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,92 An LncBNou¡vt 4/2013 GnuuolacBN

Alina Krüger / Christoph Ebeling / Prof . Dr. Christoph Gusy't


Der Vortrag in der staatlichen Pflichtfachprüfung

,,The human brain is a wonderful thing. It starts working B. Vorbereitung vor dem Prüfungstermin
the moment you are born and never stops until you stand
'Was
up to speak in public."1 I. wird verlangt? - Bestandsaufnahme und
Erarbeitung der Übungsziele
A. Die Bedeutung des Vortrags in Studium
und Examen Bedingt durch die Konzentration auf die schriftlichen
Arbe iten beginnen viele Studenten erst in den fünf Mo-
Zwischen die Klausuren und das Prüfungsgespräch2 in naten zwischen schriftlichem Examen und mündlicher
der staatlichen Pflichtfachprüfung hat der Gesetzgeber Prüfung mit der Vorbereitung auf den Vortrag.e Späte-
2003 für die Kandidaren' als ,,Hürde" den Vortrag ge- stens aber nach Erscheinen der ,,Liste"10 will dann viel
stellt ($ 15 IVJAG NR\ø4). Gerade ,,psychologisch" Vorbereitung in kurzer Zeit gemeistert werden.
ist dessen Bedeutung nicht zu unterschätzen, kreiert Dabci helfen zunächst folgcnde Überlegungen: \ffo
er doch den viel beschworenen ,,ersten Eindruck", stehe ich, wo will ich hin? Und was macht eigentlich
den die Prüfer von dem Prüfling erhalten. Auch dem einen guten Vortrag - möglichst auch aus Prüfersicht
Selbstbewusstsein des Kandidaten kann ein gelun- - aus?
gener Vortrag zu neuem Schwung verhelfen und die in Bei der Frage: ,,tVo stehe ich?" ist zuerst der eigene
Prüfungssituationen so allgegenwärtige wie störende Leistungsstand zu reflektieren: \Ver es gewohnt ist,
Nervosität lindern. Als ,,erster Eindruck" bildet der völlig gelassen vor Publikum zu reden, dern wird die
Vortrag zusätzlich eine Art Visitenkarte des Prüflings; Vortragssituation selbst wenig Sorgen bereiten, so
mit ihm stellt sich der Kandidat der Kommission, die dass er seine Zeit getrost dazu einsetzen kann, sein
seine Klausuren (ggf. mit Ausnahrne des Vorsitzen- juristisches \ù/issen zu vertiefen und für Entspannung
den) nicht gelesen hat, erstmals vor. und Ausgleich zu sorgen. Doch könnte auch frir die-
Damit bestimmt der Vortrag auch maßgeblich die Er- se erfahrungsgernäß kleine Gruppe ein Blick auf die
wartungen, die am Prüfungstag an den Kandidaten ge-
stellt werden. Das Þ-rageniveau im folgenden Gespräch
wird regelmäßig an das Vortragsniveau angepasst, sei Alina Krüger hat vor einem Jahr das Examen absolviert und ist
Referendarin arn LG Bielefeld. Christoph Ebeling ist wiss. Mir-
es, dass einem besonders unsicher erschcinenden Prüf-
arbeiter an der F'akultät für l{echtswissenschaft der Universitär
ling im weiteren Verlauf zunächst nur Fragen, die Bielefeld. Prof. Dr. Christoph Gusy prüft seit 1998 als Vorsit-
das Bestehen sichern sollen, gestellt werden, sei es, zendér der Prüfungsausschüsse am Justizprüfungsamt Flamm.
dass anspruchsvollere Fragen zur Kompensation der Lisneh, The Art of Lawyering, 2010, S. 263 schreibt ð.as Zitat
dern Schauspieler Gcorge Jessel zu.
schwachen Vortragsnote erfordcrlich werden. Mithin Zum Prüfungsgespräch, dessen Âblauf und Möglichkeiten der
prägt der Vortrag den weiteren Verlauf der münd- Vorbereitung siehe bereits Ebeling/Gøsy, AL 2011,281. Die
lichen Prüfung in vielfacher Hinsicht. Die Vortrags- Ileiträge ergänzen sich und sollten zusammen gelesen wcrden.
note zähk zudem in NRV mit l0%o zur staatlichen Sov¡eit irn Folgenden das generische Maskulinum gebraucht
wird, sind Iìrauen selbstverständlich einbezogen.
Prüfungsnote, hat also den gleichen Stellcnwert wie
Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen
eine Klausur - und verdient folglich ebenso gründliche Vorbercitungsdienst (Justizausbildungsgesetz Nordrhein-
Vorbereitung.5 Vestfalen - JAG Nll\fl). Hier wird auf die Situation in NR\V
Leider bietet das Jurastudium - wie andere ,,Massen- abgestellt, auch andere Länder kennen jedoch den Vortrag als
'l'eil der mündlichen Prüfung, wenn auch unter teils abwei-
studiengänge" auch - wenig Gelegenheit, sich auf diese
chenden Voraussetzungen, vgl. etwa $ 20 II Hamburgisches Ju-
spezielle Situation vorzubereiten. Dort wo sich Mög- ristenausbildungsgesetz (HmbJAG), $ 9 II 1 Ausbildungs- und
lichkeiten bieten, insbesondere in Seminaren, lassen Prüfungsorclnung für Juristinnen und Juristen im Land Berlin
Studierende diese leider oft aus.6 So kann es vorkom- (Berliner Juristenausbildungsordnung - JAO), $ 26 Ausbil-
tnen, dass derjenige, welcher den Schwerpunktbereich dungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaates Sach-
sen (SächsJAPO).
hinter die staatliche Pflichtfachprüfung verlagert,T seit Die Bedeutung des Vortrags für die Endnote ist mit 6,25 "/. in
der mündlichen Abiturprüfung nicht mehr vorgetra- Hamburg (vgl. $ 22 II 3 HmbJr\G) etwas geringer, in Berlin
gen hat. (vgl. $ 10 II 2 JAO) und Sachsen (vgl. $ 2/ III i.V.m. II SâchsJA-
Im Vorteil sind hier diejenigen, die etwa durch Hob- PO) gcringfügig höher.
I-eisr, luS 2003, 441 bezeichnet das Fehlen der Vortragspraxis
bys, Ehrenamt oder Nebentätigkeit, erste Erfahrungen
irn Studium als,,Ausbildungsrnangel".
gesammelt haben - oder Naturtalente sind. Von letz- 7 Siehe dazu H eghrnanns, AL 2011,, 274.
teren abgesehen, gilt jedoch ftir die Allermeisten, dass 8 Z.B. Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 4.
lVer diesen Aufsatz bereits in den unteren Scmestern liest, darf
das Reden geübt sein will - und geübt werden kann. 9
sich gem aufgefordert fühlen, auch während (und außerhalb)
Nicht zu ljnrecht wird in vielen Büchern zum Thema des Studiums jede sich bietende Gelegenheit, die freie Rede zu
Rhetorik das Bonmot ,,Ein Dichter wird geboren, ein üben, zu nutz-en.
Redner gemacht" zitiert.8 10 Information gcrn. $ 20 I Nr. l JAG NRV.
w

