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ERSTE HILFE OUTDOOR |

PRAXISANLEITUNG FÜR OUTDOOR-NOTFÄLLE

MMAG. DANIELA BLÜML, MSC


Fragen und Anregungen an: dblueml@gmail.com
Version 2.3 | Mai 2020 | ERC Guidelines 2015 - 2020

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INHALT

Vorwort ..................................................................................................................................... 3

1. Unfallprävention & Notfallmanagement ......................................................................... 4

1.1. UNFALLPRÄVENTION ............................................................................................... 6

1.2. NOTFALLMANAGEMENT .......................................................................................... 9

2. Notruf................................................................................................................................15

2.1. Hilfreiche Apps ..........................................................................................................16

2.2. Standort .....................................................................................................................16

2.3. Hubschrauber ............................................................................................................17

3. Notfallcheck & Wiederbelebung .....................................................................................19

3.1. Störungen des Bewusstseins ...................................................................................21

3.2. Atem- Kreislauf- Stillstand........................................................................................22

4. Verlegung der Atemwege | Ersticken..............................................................................24

5. Interne Notfälle ................................................................................................................25

5.1. Herzinfarkt .................................................................................................................25

5.2. Kollaps .......................................................................................................................26

5.3. Schlaganfall ...............................................................................................................26

5.4. Hypoglykämie - Unterzuckerung ..............................................................................27

5.5. Krampfanfall ..............................................................................................................28

5.6. Allergische Reaktion | Anaphylaktischer Schock.....................................................29

5.7. Asthmaanfall .............................................................................................................30

5.8. Hyperventilation | Panikattacke ................................................................................31

5.9. Unterkühlung ............................................................................................................32

5.10. Überhitzung | Sonnenstich....................................................................................33

6. Basismaßnahmen ............................................................................................................35

6.1. Temperaturmanagement..........................................................................................35

6.2. Psychische Betreuung ..............................................................................................35

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6.3. Lagerung ...................................................................................................................36

6.1. Atmung erleichtern ...................................................................................................36

7. Starke Blutung..................................................................................................................37

7.1. Manueller Druck ........................................................................................................37

7.2. Druckverband ............................................................................................................37

8. Verletzungen & Wunden..................................................................................................41

8.1. Wundversorgung ......................................................................................................41

8.2. Tierbisse ....................................................................................................................42

8.3. Verbrennungen .........................................................................................................43

8.4. Erfrierungen ..............................................................................................................44

9. Sturzgeschehen................................................................................................................46

9.1. BODY-CHECK  Weiterführende Beurteilung ........................................................47

9.2. Knochen-, Gelenks- und Bänderverletzungen .........................................................48

9.3. Ruhigstellung von Extremitäten...............................................................................49

10. Lawinenunfall ...............................................................................................................53

11. Weiterführende Literatur ..............................................................................................55

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VORWORT

Diese „ERSTE HILFE OUTDOOR“-Anleitung ist als Lernunterlage und Erinnerungsstütze


konzipiert. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sollte bei Bedarf jedenfalls
durch zusätzliche Literatur ergänzt werden (siehe  weiterführende Literatur). Auch ersetzt
sie keinesfalls einen entsprechenden Erste-Hilfe-Kurs, bei dem die hier vorgestellten Inhalte
praktisch geübt werden. Aufgrund regelmäßiger Änderungen in der Ersten Hilfe ist es
darüber hinaus sehr ratsam Fort- und Weiterbildungen zu besuchen, um immer auf dem
aktuellen Stand zu sein.

Ich wünsche viele schöne und vor allem unfallfreie Stunden am Berg,

Daniela

Mai 2020

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1. UNFALLPRÄVENTION & NOTFALLMANAGEMENT

Bergwanderführer sind die ersten Ansprechpartner für Personen, die mit Freude an der
Bewegung, den alpinen Raum für sich entdecken wollen. Sie sind topmotiviert, bringen
aber in den meisten Fällen kaum Vorerfahrung mit. Dies betrifft nicht nur die
Tourenplanung, Routenwahl oder Steigtechnik. Selbst der eigene Körper und dessen
Leistungsfähigkeit können beim Wandern in den Bergen zum großen Rätsel werden.
Unerfahrene Wanderer wissen nicht wie sich ein Unterzucker unter Belastung anfühlt,
welche Auswirkungen ein verminderter Luftdruck in der Höhe auf Atmung und
Leistungsfähigkeit haben kann oder wie herausfordernd die klimatischen Bedingungen in
den Bergen sein können. Im Optimalfall wenden sie sich, aus dieser Unsicherheit heraus,
an eine fachkompetente Person.

Sollte es zum Schlimmsten kommen (Unfall, internistischer Notfall, etc.), wird von uns
Bergwanderführern zu Recht erwartet, dass wir die Gruppe durch die Notfallsituation leiten
und die entsprechenden Maßnahmen setzen werden. Dieser Umstand steht jedoch im
krassen Gegensatz zu der Tatsache, dass wir als BWFs keine umfassende medizinische
Notfallausbildung mitbringen. Die wenigsten von uns sind aktive Bergretter oder Sanitäter.
Aus diesem Grund soll dieser Teil der Ausbildung dazu dienen die wichtigsten Abläufe im
Notfallmanagement zu erlernen. Es geht darum Handlungsschemata zu üben, die adaptiv
an die jeweilige (Notfall)Situation angepasst werden können. Es geht nicht darum
Bergretter zu werden. Als Ersthelfer sollten wir Hilfe und Sicherheit geben!

Wenn wir als Bergwanderführer eine Gruppe führen, wird von uns erwartet Risiken zu
minimieren. Dies beginnt mit einer klar formulierten Ausschreibung und entsprechender
Tourenplanung sowie Ausrüstungskontrolle. Setzt sich während der Tour durch
aufmerksames Beobachten der Gruppe und stetiger Neubeurteilung der
Rahmenbedingungen fort. Und sollte es im schlimmsten Fall zu einem Notfall kommen ist
es notwendig die Situation rasch und kompetent zu beurteilen.

Das folgende Diagramm gibt einen Überblick über die wichtigsten Handlungsschritte:

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UNFALLPRÄVENTION & NOTFALLMANAGEMENT

Das Flow-Chart zeigt die wichtigsten Schritte hinsichtlich Unfallprävention & Notfallmanagement. Vor allem gute Vorbereitung ist enorm wichtig und kann viele
herausfordernde Situationen vermeiden.

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1.1. UNFALLPRÄVENTION

ERSTE-HILFE MATERIALIEN

Prinzipiell gibt es keine Richtlinie welche Erste-Hilfe Materialien am Berg mitzuführen sind. Erstrebenswert ist ein Kompromiss aus
Packmaß, Gewicht und benötigtem Material - je nach Gruppengröße, Schwierigkeit, Dauer und Abstiegsmöglichkeiten. Gerade als
Bergwanderführer sollten wir unserer Ausrüstung besonders große Beachtung schenken. Es ist enorm wichtig, die eigene Ausrüstung gut
zu kennen. Im Notfall erstmalig das innere des eignen Erste Hilfe Pakets zu erkunden ist höchst unprofessionell und vermittelt der Gruppe
und dem Patienten weder Kompetenz noch Sicherheit.

Deshalb gilt: Nimm nur mit womit du dich auskennst und überprüfe deine Erste-Hilfe-Ausrüstung regelmäßig. Im Notfall ist es zu spät!

Diese Minimalanforderung kann selbstverständlich beliebig erweitert werden.

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Dieses große Paket enthält neben den oben genannten Materialien noch zusätzliche Ideen, was auf einer Wanderung mitgeführt werden
kann. Es ist immer an Teilnehmerzahl, Witterung, Dauer, Schwierigkeitsgrad und andere Umgebungsfaktoren anzupassen.

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ABKLÄRUNG VOR TOURSTART

Fit für den Berg?

Nach Vorstellung der Tour ist es ratsam Gäste allgemein zu fragen ob sie Beschwerden
oder Erkrankungen haben, die während der Tour zum Problem werden könnten.
Gegebenenfalls kann auch nach Notfallmedikamenten gefragt werden (z.B. Asthmaspray,
Allergiemedikamenten, Herztabletten, Nitrospray, …)

Es hat sich bewährt den Gästen anzubieten die individuellen Herausforderungen unter vier
Augen zu besprechen.

Hintergrund

Wenn ein Gast über Beschwerden informiert, dann ist dieser normalerweise ein Experte
für seine eigene Erkrankung und kann im Notfall genaue Erste-Hilfe Anweisungen geben.

