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Bildungschancen bei Kindern mit

Migrationshintergrund
[Marco Yimez]
[Betreuung: Proufas, Clephas]

Einleitung:
Der Bildungserfolg in Deutschland hängt bekanntermaßen unter anderem davon ab, ob Kinder und Jugendliche einen Migrationshintergrund haben. Es
ist ein etablierter Befund, dass Schüler:innen mit familiärer Zuwanderungsgeschichte als bildungsbenachteiligt gelten. Es ist jedoch wichtig zu beachten,
dass von einem einheitlichen "Migrationshintergrund" keine Rede sein kann, da sich hinter dieser allgemeinen Beschreibung sehr unterschiedliche
Situationen verbergen. Darüber hinaus wirkt sich Zuwanderung in verschiedenen Aspekten des Bildungserfolgs auch auf unterschiedliche Weise aus.

Die Bestimmung eines Migrationshintergrunds erfolgt nicht nur über die Staatsangehörigkeit der Befragten und ihrer Familienangehörigen, sondern
kann auch durch das Geburtsland der betreffenden Schüler:innen, ihrer Eltern oder Großeltern festgestellt werden. Die Ausprägung der
Bildungsbenachteiligung bei Kindern mit Zuwanderungsgeschichte hängt nicht zuletzt davon ab, welcher Teil einer Familie im Ausland geboren ist.
Dabei wird in der Forschung unter folgenden Gruppen unterschieden: Schüler:innen, die selbst im Ausland geboren und (mit ihren Familien)
zugewandert sind (1. Generation), in Deutschland geborenen Schüler:innen, deren Eltern aus dem Ausland zugewandert sind (2.Generation) – oder auch
nur ein Elternteil (2,5. Generation) – sowie schließlich Schüler:innen, deren Migrationshintergrund auf die Großeltern zurückgeht, die im Ausland
geboren und zugewandert sind (3. Generation).

Die verstärkte Aufmerksamkeit in der öffentlichen Diskussion für diese Bildungsungleichheiten in jüngerer Zeit ist einerseits auf PISA und ähnliche
Studien zurückzuführen. Der "PISA-Schock" der Jahrtausendwende brachte die Erkenntnis mit sich, dass Bildungsungleichheiten zwischen
Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in kaum einem OECD-Land so deutlich ausgeprägt waren wie in Deutschland.

Methode:
Selbst in der neuesten PISA-Studie von 2018 sind ethnische Bildungsunterschiede weiterhin signifikant. Zum
Beispiel wies die durchschnittliche Lesekompetenz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund einen
Unterschied von 52 Punkten zu ihren Altersgenossen ohne Migrationshintergrund auf – das entspricht etwa
einem Lernjahr von 41 Punkten. Es zeigen sich auch klare Unterschiede in Bezug auf die besuchte Schulform:
Während 43 Prozent der Schüler:innen ohne Migrationshintergrund ein Gymnasium besuchten, lag dieser
Anteil bei jenen mit
Migrationshintergrund knapp unter 30 Prozent.
Ein weiterer Grund für das gestiegene Interesse an der Thematik liegt sicherlich darin, dass die Zahl der
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in den letzten Jahren immer weiter angestiegen ist: Im
Jahr 2019 wiesen deutschlandweit 39 Prozent der Schülerschaft an allgemeinbildenden Schulen einen
Migrationshintergrund auf.

Sieht man sich die Lesekompetenzen der Schüler:innen an lassen sich auch Unterschiede feststellen. Jugendliche
der 2,5. Generation, bei denen ein Elternteil im Ausland geboren ist, erreichen mit 497 Kompetenzpunkten einen
Wert, der recht nahe am Durchschnitt ihrer nicht zugewanderten Mitschüler:innen (524 Kompetenzpunkte)
liegt. Im Vergleich dazu erzielen Jugendliche der 2. Generation, deren Elternteile beide zugewandert sind, mit
477 Punkten nochmals 20 Kompetenzpunkte weniger. Die niedrigsten Lesekompetenzwerte weisen
erwartungsgemäß die neu zugewanderten Schüler:innen der 1. Generation auf. Mit nur 405 Kompetenzpunkten
erreichen sie ganze 119 Kompetenzpunkte weniger als ihre Mitschüler:innen ohne Zuwanderungsgeschichte.

Es gibt häufig die Argumentation, dass Migrantenfamilien selbst für ihre nachteilige Bildungssituation
verantwortlich seien. Dabei wird behauptet, sie würden sich in ihrem ethnischen Umfeld einrichten, anstatt
konsequent die deutsche Sprache zu erlernen und sich um Bildung zu bemühen. Allerdings wird auch die
gegenteilige Position vertreten, wonach Zuwanderer und ihre Nachkommen sehr wohl bildungsbewusst sind,
jedoch durch Diskriminierung am Bildungsaufstieg gehindert werden.

Ergebnisse:
Sorgfältig durchgeführte Untersuchungen zeichnen in der Regel ein differenzierteres Bild. Einerseits belegen sie in großem
Maße, dass von einem "Nicht-Wollen" keine Rede sein kann. Im Gegenteil: Viele Migranten haben tatsächlich hohe
Bildungsziele und streben beispielsweise häufiger den Besuch eines Gymnasiums an als sozial ähnlich gestellte Personen
ohne Migrationshintergrund. Andererseits zeigen die Untersuchungen auch, dass sich die Bildungsbenachteiligung von
Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund nicht einfach auf Diskriminierung zurückführen lässt. Zwar gibt es
Hinweise darauf, dass bestimmte Verfahren und Regelungen im Schulsystem (z. B. bei der Sonderschulüberweisung) sich
nachteilig auf Migrantenkinder auswirken können. Auch wird die Existenz von ethnischen Stereotypen, verzerrten
Einschätzungen und (bewusst oder unbewusst) diskriminierenden Handlungen durch Lehrkräfte keineswegs in Abrede
gestellt.
Die Ergebnisse des Studienmoduls "Einstellungen von Lehrkräften gegenüber Vielfalt in der Migrationsgesellschaft" am
BIM zeigen, dass Lehrkräfte in bestimmten Aspekten der Vielfalt liberaler eingestellt sind als die übrige
Gesamtbevölkerung. Dennoch bestehen nach wie vor Vorbehalte gegenüber Personen mit muslimischem Hintergrund. Nur
61 Prozent aller befragten Lehrkräfte sind der Meinung, dass Muslime genauso bildungsorientiert sind, obwohl hohe
Bildungsaspirationen in türkeistämmigen Familien beispielsweise mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen wurden.
Außerdem sind Leistungserwartungen von Lehrkräften für Kinder aus türkeistämmigen Familien geringer als für Kinder
ohne Migrationshintergrund, selbst wenn sich deren Leistungen faktisch nicht unterscheiden. Verzerrte Erwartungen
wirken sich auch auf das Lehrkrafthandeln im Unterricht aus und können Lernerfolge beeinflussen.

Literaturverzeichnis: Die Autorin spricht über ihre Studie 


Bildung, B. F. P. (2023, 24. Oktober). Wie prägt der Migrationsstatus den
Bildungserfolg? bpb.de.
https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/520131/wie-praegt-der-
migrationsstatus-den-bildungserfolg/ Scannen Sie einfach diesen QR-Code
Bildung, B. F. P. (2023a, August 29). Ethnische Bildungsungleichheiten. bpb.de. mit Ihrem Smart-Phone.
https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/211879/ethnische-
bildungsungleichheiten/
Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund | Stifterverband. (o. D.).
https://www.stifterverband.org/pressemitteilungen/2017_07_06_svr-
studie_vielfalt_im_klassenzimmer
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