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Dürr, Alfred, * 3. März 1918 in Charlottenburg, + 7. April 2011 in Göttingen, dt.

Musikwissenschaftler

Nach seinem Militärdienst begann Dürr 1945 ein Studium der Musikwissenschaft (Rudolf
Gerber) und der Klassischen Philologie (Kurt Latte und Wolf-Hartmut Friedrich) in Göttingen,
das er 1950 mit einer Dissertation über die frühen Kantaten J.S. Bachs abschloss. Von 1951 bis
1983 war Dürr als Gründungsmitglied der zunächst einzige wissenschaftliche Mitarbeiter des
Johann-Sebastian-Bach-Instituts in Göttingen, dessen stellvertretender Direktor er von 1961 bis
1981 war. Ferner war Dürr von 1953 bis 1974 Mitherausgeber des Bach-Jahrbuchs.

Ab 1976 war Dürr Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. 1982 erhielt er die
Ehrendoktorwürde des Baldwin-Wallace College, Berea, Ohio, 1995 die der Universität Oxford
und 2007 die theologische Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin.

Dürrs wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf das Werk von J.S. Bach. In seiner Funktion
als wissenschaftlicher Mitarbeit am Bach-Institut und als Editionsleiter der Neuen Bach-
Ausgabe editierte er nicht nur viele (13 allein und 6 mit Kollegen), sondern auch einige der
Quellenlage wegen schwierigsten Werke (WTC). Da Dürr auch die wissenschaftliche Kontrolle
über die institutsfremde Editoren ausübte, hatte er großen Anteil an den editionstechnischen
Neuerungen, die zuerst in der NBA zu Anwendung kamen. Herauszustellen ist dabei die
Übernahme strikter philologischer Methodik, was sich bspw. in dem Anspruch äußerte, jede
verfügbare Quelle auch zu nutzen; ferner auch die materielle Grundlagenforschung: Dürr
konnte 1957 in Zur Chronologie der Leipziger Vokalwerke J.S. Bachs mit Hilfe u.a. der
Wasserzeichenforschung nachweisen, dass die meisten Leipziger Kantaten in den frühen
Leipziger Jahren entstanden, was das Kantatenschaffen Bachs in ein völlig neues Licht stellte;
sowie die Anwendung neuer technischer Hilfsmittel in Form von Radiographie, Photographie
und elektronischer Datenverarbeitung.

Dürr verfasste auch Werkseinführungen zum WTC, der Johannespassion und den Kantaten,
die, auch dem interessierten Laien zugänglich, sich großer Beliebtheit erfreuen. Dürr ist durch
seine Editionsarbeit und seine Rolle bei der Etablierung neuer wissenschaftlicher Standards in
der Editionsarbeit als einer der herausragenden Bach-Forscher des 20. Jahrhunderts zu
betrachten.

Schriften (Auswahl)

 Studien über die frühen Kantaten J.S. Bachs, Dissertation, 1950


 Zur Chronologie der Leipziger Vokalwerke J.S. Bachs, Bach-Jahrbuch 1957
 Die Kantaten von Johann Sebastian Bach, Kassel, 1971
 Die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach, ebd., 1988
 Johann Sebastian Bach. Das wohltemperierte Klavier, ebd., 1988
Literaturverzeichnis

Dürr, Alfred, Art. „Dürr, Alfred“, in: MGG online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel,
Stuttgart, New York, 2016ff.

Humboldt-Universität zu Berlin, „Ehrendoktorwürden“, https://www.hu-


berlin.de/de/ueberblick/menschen/ehrungen/ehrendoktor, abgerufen am 16.03.2019

Staehelin, Martin, „Alfred Dürr“, in: Die Musikforschung, vol. 64, no. 3, 2011, S. 217-218.
JSTOR, www.jstor.org/stable/41473957, abgerufen am 16.03.2019

Staehelin, Martin, „Nachruf auf Alfred Dürr“, in: Jahrbuch der Göttinger Akademie der
Wissenschaften, 2012(2), S. 303-307. https://doi.org/10.1515/jbg-2012-0028, abgerufen am
16.03.2019

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