 Brustschmerzen bei Belastung, Asthma, chronische Bronchitis


o bei steilen bergauf Passagen Tempo anpassen
o Nitrospray oder Herzmedikamente werden oft vom Patienten mitgeführt
 Schwindel, Ohnmacht oder Kollapsneigung
o bei abschüssigem Gelände besondere Vorsicht
 Knochen- & Gelenksprobleme
o je nach Situation (häufig sind Knieschmerzen beim Bergabgehen – Stöcke
verwenden und Länge entsprechend anpassen)
 Krampfanfälle, Epilepsie
o bei abschüssigem Gelände besondere Vorsicht, ggf. keine Touren mit
erhöhter Absturzgefahr
 Diabetiker / Zuckerkrankheit
o gerade wenn die Person selten Sport macht kann durch die Belastung eine
ungewohnte Reaktion im Zuckerhaushalt eintreten – Gast motivieren sich
sofort zu melden, wenn Zuckersymptome auftreten und entsprechende
Snackpausen einlegen
 Notfallmedikamente
o Aufbewahrungsort und Einsatzindikation erklären lassen, um im Notfall
vorbereitet zu sein

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1.2. NOTFALLMANAGEMENT

Kommt es zu einer Notfallsituation steht die Situationsbeurteilung immer an erster Stelle.


Eine Möglichkeit ist die 3S-Regel anzuwenden.

SZENE - WELCHE SZENE BIETET SICH MIR?

Hier hilft es stehen zu bleiben, kurz durchzuatmen und sich umzuschauen. Was ist passiert
bzw. womit habe ich es zu tun? Ein Kollaps ist völlig anders zu handhaben aber ein Absturz
über ein Geröllfeld.

SICHERHEIT - BESTEHT GEFAHR FÜR MICH / PATIENT / GRUPPE?

Nach Einschätzung der Szene kann ich beurteilen wie die Sicherheitslage ist. Besteht
Gefahr für mich oder die Gruppe? Liegt der Patient in einer Gefahrenzone (z.B. Gefahr in
Verzug durch Steinschlag)? Wenn dies der Fall ist muss entschieden werden ob eine
Rettung aus der Gefahrenzone möglich ist. Die Rettung aus der Gefahrenzone kann dann
durch wegschleifen, wegtragen oder unterstütztes gehen erfolgen.

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Abtransport mit Rautek-Griff (Rettungsgriff)

Wegschleifen

Wegtragen mittels Tragering

Die Bilder dienen nur als Erinnerungsstütze. Jeder dieser Methoden sollte in einem Kurs
praktisch geübt werden. Erst in der Praxis wird klar welche Vor- und Nachteile sie haben
und welche Alternativen angewendet werden können.

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SITUATION - WAS GENAU IST PASSIERT?

Nachdem die Rettung aus der Gefahrenzone erfolgt ist widmet man sich der Situation. Wie
viele Verletzte gibt es? Wie war die Unfallmechanik? Welche offensichtlichen Verletzungen
kann ich erkennen?

Je nachdem ob es sich um einen INTERNEN NOTFALL oder um ein UNFALLGESCHEHEN


handelt sieht das weitere Vorgehen etwas anders aus.

Für gewöhnlich sind interne Notfälle nicht mit Gefahrenzonen oder einer heftigen
Unfallmechanik verknüpft. Unter internen Notfällen versteht man grob gesagt alles, was
durch Erkrankungen oder Mangelzustände im Inneren des Körpers stattfindet. Dazu gehört
alles von Asthmaanfall bis Zahnschmerzen. Hierbei steht die Beurteilung des
Patientenzustandes und vor allem das Gespräch im Vordergrund.

Im Gegensatz dazu sind Unfallgeschehen oft mit mechanischen Belastungen (Sturz)


verknüpft. Sie gehen meist mit einem heftigen Adrenalinausstoß (Schreck) einher und sind
anfänglich oft schwer zu beurteilen. Der Ausstoß von Stresshormonen und Adrenalin
hemmt die Schmerzwahrnehmung und versetzt den Körper in einen Alarmzustand. Dies
macht die Aussagen des Patienten unzuverlässig.

Selbstverständlich ist die Trennung in der Praxis oft nicht so eindeutig. Die folgenden Flow-
Charts geben einen Überblick wie in den jeweiligen Situationen vorzugehen ist.

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Je nachdem wie der Zustand des Patienten ist wird bei internen Erkrankungen vor allem auf Bewusstsein und
Atmung geachtet. Sind diese beiden Bereiche gesichert, kann mit der weiteren Versorgung, Befragung
begonnen werden.

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Bei einer Unfallsituation liegt der Fokus anfänglich auf der Gefahrenzone (siehe weiter oben). Erst wenn
sowohl Gruppe als auch Patient außer Gefahr sind kann mit der Patientenbeurteilung begonnen werden.

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Egal ob interner Notfall oder Unfallgeschehen. Die Patientenbeurteilung gehört mitunter zu
den größten Herausforderungen in der Ersten Hilfe. Die folgenden Kapitel geben wichtige
Informationen zu den unterschiedlichsten Krankheitsbildern und Verletzungen. Desto mehr
Wissen man mitbringt, desto leichter ist es eine Notfallsituation zu beurteilen und zu
bewältigen.

Da Notfallsituationen glücklicherweise sehr selten vorkommen fehlt es uns an „Übung“.


Dieser, wenn auch sehr erstrebenswerte Umstand, macht Notfälle besonders
herausfordernd. Aus diesem Grund empfehle ich dieses Skriptum immer wieder zu
studieren und auch gelegentlich hypothetische Notfallsituationen im Kopf durchzuspielen.

Auch ein frühzeitiger Notruf kann am Berg sinnvoll sein, da die Mitarbeiter der
Rettungsleitstelle mit Erste Hilfe Anweisungen weiterhelfen.

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2. NOTRUF

Der Notruf sollte immer so rasch wie möglich abgesetzt werden um entsprechend schnell,
professionelle Hilfe zu erhalten. Falls möglich, sollte sich diejenige Person, die den Notruf
absetzt, in Nähe des Patienten befinden, um dem Personal der Notrufzentrale genaue und
aktuelle Informationen über den Patientenzustand geben zu können.

Die Mitarbeiter der Notrufzentrale arbeiten mittels standardisierter Abfrageschemata und


entsenden entsprechend den Angaben des Anrufenden das passende Rettungsmittel. Dies
wird im Gelände meist der Hubschrauber sein. Auch geben die Mitarbeiter der
Notrufzentrale Erste-Hilfe Anweisungen und bleiben im Bedarfsfall so lange am Telefon,
bis die Rettungskräfte eintreffen.

112 – EU-Notruf | in allen EU-Ländern und der Schweiz  Im Gelände immer 112 wählen!

140 – Bergrettung (wird von der Rettungsleistelle im Bedarfsfall mit alarmiert)

122 – Feuerwehr ; 133 – Polizei ; 144 – Rettung,

01/406 43 43 Vergiftungsinformationszentrale

NOTRUF MITTELS MOBILTELEFON

Jedes Mobiltelefon kann einen Notruf absetzen sofern folgende Minimalvoraussetzungen


erfüllt sind:

 es besteht Netzabdeckung bei irgendeinem Mobilfunkanbieter (muss nicht der


eigene sein)
 es ist in Akku eingelegt (selbst ein leerer Akku hat noch genug Restladung für einen
Notruf)

Selbst mit einem gesperrten Mobiltelefon und gesperrter Sim-Karte kann ein Notruf
abgesetzt werden! Sollte keine Netzabdeckung vorhanden sein (im Display steht „kein
Dienst / kein Netz“) sofort Standort wechseln (meist herrscht in höheren Lagen besserer
Empfang)

WICHTIG: Nur die Notrufnummer 112 wird in das stärkste verfügbare Netz geschaltet, um
eine stabile Funkverbindung zu gewährleisten. Alle anderen Nummern (144, 140, etc.)
werden nicht auf das stärkste verfügbare Netz aufgeschaltet (somit keine echte
Notrufnummern).

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ALPINES NOTSIGNAL

Sollte kein Handyempfang bestehen kann das Alpine Notsignal mittels einer Pfeife (häufig
im Brustgurt des Rucksack inkludiert) oder einer Lampe abgegeben werden.

2.1. HILFREICHE APPS

Je nach Mobiltelefon und Software gibt es unterschiedlichste hilfreiche Outdoor-Apps die,


sofern vor der Bergtour am Handy installiert, praktische Tipps und auch Notruffunktionen
bieten können. Da sich auf diesem Markt ständig Neuerungen ergeben ist es schwierig
Ratschläge zu geben.

Wichtig ist, dass man sich mit seinen persönlichen Favoriten gut auskennt und trotzdem
nicht ausschließlich darauf vertraut da oft (v.a. bei Kälte) das Mobiltelefon ausfällt.

2.2. STANDORT

Muss man in unmarkiertem Gelände einen Notruf absetzen, ist es für die Notrufzentrale oft
am einfachsten, den Unfallort mittels GPS-Koordinaten zu bestimmen. In Google Maps
kann auch ohne Funkempfang der Standort bestimmt werden indem man lange mit dem
Finger auf den angezeigten Punkt drückt (GPS muss eingeschaltet sein – weder Internet
noch Funkempfang sind nötig). Der Nachteil ist, dass die Höhe nicht angegeben wird. Im
OUTDOORACTIVE/ALPENVEREINAKTIV App kann durch das Tippen auf die Kompassnadel
der Standort eingeblendet werden und auch gleich mit einem Klick kopiert werden (ggf. für
das Versenden in einer SMS).

Wiederrum ist es wichtig sich nie völlig auf die Technik zu verlassen und immer wieder
mit den Apps zu üben, um im Notfall rasch reagieren zu können.

