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Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte

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Hauke Simonsen | Versicherungen | Letztes Update: 12. Januar 2021


Die Berufshaftpflicht ist die wichtigste Versicherung für alle Ärzte. Sie ist nicht nur für die
Übernahme von Schäden zuständig, sondern befasst sich ebenfalls mit der Prüfung der
Ansprüche und ggf. der Schadensabwehr und auch als “passive
Rechtsschutzversicherung” bezeichnet. Da für diese Art der Versicherung eine spezielle
Expertise notwendig ist, gibt es nur eine Hand voll wirklich empfehlenswerte Anbieter am
Markt. Häufig begleitet diese Versicherung bzw. dieser Versicherer den Arzt seine
gesamte Karriere lang.

Das Wichtigste im Überblick


Die wichtigste und existentiellste Versicherung für alle Ärzte.
Auch angestellte Ärzte sollten sich für einen günstigen Beitrag absichern.
Die Abwehr unberechtigter Klagen ist mitversichert.
Ein erweiterte Strafrechtsschutz sollte eingeschlossen sein.
Mindestversicherungssumme 5 Mio., besser 7,5 – 10 Mio. Euro.

Inhaltsverzeichnis

Ist eine Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte sinnvoll?


Eine Berufshaftpflichtversicherung, gehört neben der Privathaftpflicht, zu den
wichtigsten Versicherungen für Ärzte überhaupt. Die Musterberufsordnung der
Bundesärztekammer verpflichtet Ärztinnen und Ärzte sogar, “sich hinreichend gegen
Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern”. Zwar muss
bzgl. der Haftungsrisiken zwischen angestellten und niedergelassenen Ärzten
unterschieden werden, jedoch ist ein Haftpflichtschutz ist für beide Gruppen
empfehlenswert. Diesem Thema widmen wir uns im weiteren Verlauf noch einmal
intensiver.

In den letzten Jahren gab es eine Verknappung des Angebotes von


Berufshaftpflichtversicherungen. Immer weniger Anbieter trauen sich auf diesen Markt,
bestehende Anbieter haben Ihre Prämien teilweise deutlich erhöht. Ohne die
Vorgehensweise der Versicherer an dieser Stelle zu werten, ist eine zunehmende
Klagebereitschaft der Patienten festzustellen. Dies ist unter anderem auf die immer
größere Verbreitung von Rechtsschutzversicherungen zurückzuführen. Zudem führt die
mediale Fokussierung auf Einzelfälle zu einer Sensibilisierung der Bevölkerung.
Aggressive Regressforderungen der Krankenversicherungen, der Trend zur
Haftungsverschärfung und eine zunehmend patientenfreundliche Rechtsprechung tun ihr
Übriges.

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Bei welchen Schäden springt die Berufshaftpflicht-
versicherung ein?
Die Schäden, die ein Arzt trotz aller Sorgfalt verursachen kann, sind vielfältig. Während
Personen- und Vermögensschäden das höchste finanzielle Risiko darstellen, sind
Sachschäden in der Praxis häufiger zu regulieren, meist jedoch mit geringeren
Schadenssummen verbunden. Folgend finden Sie einige Beispiele einer großen deutschen
Ärzteversicherung.

Sachschäden

Beispiel: Der Arzt verliert den Schlüssel für die Schließanlage eines Bürohauses.
Der Verwalter sieht sich daraufhin genötigt, die komplette Anlage auszutauschen
und verlangt die Erstattung der Kosten vom Arzt. Die Versicherung prüft den
Vorgang, analysiert die Schadenshöhe und mindert diese etwas. Schaden: 13.000
Euro
Haftung: Sachschäden können vielfältig sein. Teuer kann es vor allem an Schäden
an der Immobilien (z.B. Mietsachschäden) werden. Die Versicherungssumme
entspricht in der Regel automatisch der für Personenschäden.

Personenschäden
Beispiel: Aufgrund einer zu späten Entscheidung für einen Kaiserschnitt, wird der
Gynäkologe für den hypotoxischen Hirnschaden eines Kindes verantwortlich
gemacht. Neben dem Schmerzensgeld von 200.000 Euro, fallen materielle
Entschädigungen wie Pflege und Verdienstschäden an. Schaden: 3,4 Mio Euro
Haftung: Personenschäden kommen zum Glück relativ selten vor, die maximale
Höhe ist jedoch extrem, zumal auch Anwalts- und Gerichtskosten einfließen. Achten
Sie daher auf eine ausreichende Versicherungssumme.

Vermögensschäden
Vermögensschäden sind Schäden, durch die Mehrkosten für den Dienstherrn entstehen.
Der Dienstherr ist nicht bereit die Kosten zu übernehmen, wirft dir grob fahrlässiges
Verhalten vor und zieht dich zur finanziellen Verantwortung.