GnuNoracBr.¡ Ao Lrcr¡qout¡ 4/201,3 293

Ausführungen zu den Bereichen Organisation und dass die Prüflinge die dort aufgezeigte Lösung sche-
Zeiteinteilung sowie eine kurze Reflexion zum Auf- matisch abarbeiten.
bau juristischer Fall- bzw. Themenvorträge sicher Die meisten Vorträge enthalten bis zu drei Problem-
nicht schaden. schwerpunkte. Der Prüfling sollte besonderen \Wert
Ausgangspunkt kann etwa die Erinnerung an ver- darauf legen, diese aufzuzeígen und damit seine Fä-
gangene Vortragssituationen sein: \Øas ist dort gut higkeit zur Schwerpunktsetzung (welche die ebenso
gelungen, was weniger? ìù/as würde man gerne wie- wichtige,,schwerpunkterkennung" vorausserzt) zu
derholen, was besser machen? Auch die Frage, wann demonstrieren. Nochmals: Es kommt nicht in erster
dieser letzte Vortrag stattfand, kann bereits ein Hin- Linie auf die ,,richtige" Lösung an, vielmehr soll der
weis auf den eigenen ,,Trainingsstand" sein und helfen, Prüfling zeigen, dass er in vergleichsweise kurzer Zeit
eigene Schwerpunkte für die Vorbereitung zu setzen. unter Anwendung seines Vorwissen und des Gesetzes
So mag es für den einen wichtiger sein, den Umgang in der Lage ist, vertretbare Lösungsmöglichkeiten zu
mit seiner Nervosität zu lernen, während der andere Rechtsproblemen zu entwickeln, argumentativ zu be-
weniger nervös ist, jedoch den Aufbau eines guten gründen und srukturiert darzustellen.l6 Entsprechend
Vortrags noch einmal verinnerlichen muss. wird in den Vorträgen in aller Regel auch kein ,,Spezi-
In einem zweiten Schritt kann es sehr hilfreich sein, alwissen" abgeprüft; entscheidend ftir die Lösungsfin-
einer anderen Person einen kurzen Vortrag, z.B. n¡ dung ist insbesondere der Blick ins GesetzrT und die
einem übersichtlichen Thema aus dem Schwerpunkt- Anwendung der juristischen Auslegungsmethoden.ls
bereich oder einen einfachen Übungsfall, zu halten't1 Vährend des Vortrags sollten bei der Entwicklung
Auf den Inhalt kommt es hier weniger an,12 vielmehr und Lösung der relevanten Probleme die Schritte der
soll es ,,nur" darum gehen, einen ersten ncutralen juristischen Fallbearbeitung beachtet werden: Zu-
Blick auf die eigene Leistung zu erhalten. Das so ge- nächst ist die Norm, auf die man sich bezieht, konkret
wonnene Feedback kann von Anfang an und über und nötigenfalls ,,bis auf den Halbsatz genau" unter
die gesamte folgende Übungsphase hinweg daran er- Angabe des Gesetzes, zu nennen. Soweit relevant, ist
innern, etwa nicht zu schnell zu reden, klein'e Pausen die Anwendbarkeit zu kIàren.Im Anschluss erläutert
nicht als belastend zu empfinden (kurze Denkpausen man seine Übcrlegungen im Gutachtenstil (Obersatz,
nimmt der Zuhörer in der Regel gar nicht wahr), Ver- Definition, Subsumtion, Ergebnis). Alle im Rahmen
legenheitslaute und -gesten (etwaZupfen an Kleidung
oder Haaren) sowie störende Floskeln zu unterlas- 11 Hierbei sollte darauf geachtet werden, eine offene und ehrliche
sen, Augenkontakt zu halten usw. Kleine Marotten Rückmeldung zu erhalten. Ver, vielleicht aus falsch verstan-
dener Solidarität, ,,über den grünen Klee lobt" oder rnögliche
schleifen sich so gar nicht erst ein.13 Das Gleiche gilt
Schwachstellen verschweigt, schadet hier mehr als er nutzt.
für eigene, zumeist unbewusst eingeflochtene ,,Lieb- l2 Aus diescm Grund sind auch Nichtjuristen vollkommen geeig-
lingsausdrücke".ra \X/eiter kann hier bereits die eigene nete Zuhörer, gerade auch für Übende, die sich fachlich noch
Redegeschwindigkeit überprüft und ggf. auf ein für nicht ganz gewappnet fühlen.
13 Eine hilfreiche Auflistung nichtjuristischer Kriterien, auf wel-
den Zuhörer angenehmes Maß justiert werden. In den
che die Vertrauensperson achten sollte, findet .sich bei,4øgs-
meisten Fällen gilt diesbezüglich jedoch, dass, bereits berg/Burhiczaå, Der Kurzvortrag im Ersten Examen (Offent-
um eine zusàtzlíche Erschwerung der Situation zu ver- liches Recht), 2. Aufl., 2012, Rn. 51-56.
meiden, das eigene, normale Gesprächstempo genutzt t4 Etwa: ,,halt", ,,will sagen", ,,insoweit", ,,quasi", ,,eher", ,,ei-
gentlich",,,sozusagen" u.v.m.
werden sollte. Schließlich geht es um Ihren juristischen
15 Besonders hilfreich ist diese Erfahrung, wenn man im An-
Vortrag und nicht um Ihre schauspielerische Leistung. schluss auch die vergebenen Noten für jeden Vortrag hört,
Auch für die Vorbereitung des Vortrages ist es sinnvoll weshalb wir hier nochmals an Sie appellieren möchten, aus
vor der eigenen mündlichen Prüfung als Besucher an Kolle gialität die Zuschauer nicht von der Notenvergabe auszu-
einer solchen teilzunehmen. Vährend dieser bekommt schließen. Niemand muss sich Sorgen machen, vor Zuschauern
das Nichtbestehen mitgeteilt.zu l¡ekomtnen, da dieses niemals
man mehrfach einen Vortrag zum selben Thema von unter Anwesenheit derZusch\zíuer, ja nicht einmal der Mitprüf-
den Kandid aÍen z! hören und kann bereits aus der Zu' linge, erfolgt, vgl. bereits Ebeling/Gusy, AL 2011,281,286 1.
schauerperspektive ein Gefühl dafür entwickeln, wel- 1,6 Vgl. g 2 II I JAG NRV: ,,Die Prüfung soll zeigen, dass der

