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Flipperautomat als Kinogeschichte


Dennis Göttel
07.01.2015

Essay

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DAZED AND CONFUSED, R: Richard Linklater, USA 1993

„Es gibt zur Zeit keinen besseren Flaubert als den Flipper.“ (Friedrich Wolfram
Heubach) 1

Für eine kurze Dauer wird aus dem Flipperautomaten eine Diskursmaschine. Insbesondere

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in den 1970er Jahren eignet sich dieses massenkulturelle Spielgerät – wenn auch in
wenigen Aufsätzen und Studien – als Gegenstand diverser Theorien und Disziplinen:
semiologisch-ethnologisch (vgl. Oppitz 1974b), kunsthistorisch (vgl. Hainz 1970),
dialektisch-materialistisch (vgl. Warneken 1974), psycho-mythologisch-materialistisch (vgl.
Heubach 1987) 2 , sozialempirisch und psychoanalytisch (vgl. Meistermann-
Seeger/Bingemer 1971) 3 , systemtheoretisch (vgl. Schimank 1999) 4 oder zen-buddhistisch
(vgl. Polin/Rain 1979a) 5 wird dem Flipper beigekommen.
Eine distinkte Theoriebildung, gar wie etwa beim Massenmedium Film die Etablierung
eines eigenständigen akademischen Fachs, bleiben dem Flipperautomaten erspart; ein
Menetekel ist vielleicht ein in den 70er Jahren vorbereiteter Band zum Flipper, den der
Kunsthistoriker Benjamin Buchloh herausgeben will, um ihn dann schließlich doch
zurückzuziehen. Folgerichtiger ist freilich, dass die Popularität des Flippers zwar groß ist,
aber eher kurz währt und längst vorüber ist (ganz anders als die des geselligen
Kickerkastens). 6 Heutzutage werden nur noch wenige neue Modelle produziert, und der
Automat findet noch vereinzelt Obdach in Kneipen, Spielhallen und Hobbykellern von
sammelnden Liebhaber_innen.

Dass mitunter auch noch in Kinoentrées Flipper stehen, ist Überrest eines innigen
Verhältnisses zweier Massenkulturen. Denn gäbe es tatsächlich so etwas wie eine „Pinball-
ology“ 7 , dann nämlich müsste einer ihrer Stränge die historische Verquickung von Flipper
und Kino sein. Finden sich auch in Literatur 8 , Theater 9 , Skulptur 10 , Malerei 11 ,
Fotografie 12 , Musik 13 , Mode 14 oder Comic 15 Bezüge, weist das Kino eine besondere
Affinität zum Flipper auf. Sie lässt sich in drei Komplexe rubrizieren: 1. Der Flipper als
Ausstattungsobjekt, Motiv und Zeichen im Film; 2. Kino und Flipper unter einer
korrespondierenden ideologiekritischen und marxistischen Perspektive, bezogen auf den
Kapitalismus fordistischer und kulturindustrieller Form; 3. Der Flipper als
Merchandisingprodukt des Films, darin dessen Paratext wie Adaption. Diese Rubriken
entsprechen darüber hinaus einer mehr oder weniger zeitlichen Abfolge im Verhältnis beider
Massenkulturen. Dessen Modifikationen auszuloten, erzählt eine kleine Kultur- und
Wissensgeschichte des Flippers via Film und Kino, die mit den anfangs genannten
theoretischen Ansätzen korrespondiert und trotzdem einen eigenständigen Diskurs
ausbildet, der Aspekten der Theorie vorgreift, sie weiterschreibt oder andere Akzente setzt.
Und schließlich reflektieren jene Transformationen im Verhältnis von Flipper und Kino en
miniature Transformationsprozesse westlicher Arbeits- und Lebensverhältnisse. Paolo
Virno geht – weniger ironisch, als es zunächst erscheinen mag – so weit, am allmählichen
Verschwinden des Flippers Anfang der 1980er die ökonomische und soziokulturelle Zäsur
der Nachkriegszeit festzumachen: „Le régime capitaliste [...] a connu deux phases
distinctes, voire incommensurables. La première va de la fin de la guerre à la disparition des
flippers, la seconde commence justement du jour où l’on a exterminé ces machines du
caprice humain.“ 16 Mit dem Blick vom Kino auf den Flipper wird dieser Umbruch noch
konturiert.

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1. Der Flipper als Ausstattungsobjekt, Motiv und Zeichen im Film


Eine Möglichkeit, das Verhältnis der Filmgeschichte zum Flipper zu ermessen, ist
quantitativ: Etwa über den Suchbegriff „pinball“ auf der Internet Movie Database (IMDb)
oder mittels der tabellarischen Ordnung der Internetseite Pinball in the Movies, 17 die sich
zum Ziel setzt, nicht nur sämtliche Filme, in denen Flipperautomaten, egal wie peripher,
vorkommen, sondern auch die jeweiligen Modelle (Name, Produktionsjahr, Herstellerfirma)
aufzulisten: Filme als Flipperarchiv. 18 Eine andere Variante ist, Filme nach dem
spezifischen visuellen und akustischen Erscheinen der Flipper sowie ihrem narrativen und
thematischen Zusammenhang zu befragen.

Schulen, Staatsapparate, Automaten

Gefragt nach den Gemeinsamkeiten des jungen französischen Nachkriegskinos, nach Stil
und Themen einer neuen Schule, antwortet François Truffaut ziemlich launig: „Je ne vois
qu’un point commun entre les jeunes cinéastes : ils pratiquent tous assez systématiquement
l’appareil à sous, contrairement aux vieux metteurs en scène qui préfèrent les cartes et le
whisky.“ 19 Später präzisiert er: „Le seul trait commun des auteurs Nouvelle Vague était
leur pratique du billard électrique“. 20 Wo Truffaut den generationellen Unterschied zum
Altherrenhaften von Kartenspiel und Whisky in der gemeinsamen Leidenschaft der jungen
Regisseure für den Flipper („l’appareil à sous“ / „billard électrique“) ausmacht, wird die
eigentliche Frage nach einer filmstilistischen Homogenität der so genannten Schule der
Nouvelle Vague scheinbar unernst, spielerisch ausgekontert. Doch ist die gewitzte Abwehr
der Frage politisch, weil mit ihr überhaupt das Konzept der Schule negiert wird – mit dem
Verweis auf den massenkulturellen Zeitvertreib.
Doch trifft Truffaut unwillkürlich etwas tatsächlich Verbindendes des jungen französischen
Kinos, durchstreift man Filme der 1960er Jahre: Der Flipper ist immer wieder Teil der
Kulisse. Mehr noch als zeitgeschichtliches Kolorit, z. B. der Pariser Bistros jener Jahre,
wird der Flipper dort zum Zeichen von Initiation und Systemkritik.
Wenn in LES QUATRE CENTS COUPS (F 1959) die Schule geschwänzt wird, dann
erweist Truffaut diesem ideologischen Staatsapparat den gleichen Respekt, den er für die
Idee einer stilprägenden Schule des jungen französischen Kinos übrig hat. Als Kontrast
wird auch in LES QUATRE CENTS COUPS die Massenkultur positioniert. Die Lausbuben
lassen das Klassenzimmer Klassenzimmer sein und suchen stattdessen die Affektion ihrer
Körper: 21 im Kino, beim Flippern im Café und in einem Rotor, einer runden, sich rasant
drehenden Box auf der Kirmes.

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LES QUATRE CENTS COUPS, R: Francois Truffaut, F 1959: Flipper

LES QUATRE CENTS COUPS, R: Francois Truffaut, F 1959: Kino & Kirmes

Die Szene am Flipperautomaten ist sehr kurz und evoziert beispielhaft juvenile, urbane
Freizeitbeschäftigung. Das Flippern ist aber auch Teil eines somatischen Dreisatzes: vom
regungslos gebannten Schauen auf die Leinwand, zum Stehen beim Flippern – für das es
allein die schnelle Reaktion der Finger und die ruckhafte Bewegung der Hüfte braucht –,
bis hin zum lustvoll entmächtigten Körper Antoines (Jean-Pierre Léaud), durch Fliehkraft
an die Holzbretter des Rotors gepresst. Ganz anders als beim Fußballspielen am Filmende,
das disziplinarische Einübung ins Kollektiv ist, liefern sich die Körper der Kinder hier auf
a-soziale, nicht zwanghaft soziale Weise, Maschinen, Apparaten, Automaten aus.
Währenddessen sprechen die beiden Jungs fast nichts. Nicht zuletzt in diesem Aussetzen
verbaler Kommunikation bilden Kino, Flipper und Rotor das Konträre zum
Aufgerufenwerden, zum Rede-und-Antwort-stehen-Müssen in der Schule, 22 zur
Althusser’schen Anrufung. 23 Die genussvolle Unterwerfung unter die Automatismen des
Ablaufens der Filmspule, des Rollens der Flipperkugel, des Kreiselns auf dem Jahrmarkt
und die damit einhergehende Entbindung vom Sprechzwang sind das Andere gegenüber
dem ideologischem Staatsapparat Schule und dessen Subjektivierungspraxis.
Keine Schüler mehr sind die Taugenichtse in LES MAUVAISES FRÉQUENTATIONS /
DU CÔTÉ DE ROBINSON (F 1963) von Jean Eustache.

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LES MAUVAISES FRÉQUENTATIONS/ DU CÔTÉ DE ROBINSON, R: Jean Eustache, F 1963

Der Film eröffnet mit einer Flipperpartie, dann ziehen die jungen Männer in anmutiger
Verschlagenheit – als Motto wird zu Beginn „Quand je joue je gagne“ ausgerufen – durch
Pariser Straßen und Tanzlokale, um schließlich eine Frau um ihr Portemonnaie zu
erleichtern. Das Flippern trägt zur Atmosphäre des Paris der 1960er und dessen
Jugendkultur bei (ähnlich tut dies auch das Herumschlendern zwischen den Flippern in
Jean Hermans Experimentalfilm ACTUA-TILT (F 1960)). Die Gesinnung der Halunken
bei Eustache ist in der Pose beim Flippern schon komprimiert, „eine ungezwungene,
untätige oder kokette Haltung, [...] diese[...] theatralische[...] Aufmerksamkeit unserer
westlichen Spieler, die in kleinen, untätigen Gruppen um den Flipperautomaten streichen
und wohl darauf bedacht sind, den übrigen Besuchern des Cafés das Bild eines kennerhaften
und gewieften Gottes zu vermitteln“, 24 wie es Roland Barthes im Unterschied zum
japanischen, flipperähnlichen Automatenspiel Pachinko bemerkt. 25 Der Flipper, an dem die
jungen Männer in LES MAUVAISES FRÉQUENTATIONS spielen, kündet dagegen gar
nicht von jungen Göttern, sondern sieht kassandrahaft deren kommendes Treiben voraus:
das Modell heißt „Gaucho“ und verweist so etymologisch auf „Wegelagerer“. Die Gassen
und Lebenswege sind hier gleichermaßen abschüssig, sie entraten gewollt kleinbürgerlicher
Rechtschaffenheit. Mit Friedrich Heubach findet sich eine Entsprechung zu den Bahnen des
Flippers: „Die schiefe Ebene, vor der – als Akzidenz begriffen – im bürgerlichen
Bewußtsein noch die Moral bewahren kann [...], wird hier [d.i. der Flipper; D.G.] zum

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resignativen, heroisch-zynischen Prinzip von Existenz.“ 26

Sprache, Stadt, Liebe

Anders als in LES QUATRE CENTS COUPS haftet dem Flippern in Filmen Jean-Luc
Godards nichts Eskapistisches an. Die Macht ist hier nicht am anderen Ort des
ideologischen Staatsapparats (der Schule, dem Internat), sie zeigt sich darin, dass alle sich
ständig als Subjekte anrufen. Bei Godard tritt der Flipper im Zusammenhang der
verfremdenden Darstellung alltäglicher Situationen auf, zu denen sich der Automat als
Kommentar verhält.
Etwa im Zwist zweier Getrennter: Die Gesichter der Frau und ihres Verflossenen sind am
Anfang von VIVRE SA VIE (F 1962) der Kamera verborgen, die stattdessen die
Hinterköpfe beim zähen, resignierten Streit in den Blick nimmt; allenfalls im Spiegel hinter
dem Bartresen, an dem sie hocken, sind die Gesichter verschwommen zu sehen. Irgendwann
gehen die beiden zu einem Münzautomat (wie die deutsche Übersetzung der filmischen
Zwischentitel den Flipper nennt), weil sie sich nichts mehr zu sagen haben.

VIVRE SA VIE, R: Jean-Luc Godard, F 1962

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Teilnahmslos verrichten sie das Spiel, wechseln sich ab, während die Konversation in
Belanglosigkeiten und Bruchstückhaftem versandet: Keine Fragmente einer Sprache
vergangener Liebe mehr, nurmehr unmotiviertes Flippern. Erst am Automaten geraten die
Vorderköpfe ins Bild, aber die Gesichter sind ausdruckslos.
Verstreut ist das Motiv des Flippers auf visueller und akustischer Ebene in MASCULIN
FÉMININ (F 1966): wenn Jean-Pierre Léaud den Flipperknopf weniger drückt als haut,
um sofort das Interesse am Spiel zu verlieren, oder wenn eine junge Frau im Vorübergehen
den Flipperabzug zieht, ohne sich dann weiter um den Lauf der Kugel zu scheren. Am
Flipper wird sich en passant und unkonzentriert abreagiert. Wenn Léaud einmal länger am
Automaten spielt, wird sein aggressives Spiel musikalisch mit dem Lied „Si tu gagnes au
flipper“ verdoppelt.

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MASCULIN FÉMININ, R: Jean-Luc Godard, F 1966

Die Rastlosigkeit, Angespanntheit und Sprunghaftigkeit, die den gesamten Film


beherrschen, verdichten sich im achtlosen Flippern ebenso wie in der narrativen und
ästhetischen Beiläufigkeit, mit der es MASCULIN FÉMININ als Motiv behandelt.
Konzentrierter ist der Flipper in seiner Zeichenhaftigkeit in 2 OU 3 CHOSES QUE JE
SAIS D’ELLE (F 1967), wo er als Bildhintergrund und Geräuschkulisse von drei, parallel
montierten Sprachsituationen in einem Pariser Café fungiert.

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2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, R : Jean-Luc Godard, F 1966

Das erste Gespräch findet zwischen einer jungen Frau und einem am Nebentisch sitzenden
Mann statt. Hinter den beiden sind zwei Flipperautomaten arrangiert, an einem spielt eine
gestandene Dame in stoischer Manier und mit Zigarette. Der Mann sagt zur Frau, dass man
im Kino nicht wirklich dazu komme, miteinander zu reden, um sie dann mit der Frage zu
provozieren, ob sie denn überhaupt wisse, was „reden“ sei. Das Gespräch trotzt den
rhetorischen Techniken des Flirts und stellt Sprechakte als gewaltförmige gerade da aus,
wo es um vermeintlich bloß objektive Akte der Benennung (von ihrem Geschlechtsteil, von
seinem Arbeitsplatz) geht. Das zweite Gespräch, zwischen einem Schriftsteller und einer
Schülerin, kreist um pubertäre Sinnsuche, die auf joviale Bonhomie prallt, bis das Mädchen
eingeschüchtert feststellt, sie hätte ihre Fragen an den Intellektuellen besser in Briefform
gestellt. Auch hier bleibt der Flipperautomat präsent, im Spiegel hinter den beiden
reflektiert, und sein Klackern punktiert die holprige Konversation. Die dritte
Sprachsituation ist zuerst kaum im selben Café verortbar; allein das aus der Ferne
gedämpfte Klingeln des Flipperautomaten verortet die zwei hinter aufgetürmten
Bücherstapeln sitzenden Männer. Der eine zitiert aus Büchern und Zeitungen Theoriefetzen
und Aktualitäten, während der andere das Gesagte notiert.
Verfremdet werden die Alltäglichkeit soziokultureller Distinktionsversuche, die
intellektuelle Pose und Posse, die Liebesanbahnung, das argumentative Übertrumpfen, die
Zitateklauberei und Aufschneiderei. Die Situationen werden zu Lehrstückchen über
Entfremdung im Sprechen und des Sprechens.

