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Universität St.

Gallen – Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften, Inter-


nationale Beziehungen und Informatik (HSG)

Electronic Performance Monitoring in


Callcenter:
Einfluss von EPM auf die Leistungserbringung und die Psyche der
Angestellten in Callcenter

Apisan Sivanesan
Waldaustrasse 5
9000 St. Gallen
+41 79 566 43 70
apisan.sivanesan@student.unisg.ch
22-611-321

Seminararbeit Universität St. Gallen


Einführung in das wissenschaftliche Schreiben
Dr. Pascal Iten
17. November 2022
Abstract
Electronic performance monitoring (EPM) ist ein verbreitetes Mittel in Callcenter, um die Leis-
tung ihrer Angestellten zu kontrollieren. Aufgrund ihrer Struktur wird die Nutzung von EPM-
Massnahmen begünstigt. Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von EPM auf Leistungs-
erbringung in Unternehmen und den Einfluss auf die Psyche der Beobachteten. Anhand der
Erkenntnisse wird eine effiziente Nutzung von EPM-Massnahmen für Callcenter vorgeschla-
gen. Die Erkenntnisse wurden mithilfe einer intensiven Literaturrecherche ausgearbeitet. EPM-
Massnahmen wirken produktivitätsfördernd bei einfachen Aufgaben und produktivitätsmin-
dernd bei komplexen Aufgaben. Zusätzlich führt eine erhöhte Nutzfrequenz von EPM zu Leis-
tungssteigerung. Erkenntnisse zur Psyche waren erhöhtes Stressempfinden bei den Angestellten
durch EPM und positives Verhalten bei transparenter Nutzung von EPM.

1
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................................................... 2

1. Einleitung ....................................................................................................................................................... 3

2. Begriffserklärung: electronic performance monitoring (EPM) ............................................................... 4

3. EPM-Massnahmen in Callcenter ................................................................................................................. 5

4. Leistungssteigerung durch EPM ................................................................................................................. 6

4.1. Auswirkungen von EPM auf die Leistung in Abhängigkeit der Aufgabenschwierigkeit ....................... 6

4.2. Auswirkungen auf die Leistung durch die EPM-Nutzungshäufigkeit .................................................... 7

4.3. Auswirkungen von EPM auf die Produktivität verschiedener Altersgruppen ....................................... 8

5. Psychische Auswirkungen von EPM auf die Angestellten ........................................................................ 9

5.1. Auswirkungen von EPM auf das Stressempfinden und den Gefühlszustand ......................................... 9

5.2. Auswirkung von transparenter EPM-Nutzung .................................................................................... 10

6. Diskussion und Zusammenfassung ............................................................................................................ 11

Literaturverzeichnis ............................................................................................................................................. 12

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Eigene Darstellung in Anlehnung an Davidson & Henderson, 2000, S. 914 7

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1. Einleitung
“By 2020, about 80% of companies will be monitoring employees, using a range of new tools
and data sources.” (Kropp, 2019) Mit der zunehmenden Digitalisierung gewinnen electronic
Performance Monitoring (EPM)-Massnahmen in Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Die
Corona Pandemie hat diesen Wandel begünstigt. Viele Unternehmen waren gezwungen auf
Homeoffice umzusteigen, und einige haben dieses System beibehalten. Die Vorgesetzten muss-
ten neue Massnahmen treffen, um die Arbeitsleistung ihrer Arbeiter auch im Homeoffice kon-
trollieren zu können. EPM-Massnahmen geben dem Unternehmen mehr Transparenz zwischen
der operativen und der strategischen Ebene, wodurch sie ihre Ressourcen besser einsetzen kön-
nen und dadurch die Leistung steigern können. Gleichzeitig schränkt es auch die Freiheiten des
Angestellten ein. Die Arbeiter werden stärker beobachtet und kontrolliert, was als störend er-
achtet werden kann. Diese Beobachtungsmassnahmen können psychische Folgen auf die An-
gestellten haben. In Callcenter werden schon lange EPM-Massnahmen durchgeführt, weil die
Struktur die Nutzung begünstigt.

