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Rössel
Seminar: Der Zusammenbruch der staatssozialistischen
Gesellschaften in komparativer Perspektive
Defekte Demokratien
1
Übersicht
• Definitionen: Defekte Demokratie
• Formen der defekten Demokratie
• Transformationsregionen
• Ursachen für defekte Demokratien
• Beispiele: Russland, Slowakei und Albanien
• Kritik zu den Typologisierungen von Merkel
• Empirische Untersuchungen in Italien
• EU-Charta der Grundrechte
• Fazit
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Definition: Defekte Demokratie
„Defekte Demokratien sind Herrschaftssysteme, die
sich durch das Vorhandensein eines hinreichend
demokratischen Wahlregimes zur Regelung des
Herrschaftszugangs auszeichnen, aber durch
Störungen in der Funktionslogik der übrigen
Teilregime die komplementären Stützen verlieren, die
in einer funktionierenden Demokratie zur
notwendigen Sicherung von Freiheit, Gleichheit und
Kontrolle notwendig sind.“
Defekte Demokratien müssen keine
Übergangslösungen sein. Sie können sich auch
langfristig etablieren [1].
3
Formen der defekten Demokratie
• Exklusive Demokratie
universelles Wahlrecht ist nicht gegeben
• Illiberale Demokratie
Beschädigungen am Rechtsstaat
• Delegative Demokratie
Kontrolle der Exekutive ist durch Legislative und dritte
Gewalt eingeschränkt
• Enklavendemokratie
verzerrte Machtbildung durch Vetomächte [1],[2].
4
Defekte
Demokratien
[1]
5
Transformationsregionen
• defekte Demokratien dominieren in
Transformationsregionen (72 %)
6
Ursachen für defekte Demokratien
Wahrscheinlichkeit steigt bei:
– niedrigem sozioökonomischem Entwicklungsniveau
– ungleicher Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen
– Wirtschaftskrisen
– Dominierung des Sozialkapitals in ethnischer oder
religiöser Form
– geringem interpersonellem Vertrauen
– ungelösten Identitäts- oder Staatlichkeitskrisen
– langer Prägung der Gesellschaft durch das vorherige
Regime
– von oben gesteuerten oder von unten erzwungenen
Systemwechsel
– stark geprägten „informalen“ Interaktionsmustern
– fehlenden Kontrollmechanismen zum Schutz liberal-
demokratischer Institutionen [1]
7
Beispiele
8
Russland
• Defekte im Bereich des Wahlregimes und
Massenmedien
• Hohe Korruptionsrate
• „Superpräsidentialismus“
9
Slowakei
• diskontinuierliche Prozesse
10
Albanien
• schwaches Parteiensystem, starke Polarisierung,
mangelnde Koalitions- und Fraktionsdisziplin
11
Kritik
• starke Trennungslogik obwohl die
Differenzierungskriterien der Systeme unscharf
seien
12
Robert Putnams Italien-Studie
Forschungsfrage [4] :
Anlass [4]:
13
Italien-Studie: Theorie
Annahmen des Neoinstitutionalismus [4]:
1. Institutionen prägen den politischen Prozess.
2. Institutionen werden durch die Geschichte
geprägt.
14
Vergleich: Demokratie-Einbettung
15
[1]
Italien-Studie: Performanzmessung I
Die institutionelle Performanz wird anhand von 12
Kriterien gemessen [4]:
1. Stabilität der Regierungskoalitionen
2. Unverzüglichkeit der Budgetgenehmigung
3. Verfügbarkeit von Statistiken und Informationen
4. legislative Reformen
5. Implementierungsgeschwindigkeit
6. Verfügbarkeit von Kinderkrippen
7. Verfügbarkeit von Familienkliniken
8. Industrieförderung
9. Landwirtschaftsförderung
10. Gesundheitsversorgung
11. Wohnbauförderung
12. Bereitwilligkeit der Verwaltung
16
Italien-Studie: sozioökon. Erklärung
Die
Performanz
hängt von der
sozioöko-
nomische
Entwicklung,
gemessen am
BIP positiv ab
[4]
17
Italien-Studie: soziale Erklärung I
Die institutionelle Performanz hängt vor allem von der
Ausprägung der Zivilgesellschaft („civic community“)
ab.
18
Italien-Studie: soziale Erklärung II
Die institutionelle
Performanz hängt
von der
Ausprägung der
Zivilgesellschaft
ab [4]
19
Italien-Studie: soziale Erklärung III
Die Interviews ergaben ergänzend folgendes Bild [4]:
– Im Süden suchen Bürger/-innen öfter das persönliche
Gespräch mit den Eliten als im Norden.
– Sie sprechen dann eher über persönliche als über
allgemeine Probleme vor.
– Im Norden drehen sich die – seltenere – persönliche
Gespräche mit den Eliten eher um die Allgemeinheit.
– Die Dichte an Gewerkschaftsmitglieder ist im Norden
höher als im Süden.
– Die Elite schätzt sich selbst im Norden weniger Korrupt
ein als die im Süden.
– Die Bevölkerung ist im Norden zufriedener mit ihrer
Regionalverwaltung als im Süden (Zufriedenheit und
Performanz korrelieren stark positiv).
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Italien-Studie: Rolle des Sozialkapitals
Laut Putnam beinhaltet Sozialkapital Vertrauen, Normen und
soziale Netzwerke, die Kooperation innerhalb der Gesellschaft
begünstigen.
Sozialkapital ist ein öffentliches Gut, und kann sich als solches
nur bilden, wenn unkooperatives Verhalten sanktioniert werden
kann und wird.
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Diskussionsfragen
1. Wieso ist die Gewaltentrennung zentral für die
Demokratie? Welche (soziale) Rolle hat die Judikative?
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Literatur und Quellen
[1] Wolfgang Merkel, 2003: „Eingebettete“ und defekte Demokratien:
Theorie und Empirie, in: Claus Offe (Hg.): Demokratisierung der
Demokratie. Diagnosen und Reformvorschläge. Frankfurt/New
York: 43‐71.
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Italien-Studie: Forschungsdesign
• Querschnittanalyse der 20 Regionen Italiens über
die Periode 1970-89
• Sieben Interview-Serien und eine schriftliche
Umfrage mit regionalen Eliten aus Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft
• Mehrere Dutzend Interview-Serien mit Wähler/-
innen
• Statistische Analysen
• ein Experiment (1983) zur Performanz der
regionalen Verwaltungen
• Fallstudien zu einzelne Prozesse der Politik und
der Planung. [4]
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Italien-Studie: Performanzmessung II
Die
Performanz
korreliert stark
positiv mit der
Zufriedenheit
der Leute mit
ihrer
Regional-
verwaltung [4]
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Italien-Studie: soziale Erklärung IV
Kriterium Norden Süden
[4]
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