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Netzschutztechnik in

ATPDesigner
Applikationshandbuch zur Verwendung von Netzschutz-
technik im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner

Power Engineering Saar


Institut für Elektrische Energiesysteme
Netzschutztechnik in ATPDesigner V 1.1 02.10.2016

1 Einleitung .......................................................................................................................4
2 ATPDesigner und Netzschutztechnik ...........................................................................5
3 UMZ-Schutz, Distanzschutz, Differenzialschutz, Schmelzsicherungen ......................7
4 Aufbau eines Energieversorgungsnetzes....................................................................8
4.1 Erzeugung eines leeren Zeichenbereiches .......................................................................... 9
4.2 Aufbau und Parametrierung eines Energieversorgungsnetzes ........................................ 10
4.2.1 Hinzufügen von neuen Netzwerkelementen mit Drag & Drop ................................... 10
4.2.2 Öffnen des Einstelldialogs eines Betriebsmittels .......................................................... 11
4.2.3 Einfügen der Netzeinspeisung Network Infeed 1 .................................................... 11
4.2.4 Einfügen eines Messgerätes Probe und Erzeugung einer elektrischen
Verbindung zwischen Netzwerkelementen ................................................................. 13
4.2.5 Einfügen eines Transformators Transformer ............................................................. 17
4.2.6 Einfügen einer Sammelschiene Busbar ................................................................... 18
4.2.7 Einfügen einer Leitung ............................................................................................... 19
4.2.8 Einfügen einer Last ..................................................................................................... 21
5 Durchführung stationärer Lastfluss- und Kurzschlussstromberechnungen .............22
5.1 Stationäre Netzberechnung (Lastflussberechnung) ..................................................... 22
5.2 Durchführung einer stationären Kurzschlussstromberechnung ........................................ 25
5.2.1 Kurzschlussstromberechnung nach dem Superpositionsverfahren .......................... 26
5.2.2 Kurzschlussstromberechnung nach VDE 0102 (IEC 60909) ........................................ 28
6 Netzschutztechnik im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner ..........................30
6.1 Generelle Einstellungen bei der Verwendung von Netzschutzeinrichtungen ................ 31
6.1.1 Einstelldialog Probe, General Data - Auswahl einer Netzschutzfunktion ................. 31
6.1.2 Verbindung zwischen Leistungsschalter und Schutzgerät ......................................... 32
6.1.3 Zuweisung zu schützender Betriebsmittel ..................................................................... 35
6.1.4 Darstellung von Diagrammen - Zeitstaffelkennlinie, Impedanzzone, etc. ............... 38
6.1.5 Ergebnisse einer Schutzanalyse .................................................................................... 43
6.1.6 Leistungsschalter - Interne Schalter der Probe statt Switch ....................................... 51
6.2 Überstromzeitschutzeinrichtungen (UMZ) – Directional Overcurrent ............................... 53
6.2.1 Verwendung des Anregesystems- Registerkarte V<> & I> ........................................ 55
6.2.2 Zeitstaffelplan................................................................................................................... 57
6.2.3 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie ........................................................ 58
6.2.4 Richtungskennlinie für den gerichteten UMZ-Schutz .................................................. 61
6.3 Distanzschutzeinrichtungen (DIST) – Distance Protection ................................................. 62
6.3.1 Impedanzzonen und Auslösecharakteristik ................................................................ 65
6.3.2 Spannungs- und Stromwandler ..................................................................................... 66
6.3.3 Daten des zu schützenden Netzwerkelementes ......................................................... 66
6.3.4 Erdstromkompensationsfaktor ....................................................................................... 66
6.3.5 Einstellwerte für die Impedanzzonen ............................................................................ 67
6.3.6 Zeitstaffelplan................................................................................................................... 69
6.3.7 Auslösekennlinie ............................................................................................................. 70
6.3.8 Verwendung der Anregesysteme ................................................................................. 73
6.3.9 Zusätzliche Schutzfunktionen ......................................................................................... 82
6.3.10 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie ........................................................ 92

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6.3.11 Blockschaltbild des Distanzschutzes............................................................................. 98


6.4 Schmelzsicherungen (FUSE) .................................................................................................. 99
6.4.1 Messgerät Probe als Schmelzsicherung definieren .................................................. 100
6.4.2 Auswahl der Schmelzkennlinie.................................................................................... 102
6.4.3 Darstellung der Schmelzkennlinien in einem Diagramm ......................................... 106
6.4.4 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie ...................................................... 107
6.5 Differenzialschutzeinrichtungen (DIFF) .............................................................................. 109
6.5.1 Konfiguration des Differenzialschutzes ....................................................................... 113
6.5.2 Auslösekennlinie ........................................................................................................... 117
6.5.3 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie ...................................................... 118

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Netzschutztechnik in ATPDesigner V 1.1 02.10.2016

1 Einleitung
Das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner ist eine grafische Benutzeroberfläche
zur Berechnung von Spannungen, Strömen, Leistungen und verschiedenen mechani-
schen Einstellwerten in elektrischen Energieversorgungsnetzen, welches das Netzbe-
rechnungsprogramm ATP (Alternative Transients Program, siehe auch www.eeug.org,
www.emtp.org ) verwendet. Die Schnittstelle zwischen ATPDesigner und ATP wird über
Textdateien hergestellt. Bei der Berechnung erzeugt ATPDesigner eine .ATP-Ausgabe-
datei, die alle erforderlichen Daten des elektrischen Energieversorgungsnetzes bein-
haltet und von ATP berechnet werden kann. Dadurch ist es nicht erforderlich, sich mit
dem komplexen Regelwerk des Netzberechnungsprogramms ATP auseinanderzuset-
zen. Als Ergebnis liefert das ATP eine .LST- und eine .PL4-Datei.

ATP ist ein weltweit eingesetztes Software-Tool zur Berechnung speziell 3-phasiger, elek-
trischer Energieversorgungsnetze. Mit Hilfe des Netzberechnungsprogramms ATPDe-
signer als grafische Benutzeroberfläche lassen sich auf einfache Art auch komplizierte
und umfangreiche elektrische Energieversorgungsnetze aufbauen und berechnen.
Eine detaillierte Kenntnis des ATP-spezifischen Regelwerkes ist nicht erforderlich. ATPDe-
signer enthält alle wichtigen Betriebsmittel der Elektroenergieversorgung wie z.B. Trans-
formatoren oder Leitungen als Vorlagen. Die Betriebsmittel lassen sich in ihren physika-
lischen Eigenschaften verändern und so den jeweiligen Betriebsverhältnissen anpas-
sen. Durch die einfache Auswahl der gewünschten Betriebsmittel und durch die ein-
fachen Verbindungsmöglichkeiten der Betriebsmittel untereinander lassen sich schnell
auch große elektrische Energieversorgungsnetze erstellen und berechnen. Mit Hilfe
von ATPDesigner ist es auch möglich, Netzstörungen wie z.B. Kurzschlüsse zu berech-
nen. Die Ergebnisse d.h. Spannungen, Ströme und Leistungen werden für die einzelnen
Betriebsmittel in Tooltips angezeigt.

Das Elektroenergieversorgungsnetz kann von ATPDesigner mit dem ATP in seinem sta-
tionären als auch in seinem transienten Verhalten untersucht werden. Daher ist ATPDe-
signer besonders für die Analyse und Auswertung von Kurzschlüssen in Elektroenergie-
versorgungsnetzwerken geeignet, aber auch zur Lastflussberechnung.

Hinweis zum Haftungsausschluss

Der Autor der vorliegenden Dokumentation übernimmt keine Gewährleis-


tung dafür, dass die vorliegende Dokumentation und/oder die vom An-
wender verwendete Software ATPDesigner nicht mit Fehlern behaftet ist,
welche die Tauglichkeit der Software mindern oder aufheben können.
Auch Bezüge, Zitate, oder sonstige Verweise zu anderen Dokumenten, Normen und
sonstigen Vorschriften können fehlerhaft sein. Der Autor macht darauf aufmerksam,
dass es nach dem Stand der Technik nicht möglich ist, Software so zu erstellen, dass
diese in allen denkbaren Anwendungen und Kombinationen fehlerfrei arbeitet.

Der Autor bitte darum, jegliches Fehlverhalten der Software oder Fehler in der vorlie-
genden Dokumentation direkt dem Autor mitzuteilen. Die Kontaktdaten des Autors
sind unter www.atpdesigner.de oder www.powerengs.de einsehbar.

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2 ATPDesigner und Netzschutztechnik


ATPDesigner ist speziell für die Nachbildung elektrischer Netze aller Spannungsebenen
und die darin eingesetzte Netzschutztechnik geeignet. ATPDesigner stellt dem Anwen-
der die klassischen Schutzfunktionen wie Überstromzeitschutz, Distanzschutz, Differen-
zialschutz und Schmelzsicherungen aber auch viele Zusatzfunktionen wie z.B. Signal-
vergleich mit generischen Modellen zur Verfügung. Die generischen Modelle sind her-
stellerneutral, orientieren sich aber an den marktüblichen Funktionen.

Es wird empfohlen das in deutscher Sprache geschriebene Handbuch Einführung in


ATPDesigner zu lesen. In dem Handbuch sind die Bedienelemente von ATPDesigner
sowie der Aufbau eines Netzes schrittweise ausführlich erläutert. Das vorliegende Ap-
plikationshandbuch ist eine dazu gehörende Ergänzung, die speziell die Anwendung
der Netzschutztechnik in ATPDesigner erläutert.

In dem vorliegenden Applikationshandbuch wird die Verwendung der Netzschutz-


technik für alle Schutzfunktionen mit Anwendungsbeispielen an dem Referenznetz
nach Abbildung 1 erläutert.

Abbildung 1: Beispielnetz zur Erläuterung der Netzschutztechnik in ATPDesigner

Das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner beinhaltet eine Vielzahl netzschutztech-


nischer Funktionen, die stetig weiterentwickelt werden. Um diese Funktionen möglichst
schnell und zielführend verwenden zu können, bedarf es einer separaten Anleitung zur
Verwendung von Netzschutztechnik in ATPDesigner. Die vorliegende Anleitung be-
schränkt sich dabei ausschließlich auf die Verwendung dieser Schutzfunktionen ohne
dabei auf die theoretischen Grundlagen einzugehen. Sie ist somit als eine Ergänzung
des Handbuches Einführung in ATPDesigner, worin alle zugehörigen theoretischen As-
pekte dokumentiert sind, zu verstehen.

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Netzschutztechnik in ATPDesigner V 1.1 02.10.2016

Grundsätzlich ist das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner mit dem


ATP in der Lage, dynamische Netzvorgänge zu berechnen auch für netz-
schutztechnische Anwendungen. Das vorliegende Applikationshandbuch
erläutert allerdings nur die Funktionen und Modelle zur Berechnung statio-
närer Netzzustände.

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3 UMZ-Schutz, Distanzschutz, Differenzialschutz, Schmelzsicherungen


Im vorliegenden Applikationshandbuch wird die Parametrierung der herstellerneutra-
len Modelle von Überstromzeitschutz, Distanzschutz, Schmelzsicherungen und Diffe-
renzialschutz im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner Schritt für Schritt erläutert.
Der Umgang mit den Schutzfunktionen wird anhand einfacher Netztopologien vermit-
telt. Ziel ist es dabei den Fokus auf die Verwendung der jeweiligen Schutzfunktion zu
legen ohne Besonderheiten durch komplexe Netzstrukturen berücksichtigen zu müs-
sen. Die so anhand einfacher Beispiele gewonnenen Erkenntnisse, ermöglichen es
dem Anwender Netzschutztechnik in ATPDesigner auch für komplexere Energieversor-
gungsnetze zu verwenden.

Die vorliegende Dokumentation bezieht sich in den Erklärungen auf die Systemeinstel-
lungen von ATPDesigner, die in der Grundeinstellung aktiv sind. Die Grundeinstellung
der Systemeinstellwert kann im Zweifelsfall dadurch wiederhergestellt werden, in dem
die Datei ATPDesigner.ini im Verzeichnis der ausführbaren Datei ATPDesigner.exe (als
Grundeinstellung: c:\atpdesigner\exe) gelöscht wird. Nach dem Neustart von ATPDe-
signer wird die Initialisierungsdatei mit der Grundeinstellung neu erzeugt und gespei-
chert.

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4 Aufbau eines Energieversorgungsnetzes


Die Schutzfunktionen in ATPDesigner werden in Kapitel 6 anhand des sogenannten
Referenznetz-Schutz erläutert. Dieses Netz wird bei der Installation von ATPDesigner mit-
geliefert und besteht aus folgenden Netzwerkelementen:

 einer Netzeinspeisung Network Infeed


 einem 2-Wicklungs-Transformator Transformer
 drei Leitungen Line
 fünf Messgeräten Probe mit Leistungsschaltern Switch (small shape) an
den Einbauorten der Schutzgeräte aus Kapitel 6
 drei Lasten Load
 drei Sammelschienen Busbar

Das vollständig aufgebaute Referenznetz ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Referenznetz zur Anwendung der Netzschutztechnik

Dieses Kapitel beschreibt einleitend wie dieses Energieversorgungsnetz im Netzberech-


nungsprogramm ATPDesigner aufgebaut wird und welche Einstellwert in den Einstell-
dialogen einzustellen sind. Die konkreten Einstellwerte des Referenznetzes sind dabei
den nachfolgenden Abbildungen der jeweiligen Einstelldialoge zu entnehmen.

Es wird empfohlen, das entsprechende Kapitel Ein neues Energieversor-


gungsnetz erstellen des Handbuches Einführung in ATPDesigner zu lesen.

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4.1 Erzeugung eines leeren Zeichenbereiches


Nach dem Start von ATPDesigner stehen drei Möglichkeiten zum Erstellen eines neuen
Zeichenbereiches (View) zur Verfügung:

1. ein Klick auf den Button


2. Auswahl des Hauptmenüs File + Klick auf den Eintrag New
3. die Tastenkombination Strg + N

Zusätzlich zum neuen Zeichenbereich erzeugt ATPDesigner ein einfaches Netzwerk,


das sogenannte Default-Energieversorgungsnetz, dargestellt in Abbildung 3. Dieses
Netz kann nun entweder durch einen Left Mouse Button Click auf den Button voll-
ständig gelöscht oder nach Belieben umgebaut und angepasst werden. Nach dem
Löschen können neue Netzwerkelemente hinzugefügt werden.

Leitung Single-
Circuit Line

Netzeinspeisung
Network Infeed
Sammelschiene
Busbar
Schalter mit Messort
Ausgabefenster für Circuit-Breaker
Meldungen
Messages Window

Abbildung 3: Zeichenbereich mit Default-Energieversorgungsnetz

Zur Erläuterung des Aufbaus eines Energieversorgungsnetzes wird das Default-Energie-

versorgungsnetz aus Abbildung 3 durch einen Klick auf den Button gelöscht. Ab-
bildung 4 zeigt die leere Zeichenfläche nach Löschen des Default-Energieversorgungs-
netzes.

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Toolbar für Betriebsmittel

Leere Zeichenfläche
Liste der Betriebsmittel
View
Project Information

Abbildung 4: Leere Zeichenfläche

4.2 Aufbau und Parametrierung eines Energieversorgungsnetzes


Das Referenznetz wird nun Schritt für Schritt in der leeren Zeichenfläche aufgebaut und
die Einstellwerte für die Betriebsmittel eingestellt. Die einzelnen Betriebsmittel können
dabei auf drei verschiedene Arten in die leere Zeichenfläche eingebracht werden:

1. Verwendung der Einträge im Hauptmenü Network Design


2. Verwendung des entsprechenden Toolbarbuttons in der Toolbar für Betriebs-
mittel
3. Drag & Drop der gewünschten Betriebsmittel entweder aus der Registerkarte
Equipment oder aus der Registerkarte Network der Liste der Betriebsmittel Pro-
ject Information

4.2.1 Hinzufügen von neuen Netzwerkelementen mit Drag & Drop


Das Einfügen eines neuen Betriebsmittels Network aus der Liste der Betriebsmittel im
Fenster Project Information (siehe Abbildung 4) kann durch Drag & Drop erfolgen:

1. Mit einem Left Mouse Button Click wird der Typbezeichner z.B. Probe des einzu-
fügenden Betriebsmittels markiert.

2. Mit gedrückter linker Maustaste wird das neue Betriebsmittel auf die Designflä-
che (View) gezogen.

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3. Mit dem Loslassen der linken Maustaste wird das neue Betriebsmittel an der Po-
sition des Mauscursor positioniert und in das elektrische Netz eingefügt.

Hinweis
Es wird empfohlen mit der Netzeinspeisung Network Infeed 1 (Kapitel Feh-
ler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.) zu beginnen, da in
diesem Netzwerkelement die Netznennfrequenz fn eingestellt werden
kann.

Nach dem Einfügen eines neuen Netzwerkelementes mit Hilfe eines Toolbar-Buttons
wird der zugehörige Einstelldialog nicht automatisch geöffnet, sondern muss durch ei-
nen Left Mouse Button Double Click manuell geöffnet werden.

4.2.2 Öffnen des Einstelldialogs eines Betriebsmittels


Der Einstelldialog eines Netzwerkelementes kann durch einen Left Mouse Button Dou-
ble Click auf das grafische Symbol des Betriebsmittels geöffnet.

4.2.3 Einfügen der Netzeinspeisung Network Infeed 1


Im ersten Schritt zum Aufbau des Referenznetzes wird die Netzeinspeisung Network In-
feed 1 in die Zeichenfläche eingebracht und eingestellt. Diese Einspeisung ist in ATPDe-
signer von besonderer Bedeutung, denn mit ihrer Hilfe kann die Nennfrequenz fn des
jeweiligen Energieversorgungsnetzes, im Gegensatz zu allen anderen Network Infeed,
beliebig eingestellt werden. Die so definierte Netzfrequenz wird automatisch für alle
anderen Netzeinspeisungen übernommen.

