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Die göttliche Liturgie des Heiligen Chrysostomus:1

A. Rüsthandlungen - Proskomidie

1. Zurüstung der Liturgen


2. Zurüstung der Gaben

B. Liturgie der Katechumen


1. Eingangssegen
2. Friedensektenie (Fürbittengebet)
3. Antiphonen (Psalmgebete)
a. Antiphon mit Stillgebet des Priesters und Kleine Ektenie
b. Antiphon mit Stillgebet, dem Hymnus „Eingeborener Sohn” und
Kleine Ektenie
c. Antiphon/Seligpreisungen und Stillgebet
4. „Kleiner” Einzug mit dem Evangelienbuch.
5. Trishagion und Stillgebete des Priesters
6. Schriftlesungen
a. Prokimenon
b. Epistel
c. Halleluja
d. Evangelium
e. Predigt
7. Inständige Ektenie (Großes Fürbittengebet und Entlassung der Katechumenen)

C. Liturgie der Gläubigen

1. Kleine Ektenie und Stillgebete des Priesters


2. Cherubim-Hymnus und „Großer Einzug” mit den hl. Gaben
3. Großes Bittgebet
4. Opfergebet (Stillgebet)
5. Friedenskuß
6. Glaubensbekenntnis
1
Eugen Hämmerle, Heinz Ohme, Klaus Schwarz, Zugänge zur Orthodoxie, Göttingen,1989, S. 44-45. Von den
zahlreichen Textausgaben sind hier besonders zu nennen: F. v. Lilienfeld, Die Göttliche Liturgie des hl. Johannes
Chrysostomus mit den Kirchenslavisch-Deutsch, Heft C: Einführung (Oikonomia. Quellen und Studien zur orthodoxen
Theologie, Bd. 2), Erlangen 1979; N. Edelby, Liturgikon. „Meßbuch" der byzantinischen Kirche, Recklinghausen 1967;
S. Heitz (Hrsg.), Der Orthodoxe Gottesdienst, Bd. 1: Göttliche Liturgie und Sakramente, Mainz, 1965; Rumänische
Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (Hrsg.), Die Göttliche Liturgie unseres Vaters unter
den Heiligen Joahannes Chrysostomos, Theofania Verlag, Sibiu, 2006.
1
7. Anaphora (Darbringung: Eucharistisches Hochgebet)
a. Praefation
b. Sanctus
c. Post Sanctus
d. Einsetzungworte
e. Anamnese
f. Epiklese
g. Fürbitten oder Dyptichen
8. Vorbereitung auf die Kommunion
a. Bitt-Ektenie
b. Vaterunser
c. Gebet mit gebeugtem Haupt
9. Vor der Kommunion
a. Elevation
b. Brotbrechung
c. Vermischung der Elemente
d. Hinzuführung heißen Wassers
10. Kommunion
a. Kommunion des Klerus
b. Kommunion der Gläubigen

