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Vollendet geborgen
PHOTOGRAPHER
BRYAN ADAMS
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N0 1
14 Zauberhaft gelaunt
Magiern gehe es besonders gut, sagt eine Frieden,
aber wie?
Studie. Wir haben sie nach ihrem Trick gefragt
30 Abschied von Jo
Seine Hochzeitsanzeige konnte er
nicht mehr lesen: Die Geschichte von Jo Marx
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Der Heiter-bis-glücklich-Jahresrückblick
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HEITER BIS GLÜCKLICH – EIN JAHRESRÜCKBLICK 6
Fotos diese Seite privat; Netflix; iStockphoto(3); Phoebe Philo; Netflix; Penguin; WireImage; Courtesy of Warner Bros. Pictures Fotos rechte Seite Pexels; iStockphoto (2); picture alliance/PictureLux/The Hollywood Archive;
Über Monate streikten die
Drehbuchautorinnen
und Schauspieler. Cillian
Sowohl Taylor Swift als Murphy (Oppenheimer)
auch Beyoncé gingen nutzte die Ruhe,
auf Welttournee. Nur um »zu Hause zu sein
Woodstock war epischer! und Käse zu essen«
Fan-Dresscode bei den
Konzerten beider Musike-
KRISENMODUS
rinnen: der Cowboy-Hut
An anderen Bühnen
etablierte sich indes der
RIZZ
Trend, Popstars mit
Gegenständen zu bewer-
fen. P!nk etwa wurde von
der Asche der Mutter
eines Fans getroffen, Cardi
B von einem Drink. Während das Oxford-
Letztere konterte mit Lexikon rizz (übersetzt so Endlich wieder gut gerüstet:
ihrem Mikrofon viel wie »Charisma«) Erstmals unter eigenem
zum Wort des Jahres kürte, Namen brachte die
wählte die Gesellschaft Modedesignerin Phoebe
für deutsche Sprache Philo ihren unnachahmlichen
hierzulande den Begriff Galeristenchic zurück
Krisenmodus. Dass
wir Deutschen Spaß
bremsen sind, wussten
geständnisse wir natürlich schon
Vor ein paar Wochen holte ich meinen klei- lich quotiertes Quartett aus Jugendlichen Klischeefigur »reicher Jude« und dem bösen
nen Sohn vom Sport ab und nahm einen ein Unternehmen und findet einen Investor, Klischee-Kapitalisten gibt es Gemeinsamkei-
seiner Freunde mit, der bei uns in der Nähe selbstverständlich sind bis zum Erfolg viele ten. Beide haben ihren Reichtum angeblich
wohnt. Die beiden Jungen unterhielten sich Hindernisse zu überwinden. Die Helden hei- nicht durch Fleiß und gute Ideen verdient,
auf der Rückbank des Autos. Plötzlich hörte ßen Nele, Carl, Aliyah und Mehmet. Carsten was nach meiner Erfahrung häufig der Fall ist,
ich, wie mein Sohn sagte: »Ich werde Unter- Maschmeyer signierte das Buch für meinen sondern immer nur durch Ausbeutung und
nehmer. Ich gründe eine Firma. Damit ver- Sohn, er hat es gelesen. Sein Zukunftsplan ist finstere Machenschaften. Beiden dürfen die
diene ich viel Geld. Nach ein paar Jahren offenbar das Ergebnis. Kinder, die Karl May weniger Erfolgreichen deshalb ihr Geld guten
verkaufe ich dann meine Firma für 1000 gelesen hatten, wollten früher ja auch fast alle Gewissens wegnehmen. Aber wenn morgen
Milliarden. Was ich mit dem Geld mache, hauptberuflich ein Winnetou werden. wirklich alle Juden Israel verließen, from the
weiß ich noch nicht. Aber als Erstes kaufe Vor dem Kauf der Weihnachtsgeschenke river to the sea, was würde dann wohl aus Pa-
ich einen Maserati.« hätte ich das natürlich nicht publik gemacht, lästina werden? Ein Armenhaus höchstwahr-
Auf die Frage des Freundes, was für eine Art um mich nicht dem Verdacht auszusetzen, scheinlich, ein von der Hamas geknutetes
von Firma er denn gründen möchte, sagt von Maschmeyer dafür bezahlt zu werden. Venezuela am Mittelmeer. Man muss nur mal
er: »Das weiß ich auch noch nicht.« Aber er Kinder werden von den Erwachsenen manch- Israel mit den mehr oder weniger missratenen
habe ja noch etwas Zeit, sich Gedanken zu mal gefragt, was sie mal werden wollen. Wer- Staaten drumherum vergleichen. Auf Erfolge
machen. Völlig korrekt. Er denkt auch noch de ich es aushalten, wenn der Kleine ihnen aller Art reagieren die Erfolglosen manchmal
nicht daran, dass er die 1000 Milliarden ver- demnächst antwortet: »Ich werde reich und mit Bewunderung, aber auch oft mit Neid
steuern muss. fahre einen Maserati«? Vielleicht ergänze ich oder sogar Hass.
Ich fragte mich, woher diese Idee kommt. ihn mit dem Satz: »Er geht dann aber mehr Ich hoffe, dass mein kleiner Sohn seinen
Zu hören unter www.zeit.de/audio
Dann fiel mir ein, dass ich vor einiger Zeit in Richtung Bill Gates als in Richtung Elon Traum eines Tages wahr macht, 600 Milliar
bei einem beruflichen Termin dem Unter- Musk.« Ich will ihm Ärger ersparen. Mase- den nach Steuern, ein paar kleine Tricks bei
nehmer Carsten Maschmeyer begegnet bin. ratis gibt es bis dahin sicher auch in Elektro, der Steuererklärung sind schon okay. Umso
Carsten Maschmeyer hat mit Axel Täubert, aus recycelten Dosen, mit veganen Sitzen mehr kann er spenden. Er soll auf eigenen
auch er ein erfahrener Kapitalist, das Kin- und automatischer Tempodrosselung. Füßen stehen und nicht sein Leben lang
der- und Jugendbuch Die Start-up Gang ge- Kleiner Exkurs: Mir fällt auf, dass Antikapi- davon träumen, vom Geld der anderen zu
schrieben. Darin gründet ein nach Herkunft, talismus und Anti semitis
mus recht oft im leben. Ein Hoch auf die Starken, denn ohne
sozialer Schicht und Geschlechtern vorbild- Doppelpack angeboten werden. Zwischen der die geht wenig auf der Welt.
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WOCHENMARKT 10 FRÜHSTÜCK IM SCHLAFANZUG
Apfel-Beignets
Als Frühstück für 2 Personen: 2 Eier, 60 g Mehl, 50 ml Milch, 1 Prise Salz, 2 große Äpfel, Sonnenblumenöl,
Zimt und Zucker zum Bestreuen
Das Fest der Liebe beginnt eigentlich erst am Netflix, ein Schoko-Weihnachtsmann gilt den Teig heben, nicht zu kräftig rühren.
27. Dezember. Wenn nicht mehr gesungen, als vollwertige Mahlzeit. Man ist, wie man Äpfel schälen, das Kerngehäuse mit einem
beschenkt, geweihnachtet wird. Bleiben ist, und jeder Tag ist ein Geschenk, bevor Apfelentkerner entfernen. Äpfel in etwa 0,5
dürfen die Gäste, die sich nicht beschweren, der Januar kommt, Gottes Strafe für den cm dicke Ringe schneiden. Öl in eine Pfanne
wenn man im Schlafanzug frühstückt und ganzen Genuss. gießen, sodass es den Boden großzügig be-
eventuell dabei auch nicht viel redet. Sie be- Die Eier trennen. Mehl und Eigelb vermen- deckt. Die Apfelrondelle in den Teig tunken,
kommen Apfel-Beignets serviert. Man kann gen. Milch dazugießen. Eiweiß mit einer Pri- dann ins heiße Öl legen. Ein paar Momen-
die Apfelküchle, wie wir in Baden-Württem- se Salz zu Schnee schlagen. V
orsichtig unter te von beiden Seiten knusprig braten. Auf
berg sagen, natürlich auch nachmittags um einen mit einem Küchenpapier ausgelegten
vier Uhr machen, denn zwischen den Jah- Teller legen. Zum Servieren mit Zimt und
ren gelten keine Regeln. Die Kinder gucken Das aktuelle Zucker bestreuen.
ZEITmagazin WOCHENMARKT
ist am Kiosk oder als Abo
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TAGEBUCH AUS KIEW 12 KRANKENWAGEN
Jedes Mal, wenn ich einen Krankenwagen zuges. Sobald er da ist, holen Sanitäter die ver an einem vorbei. Meist sind es drei bis fünf
sehe oder höre, wird mir bewusst, dass sich wundeten Soldaten aus den Abteilen, vertei Krankenwagen hintereinander.
darin höchstwahrscheinlich ein verwundeter len sie auf die Krankenwagen und fahren sie Man kann sie nicht übersehen oder sich an
Soldat befindet. schnellstmöglich zu mehreren Krankenhäu sie gewöhnen. Mir geben sie jedes Mal das
Eine Reihe Krankenwagen steht den ganzen sern in Kiew. Dafür benutzen sie immer die Gefühl, dass die Front viel näher ist, als die
Tag vor dem Kiewer Hauptbahnhof und selben Straßen mitten durch die Stadt. Mehr Karten anzeigen. Es ist, als wäre der Krieg
wartet auf die Ankunft des nächsten Sanitäts mals am Tag rast also eine solche Kolonne mitten in der Stadt.
Der Illustrator Sergiy Maidukov, 43, ist in Donezk geboren und aufgewachsen, seit 2006 wohnt er in Kiew.