Der Zugriff auf Network Infeed 1 erfolgt durch einen Klick auf den Pfeil nach unten
neben dem Symbol einer Netzeinspeisung in der Toolbar für Betriebsmittel (siehe
Abbildung 5). Durch einen Klick auf Add Network Infeed 1 wird die entsprechende
Einspeisung im Zentrum der Zeichenfläche positioniert und kann nun markiert und an-
schließend in der Zeichenfläche per Drag & Drop verschoben, gedreht oder gespiegelt
werden.

Die Netzeinspeisung Network Infeed 1 kann nicht durch Drag & Drop in das
Netz eingefügt werden.

Eine weitere Möglichkeit, die Netzeinspeisung Network Infeed 1 einzufügen, verwen-


det das Menü Network Design:

 Menü Network Design +

 Menüpunkt Enable Network Elements +

 Menüpunkt Network Infeed +

 Menüpunkt Network Infeed 1

Zuvor markierte Betriebsmittel können anhand folgender Möglichkeiten gedreht oder


gespiegelt werden:

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 Klick auf den jeweiligen Button zur Rechts- oder Linksdrehung ( oder )
 Taste R oder L zum rechts- beziehungsweise linksdrehen
 Auswahl der Drehung im Rechte - Maustaste - Menü
 Klick auf den Button zur Spiegelung

Ein Betriebsmittel wird durch einen Left Mouse Button Click auf das grafische Symbol
markiert und im markierten Zustand grau gezeichnet.

Ein Betriebsmittel kann nur gedreht oder gespiegelt werden, wenn es nicht mit einem
anderen Betriebsmittel in der Zeichenfläche (View) verbunden ist.

Abbildung 5: Zeichenfläche nach Einfügen der Netzeinspeisung Network Infeed 1

Die Netzeinspeisung Network Infeed 1 wird nun in der Zeichenfläche gemäß Abbildung
5 dargestellt. Durch einen Doppelklick auf das grafische Symbol der Netzeinspeisung
wird die Registerkarte General Technical Data des zugehörigen Einstelldialoges (Abbil-
dung 6) geöffnet.

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Abbildung 6: Einstelldialog der Netzeinspeisung Registerkarte General Technical Data

Hier sind folgende Einstellwerte einzustellen:

Einstellwert Bedeutung
Vnom Nennspannung in kV
Sk“ Kurzschlussleistung in MVA
Ik3“ 3-poliger Kurzschlussstrom in kA
Die Nullimpedanz der Netzeinspeisung Z0 = R0 + jX0 wird als das 2-fa-
Z0 = 2· Z1
che der Mitimpedanz Z1 = R1 + jX1 angenommen.

fn Netznennfrequenz in Hz

4.2.4 Einfügen eines Messgerätes Probe und Erzeugung einer elektrischen Verbin-
dung zwischen Netzwerkelementen
Im nächsten Schritt wird ein Messgerät Probe exemplarisch in den Zeichenbereich ein-
gefügt, mit der Netzeinspeisung verbunden und parametriert.

Hinweis
Das Messgerät Probe wird in ATPDesigner auch zur Nachbildung und Ein-
stellung der Netzschutztechnik verwendet.

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Anschlussknoten

Abbildung 7: Einbringen einer Probe in den Zeichenbereich

Abbildung 7 zeigt den Zeichenbereich (View) mit Netzeinspeisung und Messgerät


Probe P1. Um eine elektrische Verbindung zwischen diesen beiden Betriebsmitteln her-
zustellen wird ein Anschlussknoten des zuvor markierten Messgerätes durch permanen-
tes Drücken der linken Maustaste ausgewählt und anschließend auf dem gewünsch-
ten Anschlussknoten per Drag & Drop platziert. Sobald beide Anschlussknoten aufei-
nander liegen, wird der Mauszeiger als vergrößertes rotes Kreuz mit gestrichelten Linien
dargestellt (Abbildung 8). Durch Loslassen der linken Maustaste wird nun eine elektri-
sche Verbindung hergestellt.

Abbildung 8: Herstellen einer elektrischen Verbindung

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Durch einen Doppelklick auf das grafische Symbol des Messgerätes Probe P1 wird die
Registerkarte General Data des zugehörigen Einstelldialoges geöffnet.

Abbildung 9: Einstelldialog eines Messgerätes Probe - Registerkarte General Data

In der Registerkarte General Data werden Nennstrom und Nennspannung des Mess-
gerätes anhand der Einstellwert Vnom und Inom eingestellt. Die Nenngrößen werden
im Weiteren auch die die Schutzfunktionen verwendet. Die Messgeräte Probe P1 bis
P5 sind dabei wie folgt zu parametrieren:

Netzwerkelement Einstellwerte
Messgerät P1 Vnom = 110 kV Inom = 200 A
Messgerät P2 Vnom = 20 kV Inom = 1200 A
Messgerät P3 Vnom = 20 kV Inom = 600 A
Messgerät P4 Vnom = 20 kV Inom = 600 A
Messgerät P5 Vnom = 20 kV Inom = 600 A

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Die Leistungsschalter (Netzwerkelement Switch) werden zunächst nur im Zeichenbe-


reich an den im Referenznetz vorgegebenen Stellen platziert und anschließend elek-
trisch verbunden.

 Cursor „über“ dem Bezeichner Switch in der Registerkarte Network des Fensters
Project Information platzieren

 Linke Maustaste drücken und gedrückt halten

 Betriebsmittel per Drag & Drop in die Zeichenfläche verschieben

 Durch das Loslassen der linken Maustaste wird das neue Betriebsmittel an der
Cursorposition eingefügt.

 Durch eine Left Mouse Button Double Click auf das grafische Symbol des neuen
Betriebsmittels wird der Einstelldialog geöffnet.

In Kapitel 6 wird dann erläutert, wie eine Wirkverbindung zwischen den Leistungsschal-
tern und den entsprechenden Schutzgeräten Probe hergestellt wird.

Das Referenznetz kann nun mit Hilfe der bisherigen Erkenntnisse vervollständigt wer-
den. Entsprechend wird der Aufbau des Referenznetzes nachfolgend nicht weiter er-
läutert. Stattdessen werden die einzustellenden Einstellwert direkt anhand des vollstän-
dig aufgebauten Referenznetzes für die einzelnen Betriebsmittel vorgestellt.

Abbildung 10 zeigt noch einmal das vollständige Referenznetz in ATPDesigner. Hier sind
im Folgenden Transformator, Sammelschienen, Leitungen und Lasten zu parametrie-
ren.

Abbildung 10: Vollständiges Referenznetz in ATPDesigner

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4.2.5 Einfügen eines Transformators Transformer


Im ersten Schritt wird der Transformator (Betriebsmittel Transformer) wieder in den Zei-
chenbereich eingebracht und elektrisch verbunden. Danach erfolgt die Einstellung in
der Registerkarte General Technical Data des Einstelldialoges, dargestellt in Abbildung
11.

Abbildung 11: Einstelldialog eines Transformators - Registerkarte General Technical Data

Hier sind nun folgende Einstellwerte einzustellen:

Einstellwert Bedeutung
Bemessungsspannung Wicklung (Winding) A in kV
Der rechts neben dem Wert angezeigte Einstellwert in % kann dazu
VrA
verwendet werden, eine Stufenstellung des Transformators bezo-
gen auf die zugehörige Wicklung einzustellen.
Bemessungsspannung Wicklung (Winding) B in kV
Der rechts neben dem Wert angezeigte Einstellwert in % kann dazu
VrB
verwendet werden, eine Stufenstellung des Transformators bezo-
gen auf die zugehörige Wicklung einzustellen.

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VnA Nennspannung Wicklung (Winding) A in kV


VnB Nennspannung Wicklung (Winding) B in kV
IL Leerlaufstrom in A
Leerlaufverlustleistung in kW
PL
Ohm‘sche Verluste der entsprechenden Wicklung A oder B
Srt Bemessungsscheinleistung in MVA
X01 = X0 / X1 (Verhältnis der Nullsystemreaktanz zur Mitsystemreak-
X01
tanz)
uk Kurzschlussspannung in %
Pk Kurzschlussverlustleistung in kW
Vector Group Schaltgruppe des Transformators

4.2.6 Einfügen einer Sammelschiene Busbar


Der Transformator im Referenznetz ist nun betriebsbereit. Im nächsten Schritt folgt die
Einstellung der Sammelschienen (Betriebsmittel Busbar) im Netz. Dazu wird nach dem
Einfügen wieder der entsprechende Einstelldialog geöffnet. Hier ist die Nennspannung
der Sammelschiene anhand des Einstellwerts Vnom einzustellen.

Abbildung 12: Einstelldialog einer Sammelschiene Busbar

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4.2.7 Einfügen einer Leitung


Allen Leitungen im Netz werden durch den Einstellwert Line Model in der Registerkarte
General Technical Data des jeweiligen Einstelldialoges der Leitungen identische Typen
aus der Leitungsbibliothek von ATPDesigner zugewiesen. Die Definition der Leitungs-
länge erfolgt mit Hilfe des Einstellwerts L. Wurde die erste Leitung eingefügt und korrekt
eingestellt, kann diese dupliziert werden.

Das Duplizieren eines Netzwerkelementes erfolgt in dem das entsprechende Element


markiert und anschließend mit Hilfe

 der Tastenkombinationen Strg + C kopiert und mit Strg + V eingefügt


 der Option Copy im Right Mouse Button Menu kopiert und mit der Option Paste
eingefügt

wird.

Auswahl des
Leitungstyps

Abbildung 13: Einstelldialog einer Leitung - Registerkarte General Technical Data

Alternativ kann der Leitungstyp in der Registerkarte Line Model ausgewählt werden.

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Auswahl des
Leitungstyps

Abbildung 14: Auswahl des Leitungstyps – Registerkarte Line Model

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4.2.8 Einfügen einer Last


Um das Testnetzes zu vervollständigen werden im letzten Schritt die Lasten (Betriebs-
mittel Load Impedance) im Netz eingestellt.

Abbildung 15: Einstelldialog einer Last Registerkarte „General Technical Data“

Abbildung 15 zeigt die Registerkarte General Technical Data des Einstelldialoges einer
Last in ATPDesigner. Hier sind folgende Einstellwerte einzustellen:

Einstellwert Bedeutung

Solid Grounded Erdung des Sternpunktes

S Scheinleistung der 3-phasigen Lastimpedanz in MVA

Vn Nennspannung für die Leistungsberechnung in V

cos phi Verschiebungsfaktor cos ϕ der 3-phasigen Lastimpedanz

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5 Durchführung stationärer Lastfluss- und Kurzschlussstromberechnungen


5.1 Stationäre Netzberechnung (Lastflussberechnung)
Grundsätzlich ist das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner mit dem
ATP in der Lage, dynamische Netzvorgänge zu berechnen auch für netz-
schutztechnische Anwendungen. Das vorliegende Applikationshandbuch
erläutert allerdings nur die Funktionen und Modelle zur Berechnung statio-
närer Netzzustände.

Nachdem das Referenznetz nun vollständig aufgebaut ist kann erstmals eine statio-
näre Netzberechnung durchgeführt werden. Dazu genügt ein Left Mouse Button Click
auf den Button ATPDesigner Load Flow . Die sich aus den Einstellungen der Betriebs-
mittel ergebenden Lastströme, sowie die prozentuale Auslastung der jeweiligen Lei-
tung werden anschließend im Zeichenbereich, gemäß Abbildung 16, angezeigt.

Berechnung des statio- Löschen der Berech-


nären Netzzustands nungsergebnisse

Abbildung 16: Ergebnis einer Lastflussberechnung – ATPDesigner Load Flow

Durch einen Left Mouse Button Click auf den Button werden die in der Netzgrafik
angezeigten Berechnungsergebnisse gelöscht.

Durch Auswahl des Buttons werden nach erneuter Durchführung einer Lastflussbe-
rechnung zusätzliche Informationen über Wirk- und Blindleistungsflüsse oberhalb der
Leitungen, gemäß Abbildung 17, dargestellt. Der grüne Pfeil gibt hier die Richtung des
Wirkleistungsflusses an, der rote Pfeil die Richtung des Blindleistungsflusses. L und R ste-
hen dabei für die Messergebnisse bezogen auf das linke, respektive rechte Ende der
jeweiligen Leitung.

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Abbildung 17: ATPDesigner Load Flow - Wirk- und Blindleistungsflüsse

Abbildung 18: Messwerte in Tooltips - Detaillierte Ergebnisdarstellung in ATPDesigner

Zusätzlich können detaillierte Angaben für Ströme, Spannungen und Leistungen an


den Einbauorten der Messgeräte Probe (bzw. Netzschutzgeräte) in ATPDesigner abge-
lesen werden. Dazu wird der Mauszeiger nach erfolgter Lastflussberechnung über dem

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grafischen Symbol des gewünschten Messgerätes Probe platziert. ATPDesigner blen-


det nun detaillierte Berechnungsergebnisse für diesen Messort im Zeichenbereich in
einem gelben Tooltip ein. Abbildung 18 zeigt die Berechnungsergebnisse einer statio-
nären Lastflussberechnung am Einbauort des Messgerätes Probe P3. Zum besseren
Verständnis werden die abgebildeten Berechnungsergebnisse nachfolgend erläutert.

Name Bedeutung
Vom Anwender eingestellte Nennspannung des betrachteten
Setting: Vn
Messgerätes
Leiter - Erd - Spannung Leiter A gegen Erde [kV] mit Phasenver-
VAG schiebung und Auslastung bezogen auf den Einstellwert der
Nennspannung des Messgerätes [%]
Leiter - Erd - Spannung Leiter B gegen Erde [kV] mit Phasenver-
VBG schiebung und Auslastung bezogen auf den Einstellwert der
Nennspannung des Messgerätes [%]
Leiter - Erd - Spannung Leiter C [kV] gegen Erde mit Phasenver-
VCG schiebung und Auslastung bezogen auf den Einstellwert der
Nennspannung des Messgerätes [%]
Strom im Leiter A [A] mit Phasenverschiebung und Auslastung be-
IA
zogen auf den Einstellwert des Nennstromes des Messgerätes [%]
Strom im Leiter B [A] mit Phasenverschiebung und Auslastung be-
IB
zogen auf den Einstellwert des Nennstromes des Messgerätes [%]
Strom im Leiter C [A] mit Phasenverschiebung und Auslastung be-
IC
zogen auf den Einstellwert des Nennstromes des Messgerätes [%]
Leiter - Leiter - Spannung zwischen Leiter A und Leiter B [kV] mit
VAB Phasenverschiebung und Auslastung bezogen auf den Einstell-
wert der Nennspannung des Messgerätes [%]
Leiter - Leiter - Spannung zwischen Leiter B und Leiter C [kV] mit
VBC Phasenverschiebung und Auslastung bezogen auf den Einstell-
wert der Nennspannung des Messgerätes [%]
Leiter - Leiter - Spannung zwischen Leiter C und Leiter A [kV] mit
VCA Phasenverschiebung und Auslastung bezogen auf den Einstell-
wert der Nennspannung des Messgerätes [%]
V0 Nullspannung [V]
IG Summenstrom [A]
S Scheinleistung [MVA]
P Wirkleistung [MW]
Q Blindleistung [Mvar]
cos φ
(nur als Zahlen- Verschiebungsfaktor
wert dargestellt)
V1 Spannung im Mitsystem [V]
V2 Spannung im Gegensystem [V]
V0 Spannung im Nullsystem [V]
I1 Strom im Mitsystem [A]
I2 Strom im Gegensystem [A]
I0 Strom im Nullsystem [A]

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5.2 Durchführung einer stationären Kurzschlussstromberechnung


Die Durchführung einer stationären Kurzschlussstromberechnung (im Folgenden ver-
einfacht Netzberechnung genannt) in Netzberechnungsprogramm ATPDesigner er-
folgt nach der Platzierung eines Kurzschlusses im Netz grundsätzlich analog zur Durch-
führung einer Lastflussberechnung. Für die Kurzschlussstromberechnung stehen fol-
gende Kurzschlussarten zur Verfügung:

 3 - poliger Fehler mit Erdberührung


 2 - poliger Fehler ohne Erdberührung
 2 - poliger Fehler mit Erdberührung
 1 - poliger Fehler

Kurzschlussstromberechnungen können in ATPDesigner entweder nach dem Superpo-


sitionsverfahren oder gemäß der Norm DIN VDE 0102 (IEC 60909) durchgeführt werden.
Die Verwendung dieser Berechnungsverfahren, sowie die Platzierung eines Kurzschlus-
ses im elektrischen Netz werden im Folgenden kurz erläutert, sind im Handbuch Einfüh-
rung in ATPDesigner ausführlich erläutert.

Hinweis zur iterativen Lastflussberechnung


Es wird darauf hingewiesen, dass in dem vorliegenden Applikationshand-
buch keine iterative Lastflussberechnung erläutert oder durchgeführt wird.
Die für eine iterative Lastflussberechnung erforderlichen Bedienhandlun-
gen sind im Handbuch Einführung in ATPDesigner im Kapitel Berechnung
des stationären Lastflusses - Load Adjusting, Phase Adjusting erläutert.

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5.2.1 Kurzschlussstromberechnung nach dem Superpositionsverfahren


Um eine Kurzschlussstromberechnung nach Superpositionsverfahren durchzuführen
wird zunächst die zu untersuchende Kurzschlussart AG, BG, CG, AB, BC, AC, ABG, BCG,
ACG, ABC oder ABCG aus der entsprechenden Auswahlliste, dargestellt in Abbildung
19, ausgewählt.

Abbildung 19: Auswahl der Kurzschlussart AG, BG, …, ABCG

Nach der Auswahl der Kurzschlussart muss der Kurzschluss im nächsten Schritt im elektri-
schen Netz positioniert werden. Dazu wird der entsprechende Vorgang im ersten
Schritt durch einen Left Mouse Button Click auf den Button neben der Auswahlliste
eingeleitet, wodurch der Mauszeiger im Zeichenbereich als roter Blitz dargestellt wird.

