV
1.4.2 Die Integralform des Gaußschen Gesetzes für das elektrische Feld
Nach (1.27) ist das Feld einer Punktladung Qi bei r~i durch
~ {~r } = Qi ~r − r~i
E (1.54)
4πε0 |~r − r~i |3
gegeben. Das Feld mehrerer Punktladungen baut sich durch vektorielle Superposition der
Einzelfelder auf
XN
~ {~r } = Qi ~r − r~i
E . (1.55)
i=1
4πε0 |~r − r~i |3
Sei nun V ein Volumen, in dem M ≤ N der Punktladungen enthalten seien und SV die
zugehörige Oberfläche. Nach (1.53) folgt unmittelbar
ZZ M
~ 2 1 X Qges
E ◦ d ~r = Qi = , (1.56)
ε0 i=1 ε0
SV
30 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
wobei Qges die von der Fläche SV eingeschlossene Ladung bezeichnet. Die außerhalb be-
findlichen Ladungen haben keinen Einfluss auf die Größe des Integrals. Dieser Sachverhalt
gilt auch für eine kontinuierliche Ladungsverteilung, deren Feld durch (1.24) bestimmt ist.
Man erhält nach Vertauschung der Integrationsreihenfolge
ZZ ZZ Z Z∞Z ′
~ {~r} ◦ d2~r = 1 ~r − ~r
E
′
̺V {~r } ′ 3
d r ◦ d2~r
3 ′
4πε0 |~r − ~r |
SV SV −∞
Z Z∞Z ZZ ~r − ~r ′
1 2
= ̺V {~r ′ }
◦ d ~
r d3 r ′
4πε0 |~r − ~r ′ |3
−∞ SV
(1.57)
ZZZ
1 QV
= 4π̺V {~r ′ } d3 r ′ = .
4πε0 ε0
V
Hierbei ist QV die gesamte im Volumen V befindliche Ladung. In (1.57) ist die letzte Integra-
tion auf das Volumen V zu beschränken, da das Oberflächenintegral über SV für außerhalb
befindliche Ladungen verschwindet. Man bezeichnet
ZZ ZZZ
~ {~r} ◦ d2~r = 1
E 4π̺V {~r ′ } d3 r ′ (1.58)
4πε0
SV V
Es besagt, dass das Oberflächenintegral über die Feldstärke bis auf den Faktor ε−1
0 gleich der
Die Differentialform des Gaußschen Gesetzes folgt durch Anwendung des Gaußschen Inte-
gralsatzes auf (1.57). Hiernach erhält man
1.4. DAS GAUSSSCHE GESETZ FÜR DAS ELEKTRISCHE FELD 31
ZZ ZZZ ZZZ
~ 2 ~ ~ 3 1
E {~r } ◦ d ~r = ∇ ◦ E {~r } d r = ̺V {~r } d3 r . (1.59)
ε0
SV V V
Da diese Beziehung für alle Volumen V , also insbesondere auch für infinitesimal kleine
Bereiche gilt, muss nach dem Mittelwertsatz der Integralrechnung gelten
~ ◦E
ε0 ∇ ~ {~r } = ̺V {~r } , (1.60)
damit (1.59) immer richtig bleibt. Die Beziehung (1.60) wird als Differentialform des
Gaußschen Gesetzes bezeichnet. Offenbar ist gemäß der Herleitung das Coulombfeld ei-
ne Lösung von (1.60). Aber es gibt auch noch andere Lösungen von (1.60), die Ausdruck für
die größere Allgemeinheit des Gaußschen Gesetzes sind.
ZZZ ′
~ ◦E
ε0 ∇ ~ ◦ 1
~ = ε0 ∇ ̺V
~r − ~r 3 ′
d r = ̺V .
4πε0 |~r − ~r ′ |
Mit Ersetzen von ̺V durch eine beliebige (stetig differenzierbare) Funktion f resultiert der
allgemeine Zusammenhang
ZZZ
~ ◦ ~r − ~r ′ 3 ′
∇ f {~r ′ } d r = 4πf {~r} , (1.61)
|~r − ~r ′ |3
V
~ Operator nur auf die ungestrichenen Koordinaten wirkt, kann er in das Integral
Da der ∇-
gezogen werden.
ZZZ
′ ~ ~r − ~r ′ 3 ′
f {~r }∇ ◦ d r = 4πf {~r} , (1.62)
|~r − ~r ′ |3
V
~ ◦
Der Vergleich der linken und der rechten Seite legt nahe, dass ∇ ~r −~r′
= δ{~r − ~r ′ }
|~
r−~ r ′ |3
identifiziert werden kann, weil in beiden Fällen das gleiche Ergebnis für alle ~r aus dem
Integral resultiert.
Durch Anwendung des Gaußschen Satzes auf ein kleines Volumen ∆V = ∆x∆y∆z lässt
sich zum Beispiel nach (1.59) schreiben
ZZ
E~ {~r } ◦ d2~r
~ ◦E
~ {~r } = lim S∆V ̺V {~r }
∇ = (1.63)
∆V →0 ∆V ε0
ZZ
Fasst man
E~ {~r } ◦ d2~r als Fluss durch die Oberfläche S∆V auf, so ist ∇
~ ◦E
~ {~r } als
S∆V
Fluss pro Volumen am Ort ~r zu interpretieren, der aus dem infinitesimalen Volumen ∆V
um ~r heraus erfolgt. Dieser Fluss ist aber nach (1.60) gerade der, der die vorherrschende
Ladungsdichte bestimmt. Die Flussdichte als Fluss pro Fläche ist in dieser Vorstellung pro-
portional zur elektrischen Feldstärke. Aus einem Volumenelement, das keine Ladung enthält,
erfolgt kein Fluss. Das Feld ist an solchen Stellen, wie man sagt, divergenz- oder quellenfrei,
~ ◦E
d. h. ∇ ~ {~r } = 0.
in einem abgeschlossenen System konstant ist. Die Gesamtladung ist also eine Erhaltungs-
größe. Zum Beispiel sind Elektronen in Metallen relativ frei beweglich, die positiv gelade-
nen Atome des Kristallgitters dagegen ortsfest. Die Gesamtladung als Summe der positiven
und negativen Ladungen ist null. Bewegliche negative Ladungen, d. h. Elektronen, bewir-
ken einen elektrischen Strom, die ortsfesten positiven Ladungen geben keinen Beitrag zum
Strom.
Einer mit der Geschwindigkeit ~v {~r } bewegten Ladungsdichte ̺V am Ort ~r ordnet man ge-
mäß
eine Stromdichte ~jV {~r } zu. Anschaulich hat man sich nach Abbildung 1.7 vorzustellen, dass
sich ein infinitesimales Ladungspaket d3 Q = ̺V d3 r mit der Geschwindigkeit ~v fortbewegt.
Abbildung 1.7: Bewegtes Ladungspaket und Ladungsdurchtritt durch ein orientiertes Flä-
chenelement d2~r
d3 QS = ̺V ~v ◦ d2~r dt (1.65)
34 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
hindurch, die sich in einem Zylinder der Höhe ~v dt vor dem Flächenelement befindet. Das
Ladungsflusselement bzw. Stromelement
d3 Q
d2 J = = ̺V ~v ◦ d2~r = ~jV ◦ d2~r (1.66)
dt
gibt die Ladung an, die pro Zeiteinheit durch d2~r hindurchtritt. Das Flächenintegral
ZZ ZZ ZZ
I= 2
d J= 2
̺V ~v ◦ d ~r = ~jV ◦ d2~r = dQS (1.67)
dt
S S S
bezeichnet die Ladung dQS , die in der Zeit dt durch die Fläche S hindurchtritt. Diese Grö-
ße ist als elektrische Stromstärke zu identifizieren, wie sie experimentell z. B. mit einem
Ampèremeter gemessen wird. Ihre Maßeinheit ist das Ampère, abgekürzt A. Es ist A = C/s,
wobei C = Coulomb die Maßeinheit für die elektrische Ladung bezeichnet.
Das Prinzip der Ladungserhaltung besagt, dass in einem abgeschlossenen System die Ge-
samtladung konstant ist. Gleich große Mengen positiver und negativer Ladungen können
simultan durch Ladungstrennung erzeugt oder durch Rekombination vernichtet werden. Die
Gesamtladung eines Volumenbereiches nimmt nur durch Ladungsfluss aus dem Volumen ab.
Vergleicht man nach Abbildung 1.8 die Gesamtladung QV {t} des Volumens zur Zeit t mit
der zur früheren Zeit t0 , so ist die Differenz durch das Zeitintegral des ausgeflossenen Stro-
1.5. DER ELEKTRISCHE STROM 35
mes zu interpretieren. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Strom irgendwo durch die
Oberfläche des Volumens fließen kann:
Zt
∂
QV {t} = QV {t0 } − Q dt
∂t SV
t0
Zt
= QV {t0 } − I dt
t0
Z t ZZ
= QV {t0 } −
~jV ◦ d2~r dt . (1.68)
t0 SV
ZZ
∂
QV = −
~jV ◦ d2~r dt . (1.69)
∂t
SV
Das Minuszeichen in (1.69) tritt auf, weil sich durch austretende Ladung die Gesamtladung
des Volumens verringert. Schreibt man für die Ladung des Volumens
ZZZ
QV {t} = ̺V {~r, t} d3 r (1.70)
V
und für die Stromstärke aus dem Volumen nach dem Gaußschen Integralsatz
ZZ ZZZ
J =
~jV ◦ d ~r =
2 ~ ◦ ~jV d3 r
∇ , (1.71)
S V
dann folgt aus (1.69) für die Zeitableitung
ZZZ ZZZ
dQV ∂ ~ ◦ ~jV {~r, t} d3 r
= ̺V {~r, t} d3 r = − ∇ . (1.72)
dt ∂t
V V
Da diese Beziehung für alle Volumen V gilt, müssen die Integranden gleich sein, so dass
∂ ~ ◦ ~jV {~r, t} = 0 .
̺V {~r, t} + ∇ (1.73)
∂t
36 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
Dies ist die Kontinuitätsgleichung für elektrische Ladungen. Sie ist vollkommen äqui-
valent zur Ladungserhaltung, denn offenbar folgt aus (1.73) die Erfahrungstatsache (1.69).
Die Kontinuitätsgleichung gilt an jedem Punkt im gesamten Raum. Sprachlich wird zwi-
schen ruhenden und bewegten Ladungsträgern unterschieden, wobei ruhende Ladungsträger
zur Ladungsträgerdichte und bewegte Ladungsträger zur Stromdichte zählen. Die Kontinui-
tätsgleichung erfasst gerade diese örtliche Umwandlung, die aus dem Sprachgebrauch folgt.
Wird ein Ladungsträger aus der Ruhe heraus beschleunigt, nimmt die Ladungsträgerdichte
ab und die Stromdichte zu, beim Abbremsen bis zum Stillstand erhöht sich die Ladungsträ-
gerdichte auf Kosten der Stromdichte. Wenn die Stromdichte in ihrer üblichen Darstellung
(1.64) in die Kontinuitätsgleichung eingesetzt wird, verschwindet auch die scheinbare Ver-
letzung der Ladungserhaltung:
∂
~ ◦ ̺V {~r, t} ~v {~r, t} = 0
̺V {~r, t} + ∇ . (1.74)
∂t
Wird zusätzlich die lokale Generation bzw. ihre Rekombination von Ladungsträgern be-
rücksichtigt, muss die Kontinuitätsgleichung um die Generations- und Rekombinationsrate
G{~r, t} und R{~r, t} erweitert werden:
Vollkommen ausgeschrieben ergibt sich mit Ersetzung der Stromdichte durch (1.64)
die oben diskutierte räumliche Veränderung der Geschwindigkeit, also ein Beschleunigen
oder Abbremsen in einem bestimmten Bereich.
38 KAPITEL 1. GRUNDLEGENDE GESETZE DER ELEKTROSTATIK
Kapitel 2
Elektrostatik
~ ×E
∇ ~ =0 (2.1)
und
∇ ~ = ̺V
~ ◦E . (2.2)
ε0
Die Lorentzkraft reduziert sich zu
F~ = Q E
~ (2.3)
bzw.
f~ = ̺V E
~ . (2.4)
Wirkt auf eine Ladung die vom elektrischen Feld erzeugte Kraft (2.3), so ist ihre Kraft-
~ ◦ ~eℓ . Um die
komponente Fl in Richtung eines Einheitsvektors ~eℓ gegeben durch Fl = QE
39
40 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Ladung in Richtung des Einheitsvektors ~el zu bewegen, müssen wir also eine äußere Kraft
F~a mit F~a = −F~l aufwenden um die Kraftwirkung des Feldes zu überwinden. Die von außen
zu verrichtende Arbeit für eine Verschiebung um die differentielle Strecke d~l = ~el dl ist
Die Verschiebung entlang einer Kurve C mit Anfangspunkt r~i und Endpunkt r~e erfordert die
Arbeit
X Z~re
Wpot = −Q ~ {ℓi } ◦ ∆ℓi = −Q
E ~ ◦ dℓ .
E (2.6)
i
~
ri
l5
∆l4 re
l4
∆l3
l3
∆l2
E (l4)
l2
∆l1
E (l3)
l1
E (l2)
Abbildung 2.1: Zum Kurvenintegral ri
E (l1)
Hierbei sind nach Abbildung 2.1 ∆ℓ~i Vektorabschnitte der Kurve C und ℓ~i Punkte auf der
Kurve. Ist in (2.6) Wpot > 0, dann wird von außen Arbeit zugeführt und die Energie des
Systems wächst. Für Wpot < 0 wird Arbeit nach außen abgegeben und die Systemenergie
sinkt.
Im Grenzfall sehr kleiner ∆ℓ~i geht die Summe in ein Kurvenintegral über.
Im elektrostatischen Feld ist die zu verrichtende Arbeit nur abhängig vom Anfangspunkt
r~i und Endpunkt r~e der Kurve. Seien nämlich C1 und C2 zwei verschiedene Kurven mit
denselben Anfangs- und Endpunkten, dann ist die Differenz der Kurvenintegrale ∆Wpot =
Wpot 1 − Wpot 2 ein Kurvenintegral über eine geschlossene Kurve C = C1 ∪ C2 mit
2.1. ENERGIE UND POTENZIAL 41
Z Z
∆Wpot = Wpot 1 − Wpot 2 = −Q ~ ◦ dℓ + Q
E ~ ◦ dℓ
E
C1 C2
(2.7)
I ZZ
= −Q ~
E ◦ dℓ = −Q ∇~ ×E
~ ◦ d2~r = 0 .
C S
C2
C1 re
ri
Abbildung 2.2: Wegunabhängigkeit des Kurvenintegrals
ZZ I
~ × T~ ) ◦ d ~r =
(∇ 2
T~ ◦ d~ℓ . (2.8)
S CS
~ ×E
und ∇ ~ = 0 benutzt. Wegen der Wegunabhängigkeit des Kurvenintegrals definiert man
Z~r
Wpot {~r} = Wpot {~ra } − Q ~ ◦ dℓ
E (2.9)
~
ra
Bei der Auswertung des Integrals hat man noch die Integrationsgrenzen in x-, y- und z-
Richtung einzusetzen.
42 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Als potentielle Energie definiert man die von einer äußeren Kraft an einer positiven Ein-
heitsladung Q zu verrichtende Arbeit Wpot , um die Ladung von einem Anfangspunkt r~a an
einen Endpunkt ~r zu bringen. Die potentielle Energie Wpot eines Systems mit einer Ladung
Q nimmt gemäß
Z~r
dWpot ~ ◦ d~ℓ
V~ra ,~r = = V {~ra } − E (2.11)
dQ
~
ra
vom Weg. Als Bezugspunkt wählt man häufig einen Punkt auf der sogenannten Fernkugel
mit |r~a | → ∞, die als geerdet (V {|r~a | = ∞} = 0) angenommen wird, und definiert das
Potenzial als
Z~r Z~r
V {~r } = − ~ ◦ d~ℓ = −
E ~ ◦ d~ℓ .
E (2.12)
|ra |=∞
V {~r } ist positiv, wenn Arbeit verrichtet werden muss, um eine positive Einheitsladung von
|~r | = ∞ an den Punkt ~r zu bringen.
Wenn V {~r } = 0 ist, sagt man, der Punkt ~r ist geerdet. Messbar sind nur Potenzialdifferen-
zen als elektrische Spannungen, nicht dagegen das Potenzial selbst. Man braucht offenbar
einen endlichen Bezugspunkt.
~ = Q 1 ~er
E (2.13)
4πε0 r 2
2.1. ENERGIE UND POTENZIAL 43
gegeben und wir wählen einen radialen Weg vom Unendlichen nach r mit d~ℓ = ~er dr. Das
Potenzial ergibt sich dann aus
Z~r Zr Zr
~ ◦ d~ℓ = − Q 1 ′ Q dr ′ Q 1
V =− E ′2
~
e r ◦ ~
e r dr = − ′2
= (2.14)
4πε0 r 4πε0 r 4πε0 r
∞ ∞ ∞
Befindet sich die Punktladung nicht mehr im Ursprung, wird die Berechnung etwas aufwän-
diger, wie im folgenden Beispiel ersichtlich wird.
Das elektrische Feld der Punktladung, die sich am Ort ~r1 befindet, lautet nach (1.9)
~ = Q ~r − ~r1
E (2.15)
4πε0 |~r − ~r1 |3
mit
~ r } = E{ℓ}
~ 1 ~eℓ
E{~ = · . (2.17)
4πε0 ℓ2
∂
d~ℓ = ~r dℓ = ~eℓ dℓ (2.18)
∂ℓ
und Anfang und Ende der Kurve mit ~ra = ~r{ℓa } bzw. ~re = ~r{ℓe }. Für das Potenzial resultiert
Legt man nun den Anfangspunkt wieder ins Unendliche, so resultiert mit ℓa → ∞, ℓe =
|~re − ~r1 | und mit dem Übergang in die übliche Darstellung ~r1 → ~r ′ und ~re → ~r das
Q 1
V {~r} = (2.20)
4πε0 |~r − ~r ′ |
Für das elektrische Feld einer konstanten Linienladung entlang der z-Achse findet man nach
(1.33)
~ = ̺L 1 ~eρ .
E (2.21)
2πε0 ρ
Das Potenzial mehrerer Punktladungen Qi an den Orten r~i ergibt sich durch Superposition
zu
N
X Qi
V {~r } = . (2.23)
i=1
4πε0 |~r − ~ri |
Für kontinuierliche Ladungsverteilungen ̺V {~r ′ } = lim∆V →0 Qi |~ri =~r ′ ∆Vi folgt entspre-
chend das
Coulombpotenzial
N
X ZZZ
Qi ∆Vi ̺V {~r ′ }
V {~r } = = d3 r ′ . (2.24)
i=1
4πε0 |~r − ~ri | 4πε0 |~r − ~r ′ |
Vol
Die Orte ~r, für die V {~r } = const gilt, bezeichnet man als Äquipotenzialfläche. Aus den
~ , der in Richtung des stärksten Anstiegs von V {~r } zeigt,
Eigenschaften vom Gradienten ∇V
46 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Äquipotential-
flächen
Feldlinien
V3
V2
Abbildung 2.4: Feldlinien und Äquipotenzialflächen V1
V1 > V2 > V3
In der Gleichung (2.24) können Probleme in der Lösung des Integrals auftreten. Als Beispiel
sei hier die Berechnung des Linienladungspotenzials genannt. Häufig ist es hilfreich, einen
Bezugspunkt ~r0 mit Potenzial V0 = V {r~0 } einzuführen und (2.24) mit diesem Potenzial zu
erweitern. Im Coulombpotenzial resultiert dann für eine Raumladung
ZZZ
1 ̺V {~r ′ } ̺V {~r ′ } 3 ′
V {~r} = V {~r0 } + − d r. (2.25)
4πε0 |~r − ~r ′ | |~r0 − ~r ′ |
Vol
Mit diesem Ansatz lässt sich das Linienladungspotenzial relativ einfach, direkt aus ̺V =
̺L δ {x} δ {y} berechnen. Allerdings ist der im Beispiel 2.1.3 gezeigte Weg in diesem Fall
deutlich eleganter.
Für die Potenzialdifferenz zwischen zwei infinitesimal benachbarten Punkten ~r + d~r = (x +
dx, y + dy, z + dz)T und ~r = (x, y, z)T hat man
2.1. ENERGIE UND POTENZIAL 47
~ {~r} ◦ dℓ
dV = V {~r + d~r } − V {~r} = −E
= −(Ex dx + Ey dy + Ez dz) .
∂V ∂V ∂V
dV = dx + dy + dz (2.27)
∂x ∂y ∂z
für alle dx, dy, dz. Somit folgt Ex = −∂V /∂x, Ey = −∂V /∂y und Ez = −∂V /∂z oder
Diese Beziehung ist auch als Satz aus der Differentialgeometrie bekannt:
~ ~ ~
Wenn die Rotation eines Vektorfeldes E verschwindet ∇ × E = 0 , existiert ein ska-
~ ergibt ( also E
lares Potenzial V , dessen Gradient das Vektorfeld E ~ = ±∇V
~ ). Das
Wir betrachten ein System aus i − 1 Punktladungen Qj an den Orten ~rj mit j = 1, . . . , i − 1.
Ihr Potenzial ist
i−1
X Qj
Vi−1 {~r} = .
j=1
4πε0 |~r − ~rj |
48 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Um eine weitere Ladung Qi aus dem Unendlichen an den Ort ~ri zu bringen, ist die Arbeit
i−1
X Qj
∆Wi = Qi Vi−1 {~ri } = Qi
j=1
4πε0 |~ri − ~rj |
zu verrichten. Diese Arbeit ist gleichzusetzen mit der potentiellen Energie der Ladung Qi im
System der früher vorhandenen Ladungen. Die gesamte potentielle Energie für N Ladungen
ist damit anzusetzen als (∆W1 = 0)
N
X N X
X i−1
Qi Qj
Wpot = ∆Wi =
i=1 i=1 j=1
4πε0 |~ri − ~rj |
N X
X XN X XN X
Qi Qj Qi Qj Qi Qj
= = =
i=1 i>j
4πε0 |~ri − ~rj | i=1 j>i
4πε0 |~ri − ~rj | i=1 j=i+1
4πε0 |~ri − ~rj |
N
1 XX
N
Qi Qj
= , (2.29)
2 i=1 j=1
4πε0 |~ri − ~rj |
j6=i
1
wobei der Faktor 2
durch die symmetrische Kraftwirkung auftritt und j 6= i in der Summa-
tion ausdrückt, dass keine Selbstenergie, also die potentielle Energie einer Ladung in ihrem
eigenen Feld, mitgerechnet wird. Beim Übergang zu kontinuierlichen Ladungsverteilungen
ri } d3 r wird (2.29) zu
Qi = ̺V {~
ZZZ ZZZ
1 ̺V {~r} ̺V {~r ′ } 3 ′ 3
Wpot = d r dr
2 4πε0 |~r − ~r ′ |
Vol Vol′
modifiziert. Jetzt tritt die Selbstenergie kontinuierlicher Ladungsverteilungen auf. Sie bedeu-
tet eine neue Festlegung des Energienullpunkts.
~ ◦E
Wir schreiben nach (2.24) und unter Berücksichtigung von (2.2) (∇ ~ = ̺V /ε0 )
ZZZ ZZZ
1 1
3 ~ ~
Wpot = ̺V {~r} V {~r} d r = ε0 ∇ ◦ E {~r} V {~r} d3 r .
2 2
Vol Vol
~ ◦ (V E)
Mit ∇ ~ =V∇
~ ◦E
~ +E
~ ◦ ∇V
~ folgt weiter
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 49
ZZZ h i
1 ~ ◦ (V E)
~ −E
~ ◦ ∇V
~
Wpot = ε0 ∇ d3 r
2
Vol
ZZZ ZZZ
1 ~ ~ 3 1 ~ 2 3
= ε0 E ◦ E d r = ε0 |E| d r , (2.30)
2 2
Vol Vol
solange
ZZZ ZZ
1 ~ ~ 3 1 ~ d2 S
~ =0
W0 = ε0 ∇ ◦ (V E) d r =
ε0 (V E) , (2.31)
2 2
V ol SV
~ ≈
gilt. Dies kann für unendliche Volumina leicht abgeschätzt werden, denn weil |V E| 1
r3
~ ∝ r 2 folgt |V E|
für r → ∞ und | d2 S| ~ | d2 S|
~ ∼ 1
→ 0. Man bezeichnet den Integranden in
r
(2.30) als
1 ~ 2
wel {~r} = ε0 E {~r} . (2.32)
2
Man hat zu beachten, dass (2.31) erfüllt sein muss, damit die gesamte Energiedichte durch
(2.32) beschrieben wird. Ist das nicht der Fall, ergibt sich die oben erwähnte Verschiebung
~
des Energienullpunkts und die Selbstenergiedichte w0 = 21 ε0 ∇◦(V ~ muss zu (2.32) addiert
E)
werden, um die gesamte Energiedichte zu bestimmen.
~
~jOhm = σ E (2.33)
ein. Dies ist das ohmsche Gesetz in Differentialform, das auch als mikroskopisches ohm-
sches Gesetz bezeichnet wird. Die Proportionalitätskonstante σ heißt Leitfähigkeit.
Durch das Abbremsen verlieren die Ladungsträger Energie, die sich in Form von Erwärmung
des Materials bemerkbar macht. Diese Energieabgabe wird nicht durch die Maxwellschen
Gleichungen erfasst, und somit auch nicht der Ohm’sche Leitungsstrom. Diese verlustbe-
hafteten Materialien dürfen also eigentlich nicht im Rahmen der hier vorgestellten Theorie
behandelt werden. Das mikroskopische ohmsche Gesetz hat sich in der Praxis aber als sehr
vorteilhaft erwiesen und man kann entstehende Verluste elektromagnetischer Felder sehr
schön damit erfassen. Eine Anwendung wird im Kapiteln 9 gezeigt.
Mit der Definition der Stromdichte (1.64) und der Beweglichkeit µn bzw. µp der positiven
und negativen Ladungsträger
~
~vn = −µn E , ~
~vp = µp E , (2.34)
die wir schon in Abschnitt 2.2, Beispiel 2 verwendet haben, resultiert die Darstellung
σ = −µn ̺n + µp ̺p . (2.35)
Unter der Voraussetzung, dass der Strom von Elementarladungen q der Dichte n bzw. p
getragen wird, folgt aus ̺n = −qn und ̺p = qp
̺V = ̺n + ̺p . (2.37)
Wenn man von einem homogenen Medium spricht, meint man, dass die Leitfähigkeit orts-
unabhängig sein soll. Dies wird wegen
~ = −̺n ∇µ
0 = ∇σ ~ n + ̺p ∇µ
~ p − µn ∇̺
~ n + µp ∇̺
~ p (2.38)
~ n = ∇µ
∇µ ~ p=0
~ n = ∇̺
∇̺ ~ p=0 (2.39)
erfüllt.
Im Metall sind sowohl die Atomrümpfe als auch die Elektronen als freie Ladungen anzu-
sehen. Allerdings tragen nur die Elektronen zum Stromfluss bei, da die Rümpfe nicht be-
weglich sind (µp = 0). Dielektrika besitzen dagegen keine frei beweglichen Ladungsträger,
im Idealfall gilt σ = 0. In einem äußeren elektrischen Feld gibt es allerdings eine geringe
Verschiebung parallel zur Feldrichtung zwischen der negativ geladenen Elektronenhülle und
den positiv geladenen Atomrümpfen. Es bilden sich Dipole aus. Damit ist die Ladungsvertei-
lung in den Materiebausteinen nicht mehr symmetrisch, und es wird ein zusätzliches lokales
elektrisches Feld produziert, das von außen angelegte Feld modifiziert.
Wir betrachten zunächst metallische Leiter und dann Dielektrika.
Elektrische Leiter wie Metalle oder Elektrolyte enthalten - obwohl ihre Gesamtladung Null
ist - frei bewegliche Ladungsträger. Diese werden sich bewegen, solange im Leiter ein elek-
trisches Feld herrscht. In Abbildung 2.5 ist dargestellt, wie das Feld einer äußeren positiven
Punktladung Elektronen eines Metalls anzieht und auf der abgewandten Seite im Metall ei-
ne positive Raumladung schafft. Die Raumladungsschichten bauen sich unmittelbar an der
Oberfläche des Metallkörpers auf. Sie generieren ein Feld, das dem äußeren entgegenwirkt.
Die Verteilung dieser Oberflächenladungen ̺S erfolgt gerade so, dass das resultierende elek-
trische Feld im stromlosen Leiter verschwindet
~ Leiter = 0
E . (2.40)
52 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Aber auch die Tangentialkomponente EtanLeiter an der Oberfläche muss verschwinden, weil
sich sonst Ladungen bewegen würden und kein Gleichgewicht vorläge. Es gilt im stromlosen
Leiter an der Oberfläche
~ tan
E = ~
n × ~ Leiter × ~n = 0 ,
E (2.41)
Leiter
wenn ~n definitionsgemäß den senkrecht auf der Oberfläche stehenden Normalenvektor vom
Betrag |~n| = 1 bezeichnet.
keine Ladungen. Alle influenzierten und von außen aufgebrachten Ladungen befinden sich
im statischen Fall an der Leiteroberfläche. Diese Flächenladungen ̺S sind Idealsierungen
der benutzten Kontinuitätstheorie. Im Grunde befinden sich die Ladungen in einer mikro-
skopisch kleinen Umgebung der Oberfläche. Die Felder von Flächenladungen hatten wir
bereits in Abschnitt 1.3.3 vorgestellt.
Da das Feld im stromlosen Leiter verschwindet, gilt für das Potenzial im gesamten Leiter,
also auch an der Oberfläche
VLeiter ≡ const . (2.43)
Zur Berechnung der Feldstärke unmittelbar an der Leiteroberfläche außerhalb des Leiters
gehen wir nach Abbildung 2.6 vor.
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 53
muss das geschlossene Kurvenintegral über die Feldstärke verschwinden, und für genügend
kleine Rechtecke gilt nach Abbildung 2.6
I Zb Zc Zd Za
0= ~ ◦ dℓ =
E + + +
a,b,c,d a b c d
(2.44)
∆h ∆h
= 0+ Enorm c − Etan c,d ∆w − Enorm d ,
2 2
~ tanaussen = 0
E . (2.45)
Die elektrischen Feldlinien stehen also immer senkrecht auf der Leiteroberfläche.
Zur Berechnung der Normalkomponente betrachten wir den in Abbildung 2.6 eingezeichne-
54 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
wobei ̺S ∆S die vom Zylinder umschlossene Ladung ist. Da die Tangentialkomponente der
Feldstärke nach (2.45) verschwindet und auch die Feldstärke im Leiter null ist, ist das Inte-
gral in (2.45) einfach auszuwerten. Es bleibt nur das Integral über die obere Bodenfläche des
Zylinders von Null verschieden, und es ist
ε0 E ~ = ̺S ∆S
~ normaussen ∆S . (2.47)
Die Normalkomponente der Feldstärke an der äußeren Oberfläche ist also durch die Flächen-
ladungsdichte ̺S an der Oberfläche bestimmt.
Die Stetigkeitsbedingungen des elektrischen Feldes an der Leiteroberfläche lauten demnach
in vektorieller Schreibweise
~ norm = ~n E
E ~ ◦ ~n = ̺S ~n (2.48)
ε0
bzw.
~ = ̺S
~n ◦ E (2.49)
ε0
und
~ × ~n) = 0 ,
~n × (E (2.50)
Dipolmoment
p~ = Qd~ , (2.51)
wobei der Vektor d~ von der negativen Ladung −Q zur positiven Ladung Q zeigt.
V(r)
+Q
Abbildung 2.7: Dipol und Koordinaten zur Potenzialberech- + r- r'
Das Potenzial des Dipols ist die Überlagerung der Potenziale beider Punktladungen
Q Q
V {~r } = − . (2.52)
~ ~
4πε0 ~r − ~r ′ + d2 4πε0 ~r − ~r ′ − d2
Das Potenzial ändert sich senkrecht zur Achse in erster Näherung nicht und fällt in Achsen-
richtung mit dem Quadrat des Abstands ab.
Durch Gradientenbildung ergibt sich die elektrische Feldstärke des Dipols zu
56 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
~ {~r } = 1 1 (~r − ~r ′ ) ~r − ~r ′
E 3 · p~ ◦ − ~p . (2.54)
4πε0 |~r − ~r ′ |3 |~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ |
Äquipotenzial- und Feldlinien eines Dipols sind in Abbildung 2.8 dargestellt. Die Ausdrücke
~ Sie sind exakt für einen Punktdipol, bei dem
(2.53) und (2.54) gelten für |~r ′ − ~r | ≫ |d|.
d~ → 0, aber p~ = Qd~ endlich bleibt.
V = const.
Sind wie in einem Dielektrikum zahlreiche Punktdipole, nämlich n {∆V } in einem Volu-
menelement ∆V vorhanden, dann ist das gesamte Dipolmoment in ∆V die Summe
n{∆V }
X
p~ges = p~i . (2.55)
i=1
Bei zufälliger Orientierung der elementaren Dipole p~i kann das gesamte Dipolmoment ver-
schwinden. Meistens erfolgt in einem elektrischen Feld aber eine Ausrichtung der Dipole.
Man definiert die elektrische Polarisation als das Dipolmoment pro Volumen, also als Di-
polmomentdichte
n{∆V }
1 X d3 ~pges
P~ {~r} = lim p~i = . (2.56)
∆V →0 ∆V
i=1
d3 r
Für gleiche elementare Dipole p~ = p~i = Qd~ gilt offenbar
P~ = nQd~ , (2.57)
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 57
wobei n die Anzahldichte der elementaren Dipole und Qd~ das elementare Dipolmoment sind.
Das Potenzial einer Dipolverteilung ist analog zu (2.53)
ZZZ ~
P {~r ′ } ◦ (~r − ~r ′ ) 3 ′
V {~r } = dr . (2.58)
4πε0|~r − ~r ′ |3
Vol.
Die hier gewonnenen Ausdrücke gelten zunächst nur für Orte, die groß gegen den Ab-
stand der Einzelladungen sind. Betrachtet man etwas allgemeiner eine räumlich begrenzte
Ladungsverteilung im ansonsten freien Raum, kann man im Coulombpotenzial (2.24) den
Faktor |~r − ~r ′ |−1 als Taylorreihe entwickeln, solange nur |~r| ≫ |~r ′ | ist.
Die Herleitung der Taylorreihe soll hier etwas ausführlicher gezeigt werden da sie des öfteren
p
gebraucht wird. Ausklammern von r aus |~r−~r ′ | ergibt r (1 − x′ /r)2 + (1 − y ′/r)2 + (1 − z ′ /r)2
~ r − ~r ′ | = −∇
und mit ∇|~ ~ ′ |~r − ~r ′ | findet man leicht
1 1 ′ ~ 1 1 ′ ~ 2 1
= − ~r ◦ ∇ + ~r ◦ ∇ ±··· (2.59)
|~r − ~r ′ | r′ =0 r r 2 r
~ 1 ~r − ~r ′
∇ = −n
|~r − ~r ′ |n |~r − ~r ′ |n+2
resultiert aus (2.59)
1 1 ~r ′ ◦ ~r 3(~r ′ ◦ ~r)2 − r ′2 r 2
= + 3 + +··· .
|~r − ~r ′ | r r 2r 5
Einsetzen in das Coulombintegral liefert die Multipolentwicklung des Potenzials
ZZZ
1 1 ~r ′ ◦ ~r 3(~r ′ ◦ ~r)2 − r ′2 r 2
V = · + 3 + + · · · ̺V d3 r ′ . (2.60)
4πε0 r r 2r 5
V′
58 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Durch Ausmultiplizieren entstehen verschiedene von der Raumladungsdichte und dem Quell-
punktvektor ~r ′ abhängige Terme, sogenannte Momente, die das Potenzial bestimmen. Das
Monopolmoment lautet
ZZZ
q= ̺V d3 r ′ , (2.61)
V′
ZZZ
p~ = ~r ′ ̺V d3 r ′ (2.62)
V′
und die höheren Terme folgen aus den weiteren Summanden. Das Potenzial errechnet sich
aus
1 q ~r ◦ p~
V = + 3 +··· . (2.63)
4πε0 r r
Weit entfernt von der erzeugenden Raumladung dominiert offensichtlich der Monopolterm
das Potenzial. Erst wenn der Monopolterm verschwindet, also Ladungsneutralität herrscht,
wird das Potenzial vom Dipolterm dominiert. Der Dipolterm ist wegen des Skalarprodukts
gegen Drehungen des Koordinatensystems invariant, nicht dagegen für eine Translation des
Ursprungs. Nach Translation des Ursprungs um ~a lautet die Vektordarstellung im neuen Ko-
ordinatensystem ~rn = ~r − ~a, r~′ n = ~r ′ − ~a , wie man leicht aus Bild (2.9) abliest.
z zn
a yn
ZZZ ZZZ
p~n = r~n′ ̺V d3 rn′ = (~r ′ − ~a) ̺V d3 r ′ = q · ~a + p~ . (2.64)
V ′ V ′
Es ergibt sich eine Veränderung proportional zur Verschiebung des Ursprungs und zur La-
dung des Gesamtsystems. Bei Ladungsneutralität ist somit das Dipolmoment auch translati-
onsinvariant. Rückwirkend kann man den Dipol aus zwei Punktladungen als eine spezielle
räumlich begrenzte Ladungsverteilung betrachten, für die Ladungsneutralität herrscht. Das
in (2.51) eingeführte Dipolmoment ergibt sich sofort mit der etwas allgemeineren Betrach-
tung aus (2.62). Im Fernfeld ist das Feld des elektrischen Dipols ein reines Dipolfeld, das
sich aus dem
Potenzial des Dipols im Fernfeld
1 ~p ◦ ~r
V = (2.65)
4πε0 r 3
Die Taylorentwicklung (2.59) wird uns noch einmal im Abschnitt 5.2 begegnen. Die Mul-
tipolentwicklung werden wir im Zusammenhang mit der Abstrahlung von elektromagneti-
schen Wellen von Dipolen in der Elektrodynamik noch ausführlicher behandeln.
Wir betrachten einen Körper in dem frei bewegliche Ladungen der Ladungsdichte ̺frei und
ortsfeste Dipole der Dipolmomentdichte bzw. Polarisation P~ vorhanden sind. Das Potenzial
ergibt sich durch Summation über alle Ladungen zu
60 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Z Z∞Z Z Z∞Z ~
̺frei {~r ′ } P {~r ′ } ◦ (~r − ~r ′ ) 3 ′
V {~r } = d3 r ′ + dr . (2.67)
4πε0 |~r − ~r ′ | 4πε0|~r − ~r ′ |3
−∞ −∞
Z Z∞Z ~ Z Z∞Z
P {~r ′ } ◦ (~r − ~r ′ ) 3 ′ ~′ 1
′ 3
dr = P~ {~r ′ } ◦ ∇ d3 r ′
|~r − ~r | |~r − ~r ′ |
−∞ −∞
(2.68)
Z Z∞Z
1
=− ~ ′ ◦ P~ {~r ′ }
∇ d3 r ′ ,
|~r − ~r ′ |
−∞
wobei die Tatsache benutzt wurde, dass Dipole nur im Endlichen vorhanden sind (P~ {±∞} =
0). Damit kann man das Potenzial schreiben als
Z Z∞Z ~ ′ ◦ P~ {~r ′ }
̺frei {~r ′ } − ∇
V {~r } = V0 + ′
d3 r ′ (2.69)
4πε0 |~r − ~r |
−∞
Z Z∞Z ~r − ~r ′
~ {~r } = 1
E {~r } = −∇V ′ ~ ′ ~ ′
̺frei {~r } − ∇ ◦ P {~r } d3 r ′ . (2.70)
4πε0 ′
|~r − ~r | 3
−∞
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 61
Hieraus ergibt sich wie in Abschnitt 1.4 bei der Herleitung des Gaußschen Gesetzes aus dem
Coulombgesetz die Beziehung
~ ◦E
~ {~r} = 1 ~ ◦ P~ {~r}
∇ ̺frei {~r} − ∇ . (2.71)
ε0
Man bezeichnet
~ ◦ P~
̺P = −∇ (2.72)
~ ◦E
~ = 1 ̺V {~r}
∇ ̺frei {~r} + ̺P {~r} = (2.73)
ε0 ε0
dielektrische Verschiebung
~ = ε0 E
D ~ + P~ (2.74)
~ ◦D
ein, so erfasst die Divergenz ∇ ~ = ε0 ∇
~ ◦E
~ +∇
~ ◦ P~ = ̺V − ̺P = ̺
~ ◦D
∇ ~ = ̺frei {~r} = ̺ {~r} (2.75)
offenbar nur die Ladungsdichte, die nicht elastisch gebunden sind. Dieses ist das Gauß-
sche Gesetz für die dielektrische Verschiebung. Die resultierende Ladungsdichte ̺frei wird
in der Literatur üblicherweise als Ladungsdichte freier Ladungsträger bezeichnet, was aber
62 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
missverständlich ist, da auch ortsfest gebundenen Ladungen, wie sie z.B. in der Raumla-
dungszone eines pn- Übergangs auftreten, mit erfasst werden. Wir bezeichnen die Ladungs-
dichte der freien Ladungsträger kurz mit ̺ = ̺ {~r} und lassen den Index frei weg. Die
dielektrische Verschiebung wird auch als Verschiebungsdichte bezeichnet. Das Oberflä-
~ ist gleich der gesamten sogenannten freien (nicht elastisch gebundenen)
chenintegral über D
Ladung Qfrei = Q im Volumen
ZZ ZZZ
~ 2~
D◦ d S = ̺ {~r} d3 r = Q . (2.76)
S V
Die Ausbildung bzw. Ausrichtung elementarer Dipole in Dielektrika ist in vielen Fällen eine
Reaktion auf ein äußeres elektrisches Feld. Deshalb ist in isotropen Materialien in erster
Näherung anzusetzen
P~ = χe ε0 E
~ , (2.77)
~ = ε0 E
D ~ + χe ε0 E
~ = (1 + χe )ε0 E
~ = εε0E
~ , (2.78)
wobei
ε = 1 + χe (2.79)
~ {~r} = −ε {~r} ε0 ∇V
D ~ {~r} . (2.80)
Im Folgenden sollen auch nichtlineare Polarisationen zugelassen werden. Dazu spalten wir
P~ in den bekannten linearen Anteil (ε − 1)ε0 · E
~ und einen nichtlinearen Anteil P~NL .
P~ = (ε − 1)ε0 E
~ + P~NL . (2.81)
~ = ε0 E
D ~ + P~
~ + P~NL .
= ε0 εE (2.82)
Der Zusammenhang mit dem Potenzial wird über das elektrische Feld hergestellt, zunächst
gilt
~ ◦E
~ =∇
~ ◦ 1 ~ 1 ~ ~ ◦ ∇V
~
∇ D− PNL = −∇ (2.83)
εε0 εε0
∇ ~ = 1 ∇
~ ◦E ~ ◦D~ −∇~ ◦ P~NL
εε0 | {z }
̺
̺ 1 ~ ~
= − ∇ ◦ PNL = −∇ ~ ◦ ∇V
~ . (2.84)
εε0 εε0
Mit der Aufspaltung des Potenzials in einen linearen und einen nichtlinearen Anteil V =
VL + VNL resultiert nach der üblichen Zuordnung
64 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
~
D ̺
~ ◦ ∇V
−∇ ~ L = = (2.85)
εε0 homogenes Medium εε0
~ NL = 1 P~NL .
∇V (2.86)
εε0
~ ×E
∇ ~ =0 (2.87)
und
~ ◦D
∇ ~ =̺ . (2.88)
Wir betrachten nach Abbildung 2.10 die Grenzfläche zwischen zwei homogenen Dielektrika
mit Dielektrizitätskonstanten ε1 und ε2 .
I
~ ◦ dℓ = 0
E (2.89)
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 65
entlang der in Abbildung 2.10 dargestellten geschlossenen Kurve für genügend kleine Län-
gen ∆w im Grenzfall ∆h → 0 die Bedingung
oder
bzw.
h i
~2 − E
~n × (E ~ 1 ) × ~n = 0 . (2.92)
Beim Übergang zwischen zwei Dielektrika verhält sich die Tangentialkomponente der elek-
trischen Feldstärke stetig. Dagegen gilt in linearen isotropen ([ε] = ε) Dielektrika mit
~ = εε0E
D ~ (2.93)
Dtan 1 Dtan 2
= , (2.94)
ε1 ε2
d. h. die Tangentialkomponenten der dielektrischen Verschiebung erfahren einen Sprung.
Aus dem Oberflächenintegral über den Zylinder
ZZ ZZZ
~ 2
D ◦ d ~r = ̺ d3 r (2.95)
ρZyl. VZyl.
~2 −D
~n ◦ (D ~ 1 ) = ̺S , (2.97)
wobei ̺S die sogenannte freie Oberflächenladungsdichte bezeichnet. Aus (2.97) folgt durch
Einsetzen von (2.74)
~2 −D
~n ◦ (D ~ 1 ) = ε0~n ◦ (E
~2 − E
~ 1 ) + ~n ◦ (P~2 − P~1 ) .
~2 −D
~n ◦ (D ~ 1 )̺S
~2 − E
ε0~n ◦ (E ~ 1 ) = ̺S
E
kann man ̺SE als Folge bzw. Quelle der Änderung des elektrischen Feldes auffassen, ̺SP sind
entsprechend die elastisch gebundenen Ladungen, die für eine Änderung in der Polarisation
zuständig ist.
In perfekten Dielektrika sind nirgends, auch nicht an der Oberfläche sogenannte freie La-
dungsträger vorhanden, so dass man von ̺S = 0 ausgehen kann. Es folgt
und damit
Die Normalkomponenten der dielektrischen Verschiebung sind stetig und diejenigen der
elektrischen Feldstärke besitzen einen Sprung. Aus den Stetigkeitsbedingungen folgt sofort,
~ und E
dass die Feldlinien für D ~ an der Grenzfläche einen Knick aufweisen. Dies ist in Ab-
~ und D
bildung 2.11 illustriert. In isotropen Medien weisen E ~ in dieselbe Richtung. Beim
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 67
Übergang von Dielektrikum 1 nach 2 wird das Feld gebrochen. Ist der Winkel zum Lot im
Medium 2
Dt1 Et
tan{Θ1 } = = 1 (2.100)
Dn1 En1
findet man den Winkel im Medium 1 bei verschwindender Oberflächenladung (Dn1 = Dn2 )
aus
~ und E
Abbildung 2.11: Vektoren D ~ beim Übergang zwischen zwei Medien mit Dielektrizi-
Schließlich sei noch erwähnt, dass entsprechend (2.48) für die Stetigkeitsbedingung an der
Grenzfläche zwischen einem Dielektrikum und einem Leiter
~ ◦ ~n = εε0 E
D ~ ◦ ~n = ̺S (2.102)
68 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
zu setzen ist, wobei ̺S die Oberflächenladungsdichte auf dem Leiter bezeichnet. Ausge-
drückt durch das Potenzial lautet die Bedingung
~ ◦ ~n = ̺S
−εε0 ∇V . (2.103)
Im Dielektrikum muss nicht nur Arbeit aufgewendet werden gegen das vorhandene Poten-
zial sondern auch zur Polarisation des Dielektrikums. Für die Berechnung benutzen wir ein
Variationsverfahren.
Bringen wir ein infinitesimales Ladungselement δ̺ d3 r aus dem Unendlichen in ein vorhan-
denes Potenzialfeld V {~r }, dann ist dazu die Arbeit
Z Z∞Z
δWe = δ̺ {~r} V {~r} d3 r . (2.105)
−∞
~ der dielektrischen
Die Änderung δ̺ {~r } der freien Ladungsdichte hat eine Änderung δ D
Verschiebung zur Folge, für die
~ ◦ δD
∇ ~ = δ̺ (2.106)
~ ◦ (V δ D)
∇ ~ =V∇
~ ◦ δD
~ + δD
~ ◦ ∇V
~ , (2.107)
~ = −∇V
und wir erhalten mit E ~ aus (2.105)
Z Z∞Z Z Z∞Z
δWe = ~ ◦ δD
E ~ d r+3 ~ ◦ (V δ D)
∇ ~ d3 r . (2.108)
−∞ −∞
2.2. ELEKTRISCHE LEITER UND DIELEKTRIKA 69
Das zweite Integral verschwindet, denn nach dem Gaußschen Satz ist
Z Z∞Z ZZ
~ ◦ (V δ D)
∇ ~ d r =
V δD
3 ~ ◦ d2~r → 0 , (2.109)
−∞ S∞
Z Z∞Z
δWe = ~ ◦ δD
E ~ d3 r . (2.110)
−∞
Die gesamte Energie, die zum Aufbau der dielektrischen Verschiebung notwendig ist, ergibt
sich durch Integration
ZD~ Z Z∞Z ZD~
~ ~ 3
We = δWe = E ◦ δD dr (2.111)
0 −∞ 0
Die Größe
ZD~
we = ~ ◦ δD
E ~ (2.112)
0
ist als Energiedichte des elektrostatischen Feldes zu interpretieren. Für lineare Dielektrika
~ = εε0E
mit D ~ folgt
ZD~ ~ 2
1 ~ = |D| = 1 εε0 |E|
~ ◦ δD ~ 2 = 1E~ ◦D
~
we = D . (2.113)
εε0 2εε0 2 2
0
Es sei noch erwähnt, dass der hier vorgestellte Variationsansatz zur Berechnung der Ener-
giedichte nur die Wechselwirkung zwischen neu eingebrachter Ladung und dem Feld schon
vorhandener Ladung berücksichtigt. Selbstenergien, die sich sowieso nicht messen lassen,
treten nicht auf. Im übrigen ist das Ergebnis (2.113) im Einklang mit (2.32).
70 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
~ ◦ ~j = − ∂̺
∇ . (2.114)
∂t
Außerdem gilt für lineare Materialien
~ {~r}
~j {~r} = σ {~r} E (2.116)
annehmen. Es sei besonders betont, dass im mikroskopischen ohmschen Gesetz (2.116) Dif-
fusionsströme vollkommen vernachlässigt werden. Die Dielektrizitätskonstante ε {~r} und
die Leitfähigkeit σ {~r} sind im allgemeinen ortsabhängig.
~ ◦ ~jV = ∇
∇ ~ ◦ ~j = 0 (2.117)
~j = σ D ~ = 1D~ . (2.118)
εε0 τ
2.3. STROMDICHTE UND LADUNGSDICHTE 71
εε0
τ= (2.119)
σ
Mit dem Gaußschen Gesetz für die dielektrische Verschiebung
~ ◦D
∇ ~ =̺ (2.120)
1~ ~ ~ 1 = 1 ̺ + τ~j ◦ ∇
~ ◦∇ ~ 1 =0
∇◦D+D . (2.121)
τ τ τ τ
~
Wegen ∇ 1 ~ kann man die letzte Beziehung auch in die Form
= − τ12 ∇τ
τ
̺ {~r} ≡ 0 . (2.123)
Dies gilt auch noch, wenn der Quotient ε {~r} /σ {~r} ortsunabhängig ist. In einem inhomoge-
nen Medium ist dagegen mit einem Stromfluss im allgemeinen immer auch eine Raumladung
verknüpft, deren Größe durch (2.122) gegeben ist, solange Diffusionsströme vernachlässigt
werden können.
Also ist
~n ◦ j~2 = ~n ◦ j~1 = jnorm . (2.127)
Damit ergibt sich aus (2.125) die durch den Stromfluss hervorgerufene Raumladung an der
Grenzfläche zu
ε2 ε0 ε1 ε0
̺S = − jnorm . (2.128)
σ2 σ1
Diese Oberflächenladung wird durch den Stromfluss erzeugt und stellt sich so ein, dass alle
Stetigkeitsbedingungen an der Grenzfläche erfüllt sind.
Die Grenzfläche zwischen einem Isolator und einem nicht idealen Leiter ist als Sonderfall
der oben diskutierten Grenzfläche zu betrachten. Wenn eines der beiden Medien ein Isolator
2.3. STROMDICHTE UND LADUNGSDICHTE 73
(σ = 0) ist, ergibt sich aus (2.128) eine unendlich große, und damit unphysikalische, Ober-
flächenladungsdichte. Als Konsequenz muss also gefordert werden, dass in diesem Fall kein
Strom senkrecht zur Oberfläche fließt. Entsprechend kann auch das elektrische Feld keine
Normalkomponente auf die Oberfläche aufweisen. Dies gilt allgemein:
An der Grenzfläche zwischen einem leitfähigen Material und einem Isolator verschwindet
die Normalkomponente des elektrischen Feldes
~ ◦ ~n = 0 .
E
ε = ε {~r} dagegen nur vom Ort abhängen. Damit erhalten wir anstelle von (2.122) die
Beziehung
ε {~r} ∂ ~ ε {~r}
̺ {~r, t} + ̺ {~r, t} = ε0~j {~r, t} ◦ ∇ . (2.129)
σ {~r} ∂t σ {~r}
Diese Formel bestimmt die strominduzierte Raumladung im nicht statischen Fall. Aus ihr
lassen sich zeitliche Entwicklungen der Ladungsdichte ablesen. Zum Beispiel findet man für
ein homogenes Medium bzw. ein Medium in dem der Quotient ε {~r} /σ {~r} ortsunabhängig
ist, den einfachen Zusammenhang
∂
̺{~r, t} + τ ̺ {~r, t} = 0 (2.130)
∂t
mit der Lösung
t − t0
̺ {~r, t} = ̺ {~r, t = t0 } exp − . (2.131)
τ
Eine zum Zeitpunkt t = t0 vorhandene Raumladungsverteilung ̺ {~r, t0 } klingt exponentiell
mit der Zeitkonstanten τ = εε0 /σ ab. Dass heißt:
74 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
Z t
̺ {~r, t} = ̺ {~r, t0 } − ~ ◦ ~j {~r, t′ } dt′
∇ . (2.132)
t0
~ ◦D
∇ ~ {~r} = ̺ {~r} (2.133)
und
~ {~r} = −∇V
E ~ {~r} . (2.134)
~ {~r} = ε {~r} ε0 E
D ~ {~r} (2.135)
(2.136)
~ ◦∇
und mit der Abkürzung ∇ ~ = ∆ die
2.4. POISSON- UND LAPLACE- GLEICHUNG UND KAPAZITÄT 75
Potenzialgleichung
Poissongleichung
̺ {~r}
∆V {~r} = − . (2.138)
εε0
In homogenen raumladungsfreien Gebieten ist ̺ {~r } = 0, und das Potenzial genügt der
Laplacegleichung
∆V {~r} = 0 . (2.139)
∂2 ∂2 ∂2
∆V = V + V + V =0 . (2.140)
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
Dirichlet Randbedingung
Man kann nun unter sehr allgemeinen Voraussetzungen an K zeigen, dass eine Lösung der
Poisson Gleichung existiert. Die Lösung ist eindeutig beim Dirichlet Problem und eindeutig
bis auf eine Konstante beim von Neumann Problem.
Seien nämlich V1 und V2 zwei Lösungen der Poissongleichung (2.137) zu denselben Rand-
bedingungen (2.143) bzw. (2.144) . Dann ist die Differenz V = V1 − V2 eine Lösung der
Laplace Gleichung ∆V = 0 zu den Randbedingungen V∂K = 0 bzw. ∂V /∂n|∂K = 0 . Für
jede Funktion V gilt ganz allgemein nach der Produktregel
~ ◦ (V ∇V
∇ ~ ) = V (∇
~ ◦ ∇V
~ ) + (∇V
~ ) ◦ (∇V
~ ) = V ∆V + ∇V
~ ◦ ∇V
~ . (2.145)
Anwendung des Gaußschen Satzes liefert im vorliegenden Spezialfall ∆V = 0 mit der Norm
1 ~
k∇k
ZZ ZZZ ZZZ
~ 2 ~
V ∇V ◦ d rS = ~ ~ 3
∇ ◦ (V ∇V ) d r = ~ k2 d3 r
k∇V . (2.146)
∂K K K
1
Unterschied zwischen Norm und Betrag: ~a ∈ M C
Norm k~ak2 := ~a ◦ ~a
Betrag |~a|2 := ~a ◦ ~a∗
2.4. POISSON- UND LAPLACE- GLEICHUNG UND KAPAZITÄT 77
~ ◦ ~n d2 S =
Im Oberflächenintegral auf der linken Seite sind V = V∂K = 0 bzw. ∇V
(∂V /∂n) d2 S = 0 auf der Randfläche zu nehmen, so dass
ZZ ZZZ
~ ◦ d ~r =
V ∇V 2 ~ k2 d3 r = 0
k∇V (2.147)
∂K K
eindeutig bestimmt.
V1 ε V2
n1 n2
E
Abbildung 2.13: Plattenkondensator z1 d z2
∂2
V =0 (2.148)
∂z 2
78 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK
mit Konstanten c1 und c2 . Zur Berechnung der Integrationskonstanten beachten wir die
Randbedingungen
V1 = V {z1 } = c1 z1 + c2 (2.150)
und
V2 = V {z2 } = c1 z2 + c2 , (2.151)
so dass
V2 − V1 V1 z2 − V2 z1 z − z1
V {z} = z+ = (V2 − V1 ) + V1
z2 − z1 z2 − z1 z2 − z1
U
= (z − z1 ) + V1 (2.152)
d
Es ist homogen und hängt nur von der Potenzialdifferenz ∆V = V2 − V1 = U und dem Plat-
tenabstand d ab, wie man es vom Plattenkondensator kennt. Die dielektrische Verschiebung
ist
D ~ = − εε0 (V2 − V1 ) ~ez
~ = εε0 E . (2.154)
d
Die Oberflächenladungsdichte ̺S ist
D ~ {z = z1 } ◦ ~ez = − εε0 (V2 −V1 )
~
̺S = D ◦ ~n = d
. (2.155)
D ~ {z = z2 } ◦ (−~ez ) = + εε0 (V2 −V1 )
d
Die Flächenladungsdichten auf beiden Platten sind gleich groß aber haben entgegengesetz-
tes Vorzeichen.
2.4. POISSON- UND LAPLACE- GLEICHUNG UND KAPAZITÄT 79
Wir betrachten nach Abbildung 2.14 zwei Leiter L1 und L2 , die in ein homogenes Dielektri-
kum mit Dielektrizitätskonstante ε eingebettet sind. L1 habe eine positive Ladung +Q und
L2 eine gleich große negative Ladung −Q, und es sollen keine weiteren freien Ladungen
vorhanden sein. Die Gesamtladung des Systems ist null.
E
L1
+
Abbildung 2.14: Entgegengesetzt geladene Lei- ++ +Q
- - + +
- +
ter in einem Dielektrikum bilden eine Kapazi- L2 - +
+ +
-
tät. -Q -
- - -
Man definiert die Kapazität C = C12 zwischen den Leitern durch das Verhältnis von Ladung
Q eines Leiters und der Potenzialdifferenz U12 = V2 − V1 zwischen beiden Leitern
RR RR
Q ̺ d2 r ~ ◦ d2~r
εε0 E
SL S SL
C= = R+ = R+ , (2.156)
U12 − E~ ◦ dℓ − E~ ◦ dℓ
C− C−
wobei SL die Oberfläche des Leiters ist, der die positive Ladung trägt.
Genau genommen muss die zur Ladungsänderung ∆Q12 gehörende Änderung der Potenzi-
aldifferenz zwischen den Leitern ∆U12 {∆Q12 } zur Berechnung von
∆Q12
C = C12 =
∆U12 {∆Q12 }
verwendet werden.
Dieses Verhältnis ist unabhängig von der Ladung und der Potenzialdifferenz. Denn wenn z.
B. die Ladungsdichte um einen Faktor m zunimmt muss auch die Feldstärke um denselben
Faktor zunehmen und Ähnliches gilt für die Zunahme der Potenzialdifferenz. Die Kapazität
hängt also nur von der Geometrie der beiden Leiter ab.
(2.153) angenähert werden kann, erhält durch Auswertung von (2.156) das bekannte Ergeb-
nis
εε0S
C= . (2.157)
d
Wir betrachten als weiteres Beispiel den in Abbildung 2.15 dargestellten Kugelkondensator.
Auf der inneren Kugel befinde sich eine Ladung Q mit der Flächenladungsdichte
Q
̺S {r1 } = (2.158)
4πr12
und auf der äußeren Elektrode die Ladung −Q mit der Flächenladungsdichte
−Q
̺S {r2 } = (2.159)
4πr22
In dem Dielektrikum zwischen den Kugeln muss die Laplace Gleichung gelten, die zweckmä-
ßigerweise nach (2.142) in Polarkoordinaten geschrieben wird. Wegen der Kugelsymmetrie
kann das Potenzial nicht von θ oder φ abhängen und (2.142) reduziert sich für das vorgege-
bene Problem zu
∂ 2 ∂V dV d2 V
r = 2r + r2 2 = 0 (2.160)
∂r ∂r dr dr
mit der Lösung
∂ 1
V = k1 · 2 (2.161)
∂r r
2.4. POISSON- UND LAPLACE- GLEICHUNG UND KAPAZITÄT 81
1
V = −k1 · + k2 . (2.162)
r
Die Integrationskonstante k1 wird durch die Randbedingungen auf den Elektroden festgelegt.
Als Randbedingung gilt an der inneren Elektrode
~ ∂V Q
̺S {r1 } = D {r1 } ◦ ~n {r1 } = Dr {r1 } = εε0 Er {r1 } = −εε0 = (2.163)
∂r r1 4πr12
∂V Q
Er = − = (2.165)
∂r 4πεε0r 2
Q 4πεε0
C= = 1 . (2.167)
U r1
− r12
C = 4πεε0 r1 . (2.168)
Die Kapazität einer Kugel gegenüber der Umgebung wächst also proportional mit dem Ra-
dius. Im anderen Grenzfall d = r2 − r1 ≪ r1 , r2 und r1 ≈ r2 = r folgt aus (2.167)
Unter Bezugnahme auf Abbildung 2.16 definieren wir den ohmschen Widerstand R eines
Leiters durch den Quotienten aus Spannung U12 = V2 − V1 und Strom I12
R1 R1
U12 E~ ◦ dℓ ~ ◦ dℓ
E
2 2
R = R12 = = RR = RR . (2.170)
I12 ~j ◦ d2~r ~ ◦ d2~r
σE
SL SL
Auch hier muss genau genommen die zur Spannungsänderung ∆U12 gehörende Stromände-
rung ∆I{∆U12 } zur Berechnung des Leiterwiderstandes
∆U12
R = R12 =
∆I{∆U12 }
herangezogen werden.
Die Endflächen des Leiters liegen auf den konstanten Potenzialen V1 bzw. V2 , und das In-
tegral über die Stromdichte ~j ist über den gesamten Leiterquerschnitt S zu erstrecken. Das
~ geht von einem zum anderen Ende des Lei-
Linienintegral über die elektrische Feldstärke E
~ berücksichtigt. Ist die
ters. Außerdem wird das mikroskopische ohmsche Gesetz ~j = σ E
Leitfähigkeit im Leiter konstant, σ {~r } = const, folgt
R
U ~ ◦ dℓ
E
R= = RR . (2.171)
I ~ r ) ◦ d2~r
σ SL E(~
Für einen homogenen quaderförmigen Leiter der Länge ℓ und der Querschnittsfläche S, in
~ konstant ist, ergibt sich die bekannte Formel
dem außerdem das elektrische Feld E
ℓ
R= . (2.172)
σS
V1
2
d S
2
V2
σ,ε
Abbildung 2.17: Zum Zusammenhang zwischen Wi-
E
derstand und Kapazität bei gleicher Geometrie 1
Wir untersuchen nun eine Geometrie nach Abbildung 2.17, bei der eine Außenelektrode
auf dem Potenzial V1 eine Innenelektrode mit Potenzial V2 ganz umschließen möge. Der
Zwischenraum zwischen den Elektroden sei mit einem homogenen Stoff der Dielektrizitäts-
konstanten ε gefüllt. Die Kapazität der Anordnung ist
RR RR
Q ~ ◦ d2~r
D εε0 ~ ◦ d2~r
E
S SL
C= = R 1L = R1 (2.173)
U ~
E ◦ dℓ ~ ◦ dℓ
E
2 2
Dies ist der Zusammenhang zwischen Widerstand und Kapazität bei gleicher Geometrie. Zu
beachten ist hierbei, dass in beiden Systemen tatsächlich dieselben Randbedingungen für das
Potenzial vorliegen.
Beispielsweise kann man mit (2.174) und der in 2.4.3 hergeleiteten Kapazität eines Kugel-
kondensators den Kugelwiderstand
sofort angeben.
Kapitel 3
Von bewegten elektrischen Ladungen gehen Kräfte aus, die von den bislang behandelten
elektrischen Kräften verschieden sind. Diese Kräfte lassen sich über magnetische Felder be-
schreiben, die in ihrer Wirkung auf andere bewegte Ladungen oder Ströme Kräfte ausüben.
Es ist naheliegend, die Kräfte zwischen zwei infinitesimalen Stromdichteelementen zu un-
tersuchen. Dies erweist sich jedoch konzeptionell nicht ganz ohne Probleme und ist auch
zudem recht unübersichtlich. In diesem Abschnitt berechnen wir zunächst die magnetische
~ (oder auch das Magnetfeld H
Kraftflussdichte B ~ = B/µ
~ 0 ) im Vakuum nach dem Biot-
Das Biot-Savartsche Gesetz wurde im Jahre 1820 für einen von Gleichstrom durchflossenen
~
Leiter formuliert. Es verknüpft die Stromdichte mit der magnetischen Kraftflußdichte B,
auch magnetische Induktion genannt.
85
86 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
d3 Q~v = ̺V {~r ′ }~v {~r ′ } d3 r ′ = ~jV {~r ′ } d3 r ′ , (3.1)
Das Feld einer ausgedehnten Stromverteilung in einem Volumen V ergibt sich durch vekto-
rielle Superposition
Biot-Savart Gesetz:
ZZZ
~ {~r} = µ0 ~jV {~r ′ } × (~r − ~r ′ ) 3 ′
B d r . (3.3)
4π |~r − ~r ′ |3
V
3.1. MAGNETFELDER VON STRÖMEN 87
Anmerkung:
In unseren Überlegungen zum Biot-Savart Gesetz
hatten wir statische, von der Zeit unabhängige Stromdichte- und Ladungsdichteverteilungen
~ ◦ ~jV = 0 und damit
betrachtet. Aus ∂̺V /∂t = 0 folgt nach der Kontinuitätsgleichung ∇
nach dem Gaußschen Integralsatz
ZZ
~jV ◦ d2~r = 0 (3.4)
S
für jede beliebige geschlossene Fläche S. Diese Bedingung kann nur für einen geschlossenen
Strompfad erfüllt werden. Für eine experimentelle Überprüfung des Biot-Savart Gesetzes
muss also immer eine geschlossene Stromschleife herangezogen werden, und es macht kei-
nen Sinn, das Feld eines infinitesimalen Stromdichteelements isoliert auszuwerten. Letzteres
kann zu widersprüchlichen Ergebnissen führen.
Wir untersuchen das Konzept des Stromfadens etwas genauer. Wir parametrisieren nach Ab-
bildung 3.2 die Kurve C nach der Bogenlänge s und errichten in jedem Punkt der Bahn ein
begleitendes lokales kartesisches Koordinatensystem mit dem Tangenteneinheitsvektor ~et an
die Kurve. Nach Abbildung 3.2 gilt dann
Der Übergang zum Stromfaden in (3.3) erfolgt also durch die Ersetzung ~jV d3 r ⇒ I d~ℓ und
weglassen der beiden Integrationen senkrecht zum Stromfaden.
beschrieben. Wegen des Kreuzproduktes im Integranden von (3.3) hat das Feld eine ver-
schwindende z-Komponente. Wegen der Zylindersymmetrie der Quellverteilung ist auch das
Feld zylindersymmetrisch. Es genügt das Feld in der Ebene z = 0 für Aufpunkte ~r =
(x, y, 0)T zu berechnen. Man erhält
Z Z∞Z
~ {x, y, 0} = Iµ0 ~ez × (x − x′ )~ex + (y − y ′)~ey − z ′~ez δ {x′ } δ {y ′ }
B dx′ dy ′ dz ′
4π |~r − ~r ′ |3
−∞
1
Sobald der Strom J von einem Stromfaden geführt wird, benutzen wir zur Kenntlichmachung den Buch-
staben I für die Stromstärke
3.1. MAGNETFELDER VON STRÖMEN 89
Z∞
Iµ0 1
= (x~ey − y~ex ) dz ′
4π (x2 + y2+ z ′2 )3/2
−∞
" #z ′ =∞
Iµ0 z′
= (x~ey − y~ex ) p
4π (x2 + y 2) x2 + y 2 + z ′2 z ′ =−∞
Iµ0
= (cos {ϕ} ~ey − sin {ϕ} ~ex ) ,
2πρ
also
~ {x, y, 0} = µ0 I 1 ~eϕ
B , (3.10)
2π ρ
~
Abbildung 3.3: Feldlinien der magnetischen Induktion B
eines Stromfadens senkrecht zur Zeichenebene. Der (posi-
tive) Strom fließt aus der Zeichenebene heraus.
90 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
~jV {~r} = I δ {z} δ {ρ − ρ0 } ~ey cos {ϕ} − ~ex sin {ϕ} = I δ {z} δ {ρ − ρ0 } ~eϕ (3.11)
,
z
(r - r')
r
r' y
Abbildung 3.4: Zur Berechnung des Magnetfeldes ei- ρ0
ϕ x
ner Stromschleife
j
Für Aufpunkte auf der z-Achse ~r = (0, 0, z)T gilt nach (3.3)
Z Z∞Z
~ {~r} = µ0
B Iδ {z ′ } δ {ρ′ − ρ0 } ~ey cos {ϕ′ } − ~ex sin {ϕ′ }
4π
−∞
(z − z ′ )~ez − ρ′~ex cos {ϕ′ } − ρ′~ey sin {ϕ′ } ′ ′ ′ ′
× 3/2 ρ dρ dϕ dz
′ 2 ′2 2 ′ ′2 2 ′
(z − z ) + ρ cos {ϕ } + ρ sin {ϕ }
Z2π
µ0 I ρ0
= 2 2 3/2
z~ex cos {ϕ } + ρ0~ez cos {ϕ } + ~ey z sin {ϕ } + ρ0~ez sin {ϕ } dϕ′
′ 2 ′ ′ 2 ′
4π(z + ρ0 )
0
µ0 I ρ20
= ~ez (3.12)
2 (z 2 + ρ20 )3/2
Auf der Achse bei z = 0 fällt das Feld bei konstantem Strom mit dem Radius der Strom-
schleife ab. Aus Symmetriegründen besitzt das Feld auf der z-Achse nur eine z-Komponente,
die unabhängig vom Vorzeichen von z immer in dieselbe Richtung weist. Offenbar ist die
z-Achse eine Feldlinie der Anordnung.
3.1. MAGNETFELDER VON STRÖMEN 91
In diesem Abschnitt wollen wir das Vektorpotenzial des Magnetfeldes und eine Divergenzbe-
ziehung aus dem Biot-Savart Gesetz (3.3) herleiten. Damit lässt sich dann in einfacher Form
~
der Zusammenhang zwischen dem Stromfluss durch eine Fläche und dem integralen B-Feld
am Rand der Fläche bestimmen. In der differentiellen Darstellung lässt sich aus der magne-
tischen Induktion die sie erzeugende Stromdichte errechnen. Für den Gradienten-Operator
~ = (∂/∂x , ∂/∂y , ∂/∂z)T , der nur auf die ungestrichenen Variablen ~r = (x, y, z)T wirkt,
∇
gilt zunächst
~ ′
~ × jV {~r } =
∇ ~
∇
1
× ~jV {~r ′ } +
1 ~ × ~jV {~r ′ }
∇
|~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ | | {z }
=0
(3.13)
′ ′
~r − ~r ~r − ~r
=− ′ 3
× ~jV {~r ′ } = ~jV {~r ′ } × .
|~r − ~r | |~r − ~r ′ |3
ZZZ
~ {~r } = µ0 ~jV {~r ′ } × (~r − ~r ′ ) 3 ′
B dr
4π |~r − ~r ′ |3
V
Z Z∞Z
µ0 ~ ~jV {~r ′ } 3 ′
= ∇× d r (3.14)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
Z Z∞Z
~ × µ0 ~jV {~r ′ } 3 ′
=∇ d r .
4π |~r − ~r ′ |
−∞
magnetischen Vektorpotenzials
Z Z∞Z
~ {~r } = µ0 ~jV {~r ′ } 3 ′
A d r (3.15)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
92 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
~ {~r } = ∇
B ~ ×A
~ {~r } . (3.16)
~ r ) stets
Da für ein beliebiges Vektorfeld G(~
~ {~r} = ∇
div rot G ~ ◦∇
~ ×G
~ {~r} ≡ 0 (3.17)
~ ◦B
∇ ~ {~r} = div B
~ ≡0 . (3.18)
Ausgangspunkt der Überlegungen ist nach wie vor das Biot-Savartsche Gesetz. Für differen-
~ {~r } = Gx {~r } , Gy {~r } , Gz {~r } T gilt
zierbare Vektorfelder G
~ × (∇
∇ ~ × G)
~ = ∇(
~ ∇~ ◦ G)
~ −∇
~ 2G
~ =∇
~ ∇ ~ ◦G
~ − ∆G
~ , (3.19)
~ 2 Gx = ∇
∇ ~ ◦ ∇G
~ x = ∆Gx (3.20)
bzw.
3.1. MAGNETFELDER VON STRÖMEN 93
∆Gx
~ 2G
∇ ~ =
~ = ∆G
∆Gy (3.21)
∆Gz
~ ×B
∇ ~ {~r} = ∇
~ × ∇
~ ×A
~ {~r}
(3.22)
ZZZ ~ ZZZ
~
′
~ ◦ µ0 jV {~r } d3 r ′ − ∆ µ0 ~jV {~r } 3 ′
′
=∇ ∇ d r ,
4π |~r − ~r ′ | 4π |~r − ~r ′ |
V V
wobei die Operatoren im letzten Term komponentenweise zu nehmen sind. Wir werten zu-
nächst das erste Integral aus. Es ist
~ 1 ~ ′ 1 ~r − ~r ′
∇ = −∇ =− (3.24)
|~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ |3
ausgenutzt wurde. Die Stromverteilung ist auf ein endliches Volumen begrenzt, so dass
~jV {~r} → 0 für ~r → ±∞. Partielle Integration liefert folglich für genügend große Volu-
mina V
94 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
ZZZ
∂ 1 ∂ 1 ∂ 1
− jx {~r } ′′ ′
+ jy {~r } ′ ′
+ jz {~r } ′ d3 r ′ =
∂x |~r − ~r ′ | ∂y |~r − ~r ′ | ∂z |~r − ~r ′ |
V
Z Z Z
∂ 1 ∂ 1 ∂ 1
= ′
′
jx {~r } ′
+ ′
′
jy {~r } ′
+ ′
′
jz {~r } ′
d3 r ′
∂x |~r − ~r | ∂y |~r − ~r | ∂z |~r − ~r |
V
ZZZ
~ ′ ◦ ~jV {~r ′ } 1
= ∇ d3 r ′ = 0 , (3.25)
|~r − ~r ′ |
V
~ ◦ jV {~r } = −∂̺V /∂t ≡ 0 für statische Ströme. Folglich verschwindet das erste
denn ∇
Integral in (3.22 ).
