Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Sonderausgabe
anläßlich des 80. Geburtstags von
Professor Dr. Dr. h. c. Friedrich Giese
am 17. August 1962
Professor Dr. Dr. h. c. Friedrich Giese
Dr. jur. habil. Dr. rer. pol. Max Rehm Erim Gerth
Direktor der Württ. Sparkassenschule Oberregierungsrat
Inhaltsverzeidmis
Einleitung
Seite
1. Kapitel: Das Arbeitsfeld 9
Erster Teil
Rechtsordnung
2. Kapitel: Remtsvorsmriften 17
A. Remtsinhalt . . . . . 17
B. Remtsregelung . . . . 23
3. Kapitel: Rechtsabgrenzung 26
A. Remt als Kulturersmeinung 26
B. Remtsnormen und andere Kulturnormen . 27
4. Kapitel: Remtsentstehung . . . . . . . . 32
A. Natürlimes und positives Remt . . . . 33
B. Ungeschriebenes oder Gewohnheitsremt . 36
C. Gesmriebenes oder gesetztes Remt . 38
5. Kapitel: Remtsanwendung . . . . . 43
A. Feststellung des Remtsfalles. . . 44
B. Feststellung der Remtsvorsmriften 45
C. Anwendung des Remts . . . . . 51
Zweiter Teil
Re ch tswi s s en schaft
6. Kapitel: Begriff und Wesen. . . . . . . . 55
A. Remtswissenschaft als Sonderwissensmaft 55
B. Aufgaben der Rechtswissensmaft 58
C. Methoden der Rechtswissensmaft 59
D. Wertung der Remtswissenschaft 61
7. Kapitel: Abgrenzung 62
A. Grenzwissensmaften 62
B. Hilfswissensmaften 67
8. Kapitel: Gliederung 70
A. öffentlimes Remt und Privatremt . 70
B. Die Disziplinen der Remtswissensmaft 74
Seite
Dritter Teil
Rechtszweige
9. Kapitel: öffentliches Recht - überblick 77
A. Staatsrecht (Verfassungsrecht) 77
B. Verwaltungsrecht 80
C. Kirchenrecht 83
D. Völkerrecht 86
E. Arbeitsrecht 89
10. Kapitel:
öffentliches Recht - Einzelgebiete des Verwaltungsrechts . 92
A. Allgemeines Verwaltungsrecht 92
B. Besonderes Verwaltungsrecht 102
11. Kapitel: Justizrecht 136
A. Strafrecht . 136
B. Strafprozeß . . 141
C. Zivilprozeß . . 146
D. Freiwillige Gerichtsbarkeit 152
12. Kapitel: Privatrecht . 154
A. Geschichte 154
B. Bürgerliches Recht 157
C. Handelsrecht 163
Der Weg:
Wohin soll es nun gehn?
Wohin es Dir gefällt!
Wir sehn die kleine,
dann die große Welt.
Goethe, Faust I.
1. Kapitel
Das Arbeilsfeld
Die Rechtswissenschaft ist eine Geisteswissenschaft. Sie ist wie die
meisten anderen Geisteswissenschaften anschauungslos. Sie ist ferner
nach Gegenstand und Methode ziemlich unbekannt. Deshalb erscheint
es angezeigt. vorweg das Arbeitsgebiet dieser Wissenschaft an Bei-
spielen kurz aufzuzeigen.
2. Anders erst beim geselligen Menschen. Jeder Mensch ist ein gesel-
liges Wesen, von natürlichem Geselligkeitstrieb erfüllt, daher Ver-
bänden zugehörig. Diese Verbandszugehörigkeit begründet Möglich-
keiten, Anlaß und Bedürfnis nach Ordnung für Lebensverhältnisse
der Verbandsgenossen, namentlich für den Ausgleich ihrer wider-
streitenden Interessen untereinander und mit der Gesamtheit. Die-
sen Ausgleich gewährleistet die Ordnung durch Regeln für das Ver-
halten der Verbandsmitglieder zueinander und zur Gesamtheit, aber
auch über Einrichtung und Wirksamkeit des Verbandes selbst, des-
sen Verbandsgewalt die Befolgung jener Regeln sichert.
v. Alle Mensmen
1. Die Rechtsordnung spricht mit ihren Rechtsvorschriften jedermann
dauernd an und steht umgekehrt jedermann ständig zur Verfügung.
Das Recht begleitet den Menschen von der Geburt, ja von der Zeu-
gung an - nasciturus pro iam nato habetur (Der Erzeugte wird als
schon Geborener angesehen) - sein ganzes Leben hindurch bis zum
Tode, vereinzelt sogar darüber hinaus (Steuerpflicht). Die Vorschrif-
ten des Rechts wollen befolgt sein, können aber auch genutzt wer-
den.
2. Manche Menschen haben sich darüber hinaus berufsmäßig mit dem
Recht zu befassen. Dies kann geschehen:
a) nichtamtlich, sei es aus realen (Erwerbs-)Gründen - so als Jour-
nalist, Rechtsanwalt, Vermögensverwalter, Syndikus in Landwirt-
schaft, Handel, Gewerbe oder Industrie -, sei es aus idealen
12 Einleitung
I. Kleine Welt
Ihre rechtserheblichen Vorgänge knüpfen an die Privatperson an; hier
reguliert, beschränkt und fördert das Recht die persönlichen Belange der
Privatperson im Verkehr mit anderen Privatpersonen.
1. Für jedermann erheblich ist das personenrechtliche Sein, das sachen-
redltliche Haben, das schuldrechtliche Sollen.
a) Rechtserhebliches Sein: Geburt, Altersstufen, Tod, Vereinsgrün-
dung, -mitgliedschaft, -vorstandschaft. Verlobung und Ehe-
schließung, Scheidung. Natürliche und künstliche Kindschaft. Vor-
mundschaft. Erben und Vermächtnisnehmer. (Relativ) unerheb-
lich: Altsein, Kranksein, Taubsein, Rauchersein, Blondsein, Bart-
tragen.
bl Rechtserhebliches Haben: Besitz und Eigentum. Recht an eigenen
und an fremden Sachen, Pfandrecht und Hypothek. Materielles
und immaterielles Güterrecht. Urheber- und Patentrecht. Erb-
rechtserwerb. Unerheblich: Bibliothekbesitz? Hundehalter?
c) Rechtserhebliches Sollen: Kraft Schuldverhältnissen wie Bahn-
fahrt (noch kleine Welt?), Gasthof und Wirtschaft, Zimmermiete,
Bücherkauf, Scheckbuch, Verlust und Auslobung. Deliktshaftung,
Zahnarzt, Krankenhaus. Unerheblich: Mitfahrt im Auto des
Freundes?
Das Arbeitsfeld 13
11. übergänge
1. Einzelbeispiele:
In Normalzeiten: Rechtsgeschäfte nur kraft öffentlicher Beurkun-
dung. Behördliche Genehmigung. In Notzeiten: Kauf nur mit Bezug-
schein. Lebensmittel nur auf Karten. Zuzug nur mit Genehmigung.
Wohnungsbewirtschaftung. Bahnfahrt nur mit Erlaubnis.
2. Die Schwelle von der "Kleinen" zur "Großen" Welt wird besonders
deutlich bei der Tätigkeit der Gerichte. Hier offenbart sich ein dem
Einzelwillen übergeordneter Gesamtwille, ein dem Einzelinteresse
vorgehendes Gemeininteresse. So schon bei der nichtstreitigen Ge-
richtsbarkeit (z. B. Grundbuch-, Nachlaß-, Registersachen), stärker bei
der streitigen Zivil-, vollends bei der Straf- und Verwaltungsgerichts-
barkeit. Das Gerichtswesen gewährt Rechtsschutz: a) dem Bürger
gegen den Bürger, b) dem Staat gegen den Bürger, e) dem Bürger
gegen den Staat.
a) Bürger gegen Bürger:
Im Zivilprozeß werden von den bürgerlichen Gerichten (Zivil-
gerichten) bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (z. B. Vertragserfül-
lung, Schadensersatz, Ehescheidung) auf Betreiben des Klägers
mit hoheitlicher Wirkung für beide Parteien geprüft und ent-
schieden. An das Erkenntnisverfahren schließt sich erforderlichen-
falls das Vollstreckungsverfahren. Hierher gehört insoweit auch
das arbeitsgerichtliche Verfahren.
b) Staat gegen Bürger:
Im Strafprozeß wird auf Betreiben der Staatsanwaltschaft der
Strafanspruch des Staates gegen einen Bürger wegen einer straf-
baren Handlung vom zuständigen Strafgericht geprüft und ent-
schieden, sodann durch die Staatsanwaltschaft gemäß dem Urteil
vollzogen.
e) Bürger gegen Staat:
Im Verwaltungsprozeß bietet der Staat die Möglichkeit richter-
licher Nachprüfung und Entscheidung von Verwaltungsstreit-
sachen, d. h. von Fällen, in denen der Bürger sich durch Verwal-
tungsakte (z. B. Polizeiverfügung, Steuerbescheid, Konzessions-
versagung) in seinen Rechten verletzt glaubt. Zum Verwaltungs-
14 Einleitung
prozeß i. w. S. ist auch das Verfahren vor den Finanz- und den
Sozialgerichten zu rechnen, nicht aber das Verfahren vor den
Verfassungsgerichten des Bundes und der Länder.
Rechtsordnung
2. Kapitel
Rechtsvorschriften
Man unterscheide "recht" = richtig (Gegensatz "unrecht" = unrichtig)
als gemeingültiges Werturteil über menschliches Verhalten - und
"Recht" = Norm (Gegenteil: andere Kulturnormen) als Maßstab für
äußeres Verhalten menschlicher Verbandsgenossen. Dieser Rechts-
begriff umfaßt die Rechtsvorschrift (Recht im objektiven Sinne) und
die Rechtsbefugnis (Recht im subjektiven Sinne). Uns beschäftigt hier
nicht das metajuristische "recht", sondern das juristische "Recht", und
zwar zunächst nur das objektive Recht, später erst das subjektive Recht.
Merksatz: "Wer nicht wählt, handelt nicht recht, aber er verletzt nicht
das Recht, denn er braucht sein Recht nicht auszuüben". (Der Merksatz
trifft nicht für alle Länder zu; in einigen, z. B. in Belgien, den Nieder-
landen und mehreren Kantonen der Schweiz, ist die Wahlpflicht ge-
setzlich vorgeschrieben und somit Rechtspflicht.)
A. Remtsinhalt
Die in jedem menschlichen Verband, vor allem im Staat, wirksame
Rechtsordnung besteht aus einer Fülle einzelner Rechtsvorschriften.
Besondere Gruppen dieser Rechtsvorschriften wenden sich direkt an
die natürlichen und juristischen Personen, ihnen entweder Pflichten
auferlegend oder Berechtigungen zuerkennend. Hieraus ergibt sich die
Unterscheidung von Befehlsnormen und Gewährungsnormen. Daneben
steht als Sondergruppe ohne Beziehung zu Personen die der rechts-
erhebliche Vorgänge oder Zustände beschreibenden Aussagenormen.
So gliedern sich die gesamten Rechtsnormen in Aussagenormen, Be-
fehlsnormen und Gewährungsnormen. Aus letzteren ergeben sich auch
die subjektiven Rechte.
Daß dem einzelnen die Befehlsnormen am fühlbarsten sind, läßt be-
sonders der fremde Sprachgebrauch erkennen (ius von iussum [iubere
= befehlen, iussum = der Befehl], droit, diritto, derecho), wäI!rend das
deutsche Wort "Recht" umfassender auf die Vorstellung des Richt-
maßes hindeutet.
2 Giese, Remt
18 Rechtsordnung
I. Ausssgenormen
Urteilsnormen, Beschreibungen, Begriffsbestimmungen beziehen sich
auf ein "Sein", sie bieten Maßstäbe zur rechtlichen Messung rechts-
erheblicher Zustände oder Vorgänge. Darunter fallen namentlich:
1. Allgemeine Wendungen, bei denen überhaupt der normative Cha-
rakter zweifelhaft erscheint. Solche finden sich vornehmlich im
Staats- und Völkerrecht.
a) Beispiele aus dem Staatsrecht: Präambel der Reichsverfassung
1871. Vorspruch und Art. 181 der Reichsverfassung 1919. Vor-
sprüche der neuen Länderverfassungen und des Bonner Grund-
gesetzes (GG).
b) Beispiele aus dem Völkerrecht: Eingangsformeln älterer Staats-
verträge: "im Namen des Allmächtigen Gottes". Friedensvertrag
von Versailles 1919: Eingang und Art. 227.
Immerhin gestatten solche Wendungen rechtserhebliche Aufschlüsse
über Sinn und Tragweite nachfolgender Einzelvorschriften.
2. Programmatische Kundgebungen vor oder in (namentlich staatsrecht-
lichen) Gesetzen. Diese Äußerungen des Gesetzgebers tragen kaum
aktuellen, wohl aber direktiven Charakter, d. h. sie sind für die Aus-
legung der anschließenden Gesetzesvorschriften oder als Richtlinien
für die normative oder administrative Durchführung maßgeblich; da-
mit gewinnen diese Äußerungen mittelbar Bedeutung für die Beur-
teilung menschlichen Verhaltens.
Beispiele:
a) Reichsverfassung (RVerf) 1919 Art. 119, 121 f., 130, 142, 151,
157 f., 163 f.
b) Aus dem "Dritten Reich" die zahlreichen Vorsprüche, so z. B. zur
Deutschen Gemeindeordnung (DGO) von 1935, zum Reichsnatur-
schutzgesetz von 1935, zum Deutschen Beamtengesetz (DBG) von
1937.
3. Zweifellos Rechtsnormen sind die Legaldefinitionen; sie bilden für
die Behörden möglicherweise Befehlsnormen.
Beispiele: BGB §§ 1, 2, 90, 138, 194, 195, 1317, 1922. HGB §§ 1, 8.
ZPO § 1. Konkursordnung (KO) § 1. StGB § 211. Reichsversicherungs-
ordnung § 1. Reichsabgabenordnung (RAO) § 1. Weingesetz § 1. Tier-
schutzgesetz 1933 § 1. Maß- und Gewichtsgesetz 1935 § 1. Devisen-
gesetz 1938 §§ 4-6.
4. Unstreitig ist auch der Rechtsnormcharakter der Organisationsoor-
schriften über die Einrichtung der menschlichen Verbände, ihre
Rechtsvorschriften 19
11. Befehlsnormen
Diese haben ein Sollen oder Müssen zum Gegenstand. Sie begründen
rechts erhebliche Verpflichtungen. Sie fordern ein redttserheblidtes Ver-
halten, das in einem Tun, Dulden oder Unterlassen bestehen kann.
Auszuschalten sind hier die rechtsunerheblichen Befehle (Koche mit
Gas! Bade zu Hause!), selbst wenn der Imperativ von einer behörd-
lichen Stelle ausgeht (Nimm ein Postscheckkonto!) Zugehörig sind hier
nur die Befehle, die ein rechtserhebliches Verhalten fordern.
1. Ein Tun ordnen die Gebotsnormen an. Auf die Form kommt es nicht
an. Die Vorschrift kann als Aussagesatz formuliert sein. Vgl. RVerf.
1919 Art. 134. RNotopfergesetz 1919 § 1.
Adressaten der Gebotsvorschriften können sein:
a) Einzelpersonen.
Beispiele: BGB §§ 59, 242, 1353, 1360. HGB §§ 2, 38. ZPO § 91.
RAO §§ 166 ff. (Pflichten der Zensiten), 175 ff. (Pflichten Dritter).
Polizeiverordnungen.
b) Personenmehrheiten und juristische Personen.
Beispiel: Körperschaftsteuergesetz (KStG) §§ 1 ff.
e) öffentliche Verbände, Behörden.
Beispiele: RVerf. 1919 Art. 17, 42, 140. GerichtsVerfG §§ 146,156.
StPO § 218. Friedensvertrag 1919 Art. 180, 211, 228. RAO
§§ 188 ff.
2. Ein Dulden, daß etwas Rechtserhebliches geschieht, insbes. ein ande-
rer derartiges tut oder unterläßt, kann durch Befehlsnormen auf-
erlegt werden:
a) Privatpersonen, natürlichen wie juristischen; Beispiele: ZPO
§§ 739, 890. Duldung von rechtmäßigen Eingriffen in "Grund-
rechte", von Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei Dritten,
von hoheitlichen Verwaltungsakten, z. B. des Finanzamts bei
Dritten.
b) öffentlichen Verbänden, Behörden. Beispiele: RVerf. 1919 Art.
151I2 • Friedensvertrag 1919 Art. 203 ff., 380, 428. Bonner GG
Art. 84 III, 91 H.
2*
20 Rechtsordnung
III. Gewährungsnormen
Diese bestimmen ein rechtserhebliches Können oder Dürfen. Sie ver-
leihen (anerkennen oder begründen) Fähigkeiten, Berechtigungen, Be-
fugnisse. Tatsächliches Können ist noch kein rechtliches Dürfen. Tat-
sächliche Möglichkeiten, vor allem natürliche Betätigungen wie Spazie-
rengehen, Baden, Essen, Trinken, Rauchen, Schlafen, Erfinden, Dichten,
Arbeiten, sind an sich nicht rechtserheblich, können es aber werden.