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Standortermittlung
Outdooraktive App

Standort in Google Maps


ohne Internet

2.3. HUBSCHRAUBER

Der Hubschrauber gilt im alpinen Gelände als Rettungsmittel der Wahl. Die Alarmierung
erfolgt durch die Rettungsleitstelle (144). Wir als Anrufer erklären im Notruf die Situation
und die Leitstelle entscheidet welches Rettungsmittel entsendet wird.

Wenn die Möglichkeit besteht sollten wir uns um einen geeigneten Landeplatz für den
Hubschrauber umsehen. Ein geeigneter Landeplatz für den Hubschrauber sollte auf einer
ebenen Fläche, 15 m x 15 m groß, in sicherem Gelände sein. Auch dürfen keine Hindernisse
oder losen Gegenstände vorhanden sein

Wenn sich der Hubschrauber annähert sollen wir die Handzeichen für YES / NO
verwendenden um uns mit dem Hubschrauber zu Verständigen. Um die
Hubschrauberbesatzung auf meine Position aufmerksam zu machen kann auch mit
Kleidung in der Hand gewunken werden.

Die Hubschrauberbesatzung kann direkt aus dem Hubschrauber mit dem Anrufer kontakt
aufnehmen. Deshalb ist es wichtig auch nach dem Notruf das Telefon greifbar zu haben.

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Wenn eine Landung vor Ort nicht möglich ist, kann ein Bergetau zum Einsatz kommen.
Dabei kann es sein, dass der Hubschrauber sich nachdem er sich ein Bild gemacht hat
nochmals wegfliegt, um bei einer Zwischenlandung entsprechende Vorbereitungen zu
treffen.

Wenn der Hubschrauber vor Ort landet sind folgende Regeln zu beachten:

Besonders im Winter, wenn der Hubschrauber beim Landen


enorme Schnee Verwirbelungen erzeugt (down-wash) ist es wichtig
seine Position zu halten. Der Einweiser, bekleidet mit Brille und
Mütze zum Selbstschutz, dient dem Piloten als Orientierungspunkt.

Auch sollte die Gruppe dazu aufgefordert werden den Schnee im


Landebereich mit den Schneeschuhen zu verfestigen.

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3. NOTFALLCHECK & WIEDERBELEBUNG

Um einem Patienten die bestmögliche Versorgung geben zu können ist es wichtig,


lebensbedrohliche Geschehnisse so rasch wie möglich zu erkennen.

Patienten ansprechen und sanft an den Schultern schütteln

Atmung für max. 10 Sekunden durch hören, sehen, fühlen kontrollieren

Patient atmet: Stabile Seitenlage keine Atmung: Wiederbelebung

Die folgende Abbildung zeigt den gesamten Notfallablauf nochmals detaillierter:

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(ERC 2015)

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3.1. STÖRUNGEN DES BEWUSSTSEINS

Eine bewusstlose Person, die in der


Rückenlage liegt ist akut lebensbedroht,
da ihre Zunge die Atemwege verlegt.
Ebenso besteht Erstickungsgefahr durch
Erbrochenes.

Durch das Überstrecken des Kopfes


verändert sich die Position der Zunge
und gibt somit die Atemwege frei. Schutz vor dem Ersticken durch Erbrochenes bietet nur
die stabile Seitenlage.

Atemkontrolle sollte für max. 10 Sekunden durch hören,


sehen und fühlen mit Blick auf den Brustkorb
durchgeführt werden.

Atmet die Person normal wird sie in die stabile


Seitenlage verbracht. Ist man sich unsicher ob
Atmung vorhanden ist = keine Atmung 
Herzdruckmassage starten.

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Die Ursachen von Bewusstseinsstörungen sind sehr vielfältig für den Ersthelfer jedoch
kaum relevant, da die Maßnahme immer gleich ist.

Jeder Bewusstlose der atmet wird in die stabile Seitenlage gebracht!

Wenn keine stabile Seitenlage durchgeführt wird besteht die Gefahr des ERSTICKENS –
dies gilt in jeder Situation (auch bei Verdacht auf Halswirbelverletzungen o.ä.)!

3.2. ATEM- KREISLAUF- STILLSTAND

Bei einem Atem-Kreislauf-Stillstand kommt es zu einem kompletten Aussetzen der


Atemfunktion. Dies führt innerhalb kürzester Zeit immer zu einem Kreislaufstillstand,
weshalb ein Aussetzen der Atmung auch immer ein Aussetzen des Kreislaufs bedeutet.
Somit gilt:

kein Bewusstsein & keine Atmung = Herzdruckmassage & Beatmung!

Wann darf ich aufhören?

 Wenn die Rettungskräfte eintreffen.


 Wenn ich nicht mehr kann (= Pause machen und dann weiter).
 Wenn der Patient selbstständig atmet (= stabile Seitenlage).

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Was ist, wenn eine Rippe bricht?

Es ist sehr häufig, dass bei einer korrekt durchgeführten Herzdruckmassage Rippen
brechen bzw. anknacksen. Dies gehört dazu und ist keinesfalls ein Grund die
Herzdruckmassage zu beenden.

Was ist, wenn ich mir nicht sicher bin ob der Patient noch atmet?

Alles was nicht eindeutig als Atmung wahrgenommen wird ist keine Atmung! Sofort mit
der Wiederbelebung starten. Durch eine „unnötige“ Herzdruckmassage kann ein
bestehender Herzrhythmus nicht gestört werden.

Ist die Beatmung überhaupt notwendig?

JA, eine Beatmung macht die Versorgung „perfekt“! Sollte die Beatmung nicht
funktionieren oder ist sie nicht gefahrlos durchzuführen, kann darauf verzichtet werden. In
diesem Fall durchgehend 100*/Minute Herzdruckmassage.

Der Atem-Kreislauf-Stillstand ist zwar mitunter die schlimmste Situation, die man in der
Ersten Hilfe erleben kann, sie ist jedoch von der Maßnahme her relativ einfach.

Sobald wir keine eindeutige(!) Atmung feststellen wird sofort mit der Herzdruckmassage
und Beatmung begonnen. Es gibt keine Alternative, kein Abwägen oder Überlegen. Sobald
die Person nicht mehr atmet ist der allerschlimmste Fall bereits eingetreten. Wir können
die Situation durch unsere Wiederbelebungsmaßnahmen nur verbessern!

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4. VERLEGUNG DER ATEMWEGE | ERSTICKEN

Eine Verlegung der Atemwege wird im Outdoor-Bereich am ehesten durch Verschlucken


von Lebensmitteln auftreten. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer akuten, totalen
Verlegung ohne Hustengeräusche und einer leichten Verlegung. Die leichte Verlegung
kann der Patient selbst abhusten, bei einer schweren Verlegung braucht er unsere Hilfe.

Patient zu weiterem Husten


Patient hustet anregen (nicht fest auf den
Rücken klopfen)
Verlegung der
Atemwege
5 x fest zwischen die
Patient
Schulterblätter schlagen
hustet nicht
5 x Heimlich-Manöver

Wenn keine Hustengeräusche zu hören sind immer abwechselnd fünf feste Schläge
zwischen die Schulterblätter und anschließend fünf Heimlich-Manöver durchzuführen.
Dazu den Patienten von hinten stehend umarmen und die Faust direkt unter den
Rippenbogen legen. Mit der anderen flachen Hand darüber kräftig nach innen und oben
drücken.

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5. INTERNE NOTFÄLLE

Unter internen Notfällen versteht man Störungen des Bewusstseins- und/oder der
Kreislauffunktion, die durch Vorgänge im Körper und nicht durch Unfälle versursacht
wurden. Im Folgenden werden die häufigsten Notfälle behandelt die einen Ersthelfer
betreffen können.

Laut den Statistiken des Kuratoriums für Alpine Sicherheit ist die Hauptursache für tödliche
Unfälle beim Wandern der interne Notfall. Im Jahr 2017 waren 48% der Alpintoten auf
interne Notfälle (meist Herzinfarkt) zurückzuführen. (analyse:berg Jahrbuch 2017)

5.1. HERZINFARKT

Der Herzinfarkt ist, wie alle Infarkte (Hirninfarkt, Lungeninfarkt), das tatsächliche Absterben
von Herzgewebe. Es wird durch eine Unterversorgung des Herzmuskels mit Blut
verursacht. Die Herzkranzgefäße die den Herzmuskel versorgen können sich verengen und
somit den Herzmuskel nicht mehr entsprechend versorgen.

Symptome:

 starke Schmerzen und ein Druckgefühl auf der Brust


 große Angst und Panikgefühl
 Kaltschweißigkeit
 ev. Kurzatmigkeit
 blasse oder hoch rote Hautfarbe
 angestrengte Atembewegungen

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Sofortiger Notruf
 Herzmedikamente reichen (falls vorhanden und dem Patienten verordnet)
 Lagerung mit erhöhtem Oberkörper
 Beengende Kleidung öffnen
 Basismaßnahmen durchführen

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5.2. KOLLAPS

Bei einem Kollaps handelt es sich um eine kurzfristige Unterversorgung des Gehirns mit
Blut. Dies tritt besonders häufig bei Menschen mit sehr niedrigem Blutdruck auf. Ebenso
problematisch ist es bei körperlicher Belastung zu wenig zu essen und zu trinken. Prinzipiell
handelt es sich beim Kollaps um ein sehr harmloses Geschehen. Die größte Problematik
stellen Verletzungen dar, die durch den Sturz des Kollaps-Patienten verursacht werden.

