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153880
VERZEICHNIS
DER
RÖMISCHEN PROVINZEN
AUFGESETZT UM 297.
HERAUSGEGEBEN VON
THEODOR MOMMSER
VON
KARL MÜLLENHOFF.
BERLIN.
GEDRUCKT IN DER DRUCKEREI DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE
\C DER WISSENSCHAFTEN. _ _
* ' .863. . %lh AZU
(') p. 84. Daraus wiederholt in den opere vol. XI (Venedig 1790) p. 159.
Abhandlungen der philos.-histor. Kl. 1862. Nr. 8. A
490
Darauf folgt sofort und von derselben Hand das folgende Stück, das
ich wörtlich wiedergebe, wie ich es gelesen habe, nur die Worttheilung der
Handschrift nicht weiter berücksichtigend und durch Hinzufügung der Inter-
punction und der Ordnungszahl der Diöcesen und Provinzen die Verglei-
chung mit der unten folgenden Bearbeitung dieses Katalogs erleichternd.
f. 255 r.
(VUI) Diocensis galliarum || habet prouincias numero VDZI: (61) betica
prima, (62) betica secunda, (63) germania prima, (64) germania
secunda, (65) sequania, (66) lubdunensis prima, (67) lubdunensis
secunda, (68) alpes graiae et poeninae.
(IX) Diocensis biennensis habet prouincias numero VII: (69) bien-
nensis, (70) narbonensis prima, (71) narbonensis secunda, (72)
nouem populi, (73) aquitanica prima, (74) aquitanica secunda,
(75) a/pe« maritimae.
(X) Diocensis italiciana habet prouincias numero XVI: (76) beteiam
histriam, (77) Jlaminiam, (78) picenum, (79) tusciam umbrenam,
(80) apuliam calabriam, (81) licaoniam, (82) corsicam, (83) a/-
pe* cotias, (84) re#a.
(XI) Diocensis hispaniarum habet prouincias numero VII: (85) ie/i-
cam, (86) lusitaniam, (87) leartaginiensis, (88) gallecia, (89)
tharraconensis, (90) mauritania tingitania.
(XII) Diocensis africae habet prouincias numero VII: (91. 92) pro-
consularis bizacina zeugitana, (93) numidia cirtensis, (94) numi-
dia miliciana, (95) mauritania caesariensis, (96) mauritania tabia
insidiana.
Felix saeculum (*).
(4) Felicitas saeculi oder saeculi felicitas ist gewöhnlich auf Kaisernlünzen des dritten
Jahrhunderts. (s) Das zweite o nicht ganz sicher; dann fehlt ein Buchstab.
(6) Eher theui als theut.
493
Den ersten Theil dieser merkwürdigen Urkunde habe ich in der fol
genden Untersuchung eingehend erörtert und ihn nachgewiesen als das älte
ste aller auf uns gekommenen Verzeichnisse der diocletianischen Diöcesen
und Provinzen, wahrscheinlich geflossen aus dem ursprünglichen um das
J. 297 aufgesetzten Schema. Der Abschreiber ist mit grofsem Unverstand
verfahren, wie aufser den argen Fehlern besonders die Summirungen der Pro
vinzen jeder Diöcese zeigen: bei diesen sind nämlich nicht die Provinzen,
sondern in der Regel die vorkommenden Hauptwörter gezählt. Interpola
tion indefs zeigt sich nicht und auch Lücken finden sich nur wenige. — Die
Bearbeitung des zweiten Theils, der auch aus einer werthvollen Urkunde
geflossen sein mufs , aber weit mehr gelitten hat, hat auf meine Bitte Herr
Prof. Müllenho ff übernommen.
Die Diöceseneintheilung stellen wir zunächst zusammen mit derjenigen
des Silvius und der Notitia dignitatum so wie mit derjenigen , die sich für
den Orient aus Hierokles ergiebt, bei dem freilich der Name der Diöcese
mit dem der jedesmal ersten Provinz der Diöcese in den Ausgaben confun-
dirt erscheint, so dafs nur selten beide sich vorfinden, in der Regel der
eine oder der andere fehlt.
VEK. SILV. HOT. DIGPf. H1EROCLES.
(8) Oriens Oriens 42-56 Oriens
1. Orientis
{(10) Aegyptus Aegyptus 57-64 Aegyptus
2. Pontica (9) Pontus Pontus 31-41 Pontus
3. Asiana (7) Asia Asia 20-30 Asia
4. Thraciae (6) Thraciae Thraciae 1-6 Thracia
6. Pannoniarum Illyricum
7. Brittanniarum (11) Brittannia Brittanniae
8. Galliarum
(2) Galliae Galliae
9. Viennensis
10. Italiciana (1) J/afta ltaliae
1 1 . Hispaniarum (4) Hispania Hispaniae
12. Africae (3) Africa Africa
(s) Orelli 3191 = I. N. 2618. Der echte, namentlich durch Accursius und Morillon
beglaubigte Text ist: M. Maecio Memmio Furio Baburio Caeciliano Placido c. v., pontifici
maiori, auguri publica p. R. Quiritium, quindecemviro sacris faciendis, correctori Venetiarum
gt Histriae, praefecto annonae urbis sacrae cum iure gladii, comiti ordinis primi, comiti
Orientis, Aegypti et Mesopotamiae, iudici sacrarum cognitionum [/er/io], iudici iterum ex de-
legationibus sacris, praefecto praetorio et iudici sacrarum cognitionum tertio, consuli ordina-
rio, patrono prestantissimo regio Palatino posuit. Das erste tertio ist fehlerhafter Zusatz des
Steinmetzen. Placidus war praef. praet. 344 (C. Th. 12, 1, 37), praef. urbi 346. 347. Vgl.
Rossi Annali 1849 p. 341 und Borghesi ßullett. 1850 p. 141.
(') C. Th. 12, 1, 63: intra Aegyptum deprehensos per comitem Orientis erui e latebris
mandavimus. Nicht mit Recht denkt Gothofred hier an den comes commerciorum oder, wie
er ändern will, comilatianorum per Orientem et Aegjrptum.
(I0) p. 275 meiner Ausg.
495
mit Weglassung von Aegypten aufgeführt werden ; er wird dort einer älteren
Quelle gefolgt sein. — Übrigens liegt die Verwaltungsgeschichte dieses
Districts noch sehr im Dunkel. Ohne Zweifel ist er ursprünglich Immediat-
bezirk des praef. praetorio Orientis gewesen. Denn da sich Immediatbezirke
der übrigen drei praefecti praelorio nachweisen lassen, ist nicht zu glauben,
dafs dem vornehmsten von allen allein ein solcher von Hause aus gefehlt
haben soll. Wenn er aber einen gehabt hat, mufs dies, wie bei seinen
Collegen in Gallien und Illyricum, eben derjenige gewesen sein, von dem
er den Namen trug. Diese Immediatverwaltung mufs sich aber nicht bloß
auf den Orient im eigentlichen Sinn, sondern auch auf Aegypten und Meso
potamien mit erstreckt haben; denn wenn gleich diese Districte von Haus
aus eine gewisse Selbstständigkeit gehabt haben mögen, worauf sowohl die
eben erwähnte Titulatur führt als unten zu erörternde in unserm Verzeichnifs
begegnende Spuren, so können doch Aegypten und Mesopotamien zu der Zeit,
in der das Veroneser Verzeichnifs entstand , eigene Diöcesen nicht gewesen
sein , da sie sonst eben als solche aufgeführt sein würden. Wie indefs sich
sehr bald das Bestreben der Regierung zeigt diese Immediatverwaltung der
höchsten Reichsbeamten thunlichst zu beschränken, wie der Immediat-
sprengel des gallischen Präfecten dem Vicar der sieben Provinzen unterstellt,
derjenige des illyrischen durch Errichtung des macedonischen Vicariats ge
schmälert wird, so ist es auch im Orient geschehen und zwar, wie es scheint,
durch völlige Aufhebung der Immediatverwaltung des praef. praet. Orientis
und Übertragung derselben auf einen neuen von ihm abhängigen Beamten.