Diese Arbeit versucht die Frage zu beantworten, inwiefern EPM-Massnahmen die Leistung in
einem Callcenter steigern und welche psychischen Folgen diese Massnahmen auf die Ange-
stellten haben. Sie legt die positiven und negativen Auswirkungen von EPM für Unternehmen
anhand einer intensiven Literaturrecherche dar. Zusätzlich werden die Erkenntnisse der For-
schung genutzt, um eine effiziente Nutzung von EPM in einem Callcenter vorzuschlagen.

Gemäss Alder (1998, S. 729) ist die Forschung in diesem Bereich zwiegespalten. EPM-Befür-
worter gehen nur auf die Vorteile von EPM ein und vernachlässigen die Nachteile und EPM-
Kritiker hingegen sehen nur die Nachteile. Diese Arbeit versucht beide Seiten zu relativieren.
Im zweiten Kapitel wird der Begriff EPM definiert und EPM-Massnahmen vorgestellt. Im drit-
ten Kapitel wird dargelegt, wie Callcenter-Angestellte durch EPM kontrolliert werden und in-
wiefern die Struktur eines Callcenters die EPM-Nutzung begünstigt. Im vierten Kapitel werden
die empirisch erlangten Resultate der Leistungssteigerung in Unternehmen durch die Anwen-
dung von EPM-Massnahmen aufgezeigt. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit einigen psy-
chischen Auswirkungen von EPM-Massnahmen auf die Angestellten. Im sechsten Kapitel wer-
den die vorgestellten Erkenntnisse von EPM zur Leistungssteigerung und für die Psyche der
Angestellten gegeneinander ausgespielt und eine effiziente Nutzung von EPM in Callcenter
wird vorgeschlagen.

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2. Begriffserklärung: electronic performance monitoring (EPM)
Nach Stanton (2000, S. 87) wird EPM definiert als die die Überwachung, Prüfung und/oder das
Aufnehmen von Arbeitsverhalten von Mitarbeiter1 mithilfe technologischer Mittel. Elektroni-
sche Überwachung von Mitarbeitern wurde 1987 in einer Studie des U.S. Kongresses dargelegt.
Dabei wird in der Studie (U.S. Congress, 1987, S. 1) zwischen drei elektronischen Überwa-
chungsinstrumenten in Bürotätigkeiten unterschieden. Elektronische Überwachung wird in ser-
vice observation, telephone call accounting und computer-based monitoring durchgeführt.
Diese Massnahmen werden auch in Callcenter verwendet. Unter service observation versteht
man das Kontrollieren des Mitarbeiters, indem der Vorgesetzte in das Gespräch mit einem Kun-
den rein hört. Der Vorgesetzte beurteilt die Qualität des Anrufs. Telephone call accounting be-
schreibt die automatische Daten-Aufzeichnungen von Telefongesprächen, wie Gesprächsdauer,
Zielperson, Anrufzeit und Anrufkosten, mithilfe eines Computers. Diese Massnahme verlangt
keine Person, welche aktiv sich daran beteiligen muss. Diese Daten können für das Kostenma-
nagement genutzt werden und sind hilfreich, um Produktivitätsprofile von Mitarbeiter zu er-
stellen. Computer-based monitoring beschreibt die automatische Daten-Aufzeichnung, welche
Tätigkeiten am Computer beinhalten (U.S. Congress, 1987, S. 1).

Weitere EPM-Massnahmen werden auch in anderen Berufsfelder gebraucht. Zum Beispiel wer-
den Krankenschwester in einigen Einrichtungen via GPS geortet (Carr, 2014, zitiert nach Ravid
et al., 2022, S. 1). Kleider aus einer Produktionsfirma aus Indien werden mit sogenannten radio
frequency identification (RFID)-Tags versehen. Mitarbeiter wurden aufgefordert RFID-Tags
zu scannen bevor sie an den Kleidern anfingen zu arbeiten. Damit konnten sie die Produktivität
der Mitarbeiter messen (Ranganathan & Benson, 2020, S. 575). Die Anzahl Tastenschläge von
IT-Programmierer beim Codieren werden aufgezeichnet (Batt, 2015, zitiert nach Ranganathan
& Benson, 2020, S. 573). Aus diesen Beispielen wird klar, dass EPM nicht nur aus den drei
vorgestellten Massnahmen in Bürotätigkeiten besteht, sondern dass es viele weitere Massnah-
men in anderen Berufsfeldern gibt. Mit der zunehmenden Digitalisierung steigt die Anzahl
EPM-Massnahmen weiter an. In dieser Arbeit lege ich jedoch einen Fokus auf die Massnahmen,
welche in Callcentern genutzt werden.

