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Goldsmiths CCA

Dem Haupteingang, vis-à-


vis des Visual Arts Gebäu-
des, lagert ein neuer Aus-
stellungskubus einen über-
dachten Pufferraum vor.
Ansicht im Maßstab 1 :333

Goldsmiths Centre for


Contemporary Art
Das Architekturkollektiv Assemble hat ein Londoner Badehaus zur
Kunstgalerie umgebaut. Ihr Umgang mit dem Bestand: ruppig und
zugleich wohlreferiert. Auf der Suche nach dem Einklang von Nutzen
und Schönheit legen sie gern selbst Hand an. Text Josepha Landes
Neue und alte Fassaden- Ein Bad, ein Rathaus, eine Universität – der Stand- Die Notwendigkeit, Körperhygiene der öffentli-
muster: Die Wassertanks
ort des Goldsmiths, der Kunsthochschule der chen Hand anzuvertrauen, hat sich mittlerweile
wurden teils zu Ausstel-
lungsräumen umgewandelt. University of London, liegt in New Cross, einem stark verringert. In den neunziger Jahren erwarb
Die konstruktiv gekreuz­- Stadtteil im tiefen Südwesten der Stadt. Von die University of London das leergefallene Ge-
ten Stahllisenen ihrer Wän-
der Overground-Linie kommend, markiert das bäude, entkernte es grob und bestückte die zen-
de referieren die neuen
grünlichen Faserzementplat- schmuckvolle Gebäude der ehemaligen Dept- trale Bassin-Halle mit Atelier-Séparées für die
ten ohne nachzuahmen. ford Town Hall den Eingang zu einem weitläufi- Studenten des Goldsmiths. Der hintere Teil, wor-
Alle Abbildungen: Architek- gen Campus. Nicht weniger prunkvoll als jener, in die Wassertanks, Pumpen, Wasch- und Wä-
ten
1905 von Henry Vaughan Lanchester und Edwin scheräume enthalten gewesen waren, blieb vor-
Alfred Rickards entworfene Bau, flankiert die erst unbedacht.
Fassade des alten Badehauses, der „Laurie Grove Seit dem vergangenen Herbst befindet sich
Baths“, eine Seitenstraße. Ein Durchgang von dort eine Galerie für Gegenwartskunst, entwi-
hier auf den Campus ist reich im jakobinischen ckelt vom Londoner Architekturkollektiv Assem-
Stil verziert, verdüstert sich jedoch zum Innen- ble. Der Bau wurde co-finanziert aus einer Kunst-
hof hin. Die soziale Wirklichkeit der Entstehungs- auktion, in der Gold­s miths-Absolventen ihre
zeit entpuppt sich: Das Bad, das über jenem Werke bei Sotherby’s versteigerten. Es handelt
Durchgang an zweigeschossige Einfamilienhaus- sich, was in der Universität kontrovers disku-
reihen angebunden ist, war, 1895–98 nach Plä- tiert wurde, nicht um Ausstellungsräume für die
nen von Thomas Dinwiddy errichtet, ein vollends Studenten, sondern für externe Künstler – ein In­
funktionaler Bau: eine öffentliche Badeanstalt, spirationsraum für Universität und Nachbarschaft.
um die Sauberkeit der Menschen, in Ermangelung Den unteren Teil des Campus, auf dem sich
sanitärer Einrichtungen im eigenen Haus, zu ge- dieses Goldsmiths Centre for Contemporary Art
währleisten. (CCA) befindet, dominiert das 2005 eröffnete,

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Architekten
Assemble Studio, London

Bauleitung
Bryen and Langley, Kent

Tragwerksplanung
Alan Baxter, London

Bauherr
Goldsmiths University

Hersteller
Verglasung Saint Gobain
Fenster Velfac
Beschläge Allgood, Velfac
Sanitärobjekte Armitage
Shanks
Leuchten Granby Work-
shop, Philips, DAL
Schalter und Steckdosen
M Clad
Aufzüge Premier Platform
Lifts

2 2

3 FAP

2 2

siebengeschossige Ben Pimlott Building, Instituts-


gebäude der Visual und Digital Arts, das eine an
Es handelt sich nicht um nen Wänden, grob verputzt, durchzogen von Lei-
tungen und mit Überbleibseln der Ursprungs­
Durch ein Fenster auf der
Galerie im Eingangsfoyer