Dieser begegnet zuerst unter dem Namen vicarius Orientis (eigentlich wohl
vicarius Orientis Aegypti et Mesopotamiae) in Verordnungen vom Jahre
325 Nicht lange nachher mufs für diesen Vicarius eine Titel- und Rang
erhöhung stattgefunden haben und erscheint er umgewandelt in jenen comes
Orientis Aegypti et Mesopotamiae oder gewöhnlicher comes Orientis schlecht
weg; dieser kommt, so viel ich finde, zuerst vor in jener Inschrift des Placi
er C. Th. 12, 1, 10 = C. Iust. 11, 49, 1. C. Th. 12, 1, 12 = C. Iust. 10, 38, 5.
Die Amtsbezeichnung vicarius Orientis ist in der ersten Stelle ausgefallen, in der vierten
in vicarius urbis verdorben; wefshalb Böcking (not. dign. or. p. 125) sie überhaupt ange
zweifelt hat. Aber die zweite und dritte Belegstelle schützen sie hinreichend; sie sind von
einander unabhängig und können nicht wohl in einer so eigenthümlichen Titulatur durch
zufälligen Irrthum zusammentreffen. Es wird darum bei der Ausführung Gothofreds zu
C. Th. 12, 1, 12 stehen zu bleiben sein.
496
dus, der einige Jahre vor seinem Consulat 343 dieses Amt bekleidete, und
in einer Verordnung vom J. 342 (12). Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs mit
dieser Rangerhöhung zugleich Mittelinstanzen in der Art geschaffen wurden,
dafs die bisher von dem vicarius Orientis direct ressortirenden Provinzialstatt-
halter theilweise zunächst an Zwischenbeamte gewiesen wurden. So mag
der praefectus Aegypti damals gleichsam Vicarius des Comes für die ägyp
tischen Provinzen geworden sein ; und gewifs gehört hieher auch der einzig
in einer Verordnung vom J. 349 erwähnte Vicarius von Mesopotamien (,3).
Der comes Orientis, Aegypti et Mesopotamiae hatte also eine Mittelstellung
zwischen dem praefectus praetorio und dem vicarius; er hing allerdings
von jenem ab , aber er hatte unter sich theils im eigentlichen Orient Provin-
zialstatthalter, theils aber auch für Aegypten und Mesopotamien zwei Vicare,
und eben dies war die Ursache, wefshalb ihm ein anderer Titel als der ge
wöhnliche des Diöcesenvorstehers gegeben werden mufste. Nicht lange da
rauf trat eine neue Änderung ein, die diese Mittelstellung des comes Orientis
wieder aufhob : das Vicariat von Mesopotamien ging ein und dessen Pro
vinzen traten wieder unmittelbar unter den Comes; die Diöcese Aegypten
dagegen wurde selbstständig und der Präfect von Aegypten den Vicarien
der praef. praet. gleich, ja im Rang über sie gestellt. Wann dies statt
gefunden hat , ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen , aber einerseits nach
dem J. 365, da in diesem wir den comes Orientis noch in Aegypten be
schäftigt finden, andrerseits vor dem J. 386, da das spätestens in diesem
Jahr redigirte Verzeichnifs des Silvius Aegypten als eigene Diöcese kennt.
Vielleicht gehört hierher, dafs der Barbarus Scaligers die Augustalität datirt
vom J. 367 (14); die Zeit wenigstens ist durchaus angemessen für eine der
artige administrative Umgestaltung. — Unzweifelhaft also stellt das Vero-
neser Verzeichnifs hier die ursprüngliche Ordnung dar.
{") Doch erscheint derselbe Sprachgebrauch in dem der constantinischen Zeit sehr nahe
stehenden valesischen Fragment hinter dem Ammian, wo § 9 Pannonia, § 18. 21 JUoesia
offenbar die Diöcesen bezeichnen. Hier steht auch Orient § 5. 18 so, dafs darunter Aegyp
ten mit verstanden scheint.
( ) Occ. p. 6 v. 14: per Pannoniam (correctorem) unum Saviae. P. 5 v. 11 ist wohl
ror Pannoniae entweder per Pannoniam oder per Ulyricum ausgefallen. .»
(") Polemius Silvius S, 262.
Abhandlungen der philo*. -histor. Kl. 1862. Nr. 8. B
498
und eigentlich nur ein geographischer Begriff ähnlich wie das Illyricum der
Notitia. — Wenn dagegen Rufus Festus zuerst wie Silvius dem ganzen Illy
ricum 17 Provinzen zuschreibt und sodann zehn derselben ohne weiteren
Beisatz, die übrigen sieben als Diöcese von Macedonien aufführt (,8), so
sind augenscheinlich jene zehn die Immediatprovinzen der beiden praefecti
praetorio, die Diöcesen Dacia und occidentalisches Illyricum der Notitia,
diese sieben der Sprengel des Vicars von Macedonien. — Die wesentliche
Differenz des Veroneser Verzeichnisses von den jüngeren Berichten besteht
demnach darin, dafs das orientalische Illyricum oder die Diöcese Moesien
dort noch einen Sprengel bildet, dagegen schon bei Rufus Festus getheilt
erscheint in die Immediatdiöcese Dacia und den Sprengel des Vicars von
Macedonien , oder mit einem Worte , dafs das Veroneser Verzeichnifs den
letzteren nicht kennt. Es scheint nicht, dafs der Vicar und die Diöcese von
Macedonien vor Rufus Festus (um 369) erwähnt werden. Die Annahme
aber, die ich schon früher der herrschenden Ansicht gegenüber ausgeführt
habe, dafs die administrative Trennung des orientalischen und des occiden-
talischen Illyricums nicht erst mit der Theilung des Reiches begonnen hat,
sondern bereits der constantinischen Ordnung angehört (19), findet in dem
Veroneser Katalog ihre schliefsliche Bestätigung. Für dessen höheres Alter
zeugen übrigens auch sehr bestimmt die von den später üblichen abweichen
den und an die ältere Reichstheilung sich anschliefsenden Diöcesennamen.
Zu 8. und 9.) Die gallischen Provinzen werden im Veroneser Ver
zeichnifs als zwei Diöcesen Galliarum und Viennensis aufgeführt, ebenso
wie in der Not. prov. Gall., nur dafs in dieser die letztere provinciae Sep
tem heifst; dagegen fafst das Verzeichnifs bei Silvius beide Diöcesen zusam
men und ebenso verfährt die Notitia Dign., die sogar beiden Diöcesen einen
und denselben Vicar der 'sieben Provinzen' vorsetzt und defshalb auch den
Sprengel desselben bald Galliae, bald VII provinciae nennt (20). Die Er-
klärung hievon hat Böcking (21) gegeben: die Diöcese Galüae war ur
sprünglich der Immediatbezirk des praef. praetorio Galliarum und ist erst
später dem Vicar der sieben Provinzen oder der Diöcese von Vienna mit
unterstellt worden. Wann diese Erstreckung seines Sprengeis stattgefunden
hat , finde ich nicht — wahrscheinlich fällt sie ziemlich früh und lange vor
Abfassung der Not. Dign. Keineswegs aber wurden die beiden Diöcesen,
auch als sie unter demselben Vicar standen , betrachtet als rechtlich mit ein
ander verschmolzen ; denn die Not. prov. Gatt, aus Honorius Zeit unter
scheidet noch ebenso wie der Veroneser Katalog.
Zu 10.) Auch im Veroneser Katalog wird wie in der Not. Dign.,
trotz der zwei Vicarien ltaliae und urbis Romae, Italien behandelt als eine
Diöcese.
