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brandGRÜN

Zeitung der Fraktion


BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Brandenburger Landtag

Ausgabe 16 · Juli 2014

HÖHER. BESSER.
GRÜNER.

D
ieser Sommer wird heiß. Wir pro- unsere Studie zum öffentlichen Nahver-
testieren mit vielen anderen Akti- kehr werden viele brennend interessieren.
vistInnen am 23. August in der Abkühlung könnte derweil ein Spazier-
KETTEN- Lausitz in einer Menschenkette gegen die gang in der Natur, vielleicht entlang einer
Verbrennung fossiler Braunkohle in einem Schatten spendenden Allee bringen. Seit
REAKTION neuen Tagebau Welzow Süd. Gegen die Kurzem ist unser Fraktionsflur im Landtag
Wir wollen ein soziales Zukunftskonzept
für die Lausitzer Braunkohleregion
weitere Aufheizung der Atmosphäre stel- selbst eine Art Allee geworden – links und
> Seite 3 len wir auch unsere parlamentarischen In- rechts von Baumfotos gesäumt. Kommen
itiativen für einen sozial verträglichen Sie doch vorbei!
Strukturwandel in der Lausitz und für eine
KOMMUNEN- klimaneutrale Verwaltung, die sich aus Mit kühlem Kopf und heißem Herzen
ENTSCHULDUNG Wind, Sonne und anderen Erneuerbaren wünschen wir gutes brandGRÜNEs Geleit
Unsere Studie versorgt. bis in den goldenen Herbst mit der Land-
weist den Weg tagswahl am 14. September.
> Seite 5 Hitzige Debatten haben wir mit unserem
aktuellen Gutachten zur Wirtschaftlichkeit
KURZ- des Flughafens BER ausgelöst. Auch die
bündnisgrünen Ideen für eine Entschul-
BILANZ dung Brandenburger Kommunen und
5 Jahre bündnisgrüne
Oppositionsarbeit
> Seite 8/9
brandGRÜN Juni 2012 1
brandGRÜN

3 FRAGEN AN... NACH DEM SPARGEL IST VOR DEM SPARGEL


URSULA NONNEMACHER Auch wir lieben Spargel. Doch der erntefrische, märkische Edel-
gemüsegenuss ist getrübt. Vielerorts sind die Spargelfelder groß-
flächig ein halbes Jahr lang mit Folie überzogen. Das stört
Die nächste Landesregierung soll die Empfehlungen der En- zunehmend die AnwohnerInnen, aber auch das Landschaftsbild
quete für zukunftsfeste Verwaltungsstrukturen umsetzen, und die Tier- und Pflanzenwelt. Im Europäischen Vogelschutzge-
die eine grüne Handschrift tragen. Wieso haben Sie nun mit biet Mittlere Havelniederung sollen dadurch innerhalb eines Jahr-
Ideen zur Entschuldung der Kommunen nachgelegt? zehnts 15 gefährdete Arten verschwunden sein. Wir wollen von
Die Schulden machen nicht wenige Städte in Brandenburg der Landesregierung wissen, wie sie mit den Auswirkungen des
fast handlungsunfähig. Nach unserem Sondervotum zu Spargelanbaus unter Folie in Schutzgebieten umgeht.
Finanzierungsfragen im Enquete-Bericht eröffnen wir mit
www.gruenlink.de/rz3
unserem Gutachten zur Entschuldung der Kommunen die
Diskussion. Auch ein Staatsvertrag zwischen Brandenburg
und Berlin und die Einführung von Open Data eröffneten den
Kommunen mehr Handlungsspielräume, auch finanzielle.

Als Gesundheitspolitikerin haben Sie auf der Landwirt-


schaftsschau BRALA gegen Massentierhaltung protestiert.
Wie wir unsere Nutztiere behandeln, im doppelten Sinne,
wirkt sich auf das Tierwohl und die Umwelt, aber auch auf
unsere Gesundheit aus. Der massenhafte, oft ungezielte
Antibiotika-Einsatz führt zu Resistenzbildung und erschwert
© Wolfgang Ewert

das Heilen bestimmter Krankheiten beim Menschen. Eine


bündnisgrüne Untersuchung förderte in jeder 6. Fleisch- bzw.
Wurstprobe krankheitserregende Keime zutage. Wir müssen
weg von der Massentierhaltung hin zu einer modernen bäu-
erlichen Landwirtschaft.

Was steht in dieser Legislatur noch auf dem Plan? ERFRISCHT DURCH GRÜNE FRAKTIONSALLEE
Unsere Fraktion unterstützt den Protest in der Lausitz gegen
den neuen Tagebau Welzow Süd, z.B. die Menschenkette am Erst lässt der Landtag die von unserer Fraktion unterstützte Volks-
23.8., und ist u. a. bei der Agrarwende-Demo am 30.8. in initiative „Rettet Brandenburgs Alleen“ 2010 durchfallen. Dann
Potsdam dabei. Auch wenn die letzte Landtagssitzung hinter sägt Rot-Rot gar am selbst gesteckten Ziel, jedes Jahr 5.000
uns liegt, stehen Themen wie ein humaner Umgang mit Bäume nachzupflanzen; die Finanzierung künftiger Nachpflanzun-
Flüchtlingen, mehr Mitbestimmung und Transparenz in der gen ist weiter ungeklärt. Wir machen aus Liebe zu den Bäumen
Politik und eine qualitativ bessere Bildung jeden Tag auf unseren Fraktionsflur selbst zur Allee – und stellen schöne Fotos
unserem Programm. des Emstaler Bildjournalisten Wolfgang Ewert zum Thema aus.
Kommen Sie und schlendern Sie mit uns hindurch!
Ursula Nonnemacher ist Sprecherin für Innen-,
Gesundheits-, Sozial- und Frauenpolitik der Fraktion www.gruenlink.de/ryc
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

