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3 2009

H 11661
Meinerzhagen
Nummer 127
Jahrgang 2009

Zeitschrift für
aktive Christen

Mit Ausharren laufen


den vor uns liegenden Wettlauf
Hebräer 12.1
NR. 127 IMPRESSUM
3. Quartal 2009

Wohltäter wider Willen …


Herausgeber
CLV Weil JONA sich widerwillig Gottes Wort verweigert und wider besseres Wissen weit,
Christliche Literatur- weit westwärts weichen will, wirft Gott ihm wuchtig Wind und Wellen in den Weg,
Verbreitung e.V. weswegen der wenig wachsame Wicht in die wütenden Wogen der Wasserwüste ge-
Postfach 110 135
33661 Bielefeld
worfen wird, worauf wenigstens sich wundernde Werfer ihre Weltanschauung wech-
seln und sich dem wahren Gott widmen wollen.
Bankkonto
Postbank Hannover Wie wunderbar: Während des Verweilens im widerwärtigen Wal wird Jona wachs-
Kt.-Nr.: 25 24 309 weich und willens, die wichtige Warnung zu wagen. Sein Widerstand weicht. Wei-
BLZ: 250 100 30
sungsgemäß weissagt er Wildfremden wortgewaltig die wiederholte Warnung. Und
Sonderkonto für wirklich – wenige wuchtige Weheworte wirken wahre Wunder! Ninive weint, wird er-
Außenmission weckt und wahrhaftig zur Wende bewegt. Jona wird wider Willen ein wirkungsvoller
Für Lateinamerika, Wegweiser zum Wohl der Weltstadt.
Russ­land, usw.:
CLV-Auslandshilfe Wochen später, während der wacker wartende Wanderprediger wonnevoll die
Volksbank
Meinerzhagen
wohlverdiente Verwüstung wünscht, bewirkt ein winziger Wurm, dass Wurzeln und
Kt.-Nr.: 101 216 0700 Blattwerk welken, was wieder Wehklage, weitere Wortwechsel und Widerstand beim
BLZ: 45 86 16 17 wütend wetternden Jona weckt, weil die nicht wenigen wehrlosen Bewohner Ninives
Bitte immer den im Wohlwollen des Ewigen wohl mehr wiegen, als ein wild wucherndes Gewächs über
Ver­­­wendungszweck dem in wolkenloser Wärme wartenden Widersetzling.
angeben und bei
Spendenbescheini-
Soweit was war … Und WIR? Wann werden Wankelmut und Widerstand weichen?
gungs-Wunsch auf
eine vollständige Wodurch werden wir widerspenstigen Westeuropäer Eigenwillen überwinden? Wann
Absender-Anschrift werden wir wohl wach und willens, zu wollen was Gott will? Wann werfen wir den
achten. Vielen Dank! Wischiwaschi-Wohlstands-Wust weg? Wann wollen wir wirklich Werkzeuge werden,
Wohnungswechsel wagen und wissensdurstige Wesen wirkungsvoller Worte werter-
Erscheint achten? Wie wünschenswert, wieder Seine Werke zu wirken. Widmen wir uns wieder
Vierteljähr-
lich und kann dem Wesentlichen – dem wohlgefälligen Willen Gottes zum Wohl der Welt!
ko­sten­los bezogen
werden. War das ein wenig verwirrend? Wahrscheinlich. Wir wünschen wohltuendes Wei-
terlesen!
Schriftleiter und
Versandstelle
Wolfgang Bühne
Postfach 1126
58527 Meinerzhagen

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Abbestell­­ungen sowie
Adressänderungen bitte
umgehend an folgende

INHALT
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A. Fett, Schoppen 1
58540 Meinerzhagen;
e-Mail: fut@clv.de

Inhalt dieser Ausgabe:


Wolfgang Bühne Hiskia – der Mann, der Gott vertraute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Uwe Neugebauer „Jubel“ auf Befehl … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Carsten Görsch „Yes, we can?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Andreas Reh Der „Platzregen“ Gottes in der Mongolei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Bildnachweis:
Seite 4: sxc.hu | mzacha
Gerrit Alberts Bereit und aufrichtig – Johannes Calvin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Seite 7-10: sxc.hu | bizior Wolfgang Bühne „Die Hütte“ – Eine kritische Rezension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
BIBELARBEIT 3

Hiskia – der Mann,


Wo l f ga ng B üh n e der Gott vertraute
(Teil 3)
„… und er zertrümmerte die eherne Schlange, welche Mose gemacht hatte; denn bis zu jenen
Tagen hatten die Kinder Israel ihr geräuchert, und man nannte sie Nechustan.“ (2Kö 18,4)

Wenn’s ans „Eingemachte“ geht … wo man dieses denkwürdige Zeugnis der Gnade
Nachdem der gottesfürchtige König Hiskia zu Gottes besichtigen konnte. Wo und wie man
Beginn seiner Herrschaft die „Höhen“, „Bild- diese Schlange aufbewahrte, wird in der Bibel
säulen“ und „Aschera“ in Juda ausgerottet und nicht erwähnt. Ob man damals schon so etwas
damit dem offensichtlichen Götzendienst im wie einen „Wallfahrtsort“ zu Ehren der Schlange
Volk Gottes ein Ende bereitet hatte, legte er eingerichtet hatte oder ob es einen Schrein gab,
nun seine Hand an einen etwa 700 Jahre alten in dem diese Schlange aufbewahrt und besich-
Gegenstand, der in Juda höchstes Ansehen tigt werden konnte, wissen wir nicht. Vielleicht
genoss und entsprechend verehrt wurde. gab es auch einen Gedenktag, an dem man sich
Es war die „eherne“ oder „kupferne“ im laufenden Jahr an dieses Ereignis erinnerte
So wurde
Schlange, durch die Gott ziemlich am Ende – jedenfalls wurde über Jahrhunderte hinweg
der Wüstenreise des Volkes Israel – also vor diese Schlange verehrt und ihr „geräuchert“. schließlich aus
vielen Jahrhunderten – Heilung und Rettung So wurde schließlich aus dem Symbol der dem Symbol
geschenkt hatte (4Mo 21,8-9). Gnade und des Erbarmens Gottes ein Gegen- der Gnade und
Damals hatte das Volk Israel „wider Gott stand, dem geopfert und welcher angebetet des Erbarmens
und wider Mose“ geredet, sich bitter beklagt bzw. verehrt wurde. Aus diesem geschichts-
Gottes ein
und das Manna, das „Brot aus dem Himmel“, trächtigen Symbol wurde mit der Zeit ein Götze,
als eine „elende Speise“ bezeichnet, vor der sie was der junge König Hiskia als solchen entlarvte Gegenstand,
sich ekelten. Gott hatte als Reaktion auf die- und den er sicher zum Entsetzen vieler seiner dem geopfert
ses Murren „feurige Schlangen“ unter das Volk Untertanen zermalmte und damit für alle Zeiten und welcher
geschickt, deren Biss einen brennenden Schmerz unkenntlich machte. angebetet
verursachte und tödlich endete. Wie schon so Wenn Hiskia – wie wir in der letzten Folge
bzw. verehrt
oft trat Mose wieder als Mittler für das Volk ein betrachtet haben – die „Höhen“, die „Bildsäu-
und flehte zu dem Herrn. Gott ließ sich erbitten len“ und die „Aschera“ zerstörte, können wir das wurde
und befahl Mose, eine kupferne Schlange herzu- wahrscheinlich gut nachvollziehen und auf die
stellen und sie für alle sichtbar auf einer Stange gegenwärtige Situation in unseren Gemeinden
zu befestigen, damit jeder sie sehen konnte. Wer anwenden – auch wenn ein dankbarer Leser
gebissen war und im Glauben auf diese eherne von „Fest&treu“ beklagte, dass wir versäumt
Schlange blickte, wurde geheilt und blieb am hätten, in diesem Zusammenhang etwas über
Leben. den „Weihnachtsbaum“ und seinen heidnischen
Diese Geschichte ist uns gut bekannt, zumal Hintergrund zu schreiben, was mir allerdings
der Herr Jesus in seinem Gespräch mit Nikode- das kleinste Übel von allen „Bildsäulen“ zu sein
mus an diese Begebenheit erinnerte und sie als scheint.
ein Bild für das deutete, was wenige Monate Doch was können wir für unsere Zeit aus der
später auf Golgatha geschehen sollte: Zerstörung der ehernen Schlange lernen?
„Und wie Mose in der Wüste die Schlange Gibt es Personen oder Dinge, die Gott zum
erhöhte, so muss der Sohn des Menschen großen Segen der Gemeinde gegeben hat und
erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, die trotzdem zu Götzen werden können und eine
nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben Verehrung genießen, die ihnen nicht zusteht?
habe“ (Joh 3,14-15).
Die „immer jungfräuliche Gottes-
Was aus einem Symbol der Gnade gebärerin“?
werden kann … Hier ist nicht der Platz, um ausführlich über
Natürlich war diese Geschichte auch im Volk die Marien-Verehrung und Marien-Anbetung
Israel gut bekannt und wahrscheinlich wurde in der Römisch-katholischen Kirche und den
sie von Generation zu Generation weitererzählt Orthodoxen Kirchen zu schreiben. Allein die
und dabei erwähnte man vielleicht auch den Ort, Tatsache, dass Maria in den katholischen Dog-
4 BIBELARBEIT

men „Mittlerin zum Mittler“, Wenn allerdings aus diesem schlichten


„Gottesmutter“, „immer jung- Gedächtnismahl ein „eucharistisches Opfer“
fräuliche Gottesgebärerin“, gemacht wird, in dem sich „durch die Weihe
„Mutter und Königin der Welt“, von Brot und Wein die Wandlung der ganzen
„Himmelskönigin“, „Mittlerin Brotsubstanz in die Substanz des Leibes Christi,
der Gnade“ usw. genannt unseres Herrn, und der ganzen Weinsubstanz
wird zeigt, dass hier eine in die Substanz seines Blutes“1 vollzieht, dann
Frau, die in ihrem Lobpreis führt diese katholische Irrlehre folgerichtig zu
Gott als ihren „Heiland“ einer Anbetung materieller Dinge und damit
(Lk 1,47) bezeichnet, eine zum Götzendienst:
Verehrung bekommt, die „Wir bringen in der Messliturgie unseren Glau-
an Abgötterei grenzt. ben, dass Christus unter den Gestalten von Brot
Maria war ganz sicher und Wein wirklich zugegen ist, unter ande-
eine von Gott „Begnadigte“ rem zum Ausdruck, dass wir zum Zeichen der
(Lk 1,28), eine „Gesegnete Anbetung des Herrn die Knie beugen und uns
unter den Frauen“ (Lk 1,42) tief verneigen. ‚Die katholische Kirche erweist
denn Gott hatte sie erwählt der heiligen Eucharistie nicht nur während der
und gewürdigt, Mutter Jesu heiligen Messe, sondern auch außerhalb der
zu werden. Aber an keiner Messfeier den Kult der Anbetung, in dem sie
Stelle im Neuen Testament die konsekrierten Hostien mit größter Sorgfalt
wird aufgefordert, sie zu aufbewahrt, sie den Gläubigen zur feierlichen
verehren. Ein letztes Mal Verehrung aussetzt und sie in Prozessionen
wird sie in Apg 1,14 erwähnt, wo sie als „Mutter trägt‘“.2
Jesu“ bezeichnet wird und mit ihren weiteren Wenn man vor Brot und Wein auf die Knie
Söhnen, den Aposteln und einigen Frauen in fällt – dann ist genau das Götzendienst im auf-
einem Obersaal zum Gebet versammelt ist. In geklärten 21. Jahrhundert!
der jungen Gemeinde in Jerusalem war sie eine
Schwester unter Schwestern – nicht mehr und Kreuz und Kruzifix
nicht weniger! Der Ausleger Henri Rossier (1835-1928) äußert
Als der schottische Reformator John Knox in seiner wertvollen Betrachtung über unseren
(1514-1572) 19 Monate als Sklave auf französi- Text einige bedenkenswerte Gedanken, die man
schen Galeeren zubringen musste, kam eines nicht weiter kommentieren muss:
Der Mensch Tages ein Priester auf das Schiff und verlangte „Wie die eherne Schlange, so hat auch das
von den „gotteslästerlichen Ketzern“, ein Bild Kreuz Christi zu abergläubischen Gebräuchen
hängt sich an
der „heiligen Jungfrau“ anzubeten. Anlass gegeben. Ein Stück des ‚echten Kreuzes‘
ein Symbol Als die Reihe an ihn kam, spottete Knox: küssen, oder ein Stück Erz oder Elfenbein, das
und weist „Mutter? Die Mutter Gottes? Das ist doch keine den auf dem Kreuz sterbenden Herrn darstellt,
ihm irgend Mutter Gottes, das ist nur ein Stück angemaltes verehren, das ist allgemeiner Brauch in einem
einen Wert Holz. Ich meine, das sollte man eher schwim- großen Teil der Christenheit. Der Mensch hängt
men lassen, als dass man es anbetet!“ sich an ein Symbol und erkennt ihm irgend
oder eine be-
Und mit diesen Worten schleuderte er das einen Wert oder eine besondere Eigenschaft
sondere Ei- Bildnis in den Fluss. zu. Er macht aus dem Symbol seinen Gott. Ist
genschaft zu. Wenn Hiskia damals die eherne Schlange das besser als der Götzendienst, der die Eigen-
Schließlich zerstörte und sie „Nechustan“ („Kupfernes“) schaften Gottes zu Göttern macht? Gewiss
macht er aus nannte, so sollten wir auch Maria als das sehen, nicht; es ist eine ebenso große Abgötterei wie
was sie nach Gottes Aussagen wirklich war: jene und eine noch gefährlichere, weil sie sich
dem Symbol
„Mutter Jesu“. Alle anderen Lehren über die eines Gegenstandes bemächtigt, der noch
seinen Gott Bedeutung Marias und jede Art von Verehrung geweihter, noch heiliger ist: des Kreuzes, des
sind nicht mit dem Wort Gottes vereinbar. Mittelpunktes aller Ratschlüsse Gottes, des
Symbols der ewigen Liebe, um daraus ein Göt-
Ein „eucharistisches Opfer“? zenbild zu machen, das die Augen des Fleisches
Brot und Wein, die Symbole der Hingabe und sehen und die Lippen küssen können, während
Leiden unseres Erlösers, die der Herr Jesus in der es selbst weder Augen zum Sehen noch Ohren
Nacht seines Verrats als „Mahl des Herrn“ ein- zum Hören hat. Der Glaube wirft diese Dinge
setzte, werden jedem Nachfolger Jesu kostbar beiseite und nimmt sie für das, was sie sind:
und wichtig sein. Sie sollen uns immer wieder an nicht mehr und nicht weniger als ein Stück Holz
das Opfer seiner Liebe und auch an seine Wie- oder Erz.“3
derkunft erinnern (1 Kor 11,23-26). Nun werden für die meisten Leser die bis-
her genannten Verirrungen – die man um eine
BIBELARBEIT 5

