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Dritter Band
Fabel — Gyges
und Nachtrag
W
DE
G
Walter de Gruyter • Berlin • New York
1957-1971
D6
6 9 - Ä
vol 3
ISBN 3 11 003705 X
1971 by Walter de Grayter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J.Guttentag, Verlagsbuchhandlung —
Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp., Berlin 30
Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien
auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany.
Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30
Vorbemerkung.
Nach langer Unterbrechung nimmt das Reallexikon der Assyriologie nunmehr sein
Erscheinen wieder auf. Es steht zu hoffen, daß es mit Hilfe zahlreicher Mitarbeiter
gelingen wird, die Lieferungen in regelmäßigen Zeitabständen herauszubringen und
so das große Werk in absehbarer Zeit zu einem guten Ende zu führen.
Während der letzten Jahre hatte E r i c h E b e l i n g weitreichende Vorarbeiten für
die neuen Bände geleistet. Er hatte auch die Beiträge mit dem Anfangsbuchstaben
F und die Hälfte der Beiträge mit dem Anfangsbuchstaben G bereits zum Druck ge-
geben. Der neue provisorische Herausgeber begann seine Tätigkeit, als der Umbruch
von F schon vorlag. Er und seine eifrige Mitarbeiterin, Frau Dr. M a r g a r e t e F a l k n e r ,
konnten sich damit begnügen, in diesem Teil hier und da, wo es nötig war, verbessernd
einzugreifen, sie haben aber sonst an der vorliegenden Gestaltung der Beiträge nichts
geändert.
*
eine Kulturgeschichte des Zweistromlandes, die nur ein Mann schreiben konnte, der wirk-
lich in allen Zweigen der Wissenschaft vom Alten Orient zu Hause war. Die letzten bei-
den Jahrzehnte seines Lebens widmete Meissner der Ausarbeitung eines neuen Assy-
rischen Handwörterbuches, das er etwa zur Hälfte fertigstellte und das nun von W. von
Soden ergänzt und zu Ende geführt wird.
In Breslau und Berlin hat Meissner zahlreiche Schüler für die Assyriologie begeistert
und zu tüchtigen Gelehrten ausgebildet. Zu seinem 60. Geburtstage wurde er durch
eine umfangreiche Festschrift, zu seinem 70. Geburtstage durch eine Plakette geehrt,
die wir hier im Bilde wiedergeben.
IV Sp. 993 ff.). In einer Sammlung von Fackel als Symbol. Der Gott Gibil,
Witzen und Bonmots aus dem J. 716 v.Chr. dessen Name inMetathesis vielfachBIL-GI
(KAR IV Nr. 174 und W e i d n e r AfO geschrieben wurde, da es sich um einen
XVI S. 80) sind Fabeln in kürzester Form bannenden, magisch wirkenden Gott han-
(2—3 Zeilen) wiedergegeben. Unter ihnen delt, heißt „flammendes" (BIL = Feuer)
verdient diejenige von der Mücke und dem „Rohr" (Gl), also genau „Fackel". Sein Er-
Elefanten eine Hervorhebung, weil sie bei kennungszeichen war also anfangs die F.
B a b r i o s (Nr. 84 Schneidewin) in grie- selbst. Später, als die L a m p e an Stelle
chischer Sprache wieder vorkommt (s. der F. getreten war, hat man dem Feuer-
E b e l i n g MAOG II 3 S. 49f.). Gegen die träger Gibil die Lampe als Erkennungs-
Bezeichnung „Tenzone" für Fabel s. zeichen übertragen. Er ist in dem Kudurru
L a n d s b e r g e r JNES VIII, S. 295f, des Nazi-Maruttas (Kol. IV, Z. 18—19)
W e b e r Die Literatur der Babylonier und ausdrücklich als sipru = Instrument des
Assyrer, S. 303ff.; J o h n s t o n Beast Fahles, Gottes Nusku bezeichnet worden, also als
AJSL 1912 S - 3 i f f . ; E b e l i n g Die babylonische Lampen träger des Feuers (des Nusku),
Fabel und ihre Bedeutung für die Literaturge-
schichte, MAOG I I 3; D e r s . JCS IV, S. 215Ü.; s. F l a m m e . Die Übersetzung „Bote"
G r e ß m a n n Israels Spruchweisheit-, M e i s s n e r wäre auch möglich und hätte denselben
B u A I I , S.427ff.; D i e l s s. o b e n ; M e i s s n e r Die Sinn.
babylonisch-assyrische Literatur, S. 82 f. (auf
Grund von E b e l i n g , s. oben); J e r e m i a s BIL-GI = GI-BIL: D e i m e l Pantheon, Nr.
Handbuch der Altorientalischen Geisteskultur2, 598; F. J e a n Religion sum. 1931, S. i28f.;
S. 441 ff. (zum kosmisch-mythologischen Hin- H o w a r d y Clavis Nr. 90, 276: GI-BIL =
tersinn einer Art von Fabeln); N o u g a y r o l qanü suruptu = „flammendes Rohr", a.a.O.
MBanges Syriens . . . Dussaud, S. 73 ff. Nr. 277: GI-BIL-LÄ = gizillü = „Fackel",
279: GI-BIL-LÄ = tiparu = „Fackel"; E.
Für bildliche Darstellung von Fabelstoffen U n g e r Keilschrift-Symbolik, 1940, Nr. 48 =
vgl. J e r e m i a s a . a . O . , S. 440; M. v. O p p e n - Gl = „ R o h r " ; Nr. 157 = B I L = „Feuer".
heim Der Teil Halaf, S. 159ff. (Tierkapellen);
U n g n a d AfO, Beih. 1, S. I34ff. Kudurru des Nazi-Maruttas LSS, I I , 2,
S. 15 ( F r a n k ) ; S c h e i l MP I I , S. 90, Anm. 8;
Ebeling. D e l i t z s c h HW, S. 683.
T a l l q v i s t AG, S. 313, Girru = Gibil, Bilgi
Fabeltiere s. D ä m o n e n b i l d e r und
a.a.O., S. 229. Eckhard Unger.
Mischwesen.
Fahne s. S t a n d a r t e .
Fackel, sum. g i z i l l a , akk. qanü suruptu,
tiparu. Die F. wurde aus Rohrbündeln Fähre, Fährmann, Furt. Die große
(s. sum. Namen), die vielleicht in leicht- Menge der Flußläufe in der babylonischen
brennende Substanzen (Asphalt u. dgl., s. Landschaft bedingte ein häufiges Hin- und
E r d p e c h ) getaucht wurden, hergerichtet. Herübergehen über mehr oder weniger
Sie diente neben der Lampe (s. d.) der tiefes Wasser. Man konnte dies schwim-
Beleuchtung der Wohnung, bei der Feuer- mend oder mit Benutzung von auf-
post (s. d.) zur Zeichengebung. Im Kultus geblasenen Hammelschläuchen tun. Prak-
sorgte sie kathartisch für Sühnung der tischer war natürlich dafür das Boot. Die
beteiligten Personen neben Räucherbecken Briefe aus Mari zeigen uns mehrfach, daß
(passim in Beschwörungsritualen) und ver- die Bereitstellung von Booten für die Fluß-
scheuchte oder vernichtete die Dämonen passierung eine Verkehrsnotwendigkeit
und Hexen in effigie (s. z. B. Maqlü I war und daß bei Fehlen solcher Fahrzeuge
Z. 135 ff. oder IV R 49, Z. 47). Beachte peinliche Schwierigkeiten entstanden (vgl.
die interessante Fackelprozession in Uruk ARM XV S. 291, dort Stellen unter ba-
(s. T h u r e a u - D a n g i n in Rituels accadiens teau).
S. 118ff.), die wohl auch kathartischen Nicht jede Stelle am Flusse war, etwa
Zweck hatte. Für die Fackel als Omen- durch Strudel, hohes Ufer u. dgl., für den
träger vgl. U n g n a d AO X 3 S. 18, 31, Übergang günstig. Man erwählte daher
als Symbol des-Feuergottes (bildlich dar- dafür solche, die durch die Praxis sich als
gestellt) vgl. folgendes Stichwort. besonders geeignet erwiesen hatten (akk.
Ebeling. nebiru). Beispielsweise seien genannt: die
FAHRLÄSSIGKEIT 3
Übergangsstelle von Mankisu (s. OIP 43 Fahrlässigkeit. Die Unterscheidung
S. 130, Anm. 58; J e a n RA XXXV S. 110; zwischen einer vorsätzlichen und fahr-
ARM II Nr. 25, Z. 9) oder Tirqa/Sirqu lässigen Handlung ist bereits in der älteren
(ARM III Nr. 57, Z. 14). An solchen Zeit ersichtlich; ausdrücklich und direkt
Stellen sammelten sich gelegentlich Wohn- wird sie erst im Codex Hammurapi
siedelungen an, denen nach dem Charakter (=CH) —und zwar im Verkehrsrecht eben-
des Ortes auch der Name gegeben wurde so wie im Strafrecht — durchgeführt. Aus
(z. B. Nebiru sa Assur, s. d., Nebirtu, s. d.). den Gesetzesfragmenten von Esnunna
Daß man an besonders wichtigen Orten (=CB) sind nur solche Fälle zu verzeichnen,
einen ständigen Fährverkehr eingerichtet in denen die F. aus dem schädlichen Erfolge
hat, kann nicht mit Sicherheit gesagt deduziert werden kann. So z. B. haftet für
werden. Dafür spricht die Überfahrt- die durch Tiere zugefügten Schäden ihr
steuer (mikis nebiri) und weiter der Name Eigentümer, wenn er über die gefährliche
des Fährmanns der Unterwelt Humut- Eigenschaft der Tiere amtlich benach-
tabal „Hole eiligst weg", womit wohl nur richtigt wurde und trotzdem — offenbar
ein stets dienstbereiter Schiffer benannt aus eigener F.— keine Vorsichtsmaßnahme
werden kann, der auf den Ruf „Hol über" getroffen hat (§§ 54—57 CB); ähnliche
von dem jenseitigen Ufer veranlaßt wird, Haftung trifft auch den in gleicher Weise
seine Fähre in Bewegung zu setzen. Auch nachlässigen Eigentümer einer schadhaften
die Bezeichnungen für ein Fährschiff Mauer (§58 CB); nach §36 CB haftet
muttabritu, muStabritu mit der sumerischen auch der Verwahrer für die übernommenen
Entsprechung PEä.PES, die bedeutet, Sachen mit Ausnahme der unabwendbaren
daß man solche Schiffe besonders breit Eingriffe eines Dritten bzw. im Falle der
gebaut hat (vgl. S a l o n e n Wasserfahrzeuge Vernichtung der verwahrten Sache infolge
in Babylonien S. 23) und die Uferboote, des Hauseinsturzes des Verwahrers, wobei
S c h a e f f e r CuneiformTexts of RasShamra auch seine Sachen zugrunde gegangen sind
S. 39, lassen schließen, daß solche Schiffe (§ 37 CB). Nach den in Nippur gefundenen
am Fährplatz zur Benutzung liegen blieben Gesetzesfragmenten des Königs Lipit-Istar
(vgl. dazu Maqlü VII Z. 8f., wo es heißt: von Isin ( = CL) haftet der Eigentümer
„es ruht das. Fährschiff, ruht der Hafen, eines Grundstückes für den Einstieg in das
ruhen die Schiffsleute [ = Fährleute] alle- Nachbarhaus, den er durch vernach-
samt"). Für weite Fahrten flußauf und lässigte Sicherheitsmaßnahmen herbei-
-ab waren solche Schiffe kaum geeignet. geführt hat (Art. 11 CL); ebenso kann die
Für andere Namen des Fährschiffes vgl. Haftung des Mieters eines Rindes auch
S a l o n e n a. a. O. für fahrlässige Verletzung des Rindes
geltend gemacht werden (Art. 34ff. CL).
Ein literarisch berühmter Fährmann Auch im Fragment der sog. sumerischen
ist Ur-sanabi, der im Gilgames-Epos den Gesetze aus Uruk kann in der gemäß §1
Titelhelden nach der Insel des Uta- angeordneten Strafe für die Verletzung
napistim hinüberbringt über die Wasser einer schwangeren Frau, durch welche ihr
des Todes. eine Fehlgeburt verursacht wurde, eine
Im Zauber spielt das Abbild eines Fähr- Sanktion eventuell für die fahrlässige
schiffes, in dem die Hexe sitzt, eine Rolle Handlung erblickt werden, während die
(vgl. Maqlü VIII Z. 35 ff.). nächste Bestimmung denselben Straferfolg
Gewiß gab es auch manche seichten mit doppelter Buße bestraft, falls der
Stellen, wo man, wenigstens bei niedrigem Schaden nachweisbar vorsätzlich zugefügt
Wasserstande, den Fluß trocknen Fußes wurde. Ferner wird hier (vgl. §§ 26, 27)
überschreiten konnte, sog. Furten (s. noch die Haftung des Eigentümers eines
z.B. N ö t s c h e r Or5i—54 S. 139 Z.i36f.). Viehhofes bestimmt: dieselbe betrifft die-
Notizen über solche Orte sind jedoch, an- jenigen Verluste, bei denen der Hirte seine
scheinend, nicht erhalten. Für B r ü c k e n Unschuld nicht nachweisen kann; das Ein-
s. d. Für Nibiru = Marduk s. d. dringen eines Löwen wird als ein den Eigen-
Ebeling.
4 FAHRLÄSSIGKEIT 4
und althellenischen Gesetzgebung 1933. P. K r a u s Außer der oben zitierten Lit. vgl. J a s t r o w
Altbabylonische Briefe aus derVorderasiatischen Religion Assyriens und Babyloniens II S. 797,
Abteilung der Preußischen Staatsmuseen zu 801, 8o4ff., 8o6f., 809, 84iff. Ebeling.
Berlin I 1931 u. I I 1932 = MVAeG XXXV/2,
X X X V I . M. S a n N i e o l 6 Beiträge zur Rechts- Falkenstein Adam, geb. 17. 8. 1906 in
geschichte im Bereiche der keilschriftlichen Planegg bei München; Privatdozent in
Rechtsquellen 1931. A. U n g n a d Babylonische
Briefe aus der Zeit der Hammurapi-Dynastie
München und Berlin, 1940 ao. Prof. in
I9I4- Klima. Göttingen, 1949 o. Prof. in Heidelberg.;
Teilnehmer an der (6. u. 9.) Expedition
Fahrstraße s. S t r a ß e . der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Fahrzeug s. S c h i f f , Wagen. nach Uruk-Warka und wieder 1955, Mitglied
der Heidelberger Akademie der Wissen-
Falke (akk. surdü, aus dem Sum.). Es schaften, Korr. Mitglied der Bayerischen
gibt heutzutage verschiedene Falkenarten Akademie der Wissenschaften 1951, Mit-
im Iraq, leider ist bei den antiken Dar- herausgeber der ZA.
stellungen von Raubvögeln nicht immer Veröffentlichungen: Die Haupttypen der
mit Sicherheit festzustellen, um welche sumerischen Beschwörung LSS N F I, 1931;
Falkenvarietät es sich handelt, ja in vielen Literarische Keilschrifttexte aus Uruk 1931;
Fällen nicht einmal, ob der F. gemeint ist. Archaische Texte aus XJruk, 1936; zusammen
mit S o m m e r Die hethitisch-ahkadische Bilin-
Mrs. D o u g l a s Van B u r e n allerdings ist gue des Hattusili I. (Labarna II.), 1936; To-
der Meinung, daß mancher als Adler ge- pographie von XJruk, 1941; Grammatik der
deutete Raubvogel in Wirklichkeit ein F. Sprache Gudeas von Lagas I, I I , 1949/50; Die
ist (s. AnOr XVIII, S. 85). In den Texten neusumerischen Gerichtsurkunden, 1956.
lernen wir den F. surdü als wichtiges Tier Ebeling.
für die Bärü (Seherpriester) kennen, die Fallgrube. Die F. gehört neben dem
aus Omina die Zukunft voraussagen (s. Netz zu den Praktiken des babylonischen
Tafel 66 der Ominaserie Summa älu ina Jägers. Im Gilgames-Epos beklagt sich der
mili Sakin „wenn eine Stadt auf einer Jäger, daß Enkidu die von ihm im Walde
Höhe hegt", auch Tafel 79 das.; vgl. hergerichteten Fallgruben ausfüllt (Gil-
N ö t s c h e r Orientalia 51—54, S. i5off., games-Epos I Z. 109ff.). Im selben Epos
166ff.). Auch in Magie (s. Meissner BuA wirft Gilgames der Istar vor, sie habe
II S. 219, 240, 260) und Medizin (BuA II ihrem Geliebten, dem Löwen, 7 und noch-
S. 307, 316 [gegen Impotenz]) spielt der mals 7 Fallgruben bereitet (Tf. 6, Z. 51 f.).
F. oder ein Teil von ihm eine Rolle.
D e l i t z s c h HW, S. 6 9 6 ! ; KBo I Nr. 12,
Mit den Göttern Ningirsu, Sulpaea und Vs. Z. 6. S. auch V o g e l f a l l e . Ebeling.
Nin-sarä steht er in Beziehung (s. J e a n
Religion sumerienne S. 5; E b e l i n g LKA Fallsucht s. B e n n u .
Nr. 77 I Z. 20; F a l k e n s t e i n ZA N F X V I Falsches Zeugnis s. Zeugnis.
S. 68, Z. 60). Daß der F. gezähmt bei der
Jagd verwendet wurde, ist möglich. L a y - Fälschungen. Solange es Menschen
a r d Nineveh and Babylon, S. 483 note, gibt, die Antiken sammeln, wird es auch
berichtet, daß er in Chorsabad ein Relief Menschen geben, die Antiken fälschen,
sah, auf dem ein Falkner mit einem F. auf um so mehr, als die Nachfrage nach
der Faust abgebildet war. Dieses Bildwerk Antiken oft so groß ist, daß die Vorräte
ist jetzt im Louvre, s. Photog. bei E. nicht genügen. Vielfach besteht das Ver-
P o t t i e r , Antiquites assyriennes, Tf. 19 langen nach dem Besitz seltener und
(dazu Text S.82f., noch besser Encyclope- interessanter Dokumente. Zur Befriedi-
die photographique de l'Art I, Tf.318). Für gung dieses Wunsches werden daher Fäl-
Falkenjagden im Alten Orient s. auch schungen angefertigt. Daneben haben die
Meissner, MVAG 1913, 2, S. 5 7 ! und H. Fälscher das besondere Interesse an einem
K r o n a s s e r , Die Herkunft der Falkenjagd: geldlichen Verdienst. Die Fälscher haben
Südost-Forschungen XII (1953), S. 67 bis so nicht nur einfache Kunstamateure,
79- sondern auch gelehrte Museumsleiter ge-
6 FÄLSCHUNGEN
täuscht und ihnen oft unglaublich hohe I Zor (am Habur), Inv. 4—7, und sie
Summen abgenommen. wurden im September 1909 vom Museum
Schon aus dem Altertum wird uns erworben. Der gleichen Herkunft ist die
gelegentlich von Fälschungen berichtet, Frauenterrakotte Inv. 218 mit einge-
und die bedeutendsten Gelehrten des preßter Keilschrift auf dem Rücken. Sie
Altertums haben sich durch Fälschungen ist in B a b y l o n von einem Arbeitsmann
täuschen lassen. Zum Beispiel erzählt in zwei Teile zerbrochen und zu verschie-
P l i n i u s der Ältere (23—79 n. Chr.)., daß denen Zeiten ausgegraben worden, um ein
er in Rom einen Brief des S a r p e d o n doppeltes Trinkgeld zu erlangen. Der
von L y k i e n an P r i a m u s , den König von untere Teil der Figur trägt die Aus-
T r o j a , gesehen habe. Es ist unmöglich, grabungsnummer 27752, der obere Teil
daß ein solcher echter Brief existiert hat. die Nummer 32086. Hieraus ersieht man,
Ebensowenig ein angeblicher Brief von daß mehrere Jahre zwischen der Auf-
Jesus Christus an den König A b g a r V . U k - findung der beiden aneinander passenden
k ä m ä von Urfa (Osroene), den der Kir- Teile vergangen sind. Diese Terrakotte
chengeschichtsschreiber E u s e b i u s (264 erschien dem Ausgräber K o l d e w e y so
bis 340 n. Chr.) in Urfa (Edessa) ge- bedeutungsvoll, daß er sie, zusammen mit
sehen zu haben behauptet (Joh. A u f - einigen wenigen, aber sehr wertvollen An-
h a u s e r , Antike Jesuszeugnisse 19252, tiken, 1917 nach I s t a n b u l hatte abtrans-
S. 22f.). portieren lassen, worunter sich die h e t -
Über die Herstellung der Fälschungen t i t i s c h e Stele und die zwei Dioritstatuen
liefert der Katalog der Fälschungen im aus Mari von P u z u r - I s t a r befanden.
Antikenmuseum in I s t a n b u l wertvolle Auch in Tello (Lagas) sind Fälschungen
Hinweise, vor allem über ihre Herkunft. ausgegraben worden: Ein Tönnchen aus
Sie werden in Fabriken hergestellt, in Rosengranit mit 2 Kolumnen „archai-
Europa oder in Asien. Auch Privatleute scher" Keilschrift (Inv. 55 = alte Museums-
befassen sich mit dieser Arbeit, z. B. ein nummer 1719), und ein gleichartiges
Mann aus K e r b e l a (Inv. 23). Andere Fäl- Tönnchen aus Basalt (Inv. 56 = alte
schungsfabriken sind i n A l e p p o , B a g h - Museumsnummer 1718).
d a d , besonders aber in P a r i s , wo spe- Es gibt verschiedene Arten von Fäl-
ziell Terrakotten fabriziert werden. Italien schungen, wofür das Museum gute Bei-
liefert falsches Elfenbein, geschnittene spiele liefert.
Steine, Medaillen und Münzen. Glas- 1. Manche echte Antiken werden von
fälschungen kommen aus Köln. Das den Fälschern noch besonders „schön"
Zentrum der Münzenfälschung in E n g - bearbeitet, um ihnen ein angeblich höheres
l a n d ist B i r m i n g h a m . Die Falsifikate Wertmaß zu geben, und um einen höheren
werden nun in die Länder, wo sich die Preis zu erzielen. Das Erkennen dieser
betreffenden antiken Kulturen befinden, V e r f ä l s c h u n g e n ist leicht. Ein solches
gebracht und dort den Reisenden als antik Beispiel bieten 3 Bruchstücke eines echten
verkauft. So hat der Reisende C h a n t r e Ziegelsteins des Königs G u d e a von
auch Fälschungen mitgebracht, eine Ton- L a g a s (Inv. 44). Der Fälscher hat zu der
tafel mit imitierter persischer Keilinschrift Inschrift noch einige Striche und Keile
(Inv. 59). Und selbst bei den Ausgrabungen hinzugefügt.
kommen Fälschungen zutage, die von den Die Fälscher im J e m e n haben echte
Arbeitern gegen gutes Trinkgeld „ge- alte h i m j a r i t i s c h e Inschriften aus Stein
funden" werden, nachdem sie sie erst zerschlagen und dann auf deren Rückseite
heimlich eingegraben haben. Bei den Aus- einen Kopf oder eine ganze Figur eingemei-
grabungen in N i p p u r fand sich eine ßelt (Museumsnummer 7477, Stele [rechts],
Frauenterrakotte, auf deren Rücken Keil- kleines Fragment sowie Ältar Nr. 7458).
schrift markiert ist, an (Inv. 37 = alte 2. Der Fälscher wählt ein gutes altes
Museumsnummer 820). Ähnliche Frauen- Material und kopiert nach dem Vorbild
terrakotten stammen aus dem Sandschak einer echten Inschrift oder eines echten
7 FÄLSCHUNGEN
Bildwerks. Diese Kopie kann mehr oder c) Siegel des Adda in London, Brit. Mus.
weniger genau dem Original gleichen. Das (Nr. 89115): RLV IV, Tf. iggd
Erkennen dieser Fälschungen ist schwieri- = Sammlung O f f o r d : PSBA 1911,
ger und erfordert wissenschaftliche Kennt- Tf. 40,1 (falsch).
nisse. Die rohe Kopie einer s u m e r i s c h e n d) Siegel der Ermitage in Leningrad:
Keilinschrift findet sich mit 7 Zeilen auf AJSL XIV, S.94, Fig. 2; S.95;
einem viereckigen Gipsstein. Er stammt H a r p e r Memoir I, S. 362, Fig. 2
aus der Provinz B a s r a (Inv. 20). Eine = New York, Metropolitan Museum
ovale Bronzeplatte (Inv. 30) aus der 201: W e b e r Siegelbilder 296; W a r d
Sammlung R i f a t zeigt auf der Vorder- SCWA Abb. 127 (falsch).
seite ein Relief eines Königs, rechtshin, e) Siegel des Urzana von Musasir, im
ihm gegenüber einen Mann in kurzem Haag (RLV VIII, Tf. 113, a) = An.
Gewände, der den König verehrt. Links Or. XXI, 1940, Nr. 106 (falsch).
vom König 2 Keilschriftzeichen. Die 3. Sehr häufig ist nur die Form äußer-
Rückseite der Platte aber enthält die lich nachgeahmt, aber mit unmöglichen
Kopie einer sechszeiligen archaistischen Zutaten versehen, z. B. die Frauenterra-
Inschrift des Königs N e b u k a d n e z a r II. kotten Inv. 1—9, 218, deren Rückseite
(um 600 v. Chr.). mit einer Keilschrift gestempelt ist, was
Auf einem doppelseitigen Bronzerelief sonst nicht vorkommt. Eine Münze (Inv.
(Inv. 53) sieht man die Kopie eines jetzt 126) und die beiden Plaketten Inv. 127
nicht mehr vorhandenen Reliefs aus Ma- und 128 aus derselben Fälscherwerkstatt,
latia.aus dem9. Jahrhundert mit h e t t i t i - der man sehr häufig im Kunsthandel be-
s c h e r , l u v i s c h e r Hieroglypheninschrift, gegnet, zeigen eine angeblich griechische
während die andere Seite eine ä g y p t i s c h e Inschrift „König Seleukös", dazu aber
Szene wiedergibt (Hilprecht Assyriaca, die Darstellung einer Sau mit Jungen, ein
S. 132). Instruktiv ist ein im Kunst- Bild, das sich nirgends findet. Viele Stein-
handel befindlicher Reliefstein (Inv. 217), plaketten zeigen Figuren und Büsten mit
dessen Hauptszene links den Gott mit Keilinschrift (z. B. Inv. 68/69). Äber schon
Weinstock, rechts aber den anbetenden der Gedanke, von einer Person nur einen
König wiedergibt, sehr roh, doch als Teil abzubilden, ist, außer in der Bilder-
Wiederholung des Felsreliefs von I v r i s schrift, niemals im Alten Orient zu finden.
wohl erkennbar (Museumsnummer 7869). Denn die Alten haben geglaubt, daß die
Der Fälscher aber hat, zur Bereicherung, Figuren der Reliefs und der Statuen
noch eine dritte Figur auf einem fliegenden lebendig und wirklich sind. Ein Kopf an
Vogel, und weitere sinnlose Inschriften sich ist eben als abgeschnittener Kopf auf-
nach hettitischen Hieroglyphen hinzu- gefaßt worden.
gefügt. Diese Art der Fälschung, nach 4. Bei vielen Fälschungen steht die Form
antiken Bildwerken zu kopieren, kann des Gegenstandes im Widerspruch zu den
manchmal sogar einen wissenschaftlichen auf demselben eingegrabenen Keilschrift-
Wert haben, wenn das kopierte Denkmal, zeichen. So ist die Form der Tönnchen-
wie bei Inv. 53, verlorengegangen ist. urkünde erst in späterer Zeit im Gebrauch,
Siegelzylinder sind gelegentlich nach als die auf dem Dokument eingeschrie-
echten Originalen kopiert und als Fäl- benen Keilschriftzeichen. Dies sieht man
schung in den Handel gebracht worden. an den Fälschungen Inv. 55 und 56, aus
Ich nenne einige: Stein, deren Form aus dem 8.—6. Jahr-
a) Etana-Siegel, Sammlung P e e k 18: hundert stammt, während die Schrift
RLV II, Tf. 172 d = Berlin (VA 8795): 2000 Jahre früher ist. Dasselbe zeigt auch
M o o r t g a t Rollsiegel Nr. 235 (falsch). das Tönnchen aus gebranntem Ton Inv.
b) Bibliotheque Nat. Paris Nr. 75 s. 15, wobei aber noch ein technischer Um-
L a j a r d Culte de Mithra, 29,2 = Er- stand zu bemängeln ist, nämlich, daß das
mitage, Leningrad: H a r p e r Memoir Tönnchen des Fälschers voll gehalten ist,
I, S. 368, Fig. 10 (falsch). und nicht, wie es sein müßte, hohl.
8 FÄLSCHUNGEN
5. Die von den Fälschern verwendeten Der große Basar in Istanbul ist mit solchen
Keilschriftzeichen haben gewöhnlich eine Fälschungen vollgefüllt und ein Zentral-
Ungleichheit und Unregelmäßigkeit der handelsplatz für sie. Darum ist es nütz-
Schriftformen, die ein Schriftkenner be- lich, daß das Museum in Istanbul eine be-
merken muß, abgesehen von der Sinnlosig- sondere Abteilung für die Fälschungen
keit des ganzen Textes. Der Erwerb der zur Ausstellung bringt. So können die
Fälschungen ist aber gerade gedacht für Besucher neben den Antiken diese Fäl-
die Laien, denen eine derartige Kenntnis schungen aufmerksam betrachten, ver-
abgeht, und dies sind die meisten. gleichen und beim Kauf Vorsicht walten
Mit welcher Unverfrorenheit die Ver- lassen. Auch in diesem Punkte soll ein
käufer aber trotzdem ihre Fälschungen Museum seine Mission nicht nur als Schau-
auf dem Markte anpreisen, dafür mögen museum, sondern auch als Lehrinstitut er-
zwei Beispiele dienen. Ein halbrundes füllen.
Alabasterrelief, das eine Sau mit einem Dies ist aber, soviel mir bekannt, bei
Ferkel zeigt (Inv. 176), wurde den kauf- den meisten Museen der Welt noch nicht
lustigen Amateuren mit folgenden Worten erkannt. Nur das Metropolitan Museum
angepriesen: in New York („Le Musee" V, 1908,
„Diese Figur stammt aus der glück- S. 185) besitzt eine ähnliche Ausstellung
lichen Zeit des Heiligen Jesus von Fälschungen aller Art zum Nutzen
Christus". und zur Lehre für die Antikensammler.
Die Alabasterfigur eines sitzenden Literatur (allgemein): Stephan B e i ß l e r
Mannes mit Keilinschrift erhielt folgende Gefälschte Kunstwerke, Freiburg i. Br. 1909;
J a k o b D i g g e l m a n n Die Fälschung von
bombastische Anpreisung: Kunstwerken, Zürich 1916; E m i l e - B a y a r d
, .Dies ist das Bild des Königs Mehadijo L'art de reconnaitre les fraudes, Paris 1914;
aus der Zeit des heiligen Noah vor Paul E n d e l Fttischerkünste, übers, von Arthur
R ö ß l e r , Leipzig, Grunow, 1909; Hugo
5711 Jahren". G a e b l e r Fälschungen makedonischer Münzen
Dieser König ist eine vollkommen er- SPAW, phil.-hist. 1931, X I I ; 1935, X X I I ;
fundene Gestalt. H. G r o s s Der Raritätenbetrug, 1901; Fritz
H a n s e n Gefälschte Kunstwerke, Das Wissen,
Die Reichhaltigkeit der Sammlung des August 1921; Günther K o c h Kunstwerke und
Museums in Istanbul, die im ganzen 222 Bücher am Markt, 1915, S. 6 7 0 . , 1922, E ß -
Objekte aller Art in sich birgt, entspricht lingen; A. P. L a u r i A New Way of deücting
den mannigfachen Ländern der antiken Art Forgeries, Scientific American, 1914, 14,
I I I . , S. 237; Robert M u n r o Archaeology and
Kulturen in dem Verhältnis, daß die Fäl- false antiquities The Antiquaries Books, her.
schungen auf dem Gebiete des alten von J . Charles C o x , London 1905; Albert
Ä g y p t e n s und M e s o p o t a m i e n s und N e u b u r g e r Fälschungen von Altertümern,
A r a b i e n s weitaus den größten Anteil Universum X X X I V , 1, S. 26; A. N e u b u r g e r
Echt oder Fälschung, Leipzig, Voigtländer,
haben, nämlich 90 ägyptische, 82 meso- 1924; Theo S e e l m a n n Unechte Kunstwerke,
potamische, 34 himjaritische aus Süd- Universum I X , 1892/93, S. 1343; A. M. T a l l -
arabien oder dem J e m e n . 6 Fälschungen g r e n Sur les faux en prihistoire, Eurasia V I I I ,
sind aus dem griechisch-römischen Alter- 1933-
tum, je 2 phönizisch, aramäisch und (Speziell): Fälschungen mesopotamischer An-
pehlevi (sassanidisch), und je 1 Stück tiken in Museen: Guide to the Bdbylonian and
hettitisch, hebräisch, urartäisch(armenisch) Assyrian Antiquities, 1922, London, S. 231 (7
Stücke); Museum in Istanbul: Eckhard U n -
und persisch imitiert, x hettitische Fäl- g e r , H i k m e t T u r h a n Taklit antikalar kol-
schung (Inv. 217) ist nur in Photographie leksionumuz (Falsche Antiken unserer Samm-
bekannt. lungen), Resimli Sark 1934, Nr. 44, S. 6ff.;
Eckhard U n g e r Istanbul Asariatika Müzeleri
Der Wert dieser Fälschungen ist an sich Nesriyali X I , S. 63; Mesopot. Fälschungen:
unbedeutend. Aber sie sind doch inter- Joachim M 6 n a n t Les fausses antiques de l'As-
syrie, Paris 1888; B a n k s A J S L X X I , S. 60ff. ;
essant und wichtig für den Gelehrten, weil AJA I I I , S. 14, 384; W a r d AJA 1894, S. 360;
noch fortwährend solche Fälschungen, AJA 1899, S. 16; E. D i e z Gefälschte Kunst-
neben den Antiken, in denHandel kommen. objekte aus dem Orient, Kunstchronik 1911
FÄLSCHUNG—FAMILIE
(22, 30); Kappadok.: A m i a u d ZA I, S. 91; zum Christentum, S. 412 aus. Die sog.
Hettit. Antiken: M 6 n a n t CR Paris 1892, S. narü-Texte wird man kaum als Fäl-
330; J e n s e n Hittiter, S. 25; M e s s e r s c h m i d t
OLZ I I I , S. 241; H i l p r e c h t Assyriaca, S.131, schungen bezeichnen können, da ihr l e g e n -
Taf. 2 — 3; Adolf F u r t w ä n g l e r Neue Fäl- därer Charakter wohl jedem Babylonier
schungen von Antiken, Berlin 1899; Literar. bewußt war.
F . : G e l b J N E S V I I I , S. 3 4 6 I ; G ü t e r b o c k
ZA 42, S. i f . ; v. S o d e n Or N S X X I , S. 36of.
Zu modernen Fälschungen „altpersi-
scher" Inschriften vgl. S c h a e d e r SPAW
Eckhard Unger.
phil.-hist. Klasse, 1935, X I X ; E i l e r s
Fälschung von Schriftstücken. Daß ZDMG LXXXI, S. 407ff. Ebeling.
solche Fälschungen möglich gewesen und
häufiger vorgekommen sind, als man es Falte s. K l e i d u n g .
heutzutage feststellen kann, besagt schon Familie. Die F. (Kleinfamilie, kimtu,
eine Klausel in Geschäftsurkunden: „wenn qinnu, nach ana ittiSu 3 III Z. 21 e - g ä l - l a
eine Tafel auftaucht, ist sie falsch" (sar, bit baSü „Familie", Z. 22 e - s ä - g ä l - l a Ut
s. VAB V Nr. 238, Z. 10 u. sonst), vgl. sit libbi „Stammhaus") ist in Sumer und
auch den Ausdruck aban kunukki sarti Akkad der Kern der Sippe (Großfamilie
„gefälschte Siegelurkunde" und weiter illatu, niSu) bzw. des Stammes und der Orts-
D r i v e r Semitic Writing, S. 9 und 223. gemeinde. Ihre Grundlage ist die „Ein-
Ein Fall von Urkundenfälschung ist uns mann"-Ehe. Diese setzte Urukagina an
durch eine neuerdings in Ugarit gefundene Stelle der Dyandrie (s. RLA II S. 256)
Inschrift (J. Nougayrol, Le Palais Royal und beseitigte letztere endgültig. Es
d'XJgarit III, S. 97 f.) bekannt geworden. lassen sich zwei Formen der Familie
Hofbeamte hatten das königliche Siegel nach K o s c h a k e r beobachten. Die eine
gefälscht. Sie waren dabei erwischt und wächst aus der sog. Muntehe hervor;
zur Strafe des Landes verwiesen worden. Charakteristikum: Ubergabe der tirhätu
Ihr Land und sonstiges Eigentum wurde durch den Bräutigam an den Vater der
beschlagnahmt und an andere Diener des Frau bzw. sonstigen Munthaber (s. Ehe).
Königs verteilt. Ihr Wesen ist patriarchalisch und mono-
Die bisher ans Tagesücht gekommenen gam (eine Hauptfrau). Die zweite ist
Gesetzesreste befassen sich mit dem Thema muntlos, sie schränkt die Patria potestas
nicht. unter Umständen beträchtlich ein (s. E h e
An Beispielen für sog. „Fälschungen" und unten auch bei Frau).
von literarischen bzw. historischen Texten Vgl. jetzt auch K o s c h a k e r Familien-
seien genannt: Gelb JNES VIII S.346ff. formen, ArOr X V I I I 3, S. 2 1 0 - 2 9 6 ; JCS V,
und Old akkadian writing and grammar S. io4ff.; A. v a n P r a a g Droit Matrimonial
S. 11 ist der Meinung, daß das sog. kreuz- Assyro-babylonien, S. 94 (dagegen).
förmige Monument Man-istusus eine Ur- Die F. hat drei Ziele, die im Grunde
kunde sei, die in altbabylonischer Zeit auf eins zusammengehen: 1. ein wirt-
gefälscht sei, um dem Tempel Ebabbarra schaftliches: Begründung und Erhaltung
in Sippar bestimmte Einkünfte und Privi- der Existenz (in Ackerbau und Viehzucht);
legien zu sichern. Eine angebliche In- 2. ein biologisches: Erhaltung des Mannes-
schrift Assur-uballits I. ist nach v. Soden stammes als Arbeitsgemeinschaft; 3. ein
Or NS XXI S. 360 f. ebenfalls eine Fäl- religiöses: Erhaltung des Ahnenkultes.
schung. Zur Frage im allgemeinen in der Das äußere Zeichen und zugleich der
historischen Tradition der Babylonier und Konzentrationspunkt der F. ist das Feuer
Hettiter vgl. G ü t e r b o c k ZA XLII, des Herdes. Erlöschen des Feuers be-
S. 1 ff.; XLIV, S. 45ff. Im 1. Teil S.46ff. deutet Vernichtung der F. (s. Feuer).
wird der Nachweis versucht, daß die In- Personenbestand der Familie (vornehm-
schrift Lugalannemundus nach Sprache lich bei Muntehe).
und Stil nicht von dem genannten König I. V a t e r : Er hat ursprünglich Gewalt
stammen könne, also unecht sei. Dagegen über Leben und Tod in der F. Jedoch ist
spricht sich A l b r i g h t Von der Steinzeit diese schon früh durch Staatsgewalt (Ge-
10 FAMILIE
setz) eingeschränkt. Residuen: Der Fa- seine Hauptgattin kinderlos bleibt, aber
milienvater ist noch immer nicht ge- diese Frau darf nicht ins Haus, solange
hindert, ein neugeborenes Kind auszu- die Hauptfrau noch lebt (Ges. Lipit-Istar
setzen und damit einem grausamen Tode § 27). In Kanis sieht man im Ehe-
preiszugeben. Auch gestattet der CH dem vertrag vor, ob der Gatte Verkehr haben
Ehemanne, an der in flagranti ertappten, darf mit einer qadistu (Hure) oder nicht
ehebrecherischen Frau sowohl das Amt (s. Art. F r a u , altass.). 5. Eine Sklavin
des Richters wie des Henkers auszuüben. ist als Konkubine dem Pater familias,
Beides ist offenbar ein Rest der genannten mangels gegenteiliger Verabredung mit
Gewalt. Unleugbar steht dem Familien- der aSSatu Mrtu, erlaubt. Sie wird, wenn
vater auch das Recht zu, bei einer Schuld- sie Kinder geboren hat, nach dem Tode
verpflichtung Frau und Kind zu ver- des Pater familias mit ihren Kindern frei,
kaufen bzw. in Schulddienst zu geben § 171 CH, ihre Kinder erben aber bei
(CH § 117, vgl. auch § 119). Jedoch sieht Vorhandensein von Erben von der anderen
in solchem Falle das Gesetz Freilassung Frau nicht mit, Ges. Lipit-Istar § 25.
der Verkauften bzw. Dienenden nach III. Eignes Fleisch ( n u - n u - n e : Si-ir-su
3 Jahren vor (CH § 117). MSL I S. 43, Z. 23) und Blut ( n u - s a - n e :
In einer mittelass. Urkunde VAT 9034 da-mu-Su a. a. O. Z. 24); zeru Samen
(unpubl.), nach der ein gewisser Bel-qarrad = Geschlecht: a) (freie) Söhne, vgl. dazu
seine Frau verkauft, ist allerdings von RLA II S. 458—461, und Enkel, b) Töchter:
einer solchen Freilassung nicht die Rede. Sie leben so lange in der Familie, bis sie
Der Text CT XIII pl. 49 Z. 21 ff. setzt verheiratet werden. Dann gehen sie in die
ohne weiteres voraus, daß in Notzeit die Familie des Ehemannes über. Ausnahmen
Eltern sich ihrer Kinder für Geld ent- bilden die Errebu-Ehen (s. oben), bei
ledigen. Vgl. auch ADD Nr. 208 und 317. denen der Ehemann in das Haus des
II. F r a u e n : Ehefrau, Nebenfrau, Kon- Schwiegervaters einzieht, oder wenn die
kubine. 1. Ehefrau, in Muntehe, genannt Ehe noch nicht konsumiert ist, d. h.
assatu hirtu. Neben sie kann, wenn sie die Tochter noch nicht mannbar ist oder
kinderlos oder krank ist, 2. eine zweite, aus anderen Gründen vorläufig im Hause
im Range untergeordnete Frau treten des Vaters belassen wird. Über die Frage,
assatu sanitu (oder esertu, zeitlich und ob und wann die Tochter nach dem Vater
örtlich begrenzter Ausdruck, s. L a n d s - erben kann, s. RLA II S. 459—462,
b e r g e r AfO X S. 144L; v a n P r a a g neubab. Ges. § 10 ff. und neuerdings
a. a. O. S. 100 ff.) oder Sugetu (CH § 145, v a n P r a a g a.a.O. S. 32ff., 41L, K l i m a ,
s. zum Ausdruck L a n d s b e r g e r a. a. O. ArOr XVIII 3, S. isoff. Geschiedene
S. 145!; v a n P r a a g a . a . O . S. 46ff.). Töchter können in das Haus des Vaters
Ein Nuzi-Ehekontrakt sieht allerdings zurückkehren nach CH § 142. Verheiratet
strengste Einehe für den Ehemann vor gewesene, verwitwete Töchter ohne Kinder
und verbietet assatu sanitu bzw. esertu haben die gleiche Möglichkeit, c) Kinder
( P f e i f f e r HSS IX Nr. 24 Z. 8f.; vgl. aus der Verbindung des Pater familias
auch K o s c h a k e r JCS V S. I04ff.). An mit Sklavinnen; vgl. v a n P r a a g a. a. O.
Stelle von 1. und 2. kommen 3. Ehefrauen S. 62 f.
aus der Reihe von Priesterinnen (entu, l i l a . Fremdes Blut ( n u - b a r - b a r - r a :
naditu) vor. Da diese keine Kinder ge- li-bis-tu a-hi-tu MSL I S. 44 Z. 25). An-
bären dürfen (s. zur Frage v a n P r a a g genommene (Adoptierte: S U - t a - k ü r und
a. a. O. S. 43ff.), können sie dem Ehemanne 6 - b a r - r a : li-qu-ü a. a. O. S. 44, Z. 26L).
eine Sklavin zur „Kindererwerbung" mit- Vgl. dafür oben A d o p t i o n .
bringen, CH § 144. Falls diese Kinder I H b . Bruder, Oheim usw. Für den
bekommt, darf der Gatte keine Sugitu Fall, daß Blutsverwandte nicht eine eigene
hinzunehmen, CH § 144. 4. Der Ehemann Familie gründen können, werden sie der
darf eine (muntfreie) Ehe mit einer Familie des ältesten Blutsverwandten zu-
harimtu (kultischen Hure) eingehen, falls gesellt.
FAMILIE Ii
veranlaßt hat, fällt das Recht der Frau, Je nach den Vermögensverhältnissen des
sich nach 5 Jahren anderweitig zu ver- Familienvaters ist es ein mehr oder
heiraten, fort (§36). weniger großer Teil der Behausung (Hauses
Im § 45 wird der Fall behandelt, daß oder Zeltes) oder bei Fürsten und Königen
der Ehemann vom Feind gefangen ge- ein eigner Palast. Wieweit nach der Zahl
nommen worden ist, ein Schwiegervater der Frauen mehrere Gemächer dazu ein-
und ein Sohn nicht vorhanden ist. Bei gerichtet wurden, ist nicht bekannt, es ist
diesen Vorbedingungen hat die Ehefrau aber wahrscheinlich, daß man die mehr
2 Jahre auf den Mann zu warten. Ist oder minder aufeinander eifersüchtigen
„Eßbares" nicht vorhanden, so muß der Frauen räumlich voneinander getrennt
Palast ihr Dienst oder Feld geben, so daß hat. Ein solches Frauengemach war für
sie sich ernähren kann. Nach Ablauf der Familienfremde nicht zugänglich. Das ist
2 Jahre ist der Frau eine zweite Ehe er- am besten ersichtlich aus den mittel-
laubt. Gesetzt, der abwesende Mann kehrt assyrischen Haremsvorschriften, die sich
nach Ablauf der Frist zurück, so kann er im Berliner Museum befinden und in AfO
die Frau wieder bekommen, etwaige XVII, S. 257—93, veröffentlicht wurden.
Kinder, die sie inzwischen geboren hat, Ihre Wohnung zu verlassen, war den Frauen
darf er allerdings nicht beanspruchen. unter Umständen möglich. Dabei hatten
Der § 29 der Gesetze von Elnunna er- nach mittelass. Ges. § 40 die verheirateten
ledigt den gleichen Fall folgendermaßen: Frauen die Verpflichtung, aber auch das
Wenn ein Mann gefangen. . . oder zwangs- Recht, den Schleier zu tragen, während
weise für längere Zeit ins Ausland ge- dies den esirtu (Kebsweibern) nicht er-
schleppt worden ist, wenn dann ein anderer laubt war, es sei denn, daß sie mit ihrer
Mann sein Weib „genommen" und sie „Herrin" gingen. Huren, Sklavinnen usw.
ihm einen Sohn geboren hat, so kann der gingen unverschleiert.
Entführte im Falle der Rückkehr sein Kinderreichtum war der sehnlichste
Weib wiederbekommen. Wenn der Be- Wunsch im Leben eines Sumerers und
treffende (§ 30) freiwillig seine Heimat und Babyloniers. Es sind gewiß auch durch-
seinen Herrn verlassen hat, so hat er schnittlich viel Kinder geboren worden.
keinen Anspruch auf sein Weib, falls er Jedoch hat die gewaltige Säuglingssterb-
zurückkehrt. lichkeit in alter Zeit, die man der bösen
Zu L e v i r a t u n d Status der W i t w e vgl. Dämonin Lamastu (s. d.) zuschrieb, das
RLA I I , S. 288 u n d 2 9 4 f . ( S a t t i ) b z w . I I , S . 289. Zustandekommen großer Nachkommen-
F a m i l i e n l e b e n : Die Familie ist im scharen verhindert. Man hat als durch-
vorderasiatischen Altertum Ersatz für die schnittliche Zahl 2—4 berechnet (s.
fehlende Krankheits-, Invaliditäts- und Meissner BuA I S. 389). 5—6 Kinder
Altersversorgung. In ihr vereinigen sich oder mehr waren Seltenheiten. Man be-
oft die Mitglieder dreier Generationen, grüßte die Geburt eines Knaben als des
von den Großeltern bis zu den Enkeln, „Stammhalters" mit größerer Freude als
die sich gegenseitig in Not und Gefahr die eines Mädchens (vgl. CT V, pl. 4,
schützen und unterstützen. Die Fürsorge Z. 4). Das Ereignis einer Geburt war
erstreckt sich auch auf die Sklaven der natürlich wichtig und wurde, man kann
Familie; Das Ideal des Familienverhaltens sagen, auch als gefährlich für Mutter
drückt sich in einer akkadischen, in und Kind angesehen, mehr als das heut-
Boghazköi gefundenen Vorschrift (KBo I zutage bei den Kenntnissen der Medizin
Nr. 12, Rs. Z. 7ff., bearbeitet von E b e - der Fall ist. Man hatte dafür wichtige
l i n g , Orientalia NS 1954 S. 209ff.) aus. Zauberrituale und Beschwörungen bereit,
Hier wird verlangt, daß man einen kranken die das zu erwartende Unheil abwehren
Sklaven wie einen freien Mann, ja wie den sollten (s.Art.Geburt undMeissner BuA
Herrn der Familie behandelt. I S. 390; E b e l i n g MAOG V 3 S . 5 I ) .
Der Hauptschauplatz des Familien- Man versuchte auch die Zeit der Geburt
lebens ist das Frauen gemach (maistaku). zu errechnen, um rechtzeitig mit den
Ii
FAMILIE
veranlaßt hat, fällt das Recht der Frau, Je nach den Vermögensverhältnissen des
sich nach 5 Jahren anderweitig zu ver- Familienvaters ist es ein mehr oder
heiraten, fort (§ 36). weniger großer Teil der Behausung (Hauses
Im § 45 wird der Fall behandelt, daß oder Zeltes) oder bei Fürsten und Königen
der Ehemann vom Feind gefangen ge- ein eigner Palast. Wieweit nach der Zahl
nommen worden ist, ein Schwiegervater der Frauen mehrere Gemächer dazu ein-
und ein Sohn nicht vorhanden ist. Bei gerichtet wurden, ist nicht bekannt, es ist
diesen Vorbedingungen hat
2 Jahre auf den Mann zu
„Eßbares" nicht vorhanden,
Palast ihr Dienst oder Feld §
sie sich ernähren kann. Nac
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laubt. Gesetzt, der abwesendi
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ledigt den gleichen Fall folg
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seinen Herrn verlassen hat,
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zurückkehrt.
Zu L e v i r a t u n d Status dei
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die sich gegenseitig in Not
schützen und unterstützen. I
erstreckt sich auch auf die i
Familie. Das Ideal des Familie
drückt sich in einer akkai
Boghazköi gefundenen Vorsch
Nr. 12, Rs. Z. 7ff., bearbeitet
ling, Orientalia NS 1954 S. aus. zyciuueirituaie una jtsescnworungen bereit,
Hier wird verlangt, daß man einen kranken die das zu erwartende Unheil abwehren
Sklaven wie einen freien Mann, ja wie den sollten (s. Art. G e b u r t und M ei s s n e r BuA
Herrn der Familie behandelt. I S. 390; E b e l i n g MAOG V 3 S. 5I).
Der Hauptschauplatz des Familien- Man versuchte auch die Zeit der Geburt
lebens ist das Frauen gemach (mastaku). zu errechnen, um rechtzeitig mit den
Ii
FAMILIE
S. 11 f. bei „Familien ohne Pater familias" zogener Entbindung hob die Hebamme
behandelte. das Neugeborene auf und präsentierte es
Noch ein anderes Problem im Gebiete dem glücklichen Vater. Dieser nahm es
Familie—Ehe fängt an, Überlegungen zu auf die Knie, herzte es und gab ihm einen
veranlassen. Unzweifelhaft verbietet das Namen (s.Friedrich a.a.O. und L a r o c h e
hettitische Gesetz die Geschwisterehe. Für Recueil d'Onomastique, Vorw.). Zum Ver-
einen Fall der Praxis vgl. die Verhand- hältnis Vater-Kind vgl. die Darstellung von
lungen Suppiluliumas mit Huqqanas von M. R i e m s c h n e i d e r Welt der Hethiter,
Hajasa (dazu s. K o s c h a k e r ZA NF VII S. 24ff. (Testament Hattusilis I.).
S. 1 ff.). Nun sind aber andererseits ebenso Der genannte Appu bekam zwei Söhne,
unzweifelhaft die königlichen Eheleute die er „Böse" und „Gut" nannte. Dank
Arnuwanda und Asmunikal Kinder des seinem Fleiß konnte er ihnen, als sie er-
Tudhalia, also Geschwister (s. G ü t e r - wachsen waren, aus seinem geteilten Ver-
bock Beih. 5 zu AfO S. 37ff.). Wie hat mögen genug Mittel zu gutem Leben ver-
man diesen Widerspruch gegen das Gesetz schaffen. Jedoch war damit zwischen bei-
zu erklären? den Frieden nicht gesichert. „Böse" ver-
F a m i l i e n l e b e n . Als eine Zeremonie suchte seinen „guten" Bruder zu übervor-
der Verlobung hat Edel J K F II S. 262ff. teilen. Solche Mißhelligkeiten inmitten der
das „Öl auf das Haupt der Braut Gießen" Familien waren offenbar in Hatti nichts
festgestellt. Dadurch wird, nebenbei be- Seltenes. Das beweist der Text gegen
merkt, auch der § 43 des Mittelass. Ges. Familienzwistigkeiten, der jetzt von L.
erklärt. Über das Hochzeitsfest einer ge- R o s t in Mitteil. d. Inst. f. Orientfor-
wöhnlichen Frau erfahren wir, soviel Verf. schung I, S. 345ff., bearbeitet worden ist.
sieht, vorläufig nichts. Dagegen können Ein solches Verhalten war allerdings eine
wir uns aus dem Brautzug der Tochter große Torheit. Denn Zusammenhalt in der
Hattusilis III. zu Ramses II. auch für Familie konnte den einigen Mitgliedern
gewöhnliche Bräute eine Vorstellung mancherlei Vorteile verschaffen. Söhne
machen, wenn wir den königlichen Prunk erbten unter Umständen das Amt ihres
dabei abziehen (vgl. D e l a p o r t e Les Vaters, wenn er starb oder arbeitsunfähig
Hittites, S. I52ff.). Die Sehnsucht nach wurde, vgl. z. B. das Ereignis bei der Er-
dem Kinde ist natürlich auch bei dem krankung des Mittannamuwa (s. Götze
Hettiter (bzw. Hurriter) groß (vgl. die HattuSili MVAeG 29, 3, S. 42ff.).
Erzählung von Appu, bearbeitet von
F r i e d r i c h ZA NF XV, S. 2i3ff.). Wurden Das Familienrelief, auf das O t t e n hin-
die Hoffnungen auf Nachwuchs nicht weist (bei Woolley Carchemish I), ist Verf.
sofort erfüllt, so lag dem alten Orientalen bei R i e m s c h n e i d e r Welt der Hethiter,
die Benutzung von entsprechenden potenz- Abb. 68—70 zugänglich. Vermutlich ist es
steigernden Rezepten nahe. In Boghazköi mit dem Familienrelief des Ur-Nanse
hat man so etwas gefunden (s. KUB IV (s. Abb. Meissner BuA I Abb. 11) zusam-
Nr. 48), und zwar in akkadischer Sprache, menzustellen und soll wie dieses den Stolz
wohl weil man dem Ausländer eine bessere des Vaters auf seine zahlreiche Familie
Kenntnis der Materie zutraute. Auch zeigen. Über eine solche, mögliche Einstel-
Medizinen zur Verhütung von Fehlgeburt lung des hett. Pater familias vgl. R i e m -
waren vorhanden (s. KUB IV Nr. 13, 17). s c h n e i d e r a. a. O. S. 24ff.
War der Wunsch erfüllt und die Geburt
nahe, trat die Hebamme an. Auch ein Familienfrauen dürfen in Hatti, wenig-
Umständliches Ritual zu Erzielung einer stens die des Königs, nicht angesehen
glatten Geburt, verfaßt von Papanikri werden. Ob sie verschleiert gehen mußten,
(vgl. S o m m e r - E h e l o l f Das hettitische ist unsicher (vgl. F r i e d r i c h MVAeG 34,1,
Ritual des Papanikri), stand zur Ver- S. 129 die Anekdote von Mariias).
fügung, in dem der Gebärstuhl als wich- Ebeling.
tiges Hilfsmittel genannt wird. Nach voll- Familiengesetze s. Gesetze.
It> FAMILIENHAFTUNG
mit der kurzen Fassung der Formel, z. B. Quellen dieser Zeit auch von der An-
L u c k e n b i l l Records II, 872, S. 339; wendung der persönlichen Haftung des
955. S. 370 usw. Bei Assurbänipal finden Schuldigen. Sie lebte immerhin weiter im
wir auch dieselbe Formel in der Unter- Gewohnheits- und im Sakralrecht, beide
schrift der Kopie der Inschrift des sehr konservativen Charakters, und be-
Agumkakrime II., KB III 1, S. 152f., hauptete sich neben dem Prinzip der
Z. 45. Assuretililäni (625—621 v. Chr.) persönlichen Haftung bis zum Ende der
hat in der Sarkophaginschrift des Samas- hettitischen Großmacht. Die persönliche
ibni, Clay Miscellaneous Inscriptions Haftung hat aber immer mehr Boden ge-
Nr. 43, S. 61—66 = L u c k e n b i l l Records wonnen, ohne jedoch die F. vollkommen
II, 1135, S. 409, dieselbe Formel, die bei zu verdrängen.
Sennacherib vorkommt: „seinen Namen, Der E r l a ß des Königs Telipinus (etwa
seinen Samen, seine Leibesfrucht und seine 1459 v. Chr.) aus dem Alten Reich be-
Nachkommenschaft". stimmt, daß der Schuldige sein Verbrechen
F. S t e i n m e t z e r Die babylonischen Ku- mit dem Haupte büßen und daß man gegen
durru (Grenzsteine) als Urkundenform unter- sein Haus, seine Gattin und seine Söhne
sucht, Studien zur Geschichte und Kultur des nichts Böses unternehmen soll, idälu le
Altertums, XI, 4—5, 1922; E. E b e l i n g , takkisanzi. „Wofür aber Königssöhne von
B. M e i s s n e r , E. F. W e i d n e r Die Inschriften
der altassyrischen Könige, Leipzig 1926; D. D. Fall zu Fall den Tod finden, (das betrifft)
L u c k e n b i l l Ancient Records of Assyria and nicht ihre Häuser, ihre Felder, ihre Wein-
Bäbylonia I—II, Chicago 1926. Furlani. gärten, . . . ihr Gesinde, ihre Rinder, ihre
Familienhaftung bei den H e t t i t e r n . Schafe", Art. XXXI—XXXII. Derselbe
Die F. spielte bei den Hettitern eine Telipinus hat jedoch in seinem E r l a ß die
größere Rolle als bei den Babyloniern und F. nicht überall ausgeschlossen. Im Falle
Assyrern und galt als juristisches Prinzip, einer religiösen Übertretung, z. B. Zau-
das in einer viel größeren Anzahl von berei alwanzatar, wird auch das Haus des
Fällen zur Anwendung kam als im Zwei- Schuldigen bestraft, das heißt derjenige,
stromlande. Die F. umfaßte wirklich die der den Übertreter nicht in den könig-
ganze Familie und auch das Eigentum der- lichen Palast gebracht hat. Telipinus
selben. Der F. war das Prinzip der per- hat somit die F. innerhalb der Dynastie
sönlichen Haftung entgegengesetzt, das für Bluttaten und Empörung abgeschafft.
nur den Schuldigen selbst und nicht auch Sie gilt ebenfalls nicht für die höchsten
seine Familie für etwaige Verfehlungen Würdenträger und für den gemeinen
zur Verantwortung zog. Mann, der seinem Blutsherrn als seinem
Richter untersteht.
Die F. spielte in der ältesten Zeit des
Hattireiches eine große Rolle und war in Für das Alte Reich ist die F. noch be-
den sozialen, religiösen und wirtschaft- zeugt durch die §§ 173 und 166 des hettiti-
lichen Verhältnissen der Zeit verankert. schen Gesetzbuchs. Der erste besagt, daß
Sie war hauptsächlich in der Auffassung das Haus des Bekämpfers der Gerichts-
des diffusiven Charakters des Sünden- barkeit des Königs zu einem Toten-
fluidums, das sich in allen Gliedern der haufen (?), bu-bu-ul-li [Neufeld The
eine strikte Einheit bildenden Familie aus- Hittite laws: shall be laid waste] werden
breitete, begründet. Deshalb erstreckte sie soll; der zweite dehnt auf die Rinder des
sich nicht nur auf die eigentlichen Familien- zweiten unredlichen Bestellers eines Feldes
mitglieder, sondern auch auf die Häuser, die Haftung für diese Übertretung aus.
die Felder, die Sklaven, das Gesinde und In diesem zweiten Falle handelt es sich
das Vieh, soweit sie der Familie gehörten. nicht um eine wirkliche F.
Sie fand Anwendung sowohl im profanen Im Neuen Reich spielte die F. eine
und kanonischen Recht als auch im Sakral- wichtige Rolle auf verschiedenen Gebieten
recht. der rechtlichen und religiösenBeziehungen.
Trotz der großen Rolle, die sie in der Sie wird oft erwähnt in den Fluchformeln
ältesten Zeit spielte, berichten uns einige der hettitischen Vasallenverträge, in denen
FAMILIENHAFTUNG—FARBEN
die Eide selbst, welche die Bestimmungen standes gegen den König mit dem Tod des
des Vertrages vor Übertretungen schützen Aufständigen, dem seiner Gattin, seiner
sollen, und die dabei angerufenen Götter Söhne und seines Hauses bestraft wird.
nicht nur den Vertragsbrüchigen Partner Im Falle des Arma-U-as hat sich jedoch
selbst, sondern auch seine Gattin, alles Hattusilis mit der Verbannung desselben
was ihm gehört, seine Kinder und Söhne, und seiner Familie nach Alasia (Zypern)
die Söhne seiner Söhne, sein ganzes Land und der Beschlagnahme der Hälfte seines
oder seinen Samen (seine Nachkommen- Vermögens begnügt.
schaft), und den Samen seiner zweiten Die F. tritt in Kraft auch in Fällen der
eventuellen Gattin, sein Haus, seine Stadt, Nichteinhaltung der Reinheitsvorschriften
sein Vieh bestrafen sollen. Manchmal für den König ( F r i e d r i c h , MAOG IV,
werden in den Kreis der verantwortlichen S. 46ff., II, Z. 19; III, Z. 8, 19—20). Es
Personen auch eigens die Brüder, die scheint aber, daß nur Zulijas und nicht
Schwestern, die Familien des Schuldigen auch seine Familie für seine Nachlässigkeit
und manchmal sogar seine Soldaten und in der Reinhaltung des Wassers für den
seine Pferde einbezogen. Diese Art der F. König gebüßt hat.
ist also viel ausgedehnter als die des Zwei-
stromlandes, die F. erweitert sich hier zu G. F u r l a n i La corresponsabilitä familiäre
presso gli Hittiti, Symbolae . . . P. K o s c h a k e r
einer vollkommenen Landeshaftung. dedicatae, Leiden, 1939, S. 11— 25; V. K o -
Die Hettiter waren der Ansicht, daß die r o sec, Die Kollektivhaftung im hethitischen
F. nicht nur im Falle der Verfluchung, Recht, Archiv Orientalin X V I I I , 3 (1950),
sondern auch für das Gegenteil, die Seg- S. 1 8 7 - 2 0 9 . Furlani.
nung, Geltung habe, also F. in der Be- Fara s. S u r u p p a k .
lohnung für eine gute Tat. Die Vasallen-
verträge enthalten z. B. Segensformeln, Farben. Die Farbenskala der Sumerer
die ganz parallel den Fluchformeln die F. und Babylonier ist in den Hauptfarben
ebenfalls für den Segen gelten lassen, und nicht wesentlich verschieden von der
deshalb erstreckt sich der Segen auf heutigen. Man unterscheidet „schwarz"
die ganze Familie im weiteren Sinne des (sum. ge, akk. salmu), wie Sturmgewölk,
Wortes, auf das Land usw. desjenigen, „weiß" (sum. b a b b a r , akk. pisü), wie
der sich an die Bestimmungen des Ver- Gips, Marmor, Silber, „rot" (sum. sa, akk.
trages halten wird. Die Belege für diese sämu), wie Blut, Anemone, Rotschimmel
Ausführungen findet man in den Ver- (vgl. HSS XIV Nr. 648, Z. 8), dazu die
trägen der Könige Suppiluliumaä, Mur- Nuancen ruSSü, „rot(gelb)", wie Gold,
siiis II. und Muwatallis mit verschiedenen Urin, pilü, „rotgelb(braun)", wie Eidotter,
Königen und Fürsten. Nicht immer hat „blau"(sum. z a g i n , akk. uqnü), wieLapis-
jedoch der hettitische Großkönig im Ver- lazuli, Wein, der Hals eines Raben, oder
hältnis zu seinen Vasallen auf deren F. „blau", wie der Himmel (akk. sama'ifu),
bestanden, politische Erwägungen haben „graublau" (sum. z a g i n - a n s e - e d i n a ,
ihn manchmal bewogen, nur den etwaigen akk. sirrimänu), wie ein Wildesel, auch
Schuldigen selbst haftbar zu machen. von Pferden, Grauschimmeln. „Grün" und
Andere Fälle von F. kommen im hettiti- „gelb" wird nicht immer scharf unter-
schen Soldateneid vor. Auch hier packen schieden. Für die gelbe Farbe des Goldes
die Eide, linkijäs, nicht nur den Treu- hat man die Bezeichnung „goldig" akk.
brüchigen selbst, sondern auch seine Nach- hurasänu. Das akkadische Wort (w)arqu
kommenschaft, sein Haus, seine Rinder, ist sowohl „grün" von Gras wie fahl
seine Schafe ( F r i e d r i c h , ZA XXXV, „gelblich, grünlich" vom Gesicht bei
S. 162ff., II, Z. 17—18, 35—41; III, Schreck, Krankheit (akk. amurriqänu
Z. 9—11; IV, Z. 9—17). „Gelbsucht") und Tod, wobei man daran
denken muß, daß das Gesicht der Be-
Aus der Apologie des Hattusilis III. wohner des Zweistromlandes gelblichen
(Götze, MVAG 34, 2, S. 16", Z. 2of.) geht Teint hatte. „Bunt" (sum. d a r , akk.
hervor, daß das Verbrechen des Auf-
20 FARBEN
burrumu) ist vor allem weiß und schwarz. Schwarz und das matte Rot treten hier
Einige Farben, die mit Pferden verknüpft besonders in Erscheinung. Der Haupt-
werden, paprunnu, binqamannu (s. HSS bestandteil des matten Rot ist roter Eisen-
XIV Nr. 648, 17, 22), sind bisher nicht ocker, die Zusammensetzung des matten
erklärt und wohl hurritischen Ursprungs; Schwarz ist noch ungeklärt, jedoch ist ein
dazu vgl. AASOR XVI, S. 130. Vgl. auch Eisengehalt festgestellt worden. Durch
die Farben der Stoffe und Pasten unten. die Unregelmäßigkeiten des Brandes und
Die Farben sind für den Babylonier durch die Stärke des Aufstrichs ergaben
wichtig bei sympathetischen Kuren, vgl. sich bei den Glanzfarben verschiedene
T h o m p s o n Chemistry S. XXXIX, in der Farbtönungen von Orange bis Braun.
Magie, z. B. bei Anfertigung von Hunde- O. S t r e u hält es für möglich, daß bei den
figuren und anderen Gestalten zur Abwehr matten Farben die „Abwandlung der
von bösen Dämonen, vgl. KAR Nr. 298 Farbtöne durch unterschiedlichen Eisen-
(Gurney AAA XXIIS. 64ff.; dort werden gehalt, beim Schwarz außerdem vielleicht
S. 72 die in Ninive, Sippar, Kis gefundenen durch (nicht nachweisbare) Spuren von
verschiedenfarbigen Hundenachbildungen Mangan bewirkt worden sind".
aufgeführt, weiter vgl. G a d d RA XIX Lit.: Hubert S c h m i d t in Der Teil Halaf
S. I49ff.), bei Omina (vgl. U n g e r Wahr- von Max Freiherr von O p p e n h e i m , Bd. I,
bes. S. 32, 33, 71; O. S t r e u Zur Technik
sagesymbolik, S. 13; Interferenzfarben bei der altorientalischen Keramik in ZDMG
Oelomina beobachtet s. H u n g e r LSS I, XCVIII, S. 3 5 9 f f .
1, S. ioff.). Die Planeten wurden in Be-
ziehung zu Farben gesetzt, vgl. J e r e m i a s 2. S a m a r r a - K e r a m i k : Ernst H e r z -
HAOG2 S. 177 ff. „Schwarz" und wohl f e l d sagt über die Farben der Samarra-
auch „dunkelrot" sind Farben der Trauer, Keramik in seinem Werk Die vorgeschicht-
„weiß" bezeichnet Freude (s. Meissner lichen Töpfereien von Samarra, S. 6, folgen-
BuA II S. 409), symbolisch erscheinen des aus: „Der verschiedene Brand ist die
„weiß" in Gips ( = Ninurta, Heiland), Ursache der so verschiedenen Färbung.
„schwarz" in Bitumen ( = asakku „Todes- Die Farben wechseln zwischen ganz hellem
dämon", Ii „Unterweltsfluß") s. L a n g - Rot oder hellem Terrasienabraun bis zu
don UP X 4, S. 339; ZA VI S. 242, Z. 15. einem violetten Dunkelbraun, oft in Grün-
grau übergehend. Ein grundsätzlicher
Ebeling. Unterschied besteht zwischen diesen Fär-
bungen nicht". Ähnlich ist es bei der
Farben in der altorientalischen Malerei.
A. In der G e f ä ß b e m a l u n g von der 3. H a g g i - M o h a m m e d - K e r a m i k :
Vorgeschichte bis zur Dschemdet Nasr-Zeit. Charlotte Ziegler bemerkt dazu in ihrem
1. T e i l - H a l a f - K e r a m i k : Auf Gefäßen Buch Die Keramik von der Qal'a ies Haggi
der Tell-Halaf-Keramik finden sich eine Mohammed, S. 14: „Es gibt die ver-
Glanz- und eine Mattfarbe. Die Glanzfarbe, schiedensten Farbnuancen in der Be-
die nach O. S t r e u eine Art Lehmglasur ist, malung: von gelbbraun bis schwarz, von
wurde durch das Brennen entweder eines ziegelrot über pflaumenrot bis dunkel-
gutgeschlämmten gelben und rötlich violett, die verschiedensten Arten von
grauen, sehr fetten, dichten Tones oder grün. Wenn es auch auf den ersten Blick
eines gutgeschlämmten ähnlichen Tones, so aussieht, als wäre zum Beispiel ein
der jedoch magerer und poröser war, er- Gefäß grün und violett bemalt oder ziegel-
zielt. Nach oxydierendem Brand er- rot und pflaumenrot oder gelb und
schienen diese als Malmittel benutzten, schwarzbraun, so erkennt man bei näherer
offenbar eisenhaltigen Tone als rote Glanz- Betrachtung, daß diese Farben so in-
farbe, nach reduzierendem Brand als einander übergehen, daß sie nur durch
schwarze Glanzfarbe. Als Malgrund für den Brandprozeß und seine Unregel-
die zweifarbig, schwarz und rot, be- mäßigkeiten oder durch Verwitterungs-
malten Gefäße diente oft ein weißer prozesse im Boden so verschieden ge-
oder gelblich-weißer Überzug. Das matte worden sein können".
FARBEN 21
4. Teil ' U q a i r : Im Tempel von Teil folgende Farben an: Weiß, Gelb, Rot,
'Uqair erschienen auf weißem Grund die Scharlach, Kobaltblau, Preußischblau und
Farben Orange, Rot, Scharlach, Gelb und Schwarz.
Schwarz. Laut JNES II, 2, S. 139 handelt Lit.: T a h a B a q i r in Iraq V I I I , S. 8of.
es sich um Wasserfarben. Der Tempel ist 9. K a r - T u k u l t i - N i n u r t a : Im Palast
in die Dschemdet Nasr-Zeit zu datieren. Tukulti-Ninurtas I. fanden sich auf einem
Lit.: S e t o n L l o y d Excavations at Teil Lehmputz, der mit einer dünnen Stuck-
•Uqair, in J N E S I I , 2, S. I39ff.
schicht überzogen war, Reste von Wand-
5. Mari: Folgende Farben wurden bei malereien, die in den Farben Rot, Blau,
der Herstellung von Wandmalereien im Weiß und Schwarz ausgeführt waren. Das
Palast des Zimrilim (Hammurapi-Zeit) be- Weiß war kreidig und besaß eine starke
nutzt : Schwarz, Ockerrot (hell und dunkel), Deckkraft.
Orange, Ockergelb, Blau und Grün. Weiß Lit.: W. A n d r a e Farbige Keramik aus
ist hier durch die Farbe des Untergrundes, Assur, S. 7.
der aus Gips bestand, gegeben.
10. Teil H a l a f : Das Postament vor
L i t . : Andre P a r r o t Les Peintures du Pa- dem Portal des „Tempelpalastes" ist im
lais de Mari in Syria X V I I I , S. 325ff., passim.
9. Jahrhundert erbaut worden. Es ist mit
6. A t s c h a n a : In Atschana wurden, bunten Formsteinen verziert; die dabei
dem Bericht des Ausgräbers Sir L e o n a r d verwendeten Schmelzfarben sind Hellgelb,
Woolley zufolge, in Schicht VII (Hammu- Olivgrün und Weiß. Durch Oxydation ver-
rapi-Zeit) echte Fresken festgestellt. wandelte sich das letztere an manchen
Woolley äußert sich dazu in A For- Stellen zu Dunkelgrün.
gotten Kingdom, S. 76: „The decoration Lit.: Felix L a n g e n e g g e r in Der Teil Halaf
was in true frescoe, the wall being plas- von Max Freiherr von O p p e n h e i m , Bd. II,
tered in sections and the paint applied S. 72.
while the plaster was still wet". Es treten 11. N i m r u d : Die Malereien in den
die Farben Schwarz, Weiß, Pompejanisch- Palästen zu Nimrud sind in das 9. und
Rot, Gelb und Blau auf. Auch in Schicht 8. Jahrhundert zu setzen. Es sind die
IV (Ende 15./Anfang 14. Jahrhundert) ent- Farben Kobaltblau, Schwarz, Weiß, Rot
deckte man Freskenmalerei. und seltener Grün und Gelb verwendet
Lit.: S i r L e o n a r d W o o l l e y A Forgotten worden.
Kingdom, Pelican Book A 261, S. 76, 115.
Lit.: A . H . L a y a r d N i n e v e h anditsRemains,
Vol. II, S. 16 (Zentral-Palast); G . S m i t h
7. Nuzi: Verschiedene Wände der Ge- Assyrian Discoveries, S. 78 (SO-Palast);
bäude in Nuzi trugen Wandschmuck. Es M. E. L. M a l l o w a n The Excavations at Nim-
gelangten dabei die Farben Rot, Rosa, rud in
Weiß, Schwarz und Grau zur Anwendung. Iraq XII, 1950, S. 164 (Statthalter-Palast
Das Rot ist ein roter Ocker, das Schwarz Adadniräris III.)
kohlenstoffhaltig, das Weiß ist ziemlich XV; ^ } (NW-Palast)
reiner und das Grau weniger reiner Gips. XVI, 1954, s - 155 (Palast Adadnirä-
Das Grau scheint, wie Mr. R. J. G e t t e n s ris III.)
in S t a r r Nuzi, Vol. I, S. 491, betont, Ferner wurden emaillierte Ziegel mit den
nicht aus einer absichtlichen Mischung Farben Gelb, Weiß, Blau, Braun, Schwarz
von weißen und schwarzen Farben hervor- und Rot gefunden, die ursprüngüch zu
gegangen zu sein. Der Gips gab meist Wandgemälden zusammengesetzt worden
den Malgrund ab. Die Wandmalereien in waren. Über die vermutliche chemische Zu-
Nuzi gehören in das 15. Jahrhundert. sammensetzung der Farben s.u. „Assur".
Lit.: S t a r r Nuzi, Vol. I, bes. S. 57/59 und Lit.: A. H. L a y a r d Monuments of Nineveh,
491. Vol. I, Tf. 84; Vol. II, Tf. 53/4. Ders. Nineveh
and Babylon, S. 166/7.
8. D ü r - K u r i g a l z u : Die Malereien im
Palast in Dür-Kurigalzu sind wohl in das 12. N i n i v e : Im Palaste Assurnäsir-
12. Jahrhundert zu setzen. Man wendete pals II. fand man emaillierte Ziegel, deren
FARBEN 23
18. Susa: Farbige Emailziegelreliefs palast" in Teil Halaf auf; Schwarz, Weiß,
entdeckte man im achämenidischen Pa- Gelb, Blau, Grün und selten Rot sind in
last. Die Farbskala umfaßt die Farben neuassyrischer Zeit gebräuchliche Schmelz-
Weiß, Blau, Grün, Braun, Gelb und farben; im Neubabylonischen Reich ist
Schwarz. Rot verhältnismäßig häufig anzutreffen,
Lit.: G. C o n t e n a u Les Antiquites Orien- Grün dagegen scheint zu fehlen; auf den
tales Vol. II, S. 16, Tf. 21/4. Emailziegeln achämenidischer Bauten
findet sich neben Schwarz, Weiß, Gelb,
19. P e r s e p o l i s : Emailmalerei auf
Blau und Grün auch Braun.
Ziegeln wurde in den achämenidischen
Boehmer.
Bauten festgestellt. Die Farben Grün,
Gelb und Blau gelangten dabei zur Ver- Farben (Symbolik). § 1. Die Unter-
wendung; jedoch ist es nicht unwahr- scheidung der Farben ist nicht ausgeprägt.
scheinlich, daß, wie in Susa, Weiß, Das Keilschriftzeichen DAR ( H o w a r d y
Schwarz und Braun angewendet worden Clavis, Nr. 128 = E. U n g e r Keilschrift-
sind. Symbolik, 1940, Nr. 98) heißt allgemein
Lit.: E . F. S c h m i d t Persepolis, Vol. I, O I P „farbig, bunt" (burrumu), aber auch „rot-
L X V I I I , S. 78, 91. braun" {pilü, sämu), nach dem Schrift-
bilde Stier-„Horn" mit senkrechten Füll-
C. Z u s a m m e n f a s s u n g . In der vorge- strichen. „Paste, Farbstoff" (damatu)
schichtlichen Gefäß- und Wandmalerei allgemein hat den Namen von „Blut"
wurden fast nur die Farben Schwarz und (dämu), bedeutet also auch „ b l u t r o t " .
Rot und, jedoch nur in der Gefäßmalerei,
das zwischen diesen Farben Hegende Braun § 2. B l a u hat seinen Namen von uqnü
verwendet. Dabei erscheinen die Farben = ZA-GlN, vom Lapislazuli-Stein.
der bemalten Keramik in unterschied- Dieser war wegen seiner Kostbarkeit für
licher Nuancierung auf Grund des unregu- fürstliche Familien reserviert, ähnlich
lierten Brandes. Gelb (Ocker) gebrauchte wie der ägyptische Porphyr für die Ptole-
man äußerst selten; es ist in der Keramik mäer und römischen und byzantinischen
von Tell-i-Bakun A und in der Wand- Kaiser. Blau war ungünstig (E. U n g e r
malerei von Teleilat Ghassul zu belegen. Wahrsage-Symbolik — WUM 2, S. 23),
Von der Dschemdet Nasr-Zeit ab wurde es aber wohl mehr bannend und gegen den
neben Schwarz, Weiß und Rot, gerne ver- „Bösen Blick", wie beim Istar-Tor in
wendet. Blau und Grün treten als Mal- Babylon (s. d. § 17) und bei den Hoch-
farben zum ersten Male im Palast des tempeln der Tempeltürme. — Nannar
Zimrilim (Zeitgenosse Hammurapis von trägt einen lasurfarbenen Bart ( T a l l q v i s t
Babylon) in Mari auf. Zur gleichen Zeit AG S. 219, vgl. D e l i t z s c h SGI, S. 22of.,
und auch in späterer Zeit findet sich in U n g n a d Glossar NBRU, S.27). — Wegen
Atschana echte Freskenmalerei; eine solche des Ideogramms ZA-GIN-KUR-RA ist
ist bisher an keinem anderen Ort des takaltu ein blauer Stoff (Ungnad a. a. 0.
Alten Orients festgestellt worden. Schwarz, S. 161), ebenso auch argamannu (ZA-GIN-
Weiß, Rot und Blau sind im Neuassy- DIR) vgl. D e l i t z s c h HW, S. 129, wohl
rischen Reich die beliebtesten Farben, blauer Purpur. J a h n Der Aberglaube des
daneben treten Gelb, Grün und, sehr sel- Bösen Blicks bei den Alten, Leipzig, 1855.
ten, Braun auf. Diese Farben-Symbolik blieb im Volks-
glauben bis heute, z. B. gilt die blaue
Die Schmelzfarbenmalerei auf Gefäßen, Wegwart-Blume als „böse Jungfrau",
Knauffliesen (Sikkdti), Ziegel-Ortho- die weiße aber als „gute Jungfrau" (Franz
staten und Wandziegeln ist anscheinend Söhns Unsere Pflanzen, 19074, S. 104,
im 13. Jahrhundert v. Chr. entstanden Anm.). B r a u n s. Rotbraun.
(s. W. A n d r a e Farbige Keramik aus
Assur, S. 5). Gelb, Grün und Weiß treten § 3. Gelb (arqu), nach dem Bildzeichen
an dem unter aramäischer Herrschaft ent- SAR = Pflanzung, Garten, mit „grün"
standenen Postament vor dem „Tempel- übersetzt ( H o w a r d v Clavis. Nr. 177, 1,
FARBEN 25
testierte, ohne jedoch eine genaue Unter- annehmen: Für Gelbfärbung standen
suchung des Turmes anzustellen. Safranarten (sapalginu, kurkanü u. a.),
Für die Hauptstadt von Medien vielleicht Rhus coriaria (wenn LID.GAB
E k b a t a n a = H a g m a t a n a (s. d.), be- = aptah = akk. kamantu so zu deuten
schreibt H e r o d o t I, 98 sieben Ring- ist) und Colchicum autumnale ( = akk.
mauern mit sieben verschiedenfarbigen kamkadu) zur Verfügung. Mit kämme
Zinnen, für den König Dejokes erbaut. (von T h o m p s o n als Xanthium stru-
Von außen her hatten sie die Farben: marium L. [?] gedeutet) konnte man
1. weiß, 2. schwarz, 3. purpurn, 4. blau, Leder gelbgrünlich färben (Produkt akk.
5. hellrot, 6. silbern, 7. golden. Inmitten duSü, unser Maroquinleder). Für Blau-
lag der Palast. Von diesen Farben sind färbung kam uqnätu in Betracht, von
nach der Regel 1, 3, 5, 6, 7 günstig, da- T h o m p s o n der Pflanze Isatis tinctoria
gegen 2 und 4 ungünstigen Charakters. „Waid" gleichgesetzt, nach CT XVIII17,
Vgl. auch A. H. L a y a r d Populärer Be- K. 4211, Z. 5 f. = inzuritum (inzahuritu,
richt über die Ausgrabungen von Nineveh, animalisch [!] s. unten) und argamanu
1852, deutsch von M e i s s n e r , S. 220. Hier „purpurn". Diese vegetabilischen Farb-
sind auch Angaben über den Fund von stoffe wurden auch von den Juden der
farbigen Ziegeln gemacht: S. 64 (blau und talmudischen Zeit benutzt (vgl. K r a u ß
rot), S. 165 (blaßgelb), S. 219 (vergoldet). Talmudische Archäologie I S. 145), nur
Vgl. B. Meissner RLV III, S. 189t hatten diese außerdem noch für Rotfärben
(Farben). Vgl. F a y e n c e . Färberröte (Krapp), Rubia tinctorum, und
Eckhard Unger. Meerestang (fucus) zur Verfügung; letztere
beiden sind anscheinend im Akkadischen
Färber. Über die Tätigkeit des F. (akk. nicht sicher nachzuweisen (Tang = imbü
säbü, säripu) wissen wir nicht viel mehr, tämtim? Aber s. T h o m p s o n Chemistry,
als daß er die zu färbenden Stoffe in die S. 30 f. [sam LAL]). Ob das akkadische
Farbbrühe eintauchte. Für diese werden Wort lalangu wirklich, wie T h o m p s o n
anscheinend außer den Farbstoffen (s. d.) a. a. O. S. 95, 107 will, = „Indigo" ist, und
Sodacarbonat (akk. nitru, s. T h o m p s o n ob es als Farbstoff genutzt worden ist,
Chemistry S. 11) und Alaun (akk. gabü, bleibt ganz unsicher, b) Ein animalischer
s. H a r p e r ABL Nr. 347 Rs. Z. 8f. und Farbstoff ist huruhuratu, eine dunkel-
T h o m p s o n a. a. O.) verwendet. Neben gelbe bzw. hellrote Farbe zum Färben
Wolle, Haar, Leinen und den daraus be- von Wolle. Diese stammt von Würmern
reiteten Geweben wurden auch Leder- (tulätu, s. Meissner MAOG XIII 2,
stücke gefärbt (vgl. särip äuse „Färber S. 14t.), d. h. den getrockneten Weibchen
von Rohleder", s. O p p e n h e i m Wilber- der Kermesschildlaus Coccus ilicis. Ihre
force Eames Bab. Coli., S. 108, auch h u i mit rotem Saft gefüllten Eier ergeben
S. 105, note i n ) . getrocknet ein rotes Pulver, das zum
Uber ev. chemisches Färben von Steinen Farbbad bei der Purpurfärbung dient.
vgl. T h o m p s o n a.a.O. S. XLII, XLIVff. Mit diesem tyuruhuratu identisch, oder von
U n g n a d Glossar s. v. säbü S. 141; für die einer anderen Coccusart stammend, ist
Färbereianlagen i n Teil bei mirsim vgl. N o t h inzahuritu inzuritu, das, wie oben gezeigt,
Die Welt des AT, S. 131. Ebeling. = argamanu ist, und offenbar auch mit
talmudisch zehorit identisch ist (vgl.
Färbestoffe. Es dürfte keinem Zweifel E b e l i n g Parfümrezepte, S. 8). Argamanu
unterliegen, daß in Babylonien a) pflanz- ist „roter Purpurstoff" bzw. die Farbe,
liche, b) animalische, c) chemische (mine- die dieses Produkt liefert. Die kostbarste
ralische) Farbstoffe bekannt waren. Mit Purpurfarbe animalischen Ursprungs er-
den pflanzlichen hat sich T h o m p s o n gab sich aus dem Zerquetschen der murex-
DAB, S. 157 ff. beschäftigt (colouring Muschel, die in gewaltigen Mengen an der
plants). Seine Identifikationen sind nicht phönikischen Küste verarbeitet wurde
in allen Einzelheiten sicher, doch kann (s. den Fund einer riesigen Masse von
man wohl folgendes als wahrscheinlich
FASILLAR—FATA MORGANA 27
Muschelschalen in Ras Schamra und dazu kiert, die zur Vorderseite blicken. Zwischen
T h u r e a u - D a n g i n Syria XV S. i44ff., diesen steht eine geduckte bärtige Gott-
ferner S c h a e f f e r Cuneiform Texts of Ras heit mit niedrigem Kegelhut und einem
Shamra-Ugarit.S. 38). Das Produkt davon vorderen Horn daran und legt die Hände
war eine hochgeschätzte, rötüch-blaue unter dem Bart zusammen. Auf seinem
Farbe, von den talmudischen Juden Kopf steht mit seinem 1. Fuß, halb in
tekelet genannt, was genau dem akkadi- Relief, halb en creux, die hohe Gestalt
schen takiltu entspricht. Andere Nuancen eines rasierten Gottes, mit hohem Kegel-
der Purpurfarbe bzw. der mit ihr ge- hut und vier Hörnern vorn daran. Sein
färbten Wolle heißen tabarru (Nuzu: r. Fuß tritt seitwärts auf den Löwen.
tawarwa) „hell purpurn", kinahhu, surathu, Der r. Arm erhebt die Faust, der 1. Arm
tamqarhu, Suhulhu (in Nuzu, vgl. Cross ist vorgestreckt, mit einem abgebrochenen
Movable Property, S. 48, für weiteres noch Symbol.
S t a r r Nuzi I, S. 543). c) Von minerali- J. R. S i t l i n g t o n S t e r r e t t The Wolfe Ex-
schen Farben sind bekannt: 1. kitmu sum. pedition in Asia Minor, Papers of t h e Amer.
IM.SAHAR.GE.KUR.RA, d. h. aus erdi- School of Class. Stud. a t Athens, I I I , 1888,
S. 164; P e r r o t - C h i p i e z Hist. de l'art IV,
ger schwarzer Substanz des Gebirges ge- S. 739, Taf. V I I I ; R a m s a y Cities of St. Paul,
wonnen, als schwarze Farbe verwandt S. 134, Fig. 7; d e r s . Athen. Mitt. des Arch.
(vgl. M e i s s n e r MAOG X I I I 2, S. 25f., Inst. XIV, S. 170; G a r s t a n g The Land of
T h o m p s o n Chemistry S. 34, sahmu ge- the Hittites, 1910, S. I75f.; Julius J ü t h n e r ,
K n o l l , P a t s c h , S w o b o d a Vorläuf. Bericht
lesen) eine Alaunart (?); 2. eine Reihe von über eine arch. Expedit, nach Kleinasien, Prag
gelblichen bzw. roten Pasten, die vorzugs- 1903, S. 16, Fig. 4, S. 17, Fig. 5.
weise zum Schminken des Gesichtes ver-
Eckhard Unger.
wandt werden,nachThompsona. a. O. zur
Mehrzahl Arsenikpräparate: sindu huräsi Faß s. G e f ä ß .
(„Goldfarbe") = lern = Sipu, kalü („gelber
Ocker" ?), serserru („Rouge"), illür päni Fassade s . F a y e n c e , H a u s , T e m p e l .
(„Anemonenrot des Gesichtes") u. a., vgl. fasten s. N a h r u n g , R i t e n .
T h o m p s o n a. a. O., S.4Öff.; 3. guhlu und
sadidu („kohl, Antimon, Spießglanz") Fatalismus s. M o r a l .
blauschwarz zur Hervorhebung des Auges, FataMorgana. §1. In der Hochkultur
T h o m p s o n a. a. O. S. 49, XLI. Die von Mesopotamien herrschte die eigen-
Farben, die bei den aus dem Altertum tümliche Auffassung, daß das Himmels-
erhaltenen Resten von Gemälden und dem bild dem Erdenbild entspräche, daß die
Anstrich von Wänden verwandt worden Länder der Erde sowie die Städte und
sind, haben eine zusammenfassende Be- Flüsse, selbst auch die Bauwerke, wie die
handlung und Untersuchung in dem Art. Tempel, ihre Entsprechung am Himmel,
oben S. 21—24 gefunden, s. d. Es sind und zwar in den Sternbildern fixiert,
jedenfalls Wasserfarben und anscheinend hätten: Alfred J e r e m i a s HAOG2,
auch mit Öl angemachte verwendet worden S. 108ff., 154,227. — D . O p i t z RLV XII,
(s. M e i s s n e r BuA I, S.329f.;M.-Th. B a r - S. 435, § 40. So lag die Stadt A s s u r * im
r e l e t Studia Mariana, S. 9ff.). Ebeling. Arktur ( = $U-PA), H o w a r d y Clavis, 150,
130, B a b y l o n * oder Uruk und Kullaba
Fasillar. SW von Konia, östl. des Bey- im Pegasus (ikü), a. a. 0.150, 27, E r i d u *
Sehir-Sees, fand S t e r r e t t eine 7,40 m im SternbildVela (NUNki), a.a.O. 150, 96,
hohe Kalksteinstele aus der Zeit des N i p p u r im Großen Bären (Wagen: Mar-
hettit. Großreichs, gut aufgenommen von gidda), a.a.O. 150,194, S i p p a r im Krebs
J ü t h n e r , jetzt auf dem Rücken liegend. (AL. LUL), a. a. O. 150, 164. Der T i g r i s
Die Stele, sich aufwärts verjüngend und lag im Sternbild anunitu*, dem nördl.
oben schwach abgerundet (?), hat unten Teil der Fische (pisces), H o w a r d y ,
einen breiten oblongen Zapfen und ist a.a.O. Nr. 150, 228 -j- 266 + 271, und der
unten von zwei plastischen Löwen flan- E u p h r a t im Gestirn der Schwalbe (si-
28 FATA MORGANA
gana annehmen müssen, daß die irdischen stammen gelbgrün emaillierte kleine
Gegebenheiten sich umgekehrt auch am Schminkbüchsen mit Deckel aus Babylon,
Himmel befanden. Sie waren nicht immer besonders eigenartig die Pantoffelsärge
sichtbar, und man hat sie in den Ge- aus Nippur, grün glasiert und mit Figuren
stirnen am Himmel, in der Nacht, fixiert. gestempelt (Unger Kunstgewerbe III,
Darum habe ich auch den babyloni- S. 419, 1—4, H. V. H i l p r e c h t Aus-
schen Kosmos in der Weise rekonstruiert, grabungen im Bel-Tempel zu Nippur, S.37,
daß der Himmel die umgekehrte Ent- Abb. 22). Unter ägyptischem Einfluß
sprechung der Erde darstellt, um den die stehen glasierte Schalen aus Ugarit in
Tiersternbilder im Himmlischen Ozean Syrien sowie ein Frauenkopfbecher in
ringsherum stehen. Eckhard U n g e r Die Braun, Weiß, Schwarz, Grün (Speiser,
Reformation des Babylonischen Kosmos, a. a. O. Abb. 64/65).
Atlantis 1932, S. 246ff. mit Zeichnungen § 2. In der Baukunst verwendete man
des Kosmos von Karl Maaß. Vgl. F a s s a d e n aus g l a s i e r t e n Ziegeln,
E. Unger RLA II, S. 234, ders. Imago auf denen ganze Gemälde von Feldzügen
Mundi II, 1937, S. 1 ff., ders. Antiqu. 1935 dargestellt waren, mit Beischriften, so an
S. 313 Abb. 3. der F r o n t des A s s u r t e m p e l s in Assur
Eckhard Unger. (Andrae, a. a. O. S. u f . , Tf. 6 = RLV
III, Tf. 41) dreimal umgesetzt, aus
Fauna s. T i e r w e l t .
drei verschiedenen Perioden, meist vom
Fayence. § 1. Das Herkunftsland der ,,kigallu (Unterbau) der Stiere des
F. in Vorderasien ist Ägypten, wo sie Adad-Tempels" und von Sargon II. stam-
bereits in vorgeschichtlicher Zeit vor- mend (s. AfO III, S.iff.). Die I s t a r -
kommt, da das Land durch sein heißes s t r a ß e i n B a b y l o n , außerhalb des
Klima und den anstehenden Kieselsand Istartors, war seitlich mit je 60 Löwen
der Wüste die Grundelemente für die An- auf buntglasierten Ziegeln verziert, zu-
fertigung der Glasur bot, im Gegensatz sammen mit 120 Löwen (Koldewey
zum sandarmen Mesopotamien, dessen Wieder erstehend. Babylon, 1914, S. 28),
Grundelemente Ton und Lehm sind und die der Prozessionsgöttin, Istar vonAkkad,
das in höheren nördlichen Breiten liegt. nach Norden entgegengehen. Am I s t a r -
Die von Werner Speiser (Vorderas. Kunst, t o r in B a b y l o n waren Wildstiere und
1952, S. 23) gemachte Behauptung, daß Drachen aus buntglasierten Ziegeln an-
sich in dem vorgeschichtlichen Friedhof gebracht, von denen K o l d e w e y (a. a. O.
von Tepe Giyan, südlich von Ekbatana, S. 42) 152 in situ vorfand, während er
in der V. Schicht, bereits das Anguß- die Gesamtzahl auf mindestens 575 Stück
verfahren der Glasur nachweisen lasse, schätzt. Auch diese gingen den ein-
findet in der Publikation von C o n t e n a u ziehenden Göttern, Adad und Marduk,
und G h i r s h m a n , 1935, Tf. 64, S. 65t. jeweils am Tore entgegen. Die F a s s a d e
keine Stütze. Vielmehr ist die Fayence des S t a d t s c h l o s s e s mit ihren vier
und die Glasur erst um 1300, durch Vasen- Palmsäulen, innerhalb von Palmetten-
scherben aus Assur mit aufgesetzten girlanden und Löwenfries darunter (Spei-
Rosetten und Inschrift des Königs Adad- ser Vorderasiatische Kunst, Abb. 108,
niräri I. in Mesopotamien nachgewiesen, nach der Wiederherstellung im Pergamon-
wohl eine Folge der ägyptischen Feldzüge Museum, Berlin), ist ein weiteres wirkungs-
nach Westasien im 15. und 14. Jahrh. volles Beispiel der Ziegelfayencekonstruk-
Vgl. W. A n d r a e Farbige Keramik aus tion (Delitzsch Mehr Licht, 1907, S. 32,
Assur, S. 15, Tf. 15, 22, 26, 27: assyr. Abb. 32, bunt). Die Ziegel, die vorher ge-
Vasen, Eimer mit Opferszenen, springen- brannt, bemalt und glasiert waren, trugen
den Ziegen, Lotosblüten und Knospen, auf der Oberseite Zählstriche in Schwarz
oben mit Zinnenkranz dekoriert: U n g e r von 1 bis 7 für die Schichten von obenher,
Gesch. d. Kunstgewerbes III, S. 417 t.; RLV die weiteren unteren Schichten hatten
III, Tf. 39, c. Aus parthischer Zeit dieselben Zählstriche, aber mit einem
30 FAYENCE
der Stätte den Namen gegeben, nämlich auf, die eine schlimme Folge für das Kind,
„die Scherbenreiche". das sie trägt, sowie für sie selber er-
Ob in Fecherlje wirklich die Ruine der warten lassen (TDP, S. 200ff., Z. 5,
einstigen Mitannier-Hauptstadt Wassu- 16—18, 21, 26, 32, 38, 77, 80, 81, 83,
ganni* begraben hegt, wie D. O p i t z (s. ZA 86, 87, 89, 105).
N. F. III [1927], S. 299 ff.), M. von Die Fehlgeburt konnte zufällig oder
O p p e n h e i m , und nach ihnen zahlreiche beabsichtigt sein. Im ersten Falle wird
weitere Fachgelehrte vermutet haben, sie häufig der Beeinflussung durch Zau-
bedarf noch der Bestätigung durch um- berer zugeschrieben, besonders der Tätig-
fangreiche Ausgrabungen. Die im August keit der Dämonin Lamastu, der „Räu-
des Jahres 1940 unter der Leitung von berin", die sich an die Schritte der zu-
C. W. M c E w a n unternommenen Schür- künftigen Mutter heftet, und von der man
fungen (s.A.J.Wilson in AJA XLV [1941], sagt, „daß sie ihre Monate zählt, auf der
S. 117; vgl. auch E. W e i d n e r , AfO XIV Mauer (die Zahl) ihrer Tage markiert"
[1941], S. 95 f.) brachten in dieser Hin- und „sich der Frucht der schwangeren
sicht nichts Entscheidendes; lediglich die Frau bemächtigt".
Reste eines Kastells aus der Römerzeit
wurden hierbei festgestellt sowie einige Um sich vor dieser doppelten Gefahr zu
Tontafeln (Geschäftsurkunden) aus dem schützen, trägt die Frau während ihrer
13. Jahrhundert v. Chr. und verschiedene Schwangerschaft Amulette, Bänder mit
Kleinfunde, die teilweise bis in das Knoten und magischen Steinen, außerdem
17. Jahrhundert v. Chr. zu datieren sind. — nimmt sie Teil an verschiedenen Ritualen,
Ein etwa 35 cm hohes Sitzbild aus Kalk- von denen uns einige in AO 6473 (Thu-
stein, das von M. v. O p p e n h e i m in r e a u - D a n g i n RA XVIII (1921), S.i62ff.)
Fecherlje gefunden und im Tell-Halaf- und KAR Nr. 223 (Ebeling MAOG V/3,
Museum in Berlin aufgestellt war, ist S. 6 ff.) überliefert sind. Das zuletzt ge-
im Zuge der Kriegsereignisse verloren- nannte Ritual war hauptsächlich zur Ver-
gegangen; der Torso einer Statue (nach hütung einer Frühgeburt während der
Angabe von O p p e n h e i m ebenfalls aus letzten zwei Monate der Schwangerschaft
Fecherlje) befindet sich im Vorderasiati- gedacht.
schen Museum der Staatlichen Museen Wenn die Fehlgeburt durch einen er-
zu Berlin. — Für die deutschen Aus- haltenen Schlag hervorgerufen wurde,
grabungen 1955 s. AfO XVII, S. 429—31. legen die babylonischen Gesetze dem
Schuldigen eine Strafe auf, die mit der
B. H r o z n y ArO I (1929), S. 95, 98 u. T f . I I , sozialen Stellung des Opfers und dem
Abb. I I (nach S. 110); M. v. O p p e n h e i m
Der Teil Halaf (Leipzig 1931), S. 12 u. ö., verursachten Schaden variiert: Tod des
Karte a. S. 13; d e r s . Teil Halaf (London u. Kindes, Tod des Kindes und der Mutter
New York), S. 30 u. ö.; d e r s . Teil Halaf (CH §§ 209—214). Die assyrischen Ge-
(Paris 1939), S. 39 u. ö.; d e r s . , H . S c h m i d t setze waren nicht weniger streng in dieser
Teil Halaf, Bd. I (Berlin 1943), S. gi., 14.
Beziehung (§ 50), alle rechnen als mildern-
G. R. Meyer.
den Umstand, wenn die Frau zu Fehl-
Feder s. Vögel. geburten neigte (§51). Wenn die Frau
die Fehlgeburt selbst verschuldete, wurde
Federkleid, -kröne s . K l e i d u n g , K o p f - sie mit dem Tod und Begräbnisverbot
bedeckung. b e s t r a f t (§ 53). Ren<5 Labat.
Fehde s. Krieg.
Feige(nbaum) (sum. pese, akk. tittu,
Fehlgeburt muß im alten Mesopotamien ti'tu, tinu; zur Bed. s. Z i m m e r n ZDMG
häufig gewesen sein: Die Wahrsagetexte 1904, S. 953, Meissner Supplement S. 102).
machen zahlreiche Anspielungen darauf Der F. und seine Frucht sind wirtschaft-
(VACh Istar XXX, Z. 10 usw.), und der lich nicht ganz so wichtig wie die Erträg-
Traktat der Prognosen zählt bei der nisse des Dattelbaumes, werden aber trotz
schwangeren Frau zahlreiche Anzeichen Herodot I 193 seit ältester Zeit ziemlich
FEIGENBAUM(ZWEIG) 33
häufig genannt (s. T h u r e a u - D a n g i n deutete, daß man „süßes Brot" in Zu-
SAK S. 80 V Z. 12; 124 III Z. 19; ferner kunft essen würde (s. Boissier a. a. O.
passim in altsumerischen Wirtschafts- II, S. 59)-
texten, vgl. Or 16, S. 55f., wo allerdings E b e l i n g TuL, S. 32 Z. 15 (F. als Vergleich
die Gleichsetzung von GlS.MA ( = pese) mit Brustwarze); D e i m e l SL Nr. 342, 18, 25;
mit „Feigenbaum" bezweifelt wird). Man Nr. 109, 3; K r ü c k m a n n N B R V T Nr. 200,
Z. 2, 6; U n g n a d Glossar, S. 165 (Feigen
unterscheidet je nach Farbe, Reifezustand, werden im Siman und Dumuz abgeliefert);
Güte, Herkunft verschiedene Sorten S t r a s s m a i e r Cambyses Nr. 52, 2; D o u -
Feigen: weiße (Chiera SLT Nr. 12 Rs. IX, g h e r t y R E N Nr. 39, Z. 2 6 ; T h o m p s o n D A B ,
Z. 11); dunkle (daselbst Z. 12); grüne S-302ff.; Abb. bei M e i s s n e r BuA I Nr. 85.
(daselbst Z. 15); reife {baSiltu, CT XVII Ebeling.
pl. 50, Z. 11); trockene (abiltu s. E b e l i n g Feigenbaum(zweig). Das Symbol der
Glossar s.v. tittu); honigsüße (Matous Feige, die als Baum und als Zweig vor-
LTB I Nr. 63, Z. 16); sehr gute (babbänitu, kommt, ist bisher noch nicht mit der zu-
s. E b e l i n g Glossar a.a.O.); kultisch gehörigen Gottheit in Einklang gebracht.
reine (ellitu, ebenda), Mari-F. (s. M a t o u s Das beste Beispiel, der vor der Tempel-
a. a. O. Nr. 62 Vs. 14); subaräische (da- fassade in Dür-Sarrukin zweimal ange-
selbst Z. 15); elamitische (daselbst Z. 16); brachte Fayencefries (RLA II, S. 252,
qutäische (daselbst Z. 17). Außerdem § 5; RLV II, Tf. 223), zeigt den F.-Baum
werden noch andere Sorten erwähnt, als viertes Symbol in der Reihenfolge von
die vorläufig sich der Erklärung ent- Löwe, Rabe, Stier, F. und Pflug. Am
ziehen (s. Chiera SLT Nr. 12 Rs. IX, Tor steht jeweils vorn die Statue eines
Z. 13ff.; M a t o u s LTB I Nr.78 I Z. 15ff.). Gottes mit wassersprudelnder Vase. Die
Unter ihnen ist eine Sorte sjserqu, die bisher vermutete Gleichsetzung mit den
auch anderwärts vorkommt. Aus F. sechs Palastgöttern, Ea = Gott mit
machte man Kuchen (TSA Nr. 42 I Vase, Sin = ?, Samas = ?, Nabu = ?,
Z. 3)- Adad = Stier, Ninurta = Rabe, ist un-
Die F. wird im Beschwörungsritus und befriedigend. Es könnten, wie am Istar-
Kultus als Gabe dargebracht (s. die schon tor in Babylon der Stier des Adad, auch
oben aus altsumerischen Texten zitierten andere Götter als E i n z u g s g ö t t e r in den
Stellen, Z i m m e r n BBR Nr. 1, Z. 46; Tempel gemeint sein. Vielleicht ist F. das
60, Z. 13; T h u r e a u - D a n g i n Rituels Symbol des Sonnengottes Samas (vgl.
accadiens S. 77, Z. 49 u. sonst; E b e l i n g F a y e n c e §2, 2. Absatz). Als weitere
NBU Nr. 82, Z. 12; passim in hettitischen Symbole des F.-baums könnte man die
Ritualtexten). In der Medizin dient die SiegelClercqNr.305, Sammlung G u i m e t
F. als Heilmittel gegen Zahn- und Lungen- Nr. 105 ( = W e b e r Siegel Nr. 352) und
krankheit (s. CT XVII pl. 50, Z. 11; 107 sowie ein unveröff. Siegel aus Kar-
T h o m p s o n AMT 55, 4, Z. 10). Das ist kemis in Istanbul (Nr. 6942) hinzunehmen,
kulturhistorisch interessant, weil die F. doch sind sie inschriftlos. Es handelt sich
auch im AT (vgl. 2. Kg. 20, iff. in Ge- um a s s y r i s c h e Siegel, also um ein
stalt eines Feigenkuchens debelah) und in assyrisches Symbol. Das beste Beispiel
Räs Schamra als Heilmittel verwandt für den F.-Zweig gibt die Stele des
wird (s. S c h a e f f e r Cuneiform Texts of Adadniräri III. aus Saba'a, mit q u e r -
Ras Shamra, S. 41). Zweige des F.-baums gelegtem Zweig, an dessen Spitzen runde
fanden im Kult Verwendung (s. K i n g Früchte stehen, sowie vier abgepflückte
BMS Nr. 12, Z. 5), Holz davon benutzte am Boden. Senkrecht stehenden Zweig
der Tischler, S t r a s s m a i e r Darius Nr. 189, zeigt das assyrische Siegel (VA 508) des
Z. 15. Als böses Zeichen galt es, wenn Nisannai (RLV IV, Tf.210, a = Moort-
zwischen Dattelbäumen ein Feigenbaum g a t Rollsiegel Nr. 598) aus dem 9. Jahr-
sich zeigte (s. CT XXIX pl. 48 f. Rs. Z.8 hundert. Ein weiteres Siegel mit neusume-
= Boissier Divination I, S. 255). Zu rischer Darstellung in der Sammlung
träumen, daß man eine Feige aß, be- P o c h e , Aleppo, ist falsch (schiefstehende
Figuren) und bringt den senkrecht stehen- Enannatum I. gegen Urlumma führte
den F.-Zweig (Weber Siegelbilder Nr.442; (Kegel des Entemena 3, Z. 8). Die Felder
RLV IV, S. 432, § 10). der Fürstin sind im wesentlichen: d a - g i r ,
Ausführliche Literatur: E. U n g e r PKOM da-sig, da-tir-am-ma, d u l - d a b - ü ,
I I , 1916, S. 3 6 - 4 0 ; RLV IV, S. 431 f., § 1 0 eg-ki-bir, ha-har-ra-uru5, nigin-
(ders.); RLV VII, Taf. 156, a. n a - t u r , S U G 6 - ü h und s a g 5 - g a - t u r .
Eckhard Unger. Einige Felder sind das Eigentum der
Kinder der regierenden Familie. Diese
Feigin, Samuel, geb. 1893 in Weiß- Ländereien umfassen in ihrer Gesamt-
rußland, gest. 2. 1. 1950 in Chicago im heit eine Minimalgrundfläche von 12 758
Alter von 56 Jahren, zuletzt Assistant iku (ungefähr 4465 ha) und dehnen sich
Professor in Judaic Studies am Orientali- bis zu den Grenzen des Fürstentums aus;
schen Institut der Universität Chicago. die des Fürsten werden abgeteilt durch
Abgesehen von Arbeiten in hebräischer den Grenzgraben des Ningirsu (eg-ki-
Sprache, hat F. Aufsätze in englischer sur-ra), die der Fürstin durch die Graben-
Sprache über assyriologische und alt- grenze der Nanse; sie berühren einer-
testamentliche Themata geschrieben. In seits das i d - m a h (Variante j d - n u n ,
seinem Nachlaß fanden sich zwei Unter- Kegel des Entemena 2, Z. 1), auf der
suchungen über eine Datenliste Samsu- anderen Seite den Tigris.
ditanas (veröffentlicht JNES XIV, S.
137 ff.) und über etwa 500 Rechts- und Hauptsächlich wird Getreide(s. G e t r e i -
Verwaltungsurkunden aus der Zeit Samsu- de) angebaut, das sehr häufig als nig-en-
ilunas (Yale Collection). n a „herrschaftlichesGut" bezeichnet wird,
ein Ausdruck, den bisweilen die Worte
W e i d n e r AfO XV, S. 192; I r w i n J N E S k u r i§ak-ka oder ü - r u m B a r a n a m -
I X 3 , S. 1 2 1 - 1 2 3 . Ebeling.
t a r r a (DP Nr. 559; RTC Nr. 71) präzi-
Feinbier s. Bier. sieren. InabsolutenZahlenliefertenz. B. die
Ländereien des Fürsten im vierten Jahr
Feld. V o r s a r g o n i s c h e P e r i o d e . Bis desEnentarzi 2271 g u r (s. Maße) Getreide;
zum Ende der Regierung Lugalandas ge- unter demselben Fürsten ergaben 210 iku
hörten die Felder dem fürstlichen Paar. Sie 582gur, also einen Ertrag von515/24 g u r -
werden bezeichnet entweder als „Land m i n - u l pro iku (die Schreiber rechnen die
des Fürsten" (kur 6 -isak-ka) oder als geernteten Feldfrüchte in g u r - s a g - g a l
„Eigentum (li-rum) der Fürstinnen Dimtur und den Ertrag in g u r - m i n - u l , dessen
und Baranamtarra"; sehr selten findet Wert die Hälfte des erstgenannten beträgt,
man eine umgekehrte Bezeichnung (ü-rum ein System, das hier Verwendung findet).
i s a k - k a und k u r 6 - d i m - t u r in Nik. Nr. Diese Zahl ist sehr gering im Vergleich
42) oder sogar g a n - e - m i (in D P Nr. 574) zu denen des Lugalanda: die 90 iku des
„Feld des Palastes der Frau", die Uru- d u r r e - g a r , eines der am wenigsten er-
kagina in seinen Reformtexten später an- giebigen Felder, erreichen mit 423 gur
wendet. Die Felder des Fürsten sind: den Ertrag von 8%, die ertragreicheren
a-gar-ra, ambar, a-tab-tab, bil-tur, Äcker, wie das ugig und u d u g t u r , über-
DAG-ki-a, da-is-kär-mud, dul-nu- treffen mit 17 2/24 und 17 5/24 die letzten
tuk, du19-re-gar-ra, en-ik-lum-ma- Zahlen um das Doppelte. Im vierten Re-
g u - l a , a e n - l i l - l ä , e n - n e - g ü - b a - d e , ni- gierungsjahr des Lugalanda erbringen die
gin-na-gu-la, tur-gü-edin, ü-düg- 987 iku der nun bestellten Felder (Text
t u r 5 , ü-gig, u s a r - t i - r a - a s - d ü - a und D P Nr. 574) 6780 gur mit einem Durch-
ohne Zweifel t u r - a n - t a - s u r - r a . schnittsertrag von 13 y2 (Text RTC
Nr. 71); die übrigen Felder sind noch
Sie bilden die Domäne des Ningirsu,
ertragreicher: im fünften Jahr übertrifft
und dort findet man auch die seiner
das S U G 6 - ü h einen Ertrag von 11, im
Tempel, die außerhalb der Mauern erbaut
dritten Jahr erbringt das d a i S k a r m u d
sind, wie des Tiras und Antasurra, das
545 gur und im ersten Jahr das d u l - a b u
ü-gig ist berühmt durch die Schlacht, die
FELD 35
303, das s a g g a t u r 616. Nach VS XIV die Einteilung der Felder sprechen könnte.
Nr. 184 erfordert ein iku 2/24 gur Samen, Der Ertrag von s u m variiert sehr stark,
dergestalt , daß das u g i g und u d u g t u r, die man muß die Natur des Feldes, die an-
fruchtbareren Felder, 103 und 105 zu x gebaute Fruchtart und die auf die Pflanze
ergeben, ungefähr soviel wie die sizilischen verwendete Pflege in Rechnung stellen;
nach Plinius. Herodot spricht von zwei so hat man 6 gur auf 2 i k u , aber auch
Feldern mit einem Ertrag von 300 zu 1, 7 g u r auf 1 iku mit 32 Bauern (engar),
diese Zahlen mögen von gewissen Domänen, 11 g u r und y2 auf einem iku mit 40Bauern
die besonders fruchtbar waren, genommen erhalten.
sein. Zur Zeit Urukaginas änderte die soziale
Die Felder sind den „Herren des und religiöse Reform theoretisch die
Pfluges" s a g - a p i n anvertraut; es sind Staatswirtschaft; von nun an werden die
relativ wenige, zehn im Höchstfall, sie Felder des Fürsten, die der Baranamtarra
tragen den Titel ugula. Um alles, was und der fürstlichen Kinder in Verzeich-
Saatgut, Werkzeuge und Zugtiere angeht, nissen als Ländereien des Ningirsu, der
müssen sie sich an den Aufseher (nu- Bau oder des Sulsaggana aufgeführt, in
b a n d a ) wenden, tatsächlich sind sie selb- der Praxis scheint der Unterschied jedoch
ständige Unternehmer, sie beschäftigen gleich Null.
ein R U - l u g a l Personal, welches vom
Fürsten durch seine soziale Stellung ab- Lagas-Zeit.
hängt; sie werden von ihm ernährt und Der Ackerbau von Lagas in der prä-
in die Gruppe der „Menschen, die Brot er- sargonischen Epoche macht im Grunde
halten" (lü-ninda-ba) eingeordnet. Die den Reichtum der Stadt aus; Getreide
„Herren des Pfluges" Dugdug und Ani- und Rüben werden ausgeführt bis nach
kurra hatten jeweils 12 und 14 von ihnen. Dilmun (s. Handel). Wenn jedoch der
Die verwendeten Tiere waren ebenfalls Ertrag der Gemüse- und Obstgärten (s.
Eigentum der zentralen Behörde. So die Garten) ausreichend erscheint, so ge-
16 Rinder des Urenki und des Saggatuka, nügte der der Wälder nicht den An-
so die drei Esel, obwohl gekauft und an forderungen nach Bau- und Tischlerholz
Inimmanizi geliefert (VAT 4484 und 4803). (s. Holz).
Aber in diesem Rahmen, der eine pro- Was die Viehzucht anlangt, so reichte
duktive Führung von großen Unter- sie eindeutig nicht aus, mit Ausnahme
nehmen erlaubt, fügt sich in nicht klarer vielleicht der Schafzucht (s.Rind, Schaf).
Weise eine dem Pachtsystem ziemlich A. D e i m e l Orientalia IV, S. 2—43.
ähnliche Organisation ein, oder sie besteht M. Lambert.
daneben; die Großen der Stadt, die III. Dyn. v. Ur. In dieser Periode ist
IGI. LAGAB erhalten eine variable An- das Feld ausschließlich Eigentum des
zahl von i k u in Feldern (siehe den Aus- Königs (Staates) und des Tempels. Privat-
druck k u r 6 - s e - e - d i b inNik. Nr.32). Als eigentum an Feld ist nirgends festzu-
Gegengabe liefern sie einen Teil ihres stellen (s. D a v i d Bemerkungen zur Lei-
Ernteertrages ab. So gab der Aufseher dener Keilschriftsammlung, Revue de
10 g u r , der Kurier Girnun nahe an 170, l'Histoire du droit, XIV, 3—6). Die Be-
der Händler Uremus 120 ab (in N i k. Nr. 79; bauung wird daher von Sklaven, Mietlingen
97). Dieses System existierte schon in oder Hörigen vorgenommen. Vom Arbeits-
Suruppak. personal nebst seiner Tätigkeit und dem
Nach dem Anbau des Getreides kommt Handwerkszeug werden — abgesehen
der des s u m , wahrscheinlich mit „Rüben" von noch undeutbaren Ausdrücken — ge-
zu übersetzen. Man findet k i - s u m - m a nannt (s. O p p e n h e i m Wilberforce Eames
„Orte der Rüben" auf beinahe allen Babylonian Collection S. 225ff.s.v.s.): u r i -
Feldern, bald auf diesem, bald auf jenem, gal „Aufseher", n u - b ä n d a „Aufseher",
je nach den Jahren. Die Nachrichten sind s a g - e n g a r - r a „Pflugführer", g u r u s - g u 4
jedoch nicht sicher genug, daß man über (-e)-üs-sa „Ochsentreiber", g u r u s - s ä -
ir
36 FEUER—FEUERHEILIGTUM
öffentlicht worden sind. Der Auszug gibt bzw. sütu „Pachtauflage" abliefern, soviel
nur die Landarbeiter nach ihren Arten an ihnen die mädidu „Zumesser, Zuerteiler"
(S. 131 rechts oben): iSSakku Sa harpi, Sa auferlegen (s.EbelingWO 1954, S.4Öff.).
timi, erreSu und Sutapü. Im übrigen vgl. An Feldbezeichnungen sind vorhanden:
BE XIV, XV, UP II; dazu T o r c z y n e r kiSubbü „unbebautes Land", karabhu
Altbabylonische Tempelrechnungen DAWW „Brache" (s. O p i t z ZA NF III, S. 104/.),
Bd. LV, in welcher Arbeit sich ein Ver- taptü „Neubruchland", meriSu „zum Feld-
zeichnis des Wortschatzes der genannten bau geeignetes Land", zeru „Saatfeld"
Publikationen findet. Hier ist für das (Ggs. zu karabhu, s. eben), pi Sulpu „in
Lemma Feld nichts anderes als die Ge- Halmen stehend", eqil seri „Wüstenland",
treidearten: Gerste (Se'um), Weizen (kibtu), eqil a^>«n,,Röhrichtland", usallu„Wiese",
Hirse (duhnu), sahlü (Kresse? Senf?) zu birti hiriate „zwischen Gräben", manche
entnehmen. Bodenbezeichnungen wie kasal, hummutu,
Vgl. auch Art. F e u d a l i s m u s und S t e i n - kalü, Mt nizil entziehen sich noch dem
m e t z e r AO X I X 1/2, S. 6ff. Ebeling. Verständnis (s. ML XII Nr. 90, Z. 22).
Auch die spezifisch assyrischen Urkunden
In m i t t e l a s s y r i s c h e r Zeit ist das F. geben bei Feldern Zusätze, die vielleicht
Eigentum des Königs und von Privat- hierher gehören, aber nicht zu deuten
personen. Der König verleiht es Einzel- sind, wie qaqqaru bu-si-e (s. dazu MAOG
personen oder Personengruppen als Lehens- VII1/2 S. 54), U n g n a d AR Nr. 346, ina
land. Eine besondere Art F. sind Strecken malgute Nr. 395, Z. 4, ina masarüte („unter
Steppengebietes, die durch Los (püru) in Obhut"?) Nr. 342, Z. 7, qani maSakite
den Besitz von Privatpersonen (wohl zu- („im Bewässerungsgebiet" ?) Nr. 394, Z. 3,
nächst als Lehensland) kommen. Man nahlu Nr. 413, Z. 12 u. a.
unterscheidet „gutes F." (damqu), „aus-
Neben den Abgaben an Tempel guqqü
gezeichnetes F." (nisqu), „F. zur (oder im
und ginü „unregelmäßigen und regel-
Zustande der) Bestellung" (eqil meriSe),
mäßigen" und imittu (bei Pacht) stehen
„freier Platz" (d.h. unbebauter [?] P.)
solche, wie der „Zehnte" esrü, „Einzug
(eqil tapisätum), „F. des Flußbettes" (?)
von Korn" nisahu Sa Sei, SibSu (das sich
(eqil kumari), apsu Sa SibSe KAJ Nr. 134.
auf Stroh zu beziehen scheint) u. a., s.
Die Flurbezeichnungen zeigen, daß Felder
Steuern.
auch im Wüstenland (haribetu) oder im
„Bitterkraut" (muraritu) lagen. Über die Die Felderträge sind dieselben wie in
Bebauung erfahren wir nichts, nur von altbabylonischer Zeit, vgl. dazu T h o m p -
Schnittern (esidu) wird geredet. Gerste, son DAB S. 87ff. Kap. IV Viciae (Vet-
Weizen, Sesam, azamru (Emmer?), Kori- ches) and Cereals; H r o z n y Getreide;
ander (kusibirru), sibibianu (weißer Küm- passim, ferner K n o b l a u c h , Z w i e b e l .
mel) werden geerntet. Hinzu kommt jetzt aspastu „Luzerne".
Die p e r s i s c h e Zeit setzt die Gewohn-
K o s c h a k e r Neue keilschrijtliche Rechts- heiten der neubabylonischen im wesent-
urkunden aus der El-Amarna-Zeit, ASAW
phil.-hist. Kl. X X X I X . Bd., S. 36ff.; E b e - lichen fort, nur schalten sich natürlich die
l i n g MAOG V I I 1/2, S. 5 4 f f . Ebeling. Interessen der Eroberer in das Bestehende
ein. Neben dem Privat- und Tempel-
N e u b a b y l o n i s c h e und n e u a s s y r i - eigentum, dem usbarra des Königs (wohl
sche Zeit. Die Eigentumsverhältnisse = Kronland) an Feldern, treten besonders
sind ungefähr dieselben wie in altbaby- die Komplexe hervor, die als Lehens-
lonischer Zeit. besitz an zu Militärdienstleistungen Ver-
Für die Praxis bei Tempeleigentum vgl. pflichtete vergeben wurden, das bit qaSti,
die Briefe aus Uruk, bearb. von E b e l i n g bit sise, bit narkabti (d. h. Felder, die von
NBU. Hier treten „Generalpächter" sa einem Bogenschützen, Reiter und Streit-
muhhi süti auf, die mit ikkaru „Pflüger" wagenführer bewirtschaftet werden sollten,
und erresu „Pflanzer" die Felder (und vgl. dazu E b e l i n g ZA NF XVI, S. 203ff.).
Gärten) bewirtschaften und die imittu Für sie leistete z. B. in Nippur das Han-
FELD—FELSBILD 39
delshaus Murasü — allerdings recht eigen- Jedenfalls kann ihr Lehen frei gekauft und
nützige — Hilfe, wenn irgendwelche verkauft werden. Es geht von der Dorf-
Schwierigkeit bei der Erfüllung der Pflicht gemeinde aus und kehrt bei Ausfall des
dieser Leute entstand (s. C a r d a s c i a / l rchi- Besitzers dorthin zurück. Der Besitz der
ves des MuraSü und W a l l i s Die soziale sahhan-Leute ist dagegen ein Erblehen,
Situation der Juden zur Achämenidenzeit, das direkt vom König verliehen wird und
Diss. Berlin), die, wenn der Heerbann nicht veräußert werden kann, es sei denn
nicht aufgeboten wurde, bestimmte Geld- unter Vortäuschung einer Adoption (wie
beträge zahlen mußten. z. B. in Nuzi), s. Goetze a. a. O. S. 97.
Für den Ertrag von Feldern vgl. Weiteres s. u. Lehenswesen.
C a r d a s c i a a. a. O. S. 130. Pflug und G o e t z e a.a.O. mit weiterer Literatur;
Rind gehören wie sonst, zur Bearbeitung G u r n e y The Hittites a.a.O.; D e l a p o r t e
Les Hittites, S. 232 f.
des Feldes, weiter natürlich das Bewässe-
rungsgerät. Geerntet wird vorzugsweise Angebaut wurde nach dem Tarif (Hettit.
Gerste, weiter Weizen (kibtu), Emmer Gesetz § 183) Emmer (ZfZ) und Gerste
(kunäsu), Hirse (duhnu), Sesam (Samas- (§E). An Feldarten nennt derselbe Tarif
sammu), Senf?, Kresse? (sahlü), an Legu- (§ 183) SiSSura „Marsch", „FeuchtesLand"
minosen Erbsen (kakkü), Platterbsen (hal- s. F r i e d r i c h a. a. 0. S. 194 und halani
lüru), und schließlich Knoblauch (sumu) (vgl. Goetze a. a. O. S. 113).
und Zwiebeln (samaskilu) (s. C a r d a s c i a Ebeling.
a . a . 0 . S. 132). Ebeling. Feldlagerdarstellungen auf den assyri-
schen Reliefs gehören zu der Karto-
H a t t i . Das Feld ist ursprünglich augen- graphie (s. K a r t e ) . Soviel bekannt, finden
scheinlich Eigentum des Staates. Dieser sie sich zuerst im 9. Jahrhundert auf den
hält in Gestalt des Königs einen großen Reliefs des Assurnäsirpal II. und seiner
Teil des Ackerlandes in seinem Besitz. Nachfolger. Die Feldlager sind von oben
Auch die Tempel verfügen über ein be- gesehen gezeichnet, die Lagertürme von
deutendes Areal an Feldern, die sie gegen innen nach außen gesehen und gleichsam
Grundrente an Ackerbauer verpachten. herausgeklappt, wie die Portaltürme des
An Einzelpersonen (bzw. Einzelfamilien) Tempelgrundrisses der Gudeastatue B
wird in mehr oder weniger großem Um- (s. K a r t e § 5). Die regelmäßige, vier-
fange Feld als Lehen verliehen. Die Be- eckige oder runde Anlage der Feldlager
stimmungen darüber sind zahlreich (vgl. war immer gleichartig und unpersönlich,
Hettit. Gesetz und Art. Lehenswesen) so daß man auf die Idee der Schemati-
und nicht ganz durchsichtig. Im wesent- sierung auch im Bilde gekommen ist.
lichen muß man wohl zwischen zwei
U n g e r RLV I I I , S.203f., T a f . 4 2 1 ; G a d d
Klassen solcher Feld besitzenden und
Iraq X, S. igff. Eckhard Unger.
nutznießenden Lehnsleute unterscheiden:
1. Waffenleute bzw. Werkzeugleute (LÜ) Felsbild. In gebirgigen Gegenden haben
GI§TUKUL(-&), vgl. F r i e d r i c h Hethni- die Fürsten Vorderasiens, meistens zum
sches Wörterbuch, S. 296!; 2. Leute, die Zeichen ihrer Herrschaft, Reliefs nebst
sahhan (akk. ilku) leisteten ( F r i e d r i c h Inschriften in den Felsen einmeißeln
a. a. O. S. 175). Die Leute unter 1. lassen. Das Bild gibt im allgemeinen das
wurden zunächst als Soldaten gedeutet, Abbild der Fürsten oder auch Götter-
die zum Heeresdienst verpflichtet waren bilder oder den Fürsten im Verkehr mit
(s. G o e t z e Kulturgeschichte, S. 97), jetzt den Göttern, die auch durch Symbole ab-
ist man geneigt, in ihnen Handwerker gekürzt dargestellt sind.
zu sehen, denen für Ausübung ihres Be- In alphabetischer Reihenfolge sind fol-
rufes die Nutznießung von Feld zusteht gende F. zu nennen: A k r u m (I, S. 64,
( S o m m e r - F a l k e n s t e i n ABAW, phil.- Tf. 9c). — B o s a t bei Harput (Reiter-
hist. Abt., NF 16, S. 120ff.; Alp J K F I, relief mit Keilinschrift: von T a y l o r 1861
S. 120I; G u r n e y The Hittites, S. I02ff.). gesichtet: JRGS XXXV, 1865; sowie
40 FEUER—FEUERHEILIGTUM
von Belck und L e h m a n n 1898: Mitt. können. Aus diesem Grunde mußten die
Geogr. Ges. Hamburg XVI, 1899). — Menschen ihren Gottheiten begegnen, um
Eggil (II, S. 278). — F r a k t i n . — sich deren Hilfe zu erflehen, des gött-
Gerger. — G o r m u a . — G i a u r lichen Segens teilhaft zu werden und dafür
Kalesi. — G u n d ü k . — H i l a r . — ihren Dank abzustatten. Dies geschah ja
Imamkulu. — Ivriz. — Karabel. — auch täglich, aber es gab während des
K a r a b u r n a . — K a r a Dag. — K u l - i - Jahres bestimmte Gelegenheiten, die wir
Fera. — Mahalig. — Mal Amir. — Feste nennen können, wo das religiöse Er-
M a l t a y a . — N a h r el Kelb. — N a q s - i - lebnis der Menschen konzentriert war.
Rustem. — Nipur. — Seich-chan. — Das Fest bedeutete die Begegnung der
Seripul. — S i k a f t e - i - S a l m a n . — T a s Menschen mit den Gottheiten. Sie konnte
(Bawian). — T i g r i s q u e l l e . — T u s p a . nur an geweihter („heiliger") Stelle statt-
— W a d i Brisa. — W a k h a n (I, S. 319, finden. Darum gab es seit uralten Zeiten
§3). — Wansee. — Y a z i l i k a y a . zu diesem Zwecke besondere Gebäude
E. U n g e r , Felsdenkmal: R L V I I I , S. 205— (s. u. „Festhaus"). Auch waren gewisse
207, Taf. 44—48; VI, Taf. 40; XIV, S. 459. Tage für die kultische Begegnung zwischen
Eckhard Unger. den Menschen und den Göttern bestimmt.
Durch die Festlegung von solchen Tagen
Fenchel (akk. simru, Idgr. PI.PI und entstand der Festkalender (s. u.). Schließ-
Ü. HA). Diese Pflanze wird gegessen, aller- lich konnte sich nicht jedermann der
dings ist ihr Genuß zeitweise verboten Gottheit nähern: wer es tun wollte, mußte
(KAR Nr. 147, Z. 10, 25 u. sonst). In genaue Qualifikationen haben, weshalb es
der Medizin ist sie behebt. Sie wird inner- einen Stand von Kultusbeamten verschie-
lich und äußerlich verwendet, entweder dener Klassen geben mußte, die die Rolle
als Ganzes oder teilweise (Blätter, Samen, von Mittlern zwischen den Menschen
Wurzel), je nach der Krankheit. Hier und ihren Göttern übernahmen. Der vor-
und da wird ein Räucherwerk aus ihr ge- nehmste unter den Kultbeamten war ent-
wonnen. Es gibt eine Spezies des Ge- weder der König selbst oder er gehörte
birges. der königlichen Familie an. (Vgl. z. B.
Heutzutage hatF.-Samen nachThomp- M. L a m b e r t Sumer VII: 1, S. 58ff.)
son in Mosul die Bezeichnung uznai, was
auffälligerweise (zufällig?) mit der für In Kulturen, die in so hohem Grade
das Idgr. PI.PI möglichen akkadischen vom Ackerbau abhängig waren wie die
Lesung uznä übereinstimmt. Wenn das altvorderorientalischen, gewannen ganz
Idgr. Ü.HA als „Fischkraut" zu deuten natürlich auch die religiösen Feste einen
ist, so hat man vielleicht F. wegen seines besonderen Charakter: sie waren mit den
Geruches als Anlockmittel für Fische jährlichen Geschehnissen in der Natur eng
verwandt. verknüpft. Die zentralen Kulthandlungen
stellten die große Frage von Leben und
T h o m p s o n DAB, S. 6 i f f . ; der Verf. schei-
det von simru F. das Wort samr&nw, er deutet
Tod und den Kampf gegen den Tod dar.
letzteres als Anis. Ebeling. Darum waren die religiösen Feste auf die
Hauptperioden im Leben der Vegetation
Fenster s. H a u s , T e m p e l . konzentriert. Einige solcher Feste sind uns
aus den Texten bekannt, und es wird not-
Fessel s. Schelle, H a n d - , F u ß - , wendig sein, ein paar Beispiele zu erörtern,
Fest. Nach den ältesten Vorstellungen um den Charakter des religiösen Festes im
der vorderorientalischen Religionen war alten Mesopotamien zu beleuchten. Da
die Gottheit identisch mit dem Kosmos. die zu Ehren von verschiedenen Gott-
Der göttliche Wille war darum ein die heiten gefeierten Jahresfeste am besten
Welt beherrschendes Prinzip, dem das bekannt sind, müssen die Beispiele unter
ganze menschliche Leben untergeordnet diesen gewählt werden.
war, und zwar in einem Umfang, den wir Der Mythos von Dumuzi (früh hat der
uns heutzutage schwerlich vorstellen Gott auch andere Namen) und Inanna
FEST 4i
bzw. Tammuz und Istar repräsentiert in Unterwelt, um ihn zu suchen, und schließ-
der sumerischen und akkadischen Religion lich kehrt Tammuz unter dem ekstatischen
eine Idee, die ursprünglich vielleicht an Jubel der Kultgemeinde wieder.
einige lokale Kultstätten gebunden war, In diesen kultisch-mythologischen Vor-
dann aber auch außerhalb Mesopotamiens gängen repräsentierte Tammuz die ganze
die Entwicklung in hohem Grade beein- Natur. Sein Tod, den man eben in der
flußte. Für die älteren Perioden besteht Sommerzeit beweinte, stellte den Tod der
das Material zwar nur aus Personennamen, Vegetation dar, ja, auch das Schicksal
Opferlisten u. dgl., aber man ist trotzdem der Menschen war mit dem des Gottes
berechtigt, eine ziemlich starke Konti- verbunden, was daraus hervorgeht, daß
nuität der religiösen Entwicklung anzu- in einem Uruk-Text — freilich ziemlich
nehmen. Vgl. A. F a l k e n s t e i n Compte spät — Tammuz sogar amelütu, „Mensch-
Rendu de la IIP rencontre assyriologique heit", genannt wird (vgl. E b e l i n g Tod
internationale, Leiden 1954, S. 45. und Leben, S. 48). Nach A. F a l k e n s t e i n
Die Feste, die für Dumuzi und Inanna a. a. 0., S. 65, mögen einige Zeilen von
(Tammuz und Istar) gefeiert wurden, „der bezeichnendsten Schilderung" Du-
scheinen an verschiedene Jahreszeiten ge- muzis als eines allgemeinen Gottes der
bunden gewesen zu sein. Nach dem Hym- Vegetation angeführt werden:
nus SRT 1 + STVC 64 + HAV 2 + SLTN
66 + CBS 11391 + Ni 9802 + 4363, der die „diese Klage ist die Klage um die
Hochzeit zwischen Iddin-Dagan und Inan- Wälder —
na beschreibt (vgl. K r a m e r Or NSXXII, hat er doch Bergziegen und Bergschafe
S. 193, v a n D i j k , BiOr XI, S. 84) sehen hervorgebracht,
wir, um ein Beispiel zu erwähnen, in Uruk diese Klage ist die Klage um die ,hohe
den Tammuz-Kult an den Jahresanfang Steppe' —
gebunden, während die Klage über den hat er doch maskurum-B&ame hervor-
Tod des Tammuz im Monat Tammuz gebracht,
stattfand (vgl. z. B. E b e l i n g Tod und diese Klage ist die Klage um Baum-
Leben, Nr. 11). Dieser Sachverhalt kann pflanzung und Garten —
sicherlich auch für die älteren Perioden hat er doch Honig und Wein hervor-
gelten, wo die Klage über den verstorbenen gebracht,
Gott wahrscheinlich ebenfalls ein beson- diese Klage ist die Klage um das Beet —
deres Fest in der Sommerzeit war. hat er doch Salat und Kresse hervor-
Der zentrale Gedanke im Tammuz- gebracht,
Kult war der Kampf zwischen Tod und diese Klage ist die Klage um den Palast —
Leben, und zwar in der Form, daß der hat er doch langes Leben hervor-
Gott, wie man glaubte, jedes Jahr starb gebracht!"
und in das Leben zurückkehrte. Dies E. E b e l i n g hat einen anderen schönen
wurde kultisch in der Weise dargestellt, Text bearbeitet (Tod und Leben, Nr. 11),
daß Tammuz von seinen Feinden be- der für den Ideenkreis des Tammuz-
siegt und in die Unterwelt geschleppt Istar-Kultes sehr bezeichnend ist:
wurde. Während des Aufenthaltes des „. . . hohe Istar, die die Weltgegenden
Gottes im Totenreich herrschten die beherrscht,
Feinde, die Mächte des Chaos, im Tempel, Heldin Istar, die die Menschen erschafft,
im ganzen Lande und in der Natur: die einzieht vor dem Vieh, den Hirten
„Was wäre begreiflicher, als daß zu dieser liebt,
Zeit Tiere oder Menschen in Tiermasken aller Länder, der Gesamtheit des Alls
das höchste Kultfest des Jahres nach- Hirtenschaft
ahmen zum Zeichen der Umkehrung übst du aus, vor dir kniet man, nach dir
aller Werte?" (Moortgat). Inanna, die sieht man.
Schwester und Geliebte des Gottes, be- Den Bedrückten und Zerschlagenen leitest
weint ihren Gatten und begibt sich in die du recht, du verschaffst ihnen Recht.
42 FEUER—FEUERHEILIGTUM
Ohne dich wird der Fluß nicht geöffnet, lonischen Uruk (s. T h u r e a u - D a n g i n ,
wird der Fluß nicht verschlossen, Rituels accadiens, 1921, S. 86ff., F a l k e n -
der Leben bringt; ohne dich wird der s t e i n Topographie von Uruk, 1941) und
Kanal nicht geöffnet, durch den Marduk-Kult in Babylon,
der Kanal nicht verschlossen, aus dem sowie durch dessen Ableger im assyrischen
die weitverbreiteten Menschen trinken. akitu-Feste Assurs. Über die beiden letzten
Ohne dich wird Einkommen, Anteil, Brot- Kulte berichten die dazu gehörigen Texte
spende und Kost nicht geschenkt." Näheres, darum greifen wir die Haupt-
Wie wir aus diesen Stücken ersehen, züge heraus, um den Charakter des Festes
herrschte die Vorstellung, daß die ganze zu beleuchten.
Natur, das Schicksal des Viehs und der Wie es bei den anderen akitu-Festen
Menschen, bes. des Königs, und dadurch der Fall war, war auch beim Marduk-Feste
das Schicksal des Staates und die Voraus- der Festzug ein wesentlicher Teil. Ehe
setzungen des ganzen menschlichen Lebens der Zug vom Tempel ausging, fanden
von den Gottheiten abhängig waren. Des- wichtige Kulthandlungen statt. Es war
halb war der Kult, waren die Götterfeste besonders die Rezitation des Weltschöp-
die notwendige Voraussetzung für das ge- fungsliedes, die am Abend des 4. Nisan
ordnete Leben der Menschen. stattfand, und eben diese Einzelheit zeigt
Diese Jahresfeste wurden überall in den eine enge Verbindung mit den Vorstel-
Städten gefeiert, und die Quellen er- lungen, die wir im Tammuz-Istar-Kulte
wähnen eine Reihe solcher Kultstätten. sahen, wenn wir den Zusammenhang
Der Kult mehrerer Götter hatte denselben zwischen Kult und dem Schöpfungs-
Charakter wie der des Tammuz. Aus gedanken betonten.
Lagas z. B. haben wir das Zeugnis der Demgemäß ist das Weltschöpfungslied
Inschriften Gudeas, es ist aber wahr- der zentrale Kulttext des akitu-Festes in
scheinlich, daß das Jahresfest während Babylon und Assur. Dieser Umstand zeigt,
der früheren Perioden in ähnlicher Weise daß die Vorstellung lebendig war, daß im
gefeiert wurde. Nach Gudea Statue E, V, Kulte die Geschehnisse wiederholt wurden,
iff., G, III, 5ff. war der Neujahrstag das die einmal bei der Weltschöpfung statt-
Fest der Göttin Baba, der Gudea Braut- gefunden hatten. Am Anfang des neuen
gaben darbrachte. Im Ritus der heiligen Jahres wurde also die Weltschöpfung
Hochzeit, der hier angedeutet ist, hat wiederholt, d. h. aus dem Chaos wurde
Gudea ohne Zweifel die Rolle Ningirsus wieder der Kosmos geordnet; dieser
gespielt, wie aus mehreren Stellen hervor- grundlegende Gedanke durchzieht das
geht. Neben der Götterhochzeit ist die gesamte Ritual des Festes. Das ganze Fest
Schicksalsbestimmung einer der Haupt- dauerte vom x. bis xi. Nisan, und zwischen
teile des Festes. dem 6. und dem 8. Tag ging der Götterzug
Über das Neujahrsfest in Ur, wo das vom Tempel nach dem akitu-Hause, das
Fest dem Gotte Nanna geweiht war, außerhalb der Stadt in der 'Steppe'
berichtet uns ein erst kürzlich veröffent- (seru) gelegen war. Dieser Zug zog an
lichter Text aus der Zeit Sulgis, s. v a n 7 Stationen vorüber und stellte die Rück-
D i j k BiOr XI, S. 83ff. Auch in diesem kehr des über seine Feinde triumphieren-
Text sind die Götterhochzeit und die den Marduk dar. Die vierte Station war
Schicksalsbestimmung die wichtigsten ina parak simäti, „im Gemach der Schick-
Teile des Rituals. Aber auch der Götter- sale", wo Marduk unter dem Namen
zug ist erwähnt. Lugal-dimmer-an-ki-a die Schicksale für
Am Neujahrsfeste, wie es in Ur, Uruk, das kommende Jahr bestimmte. Dies war
Babylon und mehreren assyrischen Städ- ohne Zweifel einer der Höhepunkte des
ten gefeiert wurde, ist der Götterfestzug ganzen Festes. Dann folgte der Zug nach
nach dem akitu-Hause der Hauptteil des dem «Mw-Hause, und von dort kehrte
Festes. Das Fest ist am besten bekannt der Zug ohne Zweifel denselben Weg
durch das Anu-Ritual aus dem südbaby- nach Esagila zurück.
4i
FEST
Marduks Schicksal, wie es in dem Religion Babyloniens und Assyriens II, Reg.
Ritual des Neujahrsfestes dargestellt ist, S. 1069; F u r l a n i Religione Babilonese e As-
siraII, S. 216ff.; D h o r m e Religions de Babylonie
entspricht gewissermaßen dem des Tam- et d'Assyrie S. 254ff.; P a l l i s The Babylonian
muz in der an ihn gebundenen Mythe akitu festival, Det kgl. Danske Videnskaberne
und im Kulte. Zu Anfang des Festes Selskab,Hist.-filol.MeddelelserXII1; Z i m m e r n
BSGW, phil.-hist. Ki. L V I I I , 3, 1906, S. i26ff.;
herrschen die Mächte des Chaos. Dies be- L X X , 5, 1918; M e i s s n e r BuA II, S. 90 ff., I25ff.
deutet, daß der Gott tot ist. Hierauf wird
Haldar.
die Geburt des Gottes dargestellt. Er er-
hält den Auftrag, Ti'ämat zu bekämpfen. Fest bei den H e t t i t e r n . Über die
Dann folgt der Kampf zwischen Marduk religiösen Feste der Hettiter berichten
und Ti'ämat, der auch im Kulte seinen uns die Festkalender, die in fragmenta-
Platz hat. Der Gott trägt den Sieg davon, rischem Zustande erhalten sind, z. B.
sein Tempel wird neu erbaut, und das KBo II, 4, 7; KBo IV, 11; KUB VII, 24;
Ganze endet mit dem Triumph Marduks. KUB XXV, 23 und 24 und einige andere.
In diesen kultischen Vorgängen spielte der Andere Nachrichten schöpfen wir aus den
König die Rolle Marduks, ähnlich wie es Annalen der Könige des Hettiterreiches
im Tammuz-Kulte der Fall war. Dies und aus anderen Inschriften. Ein Bericht
wurde in der Weise dargestellt, daß man über ein Fest des Kriegsgottes ist uns in
den König seiner Insignien beraubte, einigen Tafeln zum Teil erhalten.
indem ihm das Zepter genommen und die Daß die hettitischen religiösen Feste
Krone von seinem Haupte gerissen wurde. zum großen Teil agrarischen Charakter
In den zu dieser Situation gehörigen hatten, ist durch das Ideogramm, mit dem
Psalmen wird der König entweder als man das Fest bezeichnete, bezeugt. Es
schuldlos dargestellt, oder er bekennt ist das Ideogramm EZEN, das sumeri-
seine Schuld, die die Schuld des ganzen schen Ursprungs ist und auch von den
Volkes einschließt. Auf solche Weise wurde Akkadern in ihrer Schrift gebraucht
der König der Mittler zwischen dem wurde, obschon es bei den Hettitern in
Volke und dem Gotte und der Versöhner seinem Innern noch das Ideogramm für
der Sünde des Volkes. Dadurch wurde das Getreide, §E, aufweist.
eine Grundlage geschaffen für das gute Die Hettiter hatten Feste, die nur
Verhältnis des Volkes zu seinem Gotte einmal im Jahr gefeiert wurden, und
während des neuen Jahres. Dies sowie die andere, die jeden Monat begangen wurden:
Siege Marduks über die bösen Mächte mit dem Ideogramm EZEN MU wurden
hatten zur Folge, daß das Land und das die ersten bezeichnet, mit EZEN ITU
Volk während des neuen Jahres ungestört die zweiten, das heißt „Fest des Jahres"
das Leben genießen konnten. Im Mittel- und „Fest des Monats". Die ersten
punkt alles Guten, das dem Volk aus den hatten größere Bedeutung als die zweiten
religiösen Festen erwächst, steht der und waren große Feste zu Ehren des
König. Er ist der „gute Hirt", der sein Nationalgottes oder des Hauptes des
Volk hütet. Er wacht über das Recht in lokalen Pantheons. Große Bedeutung
seinem Lande, er nimmt sich der Sache hatte das Fest zu Neujahr zur Erlangung
der Schwachen an und verteidigt sie gegen eines glücklichen Jahres und einer guten
ihre Bedrücker, er gibt Regen und Frucht- Ernte; es wurde im Winter gefeiert. Zu
barkeit, er wehrt die politischen Feinde ab. Beginn des Frühlings beging man das Fest
Mit einem Wort: er ist der Garant alles purullijas. Von mehreren Festen ist uns
geordneten Lebens, und eben dies ist die fast nur der Name bekannt.
Gabe, die die Götter im Feste schenken,
denn durch genaue Durchführung des Ritu- Das F. asrahitassis wird in einem manti-
als erhält man alles, was zum Leben nötig ist. schen Texte erwähnt, KUB V, 10, Z. 7.
Es wird an dieser Stelle berichtet, daß
das F. zwar gefeiert worden ist, daß aber
L a n d s b e r g e r Der kultische Kalender der
Babylonier und Assyrer I L S S VI i-—2, 1915; der Gottheit bei dieser Gelegenheit nicht
J e a n Religion Sumerienne, S. i68ff.: J a s t r o w alles das geschenkt worden ist, was unter
44 FEUER—FEUERHEILIGTUM
des Flusses Maläs hatten, dem besondere die er begonnen hatte, zu unterbrechen,
Opfer dargebracht wurden. Es war ein als ein religiöses F. zu verschieben oder
Frühlingsfest, G o e t z e A nnalen, S. 170, Vs. sogar zu unterlassen, und führt einige
II, Z. 47- Fälle davon an. Mursiiis hat es also ganz
Ein F. war „F. der Anrufung des Men- anders als sein Vater mit der Begehung
schen' ' genannt, KUB V, 10, Z. 1 1 = F r i e d - der Gottesfeste gehalten, und deshalb haben
r i e h Schrifttum, II, S. 26. ihm die Götter nie ihre Gunst verweigert.
Der König feierte in der Stadt Hattusas Nach kanonischem Rechte mußte der-
während des Winters ein Jahresfest, das jenige, der ein ihm obliegendes F. nicht
Wetterfest genannt wurde, KUB V, 4, 1, beging, eine Buße zahlen, die manchmal
Z. 16—17. im Doppelten der Gegenstände, die für
Der König war verpflichtet, die F. der das F. geliefert werden mußten, bestand.
Götter zu feiern, denn er galt als Re- Ein Text besagt, daß alle, die das Monats-
präsentant der ganzen Nation, die ihren fest übergangen haben, das Doppelte
Göttern F. bieten mußte. Das war Pflicht zahlen müssen, KUB V, 7, Vs. 11, b; KUB
und zugleich Stolz der Könige. Deshalb XVIII, 51, 11, Z. 16—18.
rühmt sich Mursiiis II. oft in seinen Wenn die Priester für das F. nicht alles
Annalen, die Götter mit der Begehung der das aufwendeten, was ihnen von den
regelmäßigen F. geehrt zu haben. Unter- Lieferungspflichtigen gegeben worden war,
läßt es der König, die Gottesfeste zu feiern, so hatte das F. nicht die religiösen Wir-
so zürnen die Götter und bestrafen ihn kungen, die die Festbegeher erhofft hatten,
selbst und sein Volk, denn Königssünde S t u r t e v a n t A Hittite Text, S. 368, Z. 46
ist Volkssünde. Mursiiis erzählt uns, daß bis 49.
sein Vater Suppiluliumas sich zu lange im Charakter eines religiösen F. hatte der
Lande Mitannu aufgehalten habe, um Besuch, den die königliche Sonne von
seine Kriegszüge zu Ende zu führen, und Hatti während des Winters nach der Be-
dabei die Begehung der Gottesfeste unter- endigung der Feldzüge den wichtigeren
lassen habe, namentlich die F. für die Städten des Reiches abzustatten pflegte.
Göttin von Arinna, G o e t z e Annalen, Der König war von der Königin und einer
S. 20, Vs. 1, Z. 16—18. Die Folge war, Reihe von Beamten und Priestern be-
daß beim Tode des Suppiluliumas alle gleitet. Der Name dieses F. war nun-
unterworfenen und verbündeten Völker- tarijaShaS. Das wichtigste Ziel der Be-
schaften einen Aufstand anzettelten, der suche war die heilige Stadt Arinna. Dort
sogar den Bestand des Hettiterreiches versammelte sich das ganze Volk mit
gefährdete. Er, Mursiiis, jedoch stellte, den wichtigsten Persönlichkeiten um den
sobald er auf den Thron kam und König in einer großen Versammlung.
noch, bevor er den Krieg gegen die Auf- Einige Texte geben uns eine eingehende
ständischen begann, die F. für die er- Beschreibung des F., KUB II, 9; KUB
wähnte Göttin wieder her. Sogleich IX, 16; KUB X, 48; KUB XX, 70 und
änderte sich die politische Lage voll- 80; KUB XXV, 12—14; s. G o e t z e Klein-
kommen zu seinen Gunsten, und von asien, Kulturgeschichte des Alten Orients,
dieser Zeit an hat der König immer regel- S. 154—155-
mäßig alle F. für die Götter gefeiert. In
Einige Tafeln haben uns eine sehr ein-
seinen Annalen erwähnt er mit großer
gehende Beschreibung eines großen Festes
Sorgfalt alle die F., die er begangen hat:
zu Ehren des Kriegsgottes ZABABA auf-
das Anrufungsfest, das F. der Göttin von
bewahrt: KBo IV, 9; KUB XXV, 1;
Kumana, das sechsjährige F., das F. des
KUB II, 5. Der Text läßt sich nicht voll-
Maläsflusses, das F. purullijaS des Wetter-
kommen herstellen, da manche große
gottes und der Göttin Lelwanis. Er be-
Lücken an verschiedenen Stellen klaffen.
hauptet noch, daß er es vorgezogen habe,
Im großen und ganzen können wir den
lieber den Feldzug, auf dem er sich befand,
verschiedenen Tafeln wichtige Episoden
oder die diplomatischen Unterhandlungen,
des festlichen Ritus entnehmen, aus denen
FEST
erhellt, wie kompliziert solche Feste drei Libationen macht der Vorsteher vor
waren, denen der König und die Königin dem Thron und drei für den Kriegsgott,
sowie die Herren, die Priesterschaft und eine für den Herd, eine für den Thron,
auch die Bürger besonderen Glanz ver- eine für das Fenster und eine für den
liehen. Türriegel. Eine Libation gießt er auch
Der uns erhaltene Text beginnt in der für den König Hattusilis I. aus.
Mitte des Tages, wenn der König sitzt und Nun verbeugt sich der König unter dem
ein waganna gerufen wird, der aber kein Gesänge von Hymnen und anderen Vor-
Opfer darbringt. Alsdann verläßt der trägen, und zusammen mit der Königin
König den Tempel des Kriegsgottes und setzt er sich auf den Thron. Wiederum
begibt sich ins halentuwas, wobei ein werden die Standarte einer goldenen Lanze
Diener und ein mesedi vor ihm gehen. und der Lituus (kälmuSl) hereingebracht,
Sodann wird der Tempel gefegt, und rohes danach eine Goldlanze und ein Stab. Der
Fleisch eines Ochsen, von Kühen, Schafen König und die Königin waschen sich die
und Ziegen wird vor dem Kultständer Hände.
niedergelegt, zwei silberne Schalen, für die (Hier eine große Lücke.)
Libation mit Wein gefüllt, werden zu Der Text spricht wiederum von der
Seiten des Fleisches gelegt, und auf diese Händewaschung und dem Abwischen der
kommt gekochtes Fleisch. Hände des Königs und der Königin,
Der König und die Königin ziehen die wonach ein Palastdiener eine goldene
rituelle Kleidung an, während die Herren, Lanze und ein mukar bringt. Zwei Palast-
die Diener und die Wachmänner im Vor- diener legen zwei linnene Decken auf die
hof warten. Kniee des Königs und der Königin und
Nun treten König und Königin aus dem lehnen dann die goldene Lanze gegen die
halentuwas, und die Aufwärter gehen hinter Wand an der linken Seite des Königs.
dem König einher. Es wird auf ver- Der Vorsteher der Tischleute bringt einen
schiedenen Musikinstrumenten gespielt, reinen Tisch herein, der von dem Palast-
einige tanzen und tragen Psalmen vor. vorsteher in Empfang genommen und
Noch bevor der König und die Königin für den König aufgestellt wird. Derselbe
in den Tempel eintreten, nehmen daselbst Vorsteher nimmt seinen Platz neben dem
verschiedene Priester Platz. Und nun Herd ein, und fast alle Beamten ver-
ziehen jene in den Tempel ein und erreichen lassen den Raum oder hocken sich nieder.
zunächst die Tempeltür, dann betreten Alle Lanzen der Männer werden gegen
sie den Vorhof. Priester tragen einen Rock die Wand gelehnt. Ein . . .brot wird auf
und tuhhuessar für den Purifikations- einer Lanze gebrochen.
ritus. Der König und die Königin waschen Nun treten die Prinzen ein und werden
sich die Hände mit Wasser und trocknen von einem Herold an ihre Plätze ge-
sie mit einem Handtuch. leitet. Sodann kommen die Priester
Der Hauptdiener des Palastes reicht herein, der „hettitische Herr" und die
dem König die Standarte, eine goldene Gottesmutter des Gottes Halkis, und
Lanze, und dann reicht er sie der Königin, setzen sich.
die sich ebenso wie der König die Hände Es tritt der Palastvorsteher ein und
abwischt. fragt den König, ob man die Istar-
Endlich treten beide in die Cella des Instrumente hereintragen solle. Der König
Tempels ein und beugen sich vor dem bejaht die Frage. Die Musiker, vom
Gott unter dem Vortrag von Hymnen Palast V o r s t e h e r angeführt, bringen die
seitens des Statuenverehrers und den Istar-Instrumente herein und stellen sich
Rufen des kitas. vor dem tarsanzi-pas auf. Dann kommen
Der Vorsteher der Köche bringt Stücke die Liturgisten, die Statuenanbeter und
von kattafalaS und legt sie an verschie- die Psalmodisten an die Reihe, die eben-
denen Stellen nieder, sodann ein Libations- falls Istar-Instrumente hereintragen und
gefäß, das der König mit der Hand berührt; dann auf ihren Sitzen Platz nehmen.
FESTHAUS 47
Nun kommen die Bürger, der „Herr des Liturgisten singen, und verschiedene
zahartiS des inneren Tempels" und die Musikinstrumente werden gespielt.
Würdenträger, und alle setzen sich. Der König zerbricht ein Opferbrot aus
Sodann fragt der Palastvorsteher den Mehl, und der Becherträger bringt es
König, ob man das marnuwan servieren dann weg.
solle. Auf die bejahende Antwort des G. F u r l a n i La religione degli Hitiiti, Bo-
Königs servieren sie das marnuwan. Nun logna 1936, S. 242 — 253; J. F r i e d r i c h Aus
dem hethitischen Schrifttum, I —II, Der Alte
wirft der König das Handtuch weg, das Orient, X X I V , 3 und XXV, 2, Leipzig 1924
von den Dienern aufgefangen und den bis 1925; B. H r o z n ^ Hethitische Keilschrift-
Tischmännern übergeben wird. texte aus Boghazköi, Leipzig 1919; A. G o e t z e
Die Annalen des Mursiiis, MVAeG X X X V I I I ,
Auf einen Augenwink des Königs hin Leipzig 1933; A. G o e t z e i n j . B. P r i t c h a r d
wird der Boden gefegt, sodann Wasser in Ancient Near Eastern Texts, Princeton 1950,
einer goldenen Schale dem König und der S. 3 5 8 - 3 6 1 . Furlani.
Königin gereicht, die sich die Hände
waschen und sie mit einem Handtuch Festhaus. Wie in anderen Religionen
abtrocknen. war in den altvorderorientalischen die
Vorstellung lebendig, daß es besondere
Der große Becherträger und ein Palast- Stellen gab, wo die Gottheiten wohnten.
diener reichen dem König und der Königin Solche Stellen wurden als heilig be-
das marnuwan zum Trinken, und sie trachtet. Dort pflegte man den Kult der
trinken stehend dem Gott Tauri zu, wobei Götter, und dort baute man ihre Tempel.
die Istar-Instrumente gespielt werden. Dies kann natürlich auch von dem Ge-
Dann trinken sie noch anderen Göttern zu. sichtspunkt aus betrachtet werden, daß
Die Hundsleute und die Schmiede man sich vorstellte, die Götter hätten
kommen herein; die letzteren tragen zwei dort Wohnung genommen, wo man aus
silberne Stierköpfe. besonderen Gründen einen Tempel ge-
(Wiederum eine große Lücke.) baut hatte. Einer der wichtigsten Teile
Die zwei silbernen Stierköpfe werden des Hauptfestes, des «&&w-Festes, war der
mit Wein gefüllt. Der König und die Festzug, der nach dem akitu-UdMSt ging,
Königin trinken wiederum anderen ver- das wir hier F. nennen.
schiedenen Göttern zu. Da das akitu-Fest schon in früher sume-
Nun bringen die Bürger und die ganze rischer Zeit gefeiert wurde, dürfte es ge-
Versammlung dem König ihre Huldigung wiß schon während dieser Perioden akitu-
dar. Häuser gegeben haben. Wie sie aus-
Der König nimmt ein Opferbrot ent- sahen, kann man noch nicht mit Ge-
gegen und ißt davon einen Bissen. wißheit sagen, da bisher nur ein Gebäude,
Wiederum bringen die Bürger dem König von dem man mit Sicherheit weiß, daß
ihre Huldigung dar, und zwar dreimal. es ein akitu-Haus gewesen ist (das von
Der Becherträger reicht dem König einen Assur), ausgegraben wurde, und die
Silberbecher mit Wein dar, wonach der Anlage von Assur ist wahrscheinlich ziem-
Palastvorsteher rücklings hinaustritt, den lich spät. Man ist freilich berechtigt, in
Blick auf den König gerichtet. Dann Assur frühere Anlagen anzunehmen, und
bringt er dem König seinen Mantel, und die Möglichkeit besteht, daß die Bauweise
der Becherträger stellt den Becher für den ziemlich kontinuierlich gewesen ist. Es
König auf. muß aber ein F. überall gegeben haben,
Nach einigen anderen Zeremonien wird wo man das Fest feierte, z. B. in Lagas, Ur,
dem König Fleisch gereicht. Babylon, Dilbat, Ninive, Arbela, Harrän
Der Herold fordert die Versammlung usw., und zwar von verschiedenem Alter.
auf, aufzustehen, und zwei Palastdiener Von besonderer Bedeutung ist die Frage
nehmen die linnene Decke von den Knieen des F. in Uruk. Nach T h u r e a u - D a n g i n
des Königs und der Königin. Nun trinken soll es dort mehrere Festhäuser gegeben
beide stehend dem Sonnengott zu, die haben (Rit. acc. S. u f . ) . Vgl. F a l k e n -
48 FEUER—FEUERHEILIGTUM
war an der Südostseite gelegen. An der Festhäuser beeinflußt haben, seit der Kult
entgegengesetzten Seite befand sich der dieses Gottes in anderen Städten auf-
Hauptraum, die Cella des Gottes Assur, genommen wurde. Darum kann dieser
33 m breit und 8 m tief — der kultische Einfluß in die altbabylonische Periode
Mittelpunkt der Anlage. Über den Hof zurückgehen. Haldar.
führte eine breite Bahn, rechts und links Festkalender s. K a l e n d e r .
von je 4 Reihen von Sträuchern eingefaßt.
Ferner lagen vor der Nordost- und der Festschmaus s. M a h l z e i t , Prunk-
Südwestseite je eine Reihe von 7 recht- mahlzeit.
eckigen Pfeilern, die je eine nach dem Festspiel s. Spiel.
Hofe offene Halle begrenzten. Hinter
jeder dieser beiden Hallen lag ein langer Feststraße s. P r o z e s s i o n s s t r a ß e ,
Raum von unbekannter Bedeutung; wie Straße.
A n d r a e vermutet, ist es wahrschein- Festung. Überfälle von Beduinen und
lich, daß dort die Symposien der Kult- Fremdvölkern waren in Mesopotamien
Versammlung stattfanden. Die Eingangs- eine ständige Gefahr. Die Bewohner des
seite des Hofes enthielt in der Mitte das Landes versuchten daher, sich und ihre
Vestibül und beiderseits kleine Kammern. Siedlungen durch Errichtung von Mauern
Diese Anlage war an allen Seiten von zu schützen. Große Städte wurden zu
einem Garten umgeben. Nach F a l k e n - regelrechten Festungen ausgebaut. Höch-
s t e i n war der wesentlichste Unterschied stens kleine Dörfer entbehrten jeder Ver-
zwischen dem F, in Uruk und dem von teidigungsanlage. So liest man von dum
Assur, daß das von Uruk keine Bepflan- („Außenmauer", vgl. die Stadtnamen
zung im Hofe hatte, was freilich schwer oben RLA II, S. 241 ff., Gegensatz salhü
zu entscheiden ist. Die Möglichkeit, daß „Innenmauer"); dannatu („Feste", vgl.
in der Nähe der neubabylonischen An- oben II, S. 119); dunnu („Feste", s. oben
lage in Uruk Palmgärten gepflanzt waren, II, S. 239ff.); btrtu („Burg", s. oben II,
gibt auch F a l k e n s t e i n zu. Über das F. S. 32; der Ausdruck erscheint in der Zeit
von Assur s. A n d r a e Das wiedererstan- Hammurapis, s. ARM XV, S.195 und bleibt
dene Assur, S. i5iff.; A n d r a e - L e n z e n im Sprachgebrauch bis in die neubaby-
WVDOG 57 (1933), S. 8 9 I ; A. H a l l e r , lonische Zeit, ja wird vom Aramäischen
WVDOG 67 ( 1 9 5 5 ) . S. 74ff. übernommen); kirhu (s. D e l i t z s c h HW,
Zuletzt mag das F. von Babylon kurz S- 353); halsu „Schanze", „Burg",
berührt werden. E. U n g e r hat die be- „Fort" (aus Asphalt und Backsteinen),
treffenden Texte in seinem Werke Baby- s. D e l i t z s c h HW, S. 279; madgaltu
lon. Die heilige Stadt nach der Beschreibung „Wachtturm", selten im Akkadischen
der Babylonier, 1931, S. 159ff. gesammelt. (KAR Nr. 214, III Z. 12), vor allem
(Vgl. Ders. WVDOG 48.) Das F. von im Hettitischen als akkadisches Lehn-
Babylon lag wahrscheinlich außerhalb wort, vgl. Kor ose c Bei madgalti, was
des nordöstlichen Stadtteiles, Kullab, „Grenzbefestigungskommandant'' bedeu-
und in diesem Stadtteil befand sich eine tet; wörtlich heißt m. „Beobachtungs-
„Propyläenanlage" (bit res akitum), die stelle" (Stamm dagälu)', dimtu „Turm",
wahrscheinlich unweit des eigentlichen häufig bei Orten der Nuzi-Texte ge-
Festhauses lag. Dadurch kennen wir die braucht, s. auch RLA II, S. 226ff., zum
ungefähre Lage, aber gefunden wurde das Worte K o s c h a k e r ZA NF XIV, S.i75ff.
babylonische F. nicht. Es war von einem Das Hauptstück der Befestigung war
Zedernhaine umgeben. Die älteste Er- natürlich die Mauer (s. das Stichwort).
wähnung desselben finden wir nach U n g e r Aus Lehmziegeln oder Backsteinen er-
a. a. 0. S. 160 in der Datenformel des richtete Werke, die vorkamen, waren
27. Regierungsjahres des Samsuiluna (s. gegenüber der Natur und dem Feinde
RLA II S.184). Das babylonische F. muß wenig widerstandsfähig, deswegen erbaute
als zum Marduk-Kult gehörig andere | man, wenn irgend möglich, den unteren
FESTUNG 5i
Teil aus Hausteinen (Steinblöcken), deren Weiter beachte die Reihe der Jahresdaten
Beschaffung allerdings einige Mühe kostete. mit ihren vielen Festungsnamen (RLA II,
Die Mauerkronen haben Zinnen und Brust- S. 142ff.), dazu speziell die Daten der
wehren. An wichtigen Stellen legte man 1. Dyn. in RLA II, S. 163ff., schließlich
zwei oder mehrere Mauern hintereinander die Abbildungen bei L a y a r d Nineveh und
an. Die Höhe betrug mindestens neun, ge- Babylon, passim und auf den Schienen des
legentlich noch mehr Meter, entsprechend Balawat-Tores. Über den Limes-Bau des
mußte die Dicke sein, etwa 1 / 3 der Höhe. Su-Sin Muriq-Tidnim vgl. S c h m ö k e l Ur
Sogenannte taludierte Mauern, das sind Assur und Babylon, S. 95. Die Darstellung
solche, die unten dicker sind als oben, einer ägyptischen F. auf einem assyrischen
sind nachzuweisen, aber nicht häufig. Vor Relief ist behandelt in AfO XVI, S. 253 ff.
der Mauer(reihe) wird ein tiefer Graben Eine Festung im Handstreich zu er-
hergestellt, der mit Wasser angefüllt wird. obern, war natürlich unter günstigen Um-
Die Stellen, wo der Graben an die Mauer ständen bei geringer Stärke der Mauern
stieß, wurden mit Quadersteinen ge- oder mangelnder Aufmerksamkeit und
schützt. Häufig ist auch die Anlage eines Feigheit der Verteidiger mehr oder minder
Niederwalles (Faussebraie), der sich vom oft möglich. Wo dies mißglückte, mußte
Fuße der Mauer bis an den Rand des man andere Mittel ergreifen, um zum Ziel
Grabens erstreckt. Aus der Mauer traten zu kommen. Langwierig und unter Um-
in gewissen regelmäßigen Abständen nach ständen auch für den Angreifer nicht un-
vorn oder auch nach vorn und hinten gefährlich bei dem Klima des Landes war
Türme hervor, die über die Mauern empor- der Versuch, den Ort durch Blockade,
ragten und Flankenangriffe auf die An- Abschneiden von der Zufuhr an Lebens-
greifer ermöglichten. Außerdem wurden mitteln und vom Wasser zu überwältigen.
zu gleichem Zweck an den Mauern Hier hing der Erfolg von der Fürsorge,
Kanzeln angebracht (vgl. M eis s n er BuA I, die der Verteidiger getroffen hatte, und
S. 299ff.). Für Mauern, von denen sich von seinem Zugang zum Wasser ab. War
Reste erhalten haben oder Berichte über- man gezwungen, die Eroberung der Feste
liefert sind, vgl. die von Babylon (s.RLA I, schnellstens zu erreichen, so mußte man
S. 335ff.; U n g e r Babylon, S. 5gff.; An- die Kenntnisse des Festungskrieges, die
draeMDOG Juni 1930, Nr. 68; Meissner dem damaligen Militär zur Verfügung
BuA I, S. 298ff.), Assur (s. A n d r a e standen, zur Anwendung bringen. Es ist
Festungswerke von Assur; ders. Das nun kein Zweifel, daß vor allem die
wiedererstandene Assur, S. 5, 5gff.; U n g e r Assyrer, die ihre Tätigkeit auf diesem
RLAI, S. 174ff., § 9ff.; Meissner BuA I, Gebiet uns in schriftlichen und bildlichen
S. 300I), Dür-§arrukin (RLA II, S.25of.; Darstellungen am besten geschildert haben,
Meissner BuA I, S. 301), Ninive (Meiss- ganz erheblicheKenntnisse besessen haben,
ner BuA I, S. 302); Hattusa (s. Stich- wie man einer Festung erfolgreich bei-
wort und G a r s t a n g Hittite Empire, kommen konnte.
S. 78ff.; C o n t e n a u Civilisation des Hit-
tites et des Mitanniens, S. 189f.; G u r n e y Folgende Mittel und Wege dafür finden
The Hittites, S. iioff.); Persepolis (s. OIC sich (vgl. W a s c h o w 4000 Jahre Kampf
XXI; C o n t e n a u Archeologie, S. 2256t.), um die Mauer): 1. Erkletterung der Mauer
Susa (s. K ö n i g MVAeG 35, 1), die ohne besondere Hilfsmittel; nur dann
urartäische Festung „Stadt des Tescheba" möglich, wenn die Festungsmauer nicht
bei Jerewan (vgl. G. R. Meyer Wiss. allzu hoch ist und die Angreifer die Ver-
Annalen I, Heft 7, S. 407ff.). A n d r a e teidiger durch Fernkampfwaffen (Bogen
hat Handb. der Archäologie 1. Textb., und Schleuder) niederhalten können (s.
S. 648ff., Geschichtl. Ablauf sämtl. Fund- W a s c h o w a. a. O., S. 3of., Abb. aus
orte von der vordyn. bis zur Parther-Zeit L a y a r d Monuments of Nineveh I, 75 das.,
kurz skizziert und dabei auch jede Festung S. 31). 2. Sturmleiter (nabalkatu); sehr
genannt, soweit sie feststellbar war. schwierige und verlustreiche Methode (s.
W a s c h o w a. a. O., S.31, Abb. aus L a y a r d
52 F E U E R — F EUERHEILIGTUM
pflanzlichen, des Sesamöls i ä - g i s , eines träger, Volk, Beamte und Tempel mit dem
tierischen, des Schweinefettesiä-sah, und notwendigen Bedarf versorgt. Er ist
des mineralischen Petroleums i ä - i d ge- ferner selber Besitzer besonderer Lehens-
nannt. Was saman kiri „Gartenfett" (s. güter, die wohl ursprünglich der „Privat-
A u g a p f e l Babylonische Rechtsurkunden schatulle" des Königs zugehörten. Daß
a. d. Z. Artaxerxes II. und Darius II., dies so ist, macht die Tatsache wahr-
S. 117) und i ä - a - a b - b a „Meeresöl" (s. scheinlich, daß auch ein König, Kadasman-
H o w a r d y a.a.O., Nr. 239,172) bedeutet, Enlil II., das Amt innegehabt und den
ist unbekannt. Titel guenna geführt hat.
Die Fette, die in h e t t i t i s c h e n Texten Auch in H a t t i ist die Gesellschafts-
genannt werden, findet man bei F r i e d - form als feudal zu bezeichnen. An der
r i c h Hethitisches Wörterbuch, S. 277, no- Spitze stehen der König und der Adel
tiert: i ä - g i s „Sesamöl", i ä (gis) sirtu (Grundbesitzer und HofWürdenträger, hett.
(sirdi) „Olivenöl", i ä - n u n „Butter", i ä - -panku). Diese letzteren stehen zum König
u d u „Schaffett", i ä - d ü g - g a „gutes Öl" im Verhältnis des Lehensträgers zum
(„Parfüm"). Ebeling.
Lehensherrn, allerdings mit bemerkens-
werten Rechten auch gegenüber dem
Feudalismus. Diese Gesellschaftsform fin- König. Auf den weiteren Stufen der
det man im Alten Orient besonders in Staa- Staatspyramide nach unten hin stehen
ten, bei denen eine dünne Herrenschicht, die Freien (Kaufleute und Priester), Halb-
die aus der Fremde zugewandert ist, freie (Krieger, Handwerker und Bauern)
festgestellt werden kann. Das beste Bei- und schließlich die Sklaven (s. H a t t i ,
spiel dafür in Babylonien ist das Kassiten- Staatsverwaltung). Allerdings lockert sich
reich (s. K a s s i t e n ) . Hier regiert offenbar in der jüngeren Periode die Strenge der
der König mit Hilfe einer Gemeinschaft Unterschiede zwischen den einzelnen
von Sippen, deren Häuptern als Lehens- Schichten. Aus dem Feudalstaat wird all-
trägern ein großer Teil des Grund und mählich ein Beamtenstaat (s.GoetzeKul-
Bodens gehört (s. S t e i n m e t z e r AO X I X turgeschichte, S. 8off.; S c h a r f f - M o o r t -
1/2, S. 6ff., dort weitere Lit.). Sie werden g a t Ägypten und Vorderasien im Alter-
in jeder Hinsicht von dem Herrscher be- tum, S. 354L).
günstigt und stellen die notwendige Stütze Im M i t a n n i - S t a a t e mit vorzugsweise
des Königs dar. Es ist wahrscheinlich, churritischer Bevölkerung sind die Trä-
daß die Kassiten diese Gesellschaftsform ger eines ähnlichen Feudalismus König
aus ihrer Bergheimat mitgebracht haben. und Kriegeradel (mariannu = „Wagen-
Von Wichtigkeit ist neben König und kämpfer"). Die Herrscher sind nicht
Lehensgefolge etwa um 1400 v. Chr. der churritischer, sondern arischer Abstam-
guenna von Nippur, über den der türkische mung, bei ihren Kriegern wird es nicht
Assyriologe K. B a l k a n gehandelt hat in anders gewesen sein (s. Mi t a n n i ) . Wir
Babilde Feodalizm Arastirmalan, Kas'lar wissen nichts Näheres über den weiteren
Devrinde Babil, Fak. Derg. II, S. 45 ff. Aufbau des Staates (vgl. vorläufig J e a n
Diese Abhandlung, auf umfangreichem un- JA CCIV, S. 145ff.; G o e t z e Hethiter,
publ. Material beruhend, ist leider nicht zu- Churriter und Assyrer, S. 40ff.; C a s s i n
gänglich, einen Auszug daraus findet man Adoption ä Nuzi, S. 2off.) und können
bei G ü t e r b o c k AfO XV, S. i3of. Der dafür nur die Analogie zu Hilfe nehmen
guenna von Nippur scheint nach dem, (s. sofort und H a t t i , K a s s i t e n usw.).
was von ihm dort ausgesagt wird, der Die Gegend um Arrapha (Nuzi) hat um
Verwalter des Kronlandes gewesen zu sein, 1450 v. Chr. nachweislich zum Reich des
der die Interessen des Königs bzw. des Königs Saussatar von Mitanni gehört.
Staates gegenüber den Lehensträgern ver- Aus dieser Tatsache ist wohl der Feuda-
tritt. Er leitet außerdem die Zentral- lismus zu erklären, den H. L e w y in einer
verwaltung des Landes, die die Ernte- Abhandlung über The Nuzi Feudal System
erträge des Landes einzieht und Lehens- Or NS XI, S. iff., 209ff-, 297ff. auf
FEUDALISMUS—FEUER 55
v e r s c h i e d e n e n Z e i t e n . M a n h a n d e l t e sie s p i e l u n g e n f e h l e n (s. W e i d n e r , K A O I V ,
n a c h S t ü c k e n , B ü n d e l n , G e w i c h t (vgl. S. 1 — 3 ) . L i s t e n v o n S t e r n e n u n d S t e r n -
U E T I I I , S. 118) o d e r n a c h H o h l m a ß b i l d e r n a u s d e m A n f a n g d e s 2. J a h r -
( K u r ) . M e i s s n e r h a t i n Warenpreise in tausends, die ältesten astronomischen Do-
Babylonien S. 22 e i n e Z u s a m m e n s t e l l u n g k u m e n t e in Keilschrift, beweisen aber, d a ß
über die i h m zur V e r f ü g u n g stehenden zum mindesten e i n e grundlegende Er-
D a t e n gegeben. D a n a c h stellte sich der kenntnis damals bereits Gemeingut der
Preis natürlich verschieden nach der Art Wissenden w a r : die Unterscheidung v o n
der Fische, durchschnittlich a b e r auf Fixsternen u n d Planeten. A u ß e r d e m ge-
1 Seqel f ü r 40 S i l a b i s 1 K u r b e i d e n n a c h h ö r t in diese F r ü h z e i t der A s t r o n o m i e
H o h l m a ß gemessenen Sorten, auf d e n die Z u s a m m e n f a s s u n g b e s o n d e r s mar-
g l e i c h e n P r e i s f ü r 240—1800 S t ü c k b e i kanter Sterngruppen zu Sternbildern,
den nach Stückzahl gemessenen. es w a r d e r A n f a n g z u e i n e r E i n t e i l u n g
Vgl. oben F i s c h . Ebeling. des gestirnten Himmels, die d a n n in späte-
rer Zeit f o r t g e f ü h r t u n d abgeschlossen
Fischtran s. F e t t . wurde. D a die N a m e n der Sterne u n d
Sternbilder, die in den alten Listen
Fish T . g e b . 1893, S t u d i e n i n M a n -
aufgezählt werden, m i t einer A u s n a h m e
chester, Cambridge, R o m . Teacher in t h e
sämtlich sumerisch sind, steht eindeutig
D e p a r t m e n t of S e m i t i c L a n g u a g e s a n d
fest, d a ß nicht die Semiten, sondern die
Literatures a n der Univ. von Manchester
Sumerer es w a r e n , die die ersten
seit 1928, P r o f e s s o r d a s e l b s t 1948.
Grundlagen der Himmelskunde
V e r ö f f e n t l i c h u n g e n : Catalogue of Su-
legten. W o h l h a t m a n sich seit d e r H a m -
merian Tdblets in the John Rylands murapi-Zeit bemüht, die sumerischen
Library, 1932; Letters oftheFirst Babylonian Sternnamen ins Akkadische zu über-
Dynasty, 1936; Manchester Cuneiform setzen oder d e m Akkadischen als L e h n -
Studies, I 9 5 i f f . V i e l e P u b l i k a t i o n e n ü b e r wörter anzugleichen, a b e r diese Be-
sumerische T e x t e i n Zeitschriften, vgl.
strebungen haben niemals zu vollem E r -
die Z u s a m m e n s t e l l u n g bei O p p e n h e i m
folge g e f ü h r t . N u r in wenigen F ä l l e n
Catalogue of the Cuneiform Tablets of the h a b e n sich die akkadischen Bezeich-
Wilberforce Eames Babylonian Collection, nungen für Sterne und Sternbilder durch-
1948, S. 217t. gesetzt, zumeist genossen die sumerischen
Nach Angaben von Professor F i s h . N a m e n b i s i n s 1. J a h r t a u s e n d d u r c h a u s
Ebeling. den Vorzug, wie mancherlei Glossen in d e n
astrologischen R a p p o r t e n der Sargoniden-
Fixsterne
z e i t b e s t ä t i g e n (s. A . U n g n a d ZDMG
§ 1. Die Sumerer als Schöpfer der Stern-
namen. § 2. Die ältesten Sternlisten. § 3. L X X I I I , S. 159, A n m . 2). E s i s t a u c h b e -
Die Sternliste a u s Boghazköi. § 4. D a s zeichnend, d a ß wir nicht einmal ganz
Astrolab. § 5. Die T e x t e d e r Sargoniden- sicher wissen, welchen akkadischen N a m e n
zeit. § 6. Die Bezirke a m Fixsternhimmel. ein so wichtiges Sternbild wie Scorpius
§ 7. Der Tierkreis. § 8. Die Sterne a m Nord-
himmel. § 9. Die Sterne a m Südhimmel. ( s u m e r . m u l g i r - t a b , a k k a d . aqräbu o d e r
§ 10. Gruppierungen v o n Sternen (lumasi, zuqaqipu) f ü h r t e .
tikpi, mäiu). § 11. Ü b e r t r a g u n g v o n Fix-
sternnamen auf Planeten. § 12. W a n d l u n g e n I n der Astrologie h a b e n die Fixsterne
in der Spätzeit. neben Mond, Sonne u n d P l a n e t e n n u r eine
1. D e r g e s t i r n t e H i m m e l i s t s c h o n b e i bescheidene Rolle gespielt. D a g e g e n w a r e n
den Sumerern der Gegenstand eifrigen sie g e w i ß s c h o n s e h r f r ü h w i c h t i g e H e l f e r
Studiums gewesen. W o h l können wir in bei der Orientierung in der N a c h t u n d vor
die W e r k s t a t t der Schöpfer einer primi- allem z u m E r k e n n e n der Jahreszeiten. Da
t i v e n H i m m e l s k u n d e i m 3. v o r c h r i s t l i c h e n eine Schaltregel bis in die neubabylonische
J a h r t a u s e n d k e i n e n Blick t u n , d a alle Zeit hinein nicht existierte, beobachtete
zeitgenössischen Zeugnisse bis auf g a n z m a n regelmäßig die heliakischen Auf-
kärgliche u n d nicht sicher d e u t b a r e An- gänge besonders heller Fixsterne, wie des
FIXSTERNE 73
Sirius u n d der Spica, sowie d a s Z u s a m m e n - n e u e n t s t e h e n d e n L i t e r a t u r in akkadischer
treffen von Mond und Plejaden u n d schob Sprache auch a k k a d i s c h e S t e r n n a m e n
d a n n einen S c h a l t m o n a t ein, w e n n diese zu verwenden, u n d zwar zumeist als Über-
Aufgänge oder dieses Z u s a m m e n t r e f f e n setzungen der sumerischen Sternnamen
erheblich hinter den für Normaljahre oder direkt als L e h n w ö r t e r a u s dem
notierten D a t e n zurückblieben. Sumerischen. D a s beweist ein e t w a der
Hammurapi-Zeit angehörendes Gebet an
2. D i e ä l t e s t e Q u e l l e f ü r d i e K e n n t - die Götter der N a c h t , das in zwei Aus-
nis des babylonischen Fixsternhimmels f e r t i g u n g e n e r h a l t e n ist (G. D o s s i n R A
sind, wie bereits e r w ä h n t , L i s t e n v o n X X X I I , S. 1 7 9 — 1 8 7 ) . H i e r w e r d e n i n s -
S t e r n e n u n d S t e r n b i l d e r n , die e t w a gesamt neun Sternbilder angerufen, n ä m -
z u r Z e i t d e r 3. D y n a s t i e v o n U r (2028 b i s l i c h qä-aS-tum e-la-ma-tum „ d e r e l a m i s c h e
1920 v. Chr.) geschrieben u n d in die a r - B o g e n " ( C a n i s m a j o r ) , za-ap-pu „ H a a r -
chaischen Vorläufer der s p ä t e r e n Serie büschel" ( P l e j a d e s ) , ni-ru-um „Joch"
H A R . r a = hubullu e i n g e f ü g t s i n d ( E d . ( D r a c o ? ) , si-ta-ad-da-ru-um „ d e r m i t d e r
C h i e r a Sumerian Lexical Texts, N r . 2 x 4 , W a f f e E r s c h l a g e n e " ( O r i o n ) , mu-us-hu-us-
V I , 1—20. 236, I I , 1—10. 237, I , 3 — 8 su-um „ R o t s c h l a n g e " ( H y d r a ? ) , eriqqum
[dazu Ch.-F. J e a n Babyloniaca X I I I , „Lastwagen" (Ursa major), in-zu-um
S. 6 9 ] ; C h . - F . J e a n R A X X X I I , S . 1 7 2 , „ Z i e g e " ( L y r a ) , ku-sa-ri-ik-ku-um „Wi-
II, 38—44; P. V a n der Meer OECT s e n t " ( O p h i u c h u s 7) ,ba-aS-mu-um,,T>ra.che"
I V , N r . 161, V, 13—30). I m e i n z e l n e n (Identifizierung unsicher).
zeigen die L i s t e n allerlei A b w e i c h u n g e n .
Einige N a m e n v o n P l a n e t e n sind leicht
zu erkennen, a n Fixsternen werden ge- 3. J a h r h u n d e r t e l a n g f e h l t d a n n j e d e
n a n n t (das D e t e r m i n a t i v m u l ist v o n n u n E r w ä h n u n g v o n Gestirnen in d e n Keil-
ab zu m abgekürzt): schrifttexten. E r s t in T e x t e n aus Boghaz-
köi (13. J a h r h u n d e r t v. Chr.) werden
a) T i e r k r e i s : m u l l d h u n - g a „ L o h n - wieder Sternbilder erwähnt. Besonders
diener" (Aries), m m u l „Haarbüschel" wichtig ist d e r teils hethitisch, teils a k -
( P l e j a d e s ) , 10 « i ä g i g i r „ S t r e i t w a g e n " ( H y a - kadisch abgefaßte T e x t K U B IV, Nr. 47
ta
des), glr-tab „Skorpion" (Scorpius), m i t der sogenannten „ S t e r n l i s t e aus
m
g u - l a „ R i e s e " (Aquarius). B o g h a z k ö i " (Rs. Z. 4 3 — 4 6 , s. W e i d n e r
m
K A O I V , S. I 7 f f . ) . Sie n e n n t n e b e n d e n
b) N o r d h i m m e l : ®iämar-gid-da
m
Planeten dreizehn Fixsterne u n d Stern-
„ L a s t w a g e n " (Ursa major), mu-gid-
bilder, die als G ö t t e r der N a c h t a n g e r u f e n
k e s d a , .geflochtenes Joch'' (Draco ?),m u z a m
w e r d e n : e-ku-e (iku) „ A c k e r s t ü c k " ( P e -
„Ziege" (Lyra), m k a - d ü - a „Panther" gasus-Viereck),
m
zappu „Haarbüschel"
(Cygnus + Cepheus), m l u - l i m „Hirsch" m
( P l e j a d e s ) , is li-e „ S t i e r b a c k e " ( H y a d e s ) ,
(Cassiopeja), m s i ä a p i n „ P f l u g " (Trian- m
si-pa-zi-a-na (sipa-zi-an-na) „ge-
gulum). t r e u e r H i r t e des H i m m e l s " (Orion), m k a -
c) S ü d h i m m e l : m s i p a - z i - a n - n a „ g e - ak-zi-zi (kak-si-sa) „ P f e i l " (Sirius),
m
treuer Hirte des H i m m e l s " (Orion), ® i ä b a n „ B o g e n " (Canis m a j o r ) , w g i r -
m
m giä
b a n „ B o g e n " (Canis m a j o r ) , ro
mus t a b „ S k o r p i o n " ( S c o r p i u s ) , nasru „ A d -
m
„Schlange" (Hydra), m
u g a „ R a b e " (Cor- ler" (Aquila), nünu „ F i s c h " ( P i s c i s
vus), m e n - t e - e n - n a - b a r - l u m (Centau- austrinus), m s a - a m - m a - a h (sim-mah)
rus?). „ S c h w a l b e " (Pisces W ) , m k a - a d - d u - u h -
h a ( k a - d ü - a ) „ P a n t h e r " (Cygnus + Ce-
Alle diese S t e r n b i l d e r t r a g e n s u m e r i s c h e
pheus), m u z a „Ziege" (Lyra), i n m a r - t u
N a m e n , als einzige A u s n a h m e gesellt sich
„ G e s t i r n v o n A m u r r u " (Perseus). I n d e n
zu ihnen der auch später begegnende
astrologischen Texten in hethitischer
i-sih d p a - b i l - s a g „ G l a n z d e s G o t t e s
Sprache begegnet außerdem noch der
Pabilsag", ein Stern i m Sagittarius. m
m a r - g i d - d a „ L a s t w a g e n " (Ursa m a j o r
Nach d e m E n d e des neusumerischen
— K U B V I I I , N r . 14, Z . 8. 1 0 ) .
Reiches h a t m a n dann versucht, in der
74 FIXSTERNE
I
I
78 FIXSTERNE
klären möchte. Da 0 Ophiuchi als „Spitze Sagittarius, Capricornus und Pisces min-
des Pfeiles" galt (s. K u g l e r SSB I, destens seit dem 7. vorchristlichen Jahr-
S. 261), war er westwärts dem Skorpion hundert die Namen trugen, die sie heute
zugewandt. Für den Schützen in der noch haben. Für vier von ihnen (Gemini,
astrologischen Geographie s. F a l k e n - Leo, Libra, Scorpius) reichen die Belege
s t e i n LKTU, Nr. 4 4 , Z. 1 6 — 2 2 . bis ins 2. Jahrtausend hinauf. Der T i e r -
C a p r i c o r n u s . Ein Mischwesen, das k r e i s ist daher in der H a u p t s a c h e
aus Ziege und Fisch zusammengesetzt ist b a b y l o n i s c h e n U r s p r u n g s , nur die
und das ebenfalls bereits auf den Grenz- Tierkreisbilder Aries, Cancer und Aquarius
steinen und auf altbabylonischen Siegel- scheinen erst später ihre Namen erhalten
zylindern begegnet, nimmt bei den Baby- zu haben. Nach dem Westen ist der baby-
loniern den Platz des Tierkreisbildes des lonische Tierkreis über Kleinasien oder
Steinbockes und des angrenzenden Piscis über Ägypten gelangt (vgl. B. L. v a n der
austrinus ein. Sein Name ist m s u h u r - W a e r d e n History of the Zodiac: AfO XVI,
mas(-ku 6 ) (suhur ein Fisch [nach H o l m a S. 2 1 6 — 3 0 ) .
Kleine Beiträge, S. 33 eine Karpfenart],
xnäs = enzu „Ziege" [vgl. RLA II, S. 407, 8. Die S t e r n e am N o r d h i m m e l teil-
b]). Als „Horn" des Mischwesens galt ten die Babylonier in mehr als zwanzig
x + ß Capricorni, es schaute also west- Sternbilder ein. Einige besonders helle
wärts. Fomalhaut (a Piscis austrini), oder sonstwie auffällige Sterne hatten
sonst einfach als m ku 8 bezeichnet, wird dabei Sondernamen. Die großen Stern-
in dem unveröffentlichten Kommentar bilder seien hier in alphabetischer Reihen-
K 8611 ausdrücklich als „Schwanz des folge aufgezählt:
" s u h u r - m a s - k u e " bezeichnet. m
a n - g u b - b a - m e s „die (drei) stehen-
A q u a r i u s . Der Name dieses Tierkreis- den Götter", wahrscheinlich a Herculis
bildes war bei den Babyloniern m gu-la und a + ß Ophiuchi (s. RLA I, S. 108).
m
„das große Gestirn" oder „das Gestirn a n - k u - a - m e s „die (neun) sitzenden
des Riesen" (vgl. auch U n g n a d AfO XIV, Götter", Sterne in Serpens, Hercules und
5. 258, Anm. 50; s. F. G ö ß m a n n Plane- Ophiuchus (s. RLA I, S. 109).
m
tarium Babylonicum, S. 2 6 — 2 8 ) . apin „Pflug" = wahrscheinlich
Pisces. Das Tierkreisbild der Fische Triangulum + y Andromedae (vgl. RLA
setzte sich bei den Babyloniern zusammen II, S. 4 0 9 t . ; die dort vertretene Gleich-
aus dem m s i m - m a h „Schwalbe" = Pis- setzung mit Cassiopeja dürfte aufzugeben
ces W (mit einigen angrenzenden Sternen sein).
von Pegasus) und ma-nu-ni-tum = Pisces m
b a l - t e s - a (Bedeutung unsicher) =
E (verlängert bis v Andromedae). Beide Corona borealis (s. RLA I, S. 395).
m
waren durch ein „Band" (riksu) ver- e r u a „Gestirn der (Göttin) Erua" =
bunden, das sich von CD über 'Q bis Q Coma Berenices + Canes venatici. Eine
Piscium erstreckte (s. N e u g e b a u e r und Beschreibung des Sternbildes ist in der
W e i d n e r BSGW 1915, 2, S. 85). Da die Uranographie AfO IV, S. 76, Rs. 1—3
Fische gelegentlich den Namen zibbati gegeben (vgl. ib., S. 82t.; weiteres Mate-
„Schwänze" (vgl. W e i d n e r Babyloniaca rial bei F. G ö ß m a n n Planetarium Baby-
6, S. 150) führen, dürfte zu schließen sein, lonicum, S. 46L, Nr. 126).
m
daß sowohl die „Schwalbe" wie die Göttin gäm (gamlu) „Sichelschwert" = Auri-
Anunitu einen Fischschwanz hatte. Dazu ga (vgl. W e i d n e r Studia Orientalia 1,
paßt, daß nach griechischer Überlieferung S- 355; G ö ß m a n n a. a. O., S. 19L, Nr.64).
m
die „Chaldäer" einen der Fische des Tier- hegalai „Gestirn des Überflusses" -= r;
kreises xsAiSoviav i)(0\jv „Schwalben- Bootis (?;vgl. G ö ß m a n n a . a. 0., S. 73f.,
fisch" nannten (s. W e i d n e r Babyloniaca Nr. 185).
m
6 , S. 1 4 7 — 6 2 , u n d K A O I V , S. 4 3 — 4 7 ) . i b i l a - e - m a h „Erbsohn des hohen
Es ergibt sich, daß die Tierkreisbilder Hauses" = ß Ursae minoris (s. Göß-
Taurus, Gemini, Leo, Libra, Scorpius, m a n n a. a. O., S. 75L, Nr. 191).
FIXSTERNE 79
m m
ikü „Feldstück" = a, ß, y Pegasi + a uza „Ziege" = Lyra mit einigen an-
Andromedae (s. U n g n a d AfO XIV, grenzenden Sternen (s. RLA II, S. 406 t.).
S. 258, Anm. 51; W e i d n e r Handb. d.
babyl. Astronomie, S. 1 5 0 — 1 6 1 ; Göß- 9. Die S t e r n e am S ü d h i m m e l teilten
m a n n a. a. O., S. 7 6 — 7 9 , Nr. 1 9 3 ) . die Babylonier in vierzehn Sternbilder
m
lu-lim „Hirsch" = x, y, d, s Cas- ein, ihre Namen sind in alphabetischer
siopejae (s. v a n der W a e r d e n JNES Anordnung :
m
VIII, S. 21; G ö ß m a n n a. a. 0., S. 92t., b a n „Bogen" = Canis major (ohne
Nr. 2 4 8 ) . S i r i u s ) (s. G ö ß m a n n a . a . O . , S. 1 4 L , N r . 4 7 ) .
m
m
mar-gid-da „Lastwagen" = Ursa e n - t e - n a - b a r - l u m (Bedeutung un-
major (Beschreibung AfO IV, S. 76, sicher) = Centaurus (?) (s. G ö ß m a n n
Rs. 4—7, dazu ib., S. 83; vgl. G ö ß m a n n a. a. 0., S. 4 5 f . , Nr. 1 2 3 ) .
a. a. O., S. 95—97. N r - 258)- m u l e r i d u „Stern von Eridu" = Ca-
m
m a r - g i d - d a - a n - n a „Lastwagen des nopus (s. B. L. v a n der W a e r d e n JNES
Himmels (oder des Anu)" = Ursa minor VIII, S. 21; G ö ß m a n n a. a. 0., S. 1171,
(Beschreibung AfO IV, S. 76, Rs. 8f., Nr. 3 0 6 ) .
m
dazu ib., S. 83; vgl. G ö ß m a n n a. a. O., g a n - u r 3 „Egge" = Ära (?) (s. Göß-
S. 97, Nr. 2 5 9 ) . m a n n a. a. O., S. 20, Nr. 66).
m m
mu-gid-kesda „das geflochtene h a n i s " s u l l a t „Götter Hanis und
Joch" = Draco(?) (s. G ö ß m a n n a. a. 0., Sullat" = x + ß Centauri (s. G ö ß m a n n
S. 1 1 2 , Nr. 2 8 2 ) . a. a. O., S. 8 9 , Nr. 2 4 0 ) .
m m
nasru „Adler" = Aquila (speziell x k a k - s i - s a „Pfeil" = Sirius (s. Göß-
Aquilae) (s. G ö ß m a n n a. a. 0., S. if., m a n n a. a. 0., S. 8 3 — 8 5 , Nr. 83).
m
Nr. 2). ku 6 „Fisch" = x Piscis austrini (s.
m
stsü „Pferd" = Equuleus (s. Göß- oben § 7 unter Capricornus).
m
m a n n a. a. O., S. 11, Nr. 32). mus „Schlange" = Hydra (Darstel-
m
sahä „Schwein" = Delphinus (s. Göß- lungen auf dem Grenzstein Merodach-
m a n n a. a. 0., S. 184, Nr. 371). baladans I. [s. OLZ 1919, Sp. 12] und auf
m der Tafel VAT 7 8 4 7 [AfO IV, Tf. V bei
su-gi „Wagenlenker" = Perseus + S. 78]; s. ferner G ö ß m a n n a.a.O.,
Sterne nördlich der Hyaden (Beschreibung S. 1 1 2 I , Nr. 2 8 4 ) .
AfO IV, S. 74f„ Vs. 1—3, dazu ib., m
n i n - m a h „Göttin Ninmah = Vela (?)
S. 77f.; vgl. U n g n a d AfO XIV, S. 256, (s. G ö ß m a n n a. a. 0., S. 122!, Nr. 324).
Anm. 38, und G ö ß m a n n a. a. 0., S. 208 m
n u - m u s - d a „Gewimmel" = Grus (?)
bis 2 1 0 , Nr. 3 7 8 ) . (s. G ö ß m a n n a. a. O., S. n 6 f . , Nr. 305).
m
su-pa (Bedeutung unsicher) = x Boo- m
s i p a - z i - a n - n a „Getreuer Hirte des
tis (Arcturus) (s. G ö ß m a n n a. a. 0., Himmels" = Orion (s. G ö ß m a n n a. a. O.,
S. 2 i 2 f . , N r . 3 8 5 ) . S. 1 3 0 — 3 2 , N r . 3 4 8 ) .
m m
u 4 -ka-dü-a „Panther" = Cygnus + t a r - l u g a l - „Hahn" — Lepus(?) (s.
Cepheus (s. B. L. v a n der W a e r d e n W e i d n e r KAO IV, S. 56).
iri
JNES VIII, S. 21, und G ö ß m a n n a. a. 0., uga „Rabe" = Corvus (Darstellung
S. 5 8 — 6 0 , N r . 1 4 4 ) . auf der Tafel AO 6 4 4 8 [AfO IV, Tf. V
m
ur-ku „Hund" = Hercules (Be- bei S. 78]; s. G ö ß m a n n a. a. 0., S. 47 bis
schreibung AfO IV, S. 76, Rs. iof., dazu 4 9 , Nr. 132).
m
ib., S. 83 f.; vgl. G ö ß m a n n a.a.O., u r - i d i m „Wolf" = Lupus (s. Göß-
S. 69, Nr. 1 6 7 ) . m a n n a. a. O., S. 6 7 t , Nr. 163).
m
u r - m a h „Löwe" = Leo minor (Be- Fünf Sternbilder am Nordhimmel und
schreibung AfO IV, S. 75, Vs. 17f., dazu vier am Südhimmel haben den N a m e n ,
ib., S. 8if.; vgl. G ö ß m a n n a.a.O., den sie bei den Babyloniern im 7. vor-
S. 6 9 , Nr. 1 6 8 ) . christlichen Jahrhundert und zumeist
ml4
ii§ „Leichnam" = Antinous (?) (s. gewiß schon vorher trugen, bis h e u t e
G ö ß m a n n a. a. 0., S. 91, Nr. 243). bewahrt: m m a r - g i d - d a und m m a r - g i d -
88
FIXSTERNE
ner Handb. d. babyl. Astronomie, S. 59, das maßgebende Moment war: rote Sterne
u n d E b e l i n g K A R N r . 142, I I I , Z. 3 — 1 0 : wurden nach ihm mit Mars und Merkur,
m
a p i n (Triangulum; Enlil von ? — Va- d u n k l e (schwarze) m i t S a t u r n u n d M e r k u r ,
riante: m h u m - b a , Enlil von § u b a [ ? ] ) , gelbe m i t Mars u n d Venus, weiße m i t J u -
m
su-gi (Perseus; Enlil von Nippur), p i t e r u n d V e n u s k o m b i n i e r t . N u n ist es
ro
ka6-a (g U r s a e m a j o r i s ; E n l i l von richtig, d a ß in den Keilschrifttexten Mars
Enamtila), m u r - b a r - r a (a Trianguli; als roter, S a t u r n als schwarzer, J u p i t e r
m
Enlil von Hursagkalama), gu4-an-na als w e i ß e r S t e r n b e z e i c h n e t wird. I n d e n
(Taurus; Enlil von Aratta), m t a r - l u g a l zahlreichen K o m m e n t a r t e x t e n , in d e n e n
m
(Lepus?; Enlil von Kullaba), su-pa erklärt wird, welche Planeten m i t den
(« Bootis; Enlil v o n Babylon). einzelnen Fixsternen bezeichnet werden,
e) D i e s e c h s „ P a l a s t f r a u e n " ( S a l s ä - e - wird aber nirgends auf die F a r b e B e z u g
g a 1meä) a m H i m m e l s i n d n a c h E b e l i n g g e n o m m e n . B e z o l d s D e u t u n g ist d a h e r ,
K A R N r . 142, I V , Z. 4 — 8 : m e r u a (Coma wie bereits bei A. J e r e m i a s HAOG2,
Berenices + Canes venatici; die Göttin S. 2 0 0 f. b e t o n t w u r d e , a l s i r r i g a b z u -
Sarpänitu), m m a r - g i d - d a (Ursa major; lehnen.
die G ö t t i n Ninlil), m m a r - g f d - d a - a n - n a Wenn man f e s t s t e l l e n will, welche
(Ursa minor; die Göttin Damkina), Grundsätze für die Übertragung von Fix-
m
l a h a r d a i (rj U r s a e m a j o r i s ? ; d i e G ö t t i n sternnamen auf Planeten maßgebend
Ai), m u z a (Lyra; die Göttin Gula), n l b a l - waren, m u ß m a n die babylonischen K o m -
t e s - a (Corona borealis; die Göttin Nanai). m e n t a r t e x t e befragen. Einige Beispiele
B e d e u t s a m ist, d a ß alle diese G e s t i r n e w e r d e n g e n ü g e n : a) N a c h A f O XIV,
n a h e beieinander stehen u n d in B a b y - Tf. X I V , Vs. Z. 2f. h e i ß t die V e n u s d a n n
m
lonien unweit des Zenites kulminieren. m a r - g l d - d a „ L a s t w a g e n " (sonst U r s a
m a j o r ) , w e n n sie bei d e n F ü ß e n d e s
f) D i e v i e r „ E n l i l - G ö t t e r " i m „ H o f e " m m
su-gi steht; die F ü ß e des su-gi
der „ P a l a s t f r a u e n " sind nach E b e l i n g glä
stecken aber im gigir „Streitwagen"
K A R N r . 142, I V , Z. 9 — 1 1 : m u r - g u - l a
(Hyades), der „ W a g e n " ist also f ü r d i e '
(Leo), m u r - k u (Hercules), m u r - b a r - r a
N a m e n s g e b u n g m a ß g e b e n d ; b ) N a c h Sty-f
( a T r i a n g u l i ) , m k a 6 - a (g U r s a e m a j o r i s ) .
dia OrientaUa 1, S . 3 4 9 , Z . 4 h e i ß t M e r k U r
Z u m Schutze sind also die „ P a l a s t f r a u e n "
d a n n m u g a „ R a b e " (sonst Corvus), wen
a m Sternenhimmel von vier Sternbildern
er i m Tierkreisbild der J u n g f r a u auf-
umgeben, die eine Löwin, einen H u n d ,
glänzt; Corvus ist ein Paranatellon der
einen Wolf u n d einen F u c h s darstellen.
V i r g o ; c) N a c h V A T 7 8 3 0 , V s . Z . 1 8
11. I n s e h r g r o ß e m U m f a n g e w e r d e n i n ( K o m m e n t a r zu V i r o l l e a u d ACh, Istar
astrologischen Texten die Fixstern- X X I , 47) h e i ß t M e r k u r d a n n m e n - t e - n a -
n a m e n auf P l a n e t e n ü b e r t r a g e n . D a s b a r - l u m (sonst C e n t a u r u s ? ) , w e n n er i m
g e s a m t e M a t e r i a l , s o w e i t es bis 1918 p u - Tierkreisbild des Krebses aufglänzt; m e n -
b l i z i e r t v o r l a g , i s t v o n C. B e z o l d b e i t e - n a - b a r - l u m wird auch ACh, Istar
F. B o l l Antike Beobachtungen farbiger X X V , 75 m i t m a l - l u l (Cancer) k o m b i n i e r t ,
Sterne, S . 1 0 2 — 1 2 5 g e s a m m e l t w o r d e n , d e r G r u n d i s t n i c h t g a n z k l a r (ist m e n - t e -
einige Beispiele findet m a n in R L A II, n a - b a r - l u m g a r n i c h t = C e n t a u r u s ? , s.
S. 4 0 7 : ö u z a = L y r a , D e c k n a m e f ü r d e n A f O I V , S. 8 0 , A n m . 5). H i e r a u s e r g i b t
P l a n e t e n V e n u s , u n d S. 4 1 0 : m a p i n = sich, d a ß erstens die N a m e n v o n Tier-
T r i a n g u l u m u n d m u r - b a r - r a = et T r i a n - kreisgestirnen, in denen P l a n e t e n er-
guli, beide D e c k n a m e n f ü r d e n P l a n e t e n schienen, auf diese ü b e r t r a g e n w u r d e n ,
Mars. Dabei kann ein Fixsternname w o b e i e i n l e i c h t e r N a m e n s w e c h s e l (s. a :
m e h r e r e Planeten bezeichnen, was d e m „Lastwagen"-Stern für „ Streitwagen"-
S y s t e m (im I n t e r e s s e d e s Astrologen!) die Stern) möglich war. D a n n k o n n t e n die
nötige Elastizität verlieh. C. B e z o l d N a m e n der Tierkreisgestirne d u r c h die
(a. a. 0 . , S. 142) h a t g e m e i n t , d a ß d i e N a m e n b e n a c h b a r t e r Gestirne oder die
F a r b e des Fixsterns bei der Ü b e r t r a g u n g N a m e n von Paranatellonta ersetzt werden.
I n genauerer Weise bezeichnen die die jedes J a h r bei der Frühlingsflut den
m e d i z i n i s c h e n T e x t e sie als S y m p t o m Tigris h i n a b g e s c h w e m m t werden. Manche
einer G e s c h l e c h t s k r a n k h e i t ( T D P , S. 178, Fliegendarstellung ist gewiß als A m u l e t t
Z . 11), e i n e s A n u s l e i d e n s ( A M T p l . 4 4 , 5 , zu verstehen. F ü r die V e r w e n d u n g v o n
Z . 2) o d e r e i n e s L u n g e n l e i d e n s (AMT Fliegen in der Medizin vgl. L a n d s b e r g e r
p l . 5 1 , 2, Z . 3). Z u s a m m e n m i t d e r G e l b - a . a . O . , S. 1 3 0 ! M e d i z i n e n g e g e n F l i e g e n
färbung der H a u t u n d der Augen bildet ( n u m - n u m ) sind wahrscheinlich aufge-
sie ein wichtiges M e r k m a l f ü r G e l b s u c h t z ä h l t K A R N r . 203, I V - V I , Z. 1 2 - 2 0 ,
( K ü c h l e r B K M X V I I I , Z . 7 ; T D P , S.170, v g l . T h o m p s o n D A B , S . 3 5 0 . Ebeling.
Z. 24). B e i m S ä u g l i n g v e r r ä t sie eine
m a n g e l h a f t e Stillung ( T D P , S. 220, Z.36). Fliege a l s S y m b o l . A u f k a s s i t i s c h e n
D e n k m ä l e r n , v o r allem Siegelzylindern,
E b e l i n g AGM X I I I , S. 5, Nr. 14; T h o m p -
ist die F . oder B i e n e d a s E r k e n n u n g s -
s o n R A X X V I (1929), S. 74, Nr. 2.
Rene L a b a t . zeichen einer n o c h u n b e k a n n t e n Gottheit.
V o r h e r ist d a s S y m b o l n i c h t n a c h z u -
Flieder. G e m ä ß H o l m a Kleine Beiträge weisen, d a h e r vorläufig kassitisches K u l -
zum assyrischen Lexikon, S. 70, 77 ist das turgut.
a k k . W o r t zanzaliqu a l s „ p e r s i s c h e r F . " E . U n g e r Altindogerm. Kunstempfinden,
zu deuten. 1939, S. xo, 21; d e r s . Assyr. u. Bab. Kunst,
Thompson Assyriern Botany, S. 296; Abb. 7, 10; d e r s . R L V I V , Göttersymbol, § 7,
M e i s s n e r ^ ssyriolog. Studien V I (M VAG 18,3), Tf. 161 c, 210b. E c k h a r d Unger.
S. 41; M a t o u s L T B I, Nr. 5, Rs. Z. n .
Ebeling. Fliegenwedel s. W e d e l .
genügt die Verweisung auf K o h l e r - Munt ihrer Söhne verblieben ist, steht in
U n g n a d III, S. 2 2 4 t ; IV, S. 85f.; V, Gefahr, vom Sohne verkauft zu werden
S. uyi.; VI, S. 86f.; v a n P r a a g a. a. 0., (Hrozny Nr. 35?, Käufer und Verkäufer
S. 27t. Am meisten betätigen sich Prieste- allerdings Einheimische).
rinnen bei den Geschäften. Andererseits kauft die Ehefrau Sklaven
4. In E l a m ist die Stellung der Frau und Haus (EL Nr. 214, 107) und verkauft
gegenüber dem Mann noch freier als im sie (EL Nr. 106). Sie ist Gläubigerin (EL
alten Babylonien. Den Beweis dafür er- Nr. 50, 75, 82) und Schuldnerin (EL
bringt die Liste von Belegen aus susi- Nr. 81, 84 [mit anderem], 86), sie leistet
schen Tafeln, die v a n P r a a g a. a. O., Bürgschaft (mit anderen EL Nr. 186, 188,
S. 28 f. gibt. Hier tritt die Frau auch als allein für Bruder EL Nr. 215). Sie erhält
Prozeßgegnerin gegen ihren Mann auf. Zahlungen (EL Nr. 138, 148), sie quittiert
über den Empfang einer Tafel (EL Nr. 205).
5. A l t a s s y r i s c h e Zeit. Die Frau in An einer Erbauseinandersetzung kann sie
den altassyrischen Kaufmannskolonien beteiligt sein (EL Nr. 9). Drei Ehefrauen
von Kappadokien hat zu einem Teil offen- setzen sich zusammen zum „Betrieb"
bar eine höchst freie Position dem Mann eines hursu-(Wirts-)Hauses (EL Nr. 180),
gegenüber, sie ist ihm gleichgestellt, zum usw.
anderen ist sie der Gewalt des Mannes Nach AfO X V , S. 130, 2 darf m a n in der
unterworfen. Dissertation von E . B i l g i f eine Behandlung
Ein Bräutigam kann bei Verheiratung des Eherechtes nach d e n kappadokischen
verpflichtet werden, keine Nebenfrau zu T e x t e n erwarten. Vorläufig vgl. m a n v a n
P r a a g a . a . O . , S. 3öf.
heiraten (wenigstens nicht im „Lande",
d . h . in Kappadokien; in der „Stadt", 6. M i t t e l a s s y r i s c h e Zeit. Die nicht
d. h. in Assur, kann er sich eine qadistu sehr zahlreichen Belege über die Stellung
halten), s. H r o z n y Inscriptions Cunei- der Frau, die man in den mittelassyrischen
formes de Kultepe I, Nr. 3, Symbolae Texten findet, sagen im allgemeinen nichts
Koschaker, S. 108. Die Frau kann sich Günstiges für sie aus. Die Ehefrau darf
ebenso gut wie der Mann gegen Zahlung aus dem Hause des kranken oder ge-
einer bestimmten Summe von dem Partner storbenen Mannes nichts nehmen, andern-
scheiden, s. H r o z n y Nr. 3. Fälle, wo nur falls läuft sie Gefahr, als Diebin behandelt
der Mann ein Scheidegeld bei Scheidung zu werden (mittelass. Ges. Nr. 1, § 3).
zahlt oder auch keins oder anstatt des Sie trägt Schulden, Strafe und Sünden
Scheidegeldes andere materielle Leistungen ihres Gatten mit (a. a. 0., Nr. x, § 32)
vollzieht, findet man bei EL Nr. 3, 4, 5. und hat Anspruch auf Geschenke, die
Nach EL Nr. 276 bekommt der ge- ihr Gatte ihr gemacht hat, nur wenn keine
schiedene Ehemann anscheinend erst dann Söhne vorhanden sind (a. a. O., Nr. 1, § 26).
seine Söhne, die ihm die Ehefrau geboren Ihr Gatte braucht ihr bei etwaiger Ent-
hat, wenn er das Scheidegeld vollständig lassung kein Scheidegeld zu zahlen (a. a. O.,
bezahlt hat. Auch eine eingeborene Frau Nr. 1, § 37). Sie kann von ihrem Gatten
(Sklavin), die einen assyrischen Bürger verkauft werden (neues Beispiel nach
geheiratet hat, wird in ihren Ansprüchen unpubl. Text VAT 9 0 3 4 ) , als Pfand
gegen den Ehemann geschützt (s. H r o z n y wird sie vergeben KAJ Nr. 28, 31, 60,
a. a. O., Nr. 3 2 ) . 70. Weiteres s. Artikel Ehe RLA II,
Solange sie allerdings unter Munt steht, S. 2 8 6 ff.
kann sie von den Eltern evtl. auch Daß die Frau unter Umständen über
Brüdern als Pfand vergeben werden (EL ihren Besitz an Sklaven frei verfügen
Nr. 15, 214). Die Verpfändete darf evtl. kann, zeigt KAJ Nr. 100; für andere
endgültig als Sklavin verkauft werden, selbständige Handlungen vgl. v a n P r a a g
wenn sie sich gegen den Pfandgläubiger a. a. O., S. 37. Interessant ist KAJ Nr. 7.
frech benimmt ( H r o z n y Nr. 27). Sogar die Hier tritt eine Frau aus dem Sklaven-
Mutter, die durch die Umstände in der stande auf, die von einem anderen Sklaven
FRAU 103
gewand (§ 4, 5, 8) ist sie als Regenwolke ge- wie das bit hurus, wo man „Mahlzeiten
kennzeichnet. Die gekreuzten Beine (§§2, herrichtet" (vgl. dazu S p e i s e r AASOR
4, 6) deuten das rieselnde Wasser (Flecht- XVI, S. 5, Nr. 4). Es gehörte zum „Hofe"
band) an. Die Flügel charakterisieren sie (über diesen vgl. W e i d n e r zur Stelle).
als Wind- und Luftgottheit. In einer Tempelliste (s. W e i d n e r a. a. O.,
S. 91, Anm. 3) ist bi-it ä§-tam = fi.KI.ÄG.
§ 10. Der Name dieser Gottheit, die
GÄ „Haus des Ortes der Liebe". Beide
wiederholt durch die Hörnerkrone als
Ausdrücke kommen nebeneinander auclr
solche gekennzeichnet ist, ist noch durch
im Hymnenkatalog KAR IV, Nr. 158, II,
keine Beischrift ermittelt. Ihr Charakter
Z. 5 (al-ta-mi) und 8 (bit ru-'-a-am, akk.
als regenspendende Göttin, die das Regen-
= E.KI.ÄG.GÄ), offenbar mit Bezug auf
wasser aus den Wolken spendet, ist fest-
Istar und Tammuz, vor. Das mittel-
gestellt. Hierdurch erklärt sich auch ihre
assyrische Gesetz KAV Nr. 1, II, Z. 31 f.
Eigenschaft als Göttin der Fruchtbarkeit
setzt einen Fall von Coitus im bit al-
(§ 2, 6: Nacktheit, § 3: Entblößung), eben-
tam-me voraus. Damit ist die Tatsache,,
so durch ihre Beziehung zur Palmbaum-
daß in kultischen Räumen Geschlechts-
kultur (§ 5, 8). Ihre mythische Geschichte
verkehr möglich war, für Babylonien er-
kennzeichnet sich durch Kampf gegen ver-
wiesen (gegen L a n d s b e r g e r OLZ 34,.
schiedene dämonische Mischwesen (§4).
Sp. 135 mit H e r o d o t Hist. 1199, S t r a b o -
Die sumerische Religion kannte Göttinnen,
Geogr. XVI I 20, und H i e r o n y m u s
die Regen- bzw. Quellwasser spenden,
Efiist. 42f.). Aus Keilschriftquellen ist
noch ohne Flügel dargestellt, die ersteren
noch dafür die Klage des sinnisänu
als Halbmenschen, in der Wolke steckend,
(„Mannweibes" = „Kastraten") anzu-
die anderen als stehende Göttinnen mit
führen, der sich beschwert, daß er im
der wassersprudelnden Vase in der Hand.
Mt astamme nur die Rolle eines „Braut-
Ihr Gewand ist wellig wie das Wasser,
führers" spielen könne (s. E b e l i n g KAR
wofür die kassitische Zeit die mehrfach
IV, Nr. 174 Rs. IV, Z. 3ff., MAOG II 3,
gekreuzten Beine eingesetzt hat (§ 2, 4, 6).
S. 47), ferner ein unpublizierter Text aus.
Diese doppelt auftretenden Göttinnen
Babylon. Als Besitzerin (?) des e s - d a m
sind auf dem von mir wiederhergestellten
erscheint die harimtu MSL I, S. 97, Z. 25.
Weihwasserbecken des Königs Gudea von
Ob das „Frauenhaus" täglich den Be-
Lagas (Istanbul Nr. 5555) siebenmal ab-
suchern offen stand oder nur an gewissen:
gebildet und von mir als die sieben Zwil-
Festtagen (Hochzeit des Tammuz mit
lingstöchter der Göttin Ba-u angesprochen
Istar), steht dahin. Die Hierodulen (harim-
worden, die also sieben Einheiten bilden.
tu, istarüu, kulmasitu usw.) scheinen ihren
In der kassitisch-assyrischen Zeit aber sind
Liebhabern an jedem behebigen O r t zur
die Zwillinge der sumerischen Religion in
Verfügung gestanden zu haben (s. E b e -
eine Person verschmolzen worden, wie es
l i n g MAOG I 1, S. 6f.). Wie es etwa im
den Anschein hat. E. U n g e r Wieder-
altammu zugegangen ist, können wir uns
herstellung des Weihbeckens des Gudea von
nach den Texten C h i e r a SRT Nr. 5 und
Lagasch, Istanbul Asariatika Nesriyati
31 (vorläufig nicht übersetzt) vorstellen,
VIII X933. E c k h a r d Unger.
die es an Deutlichkeit nicht fehlen
lassen.
Frauenhaus. Als F. ( = Bordell) ist zu
deuten: bit asjltamme, ein sum. Lehnwort, Für „Frauenhaus" = Harem, s. d.
wie man aus R e i s n e r SBH, S. 106, Z.4gf.
E b e l i n g MAOG I 1; D r i v e r - M i l e s As-
[kä] e s - d a m - m a - k a = ina ba-ab as-tam- syriern Laws S. 462; S t r e c k VAB V I I S. 302;
mi ersehen kann (e s = , ,Haus " s . D e l i t z s c h M e n d e l s o h n Slavery in the Near East S. 142.
SGI, S. 37, d a m = „Weib, Gattin"). Über F ü r weitere Stellen f. 6 - e s - d a m vgl. O p p e n -
die Lage des altammu in Assur erfahren h e i m Wilberforce Eames Bah. Coli. M 19,,
S. 112; J e r e m i a s H A O G J S. 475; G ü t e r -
wir durch eine Inschrift Adad-nararis I. b o c k ZA X L I I S. 43, Z. 7. Ebeling.
(s. A O B I, S. 90, Z. I7ff.), d a ß es zum
Tempel der Istar gehörte und dasselbe ist Frauenkauf, -raub s. E h e .
FRAUENKRANKHEITEN
kehren, die mit ihren Karawanen von S. 17 ff. Vertrag des Assur-niräri V. mit
außerhalb, vor allem aus Assur, kamen Mati-ilu von Bit-Agusi; ARM II, Nr. 37,
(vgl. Lewy Kültepetexte der Sammlung Z. 6, 11).
Hahn, Nr. 3, S. 5 f. und Lit., ferner CCT III, Natürlich kannte der Babylonier auch
Tf. 36 a). Hier wurden die gebrachten die p e r s ö n l i c h e Feindschaft, die sich
Waren aufbewahrt, und ihre Erhaltung in gegenseitigen Prozessen und allerlei
war garantiert. Von Nutznießern einer sonstigen Zänkereien und Prügeleien
ähnlichen Einrichtung spricht offenbar auswirken konnte. Gegen solche Un-
das Gesetz von Esnunna, wenn es § 41 bilden versuchte man sich, von der
anordnet: Wenn ein ubärum, ein naptarum Anrufung der Richter abgesehen, durch
oder ein müdüm Bier verkaufen will, so Beschwörungen und Gottesbriefe zu
soll die säMtu (Schankwirtin) es für ihn zum schützen (vgl. E b e l i n g ArOr XVII, 1,
üblichen Preis verkaufen. Die drei nicht S. 172ff.; Or NS XX, S. 167ff.; MAOG
übersetzten Substantiva sind Synonyma V 3, S. 13 ff. und VAT 37 [unpubl.]).
für „Freund", wobei allerdings die ge- Eine ganze Serie solcher Beschwörungen
nauen Unterschiede nicht bekannt sind (vgl. KAR, Nr. 44 Vs., Z. 24) gab dem Be-
(vgl. Goetze Laws ofEshnunna, S. 109ff.). schwörungspriester die Möglichkeit, sei-
Hier werden sie sichtlich vom Staat ge- nem betroffenen Klienten zu helfen. Amu-
schützt. Eine fast gleiche Dreiheit ubru, lette und spezielle Formeln schützten ge-
naptaru, müdü notiert N o u g a y r o l in gen das „Böse Auge" des Feindes (s. RLA
Textes de Ras-Shamra en Cuneiformes II, S. 55 und obengenannte erste Abh.
syllabiques (Campagne de 1 9 5 1 ) , CRAI von Ebeling).
1952 S. 185, Anm. 1, auf selber S. eben-
falls für Ugarit einen mu-de4 sarri, was Aufschlußreich für die Mentalität jener
wiederum auf ein staatlich anerkann- Zeiten ist die Tatsache, daß man sich
tes ,,Bekanntschaf ts (Freundschafts) Ver- nicht gescheut hat, im Falle der Feind-
hältnis" schließen läßt (vgl. jetzt Nou- schaft mit jemandem den Beschwörungs-
g a y r o l Le Palais Royal d'Ugarit III, priester anzurufen, damit er „die Neben-
S. 222 f., 234,237). In Mari gibt es mehrere buhlerin (in der Ehe) verscheuche, einen
bit naptari (individuellen Ursprunges ? Menschen von seinem Posten entferne, den
Also = Gasthaus ? Siehe ARM XV S. 233 f.) einen Menschen vor den anderen setze
und auch sonst im Alten Babylonien (s. da- usw." (vgl. Clay BRM IV Nr. 19, Z. 41!,
zu P. K r a u s MVAeG XXXVI, 1, S. 79f.). Nr. 20, Z. 49L; dazu U n g n a d AfO XIV,
Das Femininum naptartu, in Hatti für S. 259; E b e l i n g Or NS XX, S. 167).
eine Frau (Nebenfrau) verwandt, bedeutet Daß gegen solche Machenschaften wieder-
hier sichtlich „Freundin" ( F r i e d r i c h um auch Gegenmittel vorhanden waren,
Hethitisches Wörterbuch, S. 311). ist schon oben gesagt.
