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02.08.2023 DROGENHANDEL

Ist der Hai high?


Die See vor Florida gilt als die am stärksten mit Kokain
belastete Meeresregion der Erde. Wissenschaftler fragen sich
ernsthaft, was dies mit den anwesenden Haien machen
könnte.
von Jack Tamisiea

© PHILIP THURSTON / GETTY IMAGES / ISTOCK (AUSSCHNITT)

Grinst der Hai etwa, während er durch eine weiße, rieselnde Wolke schwimmt? Fakt
ist, dass Haie vor Floridas Küste einer großen Menge an Drogen ausgesetzt werden.

Haie auf Kokain klingt wie der Titel eines schlechten


Horrorfilms. Doch vor der Küste Floridas scheint das gar nicht
so abwegig zu sein. Das vermuten zumindest manche
Wissenschaftler, denn in diesen Gewässern kreuzt eine
Vielzahl von Haien eine der wichtigsten Schmuggelrouten für
Drogen in die USA. Und oft genug fliegen die Bündel mit
Kokain von Bord, wenn die Küstenwache auftaucht: Die
Raubfische könnten also tatsächlich schwimmenden
Drogenpaketen ausgesetzt sind. »Dies ist der einzige Ort auf
der Welt, an dem ein Hai mit solch großen Dosen an Kokain in
Berührung kommen kann«, sagt der Meeresbiologe Tom Hird.

Hird untersucht die Möglichkeit, dass Haie Drogen zu sich


nehmen, in einem neuen Fernsehbeitrag mit dem Titel
»Kokainhaie«, der Teil der »Haiwoche« 2023 des
Fernsehsenders »Discovery Channel« ist. ist. Der auffällige
Titel ist eine Hommage an »Cocaine Bear«, einen im Frühjahr
2023 erschienenen Film über einen Schwarzbären, der im
Kokainrausch durch seinen Wald zieht.

Der Film basiert nur sehr lose auf einer wahren Begebenheit
aus dem Jahr 1985 (bei der ein Schwarzbär starb, kurz
nachdem er mehrere Packungen mit Kokain zu sich
genommen hatte, die aus einem Flugzeug über dem Norden
des US-Bundesstaats Georgia abgeworfen worden waren).
Dennoch ist Hird der Meinung, dass die Haie sehr viel
wahrscheinlicher mit der Droge in Berührung kommen als die
meisten anderen Raubtiere – einschließlich Bären. »Ich glaube
fest daran, vor allem angesichts der Menge an Kokain, die in
Florida angeschwemmt wird«, sagt Hird. »Und das ist nur die
Ware, die an den Strand gelangt. Das Zeug, das im Meer bleibt,
ist darin nicht enthalten.« Da Kokain wasserlöslich ist, könnte
ein Hai, der in der Nähe eines beschädigten Pakets schwimmt,
theoretisch einen Kontaktrausch bekommen.
Wie wahrscheinlich ist eine Exposition?
Um die Hypothese zu testen, hat sich Hird mit Tracy Fanara
zusammengetan, einer Umweltwissenschaftlerin an der
University of Florida, die die Auswirkungen menschlicher
Schadstoffe auf Haie und andere Meeresbewohner untersucht.
»Ich lebe seit 20 Jahren in Florida und habe viele Geschichten
über Kokainballen gehört, die an Land gespült wurden«, sagt
Fanara. »Aus diesem Grund habe ich die Idee erst belächelt ,
doch nun bin daran zu untersuchen, ob Haie wirklich solche
Drogen konsumieren.«

Das Team konzentrierte sich auf die Gewässer um die Florida


Keys, eine Reihe von Inseln südlich der Halbinsel Florida. In
der Regel werfen Drogenschmuggler ihre Ware von leichten
Flugzeugen südlich der Florida Keys ab, wo weitere
Mittelsmänner sie wahrscheinlich mit Booten abholen. Und
dank der Meeresströmungen wird ein Teil dieser Drogen oft in
der Nähe der Keys angespült. Medienberichten zufolge fischte
ein Bootsfahrer dort am 2. Juli 2023 eine Ladung Kokain mit
einem Gewicht von 62 Pfund heraus, nur wenige Wochen
nachdem die US-Küstenwache mehr als 14 100 Pfund Kokain
(im Wert von schätzungsweise 186 Millionen US-Dollar)
beschlagnahmt hatte, das über die Karibik nach Florida
geschmuggelt wurde. Und im Januar wurden Drogen im Wert
von 2,3 Millionen US-Dollar in den Florida Keys
angeschwemmt und der US-Grenzpolizei übergeben. Selbst
Meeresschildkröten wurden schon mit Kokainpackungen
aufgefischt.