cher Vortrag besonders gelungen ist und worauf man Prüfling das Recht mit Verständnis erfassen und anwenden
kann und über die hierzu erforderlichen Rechtskenntnissc in
als Vortragender achten sollte.l5
den Prüfungsfächern mit ihren f...1 rechtswissenschafdichen
Damit kommen wir zu der Frage, welche Kriterien ei- Methoden [...] verfügt." Er.rtsprechend: S 3 IV JAO (Berlin),
nen gelungenen Vortrag in der ersten Prüfung austna- S 12 II HmbJAG, $ 14 I SächsJA'PO. Zur Darstellung von
chen. Im Vordergrund steht dabei die Beherrschung Streitstânden Piep er / S te nrnans, AL 20L 1, 27 6.
17 \las, so paraclox es für das Studium cles Rechts wirkt, in man-
des Rechtsstoffes. Daneben werden die sog. soft skills,
cher Vorlesung und Arbeitsgemeinschaft sowie schließlich auch
also Auftreten sowie Art und Aufbau der Präsenta- im Selbststudium häufig vernachlässigt v¡ird. Verstehen Sie die-
tion, bewertet. Diese können sich in einer Auf- oder ses bitte als Aufforderungen, stets mit dern Gesetz zu arbeiten
Abwertung bis zu einer Notenstufe niederschlagen. uncl hieran zu argumentieren. Selbst der schlirnmste ,,Biackout"
kann Ihnen dieses, zudem in der ersten Prüfung einzig legale'
Zentraler Bewertungsmaßstab bleibt jedoch stets der
Hilfsmitrcl in Klausur und mündlicher Prüfung nicht nehmen.
Vortragsinhalt. tsIierzu liegt den Prüfern ein Lösungs- 18 Zu Vernachlässigung der Grundlagenfächer, ctwa der Methoden-
vorschlag vor. Dieser strukturiert jedoch nur einen lehre, imJurastudiurn krit. Rüthers,JuS2011, 865; zur Beder'rtung
möglichen Lösungsweg vor, es wird nicht erwartet' dcs,,systemverständnisses" lescnswert \Yittrech, /\L 201'1, 261.
GnuNol-RcBN