Für uns zeichnet er, wie er sein Land derzeit sieht und erlebt
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y Presto
mit der legendären Fa
Ein magischer Moment
Von JÜRGEN VON RUTENBERG Fotos GUY BOLONGARO
»Neiiin!«, schreit ein elegant gekleideter vor kleinen Gruppen an Esstischen. Im ihren speziellen Fähigkeiten: Ein Forscher
Herr Mitte fünfzig, fasst sich mit beiden Laufe der letzten vier Jahrzehnte dürfte sie an der Aberystwyth University in Wales
Händen an den kahlen Schädel und starrt auch so, Tisch für Tisch, ein Millionen- präsentierte vor Kurzem die Ergebnisse
fassungslos auf die Weinflasche, die eben publikum begeistert haben. Sie hat für die der ersten größeren Studie zur mentalen
verschwunden war und nun plötzlich Queen gezaubert bei deren 80. Geburtstag Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppe.
wieder vor ihm auf dem Restauranttisch und für etliche Rockstars. Titel: »Psychotische und autistische Merk-
steht. Die junge Frau neben ihm bekommt Was ist das eigentlich für ein Beruf? Und male bei Zauberkünstlern«. Und einige
einen Lachanfall, ihre Nachbarin wirkt wie lebt es sich als Zauberin? Schauen wir dieser Ergebnisse sind so verblüffend wie
versteinert, nachdem ihr die Kinnlade he- Fay Presto noch einmal kurz bei der Arbeit ein gelungener Zaubertrick.
runtergeklappt ist. In der Tischgesellschaft zu, am nächsten Tisch: Sie zündet eine Befragt wurden 195 Zauberer und Zaube-
ringsherum: weit aufgerissene Augen, un- Serviette an, besorgt beäugt von Dinner- rinnen mit einer durchschnittlichen Zau-
gläubiges Staunen, lautes Lachen, Applaus. gästen, denen noch nicht klar ist, ob diese berei-Erfahrung von immerhin 35 Jahren.
Ein ganz normaler Arbeitstag für Fay seltsame Frau weiß, was sie tut, oder ein- Die Teilnehmenden, die über die wichtigs-
Presto, 75-jährige Grande Dame der bri- fach nur verrückt ist. Doch dann zaubert ten Magier-Vereine in Großbritannien und
tischen Magierszene, die diese Reaktionen sie die schwarz angebrannte Stelle der Ser- den USA erreicht wurden, füllten einen
hervorgezaubert hat. An diesem Dezem- viette weg; sie bringt für einige Sekunden Fragebogen aus, ordneten sich auf allerlei
berabend in London geht sie von Tisch zu einen Geldschein zum Schweben; und sie Skalen ein und ließen auf diese Weise tief
Tisch in einem luxuriösen Hotel-, Restau- lässt – wie auch immer – eine echte, glä- in sich hineinblicken. Und da dieselben
rant- und Bar-Komplex namens The Ned, serne Weinflasche durch die Tischplatte Fragen und Skalen seit Jahren auch schon
der vor sechs Jahren in einem ehemaligen hindurch verschwinden. Alle, die diese für andere Stu dien verwendet wurden,
Bankpalast eröffnet wurde. (1963, als die- Dinge aus der Nähe sehen, sind komplett lassen sich die ermittelten Werte nun mit
ser Palast noch die Zentrale der Midland verblüfft. Und für einen Moment: verzau- denen anderer Gruppen vergleichen.
Bank war, wurden hier Teile des Zauberei- bert. »Wenn die Leute nicht immer wie- Der Leiter der Studie, Gil Greengross, be-
Klassikers Mary Poppins gedreht.) der so ausflippen würden«, sagt Fay Presto schäftigt sich als Psychologe sonst vor al-
Es ist laut und voll hier, Partystimmung später in etwas koketter Bescheidenheit, lem mit »der Rolle des Humors und des
an üppig gedeckten Tischen, so weit das »dann wäre meine ganze Arbeit doch Zeit- Lachens in der Evolution«, in einer Reihe
Auge reicht, smaragdgrüne Säulen ragen verschwendung, oder?« von Studien hat er die Psyche von Stand-
hinauf zur himmelhohen Decke, eine Nach drei Stunden Magie an etlichen Ti- up-Comedians erforscht. »Man weiß, dass
Band auf einer Empore in der Mitte des schen wird es Zeit für ein Nachtmahl in ih- Comedians eine Tendenz zu Depressio-
Saals spielt gegen den Gesprächslärm an rem Stammlokal. Draußen, neben dem Pa- nen und Ängsten haben«, sagt Greengross
mit den größten Hits der Neunziger. Das last, steht Fay Prestos Auto, ein niedlicher, im Videogespräch, »ihre Werte bei den
Publikum: eher jung und wohlhabend. extrem seltener Mitsubishi-Oldtimer, der psychotischen Merkmalen sind ziemlich
The Ned ist von Finanzindustrie um von vorn wie ein geschrumpftes Londoner hoch.« Allgemein gebe es »zunehmend Be-
geben, die U-Bahn-Station vor dem Ein- Taxi aussieht. »Die Leute fragen mich im- lege für eine Verbindung zwischen Kreati-
gang heißt schlicht »Bank«. mer: ›Wie kannst du bloß in London Auto vität und psychischen Krankheiten«. Dass
Im Meer der Feiernden fällt Fay Presto fahren? Man findet doch nirgends mehr Popstars, Schauspielerinnen und andere
nicht nur durch ihre blonde Mähne auf einen Parkplatz!‹«, sagt sie. »Komisch: Ich Entertainer öffentlich über ihre Depressio-
und durch ihr weites, schwarzes Gewand, finde immer einen, und zwar genau da, wo nen sprechen, über Ängste und Burn-out,
das mit Glitzersteinen und einem riesigen ich hinwill. Mit der U-Bahn bin ich zuletzt ist längst so normal geworden, dass es fast
Ausschnitt versehen ist. Sondern auch vor 30 Jahren gefahren.« schon zum Berufsbild gehört. Greengross
durch die Funken, die bei ihren Vorfüh- Hat Fay Prestos Findigkeit damit zu tun, wollte seine Forschungsmethoden anwen-
rungen fliegen und die sie wie eine gute dass sie eine professionelle Zauberin ist? den auf »eine kreative Gruppe mit ein-
Fee im Saal verteilt. Auf einmal steht sie Oder doch eher damit, dass sie sich in zigartigen Eigenschaften, die bisher noch
unaufgefordert am Tisch und spricht: einem früheren Leben unter anderem als nicht untersucht worden ist – Magier«.
»Es tut mir leid, aber ich muss das jetzt Lieferwagenfahrer durchgeschlagen hat? Das Hauptergebnis, tata: Die Angehörigen
machen.« Sie lässt einen Faden von ihrer (Dass sie sich im Laufe ihres früheren Le- der Zauberzunft sind der Studie zufolge
ausgestreckten Hand baumeln, zündet ihn bens irgendwann in eine Frau verwandelt insgesamt erstaunlich guter Dinge und
an, eine Mini-Explosion – plötzlich hängt hat, ist schon so lange her, dass es für sie psychisch stabil. Sie sind besser drauf als
am Faden eine Taschenuhr. heute kaum noch der Rede wert ist.) Beim alle anderen Kreativen. Was aber noch er-
Fay Presto ist in mehrerlei Hinsicht eine Nachtmahl werden wir Fay Presto noch et- staunlicher ist: Als einzige kreative Gruppe
Pionierin, sie gilt als Wegbereiterin und was näher kennenlernen, aber wenden wir sind sie dieser Studie zufolge sogar psy-
Königin der close-up magic: Ihre Art der uns erst mal ihrer magischen Zunft zu. chisch stabiler als die größte Vergleichsein-
Zauberei funktioniert am besten aus nächs- Denn es gibt einen Grund, sich näher mit heit – der Bevölkerungsdurchschnitt.
ter Nähe betrachtet. Daher tritt sie nur der Lebenseinstellung von Zauberinnen Sind Zauberer also überdurchschnittlich
selten auf großen Bühnen auf, meistens und Zauberern zu beschäftigen, und mit glücklich? Mal angenommen, es ist etwas
17
Auf der Suche nach dem Unmöglichen: James Pritchard in einem Londoner Park
Lebenskünstler in Aktion: Fay Presto und ihr Assistent Harvey (linke Seite) sowie James Pritchard
sagt er. »Also studierte ich Psychologie,
um meine Zauberei zu verbessern.« Und
so wurde er zur Koryphäe der Zauber-
Forschung. In seinem interdisziplinären
»Magic Lab« untersucht er, wie Zauberer
die Wahrnehmung ihres Publikums mani-
pulieren und Entscheidungen beeinflussen.
Seine Beobachtungen wendet er auch auf
gesellschaftliche Themen an, auf soziale
Medien und politische Debatten: »Wenn
wir diese Mechanismen besser verstehen,
werden wir hoffentlich ein bisschen we-
niger anfällig für Manipulation und Des-
information.« Zauberer kennen die Mittel
der Täuschung besser als die meisten – und
sind entsprechend schwer auszutricksen.
Trick 4: Entwickle eine gesunde
Skepsis.
Die Greengross-Untersuchung zur men-
talen Gesundheit der Magier nennt Kuhn
»eine tolle Studie«. Überrascht hat sie
auch ihn. Seinem Eindruck nach hätten
eine Menge Zauberer durchaus mit psy-
chischen Problemen zu kämpfen: »Wenn
man eine Zauberer-Versammlung besucht,
merkt man schnell, dass manche da soziale
Schwierigkeiten haben.« Aber für viele sei
die Zauberei eben auch eine Kompensa
tion, eine coping strategy. Ein Vorteil der
Zauberei sei, dass sie keine allzu hohen
Hürden aufbaut: »Manche Zauberer hören
es nicht so gern«, sagt Kuhn, »aber Zauber-
tricks sind einfacher hinzubekommen als
viele andere Sachen. Innerhalb von ein paar
Stunden kann jeder einen Trick lernen und
damit in der nächstbesten Bar ziemlich po- der Studie halten, wie es ihnen so geht und ein gewisser Optimismus Teil der Zauberei
sitive Reaktionen bekommen. Mit Singen welche Tricks sie für uns parat haben. sei: »Das Unmögliche ist oft der Ausgangs-
würde das nicht unbedingt klappen.« Und James Pritchard ist ein junger Profi-Zaube- punkt eines Zaubertricks: Es ist unmög-
nicht nur ist der Einstieg einfacher als in rer, der seit Jahren mit Auftritten bei Par- lich? Dann will ich es machen!«
anderen Künsten: Es ist ein Handwerk, in tys, Hochzeiten, Firmenveranstaltungen in Trick 6: suche nach versteckten
dem man durch Übung und Erfahrung und um London erfolgreich ist. Nachdem Möglichkeiten.
