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AR53681908
AA; 6178; C89 Alte Grabdenkmaler a
309 20

THE LIBRARIES

COLUMBIA UNIVERSITY

AVERY LIBRARY
ALTE GRABDENKMÄLER

AUS UNGARN

BEITRAG ZUR KUNST- UND CULTURGESCHICHTE

VON

GÉZA V. CSERGHEŐ UND JOSEF V. CSOMA

MIT XXV ILLUSTRATIONEN.


ФТ

BUDAPEST

FRIEDRICH KILIAN
K. UNG. UNIVERSITÄTS - BUCHHANDLUNG

1890
1
ALTE GRABDENKMÄLER

AUS UNGARN

BEITRAG ZUR KUNST- UND CULTURGESCHICHTE

VON

GÉZA V. CSERGHEŐ UND JOSEF V. CSOMA

MIT XXV ILLUSTRATIONEN.

BUDAPEST

FRIEDRICH KILIAN
K. UNG. UNIVERSITÄTS - BUCHHANDLUNG

1890
Avery

AA

6178

C89

587205

DRUCK DEE FRANKLIN VEREIN.


«In der genauen und allseitigen Betrachtung dieser
so wenig beachteten Denkmäler kann man den
Bildungsgang des Volkes nicht weniger belauschen
und erschauen als in unsern mächtigen Domen
und schweren Folianten . »>

Von den im Verhältnisse zu den westwärts gelegenen Ländern nur


in geringer Anzahl noch vorhandenen alten Grabsteinen unseres König-
reiches hat bereits Arnold Ipolyi in : « Középkori szobrászat emlékei
Magyarországon » einen nicht unansehnlichen Teil namhaft gemacht, und
obgleich seither unsere stets fortschreitende archäologische Forschung
noch manchen weitern , einschlägigen, nennbaren Fund zu veröffentlichen
Gelegenheit hatte, so sind wir noch immer nicht auf den Standpunkt
gelangt, von einer auch nur annähernd completen Statistik sprechen zu
können ; eben diese heimatlichen Denkmäler betreffend, welche für uns von
um so grösserer Bedeutung sind , als ihre Zahl , wie soeben hervorgehoben ,
eine nur beschränkte genannt werden kann .
Die Grabsteinkunde in unserem Vaterlande war bis noch vor Kurzem
ein kaum bebautes Feld, trotz der mancherlei, nach dieser Richtung hin
geschehenen Bestrebungen , denen sich dann auch noch ferners Henszl-
mann , Rómer und Myskovszki angeschlossen hatten , die jedoch das Schwer-
gewicht fast ausschliesslich nur auf das kunstgeschichtliche Moment
legten.
Unter so bewandten Umständen haben wir es für zeitgemäss erachtet,
den Rahmen hier zu erweitern und unter Beobachtung alles desjenigen,
was sich auf die Kunst-, Cultur- wie vaterländische Geschichte, auf
die Genealogie, Trachten- und Waffenkunde bezieht, unser besonderes
Augenmerk der Heraldik zuzuwenden, um den Sinn zu beleben und das
Verständniss zu erwecken für diese bei uns durch Jahrhunderte hindurch
vernachlässigt gewesene Wissenschaft, sowie endlich , um die volle Bedeu-
tung und hohe Wichtigkeit derselben augenfällig zu beweisen.
Mit der periodischen Veröffentlichung einer stets chronologisch
zusammengestellten Reihe unserer interessantesten Grabdenkmäler bis
gegen das Ende des XVI . Jahrhundertes glauben wir dieses Ziel am
sichersten erreichen zu können .
Alte Grabdenkmaler aus Ungarn. 1
2

Die einzelnen Aufsätze, wie sie nunmehr geordnet und als ein
Ganzes zusammengefasst folgen, wurden zerstreut, der Mehrzahl nach ,
bereits in ungarischer Sprache publicirt u . zw. vornehmlich im Organ der
ungar. Anthropologischen und Archæolog . sowie in demjenigen der ung.
Herald. Geneal. - Gesellschaft.
Es bildet ein ausschliessliches Verdienst der Redactionsleiter, der
Herren Dr. Josef Hampel und Ladislaus v. Fejérpataky, dass es ermög-
licht wurde, in der verhältniss mässig kurzen Spanne Zeit von zwei
Jahren, eine so stattliche Anzahl der berührten Artikel zu veröffentlichen .
Nicht minder ist im Uebrigen der hier zuerst genannte Gelehrte zugleich
auch als der intellectuelle Urheber dieses unseres Unternehmens anzu-
sehen.
Schliesslich haben wir noch Dank zu zollen der Archäologischen
Commission der ungar. Akademie der Wissenschaften, sowie endlich Herrn
Dr. Gustav Heinrich, welcher es ermöglicht hat, unsere Publicationen
nunmehr auch in deutscher Sprache, sowie in verbesserter und erweiter-
ter Form erscheinen zu lassen und so einem grösseren Lesepublikum
zugänglich zu machen.

I. Grabstein aus Zsegra. XIV . Jahrhundert.

Zu den ältesten uns aufbewahrt gebliebenen wappengeschmückten


Denkmälern der heimatlichen Bildhauerkunst gehört wohl der Grab-
stein , welchen wir noch heute wohlerhalten in dem mit Wandmalereien
gezierten romanischen Kirchlein zu Zsegra in der Zips vorfinden .
Dieses Monument stammt aus jener Periode, in welcher der stets
nach Verschönerung strebende Sinn, auch was die Grabsteine betraf, wie
sie bis zu jener Zeit ausgestattet wurden, nicht mehr seine Befriedigung zu
finden begann und sich ebenso von den nur allein mit dem Namen
des Verstorbenen versehenen kleinen Steinplatten abzuwenden anliess
(welche nicht als Deckplatten des Grabes , sondern nur zur Stellenbezeich-
nung dienten ) , wie nicht minder von den romanischen Kreuzen des
XI - XII . Jahrhundertes, wie wir noch dieselben , die glatte Oberfläche so
manches Grabsteines der besagten Zeitperiode zierend , vorfinden.
So sehen wir denn , dass mit dem Auftreten des gothischen Styles all-
mählig auch die Kreuze unserer Grabsteine ihre ursprüngliche, einfache
Form zu verlieren beginnen , denen dann in vielen Fällen auch noch ein
heraldischer Schild als weitere Verschönerung zugefügt wurde, welcher mit
dem Wappen seines Eigentümers (Wappenherren ) versehen, hie und da
aber auch ledig, d . i . ohne Wappenbild , zumeist das Kreuz belegend, ange-
bracht erscheint.
3

Diese Sitte, welche ungefähr in der Mitte des XIII. Jahrhunderts


auftritt, erhält sich bis zum Beginne des XIV. Säculums und aus der letzt-
angerufenen Zeit dürfte nun wohl zweifellos auch unser Grabstein der
Zsegraer Kirche stammen, wofür überdies auch noch die reine Dreieckform
des Wappenschildes spricht. * Das Denkmal, aus grauem Sandsteine ver-
fertigt, ist 2 M. 10-6 Cm. hoch, 1 M. 2.7 Cm. breit und zeigt auf seiner
vollkommen glatten Oberfläche ein Wiederkreuz (Crosslet) , welches auf
einem Dreipasse aufsitzend , in seiner Mitte mit einem breitrandigen Kreise
belegt erscheint, worin ein gleicharmiges Kreuz , welches mit seiner Längen-
achse einen integrirenden Teil des grossen Kreuzes bildend oder aber
dieses deckend, in seiner Gesammtconstruction den bezeichneten Kreis
in vier gleichförmige Felder teilt ; im Dreipasse
angebracht aber erscheint ein gestürzter Dreieck-
schild, worin ein natürlicher Hirschkopf sammt
Hals.
Die Grabsteine der vorstehenden Periode
wurden ausnahmslos in den Fussboden eingelas-
sen. Dies war auch bei dem hier in Behandlung
stehenden Steine ursprünglich der Fall gewesen,
auf welchem im Uebrigen, abweichend von einem
andern, damals im Gebrauche gestandenen Vorge-
hen, der Wappenschild nicht den Längenteil des
Kreuzes belegend, sondern gleichsam als Ausfüllung
des im Dreipasse sich bietenden freien Raumes
verwendet wurde, wodurch es sich dann aber ergab,
dass eben dieser Schild, in seinem Verhältnisse zur
Construction des Kreuzes «verkehrt » zu stehen kam, GRABSTEIN AUS ZSEGRA.
welcher Vorgang bei in den Fussboden gefügten
Denksteinen zwar nicht in das Auge fällt, bei aufrecht stehenden Monu-
menten hingegen nicht wenig störend zu wirken pflegt, ob nun das Kreuz
oder aber der Wappenschild sich als abwärts hängend zeigt. **
Obwohl man, den fraglichen Grabstein betreffend, sowie auch sonst
in der Kirche, in welcher derselbe sich befindet, vergeblich nach einer

Derartige Kreuze vom Beginne des XIV. Jahrhunderts weisen die Grab-
steinplatten des Chonrad Chamerer zu Wiltau in Tyrol v. J. 1310 ; des Rubeis (in
ebendemselben Orte) v. J. 1330 auf und finden sich auch in unserem Vaterlande
erhalten vor, insbesondere auf derartigen Monumenten bürgerlicher Geschlechter.
Auch noch im XV. Jahrhunderte stossen wir im Uebrigen noch sporadisch auf
ähnliche Bildungen, wie mehrere Grabsteine beweisen, welche in jüngster Zeit,
gelegentlich der Restaurationsarbeiten, im Kaschauer Dome vorgefunden wurden.
Siehe Arch . Ért. 1888. 125. SS.
** Rómer, Falképek Magyarországon. XII. cc. (Régészeti emlékek) .
1*
4
.

Aufschrift und nach Namen suchen wird, so ist es dennoch zweifellos (wie
auch unsere Urkunden es nahelegen), dass das oben blasonirte Hirsch-
Wappen dem Geschlechte Zsegrai eigentümlich gewesen ist, welches
dieses Gotteshaus gestiftet. Demselben Geschlechte gehören aber auch
noch jene Wappen an , die sich unsern Blicken auf den Pfeilern derselben
Kirche, sowie auf dem letzten Fenster gegen Osten (auf der Südseite)
zeigen und welche, obgleich einer nicht viel früheren Periode ihr Ent-
stehen verdankend , als das Zsegraische Grabsteinwappen, gleichwohl
einige Abweichungen vorweisen, indem hier ein (ganzer) auf einem Drei-
berge stehender, linksgekehrter Hirsch abgebildet erscheint. Wir sehen
demnach (was auch die classische Schule , in unsern vaterländischen Fach-
schriften, in jüngster Zeit bereits wiederholt hervorgehoben), dass auch bei
uns und dies schon in der Blütezeit der Heraldik, es als völlig belang-
los angesehen wurde, ob die Wappenfigur ein und desselben Geschlechtes
(insoferne nur der Haupttypus stets genügend präcisirt wurde ) einmal
-
rechts , das anderemal aber links gekehrt abgebildet, ob ein Mensch
oder ein Tier, in ganzer Gestalt oder aber (dann zumeist aus Krone oder
Dreiberg) wachsend oder hervorbrechend dargestellt wurde, ja dass man
sogar keinen Anstand nahm, an Stelle ganzer Menschen- oder Tiergestal-
ten nur Teile derselben zu substituiren (bezw. es auch in umgekehrter
Reihenfolge zu machen ) und es häufig für genügend fand, das Geweih für
den Hirschen oder Hirschkopf, das Hörnerpaar für den Stier, den Flügel
für den Adler etc. etc. im Schilde auftreten zu lassen.
Ohne einen urkundlichen Erweis erbracht zu haben, stellten unsere
Genealogen , wie Lehóczky, Wagner und Nagy, den Versuch an , die
gegenwärtig noch blühenden Grafen Sigray von Felső- und Alsó - Súrány
in Zusammenhang zu bringen mit den Zsegrai aus Zsegra im Zipser Comi-
tat, wohl nur allein von der Aehnlichkeit der beiden Geschlechtsnamen aus-
gehend.
Obgleich wir hier noch keinen sichern , geschriebenen documentari-
schen Gegenbeweis zu liefern in der Lage sind, so können wir dem nichts-
destoweniger entgegenhalten, dass die vorstehend genannten Grafen
von Sigray, weder gegenwärtig, noch auch bereits vor Jahrhunderten
(damals im einfachen Adelsstande blühend) , in ihren, uns wohlbe-
kannten, wiederholt variirenden Geschlechtswappen irgendeine Aehn-
lichkeit aufzuweisen hatten mit den in der Kirche von Zsegra noch
gegenwärtig aufbewahrten Wappen der Stifter Zsegrai, sondern dass viel-
mehr ein gleichnamiges Geschlecht, das mit Michael (Sohn des Peter)
Póoch de Sygra, Vicegespan des Sároser Comitates, urkundlich auftritt ,
auch noch i. J. 1423 (also sicherlich ein gutes Jahrhundert nach der Ver-
fertigung der von uns hier wiederholt besprochenen Zsegraer- Wappen), mit
einem linksaufspringenden Hirschen siegelt, womit wohl mehr als eine
5

bloss einfache Vermutung nahegelegt erscheint, dass das Geschlecht


Zsegrai aus Zsegra in der Zips (welchem die Grabsteinplatte angehört) und
die soeben angeführten Póoch de Sygra, eines und desselben Stammes gewe-
sen, ¹ während die Sigray von Alsó- und Felső - Súrány, deren Stamm-
baum weder von Seite unseres hervorragenden Genealogen Iván v. Nagy, 2
noch von Seite des Franz v. Csergheö , weiter zurückgeführt werden
konnte, als bis zur Mitte des XVII . Jahrhundertes , ― ganz anderer Pro-
venienz sind. Es dürften demnach auch der in Magyarország családai etc.
vorgeführte Comes Joannes de Sigra, welcher vor dem Jahre 1275 auf
Zsegra sich ein Haus erbaut, wie nicht minder Nikolaus, Sohn des
Dionysius, Obergespan des Zipser Comitates etc. ( 1300 ) , zu den nunmehr
erloschenen Zsegray mit dem Hirsch- Wappen gehört haben , nicht aber zu
den Sigray von Felső - Súrány.

II. Grabstein des Ladislaus Gagyi. XIV. Jahrhundert.

Das Dorf Felső - Gagy des Abaujer Comitates ist im sogenannten


« szárazvölgy » gelegen und erhebt sich dessen geräumige, im vorigen Jahr-
hunderte erbaute Kirche auf einem weithin sichtbaren Hügel. Anders
war dies in alten Zeiten , in welchen dort, wo heute die ebengenannte
Kirche, die Benediktiner-Abtei sammt Gotteshaus « zu unserer lieben Frau »
stand, welche Baulichkeiten jedoch, beide, wohl in den Türkenzeiten , wie
5
auch sonst im Verlaufe der vielen Jahrhunderte , nacheinander zu Grunde
gingen und endlich spurlos verschwanden, um einen neuen Tempel des
Herren über und aus ihren Ruinen später erstehen zu lassen.
Im Verlaufe der Rákóczy'schen Wirren, von Seite der Reformation mit
Beschlag belegt, wurde die heutige Felső- Gagyer Kirche i. J. 1756 unter
Franz von Fáy, Domherrn von Grosswardein sowie Abt von Gagy, wieder
dem katholischen Glauben zurückgegeben und darnach von demselben
(1758) so adaptirt, wie sich dieselbe bis zum heutigen Tage im Stande
befindet.
Wir haben, dieselbe Kirche betreffend, bereits hervorgehoben, dass

1 Ueber verschiedene Documente des Geschlechtes Zsegray, siehe : Rómer,


Falképek. 59.
2
Magyarország családai etc. X. 177–181 .
Tab. Gen. Nob. Fam. Hung. Cent. I. 451–454. Mscr. im Nat. Mus. Bdpest.
4
Rupp, Magyarország helynévtára. II. 290.
Im Abaujer Ctts-Arch. befinden sich verschiedene Akten, welche über den
Brand der Felső - Gagyer Kirche Aufschluss geben.
6 Rupp, u. s. II. 291
.
6

wir es hier mit einem Baue neuerer Zeit zu thun haben . Ein Denkmal
allein ist es , welches dort aufbewahrt erscheint und welches auch den in der
Vorgeschichte nicht Bewanderten daran gemahnt, dass an derselben Stelle ,
wo heute die (später erbaute) Kirche steht, auch an ältere, an sehr alte Zeiten
gedacht werden darf.
Es ist dies ein Grabstein, welcher in der Evangeliumseite des Sanc-
tuariums senkrecht eingemauert sich befindet und den Gegenstand der
Besprechung dieses Abschnittes bilden soll.
Nehmen wir in Betracht : dass über diesem Grabsteine ein monumen-
taler Bau, eine ganze Kirche der gänzlichen Vernichtung anheimgefallen ,
so können wir nicht anders , als den Conservationsgrad dieses ersteren,
wie sich derselbe auch noch heute uns zeigt, einen vorzüglichen nennen,
was sich auch insbesondere auf das Wappen sowie auf die gut lesbare Le-
gende bezieht.
Es ist dieser Grad der Wohlerhaltung aber auch zugleich ein Beweis ,
-
dass der besagte Grabstein s . Z. , wenn überhaupt in den Fussboden
eingelassen gewesen - jedenfalls an vollkommen geschützter Stelle unter-
gebracht gewesen sein musste, welche den Tritten der Kirchenbesucher in
keiner Weise ausgesetzt gewesen war.
Derselbe ist von grauem Trachyt, hat eine Höhe von 1 M. 10 Cm .
und eine Breite von 1 M. und erscheinen die beiden obersten Ecken abge-
schnitten . Die Inschrift besteht aus tief eingegrabenen Uncial- und Lapi-
darbuchstaben, welche vorerst den eingefassten Schriftenrand, dann aber
auch das Figurenfeld , unten wie in der Mitte bedecken, in wagerechter
Lage sowie in kurzen Zeilen den leergebliebenen Raum hier möglichst
auszunützen scheinend, welcher Vorgang jedoch einen störenden , das
Schönheitsgefühl verletzenden (überladenen ) Eindruck macht und ebenso
zu tadeln ist, wie die Mitbenützung des Schriftenrandes auf Grabstei-
nen für den figuralen Teil.
Auf beide Momente werden wir im Uebrigen die Gelegenheit haben ,
noch wiederholt zu stossen , wozu bereits an dieser Stelle bemerkt zu wer-
den verdient, dass derlei Unregelmässigkeiten stets auf die noch immer
nicht genügende Schulung desjenigen Künstlers weisen, welchem die
Durchführung anvertraut worden war.

Betrachten wir jedoch die Legende ; diese lautet :

hia . EST . SEPULTUS . MAGISTER . LADISLAUS . FILIUS . MAGIS-


TRI . PETRI . DE . GADGI . INTERFEⱭTUS . PER . TURⱭOS . DIE
DOMINICO . POST . FESTUM . SANCTI . IAⱭOBI . APOSTOLI .
IN. GERRA . ( ein Wort unleserlich) anno . domini . M.CCC.XXXII.

(Lies : Hic est sepultus Magister Ladislaus filius Magistri Petri de


7

Gadgi interfectus per Turcos * die dominico post festum Sancti Jacobi Apos-
toli in Gerra (ein Wort unleserlich) Anno domini MCCCXXXII .)

GRABSTEIN DES LADISLAUS GAGYI.

Der Styl dieses Grabsteinwappens spricht unbedingt für eine frühere Zeit
als 1422, wie dieselbe in Turul ( 1887 III. etc.) richtig gestellt werden wollte. Diese
vollkommen dentliche Jahreszal ist und bleibt 1332, wenn auch das interfectus per
turcos der Legende immerhin ein Anachronismus zu sein scheint. Die Geschichts-
forschung möge, diesen letzten Passus betreffend, Klärung schaffen. Jedenfalls aber
ist es erwiesen, dass wir nach dem XIV. Jahrhunderte weder Majuskeln auf Grab-
steinlegenden vorfinden, noch Dreieckschilde, oder gar Kübelhelme.
Das Figurenfeld erscheint unter einem aus drei gleichen Bögen bestehen-
den Baldachine (Dreipasse), in erster Reihe von einem mässig plastisch heraus-
gearbeiteten completen Wappen wie folgt ausgefüllt : In eilfmal geteiltem
Schilde ein Schräglinksbalken . Kleinod : Adler wachsend, im Schnabel
einen Laubkranz haltend , der rechtsseitige Flügel besteckt mit einer Krone.
Dieser Grabstein war berufen , das Interesse des Forschers in mehr-
facher Beziehung zu erregen, zunächst weil derselbe zu den ältesten, noch
erhalten gebliebenen, wappengeschmückten Monumenten unseres Vaterlan-
des gehört ; dann, weil das dort vorkommende Wappen, als besonders gelun-
genes Product der frühgothischen ungarischen Heraldik a zusehen ist -
die Form des Dreieckschildes, des Kübelhelmes und der einmal verkno-
teten, graciös aufwärts fliegenden Helmdecke mitinbegriffen ; -- ferners ,
weil derselbe uns das Wappen des uralten Genus Aba complet zur Ver-
anschaulichung bringt, hauptsächlich aber weil wir durch dieses in die Lage
versetzt werden , zwei wichtige Fragen endgiltig zu lösen , welche seit langer
Zeit obschweben und wie folgt lauten :
1. Was war der Grund und wie hat es sich ergeben, dass meh-
rere, urkundlich vom Genus Aba abstammende Geschlechter die ererbte
Balken-Wappenconstruction verlassen und ein vollkommen verschiedenes ,
scheinbar in gar keinem Zusammenhange mit dem alten stehendes , d . i. das
Adler- Wappen aufgenommen haben ?
2. Dürfen wir, unsere ältesten Geschlechter betreffend , auf Grund
sich ergebender Wappenähnlichkeit , zugleich auch auf gemeinsame Abstam-
mung einen Schluss ziehen ?
Das älteste Wappenbild des Genus Aba war, in so weit dies unsere
---
erhalten gebliebenen, sphragistischen Denkmäler beweisen, der Balken.
Als sich dann, in der Folge, das ebengenannte Genus zu vermehren und
zu verzweigen begann, wurden behufs Unterscheidung « Beizeichen » zu
Hilfe genommen , welche vornehmlich als Veränderungen in der Balken-
formation sich Ausdruck zu verschaffen begannen. So bemerken wir denn ,
dass , während Palatin Omode auf seinem Wappensiegel d . d . 1299 nur
einen Balken führt, der von der jüngern Linie stammende Schatzmeister
Demetrius Nekchei bereits mit zwei Balken auftritt, während derjenige
Zweig ebendesselben Geschlechtes, von welchem Nikolaus, Wojwode von
Siebenbürgen abstammte, wieder ein jüngerer gewesen sein dürfte, weil wir
dort ( 1280) sogar schon drei Balken vorfinden . Analog war endlich das
Geschlecht der Gagyi vorgegangen , zu dem Zeitpunkte, als dasselbe zur
eilfmaligen Teilung seines Wappenschildes geschritten war.
Hieraus ersehen wir aber auch zugleich, dass die heraldischen Beizei-
chen » und ihre correcte Verwendung bereits im XIII . und XIV . Jahrhunderte
bei uns in Ungarn bekannt waren, u. z . in ihrer einfachsten und schönsten
Form, und ersehen ferners (was noch von weit grösserer Wichtigkeit) , dass
9

unsern heimatlichen Geschlechtswappen zum Mindesten zur Zeit des


Mittelalters eine hervorragende Rolle im öffentlichen wie im privaten
Leben zugewiesen war, eine Thatsache, welche angethan ist, die wieder-
holten gegenteiligen Behauptungen einer Anzahl Theoretiker gelehrten
Rufes einfach über den Haufen zu werfen .
Es kann nicht anders als bedauernd hervorgehoben werden, dass das
Gagyiwappen, wie sich uns dasselbe auf dem vorliegenden Grabsteine bie-
tet, ein Moment aufweist, welches noch immer nicht genügend aufgeklärt
erscheint ; es ist dies der bereits blasonirte Schräglinksbalken , welcher den
eilfmal geteilten Schild überlegt.
Den Umstand in Betracht gezogen, dass bereits die eilfmalige Teilung
als solche ein Beizeichenwappen vorstellt, mit Bezugnahme auf das ältest
bekannte, sowie auf andere Wappen des Genus Aba, so kann , unserer
Meinung nach, ein zweites hier zugegebenes Beizeichen wohl kaum etwas
anderes kennzeichnen wollen , als die jüngere oder aber Seitenlinie einer
schon früher abgezweigt gewesenen Seiten- oder jüngern Linie ; obwohl wir
andrerseits wieder nicht leugnen wollen, dass der geschmälerte Schräg-
linksbalken oder Faden (und mit einem geschmälerten , also laufenden
Balken haben wir es hier allerdings zu thun), im strikten Sinne der
heraldischen Regeln, eigentlich die uneheliche Geburt anzuzeigen pflegte,
weshalb auch « Bastardfaden» genannt, im Gegensatze zum Schrägrechts-
balken oder Faden , welcher eine Neben- oder jüngere Linie anzeigt.
Apodiktisch ausgeschlossen darf demnach auch bei unserem Gagyi-
Wappen die Bastardfadentheorie nicht werden, obwohl wir hier durchaus
keine weitern Behelfe zur Hand haben , welche eine solche Annahme noch
ferner glaubwürdig machen würden.
Wir haben bereits vom Wappensiegel des Palatins Omode gespro-
chen , d. h. von der Beschaffenheit der in diesem Schilde vorkommenden
Heroldsfigur. Noch ein zweites besonders interessantes Moment bietet sich
uns dort dar, nämlich der aus dem obern Schildesrande hervorbrechende
Adler sammt Nimbus ; denn obgleich derselbe, correct heraldisch genommen
(da mit keinem Helme in Verbindung) , nicht als Helmkleinod anzusehen
ist und somit, in dem vorliegenden Falle, nicht als integrirender Teil
des Wappens Omode agnoscirt zu werden hat, so ist es gleichwohl völlig
zweifellos , dass das spätere Adler- Helm- Kleinod der Abkömmlinge vom
Genus Aba, von hierher seinen ersten Ursprung abgeleitet, wenn nicht
gar dieserselbe hervorbrechende Adler des besagten Siegels , nur etwa
aus Raummangel (oder aus einem andern uns heute nicht mehr verständ-
lichen Grunde) mit Hinweglassung des Helmes vorgeführt wurde und
man demnach immerhin mit einem bereits factisch existirenden Helm-
kleinode demonstriren wollte .
Wie dem aber auch gewesen sein mag, Eines ist heute zweifellos
10

festgestellt, dass nämlich die ursprüngliche Schildfigur des Genus Aba,


der Balken (u . zw. wie zu vermuten : weiss in Rot) , das älteste Helm-
kleinod aber der goldgewaffnete schwarze (wachsende) Adler gewesen ist,
wie dieses Wappen, in der soeben blasonirten Gesammtheit, hier jedoch
mit zwei Balken, auch gegenwärtig, wie bereits seit geraumer Zeit , von Seite
1
des Abaujer Comitates officiell geführt wird . ¹
Ebenso sind wir aber, diese Frage betreffend, auch andrerseits
völlig im Reinen , dass nämlich die nationale Geschmacksrichtung der
damaligen Zeiten den « Heroldsbildern » (welche in den Augen der
Meisten nichts anderes vorstellten , als eine Anzahl geometrischer Linien
und Figuren, von denen dem eigenen Wappenherrn oft nicht einmal
mehr die Tincturen bekannt waren ) , - nicht gewogen war, und dass diese
jeden sich bietenden Anlass ergriff, um das Feld der Natürlichkeit
und Naturalistik hier zu betreten , d. i . um die eigenen Wappen, in
ihrem Sinne, zu verbessern und zu « verschönern » (um es eben nicht.
schlechter zu haben als Andere) , in welchem Streben sie durch die eben
damals auftretende Sitte der Kleinodsiegel nicht wenig unterstützt wurde.2
Das Gleiche that nun auch eine ansehnliche Reihe von Geschlechtern ,
welche urkundlich erwiesen vom Genus Aba ihre Abstammung hergeleitet,
bezw. herleiten ; sie liessen die Heroldsfigur, d . i . den Balken (die mehreren
Balken oder auch die Teilungen ) fallen und nahmen dafür (mit Absicht
oder aber durch den langjährigen Usus bestär t in bestem Glauben) die
Figur des ursprünglichen Helmkleinodes , d . i . den natürlichen Adler, end-
giltig als Schildfigur auf. So die nunmehr erloschenen : Báthory de Gagy ",
6
Chyrke, Kompolthy, 5 Segnyey, Sirokay und Sómosy 8 ; so die annoch
blühenden : Berthóthy,⁹ Hedry, 10 Keczer 11 und Vendéghy ; 12 und das is
also der Grund , warum wir, zum Mindesten bei diesen vorstehenden
zehn Geschlechtern, vergeblich nach der Balkenformation (den Teilun-
gen ) im Schilde bisher gesucht haben.

¹ Wurde vor einigen Jahren mit dem Wappen des Tornaer Comitates « vermehrt » .
Diese Richtung scheint dazumalen auch hohen Ortes zur Genüge bekannt
gewesen zu sein , und deshalb forschen wir auch noch heute ohne Aussicht auf Erfolg,
nach alleinigen » Heroldsbilderverleihungen unter der verhältnissmässig grossen Anzahl
von Orig. Wappenbriefen aus dem XV. Jh . , die uns aufbewahrt geblieben .
3 Archiv Csoma.
* Reichsarchiv Bpest, D. O. Nr. 35255.
5 Ibid. D. O. Nr. 4283.
6
Ibrányi Archiv im Nat. Mus.
7
Sirokay Grabstein und Barkóczy Arch .
8 Sztáray Codex I. und R. A. 27487 .
Siebmacher, Der Adel von Ungarn.
10 Ibid.
11 Ibid.
12 Archiv Csoma.
11

Werfen wir noch einen kurzen Überblick auf » Magister Ladislaus, »


welchem der hier behandelte Grabstein zur Erinnerung gesetzt wurde und
auf seine Abstammung.
Drei Zweige des Genus Aba waren es, welche zu Beginn des XIV.
Jarhundertes das Abaujer Comitat bewohnten, wie es gegenwärtig noch
seine Ausdehnung hat. Der eine stand im Besitze des grössten, gegen
Osten gelegenen Territoriums. Er war zugleich der mächtigste unter
ihnen , - der Zweig des Omode, - gegen den sogar Könige in Kampf
und Fehde gestanden, so Ladislaus IV. gegen den Palatin Finta, so Karl I.
gegen die Söhne des Omode.
Es folgt der andere Zweig. Dieser nannte nur einen bescheidenen
Besitz im nordwestlichen Teile des vorstehend erwähnten Comitates sein
Eigen und führte den Namen « Chyrke » .
Der dritte Zweig endlich , als dessen bekannter Ahnherr Nikolaus
(auch « Gereven» genannt) 1280 urkundlich auftritt, besass die Territorien :
Felső -Gagy , Bátor, Vendégi , Ujlak, Velehenye und Apáti . Aus diesem dritten
Zweige entstanden wieder mehrere Linien , von welchen die ältere , als in
Felső - Gagy erbgesessen , den Namen « Gagyi » die jüngere aber, nach ihrem
zugekommenen Erbteile in Bátor den Namen « Báthori » aufnahm. * Noch
einmal haben wir Gelegenheit, eine Verzweigung hier vor sich gehen
zu sehen ; es ist dieses die jüngere Gagyer Linie, welche gegen Ende des
XV. Jahrhundertes nach Vendégi übersiedelt , den Namen von dieser Ort-
schaft aufnimmt und auch heute noch (wenngleich dem Erlöschen nahe) , als
einziger Zweig der Abaujer Linien de Genere Aba fortblüht, während die
ältere Linie, den Namen und das Domicil « Gagy» beibehaltend , um das
Jahr 1540 mit Johann, Sohn des Vicegespanes Demeter Gagyi , ihren Namen
zu Grabe trägt.
Der unter dem Grabsteine ruhende « Magister Ladislaus » war ein
Enkel des Michael, Sohn des Nikolaus Gereven .
Auch dieser Ladislaus hatte einen Sohn , Demeter genannt, dessen
Nachkommenschaft jedoch bereits nach einigen Generationen erlosch.

III . Grabstein des Georg Bebek. XIV. Jahrhundert.

Im kleinen Tornaer Comitate, neben jener Landstrasse, welche


Kaschau mit Rosenau verbindet, erhebt sich, einige Hundert Meter nord-
wärts entfernt, ein kahler steiler Fels, an dessen Fusse die Ortschaft Görgő
liegt, mit ihrer auf einer Anhöhe erbauten Kirche. Dort finden wir, einge-
fügt in die südliche Mauer des Sanctuariums , einen Grabstein aus rotem
.

* Nicht zu verwechseln mit den Báthory v. Somlyó und Ecsed, welche vom
Genus Gutkeled ihre Abstammung herleiten .
12

Marmor, welcher trotz seines hohen Alters so wenig abgenützt erscheint,


dass wir denselben völlig wohl erhalten nennen können . Seine Höhe

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2.

MUSKOVSZKI VICTOR
GRABSTEIN DES GEORG BEBEK.

beträgt 2.14 M. , seine Breite 1:09 M., und wird der 16 Cm. breite Schriften-
rand vom Figurenfelde durch eine schmale vertiefte Linie geschieden . Die
Inschrift selbst, aus regelmässigen eingegrabenen Minuskeln bestehend,
13

beginnt unmittelbar nach einem dort eingemeisselten , freischwebenden ,


breitendigen Kreuzchen oben am linken Seitenrande, und lautet :

· · • ·
hic
iacet • georgius . bubek magr . favern. regal . | qui fecit ex-
· • ·
fruere er | clesiam ble. virgin fratribus . oo
heremitis . ord . st . paul
li. pi heremite an • do . M | CCCLXXI.

(Lies : Hic iacet Georgius Bubek magister tavernicorum regalium qui


fecit extruere ecclesiam beate virginis fratribus heremitis ordinis sancti .
Pauli primi heremite anno domini MCCCLXXI. )
Diese eben vorgeführte Jahreszahl wurde , mit Ausnahme des
Tausenders , wegen Raummangels in dem Figurenfelde angebracht u . z.
linksseitig oben , über dem Wappen . Diese Jahreszahl betreffend herrsch-
ten bis nun in gelehrten Kreisen verschiedene uarichtige Anschauun .
gen, wenngleich hier (auch abgesehen von dem Style des Wappens) ,
nur eine einzige Ansicht sich geltend zu machen berechtigt ist. Wenn
wir die fragliche Jahreszahl nämlich mit dér gebotenen Aufmerksamkeit
betrachten, so finden wir dort, dass über den drei Buchstaben « C» welche
die drei Hunderter bezeichnen, der damaligen Sitte entsprechend, je
ein Punkt oder richtiger ein kleiner Kreis angebracht erscheint, wobei
man jedoch sofort bemerkt, dass der für das dritte « C» bestimmt
gewesene Kreis den betreffenden Buchstaben keineswegs unmittelbar und
präcise , wie dies bei seinen Vorgängern der Fall, überhöht , sondern viel-
mehr gegen den folgenden Buchstaben « L» gedrängt erscheint, welch'
letzterer , in vollkommen gleicher Höhe mit den drei vorangehenden
« C» stehend und nebstbei, für den oberflächlichen Beobachter, allerdings
auch einem « C » ähnlich sehend, von Einigen auch wirklich dafür gehalten
wurde, woraus dann die Jahreszahl 1421 entstanden war.
Dies der eine Grund ; der andere Grund aber, weshalb diese unrich-
tige Lesung so lange Zeit hindurch mehrseitig festgehalten worden war,
wäre wohl in der historisch festgestellten Thatsache zu suchen, dass Georg
Bubek oder Bebek, auf welchen die Inschrift des fraglichen Grabsteines
sich bezieht, noch 10 Jahre nach 1371 am Leben war.
Nun gestehen wir allerdings gerne ein, dass dieser Umstand, für
den ersten Augenblick, einen argen Widerspruch in sich zu begreifen
scheint ; in einem ganz andern Lichte zeigt sich uns aber diese Frage,
wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf einen andern d. i. auf den Umstand
lenken wollen, dass derselbe Georg, welcher im Jahre 1371 Kloster und
Kirche in Gombaszög erbaut, bei Gelegenheit dieses gottgefälligen frommen
Unternehmens zugleich auch seiner Sterbestunde und zukünftigen Rube-
stätte eingedenk gewesen sein dürfte, worauf er, noch zu seinen Lebenszei-
ten (wie wir analogen Fällen noch wiederholt begegnen werden ) , seinen
14

eigenen Grabstein anfertigen lässt und zugleich dafür sorgt, dass auf dem-
selben jene Jahreszahl verewigt werde, unter welcher der Grundstein der
von ihm gestifteten Kirche gelegt , oder aber, mit welcher der Bau der
Gombaszöger Kirche sammt Kloster vollendet wurde. Darauf bezieht
sich also die auf des Georg Bebek Grabsteine vorgefundene Jahreszahl,
nicht aber auf das Todesjahr desselben .
Schreiten wir nun zur Besprechung des Wappens, welches das Figu-
renfeld des genannten Denksteines ausfüllt. Die Blasonirung lautet : Frei-
schwebendes , allseits breitendiges Patriarchenkreuz, an Capitalstelle
besteckt mit sechs (3-3 ) nach rechts bezw. nach links sich abneigenden
Hahnenfedern. Kleinod : Hervorbrechende, gekrönte, mit einem Ober-
kleide versehene Jungfrau mit langen Haaren, die Mundwinkel besteckt
mit je einem natürlichen Fische mit auf- und einwärts gebogenem Schwanze.
Der nach rechts geneigte Dreieckschild hebt sich 1 Cm. von dem
glatten Figurenfelde, die Schildfigur aber, mit 15 Cm. aus dem Schilde ab.
Noch ausgesprochener finden wir diese Plastik oberhalb des Schildes ,
d. i. beim Helmkleinode und bei den Decken, wo der, unsern Dreieckschild
deckende schöne Kübelhelm sich bis zu 8 Cm . von dem Figurenfelde
abhebt, gleichwie dies im Verhältnisse auch das Kleinod und die Decken
hier thun.
Diese angewendete Plastik bezeugt, dass der ausführende Künstler
vollkommen bewandert gewesen war in den Regeln und Ansprüchen der
lebenden Heraldik, sowie überhaupt die ganze Composition dieses Bebek-
Wappens, sammt den Details, dasselbe als ein weiteres , mustergiltiges
heraldisches Produkt des XIV. Jahrhunderts charakterisiren .
Dieser Ausspruch bezieht sich auch auf das Moment der Raumaus-
füllung, auf die Höhen- und Breiteverhältnisse des Helmkleinodes und auf
die geschmackvolle (dem Style der Zeit entsprechende) Verwendung des
oben mit einer Bordure versehenen, unten aber mässig gezaddelten Ober-
kleides der Jungfrau zugleich als Helmdecke .
Dass sich die das Kreuz des Schildes besteckenden Hahnenfedern
bei dem vorstehenden Geschlechte sowohl wie bei den blutsverwandten ,
nunmehr gleichfalls erloschenen Csetneky (wieder nur dem Style der Zeit
folgend), später in Straussenfedern verwandeln , werden wir weiter unten
sehen.
Georg Bubek (Bebek) , dessen letzte Ruhestätte der hier behandelte
Grabstein bezeichnet, tritt i. J. 1347 als Obergespan von Heves Ujvár und
Castellan der Veste Makovicza, 1360 als Obergespan von Turuch (Túrócz),
1363 als Obergespan von Gömör, 1371 und 72 aber als Oberstschatzmeister
(magister tavernicorum regal . ) urkundlich auf. — Er war ein Sohn des
Dominicus dictus Bubek de Genere Ákos , welcher als der Erbauer der
Festung Pelseuch (Pelsőcz) genannt erscheint.
15

IV . Grabstein des Ladislaus Bebek. XV. Jahrhundert.