Nach allen Seiten also ergiebt sich die Diöceseneintheilung des Vero
neser Katalogs als die ursprüngliche oder doch der ursprünglichen unter allen
bekannten am nächsten stehende, nicht blofs in dem schärferen Hervortreten
der beiden illyrischen und der beiden gallischen Sprengel, sondern vor allem
in dem Fehlen der, wie oben gezeigt ward , erst im Laufe des vierten Jahr
hunderts gebildeten Diöcesen Aegypten und Macedonien. Auch die Zahl der
Diöcesen, welche in dem Veroneser Katalog zwölf ist, ist allem Anschein
nach diejenige, welche bei der Anordnung der Diöcesen festgestellt ward. —
Die Ordnung der Diöcesen ist einfach geographisch.
Was die einzelnen Provinzen anlangt, so wird es angemessen sein die
selben nach den eben erörterten Diöcesen zusammenzustellen mit den ana
logen Verzeichnissen bei Silvias, in der Notitia und bei Hierokles und daran
die erforderlichen Bemerkungen anzureihen.
Tax 4. und 5.) Die Namen Aegyptus lovia und Aegyptus Herculia
finden sich nur hier; sie rühren augenscheinlich her von Diocletian und
Maximian und gehören sicherlich dem ursprünglichen diocletianischen Diö-
cesen- und Provinzenschema an. Dafs sie unmittelbar nach Maximians Sturz
mit den späteren offenbar diesen entsprechenden Namen Aegyptus und
Augustamnica — d. h. das westliche und das östliche Unterägypten — ver
tauscht worden sind, ist möglich, aber nicht nöthig anzunehmen ; denn die
cohors prima lovia und cohors prima Herculia und ähnliche Benennungen
erscheinen noch in der Notitia und die Benennung Augustamnica begegnet
zuerst in einem Erlafs vom J. 342 (22). Vor dieses Jahr aber mufs der Ve-
roneser Katalog nothwendig gesetzt werden. Dafs Aegyptus lovia das
eigentliche Aegypten ist, Aegyptus Herculia die spätere Augustamnica,
folgt aus der geographischen Ordnung; auch ist es angemessen, dafs Dio
cletian, zu dessen Reichstheil Aegypten gehörte, die Provinz, in der die
Hauptstadt lag, nach sich, die minder ansehnliche nach seinem Collegen
genannt hat.
Die von Arcadius , dem Sohne Theodosius I. benannte Provinz Ar
cadia fehlt im Veroneser Verzeichnifs wie bei Ammian (23). Die Angabe
des Eustathius (24), dafs diese Landschaft früher Heptanomis geheifsen habe,
ist wenigstens insofern falsch, als es eine römische Provinz dieses Namens
nie gegeben hat, sondern der fragliche Bezirk erst durch Theodosius I. ad
ministrativ selbstständig geworden ist, also gewifs von Haus aus den Na
men Arcadia geführt hat. Die Reihenfolge der Provinzen ist, wie schon
bemerkt, die geographische.
Arabia der Notitia (Provinz von Petra) mit der Arabia der justinianischen Zeit (Provinz
von Bostra), andrerseits die Palaestina salutaris der Notitia (Provinz von Bostra) mit der
Palaestina tertia (Provinz von Petra) Justinians. Vgl. noch die Verordnung von 409 (C.
Tb. 7, 4, 30) : per primam, secundam ac tertiam Palaestinam.
(27) Arabia Augusta und Libanensis als zwei gesonderte Provinzen aufzufassen ist defs-
balb nicht möglich, weil die Provinz Phoenice Libani nachweislich erst nach 381 errichtet
ist (Silvius p. 258).
503
mit der Hauptstadt Melitene. Justinian bildete bei der Reorganisation Arme
niens 536 (3S) aus der westlichen Hälfte der bisherigen Armenia I. und eini
gen von den pontischen Provinzen abgetrennten Districten seine Armenia n.,
aus der früheren Armenia II. seine Armenia III. Diese beiden Districte be
fanden sich auf dem rechten Enphratufer. Dagegen haftet der Name Grofs-
armenien bekanntlich an dem transeuphratensischen Gebiet, das im Ganzen
genommen wohl von den Römern abhängig, aber nur zeitweise und vorüber
gehend als Provinz organisirt war. Was unter dem römischen Grofsarmenien
in späterer Zeit verstanden ward, erfahren wir aus dem angeführten justinia
nischen Reorganisationspatent vom J. 536: nach demselben ward die neue
Provinz Armenia prima gebildet theils aus einigen von dem polemonischen
Pontus und der früheren Provinz Armenia I. abgezweigten Districten, haupt
sächlich aber aus dem transeuphratensischen Gebiet mit den Städten Justi-
nianopolis als Metropole (früher Bizana, Leontopolis (36)) und Theodosiu-
polis; und die Vergleichung zweier anderer Erlasse Justinians (37) läfst keinen
Zweifel daran, dafs dieser Kern der neuen Armenia prima, das transeuphra-
tensische Armenien eben die ältere Armenia magna oder inierior war. —
Nach Prokops glaubwürdigem Bericht kam dieser Theil Armeniens durch
Cession des letzten Königs Arsakes und Vertrag über die Theilung des Lan
des mit den Persern um das Jahr 441 an Theodosius II., der dort die Stadt
Theodosiupolis anlegte oder doch nach sich benannte (38). Dieselbe Cession
wird gemeint sein mit den Worten des Veroneser Verzeichnisses, die sich
selber als Zusatz ankündigen: Armenia maior nunc addita; sie sind also,
ebenso wie der andere Paphlagonien betreffende Zusatz, in der Zeit der
theodosischen Dynastie beigefügt worden. Provinz aber ist Grofsarmenien,
nach der ephemeren Institution Traians(39), nicht unter Theodosius II,
sondern erst wieder unter Justinian geworden, wenn auch nicht erst durch
den oben angeführten Erlafs von 536, sondern bereits einige Jahre frü
her (40); sowohl das Fehlen Grofsarmeniens bei Hierokles, der sicher unter
Justinian, aber vor 535 schrieb, wie auch die Verordnungen Justinians,
welche Grofsarmenien in den Gesetzen mit dem übrigen Reiche gleichstel
len (41), zeigen bestimmt darauf hin, dafs das Land bis auf Justinian nicht
eigentliche Provinz gewesen, sondern sei es von einem Satrapen wie Sopha-
nene, sei es sonst in abweichender Weise verwaltet worden war (42).
Uber die um 400 entstandene Provinz Honorias ist schon bei Paphla-
gonien gesprochen worden. — Cappadocia secunda und Galatia salutaris
bestanden 381 noch nicht, dagegen wenigstens die erstere schon 386
Dafs sie in den beiden älteren Verzeichnissen fehlen, ist in der Ordnung.
Wie man sieht, stimmt namentlich Rufus genau überein mit dem Ve
roneser Register. Der Redacteur des silvischen Verzeichnisses hat durch
ein Versehen, das ich früher vergeblich anders zu erklären versucht habe,
die Provinzen Haemimontus und Scythia doppelt gesetzt, theils unter diesen
richtigen Namen an der falschen Stelle in Illyricum, theils unter den falschen
Namen Thracia secunda und Scythia inferior in der richtigen Diöcese
Thracien.
C 2
508
V. Dioecesis Moesiarum.
Zu 40. und 42.) Dafs die beiden Dacien, die Rufus unter den illy
rischen Provinzen aufführt, keine anderen sind als die Provinzen Dacia und
Dardania des Veroneser und des silvischen Verzeichnisses , geht theils da
raus hervor, dafs Dardania bei ihm fehlt, während er in der Gesammtzahl
und sonst durchaus mit dem Veroneser Verzeichnifs übereinstimmt, theils
aus den vorhergehenden Worten: per Aurelianum translatis exinde Ro-
(*6) In priantina steckt entweder Achaia oder es ist Dittographie des folgenden priua-
lentina und Achaia ist ausgefallen.
509
(*7) Die Worte ac Dardaniae, die in den gangbaren Ausgaben als Glossem bezeichnet
sind, finden sich, wie mir 0. Jahn mittheilt, in allen Handschriften. Vgl. auch den Aus
schreiber des Rufus Jordanis de regn. succ. p. 233 Mur. : Aurelianus (Daces) in Moesia
collocaoil ibique aliquam partem Daciam rnediterraneam Daciamque ripensem constituit et
Dardaniam iunxit.