Vielzahl erweitern könnte – kaum eine Gefahr Als Paulus hörte, dass es in der Gemeinde von
darstellen. Dafür gibt es aber andere Gefahren, Korinth zu Parteiungen kam und eine Gruppe
deren wir uns vielleicht nicht bewusst sind. sich als „paulinisch“ bezeichnete, reagierte er
Wenn wir z.B. Männern, die Gott in der vergan- sehr energisch mit den Worten:
genen oder gegenwärtigen Kirchengeschichte „Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt, oder
als Werkzeuge zum großen Segen seines Volkes seid ihr auf Paulus Namen getauft worden?“
benutzt hat, eine Autorität zuschreiben oder (1Kor 1,13) Wir haben
ihnen eine Verehrung zukommen lassen, die „Wer ist denn Apollos, und wer Paulus? Diener, abgedankte
ihnen nicht zusteht und die sie selbst meistens durch welche ihre geglaubt habt …“ (1Kor 3,5) Heilige, wir
verabscheuen würden. Als man in Lystra Paulus und Barnabas nach verabscheuen
Spurgeon äußerte sich einmal in seiner Pre- der Heilung des Lahmen als Götter verehren und
digt „Der Bilderstürmer“ zu diesem Problem – ihnen zu Ehren Stiere opfern wollte, zerrissen die den Gedan-
wie gewohnt unverblümt und deutlich: Apostel als Ausdruck ihres Entsetzens ihre Klei- ken, sie zu
„Wir sind alle zu sehr geneigt, als Christen ein der und wehrten sich mit aller Kraft gegen diese verehren, und
Maß von Vertrauen auf Männer zu setzen, die Menschen-Verehrung, um Gott allein die Ehre zu dennoch mö-
Gott in seiner unendlichen Gnade zu Führern geben (Apg 14,11-18). Wenn wir in unserer Zeit gen wir ganz
in der christlichen Gemeinde erweckt hat … als „Lutheraner“, „Calvinisten“, „Mennoniten“,
Wenn Gott seiner Gemeinde einen Mann gibt, „Wesleyaner“, „Darbysten“ oder wie auch immer allmählich ins
der tauglich ist, sie zu erweitern, zu kräftigen bezeichnet werden, dann sollten wir uns ebenso Kanonisieren
und zu befestigen, so gibt er ihm einen der entschieden dagegen wehren wie Paulus. hineingeraten
reichsten Segen seines Gnadenbundes. Aber die Der gesegnete Erweckungsprediger George und dem We-
Gefahr ist vorhanden, dass wir … auf ihn blicken Whitefield äußerte einmal in einer Situation, als sen nach eine
mit einem Grad von – ich muss es so nennen – sich Parteien um ihn selbst und um seinen älte-
abergläubischem Vertrauen auf seine Autorität ren Freund John Wesley bilden wollten: andere Reihe
und Fähigkeit. „Mein Name möge allenthalben sterben, meine „Heiliger“ unter
Brüder, wir haben abgedankte Heilige, wir Freunde mögen mich vergessen, wenn dadurch uns aufstellen
verabscheuen den Gedanken, sie zu verehren, die Sache des gepriesenen Jesus vorangetrieben
und dennoch mögen wir ganz allmählich ins wird. Ich will Seelen nicht zu einer Partei führen,
Kanonisieren hineingeraten und dem Wesen sondern zu einem Empfinden ihrer Verlorenheit
nach eine andere Reihe „Heiliger“ unter uns und zum wahren Glauben an Jesus Christus.
aufstellen. Was ist Calvin, was ist Luther? Lasst uns über
Ist es nicht wahr, dass manche fast St. Cal- alle Namen und Parteien wegblicken und lasst
vin und St. Luther anbeten? Über ihre Lehren uns in Jesus unser Ein und Alles sehen, damit Er
hinaus können sie nicht gehen. Über andere gepredigt werde … Ich weiß, welches mein Platz
schwingen St. John Wesley oder St. Charles ist: Der Diener aller zu sein. Ich will keine Leute
Simeon ein ehrfurchtgebietendes Zepter … haben, die sich nach meinem Namen nennen.“4
Wenn wir die Segnungen, die Gott uns in unse- Der Herr schenke uns in einer Zeit, in der auch
ren Lehrern und Predigern gibt, überschätzen, unter uns Christen zunehmend eine Form von
so mag er sie von uns hinwegnehmen. Wir soll- Menschen-Kult geduldet oder sogar gepflegt
ten nicht die Rohre erheben, sondern die Quelle. wird, eine heilige Abscheu vor dieser harmlos
Nicht den Fenstern, sondern der Sonne müssen und fromm scheinenden Abgötterei und einen
wir für Licht danken. Nicht den Korb, welcher heiligen Eifer für die Ehre Gottes, wie er im Leben
die Speise enthält … sondern den göttlichen Hiskias deutlich wird.
Meister, der das Brot segnet und vervielfältigt
und die Menge speist … ANMERKUNGEN:
1 Konzil zu Trient, 1551, zit. in W. Bühne: „Ich bin auch katholisch …“, CLV, 2006,
Liebt die Prediger Christi, aber verfallt nicht in S. 72
2 Katechismus der Katholischen Kirche, Oldenbourg, 1993, S. 378
die Form der Ehernen-Schlangen-Verehrung, die 3 Henri Rossier: „Betrachtungen über das 1. und 2. Buch der Könige“, E. Paulus-
euch zu Knechten der Menschen erniedrigt.“ Verlag, S. 198-199.
4 Benedikt Peters: „George Whitefield”, CLV, S. 328

EINLADUNG
Herzliche Einladung zur 27. Herbstkonferenz der KfG
„Prinzipien der Leiterschaft“, Alexander Strauch, USA | Weitere Vorträge von Resul und Wolfgang Bühne
05.-08.11.2009 in Rehe/Westerwald

Anmeldung bitte direkt bei der KfG-Geschäftsstelle:


Mackenzeller Str. 12 | 36088 Hünfeld | Tel.: 06652/918187 | Fax: 06652/918189 | Mail: service@kfg.org
6 NACHGEDACHT

„Jubel“ auf Befehl … Uwe Neugebauer

Wir schreiben den Spätsommer 1989. Die politi- ja nichts schiefgehen in Berlin bei unserem
sche Situation in der DDR – unserem „sozialis- Marsch an der Führungsriege vorbei! Allein
tischen Vaterland“ – wird langsam aber sicher diese Übungsaktion finden wir schon äußerst
immer unübersichtlicher. Die einen demonstrie- erheiternd und lustig. Den nötigen Ernst –
ren zu Hunderttausenden jeden Montag in Leip- geschweige denn innere Überzeugungen – ver-
Einmal an zig gegen das SED-Regime. Die anderen berei- misst man indes ganz und gar.
„Erich’s ten eine großangelegte Freuden- und Jubelfeier
vor. Vorbei an „Erichs Lampenladen“
Lampenla-
Ob man’s wahrhaben will oder nicht: Unsere Und ganz genau so fahren wir dann auch in
den“ vorbei- „Deutsche Demokratische Republik“ soll am Richtung Hauptstadt. Eigentlich gilt für uns nur:
marschiert, 07.10.1989 ihren 40. Geburtstag feiern. Und So gut und so heftig wie möglich die drei Tage
fliegen alle dafür heißt es nun Vorbereitungen zu treffen: Sonderurlaub auszukosten. Spaß haben ohne
Flaggen Das nun mittlerweile schon etwas in die Jahre Ende. Neue Leute kennenlernen. Wieder neue
und Fahnen gekommene Ländle aufpolieren – zeigen sich weibliche Bekanntschaften schließen. Na und für
doch schon beachtliche „Falten, Runzeln und den „Treibstoff“ soll eine gehörige Portion Alko-
hinter der Altersflecken“. Schnell etwas frische Farbe über hol sorgen. So werden diese drei Tage eigentlich
nächsten so manche bröckelnde Fassade – zumindest rein zu einer richtigen großen Party. Der eigentliche
Straßenecke äußerlich. Denn für mehr reicht es offensichtlich Sinn der ganzen Aktion rückt völlig in den Hin-
auf große nicht – zudem ist auch mancherorts die Zeit viel tergrund. Die geplante „Demonstration zu Ehren
LKW’s – und zu kurz für mehr. Große Feste sind vorzuberei- von …“ verkommt zu einer einzigen großen
ten und zu inszenieren – schließlich will man ja „Jubel“-Inszenierung ohne Herz, Überzeugung
das war’s! nicht gänzlich ohne Freude und Zuversicht in’s und Wahrheit. Einmal an „Erich’s Lampenladen“
nächste Jahrzehnt gehen! (Palast der Republik) vorbeimarschiert, fliegen
alle Flaggen und Fahnen hinter der nächsten
Sonderurlaub für die „Fahnen- Straßenecke auf große LKW’s – und das war’s!
schwenker“! Mit stolzgeschwellter Brust berichtet zeitgleich
Apropos große Feste – ganz so einfach wie in das staatliche Fernsehen und zeigt die gestell-
den Vorjahren will sich die ganze Sache nicht ten und eingeübten Jubelposen vor Honeckers
mehr gestalten lassen. Zu zweigeteilt ist mitt- Ehrentribüne. Was für eine ekelerregende
lerweile die Bevölkerung. Zu tief und breit der Schönfärberei und Heuchelei!
Riss durch die ganze Gesellschaft. Also ersinnt
man ein neues Mittel: Die Jugend soll in großem 20 Jahre danach …
Maßstab herhalten. So erscheint eines Tages der Jetzt – fast 20 Jahre danach und davon etwa
FDJ-Sekretär unserer Firma in unserer Abteilung 19 Jahre eines Lebens als Christ – stimmt mich
mit der verlockenden Kunde: diese Erinnerung recht nachdenklich – gar
„Hört mal, Jungs und Mädels: Am 07.10. gibt besorgt. Denn als Quintessenz verbirgt sich darin
Gott möchte es in Berlin wieder die große Demonstration eine ganz praktische Lektion: Auch Gott möchte
keinen zu Ehren unseres sozialistischen Vaterlandes, keinen inszenierten, gekünstelten, eingeübten,
inszenierten, unseres Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker gewohnheitsmäßigen Jubel – sprich Anbetung.
und zum 40-jährigen Bestehen unserer Repu- Er möchte Anbetung aus dankbaren, aufrichti-
gekünstelten, blik. Wer mit will, bekommt drei Tage Sonder- gen Herzen – echt und ehrlich.
eingeübten, urlaub.“ „Aber die Stunde kommt und ist schon da, wo
gewohn- Erst einmal schauen meine Freunde und ich die wahren Anbeter den Vater im Geist und in
heitsmäßigen uns etwas dumm an – aber dann sagen wir doch der Wahrheit anbeten werden; denn der Vater
Jubel zu. Ach, was soll es – drei Tage Urlaub – egal für sucht solche Anbeter. Gott ist Geist, und die ihn
welche Aktion. Da kommt man wenigsten mal anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahr-
raus – und erlebt wieder richtig etwas. Und so heit anbeten.“ (Joh 4,23-24)
sagen wir zu. Im Zusammenhang damit muss ich an den Ort
Kurz bevor es in Berlin so richtig zur Sache und Zeitpunkt denken, wo das, was hoffentlich
gehen soll, wird der „Jubelzug“ unseres Land- während der Woche an Beindruckt- und Begeis-
kreises erst einmal in unserer Kreisstadt geübt. tertsein über Gott und seine Werke gewachsen
Immer hin und her auf dem Marktplatz – die ist, der eigentliche Anbetungs-Höhepunkt sein
Bahnhofstraße rauf und runter. Schließlich soll sollte: die Abendmahlfeier in unseren Gemein-
ZEITGEIST 7

den. Wie schnell sind sieben Tage vorbei – und unsere Herzenshaltung und unsere Gesinnung
schon sitzt man wieder in genau demselben so wichtig wenn es darum geht, ihn durch Lob,
Gemeinderaum, nicht selten wieder in genau Preis und Anbetung zu ehren. Er will eben nicht,
derselben Bank, singt zum x-ten mal dieselben dass sich unsere Anbetung auf äußere, religiöse
Lieder – nur die Reihenfolge variiert vielleicht – Rituale beschränkt, zu Schematik, Fassadenhaf- Ist der Wunsch
und liest in regelmäßigen Abständen dieselben tigkeit oder Routine verkommt – oder zum Jubel des Herrn, uns
Bibelverse mit sich ähnelnden Gedankengängen. auf Knopfdruck wird, weil es eben mal wieder
als Christen
Doch wo sind da noch Jubel, Freude, Frische und dran ist.
innere Anteilnahme? Aber wenn ich ehrlich bin – wie oft finde ich zu seiner
bei mir Gleichgültigkeit und Herzenskälte? Wo Anbetung zu
Anbetung – auch nur eine herzlose ist sie geblieben – die von Herzen kommende treffen, viel-
Inszenierung? Anbetung? Denn genau das meint Gott mit „im leicht zu einem
Ich möchte uns eine ganz ehrliche Frage stellen, Geist und in der Wahrheit anbeten“! Unsere Her-
wöchentlich
die sich sicherlich der eine oder andere auch zen müssen sich wieder öffnen und hinwenden
schon einmal ganz persönlich und heimlich zu dem, der uns Gott selbst offenbarte und uns wiederkeh-
gestellt hat: Mutet es nicht manchmal auch wie ein Zurück zu Gott überhaupt erst wieder mög- renden Ritual
eine perfekte Inszenierung an? Ist der Wunsch lich machte: Jesus Christus! Gelingen kann uns verkommen?
des Herrn, uns als Christen und Gemeinde zu sei- das nur durch eine echte, intensive, von Herzen Zu einem „Jubel
nem Andenken und seiner Anbetung zu treffen, kommende, tägliche, lebendige Beziehung zu
auf Befehl“?
vielleicht zu einem wöchentlich wiederkehren- ihm. Dann wird unsere Anbetung Gottes auch
den Ritual verkommen? Oder um es einmal ganz wieder die sein, die er sich so sehr von uns
provokant zu formulieren – zu einem „Jubel auf wünscht.
Befehl“? „Denn der HERR sieht nicht auf das, worauf der
Erinnern wir uns noch einmal an die Worte, Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das,
die Jesus Christus zu der Samariterin am Jakobs- was vor Augen ist, der HERR aber sieht das Herz
Brunnen sagte! Ihm sind unser Herzenszustand, an!“ (1Sam 16,7b)

