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INTENSIVSEMINAR
Unser Intensivseminar dreht sich um „Alles was Recht ist im familiären Kontext“.
Es erwarten Sie vom 23. bis 25. Juni 2022 im Congress Center Casino Baden viele spannende Themen,
die zeigen, wie Familienrecht unser gesamtes Leben begleitet.
VORTRAGENDE
Mag. Margot Artner, Rechtsanwältin, Erwachsenen- Dr. Birgit Leb, MBA, Rechtsanwältin in Linz
vertreterin und Psychotherapeutin in Wien
Dr. Marco Nademleinsky, Lehrbeauftragter an der
Dr. Peter Barth, Leitender Staatsanwalt und Leiter der Universität Wien - Institut für Europarecht,
Abteilung für Familien-, Personen- und Erbrecht im Internationales Recht und Rechtsvergleichung;
Bundesministerium für Justiz Rechtsanwalt in Wien
SPdOGH Univ.-Prof. Dr. Michael Bydlinski, Dr. Gerold Oberhumer, Rechtsanwalt in Wien
Senatspräsident des OGH
Hubertus Radermacher, Mediator und
SPdOGH Hon.-Prof. Dr. Edwin Gitschthaler, Scheidungs-Coach in Wien, Mödling und München
Senatspräsident des OGH
Hon.-Prof. Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin
Dr. Maria In der Maur-Koenne, Rechtsanwältin und in Wien
eingetragene Mediatorin in Wien
Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Linz und Wien
Mag. Christoph Koder, Psychotherapeut, Coach und
Trainer in Wien Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien
I. Einleitung
II. Haftungsvoraussetzungen
III. Beweislast
IV. Schädigung des Vertragspartners
V. Haftung des Vertragsverfassers
VI. Schädigung eines Dritten
VII. Besondere Regeln für Rechtsanwalt und Notar
VIII. Einfluss von Schadenersatzansprüchen auf die Honorierung
IX. Workshop
I. EINLEITUNG
Nach § 1295 Abs 1 ABGB ist jedermann berechtigt, vom Schädiger den Ersatz
jenes Schadens zu verlangen, den ihm dieser rechtswidrig und schuldhaft zuge-
fügt hat, wobei der Schadenersatzanspruch einen Kausalzusammenhang zwi-
schen Schaden und schädigendem Verhalten voraussetzt.
Der Sachverständige haftet für jene Kenntnisse und jenen Fleiß, den seine Fach-
kollegen gewöhnlicherweise haben, nicht jedoch für außergewöhnliche Kennt-
nisse. An die vom Sachverständigen verlangten Fähigkeiten und Kenntnisse ist
ein objektiver Maßstab anzulegen. Dieser Sorgfaltsmaßstab richtet sich nach
dem Leistungsstandard der jeweiligen Berufsgruppe.
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densfrage unter Heranziehung des Sorgfaltsmaßstabes des § 1299 ABGB zu be-
antworten (Vrba/Unger in Vrba [Hrsg], Schadenersatz in der Praxis [45. Lfg 2021]
Die Haftung der rechtsberatenden Berufe Rz 1).
Dementsprechend hat der Rechtsberater nicht nur den – der allgemeinen Sorg-
faltsregel des § 1297 ABGB entsprechenden – gewöhnlichen Grad an Aufmerk-
samkeit und Fleiß eines Durchschnittsmenschen, sondern darüber hinaus auch
den für die übernommene Tätigkeit notwendigen Fleiß aufzubringen. Er hat daher
jene Sorgfalt walten zu lassen, die bei einer sachkundigen Person üblich ist (Kar-
ner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger [Hrsg], Kurzkommentar zum ABGB6 [2020]
zu § 1299 ABGB Rz 1).
Demzufolge ist beim Rechtsberater nicht wie sonst auf seine subjektiven Fähig-
keiten und Kenntnisse abzustellen, sondern ein objektiver Verschuldensmaßstab
heranzuziehen. Dies bedeutet, dass sich das Verschulden des Rechtsberaters
am (durchschnittlichen) Leistungsstandard seiner Berufsgruppe orientiert (Har-
rer/Wagner in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB Praxiskommentar4 [2016] zu
§ 1299 ABGB Rz 2).
Die Frage, ob der Rechtsberater die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, ist idR
keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0023526 [T16]).
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Neben der Verschuldenshaftung (Haftung für rechtswidrig und schuldhaft verur-
sachte Schäden) gibt es auch noch die Gefährdungshaftung (Haftung aufgrund
der spezifischen Gefährlichkeit einer Sache (zB für Kraftfahrzeuge)).
Die Verschuldenshaftung kommt zur Anwendung, wenn ein Täter einen Schaden
bei einem Dritten rechtswidrig und schuldhaft verursacht hat.
II. HAFTUNGSVORAUSSETZUNGEN
1. Rechtswidriges Verhalten
Die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens kann sich aus einem aktiven Tun oder
einem Unterlassen ergeben, beispielsweise der Verletzung absolut geschütz-
ter Rechte (zB Eigentum, Freiheit, Leben, körperliche Unversehrtheit, etc.),
der Verletzung konkreter gesetzlicher Verhaltensnormen oder Schutzgesetze
(zB StVO, KFG, Bauordnung, Lebensmittelgesetze, etc.), der Verletzung von
vertraglichen Pflichten (Hauptleistungspflichten und Nebenleistungspflichten,
vorvertragliche und nachvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten) oder aus
einem Verstoß gegen die guten Sitten bzw. aus Rechtsmissbrauch.
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Im Zusammenhang mit der Schädigung durch einen Rechtsberater gibt es
nun grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
1. Der Rechtsberater ist gegenüber dem Geschädigten vertraglich zu einem
bestimmten Verhalten verpflichtet und verletzt seine vertraglichen Pflich-
ten.
2. Der Rechtsberater verstößt gegen ein den Geschädigten schützendes Ge-
setz (Haftung wegen deliktischen Verhaltens).
Der gravierendste Unterschied besteht darin, dass bei der vertraglichen Haf-
tung die besondere Gehilfenhaftung (§ 1313a ABGB anstatt § 1315 ABGB)
zum Tragen kommt und auch Schäden im bloßen Vermögen ersetzt werden
müssen. Aufgrund der engen Beziehung zwischen Vertragspartner, die durch
das gegenseitige Vertrauen getragen ist, kommt die Vertragshaftung auch
schon beim vorvertraglichen Schuldverhältnis zum Tragen.
2. Kausalität
Der Rechtsberater haftet natürlich nur für Schäden, die ihre Ursache in sei-
nem rechtswidrigen Verhalten haben (Kausalität). Wäre der Schaden auch
ohne rechtswidriges Verhalten des Rechtsberaters eingetreten, ist der
Rechtsberater mangels Kausalität von der Haftung befreit.
Ein Anwalt vertritt eine Partei in einem Zivilprozess. Die Partei wird durch
ein Urteil in 1. Instanz zur Zahlung eines bestimmten Betrages verpflichtet.
Der Anwalt versäumt die Berufungsfrist, wodurch das Urteil rechtskräftig
wird. Wenn nun die Partei unter Hinweis auf die rechtswidrige Fristversäu-
mung durch den Anwalt von diesem den Ersatz jenes Betrages begehrt,
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den sie zahlen musste, so ist zu prüfen, ob der Schaden auch bei rechtzei-
tiger Erhebung der Berufung eingetreten wäre. Hätte die rechtzeitige Beru-
fung Erfolg gehabt, dh zur Beseitigung der Zahlungspflicht der Partei ge-
führt, so liegt eine kausale Schadensverursachung vor und kommt es – bei
Vorliegen der weiteren dargestellten Voraussetzungen – zur Ersatzpflicht
des Anwalts. Hätte auch eine rechtzeitige Berufung nichts geändert, wäre
also das Urteil in 2. Instanz bestätigt worden, so liegt im Verhalten des An-
waltes keine Schadensverursachung. Nach der Rechtsprechung (JBl 1984,
554) ist in einem solchen Fall also der nicht fortgesetzte Prozess hypothe-
tisch nachzuvollziehen und zu beurteilen, wie das Verfahren „mit überwie-
gender Wahrscheinlichkeit“ geendet hätte (OGH 23. 9. 1987, 1 Ob 620/87).
Erfolgt eine Schädigung durch Unterlassen, so liegt Kausalität vor, falls die
Vornahme einer bestimmten aktiven Handlung (Tun) das Eintreten des Scha-
dens verhindert hätte (Vrba/Unger, aaO Rz 3).
3. Verschulden
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Wie bereits erwähnt, ist zur Beurteilung des Verschuldens der erhöhte Sorg-
faltsmaßstab der Sachverständigenhaftung des § 1299 ABGB heranzuzie-
hen.
Haftungsminderung/Haftungsauschluss
Dies ist zum Beispiel in Fällen gegeben, in denen der Mandant absichtlich
einen Umstand verschweigt oder wenn der Mandant dem Rechtsfreund fahr-
lässig eine unvollständige Information erteilt.
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Die Schadensteilung erfolgt sodann nach Schwere der beidseitigen Zurech-
nungsgründe, insbesondere nach dem Grad des Verschuldens und der Sorg-
losigkeit (Karner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger(Hrsg), Kurzkommentar
zum ABGB6 (2020) zu § 1304 ABGB Rz 4).
Das Mitverschulden des Mandanten wurde bejaht, wenn dieser bei Ab-
schluss eines Vergleiches selbst anwesend war, diesen unterfertigte und
nicht auf die Aufnahme der entscheidungswesentlichen Spezifikation in
den Text des Exekutionstitels achtete. Seine Sorglosigkeit in eigenen An-
gelegenheiten (Mitverschulden) wiegt aber gegenüber dem Verschulden
des Rechtsanwaltes deswegen geringer, weil schon der Gesetzgeber ver-
langt, dass sich die Parteien in solchen Verfahren - auch bei Abschluss
eines Vergleiches - durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen,
damit ihnen, die im Gerichtsbetrieb in allgemeinen unerfahren sind, auch
nicht ein derartiges Versehen unterläuft. Verschuldensteilung im Verhältnis
1 : 2 zu Lasten des Rechtsanwaltes (RIS-Justiz RS0038751; zitiert in
Völkl/Völkl, Beraterhaftung (2007), Rz 652, mwN; ÖJZ 1991, 620).
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rung entspräche, die von ihm im Entwurf erstellt wurde. Der Vertragserrich-
ter wies jedoch nicht ausdrücklich darauf hin, dass das angestrebte Ziel,
nämlich aus einer Bürgschaftshaftung befreit zu werden, damit nicht ga-
rantiert ist. Verschuldensteilung 1:3 (OGH 1 Ob 270/04v).
Die Beweislast für ein Mitverschulden des Mandanten trifft den Rechtsberater
(OGH 2 Ob 14/91 ua).
Bedient sich ein Anwalt bei der Erfüllung seiner Aufgaben hingegen eines bei
ihm beschäftigten Rechtsanwaltsanwärters, so haftet der Anwalt gem.
§ 1313a ABGB für dessen Verschulden wie für sein eigenes.
Es gibt auch Fälle, in denen die Haftung des Rechtsberaters trotz Vorliegens
eines schadensursächlichen Verhaltens zur Gänze entfällt. Wenn beispiels-
weise der Rechtsfreund seinem Mandanten zu einem bestimmten Tun oder
Unterlassen rät und der Mandant sich gegen diesen Ratschlag ausspricht, so
ist der Rechtsfreund von der Haftung des daraus resultierenden Schadens
befreit.
III. BEWEISLAST
Bei der Geltendmachung der Haftung des Rechtsberaters trifft den Geschädigten
(Mandanten) die Behauptungs- und Beweislast für
− Schadenseintritt und Schadenshöhe
− die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts
− den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden
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Einen Sonderfall stellt die Behauptung des Geschädigten dar, dass der Schaden
durch eine Unterlassung des Rechtsberaters herbeigeführt wurde. Auch hier trifft
die Beweislast hinsichtlich des Kausalzusammenhangs grundsätzlich den Ge-
schädigten, wobei ausreichend ist, dass dieser die überwiegende Wahrschein-
lichkeit für die Kausalität der Unterlassung für den eingetretenen Schaden be-
scheinigt (OGH 4 Ob 145/11v). In diesem Fall trifft den Rechtsberater die Be-
weislast, dass auch die Vornahme der unterlassenen Handlung den Schadens-
eintritt nicht verhindern hätte können (Vrba/Unger, aaO Rz 21).
Auch falls der Geschädigte nachweist, dass ein Rechtsanwalt eine Weisung nicht
befolgt hat, ist letzterer dafür beweispflichtig, dass sein weisungswidriges Han-
deln für den Prozessausgang unschädlich war (EvBl 2002/144).
Der Vertrag zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten kommt mit der
Inanspruchnahme des Rechtsanwalts zustande und ist als mit dem Auftrag ge-
koppelter Bevollmächtigungsvertrag zu qualifizieren. Auf diesen kommen in ers-
ter Linie die Vorschriften der RAO und hilfsweise die Bestimmungen des ABGB
über den Bevollmächtigungsvertrag zur Anwendung (WBl 1988, 205; RZ
1995/58), wobei jedoch die Gewährleistungsregeln der §§ 922 ff ABGB ausschei-
den (Völkl/Völkl, ÖJZ 1998, 858 mwN; EvBl 1999/196; OGH 1 Ob 220/08x).
IdR schuldet daher der Rechtsanwalt dem Mandanten keinen Erfolg, sondern nur
ein Vorgehen „lege artis“ (ZVR 2008/154), da auf den zwischen ihnen bestehen-
den Vertrag die werkvertraglichen Regelungen grundsätzlich nicht (auch nicht
hilfsweise) angewandt werden können.
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stellung eines Rechtsgutachtens oder eines Vertrages, sodass die werkvertragli-
chen Regelungen in diesem Fall dennoch zur Anwendung kommen (OGH 8 Ob
91/08b Zak 2009/74).
• Mangelnde Rechtskenntnis
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Ein Rechtsanwalt, der nicht weiß, dass die Anrechnung von Mitverschulden
eines – sich zumindest aufgrund des Vorbringens schlüssig ergebenden –
Einwandes bedarf, verstößt gegen die gem § 1299 ABGB objektiv gebotene
Sorgfalt (OGH 7 Ob 316/01y JBl 2002, 585).
Der Rechtsanwalt als Vertragserrichter haftet beim Zinshauskauf für eine
unterlassene Aufklärung über die Umsatzsteuerthematik nach § 1299
ABGB, da vorauszusetzen ist, dass ein Rechtsanwalt Grundlagen des Um-
satzsteuerrechtes kennt oder zumindest weiß, dass beim Verkauf einer Lie-
genschaft steuerliche Aspekte zu beachten sind (OGH 3 Ob 159/12x).
Die Spezialisierung des Rechtsberaters ist für die Beurteilung, ob er die ge-
botene Sorgfalt eingehalten hat, als Maßstab heranzuziehen, sodass zB von
einem Insolvenzverwalter, nicht die gewöhnlichen (insolvenzrechtlichen)
Kenntnisse und Fähigkeiten eines Durchschnittsjuristen, sondern jene eines
durchschnittlichen Insolvenzverwalters gefordert werden (OGH, 7 Ob
218/17k).
Der Vertragserrichter haftet nicht nur für die unterlassene Anwendung des
BTVG sondern auch für die unrichtige Anwendung des BTVG (vgl. Gartner,
Die Haftung des Vertragserrichters für die unrichtige Anwendung des BTVG,
immolex 2013, 233).
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Nimmt der Rechtsberater einen vertretbaren Rechtsstandpunkt ein, so stellt
dies auch dann keinen Sorgfaltsverstoß dar, wenn die Gerichte diesen Stand-
punkt in weiterer Folge nicht teilen (RIS-Justiz RS0023526 [T6][T9]).
Ob ein Rechtsstandpunkt vertretbar ist oder nicht, hängt von seiner Verfesti-
gung in Judikatur und Lehre ab:
Eine zwar unrichtige, aber vertretbare Rechtsansicht löst keine Haftung des
Rechtsanwalts aus. Dass der Rechtsanwalt ein Vorbringen, an das er vor
dem Hintergrund der damals vorhandenen OGH Rechtsprechung nicht den-
ken musste, im Prozess nicht rechtzeitig erstattet hat, begründet keinen
Sorgfaltsverstoß, auch wenn das Vorbringen aufgrund einer Judikaturände-
rung erfolgreich gewesen wäre (OGH vom 23.6.2021, 6 Ob 95/21w).
Wurde eine Rechtsfrage bereits in Judikatur und Lehre behandelt, wobei sich
noch keine eindeutige Spruchpraxis des OGH gebildet hat, so ist jede Ansicht
vertretbar, die zumindest mit einem Teil der Lehre oder bisher ergangenen
Rechtsprechung meint entsteht (JBl 1972, 426; siehe auch Völkl/Völkl, ÖJZ
1991, 617 ff, ÖJZ 2002, 4 f; ÖJZ 2008, 385).
Besteht bereits eine ständige (gefestigte) Spruchpraxis des OGH, so ist eine
von dieser abweichende Meinung nicht mehr als vertretbar anzusehen (NZ
1980, 88; NZ 1980, 187). Der Rechtsberater darf von dieser nur abweichen,
falls er seinen Mandanten ausreichend über das dadurch bestehende Risiko
ausreichend aufgeklärt hat (Vrba/Unger, aaO Rz 8).
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Jedoch darf sich der Rechtsberater auch nicht blind auf die Fortdauer einer
gefestigten Rechtsprechung des OGH verlassen, sondern hat Auswirkungen
neuer Gesetze oder die Möglichkeit eines Abgehens von der bisherigen
Rechtsprechung zu berücksichtigen (Völkl/Völkl, ÖJZ 1998, 858 ff).
Auch wenn der Rechtsberater grundsätzlich nicht verpflichtet ist, an der Rich-
tigkeit der von seinem Mandanten erteilten Informationen zu zweifeln (RIS-
Justiz RS0026628), so hat er jedenfalls von sich aus den rechtlich maßgeb-
lichen Sachverhalt zu ermitteln (Völkl/Völkl, ÖJZ 1991, 622; ÖJZ 2002, 8) und
zB – unabhängig von seiner eigenen Rechtsansicht – gebotene Maßnahmen
zu treffen, um die mögliche Verjährung des Anspruchs seines Mandanten
abzuwenden (RIS-Justiz RS0038719, RS0038682 [T19]).
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• Belehrung durch den Rechtsberater
Der Umstand, dass es sich beim Mandanten des Rechtsberaters zumeist um
einen juristischen Laien handelt, wirkt sich auch auf die Sorgfaltspflicht des
Rechtsberaters betreffend die Belehrung seines Mandanten aus, die nach
ständiger Rechtsprechung des OGH zu den wichtigsten Aufgaben des
Rechtsanwaltes (Rechtsberaters) gehört (RIS-Justiz RS0038682).
Der Notar als Erbenmachthaber (natürlich gilt das Gleiche für einen
Rechtsanwalt) hat die Erben vor Umwandlung einer bedingten in unbe-
dingte Erbantrittserklärung, die er in ihrem Namen vornahm, unbedingt dar-
über aufzuklären, dass sie nunmehr mit ihrem persönlichen Vermögen un-
begrenzt für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten haften. Die Aussage des
Notars, man könne eine unbedingte Erbantrittserklärung abgeben, wenn
man sich ganz sicher sei, dass keine weiteren Schulden über die bisher im
Verfahren erfassten Passiva hinaus vorhanden seien, stellt keine taugliche
Belehrung dar, da dieser der entscheidende Hinweis auf die Rechtswirkun-
gen der (unbedingten) Erbantrittserklärung fehlt (OGH 5 Ob 40/15s NZ
2015/84, 265 [Till]). Vielmehr ist eindeutig darüber aufzuklären, dass die
Erben mit ihrem eigenen Vermögen über den Wert der Verlassenschaft
hinaus haftbar sind (vgl RIS-Justiz RS0007906).
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nehmen will oder zu deren Vornahme er seinem Mandanten rät, zu erstre-
cken. Unterbleiben kann die Belehrung allenfalls, wenn der Rechtsberater
erkennt, dass sich sein Mandant aller Risiken bewusst ist und diese auch bei
entsprechender Belehrung auf sich nehmen würde (Völkl/Völkl, Beraterhaf-
tung (2007), Rz 574 mwN).
Widerruft der Mandant die Vollmacht, so ist dieser Widerruf sofort wirksam
und hat der Rechtsanwalt gem § 11 Abs 3 RAO ab sofort die Tätigkeit einzu-
stellen. Die Treuepflichten über das Auftragsverhältnis hinaus bleiben aller-
dings insofern bestehen, als der Rechtsanwalt Zustellungen an diesen wei-
terzuleiten hat.
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Kündigt hingegen der Rechtsanwalt das Auftragsverhältnis oder kündigt zwar
die Partei, ohne die Vollmacht sofort zu widerrufen, ist er nach § 11 Abs 2
RAO verpflichtet, die Partei noch durch 14 Tage von der Zustellung der Kün-
digung an gerechnet insoweit weiter zu vertreten, als es nötig ist, um die Par-
tei vor Rechtsnachteilen zu schützen. Bestellt der Vollmachtgeber innerhalb
des Laufes der 14-Tage-Frist einen neuen Rechtsanwalt und übernimmt die-
ser gegenüber dem gekündigten Rechtsanwalt die Vertretung, so ist ein wei-
teres Tätigwerden des gekündigten Rechtsanwalts nicht mehr erforderlich
bzw. aus standesrechtliches Sicht auch gar nicht mehr zulässig (Csoklich in
Csoklich/Scheuba (Hrsg), Standesrecht der Rechtsanwälte3, 44f).
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Es kann vom Rechtsanwalt nicht verlangt werden, dass er sämtliche nur
denkbar möglichen, ihm gar nicht bekannten Fehlvorstellungen seines Kli-
enten von sich aus ausräumt. Die Aufklärungspflicht besteht natürlich den-
noch, wenn diese auf der Hand liegen oder der Mandant extra nachfragt.
Wenn der Rechtsanwalt allerdings den Mandanten auffordert, einen Be-
sprechungstermin zu vereinbaren, um die Angelegenheit zu besprechen,
dieser allerdings nicht reagiert, entfällt eine weitergehende Aufklärungs-
pflicht (OGH 1 Ob 236/18i).
Den Rechtsberater trifft auch nicht die Pflicht seinen Mandanten zu einer be-
stimmten Handlungsweise zu verleiten oder diesen nach ordnungsgemäßer
Belehrung von seinem Vertragswillen abzubringen (OGH 1 Ob 620/87; OGH
8 Ob 108/11g). Der Rechtsberater ist daher von der Haftung für einen daraus
resultierenden Schaden befreit, wenn dieser seinem Mandanten zu einem
bestimmten Tun oder Unterlassen rät, und der Mandant sich ausdrücklich
dagegen ausspricht (OGH 2 Ob 369/54 JBl 1954, 461; JBl 1962, 152, NZ
1973, 104).
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genden Mandanten ausdrücklich darauf hin, dass die (beabsichtigte) Ver-
mietung von zwei Wohnungen in einem vom Mandanten errichteten Haus
zu fremdüblichen Bedingungen erfolgen müsse. Ungeachtet dieser Aus-
kunft und einer von ihm selbst eingeholten Information über den nach kon-
kreter Lage und Wohnumgebung üblichen Mietzins pro m² vermietete der
Kläger seiner Mutter eine Wohnung zu einem ortsunüblich (fremdunüblich)
niedrigen Mietzins, weshalb die Abgabenbehörde letztlich die Vermietung
als Liebhaberei ansah und die lukrierte Vorsteuer zurückforderte. Seinem
Steuerberater hatte der Kläger, der bereits vor diesem Projekt Erfahrung
mit der Vermietung aufwies, den Gesamtmietzins für beide Wohnungen
ohne Aufschlüsselung bekanntgegeben. Vom OGH wurde die Ansicht des
Berufungsgerichts als vertretbar erachtet, dass der Steuerberater nicht ver-
pflichtet sei, die ortsüblichen Mietzinse in einer Stadt, in der sich auch nicht
sein Sitz befindet, zu kennen oder zu eruieren, die ihm von seinem (in die-
sen Angelegenheiten nicht unerfahrenen) Mandanten bekanntgegebenen
Mietzinse nach Fremdüblichkeit zu überprüfen und ihn zu einer Vermietung
zu einem höheren Preis anzuleiten (OGH 10 Ob 59/18a ecolex 2019/174
S 413 - ecolex 2019,413).
• Auftragserfüllung
Der Rechtsberater, bei dem ein Auftrag einlangt, hat dem potentiellen Man-
danten ohne schuldhaftes Zögern mitteilen, ob er den Auftrag annimmt oder
nicht. Dementsprechend haftet der Rechtsberater für einen durch schuld-
hafte Verzögerung entstandenen Schaden (Vrba/Unger, aaO Rz 11). Es ist
daher empfehlenswert, dem Mandanten möglichst zeitnah bekanntzugeben,
ob das Mandat angenommen wird oder nicht.
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Teilt also ein Rechtsanwalt erst 2 Monate nach dem Beratungsgespräch
und dem Erhalt der Unterlagen mit, dass er das Mandat nicht übernehmen
wird und verhindert er dadurch, dass noch vor Verjährung des Anspruchs
ein anderer Rechtsanwalt mit der Klagseinbringung betraut wird, haftet er
wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten für den Verjährungsschaden
(OGH 4 Ob 141/12g Zak 2013/183).
Bei der Erfüllung des Auftrages hat sich der Rechtsberater nicht strikt an den
Wortlaut des Auftrages zu halten, sondern diesen entsprechend der ihm er-
klärten Absicht und dem vom Mandanten verfolgten Zweck auszuführen
(OGH 1 Ob 620/87; JBl 1962, 322).
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durch den Treuhanderlag vorgesehen ist (OGH vom 18.6.2009, 8 Ob
34/09x).
• Eingaben an Behörden
Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, seine Büroorganisation so zu gestalten,
dass eine wirksame Ausgangskontrolle für fristwahrende Schriftstücke, zB
durch Führung eines Fristenkalenders, sichergestellt ist. Verwendet er dabei
einen EDV-gestützten Fristenkalender, so muss er durch ausreichende Kon-
trolle Sorge tragen, dass Eingaben von Datensätzen, die vom entsprechen-
den Programm nicht ausgeführt worden sind, rechtzeitig erkannt werden. Ist
die Versäumung einer Frist auf mangelhafte Organisation der Kanzlei zurück-
zuführen, so stellt das idR grobes – die Wiedereinsetzung ausschließenden
– Verschulden dar (Vrba/Unger, aaO Rz 12).
Allgemein ergibt sich bei der Fristenwahrung durch einen Rechtsanwalt fol-
gendes Bild:
– Der Rechtsanwalt hat einen Fristenkalender zu führen.
– Er hat die Eintragung der Fristen durch seine Kanzleiangestellten
stichprobenartig zu überprüfen.
– Es ist für die Einhaltung der Fristen sowohl ein Vortermin als auch
ein Endtermin einzutragen.
– Beim Vortermin muss der Endtermin nochmals überprüft werden.
(Völkl/Völkl, ÖJZ 2006, 268f).
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Für die Rechtzeitigkeit von im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten
Eingaben ist gem § 89d Abs 1 GOG der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die
Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Dies
gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Eingabe unter Angabe des
richtigen „Dienststellenkürzels“ an das zuständige Gericht adressiert war.
Wenn die Eingabe aufgrund einer falschen Adressierung zunächst an ein an-
deres Gericht übermittelt wurde, kommt es auf jenen Zeitpunkt an, in dem die
Eingabe (nach Weiterleitung) beim zuständigen Gericht eingelangt ist
(Völkl/Völkl, ÖJZ 2010, 495).
Der Parteienvertreter hat daher mit der Möglichkeit einer ungünstigen Wirt-
schaftslage des anderen Vertragspartners zu rechnen und seine Tätigkeit
darauf einzustellen (zb: Abfrage Insolvenzdatei vor Klagseinbringung; Kauf-
anbot/Finanzierungszusage Bank).
Der Steuerberater ist im Rahmen des ihm erteilten Auftrages auch verpflich-
tet, seinen Mandanten ungefragt über die bei sachgerechter Bearbeitung auf-
tauchenden steuerrechtlichen Fragen aufzuklären und zu belehren
(Völkl/Völkl, ÖJZ 1998, 911 ff), wie zB über Probleme im Zusammenhang mit
der Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, etc.
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Weiters hat zB der Notar als Gerichtskommissär den Erben auch über die
unternehmens- und steuerrechtlichen Folgen einer Erbantrittserklärung zu
belehren (OGH 1 Ob 33/84 SZ 57/172; ähnlich JBl 1989, 42; Haftung für Ab-
gabenschulden, insbesondere Umsatz- und Einkommensteuer, wenn sich in
der Verlassenschaft ein Unternehmen befindet, da gem § 40 Abs 1 UGB der
Erbe bei Fortführung des Unternehmens unbeschränkt haftet).
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221/14x RdW 2015/596, 711, OGH 6 Ob 183/13z = Zak 2014/248, 135 =
RdW 2014/285, 260 = ecolex 2014/292 = NZ 2014/113, 316).
Zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwaltes gehört natürlich auch bei der
Vertragserrichtung die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten (RIS-
Justiz RS0038682).
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die im Vertrag beurkundete „wirkliche Übergabe“ der geschenkten Liegen-
schaft tatsächlich stattgefunden hat, muss der Rechtsanwalt die Vertragspar-
teien darauf hinweisen, dass für die Formgültigkeit bei fehlender „wirklicher
Übergabe“ ein Notariatsakt erforderlich ist. Hat der Rechtsanwalt dem Ge-
schenkgeber durch die unterlassene Aufklärung das einseitige Abgehen von
seinem Schenkungsversprechen ermöglicht, muss er dem Geschenknehmer
im Rahmen des Schadenersatzes die kausalen Vermögensnachteile ersetzen.
Dazu gehört insbesondere der Wert des entgangenen Geschenks (OGH 4 Ob
197/08m Zak 2009/142).
Der Rechtsanwalt hat nicht kontrolliert, ob der Antrag auf Löschung einer
Höchstbetragshypothek, welcher von einer Kanzleiangestellten entworfen
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wurde, mit der Löschungsquittung übereinstimmt. Tatsächlich lautete die Lö-
schungsquittung nur auf einen Teilbetrag der Höchstbetragshypothek. Der
Rechtsanwalt haftet daher für den Verlust des Pfandrechts (OGH 1 Ob 629/94).
Liegt eine Baubewilligung vor, wurde mit der Bautätigkeit begonnen und ist
dem Vertragserrichter bekannt, dass die Baupläne von der Baubewilligung ab-
weichen und daher eine nachträgliche Änderung der Baubewilligung nötig sein
wird, muss der Vertragserrichter nicht mit einem Baustopp rechnen, wenn er
annehmen darf, dass nur geringfügige Änderungen der Baupläne vorliegen.
Erfordert eine nähere Überprüfung der Baupläne im Hinblick auf die rechtskräf-
tige Baubewilligung die Kenntnis eines Architekten, überspannt sie die Sorg-
faltspflichten des Vertragserrichters (OGH 7 Ob 104/10k).
Dem Kläger war der Umstand, dass ihm im Kaufvertrag kein Wohnrecht an
dem auf seiner Liegenschaft befindlichen Wohnhaus eingeräumt werden sollte,
bekannt, weil dies zwischen den Vertragspartnern so besprochen worden war.
Es musste dem Kläger - selbst ohne Rechtskundigkeit - demnach auch be-
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wusst sein, dass er nach dem Verkauf seiner Liegenschaft keinen Rechtsan-
spruch mehr haben werde, das darauf befindliche Wohnhaus weiterhin zu be-
nutzen. Aus diesem Grund führt es zu keiner Haftung wegen Verletzung an-
waltlicher Belehrungs- und Aufklärungspflichten, wenn der beklagte Rechtsan-
walt dem Kläger diese Konsequenz nicht vor Augen geführt und ihn nicht da-
rauf hingewiesen hat, die neuen Eigentümer könnten gegen ihn möglicher-
weise die Räumungsklage einbringen (OGH 1 Ob 53/10s JBl 2010,582 =
MietSlg 62.182).
Der Vertragserrichter hat allerdings über die tatsächlichen Grundlagen des ge-
planten Vertragsabschlusses eindeutig und zweifelsfrei aufzuklären und alles zu
vermeiden, was – für ihn erkennbar – zu einer unrichtigen Vorstellung des Ver-
tragspartners bzw dessen Vertreters führen könnte (vgl Reischauer in Rummel,
ABGB3 § 1299 Rz 18 mwN).
Den Rechtsanwalt trifft auch eine Aufklärungspflicht über die ungeklärte Zu-
fahrtsmöglichkeit zur kaufgegenständlichen Liegenschaft (OGH 2 Ob 46/09t).
Wird dem Vertragsverfasser seitens der Parteien die Auskunft über Einzelheiten
der Einigung allerdings verwehrt, hat er darauf aufmerksam zu machen, dass er
aufgrund der ihm vorenthaltenen Informationen keine Belehrung über allenfalls
vorhandene Risiken und Sicherheiten zu deren Bewältigung vornehmen kann.
Wurde der Vertragsverfasser nicht auf eine besondere Dringlichkeit der Ver-
tragsabwicklung hingewiesen, trifft diesen auch keine Haftung wegen des un-
terlassenen Hinweises auf die Möglichkeit einer Zeitersparnis durch Selbstbe-
messung von GrESt und ImmoESt durch einen RA oder Notar (OGH 9 Ob
11/17h NZ 2017/84 S 235 - NZ 2017,235 = wobl 2018,67/26 - wobl 2018/26).
[Die Alternative zur Selbstbemessung ist die Übermittlung einer Abgabenerklä-
rung, bei welcher allerdings die Abgabenschuld erst ermittelt werden muss,
weshalb dieser Vorgang einige Wochen oder Monate in Anspruch nehmen
kann, während die (elektronisch vorgenommene) Selbstbemessung quasi we-
nige Minuten dauert]
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Der Vertragserrichter hat nicht nur die rechtlichen, sondern auch die wirtschaftli-
chen Auswirkungen zu berücksichtigen (OGH 2 Ob 61/61) bzw die Parteien dar-
über zu belehren (vgl SZ 59/106; NZ 1989, 247; SZ 71/12; RdW 2001, 275), insb
wenn gegen den geplanten Vertragsinhalt Bedenken bestehen (vgl NZ 1989,
247; AnwBl 1991, 120).
Diese Pflicht darf allerdings nicht überspannt werden: Insbesondere ist bei
Übergabsverträgen zwischen Verwandten, die eine Erbfolge vorwegnehmen
sollen, die Erwirkung der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte
Veräußerung üblicherweise nicht geboten (OGH 4 Ob 1629/95).
Ebenso hat der RA für rechtliche und tatsächliche Sicherheiten (vgl dazu RZ
1967, 202; JBl 1970, 621) zu sorgen, oder über die Risiken aufzuklären (vgl
Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1299 Rz 18 mwN).
Der Vertragserrichter ist dazu verpflichtet, GB- Erhebungen auch ohne aus-
drücklichen Auftrag durchzuführen, um zu prüfen, ob die Pfandrechtseinverlei-
bung im vorgesehenen Rang tatsächlich möglich ist (OGH 7 Ob 29/77).
Gerade dann, wenn sich der Verkäufer einer Liegenschaft gleichzeitig mit dem
Verkauf eine Dienstbarkeit einräumen lässt, ist ein Rechtsanwalt als Vertrags-
verfasser (ebenso wie bei der Verbücherung von Pfandrechten; vgl dazu F.
Graf, Anwaltshaftung 88 unter Berufung auf NZ 1973, 177) verpflichtet, für eine
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unverzügliche Verbücherung der Dienstbarkeit zu sorgen. Geschieht dies näm-
lich nicht, so besteht, die Gefahr, dass dem Verkäufer ein anderer Berechtigter,
im gegenständlichen Fall der Hypothekargläubiger des Käufers, im Range vor-
geht (OGH 3 Ob 211/01b).
Jeder Mandant kann davon ausgehen, dass der Rechtsanwalt einen übernom-
menen Auftrag nicht nur dem Wortlaut, sondern dem bekannten Zweck des Ge-
schäfts entsprechend ausführt (4 Ob 557/87; NZ 1988, 200; JBl 1989, 727; RIS-
Justiz RS0026650; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1299 ABGB Rz 16 mwN).
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Der Mandant wurde vom Vertragserrichter zwar darauf aufmerksam gemacht,
dass die vom Vertragspartner vorgeschlagene und in weiterer Folge akzep-
tierte Formulierung „schwammig“ sei und nicht der Absicherung entspräche,
die von ihm im Entwurf erstellt wurde. Der Vertragserrichter wies jedoch nicht
ausdrücklich darauf hin, dass das angestrebte Ziel, nämlich aus einer Bürg-
schaftshaftung befreit zu werden, damit nicht garantiert ist. Verschuldenstei-
lung 1:3 (OGH 1 Ob 270/04v).
Der Vertragsverfasser hat sich mit den Parteien auch beratend über die Gestal-
tungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0112237 ua). So hat
der Vertragserrichter auch über einzelne Gesetzesbestimmungen aufzuklären,
bei deren Kenntnis ein Vertrag nicht in dieser Form geschlossen worden wäre.
Die gleichen Grundsätze gelten natürlich auch für den Fall einer nachträglichen
Vertragsänderung (OLG Wien 6 R 11/01g).
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rechtsfreundlich zu vertreten. Aus der zivilrechtlichen Verpflichtung, die Inte-
ressen der nicht vertretenen Vertragspartei entsprechend zu wahren, lässt sich
nicht ableiten, dass der Rechtsanwalt auch in diesem Fall die andere Partei im
Sinne des § 10 RAO vertreten habe (siehe Völkl/Völkl, ÖJZ 2010, 487 f).
Wird ein Notar mit der juristischen Ausformulierung einer bereits getroffenen
Vereinbarung beauftragt, zählt es nicht zu seinen Aufgaben, auf inhaltliche Än-
derungen hinzuwirken. Dem Notar, der im Auftrag der Ehegatten die Schei-
dungsfolgenvereinbarung errichtet hat, kann daher nicht vorgeworfen werden,
dass er die von den Ehegatten vorab konkret festgelegte Aufteilung der Ver-
mögenswerte nicht genau geprüft hat. Ein rechnerisches Ungleichgewicht kann
angesichts des bei der Vermögensaufteilung bestehenden Spielraums noch
keine Warnpflicht des Notars auslösen (OGH 2 Ob 34/14k Zak 2014/757, 398;
Maier, Sorgfaltspflichten eines notariellen Beraters bei der Errichtung einer
Scheidungsfolgenvereinbarung, Zak 2015/342, 188).
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Falls der Vertragspartner des Mandanten eines Rechtsanwaltes gleichfalls an-
waltlich vertreten ist, besteht für den vertragsverfassenden Rechtsanwalt keine
Verpflichtung, den Vertragspartner über rechtliche und wirtschaftliche Folgen des
Vertragsabschlusses aufzuklären, von denen er mit Grund annehmen kann, dass
sie vom Rechtsvertreter des Vertragspartners überblickt werden. Sollten sich al-
lerdings in einem derartigen Fall Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Rechts-
vertreter des Vertragspartners seines Klienten nicht über die erforderlichen recht-
lichen und tatsächlichen Kenntnisse verfügt, um die rechtlichen und wirtschaftli-
chen Folgen des zu schließenden Vertrages überblicken zu können, dann wird
er den Vertragspartner seines Klienten bzw dessen Rechtsvertreter entspre-
chend aufzuklären haben (NRSp 1988, 185 – siehe dazu kritisch Völkl/Völkl, aaO,
ÖJZ 1991, 617 ff). Auch die Belehrungs- und Aufklärungspflicht eines Notars als
Vertragsverfasser ist dann eingeschränkt, wenn eine Vertragspartei durch einen
Rechtsanwalt vertreten ist. In einem solchen Fall obliegt es dem Rechtsanwalt,
die Partei über die rechtliche Bedeutung und die wirtschaftlichen Auswirkungen
der in Aussicht genommenen Vertragsbestimmungen aufzuklären und sie vor al-
len Nachteilen zu bewahren. Die Aufklärungs- und Belehrungspflicht des ver-
tragsverfassenden Notars ist auf das Vorliegen besonderer Umstände be-
schränkt (JBl 1998, 447).
Die Belehrungspflicht besteht jedoch, wenn der Mandant zwar vorgibt oder auch
belegt, Rechtsberatung eingeholt zu haben oder selbst über hinreichende
Rechtskenntnis verfügt, sich allerdings aus dem darüber geführten Gespräch die
Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des für die professionelle Erledigung des
konkreten Geschäftsfalles erforderlichen Wissensstandes des Auftraggebers
herausstellt. Bei begründetem Zweifel daran hat der Vertragsverfasser durch ge-
eignete Fragen den tatsächlichen Wissensstand des Auftraggebers zu erfor-
schen und danach das Maß der erforderlichen Rechtsbelehrung zu bestimmen
(Völkl/Völkl, ÖJZ 1998, 862 f).
Es können sich auch besondere Pflichten ergeben, wenn zB eine der Parteien
eine erhebliche Sehschwäche hat. Falls Anzeichen für eine mögliche Blindheit
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einer Vertragspartei vorliegen, dann hat sich der Vertragserrichter durch eine Le-
seprobe zu überzeugen, ob diese Partei nur an einer Sehschwäche leidet oder
blind ist. Errichtet der Vertragsverfasser in einem solchen Fall keinen Notariatsakt
(dieser muss in Gegenwart der Parteien vom Notar vorgelesen werden), obwohl
er bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass eine Vertragspar-
tei blind ist, dann handelt er schuldhaft (EvBl 1997/186).
Bei dem Vertrag zwischen Mandant und Rechtsanwalt handelt es sich bekannt-
lich grundsätzlich um einen Bevollmächtigungs- bzw. Mandatsvertrag (RIS-Justiz
RS0019392). Im Falle der Vertragserrichtung ist der Vertrag zwischen Ver-
tragserrichter und Vertragspartei jedoch als Werkvertrag zu beurteilen und es
sind demnach die Werkvertragsregeln anzuwenden (vgl NZ 1979/74; vgl OGH
10 Ob 82/00g).
Ist der Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren, sind folglich die §§ 1165 ff ABGB
einschließlich der Regeln über den Kostenvorschlag nach § 1170a ABGB anzu-
wenden (vgl 10 Ob 82/00g).
Der Rechtsanwalt schuldet dann nicht bloß ein Bemühen, sondern ist zur Her-
stellung eines Erfolges verpflichtet (vgl 4 Ob 51/19g).
Auch die Regelungen über die Vereitelung des Ausführung gemäß § 1168 f
ABGB kommen zur Anwendung. Wenn zum Beispiel der Klient die unter Fristset-
zung gestellte Frage des Anwalts, ob noch Interesse an der Fortführung der im
Werkvertrag vereinbarten Tätigkeiten besteht, unbeantwortet lässt, kann davon
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ausgegangen werden, dass die weitere Ausführung des Werks an einem in der
Sphäre des Klienten liegenden Umstand gescheitert und der Honoraranspruch
des Rechtsanwalts gemäß § 1168 Abs 1 ABGB fällig ist (OGH 8 Ob 91/08b =
RdW 2009/214).
Zu beachten ist auch, dass der Rechtsanwalt im Verhältnis zum Klienten Unter-
nehmer im Sinne des KSchG ist und das KSchG daher zur Anwendung kommen
kann (vgl RS0061157).
Bei der mehrseitigen (dh der Treuhänder wird für mehrere Parteien mit womög-
lich entgegengesetzten Interessen tätig) offenen (dh nach außen offengelegten)
Treuhand zum Zweck der Abwicklung eines Vertrages hat der Treuhänder für die
ordnungsgemäße Erfüllung seiner in der Treuhandvereinbarung übernommenen
Aufgaben einzustehen. Eine abstrakte Garantie für den Erfolg seiner Bemühun-
gen übernimmt er hingegen – mangels besonderer Vereinbarung – nicht (OGH 4
Ob 28/09k).
Fungiert ein Rechtsanwalt als mehrseitiger Treuhänder, so ist ihm die Doppel-
vertretung gestattet. Schafft er aber durch sein Verhalten eine Interessenskolli-
sion, so ist er zur Niederlegung der Treuhandschaft verpflichtet. Verletzt er diese
Verpflichtung, wird er gegenüber seinen Auftraggebern schadenersatzpflichtig
(EvBl 1999/196).
Allgemein ist der Rechtsberater, der als Vertragserrichter und Treuhänder fun-
giert, dazu verpflichtet, bereits vor Vertragsabschluss den tatsächlichen Lasten-
stand zu erheben, falls im Liegenschaftsverkauf die Lastenfreistellung durch den
Treuhanderlag vorgesehen ist (OGH 8 Ob 34/09x).
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Sind die Bedingungen zur Ausfolgung des Treuhanderlages an den Käufer nicht
eingetreten, so hat der Treuhänder ohne weitere Aufforderung die Rücküberwei-
sung des Betrages an den Verkäufer vorzunehmen. Hat der Treuhänder über
den ihm treuhändig übergebenen Geldbetrag bereits verfügt, so hebt dies seine
Rückstellungspflicht über dem Treugeber nicht auf (JBl 1997, 244).
Hat ein Treuhänder die von ihm übernommene Abwicklung eines Bauträgerver-
trags durch verfrühte Auszahlung aus dem Treuhanderlag an den Bauträger
mangelhaft vorgenommen, liegt der Primärschaden in der Verminderung des
Treuhanderlags, weil damit die Sicherstellung des Wohnungskäufers zumindest
geschmälert wird (OGH 1 Ob 190/12s). Der dadurch eingetretene Schaden bietet
dem Geschädigten die Möglichkeit, vom Treuhänder im Weg der Naturalrestitu-
tion die Wiederherstellung der Sicherheit zu verlangen (vgl RIS-Justiz
RS0022526).
Im Falle eines Konfliktes zwischen den Treugebern (insbesondere über die Er-
füllung der Ausführungsbedingungen), ist auch der rechtskundige Treuhänder –
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bei unklarer Sach-und Rechtslage – berechtigt das Treugut gerichtlich zu hinter-
legen (OGH 9 Ob 101/06b).
Der Notar ist verpflichtet, einen Vertragsteil von der Vertragsunterzeichnung ab-
zuhalten, bzw hat der Notar seine Mitwirkung beim Abschluss des Geschäfts zu
versagen, wenn er aus den Umständen annehmen muss, dass es sich um ein
verbotenes oder nur zum Schein vorgegebenes Geschäft iSd § 5 Abs 3 NO han-
delt (RIS-Justiz RS0026419 ua; beachte in diesem Zusammenhang die auch für
Rechtsanwälte geltenden Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und
Terrorismusfinanzierung).
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Übernimmt ein Notar die Beglaubigung der Unterschriften der Parteien eines
Kaufvertrages und die Verbücherung dieses Vertrages, so trifft ihn die Pflicht,
sich von den die Erfüllung des Vertrages durch beide Vertragsteile betreffenden
Vertragsbestimmungen Kenntnis zu verschaffen und zu prüfen, ob unter Be-
dachtnahme auf die besondere Lage des Falles nach dem Inhalt des Vertrages
an sich oder im Zusammenhang mit der Verbücherung Vorkehrungen zur Siche-
rung der Vertragsparteien erforderlich sind (MietSlg 33.225).
Bisher wurde die Frage behandelt, zu welcher Sorgfalt der Rechtsberater gegen-
über seinem Mandanten auf Grund des zwischen ihnen geschlossenen Vertra-
ges verpflichtet ist. Gegenstand der folgenden Ausführungen ist nun die Frage,
inwieweit den Rechtberater derartige Sorgfaltspflichten auch gegenüber Dritten,
also Personen, mit denen er in (noch) keinem Vertragsverhältnis steht, treffen.
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auch Sorgfaltspflichten zu Gunsten dritter Personen einzuhalten haben, wenn der
Mandant mit seinem Auftrag an den Rechtsfreund gerade (auch) die Interessen
bestimmter Dritter mitverfolgt und dies dem Rechtsfreund erkennbar ist.
In der Rechtsprechung wurden diese Grundsätze bisher lediglich bei der Haftung
des Privatsachverständigen aufgestellt (vgl RdW 1985/9 und 306), jedoch kön-
nen sie auf die gleichartige Haftung des Rechtsberaters analog angewendet wer-
den.
Wenn ein Rechtsberater von seinem Mandanten mit der Errichtung eines Ver-
trages zwischen dem Mandanten und einem Dritten beauftragt worden ist, so
haftet der Rechtsfreund dem Dritten gegenüber unter bestimmten Vorausset-
zungen selbst in dem Fall, dass es zu keiner Vertragserrichtung kommt, wobei
die Grundsätze der culpa in contrahendo auch gegenüber dem präsumtiven
Vertragspartner des Mandanten angewendet werden. Die Frage, ob der
Rechtsfreund gegenüber diesem präsumtiven Vertragspartner zur Sachver-
haltsklarstellung und Rechtsbelehrung verpflichtet ist, wird insbesondere dann
zu bejahen sein, wenn der präsumtive Vertragspartner dazu veranlasst worden
ist, für die auflaufenden Anwaltskosten direkt oder indirekt aufzukommen. Der
Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr verpflichtet den Anwalt,
der bezüglich seiner Honoraransprüche in wie immer geartete Rechtsbezie-
hungen zu Geschäftspartnern seines Klienten treten will bzw auch nur nach
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der ihm erkennbaren Absicht der Vertragsteile treten soll, diesem ausreichende
sachliche und rechtliche Information zu erteilen (8 Ob 605/87).
Die Judikatur sieht auch in der Bestimmung des § 52 NO, nach welcher der Notar
bei Aufnahme eines Notariatsaktes in einer gemeinsamen persönlichen Vorbe-
sprechung mit den Parteien verpflichtet ist, deren Willen zu erforschen, ein
Schutzgesetz gegenüber dritten Personen. Wenn also der Notar diese Bestim-
mung verletzt, so kann er nicht nur von den Vertragsparteien, sondern auch von
jedem Dritten in Anspruch genommen werden, der im Vertrauen auf die Rechts-
gültigkeit des Notariatsaktes gehandelt und dabei einen Schaden erlitten hat
(EvBl 1989/105). Die Pflichten des Notars als Urkundenverfasser dürfen jedoch
nicht überspannt werden und ist eine Berücksichtigung der Lage der Vertrags-
parteien nur im Rahmen des bei objektiver Beurteilung Möglichen und Zumutba-
ren zu verlangen (EvBl 1990/21).
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Eine Form deliktischer Schädigung ist zB vorsätzliche gesetz- oder sittenwidrige
Schadenszufügung durch den Rechtsberater. Bei sittenwidriger deliktischer
Schädigung genügt es, wenn der Schaden vom bedingten Vorsatz umfasst ist
(vgl RIS-Justiz RS0026603).
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anschließende öffentliche und damit als Verbreitung kreditschädigender/her-
absetzender Tatsachenbehauptungen zu wertende Wiedergabe von Medien-
berichten über diesen Sachverhalt auf der eigenen Internetseite des anzeigen-
den Rechtsanwalts (OGH 4 Ob 149/15p).
Anwaltlicher Vertretungsvorbehalt
Erwähnt sei zunächst die mögliche Haftung eines Rechtsanwaltes, wenn er ge-
gen den Vertretungsvorbehalt nach § 8 Abs 2 RAO verstößt bzw sich der Win-
kelschreiberei strafbar macht.
Während das Verfassen von Briefen und Eingaben für Ratsuchende ohne Hin-
weis auf eine Vertretung in den Rahmen der "Auskunftserteilung oder Bei-
standsleistung" iS des § 8 Abs 3 RAO fällt, greift das Verwenden von Auffor-
derungsschreiben in denen der als Jurist ausgewiesene Vertreter selbst als
Absender aufscheint und - gleich einem Rechtsanwalt - namens seiner "Man-
dantschaft" einschreitet, in das Vertretungsmonopol des § 8 Abs 2 RAO ein
(RIS-Justiz RS0119100).
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Der Umstand, dass ein ehemaliger Rechtsanwalt als Freundschaftsdienst eine
Beratungstätigkeit entfaltet und allenfalls auch einen Klageentwurf konzipiert,
ist, solange dies unentgeltlich und ohne jede Gewinnabsicht erfolgt, nicht als
unbefugte Ausübung des Anwaltsberufs zu werten. Ein Anwalt, der die Klage
des emeritierten Rechtsanwalts in der Folge mit seiner eigenen Unterschrift
einbringt, begeht daher nicht das Disziplinarvergehen der Beihilfe zur unbefug-
ten Rechtsbesorgung durch den emeritierten Anwalt, jedoch begeht er durch
dieses Verhalten eine Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt
(RIS-Justiz RS0124432).
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(OBDK 7 Bkd 3/12). Die Vollmacht muss nicht zwingend schriftlich erteilt worden
sein. Diese kann allerdings ihrem Umfang nach beschränkt sein. Sollte der
Rechtsanwalt die erteilte Vollmacht überschreiten, kann unter Umständen die An-
wendung des § 3 DSt gerechtfertigt sein, wonach ein Disziplinarvergehen nicht
zu verfolgen ist, wenn das Verschulden des Rechtsanwalts geringfügig ist und
das Verhalten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat (vgl
Vitek in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 (2018) § 8 Rz 14).
§ 57 Abs 2 RAO normiert, dass jemand, der unbefugt eine dem Rechtsanwalt
vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt, eine Verwaltungs-
übertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu EUR 16.000,00 zu bestrafen
ist. Es handelt sich hierbei um ein Verwaltungsstrafverfahren (Bezirksverwal-
tungsbehörde oder Landespolizeidirektion).
Als vom Winkelschreiber durch seine Tat begangene strafbare Handlung nach
dem StGB kommt in erster Linie (gewerbsmäßiger) Betrug gemäß § 146 StGB in
Betracht.
Berufshaftpflichtversicherung
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In erster Linie hat der Rechtsanwalt zwingend eine Haftpflichtversicherung abzu-
schließen.
Gemäß § 21a RAO ist jeder Rechtsanwalt verpflichtet, vor Eintragung in die
Rechtsanwaltsliste dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer das Bestehen ei-
ner Haftpflichtversicherung zur Deckung der aus seiner Berufstätigkeit gegen ihn
entstehenden Schadenersatzansprüche nachzuweisen. Die Mindestversiche-
rungssumme beträgt € 400.000,– pro Versicherungsfall (§ 21a Abs 3 RAO). Bei
einer Rechtsanwaltspartnerschaft muss diese Versicherung auch Schadener-
satzansprüche abdecken, die gegen einen Rechtsanwalt auf Grund seiner Ge-
sellschafterstellung bestehen. Bei einer Rechtsanwalts-Gesellschaft in Form ei-
ner GmbH, beträgt die Mindestversicherungssumme pro Versicherungsfall
€ 2,400.000,–. Dies gilt nach dem BRÄG 2013 auch für eine Rechtsanwalts-Part-
nerschaft, deren einziger Komplementär eine GmbH ist. Wird die Berufshaft-
pflichtversicherung nicht oder nicht im vorgeschriebenen Umfang aufrechterhal-
ten, so haften neben der Gesellschaft auch die Rechtsanwalts-Gesellschafter un-
abhängig davon, ob ihnen ein Verschulden vorzuwerfen ist, persönlich in Höhe
des fehlenden Versicherungsschutzes (§ 21a Abs 4 RAO).
Der Schutz des Mandanten wird zudem dadurch verstärkt, dass der Versicherer
im Rahmen des versicherten Risikos auch dann haftpflichtig ist, wenn im Verhält-
nis zum Versicherungsnehmer Leistungsfreiheit besteht (§ 158c VersVG). Zwar
hat auch der Geschädigte in diesem Fall keinen unmittelbaren Ersatzanspruch
gegen den Versicherer (§ 158c Abs 5 VersVG); er kann aber zur Hereinbringung
seiner Schadenersatzforderung im Exekutionsverfahren den – nur fingierten –
Anspruch des Versicherungsnehmers pfänden lassen und dann direkt gegen den
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Versicherer vorgehen. Der besondere Schutz des Geschädigten besteht aller-
dings nur im Rahmen der obligatorischen Mindestversicherungssumme (OGH 7
Ob 108/11z).
Unter Umständen kann fraglich sein, welche Versicherungssumme nun für den
eingetretenen Schaden greift, wenn der Rechtsanwalt zB zwischenzeitig die Ver-
sicherungssumme erhöht. Der OGH hat im Falle einer treuwidrigen Auszahlung
durch den Rechtsanwalt ausgesprochen, dass für den Eintritt des Versicherungs-
falls immer das erste Verhalten relevant ist, das in unmittelbarer Kausalkette den
Schaden herbeiführt. Entscheidend ist daher, welche Versicherungssumme zum
Zeitpunkt der ersten (treuwidrigen) Auszahlung vereinbart war (OGH 7 Ob
70/14s).
Weiters stellt sich die Frage, welche Ansprüche von der Berufshaftpflichtversi-
cherung gedeckt sind.
Gem Art 3 ABHV 2000 idF 2009 deckt diese weder die Vertragserfüllung noch
Erfüllungssurrogate. Beim Anspruch des Treugebers auf Rückzahlung des „ver-
lorenen“ Treuhanderlags handelt es sich zB um einen Erfüllungsanspruch nach
Art 3 ABHV 2000 idF 2009, sodass keine Leistungsverpflichtung des Versiche-
rers besteht (OGH 7 Ob 230/14w; Kriwanek, Berufshaftpflichtversicherung eines
Rechtsanwalts – Deckung für Treuhanderlag, RdW 2015/496, 564).
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einen den Wert seiner eigenen Leistung übersteigenden Betrag in Anspruch ge-
nommen wird (OGH 7 Ob 31/16h = Kriwanek/Tuma, Berufshaftpflichtversiche-
rung eines Rechtsanwalts, RdW 2016, 544).
Sofern der Mandant als Verbraucher zu qualifizieren ist, hat dies insbesondere
für den Gerichtsstand besondere Bedeutung.
Nach § 14 Abs 3 KSchG ist weiters eine Vereinbarung zwischen dem Verbrau-
cher (Mandanten) und dem Unternehmer (Rechtsanwalt), mit der für eine Klage
des Verbrauchers gegen den Unternehmer ein gesetzlicher Gerichtsstand aus-
geschlossen wird, dem Verbraucher gegenüber unwirksam.
Geldwäsche-VO
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Die nunmehr verschärften Bestimmungen sind in den §§ 8a bis 8f RAO bzw.
§§ 36a bis 36f NO geregelt. Diese reichen von einer grundsätzlichen Risikoana-
lyse der Kanzlei über die Identitätsfeststellung, Aufbewahrungs-, Prüfungs- und
Nachforschungs- sowie Meldeverpflichtungen, bis hin zu kanzleiinternen Strate-
gie- und Schulungsverpflichtungen der Mitarbeiter (welche Geschäfte dies betrifft
s. unter Punkt 4.4.).
Im Folgenden wird ein grober Überblick über die Bestimmungen für Rechtsan-
wälte im Zusammenhang mit der Geldwäsche-VO gegeben. Nähere Informatio-
nen sind insbesondere dem Leitfaden des Österreichischen Rechtsanwaltskam-
mertages, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (Stand 01/2022) zu entneh-
men.
4.1. Zweck der Bestimmungen ist, dass verhindert wird, über einen Rechtsanwalt
Geschäfte zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung abzuwickeln.
4.3. Des Weiteren sind angemessene und geeignete Vorgehensweisen zur Ver-
hinderung von Geldwäsche zu treffen. Hierzu gehören Fortbildungen, Schu-
lungen, gegenüber Mitarbeitern bestehende Informationspflichten über geld-
wäschegeneigte Geschäfte und Identifizierungspflichten.
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Bsp.: Anweisung an die Mitarbeiter, bereits bei der Aktenanlage standardi-
siert anzugeben, ob es sich um ein geldwäschegeneigtes Geschäft handelt
(sodann allenfalls Überprüfung der Mittelherkunft, schriftliche Dokumenta-
tion, etc.).
4.4. Die besonderen Pflichten treffen den Rechtsanwalt sodann bei sogenannten
geldwäschegeeigneten Geschäften. Diese sind gem § 8a RAO solche, deren
Art es besonders nahelegt, dass sie mit Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder
Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) zusammenhängen könnten, und bei
denen der Rechtsanwalt
− in Vertretung seiner Partei Finanz- oder Immobilientransaktionen durch-
führt oder
− für seine Partei an der Planung oder Durchführung mitwirkt und die Fol-
gendes betreffen:
o den Kauf oder den Verkauf von Immobilien oder Unternehmen;
o die Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögens-
werten, die Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpa-
pierkonten;
o die Gründung, den Betrieb oder die Verwaltung von Treuhandgesell-
schaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen einschließlich der
Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von
Gesellschaften erforderlichen Mittel.
Bei Vorliegen der angeführten Geschäfte ist der Rechtsanwalt oder Notar
verpflichtet, die Identität seiner Partei und jene des wirtschaftlichen Eigentü-
mers festzustellen.
Bei Dauermandanten hat dies vor Annahme des Mandats zu erfolgen, bei
allen sonstigen geldwäschegeeigneten Geschäften (Auftragssumme min-
destens EUR 15.000,00) vor Durchführung, ansonsten bei Verdacht.
4.5. Besteht der begründete Verdacht, dass das Geschäft der Geldwäscherei o-
der der Terrorismusfinanzierung dient, so hat der Rechtsanwalt oder Notar
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hiervon unverzüglich den Bundesminister für Inneres (Bundeskriminalamt) in
Kenntnis zu setzen (Verdachtsmeldung). Ein begründeter Verdacht, dass
eine Transaktion der Geldwäscherei dient, liegt vor, wenn hinreichende tat-
sächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit der Geldwä-
scherei rechtfertigen. Insbesondere etwa dann, wenn die Art des Geschäfts
an sich unplausibel ist oder eine andere, harmlose Erklärung kaum in Be-
tracht kommt (OGH 4 Ob 230/06m mwN). Zur Orientierungshilfe siehe auch
die Beispiele für Auffälligkeiten betreffend Geschäftsbeziehungen, Geschäfte
und/oder Transaktionen der FMA im Rundschreiben „04/2022 FMA-
Rundschreiben Meldepflichten zur Prävention von Geldwäscherei und Terro-
rismusfinanzierung“ (veröffentlicht am 23.2.2022), abrufbar unter
www.fma.gv.at/fma/fma-rundschreiben.
Der Rechtsanwalt ist allerdings hinsichtlich solcher Tatsachen nicht zur Ver-
dachtsmeldung verpflichtet, die er von einer oder über eine Partei im Rahmen
der Rechtsberatung oder im Zusammenhang mit ihrer Vertretung vor einem
Gericht oder einer diesem vorgeschalteten Behörde oder Staatsanwaltschaft
erfahren hat, es sei denn, dass die Partei für den Rechtsanwalt oder Notar
erkennbar die Rechtsberatung offenkundig zum Zweck der Geldwäscherei
oder der Terrorismusfinanzierung in Anspruch nimmt.
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Bis zur Entscheidung der Geldwäschemeldestelle (Fachbereich des Bundes-
kriminalamtes) ist es dem Rechtsanwalt untersagt, das Geschäft vorzuneh-
men.
Auf den Vertrag des Rechtsanwalts mit seinem Klienten ist zunächst die RAO
anzuwenden; hilfsweise gelten die Bestimmungen über den Bevollmächtigungs-
vertrag. § 16 Abs 1 RAO sieht (ebenso wie § 2 Abs 1 RATG) die Möglichkeit der
freien Vereinbarung des Honorars für den Rechtsanwalt vor, gewährleistet also
die Privatautonomie zwischen Klient und Rechtsanwalt.
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1. Parteienvereinbarung und Abrechnung nach AHK,
2. Abrechnung nach dem RATG und
3. angemessenes Entgelt nach § 1152 ABGB,
wobei jede Rechtsgrundlage die nachfolgende ausschließt (vgl auch Obermaier,
Kostenhandbuch3 (2018), Rz 3.6).
Als Kriterien der Angemessenheit der Anwaltsleistung gelten deren Umfang, de-
ren Schwierigkeit und Komplexität, die Bedeutung der Angelegenheit für den Ein-
zelnen, das Haftungsrisiko, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten,
aber auch die Erfahrung des Anwalts, der Grad seiner Spezialisierung etc (Thiele,
Die Pauschalhonorarvereinbarung, AnwBl 2006, 431, Punkt V.).
Zu beurteilen sind daher die jeweils konkreten Umstände des Einzelfalls, weshalb
generalisierende Aussagen im Sinn von – der freien Vereinbarkeit widerspre-
chenden – absoluten Grenzbeträgen nicht möglich sind. Bei der Prüfung der An-
gemessenheit des Anwaltshonorars stellt sich daher in der Regel keine erhebli-
che Rechtsfrage.
Für das als Stundensatz vereinbarte Rechtsanwaltshonorar gilt nicht nur die Sit-
tenwidrigkeitsschranke, sondern es unterliegt zumindest insofern auch einer An-
gemessenheitskontrolle, als für unsachliche oder unzweckmäßige Leistungen
kein Honorar gebührt. Der abgerechnete Zeitaufwand muss in einem angemes-
senen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden An-
gelegenheit stehen. Die Angemessenheitskontrolle kann auch dazu führen, dass
das Honorar unter jenen Betrag sinkt, der im Fall einer Abrechnung nach dem
RATG verlangt werden könnte. Die Auffassung, dass der Rechtsanwalt bei ver-
einbartem Stundensatzhonorar kein Entgelt für Leistungen verlangen kann, die
aus rein kanzleiinternen Gründen erforderlich waren (hier: kanzleiinterne Mittei-
lung), ist vertretbar (Zurückweisung der Revision – OGH vom 29. 9. 2014, 8 Ob
92/14h = Zak 2014/788, 416 = JBl 2015, 44).
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Eine allfällige Überschreitung von disziplinarrechtlichen Grenzen ist unerheblich,
weil selbst die standeswidrige Vereinbarung eines zu hohen Honorars durch ei-
nen Rechtsanwalt allein für die Annahme der Sittenwidrigkeit oder Nichtigkeit iSd
§ 879 ABGB nicht ausreicht.
Der Rechtsanwalt hat keinen Anspruch auf Honorar, wenn der Mandant beweist,
dass und aus welchen Gründen die Leistung wertlos ist (OGH vom 30. 8. 2016,
4 Ob 130/16w = ecolex 2017/5, 25). Weist der Mandant nach, dass der Rechts-
anwalt eine für den Prozessausgang wesentliche Weisung nicht befolgt hat, ver-
liert der Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch, sofern er nicht beweisen kann,
dass sein weisungswidriges Handeln für den Prozesserfolg unschädlich war
(EvBl 2002/144). Auch wenn der Rechtsanwalt ein Rechtsmittel mit dem Man-
danten nicht abgesprochen und später ohne weitere Begründung zurückgezogen
hat, ist von der Wertlosigkeit des Rechtsmittelschriftsatzes auszugehen (OGH
vom 9. 6. 2009, 1 Ob 97/09k).
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Da auf die Tätigkeit des Rechtsberaters der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB
anzuwenden ist, ist – obwohl es sich bei der vertraglichen Beziehung in der Regel
um keinen Werkvertrag handelt – das bezahlte Honorar aus dem Titel des Scha-
denersatzes (Mangelfolgeschaden) rückforderbar, falls die Leistung des Rechts-
beraters mit einem Kunstfehler behaftet ist, der die völlige Wertlosigkeit seiner
Tätigkeit (zB bei Erstellung eines fehlerhaften Sachverständigengutachtens)
nach sich zieht (JBl 1985, 625 mit Glosse Iro).
Ein bereits bezahltes Honorar für wertlose Tätigkeiten kann nicht nach § 1431
ABGB, sondern nur auf Grundlage des abgeschlossenen Vertrages aus dem Ti-
tel des Schadenersatzes oder der Gewährleistung zurückgefordert werden
(JBl 2000, 590).
Der Rechtsanwalt haftet seiner Partei bekanntlich für Unkenntnis der Gesetze
sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung. Er muss, soll diese Haftung ausge-
schlossen werden, seine Partei darüber aufklären, dass nach dem klaren Wort-
laut des Gesetzes oder nach der einhelligen herrschenden Rechtsübung eine
Prozessführung aussichtslos erscheint. Unterlässt er dies, ist seine Tätigkeit
wertlos. In einem solchen Fall bestehen nicht nur Schadenersatzansprüche des
Klienten für ihm erwachsene Schäden, sondern ist der Rechtsanwalt auch nicht
berechtigt ein Honorar zu verlangen (RIS-Justiz RS0038663).
Auch die Abtretung der Honorarforderung eines Rechtsanwaltes ist idR nichtig
gem § 879 Abs 1 ABGB, weil bereits die Bekanntgabe von Schuldner und Höhe
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der Forderung gegen die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs 2 RAO ver-
stößt.
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte
Verbraucher
1. Anwendungsbereich
1.1. Die Auftragsbedingungen gelten für sämtliche Tätigkeiten und
gerichtliche/behördliche wie außergerichtliche Vertretungshandlungen, die im Zuge
eines zwischen dem Rechtsanwalt/der Rechtsanwaltsgesellschaft (im folgenden
vereinfachend „Rechtsanwalt“) und dem Mandanten bestehenden
Vertragsverhältnisses (im folgenden auch „Mandat“) vorgenommen werden.
1.2. Die Auftragsbedingungen gelten auch für neue Mandate, sofern nichts anderes
schriftlich vereinbart wird.
3.4. Bei Gefahr im Verzug ist der Rechtsanwalt berechtigt, auch eine vom erteilten
Auftrag nicht ausdrücklich gedeckte oder eine einer erteilten Weisung
entgegenstehende Handlung zu setzen oder zu unterlassen, wenn dies im Interesse
des Mandanten dringend geboten erscheint.
Der Rechtsanwalt hat durch gezielte Befragung des Mandanten und/oder andere
geeignete Mittel auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Sachverhaltes hinzuwirken.
Betreffend die Richtigkeit ergänzender Informationen gilt der zweite Satz von Pkt 4.1.
4.2. Während aufrechten Mandats ist der Mandant verpflichtet, dem Rechtsanwalt
alle geänderten oder neu eintretenden Umstände, die im Zusammenhang mit der
Ausführung des Auftrages von Bedeutung sein könnten, unverzüglich nach
Bekanntwerden derselben mitzuteilen.
4.3. Wird der Rechtsanwalt als Vertragserrichter tätig, ist der Mandant verpflichtet,
dem Rechtsanwalt sämtliche erforderlichen Informationen zu erteilen, die für die
Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr sowie
Immobilienertragsteuer notwendig sind. Nimmt der Rechtsanwalt auf Basis der vom
Mandanten erteilten Informationen die Selbstberechnungen vor, ist er von jeglicher
Haftung dem Mandanten gegenüber jedenfalls befreit. Der Mandant ist hingegen
verpflichtet, den Rechtsanwalt im Fall von Vermögensnachteilen, falls sich die
Unrichtigkeit der Informationen des Mandanten herausstellen sollte, schad- und
klaglos zu halten.
5. Verschwiegenheitsverpflichtung, Interessenkollision
5.1. Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit über alle ihm anvertrauten
Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft
bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse seines
Mandanten gelegen ist.
5.2. Der Rechtsanwalt ist berechtigt, sämtliche Mitarbeiter im Rahmen der geltenden
Gesetze und Richtlinien mit der Bearbeitung von Angelegenheiten zu beauftragen,
soweit diese Mitarbeiter nachweislich über die Verpflichtung zur Verschwiegenheit
belehrt worden sind.
5.3. Nur soweit dies zur Verfolgung von Ansprüchen des Rechtsanwaltes
(insbesondere Ansprüchen auf Honorar des Rechtsanwaltes) oder zur Abwehr von
Ansprüchen gegen den Rechtsanwalt (insbesondere Schadenersatzforderungen des
Mandanten oder Dritter gegen den Rechtsanwalt) erforderlich ist, ist der Rechtsanwalt
von der Verschwiegenheitspflicht entbunden.
5.4. Dem Mandanten ist bekannt, dass der Rechtsanwalt aufgrund gesetzlicher
Anordnungen in manchen Fällen verpflichtet ist, Auskünfte oder Meldungen an
Behörden zu erstatten, ohne die Zustimmung des Mandanten einholen zu müssen;
insbesondere wird auf die Bestimmungen zur Geldwäsche- und
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Verbraucher
8. Honorar
8.1. Wenn keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde, hat der
Rechtsanwalt Anspruch auf ein angemessenes Honorar.
8.2. Auch bei Vereinbarung eines Pauschal- oder Zeithonorars gebührt dem
Rechtsanwalt wenigstens der vom Gegner über dieses Honorar hinaus erstrittene
Kostenersatzbetrag, soweit dieser einbringlich gemacht werden kann, ansonsten das
vereinbarte Pauschal- oder Zeithonorar.
8.3. Wird dem Rechtsanwalt vom Mandanten oder dessen Sphäre ein E-Mail zur
Kenntnisnahme zugesendet, ist der Rechtsanwalt ohne ausdrücklichen Auftrag nicht
verpflichtet, diese Zusendung zu lesen. Liest der Rechtsanwalt das zugesendete E-
Mail, steht ihm hierfür eine Honorierung gemäß ausdrücklicher Vereinbarung für
vergleichbare Leistungen oder nach RATG oder AHK zu.
8.4. Zu dem dem Rechtsanwalt gebührenden/mit ihm vereinbarten Honorar sind die
Umsatzsteuer im gesetzlichen Ausmaß, die erforderlichen und angemessenen Spesen
(zB für Fahrtkosten, Telefon, Telefax, Kopien) sowie die im Namen des Mandanten
entrichteten Barauslagen (zB Gerichtsgebühren) hinzuzurechnen.
8.5. Der Mandant nimmt zur Kenntnis, dass eine vom Rechtsanwalt vorgenommene,
nicht ausdrücklich als bindend bezeichnete Schätzung über die Höhe des
voraussichtlich anfallenden Honorars unverbindlich und nicht als verbindlicher
Kostenvoranschlag (iSd § 5 Abs 2 KSchG) zu sehen ist, weil das Ausmaß der vom
Anwalt zu erbringenden Leistungen ihrer Natur nach nicht verlässlich im Voraus
beurteilt werden kann.
8.6. Der Aufwand für die Abrechnung und Erstellung der Honorarnoten wird dem
Mandanten nicht in Rechnung gestellt. Dies gilt jedoch nicht für den Aufwand, der
durch die auf Wunsch des Mandanten durchgeführte Übersetzung von
Leistungsverzeichnissen in eine andere Sprache als Deutsch entsteht. Verrechnet
wird, sofern keine anderslautende Vereinbarung besteht, der Aufwand für auf
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Verbraucher
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Verbraucher
9.5. Der Rechtsanwalt haftet nur gegenüber seinem Mandanten, nicht gegenüber
Dritten. Der Mandant ist verpflichtet, Dritte, die aufgrund des Zutuns des Mandanten
mit den Leistungen des Rechtsanwaltes in Berührung geraten, auf diesen Umstand
ausdrücklich hinzuweisen.
9.6. Der Rechtsanwalt haftet für die Kenntnis ausländischen Rechts nur bei
schriftlicher Vereinbarung oder wenn er sich erbötig gemacht hat, ausländisches Recht
zu prüfen. EU-Recht gilt niemals als ausländisches Recht, wohl aber das Recht der
Mitgliedstaaten.
Der Mandant bestätigt durch seine sogleich gesetzte Unterschrift, die Punkte 10.2. und
10.3. zur Kenntnis genommen und verstanden zu haben.
……………………………………………..
(Unterschrift des Mandanten)
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Verbraucher
Variante: Festgehalten wird, dass das Mandat, wenn es nicht vom Mandanten oder
vom Rechtsanwalt gemäß Punkt 11. der Auftragsbedingungen aufgelöst wird,
grundsätzlich auf unbestimmte Zeit erteilt wird.
(Unzutreffendes streichen)
12. Herausgabepflicht
12.1. Der Rechtsanwalt hat nach Beendigung des Auftragsverhältnisses auf
Verlangen dem Mandanten Urkunden im Original zurückzustellen. Der Rechtsanwalt
ist berechtigt, Kopien dieser Urkunden zu behalten.
12.2. Soweit der Mandant nach Ende des Mandats nochmals Schriftstücke (Kopien
von Schriftstücken) verlangt, die er im Rahmen der Mandatsabwicklung bereits
erhalten hat, sind die Kosten vom Mandanten zu tragen.
12.3. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Akten für die Dauer von fünf Jahren ab
Beendigung des Mandats aufzubewahren und in dieser Zeit dem Mandanten bei
Bedarf Abschriften auszuhändigen. Für die Kostentragung gilt Pkt 12.2. Sofern für die
Dauer der Aufbewahrungspflicht längere gesetzliche Fristen gelten, sind diese
einzuhalten. Der Mandant stimmt der Vernichtung der Akten (auch von
Originalurkunden) nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht zu.
14. Schlussbestimmungen
14.1. Der Rechtsanwalt kann mit dem Mandanten – soweit nichts anderes vereinbart
ist – in jeder ihm geeignet erscheinenden Weise korrespondieren, insbesondere auch
über Mail mit jener Emailadresse, die der Mandant dem Rechtsanwalt zum Zweck der
Kommunikation unter einem bekannt gibt. Schickt der Mandant seinerseits Emails an
den Rechtsanwalt von anderen Emailadressen aus, so darf der Rechtsanwalt mit dem
Mandanten auch über diese Emailadresse kommunizieren, wenn der Mandant diese
Kommunikation nicht zuvor ausdrücklich ablehnt. Nach diesen Auftragsbedingungen
schriftlich abzugebende Erklärungen können – soweit nichts anderes bestimmt ist –
auch mittels Telefax oder E-Mail abgegeben werden.
Der Rechtsanwalt ist ohne anders lautende schriftliche Weisung des Mandanten
berechtigt, den E-Mail-Verkehr mit dem Mandanten in nicht verschlüsselter Form
abzuwickeln. Der Mandant erklärt, über die damit verbundenen Risken (insbesondere
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Verbraucher
Zu diesem Zweck gibt der Mandant die Emailadresse, über die er mit dem
Rechtsanwalt kommunizieren möchte, bekannt wie folgt: ……………………
……………………………………………..
(Unterschrift des Mandanten)
14.2. Der Mandant erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, dass der
Rechtsanwalt die den Mandanten und/oder sein Unternehmen betreffenden
personenbezogenen Daten insoweit verarbeitet, überlässt oder übermittelt (iSd
Datenschutzgesetzes), als dies zur Erfüllung der dem Rechtsanwalt vom Mandanten
übertragenen Aufgaben notwendig und zweckmäßig ist oder sich aus gesetzlichen
oder standesrechtlichen Verpflichtungen des Rechtsanwaltes (zB Teilnahme am
elektronischen Rechtsverkehr etc) ergibt.
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Stand: 06.06.2017
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte
Unternehmer
1. Anwendungsbereich
1.1. Die Auftragsbedingungen gelten für sämtliche Tätigkeiten und
gerichtliche/behördliche wie außergerichtliche Vertretungshandlungen, die im Zuge
eines zwischen dem Rechtsanwalt/der Rechtsanwaltsgesellschaft (im folgenden
vereinfachend „Rechtsanwalt“) und dem Mandanten bestehenden
Vertragsverhältnisses (im folgenden auch „Mandat“) vorgenommen werden.
