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Vorwort
Das Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ soll vietnamesische Studierende im dritten Jahr
der Bachelorstudiengänge „Germanistik“ und „Deutsch als Fremdsprache“ an der ULIS – VNU
Hanoi in die grundlegenden Themen und Begriffe dieses Fachgebiets einführen, sie zum Nach-
denken über sich selbst sowie über die eigene Interaktion mit anderen Menschen anregen
und sie zur Entwicklung von Strategien für eine verständigungsorientierte Kommunikation be-
fähigen. Auch wenn im gegebenen vietnamesisch-deutschen Kontext eine kulturkontrastive
Herangehensweise naheliegt, werden in dem Seminar vornehmlich kulturunspezifische bzw.
-übergreifende Fragestellungen behandelt, um der Gefahr einer ungewollten Bildung oder
Verfestigung von Stereotypen vorzubeugen.
Das vorliegende Lehr- und Arbeitsbuch basiert auf dem derzeitigen Lehrplan und enthält die
Unterrichtsmaterialien, die in den vergangenen drei Jahren für diese Lehrveranstaltung ent-
wickelt und erprobt wurden. Die Materialien sollen dazu dienen,
• die Studierenden mithilfe von Simulationsübungen für kulturelle Vielfalt und die kul-
turelle Bedingtheit eigener Handlungs- und Deutungsmuster zu sensibilisieren,
• sie zu einem bewussten und kritischen Umgang mit kulturellen Generalisierungen und
Stereotypen aller Art zu befähigen,
• ihnen die Offenheit, Veränderlichkeit und gegenseitige Beeinflussung von Kulturen vor
Augen zu führen,
• sie anhand der drei Blickwinkel „Kultur, Person, Situation“ für die Gefahr fälschlicher
Kulturalisierungen zu sensibilisieren,
• sie mit ausgewählten „Hotspots“ der interkulturellen Kommunikation und einigen
möglichen Strategien für den Umgang damit vertraut zu machen,
• ihnen einen Überblick über vietnamesische und deutsche „Kulturstandards“ zu geben
und sie zugleich zu deren kritischer Hinterfragung anzuregen,
• sie mit ausgewählten vietnamesisch-deutschen „Critical Incidents“ bekannt zu ma-
chen,
• ihnen aber auch einen Eindruck von der Uneindeutigkeit vieler realer Irritationen zu
vermitteln.
Die Unterrichtsmaterialien sind, soweit möglich, auf die Bedürfnisse, Interessen und sprachli-
chen Voraussetzungen vietnamesischer Germanistik-Studierender im dritten Studienjahr zu-
geschnitten. Neben spielerischen Simulationsübungen und deren Reflexion sollen sie vor al-
lem die Auseinandersetzung mit Texten, Videos, Hörtexten und Bildern in wechselnden Ar-
beits- und Sozialformen ermöglichen. Einzelne Aufgaben dienen in erster Linie der Verständ-
nissicherung. Die meisten Aufgabenstellungen zielen hingegen darauf ab, die Studierenden
zur eigenständigen Reflexion zu ermutigen. Hier gibt es keine „richtigen“ oder „falschen“, son-
dern nur besser oder schlechter begründete Antworten.
In die Kapitel 1 und 4 des vorliegenden Buches sind wertvolle Anregungen von Prof. Dr. Mi-
chael Zerr (Karlshochschule International University, Karlsruhe) eingeflossen. In die Kapitel 2,
3 und 5 sind nicht minder wertvolle Impulse sowie zwei Arbeitsblätter von Prof. Dr. Claus
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Altmayer (Herder-Institut der Universität Leipzig) eingegangen. Die Erzählungen über „Mo-
mente der Verwunderung“ in Kapitel 12 wurden von Nele Schneider (Institut für Kulturwis-
senschaften der Universität Leipzig) gesammelt und aufgeschrieben.
Das Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ wurde ausschließ-
lich für den Unterricht in dieser Lehrveranstaltung erstellt. Es ist keine offizielle Publikation,
dient keinen kommerziellen Zwecken und ist auch nicht für die Veröffentlichung im Internet
bestimmt. Übernahmen von Texten anderer Autorinnen und Autoren wurden mit entspre-
chenden Quellenangaben versehen; es liegen jedoch keine Textrechte vor. Auch für die Bilder
liegen keine Rechte vor.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Inhalt
Kapitel 1: Kulturelle Generalisierungen und Stereotype ………..…………………………..…….. 7
1.1. Einstieg: Übung „Zitrone“ ……………………………………………..…………………………..…. 7
1.2. Text und Aufgaben: Generalisierungen, Stereotype, Vorurteile …………………….. 10
1.3. Aufgaben: Nationalstereotype ……………………………………………….…………………….. 13
1.4. Zusatzaufgaben: Anregungen zum Nachdenken ………………………………………..….. 16
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 1:
Kulturelle Generalisierungen und Stereotype
1.1 Einstieg: Übung „Zitrone“
b. Nehmen Sie eine Zitrone aus dem Beutel. Schauen Sie Ihre Zitrone sehr genau an, be-
schnuppern und betasten Sie sie!
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d. Jetzt werden alle Zitronen eingesammelt und auf den Fußboden gelegt. Suchen Sie Ihre
Zitrone!
e. Überlegen Sie: Wie sicher sind Sie, dass das Ihre Zitrone ist? Woran haben Sie das er-
kannt?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
f. Gleich sollen alle Zitronen herumlaufen und sich einander vorstellen! Überlegen Sie
vorher:
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g. Lassen Sie nun die Zitronen herumlaufen und sich einander vorstellen! Überlegen Sie
danach:
• Wie haben andere Zitronen auf die Begrüßung meiner Zitrone reagiert?
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2. Wenn man in Deutschland Zitronen kaufen möchte, sehen die Zitronen ungefähr so aus:
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
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Im Regelfall verallgemeinern wir das, was besonders auffällig ist. Deshalb sagen
wir: „In Deutschland sind die Zitronen gelb“ oder „In Vietnam sind die Zitronen
grün“. Solche allgemeinen Aussagen über eine Gruppe von Individuen, zwischen
denen es viele kleine Unterschiede geben kann, werden als „Generalisierungen“
bezeichnet.
Generalisierungen können auch kulturelle Faktoren betreffen und werden dann als
„kulturelle Generalisierungen“ bezeichnet. Um ein Beispiel zu nennen: In
Deutschland gibt es einen relativ hohen Anteil an Menschen, die Pünktlichkeit für
wichtig halten; in Indien hingegen gibt es einen relativ hohen Anteil an Menschen,
die zeitliche Absprachen sehr flexibel interpretieren und eine Verspätung von an-
derthalb Stunden völlig in Ordnung finden. Natürlich gibt es in Deutschland auch
unpünktliche Menschen, während es in Indien auch pünktliche Menschen gibt.
Auffällig ist aber die unterschiedliche Häufigkeit von „Pünktlichkeit“ bzw. „Flexi-
bilität“:1
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Folie von Prof. Dr. Michael Zerr, Karlhochschule International University, Karlsruhe, 2016.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Aussagen wie „Die Deutschen sind ziemlich pünktlich“ oder „Die Inder sind eher
flexibel“ sind in diesem Fall kulturelle Generalisierungen. Solche Generalisierun-
gen sind manchmal nötig, um Unterschiede überhaupt benennen zu können. Man
sollte dabei aber immer bedenken, dass die Individuen in einer Gruppe nicht alle
gleich sind. Das heißt: Generalisierungen werden dann gefährlich, wenn sie blind
für individuelle Differenzen machen.
In engem Zusammenhang mit dem Begriff der Generalisierung steht der Begriff
des „Stereotyps“. Stereotype sind stark vereinfachte, feste Vorstellungen oder Mei-
nungen über die Mitglieder einer Gruppe. Sie werden manchmal als „Übergenera-
lisierungen“ definiert, d. h. als zu starke Generalisierungen (z. B. „Alle Deutschen
sind pünktlich“). Allerdings ist es oft schwer zu sagen, wo die Grenze zwischen
Generalisierung und Übergeneralisierung verläuft.
Stereotype können die eigene Gruppe („Autostereotype“) oder eine andere
Gruppe („Heterostereotype“) betreffen. Sie können positiv („Die Franzosen sind
gute Köche“) oder negativ („Die Italiener sind chaotisch“) sein. Sie können von
vielen Menschen geteilt oder auch individuell gebildet werden. Sie können auf ei-
genen Erfahrungen basieren oder auf dem, was man mal gehört hat. Sie sind, wenn
es Fakten gibt, die ihnen widersprechen, prinzipiell korrigierbar; aber nicht alle
Menschen sind bereit, ihre Stereotype zu korrigieren. Manche Stereotype sind
nachweislich falsch; Forschungen zur Stereotypengenauigkeit haben jedoch ge-
zeigt, dass viele Stereotype auch einen wahren Kern haben, also nicht völlig unrea-
listisch sind.
Stereotype sind nichts grundsätzlich Schlechtes. Wir Menschen brauchen Stereo-
type, weil sie uns helfen, die Komplexität der uns umgebenden Welt zu reduzieren,
uns zu orientieren und Dinge einzuordnen. Wie jede Form der Generalisierung
werden sie erst dann gefährlich, wenn wir nur noch das wahrnehmen, was unse-
rem Stereotyp entspricht. Deshalb sollte man die eigenen Stereotype regelmäßig
hinterfragen.
Ein dritter wichtiger Begriff ist der des Vorurteils. Auch Vorurteile sind stark ver-
einfachte, feste Vorstellungen oder Meinungen über die Mitglieder einer Gruppe
und haben somit viel mit Stereotypen gemeinsam. Wie das Präfix „vor“ ausdrückt,
geht es hierbei um (meist negative) Einstellungen, die man schon vor einem nähe-
ren Kontakt zu der jeweiligen Gruppe hat. Als ein Unterschied zu Stereotypen gilt,
dass Vorurteile mit stärkeren Emotionen (z. B. Angst, Ablehnung, Abwehr, manch-
mal sogar Hass) verbunden sind und sich deshalb stärker auf das Verhalten aus-
wirken können (z. B.: „Die Flüchtlinge sind doch alle kriminell!“). Vorurteile kön-
nen dazu führen, dass Menschen den Kontakt zu den Mitgliedern einer anderen
Gruppe von vornherein vermeiden oder dass sie Mitglieder dieser Gruppe feind-
selig behandeln, ausgrenzen und diskriminieren. Dass Menschen Vorurteile haben,
ist nichts Ungewöhnliches. Da Vorurteile jedoch sehr gefährlich werden können,
ist es wichtig, sich mit den eigenen Vorurteilen immer wieder kritisch auseinan-
derzusetzen.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Bild 1 Bild 2
Bild 3 Bild 4
a. Bild 1: Was meinen Sie – aus welchem Land kommt diese Person? Welche Stereotype
kommen in dem Bild zum Ausdruck?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Bild 2: Was meinen Sie – aus welchem Land kommt diese Person? Welche Stereotype
kommen in dem Bild zum Ausdruck?
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c. Bild 3: Um welches Land geht es hier? Welche Stereotype kommen in dem Bild zum
Ausdruck?
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d. Bild 4: Um welches Land geht es hier? Welche Stereotype kommen in dem Bild zum
Ausdruck?
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2. Gibt es auch in Ihrem Kopf Stereotype oder Vorurteile? Prüfen Sie dies, indem Sie die
folgenden Aufgaben bearbeiten. Versuchen Sie, jede Frage zunächst allein zu beantwor-
ten, und diskutieren Sie dann in Kleingruppen darüber.
a. Wählen Sie ein Nachbarland von Vietnam aus und notieren Sie Ihre spontanen Asso-
ziationen zu den Bewohnern dieses Landes.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
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c. Basieren Ihre Assoziationen auf persönlichen Erfahrungen? Oder auf Dingen, die Sie
mal gehört oder gelesen haben?
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d. Lösen Ihre Assoziationen bei Ihnen Emotionen aus? Wenn ja, was für welche?
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e. Stellen Sie sich vor, in diesem Seminar würden drei Austauschstudierende aus dem
Nachbarland sitzen. Was glauben Sie: Wie würden Sie sich ihnen gegenüber verhalten?
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f. Überlegen Sie: Sind Ihre Assoziationen eher Stereotype oder Vorurteile? Warum?
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c. Falten Sie jetzt Ihre Hände so, dass die andere Hand „oben“ ist. Wie fühlt sich das an?
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a. Ist es höflich oder unhöflich, eine Person im ersten Gespräch nach ihrem Alter zu fra-
gen?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Kapitel 2:
Kulturelle Deutungsmuster
2.1 Einstieg: Die Kultur der Insel Albatros
1. Schauen Sie sich ein Video zur Kultur der Insel Albatros an. Beobachten Sie sehr genau
das Verhalten der Frauen und der Männer.
2. Notieren Sie in der Tabelle: Was machen die Frauen? Was machen die Männer?
Schuhe tragen – barfuß laufen – auf einem Stuhl sitzen – niederknien – auf dem
Boden knien – jemandem etwas anbieten – jemandem etwas servieren – jemanden
füttern – jemandem die Hand auf den Kopf / auf den Nacken / auf die Schulter
legen – sich nach vorne beugen – mit der Stirn den Boden berühren – mit den Händen
den Boden berühren - …
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
3. Stellen Sie in Kleingruppen Vermutungen zur Rolle der Männer und der Frauen in der
Albatros-Kultur an. Kreuzen Sie an, welche der folgenden zwei Aussagen Sie für zutref-
fender halten, und begründen Sie Ihre Meinung:
Auf der Insel Albatros stehen die Männer über den Frauen. Die Frauen sind den Män-
nern untergeordnet.
Auf der Insel Albatros stehen die Frauen über den Männern. Die Männer sind den
Frauen untergeordnet.
Begründung:
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
4. Lesen Sie nun die folgenden Erläuterungen zur Albatros-Kultur und beantworten Sie in
Kleingruppen die Fragen auf der nächsten Seite.
Frauen: Männer:
• sind heilig und stehen über den Männern, • dürfen die heilige Erde nicht berühren und
da sie gebärfähig sind müssen daher Schuhe tragen und auf Stüh-
len sitzen
• dürfen Bodenkontakt haben – je größer die
Füße, desto angesehener die Frau • dürfen der Erde nur durch die Hand auf dem
Nacken der Frau näherkommen
• dürfen die Früchte der Erde (Nahrung) be-
rühren und servieren • dürfen die Nahrung nicht berühren, müssen
gefüttert werden
• müssen die Nahrung vorkosten [= zuerst
probieren], um die Frauen zu schützen
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Vergleichen Sie die Erläuterungen mit Ihren Vermutungen. Was hat Sie besonders
überrascht?
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b. Was denken Sie: Was kann man aus dieser Übung lernen?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Diskutieren Sie in Kleingruppen über Ihre Notizen. Was davon sind Wahrnehmungen?
Was sind Deutungen? Was sind Wertungen?
c. Schauen Sie Ihre Deutungen noch einmal an und überlegen Sie in Kleingruppen: Wel-
che ganz anderen Deutungen wären möglich?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
2. Schauen Sie sich einige Minuten lang sehr genau das folgende Bild an.
a. Notieren Sie jetzt Ihre Wahrnehmungen (keine Deutungen und keine Wertungen!).
b. Diskutieren Sie in Kleingruppen über Ihre Notizen. Sind das wirklich nur Wahrnehmun-
gen? Was sind vielleicht schon Deutungen oder sogar Wertungen?
c. Schauen Sie Ihre Deutungen noch einmal an und überlegen Sie in Kleingruppen: Wel-
che ganz anderen Deutungen wären möglich?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
3. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine deutsche Brieffreundin namens Anna, mit der Sie per
E-Mail korrespondieren. Anna ist Studentin, und seit kurzem studiert sie für ein Jahr als
Austauschstudentin an einer Universität in einer großen Stadt im nördlichen Teil Chinas.
Anfang November schreibt Anna Ihnen die folgende E-Mail:
06.11.20XX, 07:48
Liebe/r …,
ich schicke Dir ganz herzliche Grüße aus Tianjin! Wie geht es Dir und wie ist das Wet-
ter bei Euch in Hanoi? Es ist bestimmt noch wunderbar warm, oder?
Hier ist das Wetter gerade das Thema Nr. 1. Stell Dir vor, vor einigen Tagen sind die
Temperaturen ganz plötzlich von plus 20 Grad auf minus 5 Grad gesunken! Es weht
ein eisiger Wind und es hat sogar geschneit! Aber der offizielle Beginn der Heizperiode
ist erst Mitte November. Erst am 15. November werden alle Heizungen in der Stadt
zentral eingeschaltet. Das heißt, hier sitzen gerade 10 Millionen Menschen in ihren kal-
ten Wohnungen und frieren! Unglaublich!
In meinem Wohnheim ist es zum Glück schon warm, weil die Uni ihr eigenes kleines
Heizwerk hat. Aber all die anderen Leute in der Stadt tun mir wirklich leid.
Gestern Abend habe ich mich mit zwei Freundinnen in einer Bar außerhalb des Cam-
pus getroffen – es war natürlich schrecklich kalt! Und als ich am späten Abend mit
dem Fahrrad nach Hause geradelt bin, habe ich etwas total Merkwürdiges gesehen.
Stell Dir mal diese Szene vor:
Mitten auf einer großen Kreuzung (um die Zeit ist nur noch wenig Verkehr auf der
Straße) brennt ein Feuer, um das sich etwa zwanzig bis dreißig dunkel gekleidete Män-
ner versammelt haben. Stumm und nahezu regungslos stehen sie um die tanzenden
Flammen herum, werfen nur ab und an ein paar Zweige hinein. Während ich darauf
warte, dass die Ampel grün wird, starre ich unentwegt zu dem Feuer und der düsteren
Männerschar hinüber. Was zum Teufel soll das? Ein Feuer mitten auf einer Kreuzung?