Auch Pelsőcz , dieselbe Stadt von welcher die Bebek ihr Prädikat her-
geleitet, welches sie bis zu ihrem Erlöschen geführt, hat sich ein Grab-
monument dieses hervorragenden Geschlechtes zu erhalten gewusst ; auch
dieses erscheint wieder in einem Gotteshause untergebracht und auch
dieses Gotteshaus war von einem Mitgliede der mächtigen und wohl
auch gottesfürchtigen Bebek von Pelsőcz erbaut worden.
Einzelne restliche Erinnerungen des XIV. und XV. Jahrhundertes
etwa ausgenommen, welche sich dem forschenden Auge stellenweise
bemerkbar machen, bietet dieser wiederholt veränderte Bau sonst nichts
mehr von Belang dar, was an das hohe Alter und an den einstmaligen
Glanz dieser Kirche gemahnen könnte , und fesselt hier in erster Linie
das Interesse sicherlich jener Grabstein, welcher auf der Evangeliumseite
des Sanctuariums , östlich von der Kanzel , durch einen Kirchenstuhl ver-
deckt, in die Mauer gefügt erscheint. Derselbe ist von rotem Marmor,
2-24 M. hoch, 1.18 M. breit und besitzt einen breiten erhabenen Schriften-
rand, auf welchem die Legende, aus erhabenen und regelmässigen Minus-
keln an Capitalstelle beginnt (unmittelbar nach einem kleinen Schräg-
oder Andreaskreuze) , welche wie folgt lautet :

• •
hic . iar · ladislaus | filius • skhni · bubek · de · pelseuri . mgr . taverni
. . obiit · i · anno • dni • m • eece •· pmo .
coru . regaliu . cu . sui .. | ......

(Lies Hic iacet Ladislaus filius Stefani Bubek de Pelseuci magister


tavernicorum regalium cum suis . . obiit in anno Domini MCCCC
primo.)
Dieser Denkstein ist lange nicht so wohlerhalten wie der vorhergehende ;
er ist vielmehr stellenweise zerbröckelt, unten aber mit einem langen und
breiten Bruche versehen , wie auch die Inschrift, weil wiederholt defect, nur
schwer, hie und da sogar durchaus nicht mehr zu entziffern und zu lesen ist. *
Wir haben die Regelmässigkeit und Schönheit der Minuskeln der
vorstehenden Inschrift bereits flüchtig hervorgehoben ; diesem Vorzuge
verdanken wir es , dass wir diese letztere , mit weniger Mühe als dies
im gegenteiligen Falle möglich gewesen wäre, — dort wo es Not that,
zumeist zu ergänzen im Stande waren .
Was nun aber das hier vorzufindende Wappen betrifft, welches sich

Das cum suis» welches nach dem Worte « regalium» folgt, ist nur mit
Anstrengung, das auf das « cum suis » folgende Wort jedoch gar nicht zu entziffern . ——
Möglich, dass dasselbe eine Zusammenziehung von heredibus » gewesen, in welch '
letzterem Falle wir es dann mit einem Familiengrabsteine zu thun hätten .
16

von dem bereits früher blasonirten « Bebek» nur dadurch unterscheidet, dass
das Kreuz des Schildes (hier in der ausgesprochenen Form eines sogenann-
ten « Lothringerkreuzes » ), zu oberst mit einem Straussenwedel (und nicht

hic tat - tavillaus


on
an

swme
me
nu
my
md

pesthm
lt
bwru
or
jach
a
k
g

IM.

GRABSTEIN DES LADISLAUS BEBEK.

mit Hahnenfedern ) besteckt erscheint und dass sich das Kleinod als gekrön-
ter Kopf und Hals einer Jungfrau (bei fehlenden langen Haaren ) bietet,
welche die Fische (wie im Wappen Bebek I. ) - hier scheinbar mit den
17

Zähnen -- hält : so kann, insoferne es sich um die Reproduction sämmt-


licher , zum Wappen
Wappen gehörigen
gehörigen Figuren handelt, hier zwar kein
eben ungünstiges Urteil gefällt werden , wenngleich wir auch denjenigen
« Schwung» vermissen , den wir beim erstvorgeführten Bebek- Wappen
lobend hervorgehoben ; auch darf über die Schildesform nur dasselbe
bemerkt werden .
Was aber dagegen den (von der Fläche sich stark abhebenden)
Helm sammt seiner Placirungsart sowie die Helmdecken, wie endlich
überhaupt die Placirungsart des ganzen Wappens betrifft, so können
wir nicht begreifen , woher diese geschmacklosen, die Hand eines stüm
perhaften Anfängers verratenden einzelnen Partieen (welche hier mehr
als einen entschiedenen Misston verursachen) , zu den übrigen, cor-
rect durchgeführten gekommen sein mochten .
Ladislaus Bebek, welchem dieser Grabstein gesetzt wurde, war der
zweite Sohn des Judex curiae Stefan , welch' Letztgenannter wieder der
älteste Bruder des in diesen Spalten bereits erwähnten Georg war. Auch
dieser Ladislaus war königl. Oberstschatzmeister sowie Obergespan des
Abaujer Comitates.
Sowie die weitaus überwiegende Anzahl der Wappen unserer be-
rühmtesten erloschenen Geschlechter bis noch vor ganz kurzer Zeit
teilweise gar nicht, teilweise aber fehlerhaft oder nur unvollständig bekannt
war, so hatte sich im Laufe der Jahrhunderte auch über das Wappen der
historisch hervorragenden Bebek eine Anzahl von falschen Versionen breit
zu machen gewusst und war auch hier, bald auf diese bald auf jene Weise,
stets im Dunkeln herumgetappt worden . Wir haben es demnach aus
mehrfachen Gründen für notwendig erachtet, unter Vorführung des dieses
Geschlecht betreffenden , nicht unbedeutenden heraldisch - sphragistischen
Materiales, welches wir, chronologisch geordnet, in vergleichender Weise
kritisch verwenden wollen, diese Wappenfrage ihrer endlichen richtigen
Lösung zuzuführen.
Beginnen wir demnach mit dem ältesten dieser Andenken der Bebek.
Es ist dieses das Kleinodsiegel des Judex curiae Stefan (des Vaters des
bereits hier behandelten Ladislaus), vom Jahre 1361 herstammend. *
Wir sehen hier (in nur mehr schwer erkennbaren Umrissen) eine
hervorbrechende ungekrönte Jungfrau mit langen Haaren, der Hals beider-
seits besteckt mit je einem Fische, wie beim Kleinode Bebek I. Im Alter
zunächststehend, folgt das (uns bereits bekannte) complete Wappen des
Görgöer Grabsteines, dessen Schildfigur, wie wir ja gleichfalls bereits
wissen, ein mit sechs Hahnenfedern versehenes, freischwebendes Patriar-
chenkreuz ist, während die beiden Fische des Helmkleinodes die Mundwin-

B. Nyáry, A Heraldika vezérfonala. 65. 11. 54.


Alte Grabdenkmäler aus Ungarn. 2
18

kel der hervorbrechenden gekrönten Jungfrau bestecken . Ein gleiches


Wappen zeigt das Siegel d . d. 1391 des Judex curiae Emerich Bubek.¹
An die Reihe gelangt wieder ein Kleinodsiegel, dasjenige des
Palatins Detre ( 1397 ) , welches beiderseits begleitet von je einem Schild-
chen, worin ein aus einem Dreiberge sich erhebendes Patriarchenkreuz ,
ansonsten vollkommen übereinstimmt mit der « Kleinodfigur» des Görgöer
Grabsteines. Es ist völlig zweifellos , dass eben dieses Kleinodsiegel des
3
Palatins Detre von demselben Typarium stammte , wie diejenigen Bebek-
Kleinodsiegel, welche wir bei Batthyány, Wagner 5 und Nagy publicirt
vorfinden und auf welchen , wohl in Folge desjenigen Umstandes,
dass weder da noch dort, nach gründlicher Beaugenscheinigung relatio-
nirt worden war, die gekrönte Jungfrau uns mit « Fischarmen » vorgeführt
erscheint, also als « Ungeheuer » , was bei den Bebekkleinoden niemals in
Wirklichkeit der Fall war. Doch nicht genug damit, hatten die ebenge-
nannten Autoren den von den Helmdecken (dem Oberkleide der Jung-
frau) halbverdeckten Kübelhelm als Fortsetzung des Körpers angesehen ,
(und also auch gemeldet) , wodurch aus der « hervorbrechenden » eine
« wachsende » Jungfrau geschaffen wurde, was wieder nicht dem Bebek-
Kleinodtypus entspricht - und wodurch es ferners geschah, dass (zum
Mindesten von Seite des J. v. Nagy) diese also « präparirte » Figur für
die Schildfigur gehalten wurde und nicht für das Helmkleinod , wodurch
schon am allerweitesten vom Ziele geschossen wurde.
• Verweilen wir noch eine kleine Weile bei demselben Kleinodsiegel.
Wir sprachen bereits darüber, dass dieses beiderseits von je einem Schild-
chen begleitet erscheint, mit vollkommen übereinstimmender Wappen-
figur. Diese beiden Schildchen gaben nun wiederholt zu verschiedenen
Anschauungsformen Anlass . Während nämlich Einige dieselben für Wap-
penschilder des Geschlechtes Bebek de Pelsöcz erklärten, die Thatsache
vor Augen haltend , dass das Patriarchenkreuz des Bebek-Wappenschildes,
wenn auch (und dies vornehmlich in ältern Zeiten) zumeist « freischwe
bend» dargestellt und mit Federn besteckt, -doch andrerseits, fallweise,
auch nicht besteckt, sowie aus dem Fussrande,8 ja sogar auch aus einem

1 1 Archiv Csoma.
2 Cap. Arch. Lelesz.
3
Typus, Tiparium Orig. - Siegelstock.
Leges eccles. I. 471 .
5 Decades, I. 4.
6 Magyarorsz. csal. I. 263 .
Es sind die « Ungeheuer» in der Heraldik nicht so häufig, wie bisher
ziemlich allgemein angenommen wurde. Wir wollen bei den Perényi- Grabsteinen ein
Näheres über diese fabelhaften Figuren bringen .
Siehe das Siegel des Emerich Bebek d . d . 1446 in der D. O. des Reichsarchives
Bpest.
19

Dreiberge sich erhebend vorkommt¹ (d. i. also vollkommen analog mit


dem auf den beiden Schildchen vorkommenden Wappenbildern ) , - finden
wir wieder Andere, welche ebendiese beiden Wappenbildchen als Lan-
deswappen erklären, welche als Amts- oder Würdezeichen des Palatins
Detre Bebek dem Wappenkleinode seines Geschlechtes ad personam bei-
gegeben wurden.
Welche von diesen beiden Meinungen ist nun die richtige ? Wir
glauben, die zweitangeführte, weil wir zur Zeit der alten ungar. Heraldik
wiederholt auf ähnliche Fälle stossen , wie wir mit einigen Beispielen
sogleich demonstriren wollen. So sehen wir beim Siegel des Judex curiae
2
Johann Pásztóhy, v. J. 1395 , wie das Geschlechtswappen des genannten
Würdenträgers , das Lindenblatt, beiderseits wieder von einem Wappen-
schildchen begleitet erscheint, mit je einem Teile des Landeswappens,
nämlich rechts mit den Teilungen, links aber mit dem Patriarchenkreuze ;
und finden wir Aehnliches wieder noch früher beim Kleinodsiegel des
3
Agramer Bischofs und Statthalters von Slavonien, Stefan Kanisay ( 1363) ,
wo das Helmkleinod des Königs, der hervorbrechende Strauss mit dem
Hufeisen im Schnabel , das Helmkleinod des Geschlechtswappens
Kanisay, d. i . den Adlerfuss sammt Kralle und Flügel besteckend
erscheint.
Es liegt daher auch hier wieder mehr als eine blosse Vermutung
nahe, dass diese Aehnlichkeit der beiden Wappenschildchen (welche das
besprochene Detre Bebek-Kleinod begleiten) mit dem Geschlechtswap-
pen der Bebek blos ein Spiel des Zufalles gewesen war ; obwohl wir
andrerseits schliesslich nicht umhin können auch darauf flüchtig hinzu-
weisen, dass ähnliche Gruppirungen von Geschlechtswappenschildern und
der dazugehörigen Kleinode sammt Helmen eben bei mittelalterlichen
Siegeln zum Mindesten des deutschen Adels durchaus nicht so
überaus selten genannt zu werden haben.
Doch schreiten wir weiter in der Verfolgung unserer Serie. Hier fin-
den wir, als vierte Nummer, das Wappen des Pelsöczer Grabsteines, wie
ebenfalls bereits oben schon besprochen . Sofort fällt dort in das Auge der
das Patriarchenkreuz besteckende Gegenstand. Derselbe zeigt sich, in sei-
nem Charakter vollkommen deutlich erkennbar, als « Fedderbusch» u. z ., wie
zu vermuten, als Straussenwedel und ist somit geeignet, die wiederholt auf-

1 Siehe das Bebek -Wappen in Farben im Kaschauer Dome, sowie das Wap-
pen d. d. 1547 des Franz Bebek auf einer der Kanonen vor dem Thore der Krasznahor-
kaer Burg.
2
Rajcsányi , Siegelcopien. Mscr. im Reichs-Arch . BPesth . Nagy Iv.,
Magyarorsz. csal. IX. 132.
Arch. Ért. 144. Új folyam. -– Nyáry, Heraldika. etc.
%
2*
20

getauchte irrige Ansicht in den richtigen Rahmen zurückzuführen, als ob


man es hier mit einem Gewächse aus dem Pflanzenreiche, mit Palmblättern
zu thun hätte, welche Anschauung Carl v. Fejérváry so weit geführt hatte,
dass er ( « sub Bebek » ) mit einem aus gekröntem Dreiberge sich erhebenden
Palmbaume aufzuwarten für gut fand, welcher mit einem Patriarchen-
kreuze besteckt erscheint.¹
Weitere unanfechtbare Beweise, dass die das Patriarchenkreuz der
Bebek - Csetneky - Wappen besteckenden Gegenstände wirkliche Federn
und keine Blätter (Palmblätter) gewesen, erbringen aber ferners noch
jene Wappen , die auf den zwei Kanonen der Burg Krasznahorka « en
relief» gegossen erscheinen , sowie endlich die beiden Wappen auf den
Grabsteinen des Stefan ( 1594) sowie des Franz Csetneky ( 1604) , des
Letzten seines Geschlechtes , in der Kirche von Csetnek. Dort ist die
Schildfigur ein Patriarchenkreuz, mit sechs (3 , 3 ) rein stylisirten Straussen-
federn besteckt.
Es ist wirklich eigentümlich, dass Wagner, welcher sich auf eben
dieses Grabsteinwappen v. J. 1594 als Quelle beruft , die so deutlich
stylisirten Straussenfedern des Kreuzes (welch' letzteres sich dort keineswegs
aus einem Dreiberge erhebt, da ein solcher dort gar nicht existirt) , -
nicht gesehen, und dass er, was wohl noch mehr unser Erstaunen erregt, den
Charakter der wachsenden Jungfrau nicht erkannt hat, welche doch eben-
falls dort vollkommen deutlich als solche erkennbar ist. Die Gestalt, welche
der soeben genannte Autor bringt, ist vielmehr diejenige eines Mannes ,
und hält derselbe dort in den erhobenen Armen die zwei gerade gerichteten
(und nicht aufwärts sich abbiegenden) Fische weitab von sich entfernt,
während wir doch andrerseits genau wissen, dass diese letztern , auf dem
Grabsteine des Stefan Csetneky, unmittelbar neben den Ohren der gekrön-
ten Jungfrau von ihr gehalten erscheinen .
Diese Fehler wurden nun dann auch später von Magyarország csa-
ládai übernommen, aber auch von Siebmacher, allwo die Menschengestalt
des Kleinodes bereits als geharnischter Mann erscheint.
Wir wären bei der letzten Nummer angelangt ; diese bringt uns das
Siegel d. d. 1446 mit voller Umschrift des Emerich Bebek - wie bereits
- und zeigt sich dort
schon einmal in diesem Aufsatze flüchtig berührt
im Schild das Patriarchenkreuz mit ausgeschweiften Enden, als aus dem
Fussrande sich erhebend.4

1 Mscr. im Nat. Mus. Bpest, XVI. T. I.


2 Vergl. auch Anmerkung 1 auf S. 19.
3 Vergl. Artikel XXV.
Siehe Reichs-Archiv Bpest, Nr. 26. D. 0.
21

Nachdem wir also die wichtigsten auf die Bebek- Csetneky- Wappen
bezüglichen Momente vorgeführt zu haben glauben , mit besonderer Berück-
sichtigung der Schildfigur, sei es uns gestattet, in möglichster Kürze uns
noch einmal diesesmal eingehender mit dem Charakter des Helm-
kleinodes des vorstehenden Geschlechtes zu befassen .
Wir beginnen mit der Bemerkung, dass der Haupttypus hier zwei-
fellos den Fischen zugesprochen zu werden hat ; denn, sowie wir es bisher zu
verfolgen Gelegenheit hatten , dass die Gestalt der Jungfrau in ihrem
Verhältnisse zu den Fischen wiederholt Variationen unterworfen erscheint,
-
diese letzteren bald mit den Zähnen , bald mit den Händen u. s . w. haltend,
bleiben die Fische, als solche und in ihrer Lage, stets unverändert.
Wir sind demnach berechtigt, hier von der allgemeinen herald. Regel
abweichend , welche uns bei mehreren verschiedenen , zugleich mit
einander auftretenden Figuren zumeist der vornehmeren den Haupttypus
-
zuzuerkennen zwingt, welche hier die Menschengestalt wäre, die gekrönte
Jungfrau des Bebek- Csetneky - Wappens nur als Nebenmoment, als Hilfs-
kleinod anzusehen, welche nur allein zu dem Behufe geschaffen wurde,
um die Hauptfiguren , die Fische, bequem placiren und nebstbei schön
heraldisch vorführen zu können.
Wie wäre es aber auch möglich gewesen, diese zwei Fische ohne
Hilfskleinod correct heraldisch unterzubringen ? Dieselben würden dann
ausgesehen haben wie zwei Büffelhörner, worauf dann, im Verlaufe der
Zeiten, der ursprüngliche (Fisch-) Charakter in Vergessenheit geraten und
die scheinbaren Hörner dann auch definitive Hörner geblieben wären ; oder
aber, es wäre eine geschmacklose Vorstellung geschaffen worden, welche
den beiden kerzengerade stehenden Kleinodfischen des Geschlechtes der
Fürsten und Altgrafen von Salm gleichgekommen sein würde. Der Fall,
dass Fischen ähnliche Hilfskleinode wie bei Bebek- Csetneky, zur bessern
Anbringung als Helmkleinode, beigegeben wurden , u . z. zumeist in der
Gestalt von wachsenden Jungfrauen , hat sich bereits öfter und mit Vor-
liebe in der Heraldik wiederholt und weisen wir hier u. a. nur auf das
prächtige Kleinod der Grafschaft Pfirt, * wo die beiden ganz gleichen Fische
wie bei den Bebek, hier mit geöffneten Rachen der gekrönten Jungfrau
bis zu den Achseln der erhobenen Arme gestossen wurden ; oder aber,
auf die Kleinodvarianten des Geschlechtes der annoch blühenden Reichs-
ritter von Heldreich ** aus Sachsen und Oesterreich, wo die zwei Fische
einmal, ähnlich wie beim Csetneky-Wappen , von den erhobenen Fäusten

* Herald. Geneal. Zeitschr. « Adler» , Nr. 11. Wien, 873. III. Jahrg. Beilage II
zum Aufsatze : Orig. Prunkhelme etc., aus d. XV. Jahrhunderte.
** Siebmacher.
22

der wachsenden Menschengestalt gehalten erscheinen , das anderemal aber,


eben diese Fische die Brust der hier hervorbrechenden Jungfrau, in ent-
gegengesetzter Richtung übereinandergereiht, zu belegen scheinen.
Schliessen wir die Reihe dieser Beispiele mit einem solchen von ungari-
scher Provenienz ab, mit demjenigen Helmkleinode, wie wir dasselbe auf dem
Siegel d . d. 1368 des Johann Palásthy, Vicegespan des Bereger Comitates,
vorzufinden die Gelegenheit hatten.¹
Dort wird der Haupttypus nur von einem Fische repräsentirt und es
war demnach die gemässe heraldische Anbringung dieses einen Fisches
mit noch mehr Schwierigkeiten verbunden , als dies bei den zwei Fischen
der Bebek der Fall gewesen .
Denn eine pfahlweise Aufrichtung würde sich eben so unschön
ausgenommen haben, wie die meist (wenn auch nicht immer) , der Periode
der Zopfheraldik angehörige « einzelne » Straussenfeder, ein wagrechtes
Auflegen des Fisches aber würde wieder (und dies insbesondere auf
kleinern Siegeln ) einer mit den Hörnern nach aufwärts strebenden Mon-
dessichel im Charakter ähnlich geworden sein. So blieb denn nichts ande .
res übrig, als wieder ein Hilfskleinod zu schaffen und so wurde auch
hier wieder eine gekrönte Jungfrau zu diesen Zwecken gewählt , welche bis
zu den Hüften dem Kleinodfische in den Rachen gestossen wurde und
deren Arme (weil dies die beste Verwendung zu werden versprach ) den
scheinbar aufschnellenden Schwanz des Fisches fassen mussten.
Hiemit wäre wohl (worauf schon früher flüchtig hingewiesen) der
genügende Erweis geliefert, dass die Fische des Bebek- Kleinodes das Haupt-
moment, die menschliche Gestalt aber, d. i. die gekrönte Jungfrau, nur
ein Nebenmoment bilden , sowie , dass das Bebek- Csetneky-Wappen-
kleinod niemals mit einem « Ungeheuer » etwas gemein hatte, wie dies sehr
allgemein bisher geglaubt und auch von unserm unsterblichen Arany in
so schönen Worten besungen wurde.2
Wir benötigen demnach nur noch die Kenntniss der Tinkturen , um
dieses nunmehr figural bis in das kleinste Detail richtig gestellte
Wappen , in seinem alten Glanze , complet wieder auferstehen zu
lassen. Das in jüngster Zeit aufgefundene (bezw. agnoscirte) Bebek-Wappen-
schild in Farben, im Kaschauer Dom, hilft uns auch über diese Klippe

1 Turul II. 129. - Wurde vom Autor ebenfalls fälschlich als « Ungeheuer » bla-
sonirt.
Ί
Jól juhászkodott ám ősapja ezeknek
Hol Sajó vizével összefoly a Csetnek :
Tündér adományból raka két szép várat ;
Czímere a tündér, csoda asszonyállat. »
Toldi szerelme : VII. ének.
3 Csoma József, A Kassai Dom szentségházán lévő czímerek. Turul VII. 1889.
I. 21-26.
23

hinweg, und wenn wir noch überdies darauf hinweisen dürfen (und
--
wir dürfen dies ohne Scrupel thun ) , dass die Deckenfarben im XIV.
und zu Beginn des XV. Jahrhundertes sozusagen ausnahmslos mit
den Haupttinkturen des Wappens übereinzustimmen pflegten , sowie , dass
die genannte Zeitepoche, nur allein, beiderseits gleichfarbige Decken kannte ,
so wird die Blasonirung des Bebek-Wappens lauten : In Rot ein an Capi-
tälstelle mit sechs (3 , 3 ) beiderseits sich abbiegenden, schwarzen Hahnen-
federn (auch mit einem Straussenwedel) bestecktes, freischwebendes
(sporadisch auch aus dem Fussrande oder aus einem grünen Dreiberge sich
erhebendes) weisses Patriarchenkreuz mit ausgeschweiften Enden. -
Kleinod : Hervorbrechende, goldhaarige , gekrönte Jungfrau, die Mundwinkel
beiderseits besteckt mit je einem natürlichen Fische mit auf- und einwärts
gebogenem Schwanze. - Decken* : rot-weiss .

V. Grabstein des Johann Tornay. XV. Jahrhundert.

Nördlich von der anmutigen Stadt Torna erhebt sich auf einem steiler
gelegenen Hügel eine stattliche Kirche im Spitzbogenstyle. Dort finden
wir eingemauert, in der südöstlichen Seite des Sanctuariums, ein aus
grauem Sandsteine verfertigtes, durchaus wohlerhaltenes Grabdenkmal,
dessen Legende in halberhabenen Minuskeln, die vier Seiten des verbrei-
terten Schriftenrandes einnehmend (welcher dreimal durch das Wappen
unterbrochen und beiderseits mit Leisten eingefasst erscheint), wie
folgt lautet :

hiriacet • || forne
fvrne . ianv . s .obii | † .an | no .merec • sexto
annlii

(Lies : Hic iacet Turne Janus , obiit anno MCCCC . sexto , ann (orum ) LII. )

Derjenige welchem dieser Denkstein gesetzt wurde, derjenige wel-

* Zugleich das Oberkleid der Jungfrau bildend .


** Sehr eigentümlich, dass diese lateinische Inschrift mit einem ungarisch
geschriebenen Taufnamen zersetzt erscheint. Die vorstehende Jahreszahl betreffend,
haben sich bisher verschiedene Berichterstatter verschieden geäussert. Victor Mis-
kovszky (Arch. Ert. IX. 170) hielt den letzten (vierten) Buchstaben « C » (trotzdem
derselbe keineswegs seine Vorgänger überragt), für ein « l » , infolge dessen er sich
dann die Zahl 1356 zurechtlegte ; Nyáry (Herald. Vezérfonala 76) hingegen vertrat
die richtige Lesung von 1406, welche (wie wir im Verlaufe dieses Artikels sehen
werden) auch ihre urkundliche Erhärtung findet ; aber auch der Gesammtstyl des
Wappens weist auf eine spätere Zeit, als auf die Mitte des XIV. Jahrhundertes.
24

chem das schöne Wappen gehörte welches das Figurenfeld dieses ehrwür-
digen Monumentes schmückt, war demnach Johann Tornay, welcher im
Jahre des Heiles 1406 im 52. seines Alters verstarb.
Das Wappen aber lautet in seiner Blasonirung wie folgt : Unter
einem freischwebenden Kreuzlein an Schildeshauptstelle, zwei geschmälerte
Balken. -- Kleinod : Hervorbrechender, links unterhalb mit dem Kreuze
belegter Eber, die linke Backenseite von oben herab zweimal durchbohrt
von einem Saufänger, welcher zuoberst mit einem Kreuze besteckt er-
scheint, dann aber versehen ist mit einer dreimal eingekerbten , blätter-
artigen, beiderseits sich ab- und einwärtsbiegenden Verzierung, deren Ab-
schluss ein Ring bildet, welchem, eine Spanne weiter, ein zweiter, grösserer
Ring folgt.
Mit dem vorstehenden Wappen ist unsere classische nationale Heral-
dik um ein Stück mehr bereichert worden u. z . nach zweierlei Richtun-
gen hin, indem das erstere, was Composition, Styl und Technik betrifft,
zu den bisher bekannten gediegensten derartigen Producten unserer lebenden
Periode gehört, welches sich ebenbürtig neben den bereits vorgeführten
Wappen des Ladislaus Gagyi und Georg Bebek stellen darf; dann aber,
weil es die Zahl jener alten ungarischen Blasons vermehrt, deren Haupt-
typus die Heroldsfigur bildet ; jene sichere heraldische Gruppe, welche
wie bekannt, eine eben nicht geradezu copiose bei uns genannt wer-
den kann und von welcher noch vor Kurzem behauptet wurde, dass
sie, so ziemlich ausnahmslos , ihren allerersten Ursprung im Auslande
zu suchen habe . * Wenden wir uns dem Oberwappen, d. i. dem Klein-
ode (sammt den Decken) zu. Wir kennen die Zusammenstellung desselben
bereits aus der Blasonirung ; beide Teile aus welchen dasselbe besteht,
d . i . Eberkopf sammt Hals sowie der Saufänger, sind tadellos entworfen
und ausgeführt.
Wir verstehen es nicht, welche Motive den Freiherrn Albert Nyáry
bestimmt haben mochten, diese spitzzulaufende Waffe als « Pilgerstab » aufzu-
führen, ** wo doch die ganze Charakteristik derselben bis in das kleinste
Detail, wie nicht minder die Art und Weise der Verwendung auch den Laien
keinen Augenblick im Zweifel lassen können , was für einen Gegenstand er
denn eigentlich vor sich habe ? Diese selbe Waffe (hier ohne Kreuz) kommt
im Uebrigen noch einmal, mit demselben Eberkleinode und in derselben
Verwendung auf einem Schlusssteine des Sanctuariums der Tornaer
Kirche vor .

Wir haben soeben die heraldische Schönheit des Tornay- Kleinodes

* Arch. Ért. X. I. 1889 Febr.-Heft. Pag. 24.


** A Heraldika Vezérfonala, etc.
25

hervorgehoben ; diese wäre zweifellos noch vermehrt worden , wenn die


Höhenverhältnisse desselben zum Schilde nicht übertrieben worden wären,
wie dies hier der Fall
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anul
no
ai
to ist . Dadurch geschah es aber auch, dass das

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GRABSTEIN DES JOHANN TORNAY.

Gesammtwappen im Figurenfelde nicht völlig untergebracht werden


konnte und so gezwungen war , in den Schriftenrand hinüberzugreifen .
Was die Helmdecken unseres Grabsteinwappens betrifft, so bilden diese
26

eine Fortsetzung (einen Ausläufer) der Kleinodfigur, da sie aus dem Felle
des hervorbrechenden Ebers gebildet erscheinen , welch ' ersteres durch
Einschnitte (Zaddelungen) dann seine eigentümliche Form erhielt ; die
schönste, weil natürlichste und einfachste Darstellung. Dass diese Art von
Decken, bei correctem Vorgange, auf der Aversseite die gleiche Tinctur
mit der Kleinodfigur dann stets zu teilen hatten, ist bekannt ; ebenso, dass
die, um jene Zeit herum sporadisch auftretenden, einfärbigen Helmdecken ,
nichts anderes zu bedeuten hatten, als dass sie nicht gefüttert waren ; die
zweite Deckentinetur, wo diese vorkommt, bedeutet dagegen ausnahmslos ,
eine Fütterung.
Die Placirung der Decken betreffend , entspricht diese « Ziehung >>
des rechtsseigen Theiles derselben nach schräge abwärts der Profilirung
des Gesammtwappens. Im Uebrigen sei bemerkt : dass sich die Decken
.
bei Grabsteinwappen in ihrer weitern Anordnung stets den gegeben gewe-
senen Raumverhältnissen anzupassen, d. h. auch « raumausfüllend » aufzu-
treten hatten , was eine genügend schwierige Aufgabe zu jener Zeit war, wo
die Hauptcharacteristik derselben eben in ihrer Kürze und Einfachheit lag.
Es haben sich Etliche gefunden, welche das vorstehende Geschlecht,
als vom Genus Aba abstammend bezeichnet haben. * Uns ist bis nun kein .
Fall bekannt geworden , dass ein Mitglied dieser Tornay auch nur ein einzi-
gesmal in den betreffenden, mehreren alten Urkunden oder aber sonst in
gedruckten Werken, als aus diesem Genus entsprossen genannt worden wäre
und ist dieser vermutete, bei Nyáry zum Ausdruck gekommene Zusammen-
hang (gegen welchen übrigens die bestanden gewesenen Güterverhältnisse
der Tornays andrerseits nicht sprechen würden) wohl nur allein darauf
zurückzuführen , dass sowohl das erloschene Geschlecht der Tornay, als auch
das Genus Aba (und mehrere Abkömmlinge desselben) , die Balken- bezw.
Teilungsformation als Hauptschildfigur geführt haben, bezw. zwei Balken .
Sehen wir nun, in wie weit Albert Nyáry die Berechtigung hatte, hier von
Wappenverwandtschaft zu sprechen und an einen Aba - Nexus zu denken .
Der Umstand allein , dass Johann Tornay, einen Eberkopf als Kleinod
geführt, während wir diese Figur sonst bei keinem einzigen der vielen uns
bekannten Wappen der verschiedenen Abkömmlinge des Genus Aba vor-
finden , wäre, bei sonst übereinstimmender Schildfigur, nicht genügend ,
um die aufgetauchte Frage einer Wappenverwandtschaft der Tornay mit
den Aba sofort wieder fallen zu lassen, weil es bewiesen ist, dass in diesen
alten Zeiten ( überhaupt, wie insbesondere bei uns zu Lande), von festste-
henden (erblichen) Helmkleinoden noch kaum die Rede war, dass
der Vater häufig ein anderes Kleinod gebrauchte als der Sohn (oder umge

* A Heraldika Vezérfonala, 75. etc.


27

kehrt), dass dieser Schmuck, von einzelnen Personen (Personengruppen),


nach Geschmack gewählt, vertauscht, ja sogar gekauft und verkauft, in spo-
radischen Fällen endlich auch als Gnaden- , Amts- , Würden- oder Gerecht-
same- Zeichen verliehen oder aufgenommen wurde, etc.
Nyáry war demnach vollkommen im Rechte, im vorliegenden Falle
über das Eberkleinod weg zur Tagesordnung geschritten zu sein und dies
umsomehr, als es ihm ganz zweifellos bekannt war, dass eben auch die
Angehörigen des Genus Aba, wiederholt im Kleinode variirt hatten , indem
wir beispielsweise beim Palatine Omode ( 1299) einen Adler und dann
wieder später ( 1336 ) bei Meister Demeter einen gekrönten wachsenden Mann
mit Schwert in der Rechten an Kleinodstelle vorfinden .
Es ist dieses Eberkleinod jedoch nicht das alleinige fremdartige Ele-
ment, was uns , indem wir die Wappen der Aba Gruppe und dasjenige des
Geschlechtes Tornay vergleichungsweise nebeneinanderstellen — auffällig
berührt ; denn wir haben ja erst früher gesehen, dass die Hauptschildfigur
Tornay auch von einer Nebenfigur begleitet (überhöht) erscheint, d . i. von
einem freischwebenden Kreuzlein, wie es bei keinem anderen der vielen uns
bekannten Wappen der Nachkommen des Genus Aba bisher noch vorge-
kommen ist. Auch darüber könnten wir uns im Uebrigen hinwegsetzen
(obwohl zwei constatirte Divergenzen schon mehr zu bedenken geben ) -
und etwa auf ein persönliches (oder Gruppen- ) Beizeichen schliessen ,
wenn eben nur Eines, das wichtigste Moment hier wie dort übereinstim
men würde : die Hauptschildfigur. Dass dies aber der Fall oder aber auch nur
die Wahrscheinlichkeit für sich hat, das sind wir im Augenblicke ebenso-
wenig in der Lage angeben zu können , als wie Nyáry das Recht hatte dies zu
thun , weil uns die Tincturen des Schildes des hier in Behandlung stehen-
den Geschlechtes Tornay völlig unbekannt sind.¹
2
Jene Genealogen, welche die Tornay mit den Tornallyay verwechselt
und diese beiden , völlig verschiedenen Geschlechter einer und derselben
-
Abstammung gehalten haben , machten sich eines nicht geringen
Irrthumes schuldig. Es möge daher an dieser Stelle hervorgehoben werden ,
dass die im XV. Jahrhundert erloschenen Tornay vom Tornaer Comitate,
die bis zur Gegenwart noch blühenden Tornallyay aber von Tornallya
im Gömörer Comitate ihre Namen abgeleitet und dass diese beiden
Geschlechter, von alten Zeiten her, auch völlig verschiedene Wappen
geführt haben, bezw. noch gegenwärtig führen u. z. das erstgenannte wie
bereits hier in Wort und Bild bekannt gegeben, das andere aber, in Blau

¹ Vergl. Arch. Ért. IX. 2. 1889 Aprilheft, Pag. 141 , unterer Abschnitt.
2 Nagy Iván Magyarorsz . csal. XI. 260. - B. Nyáry Alb. A Heraldika Vezér-
fonala 76 .
28

auf einem Dreifels einen gezinnten weissen Thurm , -- also ein redendes
Wappen, welches dann später noch vermehrt wurde. *
Während Iván v. Nagy das zweitgenannte Geschlecht einer eingehen-
den Behandlung unterzieht, sind wir in der Lage, auf Grund der neuesten
Archivs - Forschungen , mitfolgend zusammengestellte Stammtafel der
Tornay, welche Herr Dr. Desiderius Csánky so freundlich war vor Kurzem
noch zu ergänzen, der allgemeinen Benützung zu übergeben . *

N. N.
Tekus Both Baach
1249-1270. 1249. 1949.
Comes de Sarus.
Stefanus Ladislaus Clara Dioni- Bartholo- Bene- Johan. Tekus
banus de Kulchow, 1273-1279. (Benkes de sius mäus dictus nes 1279.
1284. Palatinus . Comes Tornallya). 1279. præpositus 1279. 1279.
de Sarus. Agriensis
Stefanus Lack Leo- Johannes Johannes 1279..
1293, 1314, 1293. nardus de Thurna 1314.
1344. 1293. 1300-1314.
Nicolaus
1327.

Ladislaus Egidius (Mgr) Nicolaus Johannes Puellæ


(Mgr) miles 1314, 1366-68, 1374. 1314. 1366, 1374. 1374 jam
1357, 1366. nuptæ.
Ladislaus 1374. Georgius Gregorius Thomas
Johannes 1401-1406 . 1374. 1374. 1374.

Wir sehen also, dass wir mit der vorstehenden Abhandlung zugleich
auch den Denkstein eines letzten Sprossen seines Geschlechtes aus der
Vergessenheit wieder an das Tageslicht gezogen haben . - Die Besitzungen
dieser Tornay übergingen dann als herrenlos, um das Jahr 1410 herum,
an Stefan Berencsi (sowie teilweise auch an Paul Bessenyő de Ezdeghe,
der jedoch keine Manneserben hinterliess ) , welch Ersterer für sich und
seine Nachkommen den Namen Tornay » aufnahm, nachdem er sich in
Torna bleibend niedergelassen hatte.

Das bei der Familie in Bewahrung stehende Diplom, welches die Wappen-
erweiterung des Geschlechtes Tornallyay enthält, ist von König Ulászló II. gefertigt,
d. d. Budæ festo beati Martini episcopi et confessoris A. D. 1513, und weist auch ein
schön stylisirtes Wappen vor. - Es wird in dieser Urkunde (wie textlich angeführt)
das althergebrachte Wappen des Johann Thornallay (wie es oben bereits blasonirt), mit
dem Wappen seines Verwandten Johann Szapolyay, erbl. Obergespan d. Zips , Woj-
wode von Siebenbürgen und Graf der Székler, erweitert u. zw. mit einem goldgewaff-
neten, links schreitenden weissen Einhorne, welches rechts von einer linksgekehr-
ten Mondessichel, links von einem achtstraligen g. Sterne begleitet erscheint.
29

VI. Grabstein des Andreas Scolari. XV. Jahrhundert.

Der Grabstein des Bischofs Scolari ist unstreitig das interessanteste


unter den wenigen alten Monumenten , welche im Dome von Grosswardein
uns bis zur Gegenwart erhalten geblieben sind. Das Materiale, aus welchem
derselbe verfertigt, ist grauer Sandstein, seine Höhe 2 M. , 0.7 Cm. , die
Breite aber 79 Cm., was also eine bei Grabsteinen ganz ungewohnte
Schmalheit zu bedeuten hat, welche auch dem minder geübten Auge sofort
auffällt.
Abgesehen von einem in schräglinker Richtung laufenden Bruche ,
welcher oben beim linksseitigen Schriftenrande beginnt und sich über
einen Teil des Polsters sowie über den Hals bis zur rechten Schulter der
das Figurenfeld belegenden Gestalt zieht und abgesehen ferners von
der starken Beschädiguug des Gesichtes derselben Figur, welche das erstere
vollkommen unkenntlich gemacht und auch ein vorderes Stück der Mitra
etwas in Mitleidenschaft gezogen hat, ist dieser Denkstein sammt seiner
durchwegs lesbaren Inschrift wohlerhalten zu nennen .
Diese letztere, in ausnehmend regelmässigen und zierlichen Minus-
keln , aus den vier Seiten des beiderseits mit dünnen Leisten eingefassten
schmalen Schriftenrandes herausgemeisselt, beginnt linksseitig oben und
lautet :

«Hic jacet reverendus in Christo pater dominus Andreas Floren-


tius hujus ecclesie Varadiensis pontifex venerandus deo ac gentibus hung|
arie dilectus qui obiit X ° VIII die mensis januarii VII hora noctis anno do-
mini Mmo CCCCX | XVI hic honorifice sepultus. »
Das glatte Figurenfeld wird von der liegenden und zugleich stehenden
Gestalt des in pontificalibus dargestellten Bischofs Andreas Scolari vollstän-
dig ausgefüllt. Das Haupt, mit beiderseits bis zu den Ohrläppchen reichenden ,
rundgeschnittenen Haaren , ist mit einer hohen Mitra bedeckt, deren Spitze
bis zur Mitte des Schriftenrandes hinaufreicht, und ruht auf einem mit einer
Schnur eingefassten Polster, dessen vier Ecken mit eben so vielen Quasten
besteckt erscheinen. Die mit Handschuhen versehenen Hände erscheinen
(wie dies bei Verstorbenen der Brauch) nach vorne abwärts, über die Mitte
des Körpers, in Form eines Andreaskreuzes gelegt ; die mit einer breiten
Bordure und vorne mit einem Passionskreuze verzierte Casula aber, mit
hohem weiten Halskragen, sowie darunter die Tunicella und dann die bis
zu den (sichtbaren) Fussspitzen abfallende, reiche Alba umhüllen die Ge-
stalt des unter diesem Grabsteine ruhenden Prälaten . Sichtbar machen sich
auch die beiden schmalen Enden des Manipulus, sowie unten die befranste
Stola. Links vom Bischofe befindet sich gerade aufgerichtet und die untere
Leiste des oberen Schriftenrandes etwas überragend, das Pedum oder der
+ in lit hourfart trepitu

GRABSTEIN DES ANDREAS SCOLARI.