Die warmen Gewässer der Keys sind wiederum ein Hotspot für
Haie. Mehrere Arten schwimmen hier, darunter Tiger-,
Hammer- und Bullenhaie. Hird und Fanara sind bei den Keys
nahe mehrerer Haie ins Wasser gesprungen, um deren
Verhalten beobachten zu können. In einem Fall schwamm ein
großer Hammerhai (Sphyrna mokarran), der normalerweise
sehr vorsichtig ist, auf die Taucher zu. Diese Art, die mehr als
sechs Meter lang und weit über 200 Kilogramm schwer
werden kann, neigte sich beim Schwimmen zur Seite, so dass
der normalerweise grazile Hai ungewöhnlich wackelig aussah.
Da der stromlinienförmige Körper der Haie ihnen hilft, mühelos
durch das Wasser zu gleiten, ist jede Störung in ihren
Bewegungen leicht zu erkennen. »Es ist fast so, als würde man
bemerken, dass jemand die Mona Lisa mit Graffiti beschmiert
hat«, sagt Hird. Die Taucher beobachteten auch einen
Sandbankhai (Carcharhinus plumbeus), der in kleinen Kreisen
schwamm, als sei er auf ein unsichtbares Objekt fixiert – ein
weiteres Verhalten, das die Forscher seltsam fanden. Sie
konnten diese Verhaltensweisen jedoch nicht mit einem
etwaigen Kokainkonsum in Verbindung bringen.
Ein experimenteller Ansatz
Zurück auf dem Boot warf das Team Kokainattrappen neben
künstlichen Schwänen ins Wasser, um zu sehen, welches
Objekt die Haie bevorzugten. Zu ihrer Überraschung
ignorierten mehrere Haie die Schwäne und schwammen direkt
auf die falschen Ballen zu. Einige Haie bissen sogar in sie
hinein. Als Nächstes warfen die Forscher mit konzentriertem
Fischpulver gefüllte Köderbälle ins Wasser. Laut Hird ist
bekannt, dass dieses Pulver einen Dopaminausstoß im Hirn
des Hais auslöst. In diesem Fall löste der Köder bei den Haien
einen Reiz aus, ähnlich wie Katzenminze bei Katzen. Die
Forscher hofften, dass die Haie diese Stimulation mit »Kokain«
assoziieren würden. Schließlich warf das Team erneut unechte
Kokspakete ins Wasser, diesmal jedoch von Flugzeugen aus,
um ein Drogenabwurfszenario zu simulieren. Mehrere Haie
schwammen herbei, um den Aufprall zu untersuchen, der sich
laut Hird für die Haie ein wenig so anhört wie ein zappelnder
Fisch.

Während die Forscher der Meinung sind, dass diese Tests


darauf hindeuten, dass Haie durchaus probeweise in die
Kokainpackungen beißen könnten, schlucken nicht alle
Haiforscher diesen Köder. Gavin Naylor, Direktor des Florida
Program for Shark Research an der University of Florida, hält
es für plausibel, dass ein schwimmender Hai in Florida auf
schwimmende Rauschmittel stößt. Er glaubt jedoch, dass die
Haie diese Ballen eher wie Treibholz oder andere ungenießbare
Abfälle behandeln. »Das sind Raubfische«, sagt Naylor, der
nicht an der Fernsehsendung beteiligt war. »Wenn der Ballen
nicht mit frisch getöteten Fischen versetzt wurde, ist es
unwahrscheinlich, dass sie daran fressen wollen.«

Echte Untersuchungen stehen aus


Obwohl Päckchen mit Kokain auf den Keys angeschwemmt
wurden, während die Haie von Hird und Co beobachtet wurden,
stellt Fanara fest, dass es ohne eine eingehende Untersuchung
unmöglich ist, das Verhalten der Tiere eindeutig mit der
Aufnahme von Kokain in Verbindung zu bringen. Dazu müssten
die Haie gefangen, Blutproben entnommen und im Labor auf
chemische Spuren der Droge untersucht werden.