(*s) G. Th. 2, 19, 2. Aus dem Ort der Subscription Serdica möchte ich nichts schliefsen,
als dafs der Kaiser sich damals dort aufhielt.
(*') C. Th. 15, 1, 13.
(60) C. Th. 1, 32, 5.
510
hier wie im ganzen Occident dem Range der Stadfhalter ; wobei freilich an
genommen werden mufs, dafs der Provinz Maxint a Caesariensis , die zur
Zeit der TSotitia eben wie die neugebildete Provinz Valentia unter einem
Consular stand, noch ein blofser praeses vorgesetzt war, als das Veroneser
Verzeichniis aufgenommen ward. Übrigens sind meines Wissens über die
Lage dieser britannischen Provinzen , abgesehen von den Fälschungen des
sogenannten Richard von Cirencester, keine Nachrichten vorhanden.
»
512
Narbonensis secunda hat man bisher, da Rufus sie ausläfst (5i) und sie
unter den bisher bekannten Quellen zuerst in den Acten des Concils von
Aquileia 381 auftrat (55), in die Zeit zwischen 369 und 381 gesetzt; dies
ist jetzt widerlegt durch das allen anderen Spuren zufolge beträchtlich
ältere Veroneser Verzeichnifs. Eine gewisse Unterstützung findet dasselbe
noch in der geographischen Lage der beiden Narbonenses , die nicht an ein
ander stofsen, sondern durch die langgestreckte Provinz von Vienna ge
schieden werden. Wenn die Doppelprovinz gleich bei der ersten Zer
stückelung der alten provincia Narbonensis entstand, so ist es nicht auffallend,
dafs zwei nicht an einander stofsenden Districten die Namen Narbonensis I
und II. gegeben wurden; wäre dagegen die Provinz Narbonensis II. jüngeren
Ursprungs, so könnte sie nur gebildet worden sein aus Gemeinden der bis
herigen Viennensis oder der bisherigen Seealpenprovinz oder aus Stücken
von beiden und würde die Benennung Narbonensis II. durch nichts sich
rechtfertigen. Sonach scheint angenommen werden zu müssen, dafs Rufus
Festus diese sehr kleine Provinz vergessen hat. — Die Ordnung des Verone
ser Verzeichnisses ist wiederum Rangordnung: die Provinz Vienna steht unter
Consular, die sechs übrigen unter Präsides.
X. Dioecesis Italiciana.
(34) Die in unseren Ausgaben c. 6. gangbare Lesung (sunt in Gallia cum Aquitania et
Britanniis provinciae decem et oclo: Alpes mariliinae, provincia Viennensis, Narbonensis,
Novempopulana , Aijuitaniae duae) ist auch diejenige aller guten von O. Jahn verglichenen
Handschriften. Auch die Gesaramtzahl der achtzehn Provinzen müfste um eine erhöht werden,
wenn man zwei Narbonenses annimmt.
(") Polem. Silv. S. 257.
Abhandlungen der philo*. -histor. Kl. 1862. Nr. 8.
514
Die Provinz der Balearen ist, da sie in den beiden ältesten Verzeich
nissen fehlt, erst zwischen 369 und 386 eingerichtet worden (57). — Die
Ordnung folgt wieder den Rangklassen: die beiden ersten Provinzen stehen
unter Consularen, die vier letzten unter Praesides; denn auch Gallaecia,
das in späterer Zeit ebenfalls unter einem Consular stand, erscheint noch bei
Rufus als praesidial.
Ordnung folgt dem Range : die erste Provinz ist proconsular, die beiden fol
genden sind consular, die letzten drei präsidial. .
Fassen wir die in dieser Urkunde vorliegenden im Einzelnen erörter
ten Alterszeugnisse zusammen, so ist zunächst augenscheinlich, dafs sie die
diocletianisch-constantinische Reichstheilung darstellt. Die beiden Reichs
hälften sind zwar nicht äufserlich geschieden wie in der Notitia , aber es fol
gen doch auf die fünf orientalischen die sieben occidentalischen Diöcesen
und zwar mit der bemerkenswerthen Verschiedenheit, dafs die Provinzen in
jenen geographisch, in diesen nach dem Rang der Statthalter geordnet sind.
Zurückgeführt wird sowohl die Zerstückelung der alten gröfseren Provin
zen wie die Einsetzung der Vicarien , das heifst die Einrichtung der neuen
Mittelbezirke, der Diöcesen auf Diocletian (60), ohne dafs die Epoche dieser
wichtigen Umwandlung sich genauer bestimmen liefse. Alter also als Dio
cletian kann unsere Urkunde nicht sein ; und dasselbe bestätigen auch eine
Reihe einzelner Indicien. Die Namen der beiden Aegypten Iovia (4) und
Herculia (5), vielleicht auch der Name Diospontus (60) gehen zurück auf
die Kaiser Diocletian und Maximian, von denen jener wahrscheinlich im
J. 295/6 Aegypten unterwarf; der Beiname von Obermösien Margensis (41)
vielleicht auf die zwischen Carinus und Diocletian 285 gelieferte Entschei
dungsschlacht: der der pannonischen Provinz Valeria (53) auf Diocletians
Tochter, Galerius Gemahlin Valeria (61J; der der britannischen Flavia Cae-
sariensis (60), vielleicht auch der einer anderen britannischen Provinz Ma-
xima Caesariensis (59) auf den Caesar Flavius Constantius (62) , der be
kanntlich durch die Uberwindung des Allectus im J. 296 Britannien dem
Reiche zurückgewann. Dies sind aber auch die jüngsten Spuren, die ich
habe auffinden können (63). Keine sichere Spur begegnet von Constantinus:
die Hauptstadt Numidiens heifst Cirta, nicht Constantia (93), die Pro
vinz von Amasia Diospontus , nicht Helenopontus (21). Es fehlen nicht
blofs alle Provinzen, welche zwischen der Abfassung des silvischen Katalogs
und derjenigen der Notitia errichtet sind (Palaestina IL, Phoenice Libani,
Syria salutaris, Cilicia IL, Cappadocia IL, Galatia salutaris, Macedonia
salutarte, Dada mediterranea) , sondern auch sieben Provinzen , die jener
ältere Katalog aufführt: die britannische Provinz Valentia, eingerichtet
369, die ägyptische Arcadia und die pontische Honorias, die nicht vor
384 eingerichtet sein können, ferner in Gallien Lugdunensis III. und
Lugdunensis Senonia, in Italien Raetiall., in Spanien die Balearen, deren
Einrichtungszeit sich nicht näher feststellen läfst; endlich die beiden erst
nachträglich eingerichteten Diöcesen Aegyptus und Macedonia. Lugdu
nensis I. und Gallaecia erscheinen noch unter Praesides, nicht wie später
unter Consularen; endlich die Provinz von Pelusion noch unter ihrem alten
Namen Aegyptus Herculia, nicht unter dem neueren Augustamnica, der schon
342 sich findet. — Vor 342 ist das Verzeichnifs also auf jeden Fall geschrieben;
aber es ist nichts im Wege und vieles spricht dafür, dafs es unmittelbar nach
der Einrichtung der neuen Diöcesen, im J. 297 oder bald nachher, aufgesetzt
und eben nichts anderes ist als das nach dieser wichtigen administrativen Um
gestaltung officiell in Umlauf gesetzte neue Diöcesen- und Provinzenverzeich-
nifs, das eben darum noch an nicht wenigen Stellen damals gangbare und
späterhin abgekommene Benennungen aufzeigt. — Auf jeden Fall ist das
Veroneser Verzeichnifs das älteste, das wir besitzen. Rufus Festus, der we
nigstens reichliche Auszüge aus einem solchen giebt, schrieb unmittelbar
nach dem Abschlufs des Friedens mit den Gothen 369 ; er kennnt noch
nicht die in diesem Jahr errichtete britannische Provinz Valentia. Das
des Silvius mufs, wenn es ganz folgerichtig redigirt ist, 385 oder 386 auf
gesetzt sein ; denn die Honorias kann nicht älter sein als das J. 384 , in
dem Honorius geboren ward , und 385 waren Aemilia und Liguria noch
eine Provinz, während andrerseits CappadociaW. und ArmeniaW., die bei
Silvius noch fehlen, bereits 386 genannt werden (64). Die Notitia digni-
tatum aber ist bekanntlich nicht lange nach Gildos Tod 398 abgefafst.