11. Danksagungsgebete, Entlassung, Segen


12. Küssen des Kreuzes und Empfang des Antidorons

4.1 Die Deutung der Prothesis


Vor den eigentlichen Gemeindegottesdienst die Priester bereiten sich vor durch
Gebet, Verehrung der Ikonen, Gebet beim Betreten des Altarraums, Anlegen der
liturgischen Gewänder unter Gebet und Waschen der Hände. Der Sinn all dieser
Handlungen ist die Deutung der Notwendigkeit der seelischen aber auch die
körperlichen Vorbereitung der Liturgen für die Begegnung mit Gott.
Die Gaben die bei der Prothesis gebracht werden, sind Brot und Wein, da sie
auch beim letzten Abendmahl von unserem Herrn Jesus Christus benützt worden sind.
Sie stellen die ganze Hingabe des Menschen zu Gott dar und symbolisieren durch die
Mehrzahl der Körner die Gemeinschaft aller Christen die Anteil an der Opfer Christi
durch die Liturgie hat.
In der nördlichen Ecke des Altarraums befindet sich der Rüsttisch wo der Priester
die Prothesis beginnt. Aus 5 verschiedene Brötchen, die Prosphora [προσφορά,
Darbringung, Zuführung, Opfer] genannt werden, schneidet er bestimmte Teile aus,
die auf dem Diskos im Gedächtnis einer bestimmten Person gelegt werden.
Aus der ersten Prosphora schneidet der Priester das quadratische Mittelteil
heraus, in das die griechischen Anfangsbuchstaben für „Jesus Christus siegt”
2
eingebacken sind ΙΗ, ΗΡ, ΝΙ, ΚΑ. Dieser Teil des Brotes wird „das heilige Lamm”
genannt. Die ganze Handlung mit dem Dialog zwischen Diakon und Priester wird als
bildliche Darstellung des Opfertodes aber auch Geburt Christi verstanden. 2 Danach
wird aus der zweiten Prosphora zu Ehren der Gottesmutter ein größeres Stück in Form
eine Pyramide abgeschnitten und neun kleinere Stücke zu Ehren der Engel, Propheten,
Apostel, Kirchenväter, Märtyrer und Heiligen; schließlich eine Anzahl von
Brotstückchen für die Lebenden und Verstorbenen, derer bei diesem Gottesdienst
gedacht werden soll. Alle Teile werden auf dem Diskos um das „Lamm” gruppiert.
In diesem Ritus wird eine symbolische Darstellung der Gemeinschaft der ganzen
Kirche erblickt als Versammlung der Lebenden und Vollendeten um ihr Haupt
Christus zum mystischen Mahl.
Wenn der Wein mit etwas Wasser vermischt wurde, werden die
Abendmahlsgaben beweihräuchert und mit dem „Stern” und einem Tuch bedeckt.
Danach werden Altar, die ganze Kirche und nochmals der Altar beräuchert, während
dessen der Priester Psalm 51 betet.
Die ganze eucharistische Feier wird als eine symbolische Darstellung Lebens
Christi gedeutet. Die Akte der Proskomidie, als der Beginn der Liturgie
versinnbildlichen die Geburt Christi, aber in derselben Zeit sie symbolisieren auch den
Tod Christi, weil in dessen Menschwerdung virtuell auch sein Tod einbezogen war. 3

4.2 Die Deutung der Katechumenenliturgie

Die göttliche Liturgie beginnt mit dem großen Segen des Priesters: „Gepriesen
sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar
und von Ewigkeit zu Ewigkeit” Die Liturgie ist das Reich der Heiligen Dreifaltigkeit
an der die Gläubigen durch die sichtbaren Riten Teilnahme haben.
Danach folgt das große Fürbittengebet, das mit der Eingangsaufforderung: „In
Frieden lasset uns zum Herrn beten” beginnt. Der Frieden ist die erste Gabe die man
von Gott verlangt, um an Reich Gottes teilnehmen zu können. Man verlangt auch den
innerlichen, den seelischen Frieden aber auch den äußerlichen, weltlichen Frieden.
Jede Ektenie beginnt mit dieser Bitte, da eigentlich das Verlangen dieses Friedens die
Sehnsucht des Menschen nach dem Himmelreich ausdrückt.
Das Reich Gottes ist nach der byzantinischen Tradition keine besondere
Herrschaft Gottes, sondern die Teilnahme an der Liebe der Heiligen Dreifaltigkeit.
Dieses Reich ist jetzt offen für jeden Menschen durch den Tod und die Auferstehung
Christi.