Für die zumeist grausame Behandlung
v. S o d e n Symbolae . . . Hroznij I I S. 3 7 i f f . des Feindes im Kriege s. d. M e n s c h e n -
Ebeling. b e h a n d l u n g , Moral, Straf en,Verkehr.
Ebeling.
Vorsichtige politische Vertragspartner Friede s. K r i e g und F r i e d e .
(so z. B. die Hettiter, s. K o r o s e c Staats-
verträge, S. 80f., oder Alalah, vgl. F l ü c h t - Friedensfürst. § 1. Während die Alt-
ling) sicherten sich gegenseitig die Aus- sumerer, die Akkader und vor allem die
lieferung etwaiger im Lande des anderen Assyrer in ihren Inschriften viel von ihren
Kontrahenten befindlicher Feinde (Flücht- Kriegstaten sprechen, findet man in den
linge) zu, oder sie versuchten den neuen Inschriften des Neusumerers Gudea von
„Freund" durch das magische Opfer eines Lagas ausschließlich Mitteilungen über
Tieres an sich zu fesseln, nach dessen seine frommen Taten, wie Tempelbauten.
Beispiel der Vertragsbrüchige zugrunde Man gewinnt den Eindruck, daß er dies
gehen sollte (s. W e i d n e r AfO VIII, absichtlich tat, um sich mit dem Nimbus
FRIEDHOF- -FRIEDRICH 115
eines Friedensfürsten zu umgeben. Bis- der Freien Universität Berlin. Von seinen
her ist nur eine einzige Stelle bekannt, zahlreichen Schriften namentlich zum
in der Gudea den Sieg über Ansan in Elam H e t t i t i s c h e n seien genannt: Staats-
erwähnt (VAB I, S. 70, Statue B, Kol. VI, verträge des Hatti-Reiches in hethit. Sprache
64). Und doch hat Gudea ganz Meso- I 1926, II 1929 (MVAeG XXXI, 1 und
potamien besessen, aus dem er sich von XXXIV, 1 Leipzig); Die heth. Bruchstücke
allerorts Materiahen für seine Tempel- des Gilgames-Epos (ZA NF V, 1930,
bauten holte; er regierte „das Land von S. 1—82); Churritische Märchen und Sagen
oben bis unten" (Zyl. A, Kol. XVII, in heth. Sprache (ZA NF XV, 1950,
Z. 23—26), vom „Oberen Meer bis zum S. 213—255); Hethit. Elementarbuch 11940,
Unteren Meer" (Statue B, Kol. V, Z.25f„ II 1946, Heidelberg; Hethit. Wörterbuch,
s. B a r t o n RISA, S. 223 bzw. S. 183). Heidelberg 1952 ff.; Das Siegel des hethit.
Seine Inschriften fand man in Nippur, Königs Hattusili I I I . nach der ägypt.
Ur, El Hibba*. Gudea wollte ein heiliger Fassung seines Vertrages mit Ramses II.
Fürst sein und wurde später zur Zeit der (Artibus Asiae VI, 1937, S. 177—190). —
Dynastie Ur III vergöttlicht. Zur hettit. H i e r o g l y p h e n s c h r i f t : Ent-
§ 2. Unter den babylonischen Königen zifferungsgeschichte der hethit. Hieroglyphen-
ragt Nebukadnezar II. hervor, nicht nur schrift, Stuttgart 1939; Zur Lesung der
durch seine zahlreichen Inschriften, son- hethit. Bilderschrift (ArOr XXI, 1953,
dern auch dadurch, daß er kriegerische S. 114—139). — Zu den S p r a c h e n des
Taten verschweigt. Nur kurz und all- a l t e n K l e i n a s i e n ü b e r h a u p t : Klein-
gemein spricht er in der Wadi-Brisa- asiat. Sprachdenkmäler (Lietzmanns Kleine
Inschrift im Libanon von dem besiegten Texte 163), Berlin 1932.
Feinde (VAB IV, S. 175, Nr. 19, Kol. Zum C h u r r i t i s c h e n : Kleine Beiträge
B IX, Z. 13—X, 24), sonst nur von seinen zur churrit. Grammatik (MVAeG XLII, 2),
TempelbauteninMesopotamien. Man würde Leipzig 1939. — Zum U r a r t ä i s c h e n :
auch ihn daher, wie man es bei Gudea Dielnschrift des urartäischen Königs Rusal.
ohne Grund heute noch annimmt, für von Nor-Bajazet (ArOr III, 1931, S. 257
einen kleinen König und Friedensfürsten bis 271); Einführung ins Urartäische
halten, wenn man nicht in den fremden (MVAeG XXXVII, 3), Leipzig 1933. —
Quellen des Alten Testaments und des Zum A l t p e r s i s c h e n und E l a m i s c h e n :
klassischen Altertums sowie in den von Altpersisches undElamisches (OrNS XVIII,
D. J. W i s e m a n Chronicles of Chaldaean 1949, S. 1—29). — Zum W e s t s e m i t i -
Kings veröffentlichten Texten eingehen- schen: Phönizisch-punische Grammatik
dere Nachrichten über seine Kriegstaten (AnOr XXXII), Rom 1951.
besäße. Wie einst Gudea, wollte auch Allgemein zur E n t z i f f e r u n g u n b e -
dieser König als Heiliger bzw. als frommer k a n n t e r S p r a c h e n : Entzifferung ver-
Friedensfürst angesehen werden. schollener Schriften und Sprachen (Ver-
E. U n g e r Das Ideal des Friedensfürsten in ständliche Wissenschaft Bd. 51), Berlin
Babylonien F u F I I , 1926, S. 210; d e r s . Baby- 1954-
lon S. 33f.; d e r s . Sumer. u. Akkad. Kunst,
S. 38—51; B r a n d s t ä t t e r Die Friedensidee in Fr. beschäftigt sich auch allgemein mit
geschichtlicher Übersicht Neues Jahrbuch für S c h r i f t g e s c h i c h t e : Einige Kapitel aus
klass. Altertum VI, 1900; RLV IV, S. i26ff. der inneren Geschickte der Schrift (Archiv
Eckhard Unger. für Schreib- und Buchwesen NF 2, 1935,
Friedhof s. T o t e n b e s t a t t u n g . S. 8—18). Schriftgeschichtliche Betrach-
tungen (ZDMG XCI, 1937, S. 319—342).
Friedrich, Johannes, Erforscher von Zu einigen Schrifterfindungen der neuesten
Sprachen und Kulturen des alten Klein- Zeit (ZDMG XCII, 1938, S. 183—218).
asien und seiner Nachbarländer. Geboren Noch eine moderne Parallele zu den alten
27. August 1893 in Leipzig, 1924 Privat- Schrifterfindungen (ZDMG XCV, 1941,
dozent in Leipzig, 1936 ordentl. Professor S. 374—4i4)-
an der Universität Leipzig, seit 1950 an Nach Angaben des Gelehrten. Ebeling.
8*
116 FRIEDRICH—FRIES
Friedrich, Thomas, geb. 22. 2. 1855 zu des Palastes Nebukadnezars II. in Babylon
Wien, gest. 1927, Privatdoz., ao. Prof., erwähnt; es sind weiße Doppelpalmetten
von 1908 o. Prof. in Innsbruck. auf dunkelblauem Grund, die oben und
Veröffentlichungen: Biographie d. Bar- unten von gelb-schwarz-weißen Quadrat-
kiden Mago 1880; Tempel und Palast streifen begrenzt werden (s. K o l d e w e y
Salomos 1887; Holztektonik Vorderasiens Das wieder erstehende Babylon, Leipzig
1891; Kabiren und Keilinschriften 1894; 1925, Abb. 64; Meissner BuA I, Tf.-
Altbabylonische Urkunden aus Sippar Abb. 107).
(BA V, 4) 1906; einige Abhandlungen in In A s s y r i e n dürfte das älteste Beispiel
Zeitschriften. Ebeling. eines Frieses von der Außenfront eines
archaischen Tempels vom Teil Brak
Fries (akkadisch nibihu; s. W e i d h a a s stammen, der nach Ansicht des Aus-
ZA XLV, S. 127). Friese finden sich in gräbers in das Ende der Dschemdet-Nasr-
Mesopotamien an Bauwerken als Ver- Zeit zu datieren ist. Der Fries aus schwärz-
zierung der Außenmauern, in älterer Zeit lichem Schiefer und weißem Marmor mit
meist in Einlagetechnik, später auf re- Rosetten und Blütenblättern krönte die
liefierten Orthostaten und schheßlich in Verzierung der Fassade, die aus einem
Emailleziegeltechnik; an Innenmauern zu- bunten Tonnägelmosaik gebildet war.
nächst als Wandmalerei und später gleich- Auch das hier gefundene Götterpostament
falls auf Orthostaten und emaillierten war an drei Seiten mit Friesen geschmückt,
Ziegeln; ferner als Zierleisten an größeren die sich, oben und unten von einem
Gegenständen, wie Kultpostamenten und Goldband begrenzt, aus Streifen von
Thronsockeln, und endlich als Mittel zur weißem Marmor, bläulichem Kalkstein mit
Komposition größerer Bildfolgen an Obe- konzentrischen Kreisen und grünlichem
lisken, Stelen, Vasen usw. Schiefer mit senkrechten Rillen zusammen-
Das älteste Beispiel eines gemalten setzten (s. Iraq IX, Tf. I U I ) . Von einem
Wandfrieses stammt aus dem Ende des Bauwerk in Assur aus der Zeit Tukulti-
4. Jahrtausends v. Chr., und zwar von den Ninurtas I. (1242—1206 v. Chr.) kennen
Innenwänden eines archaischen Tempels wir einen Elfenbeinfries mit wasserspen-
vom Teil 'Uqair, der, wie die Ausgräber denden Göttern, geflügelten Stieren und
annehmen, noch der Uruk-Periode an- Bäumen (s. A n d r a e Das wiedererstandene
gehört (s. JNES II, Tf. X - X I I ) . Aus der Assur, Leipzig 1938, S. uöf.). Aus der
Dschemdet-Nasr-Zeit (um 2700 v. Chr.) Fülle des Materials der jung- und spät-
kennen wir von Uruk III Einlagestücke assyrischen Zeit seien hier genannt: die
aus gebranntem Ton, Rosetten, Kreuze und mehrfarbigen Friese als Begrenzung von
figurale Darstellungen, die ursprünglich Wandgemälden im Palast Tiglatpilesers
in die Mosaikfelder eingelassen waren und III. in Til Barsib (s.F. T h u r e a u - D a n g i n
wohl eine Art Wandfries bildeten (s. und M. D u n a n d Til-Barsib, Paris 1936,
C h r i s t i a n Altertumskunde des Zweistrom- pl. 45) und der emaillierte und mit Ton-
landes, Leipzig 1940, S. 144, Tf. 94, 2—4; knäufen verzierte Fries Sargons II. am
AfO VI, S. 318). Einlagefriese aus der zwei- oberen Teil der Fassade des Assur-
ten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. von Tempels in Assur (s. W e i d n e r AfO III,
der Außenwand eines Bauwerks am Teil S. 6). Reiche Verwendung als Schmuck-
'Obed zeigen eine Melkszene, eine Hürde mittel fand der Fries auch in Chorsäbäd,
und Kühe mit ihren Kälbern. Die Figuren in Emailleziegeltechnik an den Torbogen
aus weißem Kalkstein mit schwarzem des Palastes Sargons II. (s. Meissner
Hintergrund waren auf Bretter aufge- BuA I, S. 237, Abb. 58), als Wand-
legt, die mit Kupferblech gefaßt sind malerei beispielsweise im Hause eines
(s. C h r i s t i a n a. a. O., S. 179L, Tf. 281,1; hohen Würdenträgers (s. AfO X, S. 383,
Z e r v o s L'Art de la Mesopotamie, Paris Abb. 7) und als Zierleiste an der Platt-
I
935. S. Ö4ff.). Aus neubabylonischer Zeit form des Thrones Sargons II. (AfO VIII,
sei der Emailleziegelfries vom Thronsaal S. 252).
FRISEUSE—FRITTE ii 7
gleichfalls aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. Frucht. Früchte als Dekorations-
(AfO XVI, S. 3 6 7 ) . elemente begegnen in der mesopotami-
R e u t h e r Die Innenstadt von Babylon schen Kunst mit einer Ausnahme ver-
S. i s f . ; A n d r a e Die jüngeren Ischtar-Tempel hältnismäßig selten; die Hauptmasse der
S. 7 6 I ; D a r m s t a e d t e r ZA X X X V I I (1927), — wenig abwechslungsreichen — pflanz-
S. 207f., 2 i 2 f . ; Z i m m e r n ZA X X X V I I , lichen Ornamente bilden Blätter, Knospen
S. 213 f. Falkner. und Blüten. Die einzige Ausnahme stellen
Fronwesen s. L e h e n s w e s e n . die Früchte des Granatapfelbaumes dar,
Frosch. Bei der Menge der Flußläufe die ein sehr beliebtes und weit verbreitetes
und Sümpfe im Zweistromlande ist der F. Schmuckmittel waren (s. G r a n a t a p f e l -
kein seltenes Tier. Sein heimischer Name baum). An anderen Früchten finden sich,
ist noch nicht allzulange bekannt (sum. häufig zusammen mit ihren Trägern:
NE/PIL.za.za, akk. musairdnu „Qua- Feigen am Baum auf einem Emailleziegel
ker (?)", vgl. T h o m p s o n PRSM XVII, (s. Meissner BuA I, Tf.-Abb. 85); Wein-
S. 14, Anm. 2; L a n d s b e r g e r Fauna, trauben an Weinstöcken und Ranken auf
S. 140; E b e l i n g MAOG X 2, S. 72). Aus assyrischen Reliefs (s. AfO, Beih. 4, S. 55,
seinem Verhalten ergeben sich für den Abb. 46; Meissner und O p i t z Studien
Wahrsagepriester eine Reihe von Omina zum Bit Hildni im Nordpalast Assurban-
(s. CT XXXVIII, pl. 8, Z. 39; XXXIX aplis, Tf. X—XII), das bekannteste Bei-
p l . 15, Z . 2 7 ; X L I p l . 13, Z . 2 5 — 3 0 ) . Um spiel ist das Relief Assurbänipal in der
das Böse dieser Vorzeichen abzuwehren, Gartenlaube (s. Meissner und O p i t z
gab es ein besonderes Ritual ( n a m - b u r - a. a. O., Tf. XVII); Palmen mit ihren
bi), s. den Text E b e l i n g LKA Nr. 118. Fruchtständen als Verzierung einer alt-
Als Ersatzopfertier wird er bei E b e l i n g sumerischen Steatitvase (s. U n g e r Das
Akkadische Gebetsserie ,,Handerhebung", Kunstgewerbe des Alten Orients, Abb. 2,
S. 148!, Z. 12 genannt. In medizinischen S. 374 in B o s s e r t Geschichte des Kunst-
Texten kommt er (s. T h o m p s o n a. a. O.; gewerbes aller Zeiten und Völker, Band III,
L a n d s b e r g e r a. a. O.) mehrmals vor. Leipzig 1930) und auf assyrischen Reliefs
Zu dem Gott des Apsü Ea steht er in Be- zur Kennzeichnung der Landschaft (AfO,
ziehung, vgl. L a n d s b e r g e r a. a. O., S. 121 Beih. 4, Abb. 72. Abb. 73 = G a d d The
unter Krebs. Bilder von ihm aus Stein Stones of Assyria, Tf. 19: Relief Sanheribs;
werden in der Literatur mehrmals er- R u t t e n Encyclopedie Photographique de
wähnt (vgl. L a n d s b e r g e r a. a. O., ferner l'Art II, Tf. 24 f.: Relief Assurbänipals).
B o t t e r o RA XLIII, S. 16; W i s e m a n Ein weiteres Dekorationselement, das
Alalakh Tablets, Nr. 447, I, Z. 60; Ho- wahrscheinlich auf dieDattelpalme zurück-
w a r d y Clavis Cuneorum, Nr. 235, 113I) geht, ist ein zapfenförmiger Gegenstand
und wurden bei Ausgrabungen gefunden (nach Meissner BuA I, S. 205, der männ-
(s. E . D o u g l a s Van B u r e n AnOr XVIII, liche Blütenstand), der sich auf assyri-
S. ioiff.). Auch Abbildungen aus anderen schen Reliefs sowohl in Händen von
Materialien sowie Zeichnungen des F. sind „Genien" (s. z. B. AfO XVI, S. 232, Abb.
ziemlich häufig (s. eben gen. Abh.). Sie 12f.) als auch oft, beispielsweise zusammen
dienten als Amulette, Schmuckgegen- mit Granatäpfeln, als Gewandverzierung
stände, Töpfermarken und anderes mehr. findet (s. z. B. B u d g e Assyrian Sculptures
Es ist möglich, daß man Frösche in Baby- I, T f . 5 3 , 1 ; A f O X V I , S . 2 4 4 , A b b . 32).
lonien gegessen hat. Derselbe traubenförmige Zapfen ist in
spätassyrischer Zeit auch als Fuß von
Die Hettiter bezeichneten den F. mit dem Möbelstücken behebt (s. Meissner BuA I,
sum. NE/PIL.za.za, s. F r i e d r i c h Hethi- S. 248 und Tf.-Abb. 34: Stele des Barrakab
tisches Wörterbuch, S. 287. Das Wort akuwa- von Sendschirli = U n g e r Kunstgewerbe,
kuwa (Forrer) findet sich nicht in den S. 395, Abb. 1). Früchte allein begegnen
publ. Texten (s. F r i e d r i c h a. a. O., S. 18). bei Schmuckstücken meist in Form von
H i l z h e i m e r R L V X I V S. 197; H o w a r d y Anhängern, so goldene, zitronenähnliche
a . a . O . , Nr. 193, 122. Ebeling.
FRUCHTBARKEIT—FUCHS-STERN 119
majoris (Alkor, auch Reiterlein genannt) werden an der ersten Stelle mit m u l a l - l u l ,
zu identifizieren, der dicht bei £ Ursae an der zweiten Stelle mit mul LUL.A
majoris (dem mittleren Deichselstern des (ka5-a) verknüpft. Noch einen Schritt
himmlischen Wagens) steht und nur von weiter scheint der Astrologe in dem Text
scharfen Augen zu erkennen ist (s. Weid- V i r o l l e a u d ACh, 2. Suppl. LIV ge-
n e r OLZ 1913, Sp. 152). Das wird durch gangen zu sein. Hier wird in Z. 15 der
mul
die Angabe der Arat-Scholien (s. Boll LUL.A erwähnt, in der Deutung Z. 16
Sphaera, S. 406!) bestätigt, daß „einige" erscheint aber dafür ein (sonst unbe-
den Stern unter der Deichsel des Wagen- kannter) muI SAR.A. Wenn man an LUL
gestirnes &Ä6t>Trr|£ nennen. hinten einen senkrechten Keil anfügt, ent-
Der Fuchs-Stern wird auch sonst zu den steht SAR; das dürfte die Absicht des
Enlil-Gestirnen gerechnet, so im Astrolab babylonischen Astrologen gewesen sein,
B und in K 11306 (s. W e i d n e r Handb. der offenbar für seine Prophezeiungen
d. babyl. Astronomie, S. 66, 106). Im be- weitere Möglichkeiten schaffen wollte.
sonderen gilt er als Enlil von Enamtila Im Astrolab heißt es, daß im Elul
(ib., S. 59. Z- 3f-; KAR Nr. 142, III, Z. 5) die Gestirne m u l ku 6 , m u l ka 8 -a und kakkab
sowie als Enlil im Hofe der „Palast- A
marduk untergehen und daß sie im Adar
frauen" am Himmel (KAR Nr. 142, IV, aufgehen (Weidner Handb. d. babyl.
Z. 10). Außerdem erscheint er unter den Astronomie, S. 67, Z. 24. 35; ebenso ACh,
zwölf Gestirnen des Landes Amurru Istar XXV, Z. 67, wo nach Kollation
(Weidner a. a. 0., S. 16, V, Z. 8). kakkab dma\rduk](!) zu lesen ist). Mit
mul
In den astrologischen Texten scheint ka 5 -a kann hier unmöglich g Ursae
mul
ka 5 -a sonst zumeist Deckname für majoris gemeint sein, denn dieser ist kein
den Planeten Mars zu sein. In Listen ist heliakisch auf- und untergehender Stern.
diese Gleichung zweimal bezeugt (Weid- Der kurze Vermerk im Fixstern-Kommen-
ner a. a. O., S. 9, II, Z. 15; S. 19, Z. 17). tar des Astrolabs B (Weidner a. a. 0.,
Nach V i r o l l e a u d ACh, Istar XXV, S. 79, Z. 24) gibt keinen weiteren Auf-
Z. 20—22 dürfte Mars den Namen „Fuchs- schluß. Da der gleichzeitig genannte
Stern" besonders dann tragen, wenn er kakkab ämarduk den Planeten Merkur be-
sich dem Tierkreisbild des Skorpions zeichnet (s. ACh, Istar XXV, Z. 67),
nähert (der Grund ist unbekannt). Er könnte man daran denken, den m u l ka 6 -a
kündigt in diesem Falle die „Verwirrung auch hier als Mars aufzufassen. Dagegen
von Häusern" (ana bitäti bullulim) an spricht allerdings, daß Mars bereits an
(vgl. CT XXXIV, Tf. 13, Z. 9). anderer Stelle im Astrolab genannt ist.
Die zuletzt genannte Stelle gestattet Weidner.
einen interessanten Einblick in die Praxis
der babylonischen Astrologen. Das Tier- Fuchswein s. K a r ä n sSlibi.
kreisbild des Krebses heißt m u l al-lul. Fuhrmann (Sternbild) s. m u l Gäm =
Wenn man a l - l u l umdreht, entsteht Gamlu.
lul-la, das ist ACh, Istar XXV, Z. 18,
ausdrücklich bezeugt. Von LUL.LA ist Füllhorn mag in hieroglyphen-hett.
aber zu LUL.A ( = ka 5 -a) kein weiter Schreibungen des Wortes für „Sättigung"
Weg mehr, daher sind in Istar XXV die mit dem Hornzeichen seinen frühesten
Angaben über m u l ka 5 -a sofort an die Beleg finden (H. Th. B o s s e r t J K F I,
Gleichung m u l lul-la (=) m u l a l - l u l an- S. 2 8 2 ; I I , S. 320 f., 335). H.Otten.
geschlossen (vgl. CT XXXIV, Tf. 13,
Z. 7—10). Den Beweis für die Richtigkeit Füllsel (Horror vacui). Muster auf
dieser Deutung von Istar XXV liefert neolithischer Keramik waren ausschließ-
ein Vergleich von V i r o l l e a u d ACh, lich geometrischer Art — im Laufe der
1. Suppl. LH, Z. 1.3 mit AfO XIV, Zeit wurden sie mit immer zunehmender
Tf. XVI, Vs. II, Z. 13f.: die gleichen Geschicklichkeit und mathematischer Prä-
Omina und die gleichen Deutungen zision entworfen, so daß sie leere Stellen
FÜLLSEL (HORROR VACUI) 121
in der allgemeinen Anordnung des Musters Anbringen einer Rosette, eines Tierkopfes
mit ausfüllten. Die „Archaisch-bemalte oder -gliedes oder einer Vase war selten
Hassuna-Ware" setzt jedoch manchmal (Lenzen ZA XLIX [1949], S. 6, Abb. 6,
einen großen Fleck oder ein Klümpchen 9,13,16,19—20; Tepe Gawra I, Tf.56—8).
Farbe in die Mitte der Zwischenräume, So ist es auch bei den Dschemdet-Nasr-
die unter schraffierten Dreiecken gebildet Siegeln, auf denen Tiere wiedergegeben
sind, und diese Art wird fortgesetzt in werden (Iraq IX [1947], Tf. XIX, 16;
der (b) „Standard-bemalten Ware" und P o r a d a Corpus I Nr. 6; UVB XI Tf. 32, a;
(c) in der Samarra-Ware (JNES IV [1945], Newell Coli. Nr. 681; VARS Tf. I, 2;
S. 279. [a] Abb. 9:3; [b] 2:3—5, 12 : 11; B. M. 128843, Fauna, Abb. 108); waren
13,19, 22; [c] 17:6). Der zuletzt genannte jedoch Menschen abgebildet, so war das
Stil bringt das Auftreten von wirklichen Füllmuster gewöhnlich eine Vase oder ein
Füllmotiven, denn auf dem Boden von zu der Szene gehöriger Gegenstand (UVB
flachen Schalen oder Schüsseln war eine XI [1940], Tf. 38, e, f; Newell Coli.
runde Fläche reserviert und mit Motiven, No. 61; AJSL XLIV [1927—28], S. 249,
die entweder nach der Mitte zusammen- Abb. 67). In dieser Epoche ist jedoch der
oder radial aus der Mitte liefen, versehen; Beginn des Funktionswechsels der Füll-
die Zwischenräume um sie herum waren motive zu beobachten, denn mit der Ein-
gelegentlich mit Skorpionen, schwimmen- führung von Kreuzen und Rhomben
den Fischen, beblätterten Zweigen, kleinen wechseln sie von unauffälligen Gegen-
Kreuzen, Pfeilspitzen oder Bienen ausge- ständen, die eingefügt waren, um leere
füllt (Herzfeld Ausgrab, von Samarra V, Stellen auszufüllen, über zu Symbolen mit
Abb. 2, 6—8, 27, 30—1, 43). Die Mehr- apotropäischem Wert (Iraq Mus. 16669
zahl der Muster der bemalten Halaf-Ware B a s m a d s c h i Landschaftl. Elemente, Tf.
war geometrisch, obwohl der getupfte VII, 259; UE II Tf. 199, 81). Sparsam
Hintergrund bei gewissen Beispielen ein verstreute Motive, hauptsächlich Rhom-
schüchterner Versuch der Vermeidung ben, genügten beim sog. „Brokat-Stil"
eines leeren Raumes sein mag (H. der Epoche Frühdynastisch I (VARS,
S c h m i d t Teil Halaf I, Tf. L, 12, LI, 7, Tf. 11, Nr. 65—7, 69; Cyl. Seals, Tf. IX,
LH, 13, LIII, 3). Dieses Bemühen ist a—e; OIC Nr. 20, Abb. 52, b, d. 53, c, d;
noch besser zu beobachten, wenn Tiere Newell Coli., Nr. 63), aber während in
oder Bukranien abgebildet werden (op. dem ersten der beiden gleichzeitigen Stile
cit. Tf. XIX, 6; LVIII, 10). Der breite der Epoche Frühdynastisch II der Ge-
und unkomplizierte geometrische Stil der brauch der Füllmuster: Sterne, Tierköpfe
bemalten 'Obed-Ware schloß die Not- und Dolche, eingeschränkt wurde (Hein-
wendigkeit von Füllmotiven aus, so daß r i c h Fara, Tf. 46, f, g; 47, a—g; 51, g, h),
das Anbringen eines Vogels und eines formte ihr verschwenderischer Gebrauch
Fisches auf einer Vase in Arpatschije im zweiten Stil den Hintergrund gleich-
einzig dasteht (Iraq II [1935], S. 62, sam in eine Tapete um (Fara, Tf. 58, e;
Abb. 35:3). Auf Stempelsiegeln der gleichen 65, c). Eine größere Auswahl, aber stärker
Epoche waren manchmal ein Blatt, Zweig eingeschränkten Gebrauch der Füllmotive
oder ein kleines Dreieck zwischen den zeigt die Epoche Frühdynastisch III;
Tieren eingeschnitten sowie verschiedene wenn die Szene eine mythische Epi-
unbestimmbare Gegenstände in Szenen sode darstellt, sind hie und da ein oder
mit Darstellung von Menschen, so auf zwei unauffällige Motive sichtbar (Cyl.
Siegelabdrücken der Schicht XI—A in Seals Tf. XV, f, h). Jedoch in anderem
Gaura (AAA XX [1933], Tf. LXIV; Falle bei einem Fries, in dem Helden und
Newell Coli. Nr. 18; BASOR Nr. 61 Tiere eng verbunden sind, entsteht kein
[1936], S. 10, Abb. 6; Tepe Gawra II, überflüssiger Platz zwischen den Figuren.
Tf. CLXIII, 82—3, 89). Die glyptische
Kunst der Uruk IV-Zeit setzt kühn die Auf Grund der geschickten Anordnung der
Komposition auf der Fläche fort; das Figuren auf der Fläche vermitteln die schön-
sten akkadischen Siegel den Eindruck eines
122 FUNDAMENT—FURLANI
unbegrenzten Horizontes, der durch un- vielmehr um jedes nur mögliche Unglück
wesentliche Elemente nicht unterbrochen vom Träger abzuwenden. In der kassiti-
wird (Cyl. Seals, Tf. XVII, a, c); selbst schen Periode war dieser Wunsch, Übel ab-
bei weniger guten Beispielen belasten die zuwehren, so stark, daß selbst, wenn ein
sparsam eingefügten Keulen, Äxte oder frontal gesehener Gazellenkopf, eine Rhom-
Dolche nicht die Figuren [Cyl. Seals, be, eine Kornähre oder ein Kreuz, die zu
Tf. XVI, f, h; XVIII, a). Mit nur wenigen den behebten Motiven gehörten, dargestellt
oder gar keinen Sekundärmotiven wurden waren, diese apotropäischen Füllmuster
die Bilder im allgemeinen auf Siegel- nicht völlig genügten und lange Gebete,
zylindern der Dritten Dynastie von Ur die um göttlichen Schutz flehten, hinzu-
dargestellt (Louvre A 200, 202, 208—11, gefügt wurden.
Tf. 75, Abb. 9, 11, 17—20), und nicht vor In der mittelassyrischen Glyptik sind
der Ältbabylonischen Epoche wächst die Füllmotive fast gänzlich weggelassen, aber
ursprünglich beschränkte Anzahl der Füll- in der spätassyrischen Periode wurden sie
muster zu einer sich stark vermehrenden wieder häufiger, fast ausschließlich in
aus, bis sie schließlich drohen, das Haupt- Form von Göttersymbolen, Rhomben, Stab
motiv zu erdrücken (Cyl. Seals, Tf. XXVI, mit Kugeln und Vasen, den sieben Kugeln
f; XXVII, b, g; XXVIII, k; XXIX, m). sowie Sternen. E. Douglas Van Buren.
Unter den schon bekannten Symbolen
sind es die sieben Kugeln, die wie immer Fundament s. H a u s , Tempel.
den mystischen Charakter der Szene an-
Fundrecht s. D i e b s t a h l .
zeigen, sowie der Stab mit Kugeln und
die kleine Vase, die in dieser Zeit sehr Fünferwoche s. Woche, Z e i t e i n t e i -
häufig werden. Neuere Motive, wie das lung.
drachenköpfige und das dreiteilige Zepter,
der auf dem Boden oder auf dem Kopf eines Fünfzahl s. Zahlen.
sitzenden Hundes stehende Krummstab, Furlani, Giuseppe, Semitist, geb. 10. 11.
die Schildkröte oder der Igel, die Fliege 1885 in Pola (Istrien), Privatdoz. 1921
oder Biene, der Skorpion, der mensch- Univ. Turin, Extraord. 1926 Univ.Florenz,
liche Kopf im Profil, der manu des Ord. Prof. der Assyriologie u. Orient.
Marduk, derGriffel des Nabu (Van B u r e n Archäologie 1940 Univ. Rom; seit 1951
Symbols of the Gods AnOr XXIII [1945] Direttore dell' Istituto di Studi Orientali
fiassim), waren im Überfluß vorhanden. der Univ. Rom. Er hat zahlreiche Schriften
Dies wurde durch die Änderung des auf fast allen Gebieten der Semitistik ver-
Charakters der Rollsiegel verursacht. In öffentlicht, speziell aber die Philosophie
früheren Zeiten war die Siegelabrollung ein der Syrer und die Religion der Babylonier,
Beweis für die Person des Eigentümers. Assyrer und der Hettiter dargestellt.
Siegel der Epoche Frühdynastisch III gaben
eine mythische Episode wieder, die der Ak- Seine Bücher sind: Leggi dell'Asia
kad-Periode ein mythologisches Ereignis, anteriore antica, Roma 1929; La religione
oder sie waren die Dokumentierung eines babilonese e assira, I—II, Bologna 1928 bis
Opfers an die Gottheit, in der III. Dynastie 1929; La civiltä babilonese e assira, Roma
von Ur gewöhnlich in der Form einer „Ein- 1929; II sacrificio nella religione dei Semiti
führungsszene". In der altbabylonischen di Babilonia e Assiria, Roma 1932; II
Zeit jedoch änderte sich die Funktion der Poema della creazione (Enüma eliS), Bo-
Rollsiegel. Sie dienten zwar noch dazu, logna 1934; Testi religiosi dei Yezidi,
den Eigentümer zu bezeichnen, aber sie Bologna 1930; La religione degli Hittiti,
erhielten jetzt die Bedeutung eines Talis- Bologna 1936; Saggi sulla civiltä degli
mans, der getragen wurde, um vor Übel Hittiti, Udine 1939; Riti babilonesi e assiri,
zu schützen. Darum begann man große Udine 1940; Grammatica babilonese e assira,
Mengen von Symbolen einzuführen, nicht Roma 1949; Poemetti mitologici babilonesi
so sehr auf Grund des horror vacui, als e assiri, Firenze 1954; Miti babilonesi
e assiri, Firenze 1958.
FÜRST—FUSSBEKLEIDUN G 123
In den letzten Jahren hat F. mehrere Tf.363. 354, 11; Z e r v o s L'Art de laMeso-
Arbeiten über die Religion der Mandäer potamie, Paris 1935, S. 165 f.; vgl. auch die
pubüziert. Stele des Anubanini bei Meissner BuA I,
Nach Angaben des Gelehrten. Ebeling. Tf.-Abb. 204). Die Fußbekleidung der
mittelbabylonischen Herrscher bildeten
Fürst s. K ö n i g , P r i e s t e r f ü r s t . geflochtene Schuhe aus einem wahrschein-
Furt s. F ä h r e . lich sehr kostbaren Material (s. den Grenz-
stein des Marduk-nädin-ahhe (um 1120
Fuß. Am F. (sum. gir, akk. sepu) unter- v. Chr.) bei Meissner a. a. 0. I, Tf.-
scheidet man mit Sicherheit iqbu „Ferse", Abb. 17 = H a l l La seulpture babyl. et
tappu, qantappi „Fußsohle", ubänu,,Zehe" assyr., pl. 9, 3; Grenzstein des Marduk-
( = „Finger"), supru „Fußnagel", qur- aplu-iddina II. (721—711 v. Chr.) bei
sinnu „Knöchel". Außerdem finden sich Meissner a . a . O . I, Tf.-Abb. 20 =
noch andere, sich auf den F. beziehende U n g e r Assyr. u. babyl. Kunst, Abb. 58).
Wörter, die noch unklar sind: asidu, viel- Bei den Assyrern des 9. Jahrhunderts
leicht Ferse, s. Studia Orientalin I (Tall- v. Chr. wurden Sandalen mit einem Leder-
qvist-Festschrift), S. 352 f. („Spann", „Ab- ring für die große Zehe, Fersenschutz
satz", gegenüber nu-qab sepi „Höhle" des und Riemen verwendet. Assur-näsir-
Fußes? Vgl. E b e l i n g AGMXIII, S. 132), apli II. (883—859 v. Chr.) trägt sie stets
kabbartu, kabbaltu (daselbst S. 131), suhur (s. die zahlreichen Abbildungen bei B u d g e
sipi (rechts und links des F., s. H o l m a Assyrian Sculptures I), die „Genien" er-
Körperteilnamen, S. i37ff.), LIBIT sepi (da- scheinen teils mit, teils ohne Sandalen
selbst S. 137).Metaphorisch gebraucht man (s. AfO XVI, S. 231). Die Krieger sind
.se/jwvondem unteren Teil eines Berges, Hü- größtenteils barfuß (s. z. B. B u d g e a.a.O.,
gels, Bettes, Stuhles, Tisches usw. (s. D h o r - pl. 15, 1), Sandalen haben sie nur im
meL'emploi metaphorique des noms de par- Gebirge (s. B u d g e a. a. O., pl. 25, 2)
ties de corps, S. i57ff.), in der Bed. „Kara- und bei der Jagd (s. B u d g e a. a. O.,
wane" in altass. Texten. Auch euphe- pl. 12, 1, 2); anscheinend handelt es sich
mistische Anwendung für Geschlechts- bei den beschuhten Soldaten um An-
partien ist möglich. Ebeling. gehörige der Leibgarde des Königs, also
Leute aus seiner nächsten Umgebung,
Fuß als Symbol. Nach Mitteilung wie auch seine Würdenträger stets mit
eines Omens ist der F. das Erkennungs- Sandalen dargestellt werden (s. B u d g e
zeichen des Gottes Isum; nur literarisch a. a. 0., pl. 19, 1, 2). An sonstiger Fuß-
bezeugt, bildlich noch nicht belegt. Der Gott bekleidung begegnen auf seinen Reliefs
trägt auch die Bezeichnung „Langfuß" Schnabelschuhe bei — vermutlich syri-
(GiR-GlD), muß also gut zu Fuß sein, schen— Tributbringern (s. Budgea.a.O.,
zumal er „Nachtwanderer" und „Straßen- pl. 28). Auch unter Salmanassar III.
wächter" ist. (858—824 v. Chr.) werden die Sandalen
C l a y Babyl. Records J. P. Morgan IV, nur vom König (s. seine Stele bei U n g e r
Nr. 13, Z. 77; T a l l q v i s t AG, S. 324 u. 313. a. a. 0., Abb. 40; S m i t h Assyrian Sculp-
Eckhard Unger. tures II, pl. 1) und seinen hohen Beamten
Fußbekleidung. In den ältesten Zeiten und Offizieren (s. K i n g Bronze Reliefs
ging die Bevölkerung Mesopotamiens bar- from the Gates of Shalmaneser, London
fuß, auch der König und seine Krieger. 1915, pl. 28) getragen, die Soldaten sind
Zur Zeit des akkadischen Weltreiches (um noch zum größten Teil barfuß (s. K i n g
2350—2x50 v. Chr.) trug man in unwirt- a. a. O., pl. 20). Unter Tiglatpileser III.
lichen Gegenden Sandalen mit Fersenleder (745—727 v. Chr.) geht ein Teil der
und Riemenwerk, so Naräm-Sin auf sei- Krieger gleichfalls noch barfuß (s. S m i t h
nem Feldzug in das persische Gebirgsland a. a. O., pl. 14. 15), die übrigen haben,
(s. seine Stele bei C h r i s t i a n Altertums- ebenso wie die Würdenträger (s. F.
kunde des Zweistromlandes, Leipzig 1940, T h u r e a u - D a n g i n und M. D u n a n d Til-
124 FUSSBEKLEIDUNG
Barsib, Paris 1936, pl. 49), Sandalen (s. A n d r a e Die jüngeren Ischtar-Tempel in
(s. U n g e r Assyr. u. babyl. Kunst, Abb. 57; Assur, Leipzig 1935 [WVDOG 58], Abb. 74
U n g e r Die Reliefs Tiglatpilesers I I I . aus und Tf. 35 1, m), und das steinerne Modell
Arslan Tasch, PKOM VII, Konstantinopel eines Schnabelschuhes aus dem 3. Jahr-
1925, Tf. 3, 5, 6). Hier begegnen auch zum tausend v. Chr. am Teil Brak in Nord-
erstenmal Soldaten, die mit Strümpfen, mesopotamien (s. Iraq IX, Tf. VIII, 6).
die von einem breiten Band gehalten M e i s s n e r BuA I, S. 2 5 8 I ; R e i m p e l l Ge-
werden, und Schnürstiefeln bekleidet sind schichte der babyl. u. assyr. Kleidung, Berlin
(s. Unger Reliefs, Tf. 4, Nr. 16; T h u r e a u - 1916, S. 44f.; d e G e n o u i l l a c La chaussure
chez les Assyriens RA VII, S. I57f.; d e r s . La
D a n g i n a. a. O., pl. 49). Gefangene und chaussure sumerienne RA X X X V I , S. 43 f.
syrische Tributbringer haben Schnabel- Falkner.
schuhe an (s. U n g e r Reliefs, Tf. 7; S m i t h
a. a. 0., pl. 9). Unter Sargon II. (721 bis Fußbekleidung bei den H e t t i t e r n . In
705 v. Chr.), der selbst Sandalen trägt den hett. Texten wird neben TÜG GAD.
(s.Smith a.a.O., pl.25), werden Strümpfe DAM („gaiters, leggins" ?) insbesondere
KüS
und Schnürstiefel noch selten verwendet E.SIR („Schuhe") genannt. Beide
(s. R u t t e n Encyclopedie Photographique sind in verschiedenen Farben belegt, teil-
de l'Art I, Tf. 318). Dagegen muß der weise verziert, die letzteren differenziert
hohe, vorn aufgebogene Schnürstiefel zu für Mann und Frau sowie nach rechts
seiner Zeit die bei den Medern übliche und links unterschieden: Im Telipinu-
Fußbekleidung gewesen sein (s. R u t t e n Mythus zieht sich der Gott <im Zorn) den
a. a. O. I, Tf. 319). Seit derZeit Sanheribs linken Schuh rechts, den rechten Schuh
(704—681 v. Chr.) tragen die assyrischen links an. In den Mythen werden die Winde
Bogenschützen fast stets Strümpfe und als „die eilenden Schuhe" der Götter be-
Schnürstiefel (s. AfO, Beih. 4, S. 71!, zeichnet (JCS VI, S. 34). Gestiefelt zu Bett
Abb. 61 f.), auch wenn sie beritten sind geht im Märchen Appu, der sich einen
(s. S m i t h a. a. O., pl. 39); die zum Heer Sohn wünscht (ZA NF XV, S. 217).
gepreßten Fremdländer gehen barfuß Das Ausziehen der Schuhe ist Straf-
(s. AfO, Beih. 4, S. 72 und Abb. 63; S m i t h form für Angehörige der Leibwache bei
a. a. O., pl. 62), ebenso das Dienstpersonal heimlichem Verlassen des Dienstes (IBoT
(s. S m i t h a. a. O., pl. 68). Unter Assur- I 36 I 53 f-)- Im Gesetz wird für den,
bänipal bilden Strümpfe und Stiefel die der einen entflohenen Sklaven ergreift
allgemeine Fußbekleidung des assyrischen und zurückbringt, ein Paar Schuhe als
Heeres (Bogenschützen: R u t t e n a. a. O. Belohnung ausgesetzt (§ 22), bei weiterer
II, Tf. 10; königliche Leibgardisten: ibd., Entfernung Entschädigung in Geld. Die
Tf. 6. 7; Reiter: ibd., Tf. 20; Schreiber: KuS
E.SIR gehören zur Kulttracht des
H a l l a.a.O., pl. 36, 2. 37), wobei sie Königs und dürfen somit wohl mit den
gegenüber den älteren Stiefeln insofern Schnabelschuhen der bildlichen Darstel-
eine Verbesserung aufweisen, als der obere lungen (Yazihkaya, Siegel) gleichgesetzt
Teil des Schienbeines durch eine aus dem werden. Für des Königs Schuhe ist Rinds-
Stiefel herausragende Lasche geschützt leder bestimmter Herkunft zu verwenden
wird, über die ein Teil jener Verschnürung (KUB XIII 3 III 3 ff.). Ein Hinweis auf
verläuft, die knapp unter dem Knie zur einheimische Schuhform ist vielleicht in
Befestigung der Strümpfe dient (s. AfO KuS
E.SIR hattiles „hattische Schuhe" ge-
XVI, S. 249). Dieselben Schnürstiefel wer- geben (unv. 1664/c, 8; 2505/c, 12).
den auch von Assurbänipal selbst getragen,
beispielsweise auf der Jagd (s. U n g e r In den späthett. archäologischen Dar-
Assyr. u. babyl. Kunst, Abb. 76, 89). stellungen Nordsyriens, Kilikiens (Kara-
tepe) treten (unter assyr. Einfluß) häufig
An rundplastischen Darstellungen von andere Fußbekleidungen (Sandalen) auf.
Schuhen fanden sich Schuhe aus Fritte Die Bronzefiguren zeigen durch die ge-
in Assur (13. Jahrhundert v. Chr.), die samte Periode meist keine Fußbekleidung;
ursprünglich zu einer Statue gehörten auch in den Bildbeschreibungen wird sie
FUSSBODEN 125
nicht erwähnt; barfuß ist auch die Relief- mit einem Überzug aus ungefähr 3 cm
figur am Königstor von Bogazköy. dickem Lehm, vermischt mit zerkleinertem
Tonschuhe, mit trichterförmigem Schaft Stroh, zu überziehen (JNES IV [1945],
und bis zur Spitze hohl, fanden sich in S. 272, 275). Gestampfte Erde verwendete
Kültepe, Alisar wie in tieferen Schichten man in den frühen Gebäuden von Ar-
von Bogazköy: die Sohle ist flach oder patschije und im sog. „Archaic Shrinel"
leicht gewölbt, die Ferse scharf abgesetzt, des Abutempels von Teil Asmar (Iraq II
die Spitze ein wenig überhöht oder als [1935], S. 11, 16; OIP LVIII, S. 162).
Schnabel geformt. Die Zickzackverschnü- Eine Verbesserung dieser Methode stellen
rung, die rechts und links in zwei Schlaufen die Fußböden dar, die mit mehrfachen
endet, ist teilweise in Ritzlinien erhalten. Schichten von Lehm, Kalk oder Gipsstuck
— Daneben sind kleine Fußsiegel mit überzogen waren. Gelegentlich wurde der
einem Zweigmuster auf der Sohle als Stuck noch durch einen Überzug von roter
Siegelfläche bekannt. Der Fuß dient auch oder purpurrötlicher Farbe verschönert,
als Silbenzeichen ta der hieroglyphenhett. wie z. B. bei der Terrasse des bemalten
Schrift; vgl. zur Diskussion über seinen Tempels von Teil 'Uqair oder am Zentral-
Wert als Gottessymbol H. G. G ü t e r b o c k tempel der Schicht XIII in Gaura (JNES
SBo II, S. 20 ff. II, S. 138; Tepe Gawra II, S. 32), oder er
L i t e r a t u r : A. G o e t z e JCS I, S. 181 f.; war sogar mit roten und schwarzen
Corolla Ling., S. 60 f. (Für Kültepe:) J. Streifen bemalt, wie bei der Anu-Ziqqurrat
L e w y Or NS X I X , S. 7 ff. (Religionshisto- in Warka Schicht E (UVB VIII, S. 39).
risch und archäologisch:) H. Th. B o s s e r t , Es gibt einige wenige Beispiele von
Heth. Königssiegel, S. 260 ff.; Altanatolien,
S. 99 s. v. „Schuhe"; E. A k u r g a l , Spätheth. Pflasterungen mit Kalksteinplatten, die in
Bildkunst, S. 36 ff. (Tonschuhe:) K. B i t t e l , Bitumen gelegt waren; unter ihnen befin-
MDOG 77, S. 30 ff. H. Otten. det sich die Terrasse der Schicht D—E der
Fußboden. In der neolithischen Sied- Anu-Ziqqurrat und des „Mosaiktempels"
lung von Qal'at Jarmo, in der Schicht (UVB VIII, S. 38; IX, S. 28), aber in der
XVIII des Eanna-Heiligtums in Warka, Praxis wurde fast unverändert ein Funda-
in der Qal'a Haggi Mohammed, im Haus ment aus oft in einem Muster angeord-
„A" und in der „Deep Sounding" von neten Ziegeln hergestellt, die mit Schichten
Teil 'Uqair scheinen die frühesten Wohn- von sehr sorgfältig verteiltem Stuck über-
stätten zeltartigen, aus Schilfmatten er- zogen wurden, so daß das Resultat eine
richteten Aufbau gehabt zu haben, mit harte, gleichmäßig gebildete Oberfläche
Fußböden aus kreuzweis gelegtem Schilf- war, die man mit einer hochgradigen
rohr, die jeweils Schichten von Lehm da- Politur versehen konnte.
zwischen aufwiesen (Sumer VII [1951], In früheren Zeiten waren die Ziegel
S. 103; Antiquity XXIV [1950], S. 192; verhältnismäßig klein, später nahm ihre
UVB IV, S.6—7; IX, S. 37; JNES II Größe zu. Die Gestalt und Ausdehnung
[1943], S. 149); eine annähernd ähnliche der Ziegel bezeichnen die Epoche, zu der
Technik wurde sogar in einem Raum des sie gehören. Die für Ur-Nammu charakte-
östlichen Tempels der Schicht XIII ristischen Ziegel sind leicht zu erkennen,
von Gaura angewendet (Tepe Gawra II, die von Sargon II. in Dür-Sarrukin ver-
S. 33—4). In Qal'at Jarmo jedoch und wendeten waren außergewöhnlich groß
in dem wenig früheren Karim Schahir und mit mathematischer Präzision ver-
wurden Räume gefunden, die mit unregel- legt. Photographien von Ausgrabungs-
mäßigen Steinplatten gepflastert waren orten in weit ausgedehnten Gebieten
(Sumer VII, S. 103; Antiquity XXIV, zeigen genau, wie die Ziegel verschiedener
S. 192). Die Fußböden der frühesten Perioden in Größe und Form variieren
Gebäude von Teil Hassuna waren aus (siehe z.B. UVB X, Tf. 19, a,b).
gestampfter Erde und Asche uneben an- Für die späteren Fußböden, z. B. im
gelegt. Erst in der Schicht IV findet man Nordpalast Assurbänipals in Kujundschik,
den Versuch, die Oberfläche des Bodens S. bei P a l a s t . E. Douglas Van Buren.
126 FUSSKRANKHEITEN
Fußkrankheiten. Der Traktat über die Von anderen Leiden kennen wir die
Prognosen behandelt in der vierten Ko- Namen, die ihnen die Akkader gaben:
lumne seiner 14. Tafel (TDP S. 142—146) sirhit Sefie „Entzündung der Füße" (KAR
die Symptome, die bei Fußkranken zu be- Nr* 192, III Z. 16), sikkate „Schorf" (ebd.
obachten sind (rückfallender Fuß, kontra- III Z. 12), sigäti „Geschwüre, Frost-
hierter und Streckfuß, Schrumpfung, Ver- beulen" (ebd. III, Z. 43, 45), kissäti
renkung, Lähmung, blaue Flecken, Ver- „Risse und Fissuren" (AMT pl. 69, 5,
brennung und Erfrierung) und noch ge- Z. 1), sagbdnu „die Krankheit bricht
nauer den Zustand der Oberseite (Druck- hervor an den Füßen des Kranken und
stellen) oder der Unterseite der Füße (Ab- schneidet tief ein (in das Fleisch) wie Ge-
schuppung der Haut), Erscheinungen an schwüre" (AMT pl. 74,1, III Z. 13 ff.).
den Zehen (Anschwellen, Erlahmen, Auf- Die beiden wichtigsten Leiden heißen
reißen, Bluterguß), Farbe der Nägel, das murus kabartim und sagallu. In der
Aussehen der Glieder (schwärzlich), ihre ersten „Krankheit der Verdickung" hat
Empfindungslosigkeit usw. man ein Ödem am Bein oder das Myzetom
Analoge Beobachtungen (Zittern, (eine entzündete Geschwulst) (AGM
Schmerzen, Hitze, Schwerfälligkeit oder XVIII, S. 189) sehen wollen; es handelt
Unempfindlichkeit), die zugleich Füße sich vielmehr um einen allgemeinen Ter-
und Hände betreffen, finden sich auch minus für mehrere Leiden, die durch das
an anderen Stellen bei der Beschreibung Anschwellen der Füße oder Beine cha-
gewisser Nebenerscheinungen. rakterisiert werden. Seine Erwähnung
Unter den therapeutischen Texten be- wird manchmal durch das eine oder andere
schäftigen sich mehrere medizinische oder der folgenden Symptome präzisiert:
magisch-medizinische Tafeln mit der Be- „Veränderungen und Störungen im Aus-
handlung von Fußleiden oder -krankheiten sehen des Fleisches", „sehr entzündete
(s. besonders KAR Nr. 192; AMT pl. 15,3; Fersen", „dicke Fußmuskeln, die das
32, 2; 68, 1—2; 73—75. 1; LKU Nr. 56; Gehen verhindern", „Fersenbänder, gefüllt
62; CT XXIII pl. 1—14 usw.). mit Wasser", „Füße, von Blut ange-
Gewisse Leiden werden dort einfach schwollen", „blutunterlaufene Fuß-
durch ihre Symptome charakterisiert: muskeln". Das Leiden schreitet oft bis
„Schwerfällige Füße (und Beine) mit zum Knochen vor (auf diese Weise
stechenden Schmerzen", „gelähmte" Füße, ein Auskratzen erfordernd, KAR Nr. 192,
„ständig erlahmt", „Schwellung in dem II, Z. 6—10). Die Prognose sagt tödlichen
Grad, daß sie das Gehen unmöglich macht", Ausgang voraus (ebd. II, Z. 35; AMT
„entzündete" oder „angeschwollene" Fer- pl. 74, 1, Z. 11), wenn die murus kabartim
sen usw. Diese Beschreibungen sind im Fäulnis hervorruft (Brand?: rutibtujru-
allgemeinen niemals von einer ätiologi- Sumtu). Letztere wird gesondert in AMT
schen Erklärung begleitet. „Schmerzen pl. 74,1, Z. 32 und 34 behandelt und be-
in den Füßen, die es einem Kranken schrieben.
versagen, sich zu erheben oder zu gehen, Manchmal, doch nur in gewissen Fällen,
verbunden mit Zittern in den Händen wird die Ursache dieser Krankheit in der
und Füßen" werden jedoch der Tatsache Verletzung eines Tabu vermutet: Der
zugeschrieben, daß dieser Mann „einen Kranke hat Reinigungs-Gewässer, den
Ort betreten hat, in dem sich ein Dämon Boden eines heiligen Ortes, einen ge-
(räbisu) aufgehalten hat" (AMT pl. 70, 7; weihten Platz entweiht (AMT pl. 32,
69, 2, Z.2—3; KAR Nr. 191, Z. 1—5); 2, Z. 1—2, 13, 18, 25 + Dupl.; 70, 3 I,
analoge Erklärung in TDP S. 143, IV, Z. 3—4). Das Auftreten von Brand
Z. 15, wenn „die Füße eines Mannes ganz (? rutibtu) kann ebenfalls aus der Nicht-
mit blauen Flecken bedeckt sind"; nach RA einhaltung einesVerbotes resultieren (KAR
XIV, S. 87, Z. 3, verrät es das Eingreifen Nr. 177, Rs. III, Z. 49; II, Z. 20).
des Dämons utukku, wenn die Fersen des Das Heilverfahren hat im allgemeinen
Mannes mit blauen Flecken bedeckt sind. natürlichen Charakter: Wickel und Um-
FUSSREIFEN—FUTTERPFLANZEN 127
schlage, häufig warm, unter Verwendung kunde des Zweistromlandes, Leipzig 1940,
zerstoßener medizinischer Pflanzen, die S. 219). Aus derselben Zeit stammt ein
in Wasser, Rosenwasser, Milch, Bier kupferner Fußring vom Tepe Gaura,
usw. aufgelöst werden, erweichende Bäder, dessen Enden ineinander gehakt sind
Einreibungen mit Fetten usw. Im Falle (s. C h r i s t i a n a. a. 0., S. 287L, Tf. 325,1).
der Verletzung eines Tabu kommen Opfer- Auch in der folgenden Periode des akkadi-
gaben, Zubereitung von Opfern, Liba- schen Weltreiches (um 2350—2150 v.Chr.)
tionen und Anrufung der Götter hinzu. begegnet dieser Fußschmuck selten; er-
Was die Krankheit sagallu „dicke wähnt sei ein Fußreifen aus kleinen Silber-
Muskeln" (CT XXIII, pl. iff.) angeht, scheiben von Esnunna (s. AfO IX,
so handelt es sich wahrscheinlich um die S. 220). Daneben finden sich gelegentlich
Gicht, das Podagra. Die Symptomen- auch kupferne Zehenringe (s. C h r i s t i a n
lehre interessiert sich nicht nur für die a. a. 0., S. 317). Größter Beliebtheit er-
Füße, sondern auch für die ganze untere freuten sich Fußringe in kassitischer Zeit.
Extremität bis zum Oberschenkel. Sie Es sind schwere Silber-, häufiger jedoch
wird mit der „Hand des Samas" in Zu- massive Bronzereifen, die oft bis zu fünf
sammenhang gebracht, und eine Be- Exemplaren übereinander getragen wur-
schwörung, die besagt, daß sie „herab- den, gegen Ende der Epoche bestanden
gekommen sei von den Sternen des sie auch aus Eisen (s. R e u t h e r Die Innen-
Himmels" vergleicht ihre Schmerzen mit stadt von Babylon, Leipzig 1926 [WVDOG
denen von qualvollen Bißwunden (KAR 47], S. 19; S. 179, Tf. 54q: große silberne
Nr. 192 IV, Z. 12 ff.). Sie kann auch Hohlspangen; S. 195: je fünf massive
verursacht sein durch Übertretung eines Bronzereifen; S. 167: schwerer eiserner
Verbotes (KAR Nr. 177 Rs. III, Z. 30; Knöchelring). In mittel- und neubaby-
II, Z. 15, 22; I, Z. 21). Die Behandlung mag lonischer Zeit begegnen sie selten und sind
natürlicher Art (Einreibungen, Massagen, meist nur dünne Bronzereifen ( s . R e u t h e r
Bäder) oder magischer Art sein (magische a. a. O., S. 216; S. 209: schmale Bronze-
Bindungen, Räucherungen, reinigende reifen in mittelbabylonischem Kinder-
Abreibungen [tak-pirtu], Austreiben des grab ; S. 33: bronzene Beinringe neubaby-
Bösen, das mitgerissen wird durch das lonischer Zeit).
Strömen eines fiktiven Flusses oder sym-
bolisch verkettet wird mit dem Lauf der Auf Darstellungen finden sich Fußreifen
untergehenden Sonne usw.). Späte Texte als Schmuck nackter Göttinnen, so je
machen die Ausführung dieser Rituale drei Fußringe bei einer Ninmah-Figur
von genauen astrologischen Angaben ab- (s. Meissner BuA II, S. 11, Abb. 3), bei
hängig (BRM IV, Nr. 19, Z. 29; Nr. 20, einer weiteren Terrakotta-Figur der
Z. 36; AfO XIV, S. 270). Fruchtbarkeitsgöttin (um 2000 v. Chr.)
sind die Beine nur mit je einem Reifen ver-
E b e l i n g AGM X I I I , S. I32ff.; T h o m p s o n sehen (s. R u t t e n Encyelopedie de l'Artl,
PSBA 30 (1908), S.63ff.; J R A S 1937, S.265ff.; Tf. 263 B). Unter den Stickereien, die
R. L a b a t T D P , S. I42ff. u. passim.
das Gewand eines „Genius" auf einem
Rene Labat.
Relief Assur-näsir-aplis II. aus dem Nord-
Fußreifen. Sie fanden fast zu allen west-Palast in Nimrud schmücken, be-
Zeiten in Mesopotamien als Körper- gegnet die Darstellung einer geflügelten
schmuck Verwendung, allerdings nicht in Frauengestalt, deren Fußgelenke gleich-
so ausgedehntem Maße wie beispielsweise falls mit einfachen Reifen geziert sind
Armreifen; meist waren sie aus Metall (S. AfO X V I , S. 240, A b b . 25f.). Falkner.
verfertigt. Eine Ausnahme, auch hin-
sichtlich ihrer Anbringung, bilden Perlen- Fußvolk s. H e e r .
bänder, die in den Königsgräbern von Ur
(Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr.) zutage Fußwaschen s. W a s c h e n .
kamen, sie wurden nämlich unterhalb des Futterpflanzen. Außer Grünfutter be-
Knies getragen (s. C h r i s t i a n Altertums- kam das Vieh Gerste zu fressen, nach Strabo
128 FUTTERPFLANZEN
V, P l a t t e 5 ( R L V I V T f . 78, b — c = s t e c h e n (s. C h r i s t i a n a . a . O . , S . 2 0 6 ,
B o t t a Mon. T f . 8 9 , 180) m i t B e i s c h r i f t , T f . 2 0 6 , 1). F ü r d a s 2. J a h r t a u s e n d ( e t w a
biblisch: Gibbeton u n d Gabbaton, ägyp- 1250—1000 v. Chr.) besitzen wir Beispiele
t i s c h : Q p t ; i m Relief folgt d a n n A m q a r u n a von großen zweizinkigen Bronzegabeln
(Ekron), m i t Teil el-Melät gleichgesetzt. v o n T e p e S i a l k , V I B (s. S c h a e f f e r
Kleine Stadt mit einfacher Ringmauer, Stratigraphie comparee et Chronologie de
einseitig belagert. Die vier Verteidiger l' Asie Occidentale, 1948, Tf. 252, 31 und
sind undeutlich erhalten, vielleicht Äthio- 2 5 5 , 3 6 ) , T a k - K i l i s i in Georgien (ibd.,
p i e r , d a sie s i c h , w i e d i e s e N e g e r , n u r m i t T f . 2 7 4 , 16) u n d a u s A s e r b e i d s c h a n ( i b d . ,
L a n z e n verteidigen, w ä h r e n d die b ä r t i g e n S. 499). D i e V e r w e n d u n g v o n B r o n z e -
Leute v o n Ekron, Philister, m i t d e m gabeln ist a u c h f ü r L u r i s t a n belegt, w o
Bogen schießen. sie sich in G r ä b e r n z u s a m m e n m i t v e r -
Ausführlich: M a h m u d E l A m i n Sumer schiedenartigen Löffeln gefunden haben
I X , 1953, S. 3 6 I , Abb. 3 (Beischrift). Vgl. (s. A f O V I , S . 3 2 0 ) . E s s t e h t j e d o c h n i c h t
E . U n g e r R L V IV, S. I i i , § 4; A n t o n J i r k u fest, w o z u sie g e b r a u c h t w u r d e n . E i n e
Ägypt. Listen palästin. und syr. Ortsnamen, eiserne Gabel m i t drei langen Zinken,
Klio N F . Beiheft 25, 1937, S. 15, Nr. 103;
Wilhelm B o r ^ e Die Alten Ortsnamen Pa- die in einem G r a b aus judäischer Zeit in
lästinas, Diss. Leipzig 1930, S. 58, Nr. 15; L a c h i s c h (Teil e d - D u w e r ) z u t a g e k a m ,
Josua X I X , 44; X X I , 23; 1. Könige XV, 27; w a r vielleicht das Gerät eines Priesters
X V I , 15; Gerhard von R a d Palästina-Jahr- (s. A f O X , S . 3 8 8 ) . V g l . a u c h d e n F u n d i n
buch X X I X , 1933, S. 39; Friedrich S t u m m e r
T e i l A s m a r , F r a n k f o r t O I C 17, S . 2 o f .
Lexikon f . Kirche u. Theologie, IV, 1932,
S. 251. E c k h a r d Unger. M e i s s n e r BuA I, S. 418; ders. R L V IV,
S. 164; G a l l i n g Biblisches Reallexikon, S. 169.
GabS, Ortschaft, mit Qari zusammen Falkner.
in e i n e m neuassyrischen Brief g e n a n n t . Gaben s. Geschenke.
H a r p e r A B L Nr. 1044, Z. 10.
Ebeling. Gabhusguzubi, g e s c h r , d g a b ( g a ) - h u s -
g ü - z u b i ( z u - b i ) , Gottheit, zu Ningirsu
Gabel. D i e G a b e l a l s E ß w e r k z e u g i s t
g e h ö r i g , C T X X V p l . 2, Z . i 2 f .
d e m Alten Orient unbekannt, Babylonier
u n d Assyrer a ß e n ebenso wie die Ä g y p t e r D e i m e l Panth. Nr. 433; S L I V 1, Nr. 326, 4.
Ebeling.
mit den Händen.
D a g e g e n w u r d e n große, meist zwei- Gablat-äli, K a n a l o d e r F l u ß , i n e i n e m
zinkige Gabeln f ü r den Fischfang u n d Brief a u s Kassitischer Zeit g e n a n n t , viel-
anscheinend auch im K u l t verwendet. Bei leicht in der N ä h e v o n D ü r - K u r i g a l z u
A u s g r a b u n g e n sind einige wenige E x e m - (s. Z . 2 2 ) , L u t z U P I 2 N r . 6 3 , Z . 9 , 1 0 .
plare zutage gekommen. Die ältesten Ebeling.
Beispiele s t a m m e n a u s der ersten H ä l f t e dl
Gabli-nimittim, geschr. gab-li-ni-mit-
des 3. J a h r t a u s e n d s . Ein Grab der
tim, Ort in Babylonien, BE V I I I 1,
D s c h e m d e t - N a s r - Z e i t (etwa 2700 v. Chr.)
N r . 156, Z . 5 . Ebeling.
in U r lieferte eine große zweizinkige
Gabel aus K u p f e r m i t einem Holzgriff Gablinu, S t a d t , w a h r s c h e i n l i c h i n d e r
(s. C h r i s t i a n Altertumskunde des Zwei- Nähe von Nippur, nach Kontrakten aus
stromlandes, 1940, S. 146 und 158). Ein Nippur aus neubabylon.-persischer Zeit:
M
gabelförmiger Gegenstand aus Uruk, Gab-li-ni, bzw. Ga-ba-li-ni: BE IX
dessen beide Zinken miteinander verlötet N r . 22, Z . 5 ; N r . 2 6 a , Z . 6 — 7 v o m 3 0 . J a h r
dl
s i n d , b e s t e h t a u s S i l b e r (s. H e i n r i c h des Artaxerxes I. — Ga-ba-li-in-ni:
Kleinfunde aus den archaischen Tempel- K r ü c k m a n n Neub. Rechts- u. Verw.-
schichten in Uruk, 1 9 3 6 , S . 4 7 , T f . 3 5 f . ) , Texte, N r . 1 8 4 , Z . 6, d d . N i p p u r , 22. V I . ,
seine B e s t i m m u n g ist allerdings u n k l a r . 4. J a h r des D a r i u s I I . H i s t o r i s c h b e k a n n t
Die in U r g e f u n d e n e n zwei- u n d drei- durch den Überfall des Nabopolassar im
zinkigen K u p f e r g a b e l n aus der Mitte des S o m m e r 6 1 6 ( = 10. R e g i e r u n g s j a h r ) a u f
3. J a h r t a u s e n d s d i e n t e n w o h l z u m F i s c h - d a s a s s y r i s c h e H e e r , C. J . G a d d The Fall
GABNAK—GADUATA 131
äl
Galkisa, g e s c h r . ga-al-ki-sa, L a n d , i n S p ä t b a b y l o n i s c h T C L V I N r . 2: 4. Tf. d.
h e t t i t i s c h e m T e x t e K U B X V N r . 38, I, S e r i e : summa martu ( D u p l . C T X X V I I I
Z. 8 g e n a n n t . p l . 4 3 f. u n d X X X p l . 5 f.).
G o e t z e A N E T , S. 352. Ebeling. B e o b a c h t e t w i r d res martim d e r K o p f
Gallapfel, a k k . pagratu, wird in Assyrien ( = Anfang) der Gallenblase, die rechte u n d
beim Gerben (s. d . ) v e r w a n d t . Nach linke Seite u n d ihr Verhältnis zu d e n
E b e l i n g N B U Nr. 211 wird er aus d e m a n d e r e n T e i l e n d e r L e b e r , w e i t e r o b sie
M e e r l a n d e b z w . a u s H a t t i , s. G e r b e n , vollständig (salmat) oder losgerissen
bezogen. D e r P r e i s v o n G. w a r in n e u - (nahsat) i s t , o b s i c h i r g e n d w e l c h e F i g u r e n
babylonischer Zeit 1 Seqel Silber f ü r a u f i h r z e i g e n , z. B . e i n azqaru e i n M ö n d -
2 " / j M i n e n ( D o u g h e r t y Goucher Coli. I , c h e n , 7 u n d m e h r , s. K l a u b e r P R T S ,
N r . 327, Z. i f f . ) . S. 172 u n d die d o r t g e n a n n t e Lit. I n T C L V I
w i r d ein S t a c h e l (ziqtu), eine A n s c h w e l l u n g
T h u r e a u - D a n g i n R A X V I I , S. 27ff.,
Rit. Acc., S. 22, Z. 6ff.; S t r a s s m a i e r Cam- (digsu), e i n e V e r t i e f u n g (dihu) a n g e -
byses Nr. 155; M e i s s n e r BuA II, S. 352; nommen.
E b e l i n g N B U Nr. 221; T h o m p s o n DAB,
S. 255 (sieht in haShür abi „Gallapfel"). H o l m a Körperteile, S . 7 9 f . ; M e i s s n e r BuA
[ I m Chicago Assyr. Dict. VI, S. 247 f. wird I I , S. 270—72, 274, 299f. Ebeling.
die Lesung hüratu der Lesung pagratu vor-
gezogen u n d die Übersetzung „Gallapfel"
f ü r unwahrscheinlich erklärt.] Ebeling.
Gallenkrankheit, Gelbsucht. L e b e r l e i -
den müssen im alten Mesopotamien
dl dl
Gallasu, g e s c h r . gal-la-su ( V a r . kal- h ä u f i g gewesen sein. So ist es n i c h t er-
la-su), O r t im Bereich von Alaiah, W i s e - staunlich, d a ß die medizinischen T e x t e
m a n N r . 132, Z. 1; 182, Z. 4 5 ; 185 Z. 16; ihnen ein wichtiges Kapitel widmen
343, Z. 21. Vgl. a u c h G a l a s u . (Küchler XIV—XX; K A R N r . 187),
Ebeling. d a ß eine große Anzahl von P a r a g r a p h e n
der N a c h s c h l a g e w e r k e zahlreiche spezielle
Galle. B a b y l o n i s c h e r A r z t u n d S e h e r - P f l a n z e n z u r H e i l u n g dieses L e i d e n s n e n -
priester unterscheiden sachlich genau
n e n ( K A R N r . 203, I, Z. 3 0 — 3 4 ; I V , Z. 48,
zwischen Gallenblase u n d Gallenflüssig-
5 9 — 6 3 ; R A X V , S. 35, Z . 2 4 — 3 4 u s w . ) .
keit, sprachlich wird b e i d e s oft mit
A u ß e r d e m h a b e n die Mediziner sorgfältig
martu b e z e i c h n e t ; z u r V e r d e u t l i c h u n g alle S y m p t o m e , die R ü c k s c h l ü s s e auf die
setzt m a n f ü r die Gallenflüssigkeit me zu
Galle g e s t a t t e t e n , n o t i e r t (die F i n g e r [ T D P
marti h i n z u . S. 9 8 , Z. 4 1 , 4 2 , 4 7 ] , d i e A u g e n [ib. S . 20,
F ü r d e n S e h e r p r i e s t e r bärü i s t d i e B e -
Z . 2 4 ] , E r b r e c h e n [ib. S. 6 4 , Z . 4 9 — 5 2 ] ,
o b a c h t u n g der Gallenblase ein wichtiges
S t u h l g a n g [ i b . S . 27, Z . 6 8 ] , V e r s t o p f u n g
Kapitel. Die ältesten Beispiele s t a m m e n
[ K ü c h l e r X I V , Z . 1], e i n e E n t b i n d u n g
a u s der altbabylonischen Zeit, vgl. G o e t z e
[ K A R N r . 195, R s . Z . 2 5 ] u s w . ) .
Y O S X , S . 5, 7 , 10, N r . 28, 3 1 , 3 2 , 5 9 ,
60. A l t b a b y l o n i s c h sind a u c h die B e r i c h t e W e n n m a n in d e n m e d i z i n i s c h e n T e x t e n
C T I V p . 34, B u 88-5-12, 591, u n d U n - ein L e b e r l e i d e n k e n n z e i c h n e n will, b e -
g n a d Babyl. I I , S . 2 5 7 f f . F ü r m i t t e l b a b . s c h r ä n k t m a n sich sehr h ä u f i g d a r a u f , zu
Zeit u n d H a t t i vgl. K U B IV, N r . 7 1 — 7 3 ; s a g e n : „ W e n n ein Mensch a n d e r Galle
K U B X X X V I I , N r . 180. l e i d e t " (martu „ d i e B i t t e r e " , d i e G a l l e n -
Aus neuassyrischer Zeit sind zu notieren: blase, die Galle). M a n c h m a l w i r d die B e -
K l a u b e r P R T S , S. 1 7 2 ; K A R N r . 1 5 0 , schreibung des Leidens auf folgende Weise
neuass. Schrift, aber sprachlich altbaby- genauer bestimmt: „Der Kranke, der
lonisch : K o p i e eines S t ü c k e s a u s B a b y l o n ; normal ißt u n d trinkt, hat Erstickungs-
neuassyrisch durch Schrift u n d Sprache anfälle u n d Gesichtszucken" (Küchler
weitere Texte aus Assur: K A R Nr. 423 X V , Z. 38) o d e r : „ e r h a t S c h m e r z e n a m
Vs. I I I , Z. r i — 3 0 ; N r . 4 2 7 Rs., Z . 7 — 2 4 ; Kopf, im Nacken, in der seitlichen oberen
N r . 4 3 9 R s . ; N r . 4 4 4 2. S . ; N r . 4 4 6 V s . ; B a u c h g e g e n d u n d in d e n F ü ß e n , a u ß e r d e m
N r . 4 4 8 ; N r . 4 4 9 ; N r . 450. G e s i c h t s z u c k e n " (ib. Z . 4 6 — 4 7 ) .
GALLENKRANKHEIT, GELBSUCHT—GALMU 135
N e b e n martu f i n d e t s i c h d a s W o r t eines G r a n a t a p f e l b a u m e s verschrieb, be-
;pasittu (ib. XVI Kol. II, Z. 12, 17, 21), h a n d e l t e er normalerweise die Gelbsucht
d a f ü r gibt ein K o m m e n t a r (Dougherty m i t Hilfe flüssiger, meist a b f ü h r e n d e r Me-
G C I I , N r . 406, Z. 4) f o l g e n d e E r k l ä r u n g : dikamente. Die Texte enthalten jedoch
„paSittu ( K r a n k h e i t d e s ) S p e i c h e l s — mancherlei Hinweise auf Vorstellungen
paSittu, d e r G a l l e e n t h ä l t " . D i e s e E r k l ä r u n g des Volksaberglaubens, so die Vorschrift,
sowie d a s I d e o g r a m m f ü r d a s W o r t („der in der H a n d einen R i n g aus rotem Gold
den Nerv des Zahnes z u m Schmerzen z u h a l t e n ( K ü c h l e r X I X , Z . 5).
b r i n g t " ) l ä ß t a n ein galliges A u f s t o ß e n Eine besonders heftige oder böse F o r m
denken. D a s Leiden wird häufig in Ver- d e r G e l b s u c h t w u r d e ahhäzu ( N a m e e i n e s
b i n d u n g m i t d e m lubatu g e n a n n t e n e r - Dämonen) genannt: „ W e n n der Körper
w ä h n t , dieses scheint einen Verfall des eines Menschen gelb ist, das Gesicht gelb
F l e i s c h e s (s. E b e l i n g Quellen I I , N r . 2, u n d schwarz u n d die W u r z e l seiner Zunge
Z . 51) sowie ein A u f t r e t e n v o n ü b e r - schwarz ist: der N a m e dieser K r a n k h e i t
mäßigem u n d erschöpfendem Schweiß zu i s t ahhäzu" ( K ü c h l e r X I X K o l . I V ,
b e z e i c h n e n ( T D P S. 1 1 6 — 1 1 8 , I I , Z . 4 — 9 ) . Z . 2 6 ; T D P S . 73, Z . 13). H ä u f i g w i r d
Alle diese Beschwerden sind m a n c h m a l die K r a n k h e i t als u n h e i l b a r m i t t ö d -
von heftigen Kopfschmerzen (Küchler lichem Ausgang angesehen: „ W e n n die
X V I , Z. 21) u n d S c h w i n d e l a n f ä l l e n b e - «AA&M-Krankheit einem Menschen in
g l e i t e t (asü, R A X L , S . 117). die A u g e n gestiegen ist, sie g e l b w i e
D i e K r a n k h e i t pasittu ( n ä h e r b e z e i c h n e t K u p f e r sind, w e n n sein Inneres a u f g e w ü h l t
a l s o d e r b e g l e i t e t v o n ) tugatu z e i g t b e i wird u n d Speise u n d T r a n k wieder her-
K ü c h l e r X V I , Z. 23 f. f o l g e n d e S y m - g i b t : dieser Mensch wird n a c h langem
p t o m e : „ W e n n der K r a n k e ißt, seine S i e c h t u m s t e r b e n " ( K ü c h l e r X X , Z. 4 3
M a g e n g e g e n d i h n schmerzt, er eine innere bis 44), u n d n o c h m a l s : „ W e n n ein M a n n
H i t z e zeigt u n d er b e i m E r b r e c h e n Galle a n ahhäzu l e i d e t , w e n n s e i n K o p f , s e i n
auswirft". Antlitz, sein ganzer K ö r p e r u n d seine
Die B e h a n d l u n g dieses Leidens geschah Zungenwurzel schwarz sind: der Arzt
zumeist mit Hilfe von Abführ- oder Brech- soll n i c h t eingreifen, d e r K r a n k e w i r d
mitteln, verabreicht in flüssiger Arznei, s t e r b e n , e r w i r d n i c h t g e n e s e n " (ib. Z .
Klistieren oder Zäpfchen, deren Ingre- 45—46).
d i e n z e n i m a l l g e m e i n e n a u s Salz, Aloe, Schließlich ist es möglich, d a ß v o n
Berg-Kümmel, Fichten- oder Tannen- einem durch Amöbenruhr verursachten
terpentin, Andropogon usw. bestanden. Leberleiden in e i n e m leider schlecht er-
M a n c h m a l w u r d e das E i n n e h m e n dieser haltenen Abschnitt von T h o m p s o n AMT
M e d i k a m e n t e v o m Rezitieren einer Be- 49, 4, R s . Z. 1 ff. ( + V A T 10633: E b e l i n g
s c h w ö r u n g begleitet, die die stechenden A G M X I I I , S. 8), d i e R e d e i s t . H i e r w i r d ,
S c h m e r z e n („wie eine N a d e l " ) beschwören wie m i r scheint, die P u n k t i o n eines Leber-
oder das A u f t r e t e n der gelben F a r b e abszesses beschrieben. Ganz wie die m o -
m y t h i s c h u m r a h m e n sollte ( K ü c h l e r X V I d e r n e n Chirurgen f ü h r t e n die alten Medi-
b i s X V I I , Z. 27—59). z i n e r s i e z w i s c h e n d e m 8. u n d 9. R i p p e n -
Die Gelbsucht wurde von den Akkadern bogen aus.
„ d i e gelbe K r a n k h e i t " g e n a n n t . „ W e n n F r . K ü c h l e r Beiträge zur Kenntnis der
d e r K ö r p e r eines Menschen gelb ist, sein assyrisch-babylonischen Medizin (1904), T e x t
Gesicht g e l b u n d sein Fleisch schlaff i s t : I I I , S. 42 ff. Rene L a b a t .
d e r N a m e ( d i e s e r K r a n k h e i t ) i s t amurri- Gallü s. D ä m o n e n .
qänu" ( K ü c h l e r X V I I I , Z . 7 ; T D P
S . 1 7 0 , Z . 24). M a n c h m a l g e n ü g t e d a s Galmahanna, geschr. d g a l - m a h - a n -
gelbe Aussehen der Augen, u m die n a , Gottheit, „der Große, der a m H i m m e l
Diagnose zu stellen. W e n n in diesem e r h a b e n i s t " , s. N i n u r t a . Ebeling.
Fall der Arzt auch zusätzlich das ört- Galmu, g e s c h r . d g a l - m u , Gottheit,
liche Einblasen der zerstoßenen Spitze „ g r o ß e r N a m e " , s. N i n u r t a . Ebeling.
136 GALSAB—GAMBULU
3
GANDU-GANNANATE 139
ka-mat Bä-bä-lam „außerhalb von Baby- H o f , d a er in Z. 17 als „ S c h ü t z e r d e s H o f e s "
l o n " l a g [vgl. L a n g d o n V A B I V , S. 82, (näsir tarbasi) a n g e s p r o c h e n i s t . D i e L a g e
I , 14. 8 4 , N r . 5, I , 12. 9 0 , I I , 5]). d e r S t a d t i s t u n b e k a n n t . E c k h a r d Unger.
Weidner. dl dl
Ganna, geschr. ga-an-a, gän-na-a,
d
Gandu, g e s c h r . g a - a n - d u , C T X X I V , Ortschaft im Gebiet von Ugarit: N o u -
pl. 40, Z. 56 o d e r d g a n - d u 7 V R pl. 44, g a y r o l P R U I I I , S . 189, Z . 1 8 ; 1 9 0 ,
Z. 2 3 c = P a p s u k k a l , s. d . Z . 2 1 a . i b ; 191, Z . 17. Weidner.
T a l l q v i s t AG S. 308; D e i m e l S L I V 1, Gannanate. S t a d t i n e t w a 34 0 3 0 ' n. B r .
Nr. 594, 5. Ebeling.
u n d 4 5 ° 3 0 ' ö s t l . L . v . G r e e n w i c h a m 1. U f e r
Gangu, g e s c h r . d g a - a n - g u , C T X X I V , des Flusses T u r n a t , jetzt Dijala, auf
p l . 4 0 , Z . 5 7 = P a p s u k k a l , s. d . babylon. Gebiet. Salmanassar I I I . ging
Weidner. auf s e i n e m Hilfszuge f ü r M a r d u k z ä k i r s u m i
v o n B a b y l o n i m 8. palü (851) v o n Z a b a n
Ganguhtu, S t a d t i n W e s t m e d i e n , i n d e r a m Unteren Z a b nach der Stadt Me-
N ä h e v o n H a r h a r , 716 v o n Sargon I I . T u r n a t , die er e r o b e r t e , u n d n a c h G., d a s
e r o b e r t , a u f d e n R e l i e f p l a t t e n 29 u n d 2 8 e r b e l a g e r t e . I m 9. palü (850) z o g e r
des Saales I I v o n Dür-Sarrukin im Bilde über den Oberen und Unteren Zab,
dl
dargestellt, mit Beischrift: Ga-an-gu- eroberte die S t ä d t e L a h i r u u n d G. u n d
uh-tu: B o t t a Mon. I , T f . 7 0 , 1 8 0 = H . verfolgte d e n a u s G. e n t f l o h e n e n M a r d u k -
W i n c k l e r Sargon I I , T f . 4 9 , 2 e. U m belusäte, den Gegenkönig, bis A r m a n
818 v. Chr. n e n n t Samsi-Adad V. d e n (Halman) im Zagrosgebirge, wo dieser
a
Ort Gi-in-hu-uh-tu mit dem Fürsten vernichtet wurde. Dieser ausführlichen,
U r s i als t r i b u t ä r u n d zu Nairi gehörig zeitlich a m n ä c h s t e n s t e h e n d e n E r z ä h l u n g
(Stele I I I , Z . 58 = K B I, S. 182 = L u k - der Balawat-Inschrift Kol. I V — V ( D e -
k e n b i l l A R A B § 722). Die A n n a l e n S a r - l i t z s c h B A V I , 1, S . 1 3 5 ! ) s t e h t die
g o n s I I . (Z. 6 6 = H u g o W i n c k l e r Sargon kürzere spätere Fassung gegenüber, d a ß
I I , T f . 3, u n t e n , N r . 6, e r s t e Z e i l e l i n k s ) i m 8. J a h r e (851) M e - T u r n a t u n d L a h i r u
l a s s e n e r k e n n e n : AlGa-nu-u[n ?-g]u-wA-[tu]. e r o b e r t w u r d e n , w ä h r e n d i m J a h r e 850 G.
I n e i n e m a s s y r i s c h e n B r i e f e h e i ß t sie u n d H a l m a n fielen (Stierinschrift Z. 79ff.
41
Ki-gu-uh-tü ( H a r p e r A B L N r . 5 5 6 , a . a . O . S. 1 4 7 ; T o n t a f e l v o n 8 3 8 : F u a d
R s . Z . 10). D i e S t a d t b e s i t z t z w e i R i n g - S a f a r Sumer V I I , S. 8, K o l . I I , 3 1 — 4 0 ;
mauern, ihre Bewohner tragen Vollbart, T o n t a f e l v o n 8 4 2 : G e o r g e G. C a m e r o n
strähniges Haupthaar, Chiton mit Fransen- Sumer V I , S. 13 f. K o l . I I , 4 1 —48). G . w i r d
b o r t e u n d auf d e m R ü c k e n ein Fell, wie g e s c h r i e b e n Gdn-na-na-te ( B a l a w a t IV,
alle Gebirgsvölker Westmediens. Z . 3, V , 2, i n K o l . V , Z . 1 f e h l e r h a f t
B i l l e r b e c k Suleimania, S. 102; E . U n g e r Gän-na-te, v g l . P i n c h e s T S B A V I I ,
R L V IV, S. 112, § 8; S t r e c k ZA X I I I , S. 66, S . 102), s p ä t e r a b e r Ga-na-na-a-te ( T o n -
XV, S. 342; M a h m u d E l A m i n Sumer I X , t a f e l d d . 8 4 2 , K o l . I I , Z . 4 5 ) u n d Ga-na-
1953, S. 53, Abb. 9 (ausführlich). na-te ( T o n t a f e l d d . 8 3 8 , K o l . I I , Z. 3 6 ,
E c k h a r d Unger. s. 0., s o w i e O b e l i s k Z . 7 8 : K B I , S . 1 3 8 ) .
S a m s i - A d a d V. zog auf seinem v i e r t e n
Ganl}ar lies K a r a h a r u n d s. d .
u n d f ü n f t e n F e l d z u g ( K B I , S. 184, I V ,
ki
Ganibatum, g e s c h r . ga-ni-ba-tim , O r t 15; W e i d n e r A f O I X , S. 92, I I I , 28, v g l .
i m D i s t r i k t v o n T e r q a ? A R M I I I , N r . 35, S . 97) a n Ga-na-na-(a-)ti(e) v o r b e i u n d
Z . 10. Ebeling. e r o b e r t e d i e S t a d t (Ga-na-na-a-te) a u f
dl seinem sechsten Feldzuge nach der Ge-
Ganina, g e s c h r . ga-ni-na, i n d e r L i s t e
fangennahme des Bau-ahi-iddin (Synchr.
K 252 m i t A n g a b e der G ö t t e r in T e m p e l n
Gesch. I V , 3 : C T X X X I V , pl. 41). A s s u r -
u n d S t ä d t e n Assyriens e r w ä h n t : Sitz des
& d ä n III. u n t e r n a h m zwei Feldzüge n a c h
G o t t e s S u m u q a n a l s Bel-lab-ri-e ( F r a n -
G. ( E p o n y m e n c h r o n i k R L A I I , S. 430),
k e n a Täkultu, S. 7, V I I I , 16, u n d S . 8 2 ,
i m J a h r e 7 7 1 Ga-na-na-a-ti, u n d 7 6 7
N r . 30). D e r G o t t h a t t e B e z i e h u n g e n z u m
140 GANS—GANSAGA
Gantur l i e s h e - t ü r u n d s. d . e i n e s T e i l e s d e s 5. u n d w ä h r e n d d e s g a n z e n
d
6. R e g i e r u n g s j a h r e s v o n e i n e r anderen
Ganun-Bau: g e s c h r . g a n u n - b a - ü „ M a - Stelle, d e m g a n u n - i g i - z i d - m u - s e - b a r
g a z i n der B a u " . Alle d a t i e r t e n T e x t e , die
(siehe dort), a u s g e f ü h r t w u r d e n .
dieses Gebäude erwähnen, tragen d e n
(Über die Kriege zur Zeit Urukaginas s. AO
N a m e n Urukaginas, d a r a u s läßt sich fast 4598, Hinweise in R A X L V I I I , S. 92 Anm. 4.)
m i t Sicherheit schließen, d a ß das Magazin M. L a m b e r t .
nicht schon u n t e r seinen Vorgängern
existierte. M a n k a n n also bei E r w ä h n u n g Ganun-bll „Neues Magazin".
des g a n u n - d b ä - ü einen nicht datierten Wahrscheinlich eine A b k ü r z u n g der
T e x t ohne weiteres in die Regierungszeit f o l g e n d e n B e z e i c h n u n g , es w i r d i n T e x t e n
d e s U r u k a g i n a setzen. Andererseits exi- a u s d e m 1. R e g i e r u n g s j a h r Urukaginas
s t i e r t e u n t e r E n - e n - t a r - z i ( V S X I V , N r . 82) e r w ä h n t ( D P N r . 530, 532; V S X I V ,
u n d u n t e r L u g a l a n d a (Nik. N r . 53. 6 2 ; N r . 4, 68). M.Lambert.
R T C N r . 68; D P Nr. 551 usw.) ein Lager-
Ganun-bil-gis-kin-ti „ N e u e s A r b e i t e r -
r a u m e - g a n b a (e-KI-LAM) „Verkaufs-
Magazin".
m a g a z i n " , der niemals in einem n a c h
Dieser L a g e r r a u m scheint eine N e u -
Urukagina datierten Text vorkommt.
anlage neben d e m ganun-gis-kin-ti
M a n k a n n m i t h i n als möglich a n n e h m e n ,
gewesen zu sein. Die Texte, in d e n e n er
d a ß , als i m R a h m e n der religiösen Re-
e r w ä h n t w i r d , s t a m m e n a u s d e m 1. R e -
f o r m e n Urukaginas die Güter des e-mi
g i e r u n g s j a h r U r u k a g i n a s ( D P N r . 256,
„Palastes der Prinzessin" a n die G ö t t i n
520, 522, 526). D e r V e r w a l t e r e n t n a h m
B a u übergingen, das Magazin e - g a n b a
d a r a u s Getreide, d a s d e r G ö t t i n B a u ge-
zum g a n u n - d b a - r i wurde. Über das
hörte. M. L a m b e r t .
Magazin e - g a n b a bezahlte m a n unter
Lugalanda die Diener der fürstlichen Ganun-gi-ka-gur7-a „Magazin des
K i n d e r ebenso wie die monatlichen Ab- Schilfes . . . "
gaben (sä-dug4-ga-itud-da). Unter Hier bewahrte man Balken auf ( D P
U r u k a g i n a w u r d e n diese Dinge im g a n u n - N r . 461, I I , i). M.Lambert.
d b a - ü geregelt.
Ganun-gi- d mes-an-gub „Magazin des
Zahlreiche T e x t e : 1. J a h r (VS XIV, Nr. 2
u n d 57); 2. J a h r (DP N r . 537, 538); 3. J a h r Schilfes des M e s a n g u b " .
( D P Nr. 547; H S S I I I N r . 10, 27); 4. J a h r Dies ist wahrscheinlich eine N e b e n -
(TSA Nr. 19; H S S I I I Nr. 2); 5. J a h r (HSS anlage bei d e m ganun-dmes-an-gub.
I I I Nr. 4, 22; T S A Nr. 12; D P Nr. 564; VS
Der Verwalter Enikgal lagerte hier un-
X I V , Nr. 29 u n d 102) usw.
gefähr 800 s a - m a - n u (Reisigbündel?),
W i r wollen nicht strikt behaupten, d a ß die d e r W e r k f ü h r e r Ses-lu-hi auf Schiffen
das g a n u n - d b a - ü in keinem Text aus v o n L a g a s h e r b e i f ü h r t e ( D P N r . 365).
d e m 6. R e g i e r u n g s j a h r U r u k a g i n a s v o r - M. L a m b e r t .
k o m m t . W e n n es sich a b e r so v e r h ä l t
(wie w i r g l a u b e n ) , so w ü r d e es d i e H y p o - Ganun-gis-kin-ti „Arbeiter-Magazin''.
these stützen, d a ß Lugalzaggisi Siraran Hier lagerte m a n verschiedene Hölzer,
a m E n d e d e s 5. o d e r A n f a n g d e s 6. R e - hauptsächlich Balken. Nach VS XIV
gierungsjahres Urukaginas eingenommen N r . 178 w a r es i m S t a d t v i e r t e l G i r s u ge-
h a t , d e n n einerseits b e f a n d sich das legen.
e - g a n b a in diesem Stadtviertel (VAT T e x t e : 2. J a h r des Urukagina (DP Nr. 158,
4 7 6 1 b e i D e i m e l Sum. Gramm., S . 3 0 4 ) , X I I , 440; V S X I V Nr. 178); 2. J a h r (des Uru-
andererseits lagen die von d e m H e r r n von kagina?) (Nik. N r . 284; D P Nr. 119, 330, 457,
487)- M. L a m b e r t .
U m m a ausgeraubten und niedergebrann-
t e n T e m p e l alle i m Gebiet v o n Siraran Ganun-gis-ti.
oder a u ß e r h a l b v o n Girsu. Schließlich Hier wurden Hölzer gelagert (DP
w ü r d e es a u c h e r k l ä r e n , w a r u m d i e A m t s - N r . 473). F a l s c h e S c h r e i b u n g f ü r g a n u n -
geschäfte des g a n u n - d b a - ü während gis-kin-ti? M.Lambert.
142 GANUN-GUR -GANUN-MAH
d a ß a l l e T e x t e a u s d e m 6. R e g i e r u n g s j a h r d e r h i e r n e b e n m u I u z a tenzu) = V e n u s (s.
( H S S I I I , N r . 18, 24, u n d s i c h e r l i c h a u c h R L A I I , S. 407) e r s c h e i n t .
1 2 ; T S A N r . 13) r e g e l m ä ß i g a l s v o l l s t ä n - F . G ö ß m a n n Planet. Babyl., S. 20, N r . 66.
dige F o r m des N a m e n s g a n u n - s e - ü r - r e - Weidner.
s a r a u f f ü h r e n . D u r c h V e r m i t t l u n g dieses
Magazins w u r d e n die i g i - n u - d u h sowie
Ganzer, Gan§ir, Name der Unter-
w e l t , s. d .
die monatlichen A b g a b e n ( s a - d u g 4 - i t u d -
d a ) des Tempels der B a u bezahlt. Gapi, g e s c h r . d g a 4 - p i 7 ( G l o s s e ga-pi),
Andere T e x t e : Urukagina e n s i (HSS I I I , m i t d e m Wettergott gleichgesetzte Gott-
Nr. 6, 31; D P Nr. 155, 227); 2. Regierungsjahr heit, I I R pl. 47, Z. 2 5 c — d . Ebeling.
(DP N r . 112, 154, 367; H S S I I I Nr. 3, 7, 25 u n d
vielleicht Nr. 21; Nik. Nr. 1, 60, 64); 3. J a h r Gar, g e s c h r . d g a - a r , G o t t h e i t n e b e n
(DP Nr. 113, 329; H S S I I I Nr. 8, 11, 17, 26;
T S A Nr. 11, 18, 34); 4. J a h r (DP Nr. 116, 331, Alala in assyr. Beschwörungstext g e n a n n t ,
545, 563; H S S I I I Nr. 29, 37; Nik. Nr.2); K A R N r . 2 3 3 R s . Z . 16.
7. J a h r (HSS I I I Nr. 47). M . Lambert.
Gara, geschr. d g ä - r a , Gottheit, eine
Ganun-se-ür-re-sar s. Ganun-sar. der Väter-Mütter-Gottheiten = G a r CT
X X I V p l . 20, Z . 1 0 b .
Ganun-ü „Kräutermagazin". D e i m e l Panth. Nr. 430. Ebeling.
Scheint nur eine einfache Nebenanlage 1
des g a n u n - d m e s - a n - g u b (VAT 4704 Garatami, g e s c h r . Ga-ra-ta-a-mi* , b a -
i n Or. X V I , S . 38) g e w e s e n z u s e i n . E r - bylonische S t a d t , e r w ä h n t in einer Liste
w ä h n t in V e r b i n d u n g m i t d e m g a n u n - aus der Zeit des Rim-Sin: Thureau-
n a m - d u m u - d b a - ü - k a - d ü - a i m 1. R e - D a n g i n R A V I I I , S . 82, V s . 13.
g i e r u n g s j a h r des U r u k a g i n a ( D P N r . 415). E c k h a r d Unger.
M. L a m b e r t .
Gärbottich, a k k . namzitu, g r o ß e s G e -
mui(gi§)Gän-ur 3 , S t e r n b i l d d e r „ E g g e " , f ä ß a u s H o l z , S t e i n o d e r M e t a l l , s. D e -
v o n K u g l e r ( S S B , E r g . , S. 222) m i t l i t z s c h H W S . 3 9 6 a, g e h ö r t z u m W e r k -
C r u x , v o n B e z o l d ( S H A W 1913, n, z e u g d e s B r a u e r s u n d G e r b e r s , s. * G e r -
S . 13) f r a g e n d m i t Ä r a i d e n t i f i z i e r t . E s b e n u n d O p p e n h e i m - H a r t m a n Suppl.
gehörte zu d e n *Ea-Gestirnen, lag also zu JAOS N r . 10, S . 16, f i n d e t A n w e n -
jedenfalls a m Südhimmel, und wird dung beim Ritual, s. F a l k e n s t e i n
V R 4 6 , 2 5 a b s o w i e C T X X X I I I , p l . 3, Topographie von TJruk, S. 20, Anm. 3.
Z . 2 3 f. g e d e u t e t als „ W a f f e d e s G o t t e s Z i m m e r n ZA X X X I I , S. 167—69; M e i s s -
A . M A L , i n d e s s e n M i t t e e i n ( d e r ) apsü n e r B u A I, S. 240. Ebeling.
sichtbar ist". Sonst begegnet das Gestirn
n u r n o c h V i r o l l e a u d A C h , 2. S u p p l . Garde s. Heer.
L X V I I I , R s . 1 8 f . D e n apsü ( „ S ü ß w a s s e r - Gardi geschr.
mu ki
- ga-ar-di , ki
Ort in
becken") setzt K u g l e r (a. a . 0 . ) an-
B a b y l o n i e n b e i L a r s a (?) J e a n TCL X
sprechend mit der dunklen, sternen-
Nr. 109, Z. 5; ga-di{l)-diki (Z. 14).
l e e r e n S t e l l e z w i s c h e n oc C r u c i s u n d I C e n -
tauri, dem sogenannten „Kohlensack", Ebeling.
gleich. Hingewiesen sei n o c h auf die s p ä t -
Gardikanni 1. S a d i k a n n i und s. d.
griechische Überlieferung, die a m Süd-
h i m m e l als P a r a n a t e l l o n t a d e r W a a g e Gargamis s . K a r k e m i s .
Sternbilder des Hades u n d des Styx oder Gari, g e s c h r . mdtga-ri, g e n a n n t mit
A c h e r o n n e n n t (s. B o l l Sphaera, S . 2 4 6 f f . ) . vielen d a z u gehörigen S t ä d t e n in d e m
N a c h C T X X V , p l . 13, Z . 1 i s t m u l g ä n - Amama-Brief K n u d t z o n VAB II, Nr.
u r 3 Deckname für den P l a n e t e n M e r - 256, Z. 23. D i e L a g e ist umstritten.
k u r . Bei V i r o l l e a u d ACh, Istar X X I , W e b e r ( V A B I I , S . 1319) g l a u b t e , d a ß
mät
7 0 f . = 2. S u p p l . L X X I I I , 5 5 f . ; L X X I V , ein Schreibfehler für ga-(az)-ri ( G e z e r )
6 f . ; C X I X , 52 ist gewiß M e r k u r g e m e i n t , vorliege, A l t ( J P O S X I I , S. I 3 2 f f „ u n d
GARlS—<G A R T E N 147
X V , S. 294ff.) s u c h t e d a s L a n d i m N e g e b Garten. D e r B e s i t z e i n e s G . s w a r f ü r
u n d s e t z t e G a r i m i t G e r a r (Teil esch- den Babylonier eine Lebensnotwendigkeit.
Scherl'a) gleich, d a s i m A l t e n T e s t a m e n t Sein Ideal hinsichtlich der A u s d e h n u n g
als f ü h r e n d e r Ort im Negeb erscheint, des Gartens ergibt sich a u s d e m Schluß-
N o t h ( J P O S X V , S. 43f.) s u c h t e d a s passus der X I . Tafel des Gilgames-Epos.
Land im südjudäischen Bergland u n d H i e r h e i ß t e s ( T h o m p s o n Epic of Gil-
setzte Gari m i t Gosen gleich. gamish, p . 6 7 , Z . 3 0 6 L ) : „ 1 S a r i s t S t a d t ,
Weidner. 1 Sar Gärten, 1 Sar Flußniederung, (dazu
k o m m t ) d a s (heilige) G e b i e t ( ? ) d e s T e m -
Garis, u n r i c h t i g e Lesung für Gasur
p e l s d e r I s t a r . D r e i S a r u n d d a s (heilige)
(s. d i e s e s ) .
G e b i e t (?) u m f a s s e n U r u k " . D e r S p r e c h e r
Garmedudu, g e s c h r . gar-me-du-duki, Ort b e t r a c h t e t also ein D r i t t e l der b e b a u b a r e n
i n E l a m , M D P X X I I , N r . 1 4 4 , Z . 5. L a n d f l ä c h e als notwendig f ü r d e n Garten.
Leibovici. E s ist a n z u n e h m e n , d a ß der Babylonier
zu allen Zeiten b e m ü h t war, diese Q u o t e
GARpaza s. Sapaza.
für seinen Garten im Verhältnis zu seinem
Garqadu, geschr. d g a r - q a - d u , Gott- Landbesitz zu erreichen.
heit, in Götterliste aus F a r a verzeichnet. Garten heißt zunächst „Baumgarten".
D e i m e l Sch. Fara, S. 10*. Ebeling. D e r H a u p t b a u m des G a r t e n s ist die
D a t t e l p a l m e . Sie b r i n g t m i t i h r e m S c h a t -
GARsana, g e s c h r . G A R - s a - ( a n - ) n a ,
ten in der brennenden Hitze Erquickung
O r t i n S ü d b a b y l o n i e n , i n elf U r - I I I - U r -
u n d ist a u ß e r d e m eine Kapitalanlage
kunden erwähnt. Zur geographischen Lage
ersten Ranges. F ü r ihre Behandlung,
sowie zur Lesung u n d D e u t u n g des N a -
Pflege u n d A u s n ü t z u n g vgl. R L A II,
m e n s , s. V f . , A f O X V I I I , S . 1 0 4 — 8 .
S. 196. A l s E r g ä n z u n g b e a c h t e L a n d s -
E . Sollberger.
b e r g e r M S L I, S. i 9 2 f f . f ü r das A n -
Garstang, J o h n , g e b . 5. M a i 1 8 7 6 i n p f l a n z e n (zaqdpu), S . 2 0 0 f f . f ü r d i e k ü n s t -
B l a c k b u r n ( L a n c a s h i r e ) , g e s t . 12. S e p - l i c h e N a c h r e i f e (Sakänu u n d kamdru).
t e m b e r 1956 in B e i r u t . E r w a r seit 1902 Zu den bedeutendsten Schöpfern, He-
R e a d e r in E g y p t i a n Archaeology, seit gern u n d Pflegern altorientalischer Gärten
1 9 0 7 P r o f e s s o r of t h e M e t h o d s a n d P r a c - gehörten die assyrischen Könige Tiglat-
t i c e of A r c h a e o l o g y a n d e r U n i v e r s i t ä t pileser I., Assurnäsirpal II., Sargon, San-
Liverpool, seit 1919 D i r e k t o r d e r A n - herib, Asarhaddon, Assurbänipal. Die
tikenverwaltung u n d Leiter der British g r ö ß t e n Verdienste u m d e n G. h a b e n
S c h o o l of A r c h a e o l o g y i n J e r u s a l e m , s e i t sich wohl Assurnäsirpal I I . u n d Sanherib
1 9 4 9 P r ä s i d e n t d e s B r i t i s h I n s t i t u t e of erworben. Assurnäsirpal ließ a m Tigris-
Archaeology in Ankara. I n Liverpool Ufer bei Kalah weitausgedehnte Gärten
b a u t e er d a s Archäologische I n s t i t u t auf durch Anpflanzung von jungen Bäumen
u n d b e g r ü n d e t e d i e Z e i t s c h r i f t Annais of aller A r t u n d d u r c h A u f z u c h t v o n B l u m e n
Archaeology and Anthropology. E r l e i t e t e a u s S a m e n e n t s t e h e n ( W i s e m a n Iraq
A u s g r a b u n g e n in Meroe (Äthiopien), Sak- X I V , S. 33, Z. 38ff.). Ä h n l i c h e A n l a g e n
tschegözü (Kleinasien), Jericho u n d Mersin schuf Sanherib in der N ä h e v o n Ninive
(Kilikien). (Luckenbill Annais of Sennacherib,
V e r ö f f e n t l i c h u n g e n : The Land of the S. 113ff., Kol. V I I I , i ö f f . ) . U n t e r d e n
Hittites ( 1 9 1 0 ) ; The Hittite Empire ( 1 9 2 9 ) ; B ä u m e n , die er pflanzte, ist a u c h der
The Foundations of Biblical History: B a u m w o l l b a u m a u f g e f ü h r t (ib., S . 116,
Joshua and Judges ( 1 9 3 1 ) ; The Heritage V I I I , 64). Z u r B e w ä s s e r u n g d e r A n l a g e n
of Solomon ( 1 9 3 4 ) ; Prehistoric Mersin ließ er die Gebirgsbäche i m Dschebel
(I953); The Geography of the Hittite Em- Maqlüb, nordöstlich von Ninive, zu-
pire ( m i t O . R . G u m e y , 1 9 5 9 ) ; z a h l r e i c h e sammenfassen u n d über einen A q u ä d u k t
Zeitschriften-Aufsätze, besonders in A A A . n a c h N i n i v e l e i t e n ( v g l . P a r r o t Archäolo-
Weidner.
gie mesopotamienne I, S. 431 ff.). Bei.
10*
148 GARTEN
I n der Literatur tritt hervor die Ane- als Ersatzkönig beim Akitu-Fest nach
m o n e illüru v g l . d a z u E b e l i n g TuL d e m T o d e des I r a - i m i t t i auf d e m T h r o n
S. 3 4 f . ; T h o m p s o n D A B S. i 4 o f f . P R S M sitzen bleiben, o h n e W i d e r s p r u c h z u er-
1926, S. 53. F ü r a n d e r e B l u m e n vgl. D A B , r e g e n (s. R L A I , S . 4 7 5 ) . S a r g o n v o n
passim. Ebeling. Akkad wird von dem Wasserschöpfer
Akki z u m Gärtner erzogen u n d erregt so
Gartenkresse, s u m e r . z a g - h i - l i , d a r a u s die Aufmerksamkeit der Istar. I n K A R
a k k a d . L e h n w o r t sahlü — lepidium sati- 158, R s . I I , 3 5 w i r d d e r „ O b e r g ä r t n e r d e s
vum. S a m e n d a v o n wird seit der Zeit L i e b e s g a r t e n s " e r w ä h n t ( f ü r Sandanakku
der I I I . D y n . v o n U r gesät u n d gegessen; „ O b e r g ä r t n e r " s. L a n g d o n J R A S 1933,
d e m Brot wird er als W ü r z e zugesetzt, S . 8 5 7 ; L a n d s b e r g e r Z A X L I , S. 1 8 9 ! . ) .
vgl. T h o m p s o n D A B S. 55. B e i gewissen
M e i s s n e r BuA I, S. 200; G o t l i e i n Ge-
ritualen Verrichtungen ist G e n u ß v o n
schichte der Gartenbaukunst I, S. 29; W i t z e l
sahlü v e r b o t e n , s . K A R N r . 4 3 R s . Z . 5 f . Auswahl sumerischer Dichtungen, AnOr X V ,
Der Samen wird geröstet, in einem be- S- 81 ff. M. Riemschneider.
sonderen Mörser zerstoßen oder zermahlen,
Gasan- . . . . D i e m i t d i e s e m Z e i c h e n
s. T h o m p s o n a . a . O . S . 5 8 f f . S e i n e V e r -
beginnenden Götternamen sind zumeist
w e n d u n g f ü r medizinische Zwecke ist
bei N i n - usw. zu finden, mit Ausnahme
mannigfacher Art.
von folgenden N a m e n :
Assurbänipal ließ ü b e r die v e r w ü s t e t e n
B e z i r k e v o n E l a m S a l z u n d sahlü a l s Gasan-abzu s. b e i Sarpänitu.
Zeichen der U n f r u c h t b a r m a c h u n g streuen Gasan-kigal s. b e i U n t e r w e l t s g ö t t e r
( S t r e c k V A B V I I , S . 56, Z . 7 9 ; v g l . = Ereskigal.
Z A X X X V , S . 1 8 8 , A n m . 1, u n d X L I ,
S. 317f.). Ebeling. Gasan-Kurha lies S a r r a t - n i p h a .
Gasan-subanna, geschr. d g a s a n - s u b -
Gartenkresse bei den H e t t i t e r n . Das
a n - n a , Harfenspielerin der Sarpänitu,
sumerische W o r t f ü r Gartenkresse, in den
C T X X I V , T f . 28, Z. 65.
B o g a z k ö y - T e x t e n m e i s t Z A G . A H . L I ge-
schrieben u n d teilweise m i t S A R deter- Gasan-tidibba, s. b e i Nintinugga.
m i n i e r t , i s t h e t t i t . a l s zahheli ü b e r n o m m e n
d
worden. Sie d i e n t zur Herstellung v o n Gasan-urgal, geschr. gasan-ur-gal,
d
S p e i s e n i m R i t u a l ( a u c h Z A G . A H . L I fe.A, Gasan-urme, geschr. gasan-ur-me,
„ g e t r o c k n e t " K U B I V 4 7 V s . 27, 3 0 ) , zwei N a m e n der Belit matati, C T X X V ,
w ä c h s t auf u n b e s t e l l t e n Ä c k e r n u n d wird T f . 9, Z . 8 f .
somit symbolhaft über zerstörten Ort- Gasga s. Kaska.
schaften ausgestreut (Anitta bei der Ver- ä
fluchung v o n H a t t u s a : „ a n ihrer Stelle
Gasmu, geschr. gasmu ( m i t G l o s s e
a b e r säte ich Z A G . A H . L I - a w " , K B o I I I
ga-äS-mu), G o t t h e i t = S a r p ä n i t u , s. d .
22, Z . 4 8 ) . d
Gasränu, geschr. ga-ds-ra-a-nu „ d e r
Zum Sprachlichen: F. S o m m e r He- S t a r k e " (kaum Plur.!), Gottheit im A n u -
thiter und Hethitisch, S. 90. Z u r B e d e u t u n g , A d a d - T e m p e l v o n Assur I I I R pl. 66 I I ,
m i t Bedenken gegen „(Garten-)Kresse", Z . 4 = G u r n e y Sultantepe Tablets, N r . 8 8 ,
F.Köcher A f O 16, S . 5 2 . Literatur- I I , 2 2 ; M V A e G X L I 3 , S . 16, I I I Z . 1 7 .
a n g a b e n bei J . F r i e d r i c h , H W b 257. D e i m e l Panth. Nr. 423; S L XV 1, Nr. 594,
Otten. 16; K. Fr. M ü l l e r MVAeG X L I 3, S. 43;
F r a n k e n a Täkultu, S. 88. Ebeling.
Gärtner. W e g e n d e r B e d e u t u n g d e s
n
Gartens n a h m der Gärtner in Babylonien Gaääija ( K Ü R ™ Ga-as-si-ja), e i n e d e r
u n d Assyrien eine angesehene Stellung nordöstlichen Provinzen des Hettiter-
ein, w a s v o r allem in der L i t e r a t u r z u m r e i c h e s ( K B o V I , N r . 28, V s . 1 0 ; s . F o r r e r
Ausdruck k o m m t . Istar liebt Isullänu, R L A I , S . 1 3 9 , G ö t z e Kizzuwatna, S . 2 5 L ) ,
den Gärtner ihres Vaters, Ellilbani darf s. K a s s i j a .
GASSULIJAWIJA-GA'UANI
Babylon, sehen. Die Inschrift besagt: lästina (hebr. Gezer), im Teil Dschezer
„Siegel der Botschaften (Post) des . . . bei Abu Schüsche an der Straße von Jeru-
. . . , des Königs". Der Name des Kö- salem nach Jaffa lokalisiert. Sie wird in
nigs ist ausgemeißelt, aber es war ein den Amarna-Briefen (Stellen bei W e b e r
König von Babylon. Vgl. E. U n g e r /Iss. VAB II, S. 1573; Dossin RA XXXI,
Bab. Kunst Abb. 25, S. 24; RLV IV, S. 125 ff.) und auf einem assyrischen Re-
Tf. 163, c, im Louvre zu Paris (A 709). lief (s. unten) genannt. Unter Ameno-
Das Siegel ist aus Kalkstein und 5,5 cm phis III. war Milki-ilu Fürst von G., er
groß. Andere Siegel mit G. s. W e b e r intrigierte zunächst im Bunde mit an-
Siegelbilder Nr. 23, 74, 93, 330; M. H i l z - deren Stadtfürsten gegen den Pharao,
h e i m e r RLV XIV, S. 193, § 9. Auf einen unterwarf sich ihm aber später (s. W e b e r
solchen Mythos des Marduk mit der VAB II, S. i324ff.). Seine in Teil el-
Gazelle könnte das Siegel de Clercq 340 Amarna gefundenen Briefe stammen alle
hindeuten. Es ist aus assyr. Zeit; ein aus der Zeit nach der Aussöhnung mit
linkshin stehender Gott bändigt 2 Ga- dem Pharao. Der von Dossin (s. oben)
zellen mit den Händen, daneben sieht veröffentlichte Text ist die Abschrift
man die Wolkensonne (geflügelte Sonne), eines Briefes, den Amenophis III. an
getragen von je einem stützenden Stier- Milki-ilu richtete und in dem er ihn bat,
menschen (RLV VIII S. 214, § 47a) und ihm schöne Frauen, offenbar für seinen
über dem Palmbaum schwebend. Harem, zu schicken. Aus der Zeit nach
dem Tode des Milki-ilu sind zwei ägypten-
§ 2. In den Omina hat das Erscheinen freundliche Stadtherren von G. bekannt:
der G. gute Vorbedeutung (E. U n g e r Ba'lu-sipti, der sich beim Pharao über
Wahrsage-Symbolik WUM II, S. 21), die Plünderung von G. durch Peja be-
selbst bei Mißgeburten: wenn ein Schaf klagt ( K n u d t z o n VAB II, Nr. 292;
eine G. wirft, werden die Tage des Fürsten A l b r i g h t ANET 2 , S. 489, Anm. 22), und
durch die (Gnade der) Götter voll werden, Japahu, der den Pharao um Truppen
oder der Fürst wird Krieger haben (Fos- bittet, da er aus seinem Lande verjagt
sey Babyloniaca V, S. 58, Z. 96). worden sei (VAB II, Nr. 300). Nach Aus-
§ 3. Die G. war auch Symboltier in weis der Inschrift auf einem Relief (s.
einem Stadtwappen, wie ein Keulenkopf unten) eroberte Tiglatpileser III. die Stadt
aus altsumerischer Zeit in Kopenhagen vermutlich im Jahre 734 v. Chr. auf seinem
(Nat. Mus. Nr. 5413) nahelegt. F r a n k - Marsch gegen Gaza.
f o r t Early dynastic sculptured maceheads
AnOr XII, 1935, S. 105—108, Fig. 1—4, Bei den englischen Ausgrabungen in
S. iiöff. Ohne Beischrift. Siebenköpfige Gezer wurden drei Keilschrifttexte ent-
Schlange über G., löwenköpfiger Adler deckt (veröffentlicht bei R. A. S. Mac-
(IMGI MUSEN ), das Wappen des Landes a l i s t e r TheExcavation of Gezer I, S.23ff.).
Sumer (Unger RLV XIV, S. 252, § 2), Der eine, der zunächst für einen neu-
schwebt über 2 G. Ferner eine ähnliche babylonischen Brief gehalten wurde,
Wappendarstellung, I M G I M U S E N nebst stammt aus dem 15. Jahrhundert v. Chr.
2 G. auf der Basis einer Gottesstatue und stellt das Schreiben eines ägyptischen
F r a n k f o r t a. a. O., S. 120, Fig. 18 = Beamten in Palästina an den Herrn von
Iraq I, S. 13 f. Weder die Stadt noch die G. dar (vgl. A l b r i g h t BASOR 92,
Gottheit dieses G.-Wappens ist bisher S. 28 ff.). Die beiden anderen Texte ge-
mangels einer Inschrift bekannt. hören in die Zeit, da G. unter assyrischer
Verwaltung stand; sie betreffen einen
E . D. Van B u r e n AnOr X V I I I , S. 46ff.; Besitzverkauf und einen Feldverkauf und
L a n d s b e r g e r Fauna, S. 61, 71, 91; A l -
b r i g h t AfO III, S. 181 ff.
sind nach den Eponymen der Jahre 651
Eckhard Unger. und 649 v. Chr. datiert (s. RLA II, S. 441,
443 unter Ahi-iläja und Assur-düra-usur).
Gazru, geschr. Algaz-ru, älga-az-ru, Für das 5. Jahrhundert v. Chr. er-
A,
ga-az-riki, mat dlgaz-riki, Stadt in Pa- weisen die in Gezer freigelegten Stein-
GAZRU—1GEBÄCK 155
plattengräber die Stadt als Sitz per- (aklu), das in Gestalt eines Fladens, aus
sischer Beamter. Mehl und Wasser geknetet, an die heißen
W e b e r VAB XI, S. 1347; G a l l i n g Bi- Wände eines Ofens oder noch einfacher
blisches Reallexikon, Sp. 179—182; Ders. auf einen heißen Stein geklebt und nach
Assyrische und persische Präfekten in Geser, Garwerdung abgenommen wurde. Das
P J B 31, S.75—93; R. A. S. M a c a l i s t e r The
Excavation of Gezer, I—III, 1912. p ^ ^ g j . Mehl war in der Regel Gerstenmehl,
jedoch gab es auch Emmerbrot akal
Gazru in a s s y r i s c h e r D a r s t e l l u n g . kunäSi (Hrozny Getreide S. I28ff.).
Ein Relief aus dem Palaste Tiglatpilesers Die Babylonier waren jedoch nicht so
III. in Kalhu trägt die Beischrift &l"Ga-az- primitiv, daß sie sich stets mit diesem
ru, die Eroberung der Stadt G. durch ganz einfachen G. begnügt hätten. Es
den assyrischen König ist damit bewiesen. gibt eine Menge Brotbezeichnungen, die
Rechts ist die von Außenmauer und be- uns zeigen, daß die Zahl der Sorten er-
türmter Binnenmauer geschützte Stadt, heblich größer war. Man unterschied
vielleicht zur Hälfte, dargestellt. Von dabei:
linksher hat ein assyrischer Ramm- Nach der Frische n i n d a gibil „neues
widder mit zwei Stoßstangen Mauer und Brot", aklu ablu „trockenes Brot" KAR
Turm eingestoßen, und ein Assyrer ist im Nr. 22, Z. i8f., sum. n i n d a h ä d - d a ,
Begriff, die Mauer zu ersteigen, auf der n i n d a d u r ü - d u r ü - n a , akkad. aklu
drei Verteidiger um Gnade bitten. Links labku „Dauerbrot" O p p e n h e i m JAOS,
oben sieht man noch einen assyrischen Suppl. 10, S. 42, Anm. 30, S. 53, 55.
Bogenschützen und einen Begleiter mit Nach der Farbe: n i n d a b a b b a r
Setztartsche und Dolch. — Die Ein- „weißes", ge e „schwarzes (dunkles) Brot",
wohner haben Vollbart, Haarschopf, ge- H o w a r d y Clavis, S. 861, 53. 52.
gürteten Chiton, einer auch, der, als Führer, Nach der Gestaltung: mittelass. arru-
links auf dem zerstörten Turm die Über- kütu (Plur.) „sehr lange (B.)", unpubl.
gabe der Stadt anbietet, einen Fransen- Tafel, vielleicht hierher gehörig sum. su-
mantel. g i d - d a ; akal mussi „B. in Gestalt einer
E. U n g e r RLV IV, Tf. 7 6 3 = U n g e r weiblichen Brust", Z i m m e r n ZA XXXII,
Reliefs Tiglatpilesers I I I . von Nimrud PKOM S. 176, Z. 68; sa pi kasatu „entsprechend
V, Katalog-Nr. 20; B. M e i s s n e r ZDPV 39 von Bechern", mittelass. unpubl. Tafel;
(1916), S. 263, Tf. 3; G r e s s m a n n ABAT 2 , tilpänu „Bumerang", mittelass. unpubl.
Abb. 134; A. J e r e m i a s ATAO 4 , 1930, Abb.99
S. 251; M a h m u d E l A m i n Sumer I X (1953), Tafel; ubanätum ,,B. in Gestalt von Fin-
S. 37 6 ; P. T h o m s e n RLV IV, S. 322—330; gern" L a n g d o n RA XIV S. 23, Z. 46.
L a y a r d Mon. I, 62. Eckhard Unger. Für Abb. verschieden gestalteter Ge-
bäcke vgl. Meissner BuA I S. 264,
Gazzapa (Stadt) s. K a z z a p a . Abb. 74; S. 419, Abb. 136.
Gazzimara, Stadt im zentralen Klein- Nach Zusätzen zu Mehl und Wasser:
asien. Ihre genaue Lage ist unbekannt akal dispi „Honigbrot" H o w a r d y Cla-
(s. F i n k e l s t e i n JCS X, S. 104L). Sie vis S. 863, 117, dasselbe wie akal kukku
wird in einer aus Muwatallis Zeit stam- (aus sum. ku 7 ) L a n g d o n RA XIV S. 23,
menden Liste von Gottheiten verschie- Z. 39, und sonst in assyr. Ritualen (z. B.
dener Ortschaften vor Ankuwa ( = Ali- Or NS XXII S. 37, Rs. Z. n ) . „Brot"
schar?) genannt (KUB VI, Nr. 45, II, 59: mit sum. gis-ma „(G.) mit Feigen"
Ga-az-zi-ma-raki), ferner in einem Fest- H o w a r d y a. a. O. S. 865, Nr. 151, sum.
ritual (KUB II, Nr. 8, V, 34: E.GAL n i n d a i ä - d e - a „G. mit Öl gefeuchtet"
Gaz-zi-mar) und in einer Tributliste = akk. mirsu (vielleicht auch ein Gericht).
( F i n k e l s t e i n JCS X, S. 102, Rs. 11: Dieses Gebäck wurde je nach der Her-
E Gaz-zi-ma-ra). Weidner. kunft verschieden zubereitet. Es konnte
nach Nippur ( = naspandu), nach Kis
Gebäck. Die einfachste Art des Ge- (= kapparu), nach Hursagkalama, Kutü
bäckes war auch in Babylonien das Brot (= karradu [?]) benannt werden, s. L a n g -
156 GEBÄCK-GEBET I
royales -pre,sargon. de Lagas, S. 236 unter (SL 296, 155; schon altsumerisch IM
66.7 und 66.8), womit der vor allem aus 5572 II 2; Gudea, Zyl A II 2 0 u. ö.) ge-
den Einführungsszenen bekannte Gebets- bräuchlich.
gestus bezeichnet ist. Daraus gekürzt ist 4. Für die Ablehnung eines Gebetes ist
s u - g ä l = labänu (§L 354, 140). Vom keine einheitliche Bezeichnung zu finden.
Gebetsgestus leitet sich auch her s u - z i Vgl. die Belege JCS I, S. 8, 19—20; V,
„die Hand erheben" (JCS V, S. 14, 353; S . 3 , 4 8 . 4 . 57- 9> I 9 2 > 2 0 6 .
BE XXX, Nr. 3, 6. 40; H. R a d a u , HAV, b) Keiner der Termini für „Gebet",
Nr. 4, 7) und das ungenauere i g i - i l a „das die in a 1 genannt sind, ist zur Bezeichnung
Auge erheben" ( R a d a u , HAV, Nr. 4, 5) der literarischen Gattung „Gebet" ver-
bei Gebeten an den Sonnengott. Auf die wendet worden. Bis zur altbabylonischen
Prostration beim Gebet bezieht sich Zeit einschließlich hat es in der sume-
k i - z a - z a = sukenu „sich niederwerfen" rischen Überlieferung eine solche Gattung
(B. L a n d s b e r g e r , JAOS LXIX, S. 214; nicht gegeben, während sie der akka-
J. v a n D i j k , Sagesse sumero-accadienne, dischen Dichtung der altbabylonischen
S . i n ; die älteste Darstellung eines knieen- Zeit durchaus vertraut war. Sumerische
den Beters ist OIP XLIV Tf. 2 6 — 2 7 ) und Gebete aus dieser Zeit finden sich nur in
k a - k i - z u - z u „den Boden küssen" (Gu- Texten anderer literarischer Gattungen.
dea, Zyl B I 13). Sonstige Wendungen 1. Die frühesten Belege für Gebete
sind s u d x - e „Gebete sprechen" (SAK, S. finden sich in den Weihinschriften am
64 f II 6; Gudea, Zyl A II 27); s u d x - s a 4 Schluß bei der Namensangabe ( s u - t u r ,
„Gebete rufen" (Gudea, Zyl B II 6); s. SAK, S. 154 III 13 mit Anm. f) des Weih-
s u d x - t ü m „Gebete bringen" (Gudea, Zyl gegenstandes. Diese Gebete sind durchweg
A II 9 u. ö.; RA IX, S. 1 1 2 I 2 6 . III 2 6 ) ; ganz kurz (SAK, S. 18 Unterschrift 4—7.
s i s k u r - e „Gebete sprechen" (Gudea, 6 4 d 12—13, f I I 4—6. 66, 11—12. 7 6 c I I I
Zyl A II 27); s i s k u r - g a l „Gebete sein 18—IV 1. 194 z, 10—11; F T I I , T f . X L
lassen" (Gudea, Zyl A X I I I 28). In der AO 12 210, 6—9), am umfangreichsten ist
Bedeutungsnuance nicht genau zu be- die Lugalzagesi-Inschrift SAK, S. 154 III
stimmen ist ü - g u l - g ä - g ä = utnennu (§L 14—36, die schon die Zeichen literarischer
455.84—85; B . L a n d s b e r g e r , MAOG Formung aufweist. Die normale Art sei
IV, S. 306). An Wendungen, die auf ein durch FT II, Tf. XL, 6—9 gekennzeichnet:
folgendes Gebet hinweisen, aber nicht als „Dieser Schale Name ist: .Meine Herrin,
eigentliche Termini für „beten" zu ver- durch ihr gnädiges Hören ( g i s - d ü - n i -
stehen sind, seien notiert i r - s e s „bitterlich s a 6 - g a - n i - a ) möge ich leben, mit ihrem
weinen" (JCS V, S. 3, 42. 51. 59); i r - p ä guten Blick möge sie mich anschauen!'"
„weinend rufen" (H. R a d a u , HAV, 2. In die Gattung der Bauhymne ein-
Nr. 4, 6); i r - p ä s e s - g ä - g a „weinen (und) gefügt sind die Gebete in den Zylinder-
klagen" (JCS V, S. 14, 352). Inschriften Gudeas (Zyl A II 10—19.
Schlecht bezeugt ist in der sumerischen 28—III 28. IV 8—V 10. V I I I 15—IX 4;
Überlieferung bis zur altbabylonischen B I 21—II 6. 16—III 1). Entsprechend
Zeit einschließlich s u - i l - l a „die Hände der literarischen Formung der Bauhymne
erheben" im Sinne von „beten", (UET I, sind auch die darin enthaltenen Gebete
Nr. 1 2 8 , 15f. 1 4 4 , 3 8 ; SEM, Nr. 7 8 II 1), klar gestaltet. Sie beginnen mit der An-
obwohl diese Wendung der jüngeren Texte rufung der Gottheit durch eine Reihe
in s u - z i „die Hände erheben" eine Paral- hymnischer Epitheta und enden in der
lele hat (s. B. L a n d s b e r g e r , MAOG IV, Bitte. Als Beispiel sei Gudea, Zyl A II
S. 305f-)- 28—III 28 gegeben:
3. Für die Annahme eines Gebets durch „Meine Königin, leibliche Tochter des
die Gottheit sind s u - t i = leqü „nehmen" heiligen An,
(Gudea, Zyl A II 2 1 — 2 2 u. ö.; JCS I, Heldin dessen, was sich (im Kult) ge-
S. 1 0 , 3 4 ; VS II, Nr. 2 II 3 2 ) und gis- ziemt, Göttin, die stolz das Haupt
t u k u = Semü und magäru „(er)hören" erhebt,
i6o
GEBET II
die das Land Sumer am Leben erhält, 4. Hierzu kommen Gebete, die in
die weiß, was sich in ihrer Stadt gehört, mythische und epische Dichtungen einge-
die Königin, die Mutter, die Lagas ge- fügt sind (Gilgames-Huwawa: JCS I, S. 8,
gründet hat, bist du! 17—18. 21—33; Lugalbanda-Hurrum: H.
Wenn du deinen Blick auf das Volk rich- R a d a u , HAV, Nr.4,8—25; Inannas Gang
test, kommt ihm von selbst Überfluß, zur Unterwelt: JCS V, S. 3,43—47. 52—56.
dem guten Jüngling, den du angeschaut 4, 60—68. 8, 182—186. 9, 196—200,
hast, währt das Leben lange: 209—213. 14, 354—359; .Dumuzis
Ich habe keine Mutter — meine Mutter Traum', Fortsetzung zu Inannas Gang
bist du, zur Unterwelt, s. A. F a l k e n s t e i n ,
ich habe keinen Vater — mein Vater Compte Rendu de la Troisieme Rencontre
bist du, Assyriologique Internationale, S. 54L: BE
meinen Samen hast du empfangen, hast XXX, Nr. 3, 7—14; 41—48; s. dazu auch
mich im Heiligtum geboren: das ersemma-Lied für Inanna und Du-
Gatumdu, dein reiner Name ist süß! muzi RA VIII, S. 161—169; v s H, Nr. 2 I
In der Nacht bist du mir dort gelegen, 1—III 22, die dasselbe Gebet enthält).
meine große .Sichel' bist du — mir zur Vgl. auch noch das Lehrgedicht a n - g i m
Seite steht sie —, d i m - m a , das in II 21—39 und IV 30—37
die den Weizen in reichliches Wasser setzt, Gebete enthält.
bist du, Der literarischen Gestaltung nach sind
Leben hast du mir gespendet. diese Gebete recht unterschiedlich. Vgl.
Ein weiter Schirm bist du, etwa das Gebet des Gilgames an den Son-
deinen Schatten will ich scheu verehren! nengott des Himmels (JCS I, S. 8,17—18):
Deiner hohen Hand rechten Arm, „Utu! Ins Bergland will ich eintreten —
meine Herrin Gatumdu, mögest du mir sei du mein Helfer!
leihen! In den Wald der -Zeder will ich
Zur Stadt werde ich gehen — die Weisung eintreten — sei du mein Helfer!"
möge mir günstig sein! und die Wiederholung der Bitte, nachdem
Nach dem Berg, der sich aus dem Wasser Utu barsch abgelehnt hatte (JCS I, S. 8,
erhebt, nach Nina, 21—33):
möge mir dein guter Udug vorausgehen, „Utu, ich will zu dir sprechen! Auf mein
möge mir dein guter Schutzgeist nach- Wort dein Ohr!
folgen ! Ich will zu dir reden! Achte darauf!
Wohlan, ich will es ihr künden, In meiner Stadt sterben die Menschen
wohlan, ich will es ihr künden, dahin — (mein) Herz ist unruhig,
bei dieser Aufgabe möge sie mir beistehen! gehen die Menschen zugrunde — (mein)
Meine Mutter! Ich will ihr meinen Traum Herz ist traurig.
vorlegen! Ich lehnte mich über die Mauer,
Meine Seherin, die um das Erforderliche sah die Leichen auf den Wassern treiben.
weiß, Genau so wird's mir ergehen, so wird es
Nanse, meine Schwester aus Sirara, sein.
möge mich seinen Sinn schauen lassen!" Auch der Längste reicht nicht zum Himmel,
3. Kurze Gebete finden sich auch in der Breiteste deckt nicht die (ganze)
der (nicht authentischen) Utuhegal-In- Erde.
schrift (RA IX S. 113 I 27—II 2. III 27 bis Da der junge Mann nicht das ewige Leben
28. IV 1—3). Ersteres lautet: erreicht,
„Meine Königin, Löwin der Schlacht, will ich ins Bergland eindringen, meinen
die alle Feindländer niedertritt! Namen .setzen',
Enlil hat mich b[eordert], wo Namen .gesetzt' sind, will ich meinen
das Königtum wieder Sumer zurückzu- Namen .setzen',
gewinnen. wo Namen nicht .gesetzt' sind, will ich
[Sei du meine] He[lferin]!" den Namen der Götter ,setzen'!"
GEBET II 159
Vielleicht das schönste Gebet in sume- fast nur Zeugnisse haben, die sich als
rischer Sprache, das uns erhalten ist, ist Schultexte bestimmen lassen, und obwohl
das Gebet Lugalbandas an den Sonnen- die stilistische Formulierung die Herkunft
gott ( H . R a d a u , HAV, Nr. 4, 5—13; s. aus den Kreisen der d u b s a r verrät, wer-
dazu A. F a l k e n s t e i n , Campte Rendu de den wir nicht zweifeln, daß derartige Briefe
la Seconde Rencontre Assyriologique Inter- auch in der Alltagspraxis abgefaßt worden
nationale, S. 20): sind, zumal diese Gattung sich von dem
„Utu, Hirte des Landes Sumer, Vater der Bittbrief an den (deifizierten) Herrscher
, Schwarzköpf igen', herleitet (s. A. F a l k e n s t e i n , ZA N F X,
wenn du zur Ruhe gehst, geht das Land S. 1—25; J. van D i j k , Sagesse sumer0-
mit dir zur Ruhe, accadienne, S. 13 ff.). In seinem Gefolge
Jüngling Utu, wenn du dich erhebst, konnten sich Bittbriefe an alle Götter
erhebt sich das Land mit dir, des babylonischen Pantheons entwickeln
wenn du nicht bist, bringt der Vogel kein (PBS P, Nr. 94 = 134; SEM, S. 74).
Korn, wandelt der Mensch nicht recht. 8. In sumerischen Texten der nach-
Dem der allein des Weges zieht, bist du altbabylonischen Zeit, in denen sich die
der brüderliche Gefährte". Wirkung der der akkadischen Über-
5. Gebete für den König sind verschie- lieferung vertrauten Gattung des Gebetes
dentlich in Kultlieder, die im Tempel- geltend machen mußte, begegnen wir
dienst verwandt wurden, eingefügt. Im zunächst einer ähnlichen Ersatzlösung,
besonderen dienten dazu die Gattungen wie sie für die altbabylonische Zeit der
a - d a - a b (s. dazu A. F a l k e n s t e i n , ZA Brief an den deifizierten Herrscher oder
NF XV, S. 84ff.), in geringerem Maße an eine Gottheit darstellt, dem Gebet in
auch die Gattung t i g i (s. 1. c., S. ioiff.), der Siegellegende. Diese Gebete konnten,
bei denen aber die Hymne an einen Gott auch wenn sie vielfach die Bilddar-
das Primäre war. In den Unterschriften stellungen auf den Rollsiegeln aufs äußerste
wird daher nur die Gottheit genannt, der zurückdrängen, nur kurz sein. Sprachlich
die Dichtung galt, niemals der König. Dem- und stilistisch sind sie durch eine künst-
entsprechend ist weder die Stelle, in der liche Literarisierung gekennzeichnet, die
des Königs gedacht wird, festgelegt, noch gut in eine Zeit paßt, in der die Kenntnis
ist die Bitte für den König in eine ein- des Sumerischen einer kleinen Schicht
heitliche literarische Form gebracht. von Gebildeten vorbehalten war. Eine
6. Gebete können natürlich auch in zusammenfassende Darstellung fehlt leider.
Kultliedern stehen, die sich nicht mit der 9. Von den in nachaltbabylonischer Zeit
Person des Königs befassen. Bei Klage- ausgebildeten literarischen Gattungen in
hedern mochte es besonders naheliegen, sumerischer Sprache (s. dazu A. F a l k e n -
den Schluß als Gebet zu gestalten. So s t e i n , MDOG 85 [1953], S. 1—13) sind
enthält die umfangreichste Klage, die hier zu nennen:
über die Zerstörung von Ur (s. S. N. a) i n i m - i n i m - m a - k i - d u t u - k a m „Be-
Kramer, AS XII), im Schlußteil (Z.400 schwörung bei Utu": Diese Gattung um-
bis 435) ein Gebet, das darum bittet, faßt zwei Arten, von denen die eine reines
daß die Katastrophe, die die Stadt ge- Gebet (des Beschwörungspriesters) ist
troffen hat, nicht wiederkehren möge, daß (L. Abel, H. W i n c k l e r , Keilschrifttexte,
Nanna selbst die Stadt wiederherstelle. Nr. 59; zuletzt übersetzt SAHG, S. 221
Wenn Nanna die Bitte angenommen hat, Nr. 42). Die zweite häufigere bietet eine
wird alles ihn preisen. Verbindung von Gebet und Beschwörung
7. Das Fehlen einer Gattung für das (s. W. K u n s t m a n n , LSS NF II, S. 48;
Gebet, was den literarisch Gebildeten als A. F a l k e n s t e i n , MDOG 85, S.8f.). Daß
Mangel erscheinen konnte, führte zu diese Gattung in nachaltbabylonischer
einem eigenartigen Ersatz des privaten Zeit entstanden ist, ist mit Sicherheit
Gebets in der Form eines Briefes an eine daraus abzuleiten, daß das Gebet in die
Gottheit. Obwohl wir für diese Gattung sumerische Beschwörung eingedrungen ist,
i6o GEBET II
was der altbabylonischen Beschwörung in liefert (s. §7). Infolgedessen sind wir auch
sumerischer Sprache fremd ist, und daß über die Gelegenheiten, bei denen gebetet
die Krankheit des Menschen als Folge einer wurde, nur ganz unzureichend unterrich-
Sünde aufgefaßt ist, was ebenfalls im tet. Am meisten wissen wir über das Gebet
Rahmen der Beschwörungen neu ist. Die in den Tempelkulten, den verschiedenen
zweite Art der .Beschwörungen bei Utu' magischen Riten und bei der Opferschau.
ist anscheinend in Serien zusammengefaßt Von vielen dieser Gebete kennen wir nur
gewesen. Sie fand vor allem in dem dem die Anfangszeilen, da die Rituale nicht
König vorbehaltenen bit rimki-Ritual Ver- mehr wiedergeben. Ein Teil der Gebete
wendung, war aber von Haus aus nicht wurde gewiß auch losgelöst von den
auf die Kultausübung des Königs be- Kulten und Riten, für die sie ursprünglich
schränkt. bestimmt waren, gesprochen, da man sie
b) i n i m - i n i m - m a - s u - i l - l a - k a m auch einzeln auf Tafeln schrieb; vor
„Handerhebungsbeschwörung": Diese lite- allem gilt dies für manche Gebetsbe-
rarisch anscheinend nicht einheitliche schwörungen (s. § 12). Nicht alle Gebete
Gattung schließt sich zum Teil an die sind für den alleinigen Gebrauch von
schon in altbabylonischer Zeit bezeugten Priestern geschrieben; neben Königsge-
ersemma-Lieder an, ist daher im beten sind uns auch solche überliefert,
emesal-Dialekt des Sumerischen abge- die schlichte Laien sprechen konnten
faßt (s. W. K u n s t m a n n , LSS NF II, S. (s. § 9 und 12). Gebete in assyrischer
43f.; A. F a l k e n s t e i n , MDOG 85, S. 7L). Sprache sind uns, abgesehen von den
Sie fand im offiziellen Kult Verwendung. Eigennamen, einzelnen ganz kurzen An-
c) e r - s ä - h u n - g a „Herzberuhigungs- rufungen und einigen Assyriasmen in
klage": Diese Gattung, die unter den assyrischen Abschriften babylonischer Ge-
nachaltbabylonischen Kompositionen wohl bete, m. W. nicht überliefert; selbst die
am zahlreichsten vertreten war, ist die Gebete des Sängerpriesters (zammeru),
Form, in der das Individualgebet in die dessen Rituale assyrisch abgefaßt waren,
sumerische Literatur Eingang gefunden hat wurden, nach den erhaltenen Anfängen
(s.W. K u n s t m a n n , LSS NF II, S. 44L; zu schließen, fast durchweg babylonisch
A. F a l k e n s t e i n , MDOG 85, S. gf.). Wie gesungen.
die i n i m - i n i m - m a - s u - i l - l a - k a m sind § 2. Das Akkadische gebraucht für
die Texte dieser Gattung im emesal- „beten" und „Gebet" eine ganze Anzahl
Dialekt abgefaßt. Auch sie stehen in Ver- Wörter, deren Bedeutungsunterschiede,
bindung mit altbabyIonischen e r s e m m a - sofern solche überhaupt bestanden haben,
Liedern. Wegen ihrer langen litaneiartigen erst teilweise festgestellt sind. Die häu-
Reihungen sind diese Kompositionen vom figsten Verben für „beten" gehören zu
Literarischen her gesehen wenig glücklich. der Gruppe der Verba des Wartens und
Sie sind aber geeignet, uns Einblick in Betens, die nur den D-Stamm bildet
die veränderten religiösen Auffassungen (s. AnOr. 33 § 88h); es sind dies suppüm,
des ausgehenden 2. Jahrtausends zu ge- das jedenfalls in der jüngeren Sprache in
währen. Ihr Kernanliegen ist die Frage den Spielformen sullüm und sullüm er-
nach Sünde und Leid. A F a l k e n s t e in. scheinende Verbum und das nur neuass.
sarruru. Sie werden mit dem Dativ bzw.
ana oder dem Akkusativ des angerufenen
Gebet IL (babylonisch und assyrisch). Gottes konstruiert; sullü bedeutet auch
§ 1. A. Allgemeines. Von den Ge- „den (König) anflehen". Substantive
beten, mit denen die Babylonier und wurden von ihnen nach den Formen
Assyrer ihre Götter anriefen, kennen wir pur äs (ebd. §55k) und z. T. auch taprist
im allgemeinen nur die, die zu mehr oder gebildet (s. supüm, sulü, suräru, ta/eslitum
weniger festen literarischen Typen ge- und taspitu). Für „beten" und „segnen,
worden sind. Beispiele für ganz freie grüßen" zugleich wird karäbum gebraucht
Gebete sind uns nur ganz vereinzelt über- (dazu ikribum „Gebet", das zugleich eine
GEBET II 161
war nicht nur ein Recht der Menschen, werden. Die Namen, die eine religiöse
sondern auch ihre Pflicht; es zu unter- Aussage machen, sind in ihrer großen
lassen, ist Sünde, die den Gott erzürnt Mehrzahl Gebete, wobei als Sprecher
(vgl. dazu vor allem Ludlul bei nemeqi, teils die Eltern — diese nicht selten mit
Tf. II 13ff., jetzt BWL, S. 38, und dem Anliegen der Fürbitte für das Kind—,
das Schuldbekenntnis im Istarpsalm teils die Namensträger selbst gedacht sind.
Assurnasirpals I. in ZA V, S. 67, Z. 23ff.). Fast alle Themen der Gebete mit Aus-
Eifriges und freudiges Beten galt auf der nahme der mythologischen Aussagen sind
anderen Seite als ein Verdienst, auf das vertreten. Der Preis des Gottes ist gewiß
der Beter hinweisen durfte (z. B. Ludlul in den allermeisten Fällen ein Dank für
bei nemeqi II, Z. 23 ff.). das Geschenk des Kindes bzw. die glück-
§ 5. Eine literaturgeschichtliche Be- liche Geburt; das gilt für die allgemein-
trachtung des akkadischen Gebets ist gültigen theologischen Aussagen (z. B.
vorläufig nur in sehr beschränktem Um- Ätamar-Sm „Ich sah soeben den Sin";
fang möglich, vor allem, weil wir über Ina-Ekur-risätum „In Ekur herrscht
das Gebet in altbab. Zeit zu wenig wissen. Jauchzen"; AHur-rabi „Assur ist groß",
Von den reichlich bezeugten Namen ab- s. a. a. O., S. 183ff.) ebenso wie für die
gesehen (s. § 6), sind uns aus dieser Zeit weitaus gebräuchlicheren konkreten Dank-
vor allem Hymnen und Opferschaugebete aussagen (z. B. Ea-usallim „Ea hat un-
in geringer Zahl überliefert, außerdem versehrt erhalten"; Sin-karäbi-isme „Sin
einige Bruchstücke von Klage- und Buß- erhörte mein Beten"; Iremanni-ill „Mein
psalmen (s. dazu § 11). Das Gebet des Gott hat sich meiner erbarmt", s. ebd.,
einzelnen war damals, wie es scheint, S. 136ff., i87ff.). Da eine Geburt in der
noch kein literarischer Typus geworden. Regel ein freudiges Ereignis war, findet
In der Kassitenzeit entwickelten sich sich das Thema der Klage viel seltener,
dann ganz neue Gattungen; die Gebete wobei deren Anlaß nicht immer erkennbar
sind aber zumeist nur in Abschriften aus ist (z. B. Ätanah-ili „Ich bin müde ge-
der Zeit nach 800 erhalten. Wir haben worden, o mein Gott"; Ili-wedäku „Mein
dadurch nur selten die Möglichkeit, Ge- Gott, ich bin allein", s. ebd., S. 162ff.). Das
bete des ausgehenden 2. Jährt, von positive Gegenstück dazu sind die Namen,
solchen des 1. Jährt, sicher zu unter- die den Gott des Vertrauens auf ihn
scheiden (vgl. zum Problem und zu versichern (z. B. Uqd-pi-Istar „Ich harre
einigen für die Zeitbestimmung wichtigen des Wortes der Istar"; Summa-libbi-AsSur
Gesichtspunkten Vf. in MDOG 85, S. I4ff.). „So Assur will"; Nabü-alsika-ul-abäS
Aus diesem Grunde ist es zweckmäßig, „Nabu, ich rief dich an und wurde nicht
diesen Artikel nicht zeitlich, sondern nach zuschanden", s. ebd., S. i94ff.); daß in
den einzelnen Gattungen zu gliedern; die diesen vom Gott fast immer in der
verschiedenen Perioden werden dann in 3. Person geredet wird, spricht wohl nicht
den einzelnen Abschnitten, soweit schon gegen ihren Gebetscharakter. Das Ver-
möglich, gegeneinander abgegrenzt werden. trauen führt zur Bitte mit ihren recht
Vorangestellt seien zwei Abschnitte über mannigfachen Inhalten (vgl. SamaZ-Süzib-
Namen in Gebetsform und uns erhaltene anni „Samas errette mich!"; Sin-usuh-
freie Gebete, die keiner Gattung zuzu- bilti „Sin, nimm meine Last ab!"; Nas-
weisen sind. hiram-ili „Wende dich mir zu, mein
Gott!"; Nabü-hitu-mesu „Nabu, achte die
§ 6. Für die Namen in G e b e t s f o r m Sünde gering!"; AjjabäS-ili „Möge ich
können hier nur einige wenige Hinweise nicht zuschanden werden, mein Gott!",
gegeben werden; für alles weitere muß s. ebd., S. 166ff.). Das Dank- und Preis-
auf die umfassende Untersuchung von versprechen am Ende der Gebete erscheint
J. J. S t a m m Die akkadische Namen- als Name nicht allzu häufig (z. B. Adallal-
gebung (MVAeG 44/1939), durch die Sin „Ich werde Sin preisen"; Lustammar-
ältere Untersuchungen wie die von B. Adad „Ich will Adad verehren", s. ebd.,
Gemser (1924) überholt sind, verwiesen
GEBET II 163
S. 201 ff.). Ob bzw. wieweit einzelne Pe- Rituale gewiß nur die im Zusammenhang
rioden für bestimmte Gebetsanliegen in des Ritus wichtigsten Sätze aus den Ge-
Namen eine Vorliebe hatten oder das eine beten wieder, und es wurde in Wirklichkeit
oder andere von ihnen wenig oder gar ein längeres und formgebundenes Gebet
nicht aussprachen, ist noch ebensowenig gesprochen. Als Beispiele für formlose
umfassend untersucht wie die Veränderung Kurzgebete seien hier aus dem Neujahrs-
der äußeren Form der Gebetsaussagen; ritual von Babylon ein leider schlecht
einige Beobachtungen finden sich in den erhaltenes Gebet an Marduk (Rit. acc.,
Namenbüchern und bei L. O p p e n h e i m S. 143, 396—402) und aus den Vorzeichen-
Anthropos 31/1936, S. 470 ff. (vgl. Artikel lösungsritualen der Gruppe namburbu. ein
„Name"). Für die altassyrischen Namen Gebet an Isum (RA 48, S. 130, gff.) genannt.
vgl. jetzt H. H i r s c h Untersuchungen zur Wohl ebenfalls als formlose Gebete anzu-
altassyrischen Religion (AfO, Beiheft 13/14, sehen sind aus magischen Ritualen Gebete
1961). wie etwaTuL, S.56, 21—25 (anlstar) und
§ 7. Formlose, freie Gebete haben die S. 86, 43—46 (an Sin und Samas) sowie die
Menschen sicher bei den verschiedensten Gebete Assurbanipals aus dem sog. Zwie-
Gelegenheiten immer wieder an ihre gespräch zwischen dem König und dem
Götter gerichtet, mögen es nun ganz Gott Nabu (VAB VII, S. 342ff., KB VI 2,
kurze Stoßseufzer oder etwas längere S. 136ff. u. ö.). Ganz kurze Gebete dieser
Gebete gewesen sein. In der Literatur ist Art sind etwa „nimm in Empfang, Gott
uns davon nur sehr wenig überliefert. In und Göttin" (RA 48, S. 136, 8), „das Böse
den Königsinschriften z. B. galt es offen- dieses Zeichens laß vorbeigehen!" (ebd.,
bar normalerweise als stilwidrig, Gebete S. 184, 19 f.) und ähnliche ganz konkrete
in schwierigen Kriegslagen wörtlich auf- Bitten. Eine genaue Analyse aller dieser
zuführen. Meist wurde nur die Tatsache Gebete und ein Vergleich ihrer Bitten mit
des Gebets erwähnt, in anderen Fällen den entsprechenden Bitten formgebun-
eine kurze Zusammenfassung des Inhalts dener Gebete wird sicher noch feinere
gegeben (vgl. z. B. Z. 124 von Sargons Abgrenzungen zwischen den einzelnen
Erstbericht in TCL III, wo die wichtigsten Arten ermöglichen. Nur erwähnt sei zum
Bitten in Form von Infinitiven aufgeführt Schluß dieses Abschnittes, daß sich ge-
sind). Gebete im Wortlaut finden sich legentlich auch in den Epen (z. B. im
wohl nur in den Inschriften Assurbanipals Etana-Mythus) Gebete finden; sie be-
mehrfach. Einmal bittet der König Assur dürfen gesonderter Untersuchung.
und Istar ganz kurz: „Vor seinen Feind § 8. B. Die e i n z e l n e n G e b e t s -
möge sein Leichnam hingeworfen werden, g a t t u n g e n . 1. Das O p f e r s c h a u g e b e t .
dann soll man seine Gebeine wegnehmen!" Neben den Hymnen und Bußpsalmen ist
(VAB VII, S. 22, II 116f.). Andere Gebete das Opferschaugebet die einzige akka-
sind wesentlich ausführlicher (vgl. ebd., dische Gebetsgattung, die bereits für die
S. ii2ff., V 30—46 und S.262,29ff.); die altbabylonische Zeit durch einige Bei-
Anlehnung an geprägte Gebetsformen ist spiele bezeugt ist. Da die Opferschau
dann unverkennbar. Mehrere freie Gebete gerade in dieser Zeit, wie wir wissen, bei
enthalten auch die Inschriften Nabonids allen Herrschern das normale Mittel zur
von Harrän (zum Teil von seiner Mutter Erforschung des Willens der Götter war
gesprochen; vgl. C. J. Gadd ASt 8, und gewiß bei jeder Opferschau wenigstens
S. 46ff.). ein Gebet gesprochen wurde, ist es auf-
In wesentlich größerer Anzahl be- fällig, daß bisher erst so wenige Gebets-
gegnen kurze freie Gebete in verschiedenen texte aufgefunden wurden. Vielleicht
Ritualen des 1. Jährt. Wir müssen frei- sprach man damals beim Opfer zumeist
lich damit rechnen, daß nur ein Teil von freie Gebete. Angerufen wurden wie
ihnen im Ritus so gesprochen werden später in der Regel wohl Samas und Adad
sollte, wie sie im Ritual niedergeschrieben als Schutzherren der Opferschau. Zum
wurden. In anderen Fällen gaben die größeren Teil erhalten ist ein solches
u«
i6o
GEBET II
der 3. Person des Prekativs gesprochen gehalten, die Bitte um göttlichen Segen
wird (z. B. H. W i n c k l e r Sargon, S. 134, sehr ausführlich. Eine klare Gedanken-
i8yff.; S. 156, 131 ff. mit Übersetzung gliederung ist nicht festzustellen. Eine nur
SAHG, S. 281 f., beide Gebete an Assur). selten bezeugte Sonderform des Königs-
In anderen wird die Gottheit unmittelbar gebets ist das Weihungsgebet, das man
angesprochen, so z. B. in den kurzen wegen der großen Ausführlichkeit der
Gebetsinschriften Sargons II. an den hymnischen Einleitung auch als Weihungs-
Tempeln seiner Hauptstadt (letzte Über- hymnus bezeichnen könnte. Annähernd
setzung SAHG, S. 279 ff.; Text bei B. vollständig erhalten, da aus mehreren
Meissner ZDMG 98, S. 32ff.) und einzel- überwiegend gleichlautenden Gebeten re-
nen Schlußgebeten Assurbanipals (SAHG, konstruierbar, ist ein Weihungsgebet von
S. 282 mit Nachweisen). Inhaltlich unter- Assurbanipal an Nusku von Harran, in
scheiden sich diese ganz kurzen Gebets- dem die Titulatur des Königs und die Be-
inschriften nicht von den Segenswünschen schreibung des Weihgegenstandes nur
in den anderen Inschriften. Begegnen bei etwa ein Fünftel des Ganzen beansprucht
den Sargoniden solche Gebete nur sehr (s. SAHG, S. 261 ff. und Th.Bauer Assur-
selten (vgl. für Assurbanipal noch § 7), banipal II, S. 38ff.). Es ist gut gegliedert,
so ist bei den frommen Chaldäerherrschern zeigt aber kaum einen Gedanken, der
das Gebet der normale Schluß einer Bau- nicht aus älteren Gebeten schon bekannt
inschrift (vgl. die in VAB IV gesammelten ist. Die Königsgebete der Sargoniden sind
Inschriften und mehrere seither bekannt ganz oder überwiegend in Versen ab-
gewordene Inschriften, vor allem Nebu- gefaßt, die der Chaldäerkönige und des
kadnezars II. und Nabonids; Beispiele in Antiochos I. sind Prosagebete. Die Buß-
Übersetzung auch SAHG, S. 283!!). In gebete von Königen und die Hymnen
diesen Gebeten werden dem angerufenen werden in § 11 bzw. im Artikel „Hymnus"
Gott nur ganz wenige hymnische Epitheta behandelt.
gegeben; in den kürzeren fehlt bisweilen § 11. 4. K l a g e - u n d B u ß p s a l m e n .
jedes Epitheton. Nur ganz vereinzelt ist Das eigentliche Klagegebet, in der sume-
an den Anruf ein Dank in Satzform an- rischen Literatur eine der wichtigsten und
geschlossen (vgl. VAB IV, S. 140, IX, 4gff. bestbezeugten Gattungen, hat in der
„Du schufst mich und vertrautest mir akkadischen Literatur nur wenige Ver-
das Königtum über alle Menschen an"). treter, da man bis in die Spätzeit selbst
Die danach ausgesprochenen Bitten sind bei Neudichtungen meist das Sumerische
ziemlich mannigfaltig. Neben Erfolgen bevorzugte. Die Klage über eine öffent-
über die Feinde wird vor allem langes liche Katastrophe ist uns m. W. nur
Leben und Nachkommenschaft erbeten, einmal aus spätbabylonischer Zeit über-
daneben aber auch die Kraft zu gerechter liefert. Das zuletzt von St. L a n g d o n
Herrschaft (ebd. S. 102, III, 11 ff.), günstige Sum. andBab. Psalms, S. 263 ff. bearbeitete
Vorzeichen und nicht zuletzt langer Be- Lied, das schweres, über zahlreiche baby-
stand der Bauten. Mehrfach wird um Für- lonische Städte hereingebrochenes Unheil
bitte bei dem höherstehenden Gott ge- — Babylon ist nicht genannt! — beklagt,
beten; Fürbitter sollen gelegentlich sogar kann allerdings kaum als Gebet bezeichnet
die Bauwerke oder Teile davon sein (z. B. werden, da nur am Schluß der Gott Bei ge-
ebd. S. 64, III, 50ff.; 96, II, 22ff.). Dank- nannt ist. Sonst gab es in akkadischer
versprechen am Schluß fehlen. Ein Gebet Sprache wohl nur die Klage des einzelnen.
ganz ähnlicher Art enthält noch die baby- Sie ist durch ein kleines Bruchstück sogar
lonische Bauinschrift des Seleukiden Anti- schon für die altakkadische Zeit bezeugt
ochos I. Soter (s. SAHG, S. 291 f.). Neben (SAHG, S.269). Aus jüngerer Zeit kennen
durzen Gebeten finden sich bei diesen wir die — in den Ritualen vielleicht in hu
Königen bisweilen, besonders bei Nabonid „Seufzlied" genannte — Klage ohne Hin-
(s. SAHG, S. 288ff.), auch längere; das Lob weis auf die Sünde des Leidenden nur aus
des Gottes ist dann nicht ganz so knapp vereinzelten Königsgebeten wie dem in su-
GEBET II 167
sonst aber, von der Sprachgestalt ab- wiesen werden. Sie empfehlen das „Ru-
gesehen, nur geringfügige Abweichungen fen" solcher Gebete dem König für
erkennen läßt. Damit ist der Bußpsalm bestimmte Tage, widerraten es aber für
als alt erwiesen. andere Tage (s. z. B. KB VI 2, S. 10, 25).
Sehr ausführlich ist die hymnische Ein- Nicht jeder Tag war also nach Meinung
leitung in einem gleichfalls sehr unvoll- der Babylonier für das Sprechen von Buß-
ständig erhaltenen, umfangreichen Gebet gebeten geeignet.
an Nabu, das wegen seiner überaus § 12. 5. Die G e b e t s b e s c h w ö r u n g e n .
gekünstelten, seltenste Wörter häufenden Die sog. Gebetsbeschwörungen oder, wie
Sprache noch nie als Ganzes übersetzt sie nach der für sie charakteristischen
wurde (Kopie und Umschrift von R. E. sumerischen Unterschrift „Worte der
B r ü n n o w ZA IV, S. 236!! und 252ff., Handerhebung" ( i n i m - i n i m - m a su-il-
Teilübersetzung SAHG, S. 263f.). Soweit lä d X - k a m ) auch genannt werden, die
erkennbar, spricht hier überall der Priester Handerhebungsgebete (akkad. suillakku)
und bittet eindringlich um Vergebung der stellen nicht nur für uns die bei weitem
Sünden des Büßers und um Wegnahme am besten bezeugte Gattung der akka-
seiner Leiden. Wo Kompositionen dieser dischen Gebete dar, sondern wurden
Art im Kult beheimatet waren, wissen zweifellos auch in alter Zeit am aller-
wir noch nicht; die Sprachgestalt und die meisten benutzt. Die m. W. auf B. L a n d s -
Notwendigkeit, einen gelehrten Priester b e r g e r zurückgehende Bezeichnung Ge-
zu beteiligen, wird die Verwendung solcher betsbeschwörung rechtfertigt sich dadurch,
Liturgien für einfache Leute ausgeschlos- daß einmal die Unterschrift i n i m - i n i m -
sen haben. m a sonst nur für (sumerische und akka-
Für sich selbst spricht der Beter in dem dische) Beschwörungen gebraucht wird,
mehrfach bearbeiteten Gebet IV R 59, zum anderen fast alle Gebete die Über-
Nr. 2 (s. St. L a n g d o n Bab. Wisdom, schrift en „Beschwörung" haben und
S. 11 ff.; unveröff. Zusatzstück K 3369; schließlich sowohl bestimmte Aussagen in
ein stellenweise abweichendes Duplikat ihnen wie die dazu überlieferten Rituale
ist LKA, Nr. 29 k). Auf die ganz verlorene, eindeutig auf den Beschwörungskult (äsi-
vermutlich kurze hymnische Einleitung fiütu) weisen. Eigentliche Beschwörungs-
folgen die ausführlich gehaltenen Klagen formeln begegnen in ihnen nur vereinzelt.
und Bitten und am Ende das Versprechen, Auch von diesen Gebeten dürfte keines
den Gott zu preisen. Eine Art von Einzel- älter als die Kassitenzeit sein. Bis vor
beichte fügt in das Sündenbekenntnis kurzem hatten wir nur Abschriften aus
ein das Gebet KAR 45 -f- 39 (E. E b e - neuassyrischer und neu- und spätbaby-
ling OLZ 1916, Sp. 296ff., auch SAHG, lonischer Zeit von ihnen. Erst kürzlich
S. 272ff.), das von einem ganz besonderen fanden sich im Archiv von Hattusas zwei
Ernst in der Sündenerkenntnis zeugt. Es Bruchstücke des bekannten großen Istar-
bildet einen Teil der erst teilweise ver- Gebetes KB VI 2, S. i24ff. mit freilich
öffentlichten Liturgie ili ul tde „ich kenne von der späteren Fassung nicht ganz
meinen Gott nicht", deren Veröffent- unerheblich abweichendem Text (KUB
lichung von W. G. L a m b e r t zu erhoffen XXXVII 36/7); die Unterschrift ist bei
ist. Ein ganz persönliches Sündenbekennt- diesen ältesten Stücken (13. Jahrhundert)
nis eines Königs neben der Klage enthält nicht erhalten. Die Erschließung des
das Istar-Gebet Asäurnasirpals I. ZA V, Aufbaus dieser Gattung mit ihren Unter-
S. 66ff. (auch SAHG, S.264ff.). arten verdanken wir der durch B. L a n d s -
b e r g e r angeregten Arbeit von W. K u n s t -
Wenn wir in der Mehrzahl der hier ge- m a n n Die babylonische Gebetsbeschwörung
nannten Bußgebete, denen noch mehrere (LSS NF II, 1932), an die sich auch die
> andere, nur in Resten erhaltene zugefügt folgenden Bemerkungen anschließen. Als
werden könnten, mit Recht Vertreter der Teil V enthält sie auf S. 83 ff. ein für
Sigü genannten Gattung wiedererkennen, den damaligen Stand vollständiges Ver-
muß noch auf die Hemerologien ver-
GEBET II 169
auch die wie ein Gott angerufenen Kult- die Bedeutung „Klage" hat und daher
mittel (Öl, Schwefel usw.) gehören. Eine nicht wörtlich mit dem hettitischen
große Serie der G., in der jedes Gebet Substantiv übereinstimmt. Praktisch
seinen festen Platz hätte, gibt es nicht. synonym ist das Verb talliya- „anrufen".
Nicht wenige Gebete sind in sehr ver- In den Pestgebeten Mursiiis II. wird
schiedenen Zusammenhängen oder auch nur das Verb arkuwar gebraucht, das
ganz für sich allein überliefert. Die Bi- sich auch in anderen Gebeten findet.
bliothek Assurbanipals hat ausgewählte G. Über die verschiedenen hettitischen Aus-
zu einer Serie zusammengefaßt (s. K u n s t - drücke s. G u r n e y AAA XXVII, S.45—51,
m a n n a. a. 0., S. 55ff.), andere in Zyklen K a m m e n h u b e r MIO II, S. 408!
in bestimmte magische Serien, wie vor Um von dem Gott das Geforderte zu
allem die große Serie „Badehaus" (blt rim- erhalten, muß man seine Gunst, sein
ki), eingeordnet (vgl. dazu J. Lsess0e, Wohlwollen, erlangen. Deshalb sind in die
Studies on the Assyrian Ritual and Series hettitischen Gebete Götterhymnen ein-
bit rimki, 1955); auch die Serie Maqlü ent- gefügt, so daß Gebet und Hymne eine
hält eine ganze Anzahl von G. Viele Ein- gemeinsame literarische Gattung bilden.
zelheiten sind da vorläufig noch unklar. In den Hymnen, für die der Ausdruck
Die speziellen G. hatten wohl meist ihren walliyatar verwendet wird, werden Eigen-
festen Platz in einem bestimmten Ritual, schaft und Taten der Götter hervor-
doch wurden solche Rituale oft auch nach gehoben.
Bedarf zusammengestellt (vgl. dazu vor Ein anderer bedeutender Bestandteil
allem den Brief ABL 23!). Sehr oft der Gebete waren die Versprechungen, die
wurden sie am Krankenbett verwendet den Göttern gemacht wurden, um sie zu
(s. Art. Magie und Medizin). Die bewegen, das Geforderte zu gewähren.
Gattung der G. ist besonders kenn- Man pflegte ihnen ein Opfer, eine Reihe
zeichnend für die der babylonischen von Opfern, Feste oder Gaben zu ver-
Religion eigene Vermengung von Religion sprechen, oder auch die strengste Er-
und Magie; einzelne von ihnen gehören füllung aller religiösen Pflichten, ihre Ver-
trotzdem zu den besten Stücken der ehrung und Anbetung, Unterwerfung und
babyl. Gebetsliteratur. w von Soden Gehorsam, Treue, gewissenhafte Ent-
haltung von allen Sünden, gleich welcher
Gebet und Hymne in Hatti. Auch bei Art.
den Hettitern war das Gebet, mit dem In der Form des Mittlergebetes wandte
man sich an die Gottheit wandte, haupt- man sich zuerst an eine niedrigere Gott-
sächlich eine Forderung des Betenden, heit, die in näherer Beziehung zu dem
wie bei den anderen Völkern der Antike, Bittenden stand. Wer etwas von dem
besonders bei den Babyloniern, Assyrern Hauptwettergott erbitten wollte, wandte
und Ägyptern. Die Hettiter, Könige, sich zuerst mit seinem Gebet an die
Fürsten und Privatleute, verlangten von Wettergötter der Stadt Zippalanda und
ihren Göttern Gesundheit, Befreiung von Nerik, die die Söhne des höchsten Gottes
allen Übeln, langes Leben, Glück, viele der Hettiter waren.
Söhne, sexuelle und politische Kraft, Handelte es sich um eine sehr be-
Sieg über die Feinde. Einmal bezeugt deutende Forderung, so mußte man sich
ist auch die Bitte um Regen (KUB XXV, an alle Götter der Hettiter wenden.
Nr. 23, IV, Z. 57—58). Zuerst mußte man sie aus ihren verschie-
Die Hettiter hatten verschiedene Aus- denen Wohnorten zusammenbringen, und
drücke, um das Gebet und das Beten zu da war Istanus, der Sonnengott, der
bezeichnen. Häufig begegnet das Sub- beste Vermittler, der beauftragt wurde,
stantiv mugawar, abgeleitet von dem die Götterversammlung einzuberufen. Der
Verb mugai-, Mugawar soll nach KUB Betende trug ihm auf, alle geladenen
III, Nr. io3, Z. 5 dem akkadischen Götter des Himmels und der Erde, der
tazzimtu (von nazämu) entsprechen, das Berge und der Flüsse aus ihren Heilig-
171 GEBET UND HYMNE IN HATTI
tümern und von ihren Thronen zu rufen So deutlich bei einem Text des Arnu-
(KUB VI, Nr. 45, III, Z. 20—24). wandas (ungefähr 1450) und seiner Gattin
Die Hettiter hatten festgesetzte Gebete Aämu-Nikkal, der die Verwüstungen be-
für bestimmte Tage, für den König gab klagt, die von den feindlichen Gasga den
es tägliche Gebete, KUB XXIV, 1—4, bedeutendsten Kultzentren des Reiches
s. weiter unten. Andere Gebete galten für zugefügt worden sind (KUB XVII, Nr. 21
bestimmte Gelegenheiten; deshalb sind und Dubletten = G o e t z e, ANET, S. 399 f.).
Gebete auch in die Beschwörungen und Er betont, daß das Land der Hettiter ein
Zauberformeln eingefügt. Ein Gebet bil- den Göttern ergebenes Land ist, daß der
dete nur einen Teil eines Anrufs an die König den Göttern Opfer bringt und Kö-
Götter einer belagerten Stadt (KBo II, nig und Königin für die Tempel, für die
Nr. 9 und KBo II, Nr. 36 = F u r l a n i , heiligen Geräte, die immer gepflegten
Religione degli Hittiti, S. 223—224), ebenso Götterbilder, die reinen, täglichen, monat-
einen Teil der Beschwörungen, um sexu- lichen, jährlichen und zehn jährlichen
elle Kraft zu erhalten, sowie andere Arten Opfer sowie die Feste gesorgt haben. Jetzt
von Zaubereien. Andere bildeten einen ist in den von den Feinden eroberten
Teil der Sühne und Sündenbeichte. und verwüsteten Gebieten jeder Kult
unterbrochen. Die Beschreibung der von
Die Gebete wurden nicht immer vom den Gasga verübten Missetaten geht sehr
Betenden selbst gesprochen. Der König ins einzelne; und die Folge: keiner wird
ließ manchmal das Gebet auf einer Ton- mehr den Namen der Götter anrufen,
tafel aufzeichnen und es dann von einem keiner mehr die verschiedenen Opfer
Schreiber rezitieren, s. weiter unten. bringen und Feste feiern und keiner mehr
Die Hettiter hatten eine besondere die den Göttern schuldigen Tribute und
Geste der Gebetshaltung. Sie ist auf den Abgaben entrichten. Da die Gasga auch
Reliefs von Yazilikaya, beim Gott am die Stadt Nerik eingenommen haben,
Königstor und in anderen Bildwerken wollen König und Königin in Hakmis für
dargestellt: Ein Arm, meist der linke, ist den Wettergott von Nerik und die
abgewinkelt, mit nach oben gerichteter anderen Götter derselben Stadt die Opfer
Hand, die bis auf den Daumen, der am darbringen. Die Gasga werden aufge-
oberen Teil der Faust ausgestreckt wird, fordert, einer beschworenen Ubereinkunft
geschlossen ist. beizustimmen, die folgendermaßen lautet:
Die bedeutendsten Gebete und Hymnen „Haltet die Hände fern von den Opfern,
sind in chronologischer Anordnung: die wir dem Wettergott von Nerik senden.
Niemand soll sie auf ihrem Wege an-
Ein nach Ausweis der Sprache sehr greifen". Wenn sie sich aber nicht an die
alter Text liegt in dem Gebet an die beschworenen Worte halten, würden sie
Sonnengöttin der Erde vor, KBo VII, nicht unbestraft bleiben. Das Gebet
Nr. 28, bearbeitet von F r i e d r i c h , Scrit- geht weiter, der Text ist aber verstümmelt.
ti . .. Furlani, S. 217—224, wo zunächst
die Göttin selbst, dann ihr Hofstaat Auf die Zeit des Suppiluliumas (un-
angesprochen werden: „Gnade, Schutz- gefähr 1395—1355) geht ein Gebet des
gottheit der Sonnengöttin der Erde!. . . Kantuzilis zurück (KUB XXX, Nr. xo =
Nun iß und trink! Und vor der Sonnen- Goetze in P r i t c h a r d Ancient Near
göttin der Erde erwähne den König freund- Eastern Texts, S. 400—401). Kantuzilis,
lich. Ferner sprich den Namen des Königs ein hoher Würdenträger, fordert die
vor der Sonnengöttin der Erde freundlich Sonne auf, seinem Schutzgott die Worte
aus. Wenn ihn sein Vater, seine Mutter, der Bitte zu empfehlen. Die Gottheit hat
sein Bruder, seine Schwester, sein Ver- ihn großgezogen, hat ihm in schwierigen
wandter, sein Freund schmäht, so laß du Zeiten geholfen, ihn zu ihrem bevorzugten
ihn (dennoch) nicht fallen!" Also ein Diener ernannt, und dennqch: „Leben
Gebot für den König, wie auch bei den ist mit dem Tode verbunden, und das
meisten anderen Beispielen. Menschenkind genießt kein ewiges Le-
172 GEBET UND HYMNE IN HATTI
ben." Er bittet den Gott, ihm seine Sünden viele Priester sind gestorben; wenn das
in einem Traum, durch eine Wahrsagerin Sterben weitergehe, würden auch die
oder einen Wahrsager oder durch den wenigen, die verbleiben, sterben, und
Ritus der Leberschau mitzuteilen und niemand würde den Göttern die nötigen
Mitleid mit ihm zu haben, der von einem Opfer darbringen. Deshalb sollten sie die
Übel nach dem anderen befallen wurde. Pest aus dem Lande Hatti vertreiben
Die Sonne möge sich besänftigen und ihn und das Übel in die Länder des Feindes
von seinen Leiden erlösen. „ 0 Sonne jagen, von neuem den Hettitern günstig
Lieblingssohn von Sin und Ningal bist du" sein und den König von dieser Sorge
schließt sich der Hymnus an, der deutlich befreien. In dieses Gebet sind zwischen
sein mesopotamisches Vorbild verrät. den beschwörenden Anrufen nüchterne
König Mursiiis II. (ungefähr 1353—1326) Tatsachendarstellungen, Argumentati-
berichtet in den Annalen, Goetze, Anna- onen von fast juristischem Charakter
len, S. 20—21, Vs. I, Z. 22—28, daß er ein und diskrete Aufforderungen an die
Gebet an die Sonnengöttin von Arinna Götter, über die traurigen Folgen der
gerichtet habe, indem er zu ihr „die Hand Pest für sie selbst einmal nachzudenken,
erhob", bevor er im Anfang seiner Re- eingeschoben.
gierungszeit die Wiedereroberungskriege In einem anderen dieser Pestgebete
unternahm, um die Rebellen zu besiegen, heißt es: Er selbst habe nicht gesündigt,
die sein großes Imperium fast zum Ruin aber die Sünde des Vaters komme auf
gebracht hatten. Die Göttin erhörte ihn den Sohn. Da er seine Sünde gebeichtet
und überlieferte in seine Hände alle seine habe, solle die Gottheit sich mit ihm
Feinde. versöhnen, und die Götter sollten ihm
Von Mursiiis sind auch noch andere von neuem günstig sein und das Sterben
Gebete überliefert, vier beziehen sich auf aus dem Lande verjagen. Zum Schluß:
die Pest, die das Land Hatti befallen hatte, Der Herr erhöre die Bitte des Sklaven
andere sind inhaltlich eng verwandt. und der Herr verzeihe dem Sklaven die
Sie sind von Goetze übersetzt und heraus- Verfehlung, wenn er zu ihm komme und
gegeben worden: Pestgebete, Kleinasiati- ihm alles gestehe. Mit dieser Parabel sucht
sche Forschungen I (1929), S. 161—251; der König die Götter für sich günstig zu
s. a. F o r r e r Forschungen II, F u r l a n i stimmen; menschliches und göttliches
in Religione, S. 267.—275. Mursiiis Verhalten sind gleichgesetzt.
wendet sich an die hettitischen Götter, Zu derselben Art von Gebeten gehört
die die Pest über das Land geschickt ein anderer Text, der einige Varianten
haben wegen der Verletzung eines mit der bereits angeführten Gebetsmotive
Bestätigung der Götter geleisteten bringt: „Niemand bereitet mehr die
Schwurs. Seit 20 Jahren herrscht die Pest geheiligten Brote und Trankopfer für
im Land. Als Gründe für den göttlichen euch. Die Pflüger, die sonst das Land
Zorn ergeben sich dem König verschie- für euch bestellten, sind tot, so daß
dene Anlässe aus der Vergangenheit (Er- niemand mehr die Felder der Götter
mordung des Prinzen Tuthalijas, Bruch bearbeitet und mäht. Die mehlmahlenden
des Vertrages mit den Ägyptern durch Frauen, die sonst das geheiligte Brot
den Uberfall auf Amka, Unterlassung der für die Götter herstellten, sind tot, so daß
Opfer am Mala-Fluß). Mit bewegten sie nicht mehr das geheiligte Brot
Worten fleht der König die Götter von machen. In den Vieh- oder Schaf-
Hatti an, seine Worte anzunehmen und ställen, wo man die Schaf- oder Tier-
der Pest ein Ende zu bereiten. Warum opfer auszuwählen pflegte, sind die Kuh-
wüteten die Götter, die doch seinen Vater und Schafhirten tot, und die Ställe sind
nicht bestraft hatten, gegen ihn, der un- leer. So wird es geschehen, daß das ge-
schuldig ist? Außer allen Sühneopfern heiligte Brot, das Trank- und Tieropfer
des Landes sei er bereit, zusammen mit aufhören. Und ihr, o Götter, kommt nun
seiner ganzen Familie zu sühnen. Auch und ruft nach den Verantwortlichen.
173 GEBET UND HYMNE IN HATTI
Aber: „Der Gute sollte nicht mit dem Kunsts. XLIX(i928), S.32—-34; F o r r e r
Schlechten zusammen umkommen. Wenn RLA I (1929), S. 149—150; G o e t z e
eine einzelne Stadt, oder ein Haus oder Kulturg. Kleinasiens2, S. 136, und in
ein einzelner Mann [gesündigt hat], so ANET, S. 396f. Zum literarischen Auf-
[laßt] den einzelnen umkommen". Mit bau G ü t e r b o c k The Composition of
dieser Bemerkung löst sich der König Hittite Prayers to the Sun, JAOS 78,
von der Doktrin allgemeiner Verant- S. 237—245.
wortung für begangene Sünden, s. F a - In KUB VI, Nr. 45 und weiteren
m i l i e n h a f t u n g . S. G u r n e y AAA Texten ist ein Gebet des hettitischen
XXVII (1940), S. 24ff. Königs Muwatallis (ungefähr 1325 bis
Zu dieser Textgruppe KUB XXIV, 1298), Sohn des Mursiiis II., überliefert;
Nr. 1—4 gehört auch ein tägliches Gebet es ist von Böhl Theolog. Tijdsch. L
des Königs Mursiiis und seiner Gattin, (1916), S. 306—326, herausgegeben und
dem ein Hymnus angeschlossen ist, in übersetzt worden; englische Version von
einem Text an Telipinus, in einem Goetze in ANET, S. 397—399. Zwei
anderen an die Sonnengöttin von Arinna. Opfertische werden auf dem Dach des
Dieser ist sicher akkadischer Herkunft Tempels aufgestellt, der eine für die
und ursprünglich für den Sonnengott Sonnengöttin von Arinna, der zweite
verfaßt worden. Das Gebet wird jeden für alle anderen Götter. Dann wendet
Tag von dem Schriftgelehrten rezitiert, sich der König an die Himmelssonne
der die Tafel liest, auf der es aufgezeichnet und die Sonnengöttin von Arinna, an
ist. Und dann im Hymnus: Daß der Gott den Wettergott, an Hepat, den Wetter-
groß sei, der Mächtigste unter den Göttern, gott von Hatti, den Wettergott von
ein sicheres Urteil habe, über das König- Zippalanda, an alle Götter und Göttinnen,
tum im Himmel und auf der Erde wache, alle Berge und Flüsse des Landes Hatti,
der die Bitten erhöre, ein barmherziger deren Priester er ist und die ihm seine
Gott sei, die Quelle des Lichts, Vater königliche Macht über das Land Hatti
und Mutter jedes Landes, der Herr des verliehen haben. Er bittet sie, ihn zu
Rechts, unermüdlich am Ort des Gerichts erhören: zuerst wird er von den Göttern,
sei. Den ewigen Göttern karüiles DIN- ihren Tempeln und ihren Bildern
GIR. ME§ = [iläni därüti] weist er den sprechen, dann von seinen eigenen An-
Anteil an den Opfern zu, ihm werden die gelegenheiten, wobei er die Götter bittet,
Pforten des Himmels geöffnet, ihm auch Dinge anzuhören, die sie nicht
allein ist "s erlaubt, durch diese Pforte zu hören wollten. Der Stier Seris solle den
gehen. Ebenso wie die Götter des Himmels Göttern seine Worte verkünden. Es folgt
sind ihm die Götter der Erde gehorsam. nun eine Aufzählung des gesamten
Vor jedem seiner Worte beugen sich die hettitischen Pantheons nach seiner re-
Götter. Er ist der Vater und die Mutter gionalen Gliederung. Das Gebet wendet
der Bedrückten, er nimmt sich die Sache sich dann wieder an den Sonnengott
des Demütigen und Bedrückten zu mit dem Passus: „Des Himmels Sonnen-
Herzen. Der König bittet ihn, sich dem gott, der Menschheit Hirte: Du steigst
König und der Königin, den Fürsten aus dem Meer empor, des Himmels
und dem Lande von Hatti zuzuwenden, Sonne! Hinauf zum Himmel wandelst
ihnen langes Leben, Gesundheit und Kraft du dahin, des Himmels Sonnengott, mein
zu schenken, in ihren Seelen Klarheit Herr! Dem Menschenkind, selbst Hund
und Freude zu verbreiten und ihnen und Schwein und dem Getier des Feldes
Söhne und Töchter, Enkel und Urenkel, sprichst Recht du, Sonnengottheit, Tag
Fruchtbarkeit in Samen und Beeren, für Tag!"
Schafen .Tieren und Menschen zu schenken.
Und die Versammlung ruft: „So sei es". Der König bittet ihn dann, alle an-
deren Götter aufstehen zu lassen und
Die Hymne ist schon von E h e l o l f aus den Orten, wo sie sich aufhalten,
übersetzt worden Ber. aus d. Preuß. zusammenzubringen. Ferner ruft er den
182 GEBET UND HYMNE IN HATTI
Wettergott pihassassis an und erinnert Diese Herrin hat sie erzogen und dem
ihn, daß sein Vater Priester der Göt- Hattusilis zur Gattin gegeben, der dem
tin von Arinna und aller Götter war; Wettergott von Nerik, ihrem geliebten
er hat ihn zwar erzeugt, aber der Gott Sohne, dienstbar war. Die Königin
hat ihn seiner Mutter fortgenommen erzählt dann kurz die Vorfälle, die ihren
und erzogen, ihn zum Priester der Göttin Gatten auf den Thron von Hatti führten,
und aller Götter und schließlich zum und legt sie in derselben Weise dar, wie
König der Hettiter gemacht. Als sein Hattusilis sie in seiner Autobiographie
Zögling bittet er ihn, die Worte aus oder Aretalogie beschreibt (Goetze Hat-
seinem Munde zu nehmen und sie an die tusilis, der Bericht über seine Thron-
anderen Götter weiterzugeben. Wie der besteigung). Sie verspricht dann Reini-
Vogel seine Zuflucht im Nest sucht, so gungen, Feste, Kultbegehungen sowie
habe er Zuflucht bei dem Wettergott p. das Feiern der aufgeschobenen Feste.
genommen, damit er sein Leben rette. Zur Betonung erinnert die Königin sie
Wenn die Götter seine Worte erhört an den Spruch: „Einer Frau in Kindes-
hätten, würden sie das Schlechte, das in nöten gewähren die Götter das Ge-
seiner Seele ist, entfernen. Dann würde wünschte". So wolle die Göttin ihr nun
alle Welt dem Wettergott p. die Rettung gewähren, um was sie bittet, da sie eine
zuerkennen und Nachkommen wie Unter- Frau in Kindesnöten sei. Möchte sie
tanen ihm Ehren erweisen als einem Hattusilis, ihrem Diener, langes Leben
mächtigen und berühmten Gott. Er schenken, und da sie eine Göttin mit
selbst wolle ihm Tempel errichten, Kult- einer besonderen Stellung unter den
satzungen erlassen, ihm geheiligtes Brot Göttern sei, dies in der Versammlung
und Trankopfer mit Freude darbringen. aller Götter durchsetzen.
,,Und du, Wettergott p., mein Herr, Nach einer Lücke folgt ein Gebet
gieße über mich deinen milden Schein an die Göttin Lelwanis, eine Unterwelts-
wie das Mondlicht und strahle über mir gottheit, wonach diese Göttin alle bösen
wie der Sonnengott des Himmels! Nun Worte von Feinden und Widersachern
wandele zu meiner Rechten und geselle nicht annehmen solle! Wenn die Göttin
dich zu mir, gleich einem Rinde, das ihrem Gatten Leben, viele Jahre, Monate
(den Wagen) zieht." Nach den Opfern und Tage schenke, werde sie für die
spricht der König zu den Göttern, wie es Göttin eine silberne Statue des Hat-
ihm ums Herz ist, sein persönliches tusilis, groß wie er selbst, mit Kopf,
Gebet. Nach dessen Beendigung werden Händen und Füßen aus Gold (als
den Göttern neue Opfer dargebracht. Ersatzbild) herstellen lassen. Es folgen
Die Gattin des Königs Hattusilis III. Gebete an Zintuhis, die Enkelin des
(ungefähr 1290—1266) hat ein Gebet Wettergottes und der Göttin von Arinna,
an die Sonnengöttin von Arinna und an Mezullas, Tochter des höchsten gött-
andere Gottheiten gerichtet, dessen Text lichen Paares, und an den Wettergott
in KUB XXI, Nr. 27 veröffentlicht und von Zippalanda, ihren Sohn, alle in der
von Goetze in ANET, S. 393—394 über- Form des Mittlergebetes.
setzt worden ist. Putu-Hepas gibt der Ebenso bezeugt die Substitutsgestel-
Göttin die Beinamen „meine Herrin, lung ein anderes Gebet an Lelwanis, die
Herrin des Landes Hatti, Königin des einkolumnige Tafel KBo IV, Nr. 6 ( =
Himmels und der Erde", und sagt von F r i e d r i c h AO XXV/2, S. 19—20), das
ihr, daß sie im Lande Hatti den Namen von einem Verwandten der erkrankten
Sonnengöttin von Arinna trage, aber Gassulijawias (s. d.) rezitiert wurde. Diese
in dem Land, das sie zum Land der hatte in Samuha im Traum die Göttin
Zedern gemacht hat, den Namen Hepat. Lelwanis gesehen, hatte es aber unterlas-
Sie sei seit langer Zeit eine ihrer Diene- sen, ihr ein Opfer zu bringen. Die Göttin
rinnen, eine Färse aus ihrem Stall, ein schickte ihr daraufhin eine Krankheit,
Grundstein, auf dem sie ruhen kann. wobei Lelwanis als beleidigte Gottheit erst
GEBETSGEBÄRDEN UND GEBETSGESTEN 175
nachträglich durch Orakel festzustellen öffnete Rechte gelegt erscheint (s. C h r i -
war. Nun ließ man eine Statue des s t i a n a. a. O., Tf. 281, 2: Sumerer auf
jungen Mädchens anfertigen und stellte einer Einlegearbeit aus Esnunna). Beide
sie vor Lelwanis auf. Der Betende fleht Formen der Händehaltung finden sich
die Göttin an, den Zorn von der Tochter aber nicht nur bei Menschen-, sondern
fortzunehmen und auf die Statue zu auch bei Götterdarstellungen (für a:
lenken, und so die Prinzessin von der s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 277,1: sitzen-
Krankheit zu befreien. Zum Dank werde de Götter auf einer Weihplatte aus
diese sie immer loben und ständig ihren Nippur = Z e r v o s a. a. 0., S. 92; für b:
Namen anrufen. s. Z e r v o s a. a. O., S. 114: Statuette der
F u r l a n i Religione degli Hittiti, S. 262 bis Göttin Ningal).
285; G o e t z e Hittite prayers in ANET, S. 393 Als Indiz zur Unterscheidung älterer
bis 401; katalogmäßige Aufzählung der Hym- und jüngerer Kunstwerke innerhalb der
nen und Gebete mit Bearbeitungsnachweis bei altsumerischen Epoche ist die Haltung
E. L a r o c h e R H A 59 (1956), S. i i 4 f f . (Nrn.
272—291). g . Furlani / H. Otten.
der Hände ungeeignet, denn, obwohl
der Typus a der ältere zu sein scheint,
wird er neben b bis an das Ende bei-
Gebetsgebäiden und Gebetsgesten. behalten (vgl. z. B. den Typus b bei der
In der altsumerischen Kunst lassen Bolzenfigur des Lugalkisalsi: C h r i s t i a n
sich zwei Hauptformen der Händehaltung a. a. O., Tf. 260,1, und den Typus a bei
unterscheiden: a) Die geöffnete Rechte der Statuette seines Enkels: Z e r v o s
umschließt die geballte Linke, wobei die a. a. 0., S. 90 = AfO VI 6, Tf. III, 3,
Hände zur Brust emporgehoben sind obwohl er hier, vielleicht unter dem
(s. z. B. C h r i s t i a n Altertumskunde des Einfluß des Typus b, insofern geändert
Zweistromlandes, Tf. 255, 2: Statue eines ist, als der rechte Daumen nun nicht,
stehenden Sumerers; 256: Dioritstatue wie sonst allgemein üblich, hinter dem
des Entemena von Lagas; 267: Männer linken liegt, sondern zwischen ihm und
auf einer Steinbasis aus Lagas = Z e r - dem Zeigefinger der linken Hand). Ge-
vos L'Art de la Mesopotamie, S. 55. 56; nauso wenig ist die Händehaitung zur
280, 2: Sumerer auf einer Einlegearbeit Unterscheidung von Sumerern und Se-
aus Lagas). Wohl nur eine Nebenform miten geeignet. In Mari beispielsweise
dazu bildet jener Gestus, bei dem die finden sich beide Typen nebeneinander
Rechte geballt ist und von der Linken ( s . C h r i s t i a n a . a . O . , Tf. 239, 1: Ty-
umschlossen wird (s. C h r i s t i a n a. a. O., pus a; 239,2: Typus b), daneben aber
Tf. 258,1: Statue eines sitzenden Su- auch eine abweichende Art, bei der die
merers = Z e r v o s a. a. 0., S. 123; 278, 2: Linke die zur Faust geballte Rechte am
Frauenfigur bei einer Opferszene auf Handgelenk umschließt (s. C h r i s t i a n
einer Weihplatte aus Lagas). a. a. 0., Tf. 328, 1).
Ebenso häufig begegnet aber schon Seit der Akkadzeit (etwa 2350—2150
in dieser Zeit ein Gestus, der für die v. Chr.) tritt bei den Statuen der Typus b
neusumerische Periode als charakteri- in den Vordergrund (s. C h r i s t i a n a. a.
stisch betrachtet wurde, nämlich b) bei O., Tf. 368-—70) und zeigt in neusumeri-
dem die geöffnete Rechte in die ge- scher Zeit (etwa 2050—1950 v. Chr.)
öffnete Linke gelegt wird, wobei der jene charakteristische Form, bei der die
linke Daumen zwischen Zeigefinger und geöffnete Rechte von der Linken fest
Daumen der rechten Hand liegt (s. z. B. umschlossen wird (s. C h r i s t i a n a. a. 0.,
C h r i s t i a n a . a . O . , Tf. 253, 2: Frauen- Tf. 4x7,3; 418; 419,2). Eine weitere,
figur mit angelegten Daumen; Tf. 253, 3: wenn auch selten vorkommende Art der
Frauenfigur mit abstehenden Daumen; Händehaltung ist die, bei der die ge-
260, 1: Bolzenfigur des Lugalkisalsi). öffnete Rechte auf dem Handgelenk der
Auch dazu findet sich eine Nebenform, geballten Linken aufruht (s. C h r i s t i a n
bei der die geöffnete Linke in die ge- a. a. O., Tf. 419, 1: Statue Gudeas; 425:
176 GEBETSGEBÄRDEN UND GEBETSGESTEN 176
Götter bei einer Einführungsszene auf 25, c), und findet sich auch unter den
der Stele Gudeas). Kassiten wieder (s. U n g e r Assyr. u.
Ein reiches Material an Gesten liefern babyl. Kunst, Abb. 7 = F r a n k f o r t a. a.
die Einführungsszenen der S i e g e l b i l d e r . O., pl. 30,1). Neu ist daran, daß der
Der angebetete Gott, der in der Akkadzeit Beter nun knieend dargestellt wird, und
vorwiegend sitzend dargestellt wird, er- manchmal beide Hände im Bittgestus
hebt entweder die geöffnete Rechte im erhebt (s. O p p e n h e i m Anthropos XXXI,
Gnadengestus, während die Linke an der S. 475I). In neubabylonischer Zeit besteht
Taille liegt (s. F r a n k f o r t Cylinder Seals, der Anbetungsgestus ebenfalls im Erheben
pl. 24, f), oder er hält den Anbetern der geöffneten rechten Hand (s. Meiss-
sein Symbol entgegen (s. F r a n k f o r t ner BuA I, Tf.-Abb. 136; F r a n k f o r t
a. a. O., pl. 20, b: Zweig; 21, c = Chri- a. a. O., pl. 36, j).
s t i a n a. a. O., Tf. 357, 4: Vase mit In A s s y r i e n war in ältester Zeit der
Lebenswasser). Die den Beter einführende altsumerische Typus a (geballte Linke
Gottheit hat meist die geöffnete Linke von der Rechten umschlossen) der Hände-
im Ergebenheitsgestus erhoben, während haltung gebräuchlich (s. C h r i s t i a n a. a.
sie mit der Rechten den Beter am linken O., Tf. 332 = U n g e r a.a.O., Abb. 1:
Handgelenk packt (s. C h r i s t i a n a . a. O., Statue aus Assur, Schicht G), der später
Tf. 415, 6. 7). Der Beter trägt in der von in Babylonien üblichen Gesten ab-
Rechten entweder eine Opfergabe (s. gelöst wird. So zeigen Siegelzylinder von
C h r i s t i a n a . a . O . , Tf. 356,4), oder Beamten Samsi-Adads I. (etwa 1727 bis
hält sie im Anbetungsgestus erhoben 1695) als Anbetungsgestus die Erhebung
(s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 416, 3). In der Rechten, während die Linke an der
neusumerischer Zeit findet sich diese Taille liegt (s. U n g e r a. a. O., Abb. 15),
Einführungsszene um eine weitere Gott- als Bittgestus das Emporheben der ge-
heit vermehrt, die die beiden geöffneten öffneten Handflächen (s. ibd., Abb. 17
Hände im Bittgestus erhoben hält und 19). Auch die Siegelbilder der Mitanni-
(s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 415, 4) und Zeit sind hinsichtlich der Gebetsgesten
den einführenden Gott mehr und mehr größtenteils von babylonischen Vorbildern
verdrängt (s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. abhängig (s. z. B. F r a n k f o r t a. a. O.,
415,2; 416,1.2; F r a n k f o r t a . a . O . , pl. 31, a. c: Bittgestus der fürbittenden
pl. 25, e: neusumerisch; pl. 26, e; 27, Göttin; P o r a d a Seal Impressions of
a. b. d. g: altbabylonisch). Tritt der Beter Nuzi, AASOR XXIV, pl. 6, fig. 95: An-
allein vor seinen Gott, so legt er ent- betungsgestus des Beters; fig. 99: Gebets-
weder beide Hände im Gebetsgestus an gestus). Nach kassitischem Muster finden
den Leib (s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. sich auch knieende Beter mit leicht
415, 5; 4x4, 4 = F r a n k f o r t a. a. O., pl. vorgeneigtem Oberkörper und flehend
25, i), oder er erhebt die geöffnete Rechte erhobenen Händen (s. P o r a d a a. a. 0.,
im Anbetungsgestus (s. F r a n k f o r t a. a. pl. 39, fig. 774).
O., PI. 20, b. e: mit Opfergabe in der
Linken). Seit dem 12. Jahrhundert v. Chr. wird
bei den Assyrern ein Anbetungsgestus
Der für die Zeit der Dynastie von üblich, der im Erheben der geballten
Amurru charakteristische Anbetungs- Rechten mit ausgestrecktem Zeigefinger
gestus, wobei die erhobene rechte Hand- besteht. So sind die assyrischen Könige
fläche mit ihrer Schmalseite dem Gotte auf ihren Stelen dargestellt, wobei sie in
zugekehrt wird, während die geballte der an der Taille liegenden Linken das
Linke an die Mitte gelegt ist (s. Hammu- Zepter halten (s. Felsrelief Tiglatpilesers I.
rapi vor dem Sonnengott auf seiner U n g e r a.a.O., Abb. 33; Stele Assur-
Gesetzesstele: Meissner BuA I, Tf.-Abb. näsir-aplis II. U n g e r , a. a. O., Abb. 39 =
183; R u t t e n Encyclopedie de l'Art 8, B u d g e Assyrian Sculptures I, pl. 2; j
Tf. 259), ist bereits in neusumerischer Stele Samsi-Adads V. U n g e r a. a. O., '
Zeit üblich (s. F r a n k f o r t a. a. O., pl. Abb. 43 = S m i t h Assyrian Sculptures II, •
GEBIRGE 177
pl. 2). Ist mit dieser Anbetung eine Bitte Das Gebirge ist die Geburtsstätte der
verbunden, so streckt der Beter die ge- Gottheiten; vgl. Sargon Chors., Z. 156
öffnete Linke empfangend vor (s. z. B. (auf E h u r s a g g a l k u r k u r r a = Arallü-
BEL-Harrän-belu-usur auf seiner Stele U n - Gebirge).
ger a . a . O . , Abb. 53; Beter auf Siegel- Das Haus des Gottes bei den Menschen
zylindern U n g e r a.a.O., Abb. 47. 51; ist demgemäß ein Berghaus (e-kur oder
F r a n k f o r t a. a. 0., pl. 33, b. c. g. k. u. ö; e - h u r s a g ) , s. die vielen Namen, die mit
Anbetung Assurs auf einem spätassyri- e k u r . . . bzw. e h u r s a g zusammengesetzt
schen Emailleziegel A n d r a e Farbige Ke- sind, in RLA II, S. 323 und 304 f.
ramik aus Assur, Tf. xo). Handelt es Aus der Gleichheit Gebirge = Erde
sich um ein ausgesprochenes Bittgebet, ergibt sich die "Übereinstimmung von
so kniet der Bittende nieder und erhebt Gebirge = Stätte des Gottesurteils (s. d.)
beide Hände (s. A n d r a e a. a. O., Tf. 26). = h u r s a n (neben dem Flusse).
E b e l i n g RLV IV, S. 184; S c h r a n k In der sumerischen E p i k ist das G.
Babylonische Sühneriten (LSSt I I I / i ) ; L a n g - mehrfach das Thema der Dichtung, vgl.
d o n Gesture in Sumerian and Babylonian dazu K r a m e r Mythology, S. 76ff. (Myths
Prayer J R A S 1919, S. 531—56; M e i s s n e r of Kur)', Proc. of the Amer. Philosophical
BuA II, S. 80f.; H e i l e r Das Gebet, 5. Aufl.;
U n g e r Sumerische und akkadische Kunst, Soc. LXXXV, S. 32off.
S. I 5 f . ; O p i t z AfO VI, S. 59—61; f ü r die Es seien von diesen alten Werken vor
verschiedenen Gebetsstellungen der Assyrer allem genannt:
vgl. Assurbänipals Gebet an N a b u : S t r e c k 1. Das Epos L u g a l - e u d m e - l a m - b i
VAB VII, S. 343ff. M.Falkner.
n i r - g a l (vgl. Geller AOTU I 4; W i t z e l
Gebirge. Das Gebirge ist dem Baby- KSt I I ; K r a m e r Mythology, S. 80ff., und
lonier etwas Fremdes. Er ist ein Mensch PAPh LXXXV, S. 312). Der Held dieser
der Ebene (seru). Von seinem Wohnort Dichtung ist Ninurta, der Krieger und
aus (jedenfalls im Alluvialland) kann er Heilbringer. Sein Gegner ist Kur, das
das G. am fernen Horizont kaum er- „Gebirge", ein drachenartiges Ungeheuer.
kennen; was er sieht, sind die kleinen Mit Hilfe und auf Zureden der göttlichen
Hügel (Teils), die Reste alter Siedlungen. Waffe Sarur greift Ninurta Kur an und
Im Norden allerdings, am assyrischen besiegt ihn. Die Niederlage des Feindes
Mittellauf des Tigris, zieht sich die Hügel- veranlaßt Störung der Bewässerung des
kette des Ebeh (Dschebel Hamrin) bis an Fruchtlandes. Ninurta türmt über den
den Fluß heran, und von Osten blicken die toten Kur einen Steinhaufen auf, der als
Randgebirge des Zagros herüber. Dem Wall gegen die zerstörenden Fluten dient
Babylonier und Assyrer ist das G. un- und die Wasser reguliert. Die Frucht-
heimlich und böse, s. M e i s s n e r AOTU I, barkeit des Landes wird gesichert. Nin-
S. 8 ff. hursag, die Bergherrin = Erdherrin, ruft
ihren Sohn Ninurta zu sich. Er nennt sie
Im religiösen Sprachgebrauch ist das Hursag und macht sie zur Königin (des
G. (kur, h u r sag) ein häufig begegnender Berges, der Erde). Er segnet sie, verflucht
Begriff. Ein zweigipfliger Berg ist die die Steine, die seine Feinde im Kampfe
Erde: der eine Gipfel, der weiße, h u r sag mit Kur waren, und segnet seine Freunde
b a b b a r a , ist der G. des Sonnenaufgangs, unter ihnen. Schluß der Dichtung ist ein
sit Samsi, der andere, der schwarze, g e g g a, Hymnus auf Ninurta. Vgl. K r a m e r
der des Sonnenuntergangs, ereb Samsi (vgl. Mythology S. 79ff.
V R 50; J. Jeremias Gottesberg, S. 49 t.).
2. Ein weiteres Lied auf ein episches
Die „Herrin des Berges" Ninhursag Ereignis im Gebirge ist: Inanna und
(s. d.) ist = „Königin der Erde" (s. u.). Ebeh. Hier ist die Drachentöterin die
Auf dem G. thront die Gottheit, so ist Göttin Inanna, der Gegner ist das Ge-
der Ausläufer des Ebeh-Gebirges, auf dem birge Ebeh im Nordosten Sumers. Dieses
die Stadt Assur liegt, der Sitz des Landes- wird von der Göttin angegriffen und zer-
gottes Assur (s. E b e h ) . stört. Vgl. K r a m e r Mythology, S. 8 2 !
Reallexikon der Assyriologie III.
178 GEBISS—GEBURT
3. Einen Zug des Lugalbanda nach dem erwähnt Rituale „für die schwangere Frau,
Gebirge Hurrum schildert ein sumerisches die 'gebunden' ist" und „für die unter
episches Stück, das K r a m e r in Proc. of Wehen Kreißende". Ein anderes Ritual
the Amer. Philos. Society LXXXV, S. 321 wendet sich an die Frau, bei der sich die
bespricht. Geburt sehr lange verzögert ($. sinniStu
4. Nach K r a m e r a. a. O. spielt an der- ina alädi utappil, AO 4425, unveröffent-
selben Stelle, hier k u r - l ü - t i - l a „Gebirge, licht). Die Hemerologien schließlich be-
das den Menschen belebt", also einem zeichnen die für die Empfängnis oder Ge-
Unsterblichkeits-Gebirge, die Episode von burt eines Kindes günstigen Tage oder
dem Kampfe des Gilgames und Enkidu Monate (Bab. III, S. 217, Z. 57; IV,
mit Huwawa, die aus dem Gilgames-Epos S. 104, Z. 10; S. 108, Z. 16; KAR Nr. 177,
in akkadischer Sprache genügend bekannt Rs. II, Z. 44—46; III, Z. 30—32).
ist. Huwawa wird aufgesucht und er- Die Schwangerschaft kann durch Zau-
schlagen. bereien und Dämonen, besonders durch die
D e l i t z s c h hat in seinem Werke Wo Lamastu, in Gefahr gebracht werden (siehe
lag das Paradies?, S. 101 dem Texte II F e h l g e b u r t ) . Um Fehlgeburten zu ver-
R 51 Nr. 1 die geographischen Kennt- hindern, nahm man zu Amuletten, Be-
nisse der Babylonier über die Gebirge schwörungen und Ritualen Zuflucht, siehe
ihrer Heimat und in den umliegenden Län- z. B. AO 6473 (RA XVIII, S. 164ff.), wo
dern zu entnehmen versucht. Der genannte beschrieben wird (Z. 1—7, und Rs.), wie
Text, der durch zahlreiche Duplikate voll- die Frau Bänder um Taille, Hände und
ständig wiederhergestellt werden kann, Füße schlang. Vor der Gefahr, durch die
gehört zur Serie n a m e r i m b u r r u d a Behexung eines Zauberers 'gebunden' zu
(Bannlösung), hat also magischen Charak- werden, schützte sie ein anderes Band
ter. Die Namen der aufgezählten Gebirge (ib. Z. 8—25), das rings um den Hals be-
dienen dazu, mit ihrer magischen Kraft festigt jeden Monat ein wenig herunter-
„den Bann zu lösen". Diese Gewalt gelassen wurde, anscheinend um so die
liegt in den Gottheiten, Metallen, Steinen, Abwärtsbewegung und das Freiwerden der
Bäumen, Völkerschaften, welche den Na- Leibesfrucht zu fördern. Jedes einzelne
men der Gebirge hinzugefügt werden. Stück dieser Bänder (Natur und Farbe,
Es werden unter den Gebirgsnamen ganz Knoten, Pflanzen und Steine, unter ihnen
bekannte aufgezählt, z. B. Libanon, Ama- besonders der aban alädi „Stein des Ge-
nus usw., außerdem aber auch solche, die bärens", DACG S. 108) hatte symboli-
sonst kaum vorkommen. Eine vollständige schen Wert und spielte eine magische
Bearbeitung des Textes gab E. R e i n e r Rolle.
JNES XV, S. i 2 gff. Besonders während der letzten beiden
J . J e r e m i a s Gottesberg-, A. J e r e m i a s Monate der Schwangerschaft bemühte sich
HAOG 2 , S. 130; K r a m e r s. oben. Vgl. der Beschwörer, die Gefahren eines Un-
übrigens Sadü = Gebirge, auch = Steppe, falls zu verhüten. Dazu band er um die
H e i d e l J N E S VIII, S. 2 3 3 f f . K E b e l i n g .
Taille der Frau eine neue Kette aus 60
Spindelköpfen, von denen die Frau jeden
Gebiß s. P f e r d , Trense.
Tag einen losband und wegwarf. Dieses
Geburt. Bei den Akkadern waren Ritual war von Anrufungen des Mond-
Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt gottes Sin begleitet, dessen Einfluß als
mit religiösen und magischen Vorstellun- entscheidend betrachtet wurde (KAR
gen innig verknüpft: „Wenn eine Frau Nr. 223, E. E b e l i n g MAOG V/3, S. 5)
nach der Empfängnis ein Kind zur Welt Es ist nicht unmöglich, daß dieses Ritual
bringt: (so ist es das Zeichen) göttlicher den Zweck hatte, die Dauer der Schwanger-
Huld; kommt es nicht zur Geburt: (so ist schaft über die normale Zeit hinaus zu
es das Zeichen) göttlichen Zornes" (KAR verlängern.
Nr. 195, Z. 1—32). Der Leitfaden der Während ihrer Schwangerschaft wurde
Beschwörungskunst (KAR Nr. 44, Z. 15) die Frau wahrscheinlich als unrein an-
GEBURT 179
gesehen: Bei gewissen Bußezeremonien, des Unterleibes der Kreißenden von oben
die den Reinigungsriten vorangingen, be- nach unten.
kleidete sich der König mit dem Gewand Um eine schnelle Entbindung zu er-
einer schwangeren Frau (ABL Nr. 553, Rs. reichen, nahm man meist Zuflucht zu
Z. 14)- Die Tatsache, daß der Beschwörer Arzneitränken (Arnoglossum, Solanum,
30 Tage lang nach der Niederkunft die Minze usw., in Bier getrunken) und zum
junge Mutter, der er geholfen hatte, nicht Essen von Fleisch eines weißen Schweines,
wiedersehen durfte, scheint zu zeigen, daß einer Schildkröte oder eines Fuchses, ohne
der Zustand der Unreinheit so lange dabei auf die Massagen zu verzichten
nach der Geburt anhielt (AO 6 4 7 3 , Z. 14). (zum Teil gegen den Strich in der Nabel-
Indessen hielt man das Fortsetzen des gegend).
sexuellen Verkehrs mit einer schwangeren Uber die praktische Anwendung des
Frau für einen Beweis der Hochachtung Mythos von Ea und Atarhasis (der an die
ihr gegenüber, zugleich wurde ihr damit Erschaffung des Menschen durch die
eine Heilung der Krankheiten, die sie sich Göttin erinnert) auf die Schwangere siehe
während dieser Zeit zuzog, gesichert Z i m m e r n ZA XIV, S. 292; J e n s e n KB
( T D P S. 2 1 0 — 2 1 2 ) . V I / i , S. 2 8 6 / 7 .
Eine Tafel des Lehrbuches der Progno- Durch ein Nachschlagewerk wissen wir,
sen (Nr. 35: T D P , S. 200ff., u n d KUB daß gewisse Pflanzen als nützlich beim
XXXVII, Nr. 189) zählt die Zeichen auf Ausstoßen der Nachgeburt galten (silitu,
(Farbe und Aussehen des Gesichtes, der ipu: CT XIV, pl. 3 6 , Rs., Z. 5). Auf das
Nase, der Brust, des Unterleibes usw.), Abschneiden der Nabelschnur (abunnata
die erlauben, der schwangeren Frau das ba'äqu) spielt eine Stelle im Gilgames-Epos
Geschlecht des Kindes, die Entwicklung an (Penns. IV, 36). Die Erinnerung an die
und den Ausgang der Schwangerschaft Leiden der jungen Mutter lebt in gewissen
sowie die Bedingungen, unter denen sich Namen, die den Neugeborenen gegeben
die Entbindung abwickeln würde, voraus- werden, weiter.
zusagen. Die sorgfältige Behandlung bei un-
Während der Niederkunft wurden ver- vermutet hinzukommender pathologischer
schiedene Zeremonien ausgeführt, welche Komplikation während oder nach der
fast alle den Titel trugen i n i m - i n i m - m a Entbindung bildet den Gegenstand
ml l a - r a - a h - a - k a m oder ana sinniSti mehrerer Abschnitte von KAR Nr. 195
muSapSiqti „für eine Frau in Wehen". Die (siehe F r a u e n k r a n k h e i t e n ) . Daß es
beiden wichtigsten von ihnen sind: AMT gleichwohl häufig zu tödlichem Ausgang
S. 67, 1 und KAR Nr. 196 (siehe außer- kam, kann man aus den vielfachen Hin-
dem: MT S. 6 5 , 1, 2; 6 6 , 3, 4 . 5, 9; LKU weisen auf den Tod der Gebärenden in den
Nr. 55; K U B I V , Nr. 13; K . 2413; K . 3485 Prognosen oder den Wahrsagetexten an-
usw.). Die einen hatten eine normale Ge- nehmen.
burt (iSäris), die anderen eine schnelle Das mehr oder weniger anomale Aus-
Entbindung (arhiS) zum Ziel. sehen der Leibesfrucht zur Zeit der Geburt
Bei der ersten war eines der Haupt- gab Stoff für Voraussagen, die die akkadi-
themen die Beschwörung der mythischen schen Schreiber in einer Ominaserie ver-
„Kuh", die der Mondgott geliebt und einigten, die Summa izbu „wenn eine
befruchtet hat. Zwei Schutzgottheiten Mißgeburt" betitelt ist (siehe unten).
steigen vom Himmel, um zu helfen, be- In der babylonischen Spätzeit schließ-
streichen ihre Stirn mit reinem Öl und be- lich begann man, Horoskope für die Neu-
sprengen ihren Körper mit Wasser: „Wie geborenen aufzustellen auf Grund der
die Dienerin des Sin glücklich geboren hat, Bedeutung und Stellung der Planeten,
genau so gebäre die in Wehen liegende die im Augenblick ihrer Ankunft auf der
junge Frau" (KAR Nr. 196, III, Z. 10 bis Erde sichtbar waren (siehe A. S a c h s JCS
35 = E. Ebeling AGM XIV, S. 70f.). Die VI, S. 4 g f f . , und H o r o s k o p ) .
Beschwörung ist verbunden mit Massagen Rene L a b a t .
12»
i8o GEBURTSOMINA— GEERS
im weitesten Sinne des Wortes, die er in Vgl. weiter die von Mendelsohn a. a. O.
London, Berlin, Istanbul und Baghdad S. 130, 5, 7 aus VS XIII zitierten Stellen.
anfertigte und allen Fachgenossen mit In Hatti unterscheidet man den NAM.
größter Liberalität zur Verfügung stellte. RA-Mann = Zivilgefangenen (gew. Ge-
E. Weidner. fangener) von dem SU.DIB (sabtu). Lite-
ratur zu NAM.RA s. bei F r i e d r i c h He-
Gefangener, Gefängnis. Von Gefan- thitisches Wörterbuch, S. 287, weiter
genen, die wegen eines Vergehens oder Goetze Kleinasien2, S. 106, S o m m e r
einer Schuld Haft erdulden mußten, sind HAB, S. 121 ff., Alp J K F I, S. U3ff. Die
die Kriegsgefangenen zu unterscheiden. NAM.RA-Leute gehörten zu halbfreien
Sie werden schon in frühsumerischer Zeit Leuten, die sich aus Gefangenen bestimm-
erwähnt als Menschen, aus denen man ter Länder rekrutierten. Sie übernahmen
in verschiedener Weise Nutzen zu ge- unter Umständen Lehnspflichten zum
winnen verstand. Rimus berichtet UET I, Ersatz für ausgefallene Leute (s. L a -
Nr. 10, daß er Kriegsgefangene aus Elam r o c h e RA XLIII, S. 73f.).
dem Gotte Sin schenkte. Puzur-Susinak, Für die a s s y r i s c h e Zeit ist besonders
ensi von Elam, rühmt sich, seinem Herrn, auffällig, mit welcher Grausamkeit die
dem Gotte Susinak, Gefangene über Ge- Eroberer ihre Gefangenen behandelt ha-
fangene verehrt zu haben, RISA S. 157, ben. Meissner hat BuA I, S. I i i mit ein-
Nr. 5; vgl. Mendelsohn Slavery, S. 130. drucksvollen Worten dieses ihr Verhalten
In der Zeit der III. Dynastie von Ur geschildert. Vgl. dazu das Stichwort
werden solche Gefangene mehrfach ver- Krieg. Ganze Völker sind in dieser Zeit
zeichnet, s. Mendelsohn a. a. O., S.130; aus ihrer Heimat fortgeschleppt und in
Scheil RA XV, S. 6iff.; O p p e n h e i m andere Landschaften verpflanzt worden.
Wilberforce Eames Bab. Coli., S. 19. Die G e f ä n g n i s als Strafe im formellen
in diesen Texten vermerkten Leute waren Sinne kennt die Gesetzgebung des Zwei-
nicht Sklaven, sie erhielten nach beson- stromlandes kaum. Allerdings darf man
deren gesetzlichen Bestimmungen Lohn eine Inhaftnahme bei der Strafe der
in Gestalt von Brot und Öl, s. ITT III „Königsarbeit", Sipar Sarri, wie sie im
6175, Z. iff.; J a c o b s e n C-uneiform Texts mittelassyrischen Gesetzbuch vorgesehen
in Copenhagen, Nr. 28, Rs. Z. 10 (hier ist (in der Regel für 1 Monat), voraussetzen.
neben Pförtnern, ra-gab-Leuten, Ange- Als Ort der Verwahrung wird in altbaby-
stellten des Palastes notiert). Sie werden lonischer Zeit ein neparu (ARM XV S.33),
weitervermietet (s. O p p e n h e i m a. a. 0.). nebaru, nubaru, nurparu (VAB VI, Nr. 235,
Außer Elam werden als ihre Herkunfts- Z. 13) (Grundbed. wohl Käfig), in neu-
orte Saribhum, Urbillum, Harsi, Sasru, babylonischer Periode das bit killijkUi
Suruthu, das Land Martu genannt (s. Op- oder Mt sibitti (sämtlich = Gefängnis) ge-
p e n h e i m a. a. O. Anm. 43). nannt. Der Aufenthalt an dieser Stätte
Aus altbabylonischer Zeit ist Speleers dient aber nur zur Festhaltung des
Recueil des Inscriptions, Nr. 250 (Isin- Schuldverdächtigen in Untersuchungs-
Larsa-Periode) zu erwähnen. Hier werden haft, zur Sicherung der Vollstreckung
nach Eroberung von Isin Gefangene einer Strafe an Leib und Leben (Exe-
genannt (asiru, für diesen Ausdruck vgl. kutionshaft) und schließlich als Schuld-
F e i g i n AJSL L, S. 217ff., LI S. 22ff.; haft. Der aus der Kassitenzeit stammende
dagegen L a n d s b e r g e r AfO X, S. 144; Text Clay PBS II/2, Nr. 116 (s. T o r -
weitere Lit. bei Mendelsohn Slavery c z y n e r ZDMG LXVII, S. 145) nennt
S. 130, 6). Nach der aus S p e l e e r s ent- Strafgefangene, die im Gefängnis fest-
nommenen Stelle werden solche astru- gehalten wurden; es wird angegeben, was
Leute aus einem Mt astre ( = Kriegs- sie sich hatten zuschulden kommen lassen,
gefangenen-Lager) geholt und von dem z. B. „weil er seine Mutter geschlagen hat",
wakil dieses Lagers einem Gotte ge- „weil er seinen älteren Bruder verletzt
schenkt (s. E b e l i n g RSO XXXII, S-59f.). hat".
182 GEFÄSS
die Ton wäre dominierte. Gegen Ende Die Steingefäße der Akkadzeit (etwa
des 4. Jahrtausends v. Chr. (Uruk-Stufe) 2350—2150 v. Chr.) sind vorwiegend aus
treten die Steingefäße auch im Norden Kalkstein oder Alabaster hergestellt und
stark zurück, bilden jedoch für die fol- tragen häufig Weihinschriften als einzige
gende Dschemdet-Nasr-Zeit (um 2700 Zierde (s. C h r i s t i a n a. a. 0., Tf. 347,
v. Chr.) ein Hauptcharakteristikum, vor 10—17; 35°. 1 m i t Inschrift Naräm-
allem im Süden. Neben glatten Gefäßen, Sins; Unger RLV VII, Tf. 166b; Tf.
die einen größeren Formenreichtum auf- 167 a). In neusumerischer Zeit (etwa
weisen und aus verschiedenen Steinarten, 2050—1950 v. Chr.) ist Steatit der bevor-
besonders aus Obsidian, verfertigt sind zugte Werkstoff, und die mannigfaltig ge-
(s. C h r i s t i a n a. a. O., S. 156t., Tf. 129— formten Gefäße sind in Einlagetechnik
31; H e i n r i c h Kleinfunde aus den archai- oder mit Reliefs verziert (s. C h r i s t i a n
schen Tempelschichten in Uruk, Berlin a. a. O., Tf. 410—12). Das bekannteste
1936, Tf. 21, a—c), finden sich meist in Beispiel ist die Steatitvase Gudeas (s.
zwei Teilen hergestellte, an den Verbin- C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 411,1). Seit dem
dungsstellen in Einlagetechnik verzierte 2. Jahrtausend spielen in Babylonien
Gefäße (s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 107, 1; Steingefäße nur noch eine untergeordnete
110, 1 = H e i n r i c h a. a. O., Tf. 26, 27b; Rolle. Meist haben sie die Gestalt walzen-
vgl. auch Tf. 27 a). Sehr häufig sind sie förmiger Flaschen und sind aus Alabaster.
Träger bildhauerischer Arbeit, wobei sich Daneben finden sich in neubabylonischer
der Schmuck entweder der Gefäßform Zeit auch Gefäße aus blauer Paste (künst-
unterordnet, wie bei einer Alabaster- licher Lapislazuli) oder Bergkristall (s.
vase aus Uruk (s. C h r i s t i a n a. a. O., R e u t h e r Die Innenstadt von Babylon,
Tf. 105 = H e i n r i c h a. a. 0., Tf. 2, 3, 38), Leipzig 1926, S. 27, Abb. 31; S. 140, Abb.
oder es völlig überwuchert (s. C h r i s t i a n 90; S. 180, Tf. 54 c).
a. a. 0., Tf. 108, 1 — H e i n r i c h a. a. O.,
Tf. 22, 23 a). Den Endpunkt dieser Ent- Assyrien bietet das gleiche Bild. Auch
wicklung bilden Werke, bei denen eine hier wird vorwiegend Alabaster ver-
plastische Gruppe als Stütze für einen arbeitet (s. A n d r a e Das wiedererstandene
kleinen Napf dient (s. M o o r t g a t Ein Assur, Leipzig 1938, Tf. 12b: kleine
frühsumerisches Kultgefäß: ZA XLV, 1939, Alabastren aus einem Grab des 15./14.
Tf. II, IV). Jahrhunderts v. Chr.). Im Istar-Tempel
Tukulti-Ninurtas I. (1242—1206 v. Chr.)
Im Norden waren vor allem die Be- in Assur wurde neben einigen wenigen
stattungen am Tepe Gaura reich an Stein- Alabastergefäßen auch eines aus Rosen-
gefäßen (Obsidian, Marmor, Kalkstein quarz gefunden (s. A n d r a e Die jüngeren
und Alabaster; s. C h r i s t i a n a. a. 0., Ischtar-Tempel in Assur, Leipzig 1935,
Tf. 141 f.). Auch in der Lagas-Ur I-Zeit S. 101, Tf. 43).
(um 2550—2350 v. Chr.) erfreuten sich
Steingefäße großer Beliebtheit. Verarbei- Kostbare Gefäße aus ägyptischem Ala-
tet wurden Kalk- und Gipsstein, Marmor, baster, die im Alten Palast in Assur
Alabaster und Steatit, aber auch Serpen- entdeckt wurden, sind Beutestücke San-
tin, Granit und Basalt, für besonders wert- heribs und Asarhaddons aus Phönikien
volle Stücke Lapislazuli und Onyx. Die (s. A n d r a e Das wiedererstandene Assur
häufigsten Formen sind Schalen, Näpfe S. 159, Tf. 73; U n g e r RLV XII.Tf.ioiB).
und Becher (s. C h r i s t i a n a. a. 0., S. Metalle werden zur Gefäßherstellung
193L, Tf. 183—88). Manche tragen auch erst zur Dschemdet Nasr-Zeit verwendet,
einen Reliefschmuck (s. C h r i s t i a n a. a. und zwar in Südmesopotamien. Blei wird
0., Tf. 268—70) und sind farbig eingelegt zu Bechern verarbeitet, Kupfer zu großen
(s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 185, 2). Der flachen Tellern oder zu kleinen Schalen
Norden tritt hier wie auch in den folgenden (s. C h r i s t i a n a. a. O., S. 146, Tf. 133, 2).
Epochen gegenüber dem Süden ganz Aus Uruk III stammt ein kugeliges Silber-
zurück. gefäß mit langem Ausgußschnabel (s.
GEFLÜGEL— GEHEIMSCHRIFT I85
C h r i s t i a n a. a. 0., Tf. 132). Einen nie S. 77f.; O. S c h r o e d e r Assyrische Gefäß-
wieder erreichten Höhepunkt der Metall- namen AfO VI, S. r u f . ; G . M e i e r hulup-
paqqu, ein Kultgefäß AfO X, S. 365 f.
gefäßherstellung bildet die folgende La-
gas-Ur I-Zeit, die außer zahlreichen M. Falkner.
Kupfergefäßen (s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf.
igof., 193—97) auch solche aus Silber, Geflügel. Als G. werden in Babylonien
Gold und Elektron lieferte. Besonders folgende Vögel gehalten und gezogen:
reich an schöngeformten, verzierten Gold- Ente, Gans, Huhn (wohl eine besondere
gefäßen war die Königsnekropole von Ur Hühnerart), Pfau (?), Taube (Turtel-
(s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. 189, 3: kanne- taube) .
lierter Goldbecher mit eingravierten Zick- Das allgemeine Wort für Geflügel ist
zackmustern am oberen und unteren issüru (Ebeling NBU Nr. 93, Z. gff.).
Rand; 191, 4: Schale aus geripptem Gold- Über die Preise für G. vgl. Meissner
blech mit Fuß und Ausgußröhre). Von Warenpreise in Babylonien, S. 21. Über
Silbergefäßen sei die in Lagas gefundene Einzelheiten für die genannten Tiere vgl.
Silbervase des Entemena erwähnt, die die jeweiligen S t i c h w ö r t e r .
auf einem Kupferuntersatz steht und mit E. Ebeling.
eingravierten Darstellungen geschmückt
ist (s. C h r i s t i a n a. a. 0., Tf. 192). Im Geheimschrift. Aus Babylonien und
Norden scheint Metall sehr selten zu Assyrien sind mehrere Versuche über-
Gefäßen verarbeitet worden zu sein, liefert, eine Art Geheimschrift auszu-
und auch im Süden kommen sie von bilden. Den Anlaß dazu gab offenbar
nun an nur noch spärlich vor, entweder einerseits der Wunsch, ein bestimmtes
aus Kupfer (s. C h r i s t i a n a. a. O., Tf. Sonderwissen zu verschlüsseln, also den
348: Akkadzeit), oder aus Bronze (s. „Nicht-Eingeweihten" (s. Geheimwissen)
R e u t h e r a. a. O., S. 33: neubabylonisch). unzugänglich zu machen, andererseits
An Gefäßen, die aus anderem Material hat gewiß auch die Neigung zu graphi-
verfertigt wurden, finden sich Fritte- schen Spielereien eine Rolle gespielt.
gefäße, die besonders unter den Kassiten 1. Aus allen Zeiten der babylonischen
und in mittelassyrischer Zeit beliebt waren Kulturgeschichte von der altbabyloni-
(s. F r i t t e ) , Gefäße aus Muscheln oder schen Periode herab sind Abschriften eines
Schneckenschalen, die auch in Metall oder einzigartigen und geheimnisvollen „Silben-
Stein nachgeahmt wurden (s. C h r i s t i a n alphabetes" erhalten, dessen Deutung
a.a.O., S. 157. 195 t., Tf. 189, 1—2: B. L a n d s b e r g e r (AfO, Beih. 1, S. 170
Lagas-Ur I-Zeit), sowie Straußeneier mit bis 78) verdankt wird. Es handelt sich um
farbigen Auflagen, von denen es goldene ein Konglomerat von lautlichen und
Nachbildungen gibt (s. C h r i s t i a n a . a. 0., graphischen Elementen, in der Haupt-
S. 196, Tf. 189, 5; R e u t h e r a.a.O., sache sinnlosen Silbenspielereien, in die
S. 222: mittelbabylonisch-assyrisch). einige Sprüche in sinnhaftem Sumerisch
C. B a c h e Obsidian Vessels from Tepe eingefügt sind. In späterer Zeit hat man
Gaura, UMB VI, p. 29—31; G. A. R e i s n e r das „Silbenalphabet" mit der Legende
Stone Vessels found in Grete and Babylonia, von der Menschenschöpfung gekoppelt.