Symptome:

 blasse Gesichtsfarbe
 Kaltschweißigkeit
 Übelkeit
 Bewusstseinsstörung  Bewusstlosigkeit dauert meist weniger als ca. 1 Minute

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Lagerung mit erhöhten Beinen


 Basismaßnahmen durchführen
 Patienten ev. etwas zu trinken und zu essen geben (besonders bei Verdacht auf
Dehydration oder Unterzucker)
 Patienten auf Sturzverletzungen untersuchen!
 Sollte der Patient nicht sehr rasch wieder bei Bewusstsein (max. 1 Minute) sein, ist
sofort eine Atemkontrolle durchzuführen!

5.3. SCHLAGANFALL

Bei einem Schlaganfall kommt zu einer Unterversorgung eines Gehirnareals mit Blut. Dies
kann durch einen Verschluss oder eine Blutung versursacht werden. Schlaganfälle treten
plötzlich und häufig ohne Vorboten auf und stellen eine sehr zeitkritische und
lebensgefährliche Erkrankung dar. Je nach betroffenem Hirnareal zeigen sich
unterschiedliche Symptome.

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Symptome (es kann auch nur eines auftreten)

 F – FACE: Gesichtslähmungen FAST – Test


 A – Arms: Lähmungserscheinungen in den Armen Diagnose Hilfsmittel für
 S – Speech: Sprachstörungen Schlaganfälle
 T – Time: sofortiger Notruf

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 SOFORTIGER NOTRUF („Zeit ist Hirn!")


 Lagerung je nach Patientenwunsch (bei Bewusstseinsstörungen Seitenlage)
 Basismaßnahmen durchführen

5.4. HYPOGLYKÄMIE - UNTERZUCKERUNG

Eine Hypoglykämie ist eine Unterversorgung des Körpers mit Energieträgern (Zucker). Dies
kann bei gesunden Menschen durch übermäßige körperliche Belastung auftreten. Bei
Menschen die an Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) leiden kann eine solche
Unterversorgung ebenfalls durch übermäßige körperliche Belastung oder auch durch
falsche Einnahme von Medikamenten (Insulin) auftreten.

Symptome:

 Zittern
 Kaltschweißigkeit
 Heißhunger
 Schwächegefühl
 Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten
 ev. Bewusstseinsstörungen
 ev. Krämpfe

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Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Lagerung nach Patientenwunsch


 Zuckerhaltige Getränke oder Traubenzucker verabreichen
 Basismaßnahmen durchführen
o durch die Gabe von Zucker sollte sich die Situation in ca. 10 Minuten
gebessert haben

5.5. KRAMPFANFALL

Bei einem Krampfanfall handelt es sich um eine unkontrollierte elektrische Entladung im


Gehirn, die durch unterschiedlichste Faktoren ausgelöst werden kann. Beispiele im alpinen
Gelände wären eine Reizung der Hirnhäute durch Sonneneinstrahlung, eine Vergiftung
durch eine Pflanze oder auch Überanstrengung und Hypoglykämie. Sehr häufig kann
jedoch kein auslösender Faktor gefunden werden.

Wichtig ist es den Krampfanfall von lokalen Muskelkrämpfen (z.B. in der Wade) zu
unterschieden. Lokale Muskelkrämpfe können durch aktives oder passives Dehnen der
betroffenen Muskelgruppen rasch gelöst werden und haben nichts mit einem
generalisierten Krampfanfall zu tun.

Symptome:

 Muskelkrämpfe die den ganzen Körper betreffen


 Bewusstlosigkeit
 ev. Harn- und/oder Stuhlabgang
 ev. Austritt von schaumigem Blut oder Speichel aus dem Mund
 während des Anfalls kann sich der Patient nicht selbst schützen

Im Gegensatz zur Epilepsie (chronische Erkrankung) kann ein Krampfanfall auch als
singuläres Ereignis auftreten.

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Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Während des Anfalls:


o vor Verletzungen schützen
o NICHTS in den Mund geben!!
o Patienten auskrampfen lassen
 Nach dem Anfall:
o Atmung prüfen
o Lagerung in Seitenlage (es dauert bis der Patient wieder voll wach ist)
o Basismaßnahmen durchführen

Da ein Patient nach dem Krampfanfall sehr erschöpft und müde ist, kann eine Bergtour die
Trittsicherheit erfordert nicht fortgesetzt werden.

5.6. ALLERGISCHE REAKTION | ANAPHYLAKTISCHER SCHOCK

Allergische Reaktionen können durch unterschiedlichste Dinge ausgelöst werden


(Nahrungsmittel, Insektenstiche, etc.). So häufig Allergien sind, so selten ist deren
schwerste und auch gefährlichste Form, der anaphylaktische Schock. Dabei handelt es sich
um eine akut lebensbedrohliche Situation, die im Outdoor-Bereich am ehesten durch einen
Insektenstich ausgelöst werden kann.

Allergische Reaktionen ohne den gefürchteten anaphylaktischen Schock sind für den
Patienten selbstverständlich ebenfalls enorm unangenehm (Hautausschläge, Juckreiz,
Schweißausbrüche, Erbrechen, …), führen jedoch selten zu einer lebensbedrohlichen
Situation.

Sollte der Patient Asthmatiker sein kann es bspw. durch einen Bienenstich zu einem
allergiebedingten Asthmaanfall kommen.

Symptome:

 Hautrötungen
 Schwindel, Übelkeit und Erbrechen
 Herzrasen
 Schweißausbrüche
 akute Atemnot

All diese Symptome treten innerhalb kurzer Zeit (weniger Minuten) auf!

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Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 SOFORTIGER NOTRUF!
 Allergiker-Notfallset reichen (falls vorhanden)
 Lagerung mit erhöhtem Oberkörper
 Beengende Kleidung öffnen
 Basismaßnahmen durchführen
 bei Stichen im Halsbereich durch Eiswürfel / Coolpack / kalte Umschläge Schwellung
eindämmen

5.7. ASTHMAANFALL

Asthma ist eine chronische, entzündliche Erkrankung der Atemwege und kann bei
Menschen jeder Altersstufe auftreten. Bei einem Asthmaanfall kommt es durch
Verkrampfung der Bronchialmuskeln, Schleimhautschwellung und vermehrter
Schleimproduktion zu einer starken Verengung der Bronchien.

Symptome:

 Atemwege sind verengt (pfeifendes Atemgeräusch)


 Kurzatmigkeit
 blass, ev. blau verfärbte Lippen und Fingernägel
 angestrengte Atembewegungen
 ev. Brustschmerzen

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Lagerung mit erhöhtem Oberkörper (Torwarthaltung, Kutschersitz)


 Asthmaspray reichen (falls vorhanden)
 Beengende Kleidung öffnen
 Basismaßnahmen durchführen

Da Asthma eine chronische Erkrankung ist, kann man davon ausgehen, dass sich der
Patient mit seiner Erkrankung auskennt und entsprechende Anweisungen geben wird.

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5.8. HYPERVENTILATION | PANIKATTACKE

Die Hyperventilation ist durch eine massiv erhöhte Atemfrequenz gekennzeichnet (über 30
Atemzüge pro Minute). Durch dieses vermehrte Abatmen von CO2 kommt es zu einer
Störung im Säure-Basen-Haushalt des Körpers und damit verbunden zu Krämpfen in den
Händen und im Gesichtsbereich. Wenn auch unangenehm und beängstigend für den
Patienten (glaubt zu ersticken!), ist eine Hyperventilation im Grunde harmlos. Durch eine
Reduktion der Atemfrequenz und durch das Rückatmen der eigenen Ausatemluft durch
Vorhalten der Hände vor das Gesicht, verschwinden die Symptome sehr rasch.

Eine Panikattacke ist ein etwas umfassenderes Störungsbild, da es nicht nur die Atmung
betrifft, sondern vorrangig eine sehr starke Angstkomponente beinhaltet. Eine
Hyperventilation kann somit in Kombination mit einer Panikattacke auftreten, muss jedoch
nicht.