1.2. Die Auftragsbedingungen gelten auch für neue Mandate, sofern nichts anderes
schriftlich vereinbart wird.
3.4. Bei Gefahr im Verzug ist der Rechtsanwalt berechtigt, auch eine vom erteilten
Auftrag nicht ausdrücklich gedeckte oder eine einer erteilten Weisung
entgegenstehende Handlung zu setzen oder zu unterlassen, wenn dies im Interesse
des Mandanten dringend geboten erscheint.
Der Rechtsanwalt hat durch gezielte Befragung des Mandanten und/oder andere
geeignete Mittel auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Sachverhaltes hinzuwirken.
Betreffend die Richtigkeit ergänzender Informationen gilt der zweite Satz von Pkt 4.1.
4.2. Während aufrechten Mandats ist der Mandant verpflichtet, dem Rechtsanwalt
alle geänderten oder neu eintretenden Umstände, die im Zusammenhang mit der
Ausführung des Auftrages von Bedeutung sein könnten, unverzüglich nach
Bekanntwerden derselben mitzuteilen.
4.3. Wird der Rechtsanwalt als Vertragserrichter tätig, ist der Mandant verpflichtet,
dem Rechtsanwalt sämtliche erforderlichen Informationen zu erteilen, die für die
Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr sowie
Immobilienertragsteuer notwendig sind. Nimmt der Rechtsanwalt auf Basis der vom
Mandanten erteilten Informationen die Selbstberechnungen vor, ist er von jeglicher
Haftung dem Mandanten gegenüber jedenfalls befreit. Der Mandant ist hingegen
verpflichtet, den Rechtsanwalt im Fall von Vermögensnachteilen, falls sich die
Unrichtigkeit der Informationen des Mandanten herausstellen sollte, schad- und
klaglos zu halten.
5. Verschwiegenheitsverpflichtung, Interessenkollision
5.1. Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit über alle ihm anvertrauten
Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft
bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse seines
Mandanten gelegen ist.
5.2. Der Rechtsanwalt ist berechtigt, sämtliche Mitarbeiter im Rahmen der geltenden
Gesetze und Richtlinien mit der Bearbeitung von Angelegenheiten zu beauftragen,
soweit diese Mitarbeiter nachweislich über die Verpflichtung zur Verschwiegenheit
belehrt worden sind.
5.3. Nur soweit dies zur Verfolgung von Ansprüchen des Rechtsanwaltes
(insbesondere Ansprüchen auf Honorar des Rechtsanwaltes) oder zur Abwehr von
Ansprüchen gegen den Rechtsanwalt (insbesondere Schadenersatzforderungen des
Mandanten oder Dritter gegen den Rechtsanwalt) erforderlich ist, ist der Rechtsanwalt
von der Verschwiegenheitspflicht entbunden.
5.4. Dem Mandanten ist bekannt, dass der Rechtsanwalt aufgrund gesetzlicher
Anordnungen in manchen Fällen verpflichtet ist, Auskünfte oder Meldungen an
Behörden zu erstatten, ohne die Zustimmung des Mandanten einholen zu müssen;
insbesondere wird auf die Bestimmungen zur Geldwäsche- und
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8. Honorar
8.1. Wenn keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde, hat der
Rechtsanwalt Anspruch auf ein angemessenes Honorar.
8.2. Auch bei Vereinbarung eines Pauschal- oder Zeithonorars gebührt dem
Rechtsanwalt wenigstens der vom Gegner über dieses Honorar hinaus erstrittene
Kostenersatzbetrag, soweit dieser einbringlich gemacht werden kann, ansonsten das
vereinbarte Pauschal- oder Zeithonorar.
8.3. Wird dem Rechtsanwalt vom Mandanten oder dessen Sphäre ein E-Mail zur
Kenntnisnahme zugesendet, ist der Rechtsanwalt ohne ausdrücklichen Auftrag nicht
verpflichtet, diese Zusendung zu lesen. Liest der Rechtsanwalt das zugesendete E-
Mail, steht ihm hierfür eine Honorierung gemäß ausdrücklicher Vereinbarung für
vergleichbare Leistungen oder nach RATG oder AHK zu.
8.4. Zu dem dem Rechtsanwalt gebührenden/mit ihm vereinbarten Honorar sind die
Umsatzsteuer im gesetzlichen Ausmaß, die erforderlichen und angemessenen Spesen
(zB für Fahrtkosten, Telefon, Telefax, Kopien) sowie die im Namen des Mandanten
entrichteten Barauslagen (zB Gerichtsgebühren) hinzuzurechnen.
8.5. Der Mandant nimmt zur Kenntnis, dass eine vom Rechtsanwalt vorgenommene,
nicht ausdrücklich als bindend bezeichnete Schätzung über die Höhe des
voraussichtlich anfallenden Honorars unverbindlich und nicht als verbindlicher
Kostenvoranschlag (iSd § 5 Abs 2 KSchG) zu sehen ist, weil das Ausmaß der vom
Anwalt zu erbringenden Leistungen ihrer Natur nach nicht verlässlich im Voraus
beurteilt werden kann.
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Unternehmer
8.6. Der Aufwand für die Abrechnung und Erstellung der Honorarnoten wird dem
Mandanten nicht in Rechnung gestellt. Dies gilt jedoch nicht für den Aufwand, der
durch die auf Wunsch des Mandanten durchgeführte Übersetzung von
Leistungsverzeichnissen in eine andere Sprache als Deutsch entsteht. Verrechnet
wird, sofern keine anderslautende Vereinbarung besteht, der Aufwand für auf
Verlangen des Mandanten verfasste Briefe an den Wirtschaftsprüfer des Mandanten,
in denen zB der Stand anhängiger Causen, eine Risikoeinschätzung für die
Rückstellungsbildung und/oder der Stand der offenen Honorare zum
Abschlussstichtag angeführt werden.
8.7. Der Rechtsanwalt ist zu jedem beliebigen Zeitpunkt, jedenfalls aber
quartalsmäßig, berechtigt, Honorarnoten zu legen und Honorarvorschüsse zu
verlangen.
8.8. Eine dem Mandanten übermittelte und ordnungsgemäß aufgeschlüsselte
Honorarnote gilt als genehmigt, wenn und soweit der Mandant nicht binnen eines
Monats (maßgebend ist der Eingang beim Rechtsanwalt) ab Erhalt schriftlich
widerspricht.
8.9. Sofern der Mandant mit der Zahlung des gesamten oder eines Teiles des
Honorars in Verzug gerät, hat er an den Rechtsanwalt jedenfalls Verzugszinsen in der
gesetzlichen Höhe von 4% zu zahlen. Hat der Mandant den Zahlungsverzug
verschuldet, beträgt der gesetzliche Zinssatz 9,2 Prozentpunkte über dem jeweiligen
Basiszinssatz, und er hat dem Rechtsanwalt auch den darüber hinausgehenden
tatsächlich entstandenen Schaden zu ersetzen. Darüber hinausgehende gesetzliche
Ansprüche (zB § 1333 ABGB) bleiben unberührt.
8.10. Sämtliche bei der Erfüllung des Mandats entstehenden gerichtlichen und
behördlichen Kosten (Barauslagen) und Spesen (zB wegen zugekaufter
Fremdleistungen) können – nach Ermessen des Rechtsanwaltes – dem Mandanten
zur direkten Begleichung übermittelt werden.
8.11. Bei Erteilung eines Auftrages durch mehrere Mandanten in einer Rechtssache
haften diese solidarisch für alle daraus entstehenden Forderungen des
Rechtsanwaltes.
8.12. Kostenersatzansprüche des Mandanten gegenüber dem Gegner werden
hiermit in Höhe des Honoraranspruchs des Rechtsanwalts an diesen mit ihrer
Entstehung abgetreten. Der Rechtsanwalt ist berechtigt, die Abtretung dem Gegner
jederzeit mitzuteilen.
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Unternehmer
nicht. Der gemäß Pkt 9.1. geltende Höchstbetrag bezieht sich auf einen
Versicherungsfall. Bei Vorhandensein zweier oder mehrerer konkurrierender
Geschädigter (Mandanten) ist der Höchstbetrag für jeden einzelnen Geschädigten
nach dem Verhältnis der betraglichen Höhe der Ansprüche zu kürzen.
9.3. Bei Beauftragung einer Rechtsanwaltsgesellschaft gelten die
Haftungsbeschränkungen gemäß Pkt 9.1. und 9.2. auch zugunsten aller für die
Gesellschaft (als deren Gesellschafter, Geschäftsführer, angestellte Rechtsanwälte
oder in sonstiger Funktion) tätigen Rechtsanwälte.
9.4. Der Rechtsanwalt haftet für mit Kenntnis des Mandanten im Rahmen der
Leistungserbringung mit einzelnen Teilleistungen beauftragte Dritte (insbesondere
externe Gutachter), die weder Dienstnehmer noch Gesellschafter sind, nur bei
Auswahlverschulden.
9.5. Der Rechtsanwalt haftet nur gegenüber seinem Mandanten, nicht gegenüber
Dritten. Der Mandant ist verpflichtet, Dritte, die aufgrund des Zutuns des Mandanten
mit den Leistungen des Rechtsanwaltes in Berührung geraten, auf diesen Umstand
ausdrücklich hinzuweisen.
9.6. Der Rechtsanwalt haftet für die Kenntnis ausländischen Rechts nur bei
schriftlicher Vereinbarung oder wenn er sich erbötig gemacht hat, ausländisches Recht
zu prüfen. EU-Recht gilt niemals als ausländisches Recht, wohl aber das Recht der
Mitgliedstaaten.
10. Verjährung/Präklusion
Soweit nicht gesetzlich eine kürzere Verjährungs- oder Präklusivfrist gilt, verfallen
sämtliche Ansprüche gegen den Rechtsanwalt, wenn sie nicht vom Mandanten binnen
sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der Mandant vom Schaden und der Person
des Schädigers oder vom sonst anspruchsbegründenden Ereignis Kenntnis erlangt,
gerichtlich geltend gemacht werden, längstens aber nach Ablauf von fünf Jahren nach
dem schadenstiftenden (anspruchsbegründenden) Verhalten (Verstoß).
11.3. Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, das Honorar von der
Rechtsschutzversicherung direkt einzufordern, sondern kann das gesamte
Entgelt vom Mandanten begehren.
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Muster für allgemeine Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte – Unternehmer
Der Mandant bestätigt durch seine sogleich gesetzte Unterschrift, die Punkte 11.2. und
11.3. zur Kenntnis genommen und verstanden zu haben.
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(Unterschrift des Mandanten)
13. Herausgabepflicht
13.1. Der Rechtsanwalt hat nach Beendigung des Auftragsverhältnisses auf
Verlangen dem Mandanten Urkunden im Original zurückzustellen. Der Rechtsanwalt
ist berechtigt, Kopien dieser Urkunden zu behalten.
13.2. Soweit der Mandant nach Ende des Mandats nochmals Schriftstücke (Kopien
von Schriftstücken) verlangt, die er im Rahmen der Mandatsabwicklung bereits
erhalten hat, sind die Kosten vom Mandanten zu tragen.
13.3. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Akten für die Dauer von fünf Jahren ab
Beendigung des Mandats aufzubewahren und in dieser Zeit dem Mandanten bei
Bedarf Abschriften auszuhändigen. Für die Kostentragung gilt Pkt 13.2. Sofern für die
Dauer der Aufbewahrungspflicht längere gesetzliche Fristen gelten, sind diese
einzuhalten. Der Mandant stimmt der Vernichtung der Akten (auch von
Originalurkunden) nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht zu.
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15. Schlussbestimmungen
15.1. Änderungen oder Ergänzungen dieser Auftragsbedingungen bedürfen zu ihrer
Gültigkeit der Schriftform.
15.2. Erklärungen des Rechtsanwalts an den Mandanten gelten jedenfalls als
zugegangen, wenn sie an die bei Mandatserteilung vom Mandanten bekannt
gegebene oder die danach schriftlich mitgeteilte, geänderte Adresse versandt werden.
Der Rechtsanwalt kann mit dem Mandanten aber – soweit nichts anderes vereinbart
ist – in jeder ihm geeignet erscheinenden Weise korrespondieren, insbesondere auch
über Email mit jener Emailadresse, die der Mandant dem Rechtsanwalt zum Zweck
der Kommunikation unter einem bekannt gibt. Schickt der Mandant seinerseits Emails
an den Rechtsanwalt von anderen Emailadressen aus, so darf der Rechtsanwalt mit
dem Mandanten auch über diese Emailadresse kommunizieren. Nach diesen
Auftragsbedingungen schriftlich abzugebende Erklärungen können – soweit nichts
anderes bestimmt ist – auch mittels Telefax oder E-Mail abgegeben werden.
Der Rechtsanwalt ist ohne anders lautende schriftliche Weisung des Mandanten
berechtigt, den E-Mail-Verkehr mit dem Mandanten in nicht verschlüsselter Form
abzuwickeln. Der Mandant erklärt, über die damit verbundenen Risken (insbesondere
Zugang, Geheimhaltung, Veränderung von Nachrichten im Zuge der Übermittlung) und
über die Möglichkeit der Nutzung von TrustNetz informiert zu sein und in Kenntnis
dieser Risken zuzustimmen, dass der E-Mail-Verkehr nicht in verschlüsselter Form
durchgeführt wird.
Zu diesem Zweck gibt der Mandant die Emailadresse, über die er mit dem
Rechtsanwalt kommunizieren möchte, bekannt wie folgt: ……………………
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(Unterschrift des Mandanten)
15.3. Der Mandant erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, dass der
Rechtsanwalt die den Mandanten und/oder sein Unternehmen betreffenden
personenbezogenen Daten insoweit verarbeitet, überlässt oder übermittelt (iSd
Datenschutzgesetzes), als dies zur Erfüllung der dem Rechtsanwalt vom Mandanten
übertragenen Aufgaben notwendig und zweckmäßig ist oder sich aus gesetzlichen
oder standesrechtlichen Verpflichtungen des Rechtsanwaltes (zB Teilnahme am
elektronischen Rechtsverkehr etc) ergibt.
15.4. Die Unwirksamkeit einer oder einzelner Bestimmungen dieser
Auftragsbedingungen oder des durch die Auftragsbedingungen geregelten
Vertragsverhältnisses lässt die Gültigkeit der übrigen Vereinbarung unberührt. Die
Vertragspartner verpflichten sich, die unwirksame(n) Bestimmung(en) durch eine
dieser im wirtschaftlichen Ergebnis möglichst nahekommende Regelung zu ersetzen.
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Stand: 06.06.2017
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Wichtige Grundsatzentscheidungen aus dem Standesrecht
Honorar
28 Ds 5/21f, AnwBl 2022, 121
Der Rechtsanwalt tätigte „keine deutliche Schlussziehung über die Beendigung der ersten anwaltli-
chen Auskunft und seiner in der Folge vorgenommenen Vertretung“ „unter Hinweis [darauf], dass da-
für ein Honoraranspruch besteht“. Den Rechtsanwalt treffen Aufklärungspflichten über die zu erwar-
tenden Kosten.
OGH 23. 9. 2021
Honorar
26 Ds 4/21v, AnwBl 2022, 64
Die Nichterfüllung der Kostenersatzpflicht aus einem verlorenen Honorarprozess ist eine Berufs-
pflichtenverletzung. Die unsubstantiierte Drohung mit einer Strafanzeige zur Durchsetzung einer Ho-
norarforderung ist eine Berufspflichtenverletzung.
OGH 13. 10. 2021
Honorar
24 Ds 5/20z, AnwBl 2021, 407
Das Begehren beträchtlich überhöhter Kosten ist bereits bei einer Überhöhung von etwa 33 bis 50%
disziplinär, ohne dass es dabei auf das exakte Ausmaß der Überhöhung ankommt.
OGH 9. 3. 2021
Honorar
21 Ds 3/19g, AnwBl 2020, 713
Den Rechtsanwalt treffen Aufklärungspflicht darüber, mit welchen Kosten außergerichtlichen Ein-
schreitens ein Verfahrensbeholfener trotz Gewährung der Verfahrenshilfe zu rechnen hat. Auch bei
einer – nicht unverzüglich – bestrittenen Honorarforderung hat der Rechtsanwalt die bei ihm zuguns-
ten des Mandanten eingegangenen Geldbeträge unverzüglich auszufolgen oder nach § 1425 ABGB
bei Gericht zu hinterlegen.
OGH 15. 7. 2020
Honorar
20 Os 25/15 z, AnwBl 2016, 617
Bei der Bestreitung der Honorarforderung besteht die Verpflichtung zum Erlag der Verteidigungskos-
ten.
OGH 28. 6. 2016
Honorar
21 Os 2/15 z, AnwBl 2016, 218
Das Recht, eigene Ansprüche auf Honorar und Barauslagenersatz von eingegangenen Fremdgel-
dern in Abzug zu bringen, ist ein Aufrechnungsrecht. Seine Ausübung setzt ua voraus, dass Forde-
rung und Gegenforderung sich „gegenseitig“ gegenüberstehen. Aufrechnung mit Forderung dritter
Person ist nicht möglich. Der RA ist bei Verfolgung seiner Honoraransprüche in eigener Sache tätig,
daher kommt Berufspflichtenverletzung nicht in Frage; der Einwand der irrtümlichen Annahme eines
rechtfertigenden Sachverhalts ist bei fahrlässiger Begehung nicht relevant; Uneinsichtigkeit des Dis-
ziplinarbeschuldigten ist kein Erschwerungsgrund.
OGH 9. 11. 2015
Honorar
24 Os 7/15 g, AnwBl 2016, 155
Die Ankündigung des Mandanten, die Honorarforderung überprüfen zu lassen, vom Rechtsanwalt
dahingehend kommentiert, dass der Mandant, wenn er das Honorar nicht als gerechtfertigt erachtet,
einen Prozess führen müsse, qualifiziert die Honorarforderung als „bestritten“; die gerichtliche Hinter-
legung fast sechs Monate später, nach Anzeige durch den Klienten bei Standesbehörde und StA, ist
verspätet und disziplinär (doppelte Qualifikation).
OGH 9. 9. 2015
Honorar
25 Os 10/14 d, AnwBl 2015, 47
Schuldberufung im DisVerfahren umfasst per se die Geltendmachung der die Schuldfrage betreffen-
den Nichtigkeitsgründe; Anforderungen an den Antrag auf Einholung eines Sachverständigen(Kos-
ten-)Gutachtens; hinreichend deutliche Sachverhalts-Feststellungen in DR-Erkenntnis durch Ver-
weise auf ein Gerichtsurteil; § 52 1. Satz DSt: Verfahrensergänzung und Nachholen fehlender Fest-
stellungen durch den Berufungssenat mit Kassation des Schuldspruchs und Entscheidung in der Sa-
che selbst.
OGH 13. 8. 2014
Honorar
1 Bkd 1/10, AnwBl 2011, 466
Der RA hat, wenn er eine größere Anzahl von Einzelleistungen erbracht hat, diese bei der Abrech-
nung zu detaillieren, wozu auch gehört, dass der Mandant ausreichend über die Bemessungsgrund-
lagen informiert wird.
OBDK 27.6.2011, 1 Bkd 1/10
Honorar
11 Bkd 1/09, AnwBl 2010, 83
Auch dann, wenn zwischen dem RA und dem Mandanten die Vereinbarung besteht, dass der DB
seine Honoraransprüche mit Fruktifikationszinsen, die von bei ihm erlegten Geldern anreifen, gegen-
verrechnet werden können, ist er im Falle der Bestreitung seiner Honoraransprüche nicht zur Ge-
genverrechnung berechtigt, wenn eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich die Gegenverrech-
nung mit auch bestrittenen Honorarforderungen zulässt.
Honorar
5 Bkd 2/09, AnwBl 2010, 192
Der RA ist verpflichtet, seinen Mandanten unverzüglich zu verständigen, wenn bei ihm eine für den
Mandanten bestimmte Zahlung einlangt. Bei Nichteinigung über die Honoraransprüche des RA ist
dieser, wenn er den Fremdgeldbetrag dem Mandanten nicht ausbezahlen will, verpflichtet, diesen
gerichtlich zu erlegen. Kommt der RA dieser Verpflichtung nicht nach, ist die Anwendbarkeit des § 3
DSt nicht möglich, da das Verschulden nicht geringfügig ist.
Honorar
4 Bkd 2/08, AnwBl 2009, 183
Überhöhung ab einem Drittel der Kosten wird als disziplinär bedenklich angesehen. Der DB hatte bei
Mahnklagen jeweils zu den Normalkosten einen Betrag von € 12.- unter der Bezeichnung "Firmen-
buch-Internetabfrage" verzeichnet, wobei diese Barauslagen vom Gericht in einem Fall zugespro-
chen, in einem anderen Fall abgelehnt wurden.
Honorar
3 Bkd 2/06, VfGH 24.9.2008, B 330/07, OBDK 20.11.2006, AnwBl 2009, 28
Die Vereinbarung einer "quota litis" ist für sogenannte "Rechtsfreunde" wie RAe, Notare, Steuerbera-
ter, Buchprüfer und Wirtschaftsprüfer unzulässig.
Honorar
5 Bkd 1/02, AnwBl 2002/653
Wenngleich eine in Form der quota litis erfolgsorientierte Drittfinanzierung von Prozesskosten durch
einen Prozess-Financier nicht grundsätzlich unzulässig erscheint, so kann dessen (ständige) Zusam-
menarbeit mit einem PA zu einem indirekten Ausnützen dieser für einen RA verpönten Regelung
durch zusätzliche Prozessbeauftragungen kommen. Ein Hinweis auf eine derartige ständige Ge-
schäftsverbindung ist mit Ehre und Ansehen des Standes nicht vereinbar.
Honorar
5 Bkd 2/02, AnwBl 2002/653
Die gefestigte standesrechtliche Judikatur verpönt Strafanzeigen zur Durchsetzung zivilrechtlicher
Ansprüche. Dies gilt aber nicht, wenn der zivilrechtliche Anspruch (gegen den Angezeigten) auf einer
strafbaren Handlung beruht. Die Behauptung eines RA, der StA habe ihn aufgefordert (sic!), die Be-
strafung des säumigen Honorarschuldners zu beantragen, ist die Ausübung missbräuchlichen, straf-
rechtlichen Druckes und eine schwerwiegende Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Stan-
des.
Honorar
13 Bkd 2/00, AnwBl 2002/104
Wenn der RA nach Bestreitung seiner Honorarforderung den einbehaltenen Kostenbetrag weder so-
fort ausfolgt noch bei Gericht erlegt (und auch nicht die Kostenklage einbringt), sondern sich von
vornherein prinzipiell bereit erklärt hat, seine Kostenforderung einer Prüfung durch den Ausschuss
der RAK unterziehen zu lassen, und die erforderlichen Unterlagen dem vom Ausschuss bestellten
Referenten ausfolgt, ist die Unterlassung der Weiterleitung des einbehaltenen Kostenbetrages an
den Klienten oder (die Verspätung) des Gerichtserlages samt Kostenklage nicht disziplinär.
Honorar
9 Bkd 4/01, AnwBl 2001/678
Die 3 1/2 Monate nach Eingang eines ersiegten VwGH-Beschwerde-Kostenbetrages mit einem vom
Bf erlegten Kostenvorschuss vorgenommene Abrechnung sowie die Abrechnung und Auszahlung
des Saldos eines bei der EMRK ersiegten Entschädigungsbetrages mit dem Klienten erst 10 1/2 Mo-
nate nach dem Eingang sind nicht 'etwas verspätet', sondern disziplinär.
Honorar
12 Bkd 9/99, AnwBl 2000/287
Auch wenn die vom Verfahrenshelfer vertretene Partei ausdrücklich erklärt, für dessen Verteidigung
(Honorar) bezahlen zu wollen und wenn der Verfahrenshelfer selbst darauf aufmerksam macht, dass
dies nur möglich sei, wenn er als frei gewählter Verteidiger einschreitet, darf der RA, solange er für
eine Partei als Verfahrenshelfer bestellt ist, deren Vertretung in dieser Sache gegen Entlohnung nicht
übernehmen.
Honorar
14 Bkd 5/99, AnwBl 2000/225
Wenn ein Anzeiger nicht behauptet, dass die Honorarforderung des besch RA Beträge beinhalte, die
diesem nicht zustanden und daher keine subsumtionstauglichen Taten in der Verdachtslage vorlie-
gen, ist der Beschwerde (des KA) gegen den Einstellungsbeschluss des DR ein Erfolg zu versagen.
Honorar
1 Bkd 2/98, AnwBl 2000/97
Es bedarf keiner weitläufigen Hervorhebung, dass die Abwicklung von Treuhandschaften jenem
Zentralbereich anwaltlichen Wirkens zuzuordnen ist, der geradezu begriffsessentiell und unabding-
bar von ungetrübtem allgemeinem Vertrauen in die absolute Verlässlichkeit, Korrektheit und Konse-
quenz der solcherart qualifiziert erwarteten Wahrnehmung sämtlicher Treugeberinteressen abhängt.
Honorar
12 Bkd 12/96, AnwBl 1997/736
Verspätete Rechnungslegung eines RA aus Holzverkäufen für einen Klienten ist disziplinär, wenn-
gleich weniger schuldhaft als unterlassene Rechnungslegung. Die Verrechnung überhöhter Kosten
ist auch dann disziplinär, wenn nicht die Gesamtsumme, sondern ein Teilbetrag eingeklagt wird, in
dem der entsprechende Prozessanteil der unberechtigt verzeichneten Kosten enthalten ist.
Honorar
11 Bkd 4/95, AnwBl 1996/698
Die blosse Vorlage von Kostenverzeichnissen, nämlich Leistungsverzeichnissen mit Kostenziffern, ist
- wenn damit lediglich die Bestätigung eines Klienten erreicht werden sollte, dass der RA die darin
verzeichneten Leistungen auch tatsächlich erbracht hat - noch keine abschliessende Honorarabrech-
nung, weil damit nicht die Erreichung eines Anerkenntnisses der Höhe der Honorarforderung beab-
sichtigt wurde.
Honorar
2 Bkd 3/94, AnwBl 1995/893
Beträge, die der spätere Rechtsvertreter von der Rechtschutzversicherung als Klientin für Leistungen
des früheren Rechtsvertreters erhalten hat, sind unverzüglich an diesen weiterzuleiten. Die Bestim-
mungen des § 19 Abs 1 RAO, welche den RA berechtigt, von den für seine Partei an ihn eingegan-
genen Barschaften die Summe seiner Forderungen in Abzug zu bringen, hat mit der gegenüber dem
früheren Rechtsvertreter bestehenden Pflicht, dessen Kostenforderung, die er für ihn gegenüber der
Rechtschutzversicherung eingefordert und erhalten hat, an diesen unverzüglich auszufolgen, nichts
zu tun. Wenn nicht die gesamten Kosten beim späteren Rechtsvertreter eingehen, versteht es sich
von selbst, dass dieser - analog § 19a Abs 3 RAO - diese Kosten im Verhältnis der erbrachten Leis-
tungen aufzuteilen und an den früheren zu überweisen hat.
Honorar
10 Bkd 7/94, AnwBl 1995/735
Für die innere Einstellung des Besch (subjektive Tatseite) bei der Honorarverrechnung ist die Ver-
nehmung von Zeugen, die zum Thema der objektiven Notwendigkeit verrechneter Kommissionen be-
antragt wurden, nicht erforderlich. Nicht jede objektiv fehlerhafte Kostenverrechnung eines RA ist be-
reits disziplinär; dies gilt zB für die Honorierung von Kommissionen, welche der Besch subjektiv für
erforderlich hielt.
Honorar
10 Bkd 5/94, AnwBl 1995/734
Ein Anwalt verletzt § 178 ZPO und auch seine Standespflichten, wenn er in einem Zivilprozess wis-
sentlich unrichtiges Vorbringen erstattet, um sich oder anderen Vorteile zu verschaffen. Dieser
Grundsatz gilt auch dann, wenn ein RA sein Honorar gerichtlich geltend macht, also in eigener Sa-
che tätig wird. Ist aber ein RA aufgrund einer vertretbaren, wenn auch objektiv unrichtigen Rechtsan-
sicht der Meinung, dass seine Kostenforderung berechtigt sei, kann ihm deren Geltendmachung dis-
ziplinär nicht angelastet werden.
Honorar
4 Bkd 6/94, AnwBl 1995/513
Die Anzeige einer Versicherungsges., ein RA habe anlässlich der Abrechnung von SV-
Kostenvorschüssen aus einem Prozess unzulässigerweise einen bestimmten Betrag auf Kosten ein-
behalten, kann nicht ohne weitere Prüfung durch den DR zu einer Einstellung des Verfahrens führen;
abgesehen von der Ausnahme des § 19 RAO darf der RA ihm übergebene Gelder weder widmungs-
widrig verwenden noch zurückbehalten, sondern muss sie unverzüglich an den Berechtigten ausfol-
gen. Ein Erlagsrecht steht ihm nur unter den Voraussetzungen des § 19 Abs 3 RAO zu. Die Anmas-
sung eines Retentions- oder Kompensationsrechtes ohne Vorhandensein dieser Voraussetzung ist
eine disziplinäre Pflichtwidrigkeit.
Honorar
5 Bkd 1/94, AnwBl 1995/352
Nur jene konkreten Einzelleistungen können mit einem Zuschlag verrechnet werden, die erheblich
und nachvollziehbar über den Durchschnitt gleichartiger Verrichtungen eines RA hinausgehen. Ein
Zuschlag 'nach § 4 AHR' ist schon dann unzulässig, wenn Leistungen infolge mangelhafter Kanzlei-
organisation nicht verzeichnet werden. Wenn ein Anwalt eine Norm (§ 4 AHR) zitiert, hat er sie auch
inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, nötigenfalls nachzulesen.
Honorar
10 Bkd 3/94, AnwBl 1995/422
Der Abschluss eines 'Anerkenntnisvertrages', in welchem die Verf.Hilfe geniessende Partei gegen-
über ihrem Verf.Helfer eine angebliche Honorarschuld aus dem betreffenden Verfahren anerkennt,
ist disziplinär.
Honorar
4 Bkd 7/93, AnwBl 1995/420
Bei Geltendmachung von (wesentlich überhöhten) Honorarforderungen wird ein RA in 'eigener
Sache' tätig, sodass dieses Verhalten nicht Gegenstand einer Berufspflichtenverletzung sein kann.
Nur wenn die neuerlichen Dis.Vergehen zur Gänze vor dem Zeitpunkt der Fällung eines Dis.Erk (mit
Schuld- und Strafausspruch wegen einer anderen Tat) begangen worden sind, wäre eine Zusatz-
strafe möglich.
Honorar
13 Bkd 2/93, AnwBl 1994/617
Abgesehen davon, dass die Handkartei des Besch in Verbindung mit der mit Maschine geschriebe-
nen Kostennote die Zahl der Besuche (bei den inhaftierten Klienten) nicht völlig einwandfrei beweist,
bedarf die behauptete Notwendigkeit der grossen Anzahl derartiger Besuche unter Umständen selbst
dann einer Überprüfung in disziplinärer Hinsicht, wenn die inhaftierten Klienten über solche Besuche
jedenfalls erfreut waren, weil diese eine angenehme Haftunterbrechung sind und weil niemand sie
darauf aufmerksam gemacht hat, wieviel sie kosten. Fragen der Notwendigkeit und der tatsächlichen
Durchführung solcher Besuche sowie die diesbezügliche Kostenbelehrung und ob eine behauptete
Pauschalzusage vorliegt, müssen untersucht werden.
Honorar
6 Bkd 1/93, AnwBl 1994/896
Die Verrechnung von masslos (ganz beträchtlich, stark, grob) überhöhten Kosten ist disziplinär. Die
AHR sehen keine feste Bemessungsgrundlage vor, sondern gehen von einer Mindestbemessungs-
grundlage aus, welche in der Regel bei einem durchschnittlichen Rechtsfall auch die angemessene
Bemessungsgrundlage darstellt. Die Verrechnung eines knapp doppelt so hohen wie das höchstens
angemessene Honorar ist eine ganz beträchtliche (stark überhöhte) Kostenüberziehung - und daher
disziplinär.
Honorar
10 Bkd 9/93, AnwBl 1994/615
Wenn sich ein RA mit der von seinem Klienten beantragten Überprüfung der Angemessenheit seiner
Kostennote nicht einverstanden erklärt hat, ist er auch nicht verpflichtet, von der Einbringung einer
Kostenklage bis zur Erledigung der Kostenüberprüfung Abstand zu nehmen; eine dennoch erteilte
Weisung des Ausschusses ist rechtswidrig und demnach nicht verbindlich.
Honorar
14 Bkd 3/92, AnwBl 1992/902
Die Standesvorschrift, dass der RA das von ihm begehrte Honorar durch ein ordnungsgemässes
Leistungsverzeichnis nachweisen, also detaillieren muss, hat nichts mit dem Entstehen des Honorar-
anspruches nach den Grundsätzen des ABGB zu tun. Wenn der RA zunächst ein bestimmtes Hono-
rar angesprochen hat und erst dann, als von ihm in der Folge eine detaillierte Aufstellung seiner Leis-
tungen verlangt wurde, einen erhöhten Betrag geltend gemacht hat, ist dies standesrechtlich dann
zulässig, wenn der Anwalt seinem Klienten zunächst ein in erkennbarer Weise ermässigtes Honorar
vergeblich vorgeschlagen hat.
Honorar
2 Bkd 3/91, AnwBl 1992/653
Eine nachträgliche Erhöhung der Kostenforderung auf die tarifmässigen Honorare für die einzelnen
Leistungen ist nur dann zulässig, wenn der Anwalt seinem Klienten zunächst ein in erkennbarer
Weise ermässigtes Honorar vorgeschlagen hat. An eine getroffene Pauschalkostenvereinbarung
bleibt der RA mit der Wirkung gebunden, dass er keine übersteigenden Kosten verrechnen darf.
Honorar
Bkd 78/90, AnwBl 1992/115
Sobald ein Klient die Honorarforderung des RA anerkannte oder doch auf deren Detaillierung ver-
zichtet hat, ist der RA zur Legung einer detaillierten, dh überprüfbaren Honorarnote nicht verpflichtet.
Wenn die pauschaliert geltend gemachten Kosten nicht überhöht waren und wenn der Klient die Kos-
tenforderung (auch während des Dis.Verfahrens) anerkennt und sich mit dem RA darüber einigt, ist §
3 DSt anzuwenden. § 3 DSt 1990 ist gegebenenfalls in allen Dis.Verfahren anzuwenden, in denen
die erste oder zweite Instanz nach dem 1.1.1991 entscheidet.
Honorar
Bkd 98/90, AnwBl 1992/117
Eine für den Klienten wertlose Vertretung, zB ein wegen Verspätung zurückgewiesenes RM, ist nicht
zu honorieren. Ein RA, der in einer Abrechnung die geleisteten à-conto-Zahlungen wegen mangel-
hafter Organisation seiner Kanzlei nicht richtig angegeben und von der Honorarforderung daher nicht
abgezogen hat und diese bereits vom Klienten mit Recht beanstandete und zum Gegenstand seiner
Dis.Anzeige gemachte Abrechnung dennoch einklagt, ist disziplinär.
Honorar
Bkd 38/87, AnwBl 1992/217
Wenn ein Anwalt sein Honorar dem Klienten zunächst auf einer niedrigeren als der richtigen Bemes-
sungsgrundlage bekannt gibt und der Klient dieses Anbot nicht annimmt, ist der Antrag erloschen
und der Anwalt kann sein Honorar nach der richtigen (höheren) Bemessungsgrundlage verlangen,
ohne dass ihm ein disziplinärer Vorwurf gemacht werden kann.
Honorar
Bkd 73/90, AnwBl 1991/712
Es ist mit Ehre und Ansehen des Standes unvereinbar, wenn ein RA überhöhte Honoraransprüche
geltend macht; zur Verwirklichung dieses Dis.Vergehens (§ 1 Abs 1 DSt) genügt Fahrlässigkeit.
Honorar
Bkd 21/90, AnwBl 1991/25
Auch ein zivilrechtlich zulässiges Erfolgshonorar darf zu dem für den Fall des Misserfolges vereinbar-
ten Entgelt nicht in krassem Missverhältnis stehen und das Erfolgshonorar darf nicht etwa so gestaf-
felt sein, dass es einer Streitanteilsvereinbarung gleichkommt (Rummel Rz 209 zu § 879 ABGB unter
Hinweis auf DS 77/51). Grundlegend ist im gegebenen Fall ferner, dass auch bei einer Verzehnfa-
chung des Wertes des Streitgegenstandes (auf S 10.000.000.-) das tarifmässige Honorar sich ledig-
lich (gerundet) verdoppeln würde, woraus sich ergibt, dass auch in diesem Fall das vom Besch ur-
sprünglich vorgeschlagene Erfolgshonorar das rund fünffache des Tarifes ausmachen würde.
Honorar
Bkd 104/88, AnwBl 1990/380
Es müssen auch die Klienten eines RA damit rechnen, dass auch der RA mit Kredit arbeitet und sie
daher bei Zahlungsverzug mit höheren Zinsen belastet werden können. Damit bedarf es aber auch
keines diesbezüglichen Hinweises des RA, und zwar weder bei Begründung des Vollmachtsverhält-
nisses, noch im Falle des Verzuges des Klienten.
Honorar
Bkd 117/88, AnwBl 1990/437
Der RA hat die Verpflichtung, unter allen Umständen nach Abschluss seiner Tätigkeit eine Abrech-
nung zu erstellen und dem Klienten in Form einer Honorarnote zukommen zu lassen. Der RA hat bei
Beendigung des Vollmachtsverhältnisses seinem Klienten zuerst mitzuteilen, wie hoch seine Kosten-
forderung ist, denn die Leistungspflicht des Klienten setzt die Legung einer überprüfbaren Honorar-
note voraus. Dann ist eine angemessene Frist abzuwarten und erst bei Nichtzahlung darf die Klage
eingebracht werden. In Anbetracht der erbrachten Leistung wäre der RA verpflichtet gewesen, im
Rahmen einer Honorarnote darüber Rechnung zu legen, und zwar auch ungeachtet einer Erklärung
des Klienten, ein solches Honorar nicht zu bezahlen.
Honorar
Bkd 44/88, AnwBl 1990/31
Bei Geltendmachung von Honorarforderungen wird der RA nicht in Ausübung seines Berufes als RA
und PV tätig, sondern handelt in 'eigener Sache', sodass dieses Verhalten nicht Gegenstand einer
Berufspflichtenverletzung sein kann. Der RA hat aber eine Belehrungspflicht über Kostenfolgen ge-
genüber den meist rechtsunkundigen Mandanten. Ein Verstoss gegen diese sich aus der im § 9 RAO
verankerten Treuepflicht ergebenden Belehrungspflicht bildet jedoch eine Berufspflichtenverletzung.
Honorar
Bkd 88/86, AnwBl 1989/202
Zu den wichtigsten Aufgaben eines RA gehört die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandan-
ten. So hat er jedenfalls seinen Mandanten darüber aufzuklären dass im Falle der Beauftragung des
RA durch eine Rechtschutzversicherung seines Mandanten ein Anspruch des Versicherten gegen-
über dem Versicherer auf Bezahlung des Anwaltshonorars besteht. Der RA hätte bei Geltendma-
chung seiner Honorarforderung gegenüber seiner Mandantin als Versicherte zumindest darauf hin-
weisen müssen, dass Versicherungsschutz besteht und bereits eine Deckungszusage vorliegt. Bei
der Mandantin musste der Eindruck entstehen, als sei sie die alleinige Schuldnerin dieser Honorar-
forderung, die mangels Detaillierung überhöht erscheint.
Honorar
Bkd 56/87, Bkd 108/86, AnwBl 1989/676*)
Die OBDK hat im zweiten Rechtsgang der Berufung teilweise Folge gegeben, den Pkt 1) des Erk
aufgehoben und einen Freispruch gefällt. Im übrigen wurde der Berufung nicht Folge gegeben und
der Pkt 2) mit der Massgabe bestätigt, dass anstelle der Worte 'bis heute' die Worte 'bis zur Ein-
schränkung der Honorarklage' zu treten haben. Hinsichtlich des weiters gefällten Schuldspruches zu
D 8/86 Pkt 1) (Verfassung einer 'Kostenersatzerklärung', die der Besch von Parteien unterfertigen
liess) wurde der Berufung nicht Folge gegeben und der Schuldspruch bestätigt.
OBDK vom 17.4.1989, siehe auch AnwBl 91/478 *) Die Entscheidung der OBDK vom 6.7.1987, Bkd
108/86 und Bkd 56/87 wurde durch Erk des VfGH vom 30.6.1988, B 1286/87-9 aufgehoben.
Honorar
Bkd 47/88, AnwBl 1990/322
§ 38 RL-BA u Pkt 3) der RL f.d. Europ. Substitionsverkehr (Manz'sche Ausgabe der RAO 1986, 3.
Aufl., S 117) Die Weigerung, die berechtigte Honorarforderung des in Anspruch genommenen aus-
ländischen RA zu begleichen, bildet ein Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beein-
trächtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 56/87, Bkd 108/86, AnwBl 1989/420
Wenn von einem RA verlangt wird, seine Kosten näher zu detaillieren, so wäre er verpflichtet gewe-
sen, eine solche Detaillierung vorzunehmen. Das Schreiben an den Rechtsvertreter der früheren Kli-
entin, in dem erklärt wurde, dass dann, wenn auf eine Detaillierung, die eine Unmenge Arbeit verur-
sacht, bestanden wird, es keine Senkung der Kosten mehr gäbe und die ehemalige Klientin Jahre
oder Jahrzehnte mit Raten belastet sein wird, musste bei dem ehemaligen Mandanten den Eindruck
erwecken, 'Du hast zwar das Recht, aber wehe, Du machst davon Gebrauch, dann musst Du bis auf
den letzten Groschen alles bezahlen'. Ein solches Schreiben bringt einen RA in ein sehr schiefes
Licht und bildet die Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre
und Ansehen des Standes. In der Abfassung unklarer 'Kostenersatzerklärungen', wobei nach dem
Wortlaut schon das Scheitern der Verhandlungen allein den Kauf- bzw Mietinteressenten zur Tra-
gung der Kosten verpflichtet, ist das Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträch-
tigung von Ehre und Ansehen des Standes zu erblicken. *) Die Entscheidung der OBDK vom
6.7.1987, Bkd 108/86 und Bkd 56/87 wurde durch Erk des VfGH vom 30.6.1988, B 1286/87-9 aufge-
hoben.
Honorar
Bkd 79/87, AnwBl 1990/633
§ 19 RAO Wenn in einer Eintreibungssache bei Eingang eines Teilbetrages der RA diesen Betrag für
seine Kosten und für die Kosten des Inkassobüros, durch das er die Vollmacht erhalten hatte, ver-
rechnet, ohne seinen Mandanten vorher zu befragen, wie er verrechnen soll, so verletzt er seine Be-
rufspflichten und beeinträchtigt Ehre und Ansehen des Standes. Er hätte bei Abzug seiner Auslagen
diese gem § 19 RAO sogleich mit seiner Partei verrechnen müssen. Der RA wäre verpflichtet gewe-
sen, sofort eine Verrechnung vorzunehmen. Er hätte dabei seine Partei darauf aufmerksam machen
müssen, dass er jetzt seine Kosten verrechnet. VfGH v. 9.6.1988, B 118/88
Honorar
Bkd 107/86, AnwBl 1988/407
Ein RA hat Zusagen ohne Rücksicht darauf einzuhalten, ob sie einklagbar sind und ungeachtet des-
sen, ob es sich um eine Leistung gegen Honorar oder nur gegen Ersatz der Barauslagen handelt.
Der RA hat sich im Interesse von Ehre und Ansehen des Standes bei der Eintreibung von Kostenbe-
trägen unzulässiger Härte zu enthalten, also insbesondere dann, wenn die Eintreibungskosten ein
Mehrfaches des einzubringenden Betrages erreichen.
Honorar
Bkd 56/86, AnwBl 1987/597
Honorarnachlass Die Ankündigung in einer Vereinszeitung, dass den Vereinsmitgliedern bei Beru-
fung auf den Verein ein Kostennachlass gewährt wird, verstösst sowohl gegen das Werbeverbot als
auch gegen das Verbot, von vornherein Kostennachlässe zu gewähren.
Honorar
Bkd 112/86, AnwBl 1987/657
§ 19 Abs 2 RAO Wenn die Richtigkeit und die Höhe einer Kostenforderung bestritten werden, ist so-
wohl der RA als auch die Partei berechtigt, den Ausschuss der RAK um gütliche Beilegung des Strei-
tes anzugehen. Diese Bestimmung ist so auszulegen, dass jedenfalls die Zustimmung des RA gege-
ben sein muss, damit die RAK überhaupt eingreifen kann. Nur wenn beide Teile zustimmen, kann die
RAK eine gütliche Beilegung des Streites in die Wege leiten. Ein Dis.Vergehen könnte nur dann an-
genommen werden, wenn sich ein RA mit der Kostenüberprüfung und Schlichtung der Kostendiffe-
renz durch den Kammerausschuss einverstanden erklärt hat und dann, ohne das Ergebnis des Ver-
fahrens vor dem Kammerausschuss abzuwarten, die Klage bei Gericht einbringt.
Honorar
Bkd 31/85, AnwBl 1986/464
Pauschalkostenvereinbarung Der RA darf sein Honorar - so auch ein Pauschalhonorar - gem § 50
RL-BA nur in einem Ausmass vereinbaren, das an der für durchschnittliche Leistungen gebührenden
Entlohnung zu bemessen ist und nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert des Ge-
genstandes, zur voraussichtlichen Leistung oder zum angestrebten Ergebnis stehen darf.
Honorar
Bkd 83/84, AnwBl 1985/656
Der RA hat, wenn das Vertretungsverhältnis beendet ist, seiner Partei eine klare und deutliche Ab-
rechnung zu legen. Wenn ein RA einen Geschädigten gegenüber einer Haftpflichtversicherung des
Gegners vertritt, so muss dem Geschädigten im Falle eines Vergleiches bekanntgegeben werden,
welchen Betrag er von der Versicherung als Geschädigter zur Abgeltung seiner Ansprüche bekommt
und welchen Betrag der RA an Kosten von der Versicherung erhält. Wenn der RA noch weitere, über
die von der Versicherung zuerkannten Kosten von seinem Klienten begehrt, so muss er auch diesen
Betrag seinem Klienten genau bekannt geben. Ein Pauschalhonorar kann bei Vertretungsübernahme
und Erteilung der Vollmacht vereinbart werden, aber nicht, wenn die Sache bereits abgeschlossen
ist.
Honorar
Bkd 111/84, AnwBl 1986/184
Der RA hat sich gerade dann, wenn es sich um eine ausgefallene Sache handelt, über die Rechts-
grundlagen für die Erstellung seiner Honorarnote eingehend zu informieren. Dabei wäre er auf die
heranzuziehenden Spezialbestimmungen der Autonomen Honorarrichtlinien (AHR) gestossen und
hätte diese berücksichtigen müssen. Dass er dies nicht tat und eine um rund 33 % überhöhte Hono-
rarnote gelegt hat, ist ihm als Verschulden anzutasten und bildet das Dis.Vergehen der Beeinträchti-
gung von Ehre und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 30/84, AnwBl 1985/310
Die Drohung mit einer Strafanzeige gegenüber dem Klienten zur Verfolgung eigener Interessen,
nämlich zur Hereinbringung einer offenen Kostenforderung mit dem Hinweis, dass eine Strafanzeige
des eigenen Anwaltes besonders schaden würde, stellt sich als besonders verwerfliche Handlung
dar und bildet eine schwere Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 56/83, AnwBl 1985/242
§ 19 (3) RAO ist eine Formalvorschrift, auf deren strikte Einhaltung zu bestehen ist. Bei jeder Bestrei-
tung - auch entgegen früheren Vereinbarungen - ist eine sofortige Hinterlegung notwendig.
Honorar
Bkd 26/83, AnwBl 1985/91
Der RA ist bei Erstellung seiner Honorarforderung zu grösster Sorgfalt verpflichtet, was neben der
richtigen Aufzeichnung der erbrachten Leistungen vor allem auch die korrekte Zuordnung der Leis-
tungen zu den einzelnen Causen betrifft. Das Begehren eines offenkundig überhöhten Honorars und
der in Aussicht gestellten - als weitgehendes Entgegenkommen bezeichneten - 'Ermässigung' auf ein
immer noch überhöhtes Honorar bildet eine empfindliche Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen
des Anwaltsstandes.
Honorar
Bkd 61/82, AnwBl 1984/492
Ein Anwalt handelt bei Geltendmachung seiner Honoraransprüche 'in eigener Sache' und kann sich
daher dabei keiner Berufspflichtenverletzung schuldig machen (kein Beschwerderecht des Anzeigers
gegen den Ablassungsbeschluss).
Honorar
Bkd 65/80, AnwBl 1982/387
Die Vereinbarung eines im Verhältnis zu dem noch zu erwartenden Arbeitsaufwand unverhältnismäs-
sig hohen Erfolgshonorars (zusätzlich zu der bereits abgeschlossenen Pauschalkkostenvereinba-
rung) widerspricht den 'Richtlinien für die Ausübung des RA-Berufes' und bildet das Dis.Vergehen
der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 31/81, AnwBl 1983/78
Der RA, der dem Gegner eine Klagsdurchschrift der noch nicht eingebrachten Klage, in der Normal-
kosten und vorprozessuale Kosten samt Entscheidungsgebühr verzeichnet waren, unter Anschluss
eines Erlagscheines übersendet und hiedurch beim Empfänger den Eindruck erweckt, dass er diese
Kosten zu bezahlen habe, begeht die Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beein-
trächtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 13/81, AnwBl 1982/624
Verfahrenshilfe § 71 (1) und 2) ZPO - Kostenersatz Der RA darf nicht eigenmächtig eine Verfahrens-
hilfesache in eine entgeltliche Vertretung umwandeln. Sobald die Partei während oder nach Beendi-
gung des Verfahrens zu finanziellen Mitteln kommt, ist sie zur ganzen oder teilweisen Rückzahlung
der Kosten verpflichtet. Gem § 71 (1) ZPO ist die Verfahrenshilfe geniessende Partei mit Beschluss
des Gerichtes zur Nachzahlung der Beträge, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit gewesen
ist, zu verhalten, soweit sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes dazu imstande ist.
Der RA, der sich nicht im Sinne des § 71 ZPO an das Gericht wendet, sondern der Partei seine Kos-
tennote übersendet und für seine Tätigkeit einen Honoraranspruch gegen die Verfahrenshilfe genies-
sende Partei gerichtlich geltend gemacht hat, hat die Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung
und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen.
Honorar
Bkd 61/80, AnwBl 1981/535
Es gehört zu den Pflichten eines RA, sich peinlichster Genauigkeit bei der Legung von Honorarnoten
an Klienten zu befleissigen. Eine der grundlegendsten Pflichten des Anwaltes ist es aber auch, mit
Klientengeldern korrekt umzugehen, wozu die Pflicht gehört, unverzüglich Abrechnung zu legen.
Honorar
Bkd 59/79, AnwBl 1980/442
Es besteht eine Aufklärungspflicht des RA über den wesentlichen Inhalt der mit der Partei abge-
schlossenen Vereinbarung betreffend die Anwendung der 'Autonomen-Honorar-Richtlinien (AHR)',
insbesondere über das voraussichtliche Ausmass des Honorars. Die Unterlassung dieser Aufklä-
rungspflicht bildet die Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre
und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 73/79, AnwBl 1980/398
Der RA wird bei Eintreibung seiner Kosten in 'eigener Sache' tätig, daher liegt in solchen Fällen keine
Berufspflichtenverletzung vor, jedoch würde die Unterlassung der Belehrung der Partei über die we-
sentlichen Bestimmungen der 'Autonomen-Honorar-Richtlinien (AHR)' eine Berufspflichtenverletzung
begründen.
Honorar
Bkd 33/76, AnwBl 1979/360
Der RA, der sich in einer von ihm formulierten 'Honorarvereinbarungs-Zahlungsverpflichtung' den
Verzicht auf die Einrede des Irrtums und der Verletzung über die Hälfte des gemeinen Wertes zusi-
chern lässt, begeht das Dis.Vergehen der Verletzung des Ansehens des Standes.
Honorar
Bkd 23/78, AnwBl 1979/232
Wenn eine 'Pauschalkostenvereinbarung' erfolgt, so ist der RA an seine Erklärung gebunden und
darf unter keinen Umständen mehr darüber hinausgehende Kosten verrechnen.
Honorar
Bkd 13/77, AnwBl 1979/35
Autonome Honorarrichtlinien Für Leistungen des RA, die nach Art oder Umfang den Durchschnitt er-
heblichen übersteigen, ist gem § 4 AHR ein dem Umfang, der Mühewaltung und dem Ergebnis der
Leistung sowie den persönlichen Verhältnissen des Auftraggebers angemessener Zuschlag zu den
Honoraransätzen zulässig. Was im Einzelfall als 'angemessen' anzusehen ist, wird auch nach der
subjektiven Betrachtung durch den RA zu beurteilen sein. Nach ständiger Rechtsprechung in Dis.Sa-
chen ist nur dann ein Dis.Vergehen anzunehmen, wenn ein RA die Kosten masslos überhöht.
Honorar
Bkd 50/76, AnwBl 1978/313
Die Durchsetzung eines Honoraranspruches in Verbindung mit der Androhung einer Strafanzeige
wegen Verbrechens der Verleumdung bildet die Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung und der
Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Honorar
Bkd 11/75, AnwBl 1976/454
Bei Geltendmachung seiner Honoraransprüche handelt der RA 'in eigener Sache', er kann daher
nicht das Dis.Vergehen der 'Berufspflichtenverletzung' dabei begehen (kein Beschwerderecht des
Anzeigers gegen den Ablassungsbeschluss).
Honorar
Bkd 43/74 (Bkd 5/75), AnwBl 1976/85 (AnwBl 1976/229)
Der RA ist bei der Kosteneinforderung in 'eigener Sache' tätig (daher kein Dis.Vergehen der Berufs-
pflichtenverletzung).
Honorar
11 Bkd 3/03, AnwBl 2003/557
Der Einbehalt von Treuhandgeldern zur Abdeckung von Honoraransprüchen und die Unterlassung
der gerichtlichen Hinterlegung trotz Bestreitung dieser Ansprüche sind ohne diesbezügliche Verein-
barung disziplinär.
Honorar
11 Bkd 1/03, AnwBl 2003/559
1. Die Einbehaltung eines Teilbetrages aus einem Fremdgeldeingang für den Klienten des RA als
(dann bestrittene) Kosten und die Unterlassung der gerichtlichen Hinterlegung dieses Teilbetrages
verstoßen gegen § 19 RAO.
Die Tätigkeit eines RA bei Geld- und sonstigen Vermögenstransaktionen für einen Klienten ist kein
Handel als Privatperson, sondern als RA und unterliegt daher der allfälligen Dis.Behandlung.
2. Wenn sich ein (ausländischer) Klient einem ihm von einem ausländischen RA empfohlenen inlän-
dischen RA im Vertrauen auf dessen juristische Fachkenntnisse sowie auf die anwaltliche Treue-
und Verschwiegenheitspflicht anvertraut, sind die diesem Treue- und Auftragsverhältnis entsprin-
gende Tätigkeiten des RA keine Leistungen als Privatperson, sondern als berufsmäßiger Parteien-
vertreter.
Honorar
10 Bkd 10/03, AnwBl 2004/305
Die auch nur teilweise Verwendung einer von der Rechtsschutzversicherung des Klienten an den Be-
sch überwiesenen gesamten, nicht zur Bedeckung der in diesem Gerichtsverfahren entstandenen
Kosten und die - entgegen der an den Besch seitens der Rechtsschutzversicherung ergangenen
schriftlichen Weisung, zumindest teilweise Kostenersatz an die Gegenseite zu leisten - erfolgte Ver-
rechnung mit nicht verfahrensgegenständlichen Kosten ist disziplinär.
Die Unterlassung der Weiterleitung des eingegangenen Betrages an den Klienten, obwohl keine ord-
nungsgemäße Abrechnung der Kosten erfolgte, und die Unterlassung des Gerichtserlages, obwohl
die Richtigkeit der nicht bzw bloß pauschal erfolgten Honorarabrechnung des Besch vom Klienten
bestritten wurde, verstößt gegen § 19 Abs 1 und 3 RAO.
Honorar
10 Bkd 6/03, AnwBl 2004/185
Ein einstweiliger und für die Vertretung des Betroffenen in einem Zivilprozeß bestellter Sachwalter
darf im Falle seiner Bestellung zum Verf.Helfer keine Honorarvereinbarung mit dem Mandanten di-
rekt treffen. Die Entschädigung für Mühewaltung obliegt der Angemessenheitsprüfung und Feststel-
lung durch das Gericht.
Honorar
14 Bkd 3/04, AnwBl 2005/296
Wenn ein RA streitverfangene Liegschaftsanteile kauft, um damit einen Honoraranspruch seines Kli-
enten abzudecken, hat er keine "ihm anvertraute Streitsache an sich gelöst". Die Veräußerung sol-
cher Liegschaftsanteile hat auf den Prozess keinen Einfluss.
Honorar
9 Bkd 1/05, AnwBl 2006/339
Die Androhung eines Konkursantrages wegen einer erst unmittelbar vorher mitgeteilten Honorarfor-
derung ist eine unangemessene Druckausübung; der Hinweis, der Masseverwalter werde noch ge-
nug zu tun haben, stellt besondere Schwierigkeiten in Aussicht; ein derart inadäquates Verhalten
verstößt gegen E+A des Standes.
Honorar
12 Bkd 1/04, AnwBl 2006/287
Die mangelhafte Organisation einer RA-Kanzlei, in welcher Abrechnungen ohne Zutun des RA und
Honorarklagen, die der RA unterschreibt, ohne sie zu lesen, selbständig abgefertigt werden, bewirkt
eine auf zumindest grober Fahrlässigkeit beruhende Berufspflichtenverletzung.
Honorar
6 Bkd 1/05, AnwBl 2006/156
Der OBDK steht eine umfassende Prüfungsbefugnis zu.
Die Geltendmachung von wesentlich überhöhten Honorarforderungen ist eine Beeinträchtigung vopn
Ehre und Ansehen des Standes, aber keine Berufspflichtenverletzung, weil der RA in eigener Sache
tätig wird.
Honorar
7 Bkd 5/05, AnwBl 2006/34
§ 16 Kostenverrechnung
Ohne vorherige (Pauschal-)Honorarvereinbarung für die Erstattung eines Rechtsgutachtens kann
auch eine stundenweise Abrechnung (der aufgewendeten Zeit und Mühe) erfolgen, selbst wenn dies
nicht konkret vereinbart war, sofern die Verrechnung auf Basis des RATG üblicherweise zu höheren
Honorarbeträgen führt. Wenn der Klient den (unter den Ansätzen des RATG liegenden) Honoraran-
spruch im Honorarprozeß bestreitet und ein Anbot des RA ablehnt, am ermäßigten Honorar festzu-
halten, sofern dieses samt den zwischenzeitig aufgelaufenen Prozeßkosten bezahlt werde, erscheint
es standesrechtlich unbedenklich, wenn der durch Vereinbarungen nicht determinierte Honoraran-
spruch - nach Nichtannahme dieses Anbotes - auf den sich aus dem RATG ergebenden Betrag er-
höht wird.
Honorar
3 Bkd 2/06, AnwBl 2007/312
Die (älteren) Vorschriften der §§ 16 Abs 1 RAO, 879 Abs 2 Z 2 ABGB befinden sich völlig im Ein-
klang mit dem (gleichlautenden) Verbot der quota litis im europäischen Gemeinschaftsrecht und sind
verfassungsrechtlich unbedenklich.
Honorar
3 Bkd 3/06, AnwBl 2007/203
Die Vorspiegelung, dass die Abwicklung des konkreten Liegenschaftskaufvertrages über das Treu-
handbuch der RAK B Mehrkosten von ATS 25.000.- je Vertragspartei verursachen würde, ist diszipli-
när.
Honorar
12 Bkd 2/08, AnwBl 2008, 457
Die Abtretung von Honoraransprüchen an die in seiner RA-Kanzlei beschäftigte Ehegattin durch den
RA, die mit der Angelegenheit in der RA-Kanzlei befasst war, ist zulässig.
Honorar
2 Bkd 3/07, AnwBl 2008, 325
Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars in der Größenordnung von 4 % des Verkaufspreises einer
Liegenschaft für erfolgreiche Verkaufsbemühungen ist zulässig.
© copyright 2019 Wiener Rechtsanwaltskammer
Wichtige Grundsatzentscheidungen aus dem Standesrecht
Vertragsverfasser
26 Ds 2/21z, AnwBl 2022, 237
Bei faktischer Undurchführbarkeit der Abwicklung über das eATHB darf ein Rechtsanwalt die Treu-
handschaft nicht übernehmen.
OGH 13. 10. 2021
Vertragsverfasser
28 Ds 5/20d, AnwBl 2021, 608
Die Nichtanwendung des BTVG durch den Treuhänder trotz Vorliegens seiner Anwendungsvoraus-
setzungen ist disziplinär. § 43 RL-BA verbietet nicht, Fremdgelder von einem Anderkonto bar zu be-
heben.
OGH 24. 8. 2021
Vertragsverfasser
23 Ds 6/19p, AnwBl 2021, 168
Wird ein Vertrag unter der alleinigen Intervention nur eines Rechtsanwalts formuliert und schreitet bis
zum Vertragsabschluss ausschließlich dieser Rechtsanwalt für die Vertragsteile ein, hat er beide
Vertragsteile unparteiisch mit gleicher Sorgfalt und Treue zu behandeln und vor Interessengefähr-
dungen zu bewahren.
OGH 25. 11. 2020
Vertragsverfasser
20 Ds 2/19b, AnwBl 2020, 208
In „Konfliktsfällen“ (bei unklarer Sach- oder Rechtslage) muss der Treuhänder den Treuhandauftrag
nicht wort- und buchstabengetreu erfüllen. Er ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den Treuhandbe-
trag bei Gericht zu erlegen.
OGH 29. 10. 2019
Vertragsverfasser
10 Bkd 8/12, AnwBl 2013, 308
Wenn die Vertragsparteien einen Vertrag bereits geschlossen haben, trifft den RA idR nur mehr die
Pflicht, das Vereinbarte zu formulieren und sinnvolle Ergänzungen vorzunehmen.
OBDK 10.12.2013
Vertragsverfasser
5 Bkd 5/12, AnwBl 2013, 33
Der Vertragsverfasser bleibt zur Wahrung der Interessen beider (auch nur in Aussicht genommener)
Vertragspartner verpflichtet, selbst wenn vor Vertragsunterfertigung der Käufer von einem anderen
RA vertreten wird.
OBDK 06.08.2012
Vertragsverfasser
14 Bkd 4/09, AnwBl 2011, 32
Es ist unzulässig, dass der Vertragserrichter einen der Vertragspartner gegen den anderen rechts-
freundlich vertritt, wenn er nicht entsprechend § 13 RL ausdrücklich erklärt hatte, bei der Vertragser-
richtung nur seine Partei zu vertreten. VfGH 20.9.2010, B 1052/09, OBDK 25.5.2009
Vertragsverfasser
2 Bkd 2/96, AnwBl 1997/940
Ein blosses Zuwiderhandeln gegen Verfahrensvorschriften verletzt nicht das Recht auf ein Verfahren
vor dem gesetzlichen Richter. Die blosse Abweisung eines Beweisantrages verletzt nicht ein für den
Verfahrensausgang beachtliches Grundrecht. Die Abweisung eines Beweisantrages wegen Unbe-
achtlichkeit verletzt ebenfalls kein Grundrecht. Die Auffassung, dass die (aus § 18 RL-BA 1977 abge-
leitete Verpflichtung eines RA, Briefe eines Kollegen zu beantworten, auch für die Beantwortung von
Anfragen eines Notars gilt - und nicht gegen Art 7 EMRK verstösst - verletzt das genannte Grund-
recht nicht. VfGH 9.6.1997, B 4856/96
Vertragsverfasser
9 Bkd 1/95, AnwBl 1997/63
Wenn nicht jede Vertragsseite anwaltlich vertreten war, darf ein RA in einem Rechtsstreit aus diesem
Vertrag die eine Vertragspartei gegen die andere nur dann vertreten, wenn er bei den Vertragsver-
handlungen sogleich und ausdrücklich erklärt hat, nur seine Partei zu vertreten.
Vertragsverfasser
2 Bkd 2/96, AnwBl 1996/852
Das Verlangen des für die Käuferin einschreitenden Notars um Übersendung von Kopien der ent-
sprechenden Löschungsquittung erfasst eine wesentliche Unterlage des Kaufvertragsinhaltes; es
steht ausser Frage, dass der Käuferin und somit auch dem für sie einschreitenden Notar das Recht
zustand, eine derartige Kopienübersendung - und sei es auch nur zur Information - zu begehren. Der
Besch hatte die Verpflichtung, die durchaus berechtigten Briefe des Notars zu beantworten. Dass er
dies nicht getan hat, stellt ein standeswidriges Verhalten dar.
Vertragsverfasser
2 Bkd 1/95, AnwBl 1995/827
Die Mitwirkung eines RA als Urkundenverfasser und Treuhänder an Vereinbarungen, wonach im
Ausland unterfertigte Verträge nicht ins Inland gebracht werden dürrer, und wonach auch die Aus-
gabe von Kopien an die Zustimmung Dritter gebunden ist, ist dann nicht disziplinär, wenn im Vertrag
ein, ausländisches Schiedsgericht vereinbart wurde, welches von beiden Parteien angerufen werden
kann und dem nach der Treuhandvereinbarung sodann auch das Original der Vertragsurkunde vor-
zulegen ist.
Vertragsverfasser
10 Bkd 3/94, AnwBl 1995/422
Wenn aus dem Kaufvertrag hervorgeht, dass der Besch auch durch die Verkäuferin bevollmächtigt
wurde, alle zur grundbücherlichen Durchführung des Vertrages erforderlichen Schritte einschliesslich
einer allfälligen Verbesserung des Vertrages durchzuführen, liegt bereits eine Doppelvertretung vor,
wenn der Besch später namens des Verkäufers Irrtum geltend macht und die Rückabwicklung be-
gehrt.
Vertragsverfasser
2 Bkd 11/93, AnwBl 1995/127
Der RA, der sowohl die Interessen des Verkäufers und des Käufers als auch die des Immobilienmak-
lers wahrgenommen hat, ist auch dann nicht berechtigt, für den einen gegen den anderen Klienten
vorzugehen, wenn einer der Vertragsteile den Kaufvertrag nicht unterfertigt hat. Die Bestimmung des
§ 10 (1) RAO ist gegenüber den Bestimmungen des ABGB die lex specialis.
Vertragsverfasser
13 Bkd 3/93, AnwBl 1994/703
Auch ohne Interessenkollision ist die Verletzung der Pflicht eines RA, sich zu vergewissern, dass er
nicht als Vertreter von Parteien (eines Mietvertrages) gegen seine Klienten (als säumige Mietzins-
zahler) vor Gericht auftritt, als Formaldelikt disziplinär. Wenn aber die Mietvertragsparteien bereits
mit einem perfekten Vertrag zum späteren Klagevertreter, der für den Vermieter Ansprüche aus die-
sem Vertrag geltend machte, gekommen sind, entlastet dies den Besch.
Vertragsverfasser
2 Bkd 5/93, AnwBl 1994/125
Wenn ein RA als Verfasser eines Eigentumswohnungskaufvertrages den darin übernommenen Auf-
trag zur (grundbücherlichen) Durchführung des Kaufvertrages und zur Begründung vor. Wohnungsei-
gentum trotz Urgenzen erst nach sieben Jahren vollständig erfüllt, liegt darin ein fahrlässiger
Verstoss gegen die Verpflichtung, die Kanzlei mit Sorgfalt und Umsicht zu führen (§ 42 RL-BA). Nach
den Umständen des Falles ist auch die Nichtbeantwortung von Schreiben des die Käufer vertreten-
den Anwaltes disziplinär. Eine massive Falsch-Zuordnung bzw Nichtbeantwortung von - zahlreichen,
darunter 2 eingeschriebenen - Briefen eines Kollegen kann keineswegs mehr als bloßes 'Versehen
der Kanzlei' angesehen werden.
Vertragsverfasser
5 Bkd 7/93, AnwBl 1994/534
Eine, wenngleich im Interesse des Vermieters vom RA als Verfasser von Mietverträgen über Woh-
nungen in einem Wiener Haus zwecks Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutz gewählte -
inhaltlich unrichtige - Formulierung, dass das jeweilige Mietobjekt eine 'Zweitwohnung' iSd § 1 (2) Z 4
MRG sei, ist disziplinär.
Vertragsverfasser
Bkd 108/86, AnwBl 1991/478
Dass im DSt in näher bezeichneten Fällen angeordnet wird, dass das AVG, das VStG oder die StPO
anzuwenden sind, bietet keine Veranlassung, ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten. Ein Einge-
hen auf eine Bestimmung des DSt (hier zB § 45), die im vorliegenden Fall gar nicht angewendet
wurde, kommt schon mangels Präjudizialität nicht in Frage. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen
die dem OStA nach einzelnen Bestimmungen des DSt eingeräumten Rechtsmittelbefugnisse nicht
erkennbar. Willkür kann der Behörde dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf aus unsachlichen
Gründen benachteiligt hat oder wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der
Rechtslage in einem besonderen Masse mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht. Ein RA,
der von potentiellen Verhandlungspartnern seines Klienten Kostenersatzerklärungen zu dessen
Gunsten unterfertigen lässt, wodurch sie alle in seiner Kanzlei im Zusammenhang mit diesen Ver-
handlungen auflaufenden Kosten diesem Klienten auch im Falle des Scheiterns der Verhandlungen
zu ersetzen haben, begeht ein Dis. Vergehen; den Ausführungen der OBDK, dass die vom RA ge-
brauchten Angriffs- und Verteidigungsmittel nur in einer der Vollmacht, dem Gewissen und dem Ge-
setz nicht widersprechenden Weise gebraucht werden dürfen, und wonach bei Verwendung von
gröblich benachteiligenden Klauseln in einem Formblatt Sittenwidrigkeit vorliege (§ 879 (3) ABGB),
kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden. In der Wertung eines diszipli-
nären Verhaltens als fortgesetztes Delikt kann jedenfalls ein in die Verfassungssphäre reichender
Fehler keineswegs erblickt werden. VfGH 26.11.1990, B 1271/89
Vertragsverfasser
Bkd 135/89, AnwBl 1991/474
Der RA, der nicht nur als Vertragsverfasser, sondern auch als verdeckter Treuhänder eines Dritten
und selbst als Vertragspartner seiner Klientin tätig wurde, hat alles vorzukehren und zu veranlassen,
um die Rechte seiner Klientin zu schützen und alles zu vermeiden, was deren Position gefährden
könnte. Der HA hätte deshalb in dieser "dreifachen Funktion" besonders vorsichtig und korrekt vor-
gehen müssen, damit zu keinem Zeitpunkt und von keiner Seite auch nur der Eindruck entstehen
könnte, dass er sich hier einen besonderen Vermögensvorteil verschaffen wollte. Wenn der RA
selbst keine besonderen Fachkenntnisse über die Preise auf dem Immobilienmarkt besitzt, so wäre
er verpflichtet gewesen, sich in geeigneter Weise über den tatsächlichen Wert der kaufgegenständli-
chen Liegenschaft - etwa durch zweckdienliche Erkundigungen, Einholung von Gegenofferten oder
Einsichtnahme in entsprechende Kaufverträge im Grundbuch - Kenntnis zu verschaffen.
Vertragsverfasser
Bkd 53/89, AnwBl 1991/95
Der Grund der Generalprävention und der Umstand, dass sich der DB in zwei Zivilprozessen auf die
Nichtigkeit der von ihm zum Zweck der Umgehung des N-Grundverkehrsgesetzes verfassten. Ver-
träge berufen hat, erfordert eine entsprechend strenge Strafe.
Vertragsverfasser
Bkd 68/89, AnwBl 1991/25
Die Mitwirkung eines RA bei einer Doppelveräusserung von Liegenschaften ist standesrechtlich un-
bedenklich, weil hier kein ungültiges Umgehungsgeschäft vorliegt; beide Veräusserungsgeschäfte
sind gültig, sodass der Vertragsverfasser nicht an einem anfechtbaren Rechtsgeschäft teilgenommen
hat.
Vertragsverfasser
Bkd 7/90, AnwBl 1991/24
Da die Rechtsmeinung, es bestehe keine Verpflichtung, den Vorkaufsberechtigten von diesen zu-
sätzlichen Dienstbarkeitsvereinbarungen in Kenntnis zu setzen, zumindest vertretbar war, ist kein
standesrechtlicher Vorwurf darin zu erblicken, dass ein RA die Einräumung von Dienstbarkeiten zur
Nutzung des Vertragsobjektes nicht in den Kaufvertrag, sondern in einen gesonderten Dienstbar-
keitsvertrag aufnahm, den er jedoch dem Vorkaufsberechtigten nicht zur Kenntnis brachte.
Vertragsverfasser
Bkd 75/86, AnwBl 1988/219
Ein RA als Vertragsverfasser hat die Verpflichtung, eine Vereinbarung, die die Parteien schliessen,
so wiederzugeben und vertraglich festzuhalten, wie die Vereinbarung von den Parteien getroffen
wurde. Diese Pflicht trifft den RA auch dann, wenn er selbst auf einer Seite als Vertragspartei steht.
Vertragsverfasser
Bkd 60/80, AnwBl 1982/313
Die Gewissenhaftigkeit (§ 9 RAO) des RA hat darin ihre Bestätigung zu finden, dass seine Absicht
dahin zu gehen hat, alles vorzukehren, um die Rechte seines Klienten zu schützen und alles zu ver-
meiden, was die Stellung seines Klienten zu gefährden geeignet sein kann. Insbesondere wird die
Pflicht zur Gewissenhaftigkeit verletzt durch die Sorglosigkeit bei Verfassung von Verträgen, durch
leichtsinniges und pflichtwidriges Vorgehen bei Errichtung und Abschluss eines Kauf- und Verkaufs-
vertrages über eine Realität. Wenn ein RA selbst Vertragspartner ist, ist er zur besonderen Vorsicht
verpflichtet. Der RA als Vertragsverfasser ist verpflichtet, die anwaltlich nicht vertretene Vertragspar-
tei über den Inhalt der einzelnen Vertragspunkte und über deren rechtliche Bedeutung und Folgen
aufzuklären.
Vertragsverfasser
Bkd 56/79, AnwBl 1980/153
Der RA hat bei Vertragserrichtung gegenüber einer unvertretenen Vertragspartei eine konkrete Auf-
klärungspflicht. Die Nichtbeachtung dieser Aufklärungspflicht begründet die Dis.Vergehen der Be-
rufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Vertragsverfasser
Bkd 12/76, AnwBl 1977/71
Die Treuepflicht verbietet dem RA, dass er gegen die Partei, die er als Vertragsverfasser vertreten
und beraten hatte, nunmehr bei einem Streit aus diesem Vertrage als Vertreter eines anderen Ver-
tragspartner gerichtlich vorgeht. Die rechtsuchende Bevölkerung muss in ihrem Vertrauen in den RA-
Stand erschüttert werden, wenn sie sieht, dass der RA, der von ihr in einer bestimmten Angelegen-
heit mit ihrer Vertretung betraut wurde, nunmehr in einem Rechtsstreit aus dieser Angelegenheit ge-
gen sie vor Gericht als Vertreter des Prozessgegners und früheren Vertragspartners auftritt (Eine
'Doppelvertretung' bildet nicht nur das Dis.Vergehen der Berufspflichtenverletzung, sondern auch der
'Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes'.)
Vertragsverfasser
11 Bkd 3/03, AnwBl 2003/557
Doppelvertretungen sind bei Vertragserrichtung und -durchführung nicht grundsätzlich unzulässig.
Der Gewalthaber hat in diesen Fällen die Interessen beider Machtgeber entsprechend wahrzuneh-
men. In einem Rechtsstreit aus einem für beide Teile verfaßten Vertrag darf der Vertragserrichter
eine Partei nur in den beiden Ausnahmsfällen des § 13 RL-BA vertreten. Eine im Vertrag beurkun-
dete Vollmacht, wonach der Vertragserrichter von den Parteien inhaltlich zur Abwicklung (!) und Er-
gänzung und Änderungen des Vertrages ermächtigt ist, reicht nicht zur Zulässigkeit der Vertretung
der einen gegen die andere Partei aus.Der Einbehalt von Treuhandgeldern zur Abdeckung von Ho-
noraransprüchen und die Unterlassung der gerichtlichen Hinterlegung trotz Bestreitung dieser An-
sprüche, sind ohne diesbezügliche Vereinbarung disziplinär.Die Einbehaltung von Originalkaufverträ-
gen bis zur Bezahlung von Honorarforderungen ist gesetz- und standeswidrig.
Vertragsverfasser
6 Bkd 1/02, AnwBl 2004/466
Durch den Schriftsatzvorwurf, der Gegenvertreter habe sich aus unverständlichen Gründen an der
Vertragserrichtung nicht beteiligt, sondern seinen Mandanten buchstäblich im Stich gelassen, wird
jener unnötig in den Streit gezogen.
Vertragsverfasser
12 Bkd 1/03, AnwBl 2004/357
Der RA als Vertragsverfasser ist verpflichtet, die Rechte und Interessen beider Vertragsteile entspre-
chend wahrzunehmen. Auch im Spannungsverhältnis zwischen Verschwiegenheitspflicht gegenüber
dem Mandanten und der Aufklärungspflicht gegenüber dessen Vertragspartner kann der Vertrags-
verfasser, der den Vertragspartner nicht über ihm bekannte oder im Zuge der Vertragsverfassung
bekannt gewordene, für die Position des Mandanten nachteilige Informationen aufklärte, sein Wissen
nicht bei sich behalten. Wenn der Mandant den wahren Sachverhalt nicht aufdeckt, muß der RA zu-
folge der Interessenkollision die Vertretung niederlegen bzw die Übernahme des Mandates von vorn-
herein ablehnen und sich aus der Vertragssache zur Gänze zurückziehen.
Vertragsverfasser
16 Bkd 8/04, AnwBl 2005/248
Mangels feststellbarer, ausdrücklicher und vor Beginn der Vertragsverhandlungen abgegebener Er-
klärung des Besch als Vertragsverfasser, nur den einen Vertragsteil zu vertreten, verstößt die Vertre-
tung des einen Vertragspartners gegen den anderen, beim Vertragsabschluss unvertretenen Ver-
tragspartner - wenn auch der Ausnahmsfall der bloßen Formgebung eines von den Parteien ausge-
handelten Vertrages nicht vorliegt - gegen das Verbot der Doppelvertretung; dadurch wird neben der
Berufspflichtenverletzung auch das Vertrauen der rechtsuchenden Bevölkerung in die Tätigkeit des
Anwaltsstandes beeinträchtigt.