Für die x-Komponente des zweiten Integrals erhalten wir
ZZZ ZZZ
~ ◦ ~ jx {~r ′ } 3 ′ ~ ′ ~r − ~r ′ 3 ′
−∇ ∇ d r =∇◦ jx {~r } d r = 4π jx {~r } . (3.26)
|~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ |3
V V
Die letzte Gleichheit resultiert nach Anwendung von (1.61). Für die y- und z- Komponenten
gelten entsprechende Relationen, so dass insgesamt
~ ×B
∇ ~ {~r} = µ0 ~jV {~r} (3.27)
folgt. Dies ist die Differentialform des Ampèreschen Gesetzes, das man auch als Durch-
~ ◦ ~jV = −∂̺V /∂t = 0.
flutungsgesetz bezeichnet. Es gilt für statische Ströme mit ∇
Es stellt eine lokale Beziehung her zwischen der Rotation der magnetischen Kraftflussdichte
(oder des Magnetfeldes) und der Stromdichte. An Stellen mit jV {~r } = 0 verschwindet die
Rotation des B-Feldes. Man sagt, das Feld ist wirbelfrei.
Ziel ist die Umformung des differentiellen Ampèreschen Gesetzes in eine äquivalente Inte-
gralrelation. Hierzu wird der Stokessche Integralsatz für ein differenzierbares Vektorfeld
T~ {~r } benötigt
3.1. MAGNETFELDER VON STRÖMEN 95
Stokesscher Integralsatz
ZZ I
~ × T~ {~r} ◦ d2~r
∇ = T~ {~r} ◦ d~ℓ . (3.28)
SC C
Hierbei ist nach Abbildung 3.5 C eine Kurve, die Fläche SC umschließt.
Das gerichtete Flächenelement d2~r = d2 r~n ist so orientiert, dass es beim Umlauf des ge-
richteten Kurvenelements d~r auf der Randkurve C in Richtung einer Rechtsschraube zeigt.
Für das geschlossene Kurvenintegral über die magnetische Induktion erhalten wir
I ZZ ZZ
~ {~r} ◦ d~r =
B ~ ×B
∇ ~ {~r} ◦ d2~r = µ0 ~jV {~r} ◦ d2~r = µ0 JC . (3.29)
C SC SC
Hierbei haben wir (3.27) und die Definition der elektrischen Stromstärke JC benutzt. Diese
Integralform des Ampèreschen Gesetzes besagt, dass das geschlossene Linienintegral der
magnetischen Induktion bis auf den Faktor µ0 gleich der durch die umschlossene Fläche
fließenden Stromstärke JC ist. Da das Gesetz für alle Kurven C gilt, folgt aus (3.29) offenbar
umgekehrt die Differentialform (3.27) .
Aus dem integralen Ampère-Gesetz lässt sich unmittelbar die azimutale Feldstärke von zy-
lindersymmetrischen Stromverteilungen bestimmen. Man wählt als Integrationsweg einen
96 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
I I I Z 2π
~ ◦ d~ℓ =
B Bϕ dℓ = Bϕ dℓ = Bϕ · ̺ · dϕ = Bϕ 2π̺ = µ0 JC (3.30)
0
C C C
oder
µ 0 JC
Bϕ = . (3.31)
2π̺
Dies bereits früher für einen unendlich langen Stromfaden abgeleitete Ergebnis gilt also viel
allgemeiner für alle zylindersymmetrischen Stromverteilungen. Insbesondere
J-
folgt für eine Koaxialleitung nach Abbildung 3.6, bei der im Innenleiter der Strom J+ hin
und im Außenleiter der gleichgroße Strom J− = −J+ zurückfließt, dass die Kraftflussdichte
Bϕ im Außenraum verschwindet, weil für den umschlossenen Strom J = J+ + J− = 0 gilt.
Der Außenleiter schirmt das Magnetfeld vollständig ab.
Im übrigen lässt sich durch Symmetriebetrachtungen zeigen, bei denen das Feld aus zu
Stromfäden gehörenden Elementarfeldern aufgebaut wird, dass zylindersymmetrische Strom-
verteilungen keine Feldkomponenten in z-Richtung oder radiale Richtung erzeugen.
Schließlich sei noch festgehalten, dass aus den Folgerungen des Biot-Savart Gesetzes, näm-
~ B
lich ∇◦ ~ = 0 und ∇×
~ B~ = µ0~jV umgekehrt nicht das Biot-Savart Gesetz folgt. Sei nämlich
~ ◦ ∇f
f = 0 eine Lösung der Laplacegleichung ∇ ~ = ∆f = 0. Dann erfüllt B
~′ = B
~ + ∇f
~
nicht mehr das Biot-Savart Gesetz für die vorgegebene Stromverteilung ~jV , aber es gilt nach
3.2. KRÄFTE MAGNETISCHER FELDER 97
~ ◦B
wie vor ∇ ~ ′ = 0 und auch ∇
~ ×B
~′ = ∇
~ ×B
~ = µ0~jV , denn für jedes Vektorfeld f gilt
~ ∇f
∇× ~ ≡ 0. Die Divergenzbeziehung ∇◦
~ B~ = 0, die Nichtexistenz magnetischer Ladungen
ausdrückt, und das Ampèresche Gesetz sind also allgemeiner als das Biot-Savart Gesetz.
Lorentzkraft
F~ = q E
~ + q~v × B
~ (3.32)
ausgedrückt. Die Lorentzkraft stellt die Verbindung zwischen den elektromagnetischen Feld-
~ und B
größen E ~ und der mechanischen Kraft F~ dar. Abbildung 3.7 illustriert die Kraftrich-
~
tung für eine positive Ladung im magnetischen Feld. Sie steht senkrecht auf ~v und B.
B
z
v
q y
Abbildung 3.7: Zur Richtung der Lorentzkraft F
x
Wir hatten bereits früher gesehen, dass es letztlich darauf ankommt, Kräfte auf geschlos-
sene Stromschleifen zu untersuchen, denn nur diese sind experimentell zugänglich. Kräfte
auf differentielle Stromelemente sind der Ausgangspunkt der Überlegungen. Falls Volumen-
stromdichten vorliegen lautet die Kraftdichte ohne Berücksichtigung des elektrischen Feldes
d3 F~ {~r} = d3 Q ~v × B
~ = ̺V d3 r ~v × B
~ = ~jV × B
~ d3 r , (3.33)
98 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
und
~j2 {~r2 } = I2 δ {x2 − d} δ {y2 } ~ez , (3.36)
die in dem Schnitt in Abbildung 3.8 dargestellt sind, kann zum Beispiel nach Formel (3.34)
erfolgen.
~ 2 {~r2 } = µ0 I1 ~ey
B . (3.37)
2πd
Die Kraft auf ein Leiterstück 2 der Länge L ist dann
ZZZ
~
F2 = ~ 2 {~r2 } d3 r2
~j2 {~r2 } × B
V2
3.2. KRÄFTE MAGNETISCHER FELDER 99
ZZZ
µ 0 I1 I2
= δ {x2 − d} δ {y2 } (~ez × ~ey ) dx2 dy2 dz2 (3.38)
2πd
V2
ZL
µ 0 I1 I2 µ 0 I1 I2 L
=− ~ex dz2 = − ~ex .
2πd 2πd
0
Haben I1 und I2 dasselbe Vorzeichen, dann ziehen sich die beiden Leiter an. Sonst stoßen
sie sich ab. Die Größe der Kraft ist proportional zu den beiden Stromstärken und umgekehrt
proportional zum Abstand.
und
ZZ
F~ = ~ {~r} d2 r
~jS {~r} × B (3.40)
S
ist die Gesamtkraft auf den Flächenstrom. Beim eindimensionalen Linienstrom ist ~jL = ̺L~v
mit dem experimentell zu messenden Strom zu identifizieren, der in Richtung ~l = ~l {~r } des
Stromfadens fließt. Deshalb kann man schreiben
~ dℓ = I d~ℓ × B
dF~ {~r} = ~jl × B ~ . (3.41)
I I
F~ = I d~ℓ {~r} × B
~ {~r} = −I ~ {~r} × d~ℓ {~r}
B , (3.42)
C C
wobei die Stromstärke I entlang des Stromfadens überall konstant ist. Wirkt ein homogenes
~ auf ein gerades Leiterstück der Länge L in Richtung L/L
Magnetfeld B ~ und hat keinen
Einfluss auf den Rest der Stromschleife, dann folgt aus (3.42) die übersichtliche Formel
100 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
F~ = I L
~ ×B
~ . (3.43)
Z
∂
F~ = I d~ℓ × B
~ mit d~ℓ = ~r′ {t}) dt . (3.44)
∂t
C
I X
F~ = −I B
~× d~ℓ = −I B
~× ∆~ℓi = 0 , (3.45)
C i
weil die Summe über die Vektoren ∆~li mit demselben Anfangs- und Endpunkt verschwindet.
B
E
V
F
J
Abbildung 3.9: Entstehung der Kraftwirkung im Motor
U
~
~v = µ · E. (3.46)
3.2. KRÄFTE MAGNETISCHER FELDER 101
F~ = q · (E
~ + µ·E
~ × B)
~ = F~J + F~A (3.47)
Hier ist F~J die Kraft, die den Stromfluss bewirkt, F~A = µ · E
~ ×B
~ ist die Antriebskraft des
Vg
Va
Hier wird mit einer erzwungenen Bewegung der Geschwindigkeit ~vg im Magnetfeld ein elek-
trisches Feld erzeugt. Im stationären Zustand herrscht Kräftegleichgewicht an den Ladungs-
trägern und die Lorentzkraft wird
F~ = q · (E
~ + ~vg × B)
~ =0 (3.48)
~ = −~vg × B
E ~ (3.49)
~
Nur die zum B-Feld ~
senkrechten Geschwindigkeitskomponenten erzeugen ein E-Feld. Mit
~ senkrechte Geschwindigkeit ~vg1 ◦ B
der Aufteilung ~vg = ~vg1 + ~vg2 , wobei v~g1 die zu B ~ =0
ist und v~g2 die Geschwindigkeitskomponente parallel zu B ~ B ~ v~g1 = 0 enthält, resultiert
E = vg1 · B , (3.50)
102 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
wobei die Richtung wie oben berechnet wird. Wird am Generator ein Verbraucher ange-
~ negative Ladungsträ-
schlossen, bewegen sich positive Ladungsträger entgegengesetzt zu E,
~ wie in Abbildung 3.7 zu sehen ist. Zur Vereinfachung nehmen wir an,
ger in Richtung von E,
~ liegt. Es resultiert die Gesamtgeschwindigkeit
dass der elektrische Leiter parallel zu E
~
~v = ~vg + ~va = ~vg − µ · E (3.51)
F~g und F~b stehen zueinander senkrecht und mit der Ladungsträgerkonzentration N resultiert
für
F~b = −qµ E ~ = − 1 J~ × B
~ ×B ~ . (3.53)
N
F~b ist die durch den Stromfluss hervorgerufene Bremskraft auf die Elektronen, die aufge-
bracht werden muss, um den Stromfluss im Verbraucher aufrecht zu erhalten. Das Minuszei-
chen spiegelt sich in dem Merksatz ”Der Strom wirkt seiner Ursache entgegen” wider.
Ist das Magnetfeld in Motor oder Generator zeitabhängig, überlagert sich das aus dem In-
duktionsgesetz (6.5) resultierende E-Feld dem obigen.
I1 I2
F1 r2 - r 1 F2
Abbildung 3.11: Kraftwirkung zwischen zwei Strom-
schleifen r1 r2
Betrachtet man Abbildung 3.11 , so folgt mit ~jV d3 r = I d~ℓ aus dem differentiellen Biot-
Savart Gesetz (3.2) für das Magnetfeld am Ort r~2 , das von einem Stromfadenelement am Ort
r~1 erzeugt wird,
3.2. KRÄFTE MAGNETISCHER FELDER 103
Damit ist nach (3.41) die Kraft auf ein Stromfadenelement I2 dl~2 am Ort r~2
I1 I2 d~ℓ2 × d~ℓ1 × (~r2 − ~r1 )
d2 F~2 = I2 d~ℓ2 × dB
~ 1 = µ0 . (3.55)
4π|~r2 − ~r1 |3
Die Kraft zwischen zwei Stromkreisen I1 und I2 erhält man durch Integration
I I d~ℓ2 × d~ℓ1 × (~r2 − ~r1 )
µ 0 I1 I2
F~2 = . (3.56)
4π |~r2 − ~r1 |3
C1 C2
~r2 − ~r1 1 1
d~ℓ2 ◦ 3
= − d~ℓ2 ◦ ∇
~2 = − d2 , (3.58)
|~r2 − ~r1 | |~r2 − ~r1 | |~r2 − ~r1 |
wobei der Index 2 auf die Differentiation bezüglich der Variablen hinweist. Da aber das
geschlossene Kurvenintegral über ein vollständiges Differential verschwindet,
I I
~r2 − ~r1 1
d~ℓ2 ◦ =− d2 =0 , (3.59)
|~r2 − ~r1 |3 |~r2 − ~r1 |
C2 C2
I I
µ 0 I1 I2 ~r1 − ~r2
F~2 = ( d~ℓ2 ◦ d~ℓ1 ) (3.60)
4π |~r1 − ~r2 |3
C1 C2
bringen. Offenbar ändert die Kraft F~2 ihr Vorzeichen, wenn das Vorzeichen eines Stromes
geändert wird. Die Kraft auf die Leiterschleife 1,
104 KAPITEL 3. GRUNDLEGENDE GESETZE DER MAGNETOSTATIK
I I
µ 0 I1 I2 ~r2 − ~r1
F~1 = ( d~ℓ1 ◦ d~ℓ2 ) = −F~2 , (3.61)
4π |~r2 − ~r1 |3
C2 C1
ist genau gleich groß und entgegengesetzt zur Kraft auf die andere Leiterschleife gerichtet.
Außerdem resultiert nur dann eine Kraftwirkung, wenn die Ströme wenigstens stückweise
(bis auf Vorzeichen) parallel zueinander sind (sonst ist d~ℓ1 ◦ d~ℓ2 = 0).
Kapitel 4
Magnetostatik
Bevor hier eine formale Behandlung der Magnetostatik erfolgt, sei an die grundlegenden
Gesetze aus Kapitel 3 erinnert. Zum einen gilt das Biot-Savartsche Gesetz (3.3)
ZZZ
~ {~r} = µ0 ~jV {~r ′ } × (~r − ~r ′ ) 3 ′
B dr . (4.1)
4π |~r − ~r ′ |3
V
I ZZ
~ ◦ d~ℓ = µ0
B ~jV ◦ d2~r = µ0 JC (4.2)
C SC
~ ×B
∇ ~ = µ0~jV . (4.3)
~ ◦B
∇ ~ =0 . (4.4)
Die beiden letzten Differentialgleichungen legen zusammen mit den noch zu diskutierenden
Stetigkeits- und Randbedingungen den Feldverlauf fest.
105
106 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
~ {~r} = ∇
B ~ ×A
~ {~r} . (4.5)
Wir hatten das magnetische Vektorpotenzial bereits früher in Unterabschnitt 2.1.3 kennen-
gelernt. Es ist ein Hilfsfeld ohne direkte physikalische Bedeutung.
~ ist nicht eindeutig, sondern nur bis auf ein Gradientenfeld eindeutig be-
Das Vektorfeld A
stimmt. (Das skalare Potenzial V {~r } ist nur eindeutig bis auf eine additive Konstante!) Sei
nämlich Λ {~r } eine Lösung der Poissongleichung
~ ◦A
∆Λ {~r} = −∇ ~ {~r} . (4.6)
sowohl
~ ◦A
∇ ~′ = ∇
~ ◦ (A
~ + ∇Λ)
~ ~ ◦A
=∇ ~ + ∆Λ = 0 (4.8)
als auch
~ ×A
∇ ~′ = ∇
~ ×A
~ +∇
~ × ∇Λ
~ =∇
~ ×A
~=B
~ , (4.9)
denn die Rotation eines Gradienten verschwindet immer. Man kann das Vektorpotenzial folg-
lich immer so wählen, dass es der sogenannten
Coulomb Eichung
~ ◦A
∇ ~=0 (4.10)
genügt.
Nach (4.3) folgt
~ × (∇
∇ ~ × A)
~ = µ0~jV . (4.11)
4.1. MAGNETISCHES VEKTORPOTENZIAL 107
~ ∇
∇( ~ ◦ A)
~ − ∆A
~ = µ0~jV , (4.12)
~ = −µ0~jV
∆A (4.13)
und ebenso für die y- und z-Komponente. Diese Poissongleichung lässt sich mit in der Elek-
trostatik vorgestellten Methoden lösen. In anderen Koordinatensystemen muss der Lapla-
ceoperator entsprechend umgerechnet werden. Danach gilt wieder die komponentenweise
Zuordnung zu drei Poissongleichungen.
Früher hatten wir (3.15)
Z Z∞Z ~
~ {~r} = µ0 jV {~r ′ } 3 ′
A dr (4.15)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
~ ◦ ~jV = − ∂̺ = 0
∇ (4.16)
∂t
Z Z∞Z ~ Z Z∞Z
~ = µ0 ∇
~ ◦A ~ ◦ jV {~r ′ } 3 ′ µ0 ~jV {~r } ◦ ∇~ 1
∇ d r = ′
d3 r ′
4π |~r − ~r ′ | 4π |~r − ~r ′ |
−∞ −∞
Z Z∞Z
µ0 ~jV {~r ′ } ◦ ∇~′ 1
=− d3 r ′ (4.17)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
Z Z∞Z
µ0 ~ ′ ~ 1
=+ ′
∇ ◦ jV {~r } ′
d3 r ′ = 0 .
4π |~r − ~r |
−∞
108 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
Das durch (4.15) gegebene Vektorpotenzial genügt demnach der Coulomb Eichung (4.10).
Bei der letzten Umformung wurde die Produktregel verwendet und berücksichtigt, dass die
Stromdichte gemäß Voraussetzung im Unendlichen verschwindet.
Als Grundaufgabe der Magnetostatik ist die Stromdichteverteilung jV {~r } in einem Raum-
~ bzw. der
bereich V vorgegeben, und es sind die Randbedingungen des Vektorpotenzials A
~ festgelegt. Das Vektorpotenzial A
magnetischen Induktion B ~ erhält man dann für jede kar-
Wir legen den Ursprung in K hinein und haben mit den gemachten Annahmen |~r | ≫ |~r ′ |,
4.2. MAGNETFELDER BEGRENZTER STROMVERTEILUNGEN 109
1
wobei ~r ′ einen Vektor aus K bezeichnen möge. Taylor-Reihenentwicklung von um
|~r − ~r ′ |
~r ′ liefert näherungsweise
1 1 ~r ′ ◦ ~r
≈ + , (4.18)
|~r − ~r ′ | |~r | |~r |3
wie wir schon in Abschnitt 4.2 gesehen haben. Mit (4.18) lässt sich (4.15) approximieren
durch
ZZZ ZZZ
~ {~r } = µ0 ~jV {~r ′ } d3 r ′ + µ0 ~jV {~r ′ } (~r ′ ◦ ~r ) d3 r ′
A . (4.19)
4π|~r | 4π|~r |3
K K
Wir wollen zeigen, dass der erste Term in (4.19) verschwindet. Hierzu berücksichtigen wir
T
T ~ d d d ~ ◦ ~jV = 0. Wir haben
~r = (x, y, z) , ∇ = dx , dy , dz und ∇
~ ◦ x~jV {~r } = x ∇
∇ ~ ◦ ~jV {~r } = jx {~r }
~ ◦ ~jV {~r } +(∇x) (4.20)
| {z }
=0
da ~jV {~r } = 0 auf dem Rand von K. Ähnliche Überlegungen gelten für die y- und z-
Komponente von ~jV , so dass für den Monopolterm gilt
ZZZ
~jV {~r } d3 r = 0 . (4.22)
K
Das Verschwinden des Monopolterms ist Ausdruck dafür, dass es keine magnetischen La-
~ ◦B
dungen gibt. Dies ist eine Folge von ∇ ~ = 0. In der Entwicklung (4.19) bleibt also nur
der Dipolterm
ZZZ
~ {~r } = µ0 1
A ~jV {~r ′ } (~r ′ ◦ ~r ) d3 r ′ . (4.23)
4π |~r|3
K
~ ◦ (rk~jV ) = jk
∇ . (4.24)
110 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
ZZZ 3
X ZZZ
(~r ◦ ~r ′ )jk {~r ′ } d3 r ′ = ri ri′ jk {~r ′ } d3 r ′ (4.25)
K i=1 K
Für das Integral der rechten Seite findet man mit partieller Integration unter Berücksichtigung
ZZZ ZZ
von ~ ◦ (rk~j) d r =
rk~j d2~r = 0 den Zusammenhang
∇ 3
ZZZ ZZZ h
i
jk {~r} ri d r = 3 ~ ~
∇ ◦ rk j {~r } ri d3 r
K K
(4.26)
ZZZ ZZZ
= − ~ i ) d3 r = −
rk~j {~r } ◦ (∇r rk ji {~r} d3 r ,
K K
ZZZ 3 ZZZ
X
(~r ◦ ~r ′ )jk {~r ′ } d3 r ′ = − ri ji {~r ′ } rk′ d3 r ′ (4.27)
K i=1 K
ZZZ
=− ~r ◦ ~jV {~r ′ } rk′ d3 r ′ ,
K
also auch
ZZZ ZZZ
~jV {~r ′ } (~r ′ ◦ ~r ) d3 r ′ = − ~r ◦ ~jV {~r ′ } ~r ′ d3 r ′ (4.28)
K K
Da für Vektoren ~a × (~b ×~c) = ~b (~a ◦~c) −~c (~a ◦~b) gilt, haben wir zunächst mit der Zuordnung
~a = ~r, ~b = ~r ′ , ~c = j~V
Setzt man (4.29) in die rechte Seite von (4.23) ein und vergleicht mit (4.28), so resultiert
ZZZ
1 µ0 1
~
A {~r } = − ~
r × ~
r ′
× ~jV {~r ′ } d3 r ′
2 4π |~r |3
K
4.2. MAGNETFELDER BEGRENZTER STROMVERTEILUNGEN 111
(4.30)
ZZZ
µ0 1
=− ~r × ~r ′ × ~jV {~r ′ } d3 r ′ .
8π |~r |3
K
und erhalten damit für das Vektorpotenzial in erster Näherung (außerhalb der Stromvertei-
lung)
~ {~r } = µ0 m
A
~ × ~r
(4.32)
4π |~r |3
Wie in Abschnitt 3.1.2 bereits hergeleitet, gilt für einen Stromfaden die Ersetzung ~j d3 r ⇒
I d~ℓ. Dies nutzen wir bei der Berechnung des magnetischen Dipolmoments nach (4.31) und
112 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
Das magnetische Moment eines ebenen Stromfadens ist also gleich dem Produkt aus Strom
und der vom Stromfaden umschlossenen Fläche. Dieses Ergebnis ist unabhängig von der
Form des Stromfadens. Zu beachten ist, dass bei ebenen Stromfäden Leiterbahnkreuzungen
nicht vorkommen sollen (also z. B. keine Achterschleifen).
Hierbei ist, wenn mi die Masse des i-ten Teilchens bezeichnet, die Größe
~ i = mi ~ri × ~vi
L (4.38)
Wenn nur ein Teilchen vorhanden ist oder alle Teilchen dieselbe Masse m und Ladung q
haben, folgt sofort
N
1 q X~ 1q~
m
~ = Li = L , (4.40)
2 m i=1 2m
~ den Gesamtdrehimpuls des Systems bezeichnet. Das Verhältnis vom magnetischen
wobei L
Dipolmoment zum Gesamtdrehimpuls bezeichnet man als gyromagnetisches Verhältnis .
Das Ergebnis q/(2m) gilt für alle Bahnbewegungen von Teilchen, also auch für um den
Atomkern kreisende Elektronen. Für den Spin, also den inneren Drehimpuls des Elektrons
ist das zugehörige gyromagnetische Verhältnis m ~ Spin = q/m, also doppelt so groß
~ Spin /L
(bis auf minimale Abweichungen) wie der klassische Wert. Eine Erklärung dieser magneto-
mechanischen Anomalie liefert erst die Diracsche relativistische Theorie des Elektrons.
Mit den Näherungen des vorangehenden Abschnitts erhält man die magnetische Induktion
~ =∇
gemäß B ~ ×A
~ aus (4.32). Zur Berechnung benutzen wir die Formeln
~ × (~af ) = f ∇
∇ ~ × ~a − ~a × ∇f
~ (4.41)
und
~ =∇~ ×A~= µ 0 1 ~ × (m ~ 1
B ∇ ~ × ~r ) − (m ~ × ~r ) × ∇
4π |~r |3 |~r |3
µ0 1 3
= ~
(~r ◦ ∇)m~ −(m ~
~ ◦ ∇)~r + m( ~ ~
~ ∇ ◦ ~r ) − ~r (∇ ◦ m) ~ − (m
~ × ~r ) × ~r
4π |~r |3 | {z } | {z } |~r |5
=0 =0
µ0 1 ~ r+ 1 ~ ◦ ~r ) − 3
= − 3 (m ~ ◦ ∇)~ m
~ ( ∇ m~ (~r ◦ ~r ) −~
r ( m
~ ◦ ~
r )
|~r | | {z } |~r | | {z } |~r |5 | {z }
4π 3
=m
~ =3 2
=|~
r|
(4.43)
und endlich
µ 3 m ~
r
~ ◦ |~r | |~r~r | − m
~
~ = 0
B . (4.44)
4π |~r |3
Durch die Elektronenbewegung in der Materie können sich mikroskopische Kreisströme aus-
bilden, die durch ihr magnetisches Moment das Vektorpotenzial der Umgebung beeinflussen.
Einen ähnlichen Effekt hat das magnetische Moment des Spins eines ungepaarten Elektrons.
Üblicherweise fluktuieren diese Beiträge, aber unter der Wirkung eines äußeren Magnetfel-
des kann sich durch Ausrichtung dieser magnetischen Dipole ein von Null verschiedener
Mittelwert einstellen. In Ferromagnetika sind die magnetischen Elementardipole auch ohne
äußeres Feld ausgerichtet. Wir betrachten im folgenden stets Mittelwerte der mikroskopi-
schen Beiträge, die von ortsfesten Kreisströmen oder Elektronenspins herrühren.
Das Magnetfeld, genauer die magnetische Induktion, ist aus dem Strom der freien Ladungs-
träger und den Beiträgen der ortsfesten magnetischen Dipole entstanden zu denken. Zusätz-
lich müssen wir noch berücksichtigen, dass Bewegungen elektrischer Dipole ebenfalls einen
~
lokalen Strom verursachen können und damit einen Beitrag zum B-Feld oder Vektorpoten-
zial liefern.
-q d q
r = r (t)
r
d = d (t)
Abbildung 4.4: Elektrischer Dipol
! !
∂ d~ ∂ d~ ∂ ~ ∂ ~ ∂
q· ~r + −q· ~r − = q· d= q · d = p~ (4.45)
∂t 2 ∂t 2 ∂t ∂t ∂t
gegeben, wobei ~p das elektrische Dipolmoment bezeichnet. Ist N die elektrische Dipoldichte,
also die Zahl der Dipole pro Volumen, dann ist die Polarisation P~ = p~N und der Strom pro
Volumen, der mit der Stromdichte zu identifizieren ist, ist folglich
116 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
~
~jPol = ∂ P . (4.46)
∂t
Die zeitliche Änderung der Polarisation ergibt demnach gerade den Beitrag elektrischer Di-
pole zur Stromdichte. Man spricht bei ~jPol auch vom Polarisationsstrom . In der Magneto-
statik kommen jedoch keine Beiträge zeitlicher Ableitungen vor, so dass wir (4.46) hier nicht
berücksichtigen müssen. Wir werden allerdings später auf die Beziehung zurückkommen.
3~ µ0 d 3 m
~ {~r ′ } × (~r − ~r ′ )
d A {~r } = (4.47)
4π |~r − ~r ′ |3
d3 m ~ {~r ′ } d3 r ′
~ {~r ′ } = M . (4.48)
~ {~r ′ } × (~r − ~r ′ )
µ0 M
~ {~r } =
d3 A d3 r ′ (4.49)
4π |~r − ~r ′ |3
und Integration liefert den gesamten Beitrag der magnetischen Dipolmomente zum magneti-
schen Vektorpotenzial (vergleiche skalares elektrisches Potenzial durch Polarisation (2.58))
4.3. MAGNETISIERBARE MATERIE 117
Z Z∞Z ~
~ frei {~r} = µ0 jfrei {~r ′ } 3 ′
A d r . (4.51)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
In der Magnetostatik setzt sich das Vektorpotenzial additiv aus (4.50) und (4.51) zusammen
~ {~r } = A
A ~ frei {~r } + A
~ magn. Dipol {~r } (4.52)
~
4.3.1 Einführung des Magnetfeldes H
~ × (f~a) = f ∇
∇ ~ × ~a + ∇f
~ × ~a (4.54)
und haben
1 1 ~′ ~ ′
~ ×∇
M ~′ = ∇ × M ~ ′ × M {~r } .
~ −∇ (4.55)
|~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ | |~r − ~r ′ |
Wir betrachten räumlich begrenzte Magnetisierungen mit M ~ {±∞} = 0 und erhalten
Z Z∞Z ~ ′
~ ′ × M {~r } d3 r ′ = 0 .
∇ (4.56)
|~r − ~r ′ |
−∞
118 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
Dieses Ergebnis ist leicht einzusehen, denn es gilt z. B. für die x-Komponente
Z Z∞Z ~ ′ ~ {~r ′ } 3
~ magn. Dipol {~r } = µ0
A
∇ ×M
d r′ , (4.58)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
und das gesamte Vektorpotenzial nach (4.52) lässt sich schreiben als (vergleiche elektrisches
Potenzial (2.69))
Der Anteil der magnetischen Dipoldichte am Gesamtfeld ist derselbe wie der einer Strom-
verteilung
~ ×M
~jmagn {~r} = ∇ ~ {~r} , (4.60)
wobei wir in Zukunft den Index „frei“ wie in der Elektrostatik weglassen. Das Ampèresche
Gesetz lautet damit
~ ×B
∇ ~ = µ0~jV = µ0~j + µ0~jmagn = µ0~j + µ0 ∇
~ ×M
~ . (4.62)
Wir führen nun ähnlich wie in der Elektrostatik eine neue Feldgröße, das
Magnetfeld
~ = 1B
H ~ −M
~ (4.63)
µ0
~ = µ0 H
ein, also B ~ + µ0 M
~ (vergleiche im Gegensatz dazu D
~ = ε0 E
~ + P~ ), und erhalten dafür
das
Durchflutungsgesetz
~ ×H
∇ ~ = ~j . (4.64)
Die Rotation des Magnetfeldes ist also nur durch den Strom der freien Ladungsträger be-
~ erfolgt analog zur Einführung der dielektri-
stimmt. Die Einführung des Magnetfeldes H
~ in der Elektrostatik. Genaugenommen sind H
schen Verschiebung D ~ und D
~ nur Hilfsgrößen,
~ und B.
Messgrößen sind E ~
~ ist A/m . Während stets ∇
Die Dimension von H ~ ◦B
~ = 0 gültig ist, ist im allgemeinen
~ ◦H
∇ ~ 6= 0. Mit dem Stokesschen Satz folgt aus (4.64) für den Strom Jfrei = J, der durch
Wir haben gesehen, dass elementare magnetische Dipolmomente, die von molekularen Kreis-
~ liefern. In einem äußeren
strömen herrühren, einen Beitrag zur magnetischen Induktion B
~
B-Feld ~ gedreht, oder es wer-
werden die molekularen Dipole teilweise in Richtung von B
den die Molekülströme verzerrt, so dass sich das magnetische Dipolmoment ändert. Für
120 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
~ = tB
µ0 M ~ (4.66)
Damit folgt
~ = (1 − t)B
µ0 H ~ , (4.67)
~ und H.
also auch eine Proportionalität von B ~ Definiert man nun die relative Permeabilität µ
1
µ= = 1 + χm , (4.68)
1−t
so kann man auch schreiben
~ = µµ0H
B ~ (4.69)
und
~ = χm H
M ~ . (4.70)
Bei diamagnetischen Stoffen sind keine permanenten magnetischen Dipole vorhanden. Erst
wenn ein magnetisches Feld eingeschaltet wird, werden magnetische Dipole induziert. Nach
der Lenzschen Regel sind die induzierten Dipole dem erregenden Feld entgegengerichtet.
χm ist deshalb negativ. Außerdem ist χm praktisch temperaturunabhängig, aber betragsmä-
ßig sehr klein (in der Größenordnung χm ≈ −10−5 ). Nur in idealen Diamagneten, den Su-
praleitern, gilt χm = −1 (Meißner-Ochsenfeld Effekt , Herausdrängen des Magnetfeldes).
Diamagnetismus ist eine Eigenschaft aller Stoffe, dem sich der Paramagnetismus überlagert.
Der Paramagnetismus rührt her von permanenten magnetischen Dipolen, die im äußeren
Feld mehr oder weniger ausgerichtet werden. Es gilt χm > 0, χm ist noch eine Funktion der
4.4. STETIGKEITSBEDINGUNGEN FÜR MAGNETISCHE FELDER 121
~ ◦B
∇ ~ =0 (4.71)
Wir untersuchen nach Abbildung 4.5 die Grenzfläche zwischen zwei Stoffen unterschiedli-
cher Permeabilitäten µ1 und µ2 und setzen lineares Verhalten gemäß
~ = µµ0 H
B ~ (4.73)
voraus.
Ähnlich wie bei der Herleitung der Randbedingungen in der Elektrostatik betrachten wir den
Zylinder in Abbildung 4.5 und erhalten im Grenzfall ∆h → 0
ZZ ZZZ
~ ◦ d2 S
~ ∆h→0 ~ 2 ◦ ~n − B
~ 1 ◦ ~n ∆S = ~ ◦B
~ d3 r = 0 .
B = B ∇ (4.74)
Zylinder− Zylinder
oberfläche
~2 − B
~n ◦ (B ~ 1) = 0 (4.76)
~ ◦B
Da ∇ ~ = 0 generell gültig ist, gilt auch (4.76) ganz allgemein und nicht nur in der
Magnetostatik.
Zur Bestimmung der Tangentialkomponenten betrachten wir die ebene rechteckförmige Kur-
ve C in Abbildung 4.5 Im Grenzfall ∆h → 0 erhalten wir für hinreichend kleine ∆w mit
dem Stokesschen Satz aus dem Durchflutungsgesetz
I ZZ
~ ◦ dℓ = (~n ′ × ~n)∆w ◦ H
H ~ 2 − (~n ′ × ~n)∆w ◦ H
~1 = ~ ×H
∇ ~ ◦ d2~r
C SC
(4.78)
ZZ
= ~j ◦ d2~r = ~j ◦ ~n ′ ∆h∆w ,
SC
wobei ~n ′ in Richtung d2~r zeigt. Der letzte Term ist sicher null, wenn an der Grenzfläche
keine Flächenströme vorkommen, da dann sicher ~j∆h → 0 geht mit ∆h → 0. Ist jedoch
4.4. STETIGKEITSBEDINGUNGEN FÜR MAGNETISCHE FELDER 123
eine Flächenstromdichte
̺s~v = ~jS
von freien Ladungsträgern vorhanden, dann folgt aus (4.78) nach Umschreiben des Spatpro-
dukts
h i
~2 − H
∆w(~n ′ × ~n) ◦ (H ~ 1 ) = ∆w ~n × (H
~2 − H
~ 1 ) ◦ ~n ′ = ∆w j~S ◦ ~n ′ . (4.79)
Diese Gleichung gilt für alle Orientierungen von ~n ′ senkrecht zum Normalenvektor ~n, so
dass wir folgern müssen
~2 − H
~n × (H ~ 1 ) = j~S . (4.80)
Hierbei ist zu beachten, dass ~jS nur Tangentialkomponenten in der Grenzfläche besitzen
~ 1 und H
kann. Die Tangentialkomponenten von H ~ 2 sind
~ 1 tan = (~n × H
H ~ 1 ) × ~n (4.81)
und
~ 2 tan = (~n × H
H ~ 2 ) × ~n , (4.82)
ähnlich wie wir es für tangentiale E-Felder früher bereits kennengelernt hatten. Demnach
gilt für die Differenz der Tangentialvektoren der Magnetfelder in der Grenzfläche
~ 2 tan − H
H ~ 1 tan = j~S × ~n . (4.83)
~
Nur wenn die Flächenstromdichte j~S verschwindet, sind die Tangentialkomponenten von H
stetig. Für die Tangentialkomponenten der magnetischen Induktion gilt entsprechend
µ−1 ~ −1 ~ ~ n .
2 B2 tan − µ1 B1 tan = µ0 jS × ~ (4.84)
Die Beziehungen (4.83) und (4.84) gelten nur in der Magnetostatik, da das Durchflutungs-
gesetz (4.72) nur dort gültig ist.
124 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
ist ~j in einem Raumbereich V und auf dem Rand S(V ) sind Randbedingungen zu erfüllen.
In einem isotropen linearen Medium gilt
~ ×B
∇ ~ = µµ0~j . (4.85)
~ ◦A
Ähnlich wie in (4.13) folgt in Coulomb Eichung ∇ ~ = 0 für das Vektorpotenzial
~ = −µµ0~j
∆A . (4.86)
Diese Poissongleichung gilt für jede kartesische Komponente der Felder. Ist die Permeabi-
lität in verschiedenen Teilbereichen konstant, so ist die Poissongleichung (4.86) in diesen
Bereichen jeweils zu lösen. Dann sind die Lösungen mit den Stetigkeitsbedingungen (4.75)
und (4.83) aneinander anzupassen.
~ = −∇Φ
H ~ mag . (4.87)
Diese Definition des skalaren magnetischen Potenzials erfolgt in vollkommener Analogie zur
Elektrostatik. Setzen wir wieder ein lineares Medium mit zumindest stückweise konstanter
Permeabilität µ voraus, dann folgt die Laplacegleichung
~ ◦B
0=∇ ~ = µµ0∇
~ ◦H
~ = −µµ0 ∇
~ ◦ ∇Φ
~ mag = −µµ0 ∆Φmag (4.88)
~ ◦B
0=∇ ~ = µ0 ∇
~ ◦ (H
~ +M
~) (4.89)
~ ◦M
∆Φmag = ∇ ~ (4.90)
~ ◦M
Im Vergleich zur Elektrostatik übernimmt hier ∇ ~ die Rolle der Ladungsdichte ̺V , wenn
Poissonintegral
Z Z∞Z ~ ′ ~
1 ∇ ◦ M {~r ′ } 3 ′
Φmag {~r } = − dr (4.91)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
~ {±∞} = 0 ist. Damit wird das magnetische Potenzial bei Magnetisierung in einem
da M
beschränkten Raumgebiet.
126 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
Z Z∞Z ~ {~r ′ }
1 ~ M
Φmag {~r } = − ∇ ◦ ′
d3 r ′ . (4.93)
4π |~r − ~r |
−∞
ZZZ
M0 ∂ 1
ΦM {~r } = − d3 r ′ . (4.94)
4π ∂z |~r − ~r ′ |
Kugel
Nach Übergang auf ein neues kartesisches Koordinatensystem (u,v,w), dessen Ursprung im
Kugelmittelpunkt liegt, so dass ~r = w ◦ ~ew wird, kann in Kugelkoordinaten bezüglich (u,v,w)
parametrisiert werden. Mit θ′′ als Winkel zwischen ~r und ~r ′ folgt
Z2πZπZr0
M0 ∂ 1
ΦM {~r } = − r ′2 sin {θ′′ } dr ′ dθ′ dϕ′
4π ∂z (r 2 + r ′2 − 2rr ′ cos {θ′ })1/2
0 0 0
u=cos{θ ′′ }, du=− sin{θ ′′ } dθ ′
Z1Zr0
M0 ∂ r ′2
=− 2π dr ′ du (4.95)
4π ∂z (r 2 + r ′2 − 2rr ′u)1/2
−1 0
4.5. RANDWERTPROBLEME DER MAGNETOSTATIK 127
Zr0 u=+1
M0 ∂ −2 2
=− (r + r ′2 − 2rr ′ u)1/2 r ′2 dr ′
2 ∂z 2rr ′ u=−1
0
r>r0 , d.h. r>r ′
Zr0
M0 ∂ −1 ′ ′
′2 ′
=− (r − r ) − (r + r ) r dr
2 ∂z rr ′
0
Zr0
∂ 1 ∂ M0 r03
= −M0 r ′2 dr ′ = −
∂z r ∂z 3r
0
1 cos {θ} ~ ◦ ~r
r03 M
ΦM {~r} = M0 r03 = . (4.97)
3 r2 3 r3
Dies ist das typische skalare Potenzial eines Dipolfeldes, wie wir es aus der Elektrostatik
~ oder H-Feld
kennen. Das B- ~ einer homogen magnetisierten Kugel ist ein Dipolfeld bereits
unmittelbar außerhalb der Kugel und nicht erst im Fernfeld.
128 KAPITEL 4. MAGNETOSTATIK
Kapitel 5
Im Folgenden werden vier spezielle Methoden zur Lösung einer Differentialgleichung vorge-
stellt. Alle Ansätze werden hier in der Elektrostatik angewendet, weil es dafür anschauliche
Beispiele gibt und relativ einfach überschaubare Zusammenhänge betrachtet werden. Die
Anwendung ist aber nicht auf die Elektrostatik limitiert, sondern kann in anderen Gebieten
der Elektrodynamik speziell oder noch allgemeiner in den Natur- und Ingenieurwissenschaf-
ten verwendet werden.
Die wichtigste Lösungsmethode ist die Entwicklung von Lösungen nach orthogonalen Funk-
tionen, kurz Orthogonalentwicklung. Praktische Anwendungen finden sich in der Berech-
nung der Signalausbreitung in Wellenleitern wie zum Beispiel Glasfasern und Hohlleitern,
aber auch in der Chemie zum Beispiel für die Berechnung eines Modells des Wasserstoffa-
toms oder in der Nachrichtentechnik bei der Anwendung sogenannter orthogonaler Kodie-
rung.
Eine recht einfach anmutende Methode ist die Verwendung virtueller Spiegelungen, um
Symmetrien auszunutzen. Die sogenannte Spiegelungsmethode wurde zum Beispiel bei der
Herleitung des Kirchhoffschen Beugungsintegrals für die Berechnung von Beugungsphäno-
menen an homogen ausgeleuchteten Öffnungen angewendet.
129
130 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Im Gegensatz zu den praktisch anwendbaren Methoden ist die Betrachtung der Greenschen
Funktionen eher von theoretischen Interesse. Immerhin kann mit dieser Methode zum Bei-
spiel auf die Abstrahlung von Antennen geschlossen werden, auch wenn keine konkrete Lö-
sung vorliegt. Die Stärke der Methode liegt eher im Bereich der Erklärung von Phänomenen
als in der konkreten Angabe von Lösungen.
Wieder mehr Relevanz für die Praxis hat die Anwendung konformer Abbildungen. Hier ist
man darauf angewiesen, das zu lösende Problem als zweidimensionale Darstellung beschrei-
ben zu können. Damit lassen sich dann Beispielsweise Kopplungen von Wellenleitern mit
unterschiedlichen Querschnitten berechnen. Eine der wichtigsten Anwendungen, die heute
noch intensiv verwendet wird, liegt in der Van der Pauw Methode zur Messung des spezi-
fischen Widerstandes und des Flächenwiderstandes eines beliebig geformten Gebietes ohne
Löcher, das auf seinem Rand über 4 Punkte kontaktiert ist. Ebenso wird der Hallkoeffizi-
ent gemessen und mit Hilfe beider Messungen kann die Ladungsträgerkonzentration in der
Scheibe bestimmt werden. Mit Methoden der konformen Abbildung konnte Van der Pauw
zeigen, dass in die Berechnungen weder die spezielle Form der Struktur noch die Position
der Kontakte eingeht.
∂2 ∂2 ∂2
∆V = V + V + V =0 (5.1)
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
lässt sich durch den Produktansatz
1 d2 1 d2 1 d2
X {x} + Y {y} + Z {z} = 0 . (5.3)
X {x} dx2 Y {y} dy 2 Z {z} dz 2
Der erste Summand hängt nur von x, der zweite nur von y und der dritte nur von z ab. Das
ist nur möglich, wenn jeder der drei Summanden konstant ist. Wir können also z.B. setzen
1 d2
2
X {x} = −kx2 , (5.4)
X {x} dx
1 d2
Y {y} = −ky2 , (5.5)
Y {y} dy 2
132 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
1 d2
Z {z} = −kz2 . (5.6)
Z {z} dz 2
Im allgemeinen müssen kx , ky und kz komplex angenommen werden. Man spricht bei (5.2)
auch von einem Separationsansatz . Dieser ist im Anhang F in allgemeinerer Form darge-
stellt. Hier soll ein auf das Problem angepasster Lösungsweg beschritten werden, bei dem kx
und ky im weiteren als reell angenommen werden.
Aus (5.3) folgt mit den Separationskonstanten kx , ky und kz die
Separationsbedingung
Somit ist kz nicht mehr frei wählbar, sondern nach (5.7) durch
festgelegt. Die Beziehungen (5.4), (5.5) und (5.6) sind drei gewöhnliche Differentialglei-
chungen mit den allgemeinen Lösungen
Wegen (5.9) und der Zusammenhänge zwischen den Hyperbel- und den trigonometrischen
Funktionen
n q o n q o
Z = Az cos ±iz kx2 + ky2 + Bz′ sin ±iz kx2 + ky2
n q o n q o
= Az cosh z kx2 + ky2 ± iBz′ sinh z kx2 + ky2
n q o n q o
= Az cosh z kx2 + ky2 + Bz sinh z kx2 + ky2 . (5.15)
Die allgemeine Lösung der Laplacegleichung (5.1) lässt sich als unendliche Summe über
Ausdrücke der Form (5.16) darstellen. Dabei ist zu beachten, dass kx und ky kontinuierliche
Werte annehmen können und die Konstanten Ax , Bx , Ay , By , Az und Bz von diesen abhän-
gen. Wir schreiben im folgenden jedoch nicht Ax {kx } sondern verkürzt Akx . Ebenso soll für
die anderen Koeffizienten verfahren werden. Da kz keine unabhängige Variable ist, gilt
Unter diesen Voraussetzungen wird aus der Summe über alle Lösungen ein Integral der Form
Z∞ Z∞
V = (Akx cos {kx x} + Bkx sin {kx x}) · Aky cos {ky y} + Bky sin {ky y}
−∞ −∞
n q o n q o
· Akx ,ky cosh z kx2 + ky2 + Bkx ,ky sinh z kx2 + ky2 dkx dky .
(5.17)
Dies gilt auch noch, wenn die Laplacegleichung nur von zwei Koordinaten, z.B. x und y,
abhängt. In diesem Fall wird der von der dritten Koordinate abhängige Faktor gleich eins
gesetzt, also gemäß obigen Vorgaben Z=1.
Reduziert sich die Laplacegleichung auf nur eine Koordinatenabhängigkeit, so wird die Dif-
ferentialgleichung durch Aufintegrieren gelöst, also für
∂2
∆V = V =0 (5.18)
∂x2
folgt mit den Integrationskonstanten d1 und d2
V = d1 x + d2 . (5.19)
Wird das Potenzial auf einer geschlossenen quaderförmigen Oberfläche vorgegeben, ist der
Ansatz (5.17) ungünstig und man kann einen einfacheren Ansatz wählen, der aber nur in
dem eingeschränkten Bereich des Quaders vollständig ist.
Wir betrachten das folgende Dirichletsche Randwertproblem: Die Seitenflächen und der Bo-
den des quaderförmigen Hohlraums in Abbildung 5.1 werden auf dem Potenzial V = 0
gehalten. Auf der Deckfläche z = c sei das Potenzial
beliebig vorgegeben.
Wegen V = 0 auf den Seitenflächen x = 0 und y = 0 müssen Ax in (5.10) und Ay in (5.11)
verschwinden. Aus V = 0 für z = 0 folgt weiterhin Az = 0 in (5.15).
Die Bedingung V = 0 für x = a und y = b erfordert wegen der Periodizität der trigonome-
trischen Funktionen zudem
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 135
z Vc (x,y)
z=c
mπ
kx = kx,m = (5.21)
a
und
nπ
ky = ky,n = (5.22)
b
mit ganzen Zahlen m, n. Für alle anderen Werte von kx und ky müssen die zugehörigen
Koeffizienten B verschwinden. Mathematisch elegant lässt sich diese Fallunterscheidung
mit z.B.
∞
X n mπ o
Bkx = Bx,m δ kx − (5.23)
m=1
a
beschreiben. Die Werte kx,m und ky,n heißen Eigenwerte des Problems.
Da diese diskret sind, lassen sich die Integrale über kx und ky aus Gleichung (5.17) mit (5.23)
in Summen über m und n umschreiben.
Eine partikuläre Lösung nach (5.16) nimmt für dieses Problem also die Form
(r )
n mπ o n nπ o mπ 2 nπ 2
Vm,n = Bx By Bz sin x sin y sinh + z (5.24)
a b a b
an. Wobei der Koeffizient Bx von m, der Koeffizient By von n und der Koeffizient Bz von m
und n abhängt, was im weiteren durch einen entsprechenden Index deutlich gemacht wird.
Da negative Werte von m und n wegen der Antisymmetrie der Sinusfunktion nichts Neues
bringen, kann man m, n > 0 voraussetzen. Die allgemeine Lösung ist von der Form
136 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
(r )
∞ X
X ∞ n mπx o n nπy o mπ 2 nπ 2
V = Bx,m By,n Bz,m,n sin sin sinh + z .
m=1 n=1
a b a b
(5.25)
( r )
∞ X
X ∞ mπ 2 nπ 2 n mπx o n nπy o
!
Vc = Bx,m By,n Bz,m,n sinh c + sin sin
m=1 n=1
a b a b
(5.26)
gelten. Das ist eine Reihe mit den konstanten Koeffizienten
( r )
mπ 2 nπ 2
Cm,n = Bx,m By,n Bz,m,n sinh c + . (5.27)
a b
Während die Sinus- und Cosinusfunktionen in (5.17) zusammen ein vollständiges System
von Basisfunktionen im Intervall (−∞, ∞) bilden, genügen für das hier vorliegende Inter-
vall [0, π] allein die Sinusfunktionen mit m, n > 0. Prinzipiell genügen auch die Cosinus-
funktionen allein, sie erfüllen aber nicht die Randbedingungen auf den Seitenflächen des
Quaders für alle Werte von z. Somit lautet der im Intervall x ∈ [0, a], y ∈ [0, b], z ∈ [0, ∞)
vollständige Lösungsansatz für das Potenzial im Quader unter Einsetzen von (5.27) in (5.25):
q
mπ 2
nπ 2
X∞ X ∞ n xo n y o sinh z a
+ b
V {x, y, z} = Cm,n sin mπ sin nπ q
a b
mπ 2
nπ 2
m=1 n=1 sinh c a
+ b
(5.28)
Zur Bestimmung der Koeffizienten Cm,n setzen wir zunächst (5.27) in (5.26) ein,
∞ X
X ∞ n mπx o n nπy o
Vc {x, y, z} = Cm,n sin sin (5.29)
m=1 n=1
a b
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 137
m′ πx n o
n′ πy
multiplizieren auf beiden Seiten mit sin a
· sin b
′
m′ πx n πy
Vc {x, y, z} · sin sin
a b
∞
XX ∞ n o n nπy o ′ ′
mπx m πx n πy
= Cm,n sin sin sin sin (5.30)
m=1 n=1
a b a b
und integrieren dann die Gleichung über die Grenzen des Quaders in x und y auf
Za Zb
m′ πx n′ πy
Vc {x, y, z} · sin sin dx dy
a b
0 0
Za Zb X
∞ X
∞ n mπx o n nπy o
m′ πx n′ πy
= Cm,n sin sin sin sin dx dy .
m=1 n=1
a b a b
0 0
(5.31)
Za Zb ∞ X
X ∞
22 m′ πx n′ πy
Vc {x, y, z} · sin sin dx dy = Cm,n δm,m′ δn,n′
ab a b m=1 n=1
0 0
(5.34)
Somit erhalten wir eine Bestimmungsgleichung für die Koeffizienten der Reihe (5.26)
138 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Za Zb
4 m′ πx n′ πy
Cm′ ,n′ = Vc {x, y} sin sin dx dy . (5.35)
ab a b
0 0
Setzt man nun diese Koeffizienten Cm′ ,n′ mit m = m′ und n = n′ in die Entwicklung (5.28)
ein, so bekommt man die allgemeine Lösung für diese Geometrie:
∞ X
X ∞ ZaZb ′
′
V {x, y, z} = 4 mπx
Vc {x′ , y ′} sinsin
nπy
dx′ dy ′
m=1 n=1
ab a b
0 0
q
mπ 2
nπ 2
n mπx o n nπy o sinh a
+ b z
· sin sin q . (5.36)
a b
mπ 2
nπ 2
sinh a
+ b c
Diese Funktion ist offenbar Lösung der Laplacegleichung. Sie erfüllt aber auch alle Randbe-
dingungen. Die Randbedingungen V = 0 auf den Randflächen außer z = c werden trivialer-
weise erfüllt. Speziell für z = c gilt
ZaZb !
2 X∞
mπx ′ n mπx o
V {x, y, z = c} = Vc {x′ , y ′} sin sin
a m=1 a a
0 0
!
2X
∞
nπy ′ n nπy o
· sin sin dx′ dy ′ . (5.37)
b n=1 b b
Einsetzen der
Vollständigkeitsrelation
∞ n mπx o
2X mπx′
sin sin = δ {x − x′ } , (5.38)
a m=1 a a
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 139
Za Zb
V {x, y, z = c} = Vc {x′ , y ′} δ {x − x′ } δ {y − y ′ } dx′ dy ′ = Vc {x, y} , (5.39)
0 0
wie ja in (5.20) gefordert war. Die Lösung des Randwertproblems ist damit eindeutig be-
stimmt.
Das allgemeinere Dirichlet-Problem, bei dem das Potenzial auf der gesamten Quaderoberfläche
(mit V = 0 an den Kanten aber sonst beliebig) vorgegeben ist, lässt sich durch Superposition
von sechs Lösungen des Ansatzes (5.28) mit den Koeffizienten gemäß (5.35) erledigen, wo-
bei entsprechend der Ursprung verschoben bzw. die Koordinatenachsen vertauscht werden
müssen.
In der Vektorgeometrie wird das Skalarprodukt von Vektoren verwendet, um die Koeffizien-
ten für die Basisvektoren bei der Synthese eines beliebigen Vektors zu berechnen. Mit dem
Ansatz
bestimmen. Das Skalarprodukt findet also zum einen bei der Bestimmung der Orthogonalität
und zum anderen bei der Koeffizientenbestimmung Verwendung. Vorausgesetzt wurde dabei,
140 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
dass das Basissystem {~e1 , ~e2 , ~e3 } vollständig und orthonormal ist, sonst lassen sich nicht
beliebige Vektoren in der oben angegebenen Weise darstellen.
Stellt man sich eine Funktion V {x} als Vektor mit beliebig vielen Komponenten
vor, sollte diese Funktion mit Hilfe eines, noch zu definierenden, Skalarprodukts in Basis-
funktionen gm {x} analog zu (5.43) zerlegbar sein
Für die konstanten Koeffizienten c′m müsste sich dann analog zu (5.42) eine Bestimmungs-
gleichung herleiten lassen.
Kapitel 5.1.1 hat bereits ein Verfahren zur Entwicklung einer beliebigen Funktion V {x, y, z}
nach orthogonalen Funktionen in einem eingeschränkten Gebiet vorgestellt. Hier soll diese
Methode zunächst beschränkt auf eine Dimension näher untersucht werden, um sie auf an-
dere Fälle übertragbar zu machen und im weiteren auch auf Funktionen mehrerer Variablen
zu erweitern.
Schreiben wir zunächst (5.44) in kürzerer Form
∞
X
V {x} = c′m gm {x} , (5.45)
m=1
und vergleichen die Orthogonalitätsrelationen (5.32) und (5.41), so bietet sich folgende all-
gemeine Formulierung an
Zx2
∗
gm {x}gm ′ {x} dx = δm,m′ , (5.46)
x1
wobei g ∗ wie üblich für das konjugiert Komplexe von g steht, weil im allgemeinen auch kom-
plexe Funktionen zugelassen werden müssen. In (5.32) waren nur reelle Werte zugelassen.
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 141
Damit dies möglich ist, müssen die gm {x} im Intervall [x1 , x2 ] mindestens quadratintegra-
bel sein. Es bleibt jedoch die Frage, ob die Entwicklungsreihe nach (5.45) auch tatsächlich
konvergiert. Um dies zu untersuchen definieren wir nach (5.45) zunächst
N
X
VN {x} = c′m gm {x} . (5.47)
m=1
Konvergenz bedeutet dann, dass die Fläche Sǫ zwischen den Kurven von VN {x} und V {x}
einen minimalen Wert annimmt. Mathematisch heißt das
Zx2
Sǫ = |V {x} − VN {x}|2 dx → Minimum . (5.48)
x1
Genaugenommen wollen wir sogar, dass die obige Differenz für N → ∞ im Minimum zu
Null wird, also gelten soll
Zx2
lim Sǫ = lim |V {x} − VN {x}|2 dx = 0 . (5.49)
N →∞ N →∞
x1
Wir setzen (5.47) in die linke Seite von (5.48) ein und erhalten
Rx2 P
N P
N
′ ∗ ∗
Sǫ = V {x} − c′m gm {x} ∗
V {x} − cm′ gm′ {x} dx
x1 m=1 m′ =1
Rx2 P
N Rx2 P
N Rx2
= V {x}V ∗ {x} dx − c′m gm {x}V ∗ {x} dx − c′m′ ∗ ∗
gm ′ {x}V {x} dx
x1 m=1 x1 m′ =1 x1
N
X N
X Zx2
∗
+ c′m c′m′ gm {x}gm′ {x} dx (5.50)
m=1 m′ =1 x1
| {z }
=δm,m′
| {z }
P
N
⇒ c′m c′m ∗
m=1
Um das gesuchte Minimum zu finden leiten wir (5.50) zunächst nach einem beliebigen Ko-
effizienten c′m0 und dessen konjugiertkomplexem c′m0 ∗ ab
142 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
∂
∂c′m
:
m=m0
Zx2
∗
− gm0 {x}V ∗ {x} dx + c′m0 (5.51)
x1
∂
∂c′m ∗
:
m=m0
Zx2
∗
− gm 0
{x}V {x} dx + c′m0 . (5.52)
x1
Zx2
∗
c′m = gm {x}V ∗ {x} dx (5.53)
x1
Zx2
c′m = ∗
gm {x}V {x} dx . (5.54)
x1
Dies ist das Analogon zu (5.42), welches wir oben gesucht hatten. Außerdem rechtfertigt
dieses Ergebnis das Vorgehen im Spezialfall des quaderförmigen Gebietes, wo wir zur Be-
stimmung der Koeffizienten (5.31) durch Aufintegrieren von (5.30) erhalten hatten. Setzen
wir (5.54) in (5.45) ein,
∞
X
V {x} = c′m gm {x}
m=1
∞ Z
X
x2
∗
= gm {x′ }V {x′ } dx′ gm {x} (5.55)
m=1 x
1
Zx2 ∞
X
′ ∗
= V {x } gm {x′ }gm {x} dx′ (5.56)
x1 m=1
∞
X
∗ !
gm {x′ }gm {x} = δ{x − x′ } (5.57)
m=1
da sonst (5.56) nicht erfüllt werden kann. Unter den obigen Voraussetzungen handelt es sich
bei den Funktionen gm um ein vollständiges Orthonormalsystem von Basisfunktionen, wie
es zur Entwicklung beliebiger Funktionen V {x} erforderlich ist.
Im allgemeinen findet man bei der Lösung der Laplacegleichung nicht gleich orthonormale
Funktionen. Zum Beispiel sind sin {mx} und cos {mx}, wie sie bei der Lösung in karte-
sischen Koordinaten resultieren, wohl orthogonal, nicht jedoch normiert. Außerdem kön-
nen, wie im kartesischen Fall auch sichtbar wird, durchaus zwei verschiedene Lösungen
f1,m = sin {mx} und f2,m = cos {mx} der Laplacegleichung existieren. Damit diese Lö-
sungen als Ansatz zur Entwicklung von Funktionen verwendet werden können, schreibt man
die orthonormalen Funktionen gm um in
2
X
gm {x} = w1,m {x}f1,m {x} + w2,m {x}f2,m {x} = wj,m{x} · fj,m {x} , (5.58)
j=1
wobei die fj,m {x} die Lösungen der Laplacegleichung und wj,m{x} die zugehörigen Ge-
wichte darstellen, die erforderlich sind, um Orthonormalität der gm {x} herzustellen. Als
neuer Ansatz zur Darstellung der Funktion V {x} wird nun
∞
X ∞ X
X 2
V {x} = (c1,m f1,m {x} + c2,m f2,m {x}) = cj,mfj,m {x} (5.59)
m=1 m=1 j=1
Zx2
∗ ∗
fj,m{x}wl,n {x} · wl,n {x}fl,n {x} dx =
x1
Zx2
fj,m {x}|wl,n {x}|2 fl,n
∗
{x} dx = δj,l · δm,n (5.60)
x1
144 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
gilt, was im einzelnen für die Lösungsfunktionen der Laplacegleichung überprüft werden
muss. Die Bestimmung der Koeffizienten cj,m in (5.59) erfolgt wieder durch Multiplikation
beider Seiten der Gleichung mit |wj,n {x}|2 · fj,n
∗
{x} und anschließender Integration. Wegen
der Orthonormalität reduziert sich die rechte Seite nach Ausführung der Integration auf den
Koeffizienten cl,m , wie im folgenden nochmals ausführlich gezeigt wird:
(5.59)
z }| {
Zx2 X∞
|wj,n {x}|2 fj,n
∗
{x} · (c1,m f1,m {x} + c2,m f2,m {x}) dx
x1 m=1
∞ Zx2
X
= c1,m f1,m {x}|wj,n{x}|2 fj,n
∗
{x} + c2,m f2,m {x}|wj,n{x}|2 fj,n
∗
{x} dx
m=1 x
1
∞
X
= (c1,m δ1,j δm,n + c2,m δ2,j δm,n ) = cj,m . (5.61)
m=1
Zx2
cj,m = V {x}|wj,m{x}|2 fj,m
∗
{x} dx . (5.62)
x1
2 Z
∞ X
X
x2
q
2−δm,0
f1,m {x} = cos {mx} w1,m = m≥0
q 2π q
2−δn,0 1
f2,n {x} = sin {nx} w2,n = 2π
= π
n>0
x1 = 0 , x2 = 2π (5.64)
t
x = 2πνt = 2π (5.65)
T
erhält man die bekannte Darstellung zur Berechnung der Spektralkomponenten
Zx2
c1,m = V {x}|w1,m |2 f1,m
∗
{x} dx
x1
Z2π
2 − δm,0
= V {x} cos {mx} dx
2π
0
ZT
2 − δm,0
= V {t} cos {m2πνt} 2πν dt
2π
0
ZT
2 − δm,0
= V {t} cos {m2πνt} dt (5.66)
T
0
und entsprechend
ZT
2
c2,n = V {t} sin {n2πνt} dt . (5.67)
T
0
Beispielhaft soll ein allgemeines (p, q, r)-Koordinatensystem angenommen werden. Wir ver-
wenden hier absichtlich nicht die Koordinaten (x, y, z), um die Allgemeinheit der vorgestell-
ten Idee deutlich zu machen. Wie in Abbildung 5.2 gezeigt, sei ein beliebiger Körper durch
die sechs Koordinatenflächen r ∈ {r1 ; r2 }, p ∈ {p1 ; p2 } und q ∈ {q1 ; q2 } begrenzt. Auf den
Oberflächen des Körpers gelte
0 für r = r1 oder p ∈ {p1 ; p2 } oder q ∈ {q1 ; q2 }
V {p, q, r} = (5.68)
V {p, q} für r = r .
c 2
∂2 ∂2 ∂2
∆V = 2 V + 2 V + 2 V = 0 (5.69)
∂p ∂q ∂r
ein Produktansatz
verwendet. Auf Grund der analogen Randbedingungen wie im kartesischen Beispiel wird
es auch in diesem Fall zwei Sätze diskreter Eigenwerte des Problems geben, die wie zuvor
durch die Indizes m und n beschrieben werden. Somit ist durch
eine partikuläre Lösung des Problems gegeben. Nun soll jede der Funktionen P, Q und R in
ein geeignetes orthonormales Funktionensystem entwickelt werden, wobei die partikulären
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 147
Lösungen als Grundlage dienen. Um die Übersichtlichkeit etwas zu erhöhen, behandeln wir
zunächst nur die Funktion P:
∞ X
X ∞
P {p} = c′m,n Pm,n {p}
m=1 n=1
X∞ X ∞
= c′m,n w1,m,n
P P
· f1,m,n P
{p} + w2,m,n P
· f2,m,n {p}
m=1 n=1
X∞ X ∞ X2
= cPj,m,n · fj,m,n
P
{p} (5.72)
m=1 n=1 j=1
Wobei die Basisfunktionen f und ihre Gewichte w unten mit den Eingenwertindizes und
rechts oben mit ihrem Funktionsindex bezeichnet sind, da wir für alle drei Funktionen je-
weils ein eigenes Orthonormalsystem wählen können sollten. Auch die c′ sind für alle drei
Funktionen unterschiedlich, der Index wurde der Übersichtlichkeit halber jedoch weggelas-
sen. Wir verfahren genauso mit den anderen Lösungen
2
X
Q Q Q Q
Qm,n {q} = w1,m,n · f1,m,n {q} + w2,m,n · f2,m,n {q} = cQ Q
ℓ,m,n · fℓ,m,n {q} (5.73)
ℓ=1
X2
R
Rm,n {r} = w1,m,n R
· f1,m,n R
{r} + w2,m,n R
· f2,m,n {r} = cR R
h,m,n · fh,m,n {r} (5.74)
h=1
∞ X
X ∞ X
2 X
2 X
2
V {p, q, r} = cPj,m,n fj,m,n
P
{p} cQ Q R R
ℓ,m,n fℓ,m,n {q} ch,m,n fh,m,n {r}
m=1 n=1 j=1 ℓ=1 h=1
∞ X
X ∞ X
2 X
2 X
2
P Q R
= Cj,ℓ,h,m,nfj,m,n {p} fℓ,m,n {q} fh,m,n {r} . (5.75)
m=1 n=1 j=1 ℓ=1 h=1
Zx2
fj,m′ ,n {x}|wj,m,n{x}|2 fj,m,n
∗
{x} dx = δm,m′ (5.76)
x1
148 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
∞
X
fj,m,n {x′ }|wj,m,n {x}|2 fj,m,n
∗
{x} = δ{x − x′ } (5.77)
m=1
voraussetzen. Unter dieser Bedingung lassen sich die Koeffizienten wieder durch Multipli-
kation und Integration bestimmen:
2 X
X 2 X
2
Cj,ℓ,h,m,n = (5.78)
j=1 ℓ=1 h=1
Zp2 Zq2 Zr2
P
V {p, q, r} |wj,m,n |2 |wℓ,m,n
Q
|2 |wh,m,n
R
|2 fj,m,n
∗P ∗Q
{p} fℓ,m,n ∗R
{q} fh,m,n {r} dr dq dp
p 1 q 1 r1
Wir ersparen uns das Einsetzen und weisen noch darauf hin, dass die Gewichte w selbstver-
ständlich von der jeweiligen Koordinate abhängen können.
Dieser allgemeinste Ansatz kommt fast nie zur Anwendung! Wir wollen im weiteren davon
ausgehen, dass, wie in Abbildung 5.2, die Randbedingungen stets auf Flächen vorgegeben
sind, für die eine Koordinate konstant ist. Um (5.78) weiter zu vereinfachen schreiben wir
die Randbedingung aus (5.68) als
Einsetzen in (5.78) lässt das Integral über r in sich zusammenfallen und es bleibt
2 X
X 2 X
2
Cj,ℓ,h,m,n = (5.80)
j=1 ℓ=1 h=1
Zp2 Zq2
P
Vc {p, q} |wj,m,n |2 |wℓ,m,n
Q
|2 fj,m,n
∗P ∗Q
{p} fℓ,m,n ∗R
{q} fh,m,n {r2 } dq dp
p1 q1
übrig. Wir hätten auch die Randbedingung aus (5.68) in (5.75) einsetzen können und daraus
die Bedingung
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 149
∞ X
X ∞ X
2 X
2 X
2
P Q R
Vc {p, q} = Cj,ℓ,h,m,nfj,m,n {p}fℓ,m,n {q}fh,m,n {r2 } . (5.81)
m=1 n=1 j=1 ℓ=1 h=1
′ R
Cj,ℓ,h,m,n = Cj,ℓ,h,m,n · fh,m,n {r2 } (5.82)
X ∞ X
∞ X 2 X
2 X
2 R
′ P Q
fh,m,n {r}
V {p, q, r} = Cj,ℓ,h,m,n fj,m,n {p}fℓ,m,n {q} R
(5.83)
m=1 n=1 j=1 ℓ=1 h=1
fh,m,n {r2 }
darstellen. Wir benutzen (5.81) und (5.82) um mit den Orthogonalitäts- und Vollständigkeits-
′
relationen die Koeffizienten Cj,ℓ,h,m,n zu bestimmen
2
X
′ ′ ′
Cj,ℓ,h,m,n = Cj,ℓ,1,m,n + Cj,ℓ,2,m,n (5.84)
h=1
Zp2 Zq2
P
= Vc {p, q} · |wj,m,n {p}|2 |wℓ,m,n
Q
{q}|2 · fj,m,n
∗P ∗Q
{p}fℓ,m,n {q} dq dp .
p1 q1
R R
′
f1,m,n {0} ′
f2,m,n {0}
Cj,ℓ,1,m,n · R
+ C j,ℓ,2,m,n · R
=0 (5.85)
f1,m,n {r2 } f2,m,n {r2 }
hergeleitet.
Es lässt sich nach dem gesagten eine Art “Kochrezept“ für das Lösen der Laplacegleichung
angeben:
2. Basisfunktionen finden, welche die Laplacegleichung lösen. Dies kann, wie bereits für
kartesische Koordinaten gezeigt, z.B. durch einen Produktansatz geschehen und soll
im weiteren auch für andere Koordinatensysteme durchgeführt werden.
150 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Die Schritte 2 bis 4 können meist durch Nachschlagen in der Literatur bewältigt werden. An-
gemerkt sei noch, dass einzelne Funktionen f den Wert Null annehmen können, wenn man
das Koordinatensystem geschickt wählt, wie wir ja bereits bei den kartesischen Koordinaten
gesehen haben.
mit
P P P P
P {p} = w1,m,n · f1,m,n {p} + w2,m,n · f2,m,n {p} (5.87)
Q Q Q Q
Q {q} = w1,m,n · f1,m,n {q} + w2,m,n · f2,m,n {q} (5.88)
R R R R
R {r} = w1,m,n · f1,m,n {r} + w2,m,n · f2,m,n {r} (5.89)
auf den in Abschnitt 5.1.1 behandelten Fall der kartesischen Koordinaten übertragen. Dazu
benutzen wir die folgenden Variablenzuodnungen:
p = x; P= X
q = y; Q= Y (5.90)
r = z; R= Z
x − x′ ∈ [0, x0 ] ,
y − y ′ ∈ [0, y0 ] ,
z − z ′ ∈ [0, z0 ]
umschließt, lassen sich die Lösungen aus Tabelle 5.1.1 zusammensetzen, falls das Potenzial
auf der Quaderoberfläche bei z = z0 beliebig vorgegeben und auf den anderen Quaderflächen
Null ist. Dies kann durch geeignete Wahl des Koordinatensystems stets erreicht werden.
2 2
mπ nπ
kz2 = + . (5.91)
x0 y0
Wir hatten in Abschnitt 5.1.1.2 diesen Fall bereits für (x′ , y ′, z ′ ) = (0, 0, 0) und x0 = a,
y0 = b, z0 = c behandelt.
1 ∂ ∂ 1 ∂2 ∂2
∆V = ρ V + 2 V + V =0 (5.92)
ρ ∂ρ ∂ρ ρ ∂φ2 ∂z 2
analog zu dem in 5.1.1 für kartesischen Koordinaten vorgestellten Weg gelöst. Einsetzen
liefert nach Division durch RΦZ
1 1 d d 1 d2 1 d2
ρ R {ρ} + 2 Φ {φ} + Z {z} = 0 . (5.94)
R {ρ} ρ dρ dρ ρ Φ {φ} dφ2 Z {z} dz 2
Die ersten beiden Glieder hängen nur von ρ und φ ab, der letzte Term nur von z. Deshalb
kann man die Terme separieren und schreiben:
1 d2 2
Z {z} = −kz′ . (5.95)
Z {z} dz 2
Dies ist die bereits aus Abschnitt (5.1.1) bekannte DGL (5.6). Dabei muss kz′ im allgemeinen
als komplexwertig angenommen werden. Die allgemeine Lösung lautet
A cosh {k z} + B sinh {k z} für k ′ imaginär mit k = ik ′
z z z z z z z
Z= (5.96)
A′ cos {k ′ z} + B ′ sin {k ′ z} für k ′ reell .
z z z z z
Im weiteren wird hier nur noch der erste Fall kz′ imaginär betrachtet, der dann relevant ist,
wenn die Potenzialverteilung auf Boden oder Deckel eines Kreiszylinders mit geerdetem
Mantel bekannt ist. Dieser Fall ist in Abbildung 5.4 dargestellt. Ist das Potenzial auf dem
Mantel bei geerdetem Boden und Deckel vorgegeben, müssen Lösungen der Laplaceglei-
chung für den zweiten Fall gesucht werden. Formal kann aber die im weiteren vorgestellte
Lösung verwendet werden, wenn kz durch ikz ersetzt wird.
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 153
Einsetzen von (5.95) in (5.94) liefert mit kz = ikz′ und nach Multiplikation mit ρ2
ρ d d 1 d2
ρ R {ρ} + kz2 ρ2 + Φ {φ} = 0 . (5.97)
R {ρ} dρ dρ Φ {φ} dφ2
Man kann nun den dritten Term separieren und setzt
1 d2
Φ {φ} = −m2 . (5.98)
Φ {φ} dφ2
Die allgemeine Lösung dieser harmonischen Differentialgleichung ist ebenfalls bereits be-
kannt
führt aber hier nur dann zu eindeutigen Potenzialen V {~r }, wenn m eine ganze Zahl ist.
Für R {ρ} ergibt sich nach Einsetzen von (5.98) in (5.97) und Dividieren durch ρ2 die Glei-
chung
d2 1 d 2 m2
R{ρ} + R{ρ} + kz − 2 R{ρ} = 0 . (5.100)
dρ2 ρ dρ ρ
Dies ist die Besselsche Differentialgleichung . Man bringt sie durch Variablentransformati-
on x = kz ρ in die Standardform
d2 1 d m2
Rx {x} + Rx {x} + 1 − 2 Rx {x} = 0 . (5.101)
dx2 x dx x
Mit
x m X
∞
(−1)j x 2j
Jm {x} = . (5.102)
2 j=0
j! Γ {j + m + 1} 2
154 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
definiert man die Besselfunktion erster Art der Ordnung m. Dabei ist die Gammafunktion
als das Eulersche Integral zweiter Gattung
Z∞
Γ {p} = e−t · tp−1 dt (5.103)
0
definiert. Sie stellt die Erweiterung der Fakultät p! auf beliebige, auch komplexe, Zahlen p
dar. Für nichtganzzahlige m sind Jm {x} und J−m {x} zwei linear unabhängige Lösungen
von (5.101).
