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Alphabetisierung und Bildung

• Die adligen Laien in Deutschland waren in der Regel Analphabeten.

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Alphabetisierung und Bildung
• Die adligen Laien in Deutschland waren in der Regel Analphabeten.
• Ausnahmen:
Nachgeborene Söhne, die zunächst für eine geistliche Laufbahn
vorgesehen waren und daher eine formale Bildung erhielten;
Frauen, die oftmals über eine literarische und künstlerische Bildung
verfügten

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Alphabetisierung und Bildung
• Die adligen Laien in Deutschland waren in der Regel Analphabeten.
• Ausnahmen:
Nachgeborene Söhne, die zunächst für eine geistliche Laufbahn
vorgesehen waren und daher eine formale Bildung erhielten;
Frauen, die oftmals über eine literarische und künstlerische Bildung
verfügten
• Literaturproduzenten: Unterscheidung zwischen
Epikern/Romanautoren (litterati/clerici) einerseits und Lyrikern
(bisweilen Illiteraten) andererseits

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Mündlichkeit und Schriftlichkeit
• Spezifische „Mischung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ für den
„Literaturbetrieb der höfischen Zeit“ charakteristisch (Bumke,
Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter, S. 38)
• Aufnahme literarischer Texte durch Vorlesen und Hören bei
fehlender Lesekompetenz der Rezipienten („neuer Typ von
Literatur“: Bumke, Höfische Kultur, S. 609)
• Daneben traditionelle literarische Formen, die von jeher schriftlos
existierten (,mündliche Literatur‘)

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Mündlichkeit und Schriftlichkeit
• Spezifische „Mischung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ für den
„Literaturbetrieb der höfischen Zeit“ charakteristisch (Bumke,
Geschichte der deutschen Literatur, S. 38)
• Aufnahme literarischer Texte durch Vorlesen und Hören bei
fehlender Lesekompetenz der Rezipienten („neuer Typ von
Literatur“: Bumke, Höfische Kultur, S. 609)
• Daneben traditionelle literarische Formen, die von jeher schriftlos
existierten (,mündliche Literatur‘)
• Beobachtungen von Milman Perry und Albert B. Lord über die
Eigenart mündlicher Dichtung (,oral poetry‘),
• Grundlage: serbokroatische Epik des 20. Jh.

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Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Merkmale mündlicher Literatur (Erzähler, Textualität, Entstehung):
• Der mündliche Erzähler trat als Sänger auf. Er wollte nicht – wie die Dichter, die
schriftlich arbeiteten – ein Werk schaffen, sondern er wollte eine
Erzähltradition fortsetzen. Häufig war Anonymität ein Kennzeichen mündlicher
Überlieferung. Der Maßstab, an dem die Leistung des Sängers gemessen
wurde, war die richtige Wiedergabe. Richtig war, was der Tradition entsprach.
• Das mündliche Epos war kein im Wortlaut festgelegter Text, sondern ein
unfestes, variables Gebilde, das immer wieder anders und neu erzählt wurde,
wie wir es noch beim Witz kennen.
• Eine mündliche Erzählung bestand aus Versatzstücken, die der Sänger im
Umgang mit der Tradition erlernt hatte. Die Anzahl dieser vorgegebenen
Erzählformeln war begrenzt.
• Mündliche Werke sind nicht erst gedichtet und dann vorgetragen worden.
Entstehung und Aufführung fielen zusammen. Das Werk entstand im Vortrag,
wobei die Bedingungen der Vortragssituation in das Werk selbst eingingen und
sich zum Beispiel in der wechselnden Länge und der wechselnden
Akzentuierung bestimmter Themen niederschlug.

Bumke, Höfische Kultur, S. 610f.


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Literatur der höfischen Klassik

• Leitgattungen: Minnesang und Roman


• Innovationen:
• Stil: stets regelhafterer Wechsel von Hebung und
Senkung im Bereich des Verses, reiner Reim,
hinsichtlich der Sprachgestalt Tendenz zu einer
Literatursprache (,Höfische Dichtersprache‘)
• Stoffe: Minne und Aventiure

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Literatur der höfischen Klassik

• Minne

Als die große dichterische Metapher für das, was den Menschen
frei setzt, was ihn vollenden, ins Ganze binden und beglücken –
aber auch zerstören – kann, erscheint die Liebe – die ,Minne‘ in
ihren verschiedenen, spannungsreichen Möglichkeiten, als
bestürzendes, noch kaum verstandenes Ereignis, als Abglanz
oder riskante Analogie geistlicher Liebe, als anagogisch-
erzieherische Macht, als mystischer Liebestod.

Wehrli, Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter, S. 243

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Literatur der höfischen Klassik
• Âventiure
Im Mittelhochdeutschen wie im Altfranzösischen meint das Wort âventiure
einen gefährlichen Zwischenfall, der für jeden Ritter, der auf sich hält, eine
Herausforderung darstellt, der er nicht widerstehen kann. Aber es meint auch,
seiner etymologischen Grundbedeutung entsprechend: ,etwas, das
unvorhergesehen auf einen zukommt, ,Zufall‘. Das Zufällige dieses Risikos, das
einem zustößt, gehört zum Begriffskern von âventiure […] Das blinde Wagnis
und den unprovozierten Angriff auf unbekannte Gegner (die man attackiert,
bloß weil sie da sind): das bringt erst der höfische, vor allem der arthurische
Roman. Oft, aber keineswegs immer, erweist sich das Bestehen des
Abenteuers am Ende doch als sinnvoll (z.B. als Hilfe für Bedrängte). Aber das
ändert wenig an dem Sachverhalt, denn der Sinn wird erst im nachhinein
enthüllt, und es bleiben als ursprüngliche Beweggründe nur bedingungslose
Tapferkeit, furchtlose Neugier, vielleicht eine allgemeine Nächstenliebe.

