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Eberhard Karls Universität Tübingen

Philosophische Fakultät
Lehrstuhl für Romanische Philologie (Sprachwissenschaft)
Wintersemester 2022/2023
Betreuerin: Dr. Inga Hennecke

Sprachentod in Frankreich
Französisch und Regionalsprachen

Zulassungsarbeit zur wissenschaftlichen Prüfung


für das Lehramt an Gymnasien

vorgelegt von

Martina Debeljak
Nordbahnhofstraße 69
70191 Stuttgart
martina.debeljak@student.uni-tuebingen.de
Matrikelnummer: 3916175
Sprachentod in Frankreich
Französisch und Regionalsprachen

1. Einleitung ............................................................................................................................1
2. Bedrohte Sprachen weltweit – Ein Überblick .....................................................................7
3. Sprachentod – Wie stirbt eine Sprache aus? .......................................................................11
4. Sprachbedrohungen ............................................................................................................20
4.1. Physische Bedrohungen ..................................................................................................20
4.2. Ökonomische, soziale und politische Bedrohungen........................................................23
5. Die Sprachsituation in Frankreich ......................................................................................31
6. Beispiele bedrohter Regionalsprachen Frankreichs ...........................................................36
6.1. Das Baskische..................................................................................................................36
6.2. Okzitanisch ......................................................................................................................41
6.3. Fazit & Vergleich: das Baskische & das Okzitanische ....................................................45
7. Bedrohungen der französischen Sprache ...........................................................................47
8. Fazit ....................................................................................................................................51
9. Bibliographie ......................................................................................................................53
10. Eigenständigkeitserklärung ..............................................................................................57
1. Einleitung

In etwas weniger als einhundert Jahren soll etwa die Hälfte aller Sprachen aussterben. So
lautet jedenfalls die Prognose des UNESCO: „It is estimated that, if nothing is done, half of
6000 plus languages spoken today will disappear by the end of this
century.“ (www.unesco.org).
Bedenkt man, dass Sprache eines der wichtigsten Elemente der Kultur eines Volkes, einer
Nation, gar einer Menschheit ausmacht, scheint dies auf den ersten Blick nahezu erschütternd.
Nicht umsonst beschäftigten sich jahrtausendelang Sprachwissenschaftler, Anthropologen,
Soziologen und Philosophen mit dem Wesen der Sprache. Ihre Bedeutsamkeit für das
menschliche Denken wurde und wird immer noch von Wissenschaftlern untersucht. Eine
Unmenge an Theorien der Sprachphilosophie entstand, welche sich untereinander
unterscheiden. Jedoch ist die Prämisse, dass es einen Bezug zwischen Sprache und Realität
oder Wirklichkeit gibt, beinahe unumstritten. Welche der Theorien plausibel und fürwahr zu
halten ist, ist im Weitern nicht nötig zu untersuchen, um zu zeigen, dass Sprache von großer
Bedeutung für Kultur und Mensch weltweit ist.
Somit liegt es nahe, den Schluss zu ziehen, dass die von UNESCO erstellte Prognose einen
enormen Kulturverlust bedeuten würde – einen, der die Hälfte des kulturellen Sprachguts
umfasst.
Diese dargestellte Rechnung ist jedoch sehr grob und vereinfacht vollzogen worden. Es würde
zu einem Trugschluss führen, sich vorzustellen, dass durch das Aussterben der Hälfte aller
Sprachen man die Hälfte der weltweiten Kultur verlieren würde. Natürlich bedeute dies einen
großen Verlust, wie es auch von UNESCO eingestanden wird: „With the disappearance of
unwritten and undocumented languages, humanity would lose not only a cultural wealth but
also important ancestral knowledge embedded, in particular, in indigenous
languages.“ (www.unesco.org).
Jedoch vernachlässigt die oben aufgestellte Simplifizierung die Tatsache, dass sich Sprachen
verändern, weiterentwickeln und neue entstehen können.

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Nichtsdestotrotz liegt es nahe, Sprachen zu dokumentieren und sie möglichst lange und genau
zu konservieren, um so zu wissenschaftlichen, kulturellen und historischen Erkenntnissen zu
gelangen.
Diese Annahme, dass der Verlust der Sprache auch kulturellen Verlust bedeute, ist
unbestreitbar.
Die Untersuchung und Konservierung von Sprache beschränkt sich nicht nur auf
Momentaufnahmen, sondern versucht diachron Sprachentwicklung, und somit zwangsweise
auch kulturelle Entwicklung zu dokumentieren.
Wenn man retrospektiv die Entwicklung der heutigen Sprachen betrachtet, ist es oft der Fall,
dass sich die Sprachentwicklung soweit voran treibt, dass von der Ausgangssprache kaum bis
nichts mehr übrig bleibt bzw. sie sich soweit entwickelt, dass es sich um eine neue handelt.
Bei solchen Sprachen, die nach und nach durch Weiterentwicklung verschwinden, spricht man
von „toten Sprachen“. Den meisten Menschen bereits bekannte „tote Sprachen“ sind etwa das
Lateinische oder das Altgriechische. Die Definition von „toten Sprache“ verlangt lediglich,
dass sie „in der Gegenwart nicht (mehr) als Muttersprachen fungieren“ (Metzler 2016 : 720).
Ganz klassisch kann hier als Beispiel das Lateinische genannt werden, das heutzutage zwar
noch im Gebrauch ist, wie z.B. im Vatikan, jedoch nicht als Muttersprache fungiert, und eine
Weiterentwicklung zum Vulgärlatein bis hin zu den heutigen romanischen Sprachen - dem
Spanischen, Portugiesischen, Französischen, Italienischen, Rumänischen, Okzitanischen,
Katalanischen, Rätororomanischen, Sardischen - durchlebt hat.
Dieses Art und Weise des Aussterbens, die den Ablauf einer „toten Sprache“ beschreibt, kann
als natürlicher Ablauf der menschlichen Entwicklung betrachtet werden. Jedoch ist das nicht
die einzige Art und Weise, wodurch Sprachen verschwinden. Menschliche, klimatische oder
politische Eingriffe können ebenfalls dazu führen, dass eine Sprache in kürzester Zeit nicht
mehr gesprochen wird oder keine Sprecherinnen oder Sprecher hat.
Dressler und De Cillia (Dressler; De Cillia 2006 : 2258) beschreiben das Aussterben einer
Sprache auf solch eine Art und Weise eben nicht als „tote Sprache“, sondern man spricht von
„Sprachtod“ oder „Linguozid“. Sprachen, welche durch den „Sprachtod“ oder „Linguozid“
sterben, unterscheiden sich in der Art und Weise ihres Verschwindens von den „toten
Sprachen“. Während sich das Lateinischen durch die Weiterentwicklung seiner selbst

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kennzeichnet, kommt es beim Phänomen des Sprachtods einer Sprache zum „Aufhören der
Verwendung einer Sprache durch ihre Sprachgemeinschaft […] . Die Ursachen von Sprachtod
sind Genozid (so bei vielen amerikan. Spr.) oder Sprachwechsel (auch: Glottophagie
›Sprachenfresserei‹) infolge von Assimilation.“ (Metzler 2016 : 655).
Was den Aspekt der Sprecherinnen und Sprecher betrifft, ist es in beiden Fällen so, dass es
schlichtweg keine Sprecher mehr gibt, die diese Sprache sprechen. Der genaue Unterschied
zwischen „toten Sprachen“ und Sprachtod liegt nun darin, dass „tote Sprache“ „in
kontinuierlicher Entwicklung durch eine oder mehrere Tochtersprachen abgelöst wird und
dabei eine Verschiebung von einer Standardsprache (z.B. Latein) zur anderen (z.B.
Französisch) stattfindet.“ (Dressler; De Cillia 2006 : 2260). Beim Sprachtod kommt es
hingegen zum Verschwinden der Sprecher, sei dies durch die Auslöschung der Sprecher, wie
z.B. durch Genozide oder klimatische Katastrophen, oder durch die Umorientierung der
Sprecherinnen und Sprecher auf eine andere Sprache.
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint, dass unsere „Großsprachen“ vom
Aussterben betroffen sind, ist dies jedoch, wie bereits erwähnt, der Fall für die Hälfte der
Sprachen weltweit. Um das Aussterben der Sprachen zu verhindern oder zu verlangsamen,
müssen die Gründe, Ursachen, Prozesse, sprachpolitische Möglichkeiten und Hindernisse,
erforscht werden, wie ebenso die UNESCO appelliert: „However, this process is neither
inevitable nor irreversible: well-planned and implemented language policies can bolster the
ongoing efforts of speaker communities to maintain or revitalize their mother tongues and
pass them on to younger generations.“ (www.unesco.org).
Durch jene Ursachenforschung ist es nicht nur des Öfteren gelungen, Sprachen, die kurz vor
dem Aussterben waren, zu revitalisieren und sie vor dem Aussterben zu retten, sondern es
gelang sogar, eine gänzlich mündlich ausgestorbene Sprache wiederzubeleben, nämlich das
Hebräische: „As it’s well known, over the last 130 years or so Hebrew has been revived as a
spoken language. It once again has mother-tongue speakers – currently perhaps around 5
million of them.“ (Trugdill 2021: 137)
Die Revitalisierung der Sprachen stellt auch in dieser Arbeit das Endziel dar. Der Weg dahin
bedarf Antworten auf eine Fülle von Fragen, welche sich nicht nur auf die
sprachwissenschaftliche Theorie beziehen, sondern ebenfalls individuell auf die Umstände der

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einzelnen Sprachen, sowie auf deren sprachpolitische Situation beziehen.
Zunächst lohnt es sich aber in die weltweite Sprachsituation einzutauchen und sich ein
ungefähres Bild über die Sprachen der Welt und die Entwicklungstendenzen zu machen.
Wenn man sich dazu einleitend die einfache Frage stellt, wieviele Sprachen es auf der Welt
gibt, ergeben sich mehr Fragen als Antworten. Der erste Schritt zur Beantwortung dieser
Frage stellt das Definieren einer Sprache im allgemeinen dar. Begriffe wie Sprache,
Regionalsprache, Dialekt und Varietät werden umgangssprachlich teilweise gleichgesetzt oder
fälschlicherweise gebraucht. Obwohl diese Begriffe teilweise fest etabliert sind, ist es in der
Linguistik immer noch so, dass diese Begriffe keine simplen, klaren Definitionen haben und
voneinander klar abzugrenzen sind.
Aus den linguistischen Definitionsversuchen, geht im Allgemeinen hervor, dass man mit
„Sprache“ üblicherweise „Standardsprache“ meint. Zu den Begriffen „Dialekt“ und
„Regionalsprache“ finden sich einige gemeinsame Aspekte. So findet man in Metzlers
Lexikon der Sprachwissenschaft unter dem Eintrag des Begriffs „Regionalsprache“ lediglich
einen Verweis zum Eintrag „Dialekt“. In beiden Fällen werden „Dialekte“ oder
„Regionalsprache“ der „Standardsprache“ entgegengestellt. „Dialekt“ wird überwiegend als
Varietät einer Sprache verstanden. So ist der Begriff in Metzlers ausführlichem Artikel dazu
folgendermaßen definiert: „Standardfernste areale Varietät einer Spr.“ (Metzler 2016 : 144).
Im kleineren Kompaktlexikon findet sich der Begriff der Varietät ebenfalls als Definition des
Dialekts wieder: „lokale oder kleinregionale Sprachvarietät.“ (Heilmann 2022 : 26). Jedoch
genügt dies einer klaren Definition nicht. Bei der Gegenüberstellung von Sprache und Dialekt
werden oft die Kriterien der „Regionalität“ verwendet:
Die rezente Forschung hat gezeigt, dass größere terminolog. Klarheit erreicht werden kann,
wenn das Kriterium Regionalität bzw. Arealität (kommunikative Reichweite) als
ausschlaggebend betrachtet wird: Innerhalb eines heterogenen und dynam.
Gesamtsprachsystems wird die Standardsprache von der Regionalsprache unterschieden.
Unter Standardsprache wird eine Varietät verstanden, die frei ist von salienten (d.h. für die
Sprachteilhaber auffälligen) Regionalismen. Auf der anderen Seite stehen die
Regionalsprachen (auch als Substandard oder Nonstandard bezeichnet). Sie sind ihrerseits als
Komplexe von Varietäten und Sprechlagen anzusehen, die gemeinsam haben, dass sie im
Unterschied zur Standardsprache regional nur eingeschränkt Verwendung finden. ( M e t z l e r
2016 : 145).

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Demnach definiert sich ein Dialekt durch sein Nicht-sein, nämlich durch das nicht Nicht-sein
der Standardsprache.
Bei der „Regionalsprache“ handelt es sich um einen Begriff der vor allem 1992 durch die
Europäische Charta der Regional-und Minderheitensprachen Hand in Hand mit dem Begriff
„Minderheitensprache“ eingeführt wurde. Im ersten Artikel der Charta werden
„Regionalsprachen“ folgendermaßen als Sprache definiert:

i. die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen


dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die
der übrigen Bevölkerung des Staates, und
ii. die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden;“ (Europäische
Charta der Regional-und Minderheitensprachen)

Hinzuzufügen wäre, dass „weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates noch die Sprachen
von Zuwanderern“ (Europäische Charta der Regional-und Minderheitensprachen, Art. 1, S.2)
umfasst werden. Wegen seiner lediglich territorialen Definition wird der durch die Charta
eingeführte Begriff von Linguisten kritisiert, von Felix Tacke (Tacke 2012 : 92) sogar als
„substanzlos“ beschrieben.
In der Linguistik werden die Begriffe „Regionalsprache“ und „Minderheitensprache“ immer
noch größtenteils als „Quasi-Synonyme“ (Radatz 2013 : 1) verwendet. Das einzige Kriterium,
das ebenfalls bei den Definitionen zu „Dialekt“ auffiel, ist, dass es sich nicht um eine
„Standardsprache“ handelt, im politischen Sinne damit auch nicht um eine „Staatssprache“
handelt. Ebenfalls gibt Hans-Ingo Radatz zu bemerken, „dass sich die ca. 6.500 Sprachen der
Welt auf derzeit gerade einmal 193 Staaten verteilen [und es] wird deutlich, dass die
überwältigende Mehrheit aller menschlichen Sprachen nach dieser Definition
“Minderheitensprachen” [sind.]“ (Radatz 2013 : 1). Für das Aufstellen einer präziseren
Definition behilft er sich an der Definition von „Minderheiten“, und kommt zum Schluss,
dass es trefflicher wäre, mit „Minderheitensprachen“, die Sprache einer Minderheit zu
benennen, welche nicht eine etablierte Kultursprache spricht, sondern eine staatenlose
Sprache spricht (Radatz 2013: 5), also eine „eine staatenlose autochthone
Abstandsprache“ (Radatz 2013: 5), wie z.B. das Okzitanische oder Bretonische.
Für den Begriff der „Regionalsprache“ schlägt Ratz folgendes vor:

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Im europäischen Rahmen könnte man den Begriff Regionalsprache locker definieren als eine
staatenlose autochthone Abstand- oder Ausbausprache, die über ein Mindestmaß an
Standardisierung verfügt. Nach dieser Definition wären das Kymrische in Großbritannien, das
Baskische in Spanien und Frankreich und das Galicische in Spanien klare Beispiele von
Regionalsprachen – die ersten beiden als Abstand- und das Galicische als Ausbausprache.
(Radatz 2013: 6).

Es geht klar hervor, dass es keine eindeutigen, allgemein gültigen Definitionen gibt, was die
Eingrenzung von Sprache erschwert. Jedoch muss bedacht werden, dass Sprachen immer
situationsbedingt, im Bezug auf andere Sprachen, Sprecherinnern und Sprecher, historische,
soziale, geographische Einflüsse und Gegebenheiten individuell zu betrachten sind, und es
somit schwer fällt Begriffe zu etablieren, die einheitlich gebraucht werden, ohne die
individuellen Gegebenheiten außer Acht zu lassen.
Der vielleicht neutralste Begriff, um Sprache auszudrücken, welche keine „Standardsprache“
oder „Staatssprache“ ist, ist „Varietät“. Es fällt auf, „dass der Gebrauch von Varietät in der
Sprachwissenschaft seit längerem immer wieder gerade auch dann zu finden ist, wenn man
damit Ausdrücke wie Dialekt oder Sprache vermeiden möchte.“ (Sinner 2014 : 26). Dadurch
kann man zwar einen Bezug zwischen zwei Sprachen ausdrücken, man vermeidet jedoch die
Bezüge genauer und vielleicht auch wertend zu beschreiben: „Der Ausdruck Varietät wird
also gebraucht, um sich bezüglich der zu erforschenden Erscheinung neutral auszudrücken,
ist es doch für eine unvoreingenommene Betrachtung der zu beschreibenden Erscheinungen
besonders wichtig, dass Varietät im Gegensatz zu Dialekt nichts über den linguistischen Status
im Verhältnis zu anderen Varietäten aussagt.“ (Sinner 2014 : 26).
Etwas einfacher, aber nicht gänzlich unproblematisch, verhält es sich mit der Definition von
„Standardsprache“. Es wird überwiegend als Synonym zu Begriffen wie „Schriftsprache“,
„Literatursprache“, „Kultursprache“, „Einheitssprache“, „ Koiné“ und „Standardvarietät“
verwendet (Vgl. Metzler 2016 : 669).
Um diesen Begriff genauer zu kategorisieren, definiert Ulrich Ammon zunächst den Begriff
„Sprache“ als „eine Menge von Varietäten“ (Ammon 1986 : 11). Demnach haben Varietäten
immer einen Bezug zu einer Sprache. Für die deutsche Sprache wären Varietäten
beispielsweise Ruhrdeutsch, aber auch die Standardsprache. Die Varietäten in der Menge
zusammen werden als Sprache bezeichnet (Ammon 1986 : 11-12).