Vertragsverfasser
3 Bkd 3/06, AnwBl 2007/203
Die Vorspiegelung, dass die Abwicklung des konkreten Liegenschaftskaufvertrages über das Treu-
handbuch der RAK B Mehrkosten von ATS 25.000.- je Vertragspartei verursachen würde, ist diszipli-
när.
Vertragsverfasser
7 Bkd 4/06, AnwBl 2007/145
Die mangelnde Ausbildung eines jungen, erst 13 Monate eingetragenen RA, seine fehlende Erfah-
rung bei Treuhandabwicklung von Liegenschaften und die Säumigkeit sind keine Milderungsgründe.
Das nunmehr reumütige Geständnis (im Berufungsverfahren) ist jedoch als mildernd in Anschlag zu
bringen.
Vertragsverfasser
14 Bkd 4/09, AnwBl 2009, 394
Der RA als Vertragsverfasser darf nur dann späterhin eine Vertragspartei gegen die andere vertre-
ten, wenn die Voraussetzungen des § 13 RL-BA erfüllt sind.
Vertragsverfasser
10 Bkd 4/07, AnwBl 2008, 323
Der RA hat, wenn er den Auftrag zur Vertragsverfassung nur von einer Vertragspartei erhalten hat
und der Vertragspartner unvertreten ist, ausdrücklich zu erklären, dass er nur seine Partei vertrete,
wenn er sich die Möglichkeit wahren will, später seine Partei gegen den Vertragspartner in dieser Sa-
che rechtsfreundlich zu vertreten.
Verhinderung von
Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
in Anwaltskanzleien
Information und Leitfaden für Rechtsanwälte
2. Disclaimer
3. Risikobasierter Ansatz
Besonderes Augenmerk ist auf eine risikobasierte Ausrichtung der vom Rechtsanwalt
zu ergreifenden Maßnahmen zu legen. Gleichzeitig ist aber darauf hinzuweisen, dass
die gesetzlichen Vorgaben im Einzelfall keinen Spielraum für eine individuelle
Risikoabwägung eröffnen (zB bei der Frage, in welchen Fällen und welche Personen
einer Identifizierung zu unterziehen sind). Diese Umstände sind sowohl bei der
Kanzlei-Organisation (Kanzlei-bezogene / „allgemeine“ Compliance) als auch bei der
Übernahme und Abwicklung jedes geldwäschegeneigten Mandats (Mandats-
bezogene / „spezielle“ Compliance) zu berücksichtigen. Im Kern bedeutet die
risikoorientierte Ausrichtung der Compliance die Verpflichtung, die gesetzten
1) Soweit nachfolgend aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung von „Compliance“ die Rede ist,
ist darunter als „Anti-GW/TF-Compliance“ die Einhaltung aller Vorschriften zur Prävention von GW
und TF zu verstehen.
2) Die Abkürzungen GW und TF bzw GW/TF sind in der Praxis zunehmend gebräuchlich und werden
daher im Folgenden verwendet. International haben sich die englischen Synonyme „AML“ (Anti-
Money-Laundering) bzw „CFT“ (Countering Financing of Terrorism) eingebürgert.
3) Soweit in diesem Leitfaden geschlechterspezifische Ausdrücke verwendet werden, sind jeweils
Personen beider Geschlechter gleichsinnig gemeint.
4) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Disziplinarbehörden hiervon abweichende
Ansichten vertreten bzw anderweitige Schlussfolgerungen ziehen. Der vorliegende Leitfaden kann
insofern nicht als „verlässliche“ Grundlage für die anwaltliche Berufsausübung betrachtet werden,
zumal noch kaum einschlägige Judikatur zur Verfügung steht bzw zugänglich ist. Im Sinne eines
allgemeinen „Disclaimers“ wird daher die Haftung für den Inhalt dieses Leitfadens ausgeschlossen,
auch wenn dieser nach bestem Wissen und Gewissen erstellt wurde. Dies gilt in gleicher Weise für
Anleitungen, Formulare etc.
5. Redaktioneller Hinweis
5) Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich für die Abgabe von Verdachtsmeldungen gegenüber der
Behörde (Geldwäschemeldestelle), die bestimmten Anforderungen zu entsprechen hat (siehe dazu
§ 8c Abs 1 RAO).
1. Europarechtliche Vorgaben
Für die Finanzinstitute wurde ein eigenes Bundesgesetz zur Verhinderung der
Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Finanzmarkt (Finanzmarkt-
Geldwäschegesetz – FM-GwG)12) geschaffen, in dem einerseits die früher in
einzelnen Gesetzen (insbesondere im BWG und VAG) verstreuten
Geldwäschebestimmungen für den gesamten Finanzmarkt zusammengefasst sind
und auf das andererseits die RAO zwischenzeitlich wiederholt referenziert.
6) RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der
Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der VO (EU) Nr. 648/2012 und zur
Aufhebung der RL 2005/60/EG und der RL 2006/70/EG vom 05.06.2015.
7) RL (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung
der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der
Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der RL 2009/138/EG und
2013/36/EU.
8) Beachte: Die 4. Geldwäscherichtlinie wurde zudem jüngst durch die RL (EU) 2019/2177 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2019 zur Änderung der RL 2009/138/EG
betreffend die Aufnahme und Ausübung der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), der RL
2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente, und der RL (EU) 2015/849 zur Verhinderung der
Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung
angepasst. Die darin enthaltenen Änderungen beziehen sich primär auf die Europäische
Bankenaufsichtsbehörde (EBA) sowie auf Fragen der supranationalen Zusammenarbeit,
Kommunikation und Dokumentation und haben damit keinen erkennbaren unmittelbaren Einfluss auf
die anwaltliche Berufsausübung.
9) BGBl I 10/2017.
10) BGBl I 19/2020.
11) BGBl I 61/2019.
12) BGBl I 118/2016.
Im Hinblick auf die weitere Rechtsentwicklung wird angeraten, sich regelmäßig über
allfällige Änderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften, einschließlich der FATF-
Empfehlungen, zu informieren; diesbezüglich wird insbesondere auf die in Anlage 4
angeführten Links verwiesen.
2. Standesrechtliche Vorschriften
Neben der RAO ist insbesondere auf die spezifisch GW-bezogenen Regelungen des
DSt14) abzustellen. Ergänzt werden die erwähnten Vorschriften schließlich durch
§ 43 RL-BA 2015.
Die Definitionen der Begriffe GW und TF finden sich in den §§ 165 und 278d StGB.
Diese Legaldefinitionen liegen auch den Compliance-Pflichten nach der RAO und dem
DSt zugrunde. Soweit die RAO auf GW und TF referenziert, sind damit also die
Tatbestände der §§ 165 und 278d des StGB gemeint. Auf die Textierung der
einschlägigen Gesetzesbestimmungen wird verwiesen.
4. Strafrechtliche Vorschriften
Auf den Umstand, dass auch jede (selbst nur versuchte) Beteiligung an GW/TF
strafbar ist, ist demgemäß besonders Bedacht zu nehmen. Hierbei spielen subjektive
Faktoren in Bezug auf die Kenntnis des Rechtsanwalts über die Herkunft von
Vermögenswerten in der Sphäre des Klienten eine wesentliche Rolle. § 165 StGB
differenziert im Hinblick auf verschiedene Tatbestände nämlich zwischen
unterschiedlichen subjektiven Tatseiten. Besonders bedeutsam manifestiert sich das
anwaltliche Risiko in diesem Zusammenhang bei der Annahme von Honorar im
Rahmen einer Strafverteidigung. Mit guten Argumenten wird vertreten, dass die
Entgegennahme eines angemessenen Honorars den Tatbestand des § 165 StGB nicht
erfüllt, zumal andernfalls das Grundrecht auf Wahlverteidigung16) verletzt würde; eine
diesbezügliche gesetzliche Klarstellung ist als Forderung der Anwaltschaft indes noch
ausständig. Gegen eine Strafbarkeit in diesen Fällen kann auch ins Treffen geführt
werden, dass die üblichen Kosten einer Verteidigung als sozialadäquate Zahlungen
vom Schutzzweck des Tatbestands des § 165 StGB per se nicht erfasst sind,
insbesondere nicht in Form eines inkriminierten Beitrags.
Beispiel: Ist dem Rechtsanwalt aufgrund der Information seines Mandanten etwa
bekannt, dass es sich beim Kaufpreis für eine Liegenschaft um „inkriminiertes”
(“kontaminiertes”) Geld handelt und wickelt er die Transaktion dennoch ab,
verstößt er dadurch nicht nur gegen die Bestimmungen der RAO zur
Verhinderung von GW, sondern auch gegen § 165 StGB. Nach § 165 Abs 1 StGB
ist nämlich bereits der bedingte Vorsatz des Rechtsanwaltes ausreichend, zu
einer Eigengeldwäsche des Mandanten beizutragen, dh wenn der Rechtsanwalt
es ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, dass der Mandant Geldmittel
verwendet, die dieser aus einer strafbaren Handlung (siehe den Vortatenkatalog
in § 165 StGB) lukriert hat; lediglich bei den Tathandlungen des § 165 Abs 2
15) § 9 Abs 1 Satz 1 RAO.
16) Art 6 Abs 3 EMRK.
Sofern die konkrete Risikoanalyse von Vornherein zum Ergebnis führt, dass generell
keine geldwäschegeneigten Geschäfte übernommen werden, ist dies im Sinne der
konkreten Risikoanalyse unter Darlegung der angebotenen bzw ausgeübten
Tätigkeiten festzuhalten und stellt dies die Risikoanalyse dar. Es wird darauf
hingewiesen, dass der Rechtsanwalt auch außerhalb des Bereiches von
geldwäschegeneigten Geschäften in seinem Tätigkeitsbereich darauf zu achten hat,
ob sonstige Risiken bestehen, dass die Kanzlei in GW involviert werden könnte (zB im
Falle von Barzahlungen, sei es die Barzahlung von Fremdgeld oder Honorar, Sham
Litigation etc). Auch für diese Fälle soll der Rechtsanwalt kanzleiinterne Maßnahmen
vorsehen, die das Erkennen derartiger Gefahren und die Verringerung des damit
verbundenen Risikos ermöglichen. Abgesehen davon können keine generalisierenden
Aussagen getroffen werden, sondern sind jeweils die Umstände des Einzelfalls zu
beachten.
Die vorgenommene Bewertung und deren Ergebnisse sind schriftlich aufzuzeichnen
und regelmäßig zu aktualisieren bzw auf ihre Aktualität zu prüfen. Risikobasiert kann
eine zB jährliche Aktualisierung ausreichend sein. Ändern sich jedoch für die
Kanzleianalyse relevante Umstände, wie zB die rechtlichen Rahmenbedingungen, die
bearbeiteten Geschäftsbereiche der Rechtsanwaltskanzlei oder grundlegende
organisatorische Abläufe, bedarf es einer anlassbezogenen Anpassung der
Risikoanalyse. Auch diese wird schriftlich entsprechend zu dokumentieren sein.
Auf Anfrage ist die Risikoanalyse der Rechtsanwaltskammer zur Verfügung zu stellen.
§ 21b Abs 2 RAO normiert in diesem Kontext die Verpflichtung des Rechtsanwaltes,
die Rechtsanwaltsanwärter sowie die sonstigen bei ihm Beschäftigten durch geeignete
Maßnahmen mit den Bestimmungen, die der Verhinderung oder Bekämpfung der GW
dienen, vertraut zu machen. Der Umfang dieser Maßnahmen richtet sich dabei
ebenfalls nach der konkreten Geschäftstätigkeit sowie nach Art und Größe der
jeweiligen Kanzlei. Eine der wesentlichen Grundlagen dieser Beurteilung wird
insbesondere die vom Rechtsanwalt zu erstellende Risikoanalyse und die daraus
abgeleitete Risiko-Bewertung sein (vgl dazu Anlage 1). Gegenüber juristischen und
nicht-juristischen Mitarbeitern bestehen sohin Informationspflichten vor allem darüber,
was geldwäschegeneigte Geschäfte sind und welche Pflichten, insbesondere
Identifizierungspflichten bestehen. Allenfalls sind auch konkrete Anweisungen
bezüglich des Erkennens von verdächtigen Transaktionen und des richtigen
Verhaltens in Verdachtsfällen zu erteilen.20)
Als Teil der kanzleiinternen Verfahren spricht das Gesetz weiters ausdrücklich eine
Überprüfung der Mitarbeiter an.22) Diese Pflichten werden gesetzlich aber nicht
weiter konkretisiert. Es wird davon ausgegangen werden können, dass auf
risikobasierter Grundlage vor allem zu prüfen ist, ob ein Mitarbeiter aufgrund seiner
3. PEP-Risikomanagementsystem
4. Compliance-Beauftragter
Abhängig von der konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe der Kanzlei kann
es bei Rechtsanwalts-Gesellschaften schließlich auch geboten sein, einen der
Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt zum Compliance-Beauftragten für den
Bereich der GW-Prävention zu bestellen.26) Obgleich dies gesetzlich nicht klar geregelt
ist, ist davon auszugehen, dass der Compliance-Beauftragte damit aus dem Kreis der
geschäftsführenden Gesellschafter rekrutiert werden muss. Die Aufgaben und
Verantwortung des Compliance-Beauftragten sind gesetzlich nicht näher geregelt.
Seine Aufgaben und Befugnisse sind daher unter Berücksichtigung der Ergebnisse
der kanzleiinternen Risikoanalyse von der Rechtsanwaltskanzlei entsprechend
festzulegen.
6. Datenschutzrechtliche Informationspflicht
Welche Abläufe auch immer institutionalisiert werden: Stets bedarf es auch einer
laufenden Überwachung, Kontrolle, Evaluierung und gegebenenfalls Verbesserung
der gesetzten Maßnahmen.29)
1. Geldwäschegeneigte Geschäfte
Bei allen diesen Transaktionen vermutet der Gesetzgeber eine hohe Gefahr eines
Zusammenhangs mit GW. Aus diesem Grund ist der Rechtsanwalt bei
geldwäschegeneigten Geschäften verpflichtet, diese besonders sorgfältig zu
prüfen.
Die Abgrenzung, (ab) wann ein geldwäschegeneigtes Geschäft vorliegt, kann mitunter
schwierig sein und ist einzelfallbezogen auszulegen. Wesentliche Voraussetzung für
ein geldwäschegeneigtes Geschäft wird zunächst sein, dass es überhaupt zu
relevanten Vermögensverschiebungen kommt bzw. kommen kann.
Die Kategorie der Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen „im Namen
und auf Rechnung“ einer Partei impliziert ein Handeln als Stellvertreter für den
Mandanten. Beratungsleistungen sind nicht unter dieses Tatbestandsmerkmal zu
subsumieren, selbst wenn sie sich auf Finanz- oder Immobilientransaktionen
beziehen. In diesem Fall muss geprüft werden, ob gegebenenfalls eine Mitwirkung an
der Planung oder Durchführung des Katalogs anderer geldwäschegeneigter
Geschäfte vorliegt.
§ 8b Abs 6 RAO sieht vor, dass der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer
risikobasierten Beurteilung Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der
Geschäftsbeziehung oder des Geschäfts einzuholen und die Geschäftsbeziehung
laufend zu überwachen hat. Die ihm zur Verfügung stehenden bzw eingeholten
Informationen sind vom Rechtsanwalt aufzubewahren.
sowie
Der Rechtsanwalt hat dafür zu sorgen, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder
Informationen stets aktualisiert werden.
32) Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Leitfadens bestand keine solche Verordnung.
33) Die Prüfung der „Mittelherkunft“ ist, sofern kein PEP involviert ist, demnach kein verpflichtender
Automatismus, sondern richtet sich nach dem Ergebnis einer risikobasierten Beurteilung des
Geschäftsfalls.
34) § 8b Abs 6a RAO.
Der Umfang der Sorg- und Überprüfungspflicht richtet sich nach einer risikobasierten
Beurteilung, in die der Zweck des Geschäfts, die Höhe der aufgewendeten Mittel, der
Umfang der Transaktion sowie die Regelmäßigkeit oder die Dauer der
Geschäftsbeziehung einzufließen haben .35) Bedacht zu nehmen hat der Rechtsanwalt
dabei ferner auf die in den Anlagen II und III zum FM-GwG dargelegten Faktoren für
ein potenziell geringeres oder höheres Risiko.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die „red flags“, die den Verdacht auf GW
begründen können, im FATF-Report on Money Laundering and Terrorist Financing
Vulnerabilities of Legal Professionals verwiesen (siehe dazu die Linkliste in Anlage 4).
Bei welchen Geschäften hat der Rechtsanwalt die Identität seiner Partei, deren
Vertreters oder des wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen?
Bei geldwäschegeneigten Geschäften im Sinne des § 8a Abs 1 RAO (vgl oben IV.)
besteht gemäß § 8b Abs 1 RAO (nur) in folgenden Fällen die Verpflichtung des
Rechtsanwaltes, die Identität seiner Partei und jene des wirtschaftlichen
Eigentümers36) festzustellen und zu prüfen:
(a) wenn er weiß oder den Verdacht bzw einen berechtigten Grund zur Annahme
hat, dass das Geschäft der GW dient oder damit in Zusammenhang steht und
(b) er gleichzeitig Grund zur Annahme hat, dass die Partei durch die Durchführung
der geforderten Schritte zur Identitätsfeststellung bzw der Mittelherkunft von
dem gegen sie bestehenden Verdacht Kenntnis erlangen würde.
Die Identifikation besteht seit dem BRÄG 2008 aus zwei Elementen, die de facto zwar
eine Einheit bilden, im Wesentlichen aber auseinanderzuhalten sind.
Der Rechtsanwalt kann sich unter bestimmten Voraussetzungen zur Erfüllung der
Pflicht zur Identifikation und Risikobeurteilung bestimmter Dritter, die dieselben
37) Das Verhältnis der Begriffe „Verdacht“ und „berechtigter Grund zur Annahme“ zueinander ist
ungeklärt. Vgl dazu etwa jüngst Glaser, Geldwäsche (2019) Rz 3.126 mwN,
38) § 165 StGB.
39) § 278d StGB.
40) Der eigenständige normative Gehalt dieser Konstellation ist in diesem Kontext unklar, setzen
Jedenfalls unzulässig ist aber die Heranziehung von Dritten, die in Drittländern mit
erhöhtem Risiko niedergelassen sind.
Unabhängig von der Zulässigkeit der Heranziehung eines Dritten bleibt jedoch die
Verantwortung für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten beim Rechtsanwalt. Er hat
beim Dritten die notwendigen Informationen einzuholen und dafür zu sorgen, dass er
bei Bedarf unverzüglich auf Kopien der relevanten Unterlagen bzw Daten zugreifen
kann. Der Rechtsanwalt ist auch jeweils selbständig verpflichtet, die
Geschäftsbeziehung laufend zu überwachen.
Die Unterlagen zum Nachweis der Identität sind vom Rechtsanwalt aufzubewahren.
Auf Ersuchen des Kreditinstitutes sind diesem Kopien dieser Unterlagen sowie
gegebenenfalls vorhandener anderer maßgeblicher Unterlagen über die Identität
dieser Personen oder des wirtschaftlichen Eigentümers weiterzuleiten.
Die Identität der Partei ist bei Anknüpfung einer dauerhaften Geschäftsbeziehung
vor Annahme des Mandats festzustellen und zu prüfen.
Jedenfalls zu identifizieren ist, sobald der Rechtsanwalt weiß, den Verdacht oder
berechtigten Grund zur Annahme des Vorliegens von GW oder TF hat.
Bei ausländischen Rechtsträgern mit Sitz in der EU oder einem Drittland kann die
Überprüfung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers auch erst während der
Begründung der Geschäftsbeziehung abgeschlossen werden, wenn dies notwendig
ist, um den normalen Geschäftsablauf nicht zu unterbrechen, und ein geringeres
Risiko der GW oder TF besteht (vgl unten Punkt V.3).47)
- der Partei, das sind alle Personen, über deren Auftrag der Rechtsanwalt tätig
wird48);
- wenn die Partei vertreten ist, ist neben der Identität der Partei auch die des
Vertreters festzustellen und die Vertretungsbefugnis anhand geeigneter
Bescheinigungen festzustellen50).
Immobilientransaktion, wird davon auszugehen sein, dass beide Vertragsteile, also Käufer und
Verkäufer, qua Treuhandvereinbarung Parteien des als Treuhänder agierenden Rechtsanwalts sind
bzw werden. Dies auch und vor allem dann, wenn der Auftrag zur Vertragserrichtung ursprünglich nur
von einem Vertragsteil, idR dem Käufer, erteilt wurde.
50) § 8b Abs 2 RAO.
Kann bei juristischen Personen nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten und mangels
einschlägiger Verdachtsmomente kein direkter oder indirekter wirtschaftlicher
Eigentümer ermittelt werden, gelten die natürlichen Personen als wirtschaftliche
Eigentümer, die der obersten Führungsebene der juristischen Person
angehören.52) Nach den Gesetzesmaterialien53) ist davon nur die „oberste operative
Führungsebene“ erfasst, bei einer Aktiengesellschaft etwa ausschließlich die
Mitglieder des Vorstandes, bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die
Geschäftsführer und bei Vereinen die organschaftlichen Vertreter des Vereins. Keine
wirtschaftlichen Eigentümer sind demnach Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte,
Geldwäschebeauftragte und vergleichbare Inhaber von Schlüsselfunktionen innerhalb
des Rechtsträgers.
Gemäß § 11 Abs 1 WiEReG dürfen sich Rechtsanwälte nicht ausschließlich auf die im
Register enthaltenen Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer eines
Rechtsträgers verlassen, sondern haben bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten nach
einem risikobasierten Ansatz vorzugehen. Ein „einfacher“ Auszug aus dem Register
gemäß § 9 Abs 4 WiEReG kann zur Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers,
nicht aber zur Überprüfung des wirtschaftlichen Eigentümers herangezogen werden.
Die Einholung eines vollständigen erweiterten Auszugs iSd § 9 Abs 5 WiEReG bzw
die Nutzung eines allfälligen Compliance-Packages sind daher zu empfehlen.
Eine unbeschränkte Einsicht in das Register ist für Rechtsanwälte nur im Rahmen
der Anwendung der Sorgfaltspflichten zur Verhinderung der GW und TF gegenüber
ihrer Mandanten und für die Zwecke der Beratung der Mandanten im Hinblick auf die
Feststellung, Überprüfung und Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erlaubt.60) Die
56) Siehe auch ErläutRV 1660 BlgNR XXV. GP 14 (zu § 11 WiEReG).
57) Unter einem „Compliance-Package“ versteht man alle im elektronischen Weg über das
Unternehmensserviceportal an die Registerbehörde übermittelten Informationen, Daten und
Dokumente, die für die Feststellung und Überprüfung der Identität eines wirtschaftlichen Eigentümers
erforderlich sind. Siehe dazu im Einzelnen die Voraussetzungen und Anforderungen in § 5a WiEReG.
58) § 11 Abs 2a WiEReG.
59) § 8b Abs 4a RAO.
60) § 9 Abs 2 WiEReG.
Über die von ihm getroffenen Maßnahmen zur Ermittlung des wirtschaftlichen
Eigentümers hat der Rechtsanwalt Aufzeichnungen zu führen und diese für fünf
Jahre aufzubewahren.61)
2.9. Welche Daten hat der Rechtsanwalt hinsichtlich seiner Partei festzustellen?
In der RAO ist nicht abschließend geregelt, welche Daten im Rahmen der
Identifikationsprüfung festzustellen sind. Aus den gesetzlich vorgeschriebenen
Identifikationsmitteln (vgl unten Punkt V.2.10.) können aber folgende Schlüsse
gezogen werden:
Als Anregung für die Identifikation des Auftraggebers können die als Anlage 2
angeschlossenen Muster-KYC-Fragebögen verwendet werden.63)
Die Identität von natürlichen Personen kann gemäß § 8b Abs 2 RAO durch
verschiedene – rechtlich gleichwertige – Mittel festgestellt werden, nämlich
c) auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer
glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen. Dies umfasst auch
gesetzlich vorgesehene oder anerkannte sichere Verfahren und Mittel für die
Identitätsfeststellung auf elektronischem Weg oder aus der Ferne sowie
elektronische Identifizierungsmittel.66)
Die Vertreter sind ebenso zu identifizieren wie die Partei; weiters ist die
Vertretungsbefugnis anhand geeigneter Bescheinigungen festzustellen.
Bei der Feststellung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers hat der
Rechtsanwalt angemessene Maßnahmen zu setzen: bei natürlichen Personen durch
Vorlage des Originals oder einer Kopie des amtlichen Lichtbildausweises.
Bei juristischen Personen ist die Identität und die Vertretungsbefugnis durch
beweiskräftige Urkunden (zB einen Firmenbuchauszug oder eine vergleichbare
ausländische Erklärung) zu überprüfen.67) Insbesondere bei Ländern, bei denen es
keine amtlichen Registerauszüge gibt, können auch Bestätigungen der
österreichischen Vertretungsbehörden, wohl auch österreichischer
Handelsvertretungen, eingeholt werden.
64) Als amtlicher Lichtbildausweis gelten von einer staatlichen Behörde ausgestellte Dokumente, die
mit einem nicht austauschbaren, erkennbaren Kopfbild der betreffenden Person versehen sind und
den Namen, die Unterschrift und, soweit dies nach dem Recht des ausstellenden Staates vorgesehen
ist, auch das Geburtsdatum der Person sowie die ausstellende Behörde enthalten.
65) Vgl ErläutRV 19 BlgNR XXVII. GP 4.
66) Ausgestellt von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union über ein gemäß Art 9 Abs 1 der VO
(EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische
Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der RL 1999/93/EG, ABl L 2014/257, 73, in der
Fassung der Berichtigung ABl L 2016/155, 44 (im Folgenden: eIDAS-VO) notifiziertes elektronisches
Identifizierungssystem, die dem Sicherheitsniveau „substanziell“ oder „hoch“ (Art 8 Abs 2 lit b und c
eIDAS-VO) entsprechen.
67) § 8b Abs 4 RAO.
68) § 7 Abs 1 WiEReG.
Als Ferngeschäft definiert § 8b Abs 3 RAO Konstellationen, in denen die Partei bei
der Anknüpfung der Geschäftsbeziehung oder der Durchführung des Geschäftes nicht
physisch anwesende ist.
In diesen Fällen hat der Rechtsanwalt diesen Umstand bei der von ihm auf
risikobasierter Grundlage vorzunehmenden Beurteilung angemessen zu
berücksichtigen.
2.12. Aufbewahrungspflicht
69) Damit wird die Bedeutung einer risikobasierten Vorgehensweise bei der Erfüllung der den
Rechtsanwalt treffenden Identifizierungs- und Sorgfaltspflichten auch im Bereich der Ferngeschäfte
besonders betont. Vgl ErläutRV 19 BlgNR XXVII. GP 5.
70) Vgl ErläutRV 303 BlgNR XXIII. GP 17 (zu § 8b Abs 3 RAO).
71) ErläutRV 19 BlgNR XXVII. GP 4.
72) § 8b Abs 5 RAO.
73) § 12 Abs 3 RAO.
Unter PEP (im eigentlichen Sinn) werden Personen verstanden, die ein führendes
öffentliches Amt ausüben oder innerhalb des letzten Jahres75) vor Anknüpfung der
Geschäftsbeziehung ausgeübt haben (vgl dazu im Detail den nicht taxativen (arg
„insbesondere“) Katalog des § 8f Abs 2 RAO, zB Staatspräsidenten, Minister,
Staatssekretäre, Mitglieder von Landesregierungen, Abgeordnete, Parteichefs,
Höchstrichter, Mitglieder von Rechnungshöfen, Botschafter, Organe bestimmter
staatlicher Unternehmen76) etc). Beamte mittlerer und niedriger Dienstklasse sind
keine PEPs, ebensowenig Funktionsträger auf Gemeindeebene.77)
- Dies betrifft zum einen Familienmitglieder einer PEP (zB Ehepartner oder eine dem
Ehepartner gleichgestellte Person, Lebensgefährten, Eltern, Kinder78)).
- Zum anderen sind davon Personen umfasst, die einer PEP bekanntermaßen
nahestehen. Definitionsgemäß79) sind darunter natürliche Personen zu verstehen, die
bekanntermaßen
- gemeinsam mit einer PEP wirtschaftlicher Eigentümer von juristischen
Personen oder vergleichbar vereinbarten Strukturen sind oder sonstige enge
Geschäftsbeziehungen zu einer PEP unterhalten oder
- die alleiniger wirtschaftlicher Eigentümer einer juristischen Personen oder einer
vergleichbar vereinbarten Struktur sind, welche bekanntermaßen de facto
zugunsten einer PEP errichtet wurde.
„Bekanntermaßen“ steht eine Person einer PEP dann nahe, wenn diese Beziehung
öffentlich bekannt ist oder der Rechtsanwalt Grund zur Annahme hat, dass eine
derartige Beziehung besteht; ob jemand unter diese Kategorie fällt, erfordert keine
besondere Nachforschungspflicht des Rechtsanwalts.80)
74) § 8b Abs 7 RAO.
75) § 8f Abs 5 RAO.
76) Vgl dazu ErläutRV 1660 BlgNR XXV. GP 19 (zu § 8f RAO).
77) So ausdrücklich ErläutRV 1346 BlgNR XXV. GP 8f (zu § 8f RAO).
78) Vgl § 8f Abs 3 RAO.
79) § 8f Abs 4 RAO.
80) So bereits die ErläutRV 1346 BlgNR XXV. GP 9 (zu § 8f RAO) unter Verweis auf die ErläutRV 303
Ist eine PEP oder eine dieser nahestehende Person Partei (oder deren wirtschaftlicher
Eigentümer)83) des Rechtsanwaltes, so bestehen verstärkte Sorgfaltspflichten.
Die genauen Anforderungen, die sich aus dieser etwas verworrenen und damit
unbestimmten Rechtslage ergeben, sind nicht klar. Die standardisierte Frage und
Verifizierung der beruflichen Tätigkeit einer Partei wird in der Regel unerlässlich sein.
Für die Identifizierung einer Person als PEP oder nahestehende Person wird man
mittlerweile nicht umhinkommen, sich darüber hinaus einer einschlägigen
(kostenpflichtiger) Datenbank zu bedienen. Einige dieser Datenbanken sind in
Anlage 4 angeführt.
Bei einer PEP oder einer dieser nahestehenden Person besteht zusätzlich die
Verpflichtung, zu prüfen, woher die Mittel stammen, die im Rahmen der
Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden.
Ferner darf das Auftragsverhältnis mit einer PEP oder einer dieser nahestehenden
Person schließlich nur nach vorheriger Zustimmung des Rechtsanwalts bzw bei
Rechtsanwaltsgesellschaften eines zur Geschäftsführung befugten
Rechtsanwalts eingegangen werden.86)
In bestimmten Fällen entfallen die Pflichten des Rechtsanwaltes zur Feststellung und
Prüfung der Identität der Partei und jener des wirtschaftlichen Eigentümers, zur
Einholung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der
Geschäftsbeziehung, zu deren Überwachung sowie zur Aktualisierung der
Informationen.
Dies trifft mangels ersichtlichen Risikos dann zu, wenn sich aufgrund der
vorzunehmenden Risikoanalyse ergibt, dass bezogen auf ein konkretes Geschäft oder
eine konkrete Geschäftsbeziehung nur ein geringeres Risiko der GW oder TF besteht.
Dies ist vor allem bei Parteien der Fall, die den in § 8e Abs 1 RAO aufgezählten
Sektoren unterliegen, also EU-/EWR-Kredit- und Finanzinstitute, inländische
Behörden sowie – unter bestimmten Voraussetzungen – sonstige Behörden oder
öffentliche Einrichtungen. Unternehmen, die an einer EU-/EWR Börse an einem
geregelten Markt notieren, werden in den meisten Fällen – nach im Einzelfall
durchgeführter Risikoanalyse – ebenfalls als Parteien mit potenziell geringem Risiko
anzusehen sein.87)
Darüber hinaus ist zufolge § 8e Abs 3 RAO89) die Geschäftsbeziehung auch weiterhin
fortlaufend zu überwachen, um widersprüchliche, komplexe oder ungewöhnlich
große Transaktionen ohne klar ersichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen
87)Vgl etwa § 87 Abs 2 Z 18 WTBG, § 2 Z 3 FM-GwG oder § 365n Z 3 GewO, worin etwa § 2 Z 1
WiEReG auf börsenotierte Gesellschaften für nicht anwendbar erklärt wird, deren Wertpapiere zum
Handel auf einem geregelten Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind, oder
börsenotierte Gesellschaften aus Drittländern, die Offenlegungsanforderungen unterliegen, die dem
Unionsrecht entsprechen oder mit diesem vergleichbar sind.
88) § 8e Abs 1 und 2 RAO.
89) Vgl auch ErläutRV 1346 BlgNR XXV. GP 8 (zu §§ 8d und 8e RAO).
4. Verdachtsmeldung
Von besonderer Brisanz ist die unter bestimmten Fällen bestehende Pflicht des
Rechtsanwalts, im Zusammenhang mit der Prävention von GW und TF eine Meldung
an die zuständige Behörde zu erstatten. Damit erfolgt nicht nur ein massiver Eingriff in
die anwaltliche Verschwiegenheit, sondern es können damit verbunden auch konkrete
praktische Probleme in der Abwicklung eines Mandats entstehen. Der Mandant darf
nämlich von einer derartigen „Verdachtsmeldung“ nicht verständigt werden.
Die freie Ausübung der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf wechselseitigem Vertrauen.
Die österreichische Rechtsanwaltschaft sah und sieht diese Meldepflicht unter
Berücksichtigung grundrechtlicher Garantien im Spannungsfeld zur anwaltlichen
Verschwiegenheit daher unverändert kritisch. Zudem werden dem Rechtsanwalt
Risiken auferlegt, muss er doch selbst prüfen, ob die Voraussetzungen zur
Durchbrechung der anwaltlichen Verschwiegenheit vorliegen. 90) Ungeachtet dessen
ist die aktuelle Rechtslage in der anwaltlichen Praxis gebührend zu berücksichtigen.
Grundsätzlich ist ein Rechtsanwalt nur in den Fällen des § 8a Abs 1 RAO, also bei
geldwäschegeneigten Geschäften (siehe oben IV.), zu einer Verdachtsmeldung an die
Geldwäschemeldestelle91) verpflichtet92) (gleichzeitig aber auch berechtigt). In
anderen Fällen ist der Anwalt wegen potenziellem Verstoß gegen § 9 Abs 2 RAO
(Verschwiegenheit) zu einer Verdachtsmeldung nicht berechtigt (so zB auch nicht im
Rahmen einer strafrechtlichen Verteidigung, weil diese a priori nicht
geldwäschegeneigt ist).
Der Rechtsanwalt hat bei solchen Geschäften grundsätzlich stets dann unverzüglich
eine Verdachtsmeldung zu erstatten, wenn er Kenntnis davon erhält, den Verdacht
oder berechtigten Grund zur Annahme hat, dass mit dem Geschäft oder der
Transaktion in Zusammenhang stehende Gelder aus kriminellen Tätigkeiten stammen
oder mit TF in Verbindung stehen.
Soweit der Rechtsanwalt weiß, den Verdacht oder berechtigten Grund zu der
Annahme hat, dass das Geschäft der GW oder der TF dient oder damit im
Zusammenhang steht, und er gleichzeitig Grund zu der Annahme hat, dass die
Partei durch die Fortführung des Identifikationsprozesses nach § 8b RAO Kenntnis
von dem gegen sie bestehenden Verdacht erhalten würde, ist er nicht verpflichtet, die
in Entsprechung seiner Identifizierungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten getroffenen
Maßnahmen fortzusetzen. In solchen Fällen ist eine unverzügliche Verdachtsmeldung
zwingend95), wenn nicht wiederum die Ausnahmen für den anwaltlichen „Kernbereich“
gemäß § 8c Abs 1 letzter Satz RAO vorliegen. (vgl hierzu unten V.4.2.).
Der sog. „anwaltliche Kernbereich“ umfasst Tätigkeiten, die zur ureigensten Aufgabe
des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Gewährung grundrechtlichen Schutzes für
betroffene Klienten zählen. Diese Agenden unterliegen daher ihrerseits einem
besonderen Schutz, der sich insbesondere darin äußert, dass das Treue- und
Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Klient nicht von einer Pflicht zu einer
Meldung an eine Behörde eingeschränkt wird. Dieser Kernbereich wird international
auch als unbedingt notwendig erachtet, um das Konzept der anwaltlichen Pflicht zur
Verdachtsmeldung grundrechtlich zu rechtfertigen.96) Verfassungsrechtliche
Bedenken bleiben ungeachtet dessen bestehen.97)
Conseil des ministres; EGMR 06.12.2012, Michaud gegen Frankreich, Nr 12323/11; Urteil des
belgischen Verfassungsgerichts (Cour d’Arbitrage) 23.01.2008 n° 10/2008 (www.const-court.be). Die
EU-Kommission sieht in diesem Privileg der Angehörigen von rechtsberatenden Berufen dagegen
sogar ein erhöhtes Missbrauchsrisiko; vgl COM(2017) 340 final, 6.
97) Vgl dazu zB AnwBl 2016, 637; Glaser, AnwBl 2017, 163, Wolff, AnwBl 2017, 642.
98) § 8c Abs 1 letzter Satz RAO.
4.2.2. Rechtsberatung
Die Meldepflicht wird wohl auch dann entfallen, wenn die Partei nach Aufklärung über
die Strafbarkeit von der geplanten Handlung Abstand nimmt, da es in einem solchen
Fall an dem Erfordernis fehlt, dass die Partei für den Rechtsanwalt erkennbar die
Rechtsberatung offenkundig zum Zweck der GW in Anspruch nimmt.
99) So auch ausdrücklich die ErläutRV 303 BlgNR XXIII. GP 19 (zu § 8c RAO).
100) § 8c Abs 1 letzter Halbsatz RAO.
Der Rechtsanwalt darf prinzipiell weder die betreffende Partei noch Dritte über eine
erstattete Verdachtsmeldung informieren (Verbot des sog. „tipping off“).106) Von
diesem Verbot bestehen jedoch Ausnahmen zugunsten der zur Bekämpfung der GW
zuständigen Behörden, der Rechtsanwaltskammer (dies bedeutet jedoch nicht, dass
Gesellschafter sowie die Mitglieder der durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgesehenen
Aufsichtsorgane einer Rechtsanwalts-Gesellschaft.
106) § 8c Abs 1a RAO.
Auch ein Informationsaustausch mit einem anderen an der Transaktion der Partei
(insbesondere als Auftragnehmer derselben Partei) beteiligten Rechtsanwalt ist
zulässig, sofern der Rechtsanwalt aus einem EU-Mitgliedstaat oder einem Drittland
stammt, in dem der Geldwäscherichtlinie gleichwertige Anforderungen sowie
gleichwertige Verschwiegenheits- und Datenschutzpflichten gelten. Die so
ausgetauschten Informationen dürfen jedoch ausschließlich zur Verhinderung der GW
verwendet werden.
Nach Erstattung der Verdachtsmeldung darf der Rechtsanwalt das Geschäft nicht
vornehmen, bevor die Geldwäschemeldestelle entschieden hat.107) Der
Rechtsanwalt ist jedoch berechtigt, von der Geldwäschemeldestelle zu verlangen, eine
Entscheidung darüber zu treffen, ob gegen die unverzügliche Durchführung des
Geschäftes Bedenken bestehen.
Wenn der Verzicht auf die Durchführung des Geschäftes aber nicht möglich ist oder
durch einen solchen Verzicht die Ermittlung des Sachverhaltes oder die Sicherstellung
der Vermögenswerte erschwert oder verhindert würde, hat der Rechtsanwalt der
Geldwäschemeldestelle unmittelbar danach die notwendige Information zu erteilen.108)
Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der Rechtsanwalt zuvor keine
Verdachtsmeldung erstattet hat; sie entfällt jedoch hinsichtlich solcher Tatsachen,
welche von den Ausnahmen zum „anwaltlichen Kernbereich“ erfasst sind (siehe oben
V.4.4.2).
Die jeweilige Rechtsanwaltskammer ist im Zuge der Überwachung der Pflichten ihrer
Mitglieder in besonderer Weise zur Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen zur
Verhinderung von GW angehalten.111) Die Rechtsanwaltskammer hat dabei die auf
Unions- sowie nationaler Ebene ermittelten Risiken, einschließlich der Einschätzung
der Risikoanalyse des ÖRAK, die dieser bislang nur zu den Anderkonten erarbeitet
hat, risikobasiert zu berücksichtigen. Stößt die Rechtsanwaltskammer im Zuge ihrer
Überprüfungen auf Tatsachen, die mit GW zusammenhängen, ist sie zur
Verdachtsmeldung verpflichtet.
3. Disziplinarstrafen
Für den Fall von Verstößen gegen die Bestimmungen zur Verhinderung von GW sind
als Disziplinarstrafen Geldstrafen von bis zu € 45.000,00, in Fällen von
schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen aufgrund der
unionsrechtlichen Vorgaben der 4. Geldwäscherichtlinie von bis zu € 1.000.000,00
vorgesehen.112)
Darüber hinaus besteht nach im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines
Verstoßes der Bestimmungen zur Verhinderung von GW die Verpflichtung des
Ausschusses der zuständigen Rechtsanwaltskammer, die Verurteilung unter
Bekanntgabe der Identität des Rechtsanwaltes einschließlich der verhängten
Disziplinarstrafe auf der Webseite der Rechtsanwaltskammer für den Zeitraum von
zumindest fünf Jahren zu veröffentlichen.113) Von der Veröffentlichung der Identität
bzw der Veröffentlichung an sich kann der Ausschuss nach einer fallbezogenen
Prüfung absehen, wenn diese unverhältnismäßig wäre.
4. Whistleblower-Hotline
Da die Erstellung einer solchen kanzleiinternen Risikoanalyse somit von der jeweiligen
konkreten, individuellen Situation einer Rechtsanwaltskanzlei abhängt, kann kein
Muster für eine solche kanzleiinterne Risikoanalyse erstellt werden.
Die nachstehende Anleitung zur Erstellung soll aber Anregungen geben, welche
Themenfelder bei der Erstellung einer solchen kanzleiinternen Risikoanalyse beachtet
werden sollten. Lediglich die Einleitung, die auf die allgemeine Risikosituation in
Österreich und die gesetzlichen Grundlagen eingeht, kann als konkreter Textbaustein
angesehen werden (Stand 11.5.2020), wobei Änderungen der Risikosituation und der
Rechtsgrundlagen von jedem Rechtsanwalt laufend und eigenverantwortlich zu
beobachten und zu berücksichtigen sind,
Die Verwendung dieser Anleitung erfolgt unter der eigenen Verantwortung jedes
Rechtsanwaltes, der ÖRAK schließt jede Haftung, insbesondere für die
Richtigkeit und Vollständigkeit aus.
Anlage 1 – Anleitung zur Erstellung einer Risikoanalyse für RA-Kanzleien
ANLEITUNG
zur Erstellung einer
A) Einleitung
1. Rechtsgrundlagen
Ausgangspunkt ist die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 20.05.2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der
Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr.
648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie
2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der
Kommission, ABl L 141/114 vom 05.06.2015 (nachfolgend kurz „4. GW-RL“) in der Fassung
der Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018
zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des
Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur
Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl L 2018/156, 43 (nachfolgend
kurz „5. GW-RL“), deren konsolidierte Fassung kurz als „GW-RL“ bezeichnet wird, samt den
Anhängen I bis III.
Artikel 8 Abs 1 der GW-RL verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die
Verpflichteten (wozu nach Artikel 2 Abs (1) Z 3 lit. b) auch Rechtsanwälte zählen)
angemessene Schritte unternehmen, um die für sie bestehenden Risiken der Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung unter Berücksichtigung von Risikofaktoren, einschließlich in
Bezug auf ihre Kunden, Länder oder geografische Gebiete, Produkte, Dienstleistungen,
Transaktionen oder Vertriebskanäle zu ermitteln und zu bewerten. Diese Schritte stehen in
einem angemessenen Verhältnis zu Art und Größe der Verpflichteten.
Der in Umsetzung dieser Regelung durch das BRÄG 2016 novellierte § 8a Abs 3 RAO (idF
ab 26.6.2017) lautet:
„Der Rechtsanwalt hat ferner eine Analyse und Bewertung des für ihn bestehenden
Risikos der Inanspruchnahme seiner Tätigkeit zu Zwecken der Geldwäscherei (§ 165
StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) durchzuführen, wobei dies in einem
angemessenen Verhältnis zu seiner konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe
seiner Kanzlei zu stehen hat. Risikofaktoren, die sich bezogen auf seine Kunden, auf
bestimmte Länder und geografische Gebiete oder auf bestimmte Produkte,
Dienstleistungen, Transaktionen oder Vertriebskanäle ergeben, sind dabei besonders
zu berücksichtigen. Diese Risikobewertungen sind vom Rechtsanwalt aufzuzeichnen,
auf aktuellem Stand zu halten und auf Anforderung der Rechtsanwaltskammer zur
Verfügung zu stellen. Tatsachen, die der Rechtsanwalt unter den in § 8c Abs. 1 zweiter
Satz genannten Voraussetzungen erfahren hat, müssen nicht in die schriftlichen
Risikobewertungen aufgenommen werden.“
Anlage 1 – Anleitung zur Erstellung einer Risikoanalyse für RA-Kanzleien
2. Ausgangslage:
2.1 Nationale Risikoanalyse Österreich:
Ausgangspunkt der Risikoanalyse sind die Ergebnisse, die in der „Nationalen Risikoanalyse
Österreich“1) insbesondere für den Bereich „Legal“, also für die rechtsberatenden Berufe,
enthalten sind.2)
Hierzu wurde unter anderem ausgeführt, dass sich „Rechtsanwaltschaft und Notariat
bewusst (sind), dass potenzielle Täter stetig danach trachten, Wege zu finden, um die
bestehenden Schutz-mechanismen zur Verhinderung von GW/TF zu umgehen. Insofern
bedarf es daher auch in der Zukunft einer laufenden Evaluierung sowohl der eigenen
Tätigkeit als auch der generellen „Trends“ des Wirtschaftslebens, um potenzielle
Gefahrenfelder möglichst frühzeitig zu identifizieren und möglichst rasch Gegenmaßnahmen
setzen zu können.“ Rechtsanwälten und Notaren in Österreich wurden in der Nationalen
Risikoanalyse in nachstehenden Bereichen folgende Risikofaktoren zugeordnet:
Risikobereich Risikofaktor
Anforderungen des GW/TF-Regimes werden nicht umgesetzt Mittel
Risiko, dass anwaltliche Tätigkeiten für Zwecke der GW/TF missbraucht Gering
werden
Effektivität bei der Umsetzung der GW/TF-Verpflichtungen und der Gering bis Mittel
Kontrollmaßnahmen
Durchsetzbarkeit von Regeln oder Leitlinien Mittel
Feststellung des Wirtschaftlich Berechtigten Hoch
Widerwille, das GW/TF-Risiko zu erkennen Mittel
Anwendung der Sorgfalts- und Meldeverpflichtungen Mittel
„Notaries, lawyers, and accountants play a key role within the economic system as they
are often involved in high risk business like company formations and real estate
transfers. There are concerns whether they fulfil their gatekeeper role effectively“
und daran die Empfehlung geknüpft, dass Österreich sicherzustellen hat, dass (u.a.) auch
Rechtsanwälte ausreichend der GW/TF-Risiken sich bewusst sind und die diesbezüglichen
Sorgfaltspflichten einhalten.
1
) Abrufbar unter https://www.bmf.gv.at/themen/finanzmarkt/geldwaescherei-
terrorismusfinanzierung.html.
2
) Insbesondere Punkt 66 (S 61), 77 (S 64 f), 91 (S 79 ff), 96 (S 88 f), 101 (S 108 ff) 106 (S 113 ff),
115 (126 ff), 131 (S 162 f), 134 (S 166 f), 136 (S 171 ff), 172 (S 220 ff), 173 (S 223 ff).
3
) Abrufbar unter http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/reports/mer4/MER-Austria-2016-
Executive-Summary.pdf (Executive Summary) und vollständiger Bericht: http://www.fatf-
gafi.org/media/fatf/documents/reports/mer4/MER-Austria-2016.pdf.
Anlage 1 – Anleitung zur Erstellung einer Risikoanalyse für RA-Kanzleien
Zweck der vorliegenden Risikoanalyse ist unter Berücksichtigung der individuelle Situation in
der Kanzlei die Erhebung der Risiken und Gefahren im Hinblick auf die – auch
unwissentliche – Einbeziehung unserer Kanzlei und ihrer Mitarbeiter in Aktivitäten im
Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung: diese Risikoanalyse dient
dann als Grundlage für die Festlegung von Strategien und Verfahren zur Erfüllung der
Rechtsanwälten im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäsche (§ 165 StGB) oder
Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) auferlegten Sorgfaltspflichten für unsere Kanzlei.
Jeder Rechtsanwalt der Kanzlei hat diese Risikoanalyse in Bezug auf seine Risiken geprüft
und ergänzt und bestätigt, dass sie seine spezifischen Risiken abdeckt.
Die nachfolgenden Analysebereiche konzentrieren sich vor allem, aber nicht ausschließlich,
auf geldwäschegeneigte Geschäfte, sohin solche Geschäfte, die betreffen (§ 8a RAO):
* die Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf
Rechnung seiner Partei oder
* die Mitwirkung an der Planung und Durchführung von Finanz- und
Immobilientransaktionen für seine Partei, sofern diese betreffen:
- den Kauf oder Verkauf von Immobilien oder Unternehmen,
- die Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten,
- die Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten oder
- die Gründung, den Betrieb oder die Verwaltung von Trusts, Gesellschaften,
Stiftungen oder ähnlichen Strukturen,, einschließlich der Beschaffung der zur
Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen
Mittel.
Ausgehend von den Ergebnissen der Analyse und dem dabei jeweils festgestellten Risiko
sind dann für die Kanzlei sowie für jeden Rechtsanwalt der Kanzlei entsprechende
angemessene und geeignete Strategien und Verfahren vorzusehen. Die hierzu in der Folge
angeführten Möglichkeiten sind weder abschließend noch verbindlich, sondern sollen
ebenfalls nur als Anregung dienen.
Bereich 1 – Kanzleistruktur:
Hier wäre die Kanzlei im Hinblick auf die Rechtsform und Größe sowie Anzahl der
Rechtsanwälte, Rechtsanwaltsanwärter und sonstige Mitarbeiter (einschließlich deren
Ausbildungsstandard) zu untersuchen. Risikoerhöhend könnten beispielsweise eine
höhere Anzahl nicht-juristisch ausgebildeter Mitarbeiter (zumindest ohne BU-Kurs),
Anlage 1 – Anleitung zur Erstellung einer Risikoanalyse für RA-Kanzleien
eine starke Fluktuation, etc. wirken. Bei mehreren Rechtsanwälten ist auch zu
analysieren, inwieweit spezifische Risikofaktoren vorliegen.
Bereich 2: - Organisationsstruktur
Analysethema 2: Klientenstruktur
Bitte beachten Sie, dass diese Analyse auch für bestehende Klienten durchzuführen ist!
(§ 8b (6) RAO).
Dabei sind die in den Anlagen II und III zum FM-GwG dargelegten Faktoren für ein
potenziell erhöhtes oder ein geringeres Risiko zu berücksichtigen.
Bereich 5 - Untersuchung der Mandanten auf den Status als PEP einschließlich der
Familienangehörigen und nahestehende Personen
Bereich 1 - Untersuchung der Arten der von der Kanzlei übernommenen Mandate:
Allfälligen Auffälligkeiten (vgl. „red-flags“, wie zB wenn der Zweck des Geschäfts der
Art nach außergewöhnlich ist und/oder wirtschaftlich nicht leicht erkennbar;
wirtschaftlich nicht verständliche Änderung der ursprünglich geplanten
Transaktionsstruktur, außergewöhnlich hohes Transaktionsvolumen, Ausübung
unerklärlich großen Zeitdrucks, Verwendung von Geldmitteln aus Offshore-
Destinationen, etc) ist im Rahmen der grundlegenden (allgemeinen) risikobasierten
Anti-Geldwäsche- und -Terrorismusfinanzierungs-Compliance zu begegnen.
Gründung von Gesellschaften und die Beteiligung an der Gründung erscheint per se
problematisch, wenn und soweit die Kanzlei in die Transaktion bzw.
Vertragserrichtung nicht von Vornherein eingebunden ist/war.
Vielfach liegt Treuhandschaften das Element der Geheimhaltung inne, welches unter
Compliance-Gesichtspunkten jeweils gesondert zu hinterfragen ist.
Evaluierung der Teilnahme der Kanzlei im Rahmen der Entwicklung neuer innovativer
rechtsanwaltlicher Dienstleistungen bzw. Produktangebote. Betätigung auf Internet-
Marktplätzen oder Entgegennahme virtueller Währungen.
Beispielhaft angeführt sei dabei die Möglichkeit der raschen und kostengünstigen
Gründung einer GmbH im Rahmen des Projekts „Gründerservice“.
Risikofaktor: [gering/mittel/hoch]
1. Aktualisierung am [_____]
Unterschrift
Anlage 2: KYC-Musterfragebogen
Sie beabsichtigen, unsere Kanzlei im Zusammenhang mit einem oder mehreren der unten unter B) angekreuz-
ten Rechtsgeschäfte zu mandatieren. Wir sind in diesem Zusammenhang in Hinblick auf die Bestimmungen
zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in jedem einzelnen Fall verpflichtet, gewisse
Prüfungshandlungen durchzuführen, selbst wenn es keinerlei Verdacht auf solche strafbaren Handlungen gibt.
Bitte füllen Sie dieses Formular wahrheitsgemäß aus und bestätigen Sie die Richtigkeit der Angaben durch
Ihre Unterschrift. Bei Fragen zum Formular steht Ihnen [NN] (per E-Mail: [NN]@[___], cc: [NN]@[___]) gerne
zur Verfügung. Sollten die vorformulierte Aussagen unzutreffend sein, etwa die Gesellschaft die Transaktion
nicht auf eigene Rechnung sondern als Treuhänder einer dritten Person vornehmen, informieren Sie uns bitte
unverzüglich.
Zusätzlich zu dem ausgefüllten Formular benötigen wir von Ihnen die folgenden Unterlagen:
a) Kopien der amtlichen Lichtbildausweise (Pass, Führerschein, Personalausweis) aller Personen, die
diese Bestätigung für die Gesellschaft unterfertigen (Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder usw).
b) Kopien der amtlichen Lichtbildausweise (Pass, Führerschein, Personalausweis) der wirtschaftlichen
Eigentümer; die Vorlage der Kopien kann gemäß § 11 Abs 2 WiEReG entfallen, wenn
- ein vollständiger erweiterter Auszug aus dem österreichischen Register wirtschaftlicher Eigentü-
mer gemäß § 9 Abs. 5 WiEReG vorhanden ist;
- keine Faktoren für ein erhöhtes Risiko vorliegen und
- durch die Vertreter der Gesellschaft bestätigt wird, dass keine von dem erweiterten Auszug ab-
weichenden Kontrollverhältnisse oder Treuhandbeziehungen bestehen.
c) Falls die Gesellschaft nicht in Österreich registriert ist: aktueller Auszug aus dem amtlichen Unterneh-
mens-, Handels- oder Firmenregister der Gesellschaft und den letzten geprüften Jahresabschluss.
d) Falls die Gesellschaft nicht in Österreich im Register der wirtschaftlichen Eigentümer registriert ist:
aktueller Auszug aus einem ausländischen vergleichbaren Register, falls ein solches existiert und eine
Verpflichtung zur Registrierung in diesem Register besteht.
e) Bei komplexeren Beteiligungsstrukturen: Organigramm, aus dem die Beteiligungsverhältnisse der wirt-
schaftlichen Eigentümer erkennbar sind, sowie die vorstehenden Nachweise auch hinsichtlich sämtli-
cher dazwischengeschalteter natürlicher oder juristischer Personen.
FN/Reg.Nr.: ___________________________________________
Registrierungsort: ___________________________________________
Sitz: ___________________________________________
Geschäftsanschrift: ___________________________________________
□ Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderli-
chen Mittel
□ Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten, die Eröffnung oder Ver-
waltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten
□ D.1: Es handelt sich um ein Kredit- oder Finanzinstitut, das in den Anwendungsbereich der
Richtlinie (EU) 2015/849 fällt oder in einem Drittland ansässig ist, das dort gleichwertigen wie in
der Richtlinie (EU) 2015/849 vorgesehenen Anforderungen und Pflichten unterworfen ist und
einer Aufsicht in Bezug auf deren Einhaltung unterliegt;
□ D.2: Es handelt sich um eine inländische Behörde;
□ D.3: Es handelt sich um eine sonstige Behörde oder öffentliche Einrichtung, die auf Grundlage
des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Ge-
meinschaften oder des Sekundärrechts der Gemeinschaft mit öffentlichen Aufgaben betraut
wurde, deren Identität öffentlich nachprüfbar und transparent ist und zweifelsfrei feststeht, deren
Tätigkeiten und Rechnungslegungspraktiken transparent sind und die gegenüber einem Organ
der Gemeinschaft oder den Behörden eines Mitgliedstaats rechenschaftspflichtig ist oder für die
anderweitige Kontroll- und Gegenkontrollmechanismen zur Überprüfung ihrer Tätigkeit beste-
hen.
□ D.4: Weder noch; keine der vorangehenden Antwortmöglichkeiten trifft zu.
E. Falls Sie bei der vorgehenden Frage „D/4) Weder noch; keine der vorangehenden Antwortmöglich-
keiten trifft zu.“ angekreuzt haben, machen Sie bitte folgende Angaben zu den wirtschaftlichen
Eigentümern) (Begriffsklärung siehe am Ende des Formulars) der Gesellschaft:
-3-
E.1. Die Gesellschaft ist in __________ (Bitte Land der Börsenregistrierung einfügen) an der
________ (Bitte Börsenname einfügen) registriert und zu dem Handel auf dem _______ (Bitte
den Markt einfügen, wenn von der Börse mehrere Märkte betrieben werden) zugelassen.
E.2. Die folgenden natürlichen Personen sind wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft; darüber
hinaus gibt es keine anderen wirtschaftlichen Eigentümer (bitte jeweils Vorname, Nachname,
Geburtsdatum, Adresse sowie angeben, ob Devisen-In- oder -Ausländer):
_______________________________________________________________________
_______________________________________________________________________
_______________________________________________________________________
_______________________________________________________________________
_______________________________________________________________________
_______________________________________________________________________
E.3. Die wirtschaftlichen Eigentümer sind keine politisch exponierten Personen und auch keine
Familienmitglieder von politisch exponierten Personen sowie keine solchen naheste-
hende Personen (Begriffsklärung siehe am Ende des Formulars).
□ Trifft zu.
□ Trifft nicht zu
Wenn Sie „Trifft nicht zu“ ankreuzen:
E.3.1 □ Der wirtschaftliche Eigentümer ____________ selbst ist eine politisch exponierte
Person, weil (Funktion angeben) _____________ ________________________
□ Eigenmittel
Wir bestätigen gegenüber der [_____], dass alle Angaben in diesem Formular richtig und vollständig sind.
Wir schließen diesem Formular Kopien amtlicher Lichtbildausweise (zB Pass, Führerschein, Perso-
nalausweis) sämtlicher Personen, die als Vertreter für die Gesellschaft unterschreiben, bei.
Rücksendung des unterschriebenen Formulars samt der auf der ersten Seite unter a) bis e) angeführten Un-
terlagen wahlweise
per E-Mail an [NN]@[_____]
per Fax an [_______]
per Post an [_______________________]
-5-
Begriffsklärungen:
1) „Deviseninländer“ sind Personen, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Österreich haben.
Wirtschaftlicher Eigentümer sind alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein
Rechtsträger letztlich steht, hierzu gehört zumindest folgender Personenkreis:
1. bei Gesellschaften, insbesondere bei Rechtsträgern gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 bis 11, 13 und 14:
a) alle natürlichen Personen, die direkt oder indirekt einen ausreichenden Anteil von Aktien oder
Stimmrechten (einschließlich in Form von Inhaberaktien) halten, ausreichend an der Gesell-
schaft beteiligt sind (einschließlich in Form eines Geschäfts- oder Kapitalanteils) oder die Kon-
trolle auf die Gesellschaft ausüben:
aa) Direkter wirtschaftlicher Eigentümer: wenn eine natürliche Person einen Anteil von Aktien
oder Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der
Gesellschaft hält oder eine natürliche Person oder mehrere natürliche Personen gemein-
sam direkt Kontrolle auf die Gesellschaft ausüben, so ist diese natürliche Person oder sind
diese natürliche Personen direkte wirtschaftliche Eigentümer.
bb) Indirekter wirtschaftlicher Eigentümer: wenn ein Rechtsträger einen Anteil von Aktien oder
Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der Gesell-
schaft hält und eine natürliche Person oder mehrere natürliche Personen gemeinsam direkt
oder indirekt Kontrolle auf diesen Rechtsträger ausübt, so ist diese natürliche Person oder
sind diese natürliche Personen indirekte wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft.
Wenn mehrere Rechtsträger, die von derselben natürlichen Person oder denselben natür-
lichen Personen direkt oder indirekt kontrolliert werden, insgesamt einen Anteil von Aktien
oder Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der
Gesellschaft halten, so ist diese natürliche Person oder sind diese natürlichen Personen
wirtschaftliche Eigentümer.
Ein von der oder den vorgenannten natürlichen Personen direkt gehaltener Anteil an Aktien
oder Stimmrechten oder eine direkt gehaltene Beteiligung ist jeweils hinzuzurechnen.
Oberste Rechtsträger sind jene Rechtsträger in einer Beteiligungskette, die von indirekten
wirtschaftlichen Eigentümern direkt kontrolliert werden sowie jene Rechtsträger an denen
indirekte wirtschaftliche Eigentümer direkt Aktien, Stimmrechte oder eine Beteiligung hal-
ten, wenn diese zusammen mit dem oder den vorgenannten Rechtsträger(n) das wirt-
schaftliche Eigentum begründen. Wenn der wirtschaftliche Eigentümer eine Funktion ge-
mäß Z 2 oder Z 3 ausübt, dann ist der betreffende Rechtsträger stets oberster Rechtsträ-
ger.
Der Begriff Rechtsträger im Sinne dieser Ziffer umfasst auch vergleichbare Rechtsträger
im Sinne des § 1 mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland.
Kontrolle liegt bei einem Aktienanteil von 50 vH zuzüglich einer Aktie oder einer Beteiligung von
mehr als 50 vH, direkt oder indirekt gehalten, vor. Weiters ist Kontrolle auch bei Vorliegen der
Kriterien gemäß § 244 Abs. 2 UGB oder bei Ausübung einer Funktion gemäß Z 2 oder Z 3 bei
einem obersten Rechtsträger gegeben oder wenn die Gesellschaft auf andere Weise letztlich
kontrolliert wird. Im Übrigen begründet ein Treugeber oder eine vergleichbare Person Kontrolle
durch ein Treuhandschaftsverhältnis oder ein vergleichbares Rechtsverhältnis.
b) die natürlichen Personen, die der obersten Führungsebene der Gesellschaft angehören, wenn
nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten und sofern keine Verdachtsmomente vorliegen, keine
Person nach lit. a ermittelt werden kann. Für die nachfolgend genannten Gesellschaften gilt:
aa) bei offenen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften mit ausschließlich natürlichen
Personen als Gesellschaftern gelten die geschäftsführenden Gesellschafter als wirtschaft-
liche Eigentümer, sofern keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Gesellschaft direkt oder
indirekt unter der Kontrolle einer oder mehrerer anderer natürlichen Personen steht.
bb) bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften gelten die Mitglieder der obersten Füh-
rungsebene (Vorstand) als wirtschaftlicher Eigentümer oder, sofern auch Geschäftsleiter
eingetragen sind, nur die Geschäftsleiter als wirtschaftliche Eigentümer.
cc) bei eigentümerlosen Gesellschaften gelten die natürlichen Personen, die der obersten Füh-
rungsebene angehören als wirtschaftliche Eigentümer, sofern keine Anhaltspunkte vorlie-
gen, dass die Gesellschaft direkt oder indirekt unter der Kontrolle einer oder mehrerer an-
derer natürlichen Personen steht.
b) der/die Trustee(s);
c) der Protektor, sofern vorhanden;
d) die Begünstigten oder sofern die Einzelpersonen, die Begünstigte des Trusts sind, noch be-
stimmt werden müssen die Gruppe von Personen, in deren Interesse der Trust errichtet oder
betrieben wird (Begünstigtenkreis); erhalten Personen aus dieser Gruppe Zuwendungen von
dem Trust, deren Wert 2 000 Euro in einem Kalenderjahr übersteigt, dann gelten sie in dem
betreffenden Kalenderjahr als Begünstigte;
e) jede sonstige natürliche Person, die den Trust auf andere Weise letztlich kontrolliert.
Politisch exponierte Personen sind natürliche Personen, die wichtige öffentliche Ämter ausüben oder aus-
geübt haben; dazu zählen insbesondere:
1. Staatschefs, Regierungschefs, Minister, stellvertretende Minister und Staatssekretäre; im Inland be-
trifft dies insbesondere den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Mitglieder der Bundes-
regierung und der Landesregierungen;
2. Parlamentsabgeordnete oder Mitglieder vergleichbarer Gesetzgebungsorgane; im Inland betrifft dies
insbesondere die Abgeordneten des Nationalrates und des Bundesrates;
3. Mitglieder der Führungsgremien politischer Parteien; im Inland betrifft dies insbesondere Mitglieder
der Führungsgremien von im Nationalrat vertretenen politischen Parteien;
4. Mitglieder von obersten Gerichtshöfen, Verfassungsgerichtshöfen oder sonstigen hohen Gerichten,
gegen deren Entscheidungen, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, kein Rechtsmittel
mehr eingelegt werden kann; im Inland betrifft dies insbesondere Richter des Verfassungsgerichts-
hofs, des Verwaltungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs;
5. Mitglieder von Rechnungshöfen oder der Leitungsorgane von Zentralbanken; im Inland betrifft dies
insbesondere den Präsidenten des Rechnungshofs sowie die Direktoren der Landesrechnungshöfe
und Mitglieder des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank;
6. Botschafter, Geschäftsträger und hochrangige Offiziere der Streitkräfte; im Inland sind hochrangige
Offiziere der Streitkräfte insbesondere Militärpersonen ab dem Dienstgrad Generalleutnant;
7. Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane staatseigener Unternehmen; im Inland
betrifft dies insbesondere Unternehmen, bei denen der Bund mit mindestens 50 vH des Stamm-,
Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund alleine betreibt oder die der Bund durch
finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht;
bei Unternehmen an denen ein Land mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals
beteiligt ist oder die ein Land alleine betreibt oder die ein Land durch finanzielle oder sonstige wirt-
schaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht – sofern der jährliche Gesam-
tumsatz eines solchen Unternehmens 1 000 000 Euro übersteigt – der Vorstand bzw. die Geschäfts-
führung. Der jährliche Gesamtumsatz bestimmt sich nach den jährlichen Umsatzerlösen aus dem
letzten festgestellten Jahresabschluss.
-7-
8. Direktoren, stellvertretende Direktoren und Mitglieder des Leitungsorgans oder eine vergleichbare
Funktion bei einer internationalen Organisation.
Keine der unter Z 1 bis 8 angeführten öffentlichen Funktionen umfasst Funktionsträger mittleren oder
niedrigeren Ranges.
1. „Kreditinstitut“ ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU)
Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates) sowie dessen in der Union gelegene
Zweigstellen — im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 17 jener Verordnung —, unabhängig davon,
ob sich sein Sitz in der Union oder in einem Drittstaat befindet;
2. „Finanzinstitut“:
a) ein anderes Unternehmen als ein Kreditinstitut, das eine oder mehrere der in Anhang I Num-
mern 2 bis 12, 14 und 15 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates aufgeführten Tätigkeiten ausübt, einschließlich der Tätigkeiten von Wechselstuben (bu-
reaux de change);
b) ein Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 1 der Richtlinie 2009/138/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates ), soweit es Lebensversicherungstätigkeiten aus-
übt, die unter jene Richtlinie fallen;
c) eine Wertpapierfirma im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2004/39/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates);
d) einen Organismus für gemeinsame Anlagen, der seine Anteilscheine oder Anteile vertreibt;
e) einen Versicherungsvermittler im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Richtlinie 2002/92/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates), wenn dieser im Zusammenhang mit Lebensversi-
cherungen und anderen Dienstleistungen mit Anlagezweck tätig wird, mit Ausnahme eines ver-
traglich gebundenen Versicherungsvermittlers im Sinne von Nummer 7 jenes Artikels;
f) in der Union gelegene Zweigstellen von unter den Buchstaben a bis e genannten Finanzinstitu-
ten, unabhängig davon, ob deren Sitz in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland
Anlage 2-2 KYC-Fragebogen natürliche Person
Sie beabsichtigen, unsere Kanzlei im Zusammenhang mit einem oder mehreren der unten unter B) angekreuz-
ten Rechtsgeschäfte zu beauftragen. Wir sind in diesem Zusammenhang in Hinblick auf die Bestimmungen
zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in jedem einzelnen Fall verpflichtet, gewisse
Daten zu erheben und Prüfungshandlungen durchzuführen, selbst wenn es keinerlei Verdacht auf solche straf-
baren Handlungen gibt.
Bitte füllen Sie daher dieses Formular wahrheitsgemäß aus und bestätigen Sie die Richtigkeit der Angaben
durch Ihre Unterschrift. Bei Fragen zum Formular steht Ihnen [NN] (per E-Mail: [NN]@[___], cc: [NN]@[___])
gerne zur Verfügung. Bitte schließen Sie dem Formular auch eine Kopie Ihres amtlichen Lichtbildausweises
bei. Sollten Sie die Transaktion nicht auf eigene Rechnung, sondern als Treuhänder einer dritten Person vor-
nehmen, informieren Sie uns bitte unverzüglich.
Vorname: ___________________________________________
Nachname: ___________________________________________
Geburtsdatum: ___________________________________________
Staatsbürgerschaft: ___________________________________________
Zustellanschrift: ___________________________________________
□ Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderli-
chen Mittel
□ Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten, die Eröffnung oder Ver-
waltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten
-2-
□ Trifft zu.
□ Trifft nicht zu
Wenn Sie „Trifft nicht zu“ ankreuzen:
C.4.1 □ Ich selbst bin eine politisch exponierte Person, weil (Funktion angeben)
_____________________________________
C.4.2 □ Ich selbst bin Familienmitglied / nahestehende Person einer politisch exponierten
Person, weil (Verhältnis angeben): _____________ ________________________
C.4.3 Angaben zur politisch exponierten Person, zu der ich Familienmitglied / nahestehende
Person bin:
Vorname: _____________________________________
Nachname: _____________________________________
Geburtsdatum: _____________________________________
Staatsbürgerschaft: _____________________________________
Wohnsitz: _____________________________________
C.5. Das Rechtsgeschäft dient weder der Geldwäsche noch der Terrorismusfinanzierung.
Ich bestätige an Eides statt die Richtigkeit der abgegebenen Erklärungen und Angaben. Ich schließe die-
sem Formular eine Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises (zB Pass, Führerschein, Personalaus-
weis) bei.
Rücksendung des Formulars sowie einer Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises wahlweise an:
per E-Mail an [NN]@[_____], cc: [NN]@[_____]
per Fax an [________]
per Post an [_______]
-3-
Begriffsklärungen:
1) „Deviseninländer“ sind Personen, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Österreich haben.
Wirtschaftlicher Eigentümer sind alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein
Rechtsträger letztlich steht, hierzu gehört zumindest folgender Personenkreis:
1. bei Gesellschaften, insbesondere bei Rechtsträgern gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 bis 11, 13 und 14:
a) alle natürlichen Personen, die direkt oder indirekt einen ausreichenden Anteil von Aktien oder
Stimmrechten (einschließlich in Form von Inhaberaktien) halten, ausreichend an der Gesell-
schaft beteiligt sind (einschließlich in Form eines Geschäfts- oder Kapitalanteils) oder die Kon-
trolle auf die Gesellschaft ausüben:
aa) Direkter wirtschaftlicher Eigentümer: wenn eine natürliche Person einen Anteil von Aktien
oder Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der
Gesellschaft hält oder eine natürliche Person oder mehrere natürliche Personen gemein-
sam direkt Kontrolle auf die Gesellschaft ausüben, so ist diese natürliche Person oder sind
diese natürliche Personen direkte wirtschaftliche Eigentümer.
bb) Indirekter wirtschaftlicher Eigentümer: wenn ein Rechtsträger einen Anteil von Aktien oder
Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der Gesell-
schaft hält und eine natürliche Person oder mehrere natürliche Personen gemeinsam direkt
oder indirekt Kontrolle auf diesen Rechtsträger ausübt, so ist diese natürliche Person oder
sind diese natürliche Personen indirekte wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft.
Wenn mehrere Rechtsträger, die von derselben natürlichen Person oder denselben natür-
lichen Personen direkt oder indirekt kontrolliert werden, insgesamt einen Anteil von Aktien
oder Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der
Gesellschaft halten, so ist diese natürliche Person oder sind diese natürlichen Personen
wirtschaftliche Eigentümer.
Ein von der oder den vorgenannten natürlichen Personen direkt gehaltener Anteil an Aktien
oder Stimmrechten oder eine direkt gehaltene Beteiligung ist jeweils hinzuzurechnen.
Oberste Rechtsträger sind jene Rechtsträger in einer Beteiligungskette, die von indirekten
wirtschaftlichen Eigentümern direkt kontrolliert werden sowie jene Rechtsträger an denen
indirekte wirtschaftliche Eigentümer direkt Aktien, Stimmrechte oder eine Beteiligung hal-
ten, wenn diese zusammen mit dem oder den vorgenannten Rechtsträger(n) das wirt-
schaftliche Eigentum begründen. Wenn der wirtschaftliche Eigentümer eine Funktion ge-
mäß Z 2 oder Z 3 ausübt, dann ist der betreffende Rechtsträger stets oberster Rechtsträ-
ger.
Der Begriff Rechtsträger im Sinne dieser Ziffer umfasst auch vergleichbare Rechtsträger
im Sinne des § 1 mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland.
Kontrolle liegt bei einem Aktienanteil von 50 vH zuzüglich einer Aktie oder einer Beteiligung von
mehr als 50 vH, direkt oder indirekt gehalten, vor. Weiters ist Kontrolle auch bei Vorliegen der
Kriterien gemäß § 244 Abs. 2 UGB oder bei Ausübung einer Funktion gemäß Z 2 oder Z 3 bei
einem obersten Rechtsträger gegeben oder wenn die Gesellschaft auf andere Weise letztlich
kontrolliert wird. Im Übrigen begründet ein Treugeber oder eine vergleichbare Person Kontrolle
durch ein Treuhandschaftsverhältnis oder ein vergleichbares Rechtsverhältnis.
b) die natürlichen Personen, die der obersten Führungsebene der Gesellschaft angehören, wenn
nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten und sofern keine Verdachtsmomente vorliegen, keine
Person nach lit. a ermittelt werden kann. Für die nachfolgend genannten Gesellschaften gilt:
aa) bei offenen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften mit ausschließlich natürlichen
Personen als Gesellschaftern gelten die geschäftsführenden Gesellschafter als wirtschaft-
liche Eigentümer, sofern keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Gesellschaft direkt oder
indirekt unter der Kontrolle einer oder mehrerer anderer natürlichen Personen steht.
bb) bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften gelten die Mitglieder der obersten Füh-
rungsebene (Vorstand) als wirtschaftlicher Eigentümer oder, sofern auch Geschäftsleiter
eingetragen sind, nur die Geschäftsleiter als wirtschaftliche Eigentümer.
cc) bei eigentümerlosen Gesellschaften gelten die natürlichen Personen, die der obersten Füh-
rungsebene angehören als wirtschaftliche Eigentümer, sofern keine Anhaltspunkte vorlie-
gen, dass die Gesellschaft direkt oder indirekt unter der Kontrolle einer oder mehrerer an-
derer natürlichen Personen steht.
b) der/die Trustee(s);
c) der Protektor, sofern vorhanden;
d) die Begünstigten oder sofern die Einzelpersonen, die Begünstigte des Trusts sind, noch be-
stimmt werden müssen die Gruppe von Personen, in deren Interesse der Trust errichtet oder
betrieben wird (Begünstigtenkreis); erhalten Personen aus dieser Gruppe Zuwendungen von
dem Trust, deren Wert 2 000 Euro in einem Kalenderjahr übersteigt, dann gelten sie in dem
betreffenden Kalenderjahr als Begünstigte;
e) jede sonstige natürliche Person, die den Trust auf andere Weise letztlich kontrolliert.
Politisch exponierte Personen sind natürliche Personen, die wichtige öffentliche Ämter ausüben oder aus-
geübt haben; dazu zählen insbesondere:
1. Staatschefs, Regierungschefs, Minister, stellvertretende Minister und Staatssekretäre; im Inland be-
trifft dies insbesondere den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Mitglieder der Bundes-
regierung und der Landesregierungen;
2. Parlamentsabgeordnete oder Mitglieder vergleichbarer Gesetzgebungsorgane; im Inland betrifft dies
insbesondere die Abgeordneten des Nationalrates und des Bundesrates;
3. Mitglieder der Führungsgremien politischer Parteien; im Inland betrifft dies insbesondere Mitglieder
der Führungsgremien von im Nationalrat vertretenen politischen Parteien;
4. Mitglieder von obersten Gerichtshöfen, Verfassungsgerichtshöfen oder sonstigen hohen Gerichten,
gegen deren Entscheidungen, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, kein Rechtsmittel
mehr eingelegt werden kann; im Inland betrifft dies insbesondere Richter des Verfassungsgerichts-
hofs, des Verwaltungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs;
5. Mitglieder von Rechnungshöfen oder der Leitungsorgane von Zentralbanken; im Inland betrifft dies
insbesondere den Präsidenten des Rechnungshofs sowie die Direktoren der Landesrechnungshöfe
und Mitglieder des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank;
6. Botschafter, Geschäftsträger und hochrangige Offiziere der Streitkräfte; im Inland sind hochrangige
Offiziere der Streitkräfte insbesondere Militärpersonen ab dem Dienstgrad Generalleutnant;
7. Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane staatseigener Unternehmen; im Inland
betrifft dies insbesondere Unternehmen, bei denen der Bund mit mindestens 50 vH des Stamm-,
Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund alleine betreibt oder die der Bund durch
finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht;
bei Unternehmen an denen ein Land mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals
beteiligt ist oder die ein Land alleine betreibt oder die ein Land durch finanzielle oder sonstige wirt-
schaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht – sofern der jährliche Gesam-
tumsatz eines solchen Unternehmens 1 000 000 Euro übersteigt – der Vorstand bzw. die Geschäfts-
führung. Der jährliche Gesamtumsatz bestimmt sich nach den jährlichen Umsatzerlösen aus dem
letzten festgestellten Jahresabschluss.
-5-
8. Direktoren, stellvertretende Direktoren und Mitglieder des Leitungsorgans oder eine vergleichbare
Funktion bei einer internationalen Organisation.