Im zweiten Schritt wird die Spitze des Blitzsymbols auf einen Knoten des kurzschlussbe-
troffenen Betriebsmittels bewegt und durch einen Left Mouse Button Click an dem ge-
wählten Knoten „befestigt“. Bei der Platzierung eines Kurzschlusses entlang einer Lei-
tung ermittelt ATPDesigner die Kurzschlussentfernung bezogen auf den Anfang der
entsprechenden Leitung in Prozent der Leitungslänge. Die vom Anwender gewählte
Kurzschlussentfernung wird dann sowohl am Kurzschlussort im Zeichenbereich als auch
neben dem Button zur Kurzschlussplatzierung angegeben. Zum besseren Verständnis
ist in Abbildung 20 ein Beispiel eines Kurzschlusses dargestellt.

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Kurzschlussort mit Angabe der


Kurzschlussart und Entfernung

Einstellwert der prozentualen


Kurzschlussentfernung

Abbildung 20: Platzierung des Kurzschlusses ABCG bei 69,8% der Leitungslänge von Leitung 3

Die Position des Kurzschlusses kann nun anhand des Einstellwerts in der Toolbar für die
prozentuale Kurzschlussentfernung entlang der jeweiligen Leitung beliebig verscho-
ben werden. Nachdem der Wert des Kurzschlussortes in dem Editierfeld der Toolbar
geändert wurde, muss 1x die Netzgrafik des elektrischen Netzes mit einem Left Mouse
Button Click angeklickt werden, um die Position des Kurzschlusses in der Grafik zu ak-
tualisieren.

Bei der Platzierung des Kurzschlusses ist die Einbaurichtung der Kurzschluss-
betroffenen Leitung zu beachten!

Nach der Platzierung des Kurzschlusses erfolgt die stationäre Kurzschlussstromberech-


nung nach dem Superpositionsverfahren, analog zur Durchführung einer Lastflussbe-
rechnung, durch einen Klick auf den Button ATPDesigner Load Flow . Alternativ kann
die Tastenkombination Ctrl + E verwendet werden.

Zur Untersuchung schutztechnischer Reaktionen wird in ATPDesigner aus-


schließlich die Kurzschlussstromberechnung nach dem Superpositionsver-
fahren verwendet.

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5.2.2 Kurzschlussstromberechnung nach VDE 0102 (IEC 60909)


ATPDesigner bietet neben der Kurzschlussstromberechnung nach Superpositionsver-
fahren auch eine Kurzschlussstromberechnung nach VDE 0102. Dieses Berechnungs-
verfahren wird insbesondere zur Auslegung von Betriebsmitteln und zur Ermittlung der
Anregeströme von Netzschutzeinrichtungen verwendet. Dazu werden der kleinste An-
fangs-Kurzschlusswechselstrom I“kmin zur Ermittlung der Anregeschwelle von Netz-
schutzgeräten und der größte Anfangs-Kurzschlusswechselstrom I“kmax zur Auslegung
von beispielsweise Leistungsschaltern nach VDE 0102 berechnet.

Die Analyse von Netzschutzkonzepten mit der Kurzschlussstromberech-


nung nach VDE 0102 ist softwaretechnisch mit ATPDesigner möglich, die
Ergebnisse der Netzschutzanalyse können aber nicht verwendet werden.
Ursache ist hier das Verfahren der Ersatzspannungsquelle am Kurzschlussort
nach VDE 0102, das keine Aussage über Phasenwinkel und damit z.B. über Kurzschluss-
richtungen ermöglicht.

Da sich die Erläuterungen in diesem Dokument auf ein Referenznetz mit vorgegebe-
nen Einstellungen beziehen, wird im Folgenden von einer Erläuterung zur Auslegung
der Leistungsschalter sowie von der Ermittlung der Anregeschwellen von Schutzgerä-
ten abgesehen.

Um eine Kurzschlussstromberechnung nach VDE 0102 durchführen zu können, muss


das Verfahren aktiviert und parametriert werden. Dazu wird zunächst der Einstelldialog
ATP Settings in der Liste der Betriebsmittel Project Information geöffnet und anschlie-
ßend die Registerkarte VDE 0102 (IEC 60909) (Abbildung 21) ausgewählt.

Abbildung 21: Einstelldialog ATP Settings - Registerkarte VDE 0102 (IEC 60909)

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Hier sind nun folgende Einstellwerte einzustellen:

Einstellwert Bedeutung

c Spannungsfaktor c

Nennspannung der Ersatzspannungsquelle an der Kurz-


Vnom
schlussstelle [kv]

Auswahl des Verfahrens zur Bestimmung des R/X-Verhältnis-


Operation Mode
ses an der Kurzschlussstelle

fc Ersatzfrequenz fc [Hz]

Te Temperatur der Leiterseile am Ende der Kurzschlussdauer


Short-Circuit Current
Auswahl des zu berechnenden Kurzschlussstromes
Ikmin - Ikmax

Nach dem Einstellen der benötigten Einstellwert wird die Kurzschlussstromberechnung


nach VDE 0102 durch Auswahl der Checkbox Enable VDE 0102 aktiviert. Die Auswahl
und Platzierung des Fehlers, sowie die Durchführung der entsprechenden Kurzschluss-
stromberechnung erfolgt dann analog zur Erläuterung in Kapitel 5.2.1.

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6 Netzschutztechnik im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner


Das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner verfügt über eine Vielzahl an Schutz-
funktionen, deren Arbeitsweise, Einstellwerte und Verwendung im Folgenden nicht
vollständig erläutert wird. Als Grundlage für die Anleitung zum Umgang mit den Schutz-
funktionen dient das erstellte vollständige Referenznetz nach Abbildung 22.

Es wird empfohlen, das Kapitel Spannungs- und Strommessgerät Probe des


Handbuches Einführung in ATPDesigner zu lesen. In diesem Kapitel sind die
Schutzfunktionen detailliert erläutert.

Abbildung 22: Vollständiges Referenznetz in ATPDesigner

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6.1 Generelle Einstellungen bei der Verwendung von Netzschutzeinrichtungen


Bei der Verwendung von Netzschutzfunktionen in ATPDesigner sind einige Einstellun-
gen für alle Schutzfunktionen identisch. Diese Einstellungen im Einstelldialog der ent-
sprechenden Probe werden im Folgenden vorgestellt und Schritt für Schritt erläutert.

6.1.1 Einstelldialog Probe, General Data - Auswahl einer Netzschutzfunktion


Die Auswahl einer Netzschutzfunktion erfolgt in der Registerkarte General Data des Ein-
stelldialoges eines Messgerätes anhand des Einstellwerts Protection, dargestellt in Ab-
bildung 23.

Auswahl der
Schutzfunktion

Abbildung 23: Auswahl einer Schutzfunktion in ATPDesigner

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Es stehen folgende Schutzfunktionen in ATPDesigner zur Verfügung, die durch verschie-


dene farbliche Symbole des Messgerätes Probe direkt im elektrischen Netz angezeigt
werden.

Schutzfunk- Benutzer-
Symbol Bedeutung
tion name

Undirectional Ungerichteter Überstromzeitschutz


UMZu
Overcurrent ohne Kurzschlussrichtungserkennung

Gerichteter Überstromzeitschutz mit


Directional
UMZg und ohne Kurzschlussrichtungserken-
Overcurrent
nung

Distance
DIST Distanzschutz
Protection

Sicherungen bzw. kennlinienbasierte


Fuse FU
Schutzelemente

Differential
DIFF Differenzialschutz
Protection

6.1.2 Verbindung zwischen Leistungsschalter und Schutzgerät


Damit ein Schutzgerät im Kurschlussfall einen Kurzschluss erkennen und abschalten
kann, muss es mit einem Leistungsschalter (Betriebsmittel Switch) verknüpft werden.
Diese Verknüpfung zwischen Leistungsschalter und Schutzgerät kann im Einstelldialog
des Schutzgerätes (Messgerät Probe) oder durch eine mit dem Cursor manuell ge-
setzte grafische Verbindung der beiden Betriebsmittel im Zeichenbereich (View) er-
zeugt werden.

6.1.2.1 Verbindung zwischen Leistungsschalter und Netzschutzgerät im Einstelldialog


des Schutzgerätes (Probe)
Die Auswahl des zugeordneten Leistungsschalters erfolgt durch den Einstellwert CBrea-
ker in der Registerkarte General Data des Einstelldialoges eines Schutzgerätes (Mess-
gerät Probe). Ein Beispiel ist in Abbildung 24 dargestellt. Es wird der Leistungsschalter
(Switch) mit dem Referenznamen Swt 1 dem Schutzgerät Probe P2 zugeordnet.

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Abbildung 24: Verbindung zwischen Leistungsschalter und Netzschutzgerät

Hinweis
In der Liste CBreaker werden die Referenznamen der Leistungsschalter
Switch angezeigt, nicht die anwenderspezifischen Namen. Die Referenz-
namen der Betriebsmittel werden in der Kopfzeile der zugehörigen Einstell-
dialoge des Betriebsmittels (hier des Switch) angezeigt.

6.1.2.2 Grafische Verbindung zwischen Leistungsschalter und Netzschutzgerät


Der Vorgang zur grafischen Verknüpfung von Netzschutzgerät (Probe) und Leistungs-
schalter (Switch) wird durch einen Left Mouse Button Click auf den Button gestartet.
Danach wird der Mauszeiger auf die Grafik des gewünschten Netzschutzgerätes posi-
tioniert. Wird nun die linke Maustaste permanent gedrückt, so entsteht eine rot gestri-
chelte Verbindungslinie, sobald der Mauszeiger die Grafik des Schutzgerätes verlässt.
Zum besseren Verständnis ist die Verbindungslinie in Abbildung 25 veranschaulicht.

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Abbildung 25: Verbindungslinie im Zeichenbereich

Um eine Verbindung herzustellen wird die linke Maustaste losgelassen, sobald der
Mauszeiger auf der Netzgrafik des Leistungsschalters platziert ist. Durch einen Klick auf
den Button werden bestehende Verbindungen zwischen Schutzgeräten und Schal-
tern im Netz, gemäß Abbildung 26, symbolisiert. So kann überprüft werden ob der gra-
fische Verbindungsvorgang erfolgreich war.

Abbildung 26: Darstellung bestehender Verbindungen zwischen Schutzgeräten und Leistungs-


schaltern im Netz

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In Abbildung 26 sind die Verbindungen zwischen dem Netzschutzgerät Probe und dem
Leistungsschalter Switch als grüne Line mit zwei grünen Punkten dargestellt. Die Verbin-

dungen können mit dem Button angezeigt werden.

6.1.3 Zuweisung zu schützender Betriebsmittel


In ATPDesigner muss jedem Netzschutzgerät ein zu schützendes Betriebsmittel zuge-
ordnet werden. Diese Zuordnung kann entweder manuell durch den Anwender oder
automatisiert durch ATPDesigner festgelegt werden.

6.1.3.1 Manuelle Zuweisung zu schützender Betriebsmittel


Die manuelle Zuweisung des zu schützenden Betriebsmittels erfolgt mit Hilfe des Ein-
stellwertes Equipment in der Registerkarte General Data des Einstelldialoges eines
Schutzgerätes Probe (Abbildung 27).

Liste zu schützender
Betriebsmittel

Abbildung 27: Registerkarte General Data - Zuordnung zu schützender Netzwerkelemente

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Hier wird das zu schützende Betriebsmittel aus einer Liste der im Netz vorhandenen, zu
schützenden Elemente Equipment ausgewählt und so dem entsprechenden Netz-
schutzgerät zugewiesen.

Wird das zu schützende Betriebsmittel in der Registerkarte General Data


mit dem Einstellwert Equipment ausgewählt, so muss der Referenzname
nicht der anwenderspezifische Name des Betriebsmittels bekannt sein. Der
Referenzname eines Betriebsmittels kann in dessen Einstelldialog, der z.B.
mit einem Left Mouse Button Double Click auf das grafische Symbol des Betriebsmittels
geöffnet werden kann, in der Kopfzeile ermittelt werden.

Referenzname Betriebsmittel
Bb x Sammelschiene Busbar
Line x Leitung Line
Tra x Transformator Transformer

6.1.3.2 Automatische Zuweisung zu schützender Betriebsmittel


ATPDesigner bietet eine Funktion um die zu schützenden Netzwerkelemente aller Netz-
schutzgeräte im Netz automatisch zu identifizieren und zuzuordnen. Um diese Funktion
verwenden zu können, wird zunächst die List of Protection Analysis Results, dargestellt
in Abbildung 28, durch einen Left Mouse Button Click auf den Button geöffnet.

Abbildung 28: List of Protection Analysis Results

In diesem Dialog werden alle im Netz verbauten Netzschutzgeräte aufgelistet. Durch


einen Left Mouse Button Click auf den Button Equipment werden alle von Netzschutz-
geräten zu schützenden Betriebsmittel identifiziert und den einzelnen Probe zugewie-
sen.

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ATPDesigner geht bei der automatischen Identifikation der zu schützenden Betriebs-


mittel davon aus, dass die Spitze des Messgerätes Probe auf das zu schützende Be-
triebsmittel zeigt. Ein an der Spitze der Probe angeschlossener Leistungsschalter wird
übersprungen.

Durch einen Left Mouse Button Double Click auf die Zellen der List of Protection Results
werden die Einstelldialoge der Betriebsmittel Probe, Line und Switch geöffnet.

Die List of Protection Analysis Results liefert zudem folgende Informationen:

Name Bedeutung
Vom Anwender festzulegende Reihenfolge für automatisierte Schutz-
Ord. prüfungen oder zur Darstellung von z.B. mehreren Zeitstaffelplänen in
einem Diagramm

Name Anwenderspezifischer Name des Schutzgerätes

Zugewiesene Schutzfunktion:
 I> = ungerichteter Überstromzeitschutz
 I-> = gerichteter Überstromzeitschutz
Prot.
 Z< = Distanzschutz
 Fu = Schmelzsicherung
 Id = Differenzialschutz

On/Off Schutzfunktion aktiviert/deaktiviert

Equip. Name des zu schützenden Netzwerkelementes (Referenzname)

E. Name Anwenderspezifischer Name des zu schützenden Netzwerkelementes

Cb Leistungsschalter, der mit dem jeweiligen Schutzgerät verbunden ist

Ref. Name Referenzname des Schutzgerätes

Schutzanalyseergebnisse nach erfolgter Netzberechnung

GEN Generalanregung ( X = Generalanregung wurde erkannt)

TRIP AUS - Kommando (X = AUS-Kommando wurde erteilt)

ZONE Impedanzzone in der der Kurzschluss erkannt wurde

T [ms] Staffelzeit des AUS - Kommandos

Sekundäre Kurzschlussresistanz der ausgewählten Impedanzmess-


R1s [Ohm]
schleife im Mitsystem

Sekundäre Kurzschlussreaktanz der ausgewählten Impedanzmess-


X1s [Ohm]
schleife im Mitsystem

Primäre Kurzschlussresistanz der ausgewählten Impedanzmessschleife


R1p [Ohm]
im Mitsystem

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X1p Primäre Kurzschlussreaktanz der ausgewählten Impedanzmessschleife


[Ohm] im Mitsystem

Betrag der sekundären Kurzschlussimpedanz der ausgewählten Impe-


Z1s [Ohm]
danzmessschleife im Mitsystem

Betrag der sekundären Kurzschlussimpedanz der ausgewählten Impe-


Z1p [Ohm]
danzmessschleife im Mitsystem

Sekundäre Mitreaktanz des zu schützenden Betriebsmittels


X1Ls
Die sekundäre Mitreaktanz wird auch in der Registerkarte Distance des
[Ohm]
Einstelldialoges eines Schutzgerätes ausgegeben und kann dort ver-
ändert werden.

6.1.4 Darstellung von Diagrammen - Zeitstaffelkennlinie, Impedanzzone, etc.


Mit Hilfe der in Kapitel 6.1.3.2 erläuterten List of Protection Analysis Results können in
ATPDesigner nach erfolgter Netzberechnung schutzgerätespezifische Diagramme zur
Darstellung von beispielsweise Anrege-, Auslöse- oder Staffelkennlinien erzeugt wer-
den. Dazu müssen die List of Protection Analysis Results und die Protection Analysis im
ersten Schritt durch je einen Left Mouse Button Click auf die beiden Buttons und
geöffnet werden.

Abbildung 29: List of Protection Analysis Results und Protection Analysis

Nachdem nun beide Dialoge geöffnet sind wird das zu untersuchende Schutzgerät im
zweiten Schritt durch einen Left Mouse Button Click auf das Quadrat am Zeilenanfang

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in der List of Protection Analysis Results markiert und anschließend durch einen weite-
ren Left Mouse Button Click auf den Button Find ausgewählt. ATPDesigner markiert das
ausgewählte Schutzgerät daraufhin im Zeichenbereich (View) mit einem doppelten
roten Rahmen und zeichnet den entsprechenden Zeitstaffelplan in das Dialog Protec-
tion Analysis gemäß Abbildung 30.

Zeitstaffelplan des
ausgewählten
Netzschutzgerätes

Ausgewähltes
Netzschutzgerät

Abbildung 30: Auswahl des zu untersuchenden Schutzgerätes

Im nächsten Schritt wird das darzustellende Diagramm nun im Dialog der Protection
Analysis aus einer Auswahlliste, dargestellt in Abbildung 31, ausgewählt.

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Auswahl des zu
zeichnenden Diagrammes

Abbildung 31: Auswahl des darzustellenden Diagrammes

Eine ausführliche Erläuterung der Vorgehensweise ist in Kapitel 6.3.10 ent-


halten.