des Lösungsweges auftretenden Probleme sind auf die für sich individuell passende Vorgehensweise und
diese Sü'eise einer vertretbaren Lösung z,uzuführen. damit auch Zeiteinteilung finden und diese dann kon-
Vird ein Problem als unerheblich betrachtet, sollte sequent einüben. Ein sorgfältiges Vorgehen beim Er-
dies kurz begründet und die betroffene Problematik stellen der Lösungsskizze bzw. der Notizen für den
anschließend nicht weiter thematisiert werden. Vortrag empfiehlt sich in jedem Fall. Ob die zunächst
Zwischenfazite und Ergebnisse zu bilden und zu be- erstellte Lösungsskizze dann schon das Gerüst für den
nennen, hilft, den Vortrag zu strukturieren. Vortrag darstellt oder diese noch einmal in Fonn von
Als Schlusspunkt des Vortrags sollte ein Gesamtergeb- Stichpunkten zusammengefasst wird, ist bereits Ge-
nis in Bezug auf die Fallfrage stehen und dieses auch schmackssache und muss entsprechend in der Zeitpla-
als solches benannt werden. Eine Einleitung für den nung berücksichtigt werden.
Abschlusssatz kannman sich bereits vorher zurechtle- Auch die Frage, ob man die eigenen Unterlagen zum
gen und nur noch der Fallfrage anpassen.le Abschluss noch einmal memorierend durchgeht, muss
jeder selbst entscheiden . Awgsberg/ B wrþiczaþ empfeh-
II. ,,Die Stunde derlüØahrheit" - Die zeitliche Ein- len dieses ftir die nach ihrem Konzept verbleibenden
teilung der Vorbereitung des Vortrags zehn Minuten.23 Oft wird dies bei nur einer Stunde
Vorbereitung allerdings nicht, oder nicht so lang, nötig
Der entscheidende Punkt der zeitlichen Einteilung sein, da die eigene Ausarbeitung ohnehin noch präsent
der Vorbereitungsstunde ist es, in der Kürze der zur ist. \fler hier als Erfahrungswert seiner Übungsvorträ-
Verfügung stehenden Zeit das'Wesentliche eines Falls ge entsprechend weniger Zeitbraucht, kann diese zu-
erarbeiten zu können. Abseits dieses Ziels gíbt es eine sätzlich bei der eigentlichen Erarbeitung investieren.
für alle Personen gleichermaßen ,,richtige" Zeiteín- Jedenfalls den Einleitungssatz (s.u.) sollte man sich fùr
A)
teilung aufgrund der individuellen Faktoren, wie z.B. einen ,,sicheren Start" aber nochmals kurz in Erinne-
der bevorzugten Knappheit oder Ausführlichkeit der rung rufen. Das Einüben und Einhalten der genann-
eigenen Stichwörter, nicht.2o Dennoch lassen sich aus ten Einteilung ist insbesondere ratsam, damit es in der
der Erfahrung, sowohl als Prüfling als auch als Prüfer, Prüfung nicht von Zufälligkeiten abhängt, ob man sei-
einige Orientierungspunkte setzen: nen Vortrag vollsdndig vorbereitet beginnt oder nicht.
Am Anfang stehen in jedem Fall die sorgfältige Lelçtüre Als letzter Hinweis sei hier gesagt, dass es in der Kür-
und das Durchdenken von Sachverhalt, Aufgabenstel- ze der Vorbereitungszeit kaum zweckdienlich ist,
lung und Bearbeitervermerk, da dies die absolute Basis schwierige Fragen auf ,,später" zu verschieben, viel-
einer erfolgreichen Bearbeitung darstellt. Augsberg/ mchr sollte jeder problematische Punkt sofort durch-
Burþiczaþ setzen hierfür 20 Minuten an, wollen dieses dacht und auch das Gesetz frühzeitig herangezogen
aber nur als ,,grobe, im Einzelfall variable Leitlinie" werden. Gerade bei auftretenden Schwierigkeiten darf
verstanden wissen.21 Mit dieser Einschränkung halten man sich nicht an einer Frage aufreiben, sondern muss
wir dieses für eine durchaus realistische Einschätzung. den Mut haben, sich nach fruchtlosem Ablauf einer
'Ver hier versucht, etwa durch ein mehr oder weniger gewissen Überlegungszeit begründet für eine Lö-
grobes ,,Überfliegen" Zeit zu sparen, läuft Gefahr, sungsmöglichkeit zu entscheiden und weiterzuarlrei-
wesendiche Punkte zu übersehen und damit schlimm- ten. So trainiert man eine gewisse ,,Entscheidungsfreu-
stenfalls eine vielleicht konsequente, aber nicht zum de" für den Ernstfall. Am Ende der Vorbercitung steht
Fall passende ,,Lösung" zu liefern. Nach diesem Auf- die Umsetzung des Erarbeiteten in den Vortrag vor der
takt lassen sich, wiederum der Erfahrung nach, zwei Kommission bzv¡. deren praktische Übuttg.
Arten des weiteren Vorgehens unterscheiden:
Die eine Kandidatengruppe macht sich nur wenige III. Je näher am ,,Ernstfall" desto besser: Die
Stichworte und geht (bestenfalls mit dem Gesetz) di- praktische Ubung
rekt zur juristischen Prüfung des Sachverhalts über.
Erst nach Abschluss der Prüfung wird deren Ergebnis Den genannten Schritten der Vorbereitung des Vor-
für den Vortrag schriftlich fixiert. Für diesen Zweí- trags folgt die praktische Übung, denn wie bereits er-
schritt werden etwa 25 Minuten für die Prüfung und wähnq fällt die Kunst des Redens nur wenigen in den
fünf Minuten für die Niederschrift des Ergebnisses Schoß, sie muss vielmehr trainiert werden. Verstehen
angegeben.22 Sie dieses durchaus als Ermutigung, denn glticklicher-
Die andere Kandidatengruppe verbindet beide Schrit-
te und schreibt direkt an ihrer Lösung(sskizze). Diese 19 Vgl. zur Vorbereitung von bestirnmten Sàtzen: Augsberg/Burkirzah,
Dãr Kurzvortrag im Ersten Examen (Öffentliches Recht), Rn. 73.
Methode bietet sich insbesondere für diejenigen an, tffer dennoch einen Vorschlag für die zeitliche Einteilung sucht,
die ,,schreibend denken". Sie hat den Vorteil, dass man findet ihn etwa bei Augsberg/BurkiczaÞ,Der Kurzvorrrag im
sofort Ergebnisse sehen kann. Ihr Nachteil liegt darin, Ersten Examen (Öffentliches Recht), Rn. 79.
dass ggf. bereits notierte Ergebnisse nachträglich kor- 21, Augsberg/ BurÞ.iczah,Der Kurzvortrag im Ersten Exarnen (Öf-
rigiert werden müssen, etwa wenn erst später erkannte fentliches Recht), Rn. 79.
22 Aøgsberg/ Burkiczak,Der Kurzvortrag im Ersten Examen (Öf-
Probleme einen anderen Aufbau notwendig machen. fentliches Recht), Rn. 79.
Beide Herangehensweisen sind unserer Ansicht nach Augsberg/ Burkiczah,Der Kurzvortrag im Ersten Examen (Öf-
gleichwertig. In der Übungsphase muss folglich jeder fcntliches Recht), Rn. 79.
GRuNnr.¡.cnN Ao LBcBNouv 4/2013 295