Antiquity V, p. 200—212; H. F i e l d Steatite
Vases from Kish, ibd. VII, p. 84!.; M. M a x i -
L a n d s b e r g e r hat gewiß recht, wenn er
m o v a Les vases plastiques d%ns l'Antiquite meint, daß man so das Geheimalphabet
(epoque archaique), I. II. Paris 1926; Fr. W. als die Sprache der beiden Urmenschen
von B i s s i n g Ägyptische und ägyptisierende ausgeben wollte. Wahrscheinlich stellte
Alabastergefäße aus den Deutschen Ausgra-
bungen in Assur, ZA XLVI, p. 149—182;
man sich vor, daß das Rezitieren der
D e r s . Ägyptische und ägyptisierende Ala- zumeist unverständlichen Sprüche einen
bastergefäße aus den Deutschen Ausgrabungen um so größeren Erfolg bei den Göttern
zu Babylon, ZA X LVII, p. 27—49; B. L a u f er habe, wenn ihnen auf diese Weise das
Ostrich Egg-Shell Cups from Mesopotamia,
Open Court XL, p. 257—-268; zu den im Kult Lallen der Urmenschen in Erinnerung
verwendeten Gefäßen s. M e i s s n e r BuA II, gebracht werde.
i86 GEHEIMSCHRIFT
6) L a n g d o n P B S X/4, Nr. 12, S. 33off„ mit Der erste Teil der fraglichen Formel
dem D u p l i k a t Z i m m e r n Ritualtafeln, Nr. 27 (das lautet: „Der Eingeweihte möge (diese
Dupl. allein bei L a b a t Commentaires, Nr. X X I ) . Tafel nur) einem (gleichfalls) Eingeweihten
Babylonisch. + .
E i n ähnlicher T e x t bei F a l k e n s t e i n L K T U , zeigen". Auf akkadisch: mu-du-ujmu-
Nr. 45 (dazu ein unveröffentlichtes Dupl. im du-ü/mu-da-a{ 2) /ZU-m/ZU-m/ZU. A / lüZU-ü
Museum zu Philadelphia). mu-da-almu-du-ülZ\J-alZ\J-üjZ\J. A/'^ZU-
7) T h o m p s o n CT X I V , T f . 7, K 4206 + 83— üli-kal-limjli-kal-li-[im]lli6-kal-lim (18)jlu-
! 18, 441 / / T f . 6. Bearb. L a n d s b e r g e r Fau-
na, S. 52 ff. (mit unpubl. Zusatzstück 81—2—4,
M-&W(i9)/IGI.LÄ(8)/ZU (? Haupttext 16
224). + + + • nach B e z o l d Catalogue, zu K 7628). Die
8) E b e l i n g K A R , Nr. 230. + + —. Texte 14, 22 und [23] fügen als zweites
9) E b e l i n g TuL, Nr. 27, S. io8ff. (Vs. 30 Wort noch a-na ein, also ( M )ZU-W a-na
u n d Rs. 33)- — + + bzw. —(?) + — ( ? ) . (•^ZU-M usw.
10) S. S m i t h J R A S 1925, S. 37«., neu be-
arbeitet von E b e l i n g TuL, Nr. 26, S. i o o f f . Der zweite Teil lautet: „Der Unein-
+ + +• geweihte darf (sie) nicht sehen". Auf
11) E b e l i n g K A R , Nr. 307. Bearb. TuL,
Nr. 7, S. 28 ff.
akkadisch: NUjla mu-du-üfZ\}-ujZ\]-üj
12) E b e l i n g u n d K ö c h e r LKA, Nr. 72. ZU/ZU.A/ M ZU-m NU IGl-mar / NU
Bearb. TuL, Nr. 10, S. 44ff. + + + . IGI.LÄ I NU IGI / NU IGI.AS (14) / NU
13) E b e l i n g u n d K ö c h e r L K A , Nr. 71. +
[ + + ?]• IGI.AN (18) / a-a IGI.LÄ / a-a <i>-mur
14) T h u r e a u - D a n g i n Rituels Accadiens, (15). In 20 dafür: mu-du-u la mu-da-a la
S. 3ff. u n d i o f f . = TCL VI, Nr. 44. Babylo- [ü-kal-l]am.
nisch. + + + .
15) T h u r e a u - D a n g i n R A XVI, S. I44ff. = Der dritte Teil lautet: „Tabu des Gottes
TCL VI, Nr. 47. Babylonisch. + + + . . . . I der Götter . . . / der großen Götter".
N a c h Z i m m e r n ZDMG L X X I V , S. 433, Auf akkadisch: ikkib(NfG.GIG) / ik-kib
d
Anm. 1 gehört auch der unpubl. T e x t K 8111 A-nim ü(?) dEn-lU (3) / dEn-za dMah-za
hierher. d
16) B o i s s i e r DA, S. 4 5 ! (für die Duplikate Ki-za-za (9) / dEn-lil rabtf &Marduk
siehe ders. Chcix I, S. 119). -|—h + • (AMAR. UTU) (10) / dAnu (DlS) dEn-lü u
d
17) E b e l i n g K A R , Nr. 151 (vgl. G e l b AOr E«(BE) iläni rabüti (14; ebenso wohl
X V I I I / i — 2 , S. 194t.). h +• 23 (dA-[n]im dEn-lü & ( ? ) [ . . . ] ) und 24) /
18) T h u r e a u - D a n g i n TCL VI, Nr. 32. d
Bearb. ( W e t z e l und) W e i ß b a c h Haupt-
En-liII dI-gi-gi dA-nun-na-ki u DINGIR.
heiligtum (WVDOG 59), S. 49ff. GUB.BA.MES sd E.KUR (15) / dSullat
19) E b e l i n g K A R , Nr. 4 (Literatur bei (PA) üfu dHanis (LUGAL) (16 und 17) /
d
W e i d n e r AfO X V I , S. 207) u n d zahlreiche Sullat ü dHanis d 5«mas(UTU) ü dAdad
Parallel texte. Vgl. L a n d s b e r g e r AfO, Beiheft
I, S. i7off., u n d bei f i g u n d K i z i l y a y Zwei
(iSKUR) iläni sirüti bele bin (25) / iläni
altbabylonische Schulbücher aus Nippur, sowie rabüti (7, 11 und 12).
v a n d e r M e e r D P M 27, Nr. 243. K A R 4
+ • In den Kolophonen dieser Texte be-
20) T h o m p s o n AMT, Tf. 102—105. Mit den gegnen uns schon mehrmals die beiden
Duplikaten übersetzt von T h o m p s o n A J S L akkadischen Wörter für „Geheimnis",
LIV, S. 26ff. Vgl. W. G. L a m b e r t JCS X I , „Geheimwissen", nämlich nisirtu („das
S. 7f. u n d 112. H—1 .
21) V i r o l l e a u d ACh, Adad, Nr. 34. + [. . .]. Geschützte, Gehütete") und piristu („das
22) W e i d n e r AfO X V I I , Tf. V, K 5981, Abgetrennte"; nicht piristu, siehe B o r -
vgl. S. 89, sowie W . G. L a m b e r t JCS X I , S. 5, g e r , BiOr XIV, S. 190, Anm. 1). So steht
Anm. 21. + [ + ] + . in Text 1 nisirti aphalli (der Weisen), in
23) T h u r e a u - D a n g i n T C L V I , Nr. 2 4 + 2 6 .
Bearb. O. N e u g e b a u e r ACT I, S. 18f. u n d
8 n. MAS.MAS.MES (der Beschwörungs-
161 ff. Babylonisch. + + + . priester), in 16 und 17 n. bärüti (der Opfer-
24) N e u g e b a u e r a. a. O., Nr. 180, Kolophon schaukunde), in 19 Ninive-Exemplar n.
S auf S. 18. Babylonisch. + [ + ] + . des [ . . . ]tums, in 23 n. der Gelehrten,
25) V R 33, mit Dupl. T h o m p s o n Epic of
Gilgamish, Tf. 36, R m 505. Die einschlägige
in 3 Paralleltext piristi des Himmels [und
Fachliteratur großenteils zusammengestellt bei der Erde] (so wohl auch in 23), in 11 p. der
J a r i t z M I O VI, S. 228f. Vgl. noch G e l b AOr großen Götter, in 19 p. ohne weiteres.
X V I I I / i — 2 , S. 194 f. -I- + + .
26) B e z o l d Catalogue I I I , S. 1035, K 9736. Die Verbindung nisirti bärüti kommt
— + —. auch vor in der von mir in BiOr XIV,
i88 GEHEIMWISSEN
bildete sich wohl allerhand ein wegen seiner Untersuchung zu unterziehen. In dem
tiefsinnigen theologischen Spekulationen „Leitfaden der Beschwörungskunst "KAR,
(Text 15). Von allen Priesterklassen Nr. 44 (Zimmern ZA XXX, S. 204ff.)
hatte jedoch der Opferschaupriester (härü) wird in Rs. 7 nisirti der Beschwörungskunst
am meisten mit G. zu tun (Text 16—17 (ka-kü-ga-lu-ti), in Rs.8 n. des apsü(~LÄ.L.
und 27—31). Das Zunftmäßige der Haru- GAR, vgl. H e i d e l Sumer IX, S. 182, zu
spizin geht besonders hervor aus Text 27: V 62) erwähnt, vgl. auch Rs. 13.
„ . . . nisirtu der Opferschaukunde, pi- Text 18 ist die bekannte Beschreibung
riSlu des Himmels und der Erde,. . . der des Marduk-Heiligtums inBabel. Man sieht
Gelehrten, die der Opferschaupriester. . . nicht recht ein, welchen Nutzen es hatte,
kennt, der Vater für seinen geliebten diesen im Jahre 229 v. Chr. abgeschriebe-
Sohn hütet (i-nafina-as-sa-ru)", sowie aus nen Text damals noch geheim zu halten.
28: „nisirtu, das der Vater dem Sohne Text 19 ist durch ein Mißverständnis
hinterläßt". Es handelt sich hier teils um geheim geworden. Ursprünglich handelte
einfache Opferschauomina (16 und 17, es sich um eine einfache, in der Schule
vgl. 30 und 31), teils um allerlei Berech- gebrauchte Liste mit Eigennamen von
nungen über Erscheinungen an Opfer- einem bestimmten, später nicht mehr
tieren, die fast den Eindruck mathemati- vorkommenden Typ. Nachher hat man die
scher Texte hervorrufen und uns dabei Liste nicht mehr als Liste von Eigen-
nahezu ganz unverständlich bleiben (27 bis namen erkannt und sie dann als Born des
29). Die Überlieferung des G. vom Vater Geheimwissens betrachtet. Sie wurde dabei
auf den Sohn bei den Opferschaupriestern mit einem Weltschöpfungsmythos gekop-
ist auch belegt bei Z i m m e r n Ritual- pelt, wahrscheinlich weil man sie für die
tafeln, Nr. 1—20, Z. 11 ff. und Nr. 24, Ursprache des ersten Menschenpaares hielt.
Z. 19 ff.; diese beiden Texte sind überhaupt
Bei den medizinischen (20), astrologi-
recht instruktiv für die Wertschätzung
schen (21, 22, 33) und astronomischen (23
des bärü und für seine Beziehungen zum
bis 24) Geheimtexten ist es uns wieder un-
G. (vgl. Z i m m e r n a. a. 0., S. 89).
ersichtlich, warum gerade diese Texte
Es seien hier noch einige weitere Stellen geheimgehalten wurden. Texte dieser Ka-
verzeichnet, wo Priesterklassen mit G. in tegorien und Serien sind uns ja in großen
Zusammenhang gebracht werden. In der Mengen als Profanwissen erhalten.
Prunkinschrift Sargons (Winckler Keil- Interessant ist schließlich in diesem Zu-
schrifttexte Sargons I, S. 96ff., II, Tf. 3off.), sammenhang KAR, Nr. 139, ein mittel-
Z. 157 f. sind es nisakku-, ramku- und assyrisches Ritual für Kulthandlungen im
surmahhu-Tviester, die als „vertraut mit bit eqe von Kär-Tukulti-Ninurta. Der
piristu" bezeichnet werden (lies in Z. 158 Priester schärft dem Opferer, der durch
la-mid pi-riS-ti DINGIR.GUB.BA.MES Fürsprache der Gottheit Pü-lisänu die
W0-AD-BU-&). Bei Borger Asarhaddon, Gunst der Istar erlangen will, ein, daß er
S. 24, Bab. Ep. 33, Z. 20ff. und S. 90, „Wort und pirilta (= pirista) hüten
AsBbG, Z. 14 gelten ramku- und paslsu- (nasäru)" soll. Dürfte man p. hier etwa
Priester als „Hüter von p." (näsir piristi); mit „Mysterium" (s. d.) wiedergeben ?
auf S. 82f. wird das G. in Zusammenhang L i t e r a t u r : Die Wörterbücher s. vv. nisirtu,
gebracht mit den Handwerkern, die im piriUu u n d ikkibu. Z i m m e r n Ritualtafeln,
bit mumme verfallene Götterstatuen wieder S. 89, u n d besonders ZDMG L X X I V , S. 4 3 2 f f . —
instand setzen sollen (müde piristi, Rs. 29, W e i d n e r H B A I, S. 26f. — L a n d s b e r g e r
AfO, Beiheft 1, S. 178 u n d 174L — G e l b AOr
vgl. Rs. 22), siehe oben zu Text 9—10. In X V I I I / i — 2 , S. 1 9 4 I — K i n n i e r W i l s o n / r a ?
dem Text Nabonid Nr. 6 (Langdon VAB X V I I I , S. 139I — O. N e u g e b a u e r The Exact
IV, S. 252ff.), I 32ff. werden die im SciencesinAntiquity (2. Aufl.), S. 144. R. Borger.
bit mummu wohnenden weisen Mathemati- Gehöft. In der Disposition monumen-
ker, „die das G. der großen Götter wahren" taler Bauanlagen des Alten Orients spielen
(näsir piristi iläni rabüti), beigezogen, um in der Regel Höfe, um die sich die ein-
einen verfallenen Tempel einer genauen zelnen Gebäudeteile gruppieren, eine
192 GEHÖFT
wichtige Rolle. Dem oberflächlichen Blick entsteht das einfache Hofhaus, das durch
mögen alle derartigen Gebilde gleich- Aufsetzen eines zweiten Stockwerks ver-
förmig erscheinen. Es gibt jedoch bei größert werden kann (R. K o l d e w e y s
ihnen wichtige Unterschiede, die in Be- „injunktives Hofhaus") 2 ).
tracht gezogen werden müssen, wenn ein Das Hürdengehöft ist durchaus nicht
Bauwerk seiner Abstammung und seinem nur eine Bauform Mesopotamiens, sie
Wesen nach richtig erkannt werden soll. spielt ebenso im alten Ägypten eine
Die Unterschiede gehen zurück auf drei wichtige Rolle und kommt von Afrika
primitive Gehöftformen, die im folgenden bis Ostasien als einfaches Gehöft und als
„Hürdengehöft", „Haus mit vorgelegtem monumentale Anlage in zahlreichen ver-
Hof" und „Gehöft mit umschlossenem schiedenen Ausprägungen vor. Gemeinsam
Hof" genannt werden sollen. Die zweite ist allen, daß die Umfassung das zuerst
und die dritte Form sind ihrem Wesen Gedachte ist und der einfach-geradlinige,
nach so eng miteinander verwandt, daß meist dem Quadrat angenäherte Umriß
sie zusammen besprochen werden können; der ursprünglichen Hürde erhalten bleibt.
die erste jedoch entsteht unter wesentlich In Vorderasien ist wohl das früheste
anderen Bedingungen. Es kann hier nur bekannte Beispiel solcher Hürdengehöfte
darauf ankommen, die Verschiedenheit die vorgeschichtliche Siedlung in Redau
der drei Formen klarzustellen und mit Scherqi bei Warka 3 ) (Obed-Stufe). Sie
wenigen deutlichen Beispielen zu belegen. erlaubt uns, den eben geschilderten, unter
Die häufig vorkommenden Mischformen modernen Verhältnissen beobachteten Zu-
müssen außer Betracht bleiben. sammenhang zwischen primitivem länd-
1. D a s H ü r d e n g e h ö f t kennzeichnet lichen Gehöft und städtischem Wohnhaus
sich dadurch, daß die Umwehrung des (Beispiele s. unter „Haus") für die alte
Grundstückes das primär Vorhandene, die Zeit vorauszusetzen. Das gleiche Prinzip
Hütte oder das Haus das Sekundäre, in der Anlage, aber in großartige Verhält-
nachträglich Hineingestellte ist. Die Ent- nisse übersetzt, zeigen unter vielen anderen
stehung solcher Gehöfte läßt sich noch die Paläste4) und die Tempel6) Babylons.
heute am Euphrat und Tigris in ländlichen Im südlichen Mesopotamien wird im
Siedlungen beobachten, und sie scheint Laufe des 3. Jahrtausends die Form des
da mit dem Seßhaftwerden früherer No- Hürdengehöftes die übliche für alle Arten
maden zusammenzuhängen 1 ). Die Um- von Bauanlagen, und sie ist es dort bis
wehrung ist zunächst eine wirkliche Hürde, zum Anbruch der modernen Zeit geblieben.
die auch aus leichtem Material errichtet Zuerst vereint sie sich häufig mit Haus-
sein kann, und die Hütte kann von ihr formen, die ihr ursprünglich nicht zuge-
getrennt sein. Erst, wenn die Gehöfte in hören, damals aber im Süden bei Tempeln
einer dörflichen Siedlung eng aneinander noch vorkamen, wie in Tello im Tempel
rücken, muß die Hütte in die Hürde der Nanse6) (frühdynastisch ?) mit einem
gestellt werden, und das längere Ver- zweireihigen Herdhaus oder in Ur im
weilen an einem Platz verlangt eine Gi-par-ku (Amar-Sin) und im Ehursag
festere Bauweise. Bei größerem Raum- (Ur-Nammu) mit dem dreireihigen nord-
bedarf kommen zu der ersten Hütte mesopotamischen Haustyp 7 ). Dasselbe ge-
weitere hinzu, die sich immer an der Um- schieht, wenn die Hürdenhausform außer-
fassungsmauer aufreihen und zwischen 2
) R. K o l d e w e y in W V D O G 15, S. 14; vgl.
sich den Hof freilassen. Wird bei ge- H . F r a n k f o r t in O I P L V I I I , S. 311, Anm. 23.
hobenen Ansprüchen das Ganze mit 3
) A. F a l k e n s t e i n u. E . H e i n r i c h in U V B
dicht aneinander schließenden Räumen I X , S. 33ff., Tf. 19.
4
in dauerhaftem Material ausgeführt, so ) R. K o l d e w e y Das wieder erstehende Baby-
lon, 1925, Abb. 5 a , 44, 46, 63, 70a, 100a.
5
) ebendort Abb. 38, 114, 137, 244, 246.
6
E . H e i n r i c h Moderne arabische Gehöfte am ) H. d e G e n o u i l l a c Fouilles de Telloh I I ,
unteren Euphrat und ihre Beziehungen zum Tf. X V I I I .
7
„Babylonischen Hofhaus" in M D O G 82, 1950, ) C. L. W o o l l e y in A J X , Okt. 1930,
S. 19. Tf. X X X .
GEIER 193
halb Babyloniens angewendet wird, so In Vorderasien treten beide Formen in
etwa im größten Maßstab in Mari1) (Zeit der Frühzeit sehr selten auf, z. B. finden
Haxnmurabis). Recht heimisch ist aber das Sich in sämtlichen Schichten von Tepe
Hürdenhaus in Nordmesopotamien und Gaura kaum Ansätze zu Gehöftbildungen.
Syrien zunächst nicht geworden, meist Wohl die frühesten Häuser mit vorge-
enthüllen sich die dort vorkommenden legtem Hof dürften die Soldatenquartiere
Hofbildungen als einer der zwei anderen an der Stadtmauer von Mersin sein1)
Gruppen zugehörig. Erst in der späten (Halaf-Obed-Stufe). Einfache Beispiele aus
Antike setzt es sich auch dort langsam späterer Zeit finden sich in Bogazköy2)
durch und wird schließlich von den (neuhettitisch), und zwar in Verbindung
Arabern weit nach Norden und Westen mit Agglutinat-Häusern. Wenn die Form
getragen, wobei es sich wieder mit fremden in monumentale Verhältnisse übertragen
Formen belädt und eine Fülle verschie- wird, können sich an die freien Hofwände
dener Gestalten entwickelt. Reihen von untergeordneten Kammern
anlegen, wie bei mehreren Tempeln in
2. Bei den beiden anderen Gehöft- Assur3). Auch die Tempel von Bogazköy4)
bildungen sind Einzelhäuser, denen Höfe darf man wohl als agglutinierte Gebilde
zugefügt werden, das Primäre. Im ein- mit vorgelegtem Hof auffassen.
fachsten Fall ist nur ein Haus vorhanden,
dem dann ein Hof „ v o r g e l e g t " werden Der umschlossene Hof läßt sich in der
muß. Besteht größerer Raumbedarf oder Vorgeschichte kaum nachweisen, wenn
werden höhere Ansprüche erhoben, so man nicht den (unvollständig erhaltenen)
rücken mehrere Häuser derart zusammen, Platz vor den Tempeln der Schicht XIII
daß sie ihre Eingangsseiten einander zu- (Obed Ii-Stufe) in Tepe Gaura5) als
kehren und sich zumeist an den Ecken solchen gelten lassen will. Später aber ist
berühren. Zwischen ihnen entsteht dann die Form typisch für alle assyrischen
ein „ u m s c h l o s s e n e r " Hof (Koldeweys Palastbauten; Chorsabad6) ist ein Muster-
„konjunktives" Hofhaus; er hat den beispiel dafür. Dort hat übrigens auch der
Begriff allerdings noch nicht auf meso- dem Palast angefügte Tempelbezirk einen
potamische Bauwerke ausgedehnt, sondern umschlossenen Hof, und auch die Resi-
er führt das griechische Haus als Beispiel denzen am Fuß der Burg lassen ihn, trotz
dafür an). Dabei ist es gleichgültig, ob ihres ziemlich regelmäßigen Umrisses, noch
die Kernzelle ein Agglutinat (s. unter deutlich erkennen. Von Wohnhäusern
„Haus"), ein dreireihiges nordmesopo- gehört das „Rote Haus" in Assur7) in
tamisches Haus oder von irgendeiner diese Reihe. Im südlichen Mesopotamien
anderen Form ist, und natürlich sind dagegen lassen sich beide Gehöftformen
auch diese Gehöftbildungen nicht auf bisher nicht nachweisen. Heinrich. E
terus. Sie sind nicht überall in Mesopo- Spitze seiner Soldaten, die ihm in einer
tamien heimisch, sondern vorzugsweise dicht geschlossenen Phalanx folgen. Die
im Dschebel Hamrin und in den Bergen Leichen der Feinde bedecken den Boden,
von Kurdistan. Darstellungen des Tieres teils dienen sie, zu einem Haufen auf-
gibt es von der alten Zeit an bis in die neu- geschichtet, den herbeifliegenden Geiern
assyrische Periode; interessant sind die zum Fraß (daher der Name „Geierstele"!).
Geierstele und assyrische Wandreliefs, Im zweiten Register steht Eanatum,
auf denen der G. über dem Kriegswagen ebenfalls von seinen Kriegern gefolgt, mit
zu sehen ist (vgl. E. D. Van B u r e n , gezückter Lanze auf seinem Streitwagen.
Fig. 89, 90). Der Vogel ist als Beseitiger Das dritte Register zeigt die feierliche
von Unrat und Kadavern (Leichen) be- Bestattung der eigenen Gefallenen, wobei
kannt. der Fürst das Totenopfer darbringt.
M e i s s n e r B u A I, S. 271, 318; I I , S. 307; Die Stele ist in mehrfacher Hinsicht von
R L V s. v . ; S t r e c k VAB V I I , S. 38, IV, großer Wichtigkeit. Als Kunstwerk stellt
Z
" 75 u
" ö" E . Ebeling. sie durch den Versuch, die im Auftrag der
Gottheit durchgeführten Siegestaten des
Geier s. auch R a u b v o g e l .
Herrschers bildlich zu schildern, gegen-
Geierstele (archäologisch). Die soge- über früheren Schöpfungen einen be-
nannte Geierstele ist ein Siegesdenkmal deutenden Fortschritt dar. Sie ist das
des Eanatum (s. d.: RLA II, S. 261 f.) erste erhaltene Beispiel eines historischen
von Lagas, das er im Anschluß an die Reliefs, wenn es auch der Künstler noch
Unterwerfung der Nachbarstadt Umma nicht vermochte, das Schlachtgeschehen
aufstellen ließ (um 2500 v. Chr.; s. Moort- in Einzelkämpfe aufzulösen, sondern durch
g a t Grundlagen und Entfaltung der sume- die Art der dargestellten Szenen — die
risch-akkadischen Kultur in Historia Mün- alles überragende Gestalt der Gottheit,
dt II, 1953, S. 240L). Die fragmentarisch das siegreiche Vorgehen des Fürsten und
erhaltene Stele (1,5 m hoch, 1,3 m breit) die völlige Vernichtung der Feinde —
ist oben abgerundet und trägt außer einer durchaus im Rahmen der Tradition bleibt.
Inschrift auf beiden Seiten mehrregistrige M e i s s n e r Grundzüge der altbabylonischen
Reliefdarstellungen (s. U n g e r Sumerische Plastik, AO X V (1914), S. 14—16 (Abb.
und akkadische Kunst, Abb. 20 f. auf 18—21); ders. BuA I, S. 317, Tf.-Abb. 54,
S. 82f.; C h r i s t i a n Altertumskunde des i ö 7 f . ; U n g e r Sumerische und akkadische
Kunst, 1926, S. 3 1 L ; M. P a n c r i t i u s Der
Zweistromlandes, Tf. 265 t.). Den größten kriegsgeschichtliche Wert der Geierstele, Memnon
Teil der Vorderseite nimmt die mächtige I I / 3 (1909). M. Falkner.
Gestalt des Gottes Ningirsu, des Schutz-
herrn der Stadt Lagas, ein. In der Rechten Geierstele (historisch). Die Inschrift
hält er eine Keule, in der Linken ein mit der G. ist geschichtlich und kultur-
erschlagenen Feinden gefülltes Netz, das geschichtlich von großer Bedeutung. Sie
oben mit dem Wappen von Lagas, einem ist das längste Schrift- und Sprachdenk-
löwenköpfigen Adler, der seine Krallen in mal der vorsargonischen Zeit und vielleicht
ein gegenständiges Löwenpaar schlägt, das früheste, uns bekannte Beispiel der
versehen ist. Von der hinter Ningirsu sumerischen Monumentalschrift. Die zum
stehenden, bedeutend kleineren Figur ist Eindrücken in weichem Ton geschaffene
nur noch ein Teil des Kopfes mit einer Urkeilschrift war für die Verwendung auf
Federkrone sowie eine Adlerstandarte hartem Material, wie Stein usw., nicht
erhalten. Denselben Kopfschmuck hat sehr geeignet (vgl. z. B. den unsicheren
auch eine Gestalt des stark zerstörten Duktus der Steininschriften des Ur-Nan-
unteren Registers, in dem Teile eines 2e*). Eanatum aber — oder besser seinen
Streitwagens zu sehen sind. Die vier Berufsschreibern — ist es gelungen, die
Friese der Rückseite stellen Szenen aus Schrift so umzuprägen, daß sie sich nun
dem siegreichen Kampfe Eanatums dar. dem harten Material vorzüglich anpaßte.
Im obersten marschiert der Fürst an der Diese Leistung ist ein Beweis für die
GEISEL 195
IV, Nr. 22, Z. 20 auf solche Geisel- Bezeichnungen, die die verschiedenen Er-
gestellung. Für die Assyrerkönige Tiglat- scheinungen präzisieren.
pileser I., Aäsurbelkala, Adadniräri II., Mit dem Namen lullu bezeichnet man
Aäsurnäsirapli II. und Sargon II. haben den primitiven Menschen mit schwachem,
wir zahlreiche Belege (s. W. von Soden unausgebildetem Verstand. Der spätere
AHw, s. litu und litütu), für andere Könige Begleiter des Gilgames, Enkidu, wird,
fehlen sie. Man hat dabei den Eindruck, solange er noch mit den Tieren lebt,
daß jene Herrscher es für eine milde lullu amilu genannt. Erst nachdem er die
Behandlung ihrer Gegner hielten, wenn Frau erkannt hat, erwacht seine In-
sie sie nicht vernichteten („ihr Leben telligenz (isi tema), und die menschliche
schonte ich" sagte man), sondern sie Sprache wird ihm verständlich.
selbst und ihre Kinder in die Gefangen- Der Geistesschwache (saklu, nu'u) wird
schaft mitnahmen. Als ein Beispiel, das als unverantwortlich betrachtet. Die Ver-
aus dem AT bekannt ist (2 K 24, 6ff.), antwortung für seine Handlungen trägt
aber auch in Keilschrifttafeln aufgetaucht der, unter dessen Einfluß sie geschehen
ist, kann der König von Juda Jojachin sind. Die Fluchformeln auf den Grenz-
genannt werden. Er war von Nebukad- steinen richten sich nicht nur gegen den,
nezar II. bei der 1. Deportation von der diese ändert oder entfernt, sondern
Judäern nach Babylon gebracht worden, auch gegen jeden, der es durch einen
und begegnet auch in Texten, die von saklu ausführen läßt (siehe H i n k e BE
der Expedition der Deutschen Orient- [D] IV, S. 49-50).
Gesellschaft in Babylon ausgegraben wor- Nicht verantwortlich zu machen, weil
den sind (vgl. W e i d n e r MHanges offerts unbewußt handelnd, waren diese geistig
... ä Dussaud II S. 923ff., Böhl Opera Armen dazu bestimmt, die Rolle von
Minora, S. 423 ff.). Der jüdische König wird Ersatzleuten (Substituten) zu spielen.
danach mit Lebensmitteln aus dem Haus- Es scheint tatsächlich, daß sie diese Rolle
halt des babylonischen Herrschers Nebu- zu gewissen Zeiten am assyrischen Königs-
kadnezar versorgt, lebt also, wohl als hofe gespielt haben, wenn wir dem Brief
Geisel, in verhältnismäßig milder Haft. ABL Nr. 437, der an Asarhaddon ge-
Mit ihm werden Leute aus Askalon, Tyros, richtet ist, glauben dürfen: „Wenn es
Byblos, Arwad und von anderer Herkunft dem König gefällt, so werde ein geistig
genannt, bei denen die Eigenschaft als Schwacher {saklu) zum Oberaufseher ge-
Geisel sehr wohl auch möglich ist. wählt, wie das schon früher geschah....
Wenn [eine Mondfinsternis], die das
ANET S. 308. E. Ebeling.
Land Akkad betrifft, eintritt, könnte er als
In Hattusa erscheinen Geiseln jugend- Stellvertreter für den König, meinen
lichen Alters in noch unveröffentlichten Herrn, dienen und an seine Stelle treten,
Fragmenten der umfangreichen Text- so daß die Tage des Königs ungefährdet
gruppe Voeu de Puduhepa, Kol. II, Z. 30 ff.: seien" (siehe RA XL, S. 139).
I DUMU.NITA ™Teh[u . . . $U]M-$U Mit dem Wort temu „Geist, Intelligenz"
LÜ LI-TtJ mvPi$hapuuaiS$a I DUMU. werden die meisten Ausdrücke, die geistige
SAL SALUda[ti SÜM-S]U DUMU.SAL Verwirrung bezeichnen, gebildet. Der häu-
m
Asduuari SAL LI-TÜ [ÜRU . . . ] I DU- figste dieser Ausdrücke ist sani temi
MU.SAL iMamma SUM-Sü [ . . . ] SAL „Wahnsinn, Zerrüttung des Geistes" (vgl.
LI-TÜ ^TiiariS [. H . Otten. „wenn L t. ihn ergriffen hat" KAR Nr. 42,
Z. 6; CT' XLI, pl. 43, Rs. Z. 14 usw.).
Geister, Geisterglaube s. D ä m o n e n ,
Manchmal wird sie einem Schlag auf den
Totenkult. Kopf (Maqlü III, Z. 148) oder einem
Geisteskrankheilen. Die Akkader schei- Übermaß an Wut zugeschrieben {En. cl.
nen den geistigen Zerrüttungen und IV, Z. 88). Meistens gibt man Beschwö-
Störungen eine erhebliche Bedeutung bei- rungen, Ergriffensein von einem Dämon
gemessen zu haben. Zahlreich sind die oder göttlichen Zorn als Grund an (CT
GELB, GELBGRÜN 197
XVII, pl. 15. Z. 17; TDP S. 182, Z. 47, TDP S. 60, Z. 40; 108, Z. 24; 182, Z. 49;
48, 49; siehe außerdem Maqlü I, Z. 91; 106, Z. 41 + 236, Z. 48 usw. erwähnt.
V, Z. 125 usw.). Das Lehrbuch der Prognosen gibt
In den Königsannalen läßt ihre Er- ebenfalls zahlreiche Hinweise auf das Üm-
wähnung an den „Jupiter dementat" der herirren des Kranken unter Einwirkung
Römer denken: es ist die Verwirrung des Fiebers (urappad „er irrt umher"
des Geistes, mit der die Gottheit die feind- wird manchmal noch genauer bezeichnet
lichen Despoten schlägt und die ihren mit ina la idü urappad „er irrt umher,
Untergang zur Folge hat (z. B. VAB ohne daß er sich darüber Rechenschaft ab-
VII S. 641, unter Im«), legt"; S.54. Z. 15; 66, Z.62; 96, Z. 36;
Alles, was mit nakär temi „Störung 100, Z. 4; 104, Z. 23, 24 usw. — S. 22,
des geistigen Vermögens" (TDP S. 28, Z-37; 90, Z. 9; 104, Z. 21 usw.). Eine
Z. 83; 70, Z. 14; 112, Z. 20; 114, Z. 33; ausführliche Darstellung ist den Hallu-
184, Z. 1, 3, 5; 244, Z. 6) und sani[Sunnu zinationen, die der Kranke haben kann,
Umi bezeichnet wird, scheint nur auf vor- gewidmet (S. 196).
übergehende Störungen hinzuweisen im
Gegensatz zu $ibit temi „Ergriffensein des Schließlich sei noch erwähnt, daß ge-
Geistes", was eine endgültige Verwirrung wisse Priester und Priesterinnen, die
des Geistes, den Wahnsinn bezeichnet Verzückten (mahhü, mahhütu, siehe RA
(Küchler XI, Z. 52; TDP S. 58, Rs. 11; XXXV, S. 13, Anm. 2), als von einem
74, Z. 38; 104, Z. 21, 22; 106, Z. 34; 232, heiligen Wahn ergriffen angesehen wur-
Z. 18, 19 usw. und besonders TDP S. 183, den. Man bedient sich eines aus ihrem
Z. 47: „Wenn der Geist des Kranken ver- Namen gebildeten Adverbs (mahhütaSjtis)
wirrt ist (Sani temi), ohne daß sein Ver- in En. el. IV, Z. 88, um die wahnsinnige
stand ergriffen ist (sibit temi)"). Wut der Tiamat zu schildern. S. auch
P r o p h e t (in). Renö Labat.
Der Ausdruck miqit temi „Mattigkeit
des Geistes" bezeichnet die einfache Mut- Gelb, gelbgrün s. F a r b e n .
losigkeit, die Demoralisation (VAB VII,
S. 3x2, a, Z. I usw.). Gelb, Ignace J., geb. in Tarnow (damals
Der „Verlust des Bewußtseins" wird in Österreich. Kronland Galizien, dann Po-
den medizinischen Texten häufig durch len) am 14. Oktober 1907. Studierte in
ramdn-Su la idü „sich selbst nicht mehr Florenz 1925—1926, Doktortitel in Rom
kennen" ausgedrückt, ein Symptom, das 1929. 1929—1941 erst Traveling Fellow
für besonders wichtig im Fall der anta- und dann Research Associate des Orienta-
SubbiJ-Krankheit gehalten wird: „Wenn, lischen Instituts der Universität Chikago.
sobald die Krise den Kranken ergriffen 1941—1943 Assistant Professor für Assy-
hat, sein Bewußtsein ungetrübt ist, so ist rioiogie am Orientalischen Institut; 1943
es gefahrlos; wenn er dagegen sein Be- bis 1947 Associate Professor; Professor
wußtsein verliert, so ist es gefährlich". seit 1947. Leiter des Assyrian Dictionary
Dies läßt annehmen, daß die Akkader seit demselben Jahr. Er hat veröffentlicht:
mit dem Namen antaSubbü einmal die Hittite Hieroglypks I—III (1931—42);
Hysterie (gefahrlose a.) und die Epilepsie Inscriptions from Alishar and Vicinity
(gefährliche a.) bezeichnet haben, TDP (1935); Hurrians and Subarians (1944);
S. 81, Z. 3, 5 und Nr. 153. Dies gleiche Nuzi Personal Names (1943), in Verbin-
Symptom, begleitet von Starrheit des dung mit Pierre M. P u r v e s und Allan
Blickes und Fieber in TDP S. 190, Z. 20, A. Mac Rae; Old Akkadian Writing and
verrät Ergriffensein durch den Dämon Grammar (1952, 2. Aufl. 1961); Sargonic
alü. Texts from the Diyala Region (1952);
Die Gedächtnisschwäche (wörtlich A Study of Writing (1952); Old Akkadian
„wenn der Kranke sich selbst vergißt", Inscriptions in Chicago Natural History
„wenn^er vergißt, was er gesagt oder Museum ( 1 9 5 5 ) ; Glossary of Old Akkadian
getan hat") wird in MT 13, 1, Z. 13; (I957)- A. Heidel.
GELBSUCHT—VAN GELDEREN
j
GEMEEANA—GEOLOGIE, PHYSISCHE GEOGRAPHIE
Im weitaus größten Teil Vorderasiens Anatolien. Mitt. Geogr. Ges. München 1925;
U . F r e y Vorderasien. Geogr. J b . X X X V I I ,
reichen die spärlichen Niederschläge nur 1932 (Kritische Literaturzusammenstellung!);
aus, um baumlose Steppen und Halb- A. G a b r i e l Durch Persiens Wüsten. S t u t t g a r t
steppen mit Gräsern, Kräutern und ver- 1935; H a n d b u c h der Geographischen Wissen-
einzelten Sträuchern hervorzubringen. In schaft (Herausgeg. v. F . K l u t e ) . B a n d Vorder-
und Südasien. P o t s d a m 1937; E . K r e n k e l
den unübersehbaren Sand-, Schutt-, Fels- Geologie Afrikas, I. T. (6. K a p i t e l : Syr-
oder Salztonwüsten Arabiens und Irans, aräbien), Berlin 1925; H. L a u t e n s a c h Län-
die jedoch nie ganz ohne jegliches Leben derkunde. Ein Handbuch zum Stieler,
sind, wirkt sich die Trockenheit in Gotha 1926; H . L e m b k e Eine neue Karte
des Jahresniederschlags in Vorderasien. Pet.
höchstem Grade aus. In Arabien dringt Geogr. Mitt. 1940; W . L e s c h Arabien. Eine
die Wüste vielfach sogar bis ans Meer vor. länderkundliche Skizze. Mitt. Geogr. Ges.
Viel günstigere ökologische Bedingungen München, 1931; F . M a c h a t s c h e k Das Relief
der Erde. II. Bd. Berlin 1940; H . N e u m a n n
herrschen in den feuchten Randbezirken Die physisch-geographischen Grundlagen der
am Mittelmeer, Schwarzen und Kaspischen künstlichen Bewässerung des Iran und Irak.
Meer. Das schmale Winterregengebiet der Wiss. Veröff. d. Dtsch. Inst. f. Länderkde.
N. F . 12, 1953; O. v. N i e d e r m a y e r Die
Mittelmeerküste gehört zum Bereich der Binnenbecken des Iranischen Hochlands. Mitt.
immergrünen mediterranen Vegetation mit Geogr. Ges. München, 1920; O. v. N i e d e r -
Macchien (Hartlaubgebüsch) in den un- m a y e r Afghanistan. Leipzig 1924; E . N o -
teren Lagen und darüber anschließenden w a c k Die Oberflächengestaltung Anatoliens.
P e t . Georg. Mitt. 1933; F . O s w a l d Armenien.
Restbeständen immergrüner Laub- und H a n d b . Reg. Geol., V. Bd., 3. Abt., 1912;
Nadelwälder. Die bekannte, in 1300 bis A. P h i l i p p s o n Kleinasien. H a n d b . Reg.
2000 m Meereshöhe wachsende Libanon- Geol., V. Bd., 2. Abt., 1918; A. F . S t a h l
Zeder kommt außer in Syrien stellenweise Persien. H a n d b . Reg. Geol., V. Bd., 6. Abt.,
1911; A. F. S t a h l Die orographischen und
auch noch in Anatolien und auf Cypern hydrographischen Verhältnisse des Elburs-
vor. Geschlossene Laub-, Misch- und gebirges in Persien. Pet. Geogr. Mitt., 1927;
Nadelwälder treten insbesondere auf den E . T r i n k l e r Afghanistan. P e t . Geogr. Mitt.,
feuchten Randgebirgen der südlichen Ergh. 196, 1928; C. U h l i g Mesopotamien.
Z. Ges. E r d k . Berlin, 1917; H . v. W i s s m a n n
Schwarzmeer- und Kaspi-Küste auf. Im Übersicht über Aufbau und Oberflächen-
trockenen Inneren beschränkt sich der gestaltung Arabiens. Z. Ges. E r d k . Berlin,
Baumwuchs auf die luvseitigen Hänge
I932
einiger niederschlagsreicher Gebirgsketten ' G. Seeger.
und auf Stellen, wo Fluß- oder Grund-
wasser zur Verfügung steht. Geometrie s. M a t h e m a t i k .
fende Linien konnten in Quadrate oder von Samarra V, Taf. XV, XVII, XXIX,
Rechtecke geteilt werden, diese konnte XXXI—XLII; JNES III [1944—45],
man dann in Hälften und noch weiter S. 61—65, Figs. 1—296; De Mesnil du
unterteilen. Ein Abschnitt konnte ganz Buisson Baghouz, Pls. XVIII—XXXV).
und gar ausgefüllt werden, ein anderer In dem entwickelteren, charakteristische-
wurde leer gelassen oder mit schrägen ren Stil der Samarra-Ware, bei dem auf
oder sich kreuzenden Linien gefüllt. Ein dem Boden des Gefäßes ein Muster an-
farbiger Überzug über das ganze Gefäß gebracht war, dem lebende Formen ange-
konnte auf ein Band unterhalb des Randes paßt wurden, die entweder im Mittelpunkt
reduziert werden, oder es wurden daraus zusammen- oder radial aus ihm heraus-
mehrere Bänder, die in ihrer Breite und liefen, waren geometrische Muster auf ein
dem Abstand voneinander variierten. Band um den Gefäßrand oder auf das
Muster der einen Art erwiesen sich als Äußere der Schale beschränkt (Samarra
besser geeignet für hohe Krüge, andere Taf. VI—XI). Dennoch war der geometri-
Muster als besser für niedrige Töpfe oder sche Einfluß so stark, daß die ursprüng-
Schalen. So nahm die Erfindung von lich realistischen Darstellungen des Stein-
passenden Mustern im Verein mit der bockes schematisiert und schließlich in
größeren Geschicklichkeit der Töpfer zu. geometrische Muster umgeformt wurden
Ein Ort mit Schichtenbeobachtung (Samarra Taf. IX, XII, XIV; Baghouz
wie Hassuna gibt einen Überblick über Pls. XXVII, 1—6, XXVIII, 1—3, XXXI,
die Entwicklung der geometrischen Motive I, 3).
von der ersten elementaren Gruppierung Meisterliche Technik bei Herstellung
einfacher Linien bis zu einer Auswahl und Brand der Töpfe, die Qualität der Be-
variierender und schwieriger Muster. So malung, die mannigfache Verschiedenheit
wird ein rotes Band unter dem Rand eines der geometrischen Muster und ihre sehr
Gefäßes, das in Schicht l a gefunden geschickte Einfügung in den verfügbaren
wurde, als „die früheste gemalte Deko- Raum, die wunderbare Ausgeglichenheit
ration, die bisher im Iraq gefunden wurde" zwischen Hell und Dunkel sowie die glück-
angesehen (JNES IV [1945], S. 278, liche Farbzusammenstellung machen die
Fig. 7:1). Die archaische bemalte Ware polychrome Halaf-Ware zu der höchstent-
von Hassuna zeigt, daß man gelernt hatte, wickelten und herrlichsten aller Wieder-
wie man entgegengesetzte Gruppen von gaben geometrischer Ornamentik (H.
schrägen Linien auf verschiedene Arten S c h m i d t Teil Halaf I passim; Iraq II
kombinieren kann, die mehr komplizierten [1935], Figs. 53-78, Pls. XIII—XIX; IX
Stücke zeigen abgeschnittene Zickzack- [1947], Pls. LXXIX, 4, LXXX; Sumer
muster (op. cit. Figs. 7-—9, PI. IV, 2). VI [1950], S. 55—66, PI. XI; Tepe Gawra
Die bemalte Standard-Ware experi- II, S. 126—132). Genau wie bei der Sa-
mentierte mit neuen Entwürfen, z. B. marra-Ware wurden auch bei der Halaf-
mit farbigen Bändern oder ganz aus- Ware Bukranien, Vierfüßler, Vögel, Pflan-
gefüllten Flächen. Außerdem wurden Ritz- zen und zuweilen sogar menschliche Fi-
muster, meist aus schräg angeordneten guren mit den geometrischen Mustern ver-
Linien bestehend, zusammen mit ge- mischt (Teil Halaf I, Taf. LVI, 1—3, 8;
malter Dekoration oder allein angewendet LVII, 4—5,10—11; LVIII, 1—3,10—11;
(op. cit. Figs. 2—4, 9—15, Pls. XIII, 2, LX, 1—4; LXI, 2—5). Nach einem solchen
XVI, 1—2). Die Muster der Samarra- Höhepunkt war der einzige Fortschritt,
Ware waren noch komplizierter, und der noch der 'Obed-Ware möglich war,
in Hassuna wurden Ritz- und gemalte eine Vereinfachung. Die Übergangskera-
Muster bei dieser Ware vereinigt (op. mik, die in Haggi Mohammed (Ziegler
cit. Figs. 16—18, PI. XVII, 1—2). Die Keramik der Qal'a des Haggi Mo-
Die große Verschiedenheit der Muster, hammed), sowie die voll entwickelte Ware,
die in Samarra selbst erreicht wurde, die in el-'Obed und an anderen Orten ge-
ist zu bewundern (Herzfeld Ausgrab. funden wurde, zeigen, daß sie durch die
208 GEOMETRISCHES ORNAMENT207
kühn und breit hingezogenen Striche wirk- dynastisch II zugeordnet werden kann
te, die auf der ausgedehnten Fläche ange- (op. cit. S. 70—72, Pls. 62, 138; BMQ VIII
bracht wurden (UE I, Pls. XV—XXI, [1933], S. 38—41, Figs. 1—3, Pls. VIII).
XLIX; Iraq II, Figs. 26—38; Sumer VI, In der Epoche Frühdynastisch II werden
S. 56, 65 PI. X; Tepe Gawra II S. 133 bis zuweilen die früher gemalten durch geo-
138). Aber während seiner lange anhalten- metrische geritzte Muster ersetzt (Delou-
den Dauer degenerierte der Stil immer gaz op. cit. S. 84, PI. 79), genau wie in der
mehr, und die nachlässig gearbeiteten spä- Epoche Frühdynastisch III (op. cit. S. 88,
teren Stücke zeigen unzusammenhängende Pls. 80 b, c, 85 b, 139«).
geometrische Muster. Die Keramik der Der geometrische Schmuck auf den
Dschemdet Nasr-Zeit wurde ebenfalls frühen Gefäßen wird mit den Motiven der
hauptsächlich mit geometrischen Mustern späteren Keramik verbunden durch die
verziert, dazwischen gab es gelegentlich Ware, die in Teil Billa gefunden wurde.
Vögel, Fische oder pflanzliche Motive Stücke von diesem Ort, von der Dschemdet
(AJA XXXIX [1935], Pls. XXX, 1—5, Nasr-Epoche bis zur Chabür-Ware und der
XXXIV, 1—5; M a c k a y Jemdet Nasr, weiß bemalten „Nuzi"-Ware, sind haupt-
Pls. LXIV.i—15, LXV, 16—35, L XVIII, sächlich mit geometrischen Mustern ver-
11,16 f.; Excav. at Kish IV, Pls. VII, 3—4, ziert, gelegentlich nur sind sie mit Dar-
VIII, 1; H e i n r i c h Fara, Taf. 14, h, 15,16, stellungen von Vögeln, Fischen oder stark
a—c; Iraq IX [1947], PI. XLIV; de schematisierten Tieren verbunden (Spei-
G e n o u i l l a c Fouilles de Telloh I, Pls. ser MJ XXIII [1932—33], S. 250—267,
28—34; RA XXIX [1932], PI. III). Pls. XLVIII—LXXI). Die Chabür-Ware
Die Keramik, die im Dijälä-Gebiet ge- (1700—1600 vor Chr.) ist mit schmalen,
funden wurde, weist einige frühe Scherben farbigen Bändern oder sehr einfachen
auf und gibt ein „clear picture of the geometrischen Mustern geschmückt (Traq
development of Protoliterate polychrome IX, PI. LXXXIII). Die „Nuzi'*-Ware
wäre into the .scarlet wäre' of Early kombiniert geometrische Motive mit stili-
Dynastie I", bei der der polychrome sierten Blumenmustern oder schematisier-
Schmuck auf der Schulter des Gefäßes aus ten Vögeln oder Tieren (Mallowan Mi-
Dreiecken abwechselnd mit Metopen, die langes Dussaud II S. 887—94; Iraq IX,
mit einfachen geometrischen Mustern ge- Pls. LXXVI—VIII).
füllt sind, besteht (Delougaz Pottery from Während der Perioden Uruk VI—III
the Diyala Region, OIP LXIII, Pls. 52c, wurden Tonnägel (Stifte) so in die Wände
54 a—e, 135 b—e, 136). Der Schmuck auf der Tempel eingesetzt, daß nur ihr stump-
den spätesten Beispielen jedoch schloß fi- fes oberes Ende, das rot, schwarz oder
gürliche Darstellungen auf dem Gefäß- kremfarben bemalt war, sichtbar blieb;
körper selbst ein (op. cit. Pls. 9,10, 55 a—e, auf diese Weise konnte man sie so anord-
56a\ Tepe Gawra II, S. 150, PI. LXXVII, nen, daß sie geometrische Muster bildeten.
a, b). Sobald tierische, menschliche oder Diese Art der Wanddekoration ist am
pflanzliche Motive eingefügt wurden, kann besten in Warka zu beobachten; hier sind
man eine Tendenz zur Vereinfachung oder die schönsten Beispiele die Wände und
Unterordnung der geometrischen Motive Pfeiler der Pfeilerterrasse von Uruk IVb,
beobachten. Die Felder auf einem unge- Spuren derselben Technik wurden jedoch
wöhnlich geformten Gefäß sind abwech- auch an anderen Orten festgestellt (UVB
selnd mit geometrischen Mustern, gehörn- IV, Taf. 7, 8; Archaic Mosaic Wall Decora-
ten Tieren und menschlichen Gestalten ge- tion: Artibus Asiae IX [1946], S.328—45).
füllt (Delougaz op. cit. Pls. 13, 14, 59). Im Tempel von Teil 'Uqair wurden ähn-
Ein Vergleich mit diesen Stücken läßt ver- liche Muster in Malerei als Ränder für die
muten, daß die Vase aus Chafadschi im figürlich verzierten Felder benutzt (JNES
Britischen Museum, auf der geometiische II [1913], S. 141, Pls. X, XII). Der Brauch,
Muster mit figürlichen Darstellungen ab- die Wände von Tempeln oder Palästen mit
wechseln, dem Ende der Periode Früh- geometrischen Mustern zu bemalen, tritt
GEPARD—GERICHTSPROTOKOLLE, HETTITISCHE 209
Bo 6025, 35 + XXIII 80 + 1364/u Der wichtigste Text, der auch dem Ver-
(Haupttext; teilweise in Transkription ständnis der übrigen, meist kleinen Frag-
vorliegend bei J. F r i e d r i c h Hethit. Ele- mente die Richtung weist, ist die vier-
mentarbuch II, S. 23—25), XXVI 69, kolumnige Tafel KUB XIII 35 + Zusatz-
XXVIII 88 + Bo 6910 Vs., XXXI 76 stücke. Das Stück enthält das Protokoll
( + ' ) Bo 4867 (+ ? ) 137/r, XXXIV eines großen Unterschlagungsprozesses,
45 + 2549/c + 2614/c, XXXVII 37 (vgl. worin die Königin Puduhepa (Gemahlin
ZA NF XII, S. 30—31); KBo III 15, von Hattusili III., 1282—1250) als Kläge-
VIII 32; Bo 557, 646, 869, 1417, 1613, rin auftritt. Angeklagt sind GAL.dU und
1624, 5503 ( + ? ) 7963, 7661, 2124/c, 84/h, dessen Vater Ukkura, der 'Aufseher über
762/t. Zehn' der Königin; Hauptanklagepunkt
L i t e r a t u r . Eine zusammenfassende ist das Unterlassen des Siegeins bestimm-
Behandlung der einschlägigen Texte ist in ter Dokumente. Zu Beginn der Tafel (I
Vorbereitung. Hinweise auf diese Lite- 1—6) wird der Tatbestand festgehalten:
raturgattung geben in erster Linie H. G. [W]as an Gerät [die Königin] dem GAL.-
d
G ü t e r b o c k Symbolae Koschaker, S. 26 U, dem Sohn des U[kurr]a, des 'Auf-
bis 36 und Corolla Linguistica Sommer, sehers über Zehn' übergeben hatte, <näm-
S. 63—68, sowie H. O t t e n bei Schmoe- lich> [Wag]en, Bronze- und Kupfer-
kel Kulturgesch. i. Alten Orient, S. 395 gerät, Kleider, Stoffe, Bogen, Pfeile,
bis 96; vgl. ferner 0. R. G u r n e y The Schilde, [Keul]en, NAM.RA-Leute, Rin-
Hittites, S. 92—94; E. Laroche Archives der, Schafe, Pferde, Maultiere — was
d'Histoire du Droit Oriental V, S. 95—96 für Gerät er jeweils wem gegeben hatte,
und RA XLIII, S. 56, Anm. 2. das hatte er jeweils nicht gesiegelt. Er
Die hettit. Gerichtsprotokolle enthalten hatte auch keinen dusdumi und er hatte
Aufzeichnungen von Aussagen der Ange- keinen lalami (damit müssen bestimmte
klagten und Zeugen bei Gerichtsverhand- Dokumente gemeint sein). — Die Königin
lungen. Die Aussagen wurden teilweise verlangt nun von Seiten der beklagten
unter Eid abgegeben, so daß unsere hettit. Partei Aussagen unter Eid (I 6—8) :
Texte dem Typus nach zu den babyloni- Folgendermaßen (spricht) die Königin:
schen tuppi burti zu stellen sind (Schorr, „Wohlan! Die 'Goldknappen' <und> die
Altbabyl. Rechtsurkunden III, Nr. 54; wei- salaSha-Leute der Königin, GAL.dU (und)
tere babyl. Gerichtsprotokolle bei Schorr, Ukkura, der 'Aufseher über Zehn' sollen
ib. II, Nr. 39 und Urkunden des altbabyl. (als) aufrichtig(e) im Tempel der G ö t -
Zivil- und Prozeßrechts, Nrn. 310—316). tin) Lelwani schwören!" — Dann be-
Bei den engen Beziehungen, die zwischen ginnt das eigentliche Protokoll mit einer
den hettit. Gesetzen und den anderen sehr langen Aussage des Ukkura (I 9 ff.):
Rechten des Alten Orients bestehen, darf Da legte Ukkura, der 'Aufseher über Zehn'
auch bei den hettit. Gerichtsprotokollen der Königin, einen Eid ab. Unter Eid sagte
im Prinzip angenommen werden, daß das er folgendes aus: „Was auch immer für
Vorgehen beim babyl. Prozeßverfahren Gerät des Königs ich hatte, mit dem Gerät
für die Hettiter Vorbild war. Dafür spricht des Königs bin ich keineswegs böswillig
die Einleitungsformel vieler Aussagen: verfahren. Ich habe nichts für mich ge-
UMMA NN., gelegentlich sogar UMMA nommen. Was mir die Königin übergeben
SUM(M)A, UMMA SIMA, UMMA hatte, (davon) habe ich nichts beiseite
ANAKUMA. — Ein eigentliches Formu- schaffen lassen. (Für) die Pferde (und)
lar oder Frageschema liegt indessen nicht Maultiere, welch [e ich h]atte, hatte ich
vor; die einzelnen Aussagen sind vielmehr eine Z[e']w(-Tafel) und einen gesiegel-
sehr persönlich gehalten, so daß die be- ten duSduma. Dann schickte man mich
treffenden Aufzeichnungen für die Kennt- nach Ba[b]ylon. . . ." (u. a. beteuert
nis von Syntax und Stilistik der hettit. Ukkura, daß das Unterlassen des Siegeins
„Umgangssprache" nicht ohne Interesse von ihm keine kupijati „böse Absicht"
sind. gewesen sei).
\
(
GERSTE 211
Manche Aussagen wurden natürlich vom schätzt den Ertrag — allerdings wohl für
Schreiber kürzer gefaßt; bisweilen sind Weizen — auf 50—100 fältig.
sie auch in die 3. Person umgesetzt. In Alle diese Zahlen sind — moderne wie
den meisten Texten dreht sich der Streit antike -— gegenüber dem heutigen Ertrag
um unrechtmäßige Aneignung oder Ver- der G. in Europa stark überhöht; hier
äußerung von Gütern des Königspalastes nennt man das 12—14 fache der Aussaat.
oder eines Tempels, auch um unbefugtes Trotzdem kann man behaupten, daß die
Einspannen von Zugtieren. Uber den Aus- Gerstenfrucht den Babyloniern in unge-
gang des jeweiligen Prozesses erfahren wir heuren Mengen auch bei wenig sorgsamer
nichts; unsere Protokolle enthalten keine Betreuung zugewachsen ist. Zeitweise ist
Gerichtsentscheide. — Die größeren Ta- die Gerste der Wertmesser (das Geld) für
feln wie der oben erwähnte Haupttext das Land gewesen (vgl. F e l d , Vorsargo-
sind wohl in der Kanzlei redigiert worden; nische Zeit, u. Geld). Das ist so bis in die
bei ein paar kleinen Tafeln in Querformat Sargonidenzeit hinein und weiter ge-
mit äußerst flüchtiger Schrift (KUB blieben, bis die schon früh einsetzende
XXVIII 88, 84/h) stellt sich die Frage, und weiterhin ständig wachsende Kon-
ob diese schon während der Gerichtsver- kurrenz der Metalle (zunächst des Kupfers
handlung bzw. unmittelbar nach den und dann des Silbers) diese Wertung der
Aussagen geschrieben wurden. G. beseitigt hat (s. Geld). Als charak-
teristische Beispiele für die Gleichung
R. Werner.
Gerste = Geld dienen gewöhnlich die
Grundstücksgeschäfte Manistusus. Er be-
Gerste. Die G. ist im alten Mesopo- rechnet den Preis eines Grundstückes
tamien für Mensch und Tier das Nah- nach Getreide ( = Gerste) und setzt dann
rungsmittel ersten Ranges. Ein Mitbe- 1 Kur Getreide = x Seqel Silber.
werb ersteht ihr in diesem Punkte nur
in der Dattel (s. D a t t e l b a u m ) . Der An- Der Wert der G. ist nicht immer gleich
bau der G. ist, vorausgesetzt daß nicht geblieben; er hat gelegentlich stark ge-
die Bewässerung fehlt, einfach und schwankt (s. Meissner Warenpreise in
erfordert weniger Geschicklichkeit und Babylonien, S. 4ff.).
Verstand als die übrigen Getreidesorten Für die neben der G. in Babylonien
(s. Getreide). Ein sumerisches Sprich- gezogenen Getreidearten vgl. Getreide.
wort sagt mit Bezug darauf: Ein Mann, In Kleinasien findet man neben Gerste
der keine Erfahrung im Gerstepflanzen (arsutu) Weizen, Korn (seum) und eine
hat, wie soll der Weizen pflanzen ? (vgl. 4. Kornart (uttutu) (s. Goetze Kleinasien2,
KramerBiblical Parallels from Sumerian 5. 79); in Hatti scheint neben Gerste nur
Literature, S. 24). Uber den Anbau der G. Emmer angebaut worden zu sein (vgl.
vgl. A c k e r b a u , L a n d w i r t s c h a f t . Richtpreistarif, Goetze a. a. 0. S. 121).
In Hama sind von der Dänischen Expedi-
Der Ertrag wird verschieden hoch ge- tion in den Brandkirchhöfen Abdrücke
schätzt. Meissnerglaubt den Durchschnitt von Zerealien gefunden worden (vgl.
als 3Öfältig angeben zu können, s. BuA I, Riis Hama, S. 206f.), und zwar von Gerste
S. 197. Antike Berichterstatter, wie die (hordeum), drei Weizen-Arten und Linsen.
Griechen, äußern sich voll Bewunderung: Das Verhältnis des Vorkommens ist 26 von
„Die Weizen- und Gerstenblätter werden G. zu 1—2 der anderen Sorten, dies scheint
leicht 4 Finger breit; die Frucht der doch wohl den vorzugsweisen Anbau der
Demeter trägt in der Regel 200fältige G. anzuzeigen.
Frucht, — in Ausnahmefällen — sogar Die Gerste wurde in verschiedenster Art
300 fältige", meint Herodot. Strabo verarbeitet und genossen. Sie wurde z. B.
schließt sich diesem Lobe an: „Dieses geröstet (qalü), zu Grütze zerstoßen
Land trägt Gerste, wie kein anderes; (muddu, mittelass. haslatu, arzjsänu), zu
denn sie gibt angeblich 3 00 fachen Ertrag" Mehl (qemu) gemahlen (tenu) in vielen
(vgl. Meissner BuA I, S. 184). Theophrast Sorten (Feinmehl siltu, sämidu, mittelass.
M*
212 GESAA—GESANDTER
eingestellt, allerdings mit der Begründung, Grablegung, den Kampf, bei Bewässerung
die Ahlamü hinderten den Verkehr (KBo I usw.; s. auch K l a g e g e s a n g .
10, Vs. 14ff., 36ff.). Beliebt sind Wechsellieder, bei denen
Ä g y p t e n : Ein Bote der Königin-Witwe auf das Lied des einen Sängers eine Er-
überbringt beim Tode Tutanchamons die widerung (mihru — Gegengesang) folgt.
Bitte an Suppiluliuma, einen seiner Söhne Solche Lieder sind z. B. im Umgang mit
auf den Königsthron nach Ägypten zu der Geliebten zu belegen; sie sind ein
senden. Der hettitische G. Hattusa-ziti gutes Mittel, die Liebessehnsucht auszu-
wird zur Klärung nach Ägypten gesandt drücken, s. den Passus im Hymnenkatalog
und kehrt mit dem ägyptischen Großen Rs. 3. Kol. usw.
Hani nach Ablauf des Winters zurück. Noten und Anweisungen anderer Art
— Besonders ausgedehnt ist der Botenver- für den Gesang konnten noch nicht ge-
kehr zur Zeit Hattusilis III. und Ramses' funden werden. Der Versuch von S a c h s
11.: als G. werden genannt Aniia, Maniia, Archiv f . Musikwissenschaft 1925, S. iff.,
Pirihnawa, Wasmuarianahta, Zinapa auf den Text KAR I, Nr. 4 mit seinen selt-
ägyptischer Seite, als hettitische G. etwa samen Silbenwiederholungen als Nachweis
Tih-Tesup, Pikasti und Riamassi (ägyp- einer babylonischen Notenschrift zu be-
tischer Name!). nutzen, muß nach den Ausführungen von
Daß die G. beider Parteien gemeinsam L a n d s b e r g e r in AfO, Beiheft 1, S.i7off.
reisen und durch ihre jeweilige Bestäti- als unbegründet betrachtet werden. Ob
gung die Richtigkeit der Nachricht be- der Ausdruck elltu Sa zamari, wie Meiss-
zeugen, wird auch in einem Brief an ner BuA I, S. 335 will, sich auf den dem
Puduhepa bestätigt: „Siehe, meine Bo[ten heutigen orientalischen Gesänge eigentüm-
sind] zu mir [gelangt] mit den Boten lichen, hohen vibrierenden Ton bezieht,
meiner Schwester; sie berichteten mir . . . " bleibt ebenfalls noch ungeklärt. Irgend-
(KUB III 63, Vs. 7f.). Hettitischer Auf- welche Kenntnisse von Intervallen haben
fassung entspricht es dabei, wenn sowohl wir nicht. Jedenfalls sind Sänger und
König wie Königin ihre politische Kor- Sängerinnen in den Häusern der wohl-
respondenz gesondert führen. Schriftlich- habenden Leute, vor allem den Palästen
keit der übermittelten Botschaft wird an- und Tempeln, reichlich zu finden (s. S ä n -
gesichts der Möglichkeit einer Täuschung ger). Sie singen hier allein oder begleitet
durch einen G. gelegentlich ausdrücklich von Musikinstrumenten, vor allem der
gefordert: VB0T2 (Arzawa-Brief), KBo I Harfe, Flöte, Laute. Es ist anzunehmen,
5, IV, 32ff. (Sunasäura-Vertrag). daß manche Dichtung, die man heutzu-
tage als rein erzählend betrachtet, in Wirk-
E. E d e l J K F I I , S. 262ff.; J N E S V I I , S . 11 ff. lichkeit melodisch rezitiert, d. h. gesungen
und VIII, S. 44f.; I F 60, S. 72ff. — H. G.
G ü t e r b o c k JCS 10, S. 94ff. — H. O t t e n worden ist. Belegt ist z. B., daß man den
AfO, Beiheft 12. S. 6sff. H o t t e n
sog. Era-Mythus singt, und damit die
Pest, d. h. die Dämonen, vertreibt, s.
Gesang (zamäru) ist für den Babylonier KB VI, x, S. 72, Z. i8f.
eine der schönsten Vergnügungen. Ein M e i s s n e r BuA I, S. 331 ff.; CAD 21 (Z),
altbabylonischer Dichter sagt (CT XV, S. 36 ff.
pl. 1, Z. 4 ff.): der (ihr) Gesang ist süßer E . Ebeling.
als Honig und Wein. Bei der Arbeit wird Gesapär, geschr. [ d g e 6 - s a - ] p ä r , so
gesungen, s. VAB VII, S. 88, X, Z. 95; oder [ d e n - s a ] - p a r zu erg. CT XXIV,
S. 56, VI, Z. 102 u. sonst. Die vielfachen pl. 39, Z. 17 Sa mi-ti-ir-te. Vgl. auch CT
Geschehnisse des Lebens veranlassen Ver- XXV, pl. 32, K 2124, Z. 1 „nächtliches
schiedenheiten des Gesanges. Der sog. Netz" = Sin.
Hymnenkatalog KAR IV, Nr. 138, BBK Tallqvist AG, S. 311. E . Ebeling.
I, 4, spricht z. B. von Morgenliedern,
Jubelliedern, Mahlzeitliedern, Venus- Geschäftsurkunden. Der Babylonier ist
'guSea-) Liedern, Heldenliedern, Liedern für von Jugend auf Geschäftsmann. Das Han-
GESCHÄFTSURKUNDfiN 215
dein, naddnu u maharu „geben und emp- die Hettiter vgl. B o s s e r t Belleten XVI,
fangen", d. h. verkaufen und kaufen, ist S. iff.
ihm zur zweiten Natur geworden. Für Man darf annehmen, daß seit dem Auf-
gewisse Geschäfte ist die Urkunde obliga- tauchen der Aramäer (Beginn des 1. Jährt,
torisch (s. CH §7), daher ist die Geschäfts- v. Chr.) zahlreiche Urkunden gleicher Art
urkunde ein ihm gewohntes Schriftstück. geschrieben worden sind. Vielleicht nicht als
Will man einen bequemen Uberblick über dauernde Geschäftsurkunden, für die der
die Geschäfte erhalten, die er getätigt hat, Ton vorbehalten geblieben sein wird, son-
so tut man gut, die Dispositionen in den dern bei Urkundenentwürfen oder Verzeich-
Sammlungen von Geschäftsurkunden zu nissen und dgl. Trotzdem klafft hier ein
befragen, die von Rechtshistorikern ge- Vakuum, dessen Ausfüllung ein Desiderat
sammelt und geordnet sind, z. B. HG der Wissenschaft ist.
I—VI, AR, San Nicolö und U n g n a d Ihrer Form nach ist die Keilschrift-
NBRV, I. Geschäftsurkunde ein objektiv gefaßtes
Man findet (z. B. in HG VI) folgende Protokoll. Ihre Beweiskraft ergibt sich
Typen: aus Zeugen und Siegelabdrücken der Ur-
P e r s o n e n - und F a m i l i e n r e c h t : Ehe; kunde.
A n k i n d u n g (Adoption); F r e i l a s s u n g ; V e r - Beides gehört zu ihr. Zeugenlose Ur-
m ö g e n s - und S a c h e n r e c h t : V e r m ö g e n s -
a u f s t e l l u n g und - t e i l u n g ; S c h e i d e m a u e r ;
kunden sind bei G. selten. Die Zeugen
Schuldrecht: Schuldübernahme, Quit- besitzen Beglaubigungsfunktion. In neu-
tung, Schuldanerkenntnis, Bürgschaft, babylonischer Zeit ist die Frau vom Ur-
Pfand; Verpflichtungsschein, Verwah- kundenzeugnis ausgeschlossen. Eine eigene
r u n g s - und H ü t u n g s v e r t r a g , Auftrag;
U r k u n d e n in D a r l e h e n s f o r m : G e l d d a r -
Formel drückt diesen Umstand besonders
lehen, Fruchtdarlehen; Kauf-undTausch; aus (ina aSäbi). Die Namen der Zeugen
M i e t e und P a c h t ; G e s e l l s c h a f t (Sozietät); werden vor dem Datum am Ende einge-
Gelübde; Schenkung; E r b r e c h t ; Prozeß- fügt. Unterschriften der Zeugen sind nicht
und V e r w a l t u n g s u r k u n d e n .
üblich, aus einem einfachen Grunde: sie
Das Material der G. ist Ton. Aus diesem konnten ausnahmslos nicht schreiben.
Stoff sind seit der ältesten Sumererzeit bis Neben den Zeugen ist das Siegeln Be-
wenige Jahre vor Chr. Geb. viele Tau- glaubigungsmittel zum Zweck der Be-
sende G. erhalten geblieben (s. T o n t a f e l ) . stätigung der Echtheit der Urkunde. Die
Daneben wird Stein verwendet, und zwar Siegelung hat dieselben rechtlichen Wir-
hauptsächlich bei den sog. Kudurru-Ur- kungen wie die Unterschrift in anderen
kunden (s. d.). Rechtskreisen. Das Siegelungswerkzeug
Holz-, Pergament- und Papyrus-Ur- ist entweder ein Siegelzylinder oder Siegel-
kunden werden im Schrifttum erwähnt stöckchen, seit der Perserzeit wird auch
(s. U r k u n d e , H o l z - P a p y r u s - P e r g a - der Siegelring (unqu) verwendet.
ment), sind aber wegen der Vergänglich- An die Stelle des Siegelabdruckes treten
keit des Stoffes und der Natur des Landes seit altbabylonischer Zeit, besonders in
in seltensten Fällen erhalten geblieben. neuassyrischer und neubabylonischer
Bei den Ausgrabungen in Nimrud (Kalhu) Epoche, Eindrücke von Fingernägeln
wurden etwa 20 Elfenbein- und Nußholz- (Nageleindrücke), und auch in mittelbab.
täfelchen in einem Brunnen gefunden, Zeit sowie in Assyrien Eindrücke des Ge-
mit Resten einer Masse aus Wachs bzw. wandsaumes (sissiqtu).
kalü-Ton teilweise bedeckt (Mallowan Bei den Zeugen wird, zumeist zuletzt,
Iraq XVI, S. 98 ff.). Sie stammen aus der vor dem Datum am Ende der Tafel,
Zeit Sargons II. und sind vorläufig das der Schreiber genannt. In der Hammurapi-
letzte Überbleibsel von assyrischen Wachs- Periode übernehmen diese Funktion auch
täfelchen nach Art der römischen Tabulae Frauen aus dem Priesterstande. Die
ceratae (s. San Nicolö Rassegna di Schreiber können ebenfalls Priester sein,
diritto cuneiforme II, S. 491 f. in Studia et aber auch Privatleute. Schreiber sein ist
Documenta Historiae et Juris XX). Für ein Beruf, von dem sich ganze Dynastien
2l6 GESCHICK—GESCHICHTSWISSENSCHAFT
nachweisen lassen. Er ist kein Notar in keit über etwa zwei Jahrtausende feststel-
unserem Sinne, seine Beteiligung an einer len.
G.-Urkunde hat an sich keine Beweiskraft, In der neubabylonischen Zeit erscheint
jedenfalls nicht mehr als die eines Zeugen. neben dem alten ein neuer Urkunden-
Die babylonisch-assyrische Urkunde hat typus. Bei diesem steht nicht mehr der
p r i v a t e n Charakter, wenn auch öffent- Gegenstand der Verhandlung an der
liche Urkunden nicht ausgeschlossen sind. Spitze der Urkunde, sondern der Name
Öffentliche Archive zur Aufbewahrung von einer Partei, dem die Erläuterung ihrer
Privaturkunden sind anscheinend erst in juristischen Betätigung folgt. Es ist nun-
griechischer Zeit zu belegen. In früherer mehr der Standpunkt des Verfügenden
Zeit sind sie von den interessierten Privat- oder des Veräußerers das primär Wichtige.
leuten in Behältern aus Ton und Rohr Wie schon früher, ist eine Nebenform zu
(pisan kunukki oder tuppi) aufbewahrt dieser Urkunde die sog. Zwiegesprächs-
worden. urkunde.
Die großen Massen von Privat-G.- Seit der späteren Perserzeit ist ein
Urkunden, die in Nuzi, Uruk (im Tempel), erhöhter Formenreichtum, dem sich Locke-
Ninive (im Palast) aufgedeckt worden rung des Aufbaus zugesellt, bei der Ur-
sind, sind wohl kaum unter öffentlichem kunde zu bemerken. Welchem Einfluß
Zwang oder Einfluß zusammengekommen, diese Tatsachen zuzuschreiben sind, bleibt
sondern von den am Geschäft Beteiligten noch unerklärt. Die U. hat auch in dieser
aus Sicherungsgründen deponiert worden. Zeit ihren reinen Privatcharakter be-
halten. Allerdings haben auch Behörden
Die Keilschrifturkunden privatrecht- bei der Herstellung von Urkunden mit-
lichen Inhalts sind ohne Ausnahme ob- gewirkt, wohl in Ausübung einer sog.
jektiv. Urkunden subjektiven Charakters freiwilligen Gerichtsbarkeit.
haben sich im Gebiete des Keilschrifttums Über den Charakter der G.-Urkunde
nicht entwickelt, im Gegensatz zu Grie- als ev. Dispositiv-Urkunde neben ihrem
chenland. Königsurkunden zeigen dagegen eigentlichen Wesen als Beweisurkunde
subjektive Stilisierung. Eine Nebenform (Zeugnisurkunde) vgl. San Nicolö a.a.O.
der Geschäftsurkunde sind die sog. Zwie- S. 162 ff.
gesprächsurkunden aus neubabylonischer
S a n N i c o l ö Beiträge zur Rechtsgeschichte
bzw. persischer Zeit. Hier wird ein ge- im Bereiche der heilschriftlichen Rechts-
schäftliches Begehren von einem Kon- literatur, S. H 4 f f . e . Ebeling.
trahenten in direkter Rede vorgetragen,
von dem anderen Beteiligten angenommen Geschick s. S c h i c k s a l .
und so ein Vertrag abgeschlossen.
Geschichtswissenschaft.
Das Formular der bab.-assyr. G. ist in § 1. Der allgemeine kulturelle Hinter-
ausgezeichneter Weise beständig und grund. § 2. Art des Quellenmaterials.
gleichmäßig gegliedert; es ist von vor- § 3. Traditionelle Ansichten über die Ver-
bildlicher Kürze und Prägnanz. gangenheit. § 4. Omina und Briefe an die
Das Gerippe der G. sieht ungefähr Götter. § 5. Vorhandensein von Weisheits-
folgendermaßen aus: Es geht vom Stand- literatur.
punkt des Erwerbers des Vertragsgegen- § 1. Die mesopotamische Geschichts-
standes aus. i. Vertragsgegenstand, wissenschaft ist wie jede andere innig
2. Namen der Kontrahenten, 3. Geschäft- verknüpft mit der örtlichen Kultur und
liche Abreden der Parteien, 4. Zeugen und wird hauptsächlich durch die zugrunde-
Schreiber, 5. Datum. Bei 3 können noch liegende Auffassung von Religion und
besondere Klauseln und eidliche Erklä- Regierung beeinflußt. Das hervorste-
rungen hinzukommen. Das Formular chendste Merkmal der Kultur Mesopota-
stammt aus sumerischer Zeit und ist so miens ist ihre ständige Kontinuität inner-
bis in die neubabylonische Epoche ge- halb der historischen Periode trotz der
blieben. Es läßt sich also eine Beständig- Verschiedenheit der Zusammensetzung der
GESCHICHTSWISSENSCHAFT 217
ethnischen Elemente. Sumerer, Sargo- Chaos (s. Etana, Babyloniaca XII [1931],
nische Akkader, Babylonier und Assyrer S. 11, 1 3 ) .
sowie verschiedene andere Gruppen er- Da diese Auffassung für den gesamten
freuen sich in starkem Maße einer kul- Verlauf der Geschichte des alten Mesopo-
turellen Einheit, die ethnische, sprachliche tamiens gültig ist, bildet sie den Haupt-
und politische Grenzen überschreitet. Wie leitfaden für den Gedanken der Geschichte
eine solche Einheit trotz Verschiedenheit Mesopotamiens im ganzen.
erreicht wurde, ist ein besonderes Problem, § 2. Es gibt vielfache Beweise für das
das an dieser Stelle nicht behandelt Interesse, das die Bewohner des alten
werden kann. Das Endprodukt jedenfalls Mesopotamiens an der Vergangenheit ge-
war eher kosmopolitisch als von be- nommen haben. Der stärkste und zu
grenzter Natur, und der einzig passende gleicher Zeit seinem Umfang nach größte
Ausdruck dafür ist „mesopotamisch". Beweis wird geliefert durch die Königs-
Ein bezeichnendes, vereinigendes Ele- listen, Chroniken und Annalen. Abgesehen
ment war die Religion, welche in der davon besitzen wir eine wichtige Quelle in
Gesellschaft der Götter das Vorbild für den Literaturwerken, die rein historische
die menschliche Gesellschaft sah. In ihrem Tatsachen mit einem Gewebe von
Kosmos gab es keinen einzelnen Gott als Mythen und Legenden umkleiden (s. H. G.
alleinige Macht- oder Autoritätsquelle. G ü t e r b o c k ZA XLII [1934], S. 1—91).
Kein Gott war wirklich allmächtig. Die Beträchtliche Bedeutung haben auch die
äußerste kosmische Macht hatte nur die Omen-Texte, die historische Hinweise ent-
Gesamtheit der Götter inne. Dies diente halten, wobei sie gelegentlich Tatsachen
als Sicherheit gegen den Absolutismus, angeben, die sonst unbekannt sind (s. A.
aber es führte ebenso zu einer Unsicherheit Goetze JCS I [1947], S. 253—266).
hinsichtlich der Handlungen der ver- Mancher Herrscher mit antiquarischen
einigten Götter. Da auf diese Weise nichts Neigungen mag uns hie und da wertvolle
für alle Zeit geregelt war, war die Mensch- Hinweise geben auf die Länge der Zeit,
heit in Ewigkeit zu Ängstlichkeit und die zwischen gewissen Ereignissen liegt;
Unsicherheit verurteilt. Das ständige Be- über solche Distanzangaben siehe E.
dürfnis, die Götter zu versöhnen, machte W e i d n e r AfO XV (1945—51), S. 87ff.
Aufmerksamkeit und ein sorgfältiges und A. Poebel JNES I (1942), S. 28gff.
Ritual notwendig. Auf dieselbe Weise Ein wichtiger Grund für das ständige
jedoch war immer Raum für Hoffnung und genaue Studium der Vergangenheit
und ihr Gegenteil, die Apathie und die war die dringende Notwendigkeit, die
Resignation, vorhanden. freundlichen Beziehungen, die man mit
Der mesopotamische Staat stimmte not- den kosmischen Mächten aufrecht erhielt,
wendigerweise überein mit dem kos- nicht zu zerstören.
mischen Staat. Folglich war die Autorität Aus diesem Grunde schrieb Irisum I.
des sterblichen Herrschers von zwei Fak- die typische Warnung: „Sollte dieses
toren bestimmt. Erstens stammte sein Gebäude schwach werden mit dem Alter,
Auftrag von den Göttern, denen er ver- und ein König wie ich wünscht den
antwortlich war für jede seiner Hand- Aufbau neu zu errichten, soll er nicht
lungen, und zweitens konnte es, da diesen Nagel (sikkatum), den ich einge-
die Spitze des Pantheons nicht die schlagen habe, entfernen, sondern er soll
absolute Macht besaß, mit der irdischen ihn wieder einsetzen an seinen Platz"
Regierung nicht anders bestellt sein. Die (s. B. L a n d s b e r g e r und K. B a l k a n
theoretische Machtquelle im menschlichen Belleten XIV, S. 224ff., Z. 9—13). Das
Staat war die Versammlung (s. Th. J a - Sammeln alter Tontafeln in großen Bi-
cobsen JNES II [1943], S. isgff.). Ihre bliotheken ist ähnlich zu motivieren. Assur-
Beratungen waren für die bürgerliche banipals Brief an seinen Vertreter in
Existenz geschaffen; ohne sie und bevor Borsippa (CT XXII, pl. 1) enthält eine
sie in das Leben gerufen war, herrschte alles- umfassende Bitte nach „Ritualen,
2l8 GESCHICHTSWISSENSCHAFT
Gebeten, Inschriften auf Stein und was gung angetan hatte" (sa ana ilim uqallilu
auch immer für mein Königtum gut sein ul ibassi ARM I, Nr. 3, Z. 6); Tukulti-
mag" sowie nach „jeder Tafel oder jedem Ninurta I. brandmarkt seinen babylo-
Ritual. . . das gut ist für meinen Palast". nischen Feind als etiq mamlti (E. E b e r i n g
Mit anderen Worten, die Vergangenheit MAOG XII/2, IV, Z. 20), der schließlich
wurde durchforscht, damit die Gegenwart bekennt: „Außerordentlich groß sind die
daraus vorwärts zu kommen lerne. Beleidungen durch mein Land gewesen,
§ 3. Da alles auf Erden vom Himmel zahlreich seine Sünden" (qellet mätiia
aus regiert wurde, war die mesopo- supsuqä imidü arnu ibid. Z. 27); und so
tamische Auffassung der Geschichte not- gibt es zahlreiche ähnliche Beispiele aus
wendigerweise theokratisch. Der Wandel späteren Zeiten. Der stereotypeste Aus-
innerhalb der Dynastie von Akkad tat druck dieser Geschichtsauffassung findet
viel, um diese Auffassung im einzelnen zu sich in der Chronik W e i d n e r (ZA
bestätigen. Den nachfolgenden Zeitaltern XLII, S. 47 ff.). Sie beginnt lehrhaft und
stand das Jahrhundert des Sargon und versäumt nicht von denen zu sprechen,
Naram-Sin als eine Periode bisher nicht die die Götter beleidigen (sa ana
dagewesener Vollendung vor Augen. Aber ü-qal-la-lu Vs. Z. 27), der Hauptteil
man erinnerte sich nicht weniger der Tat- jedoch handelt von dem frommen und
sache, daß am Ende die Macht von Akkad glücklichen Sargon und dem gottlosen
zusammengebrochen war. Das Schicksal Naram-Sin, der das erhielt, was ihm
der Dynastie war auf diese Weise ein gebührte. Auf Grund dieser religiösen
lebendiges Beispiel für Ebbe- und Flut- Auffassung der Geschichte waren Kult
zeiten im Geschick eines Imperiums, was und Ritual die wichtigsten Faktoren
auch auf andere Dynastien ausgedehnt innerhalb der Staatsaffären. Dies ist
werden konnte. Es gab so etwas wie eine jedoch ein extremer Fall: Denn wenn
rhythmische Regelmäßigkeit im Wechsel Nabonid sich auf die Zerstörung Babylons
von Glück und Unglück, damit hatte durch Sanherib bezieht, bezeichnet er die
man eine gute Basis, auf die man ein Unzulänglichkeit der Stadt als Grund für
System der Geschichtsinterpretation grün- Marduks Zorn (Nabonid Stele Z. 16, 36).
den konnte. Ein siegreicher Herrscher Man muß klarstellen, daß Nabonid seine
— in hervorragendem Maße Sargon — eigenen Gründe hatte, die Assyrer in
war der Liebling des Gottes, während der angenehmen Licht erscheinen zu lassen.
unglückliche Naram-Sin das Mißfallen des Es gibt aber andere Beispiele mesopota-
Gottes erregt haben mußte. Die Ver- mischer Geschichtsschreibung, die weit
gangenheit hatte so Höhepunkte mit realistischer sind als die Chronik Weidner.
wechselnden Perioden von Seligkeit und
Verzweiflung. Innerhalb dieser theokra- § 4. Wie oben festgestellt wurde, gab es
tischen Auffassung des Staates war der zwei Kontrollen in bezug auf die Auto-
Grund, daß sich die Götter gegen einen rität eines mesopotamischen Herrschers.
eingesetzten sterblichen König wandten, Die eine war eine gesellschaftliche und
der, daß er sie beleidigt hatte (term. rührte von der Rolle her, die die Ver-
techn. qullulu), indem er den heiligen sammlung spielte. Die andere war reli-
Eid der Pflicht verletzt (mamita etequ) giöser Art, da jedes größere Unternehmen
oder die Grenzen, die ihm von seinem Gott göttlicher Sanktion bedurfte. Diese Sank-
gesetzt waren, überschritten hatte. Bei- tion wurde mit Hilfe von Omina er-
spiele solcher Gründe und Wirkungen sind mittelt. Das Omina-Material liefert uns
praktisch aus allen Perioden aufzuweisen. häufig eine unabhängige Version der
Abgesehen von dem klassischen Beispiel überlieferten historischen Ereignisse und
Urukaginas und Lugalzaggisis gibt es Persönlichkeiten. Es ist natürlich, daß
Jasmah-Adads Brief an seinen Gott, in dem sargonischen Zeitalter hier ein großer
dem er versichert, daß kein Mitglied seiner Teil der Aufmerksamkeit gewidmet wur-
Familie jemals seinem Gott „eine Beleidi- de. Von gleicher Bedeutung ist das be-
denkliche Vertrauen auf Omina in den
GESCHICHTSWISSENSCHAFT 219
Mari-Texten (s. ARM IV, Nr. 54, 65). Die lerisch, da die Autorität und Tapferkeit
demütigende Abhängigkeit des Herrschers eines Gottes mit einbezogen war nach der
in allen Angelegenheiten von dem Willen obigen Analyse (über einen ähnlichen
der Götter wird auf diese Weise ganz Schluß aus davon unabhängigen Gründen
deutlich bestätigt. Aus demselben Grunde s. A. M o o r t g a t in S c h a r f f - M o o r t g a t
wird die häufig ausgesprochene Annahme, Ägypten und Vorderasien im Altertum,
daß Mesopotamien manchmal seine Könige 1950, S. 430).
vergöttlichte, beweiskräftig widerlegt. Auf Grund dieser Einschränkungen in
Denn einerseits würde ein Fleisch ge- bezug auf die Berichte über geschichtliche
wordener Gott niemals durch Zeichen, die Ereignisse, ist es nicht erstaunlich, daß
man aus der Leber eines Schafes liest, die assyrische Geschichtsschreibung einen
beherrscht werden müssen, andererseits ziemlich geringen Grad von Zuverlässigkeit
behandeln die Omina gerade die Köni- aufweist. Sogar die Synchronistische Ge-
ge — besonders die der sargonischen schichte ist ein stark parteiisches Produkt.
und Ur-III-Dynastie — in bezug auf Aus demselben Grund war Babylonien,
Fehler als Menschen, die sonst bekannt das nie die Form der Annalen kannte,
sind, sich gewisse göttliche Attribute an- imstande, ein objektiveres Werk hervor-
zumaßen. Es mag hinzugefügt werden, zubringen. Und wenn die Babylonische
daß die ganze Auffassung eines vergött- Chronik auch völlig uninspirierte Ge-
lichten Herrschers nicht vereinbar ist mit schichte wiedergibt, ist sie dennoch ein
den wichtigsten Merkmalen der mesopota- bemerkenswertes Dokument „in ihrer
mischen Kultur. Nüchternheit der Darstellung und ihrer
Ein anderer Fall ist der zeitweise kühlen unparteiischen Feststellung der
geübte Brauch der mesopotamischen Tatsachen" (A. T. O l m s t e a d Assyrian
Herrscher, Briefe an ihre Götter zu Historiography [1917], S. 62).
schreiben, entweder um ihre Hilfe zu er- § 5. Schließlich spiegelt sich der Ge-
bitten oder um einen Bericht darüber zuge- danke der Geschichte in dem mesopo-
ben, was sich ereignet hatte. Wiederum sind tamischen Material wieder, das man im
die Mari-Briefe in dieser Beziehung sehr ganzen oder zu Teilen zu der Weisheits-
instruktiv. Beachte besonders ARM II, literatur rechnen kann. Der Schlüssel zu
Nr. 3, einen Brief, dessen Bedeutung von einem großen Teil von ihr ist der, daß die
L a n d s b e r g e r (s. JNES XI, S. 130) er- Handlungen der Götter nicht vorauszu-
kannt wurde; siehe ebenfalls den Brief sagen sind und die Menschheit verdammt
an den Flußgott Syria XIX (1938), S. 126. ist, für alle Zeiten ruhelos und unsicher zu
Ähnliche Briefe aus späteren Perioden sein (Gilgames X, Z. 32f.). Der König
sind seit langem bekannt (s. C. J. Gadd muß danach streben, das bestehende
Ideas of Divine Rule [1948], S. 61 f.). Gleichgewicht aufrecht zu erhalten durch
Da der feierliche Bericht über Sargons (II.) sorgfältige Bemühung um Reinigung und
achten Feldzug ein besonders ausführ- Sühne.
licher Brief an den Gott Assur ist, der Zuzeiten mag es sogar ratsam sein,
dazu bestimmt war, abgekürzt in den einen Ersatzkönig aufzustellen, um den
Königsannalen zu erscheinen, erhebt sich göttlichen Zorn von dem eingesetzten
die Frage, ob nicht die gesamten Annalen, Herrscher abzuwenden. Es gibt jedoch
die die Assyrer seit dem 14. Jahrhundert Gelegenheiten, wo das Land in Mitleiden-
verfaßten, ursprünglich Briefe an Götter schaft gezogen wird, obwohl der König
waren. Eine solche Herkunft würde sofort schuldlos ist. Dieses wird unter dem
den prahlenden und egozentrischen Ton Thema des gerechten Leidens behandelt.
der Annalen erklären. Denn in diesem
Zu diesem Thema gehören drei Haupt-
Falle wären die Worte, die der König
werke. Eines ist Ludlul bei nemeqi, ein
(oder der Schreiber in des Königs Namen)
anderes die babylonische Theodizee
gebrauchte, die Worte des ursprünglichen
( L a n d s b e r g e r ZA XLIII, S. 32—76),
göttlichen Befehls. Der Ton war prah-
das dritte eine Version aus altbabyloni-
220 GESCHICHTSWISSENSCHAFT 220
scher Zeit ( J . N o u g a y r o l Une version an- in dem alten Omen enthalten sein, das
cienne du „Juste Souffrant" RB LIX sagt, „wenn er die Sünde verabscheut,
[1952], S. 239—250). Der ihnen allen ge- wird sein Gott immer mit ihm wandeln"
meinsame Schluß ist folgender: Obwohl [summa hatitam izir ilsu ittiSu ittanalak,
die Wege der Götter unerforschlich sind, s. ZK XLIII, S. 98, Z. 31). Auf diese Weise
wird dem wirklich Guten doch endliche kann das Beispiel von Helden der Vergan-
Rettung zugesichert. Am bemerkenswer- genheit, die große Versuchungen und Un-
testen ist das Wunder der schließlichen glücksfälle überlebten, sichern gegen et-
Errettung. waige Wiederholung. In einem launischen
Diese mesopotamischen Analogien zu Kosmos konnte nicht mehr erwartet
dem Hiob-Thema bilden ein wichtiges werden.
Argument für die Beschäftigung mit der Die obigen Ausführungen sind ein Aus-
Vergangenheit. Sie spiegeln die Über- zug aus dem Kapitel Ancient Mesopotamia
zeugung wider, daß der verdiente Herr- in dem Werk The Idea of History in the
scher, selbst wenn er für einige Zeit von Ancient Near East (New Häven 1955),
den Göttern verlassen ist, wieder zu S. 37—76, 361 f. Andere hierher gehörige
Gnade kommen kann. So war der alte Artikel reichen von S. N. K r a m e r s
Sargon nach den Omina „einer, der auf Sumerian Historiography, Israel Explora-
das Dunkel traf, aber das Licht erhob tion Journal III (1953), S. 217—232, zu-
sich für ihn" (JCS I, S. 256ff.). Das rück bis zu A. T. O l m s t e a d s Assyrian
Studium der Vergangenheit mag helfen, Historiography (1917). E A_ Speiser _
mit dem erfolgreichen König zu wett-
eifern und die Fehler dessen, der ein böses Geschichtswissenschaft (Geschichts-
Schicksal hat, zu vermeiden. schreibung) in H a t t i . Die Geschichts-
Ein anderes tröstendes Beispiel ist das schreibung in Hatti setzt nicht erst im
des Helden der Sintflut. Der hervor- 14. Jh. mit den Annalen Muräilis II. und
ragende Erfolg des Utnapistim wird von dessen Beschreibung der Mannestaten
der Weisheitsliteratur den Lehren seines seines Vaters Suppiluliuma I. ein. Deut-
Vaters „Suruppak" zugeschrieben, der als lich gibt vielmehr der Thronfolge-Erlaß
der Urheber der sprichwörtlichen Weis- Telipinus bereits ein klares Geschichtsbild
heiten in der sumerischen und der akkadi- von den ältesten Zeiten bis auf seine Re-
schen Literatur gilt (s. S. N. K r a m e r , gierung. Der Beginn dieses historischen
JCS I, S. 53 Anm. 208). Rückblickes mit Labarn a dürfte vom
Das frühere Vorkommen in Mesopota- Zweck der Urkunde mit bestimmt ge-
mien mit den lokalen Gegenspielern zu Hiob wesen sein: daß Einigkeit innerhalb der
und Noah bringt uns auf die bekannte königlichen Familie Gedeihen des Landes,
Stelle in Ez. 14, 14—23, nach der Noah, Zwietracht dagegen stärkste Bedrohung
Daniel und Hiob die einzigen Sterblichen bedeutet. Für die Zeit ab Hattusili I. hat
waren, die unverletzt aus den kosmischen man dabei, trotz gelegentlich stereotyper
Umstürzen hervorgehen sollten. Es muß Wendungen, den Eindruck verläßlicher
jedoch klargestellt werden, daß das Daniel- Quellenlage. Ein 1961 gefundenes Tafel-
Thema bis jetzt aus mesopotamischen fragment ist Zeugnis eines weiteren, selb-
Quellen nicht bekannt ist. Im Ugari- ständigen historischen Berichtes jenes
tischen jedoch ist es unabhängig davon Königs Telipinu.
bezeugt. Es ist gut möglich, daß man in Ein annalenartiger historischer Bericht
Adapa das babylonische Vorbild dazu liegt in KBo X 1—3 für Hattusili I. vor,
sehen kann. Und da Daniel in babylonische wobei die akkadische Version ein altes
Umgebung gebracht wird, und Ezechiel Abfassungsdatum (Ende des 17. Jh.) er-
die babylonische Kultur aus erster Hand weist. Zweifellos berichtet hier der König
kannte, ist der babylonische Ursprung selbst über seine ersten Regierungsjahre.
aller dieser Helden über allen Zweifel Die Darstellung führt bis zu einem Höhe-
erhaben. Die volkstümliche Erklärung mag punkt mit der Eroberung von Hahhu und
GESCHLECHTSKRANKHEITEN 221
Hassu. Dieses literarische Genus kennen Das Lehrbuch räumt einem Leiden, das
wir auch bereits aus dem sog. Anitta- „Krankheit des Beischlafes" (murus näki)
Text, dessen Abfassungszeit jedoch um- genannt wird, eine Sonderstellung ein. Es
stritten ist. Das gleiche gilt von dem gibt dafür eine dreifache Symptomenreihe
historischen Text KBo XII 3, der Anum- an (TDP S. 134, Z. 34—36; S. 178,
hirwa und die Truppen von Zalpa nennt. Z. 10—15): a) die Muskeln des Unterleibes
Episch-märchenhafte Züge verbinden den schmerzen, die linke Schläfe ist ange-
Text mit anderen legendären Berichten griffen, die Erschöpfung ist konstant, das
aus der hettitischen Frühzeit: einer aitio- Sprechen mühselig, der Körper brennend,
logischen Erzählung von der Durchque- das Fleisch schlaff; b) die Magengrube
rung des Taurus, der Geschichte von den „brennt", dem Kranken ist heiß, er zeigt
Menschenfressern. Auch die historische keinerlei Lust zum Essen und keinen
Traditionsliteratur um die Könige von Reiz zum Trinken, sein Körper ist über-
Akkad ist hier anzuschließen. dies gelb; c) der Penis und die Magen-
G. in der hethitischen Großreichszeit grube sind heiß, das Fieber ist hitzig,
gipfelt nach unserer Quellenlage in den der Unterleib schmerzt, der Bauch ist
beiden Darstellungen des Mursiii, der stürmisch (?), die Hände, Füße und der
Autobiographie Hattusilis III. (worin er Bauch sind heiß. Diese letzte Symptom-
seinen Staatsstreich rechtfertigt und als reihe wird als ein Zeichen „der Hand
göttlichen Willen darstellt) sowie den Iätars" angesehen, wie übrigens die Ent-
historischen Einleitungen der Staatsver- zündung der Organe (ib. S. 134, II, Z. 38)
träge. G. bedeutet allerdings stets nur der „Hand Dilbats" zugeschrieben wird;
Darstellung der eigenen Geschichte und ein blutiges Harnlassen (ib. Z. 37) sieht
Selbstbericht des Herrschers. man als Zeichen der „Hand von Samas"
H . G. G ü t e r b o c k ZA X L I V , S. 45ff. —
an.
A. K a m m e n h u b e r Saeculum I X , S. i 3 6 f f . — Im Gegensatz dazu betrachten die
H . O t t e n M D O G 9 1 , S. 73ff.; Z A L V , S . i s ö f f . therapeutischen Texte, die dieselben
H . Otten. Organe behandeln, die Leiden als rein
Geschlechtskrankheiten. Die durchBe- lokaler Natur: Harnfluß oder Harn-
obachtung der Geschlechtsorgane gewon- verhaltung, Samenfluß, blutiges Harn-
nenen Prognosen werden in der 14. Tafel lassen und vor allem Tripper, Verengung
des Lehrbuchs der Prognosen (Kol. II, der Harnröhre sowie Harnröhren- oder
Z. 11, 23—71) aufgezählt. Abgesehen von Blasensteine.
ihrer Farbe und ihrem normalen Aussehen, Die mittelassyrischen Gesetze (§ 8) er-
vermerkt man, ob der Penis entzündet, wähnen eine durch einen Schlag hervor-
schlaff, erigiert oder verstopft ist, ob das gerufene Quetschung des Hodensackes,
I^rinieren gehemmt oder von Samenfluß die medizinische Pflege notwendig macht,
begleitet ist und ob die Hoden zusammen- und wobei ein Geschwür (erimmu) sich von
geschrumpft oder entzündet sind. Diese einer Hode auf die andere ausbreiten
Prognosen haben für sich allein keine Be- kann.
deutung, sie sind nur Einzelerscheinungen Der Samenfluß wird manchmal für sich
innerhalb der Prognose für jede Krankheit. allein behandelt, aber häufiger wird er nur
Jedoch wird die intensiv gelbe Farbe des als einfaches Symptom angesehen. Es ist
Urins als eigenes Symptom des Fiebers bemerkenswert, daß die Krankheit in chro-
der „Dürre" angesehen. nischem Zustand demjenigen, der von
Vom magisch-religiösen Standpunkt aus ihr heimgesucht ist (pilpilänu), die Aus-
wird als mögliche Ursache für die Ent- übung der Funktionen eines Wahrsagers
zündung der Hoden, manchmal verbunden verbietet (BKBR, Nr. 1—20, I, Z. 22).
mit einer Geschwürbildung am Penis, die Der Tripper (müsü) wird häufig charak-
Übertretung eines sexuellen Tabus (straf- terisiert durch das einfache Aussehen oder
barer Verkehr mit einer Oberpriesterin) die Dichtigkeit des Urins: weißlich,
angesehen. dick, ähnlich der Hefe von Bier oder
222 GESCHLECHTSKRANKHEITEN 222
Wein, dem Firnis oder dem Urin eines heiten behandelt wird, besonders nach der
Esels (MT 58, 4, Z. 1—5; 66, 7, 4; KAR Eiterung am Penis (MT 66, 5, Z. 7). Das
Nr. 193, Z. 12—15). Manchmal werden die läßt vermuten, daß die Akkader vermute-
Symptome auch detaillierter angegeben: ten, es könnten Beziehungen zwischen
„Penis schmerzend, ebenso wie die Seiten, diesen pathologischen Erscheinungen be-
Harnverhaltung, Auftreten von Blut nach stehen. Ein Sonderabschnitt ist dem Mast-
dem Harnlassen" (AJSL XXXVI, S. 68ff., darmvorfall bei jungen Männern (die „die
I, Z. 23—24); „Stechen im Penis, Samen- Frau noch nicht erkannt haben") ge-
fluß, Impotenz, ständiges Eitern" (KAR widmet (ib. Z. 12).
Nr. 193, Z. 16 ff. = MT 58, 6, Z. 2—3); Die S t e i n e (abnu „Stein") sind bald
„Weißlicher Urin wie der eines Esels, Auf- Gegenstand einer besonderen Abhandlung
treten von Blut nach dem Harnlassen" (MT 66, 11, Z. 14, 16), bald sind sie Be-
(MT 66, 7, Z. 18—19). gleiterscheinungen des Trippers (AJSL
Bei Hautkrankheiten der Geschlechts- XXXVI, S. 68ff., I, Z. 52, 55; MT 58, 4,
organe, verbunden mit Samenfluß, galt Z. 15) oder der Verengung der Harnröhre
ebenfalls der Tripper als Ursache, davon (MT 53, 8, Z. 6). Man wendet Mittel zum
ist die Rede in MT 61, 1, Z. 6, 10. Auflösen (Sahähu) der Steine an, sie wer-
Zahlreiche Behandlungsrezepte betref- den also als löslich (sahihtu) betrachtet.
fen die Verengung der Harnröhre (hiniqtu, Der B l a s e n g r i e s (tittu) wird neben
hiniq nappähi, wörtlich „Verengung der anderen Symptomen in KAR Nr. 155, II,
Röhre"), der Name des Leidens wird Z. 21—24 erwähnt: „Tropfenweises Aus-
häufig zitiert, ohne daß man seine Sym- treten des Urins, die Harnröhre ist ver-
ptome näher bestimmt (MT 59, 1, Z. 16, krampft und voller Gries . . . . "
33, 36; 60, Z. 1, 3). Einmal wird erwähnt, Bei diesen verschiedenen Leiden variiert
daß der Kranke an den Seiten leidet auch das Heilverfahren: Je nach dem
(MT 63, 1, Z. 4); außerdem wird gesagt, Fall werden Arzneien verschrieben, wieder-
daß „sein Penis immer angegriffen ist, holte Waschungen, Umschläge, Massagen
sein Urin tropfenweise fließt, ohne daß er und häufig Injektionen in die Harnröhre
ihn zurückhalten kann" (KAR Nr. 155, mit Hilfe eines Bronzeröhrchens (uppi
Z. 21): dabei handelt es sich wahrschein- [MUD] siparri), in das der Arzt mit dem
lich um die krankhafte Vergrößerung der Munde bläst.
Prostata, welche als Ursache des Leidens Die Rezepte zur Herstellung der Heil-
angesehen wird. Das ist daraus zu folgern, mittel sind vielfach verwickelt. Die Nach-
daß der verstümmelte Text eine vorläufige schlagewerke (KAR Nr. 203, I, Z. 21—29)
Untersuchung (durch den Darm) ? vor- überliefern, daß bei Verengung der Harn-
schlägt: „Wenn du beginnst, dir Rechen- röhre Harz von Asa foetida, Myrrhe oder
schaft zu geben, mit deinem Finger in Galbanum als äußere Mittel verwendet
[ ]". Es kommt jedoch häufig vor, werden. Die Ingredienzen der zusammen-
daß die für das Leiden gegebene Sympto- gesetzten Rezepte bestehen häufig aus
menreihe sehr viel allgemeiner ist: „Wenn Öl, Arnoglossum, Styrax, Salicornia, Sal-
die Lenden eines Mannes ihn schmerzen, peter, Alaun und zerstoßener Eierschale.
wenn er eine ständige Schwäche empfindet, Die Waschungen bestehen zumeist aus
und häufig Gedächtnisschwierigkeiten hat, Rosenwasser, die Arzneien aus Öl, Wein
wenn er quälende Träume hat, wenn sein oder Bier. Zur Behandlung der „Steine"
Herz blitzschnell oder gar nicht schlägt, wird in TDP S. 172, Rs. Z. 7 der Rat ge-
wenn er weder tags noch nachts schlafen geben: „Der Kranke, der Steine in der
kann, dann kann dieser Mann an Ver- Harnröhre hat, soll Bier trinken: der Stein
engung der Harnröhre leiden" (MT 31, wird sich dann auflösen (wenn er, anstatt
1, Z. 3 - 5 ) - Bier zu trinken, viel Wasser trinkt, ist er
Es ist interessant zu bemerken, daß der seinem Schicksal geweiht").
M a s t d a r m v o r f a l l manchmal in den- Wenn die Harn- und Geschlechtskrank-
selben Texten wie die Geschlechtskrank- heiten von den Akkadern im allgemeinen
GESCHLECHTSMORAL 223
mit vernünftigen Mitteln geheilt werden, der fähig ist, sich Gilgameä gleichzustellen.
so fußt die Behandlung s e x u e l l e r I m - Von früher Jugend, der Schulzeit an, wird
p o t e n z eher auf der Magie als auf der der Mensch an Sexuelles gewöhnt, ohne
Medizin. Dieses Leiden schreiben sie ge- irgendwelche erkennbaren Bedenken. Er
wöhnlich dem bösen Einfluß eines Dämons lernt z. B. die Keilschriftzeichen DlS und
oder Zauberers zu. SAL, die vor männlichen und weiblichen
Sie unterscheiden anscheinend die Un- Personennamen stehen, schreiben: von
f r u c h t b a r k e i t (Unfähigkeit zu zeugen) ihnen stellt das erste den penis erectus,
vom f e h l e n d e n Z e u g u n g s t r i e b (Man- das zweite die vulva dar. Wenn irgend-
gel an geschlechtlicher Begierde). (Uber welche „moralischen" Bedenken bestän-
die Unfruchtbarkeit der Frau siehe den, wäre so etwas kaum möglich. Der
F r a u e n k r a n k h e i t e n , Geburt.) Eine entscheidende Punkt in dieser Frage ist
gleiche Behandlung für beide Gruppen ist aber, daß die Ausübung des Koitus zu
in MT 73, 2, Z. 3—8 usw. beschrieben. den religiösen Akten gehört. Die „heilige
Das Fehlen der geschlechtlichen Be- Hochzeit", bei der diese Handlung im
gierde beim Mann, sei es gegenüber seiner Mittelpunkt des Geschehens steht (s.
Gattin (MT 66, 1, Z. 1—2), sei es gegen- I s t a r , Kultus), gehört zu religiösen Din-
über allen Frauen, bildet den Gegenstand gen, die man sich nicht scheut, abzubilden,
zahlreicher Vorschriften. Häufig handelt es z. B. F r a n k f o r t OIC Nr. 17 S. 48 Abb.42.
sich dabei um magische Liebestränke, Hier werden „ divin e nuptials" mit einer
zusammengebraut aus den Organen oder „original but unmistakable rendering" auf
dem Blut von Vögeln und Fledermäusen, einem Siegelzylinder gezeigt, der in einem
aus dem Speichel von Tieren in der Brunst- Privathause gefunden worden ist. Die
zeit oder aus Insekten, die im Augenblick plastischen Koitusdarstellungen, die in
ihrer Paarung zerstoßen wurden. Man Tempelanlagen entdeckt wurden und ver-
wandte außerdem magische oder „an- öffentlicht sind, können gezählt werden,
ziehende" Steine (magnetisches Eisen), das ist richtig, s. A n d r a e Die jüngeren
den Geschlechtstrieb steigernde Früchte Iscktar-Tempel in Assur, Tf. 45f. Aber die
(Äpfel, Granatäpfel) oder die stark sugge- zufällig geringe Zahl der publizierten Ob-
stive Kraft gewisser Beschwörungen an. jekte gibt über die Alltäglichkeit der dar-
gestellten Handlungen in den Tempeln ein
R . C. T h o m p s o n Assyrian Prescriptions falsches Bild. Die moderne Prüdheit hat
for diseases of the urine, Babyloniaca X I V ,
S. 57H.; Assyrian Prescriptions for stone in the die Neigung, wenn in Museumssammlun-
kidneys, AfO X I , S. 336 ff. — E . E b e l i n g gen solche „unanständigen" Machwerke
MAOG I / i . — R . L a b a t Traite akhadien de vorhanden sind, ihre Veröffentlichung zu
Diagnostics et Pronostics medicaux (passim). verhindern. Wer Gelegenheit hatte, antike
Ren6 L a b a t . Sammlungen ungehindert zu durchmu-
stern, weiß davon zu erzählen. Beachte
Geschlechtsmoral. Der Babylonier steht u. a. die archaischen Bilder von Siegel-
sexuellen Dingen gänzlich naiv gegenüber. abdrücken aus Ur Ur Exc. III, Nr. 364 bis
Er wertet sie gleich hoch wie Essen und 369 (auch Päderastie dargestellt) und wei-
Trinken, Singen und Spielen (s. J e r e m i a s ter die zahlreichen Plastiken der sog.
HAOG2, S. 461; Meissner MVAG VII/i, „Nackten Göttin" (Contenau La DSesse
S. iff.). Irgendeine negative Einstellung nue). Bei ihr ist ein gewisser „sex appeal"
dazu auf Grund eines absoluten Moral- nicht zu verkennen. In der religiösen
gesetzes gesteht er offenbar nicht zu. Im Literatur finden sich Beispiele wie Chiera
Gegenteil sieht er im Verkehr mit dem SRT Nr. 4, wo innerhalb eines religiösen
Weibe eine Mehrung des Lebensgefühles, Kontextes die Schilderung eines unver-
ein Mittel, den Lebenswert bei einem kennbar drastischen Liebesspieles mit
Menschen zu erhöhen. Der Umgang des Sicherheit zu erkennen ist. Nach Omina-
Wilden Enkidu mit der Hierodule be- texten beschäftigte sich der ßärft-Priester
wirkt, daß aus einem tierähnlichen Wesen mit den verschiedensten Formen und
ein richtiger Mensch, ja ein Held wird,
224 GESCHWISTER—GESCHWISTEREHE IN ELAM
Arten sexueller Betätigung, um daraus die wählt und geliebt, sutu = dem Recht
Zukunft zu enträtseln (für den Text s. nach, schließlich ruhu-Sak und ruhu-pak,
V i r o l l e a u d Babyloniaca III, S. 2i4ff., worüber im Folgenden.
und G a d d CT XXXIX, Tf. 44f.; eine § 2. In den elamischen Königsinschriften
Bearbeitung fehlt noch immer, s. vorläufig ist die übliche Filiation Sak „Sohn des x " ;
Meissner MVAG XII/3, S. gff.). gelegentlich steht Sak hanik „erwählter
Ob zu verschiedenen Zeiten Unter- (geliebter) Sohn des x " : bei Silhaha als
schiede in der Beurteilung des Sexuellen „erwählter Sohn des (Dynastiegründers)
anzunehmen sind, bleibt unsicher. Ebarti" oder bei Huteludus-Insusnak als
Der Standpunkt des Hettiters gegen- „erwählter Sohn des Kuter-Nahhunte
über der Geschlechtsmoral ist anscheinend u n d des Silhak-Insusnak". Dieses elami-
der gleiche wie beim Babylonier gewesen. sche Sak (Sohn) erscheint in sumerischen
In den Gesetzessammlungen werden oder akkadischen Texten desselben Königs
natürlich auch Sexualia behandelt. Jedoch als d u m u (Sohn) oder märu (Sohn); ge-
handelt es sich, wenn sexuelle Hand- legentlich ist in elamischen Texten TUR
lungen bestraft werden, keineswegs um = mär mit akkadischer Konstruktion ge-
Vergehen gegen ein Moralgesetz, sondern schrieben (z.B. EKI Nr. 39b: TUR
I
um Schädigungen eines Dritten in seinem Idatdu „Sohn des Idaddu").
Rechte als Familien-Stammeshaupt, die § 3. Eine andere Art der Filiation ist
mit Moral nichts zu tun haben, oder um ruhuSak des y, was niemals mit Sak des y,
unerlaubte magische Dinge und dgl. wohl aber mit Sak des x variieren kann. In
E b e l i n g MAOG I, x; A. J e r e m i a s sumerischen oder akkadischen Inschriften
HAOG 2 , S. 461, ferner H i e r o d u l e , H o m o - steht für elamisches ruhuSak entweder
sexualität, Moral, Päderastie, Pro- d u m u SAL + KU oder mär ahät, mär
stitution, Sexueller Verkehr, Sodo- ahätim Sa (Sä), mär ahätiSu Sa (Sä), beides
mie. E. Ebeling. „Sohn der Schwester des y".
Geschwister s. F a m i l i e . § 4. Die zweisprachigen Belege:
Simebalarhuhpak, ruhuSak des Sirukduh
Geschwisterehe in Elam. EKI Nrr. 3; 48; 48 a, b.
§ 1. Die elamischen Verwandtschafts- Siwepalarhuhpak, Sohn der Schwester des
verhältnisse sind von F. W. K ö n i g , Mut- Sirukduh DP 28, Nrr. 396; 397.
terrecht und Thronfolge im alten Elam Kuk-NasurL, ruhusak des Silhaha EKI
( — Festschrift der Nationalbibliothek Wien, Nr. 48 a.
1926, pp. 529—552) und von Paul Ko- Kuk-Naäur I., Sohn der Schwester des
s c h a k e r , Fratriarchat, Hausgemeinschaft Silhaha VAB 1, p. 184, 8; DP 23,
und Mutterrecht in Keilschriftrechten ( = Nr. 282.
ZA XLI, 1933, pp. 1—89, besonders pp. Kuk-Nasur I., Sohn der Schwester des
46—60, 80—84) behandelt worden. Beide Temtiagun DP 23, Nr. 283.
Arbeiten sind durch neue Funde und neue Atdapaksu, ruhuSak des Silhaha EKI
Erkenntnisse veraltet. — Quellenwerke: Nr. 48; 48 a, b.
DP = Delegation en Perse. Memoires, jetzt Addapaksu, Sohn der Schwester des
unter dem Titel: Memoires de la Mission Silhaha VAB 1, p. 182, 6 a, b; DP 28,
Archeologique en Iran; EKI = Die elami- p. 7, Nr. 4 und p. 9, Nrr. 5. 6.
schen Königsinschriften (= Archiv für Temtihalki, ruhuSak des Silhaha EKI
Orientforschung, Beiheft 16). Nrr. 48; 48 a, b.
Die elamischen Verwandtschaftswörter Temtihalki, Sohn der Schwester des
seien hier vorangestellt: atta = Vater, Silhaha VAB 1, p. 184, 7.
amma — Mutter, Sak und pak = Sohn Die einsprachigen Belege:
und Tochter von der Vaterseite her, igt = Itatdu, ruhuSak des Hutrantepti EKI
Bruder, ruhu = Sohn oder Tochter von Nrr. 48; 48 a, b.
der Mutterseite her, puhu — Nachkom- Sirukduh, ruhuSak des Silhaha EKI Nrr.
menschaft, p/bar = Same, hanik = er- [48]; 48 a, b.
GESCHWISTEREHE IN ELAM 225
Kuk-Nasur II., ruhusak des Tan-Uli EKI seines Vorgängers bezeichnet wird. Der
Nrr. 48; 48 b. Nachfolger des Silhaha ist dessen ruhusak
Kuduzulus, Sohn der Schwester des Sirukduh, des Sirukduh Nachfolger sind
Sirukduh DP 28, Nr. 397. dessen „Schwestersöhne" Simebalarhuh-
Temtiagun, Sohn der Schwester des pak und Kuduzulus I., dem dann Kutir-
Sirukduh DP 28, Nr. 398; VAB 1, Nahhunte I., dessen Abstammung wir bis-
p. 184, 9. her nicht kennen, und Temtiagun, „Schwe-
Kuk-Nasur III., Sohn der Schwester des stersohn" des Sirukduh, folgen. Unmittel-
Silhaha VAS VII, Nr. 67. bar auf Temtiagun folgt dessen „Schwe-
Sirtuh II., Sohn der Schwester des Kuk- stersohn" Kuk-Nasur I., der allerdings
Nalur III. DP 23, Nr. 284. auch „Schwestersohn" des Silhaha heißt.
Andersartige Entsprechungen: Von Balaissan und Kuk-Kirwas wird „das
Kuk-KirwaS, sak des Lankuku EKI Recht festgesetzt", wie es in einer Jahres-
Nrr. 48; 48 a, b. formel heißt (DP 24, Nr. 348); das be-
Kuk-Kirwas, Sohn der Schwester des deutet eine höhere Funktion der beiden
Silhaha VAB 1, p. 182, 5. neben den Sirukduh-Schwestersöhnen.
Humbannumena I., sak des Attarkittah Dieser Kuk-Kirwas wird sowohl sak des
EKI Nr. 4 C. Lankuku (EKI Nrr. 48; 48 a, b) genannt,
Humbannumenna, ruhusak des Silhaha wie auch Sohn der Schwester des Silhaha
EKI Nr. 39m. (VAB 1, p. 182, 5). Demnach hat zumin-
Sutruk-Nahhunte II., Sak des Hubanim- dest Kuk-Kirwas die Berufung auf Silhaha
mena II. EKI Nrr. 71—73. gegenüber der auf Sirukduh bevorzugt;
Istar(nan)hundu „sein ( = des Ummani- der mit ihm zusammen genannte Kuk-
gas) Schwestersohn" Babylon. Chronik, Nasur I. bezeichnet sich zwar zuerst noch
Kol. I, 40. als „Schwestersohn" des Temtiagun, spä-
§ 5- Die Belege lehren, daß ruhuSak in ter aber — als Nachfolger des Kuk-Kir-
bestimmten Fällen bloß eine Zugehörig- was — zieht er die ferne Berufung auf
keit zu einem Hause, ein entferntes Ver- Silhaha vor. Das Neufestlegen des Rechtes
hältnis zu einem Ahnen bezeichnet: trifft irgendwie mit der von j etzt an fast aus-
Humbannumena ist etwa 450 Jahre, schließlichen Berufung auf Silhaha zu-
Kuk-Nasur III., ein Zeitgenosse des sammen. Nur nebenbei sei darauf ver-
Ammisadugga um 1557 v. Chr., ist etwa wiesen, daß Temtiagun, Kuk-Kirwas und
180 Jahre und Kuk-Kirwas etwa 70 Jahre Kuk-Nasur I. am selben Insusinak-Tempel
von Silhaha entfernt. Etwas wie „Ab- gebaut haben (EKI Nrr. 38, 38 a, b).
kömmling" (von einer besonderen Frau Ein unmittelbarer Nachfolger des Dan-
eines Ahnherrn) trifft hier wohl den Sinn. Uli ist dessen ruhusak Kuk-Nasur II.; das
Diese eine Bedeutung paßt noch am gleiche gilt von Sirtuh II., der Nachfolger
ehesten zur Wiedergabe des altpersischen des Kuk-Nasur III. u n d dessen ruhusak
napä „Enkel" durch achamanidisch-elami- war.
sches1ruhhusak um 500 v. Chr. ( z Irsamma § 7. Hierher gehört auch die Verwandt-
Y
ruhhusakri „des Arsäma Enkel", Dareios, schaft des ersten neu-elamischen Königs-
Bagistan § 1). So wie altes puhu „Nach- hauses. Nach Assurbanipal (Streck, VAB
kommenschaft" im jüngsten Elamisch zu VII, p. 54, VI, 52) war Ummanigas I.
l
puhu „Knabe" und SAhpuhu „Mädchen" (742—717 v. Chr.) der Sohn des Umbadarä;
(ohne jede Verwandtschaftsbedeutung) er regierte 25 Jahre, worauf Sutruk-
wurde, so ist auch das jüngste ruhhusak Nahhunte II., der „Sohn der Schwester"
nicht mehr dasselbe wie das alte ruhuSak des Ummanigas (Babylon. Chron. I, 40),
am Königshof. König wurde, der sich selbst aber sak des
§ 6. Diesem einen Extrem der Bedeu- Hubanimmena nennt (EKI Nrr. 71—73).
tung von ruhusak steht ein anderes gegen- Seine i8j ährige Herrschaft (717—699 v.
über, in dem der unmittelbare Nachfolger Chr.) wird von seinem Bruder Hallusu
als ruhusak (oder Sohn der Schwester) (699—693 v. Chr.) gewaltsam beendet
Reallexikon der Assyrioiogie III. 'i
226 GESCHWISTEREHE IN ELAM 226
(Babylon. Chron. II, 32f.). Dieser Hallusu und dann (ebenfalls dem Alter nach) die
heißt elamisch Hallutas-Insusnak, der sich Töchter genannt; in Nrr. 41 und 54 sind
selbst sak des Hubantahra nennt (EKI Söhne und Töchter durcheinander, bloß
Nr. 77), was wieder nichts anderes ist als dem Alter nach gereiht. Aus diesen Zu-
das assyrisch tradierte Umbadarä. Danach sammenstellungen ergibt sich, daß nach
der Stammbaum: dem Tode des älteren Bruders der jüngere
dessen Witwe geheiratet und dessen Kin-
Umbadarä = Hubantahra Hubanimmena
I I I der „übernommen", also in irgendeiner
Ummanigas Hallusu, Bruder des Sutruk- Form adoptiert hat. Der Nahhunte-utu
Nahhunte II. erste Kinder stammen von Kutir-Nahhun-
te; das ist unzweifelhaft, weil sich der
Da nach EKI Nr. 72 II Hubanimmena älteste Sohn Huteludus-Insusnak in seinen
als erster König (sugir) nach einer Lücke eigenen Inschriften „Sohn (oder .erwähl-
von 400 Jahren die Werke des sugir ter Sohn') des Kutir-Nahhunte und des
Huteludus-Insusnak und des sugir Silhi- Silhak-Insusnak" nennt (EKI Nrr. 60; 65).
nahamru-Lakamar (aus rund 1130v.Chr.) Es ist wohl zu schließen, daß das siebente,
wieder aufnimmt, muß er auch regiert achte und neunte Kind leibliche Kinder
haben: entweder nach oder vor Huban- des Silhak-Insusnak waren, die früheren
tahra, sicher aber vor Ummanigas. Wenn solche des Kutir-Nahhunte. Das lehrt
nun Hallusu als Sohn des Hubantahra wiederum, daß die Nahhunte-utu keine
ein Bruder des Sutruk-Nahhunte als früheren Kinder hatte, wie man nach dem
Sohnes des Hubanimmena ist, kann das Ausdruck „ihre Nachkommenschaft" ver-
nur auf dem Umwege über die „Mutter" muten könnte (s. auch § 18).
stimmen; das war dann die Gattin jenes
Hubantahra-Umbadarä, dessen ältester §9. Nach EKI Nrr. 46 § 11; 47 §13
Sohn Ummanigas gewesen sein würde, der stellt Silhak-Insusnak in Tempeln Emble-
die Kinder derselben Frau von Hubanim- me (oder Repräsentationen sonstiger Art)
mena (darunter Sutruk-Nahhunte) adop- seiner toten und lebenden Familie in fol-
tierte, ein Vorgang wie der in § 8. Auf gender Reihenfolge ( = Rang) auf: von
jeden Fall war Sutruk-Nahhunte nicht der seinem Vater Sutruk-Nahhunte, von sei-
ruhusak einer früheren Generation, son- nem älteren Bruder Kutir-Nahhunte, sein
dern einer gleichaltrigen (Ummanigas). eigenes, von seiner Gattin Nahhunte-utu,
von seinem geliebten Bruder Simutnikatas,
§ 8. Im 12. Jahrhundert war des Sutruk- (dann seiner Kinder) des Huteludus-
Nahhunte I. ältester Sohn und Nachfolger Insusnak, der Isnikarapbat, der Urutuk-
Kutir-Nahhunte II., dem sein Bruder Elhalahu, des Silhinahamru-Lakamar, des
Silhak-Insusnak I. folgte. Nach EKI Nr. 31 Kutir-Huban, der Utuehihhi-Pinigir, des
erbaut Kutir-Nahhunte einen Tempel Temtiturkatas (Nr. 46) und des Lilirtas
„für mein Leben, das der Nahhunte-utu (Nr. 47); die jüngste Tochter Bar-Uli
und das ihrer ( = der Nahhunte-utu) Nach- (Nrr. 41; 54) war damals noch nicht auf
kommenschaft". Silhak-Insusnak erbaut der Welt. Ist nun hier bei den Kindern
nach EKl Nr. 35 ein Heiligtum „für mein die Altersfolge genau eingehalten (s. § 8),
Leben, das der Nahhunte-utu und das ohne jede Rücksichtnahme auf das Ge-
ihrer ( = der Nahhunte-utu) Nachkom- schlecht, wie in Nrr. 59; 40; 45, so ist
menschaft", später aber nach Nrr. 36; dieselbe Reihenfolge bei der älteren Ge-
41 A; 58 „für das Leben" (nicht ihrer, neration vorauszusetzen (Vater — älterer
sondern) „unserer Nachkommenschaft". Bruder — Gattin — jüngerer Bruder);
Diese seine lebende Nachkommenschaft diese Reihenfolge spricht wieder dafür,
nennt Silhak-Insusnak einzeln bei ihren daß Nahhunte-utu eine Schwester der drei
Namen: in Nr. 59 sechs Kinder, in Nrr. 40; Brüder wäre: ob eine Schwester der Ge-
45 sieben Kinder, in Nrr. 41; 54 neun burt nach oder erst als Gattin zur „Schwe-
Kinder (s. auch §9). In Nrr. 59; 40; 45 ster" geworden, ist eine andere Frage,
sind (dem Alter nach) zuerst die Söhne aber eine Schwester-Verwandtschaft der
GESCHWISTEREHE IN ELAM 227
Nahhunte-utu wird man in diesem Zu- und Schwestern auch gelten müßte; bei
sammenhang nicht bestreiten dürfen. Hinz hätte der König übrigens keine Kin-
§ 10. Daß hier Bruderfolge, aber kein der.)
Fratriarchat besteht, ergibt sich daraus, Wenn nun das Leben der sw/M-Brüder
daß bei Fratriarchat alle Brüder hinter- umsorgt wird, warum dann nicht auch das
einander genannt sein müßten und nicht der Schwestern ? Offenbar sind diese sutu-
die Gattin zwischen den Brüdern, daß Brüder gar nicht die uns von Silhak-
ferner in den Formeln „für mein Leben, Insusnak her bekannten Brüder des
das Leben meiner Gattin und das Leben Huteludus-Insusnak, sondern von einer
ihrer1 (oder unserer) Kinder" unbedingt juristisch anderen Art; dazu stimmt, daß
auch „für das Leben meines (jüngeren) wir unter ruhuäak (im engen Sinn) sonst
Bruders" enthalten sein müßte, entweder einen adoptierten jüngeren Bruder oder
vor der Gattin oder wenigstens vor den Vetter zu verstehen haben. Darum sind
Kindern: wo bliebe sonst die B r u d e r - die bei Silhak-Insusnak genannten Ge-
herrschaft ? schwister des Huteludus-Insusnak hier
Keinerlei Art von Polyandrie oder auch seine ruhusak (die jüngeren Brüder) und
nur Hausgemeinschaft (wie etwa bei seine ruhupak (die jüngeren Schwestern).
Draupadi und den fünf Pandu-Brüdern) Die andersgearteten sutu-Brüder werden
kann angenommen werden, weil der dritte dann vom selben Charakter sein wie die
Bruder nicht als Gatte der Nahhunte-utu (§ 12 behandelte) Schwester des Königs,
erscheint. Melir-Nahhunte.
Daß kein Matriarchat vorherrscht, er- § 12. In jenen Inschriften (EKI Nrr. 61
gibt sich daraus, daß weder bei der Formel A; 62; 63), in denen Huteludus-Insusnak
„für das Leben von . . .", noch bei der in der Genealogie „der hatik-Sohn des
Aufstellung der Familien-Embleme (toter Sutruk-Nahhunte, des Kutir-Nahhunte
Vater, toter älterer Bruder, König selbst, und des Silhak-Insusnak", also des Groß-
Gattin, jüngerer Bruder und alle Kinder vaters und seiner beiden Väter, heißt,
in Nrr. 46; 47) die Mutter des Königs, nennt er sich noch „der erwählte (geliebte)
Frau Peiak, genannt ist, noch dazu, wenn Bruder der (Frau) Melir-Nahhunte", aber
die Embleme anderer Frauen (Gattin und die Bauwerke weiht er nur „für mein
Töchter) aufgestellt werden. Trotzdem Leben und das Leben meiner s«to-Brüder".
spielen Mutter und Gattin eine große Rolle Die Genealogie stützt sich hier auf die
nicht nur am Hofe, sondern auch bei der Zugehörigkeit zur Familie des Großvaters
Erbfolge. und zur Familie einer Frau Melir-Nahhun-
§ 11. Huteludus-Insusnak (etwa 1130 v. te. Diese Frau ist keine der Töchter des
Chr.) nennt sich „Sohn (oder geliebter Kutir-Nahhunte und Silhak-Insusnak. An
Sohn) des Kutir-Nahhunte u n d Silhak- sich könnte man diese geliebte Schwester
Insusnak" und baut dann „für mein für bereits verstorben halten, und die Be-
Leben, das Leben meiner Sutu-Brüder, das rufung auf sie wäre mit der auf (den be-
Leben meiner ruhusaks, das Leben meiner reits toten Bruder) Kutir-Nahhunte zu
ruhupaks" (EKI Nr. 60), oder „für mein vergleichen (Nr. 54 § 2 heißt Silhak-
Leben, das Leben der Nahhunte-utu, Insusnak „Sohn des Sutruk-Nahhunte,
meiner amma hastuk, und das Leben meiner geliebter Sproß (ruhu) der (Frau) Peiak,
iwfw-Brüder" (EKI Nr. 65). (Man darf geliebter Bruder des Kutir-Nahhunte");
nicht mit Hinz, ArO XVIII1950, p. 285/6, aber dann müßte der Name dieser Frau
täkkime igi sutu-upeni mit „Leben meiner bei den Emblemen (s. § 9) der Familie
Brüder (und) Schwestern" übersetzen, weil genannt sein, um so mehr, wenn sich der
das grammatisch nicht angeht und weil König in seiner Genealogie gerade auf sie
die folgenden takkime ruhusak-upeni und beruft. Königin-Mutter (hier die amma
takkime ruhupak-upeni [bei Hinz einfach hastuk Nahhunte-utu) und Gattin sind die
„meine Enkel und Enkelinnen"] deutlich zwei entscheidenden Frauen am Hof: war
voneinander getrennt sind, was für Brüder also die Gattin (exogam, aus anderer
228 GESCHWISTEREHE IN ELAM 228
Familie) zur Schwester geworden ? Unter Kurt beginnen, Frauennamen sind: SAL
den vorliegenden Umständen kann der Ku-ri-Hu-um-ba-an DP 22, Nr. 71; 8AL
erwählte (geliebte) Bruder der Melir- Ku-ri-Za-am DP 22, Nr. 73; SXJjKu-ri-
Nahhunte keine vollbürtige Tochter seiner Pa-ap-pa-at DP 22, Nrr. 72 (ohne SAL);
Väter meinen, höchstens die Tochter 75; SAhKu-ri-Ra-ta DP 22, Nr. 162;
irgendeiner Kebse (was hier ganz unwahr- Ku-ri-Ra-al, Tochter von Taribatu DP 22,
scheinlich ist) oder aber eine exogame Nr. 72; Ku-ri-Ra-a, Tochter von Ku-[. . .]
Frau, die er als Schwester zur Gattin DP 22, Nr. 75; ^Ku-ri-ti DP 22, Nr. 84;
aAL
nimmt. Dieses Ergebnis findet Bestätigung Ku-ri-teliju DP 23, Nrr. 227; 229;
und Deckung in noch älteren Zeiten. Die 245; DP 28, Nr. 414; äkJjKu-ri-gi DP 23,
Sutu-Brüder des Königs werden also solche Nr. 289; Ku-ri-äNannar DP 28, Nr. 404
Brüder sein, die dem Recht nach (Sutur (wohl wie die anderen weiblicher Zeuge);
= Recht, Gesetz) es sind, als Brüder der Ku-ri-su-uk-ku DP 23, Nr. 324 (wohl
zur höchsten Stellung gelangten Schwester weiblicher Zeuge); (Ku-ur-si DP 23, Nrr.
Melir-Nahhunte. 259; 277 und Kur-ba-a-ni DP 23, Nr. 286
gehören vielleicht gar nicht zu Ku-ri,
§ 13. Nach VAB 1, p. 180, 3 hatte Dan- könnten auch Männernamen sein). Kuri-
Ruhurater, der Priesterfürst von Susa gugu wäre also die geliebte Schwester des
(etwa 1945 v. Chr.), Mekubi, die Tochter Temtihalki, was auch verständlich macht,
des Priesterfürsten von Asnunak geheira- daß (bisher) nie ein Schwur bei Kurigugu
tet; diese seine „geliebte Gattin" (dam und Temtihalki geleistet wird.
ki-äg) hat selbst der Göttin Innina eine
Weihung dargebracht, sie war zumindest § 15. Hierher gehört wohl auch Temtia-
ebenso selbständig wie die Napir-asu, die gun, der Sukkal von Susa und Sohn der
Gattin des Untas-GAL (s. § 16). Auf jeden Schwester des Sirukduh (etwa 1675 v. Chr.).
Fall ist des Elamiers Gattin exogam. Und Man schwört bei (seinem Vorgesetzten)
dazu ist festzuhalten, daß sein Sohn Kuter-Nahhhunte I. und Temtiagun (DP
Idadu II. ein d u m u bzw. märu des Dan- 22, Nrr. 131; 157; 23, Nrr. 202; 203; 24,
Ruhurater ist, kein d u m u SAL + KU Nrr. 347; 368; 374—378; 382*"; 39 2 ;
oder mär ahätiSu (VAB 1, p. 182, 4). Das 28, Nrr. 408; 426 und p. 10, Nr. 7; vgl.
entspräche einem elamischen Sak Tan- auch EKI Nr. 70 C), bei Lilairtas und
Ruhurater-ri, wie das von seinem älteren Temtiagun (DP 28, Nr. 398), bei Täta und
Sohne Kindatdu bezeugt ist (EKI Nr. 48 a, Temtiagun (DP 23, Nrr. 321; 322; 24,
b § 3). Wir können dann wohl annehmen, Nrr. 383; 391; 28, Nr. 429), bei Atta-
daß die Bezeichnung sak „Sohn" sich hier merrahalki und Temtiagun (DP 24, Nr.
auf eine Heirat des Vaters mit einer 379): danach ist VAB 1, p. 184, Nr. 9 zu
exogamen Frau bezieht. verstehen: „Temtiagun, Sukkal von Susa,
Sohn der Schwester des Sirukduh (mär
§ 14. Zum Fragenkomplex gehört der ahäti-Su Sa [Var. sa] S.) hat für das Leben
sukkal-mah Temtihalki (etwa 1620 v. Chr.), von Kuter-Nahhundi, für das Leben von
dessen Genealogie (VAB x, p. 184, 7 a. b) Lilairtas, für sein Leben, für das Leben
lautet: „Sohn der Schwester des Silhaha von Temtihisahanes, für das Leben von
(mär ahätim Sä S.), geliebter Bruder von Pilki Sa amma haSduk einen Tempel aus
Kurigugu (ahum narämum Sä K.)". Man Backsteinen für die Göttin Ismekarab er-
hat bisher Kurigugu für einen Mann, also baut". Kuter-Nahhundi und Lilairtas
einen älteren Bruder gehalten, obwohl er sind ältere Verwandte (Brüder?), aber
sonst nie genannt wird; aber die Parallele Temtihisahanes steht an jener Stelle, an
mit Huteludus-Insusnak (s. § 12) läßt der sich sonst die Gattin (wie Nahhunte-
annehmen, daß Kurigugu seine Schwester utu) befindet, und Pilki, die amma hasduk,
(und wohl Gattin) war, wie die Melir- stünde im Rang hinter der Gattin (wie es
Nahhunte beim anderen König; ich bin auch von Nahhunte-utu als amma haStuk
nur dadurch auf diese Lösung gekommen, gegenüber Mehr-Nahhunte anzunehmen
weil alle mir bekannten Namen, die mit war).
GESCHWISTEREHE IN ELAM 229
§ 16. Zwei Frauen spielen also in ver- Nr. 326 und bei Sirukduh und Siwepalar-
schiedenen Zeiten stets eine wichtige Rolle. huhpak DP 22, Nrr. 62; 134. An sich
Frau Napir-asu (etwa 1250 v. Chr.) hat könnte Ammahasduk Eigenname sein,
als Gattin des Königs Untas-GAL eine weil es auch die Namen Attahasduk,
eigene Inschrift mit Fluch auf ihrer Bron- Igihasduk, Temtihasduk, Hastutu gibt
zestatue anbringen lassen (EKI Nr. 16; (amma = Mutter, atta = Vater, igt =
die Inschrift ist in der „ich"-Form ge- Bruder, temti = Herr). Wenn nach
halten) ; ähnlich hatte die Gattin des Dan- Sirukduhs Abtreten bei Siwepalarhuhpak
Ruhurater (etwa 1925 v. Chr.) ihre eigene allein geschworen wird (DP 28, Nrr. 396;
Inschrift schreiben und ein Bauwerk er- 397), müßte Ammahasduk (bei der An-
richten lassen. Die politische und recht- nahme, es sei ein Mann, ein Bruder) bald
liche Stellung dieser Frauen scheint eine gestorben sein — wir finden aber doch
recht bedeutende zu sein. Nahhunte-utu offenbar dieselbe Gestalt Ammahasduk
hat nach dem Tode ihres zweiten Gatten auch n e b e n Siwelpalarhuhpak.
den Titel amma hastuk geführt (EKI § 18. Dieser Siwepalarhuhpak (als Sohn
Nr. 65), was mit hasdu „Gründung" zu- der Schwester des Sirukduh DP 28,
sammen annähernd „Gründner-Mutter, Nrr. 396; 397 erwähnt) nennt sich in
Stamm-Mutter" meint; sie hat gemeinsam seiner elamischen Inschrift EKI Nr. 3 den
mit ihrem Gatten viele kultische und ruhusak des Sirukduh und weiht etwas
Weihetaten durchgeführt: „Ich und „für mein Leben, das von Ammahasd[uk]..
Nahhunte-utu" beginnt oft ihr Gatte und das ihrer ( = der Ammahasduk) Nach-
Silhak-Insusnak seine Berichte. kommenschaft"; das entspricht genau
Auf einem Relief des Untas-GAL (RA dem Wortlaute in EKI Nr. 31IV (Kutir-
13, p. 121) werden im zweiten Feld von Nahhunte) und Nr. 35 VI (Silhak-Insus-
links nach rechts abgebildet: [Na]-pir-a- nak): „für mein Leben, das der (Frau)
zu, die Gattin des Königs, dann Untas- Nahhunte-utu und ihrer ( = der Gattin)
GAL selbst, dann eine zweite Frauenge- Nachkommenschaft". Ammahasduk ist
stalt namens Ü-tik (oder [. .]-ü-tik), die hier eine Frau, für die und für deren Kin-
ihrer stärkeren Körperfülle wegen schon der etwas geweiht wird, wie bei Nahhunte-
M. P e z a r d für die Mutter des Königs utu, die beim Sohn ihrer Gatten den
halten wollte. Eine ähnliche Sachlage Titel amma haStuk führt und für deren
kennen wir auch von Untas-GALs Vater Leben dann auch eine Weihung erfolgte.
Humbannumena I., der (EKI Nr. 4 C, In diesem Falle und bei Siwelpalarhuhpak
III—V) „für mein Leben, das Leben der ist also amma hasduk etwas wie die Köni-
(Frau) Misimruh und das Leben der (Frau) ginmutter am Perserhof (etwa Parysatis):
Risap-La" ein Bauwerk errichtete. Eine und jeder wußte, wer das war. Wo aber
dieser Frauen ist sicherlich seine Mutter amma hasduk auftritt, begegnen unaus-
gewesen, denn der König sagt, daß seiner gesetzt ruhusaks.
Mutter wegen ihn die Götter GAL und Es ist nun weiter zu folgern, daß der
Insusinak zum König gemacht haben (und Schwur bei Sirukduh und Ammahasduk
zwar, wie wir ergänzend sagen können, an (DP 24, Nr. 328) einen Schwur beim
Stelle der Söhne seines älteren Vater- Herrscher und seiner hasduk-Mutter meint;
bruders Pahirissan). Misimruh wird wohl das bedeutet aber wieder, daß diese
die Gattin und Risap-La die Mutter, hier Frauengestalt schon mit Silhaha verheira-
die amma haSduk, gewesen sein. tet oder gar des Silhaha Mutter gewesen
§ 17. Wir kommen nochmals auf amma ist, ferner daß des Silhaha ruhusak
haStuk zu sprechen. Sirukduh wird ruhusak Sirukduh, ebenso wie des Sirukduh ruhusak
(und Sohn der Schwester) des Silhaha ge- Siwepalarhuhpak diese Mutter als amma
nannt (etwa 1700 v. Chr.). Man schwört hasduk gehalten, die Kinder dieser Mutter
bei Sirukduh und Ammahasduk DP 24, als ihre eignen anerkannt, wohl adoptiert
Nr. 328, so wie später bei Sirukduh, haben. Der letzte ruhusak des Sirukduh ist
Simutwartaä und Siwepalarhuhpak DP 24, Temtiagun, der für das Leben der Pilki,
230 GESCHWISTEREHE IN ELAM 230
seiner amma hasduk, einen Tempel weiht, und nicht nach Geburt erlangte Ver-
wobei diese amma hasduk an letzter Stelle, wandtschaft ausgedrückt wird.
dem Rang nach hinter der „neuen" Ge- § 20. Nahezu eine Parallele zur Genea-
mahlin-Schwester (s. § 15) angeführt ist. logie des Silhak-Insusnak (§ 19) „Sohn des
Ob nun diese Pilki dieselbe amma hasduk Sutruk-Nahhunte, geliebter ruhu der
wie bei Sirukduh usw. ist oder eine andere, Peiak" ist, wie K o s c h a k e r (ZA XLI,
wird erst entschieden werden, wenn die p. 55, Anm. 2 und 3) zeigte, die Genealogie
endgültige Chronologie der Urkunden des Sirtuh II., der DP 23, Nr. 284 heißt
festgelegt ist; aber daß die amma haSduk „Sohn der Schwester des Kuk-Nasur III.,
den Rang ändert, wenn eine neue Gattin der geliebte Sohn (märu narämu Sa) der
da ist, paßt auch zu Nahhunte-utu und (Frau) Te-[. ..]". Der Akkader gab ein-
Melir-Nahhunte. fach ruhu mit märu „Sohn" wieder. Kuk-
§ 19. Die amma hasduk bei Sirukduh Nasur ist also ein älterer Bruder (Vetter ?)
und Siwepalarhuhpak ist also die Mutter des Sirtuh, den er adoptiert hatte, weil
aller jener Kinder, die als ruhuSak des er von derselben Mutter wie er geboren
Sirukduh und doch auch des Silhaha er- war. Kuk-Nasur selbst bezeichnet sich nur
scheinen: wegen ihrer Zugehörigkeit zu als (fernes) Mitglied der Groß-Familie
dieser Mutter (§ 16 Ende) sind sie vom Silhaha.
jeweils ältesten Bruder als ruhusak adop- § 21. Daß es sich um eine Groß-Familie
tiert worden. Die Mutter war einst die der Silhaha-iden handelt, ist aus den
zur Schwester (dem sutu = Recht nach) akkadischen Urkunden von DP 22, 23, 24,
ernannte exogame Gattin des Gründers. 28 klar geworden, wonach stets mehrere
Das schwer übersetzbare Verhältnis Mitglieder in Susa selbst Besitz und
ruhusak kann der Fremde nicht mit Sohn Richteramt besaßen; es ist auch klar aus
der Gattin des y umschreiben, weil es sich EKI Nr. 70 C, wonach den uns schon be-
um solche Kinder einer Schwester-Gattin kannten Kutir-Nahhunte I. undTemtiagun
handelt, die am Hofe eines ihrer Söhne von einem uns leider unbekannten König
die erbberechtigten sind; elamisch heißt eine ganze Anzahl Ortschaften zugewiesen
das, daß das Kind seiner Mutter (ruhu) wurden, nach einer Bezirkseinteilung für
zum erbberechtigten Sohn (sak) wird. die duhi = (Groß-) Familie, wie sie auch
Elamisch ruhu begegnet in der Genealo- in der großen Stele EKI Nr. 54 Kol. III. IV
gie des Silhak-Insusnak EKI Nr. 54 § 2: vorliegt. Diese Groß-Familie ist an den
„Sohn des Sutruk-Nahhunte, geliebter ruhu Namen Silhaha geknüpft, als deren ruhuSak
der (Frau) Peiak, geliebter Bruder des man sich bezeichnet, so wie man um
Kutir-Nahhunte". Zwischen Vater und 1150—1130 wohl seinen Ahnenschrein
älterem Bruder genannt, kann Peiak nur schmückt (EKI Nr. 54 § 8) oder seinen
die Mutter oder Stamm-Mutter sein. Ähn- Namen als Fluchvollstrecker anruft (EKI
lich heißt der Gott Hutran (im Fluche EKI Nr. 61 C VI).
Nr. 45 § 17) „der geliebte ruhu der (Göt- §22. Zusammenfassend: Eine ständige
tin) Kirissa (und) des Großen Gottes": Tendenz zum Patriarchat mit einem Ah-
der Frauenname zuerst genannt! Also ist nen macht sich gegenüber der Betonung
ruhu Kind = Sproß von der Mutterseite der Abkunft von einer exogamen Gattin-
her. Da nun ruhu-Sak und ruhu-pak aus Schwester geltend; obwohl man bei letzte-
diesem ruhu = Sproß einen Erbsohn (sak) rer verharrt, wird die männliche Li-
und eine Erbtochter (pak) machen, paßt nie (sak — des Vaters Sohn) vorge-
die Etymologie gut zum sachlichen Er- zogen. Es gibt Bruderfolge, die kein ein-
gebnis. Auch sonst sind amma und ruhu faches Levirat sein kann, wohl aber durch
in engstem Wechselverhältnis (EKI Nr. 54 exogame Schwesternschaft innerhalb der
§§ 15. 72) und amma (Mutter), rutu (Gat- Groß-Familie aufgelockert erscheint. Der
tin) und igt (Bruder) haben Sutu neben elamische Ausdruck für „Schwester" selbst
sich (EKI Nrr. 45 §23; 76 §§ 3-T, 60; dürfte Suru gewesen sein, das auch in
62; 64; 65), womit stets die nach Recht Suru nikame „unsere Geschwisterschaft",
GESCHWISTEREHE IN HATTI —GESCHWULST, GESCHWÜR
und bald danach eine tiefe Höhlung ent- treten. Sie werden entweder als primäres
steht, wenn deren Inneres gefüllt ist mit Phänomen oder als eine Entwicklungser-
Knötchen (malü) und wenn diese Knöt- scheinung innerhalb einer Krankheit an-
chen an die Oberfläche [steigen . . . und gesehen (Küchler XIV, Z. 8—10: Auf-
wenn das Geschwür] eitert"). Der zweite treten am 4. Tag und veischiedene Diagno-
ist vielleicht der kalte, tuberkulöse Abszeß sen je nach der Färbung). Um sie zum
(„Wenn die Krankheit 'herauskommt', Verschwinden zu bringen (bullü), werden
wenn es schmerzlos ist, die Hautober- Umschläge (besonders mit Kamille und
fläche in Ordnung ist, wenn der Eiter, „Sediment" in Rosenwasser), blutreini-
sobald du einen Einschnitt machst, hervor- gende Arzneien und Waschungen ver-
spritzt und weiterläuft . . . " ) . In beiden schrieben.
Fällen kann der Knochen angegriffen sein. um$atu „Bläschen (?)": meistens nicht
Die Behandlung umfaßt Einschnitt mit näher lokalisiert (MT S. 17, 5, Z. 1; 40, 5,
dem Operationsmesser, Auskratzen des Z. 5; KAR Nr. 157, Rs. Z. 10, 25; 201,
Knochens, Reinigung des Abszesses, Auf- Z. 42 usw.)., aber auch an der Öffnung des
tragen verschiedener Substanzen und An- Penis (Holma, NKT, S. 96) oder an der
legen von Verbänden. Andere Erwähnun- Brustwarze der schwangeren Frau (weiß,
gen von Abszessen: Unterhalb des Ohres rot oder schwarz, TDP, S. 202, Z. 33—35)
in einem Mari-Brief (Contenau Medecine, auftretend. Um sie zu entfernen (nasähu,
S. 40), in der Nähe des Auges in ABL quttupu), wendete man Massagen und
Nr. 392, Z. 8 ff. usw. Arzneimittel an (siehe besonders MT
Es kommt vor, daß der Ausbruch einer 5. 17, 5, Z. 1—10).
Hautkrankheit einfach durch die Worte: SiSitu „Blasen, Bläschen": sie können
„Die Krankheit kommt heraus" (MT S. 9, die Lippen und das Innere des Mundes
3, Z. 1; 70, Z. 1, 3, 7 usw.; 80, Z. 5, II, bedecken (TDP S. 72, Z. 8; 74, Z. 29);
Z. 2; 52, Z. 3,12 usw.) oder mursi „Krank- sowie an den Augen (MT S. 13, 7, Z. 3;
heiten" ausgedrückt wird (MT S. 74, Z. 1, K ü c h l e r XIX, Z. 12, 15 (?), und über
II, Z. 24, 25; K ü c h l e r VI, Z. 21; KAR der Pupille des Auges erscheinen (MT S. 8,
Nr. 192, Z. 50 usw.). Am häufigsten wird 6, Z. 5).
sie jedoch durch die Weise, in der sie die ziqtu „Stiche, Pickel (?)": eine drei-
Haut in Mitleidenschaft zieht, oder durch fache Symptomenreihe wird gegeben
die Art der Schmerzen, die sie hervorruft mit der Schlußbemerkung „ziqtu ist der
(Brennen, Jucken usw.) definiert. Man Name dieser Krankheit" in MT S. 30, 2,
kann unterscheiden: Z. 9—12. Der Text ist schlecht erhalten,
bubu'tu (U4-BU-BU-UL) „Pusteln" (siehe aber man erkennt, daß der Ausschlag
TDP S. 29, Anm. 51), sie können als klein, rot, klein und schmerzhaft ist. Er kann
winzig (MT S. 61, Z. 1, 6, 10) näher ge- nach TDP S. 76, Z. 51, das Gesicht
kennzeichnet sein, oder sie werden cha- bedecken. Inhaltlich verwandt ist viel-
rakterisiert durch ihre Farbe (diese wird leicht der Ausdruck merestu „Pflanzung",
häufig mit der „Hand" einer Gottheit, der in TDP S. 172, Z. 29 ein ganzes „Beet"
Sin, Samas, Istar, in Verbindung ge- von Hautflecken zu bezeichnen scheint.
bracht): schwarz, weiß, rot oder gelb birdu ?: erscheint auf dem Gesicht
(Küchler XIV, Z. 8—10; MT S. 92, Z. 4, (TDP S. 76, Z. 50), auf dem Körper einer
Rs. 8, 9; TDP S. 28, Z. 91—95; 74, Gebärenden (KAR Nr. 195, Rs. Z. 28: eine
Z. 47—49). Sie können überall verbreitet Ubersetzung „Streifen" scheint ausge-
sein (vom Kopf bis zu den Füßen KAR schlossen).
Nr. 211, Z. 19; am ganzen Körper MT siriptu, Erythem (?), Brandnarbe, AGM
S. 7, Z. 4, 19; 42, 3, Z. 2; 78, 7, Z. 4, 8), XIII, S. 135: entstellt das Fleisch (TDP
oder lokalisiert (im Gesicht TDP, S. 74, S. 86, Z. 52; CT XXIII, pl. 3, Z. 10).
Z. 47—49, im Mund und auf den Lippen erimu, erimmu scheint ein Hautaus-
ib S. 64, Z. 43, am Penis AJSL XXXVI, schlag zu sein; nicht lokalisiert (MT S. 16,
S. 83, Z. 102; MT S. 61, Z. 1, 6, 10) auf- Z. 6 [ + 18, Z. 8], 4; vgl. PRSM XIX,
Q
(* yaor-isa )
GESCHWULST, GESELLSCHAFT 233,
S. 51, Nr. 3); an den Hoden (Assyrisches KUB IV, Nr. 49, III, Z.4; RA XXVI
Gesetz § 8); am Nacken und an der Brust S. 51, Anm. 1; PES-GIG, Anhäufung von
(? erimmäti TDP S. 82, Z. 17). Knötchen ähnlich dem Laich von Fi-
Nach dem Ausdruck siggäti sa kussi schen (?), KAR Nr. 191, Z. 14; 202, Z. 44,
„s. hervorgerufen durch die Kälte" = 48; und besonders kuräru (MT S. 23, Z. 4;
Frostbeulen, Erfrierungen (?), MT S. 32, 5, 5, Z. 2, 5; 65, 5, Z. 9, 20; KAR Nr. 202,
5, Z. 13, kann man für siggätu die allge- Z. 49), kurastu, gurastu (MT S. 17, Z. i,
meine Bedeutung „Geschwür, Hautkrank- II, Z. 4; CT XIX, pl. 36 (81—2—4, 267),
heit" ableiten; vgl. MT S. 32, 5, Z. 4—15; 13), was ein Eitergrind oder Ekzem sein
51, 4, Z. 7; 93, 1 Rs.; KAR Nr. 192 III, könnte. Von der Lepra, saharsubbü, die
Z. 43, 45, wo die Umschläge beschrieben häufig in den Verwünschungen der Ku-
sind, die zur Heilung (bullutu) oder zur durrus und mitunter in den Hemerologien
Linderung des Schmerzes (supsuhu) führen erwähnt wird, ist in den medizinischen
sollen. Texten anscheinend nirgends die Rede.
Der Name einer anderen Hautkrank- R . C. T h o m p s o n Assyrian prescriptions
heit, pendü, erinnert an „Feuerstein" oder for ulcers or similar affections, J S O R X V
„Kohlenglut" (DACG S. 89). Sie zeigt sich (1931), S. 52—59; P R S M X V I I (1924) S. 2ff.,
X I X (1926), S. 49—51; J R A S 1929, S. 801;
am Kopf (CT XXVII, pl. 18, Z. 9) oder R A X X V I I (1930), S. 131—32.
am Penis (MT S. 22, 1, Z. 17) und könnte Ren6 L a b a t .
eine Art Flechte sein. MT S. 84, 4, Rs. III,
Z. 9 erwähnt „eine weiße pendü, die man Gesellschaft. [A. Mesopotamien."] N. B.
gardbu nennt". Das Leiden garabu ist mit Die Sozialstruktur Mesopotamiens ist bis7'
der Krätze (MAOG XI, 1/2, S. 20) gleich- her nur in wenigen Einzelpunkten Gegep*?
gesetzt worden, sie wird einem Sandinsekt stand der Forschung gewesen. Größere
{Fauna S. 39) zugeschrieben, befällt auch Untersuchungen zum Wandel der geselK
das Kleinvieh (Fauna S. 40; JNES IV/3, schaftlichen Ordnung im Verlauf der Ge-
S. 158, Z. 45), und man schützt sich vor schichte Sumers, Babyloniens und Assy-
ihr mit Hilfe eines magischen Steines (ZA riens fehlen bisher völlig. Es war deshalb
XXVIII, S. 291, Z. 1). den Herausgebern nicht möglich, Bear-
Die gleiche Bedeutung ist für den Aus- beiter für dieses Stichwort zu finden. Ein
druck eqqetu vorgeschlagen worden, dessen kurzer Überblick über die wichtigsten
Etymologie an Kratzen und dessen Ideo- Erscheinungen der gesellschaftlichen Or-
gramm SA-KÜ-E an Jucken erinnert ganisation und einige Literaturangaben
(Bauer, II, S. 2, IV, 38; T h o m p - müssen deshalb an dieser Stelle genügen.
son, PRSM XVII, S. 2, Anm. 5). Dieses Genaueres s. unter den einzelnen Begriffen.
Leiden befällt jedoch hauptsächlich den § 1. Die M e n s c h e n k l a s s e n sind in der
Kopf (MT S. 1, 2, Z. 8; KAR Nr. 202, II, babylonischen Überlieferung zusammen-
Z. 3, 5; siehe außerdem MT S. 26,1, Z. 17; gefaßt in einer lexikalischen Serie von vier
CT IV, pl. 3, Z. 13). Es wird häufig in Tafeln, die nach der Anfangszeile von Tf. I
Verbindung mit reSütu erwähnt, dessen als lü — amelu bezeichnet wird. Sie be-
Ideogramm SA-DUBBIN-AG-AG ist (CT handelt in Tf. I und II der kanonischen
IV, pl. 3, Z. 12; XIX, pl. 49, Z. 6). Das Fassung Beamten- und Berufsnamen,
Gesicht kann davon bedeckt sein (TDP Tf. III Verwandtschaft und Gesinde, Tf.
S. 76, Z. 52): das Leiden tritt vielleicht IV Priester(innen) und weitere Berufe.
in juckenden Hautflechten oder mit ähn- Die Texte (s. allgemein B.Landsberger,
lichen Beschwerden auf. ZA 41 [1933] 184—192):
In Verbindung mit dem Kopf werden Tf. I = BAW 1, 76—86.
in gleicher Art andere Hautkrankheiten Tf. II = CT 19, 23f.; KAV 28.
zitiert: ra'Mnu (Kopflepra?, BuA II,S.296 Tf. III = RA 14 (1917) 83—86 + CT
und Anm. 7), CT IV, pl. 3, Z. 16; KAR 19, 40b + RA 17, 169b + 170 (K.
Nr. 202,1, Z. 26,31. sämänu „rote Flecken" 11221) + Sm. 2014 (unpubl.); RA 17,
(Hitzeblattern) MT S. 1, 2, Z. 10, 12; 187a. Tf. IV = MAOG 13/2, 37—50.
Reallexikon der Assyriologie III 16
234 GESELLSCHAFT
Excerpt I = CT 19, 26—27 (K. 2037) + Eine generelle, nicht typologische Benen-
K. 14057 (unpubl.); CT 19, 10a; V R nung war sum. n u n , akkad. rubüm„Fürst''.
40 Nr. 3; SplAW 24 (Rm. 2. 26). Schon in frühdynastischer Zeit wurde
Excerpt II = CT 19,27 a; 41a + CT 18, die Regierungsform der Tempelstadt ab-
47 b; SplAW 22 (Rm. 345). gelöst durch die absolute Monarchie, die
Altbab. lü (Zählung nach CAD, versch. für alle Zeit die einzig denkbare Staats-
Stücke noch unpubliziert): 1 = SLT 4; form im alten Vorderasien blieb. Sie hatte
UM 5,147. — 4 = UM 5,146. — 7 = SLT ihre Entsprechung in der ebenfalls mon-
1. — 8 = UM 5, 145. — 11 = UM 5, 144. archischen Gliederung des Pantheons.
— 12 = SLT 7. — 13 = BE 20, 23 Vs. Zur Stellung des Königs im Kult usw.
Appendix: CT 37, 24L; KBo. 1, 39. s. König*, Krönung*, Opfer* (Ersatzopfer,
Vorläufer: HSS 10, 222; SLT 101—105, Sar fuhi), Vergöttlichung*.
107,108, i n , 238, 240; UM 11/3, 68; RS 9 Sehr wenig wissen wir über die Stellung
(Syria 13 [1932] 234). der Königin* (sum. nin „Herrin", akk.
Berufsnamen sind außerdem in HAR.ra Sarratum, beltum). Sie trat in älterer Zeit
— hubullu Tf. 23 (V R 32 Nr. 3) und in nur wenig in Erscheinung (s. Abisimti*,
der neuass. Liste Bab. 7 (1913) pl. V—VI Aslultum*, Beltani* [Bd. 1, 482], Nintur*,
aufgeführt. Vgl. ferner i g i - d u h - a — Nugig*, Pu'abi*, Rim-Sin-ilum-sa-lamas-
tämartu short version Z. 177 ff. (AfO 18 tasu*, Simat-Istar*). Lebte sie in Assyrien
[1957/8] 83f.) und STT 382-385. meist im Harem* verborgen, so hat sie
Verwandtschaftsbezeichnungen u. a. ver- doch zur Zeit der Sargoniden einen bedeu-
zeichnet auch die große Synonymenliste tenden Einfluß ausgeübt. Sie besaß einen
malku — Sarru Tf. I (A .Draffkorn Kilmer, eigenen Hofstaat, eigene Residenz und ge-
JAOS 83 [1963] 421—446). wisse kultische Funktionen und nahm in
§2. Der S t a a t hatte in frühgeschicht- einigen Fällen tatkräftig Einfluß auf die
licher Zeit die Struktur des Stadtstaates Nachfolgeregelung beim Thronwechsel
mit streng zentralistischem Aufbau. Die (s. Sammuramät*, Naqi'ä*, auch Adad-
Gottheit war Eigentümer der Besitztümer, guppi*). Allerdings erreichte sie wohl nie
ihr Tempel war das Zentrum der Verwal- eine so bedeutsame Stellung wie die ta-
tung und Regierung. Die Produkte der wananna in Hatti (s. Gesellschaft bei den
Landwirtschaft und des Gewerbes gingen Hethitern § 2).
hier ein und wurden zentral wieder an die Ebenfalls erst in jüngerer Zeit scheint
Einwohner verteilt. der Kronprinz*, zuweilen als Mitregent,
Der Tempel, bald wohl auch der Palast, auch politisch eine Rolle gespielt zu haben.
war Sitz des von der Gottheit eingesetzten Zum Hofstaat* s. auch Beamter* (Bd. 1,
Vertreters in der menschlichen Gemein- 441—467).
schaft. Sein Titel war sum. l u g a l , akkad. Wahrscheinlich nur beratende Funktion
Sarrum „König*", zuweilen wohl auch — in organisatorischen Fragen der Verwal-
zur Unterscheidung von geringeren Für- tung hatte in frühsumerischer Zeit in ein-
sten — „Großkönig*" (Sarrurabü). In Uruk zelnen Stadtstaaten die Versammlung
war anstelle dessen in frühsumerischer Zeit (sum. u n k e n , akkad. fiuhrum) der Alte-
der Titel en „Herr" gebräuchlich, der an sten (ab.ba) oder der jungen Männer
anderen Orten einem Priester* (akkad. (gurus), doch ist ihre Funktion, auf die
enu) oder einer Priesterin* (akkad. entu) nur aus der späteren epischen Tradition
vorbehalten war. Einem begrenzteren Rückschlüsse möglich sind, noch nicht in
Herrschaftsbereich stand ein Stadtfürst* allen Punkten klar.
(sum. ensi) vor. Dieser Titel (akkad. is- A. Schneider, Die Anfänge der Kulturwirt-
Siakkum, iSSakku) bezeichnet in der Ur III- schaft: Die sumerische Tempelstadt (1920);
Zeit nur mehr einen Statthalter des Königs A. Falkenstein, La Cite-Temple Sum6rienne,
oder kleinere ausländische Fürsten, er sinkt CHM 1 (1954) 784—814; F. R. Kraus, La
Röle des Temples depuis la Troisieme Dy-
in altbabylonischer Zeit bis zur Kennzeich- nastie d'Ur jusqu' ä la Premiere Dynastie de
nung des mit Land belehnten Kolonen* ab. Babylone, 1. c. 522—536; Th. Jacobsen,
GESELLSCHAFT 235
Primitive Democracy in Ancient Mesopo- bekannt (Entwicklung von Groß- und
t a m i a J N E S 2 (1943) 159—172; E a r l y Po-
litical Development in Mesopotamia, ZA 52
Kleinbürgertum, Bankhäuser, Verhältnis
(1957) 9 1 — 1 4 0 ; s. auch G. Evans, J A O S der freien zu abhängigen Bauern usw.).
78 (1958) 1—11, 148 f.; A. L . Oppenheim, A. Walther, Das altbabylonische Gerichts-
OrNS 5 (1936) 159—172; Russische Literatur wesen, LSS 6 / 4 — 6 (1917); F . R. Kraus, SD 5
s. A. L. Oppenheim, Ancient Mesopotamia (1958) 144—155. — Schreiber: A. Falkenstein,
(1964) 3 8 3 ! — C. J . Gadd, Ideas of Divine Der ,Sohn des Tafelhauses', W O 1 (1947/52)
Rule in t h e Ancient E a s t (1948); W. W. Hallo, 172—186; Die babyl. Schule, Saeculum 4
E a r l y Mesopotamian Royal Titles, AOS 43 ( r 953) I 2 5 — 1 3 7 ; C. J . Gadd, Teachers a n d
( I 957)l R. L a b a t , Le Caractere Religieux de Students in t h e Oldest Schools (1956); Frag-
la R o y a u t e Assyro-babylonienne (1939). — m e n t s of Assyrian Scholastic Literature,
E. Weidner, Hof- und Haremserlasse assy- BSOAS 20 (1957) 255—265; S. N. Kramer,
rischer Könige, AfO 17 (1956) 257 bis 293; Schooldays, J A O S 69 (1949) 199—215. —
H. Donner, Festschrift J . Friedrich (1959) Handwerk, Gilden: J. Mendelsohn, Gilds in
105—145. (Stellung der Königin). Babylonia and Assyria, J A O S 60 (1940) 68ff. ;
M. San Nicolö, Der neubabyl. Lehrvertrag . . .
§ 3. E r b l i c h e n Adel gab es in Sumer SBMünchen 1950/3; H . Limet, Le Travail du
nicht und er war wohl auch den Semiten M£tal au P a y s de Sumer (i960). — Kauf-
m a n n : W . F. Leemans, The Old Babylonian
fremd, wenn sich auch seit der Akkad-Zeit Merchant, SD 3 (1950); Foreign Trade in t h e
mit Ausbildung des Privateigentums (s. Old Babylonian Period, SD 6 (i960); A. L.
Manistusu*) , Klassen' in der Bevölkerung Oppenheim, The Seafaring Merchants of
gebildet hatten. Dagegen gab es offenbar Ur, J A O S 74 (1954) 6—17; P- Garelli, Les
Assyriens en Cappadoce (1963); J . Lewy,
eine Adelsschicht bei Fremdvölkern wie den Aspects of Commercial Life in Assyria and
Kassiten* und — hier vor allem in den Ur- Asia Minor, J A O S 78 (1958) 89—101; G.
kunden von Nuzi* und Alalah* nachweis- Cardascia, Les Archives des Murasü (1951);
S. Weingort, Das H a u s Egibi . . . (Diss.
bar — den Hurritern* (s. marjannu*). In 1939); A. U n g n a d , A f O 14 (1941/4) 57—64; O.
der Folgezeit spielte in Babylonien und K r ü c k m a n n , Babyl. Rechts- u n d Verwaltungs-
Assyrien die höhere Beamtenschaft zeit- u r k u n d e n aus d. Zeit Alexanders . . . (Diss.
weise eine Rolle, die der des Adels ver- I93I)-
gleichbar war.
§5. Im Codex H a m m u r a b i ist für die
H . Lewy, The Nuzi Feudal System, OrNS
11 (1942) 1 — 4 0 , 2 0 9 — 2 5 0 , 2 9 7 — 3 4 9 ; R . T.
altbab. Zeit ein Stand bezeugt, der zwischen
O'Callaghan, A r a m Naharaim, AnOr. 26 dem der Vollfreien und dem der Sklaven
(1948); A. Alt, Bemerkungen zu den Ver- stand. Seine akkad. Bezeichnung ist mus-
waltungs- u n d Rechtsurkunden von Ugarit kenum, sum. m a s k a ' e n , masda. Die ge-
u n d A l a l a c h , W O 2 (1954/9) 7—18, 234—243, naue Stellung dieses Standes im Sozial-
338—342-
gefüge, die übrigens schon in altbab. Zeit
§ 4. Bürger. Eine breite Schicht der Be- unsicher war und offenbar ein vor allem
völkerung bildeten die Bürger (seit der alt- juristischer Anachronismus, ist noch nicht
bab. Zeit awilum, amelu). Aus dieser Schicht sicher geklärt. Inwieweit freie Bürger durch
rekrutierten sich die Beamten*, die Schrei- Schuldknechtschaft o. ä. in den Stand von
ber*, ein großer Teil der Priesterschaft*. Zu Halbfreien auch später noch kamen, ist
ihnen gehörten sowohl die selbständigen noch nicht überschaubar. Das mittelassyr.
Handwerker* wie auch die Kaufleute (s. Gesetz kennt eine Frau, die ihre Kinder
Kaufmann*), die Fischer* (s. Bd. 3,68—70) „nicht groß werden läßt" (lä murabbitu),
und die Bauern*, die auch vor der Einfüh- d. h. wohl zu verkaufen pflegt. Dies wäre
rung des Berufsheeres den größten Teil des ein Fall besonderer sozialer Erniedrigung
Kontingents im Heer* stellten. Über die in aktueller Notlage.
soziale Stellung des Bürgers in altbab. und E. A. Speiser, The muskenum, OrNS 27
mittelassyr. Zeit unterrichten besonders (1958) 1 9 — 2 8 ; F . R. Kraus, SD 5 (1958)
gut die Korpora der Gesetze*. Einzelheiten 144—155; W. von Soden, muskenum, u n d die
Mawäli des f r ü h e n Islam, ZA 56 (1964)
für manche Berufszweige sind bereits un- 133—141; AssLaws 420 § 51, s. S. 492.
tersucht (Kaufleute und ihre Korporatio-
nen [kärurn, s. Handelskolonie*], Gilden § 6. Sklaven* und S k l a v i n n e n waren
der Handwerker), vieles bleibt noch un- wohl schon von Anfang an die niedrigste
236 GESELLSCHAFT
soziale Schicht Babyloniens, als Tempel- die Söhne mit ihren Familien im Hause des
sklaven, Sklaven am Hofe oder im Hause Vaters verblieben. Töchter gehörten nach
des Bürgers. Sie waren in der Gesamtbe- der Heirat zur Familie ihres Mannes.
völkerung aber sicher stets eine Minderheit Einzelheiten s. Familie* (Bd. 3, 9—15),
und durch eine Sklavenmarke (besondere Gesetze*.
Haartracht abbuttum oder Stempel am P. Koschaker, Fratriarchat, Hausgemein-
Handgelenk) gekennzeichnet. Als Sklaven schaft und Mutterrecht in Keilschriftrechten,
dienten Personen, die als Kriegsgefangene* ZA 41 (1933) 1—89; L. A. Lipin, The Assyrian
oder Beute von Kriegszügen ins Land ge- F a m i l y in t h e Second Half of t h e Second
Millennium, CHM 3 (1961) 628—645.
kommen waren, die durch Kinderverkauf*, W. Röllig
durch Selbstverknechtung*, durch Schuld-
knechtschaft* oder schließlich durch Ge- B. Bei den Hethitern. § 1. Die so-
burt in diesen Stand gekommen waren. ziale O r g a n i s a t i o n des Hethiterreichs
Durch Freilassung und Freikaufung konnte muß aus dem historischen Schicksal einer
der Sklave wieder zum freien Bürger wer- ethnisch und kulturell heterogenen Völker-
den. Sklaven wurden als Ware gehandelt. gemeinschaft verstanden werden; sie ist
Sie dienten in den verschiedenen Haus- das Ergebnis ethnischer Überschichtungen
halten, in Handwerksbetrieben und in der sowie kultureller Mischungen und Entleh-
Landwirtschaft zur Verrichtung der täg- nungen (s. Hethiter*, Völker und Ge-
lichen Arbeit. schichte), deren Einzelheiten noch der Un-
I. Mendelsohn, Slavery in t h e Ancient tersuchung bedürfen. Angesichts der zwi-
Near E a s t (1949); Free Artisans a n d Slaves schen dem Alten und Neuen Reich un-
in Mesopotamia, BASOR 89 (1943) 25—29; gleichmäßig verteilten Quellen (s. Gesetze*,
On Slavery in Alalakh, I E J 5 (1955) 65ff.; Instruktionen*, Telipinu-Erlaß*, Ver-
A. Saarisalo, New K i r k u k Documents Re-
lating t o Slaves, StOr. 5/3 (1934); B. J . träge*) läßt sich keine Entwicklungsge-
Siegel, Slavery Düring t h e Third D y n a s t y of schichte der hethitischen G. als Ganzes
Ur, American Anthropologist NS 49/1 p a r t 2 geben. Lediglich einige Staatsinstitutionen
(1947)- (s. Königtum*, Lehenswesen*, Staat*)
§7. N o m a d e n . Eine beständige Be- lassen sich vom Alten bis ins Neue Reich
drohung für die fest gefügte Ordnung und verfolgen. Über die ständische Schichtung
das Sozialsystem des Fruchtlandes stellten des Volkes, d. h. der Stadtbürger, niederen
die Nomaden* dar, die in unregelmäßigen Lehensträger, Kaufleute, Bauern, Hand-
Abständen und mit unterschiedlicher Ge- werker und anderer sozial Abhängiger
walt aus der Wüste in das bebaute Land machen allein die Texte des Alten Reichs,
hineindrängten. Bedeutsam sind vor allem insbesondere die Gesetze, leidlich deutliche
die Stämme der Hanäer*, der Mär-Ja- Aussagen, deren Gültigkeit auch in jün-
mina*, der Sutäer*, der MAR.TU*-Be- gerer Zeit nur gelegentlich erweisbar ist.
duinen, die Habiru* und die Aramu*. Mit den aufgeführten Ausnahmen läßt sich
daher die hethitische G. nur in ihrem Auf-
J . - R . Kupper, Les Nomades en Mesopo-
tamie au T e m p s des Rois de Mari (1957) • bau, nicht aber in ihrer Entwicklung dar-
O. Edzard, Z Z B passim; J . Bottero, Le stellen. Für das Verständnis der ethno-
Probleme des H a b i r u (1954); M. Greenberg, soziologischen Grundlagen des Hethiter-
T h e f J a b / p i r u , ~ A O S 39 (1955); R - Borger, reichs könnte von Belang sein (vgl. all-
Das Problem der 'apiru (Habiru), Z D P V 74
(1958) 121-—132; I. J . Gelb, T h e Early gemein R. Thurnwald, Die menschliche
History of t h e W e s t Semitic Peoples, JCS 15 Gesellschaft Bd. IV), daß die indogerma-
(1961) 27—47. nischen Hethiter, die nach Ausweis be-
wahrter religiöser Vorstellungen von Vieh
§ 8. F a m i l i e . Die kleinste Einheit des und Weiden im Jenseits ursprünglich ein
Sozialgefüges war die Familie* mit dem Hirtenvolk gewesen zu sein scheinen (H.
Vater als Famiüenvorstand, der einen Otten, HTR i39f.), auf die bodenbebau-
(selten auch zwei) Ehefrau und den Kin- ende Stadtstaatenkultur Zentralanatoliens
dern (natürlichen oder adoptierten). Zu- trafen. Möglicherweise erklärt sich von
weilen bildete sich eine Großfamilie, indem
GESELLSCHAFT 237
daher, daß die heth. G., seitdem sie im einander scheinen sich als Geschwister
Alten Reich greifbar wird, auf dem von „Familie" (Mħ) für Vollgeschwister
Lehenswesen beruht und ständisch ge- und „von (allein väterlichem) Samen"
gliedert ist. (NUMUN) bezeichnet zu haben (F. Som-
Eine rohe Gliederung der heth. G. bieten mer, AU 137). Da zu Lebzeiten eines
einige Ritualtexte in Gestalt einer zu magi- Königs neben seinen eigenen Frauen
schen Zwecken zusammengestellten „Stän- und Kindern auch noch Nachkommen
deliste", die freilich nicht nur soziologisch seines Vorgängers existiert haben können,
betrachtet werden kann. Aufgezählt wer- bilden alle „Abkömmlinge des Königtums"
den: Hochadel {pankuS, s. § 3), Hofbeamte, (NUMUN LUGAL-C/rr/ AfO Beih. 10
Haremsdamen, Priesterklassen, Militär, [1957] 23, § 3), zu denen noch (ggf. ein-
Gerichtsinstanzen(?) u. a., dem Hochadel heiratende) Schwiegersöhne und Ver-
Versippte, Lulahhi und Ha-piri* (zu sozia- schwägerte treten (0. c. 10 § 7), einen
len Klassen gewordene fremdvölkische beachtlichen Clan, „die große Familie"
Söldner), ferner — das von den höchsten (salli hassätar), eine Bezeichnung, die nicht
zu den niedersten Schichten der G. hinab- auf die Quantität zielt, sondern das Königs-
steigende Schema unterbrechend — Toten- haus über andere Familien hinaushebt.
geister und Lebendige, Satte und Un- Der Hofstaat* (Beamter*, Suppl.) des
gespeiste (vgl. § 10), schließlich Sklaven Großkönigs — und Entsprechendes dürfte
und Sarikuwa-Leute (niedere Klasse, für die Höfe von Vasallenherrschern
„Häusler[ ?]") (KUB 9,4 IV1—15; KUB 9, gelten, soweit in deren Territorien nicht
34 IV 8—17, s. H. Bossert, Asia ioif.). andersartige soziale Ordnungen bestehen
§ 2. Oberhaupt des Staates und der G. — ist insofern ein getreues Abbild der
ist der König* (s. d.). Sein Amt ist sowohl ganzen Gesellschaft, als ihm Mitglieder
sakraler (als Statthalter der Gottheit und aller Stände, Ränge, Ämter und Gewerke
oberster Priester) wie rechtlich-politischer angehören.
(als oberster Lehensherr und höchster § 3. Der dem Großkönig zunächst ste-
Richter) Art. Neben ihm steht, in kulti- hende hohe Adel umfaßt Unterkönige
schen und politischen Angelegenheiten oder Provinzialherrscher mit anderen Ti-
weitgehend selbständig, die Königin (ta- teln („Priester", s. A. Goetze, Kizzuwatna
wananna); sie ist die legitime (sakuwassara-) 12 ff.) sowie Großwürdenträger des Reichs
Gattin des regierenden oder zuletzt ver- (Listen solcher Würdenträger s. E. La-
storbenen Königs, deren Würde sich un- roche, RHA 48 [1947/48] 40ff.). Die Bin-
abhängig von der des Königs vererbt. In dung des Hochadels an den König ist so-
der Stellung der Königin scheinen matri- wohl natürlich wie rechtlich fundiert. In
archale Züge vielleicht protohattischer die höchsten Ämter werden bevorzugt
Herkunft innerhalb der sonst vaterrecht- Angehörige der Dynastie (Prinzen) ein-
lichen G. bewahrt (vgl. noch die genealo- gesetzt, und umgekehrt verknüpft man
gische Angabe „der tawananna Bruder- gern die Herrscher von Vasallenstaaten
sohn" MDOG 91 [1958] 78). Der König durch Heiratsbande mit dem hethitischen
unterhält außerdem Nebenehen. Die „Frau- Königshaus (z. B. KUB 23, 1 II iff.). Die
en des Palastes" (Hukk. § 31; AfO Beih. großen Amts- und Lehensträger, seien sie
10 [1957] 16, § 32 mit Korrektur AfO der Dynastie verwandt oder nicht, haben
18, 388f.) sind nach Rängen eingestuft: ebenso wie die niederen Amtsträger dem
zuerst rangiert die ESERTU, dann die König und seinem designierten Nachfolger
NAPTARTU und zuletzt die unfreie einen sakral sanktionierten Treueid zu lei-
Beischläferin (SAL.SUHUR.LAL). Der sten (z. B. K1F 1, 166f., Z. 13 ff.; s. auch
Rang einer Frau bestimmt den ihrer Eid*). Eine gewisse Bevorzugung der fa-
Kinder, so daß die königliche Nach- miliären Bindung gegenüber der politisch-
kommenschaft nach „von der Königin rechtlichen ist deutlich; auch die familien-
Geborenen" und Kindern von Neben- rechtlicheDefinition paritätischer Vertrags-
frauen eingeteilt wird. Die Kinder unter- verhältnisse des Hethiterreichs zu Groß-
238 GESELLSCHAFT
mächten wie Ägypten und Babylonien als „Herr" (EN = ishaS) ist Anrede an
„Bruderschaft" in Verbindung mit diplo- Höherstehende, auch an den König (Goet-
matischen Ehen (z. B. E. Laroche, Uga- ze, AM 70 Z. 29f.; KUB 13, 9 I 6) und an
ritica 3, 98ff.; E. Edel, JK1F 2 [1953] 263 einen jeden Gott, daneben aber der Titel
mit Literatur) weist in die Richtung. für hohe Amtsträger, die der Großkönig
Eine eindeutige hethitische Bezeich- eingesetzt hat. Die Rangklasse der
nung, die den hohen Adel zusammenfaßt, „Herren" umfaßt königliche Statthalter
existiert nicht. Vielleicht kann in der Ter- (aurijas ishas, AfO Beih. 10, 41 ff.) in
minologie des Alten Reichs fiankus „Ge- Provinzen, die keine Erblehen sind, und
samtheit" (falls nicht mit A. Goetze = die Generalität, die „Herren (des Heer-
alle dem Kriegshandwerk obliegenden lagers)". Die Amtsbezeichnung „Herr"
Adligen) dafürgelten. Der pankus ist wenig- gibt lediglich einen Hinweis auf den
stens im Alten Reich eine Institution ge- hohen Rang ihres Trägers, nicht aber auf
wesen, die der königlichen Gerichtsbarkeit dessen Funktionen, zu denen allgemeine
teilweise entzogen und besonders privile- und spezielle Aufgaben der Verwaltung,
giert gewesen ist (s. Telipinu-Erlaß*). Eine Rechtsprechung und Kriegführung ge-
ähnliche rechtliche Sonderstellung scheint hören können. Ob auch der niedere Adel,
sich der höhere Adel des Neuen Reichs be- der mit seinen Dienern zur Heerfolge
wahrt zu haben (vgl. etwa die kgl. Anklage- verpflichtet war, zur Rangklasse der Her-
schrift gegen den ungetreuen Vasallen ren zählte (so A. Goetze, Kleinasien2104),
Madduwatta* ohne Endurteil oder die muß zweifelhaft bleiben.
weitgehende Indemnitätsklausel KUB 26, Unter den „Herren" stehen Amtsträger,
43 Vs. 60 ff. und s. noch A. Goetze, Klein- die ebenfalls zivile und militärische Auf-
asien2 101). Als Korporation des höchsten gaben erfüllen: die „Würdenträger" ( l C l
Adels im Neuen Reich ist wohl die feier- MES
D U G U D , OrNS 25 [1956] 209 ff.). Im
liche Versammlung der „Großen (LÜ.MES Alten Reich scheint sich ihre Stellung von
GAL) des Königs" (KBo. 1, 5 I 42) auf- der der „Herren" des Neuen Reichs kaum
zufassen. unterschieden zu haben. Die Heth. Ge-
§ 4. Als K l a s s e n des h ö c h s t e n Adels setze* (II § 58 a) setzen ihren Richterspruch
werden Prinzen und Herren genannt (AfO an die Seite eines königlichen Urteils (vgl.
Beih. 10, 22ff.), worin man eine roheSchei- auch die für die Interpretation von HAB
dung zwischen Geburts- und Amtsadel 1 1 belangvolle Gleichung akkad. nakbatu
sehen könnte. Privilegien aus prinzlicher = DUGUD, A. Falkenstein, ZA 49 [1950]
Geburt sind nicht ausdrücklich definiert 65). Im Neuen Reich ist die gesellschaft-
worden. Doch erlangen offensichtlich selbst liche Position der „Würdenträger" da-
die Prinzen, die kraft Erbfolgerecht suk- durch gekennzeichnet, daß sie im Fall einer
zessionsfähig sind, wirkliche Befugnisse Pflichtverletzung allein der Jurisdiktion
erst, wenn sie vom Großkönig mit Ämtern des Königs (AfO Beih. 10, 42 Z. 17ff.),
betraut werden. Dementsprechend finden nicht aber lokaler Instanzen unterstehen,
sich Prinzen in Ehrenämtern wie denen was als dieser Rangklasse verliehenes Pri-
eines „Goldknappen" (KBo. 4, 10 Rs. 30) vileg aufgefaßt werden kann. Der Amts-
oder „Priesters" (Hatt. I i4ff.), in den titel scheint auch als allgemeine Bezeich-
Funktionen eines „Herren" = Generals nung für den „Vornehmen" im Gegensatz
(Hatt. I 24), „Großen Herren" = Ma- zum sozial niedrig Stehenden zu dienen
gnaten (KUB 19, 26 119) oder Provinzial- (s. H. Otten, HTR 54L).
statthalters (Hatt. I 26f., II 55ff.; Goetze, § 5. Im Neuen Reich entsteht eine
AM 152L Z. i8ff.), endlich in der nächst Schicht von V e r w a l t u n g s b e a m t e n (s.
dem Großkönig höchsten Position eines Beamter*), deren Rolle in der G. deshalb
Unterkönigs (KUB 19, 9 I 17ff.), der die schwer bestimmbar ist, weil sie noch mit
ihm verliehene Provinz — anders als ein Maßstäben des Lehensrechts gemessen
jederzeit absetzbarer Statthalter — als worden ist. Die Großwürdenträger beklei-
Erblehen innehat (s. Sekundogenituren*). den vielfach Stellungen, die einerseits auf
GESELLSCHAFT 239
erblichen Rechten (s. Lehenswesen*, Se- struktionen*) erlassen worden, die die
kundogenituren*) und andererseits auf Pflichten und die speziellen Obliegenhei-
verliehenen Ämtern beruhen (z. B. Hatt. ten der Amtsträger regeln, wobei charak-
II 56 ff.). Die Funktionen der großen Va- teristische Züge eines Berufsbeamtentums
sallen und hohen Beamten in Verwaltung, erscheinen (vgl. AfO Beih. 10, 6f.).
Rechtsprechung und Heerführung sind Den Verwaltungsfunktionären in diesem
weitgehend identisch. Doch ist dem Va- Punkt gleichgestellt und z. T. mit ihnen
sallen seine Stellung, im Fall der Ver- identisch sind ferner höhere und niedere
letzung der Lehenstreue wenigstens die Offiziere (Rangskala z. B. K1F 1, 166ff.;
erbliche Lehensfolge vom Großkönig ga- s. auch Heer*).
rantiert, wohingegen eine Amtsverleihung § 6. Die P r i e s t e r s c h a f t setzt sich aus
widerrufen werden kann (Hatt. III 54ff.; Angehörigen aller Schichten der G.zusam-
KBo. 4, 12 Rs. gff.). Die rechtlich rele- men. Geistliche Würden bekleiden Mit-
vante Verschiedenheit der Stellung des glieder des Königshauses (Hatt. I I7ff.,
Vasallen von der des Beamten wird freilich IV 76ff.). Der Titel „Priester*" zeichnet
dadurch verundeutlicht, daß die Zentral- gelegentlich einen Prinzen in seiner Eigen-
gewalt aus politischen Beweggründen mit schaft als Provinzialherrscher aus (z. B.
Vorliebe Angehörige des Herrscherhauses KUB 19, 25 I 3ff.). Die Tochter eines
mit Verwaltungsämtern betraut (Goetze, Priesters kann als ebenbürtige Gemahlin
AM 152f.; Hatt. II 56ff.). Infolgedessen für einen Königssohn angesehen werden
bleiben Konflikte nicht aus, wenn Amts- (Hatt. III iff.). Daß von Priestern ähn-
inhaber, die zugleich Lehensträger sind liche Verwaltungsaufgaben wie von könig-
oder wenigstens sich als solche fühlen, lichen Beamten wahrgenommen wurden,
ihres Amtes enthoben werden (Hatt. I läßt sich aus der Existenz von „Gottes-
26ff., III 64ff.). städten" (Kup. § 10 Z. 38) oder von „Häu-
Das Nebeneinander beider Amtsformen sern" und „Städten" der (königlichen)
läßt jedoch keinen Zweifel, daß der heth. Totengeister (dazu H. Otten, HTR 102 ff.)
Staat im Neuen Reich begann, sich von erschließen. Äuch darin sind die Priester
einem Feudalstaat zu einem vermittels der Beamtenschaft gleichgestellt, daß sie
eines Berufsbeamtenstabes regierten zen- mit speziellen Dienstanweisungen (E. H.
tralistischen Staatumzuwandeln (A. Goetze, Sturtevant, Hittite Chrestomathy i48ff.)
Kleinasien2107; H. Otten bei H. Schmökel, bedacht worden sind. Die gewöhnliche
KG 372). Die Beamtenschaft ist allerdings Priesterschaft der über das ganze Land
noch nicht in die feudalistische G. inte- verstreuten Heiligtümer genießt Lasten-
griert und (etwa im Sinne eines königlichen freiheit (Friedrich, HG I §50; s. A. Goetze,
Dienstes) begriffen oder juristisch definiert Kleinasien2 103, 108) und scheint damit
worden. Offensichtlich stand die Einsicht dem niederen Adel gleichgestellt zu sein.
in diesen Prozeß der Wandlung der die G. Tempeldiener und Tempelhandwerker
führenden Schichten hinter der tatsäch- stehen noch tiefer; gewisse Kultfunk-
lichen Entwicklung zurück. Das Beamten- tionäre gehören minderfreien (H. Otten,
tum wird noch weitgehend nach lehens- HTR io6f.) und geringgeachteten (K1F 1,
rechtlichen Kategorien beurteilt (s. Eid*, 344) Gesellschaftsklassen an.
Vertrag*). Auch ist kein besonderer Ter- § 7. Uber die Existenz und die Stellung
minus für „Beamter" geprägt worden. eines n i e d e r e n Adels etwa im Sinne der
Dennoch ist anzuerkennen, daß das He- mittelalterlichen Ministerialen und Ritter
thiterreich Beamte nicht nur gehabt und wird nichts Näheres ausgesagt. Dennoch
gekannt, sondern als besondere Schicht läßt sich das Vorhandensein einer solchen
der G. im öffentlichen Recht hervorgeho- Schicht der G. erschließen (s. Heer*,
ben hat. Im Neuen Reich sind für eine Lehenswesen* und vgl. die marjannu*
Reihe von Würdenträgern und Funktio- des benachbarten Mitanni-Reichs). Als
nären mehrere ins einzelne gehende Vor- niederer Adel kann eine sicher nicht homo-
schriften und Dienstanweisungen (s. In- gene Schicht kleiner Lehensträger von
240 GESELLSCHAFT
freier Geburt angesehen werden, die mit (dampupi- Hukk. III 32) angesehenen Ge-
Privilegien (Freiheit insbesondere von biete haben oft eine andere Gesellschafts-
luzzi- „Arbeitsdienst, Fron" oder von struktur. Die Kaskäer des Pontischen Berg-
Sahhan- „Lehensdienst") ausgestattet war. landes haben eine egalitäre &., in der
Das Privilegium der Lastenfreiheit wurde „nicht die Herrschaft eines Einzelnen exi-
einmal bestimmten Klassen der G. (wie stierte" (Goetze, AM 88); sie werden von
den Priestern) generell eingeräumt und „Häuptlingen" (taparijalli-) geleitet. Der
andererseits Einzelpersonen durch den Herrscher von Hajasa wie der von Mitanni
Großkönig besonders gewährt (A. Goetze, haben Volksgremien neben sich, die bei
Kleinasien2 108f.). Im Alten Reich genos- Vertragsschlüssen mit dem Hethiterreich
sen die Krieger bestimmter Distrikte und mitwirken. Auch andere Provinzen werden
mit ihnen die Bogner, Holzzimmerleute oligarchisch regiert (A. Goetze, Klein-
und Wagenlenker das Privileg der Lasten- asien2 102; E. v. Schuler, Historia, Einzel-
freiheit, das denjenigen Lehensleuten, die schrift 7 [1964] 38f.). Als Volksführer er-
„Söhne von Hatti" waren, versagt blieb scheinen „Große", „Bürgermeister" (ak-
(Friedrich, HG I §54!). Wahrscheinlich kad. hazannu, vgl. KUB 24,13 III 21) oder
hat im Alten wie im Neuen Reich als sozial „Älteste" (lü.meS gu.GI, dazu V.Korosec,
höherrangig, als „ritterlich" gegolten, wer Heth. Staatsverträge 58; H. Klengel, ZA
Streitwagen zu halten und ins Feld zu füh- 57 [1965] 223 ff.). Solche Volksführer
ren vermochte; auch sind die Erbauer repräsentieren die von ihnen geleitete
dieses kriegswichtigen Instruments im ethnische Gruppe als Vertragskontra-
Gegensatz zu anderen Handwerkern pri- henten, wirken bei der Rechtspflege mit
vilegiert. Zum niederen Adel mögen auch (vgl. Friedrich, HG I § 71) und komman-
die Befehlshaber kleiner Abteilungen von dieren Truppenkontingente (vgl. z. B.
Heeresdienstpflichtigen gehören (vgl. z.B. H. Otten, RHA 67 [i960] 121 ff.).
die Liste von Truppenkontingenten KUB Zu Beginn des Alten Reichs gab es Volks-
26, 62). führer auch im zentralanatolischen Kern-
Rang und Privilegien verleiht der Groß- land des Hethiterreichs, doch hat hier das
könig, ggf. — etwa bei in den Staatsver- Königtum die politische Bedeutung der
band neu eintretenden Vasallen — durch „Ältesten" eingeschränkt und gemindert
Anerkennung einer bereits bestehenden (HAB II 59 ff. mit 103 ff.), so daß diese
Rangstellung (Belege bei V. Korosec, Heth. oder ähnliche Instanzen nicht nur keine
Staatsverträge 9, 39L). Unsicher ist, ob Rolle mehr spielen, sondern anscheinend
die Phrase SIG 5 -w ija- als „einen Adels- überhaupt verschwinden. Das Neue Reich
rang verleihen" (Hukk. I 3) übersetzt wer- kennt und toleriert Volksvertreter nur
den kann; darnach ist vielleicht LÜ SIG 5 noch in seinen Randprovinzen (AfO Beih.
(sonst die Bezeichnung für eine mittlere 10, 45, 47).
Offizierscharge) „Adliger, Edler" (J.Fried- § 9. Die sicher zahlreiche Schicht der
rich, MVAeG 34 [1930] 137f.). Darüber, gemeinen F r e i e n läßt sich weder in ihrer
daß der Großkönig straffällig gewordene Zusammensetzung und Gliederung noch
Adlige ihres Ranges entkleiden kann, be- in ihrer Rechtsstellung genau bestimmen.
richten Texte aus dem Alten Reich: Wür- Der Freie (arawanni- = akkad. ellum KBo.
denträger werden ihrer Waffen beraubt I, 45 I 4, vielleicht auch = LÜ SIG 5 ) er-
und zu Bauern degradiert (BoTU 2, 23 A scheint als Mitglied des niederen Adels (s.
II 26ff., vgl. noch BoTU 2, 12 A 116). § 7) und wohl auch der Priesterschaft (s.
§ 8. Neben die kleinen Lehensträger § 6). Der zu der Wortsippe arawa- „frei"
treten V o l k s f ü h r e r und Volksgremien. gehörende Ausdruck „Freund, Gefährte,
In das Schema der ständisch gegliederten Kollege" ara- = akkad. tappü) be-
und monarchisch geleiteten G. des He- zeichnet von Hause aus den Angehörigen
thiterreichs fügen sich nicht dessen nörd- einer bestimmten sozialen Gruppe (E. La-
liche und östliche Randprovinzen. Diese roche, Collection Latomus 45 [i960]
teilweise von den Hethitern als barbarisch 124ff.); daraus kann vielleicht auf ein
GESELLSCHAFT 241
w e r d e n als B a u e r n oder Handwerker Recht auch bei den übrigen Unfreien ohne
zwangsweise v o m Großkönig angesiedelt spezielle F ä h i g k e i t e n v o r a u s g e s e t z t wer-
u n d sind an den ihnen zugewiesenen Ort d e n . D e r „ A u s g e b i l d e t e (sc. H a n d w e r k e r ) "
g e b u n d e n . .Sie k ö n n e n w i e S k l a v e n v e r - (1annanuwa[nza]) i s t w o h l t y p i s c h a l s u n -
k a u f t u n d wie Hörige vergeben werden. frei angesehen worden, d e n n er ist d e m
Angesiedelte Deportierte werden von der a k k a d . gullubu „ ( z u m Z e i c h e n d e r V e r s k l a -
staatlichen Verwaltung mit allem zur vung) Geschorenen" gleichgesetzt (KBo.
bäuerlichen Wirtschaftsführung Notwen- 1, 3 0 1 2 0 , s. J . F r i e d r i c h , M V A e G 3 4 [ 1 9 3 0 ]
digen versorgt ( A f O B e i h . 10, 4 8 f . ) , 170). D e n n o c h w ä r e es irrig, in allen H a n d -
a u c h ist i h n e n die Möglichkeit gegeben, werkern* Sklaven zu vermuten, da auch
durch die Übernahme von unteren freie u n d privilegierte H a n d w e r k e r bezeugt
L e h e n s ä m t e r n gesellschaftlich aufzusteigen s i n d ( F r i e d r i c h , H G I § 51, 54).
(Friedrich, H G I § 40f.), worin die Ab- I m Einzelfall ist schwer zu unterschei-
sicht deutlich wird, a u s ihnen eine Be- den, wer als Sklave einen gänzlich unfreien
völkerungsschicht zu schaffen, die die in- S t a t u s h a t u n d wer sich in einem v o n H ö -
folge politischer Ereignisse leer g e w o r d e n e n rigkeit, L a s t e n oder Klientenverpflichtun-
R ä u m e füllt u n d der Königsmacht ver- gen bestimmten Abhängigkeitsverhältnis
pflichtet ist. b e f a n d (das Idgr. I R bezeichnet ebenso
Sklaven finden sich ebensowohl als den „Sklaven, Unfreien" wie den „Diener"
E i g e n t u m des Staates u n d öffentlicher und „Untertanen"). Von Gefangenen und
Institutionen wie in privater H a n d . L e h n e n D e p o r t i e r t e n abgesehen, ist nicht bezeugt,
sie s i c h g e g e n i h r e H e r r e n a u f o d e r b e g e h e n wie persönliche Unfreiheit e n t s t e h t u n d
sie a n d e r e S t r a f t a t e n , w e r d e n s i e i m G e - o b sie ( e t w a d u r c h F r e i l a s s u n g o d e r L o s -
gensatz zu den Freien mit d e m Tode oder kauf) enden kann. E h e n zwischen Freien
m i t V e r s t ü m m e l u n g b e s t r a f t (o. c. I § 9 5 , u n d Sklaven sind möglich u n d scheinen
§ 99, I I § 5 8 b ; K U B 13, 4 I 2 8 f f . ) , a n d e r e r - den freien P a r t n e r nicht durchweg z u m
seits sind die i h n e n auferlegten Geldstrafen S t a t u s des anderen Teils zu degradieren
g e r i n g e r a l s b e i f r e i e n Ü b e l t ä t e r n (o. c. I (o. c. I § 3 1 f f . ) ; a b e r e i n e v o n e i n e m H i r t e n
§96f.). F ü r Schäden a n Sach- u n d Ver- oder „Verwalter(?)" (LÜAGRIG) gehei-
mögenswerten, die ein Sklave verursacht, ratete Freie wird n a c h Ablauf einer fest-
haftet dessen Herr; lehnt der Eigentümer g e s e t z t e n F r i s t u n f r e i (o. c. I § 3 5 , I I § 6 0 ) .
die H a f t u n g a b , g e h t er seines S k l a v e n ver- Die persönliche u n d rechtliche Lage der
l u s t i g (o. c . I § 9 5 , 9 9 ) . D a s R e c h t s c h ü t z t Unfreien war gewiß uneinheitlich (A.
Leib u n d L e b e n eines Sklaven, doch be- Goetze, Kleinasien2 106f.); ganz unerträg-
tragen Wergeid und Buße für Körper- lich w i r d sie n i c h t ü b e r a l l g e w e s e n sein,
schäden d u r c h w e g e t w a n u r die H ä l f t e d a v o n einem H e r r n e r w a r t e t wird, d a ß er
der für getötete oder verletzte Freie fest- seinen Sklaven m i t Milde u n d Nachsicht
g e s e t z t e n S u m m e (o. c. I § i f f . ) . D a e i n b e h a n d e l t ( K 1 F 1 , 2 1 6 f.; K U B 1 3 , 4 1 2 2 ff.).
Unfreier einen Vermögenswert darstellt, § 12. D i e k l e i n s t e Z e l l e d e r G . i n a l l e n
hat derjenige, der einen entlaufenen Skla- ihren Schichten ist die i m Normalfall a u s
ven seinem Eigentümer zurückbringt, An- E l t e r n (s. E h e * ) u n d K i n d e r n b e s t e h e n d e
s p r u c h a u f V e r g ü t u n g (o. c. I § 2 2 f . ) ; R a u b F a m i l i e * . D a ß weitere Verwandte zu
v o n S k l a v e n ist s e l b s t v e r s t ä n d l i c h v e r p ö n t einem Sippenverband zusammengeschlos-
(o. c. I § 1 9 f f . ) . S k l a v e n s i n d w i e S a c h e n sen sein k ö n n e n , t r i t t auffällig b e i d e m
verkäuflich. W i e f ü r Vieh, Getreide u n d k ö n i g l i c h e n C l a n (s. § 2) h e r v o r ; o b s i c h
G e w e r b e e r z e u g n i s s e s i n d a u c h f ü r sie dergleichen auch außerhalb des Hochadels
Höchstpreise festgesetzt. Die Gesetze füh- findet, m u ß offen bleiben. O b e r h a u p t der
ren allerdings n u r besonders qualifizierte Familie ist der M a n n , a b e r einzelne Völker
Sklaven, u n d zwar ausgebildete Töpfer, des Hethiterreichs scheinen eine m u t t e r -
Schmiede, Zimmerleute, Lederarbeiter, rechtliche Familienorganisation gehabt zu
W a l k e r , W e b e r u . a . a n (o. c. I I § 6 1 f.), h a b e n (s. § 2 ; H . O t t e n , L u v . 5 2 ) . F ü r v e r -
d o c h k a n n d a s f ü r diese G r u p p e geltende s c h i e d e n e V e r w a n d t s c h a f t s g r a d e g i b t es
GESELLSCHAFT, GESETZE 243
sexuelle Meidungsgebote (Friedrich, H G übrigen Rechtssammlungen kommen eben-
I I § 7 5 f f . ) . n u r die (wohl kinderlose) W i t w e so wie b e i d e n h e t h i t i s c h e n G e s e t z e n w e d e r
wird von einem Verwandten des Eheman- Prologe noch Epiloge vor. Diese sind keine
n e s (dessen B r u d e r , V a t e r oder Vaters- g a n z selbständigen u n d a b t r e n n b a r e n Teile
b r u d e r ) g e h e i r a t e t (s. L e v i r a t * ) . der jeweiligen G. D e r H e r r s c h e r v e r k ü n d e t
A. Goetze, Kleinasien 2 82ff.; Ders., State in i h n e n b e s t i m m t e I d e e n , Prinzipien u n d
and Society of t h e Hittites, Historia, Einzel- reformatorische T e n d e n z e n sowie verschie-
schrift 7 (1964) 23ff.; H. Otten bei H. Schmö- dene Sanktionen, deren allgemeine Trag-
kel, KG (1961) 364ff. E. von Schuler
w e i t e e r h e r v o r h e b e n w i l l ; sie s i n d d a h e r
Gesetze. A . Babylonien. § 1. P r o l o g e m i t d e m rechtssetzenden Teil seines W e r k e s
u n d E p i l o g e z u d e n G e s e t z e s w e r k e n . § 2. eng verbunden. Eine kürzere Präambel
V o r a l t b a b y l o n i s c h e Z e i t . 1. U r u k a g i n a , d i e s e r A r t f i n d e t m a n z. B . s c h o n i n d e n
G u d e a . 2. G e s e t z e U r n a m m u s ( C U ) . § 3. Reformtexten Urukaginas (s. S. 246),
A l t b a b y l o n i s c h e Z e i t . 1. G e s e t z e L i p i t i s - sogar in zweifacher F a s s u n g : e i n m a l gleich
t a r s (CL). 2. F r a g m e n t a u s K i s ( A O a m A n f a n g , v o r d e r Schilderung d e r bis-
1 0 6 3 8 ) . 3. F r a g m e n t Y O S 1 , 2 8 . 4 . D i e herigen Übelstände, z u m anderen vor der
S e r i e ana ittisu. 5. D i e G e s e t z e v o n Aufzählung der einzelnen Reformakte.
E s n u n n a (CE). 6. D e r Codex H a m m u r a b i D e r Gedanke, den Gesetzeswerken einen
(CH). 7. A l t b a b y l o n i s c h e misarum-Akte Prolog vorauszuschicken, kehrt bei den
u n d die sogen. E d i k t e A m m i s a d u q a s (EA) griechischen Gesetzgebern wieder (z. B .
u n d S a m s u i l u n a s (ES). § 4. S p ä t b a b y - Zaleukos, Charondasu. a.); das H a u p t w e r k
l o n i s c h e Z e i t . 1. S o g e n , n e u b a b y l o n i s c h e s der spätrömischen Gesetzgebung — die
G e s e t z e s f r a g m e n t ( n b G ) . 2. S o n s t i g e s . justinianische Kodifikation — setzt ihn
B . Assyrien. § 1. A l t a s s y r i s c h e G e s e t z e . in d e r F o r m d e r E i n f ü h r u n g s k o n s t i t u t i o -
§ 2 . M i t t e l a s s y r i s c h e G e s e t z e ( M A G ) . 1. n e n f o r t (vgl. R . D t i l l , S t u d i A l b e r t a r i o 1
Q u e l l e n . 2. N a t u r e d u „ R e c u e i l d e s F e m - [1953] 3 1 7 f f . ) . S c h l i e ß l i c h f ü h r e n d i e M o -
m e s " . 3. I n h a l t d e r T a f e l A. 4. I n h a l t der tivberichte u n d P r ä a m b e l n zu den wich-
Tafeln Bff. §3. Hof- u n d Haremserlasse. tigsten Gesetzeswerken der m o d e r n e n Zeit
C. Arrafiha-Nüzi. diese Tradition weiter.
D . Hatti. 1. D i e Q u e l l e n d e r h e t h i t i s c h e n E i n Vorbild der Epiloge k a n n m a n be-
R e c h t s s a m m l u n g ( H R S ) . 2. D i e E n t w i c k - reits in den Schlußabschnitten der In-
lungsstufen. 3. Z i v i l r e c h t l i c h e s . 4. Die s c h r i f t e n a l t s u m e r i s c h e r H e r r s c h e r (z. B .
H R S u n d die übrigen keilschriftlichen E a n n a t u m * von Lagas) finden. In mehre-
Rechtssammlungen. ren Schlußklauseln werden diejenigen mit
Besondere Abkürzungen: CE = Kodex F l ü c h e n b e d r o h t , die die Inschrift tilgen
von Esnunna. CH = Kodex Hammurabi. oder ihren I n h a l t ä n d e r n bzw. ihren eigenen
C L == K o d e x L i p i t i s t a r . C U = K o d e x U r - N a m e n e i n s e t z e n wollen. Viel s e l t e n e r s t e h t
nammu. E A = Edikt Ammisaduqas. H R S a m A n f a n g dieser I n s c h r i f t e n eine prolog-
= Hethitische R e c h t s s a m m l u n g . L A = Lois artige E i n l e i t u n g . Meistens f i n d e n wir eine
assyriennes. M A G = Mittelassyrische Ge- Selbstverherrlichung des Herrschers u n d
setze. n b G = neubabylonische Gesetze. die A u f z ä h l u n g seiner T a t e n , die übrigens
A . Babylonien. § 1. P r o l o g e u n d E p i - f ü r die D a t i e r u n g des betreffenden Aktes
l o g e z u d e n G e s e t z e s w e r k e n . Drei von besonders wichtig ist. Bei H a m m u r a b i *
den bis jetzt als Gesetzgeber b e k a n n t e n begegnen in m e h r e r e n Inschriften F o r m u -
altmesopotamischen Herrschern, Urnam- lierungen, die d e n e n des Prologes des C H
m u * , Lipitistar* u n d H a m m u r a b i * , ließen r e c h t ä h n l i c h s i n d (vgl. z . B . d i e s u m e r i s c h e
ihre G. m i t e i n e m V o r w o r t (Prolog) u n d I n s c h r i f t b e i S . L a n g d o n , O E C 1, 2 3 I
N a c h w o r t (Epilog) versehen. I m C U fehlt u n d d e n z u l e t z t v o n I . J . G e l b in J N E S 7
ein Epilog w o h l n u r deswegen, weil ledig- [1948] 2 6 7 f f . b e h a n d e l t e n akkadischen
lich eine Teilabschrift d e s viel u m f a n g - Tonnagel). Selbstverherrhchungen des
r e i c h e r e n O r i g i n a l s v o r l i e g t (vgl. S. N . Königs stellen a u c h die zweisprachige I n -
K r a m e r , O r N S 2 3 [1954] 4 0 1 ) . B e i d e n s c h r i f t U E T 1, 1 4 6 ( D u p l i k a t f r a g m e n t e i n
252
GESETZEGESETZE244
Y O S 9, 3 9 — 6 i ) u n d d e r v o n Ä . S j ö b e r g t u n g d e r G e s e t z e s s t e l e teil. Sie s c h u f e n e i n
in Z A 5 4 (1961) 5 1 ff. b e a r b e i t e t e s u m e r i - Bildnis des Gesetzgebers, wie w i r es auf
sche H y m n u s dar. d e m oberen Teil der Vorderseite der Stele
P r o l o g u n d E p i l o g b i l d e n also, wie all- H a m m u r a b i s finden. Die noch nicht auf-
gemein anerkannt, mit d e m gesetzgebe- g e f u n d e n e Stele Lipitistars zeigte vielleicht
rischen H a u p t t e i l eine organische E i n h e i t ; ein ähnliches Relief. Diese Bilder d i e n t e n
daher lassen n u r wenige Übersetzer Pro- wohl nicht n u r als D e k o r a t i o n , s o n d e r n er-
l o g e u n d E p i l o g e w e g (z. B . K o r o s e c , füllten eine wesentliche F u n k t i o n . Wir
B r o n g e r s , H a a s e ) . D e r C H schließt ohne müssen bedenken, d a ß der größte Teil der
Z w i s c h e n r a u m in Kol. V 25 m i t d e m W o r t B e v ö l k e r u n g n i c h t lesen u n d d a h e r d e n
inümiSu „ z u j e n e r Z e i t " d i e G . a n d i e E i n - Gesetzestext v o n anderen Steleninschrif-
leitung an. Trotz ihrer engen Verbindung ten nicht unterscheiden konnte. Diese
mit d e m eigentlichen Gesetzeswerk k a n n M e n s c h e n b r a u c h t e n d a s a u c h f ü r sie v e r -
d e n Pro- u n d Epilogen ein Sondercharak- s t ä n d l i c h e Bild. Sie s a h e n H a m m u r a b i v o r
t e r k a u m a b g e s p r o c h e n w e r d e n (vgl. J . einem Gott, der i h m die Hoheitszeichen
K l i m a , J J P 5 [1961] i ö i f f . z u d i e s e n ü b e r g i b t u n d i h n d a m i t als seinen irdischen
„nichtjuristischen" Bestandteilen). Sie Vertreter beauftragt. Die Gottheit wird
f ü h r e n uns, teilweise in e t w a s a b s t r a k t e r allgemein als d e r S o n n e n g o t t S a m a s * , der
Ausdrucksweise, in die politische u n d so- Schutzherr der Gerechtigkeit, erklärt.
ziale G e d a n k e n w e l t des H e r r s c h e r s ein, N a c h C. J . G a d d , I d e a s of d i v i n e r u l e
über die die meist kasuistisch formulierten 43,90, h a n d e l t es sich a b e r eher u m M a r -
Gesetzesbestimmungen keine klaren Aus- duk*. Dieselbe Meinung vertritt A. F a l -
sagen m a c h e n können. E s wird vermutet, k e n s t e i n i n Z A 5 1 (1955) 2 6 2 . D i e S t e l e n
d a ß die Gesetze d u r c h R e c h t s p r a k t i k e r wurden in mehreren E x e m p l a r e n in Stein
nach den ihnen vom Herrscher oder der gemeißelt u n d in verschiedenen Städten
zuständigen Erlaßstelle erteilten Instruk- d e s R e i c h e s a u f g e s t e l l t (s. u . S . 2 5 6 ) . F ü r
tion formuliert wurden, während die die Gerichte w u r d e n weitere A b s c h r i f t e n
„nichtjuristischen" Bestandteile das Werk auf T o n t a f e l n hergestellt.
von Palast- oder Tempeldichtern waren.
Innerhalb der Prologe k a n n m a n 3 Ab-
Diese arbeiteten u n a b h ä n g i g von den
s c h n i t t e u n t e r s c h e i d e n : 1. d e n t h e o l o g i -
ersteren, bedienten sich einer besonderen
s c h e n Teil, 2. d e n h i s t o r i s c h e n T e i l (res
Ausdrucksweise u n d eines eigenartigen
gestae u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r R e f o r -
Stils, w o b e i sie n a c h B e d a r f ( ä h n l i c h i h r e n
m e n ) , 3. d e n m o r a l i s c h - e t h i s c h e n Teil. D e n
juristischen Kollegen) a u c h ältere Vorla-
1. T e i l l e i t e n d i e N a m e n d e r h ö c h s t e n G ö t -
gen heranzogen. M a n spricht von einem be-
t e r ein: I n allen drei Prologen sind es A n *
sonderen Stil u n d Dialekt der „nichtjuristi-
u n d Enlil*. N a c h ihnen w e r d e n die v o n
s c h e n " Bestandteile (W. v o n S o d e n , ZA 40
ihnen beauftragten Stadtgötter genannt:
[1931] 163 ff.) .Vielleicht k ö n n t e m a n d e n S t i l
I m CU der Mondgott Nanna* von Ur, im
eher archaisierend n e n n e n ; der hymnisch-
CL Ninisinna*, die T o c h t e r des An, u n d
epische Dialekt w u r d e nicht folgerichtig bei-
im C H der Gott Marduk, der erstgeborene
b e h a l t e n . B e m e r k e n s w e r t ist, d a ß die v o n
Sohn des Ea*. E r s t d a n n folgt die E r w ä h -
J . N o u g a y r o l entdeckte Louvre-Version
n u n g des H e r r s c h e r s : i m C U ist diese z w a r
des Prologes des C H weniger archaisierend
n u r zu e r r a t e n (E. S z l e c h t e r , R A 49
ist (vgl. R A 4 5 [1951] 67 f f ) . F ü r d e n P r o l o g
[1955] 169 e r g ä n z t s c h o n i n K o l . 1 1 0 d e n
d e s C L s. u . S . 2 4 8 . O b i n e i n e r S c h l u ß r e d a k - d d
N a m e n [ Ur- ]Nammu; n a c h d e r T e x t -
tion der Gesetzeswerke G. u n d „ n i c h t j u -
r e k o n s t r u k t i o n v o n S. N . K r a m e r , O r N S
ristische" Bestandteile noch einmal zwecks
2 3 [1954] 42, k o m m t dieser N a m e e r s t in
besserer A b s t i m m u n g aufeinander überar-
Kol. I 36 vor). I m C L stellt sich Lipitistar
beitet w u r d e n , läßt sich auf G r u n d der heu-
in Kol. I 2 1 u n d i m C H H a m m u r a b i in
te verfügbaren Quellen noch nicht sagen.
Kol. 1 1 8 z u m ersten Mal mit N a m e n vor.
Beachtenswert ist a u c h der ungleiche U m -
Neben den Palastdichtern nahmen auch
fang der göttlichen Ermächtigung: W ä h -
die bildenden Künstler an d e r Ausgestal-
GESETZE 245
n i c h t u n g der Feinde, die Einstellung der m a t o r e n " . Die ältesten der bis jetzt be-
K ä m p f e u n d die Wiederherstellung von k a n n t e n Zeugnisse f ü r eine gesetzgebe-
W o h l s t a n d u n d Sicherheit im L a n d e . N a c h rische Tätigkeit s t a m m e n von U r u k a g i n a *
einer L ü c k e i m C L u n d n a c h d e m Abschnitt v o n L a g a s (um 2400). M a n bezeichnet sein
über den Schutz der Schwächeren, der W e r k als R e f o r m . E s sind jedoch keine
W a i s e n u n d der W i t w e n i m CH, stellen eigentlichen R e c h t s n o r m e n erhalten, son-
beide Epiloge fest, d a ß der göttliche Auf- dern seine Inschriften berichten v o n d e n
t r a g erfüllt w u r d e u n d die Gesetze auf früheren Mißständen und von den Maß-
einer Steinstele niedergeschrieben w u r d e n n a h m e n , die sie b e s e i t i g e n sollten. D i e
(CL X I X 36—38, C H X X I V r 74—78). T e x t e , e r h a l t e n a u f d e n Tonkegeln B u n d
Auf diese E r k l ä r u n g folgt i m C H n o c h die C, ä h n l i c h a u c h T o n k e g e l A u n d d i e o v a l e
A u f f o r d e r u n g , die i m CL wohl nicht vor- Platte, bieten bedeutende Interpretations-
k o m m t , der R e c h t s s u c h e n d e m ö g e die f ü r s c h w i e r i g k e i t e n . U m s t r i t t e n ist z. B . d a s
seinen Fall passende Regelung der Stele V e r b o t der P o l y a n d r i e ; die b e t r e f f e n d e
entnehmen. Stelle l ä ß t a u c h die A u s l e g u n g zu, d a ß die
D a n n erst k o m m t der eigentliche K e r n F r a u n i c h t b e r e c h t i g t sei, e i n e z w e i t e E h e
der Epiloge: Zuerst die Zusage des gött- zu schließen. U r u k a g i n a berichtet ferner
lichen Segens (von Enlil i m CL, v o n S a m a s über seine Sorge u m die öffentliche
im CH) für diejenigen vor allem unter den Sicherheit, die B e k ä m p f u n g des H u n g e r s
k ü n f t i g e n Herrschern, die nicht gegen die u. a. E r h a t auch, soweit b e k a n n t , z u m
B e s t i m m u n g e n v e r s t o ß e n u n d die W o r t e ersten Male proklamiert, d a ß der Reiche
d e r S t e l e b e a c h t e n . A u f sie f o l g e n d i e F l u c h - u n d Starke W i t w e n u n d Waisen kein
sanktionen g e g e n ü b e r allen denjenigen, U n r e c h t a n t u n solle. Z u d e n I n s c h r i f t e n
die nicht n a c h d e n Gesetzen h a n d e l n oder s. E . S o l l b e r g e r , C I R P L 4 8 f f . U m -
die die Inschrift vernichten, ä n d e r n , m i t schrift u n d Übersetzung: F. T h u r e a u -
eigenen N a m e n versehen oder sogar d u r c h D a n g i n , V A B 1, 4 4 f f . ; M . L a m b e r t ,
ein anderes D e n k m a l ersetzen werden (CL R A 5 0 (1956) 1 6 9 f f . ; vgl. I . N . D i a k o n o w ,
X I X 39—58, C H X X V I r 2—44). I n bei- R A 5 2 ( 1 9 5 8 ) i f f . ; C. K u n d e r e w i c z ,
d e n Epilogen w e r d e n die einzelnen G ö t t e r C z a s . p r . h i s t . 16/1 (1964) 8 9 ff.
g e n a n n t , die f ü r jedes dieser Vergehen eine A u c h G u d e a * v o n L a g a s (1. H ä l f t e d e s
b e s o n d e r e S t r a f e v e r h ä n g e n sollen. Mit d e n 21. J h . ) w i r d auf G r u n d seiner I n s c h r i f t e n
auf Abschreckung abzielenden Fluch- ( S t a t u e B 7, 4 2 — 4 3 u n d C y l . B 1 8 , 6 — 7 )
formeln endet der Epilog des CH, ebenso reformatorische Tätigkeit zugeschrieben
wohl a u c h der des CL, dessen Schlußteil ( v g l . F . T h u r e a u - D a n g i n , V A B 1, 7 2 !
a b g e b r o c h e n ist. u n d 138!). A u c h hier wird der Schutz des
Die Prologe u n d Epiloge sind vor allem Herrschers den W i t w e n u n d Waisen zu-
religiöse U r k u n d e n u n d u n t e r s c h e i d e n sich g e s a g t ( v g l . F . C. F e n s h a m , J N E S 2 1
dadurch von den Rechtssatzungen mit [1962] 129). W i r e r f a h r e n f e r n e r , d a ß w ä h -
ihrem fast ausschließlich weltlichen Cha- rend bestimmter Tempelfeste den Sklaven
r a k t e r . E s ist b e m e r k e n s w e r t , d a ß f ü r die die Gleichstellung m i t ihren H e r r e n ge-
a m E n d e der Epiloge erwähnten Delikte w ä h r t w u r d e . D a b e i wird n o c h die erb-
(Vernichtung, Abänderung des Textes der rechtlich b e m e r k e n s w e r t e G e w o h n h e i t er-
Stele usw.) n e b e n d e n göttlichen Strafen w ä h n t , d a ß in Häusern, in denen kein Sohn
keine richterliche A h n d u n g auf G r u n d der v o r h a n d e n war, die T o c h t e r die A u f g a b e
Gesetze a n g e d r o h t wird, o b w o h l es sich u m d e r O p f e r s p e n d e r i n u n d d a d u r c h a u c h die
Verbrechen gegen die Autorität des Herr- S t e l l u n g heredis loco ü b e r n a h m (s. E r b e * ;
schers h a n d e l t . Vielleicht k a m den v o m A . F a l k e n s t e i n , N G 1, i n f f . ) .
