Sie sind auf Seite 1von 5

Gotisches Handwerkerhaus in Eggenburg – Eine Idee ?

„Laut hallen die Schläge von Hammer auf Amboss in den schmalen
Gassen Eggenburgs wider. Der Rauch eines Kochfeuers liegt in der Luft
und überdeckt das Aroma der Linsen, die auf der einfachen Herdstelle
in einem Tongrapen vor sich hin köcheln. Vor der Werkstatt des
Gürtlers sitzt ein ehrenwerter Bürger der Stadt auf einer Bank und
wartet darauf mit dem Meister eine Bestellung zu besprechen. Der
aber ist gerade lautstark in Verhandlungen mit der Färberin vertieft,
die einen Korb voll bunter Riemen vorbeigebracht hat. Der
Eggenburger Ratsherr schmunzelt, während er die Kinder beobachtet,
die auf dem staubigen Hof einen Reifen vor sich hertreiben und dabei
geschickt der Hausmagd ausweichen, die verbissen das Pflaster kehrt
….“

Was hier wie ein Stück Fiktion, eine Passage eines historischen
Romans oder wie eine Szene eines Drehbuchs wirkt, kann heutzutage
zu erlebbarer Realität werden. „Living History“, Lebendige Geschichte,
ist das Schlagwort, das ein Erfassen der Vergangenheit mit allen
Sinnen möglich macht.

Der historisch interessierte Besucher ist heute bei der Wahrnehmung


der Vergangenheit nicht länger nur auf die visuelle Wahrnehmung von
Buchtexten und Bildern beschränkt. Vielmehr kann die „Lebendige
Geschichtsdarstellung“ alle Sinne ansprechen und Geschichte zu
einem umfassenden Erlebnis werden lassen.

Wir, die Interessensgemeinschaft 14.Jahrhundert (IG14, zu finden


unter http://ig14.at) haben uns genau das zum Ziel gemacht.
Beginnend von akkurat nach wissenschaftlichen Kriterien rekonstruierter Kleidung, über Replikate zur gesamten
Sachkultur des frühen Spätmittelalters bis hin zu den passenden Vermittlungstechniken ist „Lebendige
Geschichtsdarstellung“ und das Vermitteln der Vergangenheit an Interessierte unsere Leidenschaft.

Und so durften wir 2015 auch erstmals an der historischen Belebung der Kanzlerwiese im Rahmen der „Eggenburger
Zeitreise“ teilnehmen und dabei den Festbesuchern historisches Handwerk präsentieren.

Doch ist die Vermittlung im Rahmen von Festen und Märkten schon das Ende der Möglichkeiten die Lebendige
Geschichtsvermittlung bieten kann? Wir wissen, dass es nicht so ist und hoffen, Ihnen auf den nächsten Seiten
vermitteln zu können, was „Living History“ - gestützt durch engagierte und begeisterte Mitarbeiter - zu leisten in der
Lage ist.

Ziel der Arbeit:

Unser Verein konnte im Jahr 2014 in Kooperation mit der Burg Liechtenstein ein erweitertes und von herkömmlichen
historischen Festen deutlich unterscheidbares Konzept, das „Lebendige Museum“ entwickeln und erfolgreich
abhalten. Durch eine Neuausrichtung der Burgverwaltung, die ihr touristisches Konzept mehr Richtung
Massentourismus führen wollte, mussten wir diese interessante Kooperation leider beenden. Unseren Traum des

Gotisches Handwerkerhaus in Eggenburg – Eine Idee ? 1 von 5


„Lebendigen Museums“ und von der Präsentation hochgotischen Alltags in einer passenden historischen Kulisse
haben wir hingegen bewahrt.

„Living History“ ist in vielen Ländern Europas, vor allem im englischen Sprachraum
und in Skandinavien bereits fest etabliert und zu einem unverzichtbaren Teil der
Museums- und Historienkultur geworden. Auch Deutschland beginnt immer mehr,
seinen Bürgern die Möglichkeit zu geben Geschichte hautnah in historischer Kulisse
erfahren zu können.