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2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, R : Jean-Luc Godard, F 1966

Das kommentiert der Flipperautomat nonverbal aus dem Hintergrund: Nicht einfach Dekor
einer Szenerie aus dem Paris der 1960er, ist er dasjenige Ding, das scheinbar in simplem
Kontrast zu den Sprechakten steht, weil es dem Prinzip körperlicher Reaktionsfähigkeit
gehorcht. Doch tatsächlich ist das Verhältnis von Sprachsituationen und Flipper in 2 OU 3
CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE nicht diametral, sondern dialektisch: Der Flipper ist
zunächst Überbietung eines sprachlichen Unvermögens; seine Laute sind elektromechanisch
und auf eine bestimmte Menge an Tönen begrenzt. Seine Verlautbarungen gehorchen der
Ökonomie des Kleingelds im Münzschlitz. Doch gerade in dieser reduzierten
Kommunikationsfähigkeit erklingt der Sound des Spätkapitalismus. Dessen Regime der
Kommodifizierung erfasst alle sozialen Verhältnisse (deren Facetten der gesamte Film
Godards verhandelt): Sozialität hat dann aber ihre wesentliche Form in den Dingen selbst,
nämlich als verdinglichte Kommunikationsverhältnisse. In diesem Sinne liest sich Friedrich
Heubachs Sprachkritik warenförmiger Dinge wie ein Trailer zu 2 OU 3 CHOSES QUE JE
SAIS D’ELLE: „Die Dinge haben ihr [d.i. die Sprache; D.G.] den Rang abgelaufen, sie sind
beredter. Ariel, Stuyvesant, schwarze Rosen im Hemd, High Fidelities, Coca Cola, Flipper,
Ralley Streifen etc. artikulieren profitabler. Unter den Bedingungen der entwickelten
Warenproduktion erscheinen die Worte in ihrer ‚Gratiskultur’ zunehmend anachron, und
ihre kommunikativen etc. Funktionen werden den Dingen übertragen, in deren ‚Wertnatur’
dann der Schlüssel zur Kommerzialisierung auch der Kommunikation liegt: die Dinge sind –
anders als Worte – Zeichen mit Wert. Sie transportieren mir die Bedeutungen nicht mehr
für nichts, sondern nur noch gegen bar.“ (Heubach 1972: S. 241) „Kurz: Von der Sprache
als sprechender Sprache zu reden ist romantisch. Zu reden wäre von den Dingen als
vielsagenden.“(Ebd.: S. 243.) Nicht Wortschöpfung, vielmehr Wertschöpfung. Der
Flipperautomat bei Godard ist als ein solches Ding – anders als bei Truffaut – nicht
Refugium gegen herrschaftliche Subjektivierungspraktiken, sondern verdinglichte
Kommunikation, was er gar nicht erst verbrämen kann. In Analogie zu Roland Barthes’

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Text zu Arthur Adamovs Drama Le ping-pong (1955), in dessen Zentrum ein


Flipperautomat steht, lässt sich auch für den Flipper in 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS
D’ELLE sagen, dass er nicht symbolisch zu verstehen ist: „Er ist wörtlich zu nehmen, und
seine Funktion ist es, gerade kraft seiner Objektivität Situationen zu erzeugen. [...] Diese
Situationen sind nicht psychologischer Natur, sie sind in ihrem Wesen Sprachsituationen.“
Auch der Flipper bei Godard hat an den Sprachsituationen im Café insoweit Anteil, als dass
er dort der sichtbare und hörbare Ausdruck der im Spätkapitalismus verdinglichten
Kommunikation ist, von der die Worthülsen noch nicht wissen. In gewisser Ähnlichkeit zu
Adamov handelt es sich in den Sprachsituationen bei Godard um eine „entliehene Sprache,
die immer ein wenig innerhalb der Karikatur liegt, allgemein ist“. (Barthes 1964: S. 51) Im
Unterschied zu jenem Sprechen aber ist das erkaufte Klingeln und Rattern des Automats
dann historisch wahrhaftig.
Hat der konkrete Flipper bei Godard seinen Platz im Café, streut er auch in die Filmbilder
der Großstadt von 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE aus, ja, er wird sogar zu deren
kompositorischen Folie: Die Aufnahmen der neuen Stadtautobahnen und ihrer
spiralförmigen Auffahrten, ebenso die bunten Schriftzüge der im Film omnipräsenten
Werbeplakate und Firmenschilder und nicht zuletzt die gekippte Kameraeinstellung eines
Wohnhausriegels – sie zusammen machen das filmische Paris: flipperesk.

2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, R : Jean-Luc Godard, F 1966

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2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, R : Jean-Luc Godard, F 1966

Übersetzt werden Elemente des Flipperautomaten – Rampen, Bumper, abfallendes


Spielfeld, farbig blinkende Felder, auffällige typografische Elemente – in ein filmisches Bild
der modernen, vergesellschafteten Stadt. Nicht ganz unähnlich ist dies Guy Debords
Bildpraxis von CRITIQUE DE LA SÉPARATION (F 1961):

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CRITIQUE DE LA SÉPARATION, R: Guy Debord, F 1961, ganzer Film: http://vimeo.com/58914133.

Zwischen Found Footage-Material (z. B. Wochenschauberichte), das urbane Szenen,


Polizeigewalt und anderes zeigt, ist vogelperspektivisch das Spielfeld eines Flippers
montiert. Wo hier die Perspektive immersiv funktioniert, korrespondiert sie den
Luftaufnahmen von Paris, die in Debords Film wiederkehren: Straßenzüge und
-kreuzungen, Plätze, Boulevards und Flussläufe zeigen die Metropole als komplexe,
regulierte wie regulierende Anordnung, die nur noch auf eine silberne Kugel zu warten
scheint. Deren Lauf wäre nicht gänzlich vorhersehbar, sondern immer auch zufällig. Im
Flipper und in der Metropole sind sich Struktur und Kontingenz keine Gegensätze. 27
Dass der Flipperautomat solche Übersetzungen und Übertragungen in das Stadtbild
erfährt, führt noch einmal zurück ins Café von 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE:
Mit der Repräsentationstradition des Flippers wird dort gebrochen, weil an ihm eine reife
Matrone und kein Jüngelchen spielt. Nicht nur durch sein die Gespräche unablässig
kolorierendes Klackern, auch durch diesen ikonografischen Kontrapunkt verlautbart sich der
Flipper. Doch ist dies nicht nur eine Geschlechterstereotype am Flipper konterkarierende
Setzung; es versteckt sich auch ein filmhistorisches Zeichen darin, das selbst auf eine

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Sprachsituation verweist: Die ältere Flipperspielerin ist Helen Scott, Dolmetscherin in den
Interviews von Truffaut mit Alfred Hitchcock für das 1966 erschienene Buch
Hitchcock/Truffaut. Hinübergeblinkt wird von Godard zur Nouvelle Vague, als wollte sich
Truffauts Wort von deren einzigen Gemeinsamkeit, nämlich dem Faible fürs Flippern, noch
einmal bewahrheiten.

Devianz

Verbindet sich mit dem Flipperautomat im französischen Kino der 1950er und 60er Jahre
ein Refugium im widerständigen Sprachlosen (Truffaut) oder aber verdinglichte
Kommunikation (Godard), zeichnet ihn im amerikanischen eine andere Zeichenhaftigkeit
aus. Zeithistorischer Hintergrund mag das Verbot dieses Unterhaltungsspielautomaten in
vielen amerikanischen Bundesstaaten zum Teil bis in die 1970er Jahre sein (vgl. Reynolds
2010), was zu Razzien in Spiellokalen und der Konfiszierung von Flippern führt.
Entsprechend ist der Flipper im amerikanischen Film häufig mit sozialer Devianz assoziiert.
Ein frühes Beispiel ist der running gag eines an der pinball machine geschickten
Truckerfahrers in THEY DRIVE BY NIGHT (USA 1940), der mit verzweifelter Grimasse
dennoch ein Pechvogel ist, weil er vor lauter Freispielen und deswegen verspäteter
Lieferungen beinahe dreimal seinen Job verloren hätte.

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THEY DRIVE BY NIGHT, R: Raoul Walsh, USA 1940

Wird hier Spielsucht komödiantisch aufbereitet, konturiert der Automat in Max Ophüls’ den
American Dream torpedierendem CAUGHT (USA 1949) die Egomanie eines kaltherzigen,
exzentrischen Millionärs. In dessen viktorianischem, holzvertäfeltem Protzbau ist der
Automat das einzige moderne Mobiliar, dem er bei einem Herzanfall fast zum Opfer fällt: im
Taumel reißt er die pinball machine um, und sie stürzt auf ihn wie ihm auch seine zynischen
Ränkespiele auf die Füße fallen.

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CAUGHT, R: Max Ophüls, USA 1949

Der Automat in CAUGHT – wie auch in THEY DRIVE BY NIGHT – ist noch einer ohne
die im Deutschen namensgebenden Flipperarme, die das erste Mal 1947 eingebaut werden;
sein auffälligstes Merkmal ist, dass er dort als Luxusobjekt in einem Privatraum steht.
Ganz anders die verranzten Bars, in denen Flipperautomaten im Kontext von Sexualdelikten
auftreten – in ANATOMY OF A MURDER (USA 1959) und THE ACCUSED (USA
1988). Zeichnen sich beide Film dadurch aus, juristische und gesellschaftliche Debatten zu
Vergewaltigung zu flankieren und wird im filmhistorischen Vergleich die fortgeschrittene
Delegitimierung sexueller Gewalt deutlich, ist hingegen die Kontinuität der Konnotation des
Flipperautomaten bemerkenswert. In ANATOMY OF A MURDER steht der Flipper
„World Champ“ am Tatort des aufzuklärenden Mordes:

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ANATOMY OF A MURDER, R: Otto Preminger, USA 1959

Ohne dass er mit dem Verbrechen im unmittelbaren Verhältnis stünde, hat der Flipper eine
unheilvolle Präsenz, er ragt aus dem Hintergrund einer sonst kargen, heruntergekommenen
Spelunke heraus. Der Flipper ist hier Zeichen whitetrashiger Kultur. Unterstrichen wird
das Spielgerät als zwielichtiges Objekt durch die Auskunft derjenigen Frau, die mutmaßlich
Opfer einer Vergewaltigung wurde, ihre allerliebste Freizeitbeschäftigung sei Flippern,
später kommentiert durch die Ermahnung des Anwalts, sie solle sich in Zukunft gefälligst
von „men, juke joints, booze, and pinball machines“ fernhalten.
Seine Statistenrolle bei Otto Preminger schlägt 30 Jahre später in THE ACCUSED zum
tatsächlichen Schauplatz einer Gewalttat um. Die in Premingers Film latente Devianz des
Flipperns wird explizit. Wo in ANATOMY OF A MURDER weder das Verbrechen noch das
Flippern gezeigt werden, präsentiert in THE ACCUSED ein sehr langer Rückblick die
Geschehnisse in der schäbigen, am Ortsrand und unter einer hoch aufragenden
Highwaybrücke liegenden Bar The Mill. THE ACCUSED setzt deren Hinterraum mit
Flippern, Billardtisch, Videospielautomaten und Jukeboxen als anrüchiges Ambiente in
Szene. Die chauvinistische Stimmung in der Kneipe wird bis zu ihrem gewaltsamen Ende
dekliniert: Spielt Jodie Foster gerade noch ausgelassen und sexy am Flipper – dem Modell

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„Slam Dunk“, dessen Frontscheibe mit einer halbnackten Frau in einem Basketballkorb
sexistisch aufmacht –, wird sie später auf dessen Spielfeld gedrückt und von drei Männern
vor einer johlenden Schar brutal vergewaltigt. 28

THE ACCUSED, R: Jonathan Kaplan, USA 1988

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THE ACCUSED, R: Jonathan Kaplan, USA 1988

Die Kamera nimmt dabei immer wieder den Blick der Frau ein und vermittelt beklemmend

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ihr Ausgeliefertsein. Das vorherige ruppige, obsessive und sexualisierte Flippern der
Männer bereitet motivisch diese Vergewaltigung vor; der Körper der Frau wird dem
Automat gleichgesetzt. 29 Mit Roland Barthes lässt sich hierin ein grundsätzliches
maskulinistisch-sexualisiertes Strukturelement des Flipperspiels erkennen: „Der [...]
Spielautomat unterhält eine Symbolik der Penetration: Es geht darum, mit einem gut
geführten ‚Stoß’ das Pin-up-girl zu besitzen, das da lachend und erwartungsvoll auf der
Rückentafel leuchtet.“ (Barthes 1981: S. 46)

Schwabing

Bei aller gebotenen Skepsis gegenüber der Einteilung in Nationalkinematografien besticht


die Divergenz des Motivs des Flippers im französischen und amerikanischen Kino. Zu ihnen
verhält sich der Neue Deutsche Film der 1960er und 70er Jahre als Vermischung.
Sowohl in LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD (BRD 1969) als auch in SUMMER IN
THE CITY (DEDICATED TO THE KINKS) (BRD 1970) ist das Flipperspiel Teil von
Gangstergeschichten. Fassbinder macht an der Wand aufgereihte Flipperautomaten zum
Schauplatz eines konspirativen Treffens. Die Kameraeinstellung der nebeneinander
flippernden Männer lässt das Pissoir assoziieren.

LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD, Rainer Werner Fassbinder, BRD 1969

Bei Wim Wenders steht Hanns Zischler verloren und stoisch im Hinterzimmer einer Kneipe,
wo ihn die unbewegte Kamera lange beim Flippern zeigt, während Roy Black aus der
Musicbox ertönt; unterbrochen wird das Spiel nur, wenn Zischler den Fensterverschlag zu
einem Münchner Hinterhof mit strolchenden Kindern öffnet.