So zunächst, wenn sie in Sonderfällen verboten sind: Spaziergang im
Park, Rauchen im Walde, Rauchen im Nichtraucherabteil (warum nicht
auch umgekehrt?), Schlafen im Dienst, Baden in Ortschaften. So ferner,
wenn sie generell verboten und nur ausnahmsweise erlaubt sind: Pro-
hibition (Verhinderung) und Alkoholgenuß; Kunstschaffen im "Dritten
Reich" nur als Mitglied der der Reichskulturkammer angeschlossenen
Kammer. So endlich, wenn sie ausnahmsweise geboten sind, z. B. in
Strafanstalten, im Wehrdienst.
1. Befähigungsnormen sind solche Vorschriften, die bestimmte rechtlich
bedeutsame Fähigkeiten an- oder zuerkennen.
Stufen:
a) Rechtsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben.
RechtsDorschriften 21
B. Remtsregelung
Mit der potestas (Macht, Gewalt) des Rechts muß sich die auctoritas
(Ansehen) verbinden. Das Recht ist wirksam, wenn und weil es regel-
mäßig von äußerer und innerer Autorität getragen wird.
zei und des Zolls [außer bei Notstand oder Notwehr) trotz der
verfassungsrechtlichen Grundentscheidung des Art. 102 GG. Ver-
altete Vorschriften des Strafprozeßrechts.
Goethe. Faust I: .. Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage; Weh Dir,
daß Du ein Enkel bistI"
3. Kapitel
Remtsabgrenzung
11. Rechtsordnung
Aus Friedens- und Vernunftordnung erwämst die Rechtsordnung. Die
Erhaltung jener beiden Ordnungen ist durm die Abgrenzung der Indi-
vidualbereiche des Wollens und Handelns bedingt. Es werden Schran-
ken zwischen den Verbandsgenossen errimtet, um einerseits gegen-
seitige übergriffe auszusmließen, anderseits dem einzelnen ein Feld
freier Bewegung und ungestörten Genusses zu simern. Es werden
ferner Schranken gezogen, um die Gesamtinteressen zu sondern, dort
den Wirkungsbereich der Verbandsgewalt, hier den verbandsfreien
Wirkungsbereich der einzelnen abzustecken. Alle diese Smranken er-
halten ihre äußere Form in festen Regeln, in teils ge- und verbietenden,
teils an- und zuerkennenden Normen für das Verhalten der dem Ver-
band angehörenden, vor allem der im Staat vereinten Mensmen. Diese
Normen bilden das Recht, die durch sie verbürgte Verbandsordnung
ist die Rechtsordnung.
Ergebnis: Recht ist Verbandsordnung. Recht besteht aus einem System
von Normen zur nötigenfalls zwangsweisen Aufrechterhaltung der
Ordnung unter den Verbandsgenossen und im Verbande selbst; die
einzelnen Normen tragen teils beschreibenden, teils befehlenden, teils
gewährenden Charakter.
einander her. Das Recht verbietet die äußere Tat, die Religion
die innere Gesinnung.
Beispiele: Einerseits StGB §§ 211 ff, 172, 154, anderseits Berg-
predigt, Evangel. Matthäi V 21 ff. Gebt dem Kaiser, was des
Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.
c) Doch besteht die Möglichkeit wechselseitiger Einwirkung. Solche
kann förderlich, mißbräuchlich und feindlich erfolgen.
Förderlich: Hohe Rechtskultur kann die religiöse Kultur eines
Landes heben. Die Religion gibt dem kirchlichen Recht, dessen
Seele sie ist, das Gepräge. Die Religion stärkt, vertieft und ver-
feinert möglicherweise die Handhabung, Geltung und Fortbildung
auch des staatlichen Rechts. Seid untertan der Obrigkeit! Gebt
dem Kaiser, was des Kaisers ist! Umgekehrt dient das Recht der
Religion unmittelbar durch Schutz religiöser, mittelbar durch
Schutz kirchlicher Güter und Interessen. Vgl. StGB §§ 166 ff.
Mißbräuchlich: Einerseits Ketzerprozesse mit Verwendung des
sog. bracchium saeculare (welt!. Arm); anderseits Gottesurteile,
Altar als Stütze des Throns, Anrufung der Gottheit im Kriege,
Berufung auf das Walten der Vorsehung.
Feindlich: Bekämpfung der Religion als solcher oder in Gestalt
der Kirche.
Beispiele: Verurteilung Christi, Christenverfolgungen, Franzö-
sische Revolution, Kulturkampf, Maßnahmen des .. Dritten Rei-
ches".
Feindlich: Es gibt anomale Fälle, in denen das Recht ge- oder ver-
bietet, was die Moral ver- oder gebietet.
Beispiel: Antigone. Staatsanwalt verwertet vertrauliche Mittei-
lungen. Meineid aus "Ritterlichkeit". Auslieferung von "Kriegs-
verbrechern" 1919. Verurteilung der formalen "Hochverräter" des
20. Juli 1944. - Summum ius summa iniuria!
4. Kapitel
Rechtsentstehung
Ubi societas, ibi ius est (Wo eine Gemeinschaft ist, da ist Recht). In
jeder menschlichen Gemeinschaft lebt und wirkt die Friedens- und
Vernunftordnung, die als Rechtsordnung die äußeren Lebensverhält-
nisse der Verbandsgenossen untereinander und gegenüber ihrem Ver-
bande sowie des Verbandes selbst regelt. Die Geltungskraft der die
Rechtsentstehung 33
3 Giese. Reiht
34 Rechtsordnung
I. Anwendungsgebiet
1. In den verschiedenen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen,
beruflichen Gruppen im Staate können sich über rechtserhebliche
Fragen gewohnheitsrechtliche Normen bilden.
Beispiele:
a) aus dem Privat- und Prozeßrecht: Verkehrssitte wird zu Ver-
kehrsrecht, Handelsbrauch zu Handelsrecht, Gerichtsbrauch zu
Verfahrensrecht; internationales Privatrecht
b) aus dem öffentlichen Recht: Geltung landrechtlicher Vorschriften
im nichtlandrechtlichen Preußen, so des Allgemeinen Landrechts
(ALR) § 10, 11 17. Öffentlich-rechtliche Entschädigung. Gesetzes-
initiative des Kaisers gegenüber dem Bundesrat. Republikanischer
"Kronrat" in der Reichsrepublik. Aus Parlaments- und Regie-
rungs-Praxis kann Verfassungsrecht werden. Fraktionszwang?
Rechtsentstehung 37
11. Rechtsnatur
1. Voraussetzungen. Die Wurzel ist auch hier das Rechtsbedürfnis. Es
führt in den verschiedenen gesellsChaftlichen Gruppen durch urwüCh-
siges Werden, nicht durch planmäßiges SChaffen zur ReChtsbildung.
Der Geltungsgrund ist die Macht der Gewohnheit, nicht die Gewalt
des Staates. Dabei müssen zwei Tatbestände verwirklicht sein:
a) objektiv eine Kette tatsächlichen, langdauernden, gleichförmigen
Verhaltens, wie wenn eine Norm gegeben und zu befolgen wäre;
b) subjektiv die überzeugung der Beteiligten, zu solchem Verhalten
reChtlich verpflichtet zu sein (opinio necessitatis); wenn diese
überzeugung, eine Norm als Rechtsnorm zu handhaben, fehlt
(Handelsbrauch, GerichtsbrauCh, Verwaltungspraxis, Völkersitte),
mangelt es an rechtsbildender Rechtsübung.
2. Wirkung ist die Erzeugung von Rechtsnormen (positiv: consuetudo
= Gewohnheit) oder die Änderung und Aufhebung von ReChtsnormen
[negativ: desuetudo). Entstandenes GewohnheitsreCht steht dem ge-
sChriebenen Recht an Geltungskraft gleich. Seine SChwäche bildet
niCht eine mindere Intensität, sondern die erschwerte Beweisbarkeit,
also geringere RechtssiCherheit. Der Staat kann die Rechtsübung ein-
schränken (Codex iuris canonici 5, 25 ff.), sogar verbieten (Sächs.
BGB 1863, § 28), aber auch ausdrücklich anerkennen [ZPO § 293).
2. Gegenseitige Vorbereitung
a) Gewohnheitsrecht kann die Vorstufe gesetzten Rechtes sein. Ge-
wohnheitsrecht kann besonders über private Aufzeichnung zu
aufgeschriebenem, schließlich geschriebenem Recht werden. Bei-
spiele: Sachsenspiegel, Decretum Gratiani, Haager Landkriegs-
ordnung 1899/1907.
b) Ein gescheiterter Gesetzentwurf oder fremdstaatliches Recht kann
auf dem Wege der Rechtsübung Rechtsgeltung erlangen. Beispiele:
Rezeption des römischen Rechts in Deutschland. Brüsseler Land-
kriegsdeklaration 1874. Londoner Seekriegsdeklaration 1909.
3. Widersprüche zwischen Rechtsübung und Rechtsetzung. Solche sind
nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu lösen. Lex posterior
derogat priori (das spätere Recht ändert das frühere ab). Lex superior
derogat inferiori (das übergeordnete Recht geht dem untergeord-
neten vor; Bundesrecht im Bundesstaat).
a) Später gesetztes Recht geht früherer Rechtsübung vor; der Gesetz-
geber kann entstehendes oder entstandenes Gewohnheitsrecht
unterdrücken, aber auch bestätigen.
b) Späteres Gewohnheitsrecht geht früherem gesetzten Recht vor.
Gesetzesrecht kann durch Rechtsübung inhaltlich geändert oder
auch ganz beseitigt werden.
n. Unmittelbar-staatliche Rechtsetzung
Diese erfolgt entweder obrigkeitlich durch Gesetz und Verordnung oder
vereinbarlich durch Vertrag.
1. Obrigkeitlich durch Gesetz
Gesetz ist der erklärte Wille des Staates, daß eine Norm als Rechts-
norm gelten soll. Gesetzgebung ist die dahin lautende Erklärung
des Staatswillens durch die dazu berufenen Organe (gesetzgebende
Faktoren) in dem verfassungsgemäß bestimmten Verfahren (Weg der
Gesetzgebung).
a) Außer dem formellen Gesetz kennen Theorie und Praxis das
materielle Gesetz. Formelles Gesetz ist jeder legislative Akt ohne
Rücksicht auf seinen Inhalt. Materielles Gesetz ist jede Rechts-
norm ohne Rücksicht auf ihre Entstehungsform. Im allgemeinen
ist jedes formelle Gesetz zugleich materielles Gesetz. Doch be-
stehen Ausnahmen; es gibt einerseits formelle Gesetze ohne
Rechtsnorminhalt (Haushaltsplan, Amnestie), andererseits mate-
rielle Gesetze durch Akt der Exekutive (Rechtsverordnung,
Rechtssatzung) oder durch Justizakt (RVerf. 1919 Art. 13; Ent-
scheidungen der Verfassungsgerichtshöfe in den Ländern sowie
in der Bundesrepublik, gemäß Banner GG Art. 94 Abs. 2).
b) Die gesetzgebenden Faktoren bestimmt die Verfassung; sie sind
nach Staatsformen verschieden. Vgl. etwa ALR II 13 § 6. Preuß.
VerfUrk. 1850 Art. 62. RVerf. 1871 Art. 5, RVerf. 1919 Art. 68 ff.
Preuß. Verf. 1920 Art. 6, 29. Banner GG Art. 76 ff.
Im "NS-Staat" gab die Gesetze der "Führer" entweder allein
(Führererlaß) oder mit Reichsregierung oder Reichstag oder
Reichsvolk.
Nach den neuen deutschen Länderverfassungen beschließt die
Gesetze der Landtag, in Sonderfällen das Landesvolk, nach dem
Banner GG der Bundestag im Zusammenwirken mit dem Bundes-
rat.
e) Den Inhalt eines Gesetzes bildet - von den zu a) erwähnten Son-
derfällen abgesehen - die Aufstellung von Rechtsvorschriften,
welche für alle gelten, insbesondere für die Bürger verbindlich
sind, ihnen Pflichten oder Rechte geben können. Wenn ein Gesetz
den Rechtsbestand im ganzen, wenigstens für ein bestimmtes
Rechtsgebiet, mit der erkennbaren Tendenz erschöpfender Be-
handlung regelt, spricht man von "Kodifikation".
d) Die Form des Gesetzes, den Weg der Gesetzgebung, bestimmt die
Verfassung eines jeden Staates. Gewöhnlich spielt sich der Ge-
setzgebungsvorgang in fünf Stufen ab:
Rechtsentstehung 41
-----.-------------------------------------------------
Gesetzesvorschlag, Feststellung des Gesetzesinhalts, Erteilung
des Gesetzesbefehls (Sanktion), Ausfertigung und Verkündung.
(Hinweis auf die Gesetzblätter und auf das Problem des richter-
lichen Prüfungsrechtes. )
e) Im Bundesstaat ergibt sich aus der Gesetzgebungskompetenz so-
wohl der Gliedstaaten als auch des Gesamtstaates die Notwendig-
keit einer Abgrenzung der beiderseitigen Bereiche. In der Regel
spricht die Vermutung für die Zuständigkeit der Gliedstaaten.
Art. 70 GG. Wegen der überordnung des Bundes gehen aber die
Bundesgesetze den Landesgesetzen vor. Vgl. RVerf. Art. 13:
"Reichsrecht bricht Landesrecht"; Bonner GG Art. 31: "Bundes-
recht bricht Landesrecht." Das gilt selbstverständlich nur für ver-
fassungsmäßiges, im Rahmen der Bundeskompetenzen erlassenes
Bundesrecht.
2. Obrigkeitlich durch Verordnung
Hierbei ist die Exekutive zur Rechtsetzung berufen. Doch können
Regierungsorgane und Verwaltungsbehörden nur mit Ermächtigung
der gesetzgebenden Faktoren Rechtsvorschriften im Verordnungs-
wege geben, d. h. Rechtsverordnungen (Gegensatz: Verwaltungs-
verordnungen) erlassen. Eine Rechtsverordnung ist formell Regie-
rungs- oder Verwaltungsregelung, materiell Gesetz. Die wichtigsten
Arten der Rechtsverordnungen sind die Notverordnungen (provisori-
sche Gesetze), die gesetzvertretenden Verordnungen (so im "Dritten
Reich" die Verordnungen des Ministerrats für die Reichsverteidi-
gung), die Ausführungsverordnungen (sofern sich diese nicht ledig-
lich an den Staatsapparat wenden) und die Polizeiverordnungen.
Näheres über Organe, Inhalt und Form der Verordnungen bestim-
men die Verfassungen und Gesetze. Die "Führererlasse" im "Dritten
Reich" waren mangels einer legislativen Ermächtigung keine Rechts-
verordnungen im vorstehenden Sinne.
3. Vereinbarlich durch Vertrag
Beim Staatsvertrag erfolgt die Rechtsetzung auf der Grundlage der
Gleichordnung im Wege der Vereinbarung. Von solchen rechtsetzen-
den Staatsverträgen (Rechtsvereinbarungen) sind die rechtsgeschäft-
lichen (rechtsanwendenden) Staatsverträge als Verträge im engeren
Sinne wohl zu unterscheiden. Vereinbarungen können völkerrecht-
lich mit fremden Staaten, staatsrechtlich innerhalb eines Bundes-
staates, verwaltungsrechtlich zwischen Staat und Selbstverwaltungs-
körpern abgeschlossen werden. Näheres über Organe, Form und
Inhalt der Vereinbarungen bestimmen nächst dem Völkerrecht die
Verf assungen.
42 Rechtsordnung
5. Kapitel
Rechtsanwendung
Alles Recht wird gebildet, um auf die rechtserheblichen Lebensverhält-
nisse der Menschen und der menschlichen Verbände Anwendung zu
finden. Den rechtsanwendenden Stellen erwächst eine dreifache Auf-
gabe:
44 Rechtsordnung
I. Mamtmittel
Die Rechtsordnung gewährt ihren Trägern Machtmittel zur einwand-
freien Ermittlung rechtlich bedeutsamer Tatbestände.
Vgl. z. B. die Verfahrensvorschriften über Beweiserhebung und Beweis-
sicherung, über polizeiliche und steuerliche Ermittlungen.
4 Giese, Redlt
50 Rechtsordnung
4'
52 Rechtsordnung
Rechtswissenschaft
6. Kapitel
n. Geisteswissensmaft
1. Nach den Grundelementen "Natur" und "Kultur" unterscheidet man
Natur- und Geisteswissenschaften. Beide sind verschieden nach Ge-
genstand und Methode. Gemeinsam ist beiden die Ermittlung von
Wahrheiten, die Feststellung von Gesetzlichkeiten in den SChranken
der Erkennbarkeit.
2. Die Rechtswissenschaft ist eine Geisteswissenschaft. Ihr Gegenstand
ist abstrakt, aber wirklich. Ihre Methode ist nicht Experiment, son-
dern Nachdenken. Induktiv werden aus den rechtlichen Gegeben-
heiten - Zuständen, Vorgängen und Vorschriften - die rechtlichen
Begriffe, Grundsätze und Probleme abgeleitet; deduktiv wird aus
diesen Ergebnissen das rechtswissenschaftliche System konstruiert.