31

Hirtenstab, dessen einwärts gekehrte, schneckenartige Windung mit zierli-


chem künstlichen Laubwerke besteckt erscheint und um dessen Stiel, einige
Spannen weiter unten, das Sudarium von einem Krönlein überhöht
mehrfach gewunden ist und mit den Enden nach abwärts hängt.
Noch haben wir Eines unerwähnt gelassen : es ist dies die wohl
nicht gelungene - Gestalt des Hundes (als Symbol der Treue), auf welcher
die Fussflächen des Bischofes ruhen . Wir werden über diese Sitte ver-
gangener Jahrhunderte, wo Personen die in ganzer Gestalt auf Grabsteinen
dargestellt erscheinen, Tiere, in gleicher Verwendung wie hier, beigegeben
wurden, noch später Gelegenheit finden, eingehender zu sprechen.
Wir können unser Augenmerk demnach dem Wappenschilde des An-
dreas Scolari zuwenden . Dieses befindet sich, die scharfe, halbrunder
Dreieckform seiner Zeit aufweisend, in einer Höhe mit dem Kniee der
Gestalt, aufrecht, sowie den rechten Schriftenrand berührend und zeigt
drei Schrägbalken.
Es stimmt dieses Wappen vollkommen überein mit demjenigen des
Pipo de Ozora, 1 Graf von Temes , eines Florentiners aus vornehmen
Geschlechte, welcher zu König Sigismund's Zeiten eine hervorragende
Rolle in unserem Vaterlande gespielt, - dessen eigentlicher Name aber
Philipp Scolari gewesen und welcher der ältere Bruder des vorstehenden
Bischofs Andreas war.
Erst nach seiner Vermälung mit Barbara Ozoray, mit welcher er
auch die Burg Ozora erhalten hatte, nahm er den Namen dieses (uralten,
nunmehr ebenfalls schon lange erloschenen) Geschlechtes auf, unter
welchem derselbe vornehmlich in der Geschichte bekannt ist.
Domherr Vincenz von Bunyitay, der gelehrte Verfasser des Werkes :
«Nagyváradi püspökség története » , welcher uns diesen Grabstein (der auch
sein eigenes vorzügliches Buch ziert) mit grösster Liberalität zur Ver-
fügung gestellt hat, führt eben dortselbst (I. 243) noch ein anderes Wap-
pen des Andreas Scolari auf, das sich jedoch nur allein auf die Person des-
selben und auf seine Würde als Bischof bezieht.2
Derselbe Andreas Scolari, welcher von Einigen (nach seinem eben
hier genannten Bruder) magyarisirt, auch « Ozorai » genannt erscheint,
nahm von 1409 bis 1426 den Bischofstuhl von Grosswardein ein , nachdem
er bereits früher Bischof von Agram gewesen war. Er war ein Günstling

1 Siehe : R. A. B. Pesth 9432 etc. D. O. woselbst dieses Wappen completer, wie


folgt erscheint : Schild, wie das Grabsteinwappen des Bischofes Scolari. Kleinod :
Armloser, mit einem Oberkleide versehener wachsender Männerrumpf. — Vergl. auch
Siebmacber, Der Adel v. Ungarn, XX.
* Es zeigt dieses andere Wappen, einen aus der obern linken Schilderecke
ragenden, gebogenen Arm, welcher einen Krummstab hält.
32

des Königs Sigismund, den er auch zum Concile nach Constanz begleitet
und an dessen Seite er bis zur Beendigung desselben verblieb . Er starb ,
wie wir es auch aus der Legende ersehen, in der Nacht des 18. Januar, im
Jahre 1426. *

VII. Familiengrabstein der Berzeviczy. XV. Jahrhundert.

Es muss insbesondere den ungarischen Heraldiker mit Freude und


Genugthuung erfüllen, wenn er in die Lage versetzt wird constatiren zu
können, dass das eine oder das andere heimatliche Geschlechtswappen
durch viele Jahrhunderte hindurch bis auf die jüngste Zeit in seiner
Urfom unverändert beibehalten und von der zersetzenden Wirkung der
Zeit, welche sich insbesondere was unser nationales Wappenwesen
betrifft, so fühlbar gemacht hat, - in keiner Weise beleckt wurde. Wir
können nämlich nicht anders, als die Thatsache gestehen, dass das Halten
an das ererbte Blason, welches speciell beim guten alten Adel deutscher
sowie lateinischer Zunge fast zur Regel geworden, bei uns leider nur zu
den selteneren Fällen gezählt zu werden hat, wenn wir es auch zurück-
weisen müssen, was gewisse heraldische Vielwisser (Nichtwisser) zu
behaupten für gut befunden haben : dass von einer intacten Beibehaltung
des Urwappens seit geraumer Zeit bei uns überhaupt nicht mehr gespro-
chen werden kann, weil unsere alten Geschlechter ihre Blasons (mit Sanc-
tion des Landesherrn oder aber willkürlich) wiederholt schon verändert
haben. Diesen Ausfluss der völligen Nichtorientirung lassen diese Herrn
aber zugleich auch als Beweis dafür gelten , dass unserem nationalen Wap-
penwesen, schon von sehr alten Zeiten her, nicht die geringste Wichtigkeit
beigelegt worden war.
Schlagende Gegenbeweise wurden nach der einen wie nach der
anderen Richtung hin, in verschiedenen wissenschaftlichen Organen** , von
Seite unserer neuen Schule zur Genüge schon erbracht und werden auch in
diesen Blättern noch geliefert werden . Wenden wir uns daher einem jener
Wappen zu, welches, als zur oben hervorgehobenen Kategorie gehörig,
stets unverändert geblieben ist und seit einem halben Jahrtausende sich.
typisch zu erhalten gewusst hat.
Es gehört dasselbe dem bekannten und vornehmen Geschlechte der
Berzeviczy de Berzevicze und Kakas - Lomnicza an und findet sich auf
einem wohlerhaltenen 190 Cm. hohen und 114 Cm. breiten Grabsteine aus
rotem Marmor vor, welcher in der Kirche von Berzevicze im Sároser
Comitate [ und nicht in Kis - Szeben (Zeeben ) wie Rómer im Arch . Ért. VII .

* Siehe auch : Nagyváradi püspökség története I. 232-243 und III. 110–112.


** Siehe : Turul und Archæologiai Értesítő . Jahrgänge 1887—1889 .
3333
4. 1887 Oktoberheft, irrtümlich angibt , - senkrecht in der Mauer eingefügt
erscheint, in der westlich gelegenen Façade unter dem Thurme. Die an
Capitalstelle beginnende, beiderseits mit einem mässig verflachten Rande
versehene Legende, welche alle vier Seiten des Schriftenrandes ausfüllend,
in regelmässigen Minuskeln aus dem Steine herausgemeisselt erscheint
lautet wie folgt :

Sepultura . magnifici
viri · domi · petri · herm . d . brezovice
tavernicor · rglm ·• magri ner
non . comitis . scepus ac • fuorum

(Lies : Sepultura magnifici viri domini petri herinici (oder henrici ) de


brezovice tavernicorum regalium magistri nec non comitis scepusiensis
ac suorum . )

Aus dem letzten Worte der vorstehenden Inschrift ersehen wir, dass
dieses Monument als Familien- Grabstein anzusehen ist und aus diesem
Grunde finden wir auch keine Jahreszahl dort vor.

Wenn wir jedoch in Betracht ziehen , dass Peter Berzeviczy, dessen


Namen wir auf dem Epitaphe verzeichnet finden, zwischen den Jahren 1432
und 1433 mit Tod abging, sowie anderseits, dass in derselben gemeinsamen
Ruhestätte (wie es zweifellos erscheint) auch die irdischen Ueberreste von
Peters Vater bestattet worden sein dürften, so werden wir unwillkürlich
zur Annahme gedrängt, dass das fragliche Monument, vor den Jahren
1432-33 verfertigt worden sein dürfte, u . z . vom vorgeführten Peter selbst
zu seinen Lebzeiten.
Rómer hat zweifellos auch hier nicht das Richtige getroffen , indem er
gelegentlich der Auslegung der Legende (siehe : Arch. Ért. wie oben),
einen « Hermann» (bezw. einen « Peter Hermann » ) vorführte , ganz abgese-
hen davon, dass es uns bisher, auf Grabsteinen des XV. Jahrhundertes,
noch niemals vorgekommen ist, dass auf solchen einer und derselben Person
zwei Taufnamen beigegeben worden wären und abgesehen auch ferner,
dass derselbe Peter, welchen unser Grabstein deckt, urkundlich nie anders
als eben nur einfach als « Peter» aufgeführt erscheint. Wohl ist es aber ande-
rerseits aus Urkunden ganz wohl bekannt, dass wieder dieser Peter ein
Sohn des Heinrich Berzeviczy aus seiner Ehe mit Helene Derencsényi
gewesen ist.
Indem wir es uns für den Schluss vorbehalten, noch einige Worte
über das Leben und Wirken des vermeintlichen Erbauers dieser Berzeviczy-
Gruft zu verlautbaren, schreiten wir zur Blasonirung des Wappens , welche
wie folgt zu lauten haben wird : In Blau ein aufspringender weisser (?)
Alte Grabdenkmäler aus Ungarn. 3
34

Bock. Kleinod : Der Bock wachsend. - Decken : blau- weiss ? - Der


Drachenorden. *
Der ausführende Künstler hat sich hier jedenfalls bemüht, in den vor-
geschriebenen Grenzen zu bleiben . Das Figurenfeld ist für das Wappen so-
wie der Schriftenrand für die Legende ausgenützt worden , ohne dass
gegenseitig etwas « erborgt » worden wäre. .So soll es sein , und deshalb
berührt die ganze Vorstellung das Auge auch sofort in angenehmer
Weise. Nicht minder gefällig präsentirt sich das Wappen als solches ,
mit welchem auch die Gesetze der Raumausfüllung in Bezug auf das
Figurenfeld vollkommen richtig eingehalten wurden. Die Form des
nach rechts geneigten Dreieckschildes ist regelrecht ; an dem Stechhelme
und an seiner Placirung nichts auszustellen . Die Helmdecke, welche (ana-
log wie bei Tornay) als Fortsetzung des Felles der wachsenden Schild-
figur (des Bockes) sich nach aufwärts schwingt, ist ebenfalls schön, obwohl
nicht mehr so einfach wie diejenige des Tornay- Wappens. Sie beginnt zwar
mit den gewöhnlichen Zadd lungen, nimmt aber dann , obwohl gleichfalls
nur einen Ast bildend, in Folge der tiefen , blätterartigen Einschnitte , einen
bereits decorativen Charakter an.
Lobend muss hervorgehoben werden die Stylisirung sowie die Art
und Weise der Placirung des den Schild umgebenden , feuerspeienden ge-
flügelten Drachens ; dieses alten Ritterordens, welcher hier als Ehren-
zeichen (und keineswegs als Schildhalter) fungirt und über welchen wir
gelegentlich der weiter unten folgenden Besprechung des Johann Perényi-
schen Grabsteines eingehend berichten werden .
Betrachten wir dieses fabelhafte Tier näher, wie es hier reproducirt
erscheint, so ist es jedenfalls die höchst gelungene Position des vom
Schwanzende umschlungenen aufwärtsstrebenden Kopfes (sammt Hals ) ,
welches die Aufmerksamkeit sofort erregt . Auch dies geschah im Uebrigen
vornehmlich deshalb, um keinen leeren Raum zwischen Schild und Helm
entstehen zu lassen , welcher jedenfalls sich ergeben hätte, da es schon
ursprünglich in der Absicht gelegen zu haben scheint, die Helmdecke
nicht zweiästig darzustellen.
Was nun den Bock betrifft (welcher sich hier auch als Helmkleinod
wiederholt) , so ist dieses Wappentier, wie es sich im gestürzten Schilde
(ganz richtig nach der Achse gerichtet) zeigt, zwar nicht als heraldisch

Die Edelleute Berzeviczy de Berzevicze führen gegenwärtig (wie bereits seit


dem Jahre 1619 und mutmasslich schon früher) den Bock auf einem kleinen golde-
nen Krönlein, gegen eine spitze Felsengruppe anspringend. - Dies sind unbedeu-
tende Zuthaten, welche dem Haupttypus keinen Eintrag machen. Der Bock ist bei
den adeligen Linien des genannten Geschlechtes weiss, bei der dem gänzlichen
Erlöschen sich nähernden freiherrlichen Linie, - schwarz. Die Decken sind gegen-
wärtig schwarz -golden und blau - silbern, sonst Alles, wie hier oben blasonirt.
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FAMILIENGRABSTEIN DER BERZEVICZY ,


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1.90
36

incorrect zu qualificiren , hätte aber jedenfalls gefälliger ausgeführt werden


können. Der Leib ist nämlich zu dick, insbesondere der Unterleib , der Hals zu
lange, die Beine nicht genug schmal, die Hörner endlich ohne Knorpeln und
zu Beginn viel zu wenig aufgebogen ; sie sollen die Stirnseite überragen,
nicht aber eine eben verlaufende gerade Linie mit dieser bilden . Der Bock
des Schildes ist mit einem Worte zu plump und ohne jeden heraldischen
Schwung, was bei einem Producte derjenigen guten Zeit, in welcher der Ber-
zeviczy-Grabstein verfertigt wurde, sowie in Ansehung der im Grossen hier
vollkommen gelungenen sonstigen Ausführung , überrascht. Das gleiche gilt
von der Kleinodfigur, deren Körperformen jedoch bereits etwas gefälliger
erscheinen. Es ist hier der rechte Vorderfuss sammt Klaue verzeichnet.
Dass endlich in der Heraldik jeder Bock einen Steinbock zu bedeuten
hat, sollte zur Genüge bekannt sein. -- Deshalb glaubten wir auch die
Berechtigung zu haben, auf das Fehlen der Hörnerknorpeln aufmerksam
machen zu dürfen .
Wir haben die beiden Eltern des Peter Berzeviczy bereits nam-
haft gemacht. Er selbst hatte eine wissenschaftliche Erziehung erhal-
ten und kam bereits in jungen Jahren an den Hof des Königs Sigis-
mund, woselbst er auch den wichtigeren Beratungen beigezogen wurde.
Insbesondere nahm er auch lebhaften Anteil an den Bündnissbesprechungen
der ungarischen und polnischen Stände . Wiederholt sehen wir ihn ferners,
mit verschiedenen Missionen betraut, an den Hof des Königs von Polen
eilen .
Später in türkische Gefangenschaft geraten, wird er aus derselben
befreit und übernimmt endlich die Würde eines Oberst - Schatzmeisters ,
welche er bis zu seinem Ableben behält, das, wie schon früher berich-
tet, in den Jahren 1432 oder 1433 erfolgte. Er war auch Obergespan
der Zips .

VIII . Grabstein des Stefan Perényi. XV. Jahrhundert.

Man möge uns gestatten , nun zwei Grabsteine vorzuführen, welche


beide, den Sprossen ein und desselben Stammes gesetzt, einem Geschwister-
paare Perényi angehören, welches Geschlecht in der vaterländischen Ge-
schichte eine so hervorragende Rolle gespielt hat.
Das ältere dieser beiden Monumente, aus rotem Marmor verfertigt,
findet sich eingemauert in der Kirche von Rudóbánya im Borsoder Comi-
tate vor und ist die in Minuskeln auf allen Seiten des Schriftenrandes ein-
gegraben gewesene Legende, nur noch auf drei Seiten mehr erhalten geblie-
ben, da der unterste Teil des Steines abgebrochen und entfernt erscheint.

* Budai, polgári lexicon I.


37

Dieselbe lautet :
.
☀ hic · obil · magnific ・ dns · sthnus
• • • ·
filius · emerici · de peren · feru sui principis domin

dapiferoru magister anno domini MCCCCXXXVII.


(Lies : Hic obit magnificus dominus Stephanus , filius Emerici de Pe-
rén feru (?) sui principis domini . . . . . . dapiferorum magister, anno 1437.)
Das Figurenfeld ist mit dem Stammwappen der Perényi (wie dasselbe
auf Siegeln bereits i . J. 1415 und zweifellos noch viel früher geführt wurde)
belegt und möge dessen Blasonirung wie folgt angeführt erscheinen : In
Blau¹ auf einer lilienendigen goldenen Krone, zwischen zwei mit gelben
Füssen und Waffen versehenen schwarzen Adlerflügeln ein natürliches.
Männerhaupt mit schwarzem Kopfhaare, schwarzem Schnurr- und eben sol-
chem schräglinksabstehenden , spitzen Kinnbarte und einem geflochtenen
schrägegerichteten Zopfe von gleicher Tinctur. -- Kleinod : Die Schild-
figur. - Decken : blau-rot.
Wenn auch der Totaleindruck dieses Wappens auf den allerersten
Anblick keinen störenden Eindruck hinterlässt, was insbesondere den leicht

Hier sowie in den folgenden Wappenbeschreibungen werden wir, wo be-


kannt, sofort die Farben hinzufügen . Es ist selbstverständlich, dass sie weder in
Wirklichkeit, noch durch Schraffirung auf den Grabmälern selbst angegeben sind.
Die Wappenfigur Perényi, wie vorstehend blasonirt, wurde bis nun von den Meisten
für ein heraldisches Ungeheuer gehalten. Derselben vollkommen ähnlich ist diejenige
Schildfigur des Geschlechtes « Prera Imland Märchern » (Grünenberg, Wappenbuch ,
Taf. 115 ), welche Seyler (Geschichte der Heraldik III. 158 ) , gleichfalls für ein Un-
geheuer angesehen und als Harpye blasonirt hat, sowie die Mitglieder des Geschlech-
tes Perényi theilweise selber diese letztere Ansicht getheilt zu haben scheinen, indem
mehrere von ihnen (wie auch der Obergespan von Abauj Peter auf einem Siegel
mit Umschrift), eine harpyenartige Figur im Wappen geführt haben, bei welcher
sogar Schwanzfedern ersichtlich waren . Aber auch im gegenwärtig (schon seit 1504)
vermehrten, sowie im freiherrl. Wappen Perényi, erscheint im Felde 1 u. 4 (wel-
ches das Stammwappen enthalten sollte), zumeist eine geflügelte gekrönte Syrene.
Ohne ein endgiltiges Urteil über den Gesammtcharakter der Perényischen Stamm-
wappenfigur für heute abgeben zu wollen, beschränken wir uns, analoge Fälle
betreffend, vorläufig darauf, zur Vorsicht zu mahnen, da ( wie wir es ja bereits auch
in diesen Blättern gesehen), die wirklichen « Ungeheuer » oder fabelhaften Gestalten
in der Heraldik viel seltener sind, als allgemein angenommen wird, und sich die-
selben zumeist auf einen natürlichen Hergang zurückführen lassen. Aus diesen Grün-
den, insbesondere aber deshalb, weil die Heraldik nur das zu blasoniren die Berech-
tigung hat, was sie sieht, auf der compilirten Schild- und Kleinodfigur der Grab-
steinwappen Perényi jedoch kein « leiblicher Zusammenhang» zum Ausdrucke kommt,
haben wir dieselbe nicht als Ungeheuer beschrieben. Die Tincturen zum fraglichen
Wappen wurden einer Malerei des XV. Jahrhundertes, welche im Kaschauer Dome
aufbewahrt erscheint, entnommen.
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GRABSTEIN DES STEFAN PERÉNYI.


39

und graziös geschwungenen , ornamental behandelten Helmdecken zu ver-


danken ist, so stellen sich hier gleichwohl mehrere Schönheitsfehler heraus,
sobald wir dasselbe einer eingehenderen Besichtigung unterziehen . So lässt
gleich die Form des nach rechts geneigten halbrunden Schildes manches zu
wünschen übrig und ist insbesondere bei der Figur des Schildes gefehlt
worden, weil dieselbe, erstens ohne jeden heraldischen Schwung, dann aber
(gegen das Gesetz der Raumausfüllung sündigend) auch zu klein in ihren
Höhe wie Breiteverhältnissen ausgefallen ist. Auch die sich als Helmkleinod
wiederholende Kleinodfigur kann durchaus nicht unsern Beifall erringen,
da auch sie ohne jeden Schwung einen plumpen Eindruck macht, sammt
ihren (heraldisch ganz incorrecten ) « dicken » Adlerfüssen . Hier wie dort
lag der Fehler eben darin , dass der Männerkopf markanter dargestellt
wurde , als die Adlerflügel , während es, zum mindesten hier, gerade umge-
kehrt hätte der Fall sein sollen .
Zwei Gegenstände fallen, sowie wir uns das Figurenfeld des Stefan
Perényi'schen Grabsteines näher besehen , noch in's Auge, welche beide, ob-
gleich keine integrirenden Bestandteile des dort befindlichen Wappens bil-
dend, gleichwohl die Berufung haben , mit diesem letzteren vereint oder
aber dasselbe begleitend, zu fungiren . Wir meinen das mit einer besten-
gelten Lilie besteckte Gefäss , wie es rechtsseitig in einer und derselben
Höhe mit dem Gesichte der Kleinodfigur sich befindet, sowie das zweite ,
ledige Gefäss (ein Henkelkrug) , welches die linksseitige Deckenhälfte, links
oberhalb begleitet .
Diese selben Gefässe gehören zu den Insignien des aragonischen Kan-
nenordens , welchen der unter dem hier beschriebenen Grabsteine ruhende
Stefan Perényi besessen haben muss und werden wir diese Decoration im
mitfolgenden Abschnitte einer näheren Besprechung unterziehen .

IX. Grabstein des Johann Perényi. XV. Jahrhundert.

Wenngleich um einige Decennien später verfertigt, ist dieses, dem


jüngern Bruder des vorstehend behandelten Stefan gesetzte Monu-
ment, was Styl und künstlerische Ausführung betrifft, seinem Vorgän-
ger dennoch weit überlegen und nimmt dieses Meisterwerk der Bild-
hauerkunst noch weiters eine hervorragende Stelle ein unter den Produc-
ten der Blütezeit unserer nationalen Heraldik, wie es uns geglückt ist , eine
kleine Reihe von diesen dem freundlichen Leser bisher schon vorzuführen .
Dieses Grabdenkmal , aus rotem Marmor verfertigt und vorzüglich erhalten,
ist 2 M. 14 Cm. hoch und 1 M. 18 Cm. breit und bildet sicherlich eine der
bedeutungsvollsten Sehenswürdigkeiten der Kirche von Terebes im Zem-
pliner Comitate, woselbst dasselbe senkrecht in die Mauer gefügt erscheint.
Die Legende, in ausnehmend regelmässigen Minuskeln von schlanker
40

und nicht alltäglicher Form, beginnt nach einem in der (herald . ) rechten
Oberecke angebrachten , viermal kreisförmig eingefassten kleinen Andreas-
kreuze (welches man auch für eine stylisirte vierblättrige Rose halten
könnte) und lautet wie folgt :

Her est sepultura magnifici dni


Johnis filii emerici de peren, Illustris
simi pncipis dni Sigismuði
dei gra. Ronor . Imperatoris hungarqq . et
boheie etc. regis , dapiferor, ac serenis
si pncipis dni Alberti eade. gra
Ronor, ac hungaie reg. taverni
cor regalium magri. Anno . dni.
M. CCCC LVII obit i . die Joh. bapte.
(Lies : Hec est sepultura magnifici domini Johannis filii Emerici de
Peren, illustrissimi principis domini Sigismundi dei gracia Romanorum
Imperatoris Hungarieque et Bohemie etc. regis , dapiferorum, ac serenissimi
principis domini Alberti eadem gracia Romanorum ac Hungarie regis taverni-
corum regalium magistri . Anno domini 1458 obit in die Johannis Baptiste.)

Diese Inschrift erscheint im Uebrigen mehrmals unterbrochen , als :


oben von dem mit flammenzüngigen Nimbus umgebenen Monogramme des
Erlösers, (herald .) rechts aber von den Insignien des Drachenordens sowie
endlich links durch zwei ledig gelassene, pfahlartige kleinere Flächen und
erscheint endlich der rechtsseitige Schriftenrand im Gegensatze zu den drei
übrigen Rändern (ein kleines Stückchen nur ausgenommen) längs geteilt und
in Doppelzeilen mit viel kleineren Minuskeln versehen, was als ein Ausfluss
des Raummangels anzusehen ist.
Wenden wir uns der Bildfläche zu. Sie zeigt vor Allem das complete
ältest bekannte, prächtige Wappen des Geschlechtes Perényi, wie wir das-
selbe im vorangehenden Artikel eingehend blasonirt haben . Auf dem
rechtsgeneigten Dreieckschilde von edler, scharf markirter Form ruht der
gleichfalls rechtsgekehrte, gekrönte Stechhelm, welcher als Kleinod die.
Wiederholung der Schildfiguren trägt, - diesen eigentümlichen Männer-
kopf zwischen den beiden kühn geschwungenen Adlerflügeln . Diese letz-
tern, sowie auch das ganze Wappen erinnern lebhaft an die herrlichen
: Gebilde des « Sancti Christofori Bruederschafts- Buch » - jenes (bei uns
noch kaum bekannten) mittelalterlichen Wappenmanuscriptes, welches im
!
k. k. Haus- , Hof- und Staats -Archiv Wien , sub Tyrol, Loc. 33/100 sorg-
sam gehütet wird.
Aus der Helmkrone entwickeln sich die bereits ornamental behan-
delten, laub- oder blattartigen Decken in vier Hauptstämme oder Aeste und
X

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in
--

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2
2
3
DISOULSION

Detgra Bonor3mpatons
- hungargot

GRABSTEIN DES JOHANN PERÉNYI,


42

darf wohl diese « Vierteilung » als untrügliches Hauptcharakteristikon des


spätgotischen Styles der Heraldik angesehen werden . Auch entspricht die-
selbe, so einfach sie ist, allen Regeln architektonischer Schönheit und war
durch die Natur der Sache gewissermassen bedingt. Die zwei obern hinauf-
strebenden und kürzern sind bestimmt die eine mehr oder weniger entste-
hende Lücke um den Verbindungspunkt zwischen Helm und Kleinod aus-
zufüllen, die beiden untern herabwallenden und längern Aeste aber dienen
dazu den Schild zu umschliessen und ihm eine gefällige Rundung zu ver-
leihen, mögen sich nun diese vier Hauptäste in ihren weitern Biegungen
zuerst nach Aussen und dann nach Innen oder umgekehrt wenden.
Wie die Baukunst und Ornamentik des XV. Jahrhundertes sich durch
zierliche Dekorationen und reichen äusseren Schmuck kennzeichnet, so
auch hier ; man begnügt sich nicht mehr die Wappen einfach aus Schild
und Helm zusammenzusetzen , sondern bemüht sich , denselben einen aus-
gesprochen decorativen Charakter zu geben, der sich besonders in den an
den Enden vielfach geschwungenen und gezackten Decken ausspricht,
und im Ganzen einen sehr gefälligen und anziehenden Eindruck macht.
So hätten wir denn so ziemlich aller Momente gedacht, inso-
ferne dieselben das hier vorkommende Wappen in seiner Gesammt-
heit betreffen, bei welch letzterem der Künstler noch überdies bedacht war,
die Ausläufer (Blätter) der graziös sich aus- und einbiegenden Aeste
(Decken) bald auf ein das Wappen umgebendes Ordenszeichen leicht ab-
fallen oder dasselbe umschlingen zu lassen, bald wieder die sich ergehen-
den leeren Flächen des Figurenfeldes mit diesen auszufüllen . Gleich gelun-
gen ergeben sich in ihrer Form, wie bereits Eingangs angedeutet, sowie in
ihren Dimensionen und gegenseitigen Verhältnissen, Schild, Helm und
Helmkrone, und ist endlich auch die angewendete Plastik eine vollkommen
gelungene zu nennen .
Nicht weniger interessante (und deshalb auch den Wert dieses
Monumentes erhöhende) Bestandteile sind die mehreren Ritterordens-
insignien, welche wir, teils den Wappenschild des Johann Perényi um-
schliessend, teils das Gesammtwappen begleitend , ebendortselbst aus dem
Steine gemeisselt vorfinden.
Die Verwendung von Ritterorden auf Grabsteinen tritt, wenn auch
sporadisch bereits früher vorkommend (wie wir es auch auf dem Monu-
mente des Stefan Perényi gesehen) - insbesondere erst in der Mitte des
XV. Jahrhundertes auf und wurden diese Ehrenzeichen dann so ange-
bracht, dass sie bald in den Wappenschild gelegt und denselben auf diese
Weise quadrirend, bald aber als im ersten und vierten Felde aufgenom-
men figuriren ; endlich auch den Schild umschlossen hielten , oder neben
dem Wappen, ohne Verbindung mit demselben, erscheinen.
Der Grabstein des Johann Perényi weist uns die Insignien von drei
43

bestanden gewesenen solchen Decorationen vor¹ , welche wir nach einan-


der vorführen wollen , als :
1. Der Ritterorden von Cypern oder der Cyprische Orden .
Es ist dies einer der ältesten christlichen Ritterorden , welcher 1195
durch das Haus Lusignan auf der Insel Cypern zur Bekämpfung der Un-
gläubigen gegründet wurde und sich bis zum XV. Jahrhunderte erhielt . Die
Devise war : « pour loyauté maintenir » , die Insignien aber ein kleines
Schwert, von einem Bande in S-Form umgeben. Das Ganze wurde an einer
aus dem Buchstaben S zusammengesetzten Halskette getragen . Diese Hals-
kette kömmt auch so vor, dass die einzelnen Glieder derselben das von dem
8
Bande in S - Form umgebene Schwert aufweisen.
Von den Insignien des genannten Ordens finden wir auf unserem
Grabsteine die von dem Buchstaben S zusammengestellte Halskette vor,
welche den Schild des Johann Perényi umgibt, hier in zwei Schnallen
endigend, welche beide mit einem Dreipasse (Kleeblatte) verbunden
erscheinen, woran eine Rosette gehängt ist, welche wieder mit einem
kleinen Medaillon belegt erscheint.¹

1 Verwandt mit diesen alten Orden sind wohl auch die Ritterbundzeichen >>
zu nennen. Ueber diese Abzeichen sowie insbesondere über jene Rittergenossen-
schaften, denen dieselben angehörten , ist leider so wenig, so zahlreich sie auch
waren, bis nun bekannt, dass sich über dieses interessante Thema nicht viel sagen
lässt. Solche «Bundeszeichen >> waren der Zopf, der Schwan, Panther, Eidechse,
Pfauen, ein Gürtelschnallenkranz, Abzeichen der Fürsprengel, einer von Karl IV. zu
Nürnberg zumeist für den fränkischen Adel gestifteten Rittergesellschaft, die sich bis
1620 erhielt, ein Kreis mit vier weissen, mit roten Kränzen überzogenen Schildlein
u. dgl. m. Die meisten dieser Zeichen erscheinen mit Metallfarben und vermittelst
Ketten mit langen Gliedern an dem untern vorspringenden Teile des Stechhelmes
befestigt, manchmal geht auch die Kette aus dem Helm unten heraus. Es erscheinen
diese Ritterbundzeichen, im Uebrigen auch den Wappenschild oder den Helm umge-
bend, wie z. B. (sub d . 1408 ) bei Sigmund Graf v. Vorchtenstein (s. Scti. Christofori
Bruedersch . Buch) - oder dem Wappen sonstwie angehängt.
2 Müller v. Mothes : Archeologisches Wörterbuch I. 310 ; Lind : Mittelalter-
liche Grabdenkmäler. II. 50.
3 Siehe auch das Grabdenkmal des Friedrich von Hohenberg ( † 1459) im
Kreuzgange des Klosters Lilienfeld.
* Diese Halskette, welche man ganz genau wie hier, auch auf dem Grabsteine
des Thomas Mowbray Herzogs von Norfolk (1392), in der St. Marcuskirche von
Venedig vorfindet, soll anfänglich ein rein geistliches oder Mönchs- und Bruder-
schaftsabzeichen gewesen sein. - Euphemia von Kondriaffsky, welche in ihrem
bezüglichen Artikel (Herald. geneal . Zeitschr. Adler, III . 4. 74) bedauert, den Ueber-
gang zu den Ordensketten der ersten Reichsbarone in England hier nicht zu
kennen, berichtet nach Hawkins (history of music) über den ersten Ursprung des
«Collar of S. S.» : --- dass unter dem römischen Kaiser Diocletian zwei Senatoren,
Brüder, Simplicius und Faustinus den Märtyrertod gelitten. Man hing ihnen an Ket-
ten Steine um den Hals und warf sie in den Tiberfluss . Zur Erinnerung trugen die
44

2. Der aragonische Kannen- oder Mässigkeits - Orden (ordo temperan-


tiæ , ordre de la vase de la Sainte Vierge etc. ) xxx im Jahre 1410 von Al-
fons V. von Aragonien zu Ehren der heil. Jungfrau Maria und zur Bekäm-
pfung der Mauren in Spanien gegründet.
Insignien Ein Medaillon, in welchem die auf einer Mondessiche!
stehende heilige Jungfrau, am rechten Arme das Jesukind, in der Linken
ein Scepter haltend ; daran hängend ein geflügelter Greif, ein Band mit der
Inschrift : « per bon amour » ¹ haltend. Das Ganze hängt an einer aus Kan-
nen gebildeten Kette, deren jede einzelne mit je drei bestengelten natür-
lichen Lilien besteckt erscheint.2
Zu Rodenegg in Tyrol, im Stammschlosse der Wolkenstein (welches
um die Mitte der 70- er Jahre in den Besitz des Grafen Guido Karácsonyi
überging), war noch zu besagter Zeit ein Original - Miniatur- Portrait
aufbewahrt, welches Ritter Oswald Wolkenstein, den berühmten Minne-
sänger ( 1367-1445) mit den Insignien dieses Ordens geschmückt vorstellte .
Die Brust ziert hier die aus den (mit je drei Lilien besteckten ) Kan-
nen gebildete Kette, an welcher ein geflügelter Greif an einem einfachen
Kettchen hängend , befestigt erscheint. Dieselbe Kanne kömmt dort noch-
mals vor unter den Insignien des Drachenordens , - beide Abzeichen auf
3
einem über die linke Achsel geworfenen breiten Bandelier.
Auch Kaiser Friedrich III. war Ritter des Mässigkeits - Ordens, und
erscheint auf einem in der Ambrasersammlung aufbewahrten Bilde mit
der aus Kannen gebildeten Halskette und dem daran hängenden Greifen .
Verschiedenartig erscheint dieser Ritterorden auf Grabsteinen dar-
gestellt und verwendet ; bald zeigt sich die, vorstehend erwähnte , aus
Kannen zusammengestellte Kette, den Wappenschild umgebend ; bald
kommen dieselben Kannen kreisförmig aneinandergereiht vor , und wie-
der andern Orts tritt der Greif in schreitender Stellung und mit dem

Anhänger des h. Simplicius silberne Reifen mit S. S. ( St. Simplicius) um den Hals.
Zwischen diesen Buchstaben befanden sich zwölf kleine Platten, auf denen die zwölf
Glaubensartikel und ein einfaches Kleeblatt gravirt waren, während das Bild des
h. Simplicius von dem Halsreif herabhing. So berichtet auch Simphosius Amalarius ,
Dechant von Metz.
1 Also geschrieben !
" Sacken (Katechismus der Heraldik, 1880. Pag. 119), weicht in der Beschrei-
bung dieses Ordens mehrfach ab und berichtet wie folgt : « Goldne Kanne aus der
drei Lilien hervorkommen und an welcher unten ein goldner Greif hängt, ein Band
mit Aufschrift « Por los amor» in den Pranken haltend . Die Ordenskette, abwech-
selnd Kannen und Greifen. >>
3 Csergheő : Von alten Burgen aus Tyrol. Hof- und Adelszeitung. Berlin, 1876
Nr. 17.
Grabstein des Reinprecht v. Wallsee († 1450) in Säusenstein.
Florian von Losenstein († 1452) in Garstein.
45

Spruchbande in den Krallen auf, das Ganze besteckt mit einer mit drei
Lilien versehenen Henkelvase.¹
Auf unserem Grabsteine sind die Insignien dieses Ordens vertreten :
durch ein Bandelier, welches (in Form eines Achters den Helm sammt
Kleinod linksseitig begleitend) mit der beiderseits behenkelten , mit drei
(1 , 2) bestengelten, beblätterten Lilien besteckten Vase belegt erscheint und
welches in der obern Oeffnung ein Spruchband birgt.
3. Der Drachenorden.2
Dieser Ritterorden wurde von König Sigismund Ende des XIV. Jahr-
hundertes (nach Einigen sub d. 1378 , nach Andern aber i . J. 1387)
gegründet und erscheint dessen Existenz auch diplomatisch- sphragistisch
schon von 1397 an festgestellt, während mit dem Stiftungsbriefe von
12. Dezember 1408 - aus dessen Wortlaute auch der Zweck dieser
adeligen Genossenschaft d . i. die Bekämpfung der Schismatiker erhellt
der genannte Orden nur von Neuem regulirt wurde.
Der Drachenorden nannte zwei Insignien sein eigen, als : den kreis-
rund gebogenen (goldgrünen) vierfüssigen , geflügelten (meist feuerspeien-
den) Drachen , welcher das Schwanzende mehrfach geringelt um den
Hals trug - und das goldene Kreuz, an welchem dieser Drache befestigt
erschien . Das Kreuz war unten mit dem Spruche versehen : « O quam
misericors est Deus » ; auf seinen Armen aber mit : «justus et pius. » ³
Man unterschied zwei Classen von Rittern dieses Ordens. Die erste
bestand aus der festgesetzten Anzahl von 24, welche die Berechtigung
hatte, die gesammten hier angeführten Insignien zu tragen und zu be-
nützen ; während die andere Classe, deren Kopfzahl unbeschränkt war, sich
nur allein des Drachens bedienen durfte.
In der Heraldik erscheint der Drachenorden zumeist den Wappen-
schild (sporadisch auch das Gesammtwappen) umschliessend , und wurde
(bezw. wird annoch) von dieser Regel nur selten abgewichen . Eine Anzahl
von ungarischen Geschlechtern , welche unter den directen Vorfahren Rit-
ter dieses Ordens zählt, führt noch gegenwärtig dieses alte Ehrenzeichen
um den Schild geschlungen aus Pietät fort, bezw. um den Mittelschild ,
dort, wo das Stammwappen dann im Laufe der Zeiten vermehrt worden
war. Indessen treffen wir ganz dasselbe Abzeichen mit dem Wappen ver-

1 Georg Perkhaimer ( † 1450) in Schöndorf und ein anderer Grabstein mit


nicht mehr lesbarer Legende in Neuberg.
2 -
Fejérpataky : Chapi András czímere és a Sárkányrend . Turul J. 117–119 .
Kubinyi és Vahot : Magyarország és Erdély képekben. II ; A Sárkányrend. Lind :
Ueber mittelalterliche Grabdenkmale. II. 50. Müller und Mothes : Archæologi-
sches Wörterbuch.
3 S. den Grabstein des Reinprecht von Wallsee.
4
* Vergl. den Artikel XX und das dort blasonirte Tumba- Wappen des Stefan Dobó.
46

bunden auch bei solchen Geschlechtern vor, deren Ahnen niemals


den genannten Orden besseren hatten. Es ist daher am Platze hier zur
Vorsicht zu gemahnen und dies umsomehr, als wir es bei dieser letztge-
nannten Geschlechtsgruppe durchaus nicht ausnahmslos mit einer will-
kürlichen Aufnahme dieses Abzeichens zu thun haben.
Es sind nämlich Wappenbriefe aus dem XVII . und sogar aus dem
XVI. Jahrhunderte bekannt, in welchen dem Neugeadelten der Drache
(ohne weitere textliche Motivirung), vereint mit dem Wappen vom Landes-
herrn verliehen wurde, hie und da sogar mit dem " roten Kreuze » auf
dem Rücken, was doch die erste Classe des wirklichen Drachen - Ordens zu
bedeuten hatte.
Emerich, der Vater des unter diesem Grabsteine ruhenden Johann
Perényi, Obersttruchsess und Kanzler, zählte zu den vornehmsten Mitglie-
dern (barones) dieses Ordens und finden wir seinen Namen auch im bezüg-
lichen Stiftungsbriefe ausdrücklich angeführt.
Auch Johann Perényi, sein Sohn , war ohne Zweifel ein Baron des
Drachenordens gewesen , da auch er beide Insignien als Begleitung seines
ererbten Wappens auf seinem Grabsteine führte.
Dieser Johann war Obergespan von Zemplin und unter König Sigis-
mund Obersttruchsess, unter König Albert aber Oberstschatzmeister. Er
starb i. J. 1458, -- wie Szirmay schreibt in hohem Alter, und wurde in
der Kirche der Pauliner begraben.