Ist das ein Lagerfeuer, an dem die Wanderarbeiter sich aufwärmen? Ist das eine De-
monstration? Ein Protest der Frierenden von Tianjin gegen die Heizungspolitik der
Behörden? Oder ist das irgendein Ritual im Zusammenhang mit irgendeinem Fest?
Irgendein Gefühl sagt mir, dass die Lösung dieses Rätsels weit weg von allem liegt,
was ich denke. Ich muss unbedingt jemanden fragen. Hast Du vielleicht eine Idee, was
das Feuer auf der Straßenkreuzung bedeuten könnte? Wenn ja, schreib mir bitte.
Ich freue mich auf Deine Antwort!
Liebe Grüße
Anna
a. Was denken Sie über Annas Deutungen des Feuers auf der Straßenkreuzung? Ist eine
dieser Deutungen richtig?
Lagerfeuer: ____________________________________________________________
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Wie würden Sie das Feuer auf der Straßenkreuzung deuten? Sammeln Sie Ideen!
c. Haben Sie eine Erklärung gefunden? Falls ja, schreiben Sie eine Antwort-Mail an Anna.
Liebe Anna,
vielen Dank für Deine E-Mail!
Hier in Hanoi ist es sonnig und schön warm, ca. 25 Grad. Also, wenn es Dir in
China zu kalt ist, komm doch einfach nach Vietnam!
Was das Feuer auf der Straßenkreuzung betrifft, hätte ich eine Idee. Hier ist sie:
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4. Gerade wollen Sie Ihre Antwort an Anna absenden, da finden Sie schon die nächste E-
Mail von Anna in Ihrer Mailbox:
07.11.20XX, 14:37
Liebe/r …,
hier kommt nun die Lösung des Rätsels:
Eben habe ich meinem Lehrer Wang Hui von dem Feuer auf der Straßenkreuzung er-
zählt. Und natürlich habe ich ihm auch von meinen Spekulationen erzählt. Schon bei
dem Stichwort „Lagerfeuer“ hat Herr Wang Hui amüsiert gelächelt. Und bei dem
Stichwort „Demonstration“ musste er so sehr lachen, dass er gar nicht mehr aufhören
konnte …
Das Feuer auf der Kreuzung, so habe ich von Herrn Wang Hui erfahren, war ein Be-
standteil des chinesischen Ahnenkults, der Fürsorge für die Geister der Toten, die
dann ihrerseits Einfluss auf das Wohlergehen der Lebenden nehmen können. Solche
Feuer werden angezündet, um Opfergaben für eine kürzlich verstorbene Person – oder
für sämtliche Verstorbenen einer Familie – in die Flammen zu werfen: vor allem soge-
nanntes „Totengeld“ aus Papier, aber auch aus Papier gebastelte Statussymbole und
Gebrauchsgegenstände wie z. B. Möbel. Früher wurden diese Opfergaben in individu-
eller Handarbeit angefertigt, heute gibt es sie in den Läden zu kaufen. Und früher wur-
den die Feuer auf den Friedhöfen neben den Gräbern entzündet. Doch heute gibt es
auf den Friedhöfen keinen Platz mehr für solche Feuerrituale. Also müssen die Leute
sich andere Orte suchen. Wie z. B. eine spätabendliche Straßenkreuzung. Das, so Herr
Wang Hui, ist ein relativ sicherer Ort, weil das Feuer dort nicht so leicht auf umlie-
gende Gebäude übergreifen kann.
Als ich das gehört habe, bin ich aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. An
Hypothesen hatte es mir ja nicht gemangelt. Doch DARAUF wäre ich nicht gekommen.
Sag mal, gibt es so etwas in Vietnam eigentlich auch? Zündest Du auch manchmal ein
Feuer auf einer Straßenkreuzung an?
Ich bin total neugierig!
Liebe Grüße
Anna
a. Hat die Lösung des Rätsels Sie überrascht? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
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c. Vergleichen Sie die Szene auf der Straßenkreuzung und die Erläuterungen von Herrn
Wang Hui mit dem Ahnenkult in Vietnam. Was ist ähnlich, was ist anders?
Liebe Anna,
vielen Dank für Deine E-Mail! Schön, dass Du schon eine Erklärung bekommen
hast.
Also, hier in Vietnam _____________________________________________________
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 3:
Was ist „Kultur“?
3.1 Einstieg, Teil 1: Interkulturelles Würfelspiel
Interkulturelles Würfelspiel
Es werden Spieltische für jeweils etwa 5 Spieler gebildet. Auf jedem Tisch gibt es
einen Würfel und eine Schüssel mit Maiskörnern. Jeder Teilnehmer bekommt ein
Schüsselchen zum Sammeln von Maiskörnern.
Auf jedem Tisch liegt ein Zettel mit Spielregeln. Bitte lesen Sie zunächst die Spiel-
regeln.
Sie können probeweise zwei bis drei Minuten lang würfeln, um sich die Spielre-
geln einzuprägen. Danach wird der Zettel mit den Spielregeln entfernt. Ab jetzt
dürfen Sie nicht mehr sprechen!
Nun beginnt die 1. Runde des Spiels: Die Spielerinnen und Spieler würfeln der
Reihe nach. Je nach gewürfelter Zahl können sie Maiskörner aus der Schüssel neh-
men und in ihren Becher legen. Es wird so lange gewürfelt, bis der Lehrer bzw. die
Lehrerin „Stopp!“ ruft. Dann werden die Maiskörner gezählt.
Die Person am Tisch, die die meisten Maiskörner gesammelt hat, hat gewonnen.
Die Person, die gewonnen hat, geht mit ihrem Becher zum nächsten Tisch. Da-
nach beginnt die 2. Runde des Spiels.
Wichtig: Während des Spiels dürfen Sie nicht sprechen!
Das Würfelspiel ist eine Modifikation des sehr bekannten Spiels „Barnga“, das von Sivasailam Thiagarajan
entwickelt wurde und normalerweise mit Karten gespielt wird (vgl. Sivasailam Thiagarajan; Raja Thiagarajan,:
Barnga (2006): A Simulation Game on Cultural Clashes. Boston, London: Nicholas Brealey).
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
2. Denken Sie nun – zunächst in Kleingruppen, dann im Plenum – über die folgenden Fragen
nach.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
3.2 Einstieg, Teil 2: Was ist Kultur? Und was ist meine Kultur?
1. Sammeln Sie in Kleingruppen möglichst viele Assoziationen: Was ist Kultur? Und was ist
meine Kultur?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Kulturbegriffe
Kaum ein Begriff wird in den Geisteswissen-
schaften so häufig gebraucht wie „Kultur“ – und
kaum ein Begriff ist so unklar. Schon 1952 stellten
Alfred Kroeber und Clyde Kluckholm 175 ver-
schiedene Definitionen des Begriffs „Kultur“ fest
– und diese Zahl dürfte seitdem noch deutlich ge-
wachsen sein (vgl. Nünning 2009).
Das Wort „Kultur“ geht auf die lateinischen Wörter „colere“ (= pflegen) und
„cultura“ (= Landbau, Ackerbau) zurück. Im weitesten Sinne ist Kultur also alles,
was – im Gegensatz zur Natur – von Menschen gemacht ist oder gepflegt wird.
Im Gegensatz hierzu steht ein sehr enger Kulturbegriff, der aus der Soziologie
stammt: Hier wird unter „Kultur“ nur der Bereich der Musik, Literatur, Kunst etc.
verstanden – im Unterschied zu anderen gesellschaftlichen Teilbereichen wie Wirt-
schaft und Politik.
Wenn man sich mit interkultureller Kommunikation beschäftigt, ist ein so enger
Kulturbegriff natürlich nicht geeignet. In diesem Kontext wird immer ein weites
Verständnis von „Kultur“ zugrunde gelegt, wobei der Begriff zumeist auf die Tra-
ditionen, Sitten, Gebräuche, Verhaltensregeln von Gruppen (Nationen, ethni-
schen Gruppen, Religionsgruppen etc.) bezogen wird. In der neueren Forschung
gibt es schließlich die Tendenz, „Kultur“ vor allem mit dem menschlichen Denken
in Verbindung zu bringen. Nach dieser Auffassung ist „Kultur“ ein von Menschen
erzeugter und geteilter Bestand an „Vorstellungen, Denkformen, Empfindungs-
weisen, Werten und Bedeutungen“ (Nünning 2009).
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
2. Lesen Sie noch einen weiteren kleinen Text und bearbeiten Sie die Aufgaben unter dem
Text.
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b. Hier eine kleine Übung von Susanne Doser2: „Die aufgelisteten Aspekte sind Kultur-
merkmale. Übertragen Sie die Nummern der Aspekte, von denen Sie glauben, dass sie
sichtbar sind, in den oberen Teil des Eisbergs (oberhalb der Wasseroberfläche). Die
Aspekte, von denen Sie glauben, dass Sie unsichtbar sind, tragen Sie in den unteren
Teil des Eisbergs (unterhalb der Wasseroberfläche) ein.“
2
Quelle: Susanne Doser (2006): 30 Minuten für interkulturelle Kompetenz. Offenbach: Gabal Verlag, S. 11.
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
1. Kultur: = alles, was von Menschen gemacht ist oder gepflegt wird (im Gegensatz
zur Natur)
2. Kultur: = Musik, Literatur, Kunst (im Gegensatz zu Wirtschaft, Politik etc.)
3. Kultur: = die Traditionen, Sitten, Gebräuche, Verhaltensregeln einer Gruppe (einer
Nation, einer ethnischen Gruppe, einer Religionsgruppe etc.)
4. Kultur: = ein gemeinsamer Bestand an Vorstellungen, Denkformen, Empfindungs-
weisen, Werten und Bedeutungen
a. Sind die folgenden Situationen „Kultur“?3 Kreuzen Sie „ja“ an, wenn mindestens eine
der vier Definitionen passt; kreuzen Sie „nein“ an, wenn keine der Definitionen passt.
Situation ja nein
4 Es regnet. x
Eine Frau sitzt auf einer Bank, schaut auf die Uhr, x
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steht dann auf und geht schnell weg.
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Quelle: Arbeitsblatt von Prof. Dr. Claus Altmayer, Herder-Institut der Universität Leipzig, 2015.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
b. Greifen Sie einige der Situationen heraus, bei denen es sich nach Ihrer Auffassung um
„Kultur“ handelt, und überlegen Sie, in welcher Bedeutung Sie den Begriff „Kultur“ da-
bei jeweils verwenden.
37
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Kapitel 4:
Natur, Kultur, Individuum, Situation
4.1 Einstieg: Ich bin wie alle, manche, niemand außer mir
1. Sammeln Sie zu den folgenden Fragen möglichst viele Assoziationen. Bitte beachten Sie:
Hier geht es NICHT um äußere Merkmale wie Körpergröße, Hautfarbe, Augenfarbe etc.
a. Überlegen Sie in Kleingruppen: Was haben Sie mit ALLEN Menschen dieser Welt ge-
meinsam? Und was haben Sie mit MANCHEN Menschen dieser Welt gemeinsam?
b. Überlegen Sie nun individuell: „Was an mir ist einzigartig? Was habe ich mit NIEMAN-
DEM außer mir selbst gemeinsam?“ Falls Sie keine Ideen haben, fragen Sie Ihre Kom-
militonen.
38
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
2. Schauen Sie sich die folgende Graphik („Abgrenzung zwischen Natur, Kultur und Indivi-
duum“)4 an.
a. Vergleichen Sie die Graphik mit Ihren eigenen Ideen. Gibt es etwas, was Sie über-
rascht?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Greifen Sie einige Aspekte aus dem Bereich „Kultur“ heraus. Nennen Sie jeweils min-
destens ein Beispiel, das auf Sie selbst und manche anderen Menschen zutrifft.
4
Quelle (bearbeitet): Susanne M. Zaninelli, Culture Contact (München / New York), www.culture-contact.com.
39
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
1. Kultur: = alles, was von Menschen gemacht ist oder gepflegt wird (im Gegensatz
zur Natur)
2. Kultur: = Musik, Literatur, Kunst (im Gegensatz zu Wirtschaft, Politik etc.)
3. Kultur: = die Traditionen, Sitten, Gebräuche, Verhaltensregeln einer Gruppe (einer
Nation, einer ethnischen Gruppe, einer Religionsgruppe etc.)
4. Kultur: = ein gemeinsamer Bestand an Vorstellungen, Denkformen, Empfindungs-
weisen, Werten und Bedeutungen
a. Welche Definition passt am besten zu der Simulationsübung „Die Kultur der Insel Al-
batros“ (Kapitel 2)? Warum?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
2. Lesen Sie nun den folgenden Text und versuchen Sie, die Fragen unter jedem Abschnitt
zu beantworten.
40
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Überlegen Sie kurz: Was machen bzw. mögen Sie auch? Und
was nicht?
__________________________________________________
__________________________________________________
41
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
42
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
d. Überlegen Sie: Was haben Sie mit gleichaltrigen Studierenden aus anderen Ländern
(z. B. Deutschland) gemeinsam, aber nicht mit Ihren Großeltern?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
e. Überlegen Sie: Was haben Sie mit Ihren Großeltern gemeinsam, aber nicht mit gleich-
altrigen Studierenden aus anderen Ländern (z. B. Deutschland)?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
Sie merken: Wenn Sie sich selbst genau betrachten, sind Sie nicht NUR ein Vertreter
oder eine Vertreterin „der“ vietnamesischen Kultur. Ob Sie es wollen oder nicht:
Sie sind AUCH ein bisschen Amerikaner, ein bisschen Koreaner, ein bisschen Chi-
nese, ein bisschen Franzose, ein bisschen Italiener … (und wenn Sie nach einem
Sieg der U23 in eine Vuvuzela blasen, ein bisschen Südafrikaner). Noch dazu ge-
hören Sie einem bestimmten sozialen Umfeld (Familie, Dorfgemeinschaft, Freun-
deskreis etc.), einer bestimmten Altersgruppe, einer bestimmten Bildungsschicht,
einer bestimmten (oder auch keiner) Religionsgruppe an, nutzen bestimmte Social
Media und Messaging-Dienste (oder auch nicht), ha-
ben bestimmte Hobbys (oder auch nicht), mögen be-
stimmte Arten von Büchern, Filmen, Musik (oder
auch nicht), hegen bestimmte politische Überzeu-
gungen (oder auch nicht). Dieses spezielle Gemisch
aus vielen unterschiedlichen kulturellen Faktoren,
gepaart mit persönlichen Eigenschaften wie Tempe-
rament, Charakter, Intelligenz, Begabungen, etc.,
macht Sie als Individuum aus. Und Sie als Indivi-
duum haben immer die Freiheit, Dinge, die Sie ge-
stern gut (oder schlecht) fanden, heute nicht mehr
gut (oder schlecht) zu finden.
f. Überlegen Sie: Haben Sie sich in den letzten Jahren verändert? Gibt es etwas, worüber
Sie heute ganz anders denken als noch vor wenigen Jahren?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
43
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
a. Wählen Sie eine beliebige Person aus Ihrer Klasse aus und überlegen Sie: Was sehen
Sie bzw. was wissen Sie über diese Person? Und was sehen bzw. wissen Sie NICHT?
Noch komplizierter wird das Ganze, wenn Sie bedenken, dass das Verhalten eines
Menschen in einer bestimmten Situation immer durch grundsätzlich drei Faktoren
bedingt sein kann: (a) die Kultur dieses Menschen (genauer gesagt: die jeweilige
komplexe Mischung von kulturellen Komponenten), (b) die Person, also die per-
sönlichen Eigenschaften (wie Temperament, Charakter, Intelligenz, Begabung,
psychische Dispositionen, unter Umständen sogar eine psychische Erkrankung)
und (c) die jeweilige Situation.
44
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
45
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Sie abstoßendes Verhalten auch kulturelle Gründe haben. Aber solange Sie nicht
genug wissen, um das wirklich beurteilen zu können, seien Sie vorsichtig. Bevor
Sie denken: „Die Amerikaner / Deutschen / Chinesen sind doch alle ekelhaft!“,
denken Sie lieber: „Überall auf der Welt gibt es gute und schlechte Menschen.“
46
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 5:
(Interkulturelle) Kommunikation
5.1 Einstieg, Teil 1: Facetten von Kommunikation
1. Bearbeiten Sie die folgenden Aufgaben aus Lehrwerk „Aspekte 2“ 5.
5
Quelle: Ute Koithan, Helen Schmitz, Tanja Sieber; Ralf Sonntag (2013): Aspekte. Mittelstufe Deutsch. Lehrbuch
2. München: Klett-Langenscheidt, S. 24 f.
47
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48
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=Yay4HDLPFys
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Wie wirkt dieses Video auf Sie? Fremd oder vertraut? Warum?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
c. Was meinen Sie: Wenn Kisu mit ihren deutschen Schulfreundinnen spricht – ist das
„interkulturelle Kommunikation“? Warum (nicht)?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
d. Was meinen Sie: Wenn Kisu mit ihren vietnamesischen Eltern spricht – ist das „inter-
kulturelle Kommunikation“? Warum (nicht)?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
e. Was meinen Sie: Wenn Sie sich mit Kisu treffen und unterhalten würden – wäre das
„interkulturelle Kommunikation“? Warum (nicht)?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
f. Kisu hat auf Youtube viele Fans. Diese sprechen alle Deutsch, aber ihre Eltern kommen
aus unterschiedlichsten Ländern (z. B. Nord- und Südvietnam, Deutschland, Frank-
reich, Polen, Russland, Ukraine, Kasachstan, Türkei, Irak, Afghanistan, Indien, China,
Thailand, Philippinen, Brasilien etc.). Unter dem Video über die „Nervigen Dinge“ ha-
ben Kisus Fans mehrere hundert Kommentare gepostet; der häufigste Kommentar ist
(sinngemäß): „Hihihi – das ist ein Video über MEINE Eltern!“ – Was meinen Sie: Ist die
Kommunikation zwischen Kisu und ihren Fans „interkulturelle Kommunikation“? Wa-
rum (nicht)?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
50
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
5.3 Texte und Aufgaben: Sieben Situationen und die Frage „Ist das IKK?“
1. Wählen Sie in Kleingruppen eine der Situationen6 auf den nächsten zwei Seiten aus. Ana-
lysieren Sie „Ihre“ Situation mit Blick auf die folgenden Fragen. Präsentieren und disku-
tieren Sie Ihre Ergebnisse danach im Plenum.
a. Beschreiben Sie die Situation: Was ist der Kontext, wer sind die Gesprächspartner,
worum geht es?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Gibt es in dieser Situation ein Problem? Wenn ja, inwiefern und warum? Wenn nein,
warum nicht?
