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Reflexion zum Praktikum I Vera Nyfeler Februar 2014

Reflexion
zum Praktikum I, Berufseignung
Januar/Februar 2014
Vera Nyfeler

Als ich im Herbst 2013 das Studium an der Pädagogischen Hochschule in Bern begann, war
ich mir keineswegs sicher, ob mir das Studium gefällt und ich den Beruf der Lehrerin einmal
wirklich ausüben möchte. Die Veranstaltungen, Vorlesungen und Seminare vermittelten mir
nur ein vages Bild der Herausforderungen die mit dem Lehrberuf verbunden sind, und auch
wenn ich viele Jahre selbst, als Schülerin, die Schule erlebt habe, konnte ich mir doch nicht
genau vorstellen, wie es ist als Lehrerin vor einer Klasse zu stehen. So freute ich mich sehr
auf das erste Praktikum, das mir Klarheit über meinen Berufswunsch verschaffen sollte.
Zusammen mit Michelle Lüthi schrieb ich mich für den Praktikumsplatz an der
Sekundarschule Büren in Büren an der Aare ein. Unsere Praktikumslehrkraft, Christine
Saager, unterrichtet Französisch, Deutsch und Englisch an einer 8. Klasse, sowie Französisch
in der 9. Realklasse und Englisch in einer Fünften. Diese Fächerkombination sprach mich sehr
an, da ich selbst die Fächer Französisch und Deutsch an der PH belege.

Das Praktikum begannen wir, nach einem ersten Treffen mit der Lehrperson und einem ersten
kurzen Besuch in den Klassen, mit den Aufträgen zu Baustein 3, Beobachten und Hospitieren.
Christine Saager hatte einige Fragen zusammengestellt, auf die wir unsere Beobachtungen
beziehen sollten:
- Wie erlebst du bei mir den Unterrichtsbeginn?
- Wie reagieren die Schüler/innen auf meine Fragen?
- Fange Bilder ein: Wann herrscht eine positive Arbeitsatmosphäre?
- Fallen dir einzelne Schülerinnen auf? Wie ist die Stimmung in der Klasse?
- Spürst du, ob die Kinder dem Unterricht folgen können?
- und weitere Fragen…

Ich möchte mich hier auf die Beobachtungen in der 8.Klasse beschränken, da ich
anschliessend auch nur in dieser Klasse unterrichtet habe.
Als erstes fiel mir auf, dass die Klasse sehr ruhig war und gut mitarbeitete. Sobald die Tür

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geschlossen war und Frau Saager das Wort ergriff, wurde es still und alle hörten aufmerksam
zu. Die Lektionen begannen oft mit etwas Auflockerndem. In der Französischstunde wurden
die Schüler aufgefordert ein Bild zu beschreiben, die Englischstunde begann mit einem Spiel.
So gelang es Frau Saager sehr gut die Schüler „ins Boot“ zu holen und sie für die kommende
Lektion zu aktivieren. Es meldeten sich zu jeder Frage verschiedene Schüler/innen durch
stilles heben der Hand. Auch die Schüler/innen die sich selten meldeten wurden von Zeit zu
Zeit aufgerufen oder bekamen einen kleinen Auftrag, wie das Vorlesen eines Abschnittes, so
dass möglichst Alle aktiv an der Lektion teilnahmen. Durch die hufeisenförmige Pultordnung
waren alle Schüler/innen in das Geschehen im Unterricht eingebunden.
Christine Saager arbeitete oft frontal mit den Schüler/innen. Aufgaben wurden zusammen in
der Klasse gelöst oder zuerst in Einzelarbeit (die immer bemerkenswert still stattfand) und
anschliessend im Plenum korrigiert. Auch wenn die Stimmung konzentriert war und in der
Klasse sehr aufmerksam gearbeitet wurde, gab es lockere Situationen, in denen auch gelacht
wurde. Zum Beispiel Antwortete ein Schüler auf die Frage: „ Où est-ce que vous achetez le
pain, la viande, le fromage? “ - „A la Migros“. Die Klasse und Frau Saager lachten
gemeinsam mit dem Schüler über diese richtige, aber unerwartete, Antwort.
Einige Schüler/innen wie Joshua, Laura und Jonas, die unglücklicherweise gerade
nebeneinander sassen, schwatzten eher oft miteinander und einige der Mädchen meldeten sich
nie freiwillig im Unterricht. Im Allgemeinen herrschte aber eine sehr positive, offene und
konzentrierte Atmosphäre in der Klasse.