Auch Österreich bietet dieses Konzept bereits an. So hat der Archäologische Park in
Carnuntum oder das Freilichtmuseum Elsarn bereits entsprechende Lebendige
Geschichtspräsentationen für die Spätantike im Programm. (diese und weiter
Beispiele für gelungene und erfolgreiche Umsetzungen finden Sie im Abschnitt
Die IG14 in einer historischen Küche
„Existierende Beispiele“)

Eine Umsetzung im, bei den Besuchern so beliebten Umfeld des Mittelalters, fehlt derzeit hingegen in Österreich
völlig und wäre ein touristisches Alleinstellungmerkmal für Eggenburg.

Daher wenden wir uns mit der Idee einer Umsetzung des „Lebendigen Museums zur Zeit der Hochgotik um 1350
A.D.“ an Sie, da Eggenburg mit dem größten historischen Fest zu diesem Thema, mit einem eigenen Verein zur
Erforschung des Mittelalters und einem idyllischen historischen Stadtkern ein idealer Partner zu sein scheint um den
nächsten, bedeutenden Schritt in der Museumskultur meistern zu können.

Ziel der Zusammenarbeit wäre das „Gotische Handwerkerhaus


Eggenburg“, also eine historische adäquate Rekonstruktion eines
Wohn- und Arbeitshauses um 1350. Liebevoll und korrekt
eingerichtete und ausgestatte Wohn- und Schlafstuben, Werkstätten
sowie Lager und Küchenräume würden im Zuge der Öffnungszeiten
dem interessierten Besucher einen so bisher nicht möglichen, tiefen
Einblick in die Lebensumstände vor 750 Jahren bieten. Zusätzlich
wäre ein Führungsbetrieb möglich, um den Eindruck den eine
historisch korrekt umgesetzte Örtlichkeit bietet mit entsprechendem
Fachwissen zu vertiefen. Außerdem könnten wir dann einmal pro
Monat für ein Wochenende eine tatsächliche Belebung in dieser Mittelalterhaus Nienover

Kulisse durchführen und somit die Wirklichkeit des Spätmittelalters für bestimmte Zeit und mit allen Sinnen fassbar
in die Gegenwart holen.

Stichwort Belebung – Das Lebendige Museum

Bei einer Belebung im Sinne des „Lebendigen Museums“ wird der


gesamte Alltag und die internen Abläufe eines hochgotischen Haushalts
durch fachkundige Geschichtsdarsteller vermittelt. Der Besucher findet
sich praktisch in der Rolle eines Zeitreisenden wieder, der Menschen
des Mittelalters bei den täglichen Verrichtungen wie Haushalt oder
Handwerk über die Schulter schauen kann. Dabei wird weniger auf eine
klassische Präsentation von Repliken in musealer Form geachtet,
vielmehr werden die zahlreichen Rekonstruktionen (von Kochgeschirr

über Handwerkzeuge bis hin zu Luxusgegenständen) in ihrer


Damen der IG14 bei der Handarbeit
Anwendung in szenischer Darstellung vorgeführt. Der Gast des
„Gotischen Handwerkshauses Eggenburg“ wird dadurch jene Lebendigkeit erfahren die das Konzept auszeichnet.
Gotisches Handwerkerhaus in Eggenburg – Eine Idee ? 2 von 5
Anstatt mit Vorträgen oder Frontalpräsentationen zu arbeiten zieht es das Konzept des „Lebendigen Museums“ vor
den Besucher zu Fragen und Einzelgesprächen einzuladen. Gerade durch die Einbettung von Darstellung und
Rekonstruktion in den damals üblichen Tagesablauf ergeben sich so immer faszinierende und lehrreiche Situationen.
Ergänzt durch die Möglichkeit einmal selbst etwas auszuprobieren wird das „Lebendige Museum“ so zum
Gesamterlebnis Geschichte.