2
Hans Joachim Schulz, Die byzantinische Liturgie.Vom Werden ihrer Symbolgestalt, Freiburg im Breisgau, 1964, S.
113ff.
3
Dumitru Stăniloae, Spiritualitate şi comuniune în Liturghia ortodoxă, Craiova, 1986, S. 107. Vgl auch: Karl Christian
Felmy, Der Christusknabe auf dem Diskos. Die Proskomidie der orthodoxen Liturgie als Darstellung von "Schlachtung
des Lammes" und Geburt des Herrn, Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 23 (1979), S. 95-101.
3
Die Aufforderungen der Ektenien werden mit dem Ruf „Kyrie eleison”
beantwortet und sie umfassen Fürbitten alle seelischen und materiellen
Notwendigkeiten einer christlichen Gemeinschaft.
Die drei Antiphonen die danach folgen sind Psalmverse die über die
alttestamentliche Wartung des Herren sprechen. Sie dienen aber auch als Vorbereitung
für die Lesungen, der Höhepunkt der Liturgie der Katechumenen. Der Begriff
„Katechumenenliturgie” ist heute noch im christlichen Osten benützt im Sinne daß
die Christen, obwohl sie als Kinder getauft wurden, doch lebenslang Glaubensschüler
sind und bleiben und daß, was in der Taufe begonnen wurde, in seiner Fülle erst
vollendet sein wird, wenn das Reich Gottes anbricht.4
Man vermutet, daß die Antiphonen einst Psalmengesänge des Volkes waren,
während es auf den feierlichen Einzug des Bischofs wartete. Daher rührt vielleicht auch
noch die Bezeichnung „Antiphon”, die „Wechselgesang” bedeutet: Ein Solist trug die
Psalmverse vor, zwischen denen das Volk, das ja keine Bücher hatte oder vielleicht auch
gar nicht lesen konnte, einen Refrain sang. Nach der zweiten Antiphon wird der
Hymnus „Eingeborener Sohn und Wort Gottes” gesungen der vom Kaiser Justinian
(527-565) in der Liturgie eingefügt worden ist. 5 Die Entstehungszeit des Hymnus
verweist auf die tiefgreifenden Auseinandersetzungen um die Person Jesu Christi, wie
sie mit der Leugnung seiner Gottheit durch die Arianer begannen und in der Folgezeit
die Kirche nicht zur Ruhe kommen ließen.6 Nach der dritten Antiphon werden die
Seligpreisungen gesungen (Mt 5, 3-12) als rein - christliche Hymnographie die auf die
Erfordernisse des Himmelreiches verweisen.
Danach, alle Liturgen kommen mit dem Evangelium aus dem Altar durch die
nördliche Tür, eine Bewegung die als “kleiner Einzug” bezeichnet wird. Der kleine
Einzug in der Liturgie stellt das öffentliche Auftreten Jesu dar, aber nicht nur diese in
der Bibel allgegenwärtige Tatsache allein, sondern auch ihre Zielsetzung, den
Lebensaustausch zwischen Gott und Mensch: In Christus wurde Gott Mensch, wohnte
und wandelte unter den Menschen, damit diese zum göttlichen Leben gelangen
können.7
Die Prozession des kleinen Einzugs macht vor der Königstür der Ikonostase halt,
welche die Himmelspforte darstellt; der Eingangssegen wird gesprochen und das
Evangeliar mit dem Weisheits-Ruf hoch erhoben. Nach dem Eingangssegen singt der
Chor dreimal das Trisagion: „Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher,