Keine der unter Z 1 bis 8 angeführten öffentlichen Funktionen umfasst Funktionsträger mittleren oder
niedrigeren Ranges.
Diese Checkliste ist unverbindliche; es besteht auch weder eine gesetzliche noch eine
standesrechtliche Verpflichtung, eine solche Checkliste zu verwenden.
Die Verwendung dieser Checkliste erfolgt unter der eigenen Verantwortung jedes
Rechtsanwaltes, der ÖRAK schließt jede Haftung, insbesondere für die
Richtigkeit und Vollständigkeit aus.
Anlage 3 – Checkliste
Auftraggeber:
A. Geldwäscheverdachtskriterien
A/2. Bestehen konkrete Anzeichen dafür, dass der Auftraggeber mit einer
□ ja □ nein
terroristischen Vereinigung in Verbindung steht?
B. Verstärkte Sorgfaltspflichten
B/1. Ist der Auftraggeber eine im Ausland ansässige politisch exponierte Person
(PEP)? □ ja □ nein
B/3. Ist der Auftraggeber eine einer politisch exponierten Person bekanntermaßen
nahestehende Person? □ ja □ nein
C. Risikokriterien
C/1. Ist der Auftraggeber in einem gefährdeten oder nicht FATF‐konformen Staat
ansässig oder bestehen Verbindungen zu einem solchen Staat? □ ja □ nein
C/2. Ist der Auftraggeber in einer Branche mit potenziell höherem Risiko tätig? □ ja □ nein
C/4 Ist der Auftraggeber eine inländische Behörde, ein in einem EU‐Mitgliedstaat
ansässiges Kredit‐ oder Finanzinstitut oder eine § 8e RAO entsprechende EU‐Behörde? □ ja □ nein
Risikogesamteinschätzung
kein/geringes erhöhtes Geldwäsche‐ Anmerkung
Geldwäscherisiko Geldwäscherisiko Verdachtsmeldung (insbes. Darlegung der Verdachtsmomente
(zB bei lauter Nein bzw. bei (bei Ja unter B und/oder (jedenfalls bei Ja unter A, bei Ja unter A und/oder C/3)
Ja unter B/4.2 und C/1‐3) allenfalls auch bei Ja unter C/1‐
C/4), C/3)
□ □ □
Datum Unterschrift
1
Zur Risikobeurteilung wird auf die als Anhang I‐III am Ende des Formulars angeführten Risikofaktoren verwiesen.
Ablage der Checkliste im Stammakt gemeinsam mit den im Zuge der KYC‐Prüfung eingeholten Unterlagen.
Anlage 3 – Checkliste
Anlage I
Die nachstehende Liste ist eine nicht erschöpfende Aufzählung von Risikovariablen, denen die Verpflichteten
bei der Festlegung der zur Anwendung der Sorgfaltspflichten zu ergreifenden Maßnahmen Rechnung tragen
müssen:
1. Zweck eines Kontos oder einer Geschäftsbeziehung,
2. Höhe der von einem Kunden eingezahlten Vermögenswerte oder Umfang der ausgeführten Transaktionen,
3. Regelmäßigkeit oder Dauer der Geschäftsbeziehung.
Anlage II
Die nachstehende Liste ist eine nicht erschöpfende Aufzählung von Faktoren und möglichen Anzeichen für ein
potenziell geringes Risiko:
1. Risikofaktoren bezüglich Kunden:
a) börsennotierte Gesellschaften, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt in einem oder
mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind, oder börsennotierte Gesellschaften aus Drittländern, die
gemäß einer auf Grund des § 122 Abs. 10 BörseG 2018 durch die FMA zu erlassenden Verordnung
Offenlegungsanforderungen unterliegen, die dem Unionsrecht entsprechen oder mit diesem vergleichbar
sind
b) öffentliche Verwaltungen oder Unternehmen,
c) Kunden mit Wohnsitz in geografischen Gebieten mit geringem Risiko.
2. Risikofaktoren bezüglich Produkte, Dienstleistungen, Transaktionen oder Vertriebskanäle:
a) Lebensversicherungsverträge mit niedriger Prämie,
b) Versicherungspolicen für Rentenversicherungsverträge, sofern die Verträge weder eine Rückkaufklausel
enthalten noch als Sicherheit für Darlehen dienen können,
c) Rentensysteme und Pensionspläne beziehungsweise vergleichbare Systeme, wie beispielsweise die
Hereinnahme und Veranlagung von Abfertigungsbeiträgen und Selbstständigenvorsorgebeiträgen durch
Betriebliche Vorsorgekassen, die den Arbeitnehmern Altersversorgungsleistungen bieten, wobei die
Beiträge vom Gehalt abgezogen werden und die Regeln des Systems es den Begünstigten nicht gestatten,
ihre Rechte zu übertragen,
d) Finanzprodukte oder ‐dienste, die bestimmten Kunden angemessen definierte und begrenzte
Dienstleistungen mit dem Ziel der Einbindung in das Finanzsystem („financial inclusion“) anbieten,
e) Produkte, bei denen die Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung durch andere Faktoren
wie etwa Beschränkungen der elektronischen Geldbörse oder die Transparenz der Eigentumsverhältnisse
gesteuert werden (z. B. bestimmten Arten von E‐Geld).
3. Risikofaktoren in geographischer Hinsicht – Registrierung, Niederlassung, Wohnsitz in:
a) Mitgliedstaaten,
b) Drittländer mit gut funktionierenden Systemen zur Bekämpfung von Geldwäscherei und
Terrorismusfinanzierung,
c) Drittländer, in denen Korruption und andere kriminelle Tätigkeiten laut glaubwürdigen Quellen schwach
ausgeprägt sind,
d) Drittländer, deren Anforderungen an die Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung laut
glaubwürdigen Quellen (z. B. gegenseitige Evaluierungen, detaillierte Bewertungsberichte oder
veröffentlichte Follow‐up‐Berichte) den überarbeiteten FATF‐Empfehlungen entsprechen und die diese
Anforderungen wirksam umsetzen.
Anlage III
Die nachstehende Liste ist eine nicht erschöpfende Aufzählung von Faktoren und möglichen Anzeichen für ein
potenziell erhöhtes Risiko:
1. Risikofaktoren bezüglich Kunden:
a) außergewöhnliche Umstände der Geschäftsbeziehung,
b) Kunden, die in geografischen Gebieten mit hohem Risiko ansässig sind,
c) juristische Personen oder Rechtsvereinbarungen, die als Instrumente für die private Vermögensverwaltung
dienen,
d) Unternehmen mit nominellen Anteilseignern oder als Inhaberpapieren emittierten Aktien,
Ablage der Checkliste im Stammakt gemeinsam mit den im Zuge der KYC‐Prüfung eingeholten Unterlagen.
Anlage 3 – Checkliste
e) bargeldintensive Unternehmen,
f) angesichts der Art der Geschäftstätigkeit als ungewöhnlich oder übermäßig kompliziert erscheinende
Eigentumsstruktur des Unternehmens,
g) der Kunde ist ein Drittstaatsangehöriger, der Aufenthaltsrechte oder die Staatsbürgerschaft eines
Mitgliedstaats im Austausch gegen die Übertragung von Kapital, den Kauf von Immobilien oder
Staatsanleihen oder Investitionen in Gesellschaften in diesem Mitgliedstaat beantragt;
2. Risikofaktoren bezüglich Produkten, Dienstleistungen, Transaktionen oder Vertriebskanälen:
a) Banken mit Privatkundengeschäft,
b) Produkte oder Transaktionen, die Anonymität begünstigen könnten,
c) Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen ohne persönliche Kontakte und ohne bestimmte
Sicherungsmaßnahmen einschließlich elektronischer Mittel für die Identitätsfeststellung und einschlägiger
Vertrauensdienste gemäß der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 und anderer sicherer Verfahren zur
Identifizierung aus der Ferne oder auf elektronischem Weg,
d) Eingang von Zahlungen unbekannter oder nicht verbundener Dritter,
e) neue Produkte und neue Geschäftsmodelle einschließlich neuer Vertriebsmechanismen sowie Nutzung
neuer oder in der Entwicklung begriffener Technologien für neue oder bereits bestehende Produkte,
f) Transaktionen in Bezug auf Öl, Waffen, Edelmetalle, Tabakerzeugnisse, Kulturgüter und andere Artikel von
archäologischer, historischer, kultureller oder religiöser Bedeutung oder von außergewöhnlichem
wissenschaftlichen Wert sowie Elfenbein und geschützte Arten;
3. Risikofaktoren in geographischer Hinsicht:
a) Länder, deren Finanzsysteme laut glaubwürdigen Quellen (z. B. gegenseitige Evaluierungen, detaillierte
Bewertungsberichte oder veröffentlichte Follow‐up‐Berichte) nicht über hinreichende Systeme zur
Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung verfügen,
b) Drittländer, in denen Korruption oder andere kriminelle Tätigkeiten laut glaubwürdigen Quellen signifikant
stark ausgeprägt sind,
c) Länder, gegen die beispielsweise die Union oder die Vereinten Nationen Sanktionen, Embargos oder
ähnliche Maßnahmen verhängt hat/haben,
d) Länder, die terroristische Aktivitäten finanziell oder anderweitig unterstützen oder in denen bekannte
terroristische Organisationen aktiv sind.
Ablage der Checkliste im Stammakt gemeinsam mit den im Zuge der KYC‐Prüfung eingeholten Unterlagen.
Anlage 4: Weiterführende Informationen / Links
Für die Erstattung einer Verdachtsmeldung steht im USP das Web-Portal von "goAML"
zur Verfügung.
Allgemeine Informationen über die gesetzlichen Regelungen in Österreich und der EU,
insbesondere für Banken
www.fatf-gafi.org
Insbesondere wird verwiesen auf die RBA Guidance for Legal Professionals sowie den
https://ec.europa.eu/
Aktuelle Informationen über die Prävention von GW/TF, den Rundschreiben der BaFin
und deutschen Übersetzungen der wichtigsten FATF-Recommendations
ABA/IBA/CCBE:
CCBE, ABA und IBA haben gemeinsam den “Lawyer’s Guide to Detecting and
Preventing Money Laundering” herausgegeben, der im Mitgliederbereich des ÖRAK
abrufbar ist sowie hier.
PEP-Datenbanken:
Es gibt eine Vielzahl von PEP-Datenbanken weltweit, untenstehend finden Sie eine
nicht abschließende Aufzählung von Datenbanken:
https://www.ksv.at/compliancecheck
https://www.dowjones.com/products/risk-compliance/de/
https://risk.thomsonreuters.com/en/products/world-check-know-your-customer.html
http://www.lexisnexis.com/risk/intl/de/worldcompliance-online-search.aspx
https://www.info4c.net/de/
http://www.dnb.com/
https://accuity.com/
Rechtsanwaltsordnung (RAO)
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag:
www.rechtsanwaelte.at / Kammer / Gesetzestexte
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag:
www.rechtsanwaelte.at / Kammer / Gesetzestexte
Strafgesetzbuch (StGB)
Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der
Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl L 2015/141, 73
Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.
Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der
Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der
Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und
2013/36/EU, ABl L 2018/156, 43.
Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.
Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, ABl L
2018/284, 22.
Delegierte Verordnung (EU) 2016/1675 der Kommission vom 14. Juli 2016 zur
Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des
Rates durch Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko, die strategische Mängel
Die konsolidierte Fassung der Delegierten Verordnung finden Sie hier. Dieser
Text dient lediglich zu Informationszwecken und hat keine Rechtswirkung.
UN Sicherheitsrat Sanktionen-Listen
Die umfassende, regelmäßig aktualisierte Liste ist unter folgendem Link abrufbar:
https://scsanctions.un.org/consolidated/
Ein Überblick über die Sanktionenliste im Allgemeinen und ein Verweis auf den obigen
Link ist hier abrufbar:
https://www.un.org/securitycouncil/content/un-sc-consolidated-list
zum
Standesrecht
Themen:
Formelles Disziplinarrecht
Materielles Disziplinarrecht
Vorbemerkung ....................................................................................... 7
8.) Ausschlussgründe/Ablehnungsrecht........................................... 24
Gemäß den Grundprinzipien der Berufsausübung ist ein Rechtsanwalt berufen, seinen Klien-
ten unter Bindung an sein Gewissen und seine soziale Kompetenz beizustehen.
Der Rechtsanwalt hat die Erfüllung seiner Pflichten feierlich gelobt. Überhaupt ist er ver-
pflichtet, durch Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Verhalten die Ehre und das Anse-
hen seines Standes zu wahren. Er hat diesem gegenüber für jede Beeinträchtigung von Ehre
und Ansehen seines Standes durch sein Verhalten innerhalb oder außerhalb seines Berufes
einzustehen (§ 1 Abs. 2 RL-AB 2015).
Der Stand ist die Summe von Berufskollegen, welche alle in ihrer Ehre und ihrem Ansehen
durch die Verfehlung auch nur eines ihrer Standeskollegen betroffen werden können. Weil der
Rechtsanwalt im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und der einzelne Rechtsanwalt Kraft seiner
Zugehörigkeit zum Berufsstand Ansehen genießt, ihm vor allem aber Vertrauen entgegenge-
bracht wird, hat er dieses sowohl innerhalb, als auch außerhalb seines Berufes zu wahren und
hierdurch seinen Beitrag zum Erhalt dieses Gutes im Interesse aller Mitglieder der Berufs-
gruppe zu leisten. Der Rechtsanwalt hat die Pflicht zu redlichem und ehrenhaftem Verhalten
in der Öffentlichkeit. Als Maßstab gilt hierbei die Einhaltung von Gesetzen, verfestigter Stan-
desauffassungen, allgemeiner Moralkriterien und die Einhaltung zeitgemäßer Anstandsregeln.
Das Disziplinarrecht dient dem rechtsanwaltlichen Standesinteresse auf Erhaltung und Ver-
größerung des Vertrauens der Bevölkerung, der Behörden und auch der Mitglieder des Stan-
des in den Stand.
Die RAO und die RL-BA 2015 beinhalten im Wesentlichen die materiellrechtlichen, das Dis-
ziplinarstatut die verfahrensrechtlichen Regelungen.
Grundsätzlich ähneln die verfahrensrechtlichen Vorschriften nach dem DSt jenen der StPO,
wobei für den Fall, dass sich keine konkreten Verfahrensregeln im DSt finden lassen, subsidi-
är die Bestimmungen der StPO gelten (§ 77 DSt).
Das Disziplinarrecht ist eine Angelegenheit der beruflichen Selbstverwaltung, die durch die
RAO geregelt ist und unterliegen der Disziplinargewalt nur Rechtsanwälte und Rechtsan-
waltsanwärter, welche in den jeweiligen Listen der Länderkammern eingetragen sind.
Die Ahndung von Verstößen gegen die Standes- und Berufspflichten unterliegt Artikel 6 der
MRK.
Die freie Ausübung des Anwaltsberufes ist nur unter den obgenannten gesetzlichen Bedin-
gungen erlaubt. Am Sitz jeder Rechtsanwaltskammer ist ein Disziplinarrat zu errichten, deren
Mitgliederanzahl sich nach der Anzahl der in der jeweiligen Länderkammer eingetragenen
Rechtsanwälte richtet (§ 5 DSt).
Weiters sind beim Disziplinarrat ein Kammeranwalt und ein Stellvertreter desselben, sämtli-
che aus dem Kreis der in der Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Kammermitglieder zu
Der Disziplinarrat ist als Standesbehörde eine Verwaltungsbehörde und kein Gericht.
Die Mitglieder des Disziplinarrates werden, soweit sie aus dem Kreise der Rechtsanwälte
stammen, auf 4 Jahre, bzw. soweit sie aus dem Kreise der Rechtsanwaltsanwärter stammen,
auf 2 Jahre gewählt. Die Wahl der Anwaltsrichter, bei welchen es sich um aus dem Rechts-
anwaltsstand gewählte Richter vor dem OGH handelt, erfolgt für die Dauer von 6 Jahren.
Der OGH entscheidet in den ihm zugewiesenen Aufgaben in Senaten, bestehend aus 2 Rich-
tern und 2 Anwaltsrichtern (Senate 20 Ds bis 30 Ds).
3.) Disziplinartatbestände
Wegen der herausragenden Bedeutung der in § 1 DSt normierten Vergehen der Berufs-
pflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes wird zu-
meist verkürzend von 2 Grundtatbeständen des DSt gesprochen, obwohl es sich bei den bei-
den weiteren Disziplinartatbeständen ebenfalls um materielle Tatbestände handelt.
Eine dem StGB vergleichbare Aufzählung von weiteren einzelnen Tatbeständen ist dem Dis-
ziplinarrecht fremd.
Als Maßstab für das standesgemäße Verhalten eines Rechtsanwaltes sind einerseits die in
verschiedenen Gesetzen enthaltenen Bestimmungen heranzuziehen, die einem Rechtsanwalt
die Einhaltung bestimmter Verhaltensweisen auferlegen, wie zum Beispiel in der RAO oder
dem ABGB (Mandatsverhältnis, Auftragsvertrag, Treuhandschaft), andererseits sind in den
Richtlinien für die Berufsausübung besondere Kriterien über das anwaltliche Wohlverhalten
festgelegt und geregelt (RL-BA 2015, Treuhandbuch-Richtlinien).
a) Berufspflichtenverletzung
Berufspflichten bestehen auch dann, wenn durch die RAO oder RL-BA Pflichten für Mitglie-
der des Berufsstandes begründet werden, die eben nur Kammerangehörige, nicht aber Jeder-
mann treffen, z. B. Kammerbeiträge. Sie liegen grundsätzlich dann nicht vor, wenn der
Rechtsanwalt außerhalb seines Berufes oder in eigener Sache gehandelt hat.
Im Hinblick auf die Erweiterung des Begriffs der Tätigkeit „in Ausübung seines Berufes“ in §
2 Abs. 2 RL-BA 2015, wonach ein Rechtsanwalt auch dann in Ausübung seines Berufs tätig
wird, wenn er nicht unmittelbar in Besorgung fremder Angelegenheiten handelt, jedoch im
Rahmen dieser Tätigkeit als Rechtsanwalt auftritt, war die bisherige Judikatur zur Tätigkeit
des Rechtsanwalts in eigener Sache in dieser Allgemeinheit nicht aufrecht zu erhalten. Eine
Berufspflichtenverletzung wird nunmehr auch dann bejaht, wenn ein offenkundiger Verstoß
gegen klare Berufspflichten vorliegt, wie etwa bei der Quota-litis-Vereinbarung, Verstößen
gegen die Kostenaufklärung und die Geltendmachung grob falscher Honorarforderungen.
Der Rechtsanwaltsstand besitzt in der Öffentlichkeit ein hohes Vertrauen und Ansehen. Es ist
abzuleiten, dass ein Rechtsanwalt nicht nur beruflich, sondern auch außerberuflich dieses
Ansehen zu wahren hat. Der Rechtsanwalt hat daher die Pflicht zu redlichem und ehrenhaftem
Verhalten in der Öffentlichkeit. Dieses Verhalten verlangt mehr als bloß die Einhaltung der
Gesetze. Es wird von ihm auch ein den allgemeinen Moralbegriffen und den zeitgemäßen
Anstandsregeln entsprechendes Verhalten erwartet.
Der Tatbestand der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes ist nur dann ver-
wirklicht, wenn
Dabei gilt der Grundsatz, dass je schwerer das Fehlverhalten eines Rechtsanwaltes ist, desto
kleiner der Personenkreis sein kann, dem das Fehlverhalten zur Kenntnis gelangt. Bei
schwerwiegenden Verfehlungen eines Rechtsanwaltes kann dieser Tatbestand schon dann
verwirklicht sein, wenn nur ein kleinerer Personenkreis, der vielleicht zur Verschwiegenheit
verpflichtet ist, Kenntnis vom Fehlverhalten des Rechtsanwalts erhält.
Die Bestimmungen des Disziplinarstatuts und der Disziplinartatbestände gelten sowohl für
Rechtsanwälte, als auch für Rechtsanwaltsanwärter, solange diese dem Stand angehören. Die
vorläufige Einstellung der Rechtsanwaltschaft nach § 34 Abs. 2 RAO durch den Ausschuss
der RAK hingegen ändert ebenso nichts an der Zugehörigkeit zur Rechtsanwaltsgemeinschaft,
wie die vorläufige Untersagung nach § 19 Abs. 3 lit. d DSt.
Ein Disziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwaltsanwärter ist abzubrechen, wenn der Aus-
bildungsanwalt die Auflösung des Dienstverhältnisses bekannt gibt und eine Wiedereintra-
gung des Rechtsanwaltsanwärters bei einem anderen Ausbildungsanwalt nicht erfolgt. Durch
Wie bereits dargestellt, fehlt dem Disziplinarrecht der Rechtsanwälte ein normierter Delikts-
katalog. Im Hinblick auf die Standesrichtlinien und die verfestigte Standesauffassung hat sich
eine Vielzahl von „Deliktstypen“ herausgebildet, die zur Beurteilung eines bestimmten Ver-
haltens eines Rechtsanwaltes herangezogen werden können (siehe dazu Lehner in Engel-
hart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 2018, § 1 RZ 19-85)
Nicht jeder Fehler eines Rechtsanwalts, mag er auch zivilrechtlich haftungsbegründend sein,
ist per se auch ein Disziplinarvergehen und damit automatisch auch disziplinarrechtlich zu
ahnden!
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Fallbeispiel 1: zu §§ 1 Abs. 1 und 16 Abs. 1 Z 3 DSt – Berufspflichtenverletzung und Beeinträchti
gung von Ehre und Ansehen des Standes, bedingte Untersagung und Geldbuße
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Fallbeispiel 2: zu §§ 1 Abs. 1 und 16 Abs. 1 Z 4 DSt – Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des
Standes, Streichung
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Das Verfahren in 1. Instanz gliedert sich in 3 Abschnitte, nämlich in jenen der Vorerhebung,
im Anschluss daran der Voruntersuchung und letztlich in jenen des Hauptverfahrens.
a) Vorerhebungen
Ausgangspunkt jedes Disziplinarverfahrens ist eine Anzeige gegen einen Rechtsanwalt oder
einen Rechtsanwaltsanwärter, welche jedermann einbringen kann und welche vorerst dem
Kammeranwalt, dessen Funktion im staatlichen Bereich jener des Staatsanwaltes gleicht, vor-
zulegen ist.
Üblicherweise wird diese Anzeige vom Kammeranwalt dem betroffenen Rechtsanwalt als
Disziplinarbeschuldigten übermittelt mit der gleichzeitigen Aufforderung, hiezu eine schriftli-
che Äußerung zu erstatten.
Man kann dieses Stadium des Verfahrens mit jenem der Vorerhebungen im staatlichen Be-
reich vergleichen, wobei der Kammeranwalt nach Vorliegen der Äußerung zu entscheiden
hat, ob ihm ein Antrag auf Bestellung eines Untersuchungskommissärs erforderlich erscheint,
oder er gemäß § 22 Abs 2 DSt in Ermangelung des Vorliegens von Verdachtsmomenten hin-
sichtlich eines Disziplinarvergehens in Form einer Berufspflichtenverletzung oder Beeinträch-
tigung der Ehre oder des Ansehens des Standes diese Anzeige vorweg zurücklegt.
Im letzteren Fall hat der Kammeranwalt hierüber den Ausschuss der jeweiligen Rechtsan-
waltskammer unter Angabe der wesentlichen Gründe zu verständigen, welche ihrerseits die
Möglichkeit hat, entweder diese Zurücklegung der Anzeige zur Kenntnis zu nehmen, oder
dem Kammeranwalt die Weisung zu erteilen, entgegen seiner Ansicht die disziplinar-
rechtliche Verfolgung in Form des Antrages auf Bestellung eines Untersuchungskommissärs
beim Disziplinarrat einzubringen.
Bleibt es bei der Zurücklegung der Anzeige, so ist hievon der Anzeiger zu verständigen, wel-
cher gegen diese Entscheidung keinerlei Beschwerderecht hat.
Immer dann, wenn der Kammeranwalt die Bestellung eines Untersuchungskommissärs bean-
tragt, kommt es zur Einleitung einer Art Voruntersuchung, wobei der Untersuchungskommis-
sär durch den Präsidenten des Disziplinarrates aus den Reihen der Mitglieder des Disziplinar-
rates zu bestellen ist.
Hievon ist der Disziplinarbeschuldigte und der Kammeranwalt unter Bekanntgabe der wesent-
lichen Verdachtsgründe zu verständigen. Auch der Anzeiger ist von der Anordnung einer Un-
tersuchung zu benachrichtigen (§ 27 DSt).
Wird nun ein Untersuchungskommissär bestellt, so hat dieser die erforderlichen Erhebungen
zu pflegen und dem Disziplinarbeschuldigten die Gelegenheit zu einer Stellungnahme zur
Anzeige zu geben, wobei vom Untersuchungskommissär auch der Disziplinarbeschuldigte
und Zeugen vernommen, Sachverständige beigezogen und Augenscheine vorgenommen wer-
den können.
Nur Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sind allerdings zur Zeugenaussage vor dem
Untersuchungskommissär im Rahmen der Voruntersuchung verpflichtet, andere Personen
können hiezu vom Untersuchungskommissär nicht verhalten werden (§ 27 DSt).
Wohl besteht diese Verpflichtung zur Zeugenaussage von dritten Personen in jenem Stadium
des Verfahrens, wo bereits ein Einleitungsbeschluss gegen den Disziplinarbeschuldigten vor-
liegt und solche Personen in einer Disziplinarverhandlung, welcher der Hauptverhandlung im
Strafverfahren gleicht, vernommen werden sollen.
Mit Abschluss der Voruntersuchung hat der Untersuchungskommissär dem vom Präsidenten
des Disziplinarrates zu bestellenden Senat, welchem als Mitglied der Untersuchungskommis-
sär anzugehören hat, einen Bericht über das Ergebnis der Voruntersuchung samt einem Ent-
wurf für den zu fassenden Beschluss zu erstatten.
Soferne sich die Voruntersuchung gegen einen Rechtsanwaltsanwärter oder eine Rechtsan-
waltsanwärterin richten sollte, hat dem Senat an Stelle eines der beiden Mitglieder aus dem
Kreis der Rechtsanwälte einer aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter anzugehören.
Nach Anhörung des Kammeranwaltes ist durch Beschluss zu erkennen, ob Grund zu einer
Disziplinarbehandlung des Disziplinarbeschuldigten im Rahmen einer mündlichen Verhand-
lung vorliegt.
Ist die Entscheidung von der Würdigung der Beweise und/oder von der Beurteilung einer
Rechtsfrage abhängig, ist jedenfalls mit Einleitungsbeschluss vorzugehen (§ 28 DSt).
Der Einleitungsbeschluss hat unter Angabe der näheren Umstände die Tathandlungen, deren
der Disziplinarbeschuldigte verdächtigt wird, anzuführen und ist dem Disziplinarbeschuldig-
ten und dem Kammeranwalt zuzustellen.
Der Einleitungsbeschluss bildet eine bloße Verfahrensanordnung und insbesondere keine An-
klageschrift im Sinne der StPO, welcher weder mit einem ordentlichen Rechtsmittel, noch mit
einem außerordentlichen Rechtsbehelf selbständig bekämpft werden kann. Es handelt sich
lediglich um eine prozessleitende Verfügung, die der Durchführung des Disziplinarverfahrens
vorauszugehen hat und die den Gegenstand des Disziplinarverfahrens vorläufig festlegt.
Durch den Einleitungsbeschluss soll sich der Disziplinarbeschuldigte Klarheit darüber ver-
schaffen können, welcher disziplinäre Vorwurf gegen ihn erhoben wird, wenngleich dadurch
eine spätere Erweiterung der Anschuldigungspunkte nicht ausgeschlossen wird.
Ein Einstellungsbeschluss darf vom Disziplinarrat nur gefasst werden, wenn kein Verdacht
eines, ein Disziplinarvergehen begründendes Verhalten des angezeigten Rechtsanwalts iSd §
28 Abs 2 DSt vorliegt. Vom Fehlen eines solchen Verdachts ist im Sinne des § 212 Z 2 StPO
idF BGBl I 2004/19 (§ 77 Abs 3 DSt) auszugehen, wenn das vorliegende Tatsachensubstrat
Grund zur Annahme bildet, dass seine Dringlichkeit und sein Gewicht nicht ausreichen, um
eine Verurteilung des Disziplinarbeschuldigten auch nur für möglich zu halten, und von wei-
teren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist (25 Os 7/14 p).
Diese Beurteilung ist Sache der Beweiswürdigung des Senats gem § 28 DSt, während dem
erkennenden Senat gem § 30 DSt die Prüfung vorbehalten ist, ob sich der Verdacht zum
Schuldbeweis verdichtet hat (RIS Justiz RS0056973 [T5]).
Ein Einstellungsbeschluss kann weiters gefasst werden, wenn das Verschulden des Rechtsan-
walts geringfügig ist und sein Verhalten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezo-
gen hat (§ 3 DSt). Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, dass alle Tatbestands-
merkale kumulativ erfüllt sind (RIS Justiz RS0054998). Die Bestimmung ist dem § 42 StGB
nachgebildet und soll im Bereich der „Bagatelldelikte“ zur Anwendung kommen. § 3 DSt ist
ein Strafausschließungsgrund, im Rechtsmittelverfahren wird das Vorliegen der Vorausset-
Gegen den Einstellungsbeschluss steht dem Kammeranwalt das Rechtsmittel der Beschwerde
binnen 4 Wochen nach Zustellung desselben zu, worüber in zweiter Instanz der OGH zu ent-
scheiden hat.
c) Hauptverfahren
Wurde ein Einleitungsbeschluss gefasst, so hat der Präsident des Disziplinarrates die Akten
dem Vorsitzenden des nach der Geschäftsverteilung zuständigen erkennenden Senates zuzu-
leiten, soferne er nicht selbst Vorsitzender ist.
Vorsitzende in einem Disziplinarverfahren sind der Präsident des Disziplinarrates oder der
bzw. die Vizepräsidenten (§ 30 DSt).
Vom jeweiligen Vorsitzenden ist in der Folge eine Disziplinarverhandlung anzuberaumen und
gleichzeitig der Berichterstatter zu bestellen, welchem es obliegt, mit Beendigung des Diszip-
linarverfahrens erster Instanz das schriftliche Disziplinarerkenntnis zu verfassen.
Der erkennende Senat besteht neben dem Vorsitzenden aus weiteren 2 Senatsmitgliedern aus
dem Kreise der Rechtsanwälte. Wenn es sich bei dem Disziplinarbeschuldigten um einen
Rechtsanwaltsanwärter handelt, tritt an die Stelle eines Mitglieds aus dem Kreis der Rechts-
anwälte ein Senatsmitglied aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter. In dieser Zusammen-
setzung ist auch zu verhandeln, wenn die gegen einen Rechtsanwalt und einen Rechtsanwalts-
anwärter wegen Beteiligung an demselben Disziplinarvergehen anhängigen Disziplinarverfah-
ren gemeinsam geführt werden (§ 15 Abs 2 DSt).
Der Disziplinarbeschuldigte oder der Kammeranwalt können innerhalb von 7 Tagen ab Zu-
stellung des Einleitungsbeschlusses schriftlich einen erweiterten Senat beantragen, in wel-
chem Fall 2 weitere Mitglieder des Disziplinarrates aus dem Kreis der Rechtsanwälte dem
Senat anzugehören haben (§ 15 Abs 2 DSt).
Ein erweiterter Senat ist weiters zu bilden bei der Beschlussfassung über die Verhängung
einstweiliger Maßnahmen, wenn dies vom Kammeranwalt zugleich mit seinem Antrag auf
Verhängung einer einstweiligen Maßnahme oder vom Disziplinarbeschuldigten innerhalb der
ihm gesetzten Stellungnahmefrist beantragt oder dem Disziplinarbeschuldigten wegen Gefahr
in Verzug nach § 19 Abs 2 DSt keine Möglichkeit zur Stellungnahme vor der Beschlussfas-
sung eingeräumt wird (§ 15 Abs 3 DSt).
Hierauf werden die erforderlichen Beweise aufgenommen. Sollten sich aus den vorliegenden
Beweisergebnissen neue Fakten ergeben, kann der Kammeranwalt in der Verhandlung den
Einleitungsbeschluss nicht ausdehnen. Wenn die neuen Vorwürfe vom Rahmen des bestehen-
den Einleitungsbeschlusses nicht gedeckt sind, muss der Kammeranwalt die Einbeziehung der
neuen Fakten in das Verfahren beantragen und müsste der Disziplinarrat die Einbeziehung
erst beschließen. Dazu hat der Disziplinarbeschuldigte aber das Recht, die – sofortige – Ver-
handlung über die „ausgedehnten“ Tathandlungen, die vom Einleitungsbeschluss nicht um-
fasst sind, zu verweigern. Die erforderliche Zustimmung des Disziplinarbeschuldigten zur
Ausdehnung des Einleitungsbeschlusses in der Disziplinarverhandlung auf von ihm nicht er-
fasste Tathandlungen kann auch schlüssig erteilt werden, indem sich der Disziplinarbeschul-
digte in die Verhandlung zum ausgedehnten Faktum einlässt, sich dazu verantwortet und sich
jedenfalls nicht ausdrücklich gegen die Ausdehnung der Verhandlung und Entscheidung auf
die neue „Tat“ ausspricht (VfGH 21. 06. 2000 B 578/00; OBDK 12 Bkd 3/99).
Sollte sich allerdings der Disziplinarbeschuldigte mit der Ausdehnung des Einleitungsbe-
schlusses in der Verhandlung nicht einverstanden erklären, ist die Disziplinarverhandlung zur
Erledigung des ausgedehnten Faktums auf einen späteren Termin zu vertagen.
Nach Abschluss des Beweisverfahrens folgen die Schlussvorträge des Kammeranwaltes, des
Verteidigers und des Disziplinarbeschuldigten und hat hierauf nach geheimer Beratung, an
welcher weder der Disziplinarbeschuldigte, noch dessen Verteidiger oder der Kammeranwalt
teilnehmen dürfen, der Vorsitzende das Erkenntnis mündlich zu verkünden und entsprechend
zu begründen.
Mit dem Erkenntnis ist der Disziplinarbeschuldigte entweder freizusprechen oder des ihm zur
Last gelegten Disziplinarvergehens für schuldig zu erkennen (§ 38 DSt).
Der Anzeiger ist nach Rechtskraft des Erkenntnisses zu verständigen, hinsichtlich welcher der
von ihm angezeigten Tathandlungen und aus welchen, in gedrängter Form darzulegenden
Gründen der Rechtsanwalt freigesprochen oder schuldig erkannt wurde (§ 40 DSt).
d) Rechtsmittelverfahren
Gem. § 46 DSt können Erkenntnisse des Disziplinarrates mit dem Rechtsmittel der Berufung,
Beschlüsse mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten werden. Zur Entscheidung
über die Rechtsmittel ist der OGH berufen.
Das Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde stehen dem Disziplinarbeschuldigten,
dem Kammeranwalt sowie der Oberstaatsanwaltschaft zu, in deren Sprengel der Disziplinarrat
seinen Sitz hat, letztere jedoch nur bei einem Disziplinarvergehen, durch das Berufspflichten
verletzt wurden (§ 47 DSt).
Die Berufung oder die Beschwerde ist binnen 4 Wochen nach Zustellung der Entscheidung
bei dem Disziplinarrat, der sie gefällt hat, schriftlich einzubringen und ist je eine Ausfertigung
dieses Rechtsmittels den anderen zur Einbringung eines Rechtsmittels Berechtigten zuzustel-
len. Diese können hiezu binnen 4 Wochen eine schriftliche Äußerung abgeben.
Der zuständige Senatsvorsitzende hat nach dem Einlangen des Berufungsaktes eine mündli-
che Berufungsverhandlung anzuberaumen, zu welcher die Generalprokuratur, der Kammer-
anwalt sowie der Disziplinarbeschuldigte und sein Verteidiger zu laden sind (§ 50 DSt).
Die mündliche Berufungsverhandlung vor dem OGH ist auf Antrag des Disziplinarbeschul-
digten öffentlich, es kann jedoch die Öffentlichkeit auch ausgeschlossen werden.
Die Berufungsverhandlung beginnt mit der Darstellung des Sachverhaltes durch den Bericht-
erstatter, hierauf trägt der Berufungswerber die Berufung vor und haben sowohl der General-
prokurator, der Kammeranwalt und der Beschuldigte das Recht auf Anhörung (§ 51 DSt).
Gleich wie im gerichtlichen Verfahren kann der OGH in der mündlichen Verhandlung selbst
Beweise aufnehmen und die notwendigen Verfahrensergänzungen vornehmen.
Ist die Berufung lediglich zugunsten des Beschuldigten ergriffen worden, so darf weder der
OGH, noch im Falle einer Zurückweisung der Disziplinarrat eine strengere Strafe als in dem
angefochtenen Erkenntnis verhängen (§ 54 DSt).
Erkenntnisse des OGH, die aufgrund einer mündlichen Verhandlung gefällt werden, sind samt
den wesentlichen Gründen sogleich zu verkünden, wobei der OGH in Senaten verhandelt und
entscheidet, die aus 2 Richtern des OGH und 2 Anwaltsrichtern bestehen.
Den Vorsitz des Senates führt ein Richter. Die Anwaltsrichter des Senates sollen nach Mög-
lichkeit dem Kreis derjenigen Rechtsanwälte angehören, die von der Rechtsanwaltskammer
des Disziplinarbeschuldigten gewählt wurden.
Letztlich steht jedem Disziplinarbeschuldigten die Möglichkeit offen, gegen das Erkenntnis
des OGH eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einzubringen.
5.) Disziplinarstrafen
Die Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft kann unter Be-
stimmung einer Probezeit von mindestens 1 und höchstens 3 Jahren ganz oder teilweise be-
dingt nachgesehen werden, soweit anzunehmen ist, dass ihre Androhung genügen werde, um
den Disziplinarbeschuldigten von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten.
Als Nebenstrafe kann unter Bedachtnahme auf die Art des Disziplinarvergehens das Verbot
der Aufnahme von Rechtsanwaltsanwärtern zur praktischen Verwendung verhängt werden.
Das Verbot ist nur für Zeiträume, in denen die Rechtsanwaltschaft tatsächlich ausgeübt wird
und höchstens für die Dauer 1 Jahres auszusprechen.
Wird ein Rechtsanwalt nach einer bedingten Strafnachsicht eines weiteren Disziplinarverge-
hens schuldig erkannt, welches er vor Ablauf der Probezeit begangen hat, so hat der Diszipli-
narrat die bedingte Strafnachsicht zu widerrufen, soweit dies in Anbetracht der neu ausge-
sprochenen Disziplinarstrafe zusätzlich zu dieser geboten erscheint, um den Disziplinarbe-
schuldigten von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten. Wird die bedingte Strafnachsicht
nicht widerrufen, so kann der Disziplinarrat die Probezeit bis auf höchstens 5 Jahre verlän-
gern. Über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder die Verlängerung der Probezeit ist
in jedem Falle zu entscheiden, tunlichst im Erkenntnis wegen des neuen Disziplinarverge-
hens, sonst nach Anhörung des Disziplinarbeschuldigten durch Beschluss.
Wird eine bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen, so gilt die Strafe mit Ablauf der Probezeit
als endgültig nachgesehen.
Im Falle der Verhängung der Disziplinarstrafe der Streichung von der Liste kann ein Rechts-
anwalt erst dann erneut in die Liste einer Rechtsanwaltskammer eingetragen werden, wenn er
seit der Streichung die Rechtsanwaltschaft insgesamt 3 Jahren nicht ausgeübt hat. Wegen
Vertrauensunwürdigkeit kann die erneute Eintragung nach Ablauf dieses Zeitraumes von je-
der Rechtsanwaltskammer verweigert werden (§ 18 DSt).
Gegen einen Rechtsanwalt kann mit einstweiligen Maßnahmen gem. § 19 DSt vorgegangen
werden, welche Maßnahmen der teilweisen oder gänzlichen vorläufigen Suspendierung eines
Rechtsanwaltes in der Ausübung seines Rechtsanwaltsberufes, oder eines Teiles hievon
gleichzusetzen sind.
1. gegen den Rechtsanwalt als Beschuldigten oder Angeklagten ein Strafverfahren nach
der StPO geführt wird (§ 48 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO),
2. der Rechtsanwalt wegen einer strafbaren Handlung vom Gericht rechtskräftig verur-
teilt, oder
3. die Disziplinarstrafe der Streichung von der Liste ausgesprochen worden ist, oder
4. gegen den Rechtsanwalt ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrensfahrens
gestellt wird
und
die einstweilige Maßnahme mit Rücksicht auf die Art und das Gewicht des dem Rechts-
anwalts zur Last gelegten Disziplinarvergehens wegen zu besorgender schwerer Nachtei-
le, besonders für die Interessen der rechtsuchenden Bevölkerung oder das Ansehen des
Standes, erforderlich ist.
Bei Rechtsanwälten:
Bei Rechtsanwaltsanwärtern:
die Entziehung des Rechts, einen Rechtsanwalt vor bestimmten oder allen Gerichten,
Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden zu vertreten.
Formelles und materielles Disziplinarrecht Seite 21
In der Praxis zeigt sich, dass der häufigste Anlass für die Verhängung einer einstweiligen
Maßnahme die Anhängigkeit eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist, in welchem
Falle es dem Rechtsanwalt im Regelfall einstweilen untersagt wird, an jenem Gericht, an wel-
chem strafrechtliche Vorerhebungen oder ein Strafverfahren anhängig sind, die Verteidigung
eines Mandanten oder dessen Vertretung im Rahmen der Privatbeteiligung zu übernehmen.
Je nach Schwere des Deliktes, welches dem Rechtsanwalt vorgeworfen wird, beschränkt sich
dann die Untersagung nur auf die Übernahme der Verteidigung oder der Privatbeteiligtenver-
tretung beim jeweiligen Bezirks- oder Landesgericht für Strafsachen, kann sich allerdings
auch auf sämtliche Gerichte ausweiten, welche dem bezughabenden Oberlandesgerichts-
sprengel angehören.
Wie bereits dargestellt, kann die Untersagung der Übernahme der Vertretung der Interessen
von Klienten österreichweit vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden, bis zur vorläufi-
gen gänzlichen Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft ausgedehnt werden.
Vor der Beschlussfassung muss der Rechtsanwalt Gelegenheit zur Stellungnahme zu den ge-
gen ihn erhobenen Anschuldigungen sowie zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer
einstweiligen Maßnahme gehabt haben.
Hievon kann bei Gefahr in Verzug abgesehen werden, doch ist in diesem Falle dem Rechts-
anwalt nach der Beschlussfassung unverzüglich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Die Beschlussfassung erfolgt durch einen hiefür jährlich im Vorhinein durch den Präsidenten
des Disziplinarrates bestimmten Sondersenat, bestehend aus dem Präsidenten oder einem Vi-
zepräsidenten und weiteren 2 Disziplinarratsmitgliedern, bei Vorliegen der Voraussetzungen
des § 15 Abs 3 DSt weiteren 4 Disziplinarratsmitgliedern.
Einstweilige Maßnahmen sind aufzuheben, zu ändern oder durch eine andere zu ersetzen,
wenn sich ergibt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung nicht oder nicht mehr vorlie-
gen oder sich die Umstände wesentlich geändert haben.
Auch besteht für den Ausschuss der jeweiligen Rechtsanwaltskammer die Möglichkeit, unter
Vorlage der betreffenden Unterlagen bestimmte Tatsachen anzuzeigen, aufgrund welcher der
Verdacht eines Disziplinarvergehens und die dringende Besorgnis besteht, dass die weitere
Berufsausübung zu einer erheblichen Beeinträchtigung anvertrauten fremden Vermögens,
insbesondere im Zusammenhang mit der Fremdgeldgebarung des Rechtsanwalts führen könn-
te. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Disziplinarrat die einstweiligen Maßnahmen
der Überwachung der Kanzleiführung durch den Ausschuss, oder der vorläufigen Untersa-
gung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu beschließen.
Die Möglichkeit einer weiteren Einflussnahme des Ausschusses auf die Tätigkeit des Diszip-
linarrates besteht wegen der vorliegenden Gewaltentrennung nicht.
Zurückkommend auf die einstweiligen Maßnahmen ist noch auszuführen, dass eine einstwei-
lige Maßnahme auf Untersagung der Übernahme der Verteidigung oder Privatbeteiligtenver-
tretung vor bestimmten Gerichten, die vorläufige Untersagung der Ausübung der Rechtsan-
waltschaft wegen Eröffnung des Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens, sowie die gänzliche
Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft wegen Verdachtes der Veruntreuung von
Fremdgeldern spätestens nach 6 Monaten außer Kraft tritt. Sie kann aber mit Beschluss des
Disziplinarrates verlängert werden, wenn dies zur Vermeidung von schweren Nachteilen für
die Interessen der rechtsuchenden Bevölkerung unbedingt erforderlich ist und tritt auch in
diesem Falle jedenfalls spätestens nach weiteren 6 Monaten außer Kraft.
Die einstweilige Maßnahme ist jedenfalls mit der rechtskräftigen Beendigung des Diszipli-
narverfahrens befristet.
Gegen die Verhängung einer einstweiligen Maßnahme hat der jeweils betroffene Rechtsan-
walt die Möglichkeit, binnen 4 Wochen eine Beschwerde an den OGH bzw. im Falle der Be-
stätigung der einstweiligen Maßnahme in 2. Instanz eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde
einzubringen.
Beschlüsse, mit welchen einstweilige Maßnahmen verhängt werden, sind dem betroffenen
Rechtsanwalt, dem Kammeranwalt sowie der Oberstaatsanwaltsschaft zuzustellen und dem
Ausschuss der Rechtsanwaltskammer mitzuteilen. In jenen Fällen, in welchen einem Rechts-
anwalt beziehungsweise einem Rechtsanwaltsanwärter das Vertretungsrecht bei Gerichten,
Staatsanwaltsschaften oder Verwaltungsbehörden entzogen wird, sind diese entsprechend zu
verständigen.
Mitteilungen an die Öffentlichkeit über den Verlauf und über die Ergebnisse eines Diszipli-
narverfahrens, über den Inhalt der Disziplinarakte, sowie über den Inhalt einer nicht öffentli-
chen mündlichen Verhandlung und der Disziplinarentscheidung sind untersagt (§ 79 DSt).
Der Rechtsanwalt, auf den sich das Disziplinarverfahren bezogen hat, darf jedoch über den
Ausgang des Disziplinarverfahrens soweit berichten, als er damit nicht seine berufliche Ver-
schwiegenheit verletzt.
Eine Ausnahme hievon bildet ein Erkenntnis, mit welchem ein Rechtsanwalt von der Rechts-
anwaltsliste gestrichen oder die Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft ausge-
sprochen wurde, welche jeweilige Entscheidung vom Ausschuss der jeweiligen Rechtsan-
waltskammer dem Bundesministerium für Justiz und den Präsidenten des Obersten Gerichts-
hofes, des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes sowie der Oberlandesge-
richte mitzuteilen ist. Außerdem sind diese Umstände im Internet auf der Homepage der
Österreichischen Rechtsanwaltskammer (www.oerak.at) und im österreichischen Anwaltsblatt
bekannt zu geben.
Weitere Ausnahmen wurden durch das BRÄG 2016 geschaffen, demnach sind vom Aus-
schuss in den Fällen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen eine
Bestimmung, die der Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terroris-
musfinanzierung dient, Art und Wesen des Verstoßes, die Identität des Rechtsanwalts und die
über diesen verhängte Disziplinarstrafe unverzüglich und allgemein zugänglich auf der Web-
site der Rechtsanwaltskammer bekanntzumachen und diese Veröffentlichung für einen Zeit-
raum von zumindest 5 Jahren bereitzustellen. Wenn eine Prüfung durch den Ausschuss zum
Ergebnis kommt, dass eine solche Veröffentlichung unverhältnismäßig wäre, hat die Be-
kanntmachung der Identität des Rechtsanwaltes zu unterbleiben (§ 70 Abs 3 DSt).
Ergeben sich im Zuge eines Disziplinarverfahrens Tatsachen, die mit Geldwäscherei oder
Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, gilt die Meldepflicht nach § 8c Abs 1 RAO sinn-
gemäß (§ 23 Abs 3 DSt).
8. Ausschlussgründe/Ablehnungsrecht
Gemäß § 26 DSt sind Mitglieder des Disziplinarrats von der Teilnahme am Disziplinarverfah-
ren ausgeschlossen, wenn sie
• selbst betroffen oder Anzeiger
• Rechtsfreund oder Vertreter
• Angehöriger
sind.
Seite 24 Formelles und materielles Disziplinarrecht
Der Untersuchungskommissär ist von der Teilnahme an der Disziplinarverhandlung ausge-
schlossen.
• Befangenheit
• Vorbefasstheit (Mitwirkung an Vorentscheidung)
• Ablehnung gem. § 33 Abs. 2 DSt
Über einen Ausschließungsantrag entscheidet der Präsident des Disziplinarrates, nach Beginn
der mündlichen Verhandlung der erkennende Senat.
Wenn der Präsident des Disziplinarrates selbst betroffen ist, entscheidet der Präsident des
OGH.
Die Mitglieder des Disziplinarrates haben sie betreffende Ausschließungs- und Befangen-
heitsgründe dem Präsidenten des Disziplinarrates unverzüglich bekanntzugeben.
Zusätzlich hat der Beschuldigte das Recht, innerhalb einer Woche nach Zustellung der La-
dung zur Disziplinarverhandlung ohne Angabe von Gründen zwei Mitglieder durch Ableh-
nung von der Teilnahme an der Verhandlung auszuschließen. Auch der Vorsitzende kann ab-
gelehnt werden.
Mit der Ladung zur mündlichen Disziplinarverhandlung werden dem Beschuldigten neben
den Senatsmitgliedern auch die Namen der Ersatzmitglieder bekanntgegeben. Das Ableh-
nungsrecht betrifft die Mitglieder des Senates und die Ersatzmitglieder. Wenn sich die Zu-
sammensetzung des Senates (nur) durch Nachrücken von Ersatzmitgliedern verändert, hat der
Disziplinarbeschuldigte nicht mehr das Recht, die nachrückenden Ersatzmitglieder neuerlich
abzulehnen.
Muss infolge von Ablehnungen oder Verhinderungen von Senatsmitgliedern ein nach der fes-
ten Geschäftsverteilung vorbestimmtes weiteres Ersatzmitglied „nachrücken“, so ist dies dem
Beschuldigten bekanntzugeben und hat er hinsichtlich dieses Ersatzmitgliedes erneut das Ab-
lehnungsrecht gem. § 33 Abs. 2 DSt, ebenso das begründete Ablehnungsrecht gem. § 26 Abs.
3 DSt.
Über diese Ablehnungsanträge hat der Vorsitzende des erkennenden Senates zu entscheiden.
9. Verteidiger
10. Verjährung
Gemäß § 2 DSt schließt Verjährung die disziplinäre Verfolgung eines Rechtsanwaltes bzw.
Rechtsanwaltsanwärters aus, sie bildet einen Strafaufhebungsgrund.
Die Verjährung eines Disziplinardeliktes beginnt mit der Beendigung des disziplinären Fehl-
verhaltens zu laufen, bei Dauerdelikten und fortgesetzten Delikten beginnt sie mit der Vollbe-
endigung der Tat zu laufen.
- einjährige Verjährung:
Diese tritt ein, wenn innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Kammeranwalts vom
Verdacht eines disziplinären Fehlverhaltens kein Untersuchungskommissär bestellt
wurde
- fünfjährige Verjährung:
Diese tritt ein, wenn innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung des Disziplinarver-
gehens kein Einleitungsbeschluss gefasst wurde. Auf die Kenntnis oder die Möglich-
keit der Kenntniserlangung kommt es dabei nicht an
Für sämtliche dieser Fristen gilt aber die Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist. Das
Gesetz sieht zwei Hemmungsgründe vor, und zwar tritt bei Führung eines gerichtlichen Straf-
Schließlich kann auch eine Verlängerung der Verjährungsfrist eintreten, wenn ein Rechtsan-
walt innerhalb der Verjährungsfristen ein weiteres gleichartiges Disziplinarvergehen begeht.
In einem solchen Fall verlängert sich die Verjährungsfrist bis zum Ende der Verjährungsfrist
des neuen Disziplinarvergehens.
Die Rechtsgrundlagen des materiellen Disziplinarrechtes stellen insbesondere die RAO und
die RL-BA 2015 dar, die umfassendsten Regelungen finden sich dabei in nachstehenden Best-
immungen:
§ 9 RAO (Verpflichtung des Rechtsanwalts zur gewissenhaften Vertretung der Interessen sei-
nes Klienten),
§ 11 RAO (Verpflichtung des Rechtsanwalts, die Interessen seines Klienten nach Kündigung
des Vollmachtsverhältnisses innerhalb von 14 Tagen weiter zu vertreten),
§ 11 RL-BA 2015 (Übernahme der rechtlichen Interessen für nur eine Vertragspartei aus
einem Vertragsgeschäft),
§ 21 RL-BA 2015 (In den Streit ziehen, verpflichtender Anruf der RAK um Vermittlung bei
persönlichem Streit aus Berufsgründen),
§ 50 RL-BA (Verfahrenshilfe),
Die zentralen standesrechtlichen Pflichten sind die Pflicht zur Treue zum Mandanten (§ 9
Abs 1 RAO), die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 9 Abs 2 RAO) und damit die Verpflichtung
des Rechtsanwalts, die übernommene Vertretung seines Klienten dem Gesetz gemäß zu füh-
ren und die Rechte der Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu
vertreten.
Diese Pflichten gelten als zentral, weil sie die wichtigste Voraussetzung für die Ausübung des
freien Berufes eines Rechtsanwalts, nämlich die Selbständigkeit absichern.
Damit enthält der § 9 Abs 1 RAO eine Umschreibung der Standespflichten, deren Verletzung
den Rechtsanwalt der Disziplinargewalt seiner Standesgenossen aussetzt.
Übernimmt beispielsweise ein Rechtsanwalt eine Treuhänderfunktion, hat er nicht nur gem. §
9 RAO seiner eigenen Partei gegenüber, sondern auch gegenüber dem Treugeber, welcher
Tut er dies nicht, verletzt er seine Berufspflichten und beeinträchtigt durch sein treuwidriges
Verhalten, welches auch gegen § 10 Abs 2 RAO verstößt, Ehre und Ansehen des Standes,
selbst wenn mit diesem treuwidrigen Verhalten kein vermögensrechtlicher Nachteil für den
Treugeber verbunden ist.
Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und
über die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekanntgewordenen Tatsachen verpflich-
tet, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Partei gelegen ist.
Die Verschwiegenheit und das Doppelvertretungsverbot gem. § 10 RAO stehen in einem en-
gen inhaltlichen Zusammenhang. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sowie das Doppel-
vertretungsverbot folgen aus dem für die Rechtsanwälte obersten Gebot der Treuepflicht
zum eigenen Mandanten.
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Fallbeispiel 3: zu § 9 Abs 2 u. § 12 RAO iVm § 10 RL-BA - Verstoß gegen Treue- u. Verschwiegen-
heitspflicht iVm Verweigerung der Herausgabe von Urkunden
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Fallbeispiel 4: zu §§ 9 Abs. 1 und 2 RAO, 6 RL-BA 2015 iVm § 1 DSt
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Ein klassischer Verstoß des § 9 RAO liegt auch in der unsachlichen bzw. beleidigenden
Schreibweise eines Rechtsanwaltes, vor allem in diversen Gerichts- oder Verwaltungseinga-
ben, oder überhaupt in beleidigenden mündlichen Äußerungen in der Öffentlichkeit insbeson-
dere bei Gerichtsverhandlungen gegenüber dem Gegner oder dem Gegenvertreter, wobei hier
immer zu beurteilen ist, ob es sich bei einer solchen Äußerung um eine unsachliche, oder um
eine solche handelt, die im Rahmen der freien Meinungsäußerung zur Vertretung der Interes-
sen des eigenen Klienten dienlich ist.
Auch in diesem Zusammenhang hat sich die Judikatur der OGH ebenso wie das Verhalten der
Anwälte zu den Richtern oder umgekehrt gewandelt, so war es nach älterer Judikatur absolut
verpönt, den Prozessgegner oder den Gegenvertreter der „Lüge“ zu bezichtigen.
Zwischenzeitig stellt ein solcher Vorwurf kein disziplinarrechtliches Vergehen nach § 9 RAO
mehr dar, sondern findet ein solcher Vorwurf erst dann seine Grenzen, wenn dem Wort „Lü-
ge“ ein blumiges Eigenschaftswort vorangestellt wird, wie zum Beispiel „infame“, „unver-
schämte“, oder „glatte“. Nach der Judikatur stellt der Vorwurf der „Lüge“ ohne Attribut nur
den Vorwurf der Unwahrheit dar und ist daher disziplinär unbedenklich.
Bei der Beurteilung, ob die Schreibweise in seinem Rechtsmittel disziplinär vorwerfbar ist, ist
davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt gemäß § 9 RAO die Sache seines Klienten mit Ei-
fer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten hat, dabei aber verpflichtet ist, nur jene An-
griffs- und Verteidigungsmittel zu gebrauchen, welchen den Gesetzen nicht widerstreiten.
Keinesfalls darf er sich einer Schreibweise bedienen, die als Beleidigung oder Verhöhnung
des Adressaten aufgefasst werden muss. Der Rechtsanwalt als qualifizierter Jurist hat sich in
Wort und Schrift einer sachlichen und juristischen Ausdrucksweise zu bedienen. Von einem
Rechtsanwalt muss einerseits wegen seiner hohen Bildung und andererseits wegen der Mittä-
tigkeit in der Rechtspflege verlangt werden, sich gegenüber einer Behörde wie auch gegen-
über dem Gericht eines sachlichen und korrekten Tones zu bedienen. Dies besagt aber kei-
neswegs, dass der Rechtsanwalt nicht Kritik an den Entscheidungen bzw. Verfügungen des
Richters üben und aus diesem Anlass seine Meinung frei zum Ausdruck bringen darf. Das
verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung fordert nach
der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung ei-
ner Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen.
Bei der Prüfung einer inkriminierten Schreibweise ist zum Beispiel auch zu unterscheiden, ob
die gegen einen Richter erhobenen Angriffe in einem Rechtsmittel, oder etwa in einem Ab-
lehnungsantrag enthalten sind. In einem Rechtsmittel ist (lediglich) sachlich darzulegen, wes-
halb die bekämpfte Entscheidung unrichtig ist. Für einen Ablehnungsantrag reicht der Hin-
weis auf die Unrichtigkeit einer Entscheidung aber nicht aus. Gemäß § 22 JN sind im Ableh-
nungsantrag die Umstände anzuführen, welche die Ablehnung begründen. Es kann daher im
Interesse des Klienten durchaus notwendig sein, etwas Negatives über einen Richter anzufüh-
ren, selbst der Vorwurf des Amtsmissbrauches kann zulässig sein. Die Schreibweise in einem
Ablehnungsantrag wird dann disziplinär geahndet werden können, wenn sie über den zur Dar-
tuung der Ablehnungsgründe notwendigen Inhalt hinausgeht.
Eine Schreibweise, durch welche der Angegriffene nicht mehr sachlich kritisiert, sondern der
Lächerlichkeit ausgesetzt und in seinen beruflichen Fähigkeiten als minderwertig hinge-
stellt wird, ist disziplinär, zumal sie eine von einem Streben nach inhaltlicher Kritik losgelös-
te Diffamierungsabsicht klar erkennen lässt.
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Fallbeispiel 5 und 6: zu § 9 RAO – beleidigende Äußerungen
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Der Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer hat es sich bei Vorliegen sol-
cher Anzeigen zur Gewohnheit gemacht, zur Klärung der Frage des behaupteten standeswid-
rigen Verhaltens eines Rechtsanwalts – und diese Beurteilung obliegt ausschließlich dem
Disziplinarrat – die jeweils in der Hauptverhandlung anwesenden Richter, also in der Regel
den jeweiligen Vorsitzenden und allfällige Beisitzer als Zeugen zu der Disziplinarverhand-
lung vorzuladen, um hiedurch Klarheit darüber zu erlangen, welches Verhalten der jeweils
angezeigte Rechtsanwalt tatsächlich in der Strafverhandlung an den Tag gelegt bzw. welche
Äußerungen er im Einzelnen getätigt hat.
Oftmals stellt sich dabei heraus – in der Regel finden sich nämlich aus dem Hauptverhand-
lungsprotokoll kaum Hinweise auf das angebliche standeswidrige Verhalten des Angezeigten
– dass dieser lediglich im Rahmen seiner Verteidigungspflicht und im Interesse seines Man-
danten gegenüber dem erkennenden Gericht Vorhaltungen im Zusammenhang mit der Befra-
gung des Beschuldigten selbst oder diverser Zeugen erhoben hat, welche zur Verteidigung
seines Mandanten dienlich waren und normalerweise den Gesetzen nicht widerstreiten, wel-
ches Vorgehen durch § 9 RAO gedeckt ist.
Vielfach wird auch irrtümlich die Bestimmung des § 9 RAO im Zusammenhang mit angeb-
lich vorliegenden Kunstfehlern eines Rechtsanwalts herangezogen und solche behaupteten
Kunstfehler auch dafür zum Anlass genommen, gegen einen Rechtsanwalt eine Disziplinar-
anzeige zu erstatten.
Die Beurteilung von Kunstfehlern obliegt jedoch ausschließlich den hierfür zuständigen (Zi-
vil) Gerichten und nicht dem Disziplinarrat, außer es kann dem Rechtsanwalt zum Vorwurf
gemacht werden, dass er seine Partei nicht mit dem erforderlichen Eifer, der Treue und Ge-
wissenhaftigkeit vertreten hat.
Dies wäre dann zu bejahen, wenn beispielsweise ein Rechtsanwalt in Folge Untätigkeit die
Forderung seines Klienten verjähren oder gesetzliche Fristen ungenützt verstreichen hat las-
sen.
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Fallbeispiel 7: zu § 9 RAO – mangelhafte Vertretung der Interessen des eigenen Klienten
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Fallbeispiel 8: zu § 9 Abs 1 RAO – Androhung inadäquater Maßnahmen
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wenn der Rechtsanwalt gegen die Partei, die er berät oder beraten hat, in einer ande-
ren, nicht mit dem Auftrag der Partei in einem Zusammenhang stehenden Angelegen-
heit vertritt.
Es ist als Ausfluss der Treuepflicht des Rechtsanwalts anzusehen, dass er – auch dann, wenn
es um eine ganz andere Sache geht – nicht gegen seine Partei vertritt, weil davon ausgegangen
werden muss, dass er bestimmte Verhaltensweisen, Grundeinstellungen, Anschauungen und
vor allem wirtschaftliche Gegebenheiten kennt, die er bei der Vertretung der anderen Partei in
einer anderen Sache zum Nachteil seines Mandanten nützen könnte. Es genügt dabei bereits
der Anschein der Treuverletzung!
− Jede anwaltliche Tätigkeit (auch ohne Vollmacht) zunächst für und dann gegen den
früheren Klienten in der gleichen Angelegenheit (Frontwechsel);
− Vertretung zweier Mandanten in einem Strafverfahren, von welchen sich einer leug-
nend und der andere geständig zeigt;
− Vertretung eines Vertragspartners bei Streitigkeiten über einen Vertrag, wenn der
Rechtsanwalt von beiden Teilen mit der Vertragserrichtung betraut war ohne aus-
drücklich vor Beginn der Vertragsverhandlungen abgegebenen Erklärung, nur einen
Vertragsteil zu vertreten;
− gleichzeitige Vertretung eines (späteren) Ausgleichsgläubigers unmittelbar vor Eröff-
nung des Ausgleichs und der (nachfolgenden) Vertretung des Ausgleichschuldners;
− Vertretung eines Klienten und der späteren Vertretung des Gegners gegen diesen
durch den Kanzleikollegen;
− Vertretung der Bauherrengemeinschaft gegen Mitglieder derselben wegen Ausbezah-
lung der Baukostenbeiträge.
Mit der 2011 einführten Richtlinie, die als § 12a in die RL-BA 1977 (nunmehr § 10 – 12 RL-
BA 2015), eingefügt wurde, wurde auf Grund der zwischenzeitlich eindeutig klargestellten
Europarechtlichen Prämissen (CCBE-Standesregeln) festgelegt, dass es nicht auf rein formel-
le Kriterien ankommt, sondern dass sich auch das Verbot der Doppelvertretung an materiellen
Kriterien zu messen hat.
Demnach darf der Rechtsanwalt, wenn dies die Wahrnehmung der Interessen der jeweiligen
Parteien in den jeweils anvertrauten Mandaten beeinträchtigt – in Wahrung seiner Treupflicht
– ein neues Mandat dann nicht übernehmen und muss eine bestehendes Mandat gegenüber
allen betroffenen Parteien unverzüglich niederlegen, wenn und sobald
Fallkonstellationen:
Nach Kündigung eines Pachtvertrages über ein Lokal vertritt der Rechtsanwalt R die
Pächterin P gegenüber dem Verpächter wegen Rückforderung der Kaution.
Kurze Zeit später beauftragen die Stadtwerke den R mit der Vertretung wegen offener
Stromrechnung des Lokals gegenüber P.
Es liegt ein Fall formeller Doppelvertretung vor, da die Gefahr der Verletzung der Ver-
schwiegenheitspflicht besteht, weil dem R die Forderung der P gegenüber dem ehemaligen
Verpächter zur Rückzahlung der Kaution bekannt ist.
Der Rechtsanwalt R vertritt eine Bank ständig. Ein weiterer ständiger Klient, der Kre-
ditnehmer dieser Bank ist, gerät in finanzielle Schwierigkeiten.
Es liegt hier eindeutig kein Fall der materiellen Doppelvertretung vor. Die Mandatsübernah-
me für den Bankkunden ist aber dennoch jedenfalls unzulässig, einerseits resultieren aus der
ständigen Vertretung einer Bank Kenntnisse der internen Abläufe bei der Erledigung von Sa-
nierungen, womit eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht droht beziehungsweise ist
diese zumindest gefährdet, andererseits würden Kenntnisse früherer Mandate Bankkunden zu
einem allenfalls unlauteren Vorteil gereichen. Weiter besteht offensichtlich ein Interessenkon-
flikt.
In der Bezirksstadt A ist lediglich 1 Rechtsanwalt ansässig. Dieser vertritt laufend in Ver-
kehrsunfallsachen.
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Fallbeispiel 9: zu § 10 RAO – Doppelvertretungsverbot
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Das Einverständnis der Partei zur Doppelvertretung entlastet den Rechtsanwalt auch ohne
Schädigung oder Gefährdung materieller Interessen nicht, weil das Verbot der Doppelvertre-
tung eine Vorschrift des öffentlichen Standesrechts ist, von der die Partei den Anwalt nicht
befreien kann.
Was das Verbot der Doppelvertretung gem. § 10 RAO betrifft, so würde gerade die Tätigkeit
eines Rechtsanwalts im Rahmen der Errichtung von Verträgen – hiebei ist vor allem an die
Errichtung von Kaufverträgen im Auftrag beider Vertragsparteien infolge konkurrierender
Interessenslagen (der Verkäufer will einen möglichst hohen Kaufpreis, wogegen der Käufer
möglichst wenig für das Kaufobjekt bezahlen will), zu denken – grundsätzlich gegen § 10
RAO verstoßen, zumal diese Bestimmung das Verbot der gleichzeitigen Vertretung zweier
Mandanten mit gegenteiligen Interessen beinhaltet.
Die Errichtung solcher Verträge im Auftrag beider Parteien ist daher nur dann gestattet, wenn
der Rechtsanwalt dabei die Interessen beider Parteien wahrt.
Die Wahrung dieser Interessen beruht in der Regel darauf, dass die Vertragsparteien vor Ab-
schluss eines Kaufvertrages bereits Einigung hinsichtlich des Kaufpreises und Einigung hin-
sichtlich des Kaufgegenstandes erzielt haben.
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Fallbeispiel 10: zu § 10 RAO – Errichtung eines Kaufvertrages durch den Insolvenzverwalter
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Sollte ein Rechtsanwalt allerdings nur von einer Partei, nämlich beispielsweise von seiner
langjährigen Klientel zur Errichtung eines zweiseitigen Rechtsgeschäftes beauftragt worden
sein, so ist er nur dann berechtigt, diese seine Klientel in einem Rechtsstreit aus diesem Ver-
trag zu vertreten, wenn auch die andere Partei von einem berufsmäßigen Parteienvertreter
beraten war oder der Rechtsanwalt sogleich ausdrücklich erklärt hatte, nur seine Partei zu
vertreten (§ 11 RL-BA 2015).
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Fallbeispiel 11 zu § 10 RAO in Verbindung mit § 13 RL-BA 1977 – Verstoß gegen das Doppelvertre-
tungsverbot
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Sonderfälle:
In Ausnahmefällen ist die Doppelvertretung nicht nur zulässig, sondern auch sinnvoll und
notwendig.
Die unzulässige Doppelvertretung ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH ein schweres
Disziplinardelikt. Abgesehen von der massiven Berufspflichtverletzung tritt durch eine unzu-
lässige Doppelvertretung eine erhebliche Beeinträchtigung des Vertrauens der rechtsuchenden
Bevölkerung in die Tätigkeiten des Anwaltsstandes ein.
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Fallbeispiel 12: zu §§ 9 und 10 RAO – Pflichtenkollision und vertragswidrige Verwendung von Treu-
handgeldern
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Fallbeispiel 13: zu §§ 9 RAO, 10 RAO, 10a RAO, 13 RL-BA 2015 (20 Ds 2/19 b)
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d) Nachvertretungspflicht (§ 11 RAO)
§ 11 RAO regelt die Möglichkeit der Kündigung des Vollmachtsverhältnisses eines Rechts-
anwalts zur eigenen Partei, wobei im Falle einer solchen Kündigung der Rechtsanwalt verhal-
ten ist, seinen ehemaligen Mandanten noch durch 14 Tage, von der Zustellung der Kündigung
an gerechnet, insoweit zu vertreten, als dies nötig ist, um die Partei vor Rechtsnachteilen zu
schützen.
Von einer solchen Kündigung einer Vollmacht ist der Widerruf derselben durch den Klienten
selbst zu unterscheiden, welcher Widerruf mit sofortiger Wirkung erfolgt und dem Rechtsan-
walt dann zu einer Vertretung seines ehemaligen Klienten über weitere 14 Tage nicht mehr
verpflichtet (§ 11 Abs. 3 RAO).
Die Verpflichtung zur Vertretung über weitere 14 Tage gilt auch nicht bei einvernehmlicher
Lösung des Vollmachtsverhältnisses. Die Verletzung dieser „Nachvertretungspflicht“ stellt
ein Disziplinarvergehen im Sinne des § 11 Abs. 2 RAO dar.
Nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses ist der Rechtsanwalt verpflichtet, der Partei
über Verlangen die ihr gehörigen Urkunden und Akten im Original auszuhändigen, ist aber
berechtigt, falls seine Vertretungskosten zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlt sind, die zu
deren Feststellung nötigen Abschriften der auszufolgenden Schriftstücke auf Kosten der Par-
tei anzufertigen und zurückzubehalten.
Auch diese Regelung gem. § 12 RAO ist manchen Kollegen nicht geläufig, welche unzulässi-
gerweise die Auffassung vertreten, dass sie bis zur Bezahlung ihrer Kosten Urkunden an ihre
ehemaligen Klienten nicht aushändigen müssen.
Diese Aushändigungspflicht leitet sich allerdings daraus ab, dass die jeweiligen Urkunden
Eigentum des Klienten und nicht des jeweiligen Anwaltes sind.
Zu den am häufigsten zur Anwendung kommenden Bestimmungen der RAO zählen die §§ 19
und 19a RAO, mit welchen die Abrechnung von Kosten eines Rechtsanwalts bei gleichzeiti-
gem allfälligen Einbehalt von Fremdgeldkonto dieser Kosten geregelt werden.
Nach § 19 RAO ist der Rechtsanwalt berechtigt, von dem für seine Partei an ihn eingegange-
nen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, insoweit sie durch erhal-
tene Vorschüsse nicht gedeckt sind, in Abzug zu bringen, ist jedoch schuldig, sich hierüber
mit seiner Partei unverzüglich zu verrechnen.
Voraussetzung für die Kostenersatzforderung der Partei und damit auch für das Pfandrecht
des Rechtsanwalts nach § 19 a RAO ist jedenfalls die rechtzeitige und dem Gesetz entspre-
chende Vorlage eines Kostenverzeichnisses.
Mit ihr erwächst dem Rechtsanwalt ein Anwartschaftsrecht auf sein Pfandrecht gem. § 19 a
RAO und ist der Rechtsanwalt verpflichtet, über bei ihm eingegangene Klientengelder unver-
züglich Abrechnung zu legen. Ist keine Pauschalentlohnung vereinbart, hat der Rechtsanwalt
seinem Mandanten den Honoraranspruch in ziffernmäßig überprüfbarer Weise bekannt zu
geben.
Wird die Richtigkeit und Höhe der Forderung des Rechtsanwalts bestritten, ist sowohl dieser
als auch die Partei berechtigt, gem. § 19 Abs. 2 RAO den Ausschuss der RA-Kammer um die
gütliche Beilegung des Streites anzurufen.
Es steht dem Rechtsanwalt frei, seine Kosten sofort gerichtlich geltend zu machen.
Hat sich der Rechtsanwalt allerdings mit der Überprüfung seiner Kostennote nach § 19 Abs. 2
RAO einverstanden erklärt, darf er die Honorarklage nicht einbringen, ohne das Ergebnis der
Prüfung abzuwarten.
Wenn nun ein Rechtsanwalt nach Bestreitung seiner Honorarforderung den einbehaltenen
Kostenbetrag weder sofort ausfolgt, noch bei Gericht erlegt (und auch nicht die Kostenklage
einbringt), sondern sich von vorne herein prinzipiell bereit erklärt hat, seine Kostenforderung
einer Prüfung durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer unterziehen zu lassen und die
erforderlichen Unterlagen dem vom Ausschuss bestellten Referenten ausfolgt, ist die Unter-
lassung der Weiterleitung des einbehaltenen Kostenbetrages an den Klienten, oder (die Ver-
spätung) des Gerichtserlages samt Kostenklage nach ständiger Judikatur allerdings nicht dis-
ziplinär.
Das anwaltliche Zurückbehaltungs- und Pfandrecht besteht nur an Bargeld, welches Dritte für
den Mandanten erlegt haben, nicht auch an Geldern, die der Mandant selbst seinem Rechts-
anwalt übergeben hat.
Auch Beträge, die der Rechtsanwalt von einem Dritten als Treuhänder für seine Partei über-
nimmt und die er auf Grund der Treuhandvereinbarungen an seine Partei weiterzuleiten hat,
sind bei ihm eingegangene Barschaften im Sinne des § 19 Abs. 1 RAO, er kann daher seine
Kostenforderung hievon in Abzug bringen.
Wird allerdings die Honorarforderung vom Klienten dem Grunde oder der Höhe nach bestrit-
ten, besitzt ein Rechtsanwalt kein Zurückbehaltungsrecht und kann er in diesem Falle nur
zwischen der Rückzahlung oder dem gerichtlichen Erlag wählen.
§ 19 Abs. 3 RAO stellt ein Entgegenkommen für den Rechtsanwalt dar, weil diese Bestim-
mung es ihm gestattet, von einer bedingungslosen Rückzahlung des bestrittenen Honorars
Abstand zu nehmen und zur Möglichkeit des gerichtlichen Erlags zu greifen. Von dieser
Möglichkeit wird er jedenfalls bei Zweifeln an der Liquidität seines Klienten Gebrauch ma-
chen.
In der Praxis zeigt sich, dass die Fehler in der Kostenabrechnung gegenüber dem eigenen Kli-
enten im wesentlichen darin liegen, dass der Rechtsanwalt entweder einen falschen Ansatz
hinsichtlich der Basis seiner Kostenberechnung gewählt, oder sich in der Summierung der
einzelnen Kostenbeträge zum Nachteil seines Klienten verrechnet hat.
Sollte diese überhöhte Kostenverrechnung auf einem Irrtum des Rechtsanwalts oder seiner
Kanzleiangestellten beruhen, so ist das Begehren eines nicht offenkundig um rd. 30 % über-
höhten Honorars gerade noch nicht als disziplinär zu ahnden.
Weiters ist jeder Rechtsanwalt berechtigt, mit seinem Klienten ein Pauschalhonorar zu ver-
einbaren bzw. diesem ein solches in pauschal reduzierter Höhe in Rechnung zu stellen.
Wird ein solches pauschal reduziertes Honorar vom Klienten anerkannt, im Folgenden jedoch
nicht zur Überweisung gebracht, ist der Rechtsanwalt nur dann berechtigt, das tatsächlich ihm
tarifmäßig zustehende Honorar von seinem Klienten zu begehren, wenn er in der Pauschalab-
rechnung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er sich an diese Pauschalierung nur dann
gebunden fühlt, wenn von seinem Klienten innerhalb einer entsprechenden Frist Zahlung ge-
leistet wird.
Sollte ein solcher Hinweis in der Honorarabrechnung nicht enthalten sein, ist der Anwalt,
selbst wenn sein Klient später keine Zahlung leistet, an dieses reduziert pauschal bekannt ge-
gebene Honorar gebunden.
Gemäß der §§ 3 und 4 RL-BA 2015 hat der Rechtsanwalt eine übernommene Verbindlichkeit
zu erfüllen und darf somit Verbindlichkeiten nur dann eingehen oder die Haftung für eine
fremde Verbindlichkeit übernehmen, wenn er deren Erfüllung sicher ist.
Diese Bestimmung leitet sich aus § 10 Abs. 2 RAO, konkret aus den sich daraus ergebenden
Pflichten der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter ab, zu welchen auch die Verpflich-
tung der „Zuhaltung von mündlichen und schriftlichen Verträgen“ zählt und findet diese Ver-
pflichtung zur Einhaltung eingegangener Verbindlichkeiten ihre standesrechtliche Konkreti-
sierung in den §§ 3 und 4 RL-BA 2015.
Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung verstößt sohin gegen Ehre und Ansehen des Stan-
des. Der Disziplinarrat erlangt über eine allfällige Verletzung dieser Verpflichtung in der Re-
gel durch den Ausschuss Kenntnis, welchem gem. § 25 RL-BA ein Rechtsanwalt, der die
Vertretung gegen einen anderen Rechtsanwalt übernommen hat, die Übernahme dieser Ver-
tretung anzuzeigen und über das Ergebnis der Vertretung zu berichten hat.
Tritt sohin ein Rechtsanwalt als Kläger oder Klagsvertreter in einem gerichtlichen Verfahren
gegen einen anderen Rechtsanwalt auf, gegen welchen persönlich eine Forderung klagsweise
geltend gemacht wird, so hat er diesen Umstand dem Ausschuss anzuzeigen, welcher seiner-
seits diesbezüglich dem Disziplinarrat die entsprechende Information zukommen lässt.
