Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Markus Kroner
Rechtsanwalt (AUT, BRD)
A-5020 Salzburg – Nonntaler Hauptstrasse 69 – Tel.: +43 662 823133 – e-mail: office@legalcounsel.at
www.legalcounsel.at
Verträge mit Online Vertriebsplattformen
¨ Ausgangslage
¤ In der österreichischen Hotellerie ist Anteil der
Buchungsanfragen über das Internet laut einer Studie der
ÖHV aus dem Jahr 2012 von 1999 bis 2011 von 10 % auf
77 % gestiegen, wobei absolute Anteil der Buchungen über
Online Vertriebsplattformen im Jahr 2011 bei ca. 21 %
liegt
¤ Anlass, auf die dieser Vertriebsform zugrunde liegenden
Rechtsverhältnisse näher einzugehen,
n exemplarisch im Rechtsverhältnis zwischen Hotel und Online
Vertriebsplattform auf die von Booking.com (GDTsv0712_DE-
Booking.comBV), Expedia (ONLINE EU ETP T&Cs 061512) und
HRS/Tiscover (jeweils gültig ab 01.03.2012) jeweils verwendeten
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
¨ Rechtsverhältnisse
¤ Der Vertrieb von Hoteldienstleistungen über Online
Vertriebsplattformen bedingt, dass drei
Vertragsparteien Vertragsverhältnisse untereinander
abschließen. Folgende Vertragsverhältnisse sind zu
unterscheiden:
n Hotel – Online Vertriebsplattform
n Hotel – Gast
n Gast – Online Vertriebsplattform
Beherbergungsvertrag
Hotel Gast
Online
Vertriebsplattform
¨ Booking.com
¤ Laufzeit (Punkt 7.1.):
n befristet auf ein Jahr mit automatischer Verlängerung auf unbestimmte Zeit, sofern Vertrag nicht
unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen gekündigt wird. Bei Verlängerung auf unbestimmte Zeit
ordentliche Kündigungsmöglichkeit mit 14-tägiger Frist
¤ Ratenparität (Bestpreisgarantie) und Verfügbarkeitsparität (Punkt 1. und 2.2.2.):
n Ratenparität: Hotel hat Booking.com den gleichen oder einen besseren Preis für dieselbe Unterkunft
(d.h. identische Zimmer- und Bettkategorie, Aufenthaltszeit, Anzahl von Gästen, Verpflegung,
Buchungsänderungen und Stornierungsbedingungen) zu gewähren, wie er von der Unterkunft online
und offline oder durch einen Dritten, insbesondere einem Mitbewerber von Booking.com online und
offline angeboten wird
n Verfügbarkeitsparität: Hotel hat Booking.com zumindest gleich viele verfügbare Zimmer zur
Buchung auf der Plattform anzubieten, wie Dritten online und offline, insbesondere Mitbewerbern
von Booking.com
n Verfügbarkeitsparität umfasst somit offensichtlich nicht die vom Hotel selbst angebotenen
Hotelzimmer
¤ Stornierung/No-Show (Punkt 2.6.2.):
n Das Hotel ist nicht berechtigt, eine Reservierung über Booking.com zu stornieren
n Stornorecht und Stornogebühr nach österreichischem Rechtsverständnis, gesetzliche Rücktrittsrechte
n Bezüglich Stornierung durch den Gast keine expliziten Regelungen, lediglich unter Punkt 2.7.3.