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Der Flipper wird später in Kontrast zum Billardtisch gesetzt, an dem Zischler und Wenders
selbst schier endlos mit den Queues hantieren. Das Billard hat, trotz Spelunke, einen
seriöseren Anstrich, stiftet zwischen Schauspieler und Regisseur eine wortlose,
gleichberechtigte Interaktion und ruft überdies ein älteres, reiferes männliches
Initiationsritual auf, glaubt man der generationellen Unterscheidung, die Marshall Frady
trifft: „[O]ne of the common events in the private unarticulated history of my own
generation, growing up during the Fifties in the fluorescent beginnings of the shopping-
center civilization, was that we tended to come by those rude musks of experience by way of
playing pinball machines – much as poolrooms once served the boyhood seasoning of our
fathers“ (Frady 1972: S. 159); „it was not pool tables but pinball machines that acted,
obliquely, as the medium of translation out of that nebulous [...] boyhood.“ (Ebd.: S. 164)
Sowohl bei Wenders wie bei Fassbinder zieht der Flipper weitere Kreise, als ein filmisches
Motiv zu sein. Der Automat wird schon in Wenders’ erster Filmarbeit verwendet – nicht als
Objekt, sondern strukturgebend: SAME PLAYER SHOOTS AGAIN (BRD 1967), der im
Titel eine gängige Instruktion an den Flipperspieler zitiert, wiederholt fünfmal die
identische Kamerafahrt, die einen angeschossenen, strauchelnden Mann zeigt, der eine
Maschinenpistole mit sich schleppt. In der ursprünglichen Fassung variieren die Sequenzen,
indem sie verschieden koloriert sind; die fünffache Wiederholung der selben Sequenz
wiederum basiert auf der in den 1960ern geläufigen Anzahl von Flipperkugeln pro Spieler.
In SAME PLAYER SHOOTS AGAIN überlappen sich der Flipper und das Schießgewehr,
um da schon eine juvenile bundesrepublikanische Angstlust am waidwund geschossenen
Stadtguerillero als popkulturellen Topos vorwegzunehmen. 30
Auch Fassbinders Leidenschaft fürs Flippern artikuliert sich dezidiert politisch; sie steht für
die Ablehnung bourgeoiser Lebensformen ein: In einem Gespräch mit der Filmkritik, das die
Produktion von LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD diskutiert, wird Fassbinder nach
einem möglichen Zusammenhang seiner Film- und Theaterarbeiten zum Sozialismus
gefragt, was er nicht nur mit der praktizierten Politisierung des Privaten bejaht, 31 sondern
auf die eigentümliche Nachfrage – „Und da gehören also auch Flipper dazu, und so weiter?“
– erwidert: „Logisch gehören Flipper dazu. Da gehören Flipper dazu und gehören lauter
Dinge dazu, die Spaß machen. Wenn ich gerne Flipper spiele, kann damit niemand was
anfangen. Aber wenn ich jemand so gerne mag, daß ich ihn heirate, das ist dann schon
wieder benutzbar.“ – „Was heißt benutzbar?“ – RWF: „Ich heirate jemand, dann habe ich
ein Verantwortungsbewußtsein, folglich muß ich arbeiten, weil ich für jemand mitarbeiten
muß oder umgekehrt, und dadurch bin ich in einem Prozeß drin.“ [...] RWF: „Ich spiele
zum Beispiel auch viel lieber Flipper allein als mit anderen Leuten.“ (Ebd.: S. 475) 32 Die
Idee vom Flipper als halb lustigem, halb ernst gemeintem emanzipatorischen Gegenentwurf
zu Eheschließung und Reproduktionsparadigma erfährt in einer Arbeitsnotiz Fassbinders
von 1971 eine trotzig entschlossene Traurigkeit: „Einer, der eine Liebe im Bauch hat, muß
nicht am Flipper spielen, weil eine Liebe schon genug mit Leistung zu tun hat, daß man die
Maschine nicht braucht, gegen die man doch nur verlieren kann. [...] [D]ie Vorstellung von

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einer schönen Liebe ist eine schöne Vorstellung, aber die meisten Zimmer haben vier
Wände, die meisten Straßen sind gepflastert, und zum Atmen brauchst Du Luft. Ja – die
Maschine ist ein perfektes Ergebnis des Kopfes. Ich habe mich entschlossen, ich spiel
wieder Flipper und laß die Maschine gewinnen, egal – der letzte Sieger bin ich.“
(Fassbinder 1971: S. 25) Gegen die Maschine, gegen den Flipperautomaten zu verlieren, ist
angebrachter, ist immer noch besser, als in die Maschinerie kleinbürgerlicher Liebe zu
geraten. Dem Surrogat romantischer Liebe wird die Wahrhaftigkeit des einsamen Flipperns
vorgezogen.

Giant Balls

Die angeführten Filme aus den 1950er, 60er und frühen 70er Jahren sind sich zumindest
darin ähnlich, dass der Flipperautomat zumeist kein zentrales Thema ist. Dagegen richtet
der wahrscheinlich bekannteste Flipperfilm, eine Adaption der gleichnamigen Rockoper von
The Who, TOMMY (GB 1975), seinen gesamten Plot auf das Flippern aus.
Der Film spitzt einen bestimmten Topos des schon beschriebenen filmischen (und auch
theoretischen) Flipperdiskurses zu, nämlich den zur nonverbalen Kommunikation, wenn er
den jeglicher verbaler (und visueller) Kommunikation unbefähigten Tommy allein beim
Flippern sein Glück finden lässt.

TOMMY, R: Ken Russell, GB 1975

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TOMMY, R: Ken Russell, GB 1975

Der durch ein Trauma stumm, taub und blind gewordene Tommy findet in einem auf der
Schrotthalde aufgebahrten Flipperautomaten Trost – und erweist sich wundersamerweise
als genialer Spieler, der bald zum Star wird. Seine Fingerfertigkeit hat sich von den
kategorisierten Sinnen völlig emanzipiert. Ein ähnliches somatisch-instinktives Flippern
beschreibt Marshall Frady in seiner Hymne auf das Spiel: „It was, along with everything
else, most assuredly a gently dynamic intercourse of kinetics, involving a fine elegance of
watchwork movements, thoughtless subtle reactions, a body wit of discreet and infinitely
varied syncopations.“(Frady 1972: S. 164) 33
Wo er ein derart wichtiges Element der Diegese ist, ist der Film vor das Problem der
Visualisierung des Flipperns gestellt. Sind in anderen Filmen meistens Halbtotale der
Spieler_innen am Automaten und Nahaufnahmen des Spielfelds zu sehen, setzt TOMMY
hingegen auf groteske Szenografie. Wenn Tommy im Showdown den Pinball Wizard (Elton
John) niederringt, findet der Wettstreit vor Publikum auf einer Bühne statt, auf der zwei
Flipperautomaten aufgestellt sind.

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TOMMY, R: Ken Russell, GB 1975

Doch ist das Spiel vermischt mit einem Rockkonzert, 34 große Leuchttafeln blinken schrill
kaum nachvollziehbare Punktestände. Das einsame Spiel am Automaten wird zu einem
simultanen Wettbewerb, so als spielten die beiden gegeneinander (wie etwa beim Tennis).
Zwar zeichnet das Groteske TOMMY ästhetisch, narrativ und thematisch überhaupt als
Mittel aus, doch wirkt das Flippern in direkter Konkurrenz und vor Zuschauer_innen in
besonderem Maße absurd. Den Kick des herkömmlichen Flipperns muss der Film ins große
szenische Arrangement eines massenkulturellen Events übersteigern. Zur selben Ästhetik
greift auch das Setting des Finales, wenn Jünger_innen des von Tommy gegründeten
Hybrids aus Sekte, Selbsthilfegruppe und Freizeitcamp revoltieren und die massenhaft
aufgestellten Flipper zertrümmern. Werden die Spielgeräte maschinengestürmt, dominieren
schon zuvor Unmengen riesiger, aufeinander getürmter Kugeln die Szenerie, als wollten sie
die Giant Pool Balls Claes Oldenburgs vorwegnehmen. 35 Als größenwahnsinniges Dekor
machen sie die Zerstörung der Flipper zu einer lächerlichen Geste, weil die Flipperkugeln
den Automaten schon entwachsen scheinen. Wo TOMMY den Flipper überdeutlich zum
zentralen Thema macht, kippt die filmische Darstellung aus der Präsentation der bloßen
Automaten hinaus. Die komplementäre Konzeption zeichnet Wayne Sourbeers
Experimentalfilm MONTAGE V: HOW TO PLAY PINBALL (USA 1963) aus, der mit
schnellen Schnitten, Überblendungstechnik und einem Soundtrack, den die Komponistin
Jean Eichelberger Ivey mit der Bearbeitung aufgenommener Flippersounds besorgt, die
Automaten in genuin filmische Ästhetiken übersetzt.

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MONTAGE V: HOW TO PLAY PINBALL, R: Wayne Sourbeer, USA 1963

Umgekehrt markieren die gigantischen Vergrößerungen des Flippers und die Fantastik
seiner Spielkultur in TOMMY den historischen Zenit der filmischen Präsentationen des
Automaten.
Hieran schließen zwei andere Filme mit nostalgischem Blick an: Überdeutlich ist dies in
Richard Linklaters Historienfilm DAZED AND CONFUSED (USA 1993). 36 Die
Spielothek einer texanischen Provinzstadt Mitte der 1970er Jahre ist zentraler
Anlaufpunkt, wo Jugendliche zum Ende des Schuljahres abhängen.

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DAZED AND CONFUSED, R: Richard Linklater, USA 1993

Der filmische Blick aus den 1990ern wird zu einem musealen, wenn alle möglichen
Spielgeräte vergangener Freizeitkultur nebeneinander wie Ausstellungsobjekte aufgereiht
sind. Den Gegenpol dazu bilden Nahaufnahmen der rollenden Flipperkugel und der
Flipperarme: Eben diese Bilder sehnen die Überwindung der historischen Distanz herbei,
sie versprechen im Close-up das immersive Jetztsein im Spiel und im Vergangenen.
Dass Linklaters Film nostalgisch ist, macht die zeitliche Differenz. Doch schon TILT (USA
1979) ist ein leiser Abgesang auf die Flipperkultur.

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TILT, R: Rudy Durand, USA 1979

Anders als in den ästhetischen Überzeichnungen und Gigantismen von TOMMY kehren
noch einmal Nahaufnahmen von Flipperspielfeldern, Spielständen und rollenden Kugeln
wieder. Mit den heruntergekommenen, tristen arcades in Atlantic City und anderswo
kündigt TILT aber den bald beginnenden massenkulturellen Niedergang des Flippers schon
an. Und wenn am Ende ein videotechnisch eingeblendetes „Game Over“ den Film beschließt
und eben kein von zu starkem Geruckel verursachtes „Tilt“ aufleuchtet, erklingt geradewegs
schon der Jargon der Computerspielkonsole.
Noch auf andere Weise bricht TILT mit der filmischen Geschichte des Flippers: Im
Mittelpunkt steht eine junge, weibliche Meisterin des Flipperns, die mit Wettspielen ihr
Einkommen macht. So schert TILT – gleichzeitig der Spitzname der 14-Jährigen, die von

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Brooke Shields gespielt wird – aus der maskulinistischen Bildtradition des Flipperns aus, 37
auch wenn auf ihren hinteren Hosentaschen blickfängerisch und frivol „Pinball Champ“
aufgenäht ist. Ihrem öfters als hustler titulierten Kompagnon kann sie am Ende nicht zu
männlicher Attitüde verhelfen („She can’t win your balls for you, son“), und der Film
verbindet damit ihre zumindest latente Emanzipation.

Exkurs: Sängerinnen und Flipper

Sind Brooke Shields und TILT, sind weibliche Automatenspielerinnen im Film überhaupt
die Ausnahme, verhält es sich in der Musik anders. In den meisten der angeführten Filme
steht dem Flipper „un frère siamois mécanique“ (Virno 1998: S. 82) zur Seite, die
Jukebox. 38 Diese räumliche und kulturelle Nähe von Musik und Flipper zeigt sich auch an
einem anderen Ort, dem Musikclip. Dort ist das Thema des Flippers auffallend mit Frauen
verbunden. Über vier Lieder und Clips lassen sich historische Verschiebungen feststellen,
die die Geschlechterverhältnisse betreffen.
Le Billard électrique von Edith Piaf handelt von einem jungen Mann in der Kneipe, der
vergebens auf seine Verabredung wartet und sich die Zeit am Flipperautomaten vertreibt.
Die Liedzeilen, die sich dem Flippern widmen, singt und brüllt Piaf in großer Gehetztheit,
eingeholt wird mit onomatopoetischen Wörtern Geklingel, Geschrille und Zählerstand:
„Ding ! Cent mille ! Ding ! Ding ! Deux cent mille ! Trois cent ! Quatre cent ! Cinq cent mille
! Ding ! Ding ! Ding ! Re-ding ! Ding ! DING !... TILT !!!“ In einem Filmmitschnitt eines
Konzerts von 1962 im niederländischen Nijmegen ahmen Hände, Arme und vor allem
Daumen Piafs das Abschießen der Flipperkugel und das Drücken der Knöpfe nach.

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Le Billard électrique

Chantal Goya – die, wie beschrieben, in MASCULIN FÉMININ mitwirkt – droht in Si tu


gagnes au flipper von 1966 – geschlechtlich komplementär zu Piafs Chanson – einem
Typen mit dem Entzug ihrer Liebe: „Si tu gagnes au flipper, tu as perdu mon cœur.“ Im
Filmclip zum Lied wird Goyas Name typografisch wie der Name eines Flippermodells
präsentiert; zwischen den Wörtern sind ihre Augen ins Bild eingefügt.

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Diese Geste wiederholt sich im Clip mit der Ansicht verschiedener Flipperfrontscheiben,
durch die ihre Augen blinken. Außerdem wird das Splitscreenverfahren eingesetzt, wenn
Goya singt und neben ihr die Nahaufnahme eines Bumpers auf dem Flipperspielfeld zu
sehen ist, an den die Kugel prallt. Diese Bildpraxis hat nichts von den sexualisierten
weiblichen Motiven auf Flipperautomaten, stattdessen schreibt sich im Wortsinn ein
weiblicher Blick in den Automaten ein.
Eine emanzipatorische Wende nimmt das Motiv der Flipperkugel in Corynne Charbys
Popsong Boule de Flipper (1986). Nicht dem Boy wird nachgeweint, das Girl besingt sich
selbst als Flipperkugel: „Je vis comme une boule de flipper qui roule“.

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Im Musikvideo treibt sich Charby in einer Spielhalle herum; sie flippert dort, aber das Motiv
der Kugel wird auch in anderen Spielen gefunden, beim Billard und Bowling. Charby
hantiert zudem mit einer großen silbernen Kugel; die Flipperkugel, der sie sich im Liedtext
gleichmacht, würde in der filmischen Visualisierung zu winzig ausfallen.
Dementgegen vergrößert das Musikvideo zu No Limits! (1993) den Flipper:

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Sängerin und Rapper der Kirmestechnokombo 2 Unlimited tanzen im überdimensionierten


Flipperspielfeld mit Bumpern und Targets aus Plastik, Glanzfolie und Pappmaché. Montiert
mit Bildern eines Spielers und eines blinkenden Automaten findet die Kugel im Nachbau des
Flippers ihre Entsprechung zum einen in der ruckhaften Kamera, zum anderen in der
Sängerin selbst, die in ihrem silbernen Outfit in einigen Einstellungen auf einer Vorrichtung
vor der Kamera steht und auf diese Weise durch den Raum bewegt wird. Der Liedtext von
No Limits! hingegen enthält kein Flipperthema: „Hard to the core, I feel the floor / When
I'm on stage, yo, ya answer more / I'm on the edge, I know the ledge / I work real hard to
collect my cash! / Tick tick ticka tick take your time / when I'm goin' I'm goin' for mine“.
Besungen wird die Selbstverwirklichung durch die Musik, erklingen tut eine Hymne
grenzenloser, erschöpfender und gerade darin lustvoller Kreativarbeit im Neoliberalismus.
Das Video zu No Limits! verhält sich affirmativ zu dieser neuen Ökonomie, wenn die
Subjekte, in den großen Flipperautomaten katapultiert und Flipperkugeln gleichgemacht,
(anders als bei den flipperhaften und kapitalismuskritischen Stadtansichten Godards und
Debords) ihre eigene Handlungsohnmacht nicht unfröhlich stimmt. Eine von Paolo Virno
erinnerte revolutionäre Parole aus den 1970ern – „[D]ans la civilisation du flipper et de
l’usine fordiste, un slogan disait : « être à l’intérieur (de l’usine) et contre »“ 39 – wird in No
Limits! Anfang der 1990er insofern umgekehrt, als dass das Eingeschlossensein im
Automaten nicht zum Kampf, sondern zum Herumhüpfen führt.