König erlassenen Gesetzen in der sa- Von sozialen M a ß n a h m e n u n d V e r k ü n -
kralen S p h ä r e n u r eine b e s c h r ä n k t e Gel- dungen „des Rechtes u n d der Gerechtig-
t u n g zu. k e i t " sprechen a u c h die Inschriften des
§2. Voraltbabylonische Zeit. I d d i n d a g ä n * u n d I s m e d a g ä n * (vgl. Z Z B
1. U r u k a g i n a , G u d e a u n d a n d e r e „ R e f o r - 75 ff-)-
GESETZE 247
2. U r n a m m u s G e s e t z e (CU). V o n U r - §§ 6 o f f . C H ? ) ; d i e z w e i t e , e b e n f a l l s g a n z
n a m m u * , d e m B e g r ü n d e r d e r 3. D y n a s t i e schlecht erhaltene, bezog sich wohl auf
v o n U r (21. J h . ) w a r s c h o n f r ü h e r b e k a n n t , S i c h e r h e i t s m a ß n a h m e n , die bei der E r -
d a ß e r g e s e t z g e b e r i s c h t ä t i g w a r (vgl. V A B richtung bzw. Benutzung von Bewässe-
1, 1 8 8 I 1 6 — 1 9 : d i - n i - g i - n a d u t u - t a rungsanlagen zu b e a c h t e n waren (ähnlich
b a r - b i - U D K A - b x - g i - i n „Die gerechten §§53ff. CH?). Die nächste Bestimmung
Gesetze U t u s h a t er strahlen u n d die E n t - (§ 10) b e h a n d e l t d e n F a l l , d a ß j e m a n d d e r
s c h e i d u n g d e r Gerechtigkeit herrschen las- Zauberei bezichtigt wurde; der Beschul-
s e n " s. E . S z l e c h t e r , R A 4 7 [1953] 5 f . ) . digte m u ß t e sich d e m W a s s e r o r d a l u n t e r -
Sein Gesetzeswerk h a t sich n u r in einer z i e h e n (s. A . F a l k e n s t e i n , N G 1, 6 2 ; 2,
Abschrift aus der Zeit H a m m u r a b i s erhal- 2182). D a d e r S c h l u ß t e i l a b g e b r o c h e n ist,
t e n (2 F r a g m e n t e e i n e r T a f e l i m F o r m a t k e n n e n wir die Strafe nicht, die d e n A n -
20 X 10 c m ) . W i r wissen n i c h t , o b d a s zeigenden traf, w e n n die Unschuld des Be-
Original auf einer Stele oder n u r auf T o n - schuldigten durch das Ordal* nachgewie-
tafeln niedergeschrieben war. Auch der sen w u r d e (vgl. § 2 C H ) . N a c h e i n e r L ü c k e
Gesamtumfang des ursprünglichen Werkes v o n e t w a 3 8 Z e i l e n f o l g t § 15, d e r e i n e B e -
bleibt u n b e k a n n t . Die Abschrift enthielt l o h n u n g (der B e t r a g ist nicht lesbar) f ü r
auf beiden Seiten je 4 Spalten m i t insge- denjenigen festsetzt, der d e m H e r r n seinen
s a m t 346 Zeilen. D a v o n fehlen m e h r als entlaufenen Sklaven zurückbringt (vgl.
eine H ä l f t e ganz, u n d zahlreiche Zeilen sind § 12 C L , § 5 0 — 5 2 C E , § 1 7 C H ) . E s f o l g e n
n u r teilweise o d e r g a r n i c h t leserlich. N u r 3 inhaltlich zusammenhängende Bestim-
92 Zeilen sind verständlich. Die Abschrift m u n g e n (§§ 1 6 — 1 8 ) , d i e e i n e n S c h a d e n -
w u r d e vor e t w a 60 J a h r e n in N i p p u r ent- ersatz für verschiedene Körperverletzun-
d e c k t u n d befindet sich jetzt in I s t a n b u l gen (Bein- bzw. H a n d b r u c h , K n o c h e n -
(Inv. N r . N i 3191). F . R . K r a u s h a t die bruch, Verstümmelung der Nase) fest-
Tafel wieder aufgefunden u n d zusammen- s e t z e n ( w i e i n d e n §§ 4 2 — 4 7 C E ) ; n a c h
g e s e t z t , S. N . K r a m e r 1952 die e d i t i o d e m Talionsprinzip* wird nicht verfahren.
princeps (Kopie, Umschrift, Übersetzung, Diese T a t s a c h e ist sehr b e d e u t u n g s v o l l
F o t o s ) b e s o r g t ( O r N S 2 3 [1952] 4 0 — 4 8 ; (vgl. n o c h A . S. D i a m o n d , I r a q 19 [1957]
einige Zusätze v o n A. F a l k e n s t e i n ebd. i 5 i f f . ; J . J . F i n k e l s t e i n , J C S 15 [1961]
49—51). Diese Abschrift w a r wohl eine 98). D e n n die A b l ö s u n g d e r T a l i o n g e r a d e
Ü b u n g s t a f e l ( v g l . S. N . K r a m e r , ebd. d o r t , w o d e r C H m i t d e m ius talionis o p e -
402-3). E s ist u n w a h r s c h e i n l i c h , d a ß d e r riert, nötigt zu d e r Frage, ob die W i e d e r -
C U zur Zeit H a m m u r a b i s noch in Geltung einführung der Talion im C H nicht einen
w a r , u n d sei es n u r f ü r d e n s u m e r i s c h e n R ü c k s c h r i t t darstellt. Solange n u r ein Teil
Süden. Das wäre mit den Vereinheit- der Gesetze U r - N a m m u s b e k a n n t ist, k a n n
lichungstendenzen Hammurabis nicht ver- nicht b e h a u p t e t werden, d a ß diese d a s
einbar gewesen. (Zurückhaltend noch E. Talionsprinzip in keinem Falle kannten.
S z l e c h t e r , R A 4 7 [ 1 9 5 3 ] 10, u n d G . C a r - F ü r d i e T a l i o n i m C H s. S. 2 6 8 .
d a s c i a , R I D A 7 [i960] 42). Auf d e n P r o -
Gleichfalls wegen des fragmentarischen
log f o l g e n n a c h S. N . K r a m e r e t w a 22,
Zustandes des Werkes k a n n nicht gesagt
n a c h E . S z l e c h t e r etwa 30 B e s t i m m u n -
werden, ob eine b e s t i m m t e S y s t e m a t i k f ü r
gen. V o n diesen sind 7 teilweise erhalten
die A n o r d n u n g d e r Gesetze maßgeblich
geblieben. N a c h der Zählung von K r a m e r ,
w a r . W i r wissen a u c h n i c h t sicher, ob d e r
die v o n a n d e r e n ü b e r n o m m e n wurde, sind
Schreiber das Original vollständig abge-
e s d i e §§ 1, 5, 1 0 , 1 5 , 16, 1 7 , 1 8 ; v o n § 1 9
schrieben h a t oder n u r eine A u s w a h l a u s
ist n u r d a s A n f a n g s w o r t t u k u m b i „ w e n n "
den Gesetzen. Angesichts der konzisen
erhalten. Unklar bleibt der Inhalt der
Formulierung der einzelnen B e s t i m m u n -
ersten 2 Bestimmungen. In der ersten ging
gen, die d u r c h Konditionalsätze eingeleitet
es w o h l u m die R e g e l u n g d e r B e z i e h u n g e n
werden, m u ß d e r C U als eine entwickelte
zwischen d e m E i g e n t ü m e r eines G r u n d -
und durchdachte Leistung der mesopota-
stückes u n d seinem Gärtner (ähnlich
mischen Gesetzgebung gelten, hinter der
252
GESETZEGESETZE248
Tochter, die als Priesterin oder Hierodule Einen besonderen Fall von Fahrlässig-
tätig ist, in ihrem Vaterhaus die Stellung keit* bei Grundstückseigentümern regelt
loco heredis behält ( i b i l a - g i n n a m e - n i § 11: Wenn jemand trotz der Warnung
t u s - e - d e ) . Auf Grund der spärlichen seines Nachbarn sein Grundstück nicht
Reste des § 20 ist schwer zu entscheiden, sichert und dadurch einen Einbruch in das
ob dort die Entziehung des Erbrechtes ge- Nachbarhaus erleichtert, muß er dem
regelt wurde. E. S z l e c h t e r , 1. c., hält es Nachbarn den durch den Einbruch verur-
für unwahrscheinlich. sachten Schaden voll ersetzen. Die falsche
Vertragsverhältnisse: Der durch Ni 3058 Anschuldigung verfolgt der § 17: Der Be-
zum größeren Teil ergänzte § 5 regelt, wie schuldiger muß die Strafe tragen, die den
es scheint, die Schiffsmiete mit besonderer Beschuldigten getroffen hätte, wenn die
Berücksichtigung der Haftung des Mieters Bezichtigung wahr gewesen wäre (vgl. § 4
für einen räuberischen Überfall auf das CH). Auch das Verbot der Sklavenhehlerei
Schiff (s. S t e e l e , ArOr. 18/1—2 [1950] wäre hier noch zu nennen (s. dazu S. 258).
491; ähnlich V. K o r o s e c , Razprave 2 2. Das Fragment aus Kis (AO 10638).
[1953] 78; K u n d e r e w i c z , Czasop. praw- Unter den Texten aus Kis, die H. de Ge-
nohistor. 11/2 [1959] 33 und R. H a a s e , n o u i l l a c publizierte, befand sich ein su-
Keilschriftl. Rechtssammlg. 17; nach E. merisches Fragment, das er als „petit frag-
S z l e c h t e r , 1. c. 65, haftete der Mieter, ment sumerien de style juridique" bezeich-
wenn das Schiff sank wegen Nichtein- nete (PRAK 2 C 18). J. N o u g a y r o l gab
haltung der verabredeten Route). § 7 be- es in RA 46 (1952) 53 f. neu heraus und
trifft den (Teil-) Pachtvertrag zwischen sprach von einem „fragment oublie du Code
dem Eigentümer eines Gartens und dem (en) sumerien". Erhalten ist die linke,
Gärtner zwecks Anpflanzung eines Dattel- obere Ecke einer zweikolumnigen Tafel;
palmengartens; dem Gärtner gehört x/10 die altbabyl. Schrift ist nicht besonders
des Ertrages; darüber hinaus s u l u m - b i archaisch. N o u g a y r o l nimmt an, daß
i n - d a - k ü - e „die Datteln wird er mit eine Abschrift der sehr beschädigten Vor-
ihm, d. h. dem Garteneigentümer, essen" derseite des CL vorliegen könnte. Dasselbe
(vgl. das Zusatzfragment ArOr. 18/1—2, vermuten San N i c o l ö , Studia et docu-
492). § 8 setzt die Sanktion für einen menta historiae et iuris 20 (1954) 494;
Pächter fest, der das zur Anpflanzung E d z a r d , ZZB 14 55 (fragend); E. S z l e c h -
eines (Palmen)gartens übernommene, un- t e r , RA 51 (1957) 593. 64, der das Frag-
bebaute Grundstück nicht vollständig ment als § 4—7 in den CL eingearbeitet hat.
bebaut hat: er muß sich das unbebaut ge- Der Rest von Kol. I enthielt anscheinend
lassene Teilstück als seinen Anteil am Bestimmungen über die Miete für Wagen
Ertrag so anrechnen lassen, als ob es und anderes. In Kol. IV ist der Rest einer
Frucht getragen hätte (ähnlich § 61 Bestimmung über Erbteilung erhalten; es
CH). — Der Mieter eines Rindes haftet für folgte eine Strafvorschrift für Einbrecher
Verletzungen des Tieres: Er zahlt bei einer (vgl. § 21 CH).
Rückenwunde 1 / 3 des Kaufpreises, bei Zer-
3. Das Fragment YOS 1, 28. Der Her-
störung eines Auges 1 / 2 und für das Ab-
ausgeber A. T. Clay bezeichnete dieses
brechen eines Hornes oder des Schwanzes
1 sumerische Fragment als „Sumerian Proto-
U (§§ 34—37)- Analogien zum Anhang der
type of the Hammurabi Code" (YOS 1,
4. Tafel der Serie ana ittisu sowie zu den
S. 18). Es gehörte zu einer Rechtssamm-
§§ 246—248 CH hegen auf der Hand.
lung, die wohl im Bereich des nordbabylo-
Nur wenige Strafbestimmungen sind er- nischen Stadtrechtes benutzt wurde (vgl.
halten : Gemäß § 9 wird derjenige, der beim A. F a l k e n s t e i n , ZA51 [1955] 2615; D.O.
Gartenfrevel ergriffen wird, mit der relativ E d z a r d , ZZB 98473), und vielleicht etwas
niedrigen Geldbuße von 10 Sekel Silber be- älter ist als der CL. Es enthält neun Be-
straft; das Fällen eines Baumes im frem- stimmungen, die (wegen Textverderbnis ?)
den Garten hat nach § 10 wie in § 59 CH z. T. schwer verständlich sind. Alle werden
eine Buße in 30 Sekel Silber zur Folge. ähnlich den Bestimmungen im Anhang zur
i
GESETZE 251
4. und 7. Tafel der Serie ana ittisu mit lonischen Recht Ii 3 ). Es handelt sich um
t u k u m b i „wenn" (ohne lü-ü) eingeleitet. 7 Bestimmungen (Tf. 7 III 23—IV 22).
Die ersten beiden setzen Geldbußen für die Die beiden ersten (III 23—33) setzen den
Herbeiführung von Fehlgeburten durch Fall, daß ein Sohn seinen Vater oder seine
Stoß oder Schlag fest (vgl. § 209 CH und Mutter nicht anerkennen will („du bist
D. N ö r r , SZ 75 [1958] 6). Die 3. Bestim- nicht mein Vater — nicht meine Mutter").
mung setzt die Schadenersatzpflicht beim Die Sanktionen gipfeln in der Versklavung
Untergang eines Schiffes fest (vgl. § 236 CH, bzw. der Vertreibung des Sohnes. Die
auch § 5 CE und § 5 CL). beiden nächsten Bestimmungen betreffen
Die Bestimmungen 4 und 5 bilden eine den Gegenfall: Will der Vater seinen Sohn
Einheit und setzen ähnlich den ersten vier grundlos verstoßen („du bist nicht mein
Bestimmungen der sog. sum. Familien- Sohn"), so verliert er das Haus und die
gesetze (s. u. Abs. 4 a) Strafen für die Auf- Mauern, die Mutter im entsprechenden
lösung des Familienverhältnisses seitens Falle das Haus und das Hausgerät (III
des Sohnes („du bist nicht mein Vater bzw. 34—45). Die 5. und die 6. Bestimmung
meine Mutter") und seitens der Eltern fest. stellen in ähnlicher Weise die Eheauflösung
Bestimmungen 6 und 7 beziehen sich wohl unter Strafe: Haßt die Ehefrau ihren Mann
auf die Entführung der Tochter eines und bestreitet, daß er ihr Gatte sei („du
Freien. Im Falle der nachträglichen Zustim- bist nicht mein Gatte"), so wird sie in den
mung der Eltern zur Ehe ihrer Tochter mit Fluß geworfen; der Mann muß im analogen
dem Entführer wird dieser nicht bestraft, Falle nur eine halbe Mine Silber zahlen
sonst erfolgt eine Bestrafung (mit dem (IV 1—12). Die letzte Bestimmung (IV
Tode??). Die Bestimmungen 8 und 9 13—22) ist kein Familiengesetz, denn sie
schließen die Haftung des Hirten im Falle behandeln den Fall, daß ein gemieteter
der vis maior (Überfall durch einen Löwen) Sklave stirbt, verschwindet, entläuft, die
aus, fordern aber Ersatz für ein verloren- Arbeit verweigert oder krank wird; für die
gegangenes Rind, wenn Nachlässigkeit vor- in der vorhegenden Gestalt sinnlose Sank-
liegt (vgl. §§ 266. 267 CH). tion vgl. B. L a n d s b e r g e r , MSL 1, S. 247
4. Die Gesetze aus der Serie ana ittisu. bis 252.
Diese sumer.-akkad. verfaßte Sammlung b) Die sog. Regelung von Moratorien. Sie
von Übungstexten umfaßt in der Fassung befinden sich auf dem aus Assur stammen-
der Bibliothek Assurbänaplis und deren den Zusatz zur 7. Tafel, jedoch ohne jeden
Vorlage aus Assur sieben Tafeln samt An- Zusammenhang mit dem, was vorausgeht.
hängen. Ursprünglich wurde sie in Nippur* Sie sind nur teilweise erhalten; der Anfang
benutzt (vgl. B. L a n d s b e r g e r , MSL 1, fehlt und von Kol. III ist wenig mehr als
5. III), wo ihre uns bekannte Fassung wohl die sumerische Hälfte des Textes noch vor-
bald nach der Eroberung der Stadt durch handen (Z. 1'—19'). In den 5 Bestimmun-
Hammurabi entstanden ist. Doch sind in gen handelt es sich um die Rückzahlung
diese Sammlung jüngere und ältere Ele- von Gelddarlehen in Getreide, entweder
mente aufgenommen worden (auf die Zeit nach dem Tageskurs oder im festgesetzten
Urnammus weisen E. S z l e c h t e r , RA 47 Verhältnis von 1 Sekel Silber für 1 Kur
[ I 953] 9 und G. C a r d a s c i a , Droits cunei- Gerste. Als Verzugszinsen werden (wie in
formes 33 hin). Ihren Hauptteil bilden For- § 18 a des CE) 331/3 % beim Gerstedarlehen
mularienbücher für die Abfassung von und 20% beim Gelddarlehen bestimmt.
Rechtsurkunden. An drei Stellen kommen Im Mittelpunkt steht eine Bestimmung,
auch Texte gesetzgeberischer Art vor (so die den Schuldner berechtigt, ein einjähri-
bereits P. K o s c h a k e r , SZ 41 [1920] 287 ges Moratorium zu erklären, wenn er in
gegen B. L a n d s b e r g e r , der eher an Zahlungsschwierigkeiten gerät. B. L a n d s -
Schlußklauseln von Kontrakten denkt, b e r g e r , MSL 1, S. V und 105, hält diese
1. c. S. IV). Bestimmungen — wegen des Fehlens von
a) Die sog. sumerischen Familiengesetze amelu hinter summa — nicht für Gesetze.
(vgl. M. D a v i d , Die Adoption im altbaby- Er gesteht jedoch zu, daß solche Sätze
i9*
252 GESETZE GESETZE 253
sowohl als Gesetze als auch als Schluß- = LE). Vgl. ferner M. San Nicolö, OrNS und gliedert aus § 18 noch einen § 18 a aus Haftung des Eigentümers eines stößigen
klauseln überliefert sind (vgl. noch E. 18 (1949) 258ff. (jurist. Kommentar); F. (vgl. dazu M. San Nicolö, OrNS 18 [1949] Rindes bzw. wild gewordenen Hundes
S z l e c h t e r , RIDA 4 [1957] 79; BabLaws M. Th. De L i a g r e Böhl, JEOL 11 (1949/ 259 und W. von Soden, ArOr. 17/3—4 wird in den §§ 53—57, die des Eigentümers
2, 311 ff-) • 50) 95 ff. (holl. Übersetzung und Kommen- [1949] 370). Mehrfach bilden zwei oder einer baufälligen Mauer im § 58 geregelt.
c) Das Fragment KAV8 (VAT 10498). tar); E. S z l e c h t e r , Les lois d'Esnunna. drei Paragraphen in Wirklichkeit ein ein- Es folgt mit § 59 eine Bestimmung über
Auf diesem kleinen Fragment aus Assur, Transcription, traduction et commentaire ziges Gesetz, so z. B. § 17 + 18, 22 + 23 + die Ehescheidung. Der sehr fragmentarische
das B. L a n d s b e r g e r als Anhang zur (1954); H. A. B r o n g e r s , Oud-Oosters en 24, 27 + 28, 34 + 35, 36 + 37, 44 + 45, § 60 behandelt anscheinend die Fahrlässig-
4. Tafel einordnete (MSL 1, S. V und 68), Bijbels Recht (i960) 2iff.; R. H a a s e , 47 + 48, 53 + 54 + 55 und 56 + 57 (vgl. keit bei der Hausbewachung.
sind drei Bestimmungen in sumerischer Keilschriftliche Rechtssammlungen (1963) R. Y a r o n , RIDA 9 [1962] 138). Die mei- In der modernen Literatur wird dem CE
und (fast völlig zerstörter) akkadischer 9 ff. sten Bestimmungen (38 Paragraphen) sind ein Mangel an Systematik und Vollständig-
Fassung z. T. erhalten. Die ersten beiden Die Datierung des CE ist nicht ganz ge- kasuistisch formuliert (eingeführt durch keit vorgeworfen (vgl. J. C. Miles/O. Gur-
beziehen sich auf Verletzungen bei Rin- sichert; wegen der (auf Tafel A etwas alter- summa „wenn"), eine kleinere Zahl apo- n e y , ArOr. 17/2 [1949] 175). Dazu ist zu
dern: Vs. 1—6 fordert den vollen Ersatz tümlicheren) Schrift dürfte er in die Zeit diktisch. Auf Summa folgt fast immer ein sagen, daß sachlich zusammengehörige
des Rindes, wenn jemand dessen Knochen kurz vor Hammurabi gehören. Beide Ta- persönliches Subjekt (meist awilum); in Bestimmungen doch mehrfach richtig
durch ein zu schweres Joch bloßlegt(?). feln wurden in der Schicht Harmal II ge- § 37 ist bltum „Haus" Subjekt. Die apo- nebeneinander stehen. Vollständigkeit
Nach Vs. 7—10 ist die Hälfte des Wertes funden, Tafel B zusammen mit anderen diktische Formulierung als Gebot findet wurde vermutlich gar nicht erstrebt. Im
zu ersetzen, wenn ein Auge des Rindes zer- Tafeln aus der Zeit des Dadusa* von Es- sich in den §§ 12, 13, 15, 16, 18a, 19, 34 + übrigen wissen wir noch nicht, nach wel-
stört wurde. Ähnliche Regelungen finden nunna (vgl. D. O. E d z a r d , ZZB 72.166, 35, 51 und 52. Preis- und Lohntarife (An- chen Gesichtspunkten der CE kompiliert
sich in den §§ 246—248 CH und in §§ 34 ff. der den CE in die Zeit von Dadusa, Ibal- gabe der Höchstpreise bzw. Mindestlöhne) wurde. Die Möglichkeit, daß noch eine
CL (vgl. P. K o s c h a k e r , SZ41 [1920] piel* II. oder Naram-Sin* datiert). W. von enthalten die §§ 1—4, 7—8,10,11 und 14. zweiteTafel folgte, ist nicht auszuschließen.
286). Die letzte Bestimmung, soweit im Soden (BiOr. 13 [1956] 32) hält die Ge- Inhalt: §§ 1—2 enthalten einen Preis- Die Stabilisierung der Wirtschaft scheint
sumer. Teil erhalten, regelt die Schiffs- setze für entschieden archaischer als den tarif, §§ 3—4, 7—8, 10, 11 und 14 setzen für die Redaktoren bzw. den Gesetzgeber
miete (vgl. §275 CH und E. S z l e c h t e r , CH; E. S z l e c h t e r (Les Lois d'Esnunna, einige Miettarife und Löhne fest. Im Rah- ein Hauptziel gewesen zu sein, da die Preis-
RIDA 4 [1957] 79 f-)- 10) hielt eine Entstehung nach dem CH men dieser Bestimmungen macht § 5 den regelungen für die wichtigsten Bedarfs-
5. Die Gesetze von Esnunna (CE). Der für möglich. Daß das Original viel älter Schiffer für die Folgen seiner Fahrlässig- güter (Getreide, Fette, Wolle, Salz, Laugen-
Text dieses bis jetzt ältesten akkad. Ge- war als die Kopien, ist nicht wahrschein- keit haftbar, während § 6 die widerrecht- kraut [uhuluml], Kupfer) an den Anfang
setzgebungswerkes ist in zwei nicht völlig lich. liche Aneignung eines Schiffes bestraft. gestellt wurde. Dazu paßt die anschließende
identischen Ausfertigungen erhalten, Den eigentlichen Gesetzen geht (frag- § 9 setzt die Buße für den Vertragsbrach Festsetzung der Miettarife für Schiffe und
Tafel A und B nach dem Herausgeber mentarisch erhalten nur in A I 1—7) eine eines Erntearbeiters fest. §§ 12—13 betref- Wagen sowie der Löhne für Wagenlenker,
A. Goetze. Sie wurden 1945 und 1947 bei sumerisch verfaßte Präambel voraus, die fen Felddiebstahl und Einbrach in das Schiffer, Eseltreiber und Schnitter. Im CH
iraqischen Ausgrabungen in Teil Harmal schon wegen ihrer Knappheit nicht als Haus eines muSkenum. §§ 15—16 regeln stehen solche Bestimmungen erst im letz-
(Saduppum*) gefunden und befinden sich Prolog (s. dazu S. 243ff.) gelten kann. Sie die Geschäftsfähigkeit der Sklaven und ten Teil. In diesem Zusammenhang wird
jetzt im Iraq-Museum (IM 51059 und enthält wahrscheinlich das Datum der der zur Familiengemeinschaft gehörenden auch der Erntearbeitervertrag mit dem
52614). Beide 2-kolumnige Tafeln sind Verkündung der Gesetze. Die frühere Auf- Söhne. §§ 17 + 18 beziehen sich auf Ver- vorausbezahlten Pauschallohn geregelt
beschädigt, Tafel A am oberen und unte- fassung Goetzes, daß in A I 2 der Königs- löbnis* und Ehevertrag, §§ 18 a—21 auf (§ 9), der zwar im CH nicht vorkommt,
ren Rand, Tafel B fehlt fast die ganze name Bi-lah-ilala-a-ma zu lesen sei, konnte Darlehen (einschließlich der Festsetzung durch die Rechtsurkunden jedoch vielfach
obere Hälfte, doch ergänzen beide Texte nicht aufrechterhalten werden. Die Lesung des Zinssatzes). Mit der unberechtigten bezeugt ist (vgl. J. G. L a u t n e r , SD 1,
einander. Tafel A endet mit einem unbe- n a m - l u g a l E s - n u n - n a k i „das König- Pfandnahme befassen sich §§ 2 2 — 2 4 ; ehe- 162 ff.). Eine Tarifbestimmung enthält
schriebenen Raum von etwa 7—8 Zeilen. tum E." in A I 3 deutet vielleicht darauf, und familienrechtliche Regelungen brin- auch noch § 32 (10 Minen Silber für das
Die beiden Kopien weisen zahlreiche ortho- daß CE aus der Zeit nach der Erhebung gen die §§25—30; §31 belegt mit einer Aufziehen eines Säuglings in 3 Jahren).
graphische, grammatische und auch sach- von Esnunna zum Königtum stammt. Es Geldbuße die Schändung der fremden § 41 kann man einen Hinweis auf einen
liche Varianten auf, die A. Goetze in LE scheint, daß Dadusa als erster den Königs- Sklavin (als Eingriff in die Eigentums- Preistarif für Getränke entnehmen, der in
5ff. ausführlich bespricht. Sie wurden da- titel für sich beanspruchte. Eine überzeu- sphäre ihres Herrn). §§ 32—35 regeln die das Gesetz nicht aufgenommen wurde. CE
her vielleicht zu verschiedenen Zeiten nach gende Ergänzung des ganzen Textes der Adoption, auch bei untergeschobenen teilt, ebenso wie der CH, die Bevölkerung
einer nicht ganz unverändert übernom- Präambel (A 11—7) und eine Einordnung Kindern; die der Unterschiebung schuldige in die drei Klassen der Freien (awilum),
menen Vorlage geschrieben. Der editio der Datenformel ist noch nicht gelungen. Sklavin bleibt straffrei. In den §§ 36—41 Sklaven (wardum) und Palasthörigen (mus-
princeps der beiden Tafeln mit Umschrift, werden die Verwahrung und besondere kenum) ein. Die Geschäftsfähigkeit der
Die Paragrapheneinteilung hat Goetze Fälle des Kaufs geregelt. Den Körperver- unter der väterlichen Gewalt bleibenden
Übersetzung, Kopie und Photos durch A. in seinen beiden Ausgaben nach einem rein
Goetze in Sumer 4 (1948) 63ff. folgte 1956 letzungen bei vollfreien Personen gelten Söhne (mär awilim lä zizu „der ungeteilte
formalen Gesichtspunkt unternommen die §§ 42—48. In den §§ 49—52 befinden Sohn") wird eingeschränkt; sie dürfen
eine Neubearbeitung mit ausführlichem (vgl. S. 256 zu der Einteilung des CH). Sie
Kommentar und Glossar in AASOR 31 sich die Bestimmungen über die Sklaven- ebenso wie Sklaven kein zinsfreies Dar-
wurde von weiteren Bearbeitern beibehal- hehlerei und über die Sklavenzeichen. Die lehen (qiptum) aufnehmen (§ 16).
(1956) (A.Goetze, The Laws of Esnunna; ten. Man zählt daher 60 Bestimmungen
252
GESETZEGESETZE254
Das Sklavenrecht behandeln noch wei- Zahlungen zurückgehen; stirbt einer von
tere Bestimmungen: § 15 verbietet dem ihnen bald danach, behält der Überlebende
Kaufmann und der Schenkin von Sklaven (Ehemann oder Brautvater) den allfälligen
Geld oder Naturalien adi mädim zu über- Überschuß nach Verrechnung von Mitgift
nehmen; adi mädim wird verschieden ge- und terhatum (vgl. R. Y a r o n , JSS8 [1963]
deutet: W. von Soden, ArOr. 17/3 (1949) 1 ff. und die korrigierte Lesung von B 117
369 „in größerer Menge"; A. Goetze, LE in CAD A1 192; die allein vollständig er-
S. 57 „at the multiple (for speculating)"; haltene Textfassung von B ist offenbar
F.M.Th.DeLiagreBöhI,JEOLn(i949/ nicht ganz korrekt). Eine doppelte Rück-
50) 9916, V. K o r o s e c , Razprave 2 (1953) gabe der terhatum wird dem Vater der
2Ö22 „nicht in der geringsten Menge". Braut nach § 25 für den Fall auferlegt, daß
Grundsätzlich galt der Sklave als Rechts- er seine Tochter einem anderen Manne gibt.
objekt und wird als solches im § 40 unter Nach der Übergabe der terhatum an den
res in commercio besonders genannt. Zu Vater der Braut durch den Bräutigam
§§22f. vgl. S. 255. Die den Sklaven zu- wird die gewaltsame Entjungferung der
gefügten körperlichen Verletzungen (bzw. Braut durch einen Dritten mit dem Tode
die Schändung einer fremden Sklavin) bestraft (§26). Die Eheschließung erfolgt
werden als Beschädigung einer fremden nach § 27 und § 28 nur im Wege eines Ver-
Sache beurteilt und mit Geldbußen belegt trages (riksätum) zwischen den Eltern der
(§§ 55, 57 bzw. 31). Die mit den Sklaven- Braut und dem Manne in Verbindung mit
zeichen versehenen Sklaven und Sklavin- einem Hochzeitsmahl (qirrum; vgl. zu
nen durften das Stadtgebiet von Esnunna diesem Begriff W. von Soden, OLZ 53
nicht verlassen (§ 51), was auch von den [1958] 520 f.); ohne Vertrag wird die Frau
fremden Sklaven galt, die mit ihren Herren auch nach einjähriger Gemeinschaft mit
nach Esnunna kamen (§ 52); wer mit einem dem Manne nicht zu seiner Ehefrau (assa-
gestohlenen Sklaven angetroffen wurde, tum). Für den Ehebruch kann nur die Ehe-
mußte dem Eigentümer diesen und noch frau (sogar mit dem Tode) bestraft wer-
einen eigenen Sklaven erstatten (§49). Im den. — Die Ehescheidung regelt der viel
§ 16 CH wurde dieses Delikt mit dem Tode umstrittene § 59 für den Fall, daß ein
bestraft. Mann seine Frau, die ihm Kinder geboren
Für die umstrittene Stellung des muS- hat (und zur Scheidung keinen Anlaß gab)
kenum (s. zuletzt W. v o n S o d e n , ZA 56 verstößt und eine andere nimmt: der Mann
[1964] 133 ff.) sind einige Bestimmungen verliert sein Vermögen an Grundbesitz,
des CE interessant: Sein Vermögen (Feld vermutlich an die Familie der Frau.
und Haus) wird gegen Flurfrevel und Ein- Schließlich regeln die §§ 29—30 die Stel-
bruch geschützt (§§ 12—13), die gesetz- lung der Frau eines in Gefangenschaft
widrige Pfandnahme von Frau oder Kind Geratenen und desjenigen, der gesetz-
eines muSkenum wird, wenn der unberech- widrig das Gebiet von Esnunna verlassen
tigte Gläubiger ihren Tod verschuldet, hat: Beide können einen anderen Mann
sogar mit dem Tode bestraft (§24). Die heiraten. Die erstere ist im Unterschied
engen Beziehungen zwischen Palast und von § 135 CH auch dann dazu berechtigt,
muSkenum, sind auch in den §§ 34/5 und 50 wenn sie nicht in Not ist, sie muß aber zu
erkennbar: Der muskenum darf das Kind ihrem Mann zurückkehren, wenn er aus
einer Palastsklavin nicht einmal als Zieh- der Gefangenschaft heimkehrt. Die Frau
kind (tarbltum) annehmen; seine Sklaven des entflohenen Mannes bleibt hingegen
und Tiere stehen (nur nach Tafel B) unter für immer frei.
demselben Rechtsschutz wie die des Pa- Über das Familien- und Erbrecht erfah-
lastes. ren wir aus dem CE nur wenig. Nach § 16
Auf das Eherecht beziehen sich acht blieben die Söhne wohl bis zum Tode ihres
Bestimmungen: §17 + 18 setzt fest, daß Vaters in ungeteilter Vermögensgemein-
im Falle des Todes eines der Brautleute schaft (s. S. 253). Wenn nachher einer der
noch vor der Eheschließung die geleisteten Brüder seinen Anteil verkaufen wollte und
GESETZE 255
ein anderer Bruder ihn zu kaufen wünschte, Mehrere Bestimmungen betreffen De-
so brauchte dieser nach § 38 nur den halben likte gegen das Vermögen: Nach § 6 wird
Kaufpreis zu zahlen (vgl. J. K l i m a , RIDA derjenige mit einer Geldbuße von 10 Sekel
3 [1956] 95 und W. von Soden, BiOr. 13 Silber belegt, der ein fremdes Schiff nimmt
[1956] 34; anders E. S z l e c h t e r , Les Lois {furtum usus ?). Zu § 12f. vgl. schon S. 254.
d'Esnunna 26"). Die gesetzwidrige Pfandnahme einer frem-
Der CE regelt eine Reihe von Vertrags- den Sklavin gibt dem Herrn der Sklavin
verhältnissen. § 18 a setzt den Zinssatz bei nach § 22 das Recht, vollen Ersatz für die
Silber auf 20% und bei Getreide auf 331/3% entgangene Arbeitsleistung zu fordern.
im Jahr fest. Nach § 19 darf ein Getreide- Starb die Sklavin bei dem Pfandnehmer,
darlehen nicht vor der Ernte zurückgefor- so mußte dieser nach § 23 zwei Sklavinnen
dert werden; zu § 20 und § 21 vgl. W. von als Ersatz geben. Für § 24 s. S. 254, für
Soden, OLZ 53 (1958) 520 (es geht um die § 31 S. 253. Die Kompetenz der Gerichte
Umwandlung von Silberdarlehen in Korn- von Esnunna beschränkt § 48 bei bestimm-
darlehen und um zinspflichtige Darlehen). ten Körperverletzungen auf die Fälle, die
§§ 36—37 regeln die Haftung des Verwah- mit Geldbußen bis zu 1 Mine Silber be-
rers: Gehen bei ihm infolge seiner Nach- droht sind; für die Verurteilung von Ka-
lässigkeit Sachen des Deponenten verloren, pitalverbrechen ist der König zuständig.
so ist er zum Ersatz verpflichtet (§ 36);
J. Klima.
gingen sie jedoch infolge eines Einbruches
oder Hauseinsturzes zusammen mit den 6. Der Codex Hammurabi {CH). Der CH
eigenen Sachen zugrunde, so „beweist" ist hinsichtlich Grundkonzeption und Lei-
dieser seine Redlichkeit durch einen Eid tung wohl das Werk des großen, nach Aus-
und braucht keinen Ersatz zu leisten (§37). weis seiner Korrespondenzen in besonde-
Die Bestimmungen des CH sind viel stren- rem Maße an der Rechtspflege beteiligt ge-
ger, da sie dem Verwahrer die Haftung für wesenen Königs Hammurabi* von Baby-
culpa in custodiendo auferlegen. — Der lon (1792/28—50/1686) und nach Umfang,
Käufer von Mobilien war gemäß § 40 ver- Inhalt und formal eine der bedeutendsten
pflichtet, den Verkäufer zu nennen, sonst Rechtsaufzeichnungen Altmesopotamiens
wurde er als Dieb bestraft. überhaupt. Prolog und Epilog (s. o. S. 243ff.)
Für die Haftpflicht der Schiffer vgl. sind von dichterischer Kraft, die Rechts-
S. 251 zu § 5. — Das Strafrecht ist im CE sätze stilistisch und inhaltlich relativ klar
verhältnismäßig ausführlich behandelt, und prägnant. Wenngleich manche der an-
obwohl manche typischen Delikte wie gedrohten Strafen grausam erscheinen
Diebstahl (abgesehen von der Sklaven- mögen, so daß man im Vergleich z. B. mit
hehlerei gemäß §§ 49—50, s. S. 254) oder den Gesetzen von Esnunna geneigt sein
Mord nicht begegnen. Sechs Bestimmun- könnte, sie für bereits zurZeit Hammurabis
gen (§§ 42—48) betreffen an Freien began- antiquiertes und nicht mehr praktiziertes
gene Körperverletzungen, für die eine Recht zu halten, so entsprechen sie doch
Buße festgesetzt wird (also kein ius talionis); völlig der Härte der Strafen in dem etwa
die Geldbußen betragen zwischen 1 Mine 110 Jahre jüngeren Edikt Ammisaduqas
und 10 Sekel Silber. Die Bestimmungen (s. u.) und halten zumeist einen Vergleich
von § 47 + 48 sind noch nicht geklärt. mit mittelalterlichen und jüngeren euro-
Fünf Bestimmungen (§§ 54—58) verfolgen päischen Rechten aus.
die Fahrlässigkeit des Eigentümers eines Der CH ist gewiß keine nach Form und
als stößig bekannten Ochsen und eines ge- Inhalt originäre Neuschöpfung, sondern
fährlichen Hundes; falls nach der amt- entstand unter Benutzung älterer ähn-
lichen Feststellung der Gefährlichkeit ein licher Werke, wie etwa aus der Parallelität
solches Tier einen Freien tödlich verletzte, im Aufbau der Prologe und Epiloge von CL
mußte sein Eigentümer 2 / 3 Mine Silber und CH (s. o. S. 244) und aus einer ganzen
zahlen; wurde ein Sklave getötet, betrug Anzahl von Bestimmungen des CH hervor-
der Ersatz 15 Sekel Silber. geht. Zu den entsprechenden Einzelerörte-
252
GESETZEGESETZE256
3. Das große Ansehen, das der CH lite- E . A . S p e i s e r , JAOS Spl. 17, 13; Bab-
rarisch (vgl. insbesondere die Prolog- Laws 1, 32; W . v . S o d e n , Herrscher im
abschriften) und wohl auch in der Rechts- Alten Orient 48); ob das gleiche auch für
praxis erlangt haben muß, spiegelt sich die nachaltbab. Zeit zutrifft, ist dagegen
wider in den überlieferten Tontafelab- nach dem gegenwärtigen Quellenstande
schriften, die, unter Hammurabi begin- schwer zu entscheiden, vor allem ob für
nend, sich über mehr als u o o Jahre und die Aufnahme mehrerer Kopien in die
über Babylonien, Assyrien und vereinzelt Bibliothek Assurbänaplis* (669—627)
Elam verteilen. Insgesamt sind bisher allein hterarisch-historisch-archäologische
etwa 32 Fragmente bekannt, von denen (so insbesondere BabLaws 1, 32; vgl.
allerdings z. T. mehrere zu jeweils einer W i s e m a n , 1. c. 162; W. E i l e r s , AO 31/
Kopie gehören. Verzeichnisse in BabLaws 3—4 [1932] 5) oder auch praktische
1, 30f.; 2, i f . ; G. C a r d a s c i a (mit Berich- Gründe maßgebend waren (Cardascia,
tigungen), RIDA7 (i960) 43 ff. mit Anm. 1. c. 47). Ein bezeichnendes Beispiel für
20—27; dazu die neubab. Prologabschrift eine mindestens literar. Nachwirkung des
BM 34914 bei D. J. W i s e m a n , JSS 7 CH bilden die weitgehend dem CH ent-
(1962) 164t. und ein altbab. Fragment mit sprechenden und wohl entlehnten Fluch-
§§ 275—277 (E. S o l l b e r g e r , ZA56 [1964] formeln eines fast 1000 Jahre jüngeren
I30ff.). assyr.-babylon. Staatsvertrages; vgl. R.
Die Fragmente sub 2 und 3 zeigen trotz B o r g e r , OrNS 34 (1965) 168f.
der mehr als 1000-j ährigen Tradition b) Formal sind durchgängig — Aus-
gegenüber 1 zwar graphische und gewisse nahmen nur §§ 36, 38—40, 187 — die zu
sonstige Varianten, aber praktisch keine regelnden Tatbestände in einem Bedin-
juristischen (vgl. als Ausnahme § 152 Z. 56 gungssatz mit Summa „wenn" als Vorder-
der Stele mit UM 5, 93 Rs. XI). satz und die Rechtsfolgen in einem an-
Zu den Varianten sowie den auf einzel- schließenden Hauptsatz formuliert, ebenso
nen Tafeln vorkommenden Kolophonen wie in den entsprechenden sumerisch ab-
vgl. BabLaws 1, 32L; 2, 108ff.; 416L; gefaßten Werken CU und CL.
113L; J . N o u g a y r o l , JA 245 (1957) 355f.; c) Inhalt des Rechtstextes (zu Prolog und
363; D. J. W i s e m a n , JSS 7 (1962) 168ff.; Epilog s. o. S. 243ff.).
G. C a r d a s c i a , RIDA 7 (i960) 35. Für die Vielleicht in der Absicht, das tragende
Entstehungsgeschichte des CH bedeutsam Gesetzgebungsmotiv — die Verwirklichung
ist die Pariser Prologabschrift AO 10237 von Recht und Gerechtigkeit im Lande
( J . N o u g a y r o l , RA45 [1951] 72ff.), die und die Findung richtigen Rechts — auch
gegenüber der Stele gewisse Auslassungen im Rechtstext zu betonen, wird dieser in
aufweist und deshalb auf eine mindestens den §§ 1—5 mit Strafbestimmungen zum
5 Jahre ältere Prologversion zurückgehen Rechtsgang (Prozeß) eingeleitet. Unbe-
dürfte; dazu N o u g a y r o l , 1. c. 71. Die wiesene Anschuldigungen der Tötung (§ 1)
Fragmente sub 2 und ein Teil von 3 dürf- oder der Zauberei (§ 2) und unbewiesene
ten nicht von der Stele, sondern von einem (falsche) Aussagen von Zeugen in Prozes-
anderen Archetyp abstammen (vgl. J. sen aller Art (§§ 3, 4) werden nach Talions-
Laess0e, JCS 4 [1950] 184L; N o u g a y - recht* (vgl. CL § 17; Dt. 19, i6ff.) am An-
rol, 1. c. 68; JA 245 [1957] 363; D. J. schuldiger bzw. in Kapitalprozessen am
Wiseman,I.e. 161;BabLaws iS.XXVII). Zeugen mit Todesstrafe (§§ 1—3) und Ver-
Zu der für die Entstehungsgeschichte mögensverlust (§ 2) und bei Vermögens-
wichtigen Variante in JSS 7 (1962) 164 f. prozessen am Zeugen mit der jeweiligen
zur Stele I 1—16 und V 15 s. R. B o r g e r , Prozeß-Strafe geahndet (§4). Zu §2 vgl.
BAL 2,4 ff. Mindestens in altbab. Zeit dürf- § „10" CU und den Mari-Brief bei G. Dos-
ten Kopien außer für Lehrzwecke auch für sin, SD 2,113 ff. § 5 droht dem (bestoche-
den praktischen Gerichts- und Verwal- nen?, vgl. RIA 2, 19) Richter, der der
tungsgebrauch angefertigt worden sein nachträglichen Änderung eines eigenen
(ebenso B . L a n d s b e r g e r , SD 2, 221: Urteils überführt wird, eine Strafe
252
GESETZEGESETZE258
des 12-fachen vom Prozeßgegenstand und Der Hehlereifall des § 6 attrahierte an-
dauernden Verlust des Richteramtes an. scheinend den § 7 (vgl. A. Boissier, Bab.
Damit erfassen die §§ i—5 trotz ihrer lücken- 9 [1926] 19ff.), wonach Todesstrafe als
haften Kasuistik alle — von den Prozeß- „Dieb" demjenigen droht, der aus den
parteien abgesehen —- für die Rechtsfin- Händen eines mär awllim „(minderjähri-
dung wichtigen Prozeßbeteiligten in lo- gen) Sohnes eines Freien'' oder eines wardum
gischer Reihenfolge: Anschuldiger, Zeu- (Sklaven) Mobilien — wohl dem Hausvater
gen, Richter. gestohlene — durch Kauf oder ana mas-
Mit §§ 6—25 folgt eine Gruppe von sarütim („zur Verwahrung") ohne schrift-
durchweg (Ausnahme § 8) mit Todesstrafe lichen Vertrag und/oder Zeugen empfängt
bedrohten Kapitaldelikten, die nach An- (vgl. §§15, 16 CE; MAG Tf. A §§3, 6;
griffsobjekt (Palast- und Tempeleigentum, van P r a a g 53t.; J. J. R a b i n o w i t z , Bi-
freie Kinder), Häufigkeit oder Ausführungs- Or. 16 [1959] 97; anders oben RIA 2, 212).
weise offenbar als die Ordnung im Staat Wahrscheinlich durch §7 („Kauf", „Dieb")
und in der Lebensgemeinschaft der Be- attrahiert sind die §§ 9—13, die das Ver-
völkerung besonders gefährdend galten: fahren und den Gewährentzug beim Ver-
Diebstahl* von Gottes- oder Palastgut folgungsprozeß um abhanden gekommenes
(res sacrae) und Empfangnahme solchen Gut regeln, das bei einem angeblichen
Diebesgutes („Hehlerei"; § 6); besteht das Käufer aufgegriffen worden ist: Todes-
Diebesgut in Vieh oder Schiffen (res ftro- strafe für den Verkäufer als Gewähren
fanae) eines Tempels oder des Palastes, so (§ 9) oder für den beweisfälligen Käufer
tritt ausnahmsweise nach § 8 nur eine Ver- (§ 10) je als „Dieb" (vgl. § 40 CE) oder
mögensstrafe des 30-fachen, bei gleich- nach § 11 talionsweise für den beweisfäl-
artigem Eigentum eines muskenum (dazu ligen Verfolger als sarrum (vgl. dazu C.
S. 235; J. J. F i n k e l s t e i n , JCS 15 [1961] K u n d e r e w i c z , J J P 9/10 [1955/56]
96ff.; W . v . S o d e n , ZA56 [1964] 133ff.) 417ff.). Durch §§ 15, 16 zum Thema
eine Strafe des 10-fachen ein, ersatzweise „Sklavenflucht" attrahiert wurden die
in beiden Fällen aber wieder die Todes- §§ 17—20 mit allgemeinen Bestimmungen
strafe (vgl. dazu § 5' EA; zur Strafe, über die Belohnung bei Ergreifung flüch-
des 30-fachen neubabylonisch s. RIA 2, tiger Sklaven (§ 17; vgl. § 15 CU), über die
Pflicht zur Auslieferung unbekannter Skla-
214); ven an den Palast zwecks Identifizierung
Raub („Diebstahl") von freien Kindern und Rückführung an den Herrn (§ 18),
(§14); über Verheimlichung ergriffener Sklaven
Entweichenlassen von Sklaven, die dem (§ 19, Todesstrafe bei handhafter Tat) und
Palast oder einem muskenum gehören, aus Entlastungs-(Reinigungs-)Eid des Ergrei-
dem Stadttor (A. F a l k e n s t e i n , ZA 52 fers nach Wiederentweichen des Flücht-
[1957] 327; §15); lings (§ 20).
Verbergen flüchtiger Sklaven des Pa- Gegenstand der §§ 26—41 sind die mili-
lastes oder eines muskenum trotz öffent- tärischen und zivilen Dienstleute des Königs
lichem Heroldsausruf (§ 16); und ihr ilkum (konventionell: „Lehen",
Einbruch in ein Haus (§ 21 mit qualifi- ohne aber feudalrechtlichen Charakter zu
zierter Todesstrafe; zu PRAK 2 C 18 vgl. implizieren). Die Uberleitung von der vor-
S. 250); aufgehenden Gruppe von Kapitaldelikten
Raub (hubtum; §22; vgl. W. F. Lee- bildet § 26: er bedroht mit Todes- und
mans, Scrittiin onore di G. Furlani [1957] Vermögensstrafe die Dienstverweigerung
661 ff.; bei Nichtergreifen des Räubers eines redüm (Soldaten) oder bä'irum
Ersatzpflicht der Gemeinde des Tatortes (Fischers, Fängers) ( = Berufssoldaten),
und ihres rabiänum §§ 23 f.); der trotz Aufgebot zum Königszug nicht
Plünderung durch einen Helfer beim erscheint oder unerlaubt einen gemieteten
Löschen eines brennenden Hauses als hand- Ersatzmann stellt. §§ 27—34 enthalten
hafter Tat (§ 25, Feuertod noch im selben teils „verwaltungsrechtliche", an die
Feuer).
TZE 259
durch Hirten als Weide (§§ 57, 58), uner- in anbaufähigem Zustand zurückzugeben
laubtes Fällen von Bäumen in fremden (§§43- 44- 62. 63). §§45—47 regeln da-
Gärten (§59), unerlaubter Hausbau auf gegen die Schadenverteilung bei Feld-Miß-
Nachbars Boden (?, § D; vgl. J. N o u g a y - ernten, die durch unverschuldete Wasser-
rol, JA 245 [1957] 343/5. 361). schäden (vis maior) entstanden sind: ein
§ 59 setzt die deliktischen Tatbestände im voraus (?, anders K o s c h a k e r , GRÖR
der §§57 f. fort und leitet vom Thema 93; BabLaws 1, 140f.) bezahlter Pachtzins
„Feld" zum Thema „Garten" über; zu § 59 verbleibt dem Verpächter (§ 45), sonst ist
vgl. dieselben Geldbußen von 1 / a Mine der geminderte Ertrag vertragsgemäß auf-
Silber in § 10 CL für Isin* und in der Ur- zuteilen (§ 46); eventuell einjährige Pacht-
kunde W 20472, 125 beiA. F a l k e n s t e i n , zeitverlängerung (§47). §48 — durch
BagM 2 [1963] 48 für Uruk; ders. ZA 51 §§ 45 f. attrahiert — gewährt Schuldnern
[1955] 262. Gliederung und Inhalt des (Bauern) bei Mißernten durch Wasser-
Rechtsstoffes zum Thema „Haus" (§§67 schäden oder -not für verzinsliche Schul-
= Bff.) sind nur unvollständig erkennbar, den Zahlungsaufschub (vgl. ana ittisu An-
da mit dem Ende von § 65 die Textlücke hang zu Tf. 7 III 8'ff., MSL 1, 105L; s. o.
der Stele beginnt und der Text aus anderen S. 251t.) und Zinserlaß im Notjahr.
Fragmenten nur teilweise rekonstruierbar Er leitet über zu §§ 49—52 über die Hin-
ist (zur §§-Zählung nach Buchstaben vgl. gabe eines unfertig (§ 49) oder fertig (§ 50)
BabLaws 2, 35 ff.; zur Rekonstruktion der bestellten Feldgrundstücks (für Gärten s.
Stelenlücke s. aber J. N o u g a y r o l , JA 245 § 66) durch einen illiquiden Schuldner (so
[1957] 342ff» 36of.; R. B o r g e r , OrNS 31 mindestens in § 66 am Anfang) an seinen
[1962] 364f.). Gläubiger („Kaufmann"), damit er sich
Bestimmungen über normale Feldpacht- für die Geldschuld aus der im laufenden
abgaben fehlen vollständig. Nur für den Jahre zu erwartenden Ernte befriedige
Gärtnereivertrag über die Neuanlage eines (esift tabal „sammle ein, nimm weg!",
(Palmen-)Gartens auf einem Felde, sieht Kapital- und Zinsantichrese): Vereinba-
§ 60 für vier Jahre Abgabenfreiheit des rungen über den Verfall der Gesamternte
Gärtners, im fünften Jahre gleichmäßige an den Gläubiger sind unwirksam. Der
Teilung zwischen ihm und dem Feldeigner Schuldner selbst befriedigt aus der Ernte
vor; bei nur teilweiser Anlage des Gartens den Gläubiger für Kapital, Zins (§§ 49—52,
wird der brach gebliebene Feldteil auf den 66) und aufgewandte Bebauungskosten
Anteil des Gärtners gerechnet (§ 61; vgl. (§49). Ein Uberschuß verbleibt dem
§ 8 CL). Bei der Teilpacht von bereits be- Schuldner (so ausdrücklich § 66); ein
stehenden Palmengärten („zur Befruch- Schlechtertrag geht mindestens im Falle
tung") beträgt die Pachtabgabe zwei Drit- des § 49 zu Lasten des Gläubigers (§ 52).
tel des Ertrages (§ 64). Im übrigen werden Die nachbarrechtlichen Bestimmungen
vorwiegend Pachtzins- oder Schadenersatz- der §§ 53—56 sehen die Schadenersatz-
regelungen für Sonderfälle getroffen. Bei haftung von Grundstücksbewirtschaftern
der Teilpacht ist bei Ernteausfällen infolge für Ernteschäden vor, die sie Nachbar-
nachweislicher Untätigkeit des Feld- oder fluren und -feidern durch schuldhaft pflicht-
Gartenpächters die j ährliche Getreide- bzw. widrige Unterlassung von Deicharbeiten
Dattelpachtabgabe nach der Ernte der (§§53f-), durch Nachlässigkeiten (§55)
Nachbargrundstücke (vgl. u. S. 277) zu be- oder auch durch schuldlose Verursachung
messen (§§ 42f., 65); ebenso die Getreide- (§ 56, Gefährdungshaftung) bei der Be-
abgabe, wenn die vom Gärtner vertrags- wässerung zufügen. Zahlungsunfähigkeit
mäßig übernommene Neuanlage eines des Schuldigen führt im Falle des § 53 er-
Baumgartens auf einem Feldgrundstück satzweise zum Verkauf in die Sklaverei
vollständig unterbleibt (§ 62); für Brach- (Leibeshaftung) und Teilung des Erlöses
land vgl. §§ 44, 63. Außerdem sind die unter die Geschädigten (§ 54). Nach § H + G
vertragswidrig vernachlässigten Felder (vgl. J. N o u g a y r o l , 1. c. 344!, 360, 361;
nach Vornahme bestimmter Arbeiten, d. h. § 11 CL) haftet unter gewissen Umständen
rZE 261
der Eigentümer eines verfallenen oder Auf eine ein Kapitaldelikt enthaltende
brachliegenden Grundstücks für Dieb- Textlücke (§ T = „97") folgen handels-
stähle, die von da aus in Nachbargrund- rechtliche Schuldverhältnisse: Hat jemand
stücken verübt werden. einem anderen Geld ana tappütim (zur
Bemerkenswert ist § E über die vor- Gemeinschaft, [Handels-] Gesellschaft
zeitige Vertreibung des Hausmieters durch [-seinlage]) gegeben, so ist nach § U
den Eigentümer/Vermieter trotz voraus- ( = .,98") Gewinn und Verlust „vor dem
bezahltem Jahresmietzins (dazu und zu § J Gotte" gleichmäßig zu teilen; vgl. dazu ana
vgl. J. N o u g a y r o l , 1. c. 3441, 360t., ittisu MSL 1,76,19—77,33; W. E i l e r s , Ge-
36411); der Eigentümer verliert zwar den sellschaftsformen im altbab. Recht 36 f.
vollen vorausempfangenen Mietzins, der Gegenstand der §§ 99—107 ist die Hingabe
Mieter aber scheint danach kein geschütztes von Geld durch einen tamkärum an einen
Besitz- oder gar Eigentumsrecht (auch nicht Samallüm „(Handels-)Gehilfen" zu Han-
im Sinne eines geteilten Eigentums „auf delsgeschäften (§§ 99ff.), darunter als
Zeit") gehabt zuhaben (vgl. dazu G. L a u t - tadmiqtum-Ddxlehen (§§ I02f.), oder von
n e r , SD 1, 120; 140 f. zu § 78; anders Waren zum Verschleiß (§§ 104t.). Zum
G. C a r d a s c i a , RIDA 6 [1959] 27f.). Samallüm vgl. W. F. L e e m a n s , SD 3,
Die folgenden §§-Gruppen über Zins 22 ff.; 6, 44. 91. 142. Bei dem auch in der
und Zinsschulden (§§ L = „88" ff.) und Praxis belegten (vgl. UM 8,145) tadmiqtum-
über handelsrechtliche Schuldverhältnisse Darlehen haftet nach § 102 der S. bei
(§§ U = „98"—107) nehmen anscheinend (Reise-)Verlusten auf das einfache Kapital,
die bereits in §§49ff., 66 angesprochenen während § 103 — vielleicht für Kapitalien
Themen tamkärum „Kaufmann" und aller Art — Haftungsfreiheit des S. bei
„Schuldverpflichtungen (Darlehen)" wie- Schäden anordnet, die durch (kriegerische
der auf. Nach Festsetzung der (Maximal-) und räuberische) Feindeinwirkung ent-
Zinssätze von 20% für Silber- und 331/3% standen sind. Im übrigen scheint dem
für Getreideschulden (§ L, vgl. §§ 18 Äff. tamkärum ein Mindestgewinn von 100%
CE; W. F. L e e m a n s , RIDA 3 m 0 ann£e 5 des Kapitals garantiert zu sein (§ 101).
[1950] 7ff.; SD 3,14L) folgen insbesondere Über das Abrechnungs- und Rückzahlungs-
Strafbestimmungen gegen Umgehungsver- verfahren und Betrugsversuche vgl. §§ 100,
suche. Überschreitung der Zinssätze sowie 104/5 bzw. 106 f.
Verwendung ungleicher Gewichte und Durch das Stichwort tamkärum wurden
Maße bei Darlehenshingabe und -rück- anscheinend die §§ 108—111 über die auch
empfang zum Nachteile des Schuldners anderwärts (vgl. §§ 15 CE, 16' EA) mit
werden mit Kapital- (und Zins-) Verlust dem t. zusammen genannte säbitum
(§§ M, P = „90, 94") geahndet; andere „Schankwirtin" (vgl. S. 274 zu § 16' EA)
Manipulationen des Gläubigers (tamkärum) und ihren Betrieb attrahiert, desgleichen
und Anatozismus werden mit der Strafe durch §§ 99ff. („Reise") § 112 über die
des Doppelten vom Empfangenen (plus Unterschlagung von Beförderungsgut
Kapitalverlust?) (§ O = „93") belegt. §R (Strafe des Fünffachen). Zu den Todes-
( = „96") gibt illiquiden Schuldnern bei strafandrohungen gegen die s. —• hier für
Geld- oder Getreideschulden das Recht, Gewichts- und Preisbetrügereien und
unter Zuziehung von Zeugen ihre Gläubi- unterlassene Anzeigepflichten — in §§108 f.
ger durch Leistung anderer vorhandener vgl. § 16' EA, zu § i n mit dem Preistarif
Mobilien, vielleicht der gesamten Fahr- für Bier auf Borg vgl. § 15' EA. Wie Pfän-
habe (mimma Sa ina qätiSu ihassü), zu be- dungen und Schuldversklavungen erst am
friedigen und damit ihre Leibeshaftung Ende der Abwicklung von Schuldverhält-
abzuwenden. Zur Tilgbarkeit von Geld- nissen stehen, schließen die §§ 113—119
schulden durch Leistung von Getreide über zwangsweise Pfändungen durch den
zum offiziellen Kurs nach § M (§ „89") Gläubiger (§§ 113—116) und über freiwilli-
vgl. ana ittiSu Zusatz zu Tf. 7 B. L a n d s - ge Hingabe von Hausangehörigen durch
berger, MSL 1, 105, 114. den zahlungsunfähigen Schuldner (§§ 117
262 GESETZE}GESETZE279
jst Wiederheirat weiterhin bei Abwesen- Nach § 150 sind schriftliche Zuwendun-
heit des Mannes infolge (politischer) gen des Mannes an die Frau, die wohl für
Flucht aus der Stadt unter endgültiger die Versorgung der Frau nach Vorverster-
Auflösung der ersten Ehe (§ 136) (vgl. ben des Mannes bestimmt und vielleicht
§ § 3 6 , 45 MAG; 29f. CE). Diesem Fall (strittig) mit dem nudunnüm der §§ 171t.
der Eheauflösung bei Lebzeiten der Ehe- identisch sind, allen Vindikationsansprü-
gatten fügen sich Bestimmungen für chen der Kinder (Söhne) des Mannes ent-
gewisse Fälle der Ehescheidung an: zogen und unterhegen einer beschränkten
Scheidung durch den Mann von einer Verfügungsbefugnis der Witwe (zu den
naditum oder einer sugetum bei „be- streitigen Einzelheiten vgl. BabLaws 1,
endeten" Ehen ohne besonderen Schei- 265ff., 311L gegenüber A. v a n P r a a g ,
dungsgrund (§ 137), Scheidung allgemein Droit matrimonial i6iff., je mit Lit.).
wegen Kinderlosigkeit (§ 138) oder bei §§151 f. betreffen die Vermögens- bzw.
ehewidrigem Verhalten eines der Ehe- haftungsrechtlichen Wirkungen der Ehe
partner (§§ 141-—2). Im Falle des § 137 er- gegenüber Dritten: Anscheinend haftet
folgt Abfindung der Frau und ihrer Kinder mindestens die im Hause des Mannes woh-
mit einem Teile des ehemännlichen Im- nende Frau grundsätzlich für eheliche und
mobiliar- und Mobiliarvermögens, im Falle voreheliche Schulden des Mannes. Die
des § 138 durch ein Scheidegeld (uzubbüm ; Haftung für letztere kann aber nach § 151
§§ 138—140); kein Scheidegeld bei Schei- durch schriftlichen Vertrag mit ihrem Ehe-
dung durch den Mann aus Verschulden der mann ausgeschlossen werden. Entspre-
Frau oder auf ihr Betreiben aus und trotz chend entfällt auch die Haftung des Man-
Verschulden des Mannes (§§ 141, 142); nes für voreheliche Schulden der Frau. Für
allgemein ist der Frau ihre Mitgift heraus- eheliche Schulden (beider Ehegatten, so
zugeben ( § § 1 3 7 . 138, I 4 1 ( ' ) . 142, 149)- nach der Stele, oder: des Mannes, so nach
Scheidungsversuche der Frau trotz eige- dem Duplikat UM 5, 93 XI 45) haften
nem ehewidrigem Verhalten werden mit beide Ehegatten (§ 152; dazu A. v a n
Todesstrafe durch Ertränken geahndet P r a a g , Droit matrimonial 26f.; 190!;
(§ 143). §§ 148L gestatten bei la'bum- P r i t s c h 71 m. Lit.).
Krankheit der Frau eine Zweitehe des Angefügt wird als eine Art Appendix
Mannes, aber keine Verstoßung der auf eine Gruppe von Sittlichkeits-Kapital-
Lebenszeit unterhaltsberechtigt bleiben- delikten von Ehefrauen (§ 153) und zwi-
den Frau; nur sie kann durch Verlassen schen Aszendenten, Deszendenten und
des ihr zugewiesenen Hauses die Ehe auf- Verschwägerten (§§ 154.—158), wobei letz-
lösen. Zu §§ 137—143 vgl. P. K o s c h a k e r , tere Gruppe anscheinend als gegen die
JCS 5 [1951] 106f.; D. N ö r r , Studi in Familie gerichtet betrachtet wurde und
onore di E. Betti 3 (1962) 507ff.; A. v a n unausgesprochen wohl zugleich Eheverbote
P r a a g , Droit matrimonial ig3ff.; G. enthielt: (Anstiftung zum) Gattenmord
D o s s i n , RA 42 [1948] i i 3 f f . ; E. E b e - durch die Ehefrau (§ 153, qualifizierte
ling, RIA. 2, 284. § 137 (naditum, suge- Todesstrafe); Inzest zwischen (Schwieger-)
tum) attrahiert Bestimmungen über Skla- Vater und Tochter (§ 154, Verbannung des
vinnenkonkubinat und Nebenehen in na- Vaters) oder Schwiegertochter, letzteren-
ditum-Ehm (§§ 144—147): Dem Ehemann falls danach differenziert, ob nach (§ 155)
einer n. wird eine Nebenehe mit einer oder vor (§ 156) zwischen Sohn und
Sugetum gestattet; letztere ist jedoch in der Schwiegertochter vollzogener copula car-
Familie der n. im Range nachgeordnet. nalis (als Ehebruch Todesstrafe durch Er-
Ausgeschlossen ist die Nebenehe, wenn die tränken für den Vater, § 155, bzw. Geld-
n. ihrem Manne eine Sklavin gegeben und buße an die Frau und Ausscheiden der
ihm durch diese Kinder „verschafft" hat letzteren aus der Familie des Mannes,
(§§ I 45, 144); zur Stellung dieser Sklavin § 156); Inzest zwischen Sohn und Mutter
gegenüber der Hauptfrau vgl. §§ 146L (§ I 57) oder Stiefmutter, wenn letztere
§ 147 fehlt in BE 31, 22. bereits Kinder hat (§ 158), nach Ableben
264 GESETZE } GESETZE 279
des Vaters (Todesstrafe für beide Täter heiratete, noch minderjährig gewesene
durch Verbrennen, § 157; Verstoßung über seine Kopfquote hinaus den Betrag
und damit Enterbung des Sohnes, § 158). einer terhatum für eine Eheschließung als
Vielleicht durch die „indirekten Ehe- eine Art gesetzlichen „Vorausvermächt-
verbote" veranlaßt folgen Bestimmungen nisses" (§ 166). Kinder aus mehreren auf-
zum Recht der Eheschließung, und zwar einander folgenden Ehen des paterfamilias
über die Aufhebung einer noch nicht per- erben die Mitgiften nach ihren eigenen
fizierten Ehe, einer (sogen.) inchoate mar- Müttern und teilen zusammen den Vaters-
riage (BabLaws 1, 322; P. K o s c h a k e r , nachlaß köpfquotenmäßig (§ 167, vgl.
ArOr. 18/3 [1950] 226; A. G o e t z e , LE §24 CL; anders §15 nb.G.). Enterbung
82): hat der Bräutigam den biblum („Gabe", von Söhnen ist nur in gerichtlichem Ver-
u. a. für die Hochzeitsfeier) und die ter- fahren wegen mindestens zweimaliger
hatum (den sogen. „Brautpreis"; bridal- schwerer Verfehlungen gegenüber dem
gift) seinem künftigen Schwiegervater paterfamilias möglich (§§ 168f.; s. RIA2,
zum Zwecke der Eheschließung übergeben 460). Kinder einer Sklavin und ihres Herrn
(lassen), so können trotzdem beide Teile sind neben seinen ehelichen Kindern nur
die Perfizierung der Eheschließung ableh- erbberechtigt, wenn er sie zu seinen Leb-
nen, der Bräutigam unter Verlust seiner zeiten seinen ehelichen Kindern „zuzählt",
Gaben zugunsten des Brautvaters (§ 159), d. h. legitimiert (§ 170), andernfalls erlan-
der letztere unter Rückgabe des Doppelten gen sie mit ihrer Mutter beim Tode ihres
des Empfangenen (§160; vgl. §§25 CE; Vaters nur die unbeschränkte Freiheit
29 HRS); beruht die Weigerung des Braut- (§ 171a; vgl. §§25, 27 CL). Ein Witwen-
vaters auf Verleumdung durch einen erbrecht im eigentlichen Sinne besteht
„Freund (ibrum)" des Bräutigams, unter- ebensowenig wie ein Erbrecht des über-
sagt § 161 überdies eine Ehe des Mädchens lebenden Mannes. Die Witwe behält ein
mit dem Verleumder (vgl. § 29 CL). Wohnrecht im ehelichen Hause, nimmt
ihre Mitgift und eine ihr vom Manne zur
Den Bestimmungen über die Auflösung
Witwenversorgung schriftlich zugewendete
einer „inchoate marriage" mit ihren ver-
Ehegabe, den nudunnüm (§ 171), und nur
mögensrechtlichen Folgen schließen sich
bei dessen Fehlen einen Anteil am ehe-
(zur Anordnung ZA 57 [1965] 162) Regeln
männlichen Nachlaß wie ein Erbsohn
über Vermögens-, d. h. hier erbrechtliche
(§ 172) zur lebenslänglichen Nutznießung,
Folgen bei der Auflösung einer vollendeten
aber ohne Verfügungsrecht (§ 171, vgl.
Ehe durch Tod eines der Gatten an. Bei
RIA 2, 460). Bei Wiederverheiratung
Vorversterben der Frau fällt ihre Mitgift
nimmt sie ihre Mitgift in die neue Ehe mit,
an ihre ehelichen Kinder (§§ 162, 167,
dagegen ist die Ehegabe des ersten Mannes
173 t.), bei Kinderlosigkeit wieder an ihre
dessen Kindern (Söhnen) herauszugeben
väterliche Familie (§ 163); letzterenfalls
(§ 172). Die Kinder aus den mehreren Ehen
ist dem Mann die an den Brautvater ge-
der wiederverheirateten Frau erben die
zahlte terhatum zurückzuerstatten (§ 163),
Mitgift zu gleichen Teilen (§§ I73f.). Eine
gegebenenfalls von der Mitgift abzuziehen
Wiederheirat der Witwe mit minderjähri-
(§ 164; zu alledem vgl. oben RIA 2, 285).
gen ehelichen Kindern erfordert nach § 177
Ein eigenes Manneserbrecht an der Mit-
, .vormundschafts"gerichtliche Genehmi-
gift ist ausgeschlossen (arg. §§ 162—164,
gung; den neuen Ehegatten wird die Ver-
173f.). Zum Kindeserbrecht nach einem
waltung über das ersteheliche Kindesver-
paterfamilias (§§ 165ff.) bestimmt § 165,
mögen ohne Verfügungsrecht anvertraut;
daß ein Liebhngssohn, dem der pater-
verbotswidrige Rechtsgeschäfte sind ein-
familias durch schriftliche Schenkung
seitig zum Nachteile des Erwerbers un-
(qlStum, wohl auf den Todesfall) Immobi-
wirksam. Im Falle einer Mischehe zwischen
lien zugewendet hat, diese bei der im übri-
einem Sklaven des Palastes oder eines
gen gleichmäßigen Erbteilung vorweg
muSkenum und einer Freien (vgl. RIA 2,
nimmt. Bei einer Mehrheit von teils ver-
283) erlangen die Kinder den Status der
heirateten Erbsöhnen erhält der unver-
TZE 265
Mutter als Freie (§ 175). Bei Vorversterben (erbrechtlichen und sonstigen) Gleichstel-
des Mannes wird die gemeinschaftliche lung mit den leiblichen Kindern des
Errungenschaft der Ehegatten nach Vor- Adoptanten kann das erwachsene Adop-
wegnahme der eingebrachten Mitgift der tivkind unter Auflösung des Kindschafts-
Frau (§ 176) gleichmäßig zwischen der verhältnisses „in sein Vaterhaus" zurück-
Frau zugunsten ihrer Kinder und dem kehren (§ 190). Versuche des Adoptierten,
Herrn des Mannes geteilt. das Kindschaftsverhältnis zu einem ger-
Beendet wird das Erbrecht nach dem seqqü oder einer zikrum unberechtigt auf-
paterfamilias mit §§ 178—184 über Mit- zulösen, wird nach §§ 192f. mit Zungeab-
gift und erb- und vermögensrechtliche schneiden oder Augenausreißen als spie-
Stellung von Töchtern, die „Priesterinnen" gelnden Verstümmelungsstrafen geahndet.
bzw. Hierodulen verschiedener Rangord- § 194 droht einer Amme, der ein Säug-
nung sind; vgl. dazu u. a. RIA 2, 459; Bab- ling gestorben ist und die sich danach ohne
Laws 1, 273!, 335f., 358ff., 374ff.; A. v a n Erlaubnis „seiner" (des ersten oder des
P r a a g , Droit matrimonial 32f., 43ff.; zweiten Kindes ?) Eltern ein anderes Kind
J. K l i m a , ArOr. 18/3 (1950) i67ff.; Un- anlegt, das Abschneiden der Brüste an;
tersuchungen zum altbab. Erbrecht 43 ff. § 195 bedroht den unbotmäßigen Sohn,
u. p.; R. H a r r i s , OrNS 30 (1961) iÖ3ff.; der seinen Vater schlägt, mit dem Abhauen
D. O. E d z a r d , ZA 55 (1962) 104L der Hand. Beide spiegelnde (Talions-)
Der sich anschließende Abschnitt „Adop- Strafen sowie die gleicherweise beim
tion"* behandelt nur das Problem der Auf- Ammen-* wie beim Adoptionsvertrag be-
lösung von Kindschaftsverhältnissen (§§ stehende Sorge für das Aufziehen fremder
185—193). Dazu vgl. M. D a v i d , RIA 1, Kinder sind die Anknüpfungspunkte an
37 ff.; Die Adoption im altbab. Recht 24ff.; die voraufgehenden Bestimmungen über
BabLaws 1, 383 ff. Strittig ist insbeson- Familie und Adoption. Beide Strafdrohun-
dere, ob §§ 185—189 nur Findelkinder gen sowie der tätliche Angriff in § 195
(§§ 185—187, 191) und verschiedene For- leiten zugleich über zu der neuen Materie
men von Adoptions- und Pflegeverhält- „Verletzungen der körperlichen Integrität"
nissen betreffen (vgl. dazu auch P r i t s c h und Sachbeschädigungen.
& Spies, ZVR57 [1954] 75f.; E . P r i t s c h , Die Tatbestände der Körperverletzun-
JCS 10 [1956] 72f.). Das Adoptivkind gen in §§ 196—205 sind wegen der ver-
kann im Falle des § 185 — echte Adoption schiedenartigen Rechtsfolgen kasuistisch
mit Erbeinsetzung des Adoptierten — an- und äußerst lückenhaft (vollständiger CE
scheinend (durch seine leiblichen Eltern) §§ 42ff.; HRS §§ 7ff.) abgestellt auf
bis zur Großziehung aus der Familie des einzelne verletzte Körperteile (Auge,
Adoptanten herausverlangt, vindiziert Knochen, Zahn, Backenstreich). Die
werden; ausgeschlossen ist eine Vindika- Rechtsfolgen sind ohne Anspielung auf
tion, wenn die Zieh- oder Adoptiveltern ein Verschulden des Täters (Erfolgshaf-
ein gerseqqü des Palastes oder eine zikrum tung) differenziert, je nachdem, ob der
sind (§ 187). Bei Adoption von Lehrlingen Verletzte ein awilum, muskenum oder
durch Handwerker — zwecks Fortführung Sklave ist: Nur bei einem awilum droht
ihres Berufs — kann nach §§ 188 f. das dem Schädiger Talionsstrafe (§§ 196t.,
Adoptionsverhältnis bei ordnungsmäßiger 200, 202; vgl. 205; Ausnahme 203),
Ausbildung nicht durch das Adoptivkind sonst nur Geldbuße an den muskenum
oder seine leiblichen Eltern aufgelöst wer- (§§ 198, 201, 204) oder — niedriger — als
den. Verstoßung, d. h. Enterbung des er- Vermögensschadenausgleich an den Herrn
wachsenen Adoptivkindes wegen späterer des Sklaven (§ 199). Strafmildernd privi-
leiblicher Kinder des Adoptivvaters ist legiert ist die (unvorsätzliche) Körper-
zwar möglich; der Verstoßene ist jedoch schädigung beim notstandsähnlichen Rauf-
mit einem Drittel seines normalen Erb- handel; Rechtsfolge nur: Bezahlung des
teiles •— ausgenommen Immobilien — Arztes durch den Täter oder bei Todes-
abzufinden (§ 191). Bei Verweigerung der folge Geldbußen, jeweils nach einem Reini-
Reallexikon der Assyrioiogie III 18
266 GESETZE}GESETZE279
18*
268 GESETZE
1
GESETZE 269
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eine spätbab. Londoner Prologabschrift (BM Babylonien (1945); E. P r i t s c h , JCS 10
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(1962) 161 ff. publiziert, ein a l t b a b . F r a g m e n t Alten Orient (1954) 48ff.; ArOr. 17/2 (1949)
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mosaischen Gesetzgebung (1903); H . W i n c k - i m Bereiche d. keilschriftl. Rechtsquellen
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F . E . P e i s e r / A . U n g n a d , H a m m u r a b i s Ge- H . P e t s c h o w , SZ 82 (1965) 2 4 f f . ; ZA 57
setz 1.2 (1904/09); A. D e i m e l , Codex H a m - (1965) 146 ff. Zur E r w ä h n u n g eines könig-
m u r a b i (1930); P. C r u v e i l h i e r , Commen- lichen Anbauverbotes f ü r Sesam auf ge-
taire du code d ' H a m m o u r a b i (1938); A. P o h l / wissen Grundstücken in Mari vgl. A R M 13,
A. F o l l e t , Codex H a m m u r a b i (1950); G. R. 142; dazu A. Finet, Syria 41 (1964) 129.
D r i v e r / J . C. M i l e s , BabLaws 2 (1955); I.M.
D j a k o n o v , V D I 1952 H e f t 3/4. 7. Altbabylonische misarum-Akte und
Ferner: W . E i l e r s , AO 31/3—4 (1932); G. die sog. Edikte Ammisaduqas (EA) und
F u r l a n i , Leggi dell'Asia anteriore antica Samsuilunas (ES).
(1929) I 2 f f . ; E . E b e l i n g , AOTAT 2 (1926)
380 ff. mit älterer Sekundärliteratur; Th. M e e k,
A. In Jahrnamen (Datenlisten*; außei
A N E T 2 (1955) 163ff.; W . W. S t r u w e , Ge- in Larsa), Rechtsurkunden, Briefen,
schichte der Alten Welt. Chrestomathie 1 (Deut. Königsinschriften und literarischen Texten
Übers, aus d. Russ.) 201 ff.; G. B o y e r / E . (vgl. F. R. K r a u s , SD 5, igbff.; L. Ma-
S z l e c h t e r , R I D A 3 (1956) 54; J . K l i m a ,
J J P 9 / 1 0 (1955/56) 453f.; 7/8 (1953/54) 320ff. t o u s / F . R. K r a u s , BiOr. 16 [1959] 95ff.;
Kommentare: P . C r u v e i l h i e r , o. c.; Bab- D. O. E d z a r d , ZZB 68, 8off., 93ff.; J.
Laws 1. B o t t e r o , JESHO 4 [1961] i47ff.) aus den
Monographien: P. K o s c h a k e r , Rechts- verschiedensten altbab. Teilstaaten, ins-
vergl. Studien zur Gesetzgebung H a m m u r a p i s besondere Isin*, Babylon*, Larsa*, Es-
(1917); F r . S c h u p f e r , L a legge di H a m m u -
rabi (1922); P. C r u v e i l h i e r , Introduction nunna*, Hana*, wird in mehr oder weniger
au Code d ' H a m m o u r a b i (1937). stereotypen Formeln erwähnt, daß der
Weitere Literatur in Auswahl: G. C a r d a s c i a , König „gerechte Ordnung (Gerechtigkeit)
o. c. 31 ff.; R. B o r g e r , OrNS 31 (1962) 3 6 4 ^ ; (im Lande) geschaffen habe (sumer.: ni-
M. D a v i d , E e n nieuw-ontdekte babylonische
wet uit de tijd vöör H a m m u r a b i (1949); Ders.,
si-sa g a r , akkad.: misaram Sakänum)",
The Codex H a m m u r a b i and its relation t o t h e daß er die „Siegelurkunden oder (Schuld-)
provisions of law in E x o d u s (Oudtestamenti- Tafeln (des Landes) zerbrochen", eine
sche Studien7,1950); I . M . D j a k o n o v , Symb. „simdatam (etwa .Verordnung, Erlaß') ge-
R.Taubenschlag 1 (1956) 37ff.; G. D o s s i n , R A
42 (1948) U 3 f f . ; A. F a l k e n s t e i n , ZA 51 setzt (s. sakänum)", Steuern und Abgaben
2 f oder Rückstände davon erlassen oder
(1955) 260ff.; 52 (1957) 3 4 f-; J- J - F i n k e l -
270 GESETZE}GESETZE279
c) Auf ein misaram sakänum im vor- Abimadars und Belegen aus anderen
hammurab ischen Babylon weisen nur Gebieten.)
datumartige Vermerke (teils verkürzt) : Dem gleichen Zweck dienen die syno-
warki (istu) sarrum Sumulael mUaram nymen, sich offenbar auf gleichartige
iSkunu „nachdem der König Sumulael ge- königliche Erlasse beziehenden Phrasen
rechte Ordnung (Gerechtigkeit) geschaffen warki simdatim, warki simdat sarrim, warkat
hatte" in Grundstückskauf- (F. P e i s e r , simdati sa Sumulael (uSumuemutbal) iSkunu
KB 4, 10f.; KU 247) oder -prozeßurkun- und ähnlich „nach (zeitlich) der s. (etwa
den (KU 686) aus Sippar aus der Zeit Su- .Erlaß, Verordnung') des Königs" bzw.
mulaels von Babylon (1880—1845). Gegen- „nach der s., die S. (und S.) erlassen hat
stand dieses (oder dieser) königlichen (bzw. haben)"; für letztere vgl. die nord-
m$arum-Akte(s) dürfte wie später unter babyl. Grundstückskäufe OECT 8, 3,15f.;
Rim-Sin von Larsa (1822—1763) (s. u.) die case i6ff.; RA 52 (1958) 216 Nr. 3, igff.
Aufhebung oder Aufhebbarkeit gewisser (so- (dazu E. R e i n e r , JOS 15 [1961] I2if.),
zialpolitisch unerwünschter ?) Grundstücks- für erstere vgl. die Sippar-Urk. KU 875;
verkäufe (aus Not, schuldenhalber o. ä.) 427 (Darlehen bzw. Mobiliarkauf, Sinmu-
gewesen sein. Einen damit zugleich oder ballit bzw. Hammurabi) und die nord-
mit einem anderen Akt erfolgten Schuld- babyl. Prozeßurkunde RA 54 (i960) 39
erlaß Sumulaels deutet die Sippar-Urkunde Nr. 41 (Zeit Sumulaels). Wohl hierher ge-
KU 25 an: is-tu Su-mu-la-el ku-nu-ka-ti hörig auch die Feldvindikation ina s.
ih-pu-ü „nachdem S. die Siegelurkunden sarrim „gemäß der s. des Königs" KU 755
zerbrochen hatte" (vgl. dazu oben den (Dilbat, Hammurabi).
Brief Samsuilunas). Beide Phrasen modi- d) Vielleicht in ähnlicher Weise wie
fiziert sind auch in (§ub anti-)Schuld- Sumulael von Babylon scheint auch Rlm-
urkunden für Esnunna (Tuplias*) bezeugt: Sin* von Larsa (1822—1763) mehrfach —
wa-ar-ki tup-pa-at ma-tim dNa-ra-am-sin nach KU 1656 mindestens dreimal, viel-
ih-pu-ü „nachdem die (Schuld-)Tafeln des leicht aber noch öfter (vgl. F. R. K r a u s ,
Landes Naräm-Sin zerbrochen hat" bei SD 5, 202; 207 Nr. 25) — königliche Ver-
verzinslichen Gerstedarlehen (Belege: F. R. ordnungen (simdat sarrim oder synonym
K r a u s , SD 5, 231) und wa-ar-ki mi-sar damit awät sarrim „Befehl/Wort des Kö-
(oder: e g i r n i - s i - s ä ) Dür-ri-mus is-sa-ak- nigs") erlassen zu haben, durch die in pri-
nu „nachdem Gerechtigkeit (in) Dür-Rlmus vate Grundstücksgeschäfte eingegriffen
geschaffen worden ist" in unverzinslichen wurde. Unter Berufung auf diese s. S. wer-
Gerstedarlehen (UCP 10/1, 1; 9; 16—18; den in einer Gruppe von Urkunden Kauf-
20; 34; 55; 104; MAH 16163 aus Dür- grundstücke vindiziert (baqäru); als Folge
Rlmus aus der Regierungszeit Dadusas dessen werden sie entweder von der Ver-
oder Ibalpiels II. von einem und demsel- käuferseite zurückgenommen (vgl. TSifr
ben Gläubiger). Beide Klauseln dürften 58, 13 f.) oder es wird dem Vindikanten
ebenfalls irgendwelche Schulderlasse zum ,,aSsumjanaßna s. s. wegen der s. des Kö-
Gegenstand gehabt haben, die erste einen nigs" zur Abwendung der Vindikation
für das Gesamtgebiet Esnunnas, die zweite offenbar als Abfindung Geld oder ein ande-
einen lokal auf die Stadt Dür-Rlmus be- res Grundstück geleistet (vgl. YOS 8, 52 =
schränkten. Der Zweck aller dieser Klau- KU 1761; TSifr 58 = KU 715; TCL10,
seln dürfte darin bestanden haben, klar- 105). Auch mit diesen Verordnungen dürf-
zustellen, daß der jeweilige Rechtsvor- ten gewisse Grundstückskaufverträge (zu
gang bzw. das jeweilige Schuldverhält- UET 5, 263 s. K r a u s , 1. c. 208) unter uns
nis nicht oder nicht mehr dem zitierten bisher unbekannten Umständen (etwa
, königlichen mlsarum-Akt oder Schuld- Verkauf aus Not, schuldenhalber, als Folge
erlaß unterliegt. (Zu alledem vgl. P. K o - von Pfandverfall o. ä. ?) zugunsten der
s c h a k e r , ZA 43,2iof.; 219 ff.; B. L a n d s - Verkäufer für unwirksam oder für im Pro-
b e r g e r , 230; F. R. K r a u s , 1. c. 224Ü.] zeßwege aufhebbar erklärt worden sein.
~ 230ff., wo auch zu Jahrnamen „b" und „c" Zu einer in den gleichen Zusammenhang
HC
i
272 GESETZE}GESETZE279
matisch begründet, da die Schuldverskla- ben, die Strafe des Sechsfachen (des Dar-
vring — falls überhaupt — zeitlich erst lehensbetrages wohl zugunsten des Schuld-
nach Schuldfälligkeit eintreten konnte. In ners; vgl. § 107 CH) angedroht, im Falle
den Einzelheiten ist das Edikt für unsere der Zahlungsunfähigkeit des Gläubigers
Kenntnis sowohl der Rechts- als auc.l der sogar die Todesstrafe (vgl. § 8 CH). Letz-
Wirtschaftsgeschichte und des Abgaben- tere soll auch nach § 4' den musaddinum
wesens Babyloniens im 17. Jh. v. Chr. von „Eintreiber" in einem infolge Textzerstö-
wesentlicher Bedeutung, wenngleich es rung nicht mehr rekonstruierbaren Falle
mehr Fragen aufgibt als beantwortet. verbotswidriger Eintreibung wohl erlas-
Der in §§ 2'—7' angeordnete Privat- sener Schulden treffen. Wahrscheinlich
schulden-Erlaß erfaßt, was für den sozial- befaßte sich auch der verlorene Anfang des
politischen Charakter der Maßnahmen be- Edikts mit Schulderlassen (vgl. §1'), viel-
zeichnend ist, nur (Darlehens-, vgl. RIA 2, leicht von Abgabenrückständen der Be-
123 ff.) Schuldverpflichtungen nichtkom- wirtschafter (Pächter und Lehensinhaber)
merzieller Art über Gerste oder Silber: das von Staatsland (vgl. §9' Z. 40t.), mög-
noch nicht näher bekannte melqetum-Y)ax- licherweise auch der Pächter von Privat-
lehen sowie — wahrscheinlich zu ergänzen land (vgl. dazu RIA 3, 36).
—einfache verzinsliche (u r6 - r a / hubullum; Ergänzt wird diese Annullierung pri-
mzLs/sibtum) und zinslose Darlehen (§2' vater Schulden durch den Erlaß von Ab-
Z. 10', 11'). Die (jeweilige) „Schuldtafel ist gaben und Abgabenrückständen, die von
zerbrochen" (vgl. z. B. oben den Brief einzelnen Berufs- oder lokalen Bevölke-
Samsuilunas), Kapital (und Zins) ist nicht rungsgruppen an den Palast zu entrichten
forderbar (§ 2' Z. 15'—17'). Erlaßbegün- sind, nämlich:
stigt ist die Gesamtbevölkerung („Akkader 1. von Abgabenrückständen der babbilu
und Amurräer"), aber wohl nicht Fremde. „Träger" (§11'), der säbltum „Schank-
Vom Erlaß ausgeschlossen sind — falls § 3' wirtin (auf dem Lande)" (vielleicht sach-
so zu ergänzen ist — die bei Ediktserlaß lich etwa Kramhändlerin; § 14') und der
nach zweimaligen Eintreibungsversuchen Bevölkerung der Provinz Suhum* (§ 12');
überfällig gewesenen Verpflichtungen säu- 2. von Feldabgaben (des laufenden Jah-
miger Schuldner, vielleicht um absichtliche res ?) auf die nicht für kommerzielle Zwecke
Erfüllungsverzögerungen durch die Schuld- bestimmten Felderträge in Babylon und
ner nicht durch einen Erlaß zu honorieren Umgebung; die sechs als begünstigt aufge-
(vgl. dagegen § 18') und in vorbeugender führten Bevölkerungsgruppen stellen wohl
Absicht für die Zukunft. Nicht erlassen den Hauptteil der gesamten lokalen acker-
sind nach § 6' weiterhin Schuldverpflich- bautreibenden Bevölkerung dar (§ 13').
tungen (kommerzieller Art) über Geld,
§ 17' dient offenbar aus gesamtwirt-
Gerste oder Waren (A III 2: bi-sa-am), die
schaftspolitischen Gründen bewußt einer
der Empfänger ana simim „als Kaufpreis"
Begünstigung der Neubruchpacht: dar-
(sc. beim „Pränumerationskauf)", ana
nach sind diejenigen dienstpflichtigen redü
k a s k a l „(als Kapital- oder Warenausstat-
und bä'irü „Soldaten und Fischer", die
tung) für eine (Handels-)Reise", ana t a b b a
zugleich Inhaber von königlichen Lehens-
„als (Handels-)Gesellschaft(seinlage)" oder
grundstücken und Privatpächter von Neu-
als (bisher nicht näher bekanntes) tadmiq-
bruchland sind, von ihren (Lehens-) Dienst-
/Mm(-Darlehen) erhalten hatte; lediglich
pflichten befreit und haben an deren Stelle
Verzugszins- und sonstige zusätzliche (er-
für das laufende Wirtschaftsjahr wohl den
schwerende) Vertragsbestimmungen sind
für Privatpacht ortsüblichen (?; vgl. VAB
„erlassen" (§7'). Zur rigorosen Durch-
5, 119) Bruchteil (1/2 oder 1/3) von der Ge-
setzung der Schulderlasse wird in § 5' für
samternte (nach J. B o t t e r o , JESHO 4
nachträgliche, durch Zeugeneid erweisbar
[1961] 139 f. nur von der Normalpacht-
betrügerische Versuche von Gläubigern,
abgabe) zu entrichten.
ihre vom Erlaß nach § 2' betroffenen For-
derungen als unter § 6' fallend einzutrei- §§9' und 10' betreffen Auswirkungen
der angeordneten Abgaben erlasse auf die
274 GESETZE}GESETZE279
Abgaben- und Wirtschaftsverwaltung des Bier und Getreide gegen ihre Borgkunden
Palastes und auf die mit dem Abgaben- an, offensichtlich eine besonders für die
einzug betrauten Personenkreise. Jene be- arme Landbevölkerung getroffene Maß-
dient sich zur Einhebung und Verwertung nahme, die vielleicht sogar der Anlaß für
ihrer riesigen, vorwiegend in Naturalien den Abgabenerlaß nach § 14' gewesen ist
bestehenden Einnahmen bzw. Forderun- (vgl. §9'). Nicht rekonstruierbar ist der
gen aus Pacht-, Lehens-, Steuer- und Tatbestand des für Schankwirtin und
sonstigen Abgaben vor allem der im da- Kaufmann die Todesstrafe androhenden
maligen Wirtschaftsleben eine Hauptrolle §16'.
spielenden iamkärü „Kaufleute" als Mit- Die Schulderlaßbestimmungen abschlie-
telsleuten — als Empfänger und Weiter- ßend verfügt § 18' die Freiheit (Freilassung)
verkäufer. Bei dem in § 9' vorausgesetzten von in Schuldsklaverei geratenen ehemals
Einzugsverfahren stellt der abgabenpflich- freien Personen, jedoch nur für 7 Provinzen
tige Pächter von Staatsland zugunsten des bzw. Städte des Reiches: Hat ein freier
einzugsberechtigten Kaufmanns als Gläu- Schuldner wegen Nichterfüllbarkeit seiner
biger eine Schuldurkunde in Höhe der zu fälligen Verbindlichkeit sich selbst (vgl.
leistenden Abgabe bzw. etwaiger Rück- YOS8, 31, 8; JCS 9 [1955] 115, 88), seine
stände aus — rechtlich eine Art von No- Frau oder seine Kinder (vgl. § 117 CH;
vation —; entsprechend wird der Kauf- ARM 8, 71) für Silber hingegeben, d. h. um
mann vom Palast mit einem uns der Höhe die Schuld verkauft, oder ana kissätim in
nach unbekannten Betrage als Gegen- ein Gewaltverhältnis (§ 117 CH) oder ana
leistung kontomäßig belastet, so als habe mazzazänim „als Pfand" (vgl. ARM 8, 71)
er die einzuziehende Abgabe vom Abgabe- gegeben, soll die Freiheit (anduräru) dieser
pflichtigen bereits empfangen. Da der in Personen sofort, also noch vor Ablauf einer
§ 9' vorausgesetzte — vielleicht schon vor etwa anderweit festgesetzten Frist (vgl.
§ 2' angeordnete — Erlaß der Pachtrück- § 117 CH) (wieder) hergestellt sein. Keine
stände des (Staats-) Pächters auch diese Rechtsänderung tritt ein bei schulden-
novierten Schulden erfaßte, träfe der Ver- halber hingegebenen Sklaven (§ 19'; vgl.
lust den Kaufmann. Nach § 9' wird dieser § 118 CH). Die Beschränkung dieser Erlaß-
Verlust im Verrechnungswege vom Palast Maßnahmen auf gewisse, anscheinend in
übernommen. In ähnlicher Weise sind besonderer Notlage befindliche Reichsteile
wohl auch die susikkü (vielleicht etwa zeigt, daß es im allgemeinen bei den vor
Oberhirten oder Viehinspektoren) vom Ediktserlaß erfolgten freiwilligen oder
Palast schadlos gehalten worden für die zwangsweisen Erledigungen von Schuld-
Ausfälle, die ihnen dadurch erwuchsen, verhältnissen bewenden sollte, um, ebenso
daß nach § 10' den ihnen zugeteilten Hirten wie mit § 3' (s. o.), vorbeugend künftige
von Palast-Viehherden alle Rückstände absichtliche Erfüllungsverzögerungen zu
an Ersatzleistungen für Viehverluste er- verhindern. Der sachlich aus dem Rahmen
lassen wurden. §§ 8' und 10' bringen über- des Edikts fallende und daher das Edikt
dies anscheinend, soweit erkennbar, ge- abschließende § 20' droht höheren Staats-
wisse Verbesserungen der „Geschäftsbe- funktionären die Todesstrafe an, falls sie
dingungen" für die Beziehungen zwischen (untergebene) kleine Lehensträger, redü
Palast und Kaufmannschaft bzw. susikkü und bä'irü, unter Mißbrauch ihrer Vor-
(vgl. J. B o t t e r o , JESHO 4 [1961] 129, gesetztenstellung zum Abschluß privater
131 f., 144), die vielleicht mittelbar und Dienstverträge über künftig zu leistende
indirekt auch anderen Personengruppen Ernte- oder sonstige Arbeiten zwingen,
zugute kommen konnten. indem sie ihnen den Lohn im voraus mit
Gewalt aufdrängen. Die Straf drohung
Durch § 14' attrahiert — sachlich- dient offenbar der Sicherung der könig-
systematisch eher zu den Bestimmungen lichen Autorität und der sonst gefährdeten
über den Erlaß von Privatschulden ge- ordnungsgemäßen Erfüllung der Dienst-
hörig —• ordnet § 15' den Erlaß der Forde- pflichten der Lehensleute, wohl aber auch
rungen der (Land-?)„Schankwirtin" auf
GESETZE 275
dem Schutz der letzteren vor Amtsmiß- hinsichtlich der Lehensdienstpflichten §17'
brauch der Vorgesetzten. Deshalb wohl die §§ 26ff. CH; §§ 18', 19' und 5' dürften
verbleibt den zum Dienst Gepreßten auch ' die §§ 117 f. bzw. 8 CH zum Vorbild haben.
der vorausbezahlte Dienstlohn ohne Gegen- Vielleicht sind auch dies mittelbare In-
leistung (§20'), ähnlich anderweiten Re:- dizien für eine nicht nur literarische, son-
gelungen bei verbotenen Rechtsgeschäften. dern auch praktische Bedeutung („Gel-
Wie die Inhaltsübersicht zeigt, zielt das tung") des CH.
EA fast ausschließlich auf die Beseitigung Korrekturzusatz: Nach dem Neufund
bereits vorhandener Schulden und Ab- des Fragments eines ähnlichen Edikts Sam-
gabenrückstände, allenfalls auf Abgaben suilunas (s. unten C) ist zweifelhaft ge-
des gerade laufenden Jahres, nicht aber worden, ob das oben als Text B des EA
auf künftig entstehende Rechtsverhält- bezeichnete Fragment, bei dem § 13' von
nisse. Ausschließlich diese Maßnahmen A fehlt, wirklich zum EA gehört oder das
sind es — soweit erhalten —, die mit der Fragment eines dem EA formularmäßig
achtmal im EA wiederkehrenden Phrase und inhaltlich ähnlichen Edikts (eines an-
assum sarrum miSaram ana mätim iskunu deren Königs?) ist; dazu F. R. K r a u s
„weil der König gerechte Ordnung dem (unten C) 228; 229.
Lande geschaffen hat" (§§ 1', 2', io', 12' Literatur: Editio princ. Tafel B St. L a n g -
bis 14', 17', 18', vgl. 9') begründet werden. d o n , P S B A 36 (1914) l o o f f . ; Neuedition C. J .
Ihr Fehlen in §11' bzw. §§3'(?), 5'—7', G a d d , SD 2 (1939) 102ff. m. Photos. — Editio
15', 19' erklärt sich als Redaktoren- oder princ. Tafel A u n d Gesamtrekonstruktion F. R .
K r a u s , Ein E d i k t des Königs Ammisaduqa
Schreiberversehen bzw. aus der sachlichen von Babylon, SD 5 (1958), m. Photos u n d aus-
Zugehörigkeit dieser Paragraphen zu vor- führlichem K o m m e n t a r ; ders., Nachträge
aufgehenden Bestimmungen (zerstört §§ 4', BiOr. 16 (1959) 9 6 I ; ders., JCS 3 (1951) 30L,
16'). Dagegen scheinen die Dauerbestim- 34ff.; J . B o t t e r o , J E S H O 4 (1961) i i 3 f f . ;
G. R. D r i v e r / J . C. M i l e s , BabLaws 1, i y f f . ;
mungen der §§ 8' („Geschäftsbedingungen 2, 3 i 9 f f . ; D. O. E d z a r d , ZZB 68, 80ff., 95ff. ;
des Palastes") und 20' (Verbot bestimmten J . J . F i n k e l s t e i n , JCS 15 (1961) 91 ff.; A.
Amtsmißbrauchs) nicht unmittelbarer Aus- G o e t z e , L E 141, 56; P. K o s c h a k e r , ZA 43
fluß des mlsaram sakänum zu sein. Die (1936) 2 1 9 I ; B. L a n d s b e r g e r , SD 2, 2 i g f f . ;
ders., J N E S 14 (1955) I46ff.; L. M a t o u s ,
Formulierung der Phrase mit assum „weil" BiOr. 16 (1959) 9 4 I ; H . P e t s c h o w , SZ 77
läßt vermuten, daß dereigentlichewzsamw- (i960) 408ff.; M. S c h o r r , SbHeidelberg 1915/
Akt dem vorliegenden Edikt als münd- 4; E . A. S p e i s e r , J A O S Spl. 17 (1954) 1 2 I ;
A. W a l t h e r , Das altbab. Gerichtswesen, LSS
licher Akt oder in anderer Form voraus- 6/4—6 (1917) 83ff., 96f., 266f.; E. W e i d n e r ,
gegangen ist. ZA 43 (1936) i 2 o f f . ; J . L e w y , Eretz I s r a e l s
(1958) 21 ff. Korrekturzusatz: Neuestens J. J .
Die tatsächliche praktische Geltung des F i n k e l s t e i n , Studies Landsberger (AS 16
EA erweist der Prozeßverlauf in der Pro- [1965]) 233—246.
zeßurkunde VAB 5, 273 (BE 6/1, 103;
Jahr 1 Ammisaduqa), wo Z. 7 und 18 die C. Das „Edikt Samsuilunas" ( = ES).
Phrase sarrum mlsaram iskunu/istakan ge- Ein 1965 von F. R. K r a u s (Studies B.
rade auf die praktischen Auswirkungen L a n d s b e r g e r , = AS 16 [1965] 225ff.)
dieses Edikts Bezug nimmt. VAB 5, 273 veröffentlichtes, aus Sippar stammendes,
bestätigt damit zugleich, daß die oben A in altbabylonischer Normalschrift be-
b—d wiedergegebenen Phrasen der Rechts- schriebenes Tontafel-Fragment (Si. 507
urkunden ebenfalls auf die praktische Gel- des Altorientalischen Museums zu Istan-
tung jener königlichen Akte hinweisen. bul ; 12,2 mal 4,6 cm groß) enthält Reste
Bemerkenswert und dem CH entspre- eines dem EA ähnlichen Edikts des Kö-
chend ist die Härte der Strafdrohungen: nigs Samsuiluna* von Babylon (1750/
in allen erhaltenen Fällen die Todesstrafe, 1686—1712/1648). Das Fragment bildete
davon dreimal primär (§§ 4', 20' und wohl den linken Tafelrand einer ehemals beider-
16') und einmal subsidiär anstelle nicht seits wohl mit je vier Kolumnen be-
eintreibbarer Geldstrafe (§ 5'; vgl. § 8 CH). schrieben gewesenen großen Tafel und
§ 20' ergänzt anscheinend § 34 CH; ebenso enthält Reste ihrer ersten und letzten
276 GESETZE
(wohl achten) Kolumne. Der Text ist genüberstellung der gleichen Zeileneintei-
durch Querstriche in Abschnitte unter- lung des ES Rs. 1'—7' mit EA Text A VI
teilt. Der Textanfang (wohl eine „Prä- 3—9-
ambel") fehlt. Nach einem abteilenden
Querstrich folgen Reste von 10 Zeilen, §4. S p ä t b a b y l o n i s c h e Zeit.
die ein Datum (wohl mit dem für 1. Sogen, neubabylonisches Gesetzesfrag-
die angeordneten Schulderlässe maßgeb- ment. a) Obwohl eine fast unübersehbare
lichen Stichtag, so K r a u s 227) ent- Menge an Rechtsurkunden des 1. Jt. über-
hielten, das B. L a n d s b e r g e r als dem liefert ist, hat sich auffälligerweise bisher
Jahre 8 Samsuilunas zugehörig identi- aus dieser Zeit nur eine einzige Sammlung
fizierte (vgl. dazu auch die ebenfalls von Rechtssätzen gefunden: die 4V4 X 6 Zoll
durch Querstrich vom Gesetzestext abge- große, beiderseits mit je 3 Kolumnen be-
setzte Datums-„Präambel" der Gesetze schriebene, nur fragmentarisch erhaltene
von Esnunna). neubabylonische (nb.) Tontafel 82—7—14,
Nach einem „Paragraphen"-Querstrich 988 des British Museum, nach Schrift und
folgt Z. 11'—17' § 1, in dem nach der Orthographie etwa aus dem 7. oder 6. Jh.
Rekonstruktion von K r a u s (S. 227) (Ab- stammend. F. E. P e i s e r s (SbBerlin 1889,
gaben*) Rückstände der „Lehnsbauern 823) Ergänzung der Zeichenreste am Ende
(iSsakkü)", Hirten, der [Schankwirtin?] der Kol. VI zu einem Datierungsrest
auf dem Lande und der Staatspächter (na- [.ASSur-]bän-apli \saf\ bäbilik' „[Assur]-
as [gü. un]) erlassen und Zwangsmaßnah- banapli [König] von Babylon" (vgl. auch
men der Eintreiber gegen die na-as [gü. § 1 Z. 17, 18) ist umstritten (dagegen z. B.
un] verboten werden, „weil der König ge- B . M e i s s n e r , SbBerlin 1918, 281; Bab-
recht [e Ordnung] geschaffen hat" (vgl. die Laws 2, 324; dafür B . L a n d s b e r g e r ,
Parallelwendung im EA). Zu diesem Erlaß SD 2, 22423). Die ursprünglich mindestens
vgl. den Brief Samsuilunas TCL 17,76 etwa 15 bis 16 „Paragraphen" — u. a.
oben 7 A b S. 270 sowie die gleichen be- fehlen Kol. V zu 2/3 und Kol. VI ganz —
günstigten Bevölkerungsgruppen im EA. sind durch Querstriche gegeneinander ab-
Der Rest der Vorderseite ist nach einem gesetzt. (Zählung und Einteilung der §§
Querstrich bis auf ein Zeichenfragment 8—11 variieren bei BabLaws 2, 34off.
Z. 18' am Anfang {[s]u[m-ma] „wenn"?, gegenüber den übrigen modernen Be-
K r a u s 227; §2) zerstört. Der Inschrift- arbeitern; letzteren wird hier gefolgt.)
rest der Rs. Z. 1'—7' stimmt auffälliger- b) Formgeschichtlich nahe steht das nb.
weise fast wörtlich und graphisch genau „Gesetzes"-Fragment ( = nbG) dem spät-
mit EA Tf. A § 19' Z. 3—9 und B II 2' altbab. Edikt Ammisaduqas ( = EA) (s. o.
bis 3' überein. Entweder folgte das EA S. 272). Der zu regelnde Tatbestand wird
einem angesichts der Häufigkeit ähnlicher nicht als Bedingungssatz mit „Wenn" ein-
Maßnahmen bereits festgefügten. Formu- geleitet, sondern durch ,,amelu (ameltu,
lar für derartige Edikte (so K r a u s 230) assatu) sa" plus Tatbestand im Relativsatz
oder war zum mindesten das ES den Re- „Der (freie) Mann (die freie Frau, Ehefrau),
daktoren des etwa 95 Jahre jüngeren EA der (die) (das und das getan hat)"; dazu
bekannt. Der fragmentarische Rest be- H. P e t s c h o w , SZ76 (1959) 4off. Der
stimmt, daß gewisse Personen (deren Be- Bedingungssatz mit summa oder (nb.) kil
zeichnung nicht erhalten ist, wohl Skla- klma „wenn" wird hier nur noch zur Wie-
ven), die (vor dem Erlaß des ES) verkauft dergabe eines den Hauptfall in Tatbestand
oder in ein kissätum-Verhältnis oder zum und Rechtsfolge variierenden Unter- oder
Pfände gegeben worden waren, nicht auf Ergänzungsfalles verwendet (§§ 7 Z. 35,
Grund des Edikts die Freiheit erlangen. 42; 9 Z. 16; 12 Z. 14', 19'; 13 Z. 39').
Vielleicht entsprach der Umfang des ES c) Strittig und unsicher ist die Bewertung
mit etwa 255 Zeilen oder wenig darüber der Tafel als private Rechtssammlung (W.
(Kraus 226) etwa dem des EA mit etwa E i l e r s , OLZ 34 [1931] 9231 „Sammlung",
225—245 Zeilen; vgl. die Kr aussehe Ge- kein Gesetz), als „Entwurf zu einem Ge-
GESETZE 277
Jk
280 GESETZE}GESETZE279
chef de la Cite (tabl. I), tantöt par l'As- sacres au droit de la femme. La tablette B
semblee pleniere des Colons qui ne peut (VAT 10 001 = KAV n° 2), dont il manque
etre reunie sans le consentement des plus de la moitie, est un recueil sur la pro-
notables (tabl. II). priete fonciere, en 20 articles. Elle est com-
§ 2. Lois M 6 s o - A s s y r i e n n e s . i. Sour- pletee tres partiellement par le fragment 0
ces. On appelle, sans autre precision, „Lois (Assur 5732 = W e i d n e r n ° 5 ) qui en con-
assyriennes" des recueils de caractere legis- stitue un duplicata. Peut-etre, a cause du
latif donnes par quatorze tablettes decou- mot «frere» qui y figure, la tablette D
vertes ä Assur dans les fouilles de la DOG. (VAT 9575 = KAV n° 3) est-elle a rat-
Les neuf premiers documents, designes de tacher ä ce groupe ?
A ä J par G. R. D r i v e r , publies en auto- Les tablettes C et G (VAT 10093 =
graphie par A. S c h r o e d e r dans KAV ont KAV n° 6 et VAT 10266 = KAV n° 143)
ete en dernier lieu transcrits, traduits et fournissent un recueil, tres incomplet, de
commentes par D r i v e r et Miles, op. cit. 11 articles relatifs ä des delits contre la
Cinq autres, designes de K ä O, ont ete propriete mobiliere. On pourrait leur ad-
publies par W e i d n e r , AfO 12 (1937) 46— joindre la tablette F (VAT 10109 = KAV
54, en autographie, transcription et tra- n° 5) qui traite du detournement de beliers
duction. et de chevaux par leurs gardiens et, plus
a) date. Les premiers editeurs pla$aient hypothetiquement encore, la tablette M
les tablettes entre le XVeme et le Xllleme (Assur 13221 = W e i d n e r n° 3) qui sanc-
s., ce qui rendait dejä impropre l'appel- tionne i ° la responsabilite du bat eher en
lation de „lois assyriennes anciennes" em- cas de perte des marchandises transportees
ployee par quelques auteurs (sie, v. g. K o - et en cas d'abordage (M. D a v i d , JEOL 6
s c h a k e r , Quellenkritische Untersuchun- [1939] 135—137); 2 0 la responsabilite du
gen zu den altassyr. Gesetzen [ = QUAG], degraisseur qui ne restitue pas les vete-
MVAeG 26 [1921]. W e i d n e r , op. cit., p. ments de son client ( M . D a v i d , SD 2
48—50 a etabli, gräce ä la lecture de l'epo- [1939] 132—135).
nyme figurant dans la tablette A, que ce La tablette J (VAT 11152 = KAV
document et tous les autres, a l'exception n° 193) traiterait d'irrigation, mais David,
de J, plus ancien, datent du temps de Tu- op. cit. SD 2 (1939) 1214, se demande s'il
kultiapalesara* I (1112—1074). Ce roi au- ne s'agit pas d'un «ceremonial royal».
rait fait recopier, dans une graphie et une La tablette N (Assur 23078 = Weid-
langue archaisantes, des textes juridiques n e r n°4) contient deux articles relatifs ä
d'ages divers. L'ensemble des textes relate la repression du blaspheme et de la fausse
donc un etat du droit anterieur de quelques accusation de blaspheme.
siecles, c-ä-d. du droit meso-assyrien. Les tablettes E (VAT 9839 = KAV
b) heu. Le heu exaet de la decouverte n° 4), H (VAT 11684 = KAV n« 144), K
n'est pas connu pour tous les fragments. (VAT 14388 = W e i d n e r n° 1) et L (VAT
On sait du moins que A et B proviennent 14426 = W e i d n e r n° 2) sont beaueoup
de la porte situee entre le temple d'Anu- trop fragmentaires pour qu'on puisse meme
Adad et le Vieux Palais. Selon Unger, cet reconstituer le sujet traite: d'apres David,
edifice, la Porte de Samas, etait le heu oü ibid., H pourrait etre un fragment de rituel
l'on rendait la justice: il contenait une et non un texte juridique.
bibliotheque judiciaire. Les fragments D, d) pluralite des lois. Toutes ces sources,
F, K, L, M, N et O semblent en provenir constamment editees ensemble, sont ap-
aussi. Les fragments C et G viennent des pelees communement «Recueil de lois as-
archives du temple central d'Assur. syriennes». Cette expression commode ne
c) contenu. L'etendue et l'importance doit pas creer l'illusion suivant laquelle
de ces documents sont tres inegales. La nous aurions affaire aux debris d'un monu-
tablette A (VAT 10000 = KAV n° 1) ment unique, code ou coutumier. La date
donne le recueil de beaueoup le plus vaste qui clöt la tablette A laisse entendre qu'elle
et le plus complet, avec 59 articles con- constitue, ä eile seule, un tout. D'autre
GESETZE 281
part et surtout, les proportions d'un en- homologuees par le prince, — ou au con-
semble oü une soixantaine d'articles aurait traire officieuses, c-ä-d. consistant en
pu etre consacree aux femmes et une ving- recueils «factices» composes par des par-
taine d'autres ä la propriete fonciere au- ticuHers?; 3 0 le texte est-il altere ou non
raient ete gigantesques. Les fragments de par des glossemes ?
«Lois assyriennes» proviennent ä coup sür On a tendu parfois ä considerer les LA
d'oeuvres distinctes. comme destinees ä modifier des lois pre-
2. Natura du «Recueil Des Femmes» existantes qui auraient ete soit le Code de
(tabl. A). a) nature juridique. Lespremiers Hammurabi soit un corps de lois assyrien-
editeurs n'ont pas doute un instant du nes apparente ä celui-ci (sie, AssLaws 15).
caractere legislatif du texte. Cette opinion La seconde hypothese est preferable. II est
demeure la plus probable en depit du senti- douteux que le code babylonien lui-meme
ment de K o s c h a k e r (QUAG, op. cit.) qui ait ete applique officiellement en Assyrie
voyait dans le recueil une oeuvre privee: oü Hammurabi n'a fait que des ineursions.
l'absence de toute reference ä un roi ne II est plus probable que le droit babylonien
donne qu'un fragile argument a süentio; a fait l'objet d'une sorte de «Reception»
les redondances et les gloses, dont K o - (G. C a r d a s c i a , RIDA 7 [i960] 46—49).
s c h a k e r a certainement exagere l'impor- Les analogies existant entre les deux legis-
tance, ne sauraient modifier l'essence du lations s'expliquent assez par la parente
recueil; le caractere, insolite pour les mo- ethnique des deux peuples. Au reste, le
dernes, du theme de la compilation ne peut caractere casuistique du CH et des LA ne
servir de base ä un debat sur la nature permet pas une seule fois la confrontation
legislative ou doctrinale du document. Si entre deux especes identiques.
le «Frauenspiegel» etait un recueil doc- b) composition. A. L. O p p e n h e i m ,
trinal, il comporterait des expressions WZKM 41 (1934) 221—260, a cru recon-
dubitatives, le reflet d'opinions contro- naitre ä l'origine du recueil au moins deux
versees, des arguments pour ou contre une «Vorlagen» distinctes. Le redacteur des
Solution juridique, des references ä des LA aurait fait une oeuvre proprement
jugements. Or, la presentation formelle legislative en compilant deux collections
des LA est celle de toutes les lois de l'Orient anterieures: la Vorlage I, dejä fortement
ancien: expose d'un casus suivi d'une sanc- glosee, refletant une tendance patriarcale
tion exprimee au futur. II n'existe aucune accusee et les preferences du redacteur;
raison pour que ce meme et unique genre la Vorlage II, exprimant un etat du droit
juridique soit, ä Esnunna et ä Babylone, dans lequel la femme mariee, demeuree
une loi et, ä Assur, un paragraphe d'ecrit chez son pere, jouit d'un Statut plus inde-
doctrinal (G. C a r d a s c i a , RIDA 4 [1957] pendant. Le fondement de cette these etait
35—71)- philologique: la Vorlage I serait caracteri-
Bien d'autres questions restent en sus- see par l'emploi de formes verbales ä infixe
pens. On ignore i ° si certains des quatorze -t- et d'adjectifs verbaux, absents de l'autre
fragments, en sus des regroupements evi- Vorlage. — Malgre l'attrait de cette exe-
dents ou probables signales plus haut, ne gese, qui a contribue ä une meilleure con-
proviennent pas d'un m&me ensemble; 2° naissance du detail des LA, des objections
si tel ensemble homogene, notamment la serieuses conduisent ä l'ecarter: aujour-
tablette A, est une loi unique, oeuvre d'un d'hui les philologues seraient peu disposes
legislateur determine ou une compilation ä l'admettre car les formes avec et sans
de lois promulguees par des legislateurs infixe coexistent dans des textes dont
successifs. Cette seconde hypothese, beau- l'unite originaire n'est pas douteuse; de
coup plus vraisemblable que la premiere, plus, le priricipal entere de fond (Opposition
se scinde elle-meme en deux sous-hypo- entre un mariage avec et un mariage sans
theses entre lesquelles il est difficile de se Munt) est repousse par les travaux recents
prononcer: les diverses compilations sont- qui ont montre l'unite du mariage assyrien
elles officielles, c-ä-d. ordonnees ou (c/. infra f . 284t.).
III. Delits sexuels. Le plan suivi est un son pere, cette Situation tout accidentelle
enchainement de themes concrets plutöt expose le mari et ses ayants droit ä etre
qu'un systeme de categories juridiques: frustres de la possibilite de reprendre les
viol de la femme mariee (§ 12), cas divers dons nuptiaux ä la dissolution du mariage.
d'adultere suivant le degre de «conscience» Les sept paragraphes qui supposent l'epou-
du partenaire masculin (§§ 13, 14), la fla- se «dans la maison de son pere» protegent,
grance du delit (§15), sa gravite (simple tous, ces droits du mari; ä l'inverse, lorsque
fürt ? §16), accusation d'adultere portee ces droits ne sont pas en danger, la loi
par un tiers (§§ 17, 18), presomption d' revient toujours ä l'hypothese du domicile
adultere (themes du compagnon de voyage commun.
et du preteur de la femme mariee, § 22) Les LA attestent un levirat des veuves.
et complicite (entremetteuse profession- Cette institution s'explique par le carac-
nelle ou occasionnelle, §§ 23 et 24). Trois tere familial du mariage, contrat qui unit
textes etrangers sont introduits par attrac- deux familles plutöt que deux individus.
tion: les §§ 19—20 (accusation calomnieuse En consequence le levirat ne joue pas: i 0 /
de rapports homosexuels et rapports homo- si la veuve a eu des enfants (la fin du
sexuels) attraits par le terme ta-pfiä'u du mariage a ete realisee par la continuation
§ 18; le § 21 (avortement de la fille d'un de la famille), 2°/ si le beau-pere est prede-
awllu) introduit par attraction de la sanc- cede, car sa famille s'est scindee en autant
tion des §§ 18—19. — L'appendice con- de familles qu'il avait d'enfants mäles (§§
tient trois themes: avortement (§§ 50—53), 30 et 43 initium). Toutefois, en certains
delits sexuels relatifs ä la jeune fille (§§ cas, meme en l'absence d'un beau-pere sur-
54—56), modalites des chätiments de la vivant ä l'epoux, la veuve doit epouser un
femme mariee (§§ 57—59). fils de son mari, ne d'une autre femme et
c) droit matrimonial. Le droit matri- äge d'au moins dix ans (§ 43 in fine): c'est
monial feminin se subdivise, grosso modo, que, dans cette hypothese, la famille a
en deux parties: dans la premiere on regle survecu au deces de 1'aiieul, les fils, trop
le regime des biens entre epoux (§§ 25 ä 38); jeunes, n'ayant pas encore dissous la com-
dans la seconde, la formation du mariage munaute familiale. — En revanche, le
sororat a disparu ä l'epoque des LA: le
(§§ 39 a 49)- veuf n'est pas oblige d'epouser une soeur
Les travaux de D r i v e r (AssLaws) et de sa femme defunte (§ 31).
de v a n P r a a g , op. cit. 181—190, ont fait
justice de l'opinion suivant laquelle le I. Biens entre epoux. Trois sortes de
mariage aurait comporte en Assyrie deux donations peuvent etre faites par le mari
varietes: celui oü la femme continue de ä la femme ou ä son pere. Toutes sont revo-
vivre dans la maison de son pere et reste cables, en principe, si le mariage est dissous
par consequent sous la puissance de celui-ci sans enfants communs.
et celui dans lequel eile va vivre dans la Les dumäqü sont un ensemble d'orne-
maison de son epoux. V a n P r a a g , amelio- ments et des bijoux que le mari «a poses»
rant l'interpretation de D r i v e r , a montre sur son epouse. La femme en ä la jouis-
que la distinction ne correspond meme pas ä sance sa vie durant et n'est pas respon-
celle du mariage commence et du mariage sable de leur perte (argument ex § 25, 11.
consomme. Le mariage se forme par un 90—92: inventaire fait ä la porte du
contrat ecrit (riksu). Pour des raisons de temple). Elle n'en acquiert la propriete
fait, la femme mariee peut se trouver de- qu'ä defaut d'heritiers du mari (§ 26, 11.
meurer un certain temps au domicile pa- 101—102). Elle est primee en revanche par
ternel, sans que cela fasse d'ailleurs obstacle les lignagers du mari defunt, ä savoir les
ä la consommation du mariage. II n'existe enfants de celui-ci (§ 26) ou, ä defaut, ses
qu'un mariage assyrien et, normalement, freres demeures avec lui dans l'indivision
la femme a son domicile dans la maison (§25). Le mari repudiant reprend les
du mari. Comme, neanmoins, il advient dumäqü (§ 38) ce qui confirme qu'il en
qu'une femme mariee puisse r£sider chez avait retenu la propriete.
i9*
284 GESETZE}GESETZE279
Le nudunnau est un gain de survie con- mariage par les soins de son beau-pere;
ventionnel qui peut etre remis ä la femme sans enfants ni beau-pere, eile devient une
durant le mariage ou constitue par le almattu, libre de disposer de sa personne. —•
testament du mari (§ 46, 1. 92). Pour La veuve qui cohabite avec un homme
remplir sa fonction il doit lui etre acquis sans lui etre unie par un contrat de mariage
en cas de predeces du mari (argument xe est assimilee ä une epouse au bout de deux
§ 46). En revanche, le mari peut le repren- ans de vie commune (§ 34). Le § 35, tres
dre (§ 27) dans des hypotheses qui ne sont obscur, concerne le partage eventuel de la
pas precisees par le texte mais qui, connues communaute de fait resultant d'une teile
de tous, devaient etre le predeces de la cohabitation.
femme ou sa repudiation. Seule la femme La protection de la veuve appelle celle
pourvue d'un nudunnä'u est responsable de la femme de l'absent (§ 36). Celle-ci sera
des dettes du mari (§ 32): dans le cas con- entretenue par ses enfants. La methode
traire en effet eile n'est pas appelee ä la casuistique conduit ä depasser ce point
succession du conjoint. de vue patrimonial: le meme paragraphe
La terhatu (§ 38), appelee aussi biblu etudie dans quelles conditions (attente de
(§ 30) ou zubullü (§ 31), etait une libera- cinq ans, exclusion d'une absence legitime
lite, primitivement au moins, a caractere ou causee par la force majeure) cette femme
probatoire, faite par le mari ou son pere peut se remarier valablement.
au pere de la fiancee. Elle ne constitue pas Le mari repudiant doit donner quelque
une arrha sponsalicia car le pere de la chose ä sa femme; il n'a pas ä le faire s'il
fiancee ne peut rompre les fiangailles en obtient contre eile un divorce motive (§37).
la restituant (argument ex § 30). Elle est La loi suivante, etudiee supra, complete
rendue au donateur en cas de dissolution les consequences patrimoniales du divorce.
du mariage par le predeces de la femme II. Le mariage. C'est la formation du
sans enfants (§§ 30, 31), mais eile reste mariage qui domine cette section (§§ 39—
acquise au pere de la mariee si celle-ci est 49)-
repudiee (§ 38). Seuls les biens inconsomp- Le long reglement relatif au port du
tibles sont restituables (§§30,31 cf. 42—43). voile (§ 40) ressortit au droit penal dans
Le sirku (= Seriktu babylonienne) est l'optique des modernes: ce port est un
une dot apportee par la femme dans le droit et une Obligation pour l'epouse d'un
menage. Avec ses paraphernaux («toutce awilu et pour 1 'esertu qui accompagne en
que la femme a apporte de la maison de public sa maitresse; il est interdit ä la
son pere...» §29, 11. 13—15), eile forme prostituee et ä l'esclave. Le port indu du
une masse de propres sur laquelle lesbeaux- voile est sanctionne dans la personne de
freres n'ont aucun droit (§ 29); toutefois le la contrevenante et dans Celles des tiers
mari pouvait la donner ä ses fils (§ 29, 11. qui ne denoncent pas l'infraction. Cepen-
18—19) dans une hypothese malaisee ä dant le rapport etroit qui existe entre ce
reconstituer et qui serait, soit le predeces, port du voile et le mariage, dejä evident
soit la repudiation de la femme. ä la lecture du § 40, eclate dans le texte
Le principe de la Separation des biens, suivant: voiler son esertu, c'est l'elever au
implicite dans toute cette section, explique rang d'epouse (§41). L'article decrit les ;
l'insertion d'autres articles. Le theme de autres conditions de la formation de ce
la veuve, traite dans les §§ 28 et 33 ä 35, mariage (presence de cinq ou six tappä\
introduit les solutions suivantes: l'enfant declaration solennelle). Le mariage forme J
d'un premier lit n'a aucun droit ä la suc- par une onction de parfum ou l'offrande j
cession du second mari k moins d'avoir de plats (huruppätu) (§§ 42—43) apparait |
ete adopte par lui (§ 28). Le § 33, malheu- comme une forme particuliere du mariage |
reusement tres lacuneux, examine le sort des patriciens. II est considere dans ses J
de la veuve demeuree chez son pere: pour- effets: en cas de deces du fiance, la fiancee 1
vue d'enfants, eile a droit ä &tre entretenue est destinee d'abord ä un frere du disparu, |
par eux; sans enfants, eile est etablie en au choix du beau-pere; si le beau-pere est |
GESETZE 285
mort, la fiancee est destinee ä l'un des blette B, completee par le duplicata de la
petits-fils de celui-ci. C'est seulement en tablette O et peut-etre par la tablette D
cas d'absence de futur nubile dans la fa- (v. supra) concerne la copropriete entre
mille du fiance que le pere dispose libre- freres (§§ 1 ä 6) et la protection de la pro-
rnent de sa fille apres avoir restitue la part priete fonciere (§§ 7 ä 20).
inconsomptible du biblu (§ 43). Les cinq premiers paragraphes indiquent
La femme du prisonnier de guerre peut comment peut prendre fin l'indivision
se remarier apres une attente de deux entre freres. Le § 1 vise le cas le plus com-
annees (§ 45); le texte se doit de regier la mun: l'heritage est partage entre les freres
plupart des problemes connexes: sub- ä la suite d'un lotissement opere par le plus
sistance de la femme pendant le delai jeune. L'aine regoit toujours une portion
d'attente, annulation du second mariage double mais il la choisit lui-meme sur les
en cas de retour du premier mari. terres incultes tandis que, sur les terres
Par attraction, le theme de la veuve cultivees, il designe d'abord un seul lot,
reparait (§ 46): ä defaut de douaire, eile le second etant tire au sort comme les parts
trouvera sa subsistance (a) si eile est epouse des cadets. — L'indivision peut cesser,
principale, sans travailler, chez les enfants partiellement ou non, lorsque la part d'un
de son mari, (b) si eile est epouse secon- frere devient la propriete d'un tiers: ainsi
daire, chez ses beaux-fils ou ses propres lorsqu'un frere homicide doit la ceder au
enfants, mais en travaillant. Elle peut vengeur du sang ä titre de composition
devenir 1.'epouse d'un de ses beaux-fils. (§ 2), lorsqu'un frere, coupable de trahison,
L'A ssyrienne engagee pour la dette de son subit la confiscation (§3), enfin lorsqu'un
pere est mariee par le creancier gagiste frere pretend, ä plusieur reprises, recevoir
avec le consentement du p&re. Ce droit du la moisson obtenue par le travail exclusif
creancier s'affirme davantage avec le deces d'un autre frere: ce dernier est indemnise
du pere: il peut marier la jeune fille sans par l'acquisition de la quote-part apparte-
le consentement de ses freres si ceux-ci ne nant au fautif (§ 4). Le paragraphe suivant,
l'ont pas «liberee» dans le delai d'un mois mutile, laisse neanmoins apparaitre un
(§ 48). Le paragraphe suivant, tres mutile, debut de casus voisin du precedent.
pourrait envisager le cas dans lequel le Le § 6 est une sorte de charniere. On y
creancier a Iivre la jeune fille ä la Prosti- decrit les formes de publicite accompa-
tution au lieu de l'etablir par mariage. Le gnant la vente des immeubles, bätis ou non.
§ 39 devrait trouver ici sa place logique: Dans le mois qui suit la Convention, l'ache-
d'interpretation tres controversee, il con- teur doit faire proceder ä trois bannies in-
sidere l'hypothese oü quelqu'un a marie, vitant les ayants droit eventuels ä se faire
sans droit, une fille engagee, lesant ainsi connaitre. Au terme des publications, une
le pere de celle-ci et surtout le creancier cour speciale, dont la composition est dif-
gagiste: ce dernier peut recourir contre le ferente ä Assur et dans les villes de pro-
«marieur» abusif qui l'a depouille de son vince, declare la terre «quitte et franche»
gage. et delivre trois copies d'un proces-verbal
Les seuls corps authentiquement etran- des formalites.
gers sont le § 44 qui definit le droit de cor- La section suivante concerne la protec-
rection du creancier sur 1'«Assyrien» ou tion de la propriete fonciere: le § 7, tres
l'«Assyrienne» detenus en gage et le §47 endommage, semble envisager le dommage
qui donne deux solutions relatives au crime cause ä une maison. Les §§ 8 et 9 visent
de sorcellerie: (a) le flagrant delit est puni deux Varietes d'empietement: celui qui,
de mort; (b) le reste du texte decrit la opere au detriment d'un tappä'u (membre
procedure suivie ä l'encontre de celui que d'une communaute de village ?), a depasse
la rumeur publique accuse d'avoir ete le une borne sacree est puni plus severement
temoin oculaire d'un acte de sorcellerie. que l'empietement realise au detriment de
4- Contenu des tablettes B et suivantes. la limite entre des lots familiaux. — Creuser
a
) tablette B (propriete fonciere). La ta- un puits ou un fosse dans le terrain d'autrui
286 GESETZE } GESETZE 279
entraine une sanction corporelle (§ 10). — engage oblige le gagiste, soit ä indemniser cription, traduetion, commentaire et etude taires dont les attributions ne sont pas tou-
Celui qui s'approprie, sciente domino, le le proprietaire, soit ä subir le recours de d'ensemble ont ete donnes par E. W e i d - jours suffisamment eclairees par les textes.
fonds cultive d'autrui doit simplement l'acheteur poursuivi en revendication. n e r , Hof- und Harems-Erlasse assyrischer On ignore en particulier si le rab ekalle
recompenser le proprietaire au moyen Les §§ 5 ä 7, tres endommages, traitaient Könige aus dem 2. Jahrtausend v. Chr., (maire du palais) est ä identifier avec l'ins-
d'une terre de contenance egale (§ 12), de la perte (sie pour le § 6 d'apres M. AfO 17 (1954/56) 2 5 7 — 2 9 3 , Tafel. VII— pecteur (sa muhhi ekalle) et le chef (akil)
mais s'il a cultive la terre invito domino il D a v i d , op. cit. SD 2,127—132) ou du vol XII. du palais. Le heraut (nägir ekalle) est un
perd sa recolte sans prejudice de l'obliga- du betail; ce delit est puni (§ 8) de peines Cette compilation comprend 23 regle- grand officier (chanceher?) qui vient en
tion de restituer le fonds (§ 13). L'usurpa- corporelles et pecuniaires prononeees, sui- ments repartis sur trois siecles: le plus 2eme ou 3eme place apres le roi dans l'epo-
tion d'une terre afin d'en extraire de l'argile vant la valeur de la chose volee, par les ancien est attribue ä Assuruballit* I (1362 nymat. Le rab zäriqe (« verseur »?) dirige un
ä. briques est punie de la perte des briques juges de premiere instance ou par le tri- -—1327 av. J-C.) et les quatre derniers sont ensemble de fonetionnaires subalternes,
et de la restitution du fonds augmente bunal royal. de Tukultiapalesarra* lui-meme. Les frag- d'emploi indetermine. L'asü sa betänu est
d'un tiers (§ 14); la simple penetration sur L'interpretation du § 9 est tres incer- ments proviennent de quatre exemplaires le «medecin» ou l'«ecrivain du service
le terrain d'autrui, dans le meme dessein, taine: d'apres D r i v e r et Miles il dispose differents au moins, dont trois apparte- interieur».
est sanctionnee d'une fagon analogue, que le possesseur (gagiste ou depositaire) naient ä la bibliotheque de Tukultiapalesara Le Harem, residence de la reine-mere,
moins la peine pour l'appropriation du d'un taureau ou d'un belier peut recouvrer et le quatrieme ä cette bibliotheque judici- des epouses du roi (assät sarri), «dames du
1'animal entre les mains d'un tiers deten- aire du temple d'Anu-Adad qui a livre des palais» (sinnisätu sa ekallim), des «femmes
s o l (§ 1 5 ) .
teur, mais pour D a v i d il signifie que qui lois meso-assyriennes. Iis sont rediges dans inferieures » (sinnisätu matätu) et de simples
Les beneficiaires d'une installation com-
aeeepte, meme sans intention de le retenir, une langue qui parait avoir «rajeuni» au servantes, est l'objet de nombreuses dispo-
mune d'irrigation doivent l'entretenir ä
un bien quelconque des mains de la femme moins les documents les plus anciens. sitions reglementaires. Ce monde ferme est
proportion de la superficie de leur fonds;
en cas de defaillance grave des voisins, le ou de l'esclave du proprietaire et a l'insu Les reglements ou edits (riksü) apportent souvent en proie ä l'agitation, voire aux
proprietaire diligent peut se faire attribuer de ce dernier, est traite comme un voleur des renseignements du plus haut interet querelles et aux rixes: les blasphemes pro-
tout le benefice de l'eau par decision de (ibid. 135—138). sur la vie du Palais entre le XlVeme et le feres ä l'occasion de ces disputes sont se-
justice (§ 17). Une Solution parallele con- Le creancier qui fraude son debiteur en Xlleme s. verement reprimes (Edits 10 ä 15) et les
cerne l'utilisation de l'eau de pluie (§ 18). alterant le titre de creance est assimile ä La personne du roi, representant du dieu temoins de ces scenes, eloignes (Edit 21).
un voleur (§ 10); le § 11, tres endommage, sur la terre, est jalousement defendue de Les eunuques qui ont acces aux apparte-
Les §§19 et 20 sont mal places, ä nos
traite une question analogue. toute approche inopportune et de tout con- ments des femmes ne peuvent, meme pour
yeux. Le premier revient ä une hypothese
tact impur: le deces meme d'un proche motif de service, s'entretenir avec elles que
voisine de celle contemplee au §4: eile La tablette G, tres fragmentaire, est ä
parent ne lui est pas annonce directement sous la surveillance du maire du palais
sanctionne le fait de labourer et recolter peine utilisable pour completer les §§ 5, 6,
par les temoins de l'e venemen t mais par (Edit 9) et ce, k sept pas au moins de leur
sur la terre d'un tappä'u: le cultivateur 8 et 9 de C.
l'intermediaire du maire du palais, suivant interlocutrice qui doit etre convenablement
abusif doit faire abandon de la recolte au c) autres tablettes. Pour les tablettes F
des regles qui sont fonetion du heu oü se vetue (Edit 21). Les relations coupables
profit du proprietaire, en la deposant dans et H ä O, renvoyons ä ce qui en a ete dit
trouve le monarque (Edit 2); ä l'approche avec une femme du harem sont punies par
un grenier public. Le § 20, fort endommage, supra (§ 1 c).
de certaines fetes, la purete rituelle du roi la peine du bücher dans les personnes du
punit, semble-t-il, le fait de pretendre Le livre d e G. R. D r i v e r / J . C. M i l e s , Ass- est preservee par la defense faite aux con- coupable et de ses complices (Edit 19). II
faussement exercer un droit de gage sur le Laws (1935) reste l'ouvrage de'base. Outre les
eubines en etat d'indisposition menstruelle est interdit aux dames du palais de re-
fonds d'autrui; il serait ä rapprocher du autres t r a v a u x mentionnes d a n s le corps de
l'article on consultera: les traduetions des LA d'etre admises en sa presence (Edit 7). II mettre de l'or, de l'argent ou des pierres
§ 11, de lecture desesperee, oü apparaissent
donnees Th. M e e k , A N E T 2 180—188, et par est defendu et servi par des gardes du corps precieuses aux esclaves (Edit 5). Les epou-
k plusieurs reprises les mots «creancier» R. H a a s e , Die keilschriftlichen Rechtssamm-
(maz(z)iz päni) et des eunuques (sa res ses peuvent punir leurs servantes mais
et «champ». lungen 95—116, e t les etudes suivantes: L. A.
L i p i n e , C H M 6 (i960) 628—643; V . K o r o s e c , iarre) forme» dans le palais: ceux-ci n'en- cette faculte, qui s'exerce sous le contröle
b) tablettes C + G (propriete mobiliere). OrNS 6 (1937) 1—11; Dslb. L a Situation de la trent en fonetions qu'apres avoir subi un du roi, ne peut aller jusqu'ä l'exercice du
Les tablettes C et G concernent la protec- femme dans le Livre de Droit assyrien (en severe examen de capacite devant un jury droit de vie et de mort (Edit 18). Les fem-
tion de la propriete mobiliere. slovene, 1935); M. D a v i d , BiOr. 9 (1952)
compose de quatre ou cinq hauts dignitai- mes mariees en service au palais ne peuvent
Le § 1 envisage le cas oü le creancier a 170—172; dslb. SD 2, 121—140.
res, responsables de leur choix (Edits 8 le quitt er, meme les jours de conge, sans
vendu indüment les esclaves engages. et 20). la permission du roi (Edit 3).
D'apres les §§ 2 et 3, la vente de personnes § 3. 1. R e c u e i l d ' o r d o n n a n c e s p a l a -
libres, dans les memes conditions, entraine t i n e s de T u k u l t i a p a l e s a r r a I. Huit L'acces du palais et meme sa vue contre L'ensemble de ces ordonnances suggere
pour le gagiste, outre la perte de sa creance, fragments provenant d'Assur et conser- les regards indiscrets sont soigneusement plus d'un rapprochement avec un texte
des peines corporelles dont la rigueur est v6s au Mus6e de Berlin ont permis ä defendus (Edit 1). Lors des frequents de- analogue provenant d'Arrapha et de nom-
accrue si la vente est faite ä l'etranger; en W e i d n e r de reconstituer la moitie envi- placements de la Cour, le Palais delaisse breux reglements hittites. Ce genre ,de
revanche, YasSuräju peut devenir la pro- ron d'un recueil d'ordonnances compile est protege contre toute depredation pos- reglements palatins pourrait avoir ses ori-
priete du gagiste puisque ce dernier est sous le regne de Tukultiapalesara I (1112— sible (Edits 6 et peut-etre 22). gines en Babylonie et c'est l'Assyrie qui
habilite k le vendre, füt-ce ä l'etranger. 1074) et portant reglement interieur pour Le personnel de la Cour comprend, outre en aurait transmis la tradition ä ses voisins
Suivant le § 4, la vente illegale d'un animal le Palais et le Harem. Autographie, trans- les fonetionnaires deja cites, divers digni- de l'Est et du Nord. G. Cardascia
288 GESETZE}GESETZE279
C. Arrafiha-Nuzi: Aus Nuzi ist der Wort- Außerhalb der HRS haben sich nur
laut eines königlichen Edikts aus dem 15./ einige vereinzelte Rechtssätze erhalten.
14. Jh. überliefert ( = R. H. P f e i f f e r und Da bisher keine heth. Privaturkunden ge-
E. A. S p e i s e r , AASOR 16 for 1935/6 funden worden sind, bleibt die HRS unsere
[1936] 37; 103 Nr. 51), wonach Palast- nahezu einzige Quelle für die Kenntnis
angehörigen unter Strafandrohung ver- des heth. Zivil- und Strafrechts.
boten wird, ohne Genehmigung des Pa- Über die Zeit und Art der Entstehung
lastes ihre Töchter zu Prostituierten oder sowie über die Geltung und Anwendung
„Heimatlosen (ana eküti)" zu machen. der HRS liegen keine Nachrichten vor.
In J E N 2, 195 (A. S a a r i s a l o , StOr. 5/3 Deshalb bleibt die Frage umstritten, ob
[1934] 49; W. F. L e e m a n s , SD 3 [1950] sie ein Gesetzbuch (Hrozny), ein Rechts-
9 40 ; P. K o s c h a k e r , OLZ 35 [1932] buch (SanNicolö), eine Sammlung von
404) wird anscheinend im Laufe eines Pro- Gerichtsentscheidungen (J. F r i e d r i c h )
zesses ein vom König kundgemachtes war, oder ob es sich um „Aufzeichnungen
(ultedi) Edikt zitiert, wonach ein tamkarum über Recht" handelt, „die wahrscheinlich
(Kaufmann), der einen Arraphäer in dem beim Königsgericht in Hattusa* lange Zeit
Lande Nullu (also im Auslande) gekauft in Gebrauch waren" (Koschaker).
und nach dem Lande Arrapha gebracht Die HRS setzt sich aus zwei Teilen zu-
hat, für letzteren (nur) 30 Sekel Silber (als sammen ; die heth. Schreiber bezeichneten
Kaufpreis oder Lösegeld) nehmen darf. den ersten Teil als „die Tafel .Wenn ein
Hier beruft sich also bemerkenswerter- Mann'" (§§ 1—100), den zweiten als „die
weise anscheinend eine Prozeßpartei auf Tafel, Wenn ein Weinstock'" (bei H r o z n y,
den Inhalt eines königlichen kundgemach- CH: §§ 101—200; bei F r i e d r i c h , HG:
ten Edikts oder Befehls (vgl. dazu F. R. §§II, 1 - 8 6 b).
K r a u s , Genava NS 8 [i960] 292 IV 1). Zu Der Text der ersten Tafel ist weit besser
einem weiteren „Edikte" vgl. HSS 15, 1 überliefert, zum Teil sogar in mehreren Ab-
(RA 36, 115; dazu H. L e w y , OrNS 33 schriften, die zuweilen erhebliche Varian-
[1964] l 8 6 f . ; I 9 l f f . ) . H. Petschow
ten aufweisen. Der stark lückenhafte Text
der Tafel KBo. 6,4 enthält die späteste
D. Hatti: 1. Die Q u e l l e n der h e t h i - Neuredaktion der ersten 49 Paragraphen;
t i s c h e n R e c h t s s a m m l u n g (HRS). In herkömmlich werden sie mit römischen
KBo. 6 veröffentlichte 1921 F r i e d r i c h Ziffern (I—XLI) bezeichnet. Die Text-
H r o z n y als „hethitische Gesetze" den auf varianten der weit schlechter erhaltenen
mehreren, oft stark beschädigten Tafeln zweiten Tafel sind weniger bedeutend. Daß
überlieferten Text einer Rechtssammlung die beiden Tafeln Teile derselben Rechts-
in hethitischer Sprache. Der Grundstock sammlung waren, schließt man daraus, daß
der Tontafeln ist von W i n c k l e r i n Bogaz- sie sich inhaltlich gegenseitig ergänzen und
köy (1906/07) ausgegraben worden; weitere daß Wiederholungen von Bestimmungen
Fragmente steuerten später H. E h e l o l f , darin nicht vorkommen (auch die §§ 35 und
A. G o e t z e , K . B a l k a n , H. O t t e n und 175 stimmen nicht völlig überein). Den-
H. G. G ü t e r b o c k bei. Die HRS ist oft noch ist die HRS in ihrem Aufbau so un-
übersetzt worden. Die Umschrift desTextes einheitlich, daß man sie nicht als Ergebnis
nebst den zahlreichen Varianten bieten eines einmaligen Gesetzgebungsaktes be-
jedoch nur Fr. H r o z n y , Code Hittite trachten kann. Zwischen den beiden Ta-
(1922) und nunmehr J. F r i e d r i c h , Die feln gibt es nämlich zahlreiche Unter-
hethitischen Gesetze ( 1 9 5 9 ) ; auf seine Um- schiede formaler und inhaltlicher Art; ja,
schrift und Übersetzung sei für unsere Be- selbst innerhalb der einzelnen Tafeln fin-
legstellen hier allgemein verwiesen (zur det man Rechtssätze, die aus verschiede-
Textrekonstruktion vgl. A. K a m m e n - nen Perioden der heth. Rechtsentwicklung
h u b e r , BiOr. 18 [1961] 77—82, 124—127; stammen. Wohl in späterer Zeit wurden
H. G. G ü t e r b o c k , JCS 15 [1961] 62—64; die ältesten Bestimmungen durch neue ge-
16 [1962] 17—23). setzgeberische Rechtssätze ergänzt und
GESETZE 289
alsdann zur jetzigen HRS zusammenge- den wenig ergiebigen §§ 162—163 werden
faßt. in den §§ 164—169 Sühn- und Ersatzopfer
Die erste Tafel enthält — außer einigen (bestehend aus Schafen, Brot und Bier)
wohl später eingefügten leges erraticae (§§ angeordnet. Es folgen sechs heterogene
25, 38, 43—45) — personenrechtliche Be- Einzelbestimmungen (§§170—176 A). Wer
stimmungen (§§ 1—56) und Strafrechts- eine Schlange tötet und dabei den Namen
sätze zum Schutz des Eigentums an Haus- eines Menschen ausspricht, wird als Freier
tieren (§§ 57—92) sowie an Wohn- und mit einer Mine Silber, als Sklave mit dem
Wirtschaftsgebäuden (§§ 93—100). In der Tode bestraft (§ 170). Die Mutter (Witwe ?)
Anordnung dieser drei Abschnitte und darf ihren Sohn aus der Familie ausschlie-
innerhalb derselben in der Reihenfolge der ßen; sie kann ihm aber auch die Wieder-
einzelnen Rechtssätze zeigt sich eine deut- aufnahme gewähren (§ 171). Für die Ret-
liche Systematik darin, daß man stets mit tung vor dem Hungertod muß dem Retter
dem wertvollsten Rechtsgut anfängt, um Ersatz geleistet werden (§ 172). Die „An-
dann zu dem weniger bedeutenden über- fechtung eines königlichen Urteils" wird
zugehen. So beginnt man im Personenrecht wahrscheinlich mit der Ausrottung der
mit Strafrechtssätzen über Tötung (§§ 1 Familie, die Anfechtung des Urteiles eines
bis 6), Körperverletzungen (§§ 7—18), DUGUD mit der Enthauptung der Schul-
Menschenraub (§§ 26—37) und die sog. digen bestraft, während ein rebellischer
lehensrechtlichen Bestimmungen (§§39 Sklave „zum Topfe geht" (§ 173). Für die
bis 42, 46—56). Auch der zweite Abschnitt Tötung im Raufhandel muß man einen
bringt Rechtsvorschriften gesondert für Menschen („einen Kopf") geben (§ 174).
vier Gruppen von Haustieren: Rind, Pferd, Im § 175 (ähnlich im § 35) werden die Fol-
Schaf (§§57—80), Schwein (§§8iff.), Hund gen einer Mischehe einer Freien geregelt.
(§§87ff.), Bienen (§§90—92); innerhalb Der Sinn des § 176 A läßt sich noch nicht
der ersten Gruppe werden die Zuchttiere, ermitteln. Anschließend werden in einem
die männlichen Arbeitstiere und die weib- umfassenden Preistarif (§§ 176 B—186)
lichen Nutztiere gesondert behandelt. Im (;taksessar, § 184) Preise in Silber (Sekeln
dritten Abschnitt (§§ 93—100) wird der oder Minen) festgesetzt für (nicht voll-
Diebstahl vor der Brandlegung, die Misse- freie?) Handwerker und Vogelschauer, für
tat des Freien stets vor derjenigen des Rinder, Schafe, Pferde, für Speisefett,
Sklaven erwähnt. Honig und Lab, für Kleidungsstücke, für
Spelt und Wein, für Felder und Wein-
In der zweiten Tafel läßt sich kein ein- gärten und für Haustierfelle. Hingegen
heitliches Anordnungsprinzip erkennen wird das Fleisch von Haustieren mit einem
(anders R. H a a s e , RIDA 7 [i960] 8iff.); lebendigen Schaf bewertet (§ 185L). Den
man merkt jedoch das Bestreben des Ur- letzten Abschnitt bilden Strafrechtssätze
hebers, innerlich verwandte Bestimmun- über Unzucht mit Tieren (Sodomie: §§
gen zusammenzufassen. So findet man in 187I, 199—200 A), über Blutschande (§§
der stark lückenhaften ersten Hälfte Straf- 189—191, 193—196) und Ehebruch (§§
rechtssätze für Diebstähle und andere 197f.). Der § 192 erkennt der Witwe das
Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen Recht auf den Erbteil des Mannes zu. Ein
(§§ 101—113) und Geräten (§§ ngff.), an ganz später Zusatz dürfte der § 200 B über
Zubehör des Palastes (§ 126) sowie an ver- den Lehrvertrag sein.
schiedenen Gebrauchsgegenständen (§§
127 ff.). Nach größeren Textlücken folgen Auch inhaltlich unterscheiden sich die
noch nicht verständliche Bestimmungen beiden Teile der HRS vielfach voneinander.
über Kaufverträge (§§ 146—149). Alsdann Im ersten Teil, der sich besonders der Inter-
werden Lohnsätze für Tiermiete (§§ 151 f.) essen von Viehzüchtern annimmt (§§57
sowie für verschiedene Dienst- (§§ 150,158) bis 92), wird die Todesstrafe nur einmal
und gewerbliche Leistungen (§§ 157,160f.) als abgeschafft (§ 92) erwähnt, während
teils in Getreide (§§ 158—161), teils in Sil- sie im zweiten Teil, in dem die Bauern-
ber (§§ 150—152, 157) festgesetzt. Nach bevölkerung im Vordergrund steht, öfters
2go GESETZE GESETZE 291
angedroht wird; auch findet man hier liches Nutztier (Milchkuh, Stute, Wollschaf) ein fremdes Rind umgekommen war, mußte mit einer Geldstrafe verbundene Prügel-
manche altertümliche Rechtssätze. handelte. zwei Rinder geben (§72). Für das einge- strafe (§ 101) durch mäßige Geldbußen von
2. Die E n t w i c k l u n g s s t u f e n . Mit Für das hohe Alter dieser Vorschriften spannte fremde Tier haftete man selbst 6 Sekeln Silber ersetzt. Um die Hälfte
Ausnahme von ehe- und lehensrechtlichen spricht außer der Einfügung von zwei un- dann, wenn es vom Wolf zerrissen wurde wurde auch im § 19 B die Strafe für Men-
Bestimmungen (§§27—36, 39—42, 46—56, nötigen Legaldefinitionen (§§ 57, 58) die oder wenn es verloren ging; von der Haf- schenverschleppung vermindert.
75) sowie von verschiedenen Tarifsätzen kasuistische Formulierung, die für das tung befreite nur die eidliche Erklärung, Der Name des Urhebers der Reform
(§§ 150—161, 172, 176 B—186) ist der In- Rind, Pferd und Schaf bei gleichartigen das Tier „sei durch die Hand eines Gottes wird nirgends genannt. Mit einiger Wahr-
halt der HRS strafrechtlicher Art. In Er- Sanktionen anstatt einer gemeinsamen gestorben" (§ 75, vis maior). — Aus der- scheinlichkeit könnte man an König Teli-
mangelung von anderen Erkenntnisquel- Bestimmung stets je drei Parallelvorschrif- selben Zeit werden die Rechtssätze stam- pinu*, den berühmten Gesetzgeber, den-
len ist es erfreulich, daß uns die Mannig- ten aufstellt (§§ 57ff-. 6 3 ff„ 67ff.); auch men, die Strafen (§§ 126, 142) oder Löhne ken. Dieser erwähnte (2 BoTU 23 B IV
faltigkeit von Sanktionen in den Straf- der Ausdruck für den Vieheigentümer (§§ 158—161) in Naturalien, meist in Ge- ig'—21') nämlich unter seinen Maßregeln,
rechtssätzen und die häufige Gegenüber- kommt darin noch nicht vor. treide, vorschreiben. daß in Mordsachen „der Blutsherr" darüber
stellung des geltenden Rechts mit dem Etwas jünger dürften die Rechtssätze entscheiden sollte, ob der Mörder „sterben"
Die dritte Schicht bilden zehn Bestim-
einstigen strengeren Recht ermöglichen, sein, die den durch ein fremdes Tier be- oder Schadenersatz leisten (sarnikdu) sollte,
mungen, die Strafsätze in Silber anordnen,
die Entwicklung des heth. Rechts zu ver- drohten Eigentümer zu Selbsthilfehand- daß aber „dem König nichts (zustehen
die später herabgesetzt worden sind. Sie
folgen und in der HRS mehrere Schichten lungen ermächtigen. Wenn sich fremde sollte)" (LUGAL-i-ma-pa li-e ku-it-ki).
betreffen einige Körperverletzungen (von
von Rechtssätzen zu erkennen. Rinder auf sein Grundstück verirrt hatten, Dieser Satz könnte den Sinn gehabt haben,
Auge, Zahn oder Kopf; §§ 7, 9) und ver-
Für die älteste Schicht sind abschrek- konnte er sie einspannen und bis in die schiedene Diebstähle (eines Mastschweines, daß der heth. König künftighin auf seinen
kende Strafen bezeichnend. So wurde der- Nacht hinein (bis „die Sterne kommen") eines Bienenschwarmes; aus einem frem- Anteil an Strafen verzichtete. •— Jeden-
jenige, der ein (vielleicht durch Rodung für sich arbeiten lassen; hierauf mußte er den Haus oder Weingarten; eines Teich- falls geht auf Telipinu die Betrauung des
mühsam urbar gemachtes) Grundstück sie ihrem Eigentümer zurückgeben (§79). vogels oder Rebhuhns; eines Lastwagens; Königsgerichts mit der Verfolgung der
bestellt und besät hatte, gegen fremde An- Der Grundstückseigentümer konnte ein von Pferdegeschirr; §§ 81, 91, 94,101,119, Zauberei zurück (2B0TU 23 BIV 22'—26').
maßung geschützt (§ 166). Wenn später fremdes Schwein, das auf sein Grundstück 122, 129). Die Strafen betrugen bald eine Somit werden die Rechtssätze, die die Zu-
ein anderer dasselbe Grundstück noch ein- eingedrungen war, töten; das tote Tier ge- Mine Silber, bald weniger; eine Hälfte er- ständigkeit des Königsgerichts unter Hin-
mal besäte, offenbar um dadurch einen hörte jedoch seinem Eigentümer (§ 86). hielt der König, die andere der Geschädigte weis auf Zauberei vorschreiben (§§ 44 B,
Anspruch auf die Ernte zu erlangen, wurde Einen Hund, der fremdes Schweinefett ge- (§§ 9, 25)- Die Einführung dieser Geld- i n ) , bald nach Telipinu entstanden sein.
er samt seinen Rindern durch Zweiteilen fressen hatte, konnte der Geschädigte töten strafen dürfte bereits einem Gesetzgeber Durch diese Reform wurde eine beträcht-
getötet. Für das hohe Alter dieser Vor- und „aus seinem Innern" das Fett heraus- zuzuschreiben sein. liche Anzahl von Bestimmungen ausgelöst,
schrift spricht außer ihrer primitiven Dik- holen (§90). die mäßige Bußen in Silber vorschreiben,
tion auch die Tatsache, daß in den §§ 166 f. Zur vierten Schicht gehören vor allem
Als die zweite Schicht unter den Be- diejenigen Bestimmungen (mit Ausnahme ohne zwischen dem „früheren" und dem
der erste Besteller als „derjenige, der das stimmungen der ersten Tafel könnte man „jetzigen" Recht zu unterscheiden. So
Feld schon vorher besät hatte" und nicht der bereits erwähnten §§ 166f.), die sich
diejenigen betrachten, die den unberech- selbst als das „jetzt" (kinuna) geltende wurde der Kreis der Körperverletzungen
als „Eigentümer" bezeichnet wird. Diese tigten Besitzer einer fremden Sache dem durch neue Tatbestände (für Verletzungen
grausame Strafart, die den Täter samt Recht im Gegensatz zu dem früheren (karü
Dieb gleichstellten. Dies galt vom Finder, = früher) bezeichnen. Eine solche Gegen- von Arm, Bein, Nase und Ohren, für die
seinem Vieh kollektiv haften ließ, wurde der ein gefundenes Gerät nicht zurückgab Verursachung des Abortus) erheblich ver-
frühzeitig durch sakrale Sühn- und Ersatz- überstellung, der man in 22 Bestimmungen
(§ 45). Ein fremdes Tier mußte der Finder der HRS begegnet, weist auf eine große größert. Zugleich wurde der strafrechtliche
opfer ersetzt (§ 167). Wenn man diese in der Stadt zum Königstor führen, auf Schutz der körperlichen Unversehrtheit
Neuerung (§ 167) als die zweite Schicht in gesetzgeberische Reform hin, die von einem
dem Lande jedoch Zeugen vorweisen (§71). ungenannten heth. König dadurch ausge- (die Kopfverletzung ausgenommen) durch
der heth. Rechtsentwicklung betrachten Laut der jüngsten (KBo. 6, 4) Fassung Parallelvorschriften auf Sklaven ausge-
darf, so gehören dazu auch die §§ 164!, löst wurde, daß er auf seinen bisherigen
mußte der Finder das Gefundene (Tier oder Anteil an Strafen (vgl. das mittelalterliche dehnt, allerdings zu Strafsätzen, die um
168 f., die in einigen anderen Fällen, nament- Gerät) stetsZeugen vorweisen, sonst konnte die Hälfte niedriger waren als diejenigen
lich bei Abgrenzung oder Kauf von Fel- Friedensgeld) verzichtete, was in den §§ 9
er später vom Eigentümer als Dieb belangt und 25 ausdrücklich gesagt wird. Infolge- zugunsten des Freien. Ähnlich hat man
dern (§§ 168f.; vgl. auch die §§ 196, 199) werden und mußte das Gefundene dreifach mit halben Geldstrafen ihre strafrechtliche
solche Sühnopfer vorschreiben. dessen wurden die meisten der jüngst ein-
ersetzen (§XXXV). Andererseits hielt man geführten Geldstrafen (unsicher: §§ 101, Verantwortung geregelt. Nur bei Diebstahl
Im ersten Teil werden für Viehdiebstähle es für nötig, ausdrücklich vorzuschreiben, 122) sowie die alten Viehbußen meist auf und bei Brandlegung in einem fremden
(§§57ff-) sehr hohe, praktisch unerschwing- daß ein Haustier, wenn es sich in eine die Hälfte (§§ 7, 9, 25; 57—59- 67—69,119) Haus (§§97, 99) waren für Sklaven als
liche Viehbußen angedroht. Der Dieb fremde Hürde verlaufen oder sich einer oder auf zwei Drittel (§§ 63—65) oder auf Täter auch Abschneiden von Nase und
mußte für jedes gestohlene Rind, Pferd fremden Herde angeschlossen hatte, vom drei Zehntel (§§ 81, 94, 129) oder gar auf Ohren sowie die Auslieferung an den Ge-
oder Schaf 30, bzw. 15, bzw. 12 gleichartige Eigentümer zurückgenommen werden ein Achtel (§91?) herabgesetzt. Wohl schädigten vorgesehen, falls der Herr den
Tiere entrichten, je nachdem ob es sich konnte, ohne daß dieser den Eigentümer gleichzeitig wird die abschreckende Todes- Schaden nicht ersetzen wollte (Noxal-
um ein Zucht-, oder um ein männliches der Herde als Dieb belangen konnte (§ 66). strafe für den Bienendieb (§ 92; Aussetzung haftung). Auf magischen Vorstellungen
Arbeits- und Zugtier, oder um ein weib- — Der Eigentümer eines Feldes, auf dem des Diebes den Bienenstichen) sowie die beruhte der § 170, worin dem Sklaven als
292 GESETZE } GESETZE 279
Täter der Tod, dem Freien die Strafe von den. Dabei wird die überlegte (sullanaz)
einer Mine Silber angedroht wurde. Tötung mit sechs, die unüberlegte („wenn
Die Erfüllung von Viehbußen wurde die Hand sündigt") mit zwei Minen Silber
auch dadurch erleichtert, daß der Schul- bestraft.
dige zu je einem Drittel erwachsene, halber- Aus der Zeit, als die alten Länder noch
wachsene und noch jüngere („saugende" ?) selbständig waren, stammt auch der § 19
gleichartige Tiere entrichten konnte (§§57 über Menschenraub, die Verschleppung
bis 69). Neu hinzugefügt wurden drei Pa- von Freien, aus Hattusa, sei es nach dem
rallelbestimmungen über die Fundverheim- Land Arzawa* (§ 19 A), wofür der Täter
lichung (?) und Beschädigung (Kastrieren ? wahrscheinlich mit dem Verlust seines Ver-
vgl. H. G. G ü t e r b o c k , JCS 15 [1961] 76) mögens büßen mußte, sei es daß ein Hattier
von Zuchttieren (§§ 60—62); der Schuldige einen Luwier nach Luwija brachte (§ 19 B),
mußte sieben gleichartige Tiere (d. i. die wofür er 12 Köpfe (später 6 Köpfe) geben
ungefähre Hälfte der in den §§ 57—59 her- mußte, womit wohl die Auslieferung von
abgesetzten Diebstahlsbuße) entrichten. so vielen Familienangehörigen oder Skla-
Nicht mehr durch Parallelbestimmungen, ven an die Familie des Geschädigten ge-
sondern durch den einheitlichen, offenbar meint war. Gegenüber dieser hohen Strafe
jüngeren § 70 wurde der Eigentümer eines hat man wohl später die Verschleppung
Rindes, Pferdes, Maultieres oder Esels er- eines Sklaven nach Luwija nur mit 12 Se-
mächtigt, sein gestohlenes Tier an sich zu keln Silber bestraft, die Verschleppung
nehmen und als Strafe zwei weitere zu ver- eines luwischen Sklaven aus Luwija nach
langen. Für verschiedene Beschädigungen Hattusa sogar für straflos erklärt (§§ 2of.).
von fremden Haustieren wurden Straf- Der Auslieferung eines „Kopfes" begeg-
sätze in Silber festgesetzt (§§ 74, 77 A, B, net man in mehreren Bestimmungen als
84, 87—89). Durch neue Strafrechtssätze, Ersatzleistung: für einen im Krieg (?) ge-
die meist Geldbußen von 12 Sekeln (von storbenen, noch nicht bezahlten Mietling
6 Sekeln für den Sklaven als Täter) für (§ 42); für einen im Raufhandel Getöteten
Diebstahl oder sonstige Schäden vor- (§ 174); für einen, den man ins Feuer ge-
schrieben, wurde der Schutz des Eigen- stoßen hat (§44: hier muß ein Erbsohn
tümers von Haustieren (auch von Schwein gegeben werden); bei Erfolglosigkeit der
und Hund), von Gebäuden (§§ 93—100), handwerklichen Ausbildung (§ 200 B); bis
von Weingärten, Gärten und Feldern, von zur Genesung bei schwererKopfverletzung
Geräten, von Tiergeschirr (§§ ioiff.) weiter (§§ 10, IX); der umstrittene § 172 ordnet
ausgebaut. die Auslieferung von zwei „Köpfen" an. —
Unter den personenrechtlichen Bestim- Wohl im Anschluß an den § 19 B wurde
mungen werden zu den (relativ) ältesten in der ersten Tafel die gleiche Strafart auch
jene zu rechnen sein, die noch den Unter- für Tötung in Anwendung gebracht. Bei
schied zwischen den alten Stammesländern einer sullanaz erfolgten Tötung (§§ if.)
(Hatti*, Luwija*, Palä*) berücksichtigen eines Freien mußte man vier Köpfe, für
(§§ 5, 19). So ist für die Ermordung eines einen Sklaven zwei geben. Hatte jedoch
heth. Kaufmanns (§ 5) die Riesensumme bloß die „Hand" des Täters „gesündigt"
von 100Minen Silber vorgeschrieben. Wenn (§§3!), so mußte man für einen Freien
der Mord jedoch in Luwija oder Palä be- zwei Köpfe, für einen Sklaven einen ein-
gangen worden ist, ordnet der §5 ausdrück- zigen geben. Bei dieser Unterscheidung be-
lich auch den Ersatz des geraubten Ver- zeichnet der zweite Fall („die Hand sün-
mögens an. — In der jüngsten Fassung digt", vgl. das römische si telum manu
(KBo. 6, 4) werden die alten Länder nicht fugit quam iecit) die unüberlegte Tötung.
mehr erwähnt (§111). Nunmehr wird je- Demgegenüber bedeutet die sullanaz
doch zwischen dem Raubmord, der durch ( F r i e d r i c h , HG: infolge eines Streites;
eine (nicht überlieferte) Geldstrafe sowie N e u f e l d : im Zorn; E. L a r o c h e , RHA
den dreifachen Vermögensersatz gesühnt 18 [i960] 83f.: in Aufregung) erfolgte
wird, und der bloßen Tötung unterschie- Tötung die überlegte, die vorsätzliche
GESETZE 293
Handlung. Zieht man noch denStrafrechts- 7—18) sind z. T. vor (§§ 7, 9), meist aber
satz über Tötung im Raufhandel (§ 174) nach der Reform, jedenfalls vor denen
heran, so zeigt sich deutlich die Berück- über Tötung (§§ 1—4) eingeführt worden.
sichtigung des Willensmomentes in der In der Neuredaktion (KBo. 6, 4) sind sie
Abstufung der Tötung: die vorsätzliche, gut erhalten (§§ V—XVII). Darin wird
die unüberlegte, die Tötung imRaufhandel. die Beschädigung von Augen (§§ Vf.) und
Die kleine Zahl der auszuliefernden Men- Zähnen (§ VII) nicht mehr einheitlich ge-
schen spricht dafür, daß diese milden Straf- regelt. Beim Blenden (§§ Vf.) wird zwischen
sätze erst nach der großen Rechtsreform der überlegten (sullanaz) und der unüber-
eingeführt worden sind. König Hattusili* legten Handlung („die Hand sündigt")
III. (1282—1250) hebt in seinem Brief unterschieden. Im ersten Fall werden,
KBo. 1, 10 II 14—25 mit Stolz hervor, ebenso auch für das Abbeißen der Nase
daß man in Hattusa selbst einen Mörder (§§ XIIf.) und für Verursachung eines A b -
nicht mit dem Tode bestrafe. Er erwähnt o r t u s (§§ XVIf.), die Strafsätze erhöht.
jedoch keineswegs die Auslieferung von Bei der Beschädigung von Zähnen (§ § VII f.)
„Köpfen", sondern läßt es auf ein Über- wird die Mindestzahl (2 oder 3) angegeben,
einkommen zwischen dem Mörder und den bei Beschädigungen von Hand und Fuß
„Brüdern" des Ermordeten über die Höhe (§§ Xf.) die etwaige Verkrüppelung be-
des Wergeides ankommen; andernfalls rücksichtigt.
droht dem Mörder der Verkauf in die Skla- Zu den personenrechtlichen Bestimmun-
verei. Damit stimmt der § II insofern über- gen gehören auch die Strafrechtssätze über
ein, als er für die unüberlegte Tötung einer Unzucht mit Tieren, Blutschande und Ehe-
Sklavin nur 2 Minen Silber anordnet. Lei- bruch (§§.187ff.). Ihre Stellung erst nach
der sind die vorhergehenden Rechtssätze dem Preistarif am Schluß der zweiten
in KBo. 6, 4 nicht erhalten. Darum können Tafel, die Häufigkeit der Todesstrafe und
wir nur vermuten, daß man in spätester die damit verbundene Erweiterung der
Zeit auch die Auslieferung von Köpfen königlichen Gerichtsbarkeit sowie der Ge-
durch Geldstrafen ersetzen wollte. Damit brauch von neuen Fachausdrücken (hurkil,
stehen im Einklang auch die Geldstrafen haratar) — dies alles legt die Vermutung
im § III für die Tötung eines Kauf- nahe, daß diese Rechtssätze aus einer
manns. Spezialgesetzgebung über Sittlichkeits-
Dagegen ließ die HRS ohne jede nach- delikte hervorgegangen sein dürften. Blut-
gewiesene Schuld den Grandstückseigen- schande wurde als hurkil ( = Kapitalver-
tümer haften, falls man auf seinem Feld brechen?) wohl stets mit d e m T o d e be-
einen toten Menschen gefunden hatte. Der straft (§§ 189f., 195). Unzucht mit Tieren
Eigentümer mußte 100 gi-pessar Feld wohl wurde (mit Ausnahme des § 200 A, der
den Familienangehörigen des Toten über- nur Ehrenstrafen vorsieht) grundsätzlich
lassen, wahrscheinlich zur Errichtung einer mit dem Tode bestraft. Dem König stand
Grabstätte. Laut der neuesten Fassung dabei Begnadigungsrecht zu; der Begna-
(§ IV) wurde diese Haftung des Eigen- digte durfte jedoch nicht mehr vor den
tümers außerordentlich vergrößert und zu- König treten oder Priester werden (§§ 187 f.,
gleich danach abgestuft, ob es sich um 199f.). —Notzucht wurde mit d e m Tode
einen Toten oder eine Tote handelte. Ge- bestraft. Eine im Gebirge Überfallene Frau
hörte das Grandstück keinem Privatmann galt als unschuldig, eine im Hause Ver-
an, so wurde die nächste im Umkreis von gewaltigte wurde jedoch als mitschuldig
3 Meilen gelegene Stadt zur Haftung her- gleichfalls hingerichtet (§ 197, vgl. Dt. 22,
angezogen. Von den vorderasiatischen 23—26). Der Ehemann konnte seine beim
Rechten befaßt sich mit diesem Problem Ehebruch ertappte Gattin nebst ihrem
nur das biblische Recht (Dt. 21), das jedoch Komplizen auf der Stelle töten. Hat er
zu einer anderen Lösung gelangt. (Vgl. von seinem Privatstrafrecht keinen Ge-
§23 f. CH.) Die bereits erwähnten Be- brauch gemacht, so konnte er beide zum
stimmungen über Körperverletzungen (§§ Königsgericht („Palasttor") führen und
295 GESETZE
} GESETZE 279
dort entweder ihnen verzeihen und das Während die ältesten Bußen in Vieh und schließungsrecht in je einer Urkunde aus (beim verbrieften Königsgeschenk zwei
Leben schenken, oder ihre Hinrichtung Getreide festgesetzt waren, lief die Ent- Nuzi (E. A. S p e i s e r , AASOR 10 [1939] Drittel) (§53). Ihre Obliegenheiten werden
verlangen; der König konnte auch hier wicklung auf allgemeine Einführung von 51 f„ Nr. 20, 18ff.) und Ugarit (RS 8. 148, als luzzi und sahhan ohne jede nähere An-
seine Gnade walten lassen (§§ 197ff.). Geldbußen hinaus. 16—23: Fr. T h u r e a u - D a n g i n , Syria 18 gabe bezeichnet.
Das heth. Strafrecht entwickelte sich 3. Z i v i l r e c h t l i c h e s . Vom heth. Zivil- [1937] 249) gewährt. In den vermögensrechtlichen Bestim-
somit von der ursprünglichen abschrecken- recht vermittelt uns die HRS ein sehr un- Den Sklaven, deren Verhältnis zu ihren mungen steht der Schutz des Eigentümers,
den Strenge bis zu einer auffälligen Milde vollständiges Bild, da, ebenso wie in den Herren ziemlich patriarchalisch war, (KUB der allmählich als „Herr" (des Feldes,
dank der Rechtsreform, worauf allerdings anderen antiken Rechtssammlungen, unter 13, 4 I 22ff.; A. G o e t z e , K1F 1, 2 1 8 ! Haustieres, usw.) (sum. EN, akk. BELU,
zuletzt einige Rückschläge zu größerer den nicht zahlreichen Rechtssätzen solche Z. 4f.), sicherte nach der Rechtsreform die heth. ishas) bezeichnet wird (vgl. den
Strenge (in KBo. 6, 4 sowie in den Sitt- allgemeinen Charakters (über Familie, HRS grundsätzlich den gleichen Schutz römischrechtlichen dominus!), im Vorder-
lichkeitsbestimmungen) folgten. Keine Eigentum, Vertrag, Erbrecht, Prozeß) des Lebens und der körperlichen Unver- grund, während die Hethiter ebenso wie
Milderung ließ man jedoch bei den Vor- völlig fehlen. sehrtheit wie den Freien zu, allerdings zu die Akkader (G. C a r d a s c i a , RIDA 6
schriften walten, die die Grundlage der Die HRS unterscheidet Freie und Skla- meist halben Strafsätzen. Ähnlich wurden [1959] 22) für das Eigentum selbst keinen
damaligen Gesellschaftsordnung sichern ven. Abgesehen von einigen örtlichen und Sklaven nur zu halben Geldstrafen verur- Ausdruck haben. Der Eigentümer wurde
sollten. So blieben .ungeändert die grau- beruflichen Befreiungen von öffentlichen teilt; ausnahmsweise kamen für sie Ver- gegen Diebstahl und Sachschäden ge-
samen Strafen für die Mißachtung der Ge- Leistungen (luzzi „Frondienst", sahhan stümmelungsstrafen (§§ 95, 99) oder die schützt. Seine Sache konnte er stets recht-
richtsbarkeit des Königs oder eines DUGUD „Naturalabgaben" vgl. A. G o e t z e , MV- Todesstrafe (§ 170) zur Anwendung. Auch mäßig an sich nehmen und eventuell vom
sowie für die Auflehnung eines Sklaven AeG 34/2 [1930] 56: KUB 26, 43, 54—58) in Sittlichkeitsvorschriften (§§ 191, 194, Besitzer Schadenersatz fordern. Für den
gegen seinen Herrn (§ 173). Ebenso hat werden unter den Freien keinerlei Unter- 196) zeigt sich eine Minderbewertung von Schaden, den seine Tiere verursacht haben,
man die Todesstrafe für die Entwendung schiede gemacht. Die mitunter als Ver- Sklaven. Andererseits spricht die Tat- hat er nicht aufzukommen (§§ 79, 86, 90),
einer (wohl als Symbol im Palasttor auf- trauenspersonen fungierenden „Herren sache, daß sich die Hälfte der eherecht- außer wenn er sich durch Nachlässigkeit
gestellten) kupfernen Lanze nie abge- von Hattusa" (KUB 13, 4 I 22 ff.) kom- lichen Bestimmungen mit Ehen befaßt, (§ 107) schuldig gemacht hat (für Feuer-
schafft (§ 126). Die häufige Androhung men in der HRS gleichfalls nicht vor. in denen wenigstens ein Partner Sklave schäden §§ 105 ff.).
der Todesstrafe in verschiedenen Dienst- Die heth. Frau erfreute sich des gleichen war (§§31—36, 175), für die Häufigkeit
Bestimmungen über Schuldverhältnisse,
instruktionen erklärt sich gleichfalls aus strafrechtlichen Schutzes wie der Mann, und gesellschaftliche Anerkennung solcher
soweit sie auf Verträgen beruhen, fehlen
dem öffentlichen Interesse (KUB 13,3 II eines besonderen die Schwangere (vgl. §§ Ehen. War eine Freie mit einem Schaf-
nahezu vollständig, nur für den Ernte-
19. I I I 8.19. 31; 13, 4 I 59. II 9ff. 56ff. III 1—4, 7—18, eine Verschlechterung im hirten oder einem AGRIG (Verwalter?)
arbeitervertrag werden die Arbeitsver-
18 ff. 51 ff.). §IV). Ihre Arbeitskraft wurde im Ver- die Ehe eingegangen, so wurde sie nach
pflichtungen angeführt (§ 158). Die HRS
gleich zur männlichen um die Hälfte (§42), wenigen (§ 35: drei; § 175: zwei oder vier)
Das heth. Strafrecht erreichte seinen besagt nichts über Abschluß und Wirkun-
oder um zwei Fünftel (§ 158) niedriger be- Jahren unfrei. Sonst war die Stellung der
Höhepunkt in der Berücksichtigung des gen des Kauf-, Miete-, Dienst- und Werk-
wertet. In der patriarchalen Familie blieb Frau in einer solchen Mischehe günstig,
Willensmomentes bei der Tötung (§ 1—4), vertrages (§ 150); das Darlehen, der Zins-
sie dem Mann gegenüber vielfach zurück- da sie bei der Scheidung die Hälfte des
die in KBo. 6, 4 noch weiter ausgedehnt fuß, die Bürgschaft werden überhaupt
gesetzt, jedoch keineswegs rechtlos: laut gemeinsam erworbenen Vermögens er-
wurde (§§ III, VIIf.). Im Vermögensrecht nicht erwähnt. Man beschränkt sich auf
der §§ 3of., 193 „nimmt der Mann die hielt (§31).
war Diebstahl das eigentliche Delikt, dem die Fixierung des Entgelts für einzelne ge-
allmählich andere rechtswidrige Hand- Frau", nur ihr Ehebruch war strafbar Über das heth. Eherecht s. Ehebruch* werbliche Erzeugnisse, Mietzins oder
lungen (wie die Fundverheimlichung) an- (§§ 197 t.). Bei der Verehelichung des Mäd- (RIA 2, 293 ff., 299ff.). Dienste (§§ 150—161). Von Deliktsobliga-
geglichen wurden; später bildeten sich chens stand die Entscheidung dem Vater Die sog. „lehensrechtlichen" Bestim- tionen werden die Rechtsfolgen nur bei
weitere strafrechtliche Tatbestände aus und (!) der Mutter zu; bei einer Entfüh- mungen (§§ 39—41, 46—56, 112; XXXVI einer schweren Kopfverletzung ausführ-
(§§ 74, 77, 84!, 98ff., 105f.: Beschädigung rungsehe wollte man vor allem die Rück- bis XLI) sind gut überliefert, ergeben je- lich bestimmt (Strafe, Stellung eines Er-
eines Haustieres, Brandstiftung, Abbren- gabe von Geschenken an den früheren Be- doch kein klares Bild von den ihnen zu- satzmannes, Schmerzensgeld, ärztliches
nen von fremden Feldern oder Wein- werber gesichert wissen (§§ 28ff.). Die Zu- grunde hegenden Wirtschaftsbeziehungen. Honorar, §§ 9 I , IX).
gärten). — Der Dieb eines Türflügels haf- stimmung der Braut war nicht erforder- Danach wurden gewisse Felder, die von Das Erbrecht wird kaum gestreift
tete für allen mittelbaren Schaden (,,für lich. — Im § 193 wird das Levirat geregelt. Städten oder vom König als „Geschenk" (§§27, 192).
alles, was im Hause verloren geht", § 127). Nach dem umstrittenen § 192 erbte die verliehen worden sind, gemeinschaftlich Die Zuständigkeit der königlichen Ge-
Der Vieheigentümer mußte seinem Ge- Witwe den Erbteil ihres verstorbenen von einem G l S KU- (oder GlS TUKUL-) richtsbarkeit, deren Autorität streng (§ 173)
fährten (araS) für allen Schaden aufkom- Mannes (vgl. jedochP. K o s c h a k e r , RHA, Mann (Waffenmann ?; nach HAB, 120 bis geschützt wird, wird außerhalb der Sitt-
men, den dessen Vieh durch Ansteckung 2 [1932—34] 10, 86ff.). — Unter Wahrung 134: Handwerker, Kleinbürger) und einem lichkeitsvorschriften selten angeordnet
erlitten hat, falls jener die nötige Warnung von symbolischen Förmlichkeiten konnte ILKU-MSLUTI bewirtschaftet. Wenn einer (§§44B, 102, i n , 176). Sonst enthält die
unterlassen hatte (§ 163). Als Versuch am die Mutter ihren Sohn aus der Familie aus- von ihnen gestorben war, konnte der andere HRS keine Prozeß Vorschriften. Mehr ent-
ungeeigneten Gegenstand wurde die Ent- schließen, ebenso ihn aber auch wieder auf- in seine Stellung nachrücken. Entzweiten nimmt man der Dienstinstruktion für den
wendung von leeren Bienenkörben mit der nehmen. Durch väterliche letztwillige Ver- sich die beiden, so erhielt bei der Teilung Befehlshaber im Grenzgebiet (BEL MAD-
halben Geldstrafe gebüßt (§ 92). fügung wurde der Witwe ein ähnliches Aus- der erste sieben, der andere drei Zehntel GALTI); danach wurde die Gerichts-
L
296 GESETZE}GESETZE279
der Stirn und an der Seite (Helm mit Kinn- 13. Jh.) und hinsichtlich der Gesicht;
riemen?). Ganz ähnlich bemalt ist die gestaltung mit den vorquellenden Augen,
zweite, ein Kopfgefäß aus Phaistos (H. den fleischigen Lippen und der Adlernase
Bossert, Altkreta, Abb. 294: Mittelmin. in dem Bruchstück eines Fayencegefäßes
III), das an Stelle der Zacken aber Spiral- aus Minet el-Beida (H. Bossert, o. c. Abb.
locken aufweist und außerdem einen Kinn- 499, 500; Cl. Schaeffer, Syria 14 [1933]
bart besitzt. Diesen kurzen Kinnbart zeigt Tf. 12, 3—4: 14./13. Jh.). Ein zweiter,
auch die in Grab 9 zu Jericho gefundene hier gefundener Fayencebecher bildet mit
dritte Gesichtsvase (J. Garstang, AAA 19 seinem kleinen Mund und den auf Stirn
[1932] Tf. 43: 17./16. Jh.). und Wangen schwarz aufgemalten Haar-
Einen anderen Typ verkörpert die vierte löckchen (H. Bossert, o. c. Abb. 501; ders.,
Vase, ein kleines, napfähnliches Gefäß aus Altsyrien Abb. 653; Cl. Schaeffer, o. c.
der X.—IX. Schicht in Megiddo (G. Loud, Tf. 11, 1; Ugaritica 1, Taf. 10: 14./13. Jh.)
Megiddo 2, OIP 62 Tf. 47, 20:16./15. Jh.). ein genaues Gegenstück zu einem gleich-
Obwohl das Gesicht bartlos ist, kann falls aus Enkomi stammenden Gefäß
wohl in ihm auf Grund der ausgeprägten (H. Bossert, Altkreta Abb. 484 c). Von
Physiognomie (scharfkantige Nase), ein den am Teil Abu Hauwan (östlich von
Männerkopf erblickt werden. Haifa) zutage gekommenen Fayence-
Die beiden Fragmente, die in Teil bechern der späteren Bronzezeit (AfO 10,
Fekheriye/Fecherije* (C. W. McEwan 102) zeigt der eine (H. Bossert, Altsyrien
u. a., Teil Fakhariyah, OIP 79 Taf. 35, Abb. 1084) dieselbe Haartracht und Haar-
109 u. 38, 109) und in Teil Billa (C. W. ringe des Assur-Kopfes, hat aber plastisch
McEwan o. c. S. 24, Anm. 11) gefunden wiedergegebene Haarlocken an den Wan-
worden sind, entsprachen wohl in ihrem gen und weichere Gesichtszüge. Der zweite
ursprünglichen Aussehen dem Becher (H. Bossert, Altsyrien Abb. 1085) läßt sich
von Teil Brak. genau so wenig an einen der beiden eben
besprochenen Typen anschließen, wie das
2. Frauenköpfe. Für die zweite Gruppe
dritte Kopfgefäß aus Enkomi (H. Bos-
(Frauenköpfe) sind erstens charakteristisch
sert, Altkreta Abb. 484b). In der Samm-
der hohe, polosartige Kopfschmuck und
lung Burell, Glasgow City Museum and
zweitens das Material: Meist Fritte bzw.
Art Gallery, befindet sich ein Frauenkopf
Fayence. Mesopotamien hat bis jetzt nur
aus Holz (St. Pigott, Die Welt aus der wir
ein einziges Beispiel geliefert, nämlich das
kommen [1961] 141 Abb. 15), der den Bei-
Frittegefäß aus dem Iätar-Tempel Tukulti-
spielen aus Assur und Enkomi ähnelt (H.
Ninurtas I. (1242—1206) in Assur, das
Bossert, Altkreta Abb. 507. 484 a). Dieses
spätestens aus dem 13. Jh. v. Chr. stammt
Gefäß soll angeblich in einem ägyptischen
(W. Andrae, JIT, WVDOG 58, 79 Abb. 62,
Grab des 14. Jh. gefunden worden sein.
Tf. 33; H. Bossert, Altkreta Abb. 507).
Über Stirn und Wangen des mehrfarbig 3. Zweigesichtige Vasen. Neben diesen
bemalten Kopfes verläuft eine geflochtene „eingesichtigen" Vasen gab es offenbar
Haarsträhne; sie geht am Hinterhaupt in schon während des 2. Jt. solche mit zwei
einen Knoten über, der von einem Netz Gesichtern, was durch ein bisher noch un-
zusammengehalten wird. Oberhalb der veröffentlichtes Stück aus Minel el-Beida
Ohren befinden sich drei Ringe, die nach (heute im Louvre) dokumentiert wird.
Andrae, o. c. S. 79, einen Ohrschmuck dar- Ebenfalls aus Minet el-Beida stammt auch
stellen sollen, nach E. D. van Buren, AfO eine primitive Nachahmung derartiger
10 [1935/36] 291, Ringe zum Aufstecken Gefäße durch mykenische Handwerker
der Haare, wie es zur Zeit der I. Dynastie (Cl. Schaeffer, Ugaritica 1, 99 Abb. 94).
von Ur in Mesopotamien üblich war § 3. Nachleben. Im 1. Jt. v. Chr. finden
(V. Christian, o. c. 218 Tf. 220, 221, 7). Die sich Gesichtsvasen im vorderasiatischen
Assur-Vase hat ein völlig identisches Ge- Raum nur noch vereinzelt und weitgehend
genstück in einem Fayencebecher aus En- modifiziert. Als Spendekannen und Salb-
komi (H. Bossert, o. c. Abb. 484a: 14./ gefäße (s. Kosmetik*, Salbe*) scheinen sie
GESIEGELTE TAFELN — GEäTINANNA 299
aber in der Ägäis ein reiches Nachleben Da aber die ältesten Beispiele menschen-
gehabt zu haben (vgl. E. Buschor, BSA gestaltiger Gefäße aus dem Zweistrom-
46 [I95i] 32ff-)- land und Anatolien stammen, also der Ge-
Dem 8. Jh. v. Chr. gehört eine Kanne danke, Vasen in Menschenform herzu-
aus Beth Shemesh an (H. Bossert, Alt- stellen, hier schon verhältnismäßig früh
syrien Abb. 1094), die die Form eines bekannt gewesen sein muß und da auch
menschlichen Oberkörpers mit an die Brust der Polos bei den Gesichtsvasen des 2. Jt.s
gelegten Armen hat, und deren Hals als weder auf Kreta noch auf Cypern ge-
Kopf eines bärtigen Mannes gestaltet ist. bräuchlich war, sondern ursprünglich als
Ein Krug aus dem 6-/5. Jh. von Idahon Kopfbedeckung syrischer Gottheiten ge-
auf Cypern besitzt als Ausguß einen voll- dient hat (vgl. U. Moortgat-Correns, ZA
plastischen Frauenkopf (H. Bossert, Alt- 51 [1955] 89), wird man wohl das Zentrum
syrien Abb. 143), ein weiterer aus Amathus für die Herstellung der eigentlichen Ge-
erinnert durch die auf den Gefäßkörper sichtsvasen am ehesten in Nordsyrien ver-
aufgemalten Augen und die plastisch auf- muten dürfen.
gesetzte Nase (H. Bossert, Altsyrien Abb. [Stücke aus Kültepe u. Bogazköy: T. Özgüf,
260) nur noch entfernt an die Beispiele Kültepe-Kanis S. 113; F. Fischer, WVDOG 75,
des 2. Jt. v. Chr. 153 (Nr. 1214).]
§ 4. Zweck undHerkunft. WelchemZweck H. R . H a l l , J H S 48 (1928) 6 4 f f . ; Cl. S c h a e f -
f e r , Syria 14 (1933) i o s f . ; W. A n d r a e , Die
diese Gefäße gedient haben, ist noch nicht jüng. Ischtar-Tempel (1935) 78Ü.; E. v a n
geklärt, er dürfte aber in jedem Falle ein B u r e n , AfO 10 (1935/36) 291; R. D u s s a u d ,
kultisch-religiöser gewesen sein. Einige der L ' A r t phenicien du I I e Millenaire (1949) 7 6 I ;
anthropomorph ausgebildeten haben wie W . L a m b , BSA 46 (1951) 75; H . F r a n k f o r t ,
J N E S 8 (1949) I94ff.; N. K a l i c z , Die P«5celer
die Gefäße in Ungarn eindeutig als (Badener) Kultur und Anatolien (1963) I9ff.
Aschenbehälter (Urnen) gedient. (Die — Für die Tiergefäße s. K. T u c h e l t , Tier-
gleiche Verwendung läßt sich übrigens gefäße in Kopf- und Protomengestalt, Ist.
Forsch, 22 (1962). M. Falkner/B. Hrouda
auch bei den in die frühe Eisenzeit zu
datierenden anthropomorphen Vasen aus Gesiegelte Tafeln s. Siegeln.
Pommern und Westpolen nachweisen:
RLV 4/1, 295 ff.). Die Gesichtsvasen Gestellungsbürgschaft s. B ü r g s c h a f t .
hingegen waren wohl ausschließlich Be- Gestellungseide s. Eid.
hälter für Salben oder kosmetische Öle.
Gestin. (ig c s t i n, Opfer empfangende
Ebenso gehen die Meinungen der For- Gottheit, Ur III. TDr. 11 Rs. 1 (Puzris-
scher über das Entstehungsland dieser dagan*); TCL 5: 6053 I 27 (Umma). Wohl
Gefäßgattung, insbesondere aber über die
identisch mit G e s t i n a n n a . G. in Götter-
Herkunft der Gesichtsvasen auseinander.
listen s. G e s t i n a n n a * . D. O. Edzard
Nach Hall sind die letzteren minoisch, auch
die Assur-Vase, und wahrscheinlich von Gestinanna. a g e s t i n - a n - n a , sum. Göt-
Cypern importiert. Schaeffer denkt an eine tin. Der Name bedeutet wörtlich „Wein
syrische Fabrikation, Andrae hält den (-rebe) des Himmels/des An", doch bleibt
Assur-Kopf für ein cyprisches Importstück zu fragen, was mit g e s t i n ursprünglich
und auch Dussaud spricht sich für Cypern gemeint war. Die Göttin d a m a - g e s t i n
als Ursprungsgebiet der Gesichts- „Mutter Wein(rebe)", bisher hapax lego-
vasen aus. Demgegenüber versuchte van menon in Urukagina 16 II 1, ist vielleicht
Buren, sie als in Assyrien entstanden zu mit ihr identisch; vgl. unten (4) a m a -
a
erweisen, von wo sie nach Syrien einge- g e s t i n - n a , Emesal a m a - d m u t i n - n a .
führt, hier nachgeahmt und weiter nach 1. Götterlisten. aB SRT 124 VII12 dg. //
Kypros exportiert worden seien. Den 122 V 9 a TIN-an-na; aB TCL 15, 10, 299
schwersten Einwand gegen diese Hypothese a
g.; früh mB E. Weidner, AfO 2 (1925) 5:
bildet die Tatsache, daß sie in Assyrien VI 3 a g e s t i n - a n - [ n a ] // KAV 63 IV 38
ganz vereinzelt vorkommen, im Westen d
nin-gestin!-an-na(s.Af02,77). Emesal
dagegen relativ häufig sind. Voc., MSL4,8,Z.79! a m u - t i n = a g e s t i n
20*
300 GESTINANNA
5. Wesen und Funktion der G. lassen sich (oben 1), daß die akk. Überlieferung G.
bisher nicht scharf umreißen. Schon ihr vor allem in der Rolle der „Buchführerin,,
Name setzt der Deutung große Schwierig- und „Schreiberin" der Unterwelt verstand,
keiten entgegen. Wurde das Element wie sie Beletseri, die „Herrin der Steppe"
g est in von jeher als „Wein(rebe)" auf- (seru auch Name der Toten weit), innehatte
gefaßt? Wenn ja, wie ist g e s t i n bei einer (vgl. W. von Soden, ZA 41 [1933] 233
Göttin im Kultkreis der Hirten zu ver- bis 236). Diese Assoziation scheint zum
stehen ? Was hat es ferner mit dem zweiten ersten Male in der aB Zeit vorzuliegen,
Namenselement an (-na) auf sich? G. teilt wenn G. in Rollsiegelinschriften (oben 3d)
ihre beiden Bereiche, Schafhirtentum und neben dem Nomaden-, Steppen-, dann auch
Unterwelt, mit ihrem Bruder Dumuzi. Sie chthonischen Gotte Martu* genannt wird.
ist das Kind des göttlichen Mutterschafes, Die mit G. zusammenhängenden Fragen
der Turtu(r) (vgl. oben 2) und bewohnt können nur im Rahmen eingehender Unter-
einen Schafpferch. Ihre Rolle als Unter- suchungen über Dumuzi weiter geklärt
weltsgöttin dürfte sekundär sein; die Ätio- werden.
logie findet sich im zweiten Teil von ,,In- D. O. Edzard
annas Gang zur Unterwelt". Ist das Amt
d a
einer Unterweltsschreiberin etwa von einer gestin-AN-ka s. Gestinanna
anderen Göttin auf G. übertragen worden ?
(dub-sar in „Dumuzis Traum und Tod" Gestirne s. S t e r n e .
könnte Reprojizierung sein.) Es sind ja
mehrere Göttinnen in diesem Amte be- Gestu. d gestü(g) und mit g e s t ü ( g )
zeugt (s. G. Castellino, ZA 52 [1957] 47). „Ohr; Gehör; Verstand" zusammenge-
In einer akk. Beschwörung (G. Castellino, setzte Namen erscheinen als Beinamen des
OrNS 24 [1955] 246 Z. 15) ist eine Unter- sum. Weisheitsgottes Enki* (akk. Ea) in
weltsschreiberin Ningestinanna genannt. sum.-akk. Götterlisten. Vgl. d g e s t ü - a b z u
„Ohr des Abzu", d g e s t u - a - d i r i „Ver-
Im Gegensatz zu ihrem jugendlichen stand, (der) übermäßige Kraft (hat)",
Bruder Dumuzi ist G. eine „Mutter" oder d
ge§tü-ä-gal „Verstand, (dem) Kraft
auch „Alte" (ama, u m - m a ; oder u m - m a vorhanden (ist)" CT 24, 14,34; 27,5; CT
übertragen „die Weise" ?). Auch G. als 25, 33,17. 20—21. Daneben (CT 25, 12,15)
Traumdeuterin paßt zu einer alten Göttin ist d gestü auch Epithet Ninurtas*.
(vgl. Nanse, die Gudeas Traum erklärt).
In ihrer Rolle als mütterlich-schwester- R. L. L i t k e , Yale-Dissertation über die
Götterliste A n : Anum (1965 noch unpubliziert).
liche Behüterin entspricht G. der Hilfs-
bedürftigkeit des Dumuzi (vgl. Th. Jacob- D. O. Edzard
sen, History of Religion 1 [i960] 189 ff.).
Gestu'abzu. d g e ä t ü - a b z u „Ohr des
6. Fragen der ,Gleichsetzung'. Hier nur Abzu", sum. Epithet des Enki. CT 24, 27,5,
einige Andeutungen: Der Kult der G. mit d g e s t ü - l ä geglichen.
scheint die aB Periode nicht überdauert D. O. Edzard
zu haben. G. wird zwar in den Götterlisten*
weitergeführt, ebenso in der Dumuzi-Lite- Gestüt s. E q u i d e n (Suppl.).
ratur; aber das hat nichts mit zeitgenössi-
schem Kult zu tun. Im .Götteradreßbuch' Gestugani. d g e s t ü - g a - n i , sum. „ihr
von Assur ist G. nicht genannt, wohl aber Ohr", auch einfach "gestu. Nach sum.-
die mit G. .gleichgesetzte' Beletseri. akk. Götterlisten Bote (sum. sukkal) von
Während die sum. Überlieferung zwi- Enkis Gemahlin Damgalnuna*. Akk. ist
schen Beiiii und G. scheidet („Dumuzis der Name durch haslsu „Verstand" und
Traum und Tod"), wird Beiiii in der akk. uznu „Ohr" wiedergegeben. CT 24,16,
Überlieferung zur Schwester des Dumuzi 46—48; 29, 95—97-
(Ende von „Istars Höllenfahrt", wo sie R. L. L i t k e , Yale-Dissertation über die
der sum. G. entspricht). Andererseits be- Götterliste An: Anum (1965 noch unpubliziert).
sagt die Listengleichung G. = Beletseri D. O. Edzard
D
302 GE§-TUKU — GETRÄNKE
d a
ges-tuku s. gis-tuku. «pain et eau»: akalu u mü (nombreuses
r6ff. dans CAD A1 239—242), et l'eau
Gestula d g e s t ü - l ä „der das Ohr hin- ötait le premier remede de la soif (CAD
hält" (wörtl. „hängen läßt"), sum. Epithet S 95: samü; et 246 ss: süniu et summu).
des Enki. CT 24,14, 35 (Liste An: Anum); On lui demandait seulement d'etre «pure»
CT 24, 27,5, wo mit d g e s t ü - a b z u ge- (zakü: CAD Z 23 b) et «fraiche» (kasü:
glichen. AHw. 459 a). Aussi, comme aujourd'hui
D. O. Edzard encore en Iraq et en Syrie, la mettait-on
ä döcanter et rafraichir dans une outre
Gestus s. G e b e t s g e b ä r d e n u n d Ge- (satümi nädi: RA 13 [1916] i n , 13), et
betsgesten. de preference un vase de terre poreuse
(dug. a.se4 .de: karpat me kasüti: H h X 7 2 ,
Gestusega. a[GlS].KU.PI-se-[ga], in MSL 7, 79; le nom moderne de ce vase est
der rechten Spalte (linke nicht erhalten) hüb, ä Baghdad), suspendu dans le coin le
von CT 24, 37, 92 (An:Anum) genanntes plus frais de la maison (comp, le relief assy-
sum. Götterepithet, „willfähriges Gehör". rien reproduit dans AfO 7 [1931/32] 12: iii).
R. L. Litke, Yale-Dissertation über die L'eau n'etait certainement pas le seul
Götterliste An: Anum (1965 noch unpubli- breuvage «naturel»: mais, sur ce chapitre,
ziert). nous sommes presque entierement reduits
D. O. Edzard ä la conjecture. Qu'on l'ait bue melangee
aux boissons fermentees, ne fait aucun
Geta. umge-e-ta. Eine der von Sargon II. doute (voir plus loin). Mais il est ä presu-
auf seinem 8. Feldzug eroberten 30 Ort- mer, en depit du mutisme presque total
schaften im Lande Aiadi* nördlich vom des documents, que l'on avait depuis la
Van-See. nuit des temps pris l'habitude d'y ajouter
Sg. 8, 282. D. O. Edzard divers produits, en vue de lui donner plus
de saveur et de valeur nutritive. Puisqu'on
Getränke. A. Nach sumerischen sucrait le lait servi ä table (ga.ku 7 .ku 7 :
und akkadischen Texten: Le domaine BBR 26 ii 13, p. 124s.), a fortiori devait-on
de la boisson (mastitu, maltitu, sum. a. en faire de m6me pour l'eau. Les textes
n a g ; du verbe Satti: boire, sum. nag; medicaux, notamment, nous apprennent
saqü — 6galement n a g ou d6, en sum. — que l'on avait mis au point, sans doute
signifie: donner ä boire, abreuver; et depuis fort longtemps, divers procedes
maSqitu, sum. a et a. n a g . : potion; comp. pour extraire dans l'eau, par cuisson, in-
säqü: echanson) est, dans l'ensemble, fusion ou decoction (Subsulu: AHw. i n a ;
assez mal, et surtout fort inegalement maräsu JAOS Spl. 10, 5075; rasänu: ibid.
documentö. 4869; rabäku: MSL 2, 110), le suc ou les
§ 1. B o i s s o n s n o n - f e r m e n t d e s . Mis ä principes nutritifs ou aromatiques des
part le lait (Milch*), lequel, bien que plantes vertes, sechees ou reduites en
compte avant tout comme aliment, pou- poudre (siktu: ZA 45 [1939] 215): ainsi,
vait etre servi ä table parmi les breuvages des infusions chaudes ou refroidies, du
(vg. Racc. 75, 4, 7, [10]), coutume d&iv^e type de l'actuel sai nümi Basra (limons
peut-etre des semi-nomades (vg. Gilgameä, seches, ecrases et infuses), qui fournit en
P 81s.), la premiere boisson et la plus Iraq une boisson succulente et tres ra-
universelle, comme partout ailleurs, etait fraichissante, peuvent-elles etre de tradi-
l'eau (Wasser*) (««; en sum. le mot qui tion fort archaique. On sait, du reste, que
la d^signe: a, fait partie int^grante d'ä les premieres Operations de la brasserie
peu pres tous les termes relatifs au avaient pour procede essentiel l'infusion
boire, et meme n a g — voir ci-dessus —• (JAOS Spl. 10, 6; StudOpp. 76), dont
s'6crit par le signe de la «bouche» dans le resultat, le d i d a , moüt sucre et aroma-
lequel est inclu celui de l'«eau»), «Nour- tise, pouvait etrebu et servi tel quel, avant
riture et boisson» se dit couramment toute fermentation (ibid. 81).
GETRÄNKE 303
Les textes medicaux, surtout, mention- battu avec de l'eau pour obtenir une
nent assez souvent les jus de fruits, pomme, boisson tres fraiche (Senina en iraqien
grenade et datte notamment (me hashüri, moderne).
nurmi, suluppl: vg. KAR 61, 8; AMT 39, Mais c'est surtout ä la fermentation
1, 9), que l'on extrayait en les pressant alcoolique que l'on demandait des boissons
(mazü: Belleten 14 [1950] 24551; sahätu: fortes. Leur nom general, en accadien, tird
CAD S 60s.), peut-etre pour parfumer ou de leur propriete la plus notoire, est sikaru
enrichir l'eau; mais on pouvait aussi les (sum. kurun), — qui employe tout seul
utiliser purs, comme boisson, ou s'en servir designe aussi couramment la «biere»: cf.
pour fabriquer les ancetres des celebres plus bas — : «boisson enivrante» (de skr,
sharbat de Baghdad (M. H. B e a t t i e , Re- commun en semitique pour «etre ivre»).
cipes from Baghdad [Baghdad, 1961] 91s.) Comme il n'est pas sür qu'au moins ä
Le sahtu (sum. gis. gestin. äur. ra), qui, l'epoque ancienne le miel (Honig*) pro-
dans Hh III 16b ((MSL 5, 93), voisine avec prement dit ait ete connu, on peut douter
le «raisin», muzlqu, pourrait representer, qu'en Basse Mesopotamie, en tout cas,
comme ce dernier, du «raisin presse», ou l'hydromel ait ete utilise, comme il l'a ete
un «jus de raisin», non fermente (cf. CAD ailleurs fort anciennement.
S 60b, 61s. et 63s.). L'inconvenient de ces Par contre, ont bien du etre en usage un
extraits c'est qu'il fallait les consommer certain nombre de boissons fermentees ä
immediatement, car ils ne se conservaient base de fruits divers. On nous parle au
point comme tels. Iis n'ont donc pas donne premier millenaire d'un Sikar hahhi (ADD
lieuäunefabrication «industrielle», comme 1007, tr. 2) qui pourrait etre un «vin de
les boissons fermentees. prune» (AHw. 308 a). D'autre part, et
Peut-etre est-on alle plus loin, en «di- surtout ä la m£me epoque, le «vin de
stillant» (hatätu: cf. AHw. 337 a) certains dattes» (Sikar suluppl", voir ZA 38 [1928]
fruits, par exemple, afin d'en tirer des 148; JAOS Spl. 10, 4229; AM 1702) semble
principes plus stables, analogues aux es- avoir ete fort prise, et sous plusieurs for-
sences aromatiques (cf. Parfüm*), qu'on mules, comme le näsu (GC 2,3,23 et YOS 6,
pouvait conserver en vue de les meler k 39, 27) et le serdü (TCL 12, 1, 4), dans la
l'eau pour en faire des breuvages plus sa- composition desquels entraient aussi, on
voureux: la «distillation» des fruits ar- ne sait trop comment, des figues et des
mannu est mise une fois, au premier mil- raisins seches. Faut-il ranger ici le «vin
lenaire, sur le meme plan que l'art du de sesame» (kurunnu 1. G l S , qui serait
brasseur (cf. AHw. I.e.; CAD H 153a) — mentionne en particulier dans Gilg. XI 72
ä moins qu'il ne s'agisse lä de «vins de (voir StudOpp. 8828) ?
fruits» (voir plus loin), ou, ce qui est plus Mais les deux boissons fermentees les
improbable, de distillation alcoolique ä plus connues et les plus en usage depuis
proprement parier. l'antiquite la plus haute etaient la biere
Diverses combinaisons etaient possibles (Bier*) (sikaru — cf. plus haut; sum. k a s
entre ces multiples boissons non-fermen- •— ce dernier figure dejä sur les tablettes
tees, par addition de l'une ä l'autre, de archaiques d'Uruk IV: cf. A. F a l k e n -
matieres sucrees ou de miel, d'aromates s t e i n , ATU, Liste, noi4o; l'antiquite de
et de parfums: un texte medical cite peut- la technique de la brasserie peut se tirer
etre une sorte de cocktail de miel, de jus aussi du fait qu'en sumerien son vocabu-
de raisin et de biöre (AMT 50, 5, 3). laire serait presque tout entier d'origine
§2. Boissons f e r m e n t e e s . On les etrangere: cf. StudOpp 85; pour une
connait mieux, mais non toutes. D'abord, variete plus forte: kurunnu, sum. k u r u n ,
il est possible que l'on ait utilisö la fer- voir plus bas), et le vin (karänu, sum.
mentation lactique pour tirer du lait des g e ä t i n , que l'on trouve des les textes
breuvages analogues au kdphir ou au archaiques d'Ur:E. B u r r o w s , UET2,214).
koumys; ou alors, comme encore aujourd' 1. La Büre (voir dejä. RIA 2, 25—28)
hui en Iraq, ä base de lait caille, de laban, figure aussi frequemment que l'eau (voir
304 G E S E T Z E}GESETZE279
ci-dessus; references ibid.) dans l'expres- AfO 18, 330, 176; ä rapprocher de sibu:
sion «nourriture et boisson», qu'on disait ZA 32 [1918] 166; JAOS Spl. 10, 4232);
aussi volontiers «pain et biere»: akalu u sikar teggi (ibid. 22, 2).
sika.ru; c'etait donc bien, avec l'eau, la Le changement de formule ou de pre-
boisson par excellence en Mesopotamie. sentation est aussi marque, plus nette-
On la faisait d'orge, d'epeautre ou de fro- ment, par des termes differents. Ainsi la
ment (RIA 2, 26), et on en connaissait biere alappänu (plus recemment lappänu,
maintes presentations et varietes, dont la labbänu; voir CÄD A1 335), qui semble
XXIIIe tablette de Hh (dans JAOS Spl. 10, avoir ete particulierement prisee ä Mari
22s.) n'enumere qu'une partie. D'abord, (cf. ARM 12, p. 12), tout comme la biere
tout un jeu d'epithetes servait sans doute d'idadu / edadu (ibid. p. 13), inconnue
ä designer la gamme de ses goüts, de sa jusqu'ici ailleurs. Etaient ä base d'epeautre
force, ou de la plus ou moins haute estime le disiptuhf^u et 1'uluSinnu, voire Yulusin-
dans laquelle les amateurs la tenaient: banü mahhu (JÄOS Spl. 10, 22, 6a; CAD D
(BE 17, 34, 16) «de bei aspect»; damqu 160b; AHw. 173b), le premier marquant
(BIN 8, 263 rev.; Nbn. 799,14) «de bonne la qualite inferieure, les autres la superi-
qualite»; daspu (BMS 1, 20) et dussupu eure d'une meme formule. Le kurunnu
(BMS 2, 29) «douce» et «tres douce»; zakü (sum. ka§.gi 6 / et g u r u n x = d i n : Stud-
(JAOS Spl. io, 22, 24) «pure»; harsu (AHw. Opp. 88; voir JAOS Spl. 10, 22, 3, et 46«)
328a); tabu (Nbn. 600, 4) «de bon goüt»; n'etait pas seulement une biere plus foncee
matqu (Malku, VI 227, cite dans CAD A1 de couleur («noire» dit le terme sumerien),
335b) «adoucie»( ?); restü (Nbn. 24, 2; mais aussi plus forte et capiteuse que la
Belleten 14 [1950] 244") «de premiere biere ordinaire. Par contre, la biere hlqu
qualite», oppose ä u s (ABTR 131a) «de (ibid. 22, 1; CAD H I97ab; AHw. 347b;
qualite inferieure»; salultu (JAOS Spl. 10, connue en Assyrie: cf. ÄfO 18, 330, 178),
22, 11 et 4755; voir notamment AnSt. 7 ainsi que Yiblakku (CAD 14a; AHw. 363 b),
[1956] 152s., ligne 59 et n. h. 1., p. 159, etaient des «petites bieres», pauvres en
oü le sens pejoratif semble clair) «de troi- alcool et mouillees d'eau. Enfin, la celebre
sieme ordre»(?). D'autres qualificatifs ont billeji/atu (sum. kas.ü.sa; voir AHw. 125;
peut-etre marque des differences plus JAOS Spl. 10, 53s108; Belleten 14, 24s 54 ;
tranchees de goüt, de composition ou de et surtout StudOpp. 81; et sur l'equi-
formule: ainsi la biere «trouble»: dalhu valent possible( ?)billu ä Nuzi, cf. RA 52
(JAOS Spl. 10, 22, 19); la biere «aigre»: [1958] 21) etait une biere enrichie, pro-
emsu (BKBM, pl. 8 ii 19); la biöre «de bablement au moins de «miel». On notera
gruau»: haslatu (ADD 760, 14); la biere ä. l'epoque nB la presence de kasü (cf.
«blanche» pasü (JAOS Spl. 10, 7) et la Gewürze*) parmi les aromates connus
biere «rouge» sämu (ibid. 22, 9); la biere pour parfumer certaines bieres (Belleten
«coupee ä 50%» (malmalu), «ä 33%» 14, 24447; AfO 18 337b; mais cf. Stud-
(Sinnü), «ä 25% » (suluSü; sur ces epithe- Opp. 7714). D'autres devaient etre assez
tes, voir JAOS Spl. 10, 22, 11—13 et 46153; alcoolisees pour se conserver au moins
nous ignorons en quoi consistait ce cou- d'une annee ä l'autre, puisqu'il est parfois
page). D'autres encore ne sont plus bien question de biere «vieille»: labiru, opposee
comprehensibles: halhallu (CAD H 42 a; ä la «biere de l'annee»: mär satti (cf.
AHw. 311b); hammurtu (CAD H 69 a; notamment CT 22, 96, 5).
AHw. 318 a); kasmahhu (AHw. 462 b);
mazü et mezü (JAOS Spl. 10, 22, 20, 2. Le Vin: karänu (sum. g e s t i n ; aussi
44s42 et 48®®); mihhu (ibid. 7 et 3910); m u . t i n . n a , qui a donne mutinnu en acc.;
naSpu (ibid. 22, 5 et 4Ö50); petü (ibid. 22, et meme k u r u n ; voir AHw. 446b). Un
14); sirisu (StudOpp. 88 28 ); simtu (speciale peu moins repandu, en Basse Mesopotamie
ä 1'Assyrie ? cf. AfO 18 [1957/58] 330,179); tout au moins, oü la vigne ne vient pas
ribku (Belleten 14, 245); Sikar halili (JÄOS volontiers, il semble y avoir ete importe,
Spl. 10, 22, 35); sikar Sibe (en Assyrie: et tres töt (voir ci-dessous), de la region
montagneuse du Nord, oü il etait chez lui
GETRÄNKE 305
— d'oü le nom poetique qui lui est souvent (cf. ARM 7, p. 268s. et 337, 116; ARM 9,
donne de Sikar Sadi «boisson-enivrante p. 271, 41).
de la montagne» (ZA 43 [1936] 2Ö5; voir Sans parier du vinaigre leger, ou piquette
aussi plus loin la liste des «crus» et leur (voir Gewürze*), certains vins semblent
origine). Plus abondant vers le Nord (Mari avoir ete bus parfumes, ou additionnes
et Assyrie notamment) ä l'epoque ancienne, de miel ou de matieres sucrees (voir
partout ailleurs il est aussi utilise que dussupu, ci-dessus), ou alors d'herbes
la biere, au moins au premier mille- aromatiques, dont certaines, am£res, qui
naire. pouvaient lui donner un goüt analogue
Du vin egalement l'on connaissait de ä celui des vermouths modernes: comp.
nombreuses varietes de goüt, de couleur, karänu marru Sa TupliaS (BE 17, 5, 20;
de force et peut-etre de composition dif- qui marque peut-etre le lieu d'origine de
ferentes. II y avait du vin «mür»: baSlu la «specialite»; plus tard on trouve karänu
(AHw. u i b ) ; «fort»: dannu (CAD D 94a; marru seul, en Assyrie: AfO 18, 330, 186).
ÄHw. 447 a); «doux»: duSSupu (mele de Quelques textes de Mari, malheureusement
miel?; CAD D 200 a; AHw. 179 a; connu peu clairs, paraissent insinuer que l'on
en Assyrie: AfO 18, 330, 185); «clair»: savait pratiquer les melanges et coupagesde
ellu (Nbn. 247, 11; 279, 8), ou peut-etre vins: voir ARM 9, p. 273, 44. Enfin, ä cöte
«blanc» (cf. g e s t i n b a b b a r : TCL 2, du «vin nouveau»: karänu eSSu (Camb.
pl. XXXI, no 5530,3), oppose au «rouge»: 252, 2,5 etc.; et cf. CAD E 375b), qu'il
sämu (cf. ARM 9, p. 271, 40) et pelü (Nab- faut sans doute entendre «de l'annee»,
nitu, tabl. XXII, 232); «de bon goüt»: comme pour la biere (ci-dessus), on savait
tabu (ARM 1. c.; AHw. 446s.), oppose faire vieillir le vin: karänu labiru (CT 22,
peut-etre ä us, «de qualite inferieure» 37, 15), c'est-ä-dire sans doute le garder
(ARM 1. c.); «(teinte) oeil-de-boeuf»: ini au «cellier» (blt kannim ä Mari: ARM 9
alpi (CAD I 157 a; AHw. 383 b; peut- p. 272s.), depuis l'annee d'avant, voire
etre pour designer plutöt la couleur du peut-etre plusieurs annees, preuve qu'il
raisin qui servait ä le faire?); «royal»: etait assez alcoolise pour se faire vieux
maSqltu Sa Sarri (Vocab. de Ninive: AfO honorablement.
18, 340, 16'); et d'autres encore, dont on
ne sait plus tres bien le sens: comme le vin Comme tous les breuvages alcoolises,
habburu (CAD H 14b; AHw. 305 a); le le vin et la biere pouvaient se couper d'eau
harrupu (Voc. de Ninive: AfO 18,340,13' ; ou se boire purs (comp. Sikaru Sa lä me
et cf. CAD H 115ab; AHw. 328a: peut- «biere sans eau», Nbn. 762, 6 etc.).
etre un vin «tres jeune»?); Sa issu maShele 3. Autres breuvages. Nous en avons
AfO 1. c. 12); mezu (ibid. 11); nahanse mentionne plusieurs cä et lä, dont on ne
(ibid.). Mais des au moins le debut du sait pas bien comment il faut les imaginer.
premier millenaire (pour l'epoque ancienne, Plusieurs semblent rattaches ä la biere,
voir peut-etre de ja le vin de Karkemis: au vin, voire ä d'autres fruits. Certains,
ARM 5, no. 13,6 etc. ?), l'on citait volontiers pour le moment inclassables autant qu'
les crus les plus fameux d'apres leur terroir inintelligibles, peuvent representer tout
d'origine: vins de Tuplias* (voir plus loin), aussi bien des variantes des diverses bois-
et surtout (ä l'epoque neobab.: cf. VAB4, sons fermentees, ci-dessus, que d'autres,
90s. I 22s., et paralleles), d'I(n)zalla/i*, m§me non fermentees. Citons au moins
d'Arnabanu, de Hulbunu* (ces trois der- ici le Sikar amümi (AHw. 45 b; et cf. CAD
niers connus aussi par le Vocab. de Ninive: Ai 335 b: sub 2, b: il n'est pas sür que ce
AfO 18, 340, 9' et 10'), de Tu'immu*; de füt une biere); le giddü et le hulütu, pre-
Simminu*; de Suhu*; de Bit-Kubätim* sentes comme des aliments par le CAD
et de Bltätim*, contrees qui semblent (G 75 b, et H 233 b), mais comme des
avoir ete localisees dans le Nord et le Nord- boissons par l'AHw. (287 b et 355 a); et
Ouest, d'oü le vin arrivait regulierement egalement, ä Mari, le himru (ARM 11,
dös l'epoque ancienne, ä Mari par exemple p. 133, et 12, p. 13s).
306 G E S E T Z E}GESETZE279
C. Usage de ces boissons. Elles trouvaient biere epaisse k l'aide d'un tube filtrant,
naturellement leur place tout d'abord au soit en trinquant au gobelet, comme le
cours des repas. La nourriture n'allait pas represente la scene reproduite dans BuA
sans boire et depuis la plus haute epoque 1, 419 (Abb. 136). L'ivresse, dans ces con-
on trouve couramment des rations de biere ditions, ne devait pas etre un phenom&ne
allouees en mime temps que des rations exceptionel: dans un «dicton populaire»,
de nourriture (ainsi DP, 159 vii 1—5; ITT c'est tout naturellement que le Renard
2848; Riftin 129, 1—2, oü kurummatum explique au Loup sa chute dans les fosses
et mastitum se completent; etc.). de la ville en alleguant qu'il etait «pris de
Les repas modestes ne s'arrosaient sans boisson» (Sikaru sabtanni: BWL 216, 47).
doute que d'une boisson: l'eau, la biöre Comme dans tous les pays oü l'on aime
ou le vin, suivant les possibilites ou les vraiment boire, on trouve en Mesopotamie
usages. Et l'on voit ä 1'epoque ancienne, un double echo de cet enthousiasme que
ä Mari par exemple, l'ordinaire mime du provoque la boisson, surtout la boisson
roi ne comporter, semble-t-il, que de 1' enivrante. Tout d'abord en litterature, oü
alappänu (ARM 7, no. 141, 4, 10; et d'in- il a produit des pilees du type «chanson
nombrables textes analogues dans ARM ä boire », comme celui que M. Civil a edite
9, 11 et 12). Mais le goüt s'est affine avec dans StudOpp. 70s.: lignes 49-79. Ensuite,
le temps: plus recemment nous sont detail- et peut-etre des une epoque plus ancienne
les des banquets oü l'on servait couram- encore, sur le plan religieux: la biere (et
ment, ä la fois, non seulement du lait, des l'art du brasseur) et le vin ont ete hypo-
jus de fruits, du vin et de la biere, mais stasies et «divinises» sous les especes, la
plusieurs qualites de bieres ou plusieurs premiere des deesses Ninkasi* et Siris*
vins differents (Racc. 75, 1—8; Iraq 14 (Belleten 14, 24448; JAOS Spl. 10, 10, 12
[1952] 43, H5ss; VAB4,90s., 16—28;etc.). et 412B), et le second d'une deesse egale-
L'importance des breuvages a crü ä. pro- ment: Gestin*, ou Gestin-anna* («Vigne
portion de ce raffinement du goüt: des la Celeste»; cf. Panth. 1 , 87, nos 538s; StOr.
haute epoque, le plaisir de boire l'a souvent 7, 311, 404; D.O. E d z a r d , WBMyth.
empörte sur le besoin de boire. Ceci explique I , 6 7 S.). J. Bottero
qu'il ait fallu (ä. l'epoque nB d'apres notre
documentation) des marchands ambu- B. Nach hethitischen Texten. § 1. Ge-
lants pour vendre dans les rues de la bi&re ou t r ä n k e a r t e n : 1. Natürliche Getränke,
du vin (Sa näSi-Su, Sa karäni-Su: voir JAOS a) Wasser (uatar = A) ist auch in Hatti
Spl. 10, 4229). das gewöhnlichste G. und steht in der
L'importance du «cabaret» est plus Verbindung „Brot und Wasser" (in An-
ancienne (il est vrai qu'il etait beaueoup lehnung an den sum.-akk. Topos, s.
plus qu'un simple debit de boisson, s'il S. 302) für „Trank" schlechthin; vgl. KBo.
etait principalement cela) et, qu'il füt tenu 3, 23 I 5 ^ KUB 31, 115, 9' „gib ihm
par des femmes comme ä l'epoque aB, ,Brot' (und) .Wasser'"; HAB III 34
ou par des hommes comme plus recemment (vgl. 29, 48) „(wenn ihr meine Worte be-
(1. c. p. 12), cette importance ne semble pas wahrt,) werdet ihr .Brot' essen und .Wasser'
s'ltre dementie au cours de l'histoire me- trinken (d. h. leben, andernfalls werdet ihr
sopotamienne: un texte de Mari donne zugrunde gehen)" (nicht mit Sommer, HAB
quasiment le «plaisir» (melülum) pour 149, 153, 209 als Ermahnung zu „spar-
inseparable de la JJ/ sabltim (ARMi, no 28, tanischer Lebensführung" aufzufassen);
17—18). C'etait en particulier le plaisir KUB 13, 4 II 70'f. (ANET 2 209) „handelt
de boire ensemble en palabrant ou de pa- nach dem Willen der Götter, so werdet
labrer en buvant, soit, k la mode ancienne ihr ,Brot' essen, .Wasser' trinken und
(conservee peut-etre plus longtemps en (euch) ein .Haus' schaffen".
Syrie: cf. JAOS Spl. 10, 12 et 41 24 ; et b) Milch (GA) diente wohl nicht als ei-
Belleten 14, 24s49), reunis ä plusieurs gentliches Getränk, wurde jedoch für
autour d'une jarre dont on aspirait la Libationen* gebraucht, insbesondere mit
GETRÄNKE 307
Honig* vermischte (vgl. KUB 35, 5 Vs. 8 f.) 15; 34 I I I 26; Bo 3648,14' ; 457/b + 465/b
„Süßmilch" (GA.KU,). III[?] 6'), sowie hapustiia- und limma-
2. Künstliche Getränke,die aus Getreide*, (nicht mit Friedrich, HW 55 bzw. 129 be-
Honig, Obst und Weintrauben bereitet sondere Getränke). „Neuer" (GIBIL) Wein
wurden, waren alle mehr oder weniger wird auffällig selten genannt (KUB 9, 16
vergoren. I 20; 25, 14 I I I 2', 4', 9'). Doch ist viel-
a) Bierartige Getränke: Angaben über leicht das häufig belegte Getränk KA$.-
die Bierbereitung sind aus Hatti nicht be- GESTIN (KUB 9, 28 II 10'; 441/c IV 15'
kannt, doch dürfte diese von der im Alten neben GESTIN; doch vgl. auch A 2a), das
Orient üblichen (s. Bier und Bierbereitung*) wie der Wein vom „Kellermeister" ver-
nicht verschieden gewesen sein. Die ein- waltet wurde (s. B) und eine Art Wein ge-
fachste Sorte Bier war wohl KA.DtJ(.A/ wesen sein muß (analog zu KAS.LÄL und
NAG), ein Anfangsprodukt des Brau- KAä. G l S I7Vß/S L A , wo KAS in erweiter-
prozesses, das noch schwimmende Sub- ter Bedeutung als „berauschendes Ge-
stanzen enthielt und nur mit besonderen tränk" zu verstehen ist; vgl. ferner OECT
Trinkrohren (GIA.DA.GUR) getrunken 4, 152 VIII 38 k a ä . g e ä t i n = kurunnum)
wurde. Ausgereiftere Biersorten waren KAS.TIN = k a ä k u r u n „Wein", vgl. A.
wohl die häufig nebeneinander erwähnten Poebel, ZA 39 [1930] 147—154; anders
Getränke taual und ualhi (ualhiiant-; nicht AHw. 513 s. v. kurunnum), als geringer-
mit Güterbock bei Friedrich, HW 343 = wertiger oder „junger" Wein anzusehen.
KA.DÜ, vgl. KUB 35, 142 I 9': 39- 61 I e) Mischgetränke: Alle diese Getränke
8f.); ihre Bereitung muß ein wesentlicher wurden wohl auch mit Wasser wie mitein-
Brau Vorgang gewesen sein, da für sie je ander vermischt (vgl. KUB 9, 28 I I 10' f.:
ein 1 0 taualalas und ein L ü ualhiialas zu- Wein mit KAS.GESTIN, Honig und Was-
ständig waren, während ein eigentlicher ser). Wirkliche „Mischgetränke", die sich
„Brauer" nicht nachzuweisen ist. Eine „völlig vermengen", so daß „ihre Seele und
bessere Art Bier dürfte auch das häufig ihr Herz e i n s geworden ist", wurden offen-
belegte marnuuan (marnuuant-) gewesen bar aus marnuuan und Kessar und aus KA§.-
sein. Das beste, sum. k a s und akk. sikaru GESTIN und ualhi(iant~) bereitet (vgl. Bo
entsprechende Bier war seSSar (zu sessariia- 2544 II 18'—20' bzw. 22', s. ZA 43 [1936]
„seihen, filtern" [Friedrich, HW 191], also i 7 6f.).
„Gefiltertes" [sc. Bier] ?), das oft parallel § 2. V e r w e n d u n g d e r G e t r ä n k e : Da
zu Wein genannt wird (KAS [[/] GESTIN; aus Hatti Wirtschaftstexte so gut wie
doch vgl. auch A 2 d KAS.GESTIN). völlig fehlen, sind die Getränke haupt-
b) Als „Met" aus vergorenem Honig* ist sächlich aus ihrer Funktion in Kult und
wohl KAS.LÄL (VBOT 58 IV 21, 32, 44), Magie, wobei sie getrunken und libiert
c) als „Obstwein" aus vergorenen Früch- (Libation*) wurden, ferner aus „ma-
ten K A § . G l S
/ i V ß / S i A ( k u b 9 , 31 I I I 12) gischen" Vergleichen (vgl. A 2d und e)
anzusehen. und literarischen Wendungen (vgl. A i a ,
d) Wein (uiiana-, meist G E S T I N ) wurde unten) bekannt.
wohlaus Rosinen (GISGESTIN HÄD.DU.A) Die gewöhnÜchsten Getränke waren je-
gekeltert (vgl. KUB 17, 12 III 10'f.; 13 II doch auch hier Bier und Wasser (vgl. KUB
5'f. „wie die Rosine Wein im .Herzen' 26, 25 III[ ?] 3' [Eidesleistung] „Bier (und)
hat, . . ."; s. auch Weinbau*). Als Güte- Wasser, das du je trinken wirst"). Dabei
klassen werden „sauerer" (IMSA: ABoT war Bier zugleich auch Nahrungsmittel
7 I 11'), „guter" (DÜG.GA: VBoT 1, (vgl. die Verbindung „Brot und Bier"
35), „reiner" {parkui-: KUB 36, 110 analog dem sum.-akk. Topos [s. S. 302]).
