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[…]
Einflussfaktoren auf den Spracherwerb DaZ
Faktoren des Sprachgebrauchs:
• Umfang und Art des Inputs, Verwendung der Sprache mit ErstsprachlerInnen,
Verfahren der Bedeutungssicherung im Diskurs und reparative Maßnahmen
• sprachbezogene Faktoren: Sprachliche Wissensbestände der LernerInnen (L1, L2,
L3…) und Grad der typologischen Unterschiede zwischen den beteiligten Sprachen
• interne Faktoren: Fragen der Motivation und Einstellung, altersgemäße
Sprachfähigkeit etc.
• externe Faktoren: Handlungsabsichten und –alternativen (z.B. Aufenthaltsstatus,
Dauer der Niederlassung etc.), Bildungserfahrung in der Familie, Wohnsituation,
Netzwerke und Kontakte mit der Zielsprache
• gezielte Fördermaßnahmen
Critical-Period-Hypothese
—> je früher der Erwerb des Deutschen als Zweitsprache beginnt, desto ähnlicher ist
der DaZ-Erwerb zum Erwerb des Deutschen als (alleinige) Erstsprache (vgl. BMBF
2008)
„Die neurophysiologische Annahme Lennebergs (critical period hypothesis, 1967),
nach der es nur in einer bestimmten Phase der frühen Kindheit möglich sei, Sprachen
ohne großen Aufwand zu lernen, ist in dieser Einfachheit sicher nicht korrekt.
Richtig ist, dass das menschliche Gehirn weit über die Pubertät hinaus lernfähig ist.
[…] So sind in Bezug auf systematisch-analytische Lernstrategien, vor allem in
gesteuerten Situationen, ältere Lernende gegenüber jüngeren im Vorteil. In einer
Reihe von Studien konnte gezeigt werden, dass Jugendliche und Erwachsene beim
Wortschatzlernen Kindern überlegen sind. Andererseits sind Kinder für intuitiv
ganzheitliche Vorgehensweisen offener, wie sie für natürliche Erwerbssituationen
kennzeichnend sind. Unbestritten ist, dass Kindern der Erwerb der Aussprache
leichter fällt; Erwachsene sind in ihren motorischen Prozessen festgelegter (Wode,
1992, S. 214). Diese Fähigkeit sagt jedoch relativ wenig über semantische oder
grammatische Entwicklungspotentiale aus. Vielmehr besteht im Gegenzug die
Gefahr, dass Kinder aufgrund ihrer akzentfreien Aussprache überschätzt
werden, was zu einer Überbewertung ihrer sprachlichen Fähigkeiten führen
kann (vgl. Apeltauer, 1992).
Zusammenfassung Spracherwerb
Sprachaneignung ist ein eigenaktiver Prozess, in den genetische, kognitive und
interaktive Ressourcen zusammenwirken: aus der Struktur den Inputs werden
Regeln gewonnen (genetisch), aus der Umgang mit der gegenständlichen Welt
werden semantische Konzepte gebildet (kognitiv) und aus den Interaktionen wird
die Funktionalität sprachlichen und kommunikativen Handels abgeleitet
(interaktiv und emotional)
Zweitspracherwerbstheorien – Überblick
1. Kontrastivhypothese (Lado 1957, Ferguson 1962) “Der Erwerb der
Zweitsprache wird durch die Strukturen der bereits erlernten Sprache
bestimmt.”
- ähnliche Struktur 㱺 “positiver Transfer”
- andere Struktur 㱺 “Interferenz”
2. Identitätshypothese (Ervin-Tripp 1974) “Der Zweitspracherwerb verläuft im
Wesentlichen wie der Erstspracherwerb”
3. Interlanguage-Hypothese (Selinker 1972) “L2-Erwerb erfolgt über
systematischen Aufbau von Lernervarietäten”
4. Schwellenniveau-Hypothese (Cummins 1979) “kognitive Entwicklung und
Bildungserfolg sind von einem schriftkulturellen Ausbau beider Sprachen
abhängig”
Kontrastivhypothese
“Der Erwerb der Zweitsprache wird durch die Strukturen der bereits erlernten
Sprache bestimmt.”
Identitätshypothese
“Der Zweitspracherwerb verläuft im Wesentlichen wie der Erstspracherwerb”
In Abgrenzung zur Kontrastivhypothese wurde die Identitätshypothese formuliert.
Nach einer starken Version folgt der Erwerb verschiedener Sprachen den
gleichen Gesetzmäßigkeiten: Da alle Sprachen auf der Basis angeborener Strukturen
und Prozesse gelernt werden (im Sinne Chomskys), spielt es kaum eine Rolle, ob
bereits eine Sprache gelernt wurde oder nicht. In jedem Fall wird die zu erlernende
Sprache nachkonstruiert, indem die lernende Person Hypothesen bildet, überprüft und
revidiert. Dabei sind Fehlleistungen produktive Zwischenschritte und nicht mit
der Struktur bereits gelernter Sprachen erklärbar. In einer schwachen Version wird
davon ausgegangen, dass sich der Erwerb verschiedener Sprachen in wesentlichen
Zügen ähnelt. (vgl. Jeuk 2015)
Spracherwerbstheorien — Konsequenz
„Kein Erklärungsansatz bezieht sich auf den Zweitspracherwerb von Kindern und
Jugendlichen im Kontext von Migration. Einige Einsichten können jedoch aus der
Betrachtung der Hypothesen geschlossen werden: Werden Normabweichungen im
Zweitspracherwerb als legitime Zwischenstufen betrachtet, wie in der
Interlanguage-Hypothese vorgeschlagen, hat dies didaktische Konsequenzen: In
schulischen Kontexten ist die Lehrkraft aufgefordert, mögliche Fehlbildungen
der Kinder als Merkmal ihrer Lernersprache zu akzeptieren. Darüber hinaus
wird nicht nur das psycholinguistische System, sondern das gesamte Lernerverhalten
betrachtet. Dazu gehört die Fähigkeit, in der Zweitsprache zu kommunizieren.
Lernende setzen Kommunikationsstrategien ein, um das begrenzte zur Verfügung
stehende Wissen der Zielsprache möglichst effektiv zu nutzen. Hierzu gehören, je
nach Alter und Lernkontext, auch Bezüge zu den bereits gelernten Sprachen […]. Ein
weiterer Aspekt ist die Frage, inwieweit Erwerbsverläufe so beschrieben werden
können, dass Phasenmodelle entstehen, an denen sich die Lehrkraft orientieren kann
[…].“ (Jeuk 2015: 43)
phonische Basisqualifikationen:
• Differenzierung und Produktion von Lauten
• Grundlage zur Differenzierung von Wörtern
• bei Zweitspracherwerb Vorteil für Kinder bis ca. 6 Jahre
pragmatische Basisqualifikationen:
• Handlungsziele erkennen
• angemessener Einsatz
semantische Basisqualifikationen:
• Wortschatzerwerb
• Verständnis von Wörtern
• Wortbildungsmöglichkeiten
• Bildung Ober-/ Unterbegriffe
• Metaphern
morphologisch - syntaktische Basisqualifikationen:
• während der ersten 6 Jahre außer Passiv und Genetiv
diskursive Basisqualifikationen:
• Erzählfähigkeiten
• Sprecherwechsel
• Fähigkeit zum komplexen zweckgerichteten sprachlichen Handeln
literale Basisqualifikationen:
• Erkennen und Produzieren von Schriftzeichen
• Orthographie
• Textualität
• Sprachbewusstheit