2 brandGRÜN Juli 2014


brandGRÜN
MENSCHEN
KETTEN

© ideengruen.de
RETTEN

M
it heute 85 Arbeitsplätzen ist lastbaren amtlichen Daten – weder zur bar und der Tagebau Welzow ist spätes-
Hagen Rösch aus Proschim Bruttowertschöpfung noch zu Steuer- tens 2030 ausgekohlt: Der schrittweise
kein unbedeutender Arbeit- einnahmen oder Beschäftigungseffekten – und sozial verträgliche Ausstieg aus der
geber in der Tagebau-Region. Doch sol- vorliegen. Ein neuer Tagebau, für den Braunkohle steht an.
che mittelständischen Unternehmen wie 800 Menschen ihre Heimat verlieren,
Röschs Firma blendet die Landesregierung wird mit dünner Datenbasis aus einer Stu- Auch Gutachten des Bundes- und des
aus, wenn sie von der wirtschaftlichen Be- die des auch für Vattenfall tätigen Bera- Brandenburger Umweltministeriums sehen
deutung der Lausitz spricht. Im Gegenteil: tungsunternehmens Prognos begründet. die Braunkohle im Sinkflug. Wir fordern
An den Tagebau Welzow-Süd I verlor Das stuft im Übrigen den Landkreis Spree- die Landesregierung auf, für den Ausstieg
Röschs Firmenverbund bereits viel Acker- Neiße in seinem aktuellen „Zukunftsatlas“ aus der Braunkohleförderung bis 2030
land und ganze Geschäftszweige mit 200 auf Platz 394 (von 402) ein! mit Unternehmen, Gewerkschaften und
Arbeitsplätzen. Das rot-rote Ja zu Welzow- gesellschaftlichen AkteurInnen ein „Zu-
Süd II bedroht nun die Existenz des Unter- 23. August: Anti-Kohle-Kette kunftskonzept Lausitzer Braunkohle-
nehmens, das neben Landwirtschaft auch region“ innerhalb eines Jahres zu er-
in erneuerbare Energien investiert. Das 4.262 Arbeitsplätze gab es laut Landesre- arbeiten. Für eine Zukunft ohne Braun-
große Biogaskraftwerk und die Solarkraft- gierung 2012 in Brandenburg im Bereich kohle wird eine Menschenkette am
werke sollen für die Braunkohle wieder ab- „Bergbau und Gewinnung von Steinen 23. August in der Lausitz 2 vom Abbau
gerissen werden. Röschs Firma klagt gegen und Erden“. 10.000 direkte und indirekte bedrohte Dörfer verbinden: Grabice in
den Tagebau. Arbeitsplätze sollen von der Braunkohle Polen und Kerkwitz in Deutschland.
abhängen – die immer wieder kursierende
Energiepolitische Geisterfahrt Fantasiezahl von bis zu 30.000 Jobs wird Axel Vogel,
nicht belegt. Dagegen offenbaren selbst Fraktionsvorsitzender
Wie ein Mantra beschwört Rot-Rot die re- die dürren Antworten, dass die Hälfte der
gionalwirtschaftliche Bedeutung der Braun- direkten und indirekten Arbeitsplätze bis Sabine Niels,
kohle. Auf unsere Große Anfrage hin 2030 einbrechen wird. Die Betriebsdauer Bergrechtspolitische
www.gruenlink.de/rv2
räumt sie aber ein, dass ihr gar keine be- des Kraftwerks Jänschwalde endet abseh- Sprecherin

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brandGRÜN

BIS 2040 KLIMANEUTRAL Laut einem Sanierungsfahrplan soll der


Gebäudeenergieverbrauch um 23 Prozent
und der Ausstoß von Treibhausgasen aus

U
nsere Forderung, dass sich Regie- der Energieversorgung der Landesbehör-
rung und Verwaltung in Branden- den um 72 Prozent bis 2030 gesenkt
burg zu 100 Prozent mit Öko- werden. Doch wie unsere Kleine Anfrage
strom versorgen, ist seit 2014 umgesetzt. ergab, geht es nur langsam voran. Wir for-
Jetzt beantragen wir, dass die Landesver- dern die Landesregierung auf, ihrer Vor-
waltung bis 2040 gänzlich klimaneutral bildrolle gerecht zu werden und bis Ende
arbeitet. Das schließt Strom und Wärme, 2015 ein Konzept für die klimaneutrale
aber auch beispielsweise den Fuhrpark und Verwaltung mit 5-Jahres-Zwischenzielen

© LaCatrina - Fotolia.com
andere mobilitätsbedingte Emissionen ein. vorzulegen.
Der Landesrechnungshof kritisierte 2009
und 2013 die Energieverschwendung in Michael Jungclaus,
den Landesliegenschaften und sah ein Ein- Energiepolitischer Sprecher
sparpotenzial von jährlich1,8 Millionen Euro.

WIR HABEN ES SATT


I
n jedem 6. Wurst- oder Fleischstück den Megastall in
stecken antibiotikaresistente ESBL- Haßleben Ende Juni

© Animal Rights Watch


Keime. Das ergab eine 63 Stichproben zieht am 30. August
umfassende, bundesweite Untersuchung durch Potsdam eine
der bündnisgrünen Bundestagsfraktion. Demonstration unter
2 „positive“ Proben kamen aus Potsdam. dem Motto „Wir
Das Ergebnis ist erschreckend – angesichts haben es satt“.
der 1.600 Tonnen Antibiotika, die jährlich
in der Tiermedizin wie mit der Gießkanne Ungeachtet der wachsenden Proteste und fragt, an welche Anforderungen für den
verabreicht werden, aber nicht über- Gefahren durch die Massentierhaltung Tier- und Umweltschutz die Unterstützung
raschend. fördert Rot-Rot weiter den steten Zubau geknüpft ist und welche Änderungen an
von Tierhaltungsanlagen. Der Zuschuss den Förderrichtlinien für die neue Förder-
Gegen die tierquälerische, umwelt- und über die Landesinvestitionsbank beträgt periode insbesondere im Bereich Tier-
gesundheitsgefährdende Praxis der indu- 25 bis 35, z. T. bis 45 Prozent – bis zu und Umweltschutz konkret geplant sind.
striellen Massentierhaltung wehren sich einem förderfähigen Investitionsvolumen
immer mehr Menschen. In nur 3 Monaten von 2 Millionen Euro. Wir wollen von der Ursula Nonnemacher,
hat die Volksinitiative „Stoppt Massentier- Landesregierung wissen, wo sie welche Gesundheitspolitische Sprecherin
haltung“ schon fast drei Viertel der ange- Anlagen in den letzten 5 Jahren gefördert Axel Vogel, Fraktionsvorsitzender
strebten 25.000 Unterschriften gesammelt. hat und welche neuen Arbeitsplätze da-
Nach dem Aktionswochenende gegen durch entstanden sind. Unsere Fraktion www.gruenlink.de/pre

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SPEZIAL
GUTACHTEN ZUR ENTSCHULDUNG VON KOMMUNEN

STADT, LAND, SCHULDEN?

Ü
ber 80 Prozent der Brandenburger Kommunen sind

© MAK - Fotolia.com
verschuldet. Die Außenstände betrugen im Jahr 2012
über 2 Milliarden Euro. Im Vergleich zu den Vorjahren hat
sich die Situation etwas verbessert; so liegen beispielsweise die
Kassenkrediten unter dem Bundesdurchschnitt. Dennoch: Die
Lange ist ernst. Im Vergleich zu Sachsen ist die durchschnittliche
kommunale Verschuldung in Brandenburg deutlich höher. Beson-
ders eng ist es bei den kreisfreien Städten Cottbus, Brandenburg
und Frankfurt (Oder) sowie einigen berlinfernen Gemeinden und
Kreisen. Die dort seit Jahren steigenden Kassenkredite haben sich
nun auch zu einem Problem der Landesebene entwickelt. Die Re-
gierung hat jedoch keine Antwort. Dabei kann das Land gegen
die Schuldenprobleme dieser Kommunen selbst aktiv werden und
gleichzeitig diese Unterstützung mit einer Reform der Kommunal-
und Landesverwaltung verbinden. Das geht aus einem durch uns
beauftragten Gutachten von Professor Lars Holtkamp hervor.