Rs. 7') und — mit Honig* versetzter Als Truppenrationen sind speziell marnuuan
(vgl. KUB 12, 5 I 17 mit 21; oben A und ualhi erwähnt (KBo. 3, 34 I 6 bzw. 9
r b zu „Süßmilch") — „süßer" (KU7) [altheth"]).
Wein erwähnt. Unklar sind die Sorten- Wein war wohl mehr ein Fest- als ein
bezeichnungen karsi- (KUB 12, 16 I 3'; Gebrauchsgetränk, außer vielleicht für den
308 GESETZE}GESETZE279
ZlZ.B ARX .B ARX „weißer Emmer" KUB 30, 26 I 8 mit 9f.; die Verbindung
(Hrozny, Getr., 72I). „Gerste und Wein[stöcke]" [KBo. 12, 42
ZIZ.GÜ.NUNUZ s. gul{u)bütu. Rs. 9; KUB 24,6 Vs. 4; u. ö.]; unten §3,1),
Über das Wertverhältnis zwischen in der Bedeutung „(reifes) Getreide" bzw.
Gerste, Emmer und Weizen handelt ,, (Getreide)Ertrag'' auch NUMUN („Sa-
H r o z n y , Getr., g5ff. me; Nachkommenschaft"; vgl. KUB 13, 4
Siehe auch Ackerbau*, Bier*, Backen*, IV 12 mit 13, s. B 5) bzw. §E. NUMUN
Gerste* und Mehl*. (anders Friedrich, HW 293 „Samenkorn")
Literatur: M. B i r o t , ARM 9, S. 26off. —
und BURU (5I A) („Ernte"; vgl. KUB 8,
J . B o t t < 5 r o , A R M 7, S. 2 5 i f f . — M. B u r k e , 1 III 9 mit 10). Vgl. auch h.—h. dNISABA
A R M 11, S. i 2 8 f f . — A. D e i m e l , AnOr. 2, WASU- (Laroche, HH 90 Nr. 165 I 8;
3ff., 8 i f f . ; Or Nr. 7 (1923) 1 ff., 2 7 0 . ; 14 (1924) Meriggi, HHG 152!) = halki-(1) „Ge-
i f f . ; 32 (1928) i f f . — K. D e l l e r , OrNS 33
(1964) 257ff. — H . H e l b a e k , The paleo- treide" (auch Appellativum, s. § 6. ic);
e t h n o b o t a n y of t h e Near E a s t a n d Europe, bei: sowie protohatt. kait „Getreide" (Fried-
R . J . B r a i d w o o d / B . H o w e , Prehistoric in- rich, HW 317 s. v.) und chur. kate „Korn"
vestigations in Iraqi Kurdistan, SAOC 31 (i960) (1. c. 322 s. v.).
99ff. — B. H r o z n f , Das Getreide im alten
Babylonien (Vorbericht), Anzeiger d. Kais. §2. A n b a u . 1. Für die genauere Be-
Akad. d. Wiss. Wien, phil.-hist. Kl. 47 (1910) stimmung der Termini des Getreidebaus
27ff. (ersetzt ib. 46 [1909] 22ff.); Das Getreide ist eine Untersuchung von H. Ertem abzu-
im alten Babylonien, Sitzungsberichte d. Kais.
Akad. d. Wiss. Wien, phil.-hist. Kl. 173/1 warten. Mit Vorbehalt lassen sich jedoch
(1913); n u r der erste Teil ( „ E m m e r " ) ist er- folgende Phasen unterscheiden:
schienen; Zum ältesten sumerischen Ackerbau, a) B e a r b e i t u n g des B o d e n s (hars-
WZ KM 29 (1915) 367 ff. — H . L e w y , J A O S
76 (1956) 201 ff. — B. M e i s s n e r , Warenpreise
„pflügen").
in Babylonien, Abh. B e r ü n 1936/1. — L. F . b) A u s s a a t ([A.§AG4] terifi- „[Feld]
H a r t m a n / A . L. O p p e n h e i m , J A O S Spl. 10 bestellen, [be]säen" [anders Friedrich,
(1950). — N. S c h n e i d e r , AnOr. 1, 77ff.; 7, HW 221 „pflügen"], vgl. VBoT 58 I 30, s.
56ff.; Or.Nr.55 (1930) 3 2 f f . — W . S c h w e n z n e r ,
MV AG 19/4 (1915) i g f f . ; OLZ 24 (1921) 21 ff.
F i ; A. §AG„ terippi- „Saatfeld" [anders
—• R. C. T h o m p s o n , D A B 95ff. — H . Z i m - 1. c. „geflügtes Feld"]).
m e r n , Akkadische Fremdwörter, 55f. c) B e w ä s s e r u n g (uatar näi- „Wasser
R. Borger leiten" [VBoT 58 I 30]).
d) Mähen (jhalkin bzw. NUMUN/SE.
B. Nach hethitischen Texten. § 1. Ge- NUMUN] aniia- „[Getreide bzw. .Er-
t r e i d e a r t e n . 1. Die beiden hauptsäch- trag'] .bereiten'" [anders Friedrich, HW 22
lichen, wenn nicht einzigen, in Hatti an- „Saat ausstreuen"]) und Aufhäufen der
gebauten Getreidearten waren Gerste* Mahd zu „Schütten" (ishuessar ithuua-
(halki- — §E) und Emmer (ZVZ[-tar\); vgl. [anders Friedrich, HW 86 „Saatkorn aus-
KUB 17, 10 I 14, wonach beim Ver- schütten" bzw. 87 „in die Luft ver-
schwinden des Gottes Telipinu „Gerste streuen^)"]), wofür auf großen Gütern
(und) Emmer nicht (mehr) wächst". besondere „Schnitter" (L&.MBSSE. KIN.
Anbau von Weizen ist sehr unsicher (die KUD) eingesetzt wurden. Vgl. §§2,5; 3,5,
als „Weizen" gedeuteten Substanzen kant- e) E r n t e ( B U R U ) : Sie dauerte 3 Mo-
[vgl. Friedrich, HW 98 s. v.; Hipp. Heth. nate und umfaßte das Einbringen des G.
312] und KAR-«s [vgl. Friedrich, HW 280, ([AS. AG4] uars- „[Feld] .abräumen' "),
1. Ergänzungsheft 27 s.v.] bzw. kar-aS wobei es in „ Gebunden' '(Se-pan iShiianza [ ? ])
werden nur als Requisiten in Ritualen und auf Lastwagen (GISMAR. CID. DA) be-
als Viehfutter [vgl. §5,2] genannt). Danach fördert wurde, ferner Dreschen (vgl. K I S =
sind auch als Hauptgetreidearten der Kül- LAH „Dreschplatz") und Worfeln (KIS=
tepe-Texte (vgl. Goetze, Kleinasien2 79 mit LAH-aw uars- „den Dreschplatz .abräu-
Anm. 10) Gerste und Emmer anzunehmen. men" "[?]). Vgl. Gesetze II § 43* (s. §3,5)-
2. Als allgemeines Wort für „Getreide" f) S p e i c h e r u n g (ARÄH-): Das aus-
wurde das Wort für „Gerste" gebraucht gedroschene Stroh (IN.NU[.DA] = GIS
[halki-, oft Plural halkeS = §EL ,LA ; vgl. tiarsamma-[?]) wurde in „Scheunen" (E
3io GETREIDE
IN.NU.DA [Gesetze II § 43*] taiszi- trag, an und ich werde ihn auf meinem
[1. c. I §100]?) aufbewahrt; die Körner Feld mähen und dann Schütten aufschüt-
wurden in Vorratsgefäße (OVGharsiiaUi-; ten !' — darauf sollen die Augen des , Herrn
vgl. KUB 21,17 II 12, III 15 f.),"abgefüllt" der Warte' gerichtet sein. Wenn die Ernte
(sunna-) vgl. KUB 13, 4 IV 18, s. B 5) und vorgenommen wird, dann [wird er] jenes
in „Speichern" (ARÄH) gelagert. Feld abernten."
2. Unklar ist, wie die Bezeichnungen 5 b. Einen Einblick in die entsprechen-
„Herbstgerste" (§E zenantas [KBo. 4, 2 I den Verhältnisse der Tempelwirtschaft gibt
9], Gegensatz SE hassarnanza [1. c.]) und eine „Instruktion für Tempelbedienstete"
„Herbstemmer" (ZIZ\_-tar\ zenantas [I.e.; (KUB 13,4 IV12—24 [ANET 210]):
KBo. 5, 5 I 8]) zu verstehen sind. „Wenn ihr Getreide mäht, und wenn euch
3. Schäden am G. durch Tierfraß werden der .Tempelvorsteher' zum Mähen des
in mehreren Omina angedeutet (durch (reifen) Getreides keine Mannschaft
Heuschrecken [KUB 8, 1 II 16f.]; durch schickt, so sorgt (selber) für das Mähen.
„Getier" [1. c. III 9 ! ] ; durch messari- [1. (Wenn) ihr viel mäht, vor dem ,Tempel-
c. III 19; KUB 16, 76, 11]); vgl. OLZ 60 vorsteher' aber wenig angebt, oder (wenn)
(1965) 547. Für Schädigung durch „Starr- das Feld des Gottes ertragreich, das von
heit" (? hahhima-) vgl. VBoT 58 I 13 „sie (euch) Bauern aber verkümmert (ist), und
lähmt das Getreide". ihr das Feld des Gottes das eurige nennt,
4. In den „Feldertexten" (s. ArOr. 27 euer Feld aber das Feld des Gottes nennt,
[1959] 5—43. 379—395) wird der Ertrag oder (wenn) ihr, während ihr Getreide .ab-
(NUMUN [nicht mit V. Soucek, 1. c. das füllt', (nur) die Hälfte angebt, eine Hälfte
Saatgetreide]) einer Anzahl von Feld- aber verschweigt, und ihr daran geht und
stücken aufgeführt. Danach schwankt der es danach (unter euch) verteilt, es her-
Ertrag zwischen 3 BÄN ( = % „Halbmaß" nach aber offenbar wird — stehlt ihr es
[?]; vgl. V. Soucek, I.e. 386t.) und 15 dann etwa einem Menschen ? Nein, einem
„Halbmaß"; eine Summe (KUB 8,751k. Gott stehlt ihr es, und (somit ist) es für
Rd. if.) nennt für 88 „Felder" 465 „Halb- euch ein Frevel! Euer ganzes Getreide
maß", was einen Durschchnittsertrag von nimmt man euch weg, und schüttet es in
rund 5% „Halbmaß" pro „Feld" ergibt. die [Speich]er der Götter."
Da der Wert des „Halbmaß" (vgl. Goetze, §3. W i r t s c h a f t . 1. Getreidebau war ne-
Kleinasien 121 Anm. 8) wie auch der zur ben Viehzucht die Grundlage der Wirt-
Bezeichnung der Feldflächen gebrauchten schaft. Wirksame Kriegshandlungen waren
Maßeinheiten nicht bekannt ist, läßt sich daher, die Getreidefelder des Gegners zu
nicht entscheiden, ob es sich dabei um den plündern (vgl. KUB 26, 71 IV 16 [alt-
Bruttoertrag oder nur um den an den „Pa- heth.]; 14, 15 111 [s. Götze, AM 34] KBo.
last" abzuführenden Teil davon handelt 2, 5 H 34. 36, 38 [s. 1. c. 184]; 5, 8 I 40 [s.
(vgl. 1. c. 3, wo die „Gesamtsumme" für 1. c. 150]) oder zu verwüsten (vgl. KUB 26,
„Palast" und „Hörige" mit 525 „Halb- 77 I 5 f., 8 [altheth.]; 14,16 II 10 [s. Götze,
maß" angegeben ist). AM 42]; KBo. 4, 4 II 64 [s. 1. c. 120]; be-
5 a. Zu den Obliegenheiten des „Herrn sonders KBo. 4, 4 l 4 2 f f . [s. I.e. iioff.],
der Warte" gehörte u. a. die Aufsicht über wonach die Verwüstung des G. in dem von
den (staatlichen) Getreidebau. Vgl. „Bel- Hatti abgefallenen Nuhasse durch ein he-
madgalti-Instruktionen" M IV 2f. (s. thitisches Heer die Ermordung des Königs
AfO Beih. 10, 62): „Auf die Saatfelder . . . von Kinza durch seinen ältesten Sohn und
soll er die Augen haben!" — Und 1. c. III dessen erneute Unterwerfung zur Folge
60—65 (s. 1. c. 49): „Auf die .Depor- hatte; Götze, Hatt. 16, II 16, wonach unter
tierten' aber, während sie das (reife) Muwatalli in weiten Teilen von Hatti 10
Getreide mähen, sollen die Augen des Jahre lang nicht geerntet wurde).
.Herrn der Warte' und [all]er gerichtet 2. Die königlichen Einkünfte an G.
sein. Wenn etwa [jem]and folgender- wurden in den „Siegelhäusern" (ENA« KI-
maßen spricht: .Weise mir meinen Er- SlB = £ siiannas; eingerichtet von König
GETREIDE 3
Telipinu, vgl. „Telipinu-Erlaß" § 40 [KBo 1 %[?] Minen 100 „Halbmaß" Gerste; für
3, 67+III 15ff.]: „Wer in Zukunft nach ein Beil von 2 Minen 1 „Halbmaß" Em-
mir König wird, siegle [du] das Ge- mer, von 1 Mine 1 „Halbmaß" Gerste [II
treide mit meinem [ ?] Namen. So werden §§45f.*]). Abgaben (vgl. Goetze, Klein-
dich die .Verwalter des Siegelhauses' asien 109, 118) und Zuwendungen (vgl.
bestehen lassen, . . .") (s. Siegeln*) bzw. Götze, Madd. 2, Vs. 7; Gesetze II § 12)
im „Palast" (E.GAL; vgl. KUB 31, wurden wohl weitgehend in Naturalien
57 I i2f.) befestigter Städte unter der vorgenommen. — S. auch § 4.
Regie eines „Verwalters" (LUAGRIG)
§4. R e c h t . 1. D e l i k t e in b e z u g
gespeichert; vgl. Goetze, Kleinasien2 109.
auf G.: a) Wer ein in Frucht stehendes
Ein „Speicher des Königs" (LUGAL-MÄS
Feld fahrlässig in Brand geraten ließ,
ARÄH) durfte nur von höheren Beamten
mußte dieses für sich nehmen und seinem
oder Offizieren „erbrochen" (kinu-) werden
Herrn ein „gutes Feld" zum Abernten
(vgl. „Erlaß" Tuthaliias IV. [KUB 13, 9
überlassen (Gesetze II § 6).
III 3—6]). Die Inspektion über diese
Speicher gehörte zu den Obliegenheiten b) Wer einen anderen um seinen Ge-
des „Herrn der Warte" (vgl. „Bel-mad- treideertrag betrügen (Art unklar) wollte,
galti-Instruktionen" A IV 16, M IV 7 f. wurde „früher" durch einen über den
[s. AfO Beih. 10, 51 und 62]). Vgl. auch Nacken gelegten und von zwei Rindern
KUB 31, 115, 13 (altheth.): „Einen Spei- hin- und hergezogenen(?) Pflug getötet;
cher [sollst du] nicht eigenmächtig [er- ferner wurden diese Rinder getötet (Ge-
brechen]!" — S. auch § 4, i d . setze II §51*; vgl. Codex Hammurabi
§§ 255f. [vgl. BabLaws 1, 447I]). Später
3. Importiert wurde G. mehrmals aus
(„jetzt") wurden an Stelle des Menschen
Ägypten (unter Ramses II. [vgl. KUB 3,
und der Rinder Schafe verwendet, dazu
34 Rs. 15 ff.] und Merenptah [Karnak-In-
30 Brote und 3 Krüge Bier als Reini-
schrift Z. 24]; s. W. Helck, Beziehungen
gungsopfer (1. c. § 52*).
[1962] 232t., 239 [Anm. 76], 392) und aus
Nordsyrien (Mukis; vgl. RS 20.212, s. AJA c) Unterschlagung von tempeleigenem
69 [1965] 255). G. (Getreide des „Gottes") während der
4. Getreidehandel ist nur in einem Ernte oder Speicherung wurde als „Fre-
epischen Text erwähnt (KBo. 12, 42 Rs. 9 vel" durch Beschlagnahmung des gesamten
[altheth.; vgl. KBo. 12 Vorwort]), wo sich G. bestraft; s. § 2, 5b.
Kaufleute rühmen: „Viel an Getreide und d) Bei Getreidediebstahl war die Strafe
Wein [werden wir] be[sitzen]!" für einen „Freien" 12, für einen „Un-
5. Da entsprechende Wirtschaftstexte freien" 6 Sekel Silber; dazu war der Dieb
fehlen, ist über die Getreidewirtschaft im gehalten, den bestohlenen Speicher wieder
einzelnen nichts bekannt. In den Gesetzen mit G. zu füllen (Gesetze I §§ 96t.) Schwe-
werden Richtpreise für G. gegeben (II rer war die Strafe für das Erbrechen (des
§ 69*); danach war Emmer teurer als Siegels?) eines „Speichers des Königs"
Gerste (3 „Halbmaß" Emmer = 4 „Halb- (vgl. § 3, 2) durch Unbefugte („Erlaß"
maß" [Gerste] = 1 Sekel Silber). Schnitter Tuthaliias IV. [KUB 13, 9 III 6—n]):
wurden nach der Ernte in Form von G. „Von den [. . .]-Leu[ten], ,Türhütern'( ?)
entlohnt (vgl. „Gelübde der Puduhepa" (und ),Bauern' soll eigenmächtig keiner
III 28—31, s. StBoT 1 [1965] 30). Entloh- einen .Speicher des Königs' erbrechen.
nung in Form von G. ist in den Gesetzen Wer aber (einen) erbricht, den ergreift, ihr
vorgesehen für Erntearbeiten (ein Mann .Bürger', und bringt ihn her zum ,Tor des
erhält für 3 Monate 30 [das ist für 1 Tag Königs'! Wenn ihr ihn aber nicht herbringt,
%], eine Frau 12 „Halbmaß" Gerste [II werden die .Bürger' den (Schaden im)
§43* mit Varianten]), „Anschirren" eines Speicher ersetzen. Den aber, der (ihn) er-
Rindergespannes (für 1 Tag % „Halb- brochen hat, werden sie (in bestimmter
maß" Gerste [II § 44*]) und bestimmte Weise, vgl. Friedrich, HW 177 s. v. sa-
Schmiedearbeiten (für eine Röhre von kuuäi-) bestrafen."
Reallexikon der Assyrioiogie III 21
3io
GETREIDE
2. Als Strafe ist die Entrichtung von G. [mäht]" (VBoT 58 I 29—31), der jedoch
außer oder anstatt einer Zahlung in bei seinem Verschwinden auch das G. mit
Silber in den Gesetzen für bestimmte sich fortnimmt (KUB 17, 10 I 10), „. . .so
eigentumschädigende Delikte vorgesehen: daß Gerste (und) Emmer nicht (mehr)
Unterschlagung(?) eines Rindes (I §78), wächst" (1. c. 13!). Daher wurde er im täg-
Diebstahl und Tötung von Ferkeln (I lichen Gebet angerufen (KUB 24, 1 III
§§ 83—85), Diebstahl einer Kupferspange 11 f.; s. AAA 27 [1940] 22; ANET 397):
(II § 23t) und eines Wagens(?) (II § 31*). „Und ihnen (König, Königin und Prinzen)
§ 5. V e r w e n d u n g . 1. Für den Gebrauch gib immer Gedeihen des Getreides, . . .
als N a h r u n g s m i t t e l wurde G. zu ver- (usw.)" (vgl. KUB 24, 2 II I4ff., s. AAA
schiedenen Graden der Feinheit gemahlen 27 [1940] 34).
(malla-) oder zerstoßen (harra-), oder auch b) Einfluß auf das Wachstum des G.
vermalzt (vgl. BULÜG und BAPPIR). wurde „unterirdischen Gottheiten" zuge-
Außer zur Bereitung von Bieren (Ge- schrieben ; vgl. die Bitte an die Göttin Äl-
tränke*) und Broten (Gebäck*) diente es lani (KUB 15, 11 II 5—7): „Weil, Göttin,
als Grundlage verschiedener Breigerichte meine Herrin, die .dunkle Erde' .gehemmt',
(BA.BA.ZA). das Getreide .gebunden' (ist), [wenn],
2. Als V i e h f u t t e r wurde in Form von meine Herrin, du die ,dunkle Erde' ,löst\
Körnern wohl nur Gerste verwendet, spe- wird das Getreide wachsen."
ziell als Mastfutter (vgl. KBo. 2, 3 I 56ff. c) Auch andere Gottheiten wurden um
[für Ferkel] und SE = uarkant- „fett" in Gedeihen des G. gebeten, so die Sonnen-
den Verbindungen SAH.SE „Mast- göttin von Arinna (KUB 24, 6 Vs. 4):
schwein", GUD.SE „Mastrind", UDU.SE „[es (sc. das Land Hatti) mö]ge uns an
„Mastschaf", usw.) und als Kraftfutter für Getreide und Wein gedeihen" (vgl. KUB
Pferde (vgl. Hipp. Heth. 312, 327 t. s. v. 24, 3 III 25—28; s. AAA 27 [1940] 36); die
halki-). Verfüttert wurden ferner Häcksel, Istar von Ninive (KBo. 2, 9 I 22—24):
„Schrot" (memal-) und Kleie (1 kernt-)] „ . . .in das Land Hatti bringe Getreide";
vgl. Hipp. Heth. 311 f. (als Pferdefutter). die „Zedern-Götter" (KUB 15, 341123t.
3. In jeglicher Form (Ähren, Stroh, [ANET 353]): „. . . gebt Gedeihen . . . des
Körner) und in jeglichem Produkt Getreides . . .". Vgl. auch Karatepe Hu
(„Schrot", Mehl, Malz; Bier, Brot, Brei) LIII 303—LV 319: „Auch soll diese Stadt
fand G. eine ausgedehnte Verwendung in (Besitzer) von Getreide und Wein werden,
K u l t u n d Magie. Ein spezieller Fall ist und was in dem Lande wohnt, soll (Be-
dabei seine Funktion in „Analogieprak- sitzer) von . . . Getreide und Wein werden"
tiken"; vgl. KBo. 4, 2 I 58—60: „Wie das (vgl. H. Th. Bossert, MNHMHZ XAPIN -
Getreide (oder: die Gerste) Menschen, Rin- Gedenkschrift P. Kretschmer [1956] 41 bis
der, Schafe und alles Getier am Leben er- 50).
hält, so soll dieses Getreide (oder: diese d) Beim Neujahrsfest wurden „alle
Gerste) den König, die Königin und diese Götter" angerufen (KUB 36, 97 Rs. 18; s.
Häuser von .unheilvollen Wesen' (frei- OLZ 51 [1956] 102): „Des Getreides [Le-
machen und) am Leben erhalten." Als Ge- ben sprecht aus]!"
genstück dazu vgl. KBo. 6, 34 II 31 ff. 2. Ein Frevel des Königs konnte für das
(ANET 353f.): „Wie dieses Malz keine ganze Land eine Notzeit bringen; vgl. für
Keimkraft (mehr) hat und man es nicht den König Ammuna („Telipinu-Erlaß"
auf das Feld bringt und einen Ertrag er- § 20 [KUB 11, 1 II 4—6]): „Da suchten
zielt, . . . " die Götter (Rache für) das Blut seines
§ 5. R e l i g i o n u n d Mythologie. Vaters Zidanta, und [ließen] ihn in seiner
1. Das Gedeihen des G. galt als Zeichen Hand Getreide, [. ..] Weinstöcke, Rinder
göttlichen Wirkens und göttlicher Gunst: (und) Schafe nicht (mehr) \bewahreri\\"
a) Im besonderen war es bedingt durch 3. Diesen Vorstellungen entsprechen
den Gott T e l i p i n u , von dem es heißt, daß Wünsche wie „das Getreide soll mir ge-
er „pflügt, sät, bewässert und das Getreide deihen!" (KUB 17, 28 III 2f.) und Flüche
GETREIDE 315
wie „das Getreide soll ihm nicht (mehr) Tetraploider Nackt-Weizen (z. B.
gedeihen!" (1. c. II 46f.) oder „aus seinem Grannenweizen T. turgidum-, hier
Feld soll Emmer und Gerste nicht (mehr) Abb. 3)
hervor[kommeri\\" (KBo. 6, 34 III 44t. Hexaploider Nackt-Weizen (z.B. Ge-
[ANET 354])- meiner W. T. vulgare, Zwergweizen
4. Vergöttlichung des „Getreides" s. T. compactum; hier Abb. 4)
d
Halki*. Gerste (Hordeum)
F r i e d r i c h , H G passim; ders. H W s. v v . ; Beschalte Zweizeilgerste (H.distichum,
G o e t z e , H i t t i t e Dictionary (Manuscript) s. v. Wildform H. s-pontaneum; hier Abb. 5)
halki-; ders., Kiemasien 79, n 8 f . , 121; A. Nackte oder beschalte dichtährige
K a m m e n h u b e r , Hipp. H e t h . 311 f., 3 2 7 !
s. v. halki-, Sechszeilgerste (H. hexastichum; hier
G. Steiner Abb. 6)
Beschalte lockerährige Sechszeilgerste
C. In der Archäologie. Von den Haupt- (H. tetrastichum\ hier Abb. 7)
getreidegattungen Weizen (Triticum), [Das Wildeinkorn läuft auch unter dem
Gerste (Hordeum), Reis (Oryza), Rispen- lateinischen Namen T. aegilopoides, der
hirse (Panicum), Borstenhirse (Setaria), eigentliche (Saat-)Weizen (Nacktweizen)
Roggen (Seeale), Hafer (Avena), Durrha unter T. sativum, die kultivierte (Saat-)
(Sorghum) und Mais (Zea) kommen im Gerste unter H. sativum und die Locker-
alten Vorderasien wohl nur die ersten ährige Sechszeilgerste unter H. vulgare (=
vier vor. Weizen und G e r s t e sind die Ungleichzeilige oder Vierzeil-Gerste).]
beiden aus einheimischen Wildgräsern ge-
züchteten Standardsorten, wogegen Reis
und Rispenhirse allein als sporadischer Im-
p o r t auftaucht.
Da Körnerfunde bei Ausgrabungen von
Natur aus selten sind und erst in neuerer
Zeit besonders darauf geachtet wird, so
ist das Fehlen solcher pflanzlicher Relikte
in Grabungsberichten keineswegs gleich-
bedeutend mit ihrem Nichtvorhandensein.
Werkzeuge, die bei der Ackerwirtschaft
eine gewisse Rolle gespielt haben k ö n n -
t e n , wie Mörser und Stößel oder Sichel-
klingen, sind dagegen keine sicheren Zeu-
gen des Getreidebaus.
Schon die älteste Schriftüberlieferung
Vorderasiens handelt häufig von verschie-
denen Brotfruchtsorten. Damals war ihre
Zucht wohl bereits weit über den Sub-
kontinent verbreitet. Für die Entstehung
der Ackerwirtschaft sind also die Getreide-
funde aus der schriftlosen Epoche unmittel-
bar d a v o r von ausschlaggebender Bedeu-
tung. Folgende Gattungen sind aus dieser
Zeit bekannt geworden:
Weizen (Triticum)
Einkorn (T. monococcum, Wildform
T. boeoticum; hier Abb. 1)
Emmer (T. dicoccum, Wildform T. di-
coccoides; hier Abb. 2) Abb. 5 — 7
316 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
Die wilde Unterart des E i n k o r n s , die Teil Arpatshiya TT 5/4: Emmer (Triticum
als Stammvater des vorderasiatischen Kul- dicoccum), Gerste.
tureinkorns anzusprechen ist, ist von Thra- Ur „Spätes 'Ubaid": Emmer, Beschalte
kien über Kleinasien bis Palästina und lockerährige Sechszeilgerste.
Kurdistan sowie auf der Krim verbreitet. Kara Tepe älter: Weizen, Gerste.
W i l d e m m e r gibt es nur in Nordpalästina, 'Iraqi Kurdistan: Beschalte lockerährige
Libanon und Kurdistan. Die W i l d g e r s t e Sechszeilgerste (Helbaek in Braid-
kommt in Kleinasien, Syrien/Palästina, wood/Howe, Prehistoric Investiga-
Nordmesopotamien, Nordiran, Nordafgha- tions in Iraqi Kurdistan 110).
nistan sowie im Sudan und Nordwestafrika Beycesultan XI—XVII: Emmer (?).
vor. Das Herkunftsgebiet der R i s p e n - Susa B c: Angeblich ungeschälte Reiskör-
h i r s e ist vorläufig noch nicht festzulegen, ner (MDP 25 [1934] 182f.).
das des Reises ist Indien. Uruk: In gebrannten Ziegeln der „Uruk-
Folgende vor- und frühgeschichtlichen Periode": Beschalte lockerährige
Fundortschichten Vorderasiens erbrach- Sechszeilgerstenkörner.
ten Getreidefunde: Diyala-Gebiet „Djamdat Nasr-Zeit" (?):
Hacilar Aceramic VII—I: Kornbau soll Emmer, Gerste (Th. Jacobsen, Sumer
nachgewiesen sein. 14 [1958] 83).
Qal'at Djarmo 16—6: Einkorn (Triticum Uruk/Eanna Archaisch III: Gerste (Fal-
monococcum), Emmer (Form zwischen kenstein, ATU 54).
T. dicoccoides und dicoccum), Beschalte Djamdat Nasr: Grannenweizen (Triticum
Zweizeilgerste (Form zwischen Hor- turgidum, E. Mackay, Report on Ex-
deum spontaneum und distichum). cavations at Jemdet Nasr, Iraq 289),
'Ali Kosh Pit House resp. Brick Wall Zone: Zwergweizen (T. compactum, H. Hel-
Emmer, Nacktweizen (unspezialisiert), baek in R. J. Braidwood/B. Howe,
Gerste. Prehistoric Investigations in Iraqi
Qatalhüyük Ost VI—II: Einkorn, Emmer, Kurdistan 104), Rispenhirse (Panicum
Gemeiner Weizen, Nackte dichtährige miliaceum).
Sechszeilgerste. Hiernach beginnt der vorderasiatische
'Amuq A: Emmer (Triticum dicoccum), Getreidebau mit Einkorn, Emmer, Nackt-
Gerste (unspezialisiert Hordeum sfi.) ? weizen und Zweizeilgerste in der Phase der
Mattarrah Lower Phase?'. Emmer (Triti- präkeramischen Steingefäßkulturen,
cum dicoccum), Beschalte Zweizeil- die wohl zumeist auch schon Ziege, Schaf
gerste (Form zwischen Hordeum spon- und Hund züchteten. Belegstellen sind
taneum und distichum). vorläufig Hacilar in Südwest-Kleinasien,
Tepe Guran: Zweizeilgerste (Hordeum Qal'at Djarmo im Ostobertigrisgebiet und
distichum) (Acta Archaeologica 34 'Ali Kosh in Nordwest-Khuzistan (hier ist
[1963] 11217). keine Wildform heimisch). Im Mersin-
Hacdar VI: Weizen, Gerste. Horizont setzt sich dieser Anbau in Haci-
Mersin „Vor-Halaf" ?: Beschalte dicht- lar, 'Amuq (Nordwestsyrien) und Matta-
ährige Sechszeilgerste. rah (Ostobertigrisgebiet) fort. In Qatalhü-
Hacilar II: Emmer, Gerste. yük Ost (Lykaonien) kommt darüber hin-
Hamah ,,Chalkolithikum": Einkorn. aus die Nackte dichtährige Sechszeilgerste
Djeytun: Weizen, Gerste. auf. Im Altbuntkeramik-Horizont sind
Teil Arpatshiya TT 10 oder früher: Weizen. die bisherigen Getreidesorten wohl in Ha-
Teil Abü Matar I—IV: Zweizeilgerste (Hor- cilar und Hamä (Syrien) wie in Teil Arpat-
deum distichum). shiya (Ostobertigrisgebiet) und Djeytun
Nahal Mishmar Scouts Cave: Einkorn (Tri- (Südwestturkistan) vertreten, wogegen in
ticum monococcum), Emmer (Triticum Mersin (Kilikien) jetzt die Beschalte dicht-
dicoccum), Zweizeilgerste (Hordeum ährige Sechszeilgerste auftritt. Mit Beginn
distichum) (IEJ 12 [1962] 217). des 'Ubaid-Horizontes erscheint in Nord-
Ugarit III B ,E': Gerste (Ugaritica V 366). mesopotamien neben der Zweizeilgerste
GETREIDE 317
sporadisch auch die Lockerährige Sechs- Grannenhalm für GI4. Arch. Texte Nr. 125/
zeilgerste. Bei ihr dürfte es sich um eine 6 entspricht GI 10 /GIBIL.
Mutation der Zweizeilgerste handeln, da Demnach wäre se(-bar, uttatu) die
jene offenbar auf das regenreichere Hoch- L o c k e r ä h r i g e S e c h s z e i l g e r s t e , wo-
land beschränkt blieb, wohingegen die gegen GI10 trotz des eigentümlich dicken
Lockerährige Sechszeilgerste dem heiß- Schaftes wohl den G r a n n e n w e i z e n (hier
trockenen Steppenklima des Untereuphrat- Abb. 3) darstellen soll (hier Abb. 9; cf. L.
gebietes angepaßt war. Sie wird hier seit Schnitzler, Frühe Plastik im Zweistrom-
der Späten 'Ubaid-Zeit ausschließlich ge- land Tf. 8 a). In Frühdynastischer Zeit
sät (Ur, wo auch Emmer erscheint) und wird der Nacktweizen durch ein ganz ande-
muß wohl gegen Ende der Altbuntkeramik- res, schwer deutbares Zeichen (GIG [auch
Zeit von südwärts gewanderten Halaf- se-gig] > kibtum) wiedergegeben. Gl
Leuten aus der mitgebrachten Zweizeil- mag vielleicht auf den grannenlosen Zwerg-
gerste entwickelt worden sein. Eine rück- weizen (hier Abb. 4) zu beziehen sein.
wirkende Bewegung könnte dann an- Ob schließlich GI4 etwas mit dem E m m e r
schließend die neue Errungenschaft des (sumerisch a s n a n ; hier Abb. 2) zu tun hat,
Südens auch dem nördlichen Ausgangs- muß dahingestellt bleiben. In Frühdynas-
gebiet mitgeteilt haben. Weitere Getreide- tischer Zeit kommt eine Getreideart
belege dieser Zeit stammen aus Ugarit, ziz kunäsum hinzu, deren Charakter wie
Teil Arpatshiya, Kara Tepe (Südwest- Zeichen schwierig zu interpretieren sind.
turkistan) und vielleicht aus Beycesultan — Für die R i s p e n h i r s e (arsikku, d/tuhnu)
(Südwestkleinasien), Teil Abü Matar und ist vorerst kein frühsumerisches Zeichen
Nahal Mishmar Scouts Cave (Südpalästina: mit Sicherheit auszumachen.
Einkorn, Emmer, Zweizeilgerste); jedoch
können die Funde aus den drei letzten
Orten auch viel jünger sein. Die Zweite
Etappe des Warka-Gaura-Horizontes
(Uruk XI—III) schließlich bringt neben
der Gerste in Uruk in Djamdat Nasr die
Spezialisierung in Grannen- und Zwerg-
weizen sowie Import von Rispenhirse. Aus
Susa wird Reiseinfuhr gemeldet. —
In den f r ü h s u m e r i s c h e n Texten aus
Uruk und Djamdat Nasr erscheinen vier
Schriftzeichen, die offensichtlich Getreide-
sorten darstellen (hier Abb. 8). Nur eines —
Falkenstein, Archaische Texte Nr. 110/1 —
bezeichnet auch späterhin die G e r s t e (se,
Se'um), wogegen die drei andern einen Be-
deutungswandel durchmachen: Unter ATU
Nr. 96—103 finden sich einerseits Halme
mit grannenloser Rispe sowie solche mit
relativ kurzen Grannen. Allen gemeinsam
ist die Rechtsneigung. Der Rispenhalm Abb. 9
steht später für Gl qanüm „Rohr", der
Getreidedarstellungen gibt es fast
nur aus dem frühsumerischen Bereich, und
zwar auf Rollsiegeln (Delaporte, Lv 2,
Tf. 63,4; 69,8 = A. Parrot, Sumer Abb. 106,
108. — H. H. von der Osten, Slg. Newell,
AT 110 37 38 93 101 103 125
OIP 22 Nr. 669. •— E. Heinrich, Klein-
Abb. 8 funde = ADFU 1, Tf. 17b, d, 18b, c. -
3i8 GETREIDE, GEWAND
UVB 19 [1963] Tf. 15 e) und Reliefs (Keu- besseren Mahleffekt zu erreichen, sind in
lenkopf s. o. und hier Abb. 9. — Ferner die Oberfläche des Mahl- und in die Unter-
E. Heinrich, o. c. Tf. 2, 3 = E. Strom- seite des Reibsteins mehrere Schlitze ein-
menger/M. Hirmer, Fünf Jahrtausende geschnitten, die auf dem Mahlstein häufig
Mesopotamien Tf. 19, 22. — C. L. Wool- ein tannenbaumartiges Muster ergeben
ley, The Early Periods. UE 4 Tf. 35 unten (B. Hrouda, Teil Halaf 4 Tf. 39a—b).
links = Parrot, Sumer Abb. 94 = E. Bei einem dritten Typ, der aus zwei un-
Strommenger/M. Hirmer, o. c. Tf. 28). gefähr kreisrunden Steinen mit Zapfen und
Reichsakkadische Rollsiegel bilden ge- Loch besteht (B. Hrouda, Teil Halaf 4
legentlich Vegetationsgottheiten ab, deren Tf. 39c), scheint es sich nicht um eine Mühle
pflanzliche Attribute als Getreideähren — Schumacher spricht von Farbmühle —
gekennzeichnet sind (z. B. L. Woolley, The sondern, wie R. Amiran festgestellt hat,
Royal Cemetery. UE 2 No. 198. — E. Po- um eine Töpferscheibe gehandelt zu haben.
rada, CANES Nr. 212. — H. Frankfort, Neben den Reibmühlen dienten zum Zer-
Stratified Cylinder Seals. OIP 72 N0.611). kleinern von Getreidekörnern aber auch
Literatur: H . H e l b a e k , University of Lon- Mörser und Stößel (B. Hrouda, Teil Halaf
don. Annual R e p o r t of t h e I n s t i t u t e of Archae- 4 Tf. 40).
ology 9 (1953) 4 4 f f . ; ders., Archaeology 12
(1959) 183SS.; d e r s . , S c i e n c e 130 (1959) 3 6 5 f f . ; G . S c h u m a c h e r , T e i l el-Mutesellim 1(1908)
ders., I r a q 22 (i960) i 8 6 s s . ; ders. i n R . J . 64I; R . A m i r a n , Eretz-Yi'srael 4 (1957)
B r a i d w o o d / B . H o w e , Prehistoric Investi- 46ff. (Hebräisch). B. H r o u d a , Teil Halaf
g a t i o n s i n Iraqi K u r d i s t a n (i960) 100ff.; ders., 4. 51-
AnSt. 14 (1964) I2iff.; A. F a l k e n s t e i n , B. H r o u d a
A T U (1936); L a B a u m e , Frühgeschichte der
europäischen K u l t u r p f l a n z e n (1961); W .
Nagel, Die B a u e r n - u n d S t a d t k u l t u r e n im vor- Gewand als Persönlichkeitssymbol s.
dynastischen Vorderasien (1964) 10, 29, 31,
33f„ 44, 47f., 55, 57, 131, 147, 193, 219I, 231, G e w a n d s a u m im R e c h t .
2
33> 2 5 ° . 255, 260; J . A r o , ZDMG 113 (1964)
471 ff. Gewand als Zugabe beim Kauf, s. Ge-
W. Nagel w a n d s a u m im R e c h t , K a u f .
Gewandnadel s. Nadel.
Getreidemühle. Die am häufigsten be-
nutzte Mühle zum Zerkleinern von Ge- Gewand(saum) im Recht. Wie bei ande-
treidekörnern ist die sogenannte Reib- ren Völkern (vgl. z. B. rechtsvergleichend
mühle. Sie besteht aus einer länglichen, P. K o s c h a k e r [s. u. Lit.] III; IV; E.
an den Rändern nach oben gewölbten Cassin, Adoption 199) spielen auch in den
Reibfläche und einem brotähnlichen Reib- Keilschriftrechten das G. oder Teile davon
stein. Material: Basalt oder Diorit (B. als Persönlichkeitszeichen oder -symbole
Hrouda, Teil Halaf 4 Tf. 38 a—c). Meist eine nicht geringe Rolle. In altsumerischen
enthält die Oberseite des Reibsteins eine und -akkadischen Grundstückskaufurkun-
Querrille zur Aufnahme des Griffholzes. den vor und um die Mitte des 3. Jt. erhal-
Wie eine derartige Mühle gehandhabt ten die Verkäufer und teilweise gewisse
wurde, zeigt am besten: R. Koldewey, andere Personen vom Käufer neben dem
WB Abb. 180. Als Beispiel für eine Dar- Kaufpreis auch Lebensmittel und Ge-
stellung aus dem Altertum vgl. R. D. wänder (Fara 3, 30—34, 36; RTC 14, 15;
Barnett, AssPal. Tf. 150. 156. JCS 10 [1956] i3ff.; 26; Belege bei L.
Als zweiter Typ kommt die sogenannte M a t o u s , ArOr. 22 [1954] 434ff.). Nach
Schlitzmühle in Betracht. Sie dürfte aber einer ansprechenden Vermutung bei P.
jüngeren, wahrscheinlich erst hellenisti- K o s c h a k e r III 247a und VII 253! be-
schen Datums sein (M. Dunand/R. Duru, deutete das Anlegen eines solchen G.
Oumm el-'Amed [1962] Tf. 23, 3. 5). Bei durch den Verkäufer bei dem mit der
ihr wird das Korn von oben durch eine Grundstücksübergabe verbundenen Mahle
trichterförmige Öffnung im Reibstein auf (vgl. JCS 10, I3ff.; B. L a n d s b e r g e r
die Mahlfläche geschüttet. Um einen bei M. D a v i d , Huwelijkssluiting 15,
GEWAND 319
3182; K o s c h a k e r III; VII 220, 25245) auch in BR 8/7, 32, i8f. ausdrücklich von-
einen Wechsel der (rechtlichen) Persön- einander getrennt aufgeführt, obwohl beide
lichkeit und die Bekundung des Verkäu- Leistungen vom Käufer nur an den Ver-
fers, daß er als „rechtlich neuer Mensch" käufer selbst zu entrichten sind. Gelegent-
nichts mehr mit dem veräußerten Grund- lich erhalten auch (wohl beispruchsberech-
stück zu tun habe. tigte) Familienangehörige oder sonstige
Aus dem 2. Jt. ist überliefert, daß der Verwandte von Grundstücksverkäufern
Ehefrau, die sich von ihrem Manne schei- Geld oder ein Kleidungsstück ( ' ^ K U R .
den oder nach dessen Tode verbotswidrig RA) dafür, daß sie als Zeugen oder ina
eine Zweitehe eingehen will, die Kleider aSäbi (P. K o s c h a k e r , Bab.-ass. Bürg-
abgerissen werden (Nuzi 15./14. Jh.: HSS schaftsrecht 201 ff.) beim Vertrag „an-
5, 71 = AASOR 10: 19). Sie wird nackt wesend" sind und damit implicite auf
aus dem Hause ihres (ersten) Mannes ver- ihnen etwa zustehende Beispruchsrechte
trieben (ebenda; JEN 444; altbab. in verzichten oder sie durch Verschweigung
Hana* BRM 4, 52; vgl. CAD E 320b; verlieren. So z. B. nachträglich in dem
C. Gordon, ZA43 [1936] 163 mit Anm.2). Vindikationsfall YOS 6, 18 zwecks Ab-
Das Ablegen des G. scheint in Ugarit wendung der Vindikation; BE 8, 43, 29t.;
Symbolhandlung für die Änderung des 34ff. Vgl. zu alledem M. San Nicolö,
Status einer Person, Rechtsverzicht oder OrNS 16 (1947) 280f.; 283; 286ff.; 291t.;
-verlust gewesen zu sein; vgl. RS 17.159 = 297; BR 8/7, 27, 13.
PRU 4,126 f.: Thronverlust oder -verzieht; Zur Vereinbarung von Verpflichtungen
8.145 (F. T h u r e a u - D a n g i n , Syria 18 zur Bekleidung dienstverpflichteter Per-
[1937] 249t); J. N o u g a y r o l , PRU 3, 551 sonen („mit einem Kleide bedecken")
mit Verweis; R. Y a r o n , OrNS 32 (1963) M. San Nicolö, D. neubab. Lehrvertrag
29. Nach § 171 der Heth. Gesetze* erfolgt 17f.; OrNS 16, 2912; H. P e t s c h o w , NB-
die Verstoßung des Sohnes durch die Mut- Pf. i n f . mit A 347.
ter mit der Publizitäts( ?)- und Symbol- lubuStu(m) ßubultu (sig-ba, tüg-ba)
handlung der Entfernung seines Kleides „Kleidung" oder Wolle gehört neben ifirum
(dazu J. F r i e d r i c h , HG § 171 mit S. i n ; (se-ba) „Gersteration, Verpflegung" und
E. N e u f e l d , Hittite Laws 184L; E. Cuq, fissatum (1-ba) „Öl" zu den Gegenstän-
Etudes sur le droit babyl. 473; zurück- den, die regelmäßig als Bestandteile von
haltend A. Goetze, Kleinasien2 1121; Alimentation (sverpflichtung)en in (Am-
allgemein P. K o s c h a k e r III 246; IV). men-*, Alimentations-)Verträgen, Prozeß-
Ablegen des Mantels, Wegnahme des Ge- urkunden, Gesetzen und Verwaltungs-
wandes bedeutet nach K o s c h a k e r III texten erwähnt werden. Vgl. MSL 1, 45,
246 a Verstoßung des Kindes. 47—5o; 5, 10, 22ff.; NG 2, 8 3 ; HG 3, 32;
Noch im neubabylonischen Immobiliar- 34; 144; §27 CL; §178 CH; § 32 LE;
kauf spielt das Gewand eine gewisse Rolle. NRV 8; 12; BR 6, 4, 15; Nbn 697; J. G.
Hier besteht die häufig neben dem Kauf- L a u t n e r , SD 1, io93B3; CAD I/J 167b;
preis bestimmte Zugabe (atru), die der 168a (Elam, Nuzi); AHw. 385 „ifru(m)";
Verkäufer für seine Siegelung der Kauf- 561 ,,lubu$tu(m)"; A. Goetze, LE 94.
urkunde vom Käufer erhält, manchmal Gelegentlich erscheinen in Kauf- und ande-
allein oder neben Geld in einem Kleidungs- ren Verträgen Gewänder und sonstige Tex-
stück. Bei Hauskäufen wird die in Geld tilien unter den Kaufpreisen bzw. sonsti-
oder Naturalien bestehende Zusatzleistung gen Entgelten (JEN 5, 451; HG 3, 435;
des Käufers nicht selten als kl atri u lubäri NRV 610).
(sa belet blti) „als Zugabe und (für) ein In verschiedener Verwendung erwähnt
(Staats-) Kleid (der Herrin des Hauses) werden G.-Teile: sissiktum/sikkum/sikum
(gegeben)" bezeichnet. Davon sind das (zum Abdruck s. BE 14, S. 13; ARM 8,
atru für den Verkäufer selbst und die Lei- S. 161) und — besonders in Arrapha-Nuzi*
stung kl lubäri als Gabe für die Frau des —• qannu, wohl der Gewandsaum oder
Hauses bestimmt; beide werden deshalb -zipfel; zur Übersetzung mit Nuancen vgl.
320 GEWAND
ü-kd-al „für die Rechtssache halte ich ihrem Tauschgrundstück noch eine Aus-
deinen G.-Saum". In dem altass. Brief gleichszahlung in Fungibilien leistet; in
KTB1. 6 bittet der Briefschreiber um Zah- märtütu- oder ähnlichen Urkunden ist dies
lungsaufschub, es soll „niemand seinen G.- der eine Zahlung leistende Adoptant*. Bei
Saum ergreifen (packen)", d. h. wohl ihn Schuldverhältnissen wird die Phrase mit
in seiner Bewegungsfreiheit beschränken; Bezug auf den erfüllenden Schuldner ge-
vgl. J. Lewy, KTB1. S. 26. Nach dem braucht. Der in Gegenwart des Vertrags-
Brief ATHE 60 wird der sikkum des Brief- partners vor Zeugen vorgenommene Akt
schreibers gehalten (ka"ulum), womit wohl symbolisierte offenbar, daß der Handelnde
eine Bewegungsbeschränkung oder gar seine Leistung erbracht habe und sich von
Haft ( K i e n a s t , S. 84) des letzteren ge- jeder weiteren Verpflichtung und Haftung
meint ist. Vgl. auch ATHE 40. freistellt. Damit ist der Abdruck des q.
Nach der altbab. Serie ana ittiSu (MSL 1 hier „eine im Einverständnis mit dem
Tf. 7 II 49 — HI 6) vollzieht der Ehemann GläubigervorgenommeneSelbstenthaftung
die Ehescheidung u. a., indem er seiner des Schuldners", so P. K o s c h a k e r III
Frau KU.SIG-a-ni = sis-sik-ta-sd „ihren 246 mit Anm. 11; 247; V; vgl. VI 18643;
G.-Saum" abschneidet (batäqu); vgl. dazu H. Lewy, OrNS 11 (1942) 313L Für die
VS 8, 9 ( = HG 1056); die Scheidungs- genannten Vertragstypen vgl. z. B. JEN
urkunde VAB 5,7; MSL 1, 247; B. Lands- 68; HSS 9, 20; 5, 68; 14, 595; RA 23,101:
b e r g e r bei P. K o s c h a k e r I 24®; AHw 20+23; P. K o s c h a k e r , VI i8off.; RA
114 batäqw, A. v a n P r a a g , Droit matri- 23, 49ff.: 31; 38; 40; 4 1 ; 52; JEN 605;
monial; BabLaws i, 291 mit Anm 4. Das HSS 9,108 (dazuKoschakerV; H.Lewy,
gleiche Ehescheidungsritual findet sich im I. c. 3133 mit weiteren Belegen); JEN 112;
15./14. Jh. wieder im hurr. Arrapha-Nuzi 186; RA 23, 49ff.: 10.
in der Scheidungsurkunde RA 23 (1926) Eine entsprechende Symbolhandlung
i n : 33 (si-is-si-ik-ta-$ä ab-ta-tdq „ihren liegt (A. F a l k e n s t e i n , NG 1, 76) — oder
G.-Saum habe ich (der Ehemann) abge- lag ursprünglich (vgl. P. K o s c h a k e r III
schnitten"). Es bezeichnet offensichtlich 24611) — in der Ur-III-Zeit wohl der Phrase/
die Auflösung des familienrechtlichen Ver- t ü g - ü r „das Kleid (oder den Mantel) übe*
hältnisses, die Verstoßung der Frau aus etwas hinwegstreifen lassen" zugrunde mit>
der Familie, nach K o s c h a k e r durch oder der übertragenen Bedeutung „sich als (von
mit Änderung der Rechtspersönlichkeit einem Anspruch) ledig erweisen" und „auf
der Verstoßenen. In AASOR 16: 32 schnei- etwas verzichten", vgl. A. F a l k e n s t e i n ,
det die Erwerberin eines Kindes die s. von o. c. 3, 167; B. L a n d s b e r g e r bei M. San
dessen Mutter — einer Sklavin der ersteren Nicolö, Schlußklauseln 18618. Die Phrase
— ab. Vgl. K o s c h a k e r II 116 mit Anm.4, bezeichnet in Prozeß-(ditilla-)Urkunden
auch zur Eheurkunde HSS 5,67 ( = AASOR einen Verzicht des unterlegenen Klägers
10: 2) und zur s. in nichtjuristischen Tex- oder mitbetroffener Personen (A. F a l k e n -
ten; zu letzteren auch A. B o i s s i e r , Bab. s t e i n , o. c. 1, Ö73. 79 mit Belegen) oder
11 (1929/30) 207. Zu s. rakäsu als Ausdruck umgekehrt das Ledigsein einer siegreichen
des politischen Bündnisses von Königen verklagten Partei gegenüber den gericht-
s. ARM 2, 71, 13ff.; Ch.-F. J e a n , ebd. lich geltend gemachten Ansprüchen Drit-
S. 237 zur Stelle; ARM 15, 255. ter, so bezüglich des Nichtbestehens einer
In anderem Zusammenhang erfolgt das Schuld oder des Nicht (mehr)bestehens
qanna ana päni Sibüti annüti maSäru „den einer Sklaveneigenschaft des Verklagten
q. (Gewandsaum) vor diesen Zeugen (über (A. F a l k e n s t e i n , o. c. 1, 76 mit Anm. 3;
die Tafel) streifen" in Arrapha-Nuzi: Es 79 mit Belegen; vgl. 2, S. 169 ad 4).
geschieht hier durch den zahlenden Er- Nach vereinzelten altbab. Mitgiftbestel-
werber in manchen sog. Verkaufsadop- lungsurkunden für Hierodulenehen aus der
tionen als verdeckten Grundstücksverkäu- Zeit nach Hammurabi (BE 6/1, 84; 101;
fen oder in Grundstückstauschverträgen CT 8, 2 a [ = HG 9; 483; 10]; vgl. VAB 5,
durch diejenige Tauschpartei, die neben 209) wird bei Eheschließung bzw. Mitgift-
Reallexikon der Assyriologie III
322 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
Vertreter der Götter auf Erden ab. Es han- wohnheiten, eben nach Gewohnheitsrecht
delt sich bei dieser „gesetzgeberischen im nichttechnischen Sinne, vollzogen hat.
Tätigkeit, da so gut wie kein Rechtsgebiet Eine Aufzeichnung solcher Gewohnheiten
abgeschlossen behandelt wird, um Reform- dürfte (wenigstens teilweise) das Mittel-
bestimmungen, die sich nur mit den einer assyrische Rechtsbuch darstellen (s. Ge-
Regelung bedürfenden Fällen befassen, sei setz*).
es, daß ein Mißstand abzustellen ist (vgl.
B. R e h f e l d t , Einführung in die Rechts-
etwa Urukagina* von Lagas: „Die Frauen wissenschaft (1962).
von damals heirateten je zwei Männer; die R. Haase
Frauen von heute haben diesen Miß-
brauch^) aufgegeben"; § 66 des Codex Gewölbe.
Hammurabi; § 48 der hethitischen Ge-
setze; die miSarum-Akte), sei es, daß das §1. G r u n d s ä t z l i c h e s : 1. Kragge-
frühere Recht wiederhergestellt wird (Uru- wölbe — 2. Echte Gewölbe.
kagina von Lagas: „Die Bestimmungen §2. K u p p e l a r t i g e G e w ö l b e : a) über
von ehemals hat er [wiederhergestellt"), Öfen — b) über Speichern, Brunnen usw.
oder daß das Recht den Verhältnissen — c) über Gräbern — d) über Hütten
und den gewandelten Vorstellungen an- usw.
zupassen ist (so sehr deutlich die §§9
und 25 der hethitischen Gesetze und ver- §3. T o n n e n - u n d m u l d e n f ö r m i g e
mutlich alle Bestimmungen, welche Bußen G e w ö l b e : 1. Kraggewölbe: a) über Ka-
festsetzen, etwa §§ 16 ff. des Codex Ur- nälen — b) über Grüften —c) über Mauer-
Nammu, §§42 ff. der Gesetze von Es- durchbrüchen.
nunna usw.; ferner § 27 der Gesetze von 2. Echte Gewölbe: a) über Kanälen —
E§nunna, § 128 des Codex Hammurabi). b) über Grüften — c) über Maueröffnun-
Die „charakteristische Beschränkung die- gen.
ser Gesetze auf Konfliktsituationen" (F. § 4. E i n g e w ö l b t e R ä u m e ü b e r N i -
R. Kraus) hat zur Folge, daß so wichtige veau.
Geschäfte des Alltags wie Kauf, Miete,
Darlehen, Verwahrung usw. nicht oder nur § 5. Die F r a g e d e r Ü b e r w ö l b u n g
in einzelnen Beziehungen geregelt werden monumentaler Räume.
(man denke etwa an §§ 38 bis 41 der Ge- § 6. Z u s a m m e n f a s s u n g .
setze von Eänunna, § „71" des Codex Ham- § 1. G r u n d s ä t z l i c h e s . Gewölbe sind
murabi, § 149 [II 38*] der hethitischen Ge- Abdeckungen über irgendwie umgrenzten
setze). Deshalb wirken die altorientalischen Räumen oder über Maueröffnungen, meist
„Gesetze" für uns Heutige unvollständig gemauert aus Einzelelementen eines festen
und unsystematisch. — Wie die Institu- Materials (Bruchsteinen, Werksteinen,
tionen des Rechts im einzelnen ausgestaltet Lehmziegeln oder Backsteinen). Ihr Quer-
gewesen sind (s. dazu die einzelnen Stich- schnitt pflegt in dem hier behandelten
wörter), kann man nur aus den zeitgenös- Gebiet dreiecks-, halbkreis-, parabel- oder
sischen Urkunden erschließen.Die Reform- spitzbogenförmig zu sein. Auch flachbogige
bestimmungen sind natürlich mit heran- G. sind beobachtet. Uber kreisrunden oder
zuziehen. Vollkommenes Verständnis wird ovalen, manchmal auch über quadratischen
uns aber von Fall zu Fall immer wieder Grundrissen entstehen dabei Kuppeln oder
noch versagt bleiben. — Vergleicht man kuppelähnliche Gebilde, über rechteckigen
das Ausmaß der Möglichkeiten rechtlichen Tonnen- oder Muldengewölbe. Außer
Zusammenlebens im alten Orient mit den „echten" G.n sollen hier auch Kraggewölbe,
sich auf das Recht beziehenden Willens- sogenannte „falsche" G., behandelt wer-
kundgebungen der altorientalischen Herr- den, obwohl sie im strengen Sinne nicht
scher, so kann man wohl sagen, daß sich zu den G.n gehören. Beide Arten der Raum-
das Rechtsleben im großen und ganzen abdeckung wurden jedoch für die gleichen
nach überkommenen, ungeschriebenen Ge- Zwecke benutzt.
22»
324 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
i1
326 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
— und auch später noch gelegentlich — Teil Asmar. OIP 43, 80) in Esnunna aus
waren solche Bedeckungen einfache, aus Ziegeln mit Stempeln des Ibalpi'el* (Larsa-
handgerechten Lehmklumpen aufgebaute Zeit) von 2,75 m Durchmesser ist mit einer
Schalen: z.B. in Arpacija in der Halaf- leider nicht ganz erhaltenen, sehr geschickt
und Obedzeit (M. E. L. M a l l o w a n / J . konstruierten Kuppel aus zwei Halbschalen
C r u i k s h a n k Rose, Iraq 2 [1935] 14), bedeckt, die in einer Naht zusammentref-
in Tepe Siyalk* in der älteren Bunt- fen, soweit nicht eine mandelförmige Ent-
keramikzeit (R. G h i r s h m a n , Fouilles nahmeöffnung ausgespart wurde. Nicht
de Sialk I, 36 Abb. 5, 1,1 m Durch- genau zu datieren, aber jedenfalls ganz
messer) und im Karum Kaniä* um 1800 ans Ende des hier behandelten Zeitraumes
(T. ö z g ü g , Kültepe-Kanis 1959, Abb. 30. gehörig ist ein unterirdischer, bienenkorb-
31). Sie besitzen manchmal eine Öffnung förmiger, 1,6 m hoher Speicher mit einer
im Scheitel. Jedoch sind später falsche Scheitelöffnung in Nuzi* (Sounding 5,
oder echte Kuppelgewölbe aus Ziegeln oder R. F. S. S t a r r , Nuzi 1, 557; 2 PlanNr.43).
Bruchsteinen die Regel: falsche, aus Lehm- Er ist mit etwas nach innen vorstehenden
ziegeln z. B. in Tepe Gaura* (Stratum X) Schichten, aber auch mit fallenden Lager-
in der Uruk-Zeit (A. J. T o b l e r , Excava- fugen gemauert. — Auch in dieser Gruppe
tions at Tepe Gawra 2, Tf. XXXI a, Durch- kommen also Kuppeln und kuppelartige
messer etwas mehr als 1 m), aus Bruch- Bildungen verschiedener Form über das
steinen z. B. im Karum Kanis um 1800 ganze hier behandelte Gebiet und im gan-
(T. Ö z g ü f , Kültepe Kazisi Raporu 1949 zen Zeitraum vor.
[Ausgrabungen in Kültepe 1949] 139 c) Ü b e r Gräbern*. Mit Kuppeln über-
Abb. 53.54.63.64); echtgewölbte sind so ge- deckte Gräber sind bisher nur aus Ur be-
wöhnlich, daß einzelne Beispiele nicht her- kannt (C. L. Woolley, UE 2). Grab PG/
angezogen zu werden brauchen, s. z. B. Tepe 1054 (Tf. 49—57 Abb. 16. 17 S. 106)
Gaura und Kanis in mehreren Schichten. mißt etwa 2,1 m zu 2,5 m im Lichten. Das
b) Ü b e r S p e i c h e r n , B r u n n e n usw. G. aus Bruchsteinen ist über rohen Pen-
Einen nach oben konisch verjüngten Auf- dentifs in auskragenden Ringen gemauert.
bau aus Lehm über Steinfundament zeig- Von halber Höhe ab aber war das G. durch
ten i m bis 1,5m im Durchmesser weite kreuzweise eingelegte Balken mit Erd-
Speicher in Mersin* (J. G a r s t a n g , Pre- auftrag darüber unterstützt, die Kuppel
historic Mersin 45 ff.; „protochalkoli- war also von innen nicht sichtbar. Grab
thisch"). Derartige Aufbauten darf man PG/779 (57. 232 Tf. 4. 24. 28) besitzt über
bei vielen ähnlichen Speichern anderer einer seiner beiden quadratischen Kam-
Grabungen annehmen, wenn der obere Ab- mern eine Kuppel, deren Schichten zwar
schluß nicht erhalten ist — man darf sie vorkragen, sich aber auch nach innen nei-
vielleicht vergleichen mit Darstellungen gen, so daß man fast von einem echten G.
auf Siegelabrollungen der Gemdet Nasr- sprechen möchte, während die beiden
Zeit aus Susa (L. L e g r a i n , MDP 16 Tf. rechteckigen Kammern der Gruft mit nor-
XIV, 222. 223). — Nach innen vor- malen Mulden-Kraggewölben geschlossen
gesetzte Schichten im oberen erhaltenen sind (s. unten Sp. 328). Auch Grab PG/1648
Teil zeigt einer der spät-frühdynastischen (133, Abb. 26 Tf. 81 b) und Grab PG/1236
Rundkeller aus Fara (Suruppak*). Die ( i n ff. 232 Tf. 63—68) zeigten Krag-
Öffnung wurde auf diese Weise verengt kuppeln über rohen Pendentifs von etwa
(E. H e i n r i c h , Fara 8 Tf. 3). Die übrigen 1,6 m Durchmesser.
Rundkeller könnten einen ähnlichen obe- (Die dolmenartigen Megalithbauten Pa-
ren Abschluß gehabt haben; ihr Durch- lästina-Syriens sind als eine Gruppe fremd-
messer beträgt 2 m bis 6,5 m. — Eine artigen Gepräges hier außer Betracht ge-
runde Vorratsgrube (OIC 13, 16 Abb. 10. lassen [s. RLV, Gewölbe, P. T h o m s e n ,
11) oder ein Brunnen (H. F r a n k f o r t / C. Palästina-Syrien § 1, 2].)
S. L l o y d / T h . J a c o b s e n , The Gimilsin d) U b e r H ü t t e n usw. Ob die in vor-
Temple and the Palace of the Rulers at und frühgeschichtlichen Schichten vieler
GEWÖLBE 327
springen zwar nach innen vor, aber zu- Muldengewölbe, das von allen vier Seiten
gleich senken sich die Lagerfugen. Am her nach innen vorkragt. — Über das
Scheitel entsteht dabei eine dreieckige Bindemittel des Gruftmauerwerkes ist bei
Lücke, die mit zugerichteten, waage- allen diesen Grüften nichts gesagt. H a l l e r s
recht gelegten Ziegeln ausgefüllt wurde. Vermutung (S. 100), die Kraggewölbe seien
Der Querschnitt ist angenähert kreis- in Assur die Vorform der echten, kann
oder spitzbogenförmig (es sollen auch nicht zutreffen. Es wird sich unten zeigen
kuppeiförmige G. über Grüften vor- (Sp. 333), daß es an anderen Stellen echte
kommen). — Ein kleinasiatisches Beispiel Gewölbe aus viel früherer Zeit gab. Übri-
einer aus Kalksteinen gemauerten, mit gens sind sie auch bis über den hier behan-
Kraggewölbe überdeckten Gruft ist im delten Zeitraum hinaus in Gebrauch ge-
Karum Kanis I b gefunden (Tahsin özgüg, bheben, wie H a l l e r andeutet. Es gibt
Anatolia 8 [1964] 36 f. Abb. 6 Tf. VI 1). solche, allerdings viel kleinere, aus neubab.
In Assur* ist eine sehr große Zahl von Zeit in Susa* (R. de M e c q u e n e m , MDP
überwölbten Grüften gefunden, von denen 29, 48 Abb. 41, Tombeau B) und ein klei-
nur 15 Kraggewölbe besitzen. Von ihnen nes achämenidisches, roh aus Lehmziegeln
gehören zehn in „altassyrische" (1900— gemauertes Muldengewölbe in Ur (Sir
1500) und fünf in „mittelassyrische" L e o n a r d W o o l l e y , UE 9, 56 Tf. 16a).
(1500—1100) Zeit (A. H a l l e r , Die Gräber Noch die recht umfangreichen Grabkam-
und Grüfte von Assur. WVDOG 65). Eine mern in den Tumuli in der näheren Um-
von ihnen, und zwar eine der ältesten, gebung von Warka, die mindestens in
besteht aus Kalksteinplatten von etwa seleukidischer Zeit angelegt zu sein schei-
0,6 m Breite; schon die zweite Schicht nen, sind mit falschen G.n aus Backsteinen
kragt nach innen vor. Die Spannweite be- überdeckt (2,8m zu 1,55m und 1,35m zu
trägt 1,76 m und die Höhe 1,66 m. Die 1,9m, G. P e s c h k e n , UVB 15, 30;
unordentlich und ohne Mörtel geschich- A. v. H a l l e r , UVB 16, 26 Tf. 12b). — In
teten, recht kurzen Platten erlaubten nicht, Nord-Palästina, in Megiddo, sind Grüfte
das Gewölbe zu schließen: Es bleibt eine aus wahrscheinlich altbabylonischer Zeit
Lücke von etwa 1 m Breite, die durch be- gefunden worden. Eine von ihnen besitzt
sonders große Platten überdeckt ist. Der ein regelrechtes Kraggewölbe (G. S c h u -
Eingang zur Gruft in der einen Schildwand m a c h e r , Teilel-Mutesellim 75ff. Tf.XX).
besitzt den gleichen, nur etwas verkleiner- Sie ist 3,80 m breit und 3 m hoch. Auch
ten Umriß (Ass. 23082, S. 96, Abb. 129). — der Grufteingang ist mit Kragschichten
Die übrigen sind aus Backsteinen gemau- überwölbt. Zwei andere Grüfte (ebenda
ert und besitzen Spitzbogen- oder dreiecks- i4ff. Tf. V; 19ff. Tf. VI) besitzen G.
förmigen Querschnitt. Über der den Schei- aus vorgekragten Steinen, jedoch mit
tel bildenden Schlußschicht hegen in der fallenden Fugen. Sie sind nicht ge-
Regel noch eine bis zwei Ziegelreihen als wölbeförmig geschlossen, sondern den
Auflast. Die Spannweite reicht von etwa Schlußstein bildet eine breite Platte, wie
0,9 m bis etwa 2,5 m, die Länge von nur das häufig bei Kraggewölben vorkommt.
1,2 m bis zu 2,3 m. Bei den meisten be- Ich möchte diese beiden Beispiele deshalb
ginnt die Wölbung gleich über dem Fuß- lieber hier als unter den echten G.n
boden, und die Höhe bleibt unter dem Maß anführen. Eine der beiden Deckplatten ist
eines Menschen. In einem Fall (Ass. 15401, konisch durchbohrt. (S. auch G. L o u d ,
S. 102, Abb. 136) sind niedrige Wände aus Megiddo 2. OIP 62, 15 ff. Abb. 29—34,
zwei Schichten von Gipssteinblöcken und Strat. XI.) Von den syrischen Beispielen
aus Ziegeln vorhanden, und die Ziegel- verlangen diejenigen von Ras al-5amrä
schichten der einganglosen Schmalseite (Ugarit*) und Minat al-Beda besondere
kragen ebenfalls nach innen über, so daß Aufmerksamkeit. Sie verteilen sich auf
die Form eines unvollständigen Mulden- zwei Hauptzeiten: das 18./17. und 14./13.
gewölbes entsteht. Eine Gruft von 1,6 mal Jhdt. (C. F.-A. S c h a e f f e r , Ugaritica 1,
1,05 m Größe besitzt ein vollständiges 6 i f . 7off. Abb. 49). Die älteren besitzen
330 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
nach innen vorgekragte Wände aus Kalk- gewölbe, wobei der Querschnitt in der
stein, die sich jedoch im Scheitel nicht Längsachse fast halbkreisförmig, in der
schließen. Die breite Lücke, die übrig- Querachse spitzbogig angelegt ist. Abb. 86
bleibt, ist mit Platten bedeckt. In der zeigt, daß bei solchen Muldengewölben die
Doppelgruft LVI/LVII (67 ff. Abb. 60. 61) in den Kehlen sitzenden Quadern an bei-
ist die kleinere Kammer aus Bruchsteinen den, in der Kehle zusammenstoßenden
nicht besonders sorgsam aufgesetzt. Ihre Wölbflächen Anteil haben können: Zur
Wände kragen nur wenig über. Die größere Herstellung eines so komplizierten Stein-
ist sorgfältig aus gut schließenden Quadern schnittes gehört eine erstaunliche Fertig-
(ohne Mörtel), die innen der geschwunge- keit der Steinmetzen. Sehr kunstvoll ist
nen Gewölbelinie gemäß abgearbeitet und auch, wie die Tür in der Mitte der einen
geglättet sind, gebaut. Die Vorkragung Schmalseite mit einer Stichkappe in das
vermindert bei ihr die Spannweite um ein Hauptgewölbe einschneidet. Die Rundung
Drittel, die übrigen zwei Drittel sind mit setzt schon über der zweiten Schicht von
großen Platten überdeckt. Die Grabbei- unten an. Grab I (3,6 m zu 3,05 m, Höhe
gaben beweisen sehr enge Beziehungen zur 3,0 m; Abb. 80) und Grab XXXI (3,0 m
minoischen Kultur Kretas. — Diese Grab- zu 4,0 m, Höhe 2,85 m; S.93 Abb. 87) sind
form hält sich bis in die jüngere Periode von kielbogenförmigem Querschnitt. Die
der Grüfte. Grab XIII (83 Abb. 75. 76) ge- Platten, aus denen das zuletztgenannte
hört an das Ende des 15. Jhdts. (1,7 m zu Grab gemauert ist, sind über 2 m lang und
2,3 m, Höhe 1,6 m). Die Wände bestehen zeigen eine Sichtfläche von etwa 0,3 m zu
bis zur Höhe von 1,2 m aus unregelmäßig 0,2 m bis 0,9 m. Bei dieser Länge der Krag-
prismatischen Blöcken (die untersten drei steine war es wahrscheinlich möglich, das
Schichten sind besser in Bearbeitung und G. freihändig zu schließen. Grab III in
Verband). Dieser Teil der Wand neigt sich Minat al-Beda (Tf. XVII, 2) zeigt ein be-
nur wenig nach innen. Darüber liegen drei sonders schön gemauertes flach-spitzbogi-
Schichten plattenartiger Quadern, innen ges G. Die Eingänge zu diesen Gräbern
glatt abgearbeitet, die dachförmig vor- sind parabelförmig oder dreieckig abge-
kragen und eine mit Platten geschlossene schlossen und natürlich auch aus horizon-
Öffnung von 0,7 m Breite übriglassen. Der talen Schichten gebildet. Auch sie besitzen
parabelförmige Eingang ist in horizontal häufig den T-förmigen Schlußstein im
hegende Quaderschichten eingeschnitten. Scheitel. Ihre Laibungsform läßt manch-
— Die übrigen Grüfte dieser Periode zei- mal darauf schließen, daß der Eingang
gen im allgemeinen gut gearbeitetes, durch eine Holztür geschlossen war. Es
manchmal ausgezeichnetes Quadermauer- gibt mit Platten geschlossene Vorräume,
werk mit gutem Fugenschluß. Die G. sind zu denen durch einen „Dromos" Treppen
im Scheitel geschlossen, die Wölbsteine hinabsteigen, und kleine Nebenkammern
sehr lang und darum weit hinter die Mauer- (Ossuarien. Tf. XVI, 3). Grabbeigaben las-
flucht zurückreichend. Im unteren Teil des sen auf Beziehungen zur mykenischen Kul-
G.s befindliche Lampennischen entstehen tur schließen, jedoch erkennt Schaeffer
manchmal dadurch, daß zwischen zwei kein mykenisches Vorbild für die Form
Quadern eine Lücke bleibt; der außer- der Grüfte, außer einer gewissen Ähnlich-
ordentlich tiefe Hohlraum ist hinten durch keit mit dem Grab von Isopatra auf Kreta
ein Plättchen abgeschlossen. Im Scheitel (Abb. 83 S. 89). Nur die Kunst der Stein-
sitzt in der Regel ein T-förmiger Schluß- metzen ist bemerkenswert und im Orient
stein. Die Kämpferwände von Grab VIII selten (vgl. Sp. 331).
(2,5 m zu etwa 3,3 m, 3,5 m hoch; Abb.78)
sind bis zur Höhe von 1,7 m senkrecht, c) Von Kraggewölben über M a u e r -
daran setzen sich dachförmig-gerade Teile d u r c h b r ü c h e n ist das älteste eines über
auf jeder Seite, und der Scheitel ist bogen- einer Tür eines Gebäudes der Uruk-Zeit
förmig. Grab L (4,1 m zu 2,1 m, etwa in Eridu (Fuad Safar, Sumer 3 [1947]
2,3 m hoch; Abb. 79) besitzt ein Mulden- 108ff. Abb. 7 Tf. VI). Die wichtigsten aber
finden sich im Westen, in Kleinasien und
GEWÖLBE 331
in Syrien. In Bogazköy sind sogar die steht. Ähnliche Poternen aus etwa
sehr monumentalen Stadttore in dieser der gleichen Zeit gibt es in Alaca Hüyük*
Weise gefügt, wie an drei Beispielen (R. O. Arik, Les fouilles d'Alaca Höyük en
noch nachzuweisen ist: dem Königstor 1935, 9 Abb. 7—11. G. besitzt Schluß-
(lichte Breite 3,25m, lichte Höhe ur- steine), in Alisar Hüyük (H. H. v.d. Osten,
sprünglich etwa 4,95 m), dem Oberen und The Alishar Hüyük Seasons of 1930—32 II.
dem Unteren Westtor (O. Puchstein, Bo- OIP 29, 7 Abb. 25—33. 50 m lang, etwa
ghasköi, die Bauwerke. WVDOG 19, 62 ff. 1,8 m breit, etwa 2,3 m hoch; hier bleibt
Abb. 43—61 Tf. 16—28; K.Bittel/R. Nau- am Scheitel zwischen den vorkragenden
mann, Bogazköy—Hattusa. WVDOG 63, Schichten eine Lücke, die mit großen Plat-
84 Abb. 21). Am Unteren Westtor haben ten überdeckt ist) und in Räs al-Samrä
sich die oberen Kragschichten herabge- (C. F.-A. Schaeffer, Syria 20 [1939] Tf.
stürzt gefunden, an den anderen fehlen sie. XLII. Vgl. zu den kleinasiatischen und sy-
Die Tore haben vom Fußboden ab parabel- rischen Beispielen auch R. Naumann, Ar-
förmige Gestalt, und die Gewände sind bis chitektur Kleinasiens n 6 f f . Abb. 105
zu drei Vierteln der Höhe aus hohen, ortho- bis 113). — In Syrien werden falsche
statenartigen Blöcken gebildet, über denen G. bis in sehr späte Zeit für die Über-
normal hohe Schichten folgen; die Blöcke deckung von Türen benutzt. In Hama*
der obersten Schicht stoßen im Scheitel (E. Fugmann, Hama. Fouilles et Recher-
mit senkrechter Fuge zusammen. Die ches de la Fondation Carlsberg 1931
Blöcke sind ohne Mörtel mit ursprünglich bis 1938. L'Architecture des P^riodes
gut schließenden Fugen und mit Bronze- Prehellenistiques) kommen in Periode E
dübeln versetzt. Nur die eigentlichen (900—720) spitzbogige Türen, aus vor-
Tore waren in dieser Weise konstruiert, die gekragten Schichten gebildet, als die
Torkammern besaßen flache Decken. Die häufigsten vor (im bätiment II, Abb.
Tore gehören in die Großreichzeit. Sehr be- 266 ff. zum Teil, im bätiment IV, Abb.
achtliche Konstruktionen sind auch die 319ff. ganz erhalten; im bätiment V gibt
Poternen* unter den Stadtmauern von es auch Türöffnungen mit horizontal ab-
Bogazköy. Von ihnen ist eine gefunden an gestumpfter Spitze und einige Mischfor-
der äußeren Stadtmauer („Yerkapu"; menmit gesenkten Lagerfugen, Abb. 324ff.).
Puchstein a. a. O. 37. 38 Abb. 26. 27; Andere Türen sind horizontal abgedeckt;
Bittel/Naumann a. a. O. Tf. 39. Breite echte Rundbögen fehlen dagegen ganz. —
etwa 2,4 m an der Sohle, Höhe 3,0 m bis Kragbögen von der gleichen Sorgfalt in
3,15 m, Länge 71 m). Sie gehört ebenfalls der Ausführung wie in Syrien, aber von
in die Großreichzeit. Ihr Kraggewölbe be- noch größeren Dimensionen gibt es an
sitzt keilförmige Schlußsteine. Weitere zwei einzigartigen Bauwerken in Assyrien.
Poternen sind in der Abschnittsmauer bei Sarrukin II.* Heß die Brücke, die von
Büyükkale, der sogenannten Poternen- seiner Palastterrasse in Dür-Sarrukin zum
mauer, gefunden worden (Puchstein a. a. 0. Nabütempel führte, durch einen solchen
81 ff. Abb. 62—67 Tf. 30; K. Bittel, MDOG Bogen tragen (G. Loud/Ch. B. Altman.
89 [1957] 32ff. Abb. 28). Die bestausge- Khorsabad II. OIP 60, 32 Tf. 12, A—D.
grabene ist 2,5 m breit, mehr als 4 m hoch 80. 81), der von spitzbogiger oder parabo-
und 34 m lang. Sie wurde bisher für alt- lischer Form war, in Straßenniveau eine
hethitisch gehalten (nach F. Fischer, Die Breite von 3,7 m und eine rekonstruier-
hethitische Keramik von Bogazköy. bare Höhe von 5,1 m besaß. An einer Stelle
WVDOG 75, 101 in den Beginn der Groß- stehen davon noch fünf Schichten von zu-
reichzeit gehörig?). Hier scheinen die sammen mehr als 4 m Höhe aus schmalen,
schließenden Blöcke in der Regel im Schei- hochkant gestellten Quadern an. Vonmonu-
tel stumpf aneinander zu stoßen. Die mentalen Ausmaßen ist Sinahheribas Aquä-
Innenseiten der Blöcke sind schräg ab- dukt in Garwan* (Th. Jacobsen/S. Lloyd,
gearbeitet, so daß keine ganz glatte Sennacherib's Aqueduct at Jerwan. OIP
Fläche, aber auch keine Abstufung ent- 24, 10ff. Abb. 2. 4 Tf. XII A). Von den
332 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
fünf Kragbögen, die dort einen Flußlauf breit, 0,6 m hoch und mit plankonvexen
überspannten, stehen an der besterhaltenen Backsteinen gemauert und überwölbt (P.
Stelle noch sechs Schichten von je 0,5 m Delougaz, The Temple Oval at Khafäjah.
Höhe an. Die unterste Schicht von nur OIP 53, 69. 126 Abb. 62. 115. 116. 117).
0,4 m Höhe ist bossiert und besitzt Rand- Sie sind teilweise mit Asphalt abgedichtet.
schlag. Die Lichtweite der Bögen beträgt Aus späteren Unterabteilungen der früh-
5,4m, und sie sind 10 m hoch, spitzbogig dynastischen Periode gibt es überwölbte
und mit einer durch die Deckschicht abge- Kanäle in Fara (E. Heinrich, Fara 11
stumpften Spitze ergänzt. — In Mesopo- Abb. 10. Fraglich, ob Kanal oder Mauer-
tamien sind sonst nur kleinere Maueröff- öffnung). Über kleinere Wölbkanäle in
nungen mit Kraggewölben abgedeckt. Als Fara und in Tellö s. W. Andrae (MDOG
Beispiel mögen genügen die Wasserdurch- 17 [1903] 9) und E. de Sarzec/L. Heuzey
lässe in einer Quermauer, welche die Funk- (Dec. Chald. Tf. 57bis). Aus akkadischer
tion einer Freiarche zu erfüllen scheint, in Zeit stammt die Sammelleitung der Palast-
einem Wasserlauf zwischen Nabükudur- entwässerung von etwa 1 m lichter Höhe
riusurs Südburg und dem „Vorwerk" in Teil Asmar, die auf etwa 50 m freigelegt
(R. Koldewey/F. Wetzel, Die Königs- ist (H. Frankfort, OIC 17, 23 ff. Abb. 20.
burgen von Babylon II. WVDOG 55, 24—26). Das Gewölbe über diesem Kanal
27L Abb. 4 Tf. 9—12). Sie sind etwa 1.0m besteht aus gebrannten Ziegeln und ist an
breit und 1,3 m hoch. den Anschlußstellen der Seitenkanäle ein-
hüftig ausgeführt. Uber der eigentlichen
2. E c h t e Gewölbe. Ein zweifelhafter Wölbung hegt eine Schale aus flachgeleg-
Fall sei vorangestellt: In Teil Abu Matar, ten Ziegeln. — Sehr lange Zeit hat das
bei Beerseba, fand J. Perrot (IEJ 5 [1955] Hauptentwässerungssiel am Assurtempel
17. 73. 167 Tf. 9 C. D; bessere Abbildun- in Assur seinem Zweck gedient. Es be-
gen in Syria 34 [1957] 11 Abb. 9. 10) aus stand schon unter SamsTadad I. In Aus-
dem anstehenden Löß ausgearbeitete un- besserungen und Erweiterungen kommen
terirdische Wohnungen, die durch Gänge Ziegel Adadnärarls I. und Sulmänuasa-
untereinander verbunden und von außen reds I.* vor (A. Haller/W. Andrae, Die
zugänglich gemacht sind. Die Kultur ist Heiligtümer des Gottes Assur und der Sin-
„chalkolithisch/ghassulian" (nach P. J. Samaä-Tempel. WVDOG 67, 36 ff. Tf. 4.
Watson in R. W. Ehrich, Chronologies in 5. 8. 42a. b. 43a; MDOG 43 [1910] 35 Abb.
Old World Archaeology [1965] 82, ent- 7). Die neun Abschnitte des großen begeh-
spricht das etwa der spätesten Obed- und baren Kanals sind verschieden in den Ab-
der frühen Uruk-Zeit). Eine Stelle in einem messungen und in der Art der Wölbung.
der Gänge ist so ausgebildet, daß in einer Die größte Breite beträgt 1,8 m, die größte
Wand Bruchsteinblöcke übereinander lie- lichte Höhe 3,0 m. Im ältesten Teil kom-
gen und sich ein größerer Block zwischen men neben Backsteinmauern auch Wände
dieses Gemäuer und die gegenüberliegende und G. aus Kalkstein vor. Einer der mitt-
Lehmwand einklemmt. Ähnlich, nur noch leren Abschnitte ist auf eine Länge von
etwas gewölbemäßiger, sieht die Abdek-
kung einer kleinen Öffnung zwischen 18 m gleichförmig aus Backsteinen in
zwei benachbarten Räumen aus. J. Perrot Asphalt mit keilförmig zugehauenen Zie-
hält beides für echte Gewölbe. Mir scheint geln im Scheitel gemauert und mit Hilfe
nicht sicher, daß hier das Prinzip des von drei Baufugen in vier Strecken unter-
Wölbens bewußt angewandt ist. teilt. Andere Strecken sind liederlich ge-
mauert; dabei entsteht an einer Stelle so-
a) Ü b e r K a n ä l e n . gar eine Mischform aus echtem und fal-
Echte G. in dieser Verwendung, allerdings schem G.—Ein begehbarer Kanal in Uruk*
kleinen Formats, treten schon in der Mesi- (J. Jordan, UVB 2, 10 Abb. 3) mit einer
lim-Zeit an der Entwässerungsanlage des lichten Breite von etwa 0,9 m ist mit ge-
Tempelovals in Hafägi auf. Die Ka- brannten Ziegeln von sehr merkwürdiger,
näle sind dort bis zu 0,7 m im Lichten einzigartiger Form überdeckt: Sie ver-
GEWÖLBE 333
jüngen sich keilförmig über quadratischer Haller/G. Hecker, UVB 17, 22 Tf. 10b.
Grundfläche. Neun von ihnen geben einen n a ; UVB 18, 28t. Tf. 12a. 36; UVB 19,
sehr regelmäßig geformten Halbkreisbo- 30. 35 Tf. 23a. b. Größte Spannweite:
gen. Der Kanal stammt aus der Zeit Mar- 1,1 m). — Eine Fülle von gewölbten Grüf-
dukaplaiddinas II.* — In Ninive* (V. Pla- ten verschiedener Form ist in Assur beob-
ce, Ninive et 1'Assyrie III Tf. 39) ist ein be- achtet. Sie sind so sorgfältig publiziert und
gehbarer Kanal von etwa i m lichter Weite in der Publikation so reichlich mit Ab-
aufgedeckt, dessen G. z. T. halbkreisför- bildungen belegt (A. Haller, Die Gräber
migen, z. T. parabelförmigen, z. T. seg- und Grüfte von Assur. WVDOG 65, 97 bis
mentbogenförmigen Querschnitt besitzt. 181 Abb. 131—196 Tf. 21 b. d. 22 a. 2Öa-c.
Alle G. sind in Ringschichten aus beson- 27. 37b. 38a. b. 39. 42. 44a. b), daß hier
ders dafür hergestellten, trapezförmigen nur die dort beobachteten Eigentümlich-
Ziegeln gemauert. — Beispiele von kleine- keiten zusammengefaßt mitgeteilt werden
rem Querschnitt können hier übergangen sollen: Die ältesten von ihnen sind um
werden. 1500 entstanden, die jüngsten blieben bis
b) Über G r ü f t e n finden sich echte Ton- in nachassyrische Zeit benutzt. Die Ab-
nengewölbe schon im Y-cemetery in Kis* messungen schwanken zwischen einer
(L. Ch. Watelin, JA [1929] 65ff.). Das Größe, die kaum einen ausgestreckten
größte maß 2,4m zu 1,8m. Zwarwaren die Leichnam zu bedecken erlaubt, und Spann-
G. sämtlich eingefallen, aber sie sind als weiten bis zu 2,1 m; die größte beobachtete
echte, tonnenförmige Ziegelgewölbe mit Si- Höhe ist 2,8 m; die Königsgrüfte sind noch
cherheit zu ergänzen. — Im Königsfriedhof geräumiger, diejenige Assurnäsiraplis II.*
von Ur (C. L. Woolley, UE 2) besitzt das (in der Vorderasiatischen Abteilung der
Grab PG/777 ein Tonnengewölbe aus Stein Staatlichen Museen in Berlin durch
mit einer Spannweite von 4,3 m (53 ff. 232 W. Andrae wiederaufgebaut) mißt 7,3 m zu
Tf. 22. 23 [eingestürzt!]. Grab PG/789 3,75 m. Die Kämpfer der G. hegen ent-
(62 ff. 233 Abb. 10 Tf. 31. 32) zeigt ein weder in Höhe des Fußbodens oder über
gutgemauertes Muldengewölbe mit apsi- niedrigen Wänden, die senkrecht, leicht
dial gerundeten Schmalseiten aus gebrann- geneigt oder aus vorgekragten Schichten
ten Ziegeln über einer Spannweite von gebildet sein können; die Kämpferschicht
2,4 m. Die Fugen der in Radialschichten springt manchmal um einige Zentimeter
versetzten Ziegel sind an der Außenseite, nach innen vor. Der Querschnitt des G.s
wo sie klaffen, mit Scherben ausgezwickt. ist meist parabolisch oder kreisförmig,
Auch der Eingang war überwölbt (die bei seltener elliptisch, korbbogen- oder spitz-
den Königsgräbern geübte Art des Wölbens bogenförmig. Gelegentlich kommen un-
gut zu erkennen Tf. 32 b). — Wahrschein- symmetrisch-schiefhüftige G. vor, und
lich ebenfalls vorsargonisch ist die „Porte in zwei Fällen hat man steigende Tonnen
du Diable" in Tellö (Girsu*), die aus zwei gemauert (über einem rampenförmigen
in verschiedener Höhe hintereinander ge- Zugang zu den Königsgräbern und über
stellten gewölbten Räumen von gerin- einer Gruft von unregelmäßigem Grund-
ger Spannweite (etwa 2,0m?) besteht riß). Nur die niedrigen Wände bestehen in
(H. de Genouillac, Fouilles de Telloh l7off. einigen Fällen ganz oder zum Teil aus
Tf. 7*. Hier auch Hinweise auf frühere Er- Gips- oder Kalksteinblöcken, die G. selbst
wähnungen bei Cros und de Sarzec). Das sind immer aus ungebrannten Lehmziegeln
Ziegelmauerwerk ist in Asphalt verlegt. oder aus Backsteinen gemauert. Als Binde-
Die Anlage wird von de Genouillac nicht für mittel ist in einigen Fällen Lehmmörtel
eine Gruft gehalten. — Gewölbte Grüfte nachgewiesen. Es ist wohl anzunehmen,
aus altbabylonischer Zeit gibt es in Cägir daß in der Regel in Lehm gemauert wurde,
Bäzär* (M. E. L. Mallowan, Iraq 4 [1937] nur fällt Lehmmörtel zwischen Backstein
118 Abb. 6. 82. 3). — Altbabylonisch mit der Zeit aus den Fugen, oder er wird
(um 1800 ?) sind Grüfte mit Ringschichten- herausgespült, so daß seine ursprüngliche
gewölbe im Sinkäsid-Palast in Uruk (A. v. Verwendung nicht immer zu erkennen ist.
334 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
In einigen Fällen, vor allem bei den Kö- Ringe gegen die eine Schildmauer, an der
nigsgräbern, sind Gips oder Asphalt als anderen finden die letzten Teilringe ihre
Bindemittel benutzt, und beides kommt Stütze. Die eine muß also vor Beginn der
auch als Innenverputz vor. In einem Fall Einwölbung, die andere vor Abschluß der
scheint Asphalt über einen Gipsputz ge- Arbeit schon vorhanden sein. Selbstver-
strichen zu sein, wie Haller meint, um die ständlich ist die Schildmauer, an der die
Verwesungsgase zurückzuhalten. Die G. Einwölbung beginnt, diejenige, die der
sind sämtlich in Ring- oder in Radial- Eingangswand gegenüberhegt. Bei der
schichten gemauerte Tonnen. Daß die be- Ausführung ergab sich, daß die Ringe
deutend seltener vorkommenden Ring- häufig in sich stark gekrümmt ausfielen:
schichtengewölbe, bis auf eines, in die Zeit Sie beginnen am Kämpfer mit starker
nach IIOO gehören (Tabelle bei A. Haller Neigung, während die Ziegel im Scheitel
a. a. 0.4), ist dabei sicher nicht von Bedeu- fast senkrecht stehen. Die Vorteile, welche
tung. Es ist ja gewiß nur ein sehr kleiner die Neigung der Schichten für die Aus-
Teil der in Assur vorhandenen Grüfte ent- führung bietet, müssen dadurch zum guten
deckt worden, und die oben angeführten Teil aufgehoben worden sein. Die Ring-
Beispiele zeigen, daß an anderen Orten schichten bestehen entweder aus gewöhn-
diese Wölbart viel älter ist. Unterschied- lichen Ziegeln quadratischen Formats oder
liche Grundsätze in der Benutzung der aus besonders hergestellten trapezförmigen
beiden Wölbarten sind nicht festzustellen, Wölbziegeln (auch „Brunnenziegel" ge-
gelegentlich kommen bei Doppelgrüften nannt), deren breiteste und schmälste
beide Formen in derselben Anlage vor (s. Seite sogar dem Gewölbeumriß entspre-
z. B. Abb. 150. 151). An einigen G.n chend gekrümmt sein können. Wenn deren
aus Radialschichten haben die Ausgräber Form dem Gewölbedurchmesser nicht ge-
Spuren des Lehrgerüstes, über dem sie er- nau entspricht, entstehen trotzdem klaf-
richtet waren, zu beobachten geglaubt. fende Fugen, die in der üblichen Weise
Grüfte, deren G. aus ungebrannten Ziegeln ausgezwickt wurden. Ebenso ist es natür-
gemauert waren, sind sehr selten; nur an lich bei Verwendung normaler Ziegelfor-
einer von ihnen ließ sich die Wölbtechnik mate. Im Scheitel jedes Ringes sitzt ge-
feststellen: Es handelte sich dabei um ein wöhnlich ein für diese Stelle besonders zu-
Ringschichtengewölbe. Sonst sind regel- gehauener oder zugeschnittener Ziegel (die
mäßig Backsteine verwandt. G. aus Radial- Wölbart ist besonders gut zu erkennen
schichten reichen in der Regel über die MDOG 31 [1906] 18. 19 Abb. 4. 5). —
Schildwände bis zur Außenkante des Grüfte mit G.n aus Ringschichten gibt es
Mauerwerks fort, so daß die Schildwände auch in Babylon (O. Reuther, Die Innen-
nachträglich eingesetzt worden sein müs- stadt von Babylon, WVDOG 47). Die gut
sen. Die G. sind einschalig; nur einmal ist erhaltenen, aus dem Ende des 2. Jtsds.,
über die innere eine äußere Schale gelegt, zeigen Ringschichten, die bei Wölbgruft 28
die aber nicht bis zu den Kämpfern hinab- (S. 175 Tf. 51. 52; Spannweite 1,5 m) aus
reicht, darum nicht mitgetragen haben rechteckigen Backsteinen mit klaffenden,
kann und wohl nur zur Abdichtung dienen ausgezwickten Fugen, bei dem sehr flachen
sollte. Bei geringem Durchmesser klaffen G. der Gruft 29 (S. 176; Spannweite 1,04 m)
die Fugen an der Außenseite; sie sind dann aus keilförmig zugeschlagenen und zuge-
mit Ziegelbruchstücken oder kleinen Stei- schliffenen Ziegeln, bei Gruft 30 (S. 177
nen ausgezwickt. Bei spitzbogigen G.n Tf. 53; Spannweite 1,14 m) aus keilförmig
klafft die Scheitelfuge besonders stark. geschnittenen Lehmziegeln gemauert sind.
Gewöhnlich ist dann in die Mitte eine senk-
recht stehende Ziegelreihe gesetzt, und die c) Von Bögen und Gewölben über Mau-
beiden dreieckigen Restfugen sind mit e r ö f f n u n g e n sollen die weniger bedeu-
größeren Bruchstücken gefüllt. Bei G.n aus tenden (Kanaldurchlässe, Zugänge zu Grüf-
Ringschichten lehnen sich immer die ersten ten, Feueröffnungen an Öfen usw.) hier bei-
der mehr oder weniger stark geneigten seite gelassen werden. — Die frühesten mit
Rundbogen überdeckten Türöffnungen —
GEWÖLBE 335
sie sind frühdynastisch, aus der Ur I- ziegeln gemauerter in Cägir Bäzär, aus
Stufe (?) — sind meines Wissens in Teil dem 18. Jhdt. (M. E. L. Mallowan, Iraq 9
Asmar am „arch house" beobachtet [1947] 82 Tf. L, 2). — Über Türöffnungen
(H. Frankfort, OIC17,8 ff. Abb. 7.10—12; finden sich weitere Beispiele aus der Zeit
Rekonstruktion Abb. 5). Sie sind 0,8 m Kurigalzus (I. ?, 14. Jhdt.) in Ur im E-
bis 1,0 m breit und nur etwa 1,5 m hoch. dublal-mah (Sir Leonard Woolley, UE 8,
Andere Türöffnungen in demselben Hause 14 Tf. 5. 49) und in Dür-Kurigalzu*
haben bedeutend höher erhaltene Laibun- (T. Baqir, Iraq Government Excavations
gen und werden, wahrscheinüch mit Recht, at 'Aqar Qüf, Second Interim Report 1943
mit horizontalen Stürzen ergänzt, so daß to 1944. Iraq Suppl. 1945, 6 Tf. XIV,
hier rundbogige und rechteckige Türöff- Abb. 15). Im zweiten Fall besteht das G.
nungen nebeneinander vorkommen wür- aus zwei hochkant gemauerten Bogen,
den. Es ist sehr ungewiß, ob man nach zwischen die eine Flachschicht gelegt ist.
diesem Vorbild an gleichzeitigen und noch — Auch in Nuzi ist in der „churrisch-
älteren Gebäuden größere Torbögen rund- mitannischen" Schicht III ein Türbogen
bogig ergänzen darf (z. B. D. Darby in erhalten (R. F. S. Starr, Nuzi I Abb. 31 ;
P. Delougaz, The Temple Oval at Khafä- II Tf. 26 A). In Assur waren die elf etwa
jah. OIP 53, Abb. 64 Tf. VI; E. Mackay, 15 m langen, 2,1 m breiten und etwa 2 m
A Sumerian Palace and the A-Cemetery at hohen Poternen in der Stadtmauer Tukultl-
Kish, Mesopotamia 2 Tf. XXXIV, 1. 2 — NinurtasL* (1243—1207) mit Lehmziegeln
hier nach dem Vorbild eines Reliefs aus gewölbt (W. Andrae, Die Festungswerke
Horsäbäd: Tf. XXXIV, 3!). Die früheste von Assur. WVDOG 23, 119! Abb. 197
Darstellung eines Tempeltores zwischen Tf. XXVIII). Andrae ergänzt sie im Quer-
Türmen, auf einem Rollsiegel aus Umma*, schnitt teils kreis-, teils parabelförmig.
besitzt jedenfalls eine horizontal abge- Eine weitere Poterne (S. 115 Abb. 187.
schlossene Öffnung (A. Moortgat, VR 188) besitzt ein flachbogiges G. aus Lehm-
Tf. 22,144). Eine augenscheinlich aus Zie- ziegeln. — Abbildungen von gewölbten
geln gemauerte rundbogige Türöffnung Toren gibt es schonbeiTukultlapaleäara I.*
zeigt erst ein Terrakottarelief aus Larsa, (12. Jhdt.) in Ziegelstempeln vom Anu-
aus der Zeit des Gungunum* (?, um 1860), Adad-Tempel (W. Andrae, Die Festungs-
das eine Kriegsgöttin über einem gefal- werke von Assur. WVDOG 23 Tf.
lenen Gegner und einem Stadttor darstellt LXXXIII) und auf den Ziegelgemälden
(A. Parrot, Sumer 291 Abb. 358 c; R.Opi- vom Assurtempel (A. Haller/W. Andrae,
ficius, BagM 3 [1964], Festschrift Heinrich Die Heiligtümer des Gottes Assur und der
83 Tf. 16), während die Mauerkronen Sin-Samas-Tempel in Assur. WVDOG 67,
dreier Figürchen von ebenfalls altbabylo- 58). Daneben aber gibt es aus dem 12. Jhdt.
nischen Göttinnen noch rechteckige Tore Siegelbilder, welche Tore mit rechteckigen
besitzen: Göttin mit vier Gesichtern, wahr- Öffnungen zu zeigen scheinen, wenn das
scheinlich aus Iscäli* (H. Frankfort, auch wegen der in sie eingestellten Symbol-
More Sculpture from the Diyala Region. sockel und Altäre nicht ganz sicher ist
OIP 60, 21 f. Tf. 79—81), und zwei Terra- (W. Andrae, Die jüngeren Ischartempel.
kottafigürchen aus Girsu* (G. Cros, Nou- WVDOG 58, Abb. 2. 3. 8). — Auf den
velles Fouilles de Tello Tf. VII, 6.7). Einen Orthostatenreliefs der späteren assyr. Pa-
bis zum Scheitel erhaltenen aus Back- läste kommen Darstellungen rundbogiger
steinen gemauerten Torbogen altbab. Zeit Tore sehr häufig vor, aber man kann aus
beobachteten Mitglieder der Deutschen ihnen erkennen, daß diese Form durchaus
Warka-Expedition an einem nicht ausge- nicht überall und nicht ohne Ausnahme
grabenen Gebäude in der Ruine 'Abla u angewandt wurde. Auf vielen Platten zei-
Hisän in der Nähe von Sunqara (E. Hein- gen die dargestellten Festungen Tore mit
rich/A. Falkenstein, UVB 9, 32!). Selbst horizontalem Sturz neben gewölbten;
über Fensteröffnungen kommen in altbab. manchmal kommt auch die rechteckige
Zeit schon Bögen vor, z. B. ein aus Lehm- Form allein vor. Bei der Genauigkeit neu-
336 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
assyr. Reliefdarstellungen darf man der- mauert waren, während die Laibungen aus
artige Angaben gewiß wörtlich nehmen, Lehmziegeln bestanden und in jeder
und es könnte möglich sein, an Hand der Schicht etwas vorkragten, so daß die Form
Ortsangaben im Begleittext festzustellen, der Toröffnung sich einem Oval nähert
ob und wo die eine oder die andere Form (D. Oates, Iraq 24 [1962] 4ff. Tf. II). —
bevorzugt wurde. So scheint in Elam* das V. Place fand in Horsäbäd in der Stadt-
Tor mit geradem Sturz üblicher gewesen mauer Sarruklns II. die Tore 1 und 3 noch
zu sein. Zeugnisse dafür sind unter anderem mit ihrer Einwölbung völlig erhalten vor
die vielbehandelte Ziqqurratdarstellung (Ninive et l'Assyrie I, 173; III Tf. 8; M.
Asäurbänaplis aus Ninive (J. E. Reade, Pillet, Un pionnier de l'Assyriologie Victor
Iraq 26 [1964] 6f.; weitere Literatur dort Place [1962] Tf. V-VIII). H. Frankfort und
angegeben) und das Bild der Stadt Ham- seine Mitarbeiter stellten davon nur
anu* (J. E. Reade a. a. O. 4 Tf. Ia); aller- noch Teile über den Kämpfern fest und
dings zeigt die ausgegrabene Ziqqurrat von machten die gleiche Beobachtung am
Cogä Zanbil* (s. u. Sp. 338) rundbogige Stadttor 7 und am Zitadellentor A.
Tore. — Auch das Bild von der Erobe- Die G. bestanden hier aus mehreren in
rung der urartäischen Stadt Musasir* Radialschichten gemauerten Schalen, die
(P. E. Botta/E. Flandin, Monument an der Front als farbige Archivolten aus
de Ninive 2 Tf. 141) zeigt nur rechteckige glasierten Backsteinen erscheinen konn-
Türen, während ein urart. Bronzemodell ten (G. Loud, Khorsabäd I. OIP 38 Abb.
einer Stadt aus dem 1. Jtsd. ein rundbogi- 3. 4. 5; G. Loud/Ch. B. Altman, Khor-
ges Tor besitzt (R. D. Barnett, Iraq 12 sabad II. OIP 40, 32). Die gefundenen
[1950] 5 Tf. I, 2). Es ist allerdings die Kämpfer lagen bei den Stadttoren viel
Frage, ob solche Darstellungen nicht sehr niedriger, als man nach Abbildungen an-
stark von assyr. abhängig sind, wie das nehmen sollte (Scheitelhöhe des Torwegs
P. Calmeyer für primitiv gezeichnete rund- am Tor 7 wenig über 5 m bei wenig über
bogige Tore auf Geräten iranischer Her- 4 m Breite; Tor 3 ist etwas .höher). Innen-
kunft aus dem 9. Jhdt. annimmt (Altira- tore an Palästen, großen Wohnhäusern
nische Bronzen der Sammlung Brökelschen und Tempeln aber konnten höher propor-
45 Abb. 4.8 Tf. 51. 55). Rekonstruktionen tioniert sein und waren außerdem häufig
von ausgegrabenen Monumentalgebäuden rechteckig: Beide Formen kommen auch
im westlichen Syrien zeigen fast immer hier nebeneinander vor. G. aus mehreren
rechteckige Tore, wofür die Autoren An- konzentrischen Schalen waren selbst an
haltspunkte in der Ruine gefunden haben untergeordneter Stelle und bei kleinen
(z. B. R. Koldewey, Ausgrabungen in Spannweiten üblich: In Nimrüd besitzt
Sendschirli 2. Mittheilungen aus den ein nur 0,4m breiter Kanaldurchlaß
Orientalischen Sammlungen 12 Abb. 23; zwei übereinanderliegende Bögen aus un-
E. Fugmann, Hama. L'Architecture gebrannten (?) Ziegeln (D. Oates, Iraq
des P6riodes Prehellenistiques Tf. Ib. 23 [1961] 12 Tf. 6 c), und bei dem flach-
Vgl. auch die bei R. Naumann, Archi- elliptischen Bogen in der „Loggia",
tektur Kleinasiens 290 ff., zusam- Raum 15 des Palastes in Horsäbäd (Khor-
mengestellten ägypt. Abbildungen sy- sabad II Tf. 40 c), sind beide Schalen noch
rischer Festungen). — In Megiddo jedoch durch eine zwischengelegte Flachschicht
ergänzt G. Loud in Schicht IV Stadttore getrennt (vgl. die ähnlich gebildeten G.
mit Halbkreisbogen (Megiddo 2. OIP 62, vom Teil Halaf bei R. Naumann, Archi-
Abb. 107). — Für Assyrien dagegen schei- tektur Kleinasiens 116 ff.). — In Babylon
nen Bilder sowohl wie Funde zu belegen, haben sich einige Tür- und Durchlaßbogen
daß gewölbte Tordurchgänge häufig vor- kleineren Formats erhalten (R.Koldewey/
kommen. In Nimrüd* z. B. ist ein Tonnen- F. Wetzel, Die Königsburgen von Baby-
gewölbe über einem Tordurchgang z. T. er- lon 2. WVDOG 55, 39 Tf. 31; 1. WVDOG
halten. Es bestand aus zwei Schalen, die 54 Tf. 30). Wichtig ist dort das „Bogen-
aus Backsteinen (?) in Radialverband ge- tor" im Zingel um die Südburg aus der
GEWÖLBE 337
Sie fanden sich nicht in situ, sondern in fassungsmauer drei umlaufende tonnen-
Fallage oder in jüngeren Schichten in gewölbte Gänge, die durch Öffnungen im
Wiederverwendung. Da ein Halbkreis aus Scheitel Luft und sehr wenig Licht erhal-
diesen Wölbziegeln einen Durchmesser von ten und bewohnt gewesen sein sollen (S. P.
26,5 m erhalten würde, dürfte man wohl Tolstow, Auf den Spuren der altchoresmi-
nur mit Flachbogen oder flachen Spitz- schen Kultur. 14. Beiheft zur „Sowjet-
bogen rechnen (Alalakh 29 ff. Abb. 12. wissenschaft" 102, Abb. 21). — Im Res-
14. 15). — In Cogä Zanbil hegen Heiligtum in Uruk lagen die Treppenläufe
mit Backsteinen gewölbte, gangartige und Podeste des großen Tempels auf Ton-
Räume von etwa 2,5 bis 3,5 m Breite in nengewölben (J. Jordan, Uruk-Warka.
der Sockelstufe der Ziqqurrat aus der WVDOG 51, 11 f. Tf. 37); eine derartige
Zeit König Untasnapirisas (Untaä-dGAL) Tonne von 5,17 m Länge und 2,4 m Breite
(13. Jhdt.), und Tonnengewölbe, 1,5 m fand sich erhalten. Eine ähnliche Kon-
breit und in 1,2 m bis 2,2 m lange Ab- struktion zeigen wahrscheinlich die Trep-
schnitte geteilt, überdecken auch die Trep- pen im „Südbau" (E. Heinrich, UVB 6,
penaufgänge (R. Ghirshman, Arts Asiati- 28). Ein kurzer Treppenlauf über einem
ques 1 [1954] 90; 2 [1955] 166). — Ein kleinen einhüftigen G. findet sich
umfangreicher Gewölbebau war das Unter- übrigens in Nippur schon aus altbabyloni-
geschoß der „Hängenden Gärten" in Ba- scher Zeit (D. E. McCown, ILN 28.6.1952,
bylon* (R. Koldewey, Die Königsburgen 1085, Abb. 6).
von Babylon 1. WVDOG 54, 38 ff. Tf. 5 § 5. Die F r a g e n a c h der Ü b e r w ö l -
bis 8). Die magazinartigen, parallel ange- b u n g m o n u m e n t a l e r R ä u m e . Die Tat-
ordneten Räume des Grundrisses und des sache, daß die Technik des Wölbens schon
außen im Rechteck um sie gelegten Gan- sehr früh bekannt war, hat manche Ge-
ges waren mit etwa halbkreisförmigen lehrte veranlaßt, auch über den Räumen
Tonnen einfacher Form überdeckt. Über- der von ihnen untersuchten Ruinen monu-
all, wo zwei Räume mit Langseite und mentaler Gebäude gewölbte Decken zu
Schmalseite aneinanderstoßen, ist eine ergänzen, zumal manche Eigentümlich-
Wand zwischengeschaltet und damit jede keiten der Grundrisse diese Annahme zu
komplizierte, stichkappenförmige Verbin- unterstützen schienen. So ergänzen Seton
dungsstelle vermieden. Die Spannweiten Lloyd und P. Delougaz die Räume im
liegen zwischen 2 m und 2,6 m. Obwohl Abu-Tempel in Teil Asmar mit Tonnen-
alle G. eingestürzt sind, konnte Koldewey gewölben, weil die Dicke der Mauern für
ihre Konstruktion ermitteln. Über einer diese Annahme ausreicht (OIC 17, 44 und
Wölbschale normaler Form lagen zwei Titelbild; Pre-Sargonid Temples in the
Flachschichten, dann folgten eine zweite Diyala Region. OIP 58, 195 ff. Abb. 159.
Wölbschale und wieder zwei Flachschich- Spät-frühdynastisch bis akkadisch); da-
ten. Die Backsteine der inneren Schale gegen einzuwenden ist, daß die Erbauer
waren in Lehm, alle anderen in Asphalt des Tempels recht inkonsequent gedacht
verlegt. Die Fugen der Radialschichten haben müßten: Im Tempel der Stufe C
waren nicht auf die Mittellinie des Halb- ist am dicksten die Trennwand zwischen
zylinders, sondern auf eine Linie über den beiden Räumen, also eine Schildwand,
Kämpferhöhe ausgerichtet. Dadurch ent- die ganz sicher durch ein G. nicht belastet
steht im Scheitel eine Lücke, die durch worden wäre. Ähnlich schließt C. L.
eine Reihe normal senkrecht gestellter und Woolley aus der Tatsache, daß in den
zwei Reihen keilförmiger Backsteine ge- Gräbern der I. Dyn. in Ur alle möglichen
füllt ist. Uber den G.n lag Aufmauerung, Arten des Wölbens schon vorkommen,
Füllung, Isolierung und ein Pflaster aus und aus der Dicke der Mauern, daß der
Kalksteinblöcken. — Große lagerartig an- Tempel E-dublal-mah des Königs Kuri-
gelegte Siedlungen achämenidischer Zeit, galzu I. (?) eine Kuppel getragen habe,
die Tolstow in Choresmien feststellte, be- und er ergänzt sogar auf dem Treppen-
sitzen in der breiten, terrassenartigen Um- podest der Ziqqurrat Urnammus einen
GEWÖLBE 339
14, 50; Maqlü V 30 ss.; Summa älu, tabl. d'herbes aromatiques (MAD 3, 116; cf.
54—55, 40—49; sans compter les listes et CAD G i 2 3 a ; AHw. 296a: „ein Futter-
vocabulaires, comme Uruanna: notamment kraut").
KADP, 6 iii 11'ss.; Hh XVII: notamment haSimüru (comp, simüru sub Simru, ci-
300ss.; le Vocabulaire pratique de Suse: dessous) : variete de cumin ou de fenouil (?)
RA 18 [1921] 49SS.: n 5 s s . ; The Practical (AHw. 334a; CAD H 141 ab).
Vocabulary of Assur: AfO 18 [1957—58] haSü, aSü et peut-etre haSütu et (MAD 3,
328 ss.: 57 ss) des vegetaux qui doivent evi- 135) fiaSiänu ("har.har): sorte de thym( ?)
demment avoir servi ä assaisonner la nour- (AHw. 334a; CAD H 144s.; DAB 74).
riture. Comme toutes les plantes mention- hazannu (aB) et azannu (sum.sig s a r ):
nees dans les textes anciens, elles sont alliacee (AHw. 92 a et 338 b ; traduit «bitter
presque toujours difficiles, et parfois im- garlic» dans CAD Ax 31a sub b 1').
possibles & identifier; nombre d'entre elles hinhinu: plante non identifiee (cf. CAD
ont ete employees egalement en medecine H 194 b; AHw. 347 a) dont on utilisait plus
(voir HSS 14, 213, 7, avec la note de E. volontiers la graine.
Cassin dans RA 52, 255) et en parfumerie hüratu ( gi5 kil): le sumac (?) (AHw. 358 a;
(comp, pallukku, ci-dessous; ineme ä l'ail CAD H 247s.).
il arrive de porter le «d6terminatif » des hüri'u, huri'änu (CAD H 251b et a;
parfums: cf. äim Sümu, dans MAD 3, 260, AHw. 359 a), mentionnes entre des epices
s. v.), ce qui ne clarifie guere la Situation; ci l'epoque d'Ur III, mais autrement in-
leur usage precis nous est rarement indique ; connus. Faut-il rapprocher le second de
et certains de ces condiments sont malaises uränu (ci-dessous, sub Simru) ?
a distinguer des aliments proprement dits: irrü, errü ( ü u k u s . h a b ) : serait une
l'ail, l'oignon et le cresson, par exemple, cucurbitacee (AHw. 244b; CAD 1182 ss.)
peuvent avoir 6te les deux, comme ils le sont plutöt que le pavot (DAB 223 ss.); en tout
encore. Compte tenu de ces causes d'ob- cas, on trouve cette plante, ä. plusieurs re-
scurite, mieux vaut dresser ici une simple prises, signalee entre des epices.
nomenclature, aussi complete que possible, iS-\x\-x-hu: nom assyrien de l'ail, d'apres
avant d'epiloguer sur l'usage et l'origine le Practical Vocabulary of Assur (AfO 18,
de ces produits. 329: 80; et note lä-dessus, p. 337).
amänu (AHw. 40 a): plante que le con- kam(m)antu (^ab.duh): plante inconnue
texte de ARM 11,216 (cf. ARMT11, p. 140 (AHw. 432b) figurant, ä l'epoque ancienne
et n. 4) inviterait ä placer parmi les assai- (MAD 3, 147), parmi des epices. Variante
sonnements. du suivant ?
at(t)ultu figure ä Nuzi en grosses quanti- kamünu ( ü din.tir s a r ): le cumin blanc,
tes (HSS 14, 602 48 et 53) parmi d'autres ou le carvi (AHw. 434 a; et voir CAD Z
epices. 104b, sub zibü', DAB 69ss.).
azupiru, azupiränu, et peut-etre azapurru karäSu ( Ä ga.ras s a r ): le poireau (AHw.
( ü hur.sag s a r ): probablement le safran 448 a; DAB 52 s.).
(AHw. 93ab et 92a; DAB 157ss.; cf. Azu- kasü, kasütu (gazi ou sila s a r ): tres
piränu «Safranville» RIA 1, 326 b). probablement la moutarde noire (AHw.
bisjSru: vari6te d'ail ou de poireau (AHw. 455a; cf. 456a; DAB 194SS.; AfO 18,
130b). 337 a; AOS 32 7 s.), equivalent de notre
eginjmgiru, gin/mgirü, girgirü ( ü nlg.- poivre et presque aussi importante que le
gän.gan s a r ): la roquette (AHw. 189b; sei (voir le proverbe sumerien cite au debut
CAD E 43a; DAB 212). du present article). On en connaissait une
eru, e'ru (ass.) ( g i ä ma.nu): peut-etre le variete «royale» (TCL 5: 5636, 1).
laurier (AHw. 247a; CAD E318S.; DAB kizibiannu, connu seulement ä. Nuzi,
298 ss.). et parfois accompagne d'un qualificatif
ezizzu: une alliacee(?) (AHw. 270 a; kuspa'e, egalement inconnu (HSS 14, 602,
CAD E 431b; DAB 91). passim; AHw. 496 a et 516 b). Ci.zizibiänu
gugutu(l): nommee dans un contexte sub zibü (?).
342 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
uränw. cf. Simru. 3528 18, citee dans CAD A131a, sub b) 1' ;
urnü ( ü büru.da): sorte de menthe comp, aussi naSpak Sa kasi dans le Vocabu-
(DAB 77 ss.). laire de Chicago: AS 7, 23, 232), pouvaient
zambüru: sorte de thym (CAD Z 39 a; etre reduits en poudre (kum ou gaz: gazi.
D A B 74SS.). k u m : AOS 32, 5; n a g a . k u m / g a z : ibid.
zibü, zibib (i)änu, zi(bi) bttu; ass. sabubänu; p. 6; §e.lü.kum: ITT 892 et RTC 307:
aussi zizibiänu ( ü din.tir.mi 8 a r ): la nigelle, col. iii/iv) aumortier (na 4 .zag.hi.li: OLZ
oucuminnoir (CADZ102S.; I03ab; 104s.; 25[1922], 342®; na 4 . h a r : erü: voir CAD E
DAB 69ss.; noter uru Zi-zi-ba-nu ki «Cumin- 324 a, sub c 2). C'etait evidemment le cas
ville» (?): Riftin, no. 125, 9). pour le sei (cf. le kirbänu, autrement dit la
zimzimu (sum.hus.a s a r ): sorte d'oignon «pincee» de sei: BKBM, 125 = JRAS
(CAD Z 122 b; DAB 89 et 92). 1931, 9; et R. Labat, Hem. 86s., 51) et
züpu: variete d'origan (CAD Z 163 b; peut-etre aussi pour Yalningu, que l'on
DAB 76). rencontre reduit en «grains» (CAD Ax 364
ab). Une teile poudre pouvait etre con-
Toutes ces epices n'ont pas ete utilisees servee dans une sacoche speciale (tukkänu):
egalement partout et ä la meme epoque: la chose est attestee pour le sei, la «mou-
compte tenu de la difference d'appellation tarde» et Yuhülu (lequel n'a peut-etre alors
pour un meme produit (voir par exemple que sa valeur de «poudre ä laver»?): Hh
les noms assyriens de l'ail: is-[x]-x-hu, et XI 189ss.; ou dans une boite (pisannu):
de l'oignon: Sumku); la frequence de Yuhülu on connait la «boite ä sei», la «saliere»
avant le second millenaire; le fait que kam- (Nbk 441,2; et cf. Vocabulaire de Chicago:
mantu ne semble utilisee comme epice(?) AS 7, 25 274; et p. 67s.), la «boite ä. sahlu.»
qu' ä l'epoque ancienne,gugutu( ?) ethuri'u/ (Nbk ib.), la «boite k tabilu» (ibid.). Deja ä
änu sous Ur III, hazannu k peu pres ex- ce degre de la preparation des condiments,
clusivement ä Mari (d' oü sahlü et kasü, il est probable que des melanges devaient
si frequents ailleurs, sont le premier tout se faire, suivant des «recettes» plus ou
ä fait absent, le second presque), kizibiannu moins compliquees, pouvant tenir du reste
et at(t)ultu ä. Nuzi, zambüru, züpu et tabilu en partie de l'alchimie (Leroi-Gourhan,
ä l'epoque neo-babylonienne, suggerent L'homme et la matiere, 79; et cf. ci-des-
qu' en matiere d'assaisonnements les vieux sous) tout autant que de la «gastronomie »:
Mesopotamiens ont connu, comme nous, dans le document Nbk 441, cite ä l'instant,
les routines locales et les engouements sei et sahlü etaient ensemble dans la «sa-
d'une epoque. liere» (pisan täbti u sahle); et le täbat e'ri/
amäni (KADP 36:11, Rev. iv. 37 et 30)
Nous sommes fort peu renseignes sur la
evoque egalement un «sei aromatique»
p r e p a r a t i o n et l'usage de tous ces pro-
m&le, comme encore chez nous, de diverses
duits. Pour ne point parier du vinaigre, du
epices.
siqqu et des plantes reduites en cendres,
certains devaient subir un traitement avant De ces assaisonnements, simples ou com-
l'emploi. De quelques vegetaux, teile ou poses, quelques-uns figuraient sur la table
teile partie seulement pouvait etre utili- (le sei, par exemple: cf. Racc. 142s., 389)
sable: notamment les graines (pour le et pouvaient donc servir ä corriger ou
sesame, et aussi 1 'irrü, si c'est le pavot; agrementer, au goüt de chaque convive, la
aussi zer azupiri: ARM 12, 728, 7; zer ka- saveur de la nourriture de ja preparee.
müni: R. Labat, Hem. 98 s., 13; zeru Sa Mais la plupart trouvaient usage en cui-
hüratu: HSS 14, 601, 9 etc.; n u m u n . z a g . sine, au cours de la confection des plats
hi.li s a r : MAD 3, 237; se. gazi: §L 257: 4; (epices ana nuhatimmäti : ARM 9, 238, 18;
se zi-U-tum MAD 3, 305), ou bien l'in- ana Sipir äbarakkäti: ib., 177, 4s.; 239, 8s.;
florescence, le «clou» (supur azupiri: voir 12, 43, 8s.; etc.; cf. ARM 9, p. 270, § 38),
CAD S 253 b, sub 5). Ces elements, ou les qu'elles fussent incorporees ä la päte de la
plantes elles-memes, encore fraiches ou nourriture panifiee (akal haSe: «pain au
une fois sechees (voir la lettre inedite A thym»: PSBA 40 [1918] pl. 7 Rev. 5; päte
344 GEWÄHRENTZUG — GEWOHNHEITSRECHT
gen Zibia und Arma'id unterscheidet. Alle halten. Es folgen jüngere mesolithische
drei Orte werden mehrfach zusammen ein- und neolithische Schichten offenbar ande-
genommen, einmal gemeinsam belagert; rer Ausprägung. Darüber lag eine Schicht
dazu paßt die Nähe zu Zibia, dessen Ruine mit dünner bemalter Tonware, die von D.
Ziviya nur etwa 5 km nordwestlich von McCown mit der von Siyalk* II in Verbin-
G. liegt (zur Entfernung vgl. R. M. Boeh- dung gebracht wurde. Nach mehrtausend-
mer, BagM 3 [1964] 20; Quellen ebenda 16). jähriger Unterbrechung wurde die Höhle
u . Seidl im ersten Viertel des ersten vorchristlichen
Jahrtausends (nach 12 C14-Proben) erneut
und anscheinend verhältnismäßig intensiv
al-Ghagar al-Kabir/Saghir, Hirbat. aufgesucht. Die Keramik — u. a. tiergestal-
Zwei benachbarte Ruinenhügel in NO- tige Henkel, Ausgußtüllen, dreifüßige Ge-
Syrien, w. des Häbür*, etwa 10 km nw. fäße — soll der von Lalailou Tapa (Geor-
von Teil Huera* (390 24' ö. L. 36° 38' gien) ähnlicher sein als solcher vom irani-
n.B.). schen Hochland. Eine oberste Schicht
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft, S. 41. wird in die letzten vorchristlichen Jahr-
B. Hrouda hunderte gestellt, um Christi Geburt wurde
die Höhle unzugänglich. Die Skelettreste
Ghanam, Teil. Ruinenhügel auf türk. gehören ins Mesolithikum.
Gebiet, etwa 10 km nö. von Harrän* (390 C. S. C o o n u. a., PAPS 96/3 (1952) 2 3 i f f . ;
07' ö. L. 36° 50' n. B.). C. S. C o o n , Seven Caves (1957); Deutsch:
Die sieben Höhlen (1958); E. K. R a l p h ,
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 70. Science 121 (1955) I49ff. (C 14 -Daten).
B. Hrouda G. Smolla
das als Hinweis auf beginnende Domesti- al-Ghart, Teil. Ruinenhügel in NO-
kation gedeutet. Grobe Keramik, „Sichel"- Syrien, 3,5 km so. von Saddäda* am O-Ufer
Einsatzklingen und Steinbeile blieben auf des Häbür* (40°46' ö. L., 36°02' n. B.).
die darüberliegenden Abhubschichten be- M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 70.
schränkt, für die auch Rind und Schwein B. Hrouda
als zusätzliche Haustiere belegt sind. Die
obersten Schichten (i und 2) waren stark Ghar Warwasi. Felsschutzdach, etwa
durchwühlt und enthielten auch vereinzelte 11 km nö. von Kirmansäh. Eine Probe-
Scherben jüngerer Perioden. Eine erste grabung durch Bruce Howe im Frühjahr
Serie von C14-Daten enthielt verschiedene i960 ergab folgende Stratigraphie: Zu-
Unstimmigkeiten, und auch bei den mit ge- unterst ein „Mousterien", das im wesent-
eigneterem Material wiederholten Messun- lichen der Ghar Kubeh* entsprechen soll.
gen sind Fehlerquellen zu berücksichtigen. Darüber eine Klingenindustrie mit Sti-
Zu genauerem Vergleich mit anderen Fund- cheln, Rund- und Endkratzern, die mit
gruppen reicht das bisher Publizierte nicht dem „Barodistan" von Sänidär* gleich-
aus. Der Befund ist vor allem deshalb oft gesetzt wird. Oben eine feiner geartete,
zitiert und zum Teil sehr weitgehend inter- z. T. mikrolithische Klingenindustrie, die
pretiert worden, weil er für bis dahin nur dem irakischen „Zarzian" (Zarzi*) ähnlich
theoretisch postulierte Anschauungen von sein soll. Es fehlen hier jedoch einige der
den Anfängen der Domestikation von Ziege dafür typischen Werkzeugformen wie geo-
und Schaf und deren Priorität vor der des metrisch-mikrolithische Segmente, Tra-
Rindes archäologische und stratigraphische pezoide und Dreiecke.
Beweise zu bringen schien.
R. J. B r a i d w o o d , I L N 237 No. 6325
C. S. C o o n , Cave Explorations in I r a n 1949 (22.Oct. i960) 695; Ders./B. H o w e / C h . R e e d ,
(1951); Ders., Seven Caves, (1957); Deutsch: Science 133 No. 3469 (1961) 2008; Karte
Die sieben Höhlen (1958); E . K . R a l p h , S. 2009. — COWA-Survey, Area 15 No. I I
Science 121 (1955) I49ff. (C 14 -Daten); G. (i960) 8.
S m o l l a , Neolithische Kulturerscheinungen G. Smolla
(i960) 93ff. (dort weitere Literatur).
G. Smolla Ghassül, Tlelät. Mit dem Namen T.
Ghassül werden etwa 10 kleine Ruinen-
Ghar Kubeh (Gar Kobeh). Höhle, etwa hügel bezeichnet, die 5 km nö. des Toten
15 km nö. von Kirmansäh. Eine Probe- Meeres, 5,5 km ö. des Jordan sowie 3 km s.
grabung durch Bruce Howe im Frühjahr vom Wädi Garba gelegen sind. (35°36'
i960 ergab nach dem Vorbericht verhält- ö. L., 3i°48' n. B.) Die höchsten Punkte
nismäßig kleine Steinwerkzeuge eines an- der einzelnen Tulül Hegen bei ungefähr
scheinend späten „Mousterien". 285 m unter dem Mittel- bzw. 110 m über
dem Toten Meer.
R. J . B r a i d w o o d , I L N 237 No. 6325
(22. Oct. i960) 695. — COWA-Survey, Area 15 Die Grabung wurde in den Jahren 1929
No. I I (i960) 8. bis 1938 (7 Kampagnen) und dann noch
G. Smolla einmal i960 vom päpstlich-bibHschen In-
stitut unter der Leitung von A. Malion
al-Gharrä. Große Stadtruine in NO- S.J. (1929—34), R.KoeppelS.J. (1936—38)
Syrien, im Bereich des Gebel 'Abd-al- und R. North S.J. (i960) durchgeführt.
Aziz*. (40°20' ö. L., 36°26' n. B.). Gegraben wurde auf drei der zehn Hügel,
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 48. Teil 1 (1929—34), Teil 2 (1930—31) und
B. Hrouda Teil 3 (1929—38) sowie im Areal zwischen
TeH 3 und Teil 1—2, wo durch einen Da-
Gharrä, Teil. Ruinenhügel in NO-Syrien, tierungsschnitt (i960) die Konkordanz der
etwa 1 km sw. von al-Hasece* (Hasseke) Schichtenabfolge auf den einzelnen Tulül
(40°44' ö. L., 36°29' n. B.). festgestellt werden sollte.
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 70. Im ganzen ließen sich fünf Bauphasen
B. Hrouda unterscheiden: IV B/A—I. Zu den inter-
348 AL-GHAZÄL, TULUL — GHAZIR, TELL-I
essantesten Funden gehören Reste von al-Ghazäl, Tulül. Zwei benachbarte Ru-
Wandmalereien in den oberen Straten des inenhügel in NO-Syrien, nö. des Häbür*,
Teil 3 mit naturnaher Figur (Schwimm- zwischen Wädi Zargän* und Wädi A'wag*
vogel) aus der Schicht III und abstrahie- (Suppl.) ( 4 o° 3 o' ö. L., 36°45' n. B.).
renden Darstellungen (Prozession, acht- M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 75.
strahliger Stern, Tiger?, Dämonen und B. Hrouda
Tiermasken) aus der Schicht IV. An Far-
ben* sind vertreten: Schwarz, weiß, rot Ghazir, Tell-i, Huzistan, Iran. In 1948
und gelb. Technik: Secco? auf Tonputz. Donald and Garnet McCown of the
Aufbewahrungsort der größeren Gemälde- Oriental Institute of the University of
reste: Archäol. Museen in Jerusalem und Chicago recorded more than a hundred
Amman. Die Mauern der einzelnen Häuser archaeological sites in the region of Iran
(agglutinierende Zellenbauweise) sind aus south of Ahwäz and east of the Persian
rechteckigen Lehmziegeln z. T. über Stein- Gulf. At the most promising of these,
fundamenten errichtet. Die Räume waren Tell-i-Ghazir in the Ram Hormuz Valley,
offenbar mit Holzdächern eingedeckt. they made brief excavations (D. McCown
Spuren fanden sich u. a. in den breiten in W. Ehrich, Relative Chronologies
Aschenbändern zwischen den Bauschich- [1954] 59f.). This Valley is the next large
ten. Die Hauptmasse der Kleinfunde be- fertile region south of the Susa Piain and
steht aus handgemachter bzw. auf der contained sites of all major periods
tournette hergestellter Keramik, die z. T. recognized during the survey. The 250 me-
ebenfalls bemalt ist und die sich durch ter contour line passes through here and
ihren Formenschatz (vogelähnliche Ge- the valley probably enjoyed the same
fäßtypen) an die Keramik der weiter im advantages of prehistoric dry farming and,
Süden beheimateten Berseba-Kultur* an- later, irrigation that Adams (New Roads
schließen läßt. Ferner sind gegossene to Yesterday [1966] 109 ff.) noted for the
Kupferbeile sowie Waffen und Geräte upper plains of Susa.
aus Stein gefunden worden. The mounds of Ghazir comprise two
Schicht IV als oberste und letzte Bau- main complexes, each adj acent to a modern
phase gehört in das mittl. bis späte Chal- village. The McCown exploration of 1948
kolith. 4. Jts. v. Chr. put trenches into some of these, disclosing
Forschung in der Umgebung: ö . v. T. a ränge of materials including Islamic,
Gh. haben sich eine größere Anzahl von Neo-Babylonian, Kassite, and other, none
Steindenkmälern erhalten, die offenbar in of which have yet been studied. Still
den Kreis der über ganz Jordanien verbrei- earlier evidences were found in Mound A,
teten Menhire, Dolmen und Cromlechs ge- the largest on the site, and the pottery of
hören. Die zeitliche Festsetzung dieser An- which is the subject of the present brief
lagen sowie auch die Deutung der Stein- account. Trenches I and II in the upper-
kistengräber in der Umgebung des Teil most levels of Mound A showed a thin
'Ademe als Nekropole der Stadt IV von Islamic occupation pertaining to the I4th
T. Gh. stößt immer noch durch das Fehlen through iöth centuries A. D. Below this
charakteristischer bzw. eindeutig zu datie- were Elamite remains of the 2nd Millenium
render Kleinfunde in diesen Gräbern auf B. C. surrounded by substantial fortifica-
Schwierigkeiten. In T. Gh. fanden sich tion walls. Still deeper were levels which
Kinderbestattungen z. T. in Tongefäßen. McCown called "Proto-Elamite" (and
which indeed contained one tablet) asso-
Teleilät Ghassül 1—2 (1934, I 94°)- — R- ciated with quantities of pottery which
North, B i b l i c a 4 0 (1959) 5 4 i f f . — Ders., would now be called variously (according
Estend. Eclesiäst. 34 (i960) 388. — Ders., An.
Bi. 14 (1961). — Ders., AnnAntJordan 8—9 to current schemes): Protoliterate b—d
(1964) 68ff. — M. S t e k e l i s , Les monuments (A. L. Perkins, SAOC 25 [1949]; P. De-
m<§galithiques de Palestine (Paris 1935). lougaz, Pottery from the Diyala Region,
OIP 63 [1952]) or Susa C a—c (L. Le-
B. Hrouda
GHAZIR, TELL-I 349
Breton, Iraq 19 [1957] 79ff.) or Late the painted pottery of LeBreton's Susiana
Uruk-Jamdat Nasr (E. Porada in W. sequence suggest contemporaneity with
Ehrich, Chronologies in Old World Ar- Susiana d or Susa A and also suggest
cheology [1965] 133ff.). regional differences. I follow LeBreton in
There were indications in 1948 that the regarding stippling as a time marker in
lower 10 meters of Mound A would contain this ränge, and the assignment of Ghazir
a succession of Uruk (Warkan) levels, and 1—6 to Susiana d or Susa A is in part
below these Buff Ware ('Ubaid) levels. In based on this. There is also a striking
1949 the expedition returned to Ghazir to resemblance between vessel 24 in his
continue the excavation of Mound A. An Figure 7 and a vessel from Level 5 a t
additional trench, the "Stake Trench," Ghazir. Such decoration of piain horizontal
was dug on the summit of the mound near bands seems characteristic of Warka,
Trenches I and II, and another, the "Step Eanna XVIII and apparently also of
Trench" was dug at the northern end. The Ur-'Ubaid II. There were, however, no
present essay is a brief description of the basket handles or painted spouts in these
ceramic sequence as revealed in these levels at Ghazir.
trenches, including the 1948 excavations. Levels 7—10: (Fig. 6—10) There is an
§ 1. The Step Trench. This excavation, interesting transition from the painted and
measuring 36 meters long by 5 meters piain buff wäre assemblages in Levels
wide, showed a long succession of physical 1—6 to later piain and drab pottery of
levels, floors, washes, and fills, and from higher levels äquivalent to the Warkan
each one of which pottery and minor (Early Uruk) Period of southern Mesopo-
artefacts were bagged separately. These tamia. In these transitional levels 7—10
levels are numbered from 1 at the base of piain buff wäre of older characteristic
the trench to 49 at the top of the trench. forms continues while painted buff wäre
Levels 1—6 (Fig. 1—5): These contained becomes scarce. There is now an example
a piain buff wäre, a painted buff wäre, a of cross-hatched incising (one also occurred
coarse soft wäre, and smaller amounts of a in Level 6) and a perforated nose lug. Red
red wäre which was sometimes buff wäre with red or buff slips also continues.
slipped and sometimes red slipped. The At Warka Eanna itself, cross-hatch incis-
relatively few exact correspondences with ing and perforated nose lugs occurred with
350 GHAZIR, TELL-I
I{ f^l / f
10 R e d Slip
the painted pottery of the 'Ubaid levels likely prototype here with rims lacking the
XVIII—XV. These may be contemporary customary crispness. Absent too is reserve
with our levels 7—10. slip decoration. The assemblage is prin-
Levels Ii—15: (Fig. 11—14) These are cipally of drab, undecorated pottery with
probably contemporary with the earlier vessel walls rather thicker than in the
part of the Mesopotamian Warkan (Early preceding buff wäre. Present are club-
Uruk) Period. We note the absence of headed rims, perforated nose lugs, straight
beveled rim bowls, although there is a spouts, and cross hatch incising.
11 14
Fig. xi—14. Step Trench ix—15
Levels 16—27: (Fig. 15—18) These lev- beveled rim bowls, reserve slip decoration,
els, while distinguishable from n—15 and crude punctation, all in addition to
below, probably still fall within the the elements which were present in levels
Warkan (Early Uruk) Period of southern 11—15. Our new traits of these levels
Mesopotamia. Yet now we find true continue into levels 28—35.
GHAZIR, TELL-I 351
Mi
15 18
Fig. 15—18. Step Trench 16—27
Levels 28—35: (Fig. 19—27) Levels Protoliterate a (Middle Uruk). Yet these
11—15 and 16—27 showed practically no levels contained other items—polychrome
red wäre although some had been present decoration, lip spouts, and a piain ridge on
earlier. In Ghazir Levels 28—35 red wäre the Shoulder of a jar, which may be later.
reappears strongly and is usually red slip- Study of the pottery from the Stake
ped. There are Warka cups, pear-shaped Trench on the summit of the mound
jars, and beveled rim bowls. On the whole suggests that the sequence here in levels
the assemblage seems to resemble Warka 36—38 is telescoped—that they may
Eanna VIII and hence is assignable to the actually span a duration from Proto-
beginning of Middle Uruk (Protoliterate a) literate a (Middle Uruk) to Protoliterate b
times. and c (Late Uruk through the earlier part
Levels 36—38: (Fig. 28—34) There are of Jamdat Nasr). Moreover, materials
items in these levels which are shared with corresponding to Protoliterate d (later part
Warka Eanna VI, including drooping of Jamdat Nasr) also occurred separately
spouts, pear-shaped jars, plum sHp, and in the Stake Trench and will be mentioned
thin, flaky red slip. Beveled rim bowls are presently.
still present. We also have for the first Levels 3g—4g: (Fig. 35—38) To continue
time long spouted "teapots" which occur with the account of the Step Trench,
in Warka Eanna VIII and VI. Some Level 39 seemed to be a mixed ränge, but
ceramic innovations of this time are also contained some pottery fragments which
represented at Sialk* in north-central appear to be Elamite of about the i7th to
Iran. "Teapot" forms occur in Sialk III, 6. i8th centuries, B. C. (H. Gasche, personal
High hollow footed chalices and painted communication). Among characteristic
horizontal line decoration are also found items is a distinctive gray wäre, folded
in Sialk III, 7, and may be ultimately over rims, "Elamite" rims, combed and
derived from that part of Iran. grooved decoration, and solid footed
From this it would appear that levels goblets. There is clearly a hiatus between
36 to 38 could be satisfactorily assigned to levels 36—38 and levels 39—49. Only part
352 GHAZIR, TELL-I
Red Slip
Fig. 19—27. Step Trench 28—35
of this gap is filled by the materials found follow a complex of rooms near Stake
in the Stake Trench. No. 10.
§ 2. The Stake Trench. On the summit of Levels 6—7: The earliest materials
the mound, near Trenches I and II dug in reached in this excavation were Levels
the 1948 season, the Stake Trench was dug 6—7, equivalent to Levels 28—35 in the
in 1949. It measured 50 meters long by Step Trench, and therefore Middle Uruk
5 meters wide. One section was widened to or Protoliterate a. Distinctive features
GHAZIR, TELL-I
353
38
white bands. This is probably equivalent respondence with Warka Eanna IV,
to Level 36 in the Step Trench and would usually considered Protoliterate b, but
be near the end of Protoüterate a or the which is not really very distinctive.
beginning of Protoliterate b (Middle to
Late Uruk).
Leoeis 5—4: Some of the previous items
continue but in addition these levels have
the pitcher form shown in Le Breton (1957)
Figure 13, 6a., constricted mouth beakers,
oval plate, modeled snake on spout, cross
grooves on interiors of some bowls or
plates, polychrome decoration, flaring
mouth bowl with painted white bands,
Shoulder ridge intersecting four lugs,
trough spout. Some of these items are
duplicated in the Step Trench, Levels 36
to 38, while others correspond to Susa Ca 39 Polychrome
and Protoliterate c. There is some cor- Fig. 39. Stake 10 Room
AL-GHERGANA,, TULUL — d GI 6 355
Stake 10 Rooms: (Fig. 39) The part of the Ghüna,Tell. Ruinenhügel in NO-Syrien,
Stake Trench widened to follow walls ö. des Häbür* (4i°oi' ö. L., 36°II' n. B.).
produced a number of intact vessels, the M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 70.
dosest connections of which may be with B. Hrouda
Jamdat Nasr (Protoliterate d). These
included such features as a horizontal el-Ghürän, Teil. Ruinenhügel in NO-
incised line connected to four unpierced
Syrien, etwa 35 km nw. von al-Hasece*
lugs equally spaced around a jar, "Jamdat
(Hasseke) am S-Ufer des Häbür* (40°2Ö'
Nasr" rims, ring bases frequent, rope
ö. L„ 3 6°34' n. B.).
decoration on constricted Shoulder, and
horizontal ribbing on vessel exterior. M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 70.
Continuing from earlier times were poly- B. Hrouda
chrome vessels, flaring mouth bowl with
horizontal white bands and Shoulder ridge Ghurguz, Teil. Ruinenhügel in NO-
with lugs. Syrien, s. des Häbür* am O-Ufer des
Analysis of pottery, minor artefacts, and Wädi Abü Hagar* (Suppl.) (40°io' ö. L.,
the rather scanty architectural remains at 3 6°37' n. B.j.
Ghazir is continuing. At the moment the M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 70.
importance of this site lies chiefly in its B. Hrouda
detailed record of the changes in pottery
characteristics in a long sequence of levels Gi. a GI m u ä c n , in der großen Götter-
beginning with a late buff wäre and liste aus Fära: SF 1 Rs. II 8; wohl ein
continuing through Jamdat Nasr and vergöttlichter Vogel; vgl. Gl muSen ebd. 58
Protoliterate d times. VIII 23.
D. O. Edzard
Lit.: D. McCown, AJA 53 (1949) 54; ders.
in R . W. Ehrich, Relative Chronologies of
Old World Archaeology (1954) 59 f-; R- H. Gi. d gi (oder an-gi?). In der großen
Dyson in: R. W. Ehrich, o. c. (1965) 216. 218. Götterliste von Suruppak* (Fära, E. D. III)
219. 220. 223. 224. 228.
Angezogene Vergleiche: R. M. Adams in: genannte Gottheit.
J . R. Caldwell, New Roads to Yesterday A. D e i m e l , Fara 2 Nr. 1 V I I I 21.
(1966) 109 ff. P. Delougaz, Pottery from the
D. O. Edzard
Diyala Region, O I P 63 (1952); R. Ghirshman,
Fouilles de Sialk 1 (1938); L. Le Breton, Iraq
19 (1957) 79ff.; A. L. Perkins, SAOC 25 (1949): d
Gi6. Die „schwarze Gottheit" ist in
E . Porada in: R. W. Ehrich o. c. (1965) I33ff.
UVB 4 (1932).
einigen Bogazköy-Ritualen (u. a. KUB 29,
J . R. Caldwell 4) belegt. Ihr Kult wurde durch Tuthalija
(III. *) von Kizzuwatna nach Samuha
verlegt (KUB 32, 133; vgl. KUB 8, 71).
al-Ghergäna, Tulül. 1. Zwei benachbarte Die Schreibung DINGIR«™* GI 6 5 z SA?
Ruinenhügel in NO-Syrien, etwa 25 km VRU
ParnasIa (KBo 2, 8 I 17) legt eine
nw. von al-Hasece* (Hasseke) am N-Ufer Genetivverbindung „Gott(heit) der Nacht"
des Häbür* (40°30' ö. L., 3Ö°33' n. B.). nahe. Statt D GI 6 wäre besser DINGIR.GI 6
2. Zwei benachbarte Ruinenhügel in NO- zu umschreiben. Nach dem Önomastikon,
Syrien, 4,5 km n. von Saddäda* am O-Ufer wo fdGl0-wija mit tdXXX-wija (bei ge-
des Häbür* (40°44' ö. L., 3Ö°05' n. B.). sicherter Personengleichheit) und der
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 76. Schreibername md GI 6 -LÜ mit m d XXX-
B. Hrouda LÜ-i und mdArma-LÜ-i (E. Laroche,
Onomastique, 78) wechseln, ist die Gleich-
el-Ghudrän, Hirbat. Ruinenhügel in setzung mit dem Mondgott gesichert.
NO-Syrien, w. des Häbür (39°5o' ö. L.,
36° 4 I' n. B.). L a r o c h e , Rech. 102; H. K r o n a s s e r , Die
Umsiedlung der Schwarzen Gottheit (1963)
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 41. 38ff., 58f.
B. Hrouda O. Carruba
24*
356 GL. AD. SAR x DlS — GIHAL
d
GI4. AD. SARXDIS. ZU lesen d ad-gi 4 «Gidim. "Gidimgaga. Gidimhul s.
(-gi 4 )-SÄR X DlS. Sum. Gott, in Texten Totengeist.
aus Suruppak (Fära, E. D. III). A.Deimel,
Gidsi s. Qades.
Fära2, Nr. 58 116. Personenname d a.-ur-
sag Fära 3, Nr. 57 I 3. Gidrisisa. d siä g i d r i - s i - s ä „gerades
D. O. Edzard
Szepter" oder „der ein gerades Szepter
Giammu, lGi-am-mu, Fürst im Ballh-Ge- führt", einer der bei den Berater (gu 4 - d ü b;
biet, vor Anrücken Sulmänuasareds III. s. MSL 4, 7, 5of. Anm.) des Ninsubur*: CT
(6. Jahr) von den eigenen Landsleuten ge- 24, 2, 7 (Götterliste An: Anum).
tötet (Salm. Mon. II 79 = KB 1, 170, 79; D. O. Edzard
WO 2, 148, 55; WO 1, 464, 21.)
Gidrisudu. <ipAmi^"-ra-su-du7 CT 25,
W. Röllig.
25,10 (Götterliste An: Anum)-, d g i d r i -
Gibal s. Gubla. su!-du 7 TCL 15, ro, 175 (aB Vorläufer
dazu), sum. „der das Szepter ergreift".
Gibala. Ort im Grenzgebiet von Ugarit*
Name des Samas als Gott der Gerechtig-
und Sijannu*. urugi&-bd-la PRU 4, 72, 19.
keit.
ON Nisbegb'ly Gordon AnOr. 35: 64, 27f.; D. O. Edzard/W. G. Lambert.
83, 16; 327, 5. PN oder ON Nisbe 113, 6;
PRU 2: 52, 2. Vgl. gbl Gordon, AnOr. 35 Gi'egefr . . . ] . d gi-ege[r-x (x)]: [ a
'anat VI 7 ? AMAR.UTU] CT 25,34 y s- 4 (Götter-
D. O. Edzard liste); Name des Marduk. Vgl. G ö t t e r -
Gibeon s. G u b b , Teil al-. l i s t e n § 9 zur Liste.
d D. O. Edzard/W. G. Lambert
Gibil, s. Girra.
mul
Gig. GIG/GIG (gi6) s. Merkur*,
Gibil-ÄB. SI4-si. d gi-bil-ÄB.SI 4 -si, Saturn*. Vgl. MUL (AN.AN.AN.AN). MI
Sum. Gottheit (oder nur Personenname ?) (gi6) in Fara 2, Nr. 55 XII 5.
in Text aus Suruppak (Fära, E. D. III). D. O. Edzard.
Genaue Lesung des Namens noch nicht d
ermittelt. Gigarak s. Gimagan (a).
A. Deimel, Fära 2, Nr. 39 VIT 15. Gigibni. gi-gi-ib-ni k i . Ort in Iran(?),
D. O. Edzard genannt in Ur III-Botentext (Bab. 8, pl.
VII: Pupil 30, 10).
Gibil-unu(g)-ku-SUM. dg i - b i 1 - u n u ki - D. O. Edzard
kü-SUM (Zeichen SUM = WVDOG 40, Nr. d(glä)
198), sum. Gottheit (oder nur Personen- Gigir. gigir. In Ur III, vereinzelt
name?) in Text aus Suruppak (Fära, altbab., der vergöttlichte Streitwagen, der
E. D. III). kultische Verehrung genoß.
A. Deimel, Fära 2, Nr. 50 X 6. A. S a l o n e n , Landfahrzeuge (1951) 69f.;
751
D. O. Edzard D. O. Edzard
Gidah. Kanal in Murasü-Urkunden aus Gigutiu s. Z i q q u r r a t .
Nippur. ' jgi-da-ah UM 2/1, 60, 3 (zus. mit
när-Enlil); 210, 4. Zeit Darius II. Gihal. d g i - h a l : anabü (AG) ba-nu-u
-pi-ris-ti „Nabü, der das Geheime schafft"
D. O. Edzard
5 R 43, 32 c in längerer Reihe von Namen
Gidar. gi-dar. Kassitischer Gott, im kas- des Nabü. Vgl. Haupt Ann Vol. 213 BM
sitisch-akkadischen .Vokabular' mit Ni- 38682,12: d g i - h a l : MIN (dAG [(...)]),
nurta* gleichgesetzt. eine ähnliche Liste. Zugrunde liegt wohl
die Gleichung gi = epesu (AfO 17, 133, 20)
K. B a l k a n , Kassitenstudien 1, AOS 37
(1954) 3: 2,9; 105I und hal = piristu (s. SL 2, 13).
D. O. Edzard D. O. Edzard/W. G. Lambert.
d
GI.HU — GILGAMES 357
14; JNES IX [1952] I40f. I 4; VI 4). Lexi- ten (s. ZA 55 [1963] 1627; 56 [1964] 45')-
kalische Texte bewahrten altbabylonisches Als Sohn G.s nennt die Sumerische Kö-
a
bil-ga-meS (CT 18, 30 IV 6) oder <%74-ga- nigsliste Urnungala* (AS 11,90 III 21—23)
mes (CT 25, 28; K. 7659, 4; W. G. Lam- oder nach einer Variante Urlugala*; letz-
bert, o. c. 44 zu KAR 434 Rs. 5; s. noch tere Form findet sich auch in dem soge-
CT 12, 50: K. 4359 I 17 [G]lS.GfN-ma§- nannten ,Tummal-Text' (s. unter 3). Als
si ? = bilfga-mlM]). In CT 16,13 II 42—43 Enkel ist u - d ü l - k a l a m - m a „Hirte des
und ArOr. 21 (1953) 388, 79—80 d bil(Var. Landes Sumer" (o. c. III 24—26) ange-
bil 4 )-sag-gä-mes (s. W.G. Lambert, o.e. führt.
46; 56) liegt wohl eine Kontamination von 3. Gügames als Herrscher-. Die sumer.
G. und d p a - b i l - s a g vor. Einmal (s. jetzt literarischen Texte nennen G. en „Herr"
CT 41, 43, 4) ist d GI§-GfN-mas = Agi-il- (SLTNi 79, 50; VS 10, 196 II 16; IV 13),
ga-mes bezeugt. Letztere Lautform dürfte en-gal „großer Herr" (VS 10, 196 IV
wohl die Normalgestalt des Namens von 21), e n - k u l - a b a x ( = UNU) M „Herr von
der altbabyl. Zeit in der akkad. Überliefe- Kulaba" (AJA 58 [1949] 7, 15; 18, 8, 40;
rung gewesen sein. 51; 10, 100; 114; BASOR 94 [1944] 9, 42;
h) Diese Namensform deckt sich mit SLTNi 79, 41). In derselben Weise wird der
HAyauos bei Aelian, De natura anima- Vorgänger G.s Enmerkar als (en-unu k i -
lium XII 21. Sie liegt auch dem nur ver- ga) e n - k u l - a b a x „(Herr von Uruk),
derbt überlieferten Namen bei Theodor Herr von Kulaba" bezeichnet (Enmerkar
bar Koni (s. Th. Jacobsen, AS 11, 89128 Z. 178; 218 u. o.). Zum Herrschertitel en
zu Lewin, Die Scholien des Theodor bar s. Th. Jacobsen, ZA 52 (1957) 103; W. W.
Könl) zugrunde. Hallo, AOS 43, 3ff.; D. O. Edzard, ZA 53
2. Genealogie: Literarische Texte, die in (1959) 23 f. Auch die Sumerische Königs-
der Ur Iii-Zeit entstanden sind, bezeich- liste (AS ri, 88 ff. III 17—20) nennt G.
nen G. in Verbindung mit Angaben über e n - k u l - a b a k i , obwohl sie ihn der .Dy-
die göttliche Abkunft Urnammus* und nastie von Eanna' zuweist. In Kulaba als
Sulgis* als Sohn von Lugalbanda* und dem Stadtteil von Uruk, dessen Kult-
dessen Gemahlin Ninsuna* (s. ZA 50 [1952] zentrum das Gebiet der archaischen Ziq-
73—76), ebenso die nicht authentische qurrat, in K XVII, der späteren Anu-Ziq-
Siegesinschrift Utuhengals* von Uruk qurrat und des Anu-Antum-Tempels, war,
(RA 9 [1912] 113 III 1—2) und die sume- s. A. Falkenstein, ADFU 3, 3off.; H. J.
rischen Epen (s. JCS 1 [1947] 14, 89; 92; Lenzen, MDOG 83 (1951) 15. In einer neu-
BASOR 94 [1944] 8 B 8; 30; 9, 39; UET sumer. Opferliste (TCL 5: 6053 I r 9) trägt
6/1, 60,17; s. auch GE Tf. I, V 40; VI 17). G. den Titel l u g a l „König".
Lugalbanda ist nach der Sumerischen Ein Dokument von zweifelhaftem histo-
Königsliste der zweite Vorgänger G.s, von rischem Quellenwert, der sogenannte ,Tum-
diesem durch Dumuzi*, den Fischer, aus mal*-Text' (s. jetzt E. Sollberger, JCS 16
Ku'ara* getrennt (AS 11, 88 III 12—16). [1962] 4off., 6—10), berichtet, daß G. im
Zum Unterschied von der in Kulaba* be- d u 6 - n u m ü n - b u r - r a „Hügel des n u m ü n -
heimateten Tradition, die G. zum Kind bur-Rohrs" (s. MSL 4, 23, 168), einer
des Lugalbanda und der Ninsuna machte, Kultstätte in Nippur, einen „Hochsitz"
gibt die Sumerische Königsliste (AS 11, (bara) des Enlil gebaut hat, daß sein Sohn
88f. III 17—18) an: a b - b a - n i lil-la Urlugala das Tummal-Heiligtum „hat
„dessen Vater ein lfl-Dämon war". Hierin strahlend erscheinen lassen und Ninlil ins
mag die späte Auffassung (GE Tf. I, II 1), Tummal eingeführt hat". In diesem Text
wonach G. zu zwei Dritteln Gott, zu einem nennt eine Gruppe der uns erhaltenen Ex-
Drittel Mensch war, ihren Ausgangspunkt emplare als früheste Erbauer-Paare En-
gehabt haben. mebaragesi*—Agga* von Kis, Mesanne-
Die Angabe in AS 10, 8, 87—88, in der pada*—Meskiagnunna* von Ur und G.
G. als Bruder der Inanna* bezeichnet ist, und Urlugala von Uruk-Kulaba, während
ist nicht als genealogisch relevant zu wer- eine zweite Gruppe G. und Urlugala auf
GILGAMES 359
Enmebaragesi—Agga folgen läßt. Die Realität nicht absprechen wird, auf die
erste Tradition steht in eklatantem Wider- ausgehende Frühdynastisch Ii-Zeit hin.
spruch zur Sumerischen Königsliste, aber In diese Zeit fällt wohl auch im Gebiet von
auch die zweite ist nicht mit der durch Kulaba die große Anlage der Erweiterung
literarische Zeugnisse belegten Auffassung, der archaischen Ziqqurrat in K XVII (s.
wonach G. als gleichzeitig mit Enmebara- E. Heinrich, UVB 8, 27 ff., besonders 40 ff.;
gesi und Akka von Kis angesehen wurde, H.J.Lenzen, MDOG 83 [1951] 1—32),
zu vereinbaren (s. unten 5 a und 6); zur die ebenso wie der Bau der Mauer von
Kritik an der Brauchbarkeit des Tummal- Uruk ein Zeugnis der Bautätigkeit G.s
Textes für die Rekonstruktion der Chro- sein könnte.
nologie s. A. Falkenstein, OLZ 57 (1962) 4. GilgameS als Gott: Zu dem Beleg für
37i- G. in einer Götterliste aus Fära s. unter i a .
Wie weit die Angabe Anams*, des „An- Die vorsargonischen Verwaltungsurkun-
führers der Truppe von Uruk" (ab-ba- den aus Girsu* erwähnen im Zusammen-
ugnim-unu k i -ga), der später König von hang mit Opfern für G., die mit einer Pro-
Uruk zur Zeit Rimsins* von Larsa war, zession nach dem e - u n u ^ - g a „Uruk-
daß die Stadtmauer das „alte Werk des Haus" (s. SAK 44d) verbunden waren (s.
G." (ni - dim - dim - ma - l i b i r - r a - a bil 4 - B. Landsberger, LSS 6/1—2, 5412) ein gü-
a
ga-m63-ke 4 ) war (s. SAK 222, 2b, 5—8; b i l - a g a x ( = GlN)-m£s „G.-Ufer" (s. o.e.
dazu BagM 2 [1963], 36), zuverlässig ist, ist 55 u. ö.) und einen Ort me-kul-aba x (—
schwer zu sagen. Da die Stadtmauer von UNU) M -ta „die .göttlichen Kräfte' (kom-
Uruk (s. A. von Haller, UVB 7, 41—45; men) aus Kulaba". Dabei dürfte es sich
8, 5—7) in der Zeit Frühdynastisch II an- durchweg um Örtlichkeiten im Gebiet des
gelegt worden ist, könnte die Nachricht Staates von Lagas* handeln. Der einzige
zutreffen. Als Ausgangspunkt für den zeit- Beleg für G. bei Gudea in Zyl B XXIII 16
hchen Ansatz G.s hat zu dienen, daß er „mit G. zusammen gewachsen" ist undeut-
schon in einer Götterliste aus Fära er- lich. Opfer in der Ur Iii-Zeit für G. sind
scheint (s. schon oben ia). Da die Fära- verhältnismäßig selten (s. N. Schneider,
Texte der Ubergangsperiode von Früh- AnOr. 19, 30 Nr. 162; 163 a bil-ga-m6§
dynastisch II zu Frühdynastisch III an- lugal). Nach der (nicht authentischen)
gehören (s. A. Falkenstein, ATU 16f.; zur Utuhengal-Inschrift „gab Dumuzi-Ama'-
archäologischen Chronologie s. A. Moort- usumgalanna" dem Herrscher in seinem
gat, MVAeG 40/3 [1935] 31 ff.; H. Frank- Kampf gegen Tirigan* „G., den Sohn der
fort, OIC 20 [1936] 109), muß G. in der Zeit Ninsuna, als m a s k i m " (RA 9 [1912]
Frühdynastisch II regiert haben s. Sp. 372f). 112 f. II 29—III 3). Bei den Herrschern
Dazu stimmen die Angaben zweier litera- der III. Dynastie von Ur erfreute sich G.
rischer Texte: Ein Sulgi-Lied (SLTNi 79, besonderer Verehrung, nachdem Urnammu
41—61, s. dazu D. O. Edzard, ZA 53 [1959] aus seiner Heimatstadt Kulaba (s. Th.
20 ff.) spricht von der erfolgreichen Abwehr Jacobsen, AS 11, 20436; A. Falkenstein,
eines Angriffs Enmebaragesis von Kis auf ZA 50 [1952] 76), den Kult der Ninsuna
Uruk unter Gilgames und ein Kurzepos (s. und des Lugalbanda nach Ur* verpflanzt
unter 5 a) berichtet von einem Kampf zwi- hatte und er diese, ebenso wie sein Sohn
schen G. und Agga, dem Sohn Enmebara- Sulgi, als seine göttlichen Eltern ansah.
gesis. Da Enmebaragesi, der vorletzte Kö- Beide Herrscher nennen G. „Bruder (und)
nig der I. Dynastie von Kis nach der Sume- Freund" (ses ku-li) (s. A. Falkenstein,
rischen Königsliste (AS 11,82 ff. II 35—38), I. c. 75ff.), sich selbst „Bruder des großen
jetzt durch zwei Originalurkunden als hi- G." (TCL 15, 12, 112), „gehebten Bruder
storische Persönlichkeit erwiesen ist und des G." (UM 10/2, 6 Rs. I 16). In dem
diese Texte aus paläographischen Gründen Totenlied auf Urnammu (UM 10/2, 6; s.
an das Ende der Frühdynastisch Ii-Zeit zu G. Castellino, ZA 52 [1957] 9 ff.) wird be-
datieren sind (s. D. 0. Edzard, 1. c. 24ff.), richtet, daß Urnammu in der Unterwelt
weist alles für G., dem man die historische neben Nergal*, Dumuzi, Ereä[kigal]*,
360 GILGAMES
Namtar*, Husbisa*, Ningizzida* auch „G., leicht des Waffenträgers des Königs, er-
dem Herrn der Unterwelt", „in seinem klärt sich bereit, wird aber sofort, nach-
Palast" Gaben darbrachte. G. „sprach ihm dem er das Stadttor verlassen hat, gefan-
das Urteil der Unterwelt, entschied ihm gengesetzt, vor Agga gebracht und ge-
die Entscheidung der Unterwelt". G. ist schlagen. Als sein Herr auf der Stadtmauer
„Sagina der Unterwelt" (s. W. G. Lam- erschien, fragt Agga, ob dies sein König
bert in Gilgameä et sa legende 46; 56; s. wäre. Dieser verneint es mit der stolzen
unter ig). Die Stellung als Mitglied der Frage, ob denn nicht schon durch sein Er-
Anunna-Götter in der Unterwelt war G. scheinen das Heer Aggas besiegt, der König
auch in der akkadischen Überlieferung zu- selbst gefangen worden wäre. Nach dem
gewiesen. Beachte noch, daß die Aussage z a b a r d a b von Uruk bestieg G. die Mauer,
eines G.-Textes „im Monat Abu, dem Fest während Enkidu* aus dem Stadttor, wohl
der Totengeister, wird ohne ihn vor ihnen zusammen mit den Kriegern von Uruk,
kein Licht gesetzt" (SEM 28 Rs. I 7—8 = ausbrach. Sogleich nach der erneuten Frage
28, 10—11; dazu S. N. Kramer, BASOR Aggas, ob dies nun der König von Uruk
94 [1944] 7) eine Entsprechung in der spä- sei, wird die Vernichtung des Heeres von
ten Angabe „der Monat Abu, der Monat Kis und die Gefangennahme Aggas berich-
des G." hat (s. W. G. Lambert, o. c. 56). tet, genau so wie es vorher Girishurdura
5. Der sumerische Gilgames-Zyklus: Die angekündigt hat. Überraschend kommt
sumer. Literatur kennt kein zusammen- der Schluß: G. gibt Agga frei, offensicht-
fassendes Epos, das die verschiedenen lich aus Dankbarkeit für frühere Wohl-
Stoffe zu einer Einheit verbindet wie das taten, die ihm Agga erwiesen hatte. G. hat
akkad. GE der ninevitischen Fassung. Ein sich als überlegen im Kampf erwiesen,
Teil der Episoden der sumer. Einzeldich- wahrt aber als Sieger den Ehrenkodex.
tungen findet sich in den akkad. Kompo- Das Verhältnis zu dem Bericht über
sitionen wieder. einen Kampf G.s gegen Aggas Vater En-
a) GilgameS und Agga von Kis: Ein histo- mebaragesi in einem Sulgi-Lied ist unklar
risches Geschehen, die Belagerung von (s. unter 3). Verwandt erscheint ein Be-
Uruk durch Agga von Kis, den letzten richt über einen Kampf eines Gudam*
König der I. Dynastie von Kis nach der gegen Uruk (UM 5, 26). In der späteren
Sumerischen Königsliste (AS 11, 84 II Überlieferung ist kein Echo dieses Epos
39—44), ist Thema eines Kurzepos von zu finden.
115 Z., das vollständig erhalten ist (s. S.N. b) Gilgames und Huwawa: Eine selbstän-
Kramer, AJA 58 [1953] 1—18; The Sume- dige Komposition ist der Bericht über den
rians 187—190; wertvolle Berichtigungen Zug G.s gegen Huwawa*, den Hüter des
bei Th. Jacobsen, ZA 52 [1957] 116 ff.): Zedernwaldes. Exemplare der Dichtung,
Boten Aggas von Kis forderten von Uruk die in Literaturkatalogen mit der ersten
die Beteiligung an Arbeiten beim Brunnen- Halbzeile en-e k u r - l ü - t i - l a - s 6 „der
bau. Gilgames spricht sich zunächst vor ,Herr' (d. i. G.) (richtete seinen Sinn) zum
der Versammlung der Stadtältesten dafür Berg des Lebenden" zitiert wird (s. S. N.
aus, die Aufforderung zur Unterwerfung Kramer, BASOR 88 [1942] 12 Nr. 10 =
abzuweisen und den Kampf zu wagen, From the Tablets of Sumer Abb. 77; TCL
findet aber nicht die Zustimmung der Ver- 15, 28, 9; UET 5, 86, 14), stammen aus
sammlung der Alten. Er wiederholt dann Nippur, Ur, Kis und Uruk. Außer den von
seine Auffassung vor der Versammlung der S. N. Kramer, JCS 1 (1947) 7 gebuchten
jungen Männer, die zum Kampf entschlos- 16 Texten hegen jetzt noch vor JCS 8
sen sind. Als nach wenigen Tagen Agga (1954) 85 (10052); TLB 2/1, 4; From the
die Stadt Uruk mit seinem Heer einschloß, Tablets of Sumer 200 f. Abb. 66—67;
war die Stimmung in Uruk gedrückt. G. TMH NF 3, 12; UET 6/1, 49—54; JNES
forderte darauf, ein Mutiger möge sich zum 19 (i960) 65 f. Die Komposition ist in Fas-
Gang zu Agga melden. Girishurdura, der sungen von verschiedenem Umfang über-
Diener des „ z a b a r d a b von Uruk", viel- liefert. Die .Normalfassung' enthält etwa
GILGAMES 361
190 Z.; eine etwas längere Version ist in zu Enlil. Dieser, erbost über die Tötung
einem Fragment aus Uruk bezeugt, eine Huwawas, belegt die beiden mit seinem
Anzahl in sich verschiedener Fassungen Fluch. Schließlich verteilt er die ,sieben'
bietet einen wesentlich längeren Text, so m e - l ä m Huwawas an sieben Mächte, so
TLB 2/1, 4 (etwa 240 Z.) und der Nippur- an den Löwen, das Gebirge.
Text JCS 1, 24—25. Auch der Kis-Text c) Gilgames, Enkidu und der Himmels-
JRAS 1932, 914—21 weicht erheblich ab stier'. Diese Episode, die in der nineviti-
(s. dazu JNES 19 [i960] 65f.). Bearbeitun- schen Fassung in Tf. VI behandelt ist,
gen s. S. N. Kramer, JCS 1, 3—46; From war in der sumerischen Überlieferung in
the Tablets of Sumer 200—207; The Sume- einer (mindestens) vierkolumnigen Tafel
rians 190—197; J. van Dijk in Gilgames dargestellt. Leider ist davon nur der Unter-
et sa legende 69—81 (zu TLB 2/1, 4; ent- teil eines vierkolumnigen Exemplars, das
hält das Ende der Dichtung): zu Eingang zudem sehr schwer zu lesen ist, erhalten
gibt G. im Gespräch mit Enkidu als Zweck (VS 10, 196; s. dazu die [weitgehend un-
des Zuges gegen Huwawa an: „Wo Namen zutreffende] Ubersetzung von M. Witzel,
gesetzt sind, will ich meinen Namen setzen, OLZ 34 [1931] 402—409). Ein winziges
wo Namen nicht gesetzt sind, will ich den Duplikat ist UM 5, 27; ein unpubliziertes
Namen der Götter setzen!" (s. dazu F. R. Bruchstück notiert S. N. Kramer, OrNS
Kraus, JNES 19 [i960] 128f.). Die wieder- 21 (1952) 250; 22 (1953) 191. Es ist unge-
holte Bitte an den Sonnengott um Hilfe, wiß, ob der Anlaß für den Zorn Inannas
die G. mit dem Hinweis auf das Sterben auf G. in dem vorliegenden Text beschrie-
der Menschen und die Gewißheit, dasselbe ben ist. Er könnte in VS 10, 196 I 5—7 in
ruhmlose Schicksal zu erleiden, verstärkte, einer Rede Inannas an G. angedeutet sein:
fand schließlich Gehör. Die Hilfe des Son- „Im Eanna werde ich dir, das Recht zu
nengottes bestand anscheinend darin, daß sprechen, nicht freigeben, in meinem heili-
er sieben Dämonen beorderte, die Fahrt gen gipar* werde ich dir, die Entscheidung
der Schiffe stromaufwärts zu bewerkstel- zu treffen, nicht freigeben, im Eanna, das
ligen. Es folgt die Auswahl von fünfzig An liebt, werde ich dir, das Recht zu spre-
Begleitern, die Beschaffung der Ausrüstung. chen, nicht freigeben". Trifft dies zu, so
Auf der Fahrt waren dann .sieben' Ge- läge eine vom akkadischen Epos völlig ver-
birge zu überwinden. Nach einer Textlücke schiedene Auffassung vor. Die Kol. II
finden wir G. in tiefem Schlaf, aus dem ihn zeigt Inanna vor ihrem Vater An, von dem
Enkidu nur mit Mühe wecken kann. En- sie erbittet, daß er den Himmelsstier* gegen
kidu warnt dann G. vor Huwawa, dessen G. entsende. An weigert sich, gibt aber
Gefährlichkeit er kenne, die G. nicht ken- schließlich nach. Kol. III zeigt den Him-
nen könne; er droht sogar, seinen Herrn melsstier in Uruk, Kol. IV enthält z. T.
zu verlassen und nach Uruk zurückzukeh- Wechselreden zwischen G. und Enkidu,
ren. Schließlich gehen die beiden weiter. nachdem die beiden den Himmelsstier
Auch als sie Huwawa erblickten, Heß G. wohl schon getötet hatten. Das Ende der
sich nicht abhalten. Ohne daß der Text Komposition ist nicht erhalten. Die sume-
den Kampf ausführlich schilderte, gibt er rische und die akkadische Fassung gehen
nur an, daß G. Huwawa gefangennahm anscheinend nur so weit zusammen, als
und fesselte. Ein Gebet Huwawas an den Inanna im Zorn gegen G. die Entsendung
Sonnengott weckt das Mitleid G.s. Aber des Himmelsstiers erwirkte, es aber G.
Enkidu warnt davor, Huwawa freizugeben, und Enkidu gelang, ihn zu töten. Eine
da er die Rückkehr aus dem Zedernwald Anspielung auf die Tötung des Himmels-
unmöglich machen könne. Darauf beklagt stiers enthält die Komposition ,Fluch auf
sich Huwawa, daß der Sklave seinen Herrn Akkade' Z. 1—2 „Als der zornige Blick
in bösem Sinne beeinflusse. In aufwallen- Enlils Kis wie den Himmelsstier getötet
dem Zorn schlägt Enkidu Huwawa das hatte" (s. ZA 57 [1965] 76).
Haupt ab und steckt es in einen Sack.
Damit beladen begeben sich G. und Enkidu d) Gilgames, Enkidu und die Unterwelt:
Mit etwa 330 Z., die bis auf den schlecht
365
GILGAMES
erhaltenen Schlußteil vollständig rekon- ihn der Göttin. Anstatt nun daraus für sich
struiert werden können, wohl die umfang- Thron und Bett anfertigen zu lassen, über-
reichste erhaltene Komposition des G.- gab sie zum Dank für seine Unterstützung
Zyklus. Sie ist mit der ersten Halbzeile G. einen aus dem Stamm gefertigten Rei-
u 4 -ri-a „in jenen Tagen", die aber noch fen ( giä ellag = pukku; s. B. Landsberger,
zwei andere Dichtungen bezeichnet, in WZKM 56 [i960] 121 f.) und den dazu ge-
Literaturkatalogen zitiert (s. S. N. Kra- hörenden Treibstecken ( g i ä e-kid-ma =
mer, From the Tablets of Sumer 257; RA mekkü; s. 1. c). Mit diesen Spielgeräten
55 [1961] 171; 175). Die vorliegenden Texte tyrannisierte G. in einer noch ziemlich dunk-
sind SEM 21; 22; SRT 39; HAV 12; BE len Weise, die aber an die Schilderung der
31, 35; 55; RA 30 (1933) 127 ff. = UET ninevitischen Fassung Tf. I, II 8—28 er-
6/1, 56; SLTNi. 5 = Sumerian Mythology innert, die Bevölkerung von Uruk. Auf
Tf. VIII; From the Tablets of Sumer die Klage der jungen Mädchen fielen aber
Abb. 70; TMH NF 3, 13—14; UET 6/1, Reifen und Treibstecken in die Unterwelt*.
55—59; in Sumerian Mythology ii3 3 6 sind G., der sie nicht erreichen konnte, setzte
5 weitere unveröffentlichte Texte des Uni- sich dann vor das Unterweltstor und be-
versity Museums in Philadelphia angege- klagte den unersetzlichen Verlust. Da er-
ben. Zum Unterschied von Gilgames-Hu- bot sich Enkidu, sie aus der Unterwelt zu
wawa ist der Text dieser Dichtung relativ holen. Für diesen gewagten Gang erteilte
einheitlich überliefert. Am Anfang steht ihm sein Herr ausführliche Anweisungen,
eine kosmogonische Einleitung von 13 Z. wie er sich zu verhalten habe, um die Unter-
(s.dazu J. vanDijk, ActOr. 28 [1964] I7ff.), weltsbewohner nicht zu stören. Enkidu
danach ein kurzer Hinweis auf eine Schiff- tat aber genau das Gegenteil des ihm An-
fahrt Enkis gegen das Bergland (kaum befohlenen, so daß er alles aufscheuchte
gegen die Unterwelt). Für uns ohne erkenn- und in der Unterwelt festgehalten wurde.
baren Zusammenhang, der aber für die G. wandte sich daraufhin an Enlil*, dann
Sumerer gegeben war, da die ganze Ein- an den Mondgott, ohne etwas zu erreichen.
leitungspartie mit dem folgenden Bericht Erst Enki*, den er schließlich anging, gab
zweimal wiederholt ist, wird erzählt, daß dem Sonnengott die Weisung, ein Loch
einst ein halub-Baum, wohl eine Art in der Erde zu öffnen, damit Enkidu aus
Eiche (s. CAD H 55f.), der am Ufer des der Unterwelt entweichen könne. Durch
Euphrat stand, vom Südwind ausgerissen dieses Loch kam dann auch Enkidu herauf
worden sei. Inanna fand ihn und pflanzte (s. S. N. Kramer in Gilgames et sa legende
ihn in ihrem Garten ein, um später, Ö72). Er, der jetzt G. „Herr (und) Freund"
wenn der Baum groß geworden wäre, dar- (en-ku-li) nennt, wird dann in der stereo-
aus einen Thron und Bett für sich herstel- typen Formel befragt: „Hast du ge-
len zu lassen. Aber an den Wurzeln des sehen ?" Er antwortet: „Ich habe gesehen".
Baumes baute sich die „Schlange, die kei- Darauf wieder die Frage: „Wie ergeht es
ner Beschwörung zugänglich ist", ihr Nest, ihm?" G. stellt dabei etwa sechzig Fragen;
in die Krone setzte der Anzu-Vogel (dIM.- so nach demjenigen, der ein, zwei usw. bis
DUGUDmuäen) sein Junges und im Stamm sieben Kinder hat, der keinen Erben hat,
baute sich das „lil-Mädchen" (ki-sikil- dem, der Vater und Mutter nicht achtete,
lil-la) ihr Haus. Inanna, bestürzt über dem, den der Fluch von Vater und Mutter
das Geschehen, wandte sich an ihren Bru- ereilte, schließlich nach den MAR.TU-No-
der, den Sonnengott, der ihr aber nicht maden, nach Sumerern und Akkadern, zu-
beistand. G., dem die Göttin daraufhin letzt wohl: „Hast du gesehen, wo mein
ihre Klage vortrug, rüstete sich sogleich, Vater und meine Mutter wohnen ?" (UET
um der Göttin zu Dienst zu sein. Er er- 6/1, 58 Rs. 15—16). Wenn damit die Kom-
schlug die Schlange, worauf der Anzu- position endet, geht sie nicht darauf ein,
Vogel sein Junges ins Gebirge mitnahm was aus Enkidu wird. Daß „Reifen" und
und das „lil-Mädchen" in die Wüste ent- „Treibstock" vergessen sind, nimmt nicht
floh. G. fällte dann den Baum und übergab wunder. Es fehlt dann aber der sonst üb-
GILGAMES 363
liehe Schlußvermerk „Gilgames, dich zu der Bestattung Enkidus befaßt, wie sie in
preisen ist süß". Somit fehlt wohl noch das Tf. VIII der ninevitischen Fassung be-
Ende der Komposition. schrieben ist. Liegt dann ein Bericht vor,
Merkwürdig ist, daß der Passus von der der von .Gilgames, Enkidu und die Unter-
Klage G.s über den Verlust seiner Spiel- welt' abweicht oder ist dort Enkidu tat-
geräte an bis zur Befragung des Geistes sächlich aus der Unterwelt zum Leben zu-
Enkidus über die Unterwelt in einer weit- rückgekehrt ?
gehend wörtlichen akkad. Übersetzung Die Einzelstücke des sumer. Gilgameä-
als Anhang an die in sich geschlossene Zyklus erscheinen aus der literarischen
Komposition der 11 Tafeln der nineviti- Sicht recht uneinheitlich. .Gilgames und
schen Fassung als 12. Tafel angefügt ist. Agga' hat seine nächsten Verwandten in
Die einzige Diskrepanz ist die, daß dabei den Kompositionen um Enmerkar und Lu-
Nergal* das Loch in die Erde eintieft, nicht galbanda, nur daß es sich dabei um ein
wie in der sumerischen Fassung der Son- innerbabylon. Geschehen handelt, wäh-
nengott (s. A. Schott-W. von Soden, Das rend in den Epen um Enmerkar der zen-
Gilgames-Epos 112f.). Offensichtlich war trale Gegensatz der zwischen Uruk und
die Absicht, die detaillierten Auskünfte dem im Iran gelegenen Aratta ist. Die Be-
über das Ergehen in der Unterwelt nicht sonderheit der G.-Überlieferung ist, soweit
in Vergessenheit geraten zu lassen, wäh- wir zur Zeit zu sehen vermögen, am deut-
rend von den sonstigen sumer. G.-Dichtun- lichsten in ,Gilgames-Huwawa' ausge-
gen zum mindesten direkt nichts nach 1500 sprochen, wo das bewegende Motiv der
v. Chr. weitertradiert worden ist. Gedanke an den Tod ist. Sicher ist auch
e) Gilgames's Tod: Eine Komposition, .Gilgames's Tod' unter diesen Leitgedan-
die eine achtkolumnige Tafel füllte (s. S. N. ken gestellt gewesen. Ob das in der nine-
Kramer, BASOR 94 [1944] 2—12; Gilga- vitischen Fassung entscheidende Span-
mes et sa legende 67f.). Davon ist die Vs. nungsverhältnis zwischen G. und Enkidu
fast gänzlich verloren, auch von der Rs. schon in den sumer. Dichtungen angelegt
ist so wenig erhalten, daß der Aufbau der war, ist noch undeutlich. Der Sintflut-
Dichtung, die ursprünglich etwa 450 Z. bericht ist offensichtlich nicht in den G.-
umfaßt hat, nicht klar zu erkennen ist. Zyklus einbezogen gewesen.
Die Texte sind SEM 24 + 25 + 28. Un- 6. Sonstige literarische Texte: Das Lied
sicher ist, ob die Tafel BASOR 94, 5, die auf Sulgi SLTNi 79 enthält ein Sulgi
die 42 letzten Zeilen einer G.-Komposition in den Mund gelegtes Preislied auf G., sei-
enthält, zu „Gilgames's Tod" gehört (s. nen „Bruder (und) Freund", in dem auf
Gilgames et sa legende 68). Hingewiesen die Abwehr eines Angriffs Enmebaragesis
sei auf den Passus „der große Berg Enlil, von Kis auf Uruk durch G. hingewiesen
der Vater der Götter, — Herr Gilgames, wird. G. hat dabei die ,sieben Helden' von
das ist des Traumes Aussage( ?) — hat, G., Kis „gefangen genommen, dem König von
dein Schicksal für das Königtum bestimmt, Kis, Enmebaragesi, wie einer Schlange
für ein ewig dauerndes Leben hat er es den Fuß aufs Haupt gesetzt". Die Ver-
nicht bestimmt". Von G. wird weiter aus- wandtschaft mit der Komposition .Gilga-
gesagt, daß „er auf dem Lager der Schick- mes und Agga' (s. unter 5 a) hegt auf der
salsentscheidung lag, sich davon nicht er- Hand. Beiden gemeinsam ist die Ausein-
heben konnte". andersetzung zwischen Kis und Uruk,
Dieser Text zeigt deutliche Verwandt- hinter der sich der Konflikt zwischen dem
schaft mit der ,Totenklage Urnammus' (s. nordbabylonischen Zentrum, das von der
G. Castellino, ZA 52 [1957] 9—57; beson- akkad. Schicht bestimmt war, und dem
ders 11 f.). sumer. Süden verbirgt.
f) Das Ende einer noch nicht zu identi-
fizierenden G.-Komposition ist in UET S. N. K r a m e r , The Epic of Gilgamesh and
6/1, 60 erhalten. Es erscheint möglich, daß its Sumerian Sources, JAOS 64 (1944) 7—-23.
eine Episode dargestellt ist, die sich mit A. Falkenstein
364 GILGAMES
ser Dichter die brennende Frage aller Händler und Fundort und derselben Ein-
Menschheit nach der Möglichkeit der Uber- teilung und Schrift, doch schlechter er-
windung des Todes in den Mittelpunkt halten, vor allem am Anfang in Kol. I
seines Werkes gestellt und diesem dadurch und II. Erstveröffentlichung von M. Ja-
den faustischen Zug und den Charakter strow/A.T.Clay, YOR4/3 (1920), mit Wie-
einer Problemdichtung verliehen (s. derveröffentlichung der Tafel P (a). Aller-
B. Landsberger, CahTD 1, 33). Sprach- dings ist der Anschluß schwierig, zumal
lich steht der Dialekt dieser älteren Fas- hier auch die ninev. Fassung wenig Hilfe
sung (nach W. v. Soden, ZA 40 [1931] 164) bietet. Gleich nach der Lücke (Kol. 113 f.)
dem Südbabylonischen nahe. Die Reihen- scheint die Warnung vor dem Zug nach
folge unserer Aufzählung der bisher be- dem Zedernberg mit denselben Worten zu
kannten Stücke (a—i) entspricht ihrer erfolgen wie nachher in Kol. III 21 f., also
möglichen Einreihung in die Tafeln oder noch bevor die Helden sich geküßt und
Gesänge der jüngeren (ninevitischen) Fas- Freundschaft geschlossen haben (Kol. I
sung: 20f.). Diese 3. Tafel der alten Serie ist,
a) Die P e n n s y l v a n i a - T a f e l im Mu- wieder mit um die Hälfte kürzeren Vers-
seum zu Philadelphia, gekauft 1914 von zeilen, erst von Kol. VI 19 an parallel
einem Händler in Bagdad, Fundort angeb- mit der 3. Tafel der ninev. Fassung. Ge-
lich Uruk-Warka (oder nach Langdon doch schildert werden die Pläne und Vorberei-
eher Larsam-Senkereh). Erstveröffentli- tungen zum Zug nach dem Zedernberg,
chung: S. Langdon, UM 10/3 (1917). Der hauptsächlich in der Form lebhafter Zwie-
Schrift nach jünger als das Meissner- gespräche der beiden Freunde und vor-
Fragm. (e) und größer als dieses: 6 Kolum- sichtiger Mahnungen der Ältesten von
nen, doch mit kürzeren Verszeilen. Nach Uruk, mit sorgfältiger Herausarbeitung
der Unterschrift ist es die 2. Tafel einer der verschiedenen Charaktere. Der Name
Serie und enthielt 240 Zeilen, von denen des Helden ist innerhalb der Kurzverse
nur etwa 20 verloren sind. Die Einteilung zu aGis abgekürzt, der Name des dämoni-
weicht von der ninevitischen Fassung ab: schen Gegners lautet im Altbabylonischen
Z. iff. findet sich dort schon auf Tafel I Huwawa* (statt Humbaba). Für die Fort-
Kol. V 25ff. und die Szene mit der Dirne setzung der Schilderung dieses Zuges
(Kol. II) dort schon in Kol. IV 19ff.; die haben wir bisher nur 3 Bruchstücke:
Fangzeile (Kol. VI 38) fehlt in beiden c) Ein F r a g m e n t v o m T e l l H a r m a l ,
Fassungen. G. schildert hier seiner Mutter dem alten Saduppüm*, jetzt im Iraq-
Ninsun* seine beiden beziehungsvollen Museum zu Baghdad (IM 52265). Erstver-
Träume, welche diese ihm auf die nahe öffentlichung (autogr.) von J. J. A. van
Ankunft des Enkidu und seine Freund- Dijk, Sumer 13, Tf. 12 (vgl. 14, 114t f. und
schaft mit diesem deutet. Inzwischen auch F. Böhl, Het G. Epos 3 ,184!). 1 Kol.,
bringt die Dirne letzteren zunächst mit 17 Z. Es bietet vermutlich den ersten der
der Zivilisation in Berührung: durch Klei- 3 Träume des G. beim Zedernberg (in der
dung und den Genuß von Brot und Bier, ninev. Fassung Tafel V Kol. II nicht er-
welches Motiv in der jüngeren Fassung halten). G. träumt von der Bedrohung
fehlt. Sodann folgen beide der Einladung durch einen brüllenden Wildstier, der sich
des G. nach Uruk, worauf die anschauliche im Augenblick der höchsten Gefahr in
Schilderung des Ringkampfes zwischen einen Menschen verwandelt, welcher ihn
beiden Helden folgt. Diese ältere Fassung speist und labt. Nach der Deutung des
ist knapper, anschaulicher und doch wie- Enkidu ist der vermeintliche Stier der
der reicher als die erhaltenen Bruchstücke Gott Samas, welcher ihm den Sieg schen-
der jüngeren. Nach einer Lücke von etwa ken wird.
11 Zeilen schließt sich hieran als die dritte d) E i n zweites F r a g m e n t vom Teil
Tafel dieser Serie an: H a r m a l im selben Museum (IM 52750) ist
b) Die Y a l e - T a f e l im Besitz der Yale- größer: 1 Kol., 57 erkennbare Zeilen, doch
University in New Häven, vom selben so zerbröckelt, daß sich zwar zahlreiche
366 GILGAMES
verbürgt war. Darauf erfolgt das (hier sondern bezweckt zugleich eine Anspielung
lebhaftere, in der ninevit. Fassung aus- auf sein scharfes Gehör (Ohr), mit dem er
führlichere) Gespräch des G, mit dem das Geheimnis von der drohenden Flut
Fährmann. Die Namensformen dieses vernimmt, welches der Gott Ea — den
Fährmanns (Sur-sunabu) und seines Herrn Menschen gegenüber durch einen Eid zum
(Uta-naistim) sind altertümlicher als dort Schweigen verpflichtet — der Rohrwand
auf Tafel X und XI. (kikkisu) zuflüstert. Die Szene findet sich
h) Das Millardsche F r a g m e n t im (außer in Gilg. XI 2off.) auch im altbaby-
Britischen Museum (B. M. 96974) gehört lonischen Fragment, welches A. Boissier,
— obwohl ohne direkten Anschluß — RA 28 (1931) 92 ff. zuerst veröffentlicht
zu derselben Tafel wie das Meissnersche (g). hat (jetzt in Genf). Letzteres gehörte aber
Es wurde im selben Jahr angekauft, aber zur 3. Tafel der altbabylonischen Fassung
erst 1964/65 von A. R. Millard in Auto- des Atrahasis-Epos (nach der dort erhalte-
graphie veröffentlicht (CT 46 [1965] Nr. 16, nen Unterschrift); einzuschalten wohl in
PI. 28) und bearbeitet (Iraq 26 [1964] 99— die Lücke vor CT 46 Nr. 3. Trotz naher
105). Die 14 Zeilen der linken Kolumne ent- Verwandtschaft waren die verschiedenen
halten die Antwort des G. an die Schenkin, Bearbeitungen der Sintfluterzählung in
die der rechten die Antwort des Fähr- beiden Epen wohl alle vom sumerischen
manns an G. Die „Steinernen" (su-ut Original abhängig, im Wortlaut aber freier
ab-nim-ma) werden von diesem als die und voneinander unabhängiger als bisher
Mittel bezeichnet, „welche mir die Über- angenommen wurde.
fahrt ermöglichen (lies wohl in IV Z. 7 nach Jedenfalls zeigt das Ugarit-Fragment,
einem Vorschlag W. von Sodens mu-se-bi- daß der Bericht von der großen Flut
ru-ü-ia), damit ich die Todeswasser nicht schon der altbabylonischen Fassung unseres
berühre". Epos angehörte und daß diese auch in der
i) Ein F r a g m e n t der S i n t f l u t e r z ä h - großen nordphönizischen Hafenstadt be-
lung aus U g a r i t fand sich unter den Ta- kannt war und kopiert wurde. Denn auch
feln der 20. und 21. Ausgrabungskampagne der Text RS. 22. 219 u. 22. 398 (Nougay-
C. F. A. Schaeffers. (Erstveröffentlichung: rol, Ugaritica 5, 304ff.) gehört zum Kreise
J. Nougayrol, Ugaritica 5 [1966] 300 ff. der Überlieferungen unseres Epos.
Tafel Nr. 167; Vorbericht: CR 1961,170 ff.). 9. J ü n g e r e B r u c h s t ü c k e und P a r a -
Dieses Bruchstück, RS. 22. 421, ist die p h r a s e n . Hier handelt es sich um die
linke obere Ecke einer besonders fein ge- wichtigsten Ergänzungen und Varianten
schriebenen vierkolumnigen Tafel; erhal- der großen ninevitischen Fassung (s. 10)
ten sind 19 Zeilen u. 2 Zeilen Unterschrift. von verschiedenen anderen Fundorten:
Der (auch sonst bekannte) Schreiber trägt a) D i e A s s u r - F r a g m e n t e . ImMuseum
einen echt phönizischen — mit den Gottes- zu Istanbul befindet sich eine Anzahl von
namen Rasap-Resef zusammengesetzten— Bruchstücken einer dreikolumnigen Ab-
Namen; er hat somit (wohl in der 2. Hälfte schrift der 6. Tafel der jüngeren Rezension
des 13. Jh.) ein altbabylonisches Original des Epos. Der oberste Teil, gleichfalls aus
sorgfältig kopiert. Die Anklänge an den Assur, ist im Berliner Museum (KAR 115,
Bericht von der großen Flut in Gilg. XI vgl. auch KAR 319, 320). Die Abschrift
sind auffallend, doch ohne Identität des ist schwerlich älter als das 9.—8. Jhd.
Wortlauts. Im Gegensatz zum Atrahasis- Von den 225 Zeilen der Tafel sind nur
Epos, wo alles in der 3. Person berichtet 127 ganz oder teilweise erhalten: wertvoll
wird, spricht der Sintflutheld hier (genau durch Varianten und Ergänzungen zur
wie in Gilg. XI) in der Form des Selbst- ninevit. Fassung, vor allem zum Kampf
berichts, also in der 1. Person (Z. 6f.: mit dem Himmelsstier. Rekonstruktion
„Atramhasis bin ich, ich bewohne das Haus des Textes von R. Frankena in: CahTD 1,
des Ea, meines Herrn . . . " ) . Dieser Ehren- 113—122. S. KUB 4,12 und S. 372.
name (so auch Gilg. XI 187) bedeutet b) Die F r a g m e n t e aus S u l t a n t e p e
wohl nicht nur den „Hochgescheiten", sind gleichfalls assyrisch, aber Schüler-
368 GILGAMES
texte, wohl nach Diktat geschrieben, mit Epos: 1 1 sa nagjqba imuru, was sich doch
zahllosen Fehlern. Trotzdem enthalten sie wohl (schon wegen des Parallelismus mit
wertvolle Ergänzungen zur 7. Tafel (Traum dem Folgenden) auf die Erkenntnis oder
des Enkidu und Antwort), sowie zur 8. Erforschung der „Gesamtheit" (nagba, nl.
Tafel mit der Klageliturgie und den darauf des zu Wissenden) bezieht, also nicht etwa
folgenden Vorbereitungen zum Prunkbe- als eine Anspielung auf den Höhepunkt
gräbnis. Auf solche maßlos verschwende- des Epos in XI 273 aufzufassen ist, wo
rischen Bestattungsvorbereitungen bezieht G. sich in die „Tiefe" (dann naqbu — apsü)
sich dann m. E. auch der merkwürdige niederziehen läßt, um das Lebenskraut zu
Brief des G. an den Fürsten von Asranunna pflücken.
(wohl Schreibfehler für Asnunna). Dieser Die ersten 11 Tafeln umfassen je 6 Ko-
Brief, in welchem der angebliche Verfas- lumnen mit durchschnittlich je 50 Versen,
ser zweimal seinen Freund Enkidu er- die 12. allerdings nur 150—160 Verse.
wähnt, ist aber wohl als ein phantasti- Doch ist diese 12. Tafel ein sekundärer
scher, für die Textherstellung wertloser Anhang, durch welchen ein älterer und
und in Einzelheiten fehlerhafter Schul- ausführlicherer Schlußgesang verdrängt
aufsatz zu bewerten. Diese Texte stammen wurde. Der Gesamtumfang ließe sich dann
aus dem 7. Jhd. v. Chr. und befinden sich auf etwa 3600 (jetzt etwa 3450) Verszeilen
jetzt im Museum zu Ankara. Sie sind in schätzen. Die Unterschriften der Tafeln
Autographie veröffentlicht von O. Gurney/ sind nur teilweise bruchstückhaft erhal-
J. J. Finkelstein, STT 1 (1957) Nr. 14, ten: am vollständigsten die Endunter-
15 und der Brief Nr. 40—42. Vgl. dazu schrift XII i54ff., wo als der Schreiber
O. Gurney, JSS 2 (1954) 87 ff., und zum Brief der auch sonst wohlbekannte Nabü-zuqup-
AnSt. 7 (1957) 127ff. An STT 1 Nr. 14 kena* erscheint, welchem dann auch viel-
schließt sich vielleicht oben mit kleiner leicht der Ersatz des ursprünglichen
Lücke Nr. 112 an. Vgl. dazu O. Gurney/P. Schlußgesanges durch die jetzt vorliegende
Hulin, STT 2 (1964) S. 1 und PI. 143. Übertragung aus dem Sumerischen zuzu-
c) N e u b a b y l o n i s c h e F r a g m e n t e . schreiben ist. Vgl. dazu F. de Liagre Böhl,
Eine Übersicht bot D. J. Wiseman, CahTD Opera Minora 259 ff. Schon darum aber
1,123—135, mit Bearbeitung von Stücken kann der Name Sin-leqe-unnlni*, welcher
aus dem Britischen Museum, welche nun- im Katalogfragment K. 9717 mit unserem
mehr in Kopien von W. G. Lambert voll- Epos verknüpft ist, nicht den Schreiber,
ständig vorhegen : CT 46 (1965) Nr. 17—35, sondern nur den dichterischen Bearbeiter
PI. 29—36, mit Ausnahme der neuassyri- dieser Fassung bezeichnen. Die Serie
schen Bruchstücke Nr. 22 und 33. Die (es-gär) von G. erscheint dort (so
beiden Bruchstücke aus Uruk bot A. Fal- schon bei P. Haupt, AB 1, 90 Nr. 51) als
kenstein, LKU Nr. 39 u. 40. Die anderen aufgezeichnet „gemäß dem Wortlaut"
stammen wohl z. T. aus Babylon, so (sa pi) dieses als masmassu-Priester be-
A. Heidel, JNES n (1952) i4of. zeichneten Autors. Eine Erweiterung und
10. Die n i n e v i t i s c h e F a s s u n g des Neubearbeitung dieses Catalogue of Texts
a k k a d i s c h e n Epos ist die uns durch Ab- and Authors mit Zusammenstellung aller
schriften aus der Tontafelbibliothek Assur- bisher bekannten Fragmente bot W. G.
bänaplis (Qüjungiq Library) am besten Lambert in JCS 16 (1962) 59—77. Diese
und vollständigsten erhaltene jüngere Be- Liste zeigt merkwürdige Berührungspunk-
arbeitung. Diese Bezeichnung nach dem te mit dem Text W. 2003, 7 aus dem res-
Fundort der Tafelfragmente ist besser als Heiligtum von Uruk-Warka, welchen J.
„Zwölftafelepos", da die XII. Tafel als van Dijk in UVB 18 (1962) 43—52 (autogr.
eine Übertragung aus dem Sumerischen Tafel 27) veröffentlicht und behandelt hat.
(s. oben 3d) wohl erst innerhalb dieser Van Dijk erklärt diesen Text als eine Liste
Fassung ein sekundärer Zusatz ist. Der von Königen aus der Vorzeit, mit jeweili-
antike Name des Gesamtepos entsprach, ger Angabe der Namen ihrer weisen
wie gebräuchlich, den Anfangsworten des (apkallu) und gelehrten (ummanu) Berater.
GILGAMES 369
Die Tendenz wäre, die Genealogien der und sich gerade in dieser Fassung abzeich-
seleukidischen Schreiberfamilien bis in die net. Kennzeichnend ist ferner der tragische
Urzeit zurückzuführen. Die Annahme Grundton des Lebensgefühls und die Ver-
aber, daß man unseren Sin-leqe-unnini drängung der mythologisch-heroischen Mo-
(hier in Z. 12 geschrieben a sw-TI-£R) im mente durch die allgemein-menschlichen,
Sinne dieser Tendenz geradezu zum Zeit- sodann in dieser ritterlichen Periode (der
genossen des Helden seines Epos erklärt homerischen bei den Griechen) der Drang
hätte, wäre doch abwegig. Vielleicht ist in in die Ferne, die Lust an Kampf, Jagd und
den angebrochenen Zeilenanfängen —je- Abenteuern. In diesem Geiste hat der jün-
denfalls von dieser Z. 12 an — statt des gere Dichter die disparaten Stoffe über-
von van Dijk angenommenen ina tarsi „zur nommen, überarbeitet und einheitlich auf-
Zeit von" eher is-kar ( = es-gär) „Tafel- gebaut. Der Kulminationspunkt ist die Be-
serie von" zu ergänzen, so daß es sich leidigung der Göttin Istar durch ihren
auch hier um die Autoren von Dichtungen eigenen Stadtfürsten und dessen Freund
über die betreffenden Könige und Heroen (Tafel VI). Vor und nach diesem tragischen
handelt. Während Nabü-zuqup-kena als Wendepunkt sind die Situationen und
Priester und Schreiber in der Sargoniden- Charaktere bewußt gegensätzlich gezeich-
zeit mehrfach belegt ist, gehört Sin-leqe- net. Vorher ist G. ein unbarmherziger
unnini, dessen sich noch eine spätere Zwingherr, der die Untertanen unter-
Priesterfamilie in Uruk als ihres Stamm- drückt (I II 10ff.), weder bei Tag noch
vaters rühmte, schon wegen des damals bei Nacht rastet (I II 23 u. V 19), der die
bereits abgeschlossenen Prozesses der Ka- Warnungen seiner ehrwürdigen Stadt-
nonbildung in die späte Kassitenzeit, etwa ältesten lachend in den Wind schlägt (so
um 1200. Mit Recht betonte B. Lands- schon im Altbabylon., Gilg. Y V 2if.),
berger in seiner Einleitung in das G.-Epos der den Kampfesruhm und den Heldentod
(CahTD 1, 34) die Lösung des Werkes preist (III V iff. und IV VI 27H.). Nach-
aus seiner bewußt einfachen Form und her aber klagt und weint er über den Tod
seine äußerst kunstvolle Einkleidung durch des Freundes (VIII II iff.), läuft bang
diesen Dichter, sowie eine gewisse Moder- und erschlafft durch die Steppe (X III
nisierung, wobei die Intentionen des älte- 2ff.) und sucht, von Todesfurcht geplagt,
ren Dichters zwar allseits bewahrt blieben, seinen Ahnherrn, der die Sintflut überlebte
die Behandlung des Stoffes jedoch berei- und den Tod bezwang (X III 26ff.).
chert und verfeinert wurde. Literarische Nachdem er endlich bei diesem angelangt
Anklänge an das (freilich schwülstigere ist und seine Geschichte gehört hat, schläft
und weitschweifigere) Tukultininurta- er gleich zu Anfang der Probe ein, durch
Epos* machen seine Ansetzung in dessen die er wenigstens den Schlaf überwinden
Regierungszeit (etwa 1246—1209) m. E. soll, so daß er die täglich gebackenen und
denkbar. Dieser große Assyrerkönig war neben ihm hingestellten Brote unberührt
ein Bewunderer der babyl. Kultur, zu deren läßt, welche dann durch ihre Anzahl und
Verbreitung er wohl gerade nach seiner durch den Zustand, in welchem sie sich
teilweisen Zerstörung Babylons und des befinden, die Länge dieses Schlafes an-
Marduktempels durch die Exilierang vieler zeigen (XI199ff.). Das Ende der Gesamt-
vornehmer Babylonier und ihres Königs dichtung aber entspricht, wenn man vom
beigetragen hat. Als einen Babylonier an sekundären Anhang (XII) absieht, ihrem
seinem Hof könnte man unseren Dichter Anfang: der Preis der von G. errichteten
auffassen. Dann erklärt sich auch am be- Stadtmauer von Uruk (19ff. = XI303ff.).
sten das (abermalige) Verschweigen des Nach unendlicher Mühsal und Enttäu-
Gottes Marduk, im Gegensatz zur Ver- schung kehrt der Held in stiller Entsagung
ehrung des Samas, sowie eine gewisse di- in die Vaterstadt heim, wo er sich ohne
daktisch-moralische Einstellung und eine Aussicht auf die ersehnte Unsterblichkeit
Betonung der sozialen Gerechtigkeit, wie mit dem Nachruhm begnügt, welchen
diese dem Samasdienst eigentümlich war dieses sein Werk ihm verspricht.
ii. Hauptthemen und Komposi- lung wird, in welche der ausführliche und
t i o n des E p o s . Als das Thema der i . besonders anschauliche Sintflutbericht ein-
Hälfte des Epos kann das Lob der Freund- geschaltet ist. Der Gott Ea, der im letzte-
schaft und des Heldenmutes gelten, als das ren die Rolle des Erretters spielt, ist dem
Thema der 2. Hälfte die Lebens- und Todes- Epos sonst fremd. Hier läßt sich die
angst, die Enttäuschung und Entsagung. Quellenschrift, welche der Dichter aller-
Freilich bleibt die Ausarbeitung dieser dings stark bearbeitet hat (vgl. u. a. in
Themen an den Geist des Zeitalters gebun- X I 86 die unerwartete Erwähnung des
den. Die Freundestreue ist rein männlich Samas statt des Ea) mit großer Wahr-
eingestellt, wogegen sich die 3 weiblichen scheinlichkeit vermuten: das Epos von
Hauptrollen nicht über das Niveau der Atrahasis (vgl. J. Laess0e, BiOr. 12 [1958]
Sinnenlust erheben: weder die Hetäre (I), 96 ff. und oben unter 8i).
noch die Göttin Istar (VI), noch die Die letzte Tafel (XII) aber ist, wie be-
Schenkin Siduri (X) mit ihrem Rat leicht- reits erwähnt, als Übersetzung aus dem
sinnigen Lebensgenusses. Der Heldenmut Sumerischen ein vollends unselbständiger
entartet zum Übermut, der Hybris in Anhang. Hier könnte man vermuten, daß
der Tragödie entsprechend. Der Genuß das Thema des Nachruhms und Kriegs-
des Zauberkrautes aber, welches der Held ruhms als Ersatz für den Verzicht auf die
endlich findet und wieder verliert, be- Unsterblichkeit durch eine Bearbeitung
wirkt nicht etwa ewiges Leben oder Selig- des (sonst ganz fehlenden) sumerischen
keit, sondern durch den Genuß der Früchte Liedes von G. und Agga von Kis (s. oben
lediglich eine jeweilige (periodische) Ver- 5 a) weitergeführt wäre, welches Thema in
jüngung im Greisenalter, und selbst diese der Sargonidenzeit aber nicht mehr ge-
bleibt dem Sterblichen versagt. An der nügte, sondern durch die tieferen Probleme
entscheidenden Stelle der Benennung die- verdrängt wurde, die am Schluß des Liedes
ses Krautes (XI 281) ist wohl auch eine von G., Enkidu und der Unterwelt (s. 5d)
Anspielung auf die Bedeutung einer äl- behandelt sind: das Schicksal der Ver-
teren Namensform des Helden beabsich- storbenen im Totenreich (vgl. F. de Liagre
tigt (s. dazu oben 1), wie wohl auch schon Böhl, Opera Minora 259f.). Was schließ-
im Traum des G. in der altbabyl. Fassung lich das Mittelstück des Epos betrifft, so
(Gilg. P VI 31 ff.) eine Anspielung auf ist die Verflechtung von 3 oder 4 Einzel-
die mögliche Bedeutung der jüngeren dichtungen mit parallelen Motivgruppen
Schreibung: g i s - g f n - m a s ( = g i s - t ü n - deutlich. Schon vor dem endgültigen Schei-
mas) als die „Zwillingsaxt" oder „Doppel- tern durch den Verlust des Verjüngungs-
axt" (Labrys): ein Bild unverbrüchlicher krautes (XI 281 ff.) hat der Held das Ziel
Freundschaft. dreimal beinahe erreicht, es aber verfehlt
Diese thematische Einheit ist aber nur oder verloren: durch das Fällen der heili-
künstlich und scheinbar. Schon am Anfang gen Zeder als des Lebensbaumes (V), durch
fällt auf, daß das Thema vom wilden Mann die höhnende Abweisung des Liebesantra-
in der Steppe und von seinem Weg durch ges der Göttin (VI) und vielleicht auch
die Sinnenlust zur Zivilisation im sumeri- durch eine Abweisung oder Beleidigung der
schen Zyklus fehlt, wo Enkidu als Knecht Schenkin Siduri, die aus den Früchten der
und nicht als dem G. ebenbürtig erscheint. Paradiessträucher den Göttertrank braut
Es mag ursprünglich einer selbständigen (X). In allen diesen Fällen muß er erst
Dichtung angehört haben, aber schon gefährliche Wegstrecken überwinden, wel-
durch den altbabyl. Dichter durch das che die Unterwelt andeuten: Zedernberg,
(dem Zyklus gleichfalls fremde) Thema Steppe, unterirdische Schlucht, Wasser des
von der Tyrannei des G. und der Freund- Todes. Die Parallelität dieser Motive ist
schaft der Helden als Einleitung mit dem deutlich.
Epos verknüpft sein (s. W. G. Lambert, 12. F o r m d e r D a r s t e l l u n g u n d Vers-
CahTD 1, 51). Am Ende fällt auf, daß r h y t h m u s . Ebenso wie auch sonst in der
das Epos in Tafel XI zur Rahmenerzäh- altorientalischen erzählenden Poesie ge-
GILGAMEg 371
schieht auch hier das meiste in dramatisch- 13. Das G.-Epos in der W e l t l i t e r a -
dialogischer Form, also in direkter Rede t u r : so lautete der Titel zweier umfang-
und Gegenrede der handelnden Personen, reicher Bände des Marburger Gelehrten P.
ohne nähere Darlegung ihrer Gedanken, Jensen* (Straßburg 1 9 0 6 u. Marburg 1 9 2 8 ) ,
Motive oder Pläne und mit nur seltener welcher sich um die sprachliche Erfor-
Einschaltung von Milieuschilderungen oder schung unseres Epos im Rahmen der übri-
anderen Erzählungselementen. So konnten gen assyr.-babylon. Mythen und Epen
holländische Studenten es wagen, das Epos (KB 6/1, 1900) ein großes Verdienst er-
in nur wenig gekürzter rhythmischer Uber- worben hatte. Obwohl von diesen Bänden
tragung als Drama auf die Bühne zu brin- nicht dasselbe gilt, bieten sie dem Sagen-
gen, wobei freilich einem „Erzähler" eine forscher durch ihre Motivsammlungen noch
selbständige Rolle zugeteilt war, welcher heute manche Anregung (vgl. A. Schott im
(etwa dem Chorführer in der griechischen Nachruf, ZA 4 4 [ 1 9 3 8 ] 1 8 7 ) . Jensen ver-
Tragödie vergleichbar) die Einzeldialoge suchte bei den vermeintlichen Entlehnun-
durch erzählende Einschaltungen mitein- gen nicht nur analoge Einzelmotive, son-
ander verband. Erzählende Einzelschilde- dern ganze Motivreihen in stets derselben
rungen (in der 3. Person) finden sich in Reihenfolge aufzufinden. Sein Irrtum war
unserem Epos vor allem gleich in der Ein- wohl, immer gleich eine direkte literarische
leitung (I), sind aber auch sonst gelegent- Entlehnung (u. zwar damals noch aus-
lich von einer für die vorhellenische Periode schließlich aus der ninevitischen Fassung)
unerhörten poetischen Kraft und Anschau- anzunehmen und den Kreis der möglichen
lichkeit: z. B. die lebhafte Schilderung des Entlehner zu weit zu ziehen. Was er „Mo-
Ringkampfes (altbabyl., Gilg. P VI), die tivreihe" nannte, entspricht etwa dem heu-
idyllische wie die des gepflegten Parkes tigen Ausdruck „pattern", wobei es sich
(V Kol. I), die schauerlich-spannende, wie im allgemeinen um geistige Normen oder
die des Ganges durch die finstere Schlucht, Schablonen handelt, welche sich in den ver-
welche die „Zwillingsberge" (mäsu), zwi- schiedenen Kulturkreisen auf die gleiche
schen denen die Sonne unter- und aufgeht Weise auswirkten (vgl. zum G.-Epos u. a.
(IX Kol. V) miteinander verbindet, und S. H. Hooke, The Siege Perilous [ 1 9 5 6 ]
auch die wild-romantische des Wetter- 5 1 — 6 5 ) . Doch blieb diese Theorie des
sturmes und der Sturmflut (XI 96 ff.). „patternism" gleichfalls nicht unwider-
Für die Fragen der Rhythmik und sprochen.
Metrik unseres Epos kann ich auf meine Schon durch die räumliche und zeitliche
Darlegung über La metrique de l'efio-pee Nähe sind für unser Epos deutliche Motiv-
babybnienne im Sammelwerk CahTD 1, anklänge und dann auch Verwandtschaft
146 ff. verweisen (ausführlicher holl. in in der Form der Darstellung am ehesten
JEOL 1 5 [ 1 9 5 8 ] 133—159). wo 8 Regeln zu erwarten mit den ugaritischen Epen,
vorgeschlagen sind, bei deren Einhaltung sodann mit der Urgeschichte der Genesis
der Versrhythmus ganz regelmäßig ver- und mit den homerischen Epen. Während
läuft. Es handelt sich dabei um die Weg- die erste dieser 3 Gruppen nach Form und
lassung der Kasusendungen schon in der Inhalt diese Erwartung enttäuscht, sind
älteren Poesie, um die Zusammenziehung die vermeintlichen Anklänge und Be-
und das Fehlen der Betonung bestimmter ziehungen zur zweiten (der biblischen)
Partikel (auch der Negation) und um die zwar am eifrigsten beachtet, doch sind
Stellung betonter Eigennamen außerhalb gerade hier die inneren Gegensätze (z. B.
des Rhythmus. Eine weitere Nachprüfung zwischen Enkidu und Adam oder zwischen
wäre wünschenswert. Der Kenner des Rus- Utnapistim und Noah) weit stärker als die
sischen findet eine noch eingehendere Aus- Analogien, und von einer literarischen Ent-
einandersetzung der metrischen und rhyth- lehnung kann kaum irgendwo die Rede
mischen Fragen bei J. M. Djakonov, Epos sein. Höchstens etwa in einer ganz kurzen
o Gilgamese (Moskau/Leningrad 1961) Episode wie die Aussendung des Raben
135—153- aus der Arche, vgl. XI152 f. mit Gen. 8, 7.
2,*
372 GILGAMES
Näheres bei F. de Liagre Böhl in RGG3 i lieh der Sonnengott des Himmels [Mannes-
(1957) Sp. 823 ff. und im Beitrag „Babel kraft], der Wettergott aber verlieh ihm
u. Bibel, I JEOL 16 (1964) 103 ff. (zur Heldensinn. [So schufen] die großen Götter
Sintflut S. H3f.). Um die Aufspürung der den Gilgames. Die Gestellt [betrug] ihm elf
Anklänge an die 3. (die homerische) Grup- Ellen an H[öhe], die Brust [maß] ihm in
pe erwarben sich C. H. Gordon und C. A. der Breite neun Sp[annen]". Die Partien
Frenklian das meiste Verdienst. mit stärkerem fremden Lokalkolorit
Literatur bis i960 bei L. de Meyer in: G. et
scheinen charakteristisch gekürzt: „Alle
sa legende, CahTD 1 (i960) 7—27; Ergän- Lande durchstreift er und kam [auch] nach
zung: L. Matous, BiOr. 21 (1964) 3ff.; s. auch Uruk (U-ra-ga / U-ru-ga) ... Täglich ist er
I. M. Djakonov, BiOr. 18 (1961) 61—66. Letzte dabei, die Mannen von Uruk zu bezwin-
Textedition: R. C. Thompson, The Epic of
Gilgamish (Oxford 1930). Übersetzungen: gen." (KUB 8, 57; Dupl. KBo. 10, 47a).
A. Schott/W. von Soden, Das Gilgamesch- Enkidu, ebenfalls deifiziert, ist Begleiter
Epos, Sammlung Reclam (1962) deutsch. — auf dem Zug über den Euphrat zum Ze-
E . A. Speiser, ANET 2 (1955) englisch. — dernwald. Bunt ausgeschmückt wird die
G. Contenau, L'^popee de Gilgamesh (1939)
französisch. — F. M. Th. de Liagre Böhl, Auseinandersetzung mit Huwawa.
Het Gilgamesj-Epos 3 (1958) niederländisch Im hurrit. Teil scheint der Fluch Enki-
(mit Kommentar). — G. Furlani, Miti babi- dus über die Dirne (Siduri) und das Ge-
lonesi e assiri (1958) 111—282, italienisch. —
A. Salonen, Gilgamesh-Eepos (1943) finnisch. spräch des Gilgames mit der Schenkin
— O. E. Ravn, Babylonske religi0se tekster (DNahmazuli) erhalten zu sein.
(1953) dänisch. — K. Tallqvist, Gilgames- Zur zehnten Tafel der assyrischen Re-
Eposet översatt och förklarat (1945) schwe- zension hegt eine heth. Entsprechung vor
dich. — L. Matous, Epos o Gilgamesovi (1958)
tschechisch. —• I. M. Djakonov, Epos o mit der Fahrt von Gilgames und Ursanabi
Gilgamese (1961) russisch. übers Meer.
Etwa ein Dutzend weiterer, noch un-
F. M. Th. de Liagre Böhl publ. Fragmente, stammt als Nachlese aus
den Ostmagazinen des Großen Tempels
(C. Nach h e t h i t i s c h e n Texten.) und aus Gebäude K von Büyükkale.
In den Texten aus Bogazköy außerhalb J. F r i e d r i c h , ZA 39 (1929) 1—82 und
des Epos ist der Name nur in einem Ge- OrNS 30 (1961) gof. H. O t t e n , Istanbuler
burtsomen bezeugt: „Wenn eine Frau ge- Mitteilungen 8 (1958) 93ff. und in P. G a r e l l i ,
biert und (das Kind) den Kopf einer Gilgames et s a u g e n d e (i960) 139—143. E. v o n
S c h u l e r in H. W. H a u s s i g , Wörterbuch der
Schlange hat, (so ist dies) ein Vorzeichen Mythologie I Abt., 164—167.
des Gilgames . . (KBo. 13, 34 III uff.). H. O t t e n
Vom Epos ist ein akkadisches Fragment
bekannt (KUB 4,12, vgl. E. Laroche, Ca- D. I n der Archäologie.
talogue Nr. 227; R. C. Thompson, GE p.
43f.), mehrere Stücke einer hurrit. Ver- 1. Bauwerk und Historische Einordnung
sion und die hethitische Fassung, vor- (vgl. oben Abschnitt 3 Sp. 359): Nach dem
nehmlich einer ersten Tafel (Ubersetzung Epos (I 9 ff.; XI 303 ff.) und einer altbaby-
oder freie Bearbeitung?). lonischen Bauinschrift (SAK 222 f.) hat G.
Namensschreibung in den hurrit. Texten die Stadtmauer von Uruk erbaut. Vielleicht
D
Gal-ga-mi-iS, DBil-ga-mis (KUB 8, 60 lk. war daran schon Enmerkar beteiligt, der in
Rd.), aber auch wie die heth. Belege der sumerischen Königsliste als Erbauer
D
GI§. GIM. MAS (unv. 142/v.). Benennung der Stadt gilt. Die heute vorhandene
als Gilgames-Epos (unv. 372/v SlR °GlS. Mauer besteht im Kern aus plankonvexen
GIM. MAS), aber auch mit Kolophon Ziegeln, die in Uruk kurz vor oder zu Be-
„Vierte Tafel des Huwawa" bei der hurrit. ginn der Mesilimzeit eingeführt wurden
Version. (archaisch I 7 ; ebenfalls in I 5 —I x benutzt).
Das Proömium fehlt. Der Text beginnt A. v. H a l l e r , UVB 7 (1936) 4 i f l . ; UVB 8
nach kurzem Einleitungssatz mit der Schil- (1937) 5Ö-; H. L e n z e n , MDOG 83 (1951) 15.
derung der Größe des Helden. „Ihm ver- 23-
373 gilgames
ramäbäd entfernt, beobachtete E. Herz- -na-a-a WO 1, 15, 12; 2, 140A; 230, i8of.;
feld 1928 ein giebelförmig bedecktes Iraq 25 (1963) 52, 17. kurGu-za-na-a-a
Megalith-Grab und dessen Inhalt. Es Salm. Mon. I 28 Schreibfehler (Verwechs-
enthielt keine Knochen mehr, jedoch 15 lung mit Guzana*, s. E. Forrer, Provinz-
Pithoi und viele kleinere Töpfe, von denen eintlg. 23).
Herzfeld 4 erwarb. Zwei bronzene gerad-
M. Streck, ZA 14 (1899) 148—151; A. Biller-
wandige Schnabeltöpfe mit Locken- bzw. beck, BA 6/1 (1908) 43; E. Michel, WO 1
Treppenmustern rettete er ebenfalls; ver- (1947/52) io 8 ; 472; J. V. Kinnier Wilson, Iraq
schollen sind einige Bronzewaffen, Achat- 24 (1962) 108. i n .
platten und Perlen. — Ein Krug mit Aus- W. Röllig
guß soll einem Stück aus Susa gleichen,
das der späten „Susa Ii-Ware" angehört Gilzau, Ortschaft in Syrien, nahe Qar-
(MDP. 13 Tf. 27, 7). qar*, von Sulmänuasared III. im Zusam-
Nach den beiden Schnabeltöpfen kann menhang mit der Schlacht beiQ. genannt:
mn
ein fest umrissener G i l v i r ä n - T y p be- Gil-za-ü Salm. Mon. II 97. Variante
n
nannt werden, der wohl längere Zeit — ™Di-il-zi-a-ü Iraq 25 (1963) 54, 32 (lies
wenigstens aber zur Zeit der Meskalamdug- KH-il- ?).
Stufe* — in Tellö (Girsu*), Ur*, Susa* W. Röllig
und „Luristan"* verbreitet war (dem-
nächst P. Calmeyer, Datierte Bronzen aus Gimagan(a). d g i - m ä - g a n ( a ) ; so, nicht
d
Luristan und Kirmanshah II 5). — Der- * g i - g a - s a l (A. Deimel, Pantheon Nr. 596)
gestalt örtlich und zeitlich festgelegt, hat oder * d g i - g a - r a k (§L IV/i, 131,6). Im
das Grab von G. großen Seltenheitswert: ,Götteradreßbuch' III R 66 I 23 in teil-
vor der Grabung am Tepe Gürän* war G. weise zerstörtem Kontext genannte Gott-
das einzige wissenschaftlich beobachtete heit, gehörig zum Assur-Tempel von Assur
Megalithgrab im Westiran; einzig hier in der nA Zeit. Der sum. Name bedeutet
kommen frühdynastische Bronzen und „Rohr von Magan".
Keramik zusammen vor. R .Frankena, Täkultu (1954) 5: K 252 I 23;
E. Herzfeld, AMI 1 (1929) 65. 70f. Tf. V i f . ; S. 89, Nr. 63. D. O. Edzard
Ders., Iran in t h e Ancient East (1941) Tf. X X V
unten rechts; S. 267 Abb. 372 (Details); L. Van- um
Gimdakrikka. gim-da-ak-rik-ka.
denBerghe, Archäologie de l'Iran Ancien (1959) Stadt des mit Urartu verbündeten Landes
87; W.Nagel, Djamdat Nasr-Kulturen und
Frühdynastische Buntkeramiker (1964) 18.95. Zikirtu*, Provinz Aukane*; von Sarrukln
102 Tf. 70, 4. 5; vgl. Tf. 38, 6. II. auf seinem 8. Feldzug erobert (Sg. 8,88).
P. Calmeyer. D. O. Edzard
a certain complex which they had consid- The g. of the Ur III-Isin-Larsa period is
ered to be the gipäru of the en-priest of the best preserved and the most complex
Inanna, was more likely used for other of the gipäru sites in Ur. It was composed
religious purposes (For reasons for reject- of three main units. First, there was the
ing the view of the excavators see the care- Ningal temple, which was given the name
ful study of P. Weadock, The Giparu at of £ . n u n . m a h . It is here, according to an
Ur ... p. 58ff.). However, two different inscription of Nür-Adad (UET 1, 111,
sites in the Diyala region, Hafägi* and 33—36), that the god Sin might spend the
TellAgrab*, have yielded buildings which, night. Thus, it may be here in the Ningal
on the basis of the similarity of their plans temple, that the ewto-priestess acting as
to that of the g. of Ur*, may well be gipa- the human wife of the god Sin carried out
rus. This is the interpretation of the func- her most important funetion as partieipant
tion of House D of the Temple Oval at in the sacred marriage rite. This rite was
Hafägi, and of the complex of rooms in the celebration of the fertility which had
the southern corner of the Sara temple at produced the harvest and which assured
Teil Agrab (P. Delougaz/S. Lloyd, Pre- the city of sufficient food for the Coming
Sargonid Temples OIP 58, 261—5). year.
It is the g. at Ur which has provided us The second unit was the g. proper, the
with a wealth of information concerning dwelling of the erafw-priestess with its cem-
the structure of the g. etery for the deceased entus. The kitchen
In the course of the excavations at Ur, which served for all the inhabitants of the
in 1924 and 1925, carried out by a joint g. building, both human and divine, was
expedition of the British Museum and the a significant part of this section. The cem-
Museum of the University of Pennsylvania etery, too, which was of major importance
under the direction of Leonard Woolley, for the cult of dead entus dates back to
a building lying inside of the temenos, the earliest periods of Sumerian history.
just southeast of the ziqqurrat and the It was thought that the power of the entu
enclosed area dedicated to the god Nanna, to insure the prosperity of the Community
on the basis of the tablets and objects found continued on after her death. Therefore, of-
in it, was identified as the gipäru of the ferings were made to the earüer entus in
entu-priestess of the god Nanna. The ear- the hope that that power would continue
liest building uncovered dated from the to act on its behalf.
Early Dynastie Period and it seems that Finally, there was a sanctuäry in which
with perhaps additions and rebuilding this the entu prayed for the life of the king, her
site continued as the gipäru through Ak- father or her brother, so that through him
kadian and Gutian times down to the the gods would bestow fertility on the land.