Begriff und Wesen 57
III. Famwissensmaft
1. Gemäß der historischen Entwicklung. Rechtswissenschaft war keine
Spezialwissenschaft bei den Griechen, wo Rechtsfragen nur beiläufig
bei philosophischen Betrachtungen oder bei politischen Maßnahmen
mitbehandelt wurden; ebensowenig bei den Germanen, wo die das
Recht handhabende und fortbildende Volksgemeinde einen Juristen-
stand überflüssig machte. Ausgebildet wurde die Rechtswissenschaft
als Sonderwissenschaft bei den Römern, die sich durch überragende
Rechtskultur und hervorragende Juristen auszeichneten, bei denen
sich eigene Rechtsforschung und eigene Rechtsschulen entwickelten.
Weiterhin gestaltete sich in Deutschland während des Mittelalters
- im Rahmen der Kirche und besonders nach der Rezeption des
römischen Rechts - die Rechtswissenschaft zur Fachwissenschaft;
zu ihrer Pflege entstanden Sonderabteilungen der Jurisprudenz an
den wissenschaftlichen Hochschulen, die bis zum Dritten Reich einen
glänzenden Aufschwung zu verzeichnen hatten. Vgl. das bedeut-
same Werk von Stintzing-Landsberg: Geschichte der deutschen
Rechtswissenschaft, 1880.
2. Gemäß der gegenwärtigen Lage. Die Rechtswissenschaft verfügt über
besondere Pflanzstätten, besondere Forschung und Lehre, eigene
Fachpraktiker und eigene Methoden. Die rechtswissenschaftliche
Fachausbildung erfolgt hauptsächlich auf den Universitäten in den
entweder gesondert juristischen oder vereinigt rechts- und wirtschafts-
wissenschaftlichen Fakultäten. Mit quantitativer Beschränkung wer-
den aber auch auf anderen Hochschulen wichtige Rechtszweige
gelehrt; in Betracht kommen namentlich Handels-, Technische, Land-
wirtschaftliche Hochschulen, Berg- und Forst-Akademien usw. Mit
außerdem qualitativer Beschränkung, in vor allem gemeinverständ-
licher Weise, werden einzelne Rechtsgebiete, namentlich staatsrecht-
liche Fragen, in Gestalt der Staatsbürgerkunde auf allen Unterrichts-
anstalten - leider immer noch nicht in hinreichendem Ausmaß!
- mitberücksichtigt. Endlich bestehen Sondereinrichtungen für die
Fortbildung auf rechts- und wirtschaftswissenschaftlichem Gebiet.
So entstanden nach 1918 die hochschulähnlichen Verwaltungsakade-
mien oder Beamtenhochschulen zur Fortbildung der gehobenen Be-
58 Rechtswissenschaft
- - - - - - - - - ._-----.-----
I. Theoretisme Aufgabe
Die Rechtswissenschaft dient dem menschlichen Erkenntnistrieb auf
dem Gebiete des Rechts. Sie hat zunächst die konkrete Rechtsordnung
und ihre einzelnen Vorschriften nach Inhalt und Tragweite zu unter-
suchen, dabei Zweck, Ursprung, Entwicklung und Gestaltung der recht-
lichen Einrichtungen und Normen zu ergründen. Sodann hat sie das
gesamte System des positiv geltenden Rechtes zu konstruieren und
darzustellen. Nicht zum letzten hat sie die Rechtsidee schlechthin zu
prüfen und zu klären. Diese theoretische Geistesarbeit bildet wissen-
schaftlich einen Selbstzweck der Rechtsforschung.
Beispiele: Bedeutung der politischen Kräfte für das Staats- und Völ-
kerrecht, der wirtschaftlichen Kräfte für das Handelsrecht und das Ver-
waltungsrecht (Wirtschaftsrechtl, der sozialen Kräfte für Arbeits-, Kir-
chen- und Sozialrecht.
Die einseitige Anwendung nur der historischen Methode wäre Ge-
schichte, die der konstruktiven Methode Begriffsjurisprudenz (im
schlechten Sinne des Positivismus), die der dynamischen Methode
Politik. Keine Methode ist allein seligmachend; nur die Verbindung
der drei Methoden stellt die vollkommene rechtswissenschaftliche Ar-
beitsweise dar.
7. Kapitel
Abgrenzung
Das Wesen der Rechtswissenschaft gewinnt gleichfalls durch Abgren-
zung gegenüber anderen Wissenschaften an Klarheit. Keine Wissen-
schaft steht isoliert da. Alle Wissenschaften berühren sich, teils so,
daß sie gemeinsame Grenzgebiete besitzen, teils so, daß eine der
anderen als Hilfswissenschaft dienlich sein kann. Hiernach sind auch
für die Rechtswissenschaft Grenz- und Hilfswissenschaften zu unter-
scheiden.
A. Grenzwissenschaften
Als solche kommen namentlich Philosophie, Geschichte und Wirtschafts-
wissenschaften in Betracht.
Abgrenzung 63
5 Giese, Recht
66 Rechtswissenschaft
B. Hllfswissenschaften
Jurisprudentia est divinarum atque humanarum rerum notitia. [Die
Rechtswissenschaft ist die Kenntnis der göttlichen und menschlichen
Angelegenheiten). Demgemäß müßte der Rechtspraktiker die Gesamt-
heit der menschlichen Lebensverhältnisse kennen, der Rechtstheoretiker
alle übrigen Wissenschaften beherrschen. Doch unser Wissen ist Stück-
werk; vollkommenes Wissen ist ein Ideal, dessen teilweise Erreichung
gleichwohl erstrebenswert bleibt. Dem Juristen tut ein Mindestmaß von
Kenntnissen auf folgenden, nach Fakultäten geordneten Wissensge-
bieten not.
I. Theologie
Fragen des Glaubens beschäftigen den Juristen nur ganz ausnahmsweise.
Beispiel: Eine umstrittene theologische Frage als Gegenstand einer Aus-
lobung und eines darüber entstandenen Rechtsstreits.
5*
68 Rechtswissenschaft
11. Medizin
1. Die Lehre vom gesunden Menschen ist rechts erheblich.
Beispiel: Tatbestand der Tötung, Körperverletzung, Abtreibung, Not-
zucht. BGB §§ 1, 1300, 1591 ff., 1923.
2. Die Lehre vom kranken Menschen ist noch wichtiger für das recht-
liche Verständnis.
a) der körperlich kranke Mensch: Krankheiten als Folgen von straf-
baren Handlungen (Strafbarkeit, Strafmaß), von Unfällen (Ent-
schädigung, Unfallversicherung); Feststellung des Zeitpunktes des
Todes (Rechtsfähigkeit, Erbfolge).
b) Der seelisch kranke Mensch: Bedeutung der Psychiatrie für den
Zivil-, Vormundschafts-, Strafrichter, welcher Fälle von Geistes-
krankheit oder -schwäche zu beurteilen hat. Problem der Renten-
neurose.
111. Geisleswissensdlaften i. e. S.
1. Philosophie ist nicht bloß Grenz-, sondern auch Hilfswissenschaft für
das gründliche, ausgereifte Erkennen der tieferen juristischen Pro-
bleme; ganz unentbehrlich sind Logik und Erkenntnislehre.
2. Geschichte - namentlich politische, Wirtschafts-, Religions- und
Kirchengeschichte - erschließt das Verständnis des gewordenen und
des geltenden Rechts und dient mit ihren Erfahrungstatsachen der
Fortbildung des Rechts.
3. Literatur-, Kunst- und Musikgeschichte spielen bei der rechtlichen,
besonders urheber-, polizei- und strafrechtlichen Wertung der ein-
schlägigen Werke eine grundlegende Rolle.
4. Sprachwissenschaften sind für das sprachliche, aber auch inhaltliche
Verständnis der Rechtsquellen unentbehrlich.
a) antike Sprachen: lateinisch (Corpus iuris civilis und Corpus iuris
canonici), griechisch, assyrisch-babylonisch;
b) lebende fremde Sprachen. besonders französisch, englisch, spa-
nisch und italienisch für rechtsvergleichende und völkerrechtliche
Forschungen;
c) die deutsche Sprache für richtiges und verständliches Deutsch in
Ausdruck, Satzbau und Stil bei der Rechtsetzung, der Abfassung
von behördlichen und rechtsgeschäftlichen Urkunden, bei der An-
fertigung wissenschaftlicher (vor allem Prüfungs-) Arbeiten, beim
Halten von Vorträgen und Ansprachen. Brandmarkung von
Sprachdummheiten: Platter Landbewohner, vierstöckiger Haus-
Abgrenzung 69
V. Naturwissenschaften
1. Mathematik beruht auf der gleichen formallogischen Denktechnik wie
Rechtswissenschaft; wer mathematisch geschult ist, wird sich auch
als Jurist schnell zurechtfinden, Wesentliches vom Unwesentlichen
zu sondern wissen, objektiv und selbständig zu urteilen verstehen.
2. Physik und Chemie - deren Naturgesetze sich in manchen Rechts-
fragen juristisch auswirken.
Beispiele: Physikalische und chemische Formeln in Verordnungen.
Fernsprecher und Rundfunk. Vergiftungsprozesse. Nahrungsmittel-
polizei. Gas und Giftverbote im Kriegsrecht.
3. Geologie und Geographie - deren Elemente auf die Rechtsgestaltung
und das Staatsleben von Einfluß sind.
4. Experimentelle Psychologie - durch welche das Verständnis für
manche familien-, straf-, staats- und völkerrechtlichen Vorgänge er-
schlossen wird.
8. Kapitel
Gliederung
Aum die Remtswissensmaft gliedert sim gleim den übrigen Wissen-
smaften in einzelne Gebiete, Zweige, Fämer, Disziplinen. Für diese
Gliederung ist die Einteilung in öffentlimes und privates Remt nam
wie vor von grundlegender Bedeutung.
näher behandelt.
Gliederung 75
I
Allgemeine Lehren Allgemeine Lehren
Rechtspflegeberufe
(nicht kodifiziert) (Richter, Staatsanwälte,
(nicht kadifiziert) Rechtspfleger, Rechtsanwälte,
Verwaltungsorganisations- Natare usw.)
recht,
Besonderes Staatsrecht Verwa Itungsverfah ren srecht,
Recht des Verwaltungs-
Verfahrensrecht der
Verfassungs recht des Bundes zwangsverfahrens, ordentlichen Gerichte
und der Länder (Verfas- Recht des öffent\. Dienstes, (Zivilprazeßordnung, Straf-
sungsurkunden, Gesetze Kammunalrecht, prazeßordnung, Konkurs-
Ober Hoheitsgebiet, Staats· Recht der Körperschaften, ardnung, freiWillige
anQehörigkeit, Wehrpflicht, Anstalten und Stiftungen Gerichtsbarkeit)
zivilen Verteidigungsdienst, d. ö. R.
Wahlrecht, Staotsorgane, Verfassung und
Parteien, Wappen, Flaßgen, Verfahren der
Orden, Gesetzesbereinigung VerwaltungsQerichte
und .verkündung, Verfas- (Verwaltungsgenchts·
sungsschutz und Verfas· ordnung)
su ngsgerichtsbarkeit) Besonderes
Verwaltungsrecht Verfassung und
Verfahren der
Palizei- und Ordnungsrecht, Fi nanzgerichte
Völkerrecht Recht der Kunst, Wissen- (Reichsabgabenardnung,
Gewohnheitsrecht schaft, Erziehung und Volks· G. ü. d. Bundesfinanzhof,
und Verträge bildung, Schulrecht, Hoch· G. ü. Maßnahmen auf dem
schulrecht Gebiete der Finanzgerichts·
Gesundheitsrecht barkeit)
Recht der sozialen Fürsarge,
Supranationales Recht der Fürsorge für Flüchtlinge Verfassung und
Verträge über die
und Vertriebene, Recht der
Kriegsfolgenhilfe, Lasten·
Verfahren der
Eurapäische Integration aus~eichs. und Wiedergut·
Arbeitsgerichte
ma ungsrecht (Arbeitsgerichtsgesetz)
Verteidigungs- Sazialversicheruncß,'recht Verfassung und
Recht der Jugen ilfe und
abkommen Jugendwahlfahrt Verfahren der
Nordatlantikpakt, Abkom- Bau-, Wohnungs- und Sied· Sozialgerichte
men Ober die Statianierung lu~srecht, (Sozialgerichtsgesetz)
ausländischer Streitkräfte Re t der Raumardnung,
in der Bundesrepublik Feuerschutzrecht, Recht des Verfassung und
zivilen Bevölkerungsschutzes Verfahren des
Wi rtschaftsrecht
Abkommen über die Verkehrsrecht Bundespatentgerichts
Regelung der aus Krieg Landwirtschafts., Forst-, (G. v. 23. 3. 1961)
Jogd. und Fischereirecht,
und Besatzung entstan- Wasserrecht, Veterinärrecht, Verfassung und
denen Fragen Recht des Tier· und Natur- Verfahren der
schutzes Disziplinargerichte
Finanz- und Steuerrecht (Art. 96 Abs. ~ GG,
Sondergebiete : Disziplinargesetze des
Bundes und der Länder)
Arbeitsrecht Verwaltungsrecht der
(Tarifrecht, auswärtigen Verwaltung
lIetriebsverfassungsrecht)
Materielles Strafrecht
Verwaltungsrecht der (StGB und strafrechtliche
Kirchenrecht Landesverteidigung Nebengesetze)
76 Rechtswissenschaft
Sachenrecht
Familienrecht
Erbrecht
Rechtszweige
Bei der Kennzeichnung der verschiedenen Rechtsdisziplinen nach Be-
griff, Inhalt und Methode wird die Gliederung in öffentliches und pri-
vates Recht zugrunde gelegt. Das öffentliche Recht im weiteren Sinne
umfaßt auch das Arbeitsrecht und das Justizrecht, das öffentliche Recht
im engeren Sinne beschränkt sich auf Staatsrecht, Verwaltungsrecht,
Kirchenrecht und Völkerrecht.
9. Kapitel
öffentliches Recht
Staatsrecht - Verwaltungsrecht - Kirchenrecht - Völkerrecht -
Arbeitsrecht
A. Staatsrecht (Verfassungsrecht)
I. Begriff und Quellen
1. Staatliches Recht und Staatsrecht
Der Staat ist nicht bloß subjektiv eine Stoffquelle des Rechts (Staat-
liches Recht), sondern auch objektiv Gegenstand rechtlicher Regelung
(Staatsrecht). Staatsrecht ist dasjenige staatliche Recht, welches die
oberste Organisation, die obersten Funktionen sowie das Verhältnis
des Staates zu seinen Mitgliedern regelt.
2. Verfassungsrecht
Dem Staatsrecht gleichbedeutend ist das Verfassungsrecht im mate-
riellen Sinne, d. h. die Staatsgrundordnung. Verfassungsrecht im
formellen Sinne ist das Verfassungsgesetz = Verfassungsurkunde =
Staatsgrundgesetz. Jeder Staat hat eine Staatsgrundordnung, aber
nicht notwendig ein Staatsgrundgesetz. Staaten ohne Verfassungs-
urkunde: Großbritannien, .. Drittes Reich". Der moderne Staat hat
in der Regel ein Staatsgrundgesetz, welches die wichtigsten Gegen-
stände der Staatsgrundordnung regelt.
Beispiele: Bismarck'sche Reichsverfassung 1871, Weimarer Reichs-
verfassung 1919, Verfassungen der Gliedstaaten des Kaiserreichs,
der Länder der Reichsrepublik, der neuen deutschen Länder seit
1946. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom
23. Mai 1949.
78 Rechtszroeige
ß. Inhalt
1. Verfassungsgeschichte
a) Verfassungsentwid<lung im 17. und 18. Jahrhundert: Westfäli-
scher Frieden 1648; Abstieg und Ausklang des Heiligen Römi-
schen Reiches Deutscher Nation; Aufstieg und Ausbau der Terri-
torialstaaten wie Brandenburg-Preußen, Bayern, österreich.
b) Verfassungsentwid<lung im 19. Jahrhundert: Staatsrechtliche Ge-
staltung der Einzelstaaten, z. B. Preußen, Bayern, Hamburg usw.;
Obergang von der absoluten zur konstitutionellen Regierungs-
weise, Einrichtung der konstitutionellen Monarchie. Auswirkung
der Bundesstaatsgründung auf die Gliedstaaten.
Zusammenschluß der deutschen Einzelstaaten erst zum völker-
rechtlichen Staatenbund, dann zum staatsrechtlichen Bundesstaat.
Deutscher Zollverein 1834; Reichsgründungsversuch in der Frank-
furter Paulskirche 1848/49; Errichtung des Norddeutschen Bundes
1867, des Deutschen Reiches 1871; Einrichtungen und Wandlun-
gen des Kaiserreichs.
2. Allgemeines Staatsrecht
Im Gegensatz zur Allgemeinen Staatslehre, welche die allseitige
wissenschaftliche Erfassung des Staates zum Gegenstand hat, be-
schränkt sich das Allgemeine Staatsrecht auf die juristisme Erfas-
sung des Staates; es stellt dafür allgemeine Lehren auf, welche für
alle konkreten Staatsbildungen von grundlegender Bedeutung sind.