Hier können folgende Diagramme in Abhängigkeit der untersuchten Netzschutzfunk-


tion ausgewählt und dargestellt werden:

Bezeichner Bedeutung

T=f(X,Ik) Zeitstaffelplan für Distanz- und Überstromzeitschutzgeräte


Polygon- bzw. Auslösekennlinie eines Distanzschutzgerätes
X=f(R) Zudem kann die Unterimpedanzanregung in diesem Diagramm ent-
halten sein.
Strom-/Spannungsanregekennlinie für Distanz- und Überstromzeit-
G=f(V<,I>)
schutzgeräte

Id=f(Ir) Auslösekennlinie eines Differenzialschutzes

Tv=f(Ik) Auslöse- bzw. Schmelzkennlinie einer Schmelzsicherung

Dir=f(Vk,Ik) Richtungskennlinie für gerichtete Überstromzeitschutzgeräte

Tidmt=f(Ik) Auslösekennlinie eines AMZ-Schutzes

GF=f(V0,Ig) Kennlinie der Erdschlussrichtungserkennung

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Die Benennung der Koordinatenachsen sowie die zugehörigen Einheiten sind je nach
Diagrammtyp, der folgenden Auflistung zu entnehmen:

Achsenbenennung
Bedeutung
und Einheit
T[ms] Maximal dargestellte Auslösezeit (Staffelzeit)
R[Ohm] Maximal dargestellte Resistanz
X[Ohm] Maximal dargestellte Reaktanz
Ik[p.u.] Maximal dargestellter Kurzschlussstrom
Vpg[p.u.] Maximal dargestellte Kurzschlussspannung
Id[p.u.] Maximal dargestellter Differenzstrom
Ir[p.u.] Maximal dargestellter Haltestrom
Tvs[s] Maximal dargestellte virtuelle Schmelzzeit
Ik[A] Maximal dargestellter Kurzschlussstrom
Re(Ik) Maximal dargestellter Realteil des Kurzschlussstromes
Im(Ik) Maximal dargestellter Imaginärteil des Kurzschlussstromes
IG[p.u.] Maximal dargestellter Summenstrom
V0[p.u.] Maximal dargestellte Nullspannung

6.1.4.1 Gemeinsamer Zeitstaffelplan für mehrere Schutzgeräte


Bei der Darstellung von Zeitstaffelplänen können auch mehrere aufeinanderfolgende
oder überstaffelte Netzschutzgeräte eingezeichnet werden. Diese Funktion ermöglicht
es Beispielweise die Selektivität bei der Klärung eines Kurzschlusses grafisch nachzuvoll-
ziehen. Es werden in diesem Fall allerdings mehrere Schutzgeräte zur Erzeugung eines
Staffelplanes in der List of Protection Analysis Results ausgewählt.

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Checkboxen zur Aus-


wahl der darzustellenden
Netzschutzgeräte

Abbildung 32: Darstellung des Zeitstaffelplans mehrerer Distanzschutzgeräte

Abbildung 32 zeigt exemplarisch die gemeinsame Darstellung der Zeitstaffelpläne


zweier Distanzschutzgeräte. Dazu wurden die beiden Schutzgeräte U/I und I>U<Z< zu-
nächst durch Anklicken der Checkboxen in der List of Protection Analysis Results aus-
gewählt. Danach wurde der entsprechende Staffelplan durch einen Klick auf den But-
ton Find automatisch erzeugt.

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6.1.5 Ergebnisse einer Schutzanalyse


Die Ergebnisse einer Schutzanalyse können in ATPDesigner entweder direkt in der Zei-
chenfläche, in der List of Protection Analysis Results oder im Messages Window abge-
lesen werden.

6.1.5.1 Schutzanalyseergebnisse in der Zeichenfläche


Nach einer stationären Kurzschlussstromberechnung stellt ATPDesigner die Schutzana-
lyseergebnisse in der Zeichenfläche automatisch in Form grün und rot umrandeter Er-
gebnisfelder dar.

Abbildung 33: Beispiel für Schutzanalyseergebnisse in der Zeichenfläche

Eine grüne Umrandung bedeutet, dass das entsprechende Netzschutzgerät eine An-
regung G erhalten, aber nicht ausgelöst hat und somit als Reserveschutz fungiert. Rot
umrandete Ergebnisfelder hingegen weisen darauf hin, dass das zugehörige Netz-
schutzgerät ein AUS-Kommando T erhalten und somit ausgelöst hat. Für alle Schutz-
funktionen in ATPDesigner gilt grundsätzlich folgende Ergebnisstruktur in der Zeichen-
fläche:

G: …  Schutzgerät hat eine Generalanregung (GA) erkannt

T: …  Schutzgerät hat ein AUS-Kommando (TRIP) erhalten

ATPDesigner liefert in den Ergebnisfeldern zudem weitere schutzfunktionsspezifische In-


formationen, deren Bedeutung nachfolgend exemplarisch erklärt werden.

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Schutzfunktion Ergebnisdarstellung Bedeutung

Überstromzeit- Schutzfunktion/Staffelzeit [ms]:


schutz Staffelzeit + Schaltereigenzeit
I> [ms]

Schutzfunktion/Staffelzeit [ms]:
Staffelzeit + Schaltereigenzeit
Gerichteter [ms]
Überstromzeit-
schutz Gerichteter UMZ-Schutz regt an,
I-> die Kurzschlussrichtung stimmt
jedoch nicht mit der eingestell-
ten KS-Richtung überein

Schutzfunktion/ermittelte Impe-
danzzone/Staffelzeit [ms]:Staffel-
zeit + Schaltereigenzeit [ms]

Distanzschutz regt an, Kurz-


schlussimpedanz liegt jedoch
Distanzschutz Z<
nicht innerhalb einer vorgege-
benen Impedanzzone
Unterimpedanzanregung (Z<<):
Schutzfunktion/Staffelzeit
[ms]:Staffelzeit + Schaltereigen-
zeit [ms]

Schutzfunktion[leiterselektive An-
regung]Auslösezeit je Leiter [ms]

„-“ : keine Auslösung wegen feh-


Fuse FU
lender Anregung

„+“ : keine Auslösung wegen


Überschreitung des maximal zu-
lässigen Ausschaltstromes Imax
Schutzfunktion/Staffelzeit
Differenzialschutz
[ms]:Staffelzeit + Schaltereigen-
Id
zeit [ms]
AMZ-Schutz Schutzfunktion/Staffelzeit
(IDMT) [ms]:Staffelzeit + Schaltereigen-
IT zeit [ms]
Signalvergleichs- Schutzfunktion/Staffelzeit
schutz [ms]:Staffelzeit + Schaltereigen-
SI zeit [ms]

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6.1.5.2 Schutzanalyseergebnisse in der List of Protection Analysis Results


Ergänzend zur visuellen Darstellung in der Zeichenfläche können aus der List of Protec-
tion Analysis Results detailliertere Schutzanalyseergebnisse ausgelesen werden. Dazu
wird die List of Protection Analysis Results nach einer stationären Kurzschlussstrombe-
rechnung, wie in Kapitel 6.1.3.2 beschrieben, aufgerufen. Die Schutzanalyseergebnisse
in der List of Protection Analysis Results sind in Abbildung 34 für das Beispiel aus Abbil-
dung 33 dargestellt.

Abbildung 34: List of Protection Analysis Results nach einer Kurzschlussstromberechnung

Die Schutzanalyseergebnisse werden hier in tabellarischer Form aufgelistet.

• Generalanregungen der verbauten Schutzgeräte werden in der Spalte GEN


grün markiert, AUS-Kommandos in der Spalte TRIP werden rot markiert.
• Deaktivierte Schutzgeräte werden in der Spalte On/Off orange markiert.
• Schutzgeräte, die mit einem zu schützenden Betriebsmittel verbunden sind, das
keine Mitreaktanz als Einstellwert besitzt (Abbildung 34: Sammelschiene Bb1)
werden rosa eingefärbt.

Die Bedeutung der in Abbildung 34 dargestellten Einstellwert ist Kapitel 6.1.3.2 zu ent-
nehmen. Die List of Protection Analysis Results wird nach jeder stationären Netzberech-
nung automatisch aktualisiert und muss für neue Berechnungen nicht zuerst geschlos-
sen werden.

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6.1.5.3 Schutzanalyseergebnisse im Messages Window


Im Messages Window werden detaillierte schutzgerätespezifische Analyseergebnisse
nach der Durchführung einer stationären Netzberechnung automatisch aufgelistet.
Abbildung 35 zeigt einen Auszug der Netzschutzanalyse im Messages Window.

Schutzanalyseergebnisse
im Messages Window

Abbildung 35: Schutzanalyseergebnisse im „Messages Window“

Die Ergebnisdarstellung der Netzschutzanalyse im Messages Window unterscheidet


sich je nach Schutzfunktion des jeweiligen Schutzgerätes. Im Folgenden werden diese
Ergebnisdarstellungen für die verschiedenen Schutzfunktionen, anhand des Beispiels
aus Abbildung 35, kurz erläutert.

 Ergebnisausgabe für Distanzschutz mit Polygonkennlinie

Abbildung 36 zeigt die Schutzanalyseergebnisse für das Distanzschutzgerät U/I im De-


tail.

Abbildung 36: Schutzanalyseergebnisse des Distanzschutzgerätes U/I im Messages Window

Für die Ergebnisausgabe in Abbildung 36 gilt generell:

 Anwenderspezifischer Name des Schutzgerätes U/I

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 Referenzname des Schutzgerätes [Prb 1]

 Name der Schutzfunktion Distance Protection

 GEN = 1/0: Generalanregung aktiv/inaktiv

 Trip = 1/0: Auskommando erteilt/nicht erteilt

Zudem liefert jede Zeile in Abbildung 36 unterschiedliche Informationen. Dementspre-


chend erfolgt die Erläuterung der Ergebnisausgabe nachfolgend Zeile für Zeile.

Zeile Funktion Ergebnisausgabe Bedeutung

Generalanregung und lei-


V> = 0/1 (XXX)
terselektive Anregung des
V< = 0/1 (XXX)
V<> - Schutzes inaktiv ak-
Anregemeldungen tiv,
1 des V<> - Anregesys-  Generalanregung (An-
tems regung L1 L2 L3) z.B.
V<=1(111) bzw. V>=0(000)
V> disabled/enabled
V<> - Schutz inaktiv/inak-
V< disabled/enabled
tiv
IDMT> = 0/1 Generalanregung inak-
Anregemeldung des tiv/aktiv
2
AMZ-Anregesystems
TIDMT(I/Iref) = disabled/ Staffelzeit des AMZ-Schut-
enabled zes inaktiv/aktiv
GFD = 0/1 Erdschluss nicht detek-
tiert/detektiert
IG> = 0/1 Erdstromanregung nicht
Anregemeldungen festgestellt/festgestellt
3 der Erdschlussdetek-
VG> = 0/1 Anregung nicht festge-
tion
stellt/festgestellt
Ground Fault Detection Erdschlussdetektion deak-
(GFD)= disabled/ena- tiviert/aktiviert
bled

Signalvergleichsschutz AUS-Kommando durch


4 PSIG TRIP = 0/1 den Signalvergleichs-
schutz

Anregemeldung der
Z<-Detection = disab- Unterimpedanzanregung
5 Unterimpedanzanre-
led/enabled inaktiv/aktiv
gung Z<
I>> = 1/0 Endzeitstufe hat ange-
Anregemeldung der regt/nicht angeregt
6 I>> - Stufe bzw. einer
I>> = X∙In Einstellwert der Anrege-
Endzeitstufe
schwelle der Endzeitstufe
TI>> = X ms

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Einstellwert der Staffelzeit


der Endzeitstufe
Tpr = X ms
Einstellwert der Eigenzeit
des Schutzgerätes
Tcb = X ms
Einstellwert der Eigenzeit
des Leistungsschalters
Anregemeldung der
7 I>>> - Stufe bzw. ei- Analog zu Zeile 6
ner Endzeitstufe
I>= 1 (XXX) Aktives Anregesystem (im
Beispiel Überstromanre-
gung I>)mit Angabe zu
Generalanregung und lei-
terselektiver Anregung
Fußpunktfreigabe über-
IF>= 1/0 (XXX)
schritten/nicht überschrit-
ten
Zusätzliches Anregesys-
VI= 1/0 (XXX)
tem (im Beispiel: U/I- Anre-
gesystem) aktiv/nicht ak-
tiv
Schutzentscheid Zone=X/Y
8 Nummer der Impedanz-
Zone 1
zone/Name der ausge-
wählten Impedanzmess-
schleife
Kurzschlussimpedanz
R1k
Berechnete Mitresistanz
sekundär
X1k
Berechnete Mitreaktanz
sekundär
Einstellwerte der Zone 1
R1
Mitresistanz
X1
Mitreaktanz
T
Staffelzeit der Zone
Analog zu Zeile 8
Schutzentscheid
9-13 Abgeschaltete Zonen werden mit OFF gekennzeich-
Zone 2-5
net
AG= (R + jX) Kurzschlussimpedanz Lei-
ter A gegen Erde
Kurzschlussimpedan-
13 zen der Leiter-Erde- BG= (R + jX) Kurzschlussimpedanz Lei-
Messschleifen ter B gegen Erde
Kurzschlussimpedanz Lei-
CG= (R + jX)
ter C gegen Erde
Kurzschlussimpedan- AB= (R + jX) Kurzschlussimpedanz Lei-
14 zen der Leiter-Leiter- ter A gegen Leiter B
Messschleifen
BC= (R + jX)

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Kurzschlussimpedanz Lei-
CA= (R + jX)
ter B gegen Leiter C
Kurzschlussimpedanz Lei-
ter C gegen Leiter A

 Ergebnisausgabe für gerichteten und ungerichteten UMZ-Schutz

Abbildung 37 zeigt die Schutzanalyseergebnisse für das UMZ-Schutzgerät UMZ im De-


tail.

Abbildung 37: Schutzanalyseergebnisse des Überstromzeitschutzgerätes UMZ im Messages


Window

 Für die Ergebnisausgabe in Abbildung 37 gilt generell:

 Anwenderspezifischer Name des Schutzgerätes UMZ

 Referenzname des Schutzgerätes [Prb 2]

 Name der Schutzfunktion Directional Overcurrent

 GEN = 1/0: Generalanregung aktiv/inaktiv

 Trip = 1/0: Auskommando erteilt/nicht erteilt

Zudem liefert jede Zeile in Abbildung 37 unterschiedliche Informationen. Dementspre-


chend erfolgt die Erläuterung der Ergebnisausgabe auch hier Zeile für Zeile.

Zeile Funktion Ergebnisausgabe Bedeutung

V> = 0/1 (XXX) Generalanregung und leiterselek-


V< = 0/1 (XXX) tive Anregung des V<> - Schutzes
inaktiv aktiv,
Anregemeldun-  Generalanregung (Anregung
1 gen des V<> - L1 L2 L3) z.B. V<=1(111) bzw.
Anregesystems V>=0(000)
V> disabled/ena-
bled V<> - Schutz inaktiv/inaktiv
V< disabled/enab-
led
IDMT> = 0/1 Generalanregung inaktiv/aktiv
Anregemeldung Staffelzeit des AMZ-Schutzes inak-
2 des AMZ-Anrege- tiv/aktiv
TIDMT(I/Iref) = disa-
systems
bled/
enabled
Anregemeldun-
GFD = 0/1 Erdschluss nicht detektiert/detek-
3 gen der Erd-
tiert
schlussdetektion

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IG> = 0/1 Erdstromanregung nicht festge-


stellt/festgestellt
VG> = 0/1 Anregung nicht festgestellt/fest-
gestellt
Ground Fault Detec- Erdschlussdetektion deakti-
tion (GFD)= disa- viert/aktiviert
bled/enabled
I> = 1/0 Die erste Überstromstufe hat an-
geregt/nicht angeregt
I> = X∙In Einstellwert der Anregeschwelle
der ersten Überstromstufe
TI> = X ms Einstellwert der Staffelzeit der ers-
ten Überstromstufe
Einstellwert der Eigenzeit des
Tpr = X ms
Schutzgerätes
Anregemeldung Einstellwert der Eigenzeit des Leis-
Tcb = X ms
4 der ersten I> - tungsschalters
Stufe Berechnete Kurzschlussrichtung
Forward/Backward
für die sechs Messschleifen
/Undirectional(---
F = Vorwärts
FFF)
B = Rückwärts
- = keine Richtung ermittelt
Voreingestellte Richtung der
Überstromstufe
Forward = vorwärts gerichtet
Backward = rückwärts gerichtet
Undirectional = ungerichtet
Anregemeldung
5 der zweiten I> -
Stufe (I>>)
Analog zu Zeile 4
Anregemeldung
6 der dritte I> -
Stufe (I>>>)

 Ergebnisausgabe von Schutzgeräten mit AUS-Kommando und Angabe der kürzes-


ten Auslösezeit

Abbildung 38 zeigt die Ergebnisausgabe für die Schutzgeräte mit AUS-Kommando,


sowie die kürzeste Auslösezeit in der Netznachbildung.

Abbildung 38: Ergebnisausgabe der Netzschutzgeräte mit AUS-Kommando und Angabe der
kürzesten Auslösezeit

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6.1.6 Leistungsschalter - Interne Schalter der Probe statt Switch


Als Alternative zu dem externen Netzwerkelement Switch als Leistungsschalter kann
auch der interne Leistungsschalter der Probe verwendet werden. Im Falle der Berech-
nung stationärer Netzzustände können beide Methoden ohne Einschränkung verwen-
det werden.

Es wird empfohlen, das entsprechende Kapitel Leistungsschalter für eine


Schutzfunktion des Handbuches Einführung in ATPDesigner zu lesen.

Abbildung 39: Referenznetz mit internem Leistungsschalter der Probe

Der interne Schalter der Probe kann mit dem Einstellwert CBreaker = SwtIntern aktiviert
werden. Durch diese Konfiguration wird das grafische Bild der Probe verändert wie in
Abbildung 39 dargestellt ist.

Abbildung 40: CBreaker der Probe als interner Schalter SwtIntern

Wie in Abbildung 41 gezeigt wird das grafische Abbild der Probe mit der Aktivierung
des internen Schalters verändert.

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 Links: Probe mit geschlossenem internen Schalter


 Rechts: Probe mit offenem internem Schalter

Abbildung 41: Probe mit internem Leistungsschalter - Verändertes grafisches Bild

Der rote Strich zeigt die Messrichtung der Probe an und entspricht der Pfeilspitze des
alternativen Abbildes der Probe.

Der interne Schalter der Probe kann für die Berechnung stationärer Netzzustände ohne
Einschränkungen wie ein externer Schalter verwendet werden.