Der Disziplinarrat seinerseits wird im Rahmen der Voruntersuchung durch den Untersu-
chungskommissär dieses Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des zivilrechtlichen
Verfahrens zurückstellen und, je nach Ausgang des zivilrechtlichen Verfahrens, darüber zu
entscheiden haben, ob mittels Einleitungs- oder Einstellungsbeschluss vorzugehen ist.
Wenn es ein Rechtsanwalt jedoch nach rechtskräftiger Verurteilung zur Zahlung darauf an-
kommen lässt, dass gegen ihn die dem Verfahrensgegner rechtskräftig zugesprochene Forde-
rung in Exekution gezogen wird, hat er jedenfalls das Standesvergehen der Beeinträchtigung
von Ehre und Ansehen des Standes im Sinne des § 4 RL-BA 2015 erfüllt.
Auch in diesem Punkt erfolgte in jüngerer Zeit eine Judikaturänderung dahingehend, dass
auch bei Verwirklichung des Tatbestandes der Nichterfüllung von Verbindlichkeiten in Form
von Kammerbeiträgen die subjektive Sorgfaltswidrigkeit dieses Verhaltens zu prüfen ist. In
25 Ds 30/20 p vertritt der OGH die Ansicht, dass zu prüfen wäre, ob es dem DB angesichts
eines krankheitsbedingten Umsatzrückgangs im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zumut-
bar war, nach Bestreitung anderer (Kanzlei-) Verbindlichkeiten und Deckung eines angemes-
Gem. § 7 RL-BA 2015 darf der Rechtsanwalt Auftrag und Vollmacht in der Regel nur von
demjenigen annehmen, dessen Interessen ihm anvertraut werden. Dieser Regelung kommt
insoferne wesentliche Bedeutung zu, als für jeden Rechtsanwalt die Möglichkeit besteht, sich
in allen gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen Verfahren gem. § 8 RAO auf die ihm er-
teilte Bevollmächtigung berufen zu können, ohne dass hiefür die Vorlage einer schriftlichen
Vollmacht erforderlich ist.
Gerade auf Grund dieses einzig dem Rechtsanwalt zuerkannten Privilegs der Berufung auf
eine mündliche Vollmacht ist jeder Rechtsanwalt verhalten, sich darüber zu vergewissern,
dass in jenem Falle, als eine Person namens einer anderen den Rechtsanwalt mit der Vertre-
tung letzterer beauftragt, der eigentliche Mandant hievon Kenntnis hat und auch mit dieser
Vollmachtserteilung einverstanden ist.
Gem. § 13 RL-BA 2015 darf der Rechtsanwalt Gelder und andere Vermögenswerte, die ihm
zu einem bestimmten Zweck übergeben worden sind, weder widmungswidrig verwenden,
noch zurückbehalten.
Diese Gesetzesbestimmung, wonach ein Rechtsanwalt verpflichtet ist, die Barschaften unver-
züglich auszufolgen, soferne er von der ihm gem. § 19 Abs. 3 RAO eingeräumten Befugnis
keinen Gebraucht macht, deckt sich mit den bereits im Einzelnen dargestellten Bestimmungen
der §§ 19 und 19a RAO.
Mit dieser Bestimmung wird geregelt, welche Aufträge und Geschäfte für einen Rechtsanwalt
unzulässig sind und welche Regelungen für die Tätigkeit des Anwaltes im Rahmen des über-
nommenen Auftrages, insbesondere im Verhältnis zum Gegner des Auftraggebers, gelten.
Unzulässig sind weiters die gemäß § 20 RAO verbotenen Tätigkeiten, unzulässige Druckmit-
tel und nicht sachbezogene Maßnahmen, wie zum Beispiel die Drohung mit der Einschaltung
der Medien oder der Erstattung von Strafanzeigen und die Verfolgung von Ansprüchen mit
unangemessener Härte.
Es ist zwar nicht jede Drohung mit einer Strafanzeige disziplinär, wenn jedoch ein Anwalt
versucht, einen zivilrechtlichen Anspruch eines Mandanten durch eine ungerechtfertigte Dro-
hung mit einer Strafanzeige durchzusetzen, so begeht er eine Berufspflichtenverletzung und
eine Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Generell ist von einem Rechtsanwalt zu erwarten, dass er sich derartige Schritte genau über-
legt. Wegen der Schwere des Eingriffes trifft den Rechtsanwalt die Pflicht einer besonders
gewissenhaften Prüfung der Sach- und Rechtslage. Ein Rechtsanwalt handelt auch dann dis-
ziplinär, wenn er ohne solche Prüfung eine Strafanzeige nicht wissentlich falsch erhebt.
Unter diesen Tatbestand fällt auch das Verhalten gegenüber Gerichtspersonen, Beamten und
Gegnern.
Unzulässig sind zum Beispiel die Bezeichnung eines Polizisten als „Verbrecher“ während
einer Pressekonferenz, die Bewertung der richterlichen Beweiswürdigung „als sich erdreis-
ten“, aggressive persönliche Angriffe gegen Sachverständige und Gericht, Herabwürdigung
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Fallbeispiel 15: zu § 17 RL-BA 2015 iVm § 9 RAO – Anwendung unzulässiger Mittel (24 Ds 1/21 p)
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§ 19 RL-BA 2015 regelt das Verbot der Umgehung des anderen Rechtanwalts. Jeder Rechts-
anwalt ist verpflichtet, für den Fall, dass die Gegenpartei durch einen anderen Rechtsanwalt
rechtsfreundlich vertreten ist, ausschließlich diesen in der anhängigen Angelegenheit zu kon-
taktieren und nicht direkt mit der Gegenpartei Kontakt aufzunehmen.
Das Verbot der Umgehung des Gegenanwaltes wurde aus 2 Gründen erlassen, nämlich einer-
seits zum Schutz der rechtsunkundigen Partei, die ohne ihren umgangenen Rechtsfreund in
der Regel nicht in der Lage ist, die Tragweite ihrer Erklärung und die Folgen ihrer Rechts-
handlungen abzusehen und andererseits zum Schutz von Ehre und Ansehen des Standes, da es
dem Grundsatz der Kollegialität entspricht, den Rechtsanwalt als Vertreter der Gegenpartei
anzuerkennen und nicht über seinen Kopf hinweg mit seinem Klienten zu verkehren.
Für die disziplinäre Verantwortlichkeit genügt schon der Verstoß gegen eine der beiden
Schutzvorschriften.
Wenn man sich nun nicht im Klaren ist, ob die Gegenpartei auch in einer anderen Causa, über
welche bisher noch nicht verhandelt wurde, von jenem Rechtsanwalt ebenfalls vertreten wird,
welcher die Gegenpartei in einer anderen Causa rechtsfreundlich vertreten hat, so ist es
zweckmäßig, entweder vorsichtshalber direkt mit dem vorherigen Gegenvertreter auch in der
zweiten Causa Kontakt aufzunehmen, oder zumindest von jenem Schreiben, welches man
direkt der Gegenseite übermittelt, einen Mehrdurchschlag dem vorherigen Gegenvertreter zur
Kenntnisnahme zu übermitteln.
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Fallbeispiel 16: zu § 19 RL-BA und § 9 Abs. 1 RAO – Gleichzeitige Übersendung eines Schreibens,
mit welchem dem gegnerischen Rechtsanwalt ein Beratungsfehler vorgeworfen wird,
an dessen Mandanten.
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Im Umgang mit anderen Rechtsanwälten wird die Einhaltung des Prinzips der Kollegialität
verlangt. Demnach ist es verboten, andere Rechtsanwälte unnötig in den Streit zu ziehen und
persönlich anzugreifen. Der „Gegner“ ist nicht der die andere Seite vertretende Rechtsanwalt!
Jedem Rechtsanwalt steht sowohl aus Anlass der Berufsausübung als auch im persönlichen
Bereich der Schutz der freien Meinungsäußerung gemäß Art. 10 EMRK zu. Diese darf bei
sachlicher, in gebotener Form geäußerter Kritik durch den Rechtsanwalt nicht aus Gründen
der Kollegialität oder der Ehre und des Ansehen des Standes eingeschränkt werden, herabset-
zende und unbegründete Kritik am beruflichen Verhalten eines andere Rechtsanwaltes kann
aber nicht mit den Grundfreiheiten nach Art. 10 EMRK oder Art. 13 StGG gerechtfertigt
und/oder mit der Vertretungspflicht nach § 9 RAO begründet werden.
Jedenfalls nicht gedeckt vom Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit sind Verspottungen, per-
sönliche Verunglimpfungen und sonstige beleidigende Äußerung in Bezug auf berufliche Tä-
tigkeit oder persönliche Verhältnisse des Rechtsanwalts.
Bereits der (sachlich nicht gerechtfertigte) Vorwurf an den Gegenvertreter vor Gericht, sein
Verhalten sei disziplinär, kann disziplinär sein.
Als leichtfertige Vorwürfe wurden disziplinär geahndet der Vorwurf eines Doppelverkaufes,
ohne ausreichend gesicherter Anhaltspunkte; die Unterstellung, die Begründung des einge-
brachten Vertagungsgesuches sei tatsachenwidrig; der Vorwurf, der Rechtsanwalt handle oh-
ne entsprechendes Mandat seines Klienten.
Ebenso disziplinär waren sonstige beleidigende Äußerungen, wie zum Beispiel: Anrede mit
„nicht mehr sehr verehrter Herr Kollege“; unbegründeter Vorwurf der „Kostenschinderei“;
Bezeichnung des Vorbringens eines Gegenanwaltes als „schlichtweg infame Lüge“; Vorwurf,
ein Anwalt sei „bescheuert“.
Der Rechtsanwalt hat einerseits entsprechend den technischen und organisatorischen Mög-
lichkeiten und den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege nach Maßgabe der gesetzli-
chen Voraussetzungen die zur Wahrnehmung, Verfolgung und Durchsetzung der ihm anver-
trauten Interessen notwendigen Einrichtungen Sorge zu tragen. Weiters ergibt sich aus dem
Gebot, die Kanzlei mit Sorgfalt und Umsicht zu führen unzweifelhaft, dass das Überlassen
von Kanzleigeschäften an ungeeignete Personen dieser Umsicht widersprechen würde.
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Fallbeispiel 17: zu § 40 RL-BA – Weitergabe standardisierter Formulare an Klienten für Besitzstörun-
gen (24 Ds 3/17a)
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Geregelt wird mit dieser Bestimmung der Umgang mit Fremdgeld, insbesondere die
strikte Trennung von Fremdgeld von eigenem Kanzleigeld. Anderkonten sind im Sin-
ne der Geschäftsbedingungen für Anderkonten der Rechtsanwälte und Rechtsan-
waltsgesellschaften einzurichten, welche zwischen dem ÖRAK und der Bundessekti-
on Geld-, Kredit- und Versicherungswesen vereinbart wurden.
Fremdgeld stellt alles dar, was bei einem Rechtsanwalt eingeht, ohne für Honorar
oder für Tilgung sonstiger Forderung des Rechtsanwalts (z.B. vorgelegte Barausla-
gen) gewidmet ist. Das Fremdgeld ist unverzüglich an den Berechtigten auszufolgen,
so kein besonderer Grund zur Verwahrung besteht.
Die Anderkonten müssen immer ein Guthaben entsprechend der Summe der anver-
trauten Gelder aufweisen. In Kurrentiensachen können gesonderte Vereinbarungen
mit dem Mandanten getroffen werden.
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Fallbeispiel 18: zu § 43 Abs. 4 RL-BA – Nicht entsprechendes Guthaben auf Fremdgeldkonten (25 Ds
5/17b)
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Eine der wesentlichen Bestimmung der RL-BA 2015 beinhaltet die Werberichtlinien und re-
gelt das Auftreten des Rechtsanwalts in der Öffentlichkeit im Rahmen der Werbung.
Der Rechtsanwalt darf über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die
Angaben sachlich, wahrheitsgemäß und berufsbezogen sind.
Verboten sind insbesonders die gezielte Werbung um neue Klientel und die reklamehafte
Selbstdarstellung.
Einschränkungen der Werbefreiheit sind dort geboten, wo der Anwaltsstand als solcher vor
dem Eindruck der Unseriosität bewahrt werden soll. Die marktschreierische Werbung des
Anwaltes ist jedenfalls zu beanstanden.
Während die Werberichtlinien in der Fassung der RL-BA 1977 im wesentlichen dem Rechts-
anwalt faktisch jede Werbung in der Öffentlichkeit verboten haben, ist es dem Rechtsanwalt
nunmehr erlaubt, Werbung zu betreiben, welche allerdings dort ihre Grenze findet und damit
disziplinär zu ahnden ist, wo sie als marktschreierische Werbung beurteilt werden muss.
Das Verbot der Selbstanpreisung durch marktschreierische Werbung, sowie das Verbot der
vergleichenden Werbung gegenüber Standesangehörigen, ergibt sich bereits aus dem reinen
Text des § 47 Abs. 3 RL-BA 2015.
Anwaltliche Werbung ist jedenfalls zulässig, soferne sie wahr, sachlich und im Einklang mit
Ehre und Ansehen des Standes, den Berufspflichten sowie der Funktion des Rechtsanwalts im
Rahmen der Rechtspflege ist.
Mit den neuen Werberichtlinien ist jedenfalls die Internet-Präsenz des Rechtsanwalts standes-
rechtlich erlaubt.
Werbebanner auf fremden Internetseiten sind üblicher Weise ein typisches Gestaltungsmittel
der gewerblichen Wirtschaft. Dieses Gestaltungsmittel soll der freie Anwaltsstand – der eben
gerade kein Gewerbe ausübt und auf die Wahrung seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit und
Unabhängigkeit auch bei Werbemaßnahmen bedacht sein sollte – dann nicht verwenden,
wenn der Anwalt mit einer Werbeanzeige auf einer fremden Internetseite als wirtschaftlich
abhängig bzw. unselbständig erscheint.
Es wäre unter Umständen gem. § 47 RL-BA 2015 unzulässig, wenn eine Unternehmensbera-
tungsgruppe auf ihrer Website einen bestimmten Rechtsanwalt „anpreist“.
Bezogen auf die wesentliche Judikatur zur erlaubten oder unerlaubten Werbung ist auf nach-
stehende Entscheidung zu verweisen:
Die Inanspruchnahme einer X-GmbH auf einer Seite des ORF Teletextes mit dem Inhalt
„Kündigung? Streit? Unfall? Einspruch? Wollen Sie sofort Hilfe? Holen Sie sich Ihre Rechts-
auskunft per Telefon? Sie sprechen direkt mit einem zugelassenen Anwalt. Sie schildern Ihre
persönliche Situation und der Anwalt hilft Ihnen weiter, Teleanwalt: Nr …….. max. € 2,00 je
Minute“ erweckt marktschreierische Hoffnungen, die bei einer Telefonberatung nie ge-
währleistet werden können.
Anbieten unentgeltlicher anwaltlicher Leistungen (Übergabs- und Schenkungsvertrag) für die
ersten 3 Anrufer ist marktschreierisch und daher unzulässig.
Die bisherige Judikatur des OGH zu § 47 RL-BA 2015 hat sich in der Beurteilung des Ver-
stoßes gegen die Werberichtlinien durch einen Rechtsanwalt an die Judikatur des OGH in
Angelegenheiten betreffend UWG insoweit angelehnt, als all das, was nach der Judikatur des
OGH gegen das UWG verstößt, auch dem Rechtsanwalt im Rahmen der Werbung hinsicht-
lich seiner Person in der Öffentlichkeit als sittenwidrig und damit mit der nunmehr faktischen
„Werbefreiheit“ eines Rechtsanwalts nicht in Einklang gebracht werden kann.
Eine Werbung ist auch dann unzulässig, wenn es sich hiebei um eine Mandatsakquisition un-
ter Ausnützung einer Zwangssituation handelt und darf auch der Rechtsanwalt für Mandatszu-
führung weder Vorteile anbieten noch gewähren.
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Fallbeispiel 19: zu § 45 Abs 3c RL-BA 1977 iVm § 10 RAO – Verstoß gegen die Werberichtlinien ver-
bunden mit Doppelvertretungsverbot
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Fallbeispiel 20: zu § 47 RL-BA 2015 – Versendung von Serienbriefen zwecks Mandantsacquisition
und unzulässige Selbstanpreisung (20 Os 2/16v)
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Fallbeispiel 21: zu § 47 RL-BA 2015 – Marktschreierische Werbung (15 Bkd 2/11)
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Die Vertretung im Rahmen der Verfahrenshilfe hat mit der gleichen Sorgfalt wie die Vertre-
tung durch einen freigewählten Rechtsanwalt zu erfolgen.
Der Umfang der Vertretung ergibt sich ausschließlich aus dem gerichtlichen Bewilligungsbe-
schluss.
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Fallbeispiel 22: zu § 50 RL-BA 2015 – Keine Verpflichtung zur Einbringung aussichtsloser Klagen (28
Ds 1/17m)
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Solange ein Rechtsanwalt für seine Partei in der Verfahrenshilfe bestellt ist, darf er deren Ver-
tretung in dieser Sache gegen Entlohnung nicht übernehmen.
Wohl ist es dem Rechtsanwalt gestattet, eine von seiner Partei nach Abschluss der Vertretung,
oder von einem Dritten schon vorher aus freien Stücken angebotene Entlohnung anzunehmen.
Soferne die Partei des Verfahrenshilfevertreters Kosten zugesprochen und diese auch durch
den unterlegenen Gegner erhält, kann diese selbstverständlich der Rechtsanwalt auch in der
Verfahrenshilfe vereinnahmen und muss dieselben sohin nicht an den Verfahrensbeholfenen
weitergeben (§ 51 RL-BA 2015).
Unzulässig ist es allerdings, auch nur anteilige Kosten von jenem Betrag einzubehalten, wel-
chen der Verfahrensbeholfene zugesprochen erhält.
Aufgrund dieses (gerichtlich nicht strafbaren) Verhaltens wurde gegen den DB ein Verwal-
tungsstrafverfahren wegen des Verwaltungsstraftatbestandes des unerlaubten Verkehrs mit
Gefangenen nach § 180 a STVG geführt.
Der DB hat somit gegen geltende gesetzliche Vorschriften sowie die Verpflichtung, durch
Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu
wahren und damit gegen die Bestimmungen der §§ 10 Abs. 2 RAO und 1 DSt verstoßen, da-
mit die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre
und Ansehen des Standes begangen und wurde hiefür gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 DSt zur Diszip-
linarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer eines Jahres,
davon 9 Monate bedingt für eine Probezeit von 3 Jahren und einer Geldbuße in der Höhe von
€ 15.000,00 sowie zum Verfahrenskostenersatz verurteilt.
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Präsident des Disziplinarrates der Steiermärkischen Rechts-
anwaltskammer wurde - und soweit mir bekannt auch in ganz Österreich – bisher erst einma-
lig ein Rechtsanwalt nur wegen des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und
Ansehen des Standes, also wegen eines Verhaltens, welches dieser Rechtsanwalt ausschließ-
lich außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit gesetzt hat, gem. § 16 Abs 1 Zi 4 DSt von der Liste
gestrichen, da das private Verhalten dieses Rechtsanwaltes zu einer rechtskräftigen straf-
rechtlichen Verurteilung des Rechtsanwaltes wegen des Vergehens der teils versuchten ge-
schlechtlichen Nötigung und wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen geführt
hat.
Der DB hat die Vertretung seines Klienten im Rahmen eines Verlassverfahrens nach dessen
Vater, welches jedoch bereits rechtskräftig beendet war, übernommen und wurden ihm in der
Folge diverse Unterlagen übermittelt.
Anlässlich einer Konferenz wurde dem DB ein Kuvert mit dem Auftrag übergeben, dieses
treuhändig zu verwahren und einmal in Ruhe durchzusehen.
Wenige Tage später wurde dem DB von seinem Klienten mitgeteilt, dass dieser einen anderen
Anwalt mit seiner weiteren Vertretung beauftragt hat und hat der neue Rechtsvertreter kurz
darauf den DB schriftlich aufgefordert, die ihm ausgehändigten Urkunden an ihn (= neuer
Rechtsvertreter) weiterzuleiten.
Nach Erhalt dieses Schreibens hat der DB das ihm von seinem ehemaligen Klienten treuhän-
dig zur Verwahrung ausgehändigte Kuvert geöffnet und darin seiner Meinung nach national-
sozialistisches Gedankengut entnehmen müssen.
Er fertigte daher rd. 14 Tage nach Erhalt des ersten Schreibens an den neuen Vertreter seines
ehemaligen Klienten ein Schreiben ab, in welchem er einerseits die Auffassung vertreten hat,
dass es sich bei der Übermittlung der Unterlagen seines ehemaligen Klienten um eine Hol-
schuld handle und dieser somit mit seiner Kanzlei Kontakt aufnehmen müsse und andererseits
ankündigte, dass er die Unterlagen mit nationalsozialistischem Gedankengut umgehend mit
einer entsprechenden Sachverhaltsdarstellung an die zuständigen Sicherheitsbehörden weiter-
leiten werde.
Unter einem sah sich der DB veranlasst, auf Grund der für ihn ungeklärten standesrechtlichen
Rechtslage bezüglich einer etwaigen Verpflichtung seinerseits zur Weiterleitung der Unterla-
gen an die Sicherheitsbehörden, diese an die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer weiterzu-
leiten, damit diese eine Entscheidung treffe, was damit geschehen solle und hat er des weite-
ren eine Anfrage an das Bundesministerium für Inneres gerichtet, auf welche er allerdings
keine befriedigende Antwort erhalten hat.
Letztlich sind ihm die Unterlagen auch von der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer bzw.
vom Kammeranwalt ohne entsprechende Klärung des Sachverhaltes ebenfalls rückübermittelt
worden.
Obiger Sachverhalt führte zu einer disziplinarrechtlichen Verurteilung des DB, welcher einer-
seits durch die Ankündigung, er werde ihm treuhändig übergebene Unterlagen seines Klienten
mit nationalsozialistischem Gedankengut an die zuständige Sicherheitsbehörde umgehend
weiterleiten, zumindest den Anschein erweckt hat, er werde gegen die ihm gegenüber seinem
ehemaligen Klienten obliegende Treue und Verschwiegenheitspflicht verstoßen und ander-
seits durch die vorerst erfolgte Verweigerung auf Herausgabe der ihm anvertrauten Urkunden
gegen seine Verpflichtung auf Herausgabe von Urkunden nach Beendigung des Vertretungs-
verhältnisses innerhalb angemessener Zeit verstoßen hat.
Die Verurteilung erfolgte wegen Verstoßes nach § 9 Abs 2 RAO in Verbindung mit § 10 RL-
BA 1977 wegen des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung, sowie der Beein-
trächtigung von Ehre und Ansehen des Standes.
Bei diesem Erkenntnis wurde auch die ständige Judikatur der früheren OBDK berücksichtigt,
dass die Treuepflicht des Anwaltes gegenüber seinem Klienten auch über die Zeit nach Been-
digung des Mandatsverhältnisses hinausgeht und auch der Anschein einer Verletzung der
Treuepflicht durch den Anwalt vermieden werden muss.
Der DB vertrat eine Mandantin in einem Verfahren gegen die Lyoness Europe AG auf Rück-
zahlung geleisteter Einzahlungen. Außergerichtlich kam es zum Abschluss eines Vergleiches,
wobei von der Mandantin später behauptet wurde, sie hätte keine Einwilligung zum Ab-
schluss dieses Vergleiches abgegeben.
Nach erfolgter Aufkündigung der Vollmacht brachte die nunmehr vormalige Mandantin durch
ihren neuen Rechtsvertreter gegen Lyoness Europe AG eine gerichtliche Klage ein. Die Lyo-
ness Europe AG verkündete dem DB den Streit und forderte ihn auf, auf ihrer Seite als Nebe-
nintervenient dem Verfahren beizutreten.
Der DB trat sogleich dem Verfahren als Nebenintervenient bei, über Aufforderung des Ge-
richts gab er in der Folge bekannt, auf Seiten der beklagten Partei Lyoness Europe AG beizu-
treten, später erstattete er auch ein Sachvorbringen, in welchem er naturgemäß sein Wissen
aus der außergerichtlichen Vertretung verwertete. Zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt
erfolgte die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht seitens der ehemaligen Mandantin.
Nach Ansicht des erkennenden Senates wurden vom DB die Disziplinarvergehen der Berufs-
pflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen
und wurde er hiefür gem. § 19 Abs. 1 Z 2 DSt zu einer Geldbuße in der Höhe von € 6.000,00
sowie zum Verfahrenskostenersatz verurteilt.
Über Berufung des DB wurde das Erkenntnis aufgehoben und der DB freigesprochen.
Nach Ansicht des OGH lag eine Berufspflichtenverletzung nicht vor, da der DB nicht in Aus-
übung seines Berufes, sondern in eigener Sache verhandelte, auch eine Beeinträchtigung von
Ehre und Ansehen des Standes wegen Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht
lag nicht vor, da eine solche dann nicht bestehen würde, wenn ein Rechtsanwalt ihm anver-
trautes vorbringen muss, um seine eigenen Honorarforderungen gegen den Mandanten durch-
zusetzen oder einen behaupteten Schadenersatzanspruch abzuwehren. Diese Durchbrechung
der Verschwiegenheitspflicht in eigener Sache beschränke sich nicht bloß auf Auseinander-
setzungen, an denen (nur) der Rechtsanwalt und sein ehemaliger Mandant beteiligt sind, son-
dern auch für Konstellationen, in denen die an sich zur Verschwiegenheit verpflichtete Person
dem Prozess als Nebenintervenientin beitritt, dies ohne Unterschied, ob der (aktuelle oder
ehemalige) Prozessgegner des ehemaligen Mandanten vom Rechtsanwalt als Streithelfer oder
als Widerpart von den Interna des Mandatsverhältnisses Kenntnis erlangt.
Beispiele zu Skriptum Standesrecht Seite 7
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Fallbeispiel 5: zu § 9 RAO – beleidigende Äußerungen
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Der Disziplinarrat hatte in jüngster Zeit zur Frage des Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot
zu entscheiden, welchem Fall nachstehender Sachverhalt zugrunde gelegen ist:
Auf Grund der Tatsache, dass dieser in einem dieser Verfahren dem letztlich auf Kosten ein-
geschränkten Klagebegehren der Gegenseite im wesentlichen stattgegeben hat, hat der DB bei
der Staatsanwaltschaft Graz eine Sachverhaltsdarstellung wegen Verdachtes des Amtsmiss-
brauches gegen diesen Richter eingebracht, im Folgenden gegen den Einstellungsbeschluss
der genannten Staatsanwaltschaft Einspruch erhoben, weiters ein Schreiben an den Präsiden-
ten des OLG Graz und an die Gerichtsvorsteherin des BG Graz-West abgefertigt, sowie letzt-
lich eine Disziplinaranzeige an das Bundesministerium für Justiz erstattet, in welchen sämtli-
chen Eingaben der DB gegen den erkennenden Richter eine Vielzahl an Vorwürfen erhoben,
von welchen nur beispielsweise nachstehende Vorwürfe gegen das Sachlichkeitsgebot versto-
ßen haben:
So habe der erkennende Richter die ihm eingeräumte Befugnis im Rahmen des Bundes
in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen wissentlich mit dem Vorsatz
missbraucht, die Republik Österreich und den Beklagten an ihren Vermögensrechten
zu schädigen, weiters
dass es nicht einzusehen sei, dass der Beklagte zur Entlastung des offensichtlich ar-
beitsunwilligen Richters und zur Bereicherung der klagenden Partei Prozesskosten auf
sich hätte nehmen sollen, weiters
dass es sich jedenfalls beim erkennenden Richter um einen kriminellen Richter handle.
In einer Presseaussendung erhob der DB als Vertreter teils der Opfer und teils der Angehöri-
gen von Opfern der Kaprun-Katastrophe Vorwürfe gegen die österreichische Justiz.
„…Österreich hatte lange genug Zeit, den Saustall aufzuräumen und mit allen Mißständen
aufzuräumen. Es reiche den Opferfamilien, Überlebenden und Angehörigen nunmehr und
Österreich müsse international für die Schandtaten in Sachen Kaprun gebrandmarkt wer-
den…..“
Hiezu hat die OBDK die Meinung vertreten, dass im vorliegenden Fall der DB durch obige
Ausführungen nicht etwa einen Prozeßgegner oder dessen Vertreter oder überhaupt eine be-
stimmte Person angegriffen hat, sondern erging er sich in einem pauschalen Werturteil gegen
die österreichische Justiz in ihrer Gesamtheit.
Die Äußerungen sind in ihrem Gesamtzusammenhang erkennbar auf seinen Unmut über die –
aus Medienberichten allgemein bekannten – Schwierigkeiten, die das Strafverfahren anläss-
lich der Kaprun-Katastrophe mit sich brachte, zurückzuführen.
Auch in der Öffentlichkeit wurde sowohl das Verfahren, als auch dessen Ergebnis von hefti-
gen Diskussionen begleitet und stand längere Zeit im Mittelpunkt des medialen Interesses,
wobei Behörden, Gerichte, Sachverständige und „die Justiz“ Ziel diverser medialer Angriffe
waren.
Angesichtes des besonderen Hintergrundes der Presseaussendung ist davon auszugehen, dass
eine demokratische Gesellschaft die strittige Äußerung hinnehmen kann, ohne dass die öffent-
liche Ordnung, der Schutz des guten Rufes oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der
Rechtsprechung Schaden erleidet.
Der DB hat am letzten Tag der Rechtsmittelfrist für seinen Mandanten eine außerordentliche
Revision diktiert, das entsprechende Kuvert an das zuständige Landesgericht mit einem
Stempel seiner Freistempeleinrichtung abgestempelt, diese Einzelsendung in den beim zu-
ständigen Postamt vorhandenen Briefkasten am Abend des letzten Tages der Rechtsmittelfrist
eingeworfen und dabei festgestellt, dass die nächste Aushebung dieses Briefkastens erst am
darauffolgenden Tag um 17 Uhr stattfinden werde.
Nach der Verantwortung des DB wurde eine solche Vorgangsweise von ihm ständig prakti-
ziert, da ihm bekannt war, dass der OGH die postalische Behandlung einer Briefsendung als
entscheidenden Zeitpunkt für die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels ansehe. Er ging entspre-
chend seiner Kenntnis der AGBs für die Freistempeleinrichtung davon aus, dass eine postali-
sche Behandlung in dem Sinn gar nicht erforderlich sei, sondern der Freistempelabdruck an
sich die postalische Behandlung darstelle, weil es ja unmöglich ist, den Datumsstempel dieses
Gerätes abzuändern.
Die vom DB in den Briefkasten eingeworfene außerordentliche Revision wurde vom zustän-
digen Postamt am Tag nach Ablauf der Rechtsmittelfrist dergestalt postalisch behandelt, dass
auf dem Kuvert der Orts- und Tagesstempel mit dem auf das Ende der Rechtsmittelfrist fol-
genden Tag angebracht und an das zuständige Landesgericht übermittelt wurde. Dieses hat die
außerordentliche Revision wegen Verspätung zurückgewiesen und sind sämtliche dagegen
vom DB erhobenen weiteren Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe ohne Erfolg geblieben.
Diesen Sachverhalt wertete die OBDK als Verstoß gegen die §§ 9 u. 11 RAO, da ein Rechts-
anwalt verpflichtet ist, übernommene Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die
Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten
und ist auch der Rechtsanwalt im Sinne der zweitgenannten Bestimmung schuldig, das ihm
anvertraute Geschäft, solange der Auftrag bestehe, zu besorgen; er ist für die Nichtvollzie-
hung verantwortlich. Aus den AGBs der Post ist jedenfalls deutlich zu entnehmen, dass bei
einer freigestempelten Briefsendung eine Aufgabe nur rechtzeitig ist, wenn sie bis zu den von
der Post festgesetzten Schlusszeiten durch Einwurf in den Briefkasten erfolgt. Im Übrigen war
es dem DB bewusst, dass das von ihm am letzten Tag der Rechtsmittelfrist in den Postkasten
eingeworfene Schriftstück erst am nächsten Tag ausgehoben und damit postalisch behandelt
wird, womit als Aufgabetag der nächste Tag gilt.
Sachverhalt:
Im Rahmen der Vertretung eines Klienten betreffend dessen Ansprüche aus einem Verlassver-
fahren hat der DB an den Bruder seines Mandanten, welcher im Verlass nach dem gemeinsa-
men Vater dessen Gegner war und welcher im Rahmen eines sogenannten „Mail-Forums“
unangemessene Kritik gegen die Gerichte in Österreich, aber auch gegen den DB erhoben
hat, in einem an diesen gerichteten Schreiben zur Durchsetzung des darin geltend gemachten
Unterlassungsanspruches diesem gegenüber angedroht, er werde bei Nichterfüllung des Un-
terlassungsanspruches
• das für den Bruder zuständige Pflegschaftsgericht verständigen wegen der allfälligen
Notwendigkeit, einen Sachwalter zu bestellen und
• die Straßenverkehrstauglichkeit (für das Lenken von Kraftfahrzeugen) überprüfen las-
sen.
In dieser Androhung sah der erkennende Senat die Androhung der Vornahme inadäquater,
sowie überzogener und unangemessener Mittel gegenüber dem Bruder des Klienten des DB
und damit einen Verstoß gegen § 9 Abs 1 RAO in Verbindung mit § 2 RL-BA 1977.
Im Rahmen dieses Versteigerungsverfahrens hat der DB namens der Eltern der Ver-
pflichteten, deren rechtsfreundliche Vertretung er ebenfalls übernommen hat, sowie
gleichzeitig als nach wie vor ausgewiesener Vertreter der Verpflichteten, namens ihrer
Eltern mit Wissen und Willen der Verpflichteten zur Meistbotsverteilungstagsatzung
eine Forderung der Eltern gegenüber der Verpflichteten angemeldet und die Zuwei-
sung dieser Forderung aus der Hyperocha sowie den Ersatz der Kosten der anwaltli-
chen Vertretung der Eltern beantragt.
Er hat weiters und zwar wiederum namens der Eltern der Verpflichteten die der Ver-
pflichteten, welche nach wie vor durch den DB vertreten wurde, rechtskräftig und
vollstreckbar zugesprochene Hyperocha zugunsten einer mit vollstreckbarem Notari-
atsakt von der Verpflichteten gegenüber ihren Eltern anerkannte Forderung gepfändet
und hat auch eine weitere Pfändung der Hyperocha zur Abdeckung einer eigenen Kos-
tenforderung beantragt, welche ebenfalls von der Verpflichteten gegenüber dem DB
mit einem vollstreckbaren Notariatsakt anerkannt wurde.
In allen 3 Fällen hat der DB gegen das Doppelvertretungsverbot gem. § 10 RAO ver-
stoßen.
Ein Rechtsanwalt hat in seiner Funktion als Masseverwalter einen Kaufvertrag über
eine zur Konkursmasse gehörige Liegenschaft errichtet, wobei nach der Formulierung
des Kaufvertrages er vom Käufer mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchfüh-
rung dieses Vertrages auf dessen Kosten beauftragt wurde.
Nach Errichtung und Unterfertigung des Kaufvertrages und nach Genehmigung des-
selben vom Gläubigerausschuss, aber noch vor konkursbehördlicher Genehmigung,
hat sich beim Masseverwalter ein weiterer Kaufinteressent gemeldet, welcher einen
höheren Kaufpreis, als den bisher vorliegenden angeboten hat.
Der ursprüngliche Käufer hat daraufhin den Kaufpreis entsprechend erhöht und wurde
im Folgenden die Liegenschaft diesem mit Genehmigung des Gläubigerausschusses
und konkursbehördlicher Genehmigung verkauft.
Nach erfolgtem Verkauf erstattete der Käufer gegen den Rechtsanwalt eine Diszipli-
naranzeige mit dem Vorwurf, er habe gegen § 10 RAO verstoßen, da er gegen das In-
teresse des Käufers, welcher ihm den Auftrag zur Vertragserrichtung auf seine Kosten
erteilt hat, diesen zur Bezahlung eines erhöhten Kaufpreises gezwungen hätte, welcher
Anzeige grundsätzlich Berechtigung zugekommen ist.
Sachverhalt:
Dem Disziplinarrat ist folgender Sachverhalt zur Beurteilung des Verstoßes gegen das
Doppelvertretungsverbot vorgelegen:
Der DB hat auftrags seiner ständigen Klientel, nämlich eines Bauunternehmens, eine
Vielzahl von Kauf- und Wohnungseigentumsverträgen abgeschlossen, wobei die je-
weiligen Vertragsentwürfe beim Bauunternehmen aufgelegen sind, dort um die per-
sönlichen Daten ergänzt und von den jeweiligen Kaufinteressenten beglaubigt unter-
fertigt wurden.
Eine der Vertragsbestimmungen beinhaltete den Hinweis, dass der DB mit der Errich-
tung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages durch die Käuferin be-
vollmächtigt wurde und diese daher auch die Kosten desselben allein zu tragen habe.
Der DB verantwortete sich im Zusammenhang mit dem gegen ihn erhobenen diszipli-
narrechtlichen Vorwurfes der unzulässigen Doppelvertretung dahingehend, dass es der
Käuferin bekannt war, dass er in der gegenständlichen Kaufvertragssache ausschließ-
lich die Interessen des Bauunternehmen vertreten hätte, da die Käuferin hierüber vor
Abschluss des Kaufvertrages von den Mitarbeitern des Bauunternehmens und zwar
mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei und im Übrigen die Formulie-
rung, wonach die Käuferin den DB zur Errichtung und grundbücherlichen Durchfüh-
rung des gegenständlichen Kaufvertrages bevollmächtigt und damit auch die Bezah-
lung der damit im Zusammenhang stehenden Kosten übernommen habe, eine übliche
Formulierung sei, welcher nicht besondere Bedeutung beigemessen werden könne.
Der DB wurde auf Grund obigen Sachverhaltes wegen Verstoßes gegen das formelle
Doppelvertretungsverbot gem. der §§ 10 RAO und § 13 RL-BA 1977 für schuldig er-
kannt, da in letztgenannter Bestimmung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass
ein Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit aus einem Vertrag eine Partei nur dann vertre-
ten darf, wenn er – also nicht eine dritte Person – sogleich ausdrücklich erklärt hatte,
nur seine Partei zu vertreten.
Der DB-Beschuldigte hat einen Kaufvertrag zwischen einem Käufer und einer Käufe-
rin errichtet und darin die Treuhandschaft für beide Vertragsparteien übernommen,
wobei er sich gleichzeitig verpflichtet, nach gänzlicher Lastenfreistellung der kaufge-
genständlichen Liegenschaft den dann noch vorhandenen Restkaufpreis in einer fest-
gelegten Höhe an den Verkäufer auszufolgen.
Der DB hatte gleichzeitig ein Unternehmen vertreten und hat ohne Zustimmung des
Verkäufers zur teilweisen Abdeckung einer von ihm für dieses Unternehmen gegen
den Verkäufer exekutiv betriebenen Forderung den Restkaufpreis verwendet und an
das Unternehmen zur Überweisung gebracht.
Die rechtliche Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, wonach ein Treuhänder den ihm
erteilten Treuhandauftrag jedenfalls buchstäblich genau zu erfüllen habe, ist fallbezogen nicht
zutreffend. Die in der Literatur vertretene Ansicht, Treuhandbedingungen seien immer „wort-
und buchstabengetreu zu erfüllen“, trifft nach ständiger Rechtsprechung des OGH nur auf
Treuhandschaften mit insgesamt klaren Regelungen zu, nicht aber auf „Konfliktsfälle“, in
denen solche fehlen.
Ein Treuhänder kann bei unklarer Sach- und Rechtslage – etwa im Fall des Auftretens eines
Konflikts zwischen seinen Treugebern – Anlass haben, von der Möglichkeit des gerichtliches
Erlags des Treuhandgeldes Gebrauch machen, er ist hiezu jedoch nicht verpflichtet.
Die Hinterlegung wäre im gegenständlichen Fall nicht im wirtschaftlichen Interesse der Treu-
geber gewesen, vielmehr erfolgte letztlich eine gütliche Einigung der Treugeber, sodass der
DB freigesprochen wurde.
Der DB machte im Disziplinarverfahren unter anderem geltend, dass er 6 Wochen nach sei-
nem Antrag auf Übermittlung einer Aktenkopie erfolgreich für seinen Mandanten Verfah-
renshilfe beantragt habe.
Nach Ansicht des OGH sind von § 4 RL-BA 2015 nicht nur zivilrechtliche Verbindlichkeiten
umfasst, sondern auch gegenüber einer Behörde gemachte Zusagen oder die Inanspruchnahme
einer Leistung der Behörde, ohne die hiefür festgesetzte Gegenleistung zu erbringen.
Der DB wurde zunächst zu einer Geldbuße in der Höhe von € 2.500,00 verurteilt, da im Zuge
des Rechtsmittelverfahrens die Voraussetzungen nach § 31 StGB iVm § 16 Abs. 5 DSt eintra-
ten, wurde der DB zu einer Zusatzstrafe in der Höhe von € 1.000,00 verurteilt.
Der DB wurde unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Anwendung unzu-
lässiger Druckmittel gemäß § 17 RL-BA 2015 sowie gegen die Verpflichtung zum kollegialen
Umgang, zur Sachlichkeit und zur Korrektheit im Umgang mit anderen Rechtsanwälten ge-
mäß § 21 Abs. 1 RL-BA 2015 zu einer Geldbuße in der Höhe von € 3.500,00 verurteilt, da er
in einem Schriftsatz unter anderem vorbrachte:
„Schon zu Beginn dieses aufgetragenen Schriftsatzes sei festgehalten, dass sowohl die beklag-
te Partei, wie auch deren Rechtsfreund, dem Wahrheitsgebot des § 178 unterliegen und be-
wusst unrichtiges Vorbringen einschließlich Verheimlichung, sowie eine damit verbundene
Täuschung des Gerichts oder der Gegenpartei im Sinne der §§ 146, 147 StGB Prozessbetrug
darstellen.
Es wird auf die Aufklärungspflicht der Parteien und deren Vertreter gemäß § 184 ZPO ver-
wiesen.
Dies gilt auch für Vorbringen, welches aufgrund von leicht überprüfbaren Angaben Dritter
bewusst unrichtig erstattet wurde oder wird.
Nicht jedes unrichtige Vorbringen fußt auf einer tatsächlich vertretbaren Rechtsansicht!“
Es sei darauf verwiesen, dass der Strafrahmen bei schwerem Betrug bis zu 10 Jahre Frei-
heitsentzug betrifft.
An dieser Stelle sei nochmals auf die Wahrheitspflicht im Sinne des § 178 ZPO der Rechtsver-
treter insoweit verwiesen, als es die Grenzen des Statthaften überschreitend anmutet, wenn
ein Rechtsfreund in einem Verfahren behauptet, dass über einen bestimmten Teil der Liegen-
schaft ein Weg verlaufen würde und gleichzeitig Luftbilder vorlegt, auf welchen die seinerzeit
bestandhabende F**** exakt an jenem Platz steht, über den Personen gegangen und Kfz ge-
fahren sein sollen!“
Der Berufung des DB wurde vom OGH keine Folge gegeben. Nach Ansicht des OGH liegt in
dem mehrfach getätigten Hinweis auf die Geltung der Wahrheitspflicht nach § 178 ZPO für
die beklagte Partei und deren Rechtsvertreter in Verbindung mit den Ausführungen zur Straf-
barkeit eines „Prozessbetruges“ und dem expliziten Hinweis auf den – nur bei vorsätzlicher
Der OGH setzte die mit € 1.000,00 verhängte Geldbuße auf € 800,00 herab, dies allerdings
nicht aufgrund des Vorbringens in der Schuldberufung, wonach der Anwalt des Gegners zu-
erst eine Disziplinaranzeige angedroht hatte, sondern wegen der zu Unrecht erfolgten Sub-
sumtion der Tat auch als Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen
des Standes, da vom Disziplinarrat keine Konstatierungen zur Voraussetzung erfolgten, dass
das inkriminierte Verhalten einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangte. Dieser
Nichtigkeitsgrund wurde vom OGH wegen Vorliegens einer von Amtswegen wahrzunehmen-
den materiellen Nichtigkeit aufgegriffen.
Zweck der Bestimmung, Kanzleigeschäfte nicht ungeeigneten Personen zu überlassen, ist die
Sicherung der Qualität der Erledigungen. Eine Überlassung von Kanzleigeschäften erfordert
somit (auch) die objektive Eignung des Beauftragten zur Besorgung von Kanzleigeschäften,
die eine effektive Kontrolle und Beaufsichtigung der Erledigung der übertragenden Geschäfte
durch den Rechtsanwalt bedingt. Letzteres setzt, um effektiv zu sein, eine – dienstrechtliche
oder anderwärtige vertraglich fundierte – Weisungskompetenz des Beauftragenden voraus,
andernfalls die Nichtbefolgung von Aufträgen und auftragswidriges Handeln sanktionslos
bleiben müssten. Die Übertragung der Erledigung von Kanzleigeschäften verlangt daher ein
Verhältnis, welches zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten mangels vertragli-
cher Verpflichtung des Letztgenannten zur ordnungsgemäßen Erfüllung – anders als bei
Kanzleimitarbeitern – nicht besteht.
Zur Strafberufung wird ausgeführt, dass vom DB zu Recht die unverhältnismäßig lange Ver-
fahrensdauer releviert wurde, allerdings wäre nach Ansicht des OGH unter Ausklammerung
des Verstoßes gegen Art. 6 Abs 1 MRK hypothetisch eine Geldbuße in der Höhe von €
800,00 angemessen, sodass die vom Disziplinarrat ausgemessene Sanktion von € 500,00 der
Grundrechtsverletzung bereits hinreichend Rechnung trägt, weshalb zu ihrer Reduktion kein
Anlass besteht. Prozessuale Aspekte des Rechtsmittelverfahrens (hier: mangelnde Straferhö-
hungsbefugnis des Rechtsmittelgerichtes) können dabei außer Betracht bleiben, zumal eine
Konventionsverletzung auch durch Zusammenwirken verschiedener Instanzen ausgeglichen
werden kann.
Der DB wurde unter anderem wegen des Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 4
RL-BA verurteilt, weil seine Fremdgeldkonten nicht immer ein Guthaben aufwiesen, welches
mindestens der Summe der ihm anvertrauten Fremdgelder entsprach, wobei ein Fehlbetrag bis
zu € 25.000,00 bestand.
Über Berufung des Kammeranwaltes wurde die Strafe dahin abgeändert, dass statt der ur-
sprünglich verhängten Geldbuße von € 1.800,00 dem DB die Ausübung der Rechtsanwalt-
schaft für die Dauer von 3 Monaten untersagt wurde, dies bedingt unter der Bestimmung einer
Probezeit von 2 Jahren.
Die verschärfte Sanktion gründet sich ausschließlich auf den Verstoß gegen die Bestimmun-
gen über die Fremdgeldgebarung. Der korrekte Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern
gehört zu den grundlegendsten und wichtigsten Pflichten der Anwaltschaft. Die Verpflichtung
zur Verwahrung von Fremdgeldern auf Anderkonten erfüllt nicht nur den Zweck, sofort und
umgehend über Mandantengelder Rechnung legen zu können, sondern dient auch der effizien-
ten Abwehr jeder Missbrauchsmöglichkeit. Die gegenständlichen Bestimmungen sollen daher
das Bewusstsein für die Unantastbarkeit von Fremdgeld schärfen. Ein Verstoß gegen das Ge-
bot des korrekten Umgangs mit Fremdgeldern stellt nicht nur eine gravierende Berufs-
pflichtenverletzung dar, sondern ist auch geeignet, dass Vertrauen in den Rechtsanwaltsstand
massiv zu erschüttern.
Der konkrete Vorwurf wurde daher als so schwerwiegend angesehen, dass auch unter Berück-
sichtigung der beiden weiteren Vorwürfe und trotz der aufgezeigten Milderungsgründe die
bloße Verhängung einer Geldbuße nicht mehr tatschuld angemessen wäre.
Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der DB unter Ausnützung der
Zwangssituation der als Genussscheininhaber der Invest AG Geschädigten um Manda-
te für seine Anwaltskanzlei geworben und damit gegen § 45 Abs. 3 c RL-BA 1977
verstoßen hat.
Zu allen Überfluss hat der DB noch ein der von ihm abgefertigten rd. 12.000 Schrei-
ben an eine Person gerichtet, gegen welche er bereits zuvor, ebenso wie gegen deren
Gatten eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt im Rahmen
des Verdachtes des schweren Betruges gegen Geschädigte der Invest AG übermittelt
hat und hat er damit, wenn auch fahrlässig, gegenüber dieser Adressaten zumindest
den Anschein einer unzulässigen Doppelvertretung erweckt und damit gegen § 10
RAO verstoßen.
Der DB hat an ca. 1.000 Personen, die zumindest überwiegend nicht seine Mandanten waren,
einen Serienbrief gerichtet, in welchem der zeitnahe Abschluss von Übergabsverträgen bis
spätestens 31.12.2013 mit der unrichtigen Behauptung empfohlen wurde, dass ab 01.01.2014
die Einheitswerte für landwirtschaftliche Flächen erheblich erhöht würden, wodurch es zu
einer massiven Erhöhung der Grunderwerbssteuer und der gerichtlichen Eintragungsgebühr
kommen würde. Den angesprochenen Personen wurden zugesichert, die Übergabe des Hofs
schnell und effizient zu erledigen, dies unter der unrichtigen Behauptung, die Adressaten
würden sich hiedurch bis zu 30% an Steuern und Gebühren ersparen, dies unter der weiteren
unrichtigen Behauptung, dass ihnen das landwirtschaftliche Anwesen vom Staat nicht mehr
weggenommen werden könne, falls sie pflegebedürftig und in ein Pflegeheim kommen wür-
den, woraus den Nachkommen eine Ersparnis von bis zu € 2.000,00 erwachse. Der DB be-
zeichnete sich in diesem Serienbrief als „der“ Problemspezialist für Haus- und Hofübergaben
in Oberösterreich.
In einer Einschaltung in einer sich an ein bäuerliches Publikum richtenden Zuschrift stellte
der DB die weitere unrichtige Behauptung auf, dass die Fünfjahresfrist iS des Oberösterrei-
chischen Sozialhilfegesetzes hinfällig und der Rückgriff auf ein Übergebendes Vermögen
immer möglich wäre, in einem Übergabsvertrag eine „Pflegeklausel“ enthalten sei, weiters
behauptet er neuerlich unrichtig, durch die wahrscheinliche Erhöhung der Grunderwerbsteuer
mit 01.01.2014 sei die begünstigte Weitergabe von Immobilien innerhalb der Familie gefähr-
det und spare eine rasche Übergabe daher bares Geld.
Wegen Verstößen gegen § 45 Abs. 2 RL-BA 1997 (nunmehr § 47 Abs. 2 RL-BA 2015), wo-
nach Werbung insbesondere wahr zu sein hat, und gegen das sich aus § 45 Abs. 3 lit. a RL-
BA 1997 (nunmehr § 47 Abs. 3 Z 1 RL-BA 2015) ergebende Verbot der Selbstanpreisung
durch marktschreierische Werbung wurde der Beschuldigte zu einer Geldbuße in der Höhe
von € 5.000,00 verurteilt.
Dem zum Schuldspruch 1. erhobenen Einwand einer Unzumutbarkeit der Eruierung der ent-
sprechenden Rechtslage und eines dem DB in Folge diverser Publikationen, etwa durch den
Bauernbund und andere Fachleute, unterlaufenden Rechtsirrtums steht nach Ansicht des OGH
entgegen, dass dem DB gerade mangelnde Sorgfalt bei der Recherche als Fahrlässigkeit vor-
geworfen wurde.
Auch dem zu Schuldspruch 2. getätigten Berufungsvorbringen kann vom OGH nicht gefolgt
werden. Den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechend wird – entgegen den Ausfüh-
rungen des Disziplinarbeschuldigten – mit der Berühmung als „der Problemspezialist“ im
Serienbrief („informieren Sie sich bei mir, dem Problemspezialisten für Haus- und Hofüber-
gabe in Oberösterreich“) in Verbindung mit „über 500 erfolgreichen durchgeführten Über-
gaben“ nicht allein auf besondere Erfahrungen in Bereich der Haus- und Hofübergaben ver-
In der Berufung zu Schuldspruch 3. wird vorgebracht, dem DB wären die mehrfach konsta-
tierten Unrichtigkeiten nicht anzulasten, weil er keinen Korrekturabzug der Werbeeinschal-
tung erhalten hätte. Nach dem Akteninhalt fehlte es aber an jeglichem Hinweis zu einem
Überprüfungsvorhaben und einem dahingehenden Interesse des DB. Überdies entsprachen die
mehrfachen rechtlichen Unrichtigkeiten der Einschaltung dem Inhalt nach weitgehend jenen
des Serienbriefs.
Da der Disziplinarrat zu Unrecht die Tathandlungen aller 3 Schuldsprüche auch als Berufs-
pflichtenverletzung wertete, der DB aber bei den ihm zur Last gelegten Werbeaktionen nicht
in Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt und Parteienvertreter, sondern in eigener Sache
tätig war, lag sohin lediglich das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und An-
sehen des Standes dar, weshalb die über den DB verhängte Strafe auf € 3.500,00 reduziert
wurde.
„Ihre Privat- oder Kundenparkplätze sind ständig von Fremden zugeparkt? Ihre Einfahrt
oder Garage ist wieder versperrt? Ihre gemietete Stellfläche wird als Gratisparkplatz miss-
braucht? Wehren Sie sich effektiv gegen freche Falschparker ohne Abschlepprisiko!
Die Kosten der Abmahnung muss der Falschparker übernehmen. Kann dieser nicht zahlen,
verzichten wir auf unsere Kosten. Für Ihren Ärger und Ihre Mühen machen wir für Sie einen
pauschalen Aufwandersatz von € 50,00 je Falschparker geltend. Wir übernehmen die gesamte
Abwicklung für Sie, einfach – schnell – effektiv.
Ihr Vorteil:
Diesen Zeitungsbericht übermittelte der DB auch an 15-20 Immobilienverwalter mit der Auf-
forderung, deren Wohnungseigentümer oder Mieter auf die Möglichkeit dieser anwaltlichen
Abmahnung aufmerksam zu machen.
Der Berufung des DB wurde keine Folge gegeben. Die rechtliche Beurteilung des Disziplinar-
rats, wonach gem. § 45 Abs. 2 RL-BA (nunmehr § 47 Abs. 2 RL-BA) eine Beschränkung der
Werbefreiheit dort geboten ist, wo der Anwaltsstand als solcher vor dem Eindruck der Unse-
riosität bewahrt werden sollte, war zutreffend. Der Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot wird
darin gesehen, dass der DB mit einer für den Klienten kostenlosen Leistung in Verbindung
mit der Aussicht auf einen pauschalen Aufwandersatz wirbt. Der Vorwurf in Bezug auf das
Rundschreiben an die Immobilienverwalter ist darin begründet, dass mit einer standeswidri-
gen reklamehaften Selbstdarstellung um neue Klienten geworben wurde.
Letztlich wird auch auf ein Erkenntnis des VfGH vom 09.03.2011 verwiesen, in welchem die
Rechtsansicht bestätigt wird, dass das Anbieten unentgeltlicher anwaltlicher Leistungen gegen
das Verbot der marktschreierischen Werbung verstößt.
Gegen den DB wurde der Vorwurf erhoben, er habe als bestellter Verfahrenshelfer seine Auf-
gabe nicht ordnungsgemäß wahrgenommen, indem er keine Klage des Betroffenen gegen
dessen ehemaligen Rechtsanwalt eingebracht habe, sondern ein solches Vorgehen wegen
Aussichtslosigkeit verweigerte.
Der Anzeiger hatte dazu vorgebracht, dass der DB seine Unterlagen entgegengenommen, je-
doch keine Klage verfasst, sondern nach Ablauf von 8 Wochen in einer schriftlichen Mittei-
lung die „Beweise verdreht“ und erklärt habe, keine Anspruchsgrundlagen für Schadenersatz-
ansprüche gegen den vormaligen Rechtsanwalt des Anzeigers zu sehen.
Der DB verantwortete sich dahin, dass er nach einer Besprechung mit dem Betroffenen unter
Prüfung der ihm vorgelegten Unterlagen zum Ergebnis gelangt sei, die Geltendmachung von
Schadenersatzansprüchen gegen den vormaligen Rechtsanwalt sei aussichtslos. Dies habe er
dem Betroffenen in einem Schreiben ausführlich erläutert, dem bestellenden Gericht sowie
der Rechtsanwaltskammer zur Kenntnis gebracht und die genannten Stellen auch darüber in-
formiert, dass die Verfahrenshilfe genießende Partei ihm das Vertrauen entzogen und seine
Unterlagen zurückgefordert habe. Bis zur Anzeigenerstattung habe weder das Gericht, noch
die Rechtsanwaltskammer auf seine Mitteilung reagiert.
Nach Ansicht des Disziplinarrats hat der DB die Klagsführung begründet und zur Vermei-
dung von Kostenfolgen für die Verfahrenshilfe genießende Partei abgelehnt, weshalb ein Ein-
stellungsbeschluss gefasst wurde.
Dem dagegen vom Kammeranwalt erhobenen Rechtsmittel gab der OGH keine Folge, wobei
zusätzlich darauf hingewiesen wurde, dass der Anzeiger mehrfach zum Ausdruck gebracht
hatte, eine weitere Vertretung durch den DB nicht zu wünschen.
Zu einem gegenteiligen Ergebnis kam der OGH jedoch in einem anderem Fall, bei welchem
ein zum Sachwalter bestellter Rechtsanwalt zu einer Geldbuße verurteilt wurde, weil er in
einer Eingabe an das Gericht die neuerliche Einbringung eines Asylantrages ua mit der Be-
gründung abgelehnt hatte, „dass ein solcher Antrag fernab jedweder juristischer Realität sei
und es nicht sein könne, dass in diesem Zusammenhang Sachwalter zu Frondiensten ver-
pflichtet werden, welche im Ergebnis lediglich zu umfangreichen, die österreichische Verwal-
tung lahmlegenden und österreichische Steuergelder verschwendenden Verfahren führen und
er sich aus persönlichen Gründen nicht mehr in der Lage sehe, den Betroffenen weiterhin,
insbesondere unentgeltlich, als Sachwalter zu betreuen“ und weiter in einem Rekurs ausführ-
te, „dass es ihm seine persönliche Überzeugung verbiete, weitere Asylanträge zu stellen bzw.
überhaupt den Betroffenen , der nicht einmal österreichischer Staatsbürger ist, zu vertreten,
dies vor allem vor dem Hintergrund der derzeitigen Medienberichte sowie der Faktenlage
Dazu führt der OGH aus, dass die Verweigerung oder Übernahme einer Verfahrenshilfe oder
eines Auftrages im Rahmen einer Sachwalterschaft mit sachlich nicht gebotenen Ausführun-
gen weltanschaulicher Natur auch nicht durch die Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt ist
(20 Os 16/16b).
Zusammenfassend kann dazu festgehalten werden, dass sie sachlich begründete Verweige-
rung der Vertretung wegen Aussichtslosigkeit und insbesondere wegen der daraus resultie-
renden Kostenfolgen nicht disziplinär ist. Wenn der Mandant allerdings trotz Belehrung über
die Aussichtslosigkeit der Klage und die damit verbundenen Kostenfolgen dennoch die
Klagseinbringung wünscht, wird die Klage einzubringen sein.
1.) ABGB
§ 1004: Wird für die Besorgung eines fremden Geschäftes entweder ausdrücklich oder nach
dem Stande des Geschäftsträgers auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen; so
gehört der Vertrag zu den entgeltlichen, außerdem aber zu den unentgeltlichen.
§ 1152: Ist im Vertrage kein Entgelt bestimmt oder auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so
gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen.
2.) RAO
§ 16: (1) Der Rechtsanwalt kann sein Honorar mit der Partei frei vereinbaren. Er ist jedoch
nicht berechtigt, eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich zu lösen.
(2) Der nach den §§ 45 oder 45 a bestellte Rechtsanwalt hat die Vertretung oder Verteidigung
der Partei nach Maßgabe des Bestellungsbescheids zu übernehmen und mit der gleichen
Sorgfalt wie ein frei gewählter Anwalt zu besorgen. Er hat an die von ihm vertretene oder
verteidigte Partei, vorbehaltlich weitergehender verfahrensrechtlicher Vorschriften, nur soweit
einen Entlohnungsanspruch, als ihr der unterlegene Gegner Kosten ersetzt.
(3) Für die Leistungen, für die die nach den §§ 45 und 45 a bestellten Rechtsanwälte zur
Folge verfahrensrechtlicher Vorschriften oder sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, hat
dieser in der Liste der österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte
an diese Rechtsanwaltskammer einen Anspruch darauf, dass sie jedem von ihnen aus dem ihr
zugewiesenen Betrag der Pauschalvergütung einen gleichen Anteil auf seinen Beitrag zur
Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung anrechnet, soweit nicht ein
Anspruch nach Vergütung nach Abs.4 besteht.
(4) In Verfahren, in denen der nach den §§ 45 oder 45 a bestellte Rechtsanwalt innerhalb
eines Jahres mehr als 10 Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden
tätig wird, hat er unter den Voraussetzungen des Abs 3 für alle jährlich darüber
hinausgehenden Leistungen an die Rechtsanwaltskammer, Anspruch auf eine angemessene
Vergütung. Auf Antrag des Rechtsanwalts ist bei Verfahren, in denen das Gericht unter
Heranziehung von § 285 Abs 2 StPO eine Verlängerung der Frist zur Ausführung des
Rechtsmittels beschließt, die Tätigkeit zur Erstellung der Rechtsmittelschrift in jeder vollen
Woche, um die, die Rechtsmittelfrist verlängert wurde, der Teilnahme an 10
Verhandlungsstunden gleichzuhalten. Der Antrag auf Vergütung ist vom Rechtsanwalt bei
sonstigem Ausschluss bis spätestens zum 31.03. des auf das abgelaufene Kalenderjahr, in dem
der Rechtsanwalt seine Leistung erbracht hat, folgenden Jahres bei der Rechtsanwaltskammer
einzubringen. Auf diese Vergütung ist dem Rechtsanwalt auf sein Verlangen nach Maßgabe
1
von Vorschusszahlungen nach § 47 Abs 5 letzter Satz von der Rechtsanwaltskammer ein
angemessener Vorschuss zu gewähren. Über die Höhe der Vergütung sowie über die
Gewährung des Vorschusses und über dessen Höhe entscheidet der Ausschuss. Im Rahmen
der Festsetzung der angemessenen Vergütung sind die vom Rechtsanwalt in seinem Antrag
verzeichneten Leistungen entsprechend der zeitlichen Abfolge ihrer Erbringung zu
berücksichtigen und zu beurteilen. Ist die Vergütung, die der Rechtsanwalt erhält, geringer als
der ihm gewährte Vorschuss, so hat der Rechtsanwalt den betreffenden Betrag dem Ausschuss
der Rechtsanwaltskammer zurückzuerstatten.
(5) Die Regelung der Abs. 3 und 4 sind auch sinngemäß anzuwenden, wenn sich der
Entlohnungsanspruch eines nach § 61 Abs. 3 bestimmten Amtsverteidigers trotz
Ausschöpfung der ihm zur Hereinbringung zumutbaren Schritte als uneinbringlich erweist
und dies vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer festgestellt wurde.
§ 17: (1) Bei dem Abgang eines Übereinkommens soll in Zivilstreitigkeiten das Maß der
Entlohnung für den Zeitaufwand und für die Mühewaltung des Rechtsanwalts, soweit es
möglich ist, durch einen Tarif geregelt werden. Dieser Tarif soll, sobald die neue
Zivilgerichtsordnung in Wirksamkeit tritt, im Wege der Gesetzgebung festgestellt werden; für
jene Posten, welche im Tarif nicht enthalten sind, haben die gesetzlichen Bestimmungen über
den Lohnvertrag in Anwendung zu kommen.
(2) Bis zur Einführung dieses Tarifs und in allen anderen Fällen bezüglich der Feststellung
der Auslagen und des Verdienstes des Rechtsanwalts bei dem Abgang eines Übereinkommens
haben lediglich die gesetzlichen Bestimmungen über den Lohnvertrag in Anwendung zu
treten.
§ 18: (1) Wenn über Antrag einer Partei zur Durchsetzung ihrer Rechte gegen einen Dritten
die Vertretung dieses letzteren vor dem Gericht einem Rechtsanwalt übertragen wird, so wird
die Vergütung der baren Auslagen vom Staat geleistet. Besitzt die von dem durch das Gericht
bestellten Rechtsanwalt vertretene Partei Zahlungsmittel oder erlangt sie dieselben, so hat sie
dem Staat die baren Auslagen zu ersetzen und die Entlohnung ihres Vertreters zu leisten.
§ 19: (1) Der Rechtsanwalt ist berechtigt, von dem für seine Partei an ihn eingegangenen
Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, soweit sie durch erhaltene
Vorschüsse nicht gedeckt sind, in Abzug zu bringen, ist jedoch schuldig, sich hierüber
sogleich mit seiner Partei zu verrechnen.
(2) In dem Fall, als die Richtigkeit und Höhe seiner Forderung bestritten wird, ist sowohl der
Rechtsanwalt als auch die Partei berechtigt, den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer um die
gütliche Beilegung des Streites anzugehen.
2
(3) Der Rechtsanwalt ist aber im Fall, als die Richtigkeit und Höhe seiner Forderung bestritten
wird, zu seiner Deckung auch vom gerichtlichen Erlag der bei ihm eingegangenen
Barschaften bis zur Höhe der bestrittenen Forderung befugt, zugleich aber, wenn die
angesuchte gütliche Beilegung ohne Erfolg geblieben ist, verpflichtet, die Richtigkeit und
Höhe der letzteren nachzuweisen.
(4) Auf den erlegten Betrag kommt dem Rechtsanwalt ein gesetzliches Pfandrecht für seine
Forderung aus der Vertretung zu.
§ 19 a: (1) Wenn eine Partei in einem Verfahren vor einem Gericht, einer anderen
öffentlichen Behörde oder einem Schiedsgerichte Kosten zugesprochen oder vergleichsweise
zugesagt werden, hat der Rechtsanwalt, der die Partei zuletzt vertreten hat, wegen seines und
seiner Vorgänger Anspruch auf Ersatz der Barauslagen und auf Entlohnung für die Vertretung
in diesem Verfahren ein Pfandrecht an der Kostenforderung der Partei.
(2) Wenn die Partei zuletzt durch mehrere Anwälte vertreten war, steht dieses Pfandrecht dem
zuerst genannten Anwalt zu.
(3) Gehen nicht die ganzen Kosten vom Kostenschuldner ein, so hat der letzte Anwalt den
eingegangenen Betrag unter sich und den früheren Anwälten nach Maßgabe der ihm und den
anderen Anwälten gebührenden Kostenbeträge aufzuteilen.
(4) Die zum Kostenersatz verpflichtete Partei kann die Kosten jederzeit an den
pfandberechtigten Anwalt, solange dieser die Bezahlung an ihn nicht gefordert hat, auch an
die Partei wirksam bezahlen.
§ 45: (1) Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen oder schließt die
Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung ein, so hat die Partei Anspruch auf
die Bestellung eines Rechtsanwalts durch die Rechtsanwaltskammer.
§ 45 a: Für die Bestellung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe vor den
Verwaltungsgerichten gilt § 45 sinngemäß.
§ 47: (1) Der Bund hat dem österreichischen Rechtsanwaltskammertag für die Leistungen der
nach § 45 bestellten Rechtsanwälte, für die diese zur Folge verfahrensrechtlicher Vorschriften
sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, jährlich spätestens zum 30.9. für das laufende
Kalenderjahr eine angemessene Pauschalgebührvergütung zu bezahlen. Auf die für das
laufende Kalenderjahr zu zahlende Pauschalvergütung sind Vorauszahlungen in ange-
messenen Raten zu leisten.
§ 48: (1) Der österreichische Rechtsanwaltskammertag hat die Pauschalvergütung auf die
einzelnen Rechtsanwaltskammern so zu verteilen, dass eine Hälfte der Pauschalvergütung
nach der Anzahl der am vorangegangenen 31.12. in die Liste der Rechtsanwälte
3
eingetragenen Mitglieder verteilt wird, die andere Hälfte der Pauschalvergütung nach der
Anzahl der auf die Mitglieder der Rechtsanwaltskammer im vorangegangenen Jahr
entfallenen Bestellungen nach § 45. Die Pauschalvergütung nach § 47 Abs. 5 ist der
zuständigen Rechtsanwaltskammer zu überweisen.
(2) Die Rechtsanwaltskammern haben die Pauschalvergütung nach § 47 Abs.1 – 3 für die
Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwälte zu
verwenden.
Bundesgesetz vom 22.5.1969 über den Rechtsanwaltstarif in der Fassung BGBl I 2001/132
samt Zuschlagsverordnungen gem.§ 25 RATG in der Fassung 2017/10 vom 23.02.2016.
4.) RL-BA
Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes RL-BA 2015 laut Beschluss ÖRAK
vom 26.09.2015 Kundmachung am 28.09.2015; AnwBL 2015, 599.
5. Abschnitt Honorar
§ 15: (1) Der Rechtsanwalt darf sein Honorar – auch ein Pauschalhonorar oder ein
Erfolgshonorar – frei vereinbaren (§ 16 Abs 1 RAO; § 2 RATG).
(2) Bei Übernahme eines neuen Auftrages hat der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber über die
Berechnungsgrundlage für die Honorierung sowie die Berechtigung zur Zwischenabrechnung
zu informieren.
(3) Wird für eine bestimmte Tätigkeit des Rechtsanwalts ein Pauschalhonorar vereinbart, so
ist dieses unter Bedachtnahme auf die zu erwartenden Leistungen und das Interesse des
Klienten angemessen auszumitteln.
(4) Vereinbart der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit ein Zeithonorar, so hat er über den
tatsächlichen Zeitaufwand entsprechende Aufzeichnungen zu führen.
(3) Von der Vereinbarung eines Pauschalhonorars abgesehen, kann der Auftraggeber des
Rechtsanwalts in angemessenen Abständen eine Zwischenabrechnung oder Darlegung der
bereits erbrachten Leistungen, im Falle eines vereinbarten Zeithonorars die Darlegung der
vom Rechtsanwalt und seinen Mitarbeitern bereits aufgewendeten Zeit verlangen.
4
11. Teil Verfahrenshilfe
§ 50: Der Rechtsanwalt hat als bestellter Vertreter einer Partei in der Verfahrenshilfe die
gleiche Sorgfalt anzuwenden, wie in der Vertretung anderer Parteien.
§ 51: Der Rechtsanwalt darf als bestellter Vertreter einer Partei in der Verfahrenshilfe eine
Entlohnung nur verlangen, wenn der unterlegene Gegner hiefür Kosten ersetzt (§ 16 Abs.2
RAO) oder die Partei gem.§ 71 Zivilprozessordnung zur tarifmäßigen Entlohnung des
Rechtsanwalts verpflichtet wird.
§ 52: Solange der Rechtsanwalt für seine Partei in der Verfahrenshilfe bestellt ist, darf er die
Vertretung in dieser Sache gegen Entlohnung nicht übernehmen; eine von seiner Partei nach
Abschluss der Vertretung oder von einem Dritten auch schon vorher aus freien Stücken
angebotene Entlohnung darf er jedoch annehmen.
Zuvor galten die autonomen Honorarrichtlinien (AHR 1976) für Rechtsanwälte laut Beschluss
des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages vom 10.10.1975 in der geltenden Fassung
des Beschlusses der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages
vom 21.09.2001.
6.) Notariatstarifgesetz – NTG, Bundesgesetz vom 8.11.1973, BGBl 576 über den
Notariatstarifgesetz in der Fassung BGBl I Nr. 40/2017.
5
II.
ABGB UND HONORARRECHT
Das ABGB regelt in seinem 22. Hauptstück „von der Bevollmächtigung und anderen Arten
der Geschäftsführung“ den „Bevollmächtigungsvertrag“ (§ 1002). Als bekannt vorausgesetzt
wird die Unterscheidung zwischen Vollmacht und Auftrag.
Der Auftrag ist ein Konsensualvertrag, bei dem sich der Beauftragte zur entgeltlichen oder
unentgeltlichen Besorgung erlaubter Geschäfte auf Rechnung des Auftraggebers verpflichtet.
Als Geschäftsbesorgung ist die Vornahme von Rechtsgeschäften oder anderen
Rechtshandlungen anzusehen, nicht aber von rein tatsächlichen Handlungen.
Beachtlich ist jedoch, dass das Höchstgericht anwaltliche Tätigkeiten auch schon als
Werkvertrag subsummiert hat. So wurde z.B. die Vereinbarung zwischen Anwalt und
österreichischer Klienten, für diese Nachforschungen in einer Erbschaftsangelegenheit in
Südafrika zu tätigen, als Werkvertrag qualifiziert. Der Kollege hat in dieser Angelegenheit im
Wesentlichen jedoch nur Aktenerhebungen gepflogen und kurze Besprechung mit
südafrikanischen Kollegen gehalten.
Die veranschlagten Kosten wurden mit ungefähr S 200.000,-- bekannt gegeben, letztlich
wurden mehr als S 450.000,-- begehrt. Die beklagte Klientin hat Überschreitung des
Kostenvoranschlages nach § 1170 a ABGB eingewandt. Der Sukkus dieser Entscheidung
scheint darin zu liegen, dass überzogene Honoraransprüche der Kollegenschaft mit
Billigkeitsentscheidungen des Höchstgerichts quittiert werden, welche letztlich dem gesamten
Stand schaden.
Wird ein Rechtsanwalt mit der Durchführung einer Auslandsreise und der Klärung
bestimmter Vermögenswerte beauftragt, so schuldet er erkennbar nicht bloß ein Bemühen,
sondern ein Ergebnis, wobei nach dem Inhalt des konkreten Vertrages nicht Verrichtungen
rechtlicher Art, wie bei der Geschäftsbesorgung, sondern tatsächliche Handlungen im
Vordergrund standen und sich kaum Elemente eines Bevollmächtigungsvertrages finden. Es
handelt sich daher hier um einen Vertrag, der nach Werkvertragsregeln zu beurteilen ist und
auf den die §§ 1165 ff ABGB einschließlich der Regeln über den Kostenvoranschlag bzw. den
Schätzungsanschlag nach § 1170 a ABGB anzuwenden sind. Stellt sich bei einem
Schätzungsanschlag ohne Gewährleistung der Richtigkeit nachträglich heraus, dass mit einer
beträchtlichen Überschreitung der veranschlagten Kosten zu rechnen ist, ist der
Werkunternehmer verpflichtet, dem Besteller die erforderliche Überschreitung der
ursprünglich genannten Höchstsumme bekannt zu geben, wenn er nicht in sinngemäßer
Anwendung des § 1170 a ABGB den Anspruch auf Mehrentlohnung verlieren will.
Der Ansicht, dem Unternehmer gebühre ein über der Schätzung liegender, gerade noch nicht
eine beträchtliche Überschreitung ausmachender Betrag, kann nicht beigetreten werden. Die
Beschränkung auf die geschätzten Kosten folgt nach Ansicht des Senats eindeutig aus dem
Wortlaut des § 1170 a Abs.2 ABGB.
1
In der Entscheidung 1 Ob 2019/09a hat der OGH eindeutig festgehalten, dass das
Vertragsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Klient nicht als Werkvertrag zu qualifizieren
ist.
Die in § 1151 Abs 1 ABGB erwähnte „Herstellung eines Werkes“ wird allgemein als
Verpflichtung zur Herbeiführung eines (Arbeits-)Erfolgs verstanden. Der Unterschied zum
Auftragsvertrag besteht darin, dass ein „tatsächlicher“ Erfolg, also eine reale Veränderung,
herbeizuführen ist und nicht (primär) eine Veränderung der Rechtslage durch
rechtsgeschäftliches Handeln. Hier hat die Klägerin ganz überwiegend Verpflichtungen
übernommen, die eine Geschäftsbesorgung zum Inhalt hatten, nämlich die Vertretung der
Beklagten im Verlassenschaftsverfahren und das Einbringlichmachen verschiedener von der
Beklagten im Erbweg erworbenen Nachlassaktiva als bevollmächtigte Vertreterin der
Beklagten. Davon, dass die Klägerin primär einen „Erfolg“ geschuldet hätte, kann schon
deshalb keine Rede sein, weil das außergerichtliche Einbringlichmachen von Forderungen ja
nicht allein von Umständen in ihrer Sphäre abhängt, sondern vor allem auch von der
Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit der jeweiligen Schuldner. Geschuldet war viel mehr
die fachgerechte Vertretung der Beklagten im Verlassenschaftsverfahren das sorgfältige und
fachkundige Bemühen um eine rasche Einziehung der Forderung und letztlich die Abdeckung
der offenen Kreditverbindlichkeiten durch die hereingebrachten Gelder.
Damit war hier aber für die klagende Rechtsanwaltsgesellschaft nichts gewonnen. Man hat
sich auf Beklagtenseite in diesem Verfahren auf die Kostenvoranschlagsregelung des § 1170a
ABGB berufen. Der OGH hat in weiterer Folge diese Norm analog auch auf das
Auftragsverhältnis angewendet. Aus der Entscheidung sei nochmals zitiert:
Auch wenn diese Rechtsfrage in der bisherigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes noch
unbeantwortet blieb, spricht vieles für die von dem Beklagten befürwortete Analogie. Hinter
der Regelung des § 1170a ABGB steht zweifellos der Gedanke, dass es für den
Werkunternehmer regelmäßig – innerhalb einer gewissen Bandbreite – abschätzbar ist,
welchen Aufwand die Erfüllung des Vertrages mit sich bringt wogegen dies auf den
Werkbesteller – insbesondere wenn er Verbraucher ist – typischerweise nicht zutrifft.
Gleichzeitig ist es für den präsumtiven Werkbesteller aber für seinen Vertragsentschluss in
aller Regel von ausschlaggebender Bedeutung, zu erfahren, mit welchem Werklohn er
ungefähr rechnen muss.
Nach Auffassung des erkennenden Senates ist die Interessenlage der Beteiligten in
Auftragsverhältnissen wie dem hier zu beurteilenden nicht anders. Auch hier hat die Beklagte
vor Auftragserteilung klar gemacht, dass für sie eine Information über das zu erwartende
Honorar wegen ihres geringen Einkommens von ausschlaggebender Bedeutung für eine
Beauftragung der Klägerin ist. Hat nun der Geschäftsführer daraufhin ein voraussichtliches
Honorar von € 2.000,00 bis € 3.000,00 genannt und hinzugefügt es werde sich mit € 3.000,00
„schon ausgehen“, liegt damit ein Schätzungsanschlag vor, auf den ein Auftraggeber ebenso
vertraut wie der Werkbesteller im Rahmen des § 1170a Abs 2 ABGB auf einen
unverbindlichen Kostenvoranschlag. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Klägerin habe
mangels Hinweises auf einen unvorhergesehenen höheren Aufwand einen allfälligen
zusätzlichen Entgeltanspruch wegen der Mehrarbeiten verloren, ist somit im Ergebnis nicht
zu beanstanden.
Geht man nun davon aus, dass der Großteil der anwaltlichen Leistungen unter die Regelungen
der §§ 1002 ff ABGB fallen, so ist besonderes Augenmerk auf § 1004 ABGB zu richten.