Analyse liefert Lösungen

Das Gutachten schlägt eine Anschubfinanzierung im Rahmen


einer Verwaltungsstrukturreform, ein Entschuldungsfonds und ein dings dauerhaft zu bemühen, ist kein guter Rat. Das zeigt der Fall
öffentliches Frühwarnsystems zur Bewertung der kommunalen der hoch verschuldeten Stadt Nideggen in Nordrhein-Westfalen.
Haushaltslage vor. Weiterhin wird auch ein „BürgerInnenhaushalt“ Dort wurde der Stadtrat entmachtet und ein Staatskommissar ein-
empfohlen, der auf Maßnahmen zur Verbesserung der Haushalts- gesetzt, der alle haushaltsrelevanten Entscheidungen selbst traf.
situation und auf die Einbeziehung der BürgerInnen vor Ort Die gewählten VertreterInnen waren nur noch StatistInnen.
fokussiert. Diese Instrumente leiten die Gutachter her aus einer Um solche Eskalationen zu verhindern, muss das Land mit der
Analyse der Ursachen hiesiger kommunaler Haushaltsdefizite. „kommunalen Familie“ schnell handeln und sich auch selbst
Weiterhin haben sie untersucht, was andere Bundesländer unter- finanziell stärker engagieren. Haushaltskonsolidierung ist nicht
nommen haben, um ihre Kommunen zu entschulden. Selbstzweck, sondern Voraussetzung für eine dauerhaft sichere
kommunale Selbstverwaltung.
Entschuldung sichert kommunale Selbstverwaltung
Ursula Nonnemacher,
Das Fazit: Haushaltskonsolidierung geht nicht ohne Entscheidun- Kommunalpolitische Sprecherin
gen zu Steuer- und Gebührenerhöhungen oder Abstrichen beim
Leistungsangebot einer Kommune. Das Nothaushaltsrecht aller- www.gruenlink.de/rmp

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brandGRÜN

IM PORTRAIT

KATHARINA STRAUSS:
AM LIEBSTEN ABWECHSLUNG

W
er noch nicht weiß, was im Die Themen überschneiden
Februar 2015 auf dem Plan sich mit Inhalten ihres Stu-
steht, ist nicht so ein großer diums der Rechtswissen-
Berlinale-Fan wie Katharina Strauß. Im schaften an der Universität
Kalender hat sie das Filmfestival schon dick Potsdam sowie der Ver-
markiert und freut sich auf internationales waltungswissenschaften an
Kino satt. Auch sonst ist Katharinas Kalen- den Hochschulen in Leiden
der gut gefüllt – sie ist viel unterwegs, im und Speyer. Damals war ihr
Theater, auf Lesungen oder in Ausstellun- bereits klar, dass sie im
gen in Potsdam und Umgebung. Potsdam Bereich Politik und Verwal-
ist auch durch sein kulturelles Angebot ihr tung einsteigen würde –
Lieblingswohnort. Mehr Stadt als Falken- ein Betätigungsfeld, das sie
see, wo sie aufgewachsen ist, aber immer nun schon aus einigen
noch Brandenburg und damit Heimat. Perspektiven kennt. Nach
dem Studium arbeitete sie
Systematik im Trubel im Wissenschaftsministe-
rium, danach als Referentin
Ihre Begeisterungsfähigkeit zeigt sich auch für den Innenausschuss des
in ihrem Job für die Fraktion als Justiziarin Landtages. So erlebte sie den Parlaments- bewarb sie sich und ist seit 2010 mit dabei.
und Referentin für Recht, Inneres und betrieb auf der administrativen Ebene. Jetzt, zum Ende der Legislaturperiode, ver-
Petitionen. „Die Vielseitigkeit macht den lässt sie die Fraktion und wechselt zum
Reiz der Stelle aus“, so die Mittdreißigerin. Frischer Wind im Parlament Landesrechnungshof. Ihr Mandat der
Im trubeligen Fraktionsalltag hilft ihr die Potsdamer Stadtverordneten, das sie seit
eigene systematische Arbeitsweise. Was 2009 lernte sie die Bündnisgrünen in Ak- Mai 2014 inne hat, muss sie dafür leider
sie an ihrem Jurastudium gereizt hatte – tion kennen und schätzen, nachdem diese aufgeben, weil MitarbeiterInnen des Lan-
Klarheit und Struktur – bringt sie nun selbst in den Landtag eingezogen waren. „Auf desrechnungshofes nicht gleichzeitig einer
ein, wenn sie Anträge schreibt, Positionen einmal herrschte ein frischer Wind im kommunalen Vertretung angehören dür-
erarbeitet und für viele recht- und nicht- Parlament“, erinnert sie sich. Katharinas fen. Nicht nur die bündnisgrüne Landtags-
rechtlichen Fragen da ist. Derzeit kümmert Einstellung zu Ernährung oder Ressourcen- fraktion, auch die kommunale Ebene muss
sich Katharina vor allem um die Themen schutz deckten sich schon lange mit ty- auf Katharina künftig verzichten – ein dop-
Abschiebehaft, Verwaltungsmodernisie- pisch grünen Werten, doch das Auftreten pelter Verlust. Die Fraktion sagt: Danke.
rung, Jugendarrest, Informationsfreiheit der Abgeordneten brachte den Ausschlag.
und Polizeirecht. Als eine Stelle ausgeschrieben wurde, Alena Müller

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SPEZIAL
gesetzliche Regelungen schaffen. Dazu solch frei nutzbaren Daten europaweit auf
WEITER WEG hätte Rot-Rot doch mit einem Informa-
tionsfreiheitsgesetz Gelegenheit gehabt!
jährlich 40 Milliarden Euro.

Dem Thema Open Data hatte sich unser

D
a beißt sich doch die Katze in den Bei Open Data veröffentlichen Behörden Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz
Schwanz: Als wir 2013 eine von sich aus und möglichst in Echtzeit die von 2013 bereits geöffnet – und erhielt im
Open-Data-Strategie forderten, mit Steuergeldern erhobenen Daten von Gegensatz zum rot-roten Gesetz viel Lob
wiegelte Rot-Rot dies mit Verweis auf das allgemeinem Interesse zur freien Nutzung von ExpertInnen. Auf unserem Fachge-
neue, zu beschließende Akteneinsichtsge- und Verarbeitung. Die EU-Kommission spräch im Mai diskutierten Fachleute,
setz ab. In diesem rot-roten Gesetz dann, schätzt das wirtschaftliche Potenzial von RegierungsvertreterInnen und Interessierte
dem Fachleute wie auch wir ein vernich- durchaus kontrovers – einig waren sich
tendes Urteil ausstellen, fiel Open Data aber alle, dass dieses Jahr wegen der Land-
aber wieder unter den Tisch. SPD und tagswahl nichts mehr passiert. Ein ziemlich
Linke versuchten dann mit der Abforde- durchsichtiges Spiel, aber mitnichten offen