Ur I I I period. At some time during the Here perhaps might stand the statue of
Ur III-Isin-Larsa period the building was the king.
destroyed by fire, perhaps by the very In Kassite times these units became
soldiers who had destroyed the walls of Ur. completely separated, suggesting perhaps
In c. 1400 the Kassite ruler, Kurigalzu I, that this may have been the case in earlier
undertook its rebuilding on a somewhat periods, too. The gipäru was primarily the
different plan, without the cemetery for house in which the entu-priestess of Nanna
the deceased entus which had been an inte- lived, with the gradual growth of the cem-
gral part of the earlier g. There were also etery about it. Although the cemetery had
Assyrian remains of the g. built by the been discarded by the Kassite ruler, per-
Assyrian governor of Ur, Sinbalätsuiqbi, haps as a foreign custom, Nabüna'id re-
from about 650 B.C. Finally, Nabüna'id built it, saying in the famous text describ-
restored this very same building for his ing his daughter's becoming an entu, "With
daughter, building beside it a house for her, a wall the resting place of the ancient entu-
as well as once again including within the priestesses I enclosed newly, as of old"
complex a cemetery for the dead entus. (YOS 1, 4 5 ii 4—5).
giparesi — GIPSSTEIN 379
56) 194: „ E s ist aber Tatsache, d a ß bei An- M e s n i l d u B o i s s o n , Baghouz (1948) 15 (Gips-
fertigung der assyrischen Reliefs zwei verschie- estrich, Chalkolithikum [Samarra-Stufe]); H.
dene Steinarten verwendet w u r d e n : der härtere J . L e n z e n , U V B 14, 22 (Gipsestrich im Stein-
Kalkstein u n d der weichere Alabaster (Gips- stiftmosaik-Tempel zu U r u k ; etwa U r u k VIZV-
stein). W e n n die Oberfläche poliert ist, sehen Zeit); A. P a r r o t , Mission archeologique de
die Reliefplatten sehr ähnlich aus, es m u ß d a n n Mari 2, 53. 67 (Gipsstuck bzw. Estrich als
durch genaue Untersuchung festgestellt wer- Untergrund f ü r Malereien; altbab. Zeit).
den, welche Steinart vorhegt".
Gefäße: R . D. B a r n e t t / D . J . W i s e m a n , Der Gebrauch von Gipsmörtel bei
F i f t y Masterpieces of Ancient Near E a s t e r n Mauerwerk aus gebrannten Ziegeln setzt
A r t (i960) 8f. Abb. 1 sowie E . H e i n r i c h , nach einer Feststellung von F. Wetzel und
A D F U 1, 3 9 I Tf. 24c u n d 3 0 a (alle Gemdet
Nasr-Zeit). E. Schmidt in Mesopotamien zur helle-
Waffen: C. L. W o o l l e y , U E 2, 378 Tf. 183 nistischen Zeit ein und ist für die Bauwerke
(Keule, Ur I-Zeit). der parthischen Periode charakteristisch.
Architektur: C. P r e u s s e r , Die Wohnhäuser F. W e t z e l / E . S c h m i d t / A . M a l l w i t z ,
in Assur, W V D O G 64 (1954) 18 (Pflaster, Neu- Das Babylon der Spätzeit, W V D O G 62 (1957)
assyrische Zeit). 33-
Gipsstein wandelt sich bei etwa 200° Schließlich scheint Gips, der auch zu
Brenntemperatur unter Abgabe eines Teils magischen und medizinischen Zwecken
seines Kristallwassers in Stuckgips um, der verwendet wurde (B. Meissner, BuA 2,
sich beim Anrühren mit der vier- bis fünf- 208f., 213, 309), in jener künstlichen Masse
fachen Menge Wassers rasch erhärtend enthalten zu sein, die H. J. Lenzen als
wieder in Gips zurückverwandelt. Der „eine Art von Gußbeton" anspricht und
Stuckgips ist bereits im präkeramischen die als Baumaterial für den Steinstift-
Neolithikum als Modelliermaterial bekannt. mosaik-Tempel zu Uruk diente (Lenzen,
Beispiele: K. M. K e n y o n , P E Q 85 (1953) o. c. 23; etwa Uruk Vl/V-Zeit).
86 Tf. 36/37; M. F a l k n e r , AfO 16 (1952/53)
384 (menschliche Totenschädel aus Jericho, W . A i n s w o r t h , Researches in Assyria,
denen mittels Gipsmodellierung menschliche Babylonia a n d Chaldea, 1838, passim; A.
Gesichtszüge gegeben wurden; präkeramisches H o u t u m - S c h i n d l e r , J a h r b u c h k. k. geol.
Neolithikum); W. A n d r a e , Die archaischen Reichsanstalt 31 (1881) 172L; G. J e q u i e r ,
Ischtar-Tempel, W V D O G 39 (1922) Tf. 27 a + Bulletin de l'institut frangais d'archeologie
2 8 b / c (Gipsstuckrelief, Gemdet Na§r-Zeit). Orientale 19 (1921/22) 92ff.; G. T s c h e r m a k ,
Lehrbuch der Mineralogie (1923) 541, 680; P .
Zur Herstellung von Estrichgips benö- T h o m s e n , R L V 1, 80; B. D a m m e r - T i e t z e ,
tigt man Brenntemperaturen von 850°— Die n u t z b a r e n Mineralien 2 I I (1928) 76ff.; R.
C. T h o m p s o n , DACG, besonders 43L, 178ff.;
iooo°, bei denen das gesamte Kristall- G. L i n c k / H . J u n g , Grundriß der Mineralogie
wasser ausgetrieben wird. Durch Wieder- u n d P e t r o g r a p h i e (i960) 285; A. L u c a s /
aufnahme von Wasser geht dieser langsam J . R. H a r r i s , Ancient E g y p t i a n Materials a n d
(1/2 bis 2 Tage) in Gips von sehr dichter Industries 4 (1962) 59, 413; W . v o n S o d e n ,
AHw. 282f.; A. S c h ü l l e r , U V B 19 (1963) 58;
Beschaffenheit und größerer Härte über. R . J . F o r b e s , Studies in Ancient Technology
Ob es sich bei dem von den altorientalischen 7 (1963) 169 Abb. 18 (Karte altorientalischer
Handwerkern als Wandbewurf oder Fuß- Steinbrüche); B . D a m m , Das Kalksinter-
bodenbelag benutzten Gips um Stuck- oder Vorkommen des Zendan-i-Suleimans im Nord-
iran, N a t u r und Museum 94 (1964) 145 ff.
Estrichgips in unserem Sinne handelt,
bleibt, solange keine diesbezüglichen Un- R . M. Boehmer
tersuchungsergebnisse vorliegen, offen. Auf
jeden Fall war man schon in früher Zeit "GlR, Gottheit in Fära-Text: SF 12
imstande, Temperaturen von etwa iooo° II 3-
zu erzielen, wie Experimente von A. Streu D. O. Edzard
mit Teil Halaf-Scherben ergeben haben
(ZDMG 98 [1944] 361). Gir. ägi-[ir]: [su]-ma, Gottheit in Göt-
Beispiele: K. M. K e n y o n , 1. c. 84, 86 (mit terliste KAV 64IV 6 (s. a. auch dort Index
Gips v e r p u t z t e H a u s f u ß b ö d e n u n d W ä n d e in S. XIV); vgl. Agir.
Jericho; präkeramisches Neolithikum); du D. O. E d z a r d .
GIRÄ — GIRD -I HASAN 'ALI 381
Girä. Ort in Murasü-Urkunde aus Nip- Girämu. Ort in Urkunde aus Babylon,
pur. uru gi-ra-a' BE 9, 25, 14. Wohl iden- Nabükudurri'usur II; 16. mu gi-ra-mu Pohl,
tisch mit Bit-Girä*. AnOr. 8, 7, 3. Gefangene aus G.
D. O. Edzard
D. O. Edzard
d
GlR.A[B], Gottheit in der großen Gir 'Arab s. ' A r a b , Teil (Suppl.).
Götterliste aus Fära: SF 1 Rs. II 15.
Gir Balik. Niedriger Ruinenhügel süd-
D. O. Edzard lich des Singär-Gebirges, auf dessen Ober-
fläche Halaf- bis Uruk-Ware aufgelesen
wurde.
Girad. Ort bei Sibaniba* (Teil Billa).
ura S. L l o y d , Iraq 5 (1938) 125. 141 f. Nr. 66.
gi-ra-ad JCS 7 (1953) 135: 63, 13; mA.
P. Calmeyer
D. O. Edzard
Girbask. Ruinenhügel in NO-Syrien,
Girairän. Im VI. iranischen Ustän, in etwa 6 km sw. von Darbasija, nö. des Hä-
der Landschaft Luristän im Nordteil der bür* (40°33' ö. L., 37°02' n. B.).
Alistär-Ebene (ungefähr 30°5i' nördl. M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 48.
Br.; 48°i5' östl. L.) liegt das Dorf G. am B. Hrouda
Südrand eines großen Ruinenhügels, in
den Sir Aurel Stein 1936 drei Versuchs-
gräben von Norden aus vorstieß. Sie ent- Gird, Tell-i. Im VII. iranischen Ustän,
hielten mehrere Schichten mit angeblich im Nordwesten der Landschaft Färs, etwa
gleichbleibender bemalter und unbemalter 13,5 km südsüdöstlich von Ardakän, liegt
Keramik. Die publizierten Scherben lassen der kleine Hügel Tul-i Gird oder G., 1935
sich jedoch durch Vergleiche mit denen von Sir Aurel Stein untersucht. Unter
des Tepe Giyän* mehreren Perioden zu- unpublizierter, als „luristanisch" be-
weisen: einige entsprechen deutlich dem schriebener Keramik fanden sich Bakün*-
chalkolithischen Giyän V (A. Stein Tf. Scherben.
XIV 14. 17. 26f. 31. 33), andere wohl der Sir Aurel Stein, Old Routes of Western Iran
Susa II-Verfallsware oder der frühesten (1940) 6ff.; 7 (1. sketch plan); Abb. 1; Tf. I,
1—10; X X V I I 1; Faltkarte unten links. —
Nihavand-Ware (A. Stein Tf. XIV 20 f. D. McCown, The Comparative Stratigraphy
23 = Beginn Giyän IV: vgl. W. Nagel of Early Iran (1942) = SAOC. 23, 26 n. 37.
Tf. 38. 43f.). Späte Giyän III-Ware fand P. Calmeyer.
sich nicht nur in Scherben (A. Stein Tf.
XIV 15. 24. 32) sondern auch in einem Gird 'Ali Aga s. 'Ali Aga (Suppl.).
Einzel( ?)-Grab in acht wohlerhaltenen
Exemplaren (Abb. 77; Tf. XIII if. 4—7. Gird Banahilk s. B a n a h i l k (Suppl.).
gf.; Tf. XXVIII 10. 12. 16). Endlich
scheinen zwei Scherben in der Manier von Gird Cai s. Cai (Suppl.).
Giyän Ii-Ware bemalt zu sein (Tf. XIV
18f.). — Oberflächenfunde lassen auf Girdem. 1. Ruinenhügel in NO-Syrien,
langandauernde islamische Besiedlung nö. des Häbür* (4i°39' ö. L„ 37°o5' n. B.).
schließen. 2. Ruinenhügel in NO-Syrien, nö. des
Häbür* (4i°48' ö. L., 36°54' n. B.).
Sir Aurel Stein, Old Routes of Western Iran M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 49.
(1940) 278. 28off.; 279 (sketch map V); 281
(18. sketchplan); Abb. 77. 87. Tf. X I I I . X I V B. Hrouda
(außer 1. 3. 20). X X V I I I 5. 10. 12—14. 16. —
L. Vanden Berghe, Archeologie de l'Iran Ancien Gird-i Hasan 'Ali. Im iranischen Ustän
(1959) 95- 185. — W. Nagel, Djamdat Nasr-
Kulturenund Frühdynastische Buntkeramiker Adarbaigän, im oberen Tal des Gädar,
(1964) 19. P. Calmeyer. südwestlich des Urmia-Sees, etwa 12 km
38a GIRESUN — GIR'IKU(D)
ostsüdöstlich von Usnu(wija), legte Sir b) Ort in Urkunde aus Nippur, Assur-
Aurel Stein 1936 drei Versuchsgräben in bänapli 26. gir-gi-lu4ki BE 8/1, 1, 2.
zwei Hügel. Im größeren Hügel A fand D. O. Edzard
sich im lockeren Schutt 'Ubaid-Ware*
einheitlicher Technik neben handgemach- Giri. GlRI X GÄNA-tenü M . In prä-
ter roher Ware, daneben dann aber auch sargonischen Personennamen aus Girsu*
Scherben, die Sir Aurel Stein als (viel spä- (amar-G., he?-G., ur-G.) vorkommender
tere) graue Hasanlu-Ware beschreibt (p. Ortsname. Belege im Rep. geographique.
381). — W. Nagel unterscheidet drei Pha-
sen und ordnet sie seiner frühen, mittleren D. O. Edzard
und späten 'Ubaid-Zeit zu. Jedoch ent-
sprechen die „älteren" Scherben nicht Giribal-Ü. d g i r i - b a l - Ü , Name des
denen von Dalma Tepe* (R. Young, Ex- Wettergottes (Adad) in der Götterliste CT
pedition 5 No. 2 [1963] 38f.). Vielmehr 25, 27, 31. Vgl. giri-bal = rihsu „Über-
findet sich der Dekor der Scherben 1, 3,17 schwemmung" §L 444, 32. d GiRI.BAL ,i
und 18 in Pisdeli Tepe* (Antiquity 34 = ärihsü zu lesen ?
[i960] Abb. 1—3), der der Scherben 2, 8, D. O. E d z a r d / W . G. L a m b e r t .
13 und 15 im mittleren und späten Giyän* V
(G. Contenau-R. Ghirshman, Fouilles du
Tepe-Giyan Tf. 44. 47. 52), der der Scher- Girid. KlSl x GÄNA-tenüki, Ortsname,
ben 4 und 5 in 'Amuq E' (Nagel Abb. 47, der bisher nur in altsum. PN (amar-G.111
7). — Fragmente einer großen Schale mit RTC 18 VII 10 u. a.) belegt ist; Belege s.
auf weißem Slip gemaltem Tierfries und Repertoire geographique.
D. O. E d z a r d .
ein Bronze-Flachbeil (J. Deshayes, Les
outils de bronze ... [i960] 1 S. 56f. 80; 2
S. 13 No. 229) sind bisher nicht genauer zu Giridadi, I. Gi-ri-da-di AKA 375, 94,
bestimmen. — D. McCown vergleicht dar- Fürst von Assa* z. Zt. des Assurnäsirapli
über hinaus einige Scherben mit Ninive 5- II. (tributpflichtig), z. Zt. des Sulmänu-
Keramik. Diese Verwandtschaft erscheint asared III. Fürst in Nordsyrien t^Gi-ri-
d
zufällig und erstreckt sich nicht auf den IM Salm. Mon. I 35 = KB 1, 156, 35,
tektonischen Aufbau des Ninive 5-De- westsem. grhd).
kors. W . Röllig.
2 (1937) Tf. III, Z. 82 (BIL.GI, Var. GlS.- LKA 139, Vs. 44, Var. zu BA 5, 670!,
BAR), Tf. II, Z. 202 hat BIL.GI und Z. 14 (Gibil wird Nusku gitmälu genannt)
203—4 GlS.BAR; Borger, Ash. 51, A III usw. Bezeichnend ist auch die in Maqlü,
53 (BIL.GI und GlS.BAR Varianten) und II, 1—17, an Nusku gerichtete Beschwö-
bei Reisner, SBH, S. 134, II 10 f. wird rung, wo Nusku genau dieselben Prädikate
BIL.GI im akkadischen Texte mit GlS.- hat wie Gibil sonst. Seine Gemahlin ist
BAR übersetzt. Sala(s) (Maqlü, II 136).
Für "BIL.GI findet sich auch die Schrei- Obwohl Girra von Haus aus ein unter-
bung d Gi-bil: in Texten aus Fära (Fara 2, geordneter Gott ist, hat er als Gott des
10*; Fara 3, 26* usw.), ausTello (Thureau- Feuers eine wichtige Stellung im Pantheon
Dangin, RTC, Nr. 14, Rs. II 2f., Nr. 15, bekommen und trägt alle nur großen Göt-
Rs. IX 2 usw.), aus der Ur Iii-Zeit (Schnei- tern gegebenen Prädikate, vgl. Tallqvist,
der, An. Or. 19, S. 29, Nr. 145) und aus StOr. 7, (1938) 313 ff. Für den von Zaube-
altbabylonischer Zeit (CT IV, PI. 34 a, Z10; rern, Hexen und anderen bösen Mächten
VS VIII, Nr. 19, Z. 23). Thureau Dangin bedrohten Menschen ist er als Vernichter
LC, S. 60, betrachtet Gibil als den Namen dieser Wesen ein wichtiger Gott und somit
des öfter BIL.GI geschriebenen Gottes. spielt er in den Beschwörungsritualen
Daß Girra und Gibil ursprünglich zwei neben Ea, Marduk und Sama§ (u. a. Maqlü
verschiedene Götter waren, zeigt die Götter- V, Z. 180—3), deren Helfer er ist (Maqlü V,
liste* AO 5376, publiziert von H. de Ge- 123—4; W. G. Lambert, AfO 18, 293, 258
nouillac RA 20 (1923) 98L, X 3of., wo sie bis 268), eine hervorragende Rolle. Häufig
nacheinander aufgeführt werden. Auch die wendet der Beschwörungspriester sich
Serie hü-Anum kennt wohl zwei Götter, gleich an Girra und eine in dieser Hinsicht
denn CT XXIV, PI. 30, Z. 118—9 nennt bezeichnende Stelle ist Maqlü II, Z. 201 f.,
nacheinander d BIL.GI/4BIL.GI [ ] wo der Beter sagt: ,Sie ( = die Hexe) ver-
und «GlS.BAR.AN.NA/MIN ( = "BIL.- traut auf den Zauber, den sie erdacht hat,
GI [ ]). In der altbabylonischen Göt- ich aber auf den Richter Gibil'. Girra-Gibil
terliste W-B. 9 ( = OEC IV, 135 ff.) wird wird so eng mit Samas verbunden, daß er
Gibil in I, Z. 7, erwähnt und in ihrem assy- einige Prädikate des Samas erhält und
rischen Pendant durch Gi-ir[-ra/ru ?] er- genau wie Samas als Richter betrachtet
klärt, s. Weidner, AfO 2 (1924/25) 9 f. Die wird, z. B. Maqlü
K A R
II, Z. 106f., Surpu V—VI,
ältesten Belege für Gibil sind die oben er- Z. 197—9, 267, Vs. 28 f. Der Feuer-
wähnten präsargonischen Fära- und Tello- und Lichtcharakter des Girra muß diese
stellen. Für Gibil in der Ur Iii-Zeit s. Verbindung mit Samas wohl herbeigeführt
Schneider, An.Or. 19,14, Nr. 57 ( d BIL.GI). haben, denn, wo das Dunkel aufgehellt ist,
Girra ist der Feuer- und Lichtgott (u. a. können die Mächte der Finsternis nicht
Maqlü, II 78, 139; K. 1279, H 21), mehr walten. Andrerseits ist Girra auch
und der Gottesname wird häufig lediglich Beschwörungspriester (LKA 139, Vs. 41,
als Ideogramm für ,Feuer' verwendet, z. B. cf. K. D. Macmillan, BA 5 [1906] 67of.,
Asb. 7, 743L, wo mehrere Stellen genannt Vs. 11), was ihn mit Ea und Marduk ver-
werden. Girra-Gibil ist ein Sohn des Gottes bindet. In den täkultu-Texten erscheint
Anu (Maqlü II, 76, 104, 135; LKA 139, Gibil unter den «-simäti (III R 66, IV 25)
Vs. 40), hat Beziehungen zu Ea und Eridu und in der Samasgruppe (V 13), vgl. Tä-
(K. 44, Rs. 9: mär apsi\ K. 1279, II 4—9 kultu, S. 89, Nr. 61.
usw.), zu Samas, dessen Kompagnon er ge- Girra-Gibil ist auch Patron der Schmie-
nannt wird (u. a. LKA 139, Vs. 47; W. G. dekunst, denn für die Verbindung von
Lambert, AfO 18 [1957/58] 293, Z. 58), Kupfer und Zinn und für die Läuterung
und zu Nusku, mit welchem er verbunden der edlen Metalle ist er als Gott des Feuers
bzw. identifiziert wird: V. Scheil, MDP 2, unentbehrlich (K. 44, Rs. 16—8). Infolge
90, IV, 19f.; Asb. 134, B VIII 35 (Girra seiner Rolle beim Ziegelbrennen ist er es,
an der gewohnten Stelle Nuskus in einer der das Fundament von Stadt und Haus
Götteraufzählung); CT 25, PI. 50, Z. 16; festmacht (KB II, S. 48 f.: Sargon, Cyl.,
GIRRI — GIRSU 385
K *AX O* • • ^
•UL'Esi> a o * «
ü
d -.0
L *o *
Öl
Sulgi-Zeit: L v I = T . T . 185.186. Lugirzala
R T C 422. 4 2 3 ; T . 74. T . 1 2 4 ; I T T 4,
7220.
U r l a m a : I T T 4, 7494, 7 1 5 2 ; T . 199.
T . 201. T . 215. T . 116;
A l l a : T . 1 7 2 ; I T T 4 , 7 2 2 6 ; I T T 2, 1 0 0 1 ;
U r l a m a I I : I T T 4, 7 1 6 5 b , 7237, 7270,
7478;
A m a r s u e n a - Z e i t : R T C 4 2 5 ; R T 1 9 S. 1 4 9 ;
I T T 2, 9 5 4 ; T . 1 8 8 . T . 2 1 6 ; I T T 5, 9 7 0 5 ;
9 8 6 2 ; T . 198; Abb. 2. (Cros N F T 78)
Süsin-Zeit: T . 193. T . 213. T . 217. T .
218. T . 2 1 9 ; I T T 5, 9951, 9912. 18), i n l e t z t e r Z e i t w i s s e n s c h a f t l i c h e B e -
U r d u n : T . 192. T . 110; arbeitung erfuhren (P. Calmeyer, B J V 2
I r n a n n a ( s u k k a l m a h u n t e r Sulgi, e n s i [1962] 2 5 1 f.; W . N a g e l , B J V 4 [1964] 39.
u n t e r A m a r s u e n a u n d Susin): S i e g e l d e r s . B J V 6 [1966] 3 3 1 2 9 ; A . M o o r t g a t ,
P a r r o t T e A b b . 4 3 e. A b r o l l u n g e n T . 2 1 7 ; Die klassische K u n s t des alten Meso-
R T C 4 2 9 ; I T T 5, 6 7 7 2 . p o t a m i e n ) [ h i e r A b b . 2]. D i e R i c h t u n g
I b b i s i n - Z e i t : T . 190. T . 2 2 1 C ; I T T 5, d e r a b s t r a h i e r e n d e n Gemdet N a s r - z e i t -
9962. lichen K u n s t ist ebenfalls in Tellö ver-
t r e t e n d u r c h zwei Beispiele der soge-
S a m s u i l u n a : T . 238. T . 239.
n a n n t e n Augensymbole (das eine fälsch-
b) Zusammenfassende Betrachtung der lich als G e f ä ß h e n k e l b e z e i c h n e t : Cros
Funde. N F T 79). Vergleichbares f a n d sich in
g r o ß e r M e n g e i n T e i l B r a k (M. E . L .
1. R u n d b i l d . D i e ä l t e s t e n i n T e l l o g e -
M a l l o w a n I r a q 9 [ 1 9 4 7 ] T f . 51) [ h i e r
fundenen Rundbilder stammen aus der
späten 'Ubaid-Zeit. 39 Figürchen nackter
F r a u e n u n d M ä n n e r — die F r a u e n sorg-
fältiger als die M ä n n e r a u s g e f ü h r t — , a b e r
immer ohne Kinder, w u r d e n hier gefunden.
Sie e n t s p r e c h e n i m ü b r i g e n d e m T y p d e r
,,'Ubaid-Terrakotten" in Bemalung u n d
F o r m , wie w i r sie v o n a n d e r e n O r t e n
k e n n e n . A u ß e r d e m f a n d e n sich einige
T i e r f i g u r e n ( S t i e r e ? ) ( P a r r o t T e A b b . 7).
I n e i n e m S a m m e l f u n d (gef. s ü d l i c h d e s
T e m p e l s T e i l K , C r o s N F T 78) w u r d e n
zwei zoomorphe Stempelsiegel, ein hegen-
der Löwe, ein hegender H u n d ( ? ) , ein
l a n g e s p e r l e n f ö r m i g e s Rollsiegel (vgl. H . A u s d e r Mesilim-Zeit sind einige b r o n -
F r a n k f o r t CS T f . 63 c — j ) u n d die S t a t u e t t e zene Gründungsfiguren in Gestalt mensch-
eines M a n n e s m i t großen A u g e n u n d licher Oberkörper — der H a a r t r a c h t n a c h
S p u r e n eines eingelegten B a r t e s ausge- männlich — mit nageiförmigem Unterteil
graben. Dies bisher k a u m beachtete Stück ü b e r l i e f e r t . Sie w u r d e n in d e n E c k e n u n t e r -
gehört zu den frühsumerischen Rund- halb des Ningirsutempels i m Teil K ent-
b i l d e r n d e r Gemdet N a s r - Z e i t , d i e d u r c h deckt. Beterstatuetten nach Art der im
den kürzlich gemachten F u n d in W a r k a Diyala-Gebiet gefundenen fehlen. Ein
a n g e r e g t ( H . L e n z e n , U V B 1 6 , 3 7 f f . T f . 17. h e g e n d e r W i d d e r (gef. T e i l L , d e G e n o u i l l a c
GIRSU 397
„Wellen-" bzw. „Lochstilisierung" an den flüsse a u s diesem Gebiet auf Girsu ver-
d e r F a r a / U r - I - Z e i t (vgl. M ö b e l t e i l (?) d e r muten.
Zeit aus Hafägi, H . Frankfort, More D i e sog. „ M e s i l i m - K e u l e " (gef. T e i l K ,
S c u l p t u r e , O I P 60, A 50 A . B). gute Abb. Strommenger, Mesopotamien
Wichtig ist der F u n d des U n t e r k ö r p e r s 43) w a r m i t i h r e r V e r z i e r u n g d u r c h d i e
einer S t a t u e des Sulgi, d e n n weitere sechs Löwen u n d den a n z u d (Sturmvogel,
Lockerung der F o r m wird hier sichtbar, f r ü h e r I m d u g u d gelesen) in ihrer m a s k e n -
das linke Bein des Dargestellten bleibt artigen Gestaltung der Köpfe der Aus-
i m Gegensatz zu älteren Beispielen un- gangspunkt, einen ganzen kunstgeschicht-
b e d e c k t (D6c. T f . 2 1 M s , 3 ; vgl. E . S t r o m - lichen Abschnitt m i t d e m ersten historisch
m e n g e r B a g M 1, 6 9 ) . f a ß b a r e n F ü r s t e n n a m e n Mesilim zu ver-
D a s R u n d b i l d des dAlla, v o n P a r r o t b i n d e n (A. M o o r t g a t , B i l d k u n s t , M V A G
mit d e m gleichnamigen e n s i der Zeit 40, 2 4 f f . E . H e r z f e l d , A M I 5 [1932] gff.)
Sulgis i d e n t i f i z i e r t , w i r d v o n E . S t r o m - s. a u c h Mesilim-Stil*).
m e n g e r in die früh-neusumerische E p o c h e E i n e L a n z e n s p i t z e (gef. T e i l K , D e c .
( G u d e a ) d a t i e r t ( Z A 5 3 [1959] 4 6 T f . 10). T f . 5 t e r , i a . b . c.) m i t e i n g r a v i e r t e r Z e i c h -
Die S k u l p t u r eines Molosserhundes als n u n g eines L ö w e n u n d der Inschrift
Gefäßträger m i t einer W e i h u n g für den „ L u g a l . . . K ö n i g v o n K i s " ist stihstisch
a l t b a b y l o n i s c h e n H e r r s c h e r S u m u e l (gef. der Mesilim-Keule verwandt.
T e i l H , P a r r o t T e 2 8 2 T f . 31) ist i n s e i n e r E i n e große R u n d b a s i s m i t einer Reihe
n a t u r n a h e n Darstellung eines der wich- aufeinanderzuschreitender Krieger (?)
tigen Zeugnisse altbabylonischer K u n s t . zeigt diese m i t d e m f ü r die Mesilim-Zeit
2. F l a c h b i l d : D a s erste bedeutende typischen „Vogelprofil" u n d der charak-
Rehef aus Tellö s t a m m t aus der Ü b e r - teristischen Tracht, Röcke mit Fransen-
gangszeit z u r Mesilim-Zeit, es w i r d „ F i g u r e s a u m ( g e f . T e H K . D e c . T f . 6 t e r , 2, v g l .
a u x P l u m e s " g e n a n n t ( g e f . T e i l K , D<5c. a u c h A. M o o r t g a t M V A e G 40, 25).
Tf. i M s , i a . b). D e r M a n n , vielleicht der In der Fara/Ur-I-Zeit begegnet uns zum
F ü r s t als Priester, in A n b e t u n g vor e r s t e n m a l in Tello die G a t t u n g d e r sog.
keulenartigen S y m b o l e n ist seiner T r a c h t Weihreliefs, die zwar schon in der Mesilim-
nach dem „Mann im Netzrock" der Zeit erfunden wurde, doch aus dieser
Gemdet Nasr-Zeit (vgl. A . Moortgat, E p o c h e in Tello nicht belegt ist. E s sind
Entstehung der sumerischen Hochkultur dies meist viereckige Tafeln m i t einem
83) v e r w a n d t , s t i l i s t i s c h w e i s t d a s R e h e f zentral a n g e b r a c h t e n Loch, das vielleicht,
d u r c h seine O b e r f l ä c h e n b e h a n d l u n g auf wie es a u s e i n e r I n s c h r i f t d e s D u d u *
d i e k o m m e n d e M e s i l i m - Z e i t (so A . M o o r t - h e r v o r z u g e h e n scheint (F. T h u r e a u - D a n g i n
gats Ansicht). Die ungewöhnliche Kopf- i n P a r r o t , T e 88), z u r A u f n a h m e einer
tracht — an der Stirn befestigte Federn — Weihkeule b e s t i m m t war. (Zur Verwen-
t r i t t bei d e n G a b e n b r i n g e r n auf d e m Sockel d u n g d e r W e i h t a f e l n vgl. a u c h D . P . H a n s e n
d e r U r n i n g i r s u - S t a t u e wieder auf (s.o.397). J N E S 22 [1963] 145 ff. W i e m i r A . F a l k e n -
H i e r wie d o r t m a g es sich u m eine kul- stein dazu mitteilt, m ö c h t e er das bei
tische Tracht, die anscheinend besonders T h u r e a u - D a n g i n u n d H a n s e n zitierte K A K .
in Girsu h e i m i s c h w a r (?), h a n d e l n . I n g i s . Ü R j e t z t g a g - g i s - u r u 1 2 (-k) l e s e n
Vorderasien t r e t e n diese drei F e d e r n als u n d mit Nagel für den Balken übersetzten,
Kopfschmuck von Männern z u m ersten- diese V e r b i n d u n g der beiden Begriffe w ä r e
m a l auf e i n e m in B i s m a y a g e f u n d e n e n d a n n als N a g e l u n d P l a t t e zu deuten.) D e r
„ S t e a t i t g e f ä ß " auf (J. B a n k s , B i s m a y a äußere R a n d der Tafeln blieb gelegentlich
268). Diese D e n k m ä l e r g a t t u n g ist in unbearbeitet (Parrot Te Abb. 22b), ver-
zeitliche N ä h e unseres Reliefs — ver- m u t l i c h w a r er d u r c h ein anderes Material
m u t l i c h e t w a s älter — z u datieren. Sie bedeckt. 7 datierte Stücke aus der Zeit des
wird vermutlich im Osten Mesopotamiens U r n a n s e s i n d b e l e g t (s. o . ) . B e k a n n t s i n d
b e h e i m a t e t s e i n (s. a u c h u n t e n ) , und die Darstellungen des F ü r s t e n m i t seiner
m a n könnte daher wieder einmal Ein- Familie u n d die Tafel des Priesters D u d u
GIRSU 399
Giruh. Von Kutikinsuäinak (akk. Pu- 5 = 124 III 27; folgt auf Ningiszida. Be-
zurinsulinak*) von Elam unterworfener deutung vielleicht (gegen D. 0 . Edzard,
Ort. gi-ru-ühn MDP 14, 13 IV 8. ZA 5 5 [1962] 9 9 ) „junges/kräftiges Holz" ?
D. O. E d z a r d D. O. Edzard.
4
Gis. a GlS ist die im aB Gilgamesepos gis-bar s. Gibil u n d Girra.
übliche abgekürzte Schreibweise für den
Namen Gilgames* (Meißner-, Pennsyl- Gisbar'ana. a g i ä - b a r - a n - n a , in Göt-
vania-, Yale-Fragment, Th. Bauer JNES terliste An: Anum, CT 2 4 , 3 0 , 1 1 9 , mit
1 6 [1957] 254f-; CT 4 6 , 1 6 ) . Gibil (s. Girra*/Gibil) geglichen.
D. O. E d z a r d . D. O. E d z a r d
Giskad. T h i s g o d o c c u r s i n a n O l d B a b .
Gisgidulla. giä-gi-du^-la^. Ort in
list f r o m N i p p u r (courtesy T h . J a c o b s e n ) :
Mittelbabylonien, Akkade-Zeit („Feld von d
g e 6 - e § - k a - a d = giS-ka-tum, i n a c o n -
G . " T M H 5 N r . 7 9 II 4 . III 6). t e x t of g o d s of p r o f e s s i o n s a n d c r a f t s of
D. O. E d z a r d t h e Ea-circle. P r e s u m a b l y h e is t h e p a t r o n
d e i t y of w e a p o n m a k e r s ( g i s - k i n - t i =
Gisgigal. g i s - g i - g a l k l , O r t d e r U r III- MSkattü). H e o c c u r s a g a i n i n a l a t e l i s t ( C T
Zeit, T R U 3 7 7 , 1 0 . 2 9 , 4 5 , 1 6 ! ) , w h e r e g i s - k a - a d ! is given
D. O. E d z a r d a s t h e r e a d i n g of d x a n d d l ü - x . T h e f i r s t of
t h e s e illegible e n t r i e s b e g i n s w i t h w e d g e s
<»GIS.GIM.MAS. S c h r e i b u n g d e s N a - t h a t could belong t o l B (the original h a s
mens Gilgames in der hethitischen Über- b e e n collated). I t is c u r i o u s t h a t h e s e e m s
l i e f e r u n g (s. G i l g a m e s c h * C. N a c h h e t h i - t o b e l a c k i n g f r o m t h e m a j o r g o d lists.
tischen Texten). P e r h a p s t h e I B is r e a l l y a n o t h e r similar
J . Friedrich, ZA 39, 32 f. sign, or p e r h a p s it w a s m i s u n d e r s t o o d , a n d
d
D. O. E d z a r d E G I R i n A n : A n u m ( C T 2 4 , 2 9 , 100) i s
the same deity.
Gisgiri. d g i s - g i r i „ F u ß h o l z ( P ) " , e i n e r W . G. L a m b e r t .
der sieben bzw. acht B o t e n der Manungal*:
C T 25, 4 , 1 7 (Götterliste A n : A n u m ) ; 24, d d
GIS. KUL s. Gisnumun'ab (a).
35, 24 a.
D. O. E d z a r d . d
GI§. KUL-db-a s. G i s n u m u n ' a b (a).
d m
GIS. GlR.NE.SUM, N a m e i n F ä r a - [ GI§.MI-Assur] im heth. Brief an
m
T e x t S F 54 III 2; unsicher, ob Götter- B a b a - a h - i d d i n a * , lies Silli-Assur*.
n a m e , u n d Zeichenfolge nicht gesichert. H . Otten
J . Friedrich, ZA 39 (193°) 32 f.
d ä
D. O. E d z a r d Gisna. g i s - n ä - a = ku-ü-sum C T 2 5 ,
2 2 , 3 4 u n d 2 4 , 4 7 I I 1 3 (wo d l u g a l -
iGIS.GlR.SUM. N a m e i n F ä r a - T e x t , g i s - n ä - a ) , beide Götterliste A n : A n u m ;
S F 54 III 5; unsicher, ob Göttername. a B Vorlage aus U r in U E T 7 (Hinweis
D. O. E d z a r d O. R . Gurneys). Z u m D ä m o n K ü s u vgl.
u . a. K A R 142 I 39.
d
Gisgu. g i s - g ü „Nackenholz(P)", einer D. O. E d z a r d / W . G. L a m b e r t .
der sieben bzw. acht B o t e n der Manungal*:
C T 25, 4 , 1 8 (Götterliste A n : A n u m ) ; 24, Gisnu. " g i s - n u j j , N a m e d e s S o n n e n -
35, 2 4 b . gottes : T C L 1 5 , 1 0 , 1 7 3 (aB Vorläufer v o n
D. O. E d z a r d . A n : A n u m ) ; C T 25, 25, 8 ( A n : A n u m ) .
Vgl. ß R 4 4 , 5 0 c : D U L . D U L - d G l S . N U u
Gishuranki. d g i s - h u r - a n - k i „ G r u n d - — 4Samas-ü-pah-har ( P N - B i l i n g u e ) . S y l -
riß v o n H i m m e l (und) E r d e " , G e m a h l i n des
l a b i s c h d G I § . N Ü " i n n B P N (s. K . T a ü -
Assirgi* (Suppl.), des Sohnes der M u t t e r -
q v i s t , N N 279).
g ö t t i n D i n g i r m a h : C T 24, 2 6 , 1 1 1 ( G ö t t e r - D. O. Edzard.
liste A n : A n u m ) ; s. a u c h s c h o n a B T C L
15, 10, 1 2 9 d g i § - h u r - a n - k i ! ( N A ) . Gisnugal. i g i g - n u ^ - g a l „ A l a b a s t e r " ,
D. O. E d z a r d . N a m e des M o n d g o t t e s (Sin*): T C L 1 5 , 1 0 ,
27»
4°4 GlSNUMUN'AB — GlSZIDA
d
151 (aB Götterliste); K A V 51, 4 ( A n : Gissu. g i s - s u „ H a n d h o l z (?)", einer
A n u m ) ; C T 25, 28 c I I 6'. der sieben bzw. acht B o t e n der Manungal*:
D. O. E d z a r d . C T 25, 4 , 1 6 ( G ö t t e r h s t e A n : A n u m ) ; 24,
3 5 . 2 5 a ( d g i s - [ . . .]).
d
Gisnumun'ab. g i s - n u m u n - ä b , einer D. O. E d z a r d / W . G. L a m b e r t
d e r 50 N a m e n M a r d u k s * , E e V I I 89 (W.
v o n S o d e n , Z A 4 7 [1942] 12, 8 9 ) . S i e h e
Gissu. O r t i n M u r a s ü - U r k u n d e a u s N i p -
W . G . L a m b e r t , E n ü m a elis. pur. Umgi-is-$u BE 10, 54, 3 (zus. mit
D. O. E d z a r d . A h s ä n u ; s . R I A 1, 5 8 s. v . A h s a n a * ) .
D. O. E d z a r d
d
Gispa'e. g i s - p a - ö als t h e o p h o r e s Ele-
m e n t in U r I H - P e r s o n e n n a m e n : g e m £ - d
d
Gissuga. gis>-[s]ü-ga, mit Muhra*
g . T U T 159 I 25. Vgl. G i s b a r ' e * .
g e g l i c h e n e r D ä m o n : C T 25, 22, 3 2 ( G ö t t e r -
D. O. E d z a r d h s t e A n : A n u m ) ; d a s D u p l . C T 24, 4 7 I I
11 h a t d l u g a l - g i s - S U D - r a .
d
GIÖ. PAP. BIL-ga-mes s. G i l g a m e s . D. O. E d z a r d / W . G. L a m b e r t .
Gissakidu ( w r i t t e n g i s - s ä - k i - d u 1 0 ) . Gistuku. d
g i s - t u k u „Hörender", sum.
A p r e - S a r g o n i c k i n g of U m m a * , s o n a n d
G o t t h e i t , auf a l t b a b . Ü b u n g s t a f e l n a u s
s u c c e s s o r of I l ( a ) * a n d h u s b a n d of B a r a i r -
S u s a . M D P 27, S. 4 6 : N r . 111,1 u n d 112,2.
n u n , t h e d a u g h t e r of h i s g r e a t - u n c l e U r -
l u m m a * , k i n g of U m m a . H e i s k n o w n o n l y D. O. E d z a r d
f r o m t h e inscription on a gold p l a q u e (AO
1 9 2 2 5 = R A 3 4 [1937] 178) d e d i c a t e d b y Gisturu ( G e s t u r u ) ? "»GlSse-ep-*-*]. P A
h i s w i f e t o S a r a * . T h e f i r s t h a l f of t h e n a m e , (kollationiert); E r g ä n z u n g nicht sicher;
GlS.SA, i s r a t h e r o b s c u r e a n d e v e n i t s vgl. G l S - t u - r u = P A , M S L 3 , 1 7 5 zu
r e a d i n g is u n c e r t a i n . B u t since t h e n a m e
M S L 2, 70, 4 9 2 b . E i n e r d e r a c h t B o t e n
follows t h e well-known p a t t e r n , t o p o n y m
d e r M a n u n g a l * : C T 25, 4 , 2 1 ( G ö t t e r h s t e
+ k i - d u 1 0 , ' i s a g o o d p l a c e ' , GlS.SA m u s t
A n : Anum).
be a toponym, probably within the bound- D. O. E d z a r d / W . G. L a m b e r t .
a r i e s of U m m a : cf. a l s o T S A 10 i x 5 f . ( L u -
g a l a n d a , y e a r 6), w h e r e o n e g i s - s ä - k i -
d u 1 0 is s i g n i f i c a n t l y l a b e l l e d 'of U m m a '
GIS.Ü.KU", K u l t o r t d e r N i n s u n a ( T R U
367. 4 ; Jones-Snyder, S u m . Ec. T e x t s
(ummaM-kam).
68, 54), in U r I I I - T e x t e n a u s N i p p u r ;
z
F. T h u r e a u - D a n g i n , R A 34 (1937) 77 Lesung unsicher.
bis 182. D. O. E d z a r d .
E . Sollberger
d
Giszida. g i s - z i - d a , Gott im Adapa-
m
GI§.SAR.NU, in Schreibergenealogie Mythos*. A. trifft G. u n d D u m u z i a m T o r
i n B o g a z k ö y ( K U B 13, 9 I V 1 0 ) u n d e b e n s o des A n u u n d gibt auf B e f r a g e n k u n d , er
m
G l S . N U . S A R (unv. 43/u). Schreibvari- suche zwei aus d e m L a n d e v e r s c h w u n d e n e
ante zu mNU.GIS.SAR*. G ö t t e r , eben diese beiden ( R a t des E a ) .
H. Otten W o h l = N i n g i s z i d a * ; die F o r m G. ist
sonst bisher nicht sicher belegt ( R T C 265
d I I I ' 5 ' , z i t i e r t A B 21, 9 6 , g e w i ß = lü-
Gisse. gis-[ä]es6, einer der sieben d
g i s - b a r - [ e ] , wie a u c h E . H u b e r ebd. er-
b z w . a c h t B o t e n d e r M a n u n g a l * : C T 25, 4 ,
wägt).
19 ( G ö t t e r l i s t e A n : A n u m ) ; 24, 3 5 , 2 5
(dort d g i s - § e ) . V S 12, 194, 25. 39- 45- 55- E . A, Speiser,
ANET2, ioif.
D. O. E d z a r d / W . G. L a m b e r t D. O. E d z a r d .
GITG1 — GIYÄN, TEPE 405
Glas, Glasuren. (A. Nach den Texten). I n die erste H ä l f t e des zweiten J a h r -
Hinweise auf Glas u n d Glasuren finden t a u s e n d s f ü h r e n u n s die philologischen B e -
408 GLOCKE
CO !£>
1.
Bestand-
dkl.blau
dkl.blau
mo-
derne antike 2. Jahrh.
b
a
Gläser Gläser »•d.8 2) rot Quelle das Wadi al-Natrün zwischen Kairo
p. und Alexandrien angesehen wird. Der Man-
E N s
*
gel einer derartigen Rohstoffquelle in Me-
SiO, 63-74 57-72 65 65 71,5 39,5 sopotamien zieht dort eine größere Ver-
CaO 3-15 3-10 3,5 5,65 4,82 4,4
MgO 0,3-5 0,2-5 3,4 2,52 8,07 wendung von Pottasche nach sich.
A1.0, 0-5 0,6-5 2,5 2,13 0,48 4,35 II. Glasur, Fritte, Fayence.
Fe,0, 0,2-2 0,2-3 2,4 0,97 0,91 —
K.0 0,4-3 0,2-3 4,5 1,68 0,88 1,91 a) Definition. G l a s u r ist physikalisch
Na,0 6-22 9-21 17,0 17,37 12,70 9,71
CuO — — 0,49 1,94 — Cu,0 13,5 völlig und chemikalisch fast identisch mit
CoO
PbO
—
-
— 0,15 0,93
- 0,19
—
- 22,8
Glas. Moderne Glasur setzt sich zusammen
-
a u s : 79,1% S i 0 2 , 1 3 , 4 % A1 2 0 3 , 4,9% CaO,
Diese in den einzelnen Analysen unvoll- 1,2% MgO und i,2% K a 0 (H. Römpp,
ständig wiedergegebene Tabelle zeigt im- Chemie Lexikon [ 1 9 6 2 ] s. v. Glasur). Im
merhin, daß die mesopotamischen Gläser Vergleich zu modernem Glas (s. Tabelle)
ein Mischverhältnis der Hauptbestandteile ist sie damit reicher an Kieselsäure, ton-
aufweisen, das dem zur Herstellung moder- erdehaltiger und ärmer im Kalkgehalt.
ner Natrium-Calcium-Gläser notwendigen Der Hauptunterschied zwischen Glas und
recht nahe kommt. Durchschnittlich kann Glasur besteht in ihrer Anwendung, weil
bei den mesopotamischen Gläsern ein höhe- sie einem anderen Material als dünner
rer Alkaligehalt festgestellt werden als er Überzug aufgelegt wird.
heute üblich ist, was aber aus der Funktion A n t i k e F r i t t e ist ein Material, aus dem
des Alkalis heraus verständlich erscheint. die Ägypter ein Blaufärbungsmittel, das
Die vielen in den Analysen auftretenden „Egyptian blue", gewannen. Es ist ein
Metalle sind nur zum Teil absichtliche Bei- Doppelsilikat des Kalks und Kupfers mit
mengungen. Viele von ihnen sind aus Ver- der Formel CuO • CaO • 4 Si0 2 (Brill, Sc.
unreinigungen der verwendeten Rohmate- Am. 123). Der Kupfergehalt dieses kristal-
rialien in die Glasschmelze hineingeraten. linen und äußerlich blau bis blauschwarz
b) Vorkommen der Bestandteile in der gefärbten Stoffes kann bis zu 18,5% be-
Natur. Das Siliciumdioxyd kommt in der tragen (Stone 39). Moderne Fritte dagegen
Natur als Quarzsand oder Bergkristall vor. ist verschieden fein zerstoßenes Glas, das
Es konnte wegen seines zu hohen Schmelz- mit Hilfe einer Bindeflüssigkeit und unter
412 GLOCKE
a) Folgende Formen lassen sich aus den 1. Girlanden; diese bestehen aus mondsichel-
förmigen, aneinandergereihten Bögen und
auf uns gekommenen ganzen oder bruch- treten nach oben oder unten geöffnet und
stückhaften Gefäßen aufzählen: mehrfach gereiht auf [Hier Abb. 7 a!.
1. 16.—13. J a h r h . : 2. Buckelgirlanden; diese Girlanden hängen
A: Knauffläschchen; auf einem knaufförmi- von teilweise plastisch hervorstehenden
gen Standfuß ruht mit seiner Spitze nach unten Buckeln herab [Hier Abb. 7 b].
ein eiförmiger Körper mit einem langen, sich 3. Zickzack [Hier Abb. 7 c].
etwas verjüngenden Hals, der mit einer Lippe 4. Mäander.
versehen ist. [Hier Abb. 3-4.] 5. „Tudorbögen" [Hier Abb. 7d].
B : Spitzfußfläschchen; diese Form ist A bis 6. spiralenförmige Windungen, meistens an
auf den fehlenden Standfuß nahezu gleich; den Rändern.
[Hier Abb. 2.5.] 7. Wellenlinien.
C: Zitzenfläschchen; auch diese Form ist mit 8. Buckel.
A fast identisch; statt des Standfußes läuft ihr 9. vertikale Riefungen.
Körper in einem zitzenförmigen Ansatz aus. 10. geometrische Muster.
[Hier Abb. 1.]
D : Becher; diese Form ist den hochwandi-
gen Tassen (high straightsided cups) der Nuzi-
Ware ähnlich; das einzige, ganz erhaltene
Stück steht jedoch nicht auf einem knauf- oder
knopfförmigen Standfuß sondern auf drei Füß-
chen. [Hier Abb. 6.]
E : Schale (?); da von dieser Form keine
Fundstücke abgebildet sind, sei sie hier nur
als möglicher T y p erwähnt.
2. 12.—6. Jahrh.
A: Spitzfläschchen; im Unterschied zu 1 B
sind Stücke dieser Form schmaler, laufen
spitzer zu und haben einen kurzen Hals, der
mit einer Lippe versehen ist; in Höhe des Hals-
ansatzes befinden sich gegenüberliegend zwei
Halteösen.
B : Feldfläschchen; der bauchige Körper ver-
läuft unten abgerundet oder spitz, verjüngt
sich nach oben zu einem kurzen, etwas nach
außen gebogenem Hals; in Höhe des Hals-
ansatzes befinden sich zwei Henkelnocken oder
Halteösen. [Hier Abb. 11a. b. ]
C: Kugelfläschchen; auf einem einer ge-
stauchten Kugel ähnlichen Körper sitzt ein
kurzer Hals, der mit einer Lippe versehen ist; in
Höhe des Halsansatzes befinden sich zwei Hen-
kelnocken oder Halteösen. [Hier Abb. 8.]
D: Schale;
1. in Kalottenform,
2. flach; vom Boden aus biegt sich die Wan-
dung nach innen, während der R a n d leicht
nach außen gezogen ist.
E : Hohes, schmales Fläschchen mit abge-
rundetem Boden, kurzem Hals, scheibenför- IV. Gefäße aus dem 16.-6. Jahrh.
mig ausgezogener Lippe und zwei Halteösen; a) Die Fundstücke. Die meisten Gefäße
ähnlich den Alabastren.
der nun folgenden summarischen Betrach-
2. Muster. Aus den genannten techni- tung stammen aus Ausgrabungen. Die in
schen Schwierigkeiten heraus veränderten Privatsammlungen befindlichen und aus
sich die Muster im Laufe der Jahrhunderte dem Kunsthandel stammenden Stücke
kaum. Sie können deshalb nicht als Datie- konnten hier nicht berücksichtigt werden.
rungsmerkmal dienen. Bestimmte Muster- Eine Aufgliederung nach Ausgrabungs-
kombinationen lassen sich zwar erkennen, orten bot sich deshalb an, weil nur wenige
können aber für eine stilistische Gruppie- Stücke aus den einzelnen Grabungen stam-
rung noch nicht verwendet werden, da die men und eine echte Formtypologie noch
Zahl der Beispiele noch zu gering ist. nicht möglich ist. Zeitlich lassen sich die
Reallexikon der Assyriologie m 28
418 GLOCKE
GLAS 419
gebene Nummer, VA 5910, wird von A. H a l - Stück, Tf. 130 B, besteht aus grünem Glas
l e r für ein Fläschchen aus der Gruft 37 in und ist versehen mit gelben Buckeln in der
Anspruch genommen. Art wie das Fläschchen Nr. 7 aus Assur.
7. Das zweite Fläschchen weist ebenfalls das Teil Brak.M.E.L.Mallowan erwähnt meh-
Buckelmuster auf; hier sind die Buckel auf rere Glasfragmente, die in den Schichten des
dem Hals in zwei Friesen und auf dem Körper 15. und 14. Jahrh. gefunden wurden und Ähn-
in drei Friesen angeordnet, die untereinander lichkeiten zu der häufig vertretenen Nuzi-Ware
durch je ein Band, Muster 6, abgesetzt werden. aufweisen. Die Abbildung nur eines Bruch-
Die Buckel zeichnen sich durch eine weitere stückes erlaubt keine Aussage über die Ein-
Besonderheit aus — sie sind zweifarbig; u m ordnung dieser Fragmentengruppe. Dieses
einen Kern dunklen Glases legt sich ein Ring eine Stück kann unserer Form 1 D zugeordnet
aus hellerem Glas, ein Muster, das eine zeit- werden und weist Muster 1 — nach unten ge-
liche Parallele nur in Nuzi und Dür-Kurigalzu öffnet — und 6 auf.
findet. Genauere Angaben über Herkunft und Teil al-Rimah. Bei den kürzlich begonnenen
Farbe des Fläschchens werden nicht gemacht Ausgrabungen kamen aus Schicht 2, die von
( G . R . M e y e r , Durch vier Jährt, altvorderasia- den Ausgräbern auf etwa 1650-1350 datiert
tischer Kultur2 [1962] 193. Abb. 86). wird, Glasfragmente verschiedener Verwen-
Es ist anzunehmen, daß es sich bei einem dungsbereiche zu Tage. Neben einigen Frag-
dieser beiden Fläschchen um das oben erwähnte menten von puriformen Flaschen, die, soweit
aus dem Kapselgrab 600 handelt. Da das abgebildet, Muster 1, 3, 4, 6 aufweisen, ist be-
zweite Fläschchen eine Beschädigung am Hals sonders ein ,,Glasmosaik"(?) (Eine genauere
aufweist, diese in der Grabungspublikation je- Diskussion der technischen Merkmale dieser
doch nicht erwähnt wird, möchte man das erste Gattung und eine Zusammenstellung verwand-
Fläschchen mit dem des Kapselgrabes 600 ter Stücke bietet der Artikel: A. von Saldern,
identifizieren. Beide können ihrer Form nach Journal of Glass Studies 8 [1966] Qff.) bemer-
ohne Zweifel der Gruppe der Gläser zugeord- kenswert, dessen Verwendungszweck (als Ein-
net werden, die in die zweite Hälfte des 2. Jahr- lage ?) nicht näher bestimmbar ist. Das Zick-
tausends zu datieren ist. zackmuster dieses Stückes entstand möglicher-
Nuzi. Die aus N. stammenden Bruchstücke weise in der Art, daß kleine, verschiedenfarbige
wurden in dem großen Hof und einigen Räu- Glasstifte in den Glaskörper eingelegt und über-
men des Palastes, dem Tempel und in einigen hitzt wurden. Die Farben sind schwarz, weiß,
großen Privathäusern der Schicht (Stratum) 2 grün und gelb. Ebenso bemerkenswert sind ei-
gefunden. Sie ergaben leider kein ganzes Ge- nige Plaketten nackter Göttinnen und das Ge-
fäß. Die tiefer liegenden Teile der Schicht 2 sicht einer Frau( ?), in Relief ausgeführt, mit ei-
können auf Grund einiger schriftlicher Zeug- ner gerieften Haartracht oder Kappe, die aus
nisse in die Zeit Sauääatars datiert werden blauem Glas bestehen. Zu erwähnen bleiben
(15. Jahrh.). noch ein Anhänger in Form eines Igels und das
Bruchstück einer Glasbasis oder eines Ziegels.
Nach R . F . S . S t a r r sind die Bruchstücke Als obere Datierungsgrenze für diese Stücke
Tf. 128 C. 129 C. 130 C, N unserer Form 1 D wird die Mitte des 2. Jährt, angegeben.
zuzuordnen, während Tf. 129 A, B. 128 D und
F der Form 1 B anzugehören scheinen. Ob Alalah. Auch in A. konnten nur Bruchstücke
Gefäße in einer Form analog zu Tf. 75 B exi- von Gefäßen geborgen werden. Sie stammen aus
stiert haben, geht aus den Bruchstücken Tf. den Schichten 6 bis 2. Mehrere bedeutende Frag-
128 D, A nicht eindeutig hervor und bleibt mente wurden in der Schicht 4 gefunden, die
fraglich, da die Form an keinem anderen Ort durch das Palastarchiv sicher in das 15. Jahrh.
belegt werden kann. Nach D . B a r a g 15 ist datiert werden kann (vgl. B. H r o u d a , 20).
auch die Form 1 A in Nuzi anzutreffen. Ein Ein Fragment, D. B a r a g Fig. 10, erinnert
zylinderförmiges Fragment, h = 6,5 cm, d = an Assur Nr. 1, ein weiteres, AT/38/176 an
7,4 cm, ohne Boden, mit einem Wulst an Nuzi Tf. 130 N und AT/47/175 weist Muster 9
einem Ende und Mustern 1, 3, 6 ist vielleicht auf. Die beiden letztgenannten Stücke stam-
Vertreter einer Form wie sie in der Keramik men aus Schicht 4. Muster 9 wie auch 8 auf
durch Tf. 74 A gezeigt wird. Muster 1-6 und einem anderen Bruchstück verweisen stark
9, 10 sind auf den Bruchstücken anzutreffen. auf assyrische Parallelen. Einige Bruchstücke
Die geometrischen Muster der Stücke Tf. 128 A (AT/39/76. AT/47/59. AT/47/60) der Schicht 6
und 129 C sind ohne Parallelen und zeugen lassen einen genauen Schluß auf Herkunft oder
von hoher handwerklicher Fähigkeit. Als Beeinflussung nicht zu.
Grundfarbe wurde blau mit einer Ausnahme In Schicht 6,2 und 2-1 wurden Reliefs mit
Tf. 129 A verwendet. Die Farben der Verzie- Darstellungen nackter Göttinnen, die ihre
rungen sind nach ihrer Häufigkeit weiß, gelb, Brüste bedecken oder stützen, gefunden (L.
orange und schwarz. W o o l l e y 302. Tf. 56b). Vergleichsstücke aus
Mehrere Standartenaufsätze und Keulen- Glas sind bisher nur aus Lahis, Beth San,
köpfe wurden in N. gefunden. In der Grabungs- Megiddo (D. B a r a g 2168) Hama und neuer-
publikation ist die Materialbezeichnung für dings aus Teil al-Rimah bekannt. Wenn mit
denselben Gegenstand unterschiedlich mit R. O p i f i c i u s , ATR 22 angenommen werden
„glass" oder „composition" angegeben. Ein kann, daß die aus den Schichten 7 und 5 stam-
GLAS 421
menden, ähnlichen Terrakotten unter meso- rufen (s. Tabelle b), während ein anderes Stück
potamischem Einfluß entstanden sind, zeugt über 15% Blei enthalten soll, was aber von
das Täfelchen aus Schicht 6 eventuell für einen B . N e u m a n n in Zweifel gezogen wurde (E.R.
sehr frühen Herstellungsbeginn größerer Glas- C a l e y , 85).
gegenstände in der mesopotamischen Einfluß- Babylon. Aus kassitischer Zeit lassen sich
sphäre (H. Kühne, ZA [1968]). Auch die Her- bis auf einige Kleinfunde aus Gräbern (Perlen,
stellungstechnik, die die Verwendung einer ein Anhänger in Form eines Granatapfels)
einfachen, offenen Hohlform, in die das Glas keine Gegenstände aus Glas nachweisen. Die
gegossen wurde, verrät, ist interessant. Sie Angaben R . K o l d e w e y s W B 250 sind zu un-
scheint jedoch nur für Reliefs dieser Art ange- genau, u m das Vorkommen von Gefäßen in
wandt worden zu sein, für die die vorhandenen Schichten des 14.-13. Jahrh. zu beweisen.
Terrakottenformen übernommen werden konn-
ten. Eine Herstellung von Gefäßen mit Hilfe Zusammenfassung. Unter Berücksichti-
dieser Technik ist bis in neuassyrische Zeit gung der Angreifbarkeit des Materials
nicht zu verzeichnen. durch Bodenchemikalien und seiner Zer-
Dür-Kurigalzu. Einige Fragmente dunkel- brechlichkeit kann unter den Glasgefäßen
grünen Glases, in denen sich Einlagen in Form des 16. bis 13. Jahrh. noch ein beträcht-
von Sternen, Kreisen (Augen*) und Rauten
aus „weißer Paste" befanden, wurden im kas- licher Formenreichtum verzeichnet wer-
sitischen Palast der 2. Schicht entdeckt und den. Im einzelnen lassen sich die Formen
sind in das 14. Jahrh. datiert. Figürliche Ein- der Gläser mit denen der gleichzeitig ver-
lagen in Form eines Adlers sind in einem Fall breiteten Keramik vergleichen und sind
zu erkennen. Die Ringbasis einer Schale scheint
zusammen mit dem Stück aus Assur die Ver- zum Teil sicher von dort übernommen. So
breitung dieser Form unter den Glasgefäßen können die am häufigsten vertretenen
des 15./14. Jahrh. anzudeuten. Knauf- und Spitzfußfläschchen, deren
Ur. Eine Flasche der Form 1 B mit Muster 3 Zahl noch durch ein Beispiel unbekannter
(oder 5 ?), 7 und 9 in blauer Farbe und von Herkunft im Iraq Museum, Baghdad (IM
brauner Grundfärbung ist der Assurflasche
Nr. 2 bis auf den etwas kürzer geratenen Hals 10 592), vermehrt wird, am besten mit den
und die geringere qualitative Ausführung sehr sog. Schulterbechern der Häbür-Ware
verwandt. Sie stammt zwar aus neubabylo- aus Assur verglichen werden (B. Hrouda
nischem Fundzusammenhang, kann aber nach Tf. 8). Zwei Beispiele aus Hockersärgen
L . W o o l l e y auch früher eingeschätzt werden.
2. Eine weitere Flasche, h = 10 cm, von in Babylon, die in die sog. mittelbabylo-
blauer Farbe mit Muster 5 in weiß und 9 nisch-assyrische Schicht datiert sind, wei-
wurde in der kassitischen Schicht des AH- sen neben der Ähnlichkeit in der Form
Hauses gefunden, eingebettet in Kurigalzu- auch noch das charakteristische Buckel-
Mauerwerk. Sie ist der Form 1 B zuzuordnen,
obwohl sie in den beiden Halteösen, die sich muster auf. Zwei andere, sehr kleine Ge-
an ihrem Halsansatz befinden, Merkmale der fäße aus unbestimmtem Material sind der
jüngeren Form 2 A aufweist. Form 1 C verwandt. Das eine ist unterhalb
3. Aus der gleichen Fundstelle stammt ein der Lippe mit zwei Durchbohrungen ver-
Miniaturfläschchen (U. 17 064), h = 3,8 cm, sehen, Beide stammen aus der Gruft 32 in
das in Form und Verzierung dem Stück 2
entspricht. Babylon, die um die Mitte des 2. Jährt.,
4. Die Scherbe eines Fläschchens wurde im datiert wird (O. Reuther, WVDOG 47,220.
Füllschutt des Nannar-Tempels der kassiti- 180. Tf. 73 Nr. 1x7, 118. 54b). Andere di-
schen Periode gefunden. Sie ist mit Muster 5 rekte Vergleiche zu der Form 1 C sind mir
in blaugrauer Farbe auf weißem Grund ver-
ziert (U. 1404). nicht bekannt, jedoch ist der zitzenförmige
Die drei letztgenannten Stücke können auf Ansatz eine häufige Erscheinung der Nuzi-
Grund ihres Fundzusammenhanges in die Ware (B. Hrouda Tf. 3,2). Von der Form
Mitte des 14. Jahrh. datiert werden, während des Bechers i D haben möglicherweise
f ü r das erste Stück ein D a t u m zu Beginn des
14. Jahrh. wahrscheinlich ist. zwei Varianten bestanden. Die Bruchstük-
Nippur. In der parthischen Schicht wurden ke aus Nuzi könnten die Form der hoch-
die Reste eines hölzernen Kästchens mit Weih- wandigen Tassen der Nuzi-Ware (B.
gaben gefunden, die zum Teil die Namens- Hrouda Tf. 1,4.6) repräsentieren, während
inschriften einiger kassitischer Könige trugen.
Unter diesen Gegenständen befanden sich auch
der dreifüßige Becher aus Assur eine
einige Glasbruchstücke, deren chemische Ana- Parallele in einem Gefäß aus Fritte
lyse einige erstaunliche Tatsachen zeigte. Da- (? Fayence) ebenfalls in Assur (W. Andrae
nach wurde die Blaufärbung eines Stückes WVDOG 58, Tf. 42 d) findet.
durch erhebliche Mengen Kobalt hervorge-
422 GLOCKE
Unter den Mustern sind besonders häu- ähnliches Stück aus dem Grab Amenho-
fig i, 6, 5, 8, 9 und 4 vertreten. In der teps II. ist mir eine weitere Verbreitung
Ornamentik der Keramik der 2. Hälfte dieser Form unter ägyptischen Gläsern
des 2. Jährt, finden sie nur indirekte Ver- nicht bekannt (D.Barag 25). Unter den
gleiche, was auf die Verarbeitungsschwie- späteren Gläsern beider Länder sind keine
rigkeiten des Glases (s. o.) zurückzuführen Ähnlichkeiten in der Form mehr festzu-
sein dürfte. Muster 1 kann mit B. Hrouda stellen. Diese Tatsache scheint auf ein ge-
Tf. 3, 4, 4 oder 28 verglichen werden, meinsames Herstellungszentrum der ersten
Muster 3 mit Tf. 3, 4, 25 und Muster 6 mit Glasgefäße hinzuweisen. Die Frage, in wel-
Tf. 7,1. 2. chem Lande dieses lokalisiert werden kann,
In den Farben treten braun am häufig- muß hier unbeantwortet bleiben, da die
sten als Grundfarbe und blau, gelb und Argumente, die für Mesopotamien spre-
weiß als Farben der Verzierungen auf. chen (D.Barag 25), noch zu spärlich sind.
Zur Gruppe der ältesten unter IV. be- Die Möglichkeit, dieses Zentrum an der
handelten Gläser, vom Ende des 16. bis phönizischen Küste oder in Palästina zu
zum Ende des 15. Jahrh., gehören die Ge- suchen, scheidet aus, da die von dorther
fäße 1 bis 4 aus Assur und die Bruchstücke stammenden Gläser nicht die Merkmale
aus Nuzi und Alalah. Einer zweiten gro- einer einheimischen Produktion tragen,
ßen Gruppe, die wohl vom Ende des 15. obwohl sie im Lande hergestellt sein kön-
bis zum Ende des 14. Jahrh. datiert wer- nen. Sie sind mit Ausnahme von Alalah
den kann, müssen die Gefäße 5-7 aus Assur, ägyptisch beeinflußt (D. Barag 26, Appen-
1-4 aus Ur und die Fragmente aus Teil dix).
Brak, Teil al-Rimah, Dür Kurigalzu und A. H a l l e r , Die Gräber u n d Grüfte v o n
vier Gefäßbruchstücke aus Bogazköy (R. Assur, W V D O G 65 (1954) l 8 - 4°- 46- 6 2 - 13;5
M. Boehmer, Kleinfunde aus Bogazköy, T f . 2 4 b - ! 11 f.; R . F . S. S t a r r , N u z i (1939)
WVDOG 1969/70) zugerechnet werden. 457-460, T f . 128-130; M . E . L . M a l l o w a n ,
I r a q 9 (1947) 21. 77. 243; d e r s . M 6 1 a n g e s
An die Wende zum 13. und in das 13. S y r i e n s o f f e r t s a M . R . D u s s a u d , T f . 3, 2 .
Jahrh. müssen die Bruchstücke aus Nippur R e i h e , 2 . v . 1.; T . H . C a r t e r , B A S O R 1 7 8
und Alalah gesetzt werden. (1965) 5 4 f f . F i g . 8. 9; L . W o o l l e y , A l a l a k h
(1955) 66. 81. 84. 126. 210. 220. 300-302 Abb.
Die in der älteren Literatur teilweise 7 4 b ; T . B a q i r , I r a q 8 (1946) 9 1 F i g . 15; L .
vertretene Meinung, daß in Babylonien Woolley, U E 9 (1962) 131 T f . 29a; L .
und Assyrien keine einheimische Glas- W o o l l e y , U E 8 (1965) 78. 101. 106 T f . 28.
37; H . H i l p r e c h t , E x c a v a t i o n s in Bible
industrie bestanden hätte und alle Glas-
L a n d s (1903) 335; B . H r o u d a , D i e b e m a l t e
gefäße Importe aus Ägypten darstellten, Keramik des zweiten Jährt, in Nordmesopo-
muß als überholt angesehen werden. Die t a m i e n u n d Nordsyrien (1957); D. Barag
Analogien zu einheimischen Keramikfor- J o u r n a l of G l a s s S t u d i e s 4 (1962) 9 f f . ; E . R .
C a l e y , A n a l y s e s of A n c i e n t G l a s s e s (1962)
men beweisen die Herstellung der Glas- 83-86.
gefäße im eigenen Lande, als dessen Zen-
trum besonders Assur in Frage zu kommen
scheint. Aber auch die Verzierungen unter- c) Gefäße aus dem 12.—6. Jahrh.
scheiden sich durchaus von den ägypti- Ur. Z w e i G e f ä ß e , d i e s i c h h e u t e i m I r a q -
M u s e u m , B a g h d a d , b e f i n d e n (IM 65 865, I M
schen. So sind Muster 3, 4, 8 und 9 auf
6 5 863) sollen a u s U r s t a m m e n .
ägyptischen Gläsern nur sehr spärlich zu 1. D a s e i n e F l ä s c h c h e n h a t d i e F o r m 2 A ,
belegen. Auch braun als Grundfarbe h = 9,8 cm, u n d ist mit M u s t e r 7 verziert.
scheint ein Merkmal mesopotamischer Ge- 2. D a s z w e i t e h a t d i e F o r m 2 C u n d w e i s t
fäße zu sein. Das Hauptunterscheidungs- die Muster 3 u n d 7 auf, h = 6 cm.
Über Fundort u n d Farben beider Stücke
merkmal der mesopotamischen Glasgefäße sind keine genaueren Angaben vorhanden.
zu den ägyptischen aber bleibt die Form. B e i d e G e f ä ß e w e r d e n i n d a s 8. J a h r h . d a t i e r t .
Die Ähnlichkeit, die zwischen der ersten 3. I n d e m s p ä t b a b y l o n i s c h e n G r a b 2 6 w u r d e
Flasche aus Assur und der Flasche des e i n F l ä s c h c h e n ( U . 17 3 9 5 , h = 8 , 7 c m ) g e -
f u n d e n , dessen F o r m nicht zu ermitteln war.
Maiherperi festgestellt werden konnte, ist D e r H a l s d e s S t ü c k e s ist z e r b r o c h e n , d e r K ö r -
ein Ausnahmefall. Bis auf ein in der Form p e r ist m i t M u s t e r 9 u n d 3 oder 5 in b l a u - g r ü n e r
GLAS 423
befindet sich heute in Istanbul (Istanbul Ar- fen worden, A. v o n S a l d e r n ist der Ansicht,
keoloji Müzeleri Yilligi 9 [i960] 80). daß es in einer Form hergestellt wurde; das
2. Ein Fläschchen aus dem „arabischen Erd- Gefäßinnere wurde in jedem Fall herausge-
grab 70" kann vielleicht in die spätbabyloni- bohrt. Einhellig wird die Meinung vertreten,
sche Zeit datiert werden, da es bis auf die feh- daß es nicht über dem Kern geformt wurde.
lende scheibenförmige Lippe ein Vertreter der Gegensätzliche Meinungen herrschen auch
Form 2 E ist und mit Muster 3 und 9 verziert ist. besonders in älterer Literatur über den Ort
3. Eine Schale aus Mosaikglas, die von A. oder das Land seiner Herstellung. A. K i s a
Haller 29, Tf. I2d, e der nachassyrischen Zeit hielt es f ü r ein Importstück aus Ägypten, C. F.
zugeschrieben wurde, muß auf Grund neuerer L e h m a n n - H a u p t für ein Beutestück Sar-
Untersuchungen wohl in das 8. bzw. 7. Jahr- gons von einem seiner syrischen Feldzüge, das
hundert datiert werden (A. von Saldern, nachträglich mit dessen Namen versehen wor-
Journal of Glass Studies 8 (1966) 9ff.). den war. Diese Ansichten sind erklärlich, weil
A . H a i l e r erwähnt im Text noch einige nur wenige Glasstücke aus Mesopotamien
Glasgegenstände, die noch nicht eingehender überhaupt bekannt waren. Heute muß dem
veröffentlicht wurden: Fläschchen eine besondere Bedeutung in der
in dem Wannensarkophag 895 wurden Bruch- Entwicklung der mesopotamischen Glaskunst
stücke eines Gefäßes, und -technik zugebilligt werden, in der es
in Gruft 49 ein King, durchaus Parallelen hat. Einige Stücke des
in Gruft 64 ein „überfangenes Glas fläschchen'' Iraq-Museums, Baghdad, deren Fundort un-
und bekannt und deren vorhandene Beschreibung
in Gruft 69, die vielleicht in parthische Zeit unzureichend ist, sind ihm besonders ver-
zu datieren ist, eine Flasche und Bruchstücke wandt. I n d e m Stück IM 18 482, [hier Abb. n a ] ,
einer anderen gefunden. kann ein über dem Kern geformter Vorläufer
des Sargonfläschchens gesehen werden. IM 14
Nimrud. Neben Gefäßen und Gefäßbruch-
486, [hier Abb. n b ] , dagegen h a t einen spitz zu-
stücken wurden Einlagen aus Glas auf Elfen-
laufenden Boden und stellt eher eine jüngere
bein gefunden, die zum größten Teil in die
Variante des Sargonfläschchens dar, die sich
2. Hälfte des 8. Jahrh. datiert werden. Einige
zu einer neuen Form, einem hohen, schmalen,
der hauptsächlich im NW-Palast und im
im Boden spitz zulaufenden Fläschchen zu
Burnt-Palace der Zitadelle gefundenen Stücke
entwickeln scheint. IM 14487, [hier Abb. n c ] ,
gehören allerdings auch in die Zeit Assurnasir-
ein Vertreter dieser neuen Form, findet Paral-
aplas II.
lelen außerhalb Mesopotamiens, in Karthago
1. Das berühmteste Stück unter den Ge- und Kameiros (P. F o s s i n g 37. Fig. 24), die ins
fäßen ist ein Fläschchen, das den Namen Sar- 7. Jahrh. datiert sind. Die seltene Form dieser
gons II. eingraviert trägt und daher sicher in Stücke hat P . F o s s i n g schon veranlaßt,
die 2. Hälfte des 8. Jahrh. datiert ist. Es wurde Weiterentwicklungen der Sargonflasche in
bereits im vorigen Jahrhundert von A . H . L a - ihnen zu sehen. Über das Herstellungsverfah-
y a r d ausgegraben. Das Fläschchen h a t die ren der Stücke des Iraq-Museums kann keine
Form 2 B und besteht aus dickem, hellgrünen, Aussage gemacht werden, es scheint aber zu-
fast durchsichtigem Glas, h = 8,2 cm. Sein mindest nicht ausgeschlossen zu sein, daß z. B.
Herstellungsverfahren ist ein Punkt der Kon- IM 14 486 und IM 14 487 auch in einer Hohl-
troverse; R. J . F o r b e s meint, es sei aus einem form hergestellt wurden.
festen Block herausgeschnitten und -geschlif-
Abb. 11
4. Viele Bruchstücke sind im Verlauf der vor Zusammenfassung. Die hier aufgeführ-
einigen Jahren in Nimrud durchgeführten
Grabung gefunden worden. Sie sind in der End-
ten Beispiele der Form 2A aus Assur, Ba-
publikation (1966) eingehend behandelt wor- bylon und Ur können noch durch ein Basis-
den. fragment aus Babylon (R. Koldewey WB
Nur drei Fragmente, die aus dem Burnt- Abb. 173) und ein ganzes Stück im Corning
Palace stammen, beweisen, daß vereinzelt Glass Museum (Journ. of Glass Studies 6
noch die traditionelle Sand-Kern-Methode
Anwendung fand. [1964] 156,2) ergänzt werden. Sie sind alle
Alle anderen Gefäßbruchstücke bestehen nicht näher datiert, finden aber Parallelen
aus hellgrünem bis hellgelbem, durchsichtig in der Form der neuassyrischen Keramik
hellviolettem und türkisem und dickem see- aus den Gräbern in Assur (A. Haller WV-
grünem Glas. Einige von ihnen sind so hauch-
dünn, daß sie k a u m in einer Hohlform her- DOG 65, Tf. 3 ap.). Ein anderes Stück
gestellt sein können und Anlaß zu der Ver- des Iraq Museums (IM 22 77; [Hier Abb.
426 GLOCKE
n d ] ist vielleicht als Vorläufer der Form reichhaltigsten Funde erbrachten. Aus
2 A zu betrachten, da ihm noch die charak- Mangel an Funden anderenorts ist Assy-
teristischen Fadenhenkel fehlen, während rien zur Zeit die Erfindung der Hohlform-
ein Fläschchen der Form i B (Nr. 2 aus Ur, technik zuzuschreiben. Darüber hinaus
s. o.) dieseschonaufweisenkonnte.IM2277, kann mit einiger Wahrscheinlichkeit an-
das aus Kis stammen soll, könnte damit genommen werden, daß Glas dieser Art in
als Übergangsstück aus dem 12./11. Jahrh. verarbeitetem und unverarbeitetem Zu-
gewertet werden, während die Gruppe stand von hier aus in relativ entfernt ge-
der Form 2A wohl in das 10.—8. Jahrh. legene Gebiete exportiert wurde, da Meso-
datiert werden muß. Für einen längeren potamien der einzige Glasproduzent in
Zeitraum, in dem Stücke der Form 2A dieser Zeit überhaupt zu sein scheint. Aus
hergestellt wurden, spricht auch, daß Ägypten sind aus der Zeit der 20. Dynastie
sich die Beispiele in Form und Verzierung bis zur Regierungszeit König Amasis' im
untereinander sehr ähnlich sind. Die Bei- 6. Jahrh. keine Funde von Glasgefäßen
spiele der Form 2B sind in das 8. und 7. bekannt, auch aus Palästina und Syrien
Jahrh., die ihrer Weiterentwicklung in das ist Fundmaterial erst aus der Zeit des 6.
7. bis in das beginnende 6. Jahrh. zu da- Jahrh. wieder überliefert (P.Fossing 7.46f.
tieren. Als Vorläufer des in der Form her- 134; A. von Saldern 30). Während die im
gestellten Sargonfläschchens sind beson- 6. Jahrh. wiederauflebende ägyptische
ders das Stück Nr. 2 aus Babylon und IM Glasindustrie die traditionelle Sand-Kern-
14482 zu nennen. Methode unter Verwendung der früheren
Auch die Form 2C ist hauptsächlich im Muster — aber hellenistischer Formen —
8. und 7. Jahrh. zu belegen. Während das wiederaufnimmt, wird für die assyrische
Beispiel Nr. 2 aus Ur und zwei weitere Glasindustrie ein Weiterbestehen unter der
Stücke, IM 18 485 und ein Beispiel aus achaimenidischen Herrschaft durch Funde
Samarra(?) (P.Fossing 41. Fig. 26), als in Persepolis und auf kleinasiatischem
Vorläufer des in der Form hergestellten Boden bezeugt (P.Fossing 84; A. von Sal-
Stückes Nr. 3 aus Nimrud angesehen wer- dern 34ff.; OIP 69 [1957] 91-92).
den können, muß das Beispiel Nr. 3 aus
Journal of Glass Studies 6 (1964) 156; L.
Babylon wegen seiner feineren Ausführung W o o l l e y , U E 9 (1962) 60. 64. 126; R. K o l -
und des Augenmusters in die 2. Hälfte des d e w e y , W B 250 Abb. 173; O. R e u t h e r , Die
7. Jahrh. datiert werden. Ähnliche Formen Innenstadt von Babylon WVDOG 47 (1926)
sind auch in der Keramik der neuassyri- 23. 210. 217. 221 Abb. 107 Tf. 74, 119. 65,
109 a. b; Führer durch das Iraq-Museum,
schen Gräber und Grüfte belegt (WVDOG Baghdad (arab. 1937) 107-108; A. H a l l e r ,
65 Tf. 4a-c. e-g). Die Gräber und Grüfte von Assur, WVDOG 65
Für die Beispiele der Form 2D kann (1954) J 5- 8 o - 8 8 - I 5 1 - l 6 1 - 1 6 6 T f - I I C -
A. H . L a y a r d , Niniveh and Babylon (1853)
ebenfalls das 8. und 7. Jahrh. in Anspruch 196-7; A. v. S a l d e r n , Journal of Glass Studies
genommen werden, während die Form 2E 1 ( 1 9 5 9 ) 23ff.; Schätze aus dem Iraq (1964)
hauptsächlich im 6. Jahrh. belegt ist. 88-9. Tf. 52; W. E. S. T u r n e r , Iraq 17 (1955)
Die über dem Kern geformten Stücke 57ff.; A. v. S a l d e r n in M. E. L. M a l l o w a n ,
Nimrud and its Remains 2, 626ff.; P. F o s -
sind hauptsächlich mit den Mustern 3 und s i n g , Glass Vessels before Glass Blowing
7 verziert; die Farbe der Muster ist in den (1940) 31-41. 45. 85. 133-5.
meisten Fällen weiß.
Die mesopotamische Glaskunst des 11. § 4. W e r t e i n s c h ä t z u n g von Glas in
bis 6. Jahrh. erlebt im 8. und 7. Jahrh. den a l t o r i e n t a l i s c h e n K u l t u r e n . Per-
eine Blütezeit, die durch die Erfindung len, Anhänger, Siegel, später Gefäße, Fi-
der Hohlformtechnik und die Verwendung gürchen und Einlagen aus Fayence, Fritte
hellgrünen oder blau gefärbten, fast durch- oder Glas stellten in Mesopotamien wie in
sichtigen Glases hervorgerufen wird. Als Ägypten Luxusgegenstände dar, wie unter
Herstellungszentrum von Gefäßen dieser anderem die Fundumstände beweisen.
Art muß das assyrische Nimrud angesehen Tempel, Paläste, Niederlassungen von
werden, da die Ausgrabungen dort die Kaufleuten, die Häuser der Reichen, deren
EL-GLE'A, TELL — GLOCKE 427
eher noch spätere Zerstörung des Gebäudes gar nicht (s. oben: Rehef, Malerei, Nini-
deuten Fragmente eines Obehsken des veh, Susa; Teil Halaf: B. Hrouda, Die
9. Jhs., den zu zerschlagen man frühestens Kleinfunde aus historischer Zeit [1962]
beim Wechsel der Dynastie Anlaß hatte.— = Teil Halaf 4, 49. 54 Nr. 2 Tf. 34,2) oder
Die oft zitierte G. aus dem Friedhof B mit dünnen Querwülsten verziert (s.oben
des Tepe Siyalk (R. Ghirshman, Fouilles Horsäbäd). Beides zusammen kommt vor
de Sialk 2 [1939] 834 Tf. 25, 7; Tf. 56) in Zincirli (s. oben) und Nimrud, wo A. H.
gehört wohl in die zweite Hälfte des 8. Jhs. Layard 92 Stück fand (Discoveries in the
(P. Calmeyer, Altiranische Bronzen der Ruins of Niniveh and Babylon [1853] 177
Slg. Bröckeischen [1964] 40L). — 11 [Fig.] S. 191 bildet vier ab. — Möbius 166
Bronze-G. sollen zum Schatz von Ziwiyah Anm. 127 Tf. 67, 5; 69, 1. 3. — Eine mit
gehören (R. Ghirshman, Perse [1963] 100). senkrechtem Schlitz, eine mit Doppelöse).
Dieser Schatz hat einen terminus fost Ihre Bronze hat einen Zinngehalt von 14%.
durch Bildkunst der Zeit Tukultiapal- Gleiche Formen haben die recht seltenen
esarras III., die er enthielt.—Eine G. mit G. aus , , L u r i s t a n " (Vanden Berghe 26;
erhaltenem Eisenklöppel aus einem Brun- demnächst P. Calmeyer, Datierbare Bron-
nen in Horsäbäd muß jünger sein als die zen aus Luristan und Kirmanshah) und
Gründung dieser Stadt (G. Loud/B. Alt- die vom Tepe Siyalk (s. oben).
mann, Khorsabad 2 [1938]. OIP 40, 60. Eine charakteristische Variante bietet
98. Tf. 60, 163). — Die fünf G. aus Zin- der K a u k a s u s : sehr große, breite G. mit
cirli müssen keineswegs älter sein als etwa senkrechter oder unten ein wenig zusam-
700 v.Chr., wie H. Möbius (116) meint menstrebender Wandung sind mit senk-
(F. G. Luschan/W. Andrae, Die Klein- rechten Stegen, Punktreihen oder Kordeln
funde von Sendschirü [1943] 106 Tf. 48 a-e; verziert und gelegentlich senkrecht ge-
Möbius Tf. 69, 2. 4—6), da die Stadt erst schlitzt (Möbius 158f. Tf. 66 F.). Ein sol-
nach der Errichtung der Stele Assurahh- ches Stück fand sich vielleicht zusammen
idinas zerstört und aufgegeben worden sein mit einer thrako-kimmerischen Bogenfibel
kann. (Vgl. auch R. Barnett, A Catalogue in Cegemsk (hier Abb. 2); etwa 50 der-
of Nimrud Ivories... 126: nach 676 v. Chr.
zerstört). — In die Zeit zwischen 650 und
550 v. Chr. gehört die I. Schicht von Bü-
yükkale, aus der R. M. Boehmer demnächst
zwei G. veröffentlichen wird. — Zwei G.
aus Susa gehören wohl dem 6. oder 5. Jh.
v.Chr. an (R. Ghirshman, MDP 36 [1954]
100 Tf. 19, 12e; Tf. 46 unten rechts),
sicher dem 4. Jh. goldene Miniaturglöck-
chen aus Pasargadai, denen andere aus
Persepolis und aus dem Oxus-Schatz anzu-
schließen sind (Stronach). — Die ältesten
ägyptischen G. widersprechen dem nicht
(Hickmann).
Durch den Stil ihrer Darstellungen ist
die bekannte reliefierte Bronzeglocke in
Berlin (E. Unger in R1V 4,2 [1926] Tf. 144;
F. Wetzel, Assur und Babylon [1949] 51 ff.
Abb. 20f.; ANEP 665) zu datieren: am artige oder unverzierte G. gehören zum
genauesten nach der Frisur des anthropo- Kazbek-Schatz; einige sind an Glocken-
morphen Dämonen, die von Sarrükin bis haltern aufgehängt, z. B. drei unverzierte
Assurbänapli möglich ist. Glöckchen an einem aus Bukranien zu-
§ 2. F o r m e n u n d V e r b r e i t u n g . Die sammengesetzten, von einem ithyphalli-
m e s o p o t a m i s c h e n G. sind fast alle schen, hammerschwingenden Gott (?) be-
GLOCKE 429
krönten Gebilde (Tallgren, Eurasia Septen- dem T a l i s (Möbius 160 Tf. 68, 6—8);
trionalis Antiqua 5 [1930] 122f. Abb. 12f.; sie hatten jedoch anscheinend keine Klöp-
134L Abb. 38ff.; 153t.). Zwei durchbro- pel. Glocken dieser Gegend sind geschlos-
chene G. desselben Schatzes sind wohl sen (J. de Morgan, La Prehistoire Orien-
Importe. — Exportiert wurde diese Form tale 3 [1927] 277 Abb. 262 S.278).
nach Urartu (B. B. Piotrovskij, Karmir- Durchbrochene Glöckchen neben glatten
Blur 3 [1955] 46 Abb. 35 S. 43) und Samos kommen in H u r v i n vor (Vanden Berghe
(Möbius 156 ff. Tf. 66, 1). Den besten Hin- 26, 66 Tf. 37). Drei von fünf Stücken
weis auf eine Datierung gibt der letzte tragen die Aufhängeröse an langen Stielen,
Fundort: orientalische Importe gehören die dieser Gegend eigentümlich zu sein
dort zumeist der ersten Hälfte des 7. Jhs. scheinen.
an. „Aus A m l a s " sollen geradwandige
Eher t r a n s k a u k a s i s c h als kaukasisch Glöckchen reiner Kegelform stammen, die
scheinen Glöckchen mit dreieckigen Durch- in den letzten Jahren im Kunsthandel
brüchen zu sein (Möbius 159 ff. Tf. 68). erschienen (z. B. Leiden, Rijksmuseum
Ihre Grundform steht den schlank-koni- van Oudheiden B 1964/10. 63—65; hier
schen mesopotamischen näher. Ein Exem- Abb. 4). Sie sind mit Tierfigürchen be-
plar aus Elenendorf kombiniert Dreiecks-
durchbrüche, Ritzungen und Querwülste
(hier Abb. 3). Exporte aus diesem Bereich
Abb. 4. Kunsthandel, an-
geblich aus R a m a t Abad in
Gilan (westlich von Rud-
bar). H . 5 cm (1:2).
Abb. 3. Nach: Otcet 1903 krönt, die oft nur zweidimensional gear-
(1906) 97 Tf. 183 (1:2).
beitet sind.
Ein Hortfund bei Alisar in der Gegend
von Erewan zeigt, daß aus U r a r t u be-
sonders reiche Formvarianten zu erwarten
sind. Eine glattwandige, weite G. fand
sind wohl nach Zincirli (s. oben; Möbius sich hier neben zwei anderen, verziert mit
Tf. 69, 6) und Samos (ebenda Tf. 68, 1. 2) Rosettenblättern, Querwülsten, facettier-
gelangt. ter Wandung und viereckigen, fenster-
Ebenfalls durchbrochen sind schlanke, artigen Öffnungen (hier Abb. 5). Diese
nach unten ausschwingende Anhänger aus letzte Form könnte auf einem der Wand-
430 GLOCKE
bilder von Til Barsip (Parrot a. O. Abb. belegt, ebenso für Juda (Sach. 14, 20) und
119) gemeint sein. Ägypten (Hickmann, Musik Abb. 12).—
Die Herkunft der einfacheren Exem- Ebenfalls sicher ist die Verwendung von
plare aus S a m o s läßt sich kaum genau goldenen G. an Gewändern: der judäische
bestimmen (Möbius Tf. 67, 7—10; Walter, Hohepriester trägt sie, abwechselnd mit
AM 74 (1959) 23 Beilage 56, 3). Sie könn- Granatäpfeln; beim Gang ins Allerheiligste
ten aus Syrien, Mesopotamien oder „Luri- soll man sie hören, „auf daß er nicht
stan" importiert sein. sterbe" (Exodus 28, 34f.; 39, 25). Die
In Pasargadai (4. Jh.), Persepolis und achämenidischen Miniaturglöckchen (Stro-
im Oxusschatz gibt es goldene Miniatur- nach) sind wohl auch so zu verstehen
glöckchen, die zum Teil, a c h ä m e n i d i - (allenfalls auch als Teile von Ketten).—
s c h e n Metallgefäßen ähnlich, waagerecht Die Darstellung von Dämonen, die wir von
geriefelt sind (Stronach). Krankenbeschwörungs-Tafeln her kennen,
§ 3. H e r k u n f t , G e b r a u c h , B e d e u - lassen die große Rehefglocke in Berlin als
t u n g . — J. Wiesner nimmt an, daß sich die Kultinstrument verstehen. Dazu passen
G. von den iranischen Reitervölkern her in vorzüglich die Glockenhalter aus dem
Vorderasien und Europa ausbreitete, und Kazbek-Schatz: wie A. M. Tallgren fest-
zwar zusammen mit dem Reiten, einem stellte, waren sie am u n t e r e n Ende von
rasselnden Pferdebehang und Schellen. Sie Stäben befestigt, also doch wohl an Zere-
hätte die Bedeutung eines Abwehrzaubers monialgeräten.
gehabt und sei immer in Verbindung spe- Zu diesen drei völlig verschiedenen Ar-
ziell mit Reittieren gebheben. — Diese ten des Gebrauchs kommt ein auffälliger
Theorie klingt bestechend; jedoch muß geographischer Unterschied bei den Fund-
man in Vorderasien mit wesentlich diffe- umständen: den Grabfunden im Kauka-
renzierteren Verhältnissen rechnen. Das sus- und Transkaukasusgebiet, Talis, Hur-
Reiten war im 9. Jahrhundert bereits gut vin (?), Siyalk und vielleicht Ziwiyah
bekannt; jener rasselnde Behang, der auch stehen gegenüber die Hortfunde aus Ali-
aus dem Grab 15 vom Tepe Siyalk (s. oben) sar und Niniveh, die G. aus den Palast-
bekannt ist, wurde spätestens unter Sarrü- anlagen in Zincirli, Niniveh, dem Brunnen
kin II. in Assyrien allgemein eingeführt in Horsäbäd und der Siedlung in Susa.
(demnächst Calmeyer a.O.), die G. jedoch Darin spiegelt sich gewiß nicht nur der
noch nicht. Im 7. Jahrhundert erscheinen Unterschied im Forschungsstand, denn
G. dann an Reit- und an Wagenpferden die vielen neuassyrischen Gräber in Assur
zugleich. — Die Schelle ist bereits im lieferten keine einzige G. Dieser Unter-
2. Jahrtausend bekannt. schied ist schwer zu interpretieren: in
Da man bis jetzt das Auftauchen der Palästen wurden alle möglichen Wert-
Glocken nur im Südwestiran, in Mesopo- gegenstände gestapelt; in manche Gräber
tamien und in Ägypten etwa ins S.Jahr- könnten G. als Teil des Zaumzeugs ge-
hundert datieren kann, muß die H e r - kommen sein (in Siyalk und Ziwiyah sind
k u n f t unsicher bleiben. Kaukasusgebiet, sie in der Tat mit Pferdeschmuck verge-
Nordwestiran und Urartu boten bisher die sellschaftet). Sicher ist nur, daß G. als
meisten formalen Varianten; ein Ostana- Grabbeigaben nicht allgemein üblich wa-
tolier oder Urartäer wurde als erster mit ren. -— Endlich sind sie in Samos geweiht
einer Pferdeglocke dargestellt. Beides zu- worden; in Ägypten bittet im 1. Jh. n. Chr.
sammen erlaubt die Vermutung, daß in eine Weihinschrift auf einer G.: „Sobk,
einer dieser Landschaften, wohl kaum bei Herr von Tyi, gib dem Dje-ho Leben"
einem ,Reitervolk', die G. entstand. (Hickmann, Musik 17f.). — Diese letzten
Über den G e b r a u c h sind weitergehende zwei Verwendungsarten, Grabbeigabe und
Schlüsse möglich. G. an Kamelen, Reit- Weihung, sind jedoch jedenfalls sekundär;
und Wagenpferden sind auf den Reliefs sie können daher nichts über die Erfin-
und Wandmalereien für Assyrer und meh- dung und den ursprünglichen Sinn der G.
rere Untertanenvölker der Achämeniden lehren.
GLOCKE — GLOSSEN 431
Dieser Vielfalt im Gebrauch eine ein- Musee du Caire (Kairo 1949) 37ff.; Ders.,
heitliche B e d e u t u n g der G. entgegenzu- Musik und Kirche 2 (1951) 3ff. — In anderen
Bereichen: H. G. B u c h h o l z , B J V 5 (1965)
stellen ist gewiß verlockend. Meist werden 219 14 .
sie als apotropäisch erklärt. Das würde auf P. Calmeyer
alle oben angeführten Arten der Verwen-
dung passen: die Abwehr von bösen Kräf- Glossen. A. In sumerischen und akka-
ten ist in allen Lebensbereichen nützlich dischen Texten.
und auch im Tode. Besonders Exodus 28, § 1 . Allgemeines. §2. Uneigentliche Aus-
34 f. scheint diese Auffassung zu bekräfti- spracheglossen. § 3. (Eigentliche) Aussprache-
glossen. §4. Variantenglossen. § 5. Ubersetzungs-
gen: der Hohepriester muß sich gegen glossen. § 6. Zeichennamen und Vermerke der
Jahwe oder die Cherubim schützen, „auf Schreiber. § 7. Auf die Ausführung bezügliche
daß er nicht sterbe". — Jedoch sollte eben Glossen.
hier die engeVerknüpfung mit Granatäpfeln § 1. A l l g e m e i n e s . Glossen sind Bemer-
stören, die ein Lebenssymbol waren und kungen des Schreibers zu dem von ihm
gewiß niemand abschreckten. Die Sobk- geschriebenen Text, die meist in kleinerer
Inschrift ist noch deutlicher eine Bitte um Schrift als der übrige Text und im all-
Leben; von einer Abwehr ist nicht die gemeinen zwischen die Zeilen oder auf
Rede, ebensowenig bei (Trito-)Sacharja den linken, seltener rechten Rand der
(14, 20; wohl vor 190 v.Chr. entstanden), Tafel (des Zylinders) geschrieben werden.
der eine Blütezeit des Kultes in Jerusalem Sie sind nicht obligatorisch, sondern meist
prophezeit, da alle Gefäße Opfergefäße ad hoc gebildet und sollen das richtige
seien und auf den G. (?) der Pferde ge- Verständnis, die richtige Aussprache oder
schrieben (?) stehe: dem Jahwe heilig. die richtige Ausführung erleichtern oder
Auch in den übrigen oben angeführten Lese- bzw. Deutungsvarianten zur Wahl
Verwendungen lassen sich die G. als das stellen; z. T. enthalten sie auch wie die
Gegenteil von Apotropaia deuten: mit Kolophone* redaktionelle oder nicht auf
dem Kultgerät, in der Krankheitsbeschwö- den speziellen Text bezogene Bemerkun-
rung und (eventuell) im Grabritus kann gen.
das Unterstreichen des feierlichsten Mo- Glossen sind demnach vor allem dort
mentes, das Herbeirufen eines guten oder zu erwarten, wo ein Schreiber sich des
erwünschten Numens, die Verwandlung in Verständnisses des Textes bei späterer
einen stärkeren oder besseren Zustand Lektüre nicht sicher war oder wo dem
gemeint sein. Die G. an Reit- und Wagen- Schreiber auch nur eine eindeutige Nieder-
pferden — auf jeden Fall die profanste schrift nicht gelang, er jedoch keinen
Verwendung —mögen diese als dem König verständlichen Text von sich aus her-
oder der guten Sache zugehörig bezeichnet stellen konnte oder wollte. Schwierig-
haben. — Diese .positive' Deutung hätte keiten dieser Art ergaben sich offensicht-
den Vorteil, zu dem nicht eben abschrek- lich nur beim Abschreiben vorgegebener
kenden Klang der G. und zu ihrer späteren Texte oder wenn Schreiber wie die der
Bedeutung im Christentum zu passen. syrischen Fürstentümer im 2. Jahrtausend
für den täglichen Gebrauch eine ihnen
H . M ö b i u s in: Marburger Studien (1938) fremde Sprache, in diesem Fall das Akka-
156ff.; J. W i e s n e r , zuletzt in: Lexikon der
Alten Welt (1965) 1091 f. dort seine weiteren
dische, verwenden mußten. Auch wo die
Artikel. — Iran und kaukasische Länder: Konvention die Verwendung von (mehr-
L. V a n d e n B e r g h e , La Nöcropole de Khür- deutigen) Wortzeichen forderte, haben
vln (1964) 26; Demnächst: E. P o r a d a , Ir. sich die Schreiber gelegentlich durch Zu-
Ant. — Auf assyrischen Reliefs: A. S a l o n e n ,
Hippologica Accadica (1956) Tf. 11. 1 3 ! 17.
fügen von Glossen um größere Deutlich-
19; J. K. A n d e r s o n , Ancient Greek Horse- keit bemüht. Wo aber der Schreiber nicht
manship (1961) Tf. 5—11. 38b. — Glocken- an Vorlagen oder Konventionen gebunden
förmiger Goldschmuck: D. S t r o n a c h , Iran 3 war, konnte er darauf verzichten, etwa
(1965) 40, 1 6 1 I ; S. 34 Tf. 13 a.b. — Ägypten:
H . H i c k m a n n , Instruments de Musique =
die über das Minimum an schriftlicher
Cat. General des Antiquites Egyptiennes du Fixierung hinausgehenden Zusätze zur
432 GLOSSEN
die Mehrdeutigkeit verringern bzw. be- Text aber nicht durch Schriftgröße o. ä.
seitigen, jedoch nicht als Glossen ge- abgehoben. Auch sie sind ursprünglich
schrieben werden. S. W. von Soden, GAG nicht obligatorisch. Noch in altbabyloni-
§ 5 c. Beispiele: jungbabylonisch AKA 345, schen Abschriften sumerischer Texte steht
133 (Zusammenhang: Vergangenheit, 1. so wahlweise GlS(„Holz", Determina-
5
Person) DÜ.NI, d. h. also äbnini „ich tiv).MÄ(„Boot"), Transkription 8' mä, zu
bildete", nicht epuS „ich machte" (DtJ lesen / m a / , oder bloßes MÄ = mä.
steht für banü oder epesu); OrNS 22 § 3. ( e i g e n t l i c h e ) A u s s p r a c h e g l o s -
(1923) 360, 25 (Zusammenhang: Ver- sen. a. Allgemeines. 1. Wenn der Schreiber
gangenheit, 3. Person) Sa DÜ.SÜ, also Sa von einem Text nicht mehr in erster Linie
ipuSuSÜ „was sie gemacht hat", nicht Sa niederschrieb, was er hörte bzw. wußte,
ibnü; altassyrisch EL 2,9 TUR.ME.ER.Ü- sondern nur mehr treu abschrieb, was
Su, also mer'ü ™>-*r-ü -Su „seine Kinder", er las, mußte er grundsätzlich alle Zu-
nicht sahrütüSu bzw. sahirsu (TUR steht sätze der oben erwähnten Art als nicht
für mer'ujmäru „Sohn", „Kind" und in der Vorlage enthalten kennzeichnen.
sejahru „klein", „Kind"). Der letztge- Hier begegnen wir darum ab und zu, im
nannte Typ ist häufig in Ugarit und ganzen aber sehr selten, Glossen im
Teil el-Amarna; doch stehen hier zwischen strengen Sinne, die die richtige Lesung
Wortzeichen und syllabischer Schreibung von mehrdeutigen oder seltenen Zeichen
die Glossenkeile (s. J 3a 1), z. B. PRU 3, mittels Auflösung in Silbenzeichen des
47,15 (Urkunde) GIS.SAR\&f-m-w „Gar- derzeit gebräuchlichen Syllabars festlegen.
ten". Zu ähnlichen Schreibungen, die aber In unseren Umschriften sollte der
in der Treue gegenüber einer Textvorlage Unterschied zwischen uneigentlichen Glos-
begründet sind, s. § 3 c. sen bzw. Determinativen und echten
Streben nach Kürze kann die Ver- Glossen nicht verwischt werden. Die be-
wendung etwa von DÜ.NI statt ab-ni queme Kennzeichnung durch Hochstellen
nicht begründen, denn DÜ ist kaum sollte man den viel häufigeren Determina-
kürzer als AB, zudem mehrdeutig. Die tiven und uneigentlichen Glossen vor-
Verwendung des Wortzeichens DU mit behalten. Die eigentlichen Glossen sollten
syllabischem Komplement geht vermut- dann in () mit dem Vermerk Gl. kon-
lich auf Schreiber-Konventionen zurück, sequent hinter dem glossierten Wort bzw.
jedenfalls wohl nicht auf Treue gegenüber Zeichen stehen, ohne daß man die Stelle
einer als mangelhaft angesehenen und der Glosse auf der Tafel in der Transkrip-
nunmehr verbesserten Vorlage. tion zu imitieren brauchte. Die Glossen-
keile (s. § 2a 3; 4« 2; 4b; 5a 2—562; 6d),
2. Schreiber-Konventionen dürften auch
an der Verwendung von Silbenzeichen mit im Original ^ ^ ^ ^ ^ , werden am
syllabischem Komplement schuld sein, besten durch \ (so im AHw.) gekenn-
wie sie häufig etwa in spätbabylonischen zeichnet.
Texten anzutreffen sind, z. B. BR 8/7,
Nr. 32, 30 lAs-ganan-du (ein Familien- 2. Im Original stehen die Glossen in
Name; -ga-an- ist ebensolang wie -GAN. kleiner Schrift möglichst nahe bei dem
AN-); Nbn. 756, 12 it-iatan-nu-u' „sie glossierten Wort bzw. Zeichen, d. h. also
haben gegeben" (-ta-an- wäre kürzer ge- oft darüber oder darunter, oder im frei-
wesen). gelassenen Raum zwischen zwei zu dem
Wort gehörigen Zeichen, häufig aber auch
3. An dieser Stelle sei an die Deter- auf dem Tafelrand. Dabei kann sich eine
minative in sumerischen und akkadischen Glosse auf dem linken Rand gelegentlich
Texten erinnert, die auf die Zugehörigkeit auf das Ende der dort beginnenden Zeile
des betreffenden Wortes zur Gruppe der beziehen (UET6,112,5 Gl. ki'(DI)-ri- [s]u-
Götternamen oder der Kupfergegenstände - g ä l , gehört zum (abgebrochenen) Zei-
oder der Pflanzen usw. hinweisen. Sie lenende k i r l - s u - g ä l „betend", ergänzt
werden nicht mitgelesen, vom übrigen nach UM 10/2, 8 I 4); oder eine Glosse am
Reallexikon der Assyriologie n l '9
434 GLOSSEN
Zeilenende gehört zum ersten Wort dieser Kramer, Enmerkar Tf. 12, 583 (s. S. 42;
Zeile (UET 6, 175, 21 Gl. e - m e - e n , zum altbabylonisch) [b]a-an-säg(G/. sä)
Zeilenbeginn enmen x (NAG) „Durst"). „schlug darauf"; SBH: 56, 41 (neu-
Gelegentlich steht die Glosse auf dem babylonisch) [x]-du 14 (G/. du)-da-ka (: a-
Rand eine Zeile zu tief (VS 2, 79, 28 hi sa-al-ti) „neben dem Streit". Auch ein
Gl. da'-ga, gehört zu daggan(KI'.GÄL) bloßer Wortteil kann glossiert sein: CT
„Gemach" am Beginn von Z. 27) oder 4 2 : 4 I 8 g i s - n ü - g i - r i n ( G / . ri)-na „das
zwischen zwei Zeilen beim falschen Wort leuchtende Bett"; SBH: 56, 37 t[u]s(GA
(TU 51, 23 zu d i l - a - n i Gl. d i , steht tu)-a-mu-[d&] (: ina a-Sä-bi-ja) „wenn
beim vorangehenden ( e s - k i r l - a n - ) k i ( - a ) ich sitze". Seltener sind Glossen zu Wort-
„Leitseil von Himmel und Erde"). verbindungen: VS 2, 97, 8 a - r ä - m l n ( G / .
a-ra-mi) „zweites Mal"; SBH: 56, 49
3. Gelegentlich gerät eine Glosse beim [KÄ-e] s - d a m (Gl. a-ka-e-es-da) - m a - k a
neuerlichen Abschreiben eines glossierten (: ina ba-ab aS-tam-mi) „im Tor des
Textes in diesen selbst hinein. S. dafür Wirtshauses".
Th. Jacobsen, AS 11, 118291 zu z a l -
l a g a b - l a - g a b a (rekonstruierte Vorlage: 3. Vereinzelt findet sich die durch-
zal-lagab(G/. la-gaba)); vermutlich auch gängige Glossierung: M. Civil/R. D. Biggs,
MSL 5, 33, 316 V4 mu-un-ra(!)-DU(!) RA 60 (1966) 5 (Text E) und 8f. (Text D).
anstelle von m u - u n - r a r ä (Duplikate: An solche Texte schließen sich diejenigen
m u - u n - D U = ub-lam usw. „er hat ge- Tafeln aus Susa, Bogazköy und Ugarit
bracht"). Im 2. Jahrtausend könnten an, die wie Text E in 1. c. 5 zum sume-
solche Belege beim Sumerischen nach dem rischen Text eine „syllabische" Umschrift
Muster SAR.AR = s a r " (s. §2« 2) und eine akkadische Ubersetzung stellen,
als korrekte, wenn auch ungewöhnliche die erstgenannte jedoch nicht in Form
Schreibungen gedeutet werden; im 1. Jahr- von Glossen, sondern in einer besonderen
tausend dürfte das ausgeschlossen sein. Kolumne oder Zeile in normaler Schrift-
größe. S. dazu Verf., ZA 58 (1967) 22f.
Für das Akkadische s. Th. Jacobsen,
und 29 t. Andererseits sind hier die als
AS 11, 96189 zu i.INIB.w'-iö statt voraus-
Glossen geschriebenen „Aussprache-Zei-
zusetzendem Hnibni'ib.
len" in neubabylonischen Abschriften
Was hier über die Stellung der Aus-
sumerischer Texte zu nennen; s. zu ihnen
spracheglossen auf der Tafel gesagt ist,
Verf., 1. c. 23 und 28 d ß und WO 4
gilt entsprechend auch für alle anderen
(1968), 262 ff.
Arten von echten Glossen.
b. Zu sumerischen Wörtern. 1. Wäh- 4. Für die häufigen Ausspracheglossen
rend die meisten sumerischen literarischen in den Zeichen- bzw. Wortlisten vgl.
Texte überhaupt keine oder nur verein- UM 5, 117 in jeder Zeile (Serie Proto-Ea,
zelte Glossen enthalten, finden wir in s. MSL 3,253); UET 6, 354, 1—4 (Grup-
einer kleinen Anzahl von Texten auf- penvokabular) ; aus dem ersten Jahr-
fallend viele Beispiele von Glossen. So tausend CT 12, 34 I 4. 13. 24 usw. (Serie
bietet aus altbabylonischer Zeit Sumer SIG7.ALAM = nabnitu). Die Aussprache-
13 (1957) 71 (5 sumerische Zeilen, dazu angaben erscheinen allerdings in Texten
jeweils die akkadische Übersetzung) 6 der Serie Proto-Ea auch in normal großer
Ausspracheglossen; aus neubabylonischer Schrift, nicht als Glosse (z. B. UM 5, 111
Zeit TU 51 31 Glossen auf 46 sumerischen Rs.; s. MSL 3, 253), so wie sie in den
Zeilen. Texten der späteren Serien Ea, Diri, S^
und S a eine eigene Spalte erhalten und
2. Glossiert wird meist nur ein einzelnes sich dann nur selten in der Schriftgröße
Substantiv bzw. eine Verbalwurzel; die von dem zu erklärenden Zeichen und
unserer Auffassung nach dazugehörigen dessen akkadischer Übersetzung unter-
Teile der nominalen bzw. der Präfix- scheiden (in kleinerer Schrift z. B. CT 12,
Kette bleiben unberücksichtigt: S. N. 20, Serie Aa).
GLOSSEN 435
Bei den Texten der Serien Proto-Ea, sehr viel seltener das Bedürfnis, die Aus-
Ea (und Aa), Diri, S» und S a enthält ent- sprache durch Glossen festzulegen. In
weder jedes Zeichen bzw. jedes aus mehre- Frage kommen getreue Abschriften von
ren Zeichen bestehende Wort eine Aus- Vorlagen, die Silbenzeichen mit (zur Zeit
spracheangabe (selbständig oder Glosse) der Abschrift!) ungebräuchlichen oder
oder gar keines; die Ausspracheangaben mehrdeutigen Lautwerten verwenden oder
stehen immer links von dem zu erklären- dem Schreiber nicht vertraute Wortzeichen
den Wort. Die anderen lexikalischen enthalten.
Texte glossieren die sumerischen Wörter Beispiele bei schwierigen Silbenzeichen:
bzw. Götternamen usw. nur gelegentlich CT 44: 2 II 6—7 („late Copy" einer alt-
und haben auch in jüngerer Zeit im all- akkadischen Inschrift, auch epigraphisch
gemeinen keine Aussprache-Spalte. Der den altakkadischen Duktus imitierend)
unglossierte Typ ist der ursprüngliche; ma-ta-a-am i-det(Gl. de)-ep-ma „er stieß
vgl. etwa ITT 2/2 Tf. 86: 5898 (s. R. Bor- das Land nieder" (nach W. von Soden
ger, HKL 1, 150; neusumerisch); SLT 170 zu AHw. depu). Nach AnOr. 42 Nr. 218
(MSL 5, 90, altbabylonischer Vorläufer ist TE = de 4 im 1. Jahrtausend unge-
zu h.). bräuchlich. Weiter CT 15, 49 (Abschrift
eines Textes aus dem 1. Jahrtausend mit
5. Eine besondere Gruppe unter den ausgefallenen Silbenzeichen) III 7 at-ta-a-
Ausspracheglossen sind die in SBH: 1 und dir(Gl. di-ir); IV 2 ü-Sdm(Gl. sd-am)-
anderen spätbabylonischen Abschriften na-Si; IV 12 f. Si-na-san (Gl. M-na). S.
sumerischer Kultlieder bezeugten Vokale noch 5 R 45 VIII 12 f. tu-sdh(Gl. sa)-har,
und Vokal-Ketten (e, a, u, a-u, e-a-a tu-sdh(Gl. sa)-hat; TU 51, 18 Su-ut-lim-
usw.), denen sich einzelne Silben wie le, (Gl. Ii)-Si.
qa anschließen. S. zu ihnen meine Be-
merkungen in WO 4 (1968), 277. Sie Beispiele bei schwierigen Wortzeichen:
sind wahrscheinlich Ausdruck von Vokal- In dem Zitat aus einer Omensammlung,
längen und Sekundärvokalen, wie sie das der Bericht eines bärü in RMA 88, 5
auch sonst in spätbabylonischen Ab- verwendet, wird die Schreibung GÄN.BA
schriften begegnen, grammatisch unbe- für mahiru „Gegenwert" gemäß dem
gründet und für uns also irrelevant. Omen-Text beibehalten, aber mit ma-hi-ru
Ihren Sinn fänden sie vielleicht in uns glossiert; derartige Glossierungen begeg-
unbekannten Gegebenheiten der feier- nen in RMA mehrfach. S. ähnlich ABL
lichen Rezitation. 405, 9 Mܧ.MES-sm (Gl. zi-mu-Sü) „sein
Glanz" (CAD zimu 2). Zu ähnlichen
Zum Teil setzen sie eine Aussprache Schreibungen, bei denen aber die Ver-
der sumerischen Wörter voraus, die stark wendung des Wortzeichens auf Konven-
von der überlieferten Form abweicht, in tion, nicht auf Treue gegenüber einer
unorthographischen Texten aber ebenfalls Textvorlage beruht, s. § 2b 1.
bezeugt ist, s. Verf. 1. c.
Beispiele: SBH: 1 Rs. 17 ä g - d u 1 1 - g a -
§ 4. V a r i a n t e n g l o s s e n , a. Zu sumeri-
na(G/. a-u)nu-gi 4 -gi 4 -d£(GJ. e) „der sein
schen Wörtern. 1. Hatte der Schreiber meh-
Wort nicht zurücknimmt", gemeint ist
rere Duplikate des gleichen Textes als Vor-
wohl a g d u g a n ä ' u n u g i g i d e ; weiter
lage, so konnte er, wenn der Wortlaut die-
Vs. 4 e-ne-egx(ÄG)(G/. e)-»mu-ul-lil-
ser Vorlagen an einzelnen Stellen diver-
la(Gl. e) „Wort Mullils", gemeint wohl
gierte, von zwei Überlief erungsVarianten
enege-mullile.
nur die von ihm bevorzugte in seine Ab-
Einige der „Glossen" auf dem linken schrift aufnehmen; die andere konnte er
Tafelrand wie etwa an-na in CT 42: 1,9.11 verschweigen oder sie in Form einer Glosse
lassen sich auf dieser Basis allerdings neben die von ihm gewählte Lesart
nicht erklären. setzen.
c. Zu akkadischen Wörtern. Bei akka- In VS 10, 156 (Reste von 50 Zeilen
dischen Texten empfanden die Schreiber erhalten) ist an 10 Stellen eine varia
29*
436 GLOSSEN
lectio in kleiner Schrift angegeben. Der da /a/ nicht die Lesung von E und /til/
Text ist von M. Civil in StOpp. 67 ff. mit nicht die Lesung von GÄL sein kann.
weiteren Duplikaten bearbeitet, die Vari- Sichere Ausspracheglossen andererseits fin-
anten in VS 10, 156 (Text C) sind als den sich in den lexikalischen Texten, so-
„Text C'" in den Anmerkungen (S. 71t.) fern jedenfalls alle Zeilen glossiert sind.
genannt. Beispiel: Z. 12 ( = StOpp. 69, Mit großer Wahrscheinlichkeit gehören
17 C) u d u n - m a h - e „in den .größten auch die unvollständigen Glossierungen
Ofen'"; die Glosse a setzt die Variante der Art tus(G/. tu) usw. (s. §362) zu
u d u n - m a h - a voraus (Lokativ statt Lok.- den Ausspracheglossen. In allen anderen
Terminativ), wie sie auch das Duplikat Fällen ist jedoch der Verdacht, es handele
TRS 20, 17 ( = StOpp. 69, 17 A) bietet. sich um unorthographische Schreibvarian-
Neubabylonisch: BA 5, 617, 9 e 4 - a „ins ten, nicht ohne weiteres zu entkräften, wie
Wasser", Glosse e - a „ins Haus" (akka- denn auch A. Poebel in GSG § 13 die hier
disch anders). als Ausspracheglossen gedeuteten Bemer-
Auch diese Art von Glossen gibt in kungen grundsätzlich als Varianten aus
der Regel nur den vom Haupt-Text ab- einer zweiten Vorlage des betreffenden
weichenden Teil des betreffenden Wortes Schreibers versteht.
wieder. Eine Zeilen-Umstellung in einem Unabhängig von den Absichten, die die
Vorlage-Text wird nach M. Civil, o. c., so Schreiber mit den bisher besprochenen
angedeutet, daß der Beginn der Zeile im Glossen verbanden, sind diese uns will-
Varianten-Text an die entsprechende Stelle kommene Hilfen, wenn es darum geht,
auf den Rand geschrieben wird; daß es aus der Menger der Lese-Möglichkeiten,
sich um eine Zeilenumstellung handelt, die uns vor allem die lexikalischen Texte
nicht nur um die Variante zum ersten des 1. Jährt, bieten, die für den betreffen-
Wort der Zeile, wird erst bei weiterer den und alle gleichgelagerten Fälle zu-
Lektüre deutlich. Beispiel: VS 10, 156, 20 treffende zu erkennen. Gleichzeitig können
(s. o. c.). wir die erwähnten lexikalischen Texte
mit Hilfe der Ausspracheglossen bestäti-
2. Anders als die Ausspracheglossen gen oder korrigieren. Die Glossen leisten
werden im ersten Jahrtausend Varianten- uns also die gleichen Dienste wie die
glossen häufig unmittelbar hinter das unorthographischen Texte.
betreffende Wort auf die Zeile selbst in
b. Zu akkadischen Wörtern. Die Angabe
normaler Schriftgröße gesetzt und durch
von Varianten ist in einsprachigen akka-
vor- (und nach-) gesetzte Glossenkeile ge-
dischen Texten anscheinend noch seltener
kennzeichnet. S. dafür aus einem wegen
als in sumerischen. Eine Überlieferungs-
seiner Ausspracheglossen schon oben zitier-
variante wird als Glosse notiert in UM 5,
ten Text TU 51, 37 = 52 Rs. 15 a n - t a
157 II 6 e-zu-ub(Gl. zi-ib) „außer". Im
H E . h e - g ä l \ t i l : ina e-la-a-tüjti tlS-bi
1. Jahrtausend verwendete man hier wie
„oben sollst du (!) sein, var. bleiben"
bei den sumerischen Textvarianten meist
(akkad. „oben setz dich hin"). Ein Text
die Glossenkeile. S. in einem zweisprachi-
der Vorlagen hat h e - g ä l , der andere
gen Text BA 5, 617, 22 uS-ri-iq („hielt
h e - t l l (HE vor he- ist offenbar eine in
fern") \ ü-ta-ab-bi („ließ versinken"),
den Text geratene ursprüngliche Glosse,
entsprechend dem sumerischen m u - u n -
s- § 3« 3). Weiter z. B. SBH: 2, 22 s ä - b i
s ü \ s u (Z. 21). Nicht ganz selten sind
ä-ba mu-un-zu-zu \ sä-ga äm-
Textvarianten in lexikalischen Texten,
n i g i n - n [ e ] „wer kann sein Inneres er-
z . B . CT 12, 2 I 46 su-u SU (Gl. MIN
kennen, var. es fährt darinnen umher".
[= gi-gu-ru-u]) = a-ba-lu \ ku (d. h.
3. Die Unterscheidung zwischen Aus- abälu oder abäku). In TU 51 Rs. 34
spracheglossen und Variantenglossen ist (Gl. ti-iq)SE4q-ni („mein Schmuck") ist
oft nicht deutlich. Sicher sind als Varian- wohl eine fehlerhafte Lesart in den Text
tenglossen die oben aus VS 10, 156 und aufgenommen, die richtige als Glosse bei-
aus TU 51 zitierten Belege anzusprechen, gefügt.
GLOSSEN 437
dische Wörter durch kanaanäische, ver- schen Texte der Serie Aa CT 12,1-9.16-17
einzelt auch churritische Wörter: VAB 2, usw., ferner etwa CT 12, 37 I I I 28
244, 16 (Brief aus Megiddo) a-bu-ul-l[i] \ (Serie Nabnitu) Ü.KUR.RA(GZ. sim-bi-ri-
üa-afy-ri „Tor" (akkad. abullu: westsem. da)SAR(G/. ü-ku-ur-ra-ni-si-gu-u) \ (=)
; PRU 3, 95, 6 (Urkunde aus Ugarit) ni-nu-u (eine Pflanze); die linke Glosse
dimti(geschr. E.AN.ZA.GÄR) \ ha-a-jaB enthält die Lesung, die rechte den Zeichen-
„Wachturm". Gelegentlich fehlen die Glos- namen (umgekehrte Reihenfolge ibid.
senkeile, z. B. VAB 2,143,11 epera(geschr. I I I 15).
SAHAR r ") ha-pa-ra „Staub" (eperu: west- Nicht als Glosse, sondern in normaler
sem. 1D»)- Auf einer weiteren Stufe wird Schriftgröße in einer besonderen Teil-
das akkadische Wort zugunsten des kolumne erscheinen die Zeichennamen
Fremdwortes unterdrückt, dieses aber z. B. in den Nineveh-Fragmenten der
meist noch mit den Glossenkeilen be- Serien Aa (z. B. CT 11, 38) und Diri
zeichnet: VAB 2, 53, 65 (s. auch 64; (z. B. CT 11, 45 ff.).
Brief aus Qatna) ana Sepika^ qa-ti-hu- b. Wenn in lexikalischen Texten Zei-
le-es (nach J. Friedrich, HW 322 churri- chen der Form Z x x Z 2 behandelt sind,
tisch) „möge liegen zu deinen Füßen". steht oft das eingeschriebene Zeichen noch
Dementsprechend hätten wir wohl auch einmal für sich hinter dem ganzen Zeichen,
die Fremdwort-Glossen zu konventionellen meist in normaler Schriftgröße (z. B. AS 7
Wortzeichen wie oben in PRU 3, 95, 6 Tf. 4, 5iff. usw., s. o. c. S. 17), gelegent-
manchmal nicht als zusätzliche Erklärun- lich auch als Glosse (z. B. CT 19, 20b 14).
gen eines akkadischen Wortes, sondern
nach dem § 2 & i aus Ugarit zitierten c. Wenn der Schreiber in seiner Text-
Beleg als einheimische Lesung des (sprach- vorlage eine Lücke fand, so wurde diese
lich indifferenten) Wortzeichens anzu- urkundengetreu übernommen und nicht
sehen. etwa, wie wir es heute unter Beifügung
der eckigen Klammern tun, ergänzt. Viel-
Wie im Bereich der Orthographie die
mehr setzte der Schreiber an die ent-
Konvention die Verwendung von — ob-
sprechende Stelle die akkadische Glosse
schon mehrdeutigen — Wortzeichen ver-
hi-pi o. ä. „Bruch" (oder „ist abge-
langen konnte, die dann sofort wieder
brochen" ?), genauer noch hi-pi eS-Sußü
durch syllabische Komplemente erklärt
„junger Bruch" (d. h. die Vorlage ist hier
werden mußten, so hat offenbar der
abgebrochen) bzw. hi-pi la-bi-ru „alter
Brauch, internationale Korrespondenz zu
Bruch" (d. h. die Vorlage selbst enthält
jener Zeit akkadisch abzufassen, die
hier schon den Bruch-Vermerk). Für
Schreiber veranlaßt, den erforderlichen
Belege s. AHw. s. v. hipu i b .
akkadischen Wörtern, deren Verständnis
sie sich nicht sicher waren, zu ihrer Daneben begegnet x (MUmeä = Sumü)
eigenen Hilfe und wohl auch als Hilfe GAZme/he-pu-ulü (nicht als Glosse ge-
für die Adressaten Glossen in ihrer Mutter- schrieben) „x (Zeilen) sind abgebrochen"
sprache beizufügen. (AHw. s. v. hepü I I G 2a; CT 12,10 I I 26)
oder ME§(= mädütu) he-pu-u „viele
(Zeilen) sind abgebrochen" (UM 5, 154
§ 6. Z e i c h e n n a m e n u n d V e r m e r k e
I 9). Vereinzelt findet sich die Glosse
d e r S c h r e i b e r a l s G l o s s e n , a. I n lexi-
NU IGI ( = ul ämur „ich habe es nicht
kalischen Texten steht neben dem sumeri-
lesen (können)" o. ä.), s. 4 R 53 II 32.
schen Wort als Glosse z. T. auch der Zei-
Auch der schlecht erhaltene Schreiber-
chenname*, wohl immer zusätzlich zur
vermerk im Z. 12 der achämenidischen
Angabe der Aussprache. Durch Beigabe
Urkunde Dar. 446 besagt wohl, daß der
des Zeichennamens sollen das Zeichen bzw.
Wortlaut der Eidleistung dort nicht „ge-
die Zeichengruppe, die das sumerische
schrieben" (SAR) ist.
Wort darstellt, unabhängig von der je-
weiligen epigraphischen Realisierung fest- d. Wenn zur Platzersparnis zwei Text-
gelegt werden. Vgl. dazu die neubabyloni- zeilen auf einer Tafel-Zeile hintereinander
GLOSSEN 439
geschrieben werden, stehen an der Naht- g. Sehr selten sind als Glossen ge-
stelle oft die Glossenkeile, z.B. STT 82 schriebene Etikettierungen auf dem Tafel-
bei den Zeilen 44—53, verglichen mit der rand, die den Beginn des Textes wie
„Normal-Fassung" nach der Ausgabe von einen Titel zitieren (z. B. SBH: 16 linker
G. Meier, Maqlü S. 23. Das gilt insbeson- Rand und 19 rechter Rand, beide Male
dere für die abgekürzte Schreibweise. So mit dem Vermerk ana TUK r M (= zamäru)
lautet die Zeile CT 17, 20, 73 d a s a l - l u - h i „zum Singen").
igi \ n l g ä - e \ g i n - n a dumu-mu An sonstigen nur gelegentlich bezeugten
(ähnlich 23, 198): von drei stereotypen Bemerkungen sei noch die Glosse d u b -
Zeilen in den Marduk-Ea-Beschwörungen s a g - x „ . . .-Anfang" über der ersten Zeile
(für den vollen Wortlaut s. A. Falkenstein, der ersten Kolumne eines Prismas (TRS
LSS N F 1, 54t.) werden nur die Zeilen- 87) erwähnt; damit soll wohl die wenig-
anfänge notiert. Ähnlich stehen in lexi- stens bei vollständig beschriebenen Pris-
kalischen Texten oft mehrere akkadische men (zu denen TRS 87 nicht gehört)
Äquivalente eines sumerischen Wortes auf schlecht erkennbare Anfangs-Kolumne
einer Zeile und werden durch Glossenkeile markiert werden.
getrennt, z. B. TU 37 I 11. 16—20. 24 Die häufig in kleiner Schrift über die
usw. (s. AS 7, 39 ff.). Anfangszeile gesetzte Segensformel ina
Eine weitere Verwendungsweise der a-mat GNX (u GN2) liS-lim „durch das
Glossenkeile ist die Markierung der Naht- Wort des GNX (und des GNjJ möge es
stelle zwischen zwei zu verschiedenen vollkommen werden" u. ä. ist wie die
Teilkolumnen gehörenden Teilen einer Fluch- und Segensformeln der Kolophone
Zeile, wenn diese Nahtstelle nicht auf unter dem Stichwort Kolophon* zu be-
die vorgegebene Trennlinie zwischen den handeln.
Teilkolumnen gelegt werden kann, z. B.
CT 12, 37 I I I 28 (s. § 6 « : überlanger § 7. Auf d i e A u s f ü h r u n g b e z ü g l i c h e
Zeichenname); vgl, § 5« 2 zu LKA 75. Glossen, a. Die Ausführung der Litanei-
Komposition (s. Verf., Sumerische Kult-
e. Zu dem teilweise als Glosse, d. h. in lyrik 42 ff.) wird in den spätbabylonischen
kleinerer Schrift, geschriebenen Vermerk Äbschriften, die von der ganzen Kompo-
x MU meä GU 4 .UD meä ( = x Sumü sahtü) sition meist nur die wechselnden Teile
„(an dieser Stelle) sind x Zeilen (in der aufzeichnen, ab und zu näher definiert.
Niederschrift) übersprungen" s. B. Meiss- Vgl. dafür die Glosse MIN („dito"), die
ner, OLZ 11 (1908) 405 ff. Es handelt die (z. T. variierte) Wiederholung der vor-
sich um eine Abkürzung des Schreibers, angehenden Zeile verlangt, unter dem
der von bestimmten als bekannt voraus- Beginn der Zeilen SBH: 1, i f . und Rs.
gesetzten festen Reihen von Götternamen 13ff. sowie SBH: 9, 1. Die dito-Vorschrift
und -epitheta nur das erste und das letzte scheint die besonderen spätbabylonischen
Glied ausschrieb und für den Rest die „Ausspracheglossen" nicht ohne weiteres
Zahl der ausgelassene Zeilen angab. einzuschließen, j edenfalls steht unter SBH:
/. Gelegentlich stehen neben der Ge- 1, 2 außer zweimal MIN noch die Glosse e
samt-Zeilensumme eines Textes im Kolo- aus der vorangehenden Zeile. In CT 42:12,
phon* Summierungen pro Kolumne (als 6—25 fordert MIN auf dem linken Rand
Glossen z. B. UET 6, 1 am Beginn und für den Beginn jeder Zeile (bzw. das
am Ende der einzelnen Kolumnen) oder Ende der vorhergehenden Zeile) die Wie-
pro lexikalischer Gruppe (CT 12, 36f.). derholung von e - m a - r u - u , das als Glosse
Manche Texte markieren jede zehnte auf dem Rand dem Beginn von Z. 5
Zeile durch ein an den Zeilenbeginn ge- gegenübersteht und ursprünglich nur den
setztes kleines u („zehn"), z. B. CT 15, Beginn der zweiten Halbzeile von Z. 1
7ff. (altbabylonisch). Dies begegnet auch bildete (Normalorthographie e 4 - m a - r u
auf Tafeln mit akkadischem Text, z. B. „Orkan"; s. noch CT 4 2 : 1 rechter Rand
CT 13, 14L (Enüma eli§, 1. Jahrtausend). und die Glossen in TRS 11).
440 GLOSSEN — GLYPTIK
das Recht gewann, ein Siegel zu erwerben, Derselbe Brauch findet sich auch in
wie man aus der großen Anzahl von Sie- anderen Gegenden Vorderasiens und zu
geln schließen kann, die es seit der I. Dy- anderen Zeiten wieder. Bekannt ist er vor
nastie von Babylon gegeben hat. Damit allem aus Räs al-Samrä/Ugarit (vgl. Cl.
wurde das Siegel zwangsläufig zur Massen- Schaeffer, Ugaritica 3, S. 67ff.).
ware degradiert, was sich auch vielfach
auf die Qualität auswirkte. Siegel wurden § 2. D i e v e r s c h i e d e n e n S i e g e l a r t e n
häufig auf Vorrat hergestellt und für den Im vorderasiatischen Bereich entstanden
Käufer nur jeweils nach Wunsch abgeän- zwei Siegelarten: der bekannte und bei
dert. allen Völkern gebräuchliche Stempel und
Daneben wird es auch weiterhin Siegel das Rollsiegel, eine einmalige Schöpfung
von Tempel- und Palastbehörden (K. der Sumerer.
Bittel/H. G. Güterbock, Bogazköy i , 41 f.;
a) S t e m p e l . I. V e r b i n d u n g von
A. R. Miliard, Iraq 27 [1965] 12 ff.), Siegel
städtischer Verwaltungen und kaufmän- A m u l e t t u n d Siegel.
nischer Niederlassungen gegeben haben. 1. Amulettanhänger [Abb. 1. 2].
Auch erwecken gewisse Gefäß-Stempel Das älteste Mittel zum Siegeln bieten
durch ihr monotones und stereotypes Bild sicher Amulett-Anhänger, wenn sie sich
den Eindruck, daß es sich bei ihnen eher auch bisher v o r der Tell-Halaf-Zeit nicht
um Warenzeichen oder Qualitätsmarken als solche haben nachweisen lassen. Daß
bestimmter Zünfte oder Töpferwerk- mit ihnen bereits gesiegelt wurde, geht aus
stätten handelt als um Privatsiegel zahlreichen Abdrücken auf Tonbullen
(s. § 3 d - 2 ) . hervor, die in Arpacija gefunden wurden.
Die Tatsache, daß nicht nur Menschen Sie sind tropfenförmig, dreieck-, axt-,
und Behörden, sondern auch Götter ein sichelförmig oder unregelmäßig, und die
Siegel besitzen konnten, war noch bis vor Durchbohrung sitzt an der schmälsten
kurzer Zeit unbekannt und verdient des- Stelle. Verziert waren sie mit geometri-
halb, besonders hervorgehoben zu werden. schen Ritzungen, und zwar nur auf einer
In Kalah-Nimrud wurde eine neuassyri- Seite.
sche Tontafel ausgegraben, auf der das Diese Amulettanhänger sind s e i t d e m
Siegel des Gottes Assur abgerollt ist. Es f r ü h e n C h a l k o l i t h i k u m im nordmeso-
stammt aus altassyrischer Zeit und ist potamischen Raum und dem Gebiet des
demnach noch über 1000 Jahre nach seiner späteren Assyrien anzutreffen.
Entstehung in Benutzung gewesen (D. J.
Wiseman, Iraq 20 [1958] 17. 19. 22. A. Moortgat, Entstehung 25.
W. Nagel, Stempelsiegel Abb. 2 i o f f .
Tf. 1. ßff. s. Göttersiegel*).
Die Tontafel, die ein politisches Doku- 2. Stempelsiegel in Tierform (Gemdet
ment darstellt, einen Vertrag, abgeschlos- Nasr-Zeit [Abb. 3]. Es ist nun
sen zwischen Asarhaddon und seinen me- bei manchen Gegenständen sehr schwierig
dischen Vasallen, enthält neben dem zu entscheiden, ob sie mehr den Charakter
Gottessiegel noch die Abrollungen zweier eines Amulettes oder aber den eines Siegels
assyrischer Könige: das Siegel Sanheribs, haben.
Vater Asarhaddons, und das eines mittel- Bei einer weiteren Gruppe von Stempeln
assyrischen Königs. Das alles wirft ein scheint aber ebenfalls eine starke Verbin-
interessantes Licht auf die Bedeutung, die dung zwischen Amulett und Siegel zu be-
man bei wichtigen Abmachungen den stehen, nämlich bei den Stempelsiegeln in
dynastischen Siegeln seiner Vorfahren Tierform aus der Gemdet N a s r - Z e i t .
beimaß. Man benutzte sie zur Legitima- Tiere, der Länge nach halbiert und quer
tion seiner selbst und erhoffte von ihrem durchbohrt, tragen auf ihrer Flachseite
Ansehen zugleich eine doppelte Bekräfti- eine Darstellung, die sie gleichzeitig zum
gung der schriftlich fixierten Vereinba- Stempeln geeignet macht. Abdrücke von
rung. derartigen Siegeln haben sich allerdings
GLYPTIK 443
444 GLYPTIK
16
448 GLYPTIK
aus Nimrud zeigen jetzt Abdrücke statt kein Siegel in einer Grabung gefunden —
Abrollungen von Rollsiegeln, so daß nur gibt es eine weitere Gruppe derartiger
ein kleiner Ausschnitt des Gesamtbildes Siegel, die folgende Merkmale gemeinsam
zu sehen ist (B. Parker, Iraq 24 [1962] haben: Sie sind aus Hämatit und haben
Tf. 20, 4; Tf. 21, 1; Tf. 22, 6). Das kann einen knaufförmigen, facettierten Griff
wohl kein Zufall sein. Ob man daraus mit einer horizontalen Durchbohrung
schließen darf, daß den Assyrern des [Abb. 18]. In Tarsus wurde eine kegel-
1. Jt. die Handhabung des Stempelsiegels förmige Bulle gefunden, die auf der Basis
vertrauter war, mag dahingestellt bleiben. den Abdruck eines Stempels und an den
Das Rollsiegel wird jedenfalls von nun Seiten die Abrollungen von ein bis zwei
ab zusammen mit dem Stempelsiegel ver- Rollsiegeln trägt. Möglicherweise handelt
wendet und bleibt in Gebrauch bis in die es sich bei dem Original-Siegel um ein
Achämeniden-Zeit. kombiniertes Roll- und Stempelsiegel die-
ser Gruppe.
c) Verbindung von Roll- und Stem-
pelsiegel [Abb. 17 bis 19]. Zu ver- H . Frankfort, Cylinder Seals 285 ff.
A. Parrot, Syria 28 [1951] Tf. 13. 14.
schiedenen Zeiten hat sich in bestimmten H . Goldman, Gözlükule 2, 243 Abb. 403
Gegenden Vorderasiens eine Form des Nr. 4 2 .
Siegels herausgebildet, die Roll- und
Stempelsiegel miteinander verbindet. Es Im 1. Jt., zur n e u a s s y r i s c h e n Zeit,
sind dies Rollsiegel, die keine Durch- finden sich im urartäischen Gebiet eben-
bohrung besitzen, deren runde Unterseite falls Rollsiegel, die auf ihrer Unterseite ein
verziert ist und daher auch als Stempel Stempelsiegel tragen und am anderen Ende
benutzt werden kann. mit einer angearbeiteten Öse versehen sind
Zum erstenmal taucht solch eine Kom- [Abb. 19]. Auch in Assyrien selbst ist diese
bination auf in Nordmesopotamien zur Form gelegentlich anzutreffen.
Gemdet N a s r - Z e i t . Die Aufhänge- R. D. Barnett, Iraq 14 (1952) 14J.
vorrichtung dieser Siegel besteht entweder M. N. v a n Loon, Urartian Art 144 ff.
B. B. Piotrowsky, Karmir Blur 3, Abb. 43,
in einer angearbeiteten Öse, einem durch-
25. 26. 28. = B . B . IlHOTpOBCKHH, KapMHp-
bohrten kegelförmigen Aufsatz oder Griff, Ejiyp 3 (EpeBaH 1955).
oder bei der Mehrzahl in zwei Bohrungen Delaporte, Lv. 2, Tf. 98, 5 a—c; Tf. 87,
auf der Oberseite des Siegels, die zusam- 14a—c.
menführen (sogenannte „loop bored
seals", s. u. §6b) (OIP 61 Abb. 254, 1;
§ 3. G e b r a u c h s z w e c k
Abb. 381, 3. 4. 5; v. d. Osten, Aulock
No. 125. 126) [Abb. 17]. Eine Ausnahme Das Material, auf dem Roll- und Stem-
bildet das Siegel aus Gudeda — Amuq H pelsiegel abgerollt bzw. abgedrückt wur-
(OIP 61 Abb. 259, 5), dessen Ober- u n d den, ist fast ausschließlich der Ton;
Unterseite als Stempel ausgearbeitet sind Ausnahmen bilden Gips und Asphalt.
und dessen Durchbohrung horizontal (!) Es gab folgende Mögüchkeiten für ihre
unterhalb des oberen Randes verläuft. Verwendung:
Auf den Gefäßverschlüssen aus Ur a) Auf Tontafeln. Schon aus der Uruk
( S I S 4—5) sind neben den Abrollungen IV- und Gemdet Nasr-Zeit stammen die
von Rollsiegeln auch eine Anzahl Stempel ersten Rollsiegelabrollungen auf Tontafeln
abgedrückt. Man hat daher vermutet, daß (UVB 17 Tf. 26 n und o; P. Amiet, Elam,
es sich bei den Original-Siegeln, von denen 1966, Abb. 32, 33, 37, 38, 43), und die
merkwürdigerweise keines gefunden wurde, letzten Stempelabdrücke auf Tontafeln
um kombinierte Roll- und Stempelsiegel finden sich in seleukidischer Zeit. In be-
handelt. stimmten Gegenden und zu bestimmten
L. Legrain U E 3, 8.
Zeiten, in denen beide Siegelarten ver-
Zur H e t h i t e r - Z e i t und wahrscheinlich wendet wurden, wie z. B. Ugarit im 2. J t .
aus Kilikien stammend — bisher wurde und Assyrien im 1. Jt., kommen Abdrücke
Reallexikon der Assyriologie III 3°
450 GLYPTIK
20
GLYPTIK 45i
und Abrollungen auch gemeinsam auf die relativ großen Flächen, die gesiegelt
einer Tafel vor (Cl. Schaeffer, Ugaritica 3 werden mußten, eignete sich das Roll-
Abb. 62. 67. 80; B. Parker, Iraq 17 [1955] siegel weitaus besser als der Stempel. Daß
Tf. 24 No. 6; Tf. 27 No. 4). Daß auch Fin- es diese Art von Krugverschlüssen auch
gerringe zum Siegeln verwendet wurden, schon in chalkolithischer Zeit gegeben hat,
geht aus Tontafel-Funden in Ugarit hervor, bezeugt ein Fragment mit dem Abdruck
die Ringabdrücke aufweisen (Cl. Schaeffer eines Stempelsiegels aus dem Weißen
0. c. Abb. 55ff. 79. iooff.). Tempel in Uruk, Schicht XII ( = ' U b e d II-
Außer auf Ton konnte auch auf Gips oder Uruk-Zeit) (J. Jordan UVB 3 Tf. 19 a).
gesiegelt werden. Im Weißen Tempel in Unbemerkt konnte solch ein Verschluß
Uruk (Gemdet Nasr-Zeit) wurden einige nicht gelöst werden. Bei der Öffnung
wenige Gipstafeln mit Abrollungen von mußte die Manschette aus Ton aufge-
Rollsiegeln gefunden (J. Jordan UVB 3 brochen werden, wobei die Abrollungen
Tf. 19b; 29; E. Heinrich UVB 8 Tf. 51c; zum großen Teil zerstört wurden. Auf-
5i). fällig ist, daß die Krugverschlüsse bei
A. Falkenstein, A T U 32 ff. ihrer Auffindung vielfach sorgfältig ge-
M. Rostovtzeff, Seleucid Babylonia: Bullae brannt (nicht verbrannt!) waren, das
and Seals of Clay with Greek Inscriptions.
Yale Classical Studies 3, 1—114.
Brennen aber erst vor sich gegangen sein
konnte, nachdem der Empfänger den
b) Auf Gefäßverschlüssen (engl.: clay Verschluß entfernt hatte und somit eigent-
jar sealing). Um Gefäße mit wertvollem lich kein Interesse mehr an den zerbro-
Inhalt vor unbefugten Zugriffen zu schüt- chenen Abrollungen bestand. Ähnliches
zen, gab es mehrere Arten der Sicherung: ist bei den Bullen (s. u. §3c) beobachtet
1. flache, runde Scheiben (frz.: bouchon worden. Eine Erklärung wäre, daß man
de jarre) [Abb. 21]. Sie wurden auf die die Gefäßverschlüsse als Quittungen auf-
Mündung der Gefäße gedrückt und konn- bewahren wollte.
ten anschließend gesiegelt werden (Tobler Beispiele für den Abdruck von Roll-
Tepe Gawra 2, Tf. 89 b. c.; Delaporte, und Stempelsiegeln nebeneinander auf
Lv 1, Tf. 44, 4. 5.). Eine runde Scheibe ein- und demselben Krugverschluß finden
aus Asphalt mit 3 Abrollungen beweist, sich z. B. in neuassyrischer Zeit (B. Parker,
daß auch dieses Material vereinzelt Ver- Iraq 24 Tf. 21 No. 1; Tf. 22 No. 6).
wendung fand (W. H. Ward, The Seal E. Heinrich, Fara 92 f. Abb. 55; Tf. 4 i a . b . g .
Cylinders of Western Asia 20, Abb. 1. ia.). L. Legrain, U E 3, 1.
Nicht nur in Vorderasien, sondern auch
2. Pfropfen oder Stöpsel (engl.: jar in Ägypten, wo das Rollsiegel lange Zeit
stopper, plug) [Abb. 22]. Sie differieren in hindurch in Gebrauch war, wurde es zum
der Form. Mit ihnen konnten kleinere Siegeln von Krugverschlüssen verwendet
Flaschen verschlossen und dann ebenfalls (H. Frankfort, Cylinder Seals 294).
gesiegelt werden (A. Tobler, Tepe Gawra 2, Daß, abgesehen von Tongefäßen, prak-
179 Abb. 175; H. Goldman, Gözlükule 2, tisch jeder Behälter — sei er aus Holz,
230 Abb. 398). Leder oder Korbgeflecht — mit Ton ver-
3. Halsverschlüsse (bei Delaporte, Lv schmiert und gesiegelt werden konnte,
1. 2., fälschlich als „bulle" bezeichnet!) ist anzunehmen, zumal sich auf der Rück-
[Abb. 23]. Diese Art des Verschlusses ist seite der versiegelten Verschlußklumpen
seit der Uruk IV- und Gemdet Nasr-Zeit gelegentlich Spuren oder Abdrücke dieser
die gebräuchlichste und wohl auch die Materialien nachweisen lassen (UE 3, 1.).
zuverlässigste. Nachdem über die Gefäß- Ja, sogar Häuser und Türen sind im Alten
Öffnung ein Stück Stoff gelegt und dieses Orient gesiegelt worden (M. N. van Loon
am Hals fest verschnürt worden war, o. c. 152, 157, E 9) ein Brauch, der auch
umgab man diesen Teil des Gefäßes mit noch in jüngster Zeit beobachtet wurde
einer dicken Schicht Ton, bis zum Ansatz (W. H. Ward, The seal cylinders of
der Schulter. Darauf wurde gesiegelt. Für Western Asia 1).
30'
452 GLYPTIK
GLYPTIK 453
c) Auf Ton-Bullen (eine andere Bezeich- geht, daß es sich bei ihnen um Arbeiter-
nung ist „Ton-Plomben"; engl.: label) quittungen bzw. Etiketten für Waren-
Abdrücke von Stempelsiegeln und Amu- lieferungen jeglicher Art handelt. Auch
letten auf tönernen Bullen sind seit dem diese Bullen-Gattung ist mit Schnurlöchern
frühen Chalkolithikum belegt (A. Moort- versehen (M. Weitemeyer, Some Aspects
gat, Entstehung 25). Unter Bullen sind of the Hiring of Workers in the Sippar
Ton-Klumpen zu verstehen, die an Schnü- Region at the Time of Hammurabi, Copen-
ren befestigt waren, welche wiederum hagen 1962; B. Parker, Iraq 17 [1955], Tf.
jede Art von Gegenständen (Gefäße, 21, 2; Tf. 22, 5; Tf. 26, 2. 3; Tf. 29, 4; dies.
Behälter, Urkunden, Warenballen etc.) Iraq 24 [1962] Tf. 20, 4. 5; Tf. 22, 1. 3.).
umwickelt halten konnten. An der Innen- Neben diesen Etiketten ( = dockets)
seite der Bullen haben sich denn auch gibt es in der neuassyrischen Zeit bis in die
vielfach die Abdrücke solcher Verschnü- achämenidische Zeit hinein weiterhin
rungen gefunden. Bullen in der althergebrachten und ur-
Bullen konnten verschiedene Formen sprünglichen, annähernd runden Form.
haben. Am häufigsten finden sich solche Aber auch sie können jetzt gelegentlich
von flacher, unregelmäßiger oder nahezu eine Inschrift tragen und sowohl mit
runder Gestalt. Gelegentlich begegnet in Stempel- als auch mit Rollsiegel-Ab-
frühgeschichtlicher Zeit (Uruk IV und drücken versehen sein. In achämenidischer
Susa) die Kugelform. Diese ungebrannten Zeit kommen auch Bullen mit Abdrücken
Tonkugeln sind meist hohl und können von Siegelringen vor (E. F. Schmidt OIP
kleine „Amulette" aus gebranntem Ton 69, Persepolis 2 Tf. 2. 12ff.).
enthalten. Auf ihrer Außenfläche tragen
sie Abrollungen und Abdrücke von Roll- d) Auf Tongefäßen. 1. Rollsiegel-Abrol-
bzw. Stempelsiegeln (H. J . Lenzen, UVB lungen.
21 [1965] 31 f. Tf. 17—19; R. deMecque- Zu Beginn des 3. J t . bürgert sich im
nem, MDP 29 [1943] 18 ff. P. Amiet, Elam syrisch-palästinensischen Raum eine be-
Abb. 31; 36; 40; 42; 44.) sondere Art der Gefäß-Verzierung ein.
Sehr charakteristische Formen haben Auf den Gefäßen werden, bevor man sie
sich zur Hethiter-Zeit im 2. Jt. entwickelt, brennt, Rollsiegel abgerollt, und zwar
u. a. Bullen in Kegel- und Walzenform. kann das an allen Teilen des Gefäßkörpers
Allen diesen ist gemeinsam, daß sie ge- geschehen: am Henkel, an Hals, Schulter,
siegelt waren und Schnurlöcher besaßen. Bauch, nahe am Boden sowie am Boden
Ein weiteres Merkmal der in Bogazköy selbst. Es ist zwar kein einziges voll-
gefundenen Bullen: Sie waren bei ihrer ständiges Gefäß erhalten, aber auf Grund
Auffindung alle gebrannt (nicht ver- der verschiedenen Fragmente darf man
brannt!), ähnhch wie ein großer Teil der sich die Siegelung am Gefäßkörper wohl
Krugverschlüsse (s. o. § 3 b). Aber auch als umlaufendes ornamentales Band (um
die Bullen konnten erst gebrannt sein, den betreffenden Gefäß-Teil) vorstellen.
nachdem sie ihren eigentlichen Zweck er- Ob diese Siegelung nun ausschließlich
füllt hatten. Man hat auch hier vermutet, als Verzierung diente oder als Besitz-
daß sie als Belege für die abgelieferte Zeichen gedacht war, ist schwer zu ent-
Ware aufbewahrt wurden (H. G. Güter- scheiden. Möglicherweise diente sie beiden
bock, AfO Beiheft 7, 3). Zwecken.
In altbabylonischer und neuassyrischer Da die Konturen der Abrollungen auf
Zeit findet sich eine weitere Gruppe von sehr flach gearbeitete Siegel mit scharfen
Bullen, die als Etiketten (dockets) be- Kanten und Ecken schließen lassen, ist
zeichnet werden. Diese können pyramidal öfter die Meinung geäußert worden, daß
herzförmig oder flach und rund geformt sie aus Holz gewesen seien.
sein, tragen Abdrücke von Roll- bzw. Außerhalb Syrien-Palästinas, dem Zen-
Stempelsiegeln und sind außerdem mit trum dieser Roüsiegel-Keramik, sowie dem
einer Inschrift versehen, aus der hervor- angrenzenden kilikischen Gebiet fanden
454 GLYPTIK
sich bisher nur ganz vereinzelt Fragmente N. Glueck, AASOR 25/26 (1951) 130 Tf. 84,
10. 6) Gilboa: N. Zori, PEQ 87 (April 1955) 78
in Nordmesopotamien und im Iran (Susa Tf. io. 7) Hama: O. E. Ravn, Oriental
und Goy Tepe). Bemerkenswert ist, daß Cylinder Seals and Impressions Nr. 118 ff.
diese Art der Rollsiegel-Verwendung im 8) Afana: L.Woolley, Alalakh Tf. 108g, 353.
eigentlichen sumerischen Kerngebiet offen- v
9) Gudeda: R. und L. Braidwood, Excava-
sichtlich keinen Eingang gefunden hat, tions in the Piain of Antioch, O I P 61, Abb. 236.
denn bisher ist von dort kein Beispiel be- 10) Mersin: J. Garstang, Prehistoric Mersin
kanntgeworden. Abb. 150, 17. 11) Tarsus: H. Goldman,
Dieser geschlossenen Gruppe, die sich Gözlükule 2 Abb. 397, 12—15. 12) Goy Tepe:
T. Burton-Brown, Excavations in Azerbaidjan
zeitlich ungefähr von der Gemdet Nasr- Tf. 5, 34-
bis zur Akkad-Zeit erstreckt, stehen ver-
einzelte Beispiele aus späterer Zeit gegen- 2. Stempelabdrücke. Auch die Sitte,
über. Stempelsiegel auf Ton-Gefäßen abzudrük-
In Kamid el-Loz (Libanon) wurde in ken, ist hauptsächlich in den syrisch-
der Schicht 3 (14./13. Jh.) ein großes Ton- palästinensischen Gebieten sowie in Ana-
gefäß gefunden, das auf der Schulter mehr- tolien heimisch.
fach Abrollungen eines Siegels trägt. Es Stempel, einer oder auch mehrere,
könnte sich hierbei um eine Weiterführung können sich auf allen Teilen des Gefäßes
der alten Tradition handeln (R. Hach- befinden, mit Vorliebe aber wurde auf
mann/A. Kuschke, Kamid el-Loz 1963/64, Henkeln gesiegelt. Gelegentlich gleichen
Abb. 21. 6). die Abdrücke mehr Geschäftsmarken als
Sehr merkwürdig ist die Art der Siege- persönlichen Siegeln einzelner Personen.
lung auf den Gefäßfragmenten zweier Die frühesten bekannten Beispiele stam-
großer Vorratsgefäße aus Teil Mardih men aus der Nekropole von Byblos gegen
(Syrien): sie verläuft senkrecht vom Hals Ende der Uruk-Zeit (M. Dunand, Byblia
nach unten. (Datierung der Ausgräber: Grammata 3).
2000—1700 v. Chr.; M. Liverani, Missione Für das 3. J t . bietet neben Palästina
Archeologica Italiana in Siria, Rapporto (M. W. Prausnitz, I E J 5, 190 ff.) Kilikien
preliminare della Campagna 1965 Teil mehrere Beispiele, während im 2. Jt. das
Mardikh, 51 ff. u. Tf. 19). hethitische Anatolien zahlreiches An-
Auf zwei weiteren Beispielen, zwei Ge- schauungsmaterial liefert (H. Goldmann,
fäßfragmenten, aus Assur (altassyrische Gözlükule 2 Abb. 396ff.; K. Bittel, Bo-
Zeit) und Nimrud (neuassyrische Zeit, gazköy Kleinfunde, WVDOG 60, 20ff.).
7. Jh.) ist das Siegel jeweils auf dem Gefäß- Für das 1. J t . sei für den palästinen-
rand abgerollt. Die altassyrische Abrollung sischen Bereich auf die beiden Orte Hazor
enthält die Legende des Irisum I. von und Gibeon verwiesen, in deren Publika-
Assur. Die Siegelung dieses Gefäßes ist tion weiteres Vergleichsmaterial für dieses
daher eindeutig als ein Besitztums- Gebiet aufgeführt wird (Y. Yadin, Hazor 2,
Zeichen gedacht (G. R. Meyer, WVDOG 33. 60; J. B. Pritchard, Hebrew Inscrip-
66, 10, Abb. 1; B. Parker, Iraq 24 [1962] tions from Gibeon i8ff. Abb. 8. 9.12, 5).
Tf. 21, 2 [ND 7081]). Was es mit einem Gefäß-Fragment aus
Abu-Hatab für eine Bewandtnis hat, das,
H. Frankfort, Cylinder Seals 3. 230f. in mehreren Reihen zu einem Muster an-
M. W. Prausnitz, IEJ 5 (1955) i g o f f . geordnet, abwechselnd Abdrücke zweier
Außer den bei Frankfort aufgeführten Orten
ist Rollsiegel-Keramik noch an folgenden Stempelsiegel trägt, ist nicht ganz leicht
Stellen beobachtet worden: 1) Hazor: gef. in zu entscheiden. Weder zur Datierung
Schicht V I I I (9. Jh.) stammt nach Meinung noch zur Bestimmung ihrer Herkunft
der Ausgräber aus der frühen Bronzezeit: reichen die Stempel-Abdrücke aus (E.
Y. Yadin, Hazor 2, 33, Tf. 76, 19; Tf. 162, 3.
2) Ay (et-Tell): J. Marquet-Krause, Les Heinrich, Fara Tf. 73 h).
fouilles d'Ay (et-Tell), (BAH 45) 39 Tf. 68
Nr. 63. 3) Teil et-Tabaiq: M. W. Prausnitz,
e) Verschiedenes (u. a. auf Gewichten,
Atiqot 1 (1955) J 3 9 Abb. 1. 2. 4) Hirbet Lehmziegeln etc.). Außer den oben unter
Kerak: M. W. Prausnitz 1. c. 5) Jarmuk-Tal: a—d angeführten Beispielen hat es noch
GLYPTIK 455
manch andere Gegenstände aus Ton ge- 994 Abb. 9). Darüber hinaus fand sich in
geben, auf denen bisweilen gesiegelt wurde, den hethitischen Schichten von Ali§ar eine
wobei es sich aber nicht immer um Gruppe von auffähig großen Ton-Stempeln,
Abdrücke von Personen-Siegeln bzw. von von denen die Ausgräber ebenfalls anneh-
Persönlichkeits-Zeichen handeln muß. Er- men, daß sie nicht zum Siegeln, sondern
wähnt seien z. B. Gewichte (s. Maße und zum Stempeln von Ornamenten gedacht
Gewichte*), aus Ton von unterschiedlichen seien. (E. F. Schmidt, The Alishar Hüyük,
Formen und für verschiedene Zwecke be- OIP 19,147; Abb. 184; H. H. v. d. Osten,
stimmt. Einige von ihnen werden als Ge- The Alishar Hüyük, OIP 29, 223; Abb.
wichte von Webstühlen (loom weight) 258). Ein weiterer Vorschlag ist für-einige
definiert (H. Goldman, Gözlükule 2, 236; sehr große, grobe Ton-Stempel aus Send-
Abb. 395 — EB I I ; G. Loud, Megiddo, schirli gemacht worden. Man hält es nicht
OIP 62, Tf. 164. 169—170 — MB I I ; für ausgeschlossen, daß sie zum Stempeln
H. H. v. d. Osten, The AJishar Hüyük, von Broten gedient haben (Sendschirli V,
OIP 29, 273. Abb. 300 — hethitisch). 61; Tf. 32 n. o.).
Daß auch Lehmziegel gestempelt wur-
den — nicht nur mit großen inschriftlichen § 4. M a t e r i a l
Ziegelstempeln — ist zwar zu belegen, a) Stein. Das gebräuchlichste Material,
kommt aber relativ selten vor (H. H. v. d. aus dem Roll- und Stempelsiegel geschnit-
Osten, The Alishar Hüyük, OIP 28, 81 f. ten wurden, ist neben dem einfachen
Abb. 87). Stein der Halbedelstein. Handelt es sich
Nicht als Siegel im eigentlichen Sinne zu im Neolithikum, im Chalkolithikum und
verstehen wären Stempel, die man aus- bis in das 3. Jt. hinein vorwiegend um
schließlich zum Zwecke der Verzierung weiche Steine, wie
hergestellt hätte. Daß gewisse stempel- Muschel*, Sandstein (s. Stein*),
siegelähnliche Gegenstände eine solche Kalkstein (s.Stein*), Serpentin*,
Funktion besaßen, ist vermutet worden Marmor*, Steatit*,
und auch durchaus glaubwürdig. In den Gipsstein*, Lapislazuli*,
keramisch-neolithischen Schichten von Alabaster*, (Suppl.),
Qatal Hüyük (Konya) wurden relativ
große Stempel von verschiedenen Formen so werden seit dem Ende des 3. Jt. —
— fast immer ohne Durchbohrung — aus ermöglicht durch eine Verfeinerung der
Ton gefunden, deren Stempelfläche so ge- technischen Geräte — vielfach sehr harte
arbeitet ist, daß nicht die Vertiefungen ein Steine bevorzugt, wie
Positiv, sondern die stehengelassenen Hämatit*, Basalt* (Suppl.),
Stege das Muster ergeben. Man hat des- Diorit*, Porphyr*,
halb daran gedacht, daß diese Stempel — Schieferton*,
auf ein „Stempelkissen" abgedrückt —
zur farbigen Verzierung von Stoffen oder und die Gruppe der kieselsauren Quarz-
Wänden, möglicherweise sogar zur Körper- Steine :
bemalung benutzt worden seien (vgl. das Achat* (Suppl.), Rosenquarz*,
von F. Matz über die Balkan-Stempel- Chalcedon* (Suppl.), Bergkristall*,
Gruppe gesagte in: Die frühkretischen Jaspis*, Amethyst*,
Siegel [1928] 238). Ähnliche Stempel sollen Saphirin*, Onyx*.
in Hacilar in Schichten, die dem Übergang Karneol*,
vom Neolithikum zum Chalkolithikum an- Das schließt aber nicht aus, daß bereits im
gehören, gefunden worden sein (J. Mellaart Chalkolithikum vereinzelt Eisenstein (Hä-
AnSt 14 [1964] 97 Abb. 40. 41). Und auch matit) und Quarzsteine verarbeitet wur-
in Garmo ist ein kegelförmiger Stempel den.
aus Ton ohne Durchbohrung gefunden Auffällig ist, daß in einigen bestimmten
worden, für den eine ebensolche Verwen- Gegenden oder zu bestimmten Zeiten oder
dung zutreffen könnte (ILN 15. 12. 1951, für eine bestimmte stilistische Gruppe
456 GLYPTIK
einer Periode fast ausschließlich eine be- Obwohl im allgemeinen nicht allzu
stimmte Gesteinsart verwendet wurde : häufig verwendet, finden sich Ton-Stempel
So S t e a t i t z. B. für die schlanken, langen bereits im keramischen Neolithikum in
Rollsiegel mit geometrischen Mustern der f a t a l Hüyük (Konya-Ebene), tauchen
Gemdet Nasr-Zeit; ebenfalls S t e a t i t für nicht selten im Chalkolithikum auf und
die Stempelsiegel der „Kultur am Persi- finden sich in hethitischer Zeit in Anato-
schen Golf"; E i s e n s t e i n für die alt- lien. Rollsiegel aus gebranntem Ton
babylonischen Rollsiegel, und die ver- lassen sich seit der Gemdet Nasr-Zeit
schiedenen Q u a r z s t e i n e vor allem für hie und da belegen. Daß gerade bei ihnen
die neuassyrischen, neubabylonischen und relativ häufig die Durchbohrung fehlt
achämenidischen Stempelsiegel. (s. u. VI B), hängt sicher mit der bröcke-
ligen Beschaffenheit des Materials zu-
b) Fritte (Fayence) — Ton — Glas — sammen. Stempel und Rollsiegel aus un-
Obsidian gebranntem Ton sind nur sehr vereinzelt
1. Fritte. Neben dem Stein wurde als anzutreffen.
zweithäufigstes Material Fritte, eine Glas-
Masse, verwendet (Fritte ist oft mit 3. Glas. Glas kann, im Gegensatz zu
Fayence, einem sehr ähnlichen Material, Fritte und Ton, geschnitten werden.
verwechselt worden; zur Klärung der Siegel aus Glas sind aber äußerst selten.
Begriffe s. Glas*). Fritte wird nicht ge- Es ist nicht anzunehmen, daß Glassiegel
schnitten, sondern in weichem Zustand vor dem 15. Jh. hergestellt wurden, da die
geformt und modelliert. Das Material ist Glasproduktion auf breiter Ebene in
spröde und leicht vergänglich, erst durch Vorderasien erst um die Mitte des 2. J t .
Glasierung gewinnt es eine gewisse Festig- nachzuweisen ist (s. Glas/Glasuren*).
keit. Abdrücke und Abrollungen ergeben EinigeStücke wurden in Assur gefunden,
niemals ein gestochen scharfes Bild. Die u. a. ein syrisches und ein kassitisches
Konturen sind verschwommen. Obwohl Rollsiegel (A. Moortgat, VR 527 und 555).
Fritte also denkbar ungeeignet für glyp- Auch in UE 8 S. 95 ist die Rede von Roll-
tische Erzeugnisse erscheint, ist sie seit siegeln aus „glass paste". Sie gehören in
dem Chalkolithikum für diesen Zweck in die Kassiten-Zeit. Weitere Beispiele sollen
Gebrauch. Zur Gemdet Nasr-Zeit wird in Coga-Zanbil ausgegraben worden
sie für Rollsiegel bereits häufiger ver- sein und aus mittelelamischer Zeit stammen
wendet. Wie gewisse Gesteinsarten wird (E. Porada, Alt-Iran 41). Ein Stempel-
auch Fritte von bestimmten Völkern und siegel aus achämenidischer Zeit befindet
zu bestimmten Zeiten mit Vorliebe be- sich in der Morgan Collection (CANES 1,
nutzt, so von den Hurritern (Kerkuk- 811).
Glyptik), den Elamiern in der 2. Hälfte
des 2. Jt. und den Assyrern in der 1. Hälfte 4. Obsidian. Noch seltener als Glas
des 1. Jt. dürfte Obsidian zur Herstellung von
Siegeln benutzt worden sein. Es erscheint
Fritte kann durch Beimischungen die auch denkbar ungeeignet, da es leicht
verschiedensten Farbtönungen erhalten. splittert. Stempelsiegel aus Obsidian sind
Die Farbskala der Fritte-Siegel reicht im Chalkolithikum zu belegen (A. J.
daher von weiß über grün, grau, braun und Tobler Tepe Gawra 2, 176). Frankfort
blau bis schwarz. Sehr behebt waren erwähnt in seinen „Cylinder Seals" auf
Siegel aus blauer Fritte, die das sehr viel S. 5, daß vulkanisches Glas (Obsidian)
kostbarere Material Lapislazuli vortäu- gelegentlich im 2. Jt. für Siegel verwendet
schen sollte. wurde. Zwei Rollsiegel aus Obsidian (Über-
2. Ton. Ebenso wie Fritte eignet sich gang Gemdet Nasr zu Mesilim bzw.
auch Ton nicht allzu gut zur Herstellung Akkad-Zeit) wurden in Kis gefunden
von Siegeln. Er hat dieselben Nachteile bei (B. Buchanan, Catalogue of Ancient Near
der Bearbeitung, ist aber von festerer Eastern Seals in the Ashmolean Museum
Konsistenz. Nr. 95 und Nr. 330); weitere Beispiele
GLYPTIK 457
ebendort (Nr. 489, 530, 593) sowie in der Cylinder Seals 294; Tf. 46 e). Nur haben sie
Sammlung Newell (H. H. v. d. Osten, OIP sich hier ungünstiger klimatischer Bedin-
22, Nr. 262). gungen wegen nicht erhalten.
Es ist die Meinung geäußert worden, den
c) Elfenbein — Knochen — Horn. Siegelabrollungen auf Tongefäßen (s. o.
Elfenbein und Knochen, Materialien, die § 3d), die einen sehr flachen, eckigen
im Grunde denkbar ungeeignet sind für Schnitt und scharfe Konturen aufweisen,
Roll- und Stempelsiegel, werden seit dem lägen Rollsiegel aus Holz zugrunde, nicht
Chalkolithikum — wenn auch in nicht zuletzt, weil nie ein Original-Siegel mit
sehr großem Umfang — für diese Zwecke diesen Stil-Merkmalen gefunden wurde
gebraucht. Sie sind sehr zerbrechlich und (M. Dunand, Byblia Grammata 65; H.
eignen sich nicht zum Schneiden. Frankfort, Cylinder Seals 230). Das ist
Elfenbein ist an keine bestimmte Ge- möglich, obwohl diese Eigentümlichkei-
gend gebunden. Siegel aus Elfenbein sind ten auch von aus Elfenbein oder Kno-
in Nord- und Südmesopotamien ebenso chen geschnitzten Siegeln herrühren
wie in Syrien/Palästina gefunden worden. könnten.
Horn, ein ebenso ausgefallener wie auch
kaum gebrauchter Werkstoff, ist für ein f) Metall (Gold — Silber — Bronze/Kup-
Stempelsiegel aus Tarsus der Frühen fer — Blei). Zu allen Zeiten ist in Vorder-
Bronze-Zeit II zu belegen (H. Goldman asien auch Metall zur Herstellung von Roll-
Gözlükule 2 Abb. 392, 3). und Stempelsiegeln benutzt worden, ob-
d) Asphalt (Bitumen). Ein sehr unge- wohl es sich nicht sonderlich gut dazu eig-
wöhnliches Material zur Herstellung von net, vor allem nicht für Rollsiegel. R o l l s i e-
Siegeln ist Asphalt. Er ist leicht zu bear- gel aus massivem Gold oder Silber scheint
beiten im Kerbschnitt; die Abdrücke er- es auch kaum gegeben zu haben (vgl. im
geben kein sonderlich klares Bild. Da Gegensatz dazu H. Frankfort, Cylinder
Asphalt ein Nebenprodukt des Petroleums Seals 4). Auf einzelnen Streifen von Gold-
ist, wurde er auch vor allem in Gegenden blech oder Lagen von Silberblech brachte
mit größerem Petrol-Vorkommen ver- man durch Treiben und Ziselieren die ge-
wendet: im Iran. wünschte Darstellung an und verfestigte sie
danach auf einem walzenförmigen Holz-
Bereits im Chalkolithikum finden sich
oder Asphaltkern. Daß derartig hergestellte
im Iran gelegentlich Stempelsiegel aus
Siegel nicht allzu widerstandsfähig waren
Asphalt, und seit der Gemdet Nasr-Zeit
und ihre Abrollungen nicht immer ein sehr
auch Rollsiegel. Häufiger wurde das Ma-
klar umrissenes Bild ergaben, ist begreif-
terial zu Beginn des 2. Jt. in Elam be-
lich. Bei ihrer Auffindung war die feste
nutzt, und zwar für Rollsiegel (E. Porada,
Substanz meist verlorengegangen, das
Alt-Iran 40).
Metallblech, wenn überhaupt erhalten,
e) Holz. Siegel aus Holz sind im vorder- zerdrückt oder verbogen.
asiatischen Bereich nicht gefunden worden. Bronze-Siegel wurden dagegen gegossen
Daß es welche gegeben hat, ist mit großer und anschließend nachgearbeitet. An sich
Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Warum stabil und widerstandsfähig, sind sie im
sollte gerade Holz zur Herstellung von Laufe der Jahrtausende durch Oxydierung
Siegeln nicht benutzt worden sein, wo und Korrosion zerfressen. Moderne Ab-
viele andere Stoffe, wie Fritte, Elfenbein, rollungen von ihnen ergeben daher nur
Knochen, Asphalt und Metalle, die sich ein verschwommenes Bild.
viel weniger zum Gravieren eigneten, Daß man überhaupt Metall verwendet
Verwendung fanden ? hat, hängt sicher mit der hohen Ein-
Auch spricht die Tatsache, daß in schätzung des Materials zusammen. Jeder,
Ägypten Rollsiegel aus Holz gefunden der es sich leisten konnte, wird sich ein
wurden, für eine Verwendung desselben Siegel aus Gold oder Silber haben arbeiten
Materials in Vorderasien (H. Frankfort, lassen. Nur wenige solcher Stücke sind
458 GLYPTIK
allerdings auf uns gekommen: man wird Daß man auch versucht hat, Siegel aus
sie, wie andere Gegenstände aus Edel- Blei zu machen, bezeugt ein Stempelsiegel
metallen, schon im Altertum vielfach aus den chalkolithischen Schichten von
geraubt und eingeschmolzen haben. Um so Ali§ar (H. H. v. d. Osten, The Alishar
erstaunlicher ist es, daß im Friedhof von Hüyük, OIP 28, 81; Abb. 87, c, 576),
Ur vier Rollsiegel aus Gold gefunden sowie einige Exemplare aus Tepe Hissar
wurden (L. Woolley, UE 2, 366 ff. Tf. 142, (E. F. Schmidt, Excavations at Tepe His-
10. 11. 21. 56). Dies wiederum gibt uns sar, Damghan 197. 200 H 2699).
eine Bestätigung dafür, daß die Gräber in S i e g e l - R i n g e , die wir seit dem 2. J t .
Ur nicht ausgeraubt, sondern im Verlauf aus Anatolien und dem Iran kennen,
eines Grabritus geöffnet worden sind (vgl. wurden aus Edelmetall und Bronze her-
A. Moortgat, Tammuz 53 ff.). Weitere gestellt.
Rollsiegel aus Gold fanden sich in Ägypten
(H. Frankfort, Cylinder Seals Tf. 46 j. k.). g) Verbindung von Metall und Stein.
In jüngster Zeit ist ein goldenes Rollsiegel Bei Rollsiegeln trifft man nicht selten eine
in Marlik ausgegraben worden (E. O. Verbindung von Stein und Metall an.
Negahban, J N E S 24 [1965] 311). Gold-, Silber- oder Bronze/Kupfer-Kappen
Mit Siegeln aus Silber verhält es sich konnten das Siegel unten und oben ein-
anders. Abgesehen davon, daß sie wohl fassen. Diese Kappen haben verschiedene
etwas zahlreicher waren, hängt auch ihr Formen: schmal oder breit, glatt, geriefelt
Vorkommen ganz deutlich mit einem be- oder gemustert, flach, kegelförmig oder mit
stimmten geographischen Gebiet, nämlich einem Knauf abgeschlossen. Am bekannte-
Anatolien, zusammen. Fast alle Roll- und sten sind solche Kappen aus kassitischer
Stempelsiegel aus Silber sind hethitisch Zeit, deren Dreieck-Muster durch Granu-
oder gehören dem anatolischen Kultur- lierung erzeugt wurde (E. Herzfeld, AMI 9
Kreis an; man wird nicht fehlgehen, den [1938] Tf. 12) [Abb. 24]. War kein Gold zur
Grund dafür in dem reichen Silbervor- Hand, so wurde die Fassung und das Mu-
kommen des Taurus zu suchen. ster dieser Kappen aus dem Stein selbst
Im Verhältnis zu Gold und Silber hegt geschnitten (Th. Beran, AfO 18 [1957/58]
der Anteil von Kupfer/Bronze in der 275 Abb. 28—31. 33).
Glyptik natürlich weit höher. Auch dieses Auch auf Abrollungen lassen sich Spuren
Material wurde in zwei bestimmten Ge- dieser Kappen sicher erkennen. Sie lieben
genden Vorderasiens, Anatolien und dem sich durch ihr Muster (Th. Beran, AfO 18,
Iran, seit chalkolithischer Zeit besonders 265 Abb. 9—19. 13) oder durch einen ver-
bevorzugt, sicher ebenfalls auf Grund tieften Streifen über und unter dem Bild-
seines dortigen Vorkommens. feld deutlich ab (B. Parker, Iraq 24
In beiden Gegenden gibt es sogar be- [1962] 38 Abb. 7. 8; Tf. 21, 1. 2; D. J.
stimmte Stempelformen, die ausschließlich Wiseman, Iraq 20 [1958] 17. 19. 22;
aus Metall, und zwar fast immer aus Tf. 1. 3ff.).
Bronze bzw. Kupfer hergestellt werden. Die Metallkappen konnten sich leicht
Es sind dies in Anatolien die Siegel mit von dem Siegel lösen und sind daher oft
einem langen, stielartigen Griff und die verlorengegangen.
sogenannten Dreifuß-Stempel. Letztere Der Brauch, Rollsiegel einzufassen, ist
sind sogar gelegentlich auch aus Gold oder wohl in der Akkad-Zeit entstanden, und
Silber gefertigt. bis in neuassyrische Zeit üblich gewesen.
Ebenso wie in Anatolien taucht im Iran Die akkadischen Metall-Einfassungen un-
(Luristan und Gebiet südl. des Kaspischen terscheiden sich von denjenigen des 2. und
Meeres) gegen Ende des 2. und zu Anfang 1. J t . [Abb. 25. 26] dadurch, daß sie das
des 1. Jt. eine charakteristische Gruppe Siegel selbst nicht umklammern, sondern
von Stempeln auf, meist in Form stili- auf der Ober- und Unterseite glatt an-
sierter Vögel, die stets aus Bronze gear- sitzen, demnach mittels einer Haltevor-
beitet sind (E. Porada, Alt-Iran 70). richtung von innen befestigt sind [Abb.
GLYPTIK 459
460 GLYPTIK
27]. Die Kappen der Ur-III-Siegel sind tives Bild ergeben soll, müssen Darstellung
aus Stein an das Siegel angearbeitet wor- und Inschrift auf der Siegelfläche im
den und konnten mit Metallblech über- Negativ eingeschnitten werden. Das ge-
zogen sein [Abb. 28]. schieht denn auch in der Regel. Ausnah-
Delaporte, L v 2 Tf. 96, 8. 12; Tf. 98, 5. men jedoch kommen vor.
A. Parrot, Syria 31 [1954] Tf. 15, x. ders. Frankfort erwähnt in seinen „Cylinder
Iraq, Land of the X w o Rivers Abb. 24. H . H . Seals" auf S. 6 einige Rollsiegel, deren
v . d. Osten, Sammlung Newell, O I P 22,
Nr. 185. 186.
Darstellungen positiv gearbeitet sind.
Auch in Teil Huera (Nordsyrien) wurde
§ 5. M a ß e ein Rollsiegel mit eben denselben Merk-
a) Rollsiegel. Die Norm für die Größe malen gefunden (A. Moortgat, Teil Chuera
eines Rollsiegels ist eine Höhe zwischen in Nordost-Syrien 1959 [Wiesbaden i960]
1 und 5 cm. Siegel, die eine Höhe von 5 Abb. 23). Man könnte sich nun fragen, ob
bis 8 cm haben, gelten schon als übergroß. derartige Rollsiegel, die zum Siegeln völlig
Der Durchmesser eines Rollsiegels ist ungeeignet waren, nicht ausschließlich
nicht an seine Höhe gebunden. Es gibt Amulett-Charakter besaßen.
Siegel von 7,5 cm Höhe bei einem Durch- (Zu einer kleinen Gruppe von Roll-
messer von nur 1 oder 1,2 cm. Andererseits siegeln aus der Isin/Larsa-Zeit, die nicht
kommen Siegel vor, deren Höhe und durchbohrt sind und nur Inschriften, z. T.
Durchmesser sich entsprechen. Diese Maß- im Positiv, tragen, s. u. § 6b 3.)
verhältnisse sind allerdings mehr oder Sehr viel häufiger kommt es vor, daß
weniger Ausnahmen. In der Regel mißt der die Darstellung zwar negativ, die In-
Durchmesser etwas mehr als die Hälfte schrift aber im Positiv angebracht ist.
der Höhe eines Siegels. Seit der Akkad-Zeit sind solche Fälle
Die Größe der Siegel schwankt in allen vereinzelt zu belegen, in altassyrischer und
Perioden, doch gibt es Zeiten, in denen sie neuassyrischer Zeit dagegen kommen sie
überwiegend groß, und solche, in denen relativ häufig vor. Auch hier hat A. Moort-
sie vorwiegend klein ausfallen. Zu jenen gat (VR 67) die Vermutung geäußert, daß
zählen die Uruk IV/Gemdet Nasr- und derartige Siegel vielleicht nur noch als
Kassiten-Zeit, zu diesen die I. Dynastie Amulette gedient haben. Abrollungen auf
von Babylon. Für die übrigen Perioden Gefäßverschlüssen und Ton-Etiketten je-
sind Höhen von 2 bis 4 cm bei entspre- doch, die erst kürzlich in Nimrud aus-
chendem Durchmesser der Normalfall. gegraben wurden und Darstellungen im
Positiv, Schriftzeichen dagegen im Nega-
b) Stempelsiegel. Bei den Stempelsiegeln tiv tragen, beweisen eindeutig, daß auch
liegen die Größenverhältnisse ähnlich. Der Stücke solcher Art durchaus zum Siegeln
Durchmesser bzw. die Seitenlänge bei benutzt wurden (B. Parker Iraq 24, 38
runden, quadratischen oder rechteckigen ND 7080. 7104; 40 ND 7045).
Siegelflächen ist selten über 5.cm groß.
Ausnahmen kommen vor. So können b) Vorrichtungen zum Tragen: Durch-
hethitische Königssiegel bis zu 7,5 cm im bohrung — Ösen. Ein gemeinsames Merk-
Durchmesser aufweisen und rechteckige mal bei Amulett und Siegel bilden ihre
Stempel eine größte Seitenlänge von 7 bis Vorrichtungen, es stets bei sich tragen zu
8 cm haben. Der Durchmesser der großen können: in erster Linie die Durchbohrung
Ton-Stempel, die vorwiegend aus Ana- und zweitens verschiedene Arten von Ösen.
tolien stammen und die wahrscheinlich Mit ihrer Hilfe konnten Roll- und Stempel-
keine persönlichen Siegel waren (s. o. siegel auf einen Faden aufgezogen und als
§ 3e), schwankt von 5 bis über 10 cm. Glied einer Kette oder als Anhänger ge-
tragen werden.
§ 6. T e c h n i s c h e B e m e r k u n g e n Die Längsdurchbohrung ist bei Roll-
a) Positiv — Negativ. Da der Abdruck siegeln die Regel und seit ihrer Entstehung
bzw. die Abrollung eines Siegels ein posi- in der Uruk-IV-Zeit bekannt. Sie wurde
GLYPTIK 461
von beiden Seiten ausgeführt und führte Das Material ist entweder Kalkstein oder
nicht immer geradlinig, sondern oftmals Steatit. Man hat nun vermutet, daß es
im stumpfen Winkel zusammen. Gelegent- sich bei diesen Siegeln um „memorial
lich konnte in der Durchbohrung ein Me- tags" (Erkennungsmarken) handelt (L.
tallstab sitzen, der von einem Tier, eben- Woolley, UE 2 Nr. 446—458; H. Frank-
falls aus Metall, bekrönt war. Da dieses fort, Cylinder Seals, OIP 72, 735).
Tier auch eine Querdurchbohrung besaß,
war damit eine Vorrichtung zum Aufhän- 4. (und das gilt nur für Stempelsiegel):
gen geschaffen. Das Siegel war gar kein Siegel im üblichen
Ein hethitisches Stempelsiegel aus Uga- Sinne, d. h. ein Eigentumszeichen, sondern
rit (Cl. Schaeffer Ugaritica 3 Abb. 88) diente ganz anderen Zwecken, z. B. zum
[Abb. 20] zeigt eine merkwürdige Montur: Bedrucken von Stoffen, der Verzierung
in der Durchbohrung sitzt locker ein von Wänden oder zur Tätowierung (s. o.
Bronzestab, so daß man das Siegel be- § 3e). O. Weber, Altorientalische Siegel-
liebig drehen kann, und an den Enden des bilder 8.
Bronzestabes ist ein Bügel aus Bronze H . Frankfort, Cylinder Seals 6ff.
befestigt. Damit ist ein doppelter Zweck
erreicht: der Bügel bietet eine gute Hand- c) Geräte. Die wichtigsten Geräte
habe, um das Siegel abzudrücken, und für die Steinschneiderei dürften der G r a b -
zugleich bildet er den Aufhänger, um es s t i c h e l , der M e i ß e l , der e i n f a c h e
zu tragen. B o h r e r , K u g e l - und R ö h r c h e n - B o h -
Die zweite Möglichkeit bildeten ver- r e r sowie das S c h l e i f r a d gewesen sein.
schiedene Formen von angearbeiteten Die zuletzt genannten drei Geräte setzen
Ösen (s. o. § 2 c). Sie gibt es vor allem in bei der Rotation den Gebrauch des Fidel-
der Gemdet Nasr-Zeit. Zur selben Zeit bogens voraus.
trifft man im nordmesopotamischen Raum Die Benutzung und Bearbeitung der
eine Gruppe von Rollsiegeln, die auf der verschiedenen Gesteinsarten war abhängig
Oberseite zwei Bohrlöcher aufweisen. Diese von dem jeweiligen Stand der Technik.
Bohrlöcher stoßen im spitzen Winkel zu- Ließen sich weiche Steine vielleicht noch
sammen und ergeben dadurch ebenfalls mit harten Feuerstein- oder Obsidian-
eine Vorrichtung zum Aufhängen. Es sind, Geräten bearbeiten, so verlangten härtere
im Gegensatz zu den angearbeiteten Ösen, und harte Steine bereits Metall-Geräte.
eigentlich solche, die in den Stein hinein- Mit dem Aufkommen des Rollsiegels jedoch
gearbeitet sind (engl, loop-bored seals). ist zugleich der Gebrauch von Metall-
Außerdem gibt es Siegel, die weder eine Werkzeugen anzunehmen. Handelte es
Durchbohrung noch irgendeine Möglich- sich dabei bis zum 1. J t . um Kupfer- bzw.
keit zum Aufhängen besitzen. Dafür kann Bronze-Geräte, so wird danach das viel
es folgende Gründe geben: härtere Eisen benutzt worden sein.
1. Das Siegel ist nicht fertiggestellt. Der K u g e l b o h r e r ist allem Anschein
2. Die Durchbohrung wurde vergessen; nach schon eine Erfindung des Chalko-
lithikums. Einige Stempelsiegel aus dieser
vor allem Rollsiegel aus gebranntem Ton
Zeit zeigen deutlich Merkmale seiner Be-
weisen diesen Mangel auf (s. o. § 4b 2).
nutzung. Weite Verbreitung fand er
3. Die Durchbohrung war gar nicht be- erstmals in frühgeschichtlicher Zeit; davon
absichtigt, weil nicht für nötig befunden. zeugen die Rollsiegel und die tierförmigen
Hierunter scheint eine kleine Gruppe von Stempel der Gemdet Nasr-Zeit (A. Tobler
Rollsiegeln aus der Isin/Larsa-Zeit zu ge- Tepe Gawra 2. 182; OIP 61, 484).
hören, die durch mehrere Besonderheiten Auch der R ö h r c h e n - B o h r e r scheint
zugleich auffällt: Sie sind ausnahmslos bereits in chalkolithischer Zeit in Gebrauch
nicht durchbohrt und nur mit einer In- gewesen zu sein, wenn er auch häufiger
schrift (Namen) versehen. Diese wiederum erst zu Beginn des 2. Jt. nachzuweisen ist
kann auch im Positiv eingeschnitten sein. (Tepe Gawra 2, 194).
462 GLYPTIK — GÖLLÜDAG
daß dieses Thema bis in das erste Jahr- In der Zeit der dritten Dynastie v o n Ur war
die Darstellung des G. anscheinend weit
tausend ohne Unterbrechung zu belegen weniger beliebt. Ein Beispiel fand sich in
ist: Girsu*:
18. Ur II I-Zeit. Rollsiegel (Parrot Tello Tf.
1. öemdet Nasr-Zeit. Rollsiegel Berlin (Moort- X X X 300). Göttersymbole: Mit Kugelstab
gat V R 30). Mann im Netzrock steht in verzierter Schrein, davor Vogel auf Stange
einem Boot und verehrt ein auf einem Altar sitzend.
stehendes Innin-Symbol. Eventuell in Anlehnung an die Akkade-
2. öemdet Nasr-Zeit. Rollsiegel Susa (Delaporte Zeit wird das Thema des Gottes im Boot in
L v I Tf. 40, 15. 16). Hockender Vierfüßler, der altbabylonischen Periode wieder stärker
Symbol für eine Gottheit (?) oder zumindest bevorzugt.
ein übernatürliches Wesen, steuert ein Boot. 19. Altbabylonisch. Antiker Rollsiegelabdruck,
3. Mesilim-Zeit. Antiker Rollsiegelabdruck Ur Mari (P. Amiet, Syria 37 [i960] 215 Abb. 1).
(Legrain U E 3 Tf. 16, 300). Opfer und Ver- Ea und sechslockiger Held sitzend in Boot (?)
ehrung vor i m Boot sitzendem Gott (?) mit mit menschlich gebildetem Bug und Heck.
Keule, Szepter oder Symbol in der Hand. Der Bootkörper (?) aus Wasserstrahlen ge-
4. Frühe Ur I-Zeit. Rollsiegel Sammlung bildet.
Newell (OIP 22 Abb. 47). Samas in einem 20. Altbabylonisch. Rollsiegel Susa (P. Amiet 1. c.
Schiff mit menschlich gebildetem Gott als 216 Abb. 2 a). Ea stehend in menschlich
Vordersteven. Bei diesem Beispiel handelt gebildetem Boot (?) wie auf Nr. 18.
es sich u m die erste gesicherte Darstellung 21. Altbabylonisch. Rollsiegel (P. Amiet 1. c. 216
eines anthropomorph dargestellten Gottes Abb. 2 b). Samas sitzend in menschlich ge-
im Boot. bildetem Boot (Identifizierung des Gottes
5. Ur I-Zeit. Antiker Rollsiegelabdruck Ur aufgrund der attributiven Stiermenschen,
(Legrain U E 3 Tf. 28, 492). Sitzende Gott- die zu diesem Gott gehören, vgl. R. M.
heit im Boot. Boehmer EGA 85).
6. Ur I-Zeit (LugalandaStufe).RollsiegelBerlin. 22. Altbabylonisch. Rollsiegel Alisar (P. Amiet
(Moortgat V R 145). Samas im göttlichen 1. c. 217 Abb. 3b). Gott mit Stierohren
Boot (wie Nr. 4). sitzend in Boot, assistiert von Stiermen-
Zahlreiche Darstellungen von Götterboten schen.
finden wir auf akkadischen Rollsiegeln in 23. Altbabylonisch [kappadokisch). Rollsiegel
allen Stufen (vgl. Boehmer EGA): Morgan Library, (P. Amiet, 1. c. 217 Abb.
7. Frühakkadisch. Rollsiegel Tigrisgruppe 3 a). Istar 'in menschlich gebildetem Boot.
(Boehmer EGA 467ff.). Samas im vergött- 24. Altbabylonisch (kappadokisch). Antiker Roll-
lichten Boot. siegelabdruck (Delaporte Lv II Tf. 125, 5 b
8. Frühakkadisch. Rollsiegel Tigrisgruppe [A 847]), E a in anthropomorph gebildetem
(Boehmer EGA 472 ff.). Skorpion im ein- Boot.
fachen Boot. 25. Altbabylonisch. Keramikfragment (P. Delou-
9. Akkadisch I. Rollsiegel (Boehmer EGA 473. gaz, Pottery from the Diyala Region, O I P
474). Samas i m vergöttlichten Boot. 63 Tf. 125 d). Darstellung eines Bootes mit
10. Akkadisch II. Rollsiegel (Boehmer EGA darin aufrechtstehenden Stangen, vermut-
475). Samas im vergöttlichten Boot. lich Stützen für Symbole.
11. Akkadisch I I I . Rollsiegel (Boehmer EGA 26. Mittelbabylonisch. Fragmentarisch erhal-
476—478). Samas im vergöttlichten Boot; tenes Steinrelief, Zeit des Melisihu (MDP 4
gelegentlich ein Pflug im Boot (EGA 477. Tf. 17). Auf dem mittleren Streifen ein Boot
478). mit dem Kopf eines Mushus versehen. I m
12. Akkadisch I I I . Rollsiegel (Boehmer EGA Boot stehend die Hacke des Marduk (?)
479—480). Göttin auf Gänsen thronend im mit Mushuskopf am Schaft und zwei weite-
vergöttlichten (EGA 479) und in einem ein- ren Schäften für Symbole, deren Bekrönun-
fachen Boot mit sehr hoch gezogenem Heck gen nicht erhalten sind.
und Bug (EGA 480). 27. Mittelassyrisch. Rollsiegel Buffalo Museum
13. Akkadisch I I I . Rollsiegel (EGA 526). Ea N e w York (H. Ingholt, The Hobbies 25
und Gott mit Peitsche in einem einfachen H. 1 [1944] 2ff. Abb. 20). 2 Priester, zwi-
B o o t im Schilfdickicht. schen ihnen auf einem fellbedeckten Hocker
14. Akkadisch I I I . Rollsiegel Amsterdam (A. ein achtstrahliger Stern. Bug und Heck
Salonen, Wasserfahrzeuge Tf. IV, 2). Stehen- des Schiffes mit stehenden Capriden ge-
der Gott mit Peitsche neben Schlangengott. schmückt.
15. Akkadisch. Rollsiegel (Boehmer E G A 408). 28. Mittelelamisch. Rollsiegel Susa (Delaporte
Stehender Gott mit Peitsche. Lv I Tf. X 3 3 , 4 [S466]). Bootsszene, ob
16. Akkadisch. Rollsiegel (Porada CANES Gott dargestellt fraglich.
240). Verehrungsszene im B o o t vor sitzender 29. Neuassyrisch. Rollsiegel Ashmolean Mus.
Gottheit. (Buchanan Catalogue 1,632). Der Wettergott
17. Akkadisch. Rollsiegel (Berlin, Moortgat steht in einem Boot und wird von einem
V R 242). Jagende Götter. Menschen verehrt.
Reallexikon der Assyriologie IIX
466 GÖTTERBOOT — GÖTTERDARSTELLUNGEN
30. Neuassyrisch. Rollsiegel ehem. Slg. Layard wöhnlichen Sterblichen. Darstellungen von
(E. Douglas Van Buren Or. N S 23 [1954] 110 eindeutig als Gottheiten zu bestimmenden
Abb. 14). Als Begrenzung einer Szene das
Symbol des Gottes Marduk in einem B o o t
Wesen sind vor der Mesilim-Zeit nicht zu
stehend. belegen. Weder die Gestalten auf den gro-
31. Neubabylonisch. Stempelsiegel (L. Delaporte, ben Siegeln bei E. Heinrich, Kleinfunde
Intailles orientales au Palais des Arts de aus den archaischen Tempelschichten in
la Ville de Lyon. M61. Duss. 912 Tf. V).
Opferszene vor Marduk (?), der Opfernde
Uruk (1936) Tf. 17 d, 18 noch die Frau auf
steht mit im Boot. der großen Kultvase aus Uruk ebda. Tf. 2f.
38 (alle Stücke Gemdet Nasr-Zeit) tragen
Im Gegensatz zum philologischen Be- Kopfbedeckungen, die mit Gewißheit Hör-
fund läßt sich feststellen, daß Abbildungen ner — ein wichtiges Zeichen für die Gött-
von Götterbooten bereits seit frühge- lichkeit des Trägers — erkennen lassen;
schichtlieher Zeit belegbar sind, wenn Als ungesichert zu gelten hat auch der Ver-
man den Transport von Göttersymbolen such von H. J. Lenzen (UVB 14 [1958] 37
mit dem der anthropomorphen Götter Tf. 42 a), einige nicht Bruch auf Bruch zu-
oder ihrer Bilder gleichsetzen will. Mensch- sammenpassende, nach ihrer Fundlage in
lich gebildete Götter erscheinen in Booten die Zeitspanne von Uruk VI bis Uruk III
sitzend zum erstenmal in der frühen ( = Gemdet Nasr-Zeit) zu datierende Re-
Ur I-Zeit. In den meisten Fällen müssen lieffragmente als „Hörnerkrone mit Polos"
wir wohl Götterreisen* oder -prozessionen zu deuten und entsprechend zu rekonstru-
als Deutung der Abbildungen annehmen. ieren. Stellt man das Fehlen von Hörner-
Daß man auch Göttersymbole auf Reisen kronen in der Kunst der Uruk IV/III-Zeit
schickte, hat R. Harris nachgewiesen in Beziehung zu dem meisterhaften Kön-
(AS 16, 2i7ff.). Gelegentlich finden wir nen der Steinschneider dieser Periode, so
auch Götter auf der Jagd, die ein Boot wird der Schluß naheliegend, daß es die
im Schilfdickicht benutzen. Sehr viele Hörnerkrone zu dieser Zeit noch nicht ge-
Götterboote sind wohl deifiziert gedacht geben hat.
worden; in älterer Zeit wurde der Boots-
körper häufig in Form eines mit göttlichen Die in der Mesilim-Zeit (vgl. z.B. E.
Attributen versehenen Wesens darge- Heinrich, Fara [1931] Tf. 56 c) erstmalig
stellt. Vereinzelt — besonders in neu- nachweisbare Hörnerkrone bleibt — auch
assyrischer Zeit — ist das Boot viel- wenn sich ihre äußere Form im Laufe der
leicht auch als Götterattribut zu ver- Zeiten wandelt — bis in neuassyrisch/neu-
stehen gewesen. Übereinstimmend mit der babylonische, ja sogar achämenidische Zeit
Literatur finden wir auf Abbildungen hinein d a s Zeichen der Göttlichkeit, mit
Boote der Innin bzw. Istar, des Ea, des dem sich zuweilen, wenn auch selten, der
Adad und evtl. noch das des Marduk. König abbilden läßt.
Das Schiff des Samas, das auf Siegeln der B e i s p i e l e (s. a. Vergöttlichung*): Naram-
Ur I-und Akkade-Zeit am häufigsten vor- suen mit Hörnerhelm: V. S c h e i l , M D P 2
(1900) Taf. II („Naramsuen-Stele") — Naram-
kam und auch in altbabylonischer Zeit suen ohne Hörnerkrone: J. P. N a a b - E . U n -
noch zu belegen ist, scheint bisher lite- g e r , Die Entdeckung der Stele des Naram-Sin
rarisch nicht nachweisbar zu sein (vgl. in Pir Hüseyin (1934) Taf. I (Akkad-Zeit) —
Götterboot* A und A. Salonen, Wasser- Sulumeli mit Hörnermütze: L. D e l a p o r t e ,
Malatya (1940) Taf. 19, 20 a. b links — Sulu-
fahrzeuge 65). meli ohne Hörnermütze: ebda. Taf. 2 0 b rechts,
R. Opificius 22a, 23a, 24 (um 1000 v. Chr.).
Höhere Gottheit im Falbelgewand empfängt Ur I-Zeit: Amtliche Berichte aus den König-
u. a. Fürbitterin im Falbelgewand: P o r a d a , lichen Kunstsammlungen Berlin 36, 1915, Sp.
CANES Abb. 277 (Ur II I-Zeit; v o n der III. 116 Abb. 44 (Gefäßbruchstück V A 7248; En-
Dynastie von Ur an trägt die fürbittende Göt- temena); d e C l e r c q - M e n a n t , Collection de
tin, die an sich keinen hohen Rang besitzt, Clercq I, Taf. 5, 43 (ausgehende Ur I-Zeit [Lu-
weniger das Faltengewand (z. B. EGA Abb. 564 galanda-Urukagina-Stufe] = B o e h m e r , EGA
= CANES Abb. 215 [Akkad-Zeit]-, CANES Nr. XVIII).
Abb. 274 [Gudea-Zeit]; ebda. Abb. 284 [Ur III- Akkad-Zeit: EGA Abb. 499 (Fürbitterin).
ZeitJ), sondern mehr und mehr das Falbel- 566 (einführender Gott).
gewand. In der altbabylonischen Zeit ist sie in b) G o t t h e i t e n i n m e n s c h l i c h e n G e -
der Regel nur noch mit diesem bekleidet, vgl. wändern, ohne Hörnerkrone: Akkad-Zeit:
z. B. P o r a d a , CANES Tf. 61. B o e h m e r , EGA vgl. z. B. Abb. 556. 559
(Thronende ohne Hörnerkrone) mit Abb. 555.
So sind Falbel- und Faltengewänder in 557- 558. 560 (Thronende mit Hörnerkrone)
der Regel als Göttergewänder zu bezeich- (zum geringen Rang der Sitzenden vgl. ebda.
97f.) — Nicht entscheidbar, ob Göttin oder
nen ; eine mit diesen Kleidungsstücken dar- Priesterin dargestellt sind, z. B. ebda. Abb.
gestellte Figur ist ganz sicher dann als Gott- 657ff. p. 114.
heit anzusehen, wenn sie außerdem noch Altbabylonische Zeit: Die von A. M o o r t g a t
eine Hörnerkrone trägt. als „Gottkönig als Krieger", von J.-R. K u p -
p e r als Gott Amurru/Martu, v o n E. P o r a d a
Lange, glatte Mäntel, mit Fransen be- als „The God with a Mace" und v o n R. O p i -
setzte lange Kleidungsstücke, das sog. f i c i u s und P. A m i e t als „Gilgamesch" ange-
Togagewand (Strommenger, ZA N F 19 sprochene Figur (Gilgamesch*) trägt in der
[1959] 42; dies. BagM 1, [i960] 51) sowie Regel öine Kappe mit breitem Rand; durch
einige Stücke, die sie jedoch mit einer Hörner-
kurze kniefreie Röcke werden dagegen in krone zeigen, wird ihr göttlicher Charakter
der Regel von Menschen angelegt. Dennoch erwiesen: vgl. P o r a d a , CANES I 52 Abb. 429
bedienen sich auch Gottheiten, die gewöhn- (469.) 472. 475.
lich an ihrer Hörnerkrone als solche zu er- Kassitische und mittelelamische Zeit: Obwohl
kennen sind, dieser Kleidungsstücke. die thronende Figur auf kassitischen (z. B.
CANES Abb. 575) und mittelelamischen Sie-
Schwierig wird es, wenn ein Thronender geln (z. B. ebda. 569) keine Hörnerkrone trägt,
oder Stehender, dem die Hörnerkrone dürfte es sich bei ihr um eine angebetete Gott-
fehlt, Beter empfängt. Hier ist nicht ohne heit handeln, zumal auf dem kassitischen Sie-
weiteres zu entscheiden, ob der Verehrte gel F r a n k f o r t , CS Taf. 3 1 b die verehrte Ge-
stalt, die hier stehend abgebildet ist, ein Falbel-
als Mensch, d. h. als Priester, oder als gewand trägt.
Gottheit aufzufassen ist. Nur der Ver- Dagegen dürfte die auf neuassyrischen Sie-
gleich mit gleichartigen Darstellungen geln thronend oder stehend dargestellte Ge-
hilft weiter: hat die entsprechende Figur stalt den König wiedergeben (z. B. ebda. Abb.
dort eine Hörnerkrone auf dem Haupt 673ff.), da in einigen Szenen dessen charakte-
ristische Fez-artige Mütze mit Mittelkegel er-
und darüber hinaus evtl. das Falbelgewand kennbar ist (z. B. ebda. Abb. 667. 676).
an, so wird sie auch in der fraglichen Dar-
stellung als Gottheit gemeint sein. Man Im hethitischen Bereich bedient sich
muß hier von Fall zu Fall entscheiden. vor allem der Sonnengott des langen, glat-
Immerhin darf— zumindest für die Akkad- ten, bei Menschen (vgl. z. B. Bossert, Alt-
Zeit — als feststehend betrachtet werden, anatolien Abb. 505. 507. 513. 514 [Alaca
daß es sich hier, wenn überhaupt, stets um Hüyük] beliebten Mantels, daneben tragen
Gottheiten von niederem Rang handelt; verschiedene Götter den kurzen kniefreien
ein Stück wie Boehmer, EGA Abb. 342, menschlichen Rock.
das Ea und Usmu im Fransengewand zeigt B e i s p i e l e : a) L a n g e r M a n t e l : A k u r g a l -
(kein Beter ist jedoch in der Nähe!), ist als H i r m e r , Die Kunst der Hethiter (1961) Taf.53
Ausnahme zu verstehen. oben 2. Figur (Karkemis); ebda. Taf. 79 j
unten links (Yazüikaya); L o u d , The Megiddo
B e i s p i e l e : a) G o t t h e i t e n i n m e n s c h - Ivories, O I P 52 (1939) Abb. 44 (Megiddo); ;
lichen Gewändern, mit Hörnerkrone: P o r a d a , CANES Abb. 909 (Handel) (alle: j
Sind vor allem in vor-akkadischer Zeit, d. h. Großreichszeit) — D e l a p o r t e , Malatya Taf.
vor der Erfindung des Falbelgewandes nach- 20,2 (um 1000 v. Chr.). I
zuweisen. b) K u r z e r R o c k : A k u r g a l - H i r m e r o. c. j
,,Imdugud-Sukurru"-Stufe: W o o l l e y u. a., Taf. 84ff. (Yazilikaya) (Großreichszeit)-, D e l a - ;
U E 2 Tf. 203, 137. p o r t e o. c. Taf. 22 (Malatya) (um 1000 v. Chr.); j
GÖTTERDARSTELLUNGEN — GÖTTERGENEALOGIE 469
the order of the pairs—male female. Mytho- the Single line tradition. However, Nammu
logically the only real outcome is that Enlil was ousted. AN = Anum simply puts Uras
was -considered to have descended ulti- (Earth) with a concocted Ninuraä as the
mately from Earth. first pair, while Ee and Eudemos have
In most of the later forms of the Enlil Tiamat (Sea) and Apsü.
theogony the last pair before Enlil and The Kumarbi myth in the Hittite lan-
Ninlil are Enmesarra and Ninmesarra. guage (see art. Kumarbi*) is related to the
However, in Sumerian htanies from the Anu theogony in that it makes Alala and
Old Babylonian period Enmesarra without Anu the first two generations in a succes-
his spouse appears outside and separate sion myth.
from the group of En— Nin— pairs. This Ea is said to be son of Anu in some texts,
arrangement no doubt reflects a myth and son of Nammu is others, but these are
known also from allusions in Babylonian different traditions, and it does not follow
incantations (ABRT 2, 13; BAM 3, 215, that Anu married Nammu. Here only
44—45; BM 45637+ rev. 6), that Enme- Nammu is of concern, and she was cer-
äarra was the first god, father of the rest, tainly in this context watery. Another
and he was succeeded by Enlil. theogonic pair associated with Eridu is
A fourth version of Enlil's parentage is Enkum and Ninkum (written: e n / n i n . -
offered by the exorcistic text called "Gat- pap.immax.nun.me.ezen x kas).
tung 1" by E. Ebeling. Here Enlil and Nin- Little is known of them, but they are once
lil follow upon only two pairs, Anäar, Kisar called "mother and father of all the gods"
and Enuruulla and Ninuruulla (ArOr. 21 in a Babylonian incantation (BM 45637 +
[1953] 361). The first pair, "The Whole rev. 6—7).
Heaven" and "The Whole Earth", pre- A single Late Babylonian tablet con-
sumes the myth that life began by heaven's tains the beginning of a theogony appar-
sending of fertilizing rain into mother ently derived from an unidentified city
earth's bosom. This text is a late Ver- Dunnu. This is in narrative form and ex-
sion of an older text, but the old form plains descent within a single line of mar-
lacks the beginning where the genealogy ried pairs by regulär parricide and incest.
is given. So far as it survives the pairs are given as:
Anu is the only other god to whom a Hain and Earth, Amakandu and Sea,
theogony is commonly ascribed, but two Lahar and Sea, [.. .] and River [. . .] and
quite different forms of it occur. The one, Ga'um, [ . . . ] and Ningestinna (the male of
found only in incantations and other exor- each pair is given first). Nothing is known
cistic texts, gives three pairs: Duri—Dari, of Hain, but Amakandu, Lahar, Ga'um,
Lahmu—Lahamu, and Alala—Beiiii. The and Ningestinna all have connections with
first pair, literally "Ever and Ever", rep- plant or animal husbandry. Just before
resent eternal time. The other tradition, breaking off this text names Haharnu, who
found in an Old Babylonian god list (see appears also in ZA 42 (1934) 79 and KAR
Götterlisten* § 5), was in contrast a 339 a 2. Seite (in these two cases with
Single line descent only: Nammu, Uras, Ha'aäu) at the head of the pantheon. Since
Enuruulla, and Ansargal. The first of the Dunnu text is incomplete it is not
these was probably considered watery and known which members of the state pan-
female; the second is certainly earth; and theon were considered to have been des-
the last two appear in Enlil's parentage in cendants of the Une given.
"Gattung 1". Composite versions were
formed out of these different traditions. L i t e r a t u r e : a füll edition and discussion
One occurs in the god list AN = Arnim, of t h e various theogonies will appear in W. G.
another in Ee, and a third in Eudemos of L a m b e r t , Babylonian Creation Myths (forth-
coming). That of Dunnu has been provisionally
Rhodes. They all take over the principle translated in Kadmos 4 (1965) 64ff.
of pairs from the incantations, but incor-
porate, with supplied spouse^, some from W . G. Lambert
GÖTTERKÄMPFE 471
form of the name alone determined this little to ascertain its content. The addition
grouping. In general the Fara god lists of the pronunciation and sign-names fol-
contain so many obscure and otherwise lows the practice of certain lexical series,
unknown deities that little more can be for example some editions of ea-A-näqu
said on their order (or lack of order). and diri-DIRI-watru.
Weidner viewed this list as pedagogic,
§ 2 T h e W e i d n e r L i s t . The next since in two cases, W-B 9 and KAV 65, it
period from which god lists have survived appears on the same tablet as Syllabary A.
is the Third Dynasty of Ur, but only a few This judgment is confirmed by unpub-
fragments. One, VAT 6563 (AfO 2, 6) is lished exercise tablets in the British Mu-
important as proving the existence at this seum of Late Babylonian date which use
period of a list which, expanded to over it, and by the apparent complete lack of
200 names, remained in use until Late this list from Nineveh. In general no exer-
Babylonian times. A substantial fragment cise tablets have come from the Assür-
from the Isin-Larsa period is also known bänapli libraries. At least at the beginning
(VAT 7759: AfO 2, 4—5), and another the arrangement of the list is apparently
Old Babylonian fragment (W-B 9: OECT1 theological. In many places, however, it is
pl. 22). A larger body of material for the difficult to discern the principles of arrange-
reconstraction of this list is Late Assyrian ment, if there are any, and it is uncertain
in date and from Assur (KAV 46, 47, 62, if there is even one case of lexical arrange-
63. 65), and from Late Babylonian Kis ment. Either our knowledge of the deities
a considerable part of this list has been is inadequate to grasp the basis of the ar-
recovered (OECT 4 nos. 135—149). Also rangement, or, more probably, various
among the Late Babylonian tablets from short lists have been compiled without any
Babylon in the British Museum a consid- attempt at integrating them.
erable number of fragments contain this
list, though they are so fax unpublished. § 3 T h e N i p p u r L i s t . Nippur has
The Assur texts were edited by Schroeder yielded one Old Babylonian god list which,
in ZA 33 (1921) 123—147; those from Kis unlike the Weidner list, is so far unattested
by Van der Meer in OECT 4 p. 57—58; from any other place or period. Three
and the whole, so far as available to him, major pieces and two fragments have been
by Weidner in AfO 2, i f f . and 71 ff. published (SLT 122—124; 117 and 125),
and these allow an almost complete resto-
The early fragments and Late Baby- ration of the list. Generally the copies dif-
lonian copies present a simple string of fer only slightly, but at the end no. 124
names, as do two Assur fragments (KAV finishes with the 2ioth entry, but nos. 122
62, 65), but a third Assur piece (KAV 63) and 125 continue with about 60 more
has double columns: the names of the tra- names. In style this is a simple string of
ditional list appear on the left, and on the names, arranged largely on theological
right another name is equated with each principles, though toward the end some
one by way of explanation, or an explan- lexical grouping seems to occur. An inad-
atory phrase is used, e. g. „wife of Sin". equate edition was given by Jean in RA 28
The two other Assur pieces (KAV 46, 47) (1931) i7 9 ff.
offer a format with five sub-columns. The
traditional list is the second. This is flanked § 4 P r o t o - D i r i (?). Another Old Baby-
on the left by a sub-column giving the pro- lonian list survives which may be Proto-
nunciation of each name; and on the right Diri. In OECT 4 no. 153 col. V it occurs
by a sub-column giving the sign-names of as a simple string of names, but unpub-
the signs used in each name in sub-column 2. lished tablets from Nippur offer an ex-
The fourth sub-column gives thfe ex- panded form of this with a second sub-
planatory equivalent found in the double- column added giving the pronunciations.
column edition. Only a minute scrap of In the longest recension it has some 100
the fifth sub-column is preserved, too names, arranged occasionally on theolog-
GÖTTERLISTEN 475
ical principles, but most commonly its apalesarra I, but they are not identical. K
lexical character is clear. It is possible that 4349 was based on „an old monster tablet"
the Late Babylonian list CT 29, 44—47 is according to its colophon (CT 24,46,8), but
a late Version of this list, much expanded YBC 2401 on „old tablets". They differ
and recast, with the pronunciations put on not only in the amount of material they
the left-hand side in the more usual fashion, hold (K 4349 had more), but even when
and with a third sub-column explaining presenting the same material there are at
the deities by the usual equations of names. times important recensional differences.
The earliest Babylonian fragment, and
§ 5 G e n o u i l l a c L i s t . A fourth Old only a small one, is SLT 121, on the date
Babylonian list, which formed the basis of which S.N. Kramer and M. Civil offer
of the Classical Babylonian god list AN = the following opinion: „certainly no earlier
Anum, is only known from a single copy, than Cassite, and in all probability Cas-
TCL 15 no. 10, an almost perfectly pre- site." Late Babylonian fragments are very
served tablet of 473 names. It is a simple few, LKU 7 and an unpublished scrap from
string of names, arranged theologically. Nippur being the only two known to the
It appears that an old, short list has been writer. Late Assyrian pieces are much more
expanded by the addition of various other common, both from Nineve (chiefly in CT
lists or excerpts from lists. It begins with 24 and 25) and from Assur (in KAV). The
a theogony of Enlil (s. Göttergenealogie*) differences between the Middle and Late
(lines 1—30), then comes An and his theo- Assyrian copies are not serious, and in at
gony (31—37), followed by Enlil and his least one case the latter follow the Yale
circle (38 ff.). The older source here took rather than the British Museum copy.
Enlil as son of An, and so gave the theo- Probably it is a late Cassite Period compi-
gony of An alone. The Compiler of the pres- lation, and it comes from circles favour-
ent list wished to incorporate Enlil's theo- able to Marduk, since Ea has 40 names, and
gony, and in his dilemma as to where it Marduk 50. Only in these two cases does
should be placed, he simply put it at the the number of names of a particular deity
head of the list, before An. Much later correspond with his mystical number
(lines 305—341) there is a long section of (Götterzahlen*).
minor members of Enlil's court, easily
identifiable by the inclusion of his vizier This list consistently has a double-col-
Nusku and doorkeeper Kalkal (s. Hof- umn format. The most common name of
staat*). The length of this list compared the deity being listed is put in the right-
with the Enlil section following An at the hand sub-column in most cases and the
beginning suggests that it is a later com- less common names are equated with it by
ponent added to the earlier kernel. Edited being listed in the left-hand sub-column.
by H. de Genouillac in RA 20 (1923) 89 ff. When only one name was known, as for
many obscure deities, it WEIS put in the
§ 6 A N — Anum. This Old Babylonian left-hand sub-column and opposite it in
list, much expanded and reworked, forms the right-hand sub-column Su (i. e. „the
the largest and most systematic of the same") was written. This list purports not
Babylonian god lists, AN = Anum. It is merely to compile, but also to explain.
best preserved on two Middle Assyrian The overall arrangement provides part of
tablets: K 4349 (with lettered fragments) the explanations. It is: (i) the deity being
in the British Museum (published in CT dealt with has his names listed; (ii) next
24); and YBC 2401 in the Yale Babylonian come those of his spouse; (iii) then the
Collection (edited by R.Litke, A Recon- children of this pair, with family and cour-
struction of the Assyro-Babylonian God- tiers, if any, follow; and finally (iv) the
Lists, A N : dA-nu-um and AN: Anu §d section is rounded off by the household
ameli, unpublished Yale thesis, 1958). servants of the mother and father. For
Both are the work of the well known Ki- example, Enlil and Ninlil are separated
dinsin*, a scribe from the time of Tukulti- from their entourage by Ninurta and his
476 GÖTTERLISTEN
divine court. Similarly Enki and his spouse material on the London copy, but lacking
are separated from their entourage by the from that of Yale, contains one indication
big Marduk section. However, to have ap- of the end of a tablet in the usual style.
plied this de rigueur would have involved H.Zimmern, working in ignorance of the
infinite complication, with Anu at the Yale copy, thought he had found a shorter
beginning and his court at the end. In fact god list running more or less parallel to
its application is restricted to certain cases. AN = Anum in this extra material (BSGW
Sin, to take an example of the neglect of 63 [1911] 125), and as confirmation cited
this principle, was commonly conceived as the incomplete colophon of the London
son of Enlil, and the Compilers of AN = copy. However, the colophon does not have
Anum can hardly have had any other to be restored to indicate that three series
opinion. However, unhke Ninurta his sec- were copied on the one tablet, and the
tion is quite separate from Enlil's (s. dazu evidence that this extra material on the
auch Hofstaat*). The explanatory charac- London tablet runs parallel to AN =Anum
ter of the list also comes out in the equi- is by no means convincing. The obvious
valences, and in phrases in late Sumerian explanation is that to the completed AN =
either instead of a name in the second sub- Anum various other apocryphal shorter
column, or in addition to it. In Late As- lists and groups of names were added, and
syrian copies Akkadian renderings of these the London copy has more of this kind than
phrases also appear in some cases. the Yale copy. The Assurbänapli tablets
AN = Anum consists of about 1970 and fragments offer colophons of what are
names explained in these various ways. called „Tablets I", „II", and „III". How-
Although the two Middle Assyrian copies ever, the Late Assyrian „ I " embraces both
get all these (and other materials!) on a I and II of the Middle Assyrian copies, so
single tablet, they indicate that normally that II of the former corresponds to III of
the list was spread over a series of tablets. the latter. The only other Assurbänapli
The Yale copy at eight points has colo- colophon naming AN = Anum occurs on
phons (s. Kolophon*) giving the tablet a synonym list, which professes to be the
number within the series and the number 9th tablet of the series (CT 24,18, 80-7-19,
of lines it contained. Only the first seven 297). Evidently the god list was the first
really belong to the series. The last, of section of a larger grouping in this library,
„122 lines", gives additional names of or this edition. The one surviving Assur
Marduk and Mandänu, and is an appendix colophon (KAV 51) has „Tablet V" where
like the I2th tablet of Gilgames in the Late the Yale copy has „Tablet IV", still an-
Assyrian and Babylonian editions. The other method of dividing up the work.
London Middle Assyrian copy indicates While fragments of all the eight tablets in
the end of the originally separate tablets the Yale numbering have been recovered
by writing „complete" (til) at certain from the Assurbänapli libraries, no dupli-
points, and also giving the number of lines, cates of the extra material on the London
but it does not give the tablet numbers copy have yet been found.
from the series. The points of division occur
at the same places in both Middle Assyrian § 7 AN = Anu = sa ameli. A second
copies so far as they are preserved, but the series written on both Middle Assyrian
London copy has a big gap between its copies of AN = Anum has a triple-column
columns V and IX. Column V Covers part format, and is known from its first line as
of what is indicated as „Tablet V" in the AN = Anu - = §a ameli, which may be
Yale copy, but when the text resumes after freely rendered as: An is the name of Anu
the break, what remains of column IX and as god of a man. The first two sub-columns
the upper part of column X contains ma- are in exactly the same style as AN =
terial which the Yale copy completely lacks. Anum. The third explains the special ref-
The lower part of column X contains what erence of the name in the first sub-column.
the Yale copy calls „Tablet VIII". This In this series the explanation is never more
GÖTTERLISTEN 477
than a short phrase, normally „of...". This column format, of which the last two sub-
series is almost completely preserved, con- columns are in the style of AN = Anum.
sists of 157 names and deals with 24 deities The first sub-column gives the Emesal
in theological order. Apart from the Middle dialectal form of the names, which are of
Assyrian copies, there is one Assürbänapli necessity Sumerian. This list has thus a
fragment, K 11966, CT 26; 50. Its date of linguistic purpose, and for this purpose
composition is no doubt Cassite. The has made a selection of names from AN =
placing of Marduk before Ea is inconsistent Anum or a related list. As a consequence,
with an earlier dating. The text has been the ordering is theological, though the
reconstructed by R. Litke, op. cit. author was theologically naive. At the be-
ginning he wrongly explains Enki and
§ 8 S u l t a n t e p e . While Sultantepe has Ninki, the ancestors of Enlil, as Ea and
yielded no single fragment of the lists de- Damkina, and at the end, where he com-
scribed so far, it has given substantial bines two sources (known to us from AN =
parts of a single column list: STT 376— Anum and the Old Babylonian Nippur list,
382. A fragment from Assur, KAV 68, also § 3 ) he included both Lugalaabba and
belongs to this list. It is not completely Lugalaba, though they are only phonetic
preserved, but must have contained some variants of the same name. It happens
200 names. This is a distinctively Assyrian that all the surviving fragments come from
compilation, beginning with Assur, and the Assürbänapli libraries, but parts of
another Assyrian feature is the writing of other sections of the Emesal Vocabulary
Tammuz with a plural sign in the middle have been found in Assur and Babylon.
(ddumumeä. zi: STT 376 IV 8), which is The date of composition is probably to be
only found elsewhere in the Assyrian put between 1400 and 900. It has been
Täkultu texts. The arrangement is theolo- edited by B. Landsberger in MSL 4, 1—xo.
gical, and there is a title at the head, „The
Names of the Gods." All the copies are
Late Assyrian. § 11 O t h e r Lists. Many other lists than
those given above undoubtedly existed.
§9 A L a t e List. The foliowing frag- Fragments survive, but so far it has proved
ments from the Assürbänapli libraries impossible to reconstruct them in toto, or
appear to be parts of one list: K 29 (CT 25, in sufficiently comprehensive form for them
36) + Ki 1902-5-10, 28; Rm 610 (CT 25, to have value. For example, MDP 27 con-
35); K 4209 (CT 25, 33—34) I K 4559 (CT tains exercise tablets with extracts from
25, 42). The first two are duplicates; the lists which do not agree with any known
last three appear to be the remains of one to us, and similar fragments are scattered
tablet. It is a double-column list in the throughout Assyriological literature. Some
style of AN = Anum, arranged theologi- of these were certainly specialised, being
cally. It was written in four columns on limited to one god or special groups of
one tablet, but its extent cannot be more deities. As an example, and to illustrate
closely defined. In view of the inclusion of the most elaborate type of god list, men-
Sihu (or Sipak), a Cassite deity, it cannot tion may be made of the list of 50 Marduk
be earlier than the Cassite Period, and it names incorporated in Enüma Elis. It was
may well be a first millennium product. a triple-column type, like AN = Anu =
While it has some very common names, it Sa ameli, but instead of a simple phrase in
seems to concentrate on the rare and un- the third sub-column it had a whole string
usual. Not yet edited. of epithets. In Enüma Elis the middle sub-
column was suppressed and extra lines of
§10 Emesal. The Emesal list forms epithets were added, but the list survived,
the first tablet of the Emesal Vocabulary, with further names added at its end, in the
and consisted of about 115 lines dealing Assürbänapli libraries (CT 25, 46—47, K
with one divine name each, of which all 7658+8222; STCI 165—166, K 8519,
but some 15 are preserved. It has a triple- K 13337; a n ( l other fragments).
47 8 GÖTTERLISTEN
but their füll value cannot be obtained Ninimma is most often female, but once
until their Organization is understood, and she has become „Ea of the scribe" (CT 41,
studies along these lines have hardly begun. 27,1).
While some lists, like AN = Anum, have W . G. Lambert
explanatory phrases, these are only ex-
plaining parts of the list. Where the list is Götterprozession in der Bildkunst.
seen to be theologically arranged, this not Wenn auch die von Menschen an bestimm-
only shows the relative positions of the ten Festtagen durchgeführten feierlichen
gods within the pantheon, but it allows Umzüge mit Götterbildern „gewöhnlich
comparison with lists of different periods. als eigenes Wandeln der Gottheiten auf-
The position of Marduk, for example, is gefaßt" wurden (B.Meissner, Babylonien
not the same in all lists. The multiplicity und Assyrien, 2 [1925] 126; vgl. ferner
of names for Single deities is very reveal- ebda. 1 [1920] 293; 2, 63. 92. 97. 101.
ing. If one leaves out of consideration 169 ff.; A. Salonen, Prozessionswagen der
cases where different writings (e. g. d n a . z i , babylonischen Götter, StOr. 13/2 [1946]
dAB x HA: SLT122 I I I 13—14) and var- 3; N. Schneider, Götterschiffe im Ur I i i -
iant forms of the same name (e. g. Gili, Gi- Reich, StOr. 13/5 [1946] 7. ioff.), so
lima, Agilima: Enüma Elis VII 78—83) unterscheiden sie sich doch von den Pro-
occur, two very important sets of facts can zessionen, die die Götter selbst — ohne
be learnt. The first is the process of syn- irdische Hilfe — bildeten. Darstellungen
cretism. Throughout the centuries big gods solcher sind in Mesopotamien unbekannt.
were being identified with smaller gods of Anders verhält es sich im kleinasiatischen
the same general type, and this is shown in Bereich. Hier zeigt das hethitische Fels-
that the big god takes over the names of heiligtum Yazilikaya* (K. Bittel, Die
the lesser. The second is the attributes of Felsbilder von Yazilikaya, IstForsch. 5
the deities. The epithets more commonly [1934] — K. Bittel/R. Naumann/H. Otto,
addressed to a deity were often in the Yazilikaya, WVDOG 61 [1941]) zwei ein-
course of time transformed into names, ander begegnende Züge aus männlichen
and these show the attributes ascribed to und weiblichen Gottheiten, deren Haupt-
the god. God lists also had a formative götter durch Beischriften als dem chur-
influence on the composition of the pan- ritischen Pantheon zugehörig erkennbar
theon quite apart from their use in expos- werden (E.Laroche, JCS 6 [1952] 115ff. —
itory texts. The list was a traditional, H.G. Güterbock, MDOG 86 [1953] 65 ff.).
written document in all periods, and for Das äußere Erscheinungsbild der Darstel-
many centuries there were no explanatory lung spricht dafür, daß hier eine echte Pro-
phrases. No doubt oral tradition passed zession von Göttern wiedergegeben worden
on the necessary understanding of the ist, auch wenn wir für diese keinen Beleg
written lists, but such tradition is not infal- in zeitgenössischen Texten besitzen. Daran
lible, so that when better organized lists by anschließen lassen sich die wie Yazilikaya
their grouping and explanatory phrases aus der Zeit des hethitischen Großreichs
made explicit what had before been known stammenden Götterzugfigürchen aus Kar-
only by word of mouth, different schools kemis* (Sir L. Woolley — R. D. Barnett,
of scribes, either through ignorance or Carchemish 3 [1952] 252 ff Tf. 64b. Bessere
deliberately, chose contradictory alter- Abbildungen bei M. Riemschneider, Die
natives. For example, Erua is a common Welt der Hethiter [1954] Tf. 106 [Aus-
title of Sarpänitum in late lists and late wahl] und E. Akurgal, Die Kunst der He-
copies of literary texts. But in AN = Anum thiter [1961] Tf. 53 oben [Auswahl]. Vgl.
she is one of two counsellors of Damgal- auch K. Bittel in Historia 7 [1964] 127!).
nunna. Quite commonly a minor name Von hier ausgehend wird es möglich, ältere
became either another name of a major Beispiele churritischen und kappadoki-
deity or a minor deity in his circle. In such schen Ursprungs als Götterprozessionen zu
cases changes of sex may easily take place. deuten (kappadokische Beispiele für die
480 GÖTTERPROZESSION IN DER BILDKUNST — GÖTTERREISEN
sog. Götterprozession auf Tieren: Moort- Ninlil : grüßender König. 14 Abb. 13b
gat, Bergvölker 23 Tf. 3,4; CANES Abb. Assur : grüßender König : Ninlil [?]. Abb.