jahrzehntelang weiter vorankommt. wir in einem Café eine Stunde lang über Die Schulzeit sei für ihn »okay« gewesen,
Trick 5: Etwas finden, worin man seine Arbeit und sein Leben geredet haben, nur fand er die Zauberei eben viel faszi-
immer besser werden kann. ist klar: Falls Gil Greengross ein Paradebei- nierender, sie entfesselte seinen Wissens-
Auch wer schon alles hat, kann mit ein spiel suchen sollte für den gut gelaunten, drang, der sich mittlerweile noch ausge-
paar Zaubertricks offenbar sein Leben be- lebenstüchtigen, psychisch stabilen Zau- weitet hat: »Heute würde ich diese ganzen
reichern. »Erstaunlich viele Zauberer sind berkünstler – sein Name ist James Prit- Schulfächer viel spannender finden als
sehr reich«, sagt Kuhn, »und zwar nicht chard. Seine entspannte Lebensfreude zeigt damals«, sagt er und lacht.
unbedingt wegen der Zauberei.« Trotz all sich schon im herzlichen Lachen, das seine Trick 7: Neugier = Motivation.
seiner Forschungen hält Kuhn am Ende Erzählungen durchzieht und mit dem er Hilft die Zauberei James Pritchard im All-
des Gesprächs fest: »Eigentlich wissen wir auch über sich selbst lacht. »Ich bin ge- tag? »Definitiv«, sagt er. »Ich bin Vater von
über die Zauberer noch sehr wenig.« nerell eine positiv denkende Person«, sagt sechsjährigen Zwillingen, und ehrlich ge-
Fragen wir also ein paar Zauberer, und er. »Ob ich das bin, weil ich als Zauberer sagt: Die erste Zeit nach ihrer Geburt habe
zwar, um nah am Umfeld der Studie zu arbeite, oder Zauberer wurde, weil ich so ich gehasst. Sie haben immer geschrien,
bleiben: britische Zauberer, was sie von bin – wer weiß!« Er glaube allerdings, dass ich mochte sie nicht, sie m ochten mich
nicht. Und ihretwegen konnte ich nicht Kartentrick-Genie, eine Legende. Als Sohn gehen und dort die Welt der Kartentricks
wie sonst auftreten oder meine Freunde einer Einwanderin von der Karibikinsel zu erforschen. In einem Fachgeschäft für
treffen. Ich nahm dann eine Stunde pro St. Lucia ist er außerdem einer der wenigen Zauberbedarf lernte er mit 14 einen pen-
Woche Zauberunterricht und übte zu Nichtweißen im Magic Circle. sionierten Magier namens Alan Alan ken-
Hause zwischendurch, wann immer es Während Vincent seine Karten mischt, nen, dem der Laden gehörte – er wurde
ging. Das hat mich auch von Bildschirmen philosophiert er darüber, was sie für ihn für ihn eine Art Vaterfigur. »Er sagte mir
und Social Media ferngehalten.« repräsentieren: »Chaos und Ordnung«. Er später: ›Die anderen Jungs in deinem Al-
Trick 8: Aktiv üben statt konsumieren. habe zum Beispiel einmal jemanden gese- ter wollten alle nur Stinkbomben kaufen.‹
Beim Trainieren fand Pritchard zu einer in hen, der, so weit ganz normal, zwei halbe Ich war interessiert an komplexen Karten-
zahllosen Psychoratgebern beschworenen Kartenstapel zusammenmischen wollte, tricks.« Die studierte er 13 Jahre lang, zu-
Glücksquelle: »Diesen meditativen Flow- doch beim Zusammenschieben habe aus nächst nur für sich.
Zustand beim Üben mag ich sehr.« Mit Versehen bei der einen Hälfte der Rücken Trick 10: Ausdauer.
seinen Zwillingen versteht er sich inzwi- nach oben gezeigt, bei der anderen nach Nach seiner Schulzeit jobbte Vincent im
schen auch besser. unten. Vincent führt es vor, präsentiert Krankenhaus, im Kaufhaus, als Postbote.
Trick 9: Finde den Flow. das Durcheinander und kommentiert: »1991 wurde ich gefeuert und stürzte
Das Londoner Hauptquartier der Zauberer »Chaos.« Schön zu sehen während seiner mich in meine Karriere als Zauberer.«
ist eine Institution namens The Magic Cir- Ausführungen: wie sein Publikum sich im- Alan Alan sei für ihn der Schlüssel ge
cle, gegründet 1905, heute beheimatet in mer weiter, immer neugieriger nach vorn wesen »zu einem Leben voller Abenteuer«,
einem vierstöckigen Gebäude in der Nähe beugt. Eine ältere Dame drückt minuten- die Zauberei brachte ihn nach New York,
des Bahnhofs Euston. Der M agic Circle lang ihre Hände an die Wangen, Lächeln Las Vegas, nach Argentinien und China.
betreibt einerseits Geheimniskrämerei – und Leuchten in den Gesichtern ringsum. Trick 11: Finde einen Mentor.
interne Lehrveranstaltungen für die streng Nach zwei, drei schnellen Handgriffen Doch die Wunden seiner Kindheit wirkten
ausgewählten Mitglieder, eigene Räume breitet Vincent alle Karten des Chaos- nach. Um seinen inneren Schmerzen zu
für die Meister und Meisterinnen im Inner Stapels vor sich auf dem Tisch aus: Alle entkommen, nahm er jahrelang an diver-
Magic Circle. Er bietet aber auch Auffüh- zeigen in dieselbe Richtung. Und sie sind sen Psycho-Seminaren teil, er glaubt, dass
rungen vor kleinem Publikum an. perfekt sortiert. Mit wissendem Lächeln sie ihn von Depressionen befreit haben.
Vor etwa 40 Menschen im Alter von 6 bis und ausgestreckten Armen verkündet er: 2019 beschloss er, keine Auftritte mehr zu
Ende 70 treten an diesem Dezemberabend »Aus Chaos wurde Ordnung.« machen – um sich um seine demenzkranke
vier Herren auf: Einer erinnert äußerlich Es kann nicht wahr sein. Und doch lie- Mutter zu kümmern. »Nicht mehr auftre-
an den genialen Komiker (und früheren gen da die Karten. Großer Applaus, viele ten zu können, hat mich damals emotional
Zauberer) Steve Martin und hämmert sich wollen hinterher noch Selfies mit Michael gebrochen«, sagt er. »Aber meine Mutter
spaßeshalber – aber vermutlich nur schein- Vincent machen, er ist der Star des Abends. zu pflegen und sie in Würde sterben zu
bar – einen Nagel in die Nase. Der nächste Und wie kommt er mit seinem Leben klar? lassen – das war das Wichtigste, was ich in
lässt mit viel Charme rote Kuschelbälle auf- Zum Gespräch über Zauberei und Lebens- meinem Leben gemacht habe.«
tauchen, verschwinden, sich verdoppeln, kunst setzen wir uns in eine ruhige Hotel- Nachdem sechs Monate ohne Auftritte
und zwar auch, völlig unbegreiflich: in den lobby. Vincent verlor vor gut zehn Jahren vergangen waren, erzählt er, habe er e ines
zur Faust geballten Händen von Zuschaue- vorübergehend sein Gehör. Inzwischen hat Abends zum ersten Mal wieder einen
rinnen. Ein pensionierter Marketingmann, er es teilweise wieder, dank Hörgerät. Stapel Karten zur Hand genommen und
der angeblich schon für Google und das »Hauptberuflicher Zauberer zu sein, ist angefangen, sie zu mischen. »Dieser Mo-
FBI gearbeitet hat, führt einen Trick vor, nicht leicht«, sagt er. »Es ist überhaupt ment erinnerte mich daran, was für ein
bei dem am Ende die soeben in den Raum nicht leicht.« Sein Leben war es auch nicht, leidenschaftlicher Student der Magie ich
gerufenen Antworten seines Publikums in wie sich im Laufe unserer Unterhaltung von Kindheit an gewesen war. Es erinnerte
schriftlicher Form aus einem versiegelten herausstellt. »Ich bin ein Einzelkind, meine mich daran, wer ich bin.«
Briefumschlag hervorgeholt werden. Was Mutter hat mich allein großgezogen, die Trick 12: Bewahre einen
absolut nicht sein kann und hier doch vor Liebe eines Vaters habe ich nie gekannt.« Kindheitstraum.
aller Augen geschieht. Seine Initialzündung als Kartenzauberer er- Inzwischen, ein Jahr nach dem Tod seiner
Zum Abschluss des Abends ist Michael lebte er mit zehn Jahren: »Ich sah Robert Mutter, tritt Michael Vincent wieder auf.
Vincent dran, 59 Jahre alt, gekleidet in Redford in dem Film The Sting. Das mach- Hat die Zauberei sein Leben verbessert?
einen Smoking mit samtroter Weste. Er te etwas mit meinem Gehirn.« Im Schul- »Absolut«, sagt er, »sie hat mich verwandelt
wird vorgestellt als »bahnbrechender Er- unterricht habe er sich zu Tode gelangweilt, von einem schüchternen kleinen Jungen in
neuerer und Mentor der Zauberkunst«. in den Pausen wurde er gemobbt: »Ich war einen Mann, der an sich glaubt. Und sie
Schon dreimal wurde er vom Magic Cir- ein Außenseiter und wurde jeden Tag in hat mir geholfen, die Schönheit des Lebens
cle zum »Magier des Jahres« gekürt, und Prügeleien verwickelt.« jenseits der Kartenmagie zu erkennen.«
zwar als Einziger in drei verschiedenen Inspiriert von The Sting, kam der junge Magier, sagt er, »sind ein merkwürdiger
Jahrzehnten. Er ist ein weltweit verehrtes Michael auf die Idee, in eine Bibliothek zu Haufen. Die meisten sind Einzelgänger.
22
Ich habe auch ein paar Freunde verloren, wir uns zehn Jahre später wiedersehen, re- Royals. Im Kensington Palace zauberte sie
die sich das Leben genommen haben.« den diese Leute mit mir über alles Mögli- beim ersten öffentlichen Auftritt von Lady
Ihm selbst habe die Zauberei schon oft das che, aber nie über meine Zauberkünste.« Di. »Di liebte mich!«, sagt Fay Presto.