© markrubens - Fotolia.com
rung eines Regierungsberichts zum Stand und transparent.
von Open Data in Brandenburg die Flucht
nach vorn. Doch das jüngst vorgelegte Ursula Nonnemacher,
Papier macht genauso ratlos wie das zuvor Innenpolitische Sprecherin
verabschiedete Gesetz. Nun heißt es,
die Regierung müsse für Open Data erst www.gruenlink.de/ryd

UND SIE BEWEGT SICH DOCH


N
ur ein Beispiel: Um rund 8 Millio- weitern und bürokratische Prozeduren ver- Antrag abgelehnt. Doch ganz konnte sich
nen Euro könnten die Branden- ringern. Im direkten Berliner Umland leben Rot-Rot wohl den Argumenten nicht ent-
burgerInnen im Berliner Umland auf 10 Prozent der Landesfläche 36 Pro- ziehen und hat zumindest einen ersten
allein bei der privaten Wasserentsorgung zent der Brandenburger Bevölkerung. Passus zur grenzüberschreitenden kom-
entlastet werden – Gewerbebetriebe gar Zwischen beiden Ländern gibt es unzäh- munalen Zusammenarbeit mit Berlin in das
um den doppelten bis dreifachen Betrag. lige funktionale Verbindungen und Ab- aktuelle Gesetz zur kommunalen Zu-
Notwendig dafür ist ein Staatsvertrag über hängigkeiten. Um die derzeit stockende sammenarbeit innerhalb Brandenburgs
die grenzüberschreitende kommunale Kooperation zu erleichtern und wieder an- aufgenommen. So kommt wenigstens
Zusammenarbeit zwischen Brandenburg zukurbeln, schlägt unsere Fraktion einen Bewegung in die Sache.
und Berlin. Dieser würde auch bei der Staatsvertrag mit Berlin vor.
Trinkwasserversorgung, im ÖPNV, der Ursula Nonnemacher,
Müllentsorgung oder der Entwicklung Obwohl mit den anderen Nachbarn, Sach- Kommunalpolitische Sprecherin
gemeinsamer Gewerbegebiete Steuer- sen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-
bzw. Gebührenentlastungen bringen, den Vorpommern, schon seit über 10 Jahren
Handlungsspielraum der Kommunen er- solche Verträge bestehen, wurde unser www.gruenlink.de/rye

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BILANZ DER LEGISLATURPERIODE

UNSERE BILANZ: BRANDENBURG IST


N
ach 15 Jahren außerparlamentarischer Opposition ist Bündnis 90/Die Grünen - Wir wiesen gefährliche Pestizide in Ge-
vor 5 Jahren mit 5 Abgeordneten in den Landtag eingezogen. Als kleinste wässerproben nach und forderten mehr
Oppositionsfraktion haben wir im Landtag vorher missachtete Themen Kontrollen und eine naturschonendere
gesetzt und kontrovers diskutiert, die Regierungsarbeit kritisch unter die Lupe genom- Landwirtschaft.
men und konstruktiv Initiativen eingebracht bzw. unterstützt. Unser Ziel: Das Land
ökologisch modernisieren, Bildungschancen verbessern, Demokratie und BürgerInnen- - Wir thematisierten im Landtag Land-
rechte stärken. grabbing, stärkten ortsansässige Land-
wirtInnen und Neusiedler-ErbInnen.

- Wir forderten ein faires, bundesweit ein- Wirtschaft und Verkehr


ÖKOLOGISCHE heitliches Netzentgelt, das die hohen - Der Flughafen BER ist mit einem Nacht-
MODERNISIERUNG Strompreise in Brandenburg wesentlich flugverbot von 22 bis 6 Uhr wirtschaftlich
senken würde. zu betreiben, stellte unser Gutachter
Keine neuen Tagebaue unter Beweis. Für die Gesundheit der An-
- Wir belegten: Ein neuer Tagebau Welzow - Wir brachten ein Anti-CCS-Gesetz und wohnerInnen bestanden wir auf umfas-
Süd verschlechtert die Klimabilanz, ist ein Klimaschutzgesetz ein – Rot-Rot ist senden Lärm- und Schallschutz.
rechtlich fragwürdig, wirtschaftlich nicht noch nicht so weit.
notwendig und mit der Umsiedlung von - Das ÖPNV-Gutachten der Fraktion ist ein
800 Menschen sozial unverantwortlich. Natur, Umwelt, Landwirtschaft Fahrplan für steigende Fahrgastzahlen
- Auf unsere Initiative hin legte Rot-Rot ein und sinkende CO2-Emmissionen im Ver-
- An der Seite der Betroffenen: Wir forder- Maßnahmenprogramm zur biologischen kehr.
ten eine unabhängige Schiedsstelle und Vielfalt vor. Wir forderten, den Flächen-
die Beweislastumkehr bei Bergschäden. verbrauch von täglich 8 Fußballfeldern im - Unsere Studie weist den Weg aus der
Land zu reduzieren. kommunalen Verschuldung. Grüne
- Braune Spree: Unser Antrag verpflichtete Anträge im Parlament stellten belastete
Rot-Rot, mehr gegen die Verockerung - Unsere Fraktion verbannte Agro-Gen- Kommunen bereits finanziell besser, u. a.
der Spree zu unternehmen. technik und brachte Rot-Rot dazu, sich beim Jugendhilfelastenausgleich.
nun gegen Genmais 1507 zu wehren.
100 Prozent Erneuerbar
- Wir setzten durch, dass die Landesver- - Wir prangerten industrielle Massentier- GRÜN IST EIN
waltung Ökostrom bezieht. haltung und den dort üblichen massiven, GEWINN UNSERE BILANZ
NACH
5 JAHREN OPPOSIT
IONSARBEIT

Eine ausführlichere
gesundheits- wie umweltgefährdenden Bilanz der Legisla-
- Unsere Studie zeigte, dass sich Branden- Antibiotikaeinsatz an. turperiode ist un-
sere Broschüre
burg und Berlin zu 100 Prozent aus er- „Grün
neuerbaren Energien versorgen können: - Erfolgreicher grüner Druck: Die von Rot- ist ein Gewinn“ –
zu lesen und zu
bei Strom ab 2030, im Wärmebereich Rot in Brandenburg gestrichene Ökoan- bestellen unter
2050. bauförderung wurde wieder möglich.
Eine Publikation

gruenlink.de/q1w
der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
im Brandenbur
ger Landtag

März 2014

8 brandGRÜN Juli 2014


BILANZ DER LEGISLATURPERIODE
GRÜNER GEWORDEN - Wir setzten die Hürden bei Volksabstim-
mungen mit herab und ermöglichten
damit das erste erfolgreiche Volksbegeh-
ren in Brandenburg für ein BER-Nacht-
flugverbot.
Unsere MdL: Sabine Niels, Marie Luise von Halem,
Ursula Nonnemacher, Axel Vogel, Michael Jungclaus,
Christoph Schulze (seit 5/2013) - v. l. n. r. - Deutlich grüne Handschrift tragen die Er-
gebnisse der Enquete 5/2 für zukunfts-
fähige Verwaltungsstrukturen, die in der
Verfassung verankerte Antirassismus-
klausel und die Initiative zur Absenkung
des Wahlalters auf 16 Jahre.