Im Falle der Berechnung dynamischer Netzvorgänge kann der interne Schalter eben-
falls verwendet werden, allerdings mit einer Einschränkung. Das grafische Abbild wird
durch die zugeordnete Schutzfunktion als geöffnet dargestellt, es wird aber keine
elektrische Trennstelle wie durch den Switch hergestellt.

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6.2 Überstromzeitschutzeinrichtungen (UMZ) – Directional Overcurrent


Um ein Überstromzeitschutzgerät (UMZ-Schutzgerät) im Referenznetz als gerichteter
Überstromzeitschutz Directional Overcurrent verwenden zu können, wird die entspre-
chende Schutzfunktion zunächst dem Messgerät Probe P2, dargestellt in Abbildung 42,
zugewiesen.

Einbauort des UMZ-Schutzgerätes

Abbildung 42: UMZ-Schutzgerät im Referenznetz

Die Zuweisung der Schutzfunktion erfolgt dabei gemäß der Erläuterung aus Kapitel 0.
Das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner bietet sowohl einen gerichteten als
auch ungerichteten Überstromzeitschutz.

 Ungerichteter Überstromzeitschutz – Undirectional Overcurrent

 Gerichteter Überstromzeitschutz – Directional Overcurrent

Diese Anleitung bezieht sich auf die Verwendung eines gerichteten Überstromzeit-
schutzgerätes. Abgesehen von der Auswahl der Netzschutzfunktion und der zusätzli-
chen Einstellung der Kurzschlussrichtung sind die einzustellenden Einstellwert für gerich-
teten und ungerichteten Überstromzeitschutz identisch. Dementsprechend wird auf
eine separate Erläuterung des ungerichteten Überstromzeitschutzes im Folgenden ver-
zichtet.

Durch die Auswahl der Schutzfunktion Directional Overcurrent ist das Messgerät nun
als gerichtetes UMZ-Schutzgerät definiert. Die Sammelschiene Bb 1 wird im nächsten
Schritt als zu schützendes Netzelement definiert. Die Sammelschiene Bb1 kann in der
Auswahlliste Equipment dem Netzschutzgerät Probe P2 zugewiesen werden. Zusätzlich
wird dieser Probe mit Hilfe einer der beiden Methoden gemäß Kapitel 6.1.2 der Leis-
tungsschalter Swt 1 zugeordnet.

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Zu schützendes Betriebsmittel

Zugeordneter Leistungsschalter

Abbildung 43: Einstelldialog des Schutzgerätes „UMZ“ - Registerkarte General Data

Abbildung 43 zeigt die Registerkarte General Data des Netzschutzgerätes nach Zuwei-
sung der Schutzfunktion und des zu schützenden Betriebsmittels. Der Einstelldialog wird
durch einen Left Mouse Button Click auf Ok geschlossen, wodurch das grafische Sym-
bol des Messgerätes aktualisiert und fortan als grafisches Symbol eines gerichteten
UMZ-Schutzgerätes im Zeichenbereich dargestellt wird.

Hinweis
Als zu schützendes Betriebsmittel Equipment kann statt der Sammelschiene Bb 1 auch
eine der beiden Abgangsleitungen ausgewählt werden.

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Abbildung 44: Darstellung eines gerichteten UMZ-Schutzgerätes im Zeichenbereich

Durch die Definition des Messgerätes Probe P2 als UMZ-Schutzgerät werden die zur
Verwendung des Überstromzeitschutzes benötigten Einstellwerte in ATPDesigner be-
rücksichtigt und können somit im nächsten Schritt eingestellt werden.

6.2.1 Verwendung des Anregesystems- Registerkarte V<> & I>


Die Einstellung des Anregesystems erfolgt in der Registerkarte V<> & I> des Schutzge-
räteeinstelldialoges nach Abbildung 45. In den Editierfeldern im oberen Bereich wird
die Überstromanregeschwelle I> und die zugehörige Zeitstufe TI> eingestellt. Die Ein-
stellwerte werden in die Liste der I>-Stufen in der Zeile Nr. 1 eingetragen. Die Einstell-
werte dieser Zeile können in der Liste nicht verändert werden.

Als Fault Direction d.h. Kurzschlussrichtung wird für die 1. Überstromzeitstufe I> die Rich-
tung Forward = vorwärts eingestellt. Die Kurzschlussrichtung vorwärts ist mit der Strom-
flussrichtung des roten Pfeils der Probe identisch. ATPDesigner bietet zwei verschiedene
Verfahren zur Ermittlung der Kurzschlussrichtung an. Als Grundeinstellung ist Char.
Angle d.h. die Methode des charakteristischen Winkels verwendet.

In der Liste der I>-Stufen könne zwei weitere Überstromzeitstufen in den Zeilen 2 und 3
eingestellt werden. Jede Stufe wird durch den Einstellwert On=1 aktiviert, durch On=0
deaktiviert. Die Kurzschlussrichtung kann mit dem Einstellwert Dir eingestellt werden.

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I>- Stufen

Abbildung 45: Einstelldialog eines Schutzgerätes UMZ - Registerkarte V<> & I>

Einstellwert Bedeutung
Überstrom - Anregeschwelle bezogen auf den Nennstrom Inom
I>
des Schutzgerätes

TI> Staffelzeit der I> - Stufe in ms


Kurzschlussrichtung des Überstromzeitschutzes
 ungerichtet = undirectional
Fault Direction
 forward = vorwärts
 backward = rückwärts
Anregeschwelle des Summenstromes bezogen auf den
IG>
Nennstrom Inom des Netzschutzgerätes
Ø1 Winkel der Richtungsgerade
Anregeschwelle des Überspannungsschutzes bezogen auf die
V>
Nennspannung Unom/√3 des Netzschutzgerätes

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Anregeschwelle des Unterspannungsschutzes bezogen auf die


V<
Nennspannung Unom/√3 des Netzschutzgerätes

Im vorliegenden Beispiel werden Überstrom- und Summenstromanregung für die De-


tektion von Kurzschlüssen auf die Vorgaben des Referenznetzes aus ATPDesigner (siehe
Abbildung 45) eingestellt. Auf eine Über-/Unterspannungsanregung V<> wird hier ver-
zichtet. Um dies zu erreichen, sind die beiden Anregewerte zu V< = -1.0 Unom/√3 und
V> = 1000 Unom/√3 eingestellt.

Einstellwert Bedeutung
Aktivierung einer Überstromzeitstufe (gilt nur für No. 2 und 3)
On  0 = ausgeschaltet
 1 = eingeschaltet

Anregeschwelle bezogen auf den Nennstrom Inom des Netzschutz-


I>
gerätes (nur für No. 2 und 3 einstellbar)
t [ms] Staffelzeit der Überstromzeitstufe (gilt nur für No. 2 und 3)

Richtung der Überstromzeitstufe (gilt nur für No. 2 und 3)


 0 = ungerichtet
Dir.
 1 = vorwärts gerichtet
 2 = rückwärts gerichtet

6.2.2 Zeitstaffelplan
Nach Auswahl des Überstromzeitschutzgerätes UMZ aus der List of Protection Analysis
Results kann der entsprechende Zeitstaffelplan, wie in Abbildung 46 gezeigt, im Dialog
Protection Analysis dargestellt werden (siehe Kapitel 6.1.5).

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KS-Richtung KS-Richtung
rückwärts vorwärts

Abbildung 46: Protection Analysis - Zeitstaffelplan des Überstromzeitschutzgerätes P2

Hier sind die vom Anwender vorgegebenen Überstromzeitstufen erkennbar:

 Vorwärts gerichtete Überstromzeitstufe I> = 1,2 p.u./ TI> = 1000 ms

 Rückwärts gerichtete Überstromzeitstufe I> = 2 p.u./ TI> = 800 ms

 Ungerichtete Überstromzeitstufe I> = 4 p.u./ TI> = 400 ms

6.2.3 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie


Die Ergebnisse der Netzschutzanalyse des Überstromzeitschutzgerätes sind in Abbil-
dung 47 am Beispiel eines dreipoligen Kurzschlusses auf der Sammelschiene (Busbar)
Bb 3 dargestellt. Die Durchführung einer stationären Netzberechnung ist in Kapitel 5.2
erläutert.

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Abbildung 47: Ergebnisse der Netzberechnung im Referenznetz mit UMZ-Schutz

Die Ergebnisse der Netzschutzanalyse werden direkt in der Netzgrafik angezeigt.

 Netzschutzgerät P2
Gerichteter Überstromzeitschutz mit AUS-Kommando nach 400ms

Die Bedeutung der in Abbildung 47 dargestellten Netzschutzanalyse ist in Kapitel 6.1.5


beschrieben. Der Zeitstaffelplan aus Kapitel 6.2.2 kann nach einer stationären Kurz-
schlussstromberechnung als Auslösekennlinie für das Überstromzeitschutzgerät UMZ
betrachtet werden (siehe Abbildung 48).

Der Arbeitspunkt des Kurzschlussstromes (Ik, Tk) wird in Form eines roten Kreuzes im
Zeitstaffelplan dargestellt und in p.u. (per Unit) bezogen auf den Nennstrom des Über-
stromzeitschutzgerätes angegeben. Die rot gestrichelte Linie markiert die Staffelzeit in
der das Netzschutzgerät auslöst.

Bei Verwendung mehrere überstaffelter UMZ-Schutzgeräte kann die Selektivität der


Netzschutzgeräte anhand des Zeitstaffelplanes, respektive der Auslösekennlinie, über-
prüft werden (siehe Kapitel 0).

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Abbildung 48: Directional Overcurrent - Zeitstaffelplan als Auslösekennlinie

Die rote gestrichelte Linie gibt die AUS-Kommandozeit an, das rote Kreuz zeigt den
Arbeitspunkt (Ik, Tk) an.

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6.2.4 Richtungskennlinie für den gerichteten UMZ-Schutz


Neben der Darstellung eines Zeitstaffelplanes verfügt ATPDesigner auch über eine
Funktion zum Darstellen einer Richtungskennlinie im Dialog Protection Analysis für den
gerichteten Überstromzeitschutz. Dazu wird der Diagrammtyp Dir=f(Vk,Ik) nach der
Anleitung aus Kapitel 6.1.4 ausgewählt. Abbildung 49 zeigt die Richtungskennlinie am
Beispiel des dreipoligen Kurzschlusses an der Sammelschiene (Busbar) Bb3.

Abbildung 49: Directional Overcurrent - Richtungskennlinie Dir=f(Vk,Ik)

Die X-Achse des Diagrammes Dir=f(Vk,Ik) gibt den Realteil, die Y-Achse den Imaginär-
teil des Kurzschlussstromes Ik in p.u. bezogen auf den Nennstrom Inom an. Die vom Ur-
sprung nach rechts gezeichnete Linie in Violett zeigt an, dass die Zeiger der Leiterströ-
me IL123 bezogen auf die horizontale Achse gezeichnet werden.

Die vom Anwender vorgegebene Richtungsgerade (hier das Verfahren mit dem cha-
rakteristischen Winkel Char.Angle) ist in Rot gezeichnet. Zusätzlich werden die aktiven
Anregeschwellen I> als Kreise um den Ursprung des Koordinatensystems eingezeichnet

In der linken oberen Ecke des Diagrammes sind die zugehörigen Einstellwerte darge-
stellt. Beträge und Phasenverschiebungen der leiterspezifischen Kurzschlussströme so-
wie die Kurzschlussspannung am Einbauort des Schutzgerätes werden in der oberen
rechten Ecke des Diagrammes abgebildet. Kurzschlüsse auf der rechten Hälfte des
Diagrammes liegen in Vorwärts- (Forward), Kurzschlüsse auf der linken Hälfte in Rück-
wärtsrichtung (Backward).

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6.3 Distanzschutzeinrichtungen (DIST) – Distance Protection


Um Distanzschutzgeräte im Referenznetz verwenden zu können, wird die entspre-
chende Schutzfunktion zunächst den Messgerät P3, P4 und P5, dargestellt in Abbildung
50, zugewiesen.

Einbauort der Distanzschutzgeräte

Abbildung 50: Distanzschutzgerät im Referenznetz

Die Zuweisung der Schutzfunktion erfolgt dabei gemäß der Erläuterung aus Kapitel 6.1.
Durch die Auswahl der Schutzfunktion Distance Protection ist das Messgerät Probe nun
als Distanzschutzgerät definiert. Die zu schützenden Betriebsmittel werden im nächsten
Schritt gemäß Kapitel Zuweisung zu schützender Betriebsmittel definiert. Die jeweils zu
den Messgeräten gehörigen Leistungsschalter (Switch) werden, wie in Kapitel 6.1.2 er-
läutert, zugewiesen.

Abbildung 51 zeigt beispielhaft die Registerkarte General Data des Messgerätes Probe
P3 nach Zuweisung der Schutzfunktion Distance Protection, des zu schützenden Netze-
lements Leitung Line 4 und des dazugehörigen Schalters Switch Swt2. Dieser Einstelldi-
alog wird nun durch einen Left Mouse Button Click auf den Button Ok geschlossen,
wodurch das grafische Symbol des Messgerätes aktualisiert und fortan als grafi-
sches Symbol eines Distanzschutzgerätes im Zeichenbereich dargestellt wird.

Die Schutzfunktion der Messgeräte P4 und P5 wird auf die gleiche Art eingerichtet. Die
notwendigen Daten sind Abbildung 52 und Abbildung 53 zu entnehmen.

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Abbildung 51: Einstelldialog Messgerät Probe P3 - Registerkarte General Data

Abbildung 52: Einstelldialog Messgerät Probe P4 - Registerkarte General Data

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Abbildung 53: Einstelldialog Messgerät Probe P5 - Registerkarte General Data

Durch die Definition der Messgeräte Probe P3, P4 und P5 als Distanzschutzgeräte wer-
den die zur Verwendung des Schutzes benötigten Einstellwerte in ATPDesigner berück-
sichtigt und können somit im nächsten Schritt eingestellt werden.

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6.3.1 Impedanzzonen und Auslösecharakteristik


Die Impedanzzonen der Distanzschutzgeräte können im Einstelldialog des Netzschutz-
gerätes Probe in der Registerkarte Distance (Abbildung 54) eingestellt werden. Dies
erfolgt in der dortigen Tabelle. Die Schutzzonen sind in der Spalte No. von 1 bis 5 durch-
nummeriert. Um eine Schutzzone zu aktivieren muss der jeweils zu dieser Schutzzone
gehörige Wert in der Spalte On von 0 (deaktiviert) auf 1 (aktiviert) geändert werden.

Das Aussehen der Tabelle unterscheidet, sich je nachdem welche Auslösecharakteris-


tik Tripping ausgewählt wurde. Im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner stehen
zwei Auslösecharakteristiken zur Verfügung:

1. Polygonkennlinie Polygon

2. Kreiskennlinie Circle

Die Einstellwerte der Impedanzzonen bzw. der Impedanzkreise können als


primäre oder sekundäre Impedanzen eingegeben werden. Je nach Vor-
gehensweise müssen die primären und sekundären Nennwerte der Span-
nungs- und Stromwandler in der Registerkarte Distance eingestellt werden.

6.3.1.1 Polygonkennlinie
Wurde die Auslösecharakteristik Polygon ausgewählt, beinhaltet die Tabelle im Einstell-
dialog folgende Einstellwert:

Einstellwert Bedeutung
Xsec [Ohm] Sekundäre Reaktanz X1 des Mitsystems
Rsec [Ohm] Sekundäre Resistanz R1 des Mitsystems inkl. Lichtbogenreserve
ø (Z) [°] Impedanzwinkel des zu schützenden Netzobjektes
t [ms] Staffelzeit der Impedanzzone
Dir. Messrichtung (Kurzschlussrichtung) der Distanzzone
 0 = Ungerichtet (Vorwärts ODER Rückwärts)
 1 = Vorwärts
 2 = Rückwärts
φ [°] Winkel der Richtungsgeraden der Distanzzone

6.3.1.2 Kreiskennlinie
Wurde die Auslösecharakteristik Circle ausgewählt, beinhaltet die Tabelle im Einstelldi-
alog folgende Einstellwert:

Einstellwert Bedeutung
Zsec Impedanzbetrag der Kreiskennlinie
β [°] Startwinkel der Lichtbogenreserve
Arc  0 = ohne Lichtbogenreserve
 1 = mit Lichtbogenreserve
ø (Z) [°] Impedanzwinkel des zu schützenden Netzobjektes
t [ms] Staffelzeit der Distanzzone
Dir. Messrichtung (Kurzschlussrichtung) der Impedanzzone

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 0 = Ungerichtet (Vorwärts ODER Rückwärts)


 1 = Vorwärts
 2 = Rückwärts
φ [°] Winkel der Richtungsgeraden der Distanzzone

Wie in Abbildung 54 zu sehen wurde im Referenznetz die Auslösecharakteristik Polygon


gewählt.

6.3.2 Spannungs- und Stromwandler


Im Einstelldialog des Schutzgerätes Registerkarte Distance (Abbildung 54) müssen zu-
sätzlich die primärseitige Nennspannung Vnprim, die sekundärseitige Nennspannung
Vnsec, sowie der primärseitige Nennstrom Inprim und der sekundärseitige Nennstrom
Insec eingestellt werden. Diese Einstellwerte sind unabhängig vom Nennstrom Inom
und der Nennspannung Vnom aus der Registerkarte General Data des Schutzgerätes.

Die Einstellungen der Spannungs- und Stromwandler in der Registerkarte Distance wer-
den nur für die Impedanzmessung des Distanzschutzgerätes verwendet, nicht für das
Anregesystem in der Registerkarte V<> & I>. Es ist allerdings empfehlenswert, die Werte
für die primäre Nennspannung und den primären Nennstrom in den beiden Register-
karten Distance und V<> & I> identisch einzustellen.

6.3.3 Daten des zu schützenden Netzwerkelementes


Im Einstelldialog des Schutzgerätes Registerkarte Distance (Abbildung 54) werden
auch Daten des zu schützenden Netzwerkelementes Equipment to be protected be-
nötigt. Dieses können, wie in Kapitel 6.1.3 beschrieben, manuell oder automatisch zu-
gewiesen werden.