1
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche
und anderweitige Geschlechtsidentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erfor-
derlich ist.

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3. EPM-Massnahmen in Callcenter
Wickham und Collins (2004, S. 3-5) definieren Callcenter anhand der Taylorisierung, Überwa-
chung und Emotionsarbeit. Aufgrund der Taylorisierung der Anrufprozesse und den vorgefer-
tigten Gesprächen mit dem Kunden, können Vorgesetzte leicht service monitoring betreiben.
Unter Taylorisierung versteht man «die Aufteilung einer Arbeit, zu deren Bewältigung keine
oder nur geringe Denkvorgänge zu leisten und die aufgrund ihres geringen Umfangs schnell
und repetitiv zu wiederholen sind» (Maier et al., 2018). Die Taylorisierung in Callcenter erfolgt
durch das Automatic Call Distribution System (ACDS). Diese Technologie verteilt Kunden an
den erstbesten, freien Mitarbeiter und hilft bei der Weiterleitung des Kunden an andere Mitar-
beiter, welche die weiteren Schritte der Anrufkette übernehmen (Wickham & Collins, 2004, S.
3). Diese Arbeitsteilige Struktur erlaubt es dem Vorgesetzten, anhand des zentral kontrollierten
Telefonsystems, die einzelnen Leistungserstellungsschritte zu überprüfen. Jeder Mitarbeiter ist
zuständig für einen Teil der Anrufkette, wodurch der Vorgesetzte in der Lage ist zu kontrollie-
ren, ob der Mitarbeiter seinen Teil der Anrufkette richtig ausführt.

Der Aufbau des Anrufprozesses vereinfacht das service monitoring von Vorgesetzten. Zusätz-
lich können Callcenter-Mitarbeiter auch individuell telephone call accounting und computer-
based monitoring unterlegen sein. Statistiken wie die durchschnittliche Zeit pro Anruf, Zeit zum
Aufnehmen eines Anrufs, Zeit, in welcher man vom System ausgeloggt blieb, Pausenzeit, An-
zahl Anrufe an einem Tag, und weiteres werden aufgezeichnet. Für jede dieser Aktivitäten gibt
es einen Code, welcher der Callcenter-Mitarbeiter dem Vorgesetztem durch Drücken eines
Knopfes über das System mitteilen muss, damit die Kontrolle sinngemäss funktionieren kann
(Ball & Margulis, 2011, S. 114). Diese Informationen können auf der strategischen Ebene ge-
nutzt werden, um ihre Ressourcen effizient einsetzen zu können und die Leistung zu steigern.

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4. Leistungssteigerung durch EPM
EPM betreffen zwei Parteien in Unternehmen. Vorgesetzte, welche mit EPM ihre Mitarbeiter
kontrollieren und Mitarbeiter, welche durch EPM kontrolliert werden (Bhave, 2013, S. 606).
Somit sind die Vorgesetzten und die Mitarbeiter primär verantwortlich für die Leistungssteige-
rung im Unternehmen. EPM ist ein Mittel, welches die Leistungssteigerung im Unternehmen
fördern kann. Elektronische Überwachungsmassnahmen verringern die Informationsasymmet-
rie zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter, wodurch moral hazard Verhalten vorge-
beugt werden kann (Bhave, 2013, S:608 ff.). Informationsasymmetrie kann in Callcenter auf-
kommen, wenn der Vorgesetzte unzureichende Überwachungsmöglichkeiten besitzt, um seine
Mitarbeiter zu kontrollieren und die Mitarbeiter andere Ziele verfolgen, welche nicht den Zielen
der Unternehmung entsprechen. Die Prinzipal-Agent Theorie beschreibt die effizientere Ver-
tragswirksamkeit, durch Minimierung der Informationsasymmetrie (Eisenhardt, 1989, S. 59).
Auf die EPM-Nutzung übertragen, bedeutet das, das mehr Überwachung die Leistung im Un-
ternehmen erhöht (Bhave, 2013, S.609). Jedoch weist die Forschung zum Teil andere Erkennt-
nisse auf. So kann die Nutzung von EPM auch zu Ineffizienz in der Unternehmung führen. Ein
Beispiel wären EPM-Massnahmen, welche die quantitative Leistungserbringung überprüfen.
Diese können die qualitativen Aspekte der Leistungserbringung nicht kontrollieren. Der Mitar-
beiter wird dann auf die qualitativen Aspekte seiner Leistung verzichten, um die quantitativen
Anforderungen besser zu erfüllen (Davidson, & Henderson, 2000, S. 907).