2
Dort ist festgehalten, dass prinzipiell von Entgeltlichkeit auszugehen ist und die
Entgeltlichkeit ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden kann. § 1004 enthält
keine Unentgeltlichkeitsvermutung. Vielmehr ist nach dem Stand des Beauftragten,
insbesondere bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts oder anderer berufsmäßiger
Parteienvertreter (auch außerhalb der beruflichen Agenden) immer von Entgeltlichkeit
auszugehen.
Die Höhe des Entgeltes richtet sich nach der Vereinbarung, mangels solcher nach der
Angemessenheit.
Für den entgeltlichen Auftrag gelten die allgemeinen Bestimmungen über entgeltliche
Rechtsgeschäfte; also auch die Bestimmungen über die Leistungsstörung. Kein Entgelt
gebührt, wenn der Auftrag nicht ausgeführt wird oder die Ausführung nicht dem Auftrag
entspricht oder wenn sie derart unvollständig oder mangelhaft ist, dass der vorgenommene
Teil der Ausführung wertlos ist.
Nicht übersehen werden darf jedoch, dass aus dem Bevollmächtigungsvertrag kein Erfolg
geschuldet wird.
Aus der Art der vom Rechtsanwalt geschuldeten Leistung, aus dem Umstand, dass der
Geschäftsbesorger regelmäßig keinen bestimmten Erfolg schuldet, und aus den
Beendigungsregeln der §§ 1020 bis 1026 ABGB ergibt sich, dass auch die
Gewährleistungsregeln nach §§ 922 ff ABGB auf diesen Vertrag nicht angewendet werden
können (RS0106895).
Der Rechtsanwalt haftet dem Klienten gegenüber für Unkenntnis der Gesetze, sowie
einhelliger Lehre und Rechtsprechung. Warnt er daher den Klienten nicht vor einer
aussichtlosen Prozessführung – die Verfassung und Gegenzeichnung eines Aktenvermerks
wird angeraten – sind seine Vertretungshandlungen wertlos und er kann daher dafür kein
Honorar begehren.
Beantragt der mit der Vertretung im Prozess betraute Rechtsanwalt nach Abbruch der
Vergleichsverhandlungen nicht so rasch wie möglich die Fortsetzung des ruhenden
Verfahrens und klärt er auch seinen Mandanten über die Folgen der Unterlassung des
Fortsetzungsantrages nicht auf, so ist für diesen die gesamte Vertretung im Rechtsstreit
wertlos, wenn er in Folge des hierdurch bewirkten und somit vom Rechtsanwalt verschuldeten
Eintritts der Verjährung seinen Anspruch aufgeben muss. In diesem Fall kann der Mandant
dem Erfüllungsanspruch des Rechtsanwalts mit Erfolg die Einrede des nichtgehörig erfüllten
Vertrages entgegenhalten (RS0019321).
Dem Entlohnungsanspruch des Rechtsanwalts steht die aufhebende Einrede des schuldhaft
nicht erfüllten Vertrages nicht nur im Fall einer von Vorneherein aussichtslosen
Prozessführung entgegen. Sie greift vielmehr immer dann ein, wenn eine unvollständige
Ausführung des Auftrages nach der Natur des Geschäftes auch den vorgenommenen Teil der
Ausführung wertlos macht, sodass nicht nur Schadenersatzansprüche des Klienten für ihm
erwachsene finanzielle Nachteile entstehen, sondern der Rechtsanwalt überdies nicht
berechtigt ist, ein Honorar zu begehren (RS0038710).
Bei der Beauftragung eines Rechtsanwaltes kommt es allzu oft vor – diese Entwicklung ist
allerdings aufgrund gestiegenen Konkurrenzdrucks und höherer bürokratischer Kompetenz
3
der rechtssuchenden Bevölkerung rückläufig – dass lediglich eine Bevollmächtigung erfolgt,
eine Honorarvereinbarung aber nicht geschlossen wird.
Ich gehe davon aus, dass die Belehrung über den Honoraranspruch des Rechtsanwaltes und
die verschiedenen Möglichkeiten der Honorarberechnung vertragliche Nebenleistungspflicht
des RA sind; verwiesen wird auf § 50 (2) RL-BA 1977.
Der OGH (7 Ob 164/18w) hat sich mit seinem Beschluss vom 30.01.2019 auch mit den
Aufklärungspflichten des Rechtsanwaltes in Honorarsachen auseinandergesetzt. Insbesondere
war in dieser Causa strittig, ob der RA über sein Wahlrecht – Abrechnung nach
Einzelleistungen oder mit Einheitssatz – zu belehren hat. Folgende, für den Anwaltsstand
positive, Feststellungen aus dieser Entscheidung seien hier kurz zitiert:
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht an sich nur eine ganz
allgemeine Aufklärungspflicht des Rechtsanwaltes gegenüber seinem Mandanten über die ihm
unbekannten wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere über jene des
Prozesskostenersatzes bzw. überhaupt über sein Honorar (3 Ob 132/08m mwN).
In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof auch schon ausgesprochen, dass selbst dann,
wenn ein Rechtsanwalt sowohl den Einheitssatz als auch Einzelleistungen geltend macht,
keine Präklusion der einen oder anderen Berechnungsart eintritt, sondern die Gebühren nach
dem für den Rechtsanwalt günstigeren Ergebnis zu leisten sind. Daraus folgt, dass der
Rechtsanwalt in der Regel keine Wahlpflicht bereits bei Vertragsabschluss und damit auch
keine spezielle Verpflichtung zur Aufklärung trifft, ob er nach Einheitssatz oder
Einzelleistungen abrechnen wird.
Wenn sodann ein Honorarstreit entsteht, wird der Klient nur allzu leicht behaupten können,
dass er von der Beauftragung des RA in Kenntnis der Kostenfolgen nicht Gebrauch gemacht
hätte.
4
Beachtlich ist auch, dass ein bereits erfolgtes Anerkenntnis hinsichtlich der Honorarnote – oft
aufgrund Pauschalierung und Reduzierung – keine Rechtswirkungen entfaltet, wenn der
Mandant in Irrtum geführt wurde.
Ist im Vertrag ein Entgelt bestimmt, kommt die Bestimmung des § 1152 ABGB primär nicht
zur Anwendung, sondern es greift das vereinbarte – sei es auch unangemessene – Entgelt. Die
Grenzen dieser Regelung finden sich in der Sittenwidrigkeit der Entgeltsvereinbarung, die
wiederum zur Nichtigkeit dieser Vereinbarung führt. Sodann greift subsidiär wieder § 1152
ABGB.
Unter Hinweis, dass § 50 RL-BA 1977 bestimmt hat, dass ein angemessenes Entgelt zu
vereinbaren ist, sei hier auf die Bestimmung des § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB (Wucher)
verwiesen.
a) Ein auffallendes objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zur Zeit
des Vertragsabschlusses.
c) Ausbeutung dieser für den Bewucherten ungünstigen, für den Wucherer günstigen Lage
durch den Wucherer (der zur Herbeiführung dieser Lage nichts beigetragen haben muss).
5
Angemessenheit im Sinne des § 1152 ABGB:
Angemessen ist das Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter
Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geschieht oder geschehen ist, ergibt
(Grillberger in Schwimann I § 1152 Rz 19).
Maßstab wird jedenfalls die AHK sein, zumal sich dort folgender § 1 befindet:
Der Honoraranspruch des Rechtsanwalts ergibt sich aus der zwischen ihm und seinem
Auftraggeber getroffenen Vereinbarung in Ermangelung einer Vereinbarung wird
vorbehaltlich gesetzlicher Honorarregelungen gem. §§ 1004, 1152 ABGB eine angemessene
Entlohnung geschuldet.
Auch aus dem tieferstehend zitierten § 2 der AHK ergibt sich ein entsprechender Hinweis:
Daher sollte man berechtigt sein, bei erheblicher Übersteigung des Durchschnittswerts ein
erhöhtes Honorar zu begehren.
Die Ersatzregelung der allgemeinen Honorarkriterien – der neue § 4 – lautet nun wie folgt:
Die Honoraransätze setzen Leistungen eines Rechtsanwaltes voraus. Bei der Beurteilung der
Angemessenheit des Honorars ist zu berücksichtigen, ob diese Leistungen nach Art oder
Umfang den Durchschnitt erheblich übersteigen oder unterschreiten.
Derart wird wiederum ein Spielraum geschaffen, der Zuschläge rechtfertigt. Letztlich
bedeutet dies aber, dass in einem Honorarprozess ein Sachverständiger für anwaltliches
Honorarrecht beizuziehen sein wird.
6
In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass auch der § 3 des NTG eine ähnliche
Bestimmung kennt:
Dieses „Doppelte“ des NTG könnte unter Umständen im Zuge der Analogie als Obergrenze
herangezogen werden.
7
III.
DIE ALLGEMEINEN HONORARKRITERIEN
AHK
Die allgemeinen Honorarkriterien werden von der Vertreterversammlung des österreichischen
Rechtsanwaltskammertages beschlossen. Es handelt sich hierbei um die Nachfolgenorm, der
autonomen Honorarrichtlinien AHR, welche in der Tagung des österreichischen
Rechtsanwaltskammertages vom 07.10.2005 ersatzlos aufgehoben wurden.
Verordnungsgeber sei der ÖRAK der durch sein Organ, die Vertreterversammlung, die die
diesbezüglichen Beschlüsse fasst, handelt.
Nachdem es zur Rechtsnatur der AHR schon Diskussionen gab, stellt sich für mich die Frage,
warum nach wie vor in § 37 RAO der Terminus „Richtlinien“ verwendet wird, statt gleich –
und richtig – von Verordnungen zu sprechen.
Dafür, dass es sich bei den Richtlinien um Verordnungen handelt, spricht ein Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofs (VfGH 01.07.1982, V40/80, VfSlG 9070) welches feststellt, dass die
RL-BA (Richtlinie Berufsausübung) eine Verordnung wäre.
1
Auch Orator meint, dass die AHR – und gleiches muss wohl für die nun gültigen AHK gelten
– eine Verordnung wären.
Laut anderem Meinungsstand handelte es sich bei den AHR um ein „besonderes
Fachgutachten“ für die Angemessenheit des anwaltlichen Honorars. Der Oberste Gerichtshof
meint (Anwaltsblatt 1990, 398, Rz 1978/86) die AHR haben die Bedeutung einer
gutachterlichen Äußerung über die Bewertung rechtsanwaltlicher Leistungen im
Durchschnittssatz. Überdies meint das Höchstgericht an diese nicht gebunden zu sein.
Letztlich findet man immer wieder die Feststellung, dass es sich bei den AHR um ein
„kodifiziertes Sachverständigengutachten“ der österreichischen Rechtsanwaltskammer für
anwaltliche Leistungen handelt (EvBl 1973/194, MietSlG 36.749).
Ein Gutachten ist der sachverständige Rückschluss auf wissenschaftlichem Niveau auf Basis
eines „erhobenen Befundes“.
Nun versucht man mit dem Terminus „kodifizierte Sachverständigengutachten“ wohl darüber
hinwegzutäuschen, dass es keinen (spezifischen) Befund gibt, sondern das die AHK ein
allgemeines Regelwerk wären.
Unstrittig richtig ist aber jedenfalls, dass es sich bei den AHR um eine „Vertragsschablone“
zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber handeln kann und soll. Daher ist es dringend
geboten die AHK auch zu vereinbaren, wobei in § 3 die Schriftform empfohlen wird.
Die AHK stehen also in der Hierarchie des Honorarrechts – so sie vertraglich zwischen
Anwalt und Mandanten vereinbart wurden – an erster Stelle oder aber auch an letzter Stelle,
2
nämlich dann, wenn keinerlei Vereinbarung getroffen wurde, eine Regelung im Gesetz, also
dem RATG nicht vorgesehen ist, und über die Bestimmung des § 1152 ABGB die
Angemessenheit ermittelt werden muss.
In den §§ 6 Abs 2, 7 und 8 AHK finden sich ergänzende Ausführungen bzw. Änderungen die
üblicherweise günstiger sind als das RATG.
§ 6 Abs 2 AHK regelt, dass eine Verbindungsgebühr von 25 % für Schriftsätze verrechnet
werden kann, in welchen auch zusätzlich die aufschiebende Wirkung beantragt wird. Dies hat
einen historischen Hintergrund, zumal das RATG früher in Exekutionsverfahren
Verbindungsgebühren kannte. Auch bei der Verbindung einer pfandweisen Beschreibung mit
einer Mietzins- und Räumungsklage gab es eine derartige Gebühr, des Weiteren bei der
Einbringung einer Klage verknüpft mit einer EV.
Im § 7 Abs 1 wird der Streitgenossenzuschlag geregelt, wobei es hier keine Obergrenze gibt,
die im RATG bei 50% liegt.
§ 7 Abs 2 sieht vor, dass umfangreiches Aktenstudium einen Ansatz nach TP7/2 RATG
rechtfertigt. Dies ist insbesondere heutzutage – E-Mail Flut – durchaus beachtlich. Es ist in
diesem Zusammenhang aber die Mandantschaft auch entsprechend aufzuklären. Dies gilt
insbesondere für jene Klienten die als Attachement gleich „Urkunden betreffend ihre
gesamtes Leben“ versenden und dann dem Anwalt die entsprechende Auswahl überlassen.
Nachdem die Geldwäscheverordnung sich immer komplizierter gestaltet ist nun gem. § 7 Abs
3 auch eine kanzleiinterne Recherche, Erhebungen betreffend Geldwäsche und
Terrorismusfinanzierung nach § 7 Abs 2 RATG zu honorieren.
3
Für die Vertretung vor übernationalen Tribunalen und Entscheidungsträgern, aber auch dem
Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof kann für Beschwerden, Revisionen,
Gegenschriften und die Verrichtung von mündlichen Verhandlungen sowie für Parteianträge
auf Normenkontrolle der doppelte Betrag von TP3C RATG als angemessen betrachtet
werden.
Gerade diese Norm ist extrem wichtig, zumal der Schriftsatzaufwand der vom VfGH
(€ 2.180,00 netto) bzw. vom VwGH (€ 1.106,40 brutto) im Obsiegensfalle zugesprochen
wird, in Relation zum Arbeitsaufwand in keinem Verhältnis steht.
In § 8 Abs 2 wird geregelt, dass das Rechtsgutachten im Rahmen zwischen TP3A RATG und
dem doppelten Betrag TP3C RATG als angemessen betrachtet werden können.
§ 8 Abs 5 AHK verweist darauf, dass für die Vertragsverfassung und Testamentserrichtung
das NTG zur Anwendung kommt. Für die Begutachtung fremder Verträge ist ein Ansatz
zwischen TP3A und TP3C angemessen.
Wenn in § 8 Abs. 5 festgehalten wird, dass für die Vertragsverfassung die Ansätze des
Notariatstarifs zum Ansatz kommen, ist diese Formulierung genau zu hinterfragen. § 2 des
NTG normiert nämlich den Gegenstand der tarifmäßigen Gebühr für die Verfassung von
Privaturkunden (dies ist für den Anwalt relevant) und hält fest, dass die Entlohnung auch alle
gewöhnlichen damit verbundenen Verrichtungen des Vertragsverfassers in der Kanzlei des
Notars enthält. Daraus hat der OGH in seiner Entscheidung 1 Ob 597/93 vom 21.12.1993
abgeleitet, dass die mit § 2 NTG normierten Tätigkeiten nicht unter die, in den (damals
geltenden) AHR genannten „sonstigen Leistungen“ fallen.
4
Unter die „gesonderte Verrechnung“ laut AHR können daher nur sonstige Leistungen fallen,
die einerseits außerhalb der Kanzlei verrichtet werden oder andererseits nicht zwingend mit
der Vertragserrichtung einhergehen. Gesondert verrechnet werden kann daher die
Verbücherung im Grundbuch, das Verfahren wegen grundverkehrsbehördlicher Genehmigung
oder aber die abgabenrechtlichen Erledigungen.
Auch die Kommission zum Notar im Zuge der Beglaubigung könnte darunter fallen. Hier
sollte allerdings eine entsprechende Belehrung einhergehen. Stellt sich doch die Frage, ob das
Erscheinen des Vertragsverfassers „zweckentsprechend und notwendig“ ist. Die praktische
Erfahrung lehrt aber, dass Notare (ohne entsprechende Nahebeziehung) Vertragswerke, von
denen wohl anzunehmen ist, dass sie wohl durchdacht sind, „zerreden“.
Überdies sei an dieser Stelle auf § 3 NTG – Erhöhung der tarifmäßigen Gebühr – verwiesen:
§ 3. (1) Für eine Tätigkeit, die von ungewöhnlichem Umfang, besonderer Schwierigkeit,
Verantwortlichkeit oder mit besonderem Zeitaufwand verbunden ist, hat der Notar Anspruch
auf eine Wertgebühr in einem entsprechend höheren als dem tarifmäßigen Ausmaß, jedoch
nicht mehr als das Doppelte der tarifmäßigen Gebühr.
(2) Für Tätigkeiten, die der Notar in der Zeit von 18.00 Uhr bis 8.00 Uhr an Samstagen,
Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen aus gerechtfertigten Gründen vornehmen muss oder
auf Verlangen der Parteien vornimmt, erhöht sich die tarifmäßige Wert- oder Zeitgebühr um
die Hälfte.
Die Zeitgebühr kann nur „aus gerechtfertigten Gründen“ erhöht werden. Wenn also eine
Samstags- oder Sonntagsarbeit vom Advokaten vorgeschlagen wird, sind dies keine
„gerechtfertigten Gründe“. Ein besonderes Dringen der Klientel auf rasche Erledigung kann
aber – zu beachten ist die Belehrungspflicht – dazu führen, dass man „ausnahmsweise“
5
(bekanntlich arbeitet unser Stand beamtengleich ja nur von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr) über
Ersuchen der Klientel außerhalb dieser Zeiten in Anspruch genommen wird.
Die Bestimmung des § 3 Abs.2 NTG findet sich auch korrespondierend in § 16 AHK wieder.
§ 14 AHK regelt unter Hinweis auf die Ansätze des NTG, dass der Advokat für die
Empfangnahme, Verbuchung, Verwahrung oder Ausfolgung von Geld oder Wertpapieren,
Spar- oder Einlagebücher – ausgenommen die Gebarung mit Wechseln, Schuldurkunden,
Zeugen-, Sachverständigen-, sowie Zustellungsgebühren und dergleichen mehr - die Ansätze
des NTG heranziehen darf. Wenn die Empfangnahme oder Ausfolgung derartiger Beträge
nicht in der Kanzlei des RA erfolgt, kann überdies für die Bemühung zum Empfangs- oder
Ausfolgungsort das Honorar nach TP 7 (2) (weil wohl nur der Advokat persönlich
zeichnungsberechtigt und verfügungsbefugt ist) verrechnet werden.
Die Norm des Notariatstarifgesetzes, auf welche hier verwiesen wird, findet sich in § 24
NTG, welcher wiederum eine Staffelung von € 1,80 (bis € 70,--) bis maximal € 810,-- (über
€ 72.670,--) für die ersten 12 Monate vorsieht. Für jeden weiteren Monat nach Ablauf eines
Jahres ist jeweils 1/12tel dieser Gebühr zusätzlich in Ansatz zu bringen.
Zumal die Abgabenerklärung nach dem Grunderwerbssteuergesetz mit der Neueinführung der
§§ 30 b und 30 c EStG bedeutend komplizierter wurden, hat die AHK hier in § 8 Abs 6
ebenfalls einen neuen Ansatz gefunden. Angemessen ist ein Wert zwischen TP1 bis TP3A
RATG.
Letztlich regelt § 8 Abs 7, dass ein als Schiedsrichter tätiger Rechtsanwalt das RATG
sinngemäß anwenden kann. Üblicherweise gibt es bei derartigen schiedsgerichtlichen
Verfahren aber gesonderte – manchmal auch äußert diffizile – Honorarvereinbarungen
6
IV.
DIE ALLGEMEINEN HONORARKRITERIEN
(AHK)
in der aktuellen Fassung vom 15.05.2017
V.
VOLLTEXTENTSCHEIDUNG 7 OB 164/18W
1
VI.
HONORARVEREINBARUNGEN
§ 2 Abs.1 RATG hält ausdrücklich fest, dass durch den Tarif (gemeint RATG) das Recht der
freien Vereinbarung nicht berührt wird.
Vertrag geht vor Gesetz.
Ebenso hielt § 2 der AHR fest, dass das Recht der freien Vereinbarung der Entlohnung des
Rechtsanwalts durch die AHR nicht berührt wird.
In den nun gültigen AHK wird ausdrücklich in § 1 bereits darauf hingewiesen, dass der
Honoraranspruch des Rechtsanwalts sich aus der zwischen ihm und seinem Auftraggeber
getroffenen Vereinbarung ergibt. Die AHK stellen lediglich – soferne keine gesetzlichen
Honorarregeln (RATG, NTG etc.) gegeben sind – jene Beträge dar, welche „angemessene
Entlohnung“ im Sinne der §§ 1004 und 1152 ABGB sind.
Es stellt sich nun die Frage, wo die Grenzen dieser freien Vereinbarung sind. Diese Grenzen
finden sich einerseits in der quota litis gem. § 879 Abs.2 Z 2 ABGB und § 16 Abs.1 RAO,
hier selbst bei Angemessenheit; andererseits aber im Honorarwucher im Sinne des § 879
Abs.2 Z 4 (Lohn/ Honorarwucher). Ebenso unzulässig war die Vereinbarung von Maklerlohn,
sprich Provisionen, dies ergab sich aus § 51 RL-BA 1977. Dieses Verbot kennen die RL-BA
2015 nicht mehr! Zur alten Rechtslage hat der VwGH nach Anrufung durch den OGH
festgehalten, dass ein Provisionsverbot kein Eingriff in die Erwerbsfreiheit des RA ist
(28.06.2017, V99/2015)
Neben der Vereinbarung der AHK – wie gesagt eine Vertragsschablone – ist es auch möglich,
mit dem Mandanten ein Pauschalhonorar zu vereinbaren.
§ 50 Abs.3 RL-BA 1977 legte fest, dass das Pauschalhonorar unter Bedachtnahme auf die zu
erbringende Leistung und das Interesse der Partei bemessen werden soll. Dieses
Pauschalhonorar soll daher im Vergleich zu einer tarifmäßigen Abrechnung nicht außer
Verhältnis (exzessiv) sein. Exzessive Honorarvereinbarungen könnten wieder
disziplinarrechtliche Folgen nach sich ziehen.
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Aus eigener Erfahrung muss ich dringend von Pauschalvereinbarungen abraten. Derartige
Vereinbarungen werden üblicherweise im Erstgespräch getroffen; zumeist stellt sich in
weiterer Folge heraus, dass der Aufwand nicht in Relation zum Pauschalhonorar – dies zu
Lasten des Advokaten – steht.
Während eine ordnungsgemäße Aufklärung über die Berechnungsgrundlagen nach AHK und
RATG den mündigen Mandanten dazu verhalten – und darunter verstehe ich das so
notwendige Teamwork zwischen Advokat und Klienten – selbst am angestrebten Erfolg
mitzuwirken, sich persönlich vorzubereiten und die Zeit des Vertreters nicht über Gebühr in
Anspruch zu nehmen, führen Pauschalhonorare zuweilen bei Klienten zu einem Verhalten,
welche in „eat as much as you can“-Restaurants zu beobachten sind.
Zulässig ist des Weiteren die Vereinbarung eines Zeithonorars. Gem. § 15 Abs.4 RL-BA ist
der Advokat jedoch verpflichtet, entsprechende Aufzeichnungen hinsichtlich seines
Zeithonorars zu führen.
Meiner Ansicht nach ist es auch zulässig, dieses Zeithonorar zu staffeln (RA, RAA,
Sekretariat).
Ich halte die Vereinbarung eines Zeithonorars – insbesondere große Unternehmen und
kundige Klienten nehmen dieses gerne an – für die „gerechteste“ Lösung. Dies gilt
insbesondere für Vereinbarungen mit Mandanten, welche man ständig rechtsfreundlich
vertritt, zumal diesfalls regelmäßig einzelne Aufträge mit unterschiedlichen
Bemessungsgrundlagen einmal nieder, einmal hoch vorkommen.
Es darf nicht übersehen werden, dass das RATG in der dort vorgesehenen
Streitwert/Bemessungsgrundlagen - abhängigen Staffelung auch mit einer sozialen
Komponente behaftet ist. Es ist auch Aufgabe der Rechtsanwaltschaft – wir sind immerhin
Organe der Rechtspflege – dafür Sorge zu tragen, dass dem Bürger eine Rechtsdurchsetzung
auch bei geringen Streitwerten ohne wirtschaftliche Einschränkungen ermöglicht werden
muss. Es darf in diesem Zusammenhang jedoch nicht übersehen werden, dass unser
Einschreiten unter Zugrundelegung des RATG bei Streitwerten bis € 13.070,00,-- -
vorausgesetzt, man betreibt die Angelegenheit, und dies ist wohl Standespflicht, mit der
gleichen Akribie, wie Großcausen – wirtschaftlich für die Anwaltskanzlei ein negatives
Ergebnis mit sich bringt. Die Grenze der Wirtschaftlichkeit ist in diesem Zusammenhang
natürlich von der Kanzleistruktur abhängig und kann entsprechend variieren. Da die
Beziehung zwischen Mandant und Klienten nur dann erfolgreich sein kann, wenn sich eine
ordnungsgemäße „Teamarbeit“ entwickelt, die wiederum beiderseitige Zufriedenheit auch in
wirtschaftlichen Belangen voraussetzt, halte ich ein Zeithonorar für die beste Lösung.
Es darf in diesem Zusammenhang jedoch auch nicht verschwiegen werden, dass Zeithonorare
insofern ein Missbrauchspotential in sich bergen, als sie unterbeschäftigte Anwälte dazu
verleiten könnten, überzogene Judikatur und Literaturstudien zu betreiben. Das dem RATG
zugrundeliegende Verrechnungssystem für Schriftsätze, Verhandlungen, Telefonate,
Konferenzen und Korrespondenz fußt ja gerade auf der Überlegung, dass der
„überdurchschnittliche Advokat“, welcher aufgrund seines Wissens weniger
„Forschungsarbeit“ zu leisten hat, bevorteilt wird, während der Klient davor geschützt wird,
dass er die Unwissenheit des „unterdurchschnittlichen Rechtsanwaltes“, der überhöhtes
Literatur- und Judikaturstudium benötigt, nicht „büßen“ muss.
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Offen ist – und hier ist das wirtschaftliche Geschick des Anwalts gefragt – wie hoch das zu
vereinbarende Stundenhonorar sein sollte.
Bereits Mitte der 90-iger Jahre wurde in bestens etablierten Wiener Großkanzleien ein
Stundenhonorar von S 5.000,-- (€ 383,--) netto begehrt. Ein Konkursrichter hat sich mir um
die Jahrtausendwende erklärt, dass ein Mindeststundenhonorar von S 2.500,-- (€ 181,--)
begehrt werden muss, um ordnungsgemäß Arbeit und wirtschaftliches Überleben des Anwalts
zu garantieren.
Aus eigenen Erfahrungen musste ich immer wieder feststellen, dass die Standesgenossen
(obwohl als profunder Berater von Kaufleuten laufend beauftragt und auch in
betriebswirtschaftlichen Belangen oft in Anspruch genommen), selbst in
kaufmännischen/betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten erschreckende Defizite aufweisen.
Vergleichen Sie bitte selbst den Stundenlohn eines Anwalts mit dem Ihnen verrechneten
Stundenlohn Ihres KFZ-Mechanikers; dort sind heute Stundensätze über € 100,00 gab und
gäbe.
Fälligkeit:
Die Bestimmungen der §§ 1002 ff ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag enthalten keine
Regelung über die Fälligkeit. Lediglich § 1014 normiert, dass über Verlangung zur
Bestreitung der baren Auslagen ein angemessener Vorschuss zu leisten ist. Hinsichtlich der
Fälligkeit zieht die Rechtsprechung die Norm des § 1170 über den Werkvertrag heran. Daraus
wiederum ist abzuleiten, dass erst nach Beendigung des Auftrages (Vollendung des Werkes)
Rechnung gelegt werden kann.
Bitte bedenken Sie, dass Sie bei jahrelanger Prozessführung und diese ist bei der derzeit
gegebenen (bzw. behaupteten?) Belastung der Gerichte jedenfalls Faktum, erst nach
Beendigung des Verfahrens abrechnen können.
Nach Korab und Raidinger (Anwaltsblatt 1999,212) können Rechtsanwälte unter Berufung
auf § 16 Abs.1 RAO – der Rechtsanwalt ist jederzeit berechtigt, sich eine bestimmte
Belohnung zu bedingen – Ihr Honorar jederzeit fällig stellen. Die Autoren stürzen sich in
diesem Zusammenhang auch auf die §§ 904 und 1417 ABGB, wonach einerseits mangels
Vereinbarung einer gewissen Zeit über die Erfüllung eines Vertrages dieses sogleich gefordert
werden könne und andererseits mangels Vereinbarung einer Zahlungsfrist die
Verbindlichkeit, die Schuld zu zahlen, mit Einmahnung eintritt.
Jedenfalls kann aber auch während der laufenden Tätigkeit – warnend habe ich jedoch auf
etwaige Schadenersatzansprüche hinzuweisen – mit Beendigung der Vertragsbeziehung
(Kündigung der Vollmacht) Fälligkeit herbeigeführt werden.
Vertretbar ist meiner Ansicht jedenfalls, dass die Beendigung des Verfahrens in einer Instanz,
eine Teilleistung im Sinne des § 1170 Abs.2 ABGB darstellt, welche zu einer Teilabrechnung
berechtigt.
Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf § 16 RL-BA, wonach der RA; mit dem Klienten
Vereinbarungen schließen kann, die ihn zur Zwischenabrechnung in angemessenen
Abständen – mindestens einmal jährlich – berechtigen.
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§ 16 Abs.2 RL-BA normiert aber auch, dass der Advokat jederzeit Akonti begehren darf.
Verjährung:
„Solange der Anwalt noch in die Lage kommen kann, pflichtgemäß im Interesse des Klienten
tätig zu sein, ist das Mandatsverhältnis nicht erloschen und daher die Fälligkeit des
Honoraranspruchs nicht eingetreten (Sz 12/144, Sz 22/444, Sz 39/211). Das Honorar aus der
Vertragserrichtung wird daher nicht mit der Unterzeichnung des Vertrages fällig, sondern erst
nach endgültiger Abwicklung z.B. Rechtskraft der grundbücherlichen Durchführung.
Nach Beendigung des Auftragsverhältnisses ist der Advokat jedoch verhalten, unverzüglich –
die Judikatur gewährt Fristen zwischen einem und drei Monaten – Rechnung zu legen. Das
Hinauszögern der Rechnungslegung kann den Beginn der Verjährungsfrist nicht hemmen.
Wird ein Rechtsanwalt für einen Mandanten in mehreren Causen tätig, beginnen die einzelnen
Verjährungsfristen mit Beendigung der jeweiligen causa – auch wenn es sich hiebei um einen
Dauerklienten handelt – zu laufen.
Lediglich bei einer zusammenhängenden Sache, die nicht in einzelne Causen zerlegbar ist, ist
die Beendigung der Gesamttätigkeit entscheidend. So die Causen in keinem engen inneren
Zusammenhang stehen, liegen mehrere getrennt zu beurteilende Aufträge vor, für die der
Honoraranspruch aus jedem Auftragsverhältnis gesondert zu berechnen ist.
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Der Justizausschuss geht aufgrund der im Zusammenhang mit den Beratungen zur
Regierungsvorlage des Rechtsanwaltsberufsrechtsänderungsgesetzes 1999 in der gegebenen
schriftlichen Erklärung des österreichischen Rechtsanwaltskammertages davon aus, dass
dieser Richtlinienänderungen vornehmen wird, die eine bessere Information der Klienten
über den zu erwartenden Honoraranspruch des Rechtsanwalts gewährleistet, eine ange-
messene Honorarvereinbarung auch unter dem Tarif zulassen, sowie zu einer weiteren
Liberalisierung im Bereich der rechtsanwaltlichen Werbung führen.
Festzuhalten ist, dass nunmehr für das Rechtsanwaltshonorar primär keine Untergrenzen mehr
bestehen. Dem Wunsch der Politik auf Liberalisierung unseres Honorarrechts wurde also
Folge gegeben, damit wurden auch Bedenken zerstreut, dass das österreichische
Rechtsanwaltstarifrecht als EU-widrig angesehen werden könnte. Diese Rechtsansicht vertritt
Mayer hinsichtlich der AHR nach wie vor in Rechtsgutachten jüngeren Datums.
Grenzen im Preisdumping werden wohl nur mehr im Rahmen des § 1 UWG – aktiv
legitimiert sind nicht nur Anwälte untereinander, sondern auch die jeweiligen RA-Kammern –
gesetzt werden können.
Gem. § 28 Abs.1 lit f RAO gehören zu den Wirkungskreisen des Ausschusses die Erstattung
von Gutachten über die Angemessenheit des Honorars und Vergütung für Dienstleistungen
des Rechtsanwalts, sowie die angesuchte gütliche Beilegung des Streites über selben im Sinne
des § 19 RAO.
Die Streitbeilegung bzw. Gutachtenserstattung kann nur erfolgen, wenn sowohl Mandant als
auch Rechtsanwalt dem zustimmen.
Wenn sich der Rechtsanwalt mit einer gütlichen Streitbeilegung durch die Kammer
einverstanden erklärt, ist es ihm untersagt, eine Kostenklage einzubringen (unterwirft sich der
Rechtsanwalt aber nicht, ist er berechtigt, gerichtlich gegen den Klienten vorzugehen).
Für die Vorgangsweise in den Abteilungen des Ausschusses der Steiermärkischen RA-
Kammer spricht wiederum andererseits, dass ein substantiiertes ausgewogenes
Honorargutachten nur dann möglich ist, wenn ein diffiziler ordnungsgemäßer Befund über die
Leistungen des RA aufgenommen wurde. Gerade der juristische Laie ist aber kaum in der
Lage, im Zuge derartiger Befundaufnahmen das notwendige Vorbringen zu erstatten. Dies
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würde wiederum unter Umständen zu einer überzogenen Manuduktionspflicht der
angerufenen Abteilung führen, die wiederum – ich verweise darauf, dass die Richterschaft
dieses Problem des Öfteren aufzeigt – die gänzliche Unbefangenheit in der Sache gefährdet.
Honorarabrechnung:
Insbesondere in Kostensachen muss sich der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten der
peinlichen Genauigkeit befleißigen (Anwaltsblatt 1989,270).
Die Kostennote hat sowohl die Bemessungsgrundlage als auch eine detaillierte Aufzeichnung
der erbrachten Leistungen zu enthalten (8 Ob 508/89).
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VII.
§§ 19 und 19 a RAO Einbehaltungsrecht und gesetzliches
Pfandrecht
Gem. § 19 RAO ist der Anwalt berechtigt, bei ihm eingegangene Barschaft einzubehalten.
Das Einbehaltungsrecht ist der Höhe nach begrenzt mit der Summe der bisherigen Auslagen
und seines Verdienstes.
Für den Mandanten einerseits und vom Verdienst des Anwalts andererseits in Abzug zu
bringen sind jedenfalls schon vom Mandanten geleistete aconti.
§ 19 RAO ist dispositiv. Solange die Grenzen der Sittenwidrigkeit nicht überschritten werden,
sind auch von § 19 RAO abweichende Vereinbarung über die Aufrechnung von Fremdgeldern
mit auch bestrittenen Honorarforderungen wirksam (9 Ob 2/17k = SZ 2017/28).
Die Bestimmung des § 19 RAO stellt auf das aufrechte Vollmachtsverhältnis ab (13 BkD
5/04).
Dies ergibt sich aus dem Grundsatz des § 442 ABGB, das niemand mehr Rechte übertragen
kann, als er selbst hat und mit erfolgter Bevollmächtigung die gesetzlichen Ansprüche des
§ 19 Abs 1 RAO entstanden sind.
Zwingend ist der Rechtsanwalt, welcher sein Einbehaltungsrecht geltend machen muss,
verpflichtet, darüber unverzüglich Rechnung zu legen. Die peinlichst genaue
Rechnungslegungspflicht zu missachten, wäre standeswidrig.
Der Mandant kann den anwaltlichen Einbehalt nur verhindern, indem er die Richtigkeit und
Höhe des anwaltlichen Honoraranspruchs bestreitet.
Von einer derartigen Bestreitung ist jedenfalls auszugehen, wenn der Mandant den Ausschuss
der Rechtsanwaltskammer um die gütliche Beilegung des Streites „angeht“ (siehe § 19 Abs.2
RAO).
Die Aufforderung des Mandanten, den einbehaltenen Kostenbetrag an ihn zu überweisen und
die Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung zu übermitteln, stellt noch keine
Bestreitung der Richtigkeit und Höhe der Forderung des Rechtsanwaltes dar, wohl aber die
darauf folgende Mitteilung, die Forderung von unabhängiger Seite überprüfen zu lassen (24
Os 7/15g).
§ 19 Abs.3 RAO sichert die anwaltlichen Ansprüche im Falle der Bestreitung, indem er dem
Anwalt die Möglichkeit gibt, im Sinne des § 1425 ABGB das Honorar gerichtlich zu erlegen.
So der Anwalt sich der Möglichkeit des gerichtlichen Erlags nicht bedient, ist er verpflichtet,
die vereinnahmten Beträge auszufolgen. Zu einer Zurückbehaltung der Beträge ist er nicht
befugt. Dies ergibt sich klar aus den §§ 13 und 14 RL-BA:
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§ 13 Der Rechtsanwalt darf Gelder und andere Vermögenswerte, die ihm zu einem
bestimmten Zweck übergeben worden sind, weder widmungswidrig verwenden noch
zurückbehalten.
§ 14 Macht der Rechtsanwalt von der ihm gem.§ 19 Abs.3 der Rechtsanwaltsordnung
eingeräumten Befugnis keinen Gebrauch, so ist er verpflichtet, die Barschaften unverzüglich
auszufolgen.
Aufgrund der klaren Textierung wird wohl auch die Unsicherheitseinrede nach § 1052 2.Satz
ABGB dem Rechtsanwalt nicht zustehen.
Sobald der Rechtsanwalt für seinen Mandanten von einem Dritten entgegengenommene
Geldbeträge nach Bestreitung seiner Forderung aus dem Mandatsverhältnis gerichtlich
hinterlegte, steht § 19 Abs 3 RAO einer prozessualen Aufrechnungseinrede des
Rechtsanwaltes im Rechtsstreit über die Verpflichtung zur Ausfolgung jener Beträge nicht
(mehr) im Weg (4 Ob 9/07p, 9 Ob 2/17k).
§ 19 Abs.4 RATG regelt, dass der RA ein gesetzliches Pfandrecht für seine Forderung
aufgrund der Vertretung hinsichtlich des erlegten Betrages erlangt.
Die Bestimmungen der §§ 19 und 19 a RAO dienen also dem wirtschaftlichen Schutz des
Standes. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Rechnungslegungsverpflichtung und
die Verpflichtung zum unverzüglichen Erlag auch dem Ansehen des Standes dient, zumal der
Anschein vermieden wird, der RA fördert auf Kosten der eigenen Mandantschaft seine
Liquidität.
Dieses Kostenpfandrecht entsteht nur, wenn es der Rechtsanwalt geltend macht; der
entsprechende „§ 19 a RAO Vermerk“ auf Schriftsätzen reicht aus?? Wird auf die
Geltendmachung vergessen, kann der Kostenschuldner auch schuldbefreiend an den
Mandanten direkt leisten.
Das Kostenpfandrecht steht dem zuletzt vertretenen RA zu. Wenn die Partei zuletzt durch
mehrere Anwälte vertreten war, steht das Pfandrecht dem zuerst Genannten zu. Der zuletzt
vertretende RA begründet das Pfandrecht aber für Honorar und Barauslagenersatz für vor ihm
tätige Kollegen in dieser Causa.
Wenn nicht sämtliche Kosten vom Kostenschuldner eingehen, sind die eingehenden Kosten
verhältnismäßig zwischen allen Anwälten, welche bis dahin vertreten haben, aufzuteilen.
Das Pfandrecht des Rechtsanwaltes entsteht mit Rechtskraft der über den Kostenersatz
absprechenden Entscheidung. Die Kostenersatzforderung des Mandanten gegen den
Prozessgegner wird daher nur mit der Belastung durch das gesetzliche Pfandrecht des
Rechtsanwalts existent (EvBl 1972/302, Sz 53/133 = 5 Ob 626/80).
2
Voraussetzung für die Begründung des Pfandrechts ist der Anspruch des Rechtsanwalts, der
die Partei zuletzt vertreten hat, auf Ersatz seiner Barauslagen und auf Entlohnung für die
Vertretung im Verfahren. Da es sich um ein gesetzliches Pfandrecht handelt (vgl. § 1101
Bestandgeberpfandrecht) bedarf es zu dessen Begründung weder einer Verfügung des
Schuldners, noch einer richterlichen Verfügung.
In Sz 53/133 wurde überdies festgestellt, dass gesetzliche Pfandrechte auch dann geltend
gemacht werden können, wenn der Tatbestand, durch den sie ausgelöst werden, erst während
des Konkursverfahrens verwirklicht wird (hier Prozessbeendigung nach Konkurseröffnung).
Grundsätzlich sollen vor allem Absonderungsrechte, die schon vor dem Konkurs bestanden
und durch ihn nicht hinfällig geworden sind, in ihrem funktionellen Gehalt nicht berührt
werden (§ 11 IO). Die konkursmäßige Verstrickung hindert nach § 10 Abs.1 IO aber nur den
Erwerb von richterlichen Pfand- und Befriedigungsrechten an Massegegenständen, ferner
nach dem Zweck der Verstrickung den Erwerb von Pfandrechten durch
Verwaltungsvollstreckung, dagegen nicht die Begründung von Pfandrechten kraft Gesetzes.
Das im Verfahren 5 Ob 626/80 in II. Instanz zuständige Landesgericht Innsbruck hat jedoch
auch festgehalten, dass das gesetzliche Pfandrecht nicht entstehen könne, wenn der
Kostenforderung eine ihre sofortige Vernichtung bewirkende aufrechenbare Gegenforderung
entgegenstehen würde (was im vorliegenden Fall aber nicht geltend gemacht worden war).
Diesem Argument ist mit Sz 45/18, Sz 51/38, ZVR 1987/96 entgegen zu halten, dass das
gegenseitige Zusammentreffen aufrechenbarer Forderungen nicht schon („de jure“) deren
Aufhebung herbeiführt, sondern nur das Recht verleiht, durch Hinweis auf eine bereits
vollzogene Aufrechnung (Schuldtilgungseinwand) oder durch Aufrechnungseinrede auf
Aufrechnung zu dringen; die Wirkung der Aufrechnungserklärung wird allerdings auf den
Zeitpunkt zurückbezogen, in welchem die Forderungen sich zuerst aufrechenbar gegenüber
stehen (Aufrechnungslage).
Die Ausführungen des BerG darüber, dass die Aufrechnung einer Forderung des
Verpflichteten mit der Kostenforderung einer Prozesspartei, die schon im Zeitpunkt ihres
Entstehens mit dem gesetzlichen Pfandrecht ihres Vertreters nach § 19 a RAO belastet ist,
möglich ist, wenn diese Forderung der Kostenforderung der betreibenden Partei bereits im
Zeitpunkt ihres Entstehens aufrechenbar gegenüber stand und insbesondere zu diesem
Zeitpunkt auch bereits fällig war, entsprechen der stRsp des OGH.
Das Pfandrecht des Rechtsanwalts schließt die Aufrechnung von Gegenforderungen nicht aus,
die schon begründet waren, als die Kostenforderung entstand (RS0072082).
3
§ 19 a RAO gilt auch für den Rechtsanwalt, der Verfahrenshilfevertreter ist, und im Verfahren
vor dem Verwaltungsgerichtshof.
§ 19 Abs 3 RAO kein Recht des, der Partei beigegebenen, Verfahrenshelfers normiert zur
Sicherheit der Vollstreckbarkeit einer möglicherweise eingehenden Gerichtsentscheidung
gemäß § 71 ZPO von den bei ihm eingegangenen Barschaften den von ihm als Entlohnung
begehrten Betrag bei Gericht zu hinterlegen. Dem Zahlungsbegehren der Partei kann er
mangels gesetzlichen Hinterlegungsgrundes nicht mit dem Hinweis auf den – richtigerweise
zurückweisenden – Erlagsantrag begegnen (9 Ob 37/09w).
4
VIII.
UMSATZSTEUER UND HONORARRECHT
Nach § 3 a Abs.10 Z 3 UStG 1994 sind Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt,
Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger, Ingenieur,
Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer, sowie ähnliche Leistungen anderer
Unternehmer „sonstige Leistungen“ im Sinne des Gesetzes und unterliegen der
Umsatzsteuerpflicht.
Seit dem Eintritt Österreichs in die EU und der Gestaltung der Binnenmarktregelung ist
weiters zu unterscheiden, ob unser Mandant nun Sitz oder Wohnort in einem EU-Staat bzw.
außerhalb der EU hat.
Zu vermerken ist, dass das UStG 1994 diese Sonderkonstellation durch einen eigenen Anhang
– Artikel 1 – 28 – geregelt hat.
Kommt das „Ursprungsland-Prinzip“ zur Anwendung, ist die Leistung des österreichischen
Rechtsanwalts zu „verUSten“.
1
In diesem Verfahren ist der leistungsempfangende Unternehmer berechtigt, auf die ihm netto
verrechneten Honorare die Umsatzsteuer seines Heimatlandes zu berechnen und abzuführen
und diesen Steuerbetrag als Vorsteuer wieder geltend zu machen.
Es empfiehlt sich aber in der Rechnung darauf hinzuweisen, dass aufgrund des
Empfängerland-Prinzips lediglich die Nettoverrechnung erfolgt und ein Umsatzsteuerausweis
vorgenommen werden kann.
Weiters hat die Faktura – verwiesen wird auf Art. 28 UStG 1994 – die
Umsatzsteueridentifikationsnummer von Lieferanten und Empfänger zu enthalten. Eine
derartige Umsatzsteueridentifikationsnummer erhält man über Antrag beim zuständigen
Finanzamt.
2
IX.
UMSATZSTEUER AUS KOSTEN - Art. XII Z 3 EG-UStG
Der Umstand, dass jemand, der Anspruch auf Ersatz für eine Sache oder Leistung hat, als
Unternehmer zum Abzug von Vorsteuer (§ 12 des Umsatzsteuergesetzes 1972) berechtigt ist,
berührt an sich die Bemessung des Ersatzes nicht. Schließt der Ersatzbetrag auch
Umsatzsteuer ein, so erwächst jedoch dem Ersatzpflichtigen gegen den Ersatzberechtigten ein
Rückersatzanspruch in der Höhe des Umsatzsteuerbetrages, sobald und soweit ihn der
Ersatzberechtigte als Vorsteuer abziehen könnte. Dient der Ersatzbetrag dazu, die
Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung einer Sache oder Leistung zu ermöglichen, so ist
als Zeitpunkt, in dem der Ersatzberechtigte den Vorsteuerabzug geltend machen könnte, der
Zeitpunkt anzusehen, in dem er dies unter Annahme einer unverzüglichen Wiederbeschaffung
oder Wiederherstellung tun könnte. Der Ersatzberechtigte ist verpflichtet, dem
Ersatzpflichtigen Auskunft über den Vorsteuerabzug zu geben und ihm in die darauf
bezüglichen Belege Einsicht zu gewähren.
Gem. Art. XII Z 3 EG-UStG soll der Umstand, dass jemand, der Anspruch auf Ersatz für eine
Sache oder Leistung hat, als Unternehmer zum Abzug von Vorsteuern berechtigt ist, auf die
Bemessung seines Ersatzes grundsätzlich keinen Einfluss haben. Für den Fall, dass der
Ersatzberechtigte aber die Umsatzsteuer mit einschließt, erwächst dem Ersatzpflichtigen
gegen den Ersatzberechtigten ein Rückersatzanspruch in Höhe des USt-Betrages, sobald
dieser ihn als Erstattungsberechtigter als Vorsteuer hätte abziehen können. Es kann daher der
Ersatzpflichtige den im Vorprozess zugesprochenen USt.-Betrag in einem zweiten Prozess
zurückfordern, sodass dieser Rückersatzanspruch gem. Art. XII Z 3 EG-UStG ein Bereicher-
ungsanspruch sui generis ist. Diese Grundsätze sind auch auf eine Kostenentscheidung
anzuwenden, in der der obsiegenden Partei, welche vorsteuerabzugsberechtigt ist,
Kostenersatz inklusive Umsatzsteuer zugesprochen wird. Auch hier hat die ersatzpflichtige
Partei das Recht, diesen USt.-Betrag nach den vorgenannten Gesetzesstellen in einem eigenen
Verfahren wieder zurückzufordern.
Da jedoch der Kostenersatzanspruch nur aus dem Prozessrecht abgeleitet und in einem
eigenen Durchsetzungsverfahren geltend gemacht wird, könnte hieraus geschlossen werden,
dass es sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch eigener Art handelt. Auch
diesfalls kommt aber die Bestimmung des Art. XII Z 3 EG-UStG zur Anwendung, als sich
nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung, sondern auch aus den diesbezüglichen
Materialien, welche den Prozesskostenersatz ausdrücklich erwähnen, eindeutig ergibt, dass
der Gesetzgeber diese Regelung auch auf den Kostenersatz anwenden wollte. Auch wenn
daher der Anwalt die Zahlung der Kosten zu eigenen Handen begehrt und diese ihm geleistet
wird, bleibt die kostenersatzberechtigte Partei der tatsächlich dahinter stehende Empfänger,
sodass ein Rückforderungsanspruch diesem gegenüber jedenfalls besteht. Der Anwalt ist
daher auch verpflichtet, der Mandantschaft eine Rechnung auszustellen, in der die
Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist.
Hingegen kann wegen eines fehlenden Leistungsaustausches eine Rechnung an den
Prozessgegner nicht zur Ausstellung gelangen. Dies ist insbesondere im Hinblick darauf
bedeutsam, dass jede Partei nur bezüglich ihrer eigenen Anwaltskosten für die anfallende
Umsatzsteuer abzugsberechtigt ist.
1
Die Fälligkeit des Rückersatzanspruches des zum Kostenersatz verpflichteten Gegners tritt
daher nach Schluss der mündlichen Verhandlung I. Instanz ein und kann dieser
Ersatzanspruch schon aus diesem Grunde nicht einredeweise, sondern eben nur mit
gesonderter Klage geltend gemacht werden.
Für das Entstehen dieses Ersatzanspruches reicht daher die bloße abstrakte Möglichkeit des
Vorsteuerabzuges aus, sodass eine Prüfung, ob der Berechtigte davon tatsächlich Gebrauch
gemacht hat, nicht vorzunehmen ist. Es ist auch unerheblich, ob tatsächlich vom Rechtsver-
treter der obsiegenden Partei im dem Ersatzanspruch zugrundeliegenden Verfahren bereits
Rechnung gelegt worden ist, um nur darauf abzustellen, ob beim Berechtigten die abstrakte
Möglichkeit des Vorsteuerabzuges bestanden hat, da Umstände, die allein im Willensbereich
des Berechtigten liegen (dieser könnte von seinem Rechtsvertreter Rechnungslegung sogar im
Klagswege erzwingen) sich nicht auf die Ersatzberechtigten auswirken können (vgl.EvBl
56/1979, RdW 1988/2 a, ZVR 1986/24 Doralt-Ruppe in „Grundriss des Steuerrechts7 I“ S
422, Bydlinski „Kostenersatz im Zivilprozess“ S 23 ff).
Dass eine Prozessführung nach Art. XII Z 3 EG-UStG möglich ist – denkbar wäre der
Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs, zumal es sich ja hier um ein Abgabengesetz
handelt – ergibt sich aus Art. XXV Abs.3 EGUStG, in welchem festgehalten wird, dass mit
der Vollziehung des Art. XII der Bundesminister für Justiz betraut ist.
Aus § 31 Abs.2 UStG 1994 – mit der Vollziehung der §§ 11 und 30 sowie des Art.11 des
Anhangs ist auch, sofern es sich um zivilrechtliche Bestimmungen handelt, der
Bundesminister für Justiz betraut – lässt sich wiederum ableiten, dass auch die Klage auf
Legung einer umsatzsteuergerechten Rechnung zulässig ist.
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X.
PROZESSKOSTENERSATZ AUSLÄNDISCHER UST
Im Verfahren 6 Ob 275/01 m (Anwaltsblatt 2002/486) hat die beklagte Partei auch einen
Kostenberichtigungsantrag an den OGH gestellt.
Der OGH hat die Berichtigung dieser Kosten verweigert; dies unter Hinweis darauf, dass eine
Berichtigung nur zulässig ist, wenn der Entscheidungswille des Gerichts feststeht, der
mangelhafte Willensausdruck also offensichtlich nicht mit dem wahren Willen übereinstimmt.
Dem OGH ist es aber verwehrt, über den Entscheidungswillen des Rekursgerichts
Mutmaßungen anzustellen, die in der Entscheidungsbegründung keine Grundlage haben.
XI.
ENTLOHNUNG IM INSOLVENZVERFAHREN
1. Alte Rechtslage:
Dies gründet sich nicht nur in der Tatsache, dass Kostenfragen nicht an den obersten
Gerichtshof herangetragen werden können, sondern auch darin, dass es damals wie heute den
Konkursgerichten obliegt, den Masseverwalter nach billigem Ermessen zu bestellen.
Welcher Hund beißt die Hand die ihn füttert?
Auch die Regelungen in der KO vor dem IVEG zur Entlohnung der Masseverwalter waren
spärlich gesät.
§ 82 (alt) KO spricht lediglich von dem Ersatz der Barauslagen und von einer „Belohnung“.
Parallelen hiezu gibt es im alten Sachwalterrecht. Es war Fixregelung – zumindest im
Sprengel des LG für ZRS Graz –, dass Hilfskräfte nur entlohnt wurden, wenn deren
Beiziehung vom Konkursgericht bewilligt wurde, hier wurden strenge Maßstäbe gesetzt,
beispielsweise wurde die Beiziehung eines SV für die Schätzung und Inventarisierung – dies
ist heute Usance und vor allen Dingen auch praktisch und richtig – nicht entlohnt.
Schon damals war es nämlich so, dass ein Pauschalentlohnungssystem vorgesehen war und
keine Verrechnung von Einzelleistungen.
Das seit 01.05.1999 in Geltung stehende IVEG – es findet sich heute bei den §§ 82 ff IO -
sollte einerseits zu einer Vereinheitlichung der Insolvenzverwalterentlohnung führen,
andererseits ein gerechtes, jedoch nicht überkompliziertes System einführen.
Das IVEG funktioniert nach einem „Baukastensystem“, in dem die einschlägigen Tätigkeiten
des Insolvenzverwalters berücksichtigt werden.
Mit drei Bausteinen werden die Haupttätigkeiten des Insolvenzverwalters entlohnt. Daneben
gibt es zwei Zusatzbausteine, für weitere Insolvenzverwalterleistungen, die oft erbracht
werden. Der erste Baustein „§ 82 Abs. 1 IO“ deckt die Haupttätigkeit des
„Insolvenzverwalters“ ab. Bemessungsgrundlage sind die einbringlich gemachten
Verwertungserlöse. Damit werden sämtliche „IV-Basis-Leistungen“ abgegolten.
1
In § 82a IO – zweiter Baustein – gibt es eine gesonderte Regelentlohnung für den
Mehraufwand, der dem Insolvenzverwalter bei Durchführung eines Sanierungsplans zusteht.
Die zwei Zusatzbausteine betreffen einerseits die Entlohnung bei der Verwertung von
Sondermassen (§ 82 d IO) sowie die „Abgeltung von Spezialkenntnissen“, wenn zum Beispiel
der Insolvenzverwalter als RA tätig wird, auch hier sei auf die prinzipiell gleichartige
Regelung für Sachwalter verwiesen.
Wenn ein Insolvenzverwalter sämtliche Voraussetzung für mehrere oder vielleicht alle
Entlohnungsbausteine erfüllt hat, ist auch eine Entlohnung nach allen Bausteinen
zuzusprechen.
Der Zusatzbaustein beim Sanierungsplan kommt mit Annahme des Sanierungsplans durch die
Gläubigergemeinschaft zustande.
Da der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortgeführt hat, steht ihm auch hier eine
Entlohnung – vorausgesetzt es wurde ein Kostenvoranschlag erstattet – zu.
Von einen geschlossenem Entlohnungssystem spricht man dann, wenn die Entlohnung anhand
vorweg festgelegter Parameter erfolgt – verwiesen sei hier beispielsweise auf unser RATG –
ohne, dass eine Anpassung an die Umstände des Einzelfalls erfolgt.
Ein Schriftsatz nach TP3a RATG wird auf Basis derselben Bemessungsgrundlage immer
gleich entlohnt werden. Es ist also völlig gleichgültig, ob dieser Schriftsatz lang ist, kurz ist,
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liebevoll erarbeitet wurde oder herzlos das wiedergibt, was verfahrensrelevant ist. Die
Entlohnung wird immer die gleiche sein und für den Anwalt ergeben sich nur aus
„Marketingüberlegungen“ am oberen Ende der Skala und der „Haftungsproblematik“ am
unteren Ende der Skala Motive hinsichtlich der Qualität.
Die §§ 82 ff IO sehen jedoch ein offenes Entlohnungssystem vor. Zwar ist im Normalfall
eine „Regelentlohnung“ vorgesehen. Laut Schätzung des Gesetzgebers werden mit dieser
Regelentlohnung lediglich 80% aller Verfahren zu einer angemessenen Entlohnung führen.
Der Gesetzgeber hält daher ausdrücklich fest, dass die für die üblichen Fälle geschaffenen
Anpassungskriterien einen Ausgleich schaffen sollen, um die vielfältige Tätigkeit des
Insolvenzverwalters ordnungsgemäß zu erfassen und gerecht zu entlohnen.
Insbesondere ist hier auf die Bestimmungen der §§ 82 b und 82 c (Zu- und Abschläge von der
Regelentlohnung nach § 82 Abs. 1 IO) zu verweisen.
Mit dem offenen Entlohnungssystem strebt der Gesetzestext daher eine gerechte
(angemessene) Entlohnung an. Die Regelentlohnung nach
§ 82 Abs. 1 IO, unter Umständen i.V.m § 82 a IO, soll also der für, einen Großteil der
Verfahren vorgesehene, „Richtwert“ sein.
Der Gesetzgeber übersieht in seinem offenen System jedoch auch nicht, dass jeder
Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verpflichtungen – selbst wenn man an die Grenzen der
Massearmut stößt – einen gewissen Mindestaufwand hat. Dieser Mindestaufwand wird mit
einer Mindestentlohnung von € 3.000,00 netto zuzüglich USt. und Barauslagen abgegolten.
Das Entlohnungssystem, das IVEG, wird vom Grundsatz der reinen Tätigkeitsentlohnung
getragen. Nur dann, wenn der Insolvenzverwalter auch tatsächlich Leistungen erbringt, wird
er auch entlohnt. Dieser Grundsatz kommt insbesondere bei der Regelentlohnung für die
Mühewaltung (§ 82 Abs. 1 IO) und bei der besonderen Entlohnung für die
Unternehmensfortführung nach § 82 Abs. 3 IO, sowie bei der Honorierung für die
Verwertung von Sondermassen (§ 82 d IO) zum Tragen. Es gibt aber auch insoferne ein
Erfolgselement im Entlohnungssystem, als im Falle der Annahme eines Sanierungsplans – in
Erinnerung gerufen wird, dass man hiefür eine Summenmehrheit und eine Kopfmehrheit
benötigt - eine konsequente Insolvenzverwaltertätigkeit wohl notwendig ist, letztlich aber die
anwesenden Insolvenzgläubiger mit Annahme über den Sanierungsplan auch darüber
entscheiden, ob der Insolvenzverwalter eine weitere, (kumulative zuzusprechende)
Entlohnung erhalten soll.
Konsequenz aus der Tätigkeitsentlohnung ist, dass es mangels Erfolg zu keiner Kürzung
kommt. Dies natürlich nur solange diese nicht ausnahmsweise gesetzlich vorgesehen ist
(Sanierungsplan).
Soferne der Insolvenzverwalter das Unternehmen verspätet schließt und dadurch der
Insolvenzmasse ein Verlust entsteht, oder aber der Insolvenzverwalter im Rahmen der
Forderungsprüfung zu Unrecht ein Anerkenntnis abgibt, kann die Kürzung einer Entlohnung
hier nicht als Korrektiv funktionieren. Faktum ist, dass der Insolvenzverwalter
selbstverständlich – verwiesen wird auf § 1299 ABGB – dafür haftet; auch die Enthebung
droht.
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Neben der Haftung greift als weiteres Korrektiv, dass gänzlich unbrauchbare Tätigkeiten bei
der Beurteilung der Gesamtleistung nicht zu berücksichtigen sind. Nochmals wird in
Erinnerung gerufen, dass die Insolvenzverwalterentlohnung eine Pauschalentlohnung ist. Es
ist völlig irrelevant, wie viele Einzelleistungen der Insolvenzverwalter erbringen muss, um
zum Ziel zu kommen bzw. dem Gesetz entsprechend tätig zu sein. Es ist also auch für die
Entlohnung des Insolvenzverwalters irrelevant, Einzelleistungen zu verzeichnen.
Ich darf die Verzeichnung von Einzelleistungen jedoch insoferne empfehlen, als man nach
Abschluss eines Insolvenzverfahrens doch auch selbst eine eigene betriebswirtschaftliche
Einschätzung durchführen sollte, hier ist eine exakte Betrachtung der Einzelleistungen
selbstverständlich zweckmäßig.
Mit der Verzeichnung der Einzelleistungen Hand in Hand geht überdies eine leichtere und
eine einfachere Verzeichnung der Barauslagen. Hier ist der entsprechende, tatsächliche
Aufwand zu entlohnen. Ich möchte jedoch in diesem Zusammenhang nicht verschweigen,
dass eine Pauschalentlohnung für Barauslagen – üblicherweise rund € 500,00 netto - von den
Insolvenzgerichten akzeptiert wird. Feststeht – wenn auch im Wesentlichen kein
„Erfolgshonorar“ bezahlt wird -, dass durch das IVEG doch auch der Leistungsgedanken –
wenn auch simplifiziert – in das Gesetz Eingang gefunden hat. Die Entlohnungsbemessung
nach § 82 Abs. 1 IO erfolgt auf Basis des Verwertungserlöses. Ein hoher Verwertungserlös
dient nicht nur der Gemeinschaft der Gläubiger, sondern auch dem Gemeinschuldner
(Sanierungsplan) und ist daher doch ein gutes „Erfolgskriterium“. Für das Zustandekommen
des Sanierungsplans wiederum – ich verweise auf die Ausführungen weiter oben – hängt dies
nicht primär von den Leistungen des Insolvenzverwalters ab.
Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass oft erst ein guter Verwertungserlös die
Möglichkeit für den Gemeinschuldner mit sich bringt, an der Mindestmarke von 20% für den
Sanierungsplan zu „kratzen“.
Letztlich ist oft eine solide Insolvenzverwalterleistung gekoppelt mit einem „Sonderelement –
Gläubigerbetreuung“ ausschlaggebend dafür, dass ein Sanierungsplan zustande kommt.
Von diesen Leistungen ausgenommen sind – hier gibt es ja eigene „Baukästen“ - jedenfalls
die Verwertung von Sondermassen und der Unternehmensfortbetrieb.
Obwohl die Regelentlohnung für eine Vielzahl von Leistungen gebührt, ist die
Bemessungsgrundlage lediglich der „Verwertungserlös“.
5.) Bemessungsgrundlage
Die Bemessungsgrundlage für die Regelentlohnung nach § 82 Abs. 1 findet sich in § 82 Abs.
2 IO. Sie definiert sich als der bei der Verwertung erzielte Bruttoerlös, um dessen
Einbringlichmachung der Insolvenzverwalter sich verdient gemacht hat. Soweit eine
Sondermasse verwertet wurde, ist die Hyperocha, welche der Masse zufließt,
miteinzubeziehen. Von dieser Summe wiederum sind Beträge abzuziehen, die aus der Masse
an den Insolvenzverwalter oder Dritte geleistet wurden; dies ergibt sich aus § 81 Abs. 4 IO.
Es stellt sich nun die Frage, was man unter dem Terminus „verdient gemacht“, also der
Verdienstlichkeit, der für die Bemessungsgrundlage ausschlaggebend ist, versteht. Mit dem
Verwertungserlös wird all das abgegolten, was zur „normalen Tätigkeit des
Insolvenzverwalters“ (wie oben definiert) zu verstehen ist.
Wenn man also im Zuge dieser Insolvenzverwaltertätigkeit Einkünfte lukriert hat, dann sind
sie auch als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Umsätze bei einer
Unternehmensfortführung gehören also nicht zu derartigen „Verwertungserlösen“.
Wichtig ist also, dass man hinsichtlich jedes einzelnen Einganges feststellt, ob sie vom
Tätigkeitsbereich umfasst war.
Klarerweise ist zum Beispiel einer Verwertungserlös gegeben, wenn der Schuldner ein
derartiges Sparbuch vorerst verheimlicht hat.
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Selbstverständlich gibt es einen derartigen Verwertungserlös, wenn an einem derartigen
Sparbuch zuvor ein Pfandrecht behauptet wurde und man kann diese Behauptung entkräften.
Keinerlei Leistungen hat der Insolvenzverwalter hinsichtlich des Kostenvorschusses, der bei
Gericht erliegt, erbracht. Diese Zahlung zählt ebenso wenig zur Bemessungsgrundlage, wie
Transferbuchungen über mehrere Konten.
Sehr wohl aber - § 114 Abs. 1 Z 2 IO stellt auf eine sichere, bestmögliche und
fruchtbringende Veranlagung der Massegelder ab – gehören Zinserträgnisse zur
Bemessungsgrundlage.
Was ist nun unter Zahlungen an den Insolvenzverwalter oder an Dritte zu verstehen, die von
der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen sind?
Beispielsweise ist hier an den Kostenersatz, den der Insolvenzverwalter für die anwaltliche
Vertretung bei der Einbringlichmachung bei der Forderung erhält, zu denken.
Unter Zahlungen an Dritte sind jene Zahlungen zu verstehen, welche dritte Personen erhalten,
weil sie Tätigkeiten erfüllen, obwohl sie eigentlich von den Insolvenzverwalterpflichten
umfasst sind.
Nicht abzuziehen sind des Weiteren auch die Kosten für den Rechtsanwalt der
prozessierenden Masse im Passivprozess.
SV-Kosten sind abzuziehen, soferne der Sachverständige Tätigkeiten erbringt, welche der
Insolvenzverwalter zu erfüllen hat. Wenn das Gericht den Auftrag erteilt, gewisse Prüfungen
durchzuführen, müssen diese nicht abgezogen werden.
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6. Tarif für die Regelentlohnung nach § 82 IO:
Von dem darüber hinausgehenden Betrag 1%. Daneben existiert noch eine
Mindestentlohnung € 3.000,00 zuzüglich Ust. und Barauslagen.
Bei der Annahme eins Sanierungsplans beträgt die Regelentlohnung des Insolvenzverwalters
von den ersten € 50.000,00 des zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger erforderlichen
Betrages 4%,
von einem Mehrbetrag bis zu € 500.000,00 3%,
von einem Mehrbetrag bis zu € 1.500.000,00 2%,
von dem darüber hinaus gehenden Betrag 1%,
mindestens jedoch € 2.000,00.
Sofern Erlöse erzielt wurden, welche zu einer Regelentlohnung nach § 82 führen, gebührt
dem Insolvenzverwalter kumulativ auch diese Entlohnung. Die Mindestentlohnung nach § 82
Abs. 1 steht dem Insolvenzverwalter jedoch nicht zu.
Beachtlich ist, dass nicht die angemeldeten Insolvenzforderungen bei der Ermittlung der
Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind, sondern alle Insolvenzforderungen. Auch
Insolvenzforderungen, für die eine Rückstehungserklärung abgegeben wurde, sind zu
berücksichtigen, soferne nicht ein endgültiger Verzicht vorliegt.
Wie für den Sanierungsplan erhält der Insolvenzverwalter auch eine Zusatzentlohnung nach §
82 a IO, sofern ein Zahlungsplan angenommen wird.
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Wenn also eine Bank beispielsweise mit € 1.000.000,00 auf einer Liegenschaft – welche nicht
verwertet wird – sichergestellt ist, sich die Gesamtverbindlichkeiten jedoch auf € 3000.000,00
belaufen, so sind € 2.000.000,00 für die Bemessungsgrundlage von Relevanz.
Die Erhöhung der Entlohnung kann nur auf Antrag des Insolvenzverwalters geschehen. Die
Verminderung der Entlohnung geschieht (notfalls) von Amts wegen.
Seine Tätigkeit muss einen besonderen Aufwand mit sich gebracht haben oder einen
besonderen Erfolg nach sich ziehen.
Es ist immer auf ein normales Insolvenzverfahren abzustellen und ist dieses mit der Tätigkeit
im besonderen Fall zu vergleichen.
Die Größe des Verfahrens selbst stellt beispielsweise noch keinen Erhöhungsgrund dar.
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Abzustellen ist weiters darauf, ob bestimmte Tätigkeiten des Insolvenzverwalters, die zu den
Üblichen im Sinnen des § 81 a IO zählen, unüblich oft vorkommen. Es ist gleichgültig, ob es
sich hiebei um einen Großkonkurs oder um einen kleinen Konkurs handelt.
Abzustellen ist jedenfalls auf die Schwierigkeit des Verfahrens, wobei sowohl tatsächliche als
auch rechtliche Probleme zu berücksichtigen sind.
Hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse ist nicht nur auf die Anzahl der Dienstnehmer
abzustellen. Vielmehr muss auch auf den Aufwand abgestellt werden, den der
Insolvenzverwalter mit dem Dienstnehmer hat. Wenn überhaupt keine Lohnunterlagen zur
Verfügung stehen und die Abrechnung der Dienstnehmer nicht nach einem Schema
funktioniert, können 3 Dienstnehmer mehr Aufwand machen, als 100 Dienstnehmer, die
einem ordnungsgemäßen System eingegliedert sind.
Der Aufwand bei der Prüfung von Aus- und Absonderungsrechten ist üblicherweise
Normalaufwand; dies gehört zu den Insolvenzverwalterpflichten. Erst wenn die
Angelegenheit besonders schwierig und zeitaufwendig wird (beispielsweise fehlen die
Urkunden und die Mitwirkung durch den Gemeinschuldner) ist hier ein Aufwand möglich.
Ein besonderer Erfolg für die Insolvenzgläubiger ist in zweierlei Ebenen denkbar. Einerseits
kann es sich um eine besonders erfolgreiche Verwertung handeln. Diese ist immer dann
gegeben, wenn Erlöse erzielt werden, mit denen eigentlich nicht zu rechnen war. Erlöse weit
über den Schätzwert sind beispielsweise denkbar. Zahlungen an die Masse, obwohl
anfechtungsfeste Vorrechte vorhanden sind, sind ein besonderer Erfolg.
Beim Sanierungsplan ist ein besonderer Erfolg dann gegeben, wenn eine überdurchschnittlich
hohe Quote, mit der nicht zu rechnen war, erzielt wird.
Weil es für sämtliche Insolvenzgläubiger günstig ist, müsste auch eine rasche
Verfahrensabwicklung eine Erhöhung mit sich bringen. Dies vermindert die Kosten und
bringt einen Zinsvorteil.
Die Regelentlohnung kann vermindert werden, wenn das Verfahren einfach ist. Wiederum ist
darauf hinzuweisen, dass die Bemessungsgrundlage – nur weil sie gering ist – nicht die
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Einfachheit des Verfahrens indiziert. Eine geringfügige Insolvenz muss nicht automatisch
einfach sein.
Wenn das Verfahren aber unkompliziert ist, weil günstige Bedingungen vorliegen, oder
teilweise Tätigkeiten entfallen können, kann es zu einer Verminderung der Regelentlohnung
kommen.
Auch die im Gesetz erwähnte geringe Anzahl der Dienstnehmer ist nicht prinzipiell schon ein
Verminderungsgrund. Eigentlich ist es üblich, dass in der Insolvenz nicht viele Dienstnehmer
vorhanden sind. Der Schnitt liegt bei 10 Mann/Frau.
Eine Verringerung des Honorars wird auch denkbar sein, wenn besondere Verwalter zu
bestellen sind, die einen Teil der Insolvenzverwaltertätigkeit erbringen.
Das Insolvenzgericht muss sich hier einerseits ein Bild von einem „Regelkonkurs“ machen.
Andererseits muss es sich auch Klarheit darüber verschaffen, wie groß nun im besonderen
Fall der Mehr- oder Minderaufwand war.
Letztlich wird der Insolvenzrichter - § 252 IO verweist auf ZPO und JN, obwohl der Konkurs
eigentlich ein Außerstreitverfahren ist – gemäß § 273 ZPO die Mäßigung oder Erhöhung
durchzuführen haben.
10. Sondermassekosten:
Für die besondere Verwaltung, Verwertung und Verteilung einer Sondermasse gebührt dem
Insolvenzverwalter eine besondere Entlohnung. Sie beträgt in der Regel
• bei gerichtlicher Veräußerung von den ersten € 250.000,00 des bei der Verwertung
der Sondermasse erzielten, nicht in die gemeinschaftliche Konkursmasse fließenden
Erlöses 3%, von dem Mehrbetrag bis zu € 1.000.000,00 2% und von dem darüber
hinausgehenden Betrag 1%,
• bei anderer Verwertungsart bei den ersten € 250.000,00 des bei der Verwertung der
Sondermasse erzielten, nicht in die gemeinschaftliche Konkursmasse fliesenden Erlös
10
4%, von dem Mehrbetrag bis € 1.000.000,00 2,75% und von den darüber
hinausgehenden Betrag 1,5%. Die §§ 82 b und 82 c gelten sinngemäß.
Auch hier gilt als Grundvoraussetzung für die Entlohnung eine Tätigkeit des
Insolvenzverwalters. Das OLG Linz hat entschieden, dass ein Insolvenzverwalter, der
bloß den Wert einer Sondermasse sowie Titel, Modus und Anfechtbarkeit des daran
begründeten Absonderungsrechts prüft, den Absonderungsgläubiger schriftlich zur
Verwertung auffordert und im Zug der Verwertung mit diesem noch mehrfach
schriftlichen Kontakt aufgenommen hat, keine Zusatzentlohnung erhält.
Bemessungsgrundlage für die Sondermassekosten ist jener Verwertungserlös, der nicht in die
gemeinschaftliche Konkursmasse fließt, sondern einem Absonderungsgläubiger zukommt. Die
Hyperocha, die in die Konkursmasse fließt, bildet einen Teil der Bemessungsgrundlage nach
§ 82 Abs. 1 IO.
Die Sondermassekosten werden gerichtlich analog nach § 125 Abs. 2 IO mit einem
Pauschalbetrag festgesetzt. Neben den Sondermassekosten steht natürlich die USt und auch
Barauslagen zu.
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Vorfrage bei der Bemessung ist die Verdienstlichkeit; also die Frage, ob der
Insolvenzverwalter Leistungen erbracht hat.
Sollte ein Zweifel entstanden sein, muss der Insolvenzverwalter sich um die Entscheidung des
Insolvenzgerichtes kümmern (das Exekutionsgericht hat dem IV eine Frist zu setzen und
innerhalb dieser den entsprechenden Antrag beim Insolvenzgericht zu stellen hat).
11. Unternehmensfortführung:
Für die Unternehmensfortführung gibt es eine besondere Entlohnung. Diese greift aber erst ab
dem Zeitpunkt, ab dem der Insolvenzverwalter einen Kostenvoranschlag bei Gericht
eingebracht hat. Dieser Kostenvoranschlag muss spätestens in der Berichtstagsatzung gelegt
werden. Wenn bis dahin kein Kostenvoranschlag gelegt wird, gibt es auch keine
Unternehmensfortführungsentlohnung.
Die tatsächliche Entlohnung für die Unternehmensfortführung muss in weiterer Folge aber
nicht dem Kostenvoranschlag entsprechen. Sie kann – so auch der Aufwand geringer war –
jedenfalls geringer sein.
Eine Überschreitung des Kostenvoranschlages ist nur mit maximal 15% zulässig.
12
Die Belohnung ist wiederum in 2 Teile zu untergliedern, 30% der Belohnung ist nach Köpfen
aufzuteilen, 70% nach der Anzahl der von den jeweils bevorrechteten
schutzverbandvertretenden Gläubigern. Aus dem zweiten 70%-Topf, erhält die ISA nichts.
Die gerichtliche Pauschalgebühr beträgt 15% der Insolvenzverwalternettokosten gemäß §§ 82
bis 82 c IO, mindestens jedoch € 364,00.
13
Seite 1
Grundlagen
des
Kostenersatzes
im
Zivilprozess
© Konstantin Pochmarski
Seite 2
EINLEITUNG ............................................................................................................... 5
I. GRUNDNORM DES KOSTENERSATZRECHTES - § 41 ZPO ............................................ 6
1. ANWENDBARKEIT DES § 41 ZPO: ............................................................................ 6
2. § 41 ZPO ODER § 43 ZPO: .................................................................................... 7
a) Nebengebühren: ............................................................................................... 7
b) Eventualbegehren: ........................................................................................... 8
c) Zug-um-Zug-Leistung: ...................................................................................... 9
d) Kopfhaftung statt Solidarschuld ...................................................................... 10
f.) Beschränkung der Haftung bei Feststellungsbegehren .................................. 10
3.EINZELFÄLLE DER (NICHT-)ANWENDUNG DES § 41: .................................................. 10
a) Zahlung vor Klagseinbringung: .................................................................. 10
b) Fälle, in denen der Anspruch während des Prozesses berechtigt wird: ..... 11
4. „ZWECKENTSPRECHUNG“ UND „NOTWENDIGKEIT“ ................................................... 13
a) Definition: ....................................................................................................... 13
b) Einzelfälle: ...................................................................................................... 15
5.) KOSTEN DER PARTEI SELBST (§ 42 ZPO) ............................................................. 16
II. KOSTENTEILUNG - § 43 ZPO ............................................................................ 17
1. VERHÄLTNISMÄßIGE TEILUNG DER KOSTEN: ........................................................... 17
a.) Vertretungskosten: ........................................................................................ 17
b.) „Barauslagen iSd § 43 Abs 1 letzter Satz“ ..................................................... 19
2.KOSTENAUFHEBUNG: ............................................................................................. 20
3.PHASENBILDUNG ................................................................................................... 21
a) Grund für Streitwertänderungen: .................................................................... 21
b) Pauschalgebühren bei Verfahrensabschnitten: .............................................. 23
c) Sachverständigen- und Zeugengebühren:...................................................... 24
d) vorprozessuale Kosten: .................................................................................. 24
2. KOSTENERSATZ NACH § 43 ABS 2: ........................................................................ 25
a) Verhältnismäßig geringfügiges Unterliegen : .................................................. 25
b) Ausmittlung durch Sachverständige, richterliches Ermessen, gegenseitige
Abrechnung: ....................................................................................................... 28
c) “Überklagung“: ................................................................................................ 33
d) Basis des Kostenersatzes: ............................................................................. 34
3. KOMBINIERTE ANWENDUNG VON § 43 ABS 1 UND ABS 2: ......................................... 36
a) Anspruchshäufung:......................................................................................... 36
b) Mitverschulden: .............................................................................................. 36
4.TEILZAHLUNGEN: ................................................................................................... 37
a) Gebot zur Annahme einer Teilzahlung? ......................................................... 37
b.) Wirkung der Annahme von Teilzahlungen: .................................................... 39
III.) § 45 ZPO – VOLLER KOSTENERSATZ ........................................................... 41
Ad 1.) „Keine Veranlassung zur Klage“:.............................................................. 41
Ad 2.) „bei erster Gelegenheit“ ........................................................................... 43
Ad 3.) „Anerkennt“: ............................................................................................. 43
IV. PERSONENMEHRHEITEN ................................................................................ 45
1.) VERBINDUNG VON VERFAHREN:............................................................................ 45
2.) § 46 ABS 1 - NICHT SOLIDARISCH HAFTENDE PERSONEN:........................................ 46
3.) SOLIDARISCH HAFTENDE PARTEIEN: ...................................................................... 51
4.) GÄNZLICHES UNTERLIEGEN DES KLÄGERS GEGENÜBER EINEM SOLIDARSCHULDNER: 51
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Einleitung
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„Kostenstrafe“ gem § 44 ZPO, wenn der Beklagte die erfolgreiche Einrede schuldhaft verspätet
erhebt; vgl Obermaier, a.a.O., Rz 249.