6.3.4 Erdstromkompensationsfaktor
Außerdem werden im Einstelldialog in der Registerkarte Distance (Abbildung 54) der
Betrag des Erdstromkompensationsfaktors |kG| und dessen Winkel ø(kG) eingestellt,
um für Erdkurzschlüsse eine fehlerfreie Berechnung der Kurzschlussimpedanz zu ermög-
lichen. Der Erdstromkompensationsfaktor kann in den beiden Editierfeldern nach Be-
trag und Phasenwinkel eingegeben werden. Die beiden Werte werden automatisch
in die Liste der Impedanzzonen kopiert.

Der Erdstromkompensationsfaktor gilt gemeinsam für alle Impedanzzonen.

Abbildung 54 zeigt den Einstelldialog des Netzschutzgerätes P3 Registerkarte Distance.


Dieser Abbildung ist zu entnehmen, an welcher Stelle sich die zuvor beschriebenen
Einstellwerte befinden, sowie welcher Wert dem jeweiligen Einstellwert zuzuweisen ist.
Des Weiteren sind die Einstellwerte des Schutzgerätes P4 (Abbildung 55) und des
Schutzgerätes P5 (Abbildung 56) den darauffolgenden Abbildungen zu entnehmen.

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6.3.5 Einstellwerte für die Impedanzzonen


In den nachfolgenden Abbildungen sind die Einstellwerte für die Impedanzzonen dar-
gestellt.

Impedanzzonen

Daten des zu
schützenden Netz-
werkelementes

Auslöse-
charakteristik

Erdstromkompen-
sationsfaktor

Strom- und
Spannungswandler

Abbildung 54: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P3 - Registerkarte Distance

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Abbildung 55: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P4 - Registerkarte Distance

Abbildung 56: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P5 - Registerkarte Distance

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6.3.6 Zeitstaffelplan
Wurden die drei Messgeräte Probe als Distanzschutzgeräte definiert und ihre jeweiligen
Impedanzzonen eingestellt, so kann nun wie in Kapitel 0 beschrieben das Schutzdia-
gramm mit dem entsprechenden Zeitstaffelplan im Dialog Protection Analysis ange-
zeigt werden (Abbildung 58).

Abbildung 57: Auswahl der Distanzschutzgeräte für die Anzeige des Zeitstaffelplans

Abbildung 58: Dialog Protection Analysis – Zeitstaffelplan Distance Protection

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6.3.7 Auslösekennlinie
Alternativ kann im Dialog Protection Analysis, wie in Kapitel 6.1.5 beschrieben, die Aus-
lösekennlinie eines Distanzschutzgerätes angezeigt werden. Diese wird bespielhaft am
Distanzschutzgerät P4 in Abbildung 60 dargestellt.

Abbildung 59: Auswahl des Distanzschutzgerätes P4 für die Anzeige des Zeitstaffelplans

Abbildung 60: Dialog Protection Analysis – Zeitstaffelplan Distance Protection

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Wurde ein Kurzschluss im Netz eingefügt, so werden die Reaktionen der Netzschutzge-
räte direkt in der Netzgrafik angezeigt. In Abbildung 61 löst das Distanzschutzgerät P5
mit einem AUS-Kommando in Zone 2 nach 300ms aus.

Abbildung 61: Berechnung der Netzschutzreaktionen bei einem 3-poligen Kurzschluss ABCG

Abbildung 62: Ausgabe der Netzschutzreaktionen in List of Protection Results

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Die Reaktionen der Netzschutzgeräte werden in dem Dialog List of Protection Results
angezeigt (Abbildung 62). Das Distanzschutzgerät P5 hat eine Anregung GEN und löst
mit einem AUS-Kommando TRIP mit einer Staffelzeit von 300ms in Zone 2 aus. Der Leis-
tungsschalter (Switch) Swt 3 wird geöffnet.

Abbildung 63: Kurzschlussimpedanz Zk in der Impedanzebene

Die Lage des Zeigers der Kurzschlussimpedanz Zk wird in der komplexen Impedanzebe-
ne zusammen mit den Impedanzzonen angezeigt.

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6.3.8 Verwendung der Anregesysteme


Der Distanzschutz im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner besitzt mehrere Anre-
gesysteme, die zu unterschiedlichen Anregekennlinien und Anregeflächen kombiniert
werden können:

1. I> - Anregung : Überstromanregungen I>, I>>, I>>>

2. U< - Anregung : Unterspannungsanregung U<

3. U> - Anregung : Überspannungsanregung U>

Die Anregesysteme werden im Einstelldialog des Schutzgerätes in der Registerkarte


V<> & I> eingestellt. Die Werte für Strom und Spannung werden jeweils in p.u. bezogen
auf die Einstellwerte Inom und Vnom der Registerkarte General Data des jeweiligen
Netzschutzgerätes angegeben. Die Verwendung der beiden Anregesysteme wird in
den folgenden Kapiteln erläutert.

Abbildung 64: Registerkarte V<> & I> - Einstellwerte des Anregesystems

Zusätzlich kann in der Registerkarte V<> & I> die beiden zusätzlichen Überstromzeitstu-
fen als gerichtete und ungerichtete Endzeitstufen (Kapitel 6.3.9.3) verwendet werden.

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Die Anregekennlinien und Anregeflächen können mit Hilfe des Dialogs List of Protec-
tion Results als Diagramm Protection Results angezeigt werden. Die Berechnungser-
gebnisse werden im Diagramm angezeigt.

Hinweis
Die Bedeutung der Einstellwerte des Anregesystems ist abhängig von der
Schutzfunktion, die in der Registerkarte General Data mit dem Einstellwert
Protection eingestellt wird.

6.3.8.1 I> - Anregekennlinie für V ≤ 0


Die Überstromanregung I> kann alleine oder in Kombination mit der Unterspannungs-
anregung benutzt werden. Zunächst wird in diesem Kapitel die alleinige Anwendung
der Überstromanregung betrachtet. Die Auslöseeigenschaften der Überstromanre-
gung lassen sich, wie in Abbildung 65 gezeigt, in einer Anregekennlinie veranschauli-
chen.

V
Vnom
3

General Starting

I> I
I nom

Abbildung 65: I> - Anregekennlinie für V ≤ 0

Um dieses Verhalten im Netzberechnungsprogramm ATPDesigner nachzubilden, muss


lediglich der Einstellwert I> eingestellt werden. Die Unterspannungsanregung wird zu
V< = -1 als deaktiviert eingestellt. Abbildung 66 zeigt hierzu den entsprechenden Ein-
stelldialog des Netzschutzgerätes Probe P3 Registerkarte V<> & I>. In dieser Abbildung
ist auch eine Tabelle zu sehen, in der drei Überstromanregestufen eingestellt werden
können.

Die erste I>-Stufe ist immer aktiv. Jede weitere Stufe kann in der Liste aktiviert werden,
indem der entsprechende Wert in der Spalte On von 0 (deaktiviert) auf 1 (aktiviert)
geändert wird. In der ersten Zeile bezieht sich der Wert in der Spalte I> auf den zuvor
eingestellten Einstellwert I>. Er wird automatisch bei Änderung des Einstellwerts I> an-
gepasst. In der Spalte t[ms] kann jeder Überstromstufe I> eine Staffelzeit zugeordnet
werden.

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Überstrom-
anregung
I>

Zusätzliche
Überstrom-
zeitstufen

Abbildung 66: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P3 - Registerkarte V<> & I> - I> - Anre-
gekennlinie für V ≤ 0

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Abbildung 67: I> - Anregekennlinie mit Ergebnissen für den Kurzschluss ABCG

Die Anregekennlinie kann mit Hilfe der List of Protection Results als Diagramm Protec-
tion Analysis dargestellt werden. Dazu muss in der Auswahlliste der Eintrag G = f(Vk, Ik)
ausgewählt werden. In Abbildung 67 ist zu erkennen, dass die drei Anregepunkte (Vk,
Ik) außerhalb der Anregefläche liegen.

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6.3.8.2 I>, V< - Anregekennlinie


Wir nun die Überstromanregung I> mit einer Unterspannungsanregung V< kombiniert,
sieht die Anregekennlinie, wie in Abbildung 68 dargestellt, aus.

V
Vnom
3

V<

General Starting

I> I>> I
I nom

Abbildung 68: I>, V< - Anregekennlinie

Überstrom-
anregung
I>

Überstrom-
anregung
I>>

Unterspan-
nungsanregung
V<

Abbildung 69: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P4 - Registerkarte V<> & I> - I>, V< - An-
regekennlinie

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In diesem Fall müssen zusätzlich zur Überstromanregung I> die Einstellwert I>> und U<
eingestellt werden. Abbildung 69 zeigten den Einstelldialog des Schutzgerätes P4 Re-
gisterkarte V<> & I> in der diese Einstellungen vorgenommen wurden.

Abbildung 70: I>, V< - Anregekennlinie mit Ergebnissen für den Kurzschluss ABCG

Die Anregekennlinie kann mit Hilfe der List of Protection Results als Diagramm Protec-
tion Analysis dargestellt werden. Dazu muss in der Auswahlliste der Eintrag G = f(Vk, Ik)
ausgewählt werden. In Abbildung 70 ist zu erkennen, dass die drei Anregepunkte (Vk,
Ik) außerhalb der Anregefläche liegen.

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6.3.8.3 U/I - Anregekennlinie


Um das Anregeverhalten, nach der in Abbildung 71 gezeigten U/I - Anregekennlinie,
einstellen zu können, muss im Einstelldialog des Schutzgerätes Registerkarte V<> & I>
zunächst der Einstellwert V<< aktiviert werden. Dies geschieht mit Hilfe der in Abbildung
72 markierten Checkbox (Quadrat Enabled). Im Anschluss daran kann der Einstellwert
V<< parametriert werden.

V
Vnom
3

V<<

V<
General Starting

I> I>> I
I nom

Abbildung 71: U/I - Anregekennlinie

Abbildung 72 zeigt den Einstelldialog des Schutzgerätes P5 Registerkarte V<> & I>, in
der die entsprechenden Einstellungen vorgenommen wurden. Um die U/I-Anrege-
kennlinie einzustellen, muss der Unterspannungsanregewert V<< freigegeben werden.
Dazu wird der Einstellwert Enabled im Feld V/I-Starting System aktiviert.

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Checkbox zum
Aktivieren des
Einstellwertes V<<

Einstellwert V<<

Abbildung 72: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P5 - Registerkarte V<> & I> - U/I – Anre-
gekennlinie

Die Anregekennlinie kann mit Hilfe der List of Protection Results als Diagramm Protec-
tion Analysis dargestellt werden. Dazu muss in der Auswahlliste der Eintrag G = f(Vk, Ik)
ausgewählt werden.

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Abbildung 73: U/I-Anregekennlinie mit Berechnungsergebnissen für den Kurzschluss ABCG

In Abbildung 73 ist zu erkennen, dass die drei Anregepunkte (Vk, Ik) innerhalb der An-
regefläche liegen.

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6.3.8.4 Erdstromanregung IG>


Zur Erkennung eines Fehlers gegen Erde wird die Erdstromanregung IG> verwendet.
Dieser Anregewert wird für jede der zuvor beschriebenen drei Anregekennlinien ein-
gestellt. Der Wert ist den jeweiligen Abbildungen der Einstelldialoge zu entnehmen.

Abbildung 74: Einstellung der Erdstromanregung IG>

Die Erdstromanregung wird verwendet, um eine Kurzschluss mit Erde zu erkennen. Das
ist insbesondere bei der Auswahl der Impedanzmessschleife des Distanzschutzes erfor-
derlich.

6.3.9 Zusätzliche Schutzfunktionen


Parallel zum Distanzschutz als Hauptschutz können die, in den folgenden Kapiteln er-
läuterten Schutzfunktionen aktiviert und mit einer eigenen Staffelzeit parametriert wer-
den. Die zusätzlichen Schutzfunktionen werden nur kurz eingeleitet und nicht ausführ-
lich erklärt, da sie zum Anwenden des Distanzschutzes nicht zwingend notwendig sind.

Ist eine Staffelzeit der Schutzfunktionen eingestellt und aktiv, so wird nach Ablauf der
Staffelzeit ein AUS-Kommando der Schutzfunktion an der verbundenen Leistungsschal-
ter ausgegeben (ODER-Verknüpfung).

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6.3.9.1 Überspannungsschutz U> und Unterspannungsschutz U<


Der Überspannungsschutz und Unterspannungsschutz können getrennt voneinander
mit der entsprechenden Checkbox (siehe Abbildung 75) im Einstelldialog des Distanz-
schutzgerätes in der Registerkarte V<> & I> aktiviert werden. Mit der Aktivierung wird
das Editierfeld der zugehörigen Zeitstufe freigeschaltet und kann nun verändert wer-
den.

Es ist zu beachten, dass der eingestellte Wert für die Unterspannungsanre-


geschwelle V< gleichzeitig zum Unterspannungsschutz auch für das Anre-
gesystem des Distanzschutzes (z.B. für die U/I-Anregekennlinie) verwendet
wird.

Aktivieren des
Über- bzw. Unter-
spannungsschutz
Über- und Unter-
spannungsschutz

Abbildung 75: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P5 - Registerkarte V<> & I> - V> - und
V< - Schutz

Durch die Aktivierung des Über- und Unterspannungsschutzes werden die Editierfelder
der Zeitstufen TV> und TV< freigeschaltet und können eingestellt werden. Nach Ablauf
der Zeitstufen wird ein AUS-Kommando an den verbundenen Leistungsschalter ausge-
geben.

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6.3.9.2 Abhängiger Überstromzeitschutz (AMZ) Inverse-Time Overcurrent IDMT


Es ist möglich parallel zum Distanzschutz einen abhängigen Überstromzeitschutz zu ak-
tivieren, in dem im Einstelldialog des Distanzschutzgerätes in der Registerkarte V<> & I>
die Checkbox Inverse-Time Overcurrent (IDMT) ausgewählt wird. Die entsprechenden
Einstellungen können im gleichen Einstelldialog in der Registerkarte IDMT vorgenom-
men werden.

Checkbox zum
Aktivieren des
AMZ - Zusatzschutzes

Abbildung 76: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P5 Registerkarte V<> & I> - AMZ – Schutz

Die Einstellwerte des AMZ-Schutzes werden in der Registerkarte IDMT eingestellt. Es


muss darauf geachtet werden, den Bezugsstrom Iref korrekt einzustellen. Es wird emp-
fohlen, diesen Strom durch einen Left Mouse Button Click auf den Button Iref = Inom
gleich dem primären Nennstrom Inom des Anregesystems in der Registerkarte General
Technical Data einzustellen.

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Einstellen des
Bezugsstroms
Iref

Abbildung 77: Einstellwerte für den AMZ-Schutz Inverse-Time Overcurrent IDMT

Die Kennlinie kann mit Hilfe der Auswahl des Netzschutzgerätes in der List of Protection
Results als Diagramm Protection Results angezeigt werden. Dazu muss in der Auswahl-
liste der Einstellwert Tidmt=f(ik) eingestellt werden. Die berechneten Werte (Vk, Ik) wer-
den im Diagramm angezeigt.

Abbildung 78: Protection Analysis Results - Anzeige der AMZ – Kennlinie

Seite 85 von 120 Seiten


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6.3.9.3 Ungerichtete und gerichtete Endzeitstufen


In der Registerkarte V<> & I> sind Einstellmöglichkeiten für mehrere I>-Stufen vorhan-
den. Die erste Überstromzeitschutzstufe in Zeile Nr. 1 wird als ungerichtete Überstrom-
anregung I>-Protection des Distanzschutzes verwendet und kann nicht mit einer eige-
nen Staffelzeit oder Kurzschlussrichtung eingestellt werden. Die Einstellwerte werden
automatisch aus den Einstellwerten I>-Protection übernommen.

Die weiteren Überstromzeitstufen I> der Zeilen Nr. 2..N können mit einer Kurzschlussrich-
tung Dir. und einer Staffelzeit t[ms] parametriert werden. Der Start dieser Überstromzeit-
stufen erfolgt

 entweder durch die zugehörige I>-Anregung I>


 oder durch das Anregesystem I>, U<> des Distanzschutzes
 oder durch die Unterimpedanzanregung.

Mit diesen Überstromzeitschutzstufen können die gerichtete Endzeitstufe und ungerich-


tete Endzeitstufe eines Distanzschutzes realisiert werden.

Einstellwert Bedeutung
Aktivierung einer Endzeitstufen (gilt nur für No. 2 und 3)
On  0 = ausgeschaltet
 1 = eingeschaltet
Anregeschwelle der Endzeitstufe bezogen auf den Nennstrom Inom
I>
des Netzschutzgerätes (nur für No. 2 & 3 parametrierbar)
t [ms] Staffelzeit der Endzeitzone (gilt nur für No. 2 und 3)

Richtung der Endzeitzone (gilt nur für No. 2 und 3)


 0 = ungerichtet
Dir.
 1 = vorwärts gerichtet
 2 = rückwärts gerichtet

Die Einstellwerte für die gerichtete und ungerichtete Endzeit sind in Abbildung 79 mar-
kiert. Die Zuordnung einer Endzeitstufe zu den Zeilen Nr. 2 oder 3 in der Liste ist wahlfrei
möglich.

Hinweise zum Start der Zeitstufen der Endzeitstufen

 Sollen die Endzeitstufen nicht durch die I>-Anregungen gestartet werden, so


müssen die I>-Anregewerte groß eingestellt werden z.B. I> = 1000In.

 Soll die Unterimpedanzanregung (Kapitel 0) die Zeitstufen nicht starten, so muss


die Unterimpedanzanregung in der Registerkarte Z< Det. deaktiviert werden.

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Einstellung gerich-
tete und ungerich-
tete Endzeit

Abbildung 79: Ungerichtete und gerichtete Endzeiten des Distanzschutzes

Wie in Abbildung 79 zu erkennen ist, wurden die ungerichtete Endzeitstufe (No. 2) und
die gerichtete Endzeitstufe (No.3) aktiviert On=1 und auf die Überstromanregeschwelle
I>= 2 Inom (Einstellwert Inom aus der Registerkarte General Data) eingestellt.