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_____________________________________________________________________
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_____________________________________________________________________
c. Was meinen Sie: Ist die Kommunikation, die in der Situation stattfindet, „interkultu-
relle Kommunikation“? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
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_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
6
Quelle: Arbeitsblatt von Prof. Dr. Claus Altmayer, Herder-Institut der Universität Leipzig, 2015.
51
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Situation 2:
Eine Situation in einer deutschen Familie: Die
Familienmitglieder (Vater, Mutter, ein Sohn
(16) und zwei Töchter (14 und 12)) sitzen
abends am Tisch und essen gemeinsam, im
Hintergrund läuft im Fernseher ein Spiel der
Fußball-Champions-League mit Beteiligung
einer deutschen Mannschaft. Die Mutter, Leh-
rerin, berichtet gerade darüber, dass sie heute
mit ihrer Schulklasse eine Einrichtung mit be-
hinderten Menschen besucht und wie sehr sie das persönlich berührt hat, als beim
Fußball im Fernseher ein Tor fällt. Sofort verlassen Vater und Sohn den Tisch und
wenden sich dem Fernseher zu, um das Zustandekommen des Tores in der Wie-
derholung zu sehen. Die Mutter ist daraufhin beleidigt, weil ihr Bericht über ihre
Erfahrungen des Tages wegen des Fußballs beim männlichen Teil der Familie keine
Aufmerksamkeit mehr findet.
Situation 3:
Ein Mann aus den alten Bundesländern ver-
liebt sich in eine Frau aus den neuen Ländern.
Der Einfachheit halber nennen wir sie den
Westmann und die Ostfrau. Der Westmann
trifft sich mit der Ostfrau. Er beginnt, ihr von
seiner Arbeit zu erzählen, seinen Erfolgen, sei-
nem Einkommen. Die Ostfrau sieht ihn zuerst
amüsiert an, dann skeptisch. Der Westmann
glaubt, sie würde ihm nicht glauben. Also erzählt er noch mehr von seinen Erfolgen
und seinem Geld, um sie von sich zu überzeugen. Irgendwann aber steht die Ost-
frau auf und sagt, er solle sich eine andere suchen, sie sei nicht käuflich.
52
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Situation 4:
In Sao Paulo (Brasilien) findet eine internatio-
nale Tagung für Mathematik statt, an der über
2000 Mathematiker aus der ganzen Welt teil-
nehmen. Die Sprache der Tagung und auch der
Gespräche am Rande der Tagung ist Englisch.
Ein Mathematiker aus Deutschland hält auf der
Tagung einen Vortrag. Im Anschluss an seinen
Vortrag wird er von einem Kollegen aus Italien angesprochen, der sich mit dersel-
ben mathematischen Grundproblematik beschäftigt wie der Deutsche. Beide ver-
abreden sich für den Abend zum Essen und sprechen während des Essens und
noch lange danach sehr angeregt über ihr gemeinsames mathematisches Problem.
Aus diesem Treffen entwickelt sich eine langjährige Zusammenarbeit und schließ-
lich auch eine persönliche Freundschaft zwischen den beiden Wissenschaftlern.
Ihre wissenschaftliche und private Kommunikation findet bis heute ausschließlich
in englischer Sprache statt.
Situation 5:
Ein Tourist aus Deutschland geht in Wien
(Österreich) in ein Kaffeehaus und bestellt ei-
nen Kaffee. Daraufhin fragt ihn die Bedienung:
„Was meinen Sie mit ‚Kaffee‘? Möchten Sie ei-
nen Großen Braunen, eine Melange, einen Ein-
spänner, einen Piccolo oder noch was anders?
Und bitteschön mit Schlagobers oder ohne?“
Situation 6:
Wadim aus Usbekistan ist Promotionsstudent
im Fachbereich Maschinenbau an einer deut-
schen Universität. Seit kurzem ist er Mitglied ei-
ner Forschungsgruppe und teilt sich mit zwei
deutschen Promotionsstudenten ein Büro. Ins-
gesamt fühlt er sich recht wohl, und seine Kol-
legen sind auch sehr nett, aber es fällt ihm
schwer, eine persönliche Beziehung zu seinen
deutschen Arbeitskollegen aufzubauen. Auch nach Monaten hat sich das nicht ge-
ändert. Er hat kaum etwas über das Familienleben seiner Kollegen erfahren, und
wenn er sie mal nach ihrem Privatleben fragt, bekommt er stets nur knappe Ant-
worten, die auf ihn abweisend wirken. Die anderen Studierenden scheinen sich
einfach nicht sonderlich für ihn zu interessieren. Obwohl er aus seiner Sicht nun
schon ziemlich lange zur Gruppe gehört, hat er noch keine private Einladung zum
Kaffee oder Tee bekommen. Er macht sich Gedanken, was er wohl falsch macht,
und kommt zu dem Schluss, dass die Deutschen offensichtlich von Natur aus kalt
sind.
53
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Situation 7:
Bei einer Germanistentagung in Windhoek (Na-
mibia) im März 2015, bei der über 80 Germani-
stinnen und Germanisten aus Namibia, Süd-
afrika, Moçambique, Kenia, Zimbabwe, Austra-
lien, Österreich, Deutschland und den USA teil-
nehmen und bei der alle Vorträge auf Deutsch
gehalten werden, kommt es zu einer (ebenfalls
auf Deutsch geführten) Diskussion zwischen einer Germanistin aus Deutschland
und einem Germanisten aus Südafrika über den Roman „Tschick“ von Wolfgang
Herrndorf. Der südafrikanische Germanist ist der Meinung, dass es sich um einen
schlechten Roman handele, und begründet dies auch, während die Kollegin aus
Deutschland Gründe für ihre Auffassung vorträgt, dass der Roman sehr gut sei.
Die übrigen Teilnehmer der Tagung schließen sich teilweise der einen, teilweise
der anderen Meinung an, es kommt aber am Ende nicht zu einer Einigung.
54
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
55
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
a. Vergleichen Sie diese Analyse mit Ihren Ergebnissen. Gibt es etwas, was Sie überrascht
hat oder was Sie anders sehen?
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_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
56
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Definition 1:
Maletzke schlägt vor, von Interkultureller Interaktion und Kom-
munikation zu sprechen, „wenn die Begegnungspartner ver-
schiedenen Kulturen angehören und wenn sich die Partner der
Tatsache bewusst sind, daß der jeweils andere ‚anders‘ ist, wenn
man sich also gegenseitig als ‚fremd‘ erlebt.“ (Maletzke 1996, 37).
Definition 2:
Bruck definiert in ähnlicher […] Perspektive den Begriff ,inter-
kulturell‘ wie folgt: „Als interkulturell werden alle Beziehungen
verstanden, in denen die Beteiligten nicht ausschließlich auf ihre
eigenen Kodes, Konventionen, Einstellungen und Verhaltensfor-
men zurückgreifen, sondern in denen andere Kodes, Konventio-
nen, Einstellungen und Alltagsverhaltensweisen erfahren wer-
den. Dabei werden diese als fremd erlebt und/oder definiert.“
(Bruck, 1994, 345).
Hans-Jürgen Lüsebrink (2012): Interkulturelle Kommunikation. Inter-
aktion, Fremdwahrnehmung, Kulturtransfer. 3., aktualisierte und er-
weiterte Auflage. Stuttgart, Weimar: Metzler, S. 7.
57
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Die Definitionen von Maletzke und Bruck haben gemeinsam, dass sie das entschei-
dende Kriterien für „interkulturelle Kommunikation“ in einem Erleben von
„Fremdheit“ sehen.
b. Schauen Sie sich noch einmal die sieben Situationen an. In welchen Situationen gibt es
ein Erleben von „Fremdheit“, sodass sie nach diesem Kriterium „interkulturelle Kom-
munikation“ wären? Tragen Sie Ihre Ergebnisse in die Tabelle ein.
1
2
3
4
5
6
7
Das Problem bei dem Kriterium der „Fremdheit“ ist: Angesichts dessen, dass kein
Mensch monokulturell ist, sondern ein je spezifisches Gemisch von Gruppenzuge-
hörigkeiten im Gepäck hat, kann es in grundsätzlich JEDER Kommunikationssi-
tuation zu einem Erleben von „Fremdheit“ kommen. Auch die Kommunikation
zwischen Familienangehörigen, Ehepartnern, engen Freunden etc. kann somit zur
„interkulturellen Kommunikation“ werden – z. B., wenn die Oma nicht versteht,
was die Enkelin auf Facebook macht; wenn die Ehefrau eines Mathematik-Profes-
sors nicht versteht, womit ihr Mann sich den ganzen Tag beschäftigt; wenn Ihre
beste Freundin plötzlich ein neues Hobby hat. Hinzu kommt, dass das Erleben von
„Fremdheit“ etwas recht Subjektives ist: Manche Menschen fühlen sich immer und
überall „fremd“. Und umgekehrt kann es Situationen geben, in denen Menschen
gar kein Empfinden von „Fremdheit“ haben, weil sie alles zu verstehen meinen –
während sie in Wirklichkeit alles falsch verstehen.
Wie also könnte man den Begriff „interkulturelle Kommunikation“ etwas stärker
eingrenzen? Karlfried Knapp macht hierzu den folgenden Vorschlag:
Definition 3:
‚Interkulturelle Kominunikation‘ ist […] interpersonale Interak-
tion zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kommunikations-
gemeinschaften, die hinsichtlich der ihren Mitgliedern jeweils
gemeinsamen Wissensbestände und Formen sprachlichen Han-
delns differieren. Solche Unterschiede bestehen auch schon zwi-
schen Kommunikationsgemeinschaften innerhalb einer national
oder ethnisch definierten Gesellschaft. Insofern unterscheidet
sich interkulturelle Kommunikation nicht prinzipiell von intra-
kultureller Kommunikation. Ein wesentliches Charakteristikum
58
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Laut Karlfried Knapp sind kulturelle Differenzen zwischen Menschen immer mög-
lich, auch wenn sie der gleichen Nationalität bzw. ethnischen Gruppe angehören.
Das entscheidende Kriterium, um „interkulturelle Kommunikation“ von anderen
Arten der Kommunikation abzugrenzen, ist für ihn die Sprache: „Interkulturelle
Kommunikation“ liegt nach seiner Definition dann vor, wenn einer der Gesprächs-
teilnehmer eine Fremdsprache oder eine ihm fremde Varietät der eigenen Spra-
che (z. B. die österreichische statt der bundesdeutschen Standardvarietät) gebrau-
chen bzw. verstehen muss.
c. Schauen Sie sich noch einmal die sieben Situationen an. In welchen Situationen muss
mindestens einer der Kommunikationspartner eine Sprache oder Varietät gebrauchen
bzw. verstehen, die nicht seine eigene ist? Tragen Sie Ihre Ergebnisse in die Tabelle ein.
1
2
3
4
5
6
7
Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass das Kriterium der Sprache eine schärfere
und objektivere Eingrenzung von „interkultureller Kommunikation“ erlaubt als
das Kriterium der „Fremdheit“. Unabhängig von der Frage, ob die Kommunikati-
onspartner sich „fremd“ fühlen oder nicht, wären die Situationen 1, 4, 6 und 7 nun
eindeutig „interkulturelle Kommunikation“. Auch Situation 5 wäre – wegen der
unterschiedlichen Standardvarietäten des Deutschen, die der deutsche Tourist
und die österreichische Bedienung sprechen – recht eindeutig der „interkulturellen
Kommunikation“ zuzurechnen.
Wie aber ist es in Situation 3? In den Jahrzehnten der deutschen Teilung entwik-
kelte die Sprache in den zwei deutschen Staaten sich auseinander. Auf beiden Sei-
ten der Grenze entstanden viele hundert neue Wörter und Ausdrücke, die auf der
anderen Seite der Grenze nicht gebräuchlich waren oder nicht verstanden wurden.
59
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Diese unterschiedlichen Arten des Sprachgebrauchs können durchaus als zwei Va-
rietäten des Deutschen (BRD-Deutsch bzw. „Altbundesdeutsch“ einerseits, DDR-
Deutsch andererseits) betrachtet werden. Müsste also auch der Dialog zwischen
dem Westmann und der Ostfrau als „interkulturelle Kommunikation“ gewertet
werden? Oder wäre das übertrieben, weil das Kommunikationsproblem zwischen
den beiden keine sprachlichen Gründe zu haben scheint?
Noch komplizierter wird die Sache, wenn man überlegt, was alles unter dem Be-
griff „Varietät“ zu verstehen ist. Hierzu zählen nicht nur die Standardvarietäten
(z. B. bundesdeutsches, österreichisches und Schweizer Standarddeutsch) sowie
die regionalen Varietäten (z. B. Dialekte wie Bayrisch, Schwäbisch, Sächsisch etc.).
Zu den Varietäten einer Sprache zählt auch eine Vielzahl von Gruppensprachen,
die schichtspezifisch (z. B. Arbeitersprache), berufsspezifisch (Fach-, Berufs- und
Wissenschaftssprachen), altersspezifisch (Kinder-, Schüler-, Jugend- und Studen-
tensprache) oder geschlechtsspezifisch (Männer- und Frauensprache) sein können.
Weitere Gruppensprachen sind z. B. Sport- und Hobbysprachen oder auch die spe-
zifischen Sprechweisen von Religionsgemeinschaften, politischen Gruppierungen
etc.
Was bedeutet dies für Situation 2? Benutzt die Frau, während sie von ihren Erleb-
nissen erzählt, vielleicht pädagogische Fachbegriffe? Ist ihre Art, sich auszudrük-
ken, vielleicht „Frauensprache“? Bedienen Vater und Sohn sich bei der Analyse des
Tores vielleicht der Fußballsprache? Ist ihre Art, zu kommunizieren, vielleicht
„Männersprache“? Ob dies so ist oder nicht, geht aus dem Text nicht hervor. Es ist
aber durchaus möglich. Und wenn es so wäre, könnte man selbst Situation 2 als
„interkulturelle Kommunikation“ bewerten.
Fazit
Sie merken – eine klare Abgrenzung zwischen „interkultureller Kommunikation“
und „nicht-interkultureller Kommunikation“ ist kaum möglich. Egal, welches Kri-
terium Sie auswählen – es wird immer Situationen geben, die eindeutig sind, und
Situationen, über die man lange diskutieren kann.
In diesem Seminar wird es schwerpunktmäßig um die Kommunikation zwischen
Menschen mit vietnamesischer Staatsangehörigkeit und Muttersprache einerseits
und Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit und Muttersprache andererseits
gehen. Sie sollten dabei aber immer im Hinterkopf behalten, dass andere Arten von
Gruppenzugehörigkeit womöglich wichtiger sind und die Kommunikation stärker
beeinflussen können als der Gegensatz „vietnamesisch vs. deutsch“. Denken Sie
auch daran, dass vieles, was Sie aus der Beschäftigung mit der vietnamesisch-deut-
schen Art von „interkultureller Kommunikation“ lernen können, auf nahezu jede
Art von Kommunikation übertragbar ist. Das ist doch eigentlich eine gute Nach-
richt, oder?
60
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 6:
Der Hotspot „Begrüßung“
6.1 Einstieg, Teil 1: Bilder von „Hotspots“
1. Schauen Sie sich zunächst ein paar Bilder an. Was haben diese Bilder mit „interkulturel-
ler Kommunikation“ zu tun?
a. Worum geht’s?
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________________________
________________________
________________________
b. Worum geht’s?
________________________
________________________
________________________
________________________
c. Worum geht’s?
________________________
________________________
________________________
________________________
________________________
________________________
d. Worum geht’s?
________________________
________________________
________________________
________________________
________________________
61
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
2. Reflektieren Sie in Kleingruppen über Ihre Gefühle und Erlebnisse bei dem Spiel.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Gab es Situationen, die für Sie unangenehm waren? Wenn ja, was genau war daran
unangenehm?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
c. Wie hätten Sie in den Situationen, die für Sie unangenehm waren, am liebsten re-
agiert?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
d. Wie sind Sie mit den unangenehmen Situationen umgegangen? Haben Sie eine Strate-
gie entwickelt, um sie zu vermeiden?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
62
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
63
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
2. Lesen Sie den folgenden Text und versuchen Sie, die untenstehenden Fragen zu beant-
worten.
• Was sage ich zur Begrüßung? Und wie rede ich die andere Person an?
• Wie viel Nähe ist erwünscht bzw. wie viel Raumdistanz muss ich wahren?
• Sollte ich der anderen Person in die Augen schauen – oder sollte ich Blick-
kontakt vermeiden?
• Welche Art von Körperkontakt ist erwünscht bzw. zulässig? Ein Hände-
druck? Und wenn ja, mit welcher Hand, wie fest und wie lange? Sollte es
sogar ein Handkuss sein? Eine Umarmung? Ein paar Küsschen auf die
Wange? Und wenn ja, wie viele Küsschen und auf welche Seite zuerst?
• Oder sollte ich jeden Körperkontakt vermeiden? Vielleicht nur mit dem
Kopf nicken? Mich verbeugen? Wenn ja, wie tief? Sollte ich die Handflächen
vor dem Oberkörper aneinanderlegen? Und wenn ja, auf welcher Höhe?
Auf der Höhe des Bauches, der Brust, des Kinns, der Nase?