Beispiel: Der Arzt beurteilt ein Unfallopfer und kommt zum Ergebnis, dass der
Geschädigte in einem halben Jahr wieder arbeitsfähig ist, woraufhin dieser einen
Vergleich mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers schließt. Leider ist der
Schaden doch irreparabel und er bleibt lebenslang arbeitsunfähig. Schaden:
650.000 Euro
Haftung: Auch bei einem reinen Vermögensschaden, können auf den Arzt hohe
Kosten zukommen. Daher sollten Vermögensschäden, je nach Berücksichtigung des
genauen Fachgebietes, ebenfalls mitversichert sein.

WISSENSWERT

Hohe Versicherungssumme

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Viele Versicherer bieten standardmäßig Versicherungssummen von 5 Mio. Euro an. Dies
ist sollte auch das absolute Minimum darstellen. Häufig ist eine Erhöhung der Summe für
einen kleinen Aufschlag möglich und empfehlenswert.

Beispiele, wann eine Berufshaftpflichtversicherung bei


Ärzten zum Einsatz kommt
Eine Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte sollte bei allen erlaubten und denkbaren
Tätigkeiten des Arztes greifen, auch in der Freizeit. Viele Risiken sind individuell, einige
der in der Praxis relevanten Risiken sind jedoch allgemeingültig und sollten unbedingt
abgesichert werden.

Behandlungsfehler

Ein typischer Haftpflichtfall gegenüber des Arztes ist der Vorwurf eines
Behandlungsfehlers. Insbesondere bei Vorliegen einer privaten
Rechtsschutzversicherung, kann dieser dem Arzt ohne großen Aufwand vorgeworfen
werden.
Aufklärungspflichtverletzungen

Die Aufklärungspflichten des Arztes sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (§630e BGB)


geregelt. Da die Beweislast beim Arzt liegt, sind sie vermehrt Gegenstand
gerichtlicher Streitigkeiten müssen daher unbedingt versichert sein.
Dokumentationsfehler

Fehler in der Dokumentation, können neben einer falschen Therapie, auch zu


berufsrechtlichen Sanktionen des Arztes und Beweiserleichterungen für den
Patienten im Arzthaftungsprozess führen.
Hygienevorschriften

Hygieneverstöße sind ein brandaktuelles Thema und ebenfalls des Öfteren


Gegenstand zivilrechtlicher Prozesse. Zwar handelt es sich um ein normalerweise
beherrschbares Risiko, doch sind fahrlässige Fehler nie auszuschließen.
Aufsichts-/Organisationsfehler

Wären Schäden durch eine strategische Organisation vermeidbar gewesen, haften


Klinik, Praxis oder Arzt ebenfalls. Solche Fehler, meist in Zusammenhang mit
Behandlungsfehlern, kommen ebenfalls vor.
Sachschäden

Nicht nur persönliche Schäden an Patienten sind für den Arzt ein Haftungsrisiko,
sondern ebenfalls die auch in anderen Berufen üblichen Sachschäden durch leichte
oder grobe Fahrlässigkeit.

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Die Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte
Die Kosten für eine Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte hängen von den Leistungen
sowie den individuellen Anforderungen des Arztes ab. Um Ihnen die Kosten besser
veranschaulichen zu können, haben wir exemplarisch drei Varianten einer
Berufshaftpflichtversicherung dargestellt.

Kosten Berufshaftpflichtversicherung
Eine Beispielrechnung mit Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte

Einfach Standard Premium

Tarif

Versicherungssumme 3 Mio Euro 5 Mio Euro 7,5 Mio Euro

Gutachterliche Tätigkeit mitversichert mitversichert mitversichert

Erweiterter Straf- 1 Mio Euro 5 Mio Euro 7,5 Mio Euro


Rechtsschutz

Schlüsselschäden 3 Mio Euro 5 Mio Euro 7,5 Mio Euro

Nachhaftung nicht versichert 5 Jahre unbegrenzt

Notfälle versichert versichert versichert

Jahresbeitrag 556,92 € 572,55 € 589,21 €

Wie findet der Arzt nun die beste Berufshaftpflichtversicherung für sich?
Das Kostenbeispiel soll exemplarisch zwei wichtige Ergebnisse aufzeigen. Zum einen ist
der teuerste Schutz nicht unbedingt der beste. Denn Versicherer beurteilen die
verschiedenen ärztlichen Tätigkeiten höchst unterschiedlich. So kann es sein, dass ein
Versicherer für Allgemeinmediziner ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet,
aber chirurgische Tätigkeiten meiden möchte und daher sehr hohe Beiträge (sogenannte
Abwehr-Prämien) verlangt. Wichtiger als der Beitrag sind aber die Leistungsunterschiede,
die teilweise beträchtlich und im Leistungsfall existentiell sein können. So sollte ein Arzt,
der seinen Ruhestand plant, frühzeitig die Nachhaftung maximieren.