X. Grabstein aus Szürthe. XV. Jahrhundert.

Vierzehn Kilometer südlich von Ungvár gelegen , in welcher Stadt


man vergeblich nach ehrwürdigen Grabschriften oder monumentalen Bau-
ten suchen wird die wiederholt in ihrer äussern und innern Gestalt
veränderte alte Burg der Drugeth ausgenommen , befindet sich das
Dorf Szürthe, mit einer kleinen , auf mässiger Höhe gelegenen , dem röm.kath .
Glauben geweihten Kirche, von deren Alter gegenwärtig jedoch nur
noch das aus grauem Trachyte gemeisselte, nun mit einer starken Schichte
Kalk und Mörtel überworfene, im reinen Spitzbogenstyle erbaute Haupt-
portale spricht. Auch die vor dem Hauptaltare in den Fussboden gefügte
Grabsteinplatte ist neueren Datums ; einer viel früheren Periode gehören
dagegen zwei andere, links vom Hauptportale nebeneinanderliegende
Schlusssteine an, sowie ein viertes , ausserhalb des Gotteshauses befindliches
Grab-Monument. In der gegen Süden gelegenen , äussern Seitenmauer der
Kirche eingemauert, oben überdies mit einem Eisenhaken befestigt, stösst
dasselbe senkrecht mit dem natürlichen Boden zusammen . Dieser Grab-
stein ist aus grauem Trachyt, und stellenweise bereits stark abgeflacht wie
theilweise auch schon verwittert ; der Volksmund aber schreibt denselben
47

dem einst hier erbgesessen gewesenen Geschlechte Szürthey zu , welcher


Sage das rechts oberhalb angebrachte Wappenbild auch nicht wider-
spricht. Den Denkstein umgibt auf allen Seiten ein mässig breiter und erha-
bener, flacher Rand, welcher wieder beiderseits eingefasst erscheint innen

GRABSTEIN AUS SZÜRTHE.

mit zwei Leisten sammt Hohlkehle, ausserhalb mit einer gleichen Leiste .
Dieser Rand trägt von rechts oben nach links in erhabenen und sorgfältig
gearbeiteten, regelmässigen gothischen Minuskeln , die Umschrift, welche
in den vier Ecken von je einer (kaum noch erkennbaren) Rosette, in der
Mitte des obersten Schriftenrandes von einem Helm (?) - Kleinode, im rechten
und linkseitigen Rande jedoch oben von je einem Wappenschilde unter-
48

brochen erscheint. Teilweise bereits ganz verschwunden , teilweise nur


noch stellenweise (anscheinend) lesbar, zeigt sich nur der Teil der
Legende, welcher den rechtseitigen Schriftenrand belegt, der jedoch , trotz
aller Bemühungen, bis nun noch immer nicht so zu entziffern war, wie
dies erwünscht gewesen wäre.
Es wurde bereits angedeutet, dass der zersetzende Hauch der Jahr-
hunderte hier stark gewirkt ; nichtsdestoweniger lassen sich die Spuren
einer ursprünglich kräftigen Plastik noch genau erkennen und dies
insbesondere bei der Figur des Unterlagslöwen , beim Lanzenschafte,
bei den Sperruhen und Tartschen sowie bei den rechtsseitigen Umfas-
-
sungsleisten. Es finden sich im Uebrigen , den in seinen Verhältnissen
und in seiner Stellung misslungenen linken Arm der geharnischten
Gestalt ausgenommen , alle Proportionen richtig vor ; die Raumausfüllung
ist durchaus als gelungen zu bezeichnen , sowie wir es hier überhaupt mit
einem Werke aus geschickter Hand zu thun haben .
Das Figurenfeld erscheint ausgefüllt von der ganzen Gestalt (von etwas
unter Lebensgrösse) eines Mannes mit enganliegender gothischer Rüstung,
sammt Kopfbedeckung und Kleinod , eisernen Stulphandschuhen und eben
solchen Schnabelschuhen . Er steht aufrecht, die Stirnseite gerade zugewendet,
mit mässig gespreizten Füssen , (deren linksseitiger, etwas tiefer gestellt
erscheint) auf einem schreitenden Löwen * mit rückwärtsschauendem Kopfe,
herausgestreckter Zunge und emporgehobenem Schweife und hält die
gesenkte Rechte ein blosses , etwas schräglinksgerichtetes Schwert (ober-
halb der Parirstange beim Knaufe ) dessen Spitze unterhalb des Halses des
Löwen wieder sichtbar wird.
Die erhobene, übermässig stark sowie unschon im Gelenke eingebo-
gene Linke fasst dagegen in Schulterhöhe den Schaft einer bis zum Fuss-
rande des Figurenfeldes reichenden , unten mit einem Eisenringe versehenen
Lanze, welche oben mit einem Wappenschilde überlegt erscheint und deren
gerippte Spitze (Spiesseisen) hinter dem oberen Schildesrande des erstern
hervorragt und an die oberste Umfassungsleiste stösst . Die Hüften der
Mannesgestalt, deren Oberkörper und Füsse mit Plattenpanzer versehen

* Von dem XIV. Jahrhunderte an, mit welchem Zeitpunkte die Darstel-
lung der Gestalt der Verstorbenen selbst das alleinstehende Wappen auf Grab-
steinen weltlicher Adeliger zu verdrängen sich anlässt, begegnen wir (sowie auch noch
im XV. XVI . und sporadisch noch im XVII . Jahrhunderte) wiederholt der Sitte, die
Herren auf Löwen als Symbol der Tapferkeit und des Mutes, die Frauen aber auf
Hunden, als Symbol der Treue, stehend abzubilden. Hie und da erscheinen übrigens
die Unterlagshunde (und anderes Getier) auch bei Herren und insbesondere bei der
Geistlichkeit in der besagten Verwendung. Die also verwendeten Löwen wurden ruhend,
schlafend oder wachend und (nur selten) schreitend dargestellt, oft in ihrer natür-
lichen Gestalt, noch öfter aber ganz « verzerrt» , mehr einem grantigen Mopse ähnelnd ,
als dem König der Tiere, wie dies auch hier der Fall.
49

erscheinen, (sammt glatten Achsel- , Arm- und Beinschienen) --- umgibt ein
geschienter und dann ein Kettenpanzer, dessen Enden, spitz zulaufend, bis
zur Mitte des Oberschenkels reichen ; darüber ein mässig breites, lose ange-
brachtes Wehrgehänge, woran wieder ein abwärtshängender schmälerer Rie-
men, welcher einen Dolch aufnimmt, der schräge vor der Mitte des Unterlei-
bes hängt. Die eisernen Stulphandschuhe scheinen sogenannte Fäustlinge
zu sein. Schwerer zu bestimmen ist die oberste Partie, d . i . das Gesicht
sowie die Kopfbedeckung mit dem Kleinode, insoferne, als ein vom oberen
Schriftrande rechts, schräg gegen die Füllung strebender Sprung, welcher
sich dann verastend quer über das Gesicht läuft, --- doppelte Vorsicht
gebietet für eine endgiltige Bestimmung. *
Es ist uns daher heute noch nicht möglich, die Gattung betreffend , hier
präcisirend aufzutreten, auch nicht was den Helm- (Hut-)Schmuck betrifft ;
diesen letzteren beachtend glauben wir jedoch einen halben Adlerflug er-
kennen zu sollen. ** Die beiderseits bis zu den Achseln reichenden , rund-
lichen Haarmassen entsprechen dem vermuteten Alter des Grabsteines.
Von den einzelnen Gesichtsteilen sind kaum noch stellenweise matte
Umrisse erkennbar und ist wieder erhöhte Vorsicht bei dem Munde zu
handhaben ; es ist diese Partie in Folge von Verwitterung sehr vertieft und
daher durchaus nicht mehr zu bestimmen, ob die Oberlippe mit einem
Barte geschmückt gewesen oder nicht. Rechts und links, in und über Ko .
pfeshöhe, sowie knapp unter der innersten Umfassungsleiste des obern

* Zu wie vielen falschen Beschreibungen (Figur und Legende betreffend) ,


solche und ähnliche « Sprünge » auf antiken Gemmen, alten Siegeln, Grabsteinen etc.
schon Anlass gegeben haben, ist bekannt. Hier will ich nur als markantes Beispiel
auf das (wohl vielen Fachgenossen bekannte) Siegel des Königs Ludwig III. erinnert
haben, welches einen bärtigen, lorbeerbekränzten Kopf zeigt, mit einem Sprunge
oberhalb des Scheitels bis unterhalb des Kinnes. Dieser Sprung gab die Veranlas-
sung, dass Nouv. traité de Diplomat (V. Taf. A. 51 ) eine Art Jupiter-Ammon-Kopf
mit Helm und Sturmband daraus gemacht und dass auch Römer-Büchner, dadurch
irre geführt, dieses Siegel, ähnlich falsch beschrieben hat. Erst nachträglich sah sich
derselbe veranlasst (durch Fürst Hohenlohe aufmerksam gemacht) -― es wieder rich-
tigzustellen.
** Ob wir es hier mit einem Helme sammt Kleinode, ob mit einer andern
Kopfbedeckung mit kleinodartigem Schmucke zu thun haben, - es bleibt das eine
wie das andere eine Seltenheit, da die Köpfe der geharnischten männlichen Grab-
steinfiguren dieser Zeiten entweder unbedeckt abgebildet zu werden pflegten, oder aber
mit dem sogenannten « Schaller » versehen. Der eigentliche Kleinodhelm pflegte dann
entweder das Wappenbild überhöhend, oder sonst separat (wohl auch irgend einem
freigewählten Schildträger auf das Haupt gesetzt) - in der Füllung angebracht zu
werden. Mit Kleinod -Helmen bedeckte Köpfe der abgebildeten Verstorbenen auf Grab-
steinen dürften demnach kaum vorzufinden sein. Gleichfalls nicht alltäglich ist das
blankgezogene Schwert in der gesenkten Rechten des Ritters , da wir in den meisten
Fällen diese Waffe als Attribut solcher Figuren « versorgt » vorzufinden pflegen.
Alte Grabdenkmäler aus Ungarn. 4
50

Schriftrandes befindet sich je ein einwärtsgekehrter, mit scharf ausgepräg-


ter Sperruhe versehener Tartschenschild , mit der rückwärtigen Hälfte in
den Schriftenrand ragend, mit nachfolgenden Wappen : a ) Linksaufsprin-
gender Löwe mit emporgehobenem Schweife und schräglinksgerichteter,
unter dem linken Auge hervordringender Pfeilspitze . Die linke Vorder-
pranke ist unsichtbar, die Position des Löwen (nach der Stellung der Hin-
terfüsse zu urteilen ) mehr eine « sitzende. »
b) Reichsapfel mit Band und breitendigem Kreuze , dieses besteckt
mit einem Vogel, welcher rechts oberhalb von einer Krone mit lilienarti-
gen Enden beseitet erscheint.
Die Schildfigur a ) entspricht in ihrer Charakteristik dem Wap-
pen , welches von König Sigismund, sub d. Constanz, in Vigilia Ra-
mis palm., 1418 dem Andreas Chapi als Haupterwerber - und den Ge-
schlechtern : Gálszéchi , Agócsi , Soós, Bocskay und Zerdahelyi, dann aber
auch den Söhnen des Ladislaus Struthei (Szürthey) - als: Stefan, Jacob
und Thomas (als Miterwerber) verliehen wurde.
Dasselbe, in getreuem Facsimile und Texte (nach dem im freiherrl.
Vécseyischen Archive erliegenden Original - Documente) in Turul und dann
bei Siebmacher 2 veröffentlicht, lautet in der Blasonirung : In Blau ein g.
Löwe mit der erhobenen Rechten den silbernen Flitsch eines scheinbar
bluttriefenden Pfeiles fassend, welcher durch das rechte und linke Auge
--
desselben gedrungen erscheint. Kleinod : Die Schildfigur, hier auf
drei Füssen stehend. - Decken : blaugolden.
Was nun die Wappenvorstellung b ) betrifft (unbedingt der Mutter
des als « Szürthey» angenommenen , geharnischten Mannes angehörig) , so
bedauern wir, bis nun nicht in der Lage zu sein , dieselbe endgiltig bestim-
men zu können . Auch das können wir nicht mit Sicherheit behaupten, ob
dieses Wappen einem ungarischen Geschlechte angehörig gewesen, da das-
selbe keinen ausgesprochen nationalen Typus aufweist. Eine allgemeine
Aehnlichkeit hat es (was nur so nebenhin bemerkt sein soll) mit dem Wap-
pen der erloschenen Csupor de Monoszló ; es könnte aber auch polnischer
Provenienz sein.
Es nehmen eine Teilung ihrer ererbten Güter vor dem Erlauer Capi-
tel im Jahre 1329 die Vorfahren der nachmaligen Geschlechter : Chapy,
-
Zerdahelyi, Bocskay, Agócsy, Galszéchy und Zrittey (Szürthey) vor ; — alle
3
als Abkömmlinge des Genus Boksa . Nicht vertreten sehen wir die damals
bereits erloschen gewesenen Kövesdi, sowie die Vorfahren der Soós, obwohl

1 1885. III. 114-118.


2 Der Adel von Ungarn. 257. IV. 15. 5. Pag. 96. Taf. 76.
* Anjoukori okmánytár. II. 452.
51

diese Letztern (wie nicht zu zweifeln) gleichfalls directe Nachkommen des


obengenannten Genus gewesen .
Im Sinne dieses Teilungsbriefes erhalten : Tomas Simonfia und des-
sen Sohn die Güter Struthe ( Szürthe) , Choop (Csap ) und Rad (Ráth) im
Ungvárer, sowie einen Teil von Zeech und Kereple im Zempliner Comitate
und wurden diese die Begründer des Geschlechtes Zrittey oder Szürthey,
welches mit Nicolaus IV. erlosch, der i. J. 1596 bei Keresztes fiel .
Unser Grabstein, welcher in jeder Beziehung dem Style entspricht,
wie derselbe in der Mitte des XV. Jahrhundertes vorgeherrscht, dürfte ,
wie zu vermuten, einem der beiden Söhne des Domokos , d. i . dem Nikolaus
oder dem Ladislaus Szürthey de Szürthe, gesetzt worden sein .

XI. Grabstein des Ladislaus Sirokay. XV. Jahrhundert .

Zu Siroka im Sároser Comitate steht, eingemauert in einer kleinen


kapellenartigen Nische , welche westlich gelegen erscheint von der wieder-
holt adaptirten, ursprünglich aber im Spitzbogenstyle erbaut gewesenen
Ortskirche, ein Grabstein von rotem Marmor, dessen Höhe 2.28 und dessen
Breite 126 Meter beträgt.
Der Stein ist nicht mehr unversehrt erhalten ; die obere rechte und
die untere linke Ecke sind abgebrochen, die Bruchteile hier jedoch (inso-
weit dies noch ermöglicht war) wieder an die alte Stelle gebracht worden .
Von dem breiten Schriftenrande sind nur drei Seiten noch zu
erblicken , (da die untere, vierte, teils abgebrochen teils durch Mörtel ver-
deckt erscheint) - in welchen die Legende, wie folgt mit Minuskeln ein-
gegraben erscheint :

ar ef
et . Reueredus . inxpo . | pater . dns . ladislavs · de ·
Syroka · Epp · olien · Soffr • | **
un · die • mensis ianvari . and · dni • 18

(Lies : Hic jacet reverendus in Christo pater dominus Ladislaus de


Syroka episcopus Neopoliensis Suffraganeus episcopi Agriensis obiit XXIIII
die mensis januarii anno domini 1487. )

Die in kräftiger Plastik gehaltene, vorwärtsschauende , gedrungene und


starke Gestalt des Bischofs in vollem Ornate (in pontificalibus) füllt das
ganze Figurenfeld aus.
Der Scheitel desselben erscheint mit einer auffallend breiten, oben
mit einer Kugel besteckten Mitra von der ausgesprochenen Form des
XV. Jahrhundertes bedeckt, deren Stoff, mit den aus Blumenvasen ragen-
den Rosetten und Akanthus -Motiven, die Ornamentik der italienischen Re-
naissance aufweist ; die Ränder der Mitra aber, sowie der breite Längen-
52

streif welcher dieselbe in zwei gleiche Hälften teilt, zeigen sich als mit
Edelsteinen und Perlen ornamentirt und facettirt, während die gleichfalls
reich verzierten und in Quasten endigenden Pendilia, von dem Polster weg ,
auf die Schultern der Gestalt wallen .
Unter dem untersten Rande der Mitra wird das weisse Stirnband (cir-
culus) als schmaler Streif sichtbar. Das bartlose, volle Gesicht (zweifellos
ein getreues Portrait des einstmals Lebenden), trägt Ruhe und Würde zur
Schau, und lassen die Züge auf ein bereits vorgeschritteneres Alter schlies-
sen. Augen und Lippen sind geschlossen ; die Nase ist leider beschädigt,
was einen störenden Eindruck macht.
Die faltenreiche Casula, mit hohem, auffallend breitem (gleichfalls mit
Akanthus -Blättern versehenem) Kragen , scheint ohne Verzierung gewesen
zu sein, während darunter, die Tunicella wieder schöne Renaissance-Motive
aufweist. Unter der Tunicella zeigt sich ein Teil der Alba, welch ' letztere ,
gleichfalls in reichen Falten abfallend , die vordere Bekleidung (sandalia )
des linken Fusses erkennen lässt. Handschuhe (manicularia) mit Blätter-
zweigen verziert bedecken beide Hände und weisen die ersteren die an
ihren Enden angebrachten Quasten vor. Während auf der einwärtsgeboge-
nen, aufwärtsgehaltenen Rechten, ein mit dem Rücken bis zur Brusthöhe
reichendes, etwas schräge gerichtetes Evangeliumbuch aufliegt, dessen
Ecken- und Mittelverzierungen aus Metall noch an die Gotik gemahnen, —
hält die bis zur Schulterhöhe erhobene, mit dem Rücken nach einwärts
gebogene linke Hand das Pastorale, dessen nach links gekehrte , schne-
ckenartige Krümmung (crosillon ) aus Akanthusblättern besteht und dessen
Mittelstück oder Auge von einer Renaissance- Rosette gebildet erscheint.
Die hohe Geistlichkeit erscheint auf Grabdenkmälern bis zum Ende des
XV. Jahrhundertes (mit nur geringen Ausnahmen) mit dem Evangelium-
buche in der Rechten und mit dem Hirtenstabe in der Linken ; von dem
Anfange des XVI. Jahrhundertes aber an mit dem Stabe in der Rechten
und dem Buche in der Linken abgebildet.
Das unter der Krümmung sich befindliche Pomellum wird bedeckt
von einem um den Stab des Pastorales geschlungenen Schleier (velum ,
sudarium) . Das Haupt des zugleich liegenden und stehenden Bischofs ruht
auf einem grossen , oblongen (die vier Ecken mit dicken Quasten besteck-
ten) Polster, dessen Oberfläche mit schneckenartigen Ranken bedeckt
erscheint, welche schön geformte Rosetten und Knospen umschliessen.
Hier wie bei den übrigen Verzierungen war es von nicht zu unter-
schätzendem Vortheile, dass der Hintergrund durchwegs « körnig, » die Ver-
zierungen aber glatt behandelt worden waren , wornach sich dann diese
letztern vorteilhaft abheben konnten.
Im Grossen wie in seinen Einzelnheiten kräftig, plastisch und
kunstvoll ausgearbeitet, nimmt dieser Grabstein weitaus den ersten
GRABSTEIN DES LADISLAUS SIROKAY.
54

Rang ein unter allen andern uns bisher bekannt gewordenen dieser Kate-
gorie unseres Heimatlandes , und ist derselbe, insbesondere für die Kunst-
geschichte, von bedeutendem Werte.
Rómer hat die zur Jahreszahl gehörige dritte Ziffer als A gelesen ;
Myskowszky dagegen glaubte (so viel es die Undeutlichkeit der Bruchstücke
noch zu erkennen zuliess ) einen « Achter » feststellen zu sollen 2, während
8
Pray (wieder nach derselben Legende) bekannt gibt : dass Ladislaus Siro-
kay, Bischof von Nicopolis , am 24. Jänner 1487 verstarb . Sehr wahrschein-
lich, dass dieser Grabstein, zur Zeit als der hier zuletztgenannte Autor
denselben als Quelle benützte, in besserem Zustande war als heute und
dass die Jahreszahl demnach dazumalen noch deutlich zu lesen war. Wir
sind geneigt die Angabe von Pray als die richtige anzunehmen.
In den letzten Decennien des XV. Jahrhundertes, zur Zeit als König
Mathias von Ungarn die hervorragendsten Vertreter der Renaissance,
aus Italien berufen ins Land gezogen hatte, als : Bildhauer, Maler
und Baumeister, begannen dieselben in Ofen, sowie in den mehr unten
gelegenen Gegenden , woselbst der gothische Styl niemals tiefe Wurzeln ge-
schlagen hatte, ihre Meisterwerke der reinen Renaissance, frei von diesen
Reminiscenzen, also ohne Uebergang zu schaffen ; während in Oberungarn ,
allwo die Baukunst vollkommen von der Gothik beherrscht war, die Re-
naissance nur langsam an Boden zu gewinnen vermochte, zuerst bei der
Ornamentik und dann bei der Construction auftretend.¹
Als Repräsentant dieser besagten Uebergangsperiode und der Ent-
wicklung derselben ist auch der hier in Behandlung stehende Grabstein
mit der darauf befindlichen Figur anzusehen, deren Beschaffenheit, Gestalt,
Kleidung, Faltenwurf etc. noch an die Gothik gemahnen, während das
ornamentale Moment der Renaissance angehört. Es ist das älteste uns
bisher bekannt gewordene Denkmal aus Oberungarn , welches die unleug-
baren Merkmale des Einflusses der italienischen Schule zur Schau
trägt.
Unterhalb rechts, zur Hälfte den Schriftenrand, zur andern Hälfte
aber einen Teil der Tunicella und Alba verdeckend , erscheint ein
Schild mit eingebogenen Seitenrändern , mit folgendem Wappen : Adler aus
einer Krone wachsend, im Schnabel (wie es scheint) einen Kranz haltend .
Dieses Wappen erscheint, trotzdem die Blütezeit der Heraldik in die-
ser Zeit bereits schon lange vorüber war, dennoch genügend gut entworfen
und ausgeführt.

1 Arch. Közl. Új foly. VI. 209.


2 Nach der von ihm i. J. 1888 bewerkstelligten persönlichen Aufnahme des
Originales .
Hyerarchia etc., Tom. I. Pag. 213.
4 Myskovszky Victor, A renaissance kezdete és fejlődése. etc.
55

Es beginnt nämlich in der vorstehenden Periode (wie auch bereits


schon vor derselben) der Adler als Wappentier, die in der Glanzepoche auf-
habende, steife, gerade Haltung zu verlieren ; sein Kopf wird platter, aus
dem geöffneten Rachen ragt die Zunge ; der Hals zeigt sich schmäler und
gekrümmter und die Schwanzfedern radspeichenartig. Alle diese Mängel ,
charakteristische Merkmale des Verfalles der Heraldik, erscheinen (mit
Ausnahme etwa des abgeplatteten Kopfes) auf unserem Grabsteinwappen
vermieden und finden wir dort den Adler mit starkem geradem Halse und
stylisirten Hals- und Leibfedern genau so, wie er in der « lebenden >> Periode
war, sowie endlich auch mit nach abwärts strebenden Schwungfedern , als
deren Fehler nur der dort zum Ausdruck kommende (wenn auch nicht
gerade übertriebene) naturalistische Hauch, sowie die Dichtigkeit der
Federn erwähnt zu werden verdienen.
Dieses Wappen ist dem Geschlechte Sirokay de Genere Aba angehö-
rig¹ und haben wir bereits bei Gelegenheit der Beschreibung des Gagyi- Wap-
pens es besprochen , 2 auf welche Weise es geschah, dass ein Teil der Nach-
kommen des eben angerufenen Genus die aufgeerbte Balken- (Theilungs- )
Formation des Schildes mit dem Helmkleinod - Adler vertauschte.
Es erübrigt demnach nur noch die Hervorhebung desjenigen Umstan-
des dass , während bei den übrigen Geschlechtern « de Genere Aba » mit
dem Adlerwappen , dieser letztere, entweder auf einer Laubkrone (gekrön-
tem Dreiberge) oder auf einem Hügel stehend vorkommt, die Sirokay,
einen aus einer Laubkrone « wachsenden » Adler vorweisen (zum Mindesten
auf dem Grabsteine des Bischofs Ladislaus) - welche Abweichung je-
doch (wie wir es für analoge Fälle bereits besprochen ) vollkommen bedeu-
tungslos ist.
Auffälliger und von schon grösserem Belange ist es , dass der von dem
Schnabel des ursprünglichen Aba -Kleinodes (d . i . des Adlers ) gehaltene
Kranz im Laufe der Zeiten sich in einen Ring verwandelt.
Der Ursprung des Geschlechtsnamens « Sirokay» lässt sich bis zu
dem Jahre 1330 zurückführen , zu welch' besagter Zeit, Comes Peter de Ge-
nere Aba und dessen sechs Söhne, mit Palatin Wilhelm Drugeth einen
Tausch eingehen und für die Burg Szaláncz sammt Zugehör , die Dörfer
Pertoldt , Hedrychfalva, Ferich und Syroka im Sároser Comitate, ein-
tauschen."

¹ Mit ganz demselben Wappen siegelt sub d. 1377 Paul Somosi (de Genere
Aba) Vicegespan v. Zemplin . Siehe : Gr. Stáray oklevéltár, I. 440. I.
2 Vergl. Pag. 8-10.
3 Vergl. Pag. 4.
4 Vergl. Pag. 7.
5
Wagner, Diplomatarium Sarosiense 331.
56

Die Nachkommen von zweien dieser sechs Söhne nahmen dann den
Namen Sirokay auf. Doch nur kurze Zeit war es dem neu gegründeten Ge-
schlechte gegönnt sich zu erhalten , da beide Linien und zwar die ältere
in der fünften , die jüngere aber bereits in der vierten Generation, mit
den letzten Jahren des XV. Jahrhunderts vielleicht sogar zur selben
.
--
Zeit erloschen. Ladislaus Sirokay, bereits i . J. 1474 Bischof von Nicopo-
lis , ¹ Domherr von Erlau und Suffragan (Weih- Bischof) des Bichofs von Erlau,
dessen Gestalt auf dem hier behandelt gewesenen Grabsteine verewigt
wurde, war zugleich einer der letzten Mitglieder dieses Geschlechtes.

XII. Grabstein des Stefan Telegdy. XVI. Jahrhundert.

« Telegd war der Mittelpunkt der sogenannten « erdőháti » Besitzun-


gen des Genus Csanád ; die Kirche dortselbst, im gothischen Style, wurde
zu Ehren des heiligen Stefan von Ungarn, welcher ein Ahnherr des vorste-
hend genannten Geschlechtes gewesen , zu Beginn des XVI. Jahrhundertes
von Stefan Telegdy erbaut, welcher zugleich auch ihr Patron wurde. »
So ungefähr finden wir es verzeichnet in dem bereits einmal in diesen
2
Blättern hervorgehobenen Werke des Domherrn Vincenz v. Bunnyitay, des-
sen Güte wir auch die Abbildung des mitfolgenden Grabsteines verdanken .
Dieser befindet sich eingemauert in der südlichen Wand des Sanctuariums
der eben genannten Kirche, hat eine Höhe von 1.78 und eine Breite von
0.76 M. und ist in vorzüglich erhaltenem Zustande . Der breite , glatte,
vom Figurenfelde sich abhebende Schriftenrand trägt, an Capitälstelle
begonnen, mitfolgende Legende in Lapidarbuchstaben :

STEPHANUS · THELEGDI • REGIS .



DEIND ( E ) REGNI HV ( N ) GARI ( E ) · THESAURARIUS
EXTERN (I ) S REG (I) B
(VS ) · NO | ( T ) VS CHARUSQ (VE ) · HOCSAXV ( M ) | P(ER)
·
PETVA SIBI POSTERISQ (VE ) SV (I) S Q (V) I
·
ETE POSVIT A(NN) O 15 ..

Die Jahreszahl ist, wie es sofort auffallen wird, unvollständig, indem nur
allein das Jahrhundert bezeichnet erscheint, für alles übrige aber der Raum
frei gelassen wurde. Solche Vorgänge stehen indessen nicht vereinzelt da
und machten sich zumeist für jene Fälle geltend , in welchen der Grabstein
noch zu Lebenszeiten Desjenigen, für welchen er bestimmt, verfertigt worden
war, in der Voraussetzung, dass die Ueberlebenden die fehlenden Zahlen

1 Nicopolitanus Neopolitanus Neopoliensis. Siehe Kaprinay : Not. Hung. Dipl .


II. 516 oder 536 und P. P. B. Gams, Series Episcoporum, 1873.
" Nagyváradi püspökség, III. 431.
3
Nagyváradi püspökség, wie vorstehend.
57

zum Todesjahre ergänzen werden, was aber eben hier, nicht geschehen ist.
Die Verfertigung dieses Monumentes wurde demnach unter den Augen des
Stefan Telegdy durchgeführt, was jedoch noch vor dem Jahre 1514 gesche-
hen gewesen sein musste, da er eben zu letztbesagter Zeit (wie wir es zum
Schlusse eingehender besprechen wollen) dem Bauernaufstande zum
Opfer fiel. *
Das vertiefte und nach allen Richtungen hin vollkommen gemäss aus-
gefüllte Figurenfeld wird etwas über der Mitte von einem Wappenschilde
eingenommen, dessen beiderseits eingebogenen Ränder (ein Uebergang der
Tartschenform zur Renaissance) den Styl der Zeit charakterisiren ; das
Wappenbild aber ist wie folgt : In Blau auf einer liegenden natürlichen
Ente stehend ein flugbereiter Geier, mit dem Schnabel in den Kopf des
erstgenannten Vogels zu hacken scheinend .
Dieses Bild entspricht vollkommen genau demjenigen , wie dasselbe
in dem Wappenbriefe vom König Ludwig XII . von Frankreich (ohne Helm
und ohne Kleinod und Decken) eingemalt erscheint - dem Stefan Telegdy
sub d. 1504 verliehen. Das Original erliegt im gräfl . Csákyschen Archive
zu Leutschau.
Da wir im Verlaufe dieses Aufsatzes noch genügende Gelegenheit fin-
den werden, uns mit dem Telegdy-Wappen zu befassen, so werden wir vorher
noch einige Momente beleuchten, welche sich auf die mehr oder minder
bekundete Geschicklichkeit desjenigen Bildhauers beziehen sollen, unter
dessen Händen unser Denkmal entstanden . Fassen wir sogleich die Figuren
des Wappenbildes, vom allgemein künstlerischen Standpunkte genom-
men, in das Auge. Hier zeigt es sich, dass während das eine der dort vor-
kommenden beiden Tiere, der Geier, in jeder Beziehung gelungen ausge-
fallen ist, die Lage der Ente in gleichem Masse misslungen genannt zu
werden hat. Diese letztere sollte am Boden liegend ( d . i. « niedergedrückt » )
dargestellt erscheinen , u . z. in noch lebendem Zustande, und zeigt sich
unterdessen als « Aas » mit von sich gestreckten starren Beinen und ver-
drehtem Halse, so, als wäre sie mit dem Rücken an den Schild befestigt oder
genagelt worden. Dieser markante Fehler, welcher hauptsächlich durch die
vollständige Ignorirung der Perspective entstand , (welche bis zu gewissen
Grenzen auch in der Heraldik fallweise gestattet wird ) , - nimmt doppelt
Wunder, bei diesem vorstehenden Sculpturwerke, welches sonst (abgesehen
von den Unzukömmlichkeiten heraldischer Natur) nach allen Richtungen
hin viel Geschicklichkeit sowie auch Geschmack in der Ausführung verrät .
Derselbe Fehler wiederholt sich im Uebrigen noch einmal, in der-
selben Weise , beim Helmkleinode, nur dass hier der Hals der Ente nicht
« umgedreht» erscheint ; der Geier dagegen hackt seinen Schnabel in den

* Bunyitay Vincze, wie vorstehend.


58

Hals und nicht in den Kopf des unter ihm liegenden Vogels und wurde
somit wieder ein anderer Fehler (nunmehr heraldischen Charakters )
hier begangen, insoferne das Helmkleinod , welches sich hier als Wieder-
holung der. Schildesvorstellung präsentirt, auch bis in das kleinste Detail
mit dieser letzteren übereinzustimmen hatte .
Gegen den Brauch und insbesondere gegen alle heraldische Regel ,
ist ferners die Placirung des Erzengels Michael (in genügend plastischer
doch etwas zu gedrungener Gestalt) an Stelle des Helmes sammt
Kleinod . Die beiden Flügel desselben , erscheinen ausgebreitet (flug-
bereit) und zu oberst etwas abwärts- und eingebogen ; die langen Haare ,
wallen bis zu den Schultern nieder und wird die Gestalt von einem
rund um den Hals ausgeschnittenen und schmal eingesäumten , dann beider-
seits latzartig in Dreieckform zurückgeschlagenen, langärmeligen, falten-
reichen Gewande umwallt, welches, um die Hüften festgemacht, bis zu den
sichtbaren Fussspitzen reicht, welch ' letztere auf dem Schildesoberrande
aufstehen.
Die Gestalt hält in der Hand des hocherhobenen rechten Armes
(von welchem der Aermel etwas zurückgeschlagen erscheint) ein Schwert
mit Parirstange schräglinks über dem Scheitel gerichtet, während der
Zeigefinger der gebogenen, bis vor die Mitte des Unterleibes reichenden
Linken, durch das Oehr einer Wage gesteckt erscheint, deren rechtsseitige
Schale die Seelen , die linksseitige (höher sich erhebende) aber die bösen
Geister aufgenommen hat.
Das Vorkommen des Erzengels an Helmstelle erklärt sich aus dem
Vorhandensein der diesen Schild umschliessenden Kette der Halskette
des Ordens vom heiligen Michael.
Dieser Ritterorden , welcher vom König Ludwig XI. von Frankreich
gegründet wurde und sich durch längere Zeit hindurch dort erhielt , bestand
aus einem mit weissem Email versehenen, achteckigen Kreuze mit vier
goldenen Lilien ; die Mitte des Kreuzes war belegt mit einem Medaillon ,
worin das Bild des wiederholt genannten Heiligen, mit folgender Umschrift :
«Immensi tremor Oceani. »
Die Halskette bestand aus silbernen Jakobsmuscheln , welche mit
goldenen Lilien aneinandergefügt waren.
Auf unserem Grabsteine erscheint nur die Halskette u. z. gerade
in derselben Form und Verwendung (um den Wappenschild gelegt) , wie
in dem bereits schon erwähnten Wappenbriefe des Königs Ludwig von
Frankreich und dürfte das Wappen - Verleihungsdatum vom Jahre 1504 sehr
möglich auch als Zeitpunkt der Decorirung des Stefan Telegdy mit dem
französischen Sanct-Michaels Orden anzunehmen sein.
Es ist dies nun der dritte ausländische Ritterorden, mit denen wir
hervorragende Persönlichkeiten des ungarischen alten Adels ausgezeichnet
EXEINS
HVGA
AO
SO

DEIND
REGNI
OSVIT

TIESA
EREGE
POSÉRI

RARI
PRETVA

SEPHANSHELEGDIÈRECIS :

RI
ISS

NO
SVS
SIBI
QIE

/-
P
E

TS - CHARVSO - HOCSAXVI

GRABSTEIN DES STEFAN TELEGDY.


60

gesehen und mit deren Anwendung auf Grabsteinen wir uns in diesen
Blättern nunmehr vertraut machen können.
Der Stechhelm , welcher (wieder gegen alle Regeln der Heraldik) —
hier unter den Schild gestellt erscheint, ist was seine Form, sowie was sein
Grössenverhältniss zu dem Schild betrifft, ziemlich zufriedenstellend.
Auf demselben finden wir (wie bereits früher schon erwähnt ) als Kleinod
die Wiederholung der Schildfigur angebracht. Die Helmdecken streben
beiderseits in je einem Aste nach aufwärts, beinahe den Oberrand des
Schildes erreichend und füllen mit ihren blätterartigen Abzweigungen,
Ein- und Ausbiegungen, alle leeren Zwischenräume des Figurenfeldes auf
gelungene Weise aus . Diese Decken sind zweifellos sehr schwunghaft und
zierlich, ja was die Details betrifft sogar auch mit heraldischem Verständ-
nisse entworfen und ausgeführt ; haben aber ihren Charakter als solche
durch das dort zur Durchführung gebrachte ausschliesslich ornamentale
Moment vollkommen eingebüsst, insbesondere durch das unnatürliche,
übertriebene « Aufwärtsstreben » . - Sie sind hier demnach weiter nichts ,
als zierliche « Arabesken » , welche an Kleinod- und Helmdeckenstelle ange-
bracht erscheinen . Noch viel mehr kömmt aber (vom heraldischen Stand-
punkt aus genommen) die Idee zu tadeln, welche jene zwei Zierraten
geschaffen hat, die vom oberen Schildesrande aus zu beiden Seiten des
Engels, nach aufwärts streben und dann wieder abfallen und denen jede
Existenzberechtigung abgesprochen zu werden hat ....
Wollen wir von dem Totaleindrucke sprechen, welchen dieser Grab-
stein im ersten Augenblicke auf den Beschauer macht, so ist dieser durch-
aus kein ungünstiger, ja sogar ein in mancher Beziehung überraschender
zu nennen, was insbesondere der fleissigen und geschmackvollen Ausar-
beitung der einzelnen Partieen zuzuschreiben kömmt ; besieht man sich
jedoch diese Gesammtvorstellung mit erhöhter Aufmerksamkeit, so fällt
dann successive die bizarre Zusammenstellung bald in das Auge und wird
man durch die in den Vordergrund tretende « Ueberladung » nicht gerade
angenehm berührt.
Das Ganze zwingt nebstbei an « Gedrücktheit » zu denken und trägt
hiezu nicht wenig die bereits besprochene, auf dem oberen Schildesrande
stehende Gestalt des Erzengels bei, welche im Vereine mit dem unterhalb
angebrachten Kleinodhelme, den Wappenschild, welchem hier allein das
Recht zugekommen wäre, markant in den Vordergrund zu treten — ein-
zwängt und so zu einer Nebenrolle herabdrückt.
Wir haben heute bereits zwei Telegdy-Wappen, beide in der Haupt-
wappenfigur übereinstimmend und beide nach besten Quellen dem Leser
vorgeführt ; sie genügen vollkommen, um diejenigen verschiedenen Berichte
in das Reich der Fabeln zu verweisen, welche die Telegdy-Wappentiere als
kämpfende Hähne, Adler etc. vorgeführt haben.
61

Die Telegdy-Wappen blieben sich im Gegenteile ( so weit es zum Min-


desten uns bekannt ist), von dem Augenblicke an begonnen, als dieselben
mit zwei Vögeln aufzutreten beginnen , zu allen Zeiten dem Haupttypus
nach, unverändert gleich.
Anders war dies der Fall mit dem Helmkleinode dieses Geschlechtes ,
wie wir es sogleich sehen werden.
Als Stammwappen der Telegdy ist wohl dasjenige zu betrachten , wie
es auf einem schön erhaltenen Siegel d. d . 1368 des Thomas de Genere Cha-
nád, Erzbischof von Gran, im Reichsarchive Budapest (5672. D. O.) auf-
wahrt erscheint.
Dasselbe zeigt scharf und deutlich einen auf einem Dreiberge stehen-
den Raubvogel, welcher nur ein Geier oder Falk sein kann, da ein Adler
nach dem Style der damaligen besten Zeit unbedingt « en face » und mit
ausgespreizten Schwungfedern abgebildet worden wäre.
Albert Nyáry hat mit dem Vorgange, womit er den Geier
dieses eben genannten Siegels als auf einem Helme (Kübelhelme) ste-
hend in Bild und Text veröffentlichte , eine nicht geringe Confusion ver-
ursacht und es bewirkt, dass von anderer Seite her dem bei Wagner
Collectanea¹ vorzufindenden Telegdy- Wappen, welches die Schildfigur wie
auf dem Grabsteine des Stefan hier jedoch auf einem ungekrönten Rost-
helme vorweist (wie zu vermuten, ein ursprüngliches Helmkleinod wel-
ches dann später erst zur Schildfigur wurde) — eine Wichtigkeit beigelegt
wurde, welche demselben durchaus nicht zukömmt."
Es wäre demnach nur noch zu bemerken : dass der zweite Vogel , die
Ente, ganz zweifellos erst mit Ende des XV. Jahrhunderts in das Wappen
der Telegdy zum bereits da gewesenen Geier gekommen sein mochte, — ein
Vorgang, (Vermehrung in naturalistischem Sinne, bei Aufrechthaltung der
vornehmeren Urfigur) - welcher in der ungarischen Heraldik der dama-
ligen Zeiten wiederholt auftritt.
Das im Alter nächstfolgende Wappen, welches wir zu eruiren im
Stande gewesen sind, stammt vom Jahre 1490 und gehört dem Stefan Te-
legdy, in seiner Eigenschaft als Wojwode von Siebenbürgen an.³ - Der
Wappenschild ohne Helm und ohne Kleinod zeigt bereits zwei Vögel, d. i .
Geier und Ente und zwar in derselben Zusammenstellung, wie auf dem
Grabsteine des Stefan ; - der Geier jedoch mit emporgehobenem Kopfe
(also nicht den Schnabel einhackend), - die niedergedrückte Ente aber
(was ein belangloses Nebenmoment) auf mehreren Hügeln stehend.