Die gerichtete Endzeit in Zeile No. 2 ist bzgl. der Kurzschlussrichtung Dir.=1 vorwärts ge-
richtet, die ungerichtete Endzeitstufe in Zeile No. 3 die Kurzschlussrichtung Dir.=0 un-
gerichtet eingestellt.

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6.3.9.4 Signalvergleichsschutz
Eine weitere parallel zum Distanzschutz ablaufende Schutzfunktion ist der Signalver-
gleich. Er wird im Einstelldialog des Distanzschutzes in der Registerkarte Signal durch
auswählen der Checkbox Enable Protective Signaling aktiviert (Abbildung 80). Zusätz-
lich müssen dort Einstellwerte eingestellt werden. Der Signalvergleich benötigt zur Funk-
tionsfähigkeit ein Netzschutzgerät in der Gegenstation Remote Station Protection Re-
lay, das von Hand oder mit Hilfe des Cursors grafisch ausgewählt werden kann.

Es wird empfohlen, das entsprechende Kapitel DIST: Signalvergleich des


Handbuches Einführung in ATPDesigner zu lesen.

Aktivieren des
Signalvergleichs-
schutzes für das
empfangende
Distanzschutzgerät

Abbildung 80: Signalvergleich für den Distanzschutz

Seite 88 von 120 Seiten


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6.3.9.5 Unterimpedanzanregung Z<


Das Unterimpedanzanregesystem kann im Sinne einer ODER-Verknüpfung zusätzlich zu
den anderen Teilanregesystemen des Distanzschutzes aktiviert werden. Diese wird im
Einstelldialog des Distanzschutzes in der Registerkarte Z< Det. durch auswählen der
Checkbox Enable Underimpedance Detection aktiviert. Zusätzlich sind die folgenden
Einstellwerte einzustellen.

Einstellwert Bedeutung
φ(Z) [°] Impedanzwinkel des zu schützenden Netzobjektes in Grad
X [Ohm] Sekundäre Reaktanz
R [Ohm] Sekundäre Resistanz
φ(Load) [°] Lastwinkel in Grad
RLoad [Ohm] Sekundäre Lastimpedanz

Aktivieren der
Unterimpedanz-
anregung

Abbildung 81: Einstelldialog Distanzschutzgerät Probe P5 - Registerkarte Z< Det.

Die Darstellung der Auslösekennlinie im Dialog Protection Analysis wird nach Aktivie-
rung der Unterimpedanzanregung durch die Kennlinie der Unterimpedanzanregung
ergänzt (Abbildung 82).

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Abbildung 82: Kennlinie der Unterimpedanzanregung

I>2
TI>2 0
iL123(t)
Ungerichtete
und
≥1
gerichtet
I>1 Endzeit
TI>1 0

Z< - Anregung L1E

Z< - Anregung L2E

Z< - Anregung L3E


≥1
Z< - Anregung L12 & Anregung Z<

Z< - Anregung L23

Z< - Anregung L13


Generalanregung
≥1
Distanzschutz
Fußpunktfreigabe IF>

Anregesystem
Distanzschutz

Abbildung 83: Unterimpedanzanregung und Generalanregung des Distanzschutzes

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Start der gerichteten und ungerichteten Endzeitstufen


Mit der Unterimpedanzanregung werden die Zeitstufen der gerichteten und ungerich-
teten Endzeitstufen gestartet. Die I> - Anregungen der gerichteten und ungerichteten
Endzeiten werden im Rahmen der Unterimpedanzanregung nicht beachtet.

Es wird empfohlen, das entsprechende Kapitel DIST: Unterimpedanzanre-


gung Z< des Handbuches Einführung in ATPDesigner zu lesen.

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6.3.10 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie


Die Ergebnisse der Netzberechnung und Netzschutzanalyse bei Verwendung von Dis-
tanzschutzgeräten sind für das Beispiel des Referenznetzes in Abbildung 84 dargestellt.
Die Ergebnisse der Netzschutzanalyse Generalanregung GEN und/oder AUS-Kom-
mando TRIP werden zusammen mit den Staffelzeiten und Messsystemen direkt in der
Netzgrafik dargestellt.

 Netzschutzgerät P4
Generalanregung, kein AUS-Kommando, im Reserveschutzfall: AUS-Kommando
nach 200ms in Impedanzzone 2,

 Netzschutzgerät P5
Generalanregung, AUS-Kommando nach 0ms in Impedanzzone 1

P4
P5
2 3
1 4

Abbildung 84: Ergebnisse der Netzberechnung im Referenznetz mit Distanzschutz

Die Bedeutung, der in Abbildung 84 dargestellten Schutzanalyseergebnisse ist in Kapi-


tel 6.1.5 beschrieben.

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Der Kurzschlussort wurde mit Hilfe des Short-Circuit als Kurzschlussart ABCG an die Lei-
tung 3 in einer Entfernung von 15% gelegt.

1. Auswahl der Kurzschlussart ABCG = 3-poliger Erdkurzschluss

2. Aktivieren des Short-Circuit Cursors , Positionierung des Cursors an Leitung 3,


„Ankleben“ des Kurzschlusses an die Leitung mit einem Left Mouse Button Click

3. Einstellen der Kurzschlussentfernung in % der Leitungslänge, Aktivierung der Kurz-


schlussentfernung durch einen Left Mouse Button Click auf die Zeichenfläche
der Netzgrafik

4. Der Kurzschluss Short-Circuit kann durch einen Left Mouse Button Click auf den

Button gelöscht werden.

Der Zeitstaffelplan und weitere Diagramme mit den Berechnungsergebnissen können


jetzt wie in Kapitel 6.1.4 erläutert geöffnet und eingestellt werden. Es ist die Anzeigeart
T=f(Xk, Tk) im Dialog Protection Analysis einzustellen.

Abbildung 85: List of Protection Results – Reaktionen der Netzschutzgeräte

Nach dem Öffnen des Dialogs List of Protection Results mit einem Left Mouse Button
Click auf den Button oder durch den Menüeintrag List of Protection Analysis Re-
sults im Hauptmenü Protection werden die Reaktionen der Netzschutzgeräte wie in
Abbildung 85 angezeigt.

 Netzschutzgerät P3 zeigt keine Reaktionen.

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 Netzschutzgerät P4 zeigt eine Generalanregung GEN, aber kein AUS-Komman-


do TRIP.

 Netzschutzgerät P5 zeigt eine Generalanregung GEN und ein AUS-Kommando


TRIP. Wie auch in der Netzgrafik in Abbildung 84 zu erkennen ist, löst P5 in Staf-
felzeit 0ms in Zone 1 aus. Wird die Liste nach rechts gescrollt, so werden zusätz-
liche Informationen wie z.B. die sekundäre und primäre Kurzschlussimpedanz
ausgegeben.

Es wird empfohlen, das entsprechende Kapitel Schutzanalyse: Ausgabe


der Ergebnisse der Schutzgeräte des Handbuches Einführung in ATPDesig-
ner zu lesen.

In dem Dialog List of Protection Results werden jetzt die Checkboxen der beiden Netz-
schutzgeräte P4 und P5 ausgewählt (Kreuz im Quadrat am Zeilenanfang). Nach er-
folgter Netzberechnung stellt sich der Zeitstaffelplan der Distanzschutzgeräte P4 und
P5, wie in Abbildung 86 gezeigt, dar. Der Zeitstaffelplan zeigt auch die gerichtete und
ungerichtete Endzeitstufe. Zusätzlich zum ursprünglichen Zeitstaffelplan ist nun eine
senkrechte rot gestrichelte Linie zu erkennen, die die gemessene Kurzschlussreaktanz
Xk bei dem gewählten Fehlerort darstellt. Die Schnittpunkte dieser Linie mit den Kenn-
linien der beiden Distanzschutzgeräte sind durch rote Kreuze markiert. Außerdem wer-
den in der linken oberen Ecke des Diagramms die Auslöse- beziehungsweise Anrege-
zeiten der Distanzschutzgeräte angegeben, sowie die zahlenmäßig von den Distanz-
schutzgeräten gemessene Kurzschlussimpedanz Zk.

Ungerichtete End-
zeitstufe

Gerichtete End-
zeitstufe

Abbildung 86: Protection Analysis – Zeitstaffelkennlinie der Netzschutzgeräte P4 und P5

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Nun wird die Auswahl der Netzschutzgeräte im Dialog List of Protection Results mit ei-
nem Left Mouse Button Click auf den Button Deselect All gelöscht. Danach wird nur
die Checkbox des Netzschutzgerätes P5 ausgewählt. Ggfs. muss die Netzberechnung

mit einem Left Mouse Button Click auf den Button neu ausgeführt werden.

Hinweis
Die Netzberechnung kann mit einem Left Mouse Button Click auf den But-

ton auch dann gestartet werden, wenn einer oder beide Dialoge List
of Protection Results oder Protection Analysis geöffnet sind.

Auswahl der
Netzschutzgeräte
löschen

Abbildung 87: List of Protection Results – Auswahl des Netzschutzgerätes Probe P5

Nach der Auswahl des Netzschutzgerätes P5 wird durch einen Left Mouse Button Click
die Zeitstaffelkennlinie im Dialog Protection Analysis angezeigt. Die Anzeige der Impe-
danzkennlinien erfolgt durch die Auswahl X=f(R).

Nach erfolgter Auswahl stellt sich die Impedanzkennlinie des Distanzschutzgeräte P5,
wie in Abbildung 88 gezeigt, dar. Zusätzlich zur ursprünglichen Auslösekennlinie ist nun,
in rot dargestellt, der Impedanzvektor der vom Distanzschutz P5 gemessenen Kurz-
schlussimpedanz Zk im Mitsystem zuerkennen. Der Impedanzvektor liegt im Falle des
Distanzschutzes P5 in der ersten Impedanzzone. Der zahlenmäßige Wert dieses Impe-
danzvektors wird in der rechten oberen Ecke des Diagrammes angezeigt.

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Abbildung 88: Protection Analysis – Impedanzzonen des Netzschutzgerätes Probe P5

Im nächsten Schritt wird im Dialog List of Protection Results das Netzschutzgerät Probe
P5 deaktiviert und das Netzschutzgerät Probe P4 aktiviert (Abbildung 89).

Abbildung 89: List of Protection Results – Auswahl des Netzschutzgerätes P4

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Die Impedanzkennlinie des Distanzschutzgeräte P4 stellt sich nach erfolgter Netzbe-


rechnung, wie in Abbildung 90 gezeigt, dar. Zusätzlich zur Impedanzkennlinie ist nun in
rot dargestellt der Impedanzvektor der vom Distanzschutz P4 gemessenen Kurzschlus-
simpedanz Zk im Mitsystem zu erkennen. Dieser Impedanzvektor liegt im Falle des Dis-
tanzschutzes P4 in der zweiten Impedanzzone.

Ggfs. muss die Netzberechnung mit einem Left Mouse Button Click auf den

Button neu ausgeführt werden, um den Impedanzvektor anzuzeigen.

Abbildung 90: Protection Analysis – Impedanzzonen des Netzschutzgerätes P4

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6.3.11 Blockschaltbild des Distanzschutzes


Nachfolgend in als Übersicht das Blockschaltbild des Distanzschutzes dargestellt.

Über- und
Unterspannungsschutz

uL123(t) 1)
5) TV< 0
V<
≥1 G:Zone/Verzögerungszeit/
Auslösezeit
3)
4)
2)
6) TV> 0
V>

iL123(t)
TAM
0
Z
AMZ
3)
Zone 1

Tzone
0
1

Zone 2
Einstelldialog
V<> & I>
T:Zone/
Tzone
≥1 Verzögerungszeit/
0
1) Auslösezeit
2
2)
Zone 3

Tzone
0
3

Anregesystem

Z< - Anregung
L1E
Z< - Anregung
L2E
Z< - Anregung Anregung Z<
L3E ≥1
Z< - Anregung &
L12
Z< - Anregung
L23 Generalanregung
Z< - Anregung 5) ≥1
Distanzschutz
L13
6)

Fußpunktfreigabe IF>

≥1

I>2
TI>2 0
Ungerichtete
und
≥1
gerichtete
I>1 Endzeit
TI>1 0

4)

Abbildung 91: Blockschaltbild des Distanzschutzes

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6.4 Schmelzsicherungen (FUSE)


Bei Schmelzsicherungen handelt es sich um Schutztechnik, die hauptsächlich, aber
nicht ausschließlich im Niederspannungsnetz eingesetzt wird. Diesbezüglich wird das
Referenznetz als Niederspannungsnetz parametriert. Hierzu werden folgende Daten
geändert:

Netzwerkelement Einstellwert Wert


Netzeinspeisung Nennspannung Vnom = 20 kVrms
Kurzschlussleistung Sk“ = 150 MVA
Messgerät P1 Nennspannung Vnom = 20 kV
Nennstrom Inom = 20 A
Transformator Bemessungsspannung Wicklung A VrA = 20 kV
Bemessungsspannung Wicklung B VrB = 0,4 kV
Nennspannung Wicklung A VnA = 20 kV
Nennspannung Wicklung B VnB = 0,4 kV
Bemessungsscheinleistung SrT = 0,4 MVA
Kurzschlussspannung uk = 4%
Kurzschlussverlustleistung Pk = 4,5 kW
Vektor Group Dyn5
Messgerät P2 Nennspannung Vnom = 0,4 kV
Nennstrom Inom = 600 A
Sammelschiene Bb1 - 3 Nennspannung Vnom = 0,4 kV
Messgerät P3 und P4 Nennspannung Vnom = 0,4 kV
Nennstrom Inom = 400 A
Leitung Line Model NAYY 4x150 0.4kV
Länge L = 0,25 km
Last Nennspannung Vn = 400 Vrms
Scheinleistung S = 0,01 MVA
Messgerät P5 Nennspannung Vnom = 0,4 kV
Nennstrom Inom = 250 A

Die Leerlaufverluste des Transformators werden im Niederspannungsnetz vernachläs-


sigt. Dies wird erreicht, in dem das Häkchen in der entsprechende Checkbox im Ein-
stelldialog des Transformators entfernt wird. Die Leitungen und Lasten im Netz besitzen
alle die gleichen Daten.

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6.4.1 Messgerät Probe als Schmelzsicherung definieren


Die Schutzfunktion der Schmelzsicherung wird den Messgeräten Probe P4 und P5 zu-
geordnet. Dies ist in Abbildung 92 dargestellt.

Einbauort der Schmelzsicherungen

Abbildung 92: Schmelzsicherung im Referenznetz

Abbildung 93 zeigt die Registerkarte General Data des zum Messgerät Probe P5 gehö-
renden Einstelldialoges. Durch die Auswahl Fuse im Einstellwert Protection wird die
Probe nun als Schmelzsicherung definiert (siehe Kapitel 6.1). Das zu schützende Be-
triebsmittel Equipment, sowie der zum Netzschutzgerät gehörige Leistungsschalter
CBreaker, werden mit Hilfe einer der in den Kapiteln 6.1.2 erläuterten Methoden zuge-
wiesen. Der Einstelldialog des Netzschutzgerätes wird nun durch einen Left Mouse But-
ton Click auf den Button Ok geschlossen, wodurch das grafische Symbol der Probe
aktualisiert und fortan als grafisches Symbol einer Schmelzsicherung im Zei-
chenbereich dargestellt wird.

Hinweis
In der Auswahlliste Equipment sind die Referenznamen der Betriebsmittel
enthalten, nicht die anwenderspezifischen Namen. Die Referenznamen
der Netzwerkelemente werden in der Kopfzeile der zugehörigen Einstelldi-
aloge angezeigt.

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Abbildung 93: Einstelldialog Probe P5 - Registerkarte General Data für eine Schmelzsicherung

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6.4.2 Auswahl der Schmelzkennlinie


Die Auswahl der Schmelzkennlinie erfolgt in der Registerkarte Fuse des Einstelldialoges
der Probe (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Zunächst ist darauf
zu achten, dass die Option Characteristic Tv = f(Ik) ausgewählt ist, da somit die Einstel-
lungen für die Berechnung eines stationären Netzzustandes durchgeführt werden kön-
nen. In der Registerkarte Fuse ist bei dieser Option bereits eine Default-Kennlinie vor-
handen. Die Daten dieser Kennlinie sind in der im Einstelldialog dargestellten Tabelle
zu finden. Ist eine andere Schmelzsicherung gewünscht, so stehen zwei Möglichkeiten
zur Einbindung der entsprechenden Kennlinie zur Verfügung:

1. Manuelle Eingabe einer Kennlinie in die Tabelle nach Betätigung des Button
Delete, der den Inhalt der Liste löscht
2. Einlesen eine Kennlinie mit Hilfe des Buttons Load als .csv-Datei aus dem Ver-
zeichnis C:\ATPDesigner\Exe\Fuse

Wird eine Kennlinie mit Hilfe des Buttons Load eingelesen, muss die einzule-
sende Datei eine .csv – Datei sein, deren Daten folgendes Format besitzen:

Die erste Zahl steht für die Höhe des Stromes in Ampere. Die zweite Zahl ent-
spricht der Auslösezeit bei entsprechendem Strom in Sekunden. Beide Zahlen
müssen voneinander mit einem Semikolon getrennt werden. Als Dezi-
maltrennzeichen ist es unbedingt notwendig einen Punkt zu verwenden, da
ATPDesigner im Falle eines Kommas ansonsten ein Tausendertrennzeichen er-
kennt. Am Ende jeder Zeile muss erneut ein Semikolon folgen.

Digitalisierte Kennlinien von Schmelzsicherungen


Das ATPDesigner Setup beinhaltet die digitalisierten Kennlinien einer großen Anzahl ty-
pischer Schmelzsicherungen. Die dazugehörenden .csv-Dateien werden im Verzeich-
nis C:\ATPDesigner\Exe\Fuse gespeichert.