An dieser Stelle soll nicht auf den Lösungsweg für die Besselsche Differentialgleichung
eingegangen werden. Er wird in Anhang F.1.3 dargestellt und ist auch in der einschlägigen
Literatur oft zu finden. Hier werden die Lösungen als bekannt vorausgesetzt und nur ihre
Eigenschaften soweit notwendig diskutiert.
Wir sind wegen m ∈ N nur an Besselfunktionen ganzzahliger Ordnung interessiert. Eine
zweite linear unabhängige Lösung erhält man durch
Nm {x} heißt Neumannfunktion oder Besselfunktion zweiter Art der Ordnung m. Auch
auf ihre Entstehung soll hier nicht näher eingegangen werden. Bessel- und Neumannfunk-
tionen niedriger Ordnung sind in Abbildung 5.3 dargestellt. Dazu ist zu sagen, dass die Neu-
mannfunktion alle bei Null divergieren, während für Jm {0} = 0 gilt, falls m > 0.
Die Lösung der Besselschen Differentialgleichung lautet demnach
Dieses Ergebnis ist durchaus überraschend, denn es gibt offenbar kein unabhängiges kρ .
Stattdessen steht in der Radialabhängigkeit ein kz . Dies hat im weiteren Auswirkungen, wenn
wir Randbedingungen in radialer Richtung einführen.
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 155
1 1
0.8
J0 0.8
0.6
J1 0.6 N0
J2 N1
J3 J4 N2
J5 J6 J7 N3
Nm (x)
0.4 0.4 N4
Jm (x)
N5 N6
0.2 0.2
0 0
-0.2 -0.2
-0.4 -0.4 N7
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
x x
Z∞ X
∞
V = (Aρ Jm {kz ρ} +Bρ Nm {kz ρ})
−∞ m=0
· (Aφ cos {mφ} +Bφ sin {mφ}) (5.107)
herangezogen werden. Wobei die Konstanten alle von beiden Koeffizienten m und kz abhän-
gen können! Sie müssen aus den Randbedingungen bestimmt werden.
Fällt eine der Abhängigkeiten aus Symmetriegründen weg, reduziert sich, wie bereits im
kartesischen Fall angemerkt, die Darstellung von einem drei- auf ein zweidimensionales
Problem.
So wird z.B. bei Rotationssymmetrie Φ = 1 und damit m = 0.
Im eindimensionalen Fall, z.B. bei Zylindersymmetrie, kann ∆V = 0 durch integrieren
gelöst werden. Es genügt schon die Bedingung
∂2
Z =0 (5.108)
∂z 2
∂2
Φ=0 (5.109)
∂φ2
Z = d1 z + d2 (5.110)
Φ = d3 φ + d4 (5.111)
die sich im Fall der Zylindersymmetrie auf Z = d2 und Φ = d4 reduzieren. Für die radiale
∂ ∂
Abhängigkeit bleibt ∂ρ ρ ∂ρ R = 0 mit der homogenen Lösung
ρ
R = d5 ln + d6 (5.112)
ρ0
Wir untersuchen nach Abbildung 5.4 die Potenzialverteilung in einem Zylinder, in dem keine
Raumladungen vorhanden sind. Als Randbedingung ist das Potenzial auf der Boden- und
Mantelfläche zu Null vorgegeben, und auf der Deckelfläche sei das Potenzial durch
bestimmt. Es handelt sich um das zylindrische Analogon zum Problem des Quaders in Ab-
schnitt 5.1.1.2.
z
Vh (r,f) = V (r,f,z = h)
z=h
V (r = r0,f,z) = 0
y = r0
Abbildung 5.4: Zur Berechnung des Po- y
tenzials in einem zylindrischen Bereich. x = r0 x
V (r,f,z = 0) = 0
Die allgemeine Lösung (5.107) der Laplacegleichung lässt sich für diesen Fall vereinfachen.
Zum ersten kann der cosh die Randbedingung auf dem Boden V {0 ≤ ρ < ρ0 , φ, z = 0} = 0
nicht erfüllen. Zum anderen können wir die Neumann-Funktionen als Lösungen ausschlie-
ßen, da diese bei ρ = 0 divergieren. Damit bleibt der Lösungsansatz
R∞ P
∞
V {ρ, φ, z} = Aρ Jm {kz ρ} (Aφ cos {mφ} + Bφ sin {mφ})
−∞ m=0
· Bz sinh {kz z} dkz . (5.114)
R∞ P
∞
V {ρ, φ, z = h} = Aρ Jm {kz ρ} (Aφ cos {mφ} + Bφ sin {mφ})
−∞ m=0
· Bz sinh {kz h} dkz , (5.115)
158 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
R∞ P
∞
V {ρ, φ, z} = Aρ Jm {kz ρ} (Aφ cos {mφ} + Bφ sin {mφ})
−∞ m=0
sinh {kz z}
· Bz′ dkz . (5.116)
sinh {kz h}
Wegen der Randbedingung V {ρ = ρ0 , φ, 0 < z < h} = 0 werden die kz nur diskrete Werte
annehmen können, welche durch die Nullstellen der Besselfunktionen bestimmt sind. Die
ersten Nullstellen Jm,n mit Jm {Jm,n } = 0 und n > 0 sind:
(5.118)
mπ π
Jm,n ≈ nπ + − . (5.119)
2 4
Jm {Jm′ ,n } =
6 0 für m 6= m′ , n > 0 . (5.120)
Jm,n
kz {m, n} = . (5.121)
ρ0
Setzen wir dies in den angepassten Ansatz (5.116) ein, so erhalten wir den allgemeinen
Ansatz für diese Geometrie
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 159
n o
∞ X
X ∞ sinh Jm,n
z
Jm,n ρ0
V = Aρ Jm ρ (Aφ cos {mφ} + Bφ sin {mφ}) Bz′ n o.
n=0 m=0
ρ0 sinh Jm,n h ρ0
(5.122)
Dabei ist das Integral über die kz wegen deren Diskretheit in eine Summe über n übergegan-
gen.
Um die Koeffizienten zu bestimmen benötigt man noch die Orthonormalitätsrelation
Zρ0
2 Jm,n′ Jm,n
2 2
ρ Jm ρ Jm ρ dρ = δn,n′ (5.123)
ρ0 Jm+1 {Jm,n } ρ0 ρ0
0
√ ′ n o n o
Jm,n ′ Jm,n
∞
X 2 ρρ Jm ρ0 ρ Jm ρ0 ρ
= δ {ρ − ρ′ } . (5.124)
n=1
ρ20 J2m+1 {Jm,n }
Auch für das Potenzial in einem zylindrischen Bereich lässt sich der in Abschnitt 5.1.3 dis-
kutierte allgemeine Ansatz benutzen. Für den Zylinder, der den Bereich
ρ ∈ [0, ρ0 ]
z − z ′ ∈ [0, z0 ]
umgibt, sei das Potenzial auf dem Zylinderdeckel bei z = z0 beliebig vorgegeben und alle
anderen Oberflächen auf Potenzial Null. Mit den Variablenersetzungen
p = ρ,
q = φ,
r=z
160 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
lassen sich die Funktionen aus Tabelle 5.1.2 in den allgemeinen Ansatz einsetzen.
Ist in dem durch (5.125) definierten Bereich ein Zylinder gegeben, dessen Deckel und Bo-
den auf Potenzial Null liegen und für dessen Mantel ein beliebiges Potenzial vorgegeben
ist, so können mit den Variablenersetzungen von oben die Funktionen aus Tabelle in den
allgemeinen Ansatz eingesetzt werden.
Als weitere Einschränkung sei nun das Potenzial auf dem Zylinderdeckel unabhängig von φ.
Ansonsten ist die in Abbildung 5.5 gezeigte Geometrie die gleiche, wie sie eben behandelt
wurde.
Da das Potenzial auf der Deckfläche unabhängig von φ ist, muss man m = 0 fordern. Aus
dem selben Grund verschwinden die sin- und cos-Terme aus (5.122). Es kommen weiterhin
nur solche kz -Werte in Betracht, die
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 161
z
Vh (r) = V (r,f,z = h)
z=h
Abbildung 5.5: Zur Berechnung des Po- V (r = r0,f,z) = 0
tenzials im Zylinder bei zylindersym-
y = r0
metrischem Potenzial auf dem Zylinder- y
deckel x = r0 x
V (r,f,z = 0) = 0
J0,n
kz {0, n} = = k0,n (5.126)
ρ0
erfüllen. Damit machen wir für die Potenzialverteilung den Ansatz
∞
X sinh {k0,n z}
V {ρ, φ, z} = C0,n J0 {k0,n ρ} (5.127)
n=1
sinh {k0,n h}
mit konstanten Koeffizienten C0,n , die hier aus der Multiplikation der ursprünglichen Ein-
zelkoeffizienten hervorgegangen sind. Diese Funktion erfüllt offenbar die Randbedingungen
auf der Boden- und Mantelfläche, wo V = 0 gilt. Auf der Deckfläche ist
∞
X
Vh {ρ} = C0,n J0 {k0,n · ρ} , (5.128)
n=1
Zρ0
2 J0,n
C0,n = 2 2 Vh {ρ} ρ J0 ρ dρ . (5.129)
ρ0 J1 {J0,n } ρ0
0
Die Lösung
P
∞ Rρ0 n o
2 J0,n ′ sinh{k z}
V = ρ20 J21 {J0,n }
Vh {ρ′ } ρ′ J0 ρ0
ρ dρ′ J0 {k0,n ρ} sinh{k0,n
0,n
h}
(5.130)
n=1 0
162 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
ist nach dem allgemeinen Satz eindeutig bestimmt, jedoch alles andere als übersichtlich.
Zρ0
2 J0,n
C0,n = 2 2 V0 ρ J0 ρ dρ . (5.131)
ρ0 J1 {J0,n } ρ0
0
Für die Besselfunktionen gibt es in der Literatur eine große Anzahl bekannter Beziehungen.
Dazu zählt
Z
ρ J0 {ρ} dρ = ρ J1 {ρ} . (5.132)
2
C0,n = V0 (5.133)
J0,n J1 {J0,n }
∞
X J0 {k0,n ρ} sinh {k0,n z}
V {ρ, φ, z} = 2V0 (5.134)
n=1
J0,n J1 {J0,n } sinh {k0,n h}
J0,n
wobei k0,n = ρ0
gilt. Die Auswertung der Reihe ist aufwendig. Für z = h muss V {ρ, φ, z} =
V0 sein. Damit folgt für 0 < ρ < ρ0
n o
J0,n
∞
X J0 ρ0
ρ
2 =1 . (5.135)
n=1
J0,n J1 {J0,n }
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 163
auf der Deckfläche erreichen. Die Koeffizienten ergeben sich wieder durch einsetzen dieses
Potenzials in (5.129)
Zρ0
2 J0,n′ J0,n
C0,n = 2 2 J0 ρ ρ J0 ρ dρ = δn,n′ . (5.137)
ρ0 J1 {J0,n } ρ0 ρ0
0
sinh {k0,n′ z}
V {ρ, φ, z} = J0 {k0,n′ ρ} . (5.138)
sinh {k0,n′ h}
0 ≤ ρ ≤ ρ0 (5.139)
0 ≤ φ ≤ 2π (5.140)
0 ≤z≤ h (5.141)
V {z, φ} für ρ = ρ0
c
V = z=h . (5.142)
0 für
oder z=0
164 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
X∞ X ∞ ρ
Jm {inπ h } n zo
′ ′
V = ρ Am,n sin {mφ} + B2,m,n cos {mφ} sin nπ (5.143)
J {inπ h0 }
m=0 n=1 m
h
1 d 2 d 1 d d 1 d2
r V + 2 sin {θ} V + 2 2 V =0 . (5.144)
r 2 dr dr r sin {θ} dθ dθ r sin {θ} dϕ2
Der Produktansatz
ist angebracht, wenn Randbedingungen auf Kugelflächen vorliegen. Einsetzen des Ansatzes
liefert nach Multiplikation mit
r 2 sin2 {θ}
(5.146)
R {r} Θ {θ} Φ {ϕ}
die Beziehung
sin2 {θ} d 2 d sin {θ} d d 1 d2
r R {r} + sin {θ} Θ {θ} + Φ {ϕ} = 0 .
R {r} dr dr Θ {θ} dθ dθ Φ {ϕ} dϕ2
(5.147)
Die ersten beiden Summanden hängen nur von r und θ, der letzte nur von ϕ ab. Man kann
separieren und setzt
1 d2
Φ {ϕ} = −m2 (5.148)
Φ {ϕ} dϕ2
mit der allgemeinen Lösung
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 165
die wir dieses Mal für den späteren Gebrauch in den Kugelflächenfunktionen mit Exponen-
tialfunktionen schreiben wollen
Dies stellt für m ≥ 0 die Lösung des Azimutalanteils dar. Auch die Exponentialfunktionen
erfüllen auf dem Intervall 0 ≤ ϕ ≤ 2π eine Orthogonalitätsrelation
Z2π
1
exp{imϕ} exp{−im′ ϕ} dϕ = δm,m′ . (5.151)
2π
0
Weiterhin bilden die Exponentialfunktionen ein vollständiges System mit der Vollständig-
keitsrelation
∞
1 X
exp{imϕ} exp{−imϕ′ } = δ{ϕ − ϕ′ } . (5.152)
2π m=−∞
Eindeutigkeit von Φ {ϕ} verlangt m ganzzahlig. Aus (5.147) folgt durch Einsetzen von
(5.148) und nach Division durch sin2 {θ}
1 d 2 d 1 d d m2
r R{r} + sin {θ} Θ{θ} − =0 .
R{r} dr dr sin {θ} Θ {θ} dθ dθ sin2 {θ}
(5.153)
Der erste Term hängt hier nur von r, die beiden übrigen hängen nur von θ ab. Wir schreiben
mit der Separationskonstanten ℓ(ℓ + 1)
1 d 2 d
r R{r} = ℓ(ℓ + 1) . (5.154)
R{r} dr dr
Diese Differentialgleichung hat für ℓ 6= − 21 die allgemeinen Lösung
166 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
ℓ r ℓ+1
1 r 0
R{r} = A′r r ℓ + Br′ ℓ+1 = Ar + Br . (5.155)
r r0 r
Somit erhalten wir durch einsetzten von (5.154) in (5.153) nach Multiplikation mit Θ {θ}
und umsortieren
1 d d m2
sin {θ} Θ {θ} + ℓ(ℓ + 1) − Θ {θ} = 0 . (5.156)
sin {θ} dθ dθ sin2 {θ}
Üblicherweise transformiert man (5.156) mit x = cos {θ} auf die Form
d 2 d m2
(1 − x ) Θx {x} + ℓ(ℓ + 1) − Θx {x} = 0 . (5.157)
dx dx 1 − x2
Legendre Polynome
1 dℓ 2
P̃ℓ {x} = (x − 1)ℓ . (5.158)
2ℓ ℓ ! dxℓ
definiert. Für m 6= 0, aber m ganzzahlig findet man nur Polynomlösungen von (5.157), die
für ganzzahlige ℓ ≥ 0 bei x = ±1 nicht divergieren, wenn
gilt. Für ein vorgegebenes ℓ gibt es also nur (2ℓ + 1) mögliche Werte von m. Hierbei erin-
nern wir uns, dass nach (5.155) ℓ gerade die radiale Form des Potenzials charakterisiert. Die
Lösungsfunktionen von (5.157) heißen zugeordnete Legendre Polynome und lauten
Es ist also Pℓ,m = Pℓ,−m . Die zugeordneten Legendre Polynome heißen auch Legendre-
Funktionen und werden häufig in der Form Pm
ℓ geschrieben. Wegen der Verwechslungsge-
fahr mit der Potenzierung wurde hier die Schreibweise Pℓ,m mit zwei Indizes unten gewählt.
Für festes m bilden die Funktionen Pℓ,m {x}, ℓ = 0, 1, 2, . . . auf dem Intervall −1 ≤ x ≤ 1
ein vollständiges Orthogonalsystem, mit
Z1
ℓ + 1 (ℓ − m)!
Pℓ,m {x} Pℓ′ ,m {x} dx = δℓ,ℓ′ . (5.161)
2 (ℓ + m)!
−1
∞
X ℓ + 1 (ℓ − m)! ′ ′
Pℓ,m {x} Pℓ′ ,m {x } = δ{x − x } . (5.162)
ℓ=0
2 (ℓ + m)!
Es werde daran erinnert, dass cos {θ} durch x ersetzt wurde. Rücktransformation von (5.160)
führt auf
dm
Θ {θ} = Pℓ,m {cos {θ}} = (−1)m (1 − cos2 {θ})m/2 P̃ℓ {cos {θ}} .(5.163)
d (cos {θ})m
Fassen wir zusammen, so erhalten wir eine partikuläre Lösung VP {r, θ, ϕ} von (5.144) durch
einsetzen von (5.150), (5.155) und (5.163) in den Produktansatz (5.145)
ℓ !
r r ℓ+1
0
VP {r, θ, ϕ} = Ar + Br Pℓ,m {cos {θ}}
r0 r
· (Aϕ exp{imϕ} + Bϕ exp{−imϕ}) (5.164)
Die Lösungen des Azimutalanteils lassen sich statt als Summe auch als eine einzige Expo-
nentialfunktion darstellen, falls m nicht von Null bis Unendlich, sondern von minus Unend-
lich an gezählt wird. Die Funktion exp{imϕ} ist für positive und negative ganzzahlige m
vollständig im Intervall 0 ≤ ϕ ≤ 2π und mit dieser werden nun die
168 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Kugelflächenfunktionen
s
2ℓ + 1 (ℓ − m)!
Yℓ,m {θ, ϕ} = Pℓ,m {cos {θ}} exp {imϕ} (5.165)
4π (ℓ + m)!
Z2πZπ
∗
Yℓ′ ,m′ {θ, ϕ} Yℓ,m {θ, ϕ} sin {θ} dθ dϕ = δℓ,ℓ′ δm,m′ . (5.166)
0 0
∞ X
X ℓ
∗ ′ ′ ′ ′
Yℓ,m {θ , ϕ } Yℓ,m {θ, ϕ} = δ {ϕ − ϕ } δ {cos {θ} − cos {θ }} , (5.167)
ℓ=0 m=−ℓ
weil Pl,m und exp{imϕ} vollständig sind. Kugelflächenfunktionen niedriger Ordnung sind
n
ℓ=0 Y0,0 = √1
4π
q
Y1,1 = − 8π 3
sin {θ} exp {iϕ}
q
ℓ=1 3
Y1,0 = 4π cos {θ}
q
3
Y1,−1 = 8π sin {θ} exp {−iϕ}
q
= 41 2π15
sin2 {θ} exp {i2ϕ}
Y2,2
q
15
Y2,1 = − 8π sin {θ} cos {θ} exp {iϕ}
q
ℓ=2 5 3 2 1 (5.168)
Y2,0 = 4π 2
cos {θ} − 2
q
15
Y2,−1 = 8π sin {θ} cos {θ} exp {−iϕ}
q
Y2,−2 = 14 2π15
sin2 {θ} exp {−i2ϕ} .
∞ X
X ℓ
V {r, θ, ϕ} = A′ℓ,m r ℓ + Bℓ,m
′
r −(ℓ+1) Yℓ,m {θ, ϕ} (5.169)
ℓ=0 m=−ℓ
ℓ !
∞ X
X ℓ
r r ℓ+1
0
= Aℓ,m + Bℓ,m Pℓ,m {cos{θ}} exp {imϕ}
ℓ=0 m=−ℓ
r0 r
schreiben und ist im gesamten Raum gültig. Für jede quadratintegrable Funktion lässt sich
die Randbedingung auf einer Kugeloberfläche erfüllen. Ist das Potenzial im Kugelmittel-
punkt endlich, wird Bℓ,m = 0 und der Koeffizient Aℓ,m lässt sich z.B. aus der Vorgabe eines
Potenzials auf der Kugeloberfläche mit Radius r = r0 unter Verwendung von Orthogonali-
tätsrelationen berechnen.
V = Φ = d1 · ϕ + d2 , (5.170)
d3
V =R= + d4 . (5.171)
r
Der Fall der Unabhängigkeit von r und ϕ führt nach etwas Rechnung mit R = 1 und Φ = 1
auf die Lösung
Die zweidimensionalen Lösungen können als Spezialfälle der oben hergeleiteten dreidimen-
sionalen Lösungen aufgefasst werden.
Die Zuordnung zum allgemeinen Lösungsansatz lautet
p=r (5.173)
q = cos{θ} (5.174)
r=ϕ (5.175)
Ist das Potenzial auf einer Kugel vom Radius r0 vorgegeben, so kann man die Funktionen
aus Tabelle 5.1.4 in den allgemeinen Lösungsansatz einsetzen und so einen Lösungsansatz
erhalten, falls der Mittelpunkt der Kugel im Ursprung liegt.
Wir führen Polarkoordinaten mit Ursprung im Kugelmittelpunkt ein. Da das System rotati-
onssymmetrisch zur z-Achse ist, hängt das Potenzial nur von r und θ, nicht dagegen vom
Azimutwinkel ϕ ab. Wir können im Produktansatz Φ = 1 setzen und es folgt: m = 0. Somit
ist V = V {r, θ} und lässt sich darstellen als
ℓ !
∞
X r r ℓ+1
0
V {r, θ} = Aℓ + Bℓ Pℓ,0 {cos {θ}} (5.176)
ℓ=0
r0 r
∞ ℓ !
X r
= Aℓ · Pℓ,0 {cos {θ}}
ℓ=0
r0
∞
X r ℓ+1
0
+ Bℓ · Pℓ,0 {cos {θ}} (5.177)
r
ℓ=0
Da das Potenzial für r → ∞ nicht divergieren darf, muss die erste Summe in (5.177) abbre-
chen, wenn Terme mit Potenzen größer Eins in r auftreten. Mit
r X r0 ℓ+1 ∞
Va {r, θ} = A0 + A1 cos {θ} + Bℓ P̃ℓ {cos {θ}} (5.181)
r0 ℓ=0
r
Das elektrische Feld resultiert aus der Definition des Potenzials
~ = −∇V
E ~
1 ∂ ∂ 1 ∂
= − ~eϕ V + ~er V + ~eθ V .
r sin{θ} ∂ϕ ∂r r ∂θ
∂
Va {r, θ} = 0 (5.182)
∂ϕ
!
∂ A1 X ∞ r ℓ r
0 0
~er Va = ~er · cos{θ} + Bℓ (ℓ + 1) − 2 (5.183)
∂r r0 ℓ=0
r r
∂ A1 r
∞
X r ℓ+1 ∂ P̃ {x}
0 ℓ (− sin{θ}) (5.184)
Va = (− sin{θ}) + Bℓ
∂θ r0 ℓ=0
r ∂x
x=cos{θ}
!
A X∞
B r ℓ+2
~ a = − ~er 1 ℓ 0
E cos{θ} − (ℓ + 1) P̃ℓ {cos{θ}}
r0 r0 r
ℓ=0
Bℓ r0 ℓ+1 ∂ P̃ℓ {x}
X∞
1 A1 r (5.185)
− ~eθ − sin{θ} − sin{θ}
r r0 r0 r ∂x
ℓ=0 x=cos{θ}
Die z-Komponente des Feldes hat man auf der positiven z-Achse, also für θ = 0, und damit
∞
A1 X Bℓ r ℓ+2
0
Ez,a {x = 0, y = 0, z > r0 } = − + (ℓ + 1) P̃ℓ {x} .(5.186)
r0 ℓ=0
r0 r x=1
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 173
Im Außenraum mit r → ∞ muss das Feld wegen der Randbedingungen an den Kondensa-
torplatten gleich dem ursprünglich vorhandenen Feld E0~ez sein. Damit folgt aus (5.186)
A1 = −E0 · r0 (5.187)
Im ladungsfreien Innenraum der Kugel muss das Potenzial endlich bleiben. Dies erfordert
für r ≤ r0 die Darstellung
∞
X ℓ
r
Vi {r, θ} = A′ℓ P̃ℓ {cos {θ}} . (5.188)
r0
ℓ=0
~ und die
Für r = r0 ist das Potenzial so zu bestimmen, dass die Tangentialkomponente von E
~ stetig sind. Ersteres erfordert die Stetigkeit von V , also
Normalkomponente von D
∂Vi {r, θ} ∂Va {r, θ}
εi = εa . (5.190)
∂r r=r0 ∂r r=r0
∞
X
−E0 r0 cos {θ} + A0 + (Bℓ − A′ℓ ) P̃ℓ {cos {θ}} = 0 (5.191)
ℓ=0
X∞
Bℓ A′ℓ
−εa E0 cos {θ} − εa (ℓ + 1) + εi ℓ P̃ℓ {cos {θ}} = 0 . (5.192)
ℓ=0
r 0 r 0
Da die Legendre Polynome orthogonal sind, müssen die Koeffizienten der Legendre Reihen
selbst verschwinden. Nach (5.178) und (5.179) ist es günstig (5.192) umzuschreiben
X ∞
B0 B1 A′1 Bℓ A′ℓ
−εa − εa E0 + εa 2 + εi cos {θ}− εa (ℓ + 1) + εi ℓ P̃ℓ {cos {θ}} = 0 .
r0 r0 r0 ℓ=2
r 0 r 0
(5.193)
174 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Man sieht dann, dass für ℓ = 0 in (5.193) B0 = 0 gefordert werden muss. Schreiben wir
auch (5.191) um,
∞
X
A0 + B0 − A′0 + (B1 − A′1 − E0 r0 ) cos {θ} + (Bℓ − A′ℓ ) P̃ℓ {cos {θ}} = 0 (5.194)
ℓ=2
so folgt mit B0 = 0 die Bedingung A0 = A′0 . Für ℓ = 1 ergibt sich aus (5.194)
B1 A′
−εa E0 − 2εa − εi 1 = 0 (5.196)
r0 r0
mit dem Ergebnis
εa − εi
B1 = −E0 r0 (5.197)
2εa + εi
und
3εa
A′1 = −E0 r0 . (5.198)
2εa + εi
Für ℓ ≥ 2 folgt aus (5.193) und (5.194)
Bℓ − A′ℓ = 0 (5.199)
Bℓ A′
εa (ℓ + 1) + εi ℓ ℓ = 0 (5.200)
r0 r0
mit der Lösung
Damit ist das Potenzial bis auf eine willkürliche Konstante A0 festgelegt. Wir wählen A0 = 0
und erhalten für das Potenzial im Innenraum
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 175
3εa 3εa
Vi = − E0 z = − E0 r cos {θ} (5.202)
2εa + εi 2εa + εi
und im Außenraum nach (5.181)
εa − εi r03
Va = − 1 + E0 r cos {θ} . (5.203)
2εa + εi r 3
Dies ist das Potenzial des ungestörten Feldes, dem das Potenzial eines Punktdipols im Ur-
sprung mit Dipolmoment (vergleiche (2.53))
εa − εi
p~ = 4πε0 r03 E0~ez (5.204)
2εa + εi
überlagert wird. Im Innenraum herrscht ein homogenes Feld
~i = 3εa ~
E E0 , (5.205)
2εa + εi
das wegen εi > εa geringer als im ungestörten Fall ist. Die dielektrische Verschiebung im
Innenraum ist
D ~ i = 3εa εi ε0 E
~ i = εi ε0 E ~ 0 = ε0 E
~ i + P~i , (5.206)
2εa + εi
wobei für die letzte Gleichheit (2.74) benutzt wurde. Für die Polarisation erhält man
P~i = D ~ i = 3 εi − 1 ε0 εa E
~ i − ε0 E ~0 . (5.207)
2εa + εi
Da das Feld konstant ist, gilt für die Polarisationsladungsdichte
~ ◦ P~i = 0
̺P = −∇ (5.208)
~ ~ ~ ~
ε0 Ea ◦ ~n − ε0 Ei ◦ ~n = −~n ◦ Pa − Pi = ̺PS , (5.209)
176 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
wobei ~n einen nach außen weisenden Normaleneinheitsvektor auf der Kugeloberfläche dar-
~ stetig ist. Wie in Abbildung 5.7
stellt und beachtet wurde, dass die Normalkomponente von D
veranschaulicht ist, wird die Oberflächenpolarisationsladungsdichte durch die ausgerichte-
ten Dipole an der Oberfläche verursacht.
+ n -
+ -
+ - + - + -
+ - + - + -
Abbildung 5.7: Ausgerichtete + - + - + -
+ - + - + -
Dipole an der Kugeloberfläche + - + -
+ -
Diese Dipole erzeugen ein Gegenfeld, das die Feldstärke im Innern der Kugel reduziert. Im
Vakuum-Außenraum gilt P~a = 0, εa = 1 und somit ist
εi − 1
̺PS = P~i ◦ ~n = 3ε0 E0 cos {θ} . (5.210)
2 + εi
5.1.5.2 Entelektrisierung
~
~N = E
E ~ 0 = − εi − 1 E
~i − E ~ 0 = − 1 Pi (5.211)
εi + 2 3 ε0
~ N und P~i haben entgegengesetzte Richtung. Einen ähnlichen
heißt entelektrisierendes Feld. E
einfachen Zusammenhang mit einem homogenen Feld im Dielektrikum erhält man für Kör-
per, die die Gestalt eines Rotationsellipsoids besitzen oder Grenzfälle davon sind. Allgemein
gilt die Beziehung
~
E ~ 0 − N Pi
~i = E , (5.212)
ε0
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 177
1 1
wobei sich die Entelektrisierungsfaktoren unterscheiden. Es ist N = 3
für Kugeln, N = 2
für Kreiszylinder mit äußerem Feld senkrecht zur Achse und N = 1 für unendlich ausge-
dehnte Platten mit äußerem Feld senkrecht zur Platte.
ZZZ
2
Q= ̺V d3 r = QS · r ′ · sin{θ′ } (5.213)
zu
Q
̺S = QS · δ{θ − θ′ } · δ{ϕ − ϕ′ } = δ{θ − θ′ } · δ{ϕ − ϕ′ } (5.214)
r′2 sin{θ′ }
bestimmen.
Für das Potenzial innerhalb und außerhalb der Kugel machen wir den Ansatz
∞ X
X ℓ A r ℓ r −(ℓ+1)
1,ℓ,m r ′ + B1,ℓ,m r ′ für 0 ≤ r ≤ r ′
V = Yℓ,m {θ, ϕ} · (5.215)
A r ℓ
+ B2,ℓ,m r −(ℓ+1)
für r ′ ≤ r .
ℓ=0 m=−ℓ 2,ℓ,m r′ r′
Mit den Randbedingungen, dass das Potenzial im Kugelmittelpunkt endlich bleiben muss
und auf der Fernkugel nicht divergieren darf sowie auf der Kugeloberfläche stetig sein muss,
ergeben sich für die Konstanten B1,ℓ,m = 0 , A2,ℓ,m = 0 und A1,ℓ,m = B2,ℓ,m = Aℓ,m und
somit
178 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
∞
X ℓ
X r ℓ
r′
für 0 ≤ r ≤ r ′
V = Aℓ,m Yℓ,m {θ, ϕ} · (5.216)
r −(ℓ+1)
für r ′ ≤ r .
ℓ=0 m=−ℓ r′
Die Konstante Aℓ,m in (5.216) wird aus dem Sprung im Normal-, also Radialanteil, der
~2 − D
dielektrischen Verschiebung an der Kugeloberfläche ~er ◦ (D ~ 1 ) |r=r′ = ̺S berechnet und
∞ X
X ℓ
2ℓ + 1
̺S = ε0 · Aℓ,m Yℓ,m {θ, ϕ} ′
= QS · δ{θ − θ′ } · δ{ϕ − ϕ′ } (5.217)
ℓ=0 m=−ℓ
r
2ℓ + 1 ∗ Q ∗
ε0 Aℓ,m · ′
= QS · Yℓ,m {θ′ , ϕ′ } · sin{θ′ } = ′ 2 Yℓ,m {θ′ , ϕ′ } (5.218)
r r
∞ X
X ℓ r ℓ
Q 1 1 ∗ ′ ′ r′
für 0 ≤ r ≤ r ′
V = · ′· Yℓ,m {θ, ϕ} · Yℓ,m {θ , ϕ } ·
ε0 r ℓ=0 m=−ℓ 2ℓ + 1 r ′ ℓ+1
r
für r ′ ≤ r .
(5.219)
offenbar das Potenzial einer Punktladung Q am Ort (r ′ , θ′ , ϕ′ ). Wir erhalten aus dem Ver-
Q
gleich mit V = 4πε0
· |~r−1r~′ | ganz allgemein
∞ X
X ℓ r ℓ
1 1 1 ∗ ′ ′ r′
für 0 ≤ r ≤ r ′
= ′· Yℓ,m {θ, ϕ} · Yℓ,m {θ , ϕ } ·
4π|~r − r~′ | r ℓ=0 m=−ℓ 2ℓ + 1 r ′ ℓ+1
für r ′ ≤ r .
r
(5.220)
5.1. ORTHOGONALENTWICKLUNG 179
5.1.6 Multipolentwicklung
ZZZ
1 ̺
V = · ′
d3 r ′ . (5.221)
4πεε0 |~r − ~r |
Das Potenzial in großer Entfernung von den Quellen soll systematisch diskutiert werden.
Für diesen Sachverhalt kann man annehmen, dass sich die Quellverteilung im Zentrum ei-
ner Kugel mit dem Radius r0 befindet. Wegen der großen Kugelausdehnung erscheint es
zweckmäßig den Radialteil und den Winkelteil voneinander zu separieren, wie es mit dem
Ansatz
∞ ℓ
1 X X 1 −(ℓ+1)
V = qℓ,m · Yℓ,m {θ, ϕ} · r (5.222)
εε0 ℓ=0 m=−ℓ 2ℓ + 1
geschieht. Bei dem Ansatz wurde gleich berücksichtigt, dass das Potenzial auf der Fernkugel
nicht divergieren darf. Die Multipolmomente qℓ,m errechnen sich, indem man in (5.221) das
Ergebnis (5.220) aus Beispiel 5.1.2 des vorigen Abschnittes einsetzt, (5.221) und (5.222)
gleichsetzt und schließlich eine Orthogonalentwicklung durchführt. Man erhält
ZZZ
qℓ,m = ̺ · r ′ℓ · Yℓ,m
∗
{θ′ , ϕ′ } d3 r ′ (5.223)
mit dem charakteristischen Produkt aus Ladung und Entfernung zum Ursprung zur Potenz
ℓ. Der Ausdruck Moment rührt aus dem Vergleich zur Mechanik, wo das Drehmoment aus
dem Produkt von Kraft und Abstand zum Drehpunkt errechnet wird. Höhere Momente er-
rechnen sich aus der Kraft und dem zur Potenz ℓ erhobenen Abstand. Für einen Monopol
ρr = q · d3 {~r} ist ℓ = 0, der Dipol wird durch ℓ = 1 gekennzeichnet, wie durch direktes
Ausrechnen von
r ZZZ r
1 1
q0,0 = · ̺ d3 r ′ = q ·
4π 4π
180 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
r ZZZ
3 1
q1,1 = · ̺ · r ′ exp{iϕ′ } · d3 r ′
4π 2
r ZZZ r
3 3
= · ̺(x′ − iy ′ ) d3 r ′ = − (p~x ◦ e~x − ip~y ◦ e~y )
8π 8π
r ZZZ r
3 ′ 3 ′ 3
q1,0 = · ̺z d r = − p~z ◦ ~ez (5.224)
4π 4π
leicht einsehbar ist. Multipolmomente mit negativer Azimutalordnung m können aus denen
mit positivem m wegen (5.165) aus
ermittelt werden.
geerdete Metallfläche gebildet wird, sie kann aber auch durch zwei verschiedene Materialien
gebildet werden. In diesem Fall sind die Spiegelladungen genauso wie bei einer metallischen
Grenzfläche anzuordnen, sie haben nur eine modifizierte Ladung.
Zunächst soll hier der Einfluss einer ebenen geerdeten Metallfläche auf die Potenzialvertei-
lung einer Punktladung im freien Raum untersucht werden. Wir betrachten nach Abbildung
5.8 eine Punktladung Q bei z = z ′ > 0 auf der z-Achse und fordern, dass das Potenzial
in der xy-Ebene bei z = 0 verschwinden möge. Beispiel hierfür ist ein Elektron vor einer
geerdeten Metallplatte. Wir suchen das Potenzial in der Halbebene z > 0 vor der Platte.
Bei der Spiegelungsmethode geht man folgendermaßen vor. Man setzt im Lösungsgebiet
z > 0 zunächst das Potenzial der ungestörten Punktladung Q an und versucht dann durch
Anbringen zusätzlicher Ladungen außerhalb des Lösungsgebietes die Randbedingung auf
der Grenzfläche zu erfüllen. Wie wir sehen werden, reicht bei einer ebenen Grenzfläche eine
zusätzliche Ladung aus. Setzt man nämlich eine sogenannte elektrische Spiegelladung
Q′ = −Q (5.226)
an die Stelle
182 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
z = −z ′ , (5.227)
1 Q Q′
V (~r ) = +
4πε0 |~r1 | |~r2 |
!
1 Q Q
= p −p
4πε0 x2 + y 2 + (z − z ′ )2 x2 + y 2 + (z + z ′ )2
!
1 Q Q
= p −p (5.228)
4πε0 ρ2 + (z − z ′ )2 ρ2 + (z + z ′ )2
mit ρ2 = x2 + y 2 .
Offenbar ist die Randbedingung V {x, y, z = 0} = 0 erfüllt. Das System der beiden Punkt-
ladungen erzeugt dasselbe Potenzial wie eine Punktladung und die auf einer Metallplatte
influenzierte Oberflächenladung. Da das Innere der Metallplatte feldfrei ist, erhält man für
die influenzierte Oberflächenladungsdichte
∂V
̺S {x, y} = Dz {x, y, z = 0} = −ε0
∂z z=0
" #
′ ′
−Q −(z − z ) −(z + z )
= 3/2
−
4π (ρ + (z − z ) )
2 ′ 2 (ρ + (z + z ′ )2 )3/2 z=0
2
Q z′
=− . (5.229)
2π (ρ2 + z ′ 2 )3/2
Integration über die x, y-Ebene liefert die gesamte influenzierte Ladung ( dx dy = ρ dρ dφ)
ZZ
∞
Qinf = ̺S {x, y} dx dy
−∞
Z2πZ∞
Qz ′ ρ
=− dρ dφ (5.230)
2π (ρ2 + z ′ 2 )3/2
0 0
5.2. SPIEGELUNGSMETHODE 183
ρ=∞
′ −1
= −Qz = −Q .
(ρ + z ′ 2 )1/2
2
ρ=0
Die gesamte influenzierte Oberflächenladung ist also gleich dem Negativen der influenzie-
renden Ladung.
Man kann nun einfach das Superpositionsprinzip und die Spiegelungsmethode kombinieren,
um das Potenzial einer im positiven Halbraum befindlichen kontinuierlichen Ladungsvertei-
lung ̺V {x, y, z > 0} anzugeben, das der Randbedingung V {x, y, z = 0} = 0 genügt. Man
erhält es in Analogie einfach als Summe zweier Coulombintegrale
ZZ
∞ Z∞
1 ̺ {x′ , y ′, z ′ }
V {x, y, z ≥ 0} = p dz ′ dx′ dy ′
4πε0 ′ 2 ′ 2 ′
(x − x ) + (y − y ) + (z − z ) 2
−∞ 0
(5.231)
ZZ
∞ Z0
1 ̺ {x′ , y ′, z ′′ }
+ p dz ′′ dx′ dy ′ .
4πε0 (x − x′ )2 + (y − y ′ )2 + (z − z ′′ )2
−∞ −∞
Ist die Metallfläche auf einem konstanten Potenzial, so resultiert das ganze Potenzial aus der
Überlagerung von dem hier dargestellten mit der Potenzialverteilung, die die Metallplatte
allein erzeugen würde.
Leider lässt sich die Spiegelungsmethode nur für wenige Flächen explizit durchführen. Für
eine geerdete Metallkugel in Abbildung 5.9 kann man Ort und Größe der erforderlichen
184 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
1 Q′ Q′′
V {~r} = +
4πε0 |~rQ′ | |~rQ′′ |
(5.233)
′ ′′
Q Q
= q + q .
4πε0 x2 + y2 + (z − z ′ )2 4πε0 x2 + y2 + (z − z ′′ )2
Q′ −Q′′
p =p (5.234)
(r0 − z ′ )2 (r0 − z ′′ )2
und
Q′ −Q′′
p =p . (5.235)
(r0 + z ′ )2 (r0 + z ′′ )2
5.2. SPIEGELUNGSMETHODE 185
Nun ist z ′ > r0 > 0 aber 0 < z ′′ < r0 anzunehmen, so dass für die Position der Spiegella-
dung folgt
z ′ · z ′′ = r02 (5.236)
Q′ r0
Q′′ = − . (5.237)
z′
′ ′
Q 1 r0 /z
V {x, y, z} = p − q .
4πε0 x2 + y 2 + z 2 − 2zz ′ + z ′ 2 r2 r04
x2 + y 2 + z 2 − 2z z0′ + z′2
(5.238)
Durch Einsetzen überzeugt man sich leicht davon, dass für alle Punkte auf der Kugeloberflä-
che mit x2 + y 2 + z 2 = r02 die Randbedingung V = 0 erfüllt ist. Der zweite Summand ist der
Beitrag der Bildladung.
In Polarkoordinaten r 2 = x2 + y 2 + z 2 = |~r|2 , r ′ = z ′ lässt sich das Potenzial schreiben als
!
′
Q 1 r0 1
V {r, θ, ϕ} = V0 + Vi = · − · , (5.239)
4πε0 |~r − r~′ | r |~r − r0′ 2 r~′ |
′
r
wobei V0 das Potenzial der Originalladung und Vi das Potenzial der Bildladung bezeichnet.
Man erkennt
n o
r 0 r 0
2
Vi ~r, r~′ = − ′ V0 ~r, ′ r~′ (5.240)
r r
Diese Inversion des Potenzials an einer geerdeten Kugeloberfläche gilt ganz allgemein für
beliebige Ladungsverteilungen.
186 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
der Abstand aus dem Mittelpunkt des Zylinders folgt dem Gesetz
r2 · r1 = R 2 . (5.242)
Das Potenzial an einem beliebigen Punkt außerhalb des Zylinders resultiert mit den Abstän-
den zur Originalladung und zur Spiegelladung a und b
̺L r1 b
V {P } = · ln · (5.243)
2πε0 R a
Die Greensche Funktion ist das normierte Potenzial einer Punktladung in einem bestimm-
ten Raum mit festgelegten Randbedingungen. Das in der Elektrostatik gewonnene Ergebnis
kann vorteilhaft in der Elektrodynamik zur Berechnung verschiedener Feldgrößen, z.B. bei
Abstrahlungsproblemen von Antennen, eingesetzt werden.
Ausgangspunkt ist dabei die Lösung der Poissongleichung für eine δ-förmige Ladungsvertei-
lung (Punktladung). Zusätzlich wollen wir noch verlangen, dass das Potenzial auf dem Rand
δK des betrachteten Volumenbereichs K verschwindet. Die Geometrie ist in Abbildung 5.11
dargestellt.
Gesucht wird also das Potenzial V {~r } im Gebiet K, das von einer Punktladung ̺ {~r} =
Qδ (3) {~r − ~r ′ } am Ort ~r ′ erzeugt wird. Zusätzlich soll für Aufpunkte ~r auf dem Rand δK das
Q
Potenzial verschwinden, also V {~r } = 0 für ~r ∈ δK . Wir schreiben V {~r } = G {~r, ~r ′ } ·
ε0
und haben zu lösen
mit
G wird als Greensche Funktion des Problems bezeichnet. Sie ist das Potenzial einer Punkt-
ladung am Ort ~r ′ , das auf δK die Randbedingung V = 0 erfüllt.
Wird als Gebiet K der gesamte dreidimensionale Raum gewählt, so ist die elektrostatische
Greensche Funktion des freien Raumes
1
GR {~r, ~r ′ } = . (5.246)
4π|~r − ~r ′ |
Offenbar ist für |~r| → ∞ die Randbedingung GR {~r, ~r ′ } = 0 erfüllt. Zum Nachweis, ob eine
Funktion G {~r, ~r ′ } wirklich eine Greensche Funktion ist, wird das Integral
ZZZ ZZZ
3
′
(∆r G {~r, ~r }) · f {~r} d r = − δ (3) {~r − ~r ′ } · f {~r} d3 r = −4π f {~r ′ } (5.247)
,
K K
berechnet. Dabei ist f {~r} eine beliebige quadratintegrable Funktion mit der Eigenschaft
f {~r}|δK = 0.
Aus (5.247) resultiert also als Test für das Vorliegen einer Greenschen Funktion
ZZZ
!
∆r G {~r, ~r ′ } · f {~r} d3 r = −f {~r ′ } . (5.248)
K
Z Z∞Z Z Z∞Z
1 ~r 1 ~ r f {~r} d3 r
∆r f {~r} d3 r = − ∇ ◦∇
4π|~r − ~r ′ | 4π|~r − ~r ′ |
−∞ −∞
Z Z∞Z Z Z∞Z
~ r′ 1 ~ r f {~r} d3 r = ∇
~ r′ 1 ~ r f {~r} d3 r
= ∇ ′
◦∇ ′
◦∇
4π|~r − ~r | 4π|~r − ~r |
−∞ −∞
5.3. GREENSCHE FUNKTION 189
Z Z∞Z
~ r′ ◦ ~r 1
= −∇ ∇ f {~r} d3 r (5.249)
4π|~r − ~r ′ |
−∞
Z Z∞Z
~ r′ ◦ ~r ′ − ~r
= −∇ f {~r} d3 r
4π|~r ′ − ~r |3
−∞
′
= −f {~r }
Für die letzte Gleichheit haben wir die Ergebnisse aus den Abschnitten 1.4.2 und 1.4.3 be-
nutzt. Insgesamt haben wir also
Z Z∞Z Z Z∞Z
1 3
−∆r ′
f {~r} d r = f {~r } = δ (3) {~r − ~r ′ } f {~r} d3 r(5.250)
4π|~r − ~r ′ |
−∞ −∞
also
1
∆r = −δ (3) {~r − ~r ′ } (5.251)
4π|~r − ~r ′ |
und damit erfüllt (5.246) die Bedingungen der Greenschen Funktion (5.244).
Nach den Ergebnissen der Spiegelungsmethoden für ebene Flächen und für Kugelflächen ist
die elektrostatische Greensche Funktion für den Halbraum z > 0
"
1 1
GH {~r, ~r ′ } = p
4π (x − x′ )2 + (y − y ′)2 + (z − z ′ )2
#
1
−p (5.252)
(x − x′ )2 + (y − y ′)2 + (z + z ′ )2
und die elektrostatische Greensche Funktion für eine Kugel mit Radius r0 ist
1 r0 1
GK {~r, ~r ′ } = − 2 . (5.253)
|~r − ~r | |~r | 0 ~r − ~r ′
′ r
r |2
|~
190 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Nachdem wir einige Greensche Funktionen kennengelernt haben, wollen wir noch zeigen,
dass die Greensche Funktion im Gebiet K symmetrisch ist, also
gilt. Diese Eigenschaft hat wichtige Auswirkungen im Hinblick auf die Reziprozität. Sie be-
sagt, dass der Beobachtungspunkt ~r und der Quellpunkt ~r ′ ohne Auswirkung auf die Poten-
zialverteilung austauschbar sind. Zum Nachweis benutzen wir das zweite Greensche Theo-
rem
ZZZ
(φ∆ψ − ψ∆φ) d3 r = d2 r
K
ZZ
= ~ − ψ ∇φ
φ∇ψ ~ ◦ d2~r (5.255)
SK
setzen
und beachten, dass φ {~r} und ψ {~r} als Greensche Funktionen auf dem Rand δK verschwin-
den. Es folgt
ZZZ h i
3
0= G{~r, ~x} −δ (3) {~r − ~x′ } − G{~r, ~x′ } −δ ( ) {~r − ~x} d3 r
K
= − (G{x′ , x} − G{x, x′ }) (5.258)
̺ {~r}
∆V {~r} = − (5.259)
εε0
ZZZ ZZ
1 ~ r′ G {~r, ~r ′ } ◦ d2 r~′
V {~r} = G {~r, ~r ′ } ̺ {~r ′ } d3 r ′ − f {~r ′ } ∇ . (5.261)
εε0
K SK
Zum Nachweis wenden wir das zweite Greensche Theorem (5.255) auf φ {~r } = V {~r } und
ψ {~r } = G {~r, ~r ′ } an und erhalten für die linke Seite
ZZZ
r ′}
′ ̺ {~
′ (3) ′
V {~r } −δ {~r − ~r } + G {~r, ~r } d3 r ′
εε0
K
ZZZ
̺ {~r ′ } 3 ′
= − V {~r} + G {~r, ~r ′ } · d r (5.262)
εε0
K
ZZ ZZ
′ ~ ′ ′ ~ ′ 2 ′
V {~r }∇{~r, ~r } − G{~r, ~r }∇{~r } ◦ d ~r = ~ r, ~r′ } ◦ d2~r′
V {~r′ }∇G{~
SK SK
ZZ
= ~ r , ~r′} ◦ d2~r′
f {~r′}∇G{~
SK
(5.263)
192 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
denn auf dem Rand δK gelten G = 0 und V = f {~r }. Aus (5.262) und (5.263) folgt unmit-
telbar (5.261).
Zwei Spezialfälle von (5.261) sind interessant. Für die allgemeine Lösung der Laplaceglei-
chung ∆V = 0 in raumladungsfreien Gebieten mit ̺ = 0 erhält man die allgemeine Lösung
ZZ
V {~r} = − ~ r′ G {~r, ~r ′ } ◦ d2 r~′
f {~r ′ } ∇ , (5.264)
SK
die eine vorgegebene Randbedingung V |δK = f {~r } auf dem Rand erfüllt. Ist andererseits
das Potenzial auf dem Rand δK gleich Null, dann vereinfacht sich die allgemeine Lösung der
Poissongleichung zu
ZZZ
1
V {~r} = G {~r, ~r ′ } ̺ {~r ′ } d3 r ′ . (5.265)
εε0
K
In jedem Fall muss man aber die Greensche-Funktion G kennen, deren Auffinden im allge-
meinen nicht ganz einfach ist.
Beispiel 5.3.1:
Wir wollen das Potenzial im ladungsfreien Außenraum ̺ {~r } = 0 einer Kugel mit Radius
r0 berechnen, wenn f {~r } = f {r0 , θ, ϕ} auf der Kugeloberfläche vorgegeben ist. Wir gehen
nach (5.264) vor und bemerken zunächst
′
∇ ~ r′ GK ◦ −~r d2 r ′
~ r′ GK {~r, ~r ′ } ◦ d2~r = ∇ , (5.266)
|~r ′ |
weil der Normalenvektor vom Außenraum auf den Kugelmittelpunkt gerichtet ist. Mit GK
nach (5.253) kann man nach einiger Rechnung zeigen, dass gilt
~ ~ −~r ′ −(r 2 − r02 )
∇r′ GK ◦ ~n = ∇r′ GK ◦ ′ = (5.267)
|~r | r′ =r0 4πr0 (r 2 + r02 − 2r0 r cos {γ})3/2
mit
5.4. KONFORME ABBILDUNGEN 193
~r ◦ ~r ′
cos {γ} = (5.268)
|~r ||~r ′ |
′ ′ ′
= sin {θ} sin {θ } cos {ϕ} cos {ϕ } + sin {ϕ} sin {ϕ } + cos {θ} cos {θ′ } .
Auf der Kugeloberfläche ist d2 r = r0 2 sin {θ} dθ dϕ, so dass das gesuchte Potenzial in
Polarkoordinaten geschrieben werden kann
Z2πZπ
−(r 2 − r02 )r02
V {r, θ, ϕ} = − f {r0 , θ′ , ϕ′ } sin {θ′ } dθ′ dϕ′ ,
4πr0 (r 2 + r02 − 2r0 r cos {γ})3/2
0 0
(5.269)
wobei cos {γ} die Abhängigkeit nach (5.269) besitzt. Wegen der komplizierten Abhängigkeit
des Integranden muss man das Integral im allgemeinen numerisch auswerten. Für Aufpunkte
auf der z-Achse mit θ = 0 reduziert sich die letzte Gleichung auf
Z2πZ1
r 2 − r02 r02 · f {r0 , θ′ , ϕ′}
V {r, θ = 0, ϕ} = d {cos {θ′ }} dϕ′ (5.270)
4πr0 (r 2 + r02 − 2r0 r cos {θ′ })3/2
0 −1
Dieses Integral lässt sich zum Beispiel für zwei auf verschiedenem Potenzial befindliche
Halbkugeln geschlossen auswerten.
Wie bereits gesagt sind das Potenzial und die Ladungsverteilung von der z-Koordinate un-
abhängig, also V {~r } = V {x, y} und ̺ {~r } = ̺ {x, y}. Die Poissongleichung vereinfacht
sich zu
∂2V ∂2V ̺ {x, y}
2
+ 2
=− , (5.271)
∂x ∂y εε0
und in raumladungsfreien Bereichen gilt die Laplacegleichung
∂ 2 V {x, y} ∂ 2 V {x, y}
+ =0 . (5.272)
∂x2 ∂y 2
1 −i
Z = x + iy , x = (Z + Z ∗ ) , y= (Z − Z ∗ ) (5.273)
2 2
der komplexen Zahlenebene auf sich. Für eine analytische Funktion f {Z} ist die Abbildung
winkeltreu, und es müssen die
Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen
∂Φ {x, y} ∂Ψ {x, y}
=
∂x ∂y
(5.275)
∂Φ {x, y} ∂Ψ {x, y}
= −
∂y ∂x
∂ 2 Φ {x, y} ∂ 2 Φ {x, y}
+ =0 (5.276)
∂x2 ∂y 2
und
5.4. KONFORME ABBILDUNGEN 195
∂ 2 Ψ {x, y} ∂ 2 Ψ {x, y}
+ =0 . (5.277)
∂x2 ∂y 2
Der Realteil Φ = Re {f {Z}} und Imaginärteil Ψ = Im {f {Z}} jeder analytischen Funk-
tion genügt der Laplacegleichung, und man kann folglich den Real- oder dem Imaginärteil
einer analytischen Funktion als Potenzialverteilung VR eines zweidimensionalen elektrosta-
tischen Problems auffassen. Die Aufgabe besteht nun darin, eine mögliche Elektrodenanord-
nung zu finden, mit der die Potenzialverteilung realisiert werden kann. Dies gelingt offenbar
durch Anbringen von (infinitesimal dünnen) Elektroden auf den Äquipotenzialflächen.
~ = ∇V
Das elektrische Feld wird aus E ~ R bestimmt. Auch die Feldstärke ist nur von den zwei
E = Ex + iEy (5.278)
∂
zusammengefasst werden. Falls Φ als Potenzial VR aufgefasst wird, gilt Ex = − ∂x Φ und
∂
Ey = − ∂y Φ. In der komplexen Darstellung folgt mit (5.275)
∗ ∂ ∂ 1 ∂ ∂ 1 ∂ ∂
−E = Φ−i Φ= Φ+ Ψ −i Φ− Ψ (5.279)
∂x ∂y 2 ∂x ∂y 2 ∂y ∂x
1 ∂ ∂ 1 ∂ ∂
= Φ+i Ψ + Ψ−i Φ (5.280)
2 ∂x ∂x 2 ∂y ∂y
1 ∂ ∂
= −i (Φ + iΨ) . (5.281)
2 ∂x ∂y
Beim Übergang in die komplexe Zahlenebene bietet es sich an, nicht länger mit x und y zu
rechnen, sondern gleich die Variable Z zu verwenden. Dazu ist es vorteilhaft, zunächst den
Nabla- und Laplaceoperator umzuschreiben in
~Z = ∂ 1 ∂ ∂
∇ = −i
∂Z 2 ∂x ∂y
~ =
∗ ∂ 1 ∂ ∂
∇ Z = +i
∂Z ∗ 2 ∂x ∂y
2
~ ~ ∗ 1 ∂ ∂2
∆Z = ∇Z ◦ ∇Z = + . (5.282)
4 ∂x2 ∂y 2
196 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Das zunächst recht merkwürdig erscheinende Minuszeichen ist auf die Verwendung der
Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen (5.275) bei der Berechnung des komplexen
elektrischen Feldes aus dem komplexen Potenzial zurückzuführen.
Anwenden des komplexen Nabla-Operators auf das komplexe Potenzial muss das komplexe
elektrische Feld ergeben. Es gilt die bekannte Formel
~ ZV
E ∗ = −∇ . (5.283)
Wird der Realteil von V als Potenzial identifiziert, spricht man vom Originalproblem, im
anderen Fall, also wenn der Imaginärteil von V als Potenzial betrachtet wird, handelt es sich
∂
um das sogenannte Duale Problem. Das elektrische Feld resultiert dann aus Ex = − ∂x Ψ
∂
und Ey = − ∂y Ψ, was ähnlich wie oben zu
~ ZV
E ∗ = −i∇ (5.284)
Z − Z1 Z − Z1
V = V0 = V0 (5.285)
Z2 − Z1 d
mit reellem d und V0 führt auf das Potenzial des Plattenkondensators (2.152). Es resultiert
zunächst
V0
V = x − x1 + i(y − y1 ) (5.286)
d
wie in Abbildung 5.12 zu sehen ist.
5.4. KONFORME ABBILDUNGEN 197
Äquipotentiallinien u = const.
w = f(z) = z
y z - Ebene
x
Feldlinien
Abbildung 5.12: Beschreibung eines v = const.
Plattenkondensators durch die analy-
tische Funktion V = f {Z} =
Z−Z1
Z2 −Z1
· V0
Elektroden auf Äquipotentiallinien
Wenn die Beschreibung der Elektroden durch y = y1 bzw. y = y1 + d erfolgen muss, der
Kondensator also um 90o in der x-y-Ebene gedreht liegt, folgt Im {V } = konst auf den
Elektroden und es handelt sich um das duale Problem. Das reelle Potenzial folgt dann aus
VR = Im {V } = V0 y−y
d
1
.
Die elektrische Feldstärke erhält man in diesem Beispiel als negativen Gradienten des Po-
tenzials
E ~ R = − ∂Φ · ~ex − ∂Φ · ~ey
~ {x, y} = −∇V . (5.287)
∂x ∂y
In der komplexen Darstellung folgt für das Originalproblem aus (5.283) und (5.285)
~ Z V = − V0
E ∗ = Ex + iEy = −∇ . (5.288)
d
∇Φ ~ = ∂Φ ∂Ψ + ∂Φ ∂Ψ = 0
~ ◦ ∇Ψ (5.290)
∂x ∂x ∂y ∂y
sind die Linienscharen Φ =const. und Ψ =const. zueinander orthogonal. Im betrachteten
Beispiel des Plattenkondensators sind die Feldlinien durch y =const. gegeben.
Z −1 Z
V = V0 arcosh = V0 cosh . (5.291)
a a
Hierfür ist
V Φ Ψ
Z = a cosh = a cosh +i
V0 V0 V0
(5.292)
Ψ Φ Ψ Φ
= a cos cosh + i a sin sinh
V0 V0 V0 V0
(5.293)
und damit
Ψ Φ Ψ Φ
x = a cos cosh , y = a sin sinh . (5.294)
V0 V0 V0 V0
Außerdem gilt
x2 y2 2 Ψ 2 Ψ
n o+ n o = cos + sin =1 (5.295)
a2 cosh2 Φ
a2 sinh2 Φ V0 V0
V0 V0
und
5.4. KONFORME ABBILDUNGEN 199
x2 y2 Φ Φ
n o− n o = cosh2 2
− sinh =1 . (5.296)
Ψ
a2 cos2 V0 a2 sin VΨ0
2 V0 V0
Wir fassen Φ{x, y} als Potenzial und Ψ{x, y} als zugehörige Feldlinien auf. Die Äquipo-
tenziallinien Φ{x, y} =const. sind nach Gleichung (5.295) konzentrische Ellipsen und die
Feldlinien Ψ{x, y} =const. sind nach (5.296) konzentrische Hyperbeln bzw. im Dreidimen-
sionalen elliptische und hyperbolische Zylinder. Die Kurvenscharen sind in Abbildung 5.13
dargestellt. Speziell erhält man für das Potenzial einer Schneide der Breite 2a, die sich auf
konstantem Potenzial befindet, elliptische Äquipotenziallinien und hyperbolische Feldlinien.
Bisher haben wir ausgehend von einer analytischen Funktion die zugehörige Potenzialver-
teilung untersucht und mögliche Lagen von Elektroden auf Äquipotenzialflächen angege-
ben. Die umgekehrte Aufgabe, nämlich zu einer vorgegebenen Elektrodenanordnung, d. h.
aus Äquipotenzialflächen, auf das Potenzial zu schließen, ist viel komplizierter. Die hier zu
praktizierende Methode besteht darin, mittels einer geeigneten konformen Abbildung die
200 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
Es sei also in der komplexen Z-Ebene nach Abbildung 5.14 eine Elektrodenanordnung
B1 , B2 gegeben. Gesucht ist das (reelle) Potenzial Φ{x, y}, das auf den Elektroden einen
konstanten Wert annehmen muss und außerdem die Potenzialgleichung
∂2Φ ∂2Φ
+ =0 (5.297)
∂x2 ∂y 2
erfüllen muss. Wir bilden nun vermöge einer konformen Abbildung
W = f {Z} = u + iv (5.298)
die als analytische Funktion einer analytischen Funktion selbst wieder analytisch ist. Dies
bedeutet, dass ihr Realteil
n o n o
Φ {x, y} = Re V {W} = Re V f {Z} (5.301)
die Laplacegleichung (5.297) erfüllt. Da Φ{u, v} auf den Elektroden A1 , A2 konstant ist,
muss Φ{x, y} nach (5.300) und damit das Urbild wegen (5.298) auf B1 , B2 konstant sein.
Die Funktion
n o
Φ{x, y} = Re V f {Z} (5.302)
ist also Lösung des Potenzialproblems. Man spricht beim Einsetzen der Abbildung (5.298)
in die komplexe Potenzialfunktion auch von der Rücktransformation in die Z-Ebene. Wir
werden keine systematische Methode zum Auffinden einer geeigneten Abbildung f {Z} be-
handeln, sondern nur zwei die Methode veranschaulichende Beispiele vorstellen.
Abbildung 5.15: Linienladung ̺L parallel zur Kante einer geerdeten rechtwinkligen Ecke in
der W-Ebene und Abbildung in die Z-Ebene
dung 5.15 , parallel zur Kante angeordnet, eine Linienladung ̺L . Die konforme Abbildung
bildet den ersten Quadranten der Z-Ebene, also x > 0, y > 0, auf die obere Halbebene v >
0 der W-Ebene ab. Die Halbgeraden x > 0, y = 0 und y > 0, x = 0 werden auf die u-Achse
abgebildet. Damit folgt die Randbedingung Φ{u, v = 0} = 0. Die Linienladung gelangt
an den Ort W0 = Z02 . Durch die konforme Abbildung befindet sich jetzt eine Linienladung
bei W0 vor einer geerdeten Halbebene v = 0. Eine Linienladung im freien Raum hat das
Potenzial (vergl. Abschnitt 1.3.2)
( )
̺L 1 ̺L 1
Φ{u, v} = ln p = ln (5.304)
2πε0 (u − u0 )2 + (v − v0 )2 2πε0 |W − W0 |
mit W0 = u0 + iv0 . Die Randbedingung Φ{u, v = 0} = 0 lässt sich durch Anbringen einer
Spiegellinienladung −̺L bei W ∗ = u0 − iv0 erfüllen. Das resultierende Potenzial ist dann
̺L 1 ̺L 1 ̺L |W − W0∗ |
Φ{u, v} = ln − ln = ln .
2πε0 |W − W0 | 2πε0 |W − W0∗ | 2πε0 |W − W0 |
(5.305)
Mit dem
komplexen Logarithmus
̺L W − W0∗
V {W} = Φ{u, v} + i Ψ{u, v} = Ln . (5.307)
2πε0 W − W0
Mit der Abbildung (5.303) erhalten wir nach (5.300)
5.4. KONFORME ABBILDUNGEN 203
̺L Z 2 − Z0∗2 ̺L (Z − Z0∗ )(Z + Z0∗ )
V {Z} = Ln = Ln
2πε0 Z 2 − Z02 2πε0 (Z − Z0 )(Z + Z0 )
(5.308)
̺L 1 1 1 1
= Ln + Ln − Ln − Ln .
2πε0 Z − Z0 Z + Z0 Z − Z0∗ Z + Z0∗
̺L 1 1 1 1
Φ{x, y} = ln + ln − ln − ln .
2πε0 |Z − Z0 | |Z + Z0 | |Z − Z0∗ | |Z + Z0∗ |
(5.309)
Das Potenzial der Linienladung bei Z0 vor einer geerdeten Ecke wird also gemäß Abbildung
5.16 durch die Linienladung bei Z0 und drei weiteren Linienladungen bei −Z0 , Z0∗ und −Z0∗
aufgebaut.
Abbildung 5.17: Linienladung in der Mitte eines Plattenkondensators in der Z-Ebene und
äquivalentes Problem in der W-Ebene
n x o n πy o n πy o
Z
W = f {Z} = k exp π = k exp π cos + i sin = u + iv
a a a a
(5.310)
bildet den Innenraum des Kondensators, also den Streifen −a/2 ≤ y ≤ a/2, −∞ < x < ∞
auf die Halbebene u ≥ 0 der komplexen W-Ebene ab. Die Geraden y = ±a/2, −∞ < x <
∞ werden in die Halbgeraden
n xo n πo n xo n πo n xo
u = k exp π cos ± = 0, v = k exp π sin ± = ±k exp π
a 2 a 2 a
(5.311)
überführt. Die Linienladung gelangt von x = y = 0 nach u = k, v = 0.
Für diese Anordnung einer Linienladung ̺L bei u = k vor einer geerdeten Halbebene bei
u = 0 ist wie beim vorangegangenen Beispiel das komplexe Potenzial durch
̺L W +k
V {W} = Ln (5.312)
2πε0 W −k
gegeben. Rücktransformation mit (5.310) liefert das komplexe Potenzial in der Z-Ebene und
damit das gesuchte Potenzial Φ{x, y}
5.4. KONFORME ABBILDUNGEN 205
n o
̺L (u + k)2 + v 2
Φ{x, y} = Re V {Z} =
ln
4πε0 (u − k)2 + v 2
(5.313)
( πx πy )
̺L 1 + exp 2πx + 2 exp cos
= ln a a
πx a
πy .
4πε0 1 + exp 2πx
a
− 2 exp a
cos a
Bisher haben wir den Fall betrachtet, dass die Abbildung W = f {Z} bekannt ist, bei der
Äquipotenzialflächen der Z-Ebene in die W-Ebene, in der die Lösung der Potenzialglei-
chung bekannt ist, transformiert werden. Man spricht hier von der Transformation auf ein
bekanntes Problem. Die Rücktransformation erfolgt durch Einsetzen von f {Z} anstelle von
W. Manchmal ist aber auch nur die nicht analytisch umkehrbare Funktion Z = g{W} für
die Transformation auf das bekannte Problem bekannt. Formal wird dann genau wie oben
vorgegangen. Zu jedem Punkt in der W-Ebene gibt es einen Punkt in der Z-Ebene. Man
kann Z = g{W} als parametrische Darstellung von Z mit dem Parameter W auffassen. Die
Berechnung des elektrischen Feldes erfolgt nun nach Anwendung der Kettenregel auf
~ Z V {W} = −(∇
E ∗ = −∇ ~ Z W)∇
~ WV (5.314)
für das
Originalproblem
∗ ∇W V {W}
~
E {Z} = − . (5.315)
~ W g{W}
∇ Z=g{W}
~ Z W = (∇
∇ ~ W g)−1 (5.316)
206 KAPITEL 5. SPEZIELLE LÖSUNGSMETHODEN
~ ZW = ∂ W =
∇
1
=
1
=
1
. (5.317)
∂Z ∂ ∂ ~ Wg
∂W
Z ∂W
g ∇
Analog ergibt sich für das
Duale Problem
~ W V
∇
E∗ = i . (5.318)
~ Wg
∇ Z=g
Kapitel 6
Zeitabhängige Felder
Bislang hatten wir bis auf das Faradaysche Induktionsgesetz alle anderen elektromagneti-
schen Gesetze für statische Bedingungen ∂̺V /∂t = 0 formuliert. In der folgenden Diskussi-
on wollen wir prüfen, inwieweit die Beziehungen im allgemeinen Fall zeitlich veränderlicher
Felder gültig bleiben.
Faraday fand im Jahre 1831, dass ein sich zeitlich änderndes Magnetfeld eine elektromoto-
rische Kraft erzeugt, die in einem geschlossenen Leiterweg zu einem Stromfluss führt. Die
elektromotorische Kraft emf ist als Linienintegral
I
emf = ~ ◦ d~ℓ
E (6.1)
C
I ZZ
emf = ~ ◦ d~l = − d
E ~ ◦ d2 S
B ~ , (6.2)
dt
C SC
207
208 KAPITEL 6. ZEITABHÄNGIGE FELDER
~ =E
wobei E ~ {~r, t} und B
~ =B
~ {~r, t} gelten.
Hierbei ist C die orientierte Randkurve der Fläche SC , die Richtungen von d~ℓ und d2~r =⇒ S
hängen über die Rechtsschraubenregel zusammen. Wenn die Fläche SC zeitlich konstant ist,
kann man auch schreiben
I ZZ
~ ◦ d~ℓ = − ∂ ~
E B ◦ d2~r . (6.3)
∂t
C SC
Vermöge des Stokesschen Satzes lässt sich das Kurvenintegral in ein Flächenintegral um-
schreiben
I ZZ
~ ◦ d~ℓ =
E ~ ×E
∇ ~ ◦ d2~r , (6.4)
C SC
~
∇ ~ = − ∂B
~ ×E , (6.5)
∂t
denn die Beziehungen gelten für alle Flächen S. Das Minuszeichen deutet an, dass die elek-
tromotorische Kraft einen Stromfluss in die Richtung erzeugt, die der Magnetfeldänderung
entgegenwirkt. Dieses ist die Lenzsche Regel.
Wir hatten die elektrische Ladung für ruhende Körper definiert. Wir wollen annehmen, dass
sich die Ladung für bewegte Körper nicht ändert. Da sich aber erfahrungsgemäß die elektri-
sche Kraftwirkung mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet, kann das Coulombgesetz
Q′ Q ~r ′ − ~r {t}
F~Q′ = (6.6)
4πε0 |~r ′ − ~r {t} |3
für bewegte Ladungen Q = Q {~r {t}} nicht mehr gültig bleiben. Das Gaußsche Gesetz
6.1. ELEKTROMAGNETISCHE GESETZE FÜR ZEITABHÄNGIGE FELDER 209
∇ ~ = ̺V
~ ◦E , (6.7)
ε0
welches bekanntlich allgemeiner ist, muss nicht unbedingt dieser Einschränkung unterlie-
gen. Wir nehmen an, dass es auch im zeitabhängigen Fall weiterhin zutrifft. Dies lässt sich
insbesondere dadurch begründen, dass hier das Feld und die Raumladung in einem Punkt
miteinander verknüpft werden, so dass eine Ausbreitung nicht berücksichtigt werden muss.
Wegen der zeitlich verzögerten Wirkung der magnetischen Kraft - man spricht von Nahewir-
kung - verliert auch das Biot-Savart Gesetz für zeitlich veränderliche Ströme j~V = j~V {~r, t}
seine Gültigkeit. Aber auch das aus dem Biot-Savart Gesetz gewonnene und somit allgemei-
nere Ampèresche Durchflutungsgesetz kann nicht allgemein gültig sein, denn aus
~ ×B
∇ ~ = µ0~jV (6.8)
∂̺V
− ~ ◦ ~jV = 1 ∇
=∇ ~ ◦ ∇~ ×B
~ ≡0 . (6.9)
∂t µ0
Demnach kann das Ampèresche Gesetz nur im statischen Fall ∂̺V /∂t = 0 gültig sein.
Maxwell machte 1865 den Vorschlag, das Ampèresche Gesetz durch ein allgemeineres zu er-
setzen. Erweitert man (6.8) versuchsweise durch Addition eines zunächst unbekannten Vek-
torfeldes µ0~jD {~r } zu
~ ×B
∇ ~ = µ0 (~jV + j~D ) , (6.10)
~ ~ ~
dann erfordert ∇ ◦ ∇ × B = 0 zusammen mit der Kontinuitätsgleichung und dem Gauß-
schen Gesetz
~
∇ ~ ◦ ~jV = ∂̺V = ∂ ε0 ∇
~ ◦ j~D = −∇ ~ ◦E ~ ◦ ∂E
~ = ε0 ∇ . (6.11)
∂t ∂t ∂t
210 KAPITEL 6. ZEITABHÄNGIGE FELDER
~
∂E
j~D = ε0 . (6.12)
∂t
Die Größe
~
∂E
j~D = ε0 (6.14)
∂t
heißt Verschiebungsstromdichte.
da die Divergenz einer Rotation verschwindet. Dies bedeutet, dass die zeitliche Änderung
~ ◦B
möglicherweise vorhandener und durch ∇ ~ charakterisierter magnetischer Ladungen ver-
schwindet. Es lassen sich keine magnetischen Ladungen erzeugen. Aus dem Biot-Savart Ge-
~ ◦ B {~r } = 0 abgeleitet. Wir wollen im Einklang
setz hatten wir aber für statische Felder ∇
mit (6.15) annehmen, dass
~ ◦B
∇ ~ {~r, t} ≡ 0 (6.16)
1. Modifiziertes Ampèregesetz
~ ~ ~ ∂ ~
∇ × B = µ0 jV + ε0 E , (6.17)
∂t
2. Faraday Gesetz
∇ ~ =−∂B
~ ×E ~ , (6.18)
∂t
3. Gaußsches Gesetz
∇ ~ = 1 ̺V
~ ◦E , (6.19)
ε0
4.
~ ◦B
∇ ~ =0 . (6.20)
Diese Maxwellschen Gleichungen nimmt man als Ausgangsaxiome für die Elektrodynamik.
Es sind acht (gekoppelte) partielle Differentialgleichungen für die zehn Größen
Ex , Ey , Ez , Bx , By , Bz , jx , jy , jz , ̺V , (6.21)
die von den Ortskoordinaten ~r = (x, y, z)T und der Zeit t abhängen. Es ist zu beachten, dass
die Raumladungsdichte und die Stromdichte nicht unabhängig sind, sondern über die
Kontinuitätsgleichung
∂ ~ ◦ ~jV {~r, t} = 0
̺V {~r, t} + ∇ (6.22)
∂t
miteinander verknüpft sind. Damit steht die neunte Gleichung zur Lösung des Differenti-
algleichunssystems zur Verfügung. Bei Vorgabe einer Größe als Quelle lassen sich somit
(wenigstens formal) alle anderen Größen berechnen. Hinzu kommt die volumenbezogene
Lorentzkraft, die Kraftdichte f~, als Verbindung zur Mechanik. Hierfür gilt
ZZZ ZZZ
F~ = f~ d3 r = ̺V ~ ~
E + ~v × B d3 r (6.23)
V V
oder
212 KAPITEL 6. ZEITABHÄNGIGE FELDER
f~ = ̺V E
~ + ~jV × B
~ . (6.24)
~ ×E
∇ ~ =0
(6.26)
~ ◦E
∇ ~ = ̺V
ε0
~ ×B
∇ ~ = µ0 ~jV
(6.27)
~ ◦B
∇ ~ =0
µ0~jV geschrieben. Für zeitlich schnell veränderliche Felder sind die Maxwellgleichungen in
ihrer vollständigen Form zu verwenden.