Die Nutzung von EPM sollte nicht nur aufgrund der Prinzipal-Agent Theorie begründet werden.
Nach den Erkenntnissen dieser Theorie sollte ein Vorgesetzter unabhängig von den Umständen
möglichst viel EPM betreiben. EPM weist jedoch unterschiedliche Effekte für unterschiedliche
Arbeitsumstände auf. Diese sollten in Betracht gezogen werden, um EPM möglichst effizient
nutzen zu können.

4.1. Auswirkungen von EPM auf die Leistung in Abhängigkeit der Aufgabenschwie-
rigkeit
Die Social-Facilitation-Theorie (Zajonc, 1965, S. 269-270) besagt, dass ein Individuum in der
Anwesenheit eines Publikums leichte Aufgaben besser erledigt, als es diese allein erledigen
würde und bei komplexeren Aufgaben schlechter abschneidet. EPM-Massnahmen stellen in
diesem Kontext ein elektronisches Publikum dar (Bhave, 2013, S. 607). Die Social-Facilitation-
Theorie lässt vermuten, dass EPM-Massnahmen bei einfachen Aufgaben die Produktivität er-
höht und bei komplexeren Aufgaben einen negativen Einfluss auf die Produktivität aufweist.
6
Davidson und Henderson (2000, S. 910 ff.) haben in ihrer Studie den Effekt von elektronischer
Überwachung auf Aufgabenschwierigkeit, Gefühlszustand und Stressempfinden der Teilneh-
mer überprüft. Es wurden 48 Studenten aufgefordert, Anagramme auf einem überwachbaren
Computer zu lösen. Die Teilnehmer hatten entweder einfache oder schwierige Anagramme be-
kommen. Auch wurde den Teilnehmern anhand eines Symbols auf dem Monitor mitgeteilt, ob
sie beobachtet werden.

8
Anzahl korrekter Anagramme

0
Einfaches Anagramm Schwieriges Anagramm
Beobachtet Unbeobachtet

Abbildung 1 Eigene Darstellung in Anlehnung an Davidson & Henderson, 2000, S. 914

Die Beobachteten mit einfachen Anagrammen konnten durchschnittlich 8.27 Anagramme lösen
und die Unbeobachteten lösten durchschnittlich 7.73 einfache Anagramme. Die Beobachteten
mit schwierigen Anagrammen lösten durchschnittlich 4.17 Anagramme. Die Unbeobachteten
mit schwierigen Anagrammen konnten durchschnittlich 4.9 Anagramme lösen (Davidson &
Henderson, 2000, S. 913). Dieses Ergebnis festigt die Social-Facilitation-Theorie.

4.2. Auswirkungen auf die Leistung durch die EPM-Nutzungshäufigkeit


Die Prinzipal-Agent-Theorie stützt die Aussage, dass eine höhere Nutzfrequenz von EPM die
Leistungserbringung steigert. Bhave (2013, S. 614-618) hat in seiner Arbeit den Einfluss der
Nutzungshäufigkeit von EPM auf die Produktivität der Mitarbeiter getestet. In seiner Arbeit
zeigt Bhave (2013, S. 606) die ausschlaggebende Rolle des Vorgesetzten für die Nutzung von
EPM auf. Er zeigt auf, wie Vorgesetzte anhand der Nutzfrequenz von EPM die Leistung seiner
Mitarbeiter steigern kann.