Leben gerettet. Er denkt kurz nach. »Sind Trick 14: bleibe Realistisch. Aber bevor wir es vergessen: Was fällt ihr
wir Zauberer, alles in allem, glücklich? Ich Bei der nächtlichen Autofahrt nach ihrer zu den Ergebnissen der Magier-Studie ein?
neige zu der Antwort: Ja.« getanen Arbeit im The-Ned-Palast erzählt »Nun, ich bin mir ziemlich sicher, dass
Zur Macht der Magie in der rauen Wirk- Fay Presto von ihren ersten Zauberei-Er die meisten Zauberer verrückt sind«, sagt
lichkeit hat auch Darren Way einiges zu innerungen: »Als Kind sah ich Zauberer im sie. »Ich habe sie nie als besonders selbst-
sagen. Er gründete 2001 die gemeinnüt- Fernsehen – es waren alles Männer – und sicher erlebt. Sie beherrschen diese ganzen
zige Organisation Streets of Growth, die träumte davon, eines Tages so wie eine von erstaunlichen Tricks – viele knabbern aber
sich im Londoner East End um gefährdete diesen fabelhaften Assistentinnen zu sein«, auch dauernd an ihren Fingernägeln.« Ihre
Jugendliche kümmert. Fast 30 Jahre lang sagt sie. »Später kam ich dann auf die Idee, Vermutung: »Vielleicht haben sie die Fra-
nutzte Way sein begrenztes, aber effektives dass es doch bestimmt auch Leute gibt, die gebögen ausgefüllt nicht als die Zauberer,
Repertoire an Zaubertricks, um auf der gern sehen würden, wie ausnahmsweise die sie sind, sondern als die, die sie gern
Straße mit Gangmitgliedern ins Gespräch mal eine Zauberin einen Mann zersägt.« wären.« Das könne sie sich gut vorstellen:
zu kommen. »Ich ging auf sie zu, sammel- Fay Prestos erster Schritt in die Welt des »Zauberer sind ... professionelle Lügner.«
te herumliegende Kronkorken auf, ließ sie Entertainments war ein Job als Fahrerin: Sie holt einen Faden hervor und fängt an,
verschwinden und an überraschenden Stel- »Eine Zeit lang fuhr ich zwei Feuerschlu- ihn direkt vor meiner Nase in kleine Stü-
len wieder auftauchen«, erzählt er in einem cker zu ihren Auftritten und holte sie da- cke zu reißen. »Gehört? Es klang wie ein
Konferenzraum in der Streets-of-Growth- nach ab. Ständig musste ich Benzin kau- Riss, war aber das Knacken meiner Finger.
Zentrale. »Oder ich führte einen Karten- fen, nicht nur für den Van, auch für die Diese Schnipsel wurden in Wahrheit von
trick vor. Manche wurden wütend, einige Feuerschlucker.« Beim Abholen, sagt sie, winzigen Magneten zusammengehalten.
aber auch neugierig.« Das war die Chance: habe sie immer lange warten müssen, denn Hier, reiß auch mal, fühlst du den Riss?
»Ich sagte ihnen, dass ich am nächsten Tag die Künstler beliebten nach ihren Auftrit- Haha, das ist eine taktile Illusion! Und jetzt
wiederkomme und ihnen den Trick ver ten erst einmal entspannt abzuhängen. »So roll die Schnipsel zusammen.« Ich tue, wie
rate.« So entstand eine Beziehung, wo vor- einen Job wollte ich auch haben!« mir geheißen – und sie zieht aus meinem
her Misstrauen war. Im nächsten Schritt Nach ihren Auftritten geht Fay Presto gern sich nach und nach auflösenden Schnip-
lud Way die Neugierigen zu einem Zau- in ihr Stammlokal, das Soho H ouse, um selknäuel den ganzen langen Faden. Wow.
berworkshop in seinem Center ein. etwas zu essen und einen Tee zu trinken. »Ja, es ist ein fantastischer Trick!«, sagt sie.
»Meine Tricks«, sagt er, »waren nur der ers- Und natürlich findet sie schräg vor dessen Und wieder habe ich keine Ahnung, wie
te Schritt. Mein Ziel war: in den folgenden Eingang, mitten im nachtaktiven Stadtteil sie das gemacht hat. »Und das, obwohl al-
drei Jahren Teil des Lebens dieser jungen Soho, sofort einen Parkplatz. An der Re- les in deiner eigenen Hand geschah«, sagt
Männer zu werden und sie mit allen Mit- zeption wird sie freudig begrüßt, im Flur sie. »Das ist einfach wunderschön.«
teln der Sozialarbeit aus den Gangs rauszu- zum Restaurant bleibt sie plötzlich neben Trick 15: Freude bereiten mit
holen.« Tatsächlich gelang ihm das immer einem Fensterbrett stehen, steckt ihren einfachen Mitteln.
wieder. »In 28 Jahren habe ich mit mehr als Arm in ein Ming-Vasen-Imitat und holt Die Welt der Zauberei hat der Close-up-
5.400 Kids gearbeitet«, sagt er. Ohne seine einen Becher heraus, auf dem ein Foto von Pionierin Fay Presto viel zu verdanken.
Zauberei wäre in vielen Fällen der entschei- ihr zu sehen ist. Was war das jetzt schon Was verdankt Fay Presto der Zauberei?
dende erste Schritt nicht möglich gewesen. wieder für ein Mary-Poppins-Trick? »Das Nachdem sie gerade die Mehrheit ihrer
Trick 13: Überraschungseffekte ist mein Tea-Mug«, sagt sie, »ich darf den Kollegen für verrückt erklärt hat, zieht sie
nutzen. in der Vase verstecken, weil ich die Tee- für sich selbst ein anderes Fazit: »Die Zau-
Doch gerade weil Way diesen magischen tassen hier nicht mag.« Aha, und wieso? berei hat mich davon abgehalten, verrückt
Effekt Tausende Male herbeigeführt hat, »Tee in einer dünnen Tasse wird kalt, Tee zu werden.«
macht es ihn wütend, »wenn manche in einem Mug bleibt warm.« Trick 16: Finde einen Lebensinhalt.
Leute so tun, als ob man allein mit Zau- Als ihre Zauberkarriere begann, war Fay Ohne Zauberei, sagt sie, wäre ihr Leben
berei irgendwelche echten Probleme lösen Presto bereits Mitte dreißig, aus eher du- »ein komplettes Desaster« geworden. Ist
könnte«. Klar, man könne Menschen, die biosen Kaschemmen arbeitete sie sich das Zaubern für sie eine Glücksquelle?
Schweres durchmachen, vorübergehend empor zu den glamourösen Nachtclubs »Ich bin die ganze Zeit umringt von Leu-
mit Zauberei aufmuntern. »Aber was pas- Stringfellows und Hippo drome. Seit 35 ten, die applaudieren und lachen – keine
siert, wenn die Magie vorbei ist?« Er legt Jahren zaubert sie regelmäßig im Restau- schlechte Art, die Abende zu verbringen.«
zwei riesige Kampfmesser auf den Tisch: rant Langan’s. Dort wurde sie bei einem Und das bringt uns zu
»So etwas tragen Gangmitglieder mit sich ihrer frühen Auftritte gefragt, ob sie nicht Trick 17: Allein die Beschäftigung
herum, um sich sicherer zu fühlen. Diese beim 40. Geburtstag von Eric Clapton mit möglichen Ursachen guter Laune
hier konnte ich ihnen abnehmen, aber das auftreten wolle. Seitdem führte eine Ce- verbessert manchmal die Laune.
hat Jahre gedauert.« Interessant sei: »Wenn lebrity-Party zur nächsten, bis hin zu den Auch wenn das eigentlich nicht sein kann.
28.12.23 N0 1
Ich ruf’ da
jetzt mal an.
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Was gehört zu illamoos gehört genauso
G
Allgemeine, 9. 11. 23),
zu Deutschland wie
Deutschland? Kreuzberg
der Döner gehört
2. 10. 23),
(Omid Nouripour, FAZ,
zu Deutschland wie
Scharia nein, das Bier zum Oktoberfest
der Wolf
Muslime
(Hamburger Abendblatt, 17. 8. 23),
gehört zu Deutschland
seit Jahrhunderten
vielleicht, Islam
(Die Welt, 7. 8. 23),
gehört Einwan-
derung zu Deutschland
kommt drauf
(ZEIT
Bismarck jeden-
ONLINE, 30. 5. 23),
gehört zu Deutschland
Zeit für eine
(DIE
satzprogramm der CDU, 11. 12. 2023), gehört zu Deutschland (Die Welt, 26. 4. 21),
Deutschland Kreuz-(Reiner Haseloff, Bild, 23. 10. 23), Auto gehört zu Deutsch-
berg gehört natürlich zu Deutsch- land der (Stuttgarter Zeitung, 1. 12. 20),
Deutschland dazu (Markus Söder, Die Welt, 7. 7. 19), der Holocaust gehört zu
die Kippa gehört zu Deutschland (Julian Deutschland man könnte (Die Welt, 12. 6. 18),
gar nichts zu tun hat mit der Selber nur Bier, denn der Wein gehört
machen-Tollheit des gleichnamigen genauso zu Deutschland wie Weizen
Baumarkts, gehört zu Deutschland und Pils dieser Ramadan-
(Business Insider, 1. 6. 18),
Karfreitag
kritiker Peter Peter, Der Spiegel, 31. 3. 18), Geschichte gehört zu Deutschland,
gehört zu Deutschland Pegida gehört zu Deutschland,
Hartz IV gehört
(FAZ, 29. 3. 18), die Willkommenskultur gehört
zu Deutschland wie zu Deutschland, aber auch die
Schweinshaxe oder VW Angriffe auf Zuwanderer
Golf See- (Hamburger Abendblatt, 25. 3. 18), sind Teil der deutschen
hofer gehört zu Deutsch- Realität (Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer, FAZ,
und Currywurst die Wut (Bunte, 23. 11. 17), das Schwein jedenfalls
22. 4. 16),
gehört zu Deutschland (Der Tagesspiegel, 23. 9. 17), gehört zu Deutschland – wie Döner
der Stör gehört zu Deutschland (taz, und Thaicurry
auch der Diesel gehört zu
16 .8. 17), der (Die Welt, 4. 3. 16),
Rassismus gehört
30. 3. 17), der Deutsche Wandertag gehört zu
zu Deutschland die Curry- (taz, 24. 2. 17), Deutschland wie das Abendbrot,
wurst gehört zu der Kirchentag und die Bundes
Deutschland wie gartenschau die Formel 1 (Der Spiegel, 20. 6. 15),
Deutschland John (DIE ZEIT, 15. 12. 16), Deutschland China (Die Welt, 8. 2. 15),
land deutscher
(Die Welt, 26. 7. 16), die Oase gehört zu Deutschland
Riesling gehört zu Deutsch wie VW und Ikea (Harald Martenstein,
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28
DA DRAUSSEN IM DEZEMBER
Die traurigsten drei Wörter der deut- dem Geräusch richtig Angst. Das In- (natürlich werden Faktoren wie Fami-
schen Sprache? Sonntagsspaziergang teressante ist, dass es in Europa negativ lienstand, Gesundheit, Arbeitslosig-
im Winter, richtig! Im Schneematsch assoziiert ist und in Nordamerika eher keit herausgerechnet). Ich fand das un-
Rollsplitt vor sich herschieben, und positiv. Man vermutet, dass das daran glaublich, Böhning-Gaese sagte, sie sei
am Stadtrand raunen einem nackte liegt, dass auf den Schlachtfeldern eu- selbst überrascht gewesen. Sie habe mit
Felder zu, dass alles irgendwann zu ropäischer Kriege, wo die Toten lagen, ihrer Arbeitsgruppe dann deutsche Da-
Ende geht (auch du). Erstaunlich nur, überall Raben waren.« ten ausgewertet und festgestellt, dass
dass es einem nach dem Spazierenge- Wir sanken in die durchnässte Wiese der Artenreichtum in einem Landkreis
hen meistens ganz gut geht. Was sagt ein, neben uns erhob sich ein Mäuse- mit psychischer Gesundheit korreliert.