1 Decas III. Fig. 9.


2 Magyar sírkövek, Turul, 1889. I. Pag. 35.
3 Reichs-Archiv B. -Pest, D. R. 28646.
62

Es folgt das Wappensiegel d. d . 1611 des Caspar Telegdy.¹ Schild-


figur, wie auf dem Grabsteine des Stefan . Kleinod : Gekrönter doppel-
schwänziger Löwe wachsend, zwischen den vorgestreckten Pranken eine
Blätterkrone haltend.
Anna Telegdy 2 führt auf einem Siegel mit Initialen d. d. 1624 ganz
dasselbe complete Wappen wie Caspar, mit der unbedeutenden Abwei-
chung, dass der (hier einfach geschwänzte, ungekrönte) Kleinodlöwe die
Krone in der erhobenen Rechten hält ; sub. d . 1631 hingegen siegelt wieder
dieselbe Anna 3 mit einem ungekrönten Löwen, welcher sonst genau mit
dem Kleinodlöwen des Caspar übereinstimmt.
Stellen wir nun alle diese soeben vorgeführten Varianten neben das
Grabsteinwappenbild sammt Helmkleinod des Stefan Telegdy (beziehungs-
weise auch neben das sub d . 1504 von König Ludwig verliehene Wappen)
so zeigt es sich (worauf schon früher flüchtig hingewiesen war) dass, während
vom XV. Jahrhundert an begonnen bis zum Erlöschen dieses Geschlechtes
die Schildfigur stets unverändert blieb, das Kleinod gegenteilig einmal (bei
Stefan) sich als Wiederholung der Schildfigur zeigt - dann aber als wach-
sender Löwe auftritt, also vollkommen abweichend von der seit Ende des
XV. Jahrhunderts sich stets gleich bleibenden Schildfigur.
Wann dieses Löwenkleinod von Seite der Telegdy aufgenommen
wurde, aus welchem Grunde dies geschah, endlich, ob alle Mitglieder
dieses Geschlechtes dann in der Folge dieses Kleinod gebrauchten, oder
aber, ob mehrere bei demjenigen Telegdy- Kleinode verblieben sind, wie
es von Seite des Stefan auf dem Grabsteine (und auch sonst) geführt
wurde, sind wir im Augenblicke nicht in der Lage bestimmen zu können ;
möglich indess, dass die Linie des Michael Telegdy, zu welcher der bereits
aufgeführte Caspar, sowie auch Anna gehörten, als Unterscheidungszeichen
von der ältern Linie (d . i . von jener des Stefan) , den Löwen später auf-
genommen hatte.
Derlei Kleinodveränderungen oder auch Vertauschungen kamen (wie
wir wissen) in der Heraldik aller Zeiten und Länder nicht so selten vor.
Wir sehen uns bemüssigt, noch eine Telegdy-Wappenvariante , die
letzte welche uns heute zur Verfügung steht, vorzuführen . Dieselbe findet
sich auf dem Grabsteine der hier bereits wiederholt angerufenen Anna
Telegdy vor, Ehefrau des Stefan Nyáry de Bedegh . Dieses aus rotem Mar
mor gemeisselte Monument befindet sich in der Kirche von Kis- Várda, im
Szabolcser Comitate, und datirt vom Jahre 1635.4

1 Archiv Kende de Kölcse.


2 Árvaer Schlossarchiv, Nicolaus junior von Kubinyi'sche Sammlung.
3
Rajcsányi Ad., Siegel - Copien . Mscr. im R. A. B. P'est.
Siehe auch : Györgyényi Ignácz, Kis-Várda . etc.
84
15
00-
15

BIT.

2 3 8 10
Neter 1

STEFAN TELEGDY.
64

Die Schildfigur des linksseitigen Wappens ist, mit Ausnahme eines


Felsstückes , welches dort als Unterlage erscheint, dem Grabsteinwappen
des Stefan Telegdy (und somit auch allen anderen, uns bis nun bekannten
Telegdy- Wappen) gleich; das Kleinod dagegen zeigt ein Nebenattribut, wie es
uns bisher eben bei den Telegdy-Helmkleinoden noch nicht untergekommen .
Dieses ist nämlich eine Wage, welche von dem wachsenden, doppelschwän-
zigen, gekrönten Löwen in der ausgestreckten Linken gehalten wird,
während die rechte Vorderpranke die bereits bekannte Krone emporhebt.
Diese Variante, an und für sich schon interessant, gewinnt überdies
noch an Wert wenn wir in Betracht ziehen, dass sie die zweite (bezw.
dritte) ist, welche von einer und derselben und noch dazu von einer
so hervorragenden Persönlichkeit geführt wurde.
Wäre der Grabstein des Stefan Telegdy uns unbekannt geblieben, so
würde es uns wohl kaum gelungen sein, die Provenienz dieses neuen
Kleinod-Attributes zu erklären ; so aber liegt die Wahrscheinlichkeit sehr
nahe, dass eine in dem vorstehenden Geschlechte aufrechterhaltene Pietät
gegen den ermordeten königlichen Schatzmeister Stefan Telegdy dieses
Andenken gestiftet, nichts anderes, als wie die von dem heiligen Michael
des hier behandelt gewesenen Grabsteines gehaltene Wage.
Derselbe Stefan, ein Sohn des Johann Telegdy und der Elisabeth
Báthory, spielte eine hervorragende Rolle in der Geschichte seines Landes . So
treffen wir denselben im Jahre 1488 und 1490 als Vicewojwoden von Sieben-
bürgen, dann aber als Oberstschatzmeister des Königs Ulászló II . an. Dieser
König entsendet ihn 1503 zur Schlichtung der Streitigkeiten zwischen
König Alexander von Polen und dem Wojwoden der Moldau und vertritt
Stefan Telegdy seinen Monarchen gelegentlich der Krönung des polnischen
Königs Sigismund im Jahre 1506.
Zur Zeit als Cardinal Thomas Bakócz den Kreuzzug gegen die Tür-
ken betrieb ( 1514), war es wieder Stefan Telegdy, welcher sich zum grossen
Gegner dieser Thätigkeit erklärte, indem er in den unter dem Zeichen des
Kreuzes sich ansammelnden Massen in erster Linie die Hefe des Volkes
und andere Arbeitsunlustige erkennen wollte und dies mit profetischem
Blicke, wie der auf dem Fusse folgende Bauernaufstand es bewies . Er selbst
fiel endlich, mit vielen Andern , als Opfer dieser Empörung von Seite des
Bauernführers Georg Székely bei Csanád gefangen genommen, welcher
ihn unter ausgesuchten Martern vom Leben zum Tode bringen liess .

Gegenüber dem soeben besprochenen Grabsteine befindet sich ein


anderes Monument gleichfalls aus rotem Marmor und ebenfalls in die Mauer
der Kirche gefügt. Dasselbe, 204 Cm. hoch und 98 Cm. breit (mit einem
hervorspringenden, schmalen Rande versehen ) - gleichsam als Fortsetzung
oder Ergänzung des eben beschriebenen Wappengrabsteines anzusehen
65

und jedenfalls dazu gehörig, hat uns ein plastisches Bild in annähernder
Lebensgrösse des besagten Stefan Telegdy erhalten . Leider , dass eben
die Gesichtszüge es sind, welche von dem Zahne der Zeit gelitten haben ,
da es, die gelungene Ausführung dieses ganzen Sculpturwerkes in Betracht
gezogen, als sicher anzunehmen ist, dass hier ursprünglich ein wohl-
getroffenes Portrait bestanden hatte. Der Kopf der Figur erscheint von
einem eisernen in senkrechter Richtung gerippten Helme bedeckt, welcher
vorne einen Reiherbusch trägt . Diese Helmgattung, im Abendlande unbe-
kannt, zeigt einen morgenländischen oder reinen ungarischen Typus ;
darauf sowie dass diese Gattung bei uns zu Lande im Verlaufe des
XVI. Jahrhundertes kein seltenes Rüstungsstück gewesen, mag wohl
auch der Umstand weisen , dass sub d. 1560 dem Johann Kothech
als Wappenbild ein vollkommen ähnlicher Helm (hier von einem
Pfeile durchbohrt ) landesherrlich verliehen wurde ; * ohne Zweifel ein
getreues Abbild desjenigen , wie derselbe vom Genannten selber in Wirk-
lichkeit geführt worden, oder aber, wie er zu damaligen Zeiten über-
haupt allgemein im Gebrauche gestanden hatte. Es bieten die Wappen-
bilder des XV., XVI . und XVII . Jahrhundertes nicht wenig (leider noch
immer nicht genügend nach ihrem Werte geschätzte und ausgenützte)
kostbare Beiträge zur Trachten- und Waffenkunde unseres Vaterlandes . **
Der Oberleib der Gestalt erscheint - (über einem unten sichtbar werden-
den Kettenpanzerhemde) geharnischt, die rechte Schulter mit einer
nach links abfallenden Schärpe überworfen. Während die erhobene Rechte
einen Streitkolben mit grossem glatten Knopfe, gleichfal 's morgenländi-
schen Charakters, schräglinks hinter dem Helme hält, fasst die ebenfalls
blosse markige Faust der Linken knapp unter dem Knaufe den Griff eines
an der linken Seite des geharnischten Mannes befestigten, langen Schwertes.
Ober- und Unterschenkel sind mit enganliegendem Stoffe bekleidet, die Füsse
aber stecken in ledernen Halbschuhen, an denen gerade räderlose Sporen
mit Riemen angeschnallt sind . Diese Füsse stehen, mässig von einander
gespreizt, _____ gleichsam zum Austritte fertig — auf einem, auf allen Vieren
ruhenden, linksgekehrten und vorwärtsschauenden Löwen, in seiner natür-
lichen Gestalt und nicht verzerrt, wie in gleicher Verwendung bei den
meisten Grabsteinen des Auslandes auftretend , ___ wogegen unser Vaterland
diesbezüglich, wie wir es noch sehen werden , nicht selten eine rühmliche
Ausnahme macht.

* Siebmacher, Der Adel von Ungarn.


** Als zu dieser interessanten Gruppe gehörig, wollen wir flüchtig anführen
die Wappen : Csontus, Szlopnai, Moghi, alle vom XV. Jh . (s. Siebmacher) ; das Wappen
Literati und Kun de Törtel sowie dasjenige des Benedict Körmendy, vom XVI . Jh . ,
(Archiv Lelesz u. Csoma) etc. etc.
Alte Grabdenkmaler aus Ungarn.
XIII. Grabstein des Thadäus Lardus. XVI. Jahrhundert.

Dieses Monument gelangte gelegentlich der Restaurirungsarbeiten des


herrlichen Kaschauer Domes mit vielen anderen wieder an das Tageslicht ;
roter Marmor ist das Material, aus welchem es verfertigt, seine Höhe 1.90,
die Breite aber 0.82 M.
Der wohlerhaltene Stein ist ganz glatt und ohne Einfassung und
wird etwas unter zwei Dritteilen von einer Wappenvorstellung sammt Zu-
behör eingenommen. Unter dem Wappen, durch dreifache stark sich her-
vorhebende Leisten in wagrechter Richtung geschieden, sehen wir die
(gleichfalls der Hauptsache nach intact gebliebene) Legende in Lapidar-
buchstaben , welche folgendermassen lautet :

D.M.
THADEVS • LARD VS. FE
RRARIEN • CVSTOS.C
ANONICUS · ET • BIS GU
B (ER ) NATOR AGRIEN ( SIS ) HAC
CVSTODITVR VRNA .
VALE LECTOR • ET · VT
REQVIESCAT · DICAS
(ANNO DOMINI M · D)XII · XIV · IVLII

Das mit römischen Ziffern eingegrabene Sterbejahr der letzten Zeile


erscheint halb ausgebrochen ; da jedoch die restlichen Ziffern erhalten geblie-
ben sind, so können wir das Alter ( von 1512 ) immerhin mit völliger Sicher-
heit feststellen . Wir haben soeben auf ein Wappen hingewiesen , welches die
längere obere Hälfte dieses Grabsteines belegt. Dasselbe besteht aus einem
Schilde ohne Helm ohne Kleinod und ohne Decken und weist (in seiner

* Die Privatwappen auf Grabsteinen und Siegeln von Personen geistlichen


Standes , insbesondere aber von höheren geistlichen Würdenträgern, wurden bereits
in alten Zeiten (wie auch noch viel später) zumeist ohne Helm und Helmkleinod
abgebildet und gehören Ausnahmen hievon zu den seltenern Fällen . So erscheinen
demnach die betreffenden Wappenschilder der überwiegenden Mehrzahl nach ganz
allein wie hier und wie wir es in diesen Blättern bereits auch bei Bischof Sirókay
und (noch früher) bei Bischof Scolari gesehen ; oder aber zeigen sie sich (und dies
insbesondere auf Siegeln) in Begleitung von geistlichen Attributen, als mit Mitra
oder Hut und Pastorale etc. etc. Diese besagte Sitte legte nun den Grund zu einem
andern Vorgehen. Es wurde nämlich nicht selten der ursprüngliche Schild init dem
dazugehörigen Helm-Kleinode in Teilungs- oder in Spaltungsform (seltener als Quad-
rirung) vermehrt, um sich von der Totalität des gebührenden, angeerbten oder sonst
erhaltenen Wappens nichts entgehen zu lassen ; --- freilich aber auch ohne andererseits
zu bedenken, dass auf diese Weise ein ganz anderes und nicht zukommendes Wap-
67

282

ㅠ.

1.99
.

DAMY
THADEVS LARDVS FE

RRARIEN CVSTOS C

ANONICVS ET BIS GV

BNATOR AGRIEN HAC.

CVSTODITVR VRNA
VALE LECTOR ET VT
REQVIESCAT , DICAS
A ·Ð · MD XII · XIV: JV LIIDO
AD⋅
MYSKOVSZKI·VE

GRABSTEIN DES THADÄUS LARDUS.

5*
68

äusseren Form vollkommen ähnlich demjenigen des Stefan Telegdy) — auf


den Beginn des XVI. Jahrhundertes hin. Dieser Schild erscheint rückwärts
gleichsam an einem breiten Bande befestigt, welches genau über der Mitte
des oberen Schilderrandes als Schleife senkrecht hervorragend, durch einen
dicken Ring gezogen ist, welcher an dem Widerhaken eines scheinbar
feststehenden Nagels gehängt sich darstellt. Dasselbe Band (wieder hinter dem
Schilde zusammengefasst) zeigt sich sodann in je einer (etwas schräge bezw .
schräg- links) aufstrebenden Schleife, die mittlere begleitend und dieselbe bis
zur Nagelhöhe überragend , dann aber, rechts und links gegen die Mitte des
Schildes , in wagrechter Lage, um endlich in schlangenförmiger, zweimal
geschwungener Form die mit Quasten gezierten Enden bis gegen die bei-
den Ecken des Figurenfeldes schweifen zu lassen. Es ist unleugbar, dass es
dem Künstler auf diese Weise gelungen ist, der in diesen Blättern
bereits schon so oft betont gewesenen Frage der gemässen Raum-
ausfüllung vollkommen und auch in graziöser Weise gerecht zu werden ;
auch durch die Anwendung einer kräftigeren Plastik, als wie eine solche nach
den heraldischen Regeln strenggenommen erlaubt gewesen wäre, hat der
Meister ein für das Auge im Allgemeinen gefälliges Werk geschaffen .
Wenden wir unser Augenmerk nun speciell dem Wappen vom
heraldischen Standpunkte aus genommen zu. Dieses zeigt in geteiltem
(also jedenfalls zweifärbigem) Schilde einen doppelschwänzigen, linksseitig
in seiner Mitte mit einem achtstrahligen Sterne belegten und in den beiden
Schildesoberecken je von einem ebensolchen Sterne begleiteten Löwen.
Nicht allein die Stellung, Haltung und der Styl des eben vorgeführten
Wappentieres, (welche lebhaft an diejenigen Gebilde erinnern , wie wir
dieselben auf den Schilden der Marburg und Seedorf noch heute vorfinden)
es ist vielmehr die Totalvorstellung des Figurenfeldes als ein in jeder
Beziehung gelungenes Product der Renaissance anzusehen, jener italie-
nischen Schule, wie sie ( wie bereits anderwärts erwähnt) unter König
Mathias bei uns Wurzel zu fassen begann .
Zweifellos waren dem Meister, welcher dieses geschmackvolle Werk
geschaffen, auch gute Muster aus der lebenden Zeit der Heraldik bekannt
und hatte derselbe auch sicherlich wirkliche Schilde gesehen, diese
kostbarsten aller Waffenreliquien des Mittelalters, wie uns dieselben leider
nur in verschwindend kleiner Anzahl aufbewahrt geblieben sind . Darauf
deutet u. a. auch wohl die Hinweglassung des so beliebten natürlichen
Bodens (grünen Rasens) , welche unschöne Zuthat auch der sonst beststyilisir-
ten Figur unter allen Umständen einen unheraldischen Anstrich zu verleihen
angethan ist. Noch einige Worte über die Form der drei Sterne, welche wir

penbild geschaffen wurde. Diesem gegebenen Beispiele folgten dann auch weltliche
Adelige, wenn auch nicht in so ausgedehntem Maasse.
69
69

bei dem vorstehenden Wappen antreffen. Dieselben sind achtstrahlig, was


jedenfalls seltener ist, als die zumeist sechsstrahligen sowie auch als die
fünfstrahligen Sterne. Mehr als acht Strahlen sollen hier überhaupt niemals
vorkommen, weil der Stern dann leicht mit einer Sonne verwechselt werden
kann ' ; und weniger als vier Strahlen dürfen gleichfalls sich bei keinem
wahrhaft guten heraldischen Produkte zeigen.
Sowie wir dieses Wappen in Bild und Wort heute veröffentlicht haben ,
wurde dasselbe von Seite des Thadäus Lardus, dem dieses Monument gesetzt
worden war, auf Siegeln d. d . 1. Aug. 1502 und d. d. 1. Jänner 1511
geführt. 2
Derselbe Thadäus Lardus (oder auch « Lardis » ) schrieb sich « de Fer-
raria» (wie ja auch auf seinem Grabsteine ersichtlich) und war demnach
ein geborener Italiener, aus der Stadt Ferrara .
Wir treffen ihn Ende des XV. Jahrhundertes als Haushofmeister
des Erzbischofes von Gran³, von 1501-1508 als Verwalter der bischöf-
lichen Güter von Erlau¹, von 1511 aber bis zu seinem am 14. Juli 1512
erfolgten Ableben als Custos beim selben Capitel an.5

XIV. Grabstein des Sigismund Thurzó. XVI. Jahrhundert.

Es ist dieser Grabstein der dritte, dessen Abbildung wir der besondern
Zuvorkommenheit des wiederholt genannten Domherrn und Akademikers
v. Bunyitay verdanken ; auch dieser wurde bereits in dem Werke : A Váradi
Püspökség veröffentlicht."
Dass wir denselben nochmals zu publiciren für angezeigt hielten ,
hatte seinen Grund in dem Streben, unsere Sammlung so vollständig als
möglich herzustellen . Es bietet sich aber hier noch der fernere Anlass :
die Wappenfrage eines alten hochberühmten und einheimisch gewese-
nen erloschenen Geschlechtes in ihrer durchaus befriedigenden, end-
lichen Lösung der Oeffentlichkeit vorführen zu können. Die Abbildung des
Monumentes des Bischofs Sigismund Thurzó war uns demnach von doppel-
tem Werte.
Dasselbe ist aus grauem Sandsteine verfertigt und zeigt eine Höhe
von 1.7 und eine Breite von 0.87 Meter. Die glatte Fläche erscheint zu zwei

¹ Die Heraldik hat für die Strahlen der Sonne zwar eigene Zeichen, die jedoch
nur in den seltensten Fällen auch angewendet wurden, weil dieselben nur Wenigen
bekannt waren .
2 R. A. B. Pest, D. O. 21126 und 22112.
3
Nyáry, Hyppolit Codexek, Század. 1872. 198.
Ibid. , Századok, 1870. 360. 10. Anm.
5 Egri Schematismus . 1845. 20.
• III. 112.
70

Dritttheilen von einem bordürten Renaissance- Wappenschilde eingenommen,


welcher in einem, aus dem Steine herausgemeisselten viereckigen Rahmen
von mässiger Breite untergebracht erscheint. Dieser Wappenschild trägt eine
Mitra, deren Seiten- Ränder mit einer breiten Bordüre verziert sind,
welche sich auch auf dem untersten Rande wiederholt, sowie als etwas
schmälerer, senkrecht angebrachter Streif, an der Stirnseite hier wie
dort, sowie rechts und links mit Edelsteinen besteckt.
Die mit Fransen besetzten Bänder der Mitra ( Fanones, ailes de
mitre ) übernehmen hier gleichsam die Function der Helmdecken und
fallen, beiderseits von der ersteren über dem obern Schildesrande sich
vorerst bogenförmig erhebend , hinter den beiden Seitenrändern bis unge-
fähr zur Mitte des Wappenschildes ab.
Dieser Schild zeigt einen aus der Theilung (welche durch einen
geschmälerten Balken oder sogenannten « Faden » gebildet wird) wach-
senden gekrönten Löwen, unten aber drei stylisirte Rosen .
Der Löwe ist äusserst unschön ausgeführt, an ähnliche Producte aus
der Zeit des vollkommenen Verfalles der Heraldik gemahnend , ______ wie nicht
minder jenes Vorgehen zu beanstanden ist, womit in dem vorliegenden
Wappenschilde eine grössere (obere) und eine kleinere Hälfte (und somit
eigentlich keine Teilung, sondern ein Feld mit Schildesfuss) geschaffen
wurde, was dem richtigen Typus dieser Thurzó -Variante keineswegs
entspricht.
Unter dem Grabsteinwappen erscheint mit Lapidarschrift und man-
chen Abkürzungen sowie mit eingeschobenen kleinen Buchstaben die
Inschrift, welche in ihrer Ergänzung wie folgt zu lauten hat:
« Sigismundus Thurzó Antistes Varadiensis | De Se Ad Lectorem |
Hujus Thurzó Loci Princeps Autorque Sacelli | Dormio Dum Toto Personhet
Orbe Tuba | Parce Meum Quisquis Legis Haec Epitaphia Somnum | Rupere
Nam Numerus Tu Quoque Noster Eris | M. D. XII . Pridie Nonas Septembris
Fatis Concessit | VI- o Idus Tumulatus Est. >>
Die Thurzó stammen aus Bethlenfalva im Zipser Comitate, woselbst
sie, aus den Reihen der Lanzenträger hervorgegangen, welche adelige Vor-
rechte genossen, sich im Laufe des XV. Jahrhundertes zu grossen Ehren
und Ansehen erheben.
Was für ein Wappen die Thurzó de Bethlenfalva in den allerfrühe-
sten Zeiten geführt, wissen wir nicht und ist das ältest bekannte jedenfalls
dasjenige, wie es sub d. 1456 von Seite des Königs Ladislaus V dem vor-
stehenden Geschlechte verliehen wurde. ** Es ist dieses Wappen zugleich
eines der beststylisirten heraldischen Producte ungarischer Provenienz, wel-

* Vergl. Bunyitay V. , A Váradi püspökség III. 113.


** Erliegt als Orig. im National- Museum BPest, sub fasc. 828. Nr. 3.
71

ches wir besitzen, und wurde bereits von Baron Alb. Nyáry (jedoch mit fal-
scher Schraffenzeihnung ) veröffentlicht.¹ Die Blasonirung lautet wie folgt :
In Rot ein linksaufspringender g. Löwe, das Haupt bedeckt mit einer mit
einem goldenen Kreuzchen besteckten goldenen Laubkrone, die linke
Vorderpranke begleitet von einer fünfblättrigen goldnen Rose . - Kleinod :
-
Die Schildfigur, dahinter ein roter Flügel . Decken : rotgolden.
Dieses Wappen dürfte von Seite der Thurzó , wenn überhaupt, nur
sehr kurze Zeit hindurch und dann wohl auch nur selten gebraucht worden
sein und ist auch der einzige uns bekannte Fall, mit welchem die Verwen-
dung des Thurzó-Wappens in der ebenangeführten Form constatirt werden
wollte, durchaus nicht vollkommen sichergestellt.
Im Jahre 1493 , also nur einige Decennien nach der eben vorgeführten
uns erstbekannten Wappenverleihung , siegelt bereits Teophil Thurzó schon
nicht mehr mit dem einen Felde , sondern mit derjenigen zweifeldrigen Vorstel-
lung, wie hier auf dem Grabsteine zu finden und welche , vollkommen
übereinstimmend, sub d. 1503 auch von Georg Thurzó geführt wird. Auch
das Grabsteinwappen des Johann II. , Thurzó, in der Kirche von Leutschaus
(dieses bereits mit dem Löwen des oberen Feldes als Helmkleinod) weist
den völlig gleichen Typus auf mit den Wappen der vorstehenden meh-
reren Persönlichkeiten dieses Geschlechtes . Wieder dasselbe Wappen führt
-
endlich Christoph Thurzó « Comes a Scepus, liber baro » wie er sich sub d .
25. März 1599 eigenhändig unterschreibt, hier jedoch mit completen
Tincturen.
Dieses Wappen des Christoph , welches sich im Zichy-Album vor-
findet, ist einerseits als Bekräftigung der Thurzó - Schildfarben , anderer-
seits als Novität was die Deckenfarben betrifft anzusehen, insoferne diese
5
ersteren bereits bekannt waren, während alles andere hier zum ersten-
male vorgeführt erscheint.

1 A Heraldika Vezérfonala, 152.


Arch. Ért. Új . foly. V. 366.
3 Das Leutschauer Grabsteinwappen erscheint mit vollkommen unrichtig
gewählten Farben übertüncht wohl eine Zuthat späterer Zeiten welch erstere
von gelehrter Seite her, bona fide, als die richtigen Thurzó-Wappentincturen referirt
wurden.
Erst in jüngster Zeit bekannt gewordenes Manuscript vom XVI - XVII . Jh.,
mit vielen vorzüglich gezeichneten und gut gemalten Wappen (zumeist des ungar.
Hochadels) im Besitze des Grafen Eugen Zichy. - Dieses ist das älteste, reich-
haltigste und interessanteste ungar. Wappenalbum, welches wir kennen. Wurde
auszugsweise, von Seite des Nic. v. Kubinyi junior, auch im Turul VI. 1888. I. Pag.
20-26. publicirt.
5 Analecta Scepusii. IV. 60. « Referebant olim leonem aureum dimidia si
parte, rubro in campo prominentem atque tres rosas rubri coloris campum aureum
ad trifolii modum distinguentes .»
073

").

SIGIS HVRZO ANTIS-WAKAD

DE SE ADLEC
Cm

HYVTIEZ LOPPINGE AVER MESAC


.1 0

DOMO DV- TOOPEROR OREETVBA

PERGAM OIS OF EGS HECEPTASONY

RVERE NA NVRVS TVOGNOR ERIS

MD-
X -IL- PRING SEP FATSCOS

E VLID IVAVIATVS EST ,

GRABSTEIN DES SIGISMUND THURZÓ.


73

Das vermehrte, zweifeldrige Thurzó- Wappen wird nun mehr in der Bla-
sonirung wie folgt complet zu lauten haben : In von Rot und Gold geteiltem
Schilde oben ein doppelschwänziger, gekrönter, goldener Löwe, wachsend,
unten drei (2, 1 ) rote Rosen. - Kleinod : Der Löwe. ______ Decken : rotgolden .
Sub d . 1607 erhält der Palatin Georg Thurzó wieder eine Wappen-
erweiterung, während Stanislaus, welcher von einer anderen Linie stammte,
noch in den Jahren 1608 und 1622 das eben früher blasonirte, zweifeldrige
Wappen fortführt.
Dieses erweiterte Wappen (d . d. 1607 ) ist wie folgt : Geviertet mit
goldenem Mittelschild, darin ein einmal gekrönter, doppelköpfiger schwar-
zer Adler (kais . Gnadenzeichen) ; dann 1 und 4 das Wappen wie vorstehend
blasonirt, die Vorstellung einwärtsgekehrt ; 2 und 3 in Blau ein einwärts
-
aufspringendes weisses Einhorn . — Zwei Helme : I. Der Löwe des Feldes
4. Decken : rotgolden. II . Das Einhorn des Feldes 3 , wachsend. -
Decken blausilbern . Hier verdanken wir die (bisher niemals correct publi-
cirt gewesenen) genauen Tincturen einem meisterhaft in Holz geschnitzten
und sorgfältig übermalten Wappen mit voller Umschrift, welches noch bis
zur Stunde in der Capelle des Árvaer Schlosses aufbewahrt erscheint und
dessen getreue photographische Abbildung sammt Beschreibung uns von
Seite des Herrn Nicolaus v. Kubinyi junior freundlichst übermacht wurde .
Dasselbe Wappen, wieder in Farben, finden wir im Uebrigen auch auf einem
grossen Oelgemälde der historischen Bildergallerie zu Budapest, welches
die Gräfin Helene Thurzó, in ganzer Grösse, auf der Bahre liegend vorstellt.
Die Tincturen dieses Wappens sind hier jedoch teilweise verblasst, teil-
weise nicht ganz richtig nachgebessert und einzelne Farben sogar in ein-
ander verschwommen.
Dies sind also die drei Wappentypen, wie sie den Thurzó's zu ver-
schiedenen Zeiten (uns bekannt) verliehen worden sind.
Sigismund Thurzó, welchen wir von 1506-1512 als Bischof von
Grosswardein antreffen* , war ein Sohn des Martin III ., welcher ein hervor-
ragender Heerführer und Günstling des Königs Mathias I. , sowie Befehls-
haber des Schlosses Zips gewesen .
Seine Schulen beendigte Sigismund in Padua, von wo aus derselbe in
sein Vaterland zurückkehrend Domherr von Gran sowie königlicher Secre-
tär wird.
Im Jahre 1500 , zur Zeit als zwischen Ulászló II. und König
Ludwig XII. von Frankreich das Bündniss geschlossen wurde , sehen
wir ihn in seiner eben erwähnten Stellung mit einer diplomatischen
Mission betraut. Ein Jahr darauf wird er Bischof von Syrmien, woselbst

* Bunyitay V., Váradi püspökség. I. 354. - Wenzel, Négy egykoru püspök. ---
-
Henszlmann I. , Lőcsének régiségei. Nagy J., Magyarorsz. csal. , XI.
74

er indessen bei dem Umstande, als seine Besitzungen bereits zum grössten
Teile sich in den Händen der Ungläubigen befanden, nicht lange verblieb,
wornach er dann diese Stellung mit einer anderen einträglicheren ver-
tauscht und Probst von Stuhlweissenburg wird. Auch hier verweilte er indes-
sen nicht lange, indem wir ihn bereits im J. 1503 als Bischof von Neutra
auftreten sehen, dann aber ( 1504) als Bischof von Siebenbürgen, bis er endlich
(zu Beginn des Jahres 1506) den Bischofsitz von Grosswardein einnimmt.
Nicht viel ist über sein Wirken in dieser letzten Eigenschaft und Würde zu
berichten. Die eigene Residenz wurde von ihm, der in Folge seiner Erzie-
hung in Italien und seines Aufenthaltes am Hofe des Königs Mathias seinen
Geschmack geläutert und ausgebildet hatte und also für alles Schöne empfäng-
-
lich gemacht worden war, — in prunkvoller Weise adaptirt ; doch kaum
dass er dieses anerkennenswerte Unternehmen zur Durchführung gebracht,
als er noch in voller Manneskraft im Jahre 1512 vom Tode hingerafft
wurde.
Als seine letzte Ruhestätte wurde von verschiedenen Seiten her das
Thurzó'sche Familiengrab in Leutschau genannt. Diese Meldungen waren
jedoch, wie wir nun in der Lage sind feststellen zu können , vollkommen
unrichtig. Bischof Sigismund ist in der Gruft des Domes von Gross wardein
beigesetzt worden .

XV. Grabstein des Stefan Máriássy. XVI. Jahrhundert.

In der südlichen Mauer des Hauptschiffes der Márkusfalvaer Kirche,


welch' letztere, aus dem XIV. Jahrhunderte stammend, im Uebergangsstyle
erbaut erscheint, steht ein Grabstein aus rotem Marmor, dessen Höhe 2.13 .
dessen Breite 1.2 M. beträgt und dessen Figurenfeld von der plastischen
und geharnischten Gestalt des Stefan Máriássy eingenommen erscheint.
Die wiederholt zusammengezogene , an Capitälstelle beginnende Le-
gende, welche alle vier Seiten des Schriftenrandes belegt und zwischen
zwei breiten, erhabenen und rundlichen Leisten angebracht ist, lautet in
ihrer Auslegung wie folgt :
(( Stephanus hac tomba ** positus Mariasy | jaceo hoc generi statuens
monumentum perpetuum ut sit posteris ossa tegendum gratus eram patrie
atque domui zapoliane ast jam mortale | reddens telluri corpus animam
magne, queso suscipe pater et cœli optata pace repone 1516. »
Die geharnischte Gestalt steht mit mässig voneinandergespreizten
Beinen auf einem wagerecht und schwebend angebrachten, abgeästeten
Baumstamme und erscheint dem mit einem offenen Helme bedeckten

* Wagner, Anal. Scep. II. 12. -- Pray. Hierarchia, 186. Anm. a.


** Also eingemeisselt. Vergl. auch Pag. 78. dritte Zeile von oben.
75

Haupte ein oblonger, mit Blumen- und Blättermotiven verzierter, die vier
Ecken mit Quasten besteckter Polster unterlegt, wodurch der Gestalt eine
Doppelsituation gegeben wurde : eine stehende und zugleich liegende. Aehn-
liches werden wir wiederholt noch antreffen ; es geschah dies zu dem
Behufe, um die Figurengrabsteine nach Belieben aufrecht in eine Seitenmauer
fügen, oder aber als Schlusssteine in den Fussboden einlassen , bezw.
auch als Decksteine einer Tumba in Verwendung bringen zu können . In das*
Getafel des Bodens gefügt, stellte sich dann die Gestalt des Verstorbenen
(mit scheinbar unter das Haupt gelegtem Polster) als « liegend » , - auf-
recht angebracht aber (mit gespreizten Füssen) als « stehend » dar.
Das der Sitte der damaligen Zeiten entsprechend völlig bartlose Ge-
sicht der Grabsteinfigur wird von einem offenen Stahlhelme umrahmt ;
Hals und Kinn erscheinen von dem Halsberge verdeckt. Die Achselstücke
sind, nach italienischer Art, vorne mit kreisrunden Scheiben versehen, welche
je mit einem achtstrahligen Sterne und diese wieder mit einer siebenblätt-
rigen kleinen Rosette besteckt erscheinen . Die glatte Brustplatte, aus drei
Stücken bestehend, ist rechts mit einem (wolfzahnartigen) aufwärtsgebo-
genen Rüsthaken versehen , welcher den Mittelpunkt einer sechsblättrigen
Rose zu bilden scheint. Knapp unter dem Halsberge erscheint eine andere,
kleinere sechsblättrige Rosette, und hängt von beiden Schultern eine ein-
fache, mehrgliedrige Kette auf der Brust herab, an deren Ende ein stern-
artiges Ehrenzeichen angebracht erscheint, dessen Mittelpunkt von einem
länglichen, bordürten Ovale gebildet wird. Hinterarme, Vorderschurz und
Fussbekleidung sind geschient ; die Ellbogenkacheln , Vorderarme und Bein-
schienen sind glatt.
Von der rechten Hüfte zur linken schräge gehend, zeigt sich ein mässig
breiter, mit mehreren kleinen Dornlöchern versehener, in der Mitte mit einer
Schnalle besteckter Ledergürtel, welcher sich nach unten verbreiternd und
in drei gleichmässig auseinanderstrebenden Strängen endigend, einen
Zweihander aufnimmt, welcher etwas schräge hängend und mit seinem Knaufe
bis zur linken Brustwarze hinauf reichend , mit der untersten Spitze den
Baumstamm beinahe berührt. Auffallend lange Rädersporen erscheinen
um die Knöcheln der Füsse geschnallt.
In der über Schulterhöhe erhobenen, mit der Handfläche nach aus-
wärts gekehrten blossen Rechten, hält die geharnischte Gestalt den Schaft
einer Turnierlanze, welche bis unter den Baumstamm reicht, und unter
deren Spiesseisen ein Banner angebracht erscheint, welches zuerst auf den
(bereits erwähnten) Polster fällt und dann nach abwärts flattert, die Lanze
etwas unter der Mitte umschlagend, und so nach abwärts strebend, eine
lange Quaste zur Schau tragend, welche an ihrem Zipfe befestigt erscheint.
Die mit einem Stulphandschuhe versehene, im Ellbogen etwas einge-
bogene Linke fasst dagegen , mit nach rückwärts gekehrter Handfläche den
76

obersten Rand eines Schildes und hält diesen letztern senkrecht über
dem Boden.
Dieses Sculpturwerk verdankte sein Entstehen einer geübten Hand,
und ist auch die ganze Stellung des geharnischten Mannes, sowie die Hal-
tung der Arme nicht so steif und so gespreizt, wie wir es bei ähnlichen
Werken der gleichen oder einer späteren Zeitperiode anzutreffen gewöhnt
sind. Auch die Ausnützung des Raumes hat als gelungen bezeichnet zu
werden, und wollen wir gerne davon absehen, dass das Spiesseisen über
das Figurenfeld hinausragt, sowie dass der Rand des Schildes sich ein
kurzes Stück von der innern Umfassungsleiste des Schriftenrandes erborgt
hat . Das sind kaum nennenswerte Fehler.
Ernstlicher zu beanstanden ist dagegen die « schwebende » Anbringung
des abgeästeten Baumstammes, da dieser in seiner Eigenschaft als Stütze
und selbstständige Unterlage des Ritters unbedingt den untersten Rand des
Figurenfeldes zu belegen hatte und hat. Es ist dieser Baumstamm in der
soeben hervorgehobenen Verwendung, statt des bei uns (wie anderwärts)
genugsam bekannten Löwen , Greifen oder Hundes an und für sich auffallend,
wenn auch für das Auge durchaus nicht störend . Derlei ist uns bisher noch
nicht vorgekommen, doch ist die Idee eine keineswegs üble ; vielleicht mag
auch eine persönliche Bedeutung hier unterlegen haben . Nicht minder
ungewohnt ist die Anbringung der beiden Anfangsbuchstaben des Todten
S(tefanus) und M(áriássy), welche wir, den erstern auf dem Banner, den
andern linksseitig vom Polster in das Figurenfeld eingemeisselt vorfinden .
Nicht allein ungewohnt, sondern auch unschön sind diese beiden Buch-
staben. Nur noch ein einzigesmal stossen wir auf ein ähnliches Vorkomm-
niss (wenn auch nicht in so auffallender Weise und an anderer Stelle) beim
Figuren- Grabsteine des Christoph Varkócs , wie wir es etwas später in diesen
Blättern sehen werden .
Ein erwähnenswertes Moment bildet bei unserm hier in Behandlung
stehenden Grabsteine der Umstand, dass die geharnischte Gestalt einen
wenn auch nicht schön stylisirten , aber immerhin heraldischen — d . i.
den eigenen Wappenschild als ergänzendes Rüstungsstück in der Hand
(also in Gebrauch ) zur Schau trägt, wie dieser in Wirklichkeit von dem Eigen-
tümer verwendet worden war oder hätte verwendet werden können.
Aehnliches ist uns bei Figuren - Grabsteinen unseres Heimatlandes
(bis nun wenigstens) noch nicht vorgekommen . Wir sind demnach geneigt
uns der Ansicht hinzuneigen , dass wir es hier mit einem Kunstwerke aus
der Hand eines italienischen Meisters zu thun haben. Darauf weist wohl
auch die äussere Form des achtkantigen, bordürten, unten mit einem drei-
blätterigen Kleeblatte besteckten Schildes, welche mit dem Alter unseres
Grabsteines durchaus nicht in Einklang steht, und die italienische Ge-
schmacksrichtung verrät, welche, insbesonders in heraldischen Dingen , von
MONVMENTVM
OSAEGEDGRAT
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3 Blab

GRABSTEIN DES STEFAN MÁRIÁSSY.