• Darf oder sollte ich Personen anderen Geschlechts auf die gleiche Weise be-
grüßen wie Personen gleichen Geschlechts? Oder ist das tabu?
• Spielt Hierarchie eine Rolle? Sollte ich höherrangige Personen anders begrü-
ßen als gleich- oder niederrangige Personen? Entscheidet die Hierarchie
vielleicht auch darüber, wer wen zuerst begrüßen muss? Wenn ja, woher
weiß ich, ob die andere Person höher, gleich- oder niederrangig ist? Und
was tue ich, wenn ich es nicht weiß?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
• Sind Visitenkarten wichtig? Sollte ich bei der ersten Begegnung unbedingt
eine Visitenkarte überreichen? Und wenn ja, wie? Mit der rechten Hand, der
linken Hand, mit beiden Händen? Mit oder ohne Verbeugung?
• Was mache ich, wenn die andere Person mir eine Visitenkarte gibt? Wie
nehme ich sie entgegen? Mit der rechten Hand, der linken Hand, mit beiden
Händen? Mit oder ohne Verbeugung? Wie lange sollte ich die Visitenkarte
anschauen? Muss ich die Visitenkarte kommentieren? Wenn ja, wie?
• Gehört zur Begrüßung eine Frage nach dem Wohlbefinden? Und wenn ja,
wie stelle ich diese Frage? Frage ich „Wie geht es Ihnen?“ oder „Haben Sie
schon gegessen?“? Oder sollte ich ganz anders fragen?
• Wie sollte ich eine Frage nach dem Wohlbefinden beantworten? Einfach mit
„Gut!“ oder „Ja!“? Oder will der Gesprächspartner eine ehrliche Antwort
hören?
Wie Sie an dieser Liste von Fragen sehen, ist allein der Hotspot „Begrüßung“ so
komplex, dass es bereits im Moment des ersten Kennenlernens zu vielen Unsicher-
heiten und Irritationen kommen kann.
a. Stellen Sie sich vor, ein Ausländer, der zum ersten Mal in seinem Leben nach Vietnam
reisen möchte, stellt Ihnen die im Text genannten Fragen. Diskutieren Sie in Kleingrup-
pen und versuchen Sie, die Fragen so genau wie möglich zu beantworten.
b. Was haben Sie in Ihrem Studium schon über die Frage „Wie begrüßt man sich Deutsch-
land?“ gelernt? Überlegen Sie in Kleingruppen.
65
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
3. Schauen Sie sich nun das Video „Wie begrüßt man sich in anderen Ländern?“ aus der
Sendung „Wissen macht Ah“ (WDR, 27.08.2012) an und bearbeiten Sie die folgenden
Aufgaben.
b. Schauen Sie das Video noch einmal an und fügen Sie die Ausdrücke aus den Kästen in
den Lückentext auf den nächsten zwei Seiten ein.
66
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Im 13. Jahrhundert herrschten die Mongolen über weite Teile Asiens, auch über
Tibet. Sie hatten aber große Angst vor Schamanen und Magiern. Die sollten durch
blaue Zungen
das ständige Aufsagen von Mantras, also Gebeten, (1) _________________________
besitzen. Deshalb forderten die Mongolen von ihren Untertanen, bei der Begrü-
die Zunge herauszustrecken
ßung erst einmal (2) ___________________________________________ – um sicher-
zugehen, dass sie nicht blau war.
Heute sieht eine traditionelle tibetische Begrüßung anders aus. Man überreicht ei-
zusammengefalteten Hände
nen Glücksschleier und hält die (3) ______________________________________ auf
Brusthöhe.
Zeit, Region und Kultur
Wie man sich begrüßt, ist abhängig von (4) __________________________________.
Auch davon, wen man begrüßt, bezüglich Alter, Geschlecht oder Stellung.
(a) vor dem Körper gefaltet (b) schaut (c) sehr peinlich
(d) respektlos und aggressiv (e) Höflichkeit und Respekt
Das fängt oft schon mit der Frage an, wie und wohin man bei einer Begrüßung
(1) _________________________.
schaut In unserem [dem europäischen] Kulturkreis gilt
der Blickkontakt als Zeichen von (2) __________________________________.
Höflichkeit und Respekt Nicht
so in Teilen der asiatischen Welt. Wer bei der Begrüßung einem Japaner fest in die
Augen schaut, verhält sich in dessen Augen (3) ______________________________.
respektlos und aggressiv
Eine hauptsächlich in Thailand anzutreffende Grußform ist der Wai. Hier kann
vor dem Körper gefaltet
man viel falsch machen. Die Hände werden (4) _______________________________.
Je nach gesellschaftlicher Stellung werden sie höher oder niedriger gehalten. Eine
falsche Ausführung des Wai ist (5) __________________________________.
sehr peinlich
(a) Händeschütteln (b) arabischen Kultur (c) Schlag auf die Schulter
(d) Tiefe der Verbeugung (e) Wert- oder Geringschätzung
Das Gleiche gilt für die Begrüßung in Japan. Es gibt bestimmte Feinheiten im Ver-
Tiefe der Verbeugung
beugen. Je nach Körperhaltung und (1) __________________________________ kön-
nen sich völlig andere Formen von (2) ____________________________________
Wert- oder Geringschätzung er-
geben.
In Teilen der (3) ______________________________
arabischen Kultur begrüßt man sich mit „Salam
Aleikum!“. Das bedeutet „Friede sei mit dir!“.
Die häufigste und mittlerweile auf der ganzen Welt anzutreffende Begrüßung ist
Händeschütteln
das (4) ______________________________. In Südamerika wird es noch verstärkt
Schlag auf die Schulter
durch einen kräftigen (5) _______________________________. Manchmal wird zu-
sätzlich noch der Arm des Gegenübers berührt.
67
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Und zum Schluss räumen wir noch mit einem weitverbreiteten Irrtum auf: Den
Nasen aneinander
Eskimokuss, bei dem Inuit-Völker zur Begrüßung die (1) ______________________
reiben
__________________, gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich auch hier um einen
(2) _____________________,
Riechgruß der Nase
also um ein Beschnüffeln (3) _______________________
und anderer Teile des Gesichts.
Wie man sieht, ist es nicht immer leicht, sich in fremden Ländern richtig und ange-
messen zu begrüßen. Was immer und auf der ganzen Welt funktioniert, ist
das Lächeln
(4) ___________________________. Damit kann man (5) ________________________
gar nichts falsch
machen und es wird überall verstanden.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
68
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Wählen Sie in Kleingruppen einen Hotspot aus, den Sie besonders interessant finden,
und sammeln Sie möglichst viele Assoziationen: Welche Probleme könnte dieser
Hotspot aufwerfen?
b. Stellen Sie sich vor, Sie werden bald in ein sehr fernes, völlig fremdes Land reisen. No-
tieren Sie in Kleingruppen möglichst viele Fragen zu „Ihrem“ Hotspot. Präsentieren und
diskutieren Sie Ihre Fragen im Plenum.
2. Lesen Sie zum Abschluss noch die folgenden Tipps und versuchen Sie, die Fragen am
Ende des Textes zu beantworten.
man im jeweiligen Land besonders achten sollte. Außerdem kann sie eine erste Ori-
entierung vermitteln, welche Verhaltensregeln in welcher Situation gängig sind.
ABER: Es ist nicht möglich, sich auf alle Hotspots vollumfänglich vorzubereiten.
Dafür sind es zu viele, und jeder einzelne ist zu komplex. Hinzu kommt, dass die
Tipps in Lehrwerken, Reiseführen und Ratgebern nur grobe Faustregeln sind, die
auf Generalisierungen beruhen. Da jedoch jede Gesellschaft – wie Sie schon wissen
– heterogen ist und jedes Individuum sein eigenes Gemisch von kulturellen Fakto-
ren und persönlichen Merkmalen im Gepäck hat, werden Sie in der Realität selbst
nach intensiver Lektüre viele Überraschungen und verwirrende Situationen erle-
ben.
Was also können Sie tun, wenn Ihr angelesenes Wissen am Ende nicht ausreicht?
Wenn Sie – metaphorisch gesprochen – merken, dass das Schwimmenlernen erst
nach dem Sprung ins Wasser so richtig beginnt? Dann sollten Sie versuchen, per-
sönliche Strategien zum Umgang mit dieser Lage zu entwickeln. Am besten pro-
bieren Sie mehrere Strategien aus, um herauszufinden, mit welcher oder welchen
davon Sie am besten zurechtkommen. Hier ein paar Möglichkeiten:
• Wenn Sie in einer fremden Umgebung z. B. zum ersten Mal zu einem priva-
ten Abendessen, einer Hochzeitsfeier oder, was ja auch passieren kann, zu
einer Beerdigung eingeladen sind, denken Sie darüber nach, welches Wis-
sen zu diesem Hotspot Ihnen fehlt. Notieren Sie alle Ihre Fragen und versu-
chen Sie, Personen zu finden, die Ihnen bei der Beantwortung helfen kön-
nen. Mit Fragen zeigen Sie Interesse – und das finden die meisten Men-
schen sympathisch. Die Einheimischen können aus Ihren Fragen auch et-
was lernen: nicht nur über Sie und Ihre Kultur(en), sondern auch über sich
selbst.
• Wenn Sie z. B. während des Abendessens, der Hochzeit, der Beerdigung
etc. merken, dass Sie weiterhin unsicher sind, können Sie ebenfalls ver-
suchen, jemanden zu fragen. Beispielsweise, indem Sie eine Person, die Sie
schon kennen, leise ansprechen: „Ich verstehe gerade nicht, was hier pas-
siert. Könnten Sie / Könntest du mir das vielleicht erklären?“ Oder: „Ich
weiß gerade nicht, wie ich mich verhalten sollte. Könnten Sie / Könntest du
mir einen Tipp geben?“
• Die bei jedweder interkulturellen Kommunikation entscheidende Frage,
wessen Spielregeln eigentlich gelten und wer sich wem inwiefern anzupas-
sen hat, ist eine Frage, auf die es niemals eine allgemeingültige Antwort ge-
ben wird. Viele Menschen würden vermutlich dem Sprichwort zustimmen:
„When in Rome, do as the Romans do“ (was so viel heißt wie: „Gäste sollten
die Spielregeln der Gastgeber respektieren“). Aber muss man wirklich im-
mer nach den Spielregeln der Gastgeber spielen? Kann es nicht sein, dass
die Gastgeber Lust darauf haben, mal etwas Neues kennenzulernen? Also,
probieren Sie einfach mal aus, was passiert, wenn Sie in einer fremden
Umgebung nach Ihren eigenen Spielregeln spielen. Am besten tun Sie dies
mit einer freundlichen Erläuterung, z. B.: „Wie Sie wissen / Wie du weißt,
komme ich aus [Name Ihres Heimatlandes oder -ortes]. Und in meinem
Land / meinem Heimatdorf / meiner Heimatstadt / meiner Familie machen
70
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
wir es immer so: [Beschreibung]. Wir machen das, weil [Erklärung]“ oder
„Für uns bedeutet das: [Erklärung]“. Wenn Sie Glück haben (und das ist gar
nicht so unwahrscheinlich), werden die Gastgeber bzw. die Einheimischen
dies viel interessanter, spannender, schöner, rührender etc. finden als eine
permanente Anpassung. Auf diese Weise können Sie nach und nach heraus-
finden, in welchen Situationen Sie sich gar nicht anpassen müssen, sondern
einfach so sein können, wie Sie sind. Und im günstigsten Fall kommen Sie
irgendwann zu dem Schluss, dass Sie in ziemlich vielen Situationen einfach
so sein können, wie Sie sind.
• Wenn Sie für längere Zeit in einer fremden Umgebung, z. B. in einem ande-
ren Land leben, werden Sie möglicherweise merken, dass bestimmte Ge-
wohnheiten der Einheimischen Sie immer wieder stören, nerven, irritieren
(z. B., dass die Leute zu viel oder wenig, zu laut oder zu leise, zu direkt oder
zu indirekt reden, zu viele oder zu wenige persönliche Fragen stellen, Ihnen
zu nahe kommen oder zu viel Distanz wahren, zu viele Komplimente ma-
chen oder zu viel kritisieren, zu unzuverlässig oder zu unflexibel sind … es
gibt tausend Möglichkeiten). Auch hier kann es nicht schaden, einfach mal
das Gespräch mit einheimischen Personen zu suchen (am besten nicht dann,
wenn Sie sich gerade fürchterlich ärgern, sondern mit etwas Abstand, in ei-
ner ruhigen Minute und unter vier Augen). Versuchen Sie, Ihrem Ge-
sprächspartner – so freundlich und neutral wie möglich – zu erzählen, wie
bestimmte Gewohnheiten der Einheimischen auf Sie wirken und wie Sie
sich dabei fühlen. Wenn Sie Pech haben, ist Ihr Gesprächspartner dann ge-
kränkt. Wenn Sie Glück haben, bekommen Sie eine Erläuterung, die Ihnen
hilft, sich beim nächsten Mal etwas weniger gestört, genervt, irritiert zu füh-
len. Und wenn Sie noch größeres Glück haben, werden zumindest die Per-
sonen, mit denen Sie täglich Kontakt haben, Ihnen ein Stück entgegenkom-
men und versuchen, mehr Rücksicht auf Ihre Gefühle zu nehmen. Im besten
Fall werden Sie und diese Personen Schritt für Schritt zu einer eigenen klei-
nen Kommunikationsgemeinschaft mit eigenen Spielregeln und Deutungs-
mustern, also einer eigenen Kultur zusammenwachsen. Dies ist sicherlich
eine der schönsten Erfahrungen, die man im Bereich der interkulturellen
Kommunikation machen kann.
• Die große Mehrheit aller Menschen werden Sie allerdings genauso wenig
erziehen oder ändern können, wie Sie Ihre Mutter, Ihren Vater, Ihre Großel-
tern etc. erziehen oder ändern können. Und wenn manche Gewohnheiten
der Einheimischen Ihnen auch nach längerer Zeit fremd oder unangenehm
sind, ist Ihre Toleranz gefordert. Sie können es mit einer aktiven Form von
Toleranz probieren, indem Sie gezielt darüber nachdenken, welche Vor-
teile bzw. positiven Seiten die Ihnen fremden oder unangenehmen Ver-
haltensweisen aus Sicht der Einheimischen haben könnten. (Sie können
sich z. B. vor Augen führen, dass eine sehr direkte Art des Sprechens, die Sie
vielleicht als unhöflich oder verletzend empfinden, den Vorteil hat, dass sie
klar, eindeutig, effizient etc. ist und in manchen Situationen viel Zeit sparen
kann. Oder dass eine bestimmte Art von Distanz, die auf Sie vielleicht kalt
und abweisend wirkt, Ihnen auch sehr viele Freiheiten lässt.) Diese Art von
71
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Toleranz kann Ihnen helfen, sich an Verhaltensweisen, die Sie zunächst irri-
tierend fanden, langsam zu gewöhnen und sie irgendwann vielleicht ganz
okay zu finden.
• Wenn jedoch alle Versuche einer positiven Umdeutung von Dingen, die
Ihnen fremd und unangenehm sind, nicht weiterhelfen, können Sie es
auch mit einer passiven Form von Toleranz probieren. Sie können sich z. B.
sagen: „Einige Verhaltensweisen der Einheimischen sind mir zwar fremd
und nicht besonders sympathisch. Aber solange die Leute mich in Ruhe las-
sen, sollen sie nach ihren Spielregeln leben – und ich lebe nach meinen Spiel-
regeln.“ So ein distanziertes Nebeneinander ist sicherlich weniger schön als
ein lebendiges Miteinander. Aber solange Sie die Gesetze des Gastgeberlan-
des respektieren und weder Bomben legen noch mit einem Maschinenge-
wehr um sich schießen, ist auch das okay.
a. Warum kann man sich nicht auf alle Hotspots im Voraus vorbereiten?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Was meinen Sie - was wären Ihre persönlichen Strategien im Umgang mit Hotspots?
72
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 7:
Der Hotspot „Restaurantbesuch“
7.1 Einstieg: Zwei Situationen im Restaurant
1. Stellen Sie sich die folgenden zwei Situationen vor und sammeln Sie Assoziationen.
73
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
74
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
2. Fassen Sie die wichtigsten Aspekte in der linken Spalte der folgenden Tabelle zusammen.
Notieren Sie dann in der rechten Spalte, was in Vietnam anders wäre.
Deutschland Vietnam
Speisekarte / Bestellung
Besteck
Essen
Gesprächsthemen
Bezahlen
Trinkgeld
75
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Nur zwei Menükarten für acht Leute? Florian schaut irritiert in die Runde. Die an-
deren diskutieren bereits lebhaft auf Vietnamesisch mit Phương, die eifrig in der
zweiten Menükarte blättert. Nina und Phương haben Florian zum Mittagessen mit-
genommen. Die Abteilung von Nina feiert, weil Hưng, einer der Mitarbeiter, be-
fördert wurde. Florian studiert seine Karte alleine.
Während die anderen immer noch reden, will Florian sich nützlich machen und
schaut sich nach der Bedienung um. An den Nachbartischen eilen Frauen und
Männer umher und nehmen Bestellungen auf. Florian hebt seine Hand. Niemand
beachtet ihn. »Hello? Excuse me?«, ruft er vorsichtig in die Richtung eines jungen
Mannes. Keine Reaktion. Florian versucht Blickkontakt aufzunehmen. Da, tatsäch-
lich, der Mann schaut gerade in seine Richtung. Florian hebt erneut seine Hand,
lächelt und sieht den jungen Mann erwartungsvoll an. Der greift nach einem leeren
Teller und eilt zurück in die Küche.