„Yes, we can?“
Ca rs t en Gö rs ch Ein Seminar und seine Folgen

Eine frohe Botschaft? hören, lagen sie doch meinem Wertessystem


„Ich habe eine frohe Botschaft für Sie!“, begann sehr nahe, ja deckten sich sogar zu 95% mit dem
die Seminar-Leiterin die zweitägige Pflicht- meinigen. Doch irgendetwas fehlte …
fortbildung in unserem Betrieb: „Veränderung ist
möglich! Sie beginnt in Ihrem Kopf!“ Eigentlich Eine Frage hatte ich da schon …
war ich nicht besonders motiviert. Der Begriff Nach der Mittagspause begann der Nachmittag
„Frohe Botschaft“ allerdings weckte in mir die mit der üblichen Frage: „Wie geht es Ihnen denn
Bereitschaft, genauer hinzuhören, ist er doch in diesem Seminar und wie denken Sie über das
in meinem Bewusstsein mit dem Glück meines bisher Gesagte?“ Als die Reihe an mich kam und
Lebens verbunden. Nicht, dass ich irgendetwas man unisono zuvor Behaglichkeit im Sein und
Christliches erwartet hätte. Vielmehr war es der Interesse an der Sache bekundet hatte, erlaubte
Wille zu kämpfen, wenn sich herausstellen sollte, ich mir zu bemerken, dass auch ich mich an sich
dass es um „Etikettenschwindel“ ging. ganz wohl fühle, aber einige Fragen zum Men-

Die Renaissance vergessener Werte


Tatsächlich bediente sich die gelernte Psycho-
login dann verschiedener Begriffe, die eindeutig
der biblischen Lebens-Ethik entsprangen: Dank-
barkeit, Versöhnlichkeit, Leidensfähigkeit, ja
sogar Dienst und dienen. Letzteres schien dann
einer Teilnehmerin etwas unpassend und anti-
quiert. Doch man blieb dabei: Dienst – arbeiten
wir doch alle in einem Dienstleistungsunterneh-
men. Eigentlich war ich froh, diese Begriffe zu
8 ZEITGEIST

schenbild der Seminaristin hätte. Also nahm die- Mut machen, die Worte hören, die sie kennen,
selbe sich Zeit, ausführlich darauf zu antworten. aber einen Geist spüren, der ihnen fremd ist.
Sie hatte mich verstanden. Zum ersten Mal Hierzu sollen diese Zeilen dienen. Gebe Gott,
fiel zumindest der Name Gottes und sie verwies dass sie ihren Zweck erfüllen.
auf eine relative Deckungsgleichheit zwischen
den von ihr genannten Werten und Strategien Hohepriester der neuen
und der christlichen Lebens-Ethik. Dann schlug Unternehmenskultur
sie den Bogen von den griechischen Philoso- Sie sind die Hohepriester einer neuen Unterneh-
phen über die Aufklärung bis hin zu zeitgenös- menskultur. Ihre Aufgabe ist es, den (Dienst-)
sischen Denkern – bemühte Einstein, Mahatma Herren ein williges (Arbeits-) Volk zuzubereiten.
Ghandi und Barack Obama (Letzterer darf heute Dafür werden sie bezahlt und zwar nicht allzu
auf keiner Fortbildung fehlen, ist er doch die schlecht – von 100 Euro pro Stunde aufwärts.
Inkarnation aller denkbaren positiven Werte wie Sie sind Psychologen, Pädagogen, Demago-
Ehrlichkeit, Entscheidungsfreudigkeit, Dialog- gen, Unternehmensberater, Selfmademen und
Es war ein bereitschaft, Ausdauer, Durchsetzungsfähigkeit Kommunikationsexperten. Ihre Botschaft lautet:
Evangelium und was sonst noch an Tugenden gefragt sein Noch mehr Einsatz für noch weniger Lohn in
ohne Chris- könnte). noch weniger Zeit. Und das gefälligst mit Freude!
tus, was uns Denn schließlich warten vor der Tür schon 50
Woran glauben wir eigentlich? andere, die dich ersetzen könnten. Sie haben
dort gebo- „Yes, we can!“ Veränderung war also möglich. den (un-) dankbaren Job, Menschen möglichst
ten wurde. Aber ohne Gott! Wenngleich die – an sich sehr einfühlsam auf härtere Zeiten einzustimmen.
Verpackungs- sympathische Seminaristin – mir in der Folge
material noch einen gewissen Tribut zu zollen sich Die Mittel der Macher …
ohne Inhalt. bemühte, indem sie Spr 18,21 zitierte: „Tod und Dazu ist ihnen jedes Mittel recht. Sie arbeiten
Leben sind in der Gewalt der Zunge, und wer sie mit Flipcharts und Powerpoint, mit Einzel- und
Erloschene liebt, wird ihre Frucht essen“ – war doch klar, Gruppenarbeit. Sie lesen Geschichten vor, wie
„Verbal-Kra- dass es einen tiefen Graben zwischen ihr und mir einst die Märchentanten, zitieren die immer
ter“, welche gab: sie glaubte an die Machbarkeit der Dinge gleichen Autoren mit dem immer gleichen Glanz
die Eruptions- und ich an die Macht Jesu Christi. Und das sind in den Augen. Wenn du nicht gerade einen ech-
kraft des bei Licht besehen nun einmal zwei sehr ver- ten Könner erwischt, kannst du ihre Phrasen
schiedene Paar Schuhe. schon leise mitsprechen: „Der Weg ist das Ziel“
Evangeliums (so ziemlich das Dümmste, was überhaupt im
nur noch Ein Evangelium ohne Christus … letzten Jahrzehnt an Spruch geprägt worden
erahnen Es war ein Evangelium ohne Christus, was uns ist.) „Ich bin o.k. und du bist k.o. – pardon o.k.“
ließen dort geboten wurde. Worthülsen aus der Zeit, „Nur gemeinsam sind wir stark“, etc.
als Firmengründer noch glaubten. Verpackungs-
material ohne Inhalt. Erloschene „Verbal-Krater“, … und ihre persönlichen Vorlieben
welche die Eruptionskraft des Evangeliums nur Jeder hat so seinen Lieblings-Guru: der eine
noch erahnen ließen. Ich dachte an die Worte steht auf Rogers, der andere auf Frankl. Der eine
des „kleinen“ Großen der Europa-Mission: „… die lässt dich Mandalas malen, der andere geht mit
eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft dir auf Gedankenreise (und wehe, du gehst nicht
aber verleugnen; und von diesen wende dich mit!). Nachdem wir dann alle mit der progressi-
weg“(2Tim 3,5). Ja, es war ein bisschen christlich ven Muskelentspannung nach Jacobs „relaxt“
– aber ohne Christus. haben, liest uns dann der Supervisor das neueste
aus „Harvard Buisiness“ vor, vor allem was die
Die Ersatzreligion der Seminaristen Notwendigkeit einer neuen, aufrichtigen Unter-
Diese Zeilen wurden geschrieben für all dieje- nehmenskultur in unseren Landen angeht. So
nigen Brüder und Schwestern, die in der Welt, ein kleiner Mischmasch an Mitteln und Wegen.
aber nicht von der Welt sind. Die ihren Mann Ein Ethik-Eintopf, bei dem du nur noch sehr
und ihre Frau im Beruf stehen. Die neben harter
körperlicher und seelischer Arbeit auch noch für
die Wahrheit des Evangeliums einstehen. Für all
diejenigen, die sich Super-Visionen und „Men-
tal-Impfungen“ jeder Art unterziehen müssen,
weil es der Betrieb für richtig hält. Die einge-
schworen werden sollen auf „corporate identity“
und schwere Zeiten. Die angehalten werden, ihr
Letztes und mehr zu geben, weil wir doch alle an
einem Strang ziehen müssen. Ich möchte denen
ZEITGEIST 9

schwer identifizieren kannst, woher was kommt Man muss es ihnen einfach glauben!
und welchen Hintergrund es hat. Mit diesen Erfolgen nun brüsten sich die Semi-
nar-Leiter. Sie zitieren Aussagen von Menschen,
Ideologisches Pantheon mit die wir nicht kennen, oder verlesen eMails der
christlichem Ornament? Dankbarkeit von solchen, die sich zu ihnen Sie zaubern
Und hier liegt das Problem: die Hohenpriester der „bekehrt“ haben. Keiner würde ihnen unterstel- vor dei-
neuen Denkkultur zaubern vor deinen müden len, dass sie sich das alles ausgedacht haben,
nen müden
Augen ein schillerndes ideologisches Pantheon denn man hat den Eindruck, dass sie nicht nur
aus dem Hut, indem alle Götter der Mensch- ziemlich gut Geld verdienen, sondern auch wirk- Augen ein
heitsgeschichte gleichzeitig verehrt werden. lich helfen wollen. Jedenfalls muss man ihnen schillerndes
Dass dabei im christlichen Abendland auch das dass als „Gutmensch“, der man als Christ nun ideologisches
Auslaufmodell „Bibel“ nicht fehlen darf, versteht mal ist, zunächst einmal glauben. Was allerdings Pantheon
sich von selbst. „Liebe deinen Nächsten wie dich ihrer Meinung nach unleugbar für sie spricht
aus dem Hut,
selbst! Denn nur wenn wir uns selbst lieben, ist die Tatsache, dass sie weltweit von etlichen
können wir auch den anderen lieben“, meint Firmen und Unternehmen gerne und viel einge- indem alle
der Supervisor zu wissen. Behutsam platziert er laden werden. Götter der
weltbekannte biblische Weisheiten wie Petersi- Menschheits-
lie auf den Kartoffeln seiner Bauern-Schlauheit. Jannes und Jambres geschichte
Aber immer solche ohne Christus, ohne Gott. Tatsächlich glaube ich, dass sie einen gewis-
gleichzeitig
Denn die Welt, in der wir leben, liebt den eigent- sen Erfolg haben, ähnlich dem von Jannes und
lich nicht existenten christlichen Humanismus Jambres, also jenen zwei ägyptischen Zauber- verehrt wer-
– aber sie hasst den Christus. künstlern, die bis zu einem gewissen Grad in der den
Lage waren, die Zeichen, die Mose und Aaron in
So richtig warm wird keinem der Kraft Gottes taten, zu imitieren. Sie konn-
So sind es die Funken von Wahrheit eines ver- ten, genau wie die Männer Gottes, ihre Stäbe zu
balen Feuerwerks, das vor den Augen und Ohren Schlangen werden lassen, eine Froschplage her-
der Zuhörer und Zuschauer abgefackelt wird. aufbeschwören, so wie Mückenschwärme über
Den wiedergeborenen Christen will es dabei das Land kommen lassen. Dann aber waren sie
allerdings nicht so recht warm werden. Denn das mit ihrem Latein am Ende. Die Schrift beschei-
Wesentliche fehlt: der Lichtglanz der Herrlich- nigt ihnen für die folgenden sieben Plagen ent-
keit des Christus. Das andere kann den natür- weder Unfähigkeit oder erwähnt sie schlicht und
lichen Menschen leicht blenden und er kehrt ergreifend einfach nicht mehr.
nach Hause zurück in der Meinung, erstaunliche
Dinge gehört und viel für sich selbst dazugelernt
zu haben. Was er übrigens auch am Ende eines
langen Seminarstages freimütig, manchmal
schon fast reumütig vor den anderen Seminar-
Teilnehmern bekennt. Aber wirklich geholfen
worden ist ihm nicht. Denn die christliche Lehre
ist ohne den Christus nichts anderes als eine
letztendlich zum Scheitern verurteilte fromme
Übung.
Moderne „Rattenfänger“
Das Problem des flüchtigen Erfolgs Paulus schreibt über sie in seinem inspirierten
Das Tragische an der Sache ist nun folgendes: Kommentar zum Exodus:
die Methoden der Seminaristen zeigen einen „Gleicherweise aber wie Jannes und Jambres
gewissen Erfolg. Meistens ist er nicht unbe- Mose widerstanden, also widerstehen auch
Tatsächlich
dingt langfristig, aber zunächst einmal schon diese der Wahrheit, Menschen, verderbt in glaube ich,
ein wenig beeindruckend. So wie ein Strohfeuer der Gesinnung, unbewährt hinsichtlich des dass sie einen
für kurze Zeit Licht gibt und tatsächlich auch ein Glaubens“ (2Tim 3,8). gewissen
wenig wärmt. Keiner kann das leugnen. Es ging Jannes und Jambres also um Wider- Erfolg haben,
Genauso wenig, wie man einen vorüberge- stand gegen Gott und seine Diener. Sie waren
henden Erfolg gewisser Seminar-Inhalte leug- Prototypen jener Sorte Menschen, die nach
ähnlich dem
nen kann, wenn denn der Teilnehmer sich auf ihnen kommen würden und die bis heute das von Jannes
sie einlässt. Eigentlich nicht verwunderlich, weiß Evangelium als ein Mittel zum Zweck benutzen. und Jambres
man doch, dass alles, was ein Mensch in seinem Dieser Zweck heißt im Neudeutschen „Klientel
Leben konsequent anpackt, irgendwie Verände- machen“. Es geht darum Menschen zu ködern,
rung bewirkt. um letztendlich Gewinn aus ihnen zu machen.
10 ZEITGEIST