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Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Aussage, ausgehend von der Prinzipal-Agent-Theorie.
Eine höhere Nutzfrequenz von EPM führte zu einer Leistungssteigerung bei den Mitarbeitern
(Bhave, 2013, S. 617). Jedoch wurde in dieser Studie kein Vergleich zu einer Arbeitssituation
ohne EPM gemacht. Die Studie verdeutlicht, dass in einer Arbeitssituation mit EPM, eine hö-
here Nutzfrequenz die Leistung steigert. Jedoch kann es sein, dass in der gleichen Arbeitssitu-
ation ohne EPM, die Leistungserbringung grundsätzlich höher wäre.

4.3. Auswirkungen von EPM auf die Produktivität verschiedener Altersgruppen


Mallo et al. (2007) haben in ihrer Studie die Auswirkungen von EPM-Massnahmen auf Leis-
tungserbringung und Stress-Level bei verschiedenen Altersgruppen untersucht.

Mallo et al. (2007, S. 53) haben 163 junge (18-39 Jahren) und alte (40+ Jahren) Teilnehmer
zufällig auf vier Variablen verteilt. Entweder wurden sie beobachtet oder nicht beobachtet und
sie erhielten einfache oder schwierige Aufgaben. Die Aufgabe bestand darin, Kontonummern
richtig abzutippen. Die einfache Aufgabe enthielten fünfstellige Nummern, die schwierige Auf-
gabe enthielten 15-stellige Nummern. Die Teilnehmer mussten 75 Eingaben in 20 Minuten er-
ledigen, dann wurden die Anzahl richtig abgetippter Kontonummern gemessen. Die Beobach-
teten wurden durch computer-based monitoring überwacht.

Alle Teilnehmer haben bei den schwierigen Aufgaben deutlich schlechter abgeschnitten, wenn
sie beobachtet worden waren. Dieses Resultat stützt die Erkenntnisse der Studie von Davidson
und Henderson (2000). Bei den einfachen Aufgaben wurden unabhängig vom Alter und Be-
obachtungszustand keine statistisch relevanten Unterschiede in der Leistungserbringung er-
kannt. Das spricht gegen die Erkenntnisse der Studie von Davidson und Henderson (2000) und
gegen die Social-Facilitation Theorie. Jedoch begründet Mallo et al. (2007, S. 58) diese Abwei-
chung mit der zu geringen Schwankung der Anzahl richtig eingegebenen Daten bei den einfa-
chen Kontonummern. Die meisten Teilnehmer haben zwischen 70 und 75 Eingaben richtig ein-
gegeben. Diese Schwankung könnte zu klein gewesen sein, um Leistungsunterschiede erkennen
zu können. Es konnte keinen Einfluss des Alters auf die Leistungserbringung unter EPM-Kon-
ditionen beobachtet werden.

8
5. Psychische Auswirkungen von EPM auf die Angestellten
Um EPM effizient nutzen zu können, sollten auch die psychischen Effekte dieser Massnahme
auf die Mitarbeiter untersucht werden. In der Forschung wurden meist negative EPM-Auswir-
kungen auf die Psyche des Mitarbeiters festgestellt. Es gibt aber auch Effekte von EPM welche
sich positiv auf die Psyche des Mitarbeiters auswirken. So haben McNall und Roch (2009)
herausgefunden, dass gewisse EPM-Massnahmen Vertrauen in Mitarbeiter zum Vorgesetzten
aufbauen. Dies führt zu erhöhter Produktivität und Arbeitszufriedenheit (S. 204).

Die negativen Folgen von EPM sollten trotzdem beachtet werden. Mit den Erkenntnissen für
die Psyche sollte man in der Lage sein, anhand den Erkenntnissen zur Leistungssteigerung eine
Abwägung durchzuführen, um zu entscheiden, ob EPM sich in einem bestimmten Fall lohnen
würde. Sollte eine EPM-Massnahme keine Leistungssteigerung herbeiführen, sondern nur als
Stressfaktor für den Mitarbeiter fungieren, dann kann diese Nutzung von EPM ineffizient für
das Unternehmen sein. Die Nutzung kann dann trotzdem Informationen für die strategische
Ebene beschaffen, dies aber auf Kosten von Leistungserbringung und Arbeitsmoral der Mitar-
beiter.