Florian schaut zu Nina hinüber, aber die sitzt am anderen Ende des Tisches und
unterhält sich angeregt mit einer Kollegin. Dann wendet er sich an Phương. »Die
kommen nicht«, stellt er fest. Phương nickt, dreht sich um – und schreit:
»Emm ơơơơi!«
Florian zuckt zusammen. Eine junge Frau eilt herbei. Phương bestellt in schnellem
Vietnamesisch Dinge, ihre Hände fliegen über die Menükarte, dann legt sie die
Karte beiseite und bestellt scheinbar noch mehr Dinge. »Ich ... hm ... hätte gern das
Schwein in Karamellsoße«, wirft Florian zaghaft ein, was Phương mit einem kur-
zen Nicken quittiert, während sie auf die Kellnerin einredet.
Kurze Zeit später ist das Essen
auch schon da, eine rasche Ab-
folge von verschiedenen Ge-
richten, hier grünes Gemüse,
dort frittierter Fisch, Rind-
fleischstreifen, ach ja, und der
karamellisierte Schweinetopf,
den Florian bestellt hat und
der irgendwo auf dem Tisch
landet. Hưng greift sich mit
seinen Stäbchen ein Stück
Schweinefleisch heraus. »Ich
7
Anemi Wick; David Frogier de Ponlevoy (2014): Fettnäpfchenführer Vietnam. Wo der Büffel zwischen den Zei-
len grast. 2. Aufl. Meerbusch: Conbook. S. 62-65.
76
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
glaub, das ist meins, das hatte ich bestellt!«, sagt Florian. Hưng schaut ihn an, dann
legt er eines der Fleischstücke in Florians Schälchen: »Iss! Schmeckt gut!« Florian
schaut in sein Schälchen. »Sollte man das nicht mit Reis essen?«, fragt er Phương.
Die nickt.
»Emmm ơơơiii!!«, brüllt sie wieder quer durch den Raum. Die Bedienung aber
scheint ihr dieses äußerst rüpelhafte Benehmen nicht im Geringsten übel zu neh-
men. Phương ruft ihr abermals etwas zu, die Frau verschwindet. Alle machen sich
über das Essen her. Weil es alle so machen, bedient sich jetzt auch Florian aus ver-
schiedenen Schüsseln. Nach etwa zehn Minuten fragt Florian Phương: »Hattest du
den Reis bestellt?« Phương schaut sich nach einer Bedienung um: »Em ơơơiii!!!«
Erneut energisches Reden. Nach einer weiteren Viertelstunde, die Speisen auf den
Tellern in der Mitte haben sich schon merklich ausgedünnt, ist immer noch kein
Reis in Sicht. Ein junger Mann eilt vorbei zum Nachbartisch. Ob der auch hier ar-
beitet? Florian räuspert sich: »Äh ... Em? Oi?«, sagt er laut. Phương bemerkt ihn
und dreht sich schwungvoll um: »Emm ơơơiii!!!!«
Der Mann kommt. Und schließlich kommt auch der Reis. Da sind die Platten aller-
dings schon leer, und vom Schwein in Karamellsoße ist nur noch die Soße übrig
geblieben. Florian will nach seinem Mangosaft greifen – und stellt verwundert fest,
dass das Glas verschwunden ist. Er sieht eine Frau, die auf dem Tablett mehrere
halb ausgetrunkene Gläser trägt, darunter, Florian ist sich fast sicher, auch seines.
»Stopp! Stopp!«, ruft er der Frau zu, aber die rauscht an ihm vorbei. »Die hat mein
Glas abgeräumt. Ich war noch gar nicht fertig«, jammert er. Florian und Phương
schauen sich an.
»Emm ơơơiii!«, brüllen sie im Chor.
»Wie viel müssen wir denn zahlen?«, fragt Florian und schaut auf die Rechnung,
aber er merkt sofort, dass er da sowieso nichts entziffern kann. Alles ist hand-
schriftlich auf Vietnamesisch vermerkt. »Warte«, sagt Phương und fährt mit dem
Finger über die Liste.
»Emm ơơơiii!«
Phương hält einer Bedienung die Rechnung hin. Zweimal, dreimal deutet sie auf
etwas, die Bedienung nickt und verschwindet mit der Rechnung in der Küche.
»Was war denn?«, fragt Florian. »Ach, nichts, wir hatten keine Krabbensuppe, und
die Frühlingsrollen haben sie doppelt abgerechnet«, antwortet Phương beiläufig.
Als die Rechnung zurückkommt, zieht Florian seine Dong-Scheine aus dem Geld-
beutel. »Also ... wie viel ist denn jetzt mein Anteil? Eine Million durch acht Leute,
das sind ...« Da hat Hưng bereits zwei Geldscheine hervorgezogen und sie der Be-
dienung in die Hand gedrückt. Ein kurzes Streitgespräch entspinnt sich zwischen
ihm und Tuấn Anh, dann reden alle durcheinander, nicken schließlich und stehen
auf. Florian zählt 200.000 Dong ab und will sie Hưng reichen. Der winkt ab. »Ich
zahle«, sagt er. Florian schaut ihn perplex an. »Aber, das ist doch viel zu teuer für
dich!«
77
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
2. Tragen Sie die wichtigsten Aspekte, die für Florian ungewohnt sind, in die Tabelle ein
und erläutern Sie sie kurz.
Was ist aus Florians Sicht unge- Wie könnte man es Florian er-
wohnt? klären?
Speisekarte
Bestellung
Bezahlen
Person A Person B
Sie heißen Florian, sind ein deutscher Sie heißen Nhung, sind eine vietnamesi-
Tourist in Vietnam und waren gestern sche Reiseführerin und betreuen Reise-
mit den vietnamesischen Kollegen Ihrer gruppen aus unterschiedlichsten Län-
deutschen Bekannten Nina in einem Re- dern bei Ausflügen in die Halong-Bucht.
staurant in Hanoi. Dieser Restaurantbe- Auch heute sind Sie mit einer kleinen,
such hat Sie sehr verwirrt. Heute machen multinationalen Gruppe von Touristen
Sie einen Ausflug in die Halong-Bucht. unterwegs. Während der Bootsfahrt
Während der Bootsfahrt unterhalten Sie durch die Halong-Bucht sitzen Sie neben
sich mit der vietnamesischen Reiseführe- dem deutschen Touristen Florian. Der
rin Nhung und stellen ihr viele Fragen war gestern mit einer Gruppe von Viet-
(z. B.: „Warum isst man die Suppe nicht namesen in einem Restaurant in Hanoi
am Anfang?“, „Warum kann ich kein Ge- und hat nun viele Fragen. Sie geben sich
richt nur für mich bestellen?“, „Warum große Mühe, seine Fragen zu beantwor-
sieht der Kellner mich nicht, wenn ich ten. Aber natürlich sind Sie jetzt auch
winke?“, „Warum kommt der Reis so neugierig und möchten wissen, wie man
spät?“, „Ist es für Hung nicht viel zu sich denn in Deutschland verhält, wenn
teuer, wenn er alles alleine bezahlt?“, man ein Restaurant besucht.
„Gibt man in Vietnam Trinkgeld?“).
78
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 8:
Der Hotspot „Direkte vs. indirekte Kommunikation“
8.1 Einstieg: Sag’s direkter!
1. Schauen Sie sich die folgenden Sätze an und überle- Beispiel:
gen Sie, wie man sie direkter formulieren könnte.
• Indirekte Formulierung:
a. „Wärest du so nett, mir mal kurz deinen Stift zu „Entschuldigen Sie bitte,
leihen?“ könnten Sie mir vielleicht
sagen, wie ich zum Bahn-
➢ ________________________________________ hof komme?“
➢ _____________________________________________________________________
c. „Ich wäre Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie mir die Unterlagen noch in dieser
Woche schicken könnten.“
➢ _____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
e. „Dein Vorschlag ist sehr interessant. Wäre es möglich, dass wir morgen darüber spre-
chen?“
➢ _____________________________________________________________________
2. Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Peter sitzt in einem Meeting und hat seinen
Stift vergessen. Er möchte, dass sein Kollege Klaus, der neben ihm sitzt, ihm einen Stift
leiht. Peter hat verschiedene Möglichkeiten, dies auszudrücken. Wie direkt oder indirekt
sind sie? Ordnen Sie die Sätze in die Tabelle ein.
Sehr 1 2 3 4 5 6 Sehr
indirekt e direkt
79
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Man legt Wert auf Ehrlichkeit und sagt Man legt Wert auf Höflichkeit. Ist die Wahr-
möglichst die Wahrheit. heit unangenehm, spricht man sie lieber
nicht aus.
Es ist okay, „nein“ zu sagen.
Man vermeidet das Wort „nein“.
Kritik darf geäußert werden.
Man spricht seine Wünsche und Bedürf- Kritik gilt als unhöflich.
nisse offen aus. Man formuliert seine Wünsche und Be-
Man sagt meistens genau, was man denkt. dürfnisse nicht direkt.
Man sagt nicht alles, was man denkt.
Vorteile Vorteile
Nachteile Nachteile
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
80
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
3. Deutschland gilt als ein Land, in dem sehr direkt kommuniziert wird. Oftmals ist das tat-
sächlich so – aber nicht immer. Es gibt da große individuelle Unterschiede. Und in vielen
Situationen werden indirekte Formulierungen auch in Deutschland als höflicher empfun-
den. Schauen Sie sich die Beispiele in der Tabelle an und analysieren Sie die sprachlichen
Merkmale.
Könnten Sie mir sagen, wann die Bank auf- Könnten Sie mir vielleicht einen Stift leihen,
macht? bitte?
Entschuldigen Sie bitte, wissen Sie, wo man Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie mir
hier Briefmarken kaufen kann? mal kurz behilflich sein könnten.
Könnten Sie mir bitte sagen, wie ich zum Würde es dir etwas ausmachen, mir etwas
Bahnhof komme? vom Bäcker mitzubringen?
Vorschläge machen Etwas ablehnen
Hättest du vielleicht Lust, am Samstag ins Vielen Dank für die Einladung! Das ist wirk-
Kino zu gehen? lich sehr nett von Ihnen, aber leider habe
Wie fändest du es, wenn wir mal zusam- ich da schon einen Termin.
men musizieren? Ihr Kuchen sieht sehr lecker aus, aber ich
Was meinst du – wollen wir vielleicht mal habe leider gerade gegessen.
einen Ausflug machen? Ich hätte große Lust, mit dir ins Kino zu ge-
hen, aber leider muss ich für eine Klausur
lernen.
Kritik äußern
81
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
➢ _____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
82
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
potenzielle Bedrohung des negativen Gesichts von Klaus. Peter hat verschiedene
Möglichkeiten, damit umzugehen:
1. Möglichkeit: Peter sagt nichts. Er sucht lange in seiner Tasche nach einem
Stift. → Hier vermeidet Peter den gesichtsbedrohenden Akt komplett (und
hofft darauf, dass Klaus etwas merkt).
2. Möglichkeit: Peter sagt: „Oh, ich glaube, ich habe meinen Stift verges-
sen …“ → Hier sagt Peter zwar etwas, aber es ist nicht offenkundig, was er
damit bezweckt. Es bleibt Klaus überlassen, ob er die Feststellung als Appell
versteht.
3. Möglichkeit: Peter sagt: „Könntest du mir vielleicht mal einen Stift lei-
hen?“ → In dieser Äußerung wird Peters Wunsch schon offenkundig. Aber
er formuliert ihn sehr vorsichtig, in Form einer Frage im Konjunktiv II und
mit dem Adverb „vielleicht“. Das heißt, er versucht, das negative Gesicht
von Klaus so wenig wie möglich zu bedrohen. Diese Strategie, das Gesicht
des Gesprächspartners zu schützen, wird als negative Höflichkeit bezeich-
net.
4. Möglichkeit: Peter sagt: „Es wäre sehr nett von dir, wenn du mir mal einen
Stift leihen könntest.“ → Auch in dieser Äußerung wird Peters Wunsch of-
fenkundig. Doch auch hier formuliert er ihn sehr vorsichtig, als Konditio-
nalsatz im Konjunktiv II, was ebenfalls eine Form von negativer Höflichkeit
ist. Mit der Formulierung „sehr nett von dir“ versucht Peter zugleich, das
positive Selbstbild von Klaus zu stärken (also sein positives Gesicht zu wah-
ren). Diese Strategie, das Gesicht des Gesprächspartners zu schützen, wird
als positive Höflichkeit bezeichnet.
5. Möglichkeit: Peter sagt: „Bitte leih mir mal einen Stift!“ → Hier formuliert
Peter ganz offenkundig eine Aufforderung. Durch die Partikeln „bitte“ und
„mal“ enthält die Äußerung noch einen Rest von Höflichkeit. Ohne diese
Partikeln gäbe es in der Äußerung keinerlei Höflichkeit – d. h. keinerlei
Rücksicht auf das Gesicht von Klaus – mehr.
Wie viel Direktheit bzw. wie viel Höflichkeit angemessen ist, hängt oft von der Si-
tuation ab. Ein Faktor ist der Grad der Dringlichkeit: Wenn z. B. das Haus brennt,
schreit man „Hilfe!“ oder „Ruf die Feuerwehr!“ (und nicht: „Wärest du vielleicht
so liebenswürdig, mal die Feuerwehr zu rufen?“). Ein weiterer Faktor ist der Grad
des Drucks bzw. Zwangs, den man auf eine andere Person ausübt: Es macht einen
Unterschied, ob jemand mir für zwei Minuten einen Stift leihen soll – oder ob je-
mand mir für zwei Monate sein Auto leihen soll. Im zweiten Fall wird ein höheres
Maß an sprachlicher Höflichkeit nötig sein als im ersten Fall. Auch die Distanz
bzw. Nähe zwischen den Gesprächspartnern spielt eine Rolle: Es macht einen Un-
terschied, ob ich jemanden schon sehr gut kenne oder zum ersten Mal sehe. Und
nicht zuletzt spielt das Machtverhältnis eine Rolle: Ein höherer Status des Spre-
chers geht oft mit weniger Höflichkeit einher. So kann z. B. ein Chef einen Mitar-
beiter viel direkter auffordern, etwas zu tun, als der Mitarbeiter es seinem Chef
gegenüber könnte.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Brown und Levinson meinen, dass Höflichkeit im Sinne von „face work“ grund-
sätzlich universal ist. Welche Aspekte für das positive oder negative Gesicht wich-
tig sind und welche sprachlichen Handlungen als Bedrohungen des positiven
oder negativen Gesichts interpretiert werden, ist aber kulturabhängig. Vor allem
die folgenden kulturellen Faktoren können Auswirkungen auf den Grad der posi-
tiven oder negativen Höflichkeit haben:
• ob in einer Kultur eher das Individuum oder eher die Gemeinschaft betont
wird,
• die Bedeutung von Hierarchien und die Verteilung von Macht,
• unterschiedliche Annahmen hinsichtlich der Distanz zwischen einander unbe-
kannten Sprechern.
a. Was verstehen Brown und Levinson unter „negativem“ und „positivem Gesicht“?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Was für sprachliche Handlungen können das negative Gesicht eines Menschen bedro-
hen?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
c. Was für sprachliche Handlungen können das positive Gesicht eines Menschen bedro-
hen?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
f. Was für Faktoren haben Einfluss auf den Grad der sprachlichen Höflichkeit?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
2. Lesen Sie den folgenden Text über ein sehr bekanntes Kommunikationsmodell.
Das Kommunikationsquadrat8
8
Quelle (bearbeitet und gekürzt): Schulz von Thun Institut für Kommunikation (2018): Das Kommunikationsqua-
drat, [online] https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-kommunikationsquadrat [02.10.2018].
86
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Das heißt, wann immer wir etwas sagen, sprechen wir mit vier Schnäbeln und der
Empfänger hört unsere Äußerung mit vier Ohren:
• Auf der Sachebene übermittle ich Informationen, die wahr oder unwahr,
relevant oder irrelevant, ausreichend oder nicht ausreichend sein können.
Der Empfänger hört und beurteilt diese Informationen mit dem Sachohr.
• Auf der Selbstkundgabe-Ebene sage ich – gewollt oder ungewollt, bewusst
oder unbewusst – etwas über mich selber aus. Zum Beispiel darüber, was
für eine Persönlichkeit ich bin, was für Werte und Einstellungen ich habe,
wie ich mich gerade fühle. Diese Informationen hört der Empfänger mit dem
Selbstkundgabe-Ohr.
• Auf der Beziehungsebene sage ich etwas über mein Verhältnis zu dem an-
deren Menschen aus: ob ich ihn mag oder nicht, ob ich ihn respektiere oder
nicht. Diese Informationen hört der Empfänger mit dem Beziehungsohr
und fühlt sich wertgeschätzt oder missachtet, respektiert oder gedemütigt
etc.
• Auf der Appellebene sage ich – direkt oder indirekt, offen oder versteckt –
etwas darüber aus, was ich bei dem anderen Menschen erreichen möchte:
was er tun, denken, fühlen soll oder auch nicht. Und wenn der Empfänger
meine Äußerung mit dem Appell-Ohr hört, fragt er sich: Was soll ich jetzt
(nicht) tun, denken oder fühlen?
Das Problem ist, dass der Empfänger mit seinen vier Ohren nicht immer das hört,
was der Sender mit seinen vier Schnäbeln sagen will. Dadurch kann es zu vielen
Missverständnissen kommen. Hinzu kommt, dass die meisten Menschen nicht mit
allen vier Ohren gleich gut hören. Wenn jemand z. B. ein besonders großes Sachohr
hat, kann es passieren, dass er die Selbstkundgabe oder den Appell der anderen
Person gar nicht wahrnimmt.
a. Ergänzen Sie auf der nächsten Seite zu den möglichen Gedanken der Sprecherin den
passenden „Schnabel“ und zu den möglichen Gedanken der Hörerin das passende
„Ohr“.
87
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
(4) „Schade, dass der nette Abend mit dir schon vorbei ist …“
b. Stellen Sie sich vor, die Sprecherin denkt (4) und die Hörerin denkt (8). Was könnte
passieren?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
c. Ein Mann kommt von einer Geschäftsreise zurück und seine Frau sagt: „Schön, dass du
wieder da bist!“ Damit kann sie sehr verschiedene Dinge gemeint haben. Ergänzen Sie
zu den möglichen Gedanken der Frau den passenden „Schnabel“.