Panikattacken sind akute Stressreaktionen die tatsächlich physische Symptome erzeugen,


direkte physiologische Ursachen gibt es dafür jedoch nicht. Die Quelle der körperlichen
Symptome liegt somit im Gehirn, da es dort zu einer massiven Hormonausschüttung
kommt. Im Outdoor-Bereich können solche Zwischenfälle durchaus auftreten, bspw. in
Kombination mit Höhenangst. Wichtig ist hierbei zu wissen, dass Panikattacken im
Regelfall nicht länger als 30 Minuten andauern. Der Höhepunkt der Attacke dauert für
gewöhnlich nicht länger als 2-3 Minuten.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

 Patienten an einen „sicheren“ Ort bringen und hinsetzen


 Blickkontakt und ev. Körperkontakt aufbauen (Hand halten, Schulter berühren)
 als Ersthelfer Selbstsicherheit und Ruhe ausstrahlen („Ich kenne solche Situationen,
ich weiß was zu tun ist, ich kümmere mich um sie“, …)
 langsam und ruhig gemeinsam mit dem Patienten Ein- und Ausatmen
 beruhigend mit dem Patienten sprechen (offensichtliches Erklären = „es besteht
keine Gefahr, sie sind nicht allein, einfach einen Schritt vor den anderen, wir bleiben
als Gruppe zusammen, wir haben überhaupt keine Eile“)
o durch diese Aussagen versucht man die kognitive Ebene des Patienten zu
erreichen und ihm über die Panikreaktion hinwegzuhelfen

31
o wenn der Patient starke physische Symptome wie Herzrasen oder
Kurzatmigkeit hat, sollte gefragt werden ob er unter Herzproblemen leidet
bzw. ob er schon Panikattacken hatte  wenn keine Herzprobleme bekannt
sind jedoch Höhenangst besteht, dem Patienten in ruhigen Worten erklären,
dass die Symptome vorübergehen werden und das keine Lebensgefahr für
ihn besteht
 die Uhr im Auge behalten und nach ca. 30 Minuten die Situation neu bewerten

5.9. UNTERKÜHLUNG

Der Mensch hat ein recht schlechtes Verhältnis von Oberfläche zu Masse und kühlt deshalb
rasch aus. Ohne Wärmequelle kann man bereits bei +10°C erfrieren. Besonders bei feuchter
Umgebungsluft und Wind kühlt der Körper besonders rasch aus (wind chill-effect).

Vereinfacht werden die Unterkühlungsstadien hier in Stadium 1 und Stadium 2-4 unterteilt.

Symptome bei Stadium 1


 Kältegefühl, Muskelzittern
 Erregungszustand
 blass-bläuliche Hautfarbe
 schneller Puls

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Nasse Kleidung entfernen


 Isolieren mittels Windjacke, Überhose, Haube, …
 Heiße, gezuckerte Getränke (kein Alkohol)
 Windgeschütze, warme Umgebung aufsuchen

Symptome bei Stadium 2-4


 Schläfrigkeit
 Flache, unregelmäßige Atmung
 Langsamer, unregelmäßiger Puls

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Erste-Hilfe-Maßnahmen im Gelände:

 Stabile Seitenlage, wenn bewusstlos


 isolieren mittels Einwickeln in Aludecke, Biwaksack, Haube, …
 ev. Wärmepackung auf den Brustkorb unter die Kleidung legen
 Kein Alkohol!! – wenn möglich warme, gezuckerte Getränke geben
 Patienten so schonend wie möglich transportieren (so wenig wie möglich bewegen)
 Bergungstod

Erste-Hilfe-Maßnahmen in Hütte:

 nasse Kleidung entfernen (am besten aufschneiden)


 in trockene Decken hüllen
 Wiedererwärmung muss vom Rumpf her erfolgen
niemals aktiv wärmen (z.B. ein warmes Bad) – dies kann zum sog. „Bergetod“ führen
(schlagartiges einströmen kalten Blutes aus den Extremitäten zum Herzen =
Herzstillstand)
 wenn möglich zu trinken geben  Warme, gezuckerte Getränke verabreichen (kein
Alkohol!)

5.10. ÜBERHITZUNG | SONNENSTICH

Die Kerntemperatur des Menschen liegt bei 36°C - 37°C. Bei hohen Außentemperaturen,
starker Sonneneinstrahlung und besonders in Verbindung mit körperlicher Anstrengung
kann diese dramatisch ansteigen.

Der Sonnenstich betrifft besonders die Kopfhaut und geht nicht zwingend mit einer
Überhitzung des gesamten Körpers einher. Da sie jedoch oft gemeinsam auftreten und die
zu setzenden Maßnahmen in beiden Fällen ident sind werden sie gemeinsam besprochen:

Symptome

 unangenehm empfundene Hitze


 gerötete Haut
 anfänglich starkes Schwitzen (lässt immer mehr nach)
 Kopfschmerzen  bis hin zu Krampfanfällen (v.a. bei Sonnenstich)
 Schwindel
 Übelkeit und Erbrechen

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Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Patienten in den Schatten bringen (ev. Sonnensegel aus einer Alu-Decke bauen)
 Arme und Beine mit kaltem Wasser benetzen
 feuchtes Tuch auf Kopf und Brustkorb legen
 Flüssigkeit zuführen
 mit leicht erhöhtem Oberkörper lagern ( bei Bewusstlosigkeit = Seitenlage)
 Basismaßnahmen

34
6. BASISMAßNAHMEN

BASISMAßNAHMEN
IMMER, bei JEDEM Notfallpatienten durchzuführen

Wärme erhalten
Psychische Lagerung
bzw. vor Hitze Atmung erleichtern
Betreuung so schmerzfrei wie
schützen beengende
Patienten nicht möglich
Wichtig = meiste Kleidungsstücke
alleine lassen und Patientenwunsch
Kälte kommt von öffnen
mit ihm sprechen ist vorrangig
unten

6.1. TEMPERATURMANAGEMENT

Der Großteil aller Notfallpatienten neigt dazu auszukühlen. Wenn der Patient schon zittert
ist der Zustand bereits weit fortgeschritten. Um dies zu verhindern sollte der Patient so früh
wie möglich zugedeckt werden. Dafür im Outdoor-Bereich ideal geeignet sind
Rettungsdecken, die den Patienten auch gegen Nässe von unten schützen. Dafür muss die
Rettungsdecke zuerst unter den Patienten gebracht werden (durch leichtes zur Seite
drehen).

Sollte es sich um eine Hitzeproblematik (Sonnenstich, Hitzeschlag) handeln kann die


Rettungsdecke auch sehr gut als Sonnenschutzsegel verwendet werden.

6.2. PSYCHISCHE BETREUUNG

Jede Situation die Erste-Hilfe erfordert ist nicht nur für den Ersthelfer ungewöhnlich,
sondern gilt auch für den Patienten als psychische Ausnahmesituation. Deshalb ist ein
ruhiges, besonnenes und selbstsicheres Auftreten des Ersthelfers für den Patienten
besonders wichtig. Bei der Kommunikation mit dem Patienten sind einige Grundregeln zu
beachten:

 zeige dem Patienten, dass du seine Symptome und Schmerzen ernst nimmst
 sprich immer auf Augenhöhe mit dem Patienten (nicht von oben herab)
 versuche eine möglichst stressfreie Umgebung zu schaffen (Schaulustige, etc.)
 erkläre dem Patienten was du schon getan hast und was du als nächstes für ihn tun
wirst („Ich habe den Hubschrauber schon verständigt, mein Kollege wird ihn
einweisen! Ich werde jetzt deine Kopfwunde verbinden!“, ….)

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 bei der Versorgung von Kindern ist ein wenig schwindeln erlaubt („Als ich so alt war
wie du ist mir das auch passiert und damals hat mir ……… sehr gut geholfen“) und
Wunden sollten so rasch wie möglich unter einem Verband „verschwinden“.

6.3. LAGERUNG

Blutungen Schlaganfall
Bauchverletzungen Atembeschwerden
Unterzucker Bewusstseins-
Bauchbeschwerden Herzbeschwerden
Kollaps störungen
Gefahr des Erbrechens

Bei den oben dargestellten Abbildungen handelt es sich um die wichtigsten


Lagerungsmethoden. Bei Kopfverletzungen ist je nach Bewusstseinszustand ein leicht
erhöhter Oberkörper zu empfehlen bzw. bei Störungen des Bewusstseins die Seitenlage.

Selbstverständlich ist der Wunsch des Patienten bei der Lagerung immer als vorrangig zu
betrachten. Besonders bei Verletzungen und Brüchen ist auf eine möglichst schmerzfreie
Lagerung zu achten.

6.1. ATMUNG ERLEICHTERN

Um die Atmung zu erleichtern sollten beengende Kleidungsstücke wie bspw. Gürtel


geöffnet werden; auch sollte ein eventuell getragener Rucksack abgenommen bzw. die
Gurte geöffnet werden. Hat der Patient eine angestrengte Atmung ist es ideal, ihn mit
aufrechtem Oberkörper, am Boden sitzend, angelehnt zu lagern und ihn aufzufordern, die
Arme am Boden abzustützen.

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7. STARKE BLUTUNG

Eine starke Blutung ist definiert als großer Blutverlust innerhalb kurzer Zeit. Ab einem
Blutverlust von ca. einem Liter (vgl. 450ml = eine Blutspende) beginnen sich
Kreislaufsymptome zu entwickeln. Auch wenn wirklich schwerwiegende Blutungen relativ
selten auftreten und unser Körper über Mechanismen verfügt, um einen Blutverlust zu
kompensieren, sollten Blutungen immer rasch versorgt werden, um eine Verschlechterung
des Patientenzustandes zu vermeiden.