(6*) So ist nach den jetzt vorliegenden Daten die Polem. Silv. S. 257 gegebene Zeit
bestimmung schärfer zu begrenzen. — Übrigens bemerke ich schliefslicb, dafs ich bei dieser
ganzen Untersuchung von den Berichten des Malalas abgesehen habe; trotz der genauen
Detaillirung, in die dieser Scribent seine dreisten Fictionen öfter einhüllt, kann über dessen
gänzliche Unbrauchbarkeit kein Zweifel sein.
518
An die Caledoni knöpfen nur die Saxones richtig an, d. h. die deut
schen Nordseevölker die seit dem Ende des dritten Jahrhunderts und na
mentlich im vierten Brittannien und die gallischen Küsten beunruhigten und
mehrmals auch mit den Picten und Scoten zusammengenannt werden (Zeufs
381 f. 490 f.). Die Reihe von Saxones bis Cati d.i. Catti, Chatti ergibt
eine zusammenhangende Gruppe von Völkern des nordwestlichen Deutsch
lands, unter denen nur die Crinsiani rätselhaft bleiben und auffallender
weise die Franken fehlen. Diese stehen später im Verzeichnifs nebst Gal-
lovari, die in Cattovarii , Chattuarii herzustellen sind , — wenn auch sonst
regelmäfsig in diesem Namen der sogenannte Bindevocal unterdrückt wird, —
mitten unter den Völkern des südwestlichen Deutschlands. Sie sollten
zwischen Saxones und Camari d. h. Camavi, Chamavi stehen. Chattuarier
und Chamaven waren Nachbarn und fast unzertrennliche Genossen , beides
fränkische Stämme (Zeufs 334 — 337). Chamavi qui et Franci stellt die
Tab. peut. im dritten Jahrhundert an den untern Rheiulauf. Sie übergeht
die Chattuarii und ebenso die Saxones, hat aber dafür oberhalb der Cha
mavi über der Rheinmündung noch die Chaci d. i. Cbauci, die das Verzeich
nifs ebensowenig kennt als die Frisen. Auf diese könnte man bei den cor-
rupten CRINSIANI raten, zumal da nicht nur die Namenform Frisiavones
Frisaevo (Zeufs 138), sondern auch Frisiaus d. i. Frisiavus vorkommt,
Mommsen röm. Schweiz taf. fig. 3, neues rheinisches Mus. 11, 52: Sextus
Valerius Genialis — civis Frisiaus. Allein Chaucen und Frisen sind wol mit
unter die Saxones begriffen. So lassen sich die Crinsiani auf keinen der sonst
so wohl bekannten Völkernamen dieser Gegend mit Sicherheit zurückführen.
Die Tab. peut. hat zwischen Chamavi und Cbauci gleichfalls einen ganz cor-
rupten, ähnlich aussehenden Namen CHREST1NI, worin Zeufs mit vieler
Wahrscheinlichkeit Cherusci vermutete. Aber auch an die Cherusker
möchte ich bei Crinsiani deshalb nicht denken, weil das Volk das Tacitus
schon in der Germania als sehr herunter gekommen schildert später aus der
Geschichte verschwindet ; denn die Erwähnungen bei Panegyrikern und Po
eten (Zeufs 383 f.) scheinen blofse Phrase zu sein und auf der römischen
Karte figurierte es nur noch als Antiquität (Weltkarte S. 1. 11 f.). Freilich
könnte es auf diesem Wege gerade in das Verzeichnifs gekommen sein. Der
Verfasser hat eine Karte zur Hand gehabt; denn die Flevi neben den Bru-
cteri lassen sich nicht anders erklären als die Hieromices unter den orien
521
talischen Völkern bei Julius Honorius (Weltkarte S. 11), der einen Flufs-
namen für einen Völkernamen nahm. Zieht man die Franci Cattovari noch
hierher, so werden von der Lippe und dem nördlichen Rheinarm, dem Fle-
vus an bis hinüber zu der Weser alle Völker so vollständig aufgeführt, dafs
für die Flevi keine andre Vermutung übrig bleibt, ja dafs selbst die Crin-
siani durch Dittographie aus dem folgenden Amsivari entstanden sein
könnten, wie darauf wieder Angri Angrivari folgen. Die Bructerer wohnten
an der Lippe, die Chamaven und Angrivarier nach Tacitus in der Germania
nördlich über ihnen. Amsivarii und Angrivarii aber sind im Grunde das
selbe Volk : Angrivarii ist der rein geographische Name der Anwohner der
Weser oberhalb der Chauken oder spätem Friesen, und Amsivarii nur eine
speciellere, wie es scheint gleichfalls geographische Benennung für eine Ab
teilung des Volkes (Haupts Zeitschrift 9, 226 ff.). Sonst werden uns im vier
ten Jahrhundert nur Amsivarii genannt (Zeufs 342, Haupt 9, 238 f.), und
zwar in einem Fragment des Sulpicius Alexander, wie in unserem Verzeich-
nifs, in Verbindung mit Chatten, in der Notitia dign. neben Bructerern.
Da die Angrivarii ( ' ) in den übrigen Quellen nach Tacitus erst wieder mit
Karl dem Grofsen auftauchen , ist das Zeugnifs des Verzeichnisses für die
Fortdauer des Namen in der Zwischenzeit von besonderem Interesse. Da
gegen möchte man jetzt auch in dem VAPII • VARII der Tab. peut. neben
Chaci Uberreste beider Namen sehen , statt wie bisher nur den einen oder
den andern, Weltkarte S. 4. Mit den Bructerern schliefst die Tab. ihre
Francia ab. Wir werden im dritten Absatz des Verzeichnisses noch die Na
men der Völker finden, die den Raum zwischen diesen, den Chatten in
Hessen und den Angrivariern an der Weser ausfüllen.
An die Chatten reihen sich, sobald man von den Franci Gallovari
absieht, die nächsten Namen in bester Ordnung an. Nur wären die Ala-
manni besser vor den Burguudionen genannt. Denn jene treten im dritten
Jahrhundert zuerst am mittlem Rhein in der Maingegend auf und auch im
vierten Jahrhundert, als sie sich schon am obern Rhein bis zum Bodensee
festgesetzt haben, reicht ihr Name noch nordwärts bis in die Lahngegend,
ja vielleicht bis nach Hessen hinein (Zeufs 310 f.). Die Burgunden aber
hatten gegen das Ende des dritten Jahrhunderts im Rücken der oberrhei-
(') Über die Anglevarii der Notit. dign. s. Zeufs 496 Anra.