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Wenn nun die Standardsprache auf gleicher Ebene mit den anderen Varietäten liegt, gilt es im
Folgenden Charakteristika herauszusuchen, durch welche sie sich definieren lässt. Eines der
Merkmale, welches von Linguistinnen und Linguisten wie Janet Byron, John J. Gumperz und
C.M Naim angenommen wird, ist die Überregionalität. Von Ammon werden
Oberschichtlichkeit (Ammon 1986 : 22), Invarianz (Ammon 1986 : 27), Schriftlichkeit
(Ammon 1986 : 34) und Kodifizierung (Ammon 1986 : 37) hinzugefügt, wobei letzteres als
notwendiges Element der Standardsprache angesehen wird.
Dieser grober Versuch der Kategorisierung der Begriffe soll deutlich werden lassen, dass
obwohl umgangssprachlich mit „Sprache“ meist „Standardsprache“ gemeint ist, sich die
Prognose und Auflistung der gefährdeten Sprachen von UNESCO auf Varietäten
(Regionalsprachen und Standardsprachen) beziehen, welche per linguistischer Definition, wie
bereits oben erklärt, in der Menge gemeinsam „Sprache“ bilden.
In dieser Arbeit möchte ich auf beide Varietäten der französischen Sprache eingehen. Das
français standard, sowie zwei Regionalsprachen sollen im Laufe der Arbeit hinsichtlich der
Frage ihres Aussterbens untersucht werden. Endgültiges Ziel dieser Arbeit ist es,
Revitalisierungsmöglichkeiten der gefährdeten Sprachen aufzuzeigen. Dazu müssen zunächst
die Sprachsituationen der einzelnen Sprachen in Frankreich skizziert werden, um im nächsten
Schritt ihre Bedrohungen klar zu benennen und zu begreifen. Im Laufe der Untersuchung ist
es unabdingbar, sich theoretischer Ansätze „typischer“ Prozesse des Aussterbens von
Sprachen zu bedienen, und diese für die oben genannten Beispielsprachen anzuwenden.
Zuerst lohnt es sich aber einen Blick in den Atlas of the World’s Language in Danger zu
werfen, in welchem auch die hier in der Arbeit zu behandelnden französischen
Regionalsprachen zu finden sind, um im nächsten Schritt einen Überblick von Bedrohungen
für Sprachen im Allgemeinen zu erhalten.

2. Bedrohte Sprachen weltweit – Ein Überblick

Bevor mit der Untersuchung der Thematik des Sprachtodes und dessen Theorien, sowie den
französischen Sprachen begonnen wird, lohnt es sich, sich einen Überblick über die
Sprachgefährdung weltweit zu verschaffen, um auch dadurch die französischen Sprachen

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zumindest in den europäischen Kontext etwas einzubetten. Hierzu wird der „Atlas of the
World’s Language in Danger“ von der UNESCO verwendet. Die dritte und aktuellste Ausgabe
des Atlas of the World’s Language in Danger von UNESCO (United Nations Educational,
Scientific and Cultural Organization) erschien 2009 und hat weiterhin zum Ziel, die
Biodiversität indigener Völker, kulturelles Erbe und den potentiellen Zugang zu menschlicher
Kognition zu erhalten und zu schützen, wie Irina Bokova, Generaldirektorin der UNESCO, im
Preface deutlich macht (Vgl. Atlas, Preface).
Dies hofft man durch wissenschaftliche Berichte von Linguistinnen und Linguisten zu
erreichen, welche in den im Atlas veröffentlichten Berichten die bedrohten Sprachen mit ihren
Bedrohungen, sowie auch die inzwischen1 ausgestorbenen Sprachen und die Gründe dafür zu
skizzieren.
Der Atlas umfasst 2500 Sprachen, welche etwa die Hälfte der gesprochenen Sprachen
ausmachen (Atlas: Context and Process : 3) und auf 26 Zonen verteilt sind. Jede dieser
Sprachen ist auf der Karte verzeichnet und ihre jeweilige Gefährdungsstufe durch einen
Farbcode dargestellt. Es wird in sechs Gefährdungsstufen unterteilt, wobei nur die Sprachen
der fünf Gefährdungsstufen dargestellt sind. Sprachen, die unter „Safe“ stehen, also Sprachen,
die von allen Generationen gesprochen werden und deren Übergabe durch Generationen
hinweg kontinuierlich stattfindet, werden ausgelassen. (Vgl. Atlas : 11).
Die darauffolgende Stufe „Stable yet threatened“ beschreibt Sprachen, die durch die
Generationen hinweg gesprochen werden und bei welchen es auch keine Probleme in der
Übertragung von Generation zu Generation gibt. Diese Sprache wird jedoch durch eine Folge
des Multilinguismus bedroht, nämlich durch die Tatsache, dass eine andere dominante
Sprache einen bestimmten Kommunikationskontext übernehmen kann (Vgl. Atlas : 11).
Sprachen, die als „Vulnerable“ gekennzeichnet sind, kennzeichnen sich durch eine
Sprachsituation, in der die Sprache über Generationen hinweg meistens weitergegeben und
gesprochen wird, sich jedoch nur auf bestimmte soziale Bereiche beschränkt, wie z.B. bei
Kindern, welche die Sprache ihrer Eltern als Muttersprache lernen, jedoch nur zuhause
anwenden. (Vgl. Atlas : 12).

1 Gemeint ist hier der zeitliche Abstand von der vorigen Edition (2001) bis zur aktuellsten (2009).

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In der weiteren Stufe, „Definitely endangered“, verhält es sich dann so, dass die Eltern zwar
in der Muttersprache mit den Kindern sprechen, diese jedoch nicht mehr die Sprache der
Eltern als Muttersprache beherrschen.
Eine Sprache, die nur noch von älteren Generationen, wie den Großeltern gesprochen wird,
und von den Eltern höchstens verstanden, aber nicht angewandt wird, wird als „Severely
endangered“ eingestuft (Vgl. Atlas : 12).
Wenn die Sprache nur noch von der Generation er Urgroßeltern gekannt wird und durch die
situationsbedingt beschränkte Anwendungsmöglichkeit wenig bis kaum gesprochen und auch
von dieser Generation nicht mehr vollständig beherrscht wird, spricht man von „Critically
endangered“. (Vgl. Atlas : 12.)
Die letzte Stufe, bei der es keine lebenden Sprecherinnen oder Sprecher mehr gibt, ist mit
„extinct“ gekennzeichnet. (Vgl. Atlas : 12).
Folgende Kriterien spielen bei der Einordnung der Sprachgefährdung mit ein: „Absolute
number of speakers“, „Intergenerational language transmission“, „Community member’s
attitude towards their own language“, „Shifts in domaine of language“, „Governmental and
institutional language attitudes and policies, including official status and use“, „Type and
quality of documentation“, „Response to new domains and media“, „Availability of materials
for language education and literacy“ und „Proportion of speakers within the total
population“ (Vgl. Atlas meeting document : 5).
Schlussfolgernd darf behauptet werden, dass Umstände und Faktoren, welche die eben
vorgestellten Kriterien negativ beeinflussen oder beeinträchtigen, eine Gefährdung für den
Erhalt einer Sprache darstellen können.
Knapp über die Hälfte der Sprachen (57%) konnten von der UNESCO als „Safe“ eingestuft
werden, während 10% als „Vulnerable“, 11% „Definitely endagered“, 9% „Severely
endangered“, 10% „Critically endangered“ und 4% bereits als „extinct“ gelten (Vgl. Atlas
meeting document : 6).
133 der aufgeführten Sprachen sind auf der Karte in Europa verzeichnet (Vgl. Atlas, S. Map
Europe). Talpani Saminen betont, dass der Atlas sich nur Sprachen widmet, bzw. Bedrohte
Sprachen nur diejenige sein können, welche Muttersprachler haben oder hatten. Somit werden
Pidginsprachen, wie z.B. das Russenorsk, Mischsprachen, wie z.B. Angloromani, klassische

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Sprachen, wie z.B. das Lateinische, und Kunstsprachen, wie z.B. Esperanto, in diesem Atlas
ausgelassen (Vgl. Atlas : 33).
Die aufgeführten bedrohten Sprachen Europas stammen aus der uralischen Sprachfamilie, wie
z.B. die samischen Sprachen, Karelisch2, Erzianisch3, marische Sprachen oder permische
Sprachen (Vgl. Atlas : 36-37). Außerdem finden sich viele Sprachen aus dem
Indoeuropäischen, wie z.B. Sorbisch4, Elsässisch5, Welsh6, romanische Sprachen, hellenische
Sprachen, albanische Sprachen und indo-iranische Sprachen.
Folgende Sprachen sind auf französischem Territorium vermerkt: das ausgestorbene
Auregnais (Alderney French), Alemannisch, Alpenprovenzalisch, Auvergnatisch, Baskisch,
Bretonisch, Bourguignon-Morvandiau, Champenois, Korsisch, Franc-Comtois,
Frankoprovenzalisch, Gallo, Gaskognisch, Languedokisch, Ligurisch, Limousinisch,
(romanisches) Lothringisch, Moselfränkisch, Normannisch, Picardisch, Poitevin-
Saintongeais, Provenzalisch, Rheinfränkisch, Romani, Wallonisch, Westflämisch und Jiddisch
(Vgl. Atlas : 24-25). Sie gehören zwar alle zu den indogermanischen Sprachen, jedoch nicht
alle zu den romanischen Sprachen. Beispielsweise sind das Alemannische, Jiddische,
Moselfränkische, Rheinfränkische, Westflämisch, eine germanische Sprache, das Romani eine
indoarische Sprache und das Bretonische eine keltische Sprache. Die Herkunft des
Baskischen ist noch nicht ganz geklärt, jedoch handelt es sich um eine isolierte Sprache.
Größtenteils handelt es sich bei den bedrohten Sprachen Frankreichs um romanische
Sprachen.
Von den bedrohten Sprachen Europas befinden sich etwa 20% auf französischem Territorium.
Etwa 18,5% davon7 sind germanische Sprachen, 3,5% indoarische, 3,5% keltische, 3,5%
nichtindoeuropäischer Herkunft und 71% romanische Sprachen.8

2 Gehört zu dem Zweig der finnischen Sprachen.


3 Gehört zu dem Zweig der mordwinischen Sprachen.
4 Gehört zu dem Zweig der westslavonischen Sprachen.
5 Gehört zu dem Zweig der germanischen Sprachen.
6 Gehört zu dem Zweig der keltischen Sprachen.
7 Anteile der auf französischem Territorium eingezeichneten Sprachen.
8 Anteile selbst berechnet, mithilfe der im ATLAS aufgeführten Daten.
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Ein Blick auf die Karte Europas des ATLAS (Atlas : 25) genügt, um festzustellen, dass der
Anteil der verzeichneten bedrohten Sprachen auf dem Gebiet in und um Frankreich im
Vergleich zu den anderen Gebieten Europas relativ hoch ist bzw. Sich ein Großteil der
verzeichneten vom Aussterben bedrohten Sprachen geballt auf dem Bereich Frankreichs
finden. Außerdem ist auffällig, dass etwa die Hälfte dieser Sprachen als „Severely
endangered“ gekennzeichnet ist. Der Anteil dieser liegt etwa bei 48%. Bei 29,5% liegt der
Anteil der als „Definitely endangered“ gekennzeichneten Sprachen, 18,5% der hier
aufgeführten Sprachen sind als „Vulnerable“ gekennzeichnet und etwa 4% gelten als
„Extinct“.
Mit der Frage, warum es im Vergleich zu anderen Ländern Europas so viele gefährdete
Sprachen in und um Frankreich gibt, wird sich diese Arbeit nicht direkt beschäftigen.
Nichtsdestotrotz wird man im Laufe der Erarbeitung sprachpolitischer Themen auf Aspekte
stoßen, die nebenbei Teilantworten auf diese Frage liefern könnten.
Bevor wir uns tiefer der Sprachsituation Frankreichs widmen, müssen noch, zwar bereits
angerissene, aber nicht genügend vertieft dargestellte, Aspekte der Gefährdung von Sprachen
und deren Prozesse skizziert werden. Damit beschäftigt sich das folgende Kapitel, um im
Weiteren die Sprachsituation Frankreichs mit einigen ihrer Regionalsprachen und des français
standard zu untersuchen.

3. Sprachentod – Wie stirbt eine Sprache aus?

Bereits in der Einleitung wurde eine Unterscheidung zwischen zwei Arten vom „Sterben“
einer Sprache unternommen. Mit Abläufen des Aussterbens einer Sprache möchten wir uns
diesem Kapitel befassen und die Art und Weise, sowie die Prozesse dahingehend genauer
untersuchen.
Die Unterscheidung des Aussterbenss, bzw. Die Unterscheidung zwischen „Sprachtod“ und
„toten Sprachen“ wird im Englischen mit dem Begriff „extinction“ unternommen. Claude
Hagège beschreibt mit „extinction“ die Tatsache, dass es Sprecherinnen oder Sprecher der
Sprache nicht mehr leben: „Thus the extinction of a language occurs with the deaths of the

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last people of advanced age who still babble in it, or sometimes that of a whole community
that spoke it, whatever their ages.“ (Hagège 2009 : 76).
Wenn dies (meist über Generationen hinweg) mit der gleichzeitigen Übernahme einer anderen
Sprache geschieht, spricht man von „Substitution“ (Vgl. Hagège 2009 : 76).
In beiden Fällen ist klar, dass sich Sprache durch ihre Verwendung, d.h. durch das Sprechen9
auszeichnet, wir beim Aussterben jedoch von verschiedenen Weisen ausgehen.
An dieser Stelle muss zusätzlich der Begriff des „Linguizid“ erwähnt werden.
Obwohl man sich noch nicht auf eine genaue Definition des Begriffs einigen konnte, steht
dieser Begriff historisch in Verbindung mit dem Begriff des „Genozids“. Unter „Linguizid“
versteht man im wesentlichen etwas mehr als nur „Sprachtod“. Es kommt nämlich die
Intention der Sprachvernichtung hinzu. Nach historischer und kontextueller Betrachtung der
Begriffe „linguicide“ und „linguistic genocide“ kommt Joshua James Zwisler zur folgender
Definition:
Linguicide refers to those cases where the loss of the language is either mandated in,
that is, there must exist some law or legal resolution that empowers the government or some
other national body to punish the use of the language in all public and private spheres; or
through force by a non - government body, for example,through the application of lethal
- force against language users. (Zwisler 2021 : 45).

Im Fall eines Linguizids wird also das Sprechen der Sprache verboten. Die Sprache wird dann
nicht mehr gesprochen, nicht weil es keine Sprecherinnen oder Sprecher mehr gibt, welche
sich dieser bedienen könnten, sondern weil die Anwendung dieser Sprache durch äußere,
politische Umstände direkt untersagt und sanktioniert wird. Andrea Bear Nicholas beschreibt
dieses Phänomen wie folgt „the killing of languages without killing the speakers.“ (Nicholas
2011 : 5).
Eine ausführlichere Beschäftigung mit der Problemstellung dieses Begriffs erlaubt mir der
Rahmen dieser Arbeit nicht. Jedoch ist im Weiteren dieser Arbeit mit dem Begriff „Linguizid“
die eben skizzierte Definition gemeint.
Nun gilt es sich den einzelnen Stationen der Abläufe des Aussterbens zu widmen und diese
darzustellen.

9Präziser: Eine Sprache muss als native language beherrscht werden, um als lebendig zu gelten. (Vgl.
Hagège 2009 : 76).
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Wenn man von dem üblichen Fall ausgeht, dass eine Sprache ausstirbt, wie bei der
Begriffserklärung des „Sprachentods“, so liegt die Problematik in der Übergabe der Sprache
über die Generationen hinweg. Egal, ob dies mehr oder weniger abrupt geschieht, ob
politische, soziale oder geographisch bedingte Hintergründe dies begünstigen, oder ob es
überhaupt ausreichend Menschen für eine „nächste Generation“ gibt10, fest steht, dass eine
übliche Weitergabe der Sprache von Sprecherinnen und Sprechern an die nächste Generation
nicht mehr stattfinden kann, wie bisher. Hagège beschreibt dies als „the lack of normal
transmission“ (Hagège 2009 : 78). Damit ist nicht nur gemeint, dass keine Übertragung
stattfindet, sondern es wird miteingeschlossen, dass die Übertragung nicht nur quantitativ11,
sondern auch qualitativ12 abnimmt.
Im weiteren Schritt13 wird trotz der fehlenden Übertragung der Sprache an die nächste
Generation eine Sprache genutzt. Warum nun diese Sprache von der nächsten genutzt wird,
während gleichzeitig die Sprache der Sprecherinnen und Sprecher der vorigen Generation
nicht mehr wie üblich im vollem Maße übertragen wird, liegt an dem ungleichen Status der
zwei Sprachen. Hagège betont, dass nicht unterstellt werden darf, dass Mehrsprachigkeit oder
Bilingualismus zum Sprachtod einer führe, sondern die ungleiche Stellung der Sprachen, was
er „bilingualism of inequality“ und „inegalitarian bilingualism“ nennt (Vgl. Hagège 2009 :
79).
Solch eine Situation, in welche jene zwei Sprachen treten, gleicht einem Kriegszustand: „the
two opposing languages engage in a veritable war“ (Hagège 2009 : 80). Während eine
Sprache, diejenige, die von der älteren Generation beherrscht wird und nicht mehr ohne
weiteres übertragen werden kann, an Einfluss verliert, gewinnt die andere Sprache, die nun
von den darauffolgenden Generation angenommen wird, an Einfluss gewinnt. Hagège

10 Der Frage nach den möglichen Bedrohungen widmen wir uns im darauffolgenden Kapitel.
11 Gemeint ist hier die Anzahl der Sprecherinnen und Sprecher, an die die Sprache übertragen wird.
12 Gemeint ist hier das Nachlassen der Beherrschung der Sprache (Vokabular, Grammatik, Aussprache
etc.). Beispiel: „transmit this community language in an imperfect way to their children, who
themselves transmit it more imperfectly still, or no longer transmit it at all, to the subsequent
generation.“ (Hagège 2009 : 79).
13 Es wird davon ausgegangen, dass es ausreichend Menschen gibt, die beiden Generationen
entsprechen, es demnach genügend Sprecherinnen und Sprecher, sowie potentielle Sprecherinnen und
Sprecher gibt.
13
beschreibt diese Situation wie folgt: „an unequally matched struggle between one language at
the end of its reign and one language that is expanding its territory“ (Hagège 2009 : 80).
Wie genau der Einfluss und die Übernahme der neuen Sprache vonstatten geht, soll im
Weiteren näher beleuchtet werden.
Meist beginnt es mit dem Einführen von einzelnen Wörtern oder Phrasen, z.B. schleichen sich
bei Arabophonen Floskeln wie tu vois?, c’est ça!, voilà!, oder et alors ein (Vgl. Hagège
2009 : 87). Zunächst stellt das Übernehmen von Floskeln, einzelnen Wörtern und Phrasen
einer anderen Sprache keine Bedrohung für die Sprache14 dar. Jedoch kann dies bei einem
Ungleichgewicht ein Anzeichen für das Verdrängen der Sprache sein. So ist beispielsweise für
folgende Fälle bereits eingetreten: „Kusunda has disappeared in the flood of borrowings from
Nepali, and Hayu is almost inevitably going to follow suit, while Ugong, besieged by
borrowings from Thai, could very soon die out.“ (Hagège 2009 : 88).
Während dieses Prozesses kommt hinzu, dass die Sprache, wenn sie bereits am schwinden
bzw. Abnehmen ist, es naheliegt, sich für neue Begriffe und Lexik der neuen Sprache zu
bedienen. Demnach verhält es sich mit dem Einführen neuer Lexika folgendermaßen:
In particular, we can note that detachment from a language whose own lexical base is in
decline correlates to a deactivation of the processes for forming new words. Having acquired
superior competence in the dominant language, under-users introduce a considerable number
of words borrowed from that language into their discourse in the dominated language.
Consequently, these words are integrated into the lexical inventory, and pass from chance
discourse into the workings of the system. At the same time, native words, which imported
words make redundant, begin to disappear. (Hagège 2009 : 89).