die Wissenschaft? bussard in die Luft. Böhning-Gaese er- »Womöglich signalisiert uns Artenviel-
An einer Tramhaltestelle am Rande zählte von einem Experiment aus den falt, dass an diesem Ort die Bedingun-
Frankfurts kam mir Katrin Böhning- USA, bei dem man Menschen einen gen für unser Überleben gut sind, und
Gaese, 59, entgegen, mit der ich ver- Wanderweg hat gehen lassen. Bei einer das wiederum macht sich durch ein
abredet war. Es regnete, ich hatte mein Gruppe kam Vogelgezwitscher aus ver- Wohlgefühl bemerkbar.«
gutes Schuhwerk vergessen: perfekte steckten Lautsprechern, bei der anderen Ich fragte, wo die artenreichsten Ge-
Bedingungen für einen schön depri- war es still. »Wenn die Lautsprecher an biete sind. »In Thüringen für Pflanzen-
mierenden Winterwalk also. Böhning- waren, haben die Menschen die Wan- arten, in Mecklenburg-Vorpommern
Gaese ist Ornithologin, Direktorin des derung als positiver wahrgenommen.« für Vogelarten.« Und wenn ich nicht
Senckenberg Biodiversität und Klima Ich fing an, auf Geräusche zu achten. am Rande eines Naturschutzgebiets
Forschungszentrums, sie forscht zur Tatsächlich war mir nicht klar gewesen, wohne? Dann hilft es vermutlich schon,
Frage, warum Natur gut für Menschen wie laut der Winter in Deutschland ist. überhaupt ab und zu ins Grüne zu ge-
ist, und berät die Bundesregierung in Ein Rotkehlchen sang. In einem Baum hen. Böhning-Gaese zitierte jetzt eine
Naturfragen. Wenn jemand begrün- hockten Hunderte krächzende Stare. Metastudie, die zeigte, dass eine Viertel-
den kann, warum Spazierengehen uns (Etwa 180 Vogelarten überwintern in stunde Bewegung im Grünen zu einem
guttut, dann wohl sie. Deutschland.) Mit einem Mal kam es Abbau von Stresshormonen im Blut
Wir durchquerten eine Mehrfamilien- mir vor, als entspanne mich die Vielfalt führt. Und ständig auf den Handy-
haussiedlung, in der sie mit ihrem Mann der Geräusche auf eine Weise, die tief Schrittzähler schauen macht vermut-
wohnt. Dann standen wir vor einer und gleichzeitig subtil war. Oder war lich alles wieder kaputt, oder? »Ja, ich
kilometergroßen grünen Feuchtwiese, das ein Placeboeffekt? glaube, das ist nicht hilfreich.«
begrenzt von dem Flüsschen Nidda. Im Vor einigen Jahren hat Böhning- Später saßen wir in Böhning-Gaeses
Lockdown ist Böhning-Gaese jeden Tag Gaese mit anderen Wissenschaftlern Wohnzimmer. Ich hatte meine durch-
hier spazieren gegangen. Anders, sagt Daten der Europäischen Erhebung nässten Schuhe ausgezogen, es gab
sie, hätte sie es nicht ausgehalten. zur Lebensqualität ausgewertet und Kaffee und Shortbread. Ich fühlte mich
In der Ferne krähte etwas. »Schon ein darin eine Korrelation gefunden: Zehn tatsächlich: fantastisch. Vielleicht ist es
schönes Geräusch«, sagte ich. »Raben- Prozent mehr Vögel in einem Gebiet so: Wir brauchen die Natur, um zu be-
krähen«, antwortete Böhning-Gaese. wirken sich genauso positiv auf die merken, wie schön es ist, ins Warme zu
»Viele Leute mögen das überhaupt Lebenszufriedenheit aus wie ein um kommen. Kann bitte mal jemand eine
nicht. Es gibt Menschen, die haben vor zehn Prozent höheres Einkommen Studie dazu machen?
SCHÖN
BIST DU, MEIN
G E L I E BT E R
Thomas: Zu uns in die Tanzschule kommen viele Paare nach Heike: Jo wollte am liebsten, dass Moritz für immer denkt,
einem harten Arbeitstag. Der Jo konnte die Leute abholen, egal dass er sein leiblicher Vater sei. Ich habe seine Angst verstan-
in welcher Stimmung sie waren. Er sagte immer: »Wir sind das den, er hatte viel mehr zu verlieren als ich. Wir haben immer
Glückshaus aus München.« Sein Ansporn war, dass jeder mit wieder darüber diskutiert, dass wir uns mit einer Lüge erpress-
einem besseren Gefühl rausgeht, als er reingekommen ist. bar machen, und ich wollte vor allem nicht, dass Moritz mit
einer Lebenslüge aufwächst. Dann hat Moritz mich eines Tages
Heike: Ich habe vor der Hochzeit mit meinem ersten gefragt, da war er so drei Jahre alt: Wie hat der Papa mich
Mann einen Tanzkurs beim Jo gemacht. Er hatte diese gemacht? Wir hatten uns bei Pro Familia beraten lassen und
unfassbare Gabe, Menschen zu begeistern. Er strahlte hatten daher ein Buch zu Hause, das Findefuchs heißt. Darin
aus, dass er gern mit anderen zusammen ist. findet eine Fuchsmutter ein einzelnes Junges und hat dann
plötzlich ein Junges mehr, das sie aufzieht wie ihre eigenen.
Thomas: Jo war ein bunter Vogel. Sein Markenzeichen war Damit saß der Jo dann mit Moritz auf dem Sofa: »So war das
sein Zwirbelbart, den pflegte er mit ungarischer Bartwichse. auch bei uns. Ich habe dich auch gefunden.« Und der Moritz
Er war super gekleidet, mit Hosenträgern, Fliegen, bunten hat gesagt: »Okay, Papa.«
Hemden, die er im angesagtesten Laden in München kaufte.
Moritz: Ich weiß noch, wie ich in der Grundschule
Mike: Der Jo ist schon immer aufgefallen. Ich habe in auf dem Schulhof das Wort »Schwuchtel« gehört und
seinen Unterlagen einen Brief gefunden, den der Di- es dann auch selbst benutzt habe. Ohne zu wissen, was
rektor des Internats, auf das Jo als Teenager ging, an das heißt. Und dann hat meine Mutter mir erklärt, was
seinen Vater geschrieben hatte: »Wir haben mehr und Homophobie ist. Da habe ich gewusst, dass es da etwas
mehr den Eindruck, dass Joachim mit einem Feuer gibt, was die Existenz meiner Familie infrage stellt.
werk arbeitet, dies sich aber nur in seinem C harme und
einer versuchten Überzeu gungskr aft äußert. Seine Leis- Mike: 1993 war so ein Lebensmodell schon noch besonders. Zu-
tungen entsprechen leider nicht seinem äußeren Auf- mal in München. Der Jo ist Jahrgang 1955, der hat noch mal
zehn Jahre mehr Schwulenfeindlichkeit mitgemacht als ich. Er
Foto Seite 28 privat
Moritz: Als Papa und Mike in ihre neue Wohnung Mike: Lungenkrebs. Ihm ging es von Woche zu Woch
gezogen e
sind, war ich mehr bei meiner Mutter. Dann habe schlechter. Im Mai schickte ihn der Onkologe auf
ich mich die
aber mit ihrem Mann nicht so gut verstanden. Mit Palliativstation zum Aufpäppeln, damit man überh
13 bin ich aupt
zu Papa und Mike gezogen. Für mich war dieses ganze mit einer Behandlung beginnen konnte. Ich wollt
e ihn
Lebens- hinfahren, an einem Montag in der Früh. Da sagte
modell so normal, dass es mir, als sich viele Jahre er:
später mein »Unsere Eheringe liegen seit acht Jahren in der Schac
bester Freund als schwul vor mir outete, völlig egal h-
war. Er war tel. Ich will was mitnehmen, was für uns steht. Und
total enttäuscht, für ihn war das ein riesiger Schri es
tt, und ich ist jetzt egal, ob wir verheiratet sind oder nicht.« Dann
bin einfach drüber hinweggegangen.
haben wir uns die gegenseitig angesteckt.
Mike: Ein Unterschied zwischen Jo und mir war,
dass Thomas:
as Die beiden waren ja schon ewig verlobt.
ich mehr Gemeinsamkeit gebraucht habe. Ich hätte
ihn
fressen können vor Eifersucht. Und ja auch mit Grun
d, Mike: Ich hatte an unserem Zehnjährigen gesagt:
in seinen guten Zeiten ist er raus und war irgendwo Wir
un- streiten uns so viel, und ob wir uns zur Abwechslu
terwegs. Über so was hätte er nie geredet, da hätte ng
man nicht mal versichern, dass wir zusammenbleiben. Ob
ihm den Finger abschneiden können. Für mich war er
das mich heiraten will. Seine Antwort war: »Du spinn
furchtbar, weil er so schlecht lügen konnte. Er st.«
hatte Aber er hat Ja gesagt. Wir haben eine Gästeliste
dann immer das Gesicht eines zehnjährigen Schulb uben. ge-
macht, bei 280 haben wir aufgehört. Das kostet zu
Wenn wir stritten, haben wir uns nichts geschenkt. viel,
Wir und was hat man von so einer großen Hochzeit? Dabe
waren immer laut und immer gemein. Er hielt i
diese hatten wir die Ringe schon machen lassen, innen
Streite für klärende Gewitter. Aber richtig klären konn gra-
te viert, mit unseren Namen in unserer Handschrif
man halt nichts mit ihm, er ist immer ausgewichen. t. Ab
und an hat er gesagt, er heiratet mich auch ohne Gäste
,
Thomas: Die internationalen Tanzlehrerkongresse, und ich: Gerne, sofort, ich habe alle Dokumente
die muss bei-
man sich so vorstellen wie die After-Work-Partys sammen! Aber er hat es nie geschafft, bei den Behö
bei Dirty rden
Dancing. Der Jo hat viele Männer zur Homosexualität seine Dokumente zu besorgen. Ich weiß nicht, waru
bekehrt. m
er den letzten Schritt nicht gehen konnte.