Zu diesen allgemeinen Lehren gehört namentlich:
a) Begriff und Wesen des Staates; übersicht über die verschiedenen
juristischen Erklärungsversuche der staatlichen Verbandseinheit.
Die relativ beste Theorie erklärt den Staat als (größte) Körper-
schaft des öffentlichen Rechts.
bl Staatselemente: Die Grundlagen eines jeden Staates sind das
Staatsgebiet (räumlicher Bereich), das Staatsvolk [Staatsange-
hörigkeit) und die Staatsgewalt (eigenständige. nicht notwendig
souveräne Gewalt).
cl Staatsorgane: Organbegriff und Organtheorie; oberste und nach-
geordnete Organe: parlamentarisches Wahlrecht.
d) Staatsfunktionen: Lehre von der Gewaltenteilung (Unterschei-
dung, Verteilung, Beeinflussung, Hemmung); der Exekutive (Re-
gierung und Vollziehung), der Justiz (Rechtspflege).
e) Staatsangehörigkeit: Rechtsverhältnis zwischen Staatsverband
und Staatsbürger; Entstehungs- und Endigungsgründe; wechsel-
seitige Pflichten und Rechte, Grundrechte.
f) Verfassungsformen sind äußerlim Monarchie und Republik,
Öffentliches Recht 79
III. Methode
Der Eigenart der staatsrechtlichen Forschung und Lehre entspricht die
kombinierte historisch-dogma tisch-dynamische Methode.
1. Historisch:
Wertvoll ist die wissenschaftliche Erforschung der griechischen, be-
sonders der römischen, vollends der deutschen Verfassungs-
geschidlte, unentbehrlich für das Verständnis des geltenden Rechts
die Ermittlung und Auswertung der Zusammenhänge namentlich
zwischen dem Staatsrecht des Kaiserreichs und seiner monarchischen
Gliedstaaten mit dem der Reichsrepublik und ihrer Länder. Viele
Wurzeln sind geblieben, manche neuartig scheinende Einrichtungen
sind bloß aufgepfropft, grundlegende Probleme haben sich nur
äußerliCh verändert.
2. Dogmatisch:
An Stelle der besChreibenden [deskriptiven) ist längst die konstruk-
tive [dogmatische) Methode getreten. Allerdings bringt die juristische
DurChdringung des StaatsreChts die Gefahr der übertragung unan-
gebraChter zivilistisCher Denkweisen in das Gebiet des öffentlichen
ReChts mit sich. Daher muß die zivilistisch-juristische BetraChtungs-
weise beim StaatsreCht zur publizistisch-juristisChen Methode fort-
entwid<elt werden.
3. Dynamisch:
Mit ReCht berüd<sichtigt die neuere, schon vor dem ersten Weltkriege
aufgekommene und vollends nachher aufgeblühte dynamisChe For-
sChungs- und Lehrweise die in den Formen des Staatsrechts siCh aus-
wirkenden politischen Kräfte. Allerdings darf die dynamisChe Me-
thode nicht als die allein seligmachende angesehen und einseitig
angewendet werden; solches hieße das Staatsrecht durch die Politik
ersetzen. Aber zusätzlich zu den anderen Methoden gewährleistet
sie die vollständige Erfassung und richtige Deutung des ReChts-
gehalts sowohl der geschriebenen Verfassungsvorschriften als auch
der ungesChriebenen Normen des Staatsrechts wie der belangvollen
"Verfassungswandlungen ".
B. Verwaltungsremt
I. Begriff und Quellen
VerwaltungsreCht ist das SonderreCht der öffentlichen Verwaltung.
1. Verwaltung
Bei jedem öffentlichen Verband unterscheidet man Einrichtung [Ver-
fassung) und Wirksamkeit. Letztere gliedert sich in Rechtsbildung,
öffentliches Recht 81
6 Giese, Remt
82 Rechtszmeige
IV. Methode
1. Die unübersehbare Fülle schon des rechtlichen und vollends des
tatsächlichen Verwaltungs stoffes zwingt dazu, es nicht bei der bloß
beschreibenden Darstellung, wie es die frühere "Verroaltungslehre"
tat, bewenden zu lassen, sondern das ganze Gebiet juristisch zu
durchdringen, d. h. die Grundsätze, Grundeinrichtungen und Grund-
probleme zu ermitteln und zu einem juristischen System zu ver-
arbeiten. Das Verdienst bahnbrechender Arbeit in diesem Sinne
kommt namentlich atto Mayer zu.
2. Dabei genügt keineswegs die Betrachtung nur der rechtlichen For-
men, vielmehr muß mit der juristischen die dynamische Methode
verbunden werden. Diese erfordert gerade im Verwaltungsleben die
Berüd<sichtigung und Verwertung auch der hier wirksamen politi-
schen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Kräfte.
c. Kirdlenrecht
I. Begriff und Quellen
Kirchenrecht ist das Sonderrecht der christlichen Religionsgesellschaften.
1. Kirche
Kirche im religiösen oder Lehrsinne ist die Gesamtheit der Bekenner
eines christlichen, insbesondere des römisch-katholischen, des evan-
gelischen, des griechisch-orthodoxen Glaubens. Kirche im Rechts-
sinne ist der organisierte Verband solcher Bekenner: die katholische
6'
84 Rechtszroeige
11. Inhalt
1. Kirchenrechtsgeschichte
Ihre Forschung und Lehre hat als "Kanonistik" selbständige Be-
deutung neben Romanistik und Germanistik erlangt. Dabei werden
bestimmte Zeitabschnitte der rechtlichen Entwicklung unterschieden.
Im Anschluß an Stutz, Kirchenrecht, in D. Holtzendorf-Kohler, Enzy-
Öffentliches Recht 85
111. Methode
D. Völkerrecht
I. Begriff und Quellen
1. Eigenart
Wie das Kirchenrecht, greift auch das Völkerrecht über den Staat
hinaus. Sein Feld ist die Welt. Aus der Interessen- und Kultur-
gemeinschaft der Völker erwächst zwischen den beteiligten Staaten
ein Verkehr und für ihn eine Ordnung. Diese internationale Rechts-
ordnung, welche das Verhalten, besonders die gegenseitigen Rechte
Öffentliches Recht 87
11. Inhalt
Völkerrechtsträger sind grundsätzlich nur Staaten, ausnahmsweise auch
"Staatsfragmente" , wie Z. B. die Dominions des britischen Weltreichs
bis 1926.
1. Vollberechtigte Mitglieder einer Völkerrechtsgemeinschaft sind nur
anerkannte und souveräne Staaten, bei Staatenverbindungen je nach
der Konstruktion die Glieder oder der Verband. Neben der Voll-
besteht eine Halbsouveränität bei abhängigen Staaten. Souveräne
Staaten sind unbeschränkt rechts-, geschäfts- und delikts fähig.
2. Die natürlichen Grundlagen eines Staates - Gebiet und Volk - sind
auch völkerrechtlich erheblich: Beschränkungen und Wechsel der
Gebietshoheit; Staatservituten. Plebiszit und Option. Doppelbürger
und Staatenlose; Fremdenrecht.
3. Die Völkerrechtsorganisation besteht aus nationalen und internatio-
nalen Organen.
a) Nationale: Staatshaupt, Gesandte, Konsuln.
88 Rechtszweige
III. Methode
Als unvollkommenes, schwankendes und umstrittenes Recht erfordert
das Völkerrecht in Forschung und Lehre eine besonders sorgfältige
methodische Behandlung.
1. Eine sichere Grundlage dürfte beim Völkerrecht nur die positiv-
juristische Methode bilden. Sie besteht hier darin, daß die geschrie-
benen Völkerrechtsvorschriften und die aus klarer Staatenpraxis
deutlich erkennbaren ungeschriebenen Völkerrechtsnormen unter
scharfer kritischer Prüfung auf Geltung, Bereich und Inhalt zusam-
mengestellt, hieraus die wissenschaftlichen Grundsätze abstrahiert
und so die Grundeinrichtungen erkannt und geklärt werden. Andern-
falls läuft man Gefahr, mit Willkür und Phantasie ein angebliches
Recht zu fabrizieren, dessen die Wirklichkeit spottet.
2. Dabei darf natürlich keine der im Völkerleben und Staatenverkehr
wirksamen Kräfte und lebendigen Strömungen übersehen werden
und unberücksichtigt bleiben.
a) Solche Kräfte, die sorgsame Beachtung heischen, wirken in der
auswärtigen Politik der Staaten. besonders der Großmächte, in
der Taktik und Bürokratie der Diplomaten, in der Arbeitsweise
der internationalen Konferenzen und ständigen Organe früher
des Völkerbundes, heute der UNo
öffentliches Recht 89
--------
E. Arbeitsrecht
Nach dem Zusammenbruch galt es, die Spuren des nazistischen Systems
zu beseitigen und die freie Rechtslage der Arbeitnehmer und vor allem
ihrer Verbände [Gewerkschaften) wiederherzustellen. Dabei konnte
weitgehend an die Rechtsgestaltung aus der Zeit der Weimarer Repu-
blik angeknüpft werden.
11. Remtsinhalt
1. Grundlagen
a) Die Arbeitnehmer einer Gruppe unterstehen dem Arbeitsrecht
dieser Gruppe. Arbeitnehmer ist, wer vertraglich, berufsmäßig,
aber für fremde Rechnung und entgeltlim unselbständige Arbeit
verrichtet. Man unterscheidet Arbeiter, Angestellte und leitende
Angestellte; Lehrlinge bilden eine Sondergruppe.
b) Die arbeitsremtlichen Behörden sind solche des Staates oder
der wirtschaftlich-sozialen Selbstverwaltung.
c) Der arbeitsrechtlime Rechtsschutz wird bei Rechtsstreitigkeiten
durch die besonderen Arbeitsgerichte geboten.
2. Arbeitsvertragsrecht
Der Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger schuldrechtlimer Vertrag, der
zwischen dem Mitglied einer arbeitsrechtlimen Berufsgruppe und
einem Arbeitgeber über die entgeltliche Leistung unselbständiger
Arbeit abgeschlossen wird.
Seiner Vorbereitung dienen besondere Einrichtungen zur Beschaf-
fung, Vermittlung, Verteilung, Erhaltung, Vermehrung von Arbeit.
Der Vertrag begründet für den Arbeitnehmer die Dienst-, Treu- und
öffentliches Recht 91
10. Kapitel
Öffentliches Recht
Exkurs: Einzelgebiete des Verwaltungsrechts
A. Allgemeines Verwaltungsrecht
I. Allgemeine Lehren
Die "allgemeinen Lehren" des Verwaltungs rechts befassen sich mit den
Quellen des Verwaltungsrechts, mit den Grundsätzen der Rechtsan-
wendung, mit dem Verwaltungsrechtsverhältnis und mit dem Ver-
waltungsakt. Sie sind bisher nicht kodifiziert. Die württembergismen
Entwürfe einer Verwaltungsrechtsordnung und eines Verwaltungsver-
fahrensgesetzes von 1931 waren ein Versum, auf Landesebene den
allgemeinen Teil des materiellen Verwaltungsrechts und dazu das
Verwaltungsorganisationsrecht, das Verwaltungsverfahrensrecht, das
Verwaltungsvollstreckungsrecht und das Recht der Verwaltungsge-
richtsbarkeit gesetzlich zu regeln. Sie sind nicht Gesetz geworden.
Gegenwärtig sind die "allgemeinen Lehren" eine Domäne der Lehr-
bücher des Verwaltungsrechts; ihre Fortentwicklung durch Rechtspre-
chung, Lehre und Forschung ist noch nimt abgeschlossen.
Öffentliches Recht 93
11. Verwaltungsorganisationsrecht
Zur staatlichen Verwaltungs organisation i. w. S. gehört die Verwaltung
des Staates (Bund und Länder) einschließlich der Verwaltungen der
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen d. ö. R. mit Ausnahme der
Kirchenverwaltung [Art. 140 GG i. Verb. mit Art. 137 RVerf. 1919). Das
Verwaltungsorganisationsrecht i. e. S. befaßt sich mit der Organisation
der Bundesverwaltung und der Länderverwaltungen. Die Grundsätze
für die Verwaltungsorganisation sind z. T. verfassungsrechtlich nieder-
gelegt [Grundgesetz: Art. 83 H., Länderverfassungen: Bayern = Art. 77,
Niedersachsen = Art. 43, Nordrhein-Westfalen = Art. 77, Schleswig-
Holstein = Art. 38, Baden-Württemberg = Art. 70).
Die Organisationsgewalt ist auch ohne besondere verfassungsrechtliche
Festlegung ipso iure Bestandteil der Staatsgewalt. Sie steht dort, wo
sie nicht durch Verfassungsvorschrift der Legislative zugewiesen ist,
der Exekutive [Regierung) zu. Organisationsnormen mit Außenwirkun-
gen bedürfen der Gesetzesform, jedoch genügt auch in diesen Fällen
die Form der gesetzermächtigten Rechtsverordnung, es sei denn, daß
verfassungsrechtlich ein formelles Gesetz ausdrücklich vorgeschrie-
ben ist.
Auch auf dem Gebiete der Verwaltungsorganisation besteht die Ver-
mutung der Länderzuständigkeit (Art. 30 GGJ. Der Bund hat jedoch
von seiner Befugnis, selbständige Bundesoberbehörden und neue bun-
desunmittelbare Körperschaften und Anstalten durch Bundesgesetz zu
errichten [Art. 87 Abs. 3 GGJ, in zunehmendem Maße Gebrauch gemacht.
Dabei ist er z. T. auf den Widerspruch der Länder gestoßen [z. B. bei
der Errichtung der Stiftung "Preußischer Kulturbesitz" und des Bundes-
aufsichtsamtes für das Kreditwesen). In beiden Fällen wurde das
Bundesverfassungsgericht angerufen, die Entscheidung bezüglich der
Stiftung "Preußischer Kulturbesitz" fiel für den Bund positiv aus, im
Falle des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen ist eine Entschei-
dung noch nicht ergangen. In diesem Zusammenhang ist auch die in
Rechtszroeige
111. Verwaltungsverfahrensredtt
Die einheitliche Bundeskompetenz, deren Fehlen eine Kodifikation des
allgemeinen Teiles des materiellen Verwaltungsrechts in der Gegen-
wart sehr erschwert [vgl. oben I), ist auch für ein Verroaltungsver-
fahrensredtt, das gleicherweise für Bundes- und Länderverwaltungen
gelten soll, nicht gegeben. Auf der anderen Seite sind aber mit dem
Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes von 1952 recht gute Erfah-
rungen gemacht worden; die Länder haben von der im § 1 Abs. 2
ausdrüddich erwähnten Möglichkeit, die Vorschriften des Gesetzes im
eigenen Gesetzgebungsbereich für anwendbar zu erklären, durchweg
Gebrauch gemacht.
Diese Erfahrungen könnten dazu ermutigen, einen Modellgesetzent-
wurf zu erarbeiten, der eine für das Verwaltungsverfahren der Bundes-
behörden und der Länderbehörden gleich brauchbare Regelung vorsieht.
Es ist anzunehmen, daß die Landesgesetzgeber bereit sein werden,
eine solche Lösung zu übernehmen, zumal im Verfahrensrecht kaum
Ansätze für politische Meinungsverschiedenheiten bestehen dürften.
An neue ren Gesetzen der Länder auf dem Gebiete des Verwaltungs-
verfahrensrechts sind zu erwähnen:
das Landesverwaltungsgesetz für Baden-Württemberg von 1955,
das nordrhein-westfälische Gesetz zur Neuordnung und Verein-
fachung der Verwaltung von 1957,
das Berliner Verwaltungsverfahrensgesetz und das Berliner allge-
meine Zuständigkeitsgesetz, beide von 1958.
VI. Kommunalremt
Das Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunalrecht)
enthält die für die Gemeinden (Städte), Ämter, Landkreise, Land-
schaftsverbände (in Nordrhein-Westfalen), Bezirksverbände (in Bayern
und in der Pfalz), Landeskommunalverbände (Landeskommunalver-
band der Hohenzollernschen Lande im Lande Baden-Württemberg)
sowie die kommunalen Zweckverbände geltenden Vorschriften. Es
handelt sich überwiegend um nach dem Zusammenbruch entstandenes
neues Landesrecht (Gemeindeordnungen, Amtsordnungen, Landkreis-
ordnungen usw.), z. T. auch noch um früheres Reichsrecht, das als
Landesrecht weitergilt (Zweckverbandsgesetz von 1939, das in Nord-
rhein-Westfalen jetzt durch das Landesgesetz über kommunale Gemein-
schaftsarbeit von 1961 abgelöst worden ist). Der durch das nordrhein-
westfälische Landesgesetz von 1948 errichtete "Landesverband Lippe"
ist nicht bloß kommunaler Selbstverwaltungskörper höherer Ordnung,
sondern zugleich selbständige staatliche Verwaltungseinheit eigener
Art.