Nach und nach betrifft der Prozess auch die Grammatik, Morphologie und Phonologie. Vor
allem sind es Kaususendungen und Verbendungen, die, sofern in der Sprache vorhanden,
relativ früh verschwinden (Vgl. Hagège 2009 : 91)
Des Weiteren kommt es bei Sprecherinnen und Sprechern zu „elimination of irregularities by
analogical leveling“ , zu „loss of dense structures and their replacement by diluted
formulations“ und zu Lehnübersetzungen (Vgl. Hagège 2009 : 93). Dies bedeutet, dass

14 Gemeint ist die bereits seit Generationen genutzte Sprache, Muttersprache, von der älteren
Generation verwendete Sprache. Diese soll im weiteren als native language bezeichnet werden, um
die begriffliche Problematik und Abgrenzung der Begriffe „Muttersprache“, „Erstsprache“ u.Ä. zu
vermeiden, da diese Begriffe ohnehin im Prozess des Sprachschwundes bzw. Der Substitution einer
neuen Sprache für Sprecherinnen und Sprecher der neueren Generation nicht vollkommen trefflich
wären.
14
Unregelmäßigkeiten in der Sprache nicht mehr beherrscht werden, sondern als
Regelmäßigkeit behandelt werden, wie z.B. bei der Flexion von Verben, und dass im
allgemeinen eher Periphrasen genutzt werden, um sich auszudrücken. Ein Beispiel für
Lehnwortübersetzung wäre der Fall des Wortes „takka“ (finnisch für „Feuerstelle“), welches
in der Diaspora nicht mehr genutzt wird, stattdessen das Wort „tuli-paikka“, das ein Calque
des Wortes „fireplace“ (Feuerstelle) ist, für „Kamin“ genutzt wird (Vgl. Hagège 2009 : 93).
Außerdem nennt Hagège die rhetorische Taktik expolitio, der sich Sprecherinnen und
Sprecher bedienen, bei welchen sich der Schwund der native language durch „deficiency in
expressiveness“ bemerkbar macht, wie z.B. irisch bhí sé black dubh (it was black-black)
(Hagège 2009 : 94).
Im Laufe des Prozesses kommt es immer mehr zu willkürlichen Veränderungen,
Fluktuationen, die beinahe chaotisch wirken:
All the rules seem optional, as everywhere free variation reigns, and under-users orient
themselves in expression according to what little bits of competence remain to them, as if we
had to do not with languages, but with objects adrift, governed now only by some chaotic
progress. (Hagège 2009 : 95).

Bis hierhin spricht man von „Erosion“ und „Reduktion“ der native language (Vgl. Hagège
2009 : 90-94). Die letzte Etappe vor dem endgültigen Aussterben stellt das Verstummen der
älteren Generation dar, „The Mute Old People“ (Hagège 2009 : 96). Diese haben mittlerweile
ihre native language vergessen, obwohl sie diese noch in den frühen Jahren beherrscht hatten,
wie anhand des Beispiels von Armenierinnen und Armeniern gezeigt wird, welche nach vielen
Jahren des Lebens in Frankreich im hohen Alter kein Armenisch mehr sprechen können (Vgl.
Hagège 2009 : 96).
Claude Hagège fügt an dieser Stelle interessanterweise noch den Fall der „Stummen“ hinzu.
Dieser zeigt nämlich, dass das Aussterben einer Sprache nicht nur auf einer Ebene der
Generationen und der Kultur zu betrachten sein kann, sondern sich auch in Individuen
wiederfindet. Demnach kann das Verschwinden der Sprache in einem Gebiet oder einer
Volksgruppe dazu führen, dass einzelne Personen ihre Sprache verlieren ohne sich eine neue
anzueignen. Das hier aufgeführte Beispiel betrifft die Germanen, welche nicht mehr in der
Lage waren, ihre Sprache zu sprechen und deshalb von slawischen Völkern als stumm
bezeichnet wurden (Vgl. Hagège 2009 : 96), sodass sich heute immer noch in den
15
Bezeichnungen slawischer Sprachen für „der/die Deutsche“ das Wort „stumm“ finden lassen,
z.B. kroatisch Njemac/Njemica, in denen das Adjektiv nijem (stumm) steckt oder russisch
не́мец/не́мка, in denen ebenfalls das Adjektiv немо́й/нема́я (stumm) zu finden ist.
Schlussfolgernd kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass native languages im
geläufigsten Fall in Konkurrenz mit einer zweiten Sprache befinden, welche die Weitergabe
der native language von Generation zu Generation erschwert, sofern sich diese beiden
Sprachen in einem Ungleichgewicht was ihren Status betrifft befinden. Einfach nur die
Tatsache, dass Bilingualität in einer Gesellschaft, einem Gebiet oder einer Volksgruppe
besteht, reicht nicht aus um das Aussterben einer Sprache auszulösen, wie Claude Hagège
deutlich macht (Vgl. Hagège 2009 : 70). Der Prozess des Aussterbens einer native language
beginnt erst dann, wenn es zur Verschlechterung der Übergabe dieser zur nächsten Generation
kommt, welche meist durch den ungleichen Status der Sprachen hervorgerufen wird. Dies hat
meist politische und soziale Gründe, welche in den nächsten Kapiteln für französische
Regionalsprachen und das français standard ausgearbeitet werden sollen.
Gleichzeitig fördert das die Aufnahme der anzunehmenden Sprache, welche sich meist zuerst
auf lexikalischer Ebene, später aber dann auch auf grammatikalischer, phonetischer und
syntaktischer Ebene beobachten lässt. Auffälligkeiten von solchen Übernahmen, wie z.B.
Wortneubildungen im Finnischen15, lassen sich beispielhaft in der Diaspora beobachten.
Außerdem ist festzuhalten, dass jener Sprachverlust nicht nur auf kultureller Ebene betrachtet
werden kann, sondern sich auf einzelne Individuen der letzten Generation der Sprecherinnen
und Sprecher beziehen kann, welche die native language vergessen oder verlernen, und somit
auf individuell kognitiver Ebene stattfindet.
Solche Prozesse verlaufen unterschiedlich schnell, je nach sozialer und politischer Lage.
Beispielsweise begünstigt natürlich der Prozess eines Linguizids das Aussterben durch die
Festlegung der äußeren Umstände, wie z.B. Gesetze und Sanktionen, da es dieses eben in sich
als Ziel trägt. Somit kann der Prozess des Sprachentods, je nach individuellen
Voraussetzungen und Bedienungen auf politischen und sozialen Ebenen, unterschiedliche
Geschwindigkeiten auch zwischen den Generationen annehmen.

15 Siehe erwähntes Beispiel aus dem Finnischen „tuli-paikka“ für „Kamin“ .


16
Zusätzlich zur Beschleunigung des Sprachentods kommt das fehlende Bewusstsein für die
Verschlechterung16 der Sprachbeherrschung der Sprecherinnen und Sprecher, welche wie
Claude Hagège als under-user bezeichnet (Vgl. Hagège 2009 : 98): „Under-users are not
always aware of the pace at which their language is falling apart, even when it is dizzying.
Often they are convinced that they are still speaking a normal language, even though it is
dying.“ (Hagège 2009 : 98).
Dies kann in der Sprachgemeinschaft zu einer falschen Auffassung des Sprachstatus17 und
somit Handlungsmöglichkeiten zur Einschreibung in den Verlauf des Sprachtods
einschränken, da durch das Nichtbewusstsein keine Notwendigkeit zum Einschreiten besteht.
Dieses Phänomen wird als „Illusion of Life“ bezeichnet, welches auf drei Arten auftreten
kann (Vgl. Hagège 2009 : 98). Zum einen wird die native language nur in einem bestimmten
Kontext gebraucht, um eine Art Solidarität und Verbundenheit zwischen Sprecherinnen und
Sprechern zu kreieren, „Addresses of Solidarität“ (Vgl. Hagège 2009 : 98). Ein passendes
Beispiel hierzu wäre das Fluchen Sprecherinnen und Sprechern exjugoslawischen18
Migrationshintergrund in der Diaspora. Es wird nämlich beobachtet, wie es einige
Alltagsmedien berichten, dass in der Diaspora lebende Kinder (oder auch Erwachsene zweiter
oder dritter oder vierter Generation) mit exjugoslawischen Wurzeln trotz abnehmender
Sprachkenntnisse, wie z.B. falsche Verwendung von Kasusendungen, Flexionen, fehlerhafte

16 Mir ist durchaus bewusst, dass dieser Begriff problematisch für das Beschreiben eines
Sprachniveaus von Sprecherinnen und Sprechern ist. Hier ist gemeint, dass festgelegte Lexik,
Grammatik, Phonologie und Syntax einer Sprache einen Verlust erleben und die Sprache dadurch
kontinuierlich nicht mehr auf die Art und Weise verwendet wird, wie sprachpuristisch vorgegeben. Es
handelt sich demnach um einen wertenden Begriff, da in dieser Arbeit, wie in der Einleitung erklärt
worden, davon ausgegangen wird, dass der Erhalt der Sprachen kulturelles Gut bedeutet, und somit
dieser Erhalt als wünschenswert und als Prämisse gilt. Der wertende Begriff ist hingegen nicht auf die
Sprecherinnen und Sprecher bezogen, sondern auf das Endziel des Spracherhalts gerichtet.
17Gemeint ist hier der Status einer native language in Bezug auf ihr Verschwinden, nicht auf ihren
sozialen oder politischen Status o.Ä.
18 Die Kategorisierung der exjugoslawischen Sprachen ist in der Wissenschaft immer noch nicht
eindeutig gelöst bzw. Werden in den verschiedenen Ländern anders bezeichnet. Gemeint sind hier vor
allem die Sprachen Bosnisch, Kroatisch und Serbisch.

17
Aussprache, etc., das Fluchen auf bosnischer, kroatischer und serbischer Sprache nahezu
ausgezeichnet anwenden (Vgl. Letić 2021; Divić 2010).19
Ein weiterer Aspekt, der zur Illusion der Spracherhaltung führt, ist die Kreativität, der sich die
under-users bedienen, um neue Substantive und Verben zu erschaffen, wie dies beispielsweise
der Fall der Ungarn in Ostösterreich ist, die nicht-ungarische Elemente dazu nutzen (Vgl.
Hagège 2009 : 100) und somit fehlende Lexik ersetzen und gleichzeitig die Illusion des
Sprachstatus erhalten.
Zuletzt trägt diese Kreativität dazu bei, dass under-users trotz der mangelnden
Sprachbeherrschung gut genug mit Muttersprachlern kommunizieren können und somit das
Bewusstsein für die eigentliche sprachliche Beherrschung bzw. Das Verschwinden
sprachlicher Elemente nicht bemerkt wird (Vgl. Hagège 2009 : 101).
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass keine sprachpuristische Ansätze als Prämisse
vertreten sind. Sprache verändert sich stetig, steht in Kontakt mit anderen Sprachen und passt
sich nicht nur durch Kontakt zu anderen Sprachen an, sondern auch an das Zeitgeschehen und
äußere Umstände, was am ehesten durch die Notwendigkeit von Wortneuschaffungen in jeder
Sprache am ehesten zu beobachten ist. Es geht hier vielmehr darum, wie auch bereits an der
Stelle zur Bilingualität erwähnt, dass zwei oder mehrere Sprachen durch ihr Ungleichgewicht
in Konkurrenz treten und die ungenügende Weitergabe von native language beim
gleichzeitigen Auftreten von einer anderen, stärker positionierten, Sprache in einem
bestimmten Setting den Nährboden für die Übernahme dieser neuen Sprache liefert. Die eben
genannten Beispiele sollen verdeutlichen, dass die Übergabe der native language von
Generation zu Generation nochmals durch die Illusion der Sprachbeherrschung in den
Sprachgemeinschaften der Sprecherinnen und Sprechern der späteren Generationen intern
unauffällig bedroht wird.

19 Übersetzt aus dem Artikel Psovka kao baština hrvatskoga jezika (das Fluchen als Erbe der
kroatischen Sprache) von Danijel Divić: „Hier sind diejenigen, die kein Wort Kroatisch können, sie
sprechen unheimlich schlecht, diejenigen, die nach eigenem Wunsch und nur ihnen bekannten Regeln
grammatische Fälle gebrauchen, sowie diejenigen, die kroatisch mit einem unfassbaren Akzent
sprechen. Aber in einem Punkt gleichen sie sich: Jeden einzelnen Fluch sprechen sie ohne jeglichen
grammatikalischen Fehler aus.“
Ebenfalls befasst sich der Artikel Isplaženi jezik u dijaspori: Sočne psovke postale su posljednji čuvari
maternjeg jezika (Die ausgestreckte Zunge in der Diaspora: Saftige Flüche sind die letzten Hüter der
Muttersprache) von Jovica Letić damit.
18
Die in diesem Kapitel skizzierten Abläufe beziehen sich auf Situationen, in denen native
languages in Konkurrenz zu anderen Sprachen gebracht werden.
Wie bereits erwähnt, ist dies in der Fall bei den meisten bedrohten Sprachen. Es gibt jedoch
auch Fälle, bei denen dieser Prozess nicht so abläuft, die mittlerweile seltener geschehen, aber
nicht unerwähnt bleiben sollen.
Der Fall der „toten Sprachen“ wie das Latein stand nicht in erster Linie in einer
Konkurrenzsituation, die zur ihrem Verschwinden führte. Sie entwickelte sich vielmehr
weiter, auch wenn Einflüsse anderer Sprachen hinzukamen. Ausführlichere Darstellungen der
Entwicklungsprozesse solcher „toten Sprachen“ würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen,
werden der Vollständigkeit wegen an dieser Stelle ebenfalls erwähnt.
Ebenfalls erwähnt werden sollen Fälle von Genoziden. Mit Genoziden geht natürlich der
Sprachtod einher, da mit der Auslöschung von Sprecherinnen und Sprechern
notwendigerweise ebenfalls die Sprache ausgelöscht wird. Auch falls bei einem Völkermord
lediglich ein Teil des Volkes getötet wird, mindert dies erheblich die Chancen, dass die
Sprache von dem überlebenden Teil weiterhin erhalten und übertragen werden kann, da
politische Unterdrückung und Krieg in den meisten Fällen weiterhin die Überlebenden und
auch die Sprache mehr als nur einschränken. Historische Fälle lassen sich dazu auf beinahe
jedem Kontinent finden, vor allem während der Kolonialzeit, aber auch
Jene zwei Fälle werden nun, bis auf kurze Ausnahmen, nicht mehr als Teil dieser Arbeit sein.
Die Sprachen, die im Weiteren Verlauf untersucht werden sollen, französische
Regionalsprachen, stehen nämlich sprachpolitisch eher im Kontext eines
Konkurrenzverhaltens, dessen linguistische Ablaufprozesse in diesem Kapitel beleuchtet
wurden und für die einzelnen Sprachen im Weiteren genauer zu untersuchen sind. Das
français standard fällt ebenfalls nicht unter die Kategorien der zwei abgeschlossenen Fälle
und es trifft als Standardsprache auf andere Herausforderungen, die ebenfalls im Weiteren
analysiert werden sollen.
Um sich diesen Sprachen und ihren potentiellen Gefährdungen zu nähern, werden im
folgenden Kapitel mögliche Gründe, die den Sprachtod hervorrufen, aufgezeigt und sortiert.

19
4. Sprachbedrohungen

Wie individuell die Kultur, die geografischen Bedingungen, die historischen Ereignisse und
Einflüsse, die Wirtschaftslage, die politische Lage und Mentalitäten eines Volkes, einer
Gruppierung oder einer Nation sind, so verschieden sind auch ihre Sprachsituationen. Dass all
diese aufgezählten Dinge zusammenhängen und sich gegenseitig nonstop beeinflussen scheint
klar zu sein. Jedes dieser Elemente trägt zur Sprachsituation und ihrer Veränderung bei.
Deshalb gilt es bei jeder Sprache und ihrer Sprecherinnen und Sprecher genau die
Lebensumstände zu betrachten und nicht nur Korrelationen, sondern Kausalitäten
herauszufinden. Die Gründe, die zum Sprachtod führen, lassen sich ebenfalls in diesen
Bereichen finden. Dieses Kapitel widmet sich Elementen, die potentiell eine Sprache
dahingehend beeinflussen können, dass diese irgendwann ausstirbt, oder sich auch in die
entgegengesetzte Richtung entwickelt, sich nämlich revitalisiert.
Auf einzelne spezifische Ereignisse und Kausalitäten kann in diesem Kapitel noch nicht
eingegangen werden. Dies wird in den Kapiteln zu den einzelnen Regionalsprachen und dem
français standard geschehen. Zunächst sollen hier die Bereiche, in denen Gründe der
Gefährdung entstehen könnten, benannt und strukturiert dargestellt werden.
Claude Hagège sortiert dies in drei Bereiche: Physische, ökonomische und soziale und
politische Ursachen (Vgl. Hagège 2009 : 107-117).