Thomas: Immer gab es Ausreden: Streit, kein Geld ... Ich weiß, dass er denkt: Oje, wenn schon die Heike kommt, dann muss
dass es über all die Jahre Jos größter Wunsch war, Mike zu hei- es wirklich ernst sein!
raten. Aber das hat er halt mir gesagt und nicht Mike.
Thomas: Als ich am Donnerstag zu ihm reinkam, wa-
Mike: Bevor wir an dem Morgen Richtung Kranken- ren Jos Augen weggedreht, aber er nahm meinen Kopf,
haus aufbrachen, ging er auf den Balkon. Ich wollte drückte ihn an seine Brust, streichelte mir übers Haar
wissen, warum, und dann hab ich ihm eine Schachtel und sagte: »Mogli, dem Opa Jo geht’s nicht gut.«
Zigaretten aus der Hosentasche gezogen. Ich war so
sauer. Ich hab den Ring auf den Boden geworfen und Moritz: Thomas schlug vor, dass der Pfarrer, der ihn getraut
gesagt: »Schau, wie du allein dahin kommst!« Eine Wo- hat, auch die Beerdigung machen könne. Aber ich war noch
che haben wir nicht geredet. Bis mich am Sonntagabend nicht bereit, an eine Beerdigung zu denken. Und dann haben
die Klinik anrief: »Herr Frey, jetzt wird es Zeit, dass Sie wir gedacht: Warum nicht heiraten?
kommen.« Ich war wie vom Donner gerührt, habe mir
den Ring angesteckt und bin hin. Jo war mit Medika- Thomas: Ich habe dann Mike gefragt, ob er das möchte:
menten so ruhiggestellt, dass er nicht gemerkt hat, dass »Ja, das wäre mein Traum.« Dann bin ich zu Jo rein.
ich da war. Am nächsten Morgen sind wir uns mit Trä-
nen in den Augen um den Hals gefallen. Bitte, nimm Mike: Der Jo hat sofort Ja gesagt, und lügen konnte er nicht.
nichts mit, habe ich zu ihm gesagt. Sag jetzt, was zu sa- Also, wenn das jetzt nur so ein »Joa« gewesen wäre, dann hätte
gen ist. Damit es ihm leichterfällt, habe ich ihm gesagt, ich ihm eine gescheuert und wäre gegangen.
wie es mich verletzt hat, dass er seine guten Zeiten auch
mit anderen verbracht hat. Da hat er zum ersten Mal Thomas: Der Pfarrer hatte auf meiner Hochzeit zu
gesagt, ja, das tut mir leid, das mache ich jetzt anders Mike und Jo gesagt: Wenn ihr mal heiratet, dann mach
mit dir. Wir haben uns ausgesprochen. Unterm Strich ich das! Ich rief ihn an, eine Stunde später war er da.
ist vieles, was nicht so gut gelaufen ist, mir jetzt nicht
mehr wichtig. Wichtiger ist, dass er immer wieder nach Mike: Er hat sogar einen Hochzeitsstrauß mitgebracht, Rosen.
Hause gekommen ist. Weil wir zwei zusammengehören. Und dann hat er das in einer ganz liebevollen Zeremonie ge-
macht, mit einer Lesung aus dem Korintherbrief. Er hatte län-
Moritz: Ich bin gleich am Montag aus Berlin gekommen. ger reden wollen, aber er hat gemerkt, der Jo packt das nicht.
Dienstag kamen seine Schwestern, meine Cousine, Freunde,
Thomas: Ich durfte Jos Trauzeuge sein, Moritz war Mikes.
seine Cousins und Cousinen, Leute aus der Tanzschule ...
Heike Moritz rief mich abends an und sagte: Mama, ich habe
Heike: Heike: Der Jo war ein Wert im Leben dieser Menschen, das hat
Angst um Papa, ich glaube, er übersteht die Nacht nicht. man an dem Abend gespürt.
Moritz: Um 0.45 Uhr hab ich noch mal auf der Station Thomas: Ich musste die schwierigste Rede meines Le-
angerufen. Er schläft ganz ruhig, sagte die Schwester. bens halten. Aber ich habe auch an dem Tag, als mein
Vater starb, unterrichtet. Und an Jos Todestag auch.
Da waren Jo und ich gleich: Das war unsere Therapie,
Mike: Um 1.30 Uhr klingelte mein Telefon. Ich wusste sofort:
wenn wir in unserem Saal stehen, sind wir unbesiegbar.
Es ist passiert. Moritz und ich waren eine Viertelstunde spä-
Also habe ich auch diese Rede irgendwie geschafft.
ter dort. Draußen auf der Terrasse brannte eine Kerze. Jo war
schon frisch angezogen, alle Schläuche gezogen. Ich habe ihn
geküsst. Er war noch warm. Mike: Am Ende von Thomas’ Rede erklang wieder Mireille
Mathieu, und er sagte zu mir: Den Tanz tanzen wir zusammen.
Moritz: Ich habe ihm die obersten zwei Hemdknöp-
fe aufgemacht. Die Schwestern hatten sein Hemd bis Thomas: Der Jo hat immer gesagt: Mogli, wenn du
obenhin zugeknöpft, das passte einfach nicht zu ihm. mich zu Grabe tragen musst, dann wünsche ich mir, dass
du auf der Beerdigung zu meinem Lieblingslied tanzt.
Mike und ich haben begonnen, und dann haben wir
Mike: Wir waren die ganze Nacht da und haben uns verab-
alle auf die Fläche geholt, obwohl eigentlich kaum Platz
schiedet. Ich wollte ihn danach nicht noch mal sehen.
dafür war. Wir haben geweint und gelacht. Ich glaube,
Heike: Ich werde nie vergessen, wie Moritz mich anrief. die meisten Leute waren glücklich an dem Abend.
Dieser Satz: »Er ist tot«, wie der aus ihm rauskam, so
vollkommen erschüttert und traurig. Mike: Den Sommer über habe ich die Wohnung gestrichen
und umgeräumt. Es muss jetzt meine Wohnung werden, ob-
Mike: Der Jo wollte ein Baumgrab haben. In München geht das wohl ich den Gedanken hasse. Als alles fertig war, hat mich
nicht, aber in Dietramszell, in einem großen, schönen Wald. erschreckt festzustellen: Es ist immer noch genauso furchtbar,
Moritz und ich sind da hin, und dort gibt es tatsächlich einen nach Hause zu kommen. Die Leere ist noch da. Es passiert mir
Weiher, der Marx-Weiher heißt. Ich wusste, das hätte dem Jo oft, dass ich grundlos zu heulen anfange. Wenn ich auf unse-
gefallen. Die Anzeige, die er nicht mehr sehen konnte, haben rem Balkon sitze und runter in den Hof schaue, sehe ich den
wir in den Sarg legen lassen. Zusammen mit einem Sektglas. Blumentopf auf dem Tisch, der dort steht. Auf den haben die
Kinder unserer Nachbarn einen weißen Schnauzbart draufge-
Thomas: Jos Begräbnis hätte ein Staatsbegräbnis wer- malt. Sie hatten dem Jo dazu ein Video geschickt, wo sie ihren
den können. Aber Mike und Moritz war es wichtig, Sohn fragen: »Karl, wie sieht unser neuer Blumentopf aus?« –
dass es im kleinen Kreis stattfindet. »Wie der Jo!« Da hat der Jo herzhaft drüber gelacht. Jetzt steht
der Topf da im Hof, seit er gestorben ist, mit einer Kerze.
Mike: Der kleine Kreis waren auch schon 30 Leute. Ich habe mein
Moritz: Ich habe noch immer nicht richtig begriffen,
Leben lang den Jo mit anderen Menschen geteilt, das habe ich
dass Papa nicht mehr da ist. Ich greife oft zu meinem
gern gemacht. Aber wenn ich ihn verabschieden muss, möchte
Handy und denke: Jetzt muss ich ihn anrufen. Er fehlt
ich das allein tun. Moritz und ich waren eine halbe Stunde allein
mir einfach.
mit der Urne. Aber wir haben gemerkt, dass wir keinen Kontakt
zu dieser Urne gekriegt haben. Sie war mit einem spektakulären
Urnenkranz geschmückt, den hatte ich in unserem Blumenl aden Mike: Ich habe lange überlegt, ob ich an Neujahr wie immer alle
bestellt, einfach mit den Worten: »Ihr wisst, wie der Jo war, der unsere Freunde einlade. Dann habe ich es aber gemacht, und sie
muss groß und bunt und prächtig sein!« Eine Viertelstunde lang werden alle kommen, und ich bin mir sicher, der Jo wird auf
haben wir geweint und gelacht über eine Hummel, die im Kranz seiner Wolke sitzen, runterschauen, an seiner Zigarette ziehen,
rumflog. Und dann war es gut, dass die anderen kamen. und es wird ihm gefallen.