weise kann mit Ûbung wohl jeder sein rednerisches gen. ,,Sehr geehrte Damen und Herren" ist dabei für
Potential, teils erheblich, ausbauen. Auch der leidigen den Einstieg weniger geeignet, da Prüflinge in der
Nervosität lässt sich bis zu einem gewissen Grad durch Nervosität immer wieder vergessen, diesen Satz an die
Übung beikommen. Gegebenheiten am Prüfungstag, nämlich das Fehlen
Sinnvoll ist es dabei, von Beginn der Übungsphase an weiblicher bzw' rnännlicher Prüfer, anzupassen und
die Prüfungsbedingungen2a (eine Stunde Vorbereitung so unfreiwillig komisch wirken - außerdem verfehlt
ausschließlich rnit Gesetzestexten, zwölf Minuten dies den Zweck, über die ersten lVörter gerade nicht
Vortragszeit) zu simulieren.25 \X/er sich von Beginn an nachdenken zu müssen. Eine geeignete Anrede kann
,,zwíngt" nach einer Stunde Vorbereitung tatsächlich lauten: ,,Sehr geehrte Prüfungskommission" . Die Zu-
das Erarbeitete in zwölf Minuten vorzutragen, kommt schauer werden nicht angesprochen (da diese hinter
gar nicht erst in die Versuchung, in der Übungsphase Ihnen sitzen, werden Sie sie nach dem Platz nehmen
nur ,,perfekte" Vorträge zu halten und dadurch un- auch kaum mehr wahrnehmen). Daran anschließen
nötige Hemmungen zu entwickeln. Schließlich muss sollte sich ein in seiner Struktur ebenfalls bereits ein-
man auch im Ernstfall des Examens nach der Vorberei- geübter Einleitungssatz, der einen Ausblick auf den
tungszeit vortragen, egal, ob der Fall einem liegt oder Vortragsinhalt gibt, ohne die ,,spannung zv zerstö-
nicht, zumal die Eigen- und Fremdwahrnehmung oft ren". Aussâgen wie ,,Es geht um einen Anspruch des
deutlich voneinander abweichen und auch ein ver- A gegen B" sind nichtssagend und unbedingt zu veÍ-
meintlich ,,verkorkster" Vortrag oft für den Prüfling meiden. Benennen Sie vielmehr - ohne Vorwegnahme
überraschend viele Punkte bringt. Entgegen dem viel des Ergebnisses - zu lösende Kernprobleme bzw den
È zitierten ,,Si tacuisses'26 gilt hier: Ein Vortrag ist besser Fallschwerpunkt: ,,Mein Vortrag behandelt Fragen des
t als kein Vortrag. \Øohnraummietrechts" oder,,Mein Vortrag beschäf-
Als Vortragspublikum eignet sich insbesondere eine tigt sich mit den Erfolgsaussichten einer verwaltungs-
gegebenenfalls bereits bestehende Lerngruppe. Eine gerichtlichen Klage und behandelt dabei insbesonde-
weitere besonders empfehlenswett. Übrr.tgsmöglich- re Fragen der polizeilichen Sicherstellung". Hier gilt
keit sind die Simulationen zur mündlichen Þrüfung, selbstverständlich: Das im ersten Satz Angekündigte
welche viele Universitäten anbieten." Wenn man diese muss im folgenden Vortrag auch schwerpunktmäßig
wahrnehmen möchte, sollte man sich nicht zu lange behandelt werden! Da die genaue Gliederung (Nega-
nach den schriftlichen Arbeiten über angebotene Ter- tivbeispiel: ,,Zunächst prüfe ich die Zulässigkeit, dann
mine informieren, damit diese sinnvoll in die eigene die Begründetheit.") in einem Fallvortrag in der Regel
Vorbereitung integriert werden können. tWo belçommt nicht erklärt zu werden braucht, schließt direkt das
man sonst die Möglichkeit, mit und vor den möglichen Gutachten an. Bei einem Themenvortrag kann dage-