854; H. H. von der Osten, Ancient Orien- 13 c grüßender König : Assur : grüßender
tal Seals in the Collection of Mr. Edward König).
Newell, OIP 22 [1934] Abb. 226 [altbaby- R. M. Boehmer
lonisches, von kappadokischen Darstellun-
gen beeinflußtes Siegel]); absolute Sicher- Götter des Rechts s. Amba (Suppl.);
heit besteht aber nicht darin. So erwog bei- Asurhablam (Suppl.); Dajjänu (Suppl.);
spielsweise E. Porada, Seal Impressions of Hendursanga; Ilmeseru; Ismekarab; Isme-
Nuzi, AASOR 24 (1947) 29, ob die Figuren- lum; Istaran; Kittu; Misarum; Nusku;
reihen der Abrollungen aus Nuzi ebda. Püsuken; Samas/Istanu; Seraggu; Ulli-
Tf. 20, 395. 403 in Beziehung zu den niede- misaram. Vgl. auch Assur; Marduk; Nin-
ren Göttern zu setzen sind, die am Schluß girsu; Sin; Wettergott.
des männlichen Zuges in der Hauptkammer
sowie auch in der Nebenkammer in Yazih-
kaya abgebildet worden sind. Götterhochzeit s. Hieros Gamos.
Die vier einander entsprechenden neu-
assyrischen Felsreliefs bei Maltaja* zei- Götterreisen. A. Nach sumerischen
gen jeweils sieben Götter von hohem Rang Texten. Unter den sumerischen literari-
auf Tieren (W. Bachmann, Felsreliefs in schen Kompositionen gibt es einige Texte,
Assyrien, WVDOG 52 [1927] Tf. 25-31; die über Fahrten von Gottheiten zu
RLV 8 [1927] s. v. Maltaja und Bawian Heiligtümern außerhalb ihrer Kultorte
Tf. 1 [Unger]). Eingefaßt wird die Szene berichten. Es handelt sich dabei um Be-
vom assyrischen König, der rechts und suchsfahrten, die den Heiligtümern der
links der Gottheiten in grüßender Haltung großen Götter Babyloniens, Enlil und Enki
abgebildet ist. Nun finden sich in anderen gelten. Folgende Kompositionen sind be-
Szenen — z. B. auf neuassyrischen Sieges- kannt :
stelen (vgl. u. a. F. H. Weißbach, Die Denk- 1. Nannas Fahrt nach Nippur, 2. Ninin-
mäler und Inschriften an der Mündung des sinas Fahrt nach Nippur und 3. Ninurtas
Nahr el-Kelb (1922] 25 ff.) — Symbole von Fahrt nach Eridu. Nur andeutungsweise
Göttern zu Häupten des assyrischen Herr- wird in den Gudeazylindern eine Reise
schers, der dort gleichfalls in anbetender Ningirsus nach Eridu erwähnt (s. unten
Haltung wiedergegeben ist. In Maltaja hat § 4). Durch diese wohl alljährlichen Be-
man auf die Symbole verzichtet und die suchsfahrten wurden alte Kultbeziehungen
Götter selbst gezeigt; daß sie dabei hinter- erneuert. Das Hauptthema dieser Kompo-
einander in einer bestimmten, ihrem Range sitionen ist — wie aus den Beispielen § 1
entsprechenden Reihenfolge erscheinen, und § 3 hervorgeht — die Schaffung von
liefert noch keinen Beweis dafür, daß sie Fruchtbarkeit. — Die übrigen zwei hier
eine Prozession ausführen. Wahrscheinlich- behandelten Kompositionen —• § 5 Inannas
keit besäße dieser Schluß, wenn der König Fahrt nach Eridu und § 6 Enkis Fahrt
fehlen würde. So wird es sich aber — zumal nach Nippur — berichten über ein ein-
der König sogar zweimal dargestellt ist! — maliges Ereignis: eine Götterreise zu einem
um die Anbetung mehrerer Götter durch besonderen Zweck.
den assyrischen Herrscher handeln, wie sie Außerdem gibt es eine kürzere Kompo-
in kürzerer Ausführung beispielsweise das sition, die über eine Fahrt Nannas nach
Rollsiegel CANES Abb. 691 (grüßender Nippur berichtet, die er zusammen mit
Beter, Nabu, Istar und — als Ersatz für König Sinidinnam* von Larsa unternimmt
ob der geringen Größe des Siegels nicht (s. unten § 7 a); ferner gibt es in einigen
darzustellende weitere Gottheiten — Göt- Texten Andeutungen auf Götterreisen
tersymbole) und Reliefs aus der Zeit des (s. u. § 7b. c und d).
Sinahheriba zu Bawian bieten (Bachmann
§ 1. N a n n a s F a h r t n a c h N i p p u r
a.a. 0 , 1 0 Abb. 8 grüßender König : Assur:
umfaßt über 300 Zeilen. Alle Texte, sowohl
GÖTTERREISEN 481
die veröffentlichten als auch die unver- der: Nininsina tritt aus ihrer Zella heraus,
öffentlichten, stammen aus der altbabylo- sie zieht über den Marktplatz der Stadt
nischen Zeit; die endgültige Version ist Isin und ihr folgen ihr Gemahl Pabilsag,
wahrscheinlich in der neusumerischen Pe- ihre Kinder, Schutzgeister und die Ein-
riode entstanden. wohner der Stadt. An der Spitze der Pro-
Diese Komposition beginnt mit einem zession ist ihr Emblem (s u - n i r = Surinnu).
Lied auf Nippur, die Stadt Enlils. Darauf Die Göttin fährt bis zum Euphrat und
folgt ein Passus, der den Beschluß Nannas vom Kai in Isin fährt sie zu Schiff zum
enthält, zu seinem Vater Enlil nach Nippur „Weinkai" in Nippur. Das Hauptthema
zu fahren. Er belädt sein Schiff u. a. mit ist die Schicksalsbestimmung durch Enlil;
Pflanzen und verschiedenen Tieren. Wäh- der Abschnitt, der diese Bestimmung ent-
rend seiner Fahrt nach Nippur macht halten hat, ist aber nicht erhalten. Worin
Nanna Aufenthalt in IMki, Larsa, Uruk, diese bestanden hat, können wir besonders
Suruppak und in einer Stadt, deren Name aus der Komposition Nannas Fahrt nach
vorläufig nicht zu lesen ist. Er wird dort Nippur (s. § 1) sehen. — Nach dieser Lücke
von den Hauptgottheiten empfangen. im Text begegnet uns Pabilsag; ob er sich
Schließlich kommt Nanna in Nippur an. dabei in Nippur oder in Isin befindet, ist
Er geht zum Pförtner des Tempels des wegen des fragmentarischen Zustands des
Gottes Enlil, den er bittet, das „Haus zu Textes nicht zu ermitteln. Nach der An-
öffnen". Dabei verspricht Nanna dem kunft der Göttin in ihre Stadt geht sie in
Pförtner, ihm, wenn er ihn einläßt, die auf ihren „Hohen Palast", wo sich dann ein
dem Schiff mitgebrachten Gaben zu geben. Freudenfest anschloß.
Dann fährt der Text fort: Anspielungen auf eine Fahrt Pabilsags
„froh öffnete der Pförtner das Haus, nach Nippur gibt es in UM 13, 44, 21—32:
Kalkal, der .Mann mit dem Schlüssel', „an dem Tage ging mein König nach
der Pförtner öffnete froh das Haus". Nippur, als der Held Pabilsag zum Orte
Nachdem Nanna ins Heiligtum gekom- Enlils ging, als er ging, . . . er dieses Haus
men ist, veranstaltet Enlil ein Festesssen; in Isin vom Himmel". Wie eben angedeu-
danach bittet Nanna seinen Vater Enlil: tet wurde, scheint es nicht ausgeschlossen
„Im Fluß gib mir Frühflut — nach Ur zu sein, daß Pabilsag in der Komposition
will ich gehen, „Nininsinas Fahrt nach Nippur" zusam-
auf dem Felde gib mir Spätgerste — men mit Nininsina zu Enlil fährt.
nach Ur will ich gehen,
im Fluß gib mir ...-Fische und s u h u r - § 3 . Über eine R e i s e N i n u r t a s n a c h
Fische — nach Ur will ich gehen, E r i d u berichtet STVC 34. Schätzungs-
im Röhricht gib mir ... Rohr und grünes weise hat diese Komposition etwa 200
Rohr — nach Ur will ich gehen, Zeilen umfaßt. Der Inhalt des Textes ist
In Obstpflanzung und Garten gib mir folgender: Ninurta kommt aus dem Ekur
Honig und Wein —nach Ur will ich gehen, heraus, um die Fahrt zum „Orte der
in der Hochsteppe gib mir Tamarisken — Nammu und des Enki" zu unternehmen.
nach Ur will ich gehen, Der Zweck dieser Reise Ninurtas nach
in den Wäldern gib mir ...-Schweine und Eridu ist die Schaffung von Fruchtbarkeit
Wildschweine — nach Ur will ich gehen, in allen Bereichen und „kultischer Ord-
im Palast gib mir langes Leben — nung" in Sumer; dabei ist zu beachten,
nach Ur will ich gehen". daß auch die Fremdländer in diese kul-
tisch-religiöse Ordnung einbezogen sind.
Dies alles gibt ihm Enlil, und Nanna Der Bericht über die Rückkehr Ninurtas
fährt nach seiner Stadt Ur zurück. nach Nippur ist nicht erhalten.
§ 2. Über eine Fahrt der Göttin N i n i n - Es ist etwas auffallend, daß Ninurta,
s i n a s n a c h N i p p u r wird in KAR 15 der als Sohn Enlils zum lokalen Götterkreis
= KAR 16 berichtet. Der Inhalt dieser in Nippur gehört, diese Fahrt nach Eridu
(zweisprachigen) Komposition ist folgen- unternimmt. Diese Komposition, die viel-
RcaUcxikcn der Assyriologie III 3*
482 GÖTTERREISEN
leicht eine jährliche Reise widerspiegelt, lich als der Sohn des Gottes von Eridu ge-
deutet auf uralte Beziehungen zwischen golten (s. A. Falkenstein, AnOr. 30 S. 90f.).
Eridu und Nippur. Diese ganze Dichtung Spätestens in neusumerischer Zeit wurde
gehörte, wie es scheint, zu einer Feier an- Ningirsu als der Sohn Enlils aufgefaßt.
läßlich der Reise Ninurtas nach Eridu Die Fahrten Ningirsus nach Eridu, auf
und seiner Begrüßung nach seiner Rück- welche in den Gudeatexten angespielt wird,
kehr nach Nippur. sind also Reisen des Sohnes zu seinem
Vater, der ihm ein günstiges Schicksal für
§ 4. Wir haben keine Komposition, die das kommende Jahr bestimmte.
über eine F a h r t N i n g i r s u s n a c h § 5. Während die oben genannten Götter-
E r i d u berichtet. In ganz undeutlicher reisen wahrscheinlich alle jährliche Fahr-
Weise wird aber in den Gudeatexten auf ten sind, ist die Komposition I n a n n a s
eine Reise Ningirsus nach der Stadt Enkis F a h r t n a c h E r i d u nicht als eine solche
angespielt: „das Jahr ist dahingegangen, zu verstehen. Der Inhalt ist kurz folgender:
der Monat vollendet, ein neues Jahr . . . Inanna beschließt, nach Eridu zu fahren,
im Himmel, der Monat dieses Hauses ist um von Enki alles, was zum Aufbau einer
eingetreten, von diesem Monat sind drei Hochkultur gehört, zu verlangen. Nach
Tage vergangen, (dann) kommt Ningirsu ihrer Ankunft veranstaltet Enki ein Ge-
(zurück) aus Eridu, strahlendes Licht läßt lage. Nachdem Enki berauscht ist, gibt er
er hervorkommen, im Lande läßt er Son- Inanna die von ihr verlangten Dinge, die
nenlicht kommen" (Gudea Zylinder B I I I im Text in einer langen Liste aufgeführt
5—11). Dieser Passus berichtet also von sind. Die Göttin steigt dann auf ihr Schiff,
einer Reise Ningirsus zum Neujahrsfest um nach Uruk zurückzufahren. Enki, den
in Eridu. Nach seiner Rückkehr aus Eridu es aber gereut, daß er die Gaben aus der
schmückt Gudea den Tempel des Gottes Hand gab, versucht, die Güter nach Eridu
mit Karneol und Lapislazuli und bereitet zurückzuholen. Inanna entkommt aber
ihm ein Festessen (Gudea Zylinder B III und erreicht ihre Stadt. Der Schluß der
13ff.). Falls hier nicht von einer jährlichen Komposition ist fragmentarisch, und es
Fahrt Ningirsus die Rede ist, müssen wir ist deshalb unklar, ob in der Ansprache, die
annehmen, daß er nach Eridu gefahren Enki dort an Inanna richtet, von einer Ver-
ist, um dem Gotte Enki über das Bauen söhnung oder von Vergeltung die Rede ist.
und die Einweihung des Eninnu Mittei-
lung zu machen. Was das Alter dieser Komposition be-
trifft — die Texte stammen alle aus der
Der zweite Passus in den Gudeatexten, altbabylonischen Periode — hat A. Fal-
der eine Reise Ningirsus nach Eridu kenstein (s. CRRA 2 [1951] 14L) auf einen
erwähnt, ist Zylinder B VIII13—15: „daß Passus hingewiesen, in dem Enki zu seinem
dem Helden, wenn er nach Eridu fährt, s u k k a l * Isimu(d)* sagt: „laß Inanna in
der Friedensruf zugerufen werde, daß Nin- den Abzu von Eridu e i n t r e t e n , . . . , laß sie
girsu, wenn er aus Eridu kommt, der Rauschtrank ,vor dem Löwen' trinken!"
Thron in der (wohl) gebauten Stadt ge- Bei den Grabungen in Eridu wurde eine
festigt werde". ursprünglich an der Wand eines Tores
In den Gudeatexten und in anderen aufgestellte Löwenfigur wiederentdeckt,
Texten erscheint Ningirsu als der Sohn und dieser „Löwe von Eridu" ist ein Werk
Enlils. Seine Gemahlin Bau* (Baba) ist in der neusumerischen Zeit, eine Tatsache,
altsumerischer Zeit die „Schwiegertochter die uns berechtigt, die Komposition
von Eridu" ( 6 - g i 4 - a - e r i d u k i - g a , ZA 31 'Inannas Fahrt nach Eridu' in diese
[1919] 138 VA 5358; E. Sollberger, CIRPL Periode zu datieren, d. h. die endgültige
S. 61 Urukagina 52); in altbabylonischer Fassung der Komposition stammt aus neu-
Zeit erscheint sie aber als die Schwieger- sumerischer Zeit.
tochter Enlils (UM 10/2, 14, 15). Nanse,
die Schwester Ningirsus, ist die Tochter § 6. Die letzte der hier zu behandeln-
Enkis, und Ningirsu hat deshalb ursprüng- den Götterreisen ist E n k i s F a h r t n a c h
GÖTTERREISEN — GÖTTERSYMBOLE UND -ATTRIBUTE 483
König nach Nippur. Dort angelangt, Reise von Hattusa nach Hakmara und
bittet Nanna Enlil und Ninlil, daß sie dem weiter nach TataSuna begleitet (KUB 9,
König langes Leben und Regierungszeit 16 I 4ff.; 22, 27 IV 4ff.: A. Goetze, RHA
verleihen mögen. 61 [ 1 9 5 7 ] 91 f-, H. G. Güterbock, JNES 20
b) Der erste Teil des Textes berichtet [1961] gof.).
davon, daß Nanna nach Nippur fährt, um Zeugnis von der Zusammenkunft aller
für König Sulgi* Erlaubnis dafür zu erbit- Götter an einem Ort gibt der Text KUB
ten, daß er das feindliche Land zerstören 36, 97: „Dem Wettergott wurde zum?
darf. Als er von Nippur nach Ur zurück- Jahresanfang ein gewichtiges Fest Him-
kommt, teilt er dem König Enlils positive mels und der Erde gefeiert. Alle Götter
Antwort mit. versammelten sich und traten in das Haus
c) In CT 42 Nr. 13 Z. 1 ff. wird andeu- des Wettergottes", wobei man in den bei-
tungsweise auf Fahrten der Göttin Inanna den Götterzügen von Yazihkaya, Haupt-
zu verschiedenen Heiligtümern und Gott- kammer, die bildliche Wiedergabe eines
heiten angespielt: zum Abzu, nach Eridu, solchen Ereignisses sehen kann (H. Otten,
zum „Hause Enlils", das auffälligerweise OLZ 51 [1956] ioiff.).
6 - a n - n a genannt ist (Z. 8), zu Enki, Götter reisen auch aus der Fremde an,
Damgalnunna und Asarluhi. wenn der heth. König ihrer, etwa im
d) Schließlich sei auf TRS Nr. 72 Z. 42 Krankheitsfalle, bedarf; sie werden dabei
(und Duplikate, s. J. van Dijk, JCS 19 auf der Reise rituell umsorgt. Das beste
[1965] 21 a) verwiesen, die eine Anspielung Beispiel bietet das Herbeiholen der Gott-
auf einen Besuch der Göttin Ninisina in heiten von Ahhijavä und Lazpa (F. Som-
Nippur enthält. mer, AU 283ff.).
Zu 1) S. N . K r a m e r , Sumerian Mythology, H . G . G ü t e r b o c k , Historia, Einzelschriften
4 7 — 4 9 ; 114, 50 (dort zuzufügen sind j e t z t H . 7, Neuere Hethiterforschung (1964) 62 ff.
TMH N F 3 Nr. 4 u n d CT 42 Nr. 35); H . Otten
A. S j ö b e r g , Nanna-Suen 1, 148ff. (Teil-
bearbeitung). — 2) E. E b e l i n g in H . Gress-
mann, Altorientalische T e x t e z u m A l t e n Göttersymbole und -attribute.
T e s t a m e n t 254—256; ders. MVAeG 32/1
[1927] 5 2 f f . ; A. F a l k e n s t e i n , S A H G S . 6 8
bis 70. — 3) A. F a l k e n s t e i n , SGL 1, 8 o f f . — A. Archäologisch. — I. Mesopotamien.
— 5) S. N. K r a m e r , SM 64—68; 116, 61—64. II. Syrien/Palästina.
484 GÖTTERSYMBOLE UND -ATTRIBUTE
374. 489; VR 391). Er ist sowohl durch CANES 1, 690. 692; W. Bachmann, Fels-
Beischrift (§ 3 b [c]) als auch durch ent- reliefs in Assyrien. WVDOG 52, Tf. 26 ff.).
sprechende Namensnennung (§ 3 c [c]) als Die großen Felsreliefs bei Maltai zeigen
Symbol des Gottes E a erwiesen. drei verschiedene auf Löwendrachen mit
Skorpionschwanz stehende Götter, von
denen einer ein W e t t e r g o t t , ein anderer
wohl A s s u r ist (F. Thureau-Dangin, RA
21 [1924] I94ff.).
§9. M i s c h w e s e n : a) Der Schlangen-
drache (MushuS) ist seit der Akkad-Zeit Lit. zu a)—c): L. Heuzey, RA 6 (1904/06)
95 ff.; derselbe, Les origines orientales de
dargestellt (z. B. Siegelbilder: Boehmer, l'art (Paris 1914) 234ff.; E. Douglas Van
EGA Abb. 565—572). Er ist Attribut ver- Buren, O r N S 15 (1946) i f f . ; 16 (1947) 251 ff.
schiedener Götter. Th. Jacobsen spricht
den akkadischen Schlangendrachen auf
Grund von begleitenden Siegellegenden
als Attribut des Gottes T i s p a k an
(H. Frankfort u. a., The Gimilsin Temple d) Der Ziegenfisch ist seit der Ur III/
and the Palace of the Rulers at Teil Asmar. Isin-Zeit als Attribut von Gottheiten mit
OIP 43, 183*). Von der Zeit des Meli-Si. wassersprudelnden Gefäßen (§ 5f) zu fin-
H U an ist das Mischwesen durch die be- den (z. B. Frankfort, CS Tf. X X V d ;
gleitenden Symbole Spaten und Griffel Delaporte, Lv. 2 Tf. 114 A. 522 Abr.F).
als Attribut der Götter M a r d u k und Die Zusammenstellung des Mischwesens
N a b u gesichert. Auf einigen neuassyri- mit dem Ea-Symbol „Widderstab" auf
schen Denkmälern begleitet er noch zwei den Kudurru (z. B. § 3 b [c]) legt es als
andere Götter (W. Bachmann, Felsreliefs Attribut dieses Gottes fest, schließt aber
in Assyrien. WVDOG 52 Tf. 25ff.; F. von nicht aus, daß es auch andere Götter des
Luschan, Ausgrabungen in Sendschirli 1 Ea-Kreises begleiten kann.
Tf. Iff.), wohl A s s u r und A n u oder E n l i l Lit.: E. Douglas Van Buren, The Flowing
(F. Thureau-Dangin, RA 21 [1924] i94ff.). Vase and the God with Streams (Berlin
1933) 77 und passim.
Lit.: E. Douglas Van Buren, Iraq 1 (o. J.)
6off.; B. Landsberger, D i e Fauna 48t. 55.
Demzufolge ist hier auch keine große Aus- Außerdem sei auf den Identifizierungs-
wahl an Symbolen zu erwarten. versuch des Gottes Amurru verwiesen:
Lit.: K. Galling, Der Altar in den Kulturen J. R. Kupper, L'Iconographie du Dieu
des Alten Orients (1925) 55ff.; W. F. Al- Amurru (1961). (Nähere Angaben zu
bright, Die Religionen Israels (1956) 7gff. Ikonographie des Gottes Resef finden
121 ff.; ders., Suppl. to Vetus Testamentum
4 (1957) 251 ff.
sich bei P. Matthiae, Oriens Antiquus 2
[1963] 27 ff.) — I I I . Durch Götteraufzäh-
§2. H e r m e n e u t i s c h e H i l f s m i t t e l : lungen zu identifizierende Symbole: Ka-
a. Schriftzeichen fehlen. — b. Beischrif- lamu (Kilamuwa)-Orthostat aus Zincirli
ten zu Götterattributen und -Symbolen: (Berl. Mus.: F. v. Luschan, Ausgr. i. Send. 4
Auch die Zeugnisse hierfür sind recht spär- [1911] Abb. 273. M. Lidzbarski, Ephem.
lich, z. T. helfen aber beschriftete Götter- f. Sem. Epigr. 3, 2i8ff. Vgl. auch R. D.
darstellungen weiter. In der ersten Ka- Barnett, CRRA n [Leiden 1964] 59ff.).
tegorie wäre nur ein Beispiel zu nennen: Für die allgemeine Lit. über die syrisch-
Orthostat des Barräkib aus Zincirli (Berl. paläst. Religion vgl.: M. H. Pope u. W.
Mus. = F. v. Luschan, Ausgr. i. Send. 4, Röllig in: W. Haussig, WBMyth. 1 226ff.
1911, Tf. 60). Die Mondsichel mit Quasten
auf einem Untersatz verkörpert hier das §3. H i m m e l s e r s c h e i n u n g e n : Neben
Symbol des Ba'al (Sin) von Harran: den vor allem in Syrjen vertretenen Sym-
H. Lewy, Hebrew Union College Annual 19 bolen wie Nr. 1 M o n d s i c h e l (Hama: H.
(1946) 456 ff. In der zweiten Gruppe sind Ingholt, Rapport pr£l. [Kopenhagen 1940]
es folgende Denkmäler (Vgl. auch Götter- Tf. 26. Yanmca: S. Lloyd/N. Gök?e,
darstellungen): Ägyptische Stele aus Räs AnSt. 1 [1951] Tf. 10, 3. C. J. Gadd, 1. c.
al-Samrä mit der Darstellung des Gottes 108. Ilarran: S. Lloyd/N. Gök$e, AnSt. 3
Ba'al-Säpön Louvre (C. L. Schaeffer, [1953] 40, Abb. 6. Die beiden letzten Bei-
Syria 12 [1931] Tf. 6). Einen weiteren spiele zeigen die Mondsichel, Symbol des
Hinweis auf den Wettergott Hadad ent- Sin von Harran, als Bekrönung einer
hält u. U. das Siegesdenkmal des Tukulti- Standarte mit Knopf und Quasten auf
Ninurta II. aus der Gegend von Terqa einem Postament), Nr. 2 S t e r n (Tlelät
(Aleppo: R. Tournay/S. Saouaf, AASyr. 2 Gassül: A. Mallon u. a., Teleilat Ghassül 1
[1952] iÖ9ff. vgl. dazu aber G. Güterbock, [Rom 1934] Titelbild. Vgl. auch A. Moort-
JNES 16 [1957] 123). Die inschriftlich gat VR. 523), Nr. 3 S o n n e n s c h e i b e
bezeugte Darstellung des Resef im „vor- (Räs al-Samrä: Cl. Schaeffer, Syria 13
derasiat. Duktus" erscheint auf einer [1932] Tf. 14, 2. Aleppo: H. Th. Bossert,
anderen ägypt. Stele (Orient. Inst. Chi- Altsyrien [Tübingen 1951] Abb. 494),
cago, ANEP 476). Das Bild des Gottes Nr. 5 S i e b e n g e s t i r n (CANES 964. 990;
Mikal auf einer dritten ägyptischen Stele in Syrien bereits für die altbabyl. Zeit
aus Bet Sän (Pal. Arch. Mus. Jerus. bezeugt, vgl. Mesop.) und Nr. 6 B l i t z -
A. Rowe, The Topogr. and Hist. of Beth- b ü n d e l (Teil Halaf/Berlin: B. Hrouda,
shan, Phil. [1930] Tf. 33). Zahlreicher sind Teil Halaf 4, Tf. 37 u. 38. U. U. handelt
die Belege für die weiblichen Gottheiten es sich auch bei dem Attribut des sog.
Astarte/'Anat (British Mus.: ANEP 473 u. Baal au foudre, linke Hand, aus Räs
Winchester College Coli. F. S. Edwards, al-5amrä um eine Blitzdarstellung (Cl.
J N E S 14 [1955] 49 ff.). Für die Astarte Schaeffer, Ugaritica 2 Tf. 23—24. Vgl.
auf dem Pferd vgl.: J. Leclant, Syria 37 ferner § 5) ist vor allem die F l ü g e l s o n n e
(i960) i f f . Herrin von Byblos: Louvre/ Nr. 4 bezeugt (Teil Halaf/Aleppo: A.
Coli, de Clerq M. Dunand, BMB 5 (1941) Moortgat, Teil Halaf 3, 104. Zincirli/Berl.
57 ff- Mus.: F. v. Luschan, Ausgr. i. Send. 4,
Tf. 54). Sie dürfte ägyptischen Ursprungs
Für die Darstellung einer mesopot.
gewesen und in Syrien/Palästina wie in
Göttin in Syrien, der Istar von Arbela:
ihrem Heimatland Ägypten als Sonnen-
Louvre (F. Thureau-Dangin, Til Barsip,
symbol an sich aufgefaßt worden sein.
[Paris 1936] 156 ff.).
492 GÖTTERSYMBOLE UND -ATTRIBUTE
H ä n d e n der minoisch gekleideten Gottheit setzung läßt sich hingegen zwischen 'Anat/
a u s Minat-al-Beda z u d e u t e n (Paris L o u v r e : A s t a r t e u n d N r . 2, d e m P f e r d , v o l l z i e h e n .
Cl. S c h a e f f e r , U g a r i t i c a i T i t e l b i l d ) . E i n e Zumindest reitet in einigen Darstellungen
andere Pflanze, der Lotos, b e g e g n e t als eine w o h l m i t R e c h t als ' A n a t / A s t a r t e b e -
Teil einer U m r a h m u n g auf einer weiteren z e i c h n e t e G ö t t i n auf e i n e m P f e r d (Theben/
S t e l e a u s R ä s a l - S a m r ä ( A l e p p o : Cl. Berl. Mus.: H. Schaefer/W. Andrae,
S c h a e f f e r , S y r i a 1 7 [ 1 9 3 6 ] T f . 14). P r o p y l . K u n s t g e s c h . [1925] 381, 4).
D e r untere Teil dieses o b e n „aus- A u c h ein vor allem auf syr. Rollsiegeln
gefransten" A t t r i b u t e s ist als Lanzenspitze sehr häufig zu belegendes gehörntes Tier
oder als P f l u g s c h a r (?) ausgebildet. D i e ( Z i e g e o d e r G a z e l l e ) Nr. 12 dürfte m i t
letztere würde g u t zu der D e u t u n g eines einer Gottheit verbunden werden, in die-
pflanzlichen Attributs passen. In diesem s e m Falle wohl mit d e m Gotte Amurru
Falle wäre d a n n hier ein F r u c h t b a r k e i t s g o t t (J. R . K u p p e r , L ' I c o n o g r a p h i e d u D i e u
oder wiederum der Gott Möt dargestellt. A m u r r u [1961] 49ff.). E i n e weibliche?
Handelt es sich hingegen bei d e m Gegen- Gottheit stehend auf einem Hirsch,
s t a n d u m einen Blitz, so w ä r e die Gottheit N r . 13, z e i g t d a s U n t e r t e i l e i n e r S t e l e a u s
als B a ' a l / H a d a d oder Resef z u bezeichnen. Azaz (Aleppo: H . Seyrig, Syria 14 [1933]
T f . 3 9 , 1.). A n w e i t e r e n A t t r i b u t e n s i n d
§ 6 T i e r e : N e b e n N r . 1, R i n d , d e m b e z e u g t : Nr. 10, S c h l a n g e (H. v . d.
A t t r i b u t t i e r d e s W e t t e r g o t t e s (s. o . § 1.) O s t e n , B M M A 2 0 [ 1 9 2 5 ] 8 2 A b b . 7), N r . 1 1 ,
( G e b a l t - a l B e d a : M. v . O p p e n h e i m , D e r S k o r p i o n (A. M o o r t g a t V R 5 3 1 ) , N r . 1 4 ,
Teil Halaf [1931] Tf. 6 3 b . G e k k e / A l e p p o : A f f e ? ( C A N E S 930) s o w i e Nr. 15, d e r
R . D . B a r n e t t , I r a q 1 0 [ 1 9 4 8 ] T f . 19. 2 1 H a s e (A. M o o r t g a t o . c . 5 2 1 ) .
u. Arslan Tas/Louvre: F. Thureau-Dangin,
A r s l a n T a s h [ 1 9 3 1 ] T f . 2, 1) u n d N r . 3 , §7. G e g e n s t ä n d e m i t T i e r p r o t o -
L ö w e , d e m Attributtier meist weiblicher men oder menschlichen Gesichtern:
G o t t h e i t e n , w i e d e r G ö t t i n Q a d e s (Ch. Von den babylonischen Symbolen findet
B o r e u x , M£l. D u s s . 2 [ 1 9 3 9 ] 6 7 3 ff.) o d e r s i c h in d e n syr. D a r s t e l l u n g e n nur die D o p -
d e r I s t a r (Til B a r s i p / P a r i s - L o u v r e : F . T h u - p e l l ö w e n k e u l e ( N r . 1) i n d e r H a n d d e r
reau-Dangin, Til B a r s i b [Paris 1936] Göttin Istar/Astarte/ 'Anat (H. H . v. d.
T f . 14, 1) i s t e s v o r a l l e m d e r V o g e l , d e r O s t e n , O I P 3 7 , B r e t t Coli. N r . 93) o d e r a l s
in den Variationen Nr. 5 — 7 recht zahl- lebensgroßer S t a b s t e h e n d auf der „ E r d e " ,
reich vertreten ist. E r t a u c h t bereits in der angebetet v o n zwei Männern ( C A N E S 957)
palästinensischen Gefäßmalerei des 16. J h . (Vgl. a u c h die A s s u r a h i d d i n - S t e l e a u s
auf (B. H r o u d a , B e m a l t e K e r a m i k , Ist- Z i n c i r l i : A u s g r . i. S e n d . 1, T f . I . D o r t e r -
F o r s c h . 1 9 [ 1 9 5 7 ] 3 5 f f . ; Cl. M. E p s t e i n , scheint ferner der einfache L ö w e n s t a b als
P a l e s t i n i a n B i c h r o m e W a r e [1966] 3 1 ff.) mesopotamisches Symbol). Unter den
u n d l ä ß t s i c h b i s i n d a s 1. J t . h i n a b - Tierprotomen ist in V e r b i n d u n g m i t einer
v e r f o l g e n (Teil H a l a f / B e r l . M u s . : A. Moort- S t a n g e vielleicht a u c h der Z i e g e n k o p f
g a t , Teil Halaf I I I , Taf. 60. 6 2 — 6 3 ) . v e r t r e t e n (A. M o o r t g a t V R 5 1 7 ) . E i n w e i t e -
U n t e r d e n F u n d e n v o m Teil Halaf ist auch rer t y p i s c h e r G e g e n s t a n d i s t e i n e A r t H e r -
N r . 8, der V o g e l auf der Stange, hier auf m e , die in zwei Versionen auftreten kann.
einer Säule in überlebensgroßer Aus- Als eine Stange mit satteldachförmigen
führung bezeugt (A. M o o r t g a t o . c. Abschluß und einem behelmten Männer-
Tf. 136—138). Leider ist eine Verbindung kopf als B e k r ö n u n g ( C A N E S 9 5 6 H . F r a n k -
dieser Vögel mit b e s t i m m t e n Gottheiten fort, Cylinder Seals [1939] Tf. 4 4 h ) oder
n o c h n i c h t m ö g l i c h (vgl. d a z u a b e r : H . als ein S t a b m i t b r e i t e m Standfuß, a n d e m
Seyrig, Syria 37 [ i 9 6 0 ] 2 3 3 f f . u. „ § 7 " ) . ein oder zwei bartlose menschliche M a s k e n
D a s gleiche gilt übrigens a u c h für die auf „befestigt" sein können. Auf d e m oberen
den palästinensischen Gefäßen mitabge- K o p f sitzt h ä u f i g ein Vogel (H. Seyrig,
bildeten Fische u n d Vierfüßler. U. U . sind Syria 37 [1967] 2 3 3 ff. Z u m V o g e l auf oder
es nur allgemeine Symbole. Eine Gleich- über einer S t a n g e bzw. Säule vgl. „§ 6").
494 GÖTTERSYMBOLE UND -ATTRIBUTE
„ v o r d e m S c h w e r t (patrum) d e s A s ä u r " A . S a l o n e n , L a n d f . 6 9 f. z u L i e f e r u n g e n f ü r
eä
g e w ä h r t e d e r kärum d e n P r o z e ß ( a l t - d e n „ W a g e n " ( ' gigir, n a r k a b t u ) d e s
assyrisch). Ningirsu usw.; ferner K . F. Müller,
D e r E i d b e i e i n e m G. w i r d v e r e i n z e l t M V A e G 4 1 / 3 ( 1 9 3 7 ) 1 0 , 15 f. (die T i a r a d e s
a u c h i n literarischen T e x t e n zitiert, s. Assur u n d die W a f f e n der Ninlil erhalten
AHw. kakku II 3 c. e i n e niqu-Spende; T e x t mittelassyrisch).
b) I n d i e s e n Z u s a m m e n h a n g g e h ö r t a u c h 6) D a s G . n i m m t a n R i t u a l h a n d l u n g e n
die Aufzählung v o n G.en a m Schluß des teil w i e die G ö t t e r selbst, z. B . R a c c . 1 0 0 , 5
bekannten Kudurru des Nazimaruttaä* „alle Götter, die .Waffen', die ,Sonnen'
( M D P 2, 8 6 f f . ) : „der S o c k e l u n d die u n d die .Wagen' erheben sich . . . v o n
Tiara des An", „der schnelle gergilu-Vogel ihren Sitzen" (seleukidischer Text).
des Enlil" usw. sollen sich i m Prozeß gegen c) D a s G . w i r d m i t e i g e n t l i c h e n G ö t t e r n
j e d e n stellen, der die Gültigkeit der auf z u s a m m e n i m K u l t - G e b e t angerufen, z. B .
A
d e m Kudurru festgelegten Regelungen T ä k u l t u S 1 1 4 agü (die v e r g ö t t l i c h t e T i a r a ) .
anficht. d) G . e b e f i n d e n s i c h v e r m u t l i c h a u c h
c) I n n e u b a b y l o n i s c h e r Z e i t s c h l i e ß l i c h unter den Weihgaben an Götter. Diese
d i e n e n G . e i n F o r m v o n S t e m p e l n (s. A H w . V e r m u t u n g liegt dort nahe, w o der b e -
manu I I 3 a ; kakkabtu 2) o f f e n b a r a l s treffende Gegenstand an anderen Stellen
E i g e n t u m s - b z w . G ü t e z e i c h e n , z. B . T C L a l s G. s i c h e r b e z e u g t u n d h i e r s e i n e D e u -
13, 132, 1 „(Tiere,) die m i t " w a r n ( d e m t u n g als Teil des Ornats, des Geräts oder
Zeichen des göttlichen Spatens) und d e s Gefolges der G ö t t e r s t a t u e (so z. B . bei
qan-tuppu ( „ S c h r e i b g r i f f e l " ) g e s t e m p e l t Kleidung, Trinkgeräten und Wagen) we-
s i n d " ; s c h o n M S L 1, 3 5 , 3 5 „sütu-Maß, niger wahrscheinlich ist. Belege sind
d a s m i t d e m manu ( - Z e i c h e n d e s M a r d u k ) 1. a l t b a b y l o n i s c h e D a t e n f o r m e l n ( s i e h e
gestempelt ist". Datenlisten*), die v o n der vollzogenen
Herstellung oder Weihung e t w a „goldener
§3. G ö t t e r s y m b o l e i m weiteren Blitze" für den Wettergott A d a d oder
S i n n . I m weiteren Sinne handelt es sich eines „silbernen Ofens" für die Göttin
u m G . e , w o d e r G e g e n s t a n d , h i e r z. B . Sarpanitum in Babylon sprechen.
a u c h der „Thron" eines Gottes, in einer 2. a l t b a b y l o n i s c h e u n d andere W i r t -
gegebenen Situation oder einem b e s t i m m - schaftstexte, die die Herstellung ent-
t e n K o n t e x t neben d e r G o t t h e i t s e l b s t , sprechender Gegenstände oder Material-
in einer R e i h e m i t ihr steht. E s läßt sich lieferungen für sie behandeln.
hier meist nicht sagen, ob die Geltung des 3. alt- u n d jungbabylonische Omen-
.Symbols' nur v o n seiner Zuordnung z u N a c h s ä t z e , n a c h d e n e n z. B . der S o n n e n -
einer b e s t i m m t e n G o t t h e i t a b h ä n g t oder o b g o t t e i n e „ S o n n e " (SamSum) „ w ü n s c h t "
nicht vielmehr das .Symbol' — Symbol (s. CAD eriStu A i b , AHw. eristu II 2 b).
darf hier n i c h t m i t Chiffre v e r w e c h s e l t 4. j u n g b a b y l o n i s c h e O m e n - V o r d e r s ä t z e
werden — v o n sich selbst aus wirksam u n d der A r t „ w e n n der K ö n i g eine Mondsichel
gültig ist. Oft wird d a n n der betreffende (usqaru), e i n e S o n n e n s c h e i b e (samSatu)
Gegenstand mit dem Gottesdeterminativ o d e r e i n ,Emblem' (surinnu) . r e s t a u r i e r t '
g e s c h r i e b e n ; s. d a z u J . v a n D i j k u n t e n hat" (s. CAD ede.su 2 b, AHw. ede.su D 2).
s u b Gott* A § i d . Z u nennen ist hier: e) W i e s o v i e l e s a n d e r e , s i n d v e r e i n z e l t
a) D a s G . e r h ä l t O p f e r g a b e n . V g l . d a z u auch G.e Objekt des Eifers babylonischer
v o r a l l e m N . Schneider, O r N S 16 (1947) Gelehrter: der spätbabylonische Text
56 ff. z u neusumerischen B e l e g e n für L K U 31 enthält vermutlich einen K o m -
Lieferungen an den „Thron" ( W ^ g u - z a ) mentar, in d e m neben Götter(name)n a u c h
des A n (Anu*), Enlil* u n d der vergött- G . e e r k l ä r t w e r d e n (die E r k l ä r u n g e n s e l b s t
lichten Könige Urnammu, Sulgi, Amar- sind leider abgebrochen).
suena (Bursin) u n d Süsin; derselbe, AnOr.
1 9 z u L i e f e r u n g e n f ü r d a s „Emblem" §4. S u m e r i s c h e u n d akkadische
( s u - n i r ) d e s N a n n a * (S. 4 5 : 3 2 3 , 3 9 ) u s w . ; B e z e i c h n u n g e n . Einheimische Bezeich-
GÖTTERSYMBOLE 497
33*
5oo GÖTTERZAHLEN — GÖZLÜKULE
4 0 Ea, s. CT 2 5 , 5 0 , 8 (vgl. 1 2 , 2 IV ist) und für die Anunnaki (in der Form
9—11; Zimol. 18, 3) und auch die unpubl. GlS. U = 6 0 x 1 0 ) seit dem 9 . resp. 8 . Jh.
Götterliste der Yale-Collection, die für belegt. Die Zahl leitet sich von der Anzahl
Ea 40 Namen verbucht (s. o. S. 473 der Anunnaki in Ee VI 39 ff. ab, die
„Götterlisten" § 6). Vgl. auch unter 50 — als runde Zahl im Sexagesimalsystem —
und 6 0 . alle großen Götter umfaßte und im Sinne
50 Mehreren Göttern zuzuschreiben: der später bisweilen vorgenommenen
a) Enlil nach CT 25, 50,7 (s. 12, 2 f. IV Gleichsetzung beider Göttergruppen auch
17. 21; 24, 5, 40, in Namen etwa V R 44, auf die Anunnaki übertragen wurde
42f. c/d) vgl. auch 50 = d BE (d. h. Enlil?) (s. zuletzt B. Kienast, AS 16, 142 ff. mit
CT 1 3 , 3 2 Rs. 1 2 , Kom. zu Ee u. s. CAD Belegen). Es handelt sich hier also nicht
H 81 a zu Ee VI 121. VII 144. Beachte um eine G., sondern die (gegenüber der
den GN 1-ll-ha-an-Sa UET 3, 1080 Rs. sumerischen Zahl 3 6 0 0 reduzierte fiktive)
II 3'- Gesamtzahl der Gottheiten.
b) Ninurta nach CT 25, 50, 14, aller- Von den G. zu trennen sind schließlich
dings unsicher, da im erhaltenen Teil nur Zahlenwerte für Götter, die in der Ge-
ä
en-lil / 50 <biin-urta mär d5o verständlich heimschrift Verwendung fanden. Geklärt
ist (s. auch oben zu 9), vgl. aber auch ist davon bisher nur 21 = Anu, s. O.
CT 1 2 , 2 IV 1 8 (SL 4 7 5 , 4 b). Neugebauer, JCS 1 ( 1 9 4 7 ) 2 1 8 ; E. Leichty,
c) Marduk wird im Ee Tf. VII mit StOpp. 152 f.
50 Namen benannt, die ihn als Nachfolger W. Röllig
Mittlere b 6,50—7,00 m
Bronzezeit a 7.5om
„Transitional" 8,00— 9,00 m
Frühe c 9,00—10,50 m
Bronzezeit III b 10,50—11,00 m
a 11,00—11,50 m
Frühe d 11,50—13,00 m
Bronzezeit II c 14,00—16,00 m
mit Befestigung II
b 16,00—17,00 m
mit Befestigung I
a 2 17,00—17,50 m
1 18,50—19,00 m
Frühe c 21,15—21,30 m
Bronzezeit I b 22,50—23,00 m
a 26,50 m
Chalkolithikum 27,00—30,50 m
Neolithikum 30,50—32,00 m
502 GÖZLÜKULE
I n diese Tabelle w u r d e n nicht alle v o n gung, dahinter eine Straße oder ein offener
den Ausgräbern festgestellten Fußböden P l a t z m i t K u l t e i n r i c h t u n g e n (Tarsus 2,
9ff.).
etc. aufgenommen, sondern nur die bedeu-
tenderen U m b a u p h a s e n , die sich aus der Keramik: n e b e n der F o r t s e t z u n g der
B e s c h r e i b u n g d e r B a u t e n ( T a r s u s 2, 5 f f . ) spätchalkolithischen Waren A u f k o m m e n
ergeben. deutlich neuer Keramik, klar unter-
schieden v o n der gleichzeitigen Kultur i m
§ 2. Wichtigste Funde. D i e A u s g r a b u n - A m u q - G e b i e t (M. M e l l i n k , B i O r . 1 9 [ 1 9 6 2 ]
gen in Gözlükule haben zwar wenig für 223). Zur F r a g e der m ö g l i c h e n B e z i e h u n -
sich bedeutende Einzelfunde erbracht, g e n zur Kultur des südlichen anatolischen
ihre B e d e u t u n g liegt v i e l m e h r darin, d a ß H o c h l a n d e s siehe J. Mellaart, A n S t . 7
die g u t untersuchte Abfolge besonders der ( 1 9 5 7 ) 7 0 s o w i e M. M e l l i n k 1. c.
K e r a m i k d a z u beigetragen hat, die K u l t u r - F r ü h e B r o n z e z e i t I I : Blütezeit der
entwicklung Kilikiens vor allem in der Kulturentwicklung in Kilikien, mehrere
Bronzezeit u n d der F r ü h e n Eisenzeit z u Neubauten und Umbauten. Brandzer-
klären u n d d a m i t einen Ausgangspunkt störung zwischen FBZ. I I a u n d I I b sowie
für die Beurteilung der E n t w i c k l u n g in zwischen FBZ. I I c und I l d .
b e n a c h b a r t e n G e b i e t e n z u g e w i n n e n (Vgl. Bauten: S t r a ß e m i t v e r h ä l t n i s m ä ß i g g u t
dazu besonders Ehrich, Chronologies1 erhaltenen Häusern; Stadtbefestigung in
6 9 f f . ; M. Mellink in Comptes R e n d u e s zwei verschiedenen Phasen.
11. R e n c o n t r e Assyriologique L e i d e n 1 9 6 4 ; Keramik: F o r t e n t w i c k l u n g d e r K e r a m i k
Ehrich, Chronologies2). D i e wichtigsten der F B Z . I, A u s b i l d u n g sehr eigenständi-
Ergebnisse sind in folgender Ubersicht ger G a t t u n g e n , reiche E n t w i c k l u n g der
zusammengestellt: eingeschnittenen Verzierung. Zu d e n B e -
N e o l i t h i k u m : Sondage v o n geringen ziehungen zu A m u q G und zu Mesopota-
Abmessungen, gewachsener Boden wegen m i e n v g l . M. M e l l i n k , B i O r . 1 9 ( 1 9 6 2 ) 2 2 3 f.
Grundwasserschwierigkeiten nicht erreicht. u n d Ehrich, Chronologies2, n o f . Im-
K e i n e Baureste. Kulturstufe der ent- portierte cyprische K e r a m i k (P. D i k a i o s
wickelten „village farming Community" J. R. Stewart, Swedish Cyprus Expedition
(Ehrich, Chronologies2, 104). 4, i a , 201). B e z i e h u n g e n zur K o n y a -
Keramik: M i t d e r n e o l i t h i s c h e n K e r a m i k E b e n e : E h r i c h o. c. 114.
aus Mersin u n d A m u q A — E z u vergleichen F r ü h e B r o n z e z e i t III: Umfangreiche
( T a r s u s 2, 7 0 ) . Brandzerstörung vor B e g i n n der F B Z .
C h a l k o l i t h i k u m : Frühes Chalkolithi- l i l a , die mit d e m Zustrom eines neuen
k u m nur durch unstratifiziertes Material B e v ö l k e r u n g s e l e m e n t e s e r k l ä r t w i r d (M.
vertreten, mittleres u n d spätes Chalko- Mellink, BiOr. 19 [1962] 225).
l i t h i k u m d u r c h F u ß b ö d e n , z. T . m i t E i n - Bauten: a u s F B Z . l i l a w e n i g R e s t e ,
richtungen wie Herden usw. e t w a s besser erhaltene Privathäuser in
Keramik: e r s t v o n d e r „ ' U b e d - P h a s e " a n , F B Z . 111b—c. E i n Vergleich mit Troja II
die m i t Mersin X V — X I I u n d A m u q E wird Tarsus 2, 347 versucht.
gleichgesetzt w i r d (Tarsus 2, 7 5 ff.) reich- Keramik: B r u c h i n d e r E n t w i c k l u n g ,
licher vertreten. D i e spätchalkolithische s t a r k e A n k l ä n g e a n w e s t a n a t o l i s c h e (tro-
P h a s e ( T a r s u s 2, 8 2 ff.) g e h ö r t z u A m u q F janische) F o r m e n (Tarsus 2 , 1 3 1 ff.; J. Mel-
(M. M e l l i n k , B i O r . 1 9 [ 1 9 6 2 ] 2 2 1 ) . A u ß e r - laart, A n S t . 7 [1957] 7 0 ; E h r i c h o. c. 1 1 2 f . ) .
halb der Siedlung Pithosbestattungen, B e z i e h u n g e n z u A m u q I — J (M. M e l l i n k
meist mit mehreren Individuen, kaum 1. c . 2 2 5 ) .
I n v e n t a r (Tarsus 2, 6 ff.); i n die s p ä t - M i t t l e r e B r o n z e z e i t : allgemeine Zer-
chalkolithische Phase gehörig (Tarsus störung vor B e g i n n der MBZ, Brand-
2, 9 0 ) . horizont zwischen MBZ. a u n d b.
F r ü h e B r o n z e z e i t I: V o n den älteren Bauten: P r i v a t h ä u s e r ( T a r s u s 2 , 3 9 L ) .
Schichten nicht scharf getrennt. I n dieser Keramik: K e i n e F o r t s e t z u n g d e r F B Z .
Zeit möglicherweise bereits erste Befesti- III, neue Ware, neue Formen. Auftreten
GÖZLÜKULE 503
Göztepe s. K o n y a . d y n a s t i s c h e B u n t k e r a m i k e r 82) i n s e i n e
Schicht D e eingeordnet, die in das E n d e
Göztepe s. I s t a n b u l . der U r I - Z e i t gehört.
W. Orthmann
T f . V I 6)
„Goddess handle". ( V g l . A b b . ) . Bezeich-
n u n g für eine Gruppe verzierter Henkel, Goha s. U m m a .
zuerst bei H . Frankfort (OIC 20 [1936] 45).
E s handelt sich u m senkrechte H e n k e l auf Gold. A. Nach sumerischen und akka-
der Schulter v o n h o h e n Gefäßen, die m i t dischen Texten.
eingeritzten Verzierungen versehen u n d § 1. D i e W ö r t e r f ü r G o l d . § 2 . H e r k u n f t d e s G o l d e s .
§ 3. B e a r b e i t u n g d e s G o l d e s . § 4. G o l d a r t e n .
durch plastische Angabe v o n Augen, N a s e
§ 5. G e b r a u c h d e s G o l d e s . § 6 . D i e s u m e r i s c h e Zeit.
u n d Brüsten der F o r m eines weiblichen § 7. I s i n - L a r s a Z e i t . § 8. B a b y l o n . § 9. A s s y r i e n .
Idols angeglichen sind. Deutungsversuche § 10. M a r i . § x i . K a s s i t e n . § 12. A s s y r i e n n a c h
b e i S. L a n g d o n ( K i s h 1, 7 3 ff.) u n d E . xooo. § 13. S p ä t b a b y l o n i s c h e Zeit. § 14. P e r s e r -
zeit. § 15. D a s W e r t v e r h ä l t n i s G o l d : Silber.
M a c k a y ( R e p o r t o n t h e E x c a v a t i o n of t h e
§ 16. G o l d i n K o n t r a k t s k l a u s e l n . § 1 7 . V e r b r e c h e n
„ A " C e m e t e r y a t K i s h 142) d ü r f t e n durch i n Z u s a m m e n h a n g m i t G o l d § 18. G o l d i n l i t e r a -
die F u n d e a n weiteren Orten überholt sein. rischen Texten.
Besondere (etwa kultische) Verwendung
B. Nach hethitischen Texten.
der Gefäße m i t solchen H e n k e l n ist durch
§1. D i e Wörter für Gold. §2. Herkunft des Goldes.
Fundlagenirgendsnachgewiesen.dieStücke
§ 3. B e a r b e i t u n g d e s G o l d e s . § 4 — 6 . V e r w e n d u n g
a u s K i s w a r e n alle Grabbeigaben. D i e d e s G o l d e s . § 7. E i g e n s c h a f t e n d e s G o l d e s . § 8 . B e -
E n t s t e h u n g aus den einfachen ritzverzier- sitzverhältnisse.
t e n H e n k e l n der älteren U r I - Z e i t wurde
C. Archäologisch.
schon v o n D . B . H a r d e n untersucht (Iraq 1
§ i. Archäologische Daten. § 2. Goldschmiede-
[1934] 36f.). Verbreitung: K i s (E. Mackay, techniken.
o . c. T f . 1 , 5 ; I I , 1 — 9 ; X L V . K i s 1 T f .
XIII. XIV), Diyala-Gebiet (P.Delougaz A. Nach sumerischen und akkadischen
O I P 6 3 Tf. 8 4 b ; 87), ein Einzelstück in Texten.
M a r i (Mari 1 T f . L X X N o . 7 0 2 ) , e i n w a h r -
§ 1. D i e W ö r t e r f ü r G o l d . G. w u r d e
scheinlich gleiches Stück in Susa (MDP 25
meist ideographisch geschrieben K Ü . G I ,
A b b . 55, 5 vgl. L. C . W a t e l i n , K i s h 4, 51).
s u m e r i s c h guskin, a k k a d i s c h huräsu, d a s
Datierung: die Stücke aus Kis wurden
letzte gebildet v o n derselben Wurzel wie
i m Friedhof A u n d i m vergleichbaren Hori-
die Wörter in anderen semitischen Spra-
z o n t i n Y / Z ( L . C . W a t e l i n K i s h 4 T f . I)
c h e n ( U g a r i t : hrs). In Synonymenlisten
gefunden, gehören also in die jüngere U r I-
werden daneben eine Anzahl poetischer
Zeit (vgl. D . B . H a r d e n , Iraq 1 [1934] 42),
B e z e i c h n u n g e n d e s G . g e g e b e n , w i e dalpu
ebenso werden die Exemplare aus d e m
(das S c h i m m e r n d e ; cf. E . A . Speiser, J S C 5
Diyala-Gebiet datiert (P.Delougaz O I P
[ 1 9 5 1 ] 6 6 ) , sä'idu ( d a s R a s t l o s e ) , SaSSu
63, 89f.). D a s S t ü c k aus Susa wird v o n W .
(Sonne), usw., w o v o n nur einige a u c h a u s
Nagel (Djamdet Nasr- Kulturen und Früh-
anderen T e x t e n b e k a n n t sind. I n neu-ass.
GOLD 5o5
und neu-bab. Texten findet m a n auch §3. Die Bearbeitung des Goldes.
säriru (CAD H 245; S 111 u n d A. U n g n a d , Sicher seit der Kassitenzeit war die Affi-
O r N S 4 [1935] 296f.). I m E l a m i s c h e n heißt n a g e bekannt, die R e i n i g u n g des G. v o n
G. lansit (M. L a m b e r t , I r A n t . 5 [ 1 9 6 5 ] 3 1 ) . andern Metallen.
Burnaburias II. kontrollierte regel-
§ 2. H e r k u n f t d e s G o l d e s . O b w o h l mäßig das ihm von Pharao Amenophis IV.
G. i n d e r Z e i t d e r e r s t e n D y n a s t i e v o n U r , g e s a n d t e G. E r k l a g t z. B . d a r ü b e r , d a ß
wie die Königsgräber zeigen, viel ge- b e i m S c h m e l z e n (ana utüni Sakänu) 2 0
braucht wurde, ist über die Herkunft M i n e n g e l i e f e r t e s G . n u r 5 M i n e n r e i n e s G.
d i e s e s G. i n f o l g e m a n g e l n d e r Ü b e r l i e f e r u n g enthielten. Wahrscheinlich kannte m a n
nichts bekannt. Wahrscheinlich werden d a s Verfahren s c h o n in der U r I i i - Z e i t , d a
alte Herkunftsorte erwähnt in H h u n d m a n damals schon verschiedene G.-arten
den Lipsur-Litaneien: So die Länder kannte, die a u c h vermischt wurden. A u c h
Arallu* (Suppl.) , H u b u * u n d Zarsu*, deren i n d e r Z e i t N a b ü n a ' i d s (6. J a h r h . ) w a n d t e
Lage aber nicht bekannt ist; Arallu wurde m a n die Affinage an. D a m a l s wurde eben-
s p ä t e r a l s d i e U n t e r w e l t a n g e s e h e n (s. § 18). f a l l s d e r utünu ( O f e n ) g e b r a u c h t , u n d d e r
Gudea v o n Lagas importierte G.-Staub aus Reinmetallgehalt lag zwischen 963 und
Meluhha, wahrscheinlich die K ü s t e des 6 4 3 , 4 p r o M i l l e (C. F o s s e y , R E S 1 9 3 5 ,
Indusgebietes, u n d aus H a h h u m , vielleicht 4,2f.). D a s akkadische Wort für das
die G e g e n d des Taurusgebirges. A u c h in S c h m e l z e n , C u p e l i e r e n v o n G o l d w a r suddu
einer E n k i - D i c h t u n g wird Meluhha als ( C A D S. 5 9 ) . W i e w e i t m a n i n d e r G o l d -
H e r k u n f t s l a n d v o n G. e r w ä h n t (A. F a l k e n - bearbeitung g e k o m m e n war, zeigen die
stein, Z A 5 6 [1964] 1 0 1 , 1 2 6 — 1 2 7 u n d 104, verschiedenen G.-arten, die m a n in U r in
2 2 9 ) . K ö n i g Susuen v o n U r r a u b t e G. a u s d e r Z e i t d e r 3. D y n a s t i e (21. J a h r h . ) u n d
d e n L ä n d e r n der S u - L e u t e (Iran) (D. 0 . i n K a p p a d o k i e n (19. J a h r h . ) k a n n t e (s. § 4 ) .
Edzard, A f O 19 [1959/60] 6 — 7 ) . E s ist D e r F e u e r g o t t (Gibil*) w u r d e a n g e r u f e n
wahrscheinlich, daß wenigstens ein Teil als der U r h e b e r dieser Arbeit (Surpu, 5 3
d e s G. i n d e r s u m e r i s c h e n Z e i t ü b e r d e n rev. 1 9 ! ) .
Persischen Meerbusen importiert wurde.
D a s Verfertigen v o n Gegenständen aus
Ü b e r d i e H e r k u n f t d e s G. i n d e r a l t b a b .
G. g e s c h a h d u r c h d e n k ü - d i m , kutimu,
Zeit ist n i c h t s b e k a n n t . I n der Kassitenzeit
Edelmetallbearbeiter, und wurde bezeich-
w u r d e v i e l G. a u s Ä g y p t e n n a c h B a b y -
net mit den Verben d i m und d u i m
l o n i e n g e s c h i c k t (s. § 11). I n s p ä t e r e n
S u m e r i s c h e n , banü u n d epeSu i m A k k a d i -
Perioden findet m a n wohl viele Ängaben
schen. Aber auch der s i m u g (Schmied)
über G. als Kriegsbeute, aber diese sagen
v e r a r b e i t e t e G. (s. § 6 ) ; a u c h i n n e u - a s s .
w e n i g ü b e r d i e H e r k u n f t d e s G. (s. W . F .
Z e i t f i n d e t m a n d e n nappäh huräsi, d e n
L e e m a n s , Foreign Trade, 1 2 0 , 1 6 0 ; H . L i -
G.-schmied. D i e G.-bearbeiter wurden g u t
met, Travail du metal, 93). entlohnt, w e n n auch stark wechselnd je
G. k a n n g e w o n n e n w e r d e n a u s E r z o d e r n a c h der Arbeit. F ü r d a s Anfertigen einer
a u s F l ü s s e n . M a n k a n n t e huräsum Sa abni- G.-schale v o n e t w a i o 1 / 2 Schekel wurde in
Su, d a s a u s s e i n e m G e s t e i n g e w o n n e n e G . , der Kassitenzeit demselben G.-schmied
u n d ä l t e r huräsum Sa mä'iSu, „ W a s c h - e i n m a l 3 S c h e k e l ( B E 14, 1 2 2 ) , e i n a n d e r e s
g o l d " ( j ü n g e r meSu). I n S u m e r w u r d e d a s Mal S c h e k e l ( B E 1 4 , 121) G. b e z a h l t .
G o l d , w e n i g s t e n s s e i t d e r 3. D y n a s t i e v o n V i e l e T e x t e a u s U r (3. D y n a s t i e ) b e -
Ur, häufig als Staub ( s a h a r - b a ) impor- ziehen sich auf die A n f e r t i g u n g v o n golde-
tiert (Gudea, S t . B 6, 3 3 u n d 3 8 ; vgl. Cyl. n e n G e g e n s t ä n d e n (s. § 5 ) . H ä u f i g w u r d e n
A 16, 19), a l s o i m S t e i n s t a u b , w o r i n e s g e - diese gegossen ( b a - z i - i r ) , wobei ein wenig
funden wurde. Waschgold wird in K a p p a - G. v e r l o r e n g i n g ( N E . K Ü . B I ) . H ä u f i g
dokien erwähnt u n d a u c h in einer Syno- a u c h wurde ein Kern v o n Kupfer oder
n y m e n l i s t e (s. K . B a l k a n , O L Z 6 0 [ 1 9 6 5 ] , H o l z mit Blattgold überzogen (sum. s u b ,
1 5 0 f . , H . L i m e t , o . c. 8 8 , 1 1 3 , A . U n g n a d , akk. labäSu Gt, D, S, s. AHw. 523 f.) und
I.e.) öfter wurden auch Gegenstände z u m Teil
506 GOLD
G . (5 T a l e n t e 1 7 M i n e n ) b r i n g e n ( V A B 4 A r a t t a * § 18). D o c h e m p f i n g E a n n a i n U r u k
N b n . 8 , 9 ) . I m allgemeinen sind die erwähn- n o c h e i n m a l m e h r als 1 M i n e G. ( B I N
ten Quantitäten bei weitem nicht so groß 1,114), u n d Juweliere faßten einen Sma-
wie in den Inschriften der assyr. Könige. r a g d i n G. f ü r die g r o ß e n Bankiers
A u c h in den Urkunden u n d Briefen ist Murasü* ( B E 9, 41).
v o n G. f a s t n u r die R e d e i n V e r b i n d u n g
mit König und Tempeln. Ein Königssohn § 15. D a s Wertverhältnis Gold:
schickte einmal eine Botschaft über den S i l b e r . E t w a seit der U r - I I I - Z e i t w a r
Bedarf v o n 2 0 M i n e n G. i n E a n n a i n U r u k Silber der W e r t m e s s e r in M e s o p o t a m i e n
( T C L 9, 1 3 2 ) u n d m e h r e r e T e x t e z e i g e n , mit A u s n a h m e des kassitischen B a b y -
d a ß i n d e n T e m p e l n v o n U r u k v i e l G. ver- lonien, w o G. W e r t m e s s e r war. I n H h
w e n d e t w u r d e (u. a . f ü r R o s e t t e n ) . V e r - ( M S L 7, 167) u n d i m altbab. Vorläufer
schiedene U r k u n d e n betreffen die Liefe- ( M S L 7, 238) f i n d e t m a n eine A u f s t e l l u n g
r u n g v o n G. z u r B e a r b e i t u n g a n G o l d - v o n g u s k i n 9 - t a - ä m hinab bis 2 - t a -
schmiede. I m ökonomischen Leben spielte ä m . Offenbar sind dies die verschiedenen
G. k e i n e Rolle, o b w o h l P r i v a t p e r s o n e n W e r t v e r h ä l t n i s s e v o n G. z u S i l b e r , d i e v o r -
vielleicht kleine Mengen besaßen. (VS k a m e n . I n d e n U r k u n d e n findet m a n die-
6, 9 0 / 9 1 : eine T o c h t e r d e s G o l d s c h m i e d e s ; selben Wertverhältnisse mit Ausnahme
vgl. a u c h die u n t e r § 15 e r w ä h n t e n Texte). des niedrigsten u n d mit etwas höheren
A n g a b e n (bis z u m 1 0 - f a c h e n S i l b e r w e r t )
§ 14. P e r s e r z e i t . N u r w e n i g e T e x t e in der Ur-III-Zeit. S c h w a n k u n g e n dürfen
a u s s p ä t e r e r Z e i t e r w ä h n e n G. G e w i ß h a b e n einerseits den Zeit- u n d / o d e r Regions-
die persischen K ö n i g e G. a u s M e s o p o t a - unterschieden zugeschrieben werden, aber
m i e n nach Persien gebracht, u n d an- a u c h der Qualität des Goldes. D i e nach-
scheinend waren die beliebtesten Gold- folgenden Zahlen für den Silberwert v o n
schmiede damals Meder u n d Ägypter 1 S c h e k e l G. h a b e n a l s o n u r b e s c h r ä n k t e
( V . S c h e i l M D P 2 4 [ 1 9 3 3 ] i n ; s. a u c h Bedeutung.
L . T h o r n d i k e , H i s t o r y of M a g i c a n d E x p e r i - k u m zugeordnet, vielleicht, w e n n m a n d e m
m e n t a l S c i e n c e 1). S o i s t e s k e i n W u n d e r , Ausgräber u n d seiner Schichtenanalyse
w e n n das Gold d e m Menschen jahrtau- g l a u b e n darf, sogar in die ' U b e d I-Zeit
sendelang das bei w e i t e m kostbarste (mittleres Chalkolithikum) datiert werden.
Metall, w e n n nicht sogar das begehrens- W e n n m a n weiterhin bedenkt, daß sich
werteste materielle Gut überhaupt be- schon in der ausgehenden Teil Halaf-Zeit
d e u t e t e (vgl. d a g e g e n A § 1 8 S. 5 1 4 ) , u n d — neben Kupfer/Bronze — auch ver-
die Goldschmiedekunst schon i m Altertum, a r b e i t e t e s S i l b e r (S. L l o y d / J . M e l l a a r t ,
besonders i m Alten Vorderasien, sich in B e y c e s u l t a n 1, 2 8 2 . A b b . 8 : 1 5 ) u n d B l e i
Meisterwerken — s o w o h l w a s die künstle- (Arpacije: I r a q 2 [1935] 104) nach-
rische Qualität als auch d e n hohen S t a n d weisen läßt, erscheint a u c h die K e n n t n i s
der Technik angeht — manifestierte, die des Goldes zu dieser Zeit durchaus möglich.
den modernen Betrachter oft noch in W ä h r e n d es sich bei den frühesten Gold-
Staunen versetzen. funden noch u m Stücke handelt, die durch
Schon i m N e o l i t h i k u m verstand der H ä m m e r n und Treiben des kalten Roh-
Mensch, durch H ä m m e r n von Rohgold Metalls entstanden sind, so dürfte wenig
kleinere S c h m u c k g e g e n s t ä n d e herzustellen, später, z u s a m m e n m i t d e m Bronzeguß,
w i e w i r s i e z. B . a u s f r a n z ö s i s c h e n M e g a l i t h - auch das Schmelzen und Gießen des Goldes
g r ä b e r n k e n n e n (R1V 4 , T f . 1 8 , b . c ; T f . 3 0 , eingesetzt h a b e n (vgl. a u c h : E . Heinrich,
b. c.); i n neolithischen ägyptischen Grä- A D F U 1 [1936] 6 f.); Gußformen aus Stein
b e r n d e s 4. J a h r t a u s e n d s s i n d ebenfalls zur Herstellung v o n Schmuckgegenstän-
Schmucksachen aus Gold gefunden worden d e n aus Edelmetall sind u n s z u m ersten-
(R1V 4 , 3 7 7 f f . ; D i c t i o n n a i r e A r c h i o l o g i q u e m a l in der F r ü h g e s c h i c h t e (Alalah X I V :
des T e c h n i q u e s 660). L. Woolley, Alalakh 273. Abb. 7 3 o b e n
I n Vorderasien läßt sich v o n Menschen- rechts), in größerem U m f a n g allerdings
h a n d bearbeitetes Gold m i t Sicherheit erst e r s t f ü r d i e MesilimjUr I-Zeit b e l e g t .
i m ausgehenden Chalkolithikum ( ' U b e d l l - D i e z u gleicher Zeit nachweisbaren künst-
Zt.) n a c h w e i s e n (vgl. A . Moortgat, D i e lichen Legierungen der Edelmetalle u n d
E n t s t e h u n g der sumerischen Hochkultur feinste Granulations-Arbeiten haben eben-
57; Dictionnaire Arch6ologique des Tech- falls eine hochentwickelte Schmelztechnik
n i q u e s 7 6 7 ; A f O 12, [ 1 9 3 7 / 3 9 ] 1 6 7 ) , d i e zur Voraussetzung. Ü b e r h a u p t bietet u n s
hervorragende technische Behandlung des v o n d i e s e m Z e i t p u n k t an die altvorder-
Materials bei den Goldgegenständen aus asiatische Goldschmiedekunst eine Fülle
T e p e G a u r a (A. J. Tobler, E x c a v a t i o n s at der verschiedensten Bearbeitungstechni-
Tepe Gaura Vol. II, 90 ff.; 193 ff.; T f . L V I I I . k e n bei einer R e i h e v o n besonders quali-
L I X , a. b . L C I , a) l e g e n a b e r d i e V e r m u - tätvollen Kunstwerken, deren früheste
t u n g nahe, d a ß die Goldschmiedekunst k o m p l e x e A n h ä u f u n g a n e i n e m Ort wir
s c h o n d a m a l s auf eine längere E n t w i c k - w o h l i n d e n F u n d e n der K ö n i g s g r ä b e r v o n
lung herabblicken konnte, und somit das U r vor uns haben. Gerade diese hervor-
Bekanntwerden des Goldes u n d seine ragend gearbeiteten Grabbeigaben bewei-
früheste Verarbeitung mindestens in das sen uns, d a ß fast alle h e u t e n o c h in
mittlere C h a l k o l i t h i k u m ('Ubed I- der modernen Goldschmiedekunst g e ü b t e n
Zeit) datiert w e r d e n m ü ß t e . Techniken schon damals nicht nur bekannt
w a r e n , s o n d e r n sogar auf einer s o h o c h -
A u s einer T i e f g r a b u n g an der Zikkurrat-
entwickelten Stufe standen, wie sie k a u m
T e r r a s s e i n U r ( P i t L) s t a m m t e i n g e b o g e -
jemals wieder erreicht worden ist ( U E 2
ner Golddraht mit abgeflachtem E n d e
Tf. 107 ff.).
( U E 4 , 8. 7 4 = U . 1 6 9 8 1 ) , d e r z u s a m m e n
mit einem birnenförmigen Keulenkopf aus Natürlich können wir auch heute immer
Kalkstein in einer Schicht zutage k a m noch keine lückenlose Übersicht über
( L e v e l 3, 2 5 ) , i n d e r a u c h ' U b e d - K e r a m i k die G e s a m t e n t w i c k l u n g der Goldschmiede-
g e f u n d e n wurde; dieses Goldobjekt m u ß technik des A l t e n Orients, geschweige d e n n
also mindestens d e m späten Chalkolithi- eine absolut sichere T y p o l o g i e der einzelnen
5i8 GOLD
m e n ausgeschnitten bzw. durch Treiben festigen u n d dann die Details durch Sti-
(s. 2 c) p l a s t i s c h g e f o r m t w u r d e n . D a r ü b e r cheln oder Punzen nachzuarbeiten. D a -
hinaus konnte die Oberfläche des Gold- durch wird natürlich nie eine so feste Ver-
b l e c h e s d u r c h Z i s e l i e r e n (s. 2 d ) u n d G r a - b i n d u n g m i t d e m K e r n erreicht, w i e es
v i e r e n (s. 2 e ) ü b e r a r b e i t e t w e r d e n . später b e i m Blattgoldverfahren (Verbin-
I m Laufe der Zeit gelang es d e n alt- dung der hauchdünnen Folie m i t der
orientalischen Goldschmieden, unter Aus- Unterlage durch organisches Klebemittel)
n u t z u n g der e x t r e m h o h e n Dehnbarkeit u n d der ägyptischen Feuervergoldung
des Goldes (Malleabilität), das Metall z u (chemische Vergoldung) der Fall ist.
e i n e r hauchdünnen Folie v o n w e n i g e r a l s D a s Plattieren v o n G e g e n s t ä n d e n a l l e r
0,1 m m Dicke auszuwalzen bzw. zwischen Art, die meist aus Holz, T o n oder B i t u m e n ,
flachen, harten Steinen, möglicherweise seltener a u s a n d e r e n Metallen (sogar Sil-
sogar schon m i t sogenannten Goldschlä- ber: P. A m i e t , E l a m , A b b . 293) gearbeitet
gerhäutchen (Leder- oder D a r m h ä u t e ) so sind, m i t Goldblech, h a t in der altorienta-
lange zu schlagen, bis die gewünschte Fein- lischen G o l d s c h m i e d e k u n s t durch alle Zei-
heit erreicht war. E i n kleiner H ä m a t i t h a m - ten eine bedeutende Rolle gespielt. N i c h t
mer aus Ur m a g zu diesem Zwecke benutzt nur sparte man, i m Gegensatz z u m voll-
w o r d e n s e i n ( U E 2, 2 9 5 ) . K l e i n e R i s s e , d i e p l a s t i s c h e n (z. B . g e g o s s e n e n ) G o l d g e g e n
während des Schlagens entstanden waren, stand eine beträchtliche Materialmenge,
wurden zusammengedrückt oder später sondern m a n k o n n t e so, bei g e r i n g e m Ma-
auch zusammengeschweißt., terial- u n d Arbeitsaufwand, e i n e m u n e d l e n
D i e frühesten Beispiele für Goldblech- Stoff ein wertvolles Aussehen geben, ihn
arbeiten in Vorderasien bieten Schmuck- g a n z oder teilweise „ v e r g o l d e n " (sorgfäl-
perlen, R o s e t t e n u n d andere O r n a m e n t e t i g e T e i l v e r g o l d u n g z. B . b e i e i n e r b r o n -
aus den Schichten X I I — X v o n Tepe Gaura z e n e n Beterfigur u n d einer Steinbock-
(ausgehende 'Ubed II- bzw. Uruk-Zeit: Gruppe aus Larsa(?) i m Louvre: Encyclo-
A. J. Tobler, E x c a v a t i o n s at Tepe G a w r a 2 pedie photographique de l'Art 261 B. C =
T f . L V I I I . L I X , a) u n d k l e i n e S t i e r h ö r n e r , E. Strommenger/M. Hirmer, 5 Jahrtau-
-ohren u n d Möbel( ?)beschläge aus U r u k sende Mesopotamien Tf. X X X ) . So dürfte
(Frühgeschichte: E. Heinrich, A D F U 1 a u c h ein aus A d a b s t a m m e n d e s Goldfolien-
[1936] Tf. 14, c; Tf. 30, d ; Tf. 35, a—e). F r a g m e n t (E. J . B a n k s , B i s m y a 1 4 5 ) , d a s
D a ß die Technik der Folienherstellung eine Inschrift des Naramsuen v o n A k k a d e
sich i m m e r mehr verfeinerte, beweisen trägt, z u m Goldüberzug einer S t a t u e dieses
feine Goldblätter aus Teil 'Agrab (Mesilim- Königs gehört haben; eine gute Vorstel-
z e i t : O I P 5 8 , 2 4 7 . 2 5 3 ff.) u n d a u s U r lung v o n goldplattierten Rundbildern ge-
( U E 2 Tf. 135 etc.), weiterhin h a u c h d ü n n e winnen usw. durch spätere elamische Sta-
Goldbleche a u s S u s a ( M D P 7, T f . X I I ) u n d t u e t t e n (P. A m i e t , E l a m , A b b . 2 3 4 A — B ;
Dür-Kurigalzu (Iraq S u p p l e m e n t [1945] A b b . 328). In der älteren archäologischen
T f . X X V I I ) , a u s d e r 2. H ä l f t e d e s 2. J a h r - Literatur begegnet u n s oft die irrtümliche
tausends, u n d vor allem die Blattvergol- A n s c h a u u n g , es handele sich bei g e f u n d e n e n
d u n g auf e i n e m Elfenbeinrelief aus N i m r u d Edelmetall-Plattierungen u m selbständige
(R. D. Barnett, T h e N i m r u d Ivories in the Gegenstände (Schilde, Gürtelschließen,
British M u s e u m [1957], frontispiece). Pektoralien, Siegel etc.).
für eine unter V e r w e n d u n g v o n Gold her- Sicher ist w e n i g s t e n s ein Teil der herr-
gestellte Rundplastik innerhalb Vorder- lichen Goldgefäße aus den Königsgräbern
asiens, vielleicht sogar der antiken W e l t in Ur durch Treiben entstanden ( U E 2
überhaupt, darstellen. Tf. 160ff.), desgleichen der b e k a n n t e Gold-
D e m Plattieren e n g v e r w a n d t s i n d drei h e l m d e s M e s k a l a m d u g (o. c . T f . 1 5 0 ) , d e r
weitere Kaltmetalltechniken, die zur plas- außerdem eines der prächtigsten Beispiele
tischen b z w . reliefartigen Ausformung für die Technik des Ziselierens bietet.
oder zur d e k o r a t i v e n Oberflächen-Auf- d) B e i m Ziselieren h a n d e l t e s s i c h u m
lockerung angewandt werden u n d d e m eine verfeinerte Variante des Treibens, die
altorientalischen Goldschmied spätestens v o r allem der reliefartigen o r n a m e n t a l e n
seit der Frühgeschichte, n ä m l i c h seit der oder figürlichen Verzierung v o n Goldblech-
frühesten Herstellung v o n Goldblech, ver- Gegenständen dient und schon bei den
t r a u t g e w e s e n s e i n m ü s s e n : Treiben, Zise- R o s e t t e n a u s T e p e Gaura (A. J. Tobler,
lieren und Gravieren. o . c. T f . L V I I I ) z u B e g i n n d e r F r ü h -
c) U n t e r Treiben v e r s t e h e n wir die U m - geschichte a n g e w a n d t wurde. B e i m Zise-
f o r m u n g eines nicht allzu d ü n n e n Gold- lieren werden die Umrißlinien der beab-
bleches z u einem Hohlkörper (Gefäße, s i c h t i g t e n Verzierung m i t e i n e m Ziselier-
Helme, Schmuckteile, Tierköpfe etc.), Meißel (Punzen) in die Metallfläche getrie-
der i m Gegensatz zur Plattierung keinen b e n (die M e t a l l m a s s e e n t w e i c h t a l s o n a c h
K e r n h a b e n soll oder jedenfalls erst später u n t e n oder z u d e n Seiten, sie wird „ver-
m i t einer F ü l l u n g versehen wird, u m d a s drängt"), wobei sich oft die umrissene
biegbare getriebene B l e c h in der richtigen F l ä c h e durch d e n Gegendruck der elasti-
F o r m zu halten. Auf einer elastischen s c h e n A r b e i t s u n t e r l a g e ( B i t u m e n , T o n o. ä . )
Unterlage aus B i t u m e n , T o n oder Weich- v o n allein s c h o n plastisch h e r a u s w ö l b t ;
holz wird das flache Goldblech durch w e n n nötig, w e r d e n anschließend die ge-
Hammerschläge, v o n der Mitte ausgehend wünschten Erhabenheiten v o n der Rück-
u n d spiralförmig z u m R a n d führend, so- seite her mit einem stumpfen P u n z e n her-
lange getrieben („geschlagen"), bis es sich ausgetrieben u n d d a n n v o n der Vorder-
kalottenförmig wölbt u n d die gewünschte seite aus die vertieften Flächen nach-
H o h l f o r m a n n i m m t ; oft dient der Begriff gearbeitet; als Arbeitsunterlage dient wie-
„Treiben" aber auch i m erweiterten Sinne der ein B e t t a u s B i t u m e n o. ä.
als B e z e i c h n u n g für die Technik, aus e i n e m Besonders reiches u n d wertvolles Mate-
feststehenden Rahmen durch Hammer- rial a n g e t r i e b e n e n u n d z i s e l i e r t e n G o l d -
schläge eine W ö l b u n g in bestimmter Ge- arbeiten hefern uns neben den Königs-
stalt herauszutreiben. Während des Arbeits- g r ä b e r n v o n U r u . a. d i e G o l d s c h a l e n a u s
prozesses m u ß das Metall öfters erhitzt U g a r i t (2. H ä l f t e d e s 2. J t . : Cl. S c h a e f f e r ,
werden, u m Risse in der relativ d ü n n e n U g a r i t i c a 3 T f . I ff.), G e f ä ß e aus B y b l o s
W a n d u n g z u v e r m e i d e n , die t r o t z der enor- (R. Opificius/E. Wein, 7000 Jahre B y b l o s
m e n Dehnbarkeit des Materials durch das T f . 17) u n d d i e F ü l l e v o n g o l d e n e n S c h a l e n ,
ständige H ä m m e r n entstehen können. Bechern, R h y t a und Pektoralien aus d e m
Oft ist es nicht einfach, die T e c h n i k des urartäisch/iranischen R a u m (Marlik*, Zi-
Plattierens streng v o n der des Treibens z u wije*, Hasanlu*, Karmir Blur* etc).
t r e n n e n , s o z. B . b e i d e n S t i e r k ö p f e n a n d e n B e m e r k e n s w e r t ist in diesem Z u s a m m e n -
Leierfronten aus d e m Königsfriedhof in U r hang ein flaches Golddiadem in lang-
( U E 2 Tf. 107. 110. 115. 117 etc.). M a n ovaler F o r m m i t figürlicher Verzierung aus
k a n n im Einzelfall nicht immer genau d e m P G 153 des Königsfriedhofs v o n U r
feststellen, ob sie über einen festen K e r n ( U E 2 Tf. 139). Z u d i e s e m Goldstreifen
g e h ä m m e r t (plattiert) oder v o n i n n e n her mit Darstellungen von Menschen u n d Tie-
getrieben u n d nachträglich mit B i t u m e n ren h a t der Ausgräber die V e r m u t u n g
gefüllt w o r d e n sind. D a s Gleiche gilt letzt- g e ä u ß e r t ( U E 2, 299), es h a n d e l e s i c h
lich auch für den kleinen Wolfskopf aus möglicherweise nicht u m eine mit P u n z e n
T e p e G a u r a (s. o . ) . hergestellte Zeichnung, sondern u m den
524 GOLD
Abdruck einzelner Matrizen aus Stein oder 162; 163 Mitte unten (Dagegen sind die In-
Metall, die eine Massenherstellung solcher s c h r i f t e n auf d e n g o l d e n e n u n d silbernen
Schmuckgegenstände ermöglicht habe. D a - B a u - U r k u n d e n der mittelassyrischen K ö -
für spräche tatsächlich die Diskrepanz nige aus Assur [ W V D O G 58, 37ff., Tf.
zwischen den einzelnen Figurengruppen in 24ff.] nicht graviert, sondern sorgfältig
D i m e n s i o n u n d H ö h e der Standlinie. Bei- v o n beiden Seiten mit feinem P u n z e n in
spiele v o n Matrizen der angegebenen Art die oft nur 0,4 m m d ü n n e n Täfelchen ein-
aus späterer Zeit sind in U r gefunden wor- g e h ä m m e r t ; die durch das verdrängte
den u n d unterstützen diese Theorie. Wir Material entstandenen R a n d w ü l s t e h a t
m ü s s e n also n e b e n der m a n u e l l e n a u c h m i t m a n anschließend abgeschliffen), seltener
einer mechanischen Ziselierung schon in f ü r f i g ü r l i c h e D a r s t e l l u n g e n (so z. B . d i e
der Mitte des 3 . J a h r t a u s e n d s rechnen; Z e i c h n u n g e n auf der Silbervase des E n t e -
vielleicht sind sogar die Goldblechgegen- m e n a * a u s T e l l o : D 6 c . C h a l d . T f . 43*");
stände aus den Schichten X I I — X in Tepe m e i s t d i e n t e sie zur e r g ä n z e n d e n D e t a i l -
Gawra schon teilweise m i t Hilfe v o n Matri- ausarbeitung figürlich oder ornamental
zen hergestellt worden. D i e Idee des Stem- ziselierter Metallgegenstände ( M D P 7 Tf.
peins einer weichen Masse ist ja seit d e m X I I , 5) b z w . g e g o s s e n e r M e t a l l p l a s t i k ( E .
B e g i n n des Chalkolithikums durchaus ge- Porada, Alt-Iran 57 oben; P. Amiet, Elam,
bräuchlich, wie u n s die F u n d e v o n S t e m p e l - A b b . 30).
siegeln u n d deren A b d r ü c k e auf T o n aus 3. N e b e n d e m einfachen H ä m m e r n d e s
d e r T e i l H a l a f - Z e i t b e z e u g e n (A. M o o r t g a t , R o h m e t a l l s u n d der Herstellung v o n Gold-
Die Entstehung der sumerischen Hoch- blech u n d Folien zur Plattierung bzw. z u m
k u l t u r 2 5 ; s. a. A r t i k e l G l y p t i k * ) . W a r - Treiben, beides Bearbeitungsmethoden des
u m sollten nicht auch die frühsumerischen kalten Materials, m u ß spätestens seit der
Goldschmiede schon bald den Gedanken F r ü h g e s c h i c h t e a u c h s c h o n d e r Metallguß
gehabt haben, das von Natur aus weiche b e k a n n t g e w e s e n sein. A u s d e m T e m p e l
Gold, besonders das h a u c h d ü n n e Gold- der Schicht X I V in Alalah s t a m m t die
blech, mit Musterstempeln sozusagen „ m a - H ä l f t e e i n e r k l e i n e n S t e a t i t - M o d e l (L.
schinell" zu verzieren ? Woolley, Alalakh 273. Abb. 73 rechts
e) D i e e i n f a c h s t e u n d w o h l a u c h ä l t e s t e oben), die doch w o h l nur zur Herstellung
Technik zur Oberflächenverzierung eines eines goldenen Schmuckgegenstandes i m
Goldgegenstandes, sei er g e h ä m m e r t , ge- Formgußverfahren b e s t i m m t gewesen sein
t r i e b e n o d e r g e g o s s e n , i s t d i e Gravierung, kann. Gußformen aus Tepe Gaura (E.
eigentlich eine R i t z t e c h n i k , die s c h o n auf Speiser, E x c a v a t i o n s at T e p e Gawra 1
einer kleinen Goldscheibe aus der Schicht Tf. X L V I I ) u n d Cagar B a z a r (Iraq 4,
X I A von Tepe Gaura angewandt wurde [1937] Tf. X V I I ) , die ebenfalls aus d e m
( A . J . T o b l e r , o. c. T f . C L X X V , A b b . 7 4 ) . B e g i n n d e s 3. J a h r t a u s e n d s s t a m m e n , h a -
Mit Hilfe eines Grabstichels, w o h l in der b e n offensichtlich für den G u ß v o n Bronze-
Art eines Linolschnittmessers oder spitzen geräten gedient. Dagegen war die Model
Griffels z u d e n k e n , w e r d e n die Linien der aus der Schicht G in Assur (W. Andrae, A I T
beabsichtigten Zeichnung in das weiche W V D O G 3 9 T f . 2 9 , p) s i c h e r f ü r d i e M a s s e n -
Metall gezogen, genauer gesagt: wie feine produktion von Goldschmuck gedacht.
K a n ä l e a u s g e h o b e n . D i e T e c h n i k d e s Gra- a) Gußformen d i e s e r A r t s i n d u n s a u c h
vierens ist also i m m e r „ s p a n a b h e b e n d " , a u s späterer Zeit h ä u f i g erhalten (so:
i m Gegensatz z u m „Eindrücken" oder L. Woolley, Alalakh 273. A b b . 7 3 links;
„Verdrängen" des weichen Materials b e i m R . J . F o r b e s o . c. 1 7 1 , F i g . 3 5 , e t c . ) ,
Ziselieren u n d T r e i b e n ; sie w u r d e i n erster meist aus Serpentin, Steatit, Kalkstein
Linie für Ornamente u n d Schriftzeichen oder T o n gearbeitet. E s handelt sich dabei
v e r w a n d t (z. B . a u f d e r G o l d p e r l e d e s entweder u m eine Model m i t Reliefvertie-
A a n n i p a d d a aus E l - ' U b e d : U E 1 Tf . X X X V , fung (offene Form) oder u m zwei aufein-
2; an vielen Goldgefäßen aus d e m Königs- andergepaßte Formteile, in die m i t Hilfe
friedhof in U r : U E 2 Tf. 160, b ; 161 o b e n ; kleiner Kanäle das flüssige Gold eingegos-
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1]
GOLD 529
L a p i s l a z u l i (o. c. T f . 34, t. v . w . ) , w o b e i d i e miteinander, unter Zuhilfenahme eines
Schnurösen ihrerseits v o n kleinen durchbohr-
metallischen B i n d e m i t t e l s (Lot), bezeich-
ten Onyx- oder Lapis-Perlen gebildet werden;
ein besonders schöner O n y x in länglich-drei- n e t ; dieses soll möglichst die gleiche Farbe
eckiger Filigranfassung, bei d e m der Stein- wie eines bzw. beide der zu lötenden
schleifer das schwarz-weiße Muster des Steins S t ü c k e u n d auf j e d e n F a l l e i n e n niedrigeren
i n F o r m einer h ä n g e n d e n P a l m e t t e heraus-
Schmelzpunkt als beide aufweisen. Hierfür
g e a r b e i t e t h a t (o. c. T f . 34, u ) ; e i n P e k t o r a l e
i n „ c l o i s s o n n ö " m i t G o l d r a h m e n (o. c. T f . 34, x ) wird m a n in der Frühzeit zunächst schnell-
u. v . a. s c h m e l z e n d e Metalle (wie Blei) oder natür-
E i n z e l n e dieser T y p e n u n d ihre Varian- l i c h e L e g i e r u n g e n (als L o t f ü r G o l d v e r -
ten begegnen uns auch in neuassyrisch/ b i n d u n g e n z. B . Elektron) verwandt
neubabylonischer Zeit, so b e i m S c h m u c k haben, deren niedrigen Schmelzpunkt m a n
a u s d e m G r a b 5 9 9 i n A s s u r (o. c. T f . 14, a) empirisch festgestellt hatte. Mit der E n t -
u n d bei einem Hortfund v o n Schmuck- wicklung der Legierungstechnik ist m a n
s a c h e n a u s U r ( U E 9, Tf. 22), v o n d e n e n dann dazu übergegangen, auch künstliche
aber kein Stück die gleiche Perfektion u n d Metall-Legierungen zu diesem Zweck zu
künstlerische Qualität aufweist wie die erstellen. So erreicht m a n z. B . d e n nie-
prachtvollen Juwelen aus der Gruft 45 drigsten Schmelzpunkt bei einem Goldlot
in Assur. d u r c h Z u s a t z mehrerer Teile Silber, Zink,
5. Zugleich m i t d e m A u f k o m m e n der K u p f e r etc.
Schmelztechniken, wie Läutern, Legieren Man unterscheidet dabei im modernen
u n d Gießen der Metalle, dürften a u c h die Sprachgebrauch zwischen Hartlötungen,
beiden wichtigsten Methoden zur festen deren L ö t m i t t e l erst bei über 55o°C
Verbindung zweier Metallteile bekannt- schmilzt, w o h l die primäre Löttechnik, u n d
g e w o r d e n sein, die aus der m o d e r n e n Gold- Weichlötungen ( S c h m e l z p u n k t u n t e r 550°C).
schmiedekunst nicht mehr hinwegzuden- B e i der Verbindung zweier Teile aus
k e n s i n d : Löten und Schweißen. W ä h r e n d verschiedenem Metall h a t m a n in der
die frühesten Goldarbeiten bzw. Metall- antiken Goldschmiedekunst auch oft die
Kompositplastiken noch mit Nägeln, Dräh- Oberfläche desjenigen mit d e m niederen
t e n oder Zapfen zusammengehalten wer- S c h m e l z p u n k t als L ö t m i t t e l b e n u t z t . D a s
den (Wolfskopf aus Tepe Gaura: 2b; i s t z. B . d e r F a l l b e i d e r b e k a n n t e n S i l b e r -
Stierfigur aus Uruk: i c ) , sind schon z u v a s e d e s E n t e m e n a a u s Tello (Dec. Chald.
B e g i n n der Ur-I-Zeit in K i s Filigranarbei- PI. 4 3 t e r ) , w o d e r k u p f e r n e S t a n d f u ß g l e i c h -
t e n , allerdings i n Silber, n a c h z u w e i s e n zeitig das Lot zur Verbindung m i t d e m
( E . M a c k a y , K i s h 2 T f . X L I I I , 8), d i e silbernen Vasenkörper abgab, ähnlich bei
L ö t v o r g ä n g e zur Voraussetzung haben. elamischen W a f f e n u n d S t a t u e t t e n (P.
Sichere Anhaltspunkte für die Existenz A m i e t , E l a m , A b b . 265. 318. 319).
beider Techniken nebeneinander ergeben b ) A l s Schweißen d a g e g e n b e z e i c h n e t
sich bei einzelnen Goldgegenständen aus m a n d a s Verfahren, zwei Teile eines Metalls
d e m Königsfriedhof v o n U r ( U E 2 , 2 9 6 ff.), oder einer Legierung, die also einen gemein-
obwohl i m Einzelfalle nicht immer genau samen Schmelzpunkt haben, ohne An-
zwischen Schweißen u n d Löten unter- w e n d u n g eines f r e m d e n L ö t m i t t e l s zu einer
schieden werden kann. I n der wissenschaft- Einheit zu verschmelzen. Durch Zuführung
lichen Literatur gehen die Begriffe oft v o n Hitze wird die Oberfläche der Ver-
e t w a s durcheinander, vor allem i m fran- bundstellen z u m Schmelzen gebracht u n d
zösischen Sprachbereich, w o „souder" diese aneinandergepreßt, gegebenenfalls
gleichzeitig „löten" u n d „schweißen" be- d a n n n o c h einmal die S c h w e i ß n a h t erhitzt,
d e u t e n k a n n (R. J. Forbes, Studies in w e n n beide Teile schon v e r b u n d e n sind.
AncientTechnology 8 , 1 3 1 ff.; Dictionnaire D a d u r c h ergibt sich natürlich eine n o c h
...77off.;RLV7,3i2ff.). festere V e r b i n d u n g als b e i m Löten, das ja
a) M i t d e m B e g r i f f Löten w i r d i m A l l g e - i m Grunde nur ein K l e b e v o r g a n g ist.
m e i n e n die feste V e r b i n d u n g zweier Metall- So sind die W a n d u n g e n mehrerer Gold-
teile gleicher oder verschiedener Konsistenz schalen aus d e m Königsfriedhof v o n Ur an
Reallexikon der Assyriologie III 35
530 GOLD
beiden Seiten geschweißt, u n d die Schweiß- eigentlichen Zweistromlandes läßt sie sich
naht durch aufgesetzte Rippen im gleichen z u m erstenmal in der Schicht I I v o n
Material kaschiert ( U E 2 296. Tf. 163, T r o j a n a c h w e i s e n (F. Matz, K r e t a - M y k e n e -
unten). Vor allem aber wurde die Technik T r o j a , T . 6, o b e n r e c h t s ) , i n Ä g y p t e n
des Schweißens bei einer A n z a h l v o n Gold- t a u c h t s i e e r s t z u r Z e i t d e r 12. D y n a s t i e
schmiedearbeiten aus U r a n g e w a n d t , die auf ( F u n d e v o n D a h s c h u r : R1V 4, Tf.
m i t feinster Granulation verziert sind. 177, b ; vgl. d a z u : L. W o o l l e y , Alalakh,
c) U n t e r Granulation v e r s t e h t m a n d a s Tf. L X I X , b), e t w a zur gleichen Zeit in
Aufschweißen von winzigen Goldkügelchen S y r i e n / P a l ä s t i n a (E. W e i n / R . Opificius,
auf die Oberfläche eines Goldgegenstandes, 7000 Jahre Byblos, Tf. 1 6 . 1 7 . 1 8 ; L.Wool-
u m diesen figürlich oder ornamental zu ley, Mesopotamien u n d Vorderasien 105).
dekorieren. D i e K ü g e l c h e n werden durch Besonders feine Granulationsarbeiten sind
Schmelzen kleiner Goldblech-Partikel, der uns aus der mittelassyrisch/mittelbabylo-
Paillen, in Holzkohlepulver hergestellt, w o nischen Zeit überliefert, so bei G o l d s c h m u c k
sie regelmäßige Kugelgestalt a n n e h m e n in Verbindung mit Einlagen u n d Filigran
u n d gleichzeitig ihre Oberfläche sich m i t a u s D ü r - K u r i g a l z u (Iraq 8 [1946] Tf. X V ,
d e m Kohlenstoff zu Goldkarbid verbindet. A b b . 8) u n d A l a l a h (L. W o o l l e y , A l a l a k h
D a d u r c h wird ihr S c h m e l z p u n k t auf 900°C T f . X L I X , b . e. g . f. h . i.), b e i v i e l e n G o l d -
herabgesetzt, u n d sie k ö n n e n ohne Zusatz funden aus d e m sog. Insusinak-Depot in
eines f r e m d e n L ö t m i t t e l s u n m i t t e l b a r auf S u s a ( M D P 7, T f . X I V , 6. 7. 1 3 ; T f .
die Goldunterlage geschmolzen werden, X X I V , 3) u n d v o r a l l e m b e i d e n g o l d e n e n
die durch den Schmelzvorgang w e g e n ihres Edelsteinfassungen aus der Gruft 45 in
h ö h e r e n S c h m e l z p u n k t e s (ioÖ4°C) s e l b s t A s s u r (s. 4 e ; W V D O G 6 5 , T f . 3 4 , s. t .
n i c h t in Mitleidenschaft g e z o g e n wird. u. v. w. y). A u c h in neubabylonischer Zeit
wird die Granulationstechnik in feinster
D i e V e r t e i l u n g der K ü g e l c h e n auf der
Ausführung weitertradiert (Schmuck aus
Oberfläche wird oft, auch zur Erleichterung
d e m E - n u n - m a h i n U r : U E 9, T f . 2 2 ) .
des Schmelzvorganges, durch das Eingra-
vieren v o n Linien in d e m beabsichtigten H ä u f i g h a t m a n i m A l t e n Orient, spä-
Muster auf der U n t e r l a g e markiert. testens seit der Kassiten-Zeit, auch Siegel-
Bei weniger feinen Granulationsarbeiten kappen mit Granulation verziert, meist in
hat m a n auch mit Lötvorgängen gearbeitet. F o r m v o n D r e i e c k s m u s t e r n (E. Herzfeld,
Als Bindemittel k o m m e n künstliches Gold- A M I 9, T f . 12, N o . 13; D . O p i t z , A f O
karbid oder Zinnlegierungen vor. Hierbei Beih. 1 , 1 8 4 1 7 ) . D i e Vorhebe für diese Tech-
wird allerdings unter U m s t ä n d e n , beson- nik ging gelegentlich so weit, daß diese
ders bei Hartlot, die Goldunterlage leicht Muster in N a c h a h m u n g der Granulation in
selbst z u m S c h m e l z e n gebracht, oder das den oberen u n d unteren R a n d des Siegels
Lötmittel verklebt die Zwischenräume geschnitten wurden, w e n n der Besitzer sich
zwischen den einzelnen Kügelchen. keine G o l d k a p p e n leisten k o n n t e (vgl.
D i e frühesten Beispiele für granulierte Glyptik*; A. Moortgat, V R Tf. 67. N o . 560).
Goldarbeiten finden wir wiederum unter Desgleichen kennen wir Imitationen v o n
den reichen F u n d e n der Königsgräber v o n Granulationsmustern i m Gußverfahren oder
U r (vgl. d a g e g e n : D . Opitz, A f O Beih. 1933, durch punktierte Ornamente bei dünnen
18417). I n erster Linie kleinere S c h m u c k - G o l d p l ä t t c h e n (L. W o o l l e y , A l a l a k h , T f .
g e g e n s t ä n d e , w i e Ohrringe ( U E 2 Tf. 138, L X I X , i. n ) .
U . 1 0 4 0 9 ) , a b e r a u c h g r ö ß e r e O b j e k t e , z. B . Offensichtlich stellt die Granulation eine
die in Filigrantechnik gearbeitete Dolch- der diffizilsten u n d feinsten G o l d s c h m i e d e -
scheide aus dem Grab P G 580 ( U E 2 t e c h n i k e n ü b e r h a u p t dar, u n d h a t gerade
Tf. 151), w a r e n m i t Granulation reich ver- i m A l t e r t u m eine nie wieder erreichte
ziert. W i r dürfen a n n e h m e n , d a ß sich diese Blütezeit erlebt. E s b e s t e h t h e u t e kein
Technik in Mesopotamien entwickelt hat Zweifel mehr, daß auch die hochstehende
u n d v o n hier aus i n die u m h e g e n d e n Ge- Granulationskunst der E t r u s k e r v o m 9. b i s
biete verbreitet w o r d e n ist. A u ß e r h a l b des 7. J a h r h u n d e r t (R1V 3 , T f . 1 1 0 ; 4 , T f . 2 3 8 )
GOLD — GOOSSENS 53i
35*
532 GOMER — GOTT
kret für den Sumerer nur Mensch sein Dupl.). A u c h der — w o h l vergöttlichte —
konnte. Dieser A n t h r o p o m o r p h i s m u s ist K ö n i g h a t eine überdimensionale Größe,
keine späte Entwicklungsstufe, wie das vgl. aus der schon erwähnten Geierstele die
gelegentlich behauptet wurde (zuletzt v o n Zeilen Vs. V 6 f f . ; dies m a g v o n der Fülle
K. O b e r h u b e r , D e r n u m i n o s e Begriff fürstlichen M a n a s herrühren (vgl. a u c h
M E i m Sumerischen [Innsbruck 1963], A . F a l k e n s t e i n , AnOr. 30, 95).
der sich auf B . L a n d s b e r g e r , R e v u e de D i e Personifizierung u n d der Anthropo-
la Faculte de Langues, d'Histoire et de morphismus begründen wohl den transzen-
Geographie [Universite d'Ankara] 1 [1942] denten Gottesbegriff. E s gibt aber keinen
9 7 f f . ; 2 [1944] 4 3 2 f f . ; 3 [1945] 1 5 0 « . A n h a l t für die E n t s c h e i d u n g der Frage,
s t ü t z t ; vgl. dazu OLZ 6 2 [1967] 229ff., ob in vorhistorischer Zeit eine monistische
E i n i g e B e m e r k u n g e n z u s u m e r i s c h e n reli- S t u f e v o r a u s g e g a n g e n i s t , d. h . d i e S t u f e
gionsgeschichtlichen Problemen). der absoluten Identifizierung der Götter
/) E i n e solche E n t w i c k l u n g läßt sich in mit den wirkenden Naturphänomenen.
historischen u n d frühhistorischen Zeiten B e s t i m m t e Äußerungen in literarischen
nicht erkennen, eher das Gegenteil, da in T e x t e n , z. B . U E T 6, 107, 3 1 u. D u p l .
e i n e m T e m p e l der Schicht U r u k I V ein im-hul im-hul-da im-da-küs-ü-de
überdimensionales Götterbild gefunden „in den bösen Stürmen seufzst du
w u r d e (vgl. H . L e n z e n , U V B 1 4 , 3 7 ; (Inanna)", m u t e n u n s monistisch an.
i b i d . T f . 4 2 a), d e s s e n D a t i e r u n g n i c h t g) E s i s t d i e F r a g e , o b d i e S u m e r e r t h e r i o -
angezweifelt werden kann. Daher müssen morphe Götter gekannt haben. Götter-
w o h l alle G r o ß t e m p e l a u s der U r u k - Z e i t t i e r e ( u n t e n § 3) h a b e n h i e r m i t n i c h t s
als W o h n u n g e n anthropomorpher Götter z u tun. A b e r in Stierdarstellungen in der
gelten. Der Hauptgott, das untergeordnete U r u k - G l y p t i k (z. B . B J V 6 [ 1 9 6 6 ] T f . I
P a n t h e o n u n d die vielen M a c h t ausstrah- 1—2) könnte m a n vielleicht einen Sinn
lenden S y m b o l e scheinen z u allen Zeiten erkennen, w e n n es sich u m den Himmels-
nebeneinander bestanden zu haben. Der stier handelt. E s b e s t ü n d e d a n n eine b e -
A n t h r o p o m o r p h i s m u s ist vor allem für s t i m m t e Kontinuität zwischen der Reli-
den Gott Asarluhi, der d e n Urzeitgöttern gion der Uruk-Zeit u n d der der *Ubed-
sehr n a h e steht, in d e n ätiologischen E i n - Zeit, in der die Stierfiguren h ä u f i g sind.
leitungen der B e s c h w ö r u n g s t e x t e belegt, D a ß der Prozeß des A n t h r o p o m o r p h i s m u s
i n d e n e n er a l s e i n M e n s c h b e s c h r i e b e n sich nicht immer ganz vollzogen hat, be-
wird, der z w i s c h e n d e n Sterblichen auf w e i s t das V o r h a n d e n s e i n der Mischwesen*.
der E r d e h e r u m g e h t , u m die K r a n k h e i t e n h) D i e M a c h t d e r G ö t t e r i s t v e r s c h i e d e n
z u b e o b a c h t e n u n d ihre H e i l m i t t e l z u groß. D e r H a u p t g o t t ist, w i e in vielen
f i n d e n (vgl. z u m a n t h r o p o m o r p h e n H e r - primitiven Religionen, der H i m m e l s g o t t
u m g e h e n d e r G ö t t e r C. J . G a d d , I d e a s An. Wie ihn regionale Gottheiten v o n
of D i v i n e R u l e , I 4 f f . ) . A u s d e r V e r b i n - seiner Stelle verdrängt haben, ist n o c h
dung dieses Anthropomorphismus mit den unklar. Sie stehen aber d e m Volke viel
vergöttlichten Naturphänomenen resul- n ä h e r als der H a u p t g o t t . I h n e n wird v o r
tiert die überdimensionale Größe der allem das „Schöpferische Wort" zuge-
Götter u n d bisweilen der Götterbilder. schrieben, sumerisch i n i m , E m e s a l e - n e -
Vgl. die Vorderseite der Geierstele* u n d e m , vgl. Ä. S j ö b e r g , D e r sumerische
Gudea Zyl. A I V I 4 f f . l ü - d i s - ä m a n - M o n d g o t t 1, S. 1 6 8 , 2 9 z a - e e - n e - e m - z u
g i m r i - b a - n i k i - g i m r i - b a - n i (frei:) ki-a 1-ma-al ü-simba-an-mu-mü
„ d a war ein Mensch ( = Ningirsu / Nin- „ D u , (Sin) d e i n W o r t e r g e h t a u f E r d e n ;
urta), der so groß war, d a ß er v o n der es wachsen Pflanzen u n d Kräuter". D a s
E r d e b i s z u m H i m m e l r e i c h t e " (vgl. a u c h „schöpferische Wort" ist neben der
S u m e r 18 [1962] 26 a d 26). D i e kriege- „Schicksalsbestimmung" (unten § 8)
rische I n a n n a ist a n - g i m m a h - a . . . ki- w o h l das größte Machtmittel der Götter.
g i m d a g a l - l a „ h o c h w i e d e r H i m m e l . . ., Diese Macht ist jedoch niemals All-
b r e i t w i e d i e E r d e " ( U E T 6 , 1 0 7 , 1 2 3 f. u . m a c h t , sondern nur so groß wie die Macht
GOTT 535
m u s findet sich a m deutlichsten in den Sins bleibt unerhört (Hebrew and Semitic
sog. E x p l a n a t o r y Godlists, CT 25. D a S t u d i e s p r e s e n t e d t o G. R . D r i v e r , p . 6 o f f . ) ;
aber das Grundprinzip des sum. Poly- d a s w i r d i n A S 12, 68, 4 2 9 ff. auf m o r a -
theismus, die Vergöttlichung der N a t u r - lische Schuld zurückgeführt. A u c h i m
phänomene, niemals angetastet wurde, b e k a n n t e n M y t h o l o g e m der G ö t t e r t ö t u n g
scheint die Verwendung des Wortes Mono- i n Ee. u n d Atrahasis s p i e l t d i e S c h u l d f r a g e
theismus in diesem Z u s a m m e n h a n g ab- eine Rolle.
wegig. Dasselbe Mythologem bestimmt auch
grundsätzlich d a s Verhältnis der Götter
§ 7. V e r h ä l t n i s G o t t — M e n s c h . D i e zu den Menschen. Diese sind geschaffen,
verschiedene N a t u r der G o t t h e i t e n impli- u m die m ü h e v o l l e Arbeit der Götter, d e n
ziert ein verschiedenes V e r h ä l t n i s z u d e n dullu, s u m . d u - l u m , z u l e i s t e n . V g l . a u s
Menschen. E s gibt deifizierte Naturkräfte, a k k a d i s c h e n T e x t e n Ee. V I 8 ; d i e E i n -
die d e n Menschen wohlgesonnen, u n d da- leitung v o n Atrahasis; aus der s u m .
n e b e n andere, die d e n Menschen feindlich Überlieferung ActOr. 28 (1964—65) 24ff.
sind; n o c h andere k ö n n e n beides sein. u n d V T Suppl. 3, 174, 4 5 u 4 u k ü - s ä r - r e
S o ist der l e u c h t e n d e M o n d ein Segen, der ha-la-ba-ba du-lum ha-la-ba-mu-
verdunkelte ein Fluch für den Menschen u m „als allen M e n s c h e n ihr A n t e i l z u -
( C T 1 6 , 19, 5 2 f f . ) . D a s W a r u m v e r s t e h t geteilt wurde, wurde die mühevolle Arbeit
m a n oft nicht, da der Gedanke des mein Anteil". Hier wurzelt das latreu-
G o t t e s „ein verschlossener K r u g ist, w e r tische (Sklaven-)Verhältnis Mensch—Gott.
kann den Sinn erfassen", e - n e - e m - m ä - n i dullu i s t d i e conditio humana. Z w i s c h e n
gakkul-äm al-sü sä-bi a-ba mu-un- diesem M y t h o l o g e m u n d der s u m . Gesell-
z u ( v g l . S B H : 1, 6 0 f . u . D . ; J . B ö l l e n - schaftsstruktur (s. T e m p e l * ; Tempel-
r ü c h e r , L S S 1/6, 33, i 6 f . ) . V o n Enlil staat*; Theokratie*) m u ß eine Verbin-
w i r d g e s a g t ( S G L 1, 2 4 ) „ d e i n e a l l e s d u n g bestehen. Man b e m e r k e aber, d a ß
übersteigenden E i g e n s c h a f t e n erwecken tie- nam-lü-ux-lu „Menschheit, Humanis-
fes Schweigen: deren Sinn ist wie ver- m u s " ein Zentralbegriff der s u m . G e d a n -
wirrte Fäden, die m a n nicht entwirrt, kenwelt war (SSA 23f.).
wie durcheinander geratene Fäden, deren I m latreutischen Verhältnis des Men-
Entwirrung m a n nicht findet". Solche schen zu den Göttern findet der Kult
A u s d r ü c k e m e i n e n die große W e i s h e i t der seine Motivierung. Auf die latreutische
Götter, nicht aber eine Allwissenheit. H a l t u n g der Menschen, das Schuldbewußt-
A l l w i s s e n h e i t u n d A l l m a c h t g i b t e s fin- sein den Göttern gegenüber u n d deren
den Sumerer nicht, da die Machtaus- Bindung an moralische Gesetze gründet
dehnung eines Gottes korrelativ ist zu sich für die Menschen die Möglichkeit
d e n N a t u r k r ä f t e n , die sie inkorporiert. des Gebets*, das sich in seiner schönsten
D e n n o c h h a t dieser Gottesbegriff nicht F o r m i n Z. 5 7 — 2 5 7 d e r D i c h t u n g „ L u g a l -
zu bloßer Willkür u n d z u Determinismus b a n d a i m Gebirge H u r r u m " findet. A u c h
im Verhältnis Gott — Mensch geführt, das „Herzberuhigungsgebet", das ein star-
sondern mit d e m Anthropomorphismus kes Sündenbewußtsein voraussetzt, war
a u c h den freien Willen u n d die moralische den Sumerern b e k a n n t ; vgl. „ E n h e d u -
Motivierung in die Götterwelt eingeführt ' a n n a I " Z. 1 4 3 — 1 4 5 u n d C T 4 4 Nr. 14,
und damit das Problem von Sünde und 28'—33'
B u ß e : da Naräm-Sin sich an Nippur nam-da-lü-lü ü-me'-en a-ra ü-me'-en
v e r g a n g e n h a t , r u f t E n l i l (in concreto e-ra na-äm-da de-tu-ha
d i e P r i e s t e r s c h a f t E n l i l s ) d i e G u t ä e r (s. sis-kur-re nam-te-la ü-du
Gutium*) z u Hilfe, u m A k k a d z u ver- sä-dingir-mu ki-be ha-ma-gi-gi
n i c h t e n (vgl. Z A 5 7 [1965] 58, 155ff-)- d i n g i r - m u "»""na-äm-da d e - t u - h a
Ibbisin klagt, d a ß Enlil die Martu- ka-ta-ar-zu he-si-li-im
Nomaden gegen Sumer aufgeboten hat „die S ü n d e n der M e n s c h e n sind sieben m a l
(vgl. Z A 4 9 [1950] 62). S e l b s t d a s G e b e t sieben:
GOTT 54i
§ 10. S t a d t g o t t , G o t t d e s L a n d e s . § 11. E n t w i c k l u n g d e s G o t t e s b e -
N a c h Analogie der W a h l eines persönlichen g r i f f e s . A n d a s E n d e der Darstellung
G o t t e s (dies i s t n i c h t d i e S c h u t z g o t t h e i t m ö c h t e n wir einige B e m e r k u n g e n zur
u d u g - s a 6 - g a ) scheint auch der Stadt- religionsgeschichtlichen Entwicklung des
g o t t * u n d der „ G o t t d e s L a n d e s " (auch Gottesbegriffes stellen, die eigentlich a m
Enlil*) aus e i n e m bestehenden, für das A n f a n g stehen sollten. D o c h widerrät sich
g a n z e L a n d servatis servandis g ü l t i g e n eine solche A n o r d n u n g b e i m Blick auf die
P a n t h e o n ausgewählt z u sein. Solche Gegebenheiten unserer Quellen. D e n n eine
Götter werden in vielfacher Verbindung synchronistische Behandlung dieses The-
m i t ihrer S t a d t b z w . d e m L a n d e S u m e r m a s k o m m t nur für die späte Zeit in
genannt. Die Titel d i n g i r - u r u - n a „Gott Frage. Die frühesten Texte können noch
seiner S t a d t " u n d d i n g i r - k a l a m - m a - n a nicht genügend gedeutet werden, u m eine
„Gott seines Landes" u n d d u t u - k a l a m - sichere Basis z u bilden für religionsge-
m a „ S o n n e n g o t t d e s L a n d e s " (vgl. d i e schichtliche B e t r a c h t u n g e n (vgl. v o r l ä u f i g
Lit. bei W . R ö m e r , S K I Z 55ff. u n d A. F a l k e n s t e i n , Archaische T e x t e aus
74ff., A n m . 429—464) m u t e n aber byzan- Uruk 58ff., und meine „Bemerkungen
tinistisch an. D i e hier vertretene A n s i c h t z u sum. religionsgeschichtlichen Proble-
der W a h l der S t a d t g ö t t e r impliziert das m e n " in O L Z 6 2 [1967], 229ff.)• E s fehlt
B e s t e h e n eines hierarchisch geordneten somit der Ausgangspunkt. Weiter m u ß
P a n t h e o n s in den frühesten Zeiten; vgl. m a n in Betracht ziehen, daß die E n t -
e t w a die Schutzheiligen der christlichen wicklungselemente nicht so sehr für die
Städte. Zwar hat es wohl innerhalb des einzelne Gottheit oder den Gottesbegriff
Pantheons bedeutsame Entwicklungen als vielmehr für das P a n t h e o n Gültigkeit
u n d Verschiebungen gegeben. Mit ihnen haben, in d e m die E n t w i c k l u n g a u c h
ist aber die Theorie eines spät z u s t a n d e wirklich greifbar ist; diese Entwicklungs-
g e k o m m e n e n „ R e i c h s p a n t h e o n s " (vgl. d a - phasen aber müssen unter d e m Stichwort
z u zuletzt A. F a l k e n s t e i n , AnOr. 30, P a n t h e o n * behandelt werden. E s ist die
5 6 f f . ) n i c h t z u b e g r ü n d e n ; sie ist a u c h Frage, ob die Gottesidee selbst in histo-
nicht m i t der oben dargelegten Ansicht rischen oder frühhistorischen Zeiten eine
über den „ S t a d t g o t t " usw. in Einklang Entwicklung durchgemacht hat. Vgl.
zu bringen. u n s e r e B e m e r k u n g e n s u b 1. E s h a n d e l t
GOTT 543
Ursprünglich h a t t e Prof. A. F a l k e n - J. v a n D i j k
36»
54» GOLD
masana- oder ti-na- (vgl. Meriggi, HHG 2, 18 II 4]), „alle 4Z«-Namen" ([dat.]
166); protohatt. aShap, pl. uaShap (vgl. 5f/M9'- A *Alas hümandaS [KUB 2, 1 III
Friedrich, HW 316. 319); churr. eni- (vgl. 27, vgl. IV 35; IBoT 2, 18 II 5. HI 6]);
1. c. 3 2 0 ) . c) als Apposition: vgl. d U Pihaimi
2. Diese Wörter sind in allen Sprachen (KBo 4, 10 Vs. 53, u. ö.) mit d Pihaimi
Generis communis und stehen sowohl für (KUB 38, 6 IV 11) und d Pihaimi d U
mv
„Gott" (vgl. KUB 15, 23 Rs. 18: DIN- $anahuitta (vgl. MIO 9 [ 1 9 6 3 ] 2 1 5 ) ;
d
GIRLUM EN-74 „Gott, mein Herr") wie LÄMA ÜR.MAH (KUB 22, 27 IV 37) mit
d
für „Göttin" (vgl. KUB 15, 1 I 5: DIN- LÄMA-«s dUR.MAH (Bo. 556, 9) und
d
GIR i(7A/ GAS AN-74 „Göttin, meine Her- UR.MAH (I.e. 12) „(LÄMA) Löwe"
rin"); vgl. § 3 c II. (vgl. § 2 c 1 3 ) .
II. Besondere Bezeichnungen. 1. In
§ i b . Definition. 1. Kultisch: Definiert
einigen Götternamen erscheint das selb-
man „Gott" als Objekt kultischer Hand-
ständig nicht vorkommende Wort -Sepaj
lungen, so umfaßt der Begriff für Hatti
zipa „Dämon, Geist, o. ä." (vgl. Laroche,
außer eigentlichen Göttergestalten auch
Rech. 67t.; Kronasser, Etymologie I/2
Naturerscheinungen (vgl. KBo 5, 2 III
[ 1 9 6 3 ] 1 8 4 — 1 8 6 ) als zweites Element; vgl.
5f.: „er hbiert . . . dem Himmel, der
z.B. d Miiatanzipa „Wachstum(sgeist)";
Erde . . . " ; s. § 2 c 11 und 12), „macht-
ferner daganzipa (vgl. Friedrich, HW 204)
geladene" Gegenstände und Stellen (vgl.
neben tekan „Erde" (vgl. 1. c. 220),
a KBo 4, 9 III 6—8 [u. o.]: „er hbiert dem
IspanzaSepa (Bo 899 Vs. 7) neben
d ,Herd', . . . dem ,Thron', . . . dem .Fen-
Ispanza „Nacht" (Bo 2 3 7 2 III 2 0 . 3 0 ) .
ster', . . . dem .Riegelholz'"; s. § 2 c 14),
2. Bezeichnungen für „Göttertypen" sowie gestaltlose „Mächte" (vgl. KBo 13,
(vgl. §2c; Goetze, Kleinasien 131!; 245 VI 14—16: „er zerbricht 3 ,Flach-
Otten, Rel. 106): Nicht eine bestimmte brote' . . . und stellt sie der .Furcht' und
Gottheit, sondern allgemein Angehörige dem .Schrecken' hin; s. § 2 c 15).
eines „Göttertyps" bezeichnen die Götter-
namen bzw. Sumerogramme d U bzw. 2. Mythologisch: Grundsätzlich gelten
d
lSKUR „Wettergott" (vgl. §2 c 1), alle handelnden Figuren eines Mythos als
d
UTU „Sonnengott" (vgl. 1. c. 2), d XXX „Götter". Unsicher ist jedoch die „Gött-
„Mondgott" (vgl. 1. c. 3), aHepat (vgl. lichkeit", wenn das „Gottesdeterminativ"
(s. § 1 c 1) nicht gesetzt ist, wie z.B. bei den
1. c. 4c), d lSTAR bzw. d LlS bzw. dGASAN Drachen Ilhdanka und Hedammu (vgl.
(vgl. 1. c. 5), dZA.BA4.BA4, »U.GUR (-> § 1 c 1 b); vgl. auch das vereinzelte Auftreten
Nergal) und &larri (vgl. 1. c. 6 b), dLÄMA, von Tieren (z. B. Adler und Biene im
*Ala, malüa und d IMIN.IMIN.BI Telipinu-Mythos, vgl. 1. Vers. A I 24ff. ~
„Sieben" (vgl. 1. c. 10 a—c. e) 2. Vers. A I I 2 f f . , s. E. Laroche, RHA
a) als Grundwort in deskriptiven Namen 2 3 / 7 7 [ 1 9 6 5 ] 9 1 f. bzw. 99f.; ANET 1 2 7 )
(vgl. § 2 b II 2) von Lokalgottheiten (vgl. und Menschen (vgl. § 4a II i b . f I 1;
§ 2 d II 1), „Genii locorum" (vgl. 1. c. II ferner die [churr.] Märchen von Appu, dem
2. 3) und Funktionsgottheiten (vgl. § 2 e „Fischer" und seiner Frau, Kesse, s. J.
11); Friedrich, ZA 4 9 [ 1 9 5 0 ] 2 1 4 — 2 4 3 ) .
b) im Plural: vgl. „alle Wettergötter"
(üU¥i-A bzw. d lSKUR?'- A hümanteS § ic. Charakterisierung. 1. Texte: Götter-
[KUB 6 , 4 5 I 4 9 , u. ö., bzw. 3 1 , 1 2 1 I 6 ] ; namen werden in keilschriftlichen Texten
vgl. d lSKUR? LA -w£ [KUB 36, 41 I 6]), durch das Zeichen DINGIR „Gott"
„alle Hepat-Göttinnen" (*Hepai&l-A hü- („Gottesdeterminativ", abgekürzt d NN),
mantei[KUB 11, 2 7 I 21])," „die iSTAR- in h.-heth. Texten durch das Zeichen
Göttinnen" ( d lSTAR M E ä [KBo 2, 17 Vs. Meriggi, HHG 208 Nr. 185 (meist als
12]), „alleLÄMA-Gottheiten" ( d LÄMA MES „DINGIR" umschrieben) charakterisiert.
hümanteS [KUB 31, 121 I 11]) bzw. „alle Das „Gottesdeterminativ" fehlt jedoch
LÄMA-Namen" ([dat.] S U M ^ - A dLAMA- a) oft in churr. und protohatt. (vgl.
aS hümandaS [KUB 2 , 1 1 42. III 25; IBoT Laroche, Rech. 15 Anm. 1; H. Th. Bossert,
GOTT 549
ASerdu, [El] Kunirsa) erscheinen. Nicht Vers. A I 5 (s. 1. c. 90 bzw. 99 [vgl. ANET
zum „Pantheon" gehören Götter fremder 126]): „er lud die .tausend Götter'/,die
Länder, auch wenn sie gelegentlich in großen Götter [und die kleinen] Gött[er]'
Hatti verehrt werden, wie z. B. die Gott- ein"; 2. Vers. A 110 bzw. B II iof. (s. 1. c.
heiten von Ahhiiaua und Lazpa (KUB 5, 99t. [vgl. ANET 127]): „.die großen
6 II 57—64 [s~ AU 289f.]); vgl. Goetze, Götter und die kleinen Götter' fingen [an],
Kleinasien 133; Otten, Rel. 106 mit Telipinu [zu such]en" bzw. „haben ihn
Anm. 2. gesucht und nicht gef [und]en";
2. Politisch: a) In die „tausend Götter" b) churr.: vgl. Ullikummi 1 a III 24 (s.
werden in Verträgen mit Vasallenstaaten H. G. Güterbock, JCS 5 [1951] 152f.):
auch deren Gottheiten als Schwurgötter „.alle Götter' soll er vom Himmel herab-
mit einbezogen; vgl. z. B. die Gottheiten schütteln". vgl. 3 A IV 28 (s. H. G. Güter-
von Wilusa (vgl. Alaksandu-Vertrag A III bock, JCS 6 [1952] 30f.).
[81]. IV 27—29 mit 38, s. J. Friedrich,
§ 2 b. Sprachliche und kulturelle Kompo-
MVAeG 34/1 [1930] 76 f. 80—83), Haiasa
nenten". Auch abgesehen von den „fremden
(vgl. Huqqana-Vertrag I 39 [s. 1. c. n o f . ]
Göttern" (vgl. § 2a II i b . 2b) ist das „Pan-
mit KUB 26, 39 IV 26—34) oder des
theon" von Hatti sehr heterogen. Ohne
Kaska-Landes (vgl. KUB 23, 77 a +
daß im Einzelfall die sichere Zuordnung
Vs. 2f. 9t. 19f. mit 11, s. von Schuler,
einer Gottheit oder eines Motivs immer
Kaskäer 78f. 117f.). Jedoch ändert sich
möglich wäre, lassen sich folgende durch
deren Zugehörigkeit mit der politischen
sprachliche (Götternamen, vgl. §2C und
Lage (vgl. etwa von Schuler, Ka§käer78f.).
§ 3b II; Kultsprache, vgl. aber Bossert,
Vgl. auch KUB 14, 15 I 28 (s. Götze,
Königssiegel 25 f. 61—64; Goetze, Klein-
AM 38f.): „. . . und dem Mashuiluua (sc.
asien 131 Anm. 9; H. Otten, JK1F 2/1
von Mira) zogen meine (sc. Mursiiis II.)
[1951] 6 7 ! ; ders., Rel. 101) und kultu-
Götter voran . . . "
relle Kriterien (Kultort, Mythen, Rituale)
b) Im Gegensatz zu den Göttern des bestimmte Komponenten unterscheiden
„Pantheons" von Hatti stehen die Gott- (vgl. Goetze, Kleinasien 133; Otten, Rel.
heiten unabhängiger Länder wie Ägyptens 98 f. 102):
(vgl. Vertrag Hattusili III. — Ramses II.
[ägypt. Fassung, s. ANET 200f.]: „die 1. Kleinasiatisch: Kulte; Rituale; My-
tausend [männlichen und weiblichen] Göt- then; sowie protohatt., „kanisische", „he-
ter des Landes Hatti" und „die tausend thitische", pal., luw. und andere („asia-
[männlichen und weiblichen] Götter des nische") Gottheiten; vgl. Goetze, Klein-
Landes Ägypten)"; vgl. ferner die in- asien 134!; Laroche, Rech. 19—42.
dischen Gottheiten der Mitanni-Verträge 66—92; Otten, Rel. 95. 99—102; von
(vgl. Laroche, Rech. 118; Otten, Rel. 105; Schuler, WBMyth. I 173—176.
M. Mayrhofer, Die Indo-Arier im Alten 2. Churritisch: Kulte; Beschwörungen;
Vorderasien 14L 18); allgemein „feind- Mythen; sowie churr. Gottheiten; vgl.
liche Götter" (KUB 7,60 II 9; vgl. „Götter Goetze, 1. c. 133L; Laroche, 1. c. 43—65;
einer / der feindlichen Stadt" [1. c. II 22 f. Otten, 1. c. 102—105; v o n Schuler, 1. c.
III 5I) bzw. „Gott eines / des Feindlandes" 176L
(KUB 9, 31 II 51, u. ö.; vgl. § 4 b II 2 b; 3. Babylonisch: Gebete, sum.-akk. Gott-
c III 2 c). heiten, jedoch oft in churritisierter Na-
mensform und mit fremden Wesenszügen;
3. Mythologisch: In den Mythen ent- vgl. Laroche, 1. c. 43—65. 93—117 passim,
spricht der Begriff des „Pantheons" der 119—127; von Schuler, 1. c. 175.
Gesamtheit der Götter des jeweiligen
4. Syrisch-kanaanäisch: Mythen; vgl.
Kulturbereiches (vgl. §2b):
von Schuler, 1. c. 159 s. v. Asertu.
a) kleinasiat.: vgl. Illuianka A 112 f. (s.
E. Laroche, RHA 23/77 [1965] 66 [vgl. § 2 c. Typologie: Charakteristisch für
ANET 125]): „der Wettergott flehte ,alle das „Pantheon" von Hatti ist die Aus-
Götter' an"; Telipinu 1. Vers. A I 19 ^ 2. bildung von „Göttertypen" (vgl. Goetze,
GOTT 55i
Kleinasien 131 f.; Otten, Rel. 106), die b) Pestgötter: Typ „ZA.BA 4 .BA 4 " (vgl.
teils durch gemeinsame Bezeichnung (vgl. § 1 a II 2) : (protohatt.) Uurunkatte, s.
§ 1 a II 2), teils durch gemeinsames Wesen auch § 3 d II 1; ~ (luw.) Typ „Iarri" (vgl.
definiert sind; für ihre Bedeutung in der § 1 a II 2): Pestdämon, s. auch § 3 d I I ;
theologischen Systematik vgl. § 2d II. Vor- Typ „U.GUR" (vgl. § 1 a II 2): (proto-
behaltlich der Unsicherheit für die Zu- hatt.) Sulinkatte, s. auch § 3 d II 1; (churr.)
ordnung der einzelnen Gottheiten lassen HeSue(ni) (vgl. Otten, Rel. 1049; § 3f
sich folgende Typen unterscheiden: 2b)."
1. T y p „ W e t t e r g o t t " ( d U bzw. 7. W a c h s t u m s g o t t h e i t e n , a) Teli-
d
lSKUR, vgl. § 1 a II 2): der Hauptgott pinu (vgl. § 4 d III 1; Goetze, Kleinasien
des „Pantheons" sowie lokaler und regio- 143; jedoch H. G. Güterbock, Festschrift J.
naler Systeme (vgl. § 2e 2. f II 1), vgl. Friedrich [1959] 207—211); Ziparua (vgl.
(protohatt.) Taru, (luw.) Tarhunt(a), Otten, Rel. 101);
Datta, (churr.) Tesup, Humunni; Götter b) „Getreide" (protohatt.) Kait =
der Kaska (vgl. von Schuler, Kaskäer 79); (heth.) Halki ( = "NISABA); „Wachs-
§ 3 d II. e II. tum(sgeist)" (heth.) Miiatanzipa ( = dSU =
2. T y p „ S o n n e n g o t t " ( d UTU, vgl. MUQAN ?).
§ x a II 2): vgl. (protohatt.) EStan = 8. U n t e r w e l t s g o t t h e i t e n , a) „Her-
(heth.) IStanu ~ (pal.) Tiiaz = (luw.) ren) der Unterwelt": (kleinasiat.) Leluani
Tiuaz ~ (churr.) Simegi; § 3 d II. e II. (= &ALLA TUM = d ERES.KI.GÄL);
3. T y p „ M o n d g o t t " ( d XXX, vgl. (churr.) „Sonne(ngottheit) der Erde"
§ 1 a II 2): vgl. (protohatt.) KaSku ~ (taknaS d UTU) vgl. § 2d I 2;
(heth./luw.) Arma ~ (churr.) KuSuh, Um- b) „frühere Götter" (karuileS DINGIR-
bu ~ (bab.) EN.ZU; § 3 e II. MES ^ d A.NUN.NA.KE 4 ): im engeren
4. M u t t e r g o t t h e i t e n : a) alte (klein- Sinne Aduntarri, Zulki, Minki, Ammunki,
asiat.): Hannahanna („Urahne", = DIN- Nara, Nam/psara (vgl. § 3 a III 2 a), im
GIR.MAH = " d NIN.TUD); (protohatt.) weiteren Sinne wohl auch Alalu, Anu (vgl.
Katahzipuri ~ (heth., usw.) KamruSepa § 4 d III 2 b); Ea, Kumarbi, u. a.
(vgl. Epitheton „Mutter" [KUB 17, 8 IV 9. S c h i c k s a l s g o t t h e i t e n u. ä. a) per-
20]); vgl. § 2e 1 b; § 3 e I 4; § 4 c I 1 b; sönlich: (protohatt.) ISduStaia und Pa-
b) junge (kleinasiat.): (protohatt.) paia\ (heth.) dGUL-ses („Schreibende"?)
UurunSemu ~ (heth.) „Sonne von Arinna" und DINGIR.MAH M E ä ; (churr.) Hutena
(s. § 3 b II 2d): Hauptgöttin des Pantheons und Hutellura; vgl. WBMyth. I 168 f.
(vgl. § 2f II ib), Gattin des „Wettergotts" b) unpersönlich: „Schicksal" ( d NAM);
und Mutter verschiedener Gottheiten (vgl. „mein Geschick" ( * $ I M T I - I A [KBo 15,
§ 2e 2a); 2IV18, vgl. Dupl. 17, 31119]); „günstiger
c) junge (churr.): Typ Hepat (vgl. § 1 a Tag" (IzziStanu = d UD.SIG 6 , euphemi-
II 2): Hauptgöttin des (churr.) „Pan- stisch für „Todestag").
theons" (vgl. § 2f II ib), Gattin des Tesup 10. G e n i e n u. ä. a) Typ „LÄMA" (vgl.
und Mutter von Sarruma und Allanzu § 1 a II 2): vgl. Karzi, Hapantali, Zitha-
(vgl. § 2e 2b); s. auch § 3 d II. e II. riia; unten 14a; § 3 d II. e I I ;
5. T y p „ I S T A R " (vgl. § 1 a II 2): "b) Typ Ala (vgl. § 1 a II 2): vgl. § 3 d II.
(churr.) SauSga mit ihren „Hierodulen" e II;
(s. §2eII2b),vgl. § 3 c l 2 . d I I . e I I ; (klein- c) Typ Mäliia (vgl. § 1 a II 2): vgl.
asiat.) Hatepuna (?, vgl. ihre „Tempel- §3dII. eil; "
dirne" [KUB 38, 2 III 16, s. von Branden- d) SaluaneS (pl., vgl. § 3 a III 2 c): vgl.
stein, Bildbeschreibungen 8f.]). § 3 d II;"
6. K r i e g s g ö t t e r , a) „Heldenhafter e) Typ „Sieben" ( d IMIN.IMIN.BI, vgl.
Gott": (heth.) Suualiiatta ~ (churr.) § 1 a II 2; kollektiv, vgl. § 3 a I I I 2 c):
TaSmiSu ( = d NIN.URTA; vgl. H. G. vgl. § 3 d l l 2 b ;
Güterbock, RHA 19/68 [1961] 1—18); f) Körperteilgottheiten*: vgl. § 3e
vgl. (churr.) AStabi;). II 8;
552 GOLD
1i
gott 553
2. Die erstere Gruppe ist dabei im we- gott", „ISTAR des Feldes" [vgl. Götze,
sentlichen negativ zu bestimmen als die AM passim]; u. a.); „Götter des Eides"
Götter, die nicht der zweiten angehören. {linkiiaS DINGIR M E S [KBo 8, 35 II 17,
Als „Götter der Erde" gelten außer den u. ö.] = DINGIR M E ä MAMETI [Bo. 861
eigentlichen Unterweltsgottheiten (s. § 2C + 6275 Rs. 16]); „Götter des Gerichts"
8) vor allem Wachstumsgottheiten (s. (DINGIR M E S DINI [KUB 21, 37 Vs.
§ 2c 7), Pestgötter (s. § 2c 6b) und Schick- 35])-
salsgottheiten (s. § 2c 9). Vgl. §4e I i b . 4. Kultbereich: vgl. „Götter des Kaska-
3. Kosmisch polare Erscheinungsformen Landes" (KUB 4, 1 I 35, u. ö.), „Götter
finden sich (wahrscheinlich churr.) für der Zeder" (DINGIRMES G,S
ERIN-«S
Sonnengott (vgl. „Sonnengott [ d UTU] und [vgl. § 2a II ia]), „Götter der Stadt NN"
Götter des Himmels" [KUB 30, 27 Vs. 11 (vgl. die Liste KBo 4, 13 I 19—48).
u. ö.; KBo 15, 12, 10] bzw. „,Sonne[n-
gottheit] der Erde' [taknaS d UTU] und § 2e. Genealogie. 1. ,,Alte Götter":
.Götter der Erde'" [KUB 30, 27 Vs. 12f. a) kleinasiat.: vgl. die alten Muttergott-
u. ö.; KBo 15, 12, 11] bzw. .untere Göt- heiten (s. § 2c 4a).
t e r ' " [KUB 17, 14 IV 21, 23; 24, 12 II b) churr.: Die „früheren Götter" (s. § 2c
28 f.]) und Mondgott (vgl. „Mondgott des 8 b) gehören einer älteren Göttergeneration
Himmels und der Erde", vgl. KUB 7, an (vgl. Ullikummi 3 A III 48ff., s. H. G.
41/Dupl. III 54. IV 9. 23, s. H. Otten Güterbock, JCS 6 [1952] 28 t.) und gelten
ZA 54 N F 20 [1961] 132—136; vgl. als „Väter (und) Mütter" (attas annas
[churr.] d EN.ZU huuurnissiia [KBo 5, [KUB 33, 120 I 4. 5, s. Güterbock, Kum.
2lV34f-]). 6/*i]). Speziell Kumarbi ist „Vater der
II. Göttergruppen: Vielfach erscheinen Götter" (DINGIRMES-<tf attas, vgl. KUB
Götter in Gruppen, teils namentlich in 33, 102 III 11; Ullikummi 1 A I 3L II 6
meist stereotyper Folge (vgl. Goetze, [„Vater aller Götter"] u. ö., s. H. G. Gü-
Kleinasien 130 t.; Otten, Rel. 105), teils terbock, JCS 5 [1951] 146 ff.).
anonym unter einer Kollektivbezeichnung 2. Der „Wettergott" und seine Familie
(„[alle] NN-Götter"). Als konstituierende (vgl. von Brandenstein, Bildbeschreibun-
Aspekte solcher Gruppen vgl. gen 69—75; H. G. Güterbock, OrNS 15
1. Geschlecht: An die churr. Hauptgott- [1946] 487).
heiten Tesup und Hepat wird je ein a) K l e i n a s i a t . (Kult und Mythos):
„Kreis" (kaluti-) der „männlichen Götter" Von der Figur des „Wettergottes" (das ist
(DINGIR M E S .LÜ M E S [KUB 32, 92 Rs. 5, der „Wettergott des Himmels" bzw. „von
u. ö.]) bzw. „weiblichen Götter" (DIN- Hatti") aus werden rückwärts und vor-
G I R m e S . S A L m e S [KUB 30, 31 II 14, wärts je zwei Generationen angenommen,
u. ö.]) angeschlossen; vgl. E. Laroche, so daß die Genealogie insgesamt fünf
JCS 2 (1948) 113. Vgl. § 2a I 2c. Generationen umfaßt:
2. Typ: Häufig erscheinen Gottheiten 1. Generation: „Großvater" (huhhaS)
desselben Typs als Gruppen, vgl. „(alle) des „Wettergottes" (vgl. KUB 33, 24 I
Wettergötter" (vgl. § 2 c i ; § i a l l 2 b ) , 30—36); vgl. auch die „Manen" (DIN =
„(alle) Hepat" (s. § 2c 4c; § i a II 2b), G I RM E S ABI) des „Wettergottes" (KBo
„ISTAR-Göttinnen" (s. § 2c 5; § 1 a II 13, 245 VI 9).
2b), „(alle) LÄMA-Gottheiten" (s. § 2c 2. Generation: „Vater des Wettergottes"
10a; § i a II 2b); „frühere Götter" (s. § 2c ( d U-as bzw. d I§KUR-»tf£ attas [vgl. KUB
8b); „Winde", „Wolken" (s. § 2c n d ) ; 17, 16 I 16; 33, 24 I 30 ff.); namentlich als
„Berge", „Quellen", „Flüsse" (s. § 2c 12a. Vater genannt ist der „Mondgott" (KUB
c. d); usw. 33, 89, 6; vgl. auch KUB 17, 14 I 8:
3. Funktion: vgl. Schlachthelfer (z. B. „.Wettergott des Donners', Sohn des
„Sonne von Arinna", „Wettergott von .Wettergottes', Enkel des d [.. .]); vgl.
d
Hatti", „LÄMA von Hatti", „Wettergott IB als Mutter des „Wettergottes von
des Heerlagers", „übermächtiger Wetter- A[rinna?]" (IBoT 2, 23, 8).
554 gold
[KUB 6,451 I i f.], „Herr von Himmel und c) „Diener" (lR M E S ), vgl. für die
Erde" und „König der Götter" [KBo n , i „Sonne der Erde" (KBo 7, 28 Vs. 24Ö.,
Vs. i]) und (kleinasiat.) die „Sonne von vgl. J. Friedrich, RSO 32 [1957] 218—222;
Arinna" (vgl. Epitheton „Königin von oben a) Daraua (1. c. Vs. 27), Paraia (1. c.
Himmel und Erde" [KUB 21, 19 I 2; Vs. 32), „Großer der Oberen (?)""( a GAL
21, 27 I 2. I I 12]; vgl. Goetze, Kleinasien LxJmeS SA[G ?]: I.e. Vs. 37), „Groß-
136 t.; Otten, Rel. 99) bzw. (churr.) Hepat barbier" ( a GAL LÜ M E ä SU.I [1. c. Vs. 38]),
und ISTAR (vgl. für beide Epitheton Hilassi („der des Hofes" ? [1. c. Vs. 39);
„Königin des Himmels" [KBo 11, 1 Vs. 2, für den „Wettergott" Bäcker und Mund-
u. ö., bzw. KBo 5, 3 + I 51]). schenk (vgl. KUB 24, 8 II 19, s. J. Fried-
b) Vgl. das Epitheton „König" (LUGAL rich, ZA 49 N F 15 [1950] 218 f. [churr.
= [protohatt.] katte = [pal.] tabarna-) für Märchen]); vgl. oben a; ferner Anu als
Ea und Kumarbi (s. § 4 c I i b ) ; Santa Mundschenk für Alalu, Kumarbi für
( a AMAR.UD [KUB 9, 31 II 22; Bo. 2738 Anu (vgl. KUB 33, 120 I 9ff. bzw. 16f.,
I I I 9]); Leluani (412/b-j- I 6); Zaparua insbesondere I iof. = 17: „zu den Füßen
(KUB 35, 165 Vs. 10); sowie „Königin nieder neigt er sich, zum Trinken gibt er
(SAL.LUGAL) von Katapa" für Sartiia ihm die Becher in seine Hand" [s. Güter-
(KUB 6, 45 I 48). bock, Kum. 6/*if.]).
2. Dienende Gottheiten, a) „(Groß)Wesir" d) Die Stiere Seri(Su) und Hurri bzw.
( L °SUKKAL[.GAL]), für den „Sonnen- Telia als Trabanten des „Wettergottes"
gott" (babylon.): BUNENE (KUB 31, (ursprünglich Tesup).
127+ I 65) und MESARU (1. c. iof. 65t.; 3. Mittler zwischen Mensch und höheren
KUB 36, 75 II 4L) bzw. (churr.) Lippa- Gottheiten (vgl. Goetze, Kleinasien 140 f.;
ruma (KUB 27, 1 II 21), für TeSup: Tenu Otten, Rel. 108): vgl. für „Wettergott (des
(I.e. I I 18; KUB 34, 102 I I 14), für Himmels)" und „Sonne von Arinna"
Hepat: Tiiapinti (KUB 27, 1 II 55; Zintuhi (KUB 21, 27 IV 2—12), Mezzulla
230/p I 31), für ISTAR: Undurumman (1. c. 13—26) und der „Wettergott von
(KUB 17, 2 I I 17), für HiSueni: HupuS- Nerik und Zippalanda" (1. c. 27—42), vgl.
dukarra (1. c. I I 22), für Ea (Ad): Izzummi § 2 e 2 a (4. und 5. Generation); für den
(I.e. II 20; vgl. KUB 36, 2d I I I 33ff.), „Wettergott" der Stier Seri (KUB 6, 45 I
für Kumarbi: Mukisanu (KUB 27,1 II 19; 33—36, vgl. ANET 397f.), vgl. oben 2d;
Ullikummi 1 A II 31 f., s. H. G. Güterbock, für die „Sonne der Erde" ihr „Wesir"
JCS 5 [1951] 150L), für das „Meer": Impa- (vgl. oben 2 a) und ihre „Diener" (vgl.
luri (Ullikummi 1A II 9 ff. III 37 i. C III 4, oben 2 c).
s. 1. c. 148—151. 154L); für die „Sieben
(iIMIN.IMIN.BI)": „LÄMA Löwe" (Bo § 3. I n d i v i d u e l l e A s p e k t e .
556, 9. 12; vgl. § 1 a II 2c); ferner den § 3 a. Wesen. I. Charakterisierung.
„Wesir" des „Wettergottes" (KUB 24, 8 1. Texte: Das Wesen der meisten Gott-
II 13ff., s. J. Friedrich, ZA 49 N F 15 [1950] heiten des „Pantheons" von Hatti ist nicht
218f. [churr. Märchen]; KBo 13, 245 VI genauer erkennbar. Soweit sie nicht über-
11), der „Sonne der Erde" (KBo 7, 28 Vs. haupt nur als „Numina" (vgl. § 3b I 2) er-
22, s. J. Friedrich, RSO 32 [1957] 2i8f.; scheinen, sind die Aussagen über Ge-
vgl. unten c). schlecht (vgl. §3c), Eigenschaften (vgl. § 2f
b) „Hierodulen" ( SAL SUHUR.LÄL), I; § 4 c) und Funktionen (vgl. § 3e I ; § 4d)
vgl. für I§TAR: Ninatta, Kulitta, Senta- teils allgemein, teils ungenügend oder
lirti, .. -amrazuna („vornehmere", vgl. widersprüchlich. Wegen der Vielzahl der
KUB 24, 7 I 12—14), sowie Ali, Halzari, Gottheiten und durch die starke Tendenz
Taruui, Sinandadukarni („geringere", vgl. der Theologie zur Bildung von „Götter-
1. c. 22—24); für Hepat (vgl. Ullikummi gruppen" (vgl. § 2 d II) treten die Einzel-
3 A II 9, s. H. G. Güterbock, JCS 6 gottheiten nur wenig hervor; mögen auch
[1952] 20f.; darunter wohl Tahiti, vgl. manche Gottheiten in lokalen Kulten eine
I 25 ff. [s. 1. c. 18—21]). ausgeprägtere Bedeutung gehabt haben,
gott 557
so erscheinen sie doch in den Texten, die 3. Persönlich gestaltet sind die meisten
sich vorwiegend auf den Staatskult be- Gottheiten des Kults und Figuren des
ziehen, nur innerhalb einer „Gruppe". Mythos.
Durch die Gleichartigkeit vieler Kulte und a) Dabei überwiegt die a n t h r o p o -
ihrer Gottheiten wird wiederum die Aus- m o r p h e Vorstellung, auch bei Natur-
bildung von „Göttertypen" (vgl. § i a erscheinungen wie „Meer", Berg-, Fluß-
I I 2; § 2 c) begünstigt. Individuellere und Quellgottheiten (vgl. § 2 c 12; § 4 f
Charakterisierung findet sich daher nur II 2a).
bei den Hauptgottheiten (vgl. § 2 f) und b) T h e r i o m o r p h vorgestellt sind die
einzelnen Figuren des Mythos, wobei „Tiergottheiten" (s. § 2 c 13) und die
jedoch immer noch Typisches überwiegt. mythischen Drachen Illuianka und He-
Die heterogene Struktur des „Pantheons" dammu. Häufig findet sich Theriomor-
(vgl. § 2 b) bewirkt andererseits eine phismus auch bei dem Typ „Wettergott",
wechselseitige Beeinflussung und Anglei- der als Stier repräsentiert (s. § 4 f II 2 b)
chung von wesensähnlichen Gottheiten und vorgestellt wird; vgl. die Epitheta
verschiedener Sprach- und Kulturbereiche „Kalb des Tesup" ([churr.] ATesubbi
mit Ansätzen von „Synkretismus" (vgl. hupiti = AMAR-Üi [KUB 27, 38 II 20,
Identifikation der „Sonne von Arinna" u. ö.]; vgl. J. Friedrich, BiOr. 5 [1948]
mit Heftat [vgl. Goetze, Kleinasien 132. 52; H. Otten, OLZ 49 [1954] 1352) für
137; Otten, Rel. 103], s. b I 1). Durch Sarruma, „Kalb des .Wettergottes von
theologische Spekulation werden auf man- H a t t i ' " ( d U UBUHatti . . . AMAR-ws
che Gottheiten wesensfremde Züge über- [KUB 6, 45 I 50]) für den „Wettergott des
tragen (z. B. Züge des babylon. Samas auf Heerlagers (KARAS)".
die „Sonne von Arinna" [vgl. Goetze, 1. c. c) Andere Gestalt findet sich nur ver-
136 mit Anm. 7]). einzelt, wie etwa bei Ullikummi (vgl.
2. Ikonographie: Vorwiegend typisch, Ullikummi 1 A IV 36, s. H. G. Güterbock,
nicht charakteristisch sind auch die Dar- JCS 5 [1951] 158f.: „sein Körper ist nicht
stellungen von Göttern (vgl. § 1 c 2); vgl. [dem . . . ] der Götter gleich"); vgl. auch
etwa die Typen „Wettergott" (als Stier § 4 f II 2C.
[s. II 3 b ; § 4 f II 2b]), „Berggott" (vgl. III. Erscheinungsformen. 1. Varianten'.
WBMyth. I 160). Eine Möglichkeit der Vereinzelt findet sich eine Differenzie-
Identifikation von Götterdarstellungen ist rung von Göttergestalten nach Kultorten
meist nur durch die Beischrift des Namens (vgl. Telipinu von Durmitta [KUB 4,
(vgl. Yazilikaya*), vereinzelt durch cha- 3 I 4] bzw. von Tauiniia [KUB 30, 29
rakteristische Embleme (vgl. § 3 t) und Vs. 12]) oder besonderen Eigenschaften
eventuell die Stellung innerhalb einer bzw. Funktionen (vgl. „Wettergott von
Gruppe (vgl. Yazihkaya*) gegeben; vgl. von Hatti" = „Wettergott des Himmels" =
Brandenstein, Bildbeschreibungen 66— ,"mächtiger Wettergott [ a U NIR.GÄL]").
92; H. G. Güterbock, Belleten 7/26 (1943) Dabei ist nicht immer zu entscheiden, ob
295—317; ders., OrNS 15 (1946) 487—496; es sich um Varianten einer Gottheit oder
H. Otten, Anatolia 4 (1959) 27—37; ders., eines Göttertyps handelt.
Rel. 103 f. Grundsätzlich unmöglich ist 2. Pluralität: Verschiedene Gottheiten
daher die Identifikation von Götterdar- erscheinen nicht als individuelle Gestalten,
stellungen aus älterer Zeit als der des sondern in kollektivem Rahmen als
„Großreichs" (vgl. auch Otten, Rel. 95). a) „Gruppengottheiten" (namentlich
II. Gestalt. 1. Gestaltlos sind wohl die individuell bezeichnet, jedoch stets oder
meisten „Genien" (s. § 2 c 10) und vorwiegend innerhalb einer Gruppe er-
„Mächte" (s. 1. c. 15) geblieben. scheinend), vgl. die „früheren Götter"
2. Unpersönlich gestaltet sind Natur- (s. § 2 c 8b); vgl. auch § 2 d I I ;
erscheinungen (s. aber unten 3 a) und die b) „Paargottheiten" (namentlich indi-
meisten „machtgeladenen" Gegenstände viduell bezeichnet, jedoch stets mit einer
<s. §2 c 14). anderen wesensgleichen Gottheit verbun-
ti
558 gottESBRIEF — GOTTESSIEGEL
den), vgl. ISdustaia und Papaia (s. § 2 c bungen 12f.: „1 Reif . . ., der Name
9 a), Anzili und Zukki, Ninatta und des .gewaltigen Wettergottes' ist darauf
Kulitta (vgl. § 2 f II 2 b), Seri und Hurri geschrieben").
(vgl. I.e. 2d); 2. Der Name der Gottheit stellt selber
c) „Kollektivgottheiten" (mit einem eine „Macht" dar (vgl. KuB 24, 1 II 21 =
gemeinsamen Namen bezeichnete Götter- 3 I 30, s. O. R. Gurney, AAA 27 [1940] 20
grappen, aus denen keine Einzelgottheit bzw. 22: „dein Name [ist] unter den Na-
irgendwie, auch nicht namentlich, hervor- men mächtig [nakki]"; KUB 31,141 Vs. 4:
gehoben wird), vgl. die Lulahhi- und „dein Name ist stark [dasSu-]", I.e. 8:
Hafiri-Götter ( D I N G I R M E S Lulahhes bzw. „der einen unheilvollen [? kallar-] Namen
Hapiriias [vgl. Laroche, Rech. 123. 122]), [hat]"). Daß viele Gottheiten nur als
"die Sieben ( « I M I N . I M I N . B I ) " (s. § 2 c „Namen" erscheinen, ist somit nicht allein
ioe; vgl. „Tochter der .Sieben'" [KBo 12, durch die Überlieferung bedingt; viele
74.5 = 75. 3]) Saluanes (s. 1. c. iod); (pal.) sind wohl immer nur gestaltlose „Genien"
Ilaliiantikes, Gulzannikes und UliliiantikeS gewesen (vgl. a II 1; die Opfer an „alle
(vgl. A. Kammenhuber, RHA 17/64 [1959] LÄMA-Namen" und „alle ^Za-Namen"
76 bzw. 79 bzw. 91); (churr.) IrSirras [s. § 1 a II 2b]).
(Ullikummi 1 A III 41 ff. c III 8 ff., s. 3. Die Anrufung des Namens einer
H . G. Güterbock, JCS 5 [1951] * 5 4 — * 5 7 ; Gottheit (lamanlamniia- „Namennennen"
besonders A IV 7—9: „die Irsirra nahmen [KBo 10, 37 III 55] bzw. ueriia- „rufen"
das Kind an sich und drückten e s . . . an die [s. unten]; lamnitj-az halzai- „mit Namen
Brust"); u. a. m. Als Darstellung e i n e r rufen" [KBo 13, 126 III 3, u. ö.]) ist ein
„Kollektivgottheit" sind die „Zwölf-Göt- wichtiger Vorgang des Kults und über-
ter" von Yazdikaya (Hauptkammer, Re- haupt Zeichen der Verehrung; vgl. KUB
liefs Nr. 1—12 ~ Nebenkammer, Reliefs 17, 2 1 + III 12 f. (s. von Schuler, Kaskäer
Nr. 69—80) anzusehen; vgl. W V D O G 61 158 f.): „euch Götter ruft in jenen Ländern
(1941) 50—52. 97 f. Bei Göttergruppen, niemand auch nur mit Namen (geschweige
die nach ihrem Funktionsbereich benannt denn, daß er euch opfert)"', KBo 4, 6 Vs.
sind (z. B. „Götter des Heerlagers [DIN- 18—20 = Rs. 24—26: „sie wird . . . dich
GIRMES KARAS]", vgl. KBo 5, 3 + I 52), Gottheit (immer) rühmen und deinen . . .
läßt sich nicht immer mit Sicherheit ent- Namen (immer) aussprechen."
scheiden, ob es sich um echte Götter- II. Namentypen'. Soweit protohatt.,
gruppen (vgl. § 2 d II 3) oder um kollek- heth., luw., pal. und churr. Götternamen
tive Funktionsgottheiten (vgl. § 3e II) zu deuten sind, lassen sie folgende Bil-
handelt. dungs- und Bedeutungstypen erkennen:
§ 3 b. Name. I. Wesen. 1. Der Name ist 1. Identifizierende Namen, a) Namen von
das wesentliche Merkmal einer Gottheit; Berg-, Fels-, Quell- und Flußgottheiten
vgl. die Vorstellung, daß die Gottheit sich (vgl. § 2 c 12 a—d).
selber den Namen gibt (KUB 21, 27 I b) Deifikationen: vgl. Naturerschei-
4—6): „Im Lande Hatti hast du (dir) den nungen (vgl. § 2 c 11a—c. e; 12 e; sowie 2
Namen ,Sonne von Arinna' gesetzt; in und 3), Pflanzen (vgl. § 2 c 7b), Tiere (vgl.
dem Lande aber, das du zu dem der Zeder § 2 c 13), numinose Gegenstände (vgl.
machtest, hast du (dir) den Namen Hepat § 2 c 14), Abstrakta (vgl. § 2 c 15).
gesetzt." Ein Kultgegenstand wird durch 2. Deskriptive Namen: Bei der Benen-
„Benennung" zur Gottheit (vgl. KUB 29, nung nach Eigenschaften, Funktionen und
4 I 13, s. H. Kronasser, SBWien 241, 3 Zugehörigkeit können dieselben Charakte-
[1963] 6f.: „1 Kultscheibe [AS.ME], . . . ristika für verschiedene Gottheiten zu-
ihr Name ist &Pirinkir"); vgl. die Na- treffen; daher entspricht der gleichen
menbeischriften zu Götterdarstellungen Bedeutung von Namen in verschiedenen
(Yazdikaya*) und Götternamen auf Sprachen nicht immer die Identität der
Kultgegenständen (vgl. KUB 38, 1 I damit bezeichneten Gottheiten (z. B. heth.
32f., s. von. Brandenstein, Bildbeschrei- IShaSSara „Herrin" ist nicht identisch mit
rT 559
der churr. Allani „Herrin"). Scheinbar niederdrücken, . . . " ) ; „König des Lan-
deskriptive Namen ergeben sich manchmal des" (protohatt.) Uurunkatte (vgl. Laroche,
bei der Wiedergabe durch ein Sumero- Rech. 37L); „König des X " (protohatt.)
gramm (z. B. DINGIR.MAH „erhabene Sulinkatte (vgl. 1. c. 31); „X des Landes"
Gottheit" für Hannahanna [vgl. Laroche, (protohatt.) UurunSemu (vgl. 1. c. 38);
Rech. 73. 101]). Bei der Bildung sind drei (Typ 3) vgl. heth.-luw. Namen von
Typen zu unterscheiden (Appellativum [1], Funktionsgöttern u. ä. auf -aSSaji, z. B.
Appellativum mit Attribut [2], selbstän- „Der der Hand" KessarasSi (vgl. Laroche,
diges Attribut [3]). Die Benennung erfolgt Rech. 68—70; Kronasser, Etymologie I/3
nach: [1963] 228—233);
a) E i g e n s c h a f t e n : ( T y p 2) vgl. c) Genealogie: (Typ 1) vgl. „Urahne"
„Großer Gott" (protohatt.) Tetishapi (vgl. (heth.) Hannahanna (vgl. Laroche, Rech.
Laroche, Rech. 35), vgl. D I N G I R ( ^ ) 73); „Enkelin" (protohatt.) Zintuhi (vgl.
GAL (I.e. 97); „mächtiger (?) Gott" 1. c. 40; § 2 e 2a [5. Generation]);
(heth.) innarauanza DINGIR L/A/ (KUB (Typ 2) vgl. „Vater des Wettergottes"
17, 20 II 3); (vgl. § 2 e 2a [2. Generation]); „Sohn des
(Typ 3) vgl. „Geliebte(r)" (heth.) AMi- Wettergottes" (vgl. 1. c. [4. Generation]);
ianza (vgl. Laroche, Rech. 72); „Über- „des Wettergottes reiner Bruder" (vgl.
starker" (heth.) Hantidassu (vgl. 1. c. 73); I.e. 2b [2. Generation]); ferner § 2 e 4
„die Mächtigen" (heth.) InnarauanteS = passim; „X-Kind" (protohatt.) Telipinu
(luw.) Annarumenzi (vgl. 1. c. 74); „die (vgl. Laroche, Rech. 34L), vgl. Hatepuna
Begehrten (?)" (heth.) Ilaiii anteS (vgl. (vgl. 1. c. 24), Zashapuna (vgl. 1. c. 38f.);
1. c. 74) = (pal.) IlaliiantikeS (vgl. 1. c. 71); d) L o k a l i s a t i o n : (Typ 2) vgl. „Sonne
„Held, Sieger" (luw.) Tarhunta (vgl. E. von Arinna" (heth.) URUJÜL-naS d UTU-
Laroche, RHA 16/63 [1958] 94); „Guter" us (KUB 28,6 II 12) bzw. d UTU ^^Arin-
und „Böser" (protohatt.) Kuduili und na (vgl. Laroche, Rech. 106); „Sonne von
KuduSahili (vgl. Laroche, Rech. 29); Tahurpa" (protohatt.) TahurpiStanu (vgl.
ferner „Weiser" dGAL.ZU (vgl. 1. c. 97); 1. c. 32); „Kraft (?) von Kappari" (proto-
,,Alte(r)" dSU.GI (vgl. 1. c. 104); hatt.) Kapparilili — (luw. ?) Kappariiamu
b) F u n k t i o n e n : (Typ 1) vgl. „Köni- (vgl. 1. c. 27); Namen von Lokalgottheiten
gin" (protohatt.) Katahha (vgl. Laroche, und „Genii locorum" der Typen „Wetter-
Rech. 28), vgl. "SAL.LUGAL (vgl. I.e. gott", LÄMA, ISTAR, Hepat, ZA.BA4.
104); „Herrin" (heth.) IShaHara (vgl. 1. c. BA4, usw. (vgl. §3d II);
67) ~ (churr.) Allani (vgl. 1. c. 44); (Typ 3) vgl. „Die von Arinna" (proto-
,,Helfer(in)" (heth.) Sartiia (vgl. 1. c. 76); hatt.) Arinittijiddu (vgl. Laroche, Rech.
ferner „König-Gott" (protohatt.) KattiS- 106); „Der von Halpa" (protohatt.) Hal-
hapi (vgl. I.e. 29); „Königin-zipuri (?)" uutel = (heth.) Halputili (vgl. 1. c. 73;
(protohatt.) Katahzipuri (vgl. 1. c. 28f.); oder „Der des halputi-Holzes" ? vgl.
(Typ 2) vgl. "„Gottheit der Nacht" „Götter des Holzes" DINGIR M E S GlS-
DINGIR.GE 6 (nicht „Schwarze Gott- ruuaS [KUB 17, 27 II 14]); „Der von
heit", vgl. dGEg*); „Unser Gott" (heth.) Kumar" (churr.) Kumarbi (vgl. 1. c. 53);
SiuSummi; Namen von Funktionsgott- „Der von Zithara" (heth.?) Zithariia
heiten der Typen „Wettergott", „Sonnen- (vgl. 1. c. 40).
gott", LÄMA, ISTAR, usw. (vgl. f II); 3. Charakterisierende Namen: Sie unter-
Namen mit -Sepajzipa als zweitem Element scheiden sich von deskriptiven Namen der
(vgl. § 1 a II 1); „Enlil von Kumme" Typen 2 und 3 dadurch, daß sie dieselbe
(churr.) Ullikummi (vgl. Laroche, Rech. Gottheit näher charakterisieren; eine si-
62; „Programmname", vgl. Ullikummi 1 chere Unterscheidung beider Fälle ist je-
A III 18—25, s. H. G. Güterbock, JCS 5 doch nicht immer möglich (vgl. § 3a III 1).
[1951] 152f.: „Ullikummi soll sein Name Das charakterisierende Element ist als
sein! Er soll hinauf zum Himmel zur „festes Epitheton" aufzufassen; es kann
Königsherrschaft gehen, soll Kummiia . . . bezeichnen:
560 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
Genus unterscheiden, ist das Geschlecht KamruSepa (KUB 17, 8 IV 20), Kalimma
einer Gottheit nicht aus dem Namen zu (KUB 2, 8 II 38. V 14. 19), § 2 e passim;
erkennen. Kriterien zur Bestimmung des „Tochter" (DUMU.SAL), vgl. § 2 e 2. 3.
Geschlechts sind: 4 d ; „Hierodule" ( s AL SUHUR.LÄL), vgl.
§ 2 f I I 2 b ; „Seherin" (SAL£NSI), vgl. f ü r
1. Prädikation: vgl. „männliche Wolken-
Zulki (KUB 7, 41/Dupl. I 49. II 17, s. H.
Götter" (DINGIR M E S LÜ M E S alpas [KUB
Otten, ZA 54 N F 20 [1961] 120—123).
12, 2 I 16]). SAIj
2. Aufzählung unter männlichen bzw. 6. Orthographie: vgl. Daga(n)zipa
d
weiblichen Gottheiten: vgl. § 2 d II 1; (KBo 3, 38 Vs. 3), SALKupapa (KUB 6,
Yazilikaya* (vgl. aber die „kriegerische 46 II 18), d SALZintuhi (KUB 6, 45 I 38),
d SAIj
ISTAR" unter den männlichen Göttern Ala (KUB 6, 45*11 5 = 46 II 18).
[vgl. oben I 2], Sarruma unter den weib- § 3d. L o k a l i s a t i o n . I. Vorstellung.
lichen neben seiner Mutter Hepat [Reliefs 1. Grundsätzlich hat jede Gottheit einen
Nr. 44 bzw. 43]). bestimmten Lokalbereich als „Wohnsitz"
3. Darstellung: vgl. Yazilikaya*; Be- (vgl. § 4e I); vgl. z. B. KUB 24, 8 IV
schreibung als „männliche Statuette" 13—18 (s. J. Friedrich ZA 49 NF 15 [1950]
(ALAM.LÜ) oder „weibliche Statuette" 222f.): „der Sonnengott bewohnt Sippar,
(ALAM.SAL77), vgl. von Brandenstein, der Mondgott . . . Kuzina, der Wettergott
Bildbeschreibungen passim; L. Jacob- (= TeSup) ... Kummiia, ISTAR . . .
Rost, MIO 8 (1963) 174—217; 9 (1963) Ninive, Nanaia . . . Kissina; Babylon aber
175—209 passim. bewohnt Marduk". Diese feste Lokali-
4. Geschlechtsdifferenzierte Embleme: a) sation gilt auch, wenn eine Gottheit noch
männlich: Streitkolben, Keule, Bogen, an anderen Orten verehrt wird (z. B. der
Lanze, Schwert; vgl. §3 f; L. Jacob-Rost, „Wettergott von Lihzina" in Tiliura, vgl.
MIO 9 (1963) 204—207; KUB 38, 3, 11, s. von Brandenstein, Bild-
beschreibungen 16 f.; vgl. H.G. Güterbock,
b) weiblich: Becher (vgl. 1. c. 206—209); OrNS 15 [1946] 486) oder sich an anderen
Spindel und Spiegel (vgl. § 3f 2d). Orten aufhält (vgl. § 4 e I 2b. II).
5. Geschlechtsdifferenzierte Epitheta, a)
männlich: z. B. „König", vgl. § 2 f II i b ; 2. Vereinzelt findet sich die feste Ver-
„Herr" ([heth.] iShas = [churr.] ebri = bindung einer Gottheit mit mehreren
EN bzw. BEL[U]), vgl. für Telipinu Lokalbereichen (vgl. z. B. den „Wetter-
(KUB 24, 2 I 6), Akni (KBo 3, 147, 12), gott von Nerik und Zippalanda", vgl.
Sarruma (KUB 15, 1 II 23), (Stier) Seri § 2 e 2a [4. Generation]; Goetze, Klein-
(KUB 6, 45 I 33), u. a.; „Vater" (attaS = asien 140). Ist ein Göttername bzw. ein
[pal.] pappaz), vgl. für den Sonnengott Sumerogramm auch Bezeichnung eines
(KUB 23, 77a Vs. 16, u. ö.), § 2e passim; „Göttertyps" (vgl. § 1 a II 2), so ist nicht
„Sohn" (DÜMU), vgl. § 2 e 2 passim. 4 c; immer zu entscheiden, ob es sich um lokale
„Bruder" (§E§), vgl. § 2 e 2 passim. 4e; Varianten des Typs oder einer bestimmten
„Wesir" ( LÜ SUKKAL), vgl. § 2 f II 2a; Gottheit handelt (vgl. § 3a III 1).
„Seher" ( LÜ HAL) bzw. „Arzt, o. ä." II. Charakteristische Lokalbereiche. 1.
( LÜ AZU), vgl. für Aduntarri (KUB 7, 41/ Kuttbereich: a) differenzierend (vgl. § 3b I I
Dupl. I 49. II 16, s. H. Otten, ZA 54 NF 2d): vgl. die Lokalgottheiten der Typen
20 [1961] 120—123) ; „Wettergott" (s. § 2 c 1), z. B. „Wetter-
b) weiblich: „Königin" (SAL.LUGAL; gott von Halap", „ . . . von Arinna", usw.
vgl. § 3 b II 2b), vgl. § 2 f II i b ; „Herrin" (vgl. z. B. KBo 5, 3 + I 42ff., s. J. Fried-
(GASAN = BELTU; vgl. § 3b II 2b), vgl. rich, MVAeG 34/1 [1930] n o f . ) ; Hepat
für Leluani (KUB 4, 3 3 + II 3f.; Bo (s. § 2 c 4c), z. B. „Hepat von Uda",
2955+ III 10); ERES.KI.GAL (KUB 24, „ . . . von Kizzuuatna" (vgl. z. B. 1. c. I 47
5 + Rs. 3, u. ö.), u. a.; „Mutter" (annaS = [s. 1. c.]); LÄMA (s. § 2 c xoa), z. B. „LÄMA
AMA), vgl. für „Erde" (KI-«£ [KBo 11, von Hatti", „ . . . von Garahna" (vgl. z. B.
32, 32] = Taganzipa [Bo 899 Vs. 4]), 1. c. I 48 f. [s. 1. c. 112 f.]); ISTAR (S. § 2 C
Reallexikon der Assyriologie 1H 37
562 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
1. Politik: vgl. „der Schlacht" (zah- = „Wettergott der Harapsili" (vgl. Dupl.
M a $ = Mfi) ISTAR (KUB 15, 20 I I I 4), KUB 33,19 I I I 12);~,ISTAR der Steppe'
LAMA (KBo 11, 40 I I 21); „des Heer- der .Majestät'" (KUB 15, 5 I I I 18, 22),
(lager)s" (tuzzijaS = KARAS) „Wetter- „ . . . d e s Muräili" (KUB 27, 1 I 29);
gott" (KBo 15, 36 I I I 3. 6; KUB 4, 1 I I I u. ä.
8f.; u.ö.), LlS (KUB 25, 3 2 + I 10), 7. Götter: vgl. „Sonnengott der Götter"
LÄMA (KBo 11, 40 I I 19), Ala (KUB 2, (Siunan d UTU [Bo 2 5 4 4 II 18]); „Maliia
1 I I I 35); „des Friedens" (taMulaS) der .männlichen Götter'" (KBo 4,13 116,
„Wettergott" (KUB 2, 13 I 62); „der u. ö.); „U.GUR des .Wettergottes der
Warte" (auriiaS) „Sonnengott" (KBo 4, Helden'" (5/1 «U SA d UR.SAG5'- A
13 I 12). [KUB 27, 13 I 9]); u. ä.
2. Kult: vgl. „des Opfertisches" ( 0 I ä - 8. Körperteile: vgl. „Der der Hand"
ZAG.GAR.RA) „Wettergott" (KBo 2, (dKiSSaraSSa: Bo 2 3 7 2 III 29, s. H. Otten,
7 RS. 13). JCS 4 [1950] 1 2 5 ; u. ö.), usw. (Körperteil-
3. „Mächte", a) ungünstige: vgl. „des gottheiten*).
Frevels" (uaStulaS) „Götter" (KUB 7, 9. Waffen: vgl. „des Bogens" (&4
0I
41/Dupl. I I I 55, s. H. Otten, ZA 54 SBAN) Ala (KUB 2, 1 IV 3L); „des
A
[1961] 132f.), „Der des Frevels" ( Ua$tu- Köchers" ($A KUS M A.URU.URU 6 ) Ala
laSSi [KBo 4, 13 I 6]); „des Fluches" (I.e. 4).
(hurtiiaS) „Götter" (KUB 7, 41/Dupl. IV III. Hierarchisch bestimmte Funktionen:
10, s. 1. c. 1 3 4 L ) ; „des Blutes" (eShanaS) s. § 2 f II.
„Gottheit" (KUB 7, 41/Dupl. II 73, u. ö.,
s. 1. c. 126ff.), „Götter" (1. c. I I I 55. IV 10, § 3 f. Embleme: Für die Individualität
s. I.e. 132ff.), „Sonnengott" (KUB 15, einer bestimmten Gottheit sind Embleme
10 I 1, u. ö.); „der Krankheit" (inanaS) nur vereinzelt charakteristisch (vgl. z. B.
„Sonnengott" (KUB 7, 1 + I 3 u. ö.); Pferd und Peitsche für Pirna), doch geben
„des Eides" {linkijaS = MAMIT) „Wet- sie oft Hinweise auf das Geschlecht (vgl.
tergott" (KBo 15,10 I I I 63), „Mondgott" § 3 c I I 4) einer Gottheit oder Wesenszüge
(KUB 26, 43 Rs. 19; vgl. oben I); von Göttertypen (vgl. z. B. Hirsch und
Hase für den Typ LÄMA; Löwe als Sockel
b) günstige: vgl. „des Lebens" (hueS- und Männerkopf in der Hand für „Pestgöt-
yannaS) LÄMA (KBo 11, 40 II 15), Ala ter"); vgl. K. Bittel—R. Naumann—H.
(KUB 2, 1 I I I 28); „des Gedeihens" Otto, WVDOG 6 1 (1941) 1 0 5 — 1 3 5 ; von
(miiannaS) „Wettergott" (KUB 38, 10 IV Brandenstein, Bildbeschreibungen passim,
21); „des Gedeihenlassens" (minumnaS) bes. Tafeln I und I I ; L. Jacob-Rost,
Ala (KUB 2, 1 III 32); „des Heils" (aSSu- M I O 8 (1963) 1 6 1 — 2 1 7 ; 9 (1963) 1 7 5 — 2 3 9 ,
laS) Ala (1. c. 3 3 ) ; usw. bes. 2 0 4 — 2 0 9 . Nach ihrer Funktion sind
4. Meteorologische Erscheinungen: vgl. zu unterscheiden:
„Wettergott des Blitzes" [harSiharSi [KUB 1. Sockel, u. ä.: a) Geographische Er-
12, 2 I 14, u. ö.] bzw. HLHI-a£S [KBo 4, scheinungen: vgl. „Berge" (HUR.SAG)
10 Vs. 48. 53, u. ö.]), „des Donners" für „Wettergott von Nerik", Kolli, Za-
(tetheSnaS = KA X IM [KUB 6, 45 I 49, l$apuna\ „2 Bergmänner" (HUR.SAG
u.ö.]), „der Wolken" (alpaS [KBo 11, ALAM.LÜ) für „Wettergott des Him-
5 I 10]), „des Regens" (heuaS [KÜB 25, mels", TeSup (vgl. Yazilikaya*. Relief
23 IV 47, u. ö.]), „des Taus (?)" (uarSaS Nr. 42); „2 Quellen" (TÜL?'- A ) für
[KUB 16, 37 IV 5]). Berggötter.
5. Tiere: vgl. „des Getiers" (SA Mħ.- b) Tiere: vgl. „(geflügelter) Löwe/
A N S E ) Ala ( K U B 2, 1 I I I 3 0 ) ; „der Panther" {auiti; UR.MAH) für Hepat und
Pferde" (ANSE.KUR.RA meS ) „Gottheit" Sarruma (vgl. Yazilikaya*, Reliefs Nr. 43
( K U B 25, 3 0 1 4 ) , L Ä M A ( K U B 2 , 1 I I 13). und 44), ISTAR (halziiauaS), ZA.BA4.BA4
6. Menschen: vgl. „Wettergott des von Kammama, Iarri, Sulinkatte, „LÄMA
Hauptes" (harSannaS [KUB 33, 21 I I I 11]) der Steppe (LlL)", Berggötter; „Pferd"
37*
564 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
vgl. § 4 a I; vgl. f II): vgl. KBo 4,1 Vs. 42 f.: 149): Kumarbi zeugt mit einem „großen
„wie es ( = das Gold) an den Körpern der Felsen" den Ullikummi.
Götter dauernd ist", . . f e r n e r die II. „Lebensart". 1. Kultus* (vgl. Goetze,
Funktion des „Götterbildes" im Kult Kleinasien 161—169): Die Gottheit wohnt
(vgl. II 1), das Ausleihen (vgl. die Verwen- in Gestalt ihres Bildes im Tempel ihres
dung von Götterbildern von AStata sowie Kultorts (vgl. § 4 e I ia). Sie wird dort ge-
Ahhijaua und Lazpa zur Heilung von speist und getränkt, gewaschen und ge-
MurSili II., vgl. KUB 5, 6144—II 12 bzw. kleidet (vgl. Goetze, I.e. 162f.; Otten,
II 57—64 [s. AU 119 f. 276 t. 287 f. bzw. Rel. 110). Der Tempel und sein lebendes
282 f. 289 f.) oder den Raub von Götter- und totes Inventar ist ihr Besitz; die
bildern (vgl. § 5 b 2). Bediensteten des Tempels sind ihre „Die-
c) Der Körper ist „immateriell" und ner" (vgl. § 4 c II xc).
frei beweglich (vgl. § 4 e). Damit ist das
2. Politik: a) Im weiteren Sinne sind die
„Götterbild" nur ein Aufenthaltsort der
Götter Besitzer des Landes, in dem sie
Gottheit; vgl. KUB 29, 4 III 26f. (s.
verehrt werden; vgl. z. B. IBoT 1, 30, 2ff.
H. Kronasser, SBWien 241, 3 [1963] 24L),
(s. A. Goetze, JCS 1 [1947] 90f.; vgl.
wo die Gottheit aufgefordert wird, das
Otten, Rel. 109): „Das Land (ist Besitz)
„alte Götterbild" ([acc.] karuilin DIN-
GIRLAM [vgl. I 64]) zu verlassen und in des .Wettergottes'...; den Labarna, den
das „neue Götterbild" (DINGIR1-™ GIBIL König, hat er als Verwalter eingesetzt, ihm
[vgl. III 36 u. ö.]) umzuziehen: „Gottheit, hat er das ganze Land Hatti gegeben;
it
bewahre deinen Körper; trenne dich von
dem (alten) Götterbild, und komm dort- b) Dem entspricht die Vorstellung, daß
hin in den neuen Tempel". das Land eines Gottes von „feindlichen
Göttern" (vgl. § 2 a II 2b) in Besitz ge-
2. Sie brauchen Nahrung, um existieren nommen werden kann; vgl. KUB 4, 1 II
zu können (vgl. unten II 1. 3; § 4 a II 2;7—14 (s. von Schuler, Kaäkäer 170f.):
c II 1). „Die Götter des Landes Hatti haben euch,
3. Sie können „bezaubert" (aluanzah- den Göttern des Ka&ka-Landes nichts
fyanza [vgl. KUB 5, 6 III 18]) und mit weg(genommen)... Ihr aber, Götter des
„Übeln" behaftet sein, von denen sie Kaska-Landes, . . . habt die Götter des
durch (menschliche) Beschwörung befreit Landes Hatti aus dem Land verdrängt,
werden müssen; vgl. KUB 17, 10 III und i h r habt ihr Land genommen."
9—12 (s. E. Laroche, RHA 23/77 [1965] 3. Mythos, a) „Politische Organisation"
94): „dem Telipinu habe ich aus seinem (churr.): Die Herrschaft über die Götter
Körper sein ,Böses' (usw.) genommen". hat der „König im Himmel" (nepiSi LU =
4. Sie können Geschlechtsverkehr aus- GAL); in dieser Rolle erscheinen nachein-
üben (manchmal unter ungewöhnlichen ander Alalu und Anu (KUB 33, 120 I 8.
Umständen) und zeugen bzw. gebären 12 bzw. 18, s. Güterbock, Kum. 6/*i), in
(Mythos): anderen Mythen der „Wettergott" (vgl.
a) kleinasiat.: s. § 4 a II 1 b; VBoT 120 II) und LÄMA (vgl. KUB 36,
b) churr.: vgl. KUB 33, 108 (s. J. 2d III 39: „LÄMA . . . , den wir im Him-
Friedrich, JK1F 2/2 [1952] 147—150): der mel [zum] König gemacht haben"). Zu
Berg PiSaiSa vergewaltigt ISTAR; KUB besonderen Anlässen treffen sich die Götter
33, 118 (s. 1. c. 150—152): Schwanger- in der „Versammlung" (tuliia-; vgl.
schaft des Berges UaSitta; KUB 33, 120 Ullikummi 3 A III 5. IV 18, "s. H. G.
125 ff. (s. Güterbock, Kum.7/*2): Kumarbi Güterbock, JCS 6 [1952] 24L 3of.).
verschluckt den Samen des Anu, und wird b) Götterkämpfe: (kleinasiat.) vgl. Illu-
so mit dem „Wettergott" ( = TeSup), ianka A19—11 bzw. D III 2—5: Illuianka
Aranzah (— Tigris) und Ta$mi(§u) ge- besiegt den Wettergott; A I I I 22—33: der
schwängert; Ullikummi 1 B I 13 b—20 Wettergott besiegt Illuianka (s. E. La-
(s. H. G. Güterbock, JCS 5 [1951] 146— roche, RHA 23/77 [1965] 66—70, vgl.
GOTT 567
ANET 1 2 5 f.); (churr.) vgl. KUB 33,120 I I 29ff. ~ 2. Vers. B I I 4ff., s. E. Laroche,
12—14: Anu stürzt Alalu vom Thron RHA 2 3 / 7 7 [ j 9 6 5] 9 l f - bzw. 9 9 ! , vgl.
(vgl. oben a); I 18ff.: Anu kämpft mit ANET 127) und sind der Beschwörungen
Kumarbi; I I I 20ff.: Götter kämpfen kundig (vgl. für KamruSepa KUB 28, 4 I I
gegen den „Wettergott ( = TeSup)" (s. 15 ff., s. 1. c. 75 f., vgl. ANET 120; Telipinu
Güterbock, Kum. 6—9/*i—*5); KUB 33, 1. Vers. A I I 35 ff., s. 1. c. 94, vgl. ANET
114 I (passim): „LAMA" besiegt den 127f.); vgl. Goetze, Kleinasien 144; Otten,
„Wettergott", KUB 3 3 , 1 1 2 / 1 1 4 IV Rel. 1 0 0 .
(passim): der „Wettergott" besiegt „LÄ =
MA" (s. Güterbock, Kum. 10—I2/*7—• b) Babylon.-churr.: Als „kluge Götter"
•9); Ullikummi 2 B IV passim; 3 A I 2ff. schlechthin gelten Ea (der „König bzw.
IV 13ff. (s. H. G. Güterbock, JCS 6 Herr der Klugheit" [hattanaS L U G A L - M £
[ 1 9 5 2 ] 1 6 — 1 9 . 30—33: der „Wettergott"
bzw. EN-«£]: vgl. KUB 33, 110, 7; 33,
1 2 0 I I 5 . I I I 1 5 . IV 1 0 . 12; KBo 4 , 1 Vs.
bzw. die Götter kämpfen gegen UUikummi.
c) Tätigkeit: vgl. KUB 7, 54 I I 7ff., bes. 32 f. [vgl. § 4 b II 3 c]) und Kumarbi (der
I I I 19—27: Iarri schießt mit dem Bogen; „kluge König" [hattanza LUGAL-w£]:
VBoT 58 I 29—31: Telipinu „pflügt, sät, KUB 33, 120 I 39, s. Güterbock, Kum.
bewässert und [mäht] das Getreide"; 71*3 J vgl. bes. Ullikummi 1 A I 5—11, s.
KBo 4 , 1 2 8 — 3 4 (vgl. ANET 3 5 6 ) : „Siehe, H. G. Güterbock, JCS 5 [1951] 146f.),
diesen Tempel . . . , nicht wir haben ihn sowie die „früheren Götter" (s. § 2 c 8b;
gebaut, — ,alle Götter' haben ihn gebaut. vgl. KUB 33, 105 I xo—13, s. Güterbock,
Die männlichen Götter haben als Zimmer- Kum. io/*6; KUB 36, 55 II 41). Vgl.
leute (daran) gebaut; Telipinu hat das ferner für TeSup (UUikummi 2 B I 14f.,
Fundament darunter gelegt; darüber hat s. H. G. Güterbock, JCS 6 [ 1 9 5 2 ] 1 0 f.): „er
Ea, der Herr der Klugheit, die Mauern nimmt Klugheit in seine Seele"; für den
gebaut; Holz und Steine haben ,alle „Sonnengott" (KUB 30, 10 Vs. 11, vgl.
Berge' (ein)gebaut; den Mörtel aber haben ANET 400): „meines Gottes . . . ganze
die Göttinnen (ein)gebaut". Klugheit habe ich erfahren".
b) Jedoch sind im Mythos dem „Sehen" 2. Verhaßt ist den Göttern jegliche Art
und damit dem „Wissen" der Götter auch von „Frevel" (uaStul), insbesondere
Grenzen gesetzt: vgl. (kleinasiat.) Telipinu a) Bluttat (eShar); vgl. § 4 d II 2a;
i . Vers. A I 30ff. ~ 2. Vers. B II ioff. (s. b) Meineid bzw. Eidbruch; vgl. § 4 d I
E. Laroche, RHA 23/77 [1965] 91 f. bzw. 2b;
100, vgl. ANET 127): die Götter können
Telipinu nicht finden, so daß sie die Hilfe c) Unreinheit im Kult; vgl. Goetze,
der Biene brauchen; VBoT 58 I 20—23 Kleinasien 161 f.;
(s. E. Laroche, RHA 23/77 [1965] 83, d) Vernachlässigung kultischer Pflich-
vgl. Th. H. Gaster, Thespis2 287f.): „Star- ten; vgl. „2. Pestgebet" § 3, 5 und § 6, s.
re" (hahhimaS) lähmt das Land, „ohne A. Götze, K1F 1 (1930) 208f. 212f.;
daß es der Wettergott weiß"; der Sonnen- e) Unterschlagung von Tempel- und
gott ist verschwunden und nicht zu finden; Opfergut; vgl. KUB 13, 4 I 60ff. (vgl.
(churr.) KUB 12, 65 III 2 f. (s. Güterbock, ANET 2081.).
Kum. 32/* 3 i): Mukisanu geht „unter
Fluß und Erde hin", „ohne daß ihn der III. Charakterzüge. 1. Allgemein: Die
.Sonnengott der Götter' und die .Götter Götter sind unberechenbar; sie zürnen
der Erde' sahen", desgleichen das „Meer" auch ohne ersichtlichen Grund (vgl. unten
(1. c. 8—11); Ullikummi 1 A III 31—34 (s. 2a) und zeigen nur scheinbar Langmut:
H. G. Güterbock, JCS 5 [1951] 152!): „Die Seele der Götter ist stark (daSsu-);
Kumarbi läßt das Steinkind Ullikummi sie beeilt sich nicht zuzugreifen; aber im
„in der dunklen Erde" verbergen, damit Augenblick, da sie zugreift, läßt sie nicht
es der „Sonnengott des Himmels" (vgl. wieder los" (KUB 13, 4 II 22—24 [vgl.
oben a), [der Mondgott], TeSup und ANET 208]). So suchen sie den Frevler
ISTAR nicht sehen. auch noch „in späten Tagen" heim (vgl.
1. c. II 74 [vgl. ANET209]; „1. Pestgebet"
II. Emotionen: In den Gefühlsregungen Vs. 32—36, s. A. Götze, K1F 1 [1930]
sind die Götter den Menschen gleich; vgl. 168 f.) und „der Frevel des Vaters kommt
KUB 13, 4 I 21 f. (vgl. ANET 207): „Ist über den Sohn" („2. Pestgebet" § 9, 3, s.
etwa die Seele(nregung) von Menschen und 1. c. 214L).
Göttern verschieden ? Nein, . . . die See-
le(nregung) ist dieselbe!" 2. Unfreundliche Züge, a) Reizbarkeit:
Ein Gott ist leicht zu erzürnen, auch durch
1. Die Götter lieben etwa a) Essen und andere Götter (vgl. KBo 11, 1 Vs. 14 [vgl.
Trinken: vgl. z.B. KUB 32, 137 II 2f.: 16. 29]: „wenn den .Wettergott' irgendein
„iß und sei fröhlich, . . . " ; KUB 13, 4 I Gott des Landes erzürnt hat"). In den
25 f. (vgl. ANET 207): „weil dieser sein meisten Fällen sind jedoch die Ursachen
Herr ißt und trinkt, ist seine Seele gelöst" des „Zorns" (vgl. die weitgehend syn-
(1ebenso ist es bei den Göttern)', Ullikummi onymen und häufig zusammen genannten
2 B I 5—12 (s. H. G. Güterbock, JCS 6 Wörter karpi-, kartimmiiatt- und Säuar
[1952] 1 0 f . ) : „ , . . . i ß ! . . . [trink]! [Iß und [KUB 17, 10 IV 8f., u. öj) Verfehlungen
s]ättige dich, trink und sättige d i c h ! . . . ' der Menschen (vgl. oben II 2), die die
. . . Der Sonnengott freute sich [in seiner Rechte des Gottes verletzen oder ihn be-
Seele ?1, . . . er aß . . . (und) trank". leidigen. Doch kann ein Gott auch ohne
b) Feste (vgl. § 4 b II 3e) und Unterhal- Anlaß „zürnen" (Sä-); vgl. KUB 17, 10 I
tung durch Spiele (duSgaratt-; vgl. Goetze, 21 f. (s. E. Laroche, RHA 23/77 [ J 965]
Kleinasien 163; H. G. Güterbock, Historia 90f., vgl. ANET 126): „Telipinu . . . ist
Einzelschriften 7 [1964] 72). nicht da; er zürnt, und hat alles Gute
c) Sorgsamen Dienst; vgl. die „Instruk- weggebracht"; KUB 36, 89 Vs. 12: „der
tion für Tempelbedienstete" (KUB 13, 4/ .Wettergott von Nerik' zürnte und ging
Dupl., vgl. ANET 207—210). hinab in das .Loch'". „Götterzorn" (DIN =
MES
d) Gold, vgl. KBo 4,1 Vs. 43 (vgl. ANET GIR -as karpi-) ist daher eine „unheil-
356) „es ist Göttern und Menschen wert". volle Macht" (vgl. KUB 12. 58 II 59. III
GOTT 569
4L 9), die durch Beschwörungen unwirk- [KUB 31,127+ = 128 11]) und „freund-
sam gemacht werden muß. lich" (genzuuala- [1. c. I 7; KUB 36, 83 I
b) Maßlosigkeit des Zorns: Bei Verfeh- 11 f.]) schlechthin gilt der Sonnengott
lungen des Königs trifft der Zorn der (wohl babylon.; vgl. H. G. Güterbock,
Götter das ganze Land (vgl. § 4 d II 2 a). JAOS 78 [1958] 237—245); vgl. KUB
Ebenso straft die Gottheit nicht nur ihren 31, 127+ I 46—48: „eines Menschen,
nachlässigen Diener, sondern „sucht (auch) dem die Götter zürnen, so daß sie ihn ver-
sein Weib, seine Kinder, seine Nachkom- gessen, dessen gedenkst du, und dem bist
men, seine Verwandten, seine Sklaven und du wohlgesinnt" (ähnlich KUB 30, 11 +
Sklavinnen, seine Rinder und Schafe und 31, 135 Vs. 14t).
seine Ernte heim, so daß sie ihn völlig § 4 d. W i r k e n . I. Manifestation.
vernichtet" (KUB 13, 4 I 34—38 [vgl. 1. Direkt: Die Götter offenbaren dem
ANET 208]). Menschen ihren Willen, indem sie im
c) Bösartigkeit: Grundsätzlich böse Traum* (vgl. § 4 f I 2) oder durch ei-
Gesinnung wird bei „feindlichen Göttern" nen „Gottbegeisterten" ( L °DINGIR i f i w -
(vgl. § 2 a II 2b) vorausgesetzt; vgl. KUB niiant-) zu ihm sprechen (vgl. Goetze,
4, 1 II 7—24 (s. von Schuler, Kaskäer Kleinasien 147 f.) oder ihm auf verschie-
170—173); KUB 9, 31 II 51 f.: „welcher dene Weise „Zeichen" geben (Orakel*,
Gott des/eines Feindlandes dieses .Sterben' Omina*; vgl. Goetze, 1. c. 148—150).
gemacht hat". Ihrem Wesen nach „böse" 2. Indirekt: Im besonderen „zeigen"
sind „Pestgötter" (vgl. das Epitheton (tekkuSSanu-) die Götter ihre „Göttlich-
„blutig" [iSharnuuant-: KUB 17,15 II 10] keit" (s. § 4 a I ; vgl. KUB 8, 8 III 10. 21
für dU.GUR) sowie allgemein „unheilvolle und 7, 8 + II 21: „zeige, Gottheit deine
Mächte" der Unterwelt (vgl. Goetze, .Göttlichkeit'") bzw. ihre „göttliche
Kleinasien 144). Als arglistig erscheint in Macht" (s. § 4 a II ia)
churr. Mythen Kumarbi", vgl. Ullikummi
1 A I 5—8 (s. H. G. Güterbock, JCS 5 a) durch Beistand in kritischen Situa-
[1951] 146 f.): „Kumarbi nimmt Klugheit tionen : vgl. KBo 4, 4 II 76 (s. Götze,AM
in seine Seele, indem er einen ,bösen Tag' 122 f.): Sieg über große Übermacht;
als Übel großzieht; er plant Bosheit gegen Hattusili III. „Großer Text" I 44f. (s.
den ,Wettergott', indem er gegen den Götze, Hatt. 10f.): „sooft es mir schlecht
.Wettergott' einen Rebellen großzieht." erging, erfuhr ich gerade als Kranker die
,göttliche Macht' der Göttin über mir",
3. Freundliche Züge: a) Versöhnlichkeit: vgl. III 14—16 (s. 1. c. 24L); KUB 17, 9 I
Ein erzürnter Gott ist zu „versöhnen" gf. (Gurparanzah*): „einen Namen will
(takSulai- [vgl. KBo 11, 1 Vs. 10 u. ö.]), ich mir schreiben, mein[es] Herrn (sc.
sein Zorn zu „lösen" (piranjafipa lä- [vgl. Aranzaha [?] = Tigris) .göttliche Macht'
1. c. Vs. 1. 8 u. ö.]), seine Seele zu „beru- [will ich] (immer) verkünden";
higen" (uareS- [vgl. KUB 16, 39 II 16, b) durch „Wunder": vgl. KBo 3, 4 II
u. ö.]), so daß er wieder mit „freundlichen 15—20 ~ KUB 14, 15 III 2—6 (s. Götze,
HI A
Augen blickt" (takSulit IGI - -^ auS- AM 46—49): der Wettergott schmettert
[vgl. KBo 11, 1 Vs. 11 u. ö.]), wenn die einen „Donnerkeil" und schlägt dadurch
Ursachen des Zorns behoben werden und den feindlichen Fürsten von Arzawa mit
der Mensch seine Schuld eingesteht (vgl. Krankheit; KBo 6, 29 II 30—33 (s.
Goetze, Kleinasien, 151). Götze, Hatt. 50f.): Einsturz einer Mauer;
b) Güte: Aus „(göttlicher) Liebe" und Vertragsbrüchige Feinde wenden sich ge-
„(göttlicher) Müde" (DINGIR MES -a£ geneinander selber, vgl. KBo 2, 5 IV 15—
aSSiiauar bzw.miummar [s. § 4a I]) sind die 18 (s. Götze, AM 192f.): „und die ,Eid-
Götter den Menschen „wohlgesinnt" (gen- götter' packten sie; und der Bruder verriet
zu da-: vgl. „1. Pestgebet" Rs. 48—50, s. den Bruder, der Freund verriet den
A. Götze, K1F 1 [1930] 176t.; u. ö.); Freund, [und ein]er tötete den andern";
vgl. § 4 d II 2b. Als „gerecht" (handant- KBo 4, 4 1 4 5 ff., bes. II 2ff. (s. 1. c. 112—
570 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
115): „und sie ( = die .Eidgötter') riefen 46t. [s. § 4c III 2b]) undsendenihmKrank-
ihr eigenes ,Fleisch und Blut' gegen sie heit (vgl. KUB 30, 10 Rs. 15 ff. [vgl.
auf, so daß der Sohn den Vater ANET 401]) und sogar den Tod; vgl.
tötet; vgl. auch II 2a. Telipinu-Erlaß § 19 (KBo 3 , 1 + 166—68):
„Da suchten die Götter (Rache für) das
II. Aktion. 1. Bereich, a) Der Aktions- Blut des Piäeni und machten . . . ihm
bereich der meisten Gottheiten ist nach [Ammuna, seinen] eigenen Sohn, zum
Ort (Lokalgottheiten; vgl. § 3 d II) und/ Feind; und dieser tötete seinen Vater
oder Funktion (Funktionsgottheiten; vgl. Zidanta". Ist der Frevler ein König, so
§ 3 e II) begrenzt. Umfassender ist das treffen „Hunger" (ki&tant-) und „Sterben"
Wirken der großen Götter des Staatskults, (henkan) das ganze Land (vgl. § 4 c III 2 b);
doch ist es im wesentlichen auch auf das vgl. I.e. § 20 (KUB 11, 5 II 4L): „Da
Gebiet von Hatti beschränkt; vgl. etwa suchten die Götter (Rache für) das Blut
für die „Sonne von Arinna" das Epitheton seines Vaters Zidanta, und [ließen] ihm
„Herrin (aller) Hatti-Länder" (GA§AN Getreide, Wein, Rinder und Schafe in
KUR.KURME® wauHatti [KUB 21, 27 seiner Hand nic[ht gedeihen]"; „Pest-
I 1, u. ö.]); nur vereinzelt wird ihr ein gebete" (s. A. Götze, K1F 1 [1930] 161—
weiterer Wirkungsbereich zugeschrieben, 251 passim); oben I 2b. Unter Um-
vgl. KUB 24, 3 I 35f. (s. 0 . R. Gurney, ständen hört ein Gott überhaupt auf zu
AAA 27 [1940] 22t.): „das Königtum von wirken (vgl. unten III 1).
Himmel und Erde lenkst (?) du; aller
Länder Grenzen setzt du" ,* 1. c. I 46 (s. b) Sind sie aber wohlgesinnt, so „leihen
1. c. 24f.): „aller Länder Vater und Mutter bzw. neigen sie das Ohr" (iStamanan parä
bist du" (wahrscheinlich Topoi eines akk. ep- [vgl. KUB 14, 1 3 + I 19f.] bzw.
&ma£-Hymnus; vgl. Goetze, Kleinasien [parä] lagan }),ark- [KBo 12, 96 IV 14]),
136 mit Anm. 7). Für gewöhnlich setzt „erhören" (istamaS- [vgl. KUB 24, 2 114,
somit ein „universales Wirken" die ge- u. ö.]) den Menschen und „gewähren"
meinsame Aktion „aller Götter" (vgl. (kari tiia- [vgl. KUB 21, 27 II 14, u. ö.])
§ 2 a) voraus. seine Bitten. Sie verleihen ihm „Leben,
b) Gewöhnlich wirken die Götter nicht Gesundheit, . . . lange (Lebens)Jahre,
aus der Ferne, sondern am Ort der Aktion, .Kraft' (vgl. KUB 24, 1 I I I 5f., s. O. R.
sei es daß sie in Gestalt ihres „Bildes" Gurney, AAA 27 [1940] 22f.; und ähnlich
gegenwärtig sind (vgl. § 4 b I i b und f II), öfter) und helfen ihm in allen Lebenslagen;
sei es daß sie zu den Menschen „hintreten" vgl. oben I 2a; KBo 6, 29 I 9—13 (s.
(vgl. Hattusili III. „Großer Text" II 66, Götze, Hatt. 44—47): „(So) wie ich der
s. Götze, Hatt. 2of.), sie „an der Hand Göttin ,Heil' (aSSul) erfuhr, wurde es für
fassen" (vgl. 1. c. 121.39.46 [s. 1. c. 8—11]) mich immer besser; die ,ISTAR von
oder ihnen in der Schlacht „vorauseilen" Samuha' gab mir die Waffe, und meines
(vgl. Götze, AM 287 s. v. [piran] huuai-). Vaters und meines Bruders Wohlwollen
Braucht man ihre Hilfe, so müssen sie — gab sie mir". Dem Heer ziehen sie als
eventuell mit Hilfe magischer Praktiken — Schlachthelfer voran (vgl. § 2 d II 3;
„gerufen" werden; vgl. etwa KUB 7, 41/ Goetze, Kleinasien 136 mit Anm. 6. 138);
Dupl. III 7 (s. H. Otten, ZA 54 N F 20 dem Lande wehren sie Seuchen und Un-
[1961] 128f.): „in dieser Angelegenheit geziefer ab (vgl. KUB 24, 1 I I I 16 f., s.
habe ich euch gerufen (nun tut das und 0 . R. Gurney, AAA 27 [1940] 22f.); sie
das)", vgl. I 46—59. IV 9—14. 52—54 (s- geben „Gedeihen von Getreide, Wein,
1. c. 120—140 passim); vgl. auch § 4 e II. Rindern, Schafen und Menschen" (vgl.
1.e. III 11 f. [s. I.e.]), so daß im Lande
2. Anlaß: Die Aktivität der Götter ist „Heil und Friede" (aSSul takSul) herrschen
weitgehend durch ihre psychischen Re- (vgl. KBo 11, 1 Vs. 31).
gungen (vgl. § 4 c II und III) bestimmt:
a) Zürnen sie einem Menschen, so „ver- III. Götter „außer Funktion". 1. Frei-
gessen" sie ihn (vgl. KUB 31, 127+ I willig (kleinasiat.): Ein Gott „verbirgt
GOTT 56i
Götter empfängt (Ullikummi i A III 44, KUB 15, 24 11; spezieller „auf den 7 We-
s. H. G. Güterbock, JCS 5 [1951] i54f.j, gen und 7 Seitenwegen" [vgl. KUB 29,
zu lokalisieren ist, und wo die Feste der 4 I 65. III 47]), sei es in „allen Ländern"
Götter im Illuianka- (A I 12 ff., s. E. La- (vgl. KUB 15, 32 I 43; spezieller: in
roche, RHA 23/77 [1965] 66 f., vgl. ANET Akkade, Babylon, Susa, Elam, Hursagka-
125!) und im Telipinu-Mythos (1. Vers. lamma [vgl. KUB 29, 4 III 43f.]; vgl. die
A I igff. ~ 2. Vers. A I 4ff., s. 1. c. 90L Liste von etwa 40 Ländernamen in KUB
bzw. 99, vgl. ANET 126) stattfinden. 15, 34 I 50—63)-
2. Vorstellungen: Diese sich teils er- § 4 f. E p i p h a n i e . I. Körperliches Er-
gänzenden, teils widersprechenden Vor- scheinen. 1. Mythos: vgl. Illuianka A119—
stellungen vom Wohnsitz der Götter er- II 14 (s. E. Laroche, RHA 23/77 [1965]
scheinen ohne scharfe Trennung neben- 66—68, vgl. ANET 125f.): der Mensch
einander: Hupasiia schläft mit Inara und hilft den
a) Kult: vgl. KUB 6, 45 III 23L (vgl. Göttern; I.e. III 4L (s. I.e. 69): der
ANET 398): „diese . . . ruf vom Himmel, „Wettergott" nimmt die Tochter des
aus der Erde, von den Bergen, aus den „Armen" zur Frau und zeugt mit ihr einen
Flüssen, aus ihren Tempeln (und) von Sohn; vgl. § 4 a II i b .
ihren Thronen";
2. Traumerscheinungen \ Im Traum*, der
b) Mythos: vgl. Ullikummi 2 B 115—18 auch durch Inkubation* künstlich herbei-
(s. H. G. Güterbock, JCS 6 [1952] 10 f.): geführt werden kann, teilt die Gottheit
während TeSup und TaSmiSu aus dem dem Menschen ihren Willen mit (vgl.
Tempel von Kummiia hinausgehen (vgl. A. L. Oppenheim, TAPS N. S. 46, 3 [1956]
oben ia), kommt ISTAR (die „Königin 254L; Goetze, Kleinasien, 147 f. mit 148
von Ninive"; vgl. 1 III 34, s. H. G. Güter- Anm. 1. 5. 6; Otten, Rel. 1 1 4 L ) ; vgl. die
bock, JCS 5 [1951] 152 f.) „vom Himmel politisch bedeutsamen Erscheinungen der
herab"; KUB 33, 120 I 23f. mit 42 (s. „ISTAR von Samuha" in der Karriere
Güterbock, Kum. 7/*2f.): Kumarbi zieht Hattusilis III. (vgl. "„Großer Text" 113.
Anu „vom Himmel herab", begibt sich 36f. IV 9. 20 [s. Götze, Hatt. passim]; vgl.
aber später nach Nippur. A. L. Oppenheim, 1. c. 197L). Vereinzelt
II. Ubiquität: Die Götter sind frei beweg- nimmt die Gottheit dabei die Gestalt eines
lich (vgl. § 4 b I ic) und können sich aus „Bildes" (s. II 2) an; vgl. KUB 15, 5 II
irgendwelchen Gründen irgendwohin be- 39—41 (s. von Brandenstein, Bildbeschrei-
geben; vgl. KUB 24,218 (s. 0 . R. Gurney, bungen 62): „der Iarri, der im Traum auf
AAA 27 [1940] 16f.): „ob du an/in das einem Löwen stand, — die Gestalt . . .
Meer oder in die Berge zum Umherschwei- war der des ,Wettergottes' gleich . . . " .
fen gegangen (bist) oder in das Feindland Gewöhnlich erscheint sie aber wohl „leib-
zum Kampf gezogen (bist)". Sie müssen lich", so daß z. B. ein Mann im Traum mit
daher oft erst gerufen oder gar „herbei- einer Göttin geschlechtlich verkehren kann
gezogen" {huittiia-; vgl. die Rituale La- (vgl. oben 1); vgl. KUB 7, 5 + IV 2f.
roche, Catalogue Nr. 416 [vgl. ANET (Ritual gegen männliche Impotenz): „wenn
351—353]- 417- 418; KUB 29, 4, s. H. er die Gottheit im Traum in ihrer Gestalt
Kronasser, SBWien 241, 3 [1963]) werden, sieht, wird er sich ihr nähern und mit ihr
„wo immer" und „in welchem Lande auch schlafen" (vgl. H. Otten, ZA 54 NF 20
immer" (vgl. KUB 15, 31 I 38) sie sich [1961] 150).
aufhalten, sei es im Himmel oder in der II. Repräsentation-, Für den Kult ist
Erde (vgl. KUB 36, 90 Vs. 8, u. ö.), auf die Gottheit im „Götterbild" (DINGIR-
Bergen oder in Flüssen (vgl. KUB 15, UM
-tar; vgl. § 4 b I i b . II 1) gegenwärtig.
31 I 39, u. ö.), im Meer, in Quellen oder Die Art des Bildes entspricht jedoch nicht
im Feuer (vgl. KUB 15, 34 I 2), in Tälern in jedem Fall der „Gestalt", in der die
(vgl. KUB 29, 4 III 46), auf Wiesen (vgl. Gottheit vorgestellt wird (vgl. § 3 a II);
I.e. I 66. III 46), auf den Wegen (vgl. ferner kann dieselbe Gottheit bzw. der-
GOTT 573
selbe Göttertyp in ganz verschiedener Kleinasien 139 mit Anm. 1); und zwar als
Weise repräsentiert werden; vgl. von „Stier-Statuette" (ALAM.GUD), vgl.
Brandenstein, Bildbeschreibungen passim; „Wettergott des Himmels", „Wetter-
H. G. Güterbock, OrNS 15 (1946) 489—496; götter" verschiedener Orte, „Wettergott
L. Jacob-Rost, MIO 8 (1963) 161—217 der Stadt ( U R U ^ ) " ; als „Stier-Rhyton"
und 9 (1963) 175—239 passim. (BIBRU GUD), vgl. „mächtiger Wetter-
1. Unpersönliche Repräsentation: a) Völ- gott (dU GASRU) von Kunkuniia", „Wet-
lige Identität der „Gottheit" mit einem tergott von Lihzina" in Tiliura; als „Stier
Gegenstand oder einer Stelle ist bei den (köpf mit) Hals"" (GÜ.GUD), vgl. „Wetter-
HI A
„Örtern" (4&R,4 - ) des Tempels, usw. gott des Hauses (£ TIM )" (vgl. von Bran-
(s. § 2 c 14) anzunehmen. denstein, Bildbeschreibungen Tafel I; L.
Jacob-Rost, MIO 9 [1963] 204—207); vgl.
b) Teils identifizierend, teils nur symbo- ferner Stierbild auf Podest (Kültepe-
lisch ist die Repräsentation (auch von Kanis [vgl. Otten, Rel. 95 mit Anm. 4],
„persönlich gestalteten" Gottheiten [vgl. Alaca Hüyük [s. Bossert, Altanatolien
§ 3 a II 3]) durch Embleme (vgl. § 3 f); Nr. 510]), Tonfiguren von Stieren (Bogaz-
z. B. als köy [vgl. Otten, Rel. i n mit Anm. 4]).
„Malstein" [NA4huua£i = NA 4 ZI.KIN),
vgl. KUB 36, 23, 7 (s. L. Jacob-Rost, c) Als Mischwesen: vgl. „Sphinggen"
MIO 9 [1963] 175, vgl. 179); ferner H. G. (Bogazköy [vgl. E. Akurgal, Die Kunst der
Güterbock, 1. c. 489; H. Th. Bossert, Hethiter, Taf. 66—69], Alaca Hüyük [vgl.
Belleten 16/64 (1952) 518L; 1. c. Taf. 88; Bossert, Altanatolien Nrn.
„Kultscheibe" {Sittar = AS.ME), vgl. 495ff.]; = äDamna$£ara$ [?], vgl. H. G.
„Sonne von Arinna" und Mezzulla (KUB Güterbock, RHA 19/68 [1961] 15 mit
38, 37 III gf. 13t.), Pirinkir (KUB 29, 4 Anm. 21); „Bergmänner" (vgl. § 3 f i a ;
Ii3); Yazilikaya*, Rehef Nr. 42; E. Akurgal,
„Streitkolben" ( TUKUL), vgl. Berg- 1. c. Taf. 53 unten Mitte); „Stiermänner"
GIä
götter (vgl. L. Jacob-Rost, MIO 9 [1963] (vgl. Yazilikaya*, Reliefs Nr. 28 und 29;
204—209) ; E. Akurgal, 1. c. Taf. 47); „Flügeldämo-
„Fell (?)" (KOSUurla-) vgl. die Um- nen" (vgl. Yazilikaya*, Reliefs Nr. 67
und 68); „Schwertgott" (vgl. Yazilikaya,
benennung der „Felle (?)" des Zithariia
Relief Nr. 82).
und des „LÄMA von Hatenzuua" in
„LÄMA Feh (?)" bzw." „LÄMA von § 5. H i s t o r i s c h e A s p e k t e .
Zapatiskuua" (Bo. 2393+ 5138 I 20—26,
§ 5 a. Vorgeschichte: Bereits für
s. H. Otten, Festschrift J. Friedrich [1959]
ders R e l I][I prähistorische Zeit ist in Kleinasien die
351—359,' -> - ),' Vorstellung von „persönlichen", therio-
«aÄ&w-Gefäß, vgl. „Wettergott des morph oder anthropomorph gestalteten
a
Heerlagers" und AMAR.UD (KUB 38, bzw. repräsentierten Gottheiten anzu-
1 1 if., s. von Brandenstein, Bildbeschrei- nehmen. Aus dem S p ä t n e o l i t h i k u m
bungen 10f.); „Wettergott von Harsa- bezeugen die Wandmalereien von f a t a l
laSäi bzw. von Sanantiia" (vgl. KBo 2, 1 Hüyük u. a. die Verehrung einer Gottheit
II 32 f. bzw. IV if.). in Stiergestalt (Jäger umtanzen einen
2. „Persönliche" Repräsentation: a) An- Stierkoloß) und weibliche Tonfiguren (zum
thropomorph: Die Kultbilder der meisten Teil mit Kind) aus Hacilar die Gestalt
„persönlich gestalteten" Gottheiten (vgl. einer „Muttergottheit"; vgl. Otten, Rel.
aber oben ib), auch von Berg-, Fluß- und 93; J. Mellaart, CAH rev. ed. I 7 § XII
Quellgottheiten (vgl. L. Jacob-Rost, MIO (S. 10—16, vgl. 20). In der f r ü h e n
9 [1963] 204—209); vgl. auch „LÄMA B r o n z e z e i t erscheinen als Grabbeigaben
Lanze" (dLÄMA GIä 3UKUR) als „ste- (Alaca Hüyük, Horoztepe) Kupferfiguren
hender Mann" (KUB 38, 19 I 9). von Stieren und Hirschen, die an die
b) Theriomorph: Häufig der Typ „Wet- spätere Repräsentation bzw. Charakteri-
tergott" als Stier (vgl. § 3 a II 3b; Goetze, sierung der Typen „Wettergott" (vgl.
574 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
§ 4 f II 2b) und „LÄMA" (vgl. § 3 f ib) macht sich in der offiziellen Theologie
erinnern, sowie wiederum weibliche Idole; von Hatti der Einfluß babylon. und churr.
als Vorläufer der späteren „Kultscheiben" Vorstellungen geltend, vor allem in Mytho-
(vgl. § 3 f 2f; 3 d ; § 4 f II ib), die als logie und Gebeten (vgl. bes. Gebete an den
Götterembleme wie auch zur Repräsen- „Sonnengott" [vgl. Otten, Rel. 106 mit
tation von Gottheiten dienen, können die Anm. 4]); vgl. Otten, Rel. 99.
sog. „Standartenaufsätze" gelten; vgl. 2. Seit dem Teüpinu-Erlaß (vgl. § 4 d
Otten, Rel. 93f.; J. Mellaart, CAH rev. II 2 a) erscheinen die Götter als Rächer
ed. 118 IV (s. 31). von Frevel, insbesondere von Bluttaten
§ 5 b. Altassyrische Zeit und „Altes und Eidbruch. Eine ethisch höhere Auf-
Reich". 1. Zu Beginn der schriftlichen fassung von den Göttern selber zeigt etwa
Überlieferung finden sich in Kleinasien die jüngere Fassung des Illu janka-Mythos
Stadtstaaten mit regionalen Göttersyste- gegenüber der älteren: während dort die
men, die sich wohl meist aus Gottheiten Götter den Drachen hinterlistig und unter
von jeweils ähnlichem Wesen zusammen- Bruch des Gastrechts töten, besiegt ihn
setzen. Namentlich bekannt sind Gott- hier der „Wettergott" allein im Zweikampf
heiten von Kanis (Kültepe; vgl. Goetze, (vgl. Goetze, Kleinasien 139L).
Kleinasien 73. 134; Otten, Rel. 95. 105!); 3 . Neben der Vorstellung von der Iden-
von Gottheiten des späteren „Pantheons" tität der Gottheit mit dem Bild (vgl. § 4 b
von Hatti sind für die Zeit Anittas von I ib) tritt der Gedanke einer potentiellen
KuSsara der „Wettergott des Himmels", Ubiquität der Götter (vgl. § 4 b I i c ; e II)
die Sonne (von Arinna ?)" und der „Thron" stärker hervor. Dementsprechend wird die
(s. § 2 c 14b) bezeugt (vgl. KBo 3, 22, 2f., Übernahme fremder Gottheiten in das
20f. bzw. 11 bzw. 47. 57, s. B. Hrozny, „Pantheon" nunmehr durch Evocatio
ArOr. 1 [1929] 274—279), für Hattusili I. vollzogen (vgl. § 2 a II 2b; § 4 e I I ;
neben dem „Wettergott" und der „Sonne dagegen oben b 2).
von Arinna" auch ihre Tochter Mezzulla 4. Erweiterung des „Pantheons": a)
(vgl. KBo 10, 1 Vs. 5 f. ~ 10, 2 I 11—13 Etwa unter Telipinu, spätestens aber zu
u. ö., vgl. H. Otten, MDOG91 [1958] 78 ff.); Beginn des „Großreichs", ist die Einrich-
für persönliche Schutzgottheiten vgl. „euer tung des Kults der „Manen", der verstor-
LÄMA" ([altheth.] KBo 3, 23 Rs. 3). benen Angehörigen der Königsfamilie bis
^•••s^BK" Tfrtr~-'i 11'»' "nrm-i—mrrwfr" i.^u
zurück auf „Labarna" und „Tauananna",
2. Mehrfach erwähnt und somit wohl anzusetzen.
allgemeiner Brauch jener Zeit ist die
b) Mit der Vergrößerung des Reichs-
Überführung von Gottheiten besiegter
gebietes werden zahlreiche regionale Göt-
Städte in Gestalt ihres Bildes und ihres
tergruppen in den Staatskult einbezogen
Kultinventars in den eigenen Kultbereich;
und vielfach auch in der Hauptstadt
vgl. die Wegführung des Siuüummi aus
verehrt; im besonderen gelten die churr.
Neäa durch den König von Zalp(uu)a und
„Zeder-Götter" als Staatsgottheiten, so
seine Rückführung durch Anitta (vgl.
daß sie zusammen mit den Göttern von
KBo 3, 22, 39—42, s. B. Hrozny, ArOr. 1
Hattusa und Arinna bei der Verlegung der
[1929] 278f.), die Beute Hattusilis I. an
Hauptstadt unter Muwatalli mitgeführt
Gottheiten und Kultinventar aus Zalbar,
werden (vgl. KBo 6, 29 I 30—33, s.
Ulluma, Hassuua, Zippasna und Hahhu
Götze, Hatt. 46f.; § 2 a II ia).
(vgl. KBo 10, 1 Vs. 4—6. 18—20. 37—44.
Rs. 3 f. 8—17 ~ 10, 2 I 10 f. 37—40. II c) Durch theologische Akribie und
27—44. III 4L 14f., vgl. H. Otten, Spekulation werden aus verschiedenen
MDOG 91 [1958] 78—83), den Raub des „Göttertypen" Funktionsgottheiten dif-
Marduk-~Bild.es aus Babylon durch Mur- ferenziert (vgl. § 3 e II).
siii I. (vgl. H. Schmökel, HdOr. II 3,124). Lit.: v o n Brandenstein, Bildbeschreibungen,
passim; Goetze, Kleinasien 130—169 passim,
§ 5 c. Übergangszeit und „Großreich". insbesondere 130—146; O. R. Gurney, The
1. Von der Mitte des 2. Jahrtausends an Hittites (rev. ed.) 132—160 passim; H . G.
GOTTESBRAUT — GOTTESBRIEF 575
Güterbock, OrNS 15 (1946) 487—496; ders., eigentliche Inhalt ist die Berichterstattimg
Forgotten Religions (ed. V. Ferm) 83—109
passim; ders., Mythologies of the Ancient
über einen wichtigen Feldzug. In diesen
World (ed. S. N. Kramer) 139—179 passim; Berichten, die unmittelbar nach den Er-
ders., Historia-Einzelschriften 7 (1964) 54—73 eignissen entstanden sind, erreicht die
passim; Laroche, Rech., passim; H . Otten, assyrische Geschichtsschreibung einen
Kulturgeschichte des Alten Orients (ed. H .
Schmökel) 418—436 passim; ders., Rel.
Höhepunkt. Für den „Sitz im Leben", die
91—116 passim; E. v o n Schuler, W B M y t h . Situation, aus der heraus der G. abgefaßt
x, 149—215 passim. wurde, vgl. A.L.Oppenheim, JNES 19
G. Steiner (i960) 133 ff. Der Text Nr. 26 sieht aus
wie die Antwort des Gottes auf solch einen
Gottesbraut s. Priesterin. historischen „Gottesbrief". Vergleichbar
mit Nr. 13, 20 und 23 sind die Texte Nr. 16
Gottesbrief. Eine Sonderform des Ver- (?) und 23, die jedoch nicht mit den frag-
kehrs zwischen Göttern und Menschen lichen stereotypen Einleitungs- und Schluß-
stellen in der mesopotamischen Religion formeln versehen sind. Etwas entfernter
die sogenannten „Gottesbriefe" dar. Diese verwandt ist der Assürbäniapli-Brief
eingebürgerte deutsche Bezeichnung um- Nr. 21.
faßt (sprachlich wenig korrekt) sowohl Es ist nicht möglich, „Gottesbriefe"
Briefe, die an die Gottheit gerichtet wer- gegen Hymnenniederschriften scharf ab-
den, als auch solche, die die Gottheit an zugrenzen. Mancher Hymnus kann eben-
den Menschen richtet. sogut dem Gott zur Lektüre vorgelegt, wie
Die erste Kategorie ist weitaus am besten vom Priester rezitiert sein; ebenso verhält
vertreten, sowohl sumerisch (Nr. 1-12) als es sich bei der „Klage Assurbanipals" M.
auch akkadisch (Nr. 13-24). Die Beispiele Streck, VAB 7, 248 ff. Auch für Orakel-
dieser Gruppe sind jedoch nicht einheitlich anfragen (J.A.Knudtzon, AGS und E.G.
und lassen sich nicht auf einen Nenner Klauber, PRT) ist mit der gleichen Schwie-
bringen. Öfter enthalten die Briefe eine rigkeit zu rechnen.
Bitte an die Gottheit, das ist indes keines- Die zahllosen Votivinschriften und die
wegs obligatorisch. Es bleibt uns zumeist Königsinschriften, in denen Gottheiten an-
unklar, auf welche Weise man versucht geredet werden, stellen ebenfalls gewisser-
hat, die Briefe ihren Adressaten zuzustel- maßen Versuche dar, Gottheiten auf schrift-
len, und warum man ein mündliches Ge- lichem Wege zu erreichen.
bet nicht für ausreichend gehalten hat. Verwandt mit den an assyrische Könige
Unter den sumerischen „Gottesbriefen" gerichteten Gottesbriefen Nr. 25 und 26
stammen verhältnismäßig viele aus der sind die von W. von Soden, WO 1/5 (1950)
Schreiberschule. Diese Texte sind also ent- 397ff. zusammengestellten Mari-Briefe
weder fiktiv oder jedenfalls nicht als pri- („Verkündung des Gotteswillens durch
märe Quelle für die religiöse Praxis zu prophetisches Wort"), die „gesammelten
werten (vgl. A. Falkenstein, RLA 3, 159; Aussprüche der Gottheit" an Assürbäniapli
J. J.A. van Dijk, SSA 13ff.). Manchmal (Th. Bauer, IAsb. S. 79-82), die Orakel an
ist eine gewisse Verwandtschaft mit der Assürahiddin und Assürbäniapli (J. A.
sumerischen „Weisheitsliteratur" vorhan- Craig, ÄBRT1,22-27 = S. A. Strong, BA 2,
den (vgl. van Dijk, o. c.). 627ff. und 633ff., S. H. Langdon, TI Tafel
Eine einheitliche Gruppe stellen die neu- II-III und IV K 6259, Th. G. Pinches, IV
assyrischen Texte Nr. 13, 20 und 23 dar. R 2 61), sowie das „Zwiegespräch zwischen
Nach der stereotypen Einleitungsformel Assurbanipal und N a M " (M. Streck, VAB
sind die Adressaten der Gott Assur, die 7. 342ff-)-
anderen Götter des Tempels Ehursaggal-
kurkurra und der Stadt Assur überhaupt, S u m e r i s c h e B r i e f e an Götter:
1. I. B e r n h a r d t / S . N. K r a m e r , TMH
sowie die Stadt Assur und ihre Einwohner. N F 3 Nr. 56. Ein gewisser Gudea beklagt in
Adressant ist der König. Auch am Schluß einem Brief an seinen (persönlichen) Gott sein
findet sich eine stereotype Formel. Der bitteres Los und fleht u m Erbarmen.