Abhandlungen der philos.-hislor. Kl. 1862. Nr. 8. E
522
nischen Alemannen, durch Rhön und Spessart nördlich sich an die Chatten
anscbliefsend, am mittlem Main bis gegen Jaxt und Kocher hin Fufs gefafst
(Zeufs 311 f. 465 ff.). Diese Aufstellung hatte der Verfasser des Verzeichnisses
bei seiner Aufzählung schon vor Augen , und daraus folgt dafs er wenigstens
ein Menschenalter nach Gallienus (f 26H) schrieb. Dafs die Suevi von den
Alamanni unterschieden werden , darf nicht auffallen. Nur verhält es sich
damit anders als mit den Suevi die die Tab. peut. nördlich über den Ale
mannen (Zeufs 308. 328) und Julius Honorius (Weltkarte S. 8) neben Lan-
gobardi aufführen. Wir haben es hier mit keiner alten Reminiscenz und
Uberlieferung zu tun, sondern die Suevi sind die nachmaligen Schwaben,
dieselben mit den Jotungi oder, wie der Name richtiger geschrieben wird,
Juthungi (Zeufs 312 ff.). Der richtige Zusammenhang ergibt sich erst wenn
die Franci Gallovari mit einander zwischen Suevi und Jotungi entfernt wer
den; und je notwendiger dies ist, je deutlicher zeigt sich dafs auch jene
beiden Namen zusammengehören und dafs wir vollkommen berechtigt waren
die Gallovari in Cattovari, Chattuarii zu verwandeln. Jotungi bestimmt
erst die Suevi näher. Es ist der im vierten und fünften Jahrhundert fast
allein übliche Name für das Volk , für den erst seit dem sechsten Jahrhun
dert (bei Procop und Jordanesj wieder der alte Generalname eintritt, um in
eingeschränkter Bedeutung nun an den nobilissimis ac vetustissimis Sueborum
des Tacitus haften zu bleiben. Für die Fortdauer des alten Namen in der
Zwischenzeit gibt das Verzeichnifs abermals ein wertvolles Zeugnifs, dem
Ammians 16, 10 nuntiis indicantibus Suevos Raetias incursare nicht gleich
kommt.
Die Reihe setzt sich dann weiter durchaus richtig mit Armilausini,
Marcomanni, Quadi längs der Donau fort, gerade wie bei Julius Honorius
auf Suevi Langobardi folgen Tutuncii (1. Jutungi) Burgundiones Armilausini
Marcomanni (Manni Heruli) Quadi Sarmatae, und ähnlich auf der Tab. peut.
ALAMANNIA • ARMALAVSI • M,A,R„CdO,MA,Ni NI • QiVvAtDvgi • i • DUR
für die Armalausi oder Armilausini, die bisher nur aus der Tab. und Julius
Honorius bekannt waren , kommt jetzt das Verzeichnifs als drittes Zeugnifs
hinzu , und dies allein würde hinreichen um sein Zeitalter ungefähr zu be
stimmen. Sie sind ins heutige Riefs zu setzen oder etwas weiter abwärts
an der Donau, den Schwaben-Jnthungen im Rücken, südlich von den Bur
gunder Nur so konnten diese bei Honorius zwischen Tutuncii (Jutungi)
523
und Armilausini gestellt werden. Die Stellung der Vanduli und Jutugi aber
auf der Tab. peut., so weit sie nicht durch den blofsen Mangel an Raum be
dingt ist, ist gerade umzukehren, weil offenbar der Zeichner um nach den
DURi, d. i. den Hermunduri, die er dem langgestreckten Zuge seiner Karte
folgend nach den Quadi angesetzt hatte, noch zwei an jene sich anschlie-
fsende Namen aus dem innern Deutschland anzubringen und mit diesen nicht
zuweit nach Osten zu kommen, rückwärts gieng zu den nächst vorhergehen
den Namen: es sollten die HermuuDURi•ivtvgi• vandvli in dieser Folge im
Rücken der Armalausi, Marcomanni, Quadi stehen. So aber weist die
Stellung der Völker, wo die Jutugi noch ganz den Platz der alten Semno-
nen einnehmen , auf die Zeit ihres Vordringens gegen den römischen Limes
zwischen Rhein und Donau im dritten Jahrh., vgl. Weltkarte S. 4. Die
Marcomannen und Quaden in Böhmen und Mähren , die sich an die Armi
lausini anreihen, verschwinden mit dem fünften Jahrhundert, da die Quaden
als Sueben mit den Vandalen nach Spanien ziehen und die Uberreste der
Marcomannen sich unter die nachrückenden Heruler und Rugen verlieren.
Ganz gegen alle Ordnung aber folgen nun im Verzeichnifs die Tai'fali
— denn so ist ohne allen Zweifel Taifruli zu emendieren — , eine Abteilung
der Westgoten (Zeufs 433) in Dacien an der untern Donau, die aller Wahr
scheinlichkeit nach von der dakischen Ebene oder Steppe in der Moldau
oder Bessarabien ihren Namen hatte (vgl. J. Grimm GDS. 194, Zeufs 390).
Auf die Marcomanni und Quadi sollten die HermunDUBI — d. i. DURI —
folgen. Die Aufzählung, die von den Suevi Jotungi an der Donau folgte,
greift mit ihnen, gerade wie auf der Tab. peut., ehe sie weiter flufsabwärts
geht, nur noch einmal zurück ins innere Deutschland zu den Westnachbarn
der Chatten, den nördlichen Nachbarn der Burgundionen und Marcomannen.
Ganz ebenso werden die Hermunduren auch im (Jj«jue^<T|0iÖs r»js <>% (Weltkarte
S. 43*) aufgeführt:
Tequavwv tSvrt xai cnroixiai tlclv t, Mafttopiavoi, BaqSovhot (1. BavSovAol,
Bav&Xoi), KovaS[^i]oi, Bf£i<W (]. BsvtSet Venedi), 'E^juov&t/Aoi.
Hier sind Marcomannen und Quaden, Vandiler und Wenden zwei Völker
paare hüben und drüben der Gebirge, an denen Elbe Oder und Weichsel
entspringen, die Dio auch OvavSaÄtxu op») nennt, und die Hermunduren sind
zuletzt weiter aus dem Innern nachgeholt. Es sieht diese Notiz fast wie ein
von einer römischen Wreltkarte abgerissener Fetzen aus, und ich glaube
E2
524
Sitzen, wo schon Ptolemaeus sie kennt, in Schlesien oder wie Zeufs 455
meint in der Oberlausitz gesessen. Auf diese Weise erklärt es sich auch
allein dafs das Verzeichnifs von den Hermunduren zunächst auf die Vaudalen
und dann erst auf die Sarmaten kommt. Reichten nemlich die Vandalen
nicht mehr nördlich über das Gebirge hinaus, so verlangte die natürliche
Ordnung, die durch den Lauf der Donau vorgezeichnet war, sobald die
Aufzählung von den Hermunduren dahin zurückkehrte , dafs die Sarmaten
die nächsten und unmittelbaren Nachbarn der Quaden zuerst und vor den
Vandalen im innern Lande genannt wurden. Die früher ausgesprochene
Vermutung aber, dafs schon im vierten Jahrhundert die Heruler, Rugen
und Sciren von der Ostsee weiter gegen Süden vorgerückt und in die Reihe
der das römische Reich bedrohenden Völker eingetreten waren, gewinnt nun
nicht wenig an Wahrscheinlichkeit durch die Nennung der Sciren. So wie
das Verzeichnifs sie aufführt, dürfen wir sie uns neben den Vandalen auf der
Nordseite der Karpaten, ungefähr in der Stellung die die Tab. peut. den
Bastarnen gibt, denken. Von hieraus konnten sie sehr wohl um 381, nach
dem Abzuge der Goten aus der Ebene über dem Pontus, in Gemeinschaft
mit Karpodaken und Hunen Einfälle ins römische Gebiet über die Donau
machen (Zeufs 487), mit den Herulern und Rügen, ihren Nachbarn und
Genossen , dem Attila Heerfolge leisten und nach dem Sturz der hunischen
Macht, wenn nicht schon früher nach dem Abzuge der Vandalen, ins nörd
liche Ungarn einrücken, um endlich unter Odovaker nach Italien auszuziehen
und dem römischen Reich ein Ende zu machen. Plinius nennt sie zuerst an
der Ostsee und Ptolemaeus kennt sie hier als 'Pqvtik?^ioi d. i. nach Zeufs
schöner Verbesserung TovqxtXsioi, Turcilingi, in gleicher Ausdehnung mit
den Rugen zwischen Weichsel und Oder: die Turcilingi sind nur die könig
liche Phyle der Sciren, wie die Astinge oder Hasdinge der Vandalen. Was
dann noch die nächsten Namen des Verzeichnisses betrifft, so sind die Car-
piscitae natürlich zu zerlegen in Carpi, Scythae und nicht als Compositum
wie KaoToSaticu zu nehmen. Carpi ist der alte, schon dem Ephorus (Scym-
nus v. 801) bekannte Name für die dakischen Gebirgsstämme und Scythae
der besonders im dritten Jahrhundert zur Zeit des grofsen 'scythischen Krie
ges nach dem Vorgang der Griechen auch bei Römern übliche Collectivname
für die ganze Masse deutscher und nicht deutscher Völker über dem Pontus
und der untern Donau. Nur das vornehmste Volk, die Goten werden noch
526
hat dafs spanische Völker unter der Rubrik von Mauretanien aufgezählt
werden, — bei der Benutzung einer Karte liefse sich solche Flüchtigkeit
denken, — mufs dahin gestellt bleiben. Die Aufzählung geschieht ohne
feste Regel und Ordnung: zuerst die Celtiberi aus dem innern Lande, dann
die Turini — wobei man eher an die Astures im Nordwesten, als etwa an
die Turtitani, Turdetani im Süden, in der ganz romanisierten Baetica wo
der alte Volksname frühe untergeht, denken darf, — dann die Ausitani,
Ausetani im nordöstlichsten Winkel an den Pyrenäen, darauf die Calpitani
d. i. Carpetani wieder aus der Mitte, die Cantabri aus dem Norden darüber,
endlich noch enantes, die sich schwerlich irgendwo unterbringen lassen.