In dem Einstelldialog der Probe P5 in Abbildung 94 wurde die Kennlinie einer Schmelz-
sicherung des Typs gG mit einem Nennstrom von 200A aus dem Verzeichnis C:\ATPDe-
signer\Exe\Fuse eingelesen (Dateiname: 200A_NH2_gG.csv).

1. Auswahl der Option Characteristic Tv = f (Ik)

2. Einlesen der Datei C:\ATPDesigner\Exe\Fuse\200A_NH2_gG.csv

3. Einstellen des Nennstromes Ir=200A

4. Einstellen des maximal unterbrechbaren Kurzschlussstromes Imax

Der Einstellwert I> für das Ansprechen der Schmelzsicherung wird von ATPDesigner aus
der Kennlinie unter Verwendung des Nennstromes berechnet.

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Tabelle mit Daten


der Schmelzkennlinie

Abbildung 94: Einstelldialog Schmelzsicherung Probe P5 - Registerkarte Fuse

Die Schutzfunktion des Messgerätes Probe P4 wird auf die gleiche Art eingerichtet. Es
wurde hier eine gG-Schmelzsicherung mit einem Nennstrom von 400A gewählt. Die
notwendigen Daten sind Abbildung 95 und Abbildung 96 zu entnehmen.

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Abbildung 95: Einstelldialog Probe P4 - Registerkarte General Data für eine Schmelzsicherung

Abbildung 96: Einstelldialog Schmelzsicherung Probe P6 - Registerkarte Fuse

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Wurden nun alle Einstellungen vorgenommen, stellt sich das gesamte Netz, wie in Ab-
bildung 97 gezeigt, dar.

Abbildung 97: Referenznetz mit Schmelzsicherungen Probe P4 und Probe P5

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6.4.3 Darstellung der Schmelzkennlinien in einem Diagramm


Die Auswahl der Netzschutzgeräte im Dialog List of Protection Results ist für den Dis-
tanzschutz in Kapitel 6.3.10 ausführlich erläutert worden. Es wird empfohlen, dieses Ka-
pitel zu lesen.

Wählt man im Dialog List of Protection Analysis Results die beiden Schmelzsicherungen
aus und lässt sich im Anschluss daran im Dialog Protection Analysis die Schmelzkennli-
nien mit der Auswahl Tv = f(Ik) darstellen (siehe Kapitel 6.1.4), so zeichnet ATPDesigner
das in Abbildung 98 gezeigte Diagramm in das Dialog Protection Analysis. In dieser
Abbildung ist sowohl die Toleranz der Schmelzsicherung, als auch die Selektivität zwi-
schen den beiden Schmelzsicherungen zu erkennen.

Abbildung 98: Protection Analysis – Kennlinie der Schmelzsicherungen P4 und P5

6.4.3.1 Toleranz der Schmelzsicherungskennlinie


Die Toleranz der Schmelzsicherung zeichnet sich als ein Bereich um die eigentliche
Schmelzkennlinie ab. Ihre Grenzen sind in Abbildung 98 durch rote, gestrichelte Linien
dargestellt. Die Toleranz kann im Einstelldialog des Schutzgerätes in der Registerkarte
Fuse mit Hilfe des Einstellwerts Tol verändert werden. Sie ist in den Grundeinstellungen
auf 10% voreingestellt.

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6.4.3.2 Selektivität der Kennlinien


Die Selektivität stellt sich in Abbildung 98 in Form des Abstandes zwischen den beiden
Kennlinien dar. Es ist sicherzustellen, dass ein genügend großer Abstand zwischen den
Kennlinien besteht.

6.4.4 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie


Die Ergebnisse einer Netzberechnung bei Verwendung von Schmelzsicherungen sind
für das Beispiel des Referenznetzes in Abbildung 99 dargestellt.

Abbildung 99: Ergebnisse der Netzberechnung im Referenznetz mit Schmelzsicherungen

Die Ergebnisse der Netzberechnung und Netzschutzanalyse sind für das Beispiel des
Referenznetzes in Abbildung 99 dargestellt. Die Ergebnisse der Netzschutzanalyse Ge-
neralanregung GEN und/oder AUS-Kommando TRIP werden zusammen mit den Staf-
felzeiten und Messsystemen direkt in der Netzgrafik dargestellt.

 Netzschutzgerät P4
Generalanregung, kein AUS-Kommando, im Reserveschutzfall: AUS-Kommando
nach 14,8s in den drei Leitern

 Netzschutzgerät P5
Generalanregung, AUS-Kommando nach 452ms in den drei Leitern

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Nachfolgend eine detaillierte Beschreibung der Darstellung in der Netzgrafik.

Abbildung 100: Ausgabe der Netzschutzanalyse in der Netzgrafik

Wird nun im Anschluss an die Netzberechnung die Schmelzkennlinien im Dialog Pro-


tection Analysis betrachtet, ist zu erkennen, dass dort

• zusätzlich senkrechte, gestrichelte Linien, die die Kurzschlussströme Ik markieren


und
• waagerechte gestrichelte Linien, um die zugehörende Auslösezeit Tv markieren,

dargestellt werden. Der Schnittpunkt mit den Schmelzkennlinien wird mit Hilfe eines
Kreuzes hervorgehoben.

Abbildung 101: Protection Analysis – Kennlinie der Schmelzsicherungen P4 und P5

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6.5 Differenzialschutzeinrichtungen (DIFF)


ATPDesigner ermöglicht es, einen Differenzialschutz mit zwei Strommessorten (2-Bein-
Differenzialschutz) für Leitungen und Transformatoren zu verwenden. Der Differenzial-
schutz wird leiterselektiv ausgeführt. Die leiterselektiven AUS-Kommandos werden zu
einem resultierenden AUS-Kommando verodert. Differenzialschutzeinrichtungen wer-
den in Schutzkonzepten auf zwei Arten verwendet:

1. den Differenzialschutz für Transformatoren

2. den Differenzialschutz für Leitungen

Im Folgenden wird die Konfiguration des Differenzialschutzes anhand des Transforma-


tordifferenzialschutzes erläutert. Die Vorgehensweise beim Konfigurieren und Einstellen
des Schutzkonzeptes ist für den Leitungsdifferenzialschutz identisch.

Abbildung 102: Differenzialschutz für Transformatoren im Referenznetz

Es wird empfohlen, das entsprechende Kapitel DIFF: Differenzialschutz des


Handbuches Einführung in ATPDesigner zu lesen.

In Abbildung 102 wird der 20/0,4kV-Transformator mit einem Transformatordifferenzial-


schutz geschützt. Der Differenzialschutz benötigt 3 Messgeräte Probe:

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Abbildung 103: Konfiguration für einen 2-Bein Transformatordifferentialschutz

Der Differenzialschutz benötigt drei Messgeräte Probe. In der Konfiguration in Abbil-


dung 103 sind es die Probe P1 und P2 als Messprobe und P6 als Probe für den Diffe-
renzialschutz.

 Messorte-Probe: Zwei Probe als Messorte M1 (Probe P1) und M2 (Probe P2) für
Messung der Leiterströme IL123 an den beiden OS- und US-seitigen Wicklungen
Als Messorte M1 und M2 können beliebige Probe verwendet werden, auch
wenn diese andere mess- oder schutztechnische Funktionen ausführen.

Hinweis

 Es wird empfohlen, die Messort-Probe M2 (Probe P2) als US-seitiger Mess-


ort, die Messort-Probe M1 (Probe P1) als OS-seitiger Messort zu verwen-
den.

 Die Nennspannungen Vnom der beiden Messort-Probe M1


und M2 müssen identisch mit den Bemessungswerten VrA und
VrB des zu schützenden Transformators eingestellt werden, da
sonst die Berechnung der Differenzial- und Halteströme feh-
lerhaft ist.

 Es wird empfohlen: Vnom M1 = VrA und Vnom M2 = VrB

 Differenzialschutz-Probe P6: Eine Probe zur


Ausführung des Differenzialschutzes
Diese Probe kann nur für die Ausführung des
Differenzialschutzes verwendet werden. Wir
die Schutzfunktion Differential Protection ein-
gestellt, so wird automatisch die Messfunktion
Vdiff eingestellt.

Für die Differenzialschutz-Probe P6 muss in der Registerkarte Gene-


ral Data unter dem Einstellwert Equipment der zu schützende Trans-
formator ausgewählt werden.

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Hinweis
Die Einstellwerte der Differenzialschutz-Probe P6 der Registerkarte General Data wie
z.B. Nennspannung Vnom oder Nennstrom Inom werden nicht verwendet.

Um einen Differenzialschutz im Referenznetz nutzen zu können, müssen folgende Än-


derungen am Netz vorgenommen werden (Abbildung 104):

1. Es muss ein zusätzlicher Schalter (Switch) im Anschluss an das Messgerät Probe


P2 in das Netz eingefügt werden.

2. Die Verbindungen zwischen den beiden Messgeräten Probe P1 und Probe P2


als Messorte-Probe und den zugeordneten Leistungsschaltern (Switch) herge-
stellt werden (Kapitel 6.1.2 und Kapitel 6.5.1).

3. Die Messrichtung des Messgerätes Probe P2 wird zum Transformator hin gerich-
tet geändert.

4. Ein zusätzliches Messgerät Probe P6 muss eingefügt werden (Kapitel 4.2.4), wel-
ches später als Differenzialschutzgerät (Differenzialschutz-Probe P6) verwendet
wird.

Um die korrekte Arbeitsweise des Differenzialschutzes sicherzustellen,


muss das zu schützende Betriebsmittel d.h. der Transformator oder die
Leitung im Einstelldialog der Probe mit dem Einstellwert Equipment oder
mit Hilfe des Buttons Equipment in der Schutzanalyse-Tabelle zugeord-
net werden.

zusätzlicher Schalter
(Switch) einfügen
Messrichtung
Probe P2 ändern

zusätzliches Messgerät Probe


P6 als Differenzialschutz

Abbildung 104: Veränderungen am Referenznetz für Differenzialschutz

Die Einstellwerte des neuen Messgerätes Probe P6 für Nennspannung Vnom = 110kV
und Nennstrom Inom = 600A in der Registerkarte General Data sind Abbildung 105 zu

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entnehmen. Es wird empfohlen, die Nenngrößen auf die OS-Wicklung bezogen auszu-
wählen.

Abbildung 105: Einstelldialog Messgerät Probe P6 - Registerkarte General Data

Wurden alle Änderungen durchgeführt, muss die Differenzialschutz-Probe P6 mit den


beiden Messorte-Probe P1 und P2 verbunden werden. Zunächst muss der Button Add
a new Measuring Line for a Probe mit einem Left Mouse Button Click dauerhaft ge-
drückt werden. Dadurch wird der grafische Konfigurationsmodus für die Messverbin-
dungen der Messorte-Probe mit der Differenzialschutz-Probe aktiviert.

Im Anschluss daran wird der Mauszeiger über dem rechten Anschlussknoten der Mess-
orte-Probe P1 positioniert, die linke Maustaste gedrückt und gehalten. Wird die Maus
nun bewegt, entsteht eine flexible gestrichelte Linie ausgehend vom Knoten der Mess-
orte-Probe P1 zum Cursor. Diese Linie wird zum linken Anschlussknoten der Differenzial-
schutz-Probe P6 geführt. Befindet sich die Maus über diesem Anschlussknoten, entsteht
ein größeres rotes Fadenkreuz. Durch Loslassen der linken Maustaste entsteht eine Ver-
bindung zwischen der Messorte-Probe P1 und der Differenzialschutz-Probe P6, die als
grüne Linie dargestellt wird.

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Die Vorgehensweise zum Verbinden der Differenzialschutz-Probe P6 mit der Messorte-


Probe P2 muss nun wiederholt werden. Das Ergebnis ist in Abbildung 106 dargestellt.

Abbildung 106: Verbindung des Messgerätes Probe P6 mit den Messorten Probe P1 und P2

6.5.1 Konfiguration des Differenzialschutzes


Die Schutzfunktion des Differenzialschutzes wird dem Messgerät Probe P6 zugeordnet.
Dies ist in Abbildung 107 dargestellt.

Einbauort des Differenzialschutzes

Abbildung 107: Differenzialschutz im Referenznetz

Abbildung 109 zeigt die Registerkarte General Data des Einstelldialogs der Differenzi-
alschutz-Probe P6. Durch die Auswahl Differential Protection im Einstellwert Protection
wird das Messgerät nun als Differenzialschutz definiert (siehe Kapitel 6.1). Das zu schüt-
zende Betriebsmittel Equipment, in diesem Fall der Transformator kann mit Hilfe des Re-
ferenznamens Tra 1 in der Liste ausgewählt werden. Die Zuordnung kann im Dialog List
of Protection Results mit Hilfe des Buttons Equipment automatisch ermittelt werden (Ka-
pitel 6.1.3).

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Abbildung 108: Automatische Identifikation des zu schützenden Betriebsmittels

Hinweis
Wird das zu schützende Betriebsmittel in der Registerkarte General Data
mit dem Einstellwert Equipment ausgewählt, so muss der Referenzname
nicht der anwenderspezifische Name des Betriebsmittels bekannt sein. Der
Referenzname eines Betriebsmittels kann in dessen Einstelldialog, der z.B.
mit einem Left Mouse Button Double Click auf das grafische Symbol des Betriebsmittels
geöffnet werden kann, in der Kopfzeile ermittelt werden.

Die Zuordnung eines Schalters für die Differenzialschutz-Probe P6 ist nicht erforderlich.

Der Einstelldialog des Schutzgerätes (Differenzialschutz-Probe P6) wird nun durch einen
Left Mouse Button Click auf den Button Ok geschlossen, wodurch das grafisch Symbol
der Differenzialschutz-Probe P6 aktualisiert und als Differenzialschutz im Zei-
chenbereich dargestellt wird.

Durch die Auswahl der Schutzfunktion Differential Protection wird der Operating Mode
der Differenzialschutz-Probe P6 auf den Wert Vdiff eingestellt und deaktiviert (Abbil-
dung 109).

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Abbildung 109: Einstelldialog Messgerät Probe P6 - Registerkarte General Data

Die Einstellwerte für die Messstellen Measuring Locations M1 und M2 und den Referenz-
strom Iref sind im Einstelldialog des Messgerätes Probe P6 (Abbildung 110) der Register-
karte Differential dargestellt.

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Abbildung 110: Einstelldialog Messgerät Probe P6 - Registerkarte Differential

Wurden nun alle Einstellungen vorgenommen, stellt sich das gesamte Netz, wie in Ab-
bildung 111 gezeigt, dar.

Abbildung 111: Referenznetz mit Differenzialschutz

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6.5.2 Auslösekennlinie
Wird im Dialog List of Protection Analysis Results ein Differenzialschutzgerät ausgewählt
und im Anschluss daran im Dialog Protection Analysis die Auslösekennlinie mit dem
Einstellwert Id=f(Ir) dargestellt (siehe Kapitel 6.1.5), erhält man das in Abbildung 112
dargestellte Diagramm. Hierbei ist der Rest- bzw. Haltstrom (Ir bzw. Ih) auf der x-Achse
und der Differenzstrom Id auf der y-Achse aufgetragen. Die blaue Auslösekennlinie
trennt den Sperrbereich rechts vom Auslösebereich links. Die rote gestrichelte Linie
stellt die Auslösekennlinie bei einseitiger Einspeisung dar.

Abbildung 112: Dialog Protection Analysis – Auslösekennlinie Differential Protection

Die Auslösekennlinie in Abbildung 112 wird durch die Einstellwerte im Einstelldialog


der Registerkarte Differential definiert. Die Kennlinie ist im Kapitel DIFF: Differenzial-
schutz des Handbuches Einführung in ATPDesigner erläutert.

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6.5.3 Schutzanalyseergebnisse und Auslösekennlinie


Die Ergebnisse der Netzberechnung und Netzschutzanalyse stellen sich bei der Ver-
wendung von Differenzialschutzgeräten, wie in Abbildung 113 gezeigt, dar. Es handelt
sich hier um einen innenliegenden Kurzschluss d.h. einen Kurzschluss, der in der Schutz-
zone des Differenzialschutzes liegt. Die Schutzzone des Differenzialschutzes wird durch
die beiden Messort-Probe P1 und P2 eingegrenzt.

Abbildung 113: Netzberechnung mit Differenzialschutz – Innenliegender Kurzschluss

Die Ergebnisse der Netzschutzanalyse werden in der Netzgrafik direkt angezeigt. ES er-
folgte ein AUS-Kommando T durch den Differenzialschutz Id nach 0ms.

Abbildung 114: Ausgabe der Netzschutzanalyse in der Netzgrafik

Bei der Betrachtung der Auslösekennlinien im Dialogfenster Protection Analysis nach


erfolgter Netzberechnung ist zu erkennen, dass dort

 zusätzlich waagerechte, gestrichelte Linien, die den Differenzstrom Id markieren


und

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 senkrechte, gestrichelte Linien, die die dazugehörige Höhe des Rest- bzw. Hal-
testromes Ir bzw. Ih markieren,

dargestellt werden. Der Schnittpunkt mit der Auslösekennlinie wird mit Hilfe eines Kreu-
zes hervorgehoben. In der oberen rechten Ecke des Diagrammbereiches werden die
Zahlenwerte der beiden Ströme Id und Ih leiterselektiv dargestellt. Es ist zu erkennen,
dass die Messwerte (Id, Ir) für den innenliegenden Kurzschluss nach Abbildung 113 im
Auslösebereich oberhalb der Auslösekennlinie liegen.

Abbildung 115: Protection Analysis – Auslösekennlinie des Differenzialschutz P6

Es ist zu erkennen, dass die Messwerte (Id, Ir) für den außenliegenden Kurzschluss d.h.
einen Kurzschluss außerhalb der Schutzzone des Differenzialschutzes nach Abbildung
113 im Sperrbereich unterhalb der Auslösekennlinie liegen.

Abbildung 116: Netzberechnung mit Differenzialschutz – Außenliegender Kurzschluss

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Abbildung 117: Protection Analysis – Auslösekennlinie des Differenzialschutz P6

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