Transparenz
- Unser Entwurf für ein Informationsfrei-
heitsgesetz eröffnete allen einen besseren
Zugang zu mit Steuergeldern erhobenen
Daten – für Rot-Rot bleibt Open Data
BILDUNG Wissenschaft und Lehre aber ein rotes Tuch. Mehr Transparenz
- Wir wollten mehr Mittel für Branden- wollten wir auch für Lobbyarbeit und Ne-
Kita und Inklusion burgs finanziell schlecht ausgestattete beneinkünfte in Regierung und Verwal-
- Wir forderten mehr Kita-Personal sowie Hochschulen. Unsere Forderungen für tung, bei ausscheidenden MinisterInnen
ausreichend Leitungsfreistellung und mehr Mitsprache und bessere Arbeitsbe- und bei den IHKs.
Fortbildungen für die ErzieherInnen. Un- dingungen sind zumindest teilweise ins
sere Vorschläge zur Kita-Qualität und Hochschulgesetz eingeflossen. BürgerInnenrechte und Gleichstellung
eine erfolgreiche Inklusion werden über- - Mit grünen Initiativen verbesserten wir
all im Land diskutiert. die Situation von Flüchtlingen im Land,
DEMOKRATIE UND z. B. bei der Unterbringung.
Schule BÜRGERiNNENRECHTE
- Jahr für Jahr konfrontierten wir Rot-Rot - Wir beantragten, die erfolgreiche Zertifi-
mit dem realen Lehrkräftebedarf. Unsere Direkte Demokratie zierung von Landeseinrichtungen zur
LandlehrerInnen-Studie zeigte Wege, wie - Wir setzten durch, dass die Ausschüsse Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus-
gutes Lernen im ländlichen Raum abge- für alle öffentlich tagen und die Abgeord- zuweiten.
sichert werden kann. neten auf frühere Stasi-Verstrickungen
überprüft werden. - Wir forderten Wahlfreiheit ab der Ge-
- Die im Landtag abgelehnten Anträge zur burt: Werdende Mütter sollen flächen-
besseren Ausstattung der Musik- und - Die von uns initiierte Enquete-Kommis- deckend auf frei berufliche Hebammen
Kunstschulen decken sich mit den For- sion zur DDR-Aufarbeitung sorgte für zurückgreifen und damit Ort und Art der
derungen der nun angelaufenen Volks- kontroverse Debatten und am Ende für Geburt (mit)bestimmen können.
initiative „Musische Bildung jetzt“. konstruktive Vorschläge.

brandGRÜN Juli 2014 9


brandGRÜN

BER: OHNE AUSSICHT AUF ERFOLG

D
as Projekt BER ist längst aus dem eindämmen, wenn der BER als Flughafen weitere Erweiterungsbauten entbehrlich.
Ruder gelaufen. Wann der Flug- für das regionale Verkehrsaufkommen Ein geplanter Nachtflug zwischen 22 und
hafen fertig wird, ist unklar. fertiggestellt wird – so wie ursprünglich 6 Uhr am Standort Schönefeld bringt
Die Investitionskosten übersteigen die vorgesehen. Lärmbelastung aber keine betriebs- und
Prognosen – derzeit rechnen Experten mit volkswirtschaftlichen Vorteile. Das Gut-
mindestens 5,4 Milliarden Euro bis zur Fer- Realistisch: Regionale Ausrichtung achten schließt nicht aus, dass der Pannen-
tigstellung. Diese im Vergleich mit anderen flughafen zum Dauersubventionsfall für
Flughäfen deutlich höhere Summe führt Der Flughafen soll demnach am vorhan- die öffentlichen Haushalte wird. Ziel muss
dazu, dass der BER niemals gewinnbrin- denen Standort so wie geplant fertigge- es sein, durch die geeignete Gestaltung der
gend betrieben werden kann. Das geht aus stellt werden. Erweiterungen sind am Fluggebühren die absehbaren Zuschüsse
einer Studie der TU Chemnitz hervor, die Standort nicht möglich, allenfalls ist die aus den öffentlichen Haushalten zu mini-
von den bündnisgrünen Fraktionen im Nutzung des Terminals Schönefeld-Alt mieren.
Brandenburger Landtag, im Abgeordne- denkbar, um zusätzliche Abfertigungska-
tenhaus von Berlin und im Bundestag in pazitäten bereitzustellen. Wichtig ist, dass Axel Vogel,
Auftrag gegeben wurde. Die Expertise die Einnahmen des Flughafens mindestens Fraktionsvorsitzender
www.gruenlink.de/rpi
zeigt, dass der BER im Verlauf einer die laufenden Betriebskosten decken. Dazu
Betriebszeit von 25 Jahren das anfänglich müssen sie jedoch um 50 Prozent gegen-
investierte Kapital nicht erwirtschaften über dem aktuellen Stand der Berliner
wird. Der Flughafen wird also auf Ver- Flughäfen gesteigert werden. Die enge Zu- Auf der Fraktions-Flughafenkonferenz
im Juni 2014: Unsere Abgeordneten
schleiß betrieben und die SteuerzahlerIn- sammenarbeit mit anderen ostdeutschen Axel Vogel, Christoph Schulze,
nen müssen am Ende der Nutzungsdauer Flughäfen und mehr Verkehr auf der Annalena Baerbock (MdB),
dessen Erneuerung wieder finanzieren. Schiene machen eine 3. Startbahn und Ursula Nonnemacher (v. r. n. l.).

Wirtschaftlichkeit gefährdet

Öffentlich werden derzeit Forderungen


nach einem ausgeweiteten Nachtflug
erhoben und Überlegungen für eine 3.
Landebahn laut. Das Chemnitzer Gutach-
ten hat diese Vorschläge untersucht
und kommt zu einem eindeutigen Fazit:
Größer, länger geöffnet, internationaler –
alle diese Maßnahmen tragen nicht dazu
bei, die Wirtschaftlichkeit des Airports oder
die Prosperität der Region zu verbessern.
Ganz im Gegenteil lässt sich der finanzielle
Schaden für den öffentlichen Haushalt nur

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brandGRÜN
UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS ZUR BBG- UND IMMOBILIENAFFÄRE