4.1. Physische Bedrohungen

Die physische Ursachen stellen die gewaltvollste Ursache dar, da sie in kürzester Zeit die
Sprecherinnen und Sprecher auslöschen, wie das noch im vorigen Kapiteln am Beispiel der
Genozide erwähnt wurde. Dazu gehören aber auch Naturkatastrophen, Epidemien und
Migrationen (Vgl. Hagège 2009 : 106), welche ebenfalls zur Folge haben, dass Sprecherinnen
und Sprecher verschwinden ohne die Möglichkeit die Sprache an eine weitere Generation
oder Fremde zu übergeben.
An dieser Stelle müssen noch einmal kurz die Begriffe „Linguizid“, „Genozid“ und nun auch
„Ethnozid“ kontrastiert werden. Claude Hagège erwähnt in diesem Kontext auch den

20
„Ethnizid“, welcher zum Ziel die kulturelle Auslöschung hat, ohne diese Menschen zu töten
(Vgl. Hagège 2009 : 106). Demnach kann folgende Abstufung festgehalten werden. Der
Linguizid hat speziell die Intention die Sprache zu eliminieren, während beim Ethnozid der
Sprachtod teil der Verfolgung des Ziels der kulturellen Auslöschung ist. Beim Genozid wird
mit dem Ziel der Auslöschung eines ganzen Volkes ebenfalls der Sprachtod als Nebenprodukt
erreicht.
Ein Beispiel für solch eine Ausrottung stellt die tasmanische Sprache dar, die innerhalb von
weniger als achtzig Jahren20 samt ihrer Sprecherinnen und Sprecher ausgerottet wurde (Vgl.
Dehne 2009 : 770).
Ebenso schnell kann eine Sprache, ein Volk oder eine Kultur durch die Folgen klimatischer
Katastrophen ausgerottet werden, wie dies der 1815 durch den größten je gemessenen
Vulkanausbruch ausgelöste Fall in Tambora, Indonesien war.21 (Vgl. Kusky; Cullen 2010 :
781). Von der tamborischen Sprache ist nichts mehr bis auf eine Liste von Vokabeln übrig
(Vgl. Hagège 2009 : 106.).
Epidemische Beispiele lassen sich historisch vor allem bei indigenen Völkern finden.
Seuchen, Pocken, Masern und andere Krankheiten, die oft von den Europäern ins indigene
Volk gebracht wurden22, führten zu hohen Sterblichkeitsraten.
In den eben vorgestellten Fällen geht der Sprachverlust durch den Verlust der Sprecherinnen
und Sprecher einher. Physische Ursachen müssen nicht immer zum Tod der Sprecherinnen
und Sprechern führen, um den gleichen Effekt des Sprachtods zu erreichen. Bereits die
Emigration von Sprecherinnen und Sprechern kann dazu führen, wobei der Prozess von der
Geschwindigkeit der Massenemigration abhängt. Als Beispiel kann hier das Irische genannt

20 Mit der Ankunft der britischen Kolonisten wurden ab 1803 4000-5000 Tasmanier getötet, und 1876
starb die letzte Tasmanierin (Vgl. Dehne 2009 : 770).
21 Der Vulkanausbruch auf Tambora gilt als größter je gemessener Vulkanausbruch, der zum
schlagartigen Tod von ca. 92000 Menschen führte. Dies löste weitere klimatische und
landwirtschaftliche Probleme aus, wie z.B. „das Jahr ohne Sommer“ (Vgl. Kusky; Cullen 2010 : 781).
22 Bei solchen Fällen spricht man von „Virgin Soil Epidemics“: „Überfallen Seuchen erstmals oder
nach langer Pause wieder eine Bevölkerung, die diese Krankheiten vorher nicht kannte, spricht Crosby
in diesem Zusammenhang von Virgin Soil Epidemics“ (Oeser 2003 : 23).

21
werden, das durch Emigration im 19. Jahrhundert eine Beschleunigung von Sprachschwund
erfuhr (Vgl. Crystal 2002 : 71).23
Bei allen hier beschriebenen Fällen ist es so, dass an den Sprecherinnen und Sprechern direkt
angesetzt wird. Wenn es keine Sprecherinnen und Sprecher mehr gibt, gibt es keine
Möglichkeit mehr das Sprachgut zu erhalten. Vor allem nicht, wenn dies in solch einer
Geschwindigkeit geschieht, wie es bei Natureinwirkungen oder Seuchen der Fall ist.
Zusätzlich zu den physischen Ursachen zählt Claude Hagège noch Fälle, in denen die Abgabe
der native language durch Lebensgefahr und Unterdrückung bedingt ist, wie es beispielsweise
während des Massakers in El Salvador 1932, auch La Mantanza genannt, stattgefunden hat:
To escape grave dangers, unbearable persecutions, or death, a community can abruptly
abandon its language as a survival strategy, to the extent that concealing one’s language is an
act of self-defense, considering the tragic fate of those who openly use it. That is why, in El
Salvador during the 1932 massacres mentioned above, the speakers of Pipil abruptly
renounced their language, witnessing many among them suffer the same fate as the
Cacaoperas and the Lencas. (Hagège 2009 : 109).

Ebenfalls ohne direkte Tötung von Sprecherinnen und Sprechern, dennoch auf gewaltsame
Art und Weise, verhält es sich mit dem Sprachschwund, der durch Deportation bedingt ist,
wie es der Fall für viele Sprecherinnen und Sprecher indigenen Völker war: „In Australia, the
United States, and Canada, many communities have been uprooted from their ancestral lands
and deported against their will.“ (Hagège 2009 : 109). Da sich die deportierten Menschen an
neuen Orten mit anderen Menschen wiederfinden, welche nicht dieselbe Sprache sprechen,
und auch in den meisten Fällen von ihrer Familie getrennt wurden, gibt es kaum
Möglichkeiten die native language zu sprechen, welche dann eine sehr hohe
Wahrscheinlichkeit hat zu auszusterben (Vgl. Hagège 2009 : 110).24

23 Gemeint ist hier die große Hungersnot in Irland 1845-1849 (potato famine), die zur Folge hatte, dass
Emigration vom Land stattfand: „The impact was greatest in rural communities, and as this was where
Irish was chiefly spoken, the famine must have hastened the decline of Irish at the time.“ (Crystal 2002
: 71).
24In vielen Fällen kommt es zur Neubildung von Pidgin oder Kreolsprachen. Durch die verschiedenen
Herkünfte deportierter und versklavter Menschen, oft mit dem Kontakt zu europäischen Kolonisatoren
entwickeln sich neue Sprachen. Zunächst ist es aber so, dass die native langue eine geringere
Überlebenschance in solch einer Situation haben (Vgl. Chaudenson 2002 : 35-40).

22
Die letzten zwei aufgezeigten Fälle, die Hagège zu den physischen Ursachen zählt, haben
sicherlich politische und soziale Gründe. Sie passen dennoch zur Kategorie der physischen
Ursachen, da in allen eben vorgestellten Fällen, Sprecherinnen und Sprecher auf gewaltsame
Art und Weise gezwungen sind ihren Wohnort zu verlassen, d.h. sie werden physisch entfernt.
Damit ist der Ortswechsel, wie bei Migration oder Deportation, gemeint, aber auch das
Sterben von Menschen, was durch Krankheiten aber auch durch Ethnozide oder Genozide
geschehen kann. In allen Fällen wird eine physische Distanz zum Ort der native langue
geschaffen, oder dieser wird, beispielsweise durch Natureinwirkungen, so zerstört, dass er von
den Sprecherinnen und Sprechern nicht mehr bewohnbar ist.
Außerdem ist allen Fällen, die durch physische Einwirkungen verursacht werden, gemein,
dass sie sich durch eine besonders hohe Geschwindigkeit oder ein besonders plötzliches
Eintreten kennzeichnen.

4.2. Ökonomische, soziale und politische Bedrohungen

Anders verhält es sich mit ökonomischen, sozialen und politischen Ursachen, bei welchen das
Überleben der Sprecherinnen und Sprecher nicht in Gefahr ist, es jedoch trotzdem zum
Sprachentod kommt: „The people may live, but the language may still die.“ (Crystal 2002 :
76). Bei politischen, sozialen und ökonomischen Gründen geht es nicht nur um das
Aussterben einer Sprache, sondern es geht viel mehr um die Übernahme durch eine neue
Sprache, was bereits im dritten Kapitel erklärt worden ist. An dieser Stelle werden nun
ökonomische und soziale Ursachen gesammelt vorgestellt, die in einem Konkurrenzverhalten
zweier Sprachen ausschlaggebend für den Sprachtod einer native language und für die
Übernahme einer neuen Sprache sein können.
Menschen, die sich zwischen zwei oder mehreren Kulturen befinden bzw. Denen im Alltag
mehrere Kulturen und Sprachen begegnen, erfahren meist eine kulturelle Assimilation. D.h.

23
eine dominantere Kultur wird übernommen, während Aspekte der ursprünglichen25 Kultur
nach und nach verloren gehen bzw. Nicht mehr ausgelebt werden: „cultural assimilation: one
culture is influenced by a more dominant culture, and begins to lose its character as a result of
its members adopting new behaviour and mores.“ (Crystal 2002 : 77).
An dieser Stelle muss die Frage nach den Ursachen gestellt werden, die eine Dominierung
einer Kultur über eine bereits bestehende erlauben. Diese Gründe lassen sich auf
ökonomischer, soziologischer und sozialer, sowie politischer Ebene suchen.
Zunächst ist klar, dass eine neue Sprache in das Gebiet eintreten muss. Dies geschieht meist
durch Sprecherinnen und Sprecher der Sprache selbst. Es findet also eine demographische
Veränderung statt, die verschiedene Ausmaße annehmen kann. Auch heute spricht man von
demographischen Wandel, von dem Zuzug von Migranten, von Anteil an Menschen mit
Mitgrationshintergründen in bestimmten Länder, die die Kultur, und somit auch potentiell die
Sprache oder Sprachentwicklung beeinflussen könnten. Am drastischsten kann man
demographische Veränderung, die immense Einflüsse auf Kultur und Sprache mit sich
brachte, am Beispiel der Kolonisten sehen, die in Australien und Nordamerika eindrangen
(Vgl. Crystal 2002 : 77). Wenn es solche Ausmaße annimmt, dass entweder die Zahl der
Hinzuziehenden oder aber ihre Machteinflüsse, z.B. militärischer Art, so groß sind, dass sie
die Einheimischen überfluten, spricht man von demographischer Submersion (Vgl. Crystal
2002 : 77).
Die Anzahl der Hinzuziehenden, sowie die geographische Nähe zweier Kulturbereiche, spielt
für die Dominierung mittlerweile kaum eine Rolle, da diese durch andere Mittel erreicht
werden kann. Beispielsweise ist eine größere Anzahl an Hinzuziehenden ist nicht notwendig,
lediglich eine Überlegenheit, meist im militärischen Sinne, wie es der Fall bei indigenen
afrikanischen Völkern war, die durch europäische Kolonisten unterdrückt worden. Auch an
diesem Beispiel lässt sich die Irrelevanz der geographischen Nähe verdeutlichen, denn durch

25 Der Begriff „ursprünglich“ ist hier in dem Sinne als Attribut zu „Kultur“ gemeint, wie es das
Attribut native zu language ist. Es wird an dieser Stelle nicht impliziert, dass eine ursprüngliche, klar
eingrenzbare Kultur eines Volkes oder einer Gruppierung gibt, da sich Kultur stetig ändert. Hier
beschreibt der Begriff „ursprünglich“ lediglich die Tatsache, dass ein Volk oder eine Volksgruppe
bereits in einem kulturellen Komplex lebt, bevor es mit einer „neuen“, bisher nicht bekannten Kultur
in Kontakt und später in Konkurrenz tritt.
24
Innovationen, Technologien und ökonomische Möglichkeiten, lassen sich solche Hindernisse,
wie Distanz oder Erreichbarkeit, leicht bewältigen.
Diese Dynamik findet sich auch im Stadt-Land-Austausch wieder. Durch Verstädterung,
Industrie, Transportmittel, ökonomische Verflechtungen, kommt es verstärkt zu Kontakt
zwischen Stadt und Land, wobei Sprachen in Kontakt zueinander kommen. Durch diese
Verflechtungen besteht immer mehr die Notwendigkeit für Sprecherinnen und Sprecher sich
die neue Sprache anzueignen, wie beispielsweise das Spanische oder Portugiesische in
Südamerika, Swahili in Ostafrika oder das Englische weltweit (Vgl. Crystal 2002 : 77).
Solche Verflechtungen in ökonomischen, infrastrukturellen und gesundheitlichen Sektoren,
sowie im Ernährungssektor, Bildungssektor usw., führen dazu, dass ländliche Gebiete immer
mehr ihre Autonomie verlieren: „The centralization of power within the metropolis invariably
results in an inevitable loss of autonomy for local communities (…)“ (Crystal 2002 : 78).
Stetig wird dadurch die neue Sprache in den Alltag gebracht. Hinzukommen heutzutage die
Medien, welche diesen Prozess beschleunigen: „The language of the dominant culture
infiltrates everywhere, reinforced by the relentless daily pressure of the media, and especially
of television (…)“ (Crystal 2002 : 78).
Eine riesige Rolle spielen in nahezu allen eben aufgezählten Bereichen die ökonomischen
Voraussetzungen. Wie eben erwähnt, spielt das eine große Rolle in der Stadt-Land-Dynamik,
wobei Regionalsprachen oft auf dem Land ihren Sitz26 haben. Die Entwicklung zur
Zentralisierung und Abhängigkeit zu Metropolen stellt in erster Linie eine ökonomische
Abhängigkeit her und kann in den nächsten Schritten zu kultureller Assimilierung führen,
welche eventuell im Sprachentod enden kann. Ähnlich beschreibt auch Herman M. Batibo die
ökonomische Verbindung zur Veränderung des Spracherhalts: „Where communities have
detached themselves either voluntarily or by force from their traditional socioeconomic way
of life, their levels of language maintenance have been affected.“ (Batibo 2008 : 25).

26 Diese Formulierung, „den Sitz haben“ impliziert an dieser Stelle, dass sich Sprache geographisch
verorten lasse. Dem ist jedoch nicht absolut zuzustimmen. Sprache ist von den Sprecherinnen und
Sprechern abhängig und wird von ihnen getragen. Nichtsdestotrotz ist in dem Beispiel der Stadt-Land-
Dynamik diese Formulierung trefflicher, da eine Regionalsprache in den meisten Fällen in einer
spezifischen Region gesprochen wird und nur in Ausnahmefällen es anderswo die Gelegenheit gibt,
diese Regionalsprachen zu sprechen. Deshalb stellt die Verortung, „der Sitz“ einer Sprache, ein
wichtiges Kriterium des Spracherhalts dar.
25
Die Sprache der Kultur oder Bevölkerungsgemeinschaft, welche ökonomisch besser
aufgestellt ist, ist wahrscheinlicher sich durchzusetzen, und somit auch die Sprache
durchzusetzen. Claude Hagège bezeichnet dies als „Pressure from a More Powerful
Economy“ (Hagège 2009 : 110).
Ökonomische Ursachen für den Sprachentod sind mittlerweile nicht unbekannt und finden
ihre Aufmerksamkeit inzwischen ebenfalls in Alltagsmedien, wie der Artikel „Economic
success 'drives language extinction’“ der BBC News zeigt und auf ökonomische Ursachen der
Migration und damit auch der Verstärkung des Sprachentods hinweist: „The economic aspect,
however, cannot be overemphasized, as there are places within the language diversity
'hotspots' where whole villages are being emptied out due to out-migration.“ (Morelle 2014).
Zu den konkreten ökonomischen Ursachen kann also zählen, was den Menschen attraktivere
Bedingungen für ihr Leben bietet, beispielsweise Jobchancen in der Stadt, Infrastruktur,
Lebensmittelversorgung, Gesundheitsversorgung, attraktive Freizeitgestaltungen,
Technologie, Lifestyletrends, usw. Das umfasst all jene Dinge, die nur durch eine bessere27
ökonomische Lage geboten werden können.
An dieser Stelle wird deutlich, dass ökonomische Ursachen sehr stark mit sozialen Ursachen
in Verbindung stehen und sich gegenseitig beeinflussen.
Manchmal geschehen Entscheidungen von Individuen für den Erhalt der der Sprache mehr
oder weniger bewusst. Matthias Brenzinger unterteilt die Gründe, die bei der Entscheidung
über den Spracherhalt eines Individuums miteinspielen, in zwei Arten: symbolic choices und
utilitarian choices (Vgl. Brenzinger 2008 : 45). Bei der Entscheidung von Individuen, welche
eine Abwägung für ihre ökonomische Sicherstellung durchführen, handelt es sich um
utilitarian choices, während die Gründe von Menschen, die sich für oder gegen eine Sprache
aufgrund von Identitätszugehörigkeit, Prestige, o.Ä. entscheiden, symbolic choices sind (Vgl.
Brenzinger 2008 : 45).

27 „besser“ ist an dieser Stelle als „besser als beispielsweise auf dem Land“ zu verstehen. Ob es sich
tatsächlich bessere Voraussetzungen für das Leben der Menschen handelt, oder ob dies nur graduell
und nur für bestimmte Individuen zutrifft, bleibt für jede Kultur und jedes Individuum selbst zu
betrachten. „Besser“ bezieht sich vor allem auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen, wie z.B.
Lebensmittelversorgung, kann aber auch auf andere Bedürfnisse erweitert werden.

26
Der dritte Part, der als Ursache für den Ablauf einer Sprache ausschlaggebend sein kann, ist
die Politik. Politische Ursachen können ebenfalls von sozialen und ökonomischen Elementen
beeinflusst werden und diese wiederum beeinflussen. Nun ist der Unterschied aber folgender:
Die Politik kann direkter, schneller und gezielter in die Sprache eingreifen, als es für Soziales
und Ökonomie möglich ist. Soziale Ursachen und Ökonomie können ebenso großen Druck
aufbauen, der zu Veränderung des Sprachgebrauchs führt, jedoch geschieht das „von
unten“ („bottom up“), während politische Institutionen u.Ä. die Möglichkeit besitzen, „von
oben“ („top down“) zu agieren: „It might be ‘top down’, in the form of incentives,
recommendations, or laws introduced by a government or national body; or it might be
‘bottom up’, in the form of fashionable trends or peer group pressures from within the society
of which they form a part;“ (Crystal 2002 : 78).
Politische Handlungen können zu Konsequenzen führen, die den Kulturerhalt und somit auch
den Spracherhalt beeinträchtigen. Claude Hagège nennt hier nur einige Beispiele, die auf
einen Großteil von Ländern während der Kolonialzeit zutreffen:
The development of states aware of their political clout often leads to enterprises that are
particularly disastrous for these groups: the destruction of habitat, deforestation, displacement
of populations, forced assimilation. Such is the history of the Spanish colonization in Central
and South America, for example, and the English and then American colonization in North
America. (Hagège 2009 : 118).