„Kreditkartengarantie“ und unter Punkt 2.6.3. zu Kommissionszahlungen
n die vom Hotel gewährte Ratenparität umfasst auch Stornierungsbedingungen
¨ Expedia
¤ Laufzeit (Punkt C.1.):
n befristet auf zwei Jahre mit automatischer Verlängerung auf ein weiteres Jahr, sofern
der Vertrag nicht unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen vor dem Ende der Erst- oder
einer Verlängerungslaufzeit gekündigt wird
¤ Ratenparität (Bestpreisgarantie) u. Verfügbarkeitsparität (Punkt C.2.b. und 7.):
n Hotel hat Expedia Hotelzimmer für eine Buchung durch Gäste über die Plattform zu
den oder besseren Bedingungen, einschließlich Preisen und Verfügbarkeit sowie Regeln
im Zusammenhang mit einer Stornierung, zur Verfügung zu stellen, wie sie über die
eigenen Vertriebskanäle des Hotels oder von Dritten online und offline angeboten
werden
¤ Stornierung/No-Show (Punkt C.3.b.):
n AGB enthalten keine Regelungen betreffend Stornierung durch das Hotel
n Betreffend Stornierung durch den Gast kann das Hotel die Expedia Partner Tools zum
Eingeben der eigenen Storno- und No-Show-Bedingungen benützen. Ansonsten besteht
gebührenfreies Stornorecht des Gastes bis 18.00 Uhr am Tag der Ankunft
n Gestaltungsfreiheit des Hotels ist hinsichtlich der eigenen Stornobedingungen durch die
gewährte Ratenparität, die auch die Parität für Stornierungsbedingungen umfasst,
eingeschränkt
¨ HRS/Tiscover
¤ Laufzeit (Punkt 19.):
n unbefristet abgeschlossen, ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen
¤ Ratenparität (Bestpreisgarantie) und Verfügbarkeitsparität (Punkt 5.):
n Preisparität: Hotel hat HRS zumindest gleich günstige Preise und Preisbedingungen sowie Buchungs-
und Stornierungskonditionen zu gewähren wie anderen Online Vertriebsplattformen oder wie es
selbst online und offline anbietet
n Verfügbarkeitsparität: Hotel darf HRS in Bezug auf die Verfügbarkeit der angebotenen
Hotelzimmer nicht schlechter behandeln als alle anderen online und offline Vertriebskanäle inklusive
des Hotels selbst
¤ Stornierung/No-Show (Punkt 11. und 3.):
n kein Stornorecht des Hotels, Hotel garantiert die vertraglich vereinbarte Unterbringung des Gastes
n Stornierungsmöglichkeit durch den Gast
n Standardreservierung: Gast kann bis um 18.00 Uhr am Tag der Ankunft gebührenfrei
stornieren
n Garantierte Reservierung: Storno erweitert auf Zeitraum der ersten Übernachtung
n Für beide Formen der Reservierung Begrenzung der Stornogebühr der Höhe nach
n Lediglich für Paketpreise, Messeraten mit Mindestaufenthalt und für Preise, die an besondere
Bedingungen gebunden sind, gelten die individuellen Stornierungsbedingungen des Hotels
n Die HRS vom Hotel gewährte Parität umfasst auch Stornierungskonditionen
¨ Fazit:
¤ Ausgehend von den dispositiven Bestimmungen des gegenständlich
jeweils nicht anwendbaren österreichischen Zivilrechts (mit Ausnahme von
Tiscover) wird die Rechtsposition des Hotels gegenüber der jeweiligen
Online Vertriebsplattform und auch gegenüber dem vermittelten Gast
zum Nachteil des Hotels teilweise erheblich abgeändert und sollte sich
das Hotel diesem Umstand bei Vertragsabschluss und der damit
verbundenen Akzeptanz der AGB der jeweiligen Online
Vertriebsplattform bewusst sein
¤ Allenfalls weitergehende vertiefende rechtliche Überprüfung einzelner
Klauseln auch auf Basis des jeweils anzuwendenden ausländischen
Rechts im Hinblick auf Geltungs- und Inhaltskontrolle oder wettbewerbs-
/kartellrechtlichen Anforderungen, in letzterem Fall auch unter
Berücksichtigung öst. Rechts gem. dem in Art. 6 ROM II-VO (Verordnung
(EG) 2007/864 vom 11.07.2007 über das auf außervertragliche
Schuldverhältnisse anzuwendende Recht) normierten Marktortsprinzips
bzw. Auswirkungsprinzips