SCHLUSSAKT IM FALL KRAMPNITZ


W
ie viel Zeit ist angemessen, privatisiert wurde. Von den rund 200 schaften beendet werden. Der Verkauf
um die Arbeit eines Aus- Grundstücksveräußerungen der BBG hat der Militärliegenschaft Krampnitz wurde
schusses zu bewerten, der der Ausschuss 3 Verkaufsvorgänge exem- rückgängig gemacht. Die Stadt Potsdam
dreieinhalb Jahre untersucht hat, ob lan- plarisch untersucht – die Veräußerung der kann das Gelände nun entwickeln. Die
deseigene Immobilien unter Wert verkauft Militärfläche in Krampnitz sowie zweier Gebäude sind in der Zwischenzeit aber
wurden? Auf Druck von Rot-Rot erhielt Gelände in Bad Saarow und am ehema- weiter verfallen, womit ihr Wert deutlich
die bündnisgrüne Fraktion lediglich die ligen Flughafen Oranienburg. Mindestens gesunken ist. Zu den dubiosen Verkäufen
Mindestredezeit von 5 Minuten, um im bei diesen 3 Vorgängen ist von einem von Liegenschaften in Bad Saarow und
Plenum zum Abschlussbericht des so- Schaden für das Land auszugehen. Oranienburg ermittelt die Staatsanwalt-
genannten Krampnitz-Ausschusses vorzu- Die Höhe steht nicht fest, da der Ausschuss schaft. In Oranienburg geht es um meh-
tragen. So war wenig Raum, auf das mit kein Sachverständigengutachten in Auf- rere Millionen Euro. Ohne den Ausschuss
der CDU-Fraktion veröffentlichte Sonder- trag gegeben hatte. Für den Verkauf wären Ermittlungen in dieser Form nicht
votum hinzuweisen. Die geringe Redezeit in Bad Saarow lässt sich der Schaden eingeleitet worden.
– zwar satzungsmäßig zulässig, aber der beziffern. Es sind über 250.000 Euro.
guten Praxis im Parlamentsbetrieb unwür- Axel Vogel,
dig – bildet den Schlusspunkt einer Reihe Staatsanwaltschaft ermittelt Fraktionsvorsitzender
von Blockaden, mit denen die Regierungs-
www.gruenlink.de/rpw
fraktionen den Ausschuss behinderten. Durch den Untersuchungsausschuss konn-
te die organisierte Verantwortungslosigkeit
Ausschuss zeigt Wirkung bei der Verwertung von Landesliegen- Gebäude auf dem Krampnitz-Gelände

Dennoch: Der Untersuchungsausschuss


hat Wirkung erzielt, seine Arbeit hat sich
mehrfach ausgezahlt. Schon kurz nach
Beginn des Ausschusses verschärfte das
Finanzministerium die Regeln für den Ver-

© howzey – flickr.com / www.gruenlink.de/rvo


kauf ehemaliger Militärflächen. Inzwischen
wird auch der Landtag besser eingebun-
den. Seit 2010 untersuchte das Gremium
mögliche Versäumnissen und Fehler der
Regierung bei Verkäufen landeseigener
Grundstücke und landeseigener Unterneh-
men. Damit ist die Brandenburgische
Bodengesellschaft mbH (BBG) betraut,
die 2006 selbst für nur 640.000 Euro,
einem Bruchteil ihres eigentlichen Wertes,

brandGRÜN Juli 2014 11


brandGRÜN

VERSIEGELT UND VERBRAUCHT


E
in neues Wohngebiet auf der grü- reduzieren müsste, um das bundesdeut-
nen Wiese oder die Verbreiterung sche Ziel zu erreichen. Doch der unlängst
der Umgehungsstraße – Siedlungs- fertiggestellten Nachhaltigkeitsstrategie
und Verkehrsprojekte wie diese haben fehlt ein solches Ziel. In der Antwort der
zwischen 2008 und 2012 in Brandenburg Landesregierung auf unsere Große
täglich durchschnittlich 6 Hektar Land Anfrage heißt es dazu, das Land habe
in Anspruch genommen. Diese Fläche sich „nicht festgelegt“. Die Rückmeldung
entspricht der Größe von 8 Fußballfeldern. zeigt, dass die Regierung wenig Interesse
Pro Jahr werden 2.190 Hektar umgenutzt, und keine Strategie hat. Aufgrund fehlen-

© shime – fotolia.com
verändert, überbaut oder zerstört – das der Daten bleiben außerdem viele Fragen
entspricht der Größe der Stadt Teltow. offen. Deshalb empfehlen wir eine Dis-
Die erschreckenden Zahlen gehen aus kussion über verstärkte Flächenent-
einer aktuellen Antwort der Landesregie- siegelungen, um angesichts rückläufiger
rung auf eine Große Anfrage hervor, die EinwohnerInnenzahlen einen Netto-Null-
die bündnisgrüne Fraktion im März gestellt Verbrauch zu erzielen.
hatte. Die Antwort zeigt auch: Das zustän- hin schädigen. Brandenburg hat der Natio-
dige Umweltministerium hat keine Lösun- nalen Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes Michael Jungclaus,
gen, um zu verhindern, dass Verdichtung, zugestimmt. Hieraus ergibt sich für Bran- Umweltpolitischer Sprecher
Entwässerung, Nähr- und Schadstoffein- denburg, dass sich der hiesige Flächenver-
träge sowie Erosion unsere Böden weiter- brauch bis 2020 auf 1,3 Hektar am Tag www.gruenlink.de/rv0

VEREINZELT UND VERLOREN


S
maragdeidechse, Kiebitz oder zurückbleibt. Gleichzeitig ist völlig unklar, artenarme Kiefernforste unsere Landschaf-
Acker-Schwarzkümmel – wer ein wie die Regierung die Maßnahmen finan- ten, wo ursprünglich Laubwälder anzutref-
Exemplar dieser Arten bei einer ziell ausstatten will. Effektives Handel ist fen waren. Die Landesregierung muss nun
Wanderung durch die Mark entdeckt, allerdings angesichts der Lage dringend mit Förderprogrammen und im Rahmen
schätzt sich glücklich. Denn diese Tiere und erforderlich: Jede 10. Art ist in Branden- des Vertragsnaturschutzes die richtigen
Pflanzen führen die Liste bedrohter Arten burg vom Aussterben bedroht, 75 Prozent Anreize setzen, um Landnutzerinnen und
an. Zu ihrem Schutz und dem Erhalt der aller Biotope sind gefährdet. Die Intensi- Landnutzer verstärkt von umweltschonen-
biologischen Vielfalt insgesamt hat das vierung der Landwirtschaft und der Verlust deren Nutzungsformen zu überzeugen.
Umweltministerium vor kurzem ein Maß- von Brachflächen haben sich deutlich
nahmenprogramm vorgestellt. Damit ist negativ auf viele Arten der Agrarlandschaft Michael Jungclaus,
endlich ein erster wichtiger Schritt getan, ausgewirkt, von bodenbrütenden Vögeln Umweltpolitischer Sprecher
der allerdings weit hinter der von unserer bis hin zum Verlust von Wildkräutern.
Fraktion geforderten Biodiversitätsstrategie In der Forstwirtschaft prägen vielerorts

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brandGRÜN
MOBILITÄT AUS EINEM GUSS