Politik28 kann aber in Bezug auf Spracheinwirkung direkter und gewaltsamer vorgehen, wie
z.B. bei Linguiziden, welche bereits an anderer Stelle erwähnt wurden. Es sind politische oder
institutionelle Körperschaften, welche die Durchführung der politischen Maßnahmen in
entscheiden und in Gang setzen, wie es beispielsweise der Fall auf den mikronesischen Inseln
war, auf welchen von Seiten der Vereinigten Staaten native languages verboten und ihre
Verwendung sanktioniert wurde (Hagège 2009 : 119).
Gesetze, Verbote, Bestrafungen und Bürokratie fallen unter administrative politische
Maßnahmen. Die Politik bedient sich jedoch noch anderer Maßnahmen, wie z.B.
militärischer, medialer und die Bildung betreffender Maßnahmen.

28Der Begriff „Politik“ ist hier im weitesten Sinne gemeint. Es würde zu einer falschen Vereinfachung
führen von politischen Systemen, Staten o.Ä. zu sprechen, da sich die in dieser Arbeit aufgeführten
historischen Beispiele in unterschiedlichen Zeitspannen, Ären und politischen Situationen ablaufen.
Daher müsste für jede Situation die politische Lage genauer spezifiziert werden, was aber den Rahmen
dieser Arbeit sprengen würde.
27
Was den militärischen Bereich der politischen Maßnahmen betrifft, ist nicht nur gemeint, dass
das Militär für Sanktionen und für die Durchführung bestimmter Vorgaben einzusetzen ist.
Die im Militär gesprochene Sprache ist für die Bildung eines Gemeinschaftsgefühls besonders
wichtig, weshalb beispielsweise in den drei ehemaligen slawischen Föderationen
Sowjetunion, Tschechoslowakei und Jugoslawien der Fokus auf eine alleinige Sprache im
Militär lag:
Das Ziel der Sprachpolitik der ehemaligen sozialistischen Föderationen war, die Vormacht der
jeweiligen dominanten Sprache innerhalb der Föderation zu sichern und diese Sprache nach
außen als die einzige Sprache der Föderation gelten zu lassen. Die anderen Nationalsprachen
der Föderationen waren dabei für die Außenkontakte mehr oder weniger funktionslos.
(Grčević 2007 : 46).

In den meisten Fällen in der Geschichte lag das Ziel solcher Staaten29 bei der „Reduzierung
der Polyfunktionalität und/oder eine(r) weitgehende Ersetzung einer Sprache durch eine
andere“ (Grbčić 2007 : 47).
Ein weitere Bereich, der vor allem heute eine große Rolle spielt, sind die Medien. Fernsehen,
Radio, Zeitungen und Social Media sind für die Mehrheit der Bevölkerung30 omnipräsent und
aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: „(…) for most societies the media have become
inescapable.“ (Cormack 2007 : 53). Nicht nur die Omnipräsenz und der durchgehende Zugang
zu Medien machen sie attraktiv, sondern auch Inhalte, wie „notably pop music, fashion, and
sports“ (Hagège 2009 : 121), die in den Medien thematisiert werden, wirken vor allem für die
neuen Generationen anziehend.
Nicht nur die Sprache, die in den Medien verwendet wird und von den Sprecherinnen und
Sprechern, bzw. In diesen Fällen Hörerinnen und Hörern, Leserinnen und Lesern oder

29 Die hier erwähnten Staaten, werden als „links“ klassifiziert. Die sprachpolitische Nutzung des
Militärs für dieselben hier aufgeführten Ziele ist nicht nur spezifisch für kommunistisch oder
sozialistisch geprägte Länder, sondern auch für andere, z.B. Frankreich: „We know that the mixing of
conscripts in France during the Third Republic, just like one century earlier when the revolutionaries
rose en masse to face the perils on the frontiers, was one of the means for the general diffusion of
French, which amounted to allocating regional languages, dialects, and patois to the reduced status of
private idioms.“ (Hagège 2009 : 120)
30Präziser: Hier ist die Mehrheit der westlichen Bevölkerung und die Mehrheit der Bevölkerung der
industriell entwickelten Staaten gemeint. Für indigene Völker oder Bevölkerungsgruppen in
nichtindustriell entwickelten Gebieten ist die Rolle der Medien, die im weiteren gezeigt werden soll,
nicht von großer Bedeutung. Aufgrund des zweiten Teils dieser Arbeit, der sich mit den
Regionalsprachen Frankreichs befasst, werden hier Medien als bedeutsames Element in der
Spracherhaltung gehandhabt.
28
Zuschauerinnen und Zuschauern, täglich „konsumiert“ wird, ist von großer Wirkung. Die Art
und Weise, wie sie eingesetzt wird und wie sie mit anderen Sprachen, Dialekten und Akzenten
umgeht, prägt ebenfalls die Mentalität der Menschen und das Prestige der einzelnen Sprachen.
Oft werden bestimmte Dialekte, Akzente oder sogar Sprachen in Filmen klischeehaft genutzt
und tragen somit dazu bei, dass ein bestimmter Dialekte, Akzente oder eine bestimmte
Sprache an Prestige gewinnt oder verliert. Beispielsweise wird häufig in kroatischen
Synchronisationen von Kinderzeichentrickfilmen den bösen Charakteren der čakavische
Dialekt, bäuerlichen oder betrunkenen Charakteren der kajkavische Dialekt zugeteilt (Vgl.
Hrzenjak 2020 : 25). Bozica Hrzenjak schätzt die Auswirkung der Anwendung dieser
Methode als sprachpolitisch relevant ein:
In der Synchronisation von Zeichentrickfilmen kann mithilfe verschiedenster Mittel verdeckte
Sprachpolitik zum Einsatz kommen. Durch bestimmte Lexeme und Akzente können Varietäten
zu politischen Symbolen werden und auf so einer Grundlage sprachliche und regionale
Stereotypen gebildet werden, was kollektive Identitäten prägen kann. (Hrzenjak 2020 : 82).

Ähnliche Auffälligkeiten finden sich auch in amerikanischen Filmen, in denen oft ein
Südstaatenakzent bei eher dümmlichen Charakteren herauszuhören ist. Es sind eben diese
Feinheiten, die alltäglich und subtil den Status einer Sprache beeinflussen, was Hörerinnen
und Hörer, Leserinnen und Leser oder Zuschauerinnen und Zuschauer meist nur unbewusst
erfahren. Somit stellt die Nutzung von Medien einen wichtigen Teil der Sprachpolitik dar. Die
Rolle der Medien wird in dieser Arbeit noch einmal nach der Vorstellung der
Regionalsprachen und des français standard , samt ihrer Bedrohungsfaktoren, eine Rolle
spielen, wenn es um die Revitalisierung von Sprache gehen wird.
Auch ein Faktor, der im Kapitel zur Revitalisierung auftauchen wird, ist die Bildung. An
dieser Stelle sollen aber ihre Einflussmöglichkeiten aufgezeigt werden, die eine Bedrohung
von Sprache darstellen können. Bildung und Sprache stehen so eng miteinander verbunden,
dass es kaum einer Erklärung bedarf, die den Einfluss der Bildung auf die Sprache beweist.
Politische Instanzen können die Bildungssprache ändern, Schulen können den
Sprachgebrauch einschränken, Curricula können Schwerpunkte setzen und streichen, usw. All
dies trägt, dazu bei, dass Menschen, die Bildungsinstanzen nutzen, nur im von den Instanzen

29
gesetzten Rahmen Sprache erfahren.31 Gleichzeitig kann dadurch der Status und das Prestige
verschiedener Sprache, ebenfalls wie bei den Medien, sich ändern oder verstärkt werden.
Bildung und Medien erfüllen ihren Zweck demnach auf zwei Arten. Einerseits werden durch
die Nutzung oder eben durch das Weglassen bestimmter Sprachen, Hörerinnen und Hörer,
Zuschauerinnen und Zuschauer, sowie Sprecherinnen und Sprecher, mit der oder den
Sprachen konfrontiert. In den meisten Fällen wäre das z.B. das Englische und der
Sprachkontakt wird hergestellt. Die zweite Ebene, die diese zwei Instanzen erreichen können,
ist das Denken und die Haltung gegenüber bestimmten Kulturen und Sprachen.
Bei der Betrachtung der Bedrohungen von Sprache wird deutlich, dass diese erwähnten
Distanzen nur bedrohlich sind, weil die Intention der dahinterstehenden Akteure bedrohlich
ist. Bildung, Medien, Politik, aber auch ökonomische und soziale Strategien könnten dazu
genutzt werden den gegenteiligen Effekt zu generieren, nämlich die Revitalisierung, der sich
das vorletzte Kapitel dieser Arbeit widmet. Einzige Ausnahme bilden hier physische
Ursachen, die durch die Natur ausgelöst werden, auch wenn bei solchen Fällen32 weiterhin
Handlungsmöglichkeiten auf erwähnten Ebenen bestehen.
An dieser Stelle endet der erste Teil dieser Arbeit, der zum Ziel hatte, einen überschaubaren
Überblick des Sprachtodes mit seinen Ursachen und Abläufen zu skizzieren. Nachdem nun
die Wichtigkeit der Sprache, die bedrohte Lage von Minderheitensprachen weltweit,
insbesondere Europa, und Faktoren, die zum Aussterben einer Sprache führen können,
vorgestellt und eingeordnet wurden, gilt es sich der französischen Sprache zu widmen und
diese auf die bis hierhin vorgestellten Aspekte zu untersuchen.
In den nächsten Kapiteln wird zuerst ein Überblick über die französischen Sprachen skizziert,
anschließend werden die Bedrohungen für die Regionalsprachen des Baskischen und des
Okzitanischen, sowie für das français standard ausgearbeitet. Anschließend folgt die
Vorstellung und Diskussion von Revitalisierungsansätzen dieser Sprachen. Am Ende sollen
Auffälligkeiten und Merkmale zum Sprachentod und zur Revitalisierung von den

31 Präziser: Natürlich können Menschen Sprache noch anders erfahren. Hier ist gemeint, dass der
Bildungsrahmen festgelegt wird und über diesen Rahmen hinaus in der jeweiligen Bildungsinstanz
kaum Perspektiven bestehen.
32Gemeint sind Fälle, bei denen eine Naturkatastrophe nicht zur schlagartigen, kompletten Ausrottung
einer Kultur führt.
30
französischen Regionalsprachen jenen des français standard gegenübergestellt werden. Das
Endziel dieser Arbeit ist ein Vergleich der französischen Sprachen bezüglich ihrer Potentiale
der Vitalität.

5. Die Sprachsituation in Frankreich

Das Außenministerium (ministère de l’Europe et des Affaires étrangères) trifft folgende


Aussagen, was das Französische als Sprache im allgemeinen33 weltweit betrifft: Von den
mistgesprochenen Sprachen liegt sie auf fünfter Stelle mit 321 Millionen Sprecherinnen und
Sprechern, wovon sich ca. 62% in Afrika aufhalten. Außerdem ist sie von den am meisten
genutzten Sprachen im Internet an vierter Stelle und wird von 132 Millionen Menschen
gelernt (ministuère de l’Europe et des Affaires étrangères).
„Französisch“ muss hier im weitesten Sinne gemeint sein, der Dialekte, Regionalsprachen und
Varietäten einschließt.
Wie bereits im zweiten Kapitel vorgestellt, gibt es in Frankreich neben der Standardsprache,
dem français standard, weitere Regionalsprachen. Viele davon sind als gefährdet eingestuft.
Außer den Regionalsprachen und des français standard werden weitere Sprachen in dem
Staat gesprochen, wie z.B. maghrebinisches Arabisch, Berberisch, Westarmenisch, aber auch
die französische Gebärdensprache (Vgl. Kremnitz 2015 : 87-107). Georg Kremnitz
(Kremnitz, 2015: 87) bezeichnet diese Sprachen, sowie das Jiddische, die anderen Sprachen
der Juden und das Romani, als „nicht territorialisierte Sprachen in Frankreich“. Diese nicht
territorialisierten Sprachen können in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden, da sich das
Endziel auf eine Gegenüberstellung der Faktoren bezüglich des Sprachentods der
Regionalsprachen und des français standard bezieht. Trotzdem werden sie der Vollständigkeit
halber hier genannt. Ebenfalls aus gleichem Grund zu nennen, aber nicht weiter an dieser
Stelle zu vertiefen, sind die Sprachen der Überseegebiete Martinique, Guadeloupe, Guyane,
Réunion, Mayotte, Polynesien und Neukaledonien. Diese Arbeit bezieht sich in der
Untersuchung auf die Sprachen Frankreichs im Sinne der France métropolitaine.

33Wie bereits in der Einleitung angedeutet, ist mit dem Französischen hier die Sprache als
Überkategorie gemeint, unter der sich Regionalsprachen, sowie das français standard befinden.

31
Das französische Kulturministerium teilt die Sprachen Frankreichs, langues de France, von
welchen es 75 an der Zahlt gibt ähnlich ein: Regionalsprachen (langues regionales),
nichtteritorialisierte Sprachen (langues non territoriales) und die französische
Gebärdensprache (la langue des signes française) .
Folgende Sprachen werden von dem Kulturministerium als in der France métropolitaine
gesprochene Regionalsprachen anerkannt: Baskisch, Bretonisch, Katalanisch, Korsisch,
Elsässisch, Moselfränkisch, Flämisch, Frankoprovenzalisch, Franc-Comtois, Wallonisch,
Chempenois, Pikardisch, Wallonisch, Champenois, Picardisch, Normannisch, Gallo, Poitevin-
Saintongeais, Lothringisch, Bourguignon-Morvandiau, Gaskognisch, Languedokisch,
Ligurisch, Limousinisch, Provenzalisch, Alpenprovenzalisch und Auvergnatisch (Vgl. Les
langues de France 2016 : 2). Nur ein kleiner Teil davon ist nicht vom Aussterben bedroht, wie
z.B. das Katalanische. Verlässliche Sprecherzahlen findet man vergeblich, was auch Andreas
Kräuter bestätigt:
Angaben zu den Sprecheranzahlen der jeweiligen Sprache sind leider sehr unsicher. Sie
basieren zumeist auf Schätzungen und Hochrechnungen. Dabei sind die Erhebungen oft
uneinheitlich und die Sprachkompetenzen unterschiedlich definiert – diese reichen vom
Verstehen einer Sprache und Lesen (rezeptiver Wortschatz) über Sprechen und Schreiben
(produktiver Wortschatz), bis hin zum täglichen Gebrauch. (Kräuter 2014: 23)

Da sich die meisten Daten auf die „Enquête Familie“ von 1999 beziehen, sind sie nicht nur
veraltet, sondern auch unvollständig. Nichtsdestotrotz ist es dem Comité consultatif pour la
promotion des langues régionales et de la pluralité linguistique interne gelungen, einen
groben Überblick mithilfe der Enquête Famille, sowie mit anderen Datensätzen aufzustellen
(le Comité consultatif pour la promotion des langues régionales et de la pluralité linguistique
interne 2013 : 94-95)34: Die größte Sprechergruppe mit 600 000 Sprecherinnen und
Sprechern, sowie 1 600 000 Sprechern, die die Sprache nur gelegentlich nutzen (pratique
occasionnelle) stellt das Languedokische dar. Daraufhin folgt die große Gruppe der langues
d’oïl, unter welcher die bedrohten Sprachen Bourguignon-Morvandiau, Lothringisch,
Picardisch, Wallonisch, Franc-Comtois, Poitevin-Saintongeais, Gallo und Normannisch
gefasst werden, mit 580 000 Sprecherinnen und Sprechern, sowie mit 730 000 unter pratique

34Im weiteren Vorgehen wird, einerseits aus stilistischen Gründen, der Präsens beibehalten, auch wenn
die meisten Daten der Statistiken dem Jahr 1999 entspringen. Andererseits gibt es kaum aktuelle
Daten, die diese Untersuchung unterstützen könnten, daher bleibt nur übrig von diesen Daten
auszugehen.
32
occasionnelle gefasste Sprecherinnen und Sprecher. Es folgen35 Elsässisch (650 000 + 230
000)36, Bretonisch (280 000 + 600 000), Moselfränkisch (100 + 80 000), Frankoprovenzalisch
(80 000 + 130 000), Korsisch (70 000 + 100 000) und Flämisch (30 000 + 50 000).
Katalanisch, mit 110 000 Sprecherinnen und Sprechern), sowie Baskisch, mit 50 000
Sprecherinnen und Sprechern, nehmen hier eine Sonderstellung ein, da sie außerhalb von
Frankreich noch in anderen Ländern gesprochen werden.37
Obwohl die größten Sprechergruppen (Languedokisch und Sprachen der Langue d’oïl) eine
hohe Anzahl an Sprecherinnen und Sprechern haben, ist ihr Anteil auf die in der Region
lebende Gesamtbevölkerung relativ niedrig. Beispielsweise machen die Sprecherinnen und
Sprecher des Languedokischen nur etwa 12% der dortigen Gesamtbevölkerung aus.38
Für die Sprachen des Langue d'oïl lassen sich schwerer Aussagen treffen, da unter diesem
Begriff mehrere Sprachen zusammengefasst werden und die Population nicht ausreichend
präzise gefasst werden kann.
Der Sprachwissenschaftler Jacques Leclerc fasst die Anteile der Sprecherinnen und Sprecher
in Bezug auf die Anzahl der gesamten Sprecherinnen und Sprecher, samt jener, die unter
locateurs occasionnelle fallen, auf seiner Website „L’aménagement linguistique dans le
monde“ zusammen. Den höchsten Anteil der Sprecherinnen und Sprecher verfügt das
Elsässische (38,8%), anschließend das Katalanische (29,7%), das Korsische (28%), das
Baskische (20%) und das Bretonische (18,6%), während die restlichen Sprachen einen Anteil
unter 5% besitzen (Vgl. L’aménagement linguistique dans le monde).