1. Im Gemeindeverfassungsrecht unterscheidet man
a) die Magistratsverfassung, bei der die Willens bildung durch über-
einstimmende Beschlüsse zweier Kollegialorgane, des Magistrats
Öffentliches Recht 99
7*
100 Remtszroeige
die Jagdgenossenschaften,
die Berufskammern (Ärzte-, Zahnärzte-, Apotheker-, Rechtsan-
walts-, Notar-, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskam-
mern, Landwirtschaftskammern, Wirtschaftsprüferkammern usw.)
b) zu den Anstalten d. ö. R.
die kommunalen Sparkassen,
die Landesbanken und Girozentralen,
die öffentlichen Feuer-, Lebens-, Unfall- und Haftpflichtversiche-
rungsanstalten
c) zu den Stiftungen d. ö. R.
die hannoversche Klosterkammer,
die Stiftung "Preußischer Kulturbesitz" .
Die juristischen Personen d. ö. R. sind Träger hoheitlicher Gewalt, sie
sind zugleich rechtsfähig im Sinne des Privatrechts. Die Körperschaft
d. ö. R. ist ein Zusammenschluß von natürlichen oder juristischen Per-
sonen, die Anstalt d. ö. R. eine Zusammenfassung sächlicher und per-
sönlicher Mittel und die Stiftung d. ö. R. eine verselbständigte Ver-
mögensmasse. Sie dienen öffentlichen Zwecken und unterstehen der
Aufsicht des Staates (Bundesaufsicht oder Landesaufsichtl.
Außer den Anstalten d. ö. R. gibt es auch unselbständige nicht rechts-
fähige öffentliche Anstalten (z. B. die kommunalen Eigenbetriebe) und
nicht rechtsfähige (fiduziarische) Stiftungen. Nicht zu den Stiftungen
d. ö. R. gehören die durch einen gemeinnützigen Zweck gekennzeich-
neten rechtsfähigen öffentlichen Stiftungen im Sinne der §§ 80 ff. BGB.
Der Aufgaben- und Wirkungsbereich der Körperschaften, Anstalten
und Stiftungen d. ö. R. wird ausschließlich durch Gesetz und Satzung
bestimmt. Rechtsgeschäfte außerhalb dieses festgelegten Aufgaben- und
Wirkungskreises sind rechtsunwirksam.
B. Besonderes Verwaltungsrecht
I. Polizeiremt
Polizei ist materiell durch ihren Zweck, formell durch ihre Befugnisse
gekennzeichnet. Sie dient der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung.
§ 10 11 17 PrALR von 1794:
"Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe,
Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publico,
oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr
zu treffen, ist das Amt der Polizey."
Öffentliches Recht 103
auf einem Gesetz vom 27. September 1950, es hat gemäß § 3 Abs. 2
dieses Gesetzes keine polizeilichen Befugnisse.
Die wichtigsten Polizeigesetze der Länder sind:
Baden-Württemberg: Polizeigesetz vom 21. 11. 1955
Bayern: Polizeiaufgabengesetz vom 16.10.1954, Polizeiorganisations-
gesetz vom 20. 10. 1954
Bremen: Polizeigesetz vom 5. 7. 1960
Hamburg: Polizeiverwaltungsgesetz vom 7. 11. 1947, Änd.Ges. vom 8. 7.
1952
Hessen: Polizeigesetz vom 10.11. 1954
Niedersachsen: Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom
21.3.1951
Nordrhein-Westfalen: Polizeiorganisationsgesetz vom 11. 8. 1953, Ord-
nungsbehördengesetz vom 16. 10. 1956, Preuß. Polizeiverwaltungsgesetz
i. d. Fassung vom 27. 11. 1953.
Rheinland-Pfalz: Polizeiverwaltungsgesetz vom 26. 3. 1954
Schlesroig-Holstein: Polizeigesetz vom 31. 3. 1951, Polizeiorganisations-
gesetz vom 22. 12. 1952.
Die Beamten der Sicherheits- und Vollzugspolizei sind Hilfsorgane der
Staatsanwaltschaft (§ 152 GVGJ. Sie können von der Staatsanwalt-
schaft bei der Ermittlung strafbarer Handlungen eingesetzt werden
und unterstehen hierbei den Weisungen der Staatsanwaltschaft (§ 161
StPO). Sie haben außerdem von Amts wegen strafbare Handlungen zu
erforschen (§ 163 StPO).
1. Allgemeines:
Eine gemeinübliche Sammelbezeichnung für die einzelnen Rechts-
gebiete, die sich mit der Kultur und dem Geistesleben befassen, hat
sich bisher nicht eingebürgert.
Nach Art. 5 Abs. 3 GG sind Kunst, Wissenschaft, Forschung und
Lehre "frei". Gegenstand dieser Freiheit sind das künstlerische
Schaffen und die künstlerischen Schöpfungen, das private wie das
amtliche, besonders akademische Forschen sowie dessen wissen-
schaftliche Ergebnisse, endlich die zu Lehr-, Aufklärungs- und Bil-
dungszwecken erfolgende private und öffentliche, namentlich aka-
demische, Veröffentlichung und Verbreitung künstlerischer und
wissenschaftlicher Arbeiten und Arbeitsergebnisse. Art. 5 Abs. 1 GG
Öffentliches Recht 105
111. Gesundheitsredtt
Das Recht der Volksgesundheit hat sich als Spezialgebiet aus dem
allgemeinen Polizeirecht entwickelt. besitzt in den nach dem Dreißig-
jährigen Kriege erlassenen landesherrlichen Medizinalordnungen aber
auch spezielle Vorläufer.
öffentliches Recht 111
8 Giese, Recht
114 Rechtszroeige
V. Sozialversicherungsrecht
1. Die öffentliche Sozialoersimerung dient der Vorsorge bei Arbeitern
und Angestellten. Sie ist im modernen Staat eine grundsätzlich obli-
gatorisme Einrichtung. Maßgebend ist der Grundgedanke der Eigen-
beteiligung durch Beitragsleistungen. Die Bezüge der Sozialversiche-
rung stehen dem Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit zu. Die Or-
ganisation ist entweder eine bezirkliche oder eine berufsgenossen-
schaftliche. Behörden sind die Versicherungsämter und die Ober-
versicherungsämter; ferner das Bundesversicherungsamt (G. von
1956); Versicherungsanstalten auf Bundesebene sind die Bundes-
versicherungsanstalt für Angestellte und die Bundesanstalt für Ar-
beitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung.
2. Die einzelnen Versicherungszroeige gliedern sich wie folgt:
die Krankenversicherung (Träger: Ortskrankenkassen, Ersatzkassen
usw.J,
die Unfallversicherung gegen Betriebsunfälle (Träger: Berufsgenos-
senschaften),
die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung (Träger: Versiche-
rungsanstalten),
Die Angestelltenversicherung ist eine besondere Invaliden- und Hin-
terbliebenenversicherung der Angestellten.
Dazu tritt die Knappschaftsversicherung der bergmännischen Arbeit-
nehmer.
Bei Arbeitslosigkeit greift entweder Fürsorge oder Versicherung ein.
Die wichtigsten Rechtsquellen sind die Reichsversicherungsordnung,
das Angestelltenversicherungsgesetz, das Reichsknappschaftsgesetz,
das Arbeitslosenversicherungsgesetz (G. ü. Arbeitsvermittlung und
Arbeitslosenversicherung), alle mit zahlreichen Novellen.
öffentliches Recht 115
IX. Wirtschaftsredll
Zu Anfang des Jahrhunderts wurde es üblim, die wirtsmaftlim bedeut-
samen Probleme der verschiedenen Rechtsgebiete unter besonderer Be-
rücksichtigung der wirtsmaftlichen Interessenlage zu betramten. Hier-
aus ergab sim allmählim ein Zusammenschluß, den man entweder
Öffentliches Recht 119
Von allgemeiner Bedeutung für das Preisrecht ist der Begriff der
Preisüberhöhung. Eine strafbare Preisüberhöhung liegt vor, wenn
jemand "vorsätzlich in befugter oder unbefugter Betätigung in
einem Beruf oder Gewerbe für Gegenstände oder Leistungen des
lebenswichtigen Bedarfs Entgelte fordert, verspricht, vereinbart,
annimmt oder gewährt, die infolge einer Beschränkung des Wett-
bewerbs oder infolge der Ausnutzung einer wirtschaftlichen Macht-
stellung oder einer Mangellage unangemessen hoch sind" (§ 2a des
Wirtschaftsstrafgesetzes von 1954, eingefügt durch das Änd.Ges.
von 1956).
12. Kartellrecht
Das geltende Kartellrecht ist enthalten im Gesetz gegen Wettbe-
werbsbeschränkungen von 1957. Kartellbehörden sind der Bundes-
minister für Wirtschaft, das Bundeskartellamt und die nach Landes-
recht zuständigen obersten Landesbehörden.
13. Remt der mirtschaftlimen Betätigung der öffentlimen Hand
Ein geschlossenes "Recht der wirtschaftlichen Betätigung der öffent-
lichen Hand" existiert nicht. Die betreffenden Vorschriften sind im
Haushalts- und Wirtschaftsrecht des Bundes, der Länder sowie der
Gemeinden und Gemeindeverbände enthalten (z. B. § 48 Reichs-
haushaltsordnung, §§ 86 ff. des preuß. Gemeindefinanzgesetzes,
ff 69 ff. der Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen und die
diesen §§ entsprechenden Vorschriften der Gemeindeordnungen
der übrigen Länder). Sie sind aus Gründen des Sachzusammen-
hangs auch dort zu behandeln. (Kommunalrecht, Haushalts- und
Wirtschaftsrecht des Bundes und der Länder.) Das Organisations-
recht solcher wirtschaftlicher Unternehmen gehört, wenn es sich
um juristische Personen des Privatrechts handelt, zum Privatrecht,
wenn es sich um juristische Personen des öffentlichen Rechts han-
delt, zum Recht der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des
öffentlichen Rechts. Das Eigenbetriebsrecht gehört rechtssystema-
tisch zum Kommunalrecht, zumal es sich bei den Eigenbetrieben
um rechtlich unselbständige Anstalten handelt. Dagegen gehört das
Recht der kommunalen Sparkassen, die rechtsfähige Anstalten des
öffentlichen Rechts sind, ebenso wie das Recht der öffentlich-remt-
lichen Privatversicherungsunternehmen und Banken zum Recht der
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen d. ö. R. Zum Recht der
wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand gehören nur die-
jenigen Vorschriften, die für die öffentliche wirtschaftliche Betäti-
gung allgemein gelten, wie z. B. die Prüfungsvorschriften über die
Pflichtprüfung der Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand (vgI.
oben unter "Kommunalrecht").
124 Remtszroeige
X. Verkehrsredtt
.. Verkehr" in dem sie zu behandelnden Sinne ist die Beförderung von
Personen, Gütern und Nachrichten auf dem Lande, zu Wasser und in
der Luft. Demgemäß befaßt sich das Verkehrsrecht mit den Bedingun-
gen, Einrichtungen, Mitteln und Voraussetzungen für die Durchführung
des Verkehrs.
Der Bund hat gemäß Art. 73 GG die ausschließliche Gesetzgebung über
die Schiffahrtsverträge (Ziff. 5), die Bundeseisenbahnen (Ziff. 6), den
Luftverkehr (Ziff. 6) und das Post- und Fernmeldewesen (Ziff. 7). Er
hat gemäß Art. 74 GG die konkurrierende Kompetenz für die Hochsee-
und Küstenschiffahrt, die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetter-
dienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienen-
den Binnenwasserstraßen (Ziff. 21), ferner für den Straßenverkehr, das
Kraftfahrwesen und den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen
des Fernverkehrs (Ziff. 22) sowie die nicht bundeseigenen Schienen-
bahnen (Ziff. 23) mit Ausnahme der Bergbahnen, die in die ausschließ-
liche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen.
Bei der folgenden Darstellung können die Normen des Verkehrsstraf-
rechts und des Verkehrsprivatrechts unberücksichtigt bleiben.
Zum öffentlichen Recht des Verkehrs sind nach heutiger Auffassung
zu zählen:
1. Straßen- und Wegerecht
Das Straßen- und Wegerecht ist z. T. noch heute von Vorschriften
beherrscht, die nicht für den Bereich des einzelnen Landes, sondern
nur für bestimmte Landesteile geIten. Für die Bundesautobahnen
und die Bundesfernstraßen gilt das Bundesfernstraßengesetz von
1953. An neueren Wege- und Straßengesetzen der Länder sind zu
nennen: das Hamburger Wegegesetz von 1961, das bayerische
Straßen- und Wegegesetz von 1958 und das nordrhein- westfälische
Landesstraßengesetz von 1961, das Landstraßen, Kreisstraßen, Ge-
meindestraßen und sonstige öffentliche Straßen unterscheidet, und
dessen § 68 neben anderen Vorschriften allein 17 wegerechtliche
Regelungen aufhebt, darunter solche von 1554 und 1558 für das
Herzogtum Jülich-Berg, von 1768 für das Herzogtum Kleve und von
1807 für das Herzogtum Westfalen.
öffentliche Wege und Straßen entstehen durch Widmung. Sie kön-
nen bei wegfallendem Bedürfnis wieder eingezogen werden.
Das Gesetz über die vermögensrechtIichen Verhältnisse der Bundes-
autobahnen und der Bundesstraßen des Fernverkehrs von 1951
regelt den übergang der bisherigen Reichsautobahnen und Reichs-
straßen auf den Bund.
Öffentliches Recht 125
2. Straßenverkehrsrecht
Mit dem Güternahverkehr und dem Güterfernverkehr auf den Stra-
ßen befaßt sich das Güterkraftverkehrsgesetz von 1952 i. d. F. von
1957 und 1959. Der Güterfernverkehr ist genehmigungspflichtig. Der
gewerbsmäßige Güternahverkehr ist erlaubnispflichtig. Genehmi-
gungspflichtig ist auch der Güterliniennahverkehr. Die überwachung
des Güterfernverkehrs ist Aufgabe der Bundesanstalt für den Güter-
fernverkehr in Köln.
Die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen
mit Straßenbahnen, Oberleitungsomnibussen und mit Kraftfahrzeu-
gen ist Gegenstand des Personenbeförderungsgesetzes von 1961.
Personenbeförderungsunternehmen bedürfen der Genehmigung. Ge-
nehmigungspflichtig ist auch der Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahr-
zeugen außerhalb des Linienverkehrs, d. h. der Verkehr mit Kraft-
droschken (Taxen), der Ausflugsverkehr und der Verkehr mit Miet-
omnibussen und Mietwagen.
Wichtigste Quelle des Straßenverkehrssicherheits- und -ordnungs-
rechts ist das Straßenverkehrsgesetz von 1952, geändert 1957. Nach
§ 2 StVG ist das Führen von Kraftfahrzeugen grundsätzlich erlaubnis-
pflichtig. Die Straßenverkehrszulassungsordnung von 1956 (mehrfach
geändert und ergänzt) regelt die Zulassung von Personen und Kraft-
fahrzeugen. Das Kraftfahrbundesamt in Flensburg (G. von 1951)
führt die Zentralkartei über Versagungen und Entziehungen der
Fahrerlaubnis, über ausgesprochene Verbote des Führens von Kraft-
fahrzeugen und über verkehrs strafrechtliche Verurteilungen ("Ver-
kehrssünderkartei"). Grundregel für das Verhalten im Straßenver-
kehr ist: "Jeder Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr hat sich
so zu verhalten, daß kein anderer gefährdet, geschädigt, oder mehr,
als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt
wird" (§ 1 der Straßenverkehrsordnung in der Fassung vom 29. März
1956 - BGBL I S. 328).
3. Recht der Eisenbahnen
Es umfaßt die Vorschriften für sämtliche Eisenbahnen und die
Sondervorschriften für die Bundesbahn.
a) Das allgemeine Eisenbahngesetz von 1951 ist die Grundlage für
die Regelung der Verkehrsordnung und der Bau- und Betriebs-
ordnung. Als "Eisenbahnen" gelten die Schienenbahnen mit Aus-
nahme der Straßenbahnen, der Bergbahnen und der "sonstigen
Bahnen besonderer Bauart".
b) Das Gesetz über Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs
von Bahnunternehmungen des öffentlichen Verkehrs von 1934
126 Rechtszroeige
b) die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des
Verkehrs auf den Bundeswasserstraßen,
e) die Schiffsvermessung auf den Bundeswasserstraßen.
Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr von 1953
befaßt sich u. a. mit den Frachten. Der Betriebssicherheit der Fahr-
zeuge dienen die Binnenschiffs-Untersuchungsordnung von 1956, die
va über die überwachung der Schiffssicherheit auf Bundeswasser-
straßen von 1956 und die Eichordnung für Binnenschiffe von 1928.
Der Ordnung des Schiffahrtsverkehrs dient die Binnenschiffahrts-
straßenordnung von 1954 und die Rheinschiffahrtsordnung vom
gleichen Jahre. Grundregel für das Verhalten der Schiffsführer ist,
daß sie alle Vorsichtsmaßregeln treffen müssen, welche die allge-
meine Sorgfaltspflicht und die berufliche übung gebieten, um gegen-
seitige Besch.ädigungen der Fahrzeuge, Behinderungen der Schiffahrt
und Beschädigungen der Ufer und Wasserstraßen zu vermeiden.