Aufgrund meiner sehr positiven Beobachtungen freute ich mich, zu Baustein 5, dem
eigentlichen Unterrichten weiter zu gehen. Ich übernahm die Deutschlektionen und einen Teil
der Französischlektionen in der 8.Klasse. Christine Saager kündigte uns jeweils Anfangs der
Woche an, welche Themen in den jeweiligen Lektionen bearbeitet werden sollten und stellte
uns Materialien, Lehrmittel und Ideen bereit. Wir durften auch eigene Ideen einbringen und
ich konnte viele davon in meinen Lektionen umsetzen. Wenn wir gemeinsam entschieden
hatten, welche Inhalte und Aufgaben in der Lektion vorkommen sollten, trug ich diese genau
erklärt, mit Zeitangaben und weiteren Notizen in ein Raster ein, um während der Lektion
nicht den Überblick über die Vorbereitung zu verlieren.
Die Lektionen verliefen im Grossen und Ganzen sehr gut. Die Schüler/innen reagierten

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positiv auf die Aktivitäten und Aufgaben, die ich mit ihnen durchführte. Ich unterrichtete zum
Beispiel eine Sequenz zum Thema Fantasy-Literatur, in der es darum ging, selbst ein
Fabelwesen zu erfinden und in Stichworten zu beschreiben. Zu Beginn der Sequenz zeigte ich
den Schüler/innen die Zeichnung eines Wesens, das ich selbst erfunden hatte. Das Beispiel
motivierte sie und sie machten sich sofort an die Arbeit. Die Schüler/innen, die mit dem
Beschreiben bereits fertig waren, begannen unaufgefordert und sehr sorgfältig Skizzen zu
ihrer Beschreibung ins Heft zu zeichnen.
Manchmal brauchte es etwas Überzeugungsarbeit, um die Jugendlichen zum Mitarbeiten zu
animieren. Besonders die Schüler/innen, die sich auch sonst im Unterricht nicht oft meldeten,
verhielten sich während meinen Lektionen beinahe zu still. Christine Saager stelle mir dann
die Möglichkeit vor, die Schüler/innen mit Namenskärtchen aufzurufen, also einfach ein
Kärtchen aus dem Stapel zu ziehen, und diese Person antworten zu lassen. Besonders bei
Aufgaben, bei denen viele Schülerbeiträge geleistet werden können, funktioniert dies sehr gut.
Die gute Mitarbeit der Schüler/innen erleichterte mir das Unterrichten sehr.

Da die Arbeit mit der Klasse und das Planen des Unterrichts etwas ganz neues für mich
waren, kostete mich dies zu Beginn viel Energie. Ich investierte viel Zeit in die Planung, um
mich zumindest in diesem Punk hundertprozentig sicher fühlen zu können. Besonders in den
ersten Lektionen fühlte ich mich vor der Klasse eher unsicher. Das Gefühl von allen
beobachtet zu werden und sozusagen „ausgestellt“ vor all den Jugendlichen zu stehen, war
befremdend. Besonders wenn die Schüler/innen arbeiteten und ich einen Moment nichts zu
tun hatte, wusste ich zuerst nicht, was ich tun sollte. Wie sollte ich mich hinstellen? Oder
sollte ich mich hinsetzen, oder durch die Klasse gehen?
Meine Körperhaltung sendete ganz eindeutige Signale von Unsicherheit und Nervosität. Ich
überkreuzte Beine und Arme und fühlte mich auch nur bedingt wohl. Sehr schnell gewöhnte
ich mich aber an die Situation und konnte mich entspannen. Die Zusammenarbeit mit den
Schüler/innen bereitet mir viel Freude. Es war grossartig zu sehen, wie motiviert sie meine
Fragen beantworteten und Arbeitsaufträge oder Aufgaben bearbeiteten. Es gelang mir gut, auf
die Antworten und Fragen der Klasse einzugehen und alle auf eine wertschätzende Art zu
behandeln, so waren die Jugendlichen auch mit gegenüber respektvoll.
Mir fiel es leicht, die Situation in der Klasse einzuschätzen. Ich spürte meistens schnell, wenn
etwas nicht klar war und ich etwas ein zweites Mal oder genauer erklären musste. Ich merkte