I
m Jahr 2013 beförderten Bahn und gäste befördern können. So kann die Kli- Wesentlicher Baustein soll eine Mobilitäts-
Bus rund 3,6 Millionen Menschen täg- mabilanz des Verkehrssektors verbessert zentrale sein, die rund um die Uhr erreich-
lich in Berlin und Brandenburg. Damit werden. Diese zeigt seit 10 Jahren keinen bar ist und alle Mobilitätsangebote
sich der brandenburgische Anteil bis 2030 Abwärtstrend. 2011 beliefen sich die Treib- bündelt. Mit einer einzigen Abfrage sollen
deutlich steigert, muss sich das Angebot hausgasemissionen des Verkehrssektors in sich KundInnen schnell und einfach da-
noch stärker an den Bedürfnissen der Fahr- Brandenburg auf über 5 Millionen Tonnen. rüber informieren können, wie sie von
gäste orientieren. Wie das gelingen kann, A nach B kommen und welche alternativen
ist Ergebnis eines Gutachtens der Mobili- Ganzheitliches Verkehrskonzept Angebote sie nutzen können. Die Präsenz
tätsplanerInnen von „teamred“, das die des VBB in der Fläche muss hierfür deutlich
bündnisgrüne Fraktion beauftragt hat. Eine Schlüsselfunktion nimmt der Ver- ausgebaut werden.
Ausgangspunkt ist eine detaillierte Unter- kehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB)
suchung der aktuellen Situation im Öffent- ein. Unser Vorschlag ist es, ihn zu einem Angebote ausweiten
lichen Personennahverkehr (ÖPNV) sowie Mobilitätsverbund weiterzuentwickeln, der
der vorhandenen Mobilitätspotenziale, aus alle Mobilitätsangebote – von Bahn & Bus Gleichzeitig braucht Brandenburg eine
denen sich Maßnahmen ableiten lassen, über Carsharing bis hin zu Leihfahrrädern Erweiterung des ÖPNV-Angebotes. Zum
wie vor allem Bus und Bahn mehr Fahr- und Anrufsammeltaxis – zentral steuert. einen sollen die tangential zu Berlin
bzw. Potsdam verlaufenden Bahntrassen
gestärkt werden. Zum anderen sind
mehr Expressbuslinien nötig, besonders
auf Routen, die bisher vom Autoverkehr
geprägt sind. Busse sollen verstärkt
verschiedene Bahnstrecken oder zentrale
Umsteigepunkte miteinander verbinden.
Insgesamt ist ein Landesmobilitätsplan
erforderlich, der den Verkehr auf Schienen,
Straßen sowie Rad- und Fußwegen
in Einem denkt. Um z.B. zu verhindern,
dass parallel zu einer Bahntrasse zusätzlich
© IngolfBLN - flickr.de - www.gruenlink.de/rvx

auch der Ausbau einer Straße finanziell


gefördert wird, braucht Brandenburg ein
Mobilitätskonzept aus einem Guss.

Michael Jungclaus,
Verkehrspolitischer Sprecher

www.gruenlink.de/rro

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brandGRÜN

INTERVIEW

„GRENZGÄNGER GEHÖREN
ZUR GESELLSCHAFT“

D
ie Haasenburg-Heime in Bran- Wo und bei wem sehen Sie den größten –
denburg sind geschlossen, das und welchen – Handlungsbedarf?
Kapitel Haasenburg ist es aber
nicht. Das zuständige Bildungsministerium M. Paulat: Im Bereich der Politik und der
(MBJS) ist eine Antwort schuldig: Welche Verwaltung. Die Zulässigkeit und die
Lehren sind aus den Vorkommnissen in Zulassung großer, immer weiter wachsen-
den Haasenburg-Heimen zu ziehen? Wie der privat geführter, gewinnorientierter
gehen wir mit Kindern und Jugendlichen Einrichtungen sollten überdacht werden.

© ThinMan
mit schweren Biografien um? Wir sprechen Für fatal halte ich die Beratung einer
dazu mit Monika Paulat, Präsidentin des Einrichtung und deren Kontrolle durch
Landessozialgerichts a.D. und Präsidentin das Landesjugendamt in Personalunion.
des Deutschen Sozialgerichtstages e. V. Das Auseinanderfallen von Konzepten und
Sie war Mitglied der Haasenburg-Unter- Realisierung wie bei der Haasenburg ist die Haasenburg zeichnete sich nach den
suchungskommission, die u. a. die Fach- durch ein höhere Kontrolldichte und -tiefe Feststellungen der Untersuchungskommis-
tagung anregte, die das MBJS im Juli zum durch Kontrolleure, die nicht gleichzeitig sion durch Abschottung aus.
Thema veranstaltet. Berater sind, zu gewährleisten. Das setzt
wiederum genügend und genügend qua- Was muss bei der Fachtagung des MBJS
Welches sind aus Ihrer Sicht die Lehren lifiziertes Personal in den Behörden voraus. herauskommen?
aus dem Haasenburg-Skandal?
Handlungsbedarf besteht natürlich auch M. Paulat: Von der Fachtagung muss ein
M. Paulat: Die Gesellschaft und die Politik bei den Einrichtungen. Von ihnen muss er- Signal, nein, noch mehr ein Fanal aus-
müssen bereit sein wahrzunehmen und wartbar sein, dass sie im Führungsbereich gehen dafür, dass die Entscheidungsträ-
anzuerkennen, dass Kinder und Jugend- und in der Linie Personal vorzuweisen ger die Unterbrin-
liche „Grenzgänger“ sein können, die haben, das mit Empathie, mit Herzblut und gung von Kindern
es gilt, in die Gesellschaft zu reintegrieren einer freundlichen Einstellung auch gegen- und Jugendlichen
und sie nicht ihrem Schicksal zu überlassen. über sehr „schwierigen“ Betreuten an zukunftsfähiger,
Eine humane Gesellschaft, einen sozialen seine Aufgaben herangeht und sich stets noch mehr am
Rechtsstaat zeichnet gerade aus, wie am Kindeswohl orientiert. Die Führungs- Wohl der Minder-
sie mit „Grenzgängern“ umgehen. Mir kräfte müssen genügend selbstkritisch und jährigen orientiert
scheint, dass auf diesem Feld zu viel an stetiger Verbesserung interessiert sein; gestalten wollen
Ideologie, zu viele Interessen jenseits der sie müssen offen sein für den Vergleich mit und werden.
Interessen der Kinder und Jugendlichen anderen Einrichtungen, um im Sinne eines
im Spiel sind. Benchmarking von anderen zu lernen – Monika Paulat

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brandGRÜN
ROT-ROTER EU-MITTEL-EINSATZ GASTBEITRAG VON THOMAS FALK