Flüsterpropaganda Mensch verfügt über die Kraft, die gebraucht


Das würden die Seminaristen so nicht zugeben. wird, um dem spontanen Willen auch dauerhafte
Aber wer legt im Poker um die Seelen von Men- Taten folgen zu lassen.
schen schon die Karten auf den Tisch! Fest steht
Es sind aber, dass jede weitere Einladung zu weiteren Nur Einer kann nachhaltig verändern!
kurzlebige Seminaren „Cash“ bedeutet. Dabei ist der beste Nachhaltige Veränderung bewirkt nur der Herr
Werbeträger natürlich der Seminar-Teilnehmer Jesus Christus. In ihm ist Kraft und er wird voll-
Eintagsfliegen,
selbst. Denn der empfiehlt den Seminaristen enden. Davon zeugten schon symbolisch die bei-
Strohfeuer der weiter. Könnte es ein besseres Aushängeschild den Säulen, die Salomo vor dem Tempel Gottes
Begeisterung geben, als glückliche und zufriedene Kunden? errichten ließ: „Jakin“ („Er wird vollenden“) und
und Sekunden Und so läuft die Kunde von dem Lebenskünst- „Boas“ („In ihm ist Kraft“). Warum sonst wurde
-Walzer der ler, dem Beziehungsheiler und dem Marketing- ein Apostel Paulus, dem man nun hinreichend
Messias. Mal mehr, mal weniger weit. Und man Wissen und Askese unterstellen durfte, auf den
Glückseligkeit
fragt sich manchmal, warum nicht gleich so? Christus hin erzogen, bis er verzweifelt ausrief:
Wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem
die Wirtschaftskrise solche Ausmaße annahm, Fleische, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen
obwohl man wusste, dass Anständigkeit und ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des-
Transparenz letztendlich weiter tragen als Ver- sen, was recht ist, finde ich nicht“ (Röm 7,18). Der
untreuung und Unanständigkeit? Mensch von sich aus ist einfach nicht zu tief-
greifend nachhaltiger Veränderung fähig!
Das Schwein im Nadelstreifen-Anzug
Eigentlich wusste man es schon immer. Man Eine gute Chance!
wollte nur nicht wahrhaben, dass der Mensch An einem gewissen Punkt des Seminars meldete
schlecht ist und deshalb Schlechtes tut. Genau sich eine Teilnehmerin und fragte die Leiterin,
wie das Schwein immer die Neigung haben wird, was sie tun solle: Sie wolle wohl vergeben, aber
sich im Dreck zu wälzen, auch wenn es dir gelun- sie könne nicht vergessen. Zu meinem Entset-
gen sein sollte, es in einen Nadelstreifen-Anzug zen antwortete die „Expertin“: „Auch das liegt
zu zwängen. Und hier stoßen die Seminaristen an ganz bei Ihnen!“, wohl unterschlagend, dass das
ihre Grenzen: sie können den Menschen an sich Vergeben eine aktive Entscheidung des Men-
Nachhaltige nicht ändern. Das kann nur Christus. Aber mit schen ist, das Vergessen hingegen ein passives
dem haben sie nicht viel am Hut. Also dressieren Geschehen, das Zeit braucht. Doch mir wurde
Veränderung sie die Menschen auf ein wenig Christlichkeit – bewusst, dass diese Veranstaltungen eine ein-
bewirkt nur und kommen damit (relativ) weit. Denn bis zu zigartige Möglichkeit darstellen, mit suchenden
der Herr Jesus einem gewissen Maß kann das Fleisch Göttlich- Menschen über den Glauben zu sprechen. Was
Christus – in keit imitieren! ich dann auch tat.
ihm ist Kraft!
Mobilisation der letzten moralischen Vorsicht ist geboten!
Reserven Alles in allem gesehen sollte man wachsam
Jedenfalls hält das Ganze nicht besonders lange sein. Was die Hightech-Nachfolger von Jannes
vor. Es sind kurzlebige Eintagsfliegen, Stroh- und Jambres heutzutage mit ihren Flipcharts
feuer der Begeisterung und Sekunden-Walzer und Beamern an kleinen Wundern vollbringen,
der Glückseligkeit. Man kann die natürlichen sieht manchmal täuschend echt aus. Sie haben
Fähigkeiten des Menschen herausfordern und eine Form der Gottseligkeit, deren Kraft aber
tatsächlich: er reagiert. Man kann an seinen verleugnen sie (2Tim 3,5). Und der erlöste Pau-
Gerechtigkeitssinn appellieren und tatsächlich lus gibt uns den Rat: „… und von diesen wende
erwacht er einen Moment zu neuer sittlicher dich weg.“ Wenngleich auch manche Seminare
Größe. Man kann auch, wie es jüngst der Bun- für uns Pflichtveranstaltungen sind, sollten wir
despräsident Deutschlands tat, den verlorenen doch innerlich auf Distanz zu den Heilslehren der
Anstand wieder heraufbeschwören, und siehe modernen Welt bleiben. Alles, was letztendlich
da: alle sind einverstanden. Aber kein einziger nicht in die Allgenügsamkeit Christi mündet, ist
bei Licht besehen nichts, was hält und durch-
trägt. Die Lebensweisheiten der Beratungs-
Gurus werden erbärmlichen Irrlichtern gleichen,
wenn wir uns auf die Schätze der Weisheit und
Erkenntnis, die wir in Christus haben, besin-
nen. Irgendwann jedenfalls wurden Jannes und
Jambres von Mose und Aaron auf ihre Plätze
verwiesen und der Allmächtige entfaltete seine
göttliche Macht vor ihren Augen.
MISSION 11

Der „Platzregen“ Gottes


A n drea s Reh in der Mongolei
Durch die Eroberungszüge des bekanntesten
und vielleicht grausamsten aller Mongolen,
Dschinghis Khan, wurde im 13. Jahrhundert die
Mongolei in das Bewusstsein Europas gerückt.
Mit seiner „Goldenen Horde“ verließ er die mon-
golische Steppe – die zwischen dem heutigen
China und Russland liegt – und errichtete in der Einem Noma-
Spanne eines Menschenlebens ein riesiges Reich,
den stehen
welches vom Gelben Meer bis nach Ungarn
reichte, von der russischen Tundra bis nach pro Tag in der
Korea. Erst in Europa wurde die „Goldene Horde“ Regel 2-3 hohle
zum Umkehren gezwungen. Sie beherrschte aber Hände Wasser
lange Zeit Russland, dessen Zaren dem jewei- zur Körperpfle-
ligen Khan in Tatarstan tributpflichtig waren,
ge und ein paar
bis Ivan der Schreckliche auch diese Bastion
der Mongolen (Tataren) erobern konnte. Nach Tassen Wasser
seinem Tod zerfiel das Reich Dschinghis Khans zum Trinken
in mehrere Teile, die eines nach dem anderen zur Verfügung
untergingen. Bald waren die Mongolen wieder in
ihrer Steppenlandschaft angekommen und wid-
meten sich wie vorher ihrer Viehzucht. Aber bis
heute sind die Mongolen nicht so sehr bekannt
für Jahrhunderte friedlichen Nomadentums in den Anbau von Gemüse und Obst verwenden (in
ihrer Steppe, sondern die gewaltige Eruption Deutschland haben wir 33% landwirtschaftlich
unter Dschinghis Khan prägt unser Verständnis genutzte Anbaufläche), 99,24% der Mongolei
der Mongolen sowie deren Selbstverständnis. sind Sandwüste, Steppe, riesige Kiesflächen und
Die ca. 35 m hohe Dschinghis Khan–Statue in Berge. Deswegen braucht ein Mongole sehr viel
der menschenleeren mongolischen Steppe legt Land als Weidefläche für seine Tiere, denen er
beredtes Zeugnis davon ab, wer bis heute das ständig hinterherzieht.
Idol dieses Volkes ist! In der gesamten Mongolei gibt es nur zwei
größere Seen, nur sehr selten trifft man auf
Rinnsale. Der Wasserbedarf wird in der Mongolei Seit Jahrhun-
hauptsächlich durch den Schneefall gedeckt. derten sind die
Einem Nomaden stehen pro Tag in der Regel Mongolen ein
2-3 hohle Hände Wasser zur Körperpflege und
ein paar Tassen Wasser zum Trinken zur Verfü-
buddhistisches,
gung. Hauptsächlich trinkt man Milch von Zie- genauer gesagt
gen, Kühen und Pferden. In der Mongolei kom- ein lamais-
men auf einen Quadratkilometer zwei Menschen tisches Volk.
– in Deutschland 224 Menschen! Auf jeden Die religiöse
Mongolen kommt im Schnitt eine kleine Herde
von 13 Tieren, das ist die gesamte Grundlage für
Sprache ist
Die Mongolen sind ein sehr genügsames seine Existenz! Deswegen muss der Mongole tibetisch
Nomadenvolk, welches mit seinen riesigen sehr selbstgenügsam sein, er muss unabhängig
Herden die Steppe durchstreift und sich fast leben und sich versorgen können.
ausschließlich von Fleisch- und Milchproduk-
ten ernährt. Schafe, Ziegen, Rinder, Pferde und Die Stunde der Hoffnung
Kamele – davon leben die Mongolen. Gemüse Seit vielen Jahrhunderten sind die Mongolen
und Obst wird kaum angebaut, da die natürlichen ein buddhistisches, genauer gesagt ein lama-
Gegebenheiten das nicht zulassen: Nur 0,76% istisches Volk. Die religiöse Sprache (Gebete,
der Gesamtfläche der Mongolei kann man für Liturgie) ist tibetisch, welches nur eine ganz
12 MISSION

kleine religiöse Oberschicht versteht. Überlagert um deren Eingliederung in die Gesellschaft nach
wird dieser Glaube von unzähligen Formen des ihrer Entlassung. Dazu brauchten sie Korrespon-
Aberglaubens und von schamanistischen Prak- denzkurse, und so kam es, dass Dong Hwan sich
tiken. In den Zwanziger Jahren befreite sich die darum mühte, Emmauskurse ins Mongolische
Mongolei mit sowjetischer Unterstützung von übersetzen zu lassen.
Anfang der der Chinesischen Vorherrschaft und wurde ein Inzwischen gibt es 15 Kurse auf Mongolisch,
90er Jahre kommunistischer Staat. Man meinte, den bud- die in Gefängnissen und in Gemeinden ver-
wurde offen- dhistischen bzw. animistischen Glauben durch wandt werden. 2005 durfte ich das erste Mal
kommunistischen Atheismus und kommunisti- die Mongolei besuchen, nachdem ich vorher nur
bar, dass der sche Menschenverherrlichung ersetzen zu kön- über eMail und Telefon mit Dong Hwan bekannt
Kommunismus nen. geworden war. Seit 2005 versuchen wir nun, die
den Menschen Aber Anfang der 90er Jahre wurde offenbar, Emmauskurse in den mongolischen Gemeinden
genauso we- dass der Kommunismus den Menschen genauso bekannt zu machen. Wir sind überzeugt, dass sie
nig Halt geben wenig Halt geben kann wie die Werksgerechtig- ein einmaliges Mittel sind, die junge mongolische
keit des Buddhismus. Und nun schlug die Stunde Christenheit ins Wort Gottes zu führen und darin
kann wie die des Evangeliums, nachdem jahrhundertelang zu gründen. Das gilt besonders für die Landge-
Werksgerech- diesem Volk die Gute Nachricht vorenthalten meinden, die oft sehr einsam in schwer zugäng-
tigkeit des worden war. Aus Südkorea, den USA und ande- lichen Gebieten leben und keinen Zugang zu
Buddhismus. ren Ländern kamen Missionare in das Land und christlicher Literatur haben. Die Gemeindeleiter
Und nun durften ungehindert arbeiten. Das Ergebnis war haben nur selten die Möglichkeit gehabt, in der
überwältigend: Eine Erweckung, welche inner- Bibel geschult zu werden.
schlug die halb von 20 Jahren über 300 Gemeinden entste-
Stunde des hen ließ! Offiziell heißt es, dass 6% der Bevöl- Zu Besuch in den jungen
Evangeliums kerung (zumindest nominell) Christen sind, das Landgemeinden
sind ca. 180.000 Menschen – in nur 20 Jahren! Im März 2009 haben wir unsere dritte Reise zu
mongolischen Landgemeinden unternommen.
Emmaus-Bibelkurse in der Mongolei Dieses Mal hatten wir große Pläne: Wir wollten
Unter den ersten Missionaren befanden sich mit dem Geländewagen 3500 km weit durch
auch Dong Hwan und Miriam Kim, ausgesandt die Mongolei reisen und dabei zehn Gemein-
von der Gefährdetenhilfe „Scheideweg“. den besuchen und dort Emmaus-Seminare für
Jahrelang kümmern sie sich schon in den sie und die Nachbar-Gemeinden durchführen.
Gefängnissen um mongolische Gefangene und Diese Reise führte uns einmal mehr sehr ein-

Dong Hwan und


Miriam Kim mit
ihren Kindern.
MISSION 13

In der Stadt Chovd, ca. 1.500 km westlich der


Hauptstadt Ulaanbaatar, trafen wir einen alten
Bekannten von Dong Hwan wieder. Es handelt
sich um einen früheren Häftling. Auf unserer
Jahrelang hatte Dong Hwan dieses Gefäng- Reise kamen
nis (ein Gefängnis ausschließlich für Totschlä- wir nie über
ger) treu besucht und das Wort Gottes verkün- einen Durch-
digt, bis schließlich Frucht aufging, Häftlinge
schnitt von
sich bekehrten und sich als kleine Gefängnis-
Gemeinde trafen. Diese Häftlinge begannen, 40 km/h
Emmauskurse durchzuarbeiten. Das war ihre hinaus, oft ging
Nahrung. Inzwischen ist dieser Häftling ent- es im Schritt-
drücklich vor Augen, mit welchen Problemen lassen, er kehrte in seine Heimatstadt Chovd Tempo voran
die Geschwister dort zu kämpfen haben und zurück, und dort bekehrte sich seine Frau,
mit vielen
was auch unseren Emmausdienst dort sehr stark als sie die Veränderungen in ihrem Mann sah.
beeinflusst. Heute betreut dieser Bruder eine kleine Hausge- Reifenwechseln
Da ist zum Beispiel das Problem der Logistik. meinde.
Die Kurse werden in der Hauptstadt Ulaanbaa-
tar gedruckt, müssen aber zu den Instruktoren Der „Jesus-Purubsarum“
in den Landgemeinden kommen, und deren Die Gemeinden in der Mongolei sind in der Regel
Quartalsberichte müssen wieder rechtzeitig ins kleine Gemeinden, die sich zum guten Teil in
Hauptbüro in die Hauptstadt zurückgelangen. Jurten versammeln. Man kann fast sagen, dass
Und das in einem Land, in dem es insgesamt die Mongolei gerade ihre „Apostelgeschichte“
nur ca. 2.000 km asphaltierte Straßen gibt, die erlebt: Die Gemeinden sind sehr jung, die meis-
übrigen 48.000 km sind gewalzte Pisten, Bach- ten Christen sind erst seit ganz wenigen Jahren
betten oder Routen quer durch das Land ohne gläubig, es gibt noch keine christlichen Traditio-
irgendwelche Befestigungen. nen, sondern so, wie das Wort Gottes verstanden
Auf unserer Reise kamen wir nie über einen wird, so wird es gelebt. Für uns ist es ein großes
Durchschnitt von 40 km/h hinaus, oft ging es Vorrecht, in dieser Phase einer gerade heran-
im Schritt-Tempo voran mit vielen Reifenwech- wachsenden Christenheit durch die Emmaus-
seln. Unter diesen Bedingungen ist es äußerst kurse ein wenig daran beteiligt zu sein, wie
schwierig, einen permanenten Kontakt mit den die Weichen für eine zukünftige mongolische Die Emmaus-
Instruktoren aufrecht zu halten. Das Team um Christenheit gestellt werden. Die Emmausarbeit
kurse sind für
Dong Hwan tut aber sein Bestes, trotz dieser in der Mongolei ist zwar noch jung und nicht
schwierigen Umstände die entfernten Instruk- sehr groß, aber sie ist wichtig! Gemeindeleiter viele Christen
toren und Gemeinden zu betreuen. haben sich bedankt für die Kurse, weil sie ihnen zusammen
Wir sind dem Herrn sehr dankbar, in einem helfen, ihre „Herde“ auf gutes „Weideland“ zu mit der Bibel
Land mit solch einer jungen Christenheit unse- leiten. Die Emmauskurse sind für viele Christen die einzige
ren lieben Brüdern und Schwestern helfen zu zusammen mit der Bibel die einzige christliche
christliche
dürfen. Der Herr tut Großes, wo Sein Wort gele- Literatur. Besonders die kleinen Landgemein-
sen und aufgenommen wird. Wir dürfen immer den sind uns sehr ans Herz gewachsen. Auf der Literatur
wieder erleben, wie Menschen durch das Lesen Reise von Chovd nach Uliastay fährt man 500
und Verstehen des Wortes Gottes mithilfe der km weit durch Steinwüste, 16 Stunden braucht
Emmauskurse zum Glauben kommen. man für diese einsame Strecke. Auf diesen 500
14 MISSION