Kapitel 7
Wenn man alle Ströme und Ladungen, also z. B. auch Molekularströme und Dipolladungen
von Atomen berücksichtigt, gelten die
Maxwellgleichungen
!
~
~ ×B
∇ ~ = µ0 ~jV + ε0 ∂ E , (7.1)
∂t
~
~ ×E
∇ ~ = − ∂B , (7.2)
∂t
~ ◦E 1
~ = ̺V ,
∇ (7.3)
ε0
~ ~
∇◦B = 0 . (7.4)
Die Dipolladungen der Materie werden zweckmäßigerweise pauschal nach räumlicher Mit-
telung über zahlreiche Atome in einem mikroskopischen Volumen und nach zeitlicher Mit-
telung über Zeiten groß gegen die Elektronenumlaufzeit im Molekül berücksichtigt, indem
man nach (2.72) eine Polarisationsraumladungsdichte
213
214 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
~ ◦ P~ {~r, t}
̺P {~r, t} = −∇ (7.5)
einführt. Die Magnetisierung liefert nach (4.60) mit dem Magnetisierungsstrom einen Bei-
trag zur Stromdichte
~ ×M
~jmagn {~r, t} = ∇ ~ {~r, t} , (7.6)
und auch zeitliche Änderungen elektrischer Dipolmomente führen nach (4.46) mit dem Po-
larisationsstrom zu einer Stromdichte
~
~jPol {~r, t} = ∂ P {~r, t} . (7.7)
∂t
Dagegen liefert die Magnetisierung keinen Beitrag zur Ladungsdichte, denn nach der Konti-
nuitätsgleichung ist
∂
~ ◦ ~jmagn {~r, t} = ∇
̺magn {~r, t} = −∇ ~ ◦ ∇
~ ×M
~ {~r, t} ≡ 0 , (7.8)
∂t
da die Divergenz einer Rotation generell verschwindet. Die Materie hat also zu allen Zeiten
dasselbe ̺magn = ̺magn {~r, t0 }. Da im unmagnetisierten Zustand aber ̺magn = 0 gilt, muss
dies immer gelten.
Die Ladungsdichte setzt sich zusammen aus den sogenannten freien und den elastisch ge-
bundenen Ladungsträgern
~ ◦ P~ {~r, t}
̺V {~r, t} = ̺ {~r, t} − ∇ , (7.9)
7.1. DIE MAXWELL GLEICHUNGEN IN POLARISIERBARER MATERIE 215
und es gibt die drei Strombeiträge der sogenannten freien Ströme, der elastisch gebundenen
Ladungsträger in den elektrischen Dipolen und der Magnetisierungsströme
Geht man hiermit in die Maxwellgleichungen (7.3) bis (7.1) ein und benutzt die das Material
charakterisierenden Hilfsfelder der dielektrischen Verschiebung
~ = ε0 E
D ~ + P~ (7.11)
~ = 1B
H ~ −M
~ (7.12)
µ0
~ ×H
∇ ~ = ∂D ~ + ~j , (7.13)
∂t
~ ×E
∇ ~ =−∂B ~ , (7.14)
∂t
∇~ ◦D
~ =̺ , (7.15)
~ ◦B
∇ ~ =0 . (7.16)
Die Kontinuitätsgleichung reduziert sich wegen 7.6, 7.7 und 7.8 mit 7.9 und 7.10 ganz
allgemein auf
~ ◦ ~j + ∂ ̺ = 0 .
∇ (7.17)
∂t
216 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
~ und E
In linearen isotropen Medien können die Felder D ~ bzw. B
~ und H
~ durch die bekannten
erfolgt die Aufspaltung der Stromdichte ~j nach den noch nicht erfassten Strömen ~jR und
~ In ~jR ist unter anderem Diffusionsstrom enthalten, der normaler-
dem ohmschen Strom σ E.
weise vernachlässigbar ist. Aber auch der Fall, dass sich ein hoch leitfähiger Draht in einem
schwach leitfähigen Medium befindet, kann berücksichtigt werden. Diese Konstellation führt
dazu, dass nahezu der gesamte Strom durch den Draht fließt. Der zugehörige Spannungsab-
fall und damit das elektrische Feld entlang des Drahtes ist klein und kann gegen das sonstige
Feld vernachlässigt werden. Damit ist das Modell eines eingeprägten Stromes als Anregung
für die Felder beschrieben.
Die Materialgleichungen lauten
D~ = εε0 E
~ (7.18)
H~ = 1 B ~ (7.19)
µµ0
~ .
~johm = σ E (7.20)
modifiziert.
Häufig findet man in der Literatur auch die Maxwell-Gleichungen in integraler Schreib-
weise. Mit Hilfe der Integralsätze von Gauß und Stokes lassen sich die oben angegebenen
Gleichungen sehr einfach umformen. Das Resultat lautet
I ZZ ZZ
~ ◦ d~ℓ = ∂ ~ ~ 2 ∂ ~ ◦ d2~r + JS
H D+j ◦ d ~r = D (7.25)
∂t ∂t
CS S S
I ZZ
~ ◦ d~ℓ = − ∂
E ~ ◦ d2~r
B (7.26)
CS ∂t
S
ZZ ZZZ
D~ ◦ d ~r = −
2
̺ d3 r = QV (7.27)
SV V
ZZ
B~ ◦ d2~r = 0 (7.28)
SV
Wie schon in der Statik betrachtet, geben die Differentialgleichungen für die Felder Auskunft
über das Verhalten an einer Grenzfläche. Mit dem gleichen Vorgehen wie in den Kapiteln
2.2.5 und 4.4 sollen hier die Stetigkeitsbedingungen zunächst allgemein hergeleitet werden.
~ durch
Ist die Divergenz eines Feldes W
~ ◦W
∇ ~ =X , (7.29)
~2−W
~n ◦ (W ~ 1 ) = XS (7.30)
218 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
~
springen. Gilt für die Rotation des Feldes W
~ ×W
∇ ~ = Y~ , (7.31)
~2−W
~n × (W ~ 1 ) = Y~S . (7.32)
Wenden wir diese Zusammenhänge auf die Maxwellgleichungen (7.13) bis (7.16) an, resul-
tiert
~2 − H
~n × (H ~ 1 ) = ~jS
~2 − E
~n × (E ~ 1) = 0
~2 − D
~n ◦ (D ~ 1 ) = ρS
~2 − B
~n ◦ (B ~ 1) = 0 . (7.33)
Der Zusatz, dass die Zeitableitungen endlich sein müssen, ist unabdingbar. Die Herleitun-
gen, die zu (7.33) führen, enthalten das Produkt aus einer Fläche lim∆S→0 oder einer Strecke
lim∆h→0 mit der Zeitableitung der betrachteten Felder. Bei unendlichen Zeitableitungen, wie
sie zum Beispiel im Einschaltmoment auftreten können, ist dieses Produkt nicht mehr ein-
deutig und muss gesondert bestimmt werden.
Wir betrachten ein punktförmiges Teilchen mit der Ladung q, das sich mit der Geschwindig-
~ und E
keit ~v in den äußeren Feldern B ~ bewegt. Auf das Teilchen wirkt die
7.3. ENERGIESATZ DER ELEKTRODYNAMIK 219
Lorentz Kraft
F~ = q(E
~ + ~v × B)
~ . (7.34)
Bei einer Verschiebung um dℓ verrichtet das Feld am Teilchen die mechanische Arbeit
dWmech = F~ ◦ dℓ = q E
~ ◦ dℓ , (7.35)
denn wegen dℓ = ~v dt steht die magnetische Kraftkomponente stets senkrecht zur Bewe-
gungsrichtung. Die mechanische Leistung ist
dWmech ~ ◦ ~v
= qE (7.36)
dt
Entsprechend erhält man für kontinuierliche Ladungsverteilungen ̺ {~r, t} und Geschwin-
digkeitsfelder ~v {~r, t} die Kraftdichte
h i
f~ {~r, t} = ̺ {~r, t} E~ {~r, t} + ~v {~r, t} × B
~ {~r, t} . (7.37)
Diese mechanische Leistung lässt sich vollkommen durch Feldgrößen ausdrücken. Mit (7.13)
schreiben wir
~
~ ◦ ~j = E
E ~ ◦∇
~ ×H ~ ◦ ∂D
~ −E . (7.40)
∂t
Wir nutzen nun noch mit (7.14) die Beziehung
~
~ ◦ (E
∇ ~ × H)
~ =H
~ ◦∇
~ ×E
~ −E
~ ◦∇
~ ×H ~ ◦ ∂B − E
~ = −H ~ ◦∇
~ ×H
~ , (7.41)
∂t
um den Integranden in (7.39) symmetrisch durch Feldgrößen auszudrücken. Dadurch erhält
man die allgemeine integrale Form einer Leistungsbilanz
220 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
ZZZ ! ZZZ
~ ~
P =− ~ ◦ ∂D + H
E ~ ◦ ∂B + ∇
~ ◦ (E
~ × H)
~ 3
d r= ~ d3 r
~j ◦ E . (7.42)
∂t ∂t
V V
~ = εε0 E
Dies ist der Energieerhaltungssatz der Elektrodynamik. In linearen Medien D ~
~ = µµ0 H
bzw. B ~ gilt nun noch
~
~ ◦ ∂ D = 1 ∂ (E
E ~ ◦ D)
~ (7.43)
∂t 2 ∂t
und
~
~ ◦ ∂ B = 1 ∂ (B
H ~ ◦ H)
~ . (7.44)
∂t 2 ∂t
Definieren wir nun in linearen Medien die elektromagnetische Energiedichte als
1~ ~ 1~ ~
w{~r, t} = wel + wmagn = E ◦D+ H ◦B (7.45)
2 2
mit der
1~ ~
wel := E ◦D (7.46)
2
und der
1~ ~
wmagn := H ◦B (7.47)
2
~ {~r, t} := E
S ~ {~r, t} × H
~ {~r, t} , (7.48)
7.3. ENERGIESATZ DER ELEKTRODYNAMIK 221
ZZZ ZZZ
dWmech ∂w ~ ~ 3 ~ d3 r .
~j ◦ E
=− +∇◦S d r= (7.49)
dt ∂t
V V
Da das Volumen V beliebig ist, muss in linearen Medien die
Kontinuitätsgleichung der Energie
∂w ~ ~ ~
+ ∇ ◦ S = −~j ◦ E (7.50)
∂t
gelten. Sie wird auch als Energieerhaltungssatz in linearen Medien bezeichnet. Die Größe
~ ist die lokal pro Zeiteinheit gespeicherte kinetische Energie des elektrischen Stromes.
~j ◦ E
Sie ist gleich der (negativen) zeitlichen Änderung der Energiedichte ∂w/∂t des elektroma-
~ ◦S
gnetischen Feldes, wenn die Divergenz der Energiestromdichte ∇ ~ verschwindet.
Das Integral
ZZZ ZZ
~ ~ 3
∇◦S d r =
S~ ◦ d2~r (7.51)
V SV
beschreibt den Energiefluss aus der Oberfläche des Volumens heraus.
Die gesamte integrale Energiebilanz ist demnach in linearen Medien
ZZZ ZZZ ZZ
dWmech dWFeld ~ ~ 3 ∂w 3 ~ ◦ d2~r
+ = j◦E d r+ d r=−
S . (7.52)
dt dt ∂t
V V SV
Das heißt, die zeitliche Änderung der Summe aus mechanischer Energie und elektromagne-
tischer Feldenergie ist gleich der in das Volumen einströmenden Feldenergie. Diese Inter-
~ erst sinnvoll. Das Energieerhaltungs-
pretation macht die Definition der Größen w und S
prinzip besagt ja, dass die Abnahme der Feldenergie im Volumen − dWFeld gleich ist dem
in mechanische Energie umgewandelten Anteil dWmech zuzüglich dem aus dem Volumen
ZZ
~ ◦ d2~r.
herausströmenden Anteil dt
S
SV
~ als lokale Energiestromdichte geht gemäß (7.50) nur die Diver-
In die Interpretation von S
~ ◦S
genz des Vektors ∇ ~ ein. Die Energiestromdichte ist deshalb auch durch einen Vektor
S~ ′ = S
~ +∇
~ ×K
~ (7.53)
222 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
gneten die einfache Form der Energieerhaltung nach (7.52) nicht mehr. Man muss vielmehr
noch die ’Hysterese-Energie’ berücksichtigen. Allerdings bleibt (7.42) weiterhin korrekt und
man kann die Darstellung (7.50) retten, wenn man etwas allgemeiner als in (7.45)
∂ ~ ~
~ ◦ ∂D + H
w := E ~ ◦ ∂B (7.54)
∂t ∂t ∂t
definiert.
7.4 Reziprozität
Eng mit dem Energiesatz verknüpft ist das Reziprozitätstheorem. Hier geht es darum, den
Zusammenhang zwischen zwei verschiedenen Lösungen der Maxwellgleichungen zu unter-
suchen. Als Beispiel kann die Betrachtung von zwei Antennen herangezogen werden, bei
denen die eine sendet und die andere empfängt. Das Feld im Raum kann jeweils mit den
Darstellungen bezüglich der Antennen beschrieben werden. Die Frage, was passiert, wenn
eine Umschaltung zwischen Senden ↔ Empfang erfolgt, kann mit dem Reziprozitätstheorem
ohne tatsächliche Kenntnis der Felder sofort beantwortet werden.
Zur Herleitung des Reziprozitätstheorems beginnt man mit zwei verschieden Lösungssätzen
~ 1, H
E ~ 1, D
~ 1, B
~ 1 , ~j1 und E
~ 2, H
~ 2, D
~ 2, B
~ 2 , ~j2 . Für beide Sätze gelten die Maxwellgleichungen
∇ ~1 = − ∂ B
~ ×E ~1
∂t
7.4. REZIPROZITÄT 223
∇ ~1 = ∂ D
~ ×H ~ 1 + ~j1
∂t
∇ ~2 = − ∂ B
~ ×E ~2
∂t
∇ ~2 = ∂ D
~ ×H ~ 2 + ~j2 .
∂t
~ 2 bzw. E
Multiplikation (Skalarprodukt) der ersten beiden Gleichungen mit H ~ 2 und der letz-
~ 1 bzw. E
ten beiden mit H ~ 1 resultiert in
~2 ◦ ∇
H ~ ×E
~ 1 = −H~2 ◦ ∂ B~1
∂t
~2 ◦ ∇
E ~ ×H
~1 = E~2 ◦ ∂ D~1 +E~ 2 ◦ ~j1
∂t
~1 ◦ ∇
H ~ ×E
~ 2 = −H~1 ◦ ∂ B~2
∂t
~1 ◦ ∇
E ~ ×H
~2 = E~1 ◦ ∂ D~2 +E~ 1 ◦ ~j2 .
∂t
Subtraktion der zweiten von der dritten sowie der vierten von der ersten Gleichung ergibt
~1 ◦ ∇
H ~ ×E
~2 − E
~2 ◦ ∇
~ ×H ~2 ◦ ∂ D
~ 1 = −E ~1 − E
~ 2 ◦ ~j1 − H
~1 ◦ ∂ ~
B2
∂t ∂t
~2 ◦ ∇
H ~ ×E
~1 − E
~1 ◦ ∇
~ ×H ~1 ◦ ∂ D
~ 2 = −E ~2 − E
~ 1 ◦ ~j2 − H
~2 ◦ ∂ ~
B1 .
∂t ∂t
Die linke Seite lässt sich zusammenfassen (siehe Anhang B), so dass folgt
~ ◦ E
∇ ~2 × H ~2 ◦ ∂ D
~ 1 = −E ~1 −E
~ 2 ◦ ~j1 − H
~1 ◦ ∂ ~
B2
∂t ∂t
~ ◦ E
∇ ~1 × H ~1 ◦ ∂ D
~ 2 = −E ~2 −E
~ 1 ◦ ~j2 − H
~2 ◦ ∂ ~
B1 . (7.55)
∂t ∂t
Die Differenz der beiden Gleichungen ist das
Reziprozitätstheorem
~ ◦ E
∇ ~1 × H
~2 − E
~2 × H
~1 + E~1 ◦ ∂ D ~2 −E ~2 ◦ ∂ D ~1 ◦ ∂ B
~1 +H ~2 ◦ ∂ B
~2 − H ~1
∂t ∂t ∂t ∂t
= −E~ 1 ◦ ~j2 + E
~ 2 ◦ ~j1 . (7.56)
224 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
Auf Grund der völligen Symmetrie der Gleichungen in den Koeffizienten 1 und 2 lässt sich
nicht unterscheiden, wie die Zuordnung der Felder erfolgt. Mit anderen Worten, im obigen
Beispiel lässt sich Sender und Empfänger nicht unterscheiden, das Resultat ist das gleiche.
Diesen Umstand nennt man Reziprozität und daher hat obige Gleichung den Namen.
Bildet man die Summe in (7.55), resultiert eine
~1 = E
die ebenfalls völlig symmetrisch ist. Setzt man hier E ~ 2 = E,
~ H~1 = H
~2 = H
~ und
~j1 = ~j2 = ~j ergibt sich die Kontinuitätsgleichung der Energie, wie sie im vorherigen Kapitel
bereits auf anderem Weg hergeleitet wurde. Die Darstellung (7.57) wird als Ausgangspunkt
bei der Betrachtung zeitharmonischer Felder genommen, wie später im Abschnitt 8.1.7 ge-
zeigt wird.
~1 =
In linearen Medien vereinfacht sich die Darstellungen von (7.56) etwas: es kann D
~ 1, D
ε0 ε1 E ~ 2 = ε0 ε2 E
~ 2, B
~ 1 = µ0 µ1 H
~ 1 und B
~ 2 = µ0 µ2 H
~ 2 sowie E
~◦ ∂ ~
D ∂ ~
= 1/2 ∂t ~
(E ◦ D)
∂t
~ ◦
und H ∂ ~
B ∂ ~
= 1/2 ∂t ~ verwendet werden. Damit ergibt sich
(H ◦ B)
∂t
1∂
~ ◦ E
∇ ~1 × H
~2 − E
~2 × H
~1 + ε0 (ε2 − ε1 ) E~1 ◦ E
~ 2 + µ0 (µ2 − µ1 ) H
~1 ◦ H
~2
2 ∂t
~ 1 ◦ ~j2 + E
= −E ~ 2 ◦ ~j1 . (7.58)
Wenn das gleiche Problem nur mit zwei verschiedenen Darstellungen beschrieben wird, ist
natürlich ε2 = ε1 = ε und µ2 = µ1 = µ und die Gleichung vereinfacht sich zu
~ ◦ E
∇ ~1 × H
~2 − E
~2 × H
~ 1 = −E
~ 1 ◦ ~j2 + E
~ 2 ◦ ~j1 . (7.59)
Die differentielle Darstellung des Reziprozitätstheorems kann mit Hilfe des Gaußschen In-
tegralsatzes (siehe Anhang B) leicht in eine integrale Darstellung umgeformt werden:
7.4. REZIPROZITÄT 225
ZZ
~ ~ ~ ~
E1 × H2 − E2 × H1 ◦ d2~r
SV
ZZZ
+ ~1 ◦ ∂ D
E ~2 ◦ ∂ D
~2 − E ~1 ◦ ∂ B
~1 +H ~2 ◦ ∂ B
~2 − H ~ 1 d3 r
∂t ∂t ∂t ∂t
V
ZZZ
= ~ 1 ◦ ~j2 + E
−E ~ 2 ◦ ~j1 d3 r , (7.60)
V
ZZ
~ ~ ~ ~
E1 × H2 − E2 × H1 ◦ d2~r
SV
ZZZ
1∂ ~ ~ ~ ~
+ ε0 (ε2 − ε1 ) E1 ◦ E2 + µ0 (µ2 − µ1 ) H1 ◦ H2 d3 r
2 ∂t
V
ZZZ
= ~ 1 ◦ ~j2 + E
−E ~ 2 ◦ ~j1 d3 r . (7.61)
V
~ berücksichtigt werden. Es
In verlustbehafteten linearen Medien muss der Leitungsstrom σ E
ergibt sich
~ ~ ~
∇ ◦ E1 × H2 + E2 × H1 ~ ~
∂ ~ ~ ~ ~
~1 ◦ E
~2
+ ε0 (ε2 − ε1 ) E1 ◦ E2 + µ0 (µ2 − µ1 ) H1 ◦ H2 + (σ2 − σ1 )E
∂t
= −E~ 1 ◦ ~j2 − E
~ 2 ◦ ~j1 , (7.62)
ZZ
E ~1 × H
~2 + E
~2 × H
~ 1 ◦ d2~r
SV
ZZZ
∂ ~1 ◦ E
~ 2 + µ0 (µ2 − µ1 ) H
~1 ◦ H
~ 2 + (σ2 − σ1 )E
~1 ◦ E
~ 2 d3 r
+ ε0 (ε2 − ε1 ) E
∂t
V
ZZZ
=− ~ 1 ◦ ~j2 + E
E ~ 2 ◦ ~j1 d3 r . (7.63)
V
226 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
Mit dieser Darstellung des Reziprozitätstheorems besteht die Möglichkeit, die Feldverteilung
eines gestörten Systems mit der Feldverteilung des ungestörten Systems zu beschreiben. Bei-
spielsweise lassen sich die Feldverteilungen eines verlustbehafteten Wellenleiters mit denen
des verlustfreien Wellenleiters darstellen, aber auch kleine Verformungen oder Einschlüsse
im Dielektrikum lassen sich so erfassen. Das genaue Vorgehen ist etwas gewöhnungsbedürf-
tig und soll hier nicht weiter vertieft werden.
Interessant ist noch eine Betrachtung von eventuellen Quelltermen bei ansonsten linearen
~ = ε0 εE
Medien. Dafür bietet sich die ungewöhnliche Darstellung D ~ + P~Q , B
~ = µ0 µH
~ +
~ Q , an. Unter Berücksichtigung dieser Quell- Polarisationen P~Q und M
µ0 M ~ Q resultiert an
~ ~ ~ ~
∇ ◦ E1 × H2 − E2 × H1~
∂ ~ ~ ~ ~
~1 ◦ E
~2
+ ε0 (ε2 − ε1 ) E1 ◦ E2 + µ0 (µ2 − µ1 ) H1 ◦ H2 + (σ2 − σ1 )E
∂t
= −E~ 1 ◦ ∂ P~Q2 + E ~ 2 ◦ ∂ P~Q1 − µ0 H
~1 ◦ ∂ M ~2 ◦ ∂ M
~ Q2 + µ0 H ~ Q1
∂t ∂t ∂t ∂t
−E~ 1 ◦ ~j2 + E
~ 2 ◦ ~j1 . (7.64)
Die Einführung von Potenzialen dient zur Reduzierung der Zahl der Maxwellgleichungen.
Wegen
~ ◦B
∇ ~ {~r, t} = 0 (7.65)
~ {~r, t} = ∇
B ~ ×A
~ {~r, t} . (7.66)
~ ~ ∂ ~
∇× E+ A =0 (7.67)
∂t
gilt, existiert ein skalares elektrisches Potenzial Φel {~r, t}, derart dass
~ ~ ∂ ~
∇Φel = − E + A (7.68)
∂t
ist. Man erkennt, dass das skalare elektrische Potenzial Φel im statischen Fall in das bereits
bekannte elektrische Potenzial V übergeht. Das elektrische Feld ergibt sich aus den beiden
Hilfsfeldern, dem skalaren Potenzial und dem Vektorpotenzial gemäß
E ~ el − ∂ A
~ = −∇Φ ~ . (7.69)
∂t
Die durch (7.66) und (7.69) definierten Felder erfüllen offenbar die homogenen Maxwell-
gleichungen (7.14) und (7.16) bzw. (7.22) und (7.24). Im folgenden setzen wir homogene
~ = εε0 E
lineare Medien D ~ und B
~ = µµ0 H
~ voraus. Wir erinnern an die in Beziehung
~ × (∇
∇ ~ × A)
~ = ∇(
~ ∇~ ◦ A)
~ − ∆A
~ , (7.70)
2
~ − εε0 µµ0 ∂ ~−∇
~ ∇ ~ ◦A ∂
~ + εε0 µµ0 Φel = −µµ0~j
∆A A
∂t2 ∂t
. (7.71)
~ ∂ ~ ∂2 ~ ~ ~ ~ ∂
∆A − µµ0 σ A − εε0µµ0 2 A − ∇ ∇ ◦ A + µµ0 σΦel + εε0µµ0 Φel = −µµ0~jR
∂t ∂t ∂t
.
(7.72)
~ ◦ ∂A
∆Φel + ∇ ~=− ̺ . (7.73)
∂t εε0
Zusammengenommen sind (7.71) bzw. (7.72) und (7.73) insgesamt vier Gleichungen anstatt
den bisherigen acht Maxwellgleichungen. Die Stromdichte ~j bzw. ~jR und die Ladungsdichte
̺ werden auch als Quellterme bezeichnet, da sie als Anregung in den Differentialgleichungen
~ und Φel verstanden werden können.
für A
In quell- und stromfreien Gebieten können noch zwei weitere Potenziale definiert werden:
Das skalare magnetische Potenzial Φmag mit
~ = −∇Φ
H ~ mag (7.74)
wie es bereits in 4.5.1 eingeführt wurde und das elektrische Vektorpotenzial F~ , das wegen
~ ◦D
∇ ~ = 0 definiert werden kann. Es gilt analog zu B
~ =∇
~ ×A
~
~ =∇
D ~ × F~ . (7.75)
7.5.0.1 Eichinvarianz
~ ′ {~r, t} = A
A ~ {~r, t} + ∇Λ
~ {~r, t} (7.76)
7.5. POTENZIALE UND EICHTRANSFORMATIONEN 229
mit einer beliebigen skalaren Funktion Λ {~r, t} übergehen. Damit sich auch das elektrische
~ bei der Transformation nicht verändert, müssen wir gleichzeitig von Φel zu
Feld E
∂
Φ′el = Φel − Λ (7.77)
∂t
übergehen. Die Funktion Λ heißt auch Eichfunktion. Die Transformationen (7.76) und
(7.77) heißen Eichtransformationen. Bei Anwendung der Transformationen bleibt die Form
der Gleichungen (7.71) und (7.73) unverändert. Die Gleichungen sind, wie man sagt, eichin-
variant. Eichungen werden verwendet, um die Gleichungen (7.71) und (7.73) zu vereinfa-
chen. Die bekanntesten Vertreter sind die Lorenz- und Coulomb Eichung.
7.5.0.2 Eindeutigkeit
Anhand der Eichinvarianz ist sofort ersichtlich, dass skalare Potenziale bis auf die Zeitablei-
tung einer Eichfunktion eindeutig sind, was in der Elektrostatik zur Eindeutigkeit bis auf
eine Konstante führt. Vektorpotenziale sind eindeutig bis auf den Gradienten der Eichfunk-
tion. Dies gilt gleichermaßen in der Statik und der Dynamik.
Coulomb Eichung
~ ◦A
∇ ~=0 . (7.78)
~ A
Dies ist stets möglich. Falls nämlich ∇◦ ~ 6= 0 sei, wähle man die Eichfunktion Λ als Lösung
der Poissongleichung
~ ◦A
∆Λ = −∇ ~ , (7.79)
230 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
~ durch A
ersetze A ~′ = A
~ + ∇Λ
~ und erhalte ∇
~ ◦A
~ ′ = 0. Das skalare elektrische Potenzial Φel
̺ {~r, t}
∆Φel {~r, t} = − (7.80)
εε0
Z Z∞Z
1 ̺ {~r ′ , t} 3 ′
Φel {~r, t} = d r (7.81)
4πεε0 |~r − ~r ′ |
−∞
als Lösung im freien mediengefüllten Raum. Φel {~r, t} ist das instantane Coulombpotenzial
der Ladungsdichte ̺ {~r, t}. Deshalb spricht man von Coulomb Eichung. Für das Vektorpo-
tenzial erhalten wir in Coulomb Eichung bei verlustlosen Medien nach (7.71)
~ ∂2 ~ ~ ∂ Φel − µµ0~j
∆A − εε0 µµ0 2 A = εε0 µµ0 ∇ . (7.82)
∂t ∂t
Setzen wir auf der rechten Seite (7.81) ein und nutzen die Kontinuitätsgleichung, dann folgt
im freien Raum in Coulomb Eichung
2 Z Z∞Z ~ ′ ~ ′
~ − εε0 µµ0 ∂ A
∆A ~ = −µµ0~j − µµ0 ∇
~ ∇ ◦ j {~r , t} 3 ′
d r . (7.83)
∂t2 4π |~r − ~r ′ |
−∞
Das Vektorpotenzial ist demnach bei verlustlosen Medien in Coulomb Eichung durch die
instantane Stromdichte bestimmt, allerdings über eine inhomogene Wellengleichung.
~ und Φ in Coulomb Eichung beileibe nicht eindeutig, denn die Poissonglei-
Natürlich sind A
chung (7.79) hat unendlich viele Lösungen. Man kann zeigen, dass die Coulomb Eichung
nicht unabhängig vom Bezugssystem ist, was sich für die Behandlung relativistischer Pro-
bleme als ungünstig erweist.
7.5. POTENZIALE UND EICHTRANSFORMATIONEN 231
Die Lorenz Eichung führt in verlustlosen Medien (σ = 0) zu einer Entkopplung der beiden
Gleichungen (7.71) und (7.73). Man verlangt für die
Lorenz Eichung
∇ ~ + εε0µµ0 ∂ Φel = 0 .
~ ◦A (7.84)
∂t
Diese Lorenz Bedingung lässt sich stets erfüllen. Falls nämlich (7.84) nicht gültig ist, be-
stimme man die Eichfunktion Λ als Lösung von
2
∇ ~ + εε0 µµ0 ∂ Φel = −∆Λ + εε0 µµ0 ∂ Λ
~ ◦A , (7.85)
∂t ∂t2
∂
einer inhomogenen Wellengleichung für Λ(~r, t). Wird nun Φ′ = Φ − ∂t ~′ = A
Λ und A ~ + ∇Λ
~
~ ′ , Φ′ erfüllt ist.
ersetzt, ist erkennbar, dass die Lorenz Bedingung für die Potenziale A
Aus (7.71) und (7.73) folgt in Lorenz Eichung
~ − εε0 µµ0∂2 ~
∆A A = −µµ0~j (7.86)
∂t2
∂2 ̺
∆Φel − εε0 µµ0 2 Φel = − . (7.87)
∂t εε0
2
∇ ~ + µµ0 Φel + εε0 µµ0 ∂ Φel = −∆Λ + µµ0 ∂ Λ + εε0µµ0 ∂ Λ ,
~ ◦A (7.89)
∂t ∂t ∂t2
gehorchen. Die modifizierte Lorenz Eichung führt auf die
~ − µµ0 σ ∂ ~ ∂2 ~
∆A A − εε0 µµ0 2 A = −µµ0~j (7.90)
∂t ∂t
∂ ∂2 ̺
∆Φel − µµ0 σ Φel − εε0 µµ0 2 Φel = − (7.91)
∂t ∂t εε0
1 c0 c0
c= √ =√ = (7.92)
εµε0µ0 εµ n
eingeführt, mit der sich Licht im unbegrenzten Medium ausbreitet. Die Größe
1
c0 = √
µ0 ε0
7.6. LÖSUNG DER UNGEDÄMPFTEN WELLENGLEICHUNG IM FREIEN RAUM233
√
n= εµ
Nach (7.86) und (7.87) genügen das skalare Potenzial Φel und die kartesischen Komponenten
Ax , Ay , Az des Vektorpotenzials in verlustfreien Medien der
1 ∂ 2 Ψ {~r, t}
∆Ψ {~r, t} − = −4π g {~r, t} , Ψ ∈ {Φel , Ax , Ay , Az } . (7.93)
c2 ∂t2
1
Hierbei ist der Quellterm g{~r, t} als Ladungsdichteverteilung ̺ bzw. jeweilige Kom-
4πεε0
µµo ~
ponente der Stromdichteverteilung j vorgegeben, und es gilt c2 > 0. Ohne die Zeitablei-
4π
tung, also für ∂/∂t = 0, ist das Coulomb Integral
Z Z∞Z
g {~r ′ , t} 3 ′
Ψ= dr (7.94)
|~r − ~r ′ |
−∞
eine partikuläre Lösung von (7.93), die für den freien Raum gilt. Durch Probieren findet man
eine partikuläre Lösung bei vorhandener Zeitabhängigkeit. Diese Lösung heißt
retardiertes Potenzial
n o
Z Z∞Z g ~r ′ , t − |~
r −~r ′|
c
Ψ {~r, t} = d3 r ′ (7.95)
|~r − ~r ′ |
−∞
234 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
und ist im freien Raum gültig. Die Wirkung der Quelle g {~r ′ , t} am Ort ~r ′ zur Zeit t kommt
zeitlich um |~r − ~r ′ |/c verzögert am Aufpunkt ~r an. Die Größe c ist als Ausbreitungsge-
schwindigkeit zu interpretieren. Die Quelle g als Ursache für das Feld Ψ erzielt demnach
eine spätere Wirkung. Das System verhält sich kausal. Dagegen tritt für das
avancierte Potenzial
n o
Z Z∞Z g ~r ′ , t + |~
r −~r ′|
c
Ψ {~r, t} = d3 r ′ , (7.96)
|~r − ~r ′ |
−∞
das ebenfalls eine partikuläre Lösung des freien Raums von (7.93) darstellt, die Wirkung
früher ein, als die Ursache passiert. Dieses nicht kausale Verhalten ist unphysikalisch, und
wir werden avancierte Potenziale nicht weiter beachten. Das avancierte Potenzial erlangt im
Rahmen der Quantenphysik Bedeutung.
Dass (7.95) und (7.96) Lösungen der Wellengleichung sind, rechnet man leicht nach, wenn
1 (3)
man ∆ |r−r ′ | = −4πδ {~r − ~r ′ } beachtet.
Ist die Quellfunktion g {~r, t} = g {~r } zeitlich konstant für alle Zeiten t ≤ t0 , dann ist auch
|x−x0 |
die retardierte Lösung (7.95) konstant für t ≤ t0 , da t − c
≤ t0 und folglich
Z Z∞Z
g {~r ′ } 3 ′
Ψ {~r, t} = d r . (7.97)
|~r − ~r ′ |
−∞
Oben wurde von verlustfreien Medien ausgegangen, da der Dämpfungsterm in den Wellen-
gleichungen für verlustbehaftete Medien Probleme beim Auffinden der Lösung bereitet. Im
weiteren Text sollen nun auch Lösungen für verlustbehaftete Medien gesucht werden. Wir
starten zunächst beim verlustlosen Fall, um uns dann an Hand der dort gefundenen Lösungen
auch Lösungen der gedämpften Wellengleichung herzuleiten.
Wenn in der inhomogenen Wellengleichung (7.93) g{~r, t} = δ (3) {~r−~r ′ } · δ{t−t′ } eingesetzt
wird, ist die Lösung die Greensche Funktion der Differentialgleichung. Für Raumgebiete
ohne Randbedingungen im Endlichen findet man die zeitabhängige Greensche Funktion
des freien Raums
′ ′ 1 ′ |~r − ~r ′ |
G{~r, ~r , t, t } = δ t −t∓ , (7.98)
4π|~r − ~r ′ | c
wobei das Minuszeichen für das retardierte Potenzial und das Pluszeichen für das avancierte
Potenzial verwendet wird. Man erkennt sofort, dass sich die Greensche Funktion der Wel-
lengleichung multiplikativ aus der Greenschen Funktion des elektrostatischen Problems und
dem Zeitfaktor mit der Deltafunktion zusammensetzt. Damit ist die
Das retardierte und avancierte Potenzial (7.95) und (7.96) resultieren sofort nach Zeitintegration
aus (7.99).
236 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
Die
ungedämpfte homogene Wellengleichung
1 ∂2
∆Ψ {~r, t} − Ψ {~r, t} = 0 (7.100)
c2 ∂t2
Z ∞
1
Ψ{~r, t} = Ψ{~r, ±ω} exp{∓iωt} dω (7.101)
2π −∞
mit
Z ∞
Ψ{~r, ±ω} = Ψ{~r, t} · exp{±iωt} dt (7.102)
−∞
schreiben. Nach Einsetzen in (7.100) findet man, dass für jede Spektralkomponente Ψ{~r, ±ω}
die Helmholtzgleichung
ω2
∆Ψ{~r, ±ω} + Ψ{~r, ±ω} = 0 (7.103)
c2
erfüllt werden muss. Wir schränken zunächst die Betrachtung auf sogenannte monochro-
matische Wellen ein. Das heißt, im folgenden wird nur eine explizite Kreisfrequenz ω = ω ′
zugelassen, das Frequenzspektrum ist also Dirac-förmig
werden. Sind f− {ξ} und f+ {ξ} beliebige zweimal differenzierbare Funktionen einer reellen
Phase ξ, dann sind
n o
Ψ− {~r, t} = f− ±(ωt − ~k ◦ ~r) = f− {±ξ− } (7.105)
und
n o
Ψ+ {~r, t} = f+ ±(ωt + ~k ◦ ~r) = f+ {±ξ+ } (7.106)
vier spezielle Lösungen von (7.100), wenn der Wellenzahlvektor ~k = (kx , ky , kz )T und die
Kreisfrequenz1 ω die
Dispersionsrelation
erfüllen. Die Dispersionsrelation verknüpft die Konstanten aus dem jeweiligen Ansatz
zur Lösung der Wellengleichung mit den Materialgrößen in dem Medium, in dem der
Ansatz gelten soll. Hier findet die Norm eines Vektors
k~kk2 = ~k ◦ ~k (7.108)
|~k|2 = ~k ◦ ~k ∗ (7.109)
bei komplexen Vektoren sowohl einen Real- als auch einen Imaginärteil besitzt. Die Norm
von ~k kann in kartesischen Koordinaten durch k~kk2 = kx2 + ky2 + kz2 ersetzt werden.
Es hat sich eingebürgert, die Abkürzung
1
Der Name Kreisfrequenz ist in diesem Zusammenhang etwas irreführend, weil eine Kreisfrequenz übli-
cherweise im Argument harmonischer Funktionen (sin, cos, exp) auftritt, die hier ja zunächst nicht unbedingt
vorliegen.
238 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
√ √ ω
ω µ0 ε0 µε = = k = n · k0 (7.110)
c
√
k0 = ω µ0 ε0 (7.111)
√
n= µε (7.112)
ω = kc , (7.113)
der später noch häufiger benutzt wird. Wird die Dispersionsrelation herangezogen, ergibt
sich aus (7.107) mit (7.108) der Zusammenhang
k~kk = k = n · k0 . (7.114)
In Anhang H wird gezeigt, dass zwei der vier Lösungen redundant sind und somit immer nur
das Pluszeichen vor der Phase ξ± berücksichtigt werden muss.
Der Name Dispersionsrelation ist mathematisch gesehen nur die Bezeichnung für eine Sepa-
rationsbedingung. Gemeint ist tatsächlich, dass diese Bedingung erfüllt sein muss, damit ein
bestimmter Ansatz Lösung der Wellengleichung ist. Aus diesem Grund gehören auch immer
der Ansatz und die Dispersionsrelation zusammen!
Es zeigt sich in der Praxis, dass die Dispersionsrelation fast immer gleich aussieht. Etwas
verwirrend ist, dass es sich eingebürgert hat, die Abkürzung (7.110) zu verwenden, weil man
es gewöhnt ist, den Betrag (die Norm) eines Vektors mit dem gleichen Buchstaben ohne
7.7. ALLGEMEINE LÖSUNGEN DER UNGEDÄMPFTEN WELLENGLEICHUNG 239
Vektorpfeil abzukürzen. Die Abkürzung stammt historisch aus dem Vergleich der linken und
rechten Seite der Dispersionsrelation für ebene Wellen.
Bei konstanter Phase ξ± = ωt ± ~k ◦ ~r ist offenbar auch die Wellenelongation f± konstant,
d.h. die Flächen gleicher Phase sind auch die Flächen konstanter f± -Werte. Für einen festen
Zeitpunkt t = t0 sind die Orte gleicher Phase, also auch die Orte gleicher Wellenelongation
durch die Bedingung
~k ◦ ~r = const (7.115)
gegeben. Dieses ist die Gleichung einer Ebene senkrecht zum Wellenvektor ~k. Die Wellen-
front, gekennzeichnet durch gleiche Werte der Elongation, steht senkrecht auf ~k. Betrachten
wir den gesamten Zeitablauf, so gilt für das Orts-Zeit-Verhalten, d.h. die Bewegung von
Wellenpunkten gleicher Elongation
In der Zeit dt hat sich der Ort gleicher Elongation um drp in Richtung von ~k bewegt
ω ω
drp = ∓ dt = ∓ dt , (7.117)
k~kk k
p
wobei k = k~kk = ~k ◦ ~k verwendet wurde. Man hat
drp ω
dt = k = c (7.118)
n o
als Phasengeschwindigkeit der Welle zu interpretieren. Die Welle f+ ωt + ~k ◦ ~r des
avancierten Potenzials bewegt sich in Richtung von −~k und wird daher auch als rückwärts
n o
laufende Welle bezeichnet, die Welle des retardierten Potenzials f− ωt − ~k ◦ ~r bewegt
sich in Richtung von +~k und heißt daher auch vorwärts laufende Welle. Da die Wellen-
fronten Ebenen bilden, heißen beide Lösungen f+ und f− auch ebene Wellen.
240 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
Wegen der Linearität der Wellengleichung sind Superpositionen ebener Wellen, die die Di-
spersionsrelation (7.107) erfüllen, selbstverständlich wieder Lösungen der Wellengleichung
(7.100). Wie in Anhang H gezeigt wird, gibt es viele verschiedene Funktionen, die für
f eingesetzt werden können. Im Folgenden wird gewöhnlich die Zeitabhängigkeit gemäß
exp{iωt} gewählt. Damit lautet die Lösung der Wellengleichung
n o
f± {~r, t} = C̃± exp i(ωt ± ~k ◦ ~r) , (7.119)
wobei immer nur der Realteil dieser als harmonische ebene Welle bezeichneten Form als
Lösung zu nehmen ist. Man spricht bei C̃± von der Spektralkomponente, da ihr Wert die
komplexe Amplitude der Welle bei der Frequenz ω bzw. dem Ausbreitungskoeffizienten k
darstellt.
Die Wellengleichung (7.93) hat unendlich viele Lösungen. Die Summe aller Lösungen ist
auch wieder Lösung der Wellengleichung. Eindeutigkeit kann erst erzielt werden, wenn An-
fangsbedingungen vorgegeben werden. Es gilt:
Werden für einen festen Zeitpunkt t = t0 die Wellenform Ψ {~r, t0 } und deren zeitliche Ab-
∂
leitung ∂t
Ψ {~r, t0 } für alle Raumpunkte ~r vorgegeben, dann gibt es eine eindeutige Lösung
der Wellengleichung (7.93) für alle Zeiten t ≥ t0 .
Zum Nachweis verwenden wir an Stelle der festen Zeitabhängigkeit exp{iωt} und wechseln-
der Vorzeichen bei ~k die hier günstigere alternative Darstellung f± = C̃± exp{i(~k ◦~r ± ωt)},
die gemäß Anhang H ja auch eine Lösungskombination ist.
Wir betrachten zunächst Lösungen Ψh der homogenen Wellengleichung. Als Ansatz zur Lö-
sung der homogenen Wellengleichung wählen wir die Summe (das Integral) aller Lösungen
(H.22) in der modifizierten Form
7.7. ALLGEMEINE LÖSUNGEN DER UNGEDÄMPFTEN WELLENGLEICHUNG 241
Z Z∞Z n o n o
~
Ψh {~r, t} = C+ ~k ei kc(t−t0 ) + C− ~k e−i kc(t−t0 ) · ei k◦~r d3 k , (7.120)
−∞
wobei eine Zeitverschiebung um t0 gegenüber der Lösung (7.119) eingeführt wurde und die
Konstanten C± wegen der Integration nicht mehr die gleichen sind! Physikalisch relevant ist
weiterhin nur der Realteil des Potenzials (7.120).
Zur Bestimmung der Koeffizienten wählen wir zunächst als festen Anfangszeitpunkt t = t0
und bemerken, dass folgende zwei Gleichungen gelten:
Z Z∞Z n o n o
~
Ψh {~r, t = t0 } = C+ ~k + C− ~k ei k◦~r d3 k (7.121)
−∞
Z Z∞Z n o n o
∂ ~
Ψh {~r, t = t0 } = ~
i kc C+ k − C− ~k ei k◦~r d3 k . (7.122)
∂t
−∞
Die Koeffizienten in (7.121) und (7.122) lassen sich durch komplexe räumliche Fouriertrans-
formation ermitteln. Für den Übergang von der bekannten zeitlichen Fouriertransformation
wird hier lediglich die Zeit t durch den Ort ~r und die Kreisfrequenz ω durch den Wellenzahl-
vektor ~k ersetzt. Am Beispiel (7.121) seien die Schritte kurz wiedergegeben:
ZZZ
1 ~
Ψh {~r, t = t0 } · e−i k◦~r d3 r
(2π)3
V
ZZZ ZZZ
1 ~′ ~
= (C+ + C− ) ei k ◦~r d3 k ′ · e−i k◦~r d3 r
(2π)3
V K
= (C+ + C− ) · δk,k′ , (7.123)
also
ZZZ
1 ~
C+ + C− = Ψh {~r, t}|t=t0 · e−i k◦~r d3 r (7.124)
(2π)3
V
242 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
ZZZ
1 1 ∂ ~
C+ − C− = Ψh {~r, t} · e−i k◦~r d3 r . (7.125)
i kc (2π)3 ∂t t=t0
V
Damit erhält man durch Addition bzw. Subtraktion von (7.124) und (7.125) sofort die durch
die Randbedingungen festgelegten Spektralkomponenten
n o Z Z∞Z
1 1 1 ∂ ~
C+ ~k = 3
Ψ h {~
r , t} + Ψ h {~
r , t}
· e−i k◦~r d3 r (7.126)
2 (2π) i kc ∂t t=t0
−∞
n o Z Z∞Z
1 1 1 ∂ ~
~
C− k = Ψh {~r, t} − Ψh {~r, t} · e−i k◦~r d3 r (7.127)
.
2 (2π) 3 i kc ∂t t=t0
−∞
n o n o
~
Mit den so bestimmten Spektralkomponenten C+ k und C− ~k ist die Lösung (7.120)
der homogenen Wellengleichung völlig bestimmt. Diese Lösung erfüllt beliebige, vorgege-
ben Anfangsbedingungen, sie ist damit die allgemeine Lösung der homogenen Wellenglei-
chung.
Die retardierte Lösung Ψret (7.95) ist im freien Raum eine partikuläre Lösung der unge-
dämpften inhomogenen Wellengleichung
1 ∂2
∆Ψ {~r, t} − Ψ {~r, t} = −4πg {~r, t} . (7.128)
c2 ∂t2
n o
Z Z∞Z g ~r ′ , (t − t0 ) − |~
r −~r ′|
c
Ψret {~r, t = t0 } = d3 r ′ (7.129)
|~r − ~r ′ |
−∞
und
7.7. ALLGEMEINE LÖSUNGEN DER UNGEDÄMPFTEN WELLENGLEICHUNG 243
n o
Z Z∞Z ∂ |~
r−~r ′|
∂Ψret ∂t
g ~r ′ , (t − t0 ) − c
t=t0
{~r, t = t0 } = d3 r ′ . (7.130)
∂t |~r − ~r ′ |
−∞
Zur Erfüllung vorgegebener Anfangsbedingungen sind die Anfangswerte (7.129) und (7.130)
n o n o
der retardierten Lösung bei der Bestimmung der Spektralkomponenten C+ ~k und C− ~k
mit Ψh = Ψ − Ψret zu berücksichtigen. Die allgemeine Lösung der ungedämpften inhomo-
genen Wellengleichung ist
Z Z∞Z n o n o
~
Ψ {~r, t} = Ψret + C+ ~k + C− ~k · ei k◦~r d3 k . (7.131)
−∞
Im Gegensatz zur Elektrostatik, bei der für eine (bis auf konstante Summanden) eindeutige
~ vorgegeben sein muss,
Lösung des Potenzials nur auf dem Rand eines Gebietes V bzw. ∇V
wird hier eine Vorgabe im gesamten Gebiet sowohl für das Potenzial als auch für dessen
zeitliche Ableitung zum Anfangszeitpunkt verlangt.
Angemerkt sei hier noch, dass die Lichtgeschwindigkeit wegen der vorausgesetzten homo-
genen Medien ortsunabhängig ist.
In inhomogenen (ortsabhängigen) Medien lassen sich die Potenziale nicht mehr durch die
Lorenz Eichung entkoppeln. Eine mögliche Lösung der homogenen Wellengleichung ist
dann von der Form
wobei LW {~r} das sogenannte Eikonal ist. Das Eikonal stellt in der geometrischen Optik den
Lichtweg dar. Im Falle ortsunabhängiger Lichtgeschwindigkeit identifiziert man leicht durch
1
Vergleich LW {~r} = (~k ◦ ~r).
k
244 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
∂ ∂2
∆Ψ {~r, t} − µµ0 σ Ψ {~r, t} − µµ0 εε0 2 Ψ {~r, t} = 0 . (7.133)
∂t ∂t
ist (7.119) ungünstig. Wir erinnern uns, dass es zwei weitere redundante Lösungen der Wel-
lengleichung gibt und wählen ab jetzt
n o
f± {~r, t} = C±k exp i(ωt ± ~k ◦ ~r) , (7.134)
wobei jetzt das Minuszeichen für die vorwärts laufende Welle und das Pluszeichen für die
rückwärts laufende Welle steht. Es folgt die
Wegen der Verluste muss der Ausbreitungsvektor sowohl einen Imaginär- als auch einen Re-
alteil aufweisen. In (7.92) wurde die Lichtgeschwindigkeit und die Brechzahl eingeführt. Für
die hier verwendeten monochromatischen harmonischen ebenen Wellen bietet es sich an, als
Pendant dazu eine komplexe Lichtgeschwindigkeit und die zugehörige komplexe Brechzahl
zu definieren. Aus (7.135) resultiert für k das Ergebnis
r s
p σ √ σ
~ ~
k = k ◦ k = ω µµ0 ε0 (ε − i ) = ω µ0 ε0 µ ε−i . (7.136)
ωε0 ωε0
7.9. WELLENGLEICHUNGEN FÜR DIE FELDER 245
Die Größe c0 = √1 ist wieder die Vakuumlichtgeschwindigkeit. Mit der Definition einer
µ0 ε0
komplexen Brechzahl
s
σ
n= µ ε−i (7.137)
ωε0
und der komplexen Lichtgeschwindigkeit
1 1 c0
c= √ r = (7.138)
µ0 ε0 n
µ ε − i ωεσ 0
folgt die Wellenzahl dem bekannten Zusammenhang ω = kc = kc0 /n und die Dispersions-
relation hat wieder die Form (7.107). Das Potenzial hat unter diesen Voraussetzungen in ver-
lustbehafteten Medien die Darstellung (7.119) und auch die allgemeine Lösung behält ihre
Gültigkeit, wie mit etwas Rechenaufwand gezeigt werden kann. Besonders wichtig ist dabei
die Tatsache, dass k wegen der Dispersionsrelation (7.135) die Eigenschaft k{ω} = k ∗ {−ω}
hat.
In der Literatur findet man häufig eine zu (H.19) und (7.138) konjugiert komplex definierte
Brechzahl und Lichtgeschwindigkeit. Das hängt damit zusammen, dass im Gegensatz zu
unserer Wahl gerade das negative Vorzeichen vor der Kreisfrequenz genommen wurde.
B ~
~ = µµ0 H , ~ =0
∇µ (7.139)
~ = εε0 E
D ~ , ~ =0 .
∇ε (7.140)
246 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
~ ◦E
∇ ~ =0 , (7.141)
∇~ ◦B
~ =0 , (7.142)
~
~ ×E
∇ ~ = − ∂B , (7.143)
∂t
~
∇ ~ = εε0µµ0 ∂ E
~ ×B . (7.144)
∂t
Dies ist ein System von linearen partiellen homogenen Differentialgleichungen für die Felder
~ und B.
E ~ Durch Anwendung des Rotations-Operators folgt in kartesischen Koordinaten
~ 2~
~ ×∇
∇ ~ ×E
~ =∇
~ (∇
~ ◦ E) ~ × ∂ B = −εε0 µµ0 ∂ E
~ = −∇
~ −∆E (7.145)
| {z } ∂t ∂t2
=0
~
~ ×∇
∇ ~ ×B
~ =∇
~ (∇
~ ◦ B)
~ −∆B ~ × ∂E
~ = εε0 µµ0 ∇
| {z } ∂t
=0
∂2 ~
= −εε0 µµ0 B (7.146)
∂t2
~ und B.
Dies sind homogene Wellengleichungen für E ~ Die Größe
√
n= εµ (7.147)
ist die bereits bei der Potenzialbetrachtung eingeführte Brechzahl. Die Wellenausbreitungs-
geschwindigkeit ist wie schon bei den Potenzialen
c0 1
c= =√ , (7.148)
n εε0 µµ0
√
wobei c0 = 1/ ε0 µ0 die Vakuumlichtgeschwindigkeit bezeichnet.
Damit kann man die Wellengleichungen schreiben
7.9. WELLENGLEICHUNGEN FÜR DIE FELDER 247
~− 1 ∂2 ~
∆E E=0 (7.149)
c2 ∂t2
2
~− 1 ∂ B
∆B ~ =0 . (7.150)
c2 ∂t2
Es sei noch angemerkt, dass wegen den vorausgesetzten Linearitäten (7.139) und (7.140) für
~ und D
die Hilfsfelder H ~ ebenfalls Wellengleichungen der Form (7.149) bzw. (7.150) gültig
sind.
Vergleicht man (7.149) und (7.150) mit den Wellengleichungen (7.90) und (7.91) für das ska-
lare Potenzial und das Vektorpotenzial, so ist zu beachten, dass in letzterem wegen (7.66) und
~ und B
(7.69) eine Kopplung zwischen E ~ berücksichtigt ist, wie es die Maxwellgleichungen
erfordern.
~ wieder
Wird ohmsche Leitfähigkeit σ berücksichtigt, dass heißt ~j 6= 0, ergibt sich für E
die oben angegebene ungedämpfte Wellengleichung mit reeller Lichtgeschwindigkeit c, für
~ resultiert eine gedämpfte Wellengleichung, die im Fall zeitharmonischer Felder auf die
B
bekannte komplexe Lichtgeschwindigkeit führt.
248 KAPITEL 7. MAXWELL GLEICHUNGEN UND WELLENGLEICHUNG
Kapitel 8
Wellenausbreitung in Dielektrika
n o
E {~r, t} = f (ωt ∓ k ◦ ~r) = f~{±ξ}
~ ~ ~ (8.1)
und
n o
~ ~
B {~r, t} = ~g ωt ∓ (k ◦ ~r) = ~g {±ξ} , (8.2)
die sich in Richtung von ~k ausbreiten, spezielle mögliche Ausbreitungsformen der Felder.
Hierbei hängen die Vektorfunktionen f~ = (fx , fy , fz )T bzw. ~g = (gx , gy , gz )T nur von einer
reellen Variablen ξ ab.
Ebene elektrische Wellen der Form (8.1) müssen wegen der vorausgesetzten Ladungsfreiheit
die Maxwellgleichungen
249
250 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
erfüllen, wobei wir gemäß Ansatz (8.1) ξ = ωt−~k◦~r gesetzt und die Kettenregel angewendet
haben. Aus (8.3) folgt
∂ ~ ~
(k ◦ f ) = 0 (8.4)
∂ξ
und damit
~k ◦ f~ = ~k ◦ E
~ = const , (8.5)
~ ◦ ~k = 0
E ~ ◦ ~k = 0
und B . (8.6)
~
∇ ~ = − dB
~ ×E (8.7)
dt
betrachtet, findet man durch Vergleich von
~ ~
~ ×E
∇ ~ × ∂ f = ∓~k × ∂ f = ∓ ∂ (~k × f~ )
~ = ±∇ξ (8.8)
∂ξ ∂ξ ∂ξ
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 251
und
~
dB ±∂~g d ∂~g ∂
= · ξ = ±ω = ± (ω~g ) (8.9)
dt ∂ξ dt ∂ξ ∂ξ
den Zusammenhang
oder
~k × E
~ = ωB
~ , (8.11)
wenn wieder raum- und zeitkonstante Anteile nicht beachtet werden. In ebenen Wellen, die
sich in Richtung ~k ausbreiten, bilden ~k, E
~ und B
~ ein orthogonales Rechtssystem, das in
k
Abbildung 8.1: Zum transversalen Charakter ebener B
elektromagnetischer Wellen x
E
~ und B
In ebenen Wellen sind E ~ jederzeit senkrecht zueinander gerichtet und zugleich senk-
recht zum Ausbreitungsvektor. Dies ist Ausdruck des transversalen Charakters ebener elek-
~ ein Pseudovektor ist (Abschnitt 3.1.1), muss seine Richtung
tromagnetischer Wellen. Weil B
mit Änderung der Ausbreitungsrichtung (rückwärts laufende Welle) gedreht werden. Die
~ ◦E
Transversalität folgt offenbar aus ∇ ~ = 0 und ∇
~ ◦B
~ = 0, d. h. der Quellenfreiheit der
Felder.
Mit (8.11) kann die magnetische Induktion aus dem bekannten elektrischen Feld berechnet
werden. Ist dagegen die magnetische Induktion bekannt, resultiert aus (~k × E)
~ × ~k = ω B
~ × ~k
252 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
k~kk2 E ~ × ~k) .
~ = ω(B (8.12)
~ = µµ0H
In linearen Medien gilt B ~ und damit resultiert unter Verwendung der Dispersions-
~ = 1 ~ ~
H k×E (8.13)
ωµµ0
~ = 1 ~ × ~k
E H . (8.14)
ωεε0 − iσ
Da sowohl das Plus- als auch das Minuszeichen vor dem Ausbreitungswert ξ in (8.1) bzw. in
(8.2) keinen Einfluss auf das Ergebnis haben, werden wir im folgenden nur das Pluszeichen
verwenden. In einem Teil der auf dem Markt verfügbaren Lehrbücher wird dagegen das
Minuszeichen verwendet, was bei der Einführung komplexer Dielektrizitätskonstanten und
Brechzahlen zu konjugiert komplexen Werten führt.
Führt man den komplexen Wellenwiderstand
r
ωµµ0
Z= (8.15)
ωεε0 − iσ
ein , kann man (8.13) bzw. (8.14) auch schreiben als
~ = 1 ~ ~
H k×E (8.16)
kZ
~ = ZH
E ~ × ~k (8.17)
k
(8.18)
r r r r
µµ0 µ0 µ µ
Z= = = Z0 . (8.19)
εε0 ε0 ε ε
q
µ0
Der Faktor Z0 = ε0
= 120πΩ wird als Vakuumwellenwiderstand bezeichnet.
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 253
n o
E ~ R0 cos ωt − ~k ◦ ~r + ϕ
~ R {~r, t} = E . (8.20)
Die Größe ϕ heißt Nullphase. Wir benutzen wieder die komplexe Schreibweise und haben
n n oo
~ ~ ~
ER {~r, t} = Re E0 exp i ωt − k ◦ ~r . (8.21)
T
~ 0 = E0x exp{iϕx }, E0y exp{iϕy }, E0z exp{iϕz }
Der konstante komplexe Amplitudenvektor E
beinhaltet die Nullphase. Er wird als Phasor der elektrischen Feldstärke bezeichnet. Abkür-
zend schreiben wir
n o
E ~ 0 exp i ωt − ~k ◦ ~r
~ {~r, t} = E . (8.22)
~ ~
~ 0 = k × E0
Das zugehörige Magnetfeld erhält man sofort aus (8.13) mit H
ωµµ0
n o
H ~ 0 exp i ωt − ~k ◦ ~r
~ {~r, t} = H . (8.23)
~ und H
Man erkennt, dass E ~ gleichphasig schwingen, solange der Ausbreitungsvektor k und
damit der Wellenwiderstand Z reell ist. Eine monochromatische ebene Welle zum Zeitpunkt
t = 0 ist in Abbildung 8.2 für den Fall, dass ~k in z-Richtung weist und die Nullphase ϕ = 0
ist, dargestellt.
Polarisation
Unter der Polarisation einer Welle versteht man die (zeitabhängige) Richtung des elektri-
schen Feldstärkevektors, genauer: Die Figur, die der Feldstärkevektor an einem festen Ort
im Raum beschreibt. Achtung: in der Physik wird häufig die Richtung des magnetischen
Feldstärkevektors zur Angabe der Polarisation herangezogen.
254 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Betrachten wir zunächst den Fall, dass die Nullphase für alle Komponenten gleich ist, also
ϕx = ϕy = ϕz = ϕ. Der Realteil des elektrischen Feldes hat dann die Darstellung
Der Weg, den die Spitze des elektrischen Feldstärkevektors an einem festen Punkt im Raum
~k ◦ ~r = const durchschreitet, ist eine Gerade parallel zum Feldstärkevektor. Man spricht
in diesem Fall von linearer Polarisation. Die Feldstärkeverteilung im Raum entlang ~k ist
dreidimensional in Abbildung 8.2 für den Zeitpunkt t = 0 und ϕ = 0 dargestellt. Der
Abstand zwischen zwei Maxima oder Minima ist als Wellenlänge im Medium λm definiert.
Es gilt der Zusammenhang
2π
k= .
λm
Ist die Brechzahl des Mediums n = 1 wie im Vakuum, spricht man auch von der Vakuum-
wellenlänge, die über die Vakuumwellenzahl
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 255
2π
k0 =
λ
definiert ist. Wenn eine Wellenlänge angegeben wird, ist es üblicherweise die Vakuumwel-
lenlänge.
Damit ist
Die beiden Amplituden Ex und Ey sind im allgemeinen komplex mit den Phasenlagen ϕx =
ϕ und ϕy = ϕ + δ
Sowohl die x- als auch die y-Komponente des elektrischen Feldes können als linear polari-
sierte Wellen aufgefasst werden, die sich zum Gesamtfeld überlagern. Bezüglich der relati-
ven Phase δ und der Amplitudenverhältnisse lassen sich mehrere Fälle für die resultierende
256 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Polarisation unterscheiden.
1. Fall: δ = ±mπ, m ∈ N0
Die Komponenten Ex und Ey schwingen gleichphasig oder gegenphasig. Für einen
~ auf einer Geraden in der
festen Punkt z = z0 bewegt sich die Spitze des Vektors E
x, y-Ebene. Der Winkel α zur x-Achse ist durch
E0y
tan α = ± (8.30)
E0x
gegeben. Die Schwingung ist in Abbildung 8.3 dargestellt. Sie ist linear polarisiert.
Ey z = z0
E0y
~ in der
An einem festen Raumpunkt z = z0 bewegt sich die Spitze des Vektors E
x, y-Ebene auf einem Kreis mit Radius E0 . Die Welle ist für δ = −π/2 rechts zirku-
lar polarisiert, für δ = +π/2 links zirkular polarisiert. Die Angabe der Drehrich-
tung erfolgt bezüglich des Ausbreitungsvektors, der in z-Richtung zeigt. Abbildung
8.4 zeigt die Bewegung der Spitze des Feldstärkevektors für Wellenausbreitung, wo-
bei die z-Richtung aus der Papierebene heraus zeigt. Im Raum bewegt sich die Spitze
des Feldstärkevektors für einen festen Zeitpunkt auf einer kreisförmigen Spirale.
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 257
Ey Ey
_ p
d= +
p
d= 2 2
z Ex z Ex
Abbildung 8.4: Zirkular polarisierte Welle. Die Angabe der Drehrichtung ist bezüglich der
Ausbreitung (hier in z-Richtung) zu wählen.
oder
2 2
ERx ERy
2
+ 2
=1 (8.34)
E0x E0y
Die Spitze des Feldstärkevektors ist nach Abbildung 8.5 für z = konst in der Ex , Ey -
Ebene eine Ellipse, die achsenparallel liegt. Man spricht von elliptisch polarisierten
Wellen. Räumlich ergeben sich elliptische Spiralen um die z-Achse für feste Zeitpunk-
te t = konst.
Ey
p p
d= - 2
d= + 2
Ex
Abbildung 8.5: Elliptisch polarisierte Welle mit -E0x
-E0y
Hauptachsen parallel zur x- bzw. y-Achse
Ey
E0y
-E0x
Ex
Abbildung 8.6: Elliptisch polarisierte Welle mit belie-
biger Hauptachsenlage
Wir haben in unserer Diskussion jede Polarisationsform aus zwei linear polarisierten Wellen
E~1 = (Ex , 0, 0)T und E~2 = (0, Ey , 0)T zusammengesetzt. Man kann auch andere ortho-
gonal zueinander polarisierte Wellen wählen, um beliebige elliptisch polarisierte Wellen zu
beschreiben. Beispielsweise bilden eine links zirkular und eine rechts zirkular polarisierte
Welle ein Orthogonalsystem der gewünschten Form.
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 259
Im vorigen Kapitel wurde die Überlagerung zweier orthogonal zueinander linear polarisierter
ebener Wellen gleicher Frequenz und Ausbreitungsrichtung aber unterschiedlicher Amplitu-
den und Phasen betrachtet. Hier soll die Überlagerung bei gleicher Amplitude, Frequenz
und Phase aber unterschiedlicher Ausbreitungsrichtung untersucht werden. Dabei liegen die
elektrischen oder magnetischen Feldstärkevektoren zueinander parallel. Dieser Fall tritt zum
Beispiel bei der Reflexion einer Welle auf. Die Überlagerung der einfallenden und der reflek-
tierten Welle wäre dann zu betrachten. Wir betrachten zwei in x-Richtung linear polarisierte
~ 0 = (E0 , 0, 0)T = const
Wellen mit reell angenommenen Amplituden E
~1 = E
E ~ 0 exp{i(ωt − ~k1 ◦ ~r)}
n o n o
~ R1 = Re E
E ~1 = E ~ 0 cos ωt − ~k1 ◦ ~r (8.35)
und
~2 = E
E ~ 0 exp{i(ωt − ~k2 ◦ ~r)}
n o n o
~ R2 = Re E
E ~2 = E ~ 0 cos ωt − ~k2 ◦ ~r (8.36)
deren Ausbreitungsvektoren ~k1 = (0, −ky , kz )T und ~k2 = (0, ky , kz )T lauten. Abbildung 8.7
und Abbildung 8.8 zeigen die Geometrie.
Die magnetischen Felder der Teilwellen sind
~ ~
~ 1 = k1 × E1 = E0 (0, kz, ky )T exp{i(ωt − ~k1 ◦ ~r)}
H (8.37)
k1 Z ωµµ0
und
~ ~
~ 2 = k2 × E2 = E0 (0, kz , −ky )T exp{i(ωt − ~k1 ◦ ~r)}
H . (8.38)
k2 Z ωµµ0
260 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
x E1
K1
H1
z
Abbildung 8.8: Feldkomponenten bei der Überlagerung E2
y
zweier ebener Wellen
H2 K2
~ =E
E ~1 + E
~ 2 = 2E
~ 0 cos {ky y} exp{i(ωt − kz z)}
und
~ =H
H ~ 2 = 0, kz cos {ky y} , −i ky sin {ky y} T 2E0 exp{i(ωt − kz z)}
~1 + H . (8.40)
ωµµ0
ERx = 2E0 cos {ky y} cos {kz z − ωt} ,
(8.41)
ERy = ERz = 0
und
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 261
HRx = 0 ,
2E0 kz (8.42)
HRy = cos {ky y} cos {ωt − kz z} ,
ωµµ0
HRz = 2E0 ky
ωµµ0
sin {ky y} sin {ωt − kz z} .
Dies ist keine ebene Welle mehr. Sie ist in y-Richtung eine stehende Welle, in z-Richtung
eine laufende Welle mit der Phasengeschwindigkeit
ω ω
cph = = . (8.43)
kz β
Weil die Welle nur noch in z-Richtung läuft, wird die z-Komponente des Wellenzahlvektors
durch den Ausbreitungskoeffizienten kz = β ersetzt, der im allgemeinen die Wellenzahl in
Ausbreitungsrichtung der Welle angibt.
Die Welle besitzt außer den transversalen Feldkomponenten Ex und Hy auch eine longitudi-
nale Feldkomponente Hz . Sie ist in Bezug auf das elektrische Feld transversal, nicht jedoch
in Bezug auf das magnetische Feld. Man nennt solche Wellen transversal elektrische Wel-
len, abgekürzt TE-Wellen. Manchmal spricht man auch von H-Wellen. Der Wellenzahlvek-
tor ~k1 = k~ek1 , genauer gesagt dessen Einheitsvektor ~ek1 , und die Ausbreitungsrichtung ~ez ,
spannen die sogenannte Einfallsebene auf. Liegt das elektrische Feld senkrecht zur Einfall-
sebene, handelt es sich also um TE-Wellen, spricht man in der Optik von s-Polarisation.
Der Ausdruck „transversal“ steht für „senkrecht zu“, hier senkrecht zur Ausbreitungsrich-
tung. Für die Angabe der Transversalität muss immer eine Richtung definiert sein, bezüglich
der die Felder transversal sind. In diesem Sinne heißt longitudinal dann auch nur „parallel
zu“, also hier parallel zur Ausbreitungsrichtung. Wie wir später bei der Reflexion an Grenz-
flächen noch sehen, kann auch der Normalenvektor auf die Grenzfläche eine Bezugsrichtung
darstellen.
In ähnlicher Weise entstehen bei der Überlagerung der linear polarisierten Wellen
ω2
k 2 = ky2 + kz2 = ky2 + β 2 = µµ0 εε0 ω 2 = , (8.46)
c2
ω ω c
cph = =q =q ≥c . (8.47)
β ω2
− ky2 ky2 c2
c2 1− ω2
Diese Wellen haben eine Dispersion, denn ihre Phasengeschwindigkeit hängt von der Kreis-
frequenz ω ab. Die Phasengeschwindigkeit liegt über der Wellenausbreitungsgeschwindig-
keit c in dem betreffenden Medium.
Die Signalausbreitungsgeschwindigkeit der TE- und TM-Wellen ist die Gruppengeschwin-
digkeit
q
ω2
∂ω 1 c2
− ky2 c2
cgr = = = c2 = ≤c . (8.48)
∂β ∂β/∂ω ω cph
2ω ∂ω
2β = , (8.49)
c2 ∂β
und folglich
ω ∂ω
= cph cgr = c2 . (8.50)
β ∂β
Im Grenzfall ky = 0 erhält man aus (8.41) bzw. (8.42) ebene Wellen mit gleicher Gruppen-
und Phasengeschwindigkeit. Im anderen Grenzfall β = kz = 0 ergeben sich stehende Wel-
len, bei denen die Phasengeschwindigkeit unendlich groß wird, die Gruppengeschwindigkeit
jedoch verschwindet.
Die Überlagerung der linear polarisierten monochromatischen Wellen gleicher Amplitude,
Frequenz, Nullphase und Polarisation erzeugt im obigen Beispiel eine stehende Welle für das
elektrische bzw. magnetische Feld, wie es z. B. in (8.39) zum Ausdruck kommt. Die Ampli-
tudenverteilung breitet sich in z-Richtung aus. Im Umkehrschluss kann man eine Welle mit
beliebiger transversaler Amplitudenverteilung zunächst durch räumliche Fouriertransforma-
tion nach stehenden Wellen entwickeln. Jede einzelne der stehenden Wellen kann man sich
als Überlagerung zweier gleicher ebener Wellen mit unterschiedlicher Ausbreitungsrichtung
vorstellen.
Aus der Fouriertransformation resultiert die Amplitude E und die Wellenzahl der stehen-
den Wellen beispielsweise zu E, kx und ky . Aus der Dispersionsrelation folgt damit sofort
p
die Ausbreitungskonstante in z-Richtung kz = k 2 − kx2 − ky2 . Die Wellenzahlvektoren der
beiden überlagerten Wellen lauten also k~1,2 = (±kx , ±ky , kz )T . Die Amplituden lauten we-
gen (8.41) E1,2 = 12 E.
Man kann also jede Welle mit beliebiger transversaler Amplitudenverteilung nach ebenen
Wellen entwickeln. Diesem Umstand werden wir im Zusammenhang mit der Beugungstheo-
rie wieder begegnen.
264 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
~ =E
E ~ a exp{i(ωt − kz)} = E
~ 0 exp{iωt}
~ 0 = E0 · exp{−ikz}~ex
E (8.51)
und
~ =H
H ~ a exp{i(ωt − kz)} = H
~ 0 exp{iωt}
~ 0 = H0 · exp{−ikz}~ey
H (8.52)
n o n o
~ ~ ~ ~ ~
S = ER × HR = Re E × Re H (8.53)
1 ~ ~ ∗ ) × 1 (H
~ +H~ ∗)
= (E + E
2 2
1 ~ ~ +E ~ ×H ~∗+E ~∗ × H
~ +E
~∗ × H
~ ∗) .
= (E ×H
4
~
~ = 1 ·k ×E
Mit H ~ = 1 (~k × E) ~ bzw. E ~ = Z (H ~ × ~k) = 1 (H ~ × ~k) wird unter
Z k ωµµ0 k ωεε0
Verwendung von ~a × (~b × ~c) = ~b(~a ◦ ~c) − ~c(~a ◦ ~b) und wegen E~ ◦ ~k = H
~ ◦ ~k = 0
E ~ = 1 E
~ ×H ~ × (~k × E)
~ (8.54)
kZ
1 ~ · ~k = 1 · (E
~ ◦ E) ~ · ~k
~ ◦ E)
= · (E
kZ ωµµ0
Z ~ ~ ~
= · (H ◦ H) · k (8.55)
k
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 265
und es resultiert
! !
~k ~k ~k ∗ ~∗
~ = 1
S ~ ◦ E)
(E ~ + + ∗ ∗ ~ 2+ k E
|E| ~∗ ◦ E
~∗
4 kZ kZ k Z k∗ Z ∗
( ) ( )!
1 ~ ~k
~ ◦ E)
(E ~k
= Re ~ 2 · Re
+ |E|
2 kZ kZ
( )
~ ◦ Ek
1 kE ~ 2 ~k
~ + |E|
~ = Re
S . (8.56)
Z 2 k
n o
Solange Im ~k/k = 0 gilt, ist die Amplitude von S
~
( )
1 ~ ◦E
E ~ ~ 2
|E| 1 1
S = Re + = · E0 2 Re (exp{i2(ωt − kz)} + 1) . (8.57)
2 Z Z 2 Z
In den hier vorausgesetzten verlustfreien Medien gilt Im {Z} = 01 . Mit obigen Vorausset-
zungen folgt
E02 εε0
· cos2 {ωt − kz} =
S= · E02 · cos2 {ωt − kz} (8.58)
Z c
~
und damit die Darstellung für S im verlustfreien Medium
2
~ = E0 cos2 {ωt − kz} ~ez .