NICHT MUSISCHE
FÖRDERLICH BILDUNG JETZT!
S D
anierte Dorfkirchen, das deutsch-polnische Polizeitandem ie Brandenburger Musik- und Kunstschulen spielen
in der Grenzregion oder der umgestaltete Falkenseer eine entscheidende Rolle in der musisch-künstler-
Bahnhofsvorplatz: EU-Gelder sind immer dabei. Seit 1991 ischen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen.
flossen etwa 10 Milliarden nach Brandenburg. Aufgrund der guten Flächendeckend bieten sie zu familienfreundlichen Preisen
wirtschaftlichen Entwicklung der Region erhält das Land in der hoch qualitativen Musik- und Kunstunterricht. Obwohl die
neuen Förderperiode 2014 bis 2020 weniger EU-Mittel – ins- Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen sinken, bekom-
gesamt noch etwa 2,2 Milliarden Euro. Außerdem ändert men die Musik- und Kunstschulen immer mehr Zulauf. Aber
sich der Anwendungsbereich. Während bisher Infrastruktur- die Landesförderung bleibt auf dem Niveau von 2003, obwohl
projekte im Vordergrund standen, sind nun 80 Prozent der Gelder die Schülerzahlen von 25.000 auf 39.000 gestiegen sind und
für Maßnahmen vorgesehen, welche die Wettbewerbsfähigkeit sich Personalkosten und Unterrichtsstundenzahl erhöhten.
verbessern, Innovationen fördern oder den Ausstoß von Treib- Der Anteil des Landes an der Gesamtfinanzierung der Schulen
hausgasen mindern. sank in den letzten 10 Jahren von 15 auf 9 Prozent – zu Lasten
allein von Eltern und Kommunen. Es wird schwer, qualifizierte
Die bündnisgrüne Fraktion Lehrkräfte im Land zu halten. Trotz riesigen Bedarfs können
© Sebastian Duda - fotolia.com

sieht darin die Chance, Kooperationen mit Grundschulen, Kitas und Behinderten-
die Kernbereiche Innovation, einrichtungen nicht ausgebaut werden.
Nachhaltigkeit, Klimaschutz
und Inklusion wirkungsvoll zu Um die Unterfinanzierung der musisch-kulturellen Bildung
entwickeln. Doch die von der für Kinder im Land zu stoppen, starteten die Brandenburger
Landesregierung vorgelegten Musik- und Kunstschulen deshalb die Volksinitiative „Musi-
Programme bleiben weit hinter sche Bildung jetzt“ und hoffen auf eine breite Unterstützung
den Möglichkeiten zurück. Es entsteht der Eindruck, dass Rot-Rot in allen Bevölkerungsschichten.
alte Programme nur unter neuen Namen fortführen will. Unter
der Überschrift „Stärkung der ländlichen Räume“ konzentrieren
sich die Regierungsfraktionen wie eh und je auf die Agrar-Groß-
betriebe und halten an Investitionen in die Massentierhaltung fest
– der Tierschutz dagegen bleibt außen vor.

Der Breitbandausbau ist löblich, geht aber ohne Not zulasten


anderer sozialer und ökologischer Projekte. Leider verharrt die
Regierung weitgehend in alten Förderstrukturen und nutzt die
Chancen nicht, das Land in den nächsten 7 Jahren mit EU-Geldern Thomas Falk, Sprecher der Volksinitiative (rechts) und Katja
sozial und ökologisch zu modernisieren. Bobsin (VDMK, 2.v.l.) mit Ursula Nonnemacher, Marie Luise
von Halem und Axel Vogel (v. l. n. r.) von der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN, die die Ziele der Volksinitiative mitträgt
Axel Vogel, Fraktionsvorsitzender und entsprechende Anträge in den Landtag einbrachte

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brandGRÜN

GESTERN SCHON AN MORGEN DENKEN


V
erkürzte Arbeitszeit und schnelle Bis 2020 braucht das Land jedes Jahr Denn künftig wird es schwerer werden,
Verbeamtung – damit hatte das durchschnittlich 600 neue LehrerInnen. Die PädagogInnen hierher (zurück) zu holen –
Bildungsministerium deutschland- 450 AbsolventInnen, welche die hiesigen auch wegen der vergleichsweise schlech-
weit um LehrerInnen geworben. Daraufhin Hochschulen jährlich verlassen, werden die teren Bezahlung. Erst recht, wenn die
gingen 6.000 Bewerbungen ein. Ob sie auf Lücke nicht schließen. Der Mangel ist Regierung weiterhin die „demografische
die freien Stellen passen, muss schnell er- spätestens seit unserem Fraktionsgutach- Rendite“ verspielt: Sie strich in der Legis-
mittelt werden. Denn: Nach den Ferien ten von 2011 bekannt. Doch die Regie- laturperiode über 60 Millionen Euro –
fehlen rund 1.000 Lehrkräfte. Gebraucht rung hat zu wenig unternommen. Schon ohne die Ausweitung des Pilotprojekts „in-
werden sie vor allem in Grund- und Ober- längst hätte sie unserem Antrag folgen und klusive Schule“ und den Ausgleich des
schulen, weniger in Gymnasien. Auch der gemeinsam mit Schulen und Kommunen tariflich reduzierten Stundenkontingents
künftige Schulstandort muss passen. Es erarbeiten müssen, wie jetzt schon mehr der Lehrkräfte zu berücksichtigen.
darf nicht erneut ein Personalkarussell junge Menschen für den LehrerInnenberuf
geben, bei dem Lehrkräfte in die Peripherie begeistert Marie Luise von Halem,
versetzt werden, um AnwerberInnen at- werden Bildungspolitische Sprecherin
traktive Standorte anzubieten. können. GRÜN IST EIN
GEWINN UNSERE BILANZ
NACH
5 JAHREN OPPOSI
TIONSARBEIT

September 2009 bis September 2014: Die grüne Bilanz IMPRESSUM


der Legislaturperiode. Zu lesen und zu bestellen unter:
brandGRÜN
www.gruene-fraktion-brandenburg.de/publikationen. Fraktionszeitung von
Da gibts auch alle Gutachten und brandGRÜNs. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Brandenburger Landtag
Eine Publikation der
Fraktion
Alter Markt 1 , 14467 Potsdam
BÜNDNIS 90/DIE

Tel. 0331 – 9661701


GRÜNEN
im Brandenburger
Landtag

März 2014
© Herta Müller aus DIE ORANGE REIHE Mixed Media

info@gruene-fraktion.brandenburg.de
www.gruene-fraktion-brandenburg.de
V.i.S.d.P.: Tobias Arbinger
Redaktion: Alena Müller, Frauke Zelt
STARKE FRAUEN, DIE SCHREIBEN.
Alle Bilder ohne Angabe: Fraktion
DIE ORANGE REIHE. GUDRUN BOÍAR Satz und Layout: ZITRUSBLAU
Unsere Ausstellung im grünen Fraktionssaal 2.070 zeigt auf
Papier 100 % aus Altpapier,
Umweltengel
© GUDRUN BOÍAR

Leinwand gemalte, großformatige Porträts großer Autorinnen


aus Vergangenheit und Gegenwart: Brigitte Reimann,
Christa Wolf, Herta Müller, Else Lasker-Schüler, Sarah Kirsch,
Doris Liebermann.

brandGRÜN online – als Newsletter bestellen unter:


www.gruene-fraktion-brandenburg.de/newsletter

brandGRÜN Juni 2012

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