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Seite 7
a) Nebengebühren15:
Werden Zinsen eingeklagt16, handelt es sich dabei um sog. Nebengebühren
nach § 54 JN, welche für die Höhe des Streitwertes (und damit für die
tarifabhängigen Kosten nach RATG und GGG) nicht relevant sind, da sich dieser
nach dem eingeklagten Kapital richtet.
Daraus leitet ein Teil der Judikatur ab, dass bei vollständigem Obsiegen mit
dem eingeklagten Kapital, aber teilweisem Unterliegen mit dem Zinsenbegehren, der
Wien 4.6.2004, 3 R 10/04v (3 R 11/04s); LGZ Wien 36 R 131/19k = WR 1249; ebenso M.Bydlinski,
Kostenersatz, 183 mit tw. ggt Nw aus der L und Rsp des OLG Linz; M.Bydlinski in Fasching/Konecny,
ZPO II/13, Rz 48 zu § 41; Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 106; etwas anderes kann gelten, wenn die
Gegenforderung erst im Laufe des Verfahrens (materiell) entsteht; vgl OGH 17.2.2006, 10 Ob
103/05b.
13 ) zu den Ausnahmen des Erfolgshaftungsprinzips s.u.
14 ) zum Umfang des Ersatzes (arg.: „zweckentsprechend/notwendig“), s.u.
15 ) allgemein M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO, II/13, Rz 38 zu § 41.
16 ) Bei der Entscheidung über Zinsen handelt es sich um einen Anwendungsfall des § 273 Abs 2
© Konstantin Pochmarski
Seite 8
Kläger dennoch nach § 41 ZPO Anspruch auf Ersatz seiner gesamten Kosten hat17,
mag auch das abgewiesene Zinsenmehrbegehren im Verhältnis zum obsiegten
Kapital „erheblich“ gewesen sein, was bei den standardmäßig in Mahnklagen geltend
gemachten 12% - 18% Zinsen, welche sich bei Bestreitung durch den Beklagten
üblicherweise „in Luft auflösen“, nicht selten vorkommt.
Eine andere Judikaturlinie wendet bei Unterliegen mit einem „erheblichen18“
Teil des Zinsenbegehrens nicht § 41 (oder § 43 Abs 2 ZPO 19), sondern § 43 Abs 1
ZPO an20 und kommt somit zu Kostenteilung. Dies im Wesentlichen mit der
Begründung, dass zwar nach § 54 JN für die Zuständigkeit die Nebengebühren
(Zinsen) außer Betracht zu bleiben haben, nicht aber für die Frage der beiderseitigen
Obsiegensquoten21.
Relevanz hat diese Frage, da die Mahn- und Inkassospesen iSd § 1333 ABGB
als „Nebenforderung“ geltend zu machen sind und ob daher eine Abweisung dieser
Forderung Kostenfolgen hat (dazu unten).
b) Eventualbegehren:
Wird das Hauptbegehren abgewiesen, und lediglich dem Eventualbegehren
stattgegeben, soll nach einem Teil der älteren höchstgerichtlichen22 und
rekursgerichtlichen23 Judikatur der Kläger nach § 41 Anspruch auf vollen
Kostenersatz haben, wenn beide Begehren auf „dieselbe materiell-rechtliche
Grundlage“ gestellt wurden.
Eine andere (jüngere) Judikaturlinie des OGH24 wendet bei Obsiegen bloß mit
dem Eventualbegehren § 43 an25, sodass es unter den Voraussetzungen des § 43
17 ) z.B. OGH 29.10.2013, 3 Ob 123/13d; OLG Innsbruck 11.6. 1999, 4 R 112/99y; LG St. Pölten 26.6.
1998, 36 R 18/98k (anders offenkundig schon zu 5.9. 2002, 36 R 281/02w); HG Wien 3.2. 1998, 1 R
206/97h = Ris-Justiz RW000026; erkennbar OGH 16.6.2004, 7 Ob 113/04z; OGH 30.8.2006, 7 Ob
49/06s (§ 41 ZPO, trotz Abweisung eines Zinsenbegehrens); zust. Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz
106.
18 ) die Grenze zwischen § 43 Abs 1 und Abs 2 rücksichtlich der Zinsen wird in der E OLG Wien 25.8.
Betrachtung der abgewiesenen Zinsen –nur mehr mit 57% seines Anspruches durchgedrungen; OGH
26.1. 1982, 5 Ob 677/81 = Ris-Justiz RS0035996; nunmehr offenkundig auch LG St. Pölten 5.9. 2002,
36 R 281/02w.
21 ) Ebenso M.Bydlinski, Kostenersatz, 181.
22 ) OGH Ris-Justiz RS0109703.
23 ) OLG Wien 11.2. 1988, 3 R 226/97 = ÖJZ 1990/9 = WR 372.
24 ) zustimmend M.Bydlinski in Fasching/Konecny ZPO II/13, Rz 49 zu § 41, ebenso Obermaier,
Kostenhandbuch2, Rz Rz 117.
© Konstantin Pochmarski
Seite 9
Abs 226 auch zu vollem Kostenersatz kommen kann, wenn der Verfahrensaufwand
für die Prüfung des Hauptbegehrens auch für die Entscheidung über das
Eventualbegehren verwertbar war, die materiell-rechtliche Grundlage ident war und
mit dem Eventualbegehren annähernd der gleich wirtschaftliche Erfolg wie bei
Stattgebung des Hauptbegehrens erreicht wurde27.
c) Zug-um-Zug-Leistung:
Ähnliches gilt auch in jenen Fällen, in den der Kläger ein unbedingtes
Klagebegehren stellt, das Gericht aber (als zulässiges „minus“ 33) bloß eine Zug-um-
25 ) z.B. OGH 31.8. 1994, 8 ObA 204/94; 18.10.2000, 9 ObA 193/00y; OGH 24.1.2011, 5 Ob 184/10k;
LG Wels 3.4.2003, 21 R 96/03x = EFSlg 105.606; OLG Linz 26.11.2001, 2 R 194/01i = EFSlg 98.053;
ebenso LGZ Wien 19.9. 1996, 40 R 499/96v = MietSlg 48.490, welche E – konsequent – aufgrund der
verschiedenen anspruchsbegründenden Sachverhalte für die beiden Begehren, gem § 43 Abs 1 ZPO
Kostenaufhebung eintreten lässt.
26 ) „geringfügiger Aufwand“
27 ) OGH 16.9. 1998, 3 Ob 84/97t = Ris-Justiz RS0110839; OGH 28.10. 2000, 9 ObA 193/00y = Ris-
RW000176.
30 ) zur Frage der teilweisen Abweisung des Hauptbegehrens und inwieweit es dann zu einer Prüfung
© Konstantin Pochmarski
Seite 10
Zug-Verpflichtung des Beklagten ausspricht. Auch in diesen Fällen sind die Kosten
nach § 43 (Abs 1 oder 2) zur Gänze oder anteilig zuzusprechen34.
34 ) OGH 14.11. 2000, 4 Ob 281/00b; 22.11. 1999, 7 Ob 260/99g; OLG Wien 22.3. 1996, 6 R 562/95 ;
LGZ Wien 13.9. 1990, 41 R 622/90 = WR 455; HG Wien 11.12.2001, 1 R 384/01v (nv); M.Bydlinski in
Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 49 zu § 41, ebenso Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 118.
35 ) OGH 24.9.1998, 6 Ob 193/98w.
36 ) OGH 10.8.2006, 2 Ob 67/06a.
37 ) OGH 18.12.2009, 2 Ob 189/09x; 24.4.2003, 2 Ob 70/01k; 29.11.2001, 2 Ob 77/01i, Obermaier,
Kostenhandbuch2, Rz 116.
38 ) OGH 29.7.2015, 9 Ob 22/15y.
© Konstantin Pochmarski
Seite 11
Hier ist nunmehr auf die gesetzliche Regelung des § 907a ABGB
hinzuweisen, wonach bei Banküberweisungen es für die Rechtzeitigkeit auf das
Einlangen am Konto des Gläubigers ankommt.
Damit sind die früher notwendigen Erörterungen, ob es bei fälliger
Schuld auf den Zeitpunkt des Einlangens des überwiesenen Betrages bei der Bank
des Gläubigers39 oder nach einer Judikaturlinie auf das Datum der Erteilung des
Überweisungsauftrages40 ankomme überholt.
Jedenfalls kostenfällig wird der Kläger, wenn das Geld schon vor
Klagseinbringung auf seinem Konto war, mag er (bzw. sein Vertreter) davon bei
Überreichung der Klage keine Kenntnis gehabt haben41.
Im Übrigen ist zur Frage der Erfüllung durch eine Postanweisung auf die Rsp
hinzuweisen, dass der Schuldner allfällige Gebühren von Geldzahlungen zu tragen
hat und dem Gläubiger die ungeschmälerte Schuld ausbezahlt werden muss42.
39 ) LG Innsbruck 6.6. 1986, 3a R 283/86 = AnwBl 1987/2686 [Grill] ; OLG Wien 17.2.2005, 10 Ra
166/04m =ARD 5603/4/2005.
40 ) OLG Wien 7.6. 1973, 4 R 80/73 = AnwBl 1973, 291.
41 ) LGZ Wien 18.12. 1989, 45 R 777/89 = WR 429; LG Linz 26.9.2001, 14 R 217/06g = EFSlg 98.071.
42 ) OGH Ris-Justiz RS0017723.
43 ) zu den diesbezüglichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 45 ZPO, s.u.
44 Ausführlich Katharina Schmid, Falle: Ablehnung eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs, ÖBl
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In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob derjenige der zwar im Urteil aufgrund
der Sachlage zum entscheidenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen
Streitverhandlung I.Instanz47 zur Gänze obsiegt, vollen Kostenersatz nach § 41 ZPO
beanspruchen kann, oder ob die zeitweise (Nicht-)Berechtigung des Klagebegehrens
bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen ist.
Nach einem Teil der L48 und der überwiegenden Rsp49 hat der im Bsp1
beklagte Werkbesteller, wenn er nicht rechtzeitig anerkennt (und allenfalls sogar
erfüllt50) und deshalb im Urteil zur Zahlung verpflichtet wird, die Kosten des
gesamten Verfahrens (auch solange seine Leistungsverweigerung berechtigt war)
zu ersetzen51.
In der E OGH 13.4. 1983, 1 Ob 817/82 = Ris-Justiz RS0036180 wurde zwar
die prinzipielle Notwendigkeit des sofortigen Anerkenntnisses bei Fälligwerden der
Klagsforderung während des Prozesses bejaht. Offenkundig wurde aber mit dem
Korrektiv der Zweckentsprechung/Notwendigkeit dem Kläger für die vor Fälligkeit
vorgenommenen Prozesshandlungen kein Kostenersatz zugesprochen.
M.Bydlinski52 tritt hingegen für eine Teilung der Kosten nach den §§ 41,45
ZPO entsprechend der (mangelnden) Veranlassung ein.
Für den umgekehrten Fall, dass der Anspruch während des Prozesses
erfüllt wird, aber der Kläger nicht sofort (aber noch vor Schluss der mündlichen
Streitverhandlung) auf Kosten einschränkt, judiziert auch das OLG Wien
45 ) vgl zum Beispiel OLG Graz 18.5. 1984, 1 R 65/84 = AnwBl 1984/2050.
46 ) zur Wiederholungsgefahr als Voraussetzung für Unterlassungsklagen, vgl OGH Ris-Justiz
RS0080143, RS0037530, RS0037587 uva, vgl auch OLG Wien 25.07.2012, 1 R 114/12k = MR
2013,29 [Zanger].
47 ) als „zeitliche Grenze der materiellen Rechtskraft“ eines Urteiles; vgl dazu Rechberger in
262.
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differenzierend53, wenn der Kläger zwar zu spät, aber noch vor Schluss der
mündlichen Streitverhandlung I.Instanz einschränkt54.
Eine weitere Norm, welche die Ersatzfähigkeit von Kosten im Sinne der
Überprüfung der Notwendigkeit einschränkt, ist § 22 RATG, wonach Schriftsätze nur
dann gesondert zu entlohnen sind, wenn sie mit anderen Schriftsätzen nicht
53 ) die Begründung scheint wenig überzeugend, wird doch zuerst ausführlich das Prinzip der
Erfolgshaftung referiert, um dann erst davon abgehend Verfahrensabschnitte zu bilden.
54 ) OLG Wien 4.6.2004, 3 R 10/04v (3 R 11/04s), M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 18
zu § 45.
55 ) Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 3 zu § 45.
56 ) e.g. durch Veräußerung der mangelhaften Sache, Ris-Justiz RS0019929.
57 ) und daher beispielsweise nur mehr ein Preisminderungsanspruch besteht.
58 ) Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 5 zu § 41 mwN; Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 205; OGH
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verbunden werden können, oder eben das Gericht ihre gesonderte Anbringung als
zweckentsprechend oder notwendig erkennt62.
Beispiel für die Prüfung der Notwendigkeit einer Prozesshandlung ist, dass ein
- zwar nach § 257 Abs 363 ZPO prinzipiell zulässiger – vorbereitender Schriftsatz
nicht gem § 41 notwendig ist, wenn das Vorbringen/Beweisanträge bereits64 in der
Klage/Klagebeantwortung erstattet hätte werden können, sodass der gesonderte
VSS nicht zu honorieren ist65.
problematisch – ein Schriftsatz als nicht notwendig nicht honoriert, wenn das Vorbringen in der
nächsten Verhandlung erstattet hätte werden können; OGH 25.5.2004, 4 Ob 36/04d; OGH 23.9.2004,
6 Ob 86/04x.
65 ) OLG Wien 30.10. 1986, 13 R 185/86 = REDOK 9680; 12.1. 2001, 12 R 228/00p = WR 880; 29.6.
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b) Einzelfälle:
Welche Prozesshandlungen in Einzelfällen als (nicht) notwendig oder
zweckentsprechend beurteilt wurden, finden sich im Anhang.
Eine bei einer aoRevision des Gegners vor Freistellung durch den OGH
eingebrachte Revisionsbeantwortung ist nicht zu honorieren78.
Umgekehrt kann der OGH bei einer bloß außerordentlichen Revision dem
Revisionsgegner zunächst die Revisionsbeantwortung freistellen und sodann
dennoch die Revision mangels Vorliegen einer Rechtsfrage erheblicher Bedeutung
zurückweisen, sodass es – sowohl um des Prozesserfolgs, als auch des
527 ZPO, da alle gemein haben, dass sie nur bei Vorliegen einer Rechtsfrage erheblicher Bedeutung
zulässig sind.
77 ) stRsp OGH Ris-Justiz RS0042392.
78 ) OGH Ris-Justiz RS0043690.
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Dieser Anspruch richtet sich nach dem GebAG80 und ist wie folgt aufzugliedern:
-unter der Voraussetzung, dass ein Verdienstentgang entsteht, kann die
Partei diesen in voller Höhe geltend machen, wenn sie diese Höhe bescheinigen81
kann.
-kann die Partei den tatsächlich entstandenen Verdienstentgang nicht in der
notwendigem Form bescheinigen, steht ihr – ohne Bescheinigung – der
pauschalierte Verdienstentgang82 nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG zu.
- Anreisekosten stehen der Partei in den Grenzen der §§ 6-16 GebAG zu;
Kosten für einen PKW nur, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels
nicht möglich oder zumutbar ist, oder dadurch keine höheren Kosten als nach dem
GebAG anfallen83.
Stellvertreters hinsichtlich der Vertretung an sich und der Dauer und dessen Kosten oder der
Verdienstentgang, der nicht später nachgeholt werden kann.
82 ) dzt. € 14,20,-/Stunde.
83 ) § 9 GebAG; vgl Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 103; LG Eisenstadt 31.8.2007, 37 R 104/07d =
RIS-Justiz RES0000138.
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a.) Vertretungskosten:
Praktisch ist für das Verfahren anhand der Prozentsätze87 die jeweilige
Erfolgsquote88 zu errechnen. Diese ergibt sich im Vergleich zwischen dem
insgesamt eingeklagten Kapitalsbetrag89 und dem jeweils ersiegten/abgewiesenen
Betrag.
Ausgehend von der Erfolgsquote ergibt sich durch Subtraktion der niedrigeren
von der höheren Erfolgsquote die Ersatzquote90.
§ 40ff; vgl OGH 12.1. 1999, 5 Ob 334/98y in welcher E dieser Gedanke auch anklingt.
87 ) wobei auch runde Bruchzahlen reichen, so OGH Ris-Justiz RS0035809, OLG Wien 23.4. 1993,
15 R 63/93 = WR 606; LG St. Pölten 16.12. 1999, 36 R 368/99g = Ris-Justiz RP0000017 (um eine
„Scheingenauigkeit“ zu vermeiden).
88 ) „Quotenkompensation“; früher wurde auch das Prinzip der Kostenkompensation vertreten; vgl
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Die Ersatzquote ergibt sich nun durch Subtraktion der niedrigeren Erfolgsquote von
40% von der höheren von 60% (60 – 40 = 20): Als Ergebnis sind dem hier überwiegend
obsiegenden Kläger vom Beklagten 20% der Prozesskosten zu ersetzen.
Die Erfolgsquoten berechnen sich als Anteil vom Streitwert, wenn dieser in
Geld besteht. Besteht der Streitwert nicht in Geld (etwa bei einem einheitlich
erhobenen96 Unterlassungsbegehren, dem teilweise stattgegeben wird und das
teilweise abgewiesen wird97), so hat das Gericht nach freiem Ermessen unter
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Ansprüche98 das Verhältnis
OLG Wien 31.3. 1998, 15 R 16/98b zeigt; zur Geltung des Vereinfachungsprinzips auch OLG Graz
6.10.2005, 2 R 139/05m = Ris-Justiz RG0000042.
94 ) dies ist vA von Relevanz, wenn nur eine Partei (wirksam) Kosten verzeichnet, in welchen Fällen es
einzeln zu bewerten.
97 ) OGH 26.3. 1997, 3 Ob 114/97d, in welchem Fall der OGH Kostenaufhebung eintreten lässt.
98 ) OGH 22.12.1998, 5 Ob 117/98m; 21.4.2004, 9 ObA 127/03x.
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Ob 124/02t mwN bzw. ist „im Zweifel“ von einer anteiligen Bewertung mehrerer nur insgesamt
bewerteter Begehren auszugehen; vgl OGH 16.2.2006, 6 Ob 245/04d.
101 ) LG Feldkirch 4.10.2006, 2 R 223/06v = Ris-Justiz RFE0000162.
102 ) Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 5 zu § 43; M.Bydlinski in Fasching/Konecny, a.a.O., Rz 6 zu § 43.
103 ) § 365 ZPO; vgl im Einzelnen Nowotny, Wer ist „Beweisführer“ in § 365 ZPO, RZ 2000, 26.
104 ) aufgrund der taxativen Aufzählung sind andere Barauslagen, wie etwa die Reisekosten gm § 42
ZPO, entsprechend den saldierten Quoten (!) zu ersetzen; vgl M.Bydlinski in Fasching/Konecny,
a.a.O, Rz 6 zu § 43.
105 ) ausdrücklich vorgerechnet in OGH 18.12. 1996, 3 Ob 2295/96p; 11.5. 2000, 8 Ob 192/99i; vgl
OGH Ris-Justiz RS0035877;ggt. M.Bydlinski, Kostenersatz, 233; die Meinung M.Bydlinskis ausdrückl.
abgelehnt zu OGH 7.9. 1994, 3 Ob 23/94.
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ohne USt) an die andere Partei, hat eine Saldierung der Brutto-Vertretungskosten mit
den Barauslagen zu erfolgen106.
Beispiel: Der Kläger trägt die Pauschalgebühr von € 500,-; der Beklagte erlegt einen
Kostenvorschuss von € 1.200,-, welcher auch verbraucht wird.
Ausgehend von den Erfolgsquoten von 60% und 40% für Kläger bzw. Beklagten, sind
dem Kläger 60% von € 500,-, somit € 300,- an Barauslagen zu ersetzen.
Dem Beklagten sind 40% von € 1.200,-, somit € 480,- zu ersetzen.
Die Saldierung ergibt somit, dass im Ergebnis der Beklagte € 480,- - € 300,- = € 180,-
vom Kläger erhält. Dies obwohl er die verhältnismäßig geringere Erfolgsquote von 40%
aufweist, aber eben mehr Barauslagen von € 1.200,- getragen hatte.
2.Kostenaufhebung:
Kostenaufhebung tritt ein, wenn sich Obsiegen/Unterliegen etwa gleich hoch
gegenüberstehen, wobei üblicherweise Verhältnisse zwischen 45 : 55 und 55 : 45
noch107 toleriert werden108.
Kommt es zur Kostenaufhebung, hat jede Partei ihre Vertretungskosten
selbst zu tragen.
Rücksichtlich der Barauslagen gem § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO, ist so
vorzugehen, dass jede Partei im Ergebnis die Hälfte zu tragen hat109: So ist bei
Kostenaufhebung dem Kläger vom Beklagten die halbe Pauschalgebühr zu
ersetzen110. Dies wird aus § 43 Abs 1 letzter Satz abgeleitet111.
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3.Phasenbildung
Kommt es zu Streitwertänderungen während des Verfahrens, so sind für die
Kostenentscheidung Phasen („Verfahrensabschnitte“) zu bilden, in welchen die
(hypothetischen) Prozesserfolge jeweils gesondert zu beurteilen sind115.
Der Erfolg im letzten Verfahrensabschnitt ist somit nicht entscheidend für den
Prozesskostenersatz früherer Verfahrensabschnitte, sondern es ist – wie oben
dargestellt – für jeden Verfahrensabschnitt gesondert die Erfolgs- und die
Ersatzquote zu berücksichtigen.
Sind die Erfolgsquoten in mehreren Abschnitten ähnlich, kann – in Anwendung
des Vereinfachungsprinzips - auch ein Durchschnittserfolg116 geschätzt werden117.
43.
116 ) Nicht zu verwechseln mit der älteren Rsp, die bei mehreren Verfahrensabschnitten für
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durchdringen wird können (oder sonst ohne weitere Begründung), so ist insoweit der
Kläger als unterliegend anzusehen119.
Hat der Kläger hingegen sein Begehren eingeschränkt, weil der Beklagte
einen Teil der Klagsforderung (aufgrund der Aussichtslosigkeit weiterer
Bestreitung120) zahlte, so ist insoweit der Beklagte als unterliegend anzusehen121.
Ebenso ist eine während des Prozesses zugunsten des Klägers erfolgte
Kaskoabwicklung nicht kostenschädlich122.
Beispiel: Mit der ursprünglichen Klage begehrt der Kläger einen Betrag von € 14.000,-
. Während des Verfahrens schränkt er sein Begehren – weil er dessen teilweise
Aussichtslosigkeit erkannte – um € 5.000,- auf € 9.000,- ein. Im Urteil werden ihm nun €
6.000,- zugesprochen und € 3.000,- abgewiesen.
In diesem Fall sind 2 Verfahrensabschnitte zu bilden: Der erste mit einem Streitwert
von € 14.000,- und der zweite mit einem Streitwert von € 9.000,-.
Für den zweiten Verfahrensabschnitt (Streitwert: € 9.000,-) sind die Erfolgs- und
Ersatzquoten wie üblich zu berechnen: Der Kläger obsiegte mit 66,66% (=2/3), der Beklagte
obsiegte mit 33,33% (=1/3), sodass der Beklagte dem Kläger (2/3 – 1/3=) 1/3 von dessen
Vertretungskosten zu ersetzen hat.
Für den ersten Verfahrensabschnitt (Streitwert: € 14.000,-) erfolgt die Berechnung
wie folgt: Im Endurteil hat der Kläger mit € 6.000,- gewonnnen, der Beklagte mit € 3.000,-.
Zusätzlich gilt der Kläger aufgrund seiner (ohne prozessuale Begründung erfolgten)
Einschränkung von € 5.000,- als unterlegen und der Beklagte als siegreich. Insgesamt ist in
diesem Verfahrensabschnitt der Beklagte somit mit € 3.000,- + € 5.000,- = € 8.000,-
erfolgreich; der Kläger hingegen ist (aufgrund des Endurteils) mit € 6.000,- erfolgreich.
Die Erfolgsquote des Beklagten beträgt somit ~57% (€ 8.000,- / 140); jene des
Klägers hingegen ~43%.
Die Ersatzquote zugunsten des Beklagten beträgt somit (57% - 43%=) 14% von den
Vertretungskosten, welche der Kläger dem Beklagten für diesen Verfahrensabschnitt zu
ersetzen hat.
119 ) OLG Wien 29.1.2004, 7 Ra 2/04x = RW0000129; OLG Graz 11.8.2006, 3 R 98/06x
(Einschränkung aus „prozessualer Vorsicht“).
120 ) ein in diesem Zusammenhang vorderhand nicht interessierender Sonderfall ist der oben
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letzten VA, in welchem der Teilanspruch geltend gemacht wurde, auf die zuvor
liegenden Verfahrensabschnitte durchschlagen123.
Für den Zeitpunkt des Eintrittes der Streitwertänderung wird auf § 12 Abs 3
RATG hingewiesen, wonach bei Änderungen mittels Schriftsatz124 der geänderte
Streitwert schon für diesen Schriftsatz gilt und bei Änderungen während der
mündlichen Streitverhandlung diese auf den Anfang der Stunde zurückwirken.
Kommt es jedoch durch ein sofortiges Anerkenntnis zu einer Reduktion des
Streitwertes, ist dies für die Verhandlung, in der das Anerkenntnis erfolgt, nicht zu
berücksichtigen, da die Tagsatzung dann ohnehin nicht nach TP3A, sondern nur
nach TP2 zu honorieren ist125.
Während ein Teil der älteren Judikatur für die Ermittlung der Erfolgsquote vom
durchschnittlichen Prozesserfolg ausging126, schien eine Zeit durch den Obersten
Gerichtshof und dem überwiegenden Teil der Jud127 judiziert zu werden, dass die
Pauschalgebühren dem ersten Verfahrensabschnitt zuzuordnen sind, sodass
deren Ersatz von den Erfolgsquoten im ersten Verfahrensabschnitt abhängig ist 128.
Dies ist in letzter Zeit wieder strittig129.
OGH 20.4.1989, 7 Ob 707/88 vS = Ris-Justiz RS0034759; zur Klagseinschränkung vgl OLG Innsbruck
23.7.2003, 1 R 143/03v.
125 ) LG Wels 4.3.2009, 22 R 38/09h = RIS-Justiz RW0000025 mwN.
126 ) vgl die Nachw bei Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 8 zu § 43, so auch noch OGH 12.12. 1996, 2
Ob 2423/96d für Pauschalgebühren und vorproz. Kosten; OLG Wien 25.3. 1993, 15 R 224/92 = ZVR
1994/21.
127 ) ausführlich zur Judikaturwende und zum Schicksal von Klagsausdehnungen OLG Wien 31.3.
2295/96p; 28.6. 1999, 3 Ob 26/98i; 30.9. 1996, 6 Ob 2072/96s; 10.10. 1991, 7 Ob 27/91;
129 ) OGH 27.2.2007, 2 Ob 85/06y; OGH 26.7.2000, 7 Ob 161/00b; LG St.Pölten 11.1.2007, 21 R
436/06k.
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d) vorprozessuale Kosten:
23.5.2006, 5 R 19/06p, welche die Kosten des schriftlichen Gutachtens einem Abschnitt und jene der
nachfolgenden mündlichen Erörterung einem anderen Verfahrensabschnitt zuweist.
134 ) nicht bloß die üblicherweise darunter verstandenen Inkassospesen.
135 ) offenlassend noch OLG Wien 28.11. 1983, 12 R 175/83 = WR 31 mit Nachw auf die ältere Jud,
Beweissicherungsverfahrens.
138 ) ausführlich OGH 22.11. 1995, 1 Ob 41/94; 18.1.2007, 2 Ob 183/06k; 3.11. 1999, 9 Ob 78/99g,
Ris-Justiz RS0087614; OLG Wien 12.5. 1986, 16 R 111/86 = REDOK 14.563; OLG Graz 15.12. 1998,
2 R 217/98w; OLG Wien 23.12.2005, 13 R 188/05w = RW0000221; aA M.Bydlinski in
Fasching/Konecny, a.a.O, Rz 6 zu § 43, welcher unter der Voraussetzung irgendeines Zuspruches an
den Kläger auch bei einer Teilabweisung die Kosten der Privatbeteiligung zur Gänze (ohne
„Quotierung“) zusprechen will mit Nw aus der älteren Rsp.
139 ) e.g. wegen § 302 StGB.
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Der Kläger klagt € 10.000,- ein und bezahlt dafür eine Pauschalgebühr von € 551,-. Nach
einigen Prozesshandlungen dehnt er sein Begehren auf € 12.000,- aus. Nach der
Ausdehnung werden noch Zeugen einvernommen, für deren Gebühren dem Kläger € 900,-
und dem Beklagten € 600,-an Kosten erwachsen. Im Urteil werden dem Kläger € 8.000,-
zugesprochen.
Im I. VA (StW: € 10.000,-) beträgt die Erfolgsquote des Klägers 4/5, d.h. der Beklagte hat
ihm 4/5 der dem I. VA zuzurechnenden Pauschalgebühr, somit € 440,8,- zu ersetzen.
Im II. VA (StW: € 12.000,-) beträgt die Erfolgsquote des Klägers 2/3, d.h. der Kläger hat
Anspruch auf 2/3 = € 600,- der ihm in diesem VA anerlaufenen Barauslagen für
Zeugengebühren. Der Beklagte hat hingegen entsprechend seiner Erfolgsquote von 1/3
Anspruch auf € 200,- seiner Barauslagen.
Saldiert hat der Kläger für den II. VA somit Anspruch auf Ersatz von € 400,- Barauslagen
zu denen die € 440,8,- an anteiliger Pauschalgebühr hinzutreten, sodass der Kläger
insgesamt € 840,80,- Barauslagenersatz zugesprochen erhält.
140 ) OGH 22.11. 1995, 1 Ob 41/94; anders bei der Privatbeteiligung gegen den GF einer GmbH, im
nachfolgenden Arbeitsrechtsstreit gegen die GmbH OLG Wien 19.7. 1999, 8 Ra 158/99k = ARD
5070/25/99.
141 ) OGH 3.2.2005, 2 Ob 261/04b (unter ausdrücklicher Ablehnung, diese als „Nebenforderung“ zu
qualifizieren).
142 ) OGH 11.5. 2000, 8 Ob 192/99i.
143 ) OGH 11.5. 2000, 8 Ob 192/99i; OLG Wien 129 R 107/19g = WR 1248.
144 ) diese zweite Voraussetzung für die Anwendung des § 43 Abs 2 tritt in der Rsp stark in den
Hintergrund; vgl zur Kritik daran M.Bydlinski in Fasching/Konecny, a.a.O, Rz 17 zu § 43, welcher die
Kostenentscheidung nach § 43 Abs 1 vornehmen will, wenn der abgewiesene Teil einen Tarifsprung
verursachte, mag die Abweisung an sich auch „geringfügig“ sein, im Fall OGH 14.7.2005, 6 Ob80/05s
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Als ungefähre Grenze für „geringfügiges Unterliegen“ ist ein Wert von etwa
bis 10%145 anzunehmen, in welchem Umfang ein Unterliegen nicht schadet. So sah
die Rsp Werte von 7%146, 8%147, 9%148, 10%149, 11%150 im Einzelfall auch von
15%151 noch als geringfügig an, wobei diese Grenze nicht iS einer starren Größe,
sondern als Richtwert zu verstehen ist und dem Gericht bei seiner Entscheidung
Ermessen zukommt, das im Einzelfall eine Abweichung in jede Richtung
ermöglicht152.
Demgegenüber wurden Einschränkungen von 8%153 oder 13,5%154 nicht mehr
als geringfügig beurteilt, wenn dadurch auch ein Tarifsprung („besondere Kosten155“)
verursacht wurde. Ebenso wenig ist ein Unterliegen mit 13,8%156, 16%157, 20%158,
35%159, 38,5%160 als geringfügig zu betrachten, das OLG Graz betrachtet ein
Unterliegen mit 8% als nicht mehr geringfügig161.
nahm der OGH „besondere Kosten“ an und wendete daher bei einem Unterliegen von bloß 5% § 43
Abs 1 ZPO an.
145 ) e.g. OGH 19.5. 1999, 9 Ob 87/99f: 1,38% bzw. 5,61% Unterliegen im Berufungsverfahren
geringfügig.
146 ) OGH 8.8. 2002, 8 Ob 32/02t.
147 ) OLG Wien 7.7. 1986, 11 R 117/86 = REDOK 9620.
148 ) OGH 26.5. 1997, 2 Ob 216/97x.
149 ) OGH 17.10. 2001, 7 Ob 188/01z.
150 ) OGH 8.6. 2000, 2 Ob 157/00b für das Berufungsverfahren (gem §§, 50 43 Abs 2 ZPO).
151 ) OGH 12.1. 1999, 5 Ob 334/98y.
152 ) OLG Wien 15.7. 1998, 7 Ra 204/98s = Arb 11.759.
153 ) OGH 1.4.2009, 9 Ob 79/08w.
154 ) OGH 13.4. 1983, 1 Ob 817/82 = Ris-Justiz RS0035983.
155 ) offenkundig stellt auch OGH 23.2. 1994, 9 ObA 24/94 auf das Nichtvorliegen eines Tarifsprunges
ab.
156 ) OLG Wien 21.10. 1986, 15 R 100/86 = REDOK 14.585.
157 ) LGZ Wien 13.3. 1979, 42 R 137/79 = AnwBl 1979/1082; OGH 26.5. 1997, 2 Ob 216/97x.
158 ) OLG Wien 28.5. 1986, 18 R 73/86 = REDOK 14.493.
159 ) LGZ Wien 13.4. 1989, 44 R 1020/89 = EFSlg 60.762.
160 ) OGH 16.9. 1985, 1 Ob 659/85.
161 ) OLG Graz 23.5.2006, 5 R 19/06p (diese Jud wird als stRsp des OLG Graz bezeichnet).
162 ) LGZ Wien 8.10. 1997, 39 R 357/97g = MietSlg 49.607.
163 ) LGZ Wien 8.10. 1997, 39 R 357/97g = MietSlg 49.607; zu LGZ Wien 27.9. 2000, 39 R 164/00g =
MietSlg 52.710 wird ein „beträchtliches Obsiegen“ der Beklagten, welche die Solidarhaftung
abgewendet haben, angenommen, sodass der unterlegene Kläger nach § 43 Abs 1 ZPO tw.
unterliegt; zur Berechnung der Obsiegensquoten bei Annahme des § 43 Abs 1 ZPO, vgl OLG Graz
9.8.2004, 3 R 69/04y.
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kam164 oder wenn ein Ausspruch auf Solidarhaftung entgegen dem Ersturteil in das
Berufungsurteil aufgenommen wird165.
§ 43 Abs 2 1.Var. wird von der Rsp im Übrigen sowohl für den Kläger
angewendet, der nur mit (weniger als) 10% unterliegt, wie auch für den Beklagten,
der (mehr als) 90% abwehrt167.
Die Berechnung des Kostenersatzes hat aber – entgegen dem strengen
Gesetzeswortlaut168 - nicht auf dem vollen, sondern entsprechend der Ansätze des
geringeren (obsiegten bzw. abgewehrten) Betrages zu erfolgen169, was auch für die
tarifabhängigen Barauslagen Gerichtsgebühren) gilt170.
Nicht anzuwenden ist § 43 Abs 2 1.Var., wenn der Kläger „auf einer
minutiösen Berechnung“ nach § 43 Abs 1 beharrt171.
164 ) OLG Wien 22.3. 1996, 6 R 562/95 = Ris-Justiz RW0000111, siehe die weiteren Nachw. oben
165 ) OLG Graz 14.9.2006, 4 R 120/06h (Schadenersatzverpflichtung von Nebentätern, von denen
einer bereits im Parallelprozess rechtskräftig verurteilt wurde, sodass die Aufnahme der – bloßen –
solidarischen Verpflichtung mit dem weiteren Nebentäter einen – wenngleich nur § 43 Abs 2 ZPO
zuzuordnenden – Erfolg des beklagten Schädigers bewirkt.)
166 ) OGH 18.3.2004, 1 Ob 25/04i; vgl zur Anwendung des § 58 JN auch OGH Ris-Justiz RS0114353,
zul. OGH 14.10.2003, 1 Ob 210/03v; ggt. aber für den Streitwert der Oppositionsklage. OGH Ris-
Justiz RS0001624, zul. OGH 16.2.2005, 3 Ob 274/04x (Streitwert ist auch der betriebene
Unterhaltsrückstand).
167 ) OGH 12.1. 1999, 5 Ob 334/98y; 26.1. 1999, 1 Ob 46/99t; 17.10. 2001, 7 Ob 188/01z; 14.7.2005,
5.7. 1995, 15 R 45/95; OGH 14.3. 1995, 5 Ob 509/95; 10.12. 1992, 7 Ob 650/92; OLG Innsbruck 11.6.
1999, 4 R 112/99y; krit. M.Bydlinski in Fasching/Konecny, a.a.O, Rz 25 zu § 43.
170 )OLG Wien 21.1.1987, 16 R 172/86 = WR 297.
171 ) vgl OGH 24.2. 1999, 9 ObA 1/99h mit kaum verhohlener Verhöhnung der allzu „kostenbewussten“
Klagsvertreter.
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Der Kläger begehrt € 7.500,-. Im Urteil werden ihm sodann € 7.000,- zugesprochen,
somit rd. 93% seines Begehrens („geringfügig“) und der abgewiesene Teil des
Klagebegehrens verursachte keinen besonderen Prozessaufwand.
Da der Kläger die Voraussetzungen nach § 43 Abs 2 Var.1. erfüllt, sind ihm volle
Kosten zuzusprechen, wobei die tarifabhängigen Kosten für Vertretung und Pauschalgebühr
nur auf Basis € 7.000,- zuzusprechen sind, sodass – da wie hier ein Tarifsprung eintritt – die
verzeichneten Ansätze nach dem tatsächlich zugesprochenen Betrag neu zu berechnen
sind.
Ebenso ist der Kläger nicht geschützt, wenn die Voraussetzungen des § 43
Abs 2 (gerichtliches Ermessen, Ausmittlung durch Sachverständige) auf die
Gegenforderung zutreffen174.
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Geschützt vom Benefiz des § 43 Abs 2 ist der Kläger prinzipiell nur, wenn die
Ermittlung der Höhe eines Anspruches durch den Sachverständigen erfolgt175, nicht
aber wenn der SV für die Grundlage, ob überhaupt ein Anspruch zusteht,
entscheidend ist176, so beispielsweise wenn die dem Grund des Anspruches
zuzuordnende Kausalität von (Teil-)Schäden strittig ist177.
Erstattet der kfzSV aber sein Gutachten über die Angemessenheit von e.g.
Reparaturkosten, so handelt es sich um einen Anwendungsfall des § 43 Abs 2 Var.2,
da die Angemessenheit von Reparaturkosten für die (nicht sachkundige) Partei eben
nicht leicht abzuschätzen ist.
offenkundig nur obiter angeführte Argument in der E LG Klagenfurt 7.8. 1996, 3 R 137/96y = AnwBl
1997/7385, wonach § 43 Abs 2 nur zur Anwendung komme, wenn ein Betrag nur der Höhe, nicht aber
auch dem Grunde nach strittig sei; entscheidend sind die Ergebnisse des SV-Gutachtens, nicht aber
ob der Beklagte die Klagsforderung auch „dem Grunde nach“ bestreitet, da es diesfalls der Beklagte in
der Hand hätte, dem Kläger durch (noch so unsubstantiierte) Bestreitung „dem Grunde nach“ das
Benefiz des § 43 Abs 2 zu nehmen.
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Mängel durch einen SV oder in Anwendung des § 273 ZPO 178 ein Fall des § 43 Abs
2.
Liegen hingegen nach dem Gutachten des SV einzelne Mängel gar nicht vor,
kommt § 43 Abs 1 zur Anwendung.
Strittig und verschieden beantwortet179 wird die Frage, ob das Unterliegen mit
einem Feststellungsbegehren wegen behaupteter Dauerfolgen/Folgeschäden
nun dem § 43 Abs 1180 oder dem § 43 Abs 2181 zuzuordnen ist, wenn sich erst
aufgrund des SV-Gutachtens ergibt, dass Dauerfolgen/Folgeschäden
auszuschließen sind.
Die Entscheidung182 verwendet zur Begründung der Anwendung des § 43 Abs
2 das vorderhand neue Argument mit der E OGH SZ 68/238183, nach welcher zur
Unterbrechung der Verjährung von Folgeschäden fristgerecht eine
Feststellungsklage zu erheben ist, da auch die Verjährung von Folgeschäden mit
dem Entstehen des Primärschadens zu laufen beginnt.
Ebenfalls ein gutes Argument findet die gegenteilige E des OLG Innsbruck 184,
wonach der Kläger, der etwa ein Schmerzengeldbegehren zusammen mit einem
(abgewiesenen oder nach dem SV-Gutachten eingeschränkten)
Feststellungsbegehren erhebt, nicht besser gestellt sein soll, als jener Kläger, der
ausschließlich ein Feststellungsbegehren erhebt und mit diesem unterliegt (und
somit jedenfalls kostenfällig wird).
177 ) OLG Wien 10.11. 1993, 16 R 146/93 = ZVR 1994/69; LGZ Wien 29.9. 1999, 39 R 332/99h =
MietSlg 51.642.
178 ) Zur Anwendbarkeit des § 273 ZPO auf Preisminderungsansprüche, vgl OGH Ris-Justiz
RS0018735.
179 ) vgl auch die Nachw bei M.Bydlinski in Fasching/Konecny, a.a.O, Rz 18 zu § 43.
180 ) OLG Graz 19.5.2008, 5 R 87/08s; OLG Innsbruck 18.5. 1994, 3 R75/94 = AnwBl 1995/5046; OLG
Wien 24.10. 1995, 16 R 180/95 = WR 728 = Ris-Justiz RW0000028; OLG Wien 21.12. 1995, 17 R
234/95 = WR 735 = Ris-Justiz RW0000047; LG Korneuburg 17.1.2006, 21 R 411/05x (bei „krasser
Überbewertung“ des Feststellungsbegehren im Vergleich zum Schmerzengeld)
181 ) OLG Innsbruck 30.3. 1993, 2 R 42/93 = AnwBl 1995/5046; OLG Wien 23.8. 1990, 13 R 144/90 =
WR 489; OLG Wien 5.7. 1995, 15 R 45/95 = WR 727 = RW0000213; OLG Wien 5.3. 1999, 14 R
35/99s = WR 853 = Ris-Justiz RW0000303; 14.7. 2000, 17 R 95/00s = WR 887; OLG Wien 19.3.2002,
11 R 16/02g = EFSlg 101.788; LG Feldkirch 4.10.2006, 2 R 223/06v = Ris-Justiz RFE0000162.
182 ) OLG Wien 14.7. 2000, 17 R 95/00s = WR 887.
183 ) OGH vS 19.12. 1995, 1 Ob 621/95; vgl dazu Ris-Justiz RS0087613.
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Ebenso kann § 43 Abs 2 auch dann angewendet werden, wenn aufgrund des
Todes des Klägers das Feststellungsinteresse wegfällt und daher um das
Feststellungsbegehren eingeschränkt wird185.
Dieselbe Diskussion wird auch für die Frage der (bloß teilweisen)
Zuerkennung einer Wertminderung eines Kfz geführt: Ist die Abweisung nur eine
teilweise aufgrund des SV-Gutachtens, welche auch keine Überklagung darstellt,
kommt § 43 Abs 2 zur Anwendung186. Besteht aber überhaupt kein Anspruch auf
Ersatz einer Wertminderung kommt § 43 Abs 1 ZPO zur Anwendung 187.
297; krit. Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 148, der davon ausgeht, dass die Ermittlung von Zeitwert
und (merkantiler) Wertminderung aufgrund von Eurotaxlisten, etc, keine besondere Sachkunde
erfordert, sodass § 43 Abs 1 anzuwenden sei.
187 ) OLG Wien 28.5.1986, 18 R 73/86 = REDOK 14.493.
188 ) gegen eine Verpflichtung zur Einschränkung Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 12 zu § 43;
EFSlg 101.789.
190 ) LGZ Wien 13.3. 1979, 42 R 137/79 = AnwBl 1979/1082 [kritisch Waldeck], ebenso krit.
M.Bydlinski, Kostenersatz, 259; ebenso aber OLG Graz 10.4. 1995, 4b R 2/95 = ZVR 1997/48 unter
Bestätigung des LGZ Wien.
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Nicht in den Genuss des Privilegs nach § 43 Abs 2 kommt nach der L191
derjenige Kläger, der selbst „Sachverständiger“ ist und daher selbst in der Lage
gewesen wäre, den ihm zustehenden Betrag präzis zu berechnen (mag auch das
Gericht – mangels eigener Sachkunde – auch „seinen“ Gerichtssachverständigen
beigezogen haben).
Dies ist beispielsweise bei einer Honorarrechnung eines Notars192 der Fall,
mag auch die letztliche Höhe durch ein Gutachten der Notariatskammer193 ermittelt
worden sein, oder bei einer nach den GOA für Architekten erfolgten
Honorarabrechung, in welchem Fall das Gericht selbstredend einen SV beizog194,
oder ein eingeklagtes Anwaltshonorar195.
„richterliches Ermessen“:
Dabei handelt es sich um die Anwendung der Fälle des § 273 ZPO 196, so etwa
bei der Mäßigung einer Konventionalstrafe durch den Richter197 oder bei einer
Unterhaltsklage198, wobei teilweise eine Einschränkung nach Kenntnis der genauen
Grundlagen des Einkommens des Beklagten gefordert wird 199; bei einem Anspruch
auf Heiratsgut200 etc.
191 ) M.Bydlinski, Kostenersatz, 251 mwN; ebenso in Fasching/Konecny, a.a.O, Rz 22 zu § 43; abw
OGH 5.10.2010, 4 Ob 117/10z (Planungshonorar eines Architekten).
192 ) OLG Wien 5.10. 1999, 17 R 149/99b = WR 854.
193 ) gem § 17 Abs 2 NTG.
194 ) OLG Wien 28.5. 1997, 16 R 87/97z.
195 ) HG Wien 30.3. 1993, 1 R 338/92 = AnwBl 1993/4483.
196 ) OGH 20.6. 2002, 2 Ob 94/02s.
197 ) LG Klagenfurt 30.3. 1982, 3 R 88/82 = Arb 10.103.
198 ) OGH 20.6. 2002, 2 Ob 94/02s; 7.11. 1994, 7 Ob 624/94; LGZ Wien 14.10. 1982, 43 R 2119/82 =
EFSlg 41.649; 9.5. 1984, 43 R 2078/84 = EFSlg 46.636; 18.11. 1985, 43 R 2088/85 = EFSlg 49.396;
30.4. 1985, 43 R 2028/85 = EFSlg 49.307; 27.2. 1986, 43 R 2145/86 = EFSlg 52.135; 12.2. 1988, 43
R 1089/87 = EFSlg 57.727; 20.2. 1991, 44 R 2011/91 = EFSlg 66.942; 20.6. 1995, 43 R 2076/95 =
EFSlg 79.144; 13.5. 1997, 43 R 337/95w = EFSlg 85.222; LGZ Wien 12.3.2003, 45 R 722/02p =
EFSlg 105.611; ggt. für den Unterhaltsbeitrag der Ehegattin LGZ Wien 13.4. 1989, 44 R 1020/89 =
EFSlg 60.763.
199 ) LGZ Wien 11.7. 1995, 44 R 2066/95 = EFSlg 79.145
200 ) OLG Wien 16.2. 1987, 16 R 275/86 = REDOK 12.575 (im streitigen Verfahren, da offenbar nach
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„gegenseitige Abrechnung“:
Beispiele sind etwa die Vornahme einer Lohnabrechnung durch den
(beklagten) Arbeitgeber204, nicht aber eine zu hoch angesetzte (einseitige)
Honorarabrechnung, etwa eines Architekten205.
Insgesamt zeigt M.Bydlinski206 überzeugend auf, dass für die Variante des §
43 Abs 2 wenig praktische Anwendungsfälle denkbar sind.
c) “Überklagung“:
Wie oben dargestellt, soll der § 43 Abs 2 denjenigen Kläger, der aufgrund der
Schwierigkeit seine Forderung exakt zu beziffern, schutzwürdig erscheint,
privilegieren und vor negativen Kostenfolgen schützen. Anderseits soll nicht jede
sorglose Einklagung objektiv überhöhter Beträge geschützt werden.
Die Rsp207 hat daher früh208 über den Gesetzestext hinaus eine
Einschränkung des Benefiz des § 43 Abs 2 eingeführt, wonach es bei
„Überklagung“, i.e. objektiv überhöhte Einklagung, wieder zur Kostenteilung nach
§ 43 Abs 1 kommt.
Die Grenze für die Überklagung wird im allgemeinen bei 100%
angenommen209, d.h. bekommt der Kläger weniger als 50% seines Begehrens
zugesprochen, ist die Kostenentscheidung nicht nach § 43 Abs 2 (volle Kosten),
sondern nach § 43 Abs 1 (Kostenteilung) zu treffen. Diese Grenze stellt aber keine
starre Grenze dar210, sondern kann – einem sorgfältigen Kläger – auch bei weniger
Zuspruch als 50% im Einzelfall voller Kostenersatz gebühren.
Beispiele sind etwa wenn der Kläger aufgrund eines – nicht als überhöht
erkennbaren - Kostenvoranschlages seinen Anspruch bezifferte und nur mit 41%
171/06h.
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erfolgreich war211 oder bei extrem langen Schmerzperioden mit (bloß) leichten
Schmerzen (46%212) bzw. bei dem (naturgemäß schwer bezifferbaren)
Schmerzengeld für sexuellen Missbrauch (35%213), sowie bei Schmerzengeld für
sexuelle Belästigung, da der OGH bis zu diesem Fall dazu nicht Stellung
genommen hatte214, bei § 31a Abs 3 KSchG215.
Weiters wenn lediglich 40% Schmerzengeld zuerkannt wurden, damit aber
keine (eigentlich vorzunehmende) Globalbemessung möglich war, sondern
lediglich für einen bestimmten Zeitraum216.
Eine Überklagung wurde hingegen angenommen bei 28,9% Erfolg für ein
Unterhaltsbegehren217, bei 20% Erfolg mit einem nach § 273 ZPO auszumessenden
Benützungsentgelt218, bei 38% Erfolg eines Schmerzengeldbegehrens219. Mit
Unkenntnis der Schmerzengeldpraxis kann man sich in Anbetracht der
zahlreichen einschlägigen Veröffentlichungen nicht entschuldigen220.
Schmerzengeld).
217 ) OGH 26.4. 2000, 3 Ob 308/98k.
218 ) OGH 26.11. 1992, 7 Ob 646/92.
219 ) OGH 10.9. 1985, 2 Ob 37/85.
220 ) OLG Graz 8.2.2007, 4 Ob 171/06h.
221 ) vgl Kostenersatz, 257ff; immerhin mit Einschränkung der „Schutzwürdigkeit“ des Klägers nur bis
zum Ende der schwierigen Vorhersehbarkeit der Entscheidung, etwa mit Erstattung eines Gutachtens;
ebenso in Fasching/Konecny, a.a.O, Rz 25 zu § 43.
222 ) OLG Wien 22.5. 1985, 17 R 22/85 = REDOK 1296; 23.4. 1994, 14 R 205/93 = WR 642 mit
ausführl. Ablehnung von M.Bydlinski; OGH 17.2. 1983, 7 Ob 762/82 = Ris-Justiz RS0035989; OLG
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Beispiel 1: Der Kläger begehrt € 20.000,- Schmerzengeld. Der Zuspruch beträgt € 15.000,-,
zu dessen Beurteilung sowohl ein medizinisches Gutachten eingeholt wird, als auch in der
endgültigen Bemessung der § 273 ZPO angewendet wird.
Da die Voraussetzungen für die Anwendung des § 43 Abs 2 Var.2 vorliegen
(„Sachverständige“, „richterliches Ermessen“) und auch eine „Überklagung“ nicht vorliegt, da
der Kläger mit ¾ seines Begehrens erfolgreich war, gebührt ihm voller Kostenersatz.
Dabei ist aber die Bemessungsgrundlage für die streitwertabhängigen Kosten, wie
Pauschalgebühren und Vertretungskosten der letztlich zugesprochene Betrag von € 15.000,-
Beispiel 2: Der Kläger begehrt € 20.000,- Schmerzengeld, der Zuspruch beträgt nur € 8.000,-
. Besondere Umstände, welche die überhöhte Einklagung rechtfertigen könnten, liegen nicht
vor.
Da dem Kläger eine mehr als 100% Überklagung vorzuwerfen ist, weil er nur mit rd.
2/5 seines Begehrens erfolgreich war, kommt das Benefiz des § 43 Abs 2 nicht zur
Anwendung.
Die Kostenentscheidung hat sich somit nach § 43 Abs 1 zu richten, sodass
entsprechend den Erfolgsquoten (Kläger: 2/5 : Beklagter: 3/5) die Ersatzquote für die
Vertretungskosten zu bestimmen ist (3/5 – 2/5 = 1/5) und dem Beklagten Ersatz von 1/5
seiner Vertretungskosten gebührt und der Ersatz der in § 43 Abs 1 letzter Satz genannten
Kosten nach den Erfolgsquoten zu erfolgen hat.
Graz 16.12. 1997, 2 R 258/97x; OGH 11.6. 1997, 9 ObA 104/97b; 12.3. 1991, 8 Ob 542/90; OLG Linz
8.7.2003, 2 R 124/03y = EFSlg 105.610; 15.10.2002, 3 R 182/02h = EFSlg 101.793.
223 ) OLG Linz 15.10.2002, 3 R 182/02h = EFSlg 101.794.
224 ) OGH 7.8. 1997, 8 ObA 149/97p.
225 ) OLG Wien 2.7. 1990, 11 R 77/90 = AnwBl 1990/3523 [krit. Müller]; 23.2. 1987, 16 R 35/87 =
REDOK 10.939; 27.7. 1987, 16 R 292/86 = REDOK 12.573; OGH 7.8. 1997, 8 ObA 149/97p;
6.12.2001, 2 Ob 295/01y.
226 ) OLG Wien 20.1. 1987, 14 R 314/86 = REDOK 9825; spätestens seit Anfang 2002 und den
Änderungen in der Zusammensetzung des 1.Senates des OGH wird die Ansicht M.Bydlinskis
jedenfalls als „vertretbar“ iSd AHG zu beurteilen sein.
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Beispiel: Der Kläger macht vom Beklagten € 5.000,- Schmerzengeld (§ 43 Abs 2) und
€ 10.000,- Darlehensrückzahlung (§ 43 Abs 1) geltend. Der Zuspruch im Urteil lautet auf €
4.000,- Schmerzengeld und € 8.000,- Darlehen. Für die Kostenentscheidung sind Abs 1 und
2 des § 43 anzuwenden.
Da für das Schmerzengeldbegehren die Voraussetzungen des Abs 2 vorliegen, eine
„Überklagung“ auch nicht gegeben ist, ist die Teilabweisung von € 1.000,- „kosten-erfolgs-
neutral“ auszuscheiden.
Der so ermittelte Streitwert beträgt € 14.000,- (€ 10.000,- Darlehen und € 4.000,-
Schmerzengeld). Der Kläger war von diesem Begehren mit € 12.000,- (€ 8.000,- Darlehen
und € 4.000,- Schmerzengeld) erfolgreich. Seine Erfolgsquote beträgt somit 85%, jene des
Beklagten 15%, die Ersatzquote für den Kläger beträgt somit 70% (85% - 15%).
Auf Basis von € 14.000,- hat der Kläger somit Anspruch auf Ersatz von 70% seiner
Vertretungskosten und 85% der Pauschalgebühr für den Streitwert von € 14.000,-. Der
wechselseitige Barauslagenersatz229 bestimmt sich nach den beiden Erfolgsquoten von 85%
bzw. 15%.
b) Mitverschulden:
Macht der Kläger einen Anspruch geltend, der die Voraussetzungen nach § 43
Abs 2 erfüllt, kommt es jedoch (auch) aus Gründen, welche dem § 43 Abs 1
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Beispiel: Der Kläger macht € 5.000,- Reparaturkosten für sein Kfz im Verkehrsunfalls-
Prozess geltend und geht dabei vom Alleinverschulden des Beklagten aus. Aufgrund eines
Sachverständigen-Gutachtens zur Schadenshöhe ergeben sich die angemessenen
Reparaturkosten von € 4.000,- und ein Mitverschulden des Klägers am Unfall von 1/4 . Im
Urteil wird dem Kläger somit ein Betrag von € 3.000,- zugesprochen.
Zunächst ist wieder der „kosten-erfolgs-neutral“ abgewiesene Teil von € 1.000,-
aufgrund der Schadenshöhe auszuscheiden (§ 43 Abs 2). Die Teilabweisung aufgrund des
Mitverschuldens ist aber – wie oben dargestellt - § 43 Abs 1 zu unterwerfen, sodass der
Kläger eine Erfolgsquote von 75% hat (€ 3.000,- von € 4.000,-) und damit Anspruch auf
Ersatz von 50% der auf Basis € 4.000,- ermittelten Kosten (sofern diese streitwertabhängig
sind).
(Bei bloß schematischer Anwendung des Abs 1 würde sich – unzutreffend – für den
Kläger eine Erfolgsquote von 60% ergeben; bei bloß schematischer Anwendung des Abs 2
würde sich – unzutreffend – voller Kostenersatz auf Basis € 4.000,- für den Kläger ergeben).
4.Teilzahlungen:
Problematisch erweisen sich immer wieder angenommene oder verweigerte
Teilzahlungen, sei es vorprozessual, sei es während des Prozesses:
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Seite 38
232 ) nunmehr ausführlich OGH 29.3.2006, 3 Ob 58/06k; OLG Wien 25.10. 2001, 12 R 168/01s =
RW0000017; ähnlich schon OGH 3.12. 1936, 3 Ob 403/36 = SZ 18/202.
233 ) LG Feldkirch 21.12.2006, 3 R 300/06z = Ris-Justiz RFE0000164.
234 ) OGH Ris-Justiz RS0030419. und RS0030650.
235 ) vgl LGZ Wien 13.12 2000, 39 R 373/00t = MietSlg 52.215; OGH 9.2. 1982, 2 Ob 23/82 Ris-Justiz
RS0033272.
236 ) OGH 9.6. 1998, 1 Ob 106/98i = Ris-Justiz RS 0110156; RS00333116; OLG Wien 25.11. 1993, 14
R 117/93 = WR 641; vgl OGH 13.8. 2002, 1 Ob 179/02h “Hinterlegung einer als Vollzahlung
gewidmeten Betrages”
237 ) HG Wien 29.4. 1987, 1 R 326/86 = AnwBl 1987/2685 [Schaumüller]; für eine Verminderung des
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Beispiel: Der Kläger begehrt € 8.000,- Schmerzengeld. Der Beklagte bezahlt (und der
Kläger nimmt an) vorprozessual oder während des Prozesses € 4.000,-. Der Richter kommt
(aufgrund der vom SV ermittelten Grundlagen) zum Ergebnis, dass insgesamt für die
Verletzungen des Klägers ein Schmerzengeld von € 5.000,- angemessen ist. Vom noch
offenen Betrag werden dem Kläger daher zufolge der Teilzahlung von € 4.000,- noch weitere
€ 1.000,- zugesprochen; das restliche Begehren von € 3.000,- wird abgewiesen.
Bei bloßer Betrachtung des zuletzt strittigen Betrages hat der Kläger iSd obiger Rsp
„überklagt“, daher käme es zu Kostenersatz nach § 43 Abs 1 ZPO. Konkret hätte der Kläger
dem Beklagten für den II. VA ab der Teilzahlung die Hälfte der Kosten zu ersetzen (75% -
25% = 50%).
Betrachtet man jedoch das insgesamte Schmerzengeldbegehren des Klägers von €
8.000,- hat er insgesamt € 5.000,- erhalten, sodass nicht von einer Überklagung auszugehen
wäre und die Kosten nach § 43 Abs 2 zuzusprechen sind (volle Kosten für den Kläger auf
Basis € 1.000,- für den II. VA).
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243 ) „bei der ersten Tagsatzung“ vor der ZVN 2002, BGBl I 76/2002.
244 ) Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 1 zu § 45.
245 ) vgl dazu die zu § 904 ABGB ergangene Jud.
246 ) vgl M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 3 zu § 45.
247 ) OGH Ris-Justiz RS0023392.
248 ) LGZ Wien 8.4. 1997, 37 R 3/97h = EFSlg 85.232.
249 ) OGH Ris-Justiz RS0035855.
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Forderung, für die sein Pfand haftet, nicht bezahlt. Es ist seine – und nicht des
Gläubigers Sache – etwa um einen prätorischen Vergleich etc. einzukommen, um so
Klagskosten zu sparen250.
Bei Feststellungsklagen251 und Rechtsgestaltungsansprüchen (e.g.
Anfechtungsansprüchen) hat ebenfalls eine vorprozessuale Aufforderung zur
Leistung und zum Gegenstandslosmachen des Feststellungsanspruches252 oder
Rechtsgestaltungsanspruches zu erfolgen253.
Für das Unterlassungsbegehren254 judiziert der OGH aber auch, dass bei
Anerkenntnis des Unterlassungsanspruches ein Kostenersatz nach § 45 für den
Beklagten nicht in Betracht kommt, weil dieser – durch das Anerkenntnis - den
erfolgten Verstoß oder den unmittelbar bevorstehenden Verstoß gegen seine
Unterlassungspflicht zugegeben habe und dadurch eben Veranlassung zur Klage
gegeben habe255. Anders wurde in der älteren Rsp für die actio negatoria (§ 523
ABGB) auf Unterlassung der Anmaßung einer Dienstbarkeit judiziert, wonach der
Beklagte bei sofortiger Anerkennung des Unterlassungsanspruches vollen
Kostenersatzanspruch nach § 45 haben könne256.
Im Exzindierungsprozess257 hat der Exzindierungswerber dem betreibenden
Gläubiger vor Klagserhebung nach einem Teil der Judikatur lediglich den
maßgeblichen Sachverhalt bekannt zu geben258, nach einem anderen Teil auch den
Eigentumsnachweis zu liefern, e.g. durch geeignete Urkunden259.
Im Teilungsprozess etwa gibt der Beklagte keine Veranlassung zur
Klagsführung, wenn er vorprozessual den Teilungsanspruch nicht bestreitet und
beispielsweise einer freiwilligen Feilbietung zustimmt oder der Schaffung eines
Bestand bzw. das Erlöschen seiner Forderung weiss; LGZ Wien 21.9. 1994, 47 R 2131/94 = EFSlg
76.029;
258 ) LGZ Wien 27.6. 1991, 46 R 640/91 = EFSlg 67.129.
259 ) LG Salzburg 17.11. 1999, 22 R 328/99k = AnwBl 2000/7653.
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Ad 3.) „Anerkennt“:
Ein Teil der (vA älteren) Rsp steht mit dem Gesetzeswortlaut auf dem
Standpunkt, dass das formale Anerkenntnis zur Herbeiführung der Kostenfolgen
reicht266.
Eine jüngere Judikaturlinie267 verlangt aber über das bloße Anerkenntnis
hinaus noch, dass der Beklagte auch in angemessener Frist268 den anerkannten
260 ) ausführlich OLG Wien 19.1.2007, 13 R 273/06x = RIS-Justiz RW0000369 unter Zitierung älterer
(abgelehnter) Jud.
261 ) OLG Wien 14.4. 1994, 3 R 57/94 = AnwBl 1995/4973.
262 ) OGH 28.2.2005, 5 Ob 11/05m
263 ) OLG Wien 18.11. 1996, 3 R 216/96y = RW0000149 ; OLG Wien 4.7.2006, 8 Ra 79/06f; krit.
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Für jene Fälle, in welchen – durch Veranlassung des Beklagten – der Kläger
quasi irrtümlich - eine erfolglose Klage erhebt, ist eine analoge Anwendung des § 45
ZPO von der Jud ausgeschlossen273.
Einspruch das Klagebegehren bei „erster Gelegenheit“ anerkennt, wird ohnehin bis zur vorbereitenden
Tagsatzung genügend Zeit verstreichen, sodass in dieser geklärt werden kann, ob seit dem
Anerkenntnis die Erfüllung erfolgte.
271 ) OLG Wien 4.11. 1993, 15 R 156/93 = JBl 1995, 258 (Abrechnung des Hausverwalters wird erst
RLI0000021; OLG Wien 27.3. 1996, 4 R 256/95 = RW0000097; 25.8. 1999, 16 R 33/99m = EFSlg
90.842; LGZ Wien 8.8.2001, 45 R 312/01t = EFSlg 98.073.
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IV. Personenmehrheiten
Die nachstehenden Beispiele gehen immer davon aus, dass sich die
Parteienmehrheit auf einer Seite gemeinsam von einem Anwalt vertreten lässt;
lassen sich e.g. beide Beklagte von je einem eigenen Anwalt vertreten, hat jeder den
vollen Kostenersatzanspruch für seine eigenen Anwaltskosten274.
Beispiel: Zwei Kläger275 machen aus einem schadensbegründenden Ereignis, e.g. einem
Verkehrsunfall gegen den Schädiger276 jeweils einen Anspruch auf Schadenersatz geltend 277. Da es
sich um dasselbe Unfallereignis handelt, verbindet das Gericht die Verfahren gem § 187 ZPO zur
gemeinsamen Verhandlung miteinander. Der Anspruch des Klägers A beträgt € 8.000,-, jener des
Klägers B beträgt € 3.000,-. Festzuhalten ist, dass die beiden Kläger keine Solidargläubiger sind!
Gem § 12 Abs 1 zweiter Satz RATG sind die Streitwerte der verbundenen
Verfahren zusammenzurechnen278 und auch von den Anwälten auf Basis der so
erhöhten Bemessungsgrundlage zu verzeichnen279.
Wird nun eine der (mehreren) Parteien auf einer Seite kostenersatzpflichtig, so
stehen der Gegenpartei Kosten nur nach dem Verhältnis des Anspruches zum
gesamten Anspruch zu280, d.h. es sind die Kosten zunächst auf der Grundlage des
gesamten Streitwertes zu berechnen, dann aber auf die einzelnen Streitsachen
aufzuteilen und dann nur nach dem Verhältnis der streitverfangenen Ansprüche zum
Rechsmittelzulässigkeit gem § 55 JN; in diesem Sinne ist auch der RS0103237 und RS0037271 zu
verstehen.
279 ) LG Salzburg 12.3.2002, 21 R 487/02t = EFSlg 101.767.
280 ) OGH 21.2. 2002, 8 ObA 198/01b = Ris-Justiz RS0035947, wonach die Aufteilung nach Köpfen
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In unserem Fall beträgt somit der Streitwert, nach welchem die anwaltlichen
Vertretungsleistungen zu verzeichnen sind für die Dauer der Verbindung € 11.000,-.
Obsiegt also im Beispiel der Beklagte gegen den Kläger B zur Gänze, so hat er gegenüber
diesem Anspruch auf Ersatz von 27% seiner Kosten, welche während der Zeit der Verbindung
anerlaufen waren.
Verliert umgekehrt der Kläger A gegenüber dem Beklagten, so hat er - für die auf Basis der
zusammengerechneten Streitwerte von € 11.000,- verzeichneten Kosten – Anspruch auf Ersatz von
27% der Kosten für die Dauer der Verbindung.
Gleiches gilt für dem umgekehrten Fall, in welchem ein Kläger gegen mehrere Beklagte
Ansprüche geltend macht und es zur Verbindung kommt.
281 ) OGH Ris-Justiz RS0035812; OGH 6.7.2004, 7 Ob 6/04i; 17.2. 1981, 4 Ob 165/80; 5.10.1976, 4
Ob 71/76; 21.9. 1976, 4 Ob 331/76.
282 ) OGH 12.4. 2001, 8 ObA 98/00w.
283 ) OGH Ris-Justiz RS0110982.
284 ) ein Fall der (seltenen) formellen Streitgenossenschaft auf Beklagtenseite; vgl OGH Ris-Justiz
RS0047896.
285 ) i.w. Zuständigkeit und Rechtsmittelzulässigkeit, str. zur Anwaltspflicht vgl Fucik in Rechberger,
ZPO4, Rn 5 zu § 27.
286 ) OGH Ris-Justiz RS0035556, RS0017257, RS0035710, RS0035588.
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Obsiegen die Streitgenossen und werden sie durch einen Anwalt vertreten, so
hat jeder einzelne bei annähernd gleicher Beteiligung (= Höhe seiner Forderung) nur
Anspruch auf den der Kopfzahl entsprechenden Anteil an den Kosten des
gemeinsamen Anwalts, da davon – mangels anderer Verzeichnung290 - auszugehen
ist, dass der Rechtsanwalt ebenfalls nach Köpfen entlohnt wird291.
Bei Verschiedenheit der Beteiligung, hat die Berechnung wie folgt zu
erfolgen292: Für jede einzelne Partei ist – entsprechend ihrem Anteil am
Gesamtstreitwert – ihr Kostenanteil entsprechend der auf diese Partei entfallenden
Streitwertquote zu ermitteln („Teilungsfaktor“). Dieser Kostenanteil bildet die Basis für
die Berechnung des ihr davon zu ersetzenden Anteiles.
Beispiel: Kläger A und Kläger B, welche von einem Anwalt vertreten werden, machen
gegenüber dem Beklagten C insgesamt € 12.000,- geltend; € 8.000,- davon Kläger A, € 4.000,- davon
Kläger B. Kläger A dringt mit € 6.000,- durch, Kläger B nur mit € 750,-. Der Klagevertreter verzeichnet
Kosten von € 20.000,-, der Beklagtenvertreter von € 18.000,-
Diese Gesamtkosten sind zunächst auf die beiden Kläger – entsprechend ihrem Anteil am
Verfahren (=Forderungshöhe) aufzuteilen: Auf Kläger A (Forderung: € 8.000,- = 2/3) entfallen somit €
287 ) vgl M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 3 zu § 46; OGH 25.6. 1974, 4 Ob 35/74 = Ris-
Justiz RS0035861; OGH 2.2. 1993, 5 Ob 4/93 = MietSlg 45.635; OGH 8.10.2002, 1 Ob 313/01p; OLG
Wien 11.2. 1988, 16 R 298/87 = REDOK 12.770.
288 ) OGH 29.5. 1995, 3 Ob 48/95 = Ris-Justiz RS0058568; OLG Wien 12.2. 1985, 16 R 19/85 =
REDOK 1247;
289 ) LG St.Pölten 16.12. 1999, 36 R 368/99g; OLG Wien 30.6. 1986, 17 R 136/86 = REDOK 14.535;
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13.333,- der Kosten des Klagevertreters, auf Kläger B (Forderung: € 4.000,- = 1/3) entfallen € 6.666,-
der Kosten des Klagevertreters.
„Teilungsfaktor“: Kläger A 2/3
Kläger B 1/3
Kläger A hat eine Erfolgsquote von ¾, woraus sich eine Ersatzquote („Quotenfaktor“) von ½
ergibt: Dem Kläger A sind somit € 6.666,- (=1/2 von € 13.333,-) zu ersetzen.
Formel: Gesamtkosten x Teilungsfaktor x Quotenfaktor
€ 20.000,- x 2/3 x ½ = € 6.666,-
Gegenüber Kläger B war der Beklagte mit ~ 81% erfolgreich, d.h. Kläger B hat dem Beklagten
62% von dessen Kosten zu ersetzen: Die dem Beklagten vom Kläger B zu ersetzenden Kosten
errechnen sich wie folgt: € 18.000,- Kosten des Beklagtenvertreters, wovon – entsprechend dem
Teilungsfaktor von 2/3 (Kläger A) : 1/3 (Kläger B) € 6.000,- auf den Kläger B und dessen Beteiligung
am Prozess entfallen. Kläger B hat somit dem Beklagten 62% von € 6.000,- zu ersetzen.
Gesamtkosten x Teilungsfaktor x Quotenfaktor
€ 18.000,- x 1/3 x 62% = € 3.720,-
Endgültig kompliziert wird die Entscheidung, wenn zwei Kläger gegen einen
Beklagten verschieden hohe Forderungen geltend machen, dabei teilweise
unterliegen und für das Unterliegen (eines oder beider) die Voraussetzungen des §
43 Abs 2 ZPO vorliegen295:
Variante 1) beiden Parteien kommt das Benefiz des § 43 Abs 2 ZPO zu:
Schritt 1: Ermittlung des „fiktiven Gesamtstreitwertes“ aufgrund des Obsiegten
Der Kläger A macht € 10.000,- Schmerzengeld geltend und bekommt € 8.000,-, der Kläger B
mach € 4.000,- Schmerzengeld geltend und erhält € 3.000,-. Der „fiktive Gesamtstreitwert“ beträgt
somit € 11.000,-.
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Variante 2): nur einer Partei kommt das Benefiz des § 43 Abs 2 zugute
In diesem Fall darf die Teilung der Kosten nicht aufgrund eines fiktiven
Gesamtstreitwertes erfolgen, da in diesem Fall es zu einer Minderung des
Ersatzanspruches der voll obsiegenden Partei aufgrund des teilweisen Unterliegens
der anderen Partei kommen kann297.
In diesem Fall hat die Berechnung wie folgt zu erfolgen298:
295 ) OLG Wien 25.10. 1985, 18 R 199/85 = REDOK 1653; 29.6. 1984, 18 R 140/84 = WR 86.
296 ) optional.
297 ) OLG Wien 29.6. 1984, 18 R 140/84 = WR 86.
298 ) siehe das Bsp zu OLG Wien 29.6. 1984, 18 R 140/84 = WR 86 und 25.10. 1985, 18 R 199/85 =
REDOK 1653.
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Ändert sich im Laufe des Verfahrens der Streitwert, so ist die dargestellte
Berechnungsmethode einfach für jeden Verfahrensabschnitt getrennt vorzunehmen.
24.392; OLG Innsbruck 4.7. 1991, 2 R 118/91 = JBl 1993, 58 [krit. Bydlinski]; anders für den Fall der
tw. Anwendbarkeit des § 45 ZPO OLG Linz 11.3. 1998, 6 R 28/98z = JBl 1999, 195 [zust. Bydlinski].
303 ) OLG Wien 19.7. 1995, 13 R 117/95 = EFSlg 79.151.
304 ) LGZ Wien 12.5. 1998, 40 R 780/97w = MietSlg 50.706.
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In der jüngeren Rsp des OGH wird dem obsiegenden Beklagten voller
Kostenersatzanspruch zugebilligt, während der unterliegende Beklagte selbst zur
Gänze – z.T. unter Abzug des Streitgenossenzuschlages305 - gegenüber dem Kläger
kostenfällig wird306.
Zum Teil wird der Ersatz auch nur nach „Köpfen“ gewährt, d.h. der eine (von
zwei) unterlegenen Beklagte hat dem Kläger die Hälfte von dessen Kosten zu
ersetzen307; während der Kläger dem obsiegenden Beklagten die Hälfte der Kosten
der Beklagten zu ersetzen hat308. Der Grund hiefür liegt in der - oben gezeigten –
Annahme, dass die gemeinsam vertretenen Beklagten - mangels anderer
Behauptung - ihrem Anwalt jeweils zur Hälfte das Honorar schulden309.
305 ) OLG Wien 13.7. 1998, 15 R 72/98p unter abl der ggt Jud; OLG Wien 25.5.1999, 11 R 75/99a =
AnwBl 2000/7678; vgl auch OLG Wien 29.4.2002, 13 R 79/02m = EFSlg 101.756; LG Ried 24.10.
1997, 6 R 248/97f = Ris-Justiz RRD0000001; jüngst mwN auch OGH 23.10.2003, 6 Ob 188/02v.
306 ) OGH Ris-Justiz RS0090822; OLG Wien 17.8. 1995, 6 R 531/95 = AnwBl 1996/6088 [Hintermayr]
= REDOK 9616; 19.6. 1987, 16 R 138/87 = REDOK 11.073; 28.2. 1985, 16 R 29/85 = REDOK 1315;
2.12.1987, 16 R 244/87 = REDOK 12.753; 11.9.1987, 16 R 189/97 = REDOK 12.545.
308 ) OGH 27.4.2005, 3 Ob 325/04x; OLG Wien 28.2.1985, 16 R 29/85 = REDOK 1315; 11.9. 1987, 16
II/23, Rz 2 zu § 46.
310 ) vgl das Beispiel zu OGH 23.10. 2003, 6 Ob 188/02v.
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Haften die zum Kostenersatz verpflichteten Beklagten nur für einen Teil der
Klagsforderung solidarisch, so ist – wie bei der Verbindung mehrerer Rechtsstreite
der Kostenbemessung der gesamte Streitwert zugrundezulegen und die Kosten
verhältnismäßig aufzuteilen. Die Beklagten haften für jenen Teil der Kosten
solidarisch, für den sie in der Hauptsache solidarisch haften311.
Versäumungsurteil:
Ergeht gegen einen (solidarisch in Anspruch genommenen) Beklagten ein
Versäumungsurteil „sukzessives Versäumungsurteil“), gibt es ebenfalls
verschiedene Judikaturlinien:
Nach einer Judikaturlinie, wird bei Fällung eines VUs gegen einen als
Solidarschuldner in Anspruch genommenen Beklagten, dem Kläger voller
Kostenersatz – unter Abzug des Streitgenossenzuschlages312 für den zweiten
Beklagten - zuerkannt313.