Seltsamer aber als diese Confusion ist die Aufzählung dieser Völker über
haupt, da Spanien wie es scheint von allen Provinzen des römischen Reichs
die einzige war, wo während der greuelvollen Zeiten des dritten Jahrhun
derts Ruhe und Friede herschten. Hier könnte man am ersten an einen
gedankenlosen Zusatz von späterer Hand denken oder auf die Vermutung
kommen, dafs uns nur ein Excerpt aus einer Schrift vorläge, in der in ganz
anderm Sinne von jenen Völkern die Rede war, als worauf hier der Zu
sammenhang führt. Allein bei dieser Annahme würde die Verwirrung, die
in den übrigen Teilen der Aufzeichnung neben der im grofsen und ganzen
doch durchstehenden Ordnung herscht, doppelt unerklärlich sein, weil man
sich von dem Inhalt und der Beschaffenheit der supponierten Schrift schlech
terdings keine Vorstellung machen könnte ; und um über Zusätze und Inter
polationen des Verzeichnisses entscheiden zu können , müfsten wir über das
dritte Jahrhundert zusammenhängender und besser unterrichtet sein , als es
leider der Fall ist. Wie es sich mit der Aufzählung der spanischen Völker
verhält, bleibt rätselhaft. Höchst auffallend ist dann auch das Stillschweigen
über die Bagaudae, den Bundschuh der gallischen Bauern um 286. Die
Aufzeichnung, wenn die Schlufsnotiz über das Maafs der Leuga, die ähnlich
z. B. auch bei Isidor etym. 15, 16 vorkommt, nicht erst von einem schul
gelehrten Abschreiber herrührt , scheint nicht in Gallien , sondern , da an
Spanien oder eine andre Provinz nicht zu denken ist, in Italien von einem
gemacht zu sein , der ein specielles Interesse an der deutschen Völkerwelt
nahm und davon auch eine speciellere Kenntnifs besafs, was sich in eigen
tümlicher Weise wieder im letzten Absatz zeigt.
529
Nach gutem altem Sprachgebrauch werden hier wie bei Tacitus civi-
tates, einzelne politisch -selbständige und abgeschlossene Volksgemeinden
von den gentes in umfassenderem Sinn, von denen bisher die Rede war,
unterschieden. Die Usiper und Tencterer hatten zu Caesars Zeit am Nieder
rhein, von der Lippe bis zum rechten Rheinarm sich niedergelassen, und
auch die Tubanten befanden sich in dieser Gegend nach Tacitus ann. 13, 55.
Hier trifft sie noch Drusus. Als aber Tiberius nach Drusus Tode die Regu
lierung der neuen Provinz in die Hand nahm, mufs er die drei Völker
schaften genötigt haben südlich über die Lippe in das Land der Sugambern,
die er total aufhob, hinauf zu ziehen. Hier safsen sie im ersten Jahrhundert
an der Ruhr und Sieg, vielleicht selbst noch über den Westerwald hinaus,
wo ehemals ubisches Land vacant war, während ihr altes Gebiet nördlich
von der Lippe agri militum usui sepositi nach Tacitus a. a. O. geworden
waren. Nach Tacitus und Ptolemaeus werden nur noch die Tubantes wieder
genannt in der Notit. dign., und früher bei Nazarius. Auf der Karte des
Julius Honorius (Weltkarte S. 11) standen die Üsipi mit manchen andern
Völkern des nordwestlichen Deutschlands wie es scheint nur als Antiquität.
Auf unserm Blatte aber finden wir die ganze Gesellschaft noch einmal wieder
vollständig beisammen. Die civitas Usiphorum, Tuvanium statt Usiporum
(oder Usipiorum: Usipi in den Hss. des Tacitus, oCvnrot die Griechen,
aber genus Usipiorum Martial 6, 60; Usipetes bei Caesar, Florus und ann.
1, 51 ist keltische Pluralbildung), Tubantum sind klar, aber auch die civitas
NICTRENS1VM ist zweifelsohne die civitas Tencterorum oder Tenctren-
sium? An welches Volk sonst könnte man neben Usipern und Tubanten
denken? Ptolemaeus nennt freilich ungefähr in demselben Striche Ne^te^sW?,
aber dieser Name ist corrupt, wenigstens in der Flexion, und sonst uner
hört. Zeufs 113 Anm. erinnerte dabei an den Enterigau zwischen Hunte
und Weser und vermutete danach 'Evre^saveg, womit die Flexion nicht besser
wird ; auch stimmt die Lage des Gaus nicht mit der Stellung des Volks bei
Ptolemaeus. Wer wird also einen durchaus unsichern, obscuren Namen
benutzen, wo die Herstellung aus einem wohl bekannten und bewährten
ebenso leicht ist? Der vierte Name der Reihe novaßii/ war dann allem An
schein nach ein Compositum auf -varii d. h. eigentlich Verteidiger, dann
Inhaber, Besitzer. Von dem ersten Wort des Compositums ist wie es
scheint nur die letzte Silbe übrig geblieben. So zahlreich aber auch die
Abhandlungen der philos.-histor. Kl. 1862. Nr. 8. F
530
(') Mogontiacensis ciritai heifst Mainz bei Salvian de Gubernat. dei VI p. 123 Baluz.
und Hieronymus Epist. 91 ad Ageruchiam.
F2
532
A Sangaller Hs. 732 p. 154, aus dem IX. Jh., Abschrift einer Aufzeichnung vom
J. 810; vgl. Merkel lex Alamannorum p. 8. 23.
B Pariser Hs. 4628 A. aus dem X. Jh. und Ottobonian. 3081 aus dem XV. Jh.
C Vatican. 50Ö1 der langobardischen Gesetze, BL 140, aus dem XIII /XIV. Jh.
D Paris. 609 aus dem Anfang des IX. Jh.
E Hs. von La Cava der langobardischen Gesetze aus dem Anfange des XI. Jh.
F Beichenauer Hs. 229 in Karlsruhe aus dem Ende des VIII. oder Anfang des
IX. Jh. : der Aufzeichnung sind zwei chronologische Notizen über die Zerstörung
von Chieti (urbs Teatina) und einer urbs Uncitana durch die Franken in den
J. 802 und 806 angehängt.
Nennius historia Britonum c. 17 nach dem Harlejan. 3859 im British museum aus
dem XI. Jh.; bcdefghi = Stevensons Hss. bei San-Marte BGKLN PRa.