Links: „Als wir zu


Besuch waren,
kamen gerade
Geschwister und
brachten die
Utensilien ihres
buddhistischen
Götzendiens-
tes, um sie zu
verbrennen“
Rechts: Die Über-
setzerin Sarra.

km begegneten uns drei Fahrzeuge. Mittendrin auf verlor die Familie dieser Frau innerhalb von
in dieser Einöde liegt die Ortschaft Durgen – die drei Tagen ihren gesamten Tierbestand durch
einzige menschliche Ansiedlung im Umkreis von heftigen Schneefall und die Familie hatte keine
100 km. Existenzgrundlage mehr. Der Mann begann zu
Man könnte sich kaum jemanden vorstellen, trinken und die Familie drohte zu zerbrechen,
der freiwillig dorthin ziehen würde. Aber ein bis eines Tages ein mongolischer Missionar an
junger Bruder aus Chovd zog mit seiner Frau ihrem Haus stoppte, um eine Tasse Tee zu trin-
vor drei Jahren in diese Siedlung, die dominiert ken. Dieser mongolische Bruder erklärte ihnen
wird von einem buddhistischen Kloster am Orts- in wenigen Stunden das Evangelium, und an
rand. Der Bruder heißt Purubsarum, aber da es jenem Tag kamen diese Frau und ihr Mann zum
mehrere Purubsarums in dieser Ortschaft gibt, Glauben. Das war vor vier Jahren. Heute ist die
muss man Post an ihn mit dem Vermerk „für den ganze Familie bis auf ein Kind gläubig und in
Auf die- Jesus-Purubsarum“ versehen, dann kommt die ihrem Haus (eine Imbissstube mit Schlafkammer
sen 500 km Post an! Dieses junge Ehepaar zog mit drei Kin- für die Gäste und Schlafkammer für die Familie)
begegneten dern nach Durgen und schlug dort seine Jurte versammelt sich eine Gemeinde von 30 Mitglie-
uns drei auf, um Gemeindegründungsarbeit zu beginnen. dern. Von dieser Gemeinde wurde bereits eine
Wir waren sehr beeindruckt von der schlichten Familie in eine andere Gegend der Mongolei als
Fahrzeuge. Hingabe dieser jungen Familie. Gott hat diese Missionare ausgesandt.
Mittendrin in Hingabe mit Frucht gesegnet. Inzwischen ver- Die Emmauskurse wurden und werden alle
dieser Einöde sammelt sich in ihrer Jurte eine Gemeinde aus von einer Schwester namens „Sarra“ übersetzt.
liegt die Ort- 20 Geschwistern, und wenn Kinderstunde ist, Diese Schwester leidet an MS, ihre Beine sowie
schaft Durgen sitzen die Kinder nicht nur nebeneinander, son- ihre rechte Hand versagen bereits den Dienst
dern auch aufeinander, um Platz zu finden. Die und sie kann nur noch ihre linke Hand verwen-
– die einzige Gemeinde heißt „Allmächtig“. Als wir zu Besuch den. Diese Schwester weiß, dass sie eine Kör-
menschliche waren, kamen gerade Geschwister und brachten perfunktion nach der anderen verlieren wird.
Ansiedlung die Utensilien ihres buddhistischen Götzen- Die ihr verbleibende Zeit aber hat sie dem Herrn
im Umkreis dienstes, um sie zu verbrennen und damit zu geweiht. Ihr Ziel ist es, gute christliche Litera-
von 100 km dokumentieren, dass sie nun einem anderen tur ins Mongolische zu übersetzen. Wir sind so
Herrn dienen – nämlich dem Allmächtigen! dankbar für diese strahlende Schwester, die
bereits 15 Kurse übersetzt hat und nun dabei ist,
Ein Schneefall und seine Folgen „Wahre Jüngerschaft“ von William McDonald zu
Auf der Weiterreise besuchten wir die kleine übersetzen.
Gemeinde in Tariag, ca. 600 km östlich. Diese Die zahlreichen jungen Gemeinden mit
Gemeinde ist vier Jahre alt. Vor Jahren verteil- ihren hingegebenen Geschwistern sind Früchte
ten zwei Ausländer dort Traktate. Die Frau des der Arbeit und Liebe vieler Geschwister, die
jetzigen Gemeindeleiters bekam Traktate, aber wie Dong Hwan, Miriam und ihre Kinder, Sarra
noch bevor sie sie las, riet ihr der buddhistische und viele andere im Lande leben und dort die-
Priester, die Traktate zu verbrennen, was sie nen, oder die in Deutschland beten und geben
auch tat. Aber sicher beteten die Ausländer, und damit dieses ermutigende Werk möglich
dass dort Frucht entstehen würde. Kurz dar- machen.
JOHANNES CALVIN 15

Bereit und aufrichtig


Zum 500. Geburtstag von
Gerri t A l b er t s Johannes Calvin

Teil 2: Calvins Persönlichkeit und seine Lehren

Calvins Eifer für die Majestät Gottes Stadt Genf wandte sich schließlich an Calvin mit
Die Zeit, in der wir leben, ist davon geprägt, dass der Bitte, den Brief zu beantworten, woraufhin
der Mensch und seine Bedürfnisse in den Mittel- dieser binnen sechs Tagen seine Responsio ad
punkt gestellt werden. Auch in christlicher Hin- Sadoletum schrieb.
Calvin da-
sicht ist der Angelpunkt der Betrachtung oft der Luther schrieb über die Erwiderung Calvins:
Mensch in seiner Hilfs- und Erlösungsbedürftig- „Hier ist ein Brief, der Hand und Fuß hat. Ich bin gegen legt
keit. Gott wird – etwas übertrieben ausgedrückt glücklich, dass Gott solche Männer erweckt.“4 in seinen
– auf die Rolle des Managers eines himmlischen Calvin machte deutlich, dass ein grundle- Schriften
Dienstleistungs-Betriebes reduziert, in welchem gender Unterschied zwischen ihm und Sadoleto Gewicht auf
der Kunde König ist und der Himmel ihm zu darin bestand, dass letzterer die Heilsinteressen
die biblische
Diensten steht. des Menschen in den Mittelpunkt stellte, Calvin
Calvin dagegen legt in seinen Schriften jedoch die Ehre Gottes zum Leitmotiv seiner Wahrheit,
Gewicht auf die biblische Wahrheit, dass die Existenz erheben wollte: dass die Ver-
Verherrlichung Gottes das Ziel der Heilsge- „Es wäre nicht der Mühe wert, wollte ich mich in herrlichung
schichte ist. Mit großer Kraft beschreibt er die meiner Antwort lange mit Deiner Vorrede abge- Gottes das
Majestät des Allmächtigen und die Vortreff- ben, die den Wert der ewigen Seligkeit preist
Ziel der Heils-
lichkeit Christi, von dem alles ausgeht, dem wir und damit fast das erste Drittel Deines Briefes
alles zu verdanken haben und für den alle Dinge füllt. Denn gewiss ist der Preis des zukünftigen geschichte ist
sind. „Dem Herrn gehört das Regiment, und für ewigen Lebens eine Sache, wohl würdig, dass
die Menschen wie für die ganze Welt gibt es sie uns Tag und Nacht in den Ohren klingt, dass
außerhalb seiner Ehre nichts Erstrebenswertes. wir uns immer wieder ihrer erinnern, dass wir
Was Gottes Ruhm und Ehre mindern könnte, ist uns ohne Ende in ihrer Betrachtung üben. Aber
töricht, unvernünftig und frevelhaft.“ 1 warum Du an dieser Stelle so viele Worte darum
Erst indem wir die Größe Gottes erkennen, machst, weiß ich nicht … Doch will ich nicht
wird uns bewusst, wer wir selbst sind: „Men- erst lange herumraten, was Du damit beab-
schen, die zuvor, ohne seine Gegenwart, sicher sichtigt haben könntest. Jedenfalls scheint es
und stark dastanden – jetzt, da er seine Majes- mir wenig und schlechte Theologie zu verraten, Für Calvin ist
tät offenbart, sehen wir sie derart von Schre- wenn man den Menschen immer nur auf sich der Garant
cken und Entsetzen gejagt, dass sie geradezu selbst zurückstößt und ihm nicht einmal den der biblischen
in Todesangst niederfallen, und der Mensch Eifer um Gottes Ehre als den Leitgedanken für
erst dann die Erkenntnis seiner Niedrigkeit die Gestaltung seines Lebens vor Augen stellt.
Rechtgläu-
recht ergreift, wenn er sich an Gottes Majestät Denn für Gott, und nicht für uns selbst sind wir bigkeit die
gemessen hat.“ 2 in erster Linie da, wie ja nach den Worten Pauli Leidenschaft
Für Calvin ist der Garant der biblischen alle Dinge nicht nur von ihm ausgehen und in für die Herr-
Rechtgläubigkeit die Leidenschaft für die Herr- ihm bestehen, sondern auch auf ihn als auf ihr lichkeit und
lichkeit und Einmaligkeit Gottes in Christus. Wo Ziel bezogen sind.
sich das Zentrum von Gott weg bewegt, kommt Nun hat zwar der Herr selbst, wie ich zugebe,
Einmaligkeit
alles ins Rutschen. Das lässt nichts Gutes ahnen um uns die Ehre seines Namens noch wertvoller Gottes in
in Bezug auf die lehrmäßige Treue in unserer auf erscheinen zu lassen, den Eifer um ihre Aus- Christus.
den Menschen ausgerichteten, anthropozentri- breitung und Vermehrung so geordnet, dass er Wo sich das
schen Zeit.3 immer mit unserem Heil zusammenfällt. Aber Zentrum von
Nach der Verbannung Calvins und Farels aus er hat auch gelehrt, dass dieser Eifer hinausge-
Genf versuchte die katholische Seite im Jahr hen müsse über alle Sorge um eigenen Vorteil
Gott weg
1539, die Stadt durch einen Brief von Kardinal und alle Gedanken an eigenen Nutzen, und bewegt,
Sadoleto zurückzugewinnen. Sadoleto beschrieb auch das natürliche Gefühl sagt es jedem, dass, kommt alles
in etwa einem Drittel seines Briefes die Kostbar- wenn Gott nicht allem übergeordnet wird, man ins Rutschen
keit des ewigen Lebens, um dann die Reforma- ihm nicht gibt, was ihm gebührt. So muss der
toren des Abfalls von den kirchlichen Lehren und Christ wahrhaftig sich höher erheben als bis
der Kirchenspaltung zu bezichtigen. Der Rat der zur Sorge und Arbeit um das Heil der eigenen
16 JOHANNES CALVIN

Seele. Daher kann ich niemanden für wirklich Eine besondere Last war für Calvin die Aus-
fromm halten, der eine so lange und ausführ- einandersetzung mit der Sittenlosigkeit in Genf.
liche Ermahnung zum Streben nach dem ewi- Als er mit 27 Jahren seinen Dienst dort begann,
gen Leben nicht abgeschmackt findet, die den gab es ein Gesetz, nachdem ein Mann sich nur
Menschen immer unten bei sich selbst festhält eine Mätresse halten durfte. Gegner Calvins leb-
„Ihm war und sich zum Gedanken an die Heiligung des ten auch 17 Jahre später noch in Ehebruch und
das Geschrei göttlichen Namens auch nicht mit einem Wort beanspruchten gleichzeitig die Teilnahme am
des Pöbels erhebt.“5 Abendmahl. 1553 kam es zu einer dramatischen
draußen vor Zuspitzung, als ein Führer der Enfants de Genève
seinem Haus Calvins Fleiß und Beständigkeit (der Oppositionspartei) namens Berthelier durch
Der Mitstreiter, Colladon, schreibt über Calvins das Konsistorium vom Abendmahl ausgeschlos-
nicht unbe- Arbeitseifer: sen wurde, der Rat der Stadt diesen Beschluss
kannt, der „Calvin schonte sich ganz und gar nicht und jedoch aufhob. In dem folgenden Abendmahls-
ihm drohte, arbeitete weit über seine Kräfte und mehr, Gottesdienst schlang Calvin die Arme um Brot
ihn in den als es seiner Gesundheit gut tat. Er predigte und Wein und rief:
Fluss zu gewöhnlich … zehn Mal innerhalb von vierzehn „Diese Hände könnte ihr zerbrechen, diese
Tagen. Jede Woche lehrte er drei Mal Theolo- Arme mögt ihr abschlagen, ihr könnt mir das
werfen und gie … Er war an bestimmten Tagen im Konsis- Leben nehmen; aber ihr werdet mich nicht dazu
mit Musketen torium und erledigte alle Beschwerden … An zwingen, das Heilige den Gemeinen zu geben
auf ihn zu jedem Freitag hielt er, nachdem der Leiter seine und den Tisch meines Gottes zu entehren!“
feuern.“ Erklärung abgegeben hatte, eine Bibelstunde, Danach, schrieb Beza, wurde das Mahl des
die auch beinahe eine Vorlesung war. Niemals Herrn mit tiefem Schweigen gefeiert. Alle waren
versäumte er, die Kranken zu besuchen, Ein- mit großer Ehrfurcht erfüllt, als wäre die Gottheit
zelne zu warnen oder zu beraten und all die selbst sichtbar unter ihnen gewesen.9
zahllosen Dinge zu erledigen, die sich aus der
gewöhnlichen Ausübung seines Amtes erga- Die „fünf Punkte des Calvinismus“
ben. … Er unterrichtete, ermahnte und beriet Wer sich heute – vor allem im anglo-amerikani-
die Verfolgten in Frankreich durch seine Briefe. schen und niederländischen Sprachraum – zum
(Insgesamt schrieb Calvin etwa 5000 Briefe. Calvinismus bekennt, macht dies häufig an fünf
Anm. d. Verf.) … Doch all dies hielt ihn nicht Punkten der Lehre Calvins fest, die auf der cal-
davon ab, seine privaten Studien zu betrei- vinistischen Synode in Dordrecht 1618/19 formu-
ben und viele prächtige und höchst nützliche liert wurden. Die Synode setzte sich damals mit
Bücher zu verfassen.“6 den Lehren des Professors Arminius von Leyden
„Diese Hände Um ein deutlicheres Bild von seiner eisernen (1560–1609) auseinander. Dieser hatte ab 1582
könnte ihr zer- Beständigkeit zu gewinnen, muss man seine bei Beza, dem Nachfolger Calvins, in Genf stu-
anhaltend schwache Gesundheit bedenken. Als diert und war zunächst ein überzeugter Calvi-
brechen, diese
er dreiundfünfzig war, schrieb er seinen Ärzten nist. Doch dann entwickelte er, ausgehend von
Arme mögt ihr von seinen Koliken und dass er Blut spuckte, von der Erwählungslehre Calvins, abweichende Auf-
abschlagen, ihr Schüttelfrost und Gicht und von unerträglichen fassungen. Die Vertreter seiner Lehren werden
könnt mir das Leiden durch Hämorrhoiden. Hinzu kamen Nie- als Arminianer bezeichnet. Seine in Dordrecht
Leben nehmen; rensteine, die ohne jedes Schmerzmittel ausge- verhandelten Dogmen waren, vereinfacht dar-
schieden wurden: gestellt, folgende:10
aber ihr
„Sie verursachten mir außergewöhnliche Schmer-
werdet mich zen … – Endlich und nicht ohne schmerzhaf-
nicht dazu teste Anstrengungen wurde ich den Stein los,
zwingen, das was meine Leiden zum Teil erleichterte; aber er
Heilige den war so groß, dass er die Harnröhre aufriss, wor-
auf ein reichlicher Blutverlust folgte.“7
Gemeinen zu
Zu den körperlichen Leiden kamen die Aus-
geben und den einandersetzungen mit den Gegnern und die
Tisch meines Drohungen gegen sein Leben. „Ihm war das
Gottes zu Geschrei des Pöbels draußen vor seinem Haus
entehren!“ nicht unbekannt, der ihm drohte, ihn in den
Fluss zu werfen und mit Musketen auf ihn zu
feuern.“8
Angesichts der kriegerischen Auseinander-
setzungen überlegte er mitunter, welcher Art
von Folter man ihn aussetzen würde, falls die
feindlichen Heere in Genf einzögen. Jacobus Arminius von Leyden
JOHANNES CALVIN 17