Der Nachweis von Kokainspuren im Blut eines Hais wäre der


erste Schritt, aber es sind noch weitere Arbeiten erforderlich,
um zu verstehen, wie sich die Droge auf die Synapsen des
Fisches auswirken könnte. Studien an anderen Fischen
könnten Rückschlüsse liefern. Im Jahr 2016 untersuchten
Wissenschaftler in der Schweiz die Auswirkungen von Kokain
auf Zebrafische, die häufig in wissenschaftlichen
Experimenten verwendet werden. Die Forscher waren
überrascht, dass sich das meiste Kokain in den Augen der
Fische und nicht in ihrem Gehirn anreicherte. Die Augen
einiger Zebrafische enthielten Koks-Konzentrationen, die 1000-
mal höher waren als die für Menschen tödlichen Werte.
Bemerkenswert fanden die Schweizer Wissenschaftler auch,
dass das Kokain die Zebrafische nicht aufputschte, sondern
ihre Bewegungen hemmte. »Man könnte meinen, dass ein Hai
auf Kokain mit 1600 Kilometern pro Stunde durch die Gegend
rast«, sagt Hird. »Doch wir denken an unser menschliches
Gehirn und setzen es in den Kopf des Hais ein.«
Drogen setzen Fischen zu
Unabhängig davon, wie sich Kokain auf Haie auswirkt, zeigen
neuere Forschungen, dass Wassertiere unfreiwillig unter den
Einfluss von Betäubungsmitteln geraten können. Im Jahr 2021
stellte ein Team fest, das die Auswirkungen der
Methamphetamin-Verschmutzung auf Bachforellen
untersuchte, dass die Fische im Labor offenbar schon durch
geringe Meth-Mengen im Wasser süchtig wurden. Sie zeigten
sogar Anzeichen von Entzug, wenn sie in ein neues Becken
umgesetzt wurden. Aale wiederum reichern die Suchtstoffe
und ihre Abbauprodukte im Fettgewebe an, was ihr Verhalten
ändert und Muskelzellen schädigt.

Hird und sein Team hoffen, dass »Kokainhaie« die


Öffentlichkeit für die Auswirkungen sensibilisieren, die Drogen
inklusive Pharmazeutika auf Meereslebewesen haben können.
»Dieser Titel ist einprägsam genug, um ein echtes Problem zu
beleuchten«, sagt Fanara.

Naylor sieht das dagegen etwas anders. Zwar stimmt er zu,


dass die »Shark Week« auf dem Discovery Channel eine große
Plattform für die oft verkannten Raubfische biete. Allerdings
gehe die Hervorhebung von überspitzten Szenarien am Thema
vorbei. »Die Natur bietet so viele Geheimnisse, die wir nicht
verstehen«, sagt der Wissenschaftler. »Warum wir künstliche
Aufreger schaffen müssen, um Aufmerksamkeit zu
bekommen, ist mir unbegreiflich.«
Welche Hoffnungen haben Sie, wenn Sie an die Legalisierung
von Cannabis denken?

Entlastung von Polizei und Weniger Gewalttaten als un-


Justiz ter Alkoholeinfluss

Kampf gegen den Schaffung von


Schwarzmarkt Arbeitsplätzen

Allgemein weniger
Neue Steuereinnahmen
Drogenkriminalität

Weniger Abhängigkeiten von Ausgabe eines reineren und


Alkohol besseren Cannabis

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Scientific American, Are ‘Cocaine Sharks’ Really Scarfing Down Drugs off
Florida’s Coasts?, 2023

Jack Tamisiea
Der Autor ist Wissenschaftsjournalist in Washington, D.C. Er schreibt vor allem über
Natur- und Umweltthemen.

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