1. INCIP1T GENERATIO REGUM.
2. PRIMUS REX ROMANORUM ALANEUS dictus est.
3. Alaneus genuit Papulo.
4. Papulus genuit Egetium.
5. Egetius genuit Egegium.
6. Egegius genuit Siagrium,
7. per quem Romani regnum perdiderunt.
1 — 7. dieien ganzen Abschnitt übergehen CDEF Nennius; doch s. zu 2.
1. ITEM DE BEGIBUS BOMANOBUM B.
2. ANALEU A. dictus est fehlt A. Allanius dictus est B. vgl. zu 8 Muljus E,
Alaneus F, Alanus Nennius, Alaneus zu 14.
3. Analeus A, Allanius B. Pabolum B.
4. Pabolus B. genuit fehlt B. Egegium A.
6. Fadiru At Siagrium B.
7. et ipsum Romani perdiderunt A.
Qni fuerunt qui gentes gennerunt? resp. tres fratres Ermenus Igngus et Scius. D.
M u [jus rex tres filios habuit, quorum nomina hec sunt: Armen Tingus Ostjus.
singuli genuerunt quaternas generacjones. E. Alaneus dictus est homo, qui
genuit tres filios, id est Hisisione, Ermenone et Nigueo. F. Primus homo
venit ad Europam de genere Iafeth Alanus cum tribus filiis suis, quorum nomina
sunt Hessitio (Hessicio b Hisicion ei Ysicion g Usicion h) Armeno (Armenio b
Armenon ehi Armenion gf) Negue (Negno e Neguo/fA Neugio i). Hissitio «
autem habuit filios quattuor: hi sunt Francus Romanus Britto Albanus (Roma
nus Alemannus et Brito a quo primo Brittannia habitata est ce Francum Ro
man um Alamannum et Brutonem i). Armenon autem habuit quinque filios:
Gothus Valagothus Gebidus Rurgondus Langobardus. Neugo autem habuit tres
filios: Wandalus Saxo Boguarus (Boguarus Targus cdefgi). Nennius.
Abir tili! Rea filii Ezra filii Izrau filii Baath filii Tobaath filii Iovan fili! laphet
— filii Adam, filii dei vivi. hanc peritiam inveni ex traditione veterum, qui
incolae in primo fuerunt Britanniae. (einige Hss. fügen noch hinzu: Brittones
a Bruto dicti. Brutus filius Hisittonis [Hisicionis b], Hisition Alanci, Alaneus
filius Reae, filiae Silviae Reae, filiae Numae Pamphilii, filii Ascanii cell.) Nenniut.
1">. fehlt BCDEF Nenniut.
z. 4. 5. wird niemand anders sein als Aetius, dessen Namen man öfter Agetius
oder Agecius, zumal in Gallien, geschrieben findet. Uber Aetius hinaus aber
will sich für die ersten Glieder der generatio keine Anknüpfung finden, wenn
man sich nicht etwa bei dem Allanius bis zum Kaiser Julianus verlieren will,
der den Franken Toxandrien einräumte ; allein soweit und selbst über Aetius
reichte das Gedächtnifs der spätem Zeit gewifs nicht hinauf. Es ist daher
eher anzunehmen dafs bei der genealogischen Anreihung, die für Aetius und
Aegidius entschieden falscb ist, die chronologische Ordnung nicht durchweg
innegehalten ist. Für den Papulus oder Pabolus z. 3. 4. sehe ich wenigstens
keinen Rath, wenn er nicht der römische comes Paulus ist, der nach dem
Tode des Aegidius (464) im Bunde mit den Franken unter Chilperich in der
Loiregegend um Angers zuerst mit den Westgoten , dann gegen die Sachsen
unter Audovacrius kämpfte und in diesem Kampfe fiel, Gregor Turon. 2, 19.
In einer 'chronique inedite qui entre beaucoup de choses d'une faussete extra
vagante semble contenir quelques notices plus exactes et d'un certain interet',
will Fauriel (histoire de la Gaule meridionale 1, 289) gefunden haben dafs
dieser comes Paulus der Sohn eines Bretonenhäuptlings Allan war, den die
Chronik zugleich als König der Römer bezeichne. Die 'chronique' scheint
darnach nur auf unsre dürftige Aufzeichnung hinauszulaufen. Aber gewifs
ist Allan, Allanius ein keltischer Name und die Annahme, dafs der primus
rex Romanorum unsers Denkmals und sein Sohn im fünften Jh. zu den letz
ten Stützen der römischen Macht in Gallien gehörten, nicht abzuweisen.
Dafs nun die Völkertafel von Gallien aus vom Standpunkt des fränki
schen Reichs um 520 entworfen ist , erhellt sobald man nur von der letzten
Gruppe z. 16 — 18, der Nachkommenschaft des Istio ausgeht. Hier sind alle
zum Reich des Chlodovech gehörenden Völker vereinigt: die Romanen im
innern Gallien, die Brittonen in der Armorica — Semper Britanni sub Fran-
corum potestate post obitum regis Chlodovechi fuerunt, sagt Gregor von
Tours 4, 4 — , dann die Franken und Alamannen. Die Nachkommenschaft
des zweiten Bruders, des Inguo z. 13 — 15 aber begreift aufser den Burgun-
den und Thüringen, deren Reiche erst Chlodovechs Söhne in den Jahren
534 und 528 zerstörten, auch noch die Langobarden, die niemals den me-
rovingischen Franken unterworfen waren. Es sind demgemäfs auch die Bur-
gunden und Thüringe noch als unabhängige Völker zu denken. Da aber
neben den Langobarden nicht mehr die Heruler, deren Herschaft an der
Abhandlungen der philo*. -hittor. Kl. 1862. Nr. 8. G
538
Donau jene unter ihrem König Tato um 510 zersprengten, genannt werden,
sondern an ihrer statt vielmehr die Bajuvarier, so ergibt sich für die Abfas
sung der Tafel der oben angegebene Zeitpunkt und damit auch das älteste
Zeugnis für die Baiern, deren erste Erwähnung man bisher bei Jordanes
c. 55 fand. Fällt die Abfassung hienach noch in die letzte Lebenszeit Theo
dorichs des grofsen, so ist es nicht glaublich dafs der ursprüngliche Text
z. 11 die Ostgoten als Walagoti von den Westgoten als Goti unterschied,
vielmehr jener Name nach den vorhin entwickelten Gründen für einen etwas
spätem Zusatz zu halten. Die Nachkommenschaft des Ermin, des ersten
Bruders z. 10 — 12 umfafst die äufserste Reihe deutscher Völker, aufser den
Goten in Italien, Südfrankreich und Spanien die Vandalen in Africa, deren
Reich 534 fiel und die so ein neues Datum für das Alter der Aufzeichnung
abgeben , dann die Gepiden in Dacien , die 567 den Avaren und Langobar
den erlagen, endlich die Sachsen in England und an der Weser, wenn an
diese schon zu denken ist. Die nordischen Stämme sind übergangen.
Nach alledem beruht die Einteilung der Tafel auf einer politischgeo
graphischen Ordnung und Stellung der Völker wie sie nur um 520 und weder
zehn Jahr früher noch zehn Jahr später stattfand. Sie ist gemacht wie die
der mosaischen Völkertafel und schon weil Franken Alamannen Romanen und
Britten zusammengeworfen werden, hätten Merkel (de republ. Alaman. 1, 7)
und andre sich billiger Weise nicht darauf, wie auf ein Zeugniss für die
Stammverwandschaft der Völker, berufen sollen. Aber der Verfasser grün
dete sein künstliches Gebäude auf die Namen der drei Brüder, die die west
lichen Germanen nach Tacitus und Plinius als ihre göttlichen Ahnherren
verehrten und in alten Liedern besangen. Ein solches Lied oder doch der
Nachklang eines solchen mufs noch durch den Mund der Franken zu ihm ge
drungen sein, und seine Aufzeichnung hat dadurch einen Wert gewonnen,
der ihr von der Seite der Völkergeschichte in gleichem Mafse nicht zukommt.
*