In den nachfolgenden Unterkapitel werde ich einige Erkenntnisse aus der Forschung zum Ein-
fluss von EPM auf die Psyche des Mitarbeiters darlegen. Dabei behandeln die Studien die Aus-
wirkungen von EPM auf das Stressempfinden, den Gefühlszustand und inwiefern transparente
Nutzung von EPM auf die Psyche des Mitarbeiters wirkt.

5.1. Auswirkungen von EPM auf das Stressempfinden und den Gefühlszustand
Davidson und Henderson (2000) haben in ihrer Arbeit, neben der Leistungsbeobachtung, das
subjektive Stressempfinden und den subjektiven Gefühlszustand nach Abschluss der Aufgaben
aufgezeigt (S. 914-915).

Davidson und Henderson (2000, S. 917) haben die Erkenntnis gezogen, dass für das Stressemp-
finden der Beobachtungszustand entscheidend war. Beobachtete Teilnehmer haben mehr Stress
empfunden als die unbeobachteten Teilnehmer. Diese Erkenntnis wird durch die Studie von
Smith et al. (1992, zitiert nach Kolb & Aiello, 1996, S. 409) gestützt. 762 beobachtete und
unbeobachtete Telekommunikation-Arbeiter wurden auf ihre Stressempfindung bei der Arbeit
befragt. Die Arbeiter unter EPM-Konditionen haben grundsätzlich mehr Stress empfunden.

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Zusätzlich wurde herausgefunden, dass die beobachteten Teilnehmer mit einfachen Aufgaben
ein positiveres Gefühl empfunden haben als die Unbeobachteten mit einfachen Aufgaben. An-
dersherum war es bei den Teilnehmern mit den schwierigen Aufgaben. Dort haben die Beo-
bachteten ein negativeres Gefühl empfunden als die Unbeobachteten. (Davidson & Henderson,
2000, S. 915)

Mallo et al. (2007) haben in ihrer Studie die Stressempfindung von EPM auf verschiedene Al-
tersgruppen betrachtet. Sie (Mallo et al., 2007, S. 57) haben festgestellt, dass alle Teilnehmer
mehr Stress empfunden haben, wenn sie beobachtet worden waren. Diese Erkenntnis geht ein-
her mit der Erkenntnis von Davidson und Henderson (2000, S. 917). Zusätzlich wurde ein Ein-
fluss der Aufgabenschwierigkeit auf das Stressempfinden der verschiedenen Altersgruppen
festgestellt. Ältere Teilnehmer waren stärker von der Aufgabenschwierigkeit betroffen als die
Jungen. Jedoch konnte kein unterschiedlicher Einfluss des Beobachtungszustand auf das Stress-
empfinden der verschiedenen Altersgruppen beobachtet werden. Teilnehmer beider Altersgrup-
pen haben ähnlich viel Stress empfunden

5.2. Auswirkung von transparenter EPM-Nutzung


Eine transparente Nutzung von EPM bedeutet eine offene Darlegung der EPM-Massnahmen
und erwarteten Zielen gegenüber dem Mitarbeiter. Dem Mitarbeiter wird die EPM-Nutzung
legitimiert und erwartete Ziele werden offen dargelegt (Ravid et al., 2022, S. 9). Dieses trans-
parente Verhältnis hilft dem Mitarbeiter Vertrauen gegenüber seinen Vorgesetzten aufzubauen
und seine Ziele besser zu verwirklichen. Daraus kann die Aussage gefolgert werden, dass trans-
parentere Nutzung von EPM die Arbeitsmoral stärkt und die Produktivität fördert.

Ravid et al. (2022) haben in ihrer Meta-Analyse den Effekt von transparenter Nutzung von
EPM analysiert. Sie (Ravid et al., 2022, S. 9) haben Resultate der verfügbaren Studien ausge-
wertet, analysiert und in einer Tabelle zusammengestellt. Die Auswertung der Resultate zur
Auswirkung von transparenter Nutzung von EPM zeigen auf, dass diese mit einer positiven
Einstellung der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen einhergehen. Mitarbeiter empfinden
Unternehmen mit transparenter EPM-Nutzung gerechter, hilfsbereiter, und sie sind affektiver
gebunden zum Unternehmen und sie empfinden eine grössere Zufriedenheit, jedoch konnte kei-
nen Zusammenhang mit Leistungsverbesserung festgestellt werden (Ravid et al., 2022, S. 21).