EVBl 1990/55; OLG Linz 13.2.1996, 2 R 7/96 = AnwBl 1996/6249; nunmehr auch OLG Innsbruck
11.5.2005, 4 R 108/05x = Ris-Justiz RI0000135.
314 ) OLG Wien 26.1. 1987, 16 R 308/86 = REDOK 10.917.
315 ) OLG Wien RZ 1957, 165; 1.8. 1986, 12 R 156/86 = REDOK 9.616; 10.2.1987, 16 R 300/86 =
REDOK 12.572; 19.11. 1987, 16 R 252/87 = REDOK 12.758; OLG Innsbruck 2 R 244/92; 2 R 253/93;
28.11. 2001, 1 R 220/01i = RI0000114.
316 ) OLG Innsbruck 23.3. 1994, 4 R 53/94 = Ris-Justiz RI000006 mit ausführlicher Darstellung von L
und Rsp; ebenso OLG Innsbruck 28.11.2001, 1 R 220/01i = RI0000114; nunmehr abgelehnt von OLG
Innsbruck 11.5.2005, 4 R 108/05x = Ris-Justiz RI0000135.
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2.) Materielles:
a)tatsächliche Behauptungen oder Beweisanträge werden
b)verspätet angebracht, d.h. das Vorbringen hätte bereits früher, sei es in der Klage,
Klagebeantwortung, oder in einem VSS318 erstattet werden können und
c)die Zulassung319 dieses verspäteten Vorbringens/Beweismittel führt zu einer
Verzögerung des Prozesses.
Ad b)“Verspätung“:
Nach Pimmer320 und der Rsp321 ist prinzipiell jedes nach dem
Beweisbeschluss322 erstattete Vorbringen objektiv verspätet323.
Ob dies nun zur Anwendbarkeit des § 44 führt, entscheidet sich nach den
subjektiven Vorwerfbarkeit, d.h. Verschulden324 der Partei bzw. des ihr gem § 39
ZPO zuzurechnenden325 Verhaltens ihres Vertreters.
Ad c)“Verzögerung“:
317 ) OLG Wien 17.12. 1997, 12 R 143/97f = AnwBl 1998/7502; Fucik, Möglichkeiten und Grenzen der
Verfahrensbeschleunigung in Zivilrechtssachen, RZ 1993, 218.
318 ) so ausdrücklich § 44 Abs 2 ZPO
319 ) zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens vgl § 179 und zur Zurückweisung verspäteter
Beweisanbietens nach § 179 Abs1 Satz 2 ZPO, JBl 1983, 129, worin die noch großzügigere
Rechtslage zu § 179 vor der Fassung WGN 1997 und ZVN 2002 behandelt wird.
321 ) OLG Wien 27.3. 1980, 3 R 17/80 = AnwBl 1981/1325; LGZ Wien 28.7. 1994, 48 R 586/94 =
MietSlg 46.609.
322 ) nunmehr wohl VTS
323 ) ob dies auch subjektiv iSd geforderte Verschleppungsabsicht leg. cit. vorwerfbar ist, ist in einem
44.740.
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326 ) OLG Wien 18.12. 2000, 17 R 229/00x = WR 889; 17.12. 1997, 12 R 143/97f = WR 821;
Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 246.
327 ) OGH 16.5. 2002, 8 ObA 185/01s; OLG Wien 17.12. 1997, 12 R 143/97f = RW0000221.
328 ) vgl den Sachverhalt bei OLG Wien 18.12. 2000, 17 R 229/00x = WR 889.
329 ) LGZ Wien 5.11. 1992, 48 R 827/92 = Miet.Slg 44.740.
330 ) vgl OLG Wien 15.5.2002, 16 R 69/02p = WR 927, in welchem Fall eine Urkunde, mit welcher das
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rechtzeitigem Parteiantrag angefallen wäre. Zu ersetzen ist somit der Mehraufwand dafür,
dass die Einvernahme wieder eine „erste Stunde“ iSd RATG bedeutet, für welche volle
Kosten nach TP 3A anfallen, wobei § 44 – anders als § 48 – keine „detaillierte Zuordnung
der Mehrkosten verlangt“332.
Beispiel 3: Der Kläger bezieht sich in einem VSS auf Urkunden zum Beweis seines
Vorbringens, legt diese aber – entgegen § 77 ZPO – nicht zugleich mit dem VSS vor. Die
Kosten einer gesonderten Urkundenvorlage sind dem in der Hauptsache obsiegenden
Kläger nicht zuzusprechen, da er die Urkunden bereits mit dem Schriftsatz vorlegen hätte
können (und müssen). Dieser Ausspruch findet seine Deckung – wie oben dargestellt – aber
nicht in § 44 ZPO, sondern in §§ 41 ZPO335, 22 RATG336.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass für – nach der VTS eingebrachte
gesonderte Urkundenvorlagen, Beweisanträge, von vornherein kein Kostenersatz
des Obsiegenden gegenüber dem Unterlegenen gebührt 337, es sei denn, er
behauptet von sich aus und bescheinigt, warum dieser gesonderte Schriftsatz
notwendig war und der Beweisantrag/Urkundenvorlage etc, nicht schon früher
erfolgen hätte können, da die Behauptung und Bescheinigung der Notwendigkeit
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Ein Teil der Rsp spricht praktisch einfach zu handhaben, die ab dem Zeitpunkt
der objektiv möglichen Erstattung des verspäteten Vorbringens anerlaufenen Kosten
des Unterlegenen diesem zu339. Dies ist mE jedenfalls dann zu handhaben, wenn
sich der durch das verspätete Vorbringen/Beweisanträge verursachte
Kostenaufwand klar abgrenzen lässt, wenn etwa die Erstreckung zu einer weiteren
Tagsatzung notwendig ist oder wenn aufgrund eines früher vorzubringenden
Einwandes einzelne Beweisaufnahme entfallen hätten können340.
Ein anderer Teil der Rsp will dem in der Hauptsache Unterliegenden – wie bei
Anwendung des § 43 ZPO – eine (höhere) Quote des Obsiegens/Unterliegens
zusprechen341, da die Anwendung des § 44 keine detaillierte Zuordnung der
Mehrkosten – wie bei § 48 ZPO – erfordert, sodass § 44 zum Zuspruch einer
(höheren) Quote der Kosten, Kostenaufhebung oder sogar der ganzen Kosten führt.
Die zweite Vorgangsweise ist mE aus Praktikabilitätserwägungen nur dann
anzuwenden, wenn die verschuldeten Mehrkosten nicht ohnehin genau bestimmt
werden können.
338 ) siehe oben bei § 41 ZPO; ebenso OLG Wien 10.5.1996, 15 R 58/96 = RW0000089.
339 ) vgl OLG Wien 17.12. 1997, 12 R 143/97f; LGZ Wien 5.11. 1992, 48 R 827/92 = MietSlg 44.740;
so wohl auch OGH 16.5. 2002, 8 ObA 185/01s;
340 ) wenn etwa das Beweisverfahren nur zur Frage der Verjährung hätte durchgeführt werden müssen
und Beweisaufnahmen zu e.g. Mängeln aufgrund des Einwandes mangelnder Fälligkeit entbehrlich
gewesen wären.
341 ) so OLG Wien 18.12. 2000, 17 R 229/00x = WR 889; ähnlich auch OLG Wien 24.4. 1991, 14 R
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1.) Formales:
§ 48 unterscheidet sich von § 44 zunächst formell dadurch, dass die
Kostenseparation mit einem gesonderten342 Beschluss343 erfolgt und soll der
Verfahrenskonzentration während des Prozesses344 dienen. Der Zuspruch erfolgt auf
Antrag oder von Amts wegen.
2.) Materielles:
Die Anwendungsvoraussetzungen sind zunächst prinzipiell diejenigen nach §
44, nämlich schuldhaft verspätetes Vorbringen/Beweisanträge.
Über den Anwendungsbereich des § 44 hinausgehend, regelt § 48 aber auch
die Tragung von Mehrkosten, die dem Gegner durch einen in der eigenen Sphäre
gelegenen Zufall erwachsen.
Beispiel 2: Durch einen „Zufall“ in der Sphäre des (in dieser Instanz) Unterlegenen
entstehen beiden Parteien Mehrkosten. Der Unterlegene hat rücksichtlich seiner Kosten
ohnehin keinen Ersatzanspruch, dem Obsiegenden sind seine Kosten – unter der
Voraussetzung des § 41 – schon aufgrund seines Obsiegens zu ersetzen.
342 ) gemeint: nicht in der endgültigen Kostenentscheidung; es spricht aber nichts dagegen den
Beschluss in die Ausfertigung des Urteiles aufzunehmen, zumal der Parteiantrag an keine Frist
gebunden ist; ebenso M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 3 und 6 zu § 48 und Obermaier,
Kostenhandbuch2, Rz 231, der bei Aufnahme in die Endentscheidung überhaupt keinen eigenen
Beschluss fordert, sondern nur die Darstellung in der Begründung (unter Berufung auf Neumann).
343 ) Fucik in Rechberger, ZPO4, Rn 1 zu § 48.
344 ) OLG Wien 12 R 143/97f; Datum offenkundig falsch im Ris erfasst.
345 ) siehe den vergleichbaren Fall zu OLG Wien 13.10. 1997, 15 R 179/97x = WR 822.
346 ) E 5 zu § 48 in Stohanzl, MGA ZPO15; OGH 24.11. 1999, 3 Ob 178/99v = JBl 2000, 462, der diese
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Folgende Fälle sind als „Zufall“ iSd § 48 denkbar, wobei mE die genannten
Entscheidungen z.T. unscharf dort § 48 anwenden, wo eigentlich der Obsiegende
schon aufgrund § 41 keinen Kostenersatzanspruch hat:
-eine Partei bleibt einer Tagsatzung zu ihrer Einvernahme wegen Erkrankung 348 oder
auch sonst ohne Verschulden fern349. Die „genügende Entschuldigung“ der Partei
erspart ihr nicht die Kostenseparation350, sondern hindert bloß die Anwendung des §
381 ZPO351.
-eine Partei kommt einem gerichtlichen Auftrag, konkretes Vorbringen zu einzelnen
Streitpunkten zu erstatten, nicht nach352.
-Ein verspätet beantragter Zeuge macht eine weitere Tagsatzung zur mündlichen
Streitverhandlung notwendig353.
-Zu keiner Kostenseparation führt die genügende Entschuldigung des Zeugen,
welche eine weitere Verhandlung notwendig macht354.
-der Kläger unterliegt – durch Anrufung eines unzuständigen Gerichts – im
Unzuständigkeitsstreit355.
-der Kläger behebt eine unvollständige/unschlüssige Klage erst über Anleitung des
Gerichts356.
-der „informierte Vertreter“ stellt sich als „uninformierter Vertreter“ heraus, weshalb
eine weitere Verhandlung notwendig ist357.
Kostenhandbuch2, Rz 237.
350 ) LG Innsbruck 18.6. 1993, 3a R 244/93 = ZVR 1994/63.
351 ) vgl zu § 381 ZPO und „beruflicher Unabkömmlichkeit“ OLG Wien 17.3. 1995, 3 R 136/94 = ecolex
1996, 924.
352 ) OLG Wien 16.7. 1985, 16 R 184/85 = REDOK 1610
353 ) OLG Wien 13.10. 1997, 15 R 179/97x = WR 822.
354 ) „neutrale Sphäre“, vgl M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 3 zu § 48.
355 ) OLG Innsbruck 21.6. 1993, 1 R 142/93 = ÖJZ-EvBl 1994/76 (auch zur Frage der
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Nicht umfasst sei der Fall, dass die beklagte Partei die klagende Partei
aufgrund zu spät präzisierten Einwendungsvorbringen zur Klagsrücknahme361
veranlasst.
3.) Mehrkosten:
Da die Festsetzung des Kostenbetrages nach freier richterlicher Überzeugung
erfolgt, sei „es nicht von Bedeutung, ob dieser der (frustrierten) Tagsatzung oder der
zusätzlich notwendigen362“.
Dagegen führt eine andere E des OLG Wien mE zutreffend aus, dass die
sinngemäße Anwendung des § 273 ZPO nur bei „unverhältnismäßigen
Schwierigkeiten“ zulässig ist, sodass die Mehrkosten363 einer weiteren Verhandlung
unter Abzug der „sowieso“-Kosten streng zu berechnen sind364.
Jud gewesen sein soll, geht mE nicht hinreichend aus der veröffentlichten E hervor.
362 ) OLG Wien 28.7. 1999, 7 Ra 209/99b = ARD 5069/12/99.
363 ) e.g. dass eine weitere „1. Verhandlungsstunde“ anfällt.
364 ) OLG Wien 13.10. 1997, 15 R 179/97x = WR 822.
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1.) Streitwert:
2.) Kostenverzeichnung:
Bei Kombination obiger Kriterien, ergeben sich folgende Varianten der Verzeichnung
der Berufungskosten einschließlich des Einheitssatzes368:
365 ) zu Beispielen vgl Pochmarski/Lichtenberg, Die Berufung in der ZPO2 (2009), 26f.
366 ) dieser Fall ist jenem der Entscheidung in nichtöffentlicher Sitzung /(mangels Parteiantrages oder
Notwendigkeit des amtswegigen Vorgehens) gleichzuhalten.
367 ) § 501 ZPO, dzt € 2.700,-. Relevant ist dabei der Entscheidungsgegenstand des Erstgerichtes,
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Berufungsverhandlung
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Beispiel 1: Eine Klage von € 8.000,- wird in I. Instanz abgewiesen. Der Kläger beruft
gegen den abweisenden Teil im Umfang eines separaten Anspruches von € 6.000,-, welches
das Berufungsinteresse darstellt. Der Beklagte erstattet eine Berufungsbeantwortung. Gibt
nun das Berufungsgericht der Berufung nicht Folge, so hat er – gem §§ 41, 50 ZPO – dem
Beklagten dessen Kosten für die Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Beispiel 2: Gibt bei demselben Berufungsinteresse das Berufungsgericht der
Berufung teilweise Folge, sodass es einen Teil von € 4.000,- zuspricht, war der Kläger mit
seiner Berufung372 zu 2/3 erfolgreich. Dem Kläger sind somit (2/3 – 1/3=) 1/3 der Kosten
seines Berufungsschriftsatzes und 2/3 seiner Barauslagen (Pauschalgebühren) zu ersetzen.
Var. 2) beide Parteien berufen: Erheben beide Teile Berufung sind (in aller
Regel) die Streitwerte (= Berufungsinteresse) verschieden. Zunächst ist das
Obsiegen jeder Partei wie im obigen Fall für sich allein zu berechnen. In einem
zweiten Schritt sind sodann die zu ersetzenden Kosten gegeneinander zu saldieren.
Beispiel 1: Die Klage auf Zahlung von € 8.000,- wird zum Teil von € 5.000,-
zugesprochen, im Umfang von € 3.000,- wird sie abgewiesen.
Der Kläger beruft gegen die Abweisung von € 2.000,- (die Teilabweisung von €
1.000,- erwächst unbekämpft in Rechtskraft), der Beklagte erstattet Berufungsbeantwortung.
Der Beklagte bekämpft mit Berufung den Zuspruch von € 4.000,- (der Teilzuspruch
von € 1.000,- erwächst unbekämpft in Rechtskraft), der Kläger erstattet seinerseits eine
Berufungsbeantwortung.
Für die Berufung des Klägers (einschließlich Pauschalgebühren) und die darauf
erfolgte Berufungsbeantwortung des Beklagten gilt als Streitwert das Berufungsinteresse von
€ 2.000,-.
Für die Berufung des Beklagten (einschließlich Pauschalgebühren) und die darauf
erfolgte Berufungsbeantwortung des Klägers gilt als Streitwert das Berufungsinteresse von €
4.000,-.
372) zur erforderlichen Neuberechnung der Kosten des Verfahrens I.Instanz, siehe unten.
373 ) OLG Wien 5.11. 1999, 15 R 181/99v = AnwBl 2000/7680; dagegen spricht die Rsp für das
erstinstanzliche Verfahren, dass – unabhängig von der Legung einer Kostennote – ein
Quotenkompensation stattzufinden hat; vgl dazu die E 4 zu § 43 in Stohanzl, ZPO15.
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Die Berufungen sind beide teilweise erfolgreich/nicht erfolgreich: Der Kläger erreicht
einen weiteren Zuspruch von € 1.500,-; der Beklagte erreicht eine weitere Abweisung von €
3.800,-.
Kläger: Der Kläger ist mit seiner Berufung zu 3/4 (€ 1.500,- von begehrten € 2.000,-)
erfolgreich gewesen, sodass er eine Ersatzquote von (3/4 – ¼=) ½ hat, sodass der Beklagte
ihm gem §§ 43 Abs 1, 50 ZPO die Hälfte der Kosten des Berufungsschriftsatzes und ¾ der
Pauschalgebühr zu ersetzen hat.
Beklagter: Der Beklagte ist lediglich mit einem „geringfügigen“ Teil (€ 200,- von €
4.000,-) seines Berufungsinteresses unterlegen, sodass der Kläger ihm gem §§ 43 Abs 2, 50
ZPO seine gesamten Kosten der Berufung (Berufungsschriftsatz, Pauschalgebühr) zu
ersetzen hat.
In einem letzten Schritt sind die somit wechselseitig errechneten
Ersatzansprüche gegeneinander zu saldieren374, sodass – aufgrund des höheren
Berufungsinteresses – in unserem Beispiel der Beklagte letztlich „unterm Strich“
Kostenersatz ansprechen kann.
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Mit der Berufung kann ein Kostenrekurs verbunden werden, welcher teilweise
als „Berufung im Kostenpunkt“ bezeichnet wird376.
Gibt das Berufungsgericht schon der Berufung Folge und ändert377 die
erstgerichtliche Entscheidung ab, so führt dies zur Neuberechnung der Kosten
I.Instanz, auf welche E der Berufungswerber mit seiner Berufung im Kostenpunkt zu
„verweisen“ ist. Dem Kostenrekurs ist damit die Grundlage entzogen, was inhaltlich
einer Zurückweisung gleichkommt, sodass nach einem Teil der älteren Jud 378 der
mögliche Rekurserfolg nach „freier Überzeugung“ zu beurteilen war und die
Honorierung des Rekurses nach § 273 ZPO zu erfolgen hatte.
Ist die Berufung in der Hauptsache erfolglos, sprach die Judikatur bei Erfolg
des – richtigerweise bloß eventualiter erhobenen – „angenommenen“
Kostenrekurses, teilweise die Kosten eines „angenommenen“ Kostenrekurses zu379.
22.2.2005, 1 Ob 9/05p (für den Sonderfall, dass der OGH zufolge Abänderung der zweitinstanzlichen
Entscheidung einen Kostenrekurs „behandelt“); OLG Linz 24.11.2003, 2 R 208/03s = EFSlg 105.594;
OLG Graz 26.9.2006, 5 R 97/06h.
380 ) In Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 6 zu § 50 mit Nachw auf eine E des OLG Wien.
381 ) OGH 17.3.2005, 8 ObA 117/04w; 27.6.2006, 3 Ob 66/06m (unter Berufung aber auch auf 1 Ob
8/06f) LGZ Wien RWZ0000073; anders OGH 22.5.2005, 1 Ob 9/05p unter Ablehnung von 8 ObA
117/04w; vgl auch OGH 7.3.2006, 1 Ob 8/06f; OGH 15.2.2006, 7 Ob 24/06i; LG Leoben RLE0000009.
382 ) OLG Graz 23.11.2005, 3 R 155/05x; 14.9.2006, 4 R 120/06h; 18.10.2007, 4 R 132/07z; OLG
Innsbruck 6.5.2004, 2 R 76/04z; LGZ Wien 23.1.2003, 40 R 311/02k = MietSlg 55.633; OLG Wien
19.11.2004, 9 Ra 96/04k; 9 Ra 97/04g; vgl auch LG Salzburg 23.7.2003, 21 R 162/03z = EFSlg
105.595 für die Rekursbeantwortung; ggt. OLG Linz 24.11.2003, 2 R 208/03s = EFSlg 105.594.
383 ) zumindest für jene – häufigen – Fälle, in welchen sich der Gegner am Berufungsverfahren mit
ausführlich OGH 8.7.2009, 7 Ob 112/09k; ebenso Obermaier, Zur Ersatzfähigkeit der „Berufung im
Kostenpunkt“, AnwBl 2006, 314ff.
385 ) OGH 18.12.2009, 2 Ob 105/09v; 24.8.2010, 2 Ob 141/10i, OGH 2.12.2010, 2 Ob 162/10b (unter
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386 ) Obermaier, Zur Nichthonorierung von Kosteneinwendungen und Kostenrekursen, Zak 2010, 150;
OGH 27.6.2006, 3 Ob 66/06m.
387 ) vorbehaltlich einer weiteren aufhebenden Entscheidung der II. oder III. Instanz.
388 ) OGH 8.6. 2000, 2 Ob 157/00b.
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1.) Allgemeines:
Nach einer E des OLG Wien389 sind die Kosten der Streitverkündigung bei
Obsiegen von dem unterliegenden Gegner nur dann zu ersetzen, wenn die
Streitverkündung aus dem Grund erfolgte, Unterstützung im laufenden Prozess zu
erreichen. Erfolgt die Streitverkündigung lediglich aus dem Zweck der Begründung
zivilrechtlicher Ansprüche gegenüber dem Streitverkündigten, so lägen in den Kosten
für die Streitverkündigung keine notwendigen Kosten iSd § 41.
1991/190.
392 ) e.g. OLG Wien 16.12. 1999, 17 R 207/99g = WR 886; vgl. M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO
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Nebenintervenient seinen Beitritt erst zusammen mit dem Rechtsmittel erklärt sodass „die Hauptpartei
davon keine Kenntnis hatte“. Demgegenüber judiziert der OGH nämlich, dass die Zustellung des
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Beitrittes an die Hauptparteien noch während der Rechtsmittelfrist zu erfolgen hat, um wirksam zu
werden (RS0035977), sodass die „Kenntnis“ der Hauptparteien gegeben ist. Zutreffend sind aber die
Erwägungen M.Bydlinskis in Zusammenhang mit dem eigenständigen Rechtsmittelrecht des
streitgenössischen Nebenintervenienten (a.a.O., Rn 14 zu § 41).
404 ) OGH 25.6.2003, 9 Ob 64/03g = RS0117804.
405 ) vol OGH 2.9.2009, 7 Ob 87/09h, in welche E die Kostenersatzpflicht der Hauptpartei mit der
26.2.2015, 2013/16/0233; die Verzeichnung der Kosten konnte analog § 54 Abs 2 ZPO nachgeholt
werden; vgl OLG Linz 10.1.2018, 1 R 180/17x = RL0000188.
411 ) OLG Wien 4.9. 1987, 14 R 166/87 = REDOK 12.563 mwN; OLG Graz 20.9.2006, 6 R 156/06t =
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VIII. Kostenverzeichnung
§ 54 Abs 1 Var 1:
Rechtzeitig ist in diesem Sinne die Verzeichnung spätestens419 vor dem
„Schluss der Verhandlung“ gem § 193 ZPO. Strenger ist das OLG Graz420, wonach
Aufhebung o.ä.; HG Wien 8.3. 1993, 1 R 315/92 = AnwBl 1993/4482; LG Innsbruck 4.3. 1993, 1a R
107/93 = AnwBl 1994/4706; OLG Wien 29.1. 1987, 14 R 292/86 = REDOK 9820; OGH 14.12.2005, 7
Ob 191/05x; die ggt. Ansicht ist aber auch „vertretbar“ iSd AHG, OGH 23.5. 1984, 1 Ob 10/84 = JBl
1985/171.
420 ) OLG Graz 7.4.2008, 5 R 190/07m.
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eine übliche Vorgangsweise unzulässig ist, dass (in jenem Fall) Kosten eines
vorprozessual eingeholten Privatgutachtens als Gegenforderung eingewendet
werden und „eventualiter als vorprozessuale Kosten geltend gemacht werden“:
Erfolgt hier nur die Verzeichnung in einem Schriftsatz und nicht auch ein weiteres
Mal in der Kostennote, seien diese Kosten nicht ordnungsgemäß verzeichnet.
Wird eine ausdrückliche Schließung der Verhandlung durch den Richter
unterlassen, kann das Kostenverzeichnis nachgetragen werden421.
MGA ZPO), seien als Bescheinigungsmittel ausschließlich Urkunden zulässig (arg. „Belege“), welche
E aber im Exekutionsverfahren erging.
430 ) OLG Wien 4.6.2004, 3 R 10/04v (3 R 11/04s).
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§ 54 Abs 1 Var 2:
Bei (Zwischen-)Verfahren, in denen kein „Schluss der Verhandlung“
vorgesehen ist, etwa in Streitigkeiten über eine beantragte Wiedereinsetzung, in
Rechtsmittelverfahren oder im Provisorialverfahren, sind sinnvollerweise die Kosten
jeder einzelnen Verfahrenshandlung zugleich mit dieser zu verzeichnen (arg. „bei
ihrer Einvernehmung oder gleichzeitig mit dem der Beschlussfassung zu
unterziehenden Antrag“ - § 54 Abs 1 ZPO).
Irrelevant ist es dabei, ob es der Partei bei ihrer Antragstellung subjektiv
erkennbar war, dass ihr Antrag (ohne mündliche Verhandlung438) Erfolg haben würde
und sie daher schon ihre Kosten im Antrag verzeichnen musste439.
Bei Berufungen oder Revisionen hat die Kostenverzeichnung schon im
Schriftsatz selbst zu erfolgen440, allenfalls kann sie bei Stattfinden einer mündlichen
(Revisions-)Berufungsverhandlung erfolgen.
Ra 44/05z = RW0000185.
437 ) Beschluss der Vertreterversammlung des österreichischen Rechtsanwaltskammertages vom
27.9. 2002.
438 ) sofern eine solche eben nicht zwingend ist; etwa im Wiedereinsetzungsverfahren, wo die
mündliche Verhandlung gem § 149 Abs 2 ZPO in das Ermessen des Gerichts gestellt ist.
439 ) OGH Ris-Justiz RS0118140.
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Ebenso hat sie gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlassung eines
Versäumungsurteiles zu erfolgen, sei es, dass dieser schriftlich aufgrund der
Versäumung der Frist zur Klagebeantwortung gestellt wird oder mündlich in einer
Streitverhandlung.
Gegen die Versäumung der rechtzeitigen und vollständigen Legung des
Kostenverzeichnisses ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig441.
Kostenhandbuch2, Rz 93.
443 ) LG Klagenfurt 16.6. 2003, 2 R 162, 163/03f; LG St.Pölten 30.7.1996, 11 R 201/96k = MietSlg
48.637.
444 ) OGH Ris-Justiz RS0117678.
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-Fehler 1: Werden für Leistungen445, welche ihrer Art nach nicht in den Anlagen zum
NKT genannt sind, Kosten „gemäß Normalkostentarif“ begehrt, hat kein (!)
Kostenzuspruch stattzufinden446.
Teilweise werden die Gerichtsgebühren zuerkannt447.
-Fehler 2: Für an sich im NKT enthaltene Leistungen, werden Kosten nach NKT
angesprochen, obwohl der Streitwert über die Höchstbemessungsgrundlage des
NKT hinausgeht.
Ein Teil der Judikatur spricht in diesem Fall überhaupt keine Kosten zu448;
ein anderer Teil der Judikatur den höchsten Ansatz nach dem NKT449.
Wien 12.12.2002, 36 R 434/02v = AnwBl 2003/7868; LGZ Wien 20.4.1998, 46 R 196/98h = EFSlg
88.269.
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„Das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§193) dem Gericht zu
übergebende Kostenverzeichnis ist gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen. Dieser
kann dazu binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen. Auf diese Frist hat die
verhandlungsfreie Zeit keinen Einfluss. Soweit der Gegner gegen die verzeichneten
Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner
Entscheidung zugrunde zu legen.“
Diese Bestimmung wurde mit 1.5.2011 novelliert und lautete wie folgt:
„Das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§ 193) dem Gericht zu
übergebende Kostenverzeichnis ist gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen. Dieser
kann dazu binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen. Soweit der durch einen
Rechtsanwalt vertretene Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten
Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese ungeprüft seiner Entscheidung zu Grunde zu
legen. Ein Kostenersatz für die Einwendungen findet nicht statt.“
„Das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§ 193) dem Gericht zu
übergebende Kostenverzeichnis ist gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen. Dieser kann dazu
binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen. Soweit der durch einen Rechtsanwalt
vertretene Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat
das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Ein Kostenersatz für die
Einwendungen findet nicht statt.“
Grundidee des § 54 Abs 1a ZPO ist, dass im Falle der Unterlassung begründeter
Einwendungen im Verfahren erster Instanz kein Kostenrekurs mehr zulässig ist
mangels Beschwer451. Es soll damit die Dispositionsmaxime auf den
Kostenersatzanspruch „erweitert“ werden452.
Der Anwendungsbereich des neuen Abs 1a bezieht sich zunächst einmal nur auf das
gemäß §193 ZPO am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz
Kostenersatzrecht, ÖJZ 2009/80; präzis liegt freilich keine „Erweiterung der Dispositionsmaxime“ vor,
da es ja schon bisher jeder Partei offen stand, Kosten nicht zu verzeichnen und damit den
gerichtlichen Entscheidungsspielraum zu beschränken („zu disponieren“).
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453 Salficky, Gedanken zu §54 Abs 1a ZPO, AnwBl 2009, 473, .III (freilich entgegen dem
Gesetzeswortlaut).
454 ) OLG Linz 17.12.2009, 1 R 220/09t = AnwBl 2010, 139; ausführlich OLG Graz 30.6.2010, 4 R
57/10z = RIS-Justiz RG0000064 unter Hinweis auf die ggt E OLG Linz 4 R 205/09h = AnwBl
2010/8226, welches eine amtswegige Berichtigung der Kostenbemessungsgrundlage als zulässig
erachtet.
455 ) Höllwerth, a.a.O., Pkt. C) 1.); OGH 13.7.2010, 4 Ob 66/10z.
456 ) OGH RIS-Justiz RS0127127.
457 ) Fucik, Mustereinwendungen gegen das Kostenverzeichnis, ÖJZ 2009/86, Höllwerth, a.a.O., Pkt
C) 2.)
458 ) Fucik, a.a.O., Pkt. A) 1.)
459 ) Höllwerth, a.a.O., Pkt. C) 3.).; Salficky, a.a.O., VI.
460 ) Höllwerth, a.a.O., Pkt. C)5.; Fucik, a.a.O., B) 2.); ggt wohl OLG Innsbruck 2.12.2009, 1 R 211/09b
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dass eine Partei Kostenvorschüsse erlegt hat, welche während des Verfahrens
zumindest teilweise verbraucht werden. Die Partei, welche den Kostenvorschuss
erlegt hat, verzeichnet regelmäßig den gesamten Kostenvorschuss. In der bisherigen
Praxis wurde vom Gericht sodann bei der Kostenentscheidung auf die als nicht
verbraucht rücküberwiesenen Teile des Kostenvorschusses Rücksicht genommen.
Fraglich ist daher, ob der Prozessgegner gegen die Verzeichnung des
Kostenvorschusses in der voll erlegten Höhe jedenfalls Einwendungen erheben
muss, um zu verhindern, dass diese Position in voller Höhe ungeprüft zugesprochen
wird, selbst wenn Teile des Kostenvorschusses als nicht verbraucht rücküberwiesen
werden.
Auch diese Problematik sollte in der Praxis keine besondere Schwierigkeit aufwerfen:
Zum Einen ist es leicht möglich, ohne besonderen Aufwand und ohne besondere
Kosten bereits im Rahmen der Übergabe des Kostenverzeichnisses die (begründete)
Einwendung gegenüber dem Kostenverzeichnis des Gegners zu erheben, dass nicht
sämtliche Kostenvorschüsse verbraucht worden seien. Diese Einwendung löst die
Überprüfungspflicht des Gerichtes aus; es kommt somit zum Kostenzuspruch nur in
Höhe der tatsächlich anerlaufenen Kostenvorschüsse461.
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Tagsatzung
• Nicht zweckentsprechende/notwendige Leistungen wie zB die Verstöße
gegen die Verbindungspflicht nach §22 RATG
• Fälle der Kostenseparation
• Falsche Tarifansätze, zB TP3 statt TP2
• Überhöhte Bemessungsgrundlagen
• Zu hoch wiedergegebene Verhandlungsdauer
• Unzutreffend verzeichnete Umsatzsteuer, zB bei ausländischem
Prozessgegner464
• Fehlen von Belegen, zB für vorprozessuale Kosten
• Fehler bei Verzeichnung von Einheitssatz und Streitgenossenzuschlag,
zB Notwendigkeit der Beiziehung eines auswärtigen Anwalts oder Fälle, in
denen tatsächlich nicht mehr als eine Partei von dem die Kosten
ansprechenden Rechtsanwalt vertreten wird/dieser gegenüberstehen.
• Offenkundige Rechenfehler: Strittig war bei der Erstfassung des § 54 Abs 1a
ZPO, ob auch „offenkundige Rechenfehler“ zu korrigieren waren, wie dies in
der bisherigen Judikatur selbstverständlich war für eine amtswegig
vorzunehmende Reduktion auf die richtigerweise zustehenden Kosten, bei
offenkundigen Rechenfehlern aber auch zu einer Erhöhung des
Kostenersatzanspruches geführt hat465. Während Fucik und Höllwerth davon
ausgingen, dass auch Rechenfehler mangels Einwendungen einer Partei nicht
zu einer Reduktion durch das Gericht führen, sprachen sich Salficky466 und
Mayr467 für eine Pflicht des Gerichtes aus, auch ohne Einwendungen
offenkundige Rechenfehler nach unten zu korrigieren468.
Der VfGH hat in seiner E 3.12.2010, G280/09 ausgesprochen, dass die
Erstfassung des § 54 Abs 1a ZPO verfassungskonform so zu interpretieren
sei, dass „Schreib- oder Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten“
vom Gericht zu korrigieren seien. Dies spricht dafür, dass auch nach der
aktuellen Fassung „offenkundige Schreib- oder Rechenfehler“ korrigiert
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1.) Grundlagen:
a.) Einmaligkeit des Rechtsmittels:
Nach ganz allgemeinen Grundsätzen gilt für jedes Urteil, dass für Rechtsmittel
dagegen die längste in Frage kommende Rechtsmittelfrist gilt, somit die 4-wöchige
Berufungsfrist470.
Somit kann ein Kostenrekurs mit einer gleichzeitig binnen 4 Wochen
eingebrachten Berufung als verbunden werden und ist somit rechtzeitig. Teilweise
findet sich dafür auch die Bezeichnung „Berufung im Kostenpunkt“; dies ist mE nicht
zutreffend, da das Rechtsmittel gegen eine Kostenentscheidung stets ein
„Kostenrekurs“ ist, mag er auch zulässigerweise mit der Berufung verbunden werden
und zulässigerweise binnen 4 Wochen eingebracht werden.
Umgekehrt kann der Kostenrekurs zunächst innerhalb der 14-tägigen
Rekursfrist erhoben werden, und sodann innerhalb der 4 Wochen zusätzlich die
Berufung. Durch die zunächst erfolgte Erhebung des Kostenrekurses ist das
Rechtsmittelrecht gegen die Kostenentscheidung nicht konsumiert471. Entstehen
durch die getrennte Erhebung der beiden Rechtsmittel aber Mehrkosten, so wäre zu
behaupten und zu bescheinigen, warum die getrennte Einbringung iSd § 41 ZPO
notwendig war.
Der binnen 14 Tagen zu erhebende Kostenrekurs ist auch das Rechtsmittel,
wenn – nach Einschränkung des Begehrens auf Kosten – das Gericht über die
Prozesskosten in „Urteilsform“472 entscheidet473.
ist, wird aus § 423 ZPO abgeleitet, wonach bei versehentlicher Unterlassung der Kostenentscheidung
über Antrag ein „Ergänzungsurteil“ zu ergehen hat.
473 ) Ris-Justiz RS0036079; RS0036080 ; LGZ Graz 26.1. 1995, 3 R 4/95 = MietSlg 47.603 ; LG
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b.) Neuerungsverbot:
Im Rekursverfahren gilt das Neuerungsverbot, auch wenn der Rekurswerber
in I.Instanz keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte474.
II. Formales:
1.) Rekurserklärung:
Die Rekurserklärung steckt – in Zusammenhang mit dem Rekursantrag –
den Umfang der Anfechtung ab.
Strittig ist – wie oben dargestellt -, ob bei einer bloß teilweise angefochtenen
Kostenentscheidung für den Rest Teilrechtkraft eintreten kann und somit das „Verbot
der reformatio in peius“ gilt479 oder nicht.
Zutreffenderweise kann aber eine Rekurserklärung unterbleiben, da diese im
Gesetz nirgends gefordert wird (und die Rsp ohnehin auf den Rekursantrag als
maßgebliche Begrenzung der Teilanfechtung und Rechtskraft abstellt).
2.) Rekursgründe:
Rekursgründe für den Kostenrekurs sind – nach ganz allgemeinen Grundsätzen
- folgende:
474 ) stRsp OGH Ris-Justiz RS0042091; Ausnahmen macht die Rsp für das Strafverfahren nach § 355
EO, vgl Ris-Justiz RS0085144, für das Konkursverfahren, vgl OGH Ris-Justiz RS0043943, für das
Außerstreitverfahren, vgl OGH 20.1.2000, 6 Ob 9/00t.
475 ) OGH Ris-Justiz RS0002480.
476 ) Anzumerken ist, dass sich diese Rsp vA auf Rekurse gegen Beschlüsse nach § 519 Abs 1 Z 2
ZPO bezieht, in denen das Verbot der Reformatio in peius keinesfalls gilt.
477 ) so auch stRsp OGH Ris-Justiz RS0043939, RS0043903, sowie RS0043853.
478 ) Vgl Fasching, Lehrbuch2, Rn 2013.
479 ) dafür offenbar HG Wien 25.8. 1993, 1 R 291/93 = AnwBl 1994/4670 arg „[...] hat er den
Gegenstand des Rekursverfahrens [...] beschränkt“ und wohl auch OGH 29.1.2003, 3 Ob 159/02g,
sowie unter Berufung auf den „Dispositionsgrundsatz“ OGH 11.12.2003, 6 Ob 257/03t.
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3.)Rekursantrag
Der Rekursantrag ist nach allgemeinen Grundsätzen zu stellen, sodass bei den
Rekursgründen der Nichtigkeit und (ausnahmsweise auch486) Mangelhaftigkeit des
Verfahrens Aufhebungsanträge zu stellen sind, während bei der Aktenwidrigkeit und
unrichtigen rechtlichen Beurteilung487 Abänderungsanträge zu stellen sind.
ein Gericht II.Instanz (Berufungs- oder Rekursgericht) in einer aufhebenden Entscheidung einen
„Kostenvorbehalt“ verfügte.
485 ) dagegen offenbar implizit (weil einen Verfahrensmangel prüfend) OLG Wien 11.3.2004, 10 Ra
der Verfahrensergänzung durch das Gericht II. Instanz vor, sodass bei Erhebung dieses
Berufungsgrundes primär ein Abänderungsantrag zu stellen ist. Mangels Möglichkeit einer mündlichen
Rekursverhandlung kommt aber im Rekursverfahren eine Abänderung nach Verfahrensergänzung
nicht in Betracht, sodass bei Vorliegen einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens nur die Aufhebung übrig
bleibt.
487 ) Führt die „richtige rechtliche Beurteilung“ dazu, dass Feststellungen fehlen („sekundäre
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4.)Zweiseitigkeit:
Gem § 521a Abs 1 Z 4 ZPO idF BGBl I 98/2001488 ist der Kostenrekurs
zweiseitig, sodass dem Rekursgegner der Kostenrekurs zur Beantwortung binnen 14
Tagen zuzustellen ist.
Da die ebenfalls 14-tägige Frist zur Rekursbeantwortung mit der (nachweislichen)
Zustellung des Kostenrekurses an den Gegner (Gegenvertreter) zu laufen beginnt,
hat auch eine Direktzustellung gem § 112 ZPO nicht zu erfolgen.
496 Abs 3 ZPO) mit Aufhebung vorzugehen ist, was aber von einem Abänderungsantrag mitumfasst
ist.
488 ) in Kraft mit dieser Bestimmung seit 8.8. 2001.
489 ) LG St.Pölten 4.4.2002, 36 R 120/02v mit ausführlicher Begründung.
490 ) in concreto Rekursbeantwortung gegen den Rekurs, mit welchem die Zurückweisung der Klage
wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges bekämpft wird, also vierwöchig gem §§ 521, 521a Z 3 ZPO.
491 ) offenkundig trotz der verschiedenen Frist.
492 ) aA offenbar LG Salzburg 23.7.2003, 21 R 162/02z = EFSlg 105.595 (wonach bei möglicher
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sachgerecht war494, brachte die Neufassung des § 11 RATG, welche bis 31.12.2004
in Kraft war, ein neues System (und neue Probleme) der Bemessung der Kosten
eines Rechtsmittelverfahrens:
Beispiel: Der Kläger beantragt mit seinem Kostenrekurs weitere € 1.000,- vom
Rekursgericht. Der Beklagte beantragt in seinem Rechtsmittelgegenantrag in der
Kostenrekursbeantwortung, dem Kostenrekurs zur Gänze nicht Folge zu geben, versucht
also einen (weiteren) Zuspruch von € 1.000,- abzuwehren. In der Rekursentscheidung ist der
Kläger mit € 400,- weiteren Zuspruch erfolgreich, der Beklagte kann den darüber hinaus
begehrten Zuspruch von € 600,- abwehren.
Dieselbe Situation im Berufungsverfahren würde – wie oben dargestellt – auf Basis
des Streitwertes von € 1.000,- sowohl für Berufung als auch Berufungsbeantwortung, welche
beide eine Bemessungsgrundlage von € 1.000,- haben, zu einem 20%igen Kostenersatz des
Klägers an den Beklagten führen. Der Kläger hat nämlich eine Erfolgsquote von 40%, der
Beklagte eine von 60%, sodass sich eine Ersatzquote von 20% auf Basis € 1.000,- für den
Beklagten ergibt.
494 ) vgl Fucik, Das 2. EURO-JuBeG und seine Zuwaag’, RZ 2001, 213.
495 ) vgl auch OLG Wien 11.3.2004, 10 Ra 136/03y = Ris-Justiz RW0000132.
496 ) Kostenrekurse: TP 3A Z 5. lit. b.
497 ) so auch OLG Graz 9.3.2007, 5 R 40/07b; anders OLG Wien 28.12.2006, 13 R 227/06g und
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Beispiel: Der Kläger begehrt einen weiteren Kostenzuspruch von € 210,-. Der
Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Kläger keine weiteren Kosten
zuzuerkennen, will also den gesamten Anspruch von € 210,- abwehren. Vor dem
Rekursgericht ist der Kläger mit € 140,- an weiteren ersiegten Kosten erfolgreich, der
Beklagte hingegen mit der Abwehr von € 70,-.
Bei der im Rechtsmittelverfahren üblicherweise anzuwendenden Berechnung hätte
der Kläger Anspruch auf Kostenersatz von (2/3 – 1/3=) 1/3, da er selbst zu 2/3 erfolgreich
war.
Im Kostenrekursverfahren hat der Kläger in unserem Beispiel Anspruch auf Kosten
nach TP 3A auf Basis € 140,-; der Beklagte hat demgegenüber gem § 11 RATG nur
Anspruch auf Barauslagenersatz, da er weniger als € 100,- abwehrte.
X. Vorprozessuale Kosten:
und Inkassospesen, AnwBl 1992, 701; M.Bydlinski, Der Anspruch auf Ersatz „vorprozessualer
Kosten“, ÖJZ 69, 143; Mathes, Übersicht über die jüngste Judikatur zur Geltendmachung von Mahn-
und Inkassospesen, NetV 1998, 30; Illedits Vorprozessuale Mahn- und Inkassospesen, RdW 1997,
182; Mohr, Zum legislativen Handlungsbedarf betreffen den Ersatz für Mahn- und Inkassokosten,
RdW 1998, 533; Hofmann, Vorprozessuale Kosten aus dem Titel „Vereinbarung“ oder
„Schadenersatz“, RZ 1997, 52.
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Die dazu vertretenen Ansichten und die dazu ergangene Judikatur ist vielfältig,
weshalb hier nur soweit darauf eingegangen sein soll, als sie zum Verständnis der
nunmehrigen Rechtslage notwendig bzw. auch weiterhin anwendbar ist.
1.) Problemstellung:
Unstrittig ist, dass meist schon vor Klagseinbringung dem Kläger als Gläubiger
Kosten für seine Rechtsverfolgung erwachsen. Dies können Kosten für eigene
Mahnschritte, Privatgutachten, gerichtliche Beweissicherungsverfahren, Kosten für
das Einschreiten eines Inkassobüros oder letztlich Kosten des Einschreitens des
Klagevertreters sein, deren Ersatz der Kläger naturgemäß möglichst weitgehend
begehrt505.
Die Geltendmachung hat üblicherweise als Teil der (prozessualen)
Kostenforderung, somit mit der Kostennote bzw. in der Mahnklage zu erfolgen,
manchmal stellen diese Kosten einen eigenen Schadenersatzanspruch dar:
Die Grenzziehung, ob vorprozessual dem Kläger (Gläubiger) erwachsene
Kosten nun einen eigenen Schadenersatzanspruch darstellen, oder (mit der
Kostenforderung akzessorisch zum Hauptanspruch geltend zu machende)
„vorprozessuale Kosten“, ist wie folgt zu beantworten506:
Ist im Zeitpunkt der Aufwendungen der Schädiger unbekannt, so werden
„Selbstinformationskosten“ (zur Sachverhaltsermittlung) des Geschädigten nicht in
Vorbereitung eines konkreten Prozesses aufgewendet und sind daher
Schadenersatz (Hauptforderung)507.
Gleiches gilt, wenn an den kostenverursachenden Maßnahmen ein „über die
Vorbereitung des Prozesses hinausgehendes Interesse“ des Geschädigten gegeben
ist, etwa wenn er nicht bloß durch ein Privatgutachten die Schadenshöhe feststellen
will (zur Berechnung der Klagsforderung), sondern Möglichkeiten zur
Schadensbehebung überprüfen will508.
Ist aber der Schädiger bekannt und wird durch ein Gutachten, welches die
Schadenshöhe darlegt oder sein Verschulden beurteilt, der Prozess vorbereitet, ist
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für diese Kosten der selbständige Rechtsweg unzulässig; d.h. sie sind „akzessorisch“
zum Hauptanspruch in der Kostennote geltend zu machen509.
509) vgl OGH Ris-Justiz RS0035826; dabei auch keine Änderung durch § 1333 ABGB.
510 ) ob berechtigt oder nicht, sei hier dahingestellt.
511 ) Erst § 244 Abs 2 Z 4 ZPO idF ZVN 2002 ordnet eine Schlüssigkeitsprüfung vor Erlassung des
Zahlungsbefehles an, wodurch der Streit in der L beendet wird; vgl zu Nachweisen dazu Fucik in
Rechberger, ZPO4, Rn 4 zu § 244.
512 ) zur Frage der „Nebengebühren“ iSd § 54 JN, unten.
513 ) da in der ZPO bzw. den Verfahrensgesetzen begründet.
514 ) OGH Ris-Justiz RS0111906.
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Entscheidung über den Hauptanspruch auch über die Kosten zu entscheiden ist
(welche eben nicht Teil des Hauptanspruches sind).
Kosten sind daher – solange der Hauptanspruch noch theoretisch besteht –
öffentlich-rechtlicher Natur, sodass einer gesonderten Einklagung die „Unzulässigkeit
des Rechtsweges“ entgegensteht515.
Um nun das oben genannte Ziel zu erreichen, Kosten als Teil des Kapitals
geltend machen zu können, mussten nun Argumente gefunden werden, um die
Akzessorietät „aufzuheben“, den Kostenersatzanspruches seines „öffentlich-
rechtlichen Charakters zu entkleiden“ und ihn zu einem materiell-rechtlichen
Anspruch zu machen. Dazu stehen prinzipiell sämtliche Rechtsinstitute des
bürgerlichen Rechts offen:
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a) ersatzfähige Kosten:
Die EB zur RV524 wollen unter Berufung auf M.Bydlinski dem § 1333 ABGB
jene Aufwendungen unterstellen, welche nicht auf einer „aktuellen
Prozessvorbereitung“ dienen, sondern zur Realisierung der Forderung auf
außergerichtlichem Wege, also gerade der Prozessvermeidung durch
außergerichtliches Inkasso.
Somit werden die ausdrücklich genannten „notwendigen Kosten
zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- und
Einbringungsmaßnahmen“ nunmehr nicht mehr (in die Kostennote aufzunehmende)
„vorprozessuale Kosten“, sondern ein materiell-rechtlicher Schadenersatz sein.
ÖNB.
524 ) 1167 der Blg. NR, XXI GP.
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b) Materielles:
Neben den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des rechtswidrigen
Verzuges nach Fälligkeit der Forderung und des Verschuldens531, muss der
Gläubiger/Kläger der Inkassokosten nun zur Anwendbarkeit des § 1333 Abs 3 ABGB
auch die – aus § 41 ZPO bekannten – Voraussetzungen der Notwendigkeit und
Zweckentsprechung behaupten532.
Als weiteres Tatbestandsmerkmal sieht § 1333 Abs 3 ABGB auch vor, dass
die Kosten in einem „angemessenen Verhältnis“ zur betriebenen Forderung stehen.
525 ) OGH Ris-Justiz RS0035826; ausdrücklich zur Rechtslage zufolge § 1333 ABGB OGH 7.2.2006, 5
Ob 212/05w.
526 ) vgl OGH 17.1. 2001, 6 Ob 98/00f mwN.
527 ) LG Linz 12.8. 1999, 11 R 241/99m = AnwBl 2000/7677; ggt. LG Linz 28.4. 2000, 11 R 143/00a =
AnwBl 2000/7700.
528 ) vgl LGZ Wien 1.2.2000, 39 R 559/99z = MietSlg 52.700, wonach nur dann ein Privatgutachten
ersatzfähig ist, wenn ein Beweissicherungsverfahren nicht möglich; insb. rechtfertigt die Abschätzung
der Klagsforderung regelmäßig nicht die Einholung eines Privatgutachtens, da das Kostenrisiko durch
§ 43 Abs 2 ZPO ohnehin minimiert ist; großzügiger OLG Linz 18.5. 1994, 2 R 65/94 = EFSlg 76.019
für ein GA über Notwendigkeit und Kosten einer kosmetischen Operation; vgl im übrigen die Nachw zu
E 28 zu § 41 ZPO in Stohanzl, MGA ZPO15
529 ) OLG Graz 24.11.2000, 2 R 139/00d (nv); ähnlich LGZ Wien 1.2.2000, 39 R 559/99z = MietSlg
52.700.
530 ) vgl LGZ Wien 16.5.2002, 38 R 7/02i = MietSlg 54.597.
531 ) allenfalls kommt im vertraglichen Bereich § 1298 ABGB zur Anwendung;
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Gläubiger/Kläger:
-Schadenseintritt/Kausalität/Adäquanz: durch Nachweis der Zahlung oder zumindest
Entstehung der Forderung536 im Rahmen der zulässigen Tarife der Vo BGBl
141/1996537
-Rechtswidrigkeit: Nichtzahlung einer fälligen538 Schuld
-Notwendigkeit/Zweckentsprechung539: -warum nicht gleich ein Anwalt? Warum die
konkreten Inkassoschritte, insb. bei mehreren unbeantworteten Mahnschreiben?
-Angemessenheit: im Verhältnis zur betriebenen Forderung
zum Eintritt der Fälligkeit und damit des Verzuges des Schuldners der zahlenmäßig bestimmten
Einmahnung.
539 ) die EB sprechen – mE nach den allg. Prinzipien zur Behauptungslast unzutreffend – von
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Schuldner/Beklagter
-mangelndes Verschulden540:
-Verstoß gegen Schadensminderungsobliegenheit
c) Formales:
Die Inkassokosten sind nach den EB als „Nebenforderung“ nach § 54 Abs 2
JN geltend zu machen543), d.h. sie zählen nicht zur Bemessung des Streitwertes544).
Strittig ist545), ob ein Unterliegen des Klägers mit Inkassokosten, nun kostenrechtlich
einen teilweisen Erfolg des Beklagten darstellt oder ob dies für die
Kostenentscheidung irrelevant ist546.
In der Judikatur des OGH verschieden behandelt wird die Frage, ob die
Regelungen des § 1333 ABGB idF ZinsRÄG rückwirkend oder nur für seither
entstandene Inkassokosten547 gelten.
Strittig ist, ob sich ein tw. Unterliegen mit solchen Nebengebühren kostenrechtlich
auswirkt548; d.h. ob eine Abweisung des Klagebegehrens auf Nebengebühren zu einer Kostenteilung
nach § 43 Abs 1 ZPO führt549 oder nicht550.
St.Pölten 19.9. 2002, 36 R 287/02b = Ris-Justiz RSP0000016; ggt. Huter, Die Geltendmachung von
Inkassospesen nach dem ZinsRÄG, AnwBl 2003, 646ff.
544 ) LGZ Wien 16.12. 1994, 43 R 4157/94 = EFSlg 75.957.
545 ) Zur parallelen Diskussion bei den Nebengebühren „Zinsen“, s.o.
546 ) so etwa LG Salzburg 7.3.2007, 22 R 63/07d = RIS-Justiz RSA0000046 (inkonsequent daher in
ggt. noch LG St.Pölten 19.9. 2002, 36 R 287/02b = Ris-Justiz RSP0000016 und nunmehr 28.8.2003, 8
Ob 25/03i; obiter auch OGH 20.2.2004, 1 Ob 46/03a.
548 ) s.o.
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Für das „anwaltliche Mahnschreiben551“ hat sich nach einem Teil der Rekursgerichte –
mangels Änderung des RATG – keine Neuerung ergeben, sodass dieses weiterhin gem § 23 RATG
im Einheitssatz gedeckt ist und der Rechtsweg dafür unzulässig ist 552. Anders judizierte das LG
Salzburg und andere Rekursgerichte553: „[...] Ob und inwieweit bei einer Deckung von Mahnschreiben
durch den Einheitssatz ein Schade auf Seiten des Gläubigers entstehen kann, stellt damit eine
materiell-rechtliche Frage dar, die zur Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges, die allein
ausgehend von den Behauptungen in der Klage zu erfolgen hat, nicht näher zu prüfen ist.[...]“, welche
auch das anwaltliche Mahnschreiben dem § 1333 ABGB unterstellen.
Nunmehr hat der OGH klargestellt, dass das „anwaltliche Mahnschreiben“
nicht § 1333 ABGB zu unterstellen ist, sondern weiterhin als „vorprozessuale Kosten“
in der Kostennote geltend zu machen ist554.
Allerdings hat das OLG Graz jüngst ausgesprochen, dass eine Vereinbarung, wonach der
Beklagte die „Mahn- und Inkassokosten“ zu tragen hat 555, auch für das anwaltliche Mahnschreiben die
Akzessorität aufhebt, sodass dessen Kosten als Nebenforderung geltend gemacht werden können556,
welche E meiner Meinung nach problematisch ist, da das vorprozessuale Mahnschreiben nach der
LeitE des OGH 20.10.2005, 3 Ob 127/05f dem § 23 Abs 4 RATG zu unterstellen ist und gem § 40
ZPO der prozessuale Kostenersatz nach dem RATG gegenüber dem Gegner einer
Parteienvereinbarung nicht zugänglich ist.
549 ) Huter, Geltendmachung von Inkassospesen nach dem ZinsRÄG, AnwBl 2003, 646 ff bejaht dies;
er sieht allerdings die Inkassospesen nicht als Nebenforderung nach § 54 JN, sondern als Teil der
Hauptforderung.
550 ) ausdrücklich gegen eine Berücksichtigung bei der Kostenentscheidung LG Salzburg Ris-Justiz
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RI0000135, OLG Graz 28.3.2007, 3 R 11/07y, wonach nur Verhandlungstätigkeit mit der Gegenseite
zu ersetzen sei.
562 ) vgl Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 366.
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Die Frage, ob ein vorprozessualer Teilvergleich die Akzessorietät der auf die
verglichenen Ansprüche entfallenen Kosten aufhebt oder nicht, ist strittig563. Wichtig
ist aber, dass bei (prozessualen oder vorprozessualen) Teilvergleichen ein
Vorbehalt der Kosten erklärt wird, da ansonsten gem § 47 ZPO (analog) die auf die
mit Teilvergleich verglichenen Ansprüche entfallenen anteiligen Kosten als verglichen
gelten564.
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XII. Einzelfälle
-Partei hat Wohnsitz im Ausland: Mehrkosten für nicht am Sitz des Prozessgerichtes
ansässigen Anwalt nicht zu entlohnen582
-Kosten des auswärtigen Anwalts nur zu ersetzen, wenn über das bloße besondere
Vertrauen hinaus objektive Gründe auf Seiten des Klägers vorliegen, die Vorteile im
Prozess erwarten lassen. Beispielsweise liegen solche Umstände vor, wenn dieser
Anwalt bereits im Vorfeld des Prozesses eingehend befasst wurde oder er sonstige
interne Kenntnisse des Sachverhaltskomplexes besitzt, der mehreren Prozessen an
unterschiedlichen Gerichtsorten zugrunde liegt583
-Streitverkündigung nur zu ersetzen, wenn sie dazu dient, durch den Dritten
Unterstützung im Prozess zu erhalten, nicht aber wenn sie der Begründung
zivilrechtlicher Ansprüche dient584
-stattgegebener Vertagungsantrag (§ 48 iVm § 142 ZPO)585
-gesonderte Klagen, wenn gemeinsame Erhebung möglich (§ 22 RATG iVm § 227
ZPO)586
-Kosten für Intervention beim Grundbuchsgericht zur Beschaffung von
Grundbuchsabschriften und Mappenkopie, da durch Partei möglich587
-Kosten des Aufforderungsschreibens nach § 8 AHG seit WGN 1989588
-Kommission zur Überprüfung, ob KB eingebracht wurde589
-Kosten für Beweissicherungsverfahren, das nur für Eventualbegehren relevant war,
welche (aufgrund der Stattgebung des Hauptbegehrens) nicht schlagend wurde590
126/07t = WR 1039.
587 ) OGH 16.11. 1995, 8 Ob 523/95
588 ) OLG Wien 18.9. 1995, 14 R 122/95; 22.4. 1999, 14 R 70/99p = AnwBl 1999/7601.
589 ) OLG Innsbruck 11.2. 1994, 4 R 34/94 mwN.
590 ) OGH 24.4. 1991, 1 Ob 561/91.
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591 ) OLG Wien 8.11. 2000, 12 R 197/00d = WR 879 mwN; OLG Linz 3.4.2003, 1 R 36/03z = EFSlg
105.617.
592 ) OLG Wien 15.1. 2003, 14 R 264/02z = WR 950 mwN
593 ) weitere Nachweise bei M.Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO II/13, Rz 27 zu § 41.
594 ) OLG Wien 28.6.2000, 17 R 133/00d = WR 905 (zum alten AußStrG); nunmehr auch jüngst Mohr,
194/97w = WR 842; 30.8.2005, 13 R 12/05p = SV 2005, 243; OLG Innsbruck 2.12.2003, 1 R 216/03d
= SV 2004, 112 = RI0000123; LGZ Wien RpflSlg 1989/35 = E 180 zu § 74 in Angst/Jakusch/Mohr,
EO14; LG Eisenstadt 16.5.1997, 13 R 143/97w = E 62 zu § 39 in Krammer/Schmidt, GebAG3.
596 ) OLG Wien 31.5.2007, 13 R 108/07b = RIS-Justiz RW0000386; OLG Wien 14.10.2002, 16 R
OLG Wien 21.12.1990, 15 R 211/90 = EFSlg 63.990; 14.11.2001, 14 R 50/01b = EFSlg 98.078; OLG
Graz 9.3.2007, 5 R 40/07b; vgl Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 386.
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2.) TP 1
-Einspruch des Masseverwalters, bei Klagserhebung nach Konkurseröffnung609
-vom Gericht aufgetragene Äußerung zum Delegierungsantrag610
-TP 1 I lit. d) Urteilberichtigungsantrag611 iVm § 11 RATG für Bemessungsgrundlage
bzw. Äusserung zum Berichtigungsantrag612
-TP 1 lit. a)Urkundenvorlage613;
-Antrag auf Gutachtenserörterung (ohne Fragenbekanntgabe)614
-schriftliche Klagseinschränkung615
-Halteranfrage gem § 47 Abs 2a KFZ (im Besitzstörungsverfahren)616
-Vollmachtsbekanntgabe617
-Beitrittserklärung des Nebenintervenienten618
3.) TP 2
602 ) OLG Wien 20.9.1988, 11 R 131/88 = WR 373 (unter Berufung auf das AußStrG „alt“); 13.4.1999,
14 R 16/99x (obiter).
603 ) OGH 20.6.2006, 1 Ob 111/06i = RS0120882.
604 ) LGZ Wien 27.11.2001, 41 R 299/01a = MietSlg 53.662.
605 ) OGH 20.6.2007, 7 Ob 76/07p.
606 ) OGH RIS-Justiz RS0125382; LG Ried 11.10.2013, 6 R 98/13y
607 ) OGH 24.7.2013, 9 ObA 33/13p.
608 ) LG Ried 11.10.2013, 6 R 98/13y
609 ) OLG Wien 11.3. 1996, 8 Ra 112/95 mwN; anders OLG Innsbruck 27.4.2005, 1 R 97/05g = ZIK
ist).
616 ) LG Eisenstadt 11.9.2007, 13 R 84/07m = RIS-Justiz RES0000141.
617 ) OGH 20.3.2003, 6 Ob 10/03v.
618 ) OGH 21.2.1995, 5 Ob 506/95; anders: OGH 24.10.2012, 8 Ob 39/12m (TP 2).
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619 ) OLG Wien 27.8.1999, 12 R 130/99x = Ris-Justiz RW0000339; OLG Wien 23.5.2003, 5 R 86/03h
= WR 964; OLG Innsbruck Ris-Justiz RI00000120.
620 ) OLG Wien Ris-Justiz RW0000296; anders OGH 21.7.2004, 3 Ob 126/04g; OGH 2.9. 1999, 2 Ob
12.8.2005, 13 R 68/05y = Ris-Justiz 0000200; LGZ Wien 12.3.2003, 45 R 722/02p = EFSlg 105.586;
ggt. (nicht zu honorieren trotz Verlesung) OGH 28.10.2009, 7 Ob 94/09p; OGH 1.9.2005, 2 Ob
155/05s unter Hinweis auf M.Bydlinski in Fasching/Konecny II/12, Rz 25 zu § 41; LG Salzburg
12.4.2006, 21 R 600/05i = EF-Z 2006/59; LG Klagenfurt 14.12.2007, 1 R 296/07k = RIS-Justiz
RKL0000039.
624 ) LG Ried 19.5. 1998, 6 R 198/98d; LG Eisenstadt 22.6.2004, 13 R 130/04x = Ris-Justiz
RES0000025; OLG Wien 25.1.2005, 13 R 260/04g = Ris-Justiz RW0000175 mwN, anders noch OLG
Wien 13 R 14/04f.
625 ) OLG Wien 28.6.2001, 17 R 111/01w = WR 908; 27.9. 2001, 14 R 171/01x = WR 908; OLG Wien
MietSlg 53.658.
630 ) LGZ Wien 22.10.2002, 39 R 271/02w = MietSlg 54.600; LGZ Wien 5.4.2003, 41 R 59/03k =
MietSlg 55.634.
631 ) OLG Wien 23.5.2001, 17 R 79/01i = WR 907; OLG Graz 17.3.2006, 2 R 35/06v.
632 ) OLG Linz 26.8.2001, 4 R 153/01x = EFSlg 101.898.
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4.)
a) TP 3A
-TP 3 A I 1. lit. d) aufgetragener Beweisantrag644 (wohl größeren Umfanges)
-Klage auf Kündigungsentschädigung, da es sich um einen Schadenersatzanspruch
handelt645
-Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung646; zu beachten ist dabei die
RATG-Novelle durch BGBl I 113/2003, wonach verfahrenseinleitende Schriftsätze –
OLG Graz 12.10.2010, 2 R 184/09k = RG0000062; OGH 2.12.2010, 2 Ob 162/10b; anders LGZ Graz
2.8.2011, 5 R 87/11t (nv) für einen GA-Erörterungsantrag mit umfangreichem Fragenkatalog und HG
Wien 24.7.2016, 60 R 30/16s = RWH0000046 (TP3A).
637 ) OLG Wien 27.6.2008, 13 R 98/08i = WR 1040; OLG Graz 12.1.2022, 3 R 137/21y.
638 ) OLG Wien 30.1.2006, 9 Ra 126/05y = RW0000219.
639 ) LGZ Graz 10.1.2003, 3 R 5/03g = MietSlg 55.629; LGZ Wien 22.1.2003, 39 R 13/03f = MietSlg
55.632.
640 ) LGZ Wien 14.1.2003, 40 R 6/03h = MietSlg 55.631.
641 ) OGH 27.09.2001, 5 Ob 159/01w; OLG Linz 02.06.1993, 2 R 72/93; OGH 22.11.2007,
8 ObA 14/07b; LGZ Wien 38 R 347/18p = MietSlg 71.564; LGZ Wien 38 R 347/18p = MietSlg 71.564.
642 ) OGH 27.6.2013, 6 Nc 10/13t
643 ) OLG Innsbruck RI0100068.
644 ) OGH 13.8. 1998, 2 Ob 2182/96p
645 ) OLG Wien 13.3. 1998, 7 Ra 21/98d
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abhängig davon, ob eine kurze Darstellung des Sachverhaltes möglich ist, nach TP 2
oder TP 3 zu entlohnen647.
-Klage wegen rückständiger SV-Beiträge aufgrund von Bürgschaft648
-Räumungsklage immer TP 3A (unabhängig von Umfang)649
-Schadenersatzklage immer TP 3A650
-Drittschuldnerklage auf Pensionsversicherungsansprüche651
-Klage auf Kündigungsentschädigung652
-„leerer“ Einspruch und nachfolgender VSS653
-Einspruch des Masseverwalters gegen den aufgrund nach Konkurseröffnung
eingebrachter Klage ergangenen Zahlungsbefehl654
-(auch nicht) aufgetragene Stellungnahme zum Wiedereinsetzungsantrag655
-Klage der WEG auf Aufwandsersatz gegen WE-Eigentümer656 oder auf
Betriebskosten657
-Klage auf Rückersatz zuviel bezahlten Unterhalts658
-GA-Erörterungsantrag mit (aufgetragenem) Fragenkatalog659
c)TP 3 C
-Äußerungen im Vorabentscheidungsverfahren660
5.) TP 4
-TP 4 I 3 letzter HS: Privatbeteiligtenanschluss-Erklärung661
646 ) OLG Graz 9.3.2007, 5 R 40/07b; OLG Linz 18.8. 1994, 3 R 155/94 = AnwBl 1995/5070;
12.11.2001, 2 R 230/01h = EFSlg 98.044; LGZ Wien 11.7.2002, 34 R 377/02x = MietSlg 54.598; OLG
Wien 9.3.1996, 17 R 43/96k = EFSlg 82.164; anders OLG Wien 1.4. 1935, 4 R 196/35 = EvBl
1935/397; OGH 11.4. 1991, 6 Ob 519/91 = AnwBl 1992, 239 (im ES gedeckt); OLG Wien 14.11.2001,
17 R 220/01z = EFSlg 98.046; ausführlich OLG Wien 14.5. 1997, 14 R 234/96a (TP 1); OLG Wien
28.2. 1998, 7 Rs 320/98z = RW0000301 und 28.3. 2001, 15 R 28/01z = AnwBl 2001/7770 (TP 2); die
Höhe offen lassend, aber ersatzfähig OLG Wien 28.3.2001, 15 R 28/01z = EFSlg 98.043; OLG Wien
29.8.1989, 12 R 166/89 = WR 405; vgl auch ausführlich Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 383.
647 ) vgl dazu Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 383.
648 ) OLG Wien 30.8. 1996, 7 Ra 195/96i.
649 ) LG Innsbruck 8.9. 1992, 1a R 414/92 = MietSlg 44.734.
650 ) LG Leoben 21.5. 2003, 1 R 216/99b = RLE0000001.
651 ) OLG Wien 7.10.2002, 8 Ra 307/02d = EFSlg 101.762.
652 ) OLG Wien 21.4.2004, 9 RA 44/04p = RW0000145.
653 ) OLG Wien 25.4.2005, 8 Ra 27/05g = RW0000188; LG Ried 31.1.2006, 6 R 6/06h =
RRD0000021.
654 ) OLG Innsbruck 27.4.2005, 1 R 97/05g = ZIK 2005/239.
655 ) LGZ Wien 15.6.2005, 38 R 49/05w, 38 R 134/05w.
656 ) LGZ Graz 15.5.2003, 3 R 67/03z = MietSlg 55.630.
657 ) HG Wien 27.3.2006, 50 R 13 /06b (nv).
658 ) LGZ Wien 24.8.2005, 45 R 335/05f = MietSlg 111.901.
659 OGH 2.12.2010, 2 Ob 162/10b; OLG Innsbruck 13.3.2018, 4 R 27/18d = RI0100056.
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6.) TP 5
-Kosten eines Substitutionsschreibens an einen ausländischen Anwalt nach TP 5
oder TP 6; Kosten des ausländischen Anwalts sind Barauslagen oder Kosten (e.g.
für Beweistagsatzung) nach öRATG zzgl. 50% (60%) ES662
-TP 5 oder 6: Aufforderungsschreiben an Haftpflicht-Vers (ausdrücklich nicht TP
3A)663
8.) Varia
-bei Hypothekarklage hat Kostenzuspruch ohne Beschränkung der Haftung auf die
Pfandsache zu erfolgen668
-§ 10 Z 2 RATG ist zwingend669, wobei tw. teleologische Reduktion auf „Streitigkeiten
aus Bestandverträgen“ gefordert wird, sodass § 10 RATG bei
Räumungsstreitigkeiten, denen kein Bestandvertrag zugrunde liegt, nicht zur
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670 ) LGZ Wien 10.12.1992, 41 R 864/92 = MietSlg 44.739; ggt. noch LGZ Wien 17.1.1991, 41 R
769/90 = MietSlg 43.454
671 ) OGH 2.9.2002, 9 ObA 189/02p; ggt. OLG Wien 27.8.1999, 7 Ra 269/99a
672 ) OLG Graz 14.9.2006, 4 R 120/06h; LGZ Wien 15.11.1989, 42 R 111/89 = EFSlg 60.756.
673 ) OLG Wien RW0000175, OLG Wien 28.12.1995, 4 R 192/95 = WR 750; OLG Wien 00.11.1995
Eisenstadt RES0000099; auch das LG Feldkirch stellt in RFE0000161 nur auf die – prinzipiell zur
Wahrung des rechtlichen Gehörs immer vorzunehmende – Ladung ab.
677 ) dies kann zum Schluss führen, dass auch das Honorar nach TP 7 mit dem möglichen Honorar
nach TP 3A.III zu „deckeln“ ist, um einen „Wertungswiderspruch“ zu vermeiden; der andere Schluss
wäre einfach, auch das Honorar nach TP 3A.III eben als zeitabhängig zu interpretieren.
678 ) vgl LG Wels 19.11.2008, 22 R 379/08d = RIS-Justiz RWE 000024 mit ausführlicher Darstellung
der divergenten Rsp und L; für einfachen ES OLG Wien RIS-Justiz RW0000444.
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1.) Exekutionsantrag
a) nur Zwangsversteigerung:
Keine Kosten stehen zu für eine Grundbuchsabfrage bzw. für die Vorlage
einer Grundbuchsabschrift, da gem § 55a EO das Gericht die Einsicht in das
Grundbuch von Amts wegen vorzunehmen hat690. Insofern der Betreibendenvertreter
für sich selbst Erhebungen des Grundbuchstandes vorzunehmen hat, sind diese
durch den doppelten ES abgegolten691.
b) Normalkostentarif692:
-Anlage XII. für Zwangsversteigerung von Liegenschaften ohne weitere
Exekutionsmittel
Graz; e.g. 21.7. 2003, 4 R 245/03h; 17.4.2003, 4 R 76/03f; ggt. LG St.Pölten 29.3.2004, 7 R 23/04v;
LG Leoben 9.12.2004, 32 R 147/04v = Ris-Justiz RLE0000015; LG Klagenfurt 12.4.2007, 1 R 101/07h
mwN.
691 ) Mini, a.a.O, 33; Heller/Berger/Stix, EO4, 723.
692 ) Vo des Bundesministers für Justiz über den Normalkostentarif, BGBl II Nr. 641/2003.
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d) Verbindungspflicht:
Monate) LG Linz Ris-Justiz RLI0000023; LGZ Wien 31.7.2002, 46 R 282/02i = EFSlg 102.290; LGZ
Wien 29.5.2002, 47 R 306/02a = EFSlg 102.292: LGZ Wien 31.3.1995, 46 R 60/95 = EFSlg 79.306;
LG Klagenfurt 31.1.1992, 1 R 53/92 = ÖJZ (EvBl) 1992, 151; OGH Ris-Justiz RS0000563;
RS0000560; RS0002203; ggt – zeitlich uneingeschränkte Verbindungspflicht – LGZ Graz bei E
53 in Angst/Jakusch/Mohr, EO14, E 53 zu § 74..
697 ) bzw. nur in der Differenz wie bei gemeinsamer Einbringung; LGZ Wien 29.5.2002, 47 R 306/02a
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rechtsgeschäftlichen Pfandrecht – die Schätzung die „erste Möglichkeit“ ist, dass die
betreibende Partei die Liegenschaft kennenlernt704. Das bloße Ankreuzen formelhaft
vorbereiteter theoretischer Möglichkeiten auf der Kostennote ohne Bezug auf den
konkreten Akt reicht nicht aus705.
Nach Mini706 sei der Zuspruch nach TP 7 (2) bei der Realexekution für die
Befundaufnahme jedenfalls (ohne weitere Voraussetzungen) gerechtfertigt.
Lädt der Sachverständige die Parteien/Beteiligten wird tw. der Zuspruch nach
TP 3A RATG judiziert707, ohne dass weitere Voraussetzungen dafür vorliegen
müssen, wie etwa dass die Ladung durch das Gericht nicht bloß zur Wahrung des
rechtlichen Gehörs der Partei erfolgte, sondern um Mitwirkungshandlungen 708
seitens der Partei zu erreichen709. Es handelt sich bei dem Ansatz nach TP 3A um
einen stundenabhängigen Ansatz und keine Pauschale710.
Findet die Schätzung aber am Gerichtsort statt, hat ein auswärtiger Anwalt,
der eine am Gerichtsort ansässige Partei vertritt711, die „Notwendigkeit“ seiner
Beiziehung zu behaupten und zu bescheinigen712, e.g. das besondere
Vertrauensverhältnis aus der Vertretung in anderen Causen, etc713.
4.) SV-Gebühren:
RA beauftragt.
712 ) allgemein OGH Ris-Justiz RS0036203.
713 ) tw. ist die Judikatur noch strenger und verlangt auch die Behauptung und Bescheinigung, warum,
die Verrichtung der Schätzung durch einen Substituten nicht tunlich war; vgl LG Salzburg Ris-Justiz
RSA0000029 zur Fahrnisexekution.
714 ) OLG Wien 26.1.1998, 14 R 194/97w = WR 842; OLG Innsbruck 2.12.2003, 1 R 216/03d;
715 ) § 41 Abs 3 GebAG; OLG Wien 14.10.2002, 16 R 203/02v = WR 954;
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Ausnahmsweise sind vom Verpflichteten (bzw. aus dem Meistbot) die Kosten der
Anmeldung bzw. Meistbotsverteilungstagsatzung zu ersetzen, wenn im
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einen Richter ein prätorischer Vergleich als „streitige Erledigung“ für die interne
Auslastungsberechnung „wertvoll“ ist.
726 ) so schon VwGH 9.9.1993, GZ 92/16/0028 (hier: Vergleich wurde im Rahmen der mündlichen
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wird „Die Partei schließen sodann einen prätorischen Vergleich, der gesondert und
maschinell protokolliert wird. Ende: 11.00 Uhr Dauer 4/2 Stunden 727" oder wenn
ein von den Parteien vorbereiteter Vergleichstext zum Teil des
Verhandlungsprotokolls der vorgesehenen Tagsatzung gemacht wird 728, wenn ein
am Prozess nicht als Partei beteiligter Dritter einem Prozessvergleich der Parteien
zulässigerweise beitritt729.
Hinzuweisen ist weiter auf TP 20 des § 33 GebG, wonach für außergerichtliche
Vergleiche, welche über anhängige Rechtsstreitigkeiten geschlossen werden, nur
eine ermäßigte Rechtsgeschäftsgebühr von 1% (statt der generellen 2% für
außergerichtliche Vergleiche) anfällt.
"1. Die Beklagte verpflichtet sich, die Wohnung im Parterre des Hauses in Mayrhofen, bestehend aus
.... zu räumen und geräumt an die Kläger zu übergeben. Sie verzichtet auf jedweden
Räumungsaufschub und auf eine allfällige Verlängerung von Räumungsfristen.
2. Die beklagte Partei ist berechtigt, vor dem 30.6.2005 jederzeit die Wohnung zu räumen und
geräumt an die Kläger zu übergeben.
3. Sämtliche laufenden monatlichen Mietzinse sind jeweils am Letzten des Monates zur Zahlung
fällig. Festgehalten wird, dass sämtliche Mietzinse bis inkl. Oktober 2004 bereits bezahlt worden sind.
[...]“
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ein Vergleichspunkt, der allenfalls nur der Klarstellung gedient hat, ist dabei
gebührenrechtlich von Bedeutung730.
-Der Einbeziehung des Bestandzinses in die Bemessungsgrundlage der
Pauschalgebühr steht nicht entgegen, dass der Bestandzins im Vergleich selbst nicht
angeführt ist, sondern aus dem Zusammenhalt mit dem Bestandvertrag zu
entnehmen ist731.
-Wird in einem Vergleich, in dem sich der Beklagte zur Räumung des
Bestandobjektes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verpflichtet, die Zahlung des
Benützungsentgelts ohne datumsmäßige Fixierung eines Endtermins vereinbart732,
so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als
Bemessungsgrundlage für die Verpflichtung zur Leistung des Benützungsentgelts
der zehnfache Wert der Jahresleistung heranzuziehen733.
Mit der Verlegung des Fälligkeit des Bestandzinses auf den Monatsletzten
erfolgte eine vom bisherigen Bestandverhältnis abweichende und damit neue
Festlegung eines essenziellen Vertragspunktes pro futuro. Den Motiven der Parteien
für diese Festlegung kommt für diese Beurteilung keine Relevanz zu.
dahingehend aus, dass das Verpflichtungsverhältnis aus unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde und
daher der 10-fache Jahreswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist; vgl VwGH 26.6.2003,
GZ 2000/16/0360.
733 ) VwGH 21.9.2005, GZ 2005/16/0166, 7.8.2003, GZ 2003/16/0083; 7.8.2003, GZ 2003/16/0086,
30.6.2005, GZ 2003/16/0116.
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