loses Celluloid erinnernde Metallskulptur krönt. Ausstellungsräume für nutzung, etwa alten Wäscheregalen, bestückt.
lässt sich ein Blick ins ehe-
malige Schwimmbad, jetzt
Ihm gegenüber stehen einige Baracken, die Bü- die Studenten, sondern Über dem Eingang ergänzten die Architekten mit Atelierboxen bestückt,
erhaschen (linke Seite,
ros und Seminarräume enthalten. Das Badehaus, eine aufgeständerte Blechkiste und fügen so im
nun Kunstgalerie, ragt tief in den Hof hinein. Die für wechselnde externe Obergeschoss einen Ausstellungs- und im Erd­
kleines Bild).
Schnitt im Maßstab 1:333
Eingänge der beiden Institutionen liegen sich ge- Künstler – ein Inspira­ geschoss einen Pufferraum zwischen Foyer und
genüber. Das Areal soll, einem Masterplan zufol­- Hof ein. Diesen zusätzlichen Kubus bekleiden Pa-
tionsraum für Universität
1 Void
ge, in den kommenden Jahren umstrukturiert wer- neele aus petrolgrün verwaschenem Faserbeton. 2 Ausstellungs  s äle
den. Assembles Entwurf für die Galerie griff die­- und Nachbarschaft. Der Farbton ist eine Referenz an das Wasser, 3 Eingangsfoyer
se Vision eines offeneren, von den Baracken be- spielt aber auch im Rahmen der für den Lack an
freiten Raums bereits auf. Sie konnten die Jury ren Raumzuschnitten oder außergewöhnlicher Geländern und Rohren erhältlichen Nuancen. Die
des 2014 um das Gebäude ausgelobten Wettbe- Ausstattung gewesen. Auch der Denkmalschutz- gewellten Elemente sind Fertigteile aus dem land-
werbs auch durch eine große Öffnung in der Fas- status beziehe sich vornehmlich auf die Baderäu- wirtschaftlichen Nutzbau. In ihrer Rasterung neh-
sade für ihren Vorschlag begeistern. Dieses breit me im vorderen Gebäudeteil. Für die Umwandlung men sie Bezug auf die ornamentale Fassade der
eingeschnittene Fenster mit Blick auf den zu- in eine Galerie zelebrieren die Architekten zum alten Wassertanks, zwischen welchen der neue
künftigen Hof und der grobe Einsatz massiver, ro- einen die alten Wassertanks, die auf einem Sockel Körper Platz findet. Die Idee, Nützliches zu Schö-
ter Stahlträger zu seiner Stabilisierung verdeut­ aus Backsteinmauerwerk thronen, zum anderen nem zu machen, lag auch den kreuzförmigen Li-
lichen den für das gesamte Umbauprojekt ange- schlagen sie ein doppelgeschossiges Void in die senen auf jenen alten Stahlbehältern zugrunde. Sie
wandten, für Assemble typischen Duktus: Hands- Mitte des Baukörpers, um das herum sie die üb­ sind sowohl im Inneren als auch außen zu sehen.
rigen Ausstellungsflächen wickeln. Die Räume Gleichwohl musste die Konstruktion der Tanks im Das mittig ins Gebäude ge- Im Untergeschoss wird es
on. Architekt Adam Willis erklärt, dass die Gruppe
schlagene Void ist vom Erd- als multimedial bespiel­­-
das Gebäude gemäß der Gegebenheiten behan- sind von jeweils eigenem Charakter, krumm ge- Zuge der Umnutzung verstärkt werden, weil sich geschoss durch Türen und barer Raum Teil des Ausstel-
delt habe. Es sei kein Schmuckstück mit besonde- schnitten, als Enfilade angelegt, mit rau belasse- die Kraftverhältnisse verkehrt haben. Statt des Durchbrüche einsehbar. lungsrundgangs.

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Assemble verstehen sich


5
als angewandte Gestal­-
ter – von Architektur bis
Dialog. Sie arbeiten in
Zweierteams, damit sich
Verantwortung leichter
trägt.
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Wasserdrucks von innen sind die frei spannen-


den Räume nun Windlasten von außen ausge- Die Hoffassade krönen vier
„Tanks“. Ein breites Fens­-
setzt. Die Tanks wurden außerdem um je ein Feld-
ter im Eingang nimmt die Pla-
4 maß erhöht, um Tageslichteinfall zu ermöglichen. nung eines zukünftig frei­
Assemble verstehen sich als angewandte Ge- eren Hofes vorweg.
5 stalter – von Architektur bis Dialog. Sie arbeiten
in Zweierteams, damit sich Verantwortung leich-
ter trägt. Im Laufe des Goldsmiths Projekts hat
5 sich die Struktur der Gruppe gefestigt, ein erster
Angestellter gesellte sich zu der, seit 2010 on/off
bestehenden, Kerngruppe von 15. Das Goldsmiths
war das erste permanente, nach einer Reihe von
temporären Bauten aus ihrer Hand, darunter eine FAP

2013 mit dem Bauweltpreis ausgezeichnete,


zum Kino konvertierte Tankstelle (Bauwelt 1.2013).
In Liverpool sind sie mit der fortlaufenden Nach-
Die Galerie im Eingangs-
1 „Puffer“ vor dem Eingang
foyer führt zu den alten und barschaftsrenovierung „Granby 4 Streets“ be-
2 Eingangsfoyer neuen Ausstellungs- schäftigt (Bauwelt 44–45.2015), wofür sie 2015
3 Galerie sälen, die neuen weiß, der
den Turner Prize bekamen. Dort wie auch im Gold­
4 Void alte eisern schwarz.
Grundrisse und Ansicht im smiths spielen die Werkstätten des Kollektivs
5 Ausstellungssäle Maßstab 1 :333 eine Rolle. So entwickelten sie etwa gelbe Faser-
6 altes Badehaus
zementfliesen, ähnlich der Fassadenverklei-
7 Cafeteria
dung, und geschmiedete, schimmernd emaillier-
8 möglicher Zweiteingang
te Stühle für das Galeriecafé selbst.

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