2. Flipper, Kino, Materialismus


Die versteckte Botschaft im Video zu No Limits! lenkt den Blick verstärkt auf die mögliche
politische Relevanz des Flippers. 40 Wo der Film seit den 1950er Jahren schon längst

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Diskurse zum Flipper gestiftet hat, kündet vor allem ein Text von Bernd Jürgen Warneken
aus der schmalen Theoriegeschichte des Flippers der 70er Jahre von einer noch anderen
Beziehung zum Kino: Diese zielt nicht auf einzelne Filme ab, sondern konzipiert die
Erkenntnisobjekte von Kino und Flipper als strukturell analoge. Rekurriert wird bei
Warneken dabei auf film- und kinotheoretische Positionen Walter Benjamins und Siegfried
Kracauers aus den 1920er und 30er Jahren.
Grundsätzlich ist zunächst festzuhalten, dass flippertheoretische Texte von Friedrich
Heubach, Dieter Hainz oder eben Warneken „die Flipper-Euphorie in der antiautoritären
Phase der [bundesrepublikanischen] Linken“ (Heubach 1979: S. 131) veranschaulichen.
Dem Phänomen des Flipperautomaten wird dialektisch-materialistisch, ideologiekritisch
und unter dem Eindruck der Kulturindustriethese der Frankfurter Schule begegnet,
entschieden positioniert wird sich gegen kulturkonservative und jugendpädagogistische
Ressentiments; 41 jene Positionen stehen ein Stück weit der Schwarzmalerei eines Roger
Caillois entgegen, der das Flippern als „jeux vides“, „jeux nuls“, „pseudo-jeux“ (Caillois
1967: S. 1129) disqualifiziert.
Ausgehend vom Umstand, dass der Großteil von Flipperspielern nicht nur männlich ist,
sondern hauptsächlich aus jungen Arbeitern, Schülern und Studenten besteht, analysiert die
Ideologiekritik über solche Sozialemperie hinaus den strukturellen Bezug des Flippers zu
kapitalistischen Arbeitsverhältnissen: Dem Flipper wird die Wiederholung
spätkapitalistischer, fordistisch-tayloristischer Fabrikarbeit attestiert (vgl. Warneken 1974:
S. 107), weil hier die „Automatisierungselemente den Unterhaltungsinhalt selbst bilden“.
(Ebd.: S. 85.) Die Freizeit arbeitet den Produktionsverhältnissen reproduktionslogisch zu.
„[A]ls Maschine verbindet er akustische und visuelle Erfahrungen aus der
Produktionssphäre mit den unendlich zu variierenden und verfeinernden Aktionen und
Techniken des zweck- und gewinnfreien Spiels mit der Kugel.“(Ebd.: S. 23) Doch die
spielerische Tätigkeit „gewinnt kein von ihr erlösendes Produkt, sondern nur ein Zeichen
ihrer Effektivität: Zahlen.“ (Heubach 1979: S. 129.) Das Numerische (ähnlich einer
„Registrierkasse“ (Hainz 1970:S. 21)) geht zudem Hand in Hand mit dem Erotischen, wie
es sich oftmals in der massenkulturellen Ornamentik der Flipperfrontscheiben findet und
seine Entsprechung wiederum in industrieller Arbeit hat: „Die Glamour-Girls treten oft
gleich in Kolonnen auf, Zahlenreihen balancierend oder im Tabellenkostüm. Kaum schöner
könnte man den Satz Kracauers illustrieren: ‚Die Beine der Tiller-Girls sind die Hände in
der Fabrik.’“ (Ebd.: S. 23) Muss die Physis des Spiels – egal welcher Finesse – der Logik
des Automaten folgen und mag eben der Fabrikarbeit am Band ähneln, 42 soll das Flippern
trotzdem nicht allein deren schlichte Wiederholung, nicht allein deren Abziehbild sein,
sondern schafft mit der Möglichkeit zur Aggression im Spiel (vgl. Warneken 1974: S. 96)
auch Kompensation gegenüber der Erfahrung in der Arbeit. Doch tauge das Flippern
trotzdem nicht als „sedative Gegenerfahrung zur kapitalistischen Alltagspraxis“ (ebd.: S.
121), weil es noch erfahrungsärmer und gänzlich unproduktiv sei. So konstatiert
Warneken, „daß das Spiel weder Konzentration noch Entspannung bedeutet, weder geistige

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oder körperliche Fähigkeiten ausbildet noch übermütiges Allotria, einfaches


Sichgehenlassen erlaubt.“ (Ebd.) Doch aus dialektisch-materialistischer Perspektive schlägt
die Analogiebildung von Flippern und industriekapitalistischen Arbeitsverhältnissen gerade
dadurch in Erkenntnis um, weil „es in seiner Repetitivität und Ungemütlichkeit, seiner
Roheit und Ungeselligkeit so gar nicht dem Programm entspricht, in der Freizeit über die
Probleme des Alltags den Schleier des Vergessens zu breiten.“ (Ebd.) Noch darüber hinaus
will Heubach in der Lust beim Flippern einen vagen emanzipatorischen Horizont
ausmachen: „Sicher exerziert die Wirklichkeit im Flipper Illusionen, aber die können zu
Ansprüchen werden, – sicher exerziert sie in ihm ziemliche Fatalismen, aber die könnten
sich zu Freiheiten auflehnen, – sicher exerziert sie im Flipper ein Status-quo-erhaltendes
Lavieren, aber das könnte die Schule der List sein“. (Heubach 1979: S. 131)
Auf solch einer dialektisch-materialistischen Folie begegnet im akribischsten und
gewieftesten Text – in Warnekens „Der Flipperautomat. Ein Versuch über
Zerstreuungskultur“ von 1974, der auch unter Einbezug quantitativ-sozialempirischer
Studien, Diskursanalyse von Spielautomatenfachzeitschriften und -werbebroschüren und
kulturanthropologischer Feldforschung zu einer ausladenden Darstellung kommt –, dort
also begegnet der Flipper immer wieder Vergleichen zum Kino. Für eine dialektisch-
materialistische Kulturkritik wird der Flipper deswegen zum Gegenstand, weil er sich auf
der Höhe gesellschaftlicher Verhältnisse in den Industriestaaten der 1970er Jahre befindet
– so wie es für das Kino vor allem in der ersten Jahrhunderthälfte gilt.
Produktionsästhetisch konstatiert nicht nur Warneken, dass das Design der
Flipperautomaten versuche, „nicht hinter den [...] vom amerikanischen Film geschaffenen
Mythen zurückzubleiben“. (Warneken 1974: S. 87) Auch ohne explizite Filmbezüge steht
der Automat ikonografisch in der Tradition des klassischen Hollywoodkinos, weswegen die
linke Kulturkritik die Flipperästhetik als altmodisch, ja reaktionär ansieht: „Die in den USA
fabrizierten Flipperbilder zeigen eine Welt, die sich auszeichnet durch die naive
Eindeutigkeit des Versuchs, ein Surrogat von Reichtum und ‚feiner Gesellschaft’ zu geben.
Dazu wird ein Glücksklischee der Hollywood-Produktion der fünfziger Jahre gegeben, das
in seiner Starre und Gefrorenheit dem heutigen Ideal [d.i. dasjenige der frühen 1970er
Jahre; D.G.] der Spieler nicht mehr entspricht.“ (Meistermann-Seeger/Bingemer 1971: S.
50)

Bei Warneken indes nimmt der rezeptionsästhetische Vergleich von Flipper und Kino
wesentlich breiteren Raum ein. Geräuschkulisse und visuelle Effekte des Flippers ähnelten
„Unterhaltungsmittel[n], welche die Apperzeptionsfähigkeit vor allem durch elektrisch
ausgelöste Erscheinungen in mehrfacher Weise beanspruchen“. Das, was der Flipperspieler
wahrnehme, erinnere „an die Addition von ‚sounds, lights und action’ in der Beat- und
Popmusik ebenso wie an Filme mit rascher Schnittfolge und speziell den Trickfilm, welcher
als Kombination von Bewegungs- und Lauteffekten in wechselndem Schnittrhythmus dem
Zuschauer einem Wechselbad von Eindrücken – wenn auch nicht Tätigkeiten –
verschiedenen Tempos aussetzt.“ (Warneken 1974: S. 104 f) Warneken subsumiert den

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Flipper demzufolge jenen Unterhaltungsmedien, deren Form die „Chockapperzeption“ ist.


Den Begriff des Chocks entlehnt Warneken Walter Benjamin, wie er in „Über einige Motive
bei Baudelaire“ (Benjamin 1939: S. 201-245) und in „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner
technischen Reproduzierbarkeit“ (1936/1938) im Zusammenhang der Beschreibung und
Analyse moderner Subjektivität entwickelt und nicht zuletzt auf den Film gemünzt ist:
„Was am Fließband ein Rhythmus der Produktion bestimmt, liegt beim Film dem der
Rezeption zugrunde.“ (Ebd.: S. 221) Im Kunstwerkaufsatz heißt es: „Der Film ist die der
gesteigerten Lebensgefahr, der die Heutigen ins Auge zu sehen haben, entsprechende
Kunstform. [...] Der Film entspricht tiefgreifenden Veränderungen des
Apperzeptionsapparates – Veränderungen wie sie im Maßstab der Privatexistenz jeder
Passant im Großstadtverkehr, wie sie im geschichtlichen Maßstab jeder heutige
Staatsbürger erlebt.“ (Benjamin 1936/38: S. 39) Bei Benjamin tritt der Film als Kultur
der Masse an, die Apperzeption von Chocks einzuüben; 43 er tut dies maßgeblich im Modus
der Zerstreuung: „Durch die Zerstreuung [...] wird unter der Hand kontrolliert, wie weit
neue Aufgaben der Apperzeption lösbar geworden sind. [...] Die Rezeption in der
Zerstreuung, die sich mit wachsendem Nachdruck auf allen Gebieten der Kunst bemerkbar
macht und das Symptom von tiefgreifenden Veränderungen der Apperzeption ist, hat am
Film ihr eigentliches Übungsinstrument. In seiner Chockwirkung kommt der Film dieser
Rezeptionsform entgegen.“ (Benjamin 1936/38: S. 41)
Warnekens Vergleich von Filmschau und Flippern, die über das Konzept
„Chockapperzeption“ verläuft, versteht beide als Entsprechungen der
Subjektivierungsprozesse innerhalb industriekapitalistischer Arbeit und urbaner Räume.
Doch macht Warneken einen wichtigen Unterschied zwischen Flipper und Kino in den
Dimensionen der Rezeptions- bzw. Apperzeptionsfähigkeit aus. „[D]ie Filmrezeption ist,
wie die Anfänge des Filmes am deutlichsten zeigten, auch eine Übung darin, ein zunächst
als chaotisch wahrgenommenes Ensemble von Eindrücken zum Verständnis eines
Zusammenhangs zu biegen; die Unaufmerksamkeit der Rezeption zeigt hier an, daß die
Apperzeptionsfähigkeit fortgeschritten ist.“ (Warneken 1974: S. 118 f.) Beim Flippern
hingegen seien es Skills, beschränkte Fingerfertigkeiten, die den Spieler auszeichneten:
„Die Kontemplativität ist, obwohl der Spieler hier körperlich eingreift, letztlich größer als
bei der Filmrezeption, da diese eine ständige nervliche und geistige Neueinstellung
erfordert, während der Flippernde nur eine mechanische Handbewegung repetieren kann,
die spielbegleitenden optischen und akustischen Eindrücke aber weder einen
Sinnzusammenhang bilden noch das Vergnügen vielfältiger sinnlicher Wahrnehmung
erlauben. Dem Flippernden gelingt weder die Versammlung des Zerstreuten durch größere
Geistesgegenwart noch die, nach Benjaminscher Terminologie, zerstreute, d. h.
unaufmerksame Bewältigung dessen, was ihm bleibt: des Flipperschlags.“ (Ebd.) Der
aufgebrachten Aufmerksamkeit und Anspannung steht die grundlegende Simplizität des
Flipperspiels – die Kugel soll die Fläche nicht verlassen – im Unverhältnis gegenüber. Im
Unterschied zu Benjamins Ausrichtung des Chock-Begriffs – und in gewisser Nähe zu

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Truffauts LES QUATRE CENTS COUPS – attestiert Warneken dem Flipper eine
tendenziell eskapistische Funktion: „Die Chocks im Spiel wären demnach dazu da, den
ungleich inhaltlicheren der Realität zu entkommen, oder anders ausgedrückt: Wer am
Flipper dem Gehalt der alltäglichen chokhaften Erfahrungen entgehen will, unterwirft sich
dafür der Gestalt dieser Erfahrung. Zerstreuung hieße hier nichts anderes als die
momentane Dekomposition des Individuums, um der anstürmenden Tagesproblematik kein
Ziel mehr zu bieten.“ (Ebd.: S. 120)