STIL Nicht für die Großwildjagd: Tasche im Safari-Look von Max Mara
da, dem ersten postkolonialen Präsidenten der Wort für Mühle) von der Firma Meerkorn ausprobiert. Es ist die
Republik Sambia. Er hatte den Safaristil für sich weltweit erste Seifenmühle aus recycelten Fischernetzen. Nach dem
abgewandelt in eine kurzärmlige, farbige Jacke Prinzip einer Pfeffermühle reibe ich mir damit die mitgelieferte
mit Mao-Kragen und aufgesetzten Taschen. Der Naturseife direkt in die Hand und seife mich ein. Der Seifenstaub
kenianische Präsident William Ruto hat den Stil schäumt beim Kontakt mit dem Wasser, während das feste Seifen-
für sich wiederentdeckt, seitdem ist er ein Trend stück im Inneren der Reibe trocken bleibt, nicht ausläuft oder
bei den Celebritys des Landes. matscht. Die Mühle macht keinen Schmutz, und anders als das
Vor wenigen Wochen hat das kenianische Par- Seifenstück muss ich sie nie suchen. Außerdem ist die Seife bio-
lament nun beschlossen, dass der Kaunda-Anzug logisch abbaubar, für Allergiker geeignet, und sie kann jederzeit
nicht dem Dresscode des Hauses entspricht und nachbestellt und nachgefüllt werden. Das ist alles sehr praktisch.
künftig draußen zu bleiben hat. Ausgerechnet in Doch das Beste ist: Da ich die Seifenmühle an einer Schnur auf-
dem Parlament gilt nämlich eine westlich gepräg- hängen kann, habe ich während des Einseifens beide Hände frei,
te Anzug-und-Krawatte-Regel. So verwirrend muss mich nicht mehr bücken und tue gleichzeitig etwas für die
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Horst*, 95: »Geprägt hat mich meine Kindheit, aufgewach- Doch als die Behandlung abgeschlossen war, durfte ich sie
sen bin ich in der Vorkriegs- und Kriegszeit des Zweiten ins Kino einladen. Von da an waren wir zusammen, haben
Weltkriegs. Zu erleben, wie mein Vater nach einer politi- uns nach drei, vier Monaten verlobt und kurz darauf gehei-
schen Haft abstumpfte und meine Mutter zunehmend ratet. Sie hat mir Australien gezeigt, ich ihr die Welt.
schlecht behandelte, ließ mich schon als Kind entscheiden, Im Unterschied zu den Frauen vor ihr war ich mit Leib und
*Der vollständige Name von Horst ist uns bekannt. Leider ist er
es eines Tages anders zu machen. Seele bei ihr. Wenn sie verspätet kam, machte ich mir Sor-
am 30. November, kurz nach der Aufzeichnung, gestorben
Ein glücklicher Zufall führte mich 1955 nach Australien. Ich gen, ihr könnte etwas zugestoßen sein. Ich wollte, dass es
war bei der Polizei in Bremerhaven und wollte zur Interpol ihr immer gut geht. Ich wollte sie beschützen. Eine Kopie
wechseln. Bedingung dafür war Auslandserfahrung in einem der Sätze, die sie in meine Hochzeitskarte schrieb, trage ich
englischsprachigen Land. Das Schiff nach Kanada war voll, bis heute in meinem Portemonnaie.
das nach Australien frei. An dem Tag vor 13 Jahren, an dem sie starb, war ich im
Dort angekommen, suchte ich wegen einer Sportverletzung Krankenhaus an ihrem Bett. Ich sagte ihr immer wieder,
eine Ambulanz auf, Nell war die verantwortliche Kranken- dass ich sie nicht allein lasse. Ich blicke auf ein glückliches
schwester. Ich fragte sie nach jedem Termin, ob sie mit mir Leben und werde Nell wiedersehen. Das sind keine leeren
ins Kino gehen wolle. Ihre Antwort: ›No.‹ Ich versuchte sie Worte, das meine ich mit klarem Verstand. Auch der Tod
mit meinen Push-ups zu beeindrucken, schließlich war ich kann uns in unserer Liebe nicht trennen.«
norddeutscher Judomeister. ›No.‹ Aufgezeichnet von Nina Ascheron-Polter
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Drei Praktische
verschiedene Übungen im Heft a b c d e f g h
Sprachniveaus und online
»Inspiration von quasi musikalischer, quasi poetischer oder,
um ganz genau zu sein, poetisch-mathematischer Art begleitet
die Schöpfung einer Schachkomposition« (Vladimir Nabo-
kov). Einen besseren Gewährsmann als den leidenschaftlichen
Problemkomponisten Nabokov mit dieser »quasi wissen-
schaftlichen« Aussage als Lockspeise hätte der Musikpäda-
goge und Problemkomponist Werner Keym für seine e igene
Sammlung von Schachproblemen nicht finden können. Wohl
betrachtete Nabokov seine Kreationen als »eine komplexe,
Erklärung köstliche und nutzlose Kunst«, aber eben auch als »die Poesie
wichtiger des Schachs«, die »Erfindungsreichtum, Harmonie und Ge-
Begriffe nauigkeit erfordert«. Jetzt dürften Sie gewappnet sein für das
Silvester-Problem von Werner Keym. Wie setzt Weiß in einem
Zug matt? Dafür gibt es zwei Lösungen, deren eine Sie wohl
Das Sprachlern- leicht finden werden. Doch welche ist die andere?! Da hilft
magazin der ZEIT nur ein gründliches Erforschen der Stellung. Freilich lässt es
der Komponist mit dieser (harten) Nuss nicht bewenden: In
der »Zwillingsaufgabe« sollen Sie den Springer g7 durch einen
Faszinierende Einblicke in weißen Bauern ersetzen. Wiederum gibt es zwei Lösungen,
die englischsprachige Welt die Ihnen nicht schwerfallen dürften. Doch gibt es nicht
noch eine dritte, nämlich »die andere« vom Zwilling mit dem
Exklusive Reise-Tipps Springer g7?! Noch einmal der »diabolische« Nabokov: »Trü-
und kulinarische Highlights
gerische Lösungswege, um den Löser in die Irre zu führen.«
Spannende Artikel über Trotzdem viel Spaß!
Lebensart und Gesellschaft
Lösung Nr. 54: Wie hätte Weiß nach 1...Lxg3 matt gesetzt, wie ging es nach
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magazin Impressum EDITORIAL DIRECTOR
Christoph Amend CHEFREDAKTION
Christine Meffert, Annabel Wahba
BILDCHEFIN Milena Carstens
Sascha Chaimowicz, Emilia BERATER (BILD) Andreas Wellnitz
+49 89 121 407 10* Smechowski STELLVERTRETENDE STYLE DIRECTOR Claire
CHEFREDAKTION Anna Kemper, Beermann REDAKTIONELLE
Tillmann Prüfer CREATIVE DIRECTOR KOORDINATION Margit Stoffels
*Bitte folgende Bestellnummer angeben: 2123946 Print / 2124006 Digital Mirko Borsche ART DIRECTOR REDAKTION Amelie Apel, Jörg
Jasmin Müller-Stoy TEXTCHEFINNEN Burger, Johannes Dudziak, Alard
LEBENSGESCHICHTE SCRABBLE SPIELE
Sie hat das Sagen, wenn sie will. Also dann, wenn sie Regie führt.
Auch wenn sie mit der Machtposition am Set ab und zu fremdelt,
weil sie Hierarchien gar nicht mag, wie sie sagt. Dabei hat sie schon
als junge Akteurin am Theater gemerkt, dass sie es eines Tages wohl
leid sein würde, nur die Ideen anderer Leute umzusetzen. »Mir war
es immer wichtig, sich als Team auf Augenhöhe zu begegnen.« Ih-
ren Wunsch nach Selbstverwirklichung hat sie bereits bewiesen, als
sie sich – kaum volljährig – an einer Schauspielschule bewarb und
Schule und Elternhaus hinter sich ließ. Dank der Arbeits- und Le-
bensgemeinschaft mit einem Berufskollegen und Regisseur, der sie
seinerzeit oft vor die Kamera holte, wurde sie schnell bekannt. Ihre
wohl beeindruckendste Rolle in einem Liebesdrama aber spielte sie
unter der Regie eines anderen. Mehrfach preisgekrönt, war sie nun
aus dem Kino nicht mehr wegzudenken, brachte sich aber parallel
als Autodidaktin das Handwerk des Drehbuchschreibens und das
Regiefach bei. Gerade in jüngster Zeit war sie damit erfolgreich,
hat es als eine von wenigen Europäerinnen sogar nach Hollywood
geschafft. Glaube, Liebe, Freundschaft und Verrat, die Tiefe und
Vielschichtigkeit menschlicher Beziehungen, aber auch das Unvor-
hersehbare im Leben – das sind ihre Themen. Und immer wieder
geht es ihr auch um das Thema Macht. Ihre Vision? »Ich freue mich
auf den Tag, an dem ein von Frauen geführtes Team normal ist und Doppelter Wortwert
keine besondere Erwähnung mehr braucht.« Wer ist’s? Doppelter Buchstabenwert
Lösung Nr. 54: Dennis Mike Schröder, geb. 1993, wuchs mit vier Geschwistern Dreifacher Wortwert
als Sohn eines deutschen Vaters und einer gambischen Mutter auf. Er ist Kapitän Dreifacher Buchstabenwert
der deutschen Basketball-Nationalmannschaft, die 2023 sensationell die Welt
meisterschaft gewann. Schröder wurde dabei mit dem MVP-Titel als wertvollster
Spieler des Turniers geehrt. Der gläubige Muslim spielt seit 2013 in der US-Profiliga
National Basketball Association (NBA), in dieser Saison bei den Toronto Raptors
Es gelten nur Wörter, die im Duden, »Die deutsche Rechtschreibung«, 28. Auflage,
verzeichnet sind, sowie deren Beugungsformen. Die Regeln finden Sie im Internet
unter www.scrabble-info.de
von Kittlitz, Friederike Milbradt, Lena AUTOR(INN)EN Heike Faller, Siemienski DRUCK Mohn Media Eingang Speersort 1, 20095 Hamburg;
Niethammer, Khuê Pha.m, Ilka Piepgras, Dmitrij Kapitelman, Harald Martenstein, Mohndruck GmbH REPRO Tel.: 040/32 80-0, Fax: 040/32 71 11;