6. Recht der Seeschiffahrt
Grundlegend ist das Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem
Gebiet der Seeschiffahrt von 1950. Es bezeichnet als solche die Förde-
rung der Handelsflotte und - neben den beteiligten Ländern - die
Vorsorge für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Seehäfen. Das
Flaggenrechtsgesetz von 1951 regelt die Flaggenführung, das Gesetz
über die Küstenschiffahrt von 1957 die entgeltliche Beförderung von
Fahrgästen und Gütern zwischen Orten des Bundesgebiets auf dem
Seeweg. Für die Untersuchung von Seeunfällen gilt das Gesetz von
1935. Zuständig sind die Seeämter und das Bundesoberseeamt.
Das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik zum internationalen
Schiffssicherheitsvertrag von 1953 bildet die Grundlage für die Ver-
ordnungen über Sicherheitseinrichtungen für Fahrgast- und Fracht-
schiffe, über die Funkausrüstung der Schiffe, über die Beförderung
gefährlicher Güter mit Seeschiffen, sämtlich von 1955. Durch Gesetz
von 1954 wurde ferner das Seelotswesen bundeseinheitlich geregelt.
Die Vorschriften über die Binnenschiffahrt, Küstenschiffahrt und
Seeschiffahrt sind überwiegend im Teil II des Bundesgesetzblatts
veröffentlicht.
7. Recht des Luftverkehrs
Maßgebend ist das Luftverkehrsgesetz in der Neufassung von 1959.
Wie Kraftfahrzeuge und Schiffe unterliegen auch Luftfahrzeuge
(Flugzeuge, Hubschrauber, Luftschiffe, Frei- und Fesselballone ete.)
der Kontrolle auf Verkehrssicherheit. Dem Führerschein (bei Kraft-
fahrzeugen), dem Schifferpatent (bei der Binnenschiffahrt) und dem
Kapitänspatent (bei der Seeschiffahrt) entspricht der Luftfahrer-
128 Rechtszroeige
9 Glese, Recht
130 Rechtszroeige
--------- ------------------- - - -
9*
132 Rechtszroeige
11. Kapitel
Justizrecht
A. Strafrecht
I. Begriff und Wesen; Quellen
1. Grundlagen
Das Strafrecht bezweckt die Erhaltung der Ordnung in den öffent-
lichen Verbänden, besonders im Staat, und den Schutz der für jene
Ordnung wesentlichen Rechtsgüter der Gesamtheit wie des einzelnen
durch das besondere Mittel der "Strafe" als schärfster Reaktion
gegen Rechtsbrüche. Die Strafe trifft jedoch nicht den Rechtsbruch,
sondern den Rechtsbrecher, der durch bestimmtes Verhalten mit be-
stimmtem Erfolg die Rechtsordnung verletzt hat. Das (objektive)
Strafrecht bestimmt die Voraussetzungen (Verbrechen) und den Inhalt
(Strafe) der staatlichen (subjektiven) Strafbefugnis. Es bestimmt und
begrenzt den strafrechtserheblichen äußeren Bruch der Rechtsord-
nung durch zurechenbares menschliches Verhalten. Es stellt daher
]ustizrecht 137
IV. Methoden
1. Die juristisch-dogmatische Methode ist grundlegend, doch wird sie
beim Strafrecht durch dessen erwähnte Haupteigenart der Notwen-
digkeit festumgrenzter Tatbestände dahin modifiziert, daß die
Verwendung von ausdehnender Auslegung, Analogie und Gewohn-
heitsrecht zur Begründung von Strafbarkeit ausgeschlossen ist.
2. Auch die dynamische Methode spielt im Strafrecht eine große Rolle;
sie besteht hier in der Berücksichtigung
a) einerseits der inneren [psychologischen und psychopathischen)
und äußeren [sozialen und wirtschaftlichen) Beweggründe des
Täters für sein Verhalten.
b) anderseits der kriminalpolitischen Gesichtspunkte bei der Aus-
legung und Anwendung des bestehenden Strafrechts und bei der
Gestaltung neuen Strafrechts.
3. Endlich wirken sich die verschiedenen Strafrechtstheorien über ihre
erkenntnistheoretische Bedeutung hinaus auch praktisch bei der
Strafrechtsanwendung und bei der Strafgesetzgebung aus.
B. Strafprozeß
I. Begriff und Quellen
1. Unter Strafprozeß versteht man das rechtlich geordnete gerichtliche
Verfahren zur Festsetzung der Strafe für ein nach den Strafgesetzen
strafbares menschliches Verhalten. Anders als im Zivilrecht schließt
142 Rechtszroeige
-----------------------
sich im Strafrecht grundsätzlich an jede Tat, sofern der Täter gefaßt
wird, der Prozeß an. Auf die gerichtliche Straffestsetzung folgt die
administrative Strafvollstreckung. Anders als im Zivilprozeß bildet
nach dem Erkenntnisverfahren das Vollstreckungsverfahren den
grundsätzlich notwendig eintretenden zweiten Teil der Strafjustiz.
Das Strafprozeßrecht umfaßt im weiteren Sinne auch das Vollzugs-,
im engeren Sinne nur das Erkenntnisverfahren.
2. Remtlime Regelung
a) Das Erkenntnisverfahren regelt die Strafprozeßordnung (StPO).
Eine Ergänzung zur StPO bildet das Jugendgerichtsgesetz.
b) Der Strafvollzug richtet sich nach einigen reichsrechtlichen Rechts-
und Verwaltungsvorschriften, im übrigen noch weitgehend nach
bisherigem Landesrecht und neuem Länderrecht.
11. Strafbehörden
1. Die Strafgerimte sind durchweg staatlich; sie gliedern sich in ordent-
liche, besondere und Ausnahmegerichte. Unter "Gericht" wird ver-
waltungsmäßig die Gerichtsbehörde, rechtspflegemäßig der dort ge-
bildete Spruchkörper - Kollegium oder Einzelrichter - verstanden.
Die Kollegien bestehen entweder ganz aus Berufsrichtern oder ge-
mischt aus Berufs- und Laienrichtern. Der Einzelrichter ist stets
Berufsrichter.
a) Ordentlime Gerimte waren in Deutschland bisher Amts-, Land-,
Oberlandesgerichte und das Reichsgericht; dazu traten als oberste
Landesgerichte in Preußen das Kammergericht, in Bayern das
Oberste Landesgericht. Das Reichsgericht in Leipzig bestand von
1877 bis 1945 als reichs eigene Revisionsinstanz. Amts-, Land-
und Oberlandesgerichte waren erst durch die Justizreform des
Dritten Reiches Reichseinrichtungen geworden; sie wurden seit
dem Zusammenbruch nach vorübergehender Stillegung als Län-
dereinrichtungen erneuert. Am 8. 10. 1950 wurde der an die Stelle
des früheren Reichsgerichts getretene Bundesgerichtshof (BGH)
in Karlsruhe eröffnet.
Spruchkörper sind:
aal beim Amtsgericht der Amtsrichter allein oder das aus Amts-
richter und Schöffen zusammengesetzte Schöffengericht. (Das
Institut der Schöffen war im Dritten Reich beseitigt.)
bb) beim Landgericht, abgesehen vom Untersuchungsrichter - die
beschließende Strafkammer, die erkennende Strafkammer
(diese anfänglich und im Dritten Reich ohne Schöffen; in der
Weimarer Republik und jetzt wieder mit Schöffen), sowie
]ustizrecJlt 143
111. Strafverfahren
1. Verfahrensgrundsätze
a) Offizialbetrieb, d. h. Strafverfolgung von Amts wegen;
Ausnahmen: Antragsdelikte, Privatklage.
b) Akkusatorische Form, d. h. Zweiparteiensystem: einerseits der
Staatsanwalt als öffentlicher Ankläger, anderseits der Beschul-
digte (Angeschuldigte, Angeklagte) nebst seinem notwendigen
oder fakultativen Verteidiger.
c) Inquisitionsprinzip, d. h. es wird von Amts wegen die materielle
Wahrheit erforscht.
d) Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das erkennende
Gericht unter Ausschluß gesetzlicher Beweistheorien.
e) Für die Hauptverhandlung gilt öffentlichkeit, Mündlichkeit, Un-
mitelbarkeit und Konzentration.
2. Gang des ordentlichen Verfahrens
a) Das Ermittlungsverfahren gegen den "Beschuldigten" führt die
Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Polizei, nötigenfalls des Rich-
ters. Sondermaßnahmen dabei sind Beschlagnahme und Durch-
suchung, vorläufige Festnahme und Verhaftung, letztere nur auf-
grund schriftlichen richterlichen Haftbefehls. Das Ermittlungsver-
fahren endet mit formloser Einstellung oder Erhebung der öffent-
lichen Klage, letzteres durch Antrag entweder auf Hauptverfahren
(c) oder auf Voruntersuchung (b).
b) Die gerichtliche Voruntersuchung gegen den "Angeschuldigten"
durch den Untersuchungsrichter ist teils obligatorisch, teils fakul-
tativ. Nach ihrem Abschluß beantragt die Staatsanwaltschaft ent-
weder Außerverfolgungsetzen oder vorläufige Einstellung oder
Hauptverfahren. über diesen Antrag beschließt die Strafkammer.
c) Das Hauptverfahren gegen den "Angeklagten" gipfelt in der
Hauptverhandlung, deren Inhalt genau vorgeschrieben ist.
Ergebnis: Formalurteil (Einstellung) oder Sachurteil (Verurteilung
oder Freisprechung). Das Strafurteil wirkt deklaratorisch bezüg-
lich der Tat, konstitutiv bezüglich der Strafe, imperativ bezüglich
der Vollstred<ung.
Justizrecht 145
d) Rechtsmittelverfahren
aal Ordentliche Rechtsmittel sind:
Berufung (gegen Urteile; Nachprüfung de facto und de jure,
d. h. Nachprüfung des festgestellten Sachverhaltes und des
angewendeten Rechtes.
Revision (gegen Urteile; Nachprüfung de jure, d. h. Nachprü-
fung der angewendeten Rechtsvorschrift auf den als bindend
festgestellten Sachverhalt.
Beschwerde (gegen andere Entscheidungen).
bb) Außerordentliches Rechtsmittel ist ausnahmsweise die "Wie-
deraufnahme" eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlos-
senen Verfahrens.
3. Besondere Verfahrensarten
a) Eine Beteiligung des Verletzten kann stattfinden durch
aal Privatklage (statt der öffentlichen Klage) bei Antragsdelikten,
wie Beleidigung, Körperverletzung usw.,
bb) Nebenklage (neben der öffentlichen Klage) in denselben
Fällen,
cc) Bußklage bei übler Nachrede, Verleumdung, Körperverlet-
zung, unlauterem Wettbewerb.
b) Summarische Verfahren: Sofortige Hauptverhandlung vor Amts-
richter oder Schöffengericht; amtsrichterlicher Strafbefehl; Ver-
fahren gegen Abwesende.
c) Jugendgerichtsverfahren mit Milderungen und Vereinfachungen.
d) Militärstrafverfahren unter Anpassung an die Bedürfnisse der
militärischen Disziplin.
IV. Strafvollzug
Grundlage: Rechtskräftiges und vollstreckbares strafgerichtliches Urteil.
1. Organe:
a) Staatsanwaltschaft.
b) Strafanstaltsbehörden.
2. Verfahren:
a) Die Todesstrafe wurde vollstreckt durch intramurane (nicht öffent-
liche) Enthauptung, nicht an Schwangeren und Geisteskranken,
im "Dritten Reich" vielfach durch Erhängen. Nach GG Art 102 ist
die Todesstrafe abgeschafft.
b) Freiheitsstrafen: Einzelvorschriften im StGB, im übrigen landes-
rechtliche Regelung; gemeinsame Grundsätze z. B. über Unter-
bringung, Behandlung, Verhalten, Disziplin, Beschwerde, Beur-
laubung, Entlassung usw.
c) Geldstrafen. Vollstreckung gemäß der Zivilprozeßordnung.
10 Giese, Remt
146 Rechtszroeige
C. Zivilprozeß
I. Begriff und Quellen
1. Wesen
Zivilprozeß ist das rechtlich geordnete gerichtliche Verfahren zur
Prüfung, Feststellung und Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche.
Die Geltendmachung solcher Ansprüche erfolgte einstmals vielfach
mittels Selbsthilfe, heute grundsätzlich mittels Staatshilfe. Diese tritt
nur auf Anrufung ein, wirkt dann aber obrigkeitlich. Auch die Zivil-
justiz ist ein Hoheitsrecht des Staates. Doch nimmt der Staat die
Stellung eines unparteiischen Dritten ein. Das Staatsinteresse besteht
nicht am einzelnen Prozeß, sondern am Dasein und Wirken der
ganzen Ziviljustiz. Deshalb und wegen des obrigkeitlichen Charak-
ters ist der Zivilprozeß eine Einrichtung des öffentlichen Rechtes.
2. Gliederung
Das Zivilprozeßrecht regelt Einrichtung (Verfassung und Wirksam-
keit [Verfahren] der Zivilgerichte, Beziehungen zwischen Gericht und
Parteien, sowie Beziehungen der Parteien untereinander und zu
Dritten ["Prozeßverhältnis"]l. Das gerichtliche Verfahren gliedert sich
in Erkenntnis- und Vollzugsverfahren; letzteres tritt nur bei Nicht-
erfüllung des Urteils ein. Neben der Einzelvollstred<ung steht die
Gesamtvollstred<ung, das Konkursverfahren.
3. Regelung
Grundlegende Gesetze: Gerichtsverfassungsgesetz, Zivilprozeßord-
nung, Zwangsversteigerungsgesetz, Konkursordnung.
11. GeridItsverfas8ung
1. Allgemeines
Die Tätigkeit der Zivilgerichte gründet sich nicht auf die Verein-
barung der Parteien (Schiedsgerichtsbarkeit), sondern auf die Autori-
tät des Staates (echte Gerichtsbarkeit). Die Zivilgerichte sind nicht
kommunale (vereinzelte Ausnahmen), kirchliche (GVG § 15 III) oder
gar private (GVG § 15 11), sondern staatliche Stellen (GVG § 15 I).
Sie zerfallen in ordentliche und besondere Gerichte. Unter Gericht
wird einerseits die Justizbehörde, anderseits der Spruchkörper (Kol-
legium oder Einzelrichter) verstanden. Die Einzelrichter sind stets,
die Mitglieder von Kollegien überwiegend Berufsrichter; eine Aus-
nahme bilden besonders die Handelsrichter und die Beisitzer der
Arbeitsgerichte.
2. Die ordentlichen Zivilgerichte
Zivilgerichte waren früher Amts-, Land-, Oberlandesgerichte und
das Reichsgericht; letzteres besteht seit 1945 nicht mehr. Das GG
Justizrecht 147
10*
148 Rechtszroeige
d) Die Rechtsmittel
aal Ordentliche Rechtsmittel sind Berufung, Revision, Be-
schwerde; diese Begriffe wie im Strafprozeß.
bb) Außerordentliches Rechtsmittel ist die Wiederaufnahme eines
rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens mittels Nichtigkeits-
oder Restitutionsklage.
4. Besondere Verfahrensarten
a) Der Vermeidung des ordentlichen Verfahrens dient das schieds-
gerichtliche Verfahren aufgrund privaten Schiedsvertrags durch
Schiedsrichter mittels Schiedsspruches.
b) Der beschleunigten summarischen Erledigung eines Rechtsstreites
dienen Urkunden- und Wechselprozeß sowie Mahnverfahren:
Zahlungsbefehl, dagegen Widerspruch; sonst Vollstreckungsbe-
fehl, dagegen Einspruch.
e) Der sofortigen Sicherung gefährdeter Ansprüche dienen Arrest
und einstweilige Verfügung.
d) Gegenständlich besondere Verfahrensarten sind Ehe-, Kind-
schafts- und Entmündigungssachen, ferner Aufgebotsverfahren
zwecks Todeserklärung, zwecks Ausschlusses von Rechten, zwecks
Kraftloserklärung von Urkunden.
IV. Vollstred<ung
Zwangsvollstreckung ist das auf Betreiben eines Gläubigers gegen
seinen Schuldner mit staatlicher Hilfe durchgeführte Zwangsverfahren
zur Befriedigung eines Anspruches oder zur Duldung einer Handlung.
1. Voraussetzungen sind materiell der Vollstreckungstitel- z. B. rechts-
kräftiges Leistungsurteil, Vollstreckungsbefehl im Mahnverfahren,
vollstreckbare Urkunde -, formell die Vollstreckungsklausel (voll-
streckbare Ausfertigung des Titels).
2. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
a) in das bewegliche Vermögen: Pfändung von Mobilien durch den
Gerichtsvollzieher; Pfändung von Rechten durch gerichtlichen
Pfändungs- und Oberweisungsbeschluß.
b) in das unbewegliche Vermögen: durch das Amtsgericht mittels
Zwangsversteigerung (Eigentumsentziehung) oder Zwangsver-
waltung (Befriedigung aus den Erträgnissen) oder Zwangseintra-
gung (einer Sicherungshypothek).