Prüfern zu sprechen? Hier können Sie neben vielen gen ein kurzer Überblick über das Vorgehen sinnvoll
Hinweisen und einer fachlichen Rückmeldung auch sein. Auch die Variante des Themenvortrags sollte also
viel Sicherheit für die Prüfungssituation gewinnen. geübt werden.
Auch bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen ist Am Ende des Vortrags ist die Fallfrage zu beantwor-
es sinnvoll, sich am Ernstfall zu orientieren. So sollte ten, oftmals ist es hierzu sinnvoll, die gefundenen Er-
man frühzeitig entscheiden, ob lnan etwa mit Kar- gebnisse nochmals kurz zusammenzufassen. Zu guter
It teikarten arbeiten möchte, und dann auch stets das Letzt folgt ein freundliches ,,Vielen Dank für Ihre
gewählte Arbcitsmaterial verwenden. Kommentâre, Aufmerksamkeit."
Lehrbücher etc. gehören nicht dazu, vielmehr geht es 24 S 15 IV JAG NRV, abweichend etwa S 9 II JAO (Berlin),
darum zu lernen, zu dem zu ,,stehen", was man eigen- \ 20II HmbJAG, S 26 II SächsJAPO.
ständig vorbereiten kann und dieses, trotz etwaiger 25 Entsprechendes gilt i.Ü. auch für die Teilnahme am Klausuren-
kleiner Unsicherheiten, selbstsicher vorzut ragen.28 kurs. Geeignete Übungsvorträge finden Sie etwa baí Awgsberg/
BurÞ.izcak, Der Kurz.vortrag im Erstcn Examen (Öffentliches
Zum selbstsicheren Vortragen gehört ebenso, stets zu
Recht); Augsberg/Büfer, Der Kurzvortrag im Ersten Examen
seinen Zuhörern, hier also der Kommission, zu spre- (Zivilrecht), 2. Aufl., 2011 und Augsberg/Mittler,Der Kurzvor-
chen, also Augenkontakt zu halten und frei, genauer trag im Ersten Examen (Srrafrecht), 2. Aufl ., 2013; Pagenh.opf/ Ro-
halbfrei mit Sprechzetteln, vorzutragen. \üenn man sentbal/ Rosenthal,Der Yorrrag im 1. juristischen Examen, 2OO7; je
ein Vortrag aus jedem Gebiet findet sich auch in LL 4/2011,.
sich an die Vorbereitungszeit hält, ist ein vollständiges,
,,Si tacuisses, philosophus mansisses." (,,Venn du geschwiegen
ablesbares Manuskript ohnehin nicht erstellbar, außer- hättest, ¡vârest du Philosoph geblieben.") - nach Boethis, vgl.
dem entspricht das Ablesen eines Vortrages nicht den Bùcltmann, Geflügelte \lorte, 43. AvÍL.,2007,5.367 f .
Prüfun gs anforderun gen.2e 27 Zu der en Bedeutung entsprechend Wittre ck, AL 201 1,, 261, 266.
28 Mit Blick auf die - hier nicht behandclte, abcr ebenfalls er-
forderliche * fachliche Vorbereitung ist es jedoch anzuraten,
IV. Routine gibt Sicherheit sich nach dem geübten Vortrag zumindest kurz mit der Mu-
sterlösung zu beschäftigen, damit Falsches nicht hängenbleibt.
Um elegant in den Vortrag hinein und auch wieder hi- Lassen Sie sich von diesen oft schon aufgrund ihrer Ausfùhr-
naus zu kommen, ohne Unsicherheiten am Start oder lichkeit ohnc Hilfsrnittel und in der begrenzten Zeit unerreich-
baren Ideallösungen jedoch bitte nicht abschrecken!
Verlegenheitspausen am Ende, sollte man sich bereits
29 So ausdrücklich die Hin¡veise des JPA Hamm unter http://
in der Übungsphase eine feste Vorgehensweise ange- www.ol g-hamrn. nrw.delauf gaben/justizpruefu ngsamt/03-
wöhnen und sich entsprechende Fonneln zurechtle- jpa-a-llís
-2,/
33-vortraglindex.php [Stand: 05.08.201 3].