S (8.59)
Z
Der Poyntingvektor charakterisiert die pro Zeiteinheit durch eine Flächeneinheit hindurch-
strömende Energie. Die in der Welle gespeicherte Energiedichte ist
εε0 ~ 2 µµ0 ~ 2
w = we + wm = |E| + |H|
2 2
o 2 µµ n o 2
εε0 n ~ 0 ~
= Re E0 · exp{iωt} + Re H0 · exp{iωt}
2 2
= εε0 Ex2 = εε0E02 cos2 {ωt − kz} .
1
siehe auch 8.1.6
266 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
√
Multipliziert man die Energiedichte mit der Wellenausbreitungsgeschwindigkeit c = 1/ εε0 µµ0,
dann folgt
S = wc . (8.60)
Man kann, wie für Flussdichten üblich, also sagen, dass die elektromagnetische Energie einer
ebenen Welle mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit transportiert wird (vergleiche j = ρ · v).
Das Ergebnis legt die Definition von Photonen als Energieträger nahe.
Meistens interessiert man sich nicht für die momentane Energiedichte oder Energieflußdichte
sondern für zeitliche Mittelwerte, die sich bei Mittelung über eine Periode T = 2π/ω der
Schwingung ergeben. Die Mittelwerte
ZT /2
1 1
w= w {t} dt = εε0 E02 (8.61)
T 2
−T /2
und
ZT /2
1 1 E02
S= S {t} dt = (8.62)
T 2 Z
−T /2
S = wc . (8.63)
Es ist zu beachten, dass dies Ergebnis nur unter der Voraussetzung verlustfreier Medien und
verlustfreier Wellenausbreitung gilt. Bereits der einfache Fall der Totalreflexion wird so nicht
mehr erfasst.
Bei der Berechnung der Energiedichte und der Energieflussdichte als nichtlineare Größen
hat man tunlichst mit den Realteilen der Felder zu rechnen. Bei Feldern mit harmonischer
Zeitabhängigkeit stellt sich jedoch heraus, dass bei der Berechnung zeitgemittelter Größen
die komplexen Felder nutzbringend verwendet werden können.
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 267
und
n o ZT /2 n o
1
Re {~a} ◦ Re ~b = Re {~a} ◦ Re ~b dt . (8.66)
T
−T /2
Zunächst gilt
n o 1h i
Re {~a} ◦ Re ~b = ~a ◦ ~b + ~a ◦ b~∗ + a~∗ ◦ ~b + a~∗ ◦ b~∗ . (8.67)
4
Zeitmittelung liefert
und
Damit folgt
n o 1h i 1 n o 1 n o
Re {~a} ◦ Re ~b = a~∗0 ◦ b~0 + ~a0 ◦ b~∗0 = Re a~∗0 ◦ ~b0 = Re ~a0 ◦ b~∗0 . (8.70)
4 2 2
n o 1 n o 1 n o
~ ~∗ ~∗ ~
Re {~a} × Re b = Re ~a0 × b0 = Re a0 × b0 . (8.71)
2 2
268 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Diese Beziehung nutzen wir für die komplexen Felder monochromatischer Wellen aus (8.51)
und (8.52) und erhalten für die zeitgemittelte Energiedichte mit der Zuordnung ~a = ~b = E
~
oder ~a = ~b = H
~
1 n ~ o
w = we + wm = Re εε0E0 ◦ E~0∗ + µµ0 H~ 0 ◦ H~ ∗
0
4
1 n o
= Re εε0|E~0 |2 + µµ0 |H
~ 0 |2
4
zeitgemittelte Poyntingvektor
~ 1 n~ o
S = Re S0 (8.72)
2
komplexen Poyntingvektor
~0 = E
S ~ ×H
~∗ . (8.73)
~0 = 1 ~ 2~ ∗ 1 ~ 2~k
S |E| k = |H| . (8.74)
ωµµ0 ωεε0 − iσ
Die Energiedichte ist
1 1 1
w = εε0 |E0 |2 + µµ0 |H0 |2 = εε0|E0 |2 (8.75)
4 4 2
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 269
1 |E0 |2
S= (8.76)
2 Z
in Übereinstimmung mit (8.61) und (8.62) für reelle Amplituden E0 , die in (8.51) vorausge-
setzt wurden.
Interessant ist die Berechnung der zeitgemittelten Energiedichte und Energieflußdichte für
die überlagerten ebenen Wellen (8.39) und (8.40). Hierfür erhalten wir (E0 reell)
!
2 kz2 cos2 {ky y} ky2 sin2 {ky y}
w= εε0 cos {ky y} + + E02 (8.77)
ω 2 µµ0 ω 2µµ0
und mit
T
~ 4 E0 2
S0 = cos{ky · y} · 0, iky sin{ky · y}, kz cos{ky · y} (8.78)
ωµµ0
bekommen wir
T
~= 2kz E0 2 2
S 0, 0, cos {ky y} . (8.79)
ωµµ0
Zeitlich gemittelter Energiefluss erfolgt offenbar nur in z-Richtung. In den Knoten der in
y-Richtung verlaufenden Stehwelle für ky y = (2m + 1)π/2, (m ganzzahlig), ist S = 0.
Betrachtet man nun noch räumliche Mittelwerte folgt mit Beachtung von k 2 = kz2 + ky2
kz k z c2 c2
hSi = E02 = εε0 E02 = εε0 E02 · = εε0 E02 cgr , (8.81)
ωµµ0 ω cph
dann gilt für das Raum-Zeit-Mittel der Zusammenhang
Das Verhältnis der jeweils zeit- und raumgemittelten Energieflussdichte und Energiedichte
ist die
hsi
cE = , (8.83)
hwi
In der Diskussion nach (8.56) wird Im {Z} = 0 als Bedingung für ein verlustfreies Medi-
n o
um genannt. Davor wird der Fall Im ~k/k = 0 gesondert abgehandelt. Es stellt sich die
Frage, ob ein imaginäres ~k für nicht verlustbehaftete Medien überhaupt existieren kann. All-
gemeiner gefragt: Wie ist der Zusammenhang zwischen Verlusten, dem Wellenvektor, dem
Wellenwiderstand und der Eigenschaft der Welle eben zu sein?
Wir betrachten für ebene Wellen die Ausdrücke für den Wellenvektor und den Wellenwider-
stand,
r
µµ0
Z = (8.84)
εε0
√
k = ω µµ0 εε0 (8.85)
wie sie am Ende von 8.1.1 angegeben sind. Danach könnten sich, rein mathematisch gesehen,
komplexe Anteile in µ und ε gegenseitig aufheben, und zwar jeweils unterschiedlich in Z und
k.
Die relative Dielektrizitätskonstante ε wird in 2.2.4 eingeführt. Später wird in 9.2 durch
Gleichung (9.15) die komplexe Dielektrizitätskonstante definiert als
8.1. EBENE ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN 271
σ
ε=ε−i = ε′ − iε′′ = ε{ω} . (8.86)
ε0 ω
Der Versuch, auf ähnliche Weise ein komplexes µ einzuführen, scheitert zunächst am Fehlen
eines magnetischen Analogons zur elektrischen Leitfähigkeit σ. Diese hatten wir in 2.2 als
Proportionalitätskonstante zwischen elektrischem Feld und elektrischem Strom eingeführt
(Gleichung (2.33)). Wir müssen also nach einem magnetischen Analogon zum elektrischen
Strom suchen. Die elektrische Stromdichte erscheint in der Maxwellgleichung
∇ ~ = ~j + ∂ D
~ ×H ~ , (8.87)
∂t
aus der sich durch Divergenzbildung die Kontinuitätsgleichung herleiten lässt. Die analoge
”magnetische” Gleichung lautet:
∇ ~ =−∂B
~ ×E ~ . (8.88)
∂t
Hier ist nicht die Spur eines Stromes zu finden. Und
~ ◦ ∇
∇ ~ ×E ~ ◦ −∂B
~ =∇ ~ (8.89)
∂t
~ ◦B
führt wegen ∇ ~ = 0 auf die Trivialität 0 = 0. Die Quellenfreiheit des magnetischen
Feldes lässt sich aus dem Fehlen magnetischer Monopole begründen. Analog können wir
nun obigen Weg rückwärts durchlaufen und erhalten als Schlussfolgerung, dass stets gelten
muss
µ∈R , (8.90)
Anteil haben, der mathematisch für die Abnahme der Amplitude durch die Materialdämp-
fung sorgt.
Der Umkehrschluss, dass falls ~k einen imaginären Anteil besitzt, sich die Welle sicherlich
in einem Medium mit Z 6∈ R ausbreitet, ist jedoch nicht zulässig, wie man z.B. bei den
quergedämpften Wellen in 8.2.8 sehen wird.
Bereits im Kapitel 7.4 wurde das Reziprozitätstheorem eingeführt. Angelehnt an die Darstel-
lung des komplexen Poyntingvektors in Kapitel 8.1.5 soll hier das Reziprozitätstheorem für
zeitharmonische Felder in komplexer Schreibweise eingeführt werden. Wir gehen von (7.57)
~ ◦ E
∇ ~1 × H
~2 + E
~2 × H
~1 +
~1 ◦ ∂ D
E ~2 ◦ ∂ D
~2 +E ~1 ◦ ∂ B
~1 +H ~2 ◦ ∂ B
~2 + H ~ 1 = −E
~ 1 ◦ ~j2 − E
~ 2 ◦ ~j1
∂t ∂t ∂t ∂t
~ 2 wird
aus und verwenden konjugierte Größen für die Felder mit Index 2, also an Stelle von E
~ 2∗ eingesetzt. Für alle Feldgrößen soll die Zeitabhängigkeit exp{−iωt} gelten; die entspre-
E
chende positive Kreisfrequenz wird wie schon im vorigen Kapitel implizit als konjugiert
komplexe Ergänzung dazu gedacht (Realteilbildung). Die Voraussetzung der Zeitabhängig-
keit führt dazu, dass sämtliche Produkte aus Feldgrößen mit Index 1 und Index 2 zeitlich
konstant sind. Zeitableitungen können durch −iω bzw. iω ersetzt werden:
~ ◦ E
∇ ~1 × H
~∗+E~∗ × H
~ 1 − iω E~1 ◦ D
~∗−D~1 ◦E
~∗ + H
~1 ◦ B
~∗ − B
~1 ◦ H
~∗
2 2 2 2 2 2
~ 1 ◦ ~j ∗ − E
= −E ~ ∗ ◦ ~j1 . (8.91)
2 2
~ ~ ~ ∗ ~ ∗ ~ ~ ~ ∗ ~ ~
∇ ◦ E1 × H2 + E2 × H1 − iω ε0 (ε2 − ε1 )E1 ◦ E2 + µ0 (µ2 − µ1 )H1 ◦ H2∗
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 273
~ 1 ◦ ~j ∗ − E
= −E ~ ∗ ◦ ~j1
2 2
(8.92)
~ ~ ~ ∗ ~ ∗ ~ ~ ~ ∗ ~ ~
∇ ◦ E1 × H2 + E2 × H1 − iω ε0 (ε2 − ε1 )E1 ◦ E2 + µ0 (µ2 − µ1 )H1 ◦ H2∗
~1 ◦ E
+ (σ2 + σ1 )E ~∗
2
~ 1 ◦ ~j2∗ − E
= −E ~ 2∗ ◦ ~j1
. (8.93)
Wir untersuchen das Verhalten von Wellen an der Grenzfläche zwischen verlustfreien Dielek-
trika. Eine einfallende ebene Welle erfährt Reflexion und Brechung. Ohne Beschränkung der
Allgemeinheit wollen wir im folgenden annehmen, dass eine ebene Welle aus Medium 1 auf
eine Grenzfläche zum Medium 2 trifft. Beim Übergang von einem optisch dichteren Medium
mit Brechzahl n1 in ein optisch dünneres Medium mit Brechzahl n2 < n1 kann Totalrefle-
xion auftreten. Die Stetigkeitsbedingungen für die Felder an der Grenzfläche bestimmen das
Verhalten der Welle.
Aus der Wellengleichung folgt eigentlich, dass auf beiden Seiten der Grenzfläche je eine hin-
und rücklaufende Welle angesetzt werden muss. Mit Hilfe der Stetigkeitsbedingungen lassen
sich daraus zwei Gleichungen für die vier Amplituden der Wellen aufstellen. Die Amplitude
der einfallenden Welle in Medium 1 wird als bekannt vorausgesetzt, es bleibt also das immer
noch überbestimmte System von zwei Gleichungen für drei Unbekannte. Die Randbedingun-
gen im Unendlichen, verschwindende Felder, sollten die Lösung dann eigentlich eindeutig
machen. In verlustfreien Medien lässt sich diese Forderung allerdings nicht immer erfüllen,
weil der Ansatz mit der nicht verschwindenden einfallenden Welle bereits gegen die Bedin-
gung verstößt. Aus der Praxis, bei der alle Medien leichte Verluste aufweisen, ist bekannt,
274 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
dass eine einfallende Welle im Medium 1 nur eine von der Grenzfläche weglaufende Wel-
le im Medium 2 bewirkt. Dieser vereinfachte Ansatz soll im weiteren untersucht werden.
Im Anhang ist die Diskussion für Reflexion und Brechung an einer Grenzfläche zwischen
verlustbehafteten Medien aufgeführt. Die hier gewählte Darstellung ist als Resultat der aus-
führlichen Diskussion zu verstehen und stellt die wesentlichen Schritte, die zum Ergebnis
führen dar.
Wir setzen voraus, dass an der Grenzfläche keine Oberflächenladungen auftreten und auch
keine Oberflächenströme fließen. Der Normalenvektor ~n auf die Grenzfläche zeigt vom Ge-
biet mit Medium 1 zum Gebiet mit Medium 2. Damit folgt sofort die Stetigkeit der Normal-
~ und B
komponenten von D ~ sowie der Tangentialkomponenten von E
~ und H,
~ also
~ 1 ◦ ~n = D
D ~ 2 ◦ ~n , (8.94)
~ 1 ◦ ~n = B
B ~ 2 ◦ ~n . (8.95)
~ tan 1 = (~n × E
E ~ 1 ) × ~n = (~n × E
~ 2 ) × ~n = E
~ tan 2 (8.96)
~ tan 1 = (~n × H
H ~ 1 ) × ~n = (~n × H
~ 2 ) × ~n = H
~ tan 2 . (8.97)
Die Gleichungen (8.94) bis (8.97) bilden die Grundlagen für die weiteren Überlegungen.
Fällt eine Welle auf eine Grenzfläche, so wird sie dort teilweise gebrochen und teilweise
reflektiert. Wir betrachten ebene Wellen und benutzen die Bezeichnungen aus Abbildung 8.9
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 275
y Medium 2
jtr s2 = 0
e2, µ2
z
ktr
qtr
x
Medium 1
s1 = 0 e
e1, µ1
s eben
kref f all
n Ein
qref kin
Mediengrenze
qin
jref s
p n
~ in , H
Die Welle E ~ in falle vom Medium 1 aus auf die Grenzfläche. Die Felder lauten
Hierbei bezieht sich der Index in (incident) auf die einfallende Welle.
kin ist die Größe des Wellenzahlvektors der einfallenden Welle, entsprechend gilt für die
Größe der Wellenzahlvektoren der reflektierten Welle kref und der transmittierten Welle ktr .
Für die Normen der Wellenvektoren k = k~kk muss mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit
1 √ √
c0 = √ , der Vakuumwellenzahl k0 = ω µ0 ε0 und der Brechzahl n = εµ nach der
ε0 µ0
Dispersionsrelation gelten
√ ωnin
kin = ω εin ε0 µin µ0 = = nin k0 = kref (8.100)
c0
und
276 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
√ ωntr
ktr = ω εtr ε0 µtr µ0 = = ntr k0 , (8.101)
c0
da sich die einfallende und reflektierte Welle im Medium 1 ausbreiten und die transmittierte
(gebrochene) Welle im Medium 2 läuft. r
µin µ0
Der Wellenwiderstand der einfallenden Welle ist Zin = = Z1 der Wellenwiderstand
εin ε0
des Mediums 1. Das Produkt kin Zin kann durch ωµ0 µin ersetzt werden. Für die reflektierte
und die transmittierte Welle gelten Zref = Z1 , Ztr = Z2 .
Die Ansätze für das Feld der reflektierten und transmittierten Welle lauten
und
Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass die Grenzfläche die xy-
Ebene z = 0 des Koordinatensystems darstellt und die Flächennormale ~n = ~ez zusammen
mit dem Wellenvektor ~kin der einfallenden Welle die xz- Ebene definiert. Bezüglich der
Richtungen von ~kref und ~ktr wollen wir zunächst nichts festlegen, sondern annehmen, dass
die von ~n und ~kin bzw. ~n und ~ktr aufgespannten Ebenen mit der xy- Ebene den Winkel ϕref
bzw. ϕtr bilden. Die Einfallswinkel θin , Reflexionswinkel θref und Transmissionswinkel θtr
werden wie üblich gegen das Einfallslot ~n gemessen. Mit ~n = ~ez folgt aus
~kin
= ~ex sin {θin } + ~ez cos {θin } , (8.107)
kin
~kref
= ~ex sin {θref } cos {ϕref } + ~ey sin {θref } sin {ϕref } − ~ez cos {θref } , (8.108)
kin
~ktr
= ~ex sin {θtr } cos {ϕtr } + ~ey sin {θtr } sin {ϕtr } + ~ez cos {θtr } . (8.109)
ktr
~
Die Stetigkeitsbedingungen z.B. für das tangentiale E-Feld müssen zu jedem Zeitpunkt t
und an jedem Ort ~r = (x, y, z = 0)T der Grenzfläche erfüllt sein. Das ist nur dann möglich,
wenn sich die Phasen der einfallenden, reflektierten und transmittierten Wellen bei z = 0
höchstens um ein ganzzahliges Vielfaches von 2π unterscheiden, also
~ ~ ~
(kin ◦ ~r − ωin t) = (kref ◦ ~r − ωref t) + n2π = (ktr ◦ ~r − ωtr t) + m2π (8.110)
z=0 z=0 z=0
Das heißt, es findet bei der Reflexion und Brechung an einer (ruhenden) Grenzfläche keine
Frequenzänderung statt. Für ~r = (x, y, z = 0)T 6= ~0 ist dann noch zu erfüllen
~kin ◦ ~r
= ~kref ◦ ~r
= ~ktr ◦ ~r . (8.112)
z=0 z=0 z=0
Mit den Bezeichnungen kin = k~kin k, kref = k~kref k, ktr = k~ktr k folgt mit (8.107) bis (8.109)
aus der x-Komponente in (8.112)
kin sin {θin } = kref sin {θref } cos {ϕref } = ktr sin {θtr } cos {ϕtr } (8.113)
0 = kref sin {θref } sin {ϕref } = ktr sin {θtr } sin {ϕtr } . (8.114)
Dies bedeutet, dass ~kin , ~kref und ~ktr in einer Ebene liegen, nämlich in der durch ~kin und ~n
aufgespannten Einfallsebene. Aus (8.113) ergibt sich damit
kin sin {θin } = kref sin {θref } = ktr sin {θtr } . (8.116)
Die Wellenvektor-Komponenten parallel zur Grenzfläche müssen also gleich sein. In vekto-
rieller Schreibweise lautet (8.116)
und aus dem rechten Teil von (8.116) bzw. aus (8.118) das Brechungsgesetz von Snellius
und 0 ≤ θtr ≤ π/2 ist dann θin > θtr . Die Welle wird zum Einfallslot hin gebrochen. Ist
Medium 2 optisch dünner als Medium 1, also ntr < nin , dann erfolgt Brechung vom Lot
weg. Für einen Grenzwinkel θin = θgr mit
ntr
sin {θgr } = (8.121)
nin
ist θtr = π/2 und für θin > θgr gibt es keinen reellen Winkel θtr des transmittierten Strahls
mehr. Es tritt Totalreflexion ein. θgr heißt Grenzwinkel der Totalreflexion.
Der Zusammenhang zwischen den Tangentialkomponenten der Wellenzahlvektoren ist durch
(8.117) und (8.118) gegeben. Zur Berechnung der Normalkomponenten von ~kref betrachten
wir (8.117) noch etwas genauer. Da die Tangentialkomponenten von ~kin und ~kref gleich sind,
folgt dass ihre Differenz nur noch in Normalenrichtung zeigt (also keine Tangentialkompo-
nente (x- Komponente) besitzt)
~ ~ ~ ~ ~ ~
(kref + kin ) ◦ (kref − kin ) = ~n ◦ kref − kin ~ ~
~n ◦ kref + kin . (8.123)
Da beide Wellen im selben Medium laufen gilt k~kin k2 = ~kin ◦ ~kin = ~kref ◦ ~kref = k~kref k2 und
damit
~n ◦ ~kref + ~kin = 0 . (8.125)
280 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Dies bedeutet, dass die Normalkomponenten der Wellenzahlvektoren der einfallenden und
der reflektierten Welle gleich groß sind und in entgegengesetzte Richtungen zeigen. Aus
(8.125) folgt wiederum ~n ◦ ~kref − ~kin = −2~n ◦ ~kin . Einsetzen in (8.122) liefert
Zur Berechnung der Normalkomponente von ~ktr greifen wir auf die Dispersionsrelation zu-
rück. Es gilt mit (8.117) und (8.118) für ~k ∈ {~kin, ~kref , ~ktr }
n2 k02 = k 2 := k~kk2 = k~n × ~kk2 + (~n ◦ ~k)2 = k~n × ~kin k2 + (~n ◦ ~k)2 . (8.127)
für den Wellenzahlvektor der einfallende Welle verwendet, die allgemein auch für die beiden
anderen Wellenzahlvektoren ~kref und ~ktr gilt. Üblicherweise ist ~kin und ~n bekannt. Durch
einsetzen von ~k = ~ktr in (8.127) und umstellen folgt
q q
~
~n ◦ ktr = ± ktr − k~n × kin k = ± k02 n2tr − k~n × ~kin k2
2 ~ 2 .
Wählt man das Vorzeichen positiv, resultiert eine von der Grenzfläche weglaufende Welle,
die im Fall von Verlusten exponentiell abklingt, wie es physikalisch zu erwarten ist. Es gilt
also
q q
~n ◦ ~ktr = + ktr2 − k~n × ~kin k2 = + k02 n2tr − k~n × ~kin k2 . (8.129)
Abbildung 8.10: Grafische Lösung zur Berechnung der Normalenkomponente von ~ktr . Die
Dispersionsrelation (8.127) ist eine Kreisgleichung mit Radius k. Gemäß den Stetigkeits-
bedingungen müssen die Tangentialkomponenten der Wellenzahlvektoren gleich sein. Sie
werden durch Projektion auf die Ordinate wiedergegeben. Zur Konstruktion müssen also die
beiden Kreise mit den Radien k1 = n1 k0 und k2 = n2 k0 gezeichnet werden. Der Wellen-
zahlvektor der einfallenden Welle wird unter dem Winkel θin eingezeichnet, und der Wellen-
zahlvektor der transmittierten Welle folgt durch übertragen des Ordinatenabschnittes beim
Schnittpunkt mit dem Kreis wie oben dargestellt.
282 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
nach k~n × ~kin k2 umgestellt und in (8.129) eingesetzt werden. Das Resultat
q
~
~n ◦ ktr = + ktr2 − kin2
+ k~n ◦ ~kin k2 lautet nach einsetzen der Dispersionsrelation
q
~n ◦ ~ktr = + k02 (n2tr − n2in ) + k~n ◦ ~kin k2 (8.131)
und verknüpft die Normalenanteile der Wellenzahlvektoren direkt miteinander. Geht man
hier auf die Darstellung mit dem Einfallswinkel θin über, lautet die Darstellung von (8.130)
bzw. (8.131)
Oben haben wir angenommen, dass die Grenzfläche durch den Normalenvektor ~n = ~ez
charakterisiert wird und die Wellenzahlvektoren ansonsten nur noch eine x- Komponente
haben. Spätestens bei einem verdrehten, fest vorgegebenen Koordinatensystem ist die obige
Darstellung ungünstig und es lohnt sich, neue Einheitsvektoren zu definieren, die parallel zur
Grenzfläche liegen. Der Vektor ~eℓ soll in Richtung der Komponente des Wellenzahlvektors
parallel zur Grenzfläche zeigen. Die Darstellung für ~k lautet dann entsprechend zu (8.106)
Aus dem Vergleich von (8.128) und (8.133) wird ~ep durch umstellen gemäß
(8.134)
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 283
zu
(~n × ~kin ) × ~n
~ep = (8.135)
k~n × ~kin k
Jede elliptisch polarisierte Welle lässt sich nach Abschnitt 8.1.2 in zwei senkrecht zueinan-
der linear polarisierte Wellen zerlegen. Daher kann die Reflexion einer elliptisch polarisierten
Welle an einer ruhenden ebenen Grenzfläche auf die beiden Spezialfälle von TE- und TM-
polarisierten Wellen zurückgeführt werden. Die Bezugsrichtung für die Angabe der Trans-
versalität ist hier die Normale auf die Grenzfläche. Wir diskutieren im nächsten Abschnitt
~ in senkrecht zur Einfallsebene (und damit paral-
den Spezialfall von TE-Wellen, bei denen E
~ in folglich in der Einfallsebene schwingt. Die
lel zur Grenzfläche) linear polarisiert ist und H
Einfallsebene wird vom Normalenvektor auf die Grenzfläche ~n und dem Wellenzahlvektor
der einfallenden Welle kin aufgespannt. Im darauf folgenden Abschnitt behandeln wir dann
284 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
[TE :] ~ ◦ ~n = 0
E
(8.136)
[TM :] ~ ◦ ~n = 0
H .
Die Feldvektoren stehen senkrecht auf dem Ausbreitungsvektor, der hier wieder in der Form
(8.133)
dargestellt wird. Dabei ist die Normalenrichtung ~n aus der Lage der Grenzfläche bekannt,
die Darstellung von ~ep folgt (8.135). Bei der einfallenden Welle muss es sich nicht not-
wendig um eine reine TE- oder TM- Welle handeln. Das heißt, dass alle Feldkomponenten
auftreten können. Die Berechnung des TE- bzw. TM- Anteils über die Bedingung (8.136) ist
sehr umständlich. Einen Ausweg findet man mit der Definition des noch fehlenden dritten
Einheitsvektors
der wie ~et tangential zur Grenzfläche liegt. Die Felder können jetzt in der allgemeinen Dar-
stellung
(8.138)
~ = Hn~n + Hp~ep + Hs~es
H
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 285
geschrieben werden. Der Vektor ~es steht per Definition senkrecht zu ~n und wegen (8.135)
auch senkrecht zu ~k, womit er in Richtung des E- Feldes bei TE- Wellen oder in Richtung des
H- Feldes bei TM- Wellen liegen muss. Die Definition (8.136) lässt sich also zur Berechnung
der Felder in
~ TE = (~es ◦ E)~
E ~ es = ETE~es
(8.139)
~ TM = (~es ◦ H)~
H ~ es = HTM~es
~ = 1 ~
umformen. Es bleibt noch zu bemerken, dass das H- Feld der TE- Welle wegen H kZ
(k ×
~ die allgemeine Darstellung
E)
~ 1 h ~ ~
i
HTE = ETE (~n ◦ k)(~n × e~s ) + (~ep ◦ k)(~ep × ~es )
kZ
1 h i
= ETE ~ ~
(~ep ◦ k)~n − (~n ◦ k)~ep
kZ
1 h ~ ~
i
= ETE (~ep ◦ k)~n − (~n ◦ k)~ep (8.140)
ωµµ0
~ =
und das E- Feld der TM- Welle mit E Z ~
k
(H × ~k)
~ Zh ~ ~
i
ETM = HTM (~n ◦ k)(~
es × ~n) + (~ep ◦ k)(~es × ~ep )
k
Z h i
= HTM ~ ~
(−~ep ◦ k)~n + (~n ◦ k)~ep
k
1 h ~ ~
i
= HTM (−~ep ◦ k)~n + (~n ◦ k)~ep (8.141)
ωεε0
ist.
Wir betrachten TE-Wellen. Die einfallende Welle ist nach Abbildung 8.11 in y-Richtung
polarisiert mit E~in = Ein~ey .
286 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
qtr z
Etr
x
Htr
Eref H
ref
qref Ein
Hin
s
qin p n
Das zugehörige Magnetfeld wird gemäß (8.140) berechnet, wobei hier ~n = ~ez und ~ep = ~ex
gelten. Für das Magnetfeld der einfallenden Welle resultiert
Ein h i 1 h i
~ in =
H (~ep ◦ ~kin )~n − (~n ◦ ~kin )~ep = Hin (~ep ◦ ~kin )~n − (~n ◦ ~kin )~ep (8.142)
.
ωµin µ0 kin
Nimmt man an, dass die reflektierten und transmittierten Wellen nicht parallel zur einfallen-
den Welle polarisiert sind, also
~ = 1 ~ ~
gilt, lautet das zugehörige Magnetfeld wegen H kZ
(k × E)
~ = 1 h ~ ~ ~ ~
H (~ep ◦ E)(~n ◦ k) − (~n ◦ E)(~ep ◦ k) ~es
ωµµ0
i
~ ~ ~ ~
− (~es ◦ E)(~n ◦ k)~ep + (~et ◦ E)(~ep ◦ k) ~n (8.143)
~ und B
Die Stetigkeit der Normalkomponenten von D ~ verlangt
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 287
also wegen der tangentialen Stetigkeit von ~k nach (8.117) und (8.118)
~ in + ~es ◦ E
~es ◦ E ~ ref = ~es ◦ E
~ tr . (8.144)
~ und H
Die Stetigkeit der Tangentialkomponenten von E ~ erfordert
~es ◦ E~ in + E~ref = ~es ◦ E~tr (8.145)
aus den Gleichungen (8.146) und (8.148) mit (8.144) folgt mit (8.6), (8.117) und (8.118)
~ tr = 0 ,
~ep ◦ E
~ tr = 0 ,
~n ◦ E
~ ref = 0 ,
~ep ◦ E
~ ref = 0 .
~n ◦ E
An der Grenzfläche werden also keine neuen Polarisationen erzeugt und die Stetigkeits-
~ ref = Eref · ~es und E
bedingungen reduzieren sich mit E ~ tr = Etr · ~es auf
288 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
~n ◦ k~in ~n ◦ k~tr
(Ein − Eref ) = Etr (8.150)
µin µtr
wobei ~n ◦ k~in = −~n ◦ k~ref (8.122) beachtet wurde. Die Lösung des Gleichungssystems führt
auf die Reflexions- und Transmissionsfaktoren für die Amplituden
!
~kin ~ktr
~n ◦ −
µin µtr
rTE = ! (8.152)
~kin ~ktr
~n ◦ +
µin µtr
tTE = 1 + rTE (8.153)
Wegen (8.131) hängt der Reflexionsfaktor nur noch von der Normalenkomponente von ~kin
ab. Einsetzen von (8.131) in (8.152) und (8.153) ergibt
q
1
µin
(~n ◦ ~kin ) − 1
ktr2 − kin
µtr
2
+ (~n ◦ ~kin )2
rTE = q (8.154)
1 1
(~n ◦ ~kin ) + ktr2 − kin2
+ (~n ◦ ~kin )2
µin µtr
2
(~n ◦ ~kin )
µin
tTE = q (8.155)
1 1
(~n ◦ ~kin ) + ktr2 − kin2
+ (~n ◦ ~kin )2
µin µtr
Diese Darstellung ist unabhängig vom gewählten Koordinatensystem und kann in dem oben
diskutierten Spezialfall mit den Winkeln θin und θtr geschrieben werden. Aus (8.152) folgt
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 289
nin ntr
Eref µin
cos {θin } − µtr
cos {θtr }
rTE = = nin ntr (8.156)
Ein TE µin
cos {θin } + µtr
cos {θtr }
1 1
p
n cos {θin }
µin in
− µtr
n2tr − n2in + n2in cos2 {θin }
rTE = 1 1
p . (8.157)
n cos {θin }
µin in
+ µtr
n2tr − n2in + n2in cos2 {θin }
Mit 1 − cos2 {θin } = sin2 {θin } folgt daraus und mit (8.153)
p
1
n cos {θin }
µin in
− 1
µtr
n2tr − n2in sin2 {θin }
rTE = p (8.158)
1
n cos {θin }
µin in
+ 1
µtr
n2tr − n2in sin2 {θin }
2
n cos {θin }
µin in
tTE = p . (8.159)
1
n cos {θin } + µ1tr n2tr −
µin in
n2in sin2 {θin }
q √
µµ0
Mit Z = εε0
und n = εµ findet man die alternative Darstellung
nin ntr
−
µ µtr
rTE = nin
in ntr (8.162)
+
µin µtr
nin
2
µ
tTE = nin inntr . (8.163)
+
µin µtr
290 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
insbesondere für nichtmagnetische Materialien µin = µtr = 1. Das sind die Fresnelschen
Formeln für TE-Polarisation.
Es bleibt noch anzumerken, dass die Darstellung für die Magnetfelder der transmittierten
und reflektierten Welle mit
~ in = Ein · ~es , E
E ~ ref = Eref · ~es , ~ tr = Etr · ~es und εin = εref = ε1 , εtr = ε2
E
~ in = Ein 1 h ~ ~
i
H (~ep ◦ kin )~n − (~n ◦ kin )~ep
Zin kin
1 h i
= Ein (~ep ◦ ~kin )~n − (~n ◦ ~kin )~ep (8.166)
ωµ1 µ0
~ 1 h ~ ~
i
Href = Eref (~ep ◦ kin )~n + (~n ◦ kin )~ep (8.167)
ωµ1µ0
h i
H~ tr = Etr 1 (~ep ◦ ~kin )~n − (~n ◦ ~ktr )~ep (8.168)
ωµ2µ0
lautet.
Htr
z
Etr qtr
x
qref
Href
Eref Hin
Ein s
qin p n
Ein cos {θin } − Eref cos {θin } = Etr cos {θtr } , (8.170)
1 1
(~n ◦ ~kin )(Hin − Href ) = (~n ◦ ~ktr )Htr . (8.171)
εin εtr
Dies Ergebnis wurde aus der modifizierten Form der Gleichungen (8.99), (8.103) bzw. (8.105)
unter Verwendung von
~ = Z (H
E ~ × ~k) = 1 (H~ × ~k) (8.172)
k ωεε0
mit den Stetigkeitsbedingung (8.96) berechnet. Für das elektrische Feld resultiert mit
292 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
~ in = Hin · ~es , H
H ~ ref = Href · ~es , H
~ tr = Htr · ~es und εin = εref = ε1 , εtr = ε2
h i
E~ in = Hin · Zin (~n ◦ ~kin )(~es × ~n) + (~ep ◦ ~kin )(~es × ~ep )
kin
1 h i
= Hin · (~n ◦ ~kin ) ~ep − (~ep ◦ ~kin ) ~n (8.173)
ωε0εin
h i
~ ref = Href · 1
E −(~n ◦ ~kin ) ~ep − (~ep ◦ ~kin ) ~n (8.174)
ωε0εin
h i
E~ tr = Htr · 1 (~n ◦ ~ktr ) ~ep − (~ep ◦ ~kin ) ~n (8.175)
ωε0 εtr
und daraus wegen (8.96) (8.171). Aus (8.96) und (8.171) ergeben sich die Amplitudenreflexions-
und Amplitudentransmissionsfaktoren mit ähnlichen Definition wie bei den TE- Wellen (8.151)
für TM-Polarisation
!
~kin ~ktr
~n ◦ −
Href εin εtr
rTM = = ! , (8.176)
Hin ~kin ~ktr
~n ◦ +
εin εtr
Htr
tTM = = 1 + rTM . (8.177)
Hin
Hier muss darauf hingewiesen werden, dass in vielen Lehrbüchern das Verhältnis der Am-
plituden der elektrischen Feldstärke anstelle der magnetischen Feldstärke zur Definition der
Reflexions- und Transmissionsfaktoren herangezogen wird. Beim Reflexionsfaktor ergibt
sich daraus ein Faktor −1 und beim Transmissionsfaktor der Faktor Ztr /Zin.
Wird wieder ~n ◦ ~ktr aus (8.131) verwendet, ergibt sich
q
1 1
~n ◦ ~kin − ktr2 − kin
2
+ (~n ◦ ~kin )2
εin εtr
rTM = q , (8.178)
1 1
~n ◦ ~kin + ktr2 − kin
2
+ (~n ◦ ~kin )2
εin εtr
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 293
2
~n ◦ ~kin
εin
tTM = q . (8.179)
1 ~ 1
~n ◦ kin + ktr2 − kin
2
+ (~n ◦ ~kin )2
εin εtr
Etwas anschaulicher lassen sich die Reflexions- und Transmissionsfaktoren mit Winkeln aus-
drücken:
p
1
n cos {θin }
εin in
− 1
εtr
n2tr − n2in sin2 {θin }
rTM = p (8.182)
1
n cos {θin }
εin in
+ 1
εtr
n2tr − n2in sin2 {θin }
2
n cos {θin }
εin in
tTM = p . (8.183)
1
n cos {θin } + ε1tr n2tr − n2in
εin in
sin2 {θin }
nin ntr
Zin − Ztr εin
− εtr
rTM = = nin ntr (8.184)
Zin + Ztr εin
+ εtr
Zur Veranschaulichung des Verlaufs der Reflexionsfaktoren wird eine Darstellung gewählt,
bei der die Reflexionsfaktoren in Abhängigkeit vom Einfallswinkel aufgetragen werden.
Für senkrechten Einfall θ = 0 resultiert
r r
kin ktr εin εtr
− −
µ µtr µin µtr
rTE = in =r r
kin ktr εin εtr
+ +
µin µtr µin µtr
und
r r r r
kin ktr µin µtr εin εtr
− − −
ε εtr εin εtr µin µtr
rTM = in =r r = −r r = −rTE .
kin ktr µin µtr εin εtr
+ + +
εin εtr εin εtr µin µtr
Die Reflexionsfaktoren sind also entgegengesetzt gleich groß. Das bedeutet, dass die H-
Felder der einfallen den und der reflektierten antiparallel stehen, wenn die E-Felder parallel
sind und umgekehrt.
Fällt die Welle von der anderen Seite auf die Grenzfläche, tauschen die Werte von ε und µ
und das Vorzeichen wechselt einfach.
Im weiteren wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit angenommen, dass die Brechzahl
auf der „linken“ Seite kleiner als auf der anderen Seite der Grenzfläche ist.
Fällt die Welle von „links“ auf die Grenzfläche, sind die Reflexionsfaktoren für alle Winkel
0 ≤ θ ≤ 90◦ reell. Im Sonderfall des parallelen Einfalls θ = 90◦ wird ~n ◦ k~in = 0 und
beide Reflektionsfaktoren nehmen den Wert −1 an. Das bedeutet, dass sich die einfallende
und reflektierte Welle gerade auslöschen werden, was auch richtig ist, weil eine ebene Welle
nicht in einem Halbraum existieren kann, obwohl sie es in diesem Grenzfall müsste. Hier
sind die Grenzen des Modells erreicht.
Die Reflektionsfaktoren fallen monoton gegen diesen Grenzwert. Da einer der beiden bei
senkrechtem Einfall größer als eins ist, muss er eine Nullstelle aufweisen. Der zugehörige
Winkel heißt Brewsterwinkel.
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 295
Fällt die Welle von der „rechten“ Seite auf die Grenzfläche, ist zu beachten, dass die Refle-
xionsfaktoren nur bis zum Grenzwinkel der Totalreflexion nin sin{θgr} = ntr reell bleiben.
Beim Grenzwinkel der Totalreflexion wird ~n ◦ k~tr = 0 und beide Reflektionsfaktoren nehmen
den Wert 1 an. Auch hier gibt es wegen der Monotonie bei einem der beiden Reflektionsfak-
toren eine Nullstelle. Wegen der Zeichenumkehr beim Seitenwechsel handelt es sich um den
selben Reflektionsfaktor wie beim Einfall von „links“. Die Verläufe sind in den Abbildun-
gen 8.13 und 8.14 jeweils für Vakuum auf der linken Seite und ein unmagnetisches bzw. ein
magnetisches Medium auf der rechten dargestellt. Interessant ist hier, dass bei der speziellen
Konstellation mit magnetischen Medium auf der rechten Seite nunmehr ein Brewsterwinkel
für die TE-Polarisation existiert.
Der Reflexionsfaktor ohne Brewsterwinkel ist vom Betrag her über den gesamten Verlauf
immer größer als der mit dem Brewsterwinkel, was auch den Abbildungen 8.15 und 8.16 zu
entnehmen ist.
1
=1 =1,5
0,8
=1 =1
0,6
0,4
rTE
0,2
0
rTM rTM
-0,2
rTE
-0,4
-0,6
-0,8
-1
90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Abbildung 8.13: Reflexionsfaktoren bei unmagnetischen Medien als Funktion des jeweiligen
Einfallsswinkels. Links ist Vakuum, rechts ein Medium mit ε = 1, 5
296 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
1
=1 =1,5
0,8
=1 =2
0,6
0,4
rTM
0,2
0
rTE
-0,2 rTE rTM
-0,4
-0,6
-0,8
-1
90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Abbildung 8.14: Reflexionsfaktoren bei Vakuum auf der linken Seite und einem magneti-
schen Medium mit µ = 2 und ε = 1, 5 auf der rechten Seite als Funktion des jeweiligen
Einfallsswinkels.
1 1
=1 =1,5 =1 =1,5
=1 =1 =1 =2
0,8 0,8
0,6 0,6
0,4 0,4
rTE rTM
rTE
rTM
0,2 0,2
0 0
90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Abbildung 8.15: Beträge der Reflexionsfak- Abbildung 8.16: Beträge der Reflexionsfak-
toren bei unmagnetischen Medien als Funk- toren bei einem magnetischen Medium auf
tion des jeweiligen Einfallsswinkels. der rechten Seite als Funktion des jeweiligen
Einfallsswinkels.
8.2.6.1 Brewster-Winkel
Zur Berechnung des Brewsterwinkels wird für die Normalkomponenten der Wellenzahlvek-
toren die Darstellung
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 297
q
~n ◦ ~k
= εµ − εin µin sin2 {θin }
k0
verwendet. Für die TE-Welle ergibt sich aus der Bedingung
~n ◦ kin ~n ◦ ktr
~ ~
− =0
µin µtr
θin =θB,TE
p p
εinµin − µinεin sin2 {θB,TE } εtr µtr − µin εin sin2 {θB,TE }
= .
µin µtr
Nach Umstellen resultiert
µtr µin
µin εin sin2 {θB,TE } = (εin µtr − εtr µin )
µ2tr− µ2in
und mit Hilfe von sin2 {x} + cos2 {x} = 1
µtr εin µtr − εtr µin
tan2 {θB,TE } = .
µin εtr µtr − εinµin
In unmagnetischen Medien resultiert tan2 {θB,TE } = −1, was nicht möglich ist. Es gibt also
keinen Brewsterwinkel für TE-polarisierte Wellen in unmagnetischen Medien.
Für TM-polarisierte Wellen resultiert mit dem selben Vorgehen
εtr εtr µin − εin µtr
tan2 {θB,TM } = .
εin εtr µtr − εin µin
In unmagnetischen Medien ergibt sich der bekannte Zusammenhang
εtr
tan2 {θB,TM } = .
εin
In diesem Fall stehen die Wellenzahlvektoren der reflektierten und der transmittierten Welle
senkrecht aufeinander, oder mathematisch ausgedrückt gilt
Hier interessiert uns gerade dieser Energietransport über die Grenzfläche, also in ~n-Richtung
an der Stelle ~r ◦ ~n = 0. Wir definieren den
Intensitätsreflektionsfaktor
~n ◦ S~ref
R=− (8.186)
~in
~n ◦ S
und den
Intensitätstransmissionsfaktor
~tr
~n ◦ S
T = . (8.187)
~in
~n ◦ S
Es gilt
Das Minuszeichen für das Ergebnis von ~n ◦ k~ref bedeutet, dass der Energietransport in nega-
tiver ~n-Richtung erfolgt. Damit folgt
2
|Eref |2 Eref
RTE = = = |rTE |2 (8.189)
|Ein |2 Ein
2
|Href |2 Href
RTM = = = |rTM |2 , (8.190)
|Hin |2 Hin
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 299
also allgemein
R = |r|2 (8.191)
und
( ) ( )
~ktr ◦ ~n ~ktr ◦ ~n
Re Re
µtr |E |2 µtr
TTE = ( ) tr 2 = ( ) ktTE k2 (8.192)
~kin ◦ ~n |Ein | ~kin ◦ ~n
Re Re
µin µin
( )
~ktr ◦ ~n
Re
εtr |Htr |2
TTM = ( ) . (8.193)
~kin ◦ ~n |Hin |2
Re
εin
Leider lässt sich für TTE und TTM keine einheitliche Darstellung wie in (8.191) finden. Zur
Abhilfe definieren wir die Reflexions- und Transmissionsfaktoren für tangentiale Feldampli-
tuden nach Tabelle 8.1.
Mit den in 8.1 angegebenen Reflexions- und Transmissionsfaktoren können R und T allge-
mein wie folgt dargestellt werden
∗
RTE = −Re rE,TE · rH,TE
∗
RTM = −Re rE,TM · rH,TM
TTE = Re tE,TE · t∗H,TE
TTM = Re tE,TM · t∗H,TM ,
also folgt
Tabelle 8.1: Transmissions- und Reflektionsfaktoren für tangentiale Amplituden der elektri-
schen und magnetischen Feldstärke an der Grenzfläche.
TE TM
~kin ~ktr
~
Eref ◦ ~es ~n ◦ µin
− µtr ~ ref ◦ ~ep
E
rE := = = rTE := = −rH,TM
~ in ◦ ~es
E ~
~n ◦ µkinin +
~ktr
E~ in ◦ ~ep
µtr
~kin ~ktr
~ ref ◦ ~ep
H ~ ref ◦ ~es
H ~n ◦ εin − εtr
rH := = −rE,TE := = = rTM
~ in ◦ ~ep
H ~ in ◦ ~es
H ~ ~
~n ◦ kεinin + kεtrtr
~
~ tr ◦ ~es
E ~ tr ◦ ~ep
E ~n ◦ kεtrtr
tE := = 1 + rE,TE = 1 + rTE := = tH,TM ·
~ in ◦ ~es
E ~ in ◦ ~ep
E ~
~n ◦ kin εin
~ktr
~ tr ◦ ~ep
H ~n ◦ µtr
~ tr ◦ ~es
H
tH := = tE,TE · := = 1 + rH,TM = 1 + rTM
~ in ◦ ~ep
H ~n ◦
~kin ~ in ◦ ~es
H
µin
Die Reflexions- und Transmissionsfaktoren sind in dieser Darstellung sehr einfach. Leider
wird der Transmissionsfaktor nach dem Einsetzen etwas kompliziert und sobald die Medien
verlustbehaftet sind, komplett undurchsichtig.
In verlustlosen Medien resultiert das anschaulich zu erwartende Ergebnis
R+T =1 , (8.196)
also die Summe aus reflektierter und transmittierter Leistung ist gleich der einfallenden Lei-
stung.
8.2.8 Totalreflexion
Beim Übergang vom optisch dichteren ins optisch dünnere Medium nin > ntr tritt auf Grund
der Stetigkeitsbedingungen der Wellenzahlvektoren für Einfallswinkel θin > θgr in verlust-
losen Medien Totalreflexion ein. Grafisch ist dies in Abbildung 8.17 dargestellt.
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 301
normale Reflexion
(ep o kin)
(ep o ktr)
qtr
(n o kin) (n o ktr)
kin
qin ktr
k22 = (ep o ktr)2 - (n o ktr)2
-iqtr
(n o kin)
-i (n o ktr)
θgr heißt Grenzwinkel der Totalreflexion. Nach dem Brechungsgesetz (8.120) gilt nnintr sin {θgr } =
1 und für Winkel θin > θgr
nin
sin {θtr } = sin {θin } > 1 . (8.197)
ntr
Diese Bedingung kann für reelle Winkel θtr nicht erfüllt werden. Jedenfalls wird cos {θtr }
rein imaginär, denn
s s
n2 n2in
cos {θtr } = 1 − in sin2 {θin } = i sin2 {θin } − 1 . (8.198)
n2tr n2tr
Etwas allgemeiner lässt sich der Fall der Totalreflexion mit Ausbreitungsvektoren darstellen.
Wegen des Snelliusgesetzes ~n × (~ktr − ~kin ) = 0, das auch in der Form ~ep ◦ (~ktr − ~kin ) = 0
geschrieben werden kann, resultiert in kartesischen Koordinaten
Sobald die Tangentialkomponente des Ausbreitungsvektors der einfallenden Welle ~ep ◦ k~in
größer als der Ausbreitungskoeffizient für die transmittierte Welle ktr = ktr wird, resultiert
für die transmittierte Welle eine imaginäre Komponente in Normalenrichtung und es tritt
Totalreflexion ein. Das Vorzeichen wird so gewählt, dass sich eine abklingende Welle ergibt.
q
~
ktr ◦ ~n = +i (k~in ◦ e~p )2 − ktr2 . (8.200)
~
(kin ◦ e~p ) = ktr (8.201)
θgr
p
Eref n2 sin2 {θ } − n2tr
nin cos {θin } − i
rTE = = p in 2 in . (8.203)
Ein TE nin cos {θin } + i n2in sin {θin } − n2tr
Im Zähler und Nenner stehen zueinander konjugiert komplexe Zahlen, also ist |rTE | = 1. Mit
dem Phasenwinkel ψTE kann man schreiben
Eref
rTE = = e−i 2ψTE , (8.204)
Ein TE
wobei
p
n2in sin2 {θin } − n2tr
tan{ψTE } = (8.205)
nin cos {θin }
gilt. Entsprechend finden wir für die Totalreflexion von TM-Wellen mit (8.182)
p
Href
1
n
n2in in
cos {θin } − i n12 n2tr sin2 {θin } − n2tr
rTM = = in
p . (8.206)
Hin TM
1
n cos {θin } + i n12 n2in sin2 {θin } − n2tr
n2in in tr
Href
rTM = = e−i 2ψTM (8.207)
Hin TM
mit
p
n2 n2in sin2 {θin } − n2tr n2
tan{ψTM } = in = in tan{ψTE } . (8.208)
n2tr nin cos {θin } n2tr
Bei der Totalreflexion wird die Welle mit
R=1 (8.209)
304 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
reflektiert, aber es erfolgt ein Phasensprung um −2ψTE bzw. −2ψTM . Der Phasensprung ist
wegen (8.208) für die TM-Welle größer als für die TE-Welle. Eine linear polarisierte Welle,
deren Schwingungsrichtung nicht mit der einer TE- oder TM-Welle zusammenfällt, wird
nach der Totalreflexion elliptisch polarisiert.
Die Ausbreitung der transmittierten Welle erfolgt mit dem Ausbreitungsvektor
~ktr = (ktr sin {θtr } , 0, ktr cos {θtr })T . Die Welle hat die Form
~ tr = E
E ~ t0 exp{i(x · ktr sin {θtr } + z · ktr cos {θtr } − ωt)} (8.210)
s
~ n2in 2 nin
= Et0 · exp −z · ktr sin {θin } − 1 · exp i x · ktr sin {θin } − ωt .
n2tr ntr
Dies ist eine in z-Richtung exponentiell abklingende Welle. Das zugehörige Magnetfeld
Htr = ktr × Etr (ktr Ztr ) ist mit dem elektrischen Feld nicht mehr in Phase, da ~ktr komplex
~ ~ ~
ist.
1 n~ o
~tr ◦ ~n
S = Str = Re E × ~
H ∗
TE TE TE ◦ ~
ez = 0 , (8.211)
TE 2
~ tr = (0, Ety , 0)T und damit
denn für TE-Wellen mit der xz-Ebene als Einfallsebene ist E
Str = E~ tr × H
~ ∗ ◦ ~ez = −Ety Htx und
tr
1 ~
~ tr ◦ ~ex = − 1 ktr cos {θtr } Ety
Htx = ktr × E (8.212)
ktr Ztr Ztr
s
1 n2in
= −i sin2 {θin } − 1Ety .
Ztr n2tr
S~t ◦ ~n =0 . (8.213)
TM
T =0 , (8.214)
was nach (8.196) auch zu erwarten war. Es gibt zwar eine exponentiell abklingende Welle im
Medium 2 , aber im zeitlichen Mittel keinen Energiefluss in das Medium hinein. Man spricht
in diesem Zusammenhang von quergedämpften Wellen.
Die hier gefundenen Zusammenhänge, die für unmagnetische Materialien hergeleitet wur-
den, gelten mit kleinen Modifikationen ganz allgemein für verlustfreie (magnetische) Mate-
rialien. In vektorieller Schreibweise ist der Amplitudenreflektionsfaktor durch (8.152) bzw.
(8.176) gegeben. Im Zähler und Nenner stehen zueinander konjugiert komplexe Zahlen, so
dass gilt
q
−ik~tr ◦ ~n µin µin (k~in ◦ ~n)2 − ktr2
tan{ΨTE } = = · (8.216)
k~in ◦ ~n µtr µtr k~in ◦ ~n
und
q
−i k~tr ◦ ~n εin εin (k~in ◦ ~n)2 − ktr2
tan{ΨTM } = · = (8.217)
k~in ◦ ~n εtr εtr k~in ◦ ~n
2
µtr εin Ztr
= tan{ΨTE } = tan{ΨTE } .
µin εtr Zin
306 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
R=1 (8.218)
T =0 . (8.219)
Im Abschnitt 8.2.8 wurde die Totalreflexion einer ebenen Welle an einer ebenen Grenzflä-
che berechnet. Dabei zeigt sich, dass senkrecht zur Grenzfläche keine Energie transportiert
wird. Betrachtet man das Ergebnis genauer, so stellt man fest, dass sich eine Welle entlang
der Grenzfläche ausbreitet, deren Amplitude in das Medium hinein exponentiell abnimmt.
Sie wird als sogenannte quergedämpfte Welle bezeichnet. Es stellt sich nun die Frage, wo
diese eigentlich herkommt. Schließlich wird die Energie der einfallenden Welle vollständig
in die der reflektierten Welle übertragen, sonst wäre der Ausdruck ”Totalreflexion” reichlich
sinnlos.
Um das Rätsel zu lösen müssen wir beachten, dass wir erstens von unendlich ausgedehnten
Wellen sowie einer unendlich ausgedehnten Grenzfläche ausgehen und zweitens in der Rech-
nung das Gefühl einer zeitlichen Abfolge vermittelt wird, welche nicht existiert. Eigentlich
lösen wir für den vorgegebenen Gesamtraum, der durch die Grenzfläche in zwei unendliche
Halbräume geteilt wird, die Wellengleichung. Diese Lösung bedingt eine Feldverteilung, die
in die Anteile quergedämpfte Welle, reflektierte Welle und einfallende Welle zerlegt wer-
den kann. Jeder dieser Anteile für sich hat die Eigenschaften einer ebenen Welle, bis auf
die Tatsache, dass sie nicht unendlich ausgedehnt sind, sondern jeweils nur in begrenzten
Raumbereichen existieren. Dies ist die Begründung für die eigentlich unzulässige übliche
Betrachtungsweise, dass die einfallende Welle die reflektierte Welle und die quergedämpfte
Welle erzeugt. Die einfallende Welle hätte nämlich als ebene Welle mit unendlicher Aus-
8.2. REFLEXION UND BRECHUNG 307
dehnung überhaupt nicht alleine existieren können, ohne die aus den Maxwell-Gleichungen
entstandenen Stetigkeitsbedingungen zu verletzen.
8.2.9 Zusammenfassung
Wie wir gesehen haben, lassen sich Reflexion und Brechung an einer ruhenden Grenzfläche
mit einigen wenigen Grundgedanken beschreiben. Zunächst kann konstatiert werden, dass es
zu keiner Frequenzänderung an der ruhenden Grenzfläche kommt (8.111). Die Einfallsebene
wird durch den Wellenzahlvektor der einfallenden Welle und den Normalenvektor auf die
Grenzfläche aufgespannt, im Sonderfall senkrechter Inzidenz degradiert die Fläche zu einer
Linie. Weder die reflektierte noch die gebrochene Welle verlassen die Einfallsebene (8.115)
und damit lässt sich die Beschreibung der Reflexion und Brechung als zweidimensionales
Problem auffassen. Für die Wellenzahlvektoren gelten das Reflektionsgesetz (8.117) und das
Brechungsgesetz von Snellius (8.118). Sie gehen von der Forderung aus, dass die Tangenti-
alkomponenten der Wellenzahlvektoren der einfallenden, reflektierten und der gebrochenen
Welle gleich groß sind. Daraus folgt die bekannte Aussage des Reflexionsgesetzes, dass der
Ausfallswinkel gleich dem Einfallswinkel ist, wobei die Winkel stets gegen die Flächennor-
male gemessen werden. Die Dispersionsrelation (8.127) verknüpft Normal- und Tangential-
komponenten der Wellenzahlvektoren, so dass die Normalkomponente des Wellenzahlvek-
tors der gebrochenen Welle aus (8.131) bestimmt werden kann. Die Normalkomponente des
Wellenzahlvektors der reflektierten Welle ist wegen des Reflexionsgesetzes entgegengesetzt
gleich groß wie die der einfallenden Welle (8.125). Aus der Summe dieser Erwägungen sind
somit alle Wellenzahlvektoren bei Reflexion und Brechung durch Vorgabe der einfallenden
Welle bekannt.
Diese Aussagen gelten für alle Wellenformen, die sich entsprechend exp{~k ◦ ~r − ωt} aus-
breiten. Weitere Aussagen zur Leistungsaufteilung und den Amplituden der Wellen haben
wir nur für ebene Wellen als wichtigsten Vertreter der Wellen erarbeitet.
Die Zusammenhänge für die Feldstärkeamplituden der Wellen ergeben sich aus den Stetig-
keitsbedingungen an der Grenzfläche. Es wird nach Wellen unterschieden, die jeweils kei-
308 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
ne Feldkomponente senkrecht zur Grenzfläche aufweisen, namentlich TE- und TM- Wellen.
TE- Wellen haben keine E- Feldkomponente in Normalenrichtung zur Grenzfläche. Dement-
sprechend gehen auch nur die Stetigkeitsbedingungen für die Normalenkomponente der ma-
gnetischen Induktion in die Formeln für TE- Wellen ein. Im Gegensatz dazu haben TM-
Wellen nur eine E- Feldkomponente in Normalenrichtung und die Stetigkeitsbedingungen
für de Normalenkomponente der dielektrischen Verschiebung sind zu berücksichtigen. Zur
Charakterisierung werden normalerweise die Reflexions- und Transmissionsfaktoren für die
Amplituden des elektrischen Feldes der TE- (8.152) und TM- Wellen (8.176) angegeben.
Daneben existieren auch die entsprechenden Faktoren für die tangentialen elektrischen und
magnetischen Felder der TE- und TM- Wellen (Tabelle 8.1). Die Intensitätstransmission und
-reflexion errechnet sich aus dem Verhältnis der über die Grenzfläche transportierten bzw. an
ihr reflektierten Leistungsdichte zur einfallenden Leistungsdichte und wird als Intensitäts-
Reflexionsfaktor (8.194) bzw. Intensitäts- Transmissionsfaktor (8.195) angegeben.
und Lösungen der Differentialgleichung suchen. Es zeigt sich, dass wir mit Hilfe dieser Lö-
sungen dann den Lichtstrahl recht gut beschreiben können. Nachteilig ist dabei nur, dass wir
Beugungseffekte, die wir mit der skalaren Beugungstheorie beschreiben können, hier nicht
mehr sehen werden. Es liegt also an dem Ziel, welche der beiden Verfahren man anwendet.
Im Rahmen der Beugungstheorie wird angenommen, dass sich das Feld im wesentlichen
wellenförmig in z- Richtung ausbreitet. Der Zusammenhang zwischen dem Feldverlauf in
der Ebene z = z0 , hier z0 = 0, und einer beliebigen anderen, dazu parallel verlaufenden,
Ebene z = const. wird hergeleitet. Es stellt sich heraus, dass es eine eindeutige Beziehung
zwischen den Feldern in beiden Ebenen gibt, wenn man voraussetzt, dass sich die Wellen nur
in positive oder nur in negative z-Richtung ausbreiten. Dies ist eine Strahlungsbedingung
an die Wellen. Im allgemeinen Fall benötigt man für eine eindeutige Beziehung die Kenntnis
des Feldes in der betreffenden Ebene z = const und zusätzlich die Kenntnis der partiellen
Ableitung senkrecht zur Ebene, also in z-Richtung.
~ und die Felder
Wellengleichungen gelten für das skalare Potenzial Φ, das Vektorpotenzial A
~ und H.
E ~ In der skalaren Beugungstheorie wird hier repräsentativ die Ausbreitung nur einer
und meinen damit wie üblich den Realteil. Dieser Ansatz zur Lösung der Wellengleichung
wird im übrigen auch in der Quantentheorie zur Lösung der Schrödingergleichung verwen-
det. Die Größe Ψ repräsentiert z. B. die y-Komponente der elektrischen Feldstärke Ψ {~r, t} =
Ey {~r, t}. In quellenfreien, also ladungsdichtefreien und stromdichtefreien Bereichen lautet
die Wellengleichung
310 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
1 d2 Ψ {~r, t}
∆Ψ {~r, t} − =0 . (8.221)
c2 dt2
Einsetzen von (8.220) liefert für monochromatische Wellen die Helmholtzgleichung
mit k 2 = ω 2 /c2 . Der ortsabhängige Teil monochromatischer Wellen hat demnach die Helm-
holtzgleichung (8.222) zu erfüllen.
Nicht-monochromatische Wellen lassen sich durch eine zeitliche Fourier Transformation als
Überlagerung monochromatischer Wellen darstellen. Jede Frequenzkomponente, d. h. jede
Spektralkomponente, hat dann eine Helmholtzgleichung der Form (8.222) zu erfüllen. Wir
machen uns jetzt die Erkenntnis zunutze, dass die cosinusförmige Amplitudenverteilung in
einer Ebene als Überlagerung zweier ebener Wellen gedeutet werden kann, die unterschied-
liche Ausbreitungsrichtung haben. Bei beliebiger Form der Amplitudenverteilung müsste
zunächst eine räumliche Fourierzerlegung nach cos-Funktionen erfolgen um dann die Am-
plituden der ebenen Wellen zu berechnen. Diese beiden Schritte werden im folgenden bei
der Ermittlung des Raumfrequenzspektrums mit komplexer Fouriertransformation zusam-
mengefasst.
Wir ordnen dem ortsabhängigen Feld u {x, y, z = 0} = u0 {x0 , y0} in der Ebene z = 0 durch
die zweidimensionale ortsabhängige Fouriertransformation
ZZ
∞
ZZ
∞
gestattet die eindeutige Berechnung des Feldes aus dem Raumfrequenzspektrum. Die Raum-
frequenzen sind das Analogon zur üblichen Frequenz, die als Fouriertransformierte der Zeit
aufgefasst werden kann. Der Ausdruck Frequenz steht also im strengeren Sinne für das Wort
Zeitfrequenz und entsprechend steht das Wort Frequenzspektrum genaugenommen für Zeit-
frequenzspektrum. Jeder der drei Raumrichtungen wird eine Raumfrequenz zugeordnet. Man
kann aber auch statt der kartesischen Größen x, y und z zum Beispiel auch den Radius ρ in
Zylinder- oder r in Kugelkoordinaten wählen und erhält entsprechende Raumfrequenzen.
Für das Raumfrequenzspektrum einer ortsabhängigen Größe gilt das gleiche wie für das
(Zeit)Frequenzspektrum einer zeitabhängigen Variablen: Je schneller sich die Größe mit der
Zeit bzw. dem Ort ändert, desto höher sind die darin enthaltenen Zeit- bzw. Raumfrequen-
zen. Dies kann unmittelbar verstanden werden, da ja die Spektren mit demselben Forma-
lismus berechnet werden. Der wesentliche Unterschied zwischen den Spektren ist, dass das
Zeitfrequenzspektrum eindimensional ist (nur von f abhängt), während das Raumfrequenz-
spektrum bis zu dreidimensional sein kann (wir betrachten im weiteren aber nur zweidimen-
sionale Raumfrequenzspektren).
Eine entsprechende Entwicklung wie für die Ebene z = 0 können wir für jede beliebige
Ebene z = const durchführen. Wir schreiben gemäß (8.224)
ZZ
∞
νx , νy x,y
x,y νx , νy
u0 (x , y) uz (x , y)
Abbildung 8.18: Feldverteilungen und U0 (νx , νy) Uz (νx , νy)
Raumfrequenzspektren in den Ebenen z
z = 0 und z = const
z=0 z = const
y0 (x,y,z)
x0
(x0,y0,0)
x
2 2
) +z
x ) +(y-y0
2
r = √(x- 0
z
u(x,y,z)
u0(x0,y0) = u(x0,y0,z = 0)
z=0 z = const
Das Feld u {x, y, z} muss die Helmholtzgleichung (8.222) erfüllen. Benutzung von (8.225)
zur Berechnung der partiellen Ableitungen ∂ 2 /∂x2 und ∂ 2 /∂y 2 führt auf eine gewöhnliche
Differentialgleichung für das Raumfrequenzspektrum
d2
U {νx , νy , z} + (k 2 − 4π 2 νx2 − 4π 2 νy2 )U {νx , νy , z} = 0 . (8.226)
dz 2
In dieser Differentialgleichung sind νx und νy als feste Parameter anzusehen. Die allgemeine
Lösung von (8.226) ist
mit
Phasenkoeffizient
q
β= k 2 − (2πνx )2 − (2πνy )2 (8.229)
auftritt. Der erste Term beschreibt eine Welle, die sich in positive z-Richtung ausbreitet,
der zweite eine in negative z-Richtung laufende Welle. Legt man die Strahlungsbedingung
zugrunde, dass durch die experimentelle Situation vorgegeben nur in positive z-Richtung
laufende Wellen vorkommen sollen, dann muss man U0 = 0 verlangen. Damit ergibt sich ein
äußerst einfacher Zusammenhang für die Raumfrequenzspektren in zwei zueinander paral-
lelen Ebenen
der Effekt der Ausbreitung über die Strecke z einfach in einer Phasendrehung der Kompo-
nenten des Raumfrequenzspektrums besteht. Da die ebenen Wellenkomponenten verschie-
dene Ausbreitungsrichtungen besitzen, werden die unterschiedlichen Phasenverzögerungen
verständlich.
Für Raumfrequenzen mit
4π 2 νx2 + 4π 2 νy2 > k 2 (8.232)
ist eine andere Interpretation erforderlich. Jetzt wird die Quadratwurzel in (8.230) imaginär
und das Raumfrequenzspektrum klingt in z-Richtung ab
α
U {νx , νy , z} = U {νx , νy , z = 0} exp{− z} (8.233)
2
mit positivem
Intensitäts-Dämpfungskoeffizienten
α q
= ikz = 4π 2 νx2 + 4π 2 νy2 − k 2 . (8.234)
2
Diese Raumfrequenzkomponenten werden bei ihrer Ausbreitung stark gedämpft. Man be-
zeichnet Wellenkomponenten, die (8.232) erfüllen, als evaneszente Wellen. Das gesamte
Raumfrequenzspektrum setzt sich offenbar aus ausbreitungsfähigen und evaneszenten Kom-
1
ponenten zusammen. Der Faktor 2
in (8.233) verschwindet, wenn man die Leistungsüber-
tragung betrachtet. Es resultiert, dass die Leistung mit exp{−αz} abklingt, α ist also ein
Leistungs-Dämpfungsfaktor. Zusammengefasst gilt also für die Wellenzahl in z-Richtung
β für kz2 ≥ 0
kz = (8.235)
−i α für kz2 < 0
2
α
mit kz aus (8.228) sowie β und 2
aus (8.229) und (8.183).
8.3. SKALARE BEUGUNGSTHEORIE 315
Bei vorausgesetzter Strahlung in positive z-Richtung ist (8.230) ein exaktes Resultat. Fourier-
Rücktransformation von (8.230) ergibt
ZZ
∞
Drückt man nun noch U0 {νx , νy } vermöge (8.223) durch das Feld u {x, y, z = 0} = u0 aus,
so hat man nach Vertauschung der Integrationsreihenfolge das
Beugungsintegral
ZZ
∞ ZZ
∞ q
u {x, y, z} = u0 exp −i z k 2 − (2πνx )2 − (2πνy )2
−∞ −∞
(8.237)
Fresnel-Näherung
enthält. Es handelt sich also um paraxiale Strahlen (=Strahlen, die sich nahezu parallel zur
z-Achse ausbreiten) mit kz ≈ k. In diesem Fall können wir approximieren
316 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
q
2π 2 νx2 2π 2 νy2
kz = k2 − 4π 2 νx2 − 4π 2 νy2 ≈ k 1− −
k2 k2
2π
= k− π νx2 + νy2 (8.239)
k
ZZ
∞
−ikz z 2πi 2 2
e exp π νx + νy z exp {−i2π (νx (x − x0 ) + νy (y − y0 ))} dνx dνx
k
−∞
−k −ikz k 2 2
= e exp −i (x − x0 ) + (y − y0 ) , (8.240)
i2πz 2z
ZZ
∞
n π o
−1 −ikz −i π (x2 +y2 )
u {x, y, z} = e e λz u0 exp −i (x20 + y02 ) ·
iλz λz
−∞
(8.242)
2π
· exp i (xx0 + yy0) dx0 dy0 .
λz
2
Z ∞
exp{−πf 2 } exp{±i2πf t} df = exp{−πt2 }
−∞
8.3. SKALARE BEUGUNGSTHEORIE 317
Die Verteilung u {x, y, z} des Feldes erhält man demnach abgesehen von einem Phasen-
−1
faktor und einem konstanten Vorfaktor durch Fourier-Transformation der Verteilung
iλz
π x y
u0 exp{−i λz (x20 + y02)} nach den Raumfrequenzen λz und λz .
Huygens-Formalismus
Beim Huygensschen Prinzip werden Orte mit
z 2 ≫ (x − x0 )2 + (y − y0 )2 (8.243)
betrachtet, das heißt, es handelt sich um achsnahe Orte. Dies ist die sogenannte Huygens-
näherung. Nach Abbildung 8.19 gehen von jedem Quellpunkt x0 , y0 in der Ebene z = 0
Kugelwellen
√
e−ikr e−ik (x−x0 )2 +(y−y0 )2 +z 2
e−ikz n π π o
≈ ≈ exp −i (x − x0 )2 − i (y − y0 )2 (8.244)
r z z λz λz
mit der differentiellen Amplitude u {x0 , y0 , z = 0} dx0 dy0 aus, die sich in der z-Ebene
mit Koordinaten x, y additiv überlagern. Dies ist das Huygenssche Prinzip in der Fresnel-
−1
Näherung. Zusätzlich tritt noch ein Faktor auf, der in der ursprünglichen Huygensschen
iλ
Formulierung nicht vorgesehen war, der aber nach der Ableitung aus der Wellengleichung
zwingend erforderlich ist. Das nahezu identische Ergebnis deutet darauf hin, dass die Feld-
verteilung in der Nähe der Achse (fast) nur durch paraxiale Strahlen erzeugt wird, oder an-
ders gesagt: die Feldverteilung in einem Punkt wird nur durch die Wellen beeinflusst, die
von der Quelle auf den Punkt zulaufen. Als zweites gewinnt man die Erkenntnis, dass die
Huygens- und die Fresnelnäherung äquivalent sind.
π 2
z≫ (x0 + y02) , (8.245)
λ
das heißt, die Ausdehnung der Quelle ist klein gegen den betrachteten Abstand der Aufpunk-
te von der Quelle, kann man den Phasenfaktor im Integral in (8.242) gleich Eins setzen und
erhält die
Bis auf einen unwesentlichen Vorfaktor ist das Fernfeld die Fourier-Transformierte der Nah-
x y
feldverteilung nach den Raumfrequenzen λz
und λz
. Für paraxiale Strahlen ist die zeitgemit-
telte Energieflussdichte Sz in z-Richtung proportional zu |u {x, y, z} |2 , also
S ∝ |u {x, y, z} |2 , (8.247)
so dass der Phasenvorfaktor vor dem Integral in (8.246) für Energiebetrachtungen keine Rolle
spielt.
Hierbei wird angenommen, dass die einfallende Welle den Bereich des Loches ungehindert
passiert und außerhalb des Loches durch die Blende vollkommen absorbiert wird.
8.3. SKALARE BEUGUNGSTHEORIE 319
y
y0 z = const
ikz
ue
x0
z x
z=0
Fourier-Transformation (F {x}) ergibt mit x0 = r0 cos {ϕ0 }, y0 = r0 sin {ϕ0 }, x = r cos {ϕ},
y = r sin {ϕ}
ZZ
∞
2π
F {u0} = u {x0 , y0, z = 0} exp i (xx0 + yy0) dx0 dy0
λz
−∞
Zr̂0 Z2π n o
r0
= û exp i2π (x cos {ϕ0 } + y sin {ϕ0 }) r0 dϕ0 dr0
λz
0 0
Z 0 Z2π
r̂
n o
r0 r
= û r0 exp i2π (cos {ϕ} cos {ϕ0 } + sin {ϕ} sin {ϕ0 }) dϕ0 dr0 (8.249)
λz
0 0
Zr̂0 Z2π
1 2πr0 r
= 2πû r0 exp i cos{ϕ0 − ϕ} dϕ0 dr0
2π λz
0 0
Zr̂0
2πr0 r
= 2πû r0 J 0 dr0 ,
λz
0
wobei bei der letzten Gleichheit die Besselfunktion J0 eingeführt wurde. Für die weitere
Auswertung benutzen wir die Identität
320 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Zx
ξJ0 {ξ} dξ = xJ1 {x} (8.250)
0
und erhalten
J1 2πrr̂0
F {u0 } = 2πr̂02û 2πrr̂λz0 . (8.251)
λz
Nach (8.246) ist damit das Fernfeld
2πrr̂0
−2πr̂02 û −ikz −i πr2 J1 λz
u {r, ϕ, z} = e e λz 2πrr̂0
. (8.252)
iλz λz
1.0
0.8
Abbildung 8.21: Verlauf der Funktion
0.6
2 J1πx
{πx}
. Der Intensitätsverlauf im Beu-
J1 (x)
x
0.4
0.2
Funktion. -0.2
0 2 4 6 8 10
x
Die Fernfeldverteilung ist also maßgeblich durch den Faktor J1 {x}/x, also Besselfunktion
J1 geteilt durch ihr Argument, bestimmt. Für die Energieflussdichte ergibt sich die Propor-
tionalität
2 2πrr̂ !2
2πr̂02 û J1 0
S ∝ |u {x, y, z} |2 = λz
2πrr̂0
. (8.253)
λz λz
x11 λ z λz
r= · · = 1.22 (8.254)
π 2 rˆ0 2r̂0
im Fernfeld Beugungsbild. Dabei ist x11 die in (5.117) definierte erste Nullstelle der Bessel-
funktion erster Ordnung. Der Intensitätsverlauf der Beugung an einer kreisrunden Apertur
8.3. SKALARE BEUGUNGSTHEORIE 321
h i2
ist die Airy-Funktion 2 J1πx
{πx}
. Die Wurzel der Airyfunktion ist in Abbildung 8.21 darge-
stellt.