erbarme dich unser” durch welches die Heiligkeit Gottes mit den Hymnus der Engeln
gepriesen wird und durch welches auch die Vorbereitung für die Lesung der Heiligen
Schrift gemacht wird.
Bevor der biblischen Vorlesungen, werden darauf einige Verse aus den Psalmen
als Responsorium gesungen (Prokimenon), worauf der Lektor aus dem „Apostolos”,
4
Dumitru Stăniloae, Spiritualitate şi comuniune…S. 218.
5
Ghermanos I von Konstantinopel, Historia ecclesiastica, PG 97, 404D.
6
Michael Kunzler, Wir haben das wahre Licht gesehen. Einführung in Geist und Gestalt der byzantinischen Liturgie,
(=Sophia, Quellen Östlicher Theologie 27), Trier, 1991, S. 145.
7
Ibidem, S. 152.
4
das Buch wo alle Vorlesungen eingetragen sind, die Epistel verliest. Es schließt sich
das dreifache Halleluja an, das während des ganzen Kirchenjahres gesungen wird.
Nach erneuter Beweihräucherung der Kirche erfolgt die Lesung des Evangeliums. Das
ist der Höhepunkt der Liturgie der Katechumenen. Es ist die Begegnung mit dem
Wort Gottes, es ist die wahrhaftige Teilnahme an der Lehre Christi. Deshalb hat die
byzantinische Kirche keine Vorlesungen aus dem Alten Testament, sondern sie kennt
zwar nur biblische Lesungen die in an allen Tagen des Kirchenjahres dem NT
entnommen sind. Man mag dies zu Recht mit einem »österlichen« Grundcharakter der
byzantinischen Kirche in Verbindung bringen, mit dem man sie zuweilen als Ganze zu
charakterisieren versucht: Das Alte Testament hat seine Bedeutung in wahrstem Sinn
des Wortes erfüllt, es sollte auf Christus hinweisen und sein Kommen vorbereiten, es
sollte die großen Heilsdaten (Tod und Auferstehung) ankündigen. Aus dieser
Wirklichkeit als erfüllte Wahrheit lebt aber die Gemeinde, aus ihr heraus kann sie
allein die Liturgie feiern. Deshalb sollen auch ihre Lesungen aus der Heiligen Schrift
ganz aus der Erfüllung heraus geprägt sein, weshalb das AT in der byzantinischen
Kirche nur eine untergeordnete Bedeutung besitzt.8
Gleich danach folgt die Homilie, die Predigt. Der Vorsteher, ermahnt jetzt die
schönen Lehren des Evangeliums im Leben zu befolgen. Die ganze Liturgie hat eine
mystagogische Rolle. Sie führt durch die liturgischen Akte, durch das Wort Gottes,
durch die Deutung des Evangeliums, durch die Musik, durch die Ikonen in das
Mysterium der Gegenwart Gottes ein.
Die Liturgie der Katechumenen wird durch das Große Fürbittengebet beschlossen,
durch die „Inständige Ektenie”, deren Bitten mit einen dreifachen „Herr, erbarme
dich” beantwortet werden, sowie Gebeten für die Taufbewerber, die Katechumenen,
und deren Entlassung. Nach altkirchlicher Arkandisziplin sollten Ungetaufte nicht
Zeugen des Mysteriums der Eucharistie sein. Heutzutage werden die Fürbitten für die
Entlassung der Katechumenen noch gelesen, weil viele der getauften Christen noch
Katechumenen in ihrem Glauben sind und somit die Gebete der Kirche benötigen. 9