Im Weiteren vertieft Warneken den Begriff der Zerstreuung, den er zunächst von Benjamin
übernimmt, im Anschluss an Siegfried Kracauer, wo er eine tendenziell andere Richtung
nimmt. In „Kult der Zerstreuung“ von 1926 ist Zerstreuung zentraler Begriff im
Verständnis vom Kino als maßgeblichem Ort für die Erkenntnis gesellschaftlicher Zustände.
Kracauer deckt in der Zerstreuung der Zuschauer_innen zwar auch die klandestine
Einübung kapitalistisch-urbaner Subjektivierungen auf, doch geht es dialektisch bald um
den moralischen und politischen Gehalt einer Kultur der Zerstreuung. Bei Kracauer sind die
Berliner Kinos der 1920er Jahre „Paläste der Zerstreuung“ (Kracauer 1926: S. 311), die
den Zustand von Kultur und Gesellschaft bestimmbar machen. Wo bildungsbürgerlich-
idealistische Kulturinhalte den Zerfall bürgerlicher Gesellschaft verbrämten, ist die
Popularität des Films laut Kracauer darauf zurückzuführen, dass seine Form den
gesellschaftlichen Gegebenheiten entspricht, ja sie aufdeckt: „Das Berliner Publikum
handelt in einem tiefen Sinne wahrheitsgemäß, wenn es [...] dem Oberflächenglanz der
Stars, der Filme, der Revuen, der Ausstattungsstücke den Vorzug erteilt. Hier, im reinen
Außen, trifft es sich selber an, die zerstückelte Folge der splendiden Sinneseindrücke bringt
seine eigene Wirklichkeit an den Tag.“ (Ebd.: S. 314 f.) Ähnlich wie später Benjamin
beschreibt Kracauer die Filmrezeption als etwas, das sich dem bewussten Nachvollzug
versperrt: „Die Erregungen der Sinne folgen [...] so dicht, daß nicht das schmalste
Nachdenken sich [...] einzwängen kann.“ (Ebd.: S. 314) Nichts Pejoratives ist jedoch damit
verbunden: Die Zerstreuungssucht führt Kracauer zurück auf „die Anspannung der
arbeitenden Masse – eine wesentlich formale Anspannung, die den Tag ausfüllt, ohne ihn zu
füllen. Das Versäumte soll nachgeholt werden; es kann nur in der gleichen
Oberflächensphäre erfragt werden [...]. Der Form des Betriebs entspricht mit
Notwendigkeit die des ‚Betriebs’.“ (Ebd.: S. 313f.) Trotz gegenläufiger, restaurativer
Tendenzen im Kino, die sich laut Kracauer anstrengen, der Zerstreuung – oberflächlichen,
überkommenen Kulturgehalten nacheifernd – Sinn aufzupfropfen, hält die Massenkultur
nicht nur dem Theoretiker Erkenntnis bereit. Vielmehr ermächtigt Kracauer das Publikum
im Wunsch nach Zerstreuung den Zerfall bürgerlicher Kultur potentiell zu erkennen.
Obwohl Kracauers Thesen zum Zusammenhang von kapitalistischer Arbeit,
Zerstreuungskultur und Kino in den 1920er Jahren als dialektisch-materialistisches Vorbild
für den Flipper der 70er Jahre geeignet scheinen, distanziert sich Warneken, was eine
allgemeine politische Bewertung von Massenkultur anbelangt: Kracauers Implikationen der
Zerstreuungskultur erscheinen ihm als weit zu optimistisch, was die potentielle Erkenntnis

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des Kinopublikums betrifft. 44 Ein wesentlicher Grund für die Kritik an Kracauer scheint
Warnekens übergeordnete Perspektive auf das Verhältnis von Arbeit und Freizeit zu sein,
das nicht in „struktureller Homologie, sondern in einem Funktionsbezug“ (Ebd.: S. 113)
stehe. Dementsprechend kann laut Warneken erst die Ablösung kapitalistischer
Produktionsverhältnisse die Möglichkeit sogenannter gehaltvoller Unterhaltungsformen
bieten. Keineswegs Bildermaschinenstürmerei ist seine Losung, sehr wohl aber die Aussicht
auf einen sozialen, d. h. positiv kommunikativen Gebrauch nicht zuletzt des Flippers in
einem zukünftig nicht mehr kommodifizierten Sozialen. Die Frage der Kommunikation –
und hier schließt Warneken an denjenigen Topos an, der sich durch die filmische Motiv- und
Zeichengeschichte zieht – treibt seinen Text im Besonderen um; „Flippern nämlich ist kein
Spiel, das – wie Börsenspiele oder Kartenspiele – noch ein halbwegs zusammenhängendes
Gespräch oder ein Planen, Nachdenken, Probieren, Unterbrechen gestattete. Es addiert sich
aus Handgriffen, die als prinzipiell gleiche im strengen Sinn keine Kontinuität haben.“
(Ebd.: S. 102) Markanterweise verrutscht Warnekens Kritik an der Sprachlosigkeit des
Flipperspiels implizit nicht nur hin zur Affirmation der Sprachmächtigkeit bürgerlicher
Öffentlichkeit. Unausgesprochen ist das Flippern in seiner (vermeintlichen oder
tatsächlichen) Sprachlosigkeit dem Kinobesuch noch einmal ähnlich.

3. Flipper als Filmadaption


In Warnekens dialektisch-materialistischer Theorie des Flippers, wie sie umrissen wurde,
spielt die Analyse von Flippermodellen so gut wie keine Rolle. Bei Dieter Hainz – sehr
wahrscheinlich ein Pseudonym des Kunsthistorikers Benjamin Buchloh 45 – geht es 1970
hingegen um eine marxistisch ausgerichtete kunsthistorische Darstellung zu
Plexiglasabdrücken der Flipper, ausgehend von den 1950er Jahren. Die Frontscheiben
werden als Spielart amerikanischer Trivialmalerei klassifiziert. Hainz fasst die allgemeinen
Grundzüge als in der „Tradition des Jahrmarkts und Zirkus“ 46 stehend, die sich mit der
Ästhetik amerikanischer Konsumkultur vermische. Wiederkehren würden die „Gespenster
Schablonenrealismus und Zentralperspektive in der billigen Imitation“, dominant seien
„formale[...] Infantilität“ und die Überfülle inhaltlicher „Klischees“ (die nicht zuletzt
geschlechtsspezifisch sind). Außer den Bildelementen würden typografisch „Vorbilder der
Reklametransparente und Billboards wie die Lichtgraphik der Neonzeichen auf engstem
Raum zu Collagen verschiedenster Schrifttypen zusammengefügt.“ (Ebd.: S. 21) Wo
amerikanische Produzenten den Markt an Flippern bestimmen, resümiert Hainz seine von
der Kulturindustriethese geprägte Studie: „[D]er Screen des Automaten wird zum
Guckkasten der Exportbilder des American Dream.“ (Ebd.: S. 23) 47
Im Unterschied zu dieser überblickhaften Perspektive auf Flippermodelle legt Michael
Oppitz mit seinem Text Semiologie eines Bildmythos. Der Flipper Shangri-La die
Untersuchung eines spezifischen Flippermodells vor. Der zuerst 1974 auf französisch in
Claude Levi-Strauss’ Zeitschrift L’Homme erschienene Aufsatz (vgl. Oppitz 1974: S.
59-83) widmet sich den Bezugnahmen auf tibetische, chinesische und japanische Mythen

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und Bildtraditionen wie deren Transformierungen durch westliche, kulturindustrielle


Fortschreibungen. Im Mittelpunkt steht der Mythos eines in asiatischen Kulturen tradierten,
paradiesischen Ortes, „Shangri-La“. Dieser ist in der amerikanischen Populärkultur vor
allem durch den Unterhaltungsroman Lost Horizon von James Hilton aus dem Jahr 1933
und Frank Capras Verfilmung LOST HORIZON (USA 1937) bekannt. 48 Das untersuchte
Flippermodell kommt 1967 auf den Markt; Oppitz perspektiviert es als weitere
Mythenerzählung, die zusätzliche Elemente in den „Klischeespeicher Shangri-La“ (ebd.: S.
53) integriert, dem er sich ethnografisch-semiologisch nähert. 49 In seiner detaillierten
Analyse beschränkt sich Oppitz – wie auch schon Hainz – auf die Frontscheibe des
Flippers, bezieht also das Spielfeld nicht mit ein. 50 Handelt es sich bei Oppitz’ Studie um
ein Spurenlesen auch von Capras Film herrührender Elemente, findet sich am Flipper selbst
keine explizite Bezugnahme auf LOST HORIZON.
Dagegen werden vermehrt seit den 1980er Jahren Flippermodelle in ausdrücklicher
Anlehnung an Filme und Filmreihen des Blockbusterkinos, auch an Fernsehserien (z. B.
Charlie’s Angels, The Sopranos, The Simpsons), konzipiert und gestaltet. Mag im
Marketing und Merchandising der Filmindustrie die Lizenzvergabe für Flippermodelle im
Unterschied zu Games, Büchern, Comics usw. finanziell eine sehr untergeordnete Rolle
spielen, scheint umgekehrt für die Überbleibsel der Flipperproduktion ein an populäre Filme
orientiertes Art-Design erfolgversprechend, wo gegenwärtig neue Automaten von
hauptsächlich noch einem Hersteller, der Chicagoer Manufaktur „Stern“, auf den Markt
gebracht werden.
Solche filmthematischen Flipper sind die dritte und jüngste historische Verknüpfung von
Flipper und Kino. Im Vergleich zur filmischen Motiv- und Zeichengeschichte ist das
Verhältnis hier medientopisch umgedreht. Ökonomisch sind solche Flipper eine Zutat der
Filmvermarktung, filmwissenschaftlich lassen sie sich als filmischer Paratext fassen.
Außerdem ist der Flipper eine spezifische Adaption, eine Lektüre eines Films: Das
Flippermodell kann daraufhin untersucht werden, auf welche Weise der Film auf
Frontscheibe, aber auch auf Spielfeld und Spielregeln und -module übersetzt und angepasst
wird. Dies soll im Folgenden am Flipper Indiana Jones: The Pinball Adventure
unternommen werden.

Indiana Jones

1993 veröffentlicht der Flipperautomatenhersteller Williams Indiana Jones: The Pinball


Adventure. Das von Mark Ritchie entworfene Modell bezieht sich auf die bis zu diesem
Zeitpunkt erschienenen drei Filme der Indiana Jones-Filmreihe: RAIDERS OF THE LOST
ARK (USA 1981), INDIANA JONES AND THE TEMPLE OF DOOM (USA 1984) und
INDIANA JONES AND THE LAST CRUSADE (USA 1989). Elemente von deren
Diegese, Figuren und Objekte werden in die Gegebenheiten des Automaten übersetzt. 51
Die größte Nähe zu den Filmen findet sich auf der Frontscheibe:

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Indiana Jones-Flipper-Frontscheibe

Für das Leuchtbild sind fotorealistisch Figuren aus den Filmen entnommen, am
prominentesten der Oberkörper Harrison Fords als titelgebende Figur mit obligatorischem
Hut und Peitsche über der Schulter; um sein Konterfei sind kreisförmig vier weitere
Filmfiguren in kleineren Abbildungen zu sehen. Der Kopf von Jones ist im zentralen
Rundbogen eines aus drei Bögen bestehenden Säulengangs platziert. Dass die
Flipperfrontscheibe ein Triptychon zeigt, entspricht den drei Teilen der Filmreihe. Jeder
Bereich des Bildensembles ist einem der Filme zugeordnet und komprimiert einzelne
Filmszenen: Der linke Bildteil gehört dem dritten Teil der Reihe an, der rechte dem zweiten.
Die in der Mitte der unteren Bildhälfte sichtbare Bundeslade ist zentrales Motiv des ersten
Films; in den anderen Bilddritteln sind diejenigen Objekte abgebildet, die die Plots der
beiden anderen Filme bestimmen: der Heilige Gral und ein hinduistischer Sivalinga-Stein.
Wollte man – entgegen der abendländischen Tradition – die Frontscheibe von rechts nach
links lesen, sind die Bildteile in chronologischer Folge angebracht, insofern der zweite Film
diegetisch ein Prequel zum ersten ist. Die gesamte Frontscheibe bezieht also drei Elemente
ein: Filmfiguren, Filmszenen und in der Filmhandlung relevante Objekte. Hinzu kommen
Schriftelemente: Auf der oberen Bildhälfte prangt der Name „Indiana Jones“.
Typographisch entspricht er dem Titeldesign, das ab dem zweiten Film verwendet wird:
Von links nach rechts verkleinert sich die Schriftgröße der einzelnen Buchstaben, was den
comichaft gestalteten Schriftzug dynamisiert. Die Farbgebung unterstützt das: Vertikal

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gehen die einzelnen Buchstaben von Rot über Orange zu Gelb über. Die Frontscheibe stellt
für den Flipper eine Art Werbung dar, weil sie dasjenige Automatenteil ist, das für
potentielle Spieler_innen schon aus der Distanz sichtbar ist und lockt. Aus der Perspektive
des Kinos ist die Frontscheibe so Äquivalent zum Filmplakat – indes als konstitutiver Teil
des Beworbenen selbst.
Wo das Filmplakat Motive versammelt, die dem Film entnommen sind, kehren auch die in
der Flipperfrontscheibe gezeigten filmischen Elemente (Figuren, Narration, Objekte,
Schrift) auf dem Spielfeld und im Spielverlauf wieder. So sind Bilder von Köpfen
verschiedener Figuren und von Filmobjekten auf dem Feld verteilt, Targets sind mit Namen
versehen. Noch prägnanter sind dreidimensionale Miniaturen, die an Objekte in den Filmen
angelehnt sind: einige sind dekorativ (Flugzeuge), andere für das Spiel funktional
(Goldschädel, Brücke).

Indiana Jones-Flipper: Spielfeld

Ein Objekt ist besonders markant: Der Abzug der Flipperkugel am Automaten ist als
Revolver gestaltet. Die Farbgebung des Spielfeldes nimmt das Rot, Orange und Gelb des
Indiana Jones-Schriftzugs auf, ergänzt vor allem durch Grün, das Urwälder als

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wiederkehrende filmische Schauplätze assoziieren lässt. Die über das Feld verteilten
farbigen Lichtquellen, die unterschiedlich aktiviert werden, sorgen für eine atmosphärische
Note. Noch expliziter als die visuellen verweisen akustische Elemente auf die Filme: 52
Während des Spielverlaufs werden filmische Originaltöne eingespielt: wiederkehrende
Dialogfetzen und Originalfilmmusik, ergänzt durch eigens produzierte Geräuscheffekte
(Peitschenknall, Affengebrüll, Mopedgeknatter, Schlangengezisch, Elefantengetröte,
Flugzeugmotorengebrumme, Pferdegeklapper u. a.). Die Stimme, die den Spieler_innen
Anweisungen gibt, gehört dem Schauspieler John Rhys-Davies, der selbst in zwei der drei
Filmteile mitspielt.
Die skizzierten Bezüge des Flippers auf die Filme folgen einer Praxis der Fragmentierung:
Elemente werden aus den Filmen herausgelöst, um sie auf die Spielfläche zu verteilen. Der
Flipperautomat verhält sich zum Film wie es die Montage zu Kader und Tonspur tut: Es
wird herausgetrennt und neu zusammengefügt. Doch entsteht im Flipper hieraus kein
chronologisch und topologisch geordneter Zusammenhang, stattdessen bleiben die
Komponenten verstreut. Der Automat nivelliert damit den Stellenwert von Filmpersonnage,
Szenen, Objekten, Schriften und Tönen, weil diese gleichberechtigt sicht- und hörbare Teile
des Automaten sind.
Diese Praxis der Fragmentierung zeigt sich auch in den Spielmodulen von Indiana Jones:
The Pinball Adventure. Der Spielablauf teilt sich in zwölf Module auf, die je nach
Aktivierung zu unterschiedlichen Zeitpunkten spielbar sind und je bestimmte Targets,
Lanes und Rampen integrieren, deren Anspielen mit der Kugel Punkte erbringt. Der
Automat weist drei Spielmodule auf, die nicht auf dem eigentlichen Spielfeld, sondern
ausschließlich über den auf der Frontscheibe integrierten Bildschirm zu bewältigen sind.
Der Screen wird ansonsten dafür benutzt, Punktestände anzuzeigen, zu den verschiedenen
Modulen zugehörige Elemente zu visualisieren oder schriftlich Spielanweisungen zu geben.
Bei jenen drei Modulen, die auf dem Screen stattfinden, wird den Flipperknöpfen ihre
eigentlich Funktion – das Auslösen der Flipperarme – genommen, sie lösen nun
Bewegungen auf dem Screen aus. Der Flipper integriert damit Spielweisen, die mit dem
Flippern nichts mehr zu schaffen haben, sondern der Video- und Computerspielkonsule
entlehnt sind. Alle zwölf Spieleinheiten wiederum rekurrieren auf Handlungselemente, je
vier auf einen Film. Die narrativen Komponenten des Flipperspiels orientieren sich an
bestimmten Sequenzen der Filme, modifizieren sie aber für eine Spielaufgabe: Der Flipper
überträgt also Sequenzen und narrative Elemente nicht in Form von Levels, die
nacheinander gespielt werden müssen; die Spielmodule gehorchen nicht einer invarianten
Folge. Somit entsagt der Flipper der Logik erzählerischer Kontinuität.
Eine solche Diskontinuität korrespondiert grundlegend dem Wesen der Flipperkugel. Sie
schießt zwischen Objekten, Bildern und Schriftelementen des Spielfelds umher und löst
Spielmodule (sowie dazugehörige Tonspuren und Visuals auf dem Bildschirm) und
Punktgewinne aus. Gibt es bezüglich der Adaption von Filmen in die Logik eines Flippers
selbstverständlich Überschneidungen mit Games, ist der wesentliche Unterschied, dass

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Flipperspieler_innen kein Avatar, keine sekundäre Identifikationsfigur offeriert wird.