35Die Reihenfolge zielt auf die größte Zahl der Sprecherinnen und Sprecher ab, ohne jene, die unter
pratique occasionnelle gefasst werden, zu berücksichtigen.
36Die erste Zahl bezieht sich auf die Sprecherinnen und Sprecher, die zweite Zahl bezieht sich auf die
unter pratique occasionnelle gefassten Sprecherinnen und Sprecher.

37 Das Katalanische hat insgesamt 10 Millionen Sprecherinnen und Sprecher und das Baskische 650
000 (le Comité consultatif pour la promotion des langues régionales et de la pluralité linguistique
interne 2013 : 94-95).
38Anteil wurde selbst berechnet, ohne Berücksichtigung der Sprecherinnen und Sprecher, die unter
pratique occasionnelle fallen. Bevölkerungsanzahlen des Jahres 1999 entnommen aus „Population par
région“ des Institut international d’études démographiques.

33
Aus Leclercs dargestellten Vergleichsdaten wird deutlich, dass die Größe der regionalen
Bevölkerung keine Rolle für den Spracherhalt spielt. Während das Elsässische von 38,8%
einer Bevölkerung von 1 700 000 Menschen beherrscht wird, sind es beim
Frankoprovenzalischen nur 1,3% einer Bevölkerung der Größe von 6 000 000 (Vgl.
L’aménagement linguistique dans le monde).
Welche nun die genauen Faktoren sind, die den Spracherhalt der einzelnen Regionalsprachen
aufrecht erhalten, wird in den weiteren Kapiteln untersucht. Zunächst muss aber ein kurzer
historischer Überblick geschaffen werden, welcher uns erlaubt, die momentane Stellung der
Regionalsprachen, sowie des français standard, zu verstehen. Ziel hierbei ist kein
vollständiger historischer Überblick über die Entwicklung der französischen Sprache von
ihren Anfängen bis zum heutigen français standard. Vielmehr geht es darum anhand einiger
Eckdaten aufzuzeigen, inwiefern sprachpolitische Ereignisse und Handlungen die
Standardsprache und die heutigen Regionalsprachen beeinflussten.
Des Weiteren soll dies auf die in dem dritten Kapitel vorgestellten Bedrohungsfaktoren
anhand dieses konkreten Beispiels des Französischen hinweisen.
Beim Betrachten der sozialpolitischen Geschichte Frankreichs ab dem späten Mittelalter bzw.
Ab der frühen Neuzeit wird deutlich, dass die Idee eines Zentralstaates teleologisch verfolgt
wurde – und das zu dem Zeitpunkt einmalig in Europa, welches zur Gründung der Académie
Française führte:
Daraus resultierte im Jahr 1635 die Gründung der Académie Française. Gründe dafür gab es
mehrere, von entscheidender Bedeutung war jedoch der zentralstaatliche Wille der
Machtausübung im ganzen Land zu einer Zeit, lange bevor die Idee eines Nationalstaates und
der Nation im Sinne des 19. und 20. Jahrhunderts auf der historischen Bildfläche erschien.
(Marten 2016 : 177).

Die Académie Française setzte sich für die Standardisierung der Sprache ein mit dem Ziel
eine linguistische Einheitlichkeit zu schaffen, was auf politischer Ebene, ähnlich wie bei den
in Kapitel 3 dazu genannten Beispielen, von großer Bedeutung und Wirkung sein kann.
Auch nach der Revolution wurde die Idee einer Einheitssprache weiterhin verfolgt, mit dem
folgendem Hintergrund: „(…), im gesamten Land sollten Strukturen geschaffen werden, die
dem einfachen Volk eine Teilhabe an der Macht ermöglichen.“ (Marten 2016 : 177).
Heutzutage lassen sich viele Staaten finden, die diesem Beispiel der Findung einer
Standardsprache, folgen. Sprache wird als Teil der Identität gesehen und „verbindet“ das Volk.
34
Um diese Standardisierung durchzusetzen braucht es Maßnahmen, wie Schulbildung. Daher
wurde in Frankreich schon 1794 darüber debattiert, ob eine „Einführung von landesweitem
Französischunterricht“ (Marten 2016 : 177) sinnvoll wäre. Dabei wird nicht nur der Fokus auf
die Solidarität und Verbundenheit eines Volkes durch Sprache appelliert. Sprache wurde in
diesem konkreten Fall ebenfalls für die Ab- und Eingrenzung von Feinden dargestellt:
„Föderalismus und Aberglaube sprechen Bretonisch, Emigration und Hass auf die Republik
sprechen Deutsch, die Gegenrevolution spricht Italienisch und Fanatismus spricht
Baskisch“ (zitiert nach Schiffmann 2006 : 118).
Hinzu zum Ausbau des Bildungssystems kommt der Ausbau eines riesigen
Verwaltungsapparats, der sich ausschließlich der französischen, standardisierten Sprache
bediente. All dies führte dazu, dass „die regionalen Sachen in Frankreich kontinuierlich an
Bedeutung verloren und die lange Tradition der aktiven staatlichen Sprachpolitik sich fast
ausschließlich auf das Französische bezog.“ (Marten 2016 : 178).
Diese Auswirkungen sind bis heute noch spürbar, was sich beispielsweise an der, durch die
Académie Française festgehaltene, „traditionelle Sicht auf Rechtschreibung und
Grammatik“ (Marten 2016 : 178) erkennen lässt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Französische die Identität nicht nur im Sinne
der Verbundenheit eines Volkes bedeutet, sondern vielmehr in Verbindung zu den
revolutionären Ideen und Werten steht. Somit ist die politische Vereinigung von Sprache und
Politik in Frankreich eine spezielle und intensivere als in anderen Staaten und Nationen.
Auch heute ist das Französische weiterhin als Sprache in allen gesellschaftlichen Bereichen
festgelegt, wie es das Toubon-Gesetz vom 29. Juli 1994 im ersten Artikel festlegt: „Langue de
la République en vertu de la Constitution, la langue française est un élément fondamental de
la personnalité et du patrimoine de la France. Elle est la langue de l'enseignement, du travail,
des échanges et des services publics.“ (Loi Toubon, Art. 1).
Dass diese Entwicklungen zum Nachlassen von Regional- und Minderheitensprachen führten,
scheint unbestreitbar. Nichtsdestotrotz haben Regionalsprachen überlebt und obwohl
eigentlich die Vereinheitlichungs- und Standardisierungsbemühungen heute noch spürbar
sind, gibt es Tendenzen in der französischen Sprachpolitik und anderer Institutionen hin zum
Spracherhalt von Regionalsprachen.

35
Diesen wollen wir uns in den nächsten Kapiteln nähern. Dazu wird ein Blick auf zwei
einzelne Regionalsprachen Frankreichs geworfen.

6. Beispiele bedrohter Regionalsprachen Frankreichs

Die bisher vorgestellten Faktoren des Sprachtods samt ihrer Ursachen, sowie der
Sprachpolitik sollen nun im Weiteren anhand von konkreten Beispielen ausgearbeitet werden.
Zwei Regionalsprachen Frankreichs werden vorgestellt, ihre Bedrohungen skizziert, sowie im
nächsten Schritt die Möglichkeiten zur (Re-)Vitalisierung aufgezeigt. Um einen möglichst
umfangreichen Überblick und Vergleichsrahmen zu setzen werden hier zwei Sprachen
verschiedener Gefährdungsgrade untersucht: das Baskische und die okzitanischen Sprachen.

6.1. Das Baskische

Die baskische Sprache hat eine besondere Stellung nicht nur zwischen den französischen
Regionalsprachen, sondern in ganz Europa. Sie ist nämlich keine indoeuropäische Sprache
und ihre Verwandtschaft zu anderen Sprachen konnte nicht geklärt werden. Außerdem gilt sie
als wahrscheinlich älteste Sprache Europas(Kremnitz, S.59), welche die Romanisierung
überlebt hat (Vgl. Kabatek; Pusch 2011 : 196).
Geographisch ist die baskische Sprache in Frankreich den drei Provinzen Labourd, Basse-
Navarre und Soule zuzuordnen, welche als Nordbaskenland gelten und als Iparralde
bezeichnet werden. Zum Südbaskenland gehören die Hegoalde mit den Provinzen Gipuzkoa,
Bizkaia und Araba. (Vgl. Haase 2011 : 74). Die Hegoalde bilden gemeinsam eine autonome
Provinz, die seit 1979 anerkannt ist, nämlich die Comunidad Autónoma Vasca, in der die
baskische Sprache neben der spanischen als offiziell gilt (Vgl. Schlaak 2014 : 19). 39
Gefasst werden diese Provinzen auf spanischer, sowie französischer Seite, unter dem Begriff
des „Baskenland“ oder Euskadi. Der nördliche Teil ist der kleiner Teil mit etwa 3000km2,
während der südliche Teil über der Grenze ungefähr 176000 km2 umfasst (Narbaitz 1975 :

39 Auf spanischem Gebiet befindet sich ebenfalls die Provinz Nafarroa, die nicht zur Comunidad
Autónoma Vasca gezählt wird, sondern ihren eigenen Autonomiestatus erhalten hat (Vgl. Schlaak 2014
: 19).
36
11). Diese Aufteilung des Nord- und Südbaskenlandes aufgrund ihrer geographischen
Umstände40 ist historisch schon seit der Romanisierung bzw. der Eingliederung des
Baskenlandes in das römische Reich belegt (Vgl. Schlaak 2014 : 29).
Insgesamt lag die Zahl der Sprecherinnen und Sprecher der baskischen Sprachen im Jahre
1995 nach Aizpurua (Aizpurua : 1995) bei ca. 618 000, wobei sich die Mehrheit mit 450 000
Sprecher im Südbaskenland befand. Auf dem Gebiet Frankreichs befanden sich ca. 68 000
Sprecherinnen und Sprecher, während man in der Diaspora41 von noch ca. 90 000
Sprecherinnen und Sprechern ausgeht (Aizpurua : 1995).
Was das Sprachniveau der Sprecherinnen und Sprecher des Baskischen betrifft, ist dies je
nach Gebiet ziemlich unterschiedlich. In Spanien ist ein Nord-Süd-Gefälle zu beobachten:
45,8% der Bevölkerung im Gebiet Gipuzkoa sprechen baskisch und in Bizkaia sind es 18,4%
(Vgl. Haarmann 2002 : 38-39). In den französischen Provinzen liegt zwar die Gesamtanzahl
der Sprecherinnen und Sprecher deutlich niedriger als jene in Spanien, jedoch ist der Anteil
der baskischen Sprecherinnen und Sprecher wesentlich höher: In Basse-Navarre sind es
64,5% und in Soule 54,7% (Vgl. Haarmann 2002 : 39). Außerdem muss man erwähnen, dass
es sich in den allermeisten Fällen um bilinguale Sprecherinnen und Sprecher handelt, die
Spanisch und Saskisch oder Französisch und Baskisch sprechen.
Warum sich die Sprachsituation in Spanien und Frankreich sich so unterschiedlich in den
einzelnen Gebieten entwickelt hat, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht vergleichend
untersucht werden. Nichtsdestotrotz wird die Entwicklung der baskischen Sprache und
Sprachpolitik in den Provinzen auf französischer Seite im Folgenden untersucht.
Nichtsdestotrotz lohnt es sich einen kurzen Blick auf die Gründe zu werfen, die erlaubten,
dass sich das Baskische als so alte Minderheitensprache halten konnte. Radatz (Radatz 2010 :
95) nennt in den letzten Jahrhunderten den Grund des „gescheiterten Zentralismus“. Die
Versuche, einen zentralistischen Staat aufzubauen, wie es Frankreich tat, konnten auf

40 Gemeint sind hier die Pyrenäen als natürliche Grenze (Vgl. Schlaak 2014 : 29).
41Vor allem in Süd- und Nordamerika befinden sich heute noch Baskinnen und Basken. Dies geht
wahrscheinlich auf die Auswanderungen vieler Baskinnen und Basken Anfang des 20. Jahrhunderts
zurück: „Zwischen 1900 und 1920 gingen ca. 430.000 Basken und Baskinnen in die
USA.“ (www.baskultur.info).
37
Spanischem Territorium aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich durchgeführt werden
(Vgl. Radatz 2010 : 95).42
Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen finden sich nicht nur im Bereich der
Sprachpolitik, sondern in der Sprach selbst. Dem Baskischen werden bis zu sechs Dialekte
zugeteilt: „Biskayisch, Gipuzkoanisch und Hochnavarrisch sind südliche Dialekte. Auf der
französischen, nördlichen Seite existieren die Dialekte Laburdinisch, Niedernavarrisch und
Souletinisch“ (Schlaak 2014 : 20). Im Laufe der Geschichte wandelte sich immer wieder die
Anzahl der Dialekte und auch heute noch gibt es große Unterschiede in der Sprache der
Sprecherinnen und Sprecher, zumindest durch die Generationen hinweg: z.B. sprechen
jüngere Menschen das Euskara batua, während die ältere Generation noch die Dialekte
spricht (Vgl. Schlaak 2014 : 21).
Die Vielfältigkeit der baskischen Sprache beruht sicherlich auf der geographischen und
politischen Zerstreuung, die das Baskenland, das stets als Zwischengebiet galt, erfuhr. Dies
belegt die auffällige Tatsache, dass in der Geschichte des Baskenlandes die Baskinnen und
Basken nur ein einziges mal nach der römischen Zeit einer politischen Einheit angehörten
(Vgl. Schlaak 2014 : 30). Durch darauffolgende43 Kriege zwischen Spanien und Frankreich,
sowie der Etablierung der spanischen und französischen Staaten, wurde die baskische Sprache
immer mehr zurückgedrängt. Besonders deutlich ist dieses Zurückdrängen in den
französischen Gebieten nach der Revolution spürbar. Es galt nicht als vornehm
Minderheitensprachen zu sprechen und man wurde schnell als Revolutionsgegner betrachtet.
Auch auf politischer Ebene erfuhren die französischen Provinzen des Baskenlandes
Rückschläge, da sie kurz nach und wegen der Revolution ihre Selbstständigkeit verloren (Vgl.
Lang 1983 : 24). Bemühungen, einen zentralistischen Staat Frankreich aufzubauen, hielten
jahrelang an. Diese bedeuteten gleichzeitig für alle Regional- und Minderheitensprachen, dass
Möglichkeiten der Sprachnutzung mehr und mehr eingeschränkt wurden. Obwohl das

42 Zum einen stellten die nicht-spanischsprachigen Territorien in ihrer Größe eine große
Herausforderung dar. Zum anderen galt Kastilien als Hegemonialmacht schon mit Beginn des 18.
Jahrhunderts als geschwächt und konnte sich politisch nicht mehr lange halten (Vgl Radatz 2010 : 95).
43 Vor allem ab 1635.
38
Baskenland mit Frankreich zu kooperieren versuchte und einen Pakt aushandelte44, kam es
nicht zu einem langanhaltenden Frieden. Stattdessen kam „zu einem blutigen 19. Jahrhundert“
(Schlaak 2014 : 36).
Ein weiterer Faktor für das Ersetzen der baskischen Sprache durch die französische ist der
aufkommende Tourismus in Frankreich im 19. Jahrhundert (Vgl. Schlaak 2014 : 37). Trotz
des Tourismus Ende des 19. Jahrhunderts, kam es in diesem Jahrhundert zu wirtschaftlichen,
schwer überwindbaren Problemen, welche zusätzlich zu enormen Auswanderungen von
Baskinnen und Basken nach Süd- und Nordamerika führten, aber damit auch in einem großen
Bevölkerungsschwund in den Iparralde resultierten (Schlaak 2014 : 38).
Im weiteren historischen Verlauf sind Schulen als Bildungszentren zu nennen, in denen nur
die Verwendung der französischen Sprache erlaubt war. Es folgten Sanktionen bei der
Verwendung anderer Sprachen im schulischen Kontext (Cichon 2003 : 31). Dies ließ das
Baskische noch mehr aus dem Alltag verschwinden. Somit wurde das Baskische in den
privaten, familiären Kontext getrieben und hatte kaum Möglichkeit den öffentlichen Raum
einzunehmen.
Ende des 19. Jahrhundert kamen dann immer mehr, nationalistische, Bewegungen auf, die die
baskische Sprache als Identität und Zugehörigkeit aufleben lassen wollten. Beispielsweise
wurde von Sabino Arrana die Flagge, die Hymne und der Begriff Euskadi ins Leben gerufen
(Vgl. Trask 1997 : 24). Nationalistische, sowie rassistische Bewegungen folgten im Laufe der
Jahre, die eine ethnische Abgrenzung von Baskinnen und Basken von Spanierinnen und
Spaniern verfolgten, die in Spanien gelungener waren als in Frankreich. Dies lag an
administrativen Schwierigkeiten, wie z.B. der Zuordnung der baskischen Gebiete in
Frankreich zu verschiedenen französischen Provinzen.45
Verstärkt wurde die nationale, französische Identität mit dem ersten und zweiten Weltkrieg. In
dieser Zeit wurden, vor allem in Spanien später durch die Machtübernahme Francos, viele

44Vgl.: „Während des Krieges zwischen Frankreich und Spanien ab 1793 und des Einmarschs von
Frankreich in Gipuzkoa 1794 schlossen die Basken mit Frankreich einen Pakt. Sie unterstützten die
Franzosen unter der Bedingung, dass Frankreich sie nicht zu den Waffen zwang und sich nicht in ihre
Verwaltung einmischte.“ (Schlaak 2014 : 36).
45 In den 1920er Jahren wurden Labourd und Basse-Navarre zum Verwaltungsbezirk Bayonne
zugeordnet (Vgl. Zuazo 1995 : 6).
39
Baskinnen und Basken brutal verfolgt und unterdrückt, was gegen Ende des zweiten
Weltkriegs endlich nachließ (Schlaak 2014 : 40). Trotzdem hielten die Bestrafungen bei
Verwendung der baskischen Sprache im öffentlichen Raum weiter an. Ein Erstarken eines
Nationalgefühls fand zunächst ab den 1950er Jahren in Spanien statt, was schnell zur
Gründung der ETA46 führte. Ab den 1950er Jahren spricht kann man von einer
Wiederbelebung des Nationalismus sprechen (Vgl. Bernecker 2008 : 174). Diese Bewegung
erreichte dann nach dem zweiten Weltkrieg auch die baskischen Provinzen Frankreichs.
Jedoch halten die Folgen der französischen Politik lange nach: Durch den Zusammenschluss
der Basken in Frankreich zu den Franzosen während der Weltkriege, sowie durch die
Durchsetzung der französischen Sprache, konnte das baskische Identitätsgefühl nicht
emporsteigen (Vgl. Schlaak 2014 : 42). Nichtsdestotrotz gibt es seit den 1970er Jahren eine
nordbaskische Partei, Euskal Batasuna, sowie Iparretarrek, das als Pendant der ETA gilt
(Schlaak 2014 : 42). Der heutige Status des Baskischen ist im Norden dadurch beeinflusst,
dass es sich um ein wirtschaftlich eher schwächeres Gebiet handelt, was auch dazu führt, dass
jüngere Generationen aus dem Gebiet emigrieren und es mit einer überlasteten Bevölkerung
zurückbleibt (Vgl. Schlaak 2014 : 44). Ab Ende der 1990er Jahre finden mehr Bemühungen
statt, die baskische Sprache zu revitalisieren. Dazu wird in der Bildung und in den Medien
angesetzt. Erste Erfolge sind bereits sichtbar (Vgl. Schlaak 2014 : 44).
Am Baskischen lassen sich die vielfältigen Gründe entdecken, die eventuell zum Sprachentod
führen könnten. Diese Sprache wurde und wird von ökonomischen und politischen Ursachen
bedroht, welche sich teilweise gegenseitig beeinflussen. Die sprachpolitische Durchsetzung
seitens Frankreich zeigte kaum Toleranz und gab kaum Raum für das Sprechen des
Baskischen. Ich erlaube mir an dieser die Vermutung aufzustellen, dass ohne ein Eingreifen
seitens der baskischen Bevölkerung, nach dem spanischen Vorbild, die baskische Sprache
noch stärker bedroht wäre und es zum Sprachtod gekommen wäre.
Des Weiteren geht aus dem Beispiel hervor, dass das Investieren in Medien und Schulbildung
positiv zur Revitalisierung einer Sprache beitragen kann.