10
6. Diskussion und Zusammenfassung
Betrachtet man die Definition eines Callcenters nach Wickham und Collins (Siehe Kap. 3) dann
ist der Anrufprozess gegliedert in einfachen, redundanten Schritten. Eine EPM-Nutzung würde
hier, nach der Social-Facilitation-Theorie (Siehe Kap. 4.1), Sinn machen, wenn diese die ein-
fachen und redundanten Schritte überwachen. Service monitoring (Siehe Kap. 2) des Vorge-
setzten würde eine qualitative Verbesserung in der Gesprächsführung vom Mitarbeiters bewir-
ken. Telephone call accounting (Siehe Kap. 2) könnte in diesem Fall zu einer quantitativen
Verbesserung führen. Um die Leistung im Callcenter zu erhöhen, sollte der Vorgesetzter eine
hohe Nutzfrequenz von EPM haben. Nach den Erkenntnissen von Mallo et al (Siehe Kap. 4.2)
führt eine hohe Nutzfrequenz zu Leistungssteigerung.

Erkenntnisse von Davidson und Henderson (Siehe Kap. 5.1) zeigen auf, dass die Nutzung von
EPM das Stressempfinden erhöht, gleichzeitig einen positiven Gefühlszustand bei Erfüllung
einfacher Aufgaben auslöst. Die Mitarbeiter empfinden nach jedem abgeschlossenen Anruf ein
positives Gefühl. Diese Nutzung von EPM kann als Motivator auf die Mitarbeiter wirken und
kann ihre Arbeitsbereitschaft fördern. Grundsätzlich stärkt es aber die Arbeitszufriedenheit.

Die Arbeitszufriedenheit kann auch durch die transparente Verwendung von EPM gesteigert
werden. Die Analyse von Ravid et al. (Siehe Kap. 5.2) stützt diese Aussage. Der Vorgesetzte
sollte die EPM-Nutzung im Callcenter und Erwartungen gegenüber den Mitarbeitern offen dar-
legen, damit die Mitarbeiter sich besser mit dem Callcenter identifizieren können. Dadurch be-
kommen die Unternehmensziele bei den Mitarbeitern mehr Beachtung, wodurch, nach der Prin-
zipal-Agent-Theorie, die Leistung gesteigert wird.

Nur erfahrene Mitarbeiter sollten EPM-Massnahmen ausgesetzt sein. Unerfahrene Mitarbeiter


werden diese Anrufprozesse als schwierig erachten, weshalb, nach der Social-Facilitation-The-
orie, die Leistung gemindert wird. Die Überwachungsmassnahmen fungieren dann nur als
Stressfaktor und führen zu negativen Gefühlszustände (Siehe Kap. 5.1). Negative Gefühlszu-
stände führen zu Minderung der Arbeitszufriedenheit und folglich zu einer Entfremdung zum
Callcenter, wodurch den Unternehmenszielen weniger Beachtung geschenkt wird. Nach der
Prinzipal-Agent-Theorie führt das zu zusätzlicher Leistungsminderung.

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13
«Ich erkläre hiermit,
§ dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig, ohne fremde Hilfe und ohne Verwendung
anderer als der angegebenen Hilfsmittel verfasst habe;
§ dass ich sämtliche verwendeten Quellen erwähnt und gemäss gängigen wissenschaftlichen
Zitierregeln korrekt zitiert habe;
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den;
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und dass daraus disziplinarische wie auch strafrechtliche Folgen resultieren können, welche
zum Ausschluss von der Universität resp. zur Titelaberkennung führen können.»

«Mit Hochladen der schriftlichen Arbeit stimme ich mit konkludentem Handeln zu, die Eigen-
ständigkeitserklärung abzugeben, diese gelesen sowie verstanden zu haben und, dass sie der
Wahrheit entspricht.»

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