Die Beugungstheorie kann auf den allgemeinen Fall zurückgeführt werden, dass das Feld an
einem beliebigen Raumpunkt eindeutig ist, wenn auf der umgebenen Fläche an jedem Punkt
sowohl das Feld als auch die Normalenableitung bekannt sind. Zur Berechnung lässt sich
das Greensche Theorem
ZZZ ZZ
~ u − u∇
G∇ 2 ~ G d r =
(G∇u
2 3 ~ − u∇G)
~ ◦ d2~r (8.255)
V SV
vorteilhaft verwenden. Wenn man sowohl G als auch u als komplexe Funktionen des Ortes
auffasst deren erste und zweite partielle Ableitungen existieren müssen, liegt es nahe, den
Größen auf der rechten Seite die Bedeutung einer Greenschen Funktion G und eines Feldes
u zuzuordnen. Sowohl für G als auch für u gelten außerhalb des betrachteten Punktes die
Helmholtzgleichungen
~ 2 G + k2G = 0
∇
(8.256)
~ 2u + k2u = 0 .
∇
Wir konstruieren ein Volumen V′ , dass den Aufpunkt nicht enthält, indem wir eine Kugel
mit Radius ε zentrisch um den Aufpunkt legen, wie in Bild 8.22 dargestellt ist. Für dieses
neue Volumen V′ resultiert dann sofort auf der linken Seite von (8.255) nach Einsetzen von
(8.256)
ZZZ ZZZ
~ 2 u − u∇
G∇ ~ 2 G d3 r = − (Gk 2 u − uk 2 G) d3 r ≡ 0 (8.257)
V′
322 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
und somit
ZZ
~ − u∇G)
(G∇u ~ ◦ d2~r = 0 . (8.258)
SV ′
Die neue Oberfläche SV′ ist nur die Summe aus SV und Sε (SV′ = SV + Sε ) die jede für sich
geschlossen sind. Die Orientierung ist für SV weg vom Aufpunkt und für Sε zum Mittelpunkt
der Kugel.
Aus (8.258) folgt damit
ZZ ZZ
~ − u∇G)
(G∇u ~ 2 ~ − u∇G)
◦ d ~r = −
(G∇u ~ ◦ d2~r (8.259)
SV Sε
wobei zu bemerken ist, dass der Aufpunkt in der linken Fläche ja enthalten ist.
Die Greensche Funktion des freien Raums ist eine Kugelwellenfunktion
exp{−ik|~rp − ~rq |}
G{~rp , ~rq } = (8.260)
4π|~rp − ~rq |
mit dem Gradienten
~ qG = 1 exp{−ik|~rp − ~rq |} ~
∇ −ik − · ∇q |~rp − ~rq | (8.261)
|~rp − ~rq | 4π|~rp − ~rq |
8.3. SKALARE BEUGUNGSTHEORIE 323
Für das Integral auf der rechten Seite von (8.259) liegen alle Aufpunkte ~rp auf der Kuge-
~ q |~rp − ~rq | = −~nε , und d2~r = d2 r · ~nε . Hier zeigt ~nε
loberfläche, so dass |~rp − ~rq | = ε, ∇
~ konstant, so dass die
zum Kugelmittelpunkt. Für genügend kleine Radien ε sind u und ∇u
Integration über die Kugeloberfläche
ZZ ZZ
~ ~ 2 ~ 1 exp{−ikε} 2
lim
(G∇q u − u∇q G) ◦ d ~r = lim
∇q u ◦ ~nε + u −ik − · d r
ε→0 ε→0 ε 4πε
Sε Sε
(8.263)
ZZ
~ ~ 2 2 ~ 1 exp{−ikε}
lim
(G∇q u − u∇q G) ◦ d ~r = lim 4πε ∇q u ◦ ~nε + u −ik − ·
ε→0 ε→0 ε 4πε
Sε
= lim −u{~rq } = −u{~rp } (8.264)
ε→0
ZZ
~ ~
u{~rp } =
G{~rp , ~rq }∇q u{~rq } − u{~rq}∇q G{~rp , ~rq } ◦ d2~r (8.265)
SV
~ auf SV − σ zur Folge hat, dass überhaupt kein Feld auf SV existieren
von u als auch ∇u
kann. Dies folgt aus der allgemeinen Potenzialtheorie, die besagt, dass bei gleichzeitigem
Verschwinden des Potenzials und dessen Ableitung auf einem endlichen Flächenstück, das
Potenzial auf der gesamten Fläche und in dem darin eingeschlossenem Raum verschwindet.
Abhilfe schafft hier die Spiegelungsmethode. Wir konstruieren uns einen zweiten Aufpunkt
wie in Abbildung 8.23 gezeigt. Wegen der Reziprozität der Greenschen Funktionen können
wir Quelle und Aufpunkt in Gedanken vertauschen (tausche ~rp und ~rq in den Gleichungen).
Wenn wir erreichen, dass die Greensche Funktion hinter dem Schirm verschwindet, brau-
~ zu stellen, da dann in (8.265) der erste Term im Integral
chen wir keine Forderung an ∇u
verschwindet.
erfüllt genau dann diese Forderung, wenn das Minuszeichen verwendet wird, und es ändert
8.3. SKALARE BEUGUNGSTHEORIE 325
sich nichts an den vorherigen Überlegungen. Das Oberflächenelement auf σ ist d2~r = d2 r~nσ
und |~rp − ~rq | = |~rep − ~rq | auf σ.
Für den Gradienten von G = G− resultiert damit
~ q G = − −ik − 1 exp{−ik|~rp − ~rq |} (~rp − ~rq ) − (~rep − ~rq )
∇ · . (8.267)
|~rp − ~rq | 4π|~rp − ~rq | |~rp − ~rq |
Einsetzen in (8.265) ergibt mit der Aufteilung von SV in SV = S1 + S2 , wobei zu berück-
sichtigen ist, dass nur auf den Ausschnitt σ in S2 das Feld als bekannt vorausgesetzt wird
und ansonsten für ~rq ∈ S1 : u{~rq } ≡ 0 gelten soll,
ZZ
1 exp{−ik|~rp − ~rq |} (~rp − ~rq ) ◦ ~nσ 2
u{~rp } = 2 u{~rq } · −ik − · d r
|~rp − ~rq | 4π|~rp − ~rq | |~rp − ~rq |
σ
ZZ
+ ~ q u − u∇
(G∇ ~ q G) ◦ d2~r (8.268)
S1
Es bleibt hier noch das Integral über S1 zu lösen. Nehmen wir an, dass es sich dabei um eine
Kugeloberfläche mit sehr großem Radius r1 handelt, die um den Aufpunkt ~rp zentriert ist. In
diesem Fall wird ~rq − ~rp = ~r1 und ~r1 ist parallel zu d2~r. Ist r1 = |~r1 | zugleich noch groß
gegen |~rp − ~rep |, gilt
so dass
~ q G = lim −ik − 1 ~r1
lim ∇ ·G· (8.270)
|~
r1 |→∞ |~
r1 |→∞ r1 r1
und damit
ZZ ZZ
~ − u∇G)
~ 2~ ~ + iku ~
r 1
lim (G∇u ◦ d S = lim G ∇u ◦ d2~r
|~
r1 |→∞ r1 →∞ r1
S1 S1
326 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
(8.271)
ZZ
= lim ~ ◦ ~r1 + iku r1 d2 r
r1 · G ∇u
r1 →∞ r1
S1
wobei
~ ~r1
lim ∇u ◦ + iku · r1 → 0 (8.273)
r1 →∞ r1
für alle Punkte auf S1 erfüllt ist. Dies gilt zumindestens für eine Kugelwelle und wir können
uns nach dem Huygensschen Prinzip vorstellen, dass sich die Feldverteilung u als Linear-
kombination von Kugelwellen auffassen lässt. Unter diesen Voraussetzungen resultiert
ZZ
1 1 exp{−ik|~rp − ~rq |} (~rp − ~rq ) ◦ ~nσ 2
u{~rp } = u{~rq } · −ik − · · dr
2π |~rp − ~rq | |~rp − ~rq | |~rp − ~rq |
σ
(8.274)
Für große Abstände R = |~rp − ~rq | zwischen Aufpunkt und Quellpunkt ergibt sich die be-
kannte Näherung
ZZ ~ ◦ ~n
−1 exp{−ikR} R
u{~rp } = u{~rq } · · d2 r (8.275)
iλ R R
σ
wobei k = 2π
, ~ = ~rp − ~rq eingesetzt wurde. Das Oberflächenelement ~n · d2 r
~n = −~nσ und R
λ
~ ◦ ~n positive
ist in dieser Schreibweise zum Aufpunkt gerichtet, so dass das Skalarprodukt R
Werte ergibt. Häufig wird (8.275) auch in der Form
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 327
ZZ
u{~rp } = h{~rp , ~rq } · u{~rq } d2 r (8.276)
σ
exp{−ikR} R~ ◦ ~n
h{~rp , ~rq } = · . (8.277)
−iλR R
~ + k2 E
∆E ~ =0 (8.278)
für harmonisch zeitabhängige Felder aus und bemerken, dass die Wellengleichung für jede
~ gleichermaßen gilt, als auch für die Amplitude |E|
Komponente von E ~ = E. Dies führt auf
∆E + k 2 E = 0 . (8.279)
Nehmen wir an, dass sich die Welle vorwiegend in z−Richtung ausbreitet, können wir den
Ansatz mit einer Bloch-Welle
d
∆u − i2k u=0 . (8.281)
dz
328 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Ein Lichtstrahl weitet sich im Laufe der Zeit nur allmählich auf. Dies bedeutet, dass die
zweite Ableitung nach z in (8.281) gegen die anderen Terme vernachlässigt werden kann,
also
d2 d2 d2 d
u≪ u, u, 2k u . (8.282)
dz 2 dx 2 dy 2 dz
Mit (8.282) kann (8.281) in der sogenannten paraxialen Näherung
d2 d2 d
2
u + 2
u − i2k u = 0 (8.283)
dx dy dz
2
d d2 ~ 2 mit ∇
~s = d d
geschrieben werden. Fasst man nun noch dx 2 + dy 2 = ∇ s dx
· ~ex + dy
· ~ey
zusammen und schreibt ~s = x · ~ex + y · ~ey folgt die übliche Darstellung für die paraxiale
Wellengleichung
kk~sk2
u{x, y, z} = uz {x, y} = A{z} · exp −i . (8.285)
2q
Einsetzen in die paraxiale Wellengleichung führt mit
2
~ s uz = ∇
~ s A · exp −i kk~s k k
∇ = −i uz · ~s (8.286)
2q q
" 2 #
~ 2 uz = uz −i 2k − kk~sk
∇ (8.287)
s
q 2q
d 1 d kk~sk2 d
uz = uz · A + i· · q (8.288)
dz A dz 2q 2 dz
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 329
auf
" 2 #
kk~sk d 2k d A
q−1 −i · A+ · uz = 0 . (8.289)
2q dz A dz q
Diese Gleichung lässt sich für beliebige Punkte (x, y, z) nur erfüllen, wenn gleichzeitig Real-
und Imaginärteil verschwinden, also
∂
q=1 (8.290)
∂z
und
∂ A
A+ =0 . (8.291)
∂z q
q = q0 + z (8.292)
mit q0 = q{z = 0}, was im wesentlichen mit dem vorher gesagten übereinstimmt. Für A
findet man durch probieren A = A0 qq0 .
Tatsächlich sollte in u ja noch eine weitere Abhängigkeit von x und y enthalten sein, die in
den Fresnel- und Fraunhofer-Näherungen in den Integralausdrücken zu finden sind. Wie wir
bereits wissen, kann man die Integralausdrücke zumindest in der Fraunhofer-Näherung als
Produkt zweier Funktionen, die jeweils nur von x und y abhängen, schreiben. Versuchen wir
also, auch diese Erkenntnis zu verwenden und setzten
Also
330 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
u~s + u2
E = h{~ν ◦ ~s} · A{z} · exp −ik . (8.294)
2q
d d ∂ ∂
Einsetzen in die paraxiale Wellengleichung (8.284) ergibt mit dz
A = dq
A · ∂z q = ∂q
A
(wegen (8.290))
~ s hm,n ◦ ∇
~ s uz + uz ~2 d 2k ∂ A
2∇ ∇ s hm,n − i2k hm,n − i A+ hm,n = 0 .
dz A ∂q q
(8.295)
Erinnern wir uns an die Fraunhofer-Näherung, dann wäre ~ν = νx · ~ex + νy · ~ey und hm,n wäre
als Produkt separierbar in
x0 y0
Die Raumfrequenzen waren z−abhängig mit νx = λz
und νy = λz
, d.h. auch hm,n ist
z−abhängig.
8.4.1 Hermite-Gauß-Wellen
Für die Auswertung müssen wir uns auf ein Koordinatensystem festlegen. Wegen der Aus-
breitung in z−Richtung denkt man hier automatisch an Zylinderkoordinaten mit ~s = ̺ · ~e̺ ,
n o
und hm,n = hn p̺s · hm {Φ}. Etwas einfacher ist aber die Auswertung in kartesischen
Koordinaten bei denen wir
x y
hm,n = hm · hm (8.297)
px {z} py {z}
n o n o
′ x ′ y
1 h m px 1 hn py
~ s hm,n
∇ = hm,n n o ~ex + n o ~ey (8.298)
px h x py h y
m px n py
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 331
n o
wobei h′m x
px
d
= dξ hm {ξ} und h′n entsprechend die erste Ableitung von hn ist. Weiter-
x
px
hin benötigen wir
~ 2 hm,n = hm,n · 1 h′′m 1 h′′n
∇ s + (8.299)
p2x hm p2y hn
und
d x h′m d y h′n d
hm,n = −hm,n · · p x + · py . (8.300)
dz p2x hm dz p2y hn dz
Gleichung (8.293) wäre mit einem Produktansatz separierbar, wenn uz aus (8.285) ebenfalls
als Produkt uz = uzx {x} · uzy {y} geschrieben werden könnte. Einfach ist dies für die Ex-
ponentialabhängigkeit wobei wir auch gleich noch berücksichtigen können, dass q für die
x− und y−Richtung unterschiedlich sein dürfen. Bleibt noch A = Ax {z} · Ay {z} und wir
können schreiben
uz = ux · uy (8.301)
mit
n o n 2o
x x
ux = Ax {z} · hm · exp ik 2q
px
n o n 2 xo (8.302)
uy = Ay {z} · hn pyy · exp ik 2q
y
y
.
d
Da (8.290) weiterhin gelten soll, müssen wir dies auch für qx und qy annehmen, also q
dz x
=1
d d d d d
und q
dz y
= 1 und damit A
dz x
= A
dqx x
und A
dz y
= A.
dqy y
1 ′′ px d ′ 2k d Ax
· hm − i2kx − px hm − i · Ax +
hm · p2x qx dz Ax dpx px
1 ′′ py d ′ 2k d Ay
+ · hn − i2ky − py hn − i · Ay + =0
hn · p2y qy dz Ay dpy py
(8.303)
332 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Hermitesche Differentialgleichung
f ′′ − t · f ′ + m · f = 0, m ∈ N0 (8.304)
die umgeformt
1 ′′
(f − t · f ′ ) + m = 0 (8.305)
f
H0 = 1
H1 = t (8.306)
Hm+1 = t · Hm − Hm−1
n 2o
sind. Die Hermiteschen Polynome sind zueinander orthogonal mit dem Gewicht wn2 = √ 1 · exp − t2 ,
π · n!
Z∞ 2
1 t
√ · exp − · Hm · Hn dt = δm,n (8.307)
π · n! 2
−∞
gilt. Erweitern wir t zu pt in (8.304) oder (8.305), lautet die Differentialgleichung f1 f ′′ − pt f ′ =
−m. Wir nehmen an, das hm bzw. hn in (8.303) hermitische Polynome mit Argument pxx bzw.
y
py
sind. Einsetzen der Eigenschaft (8.304) in (8.295) ergibt
m 2k d Ax n 2k d Ay
− 2 −i Ax + − 2 −i Ay + =0 (8.308)
qx Ax dqx qx qy Ay dqy qy
1 px d
= i2k − px (8.309)
px qx dz
1 py d
= i2k − py . (8.310)
py qy dz
d p 1
p= + (8.311)
dz q i2kp
umgeformt werden. Betrachtet man nur den zweiten Term auf der rechten Seite, würde man
√ √
eine Proportionalität zu q vermuten. Versuchen wir es mit p = p0 q und setzen diesen
1
Ansatz in (8.311) ein, resultiert p0 = ik
und damit
r
q
p= . (8.312)
ik
Aus (8.308) resultieren mit (8.312) nach umstellen zwei Differentialgleichungen der Form
d ℓ A
A= −1 , (8.313)
dq 2 q
2ℓ −1
q
A = Aℓ (8.314)
q0
i
q0x = q0y = −p0 = , (8.315)
k
334 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
m+n−4 x y 1 x2 + y 2
um,n = Am · An · (k · p) · Hm · Hn · exp − (8.316)
p p 2 p2
mit beliebigen Kombinationen von m und n, so dass auch die Summe
∞ X
X ∞ 2
m+n−4 x y x + y2
u= Am,n · (k · p) · Hm · Hn · exp − (8.317)
m=0 n=0
p p 2 · p2
eine Lösung für die paraxiale Wellengleichung ist. Wie aus der Mathematik bekannt ist,
bilden die Hm und Hn ein vollständiges System und damit haben wir in (8.317) eine voll-
ständige Lösung gefunden.
Die Koeffizienten Am,n ergeben sich aus der Amplitudenverteilung in einer Ebene z mit
Z∞ Z∞
(k · p)4−m−n x y
Am,n = u · Hm · Hn dx dy (8.318)
πn! · m!p2 p p
−∞ −∞
In (8.315) haben wir, nur weil es praktisch war, q0x = q0y = −p0 gewählt. Damit verliert man
aber sofort den Freiheitsgrad, dass sich die Wellen in den beiden Richtungen unterschiedlich
ausdehnen. Dankbar wäre auch die Wahl q0 = iz0 , so dass
q = iz0 + z (8.319)
r
z0 z
p= −i (8.320)
k k
resultiert. Mit verschiedenen Werten q0x = −iz0x und q0y = −iz0y ergeben sich dann auch
verschiedene qx und qy und die Lösung (8.317) nimmt die Form
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 335
∞ X
X ∞
u= Am,n · uxm · uyn (8.321)
m=0 n=0
mit
m2 −1 n o
k · p2x
uxm = z0x
· Hm pxx · exp vx
k
− i z−z
k
0
n2 −1 n o (8.322)
k · p2y vy
uyn = z0y
· Hn pyy · exp k
− i z−z
k
0
an. Die Amplituden folgen wie oben mittels Orthogonalentwicklung. Zusammengefasst er-
gibt sich das elektrische Feld in paraxialer Näherung
XX m −1
k · p2x 2 x x2
E= Am,n · · Hm { } · exp{− 2 } · (8.323)
m n
z0x px 2px
n −1
k · p2y 2 y y2
· Hn exp{− 2 } · exp{i(ωt − kz )}
z0y py 2py
mit
1
p2x = (z0x − iz)
k
1
p2y = (z0y − iz) . (8.324)
k
Die sogenannte Rayleighlänge z0x bzw. z0y ist frei wählbar aber konstant.
Die Amplituden Am,n ergeben sich aus der Feldverteilung an einem festen Ort z
1− m2 1− n2
k · p2x k · p2y Z∞ Z∞
z0x
· z0y x x
Am,n = · Ê{x, y} · Hm · Hn dx dy .
π · m! · n! · px · py px py
−∞ −∞
(8.326)
Interessant ist dabei, dass die Wellen offensichtlich immer transversal gaußförmig abklingen
und ansonsten an jedem Punkt auf der z−Achse das gleiche Verhalten zeigen. Eigentlich
sollte doch die Aufweitung des Strahls bestimmt werden. Die Lösung zu diesem scheinbaren
Schönheitsfehler finden wir in der Tatsache, dass gemäß (8.311) bzw. (8.312) der Fleckradius
p von z abhängt. Bereits in (8.290) hatten wir eine lineare Abhängigkeit q{z} angenommen,
wobei zu bemerken ist, dass hier q rein reell ist. Das bedeutet wegen (8.312), dass wir ein
komplexes p
r r r
q q0 + z − z0 v z − z0
p= −i = −i = −i (8.327)
k k k k
haben, das wurzelförmig von z abhängt.
Wenn wir das Argument des exp −Terms in (8.322) in Real- und Imaginärteil aufspalten,
erkennen wir, wie weit sich die Welle in transversaler Richtung ausdehnt. Setzen wir
1 1 k
2
= 2 +i (8.328)
2p w 2R
und vergleichen mit (8.320), resultiert
1 k z0
2
= · 2
w 2 z0 + z 2 (8.329)
1 z
= 2 .
R z0 + z 2
Umformen ergibt
" 2 # " 2 #
2 2z 0 z z
w2 = · (z02 + z 2 ) = 1+ = w02 1 + (8.330)
kz0 k z0 z0
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 337
r q r
2 2 w0
w= · z02 + z 2 ≃ ·z = ·z (8.331)
kz0 z≫v kz0 z0
z 2
z02 0
R= +z ≃z 1+ . (8.332)
z z
( )
2
t2 t kt2
exp − 2 = exp − exp −i . (8.333)
2p w 2R
Der erste Faktor enthält ein rein reelles Argument. Hier handelt es sich um die Gauß-Funktion,
von der auch der Name der Welle herrührt. Die Amplitude nimmt mit größer werdendem
Abstand von der Achse exponentiell ab. Wird der zweite Faktor zusammen mit dem Aus-
breitungsterm exp{−ikz} betrachtet, ergeben sich sphärisch gekrümmte Phasenfronten mit
Krümmungsradius R.
Abschließend wollen wir noch die Ausbreitung einer solchen Eigenwelle des freien Raums
(in paraxialer Näherung) untersuchen. Wir beachten (8.327) und wollen uns auf die Vaku-
umwellenzahl k0 beziehen, so dass mit k = n · k0
q
= z + iz0 (8.334)
n
q1 q2
gilt. Die Ausbreitung von z1 nach z2 = z1 + L transformiert dann von n1
nach n2
, wobei
wir gleich angenommen haben, dass auch die Brechzahl in dem neuen Punkt geändert sein
q2 q1
kann. In einem homogenen Medium ist n1 = n2 und es gilt die Transformation n2
= n1
+ L.
Wenn man beispielsweise Linsen oder Blenden auf dem Weg von z1 nach z2 einbaut, kann
man zeigen, dass allgemein gilt
338 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
q2 A nq11 + B
= q1 . (8.335)
n2 C n1 + D
Diese recht unhandliche Darstellung kann auch in Matrizenschreibweise mit
q2 q1
n2
AB n1
= (8.336)
1 C D 1
überführt werden. Die Matrix lautet also für ein homogenes Medium mit der Länge L
AB 1L
= . (8.337)
C D 0 1
Interessant ist, dass diese Matrix-Darstellung verwendet werden kann, um das Feld an ei-
nem beliebigen Punkt in einem optischen System zu berechnen. Kennt man das Feld bei
z = 0, kann man mit (8.326) eine Feldentwicklung vornehmen und die Amplituden Am,n
bestimmen. Das Feld in einer beliebigen Ebene z > 0 resultiert dann durch errechnen des
Koeffizienten p, der aus (8.321) und (8.322) mit (8.334) hervorgeht. Die benötigten Werte
q
für n
können über (8.336) bestimmt werden, wenn man für jedes Element im Strahlengang
eine ABCD−Matrix definiert und alle Matrizen entsprechend miteinander multipliziert. Da
es sich bei den Eigenwellen in (8.326) um sogenannte Hermite-Gauß-Wellen handelt, spricht
man in diesem Zusammenhang auch von Gauß-Optik.
8.4.2 Laguerre-Gauß-Wellen
Bereits in der Diskussion von (8.295) hatten wir festgestellt, dass es sich anbietet, auf Zylin-
derkoordinaten überzugehen. Die Ergebnisse bei den Hermite-Gauß-Wellen legen nahe, auf
p normierte Achsabstände ̺ zu verwenden. Erinnern wir uns an die Orthogonalentwicklung
in Zylinderkoordinaten, wäre der Ansatz
̺
hm,n = hm · exp {inϕ} (8.338)
p
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 339
mit
~s = ̺ · ~e̺ (8.339)
naheliegend. Einsetzen in (8.295) führt unter Verwendung von (8.311) und (8.313) auf die
Differentialgleichung
" 2 ! #
1 ̺ ′′ ̺ ̺ ′ ̺ p ̺
h + 1− hm − n2 · + ℓ · = 0 , (8.340)
hm p m p p p ̺ p
x · y ′′ + (1 + α − x)y ′ + my = 0 (8.341)
(α)
erinnert. Die Lösung {α, m} ∈ N sind Laguerresche Polynome Lm {x} mit den Eigen-
schaften
(α)
L0 {x} = 1
(α)
L1 {x} = 1 + α − x (8.342)
(α) 1 (α) (α)
Lm+1 {x} = m+1 (1 + α + 2m − x) · Lm {x} − (α + m) · Lm−1 {x} .
Z∞
(α) (α) 2
Lm · Lm′ · |w| dx = δm,m′ (8.343)
0
1
|w|2 = α+m
· xα · exp{−x} (8.344)
Γ{1 + α} · m
340 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
(α)
verwendet wird. Versucht man an dieser Stelle, (8.295) mit dem Ansatz hm,n = Lm {x} · exp{inϕ}
̺
zu lösen, stellt man fest, dass α und m von p
abhängen müssten, was ja nicht sein darf. Er-
innert man sich dann an die Lösung in kartesischen Koordinaten, ist dort die Lösung für u
bereits orthogonal zu den Hermiteschen Polynomen. Die Lösung hier könnte also
eine ähn-
2
liche Form aufweisen. Nun steht im Gewicht (8.344) exp{−x}, was mit exp − 12 p̺
gleichzusetzen wäre. Wir müssen also den Ansatz
X 2ℓ −1
q
u= Am,n · · xt · L(α)
m {x} · exp{−x} · exp{inϕ} (8.345)
m,n
q0
mit
2
1 ̺
x= (8.346)
2 p
und q und p aus (8.319) und (8.320) versuchen. In der paraxialen Wellengleichung (8.284)
wird der Laplaceoperator verwendet, der hier in Zylinderkoordinaten
2 2
~2 = d + 1 d + 1 d
∇ (8.347)
s
d̺2 ̺ d̺ ̺2 dϕ2
geschrieben werden muss und mit der Substitution (8.346) unter Berücksichtigung von (8.327)
zu
~ 2s = 2 d2 d 1 d2
∇ x· + + · (8.348)
p2 dx2 dx 4x dϕ2
wird. Durch die Substitution (8.346) wird auch x von z abhängig, so dass
d −1
x= x (8.349)
dz ikp2
d
Verwendung findet. Berücksichtigen wir noch (8.313), wobei wie vorher bereits dz
q = 1
(α)
gesetzt wird, resultiert mit der Abkürzung y = Lm {x} aus (8.284)
8.4. PARAXIALE NÄHERUNG DER WELLENGLEICHUNG 341
′′ 1 2 n 2
′ ℓ
x · y + (1 + 2t − x)y + t − − 2t − y=0 , (8.350)
x 2 2
was für t = ± n2 die Form (8.341) annimmt. Es ist zu beachten, dass α = 2t ∈ N0 sein muss
und damit ergibt sich α = 2t = n. Der Exponent ℓ in (8.345) ist frei wählbar und ergibt sich
ℓ ℓ
aus der Bedingung m = −2t − 2
= −n − 2
ǫ N0 aus der Ordnung m der Laguerreschen
Polynoms zu ℓ = −2(m + n).
Die Lösung der paraxialen Wellengleichung in Zylinderkoordinaten ist also
∞ X
X ∞ −(m+n+1) n
k · p2 ̺
u= Am,n · · √
m=0 n=0
z02 2·p
2
̺ ̺2
· L(n)
m · exp − · exp{inϕ} . (8.351)
2p2 2p2
Wegen (8.343) und (8.344) können die Amplituden der Moden Am,n aus der Feldverteilung
an einer beliebigen Stelle z E = Ê{̺} · exp{i(ωt − kz)} mit
m+n+1
k · p2
Z2π Z∞ n
v ̺
Am,n = m+n · Ê{̺} · exp{−inϕ} · √
m
· Γ{1 + n} 2·p
0 0
2 2
(n) ̺ ̺
· Lm 2
d dϕ (8.352)
2p 2p2
bestimmt werden. Hierbei ist wie in kartesischen Koordianten p2 = k1 (z0 − iz) zu setzen und
das elektrische Feld lautet
∞ X
X ∞ −(m+n+1) n
k · p2 ̺ ̺2 ̺2
E= Am,n · · √ · Lnm { 2 } · exp{− 2 }
m=0 n=0
z0 2·p 2p 2p
· exp{inϕ} · exp{i(ωt − kz )} . (8.353)
342 KAPITEL 8. WELLENAUSBREITUNG IN DIELEKTRIKA
Kapitel 9
Wellenausbreitung in elektrischen
Leitern
~
j~D = −D0 ∇̺ (9.1)
~
j~c = σ E . (9.2)
343
344 KAPITEL 9. WELLENAUSBREITUNG IN ELEKTRISCHEN LEITERN
~ ◦B
∇ ~ =∇~ ◦ µµ0H~ =0 , (9.3)
~ ~
~ ×E
∇ ~ = − ∂ B = −µµ0 ∂ H , (9.4)
∂t ∂t
~
~ ×H
∇ ~ + εε0 ∂ E ,
~ = σE (9.5)
∂t
~ ∇~ ◦ E)
~ = 1 ~ =0 .
∇( ∇̺ (9.6)
εε0
Nicht ganz selbstverständlich ist die Forderung (9.6), die für
~ ◦E = ̺ ≡0
∇ , (9.7)
εε0
das heißt für Medien ohne freie Ladung, also für Ladungsträgerneutralität, immer erfüllt ist.
Aus Abschnitt 2.5.2 ist bekannt, dass ein anfangs ungeladener Körper mit ̺(~r, t = 0) =
0 sicher für alle Zeiten ungeladen bleibt, also ̺(~r, t) ≡ 0 gilt für alle Zeiten t. Deshalb
erscheint (9.7) für homogene Medien sinnvoll. Aber selbst bei geladener Materie muss die
Ladung nur homogen sein, um (9.6) zu erfüllen. Die Ableitung einer Wellengleichung erfolgt
ähnlich wie in Abschnitt 7.9. Wir haben
~ ~ 2~
~ × (∇
∇ ~ × E)
~ = ∇(
~ ∇~ ◦ E)
~ −∆E ~ × ∂ B = −µµ0 σ ∂ E − µµ0 εε0 ∂ E
~ = −∇ . (9.8)
| {z } ∂t ∂t ∂t2
=0
Telegraphengleichung
1 ∂2E~ ~
∂E
~−
∆E − µµ 0 σ =0 , (9.9)
c2 ∂t2 ∂t
~ × (∇
∇ ~ = 1 ∇
~ × H) ~ (∇
~ ◦ µµ0 H) ~
~ −∆H
µµ0 | {z }
=0
9.2. LÖSUNGEN DER TELEGRAPHENGLEICHUNG 345
~
∂E
~ ×E
= σ∇ ~ + εε0 ∇
~ ×
∂t
(9.10)
~
∂H ~
∂2H
= −µµ0 σ − µµ0εε0 2
∂t ∂t
oder
1 ∂2H~ ~
∂H
~ −
∆H − µµ 0 σ =0 . (9.11)
c2 ∂t2 ∂t
Die Wellengleichungen für das elektrische und magnetische Feld haben dieselbe Form.
Wir fragen nach monofrequenten Lösungen der Telegraphengleichung (9.9) der Form
ω2
∆E~a (~r ) + − iωµµ0σ E~a (~r ) = 0 , (9.13)
c2
bzw.
σ ~
∆E~a + ωµ0ε0 µ(ε − i )Ea = 0 . (9.14)
ωε0
σ
ε= ε−i = ε′ − iε′′ = ε{ω} (9.15)
ε0 ω
ein, die für Isolatoren mit σ → 0 in die normale relative Dielektrizitätskonstante ε übergeht.
Außerdem definieren wir eine komplexe Phasengeschwindigkeit der Welle gemäß
346 KAPITEL 9. WELLENAUSBREITUNG IN ELEKTRISCHEN LEITERN
1 c0
c= √ =√ . (9.16)
εε0 µµ0 εµ
Damit können wir schreiben
ω2 ~
∆E~a (~r ) + Ea (~r ) = 0 . (9.17)
c2
Die Helmholtzgleichung wird gelöst durch ebene Wellen
n o
~ 0 exp −i~k ◦ ~r
E~a (~r ) = E (9.18)
ω2
k~kk2 = ~k ◦ ~k = kx2 + ky2 + kz2 = 2 . (9.19)
c
Einfache Lösungen der Telegraphengleichung sind folglich
n o
E{~ ~ 0 exp iωt − i~k ◦ ~r
~ r , t} = E (9.20)
p
η= µε = n − iκ (9.21)
√
in vollkommener Analogie zur Maxwellschen Relation n = µε in verlustfreien Medien
ein. Die verallgemeinerte Brechzahl n und der Extinktionskoeffizient κ sind reelle Grö-
ßen. Ihre Bedeutung wird durch die folgende Rechnung klar. Zunächst haben wir
µε = n2 − κ2 − 2inκ (9.22)
9.2. LÖSUNGEN DER TELEGRAPHENGLEICHUNG 347
σ
n2 − iµ = n2 − κ2 − 2iκn . (9.23)
ε0 ω
Das bedeutet für Real- und Imaginärteil
n2 = n2 − κ2 (9.24)
und
µσ
= 2κn . (9.25)
ε0 ω
Hieraus erhält man s 2
1 1 4 1 4 σ
n2 = n2 ± n + n (9.26)
2 4 4 εε0 ω
und, da n reell ist, hat man die positive Wurzel zu nehmen
s
2
1 σ
n2 = n2 1+ + 1 . (9.27)
2 εε0 ω
ω2 2
kx2 + ky2 + kz2 = 2η . (9.29)
c0
Speziell für eine in ±z-Richtung laufende Welle ist kx2 = ky2 = 0, und wir schreiben
348 KAPITEL 9. WELLENAUSBREITUNG IN ELEKTRISCHEN LEITERN
~ r , t} = E
E{~ ~ 0 exp{iωt − ikz z}
(9.30)
=E~ 0 exp iωt − i ω nz exp − ω κz
c0 c0
n zo
ω
= E0 · exp iωt − · nz exp − ,
c0 d
mit der sogenannten Skin Eindringtiefe
c0
d= (9.31)
ωκ
wobei wir uns auf in positive z-Richtung laufende Wellen beschränkt und bei
ω
kz = ± η das positive Vorzeichen genommen haben. Die Welle (9.30) breitet sich in z-
c
Richtung mit der
Phasenkonstante
ω n
β = Re {kz } = n = 2π (9.32)
c0 λ0
Intensitätsabsorptionskoeffizienten
2ω 4πκ
α = 2Im {kz } = κ= (9.33)
c0 λ0
E ~ 0 e− α2 z exp{iωt − iβz}
~ =E . (9.34)
βz − ωt = const . (9.35)
9.3. ELEKTR. UND MAGN. FELD UND ENERGIEFLUSS 349
Das bedeutet
dz ω c0
= = = cPh . (9.36)
dt β n
Da n > n ist, nimmt die Phasengeschwindigkeit mit zunehmender Leitfähigkeit ab. Nach
(9.32) ist auch die Wellenlänge kleiner als im Isolator.
~ = 1 ~ ~
H k×E . (9.37)
µµ0 ω
Für eine linear polarisierte in z-Richtung laufende Welle ~k = (0, 0, kz )
bedeutet dies
mit
kz E0 ηE0 E0
H0 = = = , (9.40)
µµ0 ω µµ0 c0 Z
wobei der komplexe Wellenwiderstand
r r
µµ0 ε
Z= =Z· (9.41)
εε0 ε
eingeführt wurde. Da kz = ω
(n ~ und H
− iκ) bzw. Z komplex sind, sind E ~ nicht mehr in
c0
p
η = n − iκ = n2 + κ2 e−iϕ (9.42)
√
n2 + κ2 Ex
H0 = E0 e−iϕ = . (9.43)
µµ0c0 |Z|eiϕ
Magnetisches Feld Hy und elektrisches Feld Ex sind also um den Winkel ϕ phasenverscho-
σ −π
ben. Für → ∞, also n2 = κ2 , erhält man ϕ = = −45o .
εε0 ω 4
~ = (0, 0, S z ) ist
Für die zeitlich gemittelte Energieflussdichte S
1 1 |Ex |2
S z = Re Ex Hy∗ = Re . (9.44)
2 2 Z
Nun gilt
√
1 ε0 (n − iκ)
= √ (9.45)
Z µ µ0
und damit
n |E0x |2 n zo
Sz = |Ex |2 = exp −2 . (9.46)
2µµ0c0 2µµ0cPh d
Die zeitlich gemittelte Energiedichte ist
1 1
w = we + wm = Re Ex Dx∗ + By∗ Hy = (εε0 |Ex |2 + µµ0 |Hy |2 )
4 4
(9.47)
2
1 2 1 |Ex | 1 ε0 2
= εε0 |Ex | + µµ0 = εε0 + (n + κ ) |Ex |2
2
.
4 4 |Z| 2 4 µ
Für den Klammerausdruck folgt mit (9.24) und n2 = εµ
ε0 2 ε0 2ε0 n2
εε0 + (n + κ2 ) = εε0 + (2n2 − n2 ) = εε0 + − εε0
µ µ µ
(9.48)
2ε0 c20 2 2n 2
= = = .
µc2Ph 2
µµ0 cPh µµ0 c20
9.4. EINDRINGTIEFE UND SKINEFFEKT 351
n2 n n n zo
2 2
w= |Ex | = |E0x | exp −2 . (9.49)
2µµ0c20 c0 2µµ0c0 d
Im zeitlichen Mittel fallen Energiedichte und Energieflussdichte exponentiell in z-Richtung
ab, und es gilt der bekannte Zusammenhang
c0
Sz = w . (9.50)
n
x,Ex,jx
σ=0 σ=0
Wir wollen den exponentiellen Abfall der Felder Ex und Hy noch etwas genauer diskutieren.
Mit dem Abklingen von Ex ist wegen
jx = σEx (9.51)
352 KAPITEL 9. WELLENAUSBREITUNG IN ELEKTRISCHEN LEITERN
unmittelbar auch ein Abfall der Stromdichte verbunden. Fällt eine Welle nach Abbildung
9.1 aus einem Isolator auf ein leitfähiges Medium, dann klingen Feldstärke und Stromdichte
ω
unterhalb der Oberfläche rasch ab. Nach (9.30) und mit k z = (n − iκ) schreiben wir für
c0
eine in x-Richtung linear polarisierte Welle
− cω κz ω
Ex = Ea e 0 cos nz − ωt (9.52)
c0
und
− cω κz ω
jx = σEa e 0 cos nz − ωt . (9.53)
c0
Mit (9.43) folgt für das Magnetfeld
− cω κz ω
Hy = Ha e 0 cos nz − ωt + ϕ
c0
√
n2 + κ2 − cω κz ω
= Ea e 0 cos nz − ωt + ϕ .
µµ0 c0 c0
Die Größen n und κ sind durch (9.27) und (9.28) bestimmt. Für das Amplitudenverhältnis
der magnetischen und elektrischen Felder gilt
r 2
s 2 σ
√ 4
1+
Ha µε 4 σ εε0 ω
= 1+ = . (9.54)
Ea µµ0 c0 εε0 ω Z
Die magnetische Feldstärke nimmt relativ gesehen mit steigender Leitfähigkeit zu. In (9.54)
q
bezeichnet Z den reellen Wellenwiderstand Z = µµ 0
εε0
.
Das Abklingen der Felder ist durch den Extinktionskoeffizienten κ festgelegt. Wir können
zwei Grenzfälle unterscheiden, nämlich σ ≪ ωεε0 und σ ≫ ωεε0. Im ersten Fall domi-
niert in der Wellengleichung (9.9) bzw. der Helmholtzgleichung (9.13) der von der Verschie-
bungsstromdichte herrührende Term, im zweiten Fall der von der Konvektionsstromdichte
verursachte Dämpfungsterm.
Im ersten Fall beobachtet man wellenartiges Verhalten. Aus (9.28) folgt näherungsweise für
ωεε0 ≫ 0
9.4. EINDRINGTIEFE UND SKINEFFEKT 353
1 nσ
κ≈ . (9.55)
2 εε0 ω
Die Dämpfung der Welle erfolgt mit dem Intensitätsabsorptionskoeffizienten
r
2ωκ nσ µµ0
α= ≈ =σ = σZ . (9.56)
c0 εε0c0 εε0
In diesem Fall sind die betrachteten Frequenzen ω so hoch, dass die oszillierenden elektri-
schen Felder nicht schnell genug durch Ladungsbewegungen kompensiert werden können,
und es entstehen praktisch keine Raumladungsfelder. Die Wellenausbreitung erfolgt zwar
gedämpft, aber sonst ähnlich wie in einem Dielektrikum.
Im anderen Grenzfall σ ≫ ωεε0 ist die Leitfähigkeit so groß, dass Ladungsbewegungen vor-
kommen. Das heißt, dass elektrische Ströme so fließen, dass das elektrische Feld der Welle
kompensiert wird und eine Abschirmung des Feldes erfolgt. Dieses Verhalten ist typisch für
einen elektrischen Leiter. Wir erhalten aus (9.28)
r r
n σ σµ
κ≈ √ = . (9.57)
2 εε0 ω 2ωε0
Die Dämpfung erfolgt mit
r
α ωκ σµµ0ω
= = . (9.58)
2 c0 2
Der Abfall der Feldstärke auf den 1/e-ten Teil definiert die
Skin Eindringtiefe r
2 2
d= = . (9.59)
α σµµ0 ω
Für Kupfer mit σ = 5.7 · 107 A/(Vm) und µ ≈ 1 , µ0 = 4π · 10−7 Vs/(Am) erhält man bei
der Frequenz ω/2π = 1000 Hz die Eindringtiefe d = 2.1 mm. In dieser Entfernung von der
Oberfläche ist die Intensität des Feldes auf den 1/e-ten Teil, also ca. 37%, des Wertes an
der Oberfläche abgeklungen. Gemäß (9.59) verringert sich die Eindringtiefe mit wachsender
Frequenz und der Leiter verhält sich fast wie ein idealer Leiter.
354 KAPITEL 9. WELLENAUSBREITUNG IN ELEKTRISCHEN LEITERN
Erst bei genügend hohen Frequenzen σ ≈ ωεε0 gehen die typischen Leitereigenschaften
allmählich in Isolatoreigenschaften über. Diese Frequenzen liegen bei guten Leitern extrem
hoch. Benutzt man die angegebenen Werte für Kupfer für eine grobe Abschätzung, dann
kommt man auf ω/2π ≈ 1018 Hz, also in den Frequenzbereich der Röntgen-Strahlung. Be-
trachtet man den Stromfluss durch einen Draht mit kreisrundem Querschnitt von Radius a
und endlicher Leitfähigkeit, findet man nach gehöriger Rechnung, dass der Drahtwiderstand
c0
im Grenzfall kleiner Frequenzen, also d = ωκ
≫ a, dem Gleichstromwiderstand entspricht.
Bei hohen Frequenzen (d ≪ a) hingegen werden die Stromfäden aus der Mitte herausge-
drängt und der Stromfluss erfolgt im wesentlichen in einer Schicht am äußeren Rand. Die-
ser Effekt heißt Stromverdrängungseffekt oder auch Skin Effekt. Die Schicht, in der der
Stromfluss hauptsächlich erfolgt, hat die Dicke d, woher auch der Name Skin Eindringtiefe
rührt.
Kapitel 10
Wellenausbreitung in Wellenleitern
Wellenleiter sind Gebilde, bei denen die Materialkonstanten ε = ε{x, y}, µ = µ{x, y}
und σ = σ{x, y} nicht von der z-Koordinate abhängen. Solche Strukturen erlauben die
Wellenführung in z-Richtung. Beispiele sind Hohlrohrwellenleiter der Mikrowellentechnik,
integriert-mikroelektronische Streifenleitungen, Koaxialkabel, Glasfasern und integriert-optische
Wellenleiter. Abbildung 10.1 zeigt das Schema eines Wellenleiters.
y ε = ε (x,y) , σ = σ (x,y)
µ = µ (x,y)
355
356 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
Wir legen einen allgemeinen Wellenleiter nach Abbildung 10.1 zugrunde mit ε = ε{x, y},
µ = µ{x, y}, σ = σ{x, y}. Wir nehmen an, dass keine Raumladungen vorhanden sind,
~ gültig ist. Die Maxwellschen Gleichungen lauten
̺ = 0, und das ohmsche Gesetz ~j = σ E
damit
~
∇ ~ = −µµ0 ∂ H
~ ×E , (10.1)
∂t
~
~ ×H
∇ ~ + εε0 ∂ E
~ = σE , (10.2)
∂t
~ ◦ (εε0 E)
∇ ~ =0 , (10.3)
~ ◦ (µµ0 H)
∇ ~ =0 . (10.4)
In Bereichen, in denen ε{x, y} = ε = const und µ{x, y} = µ = const sind, folgt aus den
letzten beiden Gleichungen
~ ◦E
∇ ~ =0 ,∇
~ ◦H
~ =0 . (10.5)
Wir wollen für unsere weiteren Überlegungen annehmen, dass (10.5) gültig ist.
Zur Lösung der Maxwellgleichungen suchen wir in z-Richtung laufende Wellen der Form
~
~ = Ê{x,
E y} exp{iωt − ikz z} , (10.6)
~
~ = Ĥ{x,
H y} exp{iωt − ikz z} . (10.7)
Damit erhält man wegen ∂/∂z = −ikz und ∂/∂t = iω aus den Maxwellgleichungen der
Reihe nach (µ = const) für die kartesischen Komponenten
10.1. GRUNDGLEICHUNGEN FÜR WELLENLEITER 357
∂Ez
+ i kz Ey = −i ωµµ0 Hx , (10.8)
∂y
∂Ez
− − i kz Ex = −i ωµµ0 Hy , (10.9)
∂x
∂Ey ∂Ex
− = −i ωµµ0 Hz , (10.10)
∂x ∂y
∂Hz
+ i k z Hy = (σ + i ωεε0)Ex , (10.11)
∂y
∂Hz
− − i k z Hx = (σ + i ωεε0)Ey , (10.12)
∂x
∂Hy ∂Hx
− = (σ + i ωεε0)Ez , (10.13)
∂x ∂y
∂Ex ∂Ex
+ − i kz Ez =0 , (10.14)
∂x ∂y
∂Hx ∂Hy
+ − i k z Hz =0 . (10.15)
∂x ∂y
Aus den Gleichungen (10.8) und (10.12) kann man Ey und Hx als Funktion von Hz und Ez
berechnen. Aus den Gleichungen (10.9) und (10.11) bekommt man Ex und Hy als Funktion
von Ez und Hz . Man führt zur Abkürzung
ein, wobei man kρ als Ausbreitungskonstante in Querrichtung interpretieren kann. Man spricht
auch vom transversalen Ausbreitungskoeffizienten. Damit kann man schreiben
1 ∂Ez ∂Hz
Ex = −i kz − i ωµµ0 , (10.17)
kρ2 ∂x ∂y
1 ∂Ez ∂Hz
Ey = −i kz + i ωµµ0 , (10.18)
kρ2 ∂y ∂x
1 ∂Ez ∂Hz
Hx = (σ + iωεε0 ) − i kz , (10.19)
kρ2 ∂y ∂x
1 ∂Ez ∂Hz
Hy = (−σ − iωεε0 ) − i kz . (10.20)
kρ2 ∂x ∂y
358 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
∂ 2 Ez ∂ 2 Ez
2
+ 2
+ kρ2 Ez = 0 (10.21)
∂x ∂y
∂ 2 Hz ∂ 2 Hz
+ + kρ2 Hz = 0 . (10.22)
∂x2 ∂y 2
können. Die Bestimmung der Feldverteilung in einem Wellenleiter ist damit zurückgeführt
auf die Lösung der beiden Helmholtzgleichungen (10.21) und (10.22) für die Felder Ez und
Hz . Die anderen Komponenten ergeben sich aus (10.17) bis (10.20).
Da die Maxwellgleichungen ein lineares Differentialgleichunssystem bilden, kann man jede
Lösung zusammensetzen aus drei Typen,
wobei die Transversalität auf die z-Richtung als Ausbreitungsrichtung der Wellen bezogen
wird. Für rein transversale TEM-Wellen folgt aus Ez = 0 und Hz = 0 dann nicht zwangsläu-
fig auch das Verschwinden der übrigen Feldkomponenten, wenn der transversale Ausbrei-
tungskoeffizient kρ verschwindet. Als Bedingung gilt demnach für
10.1. GRUNDGLEICHUNGEN FÜR WELLENLEITER 359
TEM-Wellen
Für TE-Wellen ist Ez = 0 für Hz gilt die Wellengleichung (10.22). Die übrigen Feldkompo-
nenten lauten nach (10.17) bis (10.20)
1 ∂Hz
Ex = −i 2
ωµµ0 , (10.27)
kρ ∂y
1 ∂Hz
Ey = i 2 ωµµ0 , (10.28)
kρ ∂x
kz ∂Hz
Hx = −i 2 , (10.29)
kρ ∂x
kz ∂Hz
Hy = −i 2 . (10.30)
kρ ∂y
Offenbar muss kρ 6= 0 sein, damit keine unendlich großen Feldkomponenten auftreten, und
es
~ TE ◦ H
E ~ TE = 0 , (10.31)
~ und H
d.h. E ~ stehen überall aufeinander senkrecht.
TM-Wellen sind transversal bezüglich des Magnetfeldes. Es gilt Hz = 0 und für Ez die
Wellengleichung (10.21). Die übrigen Feldkomponenten ergeben sich zu
kz ∂Ez
Ex = −i , (10.32)
kρ2 ∂x
360 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
kz ∂Ez
Ey = −i , (10.33)
kρ2 ∂y
(σ + i ωεε0) ∂Ez
Hx = , (10.34)
kρ2 ∂y
(σ + i ωεε0) ∂Ez
Hy = − . (10.35)
kρ2 ∂x
~ TM ◦ H
E ~ TM = 0 , (10.36)
~ und H
d. h. auch bei TM-Wellen stehen E ~ aufeinander senkrecht.
kz Ex = ωµµ0Hy , (10.38)
∂Ey ∂Ex
− =0 , (10.39)
∂x ∂y
∂Ex ∂Ey
+ =0 , (10.40)
∂x ∂y
∂Hy ∂Hx
− =0 , (10.41)
∂x ∂y
∂Hx ∂Hy
+ =0 . (10.42)
∂x ∂y
Dies bedeutet
~ TEM ◦ H
E ~ TEM = 0 , (10.43)
~ ◦E
∇ ~ TEM = ∇
~ ◦H
~ TEM = 0 . (10.44)
10.2. RECHTECKHOHLLEITER 361
~ und H
In TEM-Wellen stehen E ~ überall aufeinander senkrecht und beide Felder E
~ und H
~
sind quellenfrei.
Es sei noch angemerkt, dass TEM-Wellen nicht in allen Wellenleitertypen auftreten können,
weil die Randbedingungen an den Grenzflächen bei diesem Wellentyp nicht erfüllt werden
können. Zum Beispiel treten TEM-Wellen in Koaxialleitern auf, nicht dagegen in metalli-
schen Hohlleitern wie z. B. Rechteckhohlleitern.
10.2 Rechteckhohlleiter
~
Etan =0 (10.45)
Rand
y
H
b σ=∞
Abbildung 10.2: Rechteckhohlleiter mit ide- x
E a
al leitenden Wänden z
∂ 2 Hz ∂ 2 Hz
2
+ 2
+ kρ2 Hz = 0 , (10.47)
∂x ∂y
und wie üblich ist für TE-Wellen Ez = 0. Der Separationsansatz
mit noch zu bestimmenden Konstanten C1 , C2 , C3 und C4 . Aus (10.27) und (10.28) folgt
ωµµ0
Ex = −i [(C1 sin{kx x} + C2 cos{kx x})
kρ2
· (C3 ky cos{ky y} − C4 ky sin{ky y}) exp{iωt − i kz z}] (10.50)
und
ωµµ0
Ey = i [(C1 kx cos{kx x} − C2 kx sin{kx x})
kρ2
· (C3 sin{ky y} + C4 cos{ky y}) exp{iωt − i kz z}] . (10.51)
10.2. RECHTECKHOHLLEITER 363
lπ 2a
kx = bzw. λx = mit l ganzzahlig (10.54)
a l
und
mπ 2a
ky = bzw. λy = mit m ganzzahlig (10.55)
b m
2π 2π
gilt. Hierbei wurden die Beziehungen kx = λx
und ky = λy
ausgenützt, wobei λx und λy die
Wellenlängen in x- bzw. in y-Richtung sind. Es kommen also nur diskrete Wellenzahlen vor,
die noch die Dispersionsrelation
ω2
kρ2 = kx2 + ky2 = ω 2µµ0 εε0 − kz2 = − kz2 (10.56)
c2
erfüllen müssen, die sich durch Einsetzen von (10.49) in (10.47) ergibt. Dieses Ergebnis er-
innert stark an die Orthogonalentwicklung in kartesischen Koordinaten. Mit den Konstanten
CTE lauten damit die Feldkomponenten für TE-Wellen
Ez = 0 , (10.58)
364 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
ωµµ0
Ex = i CTE cos{kx x} sin{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.59)
kx2 + ky2
ωµµ0
Ey = −i 2 CTE sin{kx x} cos{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.60)
kx + ky2
kx kz
Hx = i 2 CTE sin{kx x} cos{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.61)
kx + ky2
ky kz
Hy = i 2 CTE cos{kx x} sin{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.62)
kx + ky2
wobei kx und ky durch (10.54) und (10.55) gegeben sind und kz sich aus (10.56) berech-
net. Jede Wellenform ist durch zwei ganze Zahlen l, m gekennzeichnet. Die Bezeichnung
ist TElm -Welle. Indizes l = 0 und m = 0 gleichzeitig sind nicht möglich, da alle E-
Feldkomponenten verschwinden. Es gibt also keine TE00 -Welle. Die Aussage kann mathe-
matisch durch
l+m>0 (10.63)
beschrieben werden.
Aus (10.56) folgt für die Phasengeschwindigkeit der Hohlrohrwelle
ω ω
cPh = =q (10.64)
kz ω 2 2 2
− l aπ2 − m2 π 2
c2 b2
wobei noch (10.54) und (10.55) beachtet wurden. Für die Gruppengeschwindigkeit gilt
∂ω c2
cgr = = (10.65)
∂kz cPh
√
wobei c = c0 / µε die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Dielektrikum bezeichnet. Wir be-
trachten noch die Freiraumwellenlänge λ im unbegrenzten Dielektrikum gemäß
2
2π ω2
= 2
= ω 2 µµ0 εε0 (10.66)
λ c
und die in Ausbreitungsrichtung im Wellenleiter gemessene Wellenlänge λz
10.2. RECHTECKHOHLLEITER 365
r
2π 4π 2 l2 π 2 m2 π 2
= kz = − 2 − 2 . (10.67)
λz λ2 a b
Die Hohlrohrwellenlänge λz ist stets größer als λ, denn
λ
λz = q . (10.68)
λ 2 l2 m2
1− 2 a2
+ b2
2
λ = λgr l,m = q (10.69)
l2 m2
a2
+ b2
ist die Hohlrohrwellenlänge der Wellenform l, m, d. h. der Mode TEl,m sogar unendlich. Für
größere Wellenlängen, d. h. kleinere Kreisfrequenzen
r
2πc 2πc l2 m2
ω= < ωgr = = πc + (10.70)
λ λgr a2 b2
ist die Mode TEl,m nicht ausbreitungsfähig. Sie wird nach (10.67) mit imaginärem kz expo-
nentiell abklingen. Für Abmessungen a ≥ b besitzt die Mode TE10 die kleinste aller mögli-
chen Grenzfrequenzen
πc
(ωgr )TE10 = . (10.71)
a
Die zugehörige Grenzwellenlänge ist
λgr = 2a . (10.72)
2πc
(ωgr )TE20 = = 2(ωgr )TE10 (10.73)
a
und
r
1 1 πc √ 2
(ωgr )TE11 = πc 2
+ 2 = a + b2 (10.74)
a b ab
366 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
πc a
(ωgr )TE01 = = (ωgr )TE10 · < (ωgr )TE11 . (10.75)
b b
Der Frequenzbereich, in dem nur die TE10 -Mode ausbreitungsfähig ist, wird durch (ωgr )TE10 ≤
ω ≤ Min{(ωgr )TE20 , (ωgr )TE01 } bestimmt. Der maximale Frequenzbereich ergibt sich aus
a
der Bedingung (ωgr )TE20 ≤ (ωgr )TE01 für das Seitenverhältnis b
≥ 2. Der Wellenleiter ist
dann im Frequenzbereich
πc πc
≤ω≤2 (10.76)
a a
einmodig, d. h. es ist nur die TE10 -Mode ausbreitungsfähig.
Die an den Oberflächen vorhandenen normalen elektrischen und tangentialen magnetischen
Felder rufen dort Flächenladungen und Flächenströme hervor, die aus den Randbedingungen
berechnet werden können und sich mit den Feldern zeitlich ändern. Ströme und Ladungen
müssen selbstverständlich die Kontinuitätsgleichung erfüllen.
In diesem Fall gilt Hz = 0 und im homogenen verlustfreien Innenraum des Hohlleiters gilt
die Helmholtzgleichung
∂ 2 Ez ∂ 2 Ez
+ + kρ2 Ez = 0 (10.77)
∂x2 ∂y 2
Der Separationsansatz
Hz = 0 , (10.81)
kz kx
Ex = −i CTM cos{kx x} sin{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.82)
kx2
+ ky2
kz ky
Ey = −i 2 CTM sin{kx x} cos{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.83)
kx + ky2
ωεε0ky
Hx = i 2 CTM sin{kx x} cos{ky y} exp{i ωt − i kz z} , (10.84)
kx + ky2
ωεε0kx
Hy = −i 2 CTM cos{kx x} sin{ky y} exp{i ωt − i kz z} . (10.85)
kx + ky2
lπ mπ
kx = , ky = (10.86)
a b
wie bei TE-Wellen. Auch die Dispersionsrelation (10.56) behält ihre Gültigkeit, so dass
alle Überlegungen zur Ausbreitungsgeschwindigkeit, Hohlrohrwellenlänge, Grenzfrequenz
u.s.w. ganz genauso gelten wie im Falle von TE-Wellen.
Offenbar muss man l 6= 0 und m 6= 0 wählen, damit in (10.80) bis (10.85) nicht alle Feld-
komponenten verschwinden. Es gibt also keine TM00 -, TM10 - und TM01 -Wellen. Dies be-
deutet in anderer Schreibweise, dass
sein muss. Die Welle mit der kleinsten Grenzfrequenz ist demnach die TM11 -Welle. Ihre
Grenzfrequenz ist durch (10.74) gegeben. Die Überlegungen zur Einmodigkeit eines Wel-
368 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
lenleiters lassen sich damit sehr einfach auf den Fall ausdehnen, dass gleichzeitig TE- und
TM-Wellen vorkommen.
10.2.3 TEM-Wellen
~ ~
E{x, y, z, t} = Ê{x, y} exp{i ωt − i kz z} . (10.88)
Für TEM-Wellen ist Ez = 0, also auch Êz = 0. Wegen (10.39) gibt es eine zweidimensionale
Potenzialfunktion Φ̂(x, y) so dass
∂ Φ̂(x, y)
Êx {x, y} = − (10.89)
∂x
und
∂ Φ̂(x, y)
Êy {x, y} = − (10.90)
∂y
gilt. Aus (10.40) folgt eine zweidimensionale Laplacegleichung für Φ̂
∂ 2 Φ̂ ∂ 2 Φ̂
+ =0 . (10.91)
∂x2 ∂y 2
Für festes z und t ist Φ̂ auf dem gesamten einfach zusammenhängenden Wellenleiterrand ei-
ne Konstante, denn die Feldstärkevektoren stehen überall senkrecht auf dem idealen Leiter.
Die eindeutig bestimmte Lösung der zweidimensionalen Laplacegleichung zu der Randbe-
dingung Φ̂(Rand)= const ist aber
Φ̂ = const (10.92)
Diese Überlegungen kann man sofort auf alle Wellenleiter mit einfach zusammenhängenden
ideal leitenden Wänden übertragen. Sie gelten dagegen nicht für Wellenleiter mit mehrfach
zusammenhängenden Berandungen.
x
H
z
E
k
Abbildung 10.3: Parallelplattenleiter x=a
Zum Beispiel gibt es bereits beim Wellenleiter mit unendlich ausgedehnten parallelen Platten
nach Abbildung 10.3 keine Beschränkungen für Ex , so dass die ebene TEM-Welle
eine mögliche Lösungsform darstellt. Für festes z und t ist das Potenzial Φ̂ auf jeder der
beiden Platten konstant, aber die Potenzialdifferenz zwischen beiden Platten ist
Φ̂ = Êx a . (10.96)
Φ = Φ̂ exp{i ωt − i kz z} . (10.97)
Neben den TEM-Wellen gibt es noch alle TE- und TM-Wellen des Rechteckhohlleiters als
mögliche Ausbreitungsformen im Parallelplattenleiter. Bei letzteren Wellen hängt die Poten-
zialdifferenz
370 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
Za
Φ= Ex (x, y, z, t) dx (10.98)
0
zwischen zwei gegenüberliegenden Punkten (0, y, z) und (a, y, z) auf dem Wellenleiter außer
von z und t noch von y ab.
TEM-Wellen gibt es außerdem beim Koaxialkabel oder beim Rechteckhohlleiter mit Innen-
leiter, die schematisch in Abbildung 10.47 dargestellt sind. Hierbei sind die Berandungen
offenbar nicht einfach zusammenhängend, so dass sich in Ebenen z = const Potenzialdif-
ferenzen zwischen verschiedenen Teilen der Berandung aufbauen und damit TEM-Wellen
existieren können.
z x
Abbildung 10.4: Koaxialleiter (links) und Rechteckhohlleiter mit Innenleiter (rechts) als Bei-
spiel für TEM-Wellenleiter
Man kann zeigen, dass im Koaxialkabel als Grundmode nur TEM-Wellen als Ausbreitungs-
formen vorkommen.
~ ~ ~ ∗ ~ ∗ ~ ~ ~ ∗ ~ ~
∇ ◦ E1 × H2 + E2 × H1 + −iω ε0 (ε2 − ε1 )E1 ◦ E2 + µ0 (µ2 − µ1 )H1 ◦ H2∗
10.3. ORTHOGONALITÄT, FELDENTWICKLUNG UND STÖRUNGEN 371
~1 ◦ E
+ (σ2 + σ1 )E ~ ∗ = −E
~ 1 ◦ ~j ∗ − E
~ ∗ ◦ ~j1
2 2 2
kann für Wellen, die sich in z- Richtung gemäß exp{−iγz} ausbreiten, ein Ansatz der Form
X
~1 =
E ~ m {x, y} exp{i(ωt − γm z)}
E (10.99)
m
X
~1 =
H ~ m {x, y} exp{i(ωt − γm z)}
H (10.100)
m
X
~2 =
E ~ p {x, y} exp{i(ωt − γp z)}
E (10.101)
p
X
~2 =
H ~ p {x, y} exp{i(ωt − γp z)}
H (10.102)
p
gewählt werden. Die Feldamplituden hängen dabei nur von den zur Ausbreitungsrichtung z
~t =
transversalen Amplituden x, y ab. Mit dem transversalen Nablaoperator ∇ ∂
~e + ∂
~e
∂x x ∂y y
−i(γp∗ ~ ~ ~ ~
− γm ) Em × Hp + Ep × Hm ◦ ~ez exp{i(γp∗ − γm )z}
∗ ∗
~t◦ E
+∇ ~m × H~∗+E ~∗ × H ~ m exp{i(γ ∗ − γm )z}
p p p
~m ◦ E
−iω ε0 (ε2 − ε1 )E ~ ∗ + µ0 (µ2 − µ1 )H~m ◦ H
~ ∗ exp{i(γ ∗ − γm )z}
p p p
~m ◦ E
+(σ2 + σ1 )E ~ ∗ exp{i(γ ∗ − γm )z}
p p
~ m ◦ ~j ∗ exp{i(ωt − γm z)} − E
= −E ~ ∗ ◦ ~j1 exp{−i(ωt − γ ∗ z)} .
2 p p
Nach Integration über die Querschnittsfläche bleibt unter Anwendung des Divergenzsatzes
(B.19) für Felder, die in großer Entfernung von der z- Achse verschwinden
Z∞
Z h
∗
exp{i(γp − γm )z} ∗ ~ ~ ∗ ~ ∗ ~
i(γm − γp ) Em × Hp + Ep × Hm ◦ ~ez
−∞
i
~m ◦ E
+ −iω ε0 (ε2 − ε1 )E ~ ∗ + µ0 (µ2 − µ1 )H
~m ◦ H
~ ∗ + (σ2 + σ1 )E
~m ◦ E
~ ∗ dx dy
p p p
∞
ZZ h i
=− ~ ~ ∗ ~ ∗ ~ ∗
Em ◦ j2 exp{i(ωt − γm z)} + Ep ◦ j1 exp{−i(ωt − γp z)} dx dy . (10.103)
−∞
372 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
Zur Diskussion soll zunächst von Medien ohne Quellen ausgegangen werden. Dann reduziert
sich obige Gleichung (10.103) auf
∞
ZZ h
−i(γm − γp∗ ) E~m × H
~ p∗ + E
~ p∗ × H
~ m ◦ ~ez + (σ2 + σ1 )E
~m ◦ E
~ p∗
−∞
i
~m ◦ E
− iω ε0 (ε2 − ε1 )E ~ p∗ + µ0 (µ2 − µ1 )H
~m ◦ H
~ p∗ dx dy = 0 .(10.104)
Wenn sowohl die Felder m und p Lösung zum selben Problem sind, unterscheiden sich die
Materialgrößen ǫ1 und ǫ2 sowie µ1 und µ2 nicht und (10.104) vereinfacht sich für verlustlose
Medien weiter zu
∞
ZZ
(γm − γp∗ ) E~m × H
~∗+E ~ m ◦ ~ez dx dy = 0 .
~∗ × H (10.105)
p p
−∞
Dies bedeutet, dass Lösungen der verlust- und quellfreien Maxwellgleichungen desselben
Problems mit unterschiedlicher Ausbreitungskonstante γm 6= γp zueinander orthogonal sind:
∞
ZZ
~ ~ ∗ ~ ∗ ~
Em × Hp + Ep × Hm ◦ ~ez dx dy = 0 . (10.106)
−∞
Unter der Annahme, dass alle linear unabhängigen Lösungen der Maxwellgleichungen von-
einander unterschiedliche Ausbreitungskonstanten γ haben, man sagt, sie seinen nicht ent-
artete Lösungen, stellt das Integral (10.106) den Leistungstransport der Lösung m = p in
n o
~p × H
z- Richtung dar. Hier ist E ~∗+E ~∗ × H~ p durch 2Re E~p × H~ ∗ zu ersetzen:
p p p
∞
ZZ n o
Pp = ~ ~ ∗
Re Ep × Hp ◦ ~ez dx dy . (10.107)
−∞
10.3. ORTHOGONALITÄT, FELDENTWICKLUNG UND STÖRUNGEN 373
Obiges Integral kann als Skalarprodukt betrachtet und zur Entwicklung einer vorgegebenen
~ 1, H
Feldverteilung E ~ 1 herangezogen werden. Dabei gilt die Orthogonalrelation
Z∞
Z (
0 für m 6= p
~m × H
E ~∗+E~∗ × H
~ m ◦ ~ez dx dy = 2Pm δmp = .
p p
2Pm für m = p
−∞
Die Feldverteilung kann in dem betrachteten Abschnitt von außen induziert worden sein.
Als Beispiel sei eine von außen auf die Stirnfläche eines Wellenleiters einfallende Welle
genannt. Die Felder im Wellenleiter sind über die tangentialen Stetigkeitsbedingungen mit
denen außerhalb direkt verknüpft. Wir die Reflektion vernachlässigt, sind bei ladungs- und
~ 1, H
stromfreien Grenzflächen beide Feldverteilungen gleich. Die induzierten Felder E ~ 1 wer-
den nach den Lösungen der Wellengleichung im Wellenleiter gemäß der Reihe
X
~1 =
E ~ m exp{i(ωt − γm z)}
am E (10.108)
m
X
~1 =
H ~ m exp{i(ωt − γm z)}
am H
m
~ m, H
entwickelt. Die Amplitudenfaktoren am der Felder E ~ m ergeben sich somit zu
∞
ZZ
1 ~1 × H
~m∗ ~m∗ ~ 1 ◦ ~ez dx dy
am = E +E ×H .
2Pm
−∞
Leistung in Mode m
ηm = . (10.109)
Gesamtleistung im Feld 1
Die Leistung in Mode m, die durch das Feld 1 angeregt wurde, resultiert zu
374 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
∞
ZZ
1 ~ ∗ ~∗ ∗ ~∗ ~
P1m = (am Em ) × (am Hm ) + (am Em ) × (am Hm ) ◦ ~ez dx dy
2
−∞
= |am |2 Pm , (10.110)
+∞
ZZ n o
P1 = Re E~1 × H
~ ∗ ◦ ~ez dx dy (10.111)
1
−∞
gegeben ist. Wird in (10.110) am durch (10.109) ersetzt, resultiert für den Anregungswir-
kungsgrad zunächst
2
+∞
RR
~ ~ ∗ ~ ∗ ~
E1 × Hm + Em × H1 ◦ ~ez dx dy
P1m Pm −∞ Pm
ηm = = |am |2 = · .(10.112)
P1 P1 |2Pm |2 P1
Hier kann der Wirkungsgrad noch negativ werden, wenn nämlich eine Mode die Leistung
entgegen der z- Richtung transportiert (Pm < 0). Durch Betragsbildung lässt sich dieser
Zustand heilen. Dann ergibt sich nach kürzen um |Pm |
2
RR
∞ ~ ~ ∗ ~ ∗ ~
E1 × Hm + Em × H1 ◦ ~ez dx dy
−∞
|ηm | =
RR
(.10.113)
RR
∞ n o ∞ n o
~ ~ ∗ ~ ~ ∗
2Re Em × Hm ◦ ~ez dx dy 2Re E1 × H1 ◦ ~ez dx dy
−∞ −∞
Etwas schwieriger gestaltet sich die Feldentwicklung für verlustbehaftete Medien, da hier
die einzelnen linear unabhängigen Lösungen nicht mehr zueinander orthogonal sind. Unter
10.3. ORTHOGONALITÄT, FELDENTWICKLUNG UND STÖRUNGEN 375
der Annahme, dass wieder die Felder 1 und 2 Lösungen desselben quellfreien aber jetzt
verlustbehafteten Problems mit σ1 = σ2 = σ sind, resultiert aus (10.104)
Z+∞
Z h i
∗ ~ ~ ∗ ~ ∗ ~ ~ ~ ∗
−i(γm − γp ) Em × Hp + Ep × Hm ◦ ~ez + 2σ Em ◦ Ep dx dy = 0 (10.114)
.
−∞
RR
∞
Die Feldentwicklung nach (10.108) erfolgt jetzt dadurch, dass das Integral ~ 1 ◦E
σE ~ ∗ dx dy
p
−∞
genauer untersucht wird. Einsetzen von (10.108) und Umformen von (10.114) ergibt
Z∞
Z Z∞
Z X
2 ~1 ◦ E
σE ~ ∗ dx dy = 2 σ ~m ◦ E
am E ~ ∗ dx dy
p p
m
−∞ −∞
∞
X ZZ
= am ~m ◦ E
2σ E ~ ∗ dx dy
p
m
−∞
∞
X ZZ
=i ∗
am (γm − γp ) E~m × H
~ p∗ + E
~ p∗ × H
~ m ◦ ~ez dx dy .
m
−∞
(10.115)
Dieser Schritt wird für alle möglichen Lösungen p der Wellengleichung durchgeführt. Dann
resultiert die Matrixgleichung
wobei die einzelnen Elemente der Matrix [Mm,p ] und des Anregungsvektors (Ip ) aus den
~ m, H
bekannten Lösungen E ~ m, E
~ p, H
~ p der Maxwellgleichungen zu berechnen sind:
∞
ZZ
Mm,p = i(γm − γp∗ ) ~ ~ ∗ ~ ∗ ~
Em × Hp + Ep × Hm ◦ ~ez dx dy (10.117)
−∞
376 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
∞
ZZ
Ip = 2 ~1 ◦ E
σE ~ ∗ dx dy . (10.118)
p
−∞
Die Amplituden am der Feldentwicklung stehen direkt in dem Amplitudenvektor (am ) und
werden mittels Matrixinversion berechnet.
Wir wollen hier ein Verfahren angeben, mit dem die Felder in Rechteckhohlleitern aus Po-
tenzialen berechnet werden.
Zunächst sollen solche Wellen betrachtet werden, bei denen das magnetische Feld senk-
recht zur Wellenleiterachse (z−Richtung) stehen, also TM-Wellen. Die Ausbreitung möge
~ senkrecht auf e~z steht, resultiert für A
in z−Richtung erfolgen. Da B ~ sofort der Ansatz
X
~=
A Ãm,n {x, y} · exp {i(ωt − kz,m,n z)} e~z . (10.119)
m,n
Wie schon bei der Orthogonalentwicklung in der Elektrostatik wählen wir einen Produktan-
satz für A, diesmal allerdings mit komplexen exp-Funktionen statt sin und cos und versuchen
es mit kx = m πa und ky = n πb
n xo n x o
à = A1,m exp imπ + A2,m exp −imπ ·
n ao n a
o
y y
· A3,n exp inπ + A4,n exp −inπ . (10.120)
b b
~ erfüllt die Wellengleichung, wenn die Dispersionsrelation
Dieser Ansatz für A
10.4. FELDER AUS VEKTORPOTENZIALEN 377
2 2
2 2 1 1
k = β + mπ + nπ (10.121)
x b
s 2 2
1 1
kz,m,n = + k2 − mπ − nπ (10.122)
x y
~ c2 h ~ ~ ~ ~
i
E = −i ∇(∇ · A) − ∆A (10.123)
ω
2 h i
~ = −i c
E ~ ∇
∇( ~ · A)
~ + k2 A
~
ω 2 2
c2 ∂ ∂2 ∂ 2
= −i A~ex + A~
ey + A + k A e~z . (10.124)
ω ∂x∂z ∂y∂z ∂z 2
2
~ = ic
Ex = e~x ◦ E
ωX X
π
· m kz,m,n
a
m n n xo n x o
· A1,m · exp imπ − A2,m · exp −imπ
n a a
yo n y o
· A3,n · exp inπ + A,4n · exp −inπ
b b
· exp {i(ωt − kz,m,n z)} . (10.125)
378 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
Da sich im folgenden in den Klammertermen oft nur das Vorzeichen ändert, wird zur Ver-
einfachung der Darstellung auf die Ausformulierung, wie in (10.125), verzichtet und die
y-Komponente ist dann
2
~ = ic
Ey = e~y ◦ E
ω
X∞ X∞
π
· n kz,m,n (. . . + . . .) (. . . + . . .) exp {i(ωt − kz,m,n z)} .
m n
b
(10.126)
~ = −i c2
Ez = e~z ◦ E ·
ω
∞ X
X ∞
· (k 2 − kz,m,n
2
) (. . . + . . .) (. . . + . . .) exp {i(ωt − kz,m,n z)} .
m=0 n=0
(10.127)
Das tangentiale elektrische Feld auf den Wänden bei y = 0 und y = b ist Ex und Ez .