Johnson, Die höfische Literatur der Blütezeit, S. 17f.

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Literatur der höfischen Klassik
• Ritter
Das mhd. Wort rîter oder ritter scheint früh zwei Bedeutungskerne enthalten zu
haben: die Idee des Dienstes und die Vorstellung des berittenen Kriegers mit
Panzer. Im Laufe des 12. Jahrhunderts verdrängt es allmählich ältere
Bezeichnungen (degen, recke, wîgant) und wird während der Blütezeit zur
vorherrschenden Bezeichnung für den berittenen, gepanzerten Krieger.
Gleichzeitig ändert sich offenbar etwas am Wort selbst. Es wird allmählich zu
einem idealisierenden, fast ideologischen Begriff; und es dehnt seinen
Anwendungsbereich über den Kreis der wirklich dienenden (unfreien und
halbfreien) Krieger und Ministerialen auf den Adel aus.
Johnson, Die höfische Literatur der Blütezeit, S. 22

Der Terminus mag auf eine integrierte neue Gesellschaft zu beziehen sein und
mehr auf einen ,Erziehungs- und Bildungsgedanken‘ als auf einen faktischen Stand
(Bumke) zielen.
Wehrli, Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter, S. 238

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Mäzenatentum
Hermann I., Landgraf von Thüringen († 1217)
• wohl der bedeutendste Literaturförderer um 1200
• Drei große Epen sind nachweislich in seinem Auftrag entstanden: Veldekes
,Eneit‘, Herborts ,Trojanerkrieg‘ und Wolframs ,Willehalm‘. Für mehrere andere
Werke, die keine Gönnernamen enthalten, wird eine Verbindung zu Hermann
von Thüringen vermutet: die Bearbeitung von Ovids ,Metamorphosen‘ durch
Albrecht von Halberstadt, die anonymen Epen ,Graf Rudolf‘ und ,Athis und
Prophilias‘ und eine Pilatuslegende.
• Außerdem blühte die Lyrik in Thüringen: Walther von der Vogelweide gehörte
zeitweilig zum Hofstaat des Landgrafen […], vielleicht auch Heinrich von
Morungen. […] Wie sehr der Literaturbetrieb des Thüringer Hofs von der
Persönlichkeit des Landgrafen Hermann geprägt wurde, ist daran zu erkennen,
daß sein Tod im Jahr 1217 eine deutliche Zäsur gesetzt hat. Unter Ludwig IV.
(† 1227) und seiner frommen Gemahlin, der heiligen Elisabeth († 1231), scheint
sich ein anderer Literaturgeschmack durchgesetzt zu haben. Von Minnesang
und höfischer Epik ist aus dieser Zeit nichts mehr zu hören.

Bumke, Höfische Kultur, S. 662f.


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Mäzenatentum
Wolfger von Erla, Bischof von Passau († 1218)
• Lob durch Walther von der Vogelweide (als Zeugnis seines
Mäzenatentums)
• weiterhin wohl auch Gönner des Minnesängers Albrecht von Johansdorf
sowie des auf Deutsch dichtenden ital. Klerikers Thomasin von Zerklaere
(,Welscher Gast‘)
• Womöglich ist auch die Niederschrift des ,Nibelungenliedes‘ mit Wolfger
und dem Passauer Bischofshof in Verbindung zu bringen.

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Mäzenatentum
Wolfger von Erla, Bischof von Passau († 1218)
• Lob durch Walther von der Vogelweide (als Zeugnis seines
Mäzenatentums)
• weiterhin wohl auch Gönner des Minnesängers Albrecht von Johansdorf
sowie des auf Deutsch dichtenden ital. Klerikers Thomasin von Zerklaere
(,Welscher Gast‘)
• Womöglich ist auch die Niederschrift des ,Nibelungenliedes‘ mit Wolfger
und dem Passauer Bischofshof in Verbindung zu bringen.
• Eintrag in Wolfgers Rechnungsbuch zum 12. Nov. 1203 (zit. nach Johnson,
Die höf. Literatur der Blütezeit, S. 41): Sequenti die [= post sanctum
Martinum] apud Zei[zenmurum] Walthero cantori de Vogelweide pro
pellicio .v. sol. longos (,Am folgenden Tag [d.h. nach Martini, also am 12.
November 1203] in der Nähe von Zeiselmauer dem Sänger Walther von
der Vogelweide fünf Doppelschillinge für einen Pelzrock‘).

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Literatur
Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter,
8. Aufl., München 1997.
Bumke, Joachim: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter, 4.,
aktualisierte Aufl., München 2000.
Johnson, L. Peter: Die höfische Literatur der Blütezeit (1160/70-1220/30),
Tübingen 1999 (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum
Beginn der Neuzeit II/1).
Wehrli, Max: Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter. Von den Anfängen
bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, 3., bibliogr. erneuerte Aufl., Stuttgart 1997, S.
237-243.

© Christian Seebald

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