3. Zwangsvollstreckung zwecks anderer Leistungen: Vollzug bei be-
stimmten oder vertretbaren Sachen durch Wegnahme und Ober-
]ustizrecht 151
V. Konkurs
Beim KonkursreCht mischt siCh Verfahrensrecht mit materiellem ReCht.
1. Begriff
Konkurs ist das gesetzliCh geordnete geriChtliChe Verfahren zur
gleichmäßigen anteiligen Befriedigung einer Mehrheit von Gläubi-
gern eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten (Gemein)-Schuld-
ners. Es dient hauptsächlich dem Schutz der Gläubiger vor ungleicher
Behandlung (par conditio creditorum [gleiche Bedingungen für alle
Gläubiger]). Das Konkursverfahren ist ein solches der streitigen,
nicht der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
2. Organe
a) Konkursgericht ist das Amtsgericht; es überwacht die Gesetz- und
Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens;
b) der Konkursverwalter, meist ein ReChtsanwalt oder Kaufmann,
wird vom Konkursgericht zur Abwicklung des Verfahrens bestellt;
c) die (obligatorische) Gläubigerversammlung nimmt die gemein-
schaftliChen Gläubigerinteressen wahr;
d) der (fakultative) Gläubigerausschuß unterstützt und überwacht
den Verwalter.
3. Konkursmasse
a) Die Aktivmasse umfaßt das gesamte pfändbare Vermögen, das
dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört.
Es vermindert siCh 1.) durch Aussonderung fremden Eigentums,
2.) durCh abgesonderte Befriedigung der Pfand- und ähnlich be-
vorzugter Gläubiger aus den ihnen haftenden Gegenständen,
152 Rechtszroeige
D. Freiwßlige Gerichtsbarkeit
J. Begriff
"Freiwillige Gerichtsbarkeit" (Gegensatz: streitige Gerichtsbarkeit) ist
die übersetzung von iurisdietio voluntaria (Gegensatz: litigiosal. Dieser
Ausdruck und Gegensatz ist aber irreführend.
Tustizrecht 153
11. Gegenstände
1. Urkundswesen. Beurkundung von Rechtsgeschäften, Beglaubigung
von Unterschriften. Behörden: Gerichte und Notare. [Vgl. BGB, HGB,
GrundbuchO.)
2. Personenstandswesen. Geburts-, Heirats- und Sterberegister. Be-
hörde: Standesamt. [Vgl. Personenstandsgesetz, Neufassung von
1957.)
3. Registerwesen im übrigen. Handels-, Genossenschafts-, Vereins-, Gü-
terrechts-, Schiffs-, Geschmacksmusterregister, Gebrauchsmusterrolle,
Patentrolle. [Vgl. FreiwGerG, BGB, HGB, GenG usw.)
4. Grundbuchwesen. Grundbuchämter, in Norddeutschland die Amts-
gerichte. Einrichtung des Grundbuchs. Eintragungen. Antragsprinzip.
Formvorschriften. öffentlicher Glaube. Charakteristisch sind pein-
liche Gründlichkeit und strenge richterliche Haftung. (Vgl. GBO und
BGB m.)
5. Vormundschaftswesen. Es umfaßt i. e. S. die reinen Vormundschafts-
und Pflegeschaftssachen, i. w. S. auch andere familienrechtliche An-
154 Rechtszroeige
111. Verfahren
1. Behörden der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind vor allem die ordent-
lichen Gerichte und die Notare - beide Stellen vielfach, so im bis
herigen Preußen, wahlweise; ferner Standesbeamte, Postbeamte,
Konsuln.
2. Verfahren. Offizialprinzip und Amtsbetrieb; keine obligatorische
mündliche Verhandlung. Die Entscheidungen sind formfrei, bedürfen
aber der Bekanntgabe; sie sind mit Beschwerde anfechtbar.
12. Kapitel
Privatrecht
Man unterscheidet allgemeines Privatrecht für alle Bürger (Bürgerliches
Recht) und besonderes Privatrecht für Kaufleute und Handelsgesell-
schaften (Handelsrecht).
A. Geschichte
Bürgerlimes Recht ist das Privatrecht für jedermann im Staate ohne
Rücksicht auf Stand oder Beruf. Das deutsche bürgerliche Recht ist aus
zwei verschiedenen Wurzeln erwachsen: aus dem römischen und aus
dem altdeutschen Recht.
I. Römismes Remt
Das Remt des Römischen Weltreiches gelangte im Mittelalter durch den
eigenartigen Rechtsvorgang der "Rezeption" nach Deutschland. Die Re-
zeption vollzog sich zwischen Mitte des 15. und Mitte des 16. Jahr-
hunderts. Ihren Gegenstand bildete das spätnachklassische (byzantini-
sche) römische Recht in der Gestalt, wie es im Mittelalter in Bologna
und an anderen Rechtsschulen Italiens gelehrt wurde. Seinen schrift-
Priootrecht 155
B. Bürgerliches Recht
Einteilungsprinzip: Personen, Vermögen, Familie.
1. Personenrecht: Recht der natürlichen und juristischen Personen;
2. Vermägensrecht: Beziehung der Personen zu den Vermögensgütern,
a) unmittelbar-dinglich: Sachenrecht nebst Urheberrecht,
b) mittelbar durch andere Personen: Schuldrecht;
3. Familienrecht: Ausgestaltung
a) des Personenrechts (Ehe, Familie, Verwandtschaft),
b) des Vermögensrechts (Eheliches Güterrecht, Erbrecht).
11 Glese, Remt
162 Rechtszroeige
C. Handelsrecht
I. Begriff und Quellen
1. Handelsrecht ist das Sonderprioatrecht für den Handelsstand. Han-
del ist die auf Güterumsatz gerichtete gewerbliche Tätigkeit. Das
Bedürfnis nach Sonderregeln besteht auch in anderen Zweigen der
Wirtschaft, namentlich in der Industrie. Darum beschränkt sich der
Geltungsbereich des Handelsrechts nicht auf den Handelsstand, son-
dern erfaßt z. T. auch die rechtlichen Verhältnisse der Industrie. Das
Handelsrecht umfaßt i. w. S. öffentlich-rechtliche und privatrechtliche
Vorschriften. Jene gehören in das Verwaltungsrecht, diese stellen
die Sonderdisziplin des Handelsrechts i. e. S. dar. Dieses Handels-
recht bildet einen Rechtszweig eigner Prägung, aber doch kein ge-
schlossenes Rechtssystem; denn subsidiär sind die Rechtsverhält-
nisse auch der Kaufleute und der Handelsgesellschaften nach dem
allgemeinen Privatrecht, dem bürgerlichen Recht, zu beurteilen.
2. Regelung
In gewissem Sinne war schon das römische ius gentium als Sonder-
recht für den Verkehr der römischen mit fremden Kaufleuten Han-
delsrecht. Das römische Recht kannte zwei Arten des Rechtes: ius
civile, das nur für römische Bürger (civis) galt, und ius gentium
(Recht der fremden Leute, fremden Völker), das für Nichtrömer und
Römer galt. In größerem Umfange entstand im Mittelalter ein eigenes
Standesrecht der Kaufmannschaft und der kaufmännischen Gilden.
In der Neuzeit war das Gebiet des Handels das erste, auf dem, wenn
auch nur in Gestalt übereinstimmenden Landesrechts, Rechtseinheit
in Deutschland erzielt wurde: Allgemeine Deutsche Wechselordnung
1849, Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch 1861. Nach der
Bundesstaatsgründung (1867/71) wurden diese gleichlautenden, auch
in österreich geltenden Landesgesetze für Deutschland einheitliches
Bundes- bzw. Reichsrecht. Die Reichskompetenz zur Regelung des
Handelsrechts bestand, anders als im bürgerlichen Recht, von An-
fang an. Das BGB machte eine Neubearbeitung des Handelsrechts
notwendig. Das neue HGB vom 10. Mai 1897, in Kraft seit 1. Januar
1900, ist nicht mehr so sehr Sonderrecht der Handelsgeschäfte als
vielmehr des Handelsstandes. Auch das Handelsrecht ist im BGB nur
11*
164 Rechtszroeige
11. Inhalt
1. Kaufleute und ihr Hilfspersonal
a) Kaufmann ist, wer selbständig ein Handelsgewerbe betreibt. Es
gibt Kaufleute kraft Gesetzes (die ein sog. Grundhandelsgeschäft,
z. B. Warenumsatz, betreiben) und Kaufleute kraft Eintragung
(obligatorisch wegen kaufmännischer Betriebsweise des Gewer-
bes, faktultativ wegen Betriebs eines Nebengewerbes neben
Land- oder Forstwirtschaft), kürzer ausgedrückt: Muß-, Kann-
und Sollkaufleute. Die Eintragung erfolgt im Handelsregister, das
beim Amtsgericht geführt wird. Sie hat nach dem vorigen ent-
weder rechtsfeststellende oder rechtsbegründende Wirkung. Neben
den "Vollkaufleuten" kennt das Gesetz "Minderkaufleute"; dazu
gehören Handwerker und sonstige Kleingewerbetreibende. Auch
Frauen oder Kinder können "Kaufmann" sein. Das Handelsunter-
nehmen eines Kaufmanns als Ganzes ist das kaufmännische Ge-
schäft. Der Name, unter dem ein Vollkaufmann sein Geschäft be-
treibt, heißt "Firma".
b) Das Hilfspersonal des Kaufmanns
Handlungsgehilfe ist, wer im Handelsgewerbe eines Kaufmanns
zwecks Leistung kaufmännischer Dienste entgeltlich angestellt ist.
Handlungsbevollmächtigter ist, wer von einem Kaufmann eine
Vollmacht zum Abschluß einer Mehrheit von Geschäften erhalten
hat. Eine besonders weitgehende Handlungsvollmacht verleiht
die Prokura. Handelsvertreter (Handlungsagent) ist ein selb-
ständiger Kaufmann, der ständig damit betraut ist, für das Han-
delsgewerbe eines anderen Kaufmanns Geschäfte zu vermit-
teln oder in dessen Namen abzuschließen. Handelsmäkler ist
der Kaufmann, der gewerbsmäßig Geschäfte über Gegenstände
des Handelsverkehrs für andere vermittelt, ohne, wie der Han-
delsvertreter, von einem Kaufmann hiermit ständig betraut zu
sein.
2. Handelsgesellsmaften
Sie fallen grundsätzlich unter die Gesellschaftstypen des BGB; ihre
Rechtsverhältnisse bestimmen sich aber primär nach Handels-, sub-
sidiär nach bürgerlichem Recht. Die "Stille Gesellschaft" ist zwar
Privatrecht 165
3. Handelsverkehr
a) Gegenstände des Handelsverkehrs sind Waren (bewegliche Sa-
chen) und Wertpapiere (Rekta-, Order- und Inhaberpapiere). Der
Schutz des gutgläubigen Erwerbs und die Sicherung durch gesetz-
liches Pfandrecht und durch Zurückbehaltungsrecht reichen im
Handelsrecht weiter als im bürgerlichen Recht.
b) Handelsgeschäfte sind sämtliche Geschäfte, die ein Kaufmann im
Betrieb seines Handelsgewerbes vornimmt. Man unterscheidet
Grundhandelsgeschäfte (HGB § 1) und Nebenhandelsgeschäfte,
ein- und zweiseitige Handelsgeschäfte. Wichtigstes Auslegungs-
mittel ist die Handelssitte (Usance). Von den Formvorschriften des
BGB bestehen einige Ausnahmen, so für die Bürgschaft. Auch für
Abschluß, Inhalt und Erfüllung der Handelsgeschäfte gelten
einige Abweichungen vom BGB. Typische Handelsgeschäfte sind
z. B. Handelskauf, Kredit- und Zahlungsgeschäfte, Börsen-
geschäfte, Kommissions-, Speditions-, Lager- und Frachtgeschäfte,
Güter- und Personenbeförderung.
4. Schiffahrt: See- und Binnenschiffahrtshandel
a) Das Seehandelsrecht umfaßt die privatrechtlichen Sondervor-
schriften [insbesondere Frachtrecht) über die Handelsschiffahrt
zur See. Vgl. HGB IV.
b) Das Binnenschiffahrtshandelsrecht enthält die besonderen Be-
stimmungen über die Handelsschiffahrt auf Binnengewässern.
Vgl. RG betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnen-
schiffahrt (1895/98) und RG betreffend die privatrechtlichen Ver-
hältnisse der Flößerei (1895).
c) Einzelheiten: Besondere Begriffe des Schiffahrtsrechts sind
Schiff, Schiffer, Reeder [Schiffseigner), Reederei; besondere Ge-
schäfte sind See- und Binnenfrachtgeschäft und Seeversicherung;
ferner haben Havarie, Zusammenstoß sowie Bergung und Hilfe-
leistung in Seenot eine besondere Regelung gefunden.
Noch immer ist die berufliche Beschäftigung mit dem Recht und der
Rechtswissenschaft eine ehrenvolle Aufgabe. Das wird bei gleichblei-
benden staatsrechtlichen Verhältnissen auch weiter so sein. Die Arbeit
am Recht erfordert den ganzen Menschen. Notwendige Eigenschaften
des Juristen sind u. a. logisches Denken. Einfühlungsvermögen. Men-
schenfreundlichkeit. Bescheidenheit und Sauberkeit im persönlichen
Bereich. aber auch Zivilcourage und. nicht zuletzt. eine gewisse Auf-
geschlossenheit für die Vorgänge des täglichen und praktischen Lebens.
Der Nicht jurist. der sich mit Vorschriften des geltenden Rechts zu
befassen hat. ist häufig weit eher als der Fachjurist geneigt. sich an
den Buchstaben des Gesetzes zu klammern. auch wenn das Ergebnis
bei näherer Betrachtung wenig sinnvoll erscheint. Mit den Grundzügen
der Rechtsanwendung sollte sich daher auch der Nicht jurist vertraut
machen.
Aufgabe allen Rechts ist und bleibt es. dem sich ständig wandelnden
Leben zu dienen. Das sollte bei aller gebotenen Akribie in der Aus-
legung und Anwendung des geltenden Rechts jeder bedenken. der sich
beruflich oder außerberuflich mit dem Recht zu beschäftigen hat.
Friedrich Giese t
Wiederum hat sich die schon nicht mehr große Zahl derjenigen Ange-
hörigen der vorigen Generation, die das öffentliche Recht wissenschaft-
lich vertreten haben, um eine bekannte und berühmte Persönlichkeit
vermindert: Am 25. April d. J. ist der emer. o. Ö. Professor für Staats-,
Verwaltungs-, Völker- und Kirchenrecht an den Universitäten Frank-
furt/Main und Mainz und Konsistorialrat a. D. Dr. jur. Dr. rer. pol. h. c.
Friedrich Giese nach einem reich erfüllten Leben im 76. Lebensjahr
mitten aus der Arbeit heraus in die Ewigkeit eingegangen. In einer
ergreifenden Trauerfeier in der Friedhofskapelle in Königstein im
Taunus und bei der anschließenden Beisetzung in seinem Wohnort
Falkenstein im Taunus haben seine ihm zutiefst verbundenen Ange-
hörigen sowie zahlreiche Freunde, Kollegen und Schüler am Nachmittag
des 29. April d. J. für immer von ihm Abschied genommen.
Aus Anlaß des 70. Geburtstages von Friedrich Giese am 17. August 1952
hat die Juristenzeitung (1952 S. 541) seiner mit einem Glüd<wunsch
aus der Feder meines hiesigen Fakultätskollegen Hans ]. Wolff gedacht,
der vom Sommer 1933 bis Sommer 1935 nominell Frankfurter Fakul-
tätskollege des Verstorbenen war und sich im weiteren Sinne ebenfalls
zu dessen Schülern rechnet. In dieser Glüd<wunschadresse sind Gieses
Werdegang und sein wissenschaftliches Werk dargestellt. Aus dem-
selben Anlaß habe ich selbst in der von mir redigierten und heraus-
gegebenen Festschrift (Frankfurt/Main, Kommentator-Verlag 1953) in
gleicher Weise den Jubilar gewürdigt (S. 251- 256) und habe dort
auch seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen zusammengestellt
(S. 257/58).
An dieser Stelle sollen die bisherigen Äußerungen ihm eng vertraut
Gewesener um zwei Punkte nach der beruflichen und persönlichen
Seite hin ergänzt werden.