Möglichkeiten der Umsetzung:

Ein Museum, lebendig oder nicht, benötigt zu allererst natürlich eines: Ein Gebäude. Doch ein „Lebendiges Museum“
stellt Ansprüche die über den regulären Museumsbau hinausgehen:

Bei der Wahl eines geeigneten Objektes sind hier neben der Infrastruktur für Besucher besonders die historischen
Kriterien zu beachten. So muss der Betrieb einer gotischen Küche möglich sein, Räume müssen den geschichtlichen
Vorbildern entsprechend gestaltet werden und der gesamte Bau muss sich optisch den wissenschaftlich erarbeiteten
Gesichtspunkten beugen. Fassade, Fensterlaibungen, Türen, Treppen und Böden und die gesamte Einrichtung
müssen ein akkurates historisches Bild verkörpern um als
Kulisse für eine verantwortungsvolle Geschichts-
darstellung tauglich zu sein.

Adaption vorhandener Bausubstanz

Eine interessante Möglichkeit die sich in Eggenburg bietet


wäre natürlich die Nutzung vorhandener, historischer
Bausubstanz nach einer entsprechenden Adaptierung um
die Erscheinung eines Handwerkerhauses um 1350 zu
erlauben. Der große Vorteil einer Nutzung bestehender
Bauten wäre natürlich eine Lage im historischen Ortskern
Mittelalterhaus Nienover - Die Küche mit entsprechend hervorragender Infrastruktur in
nächster Umgebung. Somit wäre auch eine Einbindung in die „Erlebnisstadt“ Eggenburg mit all ihren historischen
Facetten gegeben und eine direkte thematische Zusammenarbeit mit dem Krahuletz-Museum könnte wunderbare
Synergieeffekte erzeugen.

Außerdem könnte eine Adaptierung des Gebäudes schrittweise erfolgen, was wiederum einen schnelleren
Projektstart erlaubt und Kosten gleichmäßiger verteilbar macht.

Neuerrichtung

Bei den meisten derzeit in Betrieb befindlichen „Living History“-Museen (siehe


Abschnitt „Existierende Beispiele“) handelt es sich hingegen um Neuerrichtungen.
Dabei würde unter Beiziehung der entsprechenden Wissenschaften (Archäologie,
Mediavistik und Realienkunde) mit Hilfe einer nah an die Experimentalarchäologie
heranreichenden Genauigkeit ein der Zeitstellung 1350 n.Chr. angepasstes Gebäude
mit historisch belegbaren Materialien und gegebenenfalls auch mit historischen
Methoden errichtet. Der Vorteil hierbei liegt darin, dass man bei der Umsetzung nicht
an bestehende Strukturen gebunden ist und die Raumplanung entsprechend frei wäre.

Auf ein ähnliches Konzept, allerdings im Rahmen des Burgenbaus setzt derzeit Friesach mit seiner Burgbaustelle.

Gotisches Handwerkerhaus in Eggenburg – Eine Idee ? 3 von 5


Finanzierung:

Durch die langsam erst aufkommende Richtung der Lebendigen Geschichtsdarstellung werden entsprechende
Projekte in den letzten Jahren noch großzügig durch EU-Fördermittel unterstützt. Diese können, je nach Umfang des
Projekts, bis in niedere siebenstellige Eurobeträge erwartet werden (wie z.B. derzeit bei der Errichtung des
Geschichtsparks Bärnau). Auch Fördermöglichkeiten von Seiten der Republik Österreich sowie des Landes
Niederösterreich wären hier natürlich in Betracht zu ziehen.

Den Betrieb müsste das „Gotische Handwerkerhaus Eggenburg“ danach leicht aus den touristischen Einnahmen
bestreiten können. Mit großem Kostenaufwand zur Erhaltung ist hier nicht zu rechnen.

Es bietet sich auch an, kleinere Instandhaltungsarbeiten durch die Geschichtsdarsteller der IG14 oder durch
entsprechend vorbereitete und historisch bekleidete Handwerker aus der Region im Rahmen der
Vermittlungstätigkeit abwickeln zu lassen, auch hier bieten sich interessante neue Perspektiven aus dem
mittelalterlichen Lebensalltag für den Besucher.