*,.
wi,
296 An Lpc¡runvrø 4/2013 Gnunor-RcEN

C. Die Rahmenbedingungen nötigten Materialien (Stifte, eventuell Karteikarten,


eine gut lesbare Uhr), Ihren gültigen Personalausweis
I. Vortragsthema, Hilfsmittel und Materialien in oder Reisepass sowie die Ladung frühzeitig bereits am flã
der Prüfung Vortag bereitlegen. Gleiches gilt für das Herauslegen
ä
und Durchgehen (,,von Kopf bis Fuß") dei Kleidung ,-T

Ncben den Namen der Prüfer bekommt der Kandidat nebst Schmuck und Sehhilfe. Auch etwas ,,Proviant"
mit der Ladung zur mündlichen Prüfung auch mit- sollte man nicht vergessen - abhängig von derZahl der
geteilt, zu welchem Rechtsgebiet (Zívilrechq Öffent- Mitprüflinge kann eine Prüfung vom Morgen bis in
liches Recht oder Strafrecht) er seinen Vortrag halten den Nachmittag dauern. Sollte der Prüfungsort nicht
wird.30 Ihrem tüohnort entsprechen bzw. diesem nah sein, ra-
Das OLG Hamm stellt den Kandidaten am Prü- ten wir dazu, am Prüfungsort zu übernachten. Jeden-
fungstag sämtliche Gesetze, Papier und Bleistift zur falls sollten Sie einen großzügigen Zeir.puffer ftir die
Verfügung. \Wer hiermit arbeiten möchte, sollte auch Anreise einplanen.
für Übungsvorträge die gleiche Ausstattung wählen.
Vielfach wird es jedoch sinnvoll sein, eigenes Schreib- II. Vom Vorgespräch in den Prüfungsraum
material, etwa einen breiteren Stift, mitzubringen -
während des Vortrags sollte ein schneller Blick auf die Vor Prüfungsbeginn geht es kurz zum Gespräch mit
notierten Stichwörter möglich sein, mithin sollte der dem Vorsitzenden. Vor diesem Gespräch braucht nie-
Vortragende nicht in eine Situation geraten, in der er mand Angst zu haben, dennoch kann es nicht schaden,
erst das dünn beschriebene Blatt direkt vor die Au- sich vorher noch einmal seinen eingereichten Lebens-
gen halten muss, bis er sein Stichwort findet. Oftmals lauf anzuschauen und sich auf ein paar Standardfra-
S)
lässt sich ein Vortrag flüssiger gestalten, wenn man genr3 vorzubereiten.
Karteikarten (ca. DIN A6) verwendet und diese mit Viele Prüflinge fragen sich, ob es sinnvoll ist, im Vor-
einem kräftigen, gut lesbaren Stift beschreibt. So hat gespräch von sich aus einen ,,Notenwunsch" zu äu-
man immer nur ein paar Stichwörter vor Augen, wes- ßern. Die Antwort hierauf gibt bereits die Aussicht,
halb beim Blick auf ðenZettelstets klar wird ,,wo man wie der Vorsitzende reagieren könnte: Ein Kommentar
ist", so dass man statt langwierigen Suchens auf dem oder gar die Einschät^)ng der Erfolgsaussichten auf
Blatt Augenkontakt halten kann. Auch diese Metho- eine bestimmte Note ist ihm verwehrt, sodass das Ge-
de sollte man jedoch vorher üben und sich zugleich spräch ftir beide Seiten unangenehm unterbrochen wä-
angewöhnen, vor jeder Bearbeitung die Karteikarten re. IJnserer Ansicht nach lässt sich eine (realistische)3a
zu nummeneren, um ein Durcheinanderkommen aus- Zielvorstellung allerdings gut etwa bei der Frage nach
zuschließen. Auf diese Weise bekommt man auch ein einem Berufswunsch oder der Zúriedenheit mit den
gutes Gefühl, wie viele Karteikarten bzw. beschriebene schriftlichen Ergebnissen, etwa im Vergleich zum
Blätter man in der zur Verfügung stehenden Zeit etwa Abschnþiden im Klausurenkurs einflechten. Sehr un-
,,schafft" und kann so seine Zeitwährend des Vortrags schön wirkt es jedenfalls, seine Notenvorstellung nur
besser einteilen. ,,nach unten" zu formulieren oder gar Desinteresse am
Ausgang der Prüfung zu signalisieren.
II. ,,lùf'as zieh' ich a;n?" - Die Kleiderfrage Anschließend werden die Prüflinge im 15-Minuten-
Takt in den Vorbereitungsraum begleitet. Man be-
Zur Kleiderfrage haben sich die Verfasser bereits an kommt einen Platz mit Gesetzestexten, Papier und
genannter Stelle ert.jl Zwar handelt es sich bei
geäuß Bleistift zugeteilt und nach Erhalt des Sachverhaltes
der mùndlichen Prüfung um ein amtliches, forma- läuft die einstündige Vorbereitungszeit. Die Atmo-
lisiertes, wenn man so will ritualisiertes, Verfahren; sphäre im Umfeld der Prüfung, im Vorbereitungs- und
doch wer sich mit einer Krawatte partout nicht wohl- Prüfungsraum, ist, was nicht zuletztdem mit Situation
fühlt, belässt es bei Hemd und Jackett, ebenso wenig
braucht sich die Dame gezwungen fühlen, ein Kostüm Zu diesem Zeitpunkt kommen auch die Protokolle ins Spiel,
zu tragen.3z Benotet wird die Leistung des Kandidaten, vgl. Ebeling/Gusy, AL 2)ll, 281,282 f. f)iese enthalten auch
Angaben zu den bereits gelaufenen Vorträgen. Dies kann dazu
nicht seine Kleidung - daher sollte diese, ebenso wie
dicnen, ein Gefühl für geeignete Vortragsthemen zu gewinnen;
Schmuck und Frisur, aber auch nicht zu sehr von der als Übungsvorträge sind die Protokollangaben aber in der Regel
Prüfung ablenken. nicht geeignet, da sie eben nur eine Inhaltsangabe darstellen und
häufig relevante Angaben ausgelassen werden (immerhin haben
D. Der Prüfungstag die Prüflinge nach dem Vortrag noch das Prüfungsgespräch
durchlaufen) oder falsch Verstandenes protokolliert wurde.
31 Eb eling/ G usy, AL 2011, 281', 284; anders als dort Scbildh euer,
I. Am Prüfungsmorgen AL 2011,359,360.
32 Die Verfasserin erschien zu ihrer mündlichen Prüfung im Ho-

Achten Sie im Vorlauf zum Prüfungstag darauf, sich senanzug; die Ve¡fasser in Jeans und Jackett bzw. Freizeitanzug
und Rollkragenpullover.
nicht kommunikativ abzuschotten und sorgen Sie für 33 Insbesondere ,,lVarum haben Sie Jura studie rt?"; ,,\ü¿rum in X-
ausreichend Ablenkung und Entspannung. Um Stress Stadt?" - weitere Inspirationen in allen Prüfungsprotokollen.
am Prüfungsmorgen zu vermeiden, sollten Sie die be- Vgl. dazu E b e ling/ G øsy, 2011, 281., 283.
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Gnurqoracer.¡ Ao LBcrNournt 4/2013 297

