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AG im Verfassungsrecht I

- Grundrechte -

Fall 9 - Landeserziehungsgeld

M ist chinesische Staatsangehörige und beantragt bei der zuständigen Behörde Landeserzie-
hungsgeld nach dem Niedersächsischen Landeserziehungsgeldgesetz (NLErzGG) für ihre im
Februar 2010 geborene Tochter. M wohnt seit dem Jahr 2001 in Hannover, besitzt eine unbe-
fristete Aufenthaltserlaubnis und hat längere Zeit als Ingenieurin gearbeitet.
Ihr Antrag auf Landeserziehungsgeld wurde zurückgewiesen, weil ihr aufgrund ihrer chinesi-
schen Staatsangehörigkeit Landeserziehungsgeld nicht zustehe. Nachdem ihr gegen die Ab-
lehnung gerichteter Widerspruch erfolglos blieb, erhob M Klage vor dem Sozialgericht Hanno-
ver. Sowohl vor dem Sozialgericht als auch in den nachfolgenden Instanzen wurde das Begeh-
ren der M abgewiesen. M fühlt sich auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit ungerecht behandelt
und erhebt Verfassungsbeschwerde. Sie trägt u. a. vor, dass es für sie nicht nachvollziehbar
sei, dass sie Elterngeld nach dem Bundeselterngeldgesetz erhalten habe, ihr aber keine Leis-
tungen des Landes für die Erziehung ihres Kindes zustehen sollen.

Mit Erfolg?

Hinweis: Art. 6 GG ist nicht zu prüfen.

§ 1 NLErzGG (fiktiv)
(1) Anspruch auf Landeserziehungsgeld hat, wer
1. seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit der Geburt des Kindes,
mindestens jedoch fünfzehn Monate, in Niedersachsen hat,
2. mit einem nach dem 30. Juni 1989 geborenen Kind, für das ihm die Personensorge zu-
steht, in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht,
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt und
5. die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines ande-
ren
Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

b. w.
AG im Verfassungsrecht I – Grundrechte Fall 10

In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es:


„Die Ergebnisse der Forschung und Praxis haben in den letzten Jahren zu der allgemeinen Über-
zeugung geführt, dass die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung in den ersten drei Lebensjahren
die Grundlage für die Entwicklung einer stabilen Persönlichkeit bildet, die Sicherheit und Le-
benstüchtigkeit mit emotionaler Bindungsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und ausge-
prägtem Gemeinschaftssinn verbindet. Die frühe soziale Prägung durch die Familie ist deshalb
für Gesellschaft und Staat von besonderer Bedeutung. Die Einführung eines Erziehungsgeldes
und Erziehungsurlaubes durch das Bundeserziehungsgeldgesetz hat diese Erkenntnisse poli-
tisch umgesetzt. Der Landesgesetzgeber ist von der Richtigkeit des Erziehungsgeldgedankens
zutiefst überzeugt. Angesichts einer anstehenden Verlängerung der Bezugsdauer des Bundes-
erziehungsgeldes hat sich die Niedersächsische Landesregierung entschlossen, Landesleistun-
gen der Familienförderung neu zu ordnen und ein Landeserziehungsgeld einzuführen. Das Lan-
deserziehungsgeld versteht sich als Anerkennung für die intensive Erziehungsleistung von Müt-
tern und Vätern und solle zugleich die finanzielle Lage junger Familien verbessern.
[…]
Um „Mitnahmeeffekte" zu verhindern, müsse der Antragsteller seit der Geburt, mindestens
aber seit 15 Monaten in Niedersachsen seinen Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt
haben und die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union besitzen. Da-
mit wird eine gezielte Förderung von „Landeskindern" gewährleistet und den Grundsätzen ei-
ner sparsamen Haushaltspolitik Rechnung getragen."

Bearbeitervermerk: Das Landeserziehungsgeld wird für die Dauer von bis zu drei Jahren ge-
zahlt.

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