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auch, dass ich in den Lektionen, in Bezug auf die Planung, flexibel bleiben kann und muss.
Wenn ich also feststellte, dass eine Übung zu lange ging und die Klasse nicht mehr wirklich
dabei war, änderte ich Sequenzen auch ab und liess Aufgaben zum Beispiel mündlich statt
schriftlich lösen. Dies war ein wichtiger Punkt für mich. Ich konnte oft nicht genau
einschätzen, wie lang die Schüler/innen für das Erledigen einer Aufgabe brauchten, und so
plante ich manchmal einige Aufgaben zu viel in meine Lektionen ein. Spontan schätzte ich
also ab, welche Teile der geplanten Lektion wichtig waren oder welche Aufgaben ich den
Schüler/innen noch als Hausaufgaben mitgeben konnte.
Während den Lektionen, die ich vorbereitet und durchführte, konnte ich stetig an Sicherheit
gewinnen und fühlte mich in meiner Rolle als Lehrerin schliesslich auch wohl.

Ich habe mir im Vorfeld des Praktikums viele Gedanken gemacht. Wie würden die
Schüler/innen auf mich als Praktikantin reagieren? Würden sie mich akzeptieren und meine
Anweisungen im Unterricht befolgen? Und wie muss ich auftreten, dass ich als Lehrperson
wahrgenommen und wertgeschätzt werde? Welche Erwartungen und Einstellungen haben die
Schüler/innen mir gegenüber? Welche darf ich den Schüler/innen gegenüber haben?
Aus diesen Überlegungen und teilweise auch Befürchtungen heraus, formulierte ich meine
persönlichen Lernziele fürs Praktikum.
Mein erstes Lernziel war das adressatengerechtes Auftreten. Ich überlegte mir schon im
Vornherein, dass es mir vielleicht schwerfallen könnte, die Schüler/innen richtig
einzuschätzen. Besonders im Französischunterricht bewahrheitet sich diese „Befürchtung“
zum Teil. Da ich eine Weile in Frankreich gelebt habe und mir eine differenzierte und
schnelle Sprache angewohnt habe, brauchte ich einen Moment um mich (wieder) an das
Sprachniveau der Schüler/innen zu gewöhnen. Ich musste sehr bewusst sprechen, langsam
und Wörter benutzen, die die Jugendlichen auch verstehen. In der Unterrichtsvorbereitung
konnten mir in diesem Bereich weniger Fehler passieren, da wir den Kapiteln des „Bonne
Chance“ folgten. Allerdings bereitete ich eine Lektion fürs MSV- Französisch vor und
erarbeitet Fragen zu einem Songtext für die Schüler/innen. Ich selbst empfand die Fragen als
nicht besonders schwierig. Im Unterricht merkte ich allerdings schnell, dass ich die Klasse
überschätzt hatte und sie zum Teil nicht einmal die Fragen verstanden. Ich konnte aber gut auf
diese Situation reagieren: wir besprachen die Fragen in der Klasse, und ich konnten so

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trotzdem mit ihnen arbeiten.


Allgemein kann ich noch an meiner Kommunikation arbeiten: Ich muss noch lernen, mich
wirklich klar und bestimmt auszudrücken. Besonders wenn es um das Erteilen von Aufträgen
geht, muss ich diese bestimmt und sicher erteilen. Dies geht bereits stark in den Bereich
meines zweiten Lernziels hinein, der Selbstsicherheit bzw. „Ich-Stärke“.
In diesem Bereich habe ich während des Praktikums bereits viele Fortschritte gemacht. In
meiner ersten Lektion war ich unglaublich nervös, was man besonders an meiner
Körperhaltung deutlich sehen konnte. Als ich mich aber an die ungewohnte Situation vor der
Klasse gewohnt hatte, konnte ich mich entspannen und mich selber etwas „lockern“. Dieses
Lernziel kann ich in einem nächsten Praktikum bestimmt noch weiter verfolgen, denn in
manchen Situationen drückt mein Auftreten immer noch Unsicherheit und Nervosität aus,
aber die ersten Schritte in eine gute Richtung sind getan.