und Sorgen der Studenten meist seit Jahren vertrauten von Verwirrungen unbedingt eine Uhr mit, die keine
lVachpersonal der Gerichte zu verdanken ist, insge- Geräusche macht. Bitte achten Sie darauf, Ihren Vor-
samt sehr prüfungsfreundlich. Sie sollten nun lhren trag, wie in der Vorbereitungszeit geübt. weitgehend
Vortrag wie geübt vorbereiten. Mit Blick auf die zu er- ,,halbfrei" (s.o.) zu halten, sich also von Ihren Noti-
wartende Aufregung in der Prüfungssituation kann es zen zlJ lösen und die Prüfer anzuschauen. Diese sind
nie schaden, sich noch einmal die absoluten Basics ins gehalten, keine Reaktionen (Nicken, Gesten etc.)
Bewusstsein zu rufen, etwa mit Hilfe einer kurzen (!) zum Vortrag abzugeben; auch eine scheinbar ,,gelang-
Liste, auf die man beim Frühstück einen letzten Blick weilte" Miene stellt also keineswegs einen Grund zur
wirft: Beunruhigung dar. I)en Protokollen können Sie viel-
- Sachverhalt und Bearbeiterhinweis sorgfältig lesen. fach schon einiges zur typischen Mimik Ihrer Prüfer
- Gut lesbar schreiben, um später den Vortrag flüssig entnehmen und sich hierauf einstellen. Ein Mitglied
halten zu können. der Kornmission wird Ihren Vortrag protokollieren,
-
Karteikarten vor Beginn durchnummerieren und - also durchgehend mitschreiben, aber auch die anderen
notfalls auf dem \Øeg zum Prüfungsraum - sicher- Prüfer können sich durchaus Notizen machen.
stellen, dass sie in der richtigen Reihenfolge sind Gerade in der Prüfungssituation geschieht es, dass
(auch irn Prüfungsraum darf man noch kurz (!) sein Kandidaten plötzlich Zweifel an ihrer rechtlichen Lö-
Material ordnen). sung bekomme.r. Üben Sie in der Vorbereitungsphase,
- Auch die Erinnerung an ,,persönliche Ticks" (s.o.) in jedem Fall nach Ablauf der Vorbereitungszeit bei
kann nicht schaden. Ihrer gefundenen Lösung zu bleiben und setzen Sie
'!üachpersonal
'Venn man schließlich vom aus dem dies auch im Ernstfall um. Sie sollten Ihren Vortrag
Ð Vorbereitungsraurn gebeten und zum Prüfungsraum niemals ,,in der Mitte umreißen", denn dann drohen
geleitet wird, heißt es ruhig durchatmen und sein Be- \Widersprüchlichkeiten, welche schwerer wiegen, als
stes geben. eine falsche, aber stringent und vielleicht folgerichtig
dargestellte Lösung. Machen Sie sich auch in diesem
III. Der Prüfungsvortrag Zusammenhang noch einmal klar, dass Verhaltenswei-
sen der Prüfer nicht an Ihrem Vortrag liegen müssen,
Benehmen Sie sich im Prüfungsraum möglichst ,,nor- ein etwaiges Kopfschütteln kann z.B. auf die Zuhörer
mal", begrüßen Sie die Anwesenden beim Eintreten bezogen sein und diese zur Ruhe ermahnen, vielleicht
mit einem freundlichen ,,Guten Morgen" (solange es handelt es sich auch nur um vermeintliche Reaktionen,
noch Morgen ist) bzw. ,,Guten Tag"; Sie dürfen auch die Sie in der Prüfungssituation ,,überinterpretieren".
gerne dem Publikum kurz - bitte nicht überbetont - Nachdem Sie Ihre Lösung und Ihr auf die Fallfrage
zunicken. Schaffen Sie eine normale Gesprächsatmo- bezogenes Gesamtcrgebnis dargestellt und der Kom-
sphäre, auch wenn der Vortrag selbst natürlich kein mission für ihre Aufmerksamkeit gedankt haben, ist
(zweiseitiges) Gespräch darstellt. Sie sollten Ihr Ge- der Einstieg in die mündliche Prüfung auch schon
setz vor dern Vortrag - und nicht erst währenddessen gemeistert. Vor Verlassen des Raumes geben Sie Ih-
- an der ersten relevanten Stelle aufschlagen und Ihre ren Sachverhalt bei der Kommission ab, Ihre Notizen
Unterlagen wie in der Vorbereitungszeit geübt zu- dürfen Sie mitnehmen.

I rechtlegen, sowie sich, wenn Sie möchten, Ihr Getränk


(auf den Tischen stehen Gläser und \Øasser) bereitstel-
len. Sie sollten die Geduld der Prüfer damit aber nicht
In der folgenden Pause sollten Sie versuchen, nicht
über den Vortrag zu reden und die Vortragssituation
aus dem Kopf zu kriegen. Viele Kandidaten schätzen
länger als etwa zwci Minuten ,,strapazieren". ihre Leistung zu schlecht ein; vermeiden Sie es, sich
Der Vortrag wird üblicherweise im Sitzen gehalten.35 auf diesem lVege verrü ckt zu machen. Im folgenden
Ein im Stehen gehaltener Vortrag wirkt für die sitzen- Prüfungsgespräch wird üblicherweise nicht mehr auf
de Kommission leicht wie im \Øortsinn ,,von oben he- den Vortrag Bezug genommen und sogar versucht,
rab" - verboten ist es aber nicht, Auch Gesten sollten, Themen des Vortrages bewusst zu vermeiden.
ganz wie in der Vorbereitung geübt, sparsam einge-
setzt werden, um das ZieI eíner Gesprächssituation zu E. Schlusswort
erreichen und nicht stattdessen eine Rede zu halten.
\Wenn Sie anschließend mit Ihrer geübten Anrede be- Als Jurist werden Sie die freie Rede immer wieder
ginnen, läuft auch Ihre Zeit. Die Zeiteinteilung haben brauchen, die Übung für den Vortrag ist also gleich-
Sie zu diesem Zeitpunkt zur Genüge geübt, dennoch zeitig ein wesendicher Schritt in Richtung der späteren
ist es für viele Kandidaten hilfreich, zur Selbstkon- Berufstätigkeit. Mit etwas Übung können hier selbst
trolle eine eigene Uhr mitzubringen. Probieren Sie das schüchteme Personen sehr viel erreichen.
Reden mit und ohne Uhr ztyor aus und lassen Sie die Der Vortrag ist mithin nicht nur eine ,,Hürde", son-
Uhr weg, wenn Sie feststellen, dass der ständige Blick dern vielmehr auch eine Chance - nutzen Sie sie!
darauf Ihren Vortrag beeinträchtigt. Der Ablauf der
Höchstrcdezeit von zwölf Minuten wird durch den
Vorsitzende n angezeigt, teils auch mit einem akusti- 35 Entscheiden Sie sich diesbezùglich jedenfalls frühzeitig und
schen Signal. Bitte nehrnen Sie also zur Vermeidung übcn Sic cntsprcchcrrd.

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