Für die Übersicht ist es von Vorteil, dass es ohnehin nur etwas mehr als eine Handvoll
Versicherer gibt, die eine Berufshaftpflicht für Ärzte anbieten. Leider führt diese
Oligopolisierung dazu, dass ein nachlassender Wettbewerb die Prämien steigen lässt.
Einzelne Berufsgruppen (wie z.B. Gynäkologen) haben dies in den letzten Jahren leidvoll
erfahren müssen. Umso mehr sollten die Ärzte auf Nachhaltigkeit setzen. Ein
Versicherungs-Hopping, wie häufig im KFZ-Bereich, ist bei der
Berufshaftpflichtversicherung nicht empfehlenswert. Daher sollten sich Ärzte individuell
von Spezialisten beraten lassen – und das möglichst unabhängig.

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TIPP

Keine Lücken
Je weniger Haftungsausschlüsse die Bedingungen festlegen, desto besser. Einige Anbieter
garantieren die volle Deckung aller ärztlichen Tätigkeiten.

Diese Leistungen sollte eine gute Berufshaftpflichtversicherung


aufweisen
Hohe Summen bei der Deckung

Die meisten Anbieter versichern inzwischen mindestens 5 Mio. Euro pauschal pro
Jahr für Personen-, Sach- und Vermögensschäden.
Alle erlaubten Tätigkeiten

Achten Sie darauf, dass Ihr Tarif alle erlaubten Tätigkeiten versichert, also auch
operative Eingriffe, falls operiert wird.
Erste Hilfe und Gefälligkeiten

Natürlich sollten diese Leistungen versichert sein. Daher sollten insbesondere


angestellte Ärzte diesen Schutz prüfen.
Eine Haftung die weltweit gilt

Eine Berufshaftpflichtversicherung sollte grundsätzlich immer eine weltweite


Deckung aufweisen, um den Schutz auch im Ausland zu erhalten.
Erweiterter Strafrechtsschutz

Kommt es aufgrund eines vermeintlichen Fehlers zu einer strafrechtlichen


Verfolgung, trägt nur dieser Baustein die Kosten des Strafverfahrens.
Der Baustein der Nachhaftung

Die Nachhaftung bei Aufgabe der beruflichen Tätigkeit ist schwer kalkulierbar und
daher ein sehr wichtiger Baustein.

Unterschiede bei der Berufshaftpflicht zwischen angestellten und


niedergelassenen Ärzten
Während der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für niedergelassene Ärzte
obligatorisch ist, sind angestellte Ärzte häufig unsicher, ob sie überhaupt eine
Versicherung benötigen, da ein grundsätzlicher Schutz über das Krankenhaus besteht. Es
empfiehlt sich immer, sich den zur Verfügung gestellten Schutz individuell vom
Fachmann überprüfen zu lassen. Allerdings kann es im Einzelfall zu Problemen kommen,
wenn beispielsweise der Patient dem Arzt grobe Fahrlässigkeit unterstellt und es zur

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Beweislastumkehr kommt. Da das Arztsein zudem rein rechtlich nicht mit dem Verlassen
des Krankenhaus endet, sondern sich zum Beispiel auch auf Erste-Hilfe-Leistungen
erstreckt, müsste zudem immer geklärt werden, ob die Versicherung des Krankenhauses
auch hier greift. Weitere außerklinische Risiken sind Notfallmaßnahmen, Dienste im
Freundes- und Bekanntenkreis, sowie in jedem Falle freiberufliche Tätigkeiten (wie z.B.
Notarztdienste).

In Anbetracht der Tatsache, dass die rechtliche Konstellation nicht immer eindeutig und
ein Zusatzschutz für angestellte Ärzte in der Regel für unter 100 Euro jährlich erhältlich
ist, sollte jeder angestellte Arzt über diese Versicherung nachdenken. Zumal sich die
Risiko-Konstellation bei einem Wechsel des Arbeitgebers kolossal ändern ein solcher
Schutz spätestens dann notwendig werden kann. Zudem kann eine
Berufshaftpflichtversicherung ggf. als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht
werden.

Checkliste Berufshaftpflichtversicherung
Angestellte Ärzte prüfen den Schutz ihres Arbeitgebers sowie die Frage, ob er sie
von Schadenersatzansprüchen frei stellt.
Erfassen Sie Ihr individuelles Risiko anhand Ihrer Tätigkeitsbeschreibung. Die
Versicherer stellen hierfür Fragebögen zur Verfügung.
Füllen Sie den Fragenbogen, idealer Weise mit Hilfe eines Spezialisten, aus und
senden ihn an mehrere Versicherer.
Vergleichen Sie alle Angebote. Dabei sollten die Leistungen, und nicht der Beitrag,
die entscheidende Rolle spielen.
Überprüfen Sie die Police auf die genaue Auflistung Ihrer Tätigkeiten sowie sonstige
Angaben zum Umfang des Tätigkeitsspektrums.
Passen Sie den Schutz regelmäßig an, z.B. bei der Facharztanerkennung, Ernennung
zum Oberarzt, Eröffnung einer Praxis etc.

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