7.1. MANUELLER DRUCK

Die einfachste und schnellste Methode eine Blutung


zu stoppen ist es, mit angezogenen Handschuhen
(Selbstschutz) und einer sterilen Wundauflage
(Infektionsschutz) direkten Druck auf die blutende
Wunde auszuüben. Der Vorteil dieser Methode ist,
dass sie am ganzen Körper (z.B. auch am Hals) und
sehr rasch durchgeführt werden kann. Der Nachteil
liegt darin, dass der Patient nicht allein gelassen
werden kann, da konstant Druck auf die Wunde ausgeübt werden muss.

7.2. DRUCKVERBAND

Um mich vom Patienten entfernen zu können ist es ratsam, den Druck meiner Finger durch
einen Druckkörper (Mullbinde, Dreieckstuch) und eine Mullbinde (Befestigungsmaterial) zu
ersetzten.

Symptome:

 viel Blut tritt innerhalb kurzer Zeit aus einer Wunde aus

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Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Blutung versorgen:
o Erste Hilfe Paket holen (Handschuhe
anziehen)
o Patienten hinsetzen oder hinlegen
o betroffenes Körperteil hochlagern
o Fingerdruck mit steriler
Wundauflage ausüben
o Druckkörper auf die sterile
Wundauflage legen
o Druckkörper mittels Mullbinde fest umwickeln
 Lagerung mit erhöhten Beinen
o bei Bewusstlosigkeit  Seitenlage!
 spätestens jetzt Notruf absetzten
 Basismaßnahmen durchführen

Wenn vorhanden, kann für den Druckverband eine Israeli-Bandage verwendet werden.

Die gepolsterte Seite wird mit dem Bügel nach außen direkt auf die stark Blutende
Wunde gelegt.

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39
ABBINDUNG

Eine Abbindung ist nur in den seltensten Fällen (z.B. massive Verletzungen der
Oberschenkelarterie) wirklich angebracht und kann, wenn unnötig angelegt, zu schweren
Gewebsschädigungen und irreversiblen Folgeschäden führen. Deshalb ist es ratsam keine
Abbindungsversuche zu unternehmen und durch Hochlagern sowie starken manuellen
Druck (ggf. mit der Faust drücken) in Kombination mit einer dicken saugfähigen
Wundauflage (oder auch einem anderen saugfähigen Material – T-Shirt) die Blutung bis
zum Eintreffen der Rettungskräfte zu kontrollieren.

40
8. VERLETZUNGEN & WUNDEN

8.1. WUNDVERSORGUNG

Das Versorgen von Wunden kann so gut wie immer ohne Zeitdruck durchgeführt werden.
Es handelt sich dabei nicht um lebensbedrohliche Verletzungen die ein sofortiges Handeln
erfordern. Durch ein besonnenes Vorgehen, wenn nötig eine gründliche Reinigung der
Wunde, sowie einen gut angelegten Verband kann die Wanderung in den meisten Fällen
sogar weitergeführt werden.

Prinzipiell sollten Wunden die länger als 3 cm und tiefer als 0,5 cm sind immer von einem
Arzt begutachtet und ggf. genäht werden! Diese ärztliche Versorgung sollte innerhalb von
sechs Stunden erfolgen, da nach Ablauf dieser Frist die Wunde wegen Infektionsgefahr
nicht mehr genäht werden darf. Da der Patient in dieser Situation selbstverständlich bei
vollem Bewusstsein ist, kann er selbst über das weitere Vorgehen entscheiden. Prinzipiell
ist immer auf einen Arzt zu verweisen.

Wunden im Gesicht und besonders im Bereich der Augen sollten, auch wenn sie kleiner als
3 cm lang und 0,5 cm tief sind, genäht werden, da sie unschöne Narben hinterlassen
können.

Wenn Fremdkörper in der Wunde stecken sollten diese nur von


einem Arzt entfernt werden. Die Wunde ist in einem solchen Fall
keimfrei zu bedecken und der pfählende Gegenstand mittels
Verbandsmaterial zu umpolstern und somit zu fixieren.

DESINFEKTIONSMITTEL

Eine Wunde in der sich viel Schmutz befindet kann zuerst mit sauberem Wasser gespült
und anschließend mit Desinfektionsmittel gereinigt werden.

Werden Desinfektionsmittel verwendet, empfiehlt es sich Präparate wie z.B. Octenisept zu


verwenden. Da diese nicht auf Jod-Basis hergestellt werden, besteht ein relativ geringes
Allergierisiko. Vor der Anwendung sollte der Patient über mögliche Allergien befragt
werden.

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Alkohol als Desinfektionsmittel ist generell nicht zu empfehlen, da dieser auch das gesunde
Hautgewebe in hohem Ausmaß angreift und dort Schäden hervorruft (weshalb die
Anwendung auch so schmerzhaft ist).

8.2. TIERBISSE

In Österreich gilt die Tollwut seit fast 30 Jahren als ausgerottet. Andere Keime im Speichel
von Tieren können jedoch schwere Infektionen auslösen. Tierbisse sind zumeist eher tief,
bluten jedoch kaum. Die Blutung durch sanften Druck zu verstärken kann helfen, Keime aus
der Wunde auszuschwemmen und das Infektionsrisiko senken. Danach die Wunde mit
Wasser und ggf. Desinfektionsmittel versorgen.

ZECKEN

Zecken übertragen neben FSME (Frühsommer Meningoenzephalitis) auch Borreliose. Nur


gegen FSME gibt es eine Impfung, jedoch können beide Krankheiten schwere, dauerhafte
Folgeschäden nach sich ziehen. Zecken sollten sofort mittels einer Zeckenzange oder einer
flachen Pinzette entfernt werden. Beim Entfernen niemals den
Körper der Zecke zusammendrücken!

Es ist nicht ratsam Öl oder andere Hausmittel zu verwenden, da die


Zecke im Todeskampf meist noch mehr Bakterien in die Wunde
abgibt und somit das Infektionsrisiko steigt. Die Bissstelle ist zu
beobachten und sollte sich eine Entzündung (besonders eine kreisrunde Rötung)
entwickeln, ist umgehend ein Arzt aufzusuchen.

SCHLANGEN

In Österreich gibt es zwei giftige Schlangenarten, Sandviper (Hornotter) und Kreuzotter.


Das Gift ist für einen gesunden Erwachsenen nur in den seltensten Fällen lebensbedrohlich.
Auch geben Schlangen bei Verteidigungsbissen nur eine sehr geringe Giftmenge ab um
für den Beutefang noch genügen Reserven zu haben.

42
Symptome:

 Bissverletzung mit zwei Einstichstellen


 kaum Blutung

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Ruhe bewahren
 Notruf absetzen
 Betroffenen Körperteil tief lagern und kühlen
 Schmuck und ähnliches entfernen (es wird zu einer Schwellung kommen)
 Basismaßnahmen durchführen

Es kann innerhalb von zwei Stunden zu Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und


Durchfall kommen. Der Patient ist blass und der Puls beschleunigt. Im schlimmsten Fall
kann sogar das Bewusstsein beeinträchtigt sein.

Behandlungstechniken wie Einschneiden der Wunde, Aussaugen des Giftes und Abbinden
der Extremität nicht durchführen!

8.3. VERBRENNUNGEN

Verbrennungen können im Outdoorbereich am


ehesten durch Unfälle mit Lagerfeuern oder
Gaskochern passieren. Je nach Größe und
Patientenzustand ist ein Arzt aufzusuchen.

Symptome:

 Schmerzen
 Rötung, Schwellung
 Ev. Blasenbildung

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 sollte Kleidung in die Haut verschmolzen sein diese nicht herunterreißen


 Betroffenen Körperteil mit handwarmen Wasser für ca. 10 Minuten spülen
 Schmuck und ähnliches entfernen
 Wunde mit keimfreiem, nicht verklebendem Wundversorgungsmaterial bedecken
(wenn nicht vorhanden – Frischhaltefolie benutzen)
 Basismaßnahmen durchführen

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Bei Blasen (Reibstellen) an den Füßen liegt es immer im Ermessen des Patienten ob er
diese aufstechen will, um weitergehen zu können. Sollte er sich dazu entscheiden, sollte
die Blase nur an einer desinfizierten Stelle, mit einer sauberen Nadel oder Kanüle,
angestochen und die Flüssigkeit vorsichtig herausgedrückt werden. Anschließend erfolgen
eine Desinfektion und eine keimfreie Versorgung.

Gerade bei längeren oder mehrtägigen Wanderungen sollten die Teilnehmer aufgefordert
werden beim ersten Anzeichen von Schmerzen nicht durchzuhalten, sondern die betroffene
Stelle abzukleben, noch bevor es zur Blasenbildung kommt. Ideal für das Verkleben sind
Druckstellenpflaster (z.B. von Scholl) da diese sehr gut halten aber nur auf unverletzte Haut
geklebt werden können. Auch diverse Blasenpflaster sind zu empfehlen, wenn die Stelle
weiterhin belastet wird. Wichtig ist vor dem Aufkleben von Blasenpflastern die Haut
rundherum gründlich zu reinigen (va. von Fett) um ein ideale, lange Haftung des
Blasenpflasters zu gewährleisten.