1. Der Wille des Menschen ist nicht so weit ßen Sühnungstages entgegen. Aaron schlach-
verdorben, dass er nicht in freier Willensent- tete den jungen Stier und den Bock, das ‚Teil des
scheidung der Botschaft des Evangeliums HERRN', wie es genannt wurde, und sprengte
zustimmen oder sie ablehnen kann. sein Blut auf den Gnadenstuhl, auf den Deckel
2. Die Vorherbestimmung und Erwählung Gottes und vor den Deckel, wie auch auf den Altar. Das
beruht auf seinem Vorherwissen, ob jemand Blut wurde dadurch Gott dargebracht, dessen
zum Glauben kommt oder nicht (bedingte heilige Gegenwart durch die Sünde verunehrt
Erwählung). und verletzt worden war.
3. Der Herr Jesus litt nicht nur stellvertretend Diesem Vorbild entsprechend hat Christus auf
für die Erlösten, sondern für alle Menschen. der Erde Gott vollkommen verherrlicht, indem Er
4. Die Gnade Gottes kann nur wirksam werden sich in vollkommenem Gehorsam und aus Liebe
durch die Zustimmung des Menschen. zu seinem Vater hingab und zur Sünde gemacht Nie traten
5. Das Heil ist verlierbar, der Gläubige kann wie- wurde – Er, der Sünde nicht kannte (2Kor 5,21). Gottes
der verloren gehen. Unsere Sünden waren die Veranlassung zu die- Majestät
sem Werk, aber Gottes Majestät, Seine Gerech- und seine
Die Synode von Dordrecht hat in Anlehnung an tigkeit, Liebe und Wahrheit, ja alles, was Er ist,
Calvin folgende Dogmen formuliert (hier verein- wurde durch Christus vollkommen verherrlicht. Liebe, aber
facht dargestellt):11 Sein Blut, mit dem er in das Heiligtum einging, auch sein
1. Der Mensch ist völlig verdorben, auch sein ist das Zeugnis und der Beweis dafür. Daher Hass gegen
Wille, und er kann aus eigener Kraft nichts zu kann nun an alle die gute Botschaft ausgehen, die Sünde
seiner Erlösung beitragen (Total Corruption). dass Gott befriedigt, ja mehr als befriedigt, ver- so klar ans
2. Die Vorbestimmung und Erwählung geht herrlicht worden ist; und ein jeder, der sich nun
von Gott aus und hat allein seinen Ursprung Gott im Vertrauen auf dieses Blut naht, wird von Licht, nie
in Gott und richtet sich nicht nach irgend Ihm umsonst und völlig angenommen. Auf den wurde Er so
welchen Verdiensten und Eigenschaften der Kopf des Bockes, der dieses vorbildete, wurden völlig ver-
Erwählten (Unconditional Election). keine Sünden bekannt, obschon er wegen Isra- herrlicht wie
3. Das stellvertretende Leiden des Herrn Jesus els Sünde geschlachtet wurde. Das Blut wurde in dem Tod
beschränkt sich auf die Erlösten (Limited einfach Gott dargebracht, zum Zeichen, dass
Atonement). die Sünde Seiner Herrlichkeit und Ehre gemäß Christi
4. Wenn Gott seine zum Heil Erwählten durch beurteilt und gerichtet worden war. Und nie
das Evangelium beruft, ist seine Gnade unwi- traten Gottes Majestät und seine Liebe, aber
derstehlich (Irresistable Grace). auch sein Hass gegen die Sünde so klar ans
5. Das Heil ist nicht verlierbar, der Erlöste kann Licht, nie wurde Er so völlig verherrlicht wie in
nicht wieder verloren gehen (Perseverance of dem Tod Christi. Gott konnte aufgrund des-
the Saints). selben dem umkehrenden Sünder nach Seiner
In Anlehnung an die Anfangsbuchstaben der Gnade und Liebe begegnen, ja in der Unend-
englischen Begriffe hat man diese Dogmen auch lichkeit derselben die Menschen bitten, zu Ihm
mit dem Akronym TULIP bezeichnet. zurückzukehren.
Im Rahmen dieses Aufsatzes kann ich Außer diesem aber war noch persönliche Schuld
unmöglich auf alle Punkte der Kontroverse vorhanden, bestimmte persönliche Sünden, für
eingehen. Grundsätzlich bin ich der Überzeu- die Israel und alle Menschen heutzutage noch
gung, dass die genannten Thesen des Calvi- verantwortlich sind, gemäß der Forderung, die
nismus richtig, aber in manchem einseitig sind. gerechterweise an jeden gestellt werden kann.
Ich möchte dies kurz anhand der dritten These Demnach bekannte der Hohepriester am gro-
deutlich machen: Ist der Herr Jesus stellvertre- ßen Versöhnungstag die Ungerechtigkeiten
tend für alle Menschen oder nur für die Erlösten des Volkes auf den Kopf des Bockes Asasel,
gestorben? Der entscheidende hermeneutische indem er beide Hände darauf legte. Ihre per-
Schlüssel liegt für mich in der Unterscheidung sönliche Schuld wurde durch ihn, der das ganze
zwischen dem sühnenden und dem stellvertre- Volk darstellte, auf den Bock der Abwendung
tenden Aspekt des Werkes Christi, den die Leh- (Asasel) gelegt und durch diesen fortgetragen,
rer der Brüderbewegung sehr deutlich aus der um nie wieder gefunden oder in Erinnerung
Heiligen Schrift gezeigt haben.12 gebracht zu werden. Christus nun ist sowohl
Hoherpriester als auch Opfer. Er hat alle die
Sühne und Stellvertretung Sünden der Seinigen bekannt, als ob es Seine
J. N. Darby veranschaulicht diese Unterschei- eigenen wären und hat unsere Sünden an Sei-
dung anhand des großen Versöhnungstages in nem Leib auf dem Holz getragen (1Petr 2,24).
3. Mo 16: Wir finden in ihm die Verwirklichung dessen,
„Der Unterschied zwischen Sühnung und Stell- was die zwei Böcke uns vorbildlich darstellen.
vertretung tritt uns klar in den Opfern des gro- Sein Werk hat einen doppelten Charakter,
18 JOHANNES CALVIN

indem er sich opferte zur Verherrlichung Got- Einzelnen wirklich und vollgültig getragen oder
tes, und um unsere Sünden zu tragen. Daher ein besonderes Werk für die Seinigen getan
lautet die Botschaft an die Welt: »Wen da dürs- hat. Sie sagen, dass, wenn Gott alle liebte, er
tet, der komme; wer da will, nehme das Wasser nicht einige insbesondere lieben konnte. Die
des Lebens umsonst.« In dieser Hinsicht kann Errettung wird somit unsicher gemacht und
man sagen, dass Christus »für alle gestorben der Mensch nicht selten erhoben, während die
Wenn wir den ist« (2Kor 5,15), dass Er »für alles (oder jeden) Lehre des Vorbildes, die wir in dem Bock der
Unterschied den Tod schmeckte« (Hebr 2,9), dass Er »sich Abwendung haben, gänzlich außer Acht gelas-
zwischen der selbst zum Lösegeld gab für alle« (1Tim 2,6), sen wird.
das heißt, dass Sein Opfer für die Sünde die Die Calvinisten dagegen halten fest daran,
sogenann-
völlige, genügende Sühnung für jeden ist, der dass Christus die Sünden der Seinigen getragen
ten armi- da kommt. … habe und ihre Errettung somit ganz gewiss sei.
nianischen Wenn es sich aber um Christus als den Sünden- Sie bleiben aber bei dem Schluss stehen, dass,
und calvini- träger handelt, so finden wir stets eine gänzlich wenn Er die Gemeinde geliebt und sich selbst
stischen Lehre verschiedene Sprache. Er hat unsere Sünden für sie hingegeben habe, Seine Liebe außer
getragen: Er ist einmal geopfert worden, um ihr keinen anderen Gegenstand gehabt haben
betrachten,
vieler Sünden zu tragen (1Petr 2,24; Hebr 9,28). könne. Sie übersehen den unverkennbaren
so erkennen Der Ausdruck ‚alle‘ wird sorgfältig vermieden. Charakter der Sühnung, sein Sterben für alle
wir sofort die Ich sage ‚sorgfältig‘, weil in Römer 5,18-19 der und alles. Sie sehen nur die Stellvertretung und
Wichtigkeit Unterschied sorgfältig beachtet wird. Es heißt berücksichtigen nicht die Bedeutung des Blutes
einer genauen ‚alle‘, wenn von dem Spielraum der Handlung auf dem Gnadenstuhl.“13
die Rede ist; es heißt ‚die Vielen‘, wenn es um
Auffassung
die eindeutige Auswirkung in Bezug auf die Der Schluss dieser Arbeit folgt in der nächsten
der Dinge Menschen geht, d.h. auf die Vielen, die mit dem, Ausgabe mit folgenden Themen:
der die Handlung vollbrachte, verbunden waren. • Die Lehre der „doppelten Prädestination“
Nirgends wird man in der Schrift finden, dass • Ist es in unserer Zeit richtig, einen „Gottes-
Christus die Sünden aller getragen habe. Hätte staat“ zu errichten?
Er dies getan, so könnte nie mehr von ihnen die • Calvins Vertrauen auf die Vollkommenheit der
Rede sein, noch könnten die Menschen nach Heiligen Schrift
ihren Werken gerichtet werden. • Schlussbemerkungen
Andererseits lesen wir in der Bibel oft, dass QUELLENANGABEN
Christus für alle gestorben sei – und mit dieser 1 Calvin, Auslegung der Heiligen Schrift, Römerbrief und Korintherbriefe,
Neukirchen-Vluyn, 1960, S. 240
Botschaft können wir zu allen Menschen gehen 2 Calvin, Institutio, Neukirchen-Vluyn, 1955/1988, S. 2
und ihnen in dem Tod Christi den Grund, ja den 3
4
Siehe dazu Piper, J: Überwältigt von Gnade, Bielefeld, 2006, S. 171
Zitiert in Piper, S. 168
einzigen Grund zeigen, auf dem sie Gott nahen 5 http://www.glaubensstimme.de/doku.php?id=autoren:calvin:calvin-ant-
wort_an_kardinal_sadolet (27.07.09)
können, und zugleich die Liebe Gottes, die sich 6 zitiert in Piper, S. 187
darin offenbart. Wenn jemand dann glaubt, 7
8
zitiert in Piper S. 189
Parker, Portrait of Calvin, S. 29, zitiert in Piper, S. 189
kann ich weiter sagen: »Christus hat jede ein- 9 zitiert in Pieper, S. 191 f
10 Einige Autoren weisen darauf hin, dass die Dogmen in dieser Zuspitzung
zelne deiner Sünden getragen, so dass ihrer nie nicht von Arminius selbst stammen, sondern von seinen Nachfolgern, er
mehr gedacht werden kann.« 11
selbst aber gemäßigter über die Punkte dachte.
Eine ausführliche Darstellung der fünf Punkte des Calvinismus siehe z.B.
Wenn wir den Unterschied zwischen der soge- Hanko, Hoeksema, van Baren: Die fünf Punkte des Calvinismus in: http://
www.calvinianum.de/Artikel/5_Punkte/index.html (27.07.09)
nannten arminianischen und calvinistischen 12 siehe z. B. W. Kelly: Verzoening – Voordrachten over de Grote Verzoendag,
Lehre betrachten, so erkennen wir sofort die Winschoten o. J., S. 66 ff., H. L. Heijkoop: Die Opfer, Schwelm 1973, S. 52 ff. J.
N. Darby: Die zwei Seiten der Sühnung in: http://www.soundwords.de/artikel.
Wichtigkeit einer genauen Auffassung der asp?id=956 (27.07.09) ausführlich: J. N. Darby: Collected Writings, Volume 19,
(Hints of the Day of Atonement), S. 242 ff, Writings of J. N. Darby, formated
Dinge. in pdf, Present Truth Publishers, Jackson, USA und: J. N. Darby: Propritiation
Die Arminianer sehen in dem Tod Christi nichts and Substitution, CW Vo. 27, S. 318ff (Die Seitenzahlen der elektronischen
Ausgabe weichen von der gedruckten Ausgabe ab)
weiter als ein Opfer für alle und verbinden 13 J.N. Darby, op. cit. in: http://www.soundwords.de/artikel.asp?id=956
(27.07.09)
damit gewöhnlich auf allgemeine Weise das
Tragen der Sünden. Dadurch wird alles unklar BILDNACHWEIS
in Bezug darauf, dass Christus die Sünden des Jacobus Arminius: http://dontwastewine.files.wordpress.com/2008/07/jacobus-
arminius.jpg

EINLADUNG
Maleachi Tag in Holzgerlingen
„Von der Geistestaufe zur Geistesfülle – 100 Jahre Berliner Erklärung“; Vorträge von J. Pflaum, M. Vedder, G. Walter und F. Wunderlich
Samstag, 31. Oktober; 10-17 Uhr Stadthalle, Berkenstr. 18, 71088 Holzgerlingen

Weitere Informationen unter: www.maleachi-kreis.de


BÜCHER 19

„Die Hütte“
Wo l f ga ng B üh n e „Das beste Buch über Gott seit der Bibel“?