Stattdessen ist die Kugel als zentrales Objekt des Spiels: Bewegung. Zum einen ist damit
eine immer gleichbleibende Bewegung gemeint, das Nach-Unten-Rollen, zum anderen eine
nicht vorhersehbare Bewegung, das Umher-Prallen. Diese für alle Flipper grundlegenden
Bewegungsformen der Kugel gewinnen im Zusammenhang der Filmadaption (wie
derjenigen der Indiana Jones-Filme) eine weitere Relevanz. Da die Übertragung der Filme
auf den Automaten den Prinzipien von Fragmentierung und Diskontinuität folgt, wird
gerade nicht auf die Chronologie der diegetischen Handlung und die Identifikation mit
Protagonist_innen abgehoben. Dagegen betont der Flipper Anderes der Indiana Jones-
Filme: deren spektakuläre Ereignishaftigkeit und somatische Affektpraxis – also diejenigen
filmischen Charakteristika, die unter Bewegung (im weiteren Sinne) subsumiert werden
können. Mit deren Prävalenz in der Adaption ist der Flipper dem Blockbusterkino im
Besonderen adäquat.
Noch vice versa lässt sich eine spezifische Nähe des Flippers zum Blockbusterkino in
flipperesken Elementen im Film selbst entdecken. Der erste Teil der Indiana Jones-Reihe,
RAIDERS OF THE LOST ARK, erweist dem Flipper prominent gleich zu Beginn
Reminiszenz.

Kugel in RAIDERS OF THE LOST ARK, R: Steven Spielberg, USA 1981

Den Dschungel Südamerikas durchforstet der Archäologe Jones nach einem Heiligtum
einer untergangenen Hochkultur, das er schließlich in der Ruine eines peruanischen
Tempels findet. Die goldene Götzenfigur bekommt er zwar in seine Hände, löst dadurch aber
unwillentlich uralte Vorrichtungen aus, die zur Abwehr von Eindringlingen und Räubern
installiert wurden. Den Parcours tödlicher Gefahren überwindet Jones in größter Not, an
dessen Ende erwartet ihn jedoch noch eine riesige, steinerne Kugel, die aus ihrer Halterung

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katapultiert wird und in großer Geschwindigkeit den abschüssigen Gang hinter Jones
hinabrollt. 53 Im allerletzten Moment kann er, die Götze in seinen Händen, der massiven
Kugel entkommen, die den Zugang zum Tempel mit Wucht verschließt.
Anders als in der filmischen Motiv- und Zeichengeschichte zeigen die Indiana Jones-Filme
keine aufgereihten Automaten, keine Spielhallen, keine herumlungernden
Flipperspieler_innen. Mit der überdimensionierten, eine Kuhle hinab rasende Kugel als
dramaturgischem Höhe- und Schlusspunkt der Anfangssequenz von RAIDERS OF THE
LOST ARK referiert die Filmreihe auf den Flipper nicht als manifestes Objekt, sie indiziert
ihn als Spur (obwohl er völlig aus dem modernen urbanen Milieu hinaus in den Dschungel
und die Frühhistorie verrückt wird – des Tempels, aber auch der Frühgeschichte des
Flippers selbst, der zum filmdiegetischen Zeitpunkt der 1930er Jahre in seiner geläufigen
Bauart so noch nicht konstruiert ist). Die Indiana Jones-Reihe bedient sich ikonografisch
und narrativ beim Dschungel- und Abenteuerfilmgenre der 1930er und 40er Jahre, bei
exotistischen literarischen Räuberpistolen, Groschenheftchen, Pulpfiction, Comics,
Vaudevilles, Freakshows und Jahrmarktattraktionen. Die Filme werden so zum
Ausstellungsraum eines massenkulturellen Sammelsuriums des 19. und 20. Jahrhunderts.
Die rollende Kugel wiederum ist Zeichen der da noch jüngsten massenkulturellen
Archivierung, der Flipperkultur. Diese latente Art der Referenz auf die
Unterhaltungskultur des Flippers macht die Indiana Jones-Reihe just zu demjenigen
Zeitpunkt – Anfang der 1980er Jahre – als sich deren Hochzeit dem Ende zuneigt, in den
Spielhallen schon elektronische Bildschirmspiele Einzug gehalten haben und
Videospielkonsolen für Privathaushalte auf den Markt gekommen sind.
An diesem Übergang in der Geschichte massenkultureller Automatenspiele partizipiert auch
die Indiana Jones-Filmreihe. Sie tut dies zum einen im Merchandising, wenn mehrere
Computerspiele zu den Filmen herausgebracht werden, zum anderen in den Filmen selbst.
Der zu Beginn vor der riesigen Kugel flüchtende Indiana Jones fungiert fortan selbst als
Äquivalent einer umherprallenden Flipperkugel: Die dynamische, von Springen, Hüpfen,
Hangeln, Schwingen, Fallen, Rollen geprägte Eingangssequenz von RAIDERS OF THE
LOST ARK ist stilprägend für den Ereignischarakter aller Filme, in denen der
Wissenschaftler Jones selten in Hörsälen Vorlesungen abhält, sondern Urwälder, Zeppeline,
Höhlen, Katakomben, Hängebrücken, Schlangengruben mit Skills meistert. Der somatische
Ereignis- und Affektcharakter der Filme assoziiert einerseits die da neueren
Unterhaltungsmedien der elektronischen und alsbald digitalen Games mit ihren Levels und
Aufgaben, andererseits die alten Kirmes- und Freizeitparkkulturen, deren Attraktionen
Karussell, Geisterbahn, Wasserrutsche und andere Katapulte im Blockbusterkino neu
reüssieren. 54 Die Kugel zu Beginn der Filme weist den Flipper als Scharnier zwischen
jenen neueren und älteren Kulturen aus. Programmatisch wird in den Filmen der Indiana
Jones-Reihe jene ‚Rechnung’ neu aufgemacht, die in LES QUATRE CENTS COUPS (wie
eingangs beschrieben) der Dreisatz von Kino, Flipper und Jahrmarktvehikel bildet. Im
Blockbusterkino ist nun aber ihre Summe berechnet.

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Der Umstand, dass der Flipper nicht als Filmmotiv erscheint, korrespondiert der seit den
1980ern zunehmenden Herstellung filmthematischer Flippermodelle. Nur an deren
Schauplatz wird die Verbindung zum Kino manifest, während umgekehrt der Flipper das
Blockbusterkino nurmehr als Spur durchzieht.

Rumpelkammer der Geschichte

Friedrich Heubach verkündet Anfang der Siebziger: „Es gibt zur Zeit keinen besseren
Flaubert als den Flipper“; er provoziert nicht nur mit dem ähnlichen Wortklang und der
Gleichsetzung von Hoch- und Unterhaltungskultur, sondern versteht den massenkulturellen
Spielautomaten in der Nachfolge des bürgerlichen Romans des 19. Jahrhunderts, was
dessen Aussagekraft für den Status moderner Subjektkonstitution betrifft. Diese
behauptete Bedeutung des Flippers scheint mit seiner meist damals schon räumlichen
Prekarität zu kollidieren: „In den Städten zumeist per Order in die Gegenden zwischen
Bahnhof und Strich angesiedelt, sind die Spielhallen bereits als Räume der Instabilität
gekennzeichnet.“ (Hainz 1970: S. 23) Diese Orte der billigen Unterhaltung – in der Nähe
auch der Bahnhofskinos jener Zeit – künden seinen (hochnäsig bourgeois gewünschten)
Niedergang als Unterhaltungsmedium an, wenn schon damals hellseherisch prognostiziert
wird, der Flipper „steht [...] in den Städten und wartet auf seinen Abgang in die
Rumpelkammer der Geschichte.“ (Ebd.: S. 23) In den 1990ern muss Paolo Virno deswegen
ganz grundsätzlich konstatieren: „On se plaint : les bars n’en sont pas, les usines ne
ressemblent plus à des usines, les adolescents sont prudents et sceptiques. Le flipper a
disparu du paysage urbain et le Parti communiste aussi : que faire ?“ (Virno 1998: S. 86) –
fragt Virno schließlich mit Lenin, um nicht völlig nostalgisch-resignativ zu klingen.
Der ökonomische, kulturelle und soziale Bedeutungsverlust, der den Flipper seit den
1980ern rapide ereilt hat, zeigt einen Wandel massenkultureller Unterhaltung an. Die
Spielhallen selbst (und die bürgerlichen Kasinos sowieso) sind davon nicht betroffen,
ebensowenig wie ihre Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit. Auch diejenigen Spiele,
die den Wettkampf oder das Gruppenerlebnis feiern, wie Billard und Kickerkasten, sind in
Kneipen weiter vertreten. Das relative Verschwinden des Flippers aus dem öffentlichen
Raum verläuft aber parallel mit dem Einzug elektronischer, televisueller und digitaler
Spielkonsolen in Privaträume. Die Gemengelage, dass der Flipper kein Spielgerät mit
Gewinnmöglichkeit ist, dass er nicht Kollektivierung (oder deren Surrogat) befördert und
dass er zudem technisch für Störungen anfällig und seine Wartung umständlich und
kostspielig ist, mag ausschlaggebend für seine Marginalisierung sein.
Jener Strukturwandel betrifft also die Freizeitkultur im Fordismus. Analysiert man den
Flipper als Analogon fordistischer Fabrikarbeit (oder stellt beide in einen
Funktionszusammenhang), wie es die marxistische Linke der 1970er Jahre tut, dann würde
der Bedeutungsverlust gerade des Flippers (und nicht der anderer Spielautomaten)
Transformationsprozessen kapitalistischer Arbeitsverhältnisse korrespondieren. Von der
sukzessiven Marginalisierung industrieller Produktion in den westlichen kapitalistischen

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Staaten seit den 70ern lässt sich – will man der kulturindustriethetischen Analyse folgen –
ableiten, dass dies auch zu Modifikationen der Subjektivierungsformen und biopolitischen
Maßnahmen in der Freizeitkultur und ihren Spielen führen muss.
An jene Aspekte – fordistische Freizeitkultur der Nachkriegsjahrzehnte und deren
Strukturwandel unter den Vorzeichen postfordistischer Ökonomie – schließt die Frage an,
auf welche Weise das Kino die Geschichte des Flippers spezifisch flankiert. Als
Ausstattungsobjekt, Motiv und Zeichen v. a. in den 1950er, 60er und 70er Jahren
verschafft die Filmgeschichte dem Flipper ein audiovisuelles Archiv: Der Automat ist nicht
Konservat, es wird (meistens) an ihm gespielt, qua filmischem Medium ist er Teil von
sozialen Räumen und Architekturen. Was am Automaten ausgehandelt wird, nimmt
Themen, die in populären und wissenschaftlichen Publikationen zum Flipper behandelt
werden, größtenteils vorweg; Aspekte werden verdichtet und zugespitzt, was etwa die
Verhandlungen von Sprache, Jugend, Urbanität, Delinquenz oder Geschlechterverhältnissen
(die in der Literatur kaum vorkommen) angeht. Die nationalkinematografischen
Besonderheiten korrespondieren zudem den unterschiedlichen gesetzlichen
Rahmenbedingungen für Spielautomaten.
In diesem ersten Verhältnis dokumentiert und signifiziert der Film die Flipperkultur; das
zweite, strukturelle Verhältnis von Kino und Flipper behandelt dann in dialektisch-
materialistischer Analyse Ähnlichkeiten beider Freizeitkulturen. Beim Text von Bernd
Jürgen Warneken handelt es sich nicht im engeren Sinne um einen rezeptionstheoretischen
Vergleich, der dann vielleicht auch die Differenz von geruhsamem Sitzen im Kinosessel und
lässigem oder angespanntem Stehen am Flippertisch benennen müsste. Stattdessen wird
der Flipper in die Tradition von Chock und Zerstreuung gestellt. Wenn Walter Benjamin
und Siegfried Kracauer in den 1920er und 30er Jahren dem Kino eine bedeutsame
subjektkonstitutive und auch gesellschaftsanalytische Rolle zuweisen, avanciert bei
Warneken der Flipperautomat in den 1970ern zu einem vergleichbaren Objekt.
Zeithistorisch geschieht dies, wenn das Kino selbst in eine Krise geraten ist, deren einer
Grund in der Konkurrenz zum Fernsehen liegt. Vice versa ist es bemerkenswert, dass in der
linken Theorie der Flipper als passables Objekt von Gesellschaftskritik gerade dann
entdeckt wird, wenn das Produktions- und Arbeitsregime des Taylorismus, das ihm
entsprechen soll, weitreichenden Strukturveränderungen unterzogen ist.
Im Unterschied zum Flipper transformiert sich jedoch das Kino, dessen Tod schon bald
ausgerufen wird, im Übergang zu postfordistischen Freizeitkulturen. Der Kinoraum selbst
erfährt seine institutionelle und architektonische Neuformierung in Kinoketten und
Multiplexkinos. Wichtiger in der sich seit den 1970ern forciert verändernden Freizeitkultur
ist, dass der Film technisch und medial ausdifferenziert und relokalisiert wird – in einer
Entwicklung, die der Implementierung von Spielekonsolen in Privaträume vergleichbar ist.
(Hervorzuheben wäre die Digitalisierung des Kinos, die zwar auch am Flipperautomat
stattfindet, der aber dort eine materielle Grenze gesetzt ist.)
Der gesellschaftliche Bedeutungsverlust des Flippers zeigt sich aus filmgeschichtlicher