8.4. ERFRIERUNGEN

Erfrierungen treten hauptsächlich an Fingern, Zehen, Ohren und Nasenspitze auf, da diese
Stellen besonders der Witterung ausgesetzt sind. Ursachen sind zu enge Kleidungsstücke
oder Schuhe, Wassermangel, Rauchen bei Kälte und häufig auch durch den Verlust von
Kleidungsstücken.

Erfrierungen treten häufig in Kombination mit einer Unterkühlung auf. Die Unterkühlung
ist akut lebensbedrohlich und hat somit immer Behandlungspriorität.

Symptome:

 Taubheitsgefühl
 Schmerzende, gerötete Haut
 1. Grad: Haut wird weiß, schwellt an, stechende Schmerzen ebben ab bis hin zu
Gefühllosigkeit
 2. Grad: Blasen entstehen
 3. Grad: Absterben der Haut und Unterhaut
 4. Grad: Absterben von Weichgewebe und Knochen

Im Gelände sind Schweregrad und Ausdehnung der Erfrierung nicht zu unterscheiden!


Jede Erfrierung sieht anfangs wie eine Erfrierung ersten Grades aus.

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Erste-Hilfe-Maßnahmen im Gelände:

 Windschutz (Biwaksack oder Schneeloch)


 Lockern von einengender Kleidung
 durch Partner: Auflegen von warmen Händen auf Nase, Wange oder Ohren
 Selbstständig: Händen in den Achselhöhlen oder zwischen Oberschenkeln
erwärmen
 Aktive Bewegungsgymnastik  nur wenn keine Unterkühlung vorliegt!
 Warme gezuckerte Getränke verabreichen
 je nach Situation Abtransport in Schutzhütte

Erste-Hilfe-Maßnahmen in der Hütte:

Bei Unterkühlung  Wiedererwärmen hat Vorrang!!

 Nasse, enge Kleidung entfernen


 Warme, gezuckerte Getränke verabreichen
 Frische Erfrierungen können in einem max. 40°C warmen
Wasserbad (inkl. Desinfektionsmittel) durch aktive
Bewegung erwärmt werden
o sehr schmerzhaft – ideal wäre ärztliche Kontrolle!
o Bad nach max. 30 Minuten beenden oder früher,
wenn Hautfarbe rosig wird und Bewegung wieder
möglich ist
 Sterilen, lockeren, keimfreien Verband anlegen

VORSICHT:
o NICHT frottieren, reiben oder rubbeln
o KEINE direkte Hitze (Verbrennungsgefahr wegen mangelndem Schmerzempfinden!)
o Blasen nicht aufstechen
o nicht mit Schnee einreiben (Hautverletzungen)
o nicht Rauchen (Gefäßverengung)Schwere Schädigungen
von Grad 2 bis 4 sind oft erst Tage oder Wochen nach der
Notfallsituation beurteilbar.

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9. STURZGESCHEHEN

Laut dem analyse:berg Jahrbuch 2018 herausgegeben vom Kuratorium für Alpine
Sicherheit, ereignen sich Verletzungen beim Bergwandern zu 79% beim Abstieg durch
Sturz, Stolpern oder Ausgleiten. Die häufigste Todesursache beim alpinen Wandern ist der
interne Notfall (hauptsächlich Herzinfarkt) mit 38%. 31% der tödlichen Unfälle wurden
durch Sturze, Stolpern und Ausgleiten verursacht, weitere 16% entfallen auf Abstürze im
Steilgelände.

Um eine Unfallsituation richtig einzuschätzen eignet sich wie im Kapitel 1 bereits


ausführlich beschrieben folgende Vorgehensweise:

Szene  Sicherheit  Situation


Szene  stehenbleiben, durchatmen, umschauen – Was ist passiert?

Sicherheit  besteht Gefahr für mich, den Patienten oder meine Gruppe?

Situation  Unfallmechanik (Sturzhöhe, offensichtliche Verletzungen, …)

Ein Sturzgeschehen stellt für den Ersthelfer immer eine Herausforderung dar, da eine
Einschätzung des Patientenzustandes nur sehr schwer möglich ist. Selbst wenn der Patient
ansprechbar ist kann eine innere Verletzung nicht ausgeschlossen werden.

Selbstverständlich kann nicht bei jedem Sturz sofort der Hubschrauber verständigt werden.
Deshalb hier einige beispielhafte Situationen, die den Einsatz eines Hubschraubers in
jedem Fall rechtfertigen:

 freier Fall aus großer Höhe


o Verdacht auf inneren Verletzungen / Blutungen
 Bewusstlosigkeit nach dem Sturz bzw. Desorientiertheit und Erinnerungslücken
o wenn auch nur kurz - Verdacht auf Gehirnverletzung
 starke Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Krampfanfälle
o Hinweis auf Hirnblutungen
 Austritt von Blut oder klarer Flüssigkeit aus Mund, Nase oder Ohren
o Hinweis auf einen Schädelbasisbruch
 Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Gefühlsstörungen in Extremitäten
o Hinweis auf eine Wirbelsäulenverletzung
 Beckenschmerzen oder Beckeninstabilität – ev. Beinlängenunterschied
o Hinweis auf Beckenbruch – große Blutungsgefahr

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 offene Knochenbrüche oder Brüche mit starken Fehlstellungen
o Infektionsrisiko, Gefahr des Absterbens der betroffenen Gliedmaße

Als Ersthelfer kann man nur auf Basis vorhandener - oft dürftiger - Informationen handeln.
Die persönliche Einschätzung des Patientenzustands und auch das Bauchgefühl des
Ersthelfers sind somit ausschlaggebend!

Um die Situation etwas besser einschätzen zu können, kann es sinnvoll sein einen kurzen
Body-Check mit dem Patienten durchzuführen. Dieser lenkt die Aufmerksamkeit des
Patienten bewusst und systematisch auf alle Bereiche seines Körpers. Dadurch sind seine
Aussagen verlässlicher als bei einer simplen und allgemeine „Tut dir was weh?“-Frage.

9.1. BODY-CHECK  WEITERFÜHRENDE BEURTEILUNG

Da der Patient nach einem Sturz oft ein reduziertes Schmerzempfinden hat, empfiehlt es
sich, nicht nur nach Schmerzen zu fragen („Tut dir was weh?“), sondern den ganzen Körper
des Patienten (von Kopf bis Fuß) vorsichtig abzutasten und bewusst nach Schmerzen bzw.
Fehlstellungen oder Taubheitsgefühlen zu suchen. Das kann die Entscheidung einer
etwaigen Hubschrauberalarmierung erleichtern.

Kopf abtasten  Wunden, Schmerzen, Eindellungen

Ohren und Nase kontrollieren  Blut oder klare Flüssigkeit tritt aus (Schädel-Hirn-Trauma!)

Schultern und Brustkorb  Schmerzen, Wunden, Eindellungen

Becken abtasten  sanft seitlich zusammendrücken – Schmerzen, Instabilität

Beine und Arme  Beweglichkeit, Gefühlsstörungen, Schmerzen, Fehlstellungen

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Es handelt sich bei dieser simplen Form des Trauma-Checks selbstverständlich nicht um
eine vollständige Untersuchung. Die Ergebnisse dieses Checks sollen dem Ersthelfer die
Entscheidung um einer Hubschrauberalarmierung erleichtern. Schlussendlich handelt der
Ersthelfer immer auf Basis mangelnder Informationen und muss deshalb seinem
Bauchgefühl und seinem Hausverstand vertrauen. Im Zweifelsfall lieber einmal zu viel den
Notruf absetzen. Vor allem kann auch die Rücksprache mit der Landesleitstelle eine weitere
Hilfestellung sein.

9.2. KNOCHEN-, GELENKS- UND BÄNDERVERLETZUNGEN

Es ist in den meisten Fällen nicht festzustellen, ob es sich


bei einer Knochen- oder Gelenksverletzung um einen
Bruch, einen Haarriss, eine Verrenkung, einen Bänderriss
oder eine simple Verstauchung handelt. In der
Versorgung macht dies jedoch kaum einen Unterschied.

Für Ersthelfer gilt salopp gesagt: Der Patient hat Schmerzen und der betroffene Körperteil
„funktioniert nicht mehr richtig.“

Symptome:

 Schmerzen
 Bewegungseinschränkungen
 Stufenbildung (bei Brüchen oder
Verrenkungen –siehe Abbildung)
 ev. Blutergüsse
 ev. Verletzungen im Bereich der Bruchstelle

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 offene Wunden rasch keimfrei versorgen (Wundauflage dicht und ohne Druck
aufkleben)
 Notruf absetzen (lassen)
 so schmerzfrei wie möglich lagern (unterpolstern mit Decken, Jacken, Rucksack)
 wenn möglich kühlen (Instant-Coolpack, Handschuh mit Quellwasser füllen, …)
 Schmuck und ähnliches entfernen (es kommt meist zu Schwellungen)
 Basismaßnahmen durchführen

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Gerade im Outdoor-Bereich ist die Frage ob es sich um einen Bein- oder eine
Armverletzung handelt entscheidend. Bei einer Beinverletzung ist der Einsatz eines
Hubschraubers rasch gerechtfertigt, da durch eine Zusatzbelastung (z.B. eines Abstiegs)
die Verletzung noch verschlimmert werden kann. Bei einer Armverletzung kann der Abstieg
zur Hütte nach Ruhigstellung des Arms - je nach Zustand des Patienten – hingegen oft
durchgeführt werden.