!
Betrachten wir nur Ex , resultiert aus Ex {y = 0} = 0
∞ X
X ∞
!
m (. . . − . . .) (A3,n + A4,n ) = 0 (10.128)
m=0 n=0
!
und aus Ex {y = b} = 0 folgt mit exp {±in2π} = 1
∞ X
X ∞
!
m (. . . − . . .) (A3,n + A4,n ) · exp {inπ} = 0 (10.129)
m=1 n=1
Vergleicht man mit der Bedingung für die z−Komponente bei y = 0 und y = b
m 2 n 2
∞ X
X ∞
(. . . + . . .) (A3,n + A4,n ) + (10.130)
m=0 n=0
a b
m 2 n 2
X∞ X ∞
(. . . + . . .) (A3,n + A4,n ) exp {inπ} + (10.131)
m=0 n=0
a b
10.4. FELDER AUS VEKTORPOTENZIALEN 379
stellt man fest, dass der erste Faktor in den Summen nur dann in allen vier Gleichungen Null
ergibt, wenn sowohl A1,m und A2,m verschwindet. Dies ist die (nicht gesuchte) Triviallösung
~ = 0. Auf der anderen Seite lässt sich eine Lösung finden, wenn A4,n =
mit dem Resultat A
−A3,n ist. Außerdem muss m 6= 0 sein. Mit der gleichen Diskussion für das tangentiale Feld
bei x = 0 und x = a resultiert A2,m = −A1,m . Zusammenfassen des Produktes A1,m · A3,n =
1
A
2i m,n
ergibt
n xo n yo
Ãm,n = Am,n sin mπ sin nπ . (10.132)
a b
Der Fall, dass m oder n gleich Null ist, also m · n = 0, ist auszuschließen, da dann sowohl
~ = 0 als auch H
E ~ = 0 werden weil Ãm,n = 0 wird. Es gilt also die bereits bekannte
∞ X
X ∞ nπ n xo n yo πm n xo n yo
~ =
B Am,n · sin mπ cos nπ e~x − cos mπ sin nπ e~y
m=1 n=1
b a b a a b
· exp {i(ωt − kz,m,n z)} (10.133)
∞ ∞
~ c2 X X
E = −i Am,n exp {i(ωt − kz,m,n z)}
ω m=1 n=1
n
mπ · kz,m,n xo n yo
· −i cos mπ sin nπ e~x
a a b
nπkz,m,n n xo n yo
+−i sin mπ cos nπ e~y
b a b
n xo n yo
2 2
+ k − kz,m,n sin mπ sin nπ e~z (10.134)
a b
Betrachtet man TE-Wellen, so wird das elektrische Vektorpotenzial F~ zur Berechnung her-
angezogen. Mit dem gleichen Ansatz wie für das magnetische Vektorpotenzial gilt
380 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
X
F~ = −εε0 F̃m,n {x, y} · exp {i(ωt − kz,m,n z)} e~z (10.135)
und
n xo n x o
F̃m,n = F1,m exp imπ + F2,m exp −imπ ·
n a a
yo n y o
· F3,n exp inπ + F4,n exp −inπ . (10.136)
b b
~ = −∇
Das elektrische Feld ist dann mit D ~ × F~
X
~ = 1
E
∂
F̃m,n e~x −
∂
F̃m,n e~y (10.137)
εε0 m,n ∂y ∂x
∞ ∞
1 XX
Ex = iπ · n · (. . . + . . .) (. . . − . . .) exp {i(ωt − kz,m,n z)} (10.138)
εε0 m=0 n=0
∞ ∞
1 XX
Ey = iπ · m · (. . . − . . .) (. . . + . . .) exp {i(ωt − kz,m,n z)} (10.139)
εε0 m=0 n=0
Die Stetigkeitsbedingungen bei x = 0, x = a, y = 0 und y = b erfordern
XX !
(. . . + . . .) (F3,n − F4,n ) · n = 0 (10.140)
m n
XX !
(. . . + . . .) (F3,n − F4,n ) exp {−nπ} · n = 0 (10.141)
m n
XX !
(F1,m − F2,m ) (. . . + . . .) · m = 0 (10.142)
m n
XX !
(F1,m − F2,m ) (. . . + . . .) exp {−mπ} · m = 0 (10.143)
m n
Dies lässt sich nur erfüllen, wenn F4,n = F3,n und F2,m = F1,m ist. Ausklammern und
ersetzen von F1,m · F3,n = 21 Fm,n ergibt
10.5. RUNDHOHLLEITER 381
n xo n yo
F̃m,n = Fm,n cos mπ cos nπ . (10.144)
a b
Der Fall, dass gleichzeitig m und n gleich Null werden, also m + n = 0, ist auszuschließen,
da dann keine Felder existieren, weil F~ ortsunabhängig wird. Es gilt also die Nebenbedin-
gung m + n > 0. Die Felder lauten
X 1
~ =−
E Fm,n exp {i(ωt − kz,m,n z)}
m,n
εε 0
nπ n xo n yo mπ n xo n yo
· cos mπ sin nπ e~x + sin mπ cos nπ e~y (10.145)
b a b a a b
X
~ = −iωµµ0
B Fm,n · exp {i(ωt − kz,m,n z)}
m,n
n
kz,m,n mπ xo n yo
i sin mπ cos nπ e~x
a a b
kz,m,n nπ n xo n yo
+i cos mπ sin nπ e~y
b a b
n xo n yo
2 2
+(k − kz,m,n ) cos mπ cos nπ e~z . (10.146)
a b
10.5.1 TM-Eigenwellen
mit
n ̺o n ̺o
Ãm,n = Ã1,m,n Jm κm,n + Ã2,m,n Nm κm,n · (10.148)
a a
~ + k2 A
Die homogene Wellengleichung ∆A ~ = 0 ist erfüllt, wenn die Dispersionsrelation
κ 2
m,n
k 2 = kzm,n
2
+ (10.149)
a
gilt. Dies ist eine Bestimmungsgleichung für den frei wählbaren Ausbreitungskoeffizienten
in z−Richtung
r κ 2
m,n
kzm,n = k2 − (10.150)
a
~ c2 ~ ~ ~
E = ∇× ∇×A
iω
c2 ~ 1 ∂ ∂
= ∇× Ae~̺ − Ae~ϕ
iω ̺ ∂ϕ ∂̺
2
c2 1 ∂ 2 ∂2 ∂
= Ae~ϕ + Ae~̺ + A − ∆A e~z
iω ̺ ∂ϕ∂z ∂̺∂z ∂z 2
c2 1 ∂ 2 ∂2 2 2
= Ae~ϕ + Ae~̺ + k − kzm,n A~ez (10.151)
iω ̺ ∂ϕ∂z ∂̺∂z
2 XX
~ = c ·1·
e~ϕ ◦ E mkzm,n · Ãm,n exp {i (ωt + mϕ − ϕ0 − kzm,n z)} (10.152)
iω ̺ m n
und
~ = c2 X X 2 2
e~z ◦ E k − kzm,n · Ãm,n exp {i (ωt + mϕ − ϕ0 − kzm,n z)} (10.153)
.
iω m n
Auf der Metallwand (̺ = a) muss das tangentiale elektrische Feld verschwinden. Daraus
resultiert wegen
~
c2 1 X X !
e~ϕ ◦ E = m · kzm,n · A2,m,n Nm {κm,n } · exp {. . .} = 0 (10.154)
̺=a iω ̺
und
~
c2 X X 2 2
!
e~z ◦ E = k − kzm,n A2,m,n Nm {κm,n } · exp {. . .} = 0 ,(10.155)
̺=a iω
dass A2mn = 0 sein muss, ansonsten lassen sich nicht beide Stetigkeitsbedingungen gleich-
zeitig erfüllen. Das magnetische Vektorpotenzial lautet demnach
XX n ̺o
~=
A Am,n Jm κm,n · exp {i (mϕ − ϕ0 )} exp {i (ωt − kzm,n z)} (10.156)
m n
a
mit
q
κm,n 2
βm,n = k2 − a
für κm,n ≤ k · a
kzm,n = q (10.157)
−iα κm,n 2
m,n = −i a
− k2 für κm,n > k · a
Eine TM-Welle ist im Hohlleiter ausbreitungsfähig, wenn κm,n < k · a wird. Die Felder
lauten
384 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
∞ X
X ∞
~ =
B Am,n · exp {i (ωt − kzm,n · z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )}
m=0 n=1
n
m ̺o ∂ n ̺o
· · Jm κm,n e~̺ − Jm κm,n · e~ϕ (10.158)
̺ a ∂̺ a
| {z }
κ
1
(
2 Jm−1
{...}−Jm+1 {...}) m,n
a
und
2 XX
~ = c
E Am,n exp {i (ωt − kzm,n · z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )}
iω m n
kzm,n · κm,n nκ ̺o
m,n
n ̺ o
· −i Jm−1 − Jm+1 κm,n e~̺
2a a a
n
kzm,n · m ̺o n ̺ o κm,n 2
−i Jm κm,n e~ϕ + Jm κm,n · e~z (10.159)
.
̺ a a a
Für die Grundwelle ist m = 0 und n = 1. Wegen J−1 {x} = − J1 {x} lauten die Felder dann
einfach
κ0,1 n ̺o
~
B0,1 = A0,1 exp {i (ωt − kzm,n z − ϕ0 )} · · J1 κ0,1 e~ϕ (10.160)
a a
und
2
~ 0,1 = c A0,1 exp {i (ωt − kzm,n z − ϕ0 )}
E
iω
kz,0,1 κ0,1 n ̺o κ 2 n
0,1 ̺o
· i J1 κ0,1 e~̺ + J0 κ0,1 e~z (10.161)
a a a a
10.5.2 TE-Eigenwellen
XX
F~ = −εε0 exp {i (ωt − kzm,n z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )}
m n
n ̺o n ̺ o
· Fm,n,1 Jm κm,n + Fm,n,2 Nm κm,n e~z . (10.162)
a a
10.5. RUNDHOHLLEITER 385
κm,n 2 2
Auch hier ist die Wellengleichung erfüllt, wenn a
+ kz,m,n = k 2 wird. Das tangentiale
~ nur eine ̺- und eine ϕ-
elektrische Feld auf der Hohlleiterwand muss verschwinden. Da E
Komponente aufweist, lautet die Forderung
!
~
e~ϕ ◦ E =0
̺=a
XX
=− exp {i (ωt − kzm,n z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )} (10.163)
m n
n !
∂ ̺ o ∂ n ̺ o
· Fm,n,1 · Jm κm,n + Fm,n,2 · Nm κm,n .
∂̺ a ̺=a ∂̺ a ̺=a
Mit dieser Forderung kann noch keine Bestimmung von κm,n , Fm,n,1 und Fm,n,2 getroffen
werden. Das Feld bei ̺ = 0 darf nicht divergieren, da sonst der Poyntingvektor divergiert
und damit unendlich viel Leistung transportiert wird. Aus dieser Überlegung folgt Fm,n,2 = 0
und damit sofort
n
d ̺ o κm,n ′
Jm κm,n · = J {κm,n } = 0 (10.164)
d̺ a ̺=a a m
Die κm,n sind also die Nullstellen der ersten Ableitung von Jm . Zu beachten ist, dass für alle
Besselfunktionen Jm außer J1 λm,1 = 0 ist. Für das Potenzial folgt also mit Fm,n,1 = Fm,n
∞ X
X ∞ n ̺o
F~ = −εε0 Fm,n exp {i (ωt − kzm,n z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )} Jm κm,n e~z
m=0 n=1
a
(10.165)
mit
q 2
βm,n = k 2 − κm,n für ka ≥ κm,n
q a
kzm,n = (10.166)
−iα κm,n 2
m,n = −i a
− k2 für ka < κm,n .
XX
~ =
E Fm,n exp {i (ωt − kzm,n z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )}
m n
n
m ̺o κm,n ′ n ̺o
· i Jm κm,n e~̺ − J κm,n e~ϕ (10.167)
̺ a a m a
~ = 1 XX
B Fm,n exp {i (ωt − kzm,n z)} exp {i (mϕ − ϕ0 )} (10.168)
−iω m n
kzm,n κm,n ′ n ̺o mkzm,n n ̺o κ 2
m,n
n ̺o
· −i · Jm κm,n e~̺ + Jm κm,n e~ϕ + Jm κm,n e~z
a a ̺ a a a
~ siehe auch Fußnote1
Zur Berechnung von B
10.6 Hohlraumresonatoren
Hohlraumresonatoren entstehen, wenn Hohlrohrwellenleiter am Anfang und Ende mit lei-
tenden Platten abgeschlossen werden. Die Hohlrohrwellen müssen dann in der Anfangsebe-
ne z = 0 und Endebene z = d zusätzlich noch die Randbedingungen Ex {z = 0} = 0,
Ey {z = 0} = 0 und Ex {z = d} = 0 und Ey {z = d} = 0 erfüllen. Man kann dies einfach
dadurch erreichen, dass man zwei in positive und negative z-Richtung laufende Hohlrohr-
wellen mit geeigneter Phase überlagert
~ 1
~
E{x, y, z, t} = Ê{x, y} exp{i ωt − i kz z} + exp{i ωt + i kz z} (10.169)
2
1 ~ = ∇×
Die ersten beiden Komponenten wurden aus −iω B ~ E~ bestimmt. Für die z- Komponente gibt es zwei
Möglichkeiten: Im ersten Fall wird die z- Komponente ebenfalls wie zuvor berechnet. Es ergibt sich dann die
Differentialgleichung (−1/ρ)2 [(κm,n ρ/a) J′m {κm,n ρ/a} + (κm,n ρ/a)2 J′′m {κm,n ρ/a} + m2 Jm {κm,n ρ/a}].
Durch Erweiterung um den Summanden (κm,n ρ/a)2 Jm {κm,n ρ/a} entsteht daraus die Besselsche Differen-
tialgleichung x2 y ′′ + xy ′ + (x2 − m2 )y = 0, womit obiges Ergebnis geklärt wäre. Der andere Weg ver-
~ = (1/εε0 )∇
wendet den Zusammenhang E ~ × F~ , der in die vorige Gleichung eingesetzt wird. Es resultiert
~ =∇
(−iωεε0 )B ~ × (∇
~ × F~ ) = ∇(
~ ∇~ ◦ F~ ) − ∆F~ . Die z- Komponente von ∇(
~ ∇~ ◦ F~ ) ergibt −k 2 (F~ ◦ ~ez )
zm,n
während nach Verwendung der Wellengleichung ∆F~ durch −k 2 F~ zu ersetzen ist. Zusammengefasst resultiert
~ ◦ ~ez = (−1/iωεε0)(κ2 /a2 )(F~ ◦ ~ez )
also B m,n
10.6. HOHLRAUMRESONATOREN 387
~ 1
~
H{x, y, z, t} = Ĥ{x, y} exp{i ωt − i kz z} − exp{i ωt + i kz z} (10.170)
2i
für TE-Wellen. Die Randbedingungen bei z = 0 sind damit zu erfüllen.
Wenn man noch
nπ
kz = n ganzzahlig (10.171)
d
verlangt, wobei d nach Abbildung 10.5 die Resonatorlänge bezeichnet, ist auch die Randbe-
dingung am anderen Ende z = d gewährleistet.
z
d
x a 0
Da in Wellenleitern bereits nur diskrete Werte für kx und ky auftreten und jetzt noch Bedin-
gungen für kz hinzukommen, gibt es wegen der zu erfüllenden Dispersionsrelation
ω2
µµ0 εε0 ω 2 = = kx2 + ky2 + kz2 (10.172)
c2
nur diskrete Frequenzen ωi , bei denen sich Wellen in einem Hohlraumresonator ausbil-
den können. Bei diesen Resonanzfrequenzen schwingt der Hohlraumresonator. Die Schwin-
gungsform leitet sich aus den Hohlrohrwellen ab. In z-Richtung gibt es Stehwellen mit ins-
388 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
gesamt n Knoten. Die Bezeichnung der Schwingungen erfordert drei Indizes und im all-
gemeinen zwei Polarisationsmöglichkeiten TE und TM, so dass wir Schwingungen TEl,m,n
und TMl,m,n unterscheiden, wenn der Hohlleiter TE- und TM-Wellen führt. Im Koaxial-
leiterresonator gibt es dagegen TEM-Wellen und damit TEMl,m,n-Eigenschwingungen. Wir
diskutieren im folgenden Resonanzschwingungen des Rechteckhohlraumresonators.
Wir gehen genauso vor wie in Abschnitt 10.2.1, müssen jetzt aber eine vor- und rücklaufende
Welle überlagern. Wir starten von (10.57)
1
Hz = CTE cos{kx x} cos{ky y} exp{i ωt − i kz z} + exp{i ωt + i kz z}
2i
(10.173)
(10.174)
Bei der Berechnung der anderen Komponenten werden (10.27) bis (10.30) benutzt, wobei in
(10.29) und (10.30) zu berücksichtigen ist dass für die rücklaufende Welle
kz ∂Hz
Hx = i (10.175)
kρ2 ∂x
und
kz ∂Hz
Hy = i (10.176)
kρ2 ∂y
gelten. Damit bekommen wir insgesamt für das Feld der TE-Eigenschwingung
Ez = 0 , (10.178)
10.6. HOHLRAUMRESONATOREN 389
ωµµ0
Ex = i CTE cos{kx x} sin{ky y} sin{kz z} exp{i ωt} , (10.179)
kx2 + ky2
ωµµ0
Ey = −i 2 CTE sin{kx x} cos{ky y} sin{kz z} exp{i ωt} , (10.180)
kx + ky2
kx kz
Hx = − 2 CTE sin{kx x} cos{ky y} cos{kz z} exp{i ωt} , (10.181)
kx + ky2
ky kz
Hy = − 2 CTE cos{kx x} sin{ky y} cos{kz z} exp{i ωt} . (10.182)
kx + ky2
nπ
kz = (10.183)
d
mit ganzzahligem n ist auch die Randbedingung bei z = d erfüllt. Für Hohlrohrwellen galt
bislang schon
ℓπ
kx = (10.184)
a
und
mπ
ky = , (10.185)
b
so dass nach der Dispersionsrelation für die Eigenfrequenzen
s
ℓ
2 m 2 n 2
ωℓ,m,n = cπ + + (10.186)
a b d
folgt, wobei ℓ, m, n ganzzahlig sind. Die Schwingungsmuster ergeben sich aus (10.177) bis
(10.182). Die Eigenschwingungen werden mit TEℓ,m,n bezeichnet. Aus den Feldverteilungen
liest man ab, dass es keine TEℓ,m,0-Wellen für n = 0 und ℓ, m beliebig geben kann, da hierfür
~ ≡ 0 ist. Alle anderen ganzzahligen Tripel ergeben erlaubte Wellenformen. Die Welle mit
E
der niedrigsten Eigenfrequenz ist TE1,0,1 bzw. TE0,1,1 . Die Modenzahlen ℓ, m, n müssen die
Bedingung
390 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
erfüllen.
Wir gehen hierbei aus von der Überlagerung der beiden vor- und rücklaufenden TM-Hohlrohrwellen
nach (10.80)
1
Ez = CTM sin{kx x} sin{ky y} exp{i ωt − i kz z} + exp{i ωt + i kz z}
2
(10.188)
Die anderen Feldkomponenten erhalten wir aus (10.32) bis (10.35). Insgesamt haben wir
Hz = 0 , (10.190)
kz kx
Ex = i 2 CTM cos{kx x} sin{ky y} sin{kz z} exp{i ωt} , (10.191)
kx + ky2
kz ky
Ey = i 2 CTM sin{kx x} cos{ky y} sin{kz z} exp{i ωt} , (10.192)
kx + ky2
ωεε0 ky
Hx = i 2 CTM sin{kx x} cos{ky y} cos{kz z} exp{i ωt} , (10.193)
kx + ky2
ωεε0kx
Hy = −i 2 CTM cos{kx x} sin{ky y} cos{kz z} exp{i ωt} . (10.194)
kx + ky2
Zur Erfüllung der Randbedingungen muss man dieselben Bedingungen (10.183) bis (10.185)
wie für TE-Eigenschwingungen verlangen. Damit ergeben sich nach (10.186) auch dieselben
Eigenfrequenzen. TE- und TM-Eigenschwingungen derselben Ordnung sind also entartet.
10.6. HOHLRAUMRESONATOREN 391
Es gibt keine TM0,m,n -Eigenschwingungen für ℓ = 0 und m, n beliebig und auch keine
TMℓ,0,n-Eigenschwingungen für m = 0 und ℓ, n beliebig, denn hierfür sind nach (10.189)
bis (10.194) nur Ex und Hy bzw. Ey und Hz von Null verschieden, und man hätte nicht
existierende TEM-Moden. Die TM-Eigenschwingung mit der kleinsten Eigenfrequenz ist
TM1,1,0. Es gilt die Bedingung
Durch geeignete Abmessungen a > d > b erreicht man, dass die Eigenwelle mit der klein-
sten Eigenfrequenz die TE1,0,1 -Welle ist. Sie ist nicht entartet, da die entsprechende TM-
Eigenschwingung nicht existieren kann.
392 KAPITEL 10. WELLENAUSBREITUNG IN WELLENLEITERN
Kapitel 11
In Abschnitt 6.5 hatten wir mit den Gleichungen (7.95) bzw. (7.129) die retardierten Poten-
ziale als partikuläre Lösungen der inhomogenen Wellengleichung kennengelernt. Bezogen
auf die Wellengleichung (7.87) lautet die retardierte Lösung mit der Greenschen Funktion
Z Z∞Z Z ∞
̺ {~r ′ , t′ }
φel = q G {~r, ~r ′ , t, t′ } dt′ dr ′ . (11.1)
∞ 4πεε0
−∞
Die analoge Lösung für das magnetische Vektorpotenzial im freien Raum lautet
n o
Z Z∞Z ~j ~r ′ , t − |~r−~r ′ |
~ r, t} = µµ0 c
A{~ ′
d3 r ′ . (11.3)
4π |~r − ~r |
−∞
393
394 KAPITEL 11. ABSTRAHLUNG HARMONISCHER QUELLEN
Die Ladungsdichte ̺ bzw. die Stromdichte ~j bestimmt also als Quelle am Ort ~r ′ mit einer
|~
r−~r ′|
Laufzeitverzögerung c
das Potenzial an jedem Ort ~r und zu jedem Zeitpunkt t.
Für eine zeitlich harmonische Stromdichteverteilung
n o
~j {~r, t} = ~̂{~r} cos{ωt} = Re ~̂{~r}ei ωt (11.4)
Z Z∞Z
µµ0 ~̂{~r }e
′ −i k|~r −~
r ′|
~ r , t} = Re eiωt
A{~ d3 ′
r , (11.5)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
ω 2π
wobei k = c
= λ
benutzt wurde. Wir werden im folgenden die Realteilbildung wieder
konventionsgemäß weglassen und schreiben
Z Z∞Z
µµ0 ~̂{~r ′ }e−i k|~r−~r | 3 ′ i ωt
′
~
~ r , t} = Â{~
A{~ r}ei ωt = d re . (11.6)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
~ r, t} = 1 ∇
H{~ ~ r , t} = 1 ∇
~ × A{~ ~
~ × Â(~
r )ei ωt . (11.7)
µµ0 µµ0
Das elektrische Feld erhält man außerhalb der Stromverteilung (~j = 0) einfach aus dem
Ampère-Maxwellschen Gesetz
~
∇ ~ = εε0 ∂ E = i ωεε0E
~ ×H ~ , (11.8)
∂t
wobei auch für das elektrische Feld eine harmonische Zeitabhängigkeit angenommen wurde.
q
Mit dem Wellenwiderstand Z = µµ 0
εε0
kann man auch schreiben
~ r , t} = −i Z ∇
E{~ ~ × H{~
~ r , t} . (11.9)
k
Die hier berechneten Felder sind unabhängig von irgendwelchen Eichungen direkt mit Hil-
fe der Maxwellschen Gleichungen berechnet worden. Der Vollständigkeit halber sei noch
395
−1 ~ ~
̺{~r, t} = ∇ ◦ ̂ (~r )ei ωt + ̺0 (~r ) , (11.11)
iω
wobei ̺0 {~r } als Integrationskonstante eine zeitlich feste Ladungsdichte bedeutet, die wir
nicht weiter betrachten ̺0 {~r } = 0. Separiert man die Ladungsdichte genau wie die Strom-
dichte in einen orts- und einen zeitabhängigen Teil
−1 ~ ~
̺ˆ(~r ) = ∇ ◦ ̂ (~r ) . (11.13)
iω
Bis auf den Monopolbeitrag ̺ˆ = Q · δ 3 {~r} kann man also im Prinzip die Abstrahlung einer
zeitveränderlichen Ladungsdichteverteilung durch das magnetische Vektorpotenzial erfassen
und braucht keinen weiteren Formalismus für das skalare elektrische Potenzial aufzubauen.
Es bleibt noch der Beitrag von zeitveränderlichen Monopolen zu diskutieren. Nach Fourier-
zerlegung lautet das Potenzial jeder Spektralkomponente
Z Z∞Z Z
∞
q{t′ }δ{~r ′ } ′ |~r − ~r ′ | ′ 3 ′ q t − rc
φ= ·δ t − t + dt d r = (11.14)
−∞ 4πεε0|~r − ~r ′ | c r
−∞
Da die Ladung eines Monopols erhalten bleibt, und es definitionsgemäß keinen Ladungs-
strom zur Quelle, oder weg von ihr, gibt, muss q zeitunabhängig sein. Daher ist der Mo-
nopolbeitrag zum Potenzial (und zu den Feldern) notwendigerweise statisch. Dies bedeutet,
396 KAPITEL 11. ABSTRAHLUNG HARMONISCHER QUELLEN
r
Aufpunkt
r'
Abbildung 11.1: Räumlich be-
j≠0
grenzte strahlende Quelle Quelle
Ursprung
Wir legen den Ursprung in die Mitte der Stromverteilung und haben für die Quellpunkte
Der Raum außerhalb der Quellverteilung lässt sich unter diesen Voraussetzungen in drei Zo-
nen einteilen:
d ≪ |~r| ≪ λ Nahzone
d ≪ |~r| ∼ λ Zwischenzone
d ≪ λ ≪ |~r| Fern- bzw. Wellenzone
Sowohl in der Nahzone als auch in der Fernzone lassen sich Näherungen für das Potenzial
angeben, die verhältnismäßig einfach zu berechnen sind. In der Zwischenzone ergibt sich
11.1. ABSTRAHLUNG ENG BEGRENZTER OSZILLIERENDER QUELLEN 397
der größte Rechenaufwand. Da aber gerade diese Zone in den meisten Fällen von geringem
Interesse ist, werden wir im folgenden nur die Näherungen für die Nah- und die Fernzone
genauer betrachten.
11.1.1 Nahzone
d ≪ |~r | ≪ λ . (11.16)
Hierfür gilt auch |~r − ~r ′ | ≪ λ und k|~r − ~r ′ | ≪ 1, so dass wir für Punkte ~r in der Nah-
zone den Phasenfaktor im Integranden von (11.6) gleich Eins setzen können und erhalten
näherungsweise in homogenen Medien
für d ≪ |~r| ≪ λ
Z Z∞Z ~̂{~r ′ }
~ r, t} ≈ µµ0
A{~ d3 r ′ ei ωt . (11.17)
4π |~r − ~r ′ |
−∞
Dies ist einfach das statische Potenzial, das zeitlich sinusförmig oszilliert. In der Nahzone
hat sich die Retardierung also näherungsweise überhaupt nicht bemerkbar gemacht.
11.1.2 Fernzone
Die Fernzone oder Wellenzone bzw. Strahlungszone der Quelle ist definiert durch
|~r ′ | < d ∼
<
λ ≪ |~r | , (11.18)
wobei hier zugelassen werden kann, dass d in die Größenordnung der Wellenlänge kommen
kann. Wir haben näherungsweise
1/2
′ ~r ◦ ~r ′ |~r ′ |2
|~r − ~r | = |~r | 1 − 2 +
|~r ||~r | |~r |2
398 KAPITEL 11. ABSTRAHLUNG HARMONISCHER QUELLEN
1 ~r ◦ ~r ′ |~r ′ |2
≈ |~r | 1 − 2 − (11.19)
2 |~r ||~r | |~r |2
~r ~r ′
≈ |~r | 1 − ◦ .
|~r | |~r |
Bei der Auswertung von (11.6) approximieren wir im Integranden
1 1 1
′
≈ = (11.20)
|~r − ~r | |~r | r
und im Exponenten, der wegen der Periodizität empfindlicher vom Abstand abhängt
~r
exp{−i k|~r − ~r |} ≈ exp{−i kr} exp i k ◦ ~r ′
′
. (11.21)
r
Hierbei ist zu beachten, dass
~r
= ~er (11.22)
r
ein Einheitsvektor in Richtung des Aufpunktes ~r darstellt. Wir bekommen in homogenen
Medien
für |~r ′ | < λ ≪ |~r |
Z Z∞Z
~ e−i kr µµ0 ~̂{~r ′ } exp {i k(~er ◦ ~r ′ )} d3 r ′ ei ωt
A{~r, t} ≈ . (11.23)
r 4π
−∞
1
Dies ist eine Kugelwelle exp{i(ωt − kr)} mit einer von der Richtung ~er abhängigen Am-
r
plitude
Z Z∞Z
~0 =
A ~̂{~r ′ } exp {i k(~er ◦ ~r ′ )} d3 r ′ . (11.24)
−∞
i ωt
~ = 1 ∇ ~≈e ∇
~ ×A ~ × e−i kr ~
H A0
µµ0 4π r
(11.26)
i ωt
−i kr
−i kr
e e ~ ×A
~0 + ∇
~ e ~0
= ∇ ×A .
4π r r
Dieser Term soll möglichst noch genähert werden, um ihn handlicher zu machen. Dazu müs-
sen die beiden Summanden genauer untersucht werden. Nun ist
−i kr
~e
∇
k 1 k
= −i − 2 e−i kr~er ≈ −i e−i kr~er , (11.27)
r r r r
wobei die Näherung für r ≫ λ gerechtfertigt ist. Da die Rotation nur auf die ungestrichenen
Koordinaten wirkt, gilt
Z Z∞Z
~ ×A
∇ ~0 = ~ ~
∇ × j {~r } exp {i k(~er ◦ ~r )} d3 r ′
′ ′
−∞
Z Z∞Z
= ∇~ exp {i k(~er ◦ ~r ′ )} × ~j {~r ′ } + exp {i k(~er ◦ ~r ′ )} ∇
~ × ~j {~r ′ } d3 r ′
| {z }
−∞ =0
Z Z∞Z
~ ~r ◦ ~r ′
= ′
i k exp {i k(~er ◦ ~r )} ∇ × ~j {~r ′ } d3 r ′
r
−∞
Z Z∞Z
~r ′ ~r ◦ ~r ′ ~r
= i k exp {i k(~er ◦ ~r )} ′
− 2 × ~j {~r ′ } d3 r ′ , (11.28)
r r r
−∞
~ × j{~r ′ } = 0 ist, da ∇
wobei ∇ ~ nur partiell auf ungestrichene Koordinaten wirkt. Für den
e−i kr ~
∇ × A0 =
r
Z Z∞Z ′
e−i kr ~r ~r ◦ ~r ′ ~r
ik ′
exp {i k(~er ◦ ~r )} − 2 × ~j {~r ′ }) d3 r ′ (11.29)
r r r r
−∞
−i kr
Z Z∞Z
~e
∇ × A0 =
−i k −i kr
e
~r
exp {i k(~er ◦ ~r ′ )} ( × ~j {~r ′ }) d3 r ′ . (11.30)
r r r
−∞
Der Vergleich zeigt, dass das Kreuzprodukt von (11.29) zu ~r ′ proportional ist, (11.30) dage-
gen zu ~r. Da |~r ′ | ≪ |~r| ist, ist (11.29) gegenüber (11.30) zu vernachlässigen, und man kann
näherungsweise setzen
~ ≈ −i k (~er × A
H ~ 0 )ei ωt−i kr . (11.31)
4πr
e−i kr
~ −i Z ~ ~ Z ~ e−i kr ~ ~ ~
E= ∇×H ≈− ∇ × ~er × A0 + ∇ × ~er × A0 eiωt .
k 4π r r
(11.32)
~ ist jetzt der zweite Term ge-
Mit derselben Argumentation wie bei der Berechnung von H
genüber dem ersten zu vernachlässigen, und wir erhalten unter Beachtung von (11.27)
~ ≈ i kZ e−i kr~er × ~er × A
E ~ 0 = −Z~er × H
~ . (11.33)
4πr
Kapitel 12
Wir betrachten eine dünne lineare Antenne nach Abbildung 12.1, die auch Stabantenne ge-
401
402 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
nannt wird. Die Antenne ist entlang der z-Achse orientiert und wird über eine Mitteleinspei-
sung betrieben. Für sinusförmige Anregung bildet sich entlang der Antenne eine Stehwelle
aus, die bei verschwindender Energieabstrahlung zu einer räumlich sinusförmigen Stromver-
teilung auf der Antenne führt. Die Stromdichte verschwindet an den Enden. Die Stromdichte
ist
~j {~r, t} = I sin k d
−z δ{x}δ{y}~ezei ωt . (12.1)
2
Gemäß (11.23) erhalten wir das Vektorpotenzial
Zd/2
~ e−i kr µµ0 d ′ ′
A{~r, t} = ~ez I sin k −z ei kz cos{θ} dz ′ ei ωt
r 4π 2
−d/2
(12.2)
Zd/2
e−i kr µµ0 d ′
= ~ez 2I sin k −z cos {kz ′ cos{θ}} dz ′ eiωt ,
r 4π 2
0
wobei wir ~er ◦ ~r′ = x′ cos{φ} sin{θ} + y ′ sin{φ} sin{θ} + z ′ cos{θ} berücksichtigt haben.
Die Auswertung des letzten Integrals ergibt
" kd #
~ r , t} = ~ez e
−i kr
µµ0 2I cos cos{θ} − cos kd
A{~ 2
2
2
ei ωt . (12.3)
r 4π k sin {θ}
Da die Stromdichte nur eine z-Komponente besitzt, gilt dasselbe für das Vektorpotenzial. Das
Magnetfeld bekommt man aus (11.31). Der Richtungsfaktor ist nach Vergleich von (12.3) mit
(11.25)
" kd #
~ 0 = 2I cos 2
cos θ − cos kd
2
A 2 · ~ez . (12.4)
k sin {θ}
Das Magnetfeld resultiert damit zu
" kd kd #
i kr cos cos{θ} − cos
~ r , t} = −i 1 e
H{~ 2I 2 2
ei ωt (~er × ~ez ) . (12.5)
4π r sin2 {θ}
12.1. DÜNNE LINEARE ANTENNE 403
Das Magnetfeld im Fernfeld hat nur eine Komponente senkrecht zu der von der Beobach-
tungsrichtung ~er und der Stromdichterichtung ~ez aufgespannten Ebene. Dies ist in Polarko-
ordinaten gerade die φ-Komponente, wie in Abbildung 12.2 illustriert.
" kd kd #
−i kr cos cos{θ} − cos
~ r, t} = i Z e
E{~ 2I 2 2
ei ωt (~er × (~er × ~ez )) . (12.6)
4π r sin2 {θ}
Es ist in Phase mit dem Magnetfeld und hat eine Komponente nur in θ-Richtung. Wir ver-
wenden die Einheitsvektoren ~eφ in φ-Richtung und ~eθ in θ-Richtung,
~ = Hφ~eφ
H , (12.9)
kd
I sin{ωt − kr} cos 2
cos θ − cos kd
2
Hφ {~r, t} = (12.10)
2π r sin{θ}
und
~ r , t) = Eθ~eθ = ZHφ~eθ
E(~ (12.11)
und
2
~ r , t} = Z πI d sin{θ} sin{ωt − kr} ~eθ
E{~ . (12.13)
4 λ2 r
Die Feldstärken wachsen proportional zur Stromamplitude I. Für festes I nehmen die Felder
quadratisch mit der Frequenz ω = 2πc/λ zu.
Es sei noch bemerkt, dass (12.12) und (12.13) die Fernfelder des Hertzschen (Punkt-) Dipols
darstellen.
12.1. DÜNNE LINEARE ANTENNE 405
Die Abstrahlung einer Antenne ist durch den Energiefluss ins Unendliche bestimmt, der
durch den Energiefluss auf der Fernkugel charakterisiert ist. Zunächst ist der zeitlich gemit-
telte Poynting Vektor im Fernfeld
2 kd 2
~=E ~ = 1Z
~ ×H I cos 2
cos{θ} − cos kd
2
S 2 2 ~eθ × ~eφ . (12.14)
2 2π r sin {θ}
Wegen
hat der Poynting Vektor nur eine radiale Komponente. Der Energiefluss d2 P durch ein Ober-
flächenelement d2~r = ~er r 2 d2 Ω = ~er r 2 sin{θ} dθ dφ der Fernkugel ist demnach
~ r 2 d2 Ω
d2 P = ~er ◦ S (12.16)
d2 P ~ ◦ ~er .
= lim r 2 S (12.17)
d2 Ω r→∞
Mit (12.14) und (12.15) ergibt sich
2 kd 2
d2 P 1 I cos kd2
cos θ − cos 2
= Z (12.18)
d2 Ω 2 2π sin2 {θ}
für die auf den Raumwinkel d2 Ω bezogene abgestrahlte Leistung. Die gesamte abgestrahlte
Leistung ist
Z2π Zπ 2 kd 2
1 I cos 2
cos{θ} − cos kd
2
P = Z dθ dφ
2 2π sin{θ}
0 0
(12.19)
Zπ kd kd 2
1 2 Z cos 2
cos{θ} − cos 2
= I dθ .
2 2π sin{θ}
0
406 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
Die abgestrahlte Leistung ist proportional zum Quadrat der Amplitude I des Antennen-
stroms. Man definiert einen Strahlungswiderstand RS der Antenne über
1
P = RS I 2 , (12.20)
2
1
wobei der Faktor 2
berücksichtigt, dass bei zeitlich sinusförmigem Stromverlauf die elektri-
sche Leistung mit dem Effektivwert des Stroms zusammenhängt. Man erhält
Zπ kd 2
Z cos kd
2
cos{θ} − cos 2
RS = dθ . (12.21)
2π sin{θ}
0
θ r
Sr
Srmax
-1 1
Einfach sind die Zusammenhänge für eine kurze Antenne mit kd ≪ 2π. Hierfür ist die
Strahlungsleistung pro Raumwinkelelement
d2 P/ d2 Ω
2 2 = sin2 {θ} (12.23)
( d P/ d Ω)max
hat die in Abbildung 12.3 dargestellte Form einer Doppelkeule.
12.1. DÜNNE LINEARE ANTENNE 407
Die Abstrahlung erfolgt hauptsächlich quer zur Stromrichtung und überhaupt nicht in Rich-
R2π
tung des Stromflusses. Wegen dϕ = 2π und
0
Zπ Z+1 Z+1
4
sin3 {θ} dθ = sin2 {θ} d cos{θ} = (1 − x2 ) dx = (12.24)
3
0 −1 −1
Sie wächst proportional zur vierten Potenz der Frequenz ω = 2πc/λ und bei kurzen An-
tennen d ≪ λ auch proportional zur vierten Potenz der Antennenlänge d. Hierbei ist zu
bemerken, dass die Amplitude I auf der kurzen Antenne nirgends auftritt, sondern nur auf
der Zuleitung gemessen werden kann. Bezieht man die Amplitude auf den Mittelpunkt der
Antenne, so hat man nach (12.1) mit kd ≪ 2π
~j = I sin k d
−z δ{x} δ{y} ~ez ei ωt
2
(12.26)
2|z|
≈ I0 1 − δ(x) δ{y} ~ez ei ωt
d
zu setzen, wobei
kd πd
I0 = I =I (12.27)
2 λ
die Amplitude am Mittelpunkt der Antenne bezeichnet. Bezieht man die abgestrahlte Lei-
stung auf diesen Wert, so folgt aus (12.22) für die abgestrahlte Leistung pro Raumwinkel
d2 P 1 Zd2 2 2
= I sin {θ} (12.28)
d2 Ω 2 16λ2 0
und aus (12.25) für die gesamte abgestrahlte Leistung
408 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
2
π d
P = ZI02 . (12.29)
12 λ
Der Strahlungswiderstand ist demnach
2
π d
RS = Z , (12.30)
6 λ
wenn man den Widerstand auf den Einspeisepunkt bezieht.
Als Antennengewinn G definiert das Verhältnis der maximalen richtungsabhängigen Strah-
lungsleistung zu der über alle Richtungen gemittelten Strahlungsleistung
Ω d2 P
G= . (12.31)
P d2 Ω max
d2 P 1 Zd2 2
= I (12.32)
d2 Ω max 32 λ2 0
und nach (12.29) mit dem gesamten Raumwinkel Ω = 4π
P 1 Zd2 2
= I . (12.33)
Ω 24 λ2 0
Der Antennengewinn der kurzen Stabantenne ist demnach
3
G= . (12.34)
2
Längere Antennen können eine engere Strahlungskeule und damit einen größeren Gewinn
besitzen.
12.2 Dipole
Das magnetische Vektorpotenzial lautet in der Fernzone (11.23)
12.2. DIPOLE 409
Z Z∞Z
~ = µ0 exp {i(ωt − kr)}
A ~ĵ {~r ′ } exp {−ik~
er ◦ ~r ′ } d3 r ′
4π r
∞
µ0 exp {i(ωt − kr)} ~
= A0 (12.35)
4π r
RRR ∞ ~ ′
mit dem Richtungsfaktor A~0 = −∞
er ◦ ~r ′ } d3 r ′
ĵ {~r } · exp {−ik~ . Die Exponential-
funktion im Richtungsfaktor lässt sich in eine Taylorreihe entwickeln. In
X∞ ZZZ ∞
X
~
A0 = ~ĵ {~r ′ } · 1 (−ik~ n
er ◦ ~r ′ ) d3 r ′ = A~0n (12.36)
n=0
n!
−∞
bestimmen nur die ersten nicht verschwindenden Glieder die Größe des Richtungsfaktors,
denn nach Voraussetzung ist kr ′ ≪ 1, so dass die Reihe mit steigenden Potenzen rasch
abnimmt.
Betrachten wir nur das erste Glied der Reihe, so folgt mit partieller Integration unter Be-
rücksichtigung, dass ~ĵ auf dem Rand der Quellverteilung verschwindet und Anwendung der
~ ◦ ~j
Kontinuitätsgleichung −iω̺ = ∇
Wir erinnern uns an das in der Elektrostatik eingeführte Dipolmoment p~ (2.51) und formu-
lieren das
Eine genauere Betrachtung zeigt, dass dieses Potenzial in allen Punkten des Raumes außer-
~ =∇
halb des Dipols gilt. Mit B ~ × A,
~ E~ = −i c ∇
~ ×B
~
k
~ × f {r} ~p =
und ∇ ~
r ×~
p ∂
f= (~ ∂
er × ~p) ∂r f sowie
r ∂r
~ ~ ~
∇ × [f · (~r × ~p)] = f ∇ × (~r × p~) + ∇f × (~r × ~p) = −2f (~ ~
er ◦ p~) e~r + ∇f × (~r × p~)
resultieren die Felder
~ k ~ p~ k ~
B=i ∇× −i ∇ × r~p exp {i (ωt − kr)}
c r r
k 1 k
=i − 2 −i exp {i (ωt − kr)} (~
er × p~)
c r r
k2 1
= 1+i exp {i (ωt − kr)} · (~
er × p~) (12.39)
c kr
und
~ ~ 1 1
E = −ik · ∇ × + exp {i (ωt − kr)} · (~r × ~p)
r 2 ikr 3
1 1
= −ik · −2 2 + (~
er ◦ p~) exp {i (ωt − kr)} e~r
r ikr 3
~ 1 1
+∇ + exp {i (ωt − kr)} × (~r × ~p)
r 2 ikr 3
1 1 1 1 −ik~ er 1 3
= ik −2 2 + (~er ◦ ~p) e~r + + − + (~r × p~) ·
r ikr 3 r 2 ikr 3 r r 3 ikr 5
exp {i (ωt − kr)}
k 1 1 ik
= k (~
er × ~p) × e~r + (3 e~r (~ er ◦ p~) − p~) 2 + exp {i (ωt − kr)} . (12.40)
r k r r
Das elektrische Feld ist abgesehen von der Zeitabhängigkeit gleich dem Feld eines elek-
trostatischen Dipols. Der Amplitudenfaktor der magnetischen Induktion ist um den Faktor
kr
c
kleiner als beim elektrischen Feld und verschwindet im statischen Fall. In der Fernzone
verhalten sich die Felder wie
2
~ ≃ k · exp {i (ωt − kr)} (~
B er × ~p) (12.43)
cr
und
2
~ ≃ k exp {i (ωt − kr)} (~
E ~ × e~r
er × ~p) × e~r = cB (12.44)
r
1 n o c n o
~ ~
Sr = e~r ◦ Sm = e~r ◦ Re E × H = ~ ∗ ~ ~
e~r ◦ Re B × e~r × B ∗
2 2µ0
k4 1 ∗
= 2 [(~
er × p~) × e~r ] × (~
er × p~ ) ◦ e~r . (12.45)
r̂ 2µ0 c
Zur besseren Übersicht nehmen wir die Orientierung von ~p = pr e~r + pt e~t und erhalten mit
e~ℓ = e~r × e~t und (~
er × ~p) = pt e~ℓ für [(~ er × ~p∗ ) = |pt |2 e~r und damit
er × ~p) × e~r ] × (~
k4 z
Sr = er ◦ p~) e~r |2
· |~p − (~ . (12.46)
r2 2
Betrachtet man das Glied erster Ordnung n = 1 in (12.36), ergibt sich zunächst
412 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
Z Z∞Z
A~0,1 = −ik ~ĵ {~r ′ } (~
er ◦ ~r ′ ) d3 r ′ . (12.47)
−∞
Z Z∞Z
1h i 1
A~0,1 = −ik er ◦ ~r ′ ) ~ĵ + e~r ◦ ~ĵ ~r ′ +
(~ ~r ′ × ~ĵ × e~r d3 r ′ . (12.48)
2 2
−∞
Z Z∞Z
~ = µ0 exp {i (ωt − kr)} · 1 ·
A (~ ~ d3 r ′
er × m) . (12.49)
4πr r
−∞
Eine genauere Betrachtung des Vektorpotenzials, die im gesamten Raum außerhalb der Quel-
len gilt, ergibt für Quellen, die klein gegenüber der Wellenlänge sind, das
Vektorpotenzial eines magnetischen Dipols
Z Z∞Z
~ = µ0
A
1
+ ik exp {i (ωt − kr)} (~ ~ d3 r ′
er × m) . (12.50)
4πr r
−∞
Vergleicht man diesen Ausdruck mit der magnetischen Induktion des elektrischen Dipols
(12.39), findet man sofort die magnetische Induktion des magnetischen Dipols, durch erset-
µo c
zen von p~ durch 4π k 2
m
~ in (12.40)
~ µ0 1 1 ik
B= k (~
er × m)
~ × e~r + (3 (~
er ◦ m)
~ e~r − m)
~ +
4πr k r2 r
· exp {i (ωt − kr)} . (12.51)
12.3. HERTZSCHE VEKTOREN 413
In ähnlicher Weise findet man, dass das elektrische Feld des magnetischen Dipols mit dem
magnetischen Feld des elektrischen Dipols mit der gleichen Ersetzung wie oben äquivalent
ist
~ = µ0
E 1+
1
(~
er × m)
~ exp {i (ωt − kr)} . (12.52)
4πr ikr
~ ≃c E
Die radiale Abstrahlung im Fernfeld also wegen S ~ × e~r
k 4 µ0 2 c 2 k4 z
Sr = 2
· [m~ − (~
er ◦ m)
~ e
~r ] = · · [m
~ − (~ ~ e~r ]2
er ◦ m) (12.53)
r 4π µ0 r (4π)2
2
A~ = 1 ∂ ~πe
c2 ∂t
1 ∂
F~ = 2 ~πm , (12.54)
c ∂t
resultiert aus der Lorenzeichung sofort
~ ◦ ~πe
φel = −∇
~ ◦ ~πm
φmagn = −∇ . (12.55)
Somit lassen sich die Felder in homogenen linearen Medien sofort aus den Hertzschen Vek-
toren ~πe und ~πm mit
414 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
~ = 1∇
B ~ × ∂ ~πe
c2 ∂t
2
~ =∇
E ~ ∇ ~ ◦ ~πe − 1 ∂ ~πe
c2 ∂t2
~ =−1∇
D ~ × ∂ ~πm (12.56)
c 2 ∂t
2
~ =∇
H ~ ∇ ~ ◦ ~πm − 1 ∂ ~πm
c2 ∂t2
ermitteln. Sind sowohl ~πe als auch ~πm von Null verschieden, resultieren die Felder aus einer
linearen Superposition der Anteile von ~πm und ~πe gemäß
2
~ =∇
E ~ ∇ ~ ◦ ~πe − 1 ∂ ~πe − µµ0 ∇
~ × ∂ ~πm (12.57)
2
c ∂t2 ∂t
2
~ =∇
H ~ ∇ ~ ◦ ~πm − 1 ∂ ~πm − εε0 ∇
~ × ∂ ~πe . (12.58)
2
c ∂t2 ∂t
In den obigen Gleichungen ist Voraussetzung, dass keine freien Ladungen und Ströme vor-
handen sein dürfen. Sehr wohl sind aber nichtlineare Polarisationen erlaubt. Wir verwenden
die etwas ungewöhnliche Schreibweise
~ = µµ0 H
B ~ +M
~Q (12.59)
~ = εε0 E
D ~ + P~Q , (12.60)
~ Q und P~Q nichtlineare Anteile der Polarisation zusammengefasst sind. Die Max-
in der in M
~ ◦B
wellschen Gleichungen ∇ ~ = 0 bzw. ∇
~ ×E
~ = ∂ ~
B ~ ×H
und ∇ ~ = ∂ ~
D ~ ◦D
bzw. ∇ ~ =0
∂t ∂t
∂ 1 ∂2 ~Q = 0
∆~πm − 2 2 ~πm + M
∂t c ∂t
~ 1 ∂2 ~
∇ ◦ ∆~πm − 2 2 ~πm + MQ = 0 (12.61)
c ∂t
12.3. HERTZSCHE VEKTOREN 415
und
!
∂ 1 ∂ 2 ~
PQ
∆~πe − 2 2 ~πe + =0
∂t c ∂t εε0
!
2 ~
~ ◦ ∆~πe − 1 ∂ ~πe + PQ = 0 .
∇ (12.62)
c2 ∂t2 εε0
1 ∂2 ~ × ~km
~Q = ∇
∆~πm − ~πm + M (12.63)
c2 ∂t2
und die letzten
1 ∂2 P~Q ~ × ~ke
∆~πe − ~
π e + =∇ , (12.64)
c2 ∂t2 εε0
wobei ~ke und ~km zeitunabhängige Vektoren sind. Wenn sowohl M
~ Q und P~Q zeitabhängige
Quellgrößen sind, so folgt, dass ~km = 0 und ~ke = 0 sein müssen, und damit resultieren
1 ∂2 ~Q
∆~πm − ~πm = −M
c2 ∂t2
1 ∂2 P~Q
∆~πe − 2 2 ~πe = − . (12.65)
c ∂t εε0
Die formale Lösung dieser inhomogenen Wellengleichung haben wir bereits in Kapitel 4 in
der allgemeinen Darstellung mit der Greenschen Funktion kennengelernt. Die im vorherge-
henden Abschnitt festgestellte Analogie in den Feldern des elektrischen und magnetischen
Dipols hat also offenbar ihre tiefere Begründung in der Existenz der Hertzschen Vektoren,
deren Quellen sie sind und die über die vom Wesen her gleichen Gleichungen (12.57) auf die
Felder führen. Als Beispiel sollen hier die Hertzschen Vektoren eines elektrischen und eines
magnetischen Dipols berechnet werden. Wir nehmen wie üblich harmonische Zeitabhängig-
keit an.
416 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
Q
y
l
x
I0 · ℓ 3
P~0 = · δ {~r} · ~ez (12.67)
ω
zuordnen. Der elektrische Hertzsche Vektor resultiert im freien Raum
n o
ZZZ Z δ t′ − t + |~
r−~r ′|
1 c
~πe = · P0 · δ 3 {~r ′ } · exp {iωt′ } ~ez · dt′ d3 r ′
4πε0 t′ |~r − ~r ′ |
V′
12.3. HERTZSCHE VEKTOREN 417
1 n r o 1 P0
= P0 exp iω t − ~ez = exp {i (ωt − kr)} · ~ez (12.68)
4πε0 c r 4πε0 r
und nach Ersetzen von P0
I0 ℓ
π~e = exp {i (ωt − kr)} · ~ez . (12.69)
4πε0 ωr
Mit der Ermittlung des Hertzschen Vektors ist nun die Abstrahlung des Hertzschen Dipols
berechenbar, da keine Näherungen gemacht wurden.
Die Amplitude des Dipolmoments resultiert nach (4.39) aus m0 = I0 · π · ro2 , so dass
den Ausgangspunkt zur Berechnung des magnetischen Hertzschen Vektors darstellt. Völlig
analog zum elektrischen Hertzschen Vektor folgt sofort
418 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
m0 r2
~πm = · exp {i (ωt − kr)} · ~ez = I0 · 0 exp {i (ωt − kr)} · ~ez (12.71)
4πr 4r
und daraus die Abstrahlung der Rahmenantenne. Auch hier wurden keine Näherungen zur
Berechnung von ~πm gemacht, so dass das Ergebnis im gesamten freien Raum außerhalb der
Antenne gültig ist.
12.4 Multipole
Bereits in Abschnitt 5.2 sind wir der Multipolentwicklung begegnet, und im Abschnitt 11.2
wurde darauf hingewiesen, dass genauere Betrachtungen zu Dipolen zeigen, dass die dort er-
zielten Ergebnisse sogar exakt sind. Hier wollen wir die Multipolentwicklung systematisch
entwickeln. Dafür ist es erforderlich, die aus Abschnitt 4.6 bekannten Kugelflächenfunk-
tionen zu Vektor- Kugelflächenfunktionen zu erweitern und den aus der Quantenmechanik
bekannten Drehimpulsoperator ~L einzuführen. Wir betrachten im folgenden nur harmonisch
zeitabhängige Größen. Zunächst wird eine allgemeine Lösung der Wellengleichung in Ku-
gelkoordinaten, die sogenannte allgemeine sphärische Lösung der Wellengleichung erarbei-
tet.
X X
ψ= ψℓ,m = Rℓ {r} · Yℓ,m {θ, ϕ} (12.72)
ℓ,m
12.4. MULTIPOLE 419
∂2 2 ∂ 2 ℓ(ℓ + 1)
+ +k − R=0 . (12.73)
∂r 2 r ∂r r2
Diese Differentialgleichung hat fast die aus Abschnitt 4.6 bekannte Form der Besselschen
1
Differentialgleichung. Mit der Substitution R = r − 2 · µ {r} kann (12.73) dann auch auf die
Besselsche Differentialgleichung
" #
1 2
∂2 1 ∂ ℓ+
2
+ + k2 − 2
µ=0 (12.74)
∂r r ∂r r
1
überführt werden. Die Lösungen sind Besselfunktionen der Ordnung ℓ + 2
mit Argument
x = k · r. Zur besseren Übersicht werden zweckmäßigerweise die sogenannten sphärischen
Besselfunktionen ganzzahliger Ordnung ℓ eingeführt. Sie lauten
r ℓ
π ℓ 1 ∂ sin {x}
jℓ {x} = J 1 {x} = (−x)
2x ℓ+ 2 x ∂x x
r ℓ
π ℓ 1 ∂ cos {x}
nℓ {x} = Nℓ+ 21 {x} = − (−x) (12.75)
2x x ∂x x
r r
(1) π (1) π
hℓ {x} = · Hℓ+ 1 {x} = Jℓ+1 {x} + i Nℓ+ 2
1 {x}
2x 2 2x
r r
(2) π (2) π
hℓ {x} = · Hℓ+ 1 {x} = Jℓ+1 {x} − i Nℓ+ 21 {x}
2x 2 2x
2ℓ + 1
Zℓ {x} = Zℓ−1 {x} + Zℓ+1 {x}
x
∂ 1
Zℓ {x} = ℓ · Zℓ+1 {x} − (ℓ + 1) Zℓ+1 {x} , (12.76)
∂x 2ℓ + 1
(1) (2)
wobei Zℓ für jℓ , nℓ , hℓ oder hℓ stehen kann. Die sphärischen Besselfunktionen nullter und
erster Ordnung sind
420 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
xℓ x2
jℓ {x} ≃ 1− + ...
(2ℓ + 1)!! 2(2ℓ + 3)
(2ℓ − 1)!! x2
nℓ {x} ≃ − 1− + ... (12.78)
xℓ+1 2(1 − 2ℓ)
x ≫ ℓ:
1 n πo
jℓ {x} ≃ sin x − ℓ
x 2
1 n πo
nℓ {x} ≃ cos x − ℓ (12.79)
x 2
ℓ+1
(1) (−i)
hℓ {x} ≃ exp {ix}
x
Die allgemeine sphärische Lösung der homogenen Wellengleichung lautet mit den sphäri-
schen Besselfunktionen
(2)
wobei wie bereits oben bemerkt der Koeffizient Aℓ,m häufig zu Null gesetzt werden darf.
Will man die Felder von Quellen berechnen, bedient man sich der Greenschen Funktion.
12.4. MULTIPOLE 421
Für die weiteren Betrachtungen ist es hilfreich, gleich die Greensche Funktion des freien
Raums nach der allgemeinen Lösung der homogenen Wellengleichung zu entwickeln. Die
Entwicklung soll also gemäß
′ exp {−ik|~r − ~r ′ |} X
G {~r, ~r } = ′
= gℓ {r, r ′ } · Yℓ,m {θ, ϕ} Yℓ,m
∗
{θ′ , ϕ′} (12.81)
4π|~r − ~r |
ℓ,m
∆ + k 2 G {~r, ~r ′ } = −δ 3 {~r − ~r ′ } (12.82)
führt auf
∂2 2 ∂ 2 ℓ(ℓ + 1) 4π
2
+ +k + 2
gℓ = − 2 δ {|~r − ~r ′ |} (12.83)
∂r r ∂r r r
mit der im Ursprung endlichen Lösung
(1)
gℓ {r, r ′ } = −ik jℓ {kr< } · hℓ {kr> } , (12.84)
die im unendlichen eine auslaufende Welle darstellt. Zur besseren Übersicht wurde
∞ X
X ℓ
G {~r, ~r ′ } = −ik jℓ {kr< } · h(1) ∗ ′ ′
ℓ {kr> } Yℓ,m {θ, ϕ} · Yℓ,m {θ , ϕ } (12.86)
ℓ=0 m=−ℓ
resultiert. Als letztes führen wir noch den Drehimpulsoperator ~L ein, um uns die Mög-
lichkeit zu eröffnen, eine übersichtliche Herleitung der Multipolentwicklung darzustellen.
422 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
1 ∂ ∂ 1 ∂2
− sin {θ} + Yℓ,m {θ, ϕ} = ℓ(ℓ + 1) · Yℓ,m {θ, ϕ}
sin {θ} ∂θ ∂θ sin2 {θ} ∂ϕ2
(12.87)
2
L Yℓ,m {θ, ϕ} = −ℓ(ℓ + 1) Yℓ,m {θ, ϕ} (12.88)
2 2 2 2
L = ~L ◦ ~L = Lx + Ly + Lz (12.89)
h
mit dem durch das Drehimpulsquantum 2π
geteilten Drehimpulsoperator
~
~L = −i ~r × ∇ . (12.90)
∂
Lx = i exp {iϕ} cot {θ} ·
∂ϕ
∂
Ly = −i exp {iϕ}
∂θ
(12.91)
zum Aufsteigeoperator,
12.4. MULTIPOLE 423
∂ ∂
L+ = Lx +i Ly = exp {iϕ} + i cot {θ} ·
∂θ ∂ϕ
und Absteigeoperator
∂ ∂
L− = Lx −i Ly = exp {iϕ} − + i cot {θ} · (12.92)
∂θ ∂ϕ
∂
Lz = −i
∂ϕ
genannt. Wendet man diese Operatoren einzeln auf die Kugelflächenfunktionen an, resultiert
mit den Rekursionsformeln für Yℓ,m
p
L+ · Yℓ,m = (ℓ − m)(ℓ + m + 1) Yℓ,m+1
p
L− · Yℓ,m = (ℓ + m)(ℓ − m + 1) Yℓ,m−1 (12.93)
Lz · Yℓ,m = m Yℓ,m .
2 2
L ~L = ~L L
~L × ~L 6= i L (12.94)
~L∆′ = ∆′ ~L
1 ∂2 1
∆ = ′
2
r − 2 L2 (12.95)
r ∂r r
424 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
verwendet wurde. Aus der Definition (12.90) folgen zuletzt noch die wichtigen Eigenschaf-
ten
~r ◦ ~L = 0 (12.96)
und
~ × ~L = −i 1 ∂ ∂ 1 ∂2
∇ sin {θ} + e~r
r sin {θ} ∂θ ∂θ sin2 {θ} ∂ϕ2
1 ∂ ∂2 i 1 ∂ ∂2
−i + e~θ − + e~ϕ . (12.97)
r ∂θ ∂r∂θ sin {θ} r ∂ϕ ∂r∂ϕ
12.4.2 Multipolentwicklung
len, was das Auffinden geeigneter Lösungen weiter erschwert. Im Jahr 1954 wurde von C.J.
Bowkamp und H.B.G. Casimir ein Verfahren vorgeschlagen, das diese Schwierigkeit um-
~
geht, ohne auf Potenziale zurückgreifen zu müssen. Sie betrachten die skalare Größe ~r ◦ C,
~ durch E
wobei C ~ bzw. B
~ zu ersetzen ist, und stellen fest, dass
~ = ~r ◦ ∆C
∆ ~r ◦ C ~ + 2∇
~ ◦C
~ = ~r ◦ ∆C
~ (12.98)
~ ◦C
wegen ∇ ~ = 0 gilt. Die Lösung der Helmholtzgleichungen
∆+k 2 ~
~r ◦ E = 0
∆+k 2 ~
~r ◦ B = 0 (12.99)
~ also
ist von der oben angegebenen Form (12.80) für ψ = ~r ◦ C,
12.4. MULTIPOLE 425
X
~ =
~r ◦ B
′′
~ ℓ,m
aℓ,m~r ◦ B
ℓ,m
X
~ =
~r ◦ E
′′
~ ℓ,m
bℓ,m~r ◦ E . (12.100)
ℓ,m
Jeder Summand ist dabei der Beitrag eines Multipols der Ordnung (ℓ, m). Man unterscheidet
nach magnetischen und elektrischen Multipolen und definiert ein
sowie ein
~ =
wobei jeweils E c ~
∇ ~ und B
×B ~ = i ~
∇ ~ gelten. Daraus folgt sofort nach einsetzen
×E
ik kc
~ = i ~r ◦ ∇
~r ◦ B ~ = i ~r × ∇
~ ×E ~ ◦E~ = −1 ~L ◦ E
~ . (12.103)
kc kc kc
Damit haben wir wieder zwei Bedingungen, die das elektrische Feld eines magnetischen
Multipols erfüllen muss. Der Vergleich von (12.103) mit (12.101) führt auf
426 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
~ = 1 (L+ C − + L− C + ) + Lz C z
~L ◦ C
2
C± = Cx ± iCy (12.105)
und beachtet (12.91), resultiert, dass die Azimutale Ordnung m unter Anwendung des Aufsteige-
und Absteigeoperators konstant bleiben muss. Dies lässt sich leicht erfüllen, wenn für die
Felder das
magnetische Multipolfeld der Ordnung (ℓ, m)
~ ℓ,m = gℓ,m {kr} · ~L Yℓ,m {θ, ϕ}
E (12.106)
~ ℓ,m = −i 1 ∇
B ~ × E~ℓ,m
kc
gewählt werden. Anwenden von (12.105) führt sofort auf (12.104) und (12.103), womit auch
der zunächst überraschende Faktor in (12.101) erklärt ist. Analog folgt für das
~ ℓ,m = fℓ,m {kr} · ~L Yℓ,m {θ, ϕ}
B (12.107)
~ ℓ,m = i c ∇
E ~ ×B~ ℓ,m .
k
Bezüglich der Ausbreitung in radialer Richtung sind die magnetischen Multipolfelder trans-
versal elektrisch und die elektrischen Multipolfelder transversal magnetisch, was sofort aus
(12.101) und (12.102) folgt. Man nennt daher auch die magnetischen Multipolfelder TE
Multipolfelder und entsprechend die elektrischen Analoga TM Multipolfelder. Offensicht-
lich sind die erzeugenden Funktionen der Multipolfelder ~L Yℓ,m {θ, ϕ}. Man definiert die
12.4. MULTIPOLE 427
1
~ ℓ,m = p
X ~L Yℓ,m {θ, ϕ} , (12.108)
ℓ(ℓ + 1)
ZZ
~ ℓ′ ,m′ ◦ X
X ~ ℓ,m dΩ = δℓ,ℓ′ δmm′
ZZ
~ ∗ℓ′ ,m′ ◦ ~r × X
X ~ ℓ,m d2 Ω = 0 (12.109)
mit dem Raumwinkel- Element d2 Ω = sin {θ} dθ dϕ auszeichnen. Verwendet man diese
Orthonormalbasis zur Darstellung der Felder in (12.106) und (12.107), folgt jeweils für das
magnetische Multipolfeld
p
~ ℓ,m =
E ~ ℓ,m
ℓ(ℓ + 1) · gℓ,m · X (12.110)
p
~ ℓ,m =
B ~ ℓ,m
ℓ(ℓ + 1) · fℓ,m · X (12.111)
~ ℓ,m und E
wobei die zugehörigen Felder B ~ ℓ,m jeweils durch Anwendung des Rotationsope-
rators gemäß (12.106) und (12.107) gewonnen wird. Besteht das Gesamtfeld aus einem ma-
gnetischen und elektrischen Multipolfeld, ergeben sich die Felder aus linearer Superposition
der Einzelfelder. Mit (12.110), (12.111), (12.106) und (12.107) resultiert das gemischte Ge-
samtfeld
428 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
X i ′
~ =
B b′ℓ,m fℓ,m · X
~ ℓ,m + ~ × gℓ,m · X
aℓ,m · ∇ ~ ℓ,m
kc
ℓ,m
X c
~ =
E ~ ℓ,m − i b′ℓ,m · ∇
a′ℓ,m gℓ,m · X ~ × fℓ,m · X
~ ℓ,m . (12.112)
ℓ,m
k
ZZ
1 ~ Y∗ d2 Ω
a′ℓ,m · gℓ,m = −kc p ~r ◦ B ℓ,m
ℓ(ℓ + 1)
ZZ
k 1 ~ Yℓ,m
b′ℓ,m · fℓ,m = p ~r ◦ E ∗
d2 Ω , (12.113)
c ℓ(ℓ + 1)
wobei
p
~ × gℓ,m X
~r ◦ ∇ ~ ×X
~ ℓ,m = gℓ,m~r ◦ ∇ ~ ℓ,m = igℓ,m ℓ(ℓ + 1) · Yℓ,m (12.114)
berücksichtigt wurde, und die zweite Umformung aus (12.97) resultiert. Bevor wir das Nah-
und Fernfeldverhalten untersuchen, interessieren wir uns für die Quellen, die die elektrody-
namischen Multipolfelder hervorrufen.
Zur Erkundung des Beitrags spezieller Quellverteilungen zu den Multipolfeldern lassen wir
~q
harmonisch zeitabhängige Raumladungen ̺q , Stromdichten j~q und Magnetisierungen M
zu. Bei allgemeiner Zeitabhängigkeit führt eine Fourieranalyse wieder auf die hier betrach-
teten harmonischen Quellen. Die Maxwellschen Gleichungen lauten ähnlich wie in (7.13)
bis (7.16)
12.4. MULTIPOLE 429
~ ×E
∇ ~ = −iω B
~ =0
∇ ~ − ik E
~ ×B ~ = µµ0 ~jq + ∇
~ ×M
~q
c
∇~ ◦E~ = 1 ̺q (12.115)
εε0
~ ~
∇◦B = 0 ,
~′ = E
~+ 1 ~
E jq (12.116)
iωεε0
eingeführt, wodurch sich (12.115) zu
~ ×E
~ ′ + iω B
~ = 1 ~
∇ ∇ × j~q
iωεε0
∇ ~ − ik E
~ ×B ~ ′ = µµ0 ∇
~ ×M
~q
c
∇~ ◦E~′ = 0 (12.117)
~ ◦B
∇ ~ =0
ergeben und aus den ersten beiden Gleichungen jeweils nach anwenden der Rotation und
Einsetzen der anderen Gleichung die Wellengleichungen
~′ = 1 ~ 2~ ~ × ~jq
∆ + k2 E ∇ × k Mq + ∇
−iωεε0
∆ + k2 B~ = −µµ0 ∇
~ × ~jq + ∇
~ ×M
~q (12.118)
~ und ~r ◦ E
resultieren. Auch hier werden wieder nur die skalaren Größen ~r ◦ B ~ ′ betrachtet.
Wir beachten
~ ~ ~ ~ = i~L ◦ C
~r ◦ ∇ × C = ~r × ∇ ◦ C ~ (12.119)
430 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
∆ + k2 ~ ′ = −1 ~L ◦ k 2 M
~r ◦ E ~q + ∇
~ × ~jq
ωεε0
∆ + k 2 ~r ◦ B ~ = −iµµ0~L ◦ ~jq + ∇
~ ×M~q , (12.120)
~ ′ bzw.
lauten. Macht man jetzt auf der linken Seite den Summenansatz (12.100) für ~r ◦ E
~ und ersetzt auf der rechten Seite die Greensche Funktion durch ihre Entwicklung nach
~r ◦ B
Kugelflächenfunktionen (12.86), ergibt sich ein zunächst recht unübersichtlicher Ausdruck.
Zur weiteren Behandlung wollen wir annehmen, dass das Feld außerhalb der Quellverteilung
gesucht ist, so dass in (12.86) r< = r ′ und r> = r wird. Außerdem fordern wir, dass
die Felder für große Werte von r verschwinden sollen, was physikalisch sinnvoll ist und
(2)
in (12.81) auf Aℓ,m = 0 führt. Einsetzen von (12.110) auf der linken Seite sowie (12.86) auf
(1) (1)
der rechten Seite führt mit a′ℓ,m · Aℓ,m = aℓ,m und bℓ,m = b′ℓ,m · Aℓ,m auf
X X −1 (1)
p
~ =
~r ◦ B aℓ,m hℓ {kr} Yℓ,m {θ, ϕ} ℓ(ℓ + 1)
ℓ m
kc
ZZZ
iµµ0 ~′ ◦ ~jq + ∇ ~ ×M ~q
= L
4π
XX (1)
· i4πk jℓ {kr ′ } hℓ {kr} Yℓ,m {θ, ϕ} · Yℓ,m
∗
{θ′ , ϕ′ } d3 r ′
ℓ m
Xc (1)
p
~′ =
~r ◦ E bℓ,m hℓ {kr} Yℓ,m {θ, ϕ} ℓ(ℓ + 1)
ℓ,m
k
ZZZ
−1 ~′ ◦ k 2 M
~q +∇
~ × ~jq ·
= L (12.122)
4πωεε0
12.4. MULTIPOLE 431
XX (1)
· i4πk jℓ {kr ′ } hℓ {kr} Yℓ,m {θ, ϕ} · Yℓ,m
∗
{θ′ , ϕ′ } d3 r ′
ℓ m
k
woraus mit Orthogonalentwicklung und c
= ωεε0 µµ0 sofort
ZZZ
kµµ0 ~ ′ ◦ ~ ~ ~
aℓ,m = c p L jq + ∇ × Mq jℓ {kr ′ } Yℓ,m {θ′ , ϕ′ } d3 r ′
ℓ(ℓ + 1)
ZZZ
kµµ0 ~ ~
′ ◦ k2M ~ ~ ′ ∗ ′ ′ 3 ′
bℓ,m = −i p L q + ∇ × j q jℓ {kr } Yℓ,m {θ , ϕ } d r
ℓ(ℓ + 1)
(12.123)
folgt. Diese Ausdrücke sind exakt für Punkte außerhalb der Quellverteilung. Etwas störend
~′ , den man aber mit den einfach nachzurechnenden Iden-
wirkt hier der Drehimpulsoperator L
titäten
~ = i∇
~L ◦ C ~ ◦ ~r × C
~
~L ◦ ∇~ ×C ~ = i∆ ~r ◦ C~ − i ∂ r 2 ∆C
~ (12.124)
r ∂r
~ q für C
substituieren kann, wenn jeweils j~q oder M ~ eingesetzt wird. Mit etwas intensiver
kcµµ0
aℓ,m = i p
ℓ(ℓ + 1)
ZZZ ∂
· ∗ ~ ◦ ~r × ~jq + ∇
Yℓ,m · jℓ ∇
′ ′ ~ ◦M
′ ~q ′ 2 ′ ~ q jℓ d3 r ′
r jℓ −k ~r ◦ M
∂r ′
kµµ0
bℓ,m = p (12.125)
ℓ(ℓ + 1)
ZZZ
2~ iω
~ q jℓ −k ~r ◦ ~jq jℓ − ̺ · ∂
· ∗ ′
Yℓ,m · k ∇ ◦ ~r × M
2 ′
′ ′
(r jℓ ) d3 r ′
′
r ∂r
432 KAPITEL 12. FERNZONE SPEZIELLER QUELLVERTEILUNGEN
r
k ℓ+1 µµ0 ℓ+1 ′
aℓ,m = −ic · Mℓ,m + Mℓ,m
(2ℓ + 1)!! ℓ
r
ℓ+1
k µµ0 ℓ+1
bℓ,m = · Qℓ,m + Q′ℓ,m (12.126)
(2ℓ + 1)!! ℓ
ZZZ
Qℓ,m = r ′ℓ Yℓ,m
∗
̺ d3 r ′
ZZZ
−ik ~ ′ ◦ ~r ′ × M
~ q d3 r ′
Q′ℓ,m = r ′ℓ Yℓ,m
∗
∇
ℓ+1
ZZZ
1 ~ ~
Mℓ,m =− r ′ℓ ∗
Yℓ,m ∇ ◦ ~r × jq d3 r ′
′ ′
(12.127)
ℓ+1
ZZZ
′
Mℓ,m =− r ′ℓ Yℓ,m
∗ ~′◦M
∇ ~ q d3 r ′ .
Das elektrische Multipolmoment Qℓ,m hat dabei die gleiche Form wie in der Elektrostatik,
was zu erwarten war.
Kapitel 13
Störungen
Störungen in ansonsten homogenen Gebieten führen zur Veränderung der Felder und zu uner-
wünschter Abstrahlung. Solche Störungen können zum Beispiel Dichteschwankungen oder
Einschlüsse im Material sein, aber auch Abweichungen von Grenzflächen von der idealen
Form, z.B. Wellenleiterberandungen, welche zur Streuung elektromagnetischer Wellen füh-
ren. Will man den Einfluss auf die Eigenschaften eines Bauelementes, z.B. die Resonanzfre-
quenz eines Resonators oder den Ausbreitungskoeffizienten β eines Wellenleiters erfassen,
bedient man sich sogenannter stationärer Ausdrücke. Im wesentlichen gewichtet man bei
diesem Verfahren die Abweichung mit den Feldern der ungestörten Anordnung und gewinnt
daraus ein Maß für den Einfluss auf die gesuchte Größe. Will man dagegen etwas über die
Größe der verlorengegangenen Leistung wissen, muss man die abgestrahlte Leistung berech-
nen. Für kleine Störungen nimmt man dafür die sogenannte Methode der effektiven Quellen,
die wir im folgenden Kapitel herleiten werden.