46„(…) die Geheimorganisation ETA (Euskadi Ta Askatasuna, “Baskenland und Freiheit”), die durch
Gewaltaktionen und ständig zunehmende Terrormaßnahmen das Regime in erhebliche Bedrängnis
brachte.“ (Bernecker 2008 : 174).
40
Hier wird deutlich, dass es oft die gleichen oder ähnlichen Bereiche sind, die über das Leben
oder den Tod der Sprache entscheiden.

6.2. Okzitanisch

Die okzitanische Sprache kann im ATLAS der UNESCO nicht gefunden werden. Jedoch sind
die Einzelsprachen, die man der okzitanischen Sprache zuordnet, auf dem Atlas verzeichnet,
die meisten davon unter „Severely endagered“. Auvergnat, Gascon, Languedokisch,
Limousin, Provenzalisch und Alpenprovenzalisch werden unter das Okzitanischen gefasst,
wobei nur Alpenprovenzalisch und Gascon als nur „Definitely endangered“ gelten (Vgl.
ATLAS : 25). Die Mehrheit der okzitanischen Sprachen ist besonders vom Sprachtod bedroht.
Dieses Kapitel wird zwar auf die einzelnen Sprachen eingehen, jedoch diese nicht im
einzelnen genauestens untersuchen können. Ziel ist es, einen Überblick über die okzitanischen
Sprachen hinsichtlich ihrer Bedrohungen und Revitalisierungsmöglichkeiten
herauszuarbeiten.
Das Gebiet, in dem die okzitanischen Sprachen gesprochen werden, umfasst das südliche
Drittel Frankreichs mit etwa 200 000 km² (Vgl. Kremnitz 1981 : 8). Die linguistische und
geographische Grenze Richtung Norden wird zur Abgrenzen der langues d’oc zu den langues
d’oïl geziogen gezogen: „Il se délimite du domaine d’oïl par une ligne qui commence avec
l’embouchure de la Gironde, suit une courbe qui passe au nord du Massif Central et se
prolonge jusqu’aux Alpes au sud-est de Grenoble.“ (Polzin Haumann 2017 : 91).
Außerhalb dieses geographischen Gebiets werden okzitanische Sprachen außerdem noch in
Spanien, im Val d’Aran, im östlichen, italienischen Alpenhang, sowie in einzelnen Gemeinden
in Kalabrien und Argentinien und in deutschen Dörfern (Vgl. Kremnitz 1981 : 9).
Die okzitanischen Sprachen47 gehören zur den romanischen, genauer gesagt, zu dem
Galloromanischen. Durch ihre Nähe zum Lateinischen, was sich im Vergleich zum
Französischen stark unterscheidet, kann das Okzitanische als eigene Sprachgruppe
bezeichnen, nämlich als „okzitano-romanischen Sprachgruppe“ (Kremnitz 1981 : 10), welche

47Manche sprechen von Dialekten, manche fassen Limousin, Preovenzalisch, Languedokisch, usw. als
Einzelsprachen auf. Ich gehe hier von einzelnen Sprachen aus, die ich im Folgenden unter dem Begriff
der okzitanischen Sprachen zusammenfasse.
41
„sprachlich und geographisch, die Brücke zwischen Iberoromania, Italoromania und
Galloromania (bildet).“ (Kremnitz 1981 : 10).
Bei der Frage nach den Sprecherzahlen stoßt man auf ein grundlegendes Problem. Zum einen
wird kaum zwischen den einzelnen okzitanischen Sprachen unterschieden, zum anderen wird
die Beherrschung der Sprache nicht genauer deklariert. Demnach gibt es keine umfangreiche,
genaue Statistik, die linguistisch als zuverlässig genutzt werden kann: „Une statistique globale
pour les deux domaines en question, et donc des chiffres fiables et reconnus unanimement,
n’existent pas.“ (Polzin Haumann 2017 : 92). Während das Baskische einerseits durch ein
weniger starkes Gefährdungspotenzial bedroht wurde48, andererseits durch seine politische
Zugehörigkeit49 gestärkt werden konnte, was sicherlich auf die Administration und auch auf
den Überblick der Sprecherinnen und Sprecher positiven Einfluss nahm, ist es bei den
okzitanischen Sprachen durch die die fehlende offizielle Einteilung der einzelnen Sprachen,
sowie durch eine nichtvorhandene politische Einheit, schwerer genaue Sprecherzahlen zu
generieren. Bereits in den 1960er Jahren konnte man keine einigermaßen zutreffende Aussage
über die Anzahl der Sprecherinnen und Sprecher des Okzitanischen angeben. Kremnitz
(Kremnitz 1981 : 12) stellt in seiner Untersuchung des Okzitanischen die bis dahin bekannten
Zahlen vor, welche zwischen 1,1 Millionen Sprecherinnen und Sprechern und zu 12 Millionen
passiven Kennern schwanken. 2015 geht Kremnitz von minimal 600.000 Sprecherinnen und
Sprechern bis zu maximal 1,5 Millionen von Sprechern aus (Vgl. Kremnitz 2015 : 54). Das
macht ungefähr 5 933 185. 10% - 25% der Bevölkerung aus.50
Dies stellt einen sehr niedrigen Prozentanteil dar, vergleiche man diesen mit jenem vor den
Weltkriegen. Auch noch nach dem ersten Weltkrieg geht man von etwa 90% Sprecherinnen
und Sprechern des Okzitanischen aus (Vgl. Kremnitz 2015 : 54). Dieser große Abfall kann,
wie im Fall des Baskischen und der meisten Regionalsprachen Frankreichs, der Ein- und

48Im Vergleich zu den okzitanischen Sprachen, die um zwei Stufen höher „bedroht“ eingestuft werden
(Vgl. ATLAS : 25).
49 Gemeint sind hier die Versuche und Wünsche eines autonomen Gebiets, was teilweise auch
gelungen war.
50Anteil wurde selbst berechnet mit der von INSEE angegeben Bevölkerungszahl von 5 933 185 in
der Okzitanie 2019 lebenden Menschen. (Vgl.: https://www.insee.fr/fr/statistiques/4301249#titre-
bloc-1).
42
Durchführung der französischen Sprache in allen möglichen sprachpolitischen Bereichen
zugeschrieben werden. Besonders die Einführung der Schulpflicht ermöglicht die Substitution
der Sprache. Im Prozess dieser Sprachsubstitution wurde im Fall des Okzitanischen eine
Zwischenstufe erreicht, nämlich das francitan. Es handelt sich um eine Zwischenform, die
von der „einfachen Bevölkerung“51 in den 1960er Jahren gesprochen wurde, bei der die
okzitanische Phonologie und Syntax beibehalten wurde, aber die französische Morphologie
schon übernommen wurde (Kremnitz 2015 : 55).
Nicht immer stand es so schlecht um die okzitanische Sprache. Sie hat eine altwährende
Tradition, die auch schriftlich Tausende von Jahre zurückgreift. Überbleibsel der
okzitanischen Literatur werden teilweise sogar älter geschätzt als die französischen. Vor allem
im 13. Jahrhundert kann man die Bedeutung der okzitanischen Sprache in der Bevölkerung
erahnen, da zu dieser Zeit eine Reihe von Poetiken und Grammatiken entstehen (Vgl.
Kremnitz 2015 : 55-56).
Ähnlich wie beim Beispiel der baskischen Kultur, dehnt sich das Okzitanische in Spanien aus
und vor allem im Mittelalter kann man die Verbindungen der Gebiete erkennen. Jedoch kann
es aufgrund politischer Zugehörigkeit52 nie zu einem Zusammenschluss kommen, der das
Okzitanische emporheben könnte. Im Laufe des Mittelalters werden die okzitanischen Gebiete
immer mehr in Frankreich eingegliedert.
Nichtsdestotrotz bleibt das Okzitanische einige Jahrhunderte noch erhalten. Die französische
Sprache wird nach und nach durchgesetzt, z.B. in der Literatur. Jedoch bleibt es in der frühen
Neuzeit immer noch so, dass die große Mehrheit53 ausschließlich Okzitanisch spricht (Vgl.
Kremnitz 2015 : 56). Was jedoch, bereits zu dieser Zeit, bedrohlich für das Okzitanisch ist,

51 Francitan auch „Französisch des kleinen Mannes“ genannt (Vgl. Kremnitz 2015 : 55).
52Die Trennung okzitanischer Provinzen vom katalanischen Süden, sowie darauffolgende Schlachten
macht eine Vereinigung, die bis hierhin (13. Jahrhundert) möglich schien, unmöglich (Vgl. Kremnitz
2015 : 56).
53 Man geht davon aus, dass das Französische nicht allzu schnell erworben wurde, auch nicht von der
Oberschicht. Darauf deuten viele literarische Texte aus der Zeit hin. Auch ist man zu diesem Zeitpunkt
noch nicht an den Anfängen einer Substitution. Nur wenige sind bilingual, d.h. man geht davon aus,
dass so gut wie alle okzitanisch sprechen und nur eine kleiner Anteil zusätzlich ein wenig Französisch
beherrscht. „Zwar nimmt die Zahl jener, die auch das Französische beherrschen, ganz allmählich zu,
ihre absolute Zahl bleibt indes unbedeutend.“ (Kremnitz 2015 : 56).

43
dass die französische Graphie für neue, wenn auch wenige, Gattungen genutzt wird. Das hat
zur Folge, dass das Okzitanische, obwohl es genutzt wird, residuell bleibt (Vgl. Kremnitz
2015 : 56). Die intensivste Bedrohung für die Regionalsprache kommt mit der Zeit der
Revolution, aber auch schon mit der Zeit der Aufklärung. Wie auch beim Beispiel für die
baskische Sprache erwähnt, will man eine „große Sprache“ für das gesamte Land durchsetzen.
Erfolge können zwar relativ schnell von französischer Seite aus gezogen werden, jedoch
dringen diese nicht sofort in die ländlichen Bereiche durch (Vgl. Kremnitz 2015 : 56).
Bereits im 19. Jahrhundert sind Gegenbewegung deutlich spürbar. Das Okzitanische versteht
sich zwar nicht als politisch einheitlich, jedoch wird großer Wert auf das Literarische gelegt,
der beispielsweise zu Dichtervereinigungen 54 , Zeitschriftengründungen 55 oder
Institutsgründungen56 führte (Vgl. Kremnitz 2015 : 57).
Man erkennt hier bereits im Mittelalter, dass die okzitanischen Sprachen mit ihren Varietäten
und Dialekten einen widersprüchlichen Status annehmen. Einerseits ist die Bedrohung durch
die Einführung der französischen Sprache klar spürbar und ähnlich rigoros durchgeführt, wie
im Fall des Baskenlandes. Jedoch können diese Bedrohungen nicht vollständig durchgreifen
und beispielsweise auf die ländlichen Gebiete durchdringen. Wenn man nach Gründen dafür
sucht, fällt auf, dass kaum politische Unterstützung oder Handlung seitens okzitanischer
Gebiete unternommen wurde. Normalerweise wirken politische Widerstände und Handlungen
effektiv bei einem Wunsch des Spracherhalts. Auch wenn dieser Aspekt in den okzitanischen
Gebieten fast vollständig fehlt, gelingt es trotzdem ein Identitätsgefühlt zu erbauen. Dieses
begründet sich teilweise wahrscheinlich auch in dem historischen Erbe der Literatur.
Heute sieht die Situation der okzitanischen Sprache ähnlich widersprüchlich aus. Einerseits,
wie bereits erwähnt worden, ist die Anzahl der Sprecherinnen und Sprecher des Okzitanischen
relativ gering. Man geht ebenfalls davon aus, dass es kaum Sprecherinnen und Sprecher gibt,
die das Okzitanische als Erstsprache erlernen. Andererseits ist es so, dass es im 21.
Jahrhundert zu einem Wiederbeleben des Okzitanischen durch sprachpolitische Maßnahmen

54 Z.B. die 1854 gegründete Félibrige, die bis heute noch existiert.
55 Z.B. die 1924 gegründete Zeitschrift Oc.
56 Z.B. die 1945 gegründete Institution Institut d’Estudis Occitans.

44
kommt. Beispielsweise werden mehr Institutionen, mehr mediale Formate, okzitanische
Schulen, der Calandretas, Zeitungen und Kulturzentren gegründet (Vgl. Kremnitz 2015 : 58).
Auch heute bleibt der politische Aspekt, im Sinne von Parteien oder Politikern, die sich
gezielt für das Okzitanische einsetzen, aus.

6.3. Fazit & Vergleich: das Baskische & das Okzitanische

Sucht man nach Gemeinsamkeiten der beiden Regionalsprachen Frankreichs, findet man sie
kaum in den Sprachen selbst. Das baskische, eine Sprache ohne jegliche Verwandtschaft zu
anderen europäischen Sprachen, und das Okzitanische, eine galloromanische Sprache, sind in
beiden Fällen aber Sprachen, die in der südlichen Hälfte Frankreichs gesprochen werden.
Ebenfalls ähneln sie sich in der Sprecheranzahl, wenn man im Okzitanischen vom Minimum
der 600 000 Sprecherinnen und Sprecher ausgeht. Es sind beides auch alte Sprachen, bzw.
Sprachen mit einer alten Tradition. Hier liegt aber der Unterschied. Während das Baskische
als Sprache auf eine einzelgängerische Art bereits in der Antike sich com Rest der
Romanisierung abschotten konnte, war das Okzitanische in seiner Identitätszugehörigkeit nie
so festgebunden. Das Baskische stand beinahe immer in Verbindung zum Südbaskenland in
Spanien. Das Okzitanische hingegen hatte nie diese politische Eingrenzung oder Ansprüche.
Vielmehr beruht das Identitätsgefühl auf den historischen Überbleibseln in Form von
literarischen Texten. Der Unterschied der beiden Kulturen liegt im Kulturgut selbst, das durch
die Sprache geschützt wird.
Beide Sprachen wurden, wie die allermeisten der Regionalsprachen Frankreichs durch die
französische zentralistische Sprachpolitik bedroht. Bedenke man die Tatsache, dass es
Sanktionen und Bestrafungen für das Verwenden der Regionalsprachen im öffentlichen Raum
gab, könnte man der französischen Sprachpolitik Linguizid als Intention vorwerfen.
Sicherlich könnte man an dieser Stelle die Frage nach der Koexistenz von Sprachen im
Kontext einer Nation und einer Identität aufwerfen. Eine detaillierte Auseinandersetzung
damit würde jedoch den Rahmen sprengen. Fest steht, dass in Europa eine Identitätsbildung in
fester Verbindung mit Sprache, Nation und Land steht. Bewegungen, wie jene in Katalonien,
zeigen, dass Sprache als entscheidendes Kriterium einer Identität sein kann. Auch in der

45
Entstehung der osteuropäischen Staaten und Nationen findet man etliche Beispiele, in denen
Sprache das Kriterium einer Staatszugehörigkeit ist. Sicherlich kommen praktische Gründe
für die Einheitlichkeit einer Landessprache hinzu, wie z.B. Administration, Möglichkeit des
Austausches, der politischen Teilhabe usw. Ob der französische Staat in Europa die
einheitliche französische Sprache auf strenge Art und Weise durchsetzen musste, um damit
eine landesweite Nationalidentität zu erreichen, bleibt offen.
Die Bedrohungsarten sind in beiden Fällen keine physischen Ursachen, sondern politische
und teilweise ökonomische. Ökonomische Ursachen spielen in der Stadt-Land-Dynamik
immer eine Rolle. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts kommt es in Europa in vielen Ländern
zur Verstädterung und Industrialisierung. Das führt meistens zur Emigration aus den
ländlichen Gebieten, in denen sich normalerweise Regionalsprachen, Dialekte und Varietäten
aufgrund des eingeschränkten Austausch mit anderen Sprachen und Kulturen, halten können.
Emigration aus ökonomischen Gründen, ist in beinahe jeder Regionalsprache ein Faktor, so
auch durch die Geschichte hinweg im Baskenland, sowie in den okzitanischen Gebieten.
Nichtsdestotrotz sind beide vorgestellten Sprachen erhalten, auch wenn die meisten
okzitanischen Sprachen momentan um zwei Stufen gefährdeter eingeschätzt werden als die
baskische Sprache. Die Revitalisierung kommt in beiden Fällen, wie in den meisten, von
Seiten der Sprecherinnen und Sprechern dieser Sprache. Der Unterschied liegt jedoch darin,
dass das Baskische auf zusätzlich politischer Ebene Unterstützung findet. Diese Ebene würde
den okzitanischen Sprachen fehlen, auch wenn Bemühungen spürbar sind. Beispielsweise
findet man immer mehr zweisprachige Ortsschilder u.Ä.
In beiden Fällen kam es zu einem Aufschwung und vergrößerter Aufmerksamkeit durch das
Ankommen und Nutzen von neuen Medien. Radiosender, Fernsehkanäle und Plattformen im
Internet stellen, wie bereits im Kapitel zu den Sprachbedrohungen dargestellt, einen direkten
Kontakt zu den (potentiellen) Sprecherinnen und Sprechern her.
Die Revitalisierung der Regionalsprachen in Frankreich wird in den letzen Jahren mehr und
mehr in Angriff genommen, was man an den Neugründungen von Instituten, Medienkanälen
und Bildungseinrichtungen erkennen kann. Obwohl es immer noch Vorurteile und Klischees
gegenüber Regionalsprachen und Dialekten gibt und obwohl das français standard immer

46
noch als alleinige Amtssprache Frankreichs gilt und angesehen ist, sind jene
Regionalsprachen nicht mehr aktiv, direkt von der Sprachpolitik Frankreichs betroffen.57
Trotzdem geht aus verschiedenen Medien hervor, dass die französische Sprachpolitik
Bedrohungen für die französische Sprache sieht. Wodurch die französische Sprache eventuell
bedroht wird und womit sie für ihren Erhalt kämpfen müsste, wird im nächsten Kapitel
untersucht.