88
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
d. Die Frau in dem Bild sagt: „Es ist kalt!“ Ergänzen Sie zu jedem „Schnabel“ eine mögliche
Bedeutung dieses Satzes.
(1) Sachinformation
(2) Selbstkundgabe
(3) Beziehungshinweis
(4) Appell
e. Ihr Lehrer sagt zu Ihnen: „Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht.“ Was hören
Sie? Ergänzen Sie zu jedem „Ohr“ einen möglichen Gedanken.
(1) Sachinformation
(2) Selbstkundgabe
(3) Beziehungshinweis
(4) Appell
89
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
4. Die meisten Menschen hören nicht auf allen vier Ohren gleich gut. Fast jeder hört auf
einem oder zwei Ohren stärker als auf den anderen. Lesen Sie die Beschreibungen in der
Tabelle und ordnen Sie jeder Beschreibung das passende Ohr zu.
a. Ohr: b. Ohr:
Wer vor allem auf diesem Ohr hört ... Wer vor allem mit diesem Ohr hört …
• neigt dazu, sich auf den Sachinhalt von • achtet stark auf sein Gegenüber und
Gesprächen zu konzentrieren. dessen mögliche Gefühle.
• überhört oft die persönlichen Bot- • wird von anderen Menschen oft als
schaften des Gesprächspartners. sensibel wahrgenommen.
• ist anderen gegenüber nicht übermä- • konzentriert sich manchmal zu wenig
ßig sensibel, selbst aber auch nicht auf den Sachinhalt, manchmal auch zu
übermäßig empfindlich. wenig auf die eigenen Bedürfnisse.
c. Ohr: d. Ohr:
Wer vor allem mit diesem Ohr hört … Wer vor allem mit diesem Ohr hört …
• vermutet hinter fast jeder Äußerung • hat ein feines Gespür für die psycholo-
einen Handlungsauftrag. gischen Seiten eines Gesprächs.
• gehört vielleicht zu den Menschen, de- • reagiert aus Sicht seiner Gesprächs-
nen es Freude macht, anderen zu hel- partner vielleicht manchmal zu emp-
fen. findlich.
• kann aber auch das Gefühl haben, sich • konzentriert sich manchmal zu wenig
ständig gegen die Erwartungen und auf den Sachinhalt, manchmal auch zu
Ansprüche anderer Menschen wehren wenig auf die Bedürfnisse anderer
zu müssen. Menschen.
90
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Ein Kommunikationstest
In dem vorliegenden Selbsteinschätzungsbogen geht es um Ihre spontanen Reak-
tionen auf verschiedene Situationen. Insgesamt gibt es zwölf unterschiedliche Si-
tuationen mit jeweils vier Antwortmöglichkeiten.
Bitte kreuzen Sie diejenige Antwort an, die Ihnen am ehesten entspricht. Es gibt
dabei kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘. Kreuzen Sie möglichst spontan diejenige Reaktion
an, für die Sie sich wahrscheinlich entscheiden würden; und nicht jene, die Sie am
‚besten‘ oder ‚vernünftigsten‘ finden. Anschließend übertragen Sie Ihre Antworten
in den Auswertungsbogen auf der letzten Seite.
Situation 1
Sie stehen in einer Schlange beim Bäcker. Sie warten schon eine ganze Weile. End-
lich sind Sie an der Reihe und sagen rasch, was Sie haben möchten. Die Verkäuferin
runzelt die Stirn und sagt: „Mal ganz langsam. Das ist ja eine Hektik heute.“
Situation 2
Auf dem Gang treffen Sie einen Kollegen aus einer anderen Abteilung, den Sie vor
einem Jahr auf einem Seminar kennen gelernt haben. Der Kollege grüßt Sie nicht.
9
Quelle: Thomas Schmidt (2006): Kommunikationstrainings erfolgreich leiten. Bonn: managerSeminare.
91
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Situation 3
Ihr Freund M. hat Sie zu einer Party eingeladen. Eine Ihnen unbekannte, etwa
gleichaltrige Person des anderen Geschlechts fragt Sie: „Und woher kennst du den
M.?“
a) Sie vermuten, dass er/sie ein kontaktfreudiger Mensch ist und gerne auf an-
dere zugeht.
b) Sie haben den Eindruck, dass er/sie sich für Sie interessiert und Sie gerne
kennen lernen möchte.
c) Sie vermuten, dass er/sie hier wenige Leute kennt und nehmen sich bewusst
Zeit für sie/ihn.
d) Sie überlegen, wie lange Sie M. kennen, beantworten die Frage und denken
sich nichts weiter dabei.
Situation 4
Ein Kollege, zu dem Sie ein eher distanziertes Verhältnis haben, kommt zu einer
Besprechung in Ihr Büro und sagt: „Ui, das ist ja ganz schön stickig hier!“
a) Sie stellen fest: „Das kann gut sein, wir hatten das Fenster heute noch nicht
offen.“
b) Der Kollege will Sie offenbar auffordern, zu lüften.
c) Sie haben den Eindruck, dass Ihr Kollege viel Wert auf frische Luft legt.
d) Sie denken sich, dass er ja wieder gehen kann, wenn es ihm hier nicht passt.
Situation 5
Sie kommen an einem warmen Sommerabend müde und geschafft von einem lan-
gen Bürotag nach Hause. Ihr Partner fragt Sie: „Na, willst du erst mal duschen?“
Er/sie will damit sagen:
___________________________________
Situation 6
Sie erhalten einen Kundenanruf. Der Kunde sagt mit unüberhörbarer Ironie: „Das
ist ja unglaublich, dass ich Sie heute noch zu sprechen bekomme. Den ganzen Vor-
mittag habe ich versucht, Sie zu erreichen, und es war immer besetzt!“
Sie antworten:
Situation 7
Sie haben einen Termin mit Ihrem neuen Vorgesetzten vereinbart, weil Sie fachli-
che Fragen haben. Als Sie sein Büro betreten, blickt er nicht vom Bildschirm auf
und arbeitet weiter am PC, während er sagt: „Schießen Sie schon mal los. Ich höre
Ihnen zu.“
a) Sie versuchen, sich kurz zu fassen, damit Ihr Vorgesetzter nicht so lange un-
terbrochen wird.
b) Sie haben den Eindruck, dass Ihr Chef im Stress ist und deshalb versucht,
zwei Sachen auf einmal zu erledigen.
c) Sie finden es taktlos, dass Ihr Chef weiterarbeitet, während Sie mit ihm spre-
chen.
d) Sie stellen Ihre Fragen und bemerken kaum, dass Ihr Chef noch auf den Bild-
schirm blickt.
Situation 8
Bei einer engagierten Diskussion im Freundeskreis sagt in Freund in scharfem Ton-
fall zu Ihnen: „Jetzt hast du mich schon zum dritten Mal unterbrochen.“
a) Sie können verstehen, dass Ihr Freund sich ärgert, dass er unterbrochen
wurde.
b) Sie überlegen, ob es stimmt, dass Sie ihn schon dreimal unterbrochen haben.
c) Sie versuchen, ihn jetzt nicht mehr zu unterbrechen.
d) Sie fühlen sich angegriffen und bloßgestellt.
___________________________________
93
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Situation 9
Sie arbeiten seit einem Jahr in einer Projektgruppe zur Entwicklung einer neuen
Software mit. Heute präsentieren Sie vor Führungskräften Ihrer Abteilung die Zwi-
schenergebnisse der Projektarbeit. Als Sie die Präsentation beendet haben, sagt der
Abteilungsleiter: „Und dafür hat die Projektgruppe ein Jahr gebraucht?“
a) Sie antworten: „Ja, die Entwicklung der Software braucht tatsächlich länger
als erwartet.“
b) Sie spüren die Ungeduld Ihres Abteilungsleiters und sagen: „Ich hoffe auch,
dass es jetzt schneller vorangehen wird. Wir werden alles tun, damit wir
rechtzeitig fertig werden.“
c) Sie haben den Eindruck, dass Ihr Chef unter großem Druck steht und sagen:
„Ich weiß, die Zeit drängt. Ich kann nachvollziehen, dass Sie sich die Ergeb-
nisse schneller gewünscht hätten.“
d) Sie finden diese Bemerkung abwertend, versuchen jedoch, sich Ihren Ärger
über diese dumme Frage nicht anmerken zu lassen.
Situation 10
Als Ihr Kollege, zu dem Sie ein neutrales Verhältnis haben, einen Blick auf die Liste
für die Telefonbereitschaft wirft, sagt er: „Na so was, an Freitagen kann ich deinen
Namen ja gar nicht entdecken!“ Tatsächlich machen Sie kaum Freitags-Dienst, weil
Ihr Kollege Andi Ihnen angeboten hatte, Ihre Freitags-Dienste zu übernehmen,
wenn Sie dafür seinen Service an Montagen übernehmen. Dieses Angebot hatten
Sie gerne angenommen.
a) Sie antworten: „Ja, die Dienste habe ich mit Andi getauscht. Aber wenn du
willst, kann ich auch den einen oder anderen Freitags-Dienst mit dir tau-
schen.“
b) Sie ärgern sich über den Eindruck, dass der Kollege Ihnen unkollegiales Ver-
halten unterstellt.
c) Sie antworten: „Das stimmt. Andi übernimmt für mich freitags den Service
und ich montags für ihn.“
d) Sie können verstehen, dass Ihr Kollege es ungerecht findet, dass Sie freitags
keine Dienste übernehmen, und erklären ihm, wie es dazu kommt.
___________________________________
Situation 11
Sie sitzen zuhause am Frühstückstisch und sind in den Wirtschaftsteil der Zeitung
vertieft. Ihr Gegenüber stellt nach einiger Zeit die Frage: „Sag mal, was gibt’s ei-
gentlich so Interessantes zu lesen?“ Sie erwidern:
Situation 12
Bei einer Besprechung, in der es um die Verbesserung der Arbeitsabläufe geht, plä-
dieren Sie für eine flexiblere Aufteilung bei einigen Aufgaben. Herr Meier, ein äl-
terer Kollege, lehnt das vehement ab: „Das geht doch nicht. Das gibt ja totales
Chaos!“
__________________________________
Auswertungsbogen
Bitte übertragen Sie nun Ihre Antworten in die nachfolgende Übersicht (ankreu-
zen). Danach addieren Sie die Zahl der Kreuze in jeder Reihe.
Übertragen Sie nun Ihre Ergebnisse in die folgende Tabelle und zeichnen Sie ein
Balkendiagramm. Sie erhalten damit einen Überblick über die Ausprägungen Ihrer
vier „Ohren“. So können Sie erkennen, auf welchen Ebenen der Kommunikation
Sie schwerpunktmäßig kommunizieren und welche Seiten Sie noch entwickeln
können.
__________________________________
Quelle: Thomas Schmidt (2006): Kommunikationstrainings erfolgreich leiten. Bonn: managerSe-
minare.
96
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 9:
Der Hotspot „Nonverbale Kommunikation“
9.1 Einstieg: Was sind das für Gesten?
1. Versuchen Sie, den folgenden acht Gesten die richtige Bezeichnung zuzuordnen.
das Victory-Zeichen – die Feigengeste – der Fingerkreis – die Faust – die Stoppgeste – die
Hörnergeste – der ausgestreckte Daumen („Daumen hoch“) – Geste mit Daumen und klei-
nem Finger
1. 2. 3. 4.
5. 6. 7. 8.
a. Geste 1: ______________________________________________________________
b. Geste 2: ______________________________________________________________
c. Geste 3: ______________________________________________________________
d. Geste 4: ______________________________________________________________
e. Geste 5: ______________________________________________________________
f. Geste 6: ______________________________________________________________
g. Geste 7: ______________________________________________________________
h. Geste 8: ______________________________________________________________
97
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Schauen Sie das Video noch einmal an und ergänzen Sie die Lücken im Text. Fügen Sie
anschließend in der linken Spalte eine passende Zeichnung ein.
Zustimmung
„Daumen hoch“ bedeutet meistens (1) _________________________. Im Na-
hen Osten bedeutet der ausgestreckte Daumen dagegen (2) __________
Du kannst mich mal
____________________________. In Japan steht der Daumen für (3) _______
den Geliebten Und wer in China mit dem Daumen ein Bier bestellen
__________________.
fünf
will, bekommt gleich (4) ________________ Flaschen.
98
bd b
a d c
a c (negativ)
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
sechs
Daumen und kleiner Finger bedeuten in China (1) _____________________.
In vielen europäischen Ländern ist die Geste mit dem Daumen und kleinen
Lass uns telefonieren!
Finger die typische Handbewegung für (2) ___________________________
__________________________. Doch in Südeuropa, z. B. Italien, wird diese
Aufforderung zum Trinken
Geste häufig als (3) __________________________________ verstanden. Bei
Surfern in Hawaii bedeutet die Geste dagegen (4) Keep
______________________.
cool! Sei ganz entspannt!
Sportmannschaften
(1) ______________________________ wie die „Texas Longhorns“ werden
angefeuert
in Texas mit der Hörnergeste (2) ________________________. In Italien hin-
Beleidigung
gegen ist die Hörnergeste eine schlimme (3) _______________________ und
Deine Frau betrügt dich!
bedeutet: (4) _______________________________________.
99
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
c. Welche der in dem Film genannten Bedeutungen hat Sie besonders überrascht?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
d. Was für Gesten gelten in Vietnam als beleidigend und sollten unbedingt vermieden
werden? Zeichnen Sie die Geste(n) und benennen Sie ihre Bedeutung(en).
100
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
2. Überlegen Sie: Was ist Körpersprache? Und was alles gehört zur Körpersprache?
10
Quelle: Ute Koithan, Helen Schmitz, Tanja Sieber; Ralf Sonntag (2013): Aspekte. Mittelstufe Deutsch. Lehrbuch
2. München: Klett-Langenscheidt, S. 26.
101
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
3. Bearbeiten Sie die folgende Aufgabe aus dem Lehrwerk „Aspekte 2“.11
f
g
e
d, f, b
a
c
c, h
4. Hören Sie nun einen Hörtext aus dem Lehrwerk „Aspekte 2“ und bearbeiten Sie die fol-
genden Aufgaben.12
11
Quelle: Ute Koithan, Helen Schmitz, Tanja Sieber; Ralf Sonntag (2013): Aspekte. Mittelstufe Deutsch. Arbeits-
buch 2. München: Klett-Langenscheidt, S. 20.
12
Quelle: ebd., Lehrbuch, S. 26; Arbeitsbuch, S. 20.
102
positiv
die gleiche Mimik
unser Körperkulturspezifisch
nicht lügen kann
bedeutet etwas anders,
Körperbewegung, Gesten,als manTonfall
Mimik, denkt
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
wie
x
x
x
Freundschaft x
x
x
x
x
5. Lesen Sie nun das Transkript13 des Hörtextes und überprüfen Sie Ihre Antworten.
13
Quelle: ebd., Arbeitsbuch, S. 141 f.
103
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Erdbewohner die gleiche Mimik. Das Anheben der Mundwinkel und das Freilegen
der Zähne bedeutet überall: Ich lächle und bin ein friedlicher Mensch. Dieser Ge-
sichtsausdruck ist ein Erbe der Evolution, denn ursprünglich haben die Affen so
ausgedrückt, dass sie anderen Artgenossen friedlich gegenüberstehen. Deshalb
versteht auch jedes Baby ein Lächeln als etwas Positives – obwohl es noch gar keine
Sprache beherrscht. Hängende Mundwinkel versteht übrigens ebenso jeder
Mensch: Sie drücken Trauer aus. Unsere Mimik transportiert also Signale, die Emo-
tionen ausdrücken, und diese werden in sämtlichen Kulturen sehr ähnlich gezeigt.
Bei den Gesten sieht es da schon anders aus, denn sie sind sehr viel kulturspezifi-
scher: Kopfschütteln oder -nicken drücken aus diesem Grund nicht immer dasselbe
aus wie bei uns. Ein Hochwerfen des Kopfes bedeutet in Griechenland und Bulga-
rien zum Beispiel ein Nein, wirkt auf uns aber wie ein Nicken. Körpersignale aus
anderen Kulturen bedeuten also oft etwas anderes, als man denkt.
Als Antwort auf die Frage, ob Körpersprache angeboren ist, soll abschließend Prof.
Samy Molcho, Experte für Körpersprache, zitiert werden: „Den größeren Teil der
Mimik, Gebärden und Gesten, mit denen wir uns gegenüber anderen ausdrücken,
haben wir uns durch Nachahmung oder Erziehung angewöhnt. Sie dienen dazu,
unsere Gefühle darzustellen, und sind, bei aller Subjektivität und Individualität,
ein allgemein verbindlicher Code.“
104
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Kapitel 10:
Vietnamesische „Kulturstandards“
10.1 Einstieg: Wie sind „die Vietnamesen“? Und wer sind „die Vietnamesen“?
105
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
2. Schauen Sie sich die folgenden acht Cartoons aus dem Buch „Beruflich in Vietnam“ 14 an.
(1) (2)
(3) (4)
14
Eva T. Alshut; Juana Nespethal; Alexander Thomas (2007): Beruflich in Vietnam. Trainingsprogramm für Ma-
nager, Fach- und Führungskräfte. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
106
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
(5) (6)
(7) (8)
b. Diskutieren Sie in Kleingruppen: Welche Empfindungen haben diese Bilder bei Ihnen
ausgelöst? Fanden Sie sie lustig, ärgerlich, realistisch etc.?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
107
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Wer sich effizient und effektiv auf einen Auslandsaufenthalt vorbereiten möchte,
sollte sich laut Thomas mit dem kulturellen Orientierungssystem, also den „Kul-
turstandards“ des jeweiligen Landes vertraut machen. Dies, so Thomas, kann die
Eingewöhnungsphase verkürzen und erleichtern, „einem Kulturschock vorbeu-
gen“ und „effizientes Handeln in der fremden Kultur ermöglichen“ (ebd., 15).