4.3 Die Deutung der Liturgie der Gläubigen

Die Liturgie der Gläubigen beginnt mit der Aufforderung speziell an die
Gläubigen zum Gebet und Vorbereitungsgebeten der Priester. Es folgen danach einige
Rituale die als Vorbereitung für die Umwandlung der Gaben dienen. Erstens, wird
vom Chor der Cherubim-Hymnus angestimmt, wobei sich der Priester für den großen
Einzug, d.h. für die Umsetzung der Gaben vom Rüsttisch auf dem Altar vorbereitet
durch ein Gebet welches mit den Worten des Cherubim-Hymnus endet: „Die wir die
Cherubim geheimnisvoll darstellen und der lebenspendenden Dreifaltigkeit den
Hymnus des Dreimalheilig singen, laßt uns jetzt ablegen jede irdische Sorge ..um zu
empfangen den König des Alls, den Engelscharen unsichtbar umgeben, Halleluja,
8
Ibidem, S. 160.
9
Pr. Prof. D. Stăniloae, Spiritualitate şi comuniune…S. 162.
5
Halleluja, Halleluja.…”. Dieser Hymnus zeigt dass in der Liturgie das Irdische eins ist
mit dem Himmlischen, dass die Menschen zusammen mit den Engeln die Heilige
Dreifaltigkeit durch das Ablegen aller fleischlichen Begierden, Leidenschaften und
Sorgen dieser Welt loben können.
Der Große Einzug symbolisiert das Kommen des Herrn in Jerusalem, aber auch
sein Eintreten zum Opfer. Es ist die steigernde Gegenwart Christi in der Liturgie die
in der Proskomidie beginnt und in der Umwandlung der Gaben endet.10
Nachdem die heiligen Gaben auf dem Altar niedergelegt sind, folgt das Große
Bittgebet der Gemeinde und das Darbringungsgebet des Priesters, als weitere Etappen
der Vorbereitung für die Konsekration der Heiligen Gaben. Nach dem Friedensgruß
an die Gemeinde: „Friede allen!”, dem Friedenskuß der Liturgen und der
Aufforderung des Diakons: „Lasset uns einander lieben, damit wir eines Sinnes
bekennen mögen”, die der Chor beantwortet: „Den Vater, den Sohn und den Heiligen
Geist, die wesenseine und unteilbare Dreieinigkeit”, bekennt die Gemeinde das
Nizänische Glaubensbekenntnis, der im 6 Jahrhundert in der Liturgie vom Patriarch
Patriarch Timotheus von Konstantinopel (511-517) eingefügt worden ist. Er soll als
erster angeordnet haben, das Glaubensbekenntnis in jeder Eucharistiefeier zu beten, um
dadurch gewissen Verdächtigungen gegenüber seiner eigenen Rechtgläubigkeit
vorzubeugen. Das Beispiel aus Konstantinopel wurde nun im gesamten Osten bald
nachgeahmt. Es ist das Glaubensbekenntnis in einer Dreifaltigkeit der Liebe, die diese
Liebe in das Opfer Christi und das Kommen des Heiligen Geistes gezeigt hat.
Mit dem eucharistischen Hochgebet erreicht die Feier der Liturgie ihren
Höhepunkt. Allen Hochgebeten gemeinsam ist im Osten die Bezeichnung „Anaphora”
oder „Darbringung” genauer noch „Emporbringung”. Was Gott „nach oben”
dargebracht werden soll, ist der dankbare Lobpreis der Menschen für das, was an
göttlichen Taten der Errettung und Erlösung für sie vollbracht wurde, um danach für
das Herabkommen des Heiligen Geistes zu beten. Die Anaphora beginnt mit der
Praefation und dem Sanctus, nachdem Priester und Gemeinde sich wechselseitig
aufgefordert haben: „Erheben wir die Herzen!”, „Wir haben sie beim Herrn!”, „Lasset
uns danken dem Herrn!”, „Würdig und recht ist es”. Das Sanctus hat biblische
Herkunft (Is 6,3) und wird auch „Siegeshymnus” genannt und zeigt nochmals dass die
Engeln zusammen mit den Menschen die göttliche Liturgie feiern: „Heilig, heilig,
heilig, ist der Herr Zebaoth, voll sind Himmel und Erde deiner Herrlichkeit. Hosianna
in der Höhe. Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn. Hosianna in der Höhe.”
Jener Teil des eucharistischen Hochgebetes, der auf das Sanctus folgt, ist eine
Überleitung vom Sanctus, das Post-Sanctus, in welches noch einmal der Einklang der
feiernden Gemeinde auf Erden mit den himmlischen Chören genannt wird. Nun aber
erhält die Herrlichkeit Gottes eine genaue inhaltliche Füllung: In unüberbietbarer Weise
hat Gott seine Herrlichkeit gezeigt, indem er seinen einzig geborenen Sohn dahingab,
„damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern das ewige Leben habe”.