78

sehr alten Zeiten her bis auf die Gegenwart, stets sehr viel zu wünschen
übrig liess und lässt. Auch die Schreibweise eines Wortes der Legende
dieses Grabmonumentes « tumba » statt « tomba » scheint diese unsere
Vermutung erhärten zu wollen.
*
Wie wir es bereits an anderer Stelle hervorgehoben, waren zu
der Zeit, in welcher der vorliegende Grabstein verfertigt worden war,
mehrere italienische Bildhauer in der Ausübung ihrer Kunst in Ober-
ungarn thätig, wie uns verschiedene, erhalten gebliebene Meisterwerke der
Plastik völlig beglaubigten Charakters beweisen , so in der Zips , so in der
Szilágyság.
Diesen möge nunmehr auch unser Máriássy- Grabmonument aus der
Márkusfalvaer Kirche zugesellt werden als ein weiteres Beispiel dafür, auf
welche Weise der italienische Geschmack auch bei uns, zu Beginn des XVI.
Jahrhundertes sich geltend zu machen gewusst hat.
Das Wappen , wie sich dasselbe auf dem von Seite des Stephan
Máriássy gehaltenen Schilde zeigt, lautet richtig blasonirt wie folgt : Ge-
viertet ; 1 und 4 ein geharnischter gebogener Arm in der Faust einen Streit-
kolben von vierkantiger Form schräglinks gerichtet haltend ; 2 und 3 aus
einem Dreiberge zwischen je einer bestengelten , beblätterten Rose schräge
hervorragend ein geharnischter Vorderarm, in der Faust ein gleicharmiges
Patriarchenkreuz pfallweise emporhaltend.
Dieses Wappen ist keineswegs als Stammwappen (und nicht ein-
mal als sonst allgemein in Gebrauch stehendes Wappen) des uradeligen
annoch im einfachen Adels- sowie im freiherrlichen Stande blühenden
Geschlechtes der Máriássy von Márkus- und Batiszfalva anzusehen . Es ist
die vorstehende Quadrirung wie auch die Construction der einzelnen Fel-
der, vielmehr nur einer freien , völlig unberechtigten (möglicherweise auch
von Seite der hinterbliebenen Verwandten des Stepfan Máriássy für den
speciellen Fall « inspirirt » gewesenen) doppelt verfehlten Auffassung des
ausführenden Künstlers zuzuschreiben ; denn, während wir es bereits an
anderer Stelle hervorgehoben haben , ** wie es in der ungarischen Heraldik
(nicht allein bei geistlichen , sondern auch bei weltlichen Adelswappen) vor-
kam und kömmt, dass dort, wo nur der Schild in Verwendung genom-
men wurde, dieser häufig mit dem Helmkleinode (als Teilung, Spaltung
oder Quadrirung) « vermehrt » auftritt, — um ja nichts von der recht-
mässig zukommenden « Totalvorstellung» einzubüssen, - wurde in dem
vorliegenden Falle durch die Aufnahme des (in ältern Zeiten geführten )
Máriássy-Helmkleinodes als erstes und viertes Feld , — der ursprünglichen
Schildfigur (wider alles Recht und alle gute Gepflogenheit) die gebührende

* Siehe Pag. 54.


** Siehe Pag. 66.
79

Ehrenstelle geraubt und diese also in den Hintergrund gestellt ; dann


aber in das Feld 2 und 3 nicht einmal die richtige Máriássy - Schildfigur
angebracht, sondern nur einzelne Bestandteile und Teile derselben (wie wir
dies sogleich sehen werden ) --- wodurch ein zweimal unrichtiges , völlig
fremdes Wappen geschaffen wurde, aus welchem auch der gewiegte heral-
dische Forscher den Máriássy-Typus vergebens herauszufinden sich bemühen
wird. Nochmals kömmt daher (gerade an dieser Stelle) hervorzuheben , wie
es die wälsche Kunst von jeher mit den Wappen sehr oberflächlich und
auch phantasiereich zu halten pflegte.
Das älteste uns bekannte Wappen des vorstehenden Geschlechtes, wie
dasselbe auch im Verlaufe der Jahrhunderte bis zur Gegenwart geführt
wurde und wird, und wie es (was die Schildfigur betrifft) nur unbedeutenden
Variationen sporadisch unterworfen gewesen, war wie folgt :
In Rot aus grünem Dreiberge zwischen je drei grünbestengelten ,
grünbeblätterten , herausragenden weissen Rosen wachsend ein geharnischter
Mann mit Eisenhelm sammt geschlossenem Visir, in der erhobenen Rech-
ten einen Streitkolben, in der gesenkten Linken ein weisses Patriarchen-
kreuz vor der Mitte des Leibes haltend. - Kleinod : Der geharnischte Mann
des Schildes. Decken : rot-weiss.¹
So nach vielen Siegeln, so nach dem Berichte der Brünner geneal .
Taschenbücher, 2
Ein noch älteres Kleinod wie das vorstehende scheint indessen der
geharnischte gebogene Arm mit dem Streitkolben in der Faust (und nicht
der Mann des Schildes) gewesen zu sein, wie wir uns aus dem soeben früher
blasonirten, « zusammengezogenen » Grabstein -Wappen des Stefan belehren
können, sowie ferners aus dem Grabstein -Wappen (vom Ende des XVI .
Jahrhundertes) der Christine Máriássy, deren Monument am Schlusse dieses
Werkes vorgeführt erscheint."
Der auf dem Grabsteine abgebildete Stefan , welcher vom König
Ulászló II. sub d. 1504 einen erneuerten Wappenbrief erhält, tritt im Jahre
1505 als Burghauptmann der Zips auf, und wird zur ebenbesagten Zeit (im
Vereine mit Georg Ternyey) von Seite der Zips als Gesandter zum Rákos-
mezőer Landtag exmittirt. Er tritt später, während der Minderjährigkeit des
Johann Szapolyay, als Zipser Obergespan auf und war ein Getreuer des eben-
genannten Hauses.
Er starb am 30. April 1510 und wurde in der Kirche von Márkusfalva
begraben.¹

1 Siebmacher : Der Adel von Ungarn. 399-400 .


2 Jahrg. 1881 .
Siehe : Pag. 116.
* Siehe auch : Michael Kayser, Compendium Historia Familiæ Máriássy de
Márkusfalva. Posonii 1803 und Wurzbach Coust, Dr. v., Biogr. Lex. XVI, 442-443,
XVI. Grabstein der Gebrüder Anton und Michael Pálóczy.
XVI. Jahrhundert.

In der dreischiffigen gothischen Hallenkirche der Sáros - Pataker Burg


finden wir eingemauert in der Wand des nördlichen Seitenschiffes, gegenüber
dem südlichen Portale, ein Grabmal aus rotem Marmor, dessen Höhe
1:59 M. , dessen Breite 2.62 Cm. beträgt und dessen Legende in Versen (zwei
Disticha) in dem 13.5 Cm. breiten Schriftenrand an Capitälstelle begonnen ,
mit Lapidarbuchstaben (mit mehreren Abkürzungen und Zusammen-
ziehungen) wie folgt eingemeisselt erscheint :
*
HIC SITUS ANTONIUS MICHAEL QUE PALOCIA PROLES .
QUOS PRIUS UNUS AMOR NUNC HABET URNA DUOS .
ISTE DOMI CARUS REGALI CLA | RUS IN AULA
ALTER SUPERO EST CLARUS UTERQUE POLO 1519 .

Das Figurenfeld erscheint von der ganzen Gestalt eines geharnischten


**
Mannes eingenommen .
Dem mit einer niedrigen verzierten Eisenhaube bedeckten Kopfe der-
selben erscheint ein zweizipfliges, nach links und dann nach abwärts stre-
bendes, die Enden mit zwei (an längern Schnüren angebrachten) Quasten
bestecktes Banner unterlegt, welches wieder auf einem oblongen, mit schein-
bar gestickten, zierlichen Bordüren geschmückten Polster aufliegt, dessen
vier Ecken je eine kurze Quaste tragen, welch ' letztern eine blatt-
artige Verzierung unterlegt erscheint. Unter dem doppelten Spiesseisen des
Bannerschaftes befestigt, erscheint das flammenumgebene Monogramm
unseres Herrn . Das Gesicht der geharnischten Gestalt zeigt sich, entspre-
chend der damaligen Sitte, bartlos ; leider, dass gerade dieses nicht unbe-
deutend beschädigt erscheint und dürfte dieser Grabstein wohl zweifellos
und durch lange Zeit hindurch in dem Fussboden eingelassen gewesen sein.
Eine aus ineinandergefügten glatten und runden Ringen bestehende Kette
schmückt die vordere Nackenseite des Ritters und schmiegt sich dann an
der obern glatten Hälfte des unten geschienten Brustharnisches an. Die
auffallend langen und breiten, (dem Gehäuse einer Schildkröte ähnlichen ,

Die beiden letzten Buchstaben des Namens « Antonius » sind auf dem Grab-
steine mit ES statt mit US wiedergegeben bezw. eingemeisselt, so dass der Name
dort in Wirklichkeit « ANTONIES » lautet, was in der hier oben reproducirten Legende
richtiggestellt wurde.
** Der vorstehende Grabstein weist einen Bruch auf, welcher sich von dem
letzten Dritteile des (herald. ) rechtsseitigen Schriftenrandes über den untersten Teil
des Wappens und dann über die Unterschenkel der geharnischten Gestalt bis über den
linksseitigen Schriftenrand nach abwärts zieht.
81

geschuppten Achsel- sowie die glatten Kniestücke, dann aber auch die
Ellbogenkacheln , zeigen stylisirte mehrblättrige Rosenmotive in ihren Mitten
als Verzierungen . Hinterarme und Vorderschurz sind geschuppt ; die Vor-
derarme sind geschient , die Beinschienen glatt. An der rechten Seite
erscheint, an einem auffallend schmalen Leibriemen mittelst einer Schnalle
befestigt, welch ersterer mit mehreren andern Schnallen versehen von
der linken Hüfte schräg abfällt, ein jataganartiger Dolch, dessen Griff
bis zur rechten Brustseite hinaufreicht. Während die natürlich gesenkte,
etwas im Ellbogen gebogene, blosse Rechte den bereits erwähnten Schaft
des Banners (welcher längs des Unterarmes im Steine ausgebrochen ist)
mit der einwärtsgekehrten Handfläche an den Leib drückt, umfasst die gleich-
falls gesenkte, dann aber mässig erhobene Linke den Griff und den links-
seitigen Teil der Parirstange eines langen, bis hinter den Rücken des Unter-
lagslöwen reichenden, schräg gerichteten Schwertes, welches mit zwei Bän-
dern an dem bereits erwähnten Leibriemen befestigt, mit seinem Knaufe
den linksseitigen Schriftenrand im ersten Drittteile berührt und dessen
Scheide mit Renaissance-Motiven verziert erscheint.
Die mässig von einander gestellten Füsse, mit geschienter Bekleidung
und kurzen, mit spitzigen Rädern versehenen Anschnallsporen stehen auf
einem Löwen auf, welcher hier nicht stylisirt, sondern in seiner natürlichen
Gestalt, sicher die gelungenste Partie auf diesem Grabsteine bildet. Dieser
Löwe ist nicht, wie dies bei Grabsteinen zumeist üblich , im Stillstande d . i.
liegend oder stehend, sondern vielmehr schreitend oder laufend (gleichsam
fliehend) abgebildet, welche Auffassung jedoch ungewohnt und keine glück-
liche ist, indem bei auf Grabsteinen abgebildeten Gestalten stets das
Moment der Ruhe vorzuherrschen hat. Bewegung oder Aktivität finden wir
zwar auch auf den Grabdenkmälern des Stefan Telegdy, * des Peter Andrássy
zu Krasznahorka, des Melchior Balassa zu Széleskút und des Rafael Pod-
maniczky vor - diese sind aber auch die einzigen, von den vielen uns dies-
bezüglich bekannten vaterländischen solchen Angedenken, welche in dem
.
eben besagten Sinne , was Haupt- oder Nebenfiguren betrifft, in grösserem
oder kleinerem Maasse abgewichen sind .
Was das künstlerische Moment betrifft, so haben wir es, den vorlie-
genden Grabstein betreffend, mit einer kräftigen und besonders plastisch
gehaltenen Arbeit zu thun, bei welcher alle Verhältnisse, wie nicht minder
auch die Gesetze der Raumausfüllung genau beobachtet wurden . Die beson-
dere Schönheit des Materiales trug wohl auch nicht wenig dazu bei , einen
guten Eindruck hier zu hinterlassen , sowie die Arbeit des Bildhauers dadurch
wesentlich erleichtert wurde, dass eine nicht alltägliche Grösse des Steines
gewählt worden war. Deutsche Arbeit ist es sicherlich nicht, welche wir hie

* Siehe oben : Pag. 63.


Alte Grabdenkmäler aus Ungarn. 6
82

9
vor uns haben ; eher dürfte die Hand eines italienischen Meisters thätig
gewesen sein. Dafür würde auch (wieder) das nur so nebensächlich behan-
delte Wappen sprechen , welches , was die Schildform , absolute keinen Styl
und was die Wappenvorstellung betrifft, eine sehr primitive Arbeit aufweist,
sowie eine nicht minder oberflächlich behandelte Schildfigur mit einer (wie
nicht zu zweifeln) nur allein der Phantasie des Künstlers entsprungenen, also
nicht hierhergehörigen Zugabe, wie es eben Sitte bei den Wälschen gewesen.
Darüber werden wir noch zum Schlusse sprechen .
Dieses Wappen, knapp über dem Kopfe des Unterlagslöwen ange-
bracht, ist wie folgt : Aus einer Laubkrone wachsend , welche auf einem links-
gekehrten, ruhenden Löwen aufliegt, - ein mit einem weitärmligen Talare
bekleideter Mann (Mönch) mit langen, vorne rund abgeschnittenen , bis zu
den Schultern wallenden Haaren , mit der erhobenen Rechten die rechtssei.
tige Hälfte des langen , spitzen, bis zum Gürtel reichenden Vollbartes fassend,
mit der Hand des wagerecht gehaltenen Vorderarmes der Linken ein Buch
mit Schnalle an den Leib drückend .
Mit demselben Wappenbilde (doch ohne Löwen) siegelt Mathias
Pálóczy sub d. 1435, welcher die Schildfigur als Helmkleinod führt und
wieder dieselbe Schildfigur mit dem gleichen Kleinod führte, wie wir etwas
später in diesen Blättern sehen werden , das von einem gemeinsamen Stamm-
vater herstammende Geschlecht der Dobó de Ruszka auf Siegeln, sowie Stefan
Dobó de Ruszka , der Held von Erlau, auf seiner Tumba. Die uns bis nun
bekannt gewordenen Wappen der Geschlechter Pálóczy und Dobó, haben
sich alle dadurch ausgezeichnet, dass sie sich, sowohl was die Schild als
was die Kleinodfigur betrifft, fortwährend constant blieben, ganz unbedeu-
tende Nebenmomente etwa ausgenommen , die der wirkliche Heraldiker
niemals ernstlich zu nehmen pflegt.*
Die erste und einzige bekannte namhafte Variante (auch diese im Uebri-
gen den Haupttypus nicht alterirend ) -- bildet demnach das auf dem vorste-
henden Grabstein abgebildete Wappen, bezw. der dort dem Stammwappen
gleichsam als Unterlage zugegebene Löwe . Es ist zweifellos , dass diese « Ver-
mehrung nur einer Willkür des ausführenden Künstlers zuzuschreiben ist.
Wie wir aus der Legende ersehen haben, trug dieser Grabstein die
Bestimmung, die gemeinsame Ruhestätte des Zempliner Obergespans Anton
Pálóczy de Pálócz und die seines Bruders, des Oberstkämmerers Michael, wel-
cher auch Oberstmundschenk gewesen war, zu zieren . Es ist demnach schwer

1 Vergl. Pag. 76 unten und Pag. 79 oben,


2 Wagner, Decas. II. Fig. 7 .
3 Vergl. Art. XXI.
Auf dem Siegel des Ladislaus Pálóczy, d. d. 1449 erscheint derselbe Mönch
des Schildes mit einem aufgeschlagenen Buche in der Linken. Derselbe Ladislaus
führt 1465 einen Engel an Helmstelle als Schildhalter.
OPAPRIV
VPERO

AMO
HABE
LOC
VNV
QVOS
VRNA
PLES
DVOS
NVC
HIC SITVS ANTONIES MICHAEL

R
FALERAS

A
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CLARVS
AVLA
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POLO
EST
RVS
19
IN

‫'ווו‬
HAI

=
CLA ISTE DOMI CARVS REGALI
GRABSTEIN DER GEBRÜDER ANTON UND MICHAEL PÁLÓCZY .

6*
84

zu bestimmen, welchen von den Beiden die auf dem Grabsteine abgebildete
Gestalt vorstellen soll . Michael Pálóczy starb im Jahre 1514 ; - der Ober-
gespan Anton fiel im Jahre 1526 in der Schlacht bei Mohács, der Grabstein
wieder weist die Jahreszahl von 1519 auf.
Möglich, dass Anton Pálóczy erst nach dem im Jahre 1514 erfolgten
Ableben seines Bruders Michael diesen gemeinsamen Grabstein bestellt
hatte, welcher dann i. J. 1519 (d. i. fünf Jahre später) fertig wurde, worauf
dann das Jahr der Errichtung ( 1519) verewigt worden war, und in welchem
Falle die geharnischte Gestalt als das Ebenbild des Michael anzusehen wäre ;
möglich aber auch, dass erst die Nachkommen , nach dem Tode des Ersteren ,
die bestanden gewesene Stiftung durchgeführt und das Bildniss des bei
Mohács gefallenen Anton auf demselben sich zu verewigen beeilt, wofür der
in das Wappen nachträglich gesetzte, schlafende Löwe nicht wenig sprechen
würde wenn auch immerhin der Phantasie des ausführenden Künstlers
-
entsprungen welcher Löwe, in das Wappen des Michael übertragen, keine
Motivirung und keinen rechten Sinn für sich hätte.

XVII. Grabstein des Emerich Perényi . XVI . Jahrhundert.

Gleichfalls in der Kirche zu Terebes im Zempliner Comitate, gegen-


über dem uns bereits bekannten Grabsteine des Johann Perényi in das
Mauerwerk gefügt, befindet sich ein zweites Monument aus rotem Marmor
mit einer Höhe von 2 M. 71 Cm. und einer Breite von 1 M. 34 Cm. Dasselbe
erscheint von einem erhabenen, schmalen , glatten Rande ohne Inschrift
eingefasst und zeigt als Mittelstück die Gestalt eines geharnischten Mannes
: mit gothischer Rüstung, welcher mit mässig von einander gestellten Füssen ,
unter einem aus fünf halben Kreisbögen zusammengestellten Baldachine,
auf einem auf allen Vieren ruhenden, wachenden, natürlichen Löwen mit
vorwärtsgekehrtem Gesichte steht. Der mit einer niedrigen , glatten Eisen-
haube mit herabgelassenem Visire versehene Kopf zeigt bis zum Kinn die
scharf markirten Züge eines nach der Sitte der damaligen Zeit völlig bart-
losen und länglichen Gesichtes . Unter dem geschuppten Halsberge erscheint
die aus vier Stücken bestehende Brustplatte , am oberen Rande mit einer
breiten, mit Edelsteinen besetzten Bordüre, mitten auf der Brust aber sowie
darunter mit Lilien Ornamentik verziert. Auf der rechten Seite befindet
sich an Stelle des Rüsthakens und zu gleichen Zwecken ein halbmondförmi-
ger Ansatz . Die bis an die Brust reichenden, langen und breiten Achsel-
stücke sind glatt, ebenso die Beinschienen ; die Arme dagegen sammt den
Stulphandschuhen (Fäustlingen) , Kniestücken und Schuhen sind geschient.
Während an der Achsel und an der innern Fläche des aufwärts gehobenen
und im Ellbogen eingebogenen rechten Vorderarmes, (dessen Handfläche die
Magengegend berührt) , der pfalweise gestellte Schaft eines Banners ruht
85

welch ersterer bis hinter den Kopf des Unterlagslöwen reicht, ― erscheint
die gesenkte, im Ellbogen mässig gebogene Rechte an ein Schwert mit reich
verzierter Scheide gelegt, welches an einem, um die Hüften gelegten ,
schräge hängenden , in der Mitte mit einer Schnalle versehenen , mässig brei-
ten Riemen befestigt ist.
Das schmale und lange Banner selbst, mit Blumen- und Blättermoti-
ven bedeckt, flattert nach zweimaliger, graziöser Einbiegung bis zum links-
seitigen Rande des Grabsteines gegen abwärts zu ab, mit seinem unteren
Saume den Oberteil des Helmes der geharnischten Gestalt rückwärts
berührend.
Dasselbe Banner erscheint, knapp über dem Kopfe des Ritters , mit
einem Renaissance - Wappenschilde belegt, welches das uns bereits bekannte
*
Stammwappen der Perényi enthält. *
Dieses Wappen zeigt sich, entgegen dem von Seite der Perényis gepflo-
genen alten Brauche linksgekehrt, was jedoch, wie wir in diesen Blättern
(für analoge oder ähnliche Fälle) wiederholt hervorgehoben, überhaupt wie
insbesondere in der Zeit der lebenden Heraldik ganz ohne Belang war, hier
übrigens überdies (wie wir es am Schlusse sehen werden) seine speciellen
Opportunitätsgründe gehabt hat.
Die leeren Räume, welche rechts und links oben, durch den Baldachin
entstanden, sind mit geschickt angebrachten, wohl ausgeführten Blätter-
und Blumenmotiven ausgefüllt.
Rechts und links von der geharnischten Gestalt, mit dem Scheitel bis
an den untersten Bogen des Baldachines stossend, erscheint je ein, mit
faltenreichem und um den Hals ausgeschnittenem Oberkleide versehener
Engel, mit beiden Händen einen länglichen Teppich hinter der Gestalt des
Ritters ausgebreitet haltend, welcher gleichfalls mit schönen und reichen
.
Blumen- und Blättermotiven geziert und einen vorzüglich gelungen ausgear-
beiteten weichen Faltenwurf zu den beiden äussersten Höhenseiten auf-
weisend, mit seinem obern Saume knapp bis zu dem Halse der gehar-
nischten Gestalt, mit seinem untern aber bis ungefähr zu den Hüftknochen
derselben reicht.
Knapp darunter erscheinen wieder zwei Engel gleichsam schwe-
bend - hier das faltenreiche lange Kleid, welches beim linksseitigen
Engel auch eine Fusspitze erkennen lässt , - kurzärmlig. Jeder dieser
beiden Engel hält vor der Mitte des Oberleibes, mit den Händen der
natürlich gesenkten und im Gelenke etwas eingebogenen Arme ein Wap-
penschild von der genauen äusseren Form wie dasjenige des Banners -
das erstere, das bereits wiederholt beschriebene Wappen der Perényi auf-

* Vgl. oben Pag. 37.


86

weisend, das andere, mit einem nach rechts aufspringenden Löwen, welcher
mit den Vorderpranken eine Laubkrone emporhebt.
Es folgt endlich der Unterlagslöwe, wie wir denselben bereits bespro-
chen haben .
Die Composition sowie die gesammte, diesen Grabstein betreffende
Anordnung, gehört der Renaissance an. Der Baldachin gemahnt - trotz
der rundlichen Formen zwar an die Gothik, seine Verwendung jedoch,
bei Figurengrabsteinen, fällt ebenfalls mit dem Auftreten der Renaissance
zusammen. Dieser ebengenannten Periode gehören ferners die vier Engel
an und (wie bereits betont gewesen) auch sämmtliche drei Wappenschilde .
Dagegen haben zur Gothik gezählt zu werden : Der Baldachin (wie
soeben berührt), die in den beiden Oberecken des Grabsteines erscheinen-
den Blätter- und Blumenmotive, das mit ähnlichen Verzierungen geschmückte
Banner und der Teppich , sowie die Gesammtrüstung des Ritters .
Wir haben, den vorliegenden Grabstein betreffend, im Ganzen genom-
men sowie die Einzelnheiten angehend, ein wahres Meisterwerk der Sculptur
vor uns. Die edle Einfachheit musste hier zwar einer gewissen Ueberladung
weichen, aber diese letztere ist weit entfernt das Auge zu verletzen , indem
die Anordnung jedes einzelnen Momentes, wie nicht minder die Grössen-
und Breitenverhältnisse, die Raumausfüllung und Plastik, in höchst
künstlerischer und gewissenhafter Weise beobachtet wurden und sich
sogar (nur die Wappenfiguren ausgenommen, was wir weiter unten .
besprechen werden ) bis auf die scheinbar unbedeutendsten Dinge
erstreckt hat.
Die geharnischte Gestalt auf diesem Grabsteine stellt den Palatin
Emerich Perényi vor ; dies sind wir heute, an der Hand der Heraldik, in der
Lage (nachdem diesbezüglich viel in Unsicherheit hin- und hergeraten wor-
den war) mit Bestimmtheit feststellen zu können.
Es wurde so viel es uns erinnerlich ist, bereits hervorgehoben,
dass dort, wo auf einem Grabsteine neben der ganzen Gestalt des Ver-
storbenen zwei Wappen angebracht erscheinen, das an den vorneh-
mern Platz gestellte ausnahmslos das Wappen des Vaters, das andere
aber dasjenige der Mutter vorzustellen hat. Wo mehr als zwei Wappen auf
solchen Grabsteinen gebracht wurden, erscheint dagegen die Bestimmung
eine schon schwerere, weil diese durchaus nicht nach präcisen unver-
änderlichen Gesetzen rangirt erscheinen . Diese mehreren stellten dann
entweder Stammbaumfragmente, oder aber Ahnenproben vor und wurden
.
nur hie und da (des leichtern Erkennens halber) mit Ueber- oder Unterschrif-
ten (auf Vignetten ) den Namen des betreffenden Wappenherrn enthaltend ,
versehen .
Der rechtsseitige Schild unseres Grabsteines enthält demnach das
Wappen des Vaters des Palatins Emerich Perényi , - der linksseitige Schild
1h
-་

1.34
GRABSTEIN DES EMERICH PERÉNYI .
88

aber, mit dem aufspringenden Löwen , das Wappen der Mutter, hier nichts
anderes als ein Theil der Wappenvorstellung des 1524 mit Laurenz Ujlaky
erloschenen, berühmten Geschlechtes Ujlaky.
Das vermehrte Ujlaky- Wappen, welches auch von Laurenz Ujlaky,
Herzog von Bosnien, bis zu seinem Tode geführt wurde, zeigt im 1. und
4. Felde zwei gegeneinander aufspringende Löwen, welche gemeinsam eine
Krone emporheben .
Diese Löwenvorstellung haben die Ujlaky für so wichtig gehalten , dass sie
nicht gezögert haben, dieselbe in dem vermehrten eigenen Wappen an Ehren-
stelle auftreten zu lassen und das Stammwappen (wie dasselbe noch vom
Vater des Laurenz unverändert geführt wurde) ¹ in den Hintergrund zu
schieben, wenngleich das Grabsteinwappen des Laurenz , die Felder
allerdings wieder verwechselt vorzeigt.2
Aber auch bei einer anderen Ujlaky- Wappen - Variante, wo im vierten
Felde ein Thurm vorkömmt, erscheinen die beiden Löwen wieder an Ehren-
3
stelle , sowie ferners der obige Laurenz Ujlaky, abwechselnd, mit dem oben
beschriebenen, gevierteten Wappen, oder auch nur mit einem Löwen etc.
siegelt.4
Das linksseitige Wappen des vorliegenden Grabsteines ist somit zwei-
fellos ein Theil der Felder 1 und 4 (bezw. der Felder 2 und 3 ) des vermehr-
ten Ujlaky- Wappens, welches diese « Struppirung » sicherlich nur der völ-
ligen heraldischen Unkenntniss des ausführenden Künstlers zu verdan-
ken hatte, welcher die beiden Wappenschilder nur so nebenhin mitgenom-
men und die Gesetze der Plastik wie eines guten heraldischen Styles hier
völlig ausser Acht gelassen hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Bild-
hauer, die Perényi- Schildfigur deshalb links gewendet und den einen Löwen
des Ujlaky - Wappens aus dem Grunde fortgelassen hat, damit sich die beiden
Wappenschilder, Gesicht gegen Gesicht sehen mögen, wie es bei Heirats-
wappen auch schon in alten Zeiten der Brauch war. Der Perényi- Stammbaum
erhärtet diese Vermutung, die eben früher bereits schon als Gewissheit aus-
gesprochen war. Die Ehefrau des Stefan Perényi war nämlich --- Ursula
Ujlaky.5 Ihr einziger Sohn Emerich war Palatin und berichtet über sein
Leben und Wirken die Geschichte.

1 Siehe : Dr. Thallóczy Lajos, Az Ujlakiak síremlékei. Arch. Ert. IX. , I. Új


folyam. 1889 Febr. - Heft Beilage zu Pag. 3.
2 Ibid. Die Löwenfrage im Ujlakywappen harrt noch ihrer endlichen
Lösung. Siehe im Uebrigen auch : Czímerek az Ujlakyak illoki síremlékein . Arch . Ért.
IX., 2. Uj folyam 1889. April- Heft 139–143.
3 B. Nyáry Alb. A Herald . Vezérf. 16, IX . Pag. 121 .
Rajcsányi Ad . Siegel. Cop . Mser. im Reichs-Arch . Budapest.
5 Franciscus Csergheö, Tabulæ Geneal. Nobil . Reg. Hung. Familiarum. Cent. I.
385. Mscr. im Nat. Mus. Budapest.
8

XVIII. Grabstein des Kristof Warkócz. XVI . Jahrhundert.

Der Dom von Kesmark nimmt einen hervorragenden Platz ein


unter den gothischen Baudenkmälern unseres Vaterlandes. Dortselbst
findet sich, eingefügt in der südlichen innern Mauer des Sanctuariums,
ein Grabstein aus rotem Marmor, dessen 11 Cm. breiter, glatter und erha-
bener Schriftenrand mitfolgende Legende, an Capitälstelle begonnen, einge-
meisselt trägt :

HIC · EST . SEPVLTVS . STRENVVs .


MILES • NOBILIS · DNS · CHRISTOPHERUS ·
WARKÓCZ . DE NOPSSICZ ·
CAPITANE . CASTRI . ET . CIVITATIS ·

KEZMARK · QVI · OBIIT . IX . DIE · MENSIS ·
FEBRII · ANO . D. M · D. XX .

Dies ist also das Grabdenkmal des Capitans von Kesmark , Kris-
tof Warkócz von Nopssicz, welcher am neunten Februar des Jahres
1520 verstarb. Das Figurenfeld , dessen Höhe 207 und dessen Breite 104
Cm. beträgt, wird von der annähernd in Lebensgrösse ausgeführten , gehar-
nischten Gestalt des Verstorbenen ausgefüllt, welche mit mässig auseinan-
dergespreizten Füssen , auf einem ruhenden Löwen mit nach rückwärts
gewendetem Kopfe steht.
Das etwas nach rechts gewendete Haupt des Ritters, mit einem niedri-
gen Schaller versehen , liegt auf einem nach links strebenden, zweizipfligen
Banner auf, dessen bis zum Kopfe des Löwen reichender Schaft von der
gesenkten und im Gelenke etwas gebogenen Rechten gehalten erscheint und
welches wieder seinerseits auf einem mit vier Quasten besteckten, oblongen
Polster ruht. Die sichtbaren Teile des Gesichtes , als : das stark hervortre-
tende Stirnbein mit den Jochbeinen, die nicht minder stark markirten
geschlossenen Augen , sowie die breite, platte Nase, lassen keinen Zweifel
über, dass wir es mit dem getreuen Portrait des Verstorbenen zu thun haben,
welcher in reifem Alter gestanden haben musste. Die geharnischte Gestalt
trägt einen ganz kurz geschnittenen Schnurrbart, während die sich dem
Kinne anschmiegende Barthaube vermuten lässt, dass Kristof Warkócz keinen
Vollbart getragen.
Die Gestalt des vorstehenden Grabsteines nimmt, wie wir dies bereits
beim Monumente des Stefan Máriássy gesehen , * auch hier wieder eine

* Vergl. Pag. 75-75 und Pag. 77.


90

zweifache Situation, als « stehend » und zugleich liegend » ein , wozu an


ebengenannter Stelle bereits die gehörigen Bemerkungen gemacht wor-
den sind.
Dieses Denkmal, obgleich gegenwärtig wie auch wohl schon seit län-
gerer Zeit, an geschützter Stelle untergebracht, dürfte gleichwohl in früheren
Zeiten in dem Fussboden eingelassen gewesen sein , wie die ziemlich herge-
nommene Plastik desselben nahe legt.
Kristof Warkócz erscheint in vollständiger, gothischer Rüstung, * auf
welcher die ursprünglichen Verzierungen jedoch nicht mehr sichtbar erschei-
nen . Von der linken Seite des glatten Brustharnisches ragt ein Rüsthaken
heraus . Unter den je mit einem Dorne versehenen Achselstücken erscheinen die
Oberarme geschient, die Unterarme aber glatt. Geschient ist ferner der Vor-
derschurz und glatt zeigen sich wieder die Beinschienen mit den Knie-
stücken .
Die mit einem Eisenhandschuh versehene Faust der natürlich gesenk-
ten, etwas im Ellbogen gebogenen Rechten hält den Schaft des schon erwähn-
ten Banners , während die Parirstange eines an der linken Seite der Gestalt
mittelst einer breiten Ledergurte befestigten und bis hinter den Rücken
des Unterlagslöwen reichenden Zweihanders (dessen Knauf bis zum linken
Achselstücke reicht), auf dem linken Unterarme des Ritters aufzuliegen
scheint, welch' letzterer, bis zur Magengegend aufwärts gehoben und etwas
schräglinks gerichtet, die gleichfalls eisenbehandschuhte Hand flach und
mit den Fingern nach abwärts gerichtet, auf dem Unterleibe aufliegen lässt.
Ein schmälerer Lederriemen erscheint oben um die Schwertscheide geschlun-
gen und fällt dann nach abwärts, in der Höhe des linken Kniees, in zweimal
geschwungener Schlangenform ab. Rechtsseitig an der Hüfte, an dem gleichen
Hauptriemen befestigt, erscheint ein kleiner Dolch mit Parirstange. Die
Ausführung der ganzen eben detaillirten Vorstellung spricht von Meisterhand .
Etwas über dem Kopfe des Löwen, knapp zwischen dem Schriftenrande
und dem untersten Teile des Bannerschaftes, ist ein Wappenschild mit ein-
gebogenen Seitenrändern angebracht, welcher die reine, uns bereits zur
Genüge bekannte Uebergangsform des XVI. Jahrhunderts aufweist . Dieser
Schild wird überhöht von zwei, gleichfalls aus dem Steine herausgemeis-
selten, neben einander stehenden Buchstaben « C W » in Lapidarschrift.
Die Schildfigur zeigt zwei bestengelte, beblätterte, bewurzelte , in Form
eines Andreaskreuzes übereinandergelegte, natürliche Lilien . Die beiden
soeben erwähnten Buchstaben betreffend, so war die Idee deren Anbringung
wie vorstehend, eine vollkommen verunglückte ; ebenso geschmacklos wie
-
überflüssig eine Art Pleonasmus - indem der Name des Wappenherren
ohnedies bereits in der Legende voll enthalten ist.

* Eine Art Uebergang zur Mailänder Rüstung.


NOBEL
MILE
1

PHER

WEINWURM,Ph.

GRABSTEIN DES KRISTOF WARKÓCZ.


92

Etwas Aehnliches ist uns auch beim Grabstein des Stefan Máriássy*
untergekommen , wenn auch in einem andern Sinne ; sonst noch niemals.
Es ist wahrscheinlich, dass der Bildhauer den Siegelring des Verstor-
benen sich hier zum Muster genommen und sich verpflichtet geglaubt hatte,
Alles, ohne Ausnahme, getreu auf dem Grabsteine wiedergeben zu müssen .
Dass dem so gewesen, darauf weisen eben die Buchstaben ober dem Schilde
sowie das gänzliche Fehlen von Helm, Kleinod und Decken, wie die Siegel
der damaligen Zeit ausgestattet zu werden pflegten. Die nunmehr erlosche-
nen Warkócz waren altschlesischer Abstammung und führten folgendes
Wappen :
In Rot zwei grünbestengelte, grünbeblätterte, bewurzelte, in Form
eines Andreaskreuzes übereinandergelegte, natürliche weisse Lilien . -- Klei-
nod : Zwischen offenem schwarzen Fluge die Schildfigur. - - Decken : rot-
weiss . Der Erste des vorgenannten Geschlechtes, welcher nach Ungarn kam,
war der unter unserm Grabsteine ruhende Kristof, welcher die Herzogin
Hedwig von Teschen , die Ehefrau des Stefan Szapolyay, nach Ungarn beglei-
tet hatte. Hier wurde Kristof Warkócz von Seite des Letztgenannten
zum Capitän von Kesmark ernannt und ihm zugleich die Ortschaften :
Kreutz (Szent-Kereszt) und Nehre (Straska) in der Zips als Donationen
überantwortet, welche jedoch mit der Tronbesteigung des Königs Ferdi-
nand I. wieder an das Geschlecht der Horváth - Stansith de Grádecz zurück-
fielen .
Nachdem Kristof auch den ungarischen Adel erhalten hatte, wurde
sein Name in der Folge nach bestandenem Gebrauche magyarisirt, auch
Varkócs und Varkóczi geschrieben . Er vermählte sich dreimal, jedesmal mit
Frauen aus angesehenen Häusern . Seine erste Gattin war Katharina, Toch-
ter des Thomas Tárczay de Tárkeő, welche als Begleiterin der Gemalin des
Stefan Szapolyay nach Krakau, dortselbst verstarb und ebendort auch
begraben wurde ; ** die zweite war Margarethe, Tochter des Georg Bebek
de Pelsőcz und der Euphrosina Héderváry (Witwe des Stefan Thelegdy) ;
während wir als seine dritte Lebensgefährtin Barbara Homonnay verzeichnet
finden.
Von seinen drei Söhne Melchior, Caspar und Georg, zeichnete sich
der jüngste als tapferer Kriegsmann aus, welcher 1543 bei der Vertei-
digung von Stuhlweissenburg fiel. Von seinen beiden Töchtern wurde Mar-
garethe die Ehefrau des Franz Bebek, Barbara aber die Gattin des Gabriel
Drugeth von Homonna.