108
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Diskutieren Sie in Kleingruppen: Was halten Sie von diesem Modell? Denken Sie dabei auch
an unsere Sitzung zum Thema „Natur, Kultur, Individuum, Situation“.
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
________________________________________________________________________
Das Modell der „Kulturstandards“ hat durchaus gewisse Vorteile: Die Beschäfti-
gung mit „Kulturstandards“ kann einem Menschen, der in ein ihm völlig fremdes
Land geht, einen ersten groben Orientierungsrahmen vermitteln. Sie kann ihm Er-
klärungsansätze für Situationen geben, die er sonst vielleicht als rätselhaft emp-
fände. Und sie kann ihm helfen, bestimmte Fettnäpfchen zu vermeiden. Deshalb
wird in vielen interkulturellen Trainings mit dem Modell der „Kulturstandards“
gearbeitet.
Trotzdem steht das Modell sehr in der Kritik.
Ein häufig genannter Kritikpunkt ist, dass überhaupt nicht klar ist, wie die „Kul-
turstandards“ überhaupt ermittelt werden. Nach Aussagen von Alexander Tho-
mas und seinen Forscherkollegen werden die „Kulturstandards“ auf der Grund-
lage von Interviews generiert: Dies sind zum einen Gespräche mit Menschen aus
einem Land A, die über ihre Erfahrungen – vor allem über irritierende Situationen
und Probleme – in einem Land B berichten. Zum anderen sind dies Gespräche mit
Experten aus den Ländern A und B (vgl. Alshut/Nespetal/Thomas 2007: 14 f.).
Aus Sicht der Kritiker liegt das größte Problem bei diesem Vorgehen darin, dass
weder die Interviews noch deren Auswertung dokumentiert sind. Außenste-
hende Personen haben somit keine Möglichkeit, die Ermittlung der „Kulturstan-
dards“ nachzuvollziehen.
So weist beispielsweise Hans Jürgen Heringer (2014: 190) darauf hin, dass unklar
bleibt, wie die irritierenden Kommunikationssituationen verliefen und wer in wel-
cher Form davon erzählt hat:
• „Welche Sprache wurde gesprochen?
• Was resultierte daraus?
• Welche sprachlichen Formulierungen trugen wie zu den Problemen bei?
• Wie entstanden die Darstellungen der Interaktionen?
• Wer hat [...] erzählt?“
Ein weiteres Problem liegt darin, dass die Erzählungen von Menschen oftmals un-
genau sind, vor allem, wenn es um die Wiedergabe des eigenen Handelns geht.
Hinzu kommt, dass es wissenschaftlich eigentlich nicht zulässig ist, aus den Er-
fahrungsberichten einzelner Menschen allgemeine Aussagen über die gesamte
Gesellschaft eines Landes abzuleiten. Um zu allgemeinen Aussagen zu kommen,
bedürfte es einer breit angelegten empirischen Untersuchung mit einer repräsenta-
tiven, also hinreichend großen Menge von Untersuchungsteilnehmern.
109
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Notieren Sie stichwortartig die Vorteile und die Schwächen bzw. Gefahren des Modells der
„Kulturstandards“.
110
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Vietnamesische „Kulturstandards“
In ihrem Buch „Beruflich in Vietnam“ (2007) benennen und beschreiben Eva T.
Alshut, Juana Nespethal und Alexander Thomas acht vietnamesische „Kulturstan-
dards“. „Kulturstandards“ lassen sich immer nur im Vergleich bzw. in Relation zu
den Gepflogenheiten einer anderen Kultur identifizieren. In diesem Fall wurden
die „Kulturstandards“ auf der Grundlage von Befragungen deutscher Fach- und
Führungskräfte in Vietnam ermittelt. Die vietnamesischen „Kulturstandards“ nach
Alshut/Nespethal/Thomas sind also „Kulturstandards“ aus deutscher Sicht, ba-
sierend auf den Erfahrungen einer bestimmten Berufsgruppe.
Dies heißt: Hätten die Autoren andere deutsche Personengruppen – z. B. deutsche
Studierende, deutsche Praktikanten oder deutsche Lehrkräfte in Vietnam – befragt,
wären sie vielleicht – zumindest punktuell – zu anderen Ergebnissen gekommen.
Und bei einer Befragung von Personen aus anderen Ländern hätte sich möglicher-
weise ein völlig anderes Bild ergeben.
111
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
112
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
113
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
c. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
d. Überlegen Sie: Welche Bedeutung hat Ihre Familie für Sie persönlich?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
e. Überlegen Sie: Welche Bedeutung hat für Sie persönlich das Heiraten? Möchten Sie
selber auf jeden Fall heiraten? Und ist es aus Ihrer Sicht komisch, wenn ein Mensch,
der älter als 30 Jahre ist, nicht verheiratet ist?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
wird in der Form der Anrede offensichtlich. […] Um dem respektvollen Um-
gang gerecht zu werden, ist es nötig, andere Menschen exakt in diese Struktur
einzuordnen. Deshalb sind beim ersten Kennenlernen Fragen nach Alter und
Familienstand üblich.
Ganz oben in der Familienhierarchie steht der Vater oder Großvater, dann folgt
der älteste Bruder (‚anh‘), die Mutter und älteste Schwester (‚chi‘). […] Jede Per-
son muss ihren Platz in der Hierarchie genau kennen und durch entsprechend
gewählte Bezeichnungen auch verbal ausdrücken. Ein falsches Ansprechen ei-
nes Familienmitgliedes wird als fehlende kindliche Pietät gewertet und wirkt
beleidigend.
Selbst bei Gefühlsbekundungen von Paaren bleibt die hierarchische Stellung
des Einzelnen von Bedeutung. […] Die Wahrung der Hierarchie gilt auch bei
der Eheschließung. So haben hier die Eltern als Familienoberhäupter nach wie
vor das letzte Wort.“ (ebd., 51 ff.)
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
115
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
d. Überlegen Sie: Gibt es aus Ihrer Sicht Verhaltensweisen, die einer ranghöheren Person
gegenüber unbedingt erforderlich sind, aber einer rangniederen Person gegenüber
völlig unangemessen wären?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
e. Überlegen Sie: Gibt es aus Ihrer Sicht Verhaltensweisen, die einer rangniederen Person
gegenüber erlaubt sind, aber einer ranghöheren Person gegenüber tabu wären?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
f. Ist ein hoher Stellenwert von Hierarchie aus Ihrer Sicht gut? Wenn ja, warum? Wenn
nein, warum nicht?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
116
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
[…] Der Beziehungsaufbau kostet Zeit und Geld […]. Man lernt sich durch ge-
meinsame Essen kennen und redet dabei viel über Persönliches. Beliebt sind
auch Besuche in einer Karaoke-Bar. […]
Die Beziehung wird zusätzlich durch großzügige Geschenke, Geld oder Gefäl-
ligkeiten am Leben erhalten und vertieft. Aus deutscher Sicht verläuft dabei die
Grenze zur Korruption fließend. […] Wenn eine Beziehung durch Fehlverhal-
ten auf einer Seite in irgendeiner Form gestört wurde, kann dies kaum gekittet
werden.“ (ebd., 70 f.)
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
_____________________________________________________________________
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_____________________________________________________________________
d. Überlegen Sie: Hat ihre Familie Beziehungsnetzwerke? Wenn ja, wie wichtig sind diese
Netzwerke für Ihre Familie?
_____________________________________________________________________
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117
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
e. Haben Sie selbst schon mit Geschenken, Geld und Gefälligkeiten Beziehungspflege be-
trieben? Falls ja, was haben Sie dabei gefühlt?
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118
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Notieren Sie: Welche Aspekte werden im Zusammenhang mit „Öffentlichkeit des Pri-
vaten“ genannt?
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
_____________________________________________________________________
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_____________________________________________________________________
d. Überlegen Sie: Gibt es einen Ort, wo Sie mal allein sein können und von niemandem
gestört werden?
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e. Überlegen Sie: Ist es Ihnen wichtig bzw. würden Sie sich wünschen, einen solchen Ort
zu haben?
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_____________________________________________________________________
119
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
a. Notieren Sie: Welche Aspekte werden im Zusammenhang mit „Gesicht wahren“ ge-
nannt?
120
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Überlegen Sie: Ist „Gesicht wahren“ wirklich nur ein „asiatisches Prinzip“? Denken Sie
dabei auch an die Höflichkeitstheorie von Brown und Levinson (vgl. Kapitel 8.3).
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
d. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
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_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
122
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
c. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
d. Überlegen Sie: Haben Sie Hobbys oder gehen Sie anderen Freizeitaktivitäten nach?
Falls ja: Wie wichtig sind diese Hobbys oder Aktivitäten für Sie?
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_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
Eine weitere Form der indirekten Kommunikation ist das Lächeln oder Schwei-
gen. Auf vietnamesischer Seite gilt es als unhöflich, negative Gefühle wie Wut,
Ärger und Frustration auszudrücken. Daher werden sie mit Ausdruckslosigkeit
oder einem Lächeln maskiert […].
Wenn Vietnamesen eine Anforderung oder Bitte nicht positiv beantworten kön-
nen, werden sie in den meisten Fällen dennoch ‚Ja‘ sagen. So scheint es, als gäbe
es mindestens vier verschiedene Bedeutungen des Wortes ‚Ja‘: 1. akustisch ver-
standen, 2. Zustimmung, 3. vielleicht, 4. höfliches Nein. […]
[…] Indirekte Kommunikation wird von Vietnamesen nur gepflegt, wenn die
Güte einer Beziehung als wichtig erachtet wird. Spielt für Vietnamesen die Be-
ziehung zum Gegenüber keine Rolle […], sind sie durchaus in der Lage, sehr
direkt zu kommunizieren […].“ (ebd., 124 ff)
b. Welche dieser Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher un-
zutreffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Überlegen Sie: Ist die deutsche Kommunikation in allen Situationen direkter als die vi-
etnamesische Kommunikation? Denken Sie dabei auch an die Aufgaben in Kapitel 8.
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
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124
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
d. Würden Sie einem Ausländer die Lektüre dieses Textes empfehlen? Begründen Sie Ihre
Meinung.
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_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
125
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Kapitel 11:
Deutsche „Kulturstandards“
11.1 Einstieg: Wie sind „die Deutschen“?
1. Überlegen Sie in Kleingruppen: Was sind aus Ihrer Sicht besonders zentrale bzw. typische
Merkmale „der“ deutschen Kultur?
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=LlsFaXThc84
126
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
d. Auf der Straße werden Leute befragt, welche neuen Regeln sie den deutschen Garten-
zwergen geben würden. Notieren Sie ein paar dieser Regeln.
127
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
a. Warum ist gar nicht klar, wer „die Deutschen“ eigentlich sind?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
15
Bundeszentrale für politische Bildung; Netzwerk Migration in Europa; Institut für Migrationsforschung und
interkulturelle Studien (Hrsg.) (2017): Länderprofil Deutschland. September 2017, [online]
http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/208594/deutschland [01.11.2018].
128
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
b. Was ist der Grund für die kulturellen Differenzen zwischen Ostdeutschen und West-
deutschen?
_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
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_____________________________________________________________________
_____________________________________________________________________
Nun könnte man es sich noch einfacher machen und sagen: „Okay. Es gibt da die-
ses Ost-West-Problem. Aber in der heutigen Bundesrepublik Deutschland gibt es
weniger Ostdeutsche als Menschen mit Migrationshintergrund. Konzentrieren wir
16
Wolf Wagner (1996): Kulturschock Deutschland. Hamburg: Rotbuch.
17
Naika Foroutan (2018): Ostdeutsche sind auch Migranten. Interview mit Daniel Schulz (taz), [online]
http://www.taz.de/!5501987 [01.11.2018].
129
ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
uns also auf die Westdeutschen mit deutschem Pass und ohne Migrationshinter-
grund.“
Leider macht auch diese Vereinfachung die Sache nicht einfacher. Denn selbst die
Gruppe der Westdeutschen mit deutschem Pass und ohne Migrationshintergrund
ist heutzutage ausgesprochen heterogen. Bis in die 1960er-
Jahre hinein war das anders: In den ersten zwei Jahrzehnten
der Nachkriegszeit war die Gesellschaft der alten Bundesre-
publik sehr konservativ und dementsprechend homogen. Die
dominierende Lebensform war die traditionelle Familie; eine
Wohnung an ein unverheiratetes Paar zu vermieten, war straf-
bar; Homosexualität war strafbar; und wenn eine verheiratete
Frau berufstätig sein wollte, brauchte sie hierfür die Erlaubnis
ihres Ehemannes.
All dies änderte sich mit der sogenannten „68ern“.
Die „68er“ waren eine große Studentenbewegung,
die Ende der 1960er-Jahre gegen den Kapitalismus,
gegen den Vietnamkrieg, gegen die starren gesell-
schaftlichen Strukturen und die strenge Sexualmo-
ral, gegen das Verdrängen und Verschweigen der
nationalsozialistischen Vergangenheit und vieles
andere mehr protestierte. Diese Studenten-Revolte
veränderte die Gesellschaft der alten Bundesrepu-
blik auf tiefgreifende Weise: So gingen aus der
68er-Bewegung nicht nur zahlreiche „neue soziale
Bewegungen“ wie die Frauenbewegung, die Schwu-
len- und Lesbenbewegung, die Behindertenbewe-
gung, die Ökologie- und Anti-Atomkraft-Bewe-
gung, die Friedensbewegung, die Bürgerinitiativbe-
wegung etc. hervor. Die 68er-Revolte löste auch eine
Vielzahl kultureller Veränderungen aus: Die Ein-
stellungen zu Ehe und Familie änderten sich, vor-
ehelicher Sex und wechselnde Partnerschaften wa-
ren kein Tabu mehr, und die Lebensstile wurden im-
mer vielfältiger. Neben der traditionellen Familie
sind mittlerweile viele andere Lebensformen üblich
und gesellschaftlich akzeptiert: Die meisten Frauen
sind heutzutage berufstätig, viele Menschen heira-
ten nicht mehr, sondern leben als Singles oder in ei-
ner Partnerschaft ohne Trauschein, es gibt kinder-
lose Paare, es gibt alleinerziehende Mütter und Vä-
ter, es gibt Wochenendbeziehungen, es gibt Patch-
work-Familien, und es gibt gleichgeschlechtliche
Partnerschaften und Ehen. Auch im Bereich der Um-
gangsformen und Bekleidungsregeln kam es infolge
der 68er-Revolte zu weitreichenden Lockerungen: In
vielen Lebensbereichen sind konventionelle Höf-
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Die Gesellschaft der heutigen Bundesrepublik Deutschland ist also durch eine
enorme kulturelle Vielfalt gekennzeichnet – und dies nicht nur, weil jeder fünfte
Mensch in diesem Land einen Migrationshintergrund hat.
Die Mehrheit der Menschen in Deutschland hält eine offene, bunte, kulturell viel-
fältige Gesellschaft für etwas Positives. Wie die Leipziger „Mitte“-Studie18 zeigt,
gibt es jedoch auch Gegentrends: 2016 stimmten 33,8 % der Befragten der Aussage
zu: „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß
überfremdet“ (ebd., 34). Der folgenden Aussage stimmten sogar 50 % der Befragten
„eher“ oder „voll und ganz“ zu: „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich
manchmal wie ein Fremder im eigenen Land“ (ebd., 50). Dieser hohe Wert deutet
darauf hin, dass die muslimische Bevölkerungsgruppe auch von manchen Befür-
wortern kultureller Vielfalt kritisch gesehen wird. Eine mögliche Erklärung dafür
ist, dass diese Menschen den Islam bzw. bestimmte Ausprägungen des Islam als
Bedrohung ebenjener kulturellen Vielfalt empfinden.
18
Oliver Decker, Johannes Kiess, Elmar Brähler (2016): Die enthemmte Mitte. Autoritäre und rechtsextreme Ein-
stellung in Deutschland. Die Leipziger „Mitte“-Studie 2016. Gießen: Psychosozial-Verlag,
[online] https://www.boell.de/sites/default/files/buch_mitte_studie_uni_leipzig_2016.pdf [10.12.2018].
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
Wer also sind „die Deutschen“? Und was ist „die“ deutsche Kultur?
Manche meinen, die wichtigste Grundlage des
Zusammenlebens der Menschen in der Bundes-
republik Deutschland sei das Grundgesetz,
also die deutsche Verfassung. Wenn alle Men-
schen im Land dieses Grundgesetz respektieren
würden, sei dies eine hinreichende Basis für ein
tolerantes, friedliches Zusammenleben in ei-
nem Zustand kultureller Pluralität. Andere
meinen, dass ein Gesetz zu wenig sei, um eine
Gesellschaft zusammenzuhalten, sondern dass
es – über das Gesetz hinaus – bestimmte lei-
tende Werte und Normen geben müsse, an die
auch Migranten sich anzupassen hätten. Dis-
kussionen über eine solche, noch näher zu defi-
nierende „Leitkultur“ gibt es seit den 1990er-
Jahren. Interessanterweise war es ein Professor mit Migrationshintergrund, näm-
lich der syrischstämmige Politologe Bassam Tibi, der diesen Begriff 1998 prägte
(wobei es ihm nicht um eine deutsche, sondern um eine „europäische Leitkultur“
ging). Seitdem entzünden sich immer wieder Debatten um die Frage, ob die Ge-
sellschaft der Bundesrepublik Deutschland eine „Leitkultur“ für sich definieren
müsste und welche Aspekte zu dieser „Leitkultur“ gehören sollten. Im Jahr 2017
legte z. B. der damalige deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maiziere einen
„Zehn-Punkte-Katalog zur deutschen Leitkultur“ vor. Sein Vorschlag löste hitzige
Diskussionen aus, wurde teils heftig kritisiert, teils energisch verteidigt – einen
Konsens gab und gibt es bis heute nicht.