Friedrich Giese hat von sich selbst bekannt, er sei und bleibe positiver
Jurist. Diese Aussage ist in dem klaren und einfachen Sinne zu nehmen,
in dem Giese auch Richard Thoma als "Positivisten" gesehen hat, daß
es nämlich "die erste und unerläßliche Aufgabe des Juristen" sei, "eine
Dogmatik des positiven Rechts zu liefern, die mit ihren sekundären
Aufgaben historischer Ableitung, soziologischer Klärung, politischer
174 Narnruf
12 Glese, Reiht
178 Literaturhinroeise
V. Kirchenrecht
Koeniger-Giese, Grundzüge des katholismen Kirmenremb, 3. Aun., 1949
Mikat, Kirmenremt, 1961
Wolf, Erik, Ordnung der Kirche, Lehr- und Handbum des Kirchenremts, 1960
VI. Völkerrecht
Sauer, System des Völkerremts', 1952
Sauer, Grundlehre des, Völkerremts, 3. Aun., 1955
Verdross, Völkerremt, 4. Aun., 1959
VII. Arbeitsrecht
Hueck-Nipperdey, Grundriß des Arbeitsrechts, 1960
Hueck-Nipperdey, Lehrbum des Arbeitsrechts, 2 Bde., 6. Aun., 1957/1959
Kaskel-Dersm, Arbeitsrecht, 5. AufI. , 1957
Nikism, Arbeitsremt, 3 Bde., 1955/1959
ferner die Kommentare zum Betriebs'verfassungs'remt
von Dietz (3. Aun., 1960) und Fitting-Kraegeloh (5. AufI. , 1960)
und zum Arbeits'gerichtsgesetz von Dersm-Volkmar (6. Aun., 1955) und
Dietz-Nikism (1957)
2. Verroaltungsorganisationsrecht
Forsthoff, Verwaltungsorganisation, Heft 18 der Smriftenreihe "Die Ver-
waltung", 1950 ff.
Gerth, Probleme der Verwaltungs'reform, Heft 10/1956 der Zeitschrift "Der
öffentliche Dienst"
Gerth, Die juristis,chen Personen d. ö. R., ihre Organe und ihxe Behörden,
Heft 22/1959 der Zeitschrift "Die öffentlime Verwaltung"
3. Verroaltungsverfahrensrecht
Koehle,r, Probleme einer bundesgesetzlimen Regelung des Verwaltungs-
verfahrens, Heft 16/1960 der Zeitsmrift "Die öffentliche Verwaltung"
Rietdorf, Ober die Zweckmäßigkeit der Kodifizierung von Teilgebieten des
allgemeinen Verwaltungs'rechts in einem Verwaltungsverfahrens'gesetz, Heft
16/1960 der Zeitsmrift "Die öffentlime Verwaltung"
12'
180 Literaturhinroeise
6. Kommunalrecht
Pagenkopf, Einführung in die Kommunalwissenschaft, 2. Aufl., 1960
Peters" Handbuch der kommunalen Wissens·chaft und Praxis, 3 Bae., 1956 bis
1959
beide mit umfangreichen Literaturangaben
Kirsten, Gemeindefinanzen, 1954
Ruberg, Gemeindewirtschaftsbetriebe, 1955
Zeiss, Das Eigenbetriebsrecht, 2. Aufl., 1962
ferner die Kommentare zu den Kommunalverfassungsgesetzen und zum
Gemeindewirtschaftsrecht der Länder
9. Schulrecht
Heckei, Deutsmes Privatschulrecht, 1955
Heckel-Seipp, Schulrechtskunde, 2. Auf!., 1960
ferner die Kommentare zu den Schulgesetzen der Länder;
Gerth, Die Kommunalen Verwaltungs schulen, Heft 11/1961 der "Zeitsmrift
für Beamtenrecht"
Literaturhinroeise 181
10. Hochschulrecht
Anrich, Die Idee der deutschen Universität und die Reform der deutschen
Universitäten, 1960
Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 1956
12. Gesundheitsrecht
Koch, Gesundheits,verwaltung, Heft 34 der Schriftenreihe "Die Verwaltung",
1950 ff.
Koch-Daelen, Das Gesundheitswesen in der Bundes'republik Deutschland,
1954
Cremer, Grundlagen der ärztlich,en Rechts- und Berufskunde, 1962
Kuhns', Das g,esamte Recht der Heilberufe, 1958
ferner die zahlreichen Kommentare und Spezialwerke zum Ärzte-, Zahn-
ärzte-, Apotheker-, Arznei-, Lebensmittel- und Genußmittelrecht
13. Sozialhilfe
fehle, Fürsorgerecht, 3. Aun., 1958
Keese, Öffentlich·e Fürsorge, 5. Aun., 1957
ferner die z. T. noch in der Vorbereitung befindlichen Kommentare zum
Bundessozialhilfegesetz
14. Kriegsfolgenhilfe
Die zahlreichen Kommentare zu den einzelnen Re,chtsgebieten (Lastenaus-
gleich, Bundesvertriebenengesetz, Bundesversorgungsgesetz usw.)
15. Sozialoersicherungsrecht
Wegne'r, Sozialversicherung, Heft 35 der Schriftenreihe "Die Ve'rwaltung ",
1950 ff.
Dapprich-May, Das sozialge'fichtliche Verfahren, 1959
ferner die zahlreichen Kommentare zur Reichsversicherungsordnung, zu den
einzelnen Versiche'rungszweigen und zum Sozialgerichtsges'etz
17. Baurecht
Wandersleb, Wörterbuch des Städtebaues, Wohnungs- und Siedlungs-
wesens, 3 Bde., 1959
ferner die Kommentare zum Bundesbaugesetz und zu den Bauordnungen
der Länder sowie zu den Einzelgebieien des Miet-, Wohnungs- und Grund-
stücksrechts
19. Wirtschaftsrecht
Huber, Wirts'chafts,verwaltungsrecht, 2 Bde., 2. Aun., 1953/1954
20. Gewerberecht
Boldt-Steffens, Gewerbeordnung, 1955
Landmann-Rohmer, Gewerbeordnung, 2 Bde., 11. AufI. , 1956
21. Bergrecht
Reuss-Grotefend-Dapprich, Allg'emeines Berggesetz, 11. AufI., 1959
22. Energiewirtschaftsrecht
Eiser-Riederer-Sieder, Energiewirtschaftsrecht, 2. Aufl., 1958
25. Währungsrecht
Harmening-Duden, Die Wäh:rungsgesetze, 1949
26. Verkehrsrecht
Krehs, Verkehrsrecht und Verkehrswirtsdtaft, 1960
[grundle'gende Darstellung mit umfangreimen Literaturangaben)
Germe,rshausen-Seydel-Mars'mall, Wegeremt und Wegeverwaltung in der
Bundes,republik Deutsmland, 2 Bde., 1961
ferner die speziellen Kommentare und Monographien zum Straßenverkehrs-
remt, Eisenbahnrecht, Post- und Fernmelderemt, zum Remt der See- und
Binnenschiffahrt und zum Luftverkehrsremt
27. Landroirtschaftsrecht
Nonhoff-Steiger-He'inrim, Das deutsche Agrarrecht, 1950 ff.
Puvogel, Der Weg zum Landwirtschaftsgesetz, 1957
ferner die Kommentare zu den Einzelgehieten
28. Forstrecht
Braunmühl-Rittel, Landesfoi'stges,etz Rheinland-Pfalz, 1952
Herbold, Die Ve1rwaltung des Gemeindewaldes in Nordrhein-Westfalen, 1961
29. Jagdrecht
Mitzsmke-Smäfer, Bundesjagdgesetz, 2. AufI. , 1957
sowie die Kommentare zu den Jagdgesetzen der Länder
30. Fischereirecht
Delius, Das preußisme Fischereigesetz, 2. Aufl., 1929
31. Wasserrecht
Dornheim, Das' Remt der Wasser- und Bodenverbände, 1961
Wüsthoff, Einfüh:rung in das' deutsme Wasserremt, 1961
ferner die Kommentare zum Wassei'haushaltsgesetz des Bundes und zu den
Wassergesetzen der Länder
32. Veterinärrecht
Hellim-Stäriko, Die deutsche Tierseuchengesetzgebung, 2. Auf1., 1953
s'owie die Kommentare zu den übrigen Einzelgesetzen
33. Naturschutzrecht
Lorz, Natursmutz-, Tie-rschutz- und Jagdremt, Fismerei- und Kulturpflanzen-
schutz, 1961
184 Literaturhinweise
34. Finanzrecht
Viaion. öffentliche Finanzwirtschaft, 1956
Viaion. Haushaltsrecht. 2. Aun .• 1959
Klein. Von der föderativen zur stärker unitarischen Gestaltung de's Finanz-
wesens in der Bundesrepublik Deutschland. Festschrift für Friedrich Giese.
1952. S. 61 ff.
Oeftering-v. Schmiedeberg. Zur Frage des institutionellen oder funktionellen
Haushalts'. Fes,tschrift zum 10jährigen Bestehen der Hochschule für Ver-
waItungswissenschaften in Speyer. 1957. S. 241 ff.
35. Finanzausgleich
Pagenkopf. Peters und Kirsten (vgI. oben unte'r VIII, 6)
Viaion (vgI. oben unter VIII. 34)
36. Finanzkontrolle
v. Dungern. Die Finanzkontrolle im Staat und in den Gemeinden. 1933
(in Einzelfragen. u. a. in den Ausführungen zur Finanzkontrolle im kommu-
nalen Bereich. übe'rholt. abe,r noch immer sehr lesenswert!)
Dahlgrün. Die staatliche Finanzkontrolle. Fes,ts'chrift zum 10jährigen Be-
stehen der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. 1957.
S.227
37. Steuerrecht
Bühler. Grundriß des Steuerrechts. 2 Bde .• 1958/1959, ferner die Kommentare
und Monographien zur Reichsabgabenordnung, zum Steue,ranpassungsges,etz
und zu den einzelnen Steuerarten, zum Rechtsmittelverfahren und zum
Steuerstrafverfahren
IX. Strafremt
Baumann, Grundbegriffe und System des Strafrechts. 1962
Maurach. Deutsches Strafrecht. Allgemeiner Teil. 2. Aun .• 1958
Maurach. Deutsches Strafrecht. Besonderer Teil. 3. Auf1.. 1959
Mezger. Strafrecht. Allgemeiner Teil, 8. Aun., 1958
Mezger. Strafrecht, Besondere'r Teil. 6. Aun .• 1958
Literaturhinroeise 185
X. StrafprozeBredlt
Kern. Strafverfahrensrecht. 5. Aun .• 1959
Peters,. K.. StTafprozeß. 1952
ferne·r die Kommentare von Löwe-Rosenberg (20. Aun .• 1958)
und Schwarz (22. Aun .• 1960) zur StPO
XI. Gerichtsverfassungsrecht
Kern. Gerichtsverfassungsrecht. 3. Aun .• 1959
XII. ZivilprozeBredlt
Bernhardt. Grundriß des Zivilprozeßremts. 2. Aun .• 1951
Lent. Zivilprozeßrecht. 9. Aun .• 1959
ferner die Kommentare von Baumbach-Lauterbam (25. Aun .• 1958)
und Stein-Jonas-Schönke-Pohle (18. Aun .• 1958) zur ZPO
XIII. VerwaItungsprozeBrecht
Ule. Verwaltungsprozeßrecht. 2. Aun .• 1981
ferner die Kommentare von Koehler. Klinger. Redeker-v. Oertzen. Schund<-
de Clerd<. Ule u. a. zur Verwaltungsgerichtsordnung
XIV. Verfassungsgerichtsbarkeit
Geiger. Gesetz über das, Bundesverfassungsgericht. 1952
Giese-Schund<:-Winkier. Verfas'sungsremtsprechung in der Bundesrepublik.
1958 ff.
Eine weitere FundqueUe zu den Einzelgebieten des dritten Teils sind die in
der Schriftenreihe "Die Verwaltung" (Herausgeber: Friedrich Giese, 1950 ff.)
eilithaltenen Einzeldars·teUungen zahlreicher Rechtsgebiete, ebenso ist das
Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis (Herausgeber: Hans
Peters, 1956 -1959) über das Kommunalrecht hinaus Fundquelle' für zahl-
reiche andere Gebiete des Verwaltungsrechts,. Schließlich wird noch auf die
Bibliographie zum öffentlichen Recht (Herausgeber: H. Schneider, 1960) hin-
gewiesen, die allerdings' in erste'r Linie für ausländische Interessenten ge-
dacht ist und nur Hinweise auf die wichtigsten Buchveröffentlichungen (z. T.
auch ältere Literatur} enthält.
Zahlreiche wichtige Veröffentlichungen sind in den Fachzeits'chriften (NJW,
JZ, MDR, DöV, DVBl. usw.) enthalten.
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Abs,atz
ADHGB Allgemeines Deutsches HandelS:gesetzbuch
ADWO Allgemeine Deutsche Wechselordnung
AG Aktiengesellsdlaft
allg. allgeme,ine(s-j
ALR Allgemeines Landrecht
Änd.Ges. Änderungsgese,tz
Art. Artikel
Aufl. Auflage
Bd. Band
bezw. beziehungsweise
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerimtshof
BVerfG Bundesverfas'sungs'gericht
BVerwGE Entsche'idungen des' Bundesverwaltungsgerichts
G./Ges. Gesetz
GBO Grundbuchordnung
GenG Genossenschaftsges'etz
GG Grundge,s'etz
G.m.b.H. Gesellschaft mit besduänkter Haftung
GS Preußische Gesetzsammlung
G.Ü. Gesetz über .. .
G.v. Gesetz vom .. .
GVBl.NW Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land
Nordrhein-Westfalen
GVG Gerichbverfassungsgesetz
HGB Handelsges'etzbuch
HO Handwerksordnung
i. d. F. in der Fassung
i. e. S. im engeren Sinne
insbes. insbesondere
i. S. im Sinne
i. Verb. in Verbindung
i. w. S. im weiteren Sinne
jur. juristisch( e)
JWG Jugendwohlfahrts'gesetz
JZ Juristenzeitung
Kap. Kapitel
KG Kommanditges'ellschaft
KGaA Kommanditges,ellsmaft auf Aktien
kgl. königlich
KO Konkursordnung
RAO Reichs,abgabenordnung
RG Reichsgericht (auch Reichsgesetz)
RGBl. Reichsgesetzblatt
RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
RVerf Reichsverfassung
RVO Reichsversicherungsordnung
S. Seite
Samml. Sammlung
sog. sogenannt( er)
StAnpG Steueranpassungsgesetz
StGB Strafge'setzbuch
StPO Strafprozeßordnung
StVG Straßenverkehrsgesetz
Tit. Titel
u. a. unter anderem
u. ä. und ähnlich(e)
u.a.m. und andere mehr
ü. d. über das
UN United Nations
usw. und so weiter
Verf. Verfassung
vgl. vergleiche
VO Verordnung
Rechtswissenschaft Statutenkollision 45
- und Sozialwissenschaften 69 Steuerrecht 134, 135
- und technische Wissenschaften 69 Stiftungen d. ö. R. 101, 102
- und Theologie 67 Stiftungen 102, 157
- und Wirtschaftswissenschaften 66 Strafarten 139
Reflexrecht 112 Strafausschließungsgründe 138
Regierung und Vollziehung 52 Strafbehörden 142
Registerwesen 153 Straffestsetzung 139
Republik 78 Strafgerichte 142
Republikanische Gliedstaaten Strafprozeß 13, 141 ff.
monarchischer Bundesstaaten 39 Strafrecht 136 ff.
Revision 145 Strafrechts quellen 137
Restriktive Interpretation 49 Strafrechts reform 137, 170
Rezeption 38, 155 Strafrechts theorien 137
Römisches Recht 154 Straftatbestände 140, 141
Rüd<wirkende Kraft 45 Strafumwandlung 139
Rundfunkrecht 109, 110 Strafverfahren 144
Strafvollzug 145
Sachenrecht 159 Strafvollzugsbehörden 145
Sachenrechtliches Haben 12 Straßengesetze 124
Sched<recht 167 Straßenverkehrsrecht 125
Schiffahrt 166 Subjektives Recht 17, 112
Schuldrecht 158, 159 Subsumtion 44
Schuldverhältnis 158
Schuldrechtliches Sollen 12 Tarifverträge 42
Schulrecht 105, 106 Tatbestandsmäßigkeit 138, 141
Schußwaffengebrauch 25, 26, 95 Tatsachenvermutungen 44
Seeschiffahrt 127 Technische Hochschulen 107
Selbstverwaltungskörperschaften 10, Theaterrecht 109
15, 98, ff. Tierschutz 132
Siedlungsrecht 116 Tierzucht 132
Sitte 31
Sklaven 11
Sozialhilfe 112 übergangsrecht 45
Sozialinteresse 9, 14, 71 Umgehung des Gesetzes 52
Sozialversicherungsrecht 114 Unfreiheit 11
Sparkassenrecht 101, 121 Universalität des Wirkungskreises 100
Staat 10, 14, 15, 77 Universitäten 107
- und Kirche 85 Unwiderlegbare Vermutungen 44
- und Recht 38 ff. Unzucht 140
Staatenbund 10, 39, 78 Urheberrecht 76, 160
Staatliche Rechtsetzung 40 ff. Urkundswesen 153
Staatsangehörigkeit 78 Urteilsnormen 18
Staatsanwaltschaft 143, 147 Usualinterpretation 49
Staats elemente 78
Staatslehre 78 Veraltete Vorschriften 25
Staats funktionen 78 Verbands ordnung 27
Staatsorgane 78 Vereine 9, 157
Staatsordnung als Rechtsordnung 38 Verfahrensgrundsätze 144, 148
Staatsverträge 41 Verfassung 14
Staatsrecht 77 ff. Verfassungsrecht 14, 75, 77 ff.
-, allgemeines 75, 78 Verfassungsgeschichte 78
-, besonderes 75, 79 Verfassungs- und Verfahrensrecht der
-, ausländisches 79 Gerichte (übersicht) 75
198 Stichroortoerzeichnis