Den Schulalltag an der Sekundarschule Büren habe ich als sehr positiv erlebt. Bereits wenn
wir morgens das Lehrerzimmer betraten wurden wir herzlich begrüsst. Christine Saager
hängte ein Foto von uns auf, damit auch gleich alle wussten, wer wir waren. Das Kollegium
nahm regen Anteil an unserem Praktikum. Die anderen Lehrer/innen fragten uns immer
wieder, wie es uns gefiele und ob alles gut laufe, oder erzählten von ihren eigenen
Erfahrungen mit Praktikanten. In dieser offenen, warmherzigen Atmosphäre fühlte ich mich
sofort wohl.
Die Aufgaben, die eine Lehrperson übernimmt, sind vielfältig und gehen weit über das
Unterrichten und Vorbereiten der Lektionen hinaus. An einem Nachmittag halfen wir
Christine Saager eine Französisch-Etappe- Probe zu korrigieren. Für mich war dies eine
spannende Aufgabe, da ich so etwas noch nie gemacht habe. Zuerst legten wir eine
provisorische Notenskala fest und zeichneten diese schematisch auf ein Blatt. Dann begannen
wir mit der Korrektur. Immer wieder mussten wir uns besprechen, wie wir es mit gewissen
Fehlern handhaben wollten: sollten wir Rechtschreibefehler bei richtig eingesetzter
Grammatik zählen oder nicht? Wie wollen wir es mit Wiederholungsfehlern handhaben?
Während der Korrektur markierten wir auf der Notenskala welche Punkte erreicht worden
waren. Bereits nach einiger Zeit bemerkten wir, dass die Skala wohl zu streng sein würde:
über die Hälfte der Klasse wäre so ungenügend gewesen. Also mussten wir die Skala

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anpassen. Das Resultat war nicht viel besser. Schliesslich beschloss Christine Saager eine
Wiederholungsprobe anzusetzen, um den ungenügenden Schüler/innen die Chance zu geben,
sich auf das nahende Zeugnis hin noch zu verbessern.
Auch fand während unserer Praktikumszeit ein aussergewöhnlicher Anlass statt: der
kantonale Finale des „Slam@School- Workshops“ den auch unsere Klasse vor Weihnachten
besucht hatte. An diesem Workshop erarbeiteten die Jugendlichen, zusammen mit
gestandenen Slam-Poeten, eigene Texte. Beinahe alles kann ein Slamtext sein, er muss bloss
selbst geschrieben sein und eine gewisse Lesezeit nicht überschreiten. Anschliessend wurden
die Texte an einer schulinternen Veranstaltung vorgetragen und die besten drei bekamen die
Möglichkeit ihre Texte ein weiteres Mal am kantonalen Finale vorzutragen. Das Finale fand
in der Kulturfabrik in Lyss statt und die bürener Kandidaten brachten eine grosse Menge Fans
mit. Ein Grossteil des Kollegiums war anwesend, auch Lehrer die nicht an der Klasse
unterrichteten, und auch sämtliche Schüler unserer Klasse waren gekommen. Die Texte
wurden vorgetragen und von einer Jury aus dem Publikum mit Noten zwischen eins und zehn
bewertet. Das schönste an diesem Anlass war, dass auch tatsächlich ein Schüler aus unserer
Klasse gewann: Mischa, der ein hervorragendes Plädoyer auf Fastfood vorgetragen hatte,
durfte den Pokal mit nach Hause nehmen. Es war spannend zu sehen, dass „Schulalltag“ nicht
bloss in Form von Unterricht oder im Klassenzimmer stattfinden muss, sondern auch
Veranstaltungen wie dieser Poetryslam enthalten kann.

Ich habe mich in meiner Rolle als Lehrperson bzw. als Praktikantin sehr wohl gefühlt. In den
Schulalltag konnte ich mich schnell einleben und war voller Begeisterung im Praktikum
dabei. Ich habe gemerkt, dass der Lehrberuf meinen Vorstellungen entspricht und ich ihn auch
ausüben möchte. Auch wenn es viele Situationen gab, die neu und ungewohnt für mich waren
und an die ich mich zuerst gewöhnen musste, denke ich, dass ich die Kriterien zur
Berufseignung alle erfüllt habe, bzw. erfülle. Ich bin motiviert den Lehrberuf zu ergreifen und
konnte dies auch zeigen, mir gelang es auf einer sehr positiven Ebene mit den Schülern zu
kommunizieren und interessiere mich für sie, ihre Persönlichkeit und ihre Lebenswelten.
Während des Praktikums habe ich meine Lektionen und Unterrichtsequenzen zuverlässig
geplant. In Bereichen wie der „Ich-Stärke“ kann ich noch an mir arbeiten und ganz bestimmt
noch viele Fortschritte machen. Schliesslich stehe ich noch am Anfang meiner Ausbildung
und habe noch viel Zeit und Gelegenheit mich zu verbessern.

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