Eine kritische Rezension

Der amerikanische Bestseller „Die Hütte – Ein und seinen sechs


Wochenende mit Gott“ von William Paul Young Kindern lebt er in
(seit über einem Jahr in der Bestseller-Liste Happy Valley im US-
der New York Times), ist in den USA mehr als Bundesstaat Oregon“
6,5 Millionen Mal verkauft worden und stürmt – so der Klappentext.
seit Juni 2009 nun auch die Bestseller-Listen Er schreibt über
in Deutschland, nachdem es im Verlag Allegria sich selbst, dass er sich
(Ullstein-Gruppe) erschienen ist und durch den auf einem „schmalen
Verlag „GerthMedien“ im evangelikalen Bereich Grat zwischen Selbst-
verbreitet und vermarktet wird. mord und Flucht bewegte
Bereits wenige Wochen nach dem Erschei- – das alles versteckt unter
nen gab es begeisterte Reaktionen. Viele Leser einer Maske aus äußerer
schreiben, das durch dieses Buch ihr „Gottesbild Anpassung, Spiritualität und
positiv verändert“ und die „Beziehung zu Gott Gesundheit“. Sein Lebenszug
(‚Papa‘) vertieft“ wurde. Andere seien durch sei 1994 entgleist – „mit ver-
die Lektüre „unglaublich berührt worden“ oder heerenden Resultaten“ (S. 292).
bekennen, dass ihr „spirituelles Leben völlig Im Jahr 2005, als er 50 Jahre alt wurde, hätte
verändert“ wurde. Der amerikanische Theologe Gott zu „seinem Herzen geflüstert“, dass dieses
Peterson urteilt sogar, dass „dieses Buch für Jahr ein Jahr der „Heilung und Aussöhnung“ sein
unsere Generation das ist, was Bunyans ‚Pilger- würde, wo Gott sein Leben „so wiederherstellen
reise‘ für dessen Generation war“. Der ansonsten würde, wie es ursprünglich geplant war“ (S. 293).
eher esoterische Verlag Allegria wirbt für seinen In diese Zeit fällt sein Entschluss, dieses Buch zu
Bestseller mit dem Prädikat: „Das beste Buch schreiben, in dem der Autor viele eigene Erleb-
über Gott seit der Bibel!“ nisse und Erfahrungen verarbeitet hat.

Der Autor Entstehung und Zielsetzung des


Der Kanadier William Paul Young stellt sich im Buches
Anhang und Klappentext des Buches als Sohn In den folgenden Monaten reifte der Vorsatz,
von Missionaren in Papua-Neuguinea vor, der seinen Kindern zu Weihnachten als Geschenk
in seiner Kindheit sexuell missbraucht wurde einen Roman zu schreiben – um ihnen eine
und in seiner Jugend „mit Lügen, zwanghaftem „Geschichte zu erzählen, die ihnen Freude
Der amerika-
Perfektionismus und allgegenwärtiger Scham“ machte und durch die sie ihren Vater besser ver- nische Theo-
(S.292) belastet war. Später „arbeitete er viele stehen würden, und den Gott, den ihr Vater so loge Peterson
Jahre als Büroangestellter und als Nachtportier sehr liebt“ (S. 295). urteilt sogar,
im Hotel“ und war „viele Jahre Mitarbeiter in Das Manuskript wurde also zunächst nicht dass „dieses
einer christlichen Gemeinde. Mit seiner Frau Kim geschrieben, um einmal als Buch verlegt zu
werden. Nachdem es aber einige Freunde gele-
Buch für
sen hatten und davon begeistert waren, wurde unsere Gene-
es von „drei Brüdern im Geist“, die Erfahrung ration das ist,
mit Medien hatten, redigiert und erweitert. Es was Bunyans
sollte zunächst als Buch erscheinen, allerdings ‚Pilgerreise‘ für
mit dem ausdrücklichen Ziel, Interesse für einen
geplanten Kino-Film zu wecken, um damit „eine
dessen Gene-
Welt hungriger Herzen zu erreichen“ (S. 292). ration war“
Da sich aber kein Verlag fand, der bereit war,
dieses Buch ohne Abstriche zu veröffentlichen,
gründete man 2007 einen eigenen Verlag, der
„Die Hütte“ als erstes Buch herausgab.
20 BÜCHER

Laut Verlagsangabe wurde das Buch „nur Vier Jahre später, mitten in der „großen
durch Mundpropaganda, Empfehlungen und Traurigkeit“, in der Mack mit Gott über den Ver-
Internetforen zum meistverkauften amerikani- lust seiner Tochter hadert, erhält er eine rätsel-
schen Bestseller 2008“, der inzwischen in viele hafte Einladung von „Papa“ (Gott), der ihn für ein
andere Sprachen übersetzt und in über 25 Län- Wochenende in die besagte Hütte einlädt. Trotz
dern verbreitet wurde. aller Einwände seines Verstandes macht er sich
Spätestens Mit dem Erlös dieses Buches soll – wie auf den Weg und trifft dort persönlich „Gott“
ab dem erwähnt – ein „abendfüllender Film“ gedreht („Papa“) in der Gestalt einer „großen, dicken
15ten Kapitel werden, „der weltweit ein großes Publikum Afroamerikanerin“ (S. 94), die auch „Elousia“
erreicht und ein akkurates Bild vom Wesen und genannt wird. Dann taucht eine „kleine, eindeu-
müsste jedem
Charakter Gottes zeichnet, für eine Menschheit, tig asiatische Frau … mit melodiöser Stimme“
Bibelleser die sich aus tiefsten Herzen nach einem solchen (S.95) auf, die sich „Sarayu“ nennt und den
deutlich Gott sehnt“ (S. 301). „Heiligen Geist“ verkörpern soll und schließlich
werden, dass „Jesus“, der als gutmütiger, grinsender Hand-
man ein Geistige und geistliche Hintergründe werker dargestellt wird, der „Papa“ lachend als
In seiner „Danksagung“ am Ende des Buches „Scherzkeks“ bezeichnet (S. 101).
esoterisches
bekennt der Autor, dass er viele Anregungen Auf den folgenden fast 200 Seiten werden
Minenfeld „von einigen längst verstorbenen Herrschaften dann Begegnungen und Gespräche Macks mit
betreten hat wie Jacques Ellul, George McDonald, A.W. Tozer, der „Dreifaltigkeit“ geschildert, die ich teilweise
C.S. Lewis, Gibran, den Inklings und Sören Kier- als kitschig, blasphemisch und abstoßend emp-
kegaard“ bekommen hat, sich aber auch leben- fand, so dass ich mich zum Weiterlesen zwingen
den Autoren und Rednern wie Ravi Zacharias, musste und daher die begeisterten Reaktionen
Wayne Jacobsen usw. zu Dank verpflichtet fühlt vieler Leser in keiner Weise nachvollziehen kann.
(S. 290). Spätestens ab dem 15ten Kapitel müsste
Tatsächlich findet man in diesem Buch auch jedem Bibelleser deutlich werden, dass man
Zitate von Blaise Pascal, A.W. Tozer, Oswald ein esoterisches Minenfeld betreten hat: Mack
Chambers usw., was darauf hindeutet, dass versöhnt sich mit seinem verstorbenen Vater
der Autor mit den Werken von Schriftstellern – zu Lebzeiten ein nach außen religiöser, aber
vertraut ist, die man als konservativ, bibeltreu ansonsten bösartiger Säufer, der zu Hause seine
oder fundamentalistisch bezeichnen würde. Frau verprügelte und Gott danach um Verge-
Das wird manche Leser vielleicht verwirren, ent- bung bat (vgl. S. 10) – und anschließend wird die
spricht aber genau dem Inhalt des Romans, der ermordete kleine Missy nachträglich beerdigt
ein Gemisch von sehr richtigen und biblischen und „Sarayu“ singt am Grab das Lied, dass Missy
Wahrheiten, wie auch von absolut gottesläster- selbst für ihre Beerdigung geschrieben hat!
lichen Vorstellungen vermittelt.
Interessant ist, dass Wayne Jacobsen, der Warum man vor diesem Bestseller
„Der drei- Autor des in letzter Zeit vielgelesenen Buches warnen muss!
einige Gott „Der Schrei der Wildgänse“, großen Einfluss auf 1. Das Buch verstößt eindeutig gegen das zweite
wird zu den Inhalt, die Bearbeitung und Verbreitung Gebot (2Mo 20,4 und 5Mo 4,23). Es vermittelt
einem … ‚Verb‘ des Buches hatte. Für Young war Jacobsen „der ein Bild von Gott, das eindeutig nicht mit
gemacht, die einzige Autor, den ich kannte, der in einem mei- der Heiligen Schrift – worin Gott sich selbst
ner Geschichte verwandten Genre schrieb. Sein offenbart – übereinstimmt, sondern ist ein
Natur Christi neuestes Buch ‚Der Schrei der Wildgänse‘‚ war Produkt menschlicher Phantasie und auch
wird zerteilt ein paar Monate zuvor erschienen, und es gefiel humanistischer, esoterischer Vorstellungen.
und sein mir sehr.“ (S. 296/297) Jacobsen ist einer der Und das ist Gotteslästerung, selbst wenn man
Kreuzestod erwähnten „drei Brüder im Geist“ und wer sein dem Autor beste Motive zugesteht.
von jeder Buch „Der Schrei der Wildgänse“ gelesen hat, 2. Das Buch wurde nach Aussagen des Autors
wird viele seiner Ideen und seiner Gottes-Vor- nicht als unterhaltsamer Roman geschrieben,
Bedeutung stellungen im Buch „Die Hütte“ wiederkennen. sondern mit der ausdrücklichen Absicht, ein
entleert.“ „akkurates Bild vom Wesen und Charakter
Der Inhalt des Buches Gottes zu zeichnen“ (S. 301). Doch das Tra-
Der erste, recht kurze Teil schildert mitreißend gische ist, dass die vielen Leser in aller Welt
und emotional aufwühlend die Entführung von hier ein völlig einseitiges und falsches Bild
Macks jüngster Tochter „Missy“ während eines von Gott bekommen, bei welchem u.a. die
Familienausfluges. Ihre letzten Spuren hat man Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes ausge-
in einer verlassenen Schutzhütte tief in der blendet und damit die Leser getäuscht und
Wildnis von Oregon gefunden, wo sich Hinweise betrogen werden. Der kumpelhafte „Papa“
finden, dass sie von einem Serienmörder ermor- dieses Buches entspricht nicht dem Gott der
det wurde. Bibel, „den kein Mensch sehen und leben
BÜCHER 21

kann“ (2Mo 33,20) und „vor dessen Angesicht kitzelt; und sie werden die Ohren von der
die Erde entfliehen“ wird (Offb 20,11). Wahrheit abkehren, sich aber zu den Mythen
3. Das Problem der Sünde, die Wirklichkeit der hinwenden.“
Hölle und der ewigen Verdammnis werden
relativiert oder geleugnet. Es wird ein Wohl- Was uns nachdenklich, selbstkritisch
fühl-Evangelium suggeriert, das den Leser und wachsam machen sollte …
nicht zur Erkenntnis der eigenen Verloren- Es scheint offensichtlich zu sein, dass der Autor
heit bringt und Jesus Christus nicht als Herrn in seinem Roman traumatische Erlebnisse ver-
unseres Lebens vorstellt. arbeitet hat, die er als Kind oder Jugendlicher in „Dieses Buch
Der Rezensent Daniel Hames urteilt sehr rich- seinem evangelikalen Elternhaus oder Umfeld ist Was-
tig: „Der dreieinige Gott wird zu einem … ‚Verb‘ erlebte. Das verlogene Doppelleben, pharisäi- ser auf die
gemacht, die Natur Christi wird zerteilt und sche Arroganz, abstoßende Unglaubwürdigkeit Mühlen derer,
sein Kreuzestod von jeder Bedeutung entleert. und das oft nur formale Christenleben ohne
die Gottes
Das Heil hat folglich nichts mehr mit dem per- warmherzige Beziehung zu dem Erlöser scheint
sönlichen Glauben an Jesus zu tun, sondern gilt mir der Hintergrund dieses Buches zu sein. Gericht und
automatisch allen Menschen.“ Immer wieder stößt man auf solche tra- große Teile
Winfried Kuhn, selbst Autor und Vertriebs- gischen Zusammenhänge und die dadurch der Bibel
leiter der Stiftung Christlicher Medien (Holzger- bedingte „Schlagseite“ als Reaktion. Und die immer schon
lingen) schreibt: begeisterten Rückmeldungen zahlloser Leser
als Nikolaus-
„Drei lustige oder abgedrehte Personen, die ein machen deutlich, dass leider genau dieses
bisschen Seelenmassage betreiben, können Zerrbild vom Christsein weit verbreitet ist und ähnliche
doch die Wirklichkeit von Gottes Wesen nicht deshalb biblische Dogmatik, konsequente Angstmache
beschreiben. Worte wie Sünde, Gottes Gerech- Nachfolge, verbindliches Gemeindeleben und gesehen
tigkeit, alles zentrale biblische Aussagen, blei- die Anerkennung von Autoritätsstrukturen in haben.“
ben fast unerwähnt oder werden weich gespült. Misskredit geraten sind.
Ja, selbst ewige Verlorenheit wird relativiert. Deshalb wahrscheinlich auch die starke
Dieses Buch ist Wasser auf die Mühlen derer, Betonung von Beziehungen, Liebe, „Papa-Gott“,
die Gottes Gericht und große Teile der Bibel Spiritualität, Intuition und Gefühlen, die in dem
immer schon als Nikolaus-ähnliche Angstma- Buch „Die Hütte“, wie auch in „Der Schrei der
che gesehen haben.“ Wildgänse“ und vielen anderen Publikationen
Es macht nachdenklich, dass ein Rezensent erkennbar ist.
im Deutschlandfunk „Die Hütte“ als „esote- Damit sind solche Publikationen bei aller
rischen Schmarr’n“ bezeichnete, während in berechtigten Kritik am Inhalt und an der Einsei-
einer ausführlichen Rezension der evangelikalen tigkeit gleichzeitig auch eine starke Herausfor-
Zeitschrift „Aufatmen“ diesem Buch bescheinigt derung, unser eigenes Bekenntnis und Leben als
wird, dass es „aufgrund seiner Originalität das Nachfolger Jesu einer kritischen Selbstprüfung
Zeug zu einem christlichen Klassiker habe“. zu unterziehen. Wir sollten die Frage bewegen,
Die beängstigende Frage taucht auf, ob die ob in unserem persönlichen Leben wie auch im
begeisterten Urteile vieler evangelikaler Leser Gemeindeleben echte Charakterzüge unseres
ein Indiz dafür sind, dass auch der letzte Rest Herrn Jesus zu erkennen sind, die uns allein in
von Gottesfurcht unter uns Evangelikalen zu der Heiligen Schrift gezeigt werden und Ausge-
verschwinden droht und sich die mahnenden wogenheit in Lehre und Leben bei uns zu finden
Worte aus 2Tim 4,3 buchstäblich erfüllt haben: ist.
„Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde
Lehre nicht ertragen werden, sondern nach Abschließend einige mahnende Worte von
ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer auf- A.W. Tozer, der von W.P. Young zwar auch zitiert,
häufen werden, indem es ihnen in den Ohren aber – wie es scheint – nicht verstanden wurde:

„Ein träumerischer, sentimentaler Glaube, der das Gericht Gottes über uns ignoriert
und auf die Beteuerungen der Seele lauscht, ist so tödlich wie Blausäure! Ein Glaube,
der passiv alle angenehmen Texte der Bibel akzeptiert, während er die ernsten War-
nungen und Befehle übersieht oder verwirft, ist nicht der Glaube, von dem Christus
und seine Apostel geredet haben.“ 1

QUELLENANGABE
1 A.W. Tozer: „Verändert in sein Bild“, CLV, S. 109

BILDNACHWEIS
Die Hütte – Cover: http://www.vorablesen.de/files/images/young-huette_web.jpg
William Paul Young: http://www.infohermanus.co.za/books_hermanus/william_p_young_author.jpg
22 BUCHBESPRECHUNGEN

William Kaal aufgrund einer Knochenhautentzündung“ zerstörte jedoch alle


Als die Mauer fiel seine Träume. Doch dann hörte er von der Fliegermission MAF.
CLV, Tb., 64 S., € 1,90 Er meldete sich sofort als Missions-Pilot und schrieb dazu fol-
Hier waren die Herausgeber auf Zack. gendes: „Jeder kluge und gesunde Kerl kann Pilot sein, aber wer
Passend zum 20. Jahrestag des Mau- ist bereit, ein einfacher Packesel Gottes zu sein? Gott fragte
erfalls im Herbst 2009 erscheint dieses mich: Was hast du in deiner Hand? Meine Antwort: Nur ein Me-
ansprechende Taschenbuch. Es basiert chaniker-Zeugnis und einen Flugschein … Da wurde mir klar,
auf einem packenden missionarischen dass dies meine fünf Brote und zwei Fische sind …“
Vortrag und ist zum Weitergeben an Nate gab sein Studium in Wheaton auf, um Missionspilot
Außenstehende hervorragend geeig- zu werden. Er stellte seine ganze Begabung in den Dienst für
net. Das mit vielen historischen Bildern den Herrn und wurde ein Diener der Missionare, die im Dschun-
ergänzte Büchlein besteht aus zwei Teilen. gel unter den schwierigsten Bedingungen arbeiteten und er-
Im ersten Teil vergleicht der Autor den „Eisernen Vorhang“ leichterte ihnen durch seine vielen Erfindungen das Leben. Er
mit unserer Trennung von Gott. Dabei wird jeweils ein Aspekt schreibt selbst: „Bei jedem Start, den ich unternehme, bin ich
der Berliner Mauer dem Vorhang im Tempel gegenübergestellt. darauf gefasst, mein Leben für Gott in die Schanze zu schlagen.
Interessante Gemeinsamkeiten und entscheidende Unter- Ich bin bereit, es einzusetzen – und so soll es immer sein!“
schiede werden aufgezeigt. In vielen leicht nachvollziehbaren Nate war sich der Gefährlichkeit des Dschungels sehr wohl
Bildern wird so die biblische Botschaft aktuell und plastisch. bewusst. Doch sein festes Gottvertrauen und seine Begabung
Im zweiten Teil berichtet die aus Ostdeutschland stammen- und Leidenschaft zur Fliegerei wiesen ihm einen schicksalhaften
de Familie Ulbrich, wie sie hautnah die „Sternstunde deutscher Weg. Mit seiner mutigen Frau bezog er den Luftstützpunkt ei-
Geschichte“ erlebt hat. Ausgerechnet am 9. November 1989 ner Mission am Tor des Dschungels in Ecuador. Hier startete das
befanden sie sich in Berlin und wagten den Grenzübertritt. Für „Unternehmen Auca“, bei dem Nate Saint und seine vier Freunde
sie wurde der Mauerfall der Anfang einer ganz persönlich er- durch die Giftpfeile der Indianer einen grausamen Tod fanden.
lebten Öffnung und Wende zu einem Leben mit Jesus Christus. Dieses Buch vermittelt einen ergreifenden Einblick in das
Sehr warmherzig und authentisch schildern Dagmar und Steffen Christus hingegebene Leben dieses jungen Mannes. Besonders
Ulbrich, wie sie durch anfängliche Euphorie und anschließende beeindruckend ist ein Brief am Ende, den seine Frau an seine
Schicksalsschläge zu Gott gefunden haben. Kinder schrieb: Dass dieser Bericht ihnen zeigen sollte, wer ihr
Das Buch sollte in diesem Herbst eine weite Verbreitung Vater war, den sie nur wenige Jahre haben durften.
finden, da sich nach 20 Jahren Wiedervereinigung bei vielen Eine äußerst wertvolle Biographie für Jung und Alt. Ich wün-
enttäuschte Glückserwartungen und eine tiefe Ernüchterung sche sehr, dass dieses preiswerte Buch eine große Verbreitung
eingestellt hat. Das Tor zum wahren Paradies lag eben nicht im erfährt, vielen zum Segen wird und uns aufrüttelt, nicht nur von
Checkpoint Charlie sondern liegt noch immer im Changepoint Hingabe zu reden, sondern sie auch zu leben! Daniel Zach
Christus. Andreas Fett

Der Dschungelflieger Michael Kotsch


Nate Saint – sein Leben und Johannes Calvin
sein Zeugnis Reformator und Wegbereiter
CLV, Pb., 256 S., € 6,90 CV/idea, gb., 192 S., € 9,90

Diese äußerst wertvolle, lange Zeit ver- In dieser hervorragenden Biographie


griffene Biographie über den „Dschun- wird das Leben Calvins, seine Lehre und
gelflieger“ Nate Saint ist nun endlich seine große Bedeutung für unsere Zeit
wieder neu aufgelegt worden. systematisch und leicht verständlich
Bereits als Kind hatte Nate den dargestellt. Der letzte Teil des Buches
Traum vom Fliegen. Mit 11 Jahren re- enthält ausgewählte Zitate des Refor-
parierte er Radios, baute Drachen und mators zu verschiedenen Themen.
sparte sein Taschengeld für Werkzeuge, um allerlei Dinge zu Da Calvin in Deutschland ausgerechnet von vielen bibeltreu-
reparieren. Mit 13 schrieb er: „Paulus sagt: Glaube an den Herrn en Evangelikalen aufgrund seiner Erwählungslehre und der Ver-
Jesus Christus, so wirst du gerettet werden! Ich glaube an Jesus, urteilung Servets sehr kritisch beurteilt oder sogar abgelehnt
darum bin ich erlöst und mit dem Himmel verbunden. Jesus sagt: wird, kann man in diesem gut dokumentierten Buch nachlesen,
‚Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium allen Men- was Calvin nun tatsächlich gelehrt und gelebt hat. Erstaunlicher
schen.’ Das ist auch meine Aufgabe. Ich will in der Bibel besser Weise haben nur wenige seine Schriften gelesen und auch seine
Bescheid wissen, damit ich später sagen kann: ‚Ich habe den gu- Lebensgeschichte ist kaum bekannt.
ten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Auch wenn man sicher nicht in allen Punkten seiner Theolo-
Glauben bewahrt …’“ gie (z.B. seiner Sicht vom „Gottestaat“, seiner Lehre über Taufe
Nate verfolgte seinen großen Traum mit äußerster Zielstre- und Abendmahl usw.) zustimmen kann, lernt man doch einen
bigkeit. Nachdem er zuerst eine Arbeitsstelle als Mechaniker bei Mann kennen, dessen Leben und Werk darauf ausgerichtet war,
der American Airline bekam, schaffte er auch alle Aufnahmeprü- die Ehre Gottes zu suchen und den Wert des unfehlbaren Wortes
fungen als Pilot. Die erschütternde Nachricht: „Fluguntauglich Gottes als einzige Grundlage für den Glauben hochzuschätzen.
BUCHBESPRECHUNGEN 23

Im vierten Kapitel des Buches schreibt der Autor im Zu- nen und einem begabten, autoritären Sekten-
sammenhang mit dem Thema „Calvins Herausforderungen an führer blind und kritiklos folgen?
Christen heute“ u.a.: „Calvin war in seinem Denken dermaßen Der Autor schildert zuerst die geistliche Entwicklung Saseks,
auf Gott ausgerichtet, dass es einem von der Aufklärung ge- zeigt dann seine Sonder- und Irrlehren auf, die sich im Lauf der
prägten Menschen schwerfällt, ihn in seiner ganzen Konsequenz Jahre erschreckend negativ entwickelt haben – bis dahin, dass
zu begreifen und zu verstehen. Für Calvin war es Ausdruck Sasek neuerdings sogar die Reinkarnation lehrt.
menschlicher Vermessenheit, mit dem beschränkten Verstand Aussprüche Saseks wie: „Wer mich und meinen Namen ver-
eines so winzigen und unbedeutenden Geschöpfs Gott erklären wirft, der hat damit auch Christus verworfen … Die Praxis und
zu wollen …“ (S. 165). Diese sehr richtige Beobachtung erklärt die Lehre, die ich verkündige, kommen nicht von mir, sondern
vielleicht, warum ein großer Teil der Christenheit Calvins Leben von Christus, der durch mich gesprochen und all dies gewirkt
und Lehren kritisch oder ablehnend gegenübersteht und sich hat“ – „Wer mir jetzt nicht gehorcht, gehorcht dem Herrn nicht“
nicht der Herausforderung dieses Reformators stellt. – „Wenn jemand gegen mich redet, dann redet er gegen Gott!“
Wolfgang Bühne machen deutlich, wie er sich als selbsternannter Apostel eine
Autorität anmaßt, die keinen Widerspruch duldet und absoluten
Margarete Schneider Gehorsam fordert.
Paul Schneider Ein ausführlicher, sehr aufschlussreicher Erfahrungsbericht
Der Prediger von Buchenwald eines ehemaligen Anhängers dieser Gruppe und zwei Anhänge
SCM Hänssler, Pb., 528 S., € 12,95 zu den Themen „Die Offenbarungsgaben“ und „Die örtliche Ge-
meinde Jesu“ runden dieses aktuelle, aufklärende Buch ab.
Diese durch zahlreiche, bisher unver- Wolfgang Bühne
öffentlichte Briefe, Dokumente und
Bilder stark erweiterte Neuauflage der Stephen Arterburn/David Stoop
sehr interessanten und aufwühlenden Warum Männer manchmal
Biographie schildert das Leben und wütend sind
Leiden des bekannten Pfarrers, der Hänssler, gb., 240 S.,
vor 70 Jahren, am 18.7.1939, durch eine Sonderpreis € 6,90
Giftspritze der Nazis im KZ Buchenwald ermordet wurde.
Paul Schneider gehörte zu den wenigen Christen, die schon „Männer sind emotional unterent-
sehr früh den antichristlichen Geist der Nazis erkannten und der wickelt und unreif aufgewachsen.
mit deutlichen, provozierenden Predigten und Stellungnahmen Sie formulieren ihre Gefühle nur mit
gegen alle Versuche der Nazis und der „Deutschen Christen“ Mühe und setzen sich kaum mit ihnen
kämpfte, welche das Evangelium zu verfälschen suchten. auseinander, weil keiner ihnen bei-
Seine konsequente Unbeugsamkeit brachte ihn schließ- gebracht hat, wie das geht.“
lich in das KZ Buchenwald, wo er seinen Leidensgenossen mit „Viele Väter sind ihren Vaterpflichten gegenüber ihren Söh-
durchdringender Stimme durch die Gitterstäbe seiner Zelle Bi- nen nicht nachgekommen. Stattdessen haben sie diesen wich-
belverse zurief. tigen Einfluss auf die Mütter, Lehrer, Trainer, Pastoren und
Das ausführliche Quellenmaterial zu seinem Leben, aber Jugendleiter übertragen. Das sind alles vortreffliche, aber nach-
auch zur deutschen Geschichte und zum Kirchenkampf ma- geordnete Ersatzpersonen.“
chen dieses erschütternde und beschämende Buch zu einer Diese beiden Zitate deuten an, worum es u.a. in diesem Buch
wertvollen Dokumentation, die besonders auch von jüngeren geht. Der erste Teil setzt sich mit der Frage auseinander, wa-
Christen gelesen werden sollte. Wolfgang Bühne rum Männer wütend sind und was sie tun, wenn sie es sind. Im
zweiten Teil geht es darum, die Wut aufzulösen und Frieden zu
Wilfried Plock finden.
Ivo Sasek und seine Orga- Das Buch ist unbedingt lesenswert, auch wenn man hier und
nische Christus-Generation da den Eindruck bekommt, das die Probleme etwas zu psycho-
CMD, Pb., 130 S., € 7,50 logisch behandelt werden.
Es ist hilfreich für Ehefrauen, um die Wutausbrüche ihrer
Wer ist der Schweizer Prediger und Männer zu verstehen und zu lernen, darauf richtig zu reagieren.
Autor Ivo Sasek? Was lehrt er? Ist er Aber es ist auch wichtig für Männer, die hier in einen Spiegel
ein Reformer der lauen Christenheit schauen können, um sich den eigenen Defiziten, Fehlern und
oder ein Verführer von konservativen Sünden zu stellen und Vergebung sowie Veränderung von Gott
Christen, die es besonders ernst mei- zu erbitten. Wolfgang Bühne

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