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Perspektive nicht nur im relativen Verschwinden als Ausstattungsobjekt. Vielmehr


reflektiert der Film (bzw. das Musikvideo) nicht zuletzt neue Subjektivierungsformen durch
die ökonomischen Transformationsprozesse, wenn der Flipper in Form überdimensionierter
Spielflächen oder Kugeln repräsentiert ist. Wo der großstädtische Raum bei Godard oder
Debord in der Assoziation mit dem Flipper bildpolitisch analysiert wird, verheißen die
grotesken Gigantismen in TOMMY Mitte der 70er zum Esoterischen tendierende
Selbsterfahrung im Flipperspiel. Dort wird am Filmende dem Heilsversprechen
maschinenstürmerisch mit der Zerstörung der Automaten geantwortet – eine sentimental
antimoderne Geste, wo doch schon die riesigen Flipperkugeln die Landschaft dominieren.
Folgerichtig ist nur, dass im Musikvideo zu No Limits! Anfang der Neunziger (wie ebenfalls
schon angerissen) die Subjekte nicht mehr flippern, sondern auf dem Spielfeld ausflippen.
Das Hantieren am Spielautomaten, das marxistisch als Konditionierung und
Aggressionsabfuhr gelesen wurde, ist ganz nutzlos geworden. Das Flippern ist
dysfunktional geworden für die subjektkonstituierenden Zwecke des Postfordismus. Dies
sagt das Bild der zu einer Art Flipper gewordenen Umwelt aus: Der Flipper ist nicht mehr
Objekt, nun vielmehr ästhetische und soziale Struktur immersiver Affektarbeit. Kein Platz
hat hier mehr die alte bildungsbürgerlich-reaktionäre Kritik gegenüber dem
Süchtigmachenden des Spiels, weil die Programmatik postfordistischer Affektarbeit gerade
auf solcher lustvoller Verausgabung fußt. Dies schließt auch die Indiana Jones-Filme ein, in
denen das Wegrennen vor der ‚Flipperkugel’ und überhaupt die Körperlichkeit im Feld –
dem archäologischen Feld wie dem Spiel-Feld des flipperesken Blockbusterkinos – die
Tristheit und Trägheit im bürgerlichen Alltag des Wissenschaftlers nicht nur grell
kontrapunktieren wollen; überhaupt wird damit spektakulär-affektive Arbeit gefeiert.
Kein Objekt mehr in solchen Arten der filmischen Repräsentation sekundiert dies der
Ortlosigkeit des Flippers in der zeitgenössischen städtischen Freizeitkultur. Ökonomisch
wie ästhetisch antwortet die neuere Flipperproduktion darauf, indem sie mit
filmthematischen Automaten um die Obhut des Kinos bittet. Umgekehrt wird – mit der
Adaption von Tönen, Bildern und Narrationen – dem Film ein ganz handfester Schauplatz
gestattet, nämlich in einem schweren und teuren Automaten, was in Anbetracht der
heutigen medial-topischen Verstreuung des Mediums Film anachronistisch anmutet.
Genau so nostalgisch mag es sein, den Körper in einer verrauchten Eckkneipe oder einem
Hobbykeller – schlechthin Rumpelkammern einer fordistisch-massenkulturellen Geschichte
– am Flipper – jetzt – überrumpeln zu lassen.

1 Heubach 1972b: S. 244. Erste, knappe Überlegungen zum Verhältnis von Flipper und Kino finden sich in:
Göttel 2014: S. 52-55.
2 Heubachs Forschung zum Flipper hat mehrere Veröffentlichungen erfahren, die textlich mitunter nur leicht
variieren; vgl. Heubach 1972a; vgl. Heubach 1982; vgl. Heubach 1072b.
3 Speziell dem Zusammenhang zwischen Automatenspiel und frühkindlicher psychischer Entwicklung widmet
sich die Studie in ihren theoretischen Passagen: „Wir sehen [...] einen spielerischen Umgang mit dem
technischen Gerät, das in seinem Ernst und seiner Bedeutung für die Gesellschaft und ihre Zukunft so

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wichtig ist, wie die Mutter es für das Kind war. Denn beide, Mutter und Technik, garantieren für die
Zukunft Wohlstand, Sicherheit, Sattheit, Lust. Im Spiel aber wird die Unabhängigkeit von all diesem
erlebt.“ (Ebd.: S. 23) Und weiter: „Ob Spieler oder Nichtspieler, der Spielautomat wird als etwas Ähnliches
erfahren wie eine in der frühen Kindheit erlebte Mutter, die in der Spielhalle wie in einem gemütlichen
Heim haust. Vorurteile und Opposition gegen Spieler, Spielautomaten und Spielhallen weisen zurück auf
eine frühe Kindheit, in der die zärtlich gewährende Mutter allzu früh abgelöst wurde durch Strenge und
Forderungen nach Einordnung in Gesetzlichkeiten: es entsteht eine Triebhemmung. Triebbedürfnisse, die
sehr früh gebremst wurden, führen später zu einer Vorurteilshaltung, vor allem gegenüber dem Spiel.“
(Ebd.: S. 55 f.).Rudolf Heinz’ metapsychologisches „Flipper-Fragment“ beschreibt eine generelle
Strukturgleichheit zwischen Automat und Psyche aus: „Mitnichten illustriert der Spielautomat arbiträr per
analogiam irgend didaktisch die Funktion des psychischen Apparats. Wenn schon, so figuriert dieses
mortale Sonderding als Organprojektion des vitalen Innenmechanismus der Seel (und umgekehrt dieser als
Introjektion jenes).“ (Heinz 1989: S. 675.
Schimank konstruiert eine pädagogisch vermittelte Analogie von Flippern und Lebenskunst, d.h. hier:
moderner Selbstoptimierung: „Wie kann der einzelne es vermeiden, durch immer wieder auftretende
Identitätsgefährdungen in chronische existenzielle Verunsicherung und Verzweiflung gestürzt zu werden?
Zur Beantwortung dieser Frage will ich einen zunächst sicherlich gewagt, ja sogar frivol anmutenden
Vergleich anstellen. Ich will die um die Identitätsbehauptung bemühte Person mit einem Flipperspieler
vergleichen und zeigen, daß die Art und Weise, wie dieser trotz aller Widrigkeiten etwas erreichen, nämlich
Punkte sammeln und Freispiele erzielen kann, den in der modernen Gesellschaft angemessenen Praktiken
der Identitätsbehauptung gleicht. Wer über Flipperspielen nachdenkt, kann also Lebenskunst lernen.“
(Ebd.: S. 250 f.).
Das vollendete Meistern des Flipperns findet seine Entsprechungen in buddhistischen Termini: „Mit der
Möglichkeit, Freikugeln und Freispiele gewinnen zu können, kommt unter anderem auch die Idee der
Wiedergeburt ins Spiel. Die Kugel mag zwar sterben, doch wenn der Spieler eine bestimmte Fertigkeit
erreicht hat (sein Verhalten also bestimmten qualitativen Normen genügt), kann er sie zu neuem Leben
erwecken und gewinnt so die Möglichkeit zu einer neuerlichen Wiedergeburt der Kugel. So entsteht ein
endloser Kreis von Leben, Tod, Wiedergeburt, der dem zen-buddhistischen Konzept des Samsara ähnlich
ist. [...] Dieses Ziel besteht aus dem ununterbrochenen, ewigen Spiel einer einzigen Kugel; es ist Nirwana.“
(Ebd.: S. 123).
Die massenkulturelle Bedeutung des Flippers speziell in den USA, wird in einem Zitat aus einem Text
Bernard Asbells, einer Reportage über den Flipperhersteller „Gottlieb“ deutlich, gerade im Vergleich mit
einem hochkulturellen Beispiel: „In pianos the name is Steinway and in pinball games the name is Gottlieb,
the aristocrat of instruments, preferred by all discriminating players. The Gottlieb – to be sure – is a
democratic kind of aristocrat; you can find one almost anywhere. An inscription on every Gottlieb rings of
wholesome sportsmanship: ‚Amusement Pinballs – as American as Baseball and Hot Dogs’.“ (Asbell 1963:

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S. 20).
„Pinball-ology“ lautet der Titel eines Kapitels in Marco Rossignolis umfassendem,
populärwissenschaftlichem Buch zum Flipper; vgl. Rossignoli 2000: S. 20.
Vgl. z. B. Murakami 1980, vgl. Horstmann 1990, vgl. Eco 1988. Eine experimentelle literarische Form, die
das Flippern zum Motiv hat, wählt Claude Vandeloise, der historische Persönlichkeiten und spezifische
Flippermodelle zusammenführt; die jeweiligen Flipperpartien werden in Kurzgeschichten imaginiert, die
außerdem von Zeichnungen der Flippermodelle begleitet werden; vgl. Vandeloise 1977.
Vgl. Adamov 1955, Fo 1960.
Vgl. z. B.: Joseph Cornell, Untitled (Penny Arcade Portrait of Lauren Bacall) (ca. 1945/46); William T.
Wiley, Punball: Only One Earth (2007-2008).
Vgl. z. B.: Wayne Thiebaud, Four Pinball Machines (1962); Robert Indiana: The Red Diamond American
Dream #3 (1962); Blinky Palermo, Flipper (1970); Maria E. Piñeres, Hic et Nuc (Here and Now) (2012)
(vgl. auch andere Arbeiten von Piñeres); Charles Bell, 100 Points When Lit (1981) (vgl. auch andere
Arbeiten von Bell). In der Ausstellung „Pinball in Contemporary Art“, die 2011 im Pacific Pinball Museum
stattfand, wurden einige der hier angeführten künstlerischen Arbeiten präsentiert; vgl.
www.pacificpinball.org.
Vgl. z. B.: Candida Höfer, Flipper (1973).
Vgl. z. B. Dieter Schnebel, Flipper (Kammermusik für Spielautomaten, Darsteller, Instrumente, Tonband)
(2002/2003); bei den Fehlfarben singt man wiederum: „ich schau mich um und seh nur ruinen. vielleicht
liegt es daran daß mir irgendetwas fehlt. ich warte darauf daß du auf mich zukommst. vielleicht merk ich
dann daß es auch anders geht. dann stehst du neben mir und wir flippern zusammen. paul ist tot kein
freispiel drin. ein fernseher läuft taub und stumm. ich warte auf die frage die frage wohin.“ (aus:
Fehlfarben, „Paul ist tot“ (Monarchie und Alltag) (1980).
Vgl. z. B.: Moschino Pinball Bomber Jacket.
Vgl. z. B.: Peellaert 1967.
Virno 1998: S. 82. In seinem Text adaptiert Virno Pier Paolo Pasolinis „Von den Glühwürmchen“, wo die
Zäsur des italienischen Nachkriegskapitalismus am Verschwinden der Glühwürmchen festgemacht wird.
Virno indes distanziert sich von Pasolinis vermeintlichem Nostalgismus, weil ihm Trauer über das
Verschwinden des Flippers nicht als politische Haltung geeignet scheint; vgl. Pasolini 1975.
Vgl. http://www.pingeek.com/film/film.htm.
Eine der IMDb nicht unähnliche Datenbank von Flippermodellen ist die Internet Pinball Machine Database;
vgl. www.ipdb.org.
Parinaud 1959: S. 1. Im Interview heißt es weiter: „Ce n’est pas un paradoxe car, en dehors de ce jeu, je
constate surtout qu’il existe essentiellement des différences entre nous.“ (Ebd.: S. 1).
François Truffaut im Interview, in: Le Monde, 24. Januar 1962.
In der Auswertung des Fragebogens der empirischen Studie der Deutschen Gesellschaft für
Sozialanalytische Forschung Anfang der 1970er Jahre nennen 61 Prozent der jüngeren Spieler_innen (bis
24 Jahre) den Flipper als liebsten Automatentyp; vgl. Meistermann-Seeger/Bingemer 1971: S. 39.
Uwe Schimank hingegen will im Flipperspielen einen pädagogischen Wert erkennen, der im Kontext
„biographische[r] Selbststeuerung“, also von Selbstoptimierung, nutzbar gemacht werden, weswegen der
Flipper am besten Eingang in den Staatsapparat Schule finden sollte: „Wer es schafft, so zu flippern, daß er
sich immer wieder herausgefordert fühlt, sein Bestes zu geben, wer sich bemüht, die Kugel im Spiel zu
halten, um glückliche Koinzidenzen zu initiieren, wer gelegentliche Chancen gezielter Treffer zu nutzen
lernt und so allmähliche Erfolgserlebnisse hat, und wer sich nicht von der Hektik des Geschehens anstecken
läßt, sondern ruhig bleibt: Der erwirbt eine Haltung, wie er sie bei seiner biographischen Selbststeuerung
benötigt. Vielleicht sollte man Flipperspielen in die schulischen Lehrpläne einbauen. Es gab schon
unsinnigere pädagogische Konzepte.“ (Schimank 1999: S. 270) Als kritische Entgegnung auf diese
Position lässt sich z. B. Michael Oppitz’ Verständnis der spielerischen Didaktik des Flippers im Sinne einer

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Stabilisierung bestehender kapitalistischer Ordnung lesen: „Das Konkurrenzprinzip, das am Arbeitsplatz


die Arbeitenden nur rädert und verschleißt, findet hier seine paradiesische Apotheose. Es wird zur Quelle
von Erholung, zum Lebenselixier. Schließlich ist der Flipper ein didaktisches Gerät. Er übt den Spieler ein
auf das, was in der hiesigen Gesellschaft am meisten zählt: die Leistung. Doch wie bei allen guten
Lehrmitteln vollzieht sich diese Leistung spielerisch.“ (Oppitz 1974b: S. 95).
Zu Anrufung bzw. Interpellation als Begriffe im Kontext von Ideologiekritik vgl. Althusser 1970.
Barthes 1970: S. 44f.
Zum Pachinko vgl. auch Caillois 1967: S. 1125.
Heubach 1982: S. 128.
Der Flipper stellt darüber hinaus für Lettrismus bzw. Situationismus ein Denk-Objekt innerhalb des
Konzepts des „Dérive“ dar. So erwähnen Guy Debord und Gil Wolman ein nicht umgesetztes und nicht
näher spezifiziertes Projekt mit dem Titel „Des sensations thermiques et des désirs des gens qui passent
devant les grilles du musée de Cluny, une heure environ après le coucher du soleil en novembre“, das den
Stadtraum als eine Art Flipperautomat und die Bewegungen von Menschen darin als mehr oder weniger
vorhersehbare, denjenigen einer Flipperkugel nicht unähnliche begreift; vgl. Debord/Wolman 1956; vgl.
hierzu auch: Sadler 1999: S. 90. Außerdem wird der Galton-Apparat – Vorläufer des Flipperautomaten –
gleich in zwei Ausgaben der Zeitschrift Internationale situationniste abgedruckt: „One of the metaphors of
the dérive—reprinted twice in the SI’s journal, Internationale situationniste 1 (1958) and Internationale
situationniste 7 (1962)— is the Galton apparatus, or pinball machine, a device developed by Francis Galton
in the early 1870s for the demonstration of the formation of Gaussian distribution or the bell curve.
However, for the SI, its significance was not the figure of the final distribution of the balls but the field of
passage within the grid of the apparatus. [...] What is important is the time-space between positions, the
in-between, no longer simply a ground to be traversed from one position to another but a field, a ‚force-field’
activated by bodies in dérive, the turntable less as destination than as inducer of movement, of attraction or
repulsion.“ (Yoon 1959: S. 53).
Eine komödiantische Variation des Topos von Flipper und Sex bietet Bad Santa (USA 2003) auf: Der
männliche Protagonist leistet einer jungen Frau Schützenhilfe, wenn er hinter ihr stehend seine Hüften
bewegt, um ihr die passende Körperhaltung beim Flippern zu demonstrieren.
Die Verbindung sexueller Gewalt und Flipper wird auch in einer Skulptur von Edward Kienholz und Nancy
Reddin Kienholz verhandelt, die den Titel The Bronze Pinball Machine with Woman Affixed Also (1980)
trägt und das Playboy-Flippermodell so präpariert, dass es wie ein Bett anmutet; außerdem sind zwei
bronzene Frauenbeine an das untere Ende des Flippertischs montiert, die das Ensemble zu einem Hybrid
von Flipper und Frauenkörper machen.
Das Motiv des Flippers im bundesrepublikanischen Neuen Deutschen Film kommt auch – und titelgebend –
in Klaus Lemkes Kurzfilm STRATEGEN (alternativer Titel: FLIPPER) (BRD 1966) vor.
„Es geht also im Film [...] in erster Linie nicht um irgendwelche größeren politischen Strukturen, sondern
es geht darum zu zeigen, wie Gewaltanwendung durch private Dinge, durch Liebe und Gefühle, wie das
zusammenhängt, oder daß da Zusammenhänge sind. Daß man versuchen sollte, im ganz Privaten
Revolution zu machen, nicht irgendwelche Umschwünge zu machen zu einem Zeitpunkt, der gar nicht
richtig ist. Das ist meine Vorstellung von Sozialismus.“ (Färber/Jenny/Roth 1969: S. 475).
Der Exkurs zu Sozialismus, Ehe und Flipper schließt mit Urs Jennys Bekenntnis: „In Frankfurt hätte ich
neulich beinahe einen Flipper gekauft...“ (Ebd.: S. 475).
Fradys zum Literarischen tendierender Text ist ein autobiografisches, nostalgisches Portrait
amerikanischer Jugend in den 1950ern im Zeichen des Flippers; im Playboy ist er ausladend illustriert.
In der 21. Episode der 3. Staffel (2012) der TV-Serie GLEE gibt es in der Schulaula ein Reenactment des
Songs des Pinball Wizard als queere Aneignung: Ein Schüler tritt als Transe auf, begleitet von einer
Performance, bei der Tänzer_innen mit Flipperautomaten auf Rollen die Bühne bespielen. Vgl.
http://perezhilton.com/tv/GLEE_Alex_Newell_Performs_Pinball_Wizard/?id=b...