Wir erinnern uns an die Maxwellschen Gleichungen in polarisierbarer Materie bei Abwesen-
heit von Quellen (7.13) - (7.16). Ersetzt man in (7.14) die elektrische Feldstärke durch die
~ = ε0 E
dielektrische Verschiebung D ~ + P~ (7.11), resultiert nach Multiplikation mit ε0 und
433
434 KAPITEL 13. STÖRUNGEN
h i
~ × ∇
∇ ~ × D~ − P~ = −∆D
~ −∇
~ × ∇~ × P~ = −ε0 ∂ ∇ ~ ×B
~ . (13.1)
∂t
~ = µ0 H
Wir ersetzen weiter B ~ + µ0 M
~ (7.12) und erhalten mit (7.13)
∂ h~ ~ i
~ ~ ~ ~
−∆D − ∇ × ∇ × P = −ε0 µ0 ∇× H +M ~
∂t
1 ∂2 ~ 1 ∂ ~ ~
= − 2 2D − 2◦ ∇ ×M . (13.2)
c0 ∂t c0 ∂t
Umsortieren führt auf eine inhomogene Wellengleichung für die dielektrische Verschiebung,
1 ∂2 ~ 1~ ∂ ~
~ ~ ~ ~
∆D − 2 2 D = 2 ∇ × M − ∇ × ∇ × P . (13.3)
c0 ∂t c0 ∂t
Mit dem gleichen Vorgehen findet man eine Wellengleichung für die magnetische Induktion
2
~− 1 ∂ D
∆B ~ = 1 ~ ∂ ~ ~ × ∇
∇ × P − µ0 ∇ ~ ×M
~ . (13.4)
2
c0 ∂t2 c20 ∂t
Bis hierhin sind alle Gleichungen exakt und es wurden keine einschränkenden Annahmen
gemacht. Ist der Term auf der rechten Seite bekannt, kann das gestörte Feld sofort berechnet
werden. Im Allgemeinen trifft dies leider nicht zu. Die oben stehende Gleichung ist aber
Ausgangspunkt vieler Näherungsverfahren. Für die weitere Lösung machen wir einen Sum-
menansatz für die gestörten Felder mit
~ = E~0 + E
E ~s ; P~ = P~0 + P~s ; ~ =D
D ~0 + D
~s
~ 0 = ε0 E~0 + P~0
D ; ~ s = ε0 E
D ~ s + P~s (13.5)
~ =H
H ~0 + H
~s ; M ~ =M ~0 + M~s ; B ~ = B~0 + B
~s
B~0 = µ0 H~0 + M
~0 ; B ~ s = µ0 H~s + M
~s .
13.1. STÖRUNGSTHEORIE FÜR STREUUNG 435
Für die gestörten (Index „s”) und die ungestörten Felder (Index „0”) gelten die gleichen
Wellengleichungen wie oben. Handelt es sich im ungestörten Fall zusätzlich um lineare ho-
~ 0 = εε0 E~0 und B~0 = µµ0 H
mogene Medien, gilt also D ~ 0 , ergibt sich die bekannte homogene
~ 1 ∂2 ~
∆D0 − 2 2 D0 = 0
c ∂t
1 ∂2
∆B~0 − 2 2 B~0 = 0 . (13.6)
c ∂t
Wir wollen uns zunächst in sofern einschränken, dass wir annehmen, dass die Polarisationen
die gleiche Zeitabhängigkeit wie die Felder aufweisen. Da die Maxwellgleichungen linear
sind, genügt es repräsentativ nur eine Spektralkomponente der Fourierzerlegung zu betrach-
ten. Als Zeitabhängigkeit verwenden wir im folgenden exp {iωt}. Damit reduziert sich die
Wellengleichung auf
~ s + k2 D
∆D ~ s = −∇
~ × ∇ ~ × P~s + i ko ∇
~ ×M
~s
0
c0
~ 2~ ~ ~ ~
∆Bs + k0 Bs = −µ0 ∇ × ∇ × Ms + ik0 · z0 ∇ ~ × P~s . (13.7)
~ s lautet
Die formale Lösung der Wellengleichung (13.7) für das Störfeld D
Z Z∞Z
~s = exp {−i (k0 |~r − ~r ′ |)} ~ ~ ~ k0 ~ ′ ~
D ′
+∇ × ∇ × Ps − i ∇ × Ms d3 r ′
′ ′
. (13.8)
4π|~r − ~r | c0
−∞
Z Z∞Z
1 k 0
k~s = ~ × ∇
+∇ ′ ~ × P~s − i ∇
′ ~ ×M
′ ~ s · exp {−ik0 (~r ′ ◦ ~er )} d3 r ′
4π c0
−∞
Z Z∞Z
k02 k 0
= ~er × P~s × ~er + i ~s
~er × M · exp {−ik0~r ′ ◦ ~er } d3 r ′ (13.10)
,
4π c0
−∞
die in der letzten Darstellung nach partieller Integration resultiert. Beim Schritt von (13.8)
nach (13.9) bzw. (13.10) wurde vorausgesetzt, dass sich die Quellverteilungen in der Nähe
des Ursprungs des Koordinatensystems befinden. An dieser Stelle soll der häufig verwendete
Streuquerschnitt eingeführt werden. Er gibt an, wie groß die Streuamplitude des gestörten
Feldes im Vergleich zum ungestörten Feld ist. Man gibt dazu die Polarisationsrichtung e~p des
gestörten Feldes vor und bezieht sich auf den Raumwinkel dΩ, so dass der Streuquerschnitt
do |e~p ◦ k~s |2
= (13.11)
dΩ |D~ 0 |2
resultiert. Die Fläche do gibt an, durch welchen Ausschnitt der Kugeloberfläche dΩ das
ungestörte Feld strahlen müsste, um die gleiche Leistung in der gewählten Polarisationsrich-
tung zu erzeugen, wie das gestreute Feld. Anschaulich kann man sich das durch ein Loch der
~ s lässt sich
Fläche do im Strahlkegel mit dem Querschnitt dΩ vorstellen. Genau wie für D
~ s eine formale Lösung der Wellengleichung (13.7) ähnlich zu (13.9) und (13.10)
auch für B
mit
~ s = Ls · exp {−ik0 r}
B (13.12)
r
Z Z∞Z h i
1 ~ s × ~er + ik0 Z0 ~er × P~s exp {−ik0~r ′ ◦ ~er } d3 r ′
Ls = · µ0~er × M
4π
−∞
angeben. Die formale Lösung (13.10) bzw. (13.13) der Wellengleichung (13.7) für das ge-
~ s ist natürlich nicht direkt lösbar. Hat man aber eine gute Abschätzung für die
störte Feld D
~ s und
meist unbekannten Streupolarisationen, so führt (13.10) auf eine erste Näherung für D
13.2. RAYLEIGH STREUUNG 437
und geht damit wieder in die formale Lösung (13.10) um eine Näherung höherer Ordnung zu
erhalten. Die Konvergenz der so entstehenden Reihen ist im Rahmen quantenmechanischer
Überlegungen von Max Born eingehend untersucht worden.
~ ~
~ s = ∆µ · B ≃ ∆µ · B0
M
µ µ0 µ µ0
∆ε ~ ∆ε ~
P~s = D≃ · D0 (13.13)
ε ε
angenommen werden kann. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von effektiven
Quellen der in (13.13) angegebenen Stärke. Handelt es sich bei den ungestörten Feldern
um Repräsentanten einer ebenen Welle mit Polarisation in ~ed -Richtung und Ausbreitung ge-
n o
~
mäß exp −ik ◦ ~r in e~k -Richtung, so hängen D ~ 0 = D0 · ~ed · exp {i (ωt − k~er ◦ ~r)} über
~0 = Z · e~k × D
B ~ 0 zusammen. Das gestreute Feld hat dann in der Fernzone die Stärke
438 KAPITEL 13. STÖRUNGEN
2 Z Z∞Z
~s = k 0 D 0
D exp {i (ωt − k0 r)} · exp {−ik0 (e~k − ~er ) ◦ ~r ′ } ·
4πr
−∞
∆ε ∆µk0 ′
· ~er × (e~d × ~er ) + i ~er × (e~k × e~d ) d3 r . (13.14)
ε µµ0
Ist die Wellenlänge der erzeugenden Welle groß gegen die räumliche Ausdehnung der Stö-
rung, kann der exp-Term im Integral durch eins approximiert werden. Der Streuausdruck
entspricht dann hinsichtlich der Frequenz- und Winkelabhängigkeit der in Kapitel 11.2 an-
gegebenen Dipolnäherung. Die effektiven Quellen verhalten sich also wie magnetische Di-
pole, die die einfallende ebene Welle streuen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch
von der Rayleighstreuung . Insbesondere der charakteristische Abfall der Streuintensität
mit wachsender Wellenlänge, der mit λ−4 vonstatten geht, wie in 11.2 gezeigt wurde, ist ein
wesentliches Merkmal der Rayleighstreuung.
Anhang A
Linear
Als linear bezeichnet man den Zusammenhang zwischen zwei Feldgrößen dann, wenn die
Größen direkt zueinander proportional sind. Der Proportionalitätsfaktor kann für vektorielle
~ und E
Größen ein Tensor sein. Ist zum Beispiel [ε] ein Tensor, dann sind im allgemeinen D ~
Isotrop
~ und E
In isotropen Medien sind die Feldgrößen D ~ bzw. B
~ und H
~ zueinander parallel, d.h.
~ ×E
D ~ = 0 bzw. B
~ ×H
~ = 0. Dies bedeutet, dass [ε] und [µ] nur noch Elemente auf der
Hauptdiagonalen enthalten, die alle gleich sind, so dass ε und µ zu Skalaren werden.
Homogen
In homogenen Medien hängen die Materialparameter µ, ε und σ nicht vom Ort ab, d.h.
~ = 0, ∇ε
∇µ ~ = 0 und ∇σ
~ = 0.
Monochromatisch
Monochromatische Funktionen sind harmonisch zeitabhängig, wobei nur eine Frequenz zu-
gelassen wird. Mit Hilfe der Fouriertransformation lässt sich jede beliebige zeitabhängige
439
440 ANHANG A. HÄUFIG VERWENDETE BEGRIFFE
B.1 Differentialoperationen
~ × (∇f
∇ ~ )=0 (B.1)
(B.2)
~ · (∇
∇ ~ × A)
~ =0 (B.3)
~ · (f A)
∇ ~ =f∇
~ ·A
~+A
~ · ∇f
~ (B.4)
(B.5)
~ × (f A)
∇ ~ =f∇
~ ×A
~ + (∇f
~ )×A
~ (B.6)
441
442 ANHANG B. IN DER VORLESUNG HÄUFIG BENUTZTE RECHENREGELN
~ A
∇( ~ · B)
~ = (B
~ · ∇)
~ A~ + (A
~ · ∇)
~ B~ +A
~ × (∇
~ × B)
~ +B
~ × (∇
~ × A)
~ (B.7)
(B.8)
~ × (A
∇ ~ × B)
~ = (B
~ · ∇)
~ A~ − (A
~ · ∇)
~ B~ + (∇
~ · B)
~ A~ − (∇
~ · A)
~ B~ (B.9)
(B.10)
~ · (A
∇ ~ × B)
~ =B
~ ·∇
~ ×A
~−A
~ ·∇
~ ×B
~ (B.11)
(B.12)
~ × (∇
∇ ~ × A)
~ = ∇(
~ ∇~ · A)
~ − ∆A
~ (B.13)
Die Normal- und Tangentialkomponente eines Feldes F~ an einer Fläche errechnen sich mit
dem Normalenvektor auf die Fläche ~n zu
Wenn für zwei Vektoren gilt ~a ◦ ~b = 0 (sie stehen senkrecht aufeinander), ergibt sich der
nützliche Zusammenhang
~a × ~b ~ ~c × ~a
~c = b=
~b ◦ ~b ~c ◦ ~c
ZZ I
~ × T~ ) ◦ d2~r =
(∇ T~ ◦ d~ℓ . (B.17)
S CS
B.3. GAUSSSCHER INTEGRALSATZ 443
ZZZ ZZ
~ ◦C
∇ ~ {~r } d r =
C
3 ~ {~r } ◦ d2~r (B.18)
V SV
ZZ I
∂ ∂ ~ ◦ d~ℓ .
W2 − W1 dx dy = W
∂x ∂y CS
S
Diese Darstellung ist für unsere Zwecke unhandlich und wird durch die Substitution W1 =
−V2 , W2 = V1 in die Form
ZZ I
∂ ∂ ~ ◦ d~ℓ
V1 + V2 dx dy = W
∂x ∂y CS
S
ZZ I
~ ~ 2
∇T ◦ V d r = V~ ◦ ~n dℓ , (B.19)
CS
S
Spezielle Koordinatensysteme
C.1 Generelles
Die Angabe eines Punktes im Raum erfolgt üblicherweise über ein Zahlentripel (Ax , Ay , Az ).
Gemeint ist damit ein Vektor ~r, der vom Ursprung des Koordinatensystems zu dem Punkt
zeigt, hier also ~r = Ax~ex + Ay~ey + Az~ez . Dabei bezeichnen ~ex , ~ey und ~ez die Basisvektoren
in x−, y− und z−Richtung und Ax , Ay und Az die Komponenten des Vektors. Zeigt der
Vektor auf Punkte einer Kurve oder Fläche, kann jede Komponente von den Parametern x, y
und z abhängen. Häufig ist es sinnvoll, auf ein anderes System von Basisvektoren , also ein
anderes Koordinatensystem gleichem Ursprungs, überzugehen, weil dann z.B. eine Kurve
oder Fläche einfacher darstellbar ist.
Gleichzeitig mit dem Übergang auf das neue Koordinatensystem (n, t, ℓ) kann man auch die
Parametrisierung einer Kurve ändern. Üblicherweise wählt man die Achsen des neuen Ko-
ordinatensystems als Parameter. Der Vektor ~rc an Punkte einer Kurve c kann somit entweder
im kartesischen System oder im neuen System dargestellt werden. Mischformen der Dar-
stellung können unter Umständen die Rechnung erheblich vereinfachen. Beispielhaft kann
~rc also wie folgt dargestellt werden:
445
446 ANHANG C. SPEZIELLE KOORDINATENSYSTEME
Ax {x, y, z}~ex + Ay {x, y, z}~ey + Az {x, y, z}~ez Darstellung a)
A {n, t, ℓ}~e + A {n, t, ℓ}~e + A {n, t, ℓ}~e Darstellung b)
x x y y z z
~rc =
At {x, y, z}~et + An {x, y, z}~en + Aℓ {x, y, z}~eℓ Darstellung c)
A {t, n, ℓ}~e + A {t, n, ℓ}~e + A {t, n, ℓ}~e Darstellung d)
t t n n z ℓ
Hier wurden die möglichen Darstellungsformen aufgelistet. In den Fällen a) und d) handelt
es sich um reine Darstellungen mit Parametern und Basisvektoren aus den jeweiligen Ko-
ordinatensystemen, bei b) und c) wurden jeweils die Parameter und die Basisvektoren aus
einem der beiden Koordinatensysteme verwendet.
Für das neue Koordinatensystem werden meistens die Normal- und Tangentialvektoren an
einem ausgewählten Punkt der Kurve bzw. Fläche mit den Parametern (x0 , y0 , z0 ) bzw.
(t0 , n0 , ℓ0 ) gewählt. Die Richtungen der Basisvektoren ändern sich mit der Wahl des Punktes,
woraus der Name begleitendes Dreibein entstanden ist.
Kurve
Allgemein können die Normal- und Tangentialvektoren ~n, ~t und ~ℓ an eine Kurve c, deren
Punkte durch den Ortsvektor ~rc {s} mit dem Kurvenparameter s gegeben sind, wie folgt
berechnet werden:
~t
~t = d
~r ;
ds c s0
~et = (Tangentenvektor)
|~t|
d2 ~
n
~n = ds 2 c ;
~
r ~en = |~
n|
(Hauptnormalenvektor)
s0
Fläche
Wird als Referenz statt der Kurve eine Fläche A verwendet, hängt der Vektor ~rA , der auf
Punkte der Fläche zeigt, von zwei unabhängigen Flächenparametern s1 und s2 ab. In diesem
Fall resultiert das begleitende Dreibein aus den beiden Tangentialvektoren
C.1. GENERELLES 447
~t1 = d
~r
ds1 A
s10 ,s20
und
~t2 = d
~r
ds2 A
,
s10 ,s20
die nicht unbedingt zueinander orthogonal sind (~t1 ◦ ~t2 ≥ 0). Wählt man
~t1
~et =
~t1
~ ~
~ℓ = ~t2 − (~et ◦ t~2 ) ~tt = ~t2 − t1 ◦ t2 ~t1
|~t1 |2
und Normieren
~ℓ
~eℓ = .
|~ℓ |
Der Normalenvektor auf die Fläche wird wie üblich über das Kreuzprodukt
gebildet. Legt manchen Ursprung des Koordinatensystems in die Fläche, werden Punkte auf
der Fläche durch ~r = s1~et + s2 · ~eℓ beschrieben.
Zur Umrechnung der Basisvektoren, z.B. ~ex = an n{s10 , s20 }~en +at {s10 , s20 }~et +aℓ {s10 , s20 }~eℓ
kann die Matrixform (~ex , ~ey , ~ez ) = M{s10 , s20 }(~et , ~en , ~eℓ )T verwendet werden. Im Fall von
ebenen und räumlichen Polarkoordinaten sind die Umrechnungen der Basisvektoren in den
folgenden Abschnitten dargestellt.
448 ANHANG C. SPEZIELLE KOORDINATENSYSTEME
In Bild C.1 ist die verwendete Geometrie mit den Achsenbezeichnungen für die Zylinderko-
ordinaten dargestellt.
Die Parameter eines Punktes in Zylinderkoordinaten sind mit denen in kartesischer Darstel-
lung durch die Beziehungen
x = ρ cos{φ}
y = ρ sin{φ}
z=z
p
ρ = x2 + y 2
x
cos{φ} =
ρ
y
sin{φ} =
ρ
ρ = konst: das sind gerade, koaxiale Kreiszylinder vom Radius ρ mit der z−Achse als
Zylinderachse,
Die Einheitsvektoren werden mit dem Parameter φ0 wie folgt ineinander umgerechnet:
~e cos{φ0 } sin{φ0 } 0 ~e
ρ x
~eφ = − sin{φ0 } cos{φ0 } 0 ~ey ,
~ez 0 0 1 ~ez
(P )
~e cos{φ0 } − sin{φ0 } 0 e~
x ρ
~ey = sin{φ0 } cos{φ0} 0 e~φ .
~ez 0 0 1 ~ez
(P )
Häufig ist die Vektordifferenz von ~r = r1~eρ + r2~eφ + r3~ez und r~′ = r1′ e~′ ρ + r2′ e~′ φ + r3′ e~′ z mit
den Umrechnungsparametern φ0 und φ′0 zu berechnen. Es resultiert
2
|~r − r~′ |2 = r12 + r ′ 1 − 2r1 r1′ cos{φ0 − φ′0 }
2
+ r22 + r ′ 2 − 2r2 r2′ cos{φ0 − φ′0 }
berechnet. Solange nur Ortsvektoren benutzt werden, die vom Ursprung ausgehen, verschwin-
den die Größen r2 und r2′ und die Differenz und dessen Betrag vereinfachen sich mit r1 =
ρ, r1′ = ρ′ ; r3 = z, r3′ = z ′ zu
+ (z − z ′ )~ez
bzw.
+ (z − z ′ )2
∂ ∂ ∂
∂ρ ∂φ ∂z
~eρ 0 ~eφ 0
~eφ 0 −~eρ 0
~ez 0 0 0
~ ◦B
∇ ~ = 1 ∂ (ρBρ ) + 1 ∂ Bφ + ∂ Bz
~ = divB
ρ ∂ρ ρ ∂φ ∂z
~ · V = ∆V = 1 ∂
~ ◦∇ ∂ 1 ∂2 ∂2
∇ ρ V + 2 2V + 2V
ρ ∂ρ ∂ρ ρ ∂φ ∂z
~ ×B
~ = rot B
~ = 1 ∂ ∂ ∂ ∂
∇ Bz − Bφ e~ρ + Bρ − Bz e~φ
ρ ∂φ ∂z ∂z ∂ρ
1 ∂ ∂
+ (ρBφ ) − Bρ ~ez
ρ ∂ρ ∂φ
~ = 1 2 ∂
∆B ∆Bρ − 2 Bρ − 2 Bφ e~ρ
ρ ρ ∂φ
1 2 ∂
+ ∆Bφ − 2 Bφ + 2 Bρ e~φ + ∆Bz~ez
ρ ρ ∂φ
Die Parameter eines Punktes in Kugelkoordinaten sind mit denen in kartesischer Darstellung
durch die Beziehungen
x = r sin{θ} cos{ϕ}
y = r sin{θ} sin{ϕ}
z = r cos{θ}
p
r = x2 + y 2 + z 2
x
cos{ϕ} = p
+ x2 + y 2
y
sin{ϕ} = p
+ x2 + y 2
z
cos{θ} =
rr
x2 + y 2
sin{θ} = +
r2
x
sin{θ} cos{ϕ} =
r
y
sin{θ} sin{ϕ} =
r
r = konst, das sind konzentrische Kugelflächen von Radius r mit dem Mittelpunkt im Ko-
ordinatenursprung,
C.3. RÄUMLICHE POLARKOORDINATEN (KUGELKOORDINATEN) 453
θ = konst, das sind gerade Kreiskegel vom Öffnungswinkel θ mit der z−Achse als Achse
und der Spitze im Koordinatenursprung,
d3 r = dV = r 2 sin{θ} dr dϕ dθ.
Die Vektordifferenz von ~r = r1~er + r2~eΘ + r3~eϕ und r~′ = r ′ 1 e~′ r + r ′ 2 e~′ θ + r ′ 3 e~′ ϕ mit den
Umrechnungsparametern ϕ0 und ϕ′0 bzw. θ0 und θ0′ resultiert aus
~r − r~′ = [ r1
454 ANHANG C. SPEZIELLE KOORDINATENSYSTEME
+ [r2
+ [r3
2
|~r − r~′|2 = r12 + r ′ 1 − 2r1 r ′ 1 [cos{θ0 − θ0′ } + (cos{ϕ0 − ϕ′0 } − 1) sin{θ0 } sin{θ0′ }]
2
+ r22 + r ′ 2 − 2r2 r ′ 2 [cos{θ0 − θ0′ } + (cos{ϕ0 − ϕ′0 } − 1) cos{θ0 } cos{θ0′ }]
2
+ r32 + r ′ 3 − 2r3 r ′ 3 cos{ϕ0 − ϕ′0 }
Solange nur Ortsvektoren benutzt werden, die vom Ursprung ausgehen, verschwinden die
Größen r2 , r3 , r2′ , r3′ und die Differenz und dessen Betrag vereinfachen sich zu
~r − r~′ = [ r1
bzw.
2
|~r − r~′ |2 = r12 + r ′ 1 − 2r1 r ′ 1 [cos{θ0 − θ0′ } + (cos{ϕ0 − ϕ′0 } − 1) sin{θ0 } sin{θ0′ }] .
~eθ × eϕ = ~er .
~ = ~er ∂ + e~ϕ
∇
1 ∂
+ e~θ
1 ∂
∂r r sin{θ} ∂ϕ r ∂θ
~ = gradV = ∂V ~er +
∇V
1 ∂V
e~ϕ +
1 ∂V
e~θ
∂r r sin{θ} ∂ϕ r ∂θ
456 ANHANG C. SPEZIELLE KOORDINATENSYSTEME
∂ ∂ ∂
∂r ∂ϕ ∂θ
~er 0 sin{θ}~eϕ ~eθ
~eϕ 0 − sin{θ}~er − cos{θ}evθ 0
~eθ 0 cos{θ}~eϕ −~er
~ ◦B
~ = divB
~ = 1 ∂ 2 ∂ ∂
∇ (r sin{θ}Br ) + (rBϕ ) + (r sin{θ}Bθ )
r 2 sin{θ} ∂r ∂ϕ ∂θ
~ · V = ∆V = 1 ∂
~ ◦∇
∇ r 2 ∂
V + 2
1 ∂ ∂
sin{θ} V
r 2 ∂r ∂r r sin{θ} ∂θ ∂θ
2
1 ∂
+ 2 2 V
r sin {θ} ∂ϕ2
~ ×B
~ = rotB
~ = 1 ∂ ∂
∇ (r sin{θ}Bϕ ) − (rBθ ) ~er
r 2 sin{θ} ∂θ ∂ϕ
1 ∂ ∂
+ Br − (r sin{θ}Bϕ ) e~θ
r sin{θ} ∂ϕ ∂r
1 ∂ ∂
+ (rBθ ) − Br e~ϕ
r ∂r ∂θ
~ 2 2 ∂ 2 ∂
∆B = ∆Br − 2 Br − 2 (sin{θ}Bθ ) − 2 Bϕ ~er
r r sin{θ} ∂θ r sin{θ} ∂ϕ
2 ∂ 2 cos{θ} ∂ 1
+ ∆Bϕ + 2 Br + 2 2 Bθ − 2 2 Bϕ e~ϕ
r sin{θ} ∂ϕ r sin {θ} ∂ϕ r sin θ
2 ∂ 1 2 cos{θ} ∂
+ ∆Bθ + 2 Br − 2 2 Bθ − 2 2 Bϕ e~θ .
r ∂θ r sin θ r sin {θ} ∂ϕ
Anhang D
Symmetrien
D.1 Symmetrieangaben
Eine Symmetrieangabe besteht aus der Symmetrieoperation und ihrem Bezug.
Symmetrieoperationen
457
458 ANHANG D. SYMMETRIEN
d
=0
dφ
Begründung :
d
=0
dz
Begründung:
Kreissymmetrie
d
in Zylinderkoordinaten: (kreisförmige Anordnung um die z−Achse) dφ
=0
Zylindersymmetrie (Axialsymmetrie)
Zylindersymmetrie = Geraden- + Kreissymmetrie
d d
in Zylinderkoordinaten: dφ
=0 , dz
=0
Kugelsymmetrie
D.3. SPEZIELLE SYMMETRIEN 459
δ{~r − ~r0 } =
ˆ Fläche mit Flächennormale ~r0 ,
z.B. ~r0 = x0 · ~ex ⇒ Ebene durch x = x0
δ 2 {~r − ~r0 } =
ˆ Linie entlang ~r0 ,
δ 3 {~r − ~r0 } =
ˆ Punkt bei ~r = ~r0
461
462 ANHANG E. ABKÜRZENDE SCHREIBWEISEN FÜR ̺
Anhang F
Lösungsansätze für
Differentialgleichungen
Gegeben ist der Variablenvektor ~r = (x, y, z)T , der die Variablen x, y und z zusammenfasst,
und eine Größe V, die von dem Variablenvektor gemäß V = V {~r} = V {x, y, z} abhängt.
d
F.1.1 dx V {x} = f {x}
Z Zx
′ ′
V {x} = f {x } dx + C = f {x′ } dx′ + V {x0 } (F.1)
x0
wobei C = V {x0 } sein kann. Dabei ist x0 zunächst beliebig, die optimale Wahl ist eine
Stelle, bei der eine Randbedingung für den Wert von V vorgegeben ist. Lässt sich keine
Lösung finden, kann sie mit den Ansätzen aus dem nächsten Punkt gesucht werden.
463
464 ANHANG F. LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
P di
F.1.2 ki · dxi
V {x} = f {x}
i
Ansätze:
2. sonst Reihenansatz:
X
V {x} = Vj (x − x0 )j (F.3)
j
X
V {x} = Vk · fk {x} (F.4)
k
Ein wichtiger Spezialfall einer Differentialgleichung mit Ableitungen nach nur einer Varia-
blen ist die sog. Besselsche Differentialgleichung, die insbesondere bei der Lösung der La-
placegleichung in Zylinderkoordinaten in Abschnitt 5.1.4 bereits aufgetreten ist. Wir hatten
dort durch Variablentransformation die Gleichung (5.101) erhalten:
d2 1 d m2
Rx {x} + Rx {x} + 1 − 2 Rx {x} = 0 . (F.5)
dx2 x dx x
Zur Lösung macht man einen Reihenansatz
∞
X
Rx {x} = xα aj xj (F.6)
j=0
und erhält
α = ±m (F.7)
F.1. DGL MIT ABL. NACH NUR EINER VARIABLEN 465
1
a2j = a2j−2 (F.8)
4j(j + α)
für die geraden Koeffizienten. Alle ungeraden Koeffizienten sind Null. Durch Iteration findet
man unter Benutzung der Gamma-Funktion nach (5.103)
Z∞
Γ {p} = e−t · tp−1 dt (F.9)
0
(−1)j Γ {α + 1}
a2j = a0 . (F.10)
22j j! Γ {j + α + 1}
Üblicherweise wählt man a0 = [2α Γ {α + 1}]−1 und erhält mit α = m die bekannte Lösung
aus (5.102)
x m X
∞
(−1)j x 2j
Rx {x} = Jm {x} = . (F.11)
2 j=0
j! Γ {j + m + 1} 2
Aus der Reihenentwicklung entnimmt man, dass sich Jm {x} für kleine Argumente verhält
wie xm ,
x m 1
Jm {x} ≈ f ür |x| ≪ 1 und m = 0, 1, 2, . . . (F.12)
2 m!
Dagegen divergiert
m
(m − 1)! 2
Nm {x} ≈ − f ür |x| ≪ 1 und m = 1, 2, . . . (F.14)
π x
2h x i
N0 (x) ≈ ln + E f ür |x| ≪ 1 , (F.15)
π 2
wobei E = 0.57721566 die Eulersche Konstante bezeichnet.
466 ANHANG F. LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
Für große Argumente x → ∞ verhalten sich die Funktion Jm {x} und Nm {x} wie gedämpf-
te phasenverschobene Cosinus- bzw. Sinusfunktionen
r n
2 π mπ o
Jm {x} ≈ cos x − − f ür x→∞ , (F.16)
πx 4 2
r n
2 π mπ o
Nm {x} ≈ sin x − − f ür x → ∞ , (F.17)
πx 4 2
Der Übergang von der Kleinargument- zur Großargumentnäherung erfolgt bei x ≈ m .
Die Besselfunktionen Jm {x} haben, wie man an der asymptotischen Entwicklung für große
x erkennt, eine große Ähnlichkeit mit Winkelfunktionen. Insbesondere besitzen sie unend-
lich viele Nullstellen Jm,n , die
Jm {Jm,n } = 0 für n = 1, 2, 3, . . .
erfüllen.
Die ersten Nullstellen für n > 0 sind:
m=0 : J0,n = 2.405 , 5.520 , 8.654
m=1 : J1,n = 3.832 , 7.016 , 10.173 (F.18)
m=2 : J = 5.136 , 8.417 , 11.620
2,n
mπ π
Jm,n ≈ nπ + − . (F.19)
2 4
In Analogie zur Fourier-Reihenentwicklung einer Funktion, zum Beispiel in (5.26), fragen
wir nach einer Reihenentwicklung einer beliebigen Funktion f {ρ} auf dem Intervall 0 ≤
ρ ≤ a in der Form
∞
X
′ √ Jm,n ρ
f {ρ} = Cm,n ρ Jm , (F.20)
n=1
a
F.1. DGL MIT ABL. NACH NUR EINER VARIABLEN 467
′
wobei Cm,n konstante Koeffizienten sind. Die Darstellung (F.20) bezeichnet man als Fourier-
Bessel Reihe . Im Argument der Besselfunktion treten die Nullstellen Jm,n der Besselfunk-
tion Jm {x} auf. Der Index m erinnert an die Ordnung der Besselfunktion. Die Entwicklung
√
(F.20) ist natürlich nur sinnvoll, wenn die Funktionen ρ Jm {Jm,n · ρ/a} für n = 1, 2, 3, . . .
ein Orthogonalsystem bilden, was zudem vollständig ist. Vollständigkeit bedeutet, dass man
jede auf dem Intervall 0 ≤ ρ ≤ a quadratintegrable Funktion in der Form (F.20) darstellen
kann.
Zunächst erfüllen die Funktionen Jm {Jm,n ρ/a} die Besselsche Differentialgleichung (ver-
gleiche (5.101))
2
1 d d Jm,n ρ Jm,n m2 Jm,n ρ
ρ Jm + − 2 Jm =0 . (F.21)
ρ dρ dρ a a2 ρ a
Zum Nachweis der Orthogonalität multiplizieren wir mit ρ Jm {Jm,n′ ρ/a} mit n′ 6= n, inte-
grieren von 0 bis a und erhalten
Za
Jm,n′ ρ d d Jm,n ρ
Jm ρ Jm dρ
a dρ dρ a
0
(F.22)
Za 2
Jm,n m2 Jm,n′ ρ Jm,n ρ
+ − 2 ρ Jm Jm dρ = 0 .
a2 ρ a a
0
n o n o
Jm,n′ ρ d Jm,n ρ
An den Integrationsgrenzen ρ = 0 und ρ = a gilt Jm a
ρ dρ Jm a
= 0, so dass
das erste Integral in (F.22) durch partielle Integration einfach umgeformt werden kann. Es
folgt
Z
d Jm,n′ ρ d Jm,n ρ
− ρ Jm Jm dρ
dρ a dρ a
(F.23)
Za 2
Jm,n m2 Jm,n′ ρ Jmn ρ
+ − 2 ρ Jm Jm dρ = 0 .
a2 ρ a a
0
468 ANHANG F. LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
Schreibt man denselben Ausdruck noch einmal, nachdem man n gegen n′ ausgetauscht hat,
und bildet die Differenz, dann ergibt sich
Za
2 2 Jm,n′ ρ Jm,n ρ
(Jm,n − Jm,n ′) ρ Jm Jm dρ = 0 . (F.24)
a a
0
Für verschiedene Nullstellen Jm,n und Jm,n′ der Besselfunktion Jm {J } sind also die Funk-
√ √
tionen ρ Jm {Jm,n′ ρ/a} und ρ Jm {Jm,n ρ/a} auf dem Intervall 0 ≤ ρ ≤ a orthogonal.
Für die Normierung erhält man (n = n′ ) mit Aufwand nach gehöriger Rechnung
Za
Jm,n ρ a2 2
ρ J2m dρ = J {Jm,n } . (F.25)
a 2 m+1
0
Za
2 Jm,n′ ρ Jm,n ρ
2 2
ρ Jm Jm dρ = δn,n′ . (F.26)
a Jm+1 {Jm,n } a a
0
√ √
2 ρ Jm Jm,n aρ
gm,n {ρ} = √ p 2 , n = 1, 2, 3, . . . (F.27)
a2 Jm+1 {Jm,n }
für jedes feste m ein Orthonormalsystem auf dem Intervall 0 ≤ ρ ≤ a.
Zum Nachweis der Vollständigkeit, die erforderlich ist damit sich jede Funktion als Reihe mit
diesen orthonormalen Funktionen darstellen lässt, modifizieren wir die Reihenentwicklung
(F.20) durch Umnormierung und Benutzung der orthonormalen Funktionen gm,n
∞ √ √ ∞ ρ
X 2 ρ JX
m J m,n
′′ ′′ a
f {ρ} = Cm,n gm,n {ρ} = Cm,n √ p . (F.28)
2 2
n=1 n=1 a Jm+1 m,n }
{J
′′
Zur Berechnung der Koeffizienten Cm,n dient
Za ∞ Z
X
a
′′ ′′
f {ρ} gm,n′ {ρ} dρ = Cm,n gm,n {ρ} gm,n′ {ρ} dρ = δn,n′ Cm,n , (F.29)
0 n=1 0
also
F.1. DGL MIT ABL. NACH NUR EINER VARIABLEN 469
Za
′′
Cm,n = f {ρ} gm,n {ρ} dρ . (F.30)
0
Za
′′ ′
Cm,n {ρ } = δ {ρ − ρ′ } gm,n {ρ} dρ = gm,n {ρ′ } (F.31)
0
√ n ′
o
∞
X ∞
X 2 ρρ′ Jm Jm,n ρa Jm Jm,n aρ
δ {ρ − ρ′ } = gm,n {ρ′ } gm,n {ρ} = (F.32)
n=1 n=1
a2 J2m+1 {Jm,n }
auf dem Intervall 0 ≤ ρ ≤ a. Man kann mit dem Orthonormalsystem (F.27) also die δ-
Funktion darstellen. Das bedeutet aber, dass wegen
a
Za ∞
X Z
f {ρ} = δ {ρ − ρ′ } f {ρ′ } dρ′ = gm,n {ρ′ } f {ρ′ } dρ′ gm,n {ρ} (F.33)
0 i=1 0
jede beliebige Funktion f {ρ} in der Entwicklung nach gm,n {ρ} dargestellt werden kann.
Folglich ist das System gm,n {ρ} vollständig. Man bezeichnet (F.32) als Vollständigkeitsre-
lation .
Das Handhaben des Orthonormalsystems gm,n bereitet üblicherweise einige Schwierigkei-
ten. Man kann alternativ auch die Entwicklung
∞
X n ρo
f {ρ} = Cm,n Jm Jm,n (F.34)
n=1
a
verwenden. Die Koeffizienten werden dann mit (5.123) aus
Za n
2 ρo
Cm,n = 2 2 ρf {ρ} Jm Jm,n dρ . (F.35)
a Jm+1 {Jm,n } a
0
bestimmt.
470 ANHANG F. LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
In Abschnitt 5.1.5 waren wir bei der Lösung der Laplacegleichung in Polarkoordinaten auf
die Legendresche Differentialgleichung nach (5.157)
d 2 d m2
(1 − x ) Θx {x} + ℓ(ℓ + 1) − Θx {x} = 0 (F.36)
dx dx 1 − x2
gestoßen. Betrachten wir zunächst nur den Spezialfall m2 = 0, d. h. wir untersuchen Proble-
me mit azimutaler Symmetrie. Die Legendresche Differentialgleichung lautet dann
d 2 d
(1 − x ) P + ℓ(ℓ + 1) P = 0 . (F.37)
dx dx
Für ein physikalisch realistisches Potenzial in einem Gebiet mit ∆V = 0 sollten die Lö-
sungsfunktionen im Intervall 0 ≤ θ ≤ π, d. h. −1 ≤ x ≤ 1, stetig sein und endlich bleiben.
Als Lösungsansatz dient die Reihe
∞
X
α
P {x} = x aj xj . (F.38)
j=0
∞
X
aj xα+j−2 (α + j)(α + j − 1) − aj xα+j (α + j)(α + j + 1) − ℓ(ℓ + 1) = 0 . (F.39)
j=0
In dieser Entwicklung muss der Koeffizient jeder Potenz von x für sich verschwinden. Das
erfordert
(α + j)(α + j + 1) − ℓ(ℓ + 1)
aj+2 = aj , (F.40)
(α + j + 1)(α + j + 2)
welches die ungeraden bzw. geraden Koeffizienten von (F.38) in Beziehung setzt. Nimmt
man nur gerade Koeffizienten in (F.38) mit,
∞
X
α
P {x} = x a2j x2j , (α = 0 oder α = 1) (F.41)
j=0
F.1. DGL MIT ABL. NACH NUR EINER VARIABLEN 471
so ist dies mit (F.38) bereits eine Lösung von (F.37), wenn man noch die aus (F.39) für j = 0
und a0 6= 0 folgende Bedingung α(α − 1) = 0, d. h. α = 0 oder α = 1
verlangt.
Eine entsprechende Lösung gibt es auch für ungerade Koeffizienten (a1 6= 0)
∞
X
α
P {x} = x a2j+1 x2j+1 , (α = 0 oder α = −1) . (F.42)
j=0
Diese Lösung mit α = −1 ist äquivalent zur Lösung (F.41) mit α = 0, und die mit α = 0 ist
äquivalent zu derjenigen in (F.41) mit α = 1. Es genügt also nur eine der beiden Lösungen
zu betrachten.
Wir verwenden die Lösungen aus (F.41) weiter, welche mit α = 0 bzw. α = 1 zwei linear
unabhängige Lösungen von (F.37) sind und somit die Lösungsgesamtheit ergeben. Die Rei-
hen konvergieren für −1 < x < 1, aber sie divergieren im allgemeinen für x = ±1, wenn
die Reihen nicht abbrechen. Die Reihe (F.41) mit α = 0 bricht für geradzahlige ℓ ab, die mit
α = 1 für ungeradzahlige ℓ, wobei noch ℓ ≥ 0 gilt. Es gibt also nur für ganzzahlige ℓ Lö-
sungen, die für x = ±1, d. h. θ = 0 oder θ = π, also auf den Polarachsen einer Kugel nicht
divergieren. Diese abbrechenden Reihen sind die in (5.158) bereits eingeführten Legendre
Polynome
1 dℓ 2
P̃ℓ {x} = ℓ ℓ
(x − 1)ℓ , (F.43)
2 ℓ ! dx
die konventionell so normiert sind, dass P̃ℓ {x = 1} = 1 gilt. Legendre Polynome niedriger
Ordnung sind
P̃0 {x}=1 ,
P̃1 {x}=x ,
P̃2 {x}= 12 (3x2 − 1) , (F.44)
1 3
P̃3 {x}= 2 (5x − 3x) ,
P̃4 {x}= 8 (35x − 30x + 3) .
1 4 2
472 ANHANG F. LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
Die Legendre Polynome bilden ein vollständiges Orthogonalsystem von Funktionen auf dem
Intervall −1 ≤ x ≤ 1.
Zum Nachweis der Orthogonalität geht man von der Differentialgleichung (F.37) aus und hat
Z1
d 2 d
P̃ℓ′ (1 − x ) P̃ℓ + ℓ(ℓ + 1)P̃ℓ dx = 0 . (F.45)
dx dx
−1
d
Partielle Integration des ersten Terms liefert wegen P̃ℓ′ (1 − x2 ) dx P̃ℓ = 0 für x = ±1
Z1
2 d d
(x − 1) P̃ℓ′ P +ℓ(ℓ + 1)P̃ℓ′ P̃ℓ dx = 0 . (F.46)
dx dx
−1
Schreibt man dieselbe Beziehung hin, nachdem man ℓ und ℓ′ ausgetauscht hat, und bildet die
Differenz der Ausdrücke, dann folgt
Z1
′ ′
ℓ(ℓ + 1) − ℓ (ℓ + 1) P̃ℓ′ P̃ℓ dx = 0 . (F.47)
−1
Für ℓ 6= ℓ′ folgt die Orthogonalität. Für ℓ = ℓ′ liefert die direkte Auswertung mit ℓ-facher
partieller Integration
Z1 Z1
2 1 dℓ 2 ℓ d
ℓ
Pℓ dx = 2ℓ (x − 1) (x2 − 1)ℓ dx
2 (ℓ !)2 dxℓ dxℓ
−1 −1
Z1
(−1)ℓ d2ℓ 2
= 2ℓ (x2 − 1)ℓ (x − 1)ℓ dx
2 (ℓ !)2 dx2ℓ
−1
Z1
(−1)ℓ (2ℓ)!
= 2ℓ (x2 − 1)ℓ dx
2 (ℓ !)2
−1
Also ist
F.1. DGL MIT ABL. NACH NUR EINER VARIABLEN 473
Z1
2ℓ + 1
P̃ℓ {x} P̃ℓ′ {x} dx = δℓ,ℓ′ (F.49)
2
−1
die Orthogonalitätsrelation der Legendre Polynome.
Die Legendre Polynome sind sicher vollständig, denn in jedem endlichen Intervall lässt sich
jede stetige Funktion sogar gleichmäßig durch Polynome approximieren. Auf dem Intervall
−1 ≤ x ≤ 1 lässt sich jede quadratintegrable Funktion f {x} als eine Legendre Polynom
Reihe darstellen
∞
X
f {x} = cℓ P̃ℓ {x} (F.50)
ℓ=0
mit Koeffizienten
Z1
2ℓ + 1
cℓ = f {x} P̃ℓ {x} dx . (F.51)
2
−1
Aus dem bislang gesagten geht hervor, dass die allgemeine Lösung der Laplacegleichung
(F.37) mit azimutaler Symmetrie (m = 0) durch
ℓ !
∞
X r r ℓ+1
0
V {~r} = V {r, θ} = B1,ℓ + B2,ℓ P̃ℓ (cos {θ}) (F.52)
ℓ=0
r0 r
gegeben ist.
Die Lösung der allgemeinen Legendreschen Differentialgleichung (F.36) mit m 6= 0, aber
m ganzzahlig, kann man mit ähnlichen Methoden finden, wie oben für m = 0 beschrieben.
Man findet jedoch nur Polynomlösungen von (F.36), die für ganzzahlige ℓ ≥ 0 bei x = ±1
nicht divergieren, wenn
gilt. Für ein vorgegebenes ℓ gibt es also nur (2ℓ + 1) mögliche Werte von m. Hierbei er-
innern wir uns, dass nach (5.155) ℓ gerade die radiale Form des Potenzials charakterisiert.
474 ANHANG F. LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
Die Lösungsfunktionen von (F.36) heißen zugeordnete Legendre Polynome und lauten für
positive m
m 2 m/2 dm
Pℓ,m {x} = (−1) (1 − x ) P̃ℓ {x} . (F.54)
dxm
Die zugeordneten Legendre Polynome heißen auch Legendre Funktionen und werden häu-
fig in der Form Pm
ℓ geschrieben. Wegen der Verwechslungsgefahr mit der Potenzierung wur-
m (ℓ − m)!
Pℓ,−m {x} = (−1) Pℓ,m {x} . (F.55)
(ℓ + m)!
Für positive und negative m gilt die Formel
ℓ+m
(−1)m 2 m/2 d
Pℓ,m {x} = (1 − x ) (x2 − 1)ℓ . (F.56)
2ℓ ℓ ! dxℓ+m
Für festes m bilden die Funktionen Pℓ,m {x}, ℓ = 0, 1, 2, . . . auf dem Intervall −1 ≤ x ≤ 1
ein vollständiges Orthogonalsystem mit der Normierung
Z1
ℓ + 1 (ℓ − m)!
Pℓ,m {x} Pℓ′ ,m {x} dx = δℓ,ℓ′ . (F.57)
2 (ℓ + m)!
−1
P0,0 = 1
1
P1,−1 = 12 (1 − x2 ) 2
P1,0 = x
1
P1,1 = − (1 − x2 ) 2
1
P2,−2 = 8
(1 − x2 )
F.2. DGL MIT ABL. NACH MEHREREN VARIABLEN 475
1
P2,−1 = 12 x (1 − x2 ) 2 (F.58)
P2,0 = 21 (3x2 − 1)
1
P2,1 = −3x (1 − x2 ) 2
P2,2 = 3 (1 − x2 )
~E
∇ ~ = f {~r} , ∆V = g{~r}
~E
F.2.1 Separation mit Summenansatz für ∇ ~ = f {~r}
Eine Bedingung für die ki ergibt sich durch Einsetzen in die Differentialgleichung, zwei
weitere aus den Randbedingungen.
Zuordnen der Summanden zu denen der linken Seite:
d ~
E · ~eri = ki · fi {~r}
dri
⇒ ∆V = V2 · V3 · ∆x V1 + V1 · V3 · ∆y V2 + V1 · V2 · ∆z V3 = g
weiter mit Summenansatz nach F.2.1: Funktion der rechten Seite als Summe schreiben und
Summanden der linken und rechten Seite einander zuordnen
g = k1 · g 1 + k2 · g 2 + k3 · g 3
V2 · V3 · ∆x V1 = k1 · g1 , . . .
1
∆x V1 = · k1 · g
V2 V3
1
∆y V2 = · k2 · g
V1 V3
1
∆z V3 = · k3 · g
V1 V2
Der Einfluß von Materie auf das elektrische Feld wird bei linearen Medien durch die Dielek-
~ erfasst. Allgemein gilt aber zunächst
trizitätszahl ε in D
~ = ε0 · E
D ~ + P~ (G.1)
durch eine Taylorreihe darstellen. Mit P~ = Px · ~ex + Py · ~ey + Pz · ~ez und E = Ex · ~ex +
Ey · ~ey + Ez · ~ez resultiert zum Beispiel
Px = Px |E=0
~
d d d
+
Px Ex + Px Ey + Px Ez
dEx ~
E=0 dEy ~
E=0 dEz ~
E=0
1 d2 1 d2 1 d 2
+ P E 2
+ P E 2
+ P Ez2
2 dEx 2 x ~
x
2 dEy 2 x y
2 dEz 2 x ~
E=0 ~
E=0 E=0
d2 d 2 d 2
+ Px Ex Ey + Px Ex Ez + Px Ey Ez
dEx dEy ~
E=0 dEx dEz ~
E=0 dEy dEz ~
E=0
1 d3
+ P Ex3 + . . . (G.2)
6 dEx 3 x ~
E=0
Genauso lassen sich Py und Pz darstellen. Üblicherweise können Ableitungen der Ordnung
~ ~
zwei und höher vernachlässigt werden. Wenn auch die permanente Polarisation P0 = P
~ E=0
wegfällt, spricht man von einem linearen Medium. Dann ergibt sich in Matrixschreibweise
477
478 ANHANG G. POLARISATION VON MATERIE
P~ = ε0 · [χe ] · E
~ (G.3)
mit
d d d
Px Px Px
dEx dEy dEz
d d d
ε0 [χe ] = Py Py Py . (G.4)
dEx dEy dEz
d d d
dEx
Pz dEy
Pz dEz
Pz ~
E=0
In isotropen linearen Medien existieren nur die Elemente auf der Hauptdiagonalen von [χe ],
es gilt also
d
Px 0 0
dEx
d
E0 [χe ] = 0 Py 0 . (G.5)
dEy
d
0 0 dEz
Pz ~
E=0
Sind die Medien zusätzlich noch homogen, werden alle Elemente auf der Hauptdiagonalen
d d d
gleich groß ε0 χe = dEx
Px |E=0
~ = dEy
Py |E=0
~ = dEz
Pz |E=0
~
und es gilt
~ = ε0 (1 + χe ) · E
D ~ = ε0 · ε · E
~. (G.6)
Manchmal existiert in einem ansonsten homogenen, linearen, isotropen Medium noch eine
permanente Polarisation P~0 . Dann ergibt sich eine Überlagerung aus der feldabhängigen und
der permanenten Polarisation
P~ = P~0 + ε0 χe E
~ (G.7)
~ = P~0 + ε0 ε · E
D ~. (G.8)
Anhang H
Im polarisierbarer und magnetisierbarer Materie mit linearer Leitfähigkeit σ gelten die Max-
wellgleichungen
~ ×H
∇ ~+ ∂D
~ = ~j + σ E ~ , (H.1)
∂t
~ ×E
∇ ~ =−∂B ~ , (H.2)
∂t
∇~ ◦D
~ =̺ , (H.3)
~ ◦B
∇ ~ =0 . (H.4)
~ {~r, t} = ∇
B ~ ×A
~ {~r, t} . (H.5)
E ~ el − ∂ A
~ = −∇Φ ~ (H.6)
∂t
479
480 ANHANG H. DISKUSSION DER POTENZIALE
~ = P~0 + ε0 · ε · E
D ~ + P~nl {E}
~ (H.7)
~ = µ0 M
B ~ 0 + µµ0 H
~ + µ0 M
~ nl {H}
~ . (H.8)
Umformen von (H.1) ergibt mit (H.8) unter Berücksichtigung, dass µ ortsabhängig sein kann
~ × 1 ~ 1 ~ 1 ~ ~ ~+ ∂E ~
∇ M0 − B− M nl {H} = ~j + σ E . (H.9)
µ µµ0 µ ∂t
Entsprechend ergibt sich nach umformen von (H.3) mit (H.7) unter Berücksichtigung, dass
ε ortsabhängig sein kann
~ ◦ (P~0 + ε0 · ε · E
∇ ~ + P~nl {E})
~ =ρ . (H.10)
Diese Gleichungen lassen sich nicht voneinander entkoppeln. Es gibt in der Literatur ver-
schiedenen Näherungen, mit denen Teilaspekte in nichtlinearen Medien beschrieben werden.
Hier sollen im weiteren keine nichtlinearen Medien mehr betrachtet werden. Dann lassen
sich aber auch sofort wegen der Linearität der Gleichungen zwei Lösungen voneinander se-
parieren: Eine Lösung, die auf den eingeprägten Polarisationen P~0 und M
~ 0 basiert, und eine
andere Lösung, die Lösung der verbleibenden Maxwellgleichungen ist. In inhomogenen li-
nearen (P~nl {E}
~ = 0, M
~ nl {H}
~ = 0) Medien ohne eingeprägte Polarisation (P~0 = 0, M
~ 0 = 0)
~ × ( 1 B)
∇ ~ =
µµ0
~ 1 ~+ 1 ∇ ~ ×B ~ =
∇ ×B
µµ0 µµ0
!
1 ~
∇µ
− ×B~ +∇~ ×B ~ =
µµ0 µ
1 ~ ~ ~ ~
~ + ε0 ε ∂ E
~
−(∇ ln{µ}) × B + ∇ × B = ~j + σ E
µµ0 ∂t
~ ◦ (ε0 εE)
∇ ~ =
~ 0 ε) ◦ E
∇(ε ~ + ε0 ε∇
~ ◦E~ =
~
∇ε
ε0 ε( ◦E~ +∇ ~ ◦ E)
~ =
ε
~ ln{ε}) ◦ E
ε 0 ε (∇ ~ +∇~ ◦E ~ =ρ .
~
∇a ~ ln{a} benutzt. Umstellen ergibt
Dabei wurde zur Vereinfachung a
=∇
~ ×B
~ + µµ0 σ E ∂
~ + ε0 ε E ~ + (∇~ ln{µ}) × B~ = −µµ0~j ,
−∇ (H.11)
∂t
~ ◦E
∇ ~ + (∇ ~ = 1 ρ .
~ ln{ε}) ◦ E (H.12)
ε0 ε
~ ◦ ~b =
Einsetzen von (H.5) und (H.6) in (H.11) ergibt mit (H.7) und der Kettenregel a∇
~ ◦ (a~b) − (∇a)
∇ ~ ◦ ~b
~ ×∇
−∇ ~ ×A ~ + (∇
~ ln{µ}) × (∇ ~ = µµ0εε0 ∂ (∇Φ
~ × A) ~ el + ∂ A) ~ +
∂t ∂t
~ el + ∂ A)
µµ0σ(∇Φ ~ − µµ0~j
∂t
2
~ − ∇(
∆A ~ ∇~ ◦ A)
~ + (∇~ ln{µ}) × (∇ ~ = µµ0εε0 ∂ A
~ × A) ~ + µµ0 σ ∂ A ~+
2
∂ t ∂t
~ ∂ ∂ ~
∇(µµ 0 εε0 Φel ) − Φel ∇(µµ 0 εε0 ) +
∂t ∂t
~
∇(µµ ~
0 σΦel ) − Φel ∇(µµ0 σ) − µµ0 j
~
482 ANHANG H. DISKUSSION DER POTENZIALE
~ − µµ0 σ∂ ~ ∂2 ~
∆A A − µµ0 εε0 2 A −
∂t ∂ t
~ ∇
∇ ~ + µµ0 σΦel + µµ0 εε0 ∂ Φel +
~ ◦A
∂t
~ ln{µ}) × (∇
(∇ ~ × A)
~ +
~ ∂ ~ ~
Φel ∇(µµ 0 σ) + Φel ∇(µµ 0 εε0 ) = −µµ0 j (H.13)
∂t
Durch die modifizierte Lorenz Transformation wird die zweite Zeile zu Null. Es bleiben
~ und Φel . In unmagnetischen Medien bzw.
aber noch die anderen Kopplungen zwischen A
in magnetisch homogenen Medien verschwindet noch die dritte Zeile, die vierte Zeile lässt
sich damit aber nicht unterdrücken. Im allgemeinen ist es also in inhomogenen Medien nicht
~ und Φel zu erreichen. Der Vollständigkeit halber
möglich ist, eine Entkopplung zwischen A
soll hier auch noch die zweite Potenzialgleichung angegeben werden, die aus (H.12) mit
(H.6) folgt:
~ el + ∂ A)
~ ◦ (∇Φ
∇ ~ + (∇ ~ el + ∂ A)
~ ln{ε}) ◦ (∇Φ ~ =− 1 ̺
∂t ∂t εε0
∂ ~ ~ ~ el + ∂ A)
~ ln{ε}) ◦ (∇Φ ~ =− 1 ̺
∆Φel + (∇ ◦ A) + (∇ (H.14)
∂t ∂t εε0
~ − µµ0 σ ∂ ~ ∂2 ~
∆A A − µµ0 εε0 2 A = −µµ0~j (H.16)
∂t ∂ t
∂ ∂2 1
∆Φel − µµ0 σ Φel − µµ0 εε0 2 Φel = − ̺ . (H.17)
∂t ∂t εε0
Die Wellengleichungen (H.16) und (H.17) haben mathematisch dieselbe Form. Jede der Vek-
~ und das skalare Potenzial Φel kann allgemein durch die Größe Ψ
torkomponenten von A
ersetzt werden. Ohne Anregung (~j = 0, ̺ = 0) ergibt sich die homogenen Wellengleichung
∂ ∂2
∆Ψ {~r, t} − µµ0 σ Ψ {~r, t} − 2 Ψ {~r, t} = 0 . (H.18)
∂t ∂t
Spezielle Lösungen der ungedämpften Wellengleichung sind harmonische ebene Wellen der
Form
n o
f± = a±k cos ±(ωt ± ~k ◦ ~r) (H.19)
oder
n o
f± = b±k sin ±(ωt ± ~k ◦ ~r) , (H.20)
wobei die Amplituden a±k , b±k jeweils noch von k abhängen können. Man kann zwei Lö-
sungen der Form (H.19) und (H.20) mit denselben ~k- und ω-Werten auch zusammenfassen
und schreiben.
484 ANHANG H. DISKUSSION DER POTENZIALE
n n oo
~
f± {~r, t} = Re C±k exp ±i(ωt ± k ◦ ~r)
(H.21)
n o n o
= a±k cos ±i(ωt ± ~k ◦ ~r) + b±k sin ±i(ωt ± ~k ◦ ~r)
wobei C±k = a±k − ib±k die komplexe Amplitude der Welle bezeichnet. Man spricht hier
auch von der Spektralkomponente, da ihr Wert die komplexe Amplitude der Welle bei der
Frequenz ω bzw. dem Ausbreitungskoeffizienten k darstellt. Oft lässt man der Einfachheit
halber die Realteilbildung weg und bezeichnet
n o
f± {~r, t} = C±k exp ±i(ωt ± ~k ◦ ~r) (H.22)
als harmonische ebene Welle. Man meint aber hiermit immer den physikalisch relevanten
Realteil als Lösung der Wellengleichung.
Mit (H.22) ist auch die Summe für alle möglichen ~k, d. h. das Fourierintegral
Z Z∞Z n o n o
f± {~r, t} = C± ~k, ω exp ±i(ωt ± ~k ◦ ~r) d3 k (H.23)
−∞
eine Lösung für die homogene Wellengleichung (H.18). Diese Darstellung mit ω = kc ist
besonders gut zur Berechnung der Spektralkomponenten aus einer vorhandenen Feldvertei-
lung geeignet. Dabei kommt die aus Abschnitt 5.1 bekannte Orthogonalentwicklung in Form
einer räumlichen Fouriertransformation zum Einsatz.
In (H.23) werden zunächst noch vier verschiedene Lösungen der Wellengleichung (H.18)
betrachtet. Für eine feste Kreisfrequenz ω sind jeweils zwei der vier Lösungen mathematisch
gleich, wie man leicht durch Variablensubstitution überprüfen kann. Das Potenzial wird z.B.
durch die Fourierdarstellung
Z Z∞Z n o n o
f− {~r, t} = ~ ~
C− k, ω exp i(ωt − k ◦ ~r) d3 k (H.24)
−∞
H.4. SKALARES MAGN. POTENZIAL UND ELEKTR. VEKTORPOTENZIAL 485
oder
Z Z∞Z n o n o
f+ {~r, t} = C+ ~k, ω exp i(ωt + ~k ◦ ~r) d3 k (H.25)
−∞
beschrieben. Substituiert man hier ω durch ω ′ = −ω und formt das Integral um, resultiert
aus (H.24)
Z Z∞Z n o n o
f− {t, ~r} = C− ~k, ω exp −i(ω ′ t + ~k ◦ ~r) d3 k ′ = f+′ (H.26)
−∞
Z Z∞Z n o n o
f+ {t, ~r} = ~ ′ ~
C+ k, ω exp −i(ω t − k ◦ ~r) d3 k ′ = f−′ . (H.27)
−∞
Aus dem retardierten Potenzial ist also das avancierte Potenzial und umgekehrt geworden,
allerdings jeweils mit einer Änderung des Vorzeichens vor dem i. Es genügt im Prinzip also,
für eine gegebene Kreisfrequenz nur die Lösungen (H.24) und (H.25) zu addieren. Dies
führt zu der allgemeinen Darstellung (7.120). Anstelle von (H.25) kann aber auch (H.26)
zu (H.24) addiert werden. Dann ergeben sich die für Reflexion und Brechung nützlichen
Darstellungen der vorwärts und rückwärts laufenden Wellen für jeden Wert von ~k.
Vektorpotenzial F~ analog zu A
~ eingeführt werden, wobei dann
486 ANHANG H. DISKUSSION DER POTENZIALE
~ = −∇
D ~ × F~ (H.28)
gelten muss. Allerdings gilt hier ähnlich wie beim Übergang von V nach Φel , dass für das
skalare magnetische Potenzial
~ + ∂ F~ = −∇Φ
H ~ magn (H.29)
∂t
zu verwenden ist. Es wird also der Übergang von ΦM zu Φmagn gemacht. Dieser Übergang
ist an die Bedingung geknüpft, dass es sich um verlustlose Medien handelt. Anderenfalls
ist es nicht möglich, ein skalares magnetisches Potenzial in dieser Form einzuführen. Die
formale Einführung dieser Potenziale erleichtert die Berechnung von elektrodynamischen
Randwertproblemen in verlustlosen quellenfreien Raumgebieten erheblich. Werden alle vier
Potenziale zugelassen, resultiert in linearen homogenen verlustlosen Medien
E ~ el − d A
~ = −∇Φ ~− 1 ∇~ × F~ (H.30)
dt εε0
H ~ magn − d F~ + 1 ∇
~ = −∇Φ ~ ×A
~ (H.31)
dt µµ0
∂ ∂
Im statischen Fall A = 0 bzw. Φ = 0 erhält man aus (7.86) bzw. (7.87) die Poisson-
∂t ∂t
gleichungen für das Vektorpotenzial bzw. das skalare Potenzial.
Wenn F~ und Φmagn Lorenz geeicht sind, gelten für sie in homogenen Medien die homogenen
Wellengleichungen
2
∂2 ~
n
∆F~ − F =0 (H.32)
∂t2
c0
2 2
n ∂
∆Φmagn − Φmagn = 0 . (H.33)
c0 ∂t2
Anhang I
I.1.1 Definition
Z +∞
δ{x − x0 }f {x} dx = f {x0 }
−∞
I.1.3 Symmetrie
δ{x − x0 } = δ{x0 − x}
I.1.4 Ableitung
Z +∞
∂ ∂
δ{y}|y=x−x0 · f {x} dx = − f {y}|y=x0
−∞ ∂y ∂y
487
488 ANHANG I. SPEZIELLE FUNKTIONEN: DISTRIBUTIONEN
I.1.5 Dehnung
f {x} hat endlich viele einfache (isolierte) Nullstellen bei x1 , ...xN und f ′ {xi } =
6 0
Z xi +ǫ Z
1 1
lim g{x} · δ {f {x}} dx = · g{x} · δ{x − xi } dx = g{xi }
ǫ→0 xi −ǫ |f ′ {x}| |f ′{xi }|
Z +∞ N Z
X +∞ X N
1 1
g{x} · δ {f {x}} dx = ′
· g{x} · δ{x − xi } dx = ′
g{xi }
−∞ i=1 −∞ |f {x}| i=1
|f {x i }|
I.1.6 Quadrat
I.1.8 Fouriertransformation
Z +∞
δ{x} exp{i2πν x} dx = 1
−∞
Z +∞
exp{−i2πν x} dν = δ{x}
−∞
I.1.9 Einheit
1
δ{x} =
[x]
I.1. DIE DIRAC-FUNKTION 489
Der Vektor ~r = x~ex + y~ey + z~ez sei im neuen Koordinatensystem durch ~r = u~eu + v~ev + w~ew
gegeben.
I.1.10.1 Eindimensional
Ist Die ursprüngliche Dirac-Funktion nur eindimensional, folgt nach der oben angegebenen
Regel der Dehnung o.B.d.A. mit ~r0 = ~r{u0, v, w}
1
δ{~r − ~r0 } = δ{u − u0 }
∂
~r
∂u
u0
∂
und die Integrationselemente d~r werden durch ~r
∂u u0
du substituiert.
Genau wie im Eindimensionalen Fall muss wieder die Dehnung herangezogen werden, und
es folgt mit ~r0 = ~r{u0 , v0 , w}
1
δ 2 {~r − ~r0 } =
∂ δ{u − u0 }δ{v − v0 }
∂ ~r ~r
∂u ∂v
u0 v0
1
δ 3 {~r − ~r0 } =
∂
∂
δ{u − u0 }δ{v − v0 }δ{w − w0 }
∂ ~r ~r ~r
∂u ∂v ∂w
u0 v0 w0
I.2.1 Definition
Zx
Θ{x − x0 } = δ{x′ − x0 } dx′
−∞
Θ{ax} = Θ{sign{a}x}
I.3.1 Definition
In der Regel wird die Rechteck-Funktion in der Mathematik als eigenständige Distributi-
on bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte mit Fläche 1 definiert. Hier soll sie zur einfachen Be-
schreibung von Bereichen verwendet werden und wird als Summe von zwei Heaviside-
Sprungfunktionen definiert:
Ausgeschrieben folgt für ein Rechteck der Breite a mit Zentrum bei x0
0 für x − x0 < −a/2
x − x0
rect{ }= 1 für −a/2 ≤ x − x0 < a/2 .
a
0 für a/2 ≤ x − x
0
492 ANHANG I. SPEZIELLE FUNKTIONEN: DISTRIBUTIONEN
Anhang J
In Kapitel 8.2 wurde die Reflexion und Brechung an einer ruhenden ebenen Grenzfläche
zwischen zwei verlustlosen linearen isotropen Medien betrachtet. Zur besseren Übersicht
war der Ansatz auf drei beteiligte ebene Wellen reduziert, wie es die Vorstellung eines re-
flektierten / gebrochenen Lichtstrahls vorgibt. Hier soll mit den gleichen Konzepten gezeigt
werden, wie der allgemeine Ansatz in linearen isotropen Medien an der ruhenden Grenzflä-
che aussieht.
Startpunkt sind wieder ebene Wellen, die sich in den beiden beteiligten Medien ausbreiten.
Die komplexe Darstellung der Felder wird beibehalten. Auf beiden Seiten der Grenzfläche
sind entsprechend elektrische Felder der Form
n o
~ jℓ exp i ωt ± ~kjℓ ◦ ~r
~j = E
E
anzusetzen. Dabei steht der Index j für Medium 1 oder 2, der Index ℓ für die beiden Teil-
wellen, die in Normalenrichtung bzw. entgegengesetzt laufen. Obige Schreibweise ist zu-
nächst nur formal zu verstehen. Tatsächlich muss die Aufspaltung des Ausbreitungsvektors
in Tangential- und Normalkomponente genau betrachtet werden
493
494 ANHANG J. REFLEXION UND BRECHUNG MIT VERLUSTEN
~j = E
E ~ j1 exp{−ikjn~n ◦ ~r} + E
~ j2 exp{ikjn~n ◦ ~r} exp{i (ωt − kjp~ep ◦ ~r)} .
genügen, sonst sind die obigen Felder keine Lösung der Wellengleichung. Die zugehörigen
magnetischen Felder lassen sich für die Teilwellen mit
~ jℓ = 1 ~ ~ jℓ
H kjℓ × E
ωµµ0
berechnen. Aus den Stetigkeitsbedingungen für die tangentialen Felder resultiert wie schon
im verlustlosen Fall, dass die Tangentialkomponenten der Ausbreitungsvektoren in beiden
Medien gleich sein müssen.
Eigentlich hätte ja ein vollständiger Ansatz mit positiven und negativen Kreisfrequenzen ω
sowie entsprechen positiven und negativen tangentialen Ausbreitungskomponenten gewählt
werden müssen. Eine Orthogonalentwicklung in der Zeit ordnet aber sofort nach den Vorzei-
chen der Kreisfrequenzen. Etwas schwieriger ist die Zuordnung nach den Tangentialkompo-
nenten der komplexen Ausbreitungsvektoren. Hier hilft eine Betrachtung für entsprechend
große positive oder negative Werte von ~ep ◦ ~r. Damit kann jeweils eine der beiden mögli-
che Lösungen vernachlässigt werden und es resultiert die tangentiale Stetigkeit von ~k. Das
heißt, für alle Felder j einer Lösung gibt es in der gesamten Schichtstruktur überall das
gleiche ~ktan = (~n × ~k) × ~n = kjp~ep = kp~ep .
Der nächste Schritt wäre die Anpassung der tangentialen und normalen Feldkomponenten an
der Grenzfläche. Mit etwas Aufwand resultiert für TE-Wellen die Gleichung
495
1 1 E11 1 1 E21
= ,
n◦~k1
~ ~
n◦k1 ~ n◦~k2
~ ~
n◦k2 ~
ωµµ1
− ωµµ1
E12 ωµµ2
− ωµµ2
E22
1 1 H11 1 1 H21
= .
n◦~k1
~ ~ n◦~k2 ~
ωε0 ε1 −iσ1
− ωε0~nε◦1k−iσ
1
1
H12 ~
ωε0 ε2 −iσ2
− ωε0~nε◦2k−iσ
2
2
H22
Diese Darstellung erscheint sehr unhandlich, ist aber für maschinelle Berechnungen sehr
gut geeignet. Die beiden Matrixgleichungen können mit Hilfe einer Matrix-Inversion weiter
umgeformt werden. Beide Gleichungen haben formal das Aussehen
E21 E11
[D2 ] = [D1 ]
E22 E12
bzw.
H21 H11
[D2 ] = [D1 ] .
H22 H12
Durch Multiplikation mit [D2 ]−1 auf beiden Seiten lässt sich die Gesamtmatrix
1 1 −r
[D21 ] = [D2 ]−1 [D1 ] =
1−r −r 1
gewinnen. Hier steht r jeweils für rE,TE bzw. rH,TM wie schon früher eingeführt und die
Gleichungssysteme lauten
E21 E11 H21 H11
= [DTE21 ] = [DTM21 ] .
E22 E12 H22 H12
Für die Berechnung von aufwändigen Schichtstrukturen werden gerade die inversen Glei-
chungen
496 ANHANG J. REFLEXION UND BRECHUNG MIT VERLUSTEN
E11 E21 H11 H21
= [DTE12 ] = [DTM12 ] .
E12 E22 H12 H22
mit
1 1 r
[D12 ] =
t r 1
verwendet.
Hier liegt nun ein Gleichungssystem von jeweils zwei Gleichungen mit drei Unbekannten
vor. Eine der vier Amplituden kann als Erregung aufgefasst werden und ist somit bekannt
anzusehen. Es fehlt also eine weitere Bedingung zur vollständigen Beschreibung des Pro-
blems. Im Allgemeinen kann die Randbedingung, dass unendlich weit von der Grenzfläche
kein Feld mehr existieren soll, herangezogen werden. Dies ist speziell bei verlustbehafteten
Medien sicher sinnvoll. Je nach Vorzeichen des Imaginärteils von ~n ◦ ~kj wird dann die Am-
plitude der hin- oder rücklaufenden Welle verschwinden. Dabei kann unter Umständen auch
der erstaunliche Fall auftreten, das nur eine zur Grenzfläche laufende Welle zugelassen wird!
Hier wird dann Energie aus dem gespeicherten Feld in die verlustbehaftete Zone gepumpt.
Anhang K
Personenverzeichnis
497
498 ANHANG K. PERSONENVERZEICHNIS
Cauchy, Augustin Louis Baron (∗ 21.8.1789 Paris, † 23.5.1857 Sceaux bei Paris):
Mathematiker. Begründer der Theorie der komplexen Veränderlichen.
Dirichlet, Peter Gustav (eigentlich Lejeune Dirichlet) (∗ 13.2.1805 Düren, † 5.5.1859 Göt-
tingen):
Mathematiker. Entwicklung der allgemeinen Theorie der algebraischen Zahlen.
Faraday, Michael (∗ 22.9.1791 Newington Butts bei London, † 25.8.1867 Hampton Court
Green bei London):
Physiker und Chemiker. Nach Buchbinderlehre Laboratoriumsgehilfe, dann Direktor des La-
boratoriums der Royal Institution, später Mitglied aller bedeutenden Akademien der Wis-
senschaften. Entdeckung der Chlorverflüssigung, findet Buthylen und Benzol im Leuchtgas,
Arbeiten über die Qualitätsverbesserung optischen Glases. Einführung der heute noch ge-
bräuchlichen elektrochemischen Nomenklatur (Beraten durch W.Whewell) und Aufstellung
499
Fresnel, Augustin Jean (∗ 10.5.1788 Broglie (Eure), † 14.7.1827 Ville d‘Avray bei Paris):
Ingenieur und Physiker. Begründet die Wellentheorie des Lichtes. Arbeiten über Beugung,
Interferenz, Polarisation, Doppelbrechung und Abberation des Lichtes.
Rayleigh, John William Strutt (∗ 12.11.1842 Langfort bei Maldon (Essex), † 30.6.1919 Ter-
ling Place (Chelmsfort)):
Physiker, Professor. Wichtige Beiträge auf vielen Gebieten der klassischen Physik, u.a. zur
Schwingungs- und Wellenlehre und Akustik. Aufstellung eines Strahlungsgesetzes (Grenz-
fall des Plankschen Strahlungsgesetzes), Nobelpreis für Entdeckung des Argon.
Formelzeichen
503
504 ANHANG L. FORMELZEICHEN
T 1 Leistungstransmissionsfaktor
u Amplitude im Ortsraum
U Amplitude im Raumfrequenzraum
U V Potenzialdifferenz, Spannung
1
ux , uy m
Raumfrequenzen
V V Potenzial
m
~v s
Geschwindigkeit
W J Energie
J
w, wel , wmag m3
Energiedichte, elektrisch, magnetisch
Jm,n 1 Nullstellen der Besselfunktion m-ter Ordnung
Yℓ,m 1 Kugelflächenfunktion
Z Ω Wellenwiderstand
Z0 Ω Vakuumwellenwiderstand
Z Ω komplexer Wellenwiderstand
Index
507
508 INDEX
inhomogen
gedämpft, 232, 483
ungedämpft, 231
ungedämpft, 233
Wellenlänge, Vakuum, 254
Wellenlänge,Material, 254
Wellenvektor, 239
Wellenwiderstand, 252
Wellenzahl, Vakuum, 238
Wellenzahlvektor, 237
komplex, 346
Wellenzone, 396, 397
Zwischenzone, 396