* Vergl. Pag. 76.


** Derselben Katharina wurde auch in der Domkirche von Kesmark ein Denk-
stein errichtet. Nach der auf demselben enthaltenen Inschrift starb sie zu Krakau
am vierten Sonntag vor dem Feste des heil. Anton, im Jahre 1512.
93

Nur durch drei Generationen hindurch erhielt sich die ungarische


Linie dieses Geschlechtes , deren letzter weiblicher Sprosse, Margarethe ver-
mählte Sigismund Lónyay, im Jahre 1644 verstarb.

XIX . Grabstein des Adam und der Anna Jurišic . XVI. Jahrhundert.

Links vom Hauptportale, beim Eintritte in die Sanct-Jacobskirche zu


Güns (Kőszeg) im Eisenburger Comitate , steht unmittelbar vor und neben
dem zweiten Seitenaltare senkrecht mit dem Getäfel des Fussbodens zusam-
menstossend in die Mauer gefügt, ein aus rotem Salzburger Marmor ver-
fertigtes Grabmonument mit einer Höhe von 2 M. 4 Dm. und einer Breite
von 1 M. 28 Cm . Dasselbe ist vorzüglich erhalten und oben mit einem
eisernen Haken noch überdies in das Mauerwerk befestigt. Rechts und links
in den Oberecken befindet sich je ein geflügelter Engelskopf, in der Mitte
unter einem Baldachin, fast die ganze Breite des Monumentes einnehmend,
und stellenweise, insbesondere beim Helmschmuck bei 3-4¹, 2 Cm . aus dem
Marmor herausgearbeitet ; in der Gesammthöhe von 1 M. 28 Cm. das frei-
herrliche Wappen Jurišić, welches sogleich besprochen werden soll . Gleich
unter dem Wappenschilde eingegraben aber zeigt sich die Inschrift in
deutschen Minuskeln, welche ebenfalls beinahe durch die ganze Breite des
Denkmals gehend, eine Gesammthöhe von 68 Cm. hat und wie folgt lautet :

« Ich Adam jurischiß Freyherr zv Ginſs lig in | diſem grab mit ſambt
meiner schwester Anna, | welches mir mein Vater niclas jurischiß Frey | herr zv
Ginss Ro. kr. Mt. rat. Camerr Obrister | Veldhauptman der fünff niderösterrei-
chischen und | windischen land vnd Landshauptman in Chr | ain pauen
hat laſſen hiemit wel vns der Gütig | Got genedig vn barmherzig ſei . Ao . 1.5.3.8 . »

Dieser Grabstein wurde somit von Seite des berühmten Helden von
Güns, Nikolaus Jurišić gesetzt, um das Andenken seiner beiden Kinder
Adam und Anna zu verewigen.
Kehren wir zu dem auf diesem Grabsteine gemeisselten Wappen zu-
rück. Dasselbe ist, was Schild mit Schildfigur und was die Helme sammt
Kleinodien betrifft, im Style seiner Zeit gut ausgeführt und nebstbei auch
vorzüglich erhalten ; anders verhält es sich mit den Decken . Diese sind
schwerfällig, gedrängt und ohne heraldisches Verständniss entworfen und
ausgeführt worden und entsprechen daher nicht ihrer eigentlichen Bestim-
mung. Das ganze Streben scheint hier vielmehr darauf gerichtet gewesen
zu sein, « Arabesken » zu einer bequemen Raumausfüllung zu schaffen, ohne
Rücksichtnahme auf die Vocation der Decken und ohne Berücksichtigung
der bestehenden Regeln - und nur so konnte es auch ferner geschehen , dass
einzelne Partieen, insbesondere zu oberst sowie unten , nicht zusammenhängend
94
ལ་ཁྲི་
(obwohl scheinbar dazu gehörig) mit den Hauptästen der Decken zu ste-
hen kamen .
Das Stammwappen der Jurišić war ein von Gold und Schwarz geteilter
Schild, in welchem oben ein schwarzer Rabe, unten ein goldner Scorpion.
Kleinod : Doppelter, mit dem Scorpione belegter schwarzer Straussenwedel. —
Decken schwarzgolden. *
Es folgt dasjenige Wappen , wie es von Seite des Nikolaus Jurišić
in seiner Eigenschaft als Pfandherr von Güns (in noch einfachem Adelstande)
ad personam geführt wurde, als :
In durch ein weisses Tatzenkreutz geviertetem Schilde 1 und 4 in Blau
aufgrünem Boden eine mehrfach gezinnte, in der Mitte mit einem rot bedach-
ten Turme, seitwärts mit zwei gewölbten offenen Toren sammt aufgezogenem
Fallgatter versehene weisse Festungsmauer (Wappen der Stadt Güns, wie
dasselbe auch heutzutage noch geführt wird) ; 2 und 3 in von Gold
und Schwarz geteiltem Felde oben ein rückwärtsschauender schwarzer Rabe,
-
unten ein goldener Scorpion. Zwei Helme : I. Der Turm. Decken :
blausilbern . - II. Zum Stammwappen . -——— Decken schwarzgolden .
Das dritte und letzte uns bekannte Jurišić-Wappen endlich ist das-
jenige, wie es auf unserm Grabsteine ersichtlich ist. Der Schild ist hier
wie vorstehend, doch mit verwechselten Feldern , da nun das Stamm-
wappen an Ehrenstelle tritt, das Wappen der Stadt Güns aber, als
nunmehr Eigentum (und nicht mehr blos Pfandherrschaft) des Freiherrn
Jurišić, von dieser Ehrenstelle auf den minder vornehmen Platz zurück-
tritt. Auch die Kleinode erfahren auf diesem freiherrlichen Wappen eine
Aenderung ; Helm I. trägt nun zwischen offenem (goldnen ?) Fluge einen
--
Raben ; Helm II. dagegen bleibt wie früher. - Decken : schwarzgolden
blausilbern.

Das ist das freiherrliche Wappen Jurišić, wie es Nikolaus dem älte-
ren (was gleich unten eingehender vorkommen wird) sub d. 1533 verliehen
wurde und wie dieses selbe ganz zweifellos (da gelegentlich seiner erfolgten
Erhebung in den Freiherrnstand keine weitere Erwähnung vom Wappen ge-
schieht) auch von dem Vetter des vorstehend Genannten, d. i. von
Nikolaus Jurišić junior, dann später, d. i . von 1568 an begonnen , geführt
worden ist.
Weder der Kunstwert des hier in Behandlung stehenden Monu-
mentes noch die Personen, denen dasselbe gesetzt wurde, würden eine Ver-
anlassung geboten haben, diesen Grabstein unter anderen Umständen den.
hervorragenderen vaterländischen Denkmälern dieser Art zuzugesellen.
Derjenige, welcher dieses Monument erbaut, und dessen Eigentum und
(wie anzunehmen) auch letzte Ruhestätte diese Gruft gewesen , war jedoch eine

* Siebmacher : Der Adel von Ungarn. III. Pag. 277. Taf. 290.
1
95
35

Persönlichkeit, welche den Namen « Jurišić» hochberühmt gemacht hat ; und


da es nebenbei die einzigen Kinder des Helden Nikolizza waren, welche hier
beigesetzt wurden, — wir auch sonst kaum nennenswerte Angedenken nach
diesem wahrhaft grossen Manne besitzen, haben wir es für passend erachtet

Ich Vidam juzilchitz Freyher zu Onls lig in


dilem grab mit lambt meiner libweismanna,
welches mir mein water nirla's juifthit re
heargu Ginls, Frot rat Cammobili
beldhaumman de infi nideöftereichilihet n
wmoilmen land ond lands haurtinan in Chr
ain pauen hat lallen hirmirwelvas de Elitig
Got genedig bi bamihasig fri:A15.58 ,-
..

GRABSTEIN DES ADAM UND DER ANNA JURIŠIĆ.

auch diesen Grabstein aufzunehmen, sowie einige Worte dem Andenken des
Vaters zu widmen, da wir über seine beiden Kinder nichts weiter melden
können, als dass dieselben in sehr zartem Alter gestorben sein müssen, indem
ihre Mutter, geb. Potentiana Dersffy de Zerdahely, noch im Jahre 1527 mit
ihrem ersten Gatten , Anton Bánffy de Alsó-Lindva vermählt gewesen, der
96

Grabstein aber (ohne Angabe der Sterbejahre) bereits 11 Jahre später, d. i.


1538 dem Adam und der Anna Jurišić gesetzt war.
Niklas Jurisić der ältere, 1490 in Zengg geboren, aus altem adeligen
kroatischen (und nicht « dalmatinischen » wie bisher allgemein gemeldet wurde)
Geschlechte entsprossen und mit vorzüglichen Gaben des Geistes und des
Körpers ausgestattet, tritt diplomatisch nachweisbar 1522 zuerst in das
öffentliche Leben, zu welcher Zeit wir ihn mit dem Range eines Befehls-
habers bekleidet, zur Verteidigung der kroatischen Grenze im Dienste
Ferdinands I. antreffen ; 1523 aber schon als Feldhauptmann und 1524
nebstbei als vornehmes Mitglied auf der Herrenbank des Landtages zu Wien .
Im Jahre 1526 erscheint er als « Supremus Capitaneus » von Kroatien , dann
als Pfandherr von Güns und 1529 mit einer Mission an den Sultan Soliman
nach Constantinopel betraut, welcher schwierigen Aufgabe sich derselbe im
Jahre 1530 erneuert unterzieht.
1532 hält er durch 25 Tage als Befehlshaber der Festung Güns mit
kaum tausend Mann Stand dem grossen osmanischen Heere , welches er
endlich zum Abzuge zwingt.
Durch diese glorreichste That seines Lebens, welche die Weltgeschichte
mit goldenen Lettern verzeichnet hat, wurde sein Name unsterblich !

Sub d. Linz , 20. Februar 1533 in den Reichs - Freiherrenstand erhoben ,


mit dem Prädicate (und der Donation) « Güns » sowie mit der Ernennung
zum kaiserlichen Rate , wird Nikolaus I. im Jahre 1534 in den nieder-
österr. Landesausschuss gewählt, 1537 aber oberster Feldhauptmann
der niederösterr. und windischen Lande, dann 1538 Landstand und Landes-
hauptmann von Krain, - begibt sich im Jahre 1540 zum drittenmale nach
Constantinopel und stirbt zwischen dem 14. November und letzten Dezember
des Jahres 1543. Er war der Letzte der ältern freiherrlichen Linie des
Hauses Jurišić.
Wie schon früher erwähnt, war er vermählt gewesen mit Potentiana
Dersffy, Witwe nach Anton Bánffy, welche nach dem Ableben dieses ihres
zweiten Gatten wieder eine Ehe mit Erasmus Einzinger von Einzig einging.
Mit dem bereits genannten Verwandten des Helden , d. i. mit Niklas
Jurišić dem jüngern - welcher (im Jahre 1568 gleichfalls in den Freiherren-
stand erhoben wurde) , - erlischt dieser zu so hohem Ansehen gelangte Name
gänzlich, am 7. März des Jahres 1572. *

* Eingehendes über dieses Geschlecht, sammt reichen Literaturverweisen,


siche : Csergheö, Die erloschenen freiherrlichen Linien des Hauses Jurišić. Ein Beitrag
zur Monographie von Güns. Budapest, 1887.
97

XX. Grabstein des Emerich Telekessy. XVI . Jahrhundert.

Auch dieser Grabstein wurde gelegentlich der Restaurirungsarbeiten


des Kaschauer Domes wieder an das Tageslicht gezogen . Der Umstand , dass
das aus demselben herausgemeisselte Wappen stark abgenützt erscheint,
berechtigt zur Annahme, dass das Monument eine lange Zeit hindurch (oder
aber überhaupt immer) in dem Fussboden eingelassen gewesen. Dies sowie die
gefleckte und geäderte Eigenschaft des roten Marmors, aus welchem dasselbe
erzeugt, sind daran Schuld , dass die einzelnen Teile des Wappens, trotz
ursprünglich kräftig gewesener Plastik, nur allein bei gehöriger Beleuchtung
und unter erhöhter Aufmerksamkeit heute noch auszunehmen und zu
bestimmen sind . *
Der 2 M. hohe und 105 Cm. breite Grabstein besteht aus einem obern
(höheren) und aus einem untern Felde, trägt unter einem einfachen Balda-
chine vorerst das Wappen und erscheinen die durch den Bogen entstande-
nen leeren Flächen der oberen Ecken mit gelungenen Blumenmotiven ausge-
füllt. Die untere niedrigere Hälfte, welcher der Bildhauer die Form eines
Pergament- oder Papierblattes mit eingerollten Rändern zu geben bemüht
war, trägt die aus zehn Zeilen mit Capitellbuchstaben eingemeisselte Le-
gende, wie folgt :

INSIGNIA MAGNIFI
CI •· DOMI · EMERICI TELE
KESI • GENCIUM · SACRATISSIM
ROMANORV • CESAREA REGIAE-
Q · MAIESTATIS • IN · PARTIVM .
REGNI • HUNGARIAE SVPE
RIORIB · EXISTENTIV • AC CIVI .
TATIS · CASSOVIESIS · SVPREMI
CAPITANEI . OBIIT · ANO • ETATIS
SVE . LII** DIE XXX MAI ( M.D. ) LX.

Wir stehen demnach vor dem Grabsteine des Emerich Telekessy, wel-
cher am 30. Mai 1560 im 63. Jahre seines Alters verstarb.
Auch dieses, in stylistischer Beziehung ganz gut ausgeführte Wappen
zeigt, was seinen Schild betrifft, die bekannte Form seiner Zeit ; die laubar-
tigen Helmdecken sind genügend gut entworfen und ausgeführt und keines-
wegs überladen . Es lautet das vorstehende Wappen in der Blasonirung wie

Da aus denselben Gründen auch die photographische Reproduction misslang,


haben wir ausnahmsweise keine Abbildung beifolgen lassen.
** Emerich Telekessy ist nach glaubwürdigen Berichten im 63. seines Alters
gestorben. Das « LII » des Epitaphiums ist demnach ein offenbarer Fehler des Bildhauers.
Alte Grabdenkmäler aus Ungarn. 7
98

folgt : Gevierteter Schild ; 1 und 4 gespalten von Gold und Blau ; vorne ein
aus der Spaltung ragender, rot gewaffneter, schwarzer Adler, hinten zwei
weisse Balken ; 2 und 3 in Rot ein doppelschwänziger, einwärtsgekehrter,
goldener Löwe, zwischen den Vorderpranken einen schnurrbärtigen, mit
weissem Turban versehenen , vom Rumpfe getrennten Türkenschädel vor
der Mitte des Leibes haltend. - Kleinod : Der Löwe wachsend. - Decken :
schwarzgolden ―― rotsilbern.
Dieses Wappen erscheint in seiner completen Blasonirung in zwei
gleichlautenden Abschriften nach dem Originale auch im Reichsarchive
zu Budapest¹ und wurde, neben Bekräftigung des alten Adels , von Seite
des Königs Ferdinand I. dem Emerich Thelekessy als Baron des Reiches ,
wie sehr glaubwürdig (Datum findet sich leider nirgends vor) , im Jahre
1560 , also kurz vor seinem Ableben verliehen ..
Das uradelige Geschlecht der Telekessy (Thelekessy) , aus Telekes im
Eisenburger Comitate stammend und im ebengenannten Orte bereits im
XIII . Jahrhunderte mit Grundbesitz urkundlich auftretend , führte in seinem
Stammwappen einen Adler.2
Auch Stefan Telekessy (geb. 1633 + 1715 ) , der berühmte Bischof von
Erlau, führte das gleiche Wappentier u. zw. golden gewaffnet und schwarz im
roten Schilde, hier in der Rechten ein Schwert und einen Türkenschädel, in
der Linken ein goldenes Passionskreuz haltend . Ein ähnliches Wappen führt
Paul Telekessy, mit der Schildfigur als Helmkleinod , und mit rotgoldnen und
blausilbernen Decken. Es ist jedoch bis zur Gegenwart noch nicht urkundlich
-
erwiesen, ob dieser Bischof Stefan — der übrigens auch nebstbei zwei andere,
wieder unter sich divergirende Wappen, in seiner kirchlichen Eigen-
schaft benützt hat¹ sowie, ob der hier aufgeführte Paul Telekessy,

1 Actor. Thurz. 7, Nr. 10 und N. R. A. fasc. 659 u. 53. - Diese Blasonirung


stimmt im Grossen vollkommen mit dem vorstehenden Grabsteinwappen überein,
nur dass die Felder im Dipl. Texte anders ordinirt erscheinen, als auf dem Grab-
steine. Diese Abweichung ist jedoch nur eine scheinbare und darin zu suchen , dass
das heraldische Rechts und Links dem Verfasser des Telekessy -Diplomtextes nicht
bekannt war. Dass dem so gewesen, beweist der Umstand, dass die Felder 2 und
3 dort zuerst genannt erscheinen. Emerich Telekessy starb in demselben Jahre,
als ihm dieses erweiterte» Wappen verliehen wurde. Das kaum ausgestellte Orig.-
Diplom mit eingemaltem Wappen lag daher dem Bildhauer oder doch den Anord-
nern zweifellos vor und ist auf keine Weise anzunehmen, dass die Zeichnung des Grab-
steinwappens verfehlt wurde.
2 Turul, 1887, 65. Dieser Adler wird noch gegenwärtig im Wappen der Frei-
herrn von Orczy geführt.
3 Bruderschaftsbuch Agonia, Mscr. mit eingemalten Wappen in der erzbischöfl.
Bibliothek in Erlau.
+ Siehe Reichs . -Arch . B. Perth , Lymbus und Ötvm . kiáll. lajstr.
99

Einer Abstammung mit unserm Emerich gewesen, obwohl die Gleichheit der
Hauptschildfigur sowie der Geburtsort des Bischofes (Csömöte im Eisen-
burger Comitate) allerdings dafür sprechen würden .
Der vorstehende Emerich, ein Sohn des Michael Telekessy und der
Katharina Debrethei , (um 1497 geboren und auch « Thelekessy de Felső-
Debrethe » genannt ) welcher sein altes aber bescheidenes Geschlecht
berühmt gemacht, nahm schon in jungen Jahren Teil an der Mohácser
Schlacht, unter den Huszáren des Raaber Bischofes Blasius Paksy. Im Jahre
1549 schlägt er, in seiner Eigenschaft als Capitän von Wesprim, den
Pascha von Stuhlweissenburg, macht 600 Türken zu Gefangenen und
erbeutet 13 Fahnen. 1555 zum Capitän von Léva ernannt, besiegt er ein Jahr
später nochmals die Türken, nunmehr bei Babocsa und im Vereine mit
Thomas Nádasdy. In der Folge von Seite des K. Ferdinand zum Ober-
befehlshaber von Oberungarn ernannt, kämpft er mit Glück gegen die Anhän-
ger der Isabella Szapolyai, nimmt Zemplin und Pálócz ein, woselbst er in
der Hüfte verwundet wurde, zerstreut 1557 die Streitkräfte des Gabriel
Perényi bei Varannó und setzt denselben sammt seiner Familie, im eige-
nen Castelle zu Szöllős in Gefangenschaft. Endlich nimmt er auch Lelesz
ein und belagert Szathmár, hier jedoch nicht vom Kriegsgotte begünstigt.
1558 geht er wieder siegreich vor. Er erobert Kis-Várda, Zetény und Kövesd
und erhält den zweitgenannten Ort auch als königliche Donation . Nochmals
schlägt er die Ungläubigen, nimmt ihnen mehrere Fahnen ab und stirbt
endlich 62 Jahre alt am 30. Mai des Jahres 1560. Er wurde im Kaschauer
Dome beigesetzt . *
Budai ** schreibt über ihn, dass derselbe zwar weder gelehrt noch von
imponirender Körpergrösse oder angenehmen Gesichtszügen gewesen, dass er
jedoch alle jene Eigenschaften in sich vereinigte, welche die Zierde eines
hervorragenden Heerführers zu bilden pflegen. Auch soll K. Ferdinand
als er ihn mit der Burg Lednitz belehnte, in Gegenwart seiner Grossen
den Ausspruch gethan haben : dass er von Seite des Emerich Tele-
kessy sich zu keiner einzigen Gelegenheit über den geringsten Schaden zu
beklagen hatte, da sich derselbe niemals furchtsam, unvorsichtig oder
lässig gezeigt.
Mit seinem Enkel Michael erlosch diese Linie des genannten Geschlech-
tes gänzlich und war dieser demnach der Letzte, welcher das erweiterte
Wappen, wie wir es auf dem Grabsteine des Emerich Telekessy abgebildet
gesehen, geführt hat.

* Siehe auch : Dr. Komáromy András, Thelekessy Imre. Hadtörténelmi Köz-


lemények II , 1889. Marzheft, Pag. 101-124 und 165-176.
** Polg. lex. III., 280.

7*
100

XXI. Tumba des Stefan Dobó . XVI . Jahrhundert.

Zum Zwecke der endlichen Feststellung der Begräbnissstätte des


Erlauer Helden Stefan Dobó, sowie behufs Klärung anderer Nebenumstände,
hatten sich Schreiber dieser Zeilen nach Dobó- Ruszka begeben , welches
Dorf 15 Km. von Ungvár entfernt liegt, und wurde diese kurze Forschungs-
reise von vollkommenem Erfolge gekrönt.
Des Stefan Dobó sterbliche Ueberreste hatten in der That in der
Kirche der genannten Ortschaft die ewige Ruhe gefunden und war im süd-
östlich gelegenen Teile des Schiffes, durch mehrere Jahrhunderte hindurch ,
eine Tumba aus rotem Marmor gestanden, als pietätsvolles Andenken von
Seite des Sohnes erbaut und des glänzenden Namens und Rufes des unsterb-
lichen Vaters auch in ihrer äusseren Ausstattung vollkommen würdig.
Diese Tumba hatte bestanden : aus zwei reich verzierten Längen- und
zwei schmälern Teilen , von welch letzteren der beim Kopfe gelegen gewe-
sene das Dobó'sche Geschlechtswappen en relief, der untere aber die Wid-
mung in eingemeisselten Antiqua- Lettern trug. Die geharnischte liegende
Gestalt des Verstorbenen , in natürlicher Grösse plastisch ausgeführt, bildete
endlich die Zierde des Deckels . Betritt man durch das westlich gelegene
Hauptportale diese im gothischen Style erbaute Kirche, so wird das
Auge heute nichts mehr erblicken, was an das bestanden gewesene Monu-
ment gemahnen könnte . Ein glatter Schlussstein allein zeigt sich
unter den Füssen des Besuchers an der Stelle, wo der Eingang zur Dobó-
Gruft führt.
Erst eine eingehendere Umschau verhilft zu günstigerem Erfolge und
macht den Fremden teilweise mit dem Grabdenkmale bekannt, wie es
sich einst stolz und jedem Blicke wahrnehmbar, in der Dobó - Ruszkaer
Kirche erhoben hatte.
Nun stehen diese Ueberreste an bescheidenen (wenn auch geheiligten)
Plätzen in die Mensa der beiden Seitenaltäre gefügt ; die Deckplatte der
einstigen Tumba aber, d. i . der vornehmste Teil, ist in dem besagten Gottes-
e
hause nirgends mehr vorzufinden. Diese « Zerstückelung» hat eine ganz und
eigene Geschichte für sich.
Der erste Schritt hierzu mag wohl zu jener Zeit geschehen sein , als
die Kirche vor vielen Jahren eingehend adaptirt wurde. Das Geschlecht der
Dobó war dazumalen bereits schon lange gänzlich erloschen, die Tumba
stand wegen ihrer Länge im Wege - eine Commission zur Erhaltung
der Baudenkmale hatte man auch noch nicht (wenigstens ist uns von

* Die wiederholten äussern und innern Veränderungen, welche hier statt gefunden,
haben nur stellenweise den originalen Styl unberührt gelassen.
101

einer solchen nichts bekannt)und so machte man sich denn Luft, nahm
das Monument einfach auseinander, verfertigte aus den Seitenteilen -
— in
noch restlicher Pietät für den grossen Todten zwei Nebenaltäre und
versenkte die Deckplatte mit dem Bildnisse in den Fussboden.
Dies mag das Vorspiel gewesen sein . Was dann später geschah , ereig-
nete sich im Jahre 1833.
Es war an einem schönen Sommertage, als Gross und Klein des Dor-
fes sich insgesammt bei der Feldarbeit befand. Da kam ein wohlbespannter
Wagen, unbekannt von woher angefahren, hielt vor einem Seitenportale der
Ortskirche und entfernte sich wieder nach einer gewissen Zeit eben so
unauffällig, nachdem ein von mehreren Männern aus der Kirche geholter,
schwerer und verdeckter Gegenstand vorher aufgeladen worden war.
Erst Tags darauf wurde es im Dorfe allgemein bekannt, welche Be-
wandtniss es mit dem Wagen gehabt hatte und was geschehen war. Die
schöne und kostbare Erinnerung an Stefan Dobó, welche sich die
Ruszkaer Kirche so lange zu erhalten gewusst - war entführt, geraubt
worden !

Schon seit langer Zeit war es der sehnliche Wunsch des Erzbischofes
Ladislaus Pyrker, irgend ein hervorragenderes Andenken von dem helden-
mütigen Verteidiger von Erlau für seine Residenz zu besitzen . Johann Graf
von Buttler, der Besitzer jener ausgedehnten Dominien, zu welchen auch
das Dorf Dobó - Ruszka gehörte, war dieses stille Begehren des Kirchenfürsten
gleichfalls zur Kenntniss gekommen .
Da ihm nun, auch in Ansehung gewisser Familienverhältnisse ,
nicht wenig daran gelegen sein musste, sich das Wohlwollen dieses
Kirchenfürsten zu erwerben , liess er das Bildniss des Stefan Dobó von sei-
nem Standorte heben - und damit nicht etwa die Einwohnerschaft in
Gährung gerate, dasselbe auf die bereits erwähnte Weise d. i. im Geheimen
nach Erlau als Geschenk für Ladislaus Pyrker überführen .*
So gelangte dieser Hauptteil des Dobó - Monumentes nach Erlau und
blieb bis zur Gegenwart dort unangefochten liegen , auf dem einstigen Terri-
torium der Feste, in einem offenen , mit Gitterwerk versehenen, gemauerten
Gewölbe.
Dieser Teil der Tumba war schon wiederholt beschrieben sowie auch in
Abbildung veröffentlicht.

* Der Pfarrer von Dobó - Ruszka, Anton Demecz - (welcher uns auch mit
grösster Bereitwilligkeit bei den Abklatschungen der Epitaphien unterstützte)
bestätigte vollinhaltlich den vorstehenden Hergang, welcher sich im Volksmunde bis
zur Gegenwart erhalten hat.
102

Vahot* beschreibt denselben ungefähr wie folgt :


« Das Monument ist aus rotem Marmor verfertigt und zeigt sich die
völlig plastisch gehaltene Gestalt des Verstorbenen als auf dem Rücken
liegend, zwischen der ausgestreckten Rechten und dem Körper den Schaft
eines Banners aufweisend, in der Linken eine auf dem Vorderarme
ruhende Pergamentrolle haltend. Der lange spitzzulaufende Vollbart schmiegt
sich ― beinahe bis zum Gürtel reichend, an die geharnischte Brust. Der
Kopf ruht auf dem bereits erwähnten Banner und dieses letztere wieder auf
einem oblongen , an den vier Ecken mit je einer Quaste versehenen Polster.
An der linken Seite der Gestalt erscheint ein altungarischer Säbel ; der
Helm , von seiner ursprünglichen Stelle weggebrochen , erscheint nunmehr
zu den Füssen des Stefan Dobó gestellt. Diese letztern , mit bis zu den
Knöcheln reichenden Schuhen bekleidet , sind ein Machwerk neuerer Zeit.
Unter dieser marmorenen Platte erscheint in goldenen , lateinischen
Lettern folgende Inschrift :
« Az igaz hazafiság és vitézség halhatatlan érdemének méltó tekinteté
böl Dobó István Eger vára hös védőjének P. J. L. P. N. által 1833. emelt és
dobórucskai sírjától nyert képével diszesített emléke » .
D. h. : Denkmal des Stefan Dobó , des tapferen Verteidigers der Feste
Erlau, aus würdiger Rücksicht für seine wahre Vaterlandsliebe und dem
unsterblichen Verdienste seiner Tapferkeit gestiftet sowie mit dessen Bildniss
vom Dobó - Ruszkaer Grabmale geziert durch Johann Ladislaus Pyrker P. N.
1833. **
Das Ebenbild des Helden mit zum ewigen Schlafe geschlossenen
Augen liegt gleichsam wie auf der Bahre ausgestreckt mit entblösstem
Kopfe und zeigen die Gesichtszüge eine erhabene Ruhe. Die Rüstung und
Bekleidung entsprechen derjenigen Zeit, in welcher der vorliegende Grab-
stein verfertigt wurde. Brustharnisch, Achselstücke und der mit vier Schnal-
lenriemchen an den Brustharnisch befestigte Vorderschurz sind geschient ;
die Arme von den Achselstücken an mit Kettenpanzer bedeckt. Die
Beine stecken in einer Bekleidung von enganliegendem Stoffe . Es ist glaub-
würdig, dass wir das Bildniss des Stefan von Dobó hier in jener Tracht
und in jener Bewaffnung vor uns sehen , wie er dieselbe zu seinen Lebzeiten
getragen und benützt, und hat demnach dieses Denkmal einen doppelten
Wert!

* Vahot-Kubínyi, Magyarország és Erdély képekben, IV, 27. - Vasárnapi


ujság, 1868. 404.
* Das « P. N» dieser (nur mit Mühe übersetzbar gewesenen ) Inschrift betref-
fend, sind wir im Augenblicke nicht in der Lage, diese Initialen auszulegen . P. J. L.
dagegen (Johann Ladislaus Pyrker ) — sind die Anfangsbuchstaben des volles Namens
des bereits hier erwähnten Erzbischofes von Erlau, der übrigens auch Patriarch von
Venedig gewesen war.
103

Würdige Ergänzungsstücke, wenn auch bescheidenere , bilden die


bereits erwähnten, in der Kirche von Dobó- Ruszka annoch vorzufindenden
vier Seitenteile der einstmals vorhandenen Tumba.
Die Höhe aller dieser beträgt 1.12 Cm. , die Breite der Längenteile
195 Cm. und diejenige der Schmalteile 140 Cm. - Sie sind insgesammt,
oben wie unten, mit hervorspringenden mehrfach verzierten Gesimsen ver-
sehen .
Die Inschriften der beiden Längenteile zeigen sich als in einem, mit
Renaissance-Motiven versehenen plastischen Rahmen, welcher beiderseits
von je einem , gleichfalls plastisch aus dem Marmor herausgearbeiteten Engel
gehalten erscheint.
Der in die Mauer des rechtsseitigen Nebenaltares vorne eingefügte
Tumbaseitenteil trägt folgende Legende :

HOC TVMVLO STEPHANV CLAVSERVT FATA DOBONE


QVI QVONDAM TVRCAS A VESTRIS AGRIA MVRIS
REPPVLIT, INSIGNEQ FERES EX HOSTE TRIVPHVM
EXTREMA VNGARICIS CLADE PROCVL EGIT ABORIS .

Es folgt die Inschrift der in den linken Seitenaltar eingefügten Vor-


derplatte. Diese ist stellenweise bereits unlesbar, sowie die beiden Engel
weniger gelungen ausgeführt erscheinen . Doch schreiten wir zur Legende .
Diese lautet :

DACIA NVNC .
. ... AM . AN . OS . PRAESIDE CAVSSAM
DEFLET ET IMMENSVM PRAEDICAT AEGRA VERVM
INUICTVM SEMPER EVM SAEVA CALVMNIA MORS(SI )
VINCERE CONATVR VINCITVR IPSA SVO.

Wir hätten noch die Beschreibung der beiden Schmalteile zu geben .


Der in die nördliche Seite des rechtsseitigen Nebenaltares gefügte trägt, was
bereits schon früher flüchtig berührt war, die Widmung des Sohnes
wie folgt :

FRANCISCVS DOBO
FILIVS HAERES HOC
MONVMENTVM OP
TIME MERITO PVB
LICO LVCTV STATVIT.

Der andere oder vierte und letzte Seitenteil trägt das complete.
Wappen des Geschlechtes Dobó de Ruszka , welches ein vierfüssiger,
104

geflügelter und gekrönter Drache in eiförmiger Form umgibt, der das Schwanz-
ende mehrfach um den Hals geringelt trägt. Die vier Ecken dieser Mar-
morplatte erscheinen mit schön stylisirten Lilien ausgefüllt, das Wappen
aber ist wie folgt : Aus einer Laubkrone wachsend ein mit einem weitärm-
ligen Talare bekleideter Mann (Mönch) mit vorne kurz abgeschnittenen,
bis zu den Schultern wallenden Haaren, mit der erhobenen Rechten die
rechtsseitige Hälfte des langen, bis zum Gürtel reichenden, spitz zulaufen-
den Vollbartes mit der Linken ein dickes, mit einer Schnalle versehenes
Buch bis zur linken Brustseite hebend. - Kleinod : Die Schildfigur. Die
Wiederentdeckung dieses Wappens war von nicht zu unterschätzendem
Werte, da dasselbe bereits völlig in Vergessenheit geraten war.
Es hatte zwar die Vermutung nahe gelegen, dass die Dobó de Ruszka ,
welche (wie uns bereits bekannt) Einer Abstammung mit den Pálóczy de

TUMBA OBERTEIL DES STEFAN DOBÓ .

Pálócz gewesen, ursprünglich auch ein gemeinsames Wappen mit diesen


geführt haben dürften , welcher Meinung auch in der ungar. Abteilung des
neuen grossen Siebmacher Ausdruck gegeben wurde, während Nagy Iván ³
darüber stillschweigend hinweggegangen ist ; Sicherheit war jedoch nicht
vorhanden und wurde vielmehr von Seite des Werkes : Magyarország csalá-
dai (nach Troph. Estoras) den Dobó de Ruszka ein ganz fremdes Wappen
in Wort und Bild zugeteilt, welches wieder in gleicher Form auch von
Siebmacher (wenn auch mit der eben angeführten Bemerkung) reproducirt
wurde, was dortselbst im Supplemente richtig gestellt zu werden hat .
Erst längere Zeit nach der Auffindung des vorstehend blasonirten
Dobó-Wappens waren wir so glücklich , ein Siegel vom Jahre 1526 desselben
Geschlechtes mit vollkommen übereinstimmender Schildfigur wie auf diesem
Grabsteine im Reichsarchive zu erforschen .

1 Vergl. Pag. 83.


2 VI . 138.
3
Magyarsz. csal. III 328.
105

Die Placirung des bereits gemeldeten Drachens um das Gesammt-


wappen ist keine gewöhnliche, da dieser letztere in jenen Fällen , in welchen er
vereint mit einem Wappen auftritt , zumeist um den Schild gelegt wurde.¹
Auch das können wir nicht mit Sicherheit angeben, ob derselbe hier
als persönliches Ordenszeichen (bezw. auch als einem der Vorfahren des
Verstorbenen verliehen gewesene Auszeichnung) zu functioniren hatte,
oder aber nur als eine beigegebene Zierde ohne speciellen Charakter, da auch
solche Fälle in der ungar. Heraldik constatirt vorkommen. "
Keinerlei Jahreszahl oder sonstige Zeitangabe ist auf der Dobó'-
schen Tumba verzeichnet worden ; doch ist es bekannt, dass Stefan ,
der Held von Erlau, auf seiner Burg Szered, im Jahre 1575 das Leben aus-
hauchte. Die Errichtung des besprochenen Denkmales, durch seinen Sohn
Franz dürfte daher zwischen 1575 und 1580 stattgefunden haben .
Stefan Dobó de Ruszka wurde als der Sohn des Dominik und der Sophie
Czékei geboren. Seinen Namen machte er bekannt als Capitän von Erlau ,
zu welcher Stelle derselbe im Jahre 1549 vom Bischofe Nikolaus Oláh beru-
fen wurde. 1552 leitet er in heldenmütiger Weise die Verteidigung der genann-
ten Feste gegen die Türken. Ein Jahr darauf ( 1553 ) im Vereine mit Franz
Kendy, vom Könige zum Wojwoden von Siebenbürgen ernannt, unter Erhe-
3
bung zum Baron des Reiches , erhält er zugleich die Donation Déva und
Szamos - Ujvár. Später in Gefangenschaft der Königin Isabella geraten, aus
welcher er sich jedoch nach wenigen Monaten befreit und an den Hof des
Königs Ferdinand eilt, erhält er dort für seine getreuen Dienste erneuerte
Donationen, fällt aber der Verschwörung verdächtig in eine nochmalige Ge-
fangenschaft, aus welcher er erst im Jahre 1572 befreit wird . Wie das Wappen
der Tumba beweist, hatte Stefan Dobó auch nach Erlangung des Baronats ,
dieses ererbte Ehrenzeichen seines Geschlechtes unverändert beibehalten.

XXII. Grabstein des Andreas Illenfeld. XVI. Jahrhundert.

Es möge uns gestattet sein noch einen dritten Grabstein in Wort und
Bild vorzuführen, welcher sich im Kaschauer Dome befindet und welcher ,
gleichfalls dem XVI . Jahrhunderte angehörig, das Portrait und das Wappen
eines Mannes von hervorragenderem militärischen Range aufweist, welchem
es beschieden war in einer ungarischen Stadt (Kaschau) zu wirken und

¹ Siehe Pag. 45-46.


2 Ibid.
3 L. R. Nr. I. Fol . 45 .
4 Als Aufschrift der Glocke des Kaschauer Orbán-Turmes finden wir u. A.
vor : « Franciscus Illenfeld Cassovie me fudit anno MDLVII » ; auf der kleinen Glocke
des Domes aber : Franciscus Illenfeld me fudit M. D. LVIII ; woraus erhellt, dass
Franz Illenfeld (zweifellos ein Verwandter des obigen Andreas) 30 Jahre vor
106

zu sterben und der, sehr wahrscheinlich, auch ein Kind der genannten Stadt
gewesen sein durfte. Wir sprechen von Andreas Illenfeld, kais . Oberstzeugmei-
*
steramtslieutenant in Oberungarn, welcher am 22. September 1587 verstarb.
Das vorzüglich erhaltene 192 Cm . hohe und 95.5 Cm . breite Monument,
aus Sandstein verfertigt, zeigt die halbe Figur des Verstorbenen und darunter
das Wappen desselben , beide Teile je eine, hier etwas höhere dort die nie-
drigere Hälfte des Figurenfeldes für sich in Anspruch nehmend.
Es ist dies als ein Uebergang von der ganzen Figur auf die halbe
anzusehen, wonach dann später überhaupt wieder nur auschliesslich das
Wappen zur Herrschaft auf Grabsteinen gelangt, wie dies bekanntlich bereits
früher, d. i . bis zum XV. Jahrhunderte die Sitte gewesen.
Während indess das Wappen , zu diesen ebenbesagten Zeiten , die
Hauptzierde der Grabmonumente ausmachte und den Gesammtraum
des Figurenfeldes einzunehmen pflegte, der Legende aber nur der
eng bemessene Raum des Schriftenrandes zugewiesen war, erscheinen auf
den Wappengrabsteinen des XVI. und XVII. Jahrhundertes diese erstern
zumeist überladen und von allerlei Tand begleitet, gewöhnlich oberhalb oder
in der Mitte der Grabsteine angebracht und nur seltener unten, und dies
bei nur spärlich zugewiesenem Platze, während das Epitaphium in pomphaft
tönenden, oft schalen Hexa- und Pentametern sich ebendortselbst breit zu
machen wusste.
Die Legende auf dem Grabsteine des Andreas Illenfeld erscheint (noch)
auf einem 9 Cm . breiten, erhabenen, glatten Schriftenrande und lautet, in
Capitellbuchstaben eingemeisselt, wie folgt :

ANDREAS ILLENFELT RÖM. KAY . MAYT .


OBRISTENZAYGMAISTER AMBTSLEV .
TENAMBT . IN . OBR . HV .
NGRN STARB DEN 22. 7 BER ANNO
1587.