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Claes Oldenburg, Giant Pool Balls, 1977; Aaseeterrassen, Münster; ein anderer Film, der ebenfalls zu
grotesk riesenhaften Flipper-Arrangements neigt, ist THE FINAL PROGRAMME, R: Robert Fuest, GB
1973.
Ein anderes Beispiel von Linklater ist BEFORE SUNRISE (USA 1995), wo die beiden Verknallten
minutenlang in einer Wiener Kneipe flippern und dabei über ihre romantischen Beziehungen plaudern;vgl.
http://www.youtube.com/watch?v=GinBWW1p1GE
Für eine sozialempirische Perspektive zum Geschlechterverhältnis in der Flipperszene vgl.
Manning/Campbell 1973: S. 344-348.
Dass die Jukebox möglicherweise ein ähnliches Schicksal erlitten hat wie der Flipper, davon zeugt eine
literarisch-essayistische Darstellung Peter Handkes: „[K]aum einer von seinen Bekannten, die er in den
letzten Monaten – als eine Art Marktforschungsspiel – danach gefragt hatte, [hatte] mit dem Gerät etwas
anzufangen gewußt. Die einen, unter ihnen freilich auch ein Priester, hatten nur die Achseln gezuckt und
den Kopf darüber geschüttelt, daß derartiges überhaupt von Interesse sein konnte, die anderen hielten die
Jukebox für einen Flipper, wieder andere kannten nicht einmal das Wort und glaubten erst bei ‚Musicbox’
oder ‚Musiktruhe’ zu verstehen, was gemeint war.“ (Handke 1990: S. 11 f.
Virno 1998: S. 86
In einem ganz anderen theoretischen, nämlich neurologischen Bezug verwendet Gilles Deleuze en passant
den Flipperautomat: „C’est vrai que la neurologie m’a toujours fascine. Mais pourquoi ? C’est qu’est ce qui
se passe dans la tète de quelqu’un quand il a une idée. Je préfère quand il a une idée, parce que quand il n’a
pas d’idée ca se passe un peu comme dans un billard électrique.“ ( L’ABÉCÉDAIRE DE GILLES
DELEUZE [TV-Interviews mit Claire Parnet], F 1988/89, 1996).
Heubach macht mit einigem Furor in der orthodox marxistischen Linken hingegen den Gegner einer
linksemanzipatorischen Analyse des Flippers aus: „Ich kenne – von den Jugendschützern und den in
abendländischen Werten Handelnden lohnt nicht die Rede – keine impertinenteren Beschränktheiten als die
jener Moralmarxisten und verweinten linken Pestalozzis, die im Delirium ihres präservativen Humanismus’
wieder mal zeigefingernd ihr Menetekelchen absingen und sich nicht entblöden, aus der Diaspora ihrer
säuberlichen Seelen den Flipper als/zur Ausgeburt spätkapitalistischer Surrogat-Produktion zu erklären. –
Wem ist denn das etwas Neues, wer hat denn den Kapitalismus so metaphysisch böse gesehen, daß ihn der
Witz verwundern kann, mit dem dieser auch noch das Löcken gegen die ihm konstitutiven Verdrängungen
systemerhaltend zu integrieren versteht. Diese zwischen biblischer Strenge und linker Askese oszillierende
Kulturkritik mißversteht öfter als erträglich den Marxismus als Schlabberlatz, der ihrem debilen Sabber die
Nachsicht garantiere.“ (Ebd.: S. 131).
In diesem Zusammenhang spricht Hainz von den Spielautomaten als „Prüfstände[n] der
Realitätstüchtigkeit.“ (Ebd.: S. 23).
In „Über einige Motive bei Baudelaire“ führt Benjamin auch das Hasardspiel – ein populäres Würfelspiel
v.a. im 19. Jahrhundert – als Beispiel einer Freizeitbeschäftigung an, das er in Entsprechung zur
kapitalistischen Fabrikarbeit verortet, insofern dort „die Vergeblichkeit, die Leere, das Nicht-vollenden-
dürfen“ der Tätigkeit des Fabrikarbeiters gespiegelt sei. „Auch dessen vom automatischen Arbeitsgang
ausgelöste Gebärde erscheint im Spiel, das nicht ohne den geschwinden Handgriff zustande kommt, welcher
den Einsatz macht oder die Karte aufnimmt. Was der Ruck in der Bewegung der Maschinerie, ist im
Hasardspiel der sogenannte Coup. Der Handgriff des Arbeiters an der Maschine ist gerade dadurch mit
dem vorhergehenden ohne Zusammenhang, daß er dessen strikte Wiederholung darstellt.“ (Benjamin 1939:
S. 223)
Zur Kritik Warnekens an Kracauer vgl. Warneken 1974: S. 122f.
Der Zeitschriftenaufsatz „Päng. Crack. Klumm. Zoff. Flopp. Blip. Kläng. Zachapp“ ist im Zeit-Magazin mit
dem Autorennamen Dieter Hainz angegeben; im Literaturverzeichnis von Meistermann-Seegers und
Bingemers Psychologie des Automatenspiels dagegen wird für den selben Aufsatz Benjamin Buchloh als
Autor ausgewiesen, der außerdem als Mitarbeiter für jene Studie im Impressum genannt ist. Von Stil und

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Methode des Aufsatzes her lässt sich tatsächlich auf Buchloh als Autor schließen. Das Pseudonym Dieter
Hainz wäre wahrscheinlich ableitbar von Buchlohs zweitem Vornamen, nämlich Benjamin Heinz-Dieter
Buchloh.
Hainz 1970: S. 23
Eine ideologiekritische Analyse amerikanischer Flipperfrontscheiben der 1950er leistet auch Gianni Emilio
Simonetti in einem Katalog zu einer Ausstellung solcher Scheiben in Mailand Anfang der 1970er; vgl.
Simonetti 1970.
Zu Capras Verfilmung kalauert Oppitz: „[W]eniger Shangri-La als Shangri-L.A.“ (Oppitz 1974b: S. 24).
Oppitz analysiert sehr detailliert die spezifische Aneignungs- und Fortschreibungspraxis des Shangri-La-
Mythos durch den Flipper: „[D]er Flipper Shangri-La [wirft] fiktive und reale ethnographische Fakten
zusammen. Häufiger noch als vorfindbare und erfundene Ethnographica zu verbinden, ist beim Flipper
Shangri-La ein anderes Verfahren zu beobachten: ethnographisch exakte oder partiell exakte Details
werden aus dem kulturspezifischen Zusammenhang, in den sie hineingehörten, herausgenommen und als
Ingredienzien einer willkürlichen, synkretistischen Auslese weiterverwertet. Da dieses Verfahren
konstituierend ist für den ganzen Flipper als einem Zeichen, ist es angeraten, näher zu verfolgen, wie die als
manipulierbare Fertigteile benutzten Details im einzelnen aussehen und als Bestandteile des ganzen Bildes
montiert wurden.“ (Ebd.: S. 65).
Hingegen ist der am Flipperautomat forschende Semiologe Oppitz selbst bildlich, nämlich in einer
Fotografie, die mit dem Text abgedruckt ist, repräsentiert; das Foto stammt von Candida Höfer und gehört
zu ihrer Serie Flipper (vgl. Anm. 12).
Im Jahr 2008 erscheint ein weiteres von Stern produziertes Flippermodell, das auch den vierten Teil der
Indiana Jones-Reihe – INDIANA JONES AND THE KINGDOM OF THE CRYSTAL SKULL (USA
2008) – bildlich und narrativ aufnimmt; dieser Flipper mit dem Namen Indiana Jones ist nicht Teil meiner
Lektüre; für eine Rezension dieses Modells vgl. z. B.: http://www.pinballnews.com/games/indianajones/
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das erste Flippermodell, das das Midway’s DCS Zurück
Sound nach oben
System
verwendet; vgl. http://www.ipdb.org/machine.cgi?id=1267
Beim Flipper wird jene Filmszene der rollenden, riesigen Kugel ins Videodisplay aufgenommen, sie
begleitet dort die Funktion des Multiballs.
Die kurze Passage, in der Benjamin in „Über einige Motive bei Baudelaire“ im Kontext des Choks den
Lunapark mit der Fabrikarbeit in Beziehung setzt, erweist sich für eine Perspektive auf das in die Tradition
der Kirmes gestellten Blockbusterkino als erwähnenswerte biopolitische Ergänzung: „Was der Lunapark in
seinen Wackeltöpfen und verwandten Amüsements zustande bringt, ist nichts als eine Kostprobe der
Dressur, der der ungelernte Arbeiter in der Fabrik unterworfen wird (eine Kostprobe, die ihm zeitweise für
das gesamte Programm zu stehen hatte; denn die Kunst des Exzentriks, in der sich der kleine Mann in den
Lunaparks konnte schulen lassen, stand zugleich mit der Arbeitslosigkeit hoch im Flor).“ (Benjamin 1939:
S. 222 f.).

Literatur
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Unterhaltungsindustrie. Frankfurt/Main, S. 66-129.
Yoon, Soyoung (2013): „Cinema against the Permanent Curfew of Geometry: Guy Debord’s
Sur les passage de quelques personnes à travers une assez courte unité de temps (1959)“.
In: Grey Room Nr. 52, Juli, S. 38-61.

Filmografie
Actua-Tilt, R: Jean Herman, F 1960
Anatomy of a Murder, R: Otto Preminger, USA 1959
Bad Santa, R: Terry Zwigoff, USA 2003
BEFORE SUNRISE, R: Richard Linklater, USA 1995
Caught, R: Max Ophüls, USA 1949
Critique de la séparation, R: Guy Debord, F 1961
Dazed and Confused, R: Richard Linklater, USA 1993
DEUX OU TROIS CHOSES QUE JE SAIS D'ELLE, R : J-L. Godard, F 1966
Glee, Staffel 3, Folge 21: Nationals, R: Eric Stoltz, USA 2012
Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull, R: Steven Spielberg, USA 2008
Indiana Jones and the Last Crusade, R: Steven Spielberg, USA 1989
Indiana Jones and the Temple of Doom, R: Steven Spielberg, USA 1984
Les Mauvaises Fréquentations / Du côté de Robinson, R: Jean Eustache, F 1963
QUATRE CENTS COUPS, LES (SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN), R:
François Truffaut, F 1959

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Flipperautomat als Kinogeschichte | nach dem film https://nachdemfilm.de/essays/flipperautomat-als-kinogeschichte

Liebe ist kälter als der Tod, R: Rainer Werner Fassbinder, BRD 1969
Lost Horizon, R: Frank Capra, USA 1937
Masculin Féminin, R: Jean-Luc Godard, F 1966
Montage V: How To Play Pinball, R: Wayne Sourbeer, USA 1963
Raiders of the Lost Ark, R: Steven Spielberg, USA 1981
Same Player Shoots Again, R: Wim Wenders, BRD 1967
Strategen (alternativer Titel: Flipper), R: Klaus Lemke, BRD 1966
SUMMER IN THE CITY (Dedicated to the Kinks), R: Wim Wenders, D 1970
The Accused, R: Jonathan Kaplan, USA 1988
The Final Programme, R: Robert Fuest, GB 1973
They Drive by Night, R: Raoul Walsh, USA 1940
Tilt, R: Rudy Durand, USA 1979
Tommy, R: Ken Russell, GB 1975
Vivre sa vie, R: Jean-Luc Godard, F 1962
L’Abécédaire de Gilles Deleuze [TV-Interviews mit Claire Parnet], F 1988/89, 1996

Quellenangaben
1. DAZED AND CONFUSED, DVD Universal Pictures Germany GmbH © original copyright holders.
2. LES QUATRE CENTS COUPS, DVD Zweitausendeins Edition © original copyright holders.
3. LES QUATRE CENTS COUPS, DVD Zweitausendeins Edition © original copyright holders.
4. © original copyright holders.
5. VIVRE SA VIE, DVD Alive © original copyright holders.
6. MASCULIN FÉMININ, DVD Optimum © original copyright holders.
7. 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, DVD Alive © original copyright holders.
8. 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, DVD Alive © original copyright holders.
9. 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, DVD Alive © original copyright holders.
10. 2 OU 3 CHOSES QUE JE SAIS D’ELLE, DVD Alive © original copyright holders.
11. © original copyright holders.
12. THEY DRIVE BY NIGHT, DVD Warner Bros. © original copyright holders.
13. CAUGHT, DVD Olive Films © original copyright holders.
14. ANATOMY OF A MURDER, DVD Sony Pictures Home Entertainment © original copyright holders.
15. THE ACCUSED, DVD Paramount © original copyright holders.
16. THE ACCUSED, DVD Paramount © original copyright holders.
17. LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD, DVD STUDIOCANAL © original copyright holders.
18. TOMMY, DVD Alive © original copyright holders.
19. TOMMY, DVD Alive © original copyright holders.
20. TOMMY, DVD Alive © original copyright holders.
21. © original copyright holders.
22. DAZED AND CONFUSED, DVD Universal Pictures Germany GmbH © original copyright holders.
23. TILT © original copyright holders.
24. Le Billard électrique © original copyright holders.
25. RAIDERS OF THE LOST ARK, DVD Paramount © original copyright holders.

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