Jürgen von Rutenberg; Mitarbeit: Klaus Jana Simon, Matthias Stolz Twentyfour Seven Creative Media E-Mail: DieZeit@zeit.de ANSCHRIFT
Stockhausen (Contributing Fashion KORREKTORAT Thomas Worthmann Services GmbH ANZEIGEN REDAKTION ZEITmagazin,
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Mirko Merkel, Gianna Pfeifer; Mirjam Zimmer (verantw.) vom 1. 1. 2023 ANSCHRIFT Tel.: 030/59 00 48-0, Fax:
Mitarbeit: Leon Lothschütz, Jana Schnell HERSTELLUNG Torsten Bastian VERLAG Zeitverlag Gerd Bucerius 030/59 00 00 39; E-Mail: zeitmagazin@
BILDREDAKTION Nora Hollstein (verantw.), Oliver Nagel, Frank GmbH & Co. KG, Buceriusstraße, zeit.de, www.zeitmagazin.de
UM DIE ECKE GEDACHT NR. 2726 SPIELE
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Kreuzworträtsel ECKSTEIN
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Sudoku ZWEISTEIN
vor Silvester endet, besitzt etliche 21 Mischt senkrecht 1 Was man einander für die Zu- der innere ..., die Lust, die Liebe helfen
mit beim Punsch auf Wunsch 22 Zur kunft alles wünscht 2 Kommando an die uns, Hindernisse zu überwinden (Goethe)
Zweckangabe dienliches Einleitungswört- Befehlsempfänger – und wer’s sagt, hat wohl 26 Rundet nicht selten dombaumeister-
chen 24 Mutters Söhnchen im alten Rom die 3 Ranzeninhalt, vielseitig 4 Man muss liches Werk ab 27 Quelle für Zukunfts-
26 Dazwischenkommnis meist nur einen weiter sehen, als die ... reicht (Sprichwort) zuversicht, auf gut Vatikanisch 29 Böllerei-
Lebensgeschichte FRAUKE DÖHRING
Kick vom Erfolg 28 Im Schnitt doch recht 5 Pflichtübung in vergangenen Herrschafts- Prinzip: Je rascher gezündet, desto baldiger
hilfreiche Geräte, wenn auch ziemlich aus zeiten 6 Ihr Lieblingstanzplatz: auf der der ... 30 Bürger-Maid, um die der Wilhelm
der Mode 31 Früchtchenträgerin hier und 4 senkrecht anderer 7 Du musst die Z ukunft gefreit 33 Von extraweit herbeigedachte
da 32 Hat seine Art zu rocken, vielleicht nicht vorhersagen, du musst sie nur ... Beförderungsmittel 35 Sehrneubürger in
auch zu schocken 34 Sechsbeiniger Tipp (A. de Saint-Exupéry) 8 Jahreswechselhaf- und um Paris 38 Bauch-Zustand nach Ver-
im Fall von Windschutzscheibeneis 36 Mag te Gedanken gelten öfter mal – nicht nur wirklichung guten Vorsatzes 40 Kleingeld-
wiederkehren mit dem Laub, als Sänger beim Kalenderaufhängen – ihm 10 Sprich- Anteil am Abendessen à la Champagne
37 Nicht mein Kind, sagt aber Oma zu wörtlich: Besser Frieden bei Brot und Salz 41 Abgebrochene Übertrumpfungsleistung,
meiner Mutter 39 Besonders schön: Teil als ... bei Braten und Schmalz 11 Zu-Zu- kürzeliger Schulleiter 45 Höchste Zeit,
der Adresse von Napoleon, dem älteren satz in Mutmachers Parole 12 Möge nicht sich innerlich aufs »Prost, Neujahr!« vorzu-
Schach HELMUT PFLEGER
40 Passende Zeit für Madame & Monsieur, an mir vorübergehen um fünf vor Neujahr! bereiten
Lösung von Nr. 2724: Waagerecht 5 ABKOMMEN 9 »Krönchen RICHTEN« und urteilen 15 Quitte und QUITT 17 »FARBE bekommen« = Bräune annehmen 18 THEORIEN
19 FERTIGKEIT 20 EIFEL 21 Fest-, richterliche ROBEN 23 EIFERSUCHT 25 REGE 26 nacheiszeitliche Wälle OSER in L-oser 27 SELBST-laut 30 HAUT 31 GAST-stätte
32 STUSS 35 GEBETEN, eingeladen und zu Hilfe gerufen 37 URTEIL 39 FETA 40 Solling, Solingen, Bootsklasse SOLING 42 INTENTION 43 ENTWENDEN 44 GENIESSER
45 GELOGEN – Senkrecht 1 GOTT 2 ANBEISSEN 3 »Mittel-Gang« eines Menüs und MITTELGANG 4 GERECHT, mit Rechen bearbeitet und fair 5 AUFREGUNG 6 BIERGARTEN
7 Magnesium und MAGNET 8 ERKER 9 REIFE in beg-reife-n 10 CHER in Besu-cher 11 HEISS 12 TOFU 13 NIL mit Quellflüssen und Delta 14 WERTUNGEN 16 TROESTEN
17 FIES 22 BOTEN 24 Georg Fr. HAENDEL, »Der Messias« 28 BESTE 29 TELE = fern (griech.) in Bas-tele-ien 32 (web-)SITE 33 UFOS 34 STERN von Bethlehem 36 BOWLE
38 Bundesministerin LISA Paus 41 ING = Ingenieur
Juli ist 10 Jahre alt. PRÜFERS TÖCHTER 45
Ihr Vater Tillmann
Prüfer schreibt hier im Als ich Vater wurde, habe ich gedacht, dass das manchmal
wöchentlichen eine ganz schön anstrengende Sache sein kann. Aber ich
Wechsel über sie und habe mich damit getröstet, dass man, wenn man Kinder
hat, immer jemanden im Haus hat, der einen gut findet
seine anderen drei
und mit einem übereinstimmt. Dann allerdings lernte ich
Töchter im Alter von 24, Juli kennen. Julis häufigste Äußerung mir gegenüber war
18 und 16 Jahren in diesem Jahr: »Papa, es ist 2023.« Und das war nicht als
Datums-Info gemeint. Es bedeutete, dass wir in einer Zeit
leben, in der Juli weiß, was angesagt ist und was nicht –
während ihr Vater in der Vergangenheit stecken geblieben
ist. Zum Beispiel höre ich zu Hause manchmal Schubert
oder Brahms. Wenn Juli das mitkriegt, ruft sie gegen die
Violinen an: »Papa, wir haben 2023! Das hört niemand
mehr!« Und dann wirft sie auf ihrem Handy Spotify an und
hört laut Blackpink.
Ich habe nichts gegen K-Pop und Blackpink. Aber ich
finde, sie kommen nicht gegen Brahms an. Ich sage dann:
»Klassische Musik ist Hochkultur, das wird schon seit Jahr-
hunderten gespielt.« – »Das hört sich einfach total alt an«,
antwortet Juli, »Blackpink ist besser!« Ich habe überhaupt
»Papa, das hört niemand mehr!« kein Interesse daran, der Jugend den Spaß an ihren Idolen
zu nehmen. Ich finde nur, meine Tochter sollte den Kultur-
schätzen von Jahrhunderten nicht völlig ignorant gegen-
überstehen. So wie sie es auch bei anderen Errungenschaften
vergangener Zeiten tut: Fotografieren auf Film? Wir haben
2023! Analoges Fernsehen? Wir haben 2023! Eine mecha-
nische Uhr? Wir haben 2023! Für Juli ist der Fortschritt
etwas, das wie eine Planierraupe über die Welt hinwegrollt
– und sie sitzt im Führerhäuschen und tritt aufs Gaspedal.
Ich habe neulich mit ihr diskutiert, warum ich auf Reisen
gern einen Stadtplan zur Hand habe. »Aber Papa, wir haben
2023, da muss man keinen Stadtplan lesen, es gibt Google
Maps, es gibt GPS!« Ich stimmte Juli grundsätzlich zu, sag-
te aber: »Erinnerst du dich, als wir in den Alpen wandern
waren? Da oben gab es kein Mobilnetz, es gab nicht einmal
Strom.« – »Ja, aber es gab da auch keine Straßen, Papa.«
Ich sehe mich mit meiner Tochter inmitten eines Kultur-
kampfes. Ich bin der Überzeugung, dass es Kulturtechniken
gibt, die man erlernen oder zumindest schätzen sollte. Es
ist auch nicht so, dass Juli sich dem komplett verschließen
würde. Sie liest Bücher und lernt Klavier. Aber es fehlt ihr
sehr an Ehrfurcht vor den Errungenschaften unserer Vor-
väter und Vormütter.
Illustration ALINE ZALKO Zu hören unter www.zeit.de/audio
Ihrer Meinung nach kann alles, was von gestern ist, weg.
Wer auf dieser Welt gerade Zukunftsangst hat oder nur zag-
haft nach vorn blickt, kann sich gern mal von Juli beraten
lassen. Bei ihr geht alles vorwärts immer, rückwärts nim-
mer! Eigentlich wäre es ja meine Aufgabe, meiner Tochter
den Wert von ihr gestrig erscheinenden Techniken zu ver-
mitteln. Ich versuche das auch, raschle morgens beispiels-
weise laut mit der Papierzeitung. Vielleicht bin ich aber ein-
fach der Falsche dafür. Vielleicht hat Juli gerade deswegen
Zweifel am Wert von klassischer Musik, weil sie von dem
Typen gehört wird, der morgens mit einem übergroßen
Bogen bedruckten Papiers im Bett sitzt und raschelt. Viel-
leicht muss das jemand anders machen. Ich bin eh guter
Dinge, dass Juli mir bald nicht mehr »Papa, es ist 2023!« ins
Gesicht stöhnen wird. Denn es wird ja 2024.
Was ich gern früher gewusst hätte 46
reiten, aber immer ging etwas schief, niemals etwas hinter sich lassen! In
bevor ich aufsteigen konnte. Dein der Schwesternschaft geht es um die Mit getrennten Betten bleibt man
Unterbewusstsein lässt dich wissen, tröstlichen Rillen alter Streitigkeiten. länger verheiratet. Tut mir leid, aber
wenn du nicht das Richtige tust. es ist wahr.
Man sollte immer 24 Stunden
Käse, am besten geschmolzen, hilft warten, bevor man auf eine ärgerliche Liebeskummer ist wie das Wetter:
gegen einen Kater. E-Mail antwortet. Irgendwann zieht er vorbei.
Hier verraten jede Woche Prominente, was sie erst spät begriffen haben. Olivia Laing, 46, ist eine britische Journalistin
und Schriftstellerin. In diesem Jahr ist ihr Buch »Die einsame Stadt: Vom Abenteuer des Alleinseins« erschienen. Mit
ihrem Ehemann, dem Dichter Ian Patterson, lebt sie in Suffolk
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Regalsystem
8 VERSCHIEDENE TIEFEN
ERMÖGLICHEN
44 VERSCHIEDENE MODULE
VERSPIELTEN,
AUCH MIT SCHUBLADEN & TÜREN
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