10
Ibidem, S. 46.
6
Die Erwähnung der wichtigsten Etappen der Heilsgeschichte erreicht ihren
Höhepunkt im Einsetzungsbericht an dem der Chor mit einem lauten „Amen!”
antwortet. Alle Akte der Heilgeschichte sind jetzt die Garantie auf der in der Epiklese
der Heilige Geist auf die Gemeinde und die heiligen Gaben mit diesen Worten
herabgefleht wird: „Sende deinen Heiligen Geist auf uns und auf diese vorliegenden
Gaben herab ... Und mache dieses Brot zum kostbaren Leib deines Christus... Und,
was in diesem Kelch ist, zum kostbaren Blut deines Christus... Sie verwandelnd durch
deinen Heiligen Geist.”

Abgeschlossen wird die Anaphora mit dem Gedächtnis aller im Glauben


entschlafenen Heiligen und alle Lebenden, die der Reihe nach aufgezählt werden (die
so genannten Diptychen), „vor allem aber für die Gottesgebärerin Maria“. Bei ihrer
Erwähnung singt der Chor: „Wahrhaft würdig ist es, dich, die Gottesgebärerin, selig
zu preisen, die ewig Seligste und ganz Unbefleckte und Mutter unseres Gottes. Die du
verehrungswürdiger bist als Cherubim und unvergleichlich herrlicher als Seraphim, die
du unversehrt Gott, das Wort, geboren hast, wahrhaftig eine Gottesgebärerin, dich
preisen wir hoch.”
Diese Interzessionen stehen in engem Zusammenhang mit den Gedächtnissen der
Heiligen, da durch die Liturgie die Gläubigen mit allen Heiligen in eine lebendige
Beziehung treten können.
Das eucharistische Hochgebet endet mit einem Segen; der Priester wendet sich der
Gemeinde zu und spricht: „Und das Erbarmen unseres großen Gottes und Erlösers
Jesus Christus sei mit euch allen”, worauf die Gemeinde antwortet: „Und mit deinem
Geiste”.
Im byzantinischen Ritus bereitet eine Ektenie auf das Herrengebet vor, deren
Anrufungen fast identisch sind mit denen der Opferektenie vor dem
Glaubensbekenntnis. Der Priester bittet darum, daß Gott das Opfer angenehm sei und
daß die Gnade des Heiligen Geistes herabkomme, damit alle würdig befunden werden
zur Gemeinschaft mit Christi und daß alle die Kommunion nicht zum Gericht und zur
Verdammnis empfangen.
Danach folgt das Gebet Vaterunser welches die Gemeinde beten kann indem sie
sich durch Christus an den Vater wendet, indem sie sich ihm auch im Opfer anschließt
und ihm durch Kreuz und Auferstehung zum Vater folgt.11
Die Kommunion ist der eigentliche Höhepunkt der Liturgie. Der Priester erhebt nun
das Brot über dem Diskoserhoben, um es zu brechen (Elevation), während der ausruft:
„Das Heilige den Heiligen!” und der Chor antwortet: „Einer ist heilig, einer der Herr,
Jesus Christus, zur Herrlichkeit Gottes, des Vaters. Amen.” Nach der Brotbrechung in
vier Teile wird ein Teil des Heiligen Brotes in den Kelch getan, so daß es zur
Vermischung der Elemente kommt. Weiterhin wird heißes Wasser dem Kelch
zugefügt (Zeon), als Symbol der Gegenwart des Heiligen Geistes. Durch die
Herabrufung des Heiligen Geistes auf Brot und Wein wurden diese Gestalten in Christi
11
Michael Kunzler, Wir haben das wahre Licht gesehen…, S. 211.
7
Fleisch und Blut verwandelt, und der Priester kostet von beiden um Anteil zu haben an
der geheiligten Menschennatur Christi. Es folgt danach die Kommunion der Gläubigen
stehend an den Altarstufen, zu der sie mit dem Ruf aufgefordert werden: „Mit
Gottesfurcht, Glauben und Liebe tretet herzu!” Den Gläubigen wird die Kommunion
unter beiderlei Gestalt gespendet. Die konsekrierten Gaben von Brot und Wein sind das
große Sakrament, in dem Christus, in beiden Elementen ganz gegenwärtig, sich seinen
Gläubigen gibt, und somit ist die Liturgie an ihren Hauptziel angekommen: die
Heiligung der Gaben für die Heiligung der Gläubigen, wie sich Nikolaus Kabasila
äußert.12
Wenn die Kommunion beendet ist, werden die übrig gebliebenen Gaben unter
Dankgebeten wieder zum Rüsttisch gebracht. Dabei singt der Chor:
„Wir haben das wahre Licht gesehen, wir haben den himmlischen Geist empfangen,
wir haben den wahren Glauben gefunden, die unteilbare Dreieinigkeit beten wir an,
denn sie hat uns gerettet.” Nach einer Dankektenie spricht der Priester vom Ambon
vor der Ikonostase das Gebet zur Entlassung, und die Liturgie wird mit dem
Schlußsegen beendet, nachdem der Antidoron verteilt wird.

Zusammenfassend kann man sagen dass für das ostkirchliche Christentum die
eigentliche Liturgie die innertrinitarische Liebe der Heiligen Dreifaltigkeit ist, die
auch als die ewige himmlische Liturgie bezeichnet wird und an der der auch der
Mensch und durch ihm auch die Schöpfung durch die sichtbaren Riten der
Eucharistiefeier teilnehmen kann. Durch seine Ebenbildlichkeit strebt der Mensch
ewig zu einer bewußten Beziehung zu Gott und nimmt durch die sakramentalen Riten
an der ewigen himmlischen Liturgie, an der Gemeinschaft der Liebe der Göttlichen
Personen teil. Nur in der ständigen Pflege dieses Dialogs der Liebe mit Gott und mit
dem Mitmenschen kann der Mensch seine Ebenbildlichkeit zeigen und entfalten.
Die heiligen Kirchenväter betonen die Tatsache dass dieser Anteil an der Liebe
Gottes, an der ewigen himmlischen Liturgie, der einzigartige Milieu in dem der
Mensch seine Verwandtschaft mit Gott erlebt und entfaltet.
Die Deutung der sichtbaren, eucharistischen Riten stellt symbolisch diese
einzigartige eschatologische Realität dar. Zu den Riten der Liturgie gehört im
Morgenland sowohl ein sehr gut organisiertes Stundengebet, der als Vorbereitung für
die eucharistische Kommunion dient, als auch eine Reihe von Sakramente und
Sakramentalien, die eine „eucharistische” Struktur haben und die immer im
Zusammenhang mit der Eucharistie zelebriert werden.

12
Ἑρμηνεία τῆς Θείας Λειτουργείας, PG 150, 493A.
8

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