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Deutsche „Kulturstandards“
In ihrem Beitrag „Deutschland“ (2003) benennt und be-
schreibt Sylvia Schroll-Machl sechs deutsche „Kultur-
standards“.19 Die Darstellung basiert auf den Ergebnis-
sen mehrerer Studien, die „im amerikanisch-deutschen
Kontrast (Markowsky u. Thomas 1995), französisch-
deutschen Kontrast (Mole 1994), tschechisch-deutschen
Kontrast (Schroll-Machl 2001) und chinesisch-deutschen
Kontrast (Thomas u. Schenk 1996)“ durchgeführt wur-
den (ebd., 74). Es werden also nur diejenigen „Kultur-
standards“ dargestellt, die aus allen vier Blickwinkeln
zutage traten.
Nähere Angaben zum Design der genannten Studien
und zu den jeweils befragten Personengruppen enthält
der Beitrag nicht. Auch die Frage, wer „die Deutschen“ eigentlich sind, wird in
dem Text nicht reflektiert. Bei der Suche nach den historischen Gründen für die
aufgeführten „Kulturstandards“ geht die Verfasserin weit in die deutsche Ge-
schichte zurück – die deutsche Teilung findet hingegen keine Berücksichtigung;
auch die 68er-Revolte wird nicht erwähnt.
19
Sylvia Schroll-Machl (2003): Deutschland. In: Alexander Thomas; Stefan Kammhuber; Sylvia Schroll-Machl
(Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation. Band 2: Länder, Kulturen und interkulturelle
Berufstätigkeit. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, S. 72-89.
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
[…] Ein weiterer Aspekt der Sachorientierung zeigt sich in dem hohen Wert,
der persönlichem Besitz und Eigentum zugemessen wird. Der Besitz, zum Bei-
spiel Auto, Haus und Garten, wird gepflegt, fremdem Eigentum gegenüber
zeigt man Respekt, Geldangelegenheiten nimmt man auch bei kleinen Summen
sehr ernst.“ (Schroll-Machl 2003: 74 f.)
b. Haben Sie schon Menschen aus Deutschland persönlich kennengelernt? Falls nein,
überspringen Sie bitte diese Aufgabe. Falls ja, überlegen Sie bitte: Welche der im Text
genannten Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher unzu-
treffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Nicht alle Deutschen sind so, wie in dem Text beschrieben – aber manche sind tatsäch-
lich so. Stellen Sie sich vor, eine solche Person kommt nach Vietnam. Überlegen Sie: In
was für Situationen könnte es möglicherweise zu Konflikten kommen?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Haben Sie schon Menschen aus Deutschland persönlich kennengelernt? Falls nein,
überspringen Sie bitte diese Aufgabe. Falls ja, überlegen Sie bitte: Welche der im Text
genannten Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher unzu-
treffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Nicht alle Deutschen sind so, wie in dem Text beschrieben – aber manche sind tatsäch-
lich so. Stellen Sie sich vor, eine solche Person kommt nach Vietnam. Überlegen Sie: In
was für Situationen könnte es möglicherweise zu Konflikten kommen?
Vorhaben essenziell, dass sich die Individuen zeitlich koordinieren. Sie verein-
baren Termine. […] Zeitmanagement gilt damit als Voraussetzung für effekti-
ves Handeln überhaupt, aber ganz sicher als wesentlicher Bestandteil von Pro-
fessionalität. […]
Zeit erhält einen enormen Symbolwert, denn sie zeigt die Wichtigkeit einer Sa-
che und einer Person an […]. Zeitliche Zuverlässigkeit ist für den Aufbau von
Vertrauen und ein positives Image als verlässlich, interessiert, professionell
eine kaum zu überschätzende Variable; zeitliche Unzuverlässigkeit bedarf einer
gewichtigen Begründung, sonst stellt sie eine deutliche Beleidigung dar.“ (ebd.
76 f.)
b. Haben Sie schon Menschen aus Deutschland persönlich kennengelernt? Falls nein,
überspringen Sie bitte diese Aufgabe. Falls ja, überlegen Sie bitte: Welche der im Text
genannten Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher unzu-
treffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Nicht alle Deutschen sind so, wie in dem Text beschrieben – aber manche sind tatsäch-
lich so. Stellen Sie sich vor, eine solche Person kommt nach Vietnam. Überlegen Sie: In
was für Situationen könnte es möglicherweise zu Konflikten kommen?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
b. Haben Sie schon Menschen aus Deutschland persönlich kennengelernt? Falls nein,
überspringen Sie bitte diese Aufgabe. Falls ja, überlegen Sie bitte: Welche der im Text
genannten Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher unzu-
treffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
138
Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
c. Nicht alle Deutschen sind so, wie in dem Text beschrieben – aber manche sind tatsäch-
lich so. Stellen Sie sich vor, eine solche Person kommt nach Vietnam. Überlegen Sie: In
was für Situationen könnte es möglicherweise zu Konflikten kommen?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
[…] Außerdem spielt für die Art des Kontakts Nähe eine entscheidende Rolle.
[…] Als durchgängiges Muster kann für Deutsche gesagt werden, dass sich (a)
der Kontakt von Verschlossenheit, Distanziertheit und formalem Verhalten all-
mählich zum Vertrauten hin bewegt, dass (b) die anfängliche Dominanz von
Sachgesprächen und Rationalität zunehmend größerer Emotionalität, Herzlich-
keit und Personorientierung weicht, das (c) Nähe eine ‚Herzenssache‘ und nicht
von Zweckrationalität bestimmt ist. (d) Das Interesse, ständig neue Leute ken-
nen zu lernen, ist im Allgemeinen eher gering; viele Kontaktchancen werden
daher nicht wahrgenommen, aktive Kontaktanbahnung oder ungebetene Ein-
mischung wird leicht als aufdringlich empfunden; stattdessen gelten Abstand
und Zurückhaltung als höflich […]. (e) Diese Distanzdifferenzierung findet ih-
ren Niederschlag in den Anredeformen ‚Sie‘ oder ‚Du‘.“ (ebd., 79 ff.)
a. Notieren Sie: Welche Aspekte werden im Zusammenhang mit „Trennung von Persön-
lichkeits- und Lebensbereichen“ genannt?
b. Haben Sie schon Menschen aus Deutschland persönlich kennengelernt? Falls nein,
überspringen Sie bitte diese Aufgabe. Falls ja, überlegen Sie bitte: Welche der im Text
genannten Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher unzu-
treffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
c. Nicht alle Deutschen sind so, wie in dem Text beschrieben – aber manche sind tatsäch-
lich so. Stellen Sie sich vor, eine solche Person kommt nach Vietnam. Überlegen Sie: In
was für Situationen könnte es möglicherweise zu Konflikten kommen?
sind überzeugt, dass sie lediglich eine Verfehlung kritisieren, aber nicht
die Person.[…]
• Wenn es Probleme zu lösen gilt, sind Deutsche davon überzeugt, dass
nur durch eine klare Problemanalyse und ein konkretes Ansprechen von
Schwachstellen eine Optimierung möglich ist: Erst wenn die Probleme
erkannt sind, kann man an eine Fehlerbehebung gehen.“ (ebd., 81 f.)
b. Haben Sie schon Menschen aus Deutschland persönlich kennengelernt? Falls nein,
überspringen Sie bitte diese Aufgabe. Falls ja, überlegen Sie bitte: Welche der im Text
genannten Aspekte halten Sie für eher zutreffend? Welche halten Sie für eher unzu-
treffend? Begründen Sie Ihre Meinung (z. B., indem Sie für zutreffende Aspekte Bei-
spiele anführen und bei unzutreffenden Aspekten Gegenbeispiele nennen).
c. Nicht alle Deutschen sind so, wie in dem Text beschrieben – aber manche sind tatsäch-
lich so. Stellen Sie sich vor, eine solche Person kommt nach Vietnam. Überlegen Sie: In
was für Situationen könnte es möglicherweise zu Konflikten kommen?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
d. Wenn Sie nach Deutschland kommen, werden Sie mit recht großer Wahrscheinlichkeit
Menschen treffen, die so kommunizieren, wie in dem Text beschrieben. Allerdings exi-
stieren in diesem Bereich große individuelle Unterschiede – selbst in Deutschland gibt
es Menschen, deren persönlicher Kommunikationsstil sehr indirekt ist. Überlegen Sie:
Was kann passieren, wenn Sie annehmen, dass ALLE Deutschen sehr direkt kommuni-
zieren?
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Kapitel 12:
„Critical Incidents“
12.1 Einstieg: Irritierende Situationen
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2. Überlegen Sie: Haben Sie in der Begegnung mit Menschen aus anderen Ländern schon
mal Situationen erlebt, die aus Ihrer Sicht irritierend waren? Falls ja, was für Situationen
waren das?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Vietnamesische Lebensgefährtin
„Herr Lüders, 30 Jahre alt, lebt seit drei Jahren in
Vietnam. Er hat seit einem Jahr eine vietnamesische
Freundin, Dung, ebenfalls 30 Jahre alt. Sie studierte
drei Monate in Deutschland. Jetzt lebt sie bei ihren
Eltern in Hanoi. Viele ihrer Freunde und Kollegen
sind Europäer. Sie ist eine unkonventionelle, west-
lich orientierte junge Vietnamesin. Dung möchte
mit Herrn Lüders zusammenleben und drängt ihn
deshalb zur Heirat. Für Herrn Lüders kommt eine
Heirat jedoch noch nicht in Frage. Immer wieder
fragt auch Dungs Familie, wann sie endlich heira-
ten werden. Herr Lüders erlebt bei jedem Zusam-
mentreffen mit Dungs Eltern, wie sie ihre Tochter
unter Druck setzen. Er findet es belastend, wie ihre
Eltern versuchen, in der Beziehung mitzubestim-
men.“
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b. Warum ist die Heirat für Dung und deren Eltern so wichtig? Hat dies kulturelle Gründe?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
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Hier ein weiteres Beispiel aus dem Buch „Beruflich in Vietnam“ (ebd., 75):
Gekicher
„Herr Meissner, 28 Jahre alt, ist Vorgesetzter
mehrerer vietnamesischer Angestellter in Ho
Chi Minh Stadt. Es ist im Büro bekannt, dass er
unverheiratet ist. Wenn Kunden in sein Büro
kommen, müssen sie an den Arbeitsplätzen
seiner Angestellten vorbeigehen. Als er eine
Kundin vor seinem Büro verabschiedet, be-
merkt Herr Meissner ein allgemeines Gekicher
unter seinen Mitarbeiterinnen. Die Frauen la-
chen und rufen ihm zu: ‚Nice Lady. You like
that one, ha?!‘ Er geht in sein Büro zurück und
sieht, wie alle Mitarbeiterinnen zusammenste-
hen und weiter über ihn kichern. Herr
Meissner findet das Verhalten einerseits amü-
sant, andererseits kann er es als Vorgesetzter
nicht akzeptieren. Er hält seine Mitarbeiter für
distanzlos.“
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
Und noch ein Beispiel aus dem Buch „Beruflich in Vietnam“ (ebd, 91):
Bitte um Kritik
„Frau Holfelder ist im Management eines
Unternehmens in Hanoi. Sie strukturiert
den Arbeitsablauf für die Servicekräfte
um. Von mehreren Seiten wird ihr zuge-
tragen, dass der neue Ablauf von den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht
gut angenommen wird. Daraufhin orga-
nisiert Frau Holfelder einen Workshop
mit ihren dreißig vietnamesischen Mitar-
beitern. Ziel des Workshops ist es heraus-
zuarbeiten, was an der neuen Struktur
fehlerhaft ist. Die betroffenen Mitarbeiter
äußern sich nur zögerlich. Man kommt
zu dem Ergebnis, dass es im Wesentli-
chen keine nennenswerten Probleme
gibt. Frau Holfelder ist enttäuscht. Der
Workshop hat weder zu Änderungsmaß-
nahmen noch zu einer besseren Akzep-
tanz des Arbeitsprozesses bei den Mitar-
beitern geführt.“
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b. Warum sagen die vietnamesischen Mitarbeiter in dem Workshop nicht, womit sie un-
zufrieden sind? Hat dies kulturelle Gründe?
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Vergleichen Sie die beiden Texte: Was ist beim Busfahren in Vietnam offenbar anders
als in Deutschland?
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c. Was könnte der Grund dafür sein, dass die vietnamesische Person in Deutschland und
die deutsche Person in Vietnam eine ähnliche Art von Situation erlebt haben?
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Die Erzählungen wurden von Nele Schneider, Universität Leipzig, gesammelt und aufgeschrieben. Die befrag-
ten Personen waren deutsche und vietnamesische Studierende, Praktikant(inn)en und Au-pairs.
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
a. Was meinen Sie, stimmt der Eindruck der deutschen Person, dass Menschen in Viet-
nam sich oft nicht begrüßen oder verabschieden?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Zwei deutsche Personen erleben in einer ähnlichen Situation ganz unterschiedliche Re-
aktionen vietnamesischer Personen. Was meinen Sie – woran liegt das?
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a. Was meinen Sie – stimmt der Eindruck der deutschen Person, dass Menschen in Viet-
nam sich kaum an den Himmelrichtungen orientieren?
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a. Was meinen Sie – stimmt der Eindruck der deutschen Person, dass Menschen in Viet-
nam sich an Marktständen oft vordrängeln?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
b. Welche Erklärung würden Sie der deutschen Person geben? Und welches Verhalten
würden Sie ihr empfehlen?
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a. Denken Sie, dass das Verhalten der Menschen in dem Dorf „typisch vietnamesisch“ ist?
Und wie würden Sie dieses Verhalten erklären?
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b. Was meinen Sie: Warum ist dieses Verhalten den deutschen Personen unangenehm?
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(10) Hupen
„Einmal bin ich in Hanoi mit dem Bus auf ei-
ner sehr großen Straße gefahren. Der Ver-
kehr war sehr laut und hektisch und es wa-
ren viele Mopeds, Autos und Busse unter-
wegs. Ich stand am Fenster und habe deswe-
gen schon von weitem eine Frau entdeckt,
die ganz entspannt und langsam die Straße
überquert hat. Dass sich die Menschen in
Hanoi nicht von vollen Straßen abschrecken
lassen, hatte ich schon öfter gesehen. Aber
diese Frau beeindruckte mich, weil sie nicht
einmal auf die Straße geschaut hat, sondern
die ganze Zeit nur auf ihr Handy tippte. Sie
ist dabei so langsam geworden, dass sie fast
stehengeblieben ist. Währenddessen ist un-
ser Bus ziemlich schnell auf die Frau zuge-
fahren und hat angefangen, lange zu hupen.
Das war schon im Bus sehr laut und ich will mir gar nicht vorstellen, wie laut das
draußen gewesen sein muss. Doch die Frau hat nicht hochgeschaut und war wei-
terhin auf der Straße mit ihrem Handy in der Hand. Der Bus ist mit unveränderter
Geschwindigkeit und immer noch hupend auf die Frau zugefahren. Erst im letzten
Moment hat er sehr plötzlich gebremst und ist ungefähr einen halben Meter vor
der Frau zum Stehen gekommen, wobei er durchgängig gehupt hat. Doch die Frau
hat noch immer nicht von ihrem Handy aufgeschaut. Sie ist einfach das letzte Stück
bis zum Gehweg weitergelaufen, hat dort das erste Mal wieder aufgeblickt und
unseren Bus gesehen. Sie schien erfreut, dass der Bus zeitgleich mit ihr angekom-
men ist, und ist eingestiegen, als wäre nichts gewesen.“
a. Wie wirkt diese Erzählung auf Sie – empfinden Sie das Verhalten der Frau auf der
Straße als normal oder ungewöhnlich?
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b. Wie würden Sie das Verhalten der Frau auf der Straße erklären?
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a. Würden Sie auf Facebook jemandem die Frage „Hast du schon gegessen?“ stellen?
Wenn ja, was bedeutet diese Frage?
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(12) Müll
„Ich bin ziemlich beeindruckt, wie gut in
Hanoi teilweise das Müllsystem funktioniert.
Ständig sehe ich Menschen mit großen Wagen
auf den Straßen, die Müll einsammeln. Die
Person, die in meiner Gasse täglich den Müll
mitnimmt, kommt immer um halb vier nach-
mittags. Da ich um die Zeit jedoch arbeiten
muss, wollte ich unsere Mülltüten einfach
abends an die nächste Straßenecke stellen. Ich dachte mir, dass sie so am nächsten
Tag ja einfach eingesammelt werden könnten. Als ich jedoch mit unseren Tüten
das Haus verließ, erschien plötzlich die Nachbarin aus dem Nebenhaus. Sie hat
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ULIS – VNU Hanoi, Fakultät für Deutsche Sprache und Kultur
mich auf einmal ziemlich laut auf Vietnamesisch angeschrien und auf meine Müll-
tüten gezeigt. Ich war sehr erschrocken und bin lieber wieder in mein Haus gegan-
gen und habe alle Tüten mitgenommen. Am nächsten Tag schrieb mir meine Ver-
mieterin und erinnerte mich daran, dass der Müll um halb vier abgeholt werde und
berichtete mir, dass sich die Nachbarn beschwert hätten.
Ein paar Tage später ging ich nachmittags zu einer Verabredung. Da es gerade um
3 Uhr war (und somit nur noch eine halbe Stunde bis zur Müllabholung), dachte
ich mir, dass es diesmal wohl kein Problem wäre, wenn ich meinen Müll auf die
Straße stelle. Glücklicherweise wurde ich an diesem Tag nicht angeschrien und ich
freute mich, dieses System verstanden zu haben. Leider bekam ich auch an diesem
Tag eine Mail von meiner Vermieterin. Die Nachbarn hatten sich schon wieder be-
schwert ...“
a. Wie wirkt diese Situation auf Sie? Haben Sie eine Erklärung für das Verhalten der Nach-
barin und der Vermieterin?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
a. Wie wirkt diese Situation auf Sie? Haben Sie eine Erklärung für das Verhalten der Men-
schen im Bus?
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Lehr- und Arbeitsbuch zum Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ (B. A.)
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