Die Gestalt des obern Figurenfeldes erscheint wachsend , mit dem


Gesichte nach vorwärts schauend und ist dieses letztere sicherlich, wie
schon angedeutet, als ein getreues Ebenbild des Verstorbenen anzusehen ,
welcher allem Anscheine nach in einem Alter von zwischen 50 und 60 Jahren
gestanden haben mochte.
Die dichten Haare sind kurz geschoren ; das längliche Gesicht

dem Ableben dieses Letzteren, als Glockengiesser in Kaschau thätig gewesen ist. Es
starb im Uebrigen erst vor ganz kurzer Zeit ein sicherer Illenfeld in Kaschau, wel-
cher dem dortigen Bürgerstande angehörig, ein Abkömmling dieser Familie war.
* Die Charge eines Oberstzeugmeisteramtslieutenants lässt sich heute nicht
mehr recht präcisiren . Er war Derjenige, welcher in einem Bezirke Fürsorge für
Artillerie Rüstzeng, Pulver-, Bleibeischaffung und Erzeugung zu treffen hatte.
107

ziert ein gleichfalls dichter, starker Schnurr- sowie ein nach dem Ovale
geschorner ebensolcher Vollbart. Andreas Illenfeld erscheint geharnischt
und wird der Hals von einer breiten, gekolbten Krause nach der Sitte

OBRIS

GRABSTEIN DES ANDREAS ILLENFELD.

der damaligen Zeit umgeben. Die Achselstücke und der Vorderschurz


sind geschient. Erstere reichen bis zur Mitte des Oberarmes und weit
über die Brustplatte hinaus ; diese letztere sowie die Armschienen
108

sind glatt. Die blosse Hand des gebogenen rechten Armes stützt sich
mit dem Rücken in die Hüfte und erblickt man ober derselben den
schrägestehenden Griff eines dort befestigten Dolches. Die gleichfalls
blosse Linke dagegen erscheint, mit den vier Fingern nach vorwärts und dem
Daumen nach rückwärts gerichtet, in die Hüfte gelegt ; darunter zeigt
sich die mit Eselshuf versehene Parirstange eines leichten deutschen
Schwertes , welches an der Linken des geharnischten Mannes befestigt ist.
Vor diesem Arme befindet sich ein Helm mit offenem Visire, welcher auf
Eisenhandschuhen gestellt, diese beinahe gänzlich verdeckt.
Der linke Ellbogen der Rechten, sowie der Helm , ragen rechts
(bezw. links) in den Schriftenrand, was leicht hätte vermieden werden
können ; am leichtesten , wenn man den letzteren gar nicht abgebildet
hätte.
Schreiten wir zur Beschreibung der unteren (90 Cm . hohen) Hälfte dieses
Grabsteines.
Diese nimmt, wie bereits bemerkt, das complete Wappen des Andreas
Illenfeld ein. Es lautet dasselbe in der Blasonirung : In geteiltem (also zwei-
färbigem) Schilde oben ein doppelschwänziger Löwe wachsend, in der erho-
benen Rechten eine brennende Granate haltend, unten drei nebeneinander-
gereihte ebensolche Granaten . Kleinod : Der Löwe, aus einer (zweifellos
zweifarbigen) Wulst wachsend. *
Dieses Wappen , welches, wie es insbesondere die dort wiederholt auf-
tretenden Granaten- Motive nahelegen , sicherlich der Person des Andreas
Illenfeld verliehen worden sein dürfte, stammt aus jener Zeit, in welcher bereits,
entgegen aller Regel und dem guten Geschmack der Heraldik bürgerliche
Wappen mit Stechhelmen versehen zu werden begannen, im Gegensatze zu
den Rosthelmen , die nun der Adel als Prärogative zu monopolisiren sich an-
liess ; welche bürgerliche Wappen (wieder zum Unterschiede von den Adels-
wappen) ungekrönt oder allenfalls mit Wulst versehen, dazumalen verliehen
zu werden pflegten . Es ist somit, diese ganz unrichtige, aber immerhin zu
Kraft bestanden gewesene Gepflogenheit in Betracht gezogen , mehr als wahr-
scheinlich, dass Andreas Illenfeld nur ein Wappengenosse, aber kein Edel-
mann gewesen ist.
Gross war die Zahl solcher Wappengenossen (Bürger und Patricier) im
Deutschen Reiche, denen ihre bezüglichen, oft mit herrlichen heraldischen
Meisterwerken geschmückten Pergamente, zumeist vom Comes Palatinus
(seltener vom Landesherrn ) verliehen wurden. - Analoge Verleihungen
kamen bei uns wohl kaum vor, oder doch blos unendlich selten, und dann
zumeist nur irgend einen Städter angehend .

* Siehe auch : Siebmacher, Der Adel von Ungarn. Pag. 256, Taf. 196.
109

Der Schild des auf dem Illenfeld'schen Grabsteine vorkommenden


Wappens weist zwar eine ähnliche Form vor wie die uns so bekannte
vom XVI. Jahrhunderte, jedoch nicht mehr in der ganzen Einfachheit ; der-
selbe zeigt bereits Spuren von der Periode des Ueberganges zur Barockform ,
welcher sich endlich die berüchtigte (Manchen noch immer so sehr an
das Herz gewachsene) Zopf- Aera anschloss, mit ihren zahllosen , unglaub-
lichen und oft lächerlichen Schildvarianten .
Auch der Löwe des Illenfeld- Wappens ist nicht mehr so stylisirt , wie
er es hätte sein sollen (und auch noch sein konnte) und ist hier insbeson-
dere die linke Pranke verfehlt, welche eher einer Adlerkralle ähnlich sieht.
Der Stechhelm weist keinen besonderen Fehler auf. Dass derselbe im Dreivier-
tel-Profil applicirt wurde, zeigt, dass der Künstler seine Gedanken beim
Gegenstande gehabt hat ; noch mehr entsprechend wäre es gewesen , würde
dieser Helm ganz profilirt worden sein, da auch der Kleinod - Löwe also
gerichtet erscheint. Plump und schwerfällig, ohne jeden Schwung sind
dagegen die Decken ; sie erdrücken beinahe den zierlichen Wappenschild ,
sind auch sonst grösstenteils ohne alles Verständniss entworfen und aus-
geführt und figuriren mehr als « Arabesken » , denn als heraldische Helm-
decken.
Auch sind geschmacklos jene drei Verzierungen , welche oberhalb
des Wappens , gleichsam « eingeschoben » erscheinen und zweifellos
zur Ausfüllung der leeren Flächen dienen sollten . Diese Raumausfüllung
wäre dem Wappen mit seinen Teilen zugekommen , was aber freilich
allein nur die uns bekannte Periode der Gothik so meisterhaft durchzuführen
verstanden hat und sonst keine andere mehr nach dieser.

XXIII. Grabstein des Ladislaus Pribék. XVI . Jahrhundert.

Die Ortschaft Thiba, einstmals dem (nun bereits seit langer Zeit erlo-
schenen) Geschlechte Thibay de Nagy-Mihály gehörig, liegt 15 Km . nord-
östlich von Ungvár und steht die kath. Pfarrkirche dort auf einem freien
Platze, in der Mitte des Dorfes. Sowie es von dem Gotteshause von Szürthe
bemerkt war, so ist es auch hier wieder nur der Styl des Hauptportales ,
welcher an ehrwürdige Zeiten erinnert . Sonst bietet dieses wiederholt umge-
baute und modernisirte Gotteshaus (zu dem einstmals auch das anstossende,
nunmehrige Pataysche stockhohe Herrenhaus als Kloster gehört haben
soll) ausser einem, in der Südseite des Sanctuariums (unter dem Spitz-
bogen einer Nische, wo ehemals ein Predigerstuhl gestanden ) eingemauerten
Grabsteine, nicht das Geringste von Belang dar. Dieses senkrecht befe-
stigte und bis zur Kniehöhe vom Boden entfernte Monument ist von grauem
Trachyt und war, wie stellenweise noch deutlich zu erkennen , einst mit rot-
110

brauner Farbe übertüncht gewesen. * Dasselbe ist 1 M. 53 Cm . hoch und


1 M. breit und vom Zahne der Zeit sehr stark hergenommen. Insbeson-
dere die obersten Partieen sind kaum noch erkennbar. Das Gleiche betrifft
das dortselbst vorkommende Wappen, hier jedoch nicht in dem Maasse, dass
es nicht noch zu bestimmen wäre. Die knapp zwischen dem Oberrande eines
dem Kopfe der geharnischten Gestalt unterlegten Polsters und der obersten
Kante des Grabsteines eingegrabene einzeilige Inschrift in Antiqua ist dage-
gen, der Hauptsache nach, noch völlig gut erhalten und lautet :

CET GENEROSVS DOMINVS LADISLAVS PRIBEK DE V ..

(Lies : Hic jacet Generosus Dominus Ladislaus Pribék de Ville. )

Jahreszahl ist keine vorzufinden, sowie keinerlei den Grabstein umge-


bender Rand. Dieser Umstand, sowie die Thatsache, dass die Beine der
Grabsteinfigur eine Spanne unter den Knieen (Kniestücken) abgebrochen
und dann im Bruche ausgeglichen erscheinen ; dann aber auch die
völlig ungewohnte Placirung und die auffallende Kürze der Legende und
die Kleinheit der nur flüchtig « eingekratzten » Buchstaben halten die Ver-
mutung aufrecht, dass wir dieses Monument keineswegs mehr in seiner
ganzen, ursprünglichen Originalität vor uns haben, sondern , dass viel-
mehr dieser in 3/4 Plastik gehaltenen Figur (bezw. dem Figurenfelde)
ursprünglich ein Rand u . zw. ein entsprechend breiter und erhabener
Rand beigegeben gewesen sein musste, welcher zugleich die Inschrift
sammt den herkömmlichen Zeitangaben getragen und dass endlich, die
heute dort vorzufindende erst später ( nach der Entfernung des alten,
beschädigt gewesenen Randes, sowie der übrigen defecten Teile) angebracht
wurde , - bevor noch dieses Monument vom alten und ursprünglichen
Lagerorte weggehoben worden , welcher zweifellos der Fussboden der Kirche
(oder im besten Falle die Aussenmauer) gewesen.
Der vorstehende Grabstein erscheint von der lebensgrossen Gestalt
des Ladislaus Pribék de Ville vollständig eingenommen. Derselbe steht mit

* Die Uebertünchung der aus Trachyt verfertigten Grabsteine mit rotbrauner


Farbe, welcher Procedur dann eine Polirung der glatten Stellen zu folgen pflegte,
scheint zu einer bestimmten Zeitperiode in der Ungvár-Zempliner Gegend üblich
gewesen zu sein, wie verschiedene Denkmäler daselbst es beweisen . - Auch Vinna-
Banka hat einige solche bemalte und dann polirte Trachytgrabsteine des XVI. und
XVII. Jahrhundertes bis zur Gegenwart sich zu erhalten gewusst. Wo diese Tünche
nun nicht abgefallen , weist der Stein einen dem roten Salzburger Marmor ähnlichen
Habitus vor ; wo aber die Farbe verschwunden , zeigt sich der Trachyt, für den ober-
flächlichen Beobachter, als dem Sandsteine täuschend ähnlich.
111

der Stirnseite gerade zugewendet, mit mässig auseinandergespreizten


Füssen (welche, wie früher schon erwähnt, unter den Knieen abgebrochen
.
erscheinen ) - hält in der gebogenen, bis zur Magengegend erhobe-
nen Rechten einen Streitkolben schräge und an das Schlüsselbein gelehnt,
«mit der vollen Faust der » ebenfalls gebogenen Linken aber knapp

પોતાના

GRABSTEIN DES LADISLAUS PRIBÉK.

unter dem Knaufe den Griff eines mit Parirstange verschenen, schräglinks
hinter dem linken Oberschenkel gerichteten, in breiter Scheide steckenden
Schwertes. Die linksseitige Parirstange erscheint abgebrochen ; das Schwert
selber aber, eine Spanne unterhalb der Parirstange an einem mässig breiten
schrag neben Hüfte und Oberschenkel laufenden Riemen befestigt, welch
letzterer kaum noch bemerkbar, wieder mit einem andern, die Hüfte umge-
benden schmalen Riemen zusammenhängt.
112

Der Vorderteil ist, wie ganz genau zu ersehen , durchwegs mit Platten-
panzer bekleidet, welcher mit nach rückwärts laufenden Riemchen befestigt
erscheint.
Schwerer, wenn auch immerhin noch erkennbar sind die Achselstücke,
die Arm- und die Beinschienen. Die Hände stecken in gleichfalls aus
Platten gebildeten Stulphandschuhen mit geteilten Fingern , wogegen das
Haupt mit Gesicht und Kopfbedeckung, sowie der Habsberg, eine in den
Details nicht mehr erkennbare, scheinbar verschwommene Masse bilden.
Die äusseren Umrisse des beiderseits bis zu den Achseln reichenden
Helmes (?) zeigen eine eiförmige Form.
Der Kopf dieser (in Einem) stehend und liegend abgebildeten Gestalt,
ruht auf einem oblongen , viereckigen Polster mit vier Quasten, welcher die
ganze Breite des Grabsteines einnimmt. Die äusserste linke Seite des letzteren
erscheint mit einem completen Wappen mit eingebogenen Seitenrändern
belegt.
Dieses Wappen, vom König Sigismund sub d. Constanz , 29. März
1418 den Angehörigen des Geschlechtes Nagy-Mihályi von Neuem verliehen,
von welch Letzteren gegenwärtig nur noch allein mehr die Grafen von
Sztáray blühen , * lautet wie folgt : In Blau auf goldener Blätterkrone ein
goldenes Lattenthor mit halbgeöffnetem Flügel und goldenem Fallgitter,
auf dessen Bogen zwei natürliche Elstern, welche einen mit einem roten
Steine besetzten goldnen Ring gemeinschaftlich mit den Schnäbeln halten .
Kleinod : Die Schildfigur. -Decken : blaugolden .
Die Pribék de Ville gehören ebensowenig wie die (gleichfalls noch
blühenden) Fekete von Nagy- Ivány einem derjenigen Geschlechter an , deren
Vorfahren mit dem (erneuerten) Wappen , wie soeben blasonirt, von Seite
des Landesherrn beteilt wurden. Nichtsdestoweniger führen diese beiden
genannten Geschlechter, auch noch bis zur Stunde, die genaue Schildfigur
der Nagy- Mihályi und ersehen wir ferners aus dem Grabsteine des Ladislaus
Pribék, dass zum Mindesten die Pribék de Ville (oder doch ein Mitglied
dieses Geschlechtes) das Nagy-Mihályi- Wappen -- wie es heute auch noch

gegenwärtig von den Grafen von Sztáray unverändert fortgeführt wird, bereits
im XVI. Jahrhunderte benützt haben.
Die bisher sehr verbreitet gewesene Meinung, dass man es hier von Seite
der Pribék mit einer Art Usurpation neuerer Zeit zu thun habe, fällt daher
von selbst weg, wo wir einem mehr wie dreihundertjährigen Usus gegenüber-
stehen.
Wie kam aber dennoch das Wappen der Nagy- Mihályi auf diese Linie

* Das Original erliegt im gräfl. Sztárayschen Archive zu Nagy-Mihály und


wurde im J. 1890 von Seite des bekannten Diplomatikers Gyula von Nagy im Sztáray-
Codexe sowie auch im Turul publicirt.
113

der Pribék, von denen es überdies bekannt ist, dass sie einstmals ein
von diesem Grabsteinwappen völlig verschiedenes geführt, wie das-
selbe auch heute noch von den andern Linien desselben Geschlechtes
benützt wird .*
Darauf sei es uns vorerst gestattet, mit dem Fragmente eines authen-
tischen Stammbaumes zu antworten :

Joannes Villey alias Pribék, Capit. Oppidi Ungvár etc. 1565. *


Barbara Thibay, filia Joannis filii Georgii 1565
T
Franciscus Pribék de Ville
Euphrosina Georgii Stritthei (Szürthei) filia 1594

Joannes Ladislaus
Helena Anarcsy

Als des Johann Villei (alias Pribék) Ehefrau sehen wir hier Bar-
bara Thibay aufgeführt. Die nunmehr erloschenen Thibay gehörten aber
zu jenen Abkömmlingen der Nagy- Mihályi, welche (wie bereits hervor-
gehoben) i . J. 1418 vom Könige Sigismund das uns bekannte und auch
auf dem Grabsteine des Ladislaus Pribék ersichtliche Wappen verliehen
erhalten und (ausgewiesener Maassen) auch stets benützt hatten . Auf
diesem und auf keinem andern Wege kam demnach das Nagymihályi
(bezw. Thibay und auch Sztáray-) Wappen, auf das Geschlecht der
Pribék- und Franz, der Sohn der vorstehenden Barbara Thibay, oder aber
ihr Enkel Ladislaus dürften wohl die ersten gewesen sein, welche dasselbe
aufgenommen und geführt hatten.
Mit welchem Rechte dies von ihnen gethan wurde, dies sind wir heute
noch nicht in der Lage bestimmt zu beantworten .
Thatsache ist es aber, dass wir in der ungarischen Heraldik ana-
logen Fällen schon wiederholt begegnet sind, sowie nicht minder auf
den Umstand gewiesen zu werden hat, dass dieses Nagymihályi- bezw.
Thibay-Wappen von Seite des Ladislaus Pribék, auf dessen Grabsteine —
also öffentlich und unter den Augen der Sprossen der Nagy - Mihá-
lyi zu einer Zeit geführt wurde, in welcher das Eigentumsrecht ,
was die Wappen betraf, noch eifersüchtig gewahrt zu werden pflegte.
Flüchtig sei endlich einer (unverbürgten) Mitteilung Erwähnung gethan ,
wonach die gräfliche Familie Sztáray einstmals gegen die Führung

* Siehe : Siebmacher, Der Adel von Ungarn. XXI .


** Die Genealogie vom ersten bekannten Stammvater bis auf die jüngste Zeit,
siehe : Geneal. Taschenb. Brünn, 1882, VII. , 387-90.
Alte Grabdenkmäler aus Ungarn. 8
114

des Nagy-Mihályi Wappens von Seite der Pribék Einsprache erhoben ,


der darauffolgende Process aber zu Gunsten der letztgenannten ausge-
gangen sein soll.¹
Nur wenige Worte über die dieses Monument betreffende künstlerische
Leistung, insofern eine solche bei dem verwitterten Zustande desselben
überhaupt noch beurteilt werden kann . Die Ausführung zeigt eine geübte,
wenn auch nicht sehr fleissige Hand. Die Proportionen sind alle regel-
recht, mit Ausnahme des linken Oberarmes, welcher gänzlich verzeichnet
ist. Auch die Gesetze der Raumausfüllung sind gehörig beobachtet worden.
Das Wappen weist bei näherer Betrachtung an Ort und Stelle einen
gewissen Schwung auf.
Nagy Iván kennt zwei verschiedene Geschlechter Pribék und bringt
über beide nur wenig ; noch spärlichere Daten bietet das Ungvárer Comitats-
Archiv. Dort sehen wir einen Johannes Pyrbek alias Prybék (einmal auch
«Brybek geschrieben) im Jahre 1559 zweimal urkundlich auftreten. Dieser
gehörte zweifellos dem Geschlechte der Prybék de Ville an.
2
Pesthy Frigyes publicirt einen Stammbaum , welcher mit Ladislaus
Rakoviczai alias Pribék, Richter von Karansebes ( 1544) , beginnt und mit
Ladislaus Jász aliter Banul abschliesst. Ebendortselbst finden wir noch :
Ladislaus Pribék den jüngern , + 1590 ohne Nachkommen , dessen Güter auf
Ladislaus Pribék aliter Banul übergehen . Diesem Geschlechte dürfte
Emerich Pribék de Temesvár angehört haben , welcher 1552 im Vereine
mit Josef und Stefan Pribék an der Verteidigung der Festung Erlau teil-
nimmt.
Aber auch der auf dem Grabsteine abgebildete Ladislaus Pribék soll
der Familientradition zufolge neben Dobó in Erlau gefochten haben, sowie
eine aus gleicher Quelle stammende Behauptung alle existirenden Pribéks
als von einem Stammvater entsprossen nennt.
Uns sind ausser den hier bereits genannten Villey aliter Pribék,
welche sich dann fortab « Pribék de Ville » schrieben, den Rako-

¹ Die Ungvárer Linie der Pribék de Ville scheint - wie zahllose Siegel und
Wappen beweisen, das neu adoptirte Wappen unverändert und durch Jahrhunderte
hindurch fortgeführt zu haben. Auch gegenwärtig benützen die Pribék die Schild-
figur genau, wie den Nagy- Mihályi's sub d. 1418 verliehen, fort. Das Helmkleinod
wurde dagegen schon seit geraumer Zeit verändert und zeigt dieses (wieder neu
aufgenommen) einen wachsenden goldenen Löwen, mit Streitkolben in der erho-
benen Rechten . Dies ist das Kleinod des Wappens der Emerentia Szerencsy, Ehe-
frau des Sigismund Pribék de Ville, welches ihre Nachkommen dann adoptirt
haben.
2 A szörényi bánság. 1877 , I., 474.
3
Nagy Iv. Magyarorsz. csal. XIII., 478 .
4
Chernel K., Kőszeg város ec. II. , 55 .
115

viczai aliter Pribék (auch Pribék aliter Banul genannt ) , den Pribék de
Temesvár (die möglicherweise zu den Rakoviczai aliter Pribék gehörten) , noch
ferners die Prybék de Szerém- Ujlak bekannt, mit dem Edlen Emerich
Benedyk aliter Prybék de Zerem- Wylak 1578 urkundl. auftretend , sowie ein
Nikolaus Nagyszombati Horváth etiam Pribég vocatus . Zu diesen bringt
noch Karl Tagányi¹ nicht weniger als noch vier verschiedene Geschlechter
Pribék, diese alle übrigens erst im Laufe des XVII . Jahrhundertes geadelt,
darunter auch ein Geschlecht Pribék de Lugos.
Auf diese Weise wäre es also genugsam bewiesen, dass es sehr viele
« Pribék» gegeben (und annoch geben dürfte) , die von verschiedenen Urvätern
ihre Abstammung abgeleitet haben (bezw. ableiten ) , wozu noch hervorgeho-
ben zu werden hat, dass der Name « Pribék » , welcher in der ungarischen
Sprache seine bestimmte Bedeutung hat, ganz zweifellos zum Min-
desten bis zum Ende des XVI . Jahrhundertes stets nur eine, dem eigentli-
chen Geschlechtsnamen beigegebene Bezeichnung gewesen sein durfte ,
was das vorkommende alias» ganz insbesondere zu erhärten angethan
ist. Wir bemerken schliesslich, dass die eben früher genannten Hor-
váth aliter Pribég urkundlich erwiesen auch keine Pribék gewesen, son-
dern dem Geschlechte der uralten ( annoch blühenden ) Nozdroviczky
angehörten, sowie dass endlich noch ein letztes Geschlecht Pribék, wie-
der mit einem « alias »> « alias Berkách » , ________ in den Jahren 1599 und
1733 urkundlich auftritt.2

XXIV . Grabstein der Christine Máriássy. XVI . Jahrhundert.

Knapp beim Eintritte und links vom Hauptportale in dem Fussboden


der Szürtheer kath. Ortskirche eingelassen , erscheint ein Grabdenkmal
von rötlich gelbem Marmor, 95 Cm . hoch und etwas mehr breit. Dasselbe
ist auf drei Seiten mit einem mässig erhabenen, flachen, sowie mittelbreiten
Schriftenrande, unten aber mit einer nach abwärts sich verlängernden Tafel
versehen.
Während die den Namen der Verstorbenen aufweisende , zum grössten
.
Teile wohlerhaltene Inschrift auf dem (herald . ) rechten Seitenrande beginnt
und auch noch die zwei folgenden Ränder bedeckt, ist das (hier wie

1
Jegyzéke az országos levéltárban található nemesi okleveleknek. Budapest,
1886 , 58.
2 Cap. Arch. von Raab und Kalocsa.
3 Dies ist das zweite Grabmonument aus Szürthe im Ungvárer Comitat,
welches wir in der Lage sind, dem Leser als wohlerhalten vorführen zu können ; die
übrigen, die noch dort vorzufinden, sind alle beinahe gänzlich zerstört und gehören
auch zumeist einer neuern Zeit an.
8%
116

dort in Antiqua- Lettern eingemeisselte, die soeben erwähnte untere Tafel


einnehmende Epitaphium in Versen nicht mehr in completen Zusammen-
hang zu bringen. Es erscheinen im Uebrigen die beiden untersten Ecken
bis gegen die Mitte der Tafel hinein abgebrochen, mit welchen Abbröcke-
lungen auch ein Teil der Inschrift zu Grunde ging.
Die Legende lautet :
GRATITUDINE
POSVERVNT

MARIASI
ANNAS
ERGO

GDNA
M GROSA DNA CRISTINA FILIA G DNI PAVLI
7 16

EX
VT MEMOR EST LETHI SALAL NVS
ET INTONAT ANTE
D.FERAT EX OPIBVS NI
2 3 44 -
LINTE OLVM
>
EGO MED

GRABSTEIN DER CHRISTINE MÁRIÁSSY.

GRATITVDINE ERGO POSVERVNT


VM GROSAE DMAE CHRISTINAE FILIAE G. DNI PAVLI
MARIASI EX G. DNA ANNA S( IGHER) .

Nicht viel ist über diesen Grabstein zu sagen und haben wir denselben
überhaupt nur aus dem Grunde gebracht, weil er einem Mitgliede eines
vornehmen und alten ungarischen Geschlechtes angehört.
Das oblonge und vertiefte Figurenfeld wird in der Mitte, die volle Höhe
einnehmend, von einem in mässiger Plastik aus dem Steine herausgemeis-
117

selten Wappen eingenommen, welches als Repräsentant einer unschönen


Renaissance angesehen zu werden hat.
Dahin deuten die bald ein- und bald ausgebogenen Formen des Schil-
des , dahin aber insbesondere die laub- und arabeskenartigen , den Schild
umgebenden, dichten, schwerfälligen und drückenden Decken, sowie der
gekrönte Helm mit dem (in der Heraldik so verpönten ) offenen Visire ;
dieser Helm, der weder ein Stech- noch ein Rosthelm ; dahin endlich die
minutiöse Bearbeitung aller Details.
Das Wappen, wie sich dasselbe unseren Blicken auf dem hier in
Behandlung stehenden Grabsteine zeigt, lautet in der Blasonirung wie folgt :
In Rot aus grünem Dreiberge zwischen je drei grünbestengelten , grün-
beblätterten weissen Lilien wachsend ein geharnischter Mann mit Eisen-
helm , in der erhobenen Rechten einen Streitkolben über dem Kopfe haltend,
die Linke nach abwärts gesenkt. - Kleinod : Geharnischter, gebo-
gener, aus dem Helme ragender Arm, in der Faust einen Streitkolben hal-
tend.- Decken : rotsilbern. Hier finden wir also , abweichend von dem auf
Pag. 79 blasonirten Máriássy- Wappen , statt der Rosen Lilien, eine Variante,
die sich bei diesem Geschlechte auch in späteren Zeiten sporadisch wiederholt .
Die unter dem Grabsteine in Gott ruhende Christine Máriássy war
nach der Legende sowie nach übereinstimmenden genealogischen Werken *
die Tochter des Paul Máriássy, Ablegaten der Zips ( † 1587 ) und der Anna
Sighér, aus altem, nun bereits erloschenem siebenbürgischen Geschlechte und
(was jedoch aus der Legende nicht zu entnehmen ist) die Ehefrau des
Nikolaus III . Szürthey von und zu Szürthe ( 1543 ) , aus welcher Ehe die
zwei Söhne : Johann und Paul entsprossen waren .
Auf diese Weise fand Christine Máriássy ihre letzte Ruhestätte im
Ungvárer Comitate und nicht in der Zips , von woher, wie bekannt, die
Máriássy von Márkus- und Batiszfalva ihre Abstammung ableiten.
Der Grabstein dürfte zu Ende des XVII. Jahrhunderts gesetzt wor-
den sein.

XXV. Grabstein des Stefan Csetneky. XVI. Jahrhundert.

Die im Spitzbogenstyle erbaute, altehrwürdige Kirche zu Csetnek im


Gömörer Comitate - heute den Lutheranern gehörig hat sich eine ansehn-
liche Zahl von Grabdenkmälern und Epitaphien zu erhalten gewusst. Dort-
selbst findet man in dem Fussboden eingelassen : Grabsteine der Csetneky,
Bakos de Osgyan und Bornemissza de Szendrő, während die mit Wappen in
Farben ausgeführten Epitaphien derselben Geschlechter wie auch mehrerer

Nagy Iván, Magyarország családai p. 308 . Geneal. Taschenbuch der


Ritter und Adelsgeschlechter. Brünn, 1881. VI. Jahrg.
118

anderer, die Wände der Kirche zieren . Eine Sitte des Mittelalters, nach wel-
cher die zur Lebenszeit in Gebrauch gestandenen Waffen nach dem
erfolgten Ableben der einen oder der andern hervorragenderen Persönlich-
keit, als Erinnerung über den Gräbern aufgehängt zu werden pflegten,
scheint - worauf manche Spuren noch gemahnen - auch in der Kirche
von Csetnek einst Nachahmung gefunden zu haben .
Es werden in der Sakristei dortselbst auch heute noch einige vom
Roste halbzerfressene Waffenstücke vorgezeigt , welche die Tradition als
von Gabriel Bakos de Osgyán herstammend bezeichnet.
Im südlich gelegenen Teile des Sanctuariums erhebt sich eine Tumba,
deren 2 M. 12 Cm . langer und 102 Cm. breiter Schlussstein aus grauem
Sandsteine, die plastische Gestalt eines geharnischten , liegenden Mannes
aufweist und dessen Ränder folgende eingemeisselte Legende in Lapidar-
buchstaben tragen :

«Ultimus inter ego nume


Rosos ordine fratres hac gelida Stefanus Chetneky
Condor humo obdormivi in
Oppido Dopsina anno 1594 die 15 iunii post meridie hora 6.»

Die Seitenteile der Tumba sind ganz glatt und (den gegen Westen
gelegenen Schmalteil ausgenommen) auch ohne Inschrift und ohne jedes
Gesimse .

Diese, unter dem Haupte der geharnischten Gestalt vorzufindende


Legende lautet :

« Crediderat Stefanus capto paulo ante Fileko


Se placida ternis posse quiete frui
Ast illum subito diri excepere dolores
Abstulit et celeri Parca cruenta manu
Sorte quid hac homini melius ? dum cura laborque
Prætereunt requies ecce beata venit

Das vorstehende Denkmal, dem Sprossen eines hervorragenden Ge-


schlechtes gesetzt, ist, was die auf demselben gemeisselte Gestalt betrifft,
zugleich auch als willkommener Beitrag zu unserer nationalen Trach-
tenkunde anzusehen.
Die auf den Grabdenkmälern von ausgesprochen ungarischem Cha-
rakter abgebildeten Männergestalten der vorstehenden Zeitperiode zeigen
sich nicht mehr ausschliesslich als mit der vollen schweren Rüstung beklei-
det, sondern in vielen Fällen bereits mit der leichtern Feldausrüstung der
119

magyarischen Reiter, d. i . mit geharnischtem Oberkörper und stoffbeklei-


deten Beinen und Füssen .
Die Grabsteine dieser Sorte verdankten wohl ihr Entstehen zumeist
der Hand einheimischer Meister, welche emancipirt von jeder Remi-
niscenz ausländischer Färbung, den Verstorbenen in jener Gestalt, Beklei-
dung und Bewaffnung in getreuem Conterfei wiederzugeben sich bemühten ,
wie sie denselben, als noch unter den Lebenden wandelnd , persönlich
gekannt.
Das Figurenfeld der Deckplatte wird von der gedrungenen Gestalt des
Stefan Csetneky ausgefüllt, dessen Gesichtszüge einen ausgesprochen unga-
rischen Typus aufweisen. Die Oberlippe des sonst ganz glatten Ovales ziert
ein aufwärts gedrehter, dichter Schnurrbart.
Die gerippte Eisenhaube, welche den Scheitel deckt, ist vollkom-
men gleich derjenigen, wie wir sie bereits bei Stefan Telegdy gesehen
haben.*
Diese Gattung von Kopfbedeckung, (wie bereits schon früher einmal
in diesen Blättern hervorgehoben) ** - war allein im Oriente und in Ungarn
in Gebrauch gestanden und bekannt, und insbesondere bei uns zu Lande
durch längere Zeit hindurch sehr beliebt.
Nicht minder specifisch national ist der von der Rechten des Stefan
Csetneky gehaltene Streitkolben (buzogány) mit dem mächtigen glatten
Knopfe, dann der um die Hüften geschnallte Krummsäbel ohne Griffbügel
oder Korb (sogenannte « ungarische Säbel » ) , sowie endlich die knapp
anliegende Hose und die, nur bis zu den Knöcheln reichenden Halb-
stiefel oder Schuhe. Die Schnallen der an der Fussbekleidung befestig-
ten, auffallend langen, sich kreuzenden Sporen weisen Lilienmotive
auf, während die Räder der ersteren aus stylisirten fünfblättrigen Rosen
bestehen .
Der Oberkörper erscheint mit einer completen Rüstung bedeckt,
welche nach dem Muster der dazumal in Deutschland in Gebrauch gewe-
senen Sorte verfertigt gewesen sein dürfte. Die Achselstücke sind glatt
mit erhabenen Rändern ; der Hals erscheint mit einem hohen Kragen
geschützt, der Brustharnisch darunter geschient, trotzdem dieses Rüstungs-
stück, in der vorstehenden Zeit, ansonsten zumeist aus einem Stücke ver-
fertigt gewesen zu sein pflegte.
Der Vorderschurz, ebenfalls geschient, reicht bis zu den Oberschen-
keln. Wieder geschient erscheinen die Oberarme, während sich die Unter-
arme glatt geharnischt zeigen und die Ellbogenkacheln mit Schneckenmoti-
ven verziert sind .

Siehe : Pag. 63.


** Siehe : Pag. 65.
FRA
ORD
CHET
STEP
ROS
GELI
TRE
INE
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HAC
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OPP
DOP
15
M
P OST
IVNII
--1594
DIE
-6
.

212
.

CONDOR HVMO OBDORMIVIIN


1.02

TUMBA-OBERTEIL DES STEFAN CSETNEKY.


121

Ob die Handschuhe von Eisen oder Leder, sind wir nicht in der Lage
zu bestimmen . Das faltenreiche Tuch, welches über die linke Achsel gewor-
fen, in der Höhe der rechten Hüfte geknotet erscheint, -- haben wir bereits
bei Stefan Telegdy zu bemerken Gelegenheit gehabt. Auf ausländischen
Grabsteinen sind wir dieser Art von Feldbinden noch nicht begegnet.
Dieser Grabstein, an und für sich schon von minderem Interesse, weil
vom Ende des XVI. Jahrhundertes herstammend, ist auch, was das künst-
lerische Moment betrifft, durchaus nicht zufriedenstellend, bei welcher
Gelegenheit gleich auf einen auffallenden Fehler gewiesen sein soll , welcher
darin besteht, dass die Absätze und Fussspitzen der geharnischten Gestalt
in eine und dieselbe gerade Linie gestellt wurden, was in der Wirklichkeit
unmöglich vorkommen kann.
Derjenige, welcher dieses Denkmal verfertigt, mag wohl im Sterbeorte
selbst ansässig oder aber aus einem sonst nahegelegenen Orte , etwa aus
Rosenau etc. gewesen sein.
Rechts unterhalb erblicken wir auf demselben Grabsteine ein com-
pletes Wappen, dessen Blasonirung wie folgt lautet : Patriarchenkreuz , an
Capitälstelle besteckt mit 6 Straussenfedern. -- Kleinod : Wachsende, mit
einem kurzärmligen Oberkleide versehene, gekrönte, langhaarige Jungfrau ,
in den Händen der erhobenen Arme je einen mit dem Kopfe nach einwärts
gerichteten Fisch haltend .
Wir können uns mit der Technik nicht zufriedenstellen , wie sie bei
dem vorstehenden Wappen zum Ausdrucke gekommen ist.
Der Helm mit dem Kleinode stehen in keinem Verhältnisse zu dem
an und für sich schon mit einer übertriebenen Höhe bedachten Schilde,
welch letzterer von unschönen , gleichfalls in die Länge gezogenen Decken
umgeben wird. Dieser Helm ist überdies incorrect (en profil) placirt ,
während doch die Kleinodfigur, die Jungfrau, gerade vor sich sieht.
Da wir die Bebek- Csetneky Wappenfrage bereits einer eingehenden Be-
sprechung unterzogen und auch einer definitiven Lösung zugeführt
haben, so beschränken wir uns an dieser Stelle nur darauf, es noch ein-
mal zu betonen, dass die Csetneky, welche wie bekannt mit den Bebek
einen gemeinsamen Ursprung geteilt, vom ersten Anbeginne an bis zu
ihrem Erlöschen auch ein gleiches Wappen mit diesen geführt haben und
dass der Irrtum mehrerer Heraldiker, womit als Hilfskleinod der Csetneky
ein geharnischter Mann (und nicht die gekrönte Jungfrau) gemeldet wor-
den war, nur in der oberflächlichen Localaufnahme zu suchen und zu
finden ist, da sich ja die hier apostrophirten Berichterstatter eben auf das
Grabsteinwappen des Stefan, welches wir hier vor uns haben , berufen
haben.

* Siehe : Pag. 23.


28

Alte Grabdenkmaler aus Ungarn. Sa


122

Wenn wir nichtsdestoweniger von nebensächlichen Unterschieden zu


sprechen gezwungen werden , welche zwischen dem Wappen der Bebek und
demjenigen der Csetneky bestanden haben , so sind dieselben einzig und
allein nur als ein Ausfluss der naturalistischen Richtung in der Heraldik
anzusehen, wie dieselbe bereits im XVI. Jahrhunderte sich geltend zu machen
begann und wodurch es dann geschah, dass aus den ursprünglichen Hahnen-
federn Straussenfedern wurden und dass jene zwei , von den Zähnen der her-
vorbrechenden gekrönten Bebek- Kleinod -Jungfrau gehaltenen, aufschnellen-
den Fische, der nunmehr wachsenden (also mit Armen versehenen ) gekrön-
ten Csetneky-Kleinod -Jungfrau in die Hände gedrückt wurden.
Die mit den Bebek de Pelsőcz gemeinsam vom Genus Ákos abstam-
menden Csetneky de Csetnek, welche sich bereits in den ersten Decennien
des XIV. Jahrhundertes abgezweigt hatten , nachdem sie als jüngere
Linie die Besitzung Chetnek als Teilungsanteil erhalten , nahmen dann ,
nach damaliger Sitte, den Namen von dieser Ortschaft bleibend auf,
worauf sie noch durch drei Jahrhunderte hindurch fortblühten.
Der unter der Tumba ruhende Stefan Csetneky (Chetneky) war ein
eifriger Anhänger der Reformation und nicht minder thätig in der Verbrei-
tung der neuen Glaubenslehre. * Nicht lange nach seinem, am 15. Juni
1594 erfolgten Ableben erlosch sein Geschlecht gänzlich mit Franz von
Csetneky, welcher in den ersten Jahren des XVII . Säculums verstarb.

* Turul, I. 81 .
INHALT.

Seite
Vorwort 1
I. Grabstein aus Zsegra 2
II. Grabstein des Ladislaus Gagyi ... 5
III. Grabstein des Georg Bebek 11
IV. Grabstein des Ladislaus Bebek 15
V. Grabstein des Johann Tornay 23
VI. Grabstein des Andreas Scolari ... 29
VII. Familiengrabstein der Berzeviczy 32
VIII. Grabstein des Stefan Perényi 36
IX. Grabstein des Johann Perényi 39
X. Grabstein aus Szürthe -11 46
XI. Grabstein des Ladislaus Sirókay 51
XII. Grabstein des Stefan Telegdy --- 56
XIII. Grabstein des Thadäus Lardus --- 66
XIV. Grabstein des Sigismund Thurzó 69
XV. Grabstein des Stefan Máriássy 74
XVI. Grabstein der Gebrüder Pálóczy 80
XVII. Grabstein des Emerich Perényi 84
XVIII. Grabstein des Christof Warkócz 89
XIX . Grabstein des Adam und der Anna Jurišić 93
XX. Grabstein des Emerich Telekessy 97
XXI. Tumba des Stefan Dobó 100
XXII. Grabstein des Andreas Illenfeld 105
XXIII. Grabstein des Ladislaus Pribék 109
XXIV. Grabstein der Christine Máriássy 115
XXV. Tumba des Stefan Csetneky ... 117
59
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34
X1159

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