9.3. RUHIGSTELLUNG VON EXTREMITÄTEN

Bei Beinverletzungen ist eine richtige Schienung ohne entsprechendes Material kaum bzw.
nur sehr schwer durchzuführen. Auch wird es für den Patienten ohne Schmerztherapie sehr
herausfordernd sein. Deshalb ist eine Ruhigstellung mittels entsprechender Lagerung und
Unterpolsterung oft die vernünftigste und patientenschonendste Vorgehensweise.

Bei Armverletzungen kann eine Ruhigstellung und entsprechende Fixierung viel einfacher
durchgeführt werden und ein Weitergehen zur nächsten Hütte bzw. Forststraße ist oft
möglich.

Symptome:

 Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen im Bereich der Schulter und/oder des


Arms

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 ev. offene Wunden rasch keimfrei versorgen (Wundauflage dicht aufkleben)


o bei offenen Knochenbrüchen ist eine rasche Versorgung im Krankenhaus
vorrangig – Infektionsgefahr!
 Schmuck und ähnliches entfernen (es kommt meist zu Schwellungen)
 Anlage des Armtragetuchs:

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o Spitze des Dreieckstuchs verknoten (roter
Punkt)
o so unter dem verletzten Arm durchziehen,
dass die Spitze mit dem Knopf am verletzten
Ellbogen liegt (Abb. 1)
o vorderen Teil überklappen um seitlich im
Nacken verknoten (Knopf unterpolstern, um
Reibstellen zu verhindern – Abb. 2)
o verletzter Arm sollte parallel zum Boden oder Abb. 1 Abb. 2
leicht nach oben geneigt im Tuch liegen
o zusätzliche Fixierung mittels Dreieckstuchkrawatte über dem Brustkorb möglich
 Basismaßnahmen durchführen

SAM-SPLINT

Ergänzend zum Armtragetuch kann eine Sam-Splint


verwendet werden. Die Verwendung sollte unbedingt vorher
in einem Kurs praktisch geübt werden!

Sie ist aufgrund ihres Gewichts, ihrer Wiederverwendbarkeit


und ihrer einfachen Handhabung oft im Outdoor-Bereich
anzutreffen. Im Internet werden zahlreiche
Anwendungsmöglichkeiten beschrieben.

Als Laien sollte man sich jedoch auf die Verwendung bei Hand- und Armverletzungen
sowie simplen Sprunggelenksverletzungen (Überknöcheln, Umknicken) beschränken, da
diese Ruhigstellungen meist ohne Gefahr von Zusatzverletzungen durchgeführt werden
können.

Sehr problematisch und umstritten ist die Anwendung im Halswirbelbereich. Eine


manuelle Ruhigstellung des Kopfs ist immer vorzuziehen!

Die Sam-Splint besteht aus einem Aluminiumgeflecht umpolstert mit dünnem


Schaumstoff, um Druckstellen zu vermeiden. Sie wird je nach Längenbedarf gefaltet und

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in eine C-Form gebogen. Erst dadurch erhält sie ihre Steifigkeit. Anschließend wird sie mit
einer Mullbinde befestigt und mittels Armtragetuch am Körper stabilisiert.

Sam-Splint in C-Form
biegen und an Unterarm
anlegen

mittels Mullbinde oä. Fixieren

Armtragetuch darüber anlegen

Mit Zusatzfixierung (zweites Dreieckstuch) am Oberkörper


fixieren.

Beim Abstieg sollte der Patient von anderen


Gruppenmitgliedern unterstützt werden und kein Gepäck
tragen.

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Bei leichten bzw. nicht stark schmerzenden
Sprunggelenksverletzung (Überknöcheln) und dem
Wunsch des Patienten selbst zur Hütte/Straße
abzusteigen, kann die Sam-Splint über den Schuh um
das Sprunggelenk herum angelegt werden. Wichtig ist
die schmerzende Stelle vor der Ruhigstellung gut zu
„umpolstern“. Dazu eignet sich ein Buff oder ein extra
Socken. Dies ist dann nötig, wenn das Schuhwerk die
Stelle nicht entsprechend umhüllt.

Mit einer Mullbinde und/oder Tape wird sie großflächig fixiert.

Ein Transport mit solch einer Ruhigstellung muss gut abgewogen


werden. Gerede in unwegsamen Gelände ist ein längeres Tragen
des Patienten sehr herausfordernd. Eine Option wäre der Tragering
(siehe Rettung aus der Gefahrenzone)

Selbstverständlich gibt es diverse Möglichkeiten mittels Seilen und langen Stöcken


Beinruhigstellungen zu kreieren. Bei einer entsprechenden Expedition ins Ausland sollten
solche Techniken in Spezialkursen geübt werden. In unseren Breiten ist für gewöhnlich eine
Rettung durch die Bergrettung bzw. den Hubschrauber möglich und erspart dem Patienten
dadurch Schmerzen und ev. Komplikationen durch die Verletzung. Für Informationen dazu
siehe Kapitel „Weiterführende Literatur“.

52
10. LAWINENUNFALL

Der Lawinenunfall ist insofern besonders, da er unterschiedlichste lebensbedrohliche


Zustände verursachen kann. Meist besteht akute Erstickungsgefahr. Sollte der Patient über
eine Atemhöhle verfügen wird mit der Zeit die Unterkühlung zum Problem. Und durch die
Verschüttung selbst kann es zu schwerwiegenden Verletzungen am ganzen Körper
kommen. Gerade diese sind vor Ort kaum bis unmöglich zu beurteilen. Deshalb gilt ein
Lawinenopfer immer als schwerverletzt bis das Gegenteil bewiesen ist.

Die häufigste Todesursache bei


Lawinenverschüttung ist das Ersticken.
Deshalb werden die ersten 20 Minuten nach
einem Lawinenunfall für die Verschütteten
Suche aufgewendet.

Deshalb ist das Beherrschen der


Suchstrategie und der Einsatz von
technischen Hilfsmitteln (LVS-Gerät etc.)
besonders wichtig. Bis professionelle Hilfe
vor Ort ist vergehen meist weit mehr als 20 Minuten.

Entscheidende Faktoren:

 Komplette Verschüttung der Atemwege


o Gesicht unter dem Schnee
 Atemhöhle vorhanden
o Mund und Nasenbereich sind nicht von Schnee verlegt
 Schweregrad der Verletzungen
 Körperkerntemperatur
o Unterkühlung wird meist erst ab einer Verschüttungsdauer von mehr als 60
Minuten relevant

Erste-Hilfe-Maßnahmen:

 Suchstrategie, Rettung und Notruf je nach Gegebenheiten


 Freilegen der Atemwege
 Sichtkontrolle ob eine Atemhöhle erkennbar ist

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 sofort kontrollieren ob die Atemwege frei sind
o ggf. Schnee mit den Fingern vorsichtig ausräumen
 Atmung durch hören, sehen, fühlen für max. 10 Sekunden kontrollieren
 Atmung normal  Stabile Seitenlage
o Basismaßnahmen durchführen – vor allem auf Wärmeerhalt achten
 Atmung nicht vorhanden  Herz-Lungen-Wiederbelebung (30:2)

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11. WEITERFÜHRENDE LITERATUR

Hier sind einige Bücher angeführt die einen weiterführenden Einblick in die Outdoor
Medizin bieten. Sie sind zwar für medizinische Laien verfasst, erfordern jedoch ein
ausgeprägtes Interesse bzw. bereits vorhandenes Grundwissen in Anatomie und
Physiologie. Manche Werke sind in gewissen Bereichen mehr als umfangreich und
übersteigen bei weitem die klassischen Empfehlungen der Ersten Hilfe, da sie sich auf
Extremsituationen beziehen, in denen keine medizinische Hilfe verfügbar ist.

Sie gelten deshalb als weiterführende Bedarfsliteratur für Interessierte, nicht jedoch als
Pflichtlektüre.

A.G. Brunello, M. Walliser, U. Hefti (2011): Gebirgs- und Outdoormedizin.


Erste Hilfe, Rettung und Gesundheit unterwegs. Schweizer Gesellschaft
für Gebirgsmedizin.

Feddersen B.; Ausserer H. (2016): Bergmedizin pocket. Von Tagesausflug


bis Himalaya-Expedition! Börm Bruckmeier Verlag GmbH

Johannes Vogel (2013): Outdoor – und Survivalmedizin. Pietsch Verlag

Ebenfalls empfehlenswert sind die Youtube Kanäle der führenden Rettungsorganisationen.


Dort werden immer aktuelle Lehrvideos zu den häufigsten Erste-Hilfe Situationen online
gestellt. Auch bietet der Alpenverein in Kooperation mit der Bergrettung eine Videoreihe
#Taktische Alpinmedizin an.

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