Für die historische Beratung und Recherchearbeit und für die monatlichen Belebungen würde die IG14 unentgeltlich
aufkommen. Wir sind in Teilen Mitglieder gemeinnütziger Vereine und haben keine finanziellen Interessen an diesem
Projekt. Die einmalige Möglichkeit einer Umsetzung unserer Vereinsziele, Erforschung und Vermittlung
mittelalterlichen Alltags, wäre uns Lohn genug.

Existierende Beispiele:

Als Beispiele möchte ich hier nur jene Projekte anführen die eine ähnliche Zeitstellung und Zielsetzung haben. Der
Archäologische Park Carnuntum sowie das Freilichtmuseum Elsarn wurden bereits erwähnt und decken lediglich die
Spätantike ab. Auch zahlreiche Freilichtmuseen und Rekonstruktionen frühmittelalterlicher Siedlungsbauten sowie
die auch in Österreich öfters zu findenden Museumsdörfer neuzeitlicher Datierung sollen hier nicht explizit genannt
werden.

- Erlebnis Burgbau – Friesach / Ö (http://burgbau.at/)


Ein touristisch erschlossener historischer Baubetrieb nach französischem Vorbild, siehe Guedelon weiter unten
- Bachritterburg Kanzach / DE (http://www.bachritterburg.de/)
Diese Burgrekonstruktion in Süddeutschland ist immer wieder ein hervorragende Kulisse für historische Belebungen die
auch wir als IG14 einmal pro Jahr kostenfrei mit einer Lebendigen Geschichtsdarstellung unterstützen.
- Mittelalterhaus Nienover / DE (http://www.mittelalterhaus-nienover.de/)
Ein weiteres äußerst interessantes Projekt dass im Umfang wohl am ehesten den von uns anzustrebenden Zielen
entspricht
- Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim /DE (http://www.freilandmuseum.de/)
Eine sich in seinen Bauobjekten über Jahrhunderte erstreckende Freilichtmuseum mit einer sehr schönen
spätmittelalterlichen Baugruppe. Auch hier werden regelmäßig historische Belebungen durchgeführt.
- Geschichtspark Bärnau-Tachow /DE (http://www.geschichtspark.de/)
Ein in den letzten Jahren angegangenes und sehr erfolgreiches Projekt, das vor allem in seiner Art der Umsetzung und
der damit verbundenen regionalen Unterstützung durch Verein und Wissenschaft Mustercharakter besitzt.
- Archeon / NL (http://www.archeon.nl/)
Ein schon seit vielen Jahren sehr erfolgreicher Geschichtspark in den Niederlanden mit einer absolut sehenswerten
Rekonstruktion eines ganzen spätmittelalterlichen Straßenzuges (!)
- Middelaldercentret / DK (http://www.middelaldercentret.dk/)
Ähnlich wie Archeon ein sehr gut etabliertes Vorzeigeprojekt aus Dänemark mit einer äußerst eindrucksvollen
Geschichtsdarstellungskultur
- Guedelon / F (http://www.guedelon.fr/de/)

Gotisches Handwerkerhaus in Eggenburg – Eine Idee ? 4 von 5


Das beeindruckende Bauprojekt einer mittelalterlicheren Burg mit Materialien und Techniken des 13. Jahrhunderts

Mögliche Kooperationspartner:

• Verein zur Erforschung des Mittelalters in Eggenburg (Eggenburg)


• Initiative zur Belebung des Stadtzentrums mittels Handwerk (Eggenburg)
• Krahuletz-Museum (Eggenburg)
• Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit (Krems)
• Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie (Wien)
• Evtl. die Universität Wien mit dem Schwerpunkt Mittelalterarchäologie (Wien)
• Förderer aus der Einbindung lokaler Industrie und Handwerk (Winzer, Gastronomiebetriebe, Brauereien)

Ing. Nikolaus Hofbauer


http://ig14.at
http://neuesausdergotik.blogspot.com/
http://www.ig-mim.de/

Gotisches Handwerkerhaus in Eggenburg – Eine Idee ? 5 von 5

Das könnte Ihnen auch gefallen