7. Bedrohungen der französischen Sprache

Die Regionalsprachen stellen mittlerweile nicht mehr einen allzu großen Feind der
französischen Sprache dar, zumindest nicht mehr in dem Ausmaße, wie es in der Geschichte
der Fall war.
Trotzdem scheint für einige die französische Sprache unter Gefahr des Aussterbens oder
zumindest der Veränderung zu stehen, wie viele Medien in ihren Schlagzeilen berichten: „Le
français «en recul» au profit de l'anglais à l’ONU“ (Le Figaro 14/03/2018), „Le français se
meurt… qui pour le réanimer ?“ (Atlantico 13/01/2023), „Déclin du français : il
faut réagir“ (l’actualite.com 04/12/2019),.
In diesem Kapitel sollen Antworten auf zwei Fragen gefunden werden. Erstens: Woran
erkannt man den „Untergang“ der französischen Sprache? Zweitens: Was sind die Ursachen
davon?
Dazu lohnt es sich erst einen Überblick über die letzten Sprecherzahlen der französischen
Sprache zu verschaffen. Bei dem Vergleich von Daten und Statistiken fällt auf, dass es große
Schwankungen gibt (z.B. laut statista.com 107 Mio. vs. 444 Mio laut lingoda.de). Die meisten
Datenerhebungen gehen unterschiedlich mit den Begriffen Mutterschprachler, Erstsprache
und Frankophon um. Da in dieser Arbeit das Kontrastieren und Vergleichen der
Regionalsprachen und des Standardfranzösischen hat, muss man im Folgenden von
Muttersprachlern ausgehen. Zumal auch die Definition des Sprachtods mit dem Wegfall von

57Obwohl politische Handlungen und Gesetzgebung nicht direkt wirken, können sie auf ökonomische
und soziale Weise wirken. An dieser Stelle ist mit dem Begriff der Sprachpolitik dies jedoch nicht
gemeint. Es ist die direkte Sprachpolitik französischer Regierung gemeint, die durch Verfolgung,
Gesetzgebung und Sanktionen zur Einschränkung, oder gar zu Linguizid, führen möchte, wie das in
der Vergangenheit der Fall war.
47
Muttersprachlern an anderer Stelle in der Arbeit gleichgesetzt wurde, lässt sich dadurch das
Leben von Sprache durch die Existenz von Muttersprachlern definieren. Somit kommt die
Statistik von statista.com der Anzahl der französischen Muttersprachlern im Jahre 2010 mit
107 Millionen ziemlich nah. Darunter finden sich ebenfalls Muttersprachler, die Französisch
neben einer anderen Muttersprache beherrschen, also das Französische als Zweitsprache
beherrschen:
„Die Statistik zeigt die Anzahl der Sprecher, die die angegebenen Sprachen als Muttersprache
oder als Zweitsprache sprechen. Sprecher einer Zweitsprache sind die Menschen, die neben
ihrer Muttersprache eine Sprache sprechen, die von ihnen im Alltag gesprochen wird. Hierzu
zählen nicht die Menschen, die eine Sprache als Fremdsprache beherrschen, welche im Alltag
von ihnen nicht gesprochen wird.“ (statista.com)

Aus der Statistik geht hervor, dass das Französische an dreizehnter Stelle nach Chinesisch,
Hindi, Englisch, Spanisch, Arabisch, Russisch, Portugiesisch, Bengali, Malaiisch-
Indonesisch, Urdu, Japanisch und Deutsch liegt (statista.com).
Obwohl Französisch eine der meist gesprochenen Sprachen der Welt ist, und obwohl der
Anteil der frankophonen Sprecherinnen und Sprecher relativ hoch zu sein scheint58, wird in
dieser Statistik deutlich, dass der Anteil der Muttersprachler dazu im Vergleich deutlich
niedriger ist. Ob dies ein Anzeichen für den Rückgang oder Schwund der französischen
Sprache sei, lasse sich nur durch eine genaue Statistik untersuchen, in der über Jahre hinweg
die Anzahl der Muttersprachler dokumentiert werden würde. Jedoch müssen an dieser Stelle
zwei Einwände gebracht werden. Zum einen steht die Anzahl der Sprecherinnen und
Sprechern natürlich in Verbindung mit der in dem Sprachgebiet lebenden Anzahl an
Menschen. Je höher die Anzahl an dort lebenden Menschen, desto höher die Anzahl der
Sprecherinnen und Sprecher. Frankreichs Bevölkerung lag im Jahr 2022 bei ca. 67,8
Millionen (Vgl. Statistisches Bundesamt ). Die Prognose für das Jahr 2060 liegt bei 69,7
Millionen Einwohnern (Vgl. Statistisches Bundesamt), also höher als der Stand jetzt ist.
Demnach darf man behaupten, dass die Größe der Bevölkerung Frankreichs wahrscheinlich
keine starken Verengerungen erleben werde und sich somit die Anzahl der Sprecherinnen und

58Der Vergleich betrifft hier die Statistiken und Aussagen verschiedener Websites. Wie auf lingoda.de,
so lassen sich im überall Zahlen finden, die von über 300 Millionen und 400 Millionen Sprecherinnen
und Sprechern berichten.
48
Sprecher in alleinig diesem Zusammenhang nicht deutlich ändern werde, wenn dies nur von
der Anzahl der in Frankreich geborenen Menschen abhängen würde.59
Da nun die Sprecheranzahl im Sinne der Anzahl der im Sprachgebiet lebenden Personen als
Kriterium für den Rückgang der französischen Sprach ausgeschlossen werden kann, sowie
weitere Szenarien, die den physischen Ursachen60 zugeordnet werden, gilt es sich nun den
sozialen, ökonomischen und politischen Kriterien zu widmen.
Wie bereits in Kapitel zum français standard angedeutet, ist die Académie Française zur
Erhaltung des guten Französisch, der bon usage, zuständig. Aus sprachpolitischer Sicht ist die
Tatsache, dass solch eine Institution existiert und wirkt ein Faktor, der zum Spracherhalt
beiträgt. Ebenso ist die „Terminologiearbeit“ (Vgl. Molitor 2004 : 87) Teil des
Aufgabenbereichs der Académie française. Es wird darüber entschieden, inwiefern
ausländische Begriffen in den Wortschatz muteingenommen werden. In den allermeisten
Fällen handelt es sich um Anglizismen, welche üblicherweise nicht übernommen, sondern
übersetzt werden. Somit wird der Einfluss an fremdsprachlichen Wörtern eingegrenzt,
zumindest auf sprachpolitischer Ebene. Dies kann ebenfalls zur Förderung des Spracherhalts
dienen, da, wie in den vorigen Kapiteln erklärt, somit eine Konkurrenzsituation zwischen
Sprachen vermieden wird. Ob der Kampf gegen das Englische im Französischen wirklich so
effektiv ist, bleibt fragwürdig. Vor allem in der Jugendsprache und im im Internet lassen sich
auch im Französischen Anglizismen finden. Tatsächlich sticht das Französische im Vergleich
zu anderen Sprachen bei der Internetnutzung durch seine „recht große Zurückhaltung bei der
Übernahme fremden Wortmaterials“ (BRUNS 2001, 216). Jedoch scheint es trotzdem, dass

59 In der Logik wäre diese Vorgehensweise zwar ein Fehler, genauer ein modus morons. Die
Implikation, dass, wenn nicht genügend Menschen leben, es keine Sprecher gibt, darf im
Umkehrschluss nur lauten: Wenn es Sprecher gibt, gibt es genügend lebende Menschen. (A → B,
Umkehrschluss ¬B → ¬A). Jedoch gehe ich in diesem Beispiel davon aus, dass die Anzahl der
Sprecherinnen und Sprecher einziges Kriterium für den Rückgang der französischen Sprache wäre, da
man davon ausgehen kann, dass es sprachpolitisch zu keinen drastischen Eingriffen in naher Zukunft
kommen würde. Somit handelt es sich dabei um eine Bi-implikation, bei der solch ein Umkehrschluss
möglich ist (A↔B), also (B↔A).
60 Man darf davon ausgehen, dass in naher Zukunft keine drastischen Einwirkungen, wie
Naturkatastrophen oder Pandemien geschehen, die dazu führen würden, dass ein Großteil der
französischsprachigen Bevölkerung ums Leben käme. Trotzdem könnte man sich diesem Aspekt mehr
widmen, wozu der Umfang dieser Arbeit nicht ausreicht, denn durch die Corona-Pandemie, sowie
durch die Folgen des Klimawandels sind solche Szenarien nicht mehr ganz unglaubwürdig.

49
Anglizismen ihren Weg in das Französische finden, was auch durch die Rubrik auf der Seite
„Dire, ne pas dire. Néologismes & anglicismes“ (www.academie-francaise.fr), in der immer
wieder Artikel zu neuen Anglizismen und Neologismen erscheinen, zu erkennen ist.
Somit darf das Englische sicherlich ebenfalls als ein Aspekt angesehen werden, welches das
Potential hätte als Konkurrenzsprache aufzutauchen und somit in Konkurrenz mit dem
Französischen treten würde. Diese Vermutung muss man an dieser Stelle relativieren, da in
ganz Europa, wahrscheinlich sogar weltweit61, dieses Phänomen herrscht. Ebenfalls scheint
die Position der französischen Sprache als eine der weltweit am meisten gesprochenen
Sprachen, ungeachtet ob als Muttersprache oder nicht, zu stark zu sein, um das Englische in
diesem Moment als wirkliche Bedrohung der französischen Sprache zu sehen. Dennoch darf
die Position der Englischen Sprache weltweit nicht unterschätzt werden, da sich diese mit der
Globalisierung gleichzeitig ausweitet. Ob, wann und inwiefern die englische Sprache die
anderen Sprachen der Welt verdrängen würde, bleibt eine offene Frage, die jedoch nicht
spezifisch das Französische betrifft, sondern alle Sprachen weltweit.
Neben dem Englischen sind es noch andere Spracheinflüsse, die für manch einen eine
potentielle Bedrohung der französischen Sprache darstellen. Durch Migration bedingte
Einflüsse, werden neue Wörter in den Wortschatz mit aufgenommen, aber auch neue Dialekte
und Sprecharten gebildet, wie man beispielsweise in der Jugendsprache der Jugendlichen in
den Pariser Vororten, banlieus, beobachten kann. Die Jugendsprache kennzeichnet sich durch
Bildhaftigkeit, z.B. Vas-y, accouche! im Sinne von „Los, spuck's aus!“ (Worte hervorbringen),
durch Entlehnung aus dem Englischen oder Arabischen, z.B. Elle a le ssem contre toi. (arab.
sem - dt. Gift) im Sinne von „Sie hasst dich.“, sowie durch Obszönitäten, wie z.B.
Mutterschmähungen (Vgl. Humenberger 2011 : 57-61).62
Dass solche Elemente in die französische Sprache einfließen, ist belegt. Jedoch muss an dieser

61 Bis auf Ausnahmen, wie Völker, die fernab der Digitalisierung leben.
62Mutterschmähungen sind nicht typisch für die französische Kultur. Man geht davon aus, dass es aus
dem Kontakt zu Migrantensprachen kommt (Vgl. Humenberger 2011 : 61).

50
Aussage ebenfalls eine Relativierung vorgenommen werden. Es handelt sich lediglich um
bestimmte Sprechergruppen, meist in einem bestimmten Alter63 , an einem bestimmten Ort.
Der Einfluss der, in diesem Fall, arabischen Sprache beschränkt sich auf die Jugendsprache
und auf bestimme Sprachkontexte. Migrationssprachen werden im Regelfall im privaten
Raum oder in Parallelgesellschaften genutzt, was im Normalfall nicht in eine
Konkurrenzsituation zum Französischen führt. Außerdem muss an dieser Stelle erwähnt
werden, dass – wenn man die Jugendsprache und die Verwendung von Migrationssprachen im
Zusammenhang zum Nichtbeherrschen der französischen Sprache setzen möchte – von der
französischen Politik „jahrelang eine großteils erfolglose Integrationspolitik betrieben
wurde“ (Humenberger 2011 : 54).
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die französische Sprache durch den Einfluss vom
Englischen, sowie die meisten Sprachen weltweit, in der Hinsicht beeinflusst wird, dass sich
einzelne Wörter in die Sprache integrieren. Außerdem bilden sich durch Migration neue
Sprachgruppen, die bisher nicht in diesem Ausmaß da gewesen sind. Trotzdem kann man in
dieser Situation noch nicht von wahrlich Bedrohungen sprechen, da diese Sprachen zunächst
ein Konkurrenzverhalten ausweisen müssten, was bis jetzt nicht ausreichend belegt oder
untersucht ist. Des Weiteren wird dieses Phänomen durch die Académie française
einigermaßen begrenzt.

8. Fazit

Ziel dieser Arbeit war es die Regionalsprachen, sowie das Standardfranzösische hinsichtlich
ihrer Sterblichkeit zu untersuchen. Dazu wurden, nach einem Überblick über die
Regionalsprachen und über die Sprachsituation Frankreichs, das Baskische, die okzitanischen
Sprachen, sowie das français standard hinsichtlich ihrer Bedrohung und ihrer
Revitalisierungsansätze untersucht.
Obwohl man bei den Regionalsprachen auf viele Gemeinsamkeiten stoßen kann, wie z.B. das
Auftauchen von anderen Sprachen, in diesen Fällen das Auftauchen des Französischen,

63Oftmals wird die Jugendsprache vorübergehend von Sprecherinnen und Sprechern während in ihrer
Jugend verwendet. Nur bei einem Bruchteil der Sprecherinnen und Sprecher hält sich die Sprache im
Laufe des Lebens.
51
ökonomische, durch die Verstädterung und Globalisierung bedingte, Ursachen, sowie ähnliche
Revitalisierungsansätze, wie z.B. durch die Medien, muss man jede Sprache historisch, sozial
und politisch betrachten. Das Beispiel des Baskischen zeigt, wie man auf politischer Ebene
seine Sprachkultur (zurück-) gewinnen kann, während das Okzitanische seine Sprache auf
kultureller, literarischer Ebene begründet.
Die Erhaltung des Standardfranzösischen setzt auf politischer und kultureller Ebene durch die
Académie française an. Es ist ein Versuch der Sicherstellung auf beinahe juristischer Ebene64,
was dem historischen Vorgehen zur Durchsetzung des Französischen ähnelt. Ebenso wurden
Gesetze zur Verwendung des Französischen und zum Verbot der Regionalsprachen erlassen,
wie nun jene Änderungen der Sprache erst einmal ein Verfahren der Institution durchlaufen
müssen.
Gemein ist den drei Beispielen, dass Sprache hier immer im Bezug zu Identität steht. Das
Wahren der Sprache wird beinahe mit der Wahrung der Nationalidentität gleichgesetzt und
erst mit Anerkennung der Sprache, wird die Nationalität anerkannt. Dieser Aspekt der
Sprachanerkennung scheint sogar über offiziell politischen Anerkennungen zu stehen, wie
man beim Beispiel der okzitanischen Sprache erkennen kann. Parteibildung und ähnliche
politische Herangehensweisen scheinen zweitrangig zu sein. Von viel größerer Bedeutung ist
es die Sprache wieder zu beleben.
Somit handelt es sich beim Aussterben um viel mehr. Eine Kultur, eine Nation, eine Identität
würde mit der Sprache sterben. Deshalb kann es im Interesse aller Geisteswissenschaft sein,
Sprache, vor allem bedrohte Minderheitensprachen, vom Aussterben zu retten und in der
(Sprach-)Politik auf Revitalisierung zu setzen. Diese Investition ist nicht nur sprachpolitisch
zu verstehen, sondern muss ebenfalls auf sozialer, ökonomischer und politischer Ebene
stattfinden und die einzelnen Hürden der individuellen Sprachen samt ihrer Sprechergruppen
treffen.

64 Gemeint ist hier die klar gewählte Instanz, deren Aufgabe es ist, Neologismen und
Sprachänderungen genauestens zu untersuchen und dann Normen festzusetzen.

52
9. Bibliographie

Literatur
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10. Eigenständigkeitserklärung

„Ich erkläre, dass ich die Arbeit selbständig angefertigt und nur die angegebenen Hilfsmittel
benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken,
gegebenenfalls auch elektronischen Medien, entnommen sind, sind von mir durch Angabe der
Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht. Entlehnungen aus dem Internet sind durch Angabe
der Quelle und des Zugriffsdatums sowie dem Ausdruck der ersten Seite belegt; sie liegen
zudem für den Zeitraum von 2 Jahren entweder auf einem elektronischen Speichermedium im
PDF-Format oder in gedruckter Form vor.“

____________________ Datum ______________________ Unterschrift

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