576 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
stehen, doch besteht in der Überlieferung attributiven Tiere, dem Stier und dem
zwischen diesen beiden Verwendungs- Löwendrachen (s. Göttersymbole*), ab-
zwecken der Siegel bisher eine Lücke von gebildet. Seit altbabylonischer Zeit wird
mehr als 2000 Jahren, so daß ein direkter diese Gottheit in den beiden genannten
gedanklicher Zusammenhang bisher nicht Formen dargestellt (U. Moortgat-Correns,
nachweisbar ist. Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 6
Gottessiegel kennen wir a) von Abrol- [1955] 17f.). Bereits auf einer Nuzi-
lungen auf einer Tontafel, b) als Originale Abrollung kommt er, wie auf dem baby-
und c) aus der Literatur. lonischen Siegel in beiden Aspekten (?)
a) auf einer in Nimrud gefundenen wiedergegeben, vor (U. Moortgat-Correns
T o n t a f e l (D. J. Wiseman, Iraq 20I1958] 1. c. 1739).
iff.; M. E. L. Mallowan, Nimrud and its Die dritte Abrollung auf der genannten
Remains 1, 242 Abb. 206ff.; s. auch Ar- Tafel stammt von einem Siegel der Zeit
tikel Glyptik*), die einen Vertrag Assur- Sinahheribas. Es wird in der Legende aus-
ahiddins mit seinen Vasallen zum Inhalt drücklich als Siegel des Gottes Assur be-
hat, befinden sich drei Abrollungen von zeichnet (D. J. Wiseman 1. c. 15). Die
Gottessiegeln; diese sind teils aus stilisti- Erwähnung „anäku Sinahheriba" (Z. 11)
schen Gründen, teils durch ihre Legende wird man wohl eher als Nennung des
in verschiedene Zeiten zu datieren. Das Weihenden, denn als Bezeichnung des
älteste Stück entstand in alt assyrischer Siegehnhabers verstehen wollen (vgl. da-
Zeit. Es gehörte nach seiner Legende dem gegen D. J. Wiseman 1. c.). Der König als
Gott Assur: Sa AASSur sa bit älim. Stili- Verehrer zwischen den Gottheiten Assur
stisch weicht es von den altbabylonischen und seiner Gemahlin entspricht den übli-
Siegeln nicht ab; ein eigener assyrischer chen Darstellungen der Zeit. Allerdings
Stil prägt sich erst in mittelassyrischer sind die beiden letztgenannten Siegel von
Zeit aus. Es handelt sich bei dem Bild um besonderer Größe (Mass. Siegel = H =
eine für diese Epoche typische „Einfüh- 8 cm, „Sanherib-Siegel" = H = 6,4 cm)
rungsszene"* (Suppl.), allerdings ohne den und schon darum, nicht nur durch die
angebeteten Gott. Man wird das Stück Legende, als außergewöhnlich hervorge-
daher nicht in die späteste altassyrische hoben.
Periode datieren wollen, da der für das Ein G. aus der Zeit der Tafel selbst fehlt.
Siegel naheliegende Bildgedanke zweier Man möchte annehmen, daß Asäur-
Göttinnen, die nicht den Gott, sondern eine ahiddin die Tafel nicht allein aus Legiti-
Legende flankieren (Moortgat VR Tf. 58), mationsgründen mit Siegelabdrücken sei-
noch nicht erfunden gewesen zu sein schien. ner Vorfahren versah, sondern daß er eher
Das nächstjüngere Stück ist nur aus den Gott als Siegelnden und Schicksals-
ikonographischen Gründen in die mittel- bestimmer im Falle des Vertrages, der
assyrische Epoche zu datieren (vgl. E. seinem Sohn die Nachfolge sichern sollte,
Weidner, JTn Nr. 29, Kommentar S. 38 handeln lassen wollte: NA4 KlSlB äa-Suri
dagegen D. J. Wiseman, Iraq 20, 19 ff. mit LUGAL DINGIR. MES EN KUR. KUR
Anm. 182), da die Legende lediglich einen Sa la Su-un-ni-[e] NA4 KlSlB NUN® GAL°
Hinweis auf den Gott Assur und nicht auf AD DINGIR. MES Sa la pa-qa-a-ri (D. J.
einen Herrscher erkennen läßt. Für diese Wiseman 1. c. 29).
zeitliche Einordnung spricht — neben der b) O r i g i n a l e G o t t e s s i e g e l sind uns
Schriftform der Legende — die hohe nur wenige bekannt. Ein besonders großes
kegelförmige Hörnerkrone des einen Got- Siegel ( H = 8 c m ) , das sich im Tempel-
tes (vgl. A. Moortgat ZA 48 [1944] 27 schatz der Istar Assuritu in Assur befand
Abb. 9). Die Darstellung zeigt einen knieen- (W. Andrae, JIT, WVDOG 58,102 Tf. 59),
den Beter — den König ? —, der dem Gott zeigt einen schreitenden Gott: eine Le-
Adad durch einen „einführenden empfoh- gende fehlt; die Beifunde stammen aus der
len" wird. Der Wettergott ist in zweierlei Zeit Sulmanuasareds I. Aufgrund der
Gestalt, jeweils mit einem seiner beiden Größe des Stückes und seines Fundortes
Reallexikon der Assyriologie HI 38
578 GOTTESBRIEF — GOTTESSIEGEL
nimmt Wiseman an, daß es sich um ein G. schen Grenzsteinen (vgl. Stück der Zeit
handelt (1. c.). des Melisihu, L. W. King, Boundary Sto-
Ohne Zweifel als Gottessiegel sind einige nes Tf. 21) und läßt daher an den ersten
Lapislazuliwalzen (i u. 8) durch ihre In- Vertreter des Namens Mardukzakirsumi
schrift zu bezeichnen: sie werden dort im 9. Jh. denken.
ausdrücklich „kunukku" genannt. Ge- 2. Lapislazuli. Erh. H. 8,4 cm. Viel-
meinsam ist ihnen ihre Größe i) H = 19 cm leicht noch im selben Jahrhundert (aus
8) H = 12 cm, das Material: Lapis und die paläographischen Gründen zwischen 1100
Technik der Bildwiedergabe. Die Abbil- und 800 anzusetzen, E. Unger, RLV
dungen sind nämlich nicht, wie sonst bei 4 s. v. Götterbild) wird ein nur frag-
Rollsiegeln üblich, negativ eingeschnitten, mentarisch erhaltenes Lapislazuli-Ku-
sondern positiv, d. h. erhaben, auf dem nukku entstanden sein, das sich heute
Zylinder zu erkennen. Lediglich die In- im Louvre befindet (L. Delaporte Lv 2
schriften sind vertieft eingeritzt, jedoch Tf. 93, 16 A830). Die reine Profilwieder-
positiv auf der Walze zu lesen. Aufgrund gabe des Götterbildes könnte stilistisch
dieser formalen Eigenart muß man die jünger als die en-face-Darstellung des
Stücke wohl als Prunksiegel zum Schmuck Oberkörpers des Gottes auf dem Marduk-
der Gottheit ansehen. Zum Siegeln sind zakiräumi-Siegel sein (vgl. dazu U. Seidl
sie wahrscheinlich nie benutzt worden. Diss. Berlin: Die babylonischen Kudurru-
Zwei Beispiele dieser Art (1. + 8.) fan- reliefs). Die Herkunft des Siegelfragmen-
den sich in einem parthischen Haus, das tes ist ungewiß, ebenso bleibt es unsicher,
zwischen den babylonischen Heiligtümern ob das Stück dem Gotte Adad, der als
Esangila und Etemenanki erbaut war Statue kenntlich durch den Stier, auf dem
(F. H. Weissbach, Babylonische Miscellen Siegel abgebildet ist oder auch Marduk
WVDOG 4, 17; F. Wetzel, Babylon der oder Assur geweiht war (s. u. S. 580).
Spätzeit, WVDOG 62 Tf. 14.15). Sie 3. A. Jeremias veröffentlichte ein frag-
gehörten sicher zum Tempelschatz, der bis mentarisches Siegel, das aus Babylon
in seleukidische Zeit vermehrt und erst in stammen soll (Handb. d. Altor. Geistes-
der parthischen Epoche, vielleicht zum kultur 391. 490. Abb. 217) Gebr. Ton.
Zwecke der Wiederverwendung oder auch H = 4,7 cm Datierung ausgehendes 8-/7.
Rettung (?) des Schatzes entführt wurde; Jh. Dargestellt ist eine Göttin mit wasser-
die Siegel blieben unversehrt. sprudelndem Gefäß in den Händen, 4 wei-
1. Das ältere Stück wurde nach seiner tere ähnliche Gefäße, je zwei am oberen
Inschrift von Mardukzakirsumi dem Gott und unteren Bildrand sind durch Wasser-
Marduk geweiht. Es wird ausdrücklich ströme mit dem von der Gottheit gehal-
erwähnt, daß es für den Hals des Gottes tenen verbunden. Begrenzung des Bildes
bestimmt sei (F. H. Weissbach o. c.). oben und unten durch ein Flechtband.
Daß auch Menschen Siegel an dieser Ob es sich um ein G. handelt, das, wie
sicheren Stelle zu tragen pflegten, geht die anderen hier genannten, erhabenes
aus einem Text Tukultiapalesarras III. Relief zeigt, oder um ein übliches negativ
hervor (AHw. = kunukku kisadi Su, P. eingeschnittenes Rollsiegel, geht aus der
Rost, Tigl. III 14, 69). Abbildung und Beschreibung nicht hervor.
Auf dem „kunukku" ist Marduk mit Verf. spricht von einem „kunukku".
seinem attributiven Tier, dem muähus Im Schatzhaus von Persepolis wurden
(Göttersymbole*) auf einem mit Wasser- einige weitere Lapislazuliwalzen gefunden,
wellenmuster verzierten Postament ste- die gewiß als Beutestücke von Babylon
hend dargestellt. Charakteristisch sind die dorthin gelangten (E. F. Schmidt, Perse-
drei großen Scheiben, vermutlich aus polis 2, OIP 69, 58ff.). Aufgrund ihrer z. T.
Metall zu denken, die von einer Halskette vorhandenen Inschriften sind sie zwar
herabhängend den Unterkörper des Gottes nicht eindeutig als Gottessiegel zu be-
bedecken. Die altertümelnde Darstellung zeichnen, da sie aber die gleiche eigen-
erinnert z. B. an Wiedergaben auf kassiti- artige Technik der Bildwiedergabe auf-
GOTTESSIEGEL 579
weisen, wie die drei (?) vorigen Stücke, verziert. Weder die fragmentarisch er-
sollen sie hier mit aufgeführt werden. haltene Inschrift — wiederum positiv ein-
Evtl. waren sie alle mit feinem Blattgold geritzt — noch die Darstellung lassen eine
überzogen oder hatten wenigstens goldene sichere Deutung des Gottes zu (E. F.
Einfassungen, denn Spuren von diesem Schmidt o. c. 61 Tf. 26. 2).
Metall wurden an einigen Stücken be- 6. Fundort wie 4. Blaugrauer Lapis-
obachtet (E. F. Schmidt o. c. 57). Der lazuli. Erh. H. 3,8 cm Dm. 2,7 cm. Technik
fragmentarische Zustand aller in Perse- nicht eindeutig festzustellen, vermutlich
polis gefundenen Beispiele könnte daher wie 1—5. Unterkörper eines Gottes, das
auf die Goldräuber zurückzuführen sein, Gewand gleicht Nr. 5. Drei übereinander
die zum Zwecke der Entfernung des Goldes angebrachte Falken am Rücken (?) sind
das Gestein zerbrachen und wegwarfen. hier wie ein Gewandmuster gezeichnet.
4. Gefunden im „Treasury" Raum 33. Die „Metallscheiben" wirken zunächst als
Blaugrauer Lapislazuli Erh. H. 3,7 cm (?). seien sie am Rücken angebracht, mög-
In erhabenem Relief ist ein Gott dar- licherweise handelt es sich jedoch bei der
gestellt, erhalten ist nur sein Kopf und das Gesäß andeutenden runden Linie um
die Schulter. Der sehr hohe Polos spricht eine Beschädigung, die an dieser Stelle
für eine spätere Entstehungszeit als Nr. 1, auch durch drei weitere Einkerbungen
sein gerader Zylinder und der unge- deutlich wird. Die sehr fragmentarische
schweifte Federkranz für eine jüngere als Inschrift bietet vermutlich ein Gebet an
Nr. 8. Man möchte das Stück in das 8. Jh., Marduk. Eine Datierung von 5 und 6 in
vermutlich an dessen Ende, datieren. Sonst das 8./7. Jh. ist versuchsweise vor-
nicht belegbar ist das gemusterte Tuch, zuschlagen (E. F. Schmidt o. c. 60 Tf.
das die Haare des Gottes umhüllt. Die 26, 3)-
positiv eingeritzte Inschrift gibt an, daß 7. Fundort wie 4. Erh. H. ungef. 3,9 cm.
ein Samaääumusur das Siegel für Nabü Technik eindeutig wie 1—5. Ohne In-
herstellte und weihte (?). Ob dieser Gott schrift. Dargestellt ist eine Opferszene
oder etwa Marduk dargestellt ist, läßt (kein Thron). Auf einem Altar, dessen
sich nicht entscheiden (E. F. Schmidt Platte von Göttinnen mit wasserspru-
0. c. 59 Tf. 26, ia—c). delnden Gefäßen getragen wird, liegen
5. Fundort wie 4. Chalcedon. Erh. einige Gegenstände, davor ist der Ständer
H. 3 cm Dm. 4,9 cm. Erhalten ist der eines Räuchergefäßes (wohl kaum ein
Unterkörper eines Gottes, in flachem Symbol) und der Teil eines menschlichen
Relief dargestellt. Vor ihm ein Beter im Fußes sichtbar (E. F. Schmidt o. c. 63
babylonischen Gewand. Die Abrollung in Abb. 7 Tf. 26, 4).
der Publikation ist sicher fehlerhaft: der 8. Ein fragmentarisch erhaltenes Siegel
Beter steht nicht hinter, sondern vor dem — Fundort wie 4. Erh. H. 2 cm — mit
Gott, demgemäß muß die Beschreibung negativ eingeritzter Darstellung und In-
des Göttergewandes korrigiert werden; schrift zeigt ebenfalls nur einen Gott mit
die runden Metallscheiben werden, wie die Federpolos und weicht daher von den
Stücke 1. 2. u. 8. zeigen, stets vorne oder üblichen Darstellungen der Siegel des
seitlich getragen, so auch hier. Bisher 8. Jh. — vermutliches Datum des
einzigartig sind die drei am Rücken über- Stückes — ab. Auch die Größe — wahr-
einander angebrachten Vögel (Falken?), scheinlich 4—5 cm — ist in dieser Zeit
die nach ägyptischer Art ihre eingeritzt nicht mehr bei „normalen" Rollsiegeln
wiedergegebenen Flügel schützend über üblich. Ob es sich jedoch um ein wirkliches
den Körper des Gottes ausbreiten, Körper Gottessiegel oder nur eine Votivgabe
und Köpfe sind erhaben gearbeitet und handelte, kann hier noch weniger als bei
außerhalb des Körperumrisses sichtbar. den Stücken 3—7 gesagt werden (E. F.
Der Gott steht auf einem doppelten Schmidt o. c. 59 Tf. 25, 7).
Postament mit genischten Fassaden, die 9. Das jüngste sicher als G. zu deutende
Platten des oberen sind mit Wasserwellen Stück stammt aus der Zeit Aääurahiddins
3«*
58O GOTTESURTEIL — GOTTMENSCH
(Fundort und Größe s. o.). Es zeigt den Gott Inschrift (E.Unger I.e. 17f.) ist zu schlecht
Adad, hier mit Blitz und beiden attributi- geschrieben und erhalten, um eine gesi-
ven Tieren auf einem Postament stehend. cherte Identifizierung vorzunehmen. Die
Das letztgenannte ist mit einem „Berg- Erwähnung des Gottes d Samanuha dürfte
schuppenmuster" in „Wasserwellenform" sich eher als theophores Element eines
verziert (Zusammenziehung beider Ele- Namens erweisen.
mente ? vgl. auch das ältere Vorbild c) Aus der L i t e r a t u r ist uns — wie
Nr. i.). Die Ornamentierung der Posta- bereits oben erwähnt — das Siegel des
mente ist jedoch mit dem Gott bestimmt Gottes Assur durch die sogenannte „Va-
nicht in Beziehimg zu setzen, denn sallentafel" des Assurahiddin bekannt ge-
ältere und gleichzeitige babylonische worden (vgl. Inschrift: Siegel des Gottes
Grenzsteine zeigen Symbolträger, teils Assur...) Auf einer im Britischen Museum
mit Wasserwellen-, teils mit Berg- befindlichen Tontafel (SKT 2,1 = K1349)
schuppenmuster verziert. Auf ihnen stehen wird ebenfalls das Siegel Assurs erwähnt.
die verschiedensten Götterembleme (vgl. Auf einer weiteren Tafel des Britischen
Kudurrus der Zeit Mardukzakirsumis, Museums (S. Smith, JRAS [1926] 442 ff. =
VA 208, Sarrukin II, VA 209, Samassum- BM 117666) wird das Siegel des Ea von
ukin, VA 3614, F. Steinmetzer, Baby- Eridu und des Ea von Nemed Lagudu
lonische Kudurru passim). Die Federkrone genannt. Smith wollte diese als Votiv-
des Gottes in der nach oben sich verjün- gaben für Ea deuten und meinte, daß
genden Form entspricht dem Zeitge- zahlreiche Siegel vieler heute bestehender
schmack; das Sternengewand und die Sammlungen ihres guten Erhaltungszu-
Metallscheiben an einer Kette, diesmal an standes wegen den gleichen Zweck gehabt
der Taille befestigt, zeigen die traditionelle haben müssen, „kunukku Sa Ea" deutete
Bekleidung der babylonischen Götter. er dahingehend, daß lediglich dieser Gott
Interessant ist die Wiedergabe eines auf dem Siegel abgebildet gewesen sein
Stufenturmes auf der Brust des Gottes. müßte. Nach dem Fund der Aäsurahiddin-
Zwei Inschriften (assyrisch und babylo- Tafel möchte man jedoch eher Wisemans
nisch nach Borger Ash. 29 § 12) geben das Auslegung, daß es sich um „Gottessiegel"
Siegel als dem Gott Marduk u n d Adad im wahren Sinn gehandelt hat, folgen
gehörig an. Sollte es sich hier — einmal (D. J . Wiseman, 1. c. 19 mit Anm. 171).
bildlich wiedergegeben — tun ein Zeichen Schließlich muß noch ein goldener
der sogenannten Gleichsetzungstheologie Siegelring der Göttin Bagbartu, Gattin
handeln? (A. v. Soden, Leistung und des Haldi, erwähnt werden. Er gehörte
Grenze der babylonischen Wissenschaft. zur Beute Sarrukms II, die dieser in
Wissenschaftliche Buchgesellschaft 152, Musasir machte. Mit ihm „siegelte die
57 ff.). Dafür spräche auch das Abbild Göttin ihre Befehle" (Sg. 8, 385).
einer Zikkurrat am Gewände des Gottes,
denn mit einem dem Adad geweihten Lit.: D. J. Wiseman, Iraq 20 (1958) I 4 f f .
Tempelturm darf man in Babylon wohl F. H . Weissbach, Babylonische Miscellen
W V D O G 4, 17ff.; R. Koldewey, Die Tempel
kaum rechnen (zum Adad-Tempel in v o n Babylon und Borsippa W V D O G 15, Bl. 8
Babylon vgl. E. Unger Babylon* RIA 2 Abb. 77; ders. D a s wiedererstehende Babylon
Sp-351 §78). Der Wettergott müßte 216; F. Wetzel u. a. Das Babylon der Spätzeit,
demnach einerseits Verbindungen zum WVDOG 62, 36 ff. Tf. 43. 44; E. F. Schmidt,
Persepolis 2, O I P 69, 57ff.
Gott Assur (s. o.), andererseits aber auch R. Opificius
zu Marduk haben.
Ein von E. Unger (BASOR 130 [1953] Gottesurteil s. Ordal.
15 ff.) als Gottessiegel bezeichnetes Stück „Gottkönigais Krieger" s. Naramsintyp.
ist nach freundlicher Mitteilung W. von
Sodens nicht so zu deuten, obwohl es vom Gottkönig s. König, vergöttlichter.
gleichen Fundort wie einige der Lapis-
lazuli-Walzen stammt (s. o. S. 578f.). Die Gottmensch s. Vergöttlichung.
grab 58i
Ein Grab ist der Ort jeder Art von Be- ältester Beleg ist zur Zeit aus dem Halaf-
stattung, ganz gleich, ob hierzu einfach zeitlichen Arpacija* (Suppl.) bekannt. Seit-
Erde über den Verstorbenen aufgehäuft, dem taucht das Mattengrab vereinzelt
ob er in eine später zugeschüttete Grube oder in dichterer Streuung immer wieder
gebettet wird, oder ob darüber hinaus- auf und man darf annehmen, daß dieser
gehende Vorrichtungen für den Schutz des Typ stets als eine Variante des einfachen
Leichnams getroffen werden. Die Grab- Erdgrabes neben diesem existierte,
formen des vorderasiatischen Bereichs c) Schachtgrab (Abb. 2. 3)
sind sehr mannigfaltig. Ihre verschiedenen An die Stelle der einfachen, meist seich-
Typen kommen z.T. gleichzeitig neben- ten Erdgrube tritt ein tiefer Schacht, dessen
einander vor, lösen einander gelegentlich steile, oft einen rechteckigen Raum um-
ab und durchleben gewisse Formwand- schließende Wände gelegentlich mit Mat-
lungen. Einige charakteristische Ausge- ten oder Lehmputz ausgekleidet sind
staltungen sind dabei in ihrer Verbreitung (z. B. in Ur* gegen Ende der Frühsumeri-
auf begrenzte Zeitperioden und/oder be- schen Zeit). Zu diesem Typ gehören die
stimmte Kulturkreise beschränkt. Die im 16 „Königsgräber" (Abb. 2), bedeutende
Folgenden gegebene Aufstellung wird dies „Privatgräber" und die großen Grab-
verdeutlichen. Zu andern Aspekten des schächte der sog. „II. Dynastie von Ur"
Bestattungswesens vgl. die Artikel Grab- im frühdynastischen bis Gudea/Ur III-
beigabe*, Grabgefäß* und Bestattungs- zeitlichen Friedhof zu Ur*. Hier beherber-
sitten* (Suppl.). gen die Grabschächte entweder gebaute
Grabkammern (eine oder zwei), Sarko-
§ 1. G r a b f o r m e n phage (einen oder mehrere) oder einfache
1. Erdgrab Erdgräber und waren manchmal über
a) Einfaches Erdgrab (Abb. 1) einen schräg hinabgeführten Dromos zu-
Der auf den Boden oder in eine Grube gänglich. Schächte in Assur* (seit der
gelegte Leichnam ist mit Erde zugedeckt. Epoche der Könige von Akkade bis zur
Als älteste Grabform Vorderasiens ist die- Mittelassyrischen Zeit) enthielten eine in
ser Typ seit dem präkeramischen Neolithi- Höhe des Bodens aus einer Seitenwand
kum ("Ali Kos* [Suppl.], Tepe Guran*) herausgearbeitete mit Steinplatten ver-
belegt und besteht zugleich konstant durch schlossene Kammer (Abb. 3). Ähnliches
alle Epochen. gibt es in der ältesten Kulturperiode von
Türang Tepe*, wo die Seitennische offen
b) Mattengrab oder einmal durch eine Lehmziegelmauer
Der Leichnam ist auf eine Matte gelegt, verschlossen ist. Ein bedeutendes Schacht-
in Matten eingewickelt oder in eine mit grab mit mehreren reich ausgestatteten
Matten ausgelegte Grube gebettet. Unzu- Toten wurde in Galeküti* (8./y. Jh. v.
reichende Grabungstechnik und leichte Chr.) gefunden (s. ferner u. B. Syrien-
Vergänglichkeit der Matten haben nur Palästina).
selten zu ihrem Nachweis geführt. Ihr
582 GRAB
2. Scherbengrab
Abb. 4. Topfgrab in Babylon (nach O. Reuther,
Der Bestattete ist in einer Grube auf die Die Innenstadt von Babylon. WVDOG 47 [1926]
Erde oder eine Schicht Scherben gelegt Abb. 105).
GRAB 583
Selten standen diese „Sarkophagtöpfe" men später noch im kassitischen Ur* vor.
aufrecht, meist waren sie über den auf der Kleinere weitmundige Schüsseln werden
Erde hegenden Leichnam gestülpt (s. u. im mitannischen Nuzi* oft über Kinder-
3 b). Sie verdrängten niemals die zeit- leichname gestülpt, seltener als aufrecht-
genössische Haushaltsware aus dem Be- stehende Grabtöpfe verwendet.
stattungswesen, die neben ihnen stets als c) Doppeltopfgrab (Abb. 7. 8)
Behältnis für Kinderleichen Verwendung Der Leichnam ruht in zwei Tontöpfen,
fand. In dieser Funktion bevorzugte man die mit den Mündungen aneinanderstoßend
während der Ur III- bis Altbabylonischen horizontal in eine Grube gelegt sind.
Zeit Südmesopotamiens und Elams Kap- Manchmal hat eins der beiden Gefäße
seln aus zwei übereinandergestülpten fla- einen geringeren Mündungsdurchmesser,
chen Schalen (Ur*, Uruk*, Larsa*, Girsu* so daß es mit dem Rand etwas in das grö-
[Abb. 5], Nippur*, De*, Mari*, Susa*). ßere hineingeschoben werden konnte. Ge-
legentlich ist die Verbindungsstelle mit
Bitumen verschmiert oder durch einen
Kranz von Ziegeln bzw. Steinen gefestigt
(Abb. 7).
Abb. 5. Topf grab in Girsu (nach H. deGenouillac,
Die ältesten Doppeltopfgräber in Mah-
Fouilles de Telloh 1 [1934] Abb. S. 96). mür* und Tepe Gaura* (Suppl.) XII
(Früher Warka-Gaura-Horizont [=Gaura
b) Umgestülpter Grabtopf (Abb. 6) XII A—XII]) bestehen aus geeigneten
Ein weitmundiger Tontopf ist über den Gefäßen der gleichzeitigen Haushaltsware.
in einer Grube auf der Erde oder einer Da dieser Grabtyp gegenüber dem ein-
Matte hegenden Leichnam gestülpt. Auch fachen Topfgrab ein größeres Fassungs-
hierbei wird anfangs wohl die übliche Haus- vermögen hat, wurde er des öfteren auch
haltsware verwendet (erstmals in Tepe für Erwachsene verwendet (in Tepe Gaura*
Gaura* X I I I ; Späte 'Ubed-Zeit). Seit der XII neben fünf Kindern drei Erwachsene).
Ur III- bis Altbabylonischen Zeit (Larsa*, Danach ist das Doppeltopfgrab lange
Girsu*, Abu Hatab* [Abb. 6], Der*, Zeit nicht mehr belegt; es erfuhr dann
Susa*) werden die unter 3 a genannten etwa in der Ur IH-Zeit eine neue Aktivie-
speziell für Grabzwecke hergestellten gro- rung als sich die Herstellung spezifischer
ßen Töpfe in Südmesopotamien und Elam Grabgefäße* durchsetzte. Von jetzt an
zumeist als Stülper verwendet. Sie kom- •wurden die auch einzeln zum Bestatten
verwendeten tiefen weitmundigen geripp-
ten oder glattwandigen Töpfe (s. u. 3 a.b)
nicht selten paarweise zu Kapseln zusam-
mengefügt (Larsa*, Madäjin*, Girsu* [Abb.
7], Nippur*, Abu Hatab*, Sippar*, Der*,
Mari*, Susa*). Aus der 2. Hälfte des
2. Jt. v. Chr. gibt es dann Doppeltopf-
gräber im gesamten Zweistromland von
Fecherije* (s. Grab B. Syrien-Palästina*)
im Norden bis zum äußersten Süden (Agra*
[Suppl.], Tepe Gaura* [?], Billa* [?]
[Suppl.], Assur* [Suppl.], Mari*, Baby-
lon* [Suppl.] [Abb. 8], Nippur*, Ur*,
Lahm*, Susa*). In weiten Gebieten lebt
diese Grabform noch bis gegen Ende der
Spätbabylonischen Zeit weiter (Ur*, Uruk*,
Babylon*, Billa*[?], Tepe Gaura*[?]), in
Nippur* bis in nachachaemenidische Zeit.
(nach W. Andrae, MDOG 17 [1903] Abb. 8.).
Die Form der verwendeten Gefäße wan-
584 grab
MUlMU, ijiiimlii
umnifflN MM UM\r
tiwiniivq ' Mi»J
[7/
^Hi;. vnti iit ipüiüiuiiLyvAi!
— - .„»sr^t-^ifnmimi,*»»..
5. Gebautes Grab
a) Ummauertes Grab
Eine niedrige Mauer aus Stampflehm,
Abb. 10. Hockersarkophag in B a b y l o n (nach
O. Reuther, D i e Innenstadt v o n Babylon. Lehmziegeln oder kleinen Steinen umfrie-
W V D O G 47 [1926] Tf. 67, 112 a/b). det den Leichnam, ohne daß es zur Aus-
586 grab
dllk
wh
Abb. 13. Steinkiste in Tepe Guran (nach H . Thrane, Acta Archaeologica [1963] S. 126 Abb. 26. 27).
80 Kisten in Tepe Gaura* X I A — V I I I B In die gleiche Zeit wie Tepe Gaura* XIA
(Abb. 14; = Später Warka-Gaura-Hori- bis VIII B mag eine Ziegelkiste aus Ur*
zont) sind aus Lehmziegeln oder Steinen (PFG/D) gehören.
(s. u. 5 b) oder beiden Materialien neben- Ziegelkisten in Tepe Hazlna* und Tepe
einander erbaut. Wenige von ihnen haben Aliäbäd* sind jüngstens aus dem Be-
einen Fußboden aus Lehmziegeln, die ginn der Frühdynastischen Zeit. Etwa
meisten ein Dach, das bei den älteren und gleichzeitig mit der Frühsumerischen und
kleineren Exemplaren vorwiegend aus Frühdynastischen Periode sind Kisten in
Lehmziegeln besteht, bei den jüngeren Tepe Hisär*, je eine in Schicht II A und
und größeren öfters aus Steinplatten und I I B, mehrere in III.
Matten sowie dreimal aus Stampflehm. In Ziegelkisten in Nippur* seit der Isin-
33 Fähen fehlt jede Spur einer Bedachung. und Altbabylonischen Zeit sowie im Baby-
588 grab
Gewölbe (Ur*, Uruk*, Girsu*, Der*, Assur*, in unserm Bereich nicht üblich. Zwar ver-
Nineve*, Susa*). mutet C. L. Woolley bei den frühdynasti-
Im kassitisch-mittelassyrischen Bereich schen Schachtgräbern des Friedhofs zu
wird das Kraggewölbe (Assur*) immer Ur Oberbauten, doch ist deren eventuelles
mehr durch die echten Gewölbe verdrängt Aussehen völlig unbekannt. Der Oberbau
(Ur*, Babylon*, Assur*, Susa*, Cogä der Königsgräber der III. Dynastie von
Zanbil*). Ur in Ur* ist seinem Grundriß nach ein
Seit Beginn des i . J t . v. Chr. gibt es Wohnhaus und fügt auch diese außerhalb
in Babylon* keine Wölbgruft mehr. Auch des Palastes angelegten Grüfte in den
in Uruk* fehlt dieser Typ. In Ur*, Girsu*, Rahmen der gängigen Hausbestattung.
Assur* (Abb. 16), Billä* und Susa* ist er (Zu seiner vermuteten Funktion vgl. A.
dagegen weiterhin belegt, in Ur* und Moortgat, Tammuz [1949] 75 ff. und
Susa* sowohl mit echtem als auch mit G. Castellino, ZA 52 N F 18 [1957] 12).
falschem Gewölbe. Er ist gewiß nicht auf monumentale Wir-
Grüfte mit Krag-, Radial- und Ring- kung berechnet.
schichtengewölbe kommen noch in Seleu- Eine Ausnahme findet sich nur in der
kidisch/parthischer Zeit vor (Uruk*, Nip- Fars, wo ein auf gestuften Sockel gestellter
pur*, Kis*, Seleukia*, Ktesiphon, Abu Steinbau mit rechteckigem Grundriß und
Tar). Giebeldach in Pasargadae* allgemein als
e) Oberirdischer Grabbau (Abb. 17) Grabmal des Cyrus II.* angesehen wird
Eine Ausgestaltung des Grabes durch (Abb. 17). Das gleichgebaute Monument
oberirdische Anlagen zum Monument war Gur-i Duhtar* in der Ebene von Buzpar*
-
1 1 Li
1 1 U 0 [0
-
1 ß6 1s,
4 Abb. 17. Oberirdischer Grabbau in Pasargadae,
-
-
x Grab Cyrus II. (nach D. Stronach, Iran 2 [1964]
Ste Abb. 1 unten links).
39*
596 grab
Uber einen gemauerten Schacht und einen der Mitte der einen Langseite. Die Kno-
Dromos konnte die Gruft betreten werden. chen der Toten lagen in Haufen zusammen
Nach der großen Anzahl der deponierten mit den Resten von Gefäßen und Waffen
Beigaben, 1045 ganze Gefäße, ferner meh- in mehreren Schichten über einem ein-
rere Waffen und Wagenteile aus Bronze, fachen Erdfußboden (Sekundär-Bestat-
dürfte die Gruft für mehrere Bestattungen tung s. o.).
benutzt worden sein, wahrscheinlich von Eine besondere Stellung nahm in
der Akkad- bis in die Ur-III-Zeit. Palästina eine Reihe von Felsgräbern ein,
Im westlichen Syrien und in Palästina die nach ihren Beigaben in das ausgehende
war während des 3. Jts. die typische 3. J t . datieren (Intermediate Early-
Grabform das schon aus der vorhergehen- Middle Bronze I-PeriodnachW. F. Albright.
den Periode bekannte und in den Fels ein- Vgl. dazu auch R. Amiran, I E J 10 [i960]
getiefte Schachtgrab (Friedhofsbestat- 204ff.). Nach den Untersuchungen in
tung). Es blieb auch neben den Höhlen- Jeriho* lassen sich aufgrund der unter-
gräbern für die Folgezeit in diesem Gebiet schiedlichen Bestattungssitten, Beigaben
die vorherrschende Bestattungsart. Da- und Grabformen unter den Anlagen in den
neben läßt sich durch die neuen Ausgra- Nekropolen nördl. des Teil sechs Typen
bungen in Bab ad-Dra* für Jordanien feststellen.
die Verwendung von aus Lehmziegeln Typ 1: (Dagger-Type) 105 kleinere Grä-
errichteten, rechteckigen Beinhäusern be- ber mit rundem Schacht, 1 Leiche, gele-
legen. Der Eingang befand sich jeweils in gentlich auch 2, mit jeweils einem Dolch
als Beigabe (Abb. 2).
Typ 2: 161 große Gräber mit rundem
Schacht, Zahl der Toten wie bei Typ 1,
anstelle der Dolche Gefäße und Lampen
als Beigaben (Pottery-Type) (Abb. 3).
Typ. 3: 34 sehr große Gräber (Outsize-
Type) mit annäherndrechteckigem Schacht.
Jeweils 1 Leichnam mit zahlreichen Bei-
598 grab
Abb. 5
Neben diesen Brandgräbern gab es auch den, setzte sich im Verlauf des g./8. Jhts.,
auf dem Teil Halaf* mehrere „Erdbestat- wohl unter dem Einfluß der assyrischen
tungen" (Leichengräber) in Grüften aus Kultur, immer mehr die Sitte durch, die
ungefähr der gleichen Zeit. Die wohl wich- Verstorbenen der wohlhabenderen Bevöl-
tigsten lagen, annähernd in die Himmels- kerung in mit Randleisten oder Wulst-
richtungen eingefluchtet, nördl. des Tem- bändern verzierten Sarkophagen beizu-
pel-Palastes. Sie waren aus Lehmziegeln setzen. Die Bestattungsform aber der
errichtet, mit echtem Gewölbe* eingedeckt einfacheren Leute blieb weiterhin das
(aber nur bei der älteren, südlicheren noch Erd- bzw. Topfgrab.
erhalten) und über ein später zugemauertes In Palästina wurden in dieser Zeit die
Schlupfloch zugänglich. Ferner gehörte zu in den Fels eingetäuften Schachtgräber
der Einrichtung eine kleine Lampennische. durch die horizontal angelegten Kammer-
Während aber die ältere Anlage nur über oder Höhlengräber abgelöst. Sie verfügten,
einen Raum verfügte, war bei der jüngeren wie am besten die Anlagen von Lahis*
die Gruft durch eine Längsmauer unter- zeigen, meist über mehrere Räume (bis zu
teilt. Dieser Bau, der in die Kapara-Zt. drei oder vier) und enthielten zahlreiche
datiert, war außerdem oberirdisch sichtbar, Bestattungen. Als Totenlager dienten
deshalb auch der schlechte Erhaltungs- z. T. breite, aus dem Felsen gehauene
zustand. Im Innern stand nur ein Tonsarg, Wandbänke. Neben diesen gruftähnlichen
der vielleicht zu einer zweiten Bestattung Anlagen für die reicheren Familien kamen
gehörte. In der älteren nicht ausgeraubten jetzt ebenfalls in Palästina immer mehr die
Gruft hingegen fand man die Leichen auf einfachen Erd- und Topfgräber in Ge-
dem Boden niedergelegt zusammen mit brauch. Auch die Form des Kistengrabes
einer großen Anzahl von reichen Bei- ist für die spätbabylonische Zeit durch vier
gaben. Beispiele in Ahzib bezeugt.
Drei weitere Grüfte lagen unweit der Ebenso scheint die Tumulus-Bestattung
beiden Brandgräber in der Nähe des noch in der Eisen-Zt. (7. Jht.) vorzukom-
Südtores der Burg. Sie waren im Gegensatz men (s. o.), vorausgesetzt diese Deutung
zu den eben besprochenen oberirdisch trifft auf die westl. von Jerusalem*
angelegt (der Felsboden reichte an dieser gelegenen 19 Steinanlagen mit Treppen
Stelle bis dicht an die Oberfläche) und zu. Denn in ihnen sind keine Skelettreste
bestanden aus einem Vorraum mit ein oder festgestellt worden.
zwei kleineren Grabkammern (Baugruppe
i—3). Als Baumaterial waren Lehmziegel Urnengräber Syriens: P . J. Riis, H a m a , L e s
cimiti&res ä. Crömation.; C. L. Woolley, Car-
verwendet und dieEindeckung in der Form c h e m i s h 2, 8 o f . 119; Carchemish 3, 2 5 o f f . ;
eines echten Gewölbes ausgeführt. Von A A A 25 (1938) 12; A A A 26 (1939/40) i2ff.;
den Toten und ihren Beigaben haben sich A A A 6 (1914) 94.
nur geringe Reste erhalten; die hier eben- Urnengräber Palästinas: M. D o t h a n , I E J 10
(i960) 260; J. Garstang, AAA 20 (1933) 36;
falls vorhandene Asche darf man aber wohl
A A A 21 (1934) 131; w - F - Albright, A A S O R
nicht als die Überreste einer Brand- 17 (1936/37) 75 f -
bestattung ansprechen. Diese Anlagen Teil H a l a f : R . N a u m a n n , Teil Halaf 2,
aus dem 10./9. Jht. dienten offenbar nicht 159ff. l o o f f . 169ff. 3 5 7 f f . 361.
nur als Begräbnisplätze, sondern wahr- Sonstige Gräber i n Syrien/Palästina: Syria
8 (1927) i 2 g f . 135t. 140. 2 1 2 ; Syria 9 (1928)
scheinlich auch als Kultstätten für eine 191. 143; Syria 16 (1935) 1 4 8 f f . ; B M B 7 (1944
bestimmte Form der Toten-(Ahnen-) Ver- bis45) i i 4 f f . ; B M B 8 (1946—47) 172; G. L.
ehrung. Eine ähnliche Funktion muß Harding, Q D A P 11 (1945) 6 7 f f . ; Q D A P 13
ebenfalls der im Stadtgebiet gelegene (1948) 9 5 f f - ; 14 ( I 9 5 ° ) 4 4 f f - ; A. K. Dajani,
A D A J 2 (1953) 6 6 f f . ; R. Amiran, B I E S 20
sog. Kultraum mit Sitz- und Standbil- (1956) 1 7 3 f f . ; O. Tufnell, Lachish 3, 169ff.
dern von Göttern und Menschen gehabt 174. 178; M. D o t h a n , Bull. Soc. Anthr. 2, X .
haben. Ser. (1961) 7 9 f f . ; M . Prausnitz, I E J 12 (1962)
1 4 3 ; I E J 13 (1963) 3 3 8 ; J. N a v e h , I E J 13
Während zu Beginn des x. Jhts. offenbar (1963) 74ff. ; T u m u l i bei Jerusalem: R. Amiran,
die Toten noch ohne Sarg beigesetzt wur- I E J 8 (1954) 2 0 5 f f . .
grab 603
Iasos: Gräberfeld mit Steinkisten: AS- Müsgebi: Mykenische Gräber: cf. AJA 69
Atene NS 23—24 (1961—62) 555 ff.; (1965) 140; Türk Arkeoloji 14 (1965)
vgl. AJA 70 (1966) 1 4 9 I . 123 ff..
Yatagan: Gräber ähnlich wie in Iasos:
AJA 70 (1966) 149. § 3. Nachhethitische Zeit.
Ostanatolien:
Tilkitepe: Erd- und Topfgräber innerhalb Späthethitischer Bereich:
der Siedlung: T. Özgüg, Bestattungs- Zincirli: auf der Burg ein als Grabkammer
bräuche im vorgeschichtlichen Anato- gedeuteter Bau: F. v. Luschan et al.,
lien, 16. 29. Sendschirli II, i4of..
Ünsel: wahrscheinlich frühbronzezeitliche Karkemis: mehrere Gräberfelder mit
Gräber bei Alaca Han: Vgl. AfO 21 Brandgräbern außerhalb der Stadt:
(1966) 168. AAA 26 (1939) 11 ff..
Pulur: mehrere Steinkistengräber neben-
Deve Hüyük: wahrscheinlich gleich-
einander, aber zwischen Wohnhäusern:
zeitige Brandgräber: ebenda, 19.
H. Kofay/H. Vary, Pulur Kazisi, 98 ff..
Karahüyük bei Elbistan: vereinzelte
Hausbestattungen: T. özgüg, Kara-
2. Hethitische Zeit. hüyük Hafriyati Raporu, 68 f..
Südliches Kleinasien: Phrygischer Bereich:
Agana: zahlreiche Gräber verschiedener Zusammenfassende Darstellungen: Bittel,
Art, darunter auch Brandbestattungen, Kleinasiatische Studien, 70ff.; Belleten
in den Schichten V I I I — I : L. Woolley, 10 (1946) 6 i g f f . ; E. Akurgal, Phry-
Alalakh, 201 ff. gische Kunst, l o i f f . .
Inneranatolien: Urartäischer Bereich:
Kültepe: in den Schichten des Karum Zusammenfassend: M. v. Loon, Urartian
Kanes zahlreiche Bestattungen unter Art, 60ff..
den Häusern: T. Özgüg, Ausgrabungen Felsgräber:
in Kültepe 1948, 51 ff.; ders., Aus- Van: B. Piotrovskij, Vanskoe Carstvo,
grabungen in Kültepe 1949, 28 ff.. 207 ff.; dazu Loon a. a. O.
Alisar: aus der Karum-Zeit Bestattungen Kayalidere: AnSt. 16 (1956) 55 ff..
ähnlich wie in Kültepe: H. v. d. Osten, Vgl. auch das urartäische Felsgrab v o n
OIP 29, 8 4 f f . . Alishar im Iran: B. Piotrovskij,
Bogazköy: einzelne Bestattungen der Isskustvo Urartu, 3ff..
Karum-Zeit innerhalb der Siedlung: Altmtepe: Kammergräber, in Art v o n
MDOG 74, gff.. Wahrscheinlich etwas Felsgräbern angelegt: AnSt. 3 (1953)
später beginnend und lange benutzt: 97ff.; Belleten 25 (1961) 253ff..
Grabgrotte von Osmankayasi mit Steinkistengräber:
Brandgräbern (Urnen) und Erdgräbern: Ünsel: Friedhof bei Evditepesi: vgl. AfO
K. Bittel et. al., WVDOG 71. 21 (1966) 1 6 7 I .
Ilica: Brandgräberfeld althethitischer Harmantepe Köy: vgl. AJA 69 (1965)
Zeit: W. Orthmann, Gräberfeld bei Ilica. 142; Anatolica 1 (1967) 2of..
Yassihüyük (Gordion): Extramuraler Ani: vgl. AJA 71 (1967) 165; Anatolica 1
Friedhof mit Steinkisten- und Topf- (1967) 21.
gräbern: M. Mellink, Hittite Cemetery
Brandgräber (Urnen):
at Gordion.
Melekli: Sakarthvelos sahelmcipo mu-
Karaoglan: einzelne Bestattung: Kansu,
zeumis moambe 13—B (1944) i f f - ;
IV. Türk Tarih Kongresi, 191 f. AnSt. 13 (1963) i 5 4 f f . ; vgl. auch AJA
Karahüyük bei Konya: Topfgräber der 71 (1967) 163.
Karum-Zeit: Belleten 25 (1961) 524; Vgl. auch das urartäische Brandgräber-
Belleten 26 (1962) 621. Vereinzelt auch feld von Nor Ares bei Erevan: Tele-
Brandgräber: Türk Arkeoloji Dergisi kagir Hajkakan SSR. gitouthjounneri
6 (1956) 35- akademiaji (1958) H. 10, 63 ff..
Masat: ein Kindergrab in einem Topf
innerhalb der Siedlung: Belleten 10 W. Orthmann
(1946) 221.
Gavurkale: Möglicherweise ein Grabbau
der hethitischen Großreichszeit: OIC Grabbeigabe (I. Irak und Iran).
14 (1933) 69ff.; Belleten 10 (1946) 77;
E. Akurgal, Späthethitische Bildkunst, Prinzipiell sind echte Grabbeigaben vom
123.
persönlichen Eigentum des Bestatteten zu
Westanatolien:
Troja: Brandbestattungen der Schicht V I : unterscheiden. Unter die letzte Kategorie
C. W. Biegen et al., Troy III, 37off. fällt alles, was der Mensch am Körper
6o6 GRABBEIGABE
trägt und was ihm auch nach dem Tode und als Eßgeschirr in das Grab gestellt
nicht genommen wird: Kleidung, Schmuck (ältester Beleg in Hassuna* I a: S.Lloyd/
mit Amuletten, eventuell Siegel und Waf- F. Safar, JNES 4 [1945] 272). Seitdem
fen. Echte Grabbeigaben sind alle Gegen- sind Keramikbeigaben am häufigsten fest-
stände, die darüber hinausgehen und der zustellen. Danach folgen die verschie-
Versorgung des Toten sowie der Erleichte- densten Schmucksachen, Siegel, Geräte
rung seines Daseins im Jenseits dienen. und Waffen. Keramik und Schmuck sind
Hierzu rechnen in erster Linie Nahrungs- durch alle Epochen und in allen Kultur-
mittel und Getränke, die meist in Gefäßen, kreisen durchgängig belegt, Siegel, Geräte
aber auch in andern Behältnissen depo- und Waffen treten dagegen mehr verein-
niert sind. Hinzu kommen Waffen und zelt auf, ohne daß sich daraus aber be-
verschiedene Gerätschaften, Toilettenbe- stimmte Gruppierungen ergäben.
stecke, Schminkfarben, Spielknöchel. Zu An ungewöhnlichen Grabbeigaben wären
selten belegten Beigabentypen vgl. die daneben folgende zu erwähnen:
unten gegebene Aufstellung. Steinerne Frauenfiguren angebhch in den
Die Unterscheidung zwischen echten Gräbern von Sawwan* (Prä-Samarra) (F. el
Beigaben und persönlichem Eigentum ist Wailly, Sumer 19 [1963] arab. Teil Abb. 4).
oft nicht eindeutig zu treffen. Sofern un- Widder und Rassel aus Terrakotta in
klar ist, ob der Tote Schmuck, Geräte, einem Kindergrab von Tepe Gaura* XVII
Waffen oder dergleichen am Körper ge- (Mittel-'Ubaid) (A. J. Tobler, Excavations
tragen hat, muß die Frage offenbleiben. at Tepe Gawra 2 [1950] 165 Tf. 82 b).
Andere Objekte, wie Keramik, Nahrungs- Zwei „Hüttensymbole"* in einem Grab
mittel und in praxi unbenutzbare Modell- von Tepe Gaura* VIII C (Später Warka-
geräte, sind mit Sicherheit als echte Bei- Gaura-Horizont [ = Gaura XIA—VIIIB])
gaben anzusehen. Im Hinblick auf diese (A. J. Tobler, o. c. 84 Tf. 52 b).
häufig unlösbaren Schwierigkeiten emp- Terrakotten reptilköpfiger Frauen, z.T.
fiehlt es sich, im Folgenden echte Beigaben mit Kind, in Ur* und eine reptilköpfige
und persönliches Eigentum gemeinsam zu Mä'«werterrakotte in Eridu* (Früher Warka-
behandeln. Gaura-Horizont [ = Uruk XVIII—XII])
Grabbeigaben dokumentieren einerseits, (C. L. Woolley UE 4 [1955] 12 f. 20 Tf.
daß der Mensch auch nach dem Tode noch 20; S. Lloyd/F. Safar, Sumer 4 [1948]
als Rechtspersönlichkeit respektiert wurde 118; E. Strommenger/M. Hirmer, Meso-
und verdeuthchen ferner, in welchem Maße potamien [1962] Tf. 10 bis 12).
man sich das Jenseits als Parallele zum Frauenterrakotte in einem Grab von
irdischen Leben vorstellte. Turang Tepe*, Hügel C (etwa zeitgleich
Nicht jede Bestattung ist mit Beigaben mit der zweistromländischen Frühdyna-
versehen. Deren Vorhandensein, Anzahl stischen Epoche) (F. R. Wulsin, Supple-
und Qualität richtet sich in erster Linie ment zu BAIPA 1 [1931] 10 Tf. 16).
nach den verfügbaren materiellen Mitteln Tonhunde im Friedhof zu Ur* (Meska-
(man vergleiche z. B. die Inventare der lamdu/Ur I-Zeit) (C. L. Woolley, The
benachbarten, annähernd gleichzeitigen Royal Cemetery. UE 2 [1934] Grab 165.
Friedhöfe in 'Ubaid* und Ur*: die Gräber 172. 183. 319), eine weibliche Beterstatu-
des ersten sind nur arm, die des zweiten ette im Farah- oder Ur I-Stil am selben
reich ausgestattet). Ort (C. L. Woolley, The Early Periods.
Die ältesten Grabbeigaben in unserm UE 4 [1955] 129 Tf. 37 oben).
Bereich sind ein Amulettanhänger und vier Eine Männer- und eine Frauenterrakotte
kleine Steinbälle in einem präkeramischen in Gräbern der Akkade- bis Ur III/Isin-
Erdgrab von 'Ah Kosh* (F. Hole/K. Zeit von Assur* (A. Häher, Die Gräber
Flannery, IrAnt. 2 [1962] i n . 120). und Grüfte von Assur. WVDOG 65 [1954]
Gleichzeitig mit der Erfindung der Kera- 184 Tf. 7 a. 9 g).
mik werden den Toten dann auch Ton- Ziegenfiguren aus Kupfer und Fritte,
gefäße als Behälter von Nahrungsmitteln meist zu dritt, in Gräbern von Assur*
GRABBEIGABE 607
(Zeit der Könige von Akkade bis 1. Hälfte F. Safar, Sumer 4 [1948] 118 Tf. 5); zahl-
2. Jt. v. Chr.) (A. Haller, o. c. 184 Tf. 7 f). reiche Boote aus Bitumen, Terrakotta und
Eine Männerterrakotte in einem Grab von Silber im Friedhof zu Ur* (Meskalamdu-
Germayir* (Zeit der Könige von Akkade Stufe bis Gudea/Ur Iii-Zeit) (C. L.
bis Ur III/Isin-Zeit) (M. E. L. Mallowan, Woolley, The Royal Cemetery. UE 2 [1934]
Iraq 4 [1937] 96 Abb. 9, 18). i45f-)-
Menschenmasken aus Fritte sind viel- Musikinstrumente und Spielbretter in
leicht schon im altbabylonischen Ur* „Königs"- und „Privatgräbern" zu Ur*
(C. L. Woolley, AJ 6 [1926] 371) dem Toten (Meskalamdu/Ur I-Zeit) (C. L. Woolley,
mitgegeben worden, im mittelassyrischen o. c. 249 ff.).
Mari* anscheinend an der Brust des Leich- Lampen im Friedhof zu Ur* (Meska-
nams befestigt (A. Parrot, Syria 18 [1937] lamdu- bis Gudea/Ur Iii-Zeit) (C. L.
8 3 f.). Woolley, o. c. 183. 283. 302. 377).
Bemalte männliche und weibliche Ton- Glocken in Gräbern s. Glocke*.
köpfe kommen in einigen mittel- und neu- Eine altbabylonische Tontafel mit ju-
elamischen Grüften von Susa* vor, in drei ristischem Text in einem Sarkophag in
Fällen sind sie eindeutig auf die Köpfe der Sippar* (V. Scheil, SFS [1902] 59); eine Ton-
Bestatteten gelegt worden (R. de Mecque- tafel im Schoß der Leiche in einer Gruft des
nem, RA 23 [1926] iff. Tf. 1. 2; ders., Sinkasid-Palastes zu Uruk* (altbabylo-
RAA 6 [1929/30] 68 Tf. 17; ders., MDP 29 nisch) mitNamen des Toten (A. Falkenstein,
[1943] i84ff. Tf. 3 rechts; R. Ghirshman, BagM 2 [1963] 42 Tf. 6, 3); eine Tontafel
Mitteilungen der Anthropologischen Ge- im neuassyrischen Felsgrab und eine Ge-
sellschaft in Wien 92 [1962] 149 ff. Tf. 14, schäftsurkunde in einer neuassyrischen
1—3; ders., Arts Asiatiques 10 [1964] 10 Königsgruft zu Assur* (A. Haller, Die
Abb. 23; ders., Arts Asiatiques 11 [1965] 5 Gräber und Grüfte von Assur. WVDOG 65
Abb. 12—14). In zwei altbabylonischen [1954] 95. 173); eine Tontafel mit Vogel-
Grüften fanden sich an Schädeln schwarze liste in neu/spätbabylonischem Doppel-
Farbspuren und daneben modellierte be- topfgrab zu Uruk* (UVB 4 [1932] 26)
malte Tonaugen, wohl Reste einer Toten- und eine mit Rezepten gegen Hautkrank-
maske aus Stoff oder Leder und Ton heiten in gleicher Lage (UVB 21 [1966]
(R. Ghirshman, Arts Asiatiques 11 [1965] 5 32); Tontafeln mit Totentexten in einer
Abb. 15. 18). Vielleicht darf diese Sitte als neuelamischen Gruft in Susa* (7-/6. Jahrh.
Vorläufer der Tonköpfe von Susa und der v.Chr.) (V. Scheil, RA 13 [1916] 165ff.).
Masken von Ur*( ?) und Mari* gelten. Münzen in seleukidisch/parthischen Grä-
Eine männliche und sieben weibliche bern zu Nimrud* (D. Oates, Iraq 20 [1958]
Bronzefiguren in der NekropoleB von Tepe 154 ff. Tf. 31) und Nippur* (H. V. Hil-
Siyalk* (8-/7.Jahrh. v.Chr.) dienten als precht, Explorations in Bible Lands [1903]
Amulettanhänger (R. Ghirshman, Fouilles 507). sowie Ktesiphon* und Seleukia (G.
de Sialk 2 [1939] 57 f. Tf. 27, 2). Gleiches Gullini, Mesopotamia 1 [1966] 22f.).
trifft zu für Lama&tu-Reliefs* aus dem Hundeskelette im Friedhof zu Eridu*
neuassyrischen Assur* (A. Haller, Die (Früher Warka-Gaura-Horizont [=Uruk
Gräber und Grüfte von Assur. WVDOG 65 XVIII—XII]) (S. Lloyd/F. Safar, Sumer 4
[1954] 184 Tf. 17, 1). [1948] 118 Tf. 4).
Tier- und Menschenfiguren aus Terra- Pferdegeschirr und Pferdeskelette in„Lu-
kotta oder Bronze in Gräbern von Marlik* ristangräbern" bes. im Gebiet von Hulai-
(E. O. Negahban, Iran 2 [1964] i6ff. Tf.2b). lan* und Tarhan* (F. Stark, The Geograph-
Zahlreiche weibliche Knochenfigürchen ica! Journal 8 [1932] 500f.; dies., The
in einem parthischen Pantoffelsarkophag Valleys of the Assasins and other Persian
zu Uruk* (UVB 11 [1940] 31 Tf. 40). Travels [1934] 64; E.F.Schmidt,BAIPA5
Ein Tonboot in einem Grab des Friedhofs [1938] 205f.; J. Meldgaard, Acta Archaeo-
zu Eridu* (Früher Warka-Gaura-Hori- logica 34 [1963] 100 f.); Trensen und Pferde-
zont [ = Uruk XVIII—XII]) (S. Lloyd/ zähne in zwei Gräbern von Marlik* (E. O.
6o8 GRABBEIGABE
Neghaban, ILN 28. 4. 1962 S. 663; ders., Ein Trinkgefäß hegt nicht selten vor dem
Iran 2 [1964] 16). Ein Gespann von vier Mund. Bei Topf- und Sarkophagbestattun-
Pferden in einem Grab von Hasanlu* gen können Beigaben sowohl innerhalb als
(8. Jahrh. v. Chr.) (R. Ghirshman, Iran. auch außerhalb des Leichenbehälters de-
Protoiranier, Meder, Achämeniden [1964] poniert sein.
Abb. 131; R. H. Dyson, JNES 24 [1965] Lit. s. (Grab I. Irak und Iran).
208 ff.). Zwei Equiden in einem neuassy-
E. Strommenger
rischen Erdgrab zu Nimrud* (M. E. L.
Mallowan, Iraq 12 [1950] 174; ders. ILN
29. 7. 1950 S. 183 Abb. 15). (II. Syrien-Palästina).
Gefolgschaftsbestattung ist im frühdy- Als Besonderheiten lassen sich in Syrien/
nastischen Ilursangkalama (s. Kis*) (L. Palästina die Schädeldeponierungen des
Ch. Watelin/St. Langdon, Excavations at Mesolithikum fEynan) und des vor-
Kish 4 [1934] 17ff.; H. Field, The Field keramischen Neolithikum (Jeriho*. T.ar-
Museum — Oxford University Expedition Ramad*) ansprechen. Bis in die Bronze-
to Kish, Mesopotamia 1923—1929 [1929] Zeit findet sich an vereinzelten Stellen in
18ff.; zur Datierung: P. Calmeyer, Fest- Palästina (Jeriho*, Gazru*, H. Kufin*
schrift Moortgat [1964] 80 [Mesilim-Zeit]; u. T. Nagila* b. Gaza*) weiterhin die
P. R. S. Moorey, Iraq 26 [1964] 84 Anm. 12 Sitte, Körper und Schädel des Toten
[möglicherweise „ E D III"]); W. Nagel, getrennt voneinander zu bestatten. In
Djamdat Nasr-Kulturen 74 [Urdynastisch diesen Fällen sind aber wohl nicht diese
C bis frühe Farah-Zeit]). und Ur* (Mes- Köpfe anderen, höher gestellten Persön-
kalamdu-Phase) (C. L. Woolley, The lichkeiten wie in 'Eynan als „Beigaben"
Royal Cemetery. UE 2 [1934]) belegt und mitgegeben worden.
wird auch in Susa* Dd (Frühe Ur I-Zeit) Auf eine größere Anzahl von Gefäßen
vermutet (R. de Mecquenem, RA 34 [1937] aus Ton und Metall, sowie von anderen
152L; ders., MDP 29 [1943] 103f.; ders., Gegenständen, wie Zügelringe, Waffen
VP 3 [1944] 136; L. Le Breton, Iraq 19 usw., stießen die Ausgräber bei der Frei-
[1957] 114; W. Nagel, Djamdat Nasr- legung der Akkad-Ur-III.-ztl. Gruft in
Kulturen und frühdynastische Buntkera- Til Barsip*. Diese Vielzahl der Beigaben
miker. BBV 8 [1964] 74 Anm. 234). Vgl. hängt aber u. U. mit der wiederholten Ver-
zu dieser Sitte auch A. Moortgat, Tammuz. wendung der Gruft als Begräbnisplatz zu-
Der Unsterblichkeitsglaube in der alt- sammen (P. Calmeyer, Festschrift Moort-
orientalischen Bildkunst [1949] 54ff.; gat 68.; (vgl. dazu auch die Grüfte in
E. Strommenger, Ur [1964] I4ff. R. Räs al-Samrä*). In Palästina findet sich
Ghirshman nimmt an, der Schatz von hingegen im ausgehenden 3. Jhts. die
Ziwiyyah* stamme aus einem skythischen bemerkenswerte Sitte, in größeren Fels-
Fürstengrab mit Gefolgschaftsbestattung. gräbern maximal nur zwei Tote zu be-
(Iran. Protoiranier, Meder, Achämeniden statten, so vor allem in Jeriho*. Außerdem
[1964] 98 ff.). Dies ist aber reine Hypothese unterscheiden sich durch die Beigaben-
Ob wir in einigen der z. T. reich aus- verteilung mindestens zwei Gräbertypen
gestatteten Gräbern des südkaspischen Be- deutlich voneinander, Gräber mit Dolchen
reichs mit Gefolgschaftsbestattung zu rech- (Dagger type) (Abb. 2) von solchen mit
nen haben, ist fraglich. Mehrere sorgfältig Keramik (Pottery type) (Abb. 3).
erforschte Schachtgräber in Galekuti ließen
Eine besondere Form der Bestattungs-
sich derart interpretieren (N. Egami/S. Fu-
bzw. Beigabensitte ist für die etwas jün-
kai/S. Masuda, Dailaman 1 [1965] 4ff. 12f.
geren Tumuli-Gräber von T. Bägüz* bei
[Grab C—I; A—I—IV. VI. VII]).
Mari* bezeugt. Hier war das Innere der
Bei der Anordnung der Beigaben im Kammern mit einem Bett für den Leich-
Grabe herrschten keine starren Regeln, nam sowie mit Tisch und Schemel aus-
doch konzentrieren sie sich im Allgemeinen gestattet. Außerdem konnten die Aus-
im Bereiche des Kopfes und an den Füßen. gräber eine größere Anzahl von mit-
GRABBEIGABE — GRABGEFÄSS/-BEHÄLTER 609
1
6io GRABGEFÄSS / -BEHÄLTER — GRAMMATIK
Solche Kritik tut der Anerkennimg der (S. 1*—50*). Als Beispiel sei hier der Ab-
geistigen Leistung der akkadischen Schrei- schnitt k a s 4 - d u u (lasämum) „laufen"
ber keinen Abbruch; nur warnt sie vor wiedergegeben (OBGT VIII 1—65; vgl.
unbesehenem Sichberufen auf die gramm. die Tabelle MSL 4, 11*). Die akk. Über-
Texte, wenn Kontexterscheinungen des setzung findet sich jeweils nur in der ersten
klassischen Sumerisch zur Debatte stehen. Zeile der Dreier- und Zweiergruppen. Die
Während der Abschnitt der OBGT, der deutsche Ubersetzung richtet sich nach
sich mit Pronomina befaßt (MSL 4, der akkadischen, soweit vorhanden, auch
47—55), zahlreiche postpositionelle (z. B. wenn bisweilen Zweifel bestehen, ob damit
I 544 e - n e - n e - r a „ihnen") und zirkum- die sumerische Form korrekt wieder-
positionelle Wendungen (z. B. I 557 gegeben ist.
ki-me-§ö „zu uns", 558 u g u - m e - § 6 „auf
1. k a s 4 d u n - g a - a b : lu-süm „laufe!"
uns") enthält, gibt es kein eigentliches 2. k. g [ a - a ] b - d u n „ich will laufen"
Nominalparadigma, d. h. ein sumerisches 3. k. [ h ] 6 - 6 b - d u u „er soll laufen"
Nomen mit sämtlichen anfügbaren Post- 4. [k. d f u u - g a - ä m : lu-us-ma-am ,,1. her!'
positionen. Vermutlich ist ein solches 5. [k. g a ] - ä m - d u i i „ich will hinlaufen"
Paradigma auch gar nicht zu erwarten, 6. k. h ö - e m - d u n „er soll hinlaufen"
da es voraussetzen würde, daß sich der 7. k. d u u - g a - b f - f b : Su-ul-sl-im „laß 1."
8. k. g a - b f - f b - d u n „ich will 1. lassen"
Akkader der Kasusflexion seiner Mutter- 9. k. h 6 - b f - f b - d u n „er soll 1. lassen"
sprache bewußt war. Daß eine Vorstellung 10. k. d u n - g a - n i - f b : iu-ul-si-im-gu
wie , , X - t a = Ablativ; Grundfunktion: „laß ihn 1.1"
das Sich-Wegbewegen von etwas; akka- 11. k. g a - n i - f b - d u u „ich will ihn 1. 1."
disch primär durch istu und itti wieder- 12. k. j j 6 - n i - f b - d u u „er soll ihn 1.1."
zugeben" fehlte, zeigt die Behandlung des 13. k. d u n - g a - m a - n i - f b : Su-w\T\-si-ma-
aS-Su „laß ihn dorthin 1."
Silbenzeichens t a in den NBGT. Es ist 14. k. g a - m a - n i - f b - d u u : „ich will ihn
zweimal mit iStu geglichen (NBGT I 314; dorthin 1.1."
I I 32), einmal mit ittu (it-tul I 381) und 15. k. h ^ - m a - n i - f b - d u u „er soll i h n d.
sonst mit ina (I 226; I I 33; I I I iv 3), ana 1.1."
(I 226; I I 32; 5 ii [17]) und eli (I 323), 16. k. d u n - g a - n a - a b : lu-sum-£um
„laufe zu ihm!"
wobei jeweils Kontextgleichungen zu- 17. k. g a - n a - a b - d u u „ich will zu i h m 1."
grundehegen dürften, in denen der su- 18. k. h [ 6 - n ] a - a b - d u n „ e r s o l l zu i h m l . "
merische Ablativ sei es aufgrund von 19. k. d u n - g a - ä m - ä e : lu-us-ma-a£-$um
Aspektverschiebung, sei es aufgrund der „laufe hin zu ihm!"
Idiomatik durch die eine oder andere akka- 20. k. g a - ä m - s i - d u n „ich will zu i h m 1."
21. k. ^ 6 - e m - ä i - d u u „er soll zu i h m 1."
dische Präposition wiedergegeben war.
22. k. d u n - g a - n a - n i - f b : Hu-ul-si-im-Sum
b) Am ergiebigsten sind für unsere Vor- „laß (ihn) zu ihm laufen!"
stellung von akkadischer „Sprachwissen- 23. k. g a - n a - n i - f b - d u n „ich will (ihn) zu
schaft' die V e r b a l p a r a d i g m e n : g a r ihm 1.1."
(MSL 4, 79—87 = OBGT VI), g e n / d u 24. k. h 6 - n a - n i - f b - d u u „er soll (ihn) zu
ihm 1. 1."
(88—99 = OBGT VII), k a s 4 - d u u / e (100
25. k. d u n - g a - ä m - m a - S i - f b : iu-ul-si-
bis 102, Teil von OBGT VIII), s ä - d u u / e ma-ai-ium „Laß (ihn) zu ihm hin-
(104—109, Teil von OBGT IX) und g u b laufen!"
(111—113 = OBGT X). Hier läßt sich in 26. k. g a - ä m - m a - s i - f b - d u x x „ichwill
vieler Hinsicht methodisches Vorgehen (ihn) zu ihm hinl. 1."
27. k. h 6 - e m - m a - s i - f b - d u u „er soll (ihn)
erkennen. Typische Reihungen sind Im- zu i h m hinl. 1."
perativ-Kohortativ-Prekativ; nichtkausa- 28. k. d u n - g a - m u - u b : su-ul-si-ma-an-ni
tiv-kausativ; 3.—1.—2. Person Sing, beim „laß (ihn) zu mir laufen!"
Subjekt (während bei den Pronomina die 29. k. g a - m u - r i - f [ b - d ] u n „ich will (ihn)
Reihenfolge 1.—2.—3. Plural festgelegt zu dir 1. 1."
30. k. h u - m u - r i - f b - d u u „er soll (ihn) zu
ist; s. OBGT I 373ff.). Das Verbalsystem dir 1.1."
der OBGT hat ausführlich Th. Jacobsen 31. k. d u u - g a - [ m u ] - ä e : \lu-u~\s-ma-am
i n j l e r Einleitung zu MSL 4 analysiert a-na se-ri-ja „laufe her zu mir!"
GRAMMATIK 613
einen n a c k t e n Helden im Knielauf neben deutet sie als vergöttlichten König, E . Akur-
„ L e b e n s b a u m " . (VR 608. [Hier Tf. I I , 15]) gal als Sonnenkönigin von Arinna ( ? ) oder
15. Siegel des Musezib-Ninurta a u s Teil vergöttlichte Königin. Angesichts der Attri-
A r b a n in NO-Syrien. U m 850. Künstliche b u t e h a n d e l t es sich wohl wiederum u m
B e f r u c h t u n g (?) eines Baumes durch K u b a b a . (H. Th. Bossert, Altanatolien
Genien u n d Greifen, Assur in der Flügel- No. 866; E. Akurgal, Späthethitische Bild-
sonne. (Frankfort, CS Tf. X X X I I I a) k u n s t 151 [hier Tf. I I , 20])
16. Siegel, neuassyrisch. Ziegen a m „Le- 25. Relieffragment aus Kargamis. 1. H ä l f t e
b e n s b a u m " , Sibitti, Mondsichel, Stern. 1. J t . Weiblicher Kopf m i t rosettenge-
(Delaporte, B N Tf. X X V I , 378) schmückter, zylinderartiger Mütze. Ab-
17. Siegel, neuassyrisch. Genien a m „Le- gebrochen in der Schulterpartie.
b e n s b a u m " halten die B ä n d e r der Flügel- E i n Vergleich m i t § 5 b. 23—24 m a c h t die
sonne; Mondsichel, Sibitti, Raute, Fisch, A n n a h m e wahrscheinlich, d a ß es sich
Dreifuß. (Delaporte, Lv. 2 Tf. 89, 7) ebenfalls u m K u b a b a handelt, die in der
18. Siegel, neuassyrisch. Genien a m „ L e - abgebrochenen R e c h t e n d e n G. hielt.
b e n s b a u m " halten die B ä n d e r der Flügel- (Gelb, H H Tf. X X V , 14; E . Akurgal, Spät-
sonne. (H. W . W a r d , Cylinders a n d Other hethitische Bildkunst 151; L. Woolley,
Ancient Oriental Seals in t h e L i b r a r y of Carchemish 3 Tf. B 39 a)
J . P i e r p o n t Morgan Tf. X X I I I , 161) 26. Grabrelief aus Maras in I s t a n b u l (Inv.
19. Siegel, neuassyrisch. Geflügelter G o t t no. 7785). E n d e 8. J h . Jungspäthethitisch-
auf Löwe b e f r u c h t e t ( ? ) B a u m . Assur in aramäisierend. Eine speisende Gestalt sitzt
der Flügelsonne. (Ward, SC 224 No. 679) links von einem Tisch m i t Becher u n d Ähre.
20. Siegel, neuassyrisch. Flügelsonne, „Le- Zwei F r a u e n rechts sind m i t Spiegel u n d G.
b e n s b a u m " , B a n k e t t . (H. H . von der Osten, ausgestattet. (RLV 7 Tf. 164b; E . Akurgal,
O I P 22 Tf. X X X , 437 [hier Tf. I I , 16]) Späthethitische Bildkunst 28 Abb. 18 T f .
21. Siegel, neuassyrisch. „ L e b e n s b a u m " , 41; ders., Anatolien von H o m e r bis Alexan-
Flügelsonne m i t zwei Bändern, die in G. der 305 Abb. 17)
enden u n d von zwei Personen gehalten 27. Grabrelief aus Maras, auch als a u s
werden, Beter, Adad auf d e m Stier, Sym- Kargamiä s t a m m e n d bezeichnet. 9.—8. J h .
bole. (de Clerq, Catalogue No. 344) Rechts eines Tisches s t e h t ein A d o r a n t ;
22. Anhänger aus r o t e m Karneol in G.- die speisende Gestalt links ist mit G. u n d
F o r m . Bildet zusammen mit 16 anderen Glie- Spiegel versehen. (H. Th. Bossert, Alt-
dern einen Scheitelschmuck. Aus G r u f t 45 anatolien No. 869)
in Assur. Derartige Anhänger a n einem 28. Grabrelief aus Maras. x. H ä l f t e 1. J t .
Ohrring zeigt vielleicht ein Assurbänapli- Sitzend links eines Tisches eine weibliche
Relief im Britischen Museum: R. D. Bar- Figur m i t Becher u n d G., rechts eine zweite
n e t t , Assyrische Palastreliefs 105. (A. Hal- m i t Spiegel u n d Spindel. (Moortgat, Berg-
ler, W V D O G 65, 142L Abb. 166. 143 völker Tf. L I X )
Abb. 167a Tf. 34g. 1; B. H r o u d a , Die
Kulturgeschichte des assyrischen Flach-
bildes 123. Die d o r t 56 Tf. 8, 36—38 ab- c) Iran.
gebildeten Ohrringe zeigen keine G.) 1. Schellen. Kugelförmig; hohl; auf der
23. Basaltstele aus Kargamis. 1. H ä l f t e I. J t . W a n d u n g eine Anzahl senkrechter, sich zur
Sitzende Göttin mit über den Kopf ge- Mitte des Bauches erweiternder, oben u n d
zogenem Mantel, Spiegel in der rechten, u n t e n sich v e r j ü n g e n d e r Schlitze; u n t e n
G. in der linken H a n d . Der Thron r u h t auf zuweilen krönchenartiger Abschluß, oben
einem Löwen. Öse; verschiedentlich sind in diesen G.
D a aus dem eigentlich hethitischen Ana- Kugeln eingeschlossen. Zuweilen mißver-
toEen Belege f ü r G. fehlen, i s t anzunehmen, ständlich als Glocken* bezeichnet. D i e
d a ß diejenigen auf späthethitischen Denk- Identifizierung dieser Schellen m i t G.
mälern Nordsyriens aus dem assyrischen scheint mir berechtig, weil es — wenn auch
Bereich ü b e r n o m m e n wurden. Bei der erst in geometrischer Zeit — auf Delos
Göttin auf der Stele handelt es sich u m hohle G. aus Terracotta gibt, die ebenso
K u b a b a . Mit Spiegel u n d G. wird sie bis in klappern wie natürlich getrocknete F r ü c h t e .
spätrömische Zeit als J u n o Sancta u n d D a ß sie als Schellen nach Griechenland
J u n o Assyria Regina Dolichena verehrt gelangten, zeigen protokorinthische Votiv-
(vgl. § 6). (L. Woolley, Carchemish 2 Tf. bronzen aus I t h a k a .
B 1 9 a ; E . Akurgal, Späthethitische Bild- Auswahl: U E 4 Tf. 29, gefunden in Ur i m
kunst, Tabelle 151; H . Demircioglu, D e r Boden der R o y a l Cemetery Area 5,50 m
G o t t auf d e m Stier 100) unter der Oberfläche; Schaeffer, S t r a t .
24. Basaltstele aus Biregik, heute i m Bri- Abb. 245, 14. 16. 18. Aus Tepe Giyan IV.
tischen Museum, x. H ä l f t e 1. J t . Nach links Zwei Ösen; A. Godard, Les Bronzes du
schreitende Figur m i t Mantel u n d zylinder- Luristan Ars Asiatica 17 (1931) Tf.
artiger Hörnermütze, Spiegel in der rechten, X X I X , 107; R . Ghirshman, Tepe Sialk
G. in der linken H a n d . H . Th. Bossert 2 Tf. X X X , 3. 5. Tf. X X V . Aus der Nekro-
6
622 GRANATAPFEL
Fabelwesen, meist Flügelstiere u n d Ca- auf langen Stengeln sitzende G.-Blüten, die
priden, gestellt. Auch geflügelte Genien, Gesamtkomposition erinnert a n Neuassy-
die den B a u m „ b e f r u c h t e n " , sind vertreten, risches (vgl. § 5 b . 13). (R. de Mecquenem,
so auf einer ankerförmigen Bronzeaxt. M D P 30 [1947—48] 76 Abb. 44)
Assyrische u n d urartäische Elemente sind
vertreten. (A. Godard, Le Trdsor de Ziwiy6
i g f f . 20 Abb. 10. 28 Abb. 18. 35 Abb. 25; d) Urartu.
L. Yanden Berghe, L'Archäologie de l ' I r a n 1. I m Bedestan zu A n k a r a befindliche
Ancien i i 2 f f . Tf. 139a—b Tf. 140c; A x t : Fresko-Fragmente aus Altintepe tragen in
S. M. Eisenberg, A Catalog of Luristan leuchtenden F a r b e n gemalte G. u n d er-
Bronzes 22 Tf. 14, 75; neueste Behandlung innern a n neuassyrische Vorbilder (z. B.
u n d Zusammenfassung der Literatur bei Til Barsip). Daneben ist auch die in der
E . Porada, 7000 Years of Iranian A r t 48 neuassyrischen K u n s t u n d im I r a n des
[Ausstellungskatalog Smithsonian Inst. 2. J t s . vertretene Befruchtungsszene ( ? )
Washington 1964]) — [Hier Tf. I, 14.] wiedergegeben. N u r agieren hier nicht
19. Ebenso wie in Assyrien (vgl. § 5 b. 12) Genien, sondern Menschen. Die „Befruch-
sind im I r a n des 1. J t s . Knauffliesen mit G. t u n g " h a t nicht m e h r als Symbolwert: der
als O r n a m e n t vertreten. E i n Exemplar aus Pinienzapfen k a n n keinen G.-Baum be-
Hasanlu s t a m m t aus der Mitte des 9. Jhs. fruchten. Die Beispiele s t a m m e n aus der
(R. H . Dyson, Expedition 1/3 [Spring letzten Bauschicht I nach der Zeit des
1959] 1 4 ) zweiten A r g i s t i = 713—679. Vgl. § 5 b.
20. Silberne Nadel mit goldener Bekrönung 11—12; 5c. 2. (T. özgüg, A l t i n t e p e T T K Y 5.
in F o r m eines G. Gefunden in Pasargadai Serie No. 24 [1966] Abb. 14 nach S. 12. 14t.
u n t e r der „Period I I I " - S c h i c h t des R a u m e s Abb. 15—17. i 6 f . Abb. 18—19. 19 Abb.
80, Zeit Dareios' I. ? Granulierte Dreiecke. 22. 25 Abb. 29. 30 Abb. 37. Tf. X X I I I f . )
(D. Stronach, I r a n 2 [1964] 34 Tf. V I I d 2. Ähnliche Fresken finden sich in dem von
nach S. 36) Argisti I. (789—766) erbauten Haldi-
21. Lanzenschuhe. Nach Herodot V I I 41, Tempel u n d P a l a s t in Arinberd. Vgl. § 5 b.
1—4 marschierten im Zug des Xerxes 11—12; 5c. 1. (Mir nicht zugänglich:
1000 mal 1000 Soldaten, deren Lanzen K . Ohanesian, Arin- Berd 1, 63 Abb. 31.
silberne u n d goldene G. sowie Äpfel 37—38; zitiert in T T K Y 5. Serie No. 24
schmückten. Entsprechend interpretieren [1966] 49)
H . H . von der Osten u n d P . J a c o b s t h a l die 3. N a h e Patnos/Van-See wurde ein etwa
Lanzenschuhe auf den Apadana-Reliefs in 1,5 cm großer, goldener Ohrring in G.-Form
Persepolis u n d den Ziegelreliefs in Susa gefunden. Auf seinem Bauch t r ä g t er ähnlich
(auch Beispiele aus der Glyptik u n d Numis- wie die Exemplare aus Marlik Tepe u n d
m a t i k werden herrangezogen) als G. F . Alt- E n k o m i (vgl. § 5 a . 11. 17; 5c. 2) Streifen
heim erinnert a n die keltischen Pikten, stehender u n d hängender granulierter Drei-
deren Speer l a u t Dio in einer kugelförmigen ecke u n d R h o m b e n . I m Bedestan/Ankara
Rassel endete, die d e n Feind erschrecken Vitrine 44. (Unveröffentlicht. Vgl. M. Mel-
sollte: „ D a s g e m a h n t a n die Speere der link, A J A 67 [1963] 183)
persischen .Unsterblichen' . . . des achae- 4. Diskus aus K a r m i r Blur. „ L e b e n s b a u m "
menidischen Palastes in Susa . . .**. Die m i t G. u n t e r Flügelsonne. Antithetische
Identifizierung als G. allein aus dem Bild Flügelgreife. Vgl. neuassyrische Palast-
ist in allen erwähnten Fällen unmöglich; es reliefs. (B. B. Piotrowski, Die K u n s t
sind n u r r u n d e K n ä u f e dargestellt. Die Urartus, russ. Tf. X L I I )
charakteristische Bekrönung würde a n 5. Silberdeckel m i t Gold Verzierung aus
Lanzenschuhen auch unweigerlich ab- K a r m i r Blur. Griff in F o r m eines G.
brechen oder den Krieger verletzen. Man (B. B. Piotrowski, Die K u n s t Urartus, russ.
k ö n n t e allenfalls eine Ritzung auf d e m Tf. X L I I )
Knauf v e r m u t e n ; belegbar ist sie bisher
nicht. I m m e r h i n ist die Verbindung v o n Un-
sterblichen m i t G. nicht abwegig, ebenso die e) Griechenland und Ägäis bis 1000.
Verwendung als Rassel. Sie erinnert a n die
1. Zwölf goldgetriebene Kettenglieder in
Schellen (vgl. § 5c. 1). (H. H . von der Osten,
F o r m von G. auf einem Goldfaden. Aus d e m
Die W e l t der Perser 90 Tf. 53; F . Altheim,
3. Schachtgrab in Mykenae. Datiert in die
Der Niedergang der Alten Welt 2, 70; aus-
führliche Besprechung der Textstellen: 2. H ä l f t e des 16. J h s . I m p o r t ? Vgl. § 5 a .
P . Jacobsthal, Greek Pins a n d Their Connec- 18—20; 5 b. 4—4 a. 22. (G. Karo, Die
tions with E u r o p e a n d Asia 191 ff.) Schachtgräber v o n Mykenai 55 Tf. X X I I
No. 77; H . T h . Bossert, Altkreta No. 307
22. Bekrönungeines Sonnenschirmes in Gestalt [hier Tf. I, 2])
eines G. Relief v o m P a l a s t des Xerxes in Per- 2. Anhänger in G.-Form aus dem Tempel-
sepolis. (E. F . Schmidt, O I P 68 Tf. 75—76) Areal in Mykenae. Gefunden zusammen m i t
23. E i n sog. Chapiteau Chypriote aus d e m einem Elfenbeindoppelsitzbild des 15, Jhs.,
achaemenidischen P a l a s t in Susa zeigt zwei S H I I I B K e r a m i k u n d einem mitannischen
624 GRANATAPFEL
Siegel der i . H ä l f t e des 13. Jhs. I m p o r t ? Votivgaben, denn sie stammen überwie-
Vgl. aus Megiddo § 5 a. 25—26. (A. J . B. gend aus Gräbern, teilweise aus Heilig-
Wace, BSA 52 [1957] *97 N o - 39— T 74-
198 Abb. i e Tf. 37 d) tümern.
3. Dreifuß aus Tiryns im Athener National- 2. Daneben sind alle diese Formen als
m u s e u m (Inv. no. 6225). 1. H ä l f t e des Salbgefäße vertreten. Eine Gruppe von
12. Jhs. G.-Abhänger abwechselnd m i t Früchten mit Schlange und Hase wie
Vögeln. Zypriotischer I m p o r t . Vgl. § 5 a.
9—10. (H. W . Catling, Cypriot Bronzework oben (ostgriechisch, 6. Jh.) befindet sich
in t h e Mycenaean World 195 No. 10 Tf. im Pergamon-Museum/Berlin. Die
2 8 b ; G. Karo, Athenische Mitteilungen 55 Schlange dieses Salbgefäßes — chthoni-
[1930] Beil. 33 n a c h S. 134. 132 Abb. 4; sches Symbol — verschlingt den Hasen
P . Jacobsthal, Greek Pins a n d Their Connec-
tions with E u r o p e a n d Asia 188) — Symbol der Fruchtbarkeit — was auch
auf den Sinngehalt des G. schließen läßt.
§ 6. Nachleben der orientalischen (M. Maximova, Les Vases Plastiques dans
Vorbilder. Obwohl Pflanzendarstellun- l'Antiquite 2 Tf. XXXIX No. 143;
gen in der kretisch-mykenischen Welt K. A. Neugebauer, Staatl. Museen Berlin:
breiten Raum einnahmen, wurden G. Führer durch das Antiquarium 2, 15
nicht abgebildet; anscheinend waren sie No. 1338). Nach K. F. Johansen (Les
hier nicht heimisch. Jedenfalls scheint es Vases Sicyoniens 28 ff.) diente bei Salb-
sich bei den § 5e aufgeführten Stücken um gefäßen vom 7. Jh. ab die Bekrönung als
Importe zu handeln. Im griechischen und Standfläche. G.-Flaschen scheinen jünger
etruskischen Bereich hingegen unterschei- zu sein (R. Naumann/B. Neutsch, Pali-
den wir elf Gruppen von G. : nuro 2, 156 ff.), auch sie haben Vorläufer
1. In geometrischer Zeit tauchen G. im Orient.
erstmalig in Form von Terracotta- oder 3. Am häufigsten tritt uns der G. im
Bronzenachbildungen auf (mit und ohne Ornament entgegen. In der Vasenmalerei
Öse). Sie sind zunächst auf Attika, ist er zuerst auf lakonischen Schalen seit
Korinthia, die Argolis und einzelne Inseln der Mitte des 7. Jhs. belegt (E. A. Lane,
beschränkt (vgl. § 1). In spätgeometrischer BSA 34 [1933—34] H9; B - Shefton,
Zeit sind sie schon über ganz Griechenland BSA 49 [1954] 299ff. Tf. 50ff.; Literatur-
und Unteritalien verbreitet (Übersicht: übersicht in: EAA 4 S. 445ff. s. v. Laco-
AA [1928] Sp. 385L), die ältesten G. dieser nici, Vasi), gelegentlich auch auf proto-
Form in Etrurien sind archaisch (unver- korinthischen Gefäßen. Für Lakedaimo-
öffentlicht: Chiusi, Museo Civico Inv. no. nien läßt sich die Verbindung mit dem
28511; allgemein: A. de Agostino, Studi Orient belegen: ältester Ausgangspunkt
Etruschi 10 [1936] 87 ff. Tf. 30—31). für den Aphrodite-Kult auf der Peloponnes
Vier verschiedene Typen von Nach- war Kythera (RE 12/1 217 f. s. v. Kythe-
bildungen sind vertreten: a) die natur- reia). Reiche Handelsbeziehungen zwi-
getreue Wiedergabe der ausgereiften schen Sparta und Phönizien sind ebenfalls
Frucht (z. B. CVA Louvre III Cc Tf. 5, erwiesen (R. M. Dawkins, The Sanctuary
7. 9. 10. 13), b) die aufgeplatzte oder hal- of Artemis Orthia at Sparta 245 ff. und
bierte Frucht (Museum Bari Inv. no. General Index s. v. Pomegranates). Daß
2664 und 146), c) die Terracottanachbil- hingegen auch Korinth samt dem Berg-
dung eines Körbchens mit Früchten heiligtum der Aphrodite Pandemos auf
(H. B. Walters, Catalogue of the Terra- eine phönizische Faktorei zurückgeht, hat
cottas . . . British Museum 123 B. 313 sich bisher nicht bestätigt (J. G. O'Neill,
Abb. 23) und d) eine Gruppe von Früchten Ancient Corinth 89 ff.).
mit einer Blüte oder einer Schlange oder Die ältesten Beispiele für G.-Ornamente
einem Hasen und einer Schlange (CVA in Etrurien bilden wohl „Kesselunter-
Deutschland Frankfurt/Main 1 Tf. 20, 3; sätze" vom Anfang des 7. Jhs. (?), bei
BCH 87 [1963] 431 ff.; Archeologia Classica denen urartäische Herkunft oder zumin-
14 [1962] 71 ff. Tf. 46—47). Die Nach- dest Beeinflussung vermutbar ist (E.
bildungen erfüllten zumeist den Zweck von Akurgal, Die Kunst Anatoliens von Homer
GRANATAPFEL 625
bis Alexander 56 Abb. 35—36; Exemplar museum aus dem 7. und 6. Jh. stehende
aus Olympia: Ol Forsch 6 [1966] 163 U 5 oder sitzende weibliche Gottheiten (?)
Tf. 70f.). In der Wandmalerei findet sich böotischer Herkunft, die eine gemalte
das älteste G.-Ornamentband in der Tomba Kette mit einem oder mehreren G.-An-
dei Tori, dem ältesten Grab der Mon- hängerchen um den Hals tragen (Inv. nos.
terozzi-Nekropole in Tarquinia (L. Banti, 18 638. 3900. 4010. 4305. 4009. 4304. 4275.
Die Welt der Etrusker, Farbtafel I). 4387.4289.4283.4287.4298). Einige haben
4. Als Aufsatz, in Gefäß- oder natür- über der Stirn am Polos eine eingerollte
licher Form, finden wir G. auf Ringgefäßen Schnecke. Einzelne Votivpoloi dieser Art
kultischer Verwendung, so etwa in Samos des späten 6. Jhs. gibt es aus Böotien.
(Athenische Mitteilungen 76 [1961] 25 ff. Außen auf ihrer Wandung sitzt senkrecht
Beil. 24ff.). Diese Gattung hat engste eine Tonschnecke und auf dieser frei ein G.
Parallelen in Vorderasien (vgl. § 5 a. 28). (A. D. Ure—P. N. Ure, AA [1933] Sp. 7
Die ältesten griechischen Beispiele sind No. 10 Abb. 7; P. N. Ure, ArybaÜoi and
geometrisch, und man darf vermuten, Figurines from Rhitsona in Boeotia 61
daß Zypern die Vermittlerrolle übernahm, No. 80, 7 Tf. XVIII). Die Göttinnen (?)
wo diese Gefäßgattung ohne wesentliche tauchen auch paarweise auf, was an
Veränderungen seit dem 2. Jt. existiert. Demeter und Kore denken läßt.
5. Im 4. und 3. Jh. dienen G. gelegent- 8. Ebenso wie in Vorderasien ist der G.
lich als Deckelknäufe bei Kraterverschlüs- in Etrurien und Griechenland Attribut
sen (J. D. Beazley, Etruscan Vase- verschiedener, fast ausschließlich weib-
Painting 124 No. 4 Tf. XXIX, 2—3). licher Gottheiten. Eine Beeinflussung hegt
6. Nadeln mit G.-Bekrönung stammen sicher vor, zumal Einzelaspekte griechi-
möglicherweise aus dem Orient. Kompli- scher und orientalischer Gottheiten sich
ziert gestaltete Exemplare aus Ephesos decken und die Attribute hier wie dort
gehören ins 8. Jh., während sie auf Zypern ähnlich sind, doch wird man beim Stand
ähnlich schon in der 2. Hälfte des 2. Jts. der Überlieferung kaum exakte Schluß-
vorliegen (P. Jacobsthal, Greek Pins and folgerungen ziehen können. Für die Denk-
Their Connections with Europe and Asia). mäler vor dem Einsetzen griechischer
7. Rundplastische Anhänger an Kett- Schriftquellen kann nicht einmal eine
chen oder anderen Schmuckstücken unter- Identifizierung der Gottheiten (?) vor-
scheiden sich formal in keiner Weise von genommen werden.
orientalischen Vorläufern. An dünnen Einen G. tragen — abgesehen von den
Goldketten finden sie sich aufgereiht an oben erwähnten böotischen Göttinnen (?)
quadratischen Plättchen, die ihrerseits — die Göttin (?) von Keratea (G. Lippold,
aus dem Orient vertraute Motive auf- HArch 3/1 37 Tf. 10, 2), die Akropolis-
weisen: die rTÖTVia ©rpcov mit Löwen; koren 593, 677 und 680 (H. Schräder, Die
Vögel; Flügelpferde; Sphingen; Rosetten; arschaischen Marmorbildwerke der Akro-
Palmette (G. Becatti, Le Oreficerie An- polis 43 f. No. 2 Tf. 2,64; No. 23 Tf. 34, 95;
tiche Nos. 193. 195—199. 310; vgl. § 5 a. No. 45 Tf. 68) und eine bronzene Peplos-
6—8; 5b. 14; 5c. 16; 5e. 3). Der Schatz- figur aus Tegea (Athen Nationalmuseum
fund von Aliseda/Spanien aus dem 6. Jh. Inv. No. 14 922). Aus Etrurien (Museo
beweist, daß die Phönizier an der Ver- Civico, Chiusi) stammt ein weibliches
breitung des malum Punicum nach Westen Sitzbild des frühen 5. Jhs. mit einem G.
teilhatten. So trägt auch ein Hänge- in der Hand (L. Giometti—G. di Cocco,
schmuck phönizischer Herkunft aus die- Guida di Chiusi [1910] 54 mit Abb.;
sem Schatz G.-Anhängerchen (RLV 1 100 D. Levi, II Museo Civico di Chiusi [1935]
s. v. Aliseda Tf. 27b oben). 23. 24 Abb. 6 ohne Attribut. Inv. no.
Anhänger werden auch im Relief oder 2249).
gemalt dargestellt und dienen so wahr- In klassischer Zeit ist der G. vorzugs-
scheinlich zur Charakterisierung von Gott- weise Symbol der Aphrodite (RE 14/1
heiten (?). So gibt es im Athener National- 939 ff. s. v. malum Punicum) als Nach-
Reallexikon der Assyriologie m 41
631
GRANATAPFEL
GRANATAPFEL I
GRANATAPFEL 629
/
I5(V>,12)
GRANATAPFEL I
630 GRANATAPFEL
die Verbindung des G. mit dem „Lebens- 105, 3 (n. lugala); ITT 2, 892 Rs. 1;
baum" scheint im Iran erfolgt und nach TUT 113, 5, 7; 127, 8, 20; Hav. 3, 391,
Assyrien zurückgegeben zu sein, wo sie 3f.; SET 198, 1. 6. 11. 16. 20; s. auch
MAD 3, 205. Häufiger wird n. dann in
äußerst selten ist. Urartu hat sie ebenfalls
aufgegriffen (§ 5d. i). akkadischen Texten erwähnt. Man unter-
Im östlichen Mittelmeerraum tritt uns scheidet mehre Sorten:
der G. in zahlreichen Beispielen ent- zakummänu, s. CAD Z 32 a (ohne genaue
gegen und ist hier frühestens auf 2500 Deutung).
datierbar (§ 5 a. 1—3). Seine Darstellung kuduppänu, nach der sum. Entsprechung
(ku7.ku7) ein süßer G., s. AHw. 499b für
läßt sich lückenlos bis in griechische Zeit
verfolgen (vgl. § 5e; § 6). In Alalah Belege.
(§ 5 a. 8) taucht er 1550—1435, in Ugarit alappänu, lappänu, ebenfalls eine süße
1450—1300 (§ 5 a. 5—7), in Megiddo (§5a. Sorte (s. AHw. 35a; CAD A1 335f.). Das
25—28) 1350—1100 auf. Im phönizischen daraus hergestellte Getränk* (s. o. S. 304b;
Bereich findet er sich überaus häufig, fürARM 9 §§ 63. 77; 12, S. 12) dürfte dem
die Hebräer ist er durch zahlreiche Bibel-auch heute noch aus G.-Fleisch herge-
stellen belegt. Auf die Phönizier ist stellten Werbet (Sorbet) entsprochen haben,
zweifellos seine Verbreitung nach Nord- hatte aber anscheinend noch eine ver-
afrika und Spanien zurückzuführen. Der gorene Variante.
wichtigste Weg nach Griechenland führt lurmüm, lurlnu, fem. lurimtu, lurindu
über Zypern. Von dort fand eine Wande- dürfte nur eine lautliche Variante zu
rung nach Jonien und den der kleinasiati- nurmü gewesen sein (s. AHw. 564L),
schen Küste vorgelagerten Inseln statt. obwohl einmal (VAB 2, 25 II 4) lurimeti
Eine direkte Verbindung hat zwischen den aus Karneol neben nurmü aus SAG.KAL-
Phöniziern und Sparta — vielleicht auch Stein genannt sind.
Korinth — bestanden, ebenfalls mit Nord- Ferner werden noch Geschmacksrich-
afrika. Eine Bestätigung für den Weg von tungen genannt: süße (matqu), honig-
Kleinasien nach Griechenland finden wir süße (daSpu), gute (tabu) und saure (en$u,
u. a. bei Theophrast, hist. pl. IV 5, 4. emistu) waren bekannt, so wie auch heute
noch zwischen süßen, mäßig süßen und
Nach Italien ist der G. einmal über Süd-
italien aus Griechenland gelangt, zum sauren G. unterschieden wird.
anderen direkt aus Nordafrika, wie der Der Baum (bzw. Strauch) wurde durch
lat. Ausdruck malum Punicum vermuten Stecklinge vermehrt (ziqpi Sa ABL
läßt. Zumindest scheint Nordafrika in 814 Rs. 16), die Frucht vielfältig ver-
römischer Zeit Hauptanbaugebiet gewesen wendet: Als Tafelobst (s. B. Meissner,
zu sein. Nach der Zeitenwende fanden G. BuA 1, 414; z. B. Iraq 14 [1952] 33, 45)
schließlich sogar Eingang in die christlich-
und besonders in der Medizin, wo Saft,
abendländische Symbolik (vgl. § 7). Fruchtfleisch, Kerne (s. aban nurmi CAD
J . Börker-Klähn A1 60 b sub 8), Blüte, Schale und Wurzel
Verwendung fanden (DAB 314—316). Im
B. Nach Texten. Der G. (punica gra- Liebeszauber findet sich G. neben dem
natum L.) ist heute nach der Dattelpalme Apfel (R. D. Biggs, TCS 2, 70, 8; 74, 4).
der häufigste Obstbaum des Iraq (s. Die Früchte wurden in großen Mengen
E. Wirth, Agrargeographie des Irak [1962] gehandelt (6000 Stück für 20 Minen Zinn
55f.). Im Altertum scheint seine Bedeu- in Nuzi, s. HSS 14, 565, 3. 9; 500 Stück
tung etwas geringer gewesen zu sein. YOS 3, 62, 5). Schließlich fand auch das
(giä)nu-ür-ma (sum.), nurmü (akk.) Holz der Sträucher Verwendung (Belege
ist die geläufige Bezeichnung für den G. s. CAD G 44 f. sub gapnu).
(s. auch unten und vgl. MSL 5, 107t., G.-Blüten und Früchte wurden auch
186—194; 142, 26f.; CT 18, 2 II 3f-; SLT von Künstlern nachgebildet. So half ein
12 X i—9). Sum. nu-ür-ma ist erst spB Text zur Bestimmung der Wortbe-
seit der Ur-III-Zeit belegt: BE 3, 54, 1; deutung, auf dem dem Handwerker neben
GRANATAPFEL 636
632 GRANATAPFEL — GRANIT
kum des archaisch-griechischen G. wird Pharao vermutet werden, zumal sich die-
(vgl. § 2 h). Die nA Glyptik zeigt G. im ses Motiv überwiegend auf offiziellen
Kampf mit Tieren oder Bogenschützen; Dokumenten findet (Fig. 10). Typ 3, ein
offensichtlich verkörpern sie eine böse geierköpfiger G. vielleicht syrischen Ur-
Kraft. Sie haben jetzt schlanke, pferde- sprungs, tritt zur Zeit der 18. Dynastie zu
ähnliche Proportionen und sind auf den den anderen. Er zeichnet sich durch
Hinterbeinen aufgerichtet (Fig. 6). Reliefs schlanke Proportionen, pferdeähnliche
zeigen ausschließlich den Adlergreifen. In Beine, ein Medaillon und ein Locken-
der nA und nB Glyptik ist der Vogelgreif büschel (aigrettes) auf dem Haupt aus
häufiger. Sein agressiver Charakter hat (Fig. 12). Die Flügel tragen ein Zickzack-
sich verloren. Mit dem rhombenförmigen muster kretischer Herkunft. Der Kopf ist
Körper, der ganz mit Federn überzogen eine Verschmelzung derjenigen des prä-
ist, dem runden Kopf mit rundem Auge dynastischen G. und des Seth-Tieres.
und dem winzigen spitzen Schnabel wirkt c) Iran und Steppengebiete-. Zwischen
er einem Huhn ähnlich. So übernimmt ihn den protoelamischen und den späteren
die persisch-achaemenidische Kunst (vgl. Darstellungen des G. im iranischen Berg-
§ 2 c). In Babylonien hat der G. einen land besteht eine Lücke von knapp 2000
offensichtlichen Verlust an Aussagekraft Jahren (vgl. § 2 a). Aus mittel- und neu-
erfahren, der Mushus* hat ihn verdrängt, elamischer Zeit sind nur wenige stark
und wir finden ihn nur noch in heraldischen assyrisierende G. auf Siegeln und Gold-
Kompositionen ornamentalen Charakters. blechen bekannt (Fig. 28). Wie bei allen
Während vorher G. fast ausschließlich Exemplaren aus dem Iran wird besonders
in der Glyptik dargestellt wurden, ver- der pferdeähnliche Charakter des Rumpfes
breiten sie sich in nA—nB Zeit auch in betont; die meisten zeigen eine Art Aus-
anderen Kunstzweigen (Anhänger, Pferde- wuchs auf der Stirn, der auf mitannische
geschirre, Köcher, Terrakotten usw.). Vorbilder zurückgeht, oder ein gebogenes
b) Ägypten-. Der Löwengreif ist hier Horn, so besonders die achaemenidischen
•unbekannt. Drei Grundtypen des Vogel- Beispiele (Persepolis). Häufig ist der
greifen sind bis in ptolemäische Zeit ver- Skorpionsschwanz; Vogel- und Löwen-
treten. Bei Typ i und 2 handelt es sich greif stehen nebeneinander. Die vor-
um eigene Schöpfungen Ägyptens. Be- achaemenidischen G. zeigen zu viele
einflussungen aus dem übrigen Orient und Varianten, als daß sie sich in ein Typen-
der Ägäis führen zu zahlreichen Varianten. schema pressen ließen. Erst in der achae-
Darüber hinaus wird im 7. Jh. der grie- menidischen Kunst erfreut sich das Motiv
chisch-archaische Typus des G. über- des G. einer fast unübersehbaren Aus-
nommen (vgl. § 2 h). breitung, und dies nicht mehr allein in der
Typ 1 ist seit protodynastischer Zeit Kleinkunst. Erst mit dem Islam ver-
vertreten. Es handelt sich um ein Raub- schwindet dieser achaemenidische Typ.
tier (Geier?) mit großen kammähnlichen In der Glyptik erscheint er zum einen in den
Flügeln auf der Rückenmitte (Fig. 7—8). traditionellen Kampfszenen (Kampf des
Eine Variante des Typus' 1 mit flacherem Gottes / Gottkönigs gegen kosmische
Körper und Kopf, pantherähnlichem Fell, Mächte?), und zum anderen begleitet er
einer Art Halsband und einem Menschen- Ahura-Mazda in der Flügelsonne. Unter
kopf zwischen den ausgebreiteten Flügeln griechischem Einfluß schließlich wird das
bildet sich im Mittleren Reich aus (Fig. 12) ; Motiv des Vogelgreifen zur Protome ab-
sie hat apotropäischen Charakter. Typ 2, gekürzt. Besonders das Schwarzmeer-
ein falkenköpfiger G., tritt uns ebenfalls gebiet ist diesen griechischen Einflüssen
im Mittleren Reich entgegen (Fig. 11); ausgesetzt. Im Altai hingegen ist der
auffallend ist seine Häufigkeit in der achaemenidische Typ Beeinflussungen aus
Hyksos-Zeit. Da er meist einen Neger oder dem China der Han-Dynastie unterworfen.
einen Asiaten zerstampft, darf hinter d) Syrien und Palästina: Da Syrien
seiner Darstellung der triumphierende ständig fremden Beeinflussungen aus-
GREIF 635
gesetzt war, konnte sich hier kein boden- e) Anatolien und Urartu: Anatolien
ständiger Typ des G. entwickeln. Bereits übernimmt das Motiv aus Nordsyrien, der
in frühdynastischer Zeit ist der Adlergreif hethitischen Kunst bleibt es fremd. So
aus Mesopotamien nach Nordsyrien ein- tritt uns auf kappadokischen Tafeln folge-
gedrungen. Syrien wandelt das Motiv ab ; richtig der altbabylonische Typ entgegen
neu sind die hockende Haltung sowie eine und der mitannische auf Kültepe-Siegeln
lanzettförmige Rückenlinie. Es wird in der 2. Hälfte des 2. Jts. Eine Sonder-
der 2. Hälfte des 2. Jts. von Anatolien und stellung hingegen nehmen die G. auf den
Zypern übernommen (vgl. § 2e. f). Wenig Orthostaten des 1. Jts. mit einer reichen
jünger ist ein Typ (Glyptik, Toreutik, individuellen Gestaltung ein (Teil Halaf
Elfenbein), der seine Ableitung aus Ägyp- Kargamis). Gemeinsam sind ihnen ein
ten durch Falkenkopf und Uräus beweist meist geschlossener Vogelschnabel, ein
(Fig. 13). Seit der 20. Dynastie sind auch rundes Auge und ein bis zwei Locken
die Flügel falkenähnlich wie bei phönizi- (Fig. 15). In den zahlreichen Varianten des
schen und hebräischen Skarabäen; ebenso Typs lassen sich mitannische und syrische
tritt die Doppelkrone hinzu. Dergestalt — gelegentlich auch mittelassyrische
von den Phöniziern aufgegriffen, findet (Skorpionsschwanz) — Elemente nach-
der G. große Verbreitung im 1. Jt. Von weisen. Der Adlergreif herrscht als Proto-
älteren Beispielen weicht er noch durch typ archaisch-griechischer Beispiele vor.
den meist offenen Schnabel ab, und die Phrygien (Terrakotten) bringt wenig Neues
Locke kommt von den Schläfen, nicht vom (E. Akurgal, Die späthethitische Bild-
Nacken. Eine nordsyrische Variante zeigt kunst Tf. XLIXb; Fig. 16). Es handelt
indessen Flügel kretischer Gestaltung sich um eine Mischung späthethitischer,
(vgl. Megiddo mit Knossos). Die Glyptik griechischer und achaemenidischer Eigen-
des 1. Jts. ist in eine israelitische (Skara- heiten. Ähnlich verhält es sich mit den
bäen des 9. und 7. Jhs.), eine phönizische urartäischen G., bei denen späthethitische
und eine „syrische" Gruppe teilbar. Die und neuassyrische Charakteristika vor-
israelitische und die phönizische führen herrschen (Fig. 14 und 17). Zwar kann
den jüngeren Typ fort und fügen als man wohl nicht speziell Ürartu die Er-
Variante des 1. Jts. den Schurz zwischen findung der Greifenprotome an Kesseln
den Vorderfüßen hinzu, die „syrische" zuschreiben, doch bilden die urartäischen
Gruppe den anderen Typ. Ihre Dar- Beispiele eine wichtige Station auf dem
stellungen zeigen meist G. am Lebens- Wege des Motivs nach Griechenland und
baum; die anderen beiden Gruppen stellen Etrurien. Der G. ist hier in Vorderansicht
ihn isoliert ins Bildfeld. Zwischen den wiedergegeben, er hebt die Vordertatzen
Elfenbeinen des 1. und des 2. Jts. besteht vor die Brust, reißt den Schnabel auf und
kein Bruch (antithetische Gruppen, G. als hat den typischen Auswuchs auf der Stirn.
Wächter am Lebensbaum). Eine Sonder- f) Zypern: Zypern hat keine boden-
gruppe indessen bilden diejenigen aus ständige Ikonographie des G. entwickelt,
Arslan Taf und Samaria (Fig. 29): der G. obwohl das Motiv auf Siegeln lokaler Pro-
hat einen Widderkopf, die Doppelkrone duktion erscheint (2. Hälfte des 2. Jts.,
und den klaft. Über späthethitische Ortho- Salamis und Kurion). Nordsyrisches und
staten (Kargamis) wandert dieses Motiv Mitannisches herrschen bei Fig. 20 vor,
in abgewandelter Form nach Griechenland Syrisches und Mykenisches bei Fig. 18.
(Chimaira; vgl. § 2d. h). Neben diesem Eigene Zutat sind die Wiedergabe der
zweiten ägyptischen Typus existiert eine Federn und Krallen durch lockere Kreise
letzte Variante auf syrischen Elfenbeinen: oder Ellipsen und eine Art Zweig auf dem
der winzige, hühnerähnliche Kopf des Hinterkopf (Fig. 19). Zwischen 2. und 1.
Fabelwesens zeigt minoische Charakte- Jt. ist ein Bruch zu verzeichnen, der zeit-
ristika, die über Syrien nach Babylonien lich den dunklen Jahrhunderten der See-
und Persien gewirkt haben (vgl. § 2 a. b; völkerwanderung entspricht. Mit dem
OIP 52 [1932] Tf. 9:32a). Wiedererscheinen im 8. Jh. ist ägyptisie-
636 GRENZE
28 « f i g r a 29
Symbol der Aphrodite als Nachfolgerin Schützer heiliger Orte wie Thron und
einer älteren Göttin in Paphos (vgl. § 2f). Altar und der Mittler zwischen der Welt
Kreta zeigt ihn in Verbindung mit der der Toten und der Lebenden.
nöTvicc Or|pwv. Frankfort schreibt dem Ältere Literatur in R E 7/2 (1902 ff.) s. v.
kretisch-mykenischen G. drei Funktionen Gryps (H. Prinz); ausführliche Behandlung
zu: er ist ein apotropäisches Symbol, der des Themas, die dieser Artikel weitgehend
GREIF — GRENZE 639
referiert, sowie Literatur bis 1964 bei A. M. stones (e. g. Ninurta bei kudurreti BBS 8 iv
Bisi, II Grifone nell'Arte dell'Antico Iran 19; Näbükudurriusur... näsir kudurreti
e dei Populi delle Steppe in RSO 39 (1964)
15ff.; dies., L'Iconografia dei Grifone a BBS 6 i 5) and tampering with a boundary
Cipro in OrAnt. 1 (1962) 219ff.; dies., II stone was a serious offence (cf. the pas-
Grifone. StudSem. 13 (1965); Rez. J . Klähn, sages in the Middle Assyrian Laws men-
OrNS 35 (1965) 327 ff. tioned above and Surpu II 45f. III 53f.).
J. Börker—Klähn At the end is a list of the witnesses. It
should be noted that there are a few ku-
Grenze. (A. Nach sumerischen und durru's which have nothing to do with the
akkadischen Texten). Sumerian words transference of property. One such docu-
for boundary are bulug, kisurra, and ment is BBS 6 which records the king's
zag. Akkadian words are itü, kisurrü, ku- granting of exemptions from certain obli-
durru, misru, pätu, pulukku, and tahümu, gations.
One may distinguish between property The inscriptions on the boundary stones
boundaries and national boundaries. which record property transfers are copies
§ 1. Property Boundaries. Disputes of the original deeds which were inscribed
over property boundaries appear earlyinMe- on clay. Since clay documents can be easily
sopotamia. Cf. the references cited sub itü destroyed, copies of important deeds, par-
in CAD 1/J 313 and W. von Soden, AHw. ticularly royal land grants, were frequently
406 f. In the Middle Assyrian Laws severe made on stone tablets or boundary stones.
penalties, including fines, mutilation, chas- The original deed and a copy on a stone
tisement, and forced labour, are prescribed tablet, if it existed, would be kept by the
for those who violate property boundaries owner or in the temple while an inscribed
(AssLaws 432 §§ 8 f. and cf. 438 § 20). Such boundary stone, if it were made, would be
boundaries may be marked by a reed fence set up in the field.
(kadäru — cf. Landsberger, MSL 1, 53 IV i The word kudurru may not be Akkadian
28—30, and 165—168) or a wall (igäru — or Sumerian in origin. In this connection
CAD I/J 38 sub usage 2 and W. von Soden, note kudurru „hod" which W. von Soden,
AHw. 366 sub usage 2, for igar biritim AHw. 499, suggests is a Hurrian loan word,
s. Trennwand*). and kudurru „eldest son" which W. von So-
Beginning with the Kassite period in den, AHw. 500, regards as an Elamite loan
Babylonia the custom of marking the word. However, this does not mean that
boundary with a boundary st one (kudurru*) the concept of setting up inscribed stones
appears. These boundary stones are found to designate a boundary is a foreign import.
only in Babylonia although the word is Note that inscribed steles were used to
known in Assyrian contexts (W. von Soden, mark the boundary between Lagas and
AHw. 500 sub usage 4). Each stone usually Umma (s. Girsu*) (E. Sollberger, OrNS 28
has engraved upon it divine symbols (s. [1959] 341—346, 16—80) and the idea of
Göttersymbole*) and an inscription. The recording property deeds on stone tablets
inscription normally contains a detailed appears as early as the Old Akkadian pe-
description of the property and sometimes riod (I.J.Gelb, MAD 2a, 3).
there is also a sketch of the field (cf. W. W. §2. National Boundaries. That there
Hallo, JCS 18 [1964] 57—61). After this were definite boundary lines, or better
come the details of the transfer of the prop- boundary landmarks, between nations is
erty. Two main kinds of property trans- clear. Thus a bridge over the Euphrates
fers are mentioned: royal grants of land was a boundary marker between Assyria
and transfer of private property from one and Urartu in the time of Tukultiapalesar-
individual to another. Next one finds ra III. (Rost, Tigl. III 14, 68). But usually
curses pronounced upon those who attempt national borders were only vaguely defined
to interfere with the boundary stone. Both by the names of cities found along them.
the gods (particularly Ninurta) and the In the Synchronistic History the Assyro-
king were protectors of the boundary Babylonian border is described: „From
640 GRENZE
Til-BIt-Bäri which (is) upstream from Za- both texts it is claimed that there has al-
[ban] to Til-sa-Batäni and <Til>-sa-Sab- ways been a clearly defined border between
däni" (CT 34, 40 iii 2of., and cf. AKA 2x7, the two states. Both texts are supposed to
10; 344,130; 383,123f.). These boundaries have been originally inscribed upon a stele
were frequently guarded as, for example, which designated the border. In each text
in the late period when the Assyrians gar- there is a one-sided version of the events.
risoned troops along the Urartean border In the Entemena inscription the city of
(ABL 197 and 548). Lagas never suffers humiliation. In the
A passage in the Tukultininurta I. Epic, Synchronistic History, Assyria is always
if interpreted correctly, indicates that in the victor.
times of crisis an Assyrian king might There are, of course, points of difference
impose strict security regulations on his between the two texts. Besides the obvious
borders. The passage may be translated: difference in language (Sumerian and Ak-
„He (Tukultininurta I.) decreed that no kadian) and time (almost 2000 years) there
(state-)secret was to go beyond the border" is the fact that a third party (Mesilim of
(E. Ebeling, MAOG 12/2 [1938] 18 v 3). Kis) acts as arbitrator in the Entemena
Such a decree, to be effective, would re- inscription whereas no arbitrator appears
quire careful scrutiny of all those passing in the Synchronistic History. Further, the
in and out of the country, if not a complete Lagasite document is a royal inscription
closure of the borders. Note that the State- whereas the Synchronistic History is a
ment in the epic is followed by the descrip- chronicle.
tion of the Assyrians conducting the Baby- W . J . H i n k e , A New Boundary Stone of
lonian merchants, who had appeared at Nebuchadrezzar I. from Nippur = B E R 4,
the border, to the king. Apart from times 1 - 1 1 5 ; L. W . K i n g , B B S 1, v i i - x v i ; F. X .
of crisis there was probably freedom of S t e i n m e t z e r , Über den Grundbesitz in Baby-
lonien zur Kassitenzeit AO19 (1918); ders. Die
movement between countries. But in this babylonischen Kudurru (Grenzsteine) als Ur-
connection it should be noted that treaties kundenform-, E . Cuq, Etudes sur le Droit Ba-
of extradition were known. Assurahiddin bylonienSi-i^g; D r i v e r a n d M i l e s , Assyrian
Laws 302-309.
states that after conquering Subria he re-
A. K . Grayson
turned Urartean fugitives to Urartu in
accordance with a treaty (R. Borger, Ash.
106 iii 28—34). Custom duties would not Grenze (B. Nach hethitischen Texten).
be collected at State borders but at each § 1. Das heth. Wort arha- (auch irha-,
city gate. Sumerogr. ZAG) bezeichnet — ähnlich lat.
There are two unusual documents which finis, fines — sowohl die „G." wie das von
deal extensively with national boundaries. ihr eingeschlossene „Gebiet", so daß nicht
One, an inscription of Entemena (E.Soll- überall zwischen beiden Wortbedeutungen
berger, CIRPL 37L, and cf. the „Border klar unterschieden werden kann. Die
of Sara" text which appears to be a reply Quellen (vor allem Verträge*, in geringe-
to Entemena's inscription — E.Sollberger, rem Maße Historiographie, Gesetze* und
OrNS 28 [1959] 336—350) comes from the Instruktionen*, ferner Landschenkungs-
middle of the third millennium while the urkunden* und Feldertexte*) nennen
other, the so-called Synchronistic History Grenzen von unabhängigen Staaten, von
(L.W.King, CT 34, 38—43), is to be dated Vasallenstaaten, von Provinzen unter
to the early part of the eighth Century. heth. Verwaltung (sämtlich als utne-,
There are important similarities between Sumerogr. KUR „Land" bezeichnet); von
the two. They each contain the history of Gemeinwesen und Städten ( h a f f i r a - ur-
an international border dispute. The En- sprünglich „Markt", Sumerogr. URU)
temena text concerns a dispute between meist unter Einschluß des Areals der je-
two city states, Lagas and Umma, while weiligen Gemeinde (A.SA kuera- — akkad.
the Synchronistic History deals with ugaru „Feldflur, Gemarkung"); endlich
Assyro-Babylonian border troubles. In von Privatgrundstücken (£ „Haus; Wirt-
GRENZE 641
Institution der Markgrafen Rechnung ge- Grenzziehung durch den Suzerän trägt im
tragen; diesen Provinzgouverneuren, die allgemeinen einer länger bestehenden G.
Amtsbezeichnungen wie „Herr der Warte" Rechnung (MVAeG 31, n6f.), auch kann
(aurijaS iShas — akkad. bei madgalti AfO der Vasall dabei mitwirken (AU 202f.).
Beih. 10, 41 ff.), „Landesherr" (E. v. Der Verlauf der G. wird durch topogra-
Schuler, Die Kaskäer [1965] 148) oder phische Angaben festgelegt (KBo. 4, 10
„Herr der G." (ZAG-as BELU MVAeG Vs 15ff.; AM 168ff.; BoSt. 8 [1923] 22ff.;
31 [1926] 64, 25) führen, liegt eine sorg- PRU 4, 11 ff.), nachdem man das Grenz-
same Kontrolle und der Schutz der G. vor gebiet „vermessen und untereinander ge-
feindlichen Einfällen ob. Da die Feinde teilt" hat (BoSt. 8,108f.); die gleiche Pro-
„Grenzen (Gebiete?) einzunehmen ver- zedur der Grenzscheidung darf man ebenso
suchen" (AM 22f.), in heth. Territorium im Völkerrecht wie im Privatrecht voraus-
eindringen und dessen Grenzen (Gebiete?) setzen. Die G. eines nach einem erfolg-
begehren (BoSt. 8 [1923] 82ff.; dazu A. reichen Krieg annektierten Gebietes be-
Goetze, MAOG 4 [1928/29] 59 ff.), müssen stimmt der Großkönig natürlich nach sei-
die Grenzen ständig durch Späher über- nem Gutdünken (o. c. 22ff.).
wacht und sogar der kleine Grenzverkehr, Ein Vasall ist verpflichtet, sich auf sein
dieser besonders im Hinblick auf das Ein- Territorium zu beschränken. Er darf in-
dringen unerwünschter Personen, kon- folgedessen keine Ausweitung seiner Gren-
trolliert werden (AfO Beih. 10, 24 § 10; zen auf Kosten des Suzeräns anstreben,
41 f.; E. v. Schuler, o. c. 146f.). was Felonie wäre (MVAeG 31, 118f.; 34
Ebenso wie die G. eines verbündeten [1930] 10f.). Im Kriegsfall ist er gehalten,
Landes wird die eines Feindeslandes re- nicht nur seine eigene G., sondern ebenso
spektiert (Hatt. II 32f.). Im Falle eines die Reichsgrenzen militärisch zu schützen
Konflikts werden vor Überschreitung der (o. c. 72ff.). Dafür übernimmt es der Groß-
G. dem Gegner die Beschwerden schrift- könig, die G. des Vasallen zu garantieren,
lich vorgetragen (AU 4L), dann mobili- ggf. wiederherzustellen oder sogar auf
siert man die Truppen an der G. (AM 98 f.) Kosten eines Reichsfeindes zu erweitern
und beginnt den Krieg erst, wenn der (BoSt. 8, I04ff.).
Gegner dem schriftlichen Ultimatum nicht Ein Vasall hat sich auch gegenüber
entspricht (AM 90f.). Ehe die Feindselig- seinesgleichen loyal zu verhalten und darf
keiten eröffnet werden, opfert ein „Götter- nicht das Territorium eines anderen be-
herr" genannter Priester an der G. den gehren (o. c. 24 ff.). Für Grenzkorrekturen
Reichsgöttern und lädt die Götter der ist allein der Suzerän zuständig, dem die
Feinde zu einer Gerichtsversammlung ein, Vasallen ihre Grenzstreitfälle zur Ent-
in der über die Streitpunkte entschieden scheidung vorzutragen haben (MVAeG
werden soll (E. v. Schuler, o. c. 168 ff.). 31, 62f.; H. Klengel, OrNS 32 [1963]
Ob dieses Ritual stets bei Kriegsbeginn 3 2ff.; PRU 4, 230f.).
vollzogen wurde, ist freilich ungewiß.
Andere Riten zielen darauf, Übel und §5. Sakralrechtliche Grenzen. Er-
Seuchen vom Hethiterland ins Feindes- oberte Städte können von den heth. Kö-
land abzulenken, indem magisch behan- nigen für sakrosankt erklärt werden; sie
delte Tiere — öfters Schafe — als „Sün- sind dann dem Wettergott überantwortet,
denböcke" über die G. getrieben werden gelten als Weide für dessen Stiere Seri und
(AO 25, 2 [1925] 10ff.; A. Goetze, Klein- Hurri und dürfen nicht mehr besiedelt
asien2 154. 159. H. M. Kümmel, StBoT 3 werden (H. Otten, MDOG 83 [1951] 40!;
[1967] 191 f. AO 25, 2 [1925] 22f.). Die G. des solcherart
geweihten Gebietes wird genauso wie jede
§ 4. Die Grenzen von Vasallen- profane G. (zum Verfahren s. § 4) festge-
staaten und Verwaltungsgebieten legt (AM 168 ff.).
setzt der Großkönig fest (MVAeG 31 [1926] Über die Grenzen anderer heiliger Be-
108f.; Madd. Vs 20; Hatt. 46f.). Die zirke gibt es keine deuthchen Nachrichten.
X
GRENZE — GRIECHEN 643
Das Betreten und Verlassen des Bereichs Wendung „eine Grenze der Fülle (irhaS
von Tempeln und Mausoleen verstorbener mijanaS) [nämlich von Kriegsbeute] gab
Könige (E.NA4 „Steinhaus") scheint an es nicht" (AM i7of.) leiten über zum Ge-
einschränkende, freilich nicht rigorose brauch in übertragenem Sinne. Doch sind
Vorschriften gebunden gewesen zu sein ungeachtet zahlreicher anderer Lehn-
(KUB 13, 4 II 2ff. 80ff.; H. Otten, HTR übersetzungen aus dem Akkadischen heth.
io4ff.); ähnhches mag vielleicht auch für Entsprechungen zu akkad. itäm etequm
die „Gottesstädte" (A. Goetze, Kleinasien2 „G. auch der Moral bzw. Kompetenz über-
103) gegolten haben. schreiten" (dazu AHw. 261) bislang nicht
§ 6. Eine Stadtgrenze nimmt zu- beZeU
St- E . von Schuler.
nächst das besiedelte und von einer Mauer
umschlossene Gebiet ein; sie überschreitet,
wer durch das Stadttor eintritt (KUB 21, Griechen
29 III 41 f.). In weiterem Sinn umfaßt sie § 1. Ahhijawa-Frage. — § 2. Historisohe Be-
anscheinend noch die Gemarkung (s. § 1), zeugungen im x. J t . v. Chr. — § 3. Der kul-
turelle Austausch zwischen Babyloniern
d. h. das von der Gemeinde bewirtschaftete und Gr. —
oder ihr gehörende Areal. Wahrscheinlich § 1. Ahhijawa-Frage: 1924 stellte E.
wurde zum Gebiet einer Stadt alles Land Forrer die Behauptung auf, unter dem
im Umkreis von 3 Meilen (Sumerogr. aus Bogazköy-Texten bekannten Lande
DANNA) = rund 30 km (?) gerechnet, Ahhijawa verberge sich die hethitische
sofern es herrenlos war, da die Gesetze (bei Forrer: kanisische) Form von Achaia
eine innerhalb dieses Bereichs hegende (vgl. RIA 1, 53—57). Er glaubte, damit
Gemeinde bei Tötungsdelikten verant- die früheste Nachricht über Griechen im
wortlich und haftbar machen (J. Fried- alten Vorderasien entdeckt zu haben und
rich, HG Par. § IV). versuchte in der Folgezeit, diese These
§ 7. Die G. im P r i v a t r e c h t . Der dadurch zu untermauern, daß er ver-
Grundbesitz an Feldern und Gärten ist schiedene im Zusammenhang mit Ahhi-
genau abgegrenzt. Die Lage und die Größe jawa auftauchende Eigennamen als früh-
von Grundstücken werden in Land- griechische Dialektformen deutete. Diese
schenkungsurkunden und Feldertexten Hypothesen blieben nicht unwiderspro-
(s. § 1) exakt verzeichnet. Über die G. chen und vor allem J. Friedrich, A. Götze
eines Feldes wachen entweder der Wetter- und F. Sommer wandten sich gegen eine
gott oder der Sonnengott. Eine wider- solche These, fanden jedoch nicht so viel
rech tliche Veränderung der G. (ZAG-an Gehör, daß nicht die an sich bestechende
parsija- „die G. zerbrechen") ist gesetzlich Achäer-Deutung bis heute mehr oder
verpönt (J. Friedrich, HG II §53f.). weniger stillschweigend von vielen Inter-
preten akzeptiert würde. Dennoch hält sie
§ 8. Die G. in Redewendungen. einer genauen Prüfung nicht stand, wie
Jemanden „die G. überschreiten lassen" zuletzt überzeugend und mit reicher Lite-
(ZAG-an zainu-) wird als „verbannen" ge- ratur G. Steiner gezeigt hat (Die Ahhi-
deutet und ist mit Enteignung verbunden jawa-Frage heute, Saeculum 15 [1964]
(Hatt. IV 36 ff.); die Ausdrucksweise kann 365—392). Folgende Gesichtspunkte spie-
auch besagen, daß die Staatsgewalt des len dabei vor allem eine Rolle:
politischen Gegners nicht habhaft wurde a) Während für das Land der Achäer
und ihn die G. überschreiten lassen mußte. nach den ältesten Zeugnissen — noch
Aussagen wie „überschreite nicht die G., immer nur Homer — vor allem das nörd-
die ich Dir setzte, sondern bewahre sie" liche Griechenland in Frage kommt, nach
(KBo. 4,10 Vs. 15; dazu F. Sommer, AU Ausweis der Odyssee allerdings auch einige
88f.) oder „meine Majestät in der Herr- Inseln einschließlich Kreta, war Ahhijawa
schaft zu schützen soll lediglich der Tod ein Landstrich und Fürstentum, das an
dir G. sein" (KBo. 12, 30 II 6) und die die Arzawa-Länder angrenzte. Es lag also
41*
644 griechen
auf dem kleinasiatischen Festlande, und allem die Lautentwicklung von -ijawä zu
zwar an der Westküste Kleinasiens, etwa -aipla macht hier Schwierigkeiten. Folg-
zwischen Karien bis zur Troas, genaue lich „ist die Identität des Landes Ahhi-
Grenzen sind nicht bekannt. Auf keinen jawa der hethitischen Texte mit einem
Fall griff es auf Griechenland über und mykenisch-griechischen ,Land der Achäer'
wahrscheinlich auch nicht auf die Inseln weder durch philologisch-sprachwissen-
(etwa Rhodos). Schon aus geographischen schaftliche noch durch historische und
Gründen ist deshalb die Identifizierung archäologische Argumente auch nur wahr-
höchst zweifelhaft. scheinlich zu machen" (G. Steiner, 1. c.
b) Auch der archäologische Befund 388).
spricht nicht dafür, daß es in Westklein- e) Wird man demnach die Ahhijawa-
asien ein über die Küstengebiete hinaus- These Forrers heute nicht mehr vertreten
reichendes griechisch-mykenisches Ein- können, so ist ein gewisser kultureller
flußgebiet gab. Auf Grund von Keramik- Austausch von mykenischen Griechen mit
funden läßt sich lediglich nachweisen, daß Kleinasien, vor allem aber mit Zypern und
es bes. in Ionien und Karien mykenische Nordsyrien nicht von der Hand zu weisen.
und griechisch-mykenische Handelsnieder- Es ist aber recht wahrscheinlich, daß die-
lassungen gab (etwa Milet, Kolophon, ser Austausch im 2. Jt. v. Chr. nicht direkt,
Halikarnassos), deren Einfluß jedoch auf also durch die Griechen selbst erfolgte,
das Küstengebiet beschränkt blieb und sondern daß lediglich Zwischenhändler am
niemals zur Bildung eines politisch akti- Werk waren, so daß ein direkter Kontakt
ven und selbstständigen Staatsgebildes zwischen Altem Orient und Griechen in
führte. diesem Zeitraum überhaupt in Frage zu
c) Darüber hinaus verdient die Tatsache stellen ist (s. auch Helladische Importe
besondere Beachtung, daß der Achäer- im Orient'"; Kreta*).
name selbst vor Homer nicht im ägäisch-
griechischen Raum nachweisbar ist. Ein §2. Historische Bezeugungen im
Beleg aus einem Linear-B-Text a-ka-wi- 1. Jt. v. Chr.:
ja-de (M. Ventris/J. Chadwick, Documents a) Entgegen der allgemein herrschenden
in Mycenaean Greek [1956] 138, 209) ist Meinung finden sich in assyrischen Texten
in der Deutung keinesfalls sicher (s. Stei- nur sehr wenige Nachrichten über Gr. Eine
ner, 1. c. 385 f. mit Anm. 211). Selbst wenn angebliche Erwähnung bei Sarrukin II. ist
man die verhältnismäßig späte Bezeugung erst kürzlich durch H. Tadmor, JCS 12
für zufällig hält, fällt doch auf, daß im (1958) 80217 als unzutreffend erwiesen
Epos Achäer lediglich als Name eines worden. Es handelte sich um einen ge-
Stammes oder einer Stammesgruppe er- wissen Ja-ad-na (Sg. Lie 40, 254) bzw.
scheint, der ebenso wie der Name Argeioi Ja-ma-ni (Sg. Wi. 82, 11), der zur Zeit
oder Danaoi auf alle kriegführenden Grie- Sarrukins in Asdod den Thron bestieg.
chen übertragen werden kann. Daß aus- Der Name kann aber schwerlich „Ionier"
gerechnet diese Stammesgruppe zuvor bedeuten, sondern es liegt nahe, darin
einen fest gegliederten und ausgedehnten einen semitischen Namen zu sehen.
Staat besessen haben sollte, ist nicht recht Gleichfalls in Texten Sarrukins werden
vorstellbar. jedoch Ionier genannt. Er berichtet, daß
d) Schließlich ist auch die sprachliche er es gewesen sei, Sa kmlmnJa-arn-na-a-a sa
Grundlage für eine Gleichsetzung von qabal tam-tim ki-ma nu-ni i-ba-a-ru „der
Ahhijawa mit Achaia äußerst schwach. Ionier, die mitten im Meer (operieren),
So läßt sich die für 'Axata zu substituie- wie Fische fing" Sg. Wi. 148, 34I. vgl. 82,
rende Grundform, nämlich *'Axocif(a, 15; Sg. Zyl. 21; Sg. Stier 25. Hier liegt
nicht ohne Schwierigkeiten mit der durch also die älteste Erwähnung von Gr. in
die Keilschrifttexte bezeugten Form Ahhi- assyr. Texten vor, die ich in Zusammen-
jawa verbinden (vgl. etwa O. Carruba, hang bringen möchte mit der Nachricht
CRRA 11 [1962, ersch. 1964] 38—46). Vor über einen Kampf Sinahheeribas mit Gr.
GRIECHEN 645
in Kilikien, die aus Berossos über Poly- 19f.), gleich ihm wahrscheinlich auch
histor bei Euseb von Caesarea erhalten ist sonst noch verbannte oder sonst außer
(P. Schnabel, Berossos frgm. 43 und 43 a). Landes gegangene Griechen. Nachrichten
Etwas abweichend, aber auf dieselbe über Gr. in assyrischem Heeresdienst feh-
Quelle zurückgehend, berichtet Abydenos len bisher völlig. Dagegen sind ionische
von Kämpfen mit ionischen Söldnern, die Zimmerleute im Dienste Nabükudurri-
Sinahheeriba zu bestehen hatte (Schnabel, usurs bei der Ausgestaltung Babylons tätig
o. c. frgm. 44). Sinahheeriba selbst berich- gewesen. Vier davon kennen wir mit
tet in seinem Report über den Kilikien- Namen: lKu-un-zu-um-pi-ja, ILAB-6M-WM,
l
feldzug des Jahres 698/7 (Sn. 6f., Dpi. A-zi-ja-ak, IPa-ta-am (Ionier?) (s. E.
Sumer 9 [1953] 146 ff.) nichts darüber. Weidner, MelSyr. 2 [1939] 932f., W. F.
Wir dürfen die Nachrichten wohl dahin- Albright, BASOR 120 [1950] 25), die aller-
gehend interpretieren, daß es sich bei dings nicht griechisch, sondern jedenfalls
diesen Gr. um ionische Seeräuber handelte, teilweise kleinasiatisch sind. Handelsbe-
wie sie in den folgenden Jahrhunderten ziehungen zwischen Babylonien und Grie-
ständig an der zerklüfteten kilikischen chenland sind sehr wahrscheinlich, doch
Küste zu finden waren, die von Sinahhee- wenn ein Text aus dem 6. Jahre Nabü-
riba zwar angegriffen, dank ihrer größeren na'ids von Bronze und Eisen Sä mät Ja-a-
Beweglichkeit aber nicht geschlagen wur- ma-na spricht (YOS 6, 168, 1. 7.15), so
den. Daher sein Schweigen über das erfolg- ist nicht mit letzter Sicherheit zu erweisen,
lose Unternehmen. Sarrukin dagegen daß darunter Ionien (hebr. jäwän) zu ver-
scheint früher gewisse Erfolge errungen stehen ist (s. S. Smith, Isaiah Chapters
zu haben. Ähnliches gilt wohl von Assurah- XL—LV [1944] 140 Anm. 90). Immerhin
iddin, der sich rühmt, „alle Könige, die trat Babylon jetzt politisch in den Ge-
mitten im Meere wohnen, von Kypros und sichtskreis der Gr., so wenn Herodot
Jawan bis nach Tarsis" (ultu mät Ja-da-na (Buch I 74) berichtet, daß der Friede zwi-
mät Ja-man a-di mät Tar-si-si) unterwor- schen Lydien und Medien in Gegenwart
fen zu haben (Ash. § 57, 107). Unter mät eines Syennesis von Kilikien und des Laby-
Ja-man ist hier wohl das Küstengebiet netos (wohl = Nabüna'id) von Babylon
der ionischen Kolonien zu verstehen. Eine geschlossen wurde. Die Anwesenheit an
Anzahl griechischer oder gräzisierter Orts- den Grenzen nach Kleinasien räumte den
und Personennamen von der Insel Zypern Babyloniern offenbar ein gewisses Mit-
ist gleichfalls bei Assurahiddin (Ash. Nin. spracherecht ein.
A Ep. 21, 63 ff.) und auch bei Assurbanapli
(Zyl. C I 36ff. = VAB 7, i4of.) überlie- c) Nach der Eroberung Babylons durch
fert. Ganz unsicher ist schließlich die die Achaimeniden wird sich die Situation
Lesung und Zuordnung von kur/a-M?-«a- sicher geändert haben und Gr. werden in
a-a Iraq 25 (1963) 76:69,3 in einem Brief größerer Zahl ins Land gekommen sein,
aus Nimrud, wo — gegen den Vorschlag als Reisende wie etwa Herodot (um 450 v.
von H. Saggs — wohl auch keine Schiffe Chr.) oder als Soldaten wie die zehntau-
genannt sind. Alle diese Zeugnisse stehen send (genauer: mehr als 13000) Griechen,
aber ziemlich isoliert und lassen es als die 401 v. Chr. bei Kunaxa auf Seiten
höchst unwahrscheinlich gelten, daß ein Kyros d. J. gegen Artaxerxes II. kämpften
reger Austausch zwischen Assyrien und und von Xenophon wieder in die Heimat
Griechenland stattfand. geführt wurden. Uber sie ist jedoch aus
einheimischen Quellen praktisch nichts zu
b) Auch für die spätbabylonische Zeit erfahren. Das gilt schließlich auch in der
scheint Ähnliches gegolten zu haben. Wir Seleukidenzeit weiter, obgleich hier der
wissen, daß Antimenides, der Bruder des Hellenisierungsprozeß, der den ganzen
aiolischen Dichters Alkaios, unter Nabü- Vorderen Orient ergriff, auch vor Baby-
kudurriusur II. in Babylonien Kriegs- lonien nicht Halt machte. Aus dieser Zeit
dienste ableistete (Alkaios, frgm. 112 sind verschiedentlich griechische Perso-
Lobel, s. J. D. Quinn, BASOR 164 [1961] nennamen in Keilschrifttexten (vor allem
646 GRIECHEN
aus Uruk, nur wenige aus Babylon, Sippar oft schon gräzisiert, d. h. durch Verknüp-
und Borsippa) genannt. Meist handelt es fung mit griech. Mythologie für Gr. mund-
sich dabei aber um die Namen der Herr- gerecht gemacht weitergaben. Das gilt
scher selbst (vgl. die Zusammenstellung offenbar auch von Berossos*.
der Belege bei W. Röllig, Or. 29 [i960] Übernahme babylon. Literaturwerke ins
376—391). Soweit es Privatpersonen sind, Griechische scheint dagegen nicht vorge-
ist oft nicht auszumachen, ob sie wie Anu- kommen zu sein. Enge Beziehungen dürf-
uballit — Kephalon, Anu-uballit — Nikar- ten allein bei der Fabel* vorliegen, von
chos, Anubelsunu — Antiochos und Nanä- der Babrius (griech. Dichter, wahrschein-
iddin — Demetrios nur einen griechischen lich 1. Jh. v. Chr.) im Prolog des 2. Buches
Zweitnamen trugen und echte Babylonier seiner Sammlung behauptet, sie seien von
waren, oder ob es sich tatsächlich um Gr. den Syrern zur Zeit von Ninos und Belos
handelt. Letzteres ist nirgends sicher nach- aufgeschrieben worden. Auf dem Gebiet
weisbar. Vereinzelt steht die Nachricht bei der Mythologie scheinen babylonische
Plutarch (de exil. 605 B), daß ein Stoiker Schöpfungsmythen in mehrfach gebroche-
namens Archedemos im 2. Jh. v. Chr. in ner Überlieferung schon früh in griech.
Babylon eine Schule gründete. Gebiet vorgedrungen zu sein, vgl. zuletzt
R. C. Thompson, CAH I I I (1925) 248ff.;
P. Walcot, Hesiod and the Near East
G. Richter, Greeks in Persia, AJA 50 (1946) (1966), bes. S. 27ff.
15—30; J . M. Cook, The Greeks in Ionia c) In der Astronomie (s. Sternkunde*)
and the E a s t (1963); E . Yamauchi, Greece und Mathematik* waren die Babylonier
and Babylon (1967, sehr unkritisch).
sicher Lehrmeister der Gr. Herodot er-
wähnt (2, 109), daß die Gr. Gnomon und
§3. Der kulturelle Austausch zwischen Polos (zwei Formen der Sonnenuhr) sowie
Babyloniern und Griechen. die Einteilung des Tages in 12 Stunden
a) Auch der kulturelle Austausch zwi- von den Babyloniern übernommen hätten.
schen Babyloniern und Gr. ist wohl weit- Die Voraussage der Sonnenfinsternis von
hin überschätzt worden. Vor allem ist er 585 v. Chr. durch Thaies ist nur mit Hilfe
sicher erst einer relativ späten Zeit zuzu- langjähriger Gestirnbeobachtungen mög-
schreiben, so daß etwa von einem direkten lich gewesen, die in Babylon bereits vor-
Einfluß auf Homer (vgl. H. Wirth, Homer lagen. Aristoteles ließ sich durch seinen
und Babylon [1921]) keine Rede sein Neffen Kallisthenes, der Alexander nach
kann. Man wird, da das Aufblühen grie- Babylon begleitete, von dort Material
chischer und babylonischer Wissenschaft übermitteln. Hypsikles, ein Mathematiker
nahezu gleichzeitig erfolgte, heute eher des 2. vorchristl. Jh., berechnete Auf-
von einer gegenseitigen Beeinflussung und und Untergangszeiten der Gestirne nach
Befruchtung reden können. Auf drei Ge- babylonischen Methoden. Wenn er in sei-
biete, wenn auch mit unterschiedlicher ner Schrift 'Avc«popiK6s erstmals den
Stärke, wirkte sich der babylonische Kul- Kreis in 360° einteilte, so hegt wohl auch
tureinfluß aus: Auf die Literatur, die hier babylon. Einfluß vor. Etwa zur glei-
Astronomie und Mathematik, die Mantik. chen Zeit verwendete Hipparchos von
b) Von der Beschäftigung der Gr. mit Nikaia Beobachtungen babylon. Astrono-
babylonischer Literatur legen eindeutig men für seine Berechnungen von Mond-
die Texte Zeugnis ab, die sumerische und und Sonnenumlauf und der Monatslängen,
akkadische Texte in griechischer Schrift auch mag ein Sternkatalog, den er zu-
umschreiben. Vgl. zuletzt die Zusammen- sammenstellte, Vorbilder in Babylonien
stellung von E. Sollberger, Iraq 24 (1962) besessen haben (mulAPIN Tf. 1, vgl. E.
63—72, s. auch A. Ungnad, MAOG 4 Weidner, AJSL 40 [1924] 186ff.). Schließ-
(1928/29) 220—225. Die Vermittlung baby- lich behandelte Geminos (um 70 v. Chr.)
lonischer Literatur erfolgte wahrschein- in seiner Elacrycoyf) SLS TÖC <paiv6n£va die
lich sehr viel stärker durch babylonische Methode der Chaldäer zur Berechnung der
Gelehrte selbst, die ihre Erzählungen aber Mondgeschwindigkeit.
GRIECHISCHE IMPORTE — GROSSGRUNDBESITZ 647
der Urkunden aus Babylonien bedingt, Zeit). Der Palast bewirtschaftete das ihm
daß z. B. aus den Kaufurkunden in gehörende landwirtschaftlich nutzbare
Kudurru*-Form der altsumerischen und Land während der verschiedenen Epochen
altakkadischen Zeit (Enhegalvertrag UM babylonischer Geschichte in unterschied-
9/1 2; Lummaturvertrag Dec. Chald. lichem Maße selbst, vergab es als Ver-
partie epigr. Tf. 49 a; Manistusu-Obelisk sorgungslos, ,Lehen' oder Pachtland. Ne-
ben dem Palast waren die Tempel zu allen
MDP 2 Tf. 2 ff.; Sipparstein RSO 32, 83 ff.)
oder etwa den Urkunden über die Land- Zeiten die bedeutendsten Landbesitzer;
erwerbungen des Tehiptilla* in Nuzi allerdings hatte der Palast Verfügungs-
(P. Koschaker, ZA 48 [1944] 202; E. Cas- gewalt über das Tempelvermögen (A. Fal-
sin, L'Adoption ä Nuzi passim) die zu- kenstein, BagM 2 [1963] 50; J. Renger,
grundeliegenden Tatbestände nur ver- ZA 59 [1969] 117f.n1. Anm. 589). Die Ver-
mutet werden können. Man beachte aber hältnisse im Süden des Landes in neu-
die ausgesprochen niedrigen Kaufpreise in sumerischer und altbabylonischer Zeit
den Tehiptilla-Urkunden, wonach auf sind bestimmt durch das fast völlige
starke Verschuldung des Verkäufers an Fehlen des privaten Feldeigentums (neu-
den Käufer geschlossen werden darf. sumerisch — NG 1153, aber einige wenige
Kaufverträge aus Nippur; altbabylonisch
II. Gebiete mit künstlicher Bewässerung — kein Unterschied zwischen der Zeit vor
(Babylonien). und nach Hammurabi (!) — bisher drei
§ 2. Da die Landwirtschaft in Babylo- Fälle, in denen Felder vererbt wurden:
nien nur auf der Basis eines organisierten YOS 5 106; YOS 8 88 — Rimsin 32;
Bewässerungssystems möglich war, hatten Jean Teil Sifr 68 — Samsuilüna 4. Das
zentrale Institutionen (Tempel*, Palast*) Iddinamurrumarchiv kennt während drei-
entscheidenden Einfluß auf Planung, Er- er Generationen — Rimsin 8, 32, Hammu-
richtung und Unterhalt dieses Systems rabi 40 keine Erbteilung, die Felder ein-
und damit auf die Regelung der Grund- schloß, Belege bei L. Matous, ArOr 17/2
eigentum*sverhältnisse. Die natürliche (1949) 149 ff. Verkäufe von Feldern bisher
Versalzung des Bodens und die Ver- nur in Larsa: Unter 115 Immobiliarkauf-
schlammimg der Kanäle bedingten ebenso urkunden nur achtmal Felder Kaufobjekt,
wie die Regelungen des Erbrechts und diese meist klein und Wiese oder Brach-
politischer Systemwandel — oft mit einer land: YOS 5 139; YOS 8 84. 143. 166;
Veränderung der Eigentumsverhältnisse VS 13 77; Riftin 16 19 — alle Rimsin;
an der Feldflur verbunden — eine gewisse TCL 11 198 — Samsuilüna. Unter den
Instabilität der Bodenbesitzverhältnisse. Tauschverträgen beziehen sich nur TCL
In der altbabylonischen Zeit suchten 1 231 —• Siniddinam —• und TCL
Herrscher mit Hilfe von königlichen Er- 10 117 — Rimsin—auf Felder). Im Norden
lassen Grundeigentum, das (wegen wirt- spielte individuelles Feldeigentum schon
schaftlicher Not) veräußert worden war, immer eine größere Rolle: sicher in alt-
zu restituieren (patäru) (F. R. Kraus, SD babylonischer Zeit, höchstwahrscheinlich
5, 242; J. J. Finkelstein, AS 16, 241L). in neusumerischer Zeit (s. noch zurück-
Dadurch war besonders das Entstehen von haltend D. O. Edzard, Fischer-Welt-
G.besitztümern auf Eigentumsbasis durch geschichte Bd. 2, 145). Es sind aber nur
Aufkauf kleiner Feldparzellen von ver- wenige Fälle von überdurchschnittlich
schuldeten Personen sehr erschwert. Pri- großem Feldeigentum bekannt.
vater G. ist deshalb eine Ausnahme-
erscheinung, soweit er auf individuellem § 3. Seit der Mitte des 2. Jts. d. h. nach
Eigentum beruht. G.er in diesem Sinn der altbabylonischen Zeit gewinnt privater
sind meist Angehörige der Herrscher- G. zunehmend an Bedeutung (Grundeigen-
familien oder hohe Funktionäre vom tum*), zumeist in der Form der ,Beleh-
Tempel oder Palast (Beispiele vor allem nung' von Funktionären von Tempel oder
aus altsumerischer und altakkadischer Palast mit unfangreichen Ländereien
649 GROSSGRUNDBESITZ
(BBS Nr. 1—5). Die vor allem seit Ende [1956] 102—106): Der Verpächter stellte
des 2. Jts. zu beobachtende Sitte, ver- u. a. auch die Arbeitskräfte (ikkarü). Sie
dienten Personen besondere Privilegien und bestanden im Wesentlichen aus den Sirkü
Lastenbefreiungen für ihre Ländereien zu des Tempels, d. h. Personen, die dem
gewähren, deutet auf eine allgemein zu be- Tempel auf Grund wirtschaftlicher Not-
obachtende Wandlung des ,Lehens'landes lage .geschenkt' wurden. Indem der Tem-
in mehr eigentumsähnliche Besitzformen pel sie dem Generalpächter übertrug, ent-
hin (BBS Nr. 6. 8). Allerdings finden sich fiel für ihn die Notwendigkeit, sie zu ver-
keine Hinweise für G. auf der Basis sorgen (M. Ehrenkranz, o. c. 17). Nicht
individuellen Grundeigentums, wenn man mit Hilfe dieser Arbeitskräfte zu bewirt-
von den Mitgliedern der Herrscherhäuser schaftendes Land wurde an Kleinpächter
absieht. (erreSü) weiterverpachtet, die vermutlich
der Gruppe landloser oder landarmer
§ 4. Eine bedeutende Rolle spielte auch Bauern angehörten (M. Ehrenkranz, o. c.
der G., der nicht auf Eigentum oder den 18).
verschiedenen Formen des .Lehens' be-
ruhte, sondern sich aus einem anderen, § 5. Eine typische Erscheinungsform
gegenüber Eigentum und ,Lehen' wesent- des Grundbesitzes in Babylonien ist der
lich eingeschränktem Herrschaftsrecht, allein aus Pachturkunden zu erschließende
nämhch der Pacht, herleitet, d. h. der Ver- städtische Grundbesitz (absentee land-
pachtung von Tempel oder Palastland an lordism — A. L. Oppenheim, Ancient
Privatpersonen (A. Deimel, AnOr 2, 81; Mesopotamia 85). Er ist u. a. bedingt
A. Schneider, Die Sumerische Tempel- durch die hydrographische Situation mit
stadt 57f.; SET 249—279; für die alt- ihrer charakteristischen Siedlungsweise
babylonische Zeit s. z. B. BIN 7, 3). Diese entlang den Kanälen, die das Entstehen
Art des G. war ausschließlich an die Person städtischer Siedlungen förderte. In der Art
gebunden und zeitlich begrenzt (parallele der Urkunden liegt es begründet, daß G.
Verhältnisse finden sich in der Viehwirt- dieser Form sich nur schwer nachweisen
schaft, s. F. R. Kraus, Staatliche Vieh- läßt. In wirtschafthcher Hinsicht stellt
haltung im altbabyl. Larsa 50f., und in dieser städtische Grundbesitz die Vermen-
anderen Bereichen der staatlichen Wirt- gung von städtischem Kapital mit der
schaftsverwaltung, s. P. Koschaker, ZA 47 landwirtschaftlichen Produktion dar. Eine
[1942] 163 ff.). Einen Höhepunkt fand wesentliche Bedingung für Entstehen und
diese Form des G.es seit der neubabyloni- Existenz dieser Art des Grundbesitzes war
schen Zeit. Bestes Beispiel ist die Situation offensichtüch auch hier die Verschuldung
beim Eanna in Uruk: Nach AfK 1 (1923) kleiner Landbesitzer gegenüber städtischen
29 ff. schenkte Kurigalzu I. dem Eanna- Kapitalgebern (s. die Darlehensurkunden
tempel angeblich ca. 525 km2 an Länderei- des Ursulpae aus Nippur in M. Cig/
en, eine Fläche, die alles Land in ca. H. Kizilyay, Neusumerische Rechts- und
25 km Umkreis um Uruk einschlösse Verwaltungsurkunden aus Nippur Nr.
(Larsa hegt nur 20 km entfernt!). Obwohl 136—151; BE 3/1 23—24). Die Folge war
die Quellen keine direkte Auskunft darüber dann, daß der Gläubiger die (Versorgungs-)
geben, darf man annehmen, daß der Grund- felder der Schuldner zur Befriedigung
besitz des Eanna im 1. Jt. einen damit seiner Ansprüche übernahm (TMH NS
vergleichbaren Umfang hatte. Die Pro- 1/2 Nr. 246—249). In altbabylonischer
bleme, die bei der Bewirtschaftung eines Zeit sind als ein Sonderfall solch städti-
derart großen Grundbesitzes entstanden, scher Grundbesitzer etwa die nadiätum
wurden durch das Institut der General- des Samaä in Sippar zu nennen, die aber
pacht gelöst (M. Ehrenkranz, Beiträge selbst in ihrer Gesamtheit keinen ent-
zur Geschichte der Bodenpacht in neu- scheidenden Faktor darstellen. Lediglich
babylonischer Zeit; E. Ebehng, WO 2 in einzelnen Fällen kann man von G.
[1954] 46—51; H. Petschow, BiOr 13 sprechen (J. Renger, ZA 58 [1967]
650 GROSSGRUNDBESITZ
lÖ4f.). — Vermutlich verbargen sich hinter 116 und 97.103; ADB 76; CAD A/i 387 f.),
den seit der neusumerischen Zeit vorläufig älu (CAD A/i 386 ff.) oder Utu (CAD B
nur im Süden des Landes häufig zu be- 29of.). Diese Siedlungs- und Wirtschafts-
obachtenden Namen — meist nur kurz- form ist bedingt durch die Lage im Gebiet
lebiger Siedlungen — des Typs e.duru.PN des Regenfeldbaues (keine Notwendigkeit
oder bit-jäl-PN die Mittelpunkte von entlang von Kanälen zu siedeln, geringerer
G.tümern, deren Inhaber — wie etwa Grad von Urbanisierung). Diese G.tümer
Balmunamhe — der Gruppe der städti- waren einschließlich der zu ihnen ge-
schen G.er angehörten (äZ-Balmunamhe hörenden Siedlungen und deren Bewohner
YOS 8 173:2; Äwai-Balmunamhe YOS (ikkarü) Gegenstand von Rechtsgeschäften
5 181:13; s. auch AnOr. 31/1 25 ff. für diealler Art. Sie befanden sich meist in der
neusumerische Zeit). — In persischer Zeit Hand hoher Funktionäre des Palastes
präsentiert sich das Haus Murasü als (Verwaltung) und von Militärs. Auch in
Generalpächter und als städtischer (Groß)- Assyrien findet sich der Typ des städti-
grundbesitzer (absentee landlord) in einem.schen G.ers (absentee landlord), bedingt
Die Möglichkeiten dieses letzteren Typs durch dessen Verpflichtung, in der Haupt-
von G.er demonstriert besonders die Tat- stadt bzw. in der Umgebung des Königs
sache, daß die Murasü als städtische Ka- Dienst zu tun, und die teilweise beträcht-
pitalisten in der Lage waren, die Produkte liche Entfernung seiner Güter — die des
aus den ihnen zur Nutzung zur Verfügung Generals Nabüsarusur lagen am Oberlauf
stehenden Ländereien selbst zu vermark- des Habur (s. ADD 741 und AR 16). Die
ten: Das Haus Murasü tritt als General- Gründe für die Entstehung städtischen
pächter hoher Würdenträger des per- G.es in Assyrien sind somit verschieden
sischen Hofes und der Angehörigen der von denen in Babylonien. — Da Grund-
Militärschicht auf, die nicht willens (ab- besitz generell mit Abgaben belastet war,
sentee landlords) oder wegen Mangel an gewinnen sog. Freibriefe insofern eine
Erfahrung nicht in der Lage waren, ihre besondere Bedeutung, als die wirtschaft-
Lehnsgüter selbst zu bewirtschaften. Das liche Stellung solchermaßen privilegierter
Haus Murasü ließ die Bewirtschaftung in (Groß)grundbesitzer erheblich gestärkt
der Regel durch Unterpächter vornehmen, wird (AR 4. 6. 9. 11. 15. 20. 21). — Aus
unter denen sieh vereinzelt auch solche mittelassyrischen Urkunden läßt sich G.
befanden, die man an den zu leistenden bisher nicht nachweisen (vgl. P. Garelli,
Abgaben und anderen Indizien gemessen Sem. 17 [1967] 5—21. Andererseits sind
selbst wieder als G.er bezeichnen kann ähnlich wie die neuassyrischen struktu-
(z. B. BE 9 86a; 9 19 —11. 270 gur Datteln rierte G.tümer für Nuzi bezeugt (er-
als Abgabe). schließbar aus den Ortsnamen des Typs
dimat-PN — s. dazu P. Koschaker, ZA 48
III. Gebiete mit vorwiegend Regenfeldbau[1944] 175ff. 213f.).
(Assyrien, Nordsyrien, Kleinasien).
§ 6. Nach den Urkunden aus Ninive § 7. In Nordsyrien sind aus den älteren
— in der Hauptsache aus dem 8.—7. Jh. —, Schichten von Alalah (18.—17. Jh.) eine
die sich nicht nur auf die unmittelbare Reihe von Urkunden erhalten, die Trans-
Umgebung Ninives oder das assyrische aktionen von großen Gütern betreffen.
Kernland beschränken, sondern auch auf Soweit erfaßbar, ist eine der beteiligten
Gegenden bis hin zum Oberlauf des Habur Parteien immer der König oder hohe bzw.
(ADD 741) und um Harrän (ADB) be- höchste Beamte. Gegenstand der Rechts-
ziehen, ist das Gebiet Assyriens geprägt geschäfte (elterliche Teilung AT 6; Kauf
von dörflichen Siedlungen, die häufig die AT 52—58) sind ganze Dörfer einschließ-
Mittelpunkte von G.tümern waren (Mano- lich ihrer Fluren und, wie man wohl an-
rial system, System der Grundherrschaf- nehmen darf, auch ihrer Bewohner (s. vor
ten). Die Termini sind URU + SE (Lesung allem AT 55: 3 Dörfer; AT 56: mindestens
unbekannt, s. ADD 742. 744; AR 99. 101. 8 Dörfer ursprünglich im Besitz des Ver-
651 GROSSGRUNDBESITZ
käufers; AT 78: 3 Dörfer). Möglicherweise ArOr 27 [1959] 5—43. 379—396) zeigen ein
bestanden bestimmte Beschränkungen in Gebiet (Nordanatolien), für das kleine,
der Verkehrsfähigkeit dieser dem Lehns- unabhängige Bauernwirtschaften charak-
nexus unterworfenen oder anderweit dem teristisch sind. — Grundbesitz jeder Art
König zu Leistungen verpflichteten Lie- war dem Lehnsnexus unterworfen. Ein
genschaften. Aus der jüngeren Schicht von Vergleich der ältesten LS (Nr. 3—6)
Alalah (15. Jh.) sind keinerlei Urkunden mit jüngeren, insbesondere der jüngsten
über Veräußerungen von Grund und Bo- und am besten erhaltenen (Nr. 1) legt den
den gefunden worden, wohl aber eine Verdacht nahe, ursprünglich seien Ver-
Urkunde über eine Adoption an Vaters gabungen von G. in der Regel nur an
statt (AT 16), ein nachgeformtes Rechts- öffentliche Institutionen erfolgt. Auch die
geschäft mit einem den Verkaufsadop- Unterschiede zwischen HRS § 6 und § IV
tionen in Nuzi vergleichbaren Ziel, nämlich (jüngere Fassung) sprechen für eine we-
bestehende Beschränkungen in der Ver- sentliche Zunahme des G.: Die Regelung
kehrsfähigkeit von Grundstücken zu um- des § IV, wonach als Bußleistung für den
gehen. Die Urkunden aus Ugarit (14. Jh.) Tod eines freien Mannes auf herrenlosem
bezeugen die Existenz ähnlich großer Grund diejenigen Dörfer gegeben werden,
Besitztümer wie in Alalah (18.—-17. Jh.). die im Umkreis von 3 Meilen liegen, ist nur
Sie wurden vom König vergeben, die Erb- möglich, wenn G. die bestimmende Form
lichkeit bei der Vergabe garantiert (PRU 3 des Grundeigentums darstellte. Wie in
S. 69 117—119 125). Da Grund und Boden Babylonien stellen auch hier die Freibriefe
auch hier dem Lehnsnexus unterlag, die letzte Etappe in der Entwicklung
spielte auch die Gewährung von Lasten- dar. Zwar lassen die LS noch die Ver-
befreiung in den Urkunden eine Rolle. — fügbarkeit des Königs über das Lehnsland
Zur möglicherweise konkurrierenden Rolle erkennen (naSü-nadänu-Klausel), doch zeu-
der Dorfgemeinschaft im Bodenrecht s. gen die Klauseln, die die Vererbbarkeit
R. Haase, ZA 58 [1967] 20020. garantieren, von einem Zug zu immer mehr
umfassenden Herrschaftsrechten der In-
§ 8. Im Hethiterreich sind private haber an den von ihnen besessenen Lehns-
G.tümer — bestehend aus einer Mehrzahl ländern: Nicht mehr die Vererbbarkeit,
von dörflichen Siedlungen (mehr als 50 im sondern Befreiung von den auf den Grund-
Sahurunuwa-Vertrag KUB 26 43. 50 stücken lastenden Verpflichtungen wird
-f unv. Fragmente; 13 in LS 1) als URU für immer garantiert (KUB 26 43, Sahu-
bezeichnet und teilweise als SU PURUM runuwa-Vertrag; zu den Freibriefen allg.
subsummiert (KUB 26 43), die sich auch s. K. Riemschneider, 1. c. 329; E. v.
in weit auseinander liegenden Teilen des Schuler, Historia, Einzelschriften 7, 49f.).
Landes befinden konnten — Ende des — Die Geschichte des G. im Hethiterreich
Alten bis Anfang des Neuen Reiches in ist nicht zu trennen von der Veränderung
den oft nur bruchstückhaften Land- in der Gesellschaft*sstruktur, wobei beson-
schenkungsurkunden (LS) (K. Riemschnei- ders auf das Entstehen einer Beamten-
der, MIO 6 [1958] 321—381) faßbar. Auch schicht und auf die wachsende Bedeutung
die G.tümer Öffentlicher Institutionen der Schicht der Streitwagenkämpfer — be-
(Tempel, Palast) waren in gleicher Weise sonders seit Beginn des Neuen Reiches —
strukturiert (H. Otten/V. Soucek StBoT 1 hinzuweisen ist (A. Goetze, Kleinasien2
44ff.; H. Otten HTR 106). Sowohl im AR 124; E. v. Schuler, RIA 3 238!).
als auch im NR existieren noch andere,
mit dem G. konkurrierende Formen des IV. Großgrundbesitzer als soziale Schicht.
Grundeigentums, deren Rolle aber vor- § 9. Es hat in Babylonien — d. h. unter
läufig noch im Dunkeln bleibt: HRS § 40 den Verhältnissen der künstlichen Boden-
und § XXX (jüngere Fassung) weisen auf bewässerung — zu keiner Zeit eine beson-
die Rolle der Dorfgemeinschaft im Boden- dere Schicht von G.ern gegeben. Vielmehr
recht hin, die sog. Feldertexte (V. Soucek, waren Angehörige der Oberschicht, d. h.
652 GROSSGRUNDBESITZ
Funktionäre von Tempel oder Palast, in durchschnittlich 2 bur Feld zur Verteilung,
einzelnen Fällen G.er. — In den Gebieten d. h. dieses Land reichte als Ernährungs-
mit Regenfeldbau waren sowohl vom grundlage für eine Familie aus. 1 bür be-
Siedlungscharakter als auch von der trug die durchschnittliche Größe des einer
politischen Struktur her andere Bedingun- Familie zur Verfügung stehenden Landes
gen gegeben: Ein stark bürokratisierter nach B. Landsberger, JCS 9 (1955) 12858
Staat mit einer verhältnismäßig großen und G. R. Driver/J. C. Miles, BabLaws
Zahl ständig notwendiger Beamter an 1, 112. Da die Angaben der Texte über die
vielen Verwaltungszentren wie in Baby- Felderträge sehr schwanken, ist als rein
lonien neigt in höherem Maße dazu, diese rechnerische Vergleichsgröße die Angabe
durch Naturalien zu entlohnen, als ein von Schwenzner (60 gur auf 1 bür) gewählt,
Staat mit weniger entwickelter Bürokratie. die den Angaben von A. Deimel, AnOr 2 84
In diesem Falle wurden die Angehörigen ziemlich nahekommt (B. Landsberger
der (Militär)oberschicht (Dienstadel) — geht von einem Ertrag von 30 gur aus:
häufig zusammen mit dem Herrscher MSL 1 155, 177 t.). Die Anzahl der damit
fremdvölkische Eroberer — über das zu ernährenden Personen läßt sich auf der
Land verteilt als .Lehnsherren' angesie- Basis errechnen, daß 8 gur Gerste das
delt. Vor allem aber ist die Herausbildung Wertäquivalent der jährlichen Lebens-
einer Klasse von G.ern in diesen Gebieten haltungskosten pro Person darstellen (NG
mit der wachsenden Rolle der Streitwagen- 1, 115 m. Anm. 4). (Beachte, daß etwaige
kämpfer etwa seit der Mitte des 2. Jts. ver- Abgaben, die auf den Feldern lasteten,
bunden. Einzelheiten in Bezug auf Umfang nicht berücksichtigt werden konnten.)
und Bedeutung von G.erschichten in Nord- 3. In den Gebieten mit überwiegendem
syrien und im neuassyrischen Reich ent- Regenfeldbau sind die Erträge pro Feld-
gehen uns noch. Vor allem war nicht jeder einheit wesentlich geringer als unter den
Angehörige der Beamtenschaft und des Bedingungen der alleinigen künstlichen
Militärs mit soviel Land ausgestattet, daß Bewässerung. Zuverlässige Angaben über
er als G.er gelten konnte. Ausgeprägte die Erträge stehen nicht zur Verfügung.
Adelsschichten gab es im Hethiterreich Die Durchschnittsgröße der von einer
(vor allem im AR). Dieser Dienstadel Familie bewirtschafteten Parzellen betrug
bildete zusammen mit dem .höchsten in ADB etwa 20—24 imer. Allerdings waren
Adel' die G.erschicht (s. E. v. Schuler, davon noch beträchtliche Abgaben zu
RLA 3 237 ff.). Eine die Agrarstruktur leisten. In den Tehiptillatexten beträgt
wesentlich beeinflussende G.erschicht die durchschnittliche Größe der verkauften
stellte der kana'anäische Dienstadel in den Felder 2 imer, wobei jedoch nicht ge-
beiden Reichen Israel und Juda dar sagt ist, daß es sich dabei um den gesamten
(H. Donner, 1. c. 233 ff.). Feldbesitz des Verkäufers handelte.
Thronfolge bestand in Elam seit alters eine 1795 Studium der Theologie und der Philolo-
Vererbung der Legitimität in der .Spindel- gie in Göttingen (Förderung durch Heeren,
linie'. In der steten Auseinandersetzung Heyne und Th. Chr. Tychsen). 1797—1802
mit dem übermächtigen Nachbarn Baby- Collaborator am Göttinger Gymnasium;
lonien errang ein Jahrhundert nach Sil- Wohnung nach Auskunft des Göttinger
haha der Großregent Kuter-Nahhuntel. Stadtarchivs Gotmarstraße 8. 1803—1821
mit seinem Sohn und Susa-Regenten Gymnasiallehrer zu Frankfurt a. M.,
Tempt-agun einen noch lange nachwir- 1821—1849 Direktor des Lyzeums zu
kenden kriegerischen Erfolg (etwa um Hannover. Am 4. September 1802 legte er
1711). Die sonstigen Großregenten traten der Göttinger Akademie der Wissenschaf-
geschichtlich nicht besonders hervor, zu- ten seinen Entzifferungsversuch der alt-
mindest nach den bisher verfügbaren Quel- persischen Keilschrift vor, dem am 2.
len. Eine Liste aller Großregenten mit un- Oktober und 13. November sowie am
gefähren Regierungsdaten findet sich unten. 20. Mai 1803 noch drei weitere Mitteilun-
Durch das Aufkommen der Kassiten fand gen folgten. Für Methode und Bedeutung
nicht nur die Erste Dynastie in Babylonien, dieser und späterer Beiträge zur Ent-
sondern auch das Reich der Großregenten zifferung der altpersischen Keilschrift, vgl.
ein Ende. Dieses Endeist freilich, was Elam Ch. Fossey, Manuel d'Assyriologie I (1904),
betrifft, in tiefes Dunkel gehüllt. Nach 102—117 und 134!, sowie S. A. Pallis,
1500 versiegen vorläufig alle Quellen bis The Antiquity of Iraq (1956), 99—103;
zur Eroberung von Susa durch den Kas- zur Entzifferung der elamischen Keil-
siten Kurigalzu II. (1345—1324). schrift siehe Ch. Fossev. a. a. O., S. 148f.
Liste der Großregenten: 1. Epart (um und S. A. Pallis, a. a. O., S. 126; zur Ent-
1850); 2. Silhaha (1830—1800); 3. Sirk- zifferung der babylonisch-assyrischen Keil-
tuh I. (1800—1772) und 4. Simut-wartaS schrift siehe Ch. Fossey, a. a. O., S. 167 bis
(1772—1770); 5. Siwe-palar-huhpak (1770 169 und 2o8f., sowie S. A. Pallis, a. a. 0.,
bis 1745) und6. Kuduzulus I. (1745—1730); S. 133—136 und 139 t. G. war unbestreitbar
7. Kuter-Nahhuntel. (1730—1700) und der erste wirkliche Erfolg in der Entziffe-
8. Lila-irtas(i700—1698); 9. Tempt-agun I. rung beschieden; zum Orientalisten hat er
(1698—1690) und io.Tan-Uli (1690—1655) ; sich jedoch nicht ausgebildet, was den
11. Tempt-halki (1655—1650), 12. Kuk- Wert seiner späteren Beiträge, vor allem
Nasur II. (1650—1635) und 13. Kuter-Sil- zum Babylonisch-Assyrischen, stark herab-
haha I. (1635—1625) > I4- Tempt-raptas setzt. Eine Bibliographie stellte zusammen
(1625—1605); 15. Kuduzulus III. (1605 J. Flemming, BA 1 (1890) 80—93, mit
bis 1600), 16. Tata (1600—1580) und 17. Bild. Für seine Publikationen mit Kopien
Atta-merra-halki (1580—1570); 18. Pala- babylonisch-assyrischer Texte, vgl. R. Bor-
-issan (1570—1545); 19 • Kuk-Kirweä (1545 ger, HKL I (1967) 165f.; die meisten
bis 1520); 20. Kuk-Nahhunte (1520—1505) Kopien stammen von BeÜino. Sein Lebens-
und Kuter-Nahhunte II. (1505—?). Die lauf ist von einem Verwandten beschrieben
angegebenen Regierungsdaten sind, es sei in der „Allgemeinen Deutschen Biblio-
wiederholt, nur Annäherungswerte, die sich graphie" Band IX (1879) 763—765.
nach der „mittleren Chronologie" (CAH) R. Borger
richten.
W. H i n z , Elamica (OrNS 32 [1963]) 1—12; Grün s. Farbe
ders., Persia c. 1800—1550 B.C. (CAH 2 Kap. 7)
3—19; ders., Das Reich Elam 73—83.
Gründungsbeigaben
W. Hinz
§ 1. Typologie (Mesilim — Mittelassyrische
Zeit) § 2. Forschung § 3. Entwicklung
Grotefend, Georg Friedrich. Entziffe- (Mesilim — Spätbabylonische Zeit).
rer der Keilschrift (en). Geboren am 9. Juni In dem Sammelbegriff „Gründungsbei-
1775 zu Hannoversch-Münden, gestorben gaben" werden die unter den Fundamen-
am 15. Dezember 1853 zu Hannover. Ab ten von Bauwerken, insbesondere Tem-
656 GRÜNDUNGSBEIGABEN
Gewebeabdrücke an den Figuren seit f. Kassitische Zeit: Das wenige aus die-
Gudea bekunden, daß diese in Stoff ge- ser Zeit Ausgegrabene ergibt nur ein un-
hüllt waren. Die in vielen Orten gefunde- zureichendes Bild über die Gründungs-
nen Kapseln dieser Zeit sind einfach in riten jener Zeit. Die Belege für die Fort-
der Herstellungsweise: Sie sind aus ge- setzung der Tradition bilden die aus ge-
brannten Ziegeln gemauert, durch Asphalt brannten Ziegeln hergestellten leeren Kap-
gegen Wasser abgedichtet und mit Sand seln unter den Fundamenten des Nanna-
gefüllt. Über ihre Öffnung ist eine Matte Tempels in Ur und zwei Gründungstafeln
gebreitet. (D£c. Chald., S. 71 ff.; V. E. Kurigalzu II.; davon eine aus Kupfer,
Crawford, BMMA, April [i960] 250; ders., die andere aus weißem Steatit, die beide
Archaeology 12 [1959] 77.) Unter Sulgi mit gleichem Text versehen, im Raum 3
befinden sich diese Gründungskapseln mit des Ningal-Tempels in Ur gefunden wur-
Inhalt nicht nur in den Fundamenten der den (C. J. Woolley, UE 3, 63).
Heiligtümer, sondern auch im Palast (C. L.
Woolley, AJ 3 [1925] 318; ders., Ur of g. Altassyrische Zeit: In dem von Iri-
the Chaldees, S. 141 ff.; Shah al-Siwani, sum I. erbauten Assurtempel kamen zwei
Sumer 18 [1962] 189 [arabisch]). Gründungskapseln zum Vorschein, wovon
nur eine vollständig erhalten ist. Ihre Fül-
e. Altbabylonische Zeit: Die aus der Isin- lung bestand aus lockerer, feiner, gesieb-
Larsa-Zeit, dem ersten Abschnitt der Alt- ter Erde und einigen Holzstückchen, wo-
babylonischen Epoche, bekannten Grün- bei es sich um Reste einer Holzfigur han-
dungsbeigaben bezeugen eine Fortsetzung deln könnte (Tabelle Sp. 17). Von Sam-
der Gründungsriten der Neusumerischen siadad I. lieferten die Grabungen an der
Zeit. Es fällt jedoch beim Vergleich auf, Enlil-Ziqqurat vollkommen erhaltene Pol-
daß die Isin-Larsa-Zeit nur Korbträger- ster aus Perlen und Muscheln von fast
figuren und diese in zwei Formvarianten 1,5 m Durchmesser, die an den vier Ecken
(nagelförmiges und zylindrisches Unter- der Ziqqurrat auf dem abgeglichenen
teil) kennt (Tabelle Sp. 15—17). Neue Felsgrund, abgedeckt mit Gras- und
Funde können das Bild noch zu jeder Zeit Schilfblättern, lagen. Schrifturkunden feh-
verändern. Neu ist das Aufkommen kup- len (A. Haller/W. Andrae, WVDOG 67, 3).
ferner Gründungszylinder bei Nüradad,
die in gleicher Weise wie die Gründungs- h. Mittelassyrische Zeit: Ganz neu in
tafeln und -figuren in Kapseln niederge- Form und Material sind die in dieser Zeit
legt worden sind (C. L. Woolley, UE 5, 47 aufkommenden Terrakottafiguren, be-
Tf. 18). Die Gründungsfiguren der Isin- kannt als Papsukkal, deren Form nichts
Larsa-Zeit sind die letzten ihrer Art in von ihrem Zweck verrät, und die durch
Mesopotamien. Der auf Figuren und Tafeln kein einziges Merkmal an die Gründungs-
befindliche Text ist lang, denn er ist er- figuren der voraufgegangenen Zeit erin-
weitert durch Epitheta des Gottes, Titel nern (Tabelle Sp. 18). Diese Figuren stel-
des Königs und Wünsche des Bauherrn len einen Gott dar, der eine Hörnermütze,
(F. Thureau-Dangin, SAK, S. 215 [Stein- einen langen Vollbart und einen langen
tafel]; G. R. Meyer in Forschung und Be- Rock trägt, unter dem gerade noch die
richte 1, 37 ff.). Hochgestellte Frauen Füße hervorschauen. Die Hand des linken
treten als Stifterinnen auf. Obwohl aus Armes, der vor der Brust liegt, ist geballt
der Hammurabi-Dynastie bis heute keine und hält im allgemeinen einen leichten
einzige Gründungsfigur bekannt ist, gibt aus Goldblech gerollten Stab, der rechte
es genügend Anhaltspunkte, die darauf Arm hängt herab. Nur der Umstand, daß
hinweisen, daß die Sitte der Gründungs- diese Figürchen in gleicher Weise wie die
niederlegung auch in dieser Zeit lebendig Gründungsfiguren anderer Gestalt in Kap-
war. Dies ist aus den Inschriften des seln im Tempel gefunden wurden, weist
Königs Nabüna'id klar zu erkennen (siehe sie als dem gleichen Zweck dienend aus.
St. Langdon, VAB 4, 239, 241—245).
(O. Reuther, WVDOG 47, 126 Tf. 41; R.
43*
665
GRÜNDUNGSBEIGABEN
Koldewey, WVDOG 15 Abb. 34; 35). Eine figuren in vielfältigen Formen, die in
neue Art der Gründungsniederlage sind größerer Zahl in Häusern und Palästen
große beschriftete Stein- und Metallblöcke, auftauchen (M. E.L. Mallowan, Iraq 16
die zusammen mit Gründungstafeln aus [1954] 77 f f -; 18 [1956] 4; 26; 33; D. Oates,
Silber, Gold oder Alabaster sowie Perlen- Iraq 20 [1958] 109; 21 [1959] 112ff.; 23
polstern in das aufgehende Gründungs- [1961] 8ff.; 24 [1962] 5; E. D. van Buren
mauerwerk eingepaßt wurden. o. c. S. 55 Abb. 35; P. E. Botta / E. Flandin,
Monument de Ninive 5, 168 f. Tf. 152 bis
i. Neuassyrische Zeit". Die Gründungs- 154; 165; C. L. Woolley, AJ 6 [1926]
niederlegung der neuassyrischen Zeit zeich- 378ff.; JRAS [1926] 692ff.).
net sich besonders durch die Verwendung 5. Gründungstafeln. Wie in der vorauf-
vieler neuer Objekte aus. gegangenen Zeit sind die Gründungstafeln
1. Steinkästen. Nach Assurnäsirapli II., aus Edelmetall oder Stein, doch werden
der als erster König in Balawat einen im Unterschied zu allen voraufgegangenen
Steinkasten, in dem Gründungstafeln auf- Perioden mehrere zusammen in einer
bewahrt worden sind, hinterlassen hat, Niederlage untergebracht (E. D. van Buren
verwenden auch andere Könige, wie Sul- o. c. S. 50f.).
manuasared III. in Assur und Sarrukin II. Verbreitung: Die im urartäischen Be-
in Horsäbäd derartige Behälter für Grün- reich gefundenen Gründungsniederlegun-
dungstafeln (E. A. Budge, Assyrian Sculp- gen in Form einer Bronzeplatte mit
tures Tf. VII, 2, 8, 9; RLV 4 Tf. 8; W. daraufliegenden Gold- und Silberplättchen
Andrae, WVDOG 23, 174L Abb. 296; unter den vier Ecken des Haldi-Tempels
ders., WA 145 Tf. 28 b; V. Place, Ninive in Toprakkale (A. Erzen, Jdl 77 [1962]
et l'Assyrie 1, 62f.; 2, 303ff.; 3, 77). Da- 376.) lassen die Ausstrahlung und Ver-
neben bleibt die Kapsel aus gebrannten breitung des mesopotamischen Brauch-
Ziegeln weiterhin in Gebrauch. tums erkennen. Auch die üblicherweise in
2. Waffensymbole. An den für Grün- den Palästen Babyloniens und Assyriens
dungsbeigaben typischen Stellen kommen niedergelegten Tonfiguren fand man in
bei Sulmanuaäared III. im Anu-Adad- etwa gleichzeitigen Bauwerken in Urartu,
Tempel in Assur erstmalig stark verklei- wie Karmirblur in Armenien (R. D. Bar-
nerte Waffennachbildungen vor. Im Si- nett, Iraq 21 [1959] iff.).
bitti-Tempel in Horsäbäd waren diese
Waffensymbole in Kapseln an den Türen k. Spätbabylonische Zeit. (Tabelle Sp.
der Cella zum Hof und zum Nebenraum 19; 20). Die Gründungsfiguren der Spät-
der Cella beigesetzt worden. (F. Safar, babylonischen Zeit sind aus gebranntem
Sumer 13 [1957] 219.). Gleichfalls in Kap- Ton oder aus Holz gefertigt. Die Attribute
seln beigesetzte Waffensymbole wurden in ihren Händen in Form von Schwert,
im „AB-Palast" in Nimrud entdeckt (D. Keule und Stab waren aus Kupfer, Gold
Oates, Iraq 19 [1957] 28; ders., Iraq 20 oder Onyx. Drei verschiedene Formen
[1958] 109). wurden gefunden: 1. Auf einem Sockel
stehender bärtiger Gott in langem Ge-
3. Gründungsstelen. Zwar nicht in situ wand, das nur die Zehen Vorschauen läßt;
gefunden wurden zwei Stelen der Brüder die Figur hält einen Stab, der entweder
Assurbänapli und Samassumukin, die aus Gold besteht oder aus vergänglichem
jeweils das Bildnis des Königs in Gestalt Material (R. Koldewey, Die Tempel von
des Korbträgers zeigen und deren In- Babylon und Borsippa. WVDOG 15, Abb.
schrift, Darstellung und Größe auf die 34—36). 2. Vogelfiguren (Taube) aus Ton
Verwendung als Gründungsfiguren hin- (R. Koldewey, o.e. Abb. 45; 20; 21). 3.
weist. (E. Unger in RLV 4, 2 S. 566 Tf. Hundefiguren aus Bronze, in einem Falle
267 c—e; M. Streck, VAB 7, 2 S. 243f.). mit Gold überzogen, die aber nicht in
4. Tonfiguren. Verbreitet in Nimrud, Kapseln gefunden wurden, sondern ohne
Ninive, Horsäbäd und Ur sind kleine Ton- Behältnis unter dem Fußboden lagen
TABELLE 1
Jki{UBR£S*l4lINABOPOLASSAR MEBUKAONEZAR
1130-1113 625-605 604-562
ASSUR
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BABYLOI
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TABELLE 1
ASSUR
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BABYLON I I
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7 8 9 ro IX 12 13 14 I5 16 17 18
GRUFT — GRUNDEIGENTUM 661
(C. L. Woolley, AJ 5 [1925] Tf. XI 2, („das Haus des X"), sei es durch possessi-
XXXV 1). Die Kapseln liegen jetzt nicht vische Pronominalsuffixe oder verbal durch
wie früher unter den Ecken und Tünnen die Wendung „Objekt (pän) PN dagälu/
der Tempel, sondern sie flankieren beide Sudgulu" (AHw. 150a Z. 1 und Mitte).
Seiten der Außeneingänge, Hegen unter Für bewegliche Sachen gibt es zudem be-
den Eingängen zur Vor- und Hauptcella sondere Ausdrücke (btsum, buSü, bäsitum
und vor allem unter dem Cellapostament. [vgl. AHw. s. w.], makkürumjnamkürum,
Lit.: E. Douglas van Buren, Foundation numätu „Habe"). Im Neubabylonischen
Figurines and Offerings. R. E. Ellis, Founda- kann makküru „(körperschaftliches, fiska-
tion Deposits in Ancient Mesopotamia = lisches, kirchliches) Eigentum" heißen
Y N E R 2. Subhi Anwar Rashid, Gründungs- (NBPf. 135, Anm. 406). Der Rechtsträger
figuren und Gründungsbeigaben altmesopo-
tamischer Heiligtümer (Heidelberg 1965).
wird sum. en oder lugal, akk. belu, heth.
Subhi Anwar Rashid
iShas genannt (vgl. V. Koroäec, Symbolae
Koschaker 41). Das kann nach unseren
modernen Begriffen „Eigentümer" oder
Erläuterungen zur Tabelle. „Besitzer" heißen (G. Cardascia, o. c. 23).
Die mit dem Zeichen x versehenen Gemeint ist demnach, daß dem „Herrn"
Figuren stammen aus dem Kunsthandel, eine Dispositionsbefugnis zusteht, die mit
ihr Fundort ist jedoch nach Inschrift oder dem streng individualistischen Begriff des
anderen Angaben zu bestimmen. Das romanistischen Eigentums, auf dem die
neben den Figuren befindliche Frage- meisten modernen Rechte basieren, nichts
zeichen deutet eine Unsicherheit in der zu tun hat. Wenn wir trotzdem im fol-
Datierung an. Der eingezeichnete Pfeil genden den Begriff „Eigentum" vereinzelt
gibt an, daß die Figur, je nach seiner verwenden, so sind wir uns des Abstandes,
Richtung, etwas jünger oder älter sein der ihn von der Herrschaftsbefugnis (so in
kann. Anlehnung an P. Koschaker, ZA 41 [1933]
24) im altorientalischen Sinne trennt,
bewußt.
Gruft s. Grab
Ihrem Inhalt nach umfaßt die Herr-
schaftsbefugnis die beliebige Dispositions-
Grundbesitz s. Grundeigentum möglichkeit über eine Sache, sofern nicht
Einschränkungen bestehen. Was speziell
Grunddienstbarkeiten s. Grundeigen- das Grundeigentum angeht, so haben wir
tum Kollektiv- und Singulareigentum zu unter-
scheiden, je nachdem, ob eine Personen-
Grundeigentum. Besondere Abkürzun- mehrheit oder ein einzelner die Sachherr-
gen : GRÖR = P. Koschaker, Über einige schaft ausüben darf. Kollektiveigentum
griechische Rechtsurkunden aus den öst- dürfte dem ursprünglichen Zustand der
lichen Randgebieten des Hellenismus Güterverteilung entsprochen haben (W.
(1931). EDB = E. Cuq, Stüdes sur le droit Schmidt, Die Urkulturen; Ältere Jagd-
babylonien, les lois assyriens et les lois und Sammelstufe. Historia mundi 1, 461;
hittites (1928). CH = Kodex Hammurabi. F. Negro, Das Eigentum 6). Mit dem
CL = Kodex Lipitestar. CE = Kodex Ubergang zum Ackerbau muß der Stamm
von Esnunna. HRS = Hethitische Rechts- den einzelnen Familien Boden überlassen.
sammlung. D. = Digesta Iustiniani. Der Die Entwicklung verläuft dabei nicht
abstrakte Begriff „Eigentum" ist in den geradlinig, es gibt Rückschläge, und es
keilschriftlichen Rechtsquellen weder für erscheinen Mischformen, (a) Bereits die
Mobilien noch für Immobilien zu finden sumerischen Gemeinschaften kennen,
(NBPf. 135, Anm. 406; G. Cardascia, RIDA wenn auch wohl selten, Privateigentum
6 [1959] 22). Die Beziehung zwischen der an Grund und Boden in den Händen von
Sache und dem Inhaber des Rechts an ihr Familien (deren Oberhaupt der eigentlich
wird umschrieben, sei es durch den Genetiv Berechtigte ist) oder von einzelnen Per-
t-
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662 GRUNDEIGENTUM
sonen, wenn auch sein Umfang bescheiden die Begründung von Einzeleigentum ver-
gewesen sein mag (V. Koroäec, Keil- boten gewesen. Die an einzelne Personen
schriftrecht 61). A. Deimel (Sumerische zur Nutzung vergebenen Grundstücke
Tempelwirtschaft 79) meint, „ungefähr sind nämlich nur im Wege der Verkaufs-
der ganze Grundbesitz (sei) damals in den adoption übertragen worden, nicht durch
Händen der Tempel (gewesen)". Ihm Verkauf, obwohl dieser (z. B. bei Sklaven)
folgen offenbar A. Schneider (Die sume- bekannt gewesen ist. Die Verkaufsadop-
rische Tempelstadt) und A. Falkenstein tion ist also wohl eine Umgehung des
(La Cit6-temple sum&ienne, CHM 1 Verbotes, Grundstücke zu verkaufen, ge-
[1954] 784ff.), die von „Tempelstädten" wesen. Die Frage ist kontrovers (vgl.
sprechen. I. M. D'jakonov (Obäcestvennyj NKRA 52ff.; P. Koschaker, ZA 48 [1944]
i gosudarstvennyj stroj drevnego dvurec'ja 199ff.; E. Cassin, L'adoption ä Nuzi;
— Sumer, 9 ff. 291 ff.) schätzt den Anteil H. Lewy, OrNS 11 [1942] isff.; N. B.
des der Gemeinde oder einzelnen gehören- Jankowskaja, Zur Geschichte der hurriti-
den Landes auf ca. 40%, der Rest habe schen Gesellschaft). Wir möchten uns der
dem Tempel gehört. Offen bleibt die Frage Auffassung von P. Koschaker anschließen,
des Umfanges der „proportionate distribu- der ZA 48 (1944) 210 schreibt, „der ge-
tion" bei A. L. Oppenheim (Ancient Me- samte Grund und Boden in Arrapha (sei)
sopotamia 84), der mit Recht bemerkt, dem Lehensnexus zugunsten des Königs
daß die Beantwortung der Frage den (unterlegen)", (e) Wir finden — haupt-
Streit um die Existenz eines „Staats- sächlich bei den Hethitern, in Assyrien,
kapitalismus" beenden könnte (s. auch im Zagros und in Syrien — auch Dorf-
Gesellschaft*). Eigentümlicherweise fehlen gemeinschaften, die dem König, seinen
in den Gerichtsurkunden der neusumeri- Familienangehörigen oder seinen höchsten
schen Zeit Belege für den Kauf von Beamten gehören (A. L. Oppenheim, o. c.
Feldern, wir finden solche aber für den 86; Beispiele KUB 13, 8; PRU 3, 16.204).
Kauf von Hausgrundstücken und Gärten Bei den Assyrern gab es offenbar auch
(NG 1, 122). (b) Der ältere Stein von Großgrundbesitz*. Untersuchungen über
Sippar (I.J.Gelb, Scritti Furlani 83ff.) die Verhältnisse im 1. Jahrh. stehen aber
kennt den Verkauf von Feldern, die wohl noch aus. (f) Der Umfang des Privat-
durchweg nicht im sumerischen Gebiet eigentums nimmt im großen und ganzen
lagen, durchaus. Gleiches gilt für die in zu, wenn wir auch noch in neubabyloni-
dem von I. J. Gelb hrsg. Corpus of Ancient scher Zeit zahlreiche Beweise für „la
Kudurru vertretenen einschlägigen Ur- permanence de collectivit^s organisöes
kunden. (c) Der Stein des Manistusu comme k l'£poque kassite" (G. Cardascia,
(dazu zuletzt I. M. D'jakonov, o. c. 96 ff.) Les droits cun&formes 63) finden.
berichtet von Felderkäufen, ebenso tun es Tempeleigentum ist im Alten Orient
die Dijala-Urkunden, die I. J. Gelb (MAD nicht verkauft worden, es wird als „Feld
1) veröffentlicht hat. Hier spielt allerdings der Versorgung" (eqel kurummatim oder
auch noch das Familieneigentum hinein, Suküsum) an Tempelbedienstete vergeben
(d) Kollektiveigentum finden wir wieder oder verpachtet (vgl. P. Garelli, Asie
in der kassitischen Zeit und vielleicht bei occidentale ancienne. Histoire gönörale du
den Hurritern. Während die Kassiten- travail 1, 56; L. Matous, Novy Orient
könige Teile des Landes an Tempel und [1954] 70). Neben dem Tempeleigentum
Einzelpersonen als Belohnung für be- steht das Kronland, das nach I. M.
stimmte Dienste übertrugen (wobei die D'jakonov (Muskenum i povinnostnoje
Vergabe auf den sog. Kudurru* verewigt zemlevladenie na carskoj zemle pri Cham-
wurde [dazu F. X. Steinmetzer, Über den murabi. Symbolae Taubenschlag 1, 42 ff.)
Grundbesitz in Babylonien zur kassiti- wie folgt einzuteilen sei: eqlum sa rei
schen Zeit; ders., Die babylonischen ekallim ukallü (eigenes Land des Palastes),
Kudurru (Grenzsteine) als Urkundenform; eqel kurummatim (Land der königlichen
E. Cuq, EDB 81 ff.]), ist bei den Hurritern Beamten, Handwerker und Soldaten) und
GRUNDEIGENTUM 663
eqel isihtim oder eqel biltim (verpachtetes Bindung des Eigentums zeigt sich auch
Land). im Familienrecht (§§ 173f., 150, 171 CH)
Bei der Übertragung des Grundeigen- (Familie*).
tums werden teilweise symbolische Formen Eine nur beschränkte Sachherrschaft
verwendet, so die Übergabe des bukannu, über Grund und Boden steht gewissen
einer Art festuca, der Abdruck des Ge- Bevölkerungsschichten zu, wie z. B. dem
wandsaums (s. Gewandsaum im Recht*) redüm und dem bä'erum (§§ 3off. CH), den
oder der Fingernägel auf der Urkunde und „Lehens"leuten und Handwerkern im
auch das Werfen einer Erdscholle (kir- hethitischen Bereich (§§39ff. 46ff. HRS;
bänu; VAB 5, 276, 3ff.; 113, 10.22). Bedenken bzgl. der Verwendung des Wor-
Einzelheiten bei E. Cassin, Symboles de tes „Lehen" äußert R. Haase, Einführung
cession immobilere dans l'ancien droit in das Studium keilschriftlicher Rechts-
m^sopotamien. L'ann6e sociologique (1952) quellen 85 f.) oder den Handwerkern in
107 ff. Zum Ritual der altsumerischen Ugarit (M. Gel'cer, Organizacija remeslen-
Grundstücksübertragung gehört das Ein- nogo proizvodstva v Ugarite. Palestinskij
schlagen eines Nagels (dazu ausführlich sbornik 13 [1965] 47 ff.). Diese Personen
W. W. Struwe, Ritual peredaci zemel'nogo scheinen — ohne Sklaven zu sein — als
vladenija v Sumere. Bliznyj i srednyj Dienstpflichtige mit Grund und Boden
vostok (1962) 8ff. [9,10f.]). In Elam wird besonders eng verbunden, weshalb G.
ein „Pflock" (sikkatu) in das verkaufte Cardascia mit Recht sagt: "On a contestd
Grundstück eingeschlagen. Für die Ein- qu'il y ait lä (d. h. unter Hammurabi) un
haltung gewisser Zeremonien spricht auch v&itable systeme föodal; certains traits
§ 169 (II 54*) HRS. de ce regime övoquent plutöt un colonat"
Das einzelnen Personen zustehende (G. Cardascia, Les droits cundiformes 63f.).
Grundeigentum ist nicht immer frei von Damit wendet er sich gegen die Auffas-
Lasten. Der Eigentümer kann verpflichtet sung, die in den mit Dienstpflichten (akk.
sein, gewisse Leistungen zu erbringen ilku [CAD I/J 80 b; AHw. 371 f.], heth.
(z. B. § 18 CL; HG III 765. IV 864; AR Sahhari) belasteten Bevölkerungskreisen
120; PRU 3, 16.140, 12; §§ 39 bis 41 und Lehensleute sieht (so etwa G. Furlani,
46 bis 56 HRS), von denen ihn der Herr- Diritto e scienze della Mesopotamia e
scher befreien kann (z. B. HG III 478; dell'Asia minore [La civiltä dell'Oriente 3,
AR 15.20.21). Beschränkungen der Herr- 137Ö.] 148L).
schaftsbefugnis können aber auch zwischen Abgesehen von den Lasten, die auf
Privatleuten vereinbart werden. Dabei einem Grundstück hegen, bringt der
handelt es sich (a) um Lasten, die an unsere Grundbesitz noch andere Pflichten mit
beschränkten dinglichen Rechte erinnern, sich. Nach § 11 CL haftet der „Herr" von
wie etwa an die Servituten (z. B. HG III unbebautem Land für dessen Vernach-
80. 288. 389. 405; IV 805; VI 1445. 1738). lässigung, wenn dadurch ein Einbruchs-
Zur rechtlichen Beurteilung dieser Lasten diebstahl mögüch geworden und er zuvor
vgl. die Anm. von P. Koschaker bei HG verwarnt worden ist (so auch § „76" CH).
VI 1447 und 1738; J. G. Lautner, SD 2 Nach § 58 CE hat man für die Sicherheit
80. 83. 88 mit Anm. 30; M. San Nicolö, der Hausmauern, nach §§ 63 bis 56 CH
Studi Arangio-Ruiz x (1951) 57 ff. (57 t. 63. für die der Bewässerungsanlagen einzu-
66. 68). Eine weitere Einschränkung des stehen. Mit der nur in geringem Umfang
Eigentums kann durch Abmachungen möglichen Aufrechterhaltung der öffent-
erreicht werden, die wir heute als Miete, lichen Sicherheit von Staats wegen dürfte
Pacht usw. bezeichnen würden. es zusammenhängen, daß der am Boden
Reste des Kollektiveigentums werden Berechtigte für die Sicherheit des Grund-
wir in den Retraktrechten der Angehörigen stücks einzustehen hat; vgl. z. B. §§ 23, 24
sehen dürfen (§ 38 CE; HG III 440), die CH (Kollektivhaftung), 6 und IV HRS
man durch Klauseln auszuschließen suchte (Singiilarhaftung, hilfsweise Kollektiv-
(vgl. noch ARM 8, 3 und S. 187). Die haftung). Vielleicht hat auch der Gedanke
664 GRUNDPFANDRECHTE — GRUNDRISS-ZEICHNUNGEN
Grundpfandrechte s. Pfandrecht ,J I I L
pj KiTUS 8 KÖS BREITE
Grundriß-Zeichnungen — 26 antike G., 1NIG-DU LÄNGE
bzw. Fragmente davon, sind bekannt.
Außer einer, derjenigen auf dem Schoß der
Gudea-Statue B (Nr. 8, vgl. Gudea*), sind
alle auf Tontafeln gezeichnet. Die Pläne
stammen aus Babylonien und Elam und
sind zum Teil von der Akkad- bis zur 1Gi BRETTE 1NIG-DU LÄNGE
altbabylonischen Zeit, zum Teil von der
neu- bis zur nachbabylonischen Zeit ent- 1 NIG-DU BREITE
standen (siehe Liste). LÄNGE
PA-PAH KISAL
Abb. 2
die Deutung nicht ganz klar ist (Nr. 2 und Bei den Zeichnungen auf den Tontafeln
13), ist entweder das vielräumige, hoflose handelt es sich wohl meist nicht um Ent-
Schema, das auf die „agglutinierende würfe, sondern um Aufmaße, was aus dem
Bauweise" (E. Heinrich, ArchAnz. [1958] kleinen Maßstab der Zeichnungen und
häufig vorkommenden Diskrepanzen zwi-
schen Zeichnung und eingeschriebenen
Maßen (vgl. hier Abb. 1 und 2) zu schließen
ist.
Literatur: T. Donald, JSS 7 (1962) i84ff.;
E. Heinrich/U. Seidl, MDOG 98 {1967) 24ff.
E. Heinrich/U. Seidl
Grundstückskaufs. Kauf
Grundstückszubehör s. Zubehör
Gruß. Die allgemeine Begrüßungsform
der Bevölkerung des Zweistromlandes war
Abb. 4 wahrscheinlich, wie noch heutzutage im
Morgenland üblich, die Erhebung der
rechten Hand bis an die Stirn. Zum Zei-
89 ff.) zurückgeht — in zwei Fällen mit chen der Untertänigkeit fiel man oft be-
dem typischen unregelmäßigen Umriß — sonders vor dem König nieder und küßte
angewandt, oder aber in der Mitte des seine Füße: z. B. Sarräni lüpähäti lüqepäni
Grundrisses ist ein rechteckiger Raum vor- Sa qereb mät Musur aSkunu ana irtija
handen, der eher überdeckt als hofartig illikünimma unaSSiqü Seplja „Die Könige,
anzunehmen ist. Statthalter und Residenten, die ich in
Ägypten eingesetzt hatte, kamen mir
entgegen und küßten meine Füße" Asb. A
in 1 0 « KUS 13 VS KÜ5 w Kol. II 32—33; ana Sepi Sarri belija y-Su
* u y-Su amqut „Zu Füßen des Königs,
v<« o meines Herrn, fiel ich siebenmal und
t/x
(wieder) siebenmal nieder" EA 60, 4—6.
vl KW Die häufigste mündliche Grußformel
•tf war lü Sulmu (in der spätesten Zeit auch
w lü Sulum): z. B. ana käSa lü Sulmu bzw.
* C'
UM 5 KUS lü Sulmu ana käSa, lü Sulmu ana belija
e<
:[ TTMJF Usm
(abija, ahija usw.) „Heil sei dirl ,Heil sei
ui WI meinem Herrn (Vater, Bruder)!" Diese
*r Grußworte sind jedoch erst in mittelbaby-
c» VW lonischen Briefen belegt. In jüngeren alt-
SKUS(~i l/w
babylonischen Briefen dagegen trat dafür
oft lü Sälmäta „Mögest du wohl sein!" auf,
Abb. 5 eine Phrase, die später offenbar gänzlich
außer Gebrauch kam, während lü Sulmu
Der Zweck der Zeichnung ist nicht im- verallgemeinert wurde. Neben dem letzt-
mer der gleiche gewesen. Die Zeichnung genannten Ausdruck schrieb der Absender
der Steintafel auf dem Schoß der Gudea- des Briefes oft, wie es ihm, seinem Haus
Statue soll wohl an den Tempel Eninnu bzw. dem Haus seines Herrn gehe, in
erinnern (s. Girsu*), den der Ensi auf Ge- jüngerer Zeit mit den Worten Sulmu (in
heiß und mit Hilfe der Götter errichtet hat. spätesten Texten Sulum) jäSi (ana bit
GRUSS 669
bell ja usw.) „Mir (dem Haus meines 158, 4 Samsuditana) wird sie gelegentlich
Herrn) geht es gut". Man beachte, daß in verwendet. Man beachte hierbei, daß die
altbabylonischen Briefen das Befinden frühaltbabylonischen Briefe und die aus
immer folgendermaßen ausgedrückt wurde; Mari kommenden gewöhnlich ohne Gruß-
Salmäku, bltum Zolim usw. „Ich bin wohl, formeln sind. Dem Absender wurde es
das Haus ist wohl"; also im Altbabyloni- auch zur artigen Gewohnheit zu schreiben,
schen: lü Salmäta — Salmäku „Mögest du daß er sich in seinem Briefe namentlich
wohl sein! Ich bin wohl"; im Mittel- nach dem Wohlbefinden des Adressaten
babylonischen, Neubabylonischen, Neu- erkundigte und ebenfalls mitteilen wollte,
assyrischen und Spätbabylonischen: ana wie es ihm selbst geht: SamaS u Marduk
käSa lü Sulmu (Sulum) bzw. lü Sulmu däriS ümi liballitüka lü Salmäta ana
(Sulum) ana käSa ~ ana jäSi Sulmu (Sulum)Sulmika aSpur Sulumka Supur „^amaS und
bzw. Sulmu (Sulum) (ana) jäSi „Heil sei Marduk mögen dich dauernd am Leben
dir! Mir geht es gut". Natürlich ist es erhalten! Mögest du wohl sein. Deines
schwer festzustellen, ob lü Salmäta als ein Wohlbefindens wegen habe ich geschrieben.
in der mündlichen Sprache vorkommender Teile mir dein Wohlbefinden mit". VAB 6,
Ausdruck oder einzig als eine schriftliche 214, 4—7. Weiter wurde auch gewünscht,
Formel anzusehen ist. — Namentlich in daß die Gesundheit und das Wohlbefinden
Briefen gibt es eine beträchtliche Menge des Adressaten vor den Göttern dauernd
verschiedener Grußformeln, die zu allen sei: SamaS u Marduk liballitüka lü Salmäta
Zeiten veränderlich und oft völlig vonein- Sulumka mahar SamaS u Marduk lü dari
ander abweichend in den verschiedenen „Samas und Marduk mögen dich am Leben
Sprachperioden vorkommen. erhalten. Mögest du wohl sein. Dein Wohl-
befinden möge vor Samas und Marduk
§ 1. Neben dem Ausdruck lü Salmäta in dauernd sein". VAB 6, 261, 4—6. Sehr
altbabylonischen Briefen kommt oft häufig wurde zum Gruß die Bitte hinzu-
lü baltäta „Mögest du leben (= gesund geschrieben, daß der Gott, der den Adres-
sein)" vor. Es war auch üblich, dem Gruß saten schützt, „sein Haupt zum Guten
die Bitte beizufügen, daß die Götter den halte", d. h. dem Adressaten Wohlergehen
Adressaten dauernd am Leben erhielten verschaffen möge. SamaS u Marduk libal-
und ihm Gesundheit gönnten: z. B. SamaS litüka lü Salmäta lü baltäta ilum näsirka
u Marduk liballitüka „Samas und Marduk reSka ana damiqtim likil ana Sulmika
mögen dich am Leben erhalten". VAB 6, aSpuram Sulumka mahar SamaS u Marduk
109, 4; Gula u Damu aSSumija liballitüka lü dari, „Samas und Marduk mögen dich
„Gula und Damu mögen dich um meinet- am Leben erhalten! Mögest du wohl sein!
willen am Leben erhalten". ABPh. 23, Mögest du leben! Der Gott, der dich
4—5; SamaS u Marduk däriS ümim abi schützt, möge dein Haupt zum Guten
liballitü „Samas und Marduk mögen halten! Deines Wohlbefindens wegen habe
meinen Vater dauernd am Leben erhal- ich geschrieben. Möge dein Wohlbefinden
ten". ABPh. 79, 4—5. GN liballitka, GN u vor Sama§ und Marduk dauernd sein!"
GN liballitüka ist die Hauptformel für den VAB 6, 254, 4—9. Es gibt in altbabylo-
Gruß in Briefen dieser Sprachperiode. Sie nischen Briefen verschiedene sehr häufig
kann sowohl allein als auch (besonders verwendete Grußformeln, im Gegensatz
später nach Hammurabi) in ausführlicherer zu den altakkadischen und altassyrischen
Form oder zusammen mit anderen Formeln Briefen, in denen sie wenigstens aufgrund
vorkommen. Auch schon vor Hammurabi des gefundenen Textmaterials gar nicht
(z.B. BagM S. 56, 6—7 Sinmuballit als oder nur selten gebraucht wurden. Sie
Kronprinz; VS 16, 73, 3 Rim-Sin I von waren, vor allem später (in dieser Sprach-
Larsa und Damiq-illsu von Isin) und periode) recht schön und reich in der
ebenso auch später (z. B. ABIM 3, 5 Form, in den ersten Zeiten jedoch kurz
Samsuiluna; ABPh. 75,4—5 Ammiditana; und spärlich. Vorgesetzte schreiben zu
ABPh. 90, 4—5 Ammisaduqa; VS 16, allen Zeiten meistens grußlos.
670 GRYNEION — AL-GSUBI
Salubjä* (Zenobia) 39°47' ö. L., 35°42' wähnt wird. Dieser Brief ist aber sicher
n. B.). schon nach dem Tode des Kambyses
M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 49. geschrieben (M. San Nicolö, o. c. 65),
B. Hrouda Ustannu kam im Frühjahr 520 ins Amt,
kl folglich kann G. noch bis 522/1 die Ge-
Gu, GU Camb. 144, 10, Ortschaft in schäfte geführt haben.
Babylonien, Lesung richtig ? w Röllig Der Statthalter hatte offenbar besondere
Vollmachten, die bishei nicht näher unter-
Gu'aba s. S. 721. sucht sind. Jedenfalls wird mehrfach von
Gu'ana. gu4-an-na s. Himmelsstier (as- der „Strafe des G." gesprochen (BIN 2,
tron.). 114, 15; 1, 169, 22; YOS 7, 168, 8 u. Dpi.
usw.); wir kennen seinen rab Uli namens
Gubaru, lGujGü-bajbar-ru[-u), elam. Silläja (BE 8/1, 80, 14), der in der Gegend
Kam-bar-ma, apers. Gaubaruva-, griech. von Nippur residierte. Dort gab es auch
TcößpOas. Name verschiedener auch in einen Kanal des G. (ebd. Z. 13; vgl.
Keilschrifttexten erwähnter achaimeni- Plinius, Nat. hist. 6,120). In Sippar war G.
discher Würdenträger. Die Trennung der an Handelsgeschäften beteiligt, ein Bel-
einzelnen Personen ist nicht immer mit etir war rab käri sa G. (Camb. 96, 8). In
letzter Sicherheit durchzuführen. Texten aus der Zeit des Kambyses wird
auch ein Sohn des G. namens Nabügu
x. Die Nabonid-Cyrus-Chronik nennt in erwähnt (YOS 7, 137, 22; 177, 7; 192,
Kol. III 20 (BHT S. 113) einen G. „Statt- 7. 11.).
halter" des Kyros, der nach der Erobe-
rung Babyloniens dort seinerseits Statt- 3. Zeitgenosse des Darius I. ist ein G.,
halter einsetzte. In III 15 wird ferner ein Sohn des Mardunia, der in der Bisutun-
l
Ug(\)-ba-ru „Statthalter von Gutium" Inschrift erwähnt wird (§ 68 = VAB 3,
als Heerführer des Perserkönigs auf seinem 68—71) und wohl auch mit dem „G., dem
Zug gegen Babylon genannt, der die Stadt Pateischorier, Lanzenträger des Königs
einnimmt und den Tempelbezirk vor der Darius" von NaqS-i Rustam identisch ist
Zerstörung bewahrt. Dieser starb am (NRc = VAB 3, 96L bzw. DNc = Kent,
ix. Arahsamnu 539/8, wenige Tage nach- Old Persian Grammar 140). Nach Hdt. 3,
dem Kyros in der Stadt eingetroffen war. 70 ff. (vgl. auch Justin 1, 9; Plutarch, De
Die Identität von Ugbaru mit Gubaru fratrum amore 7, 904) war dies ein dem
ist wohl mit Sicherheit anzunehmen (s. König besonders ergebener Perser, der bei
S. Smith, BHT i2if.; Isaiah Chapters der Ermordung des Gaumäta selbst sein
XL-LV i53ff. [wieder vorsichtiger]; M. Leben für Darius aufs Spiel setzte. Er war
San Nicolö, Prosopographie 59ff.). Das es wahrscheinlich auch, der 4 Jahre später
kann seine Bestätigung auch aus der An- zur Niederwerfung des Aufstandes in
gabe des Xenophon (Kyrup. IV 6,1) her- Elam ausgeschickt wurde (Bisutun-In-
leiten, Gobryas sei bei der Einnahme von schrift §71 = VAB 3, 72f.).
Babylon bereits ein alter Mann gewesen. Zweifelhaft ist dagegen, ob dieser G.
u kl auch der Vater der ersten Gattin des Da-
2. G. pahät (bzw. bei pihäti) Bäbili rius war (Hdt. 7, 2 vgl. Xenophon, Kyrup.
u eber näri ist besonders aus Uruk-Texten
gut bekannt (Belege bei M. San Nicolö, 8, 4, 25 mit Verwechslung von Vater und
Prosopographie 561). Er wurde im 4. Jahre Sohn). Dafür spricht allerdings, daß der
des Kyros zum „Statthalter über Baby- Sohn des G., der wie sein Großvater Mar-
lonien und Syrien" gemacht und hatte dunia/Mardonios hieß, eine bedeutsame
dieses Amt mindestens 10 Jahre (von Rolle im persischen Heer spielte und eine
535/4 bis 525/4 v. Chr.) inne. Es ist sogar Tochter des Darius zur Frau hatte (Hdt.
möglich, daß er bis kurz vor den Amts- 6, 43 u. ö.).
antritt des Ustannu* sein Amt verwaltete, 4. Unter Darius II. ist in Babylonien
da noch im Brief YOS 3,106 ein G. er- wieder ein G., diesmal mit dem Titel
672 ÖUBB, AL — ÖUBB AL-ABJAD, TELL
lü
pahätu sa mät Akkadikl bekannt, der hielten zahlreiche Beigaben, vor allem
ebenfalls in der Gegend um Nippur resi- Keramik. Z. T. sind die Gräber der MB-Zt
dierte. Er wird erwähnt in Texten aus in der SB-Zt wieder benutzt worden. Wei-
den Jahren 3—7 des Darius, d. h. 421 bis tere Bestattungen sind für die römische
417 v. Chr. (BE 10, 84. 85. 91. 97. 101. Periode bezeugt, darunter ein reich ver-
114. 118. 128; UM 2/1, 70. 72. 96. 105. ziertes Mausoleum.
128.133). Vielleicht ist er identisch mit Eine Befestigungsanlage ist ebenfalls
dem G., der als Feldherr im Heere des festgestellt worden, sie datiert aber mit
Artaxerxes II. gegen Kyros d. J. Dienst ihren beiden Phasen in die Eisen-Zt. Be-
tat (Xenophon, Anab. 1, 7, 12), allerdings sondere Beachtung verdienen zwei groß-
muß er damals bereits eine andere Funk- zügig angelegte Trinkwasseranlagen. Die
tion gehabt haben, da dort ein öp/cov erste besteht aus einem Tunnel, der aus
BaßuXwvos namens 'Pcoir&pas genannt ist. dem Innern der Stadt unterirdisch über
C. L e h m a n n - H a u p t , Klio 2 (1906) 3 4 i f f . ;
zahlreiche Stufen zu einer auswärts ge-
V. S c h e i l , RA 11 (1914) 165—174; H. legenen, aber für Feinde unsichtbaren
Swoboda, R E 7 (1912) 1548 ff. (mit älterer Zisterne geführt hat. Diese Zisterne, die
Lit.); A. T. Clay, JAOS 41 (1921) 466f.; wie der Tunnel durch den anstehenden
W. S c h w e n z n e r , Klio 18 (1922) 41—58.
226—252; O. L e u z e , Die Satrapieneintlg. Felsen verdeckt war, erhielt ihr Wasser
••• ( J 935) 25ff.; M. S a n N i c o l ö , Hist. aus einer benachbarten, ebenfalls im Fel-
Zeitschrift 156 (1937) 563f.; Ders., Beiträge sen verborgenen Quelle. Die Zuleitung er-
zu einer Prosopographie neubab. Beamten folgte durch einen weiteren, annähernd
der Zivil- und Tempelverwaltung (SB Mün-
chen 1941, H/2) 51 ff. horizontal verlaufenden Tunnel.
W. Röllig Die zweite Anlage lag hinter der Stadt-
mauer und bestand aus einem 25 m tiefen
Gubb, al — Die Ruine des antiken Schacht, auf dessen Sohle seitlich in den
Gibeon ist wohl das moderne al-Gibb/al- Felsen eine Kammer angelegt war, in der
Gubb, etwa 10 km nw von Jerusalem. Für sich das Grundwasser sammeln konnte.
die Gleichsetzung der biblischen Stadt mit Der Zugang erfolgte über eine spiralförmig
dem modernen Ort spricht die hebräische geführte Treppe.
Namensnennung von Gibeon (gbn) auf Von größter Bedeutung für das wirt-
Henkeln von Weingefäßen, die bei der schaftliche Leben der Stadt waren wohl
Ausgrabung unter Leitung von James B. die an mehreren Stellen aufgedeckten
Pritchard in al-Gibb/al-Gubb gefunden Weinkeltereien. Der hier gekelterte Wein
worden sind (vgl. aber dazu die Einwände wurde offenbar in amphorenartige Gefäße
von K. Elliger, ZDPV 73, 2 [1957] 128ff.). gefüllt und in dieser „Verpackung", ver-
Die Untersuchungen, die im Auftrage sehen mit dem Namenszeichen der Stadt,
des University Museum of the University nach auswärts versandt.
of Pennsylvania durchgeführt wurden, be-
Lit.: J. B. Pritchard, Gibeon, where the sun
gannen 1956 und endeten 1962 (1956 stood still (1962); Ders., Exped. 5, 1 (1962)
bis i960 u. 1962). u f f . ; Ders., Hebrew Inscriptions and
Die ältesten Überreste datieren in die Stamps from Gibeon (1959) (vgl. dazu N.
FB-Zt. Es handelt sich hierbei um Rudi- Avigad, I E J 9 [1959] i3off.); Ders., The
Water System of Gibeon (1961); Ders., The
mente von Wohnhäusern und um eine Be- Bronze Age Cemetery a t Gibeon (1963)
stattung an der Ostseite des Teils. Aus der (vgl. dazu P. W. Lapp, AJA 69 [1965] 180);
nachfolgenden MB I-Zt (Intermediate EB- Ders., Winery, Defences and Soundings a t
Gibeon (1964) (vgl. dazu auch Bibl. Arch.
MB nach Kenyon) stammen die frühesten 23 [1960] 23ff.).
Grabanlagen (Schachtgräber mit gewölb- B. Hroud$i
ter Kammer, s. Grab* „Syrien/Palästina")
aus der Nekropole am Westabhang des
Stadthügels. Die Mehrzahl der Bestattun- Gubb al-Abjad, Teil. Kleiner Ruinen-
gen dieser Nekropole, vor allem die aus der hügel in NO-Syrien von etwa 5 m Höhe,
MB Il-Zt (MB I-Zt nach Kenyon) ent- etwa 60 km ö. von Haleb* (Aleppo). Ke-
G u b b al-Sa'ir, TELL — GUBLA 673
ramikfunde von der Eisenzt. bis zum Tigl. 11120,125; 78.2; VAB 7,140,31
Hellenismus (370 47' ö.L., 36° 22' n.B.). u. ö.; "ruGu-ub-la-a-a Sn. 30, 53; kurGw-
bal-a-a AKA 373, 86; WO 2, 154, 104 u. ö.;
P E Q 74 (1942) 34.
B. Hrouda unsicher ist 1AGi-bal-a-a ABL 1283 Rs. 9;
im AT Gebal. Griech. Byblos, lat. Biblo
Tab. Peutingeriana X 3; al-cobile Itin.
Gubb al-Sa'ir, Teil. Ruinenhügel mit Hierosol. (s. C. Ritter, Erdkunde 17/1,
Brunnen in NO-Syrien, etwa 30 km nö. 599; R. Pietschmann, Gesch. der Phönizier
von Raqqa (39' 35' Ö.L., 350 55' n.B.). S. 48*).
M. v. Oppenheim, Sonderheft S. 69.
B. Hrouda §3.^4 usgräber und A usgrabungsgeschichte:
Die ersten größeren, noch heute andauern-
Gubbatu, 1. nB Kanal in der Nähe von den Ausgrabungen begannen 1921 und
Babylon, hGub-ba-ta BR 8/7, 84, 4; wurden zunächst vom Haute Comm. de
hGub-bat VS 5, 3, 2; 4, 21; hGub-ba-ti France en Syrie, später vom libanesischen
VS 5, 3, 8; 4, 16. 19; hGu-ub-ba-tul Antikendienst unter der Leitung von
Dar. 123, 2; hGub-ba-ni-tui (so!) BabRl. P. Montet (1920—1924/25), M. Dunand
2, 21; vgl. E. Unger, Babylon loof. (1926—59) und Emir M. Chehab (seit
2. aB Gu-ub-ba-tumki gibil BRM 4, 53, i960) durchgeführt. Die bedeutendsten
71; G. libir ebd. 69. Ausgrabungsplätze sind die neolith. bzw.
w . Röllig chalkolith. Wohnanlagen und der dazu-
Gubbe ekallim, „Zisternen des Pala- gehörige Friedhof, der Baalat-T., der
stes", mA Ortschaft im Bereich von Assur: Rasaf(?)/Obelisken-T., die Wohnstadt des
ara
Gu-(ub)-bi-ekallimHm KAJ 12, 11; 14, 2. Jt. und die Königsgräber. Die wich-
10 u. ö. (s. MAOG 13/1, 96); nTUGu-ub-bi- tigsten Funde und Überreste aus der
e-kal-li 157, 1; uruGu-be-kal-li 147, 5. Geschichte von G. stammen aus der neo-
W. Röllig
lith./chalkolith. Periode sowie aus dem
3. und 2. Jt. v. Chr., der Blütezeit dieser
Gubla. Stadt.
§ 1. Lage. — § 2. Name. — § 3. Ausgräber und
Ausgrabungsgeschichte. — § 4. Geschichte der § 4. Geschichte der Stadt, a) „Neo-
Stadt. lithikum". Die Ablagerung dieser ältesten
§ 1. Lage. G. ist die assyr. Bezeichnung Phase von G. (früher Eneolithique A u. B)
für die in griech.-röm. Zeit als Byblos enthielt die Überreste von Rechteck- und
bekannte, etwa 30 km (Luftlinie) n. von Ovalhäusern, Steingerätschaften sowie
Beirut (Beruta*) am Mittelmeer gelegene handgemachte, durch Finger- oder Car-
phönizische Hafenstadt. Der moderne diumeindrücke verzierte Keramik. Die
Name lautet Gebel. Es liegt 33° 17' ö. L., Toten wurden zuerst entweder in die
340 07' n. B. Erde oder auf von Steinreihen umgebene
Kieselbettungen gelegt, später in großen
§ 2. Name. In ägypt. Ächtungstexten Pithoi (Friedhofsbestattung) beigesetzt.
wird G. als kap-ni(-i^ z. Zt. des Mittleren b) 3- Jt. v. Chr. Bereits in der 2. Hälfte
Reiches genannt (s. W. Helck, Beziehun- dieses Jahrtausends sind die Verbindun-
gen S. 53. 61). Sonst ist die Schreibung gen von G. zu Ägypten vorherrschend,
kpn vorherrschend (s. J. Simons, Egypt. das über diesen Hafen Libanonzedern
Topograph. Lists S. 133 f. 2; P. Montet, bezieht. So sind Stiftungen mit Auf-
Byblos et l'£gypte S. 265 ff.). Sum. er- schriften ägypt. Königsnamen seit der
scheint G. z. Zt. der 3 . Dyn. von Ur als 2. Dyn. bezeugt. G. selbst wird in ägypt.
Ku-ub-lau (E. Sollberger, AfO 19 [1959/60] Texten erst z. Zt. der 6. Dyn. genannt
120 ff.), später wird es geschrieben: (W. Helck, Beziehungen S. 21 f. 2664). Ein
GubjGu-ub-lafli VAB 2, S. 1574; kurGw- Siegel aus der Zeit des AR enthält auch
bal KAH 2, 68, 21; «m/kurGu-ub-li/lu/la einen Königsnamen, der leider nicht sicher
Reallexikon der Assyriologie III 44
674 GUBLA
lesbar ist (% ?). Schließlich kommt z. Zt. ein wertvolles Bindeglied zwischen Ägyp-
des Phiops II. (2255—2161) der Außen- ten und Mesopotamien gegeben ist.
handel auch mit G. zum Erliegen; es ist J. war in Grab IV der Royal Tombs
in der Sinue-Erzählung als Stadt in von G. begraben.
Asien, in die Sinue angebl. emigrierte, Hasrürum(?), Sohn des Rüm, einge-
genannt. setzt (?) von Si-Hathor etwa 1725.
In diese Zeit fallen die ersten Anlagen
der beiden großen Tempel für die Baalat- Abi-semu II., nach 1700, in Grab IX
G. und Rasaf mit Heiligem See in der begraben.
Mitte. Beide Kultbauten sind wieder in Japi-semu-abi II., sein Sohn, reg. etwa
der über das ganze Mittelmeer und Vorder- 2 Jahre.
c
asien verbreiteten agglutinierenden Bau- Aglu (ckr), Bruder des Vorhergehenden.
weise errichtet (E. Heinrich, ZANF 15 Sohn des cAglu.
[1950] 22 ff. u. ArchAnz. [1958] 95 ff. In diese Zeit gehört auch die Erneuerung
Ferner J. Schmidt, Agglut. Bauweise im des Baalat-Tempels, die Umwandlung des
Zweistroml. und in Syrien, Diss. TU- Rasaf-Tempels in den sog. Obelisken-
Berlin [1963]). In dieser Periode entsteht Tempel und die Anlage der älteren Für-
auch die Stadtmauer von G. stengräber. Unter den Beigaben überwie-
c) 2. Jt. v. Chr. Wird G. in den Äch- gen die Importe aus dem ägypt. Mittleren
tungstexten bisher selten genannt (W. Reich.
Helck, Beziehungen 53. 61), so stellt die Zur Zeit des Neuen Reiches verliert G.
Stadt z. Zt. des Mittleren Reiches offen- seine Bedeutung als Exporthafen für
bar den nördlichsten Punkt ägypt. Herr- Libanon-Holz. In der Amarnazeit regiert
schaft in Syrien dar. Besonders ist deshalb dort der König Rib-Addi* (Briefe VAB
auch der Status ihrer Fürsten, die teil- 2, 68—96.101—140), der mit Abdi-Asirta*
weise gleichzeitig ägypt. Beamte mit dem und Aziru* von Amurru in heftige Fehden
Titel hjtj- 0 „Bürgermeister" waren (s. verwickelt ist (s. zuletzt W. Helck, Be-
W. Helck, o. c. 72). Gleichzeitig scheint ziehungen 177 ff.), der verschiedentlich
aber eine lose Beziehung zum Zweistrom- auch ägypt. Hilfe erhält, schließlich aber
land bestanden zu haben, da ein gewisser außerhalb G. umkommt (VAB 2,162).
Ib-da-ti, Ensi von G., in zwei Texten aus Ihm scheint sein Bruder Ilu-rabih in der
dem 4. Jahr Amarsuenas (2041/1977) ge- Herrschaft gefolgt zu sein. Dann ver-
nannt ist (E. Sollberger, AfO 19 [1959/60] schwindet G. wieder aus dem Gesichts-
120 ff.; s. W. F. Albright, BASOR163 [1961] kreis. Es ist z. Zt. der Reise des Wen-
4544). Als weitere Fürsten der Stadt sind Amun (um 1100) wieder selbständig unter
belegt (nach W. F. Albright, BASOR 176 einem eigenen Fürsten. Dieser wird es
[1964] 38—46; 179 [1965] 38—43. s. auch gewesen sein, der Tukultiapalesarra I.
auch 184 [1966] 26ff.; W. Helck, Bezie- auf seinem Syrienfeldzug Tribute brachte
hungen 64 ff.; K. A. Kitchen, OrNS 36 (kMGu-bal AfO 18 [1957/8] 344, 21).
(1967) 39—54): d) 1. Jt. v. Chr. Eine selbständige Dyna-
Abi-semu I., Zeitgenosse Amenemhets stie ist auch durch die Funde einer zweiten
III., vor 1800. Fürstennekropole erwiesen, darunter be-
Japi-semu-abi I., Zeitgen. Amenemhets sonders der Sarkophag des Königs Ahl-
IV., etwa 1795. röm* (Syria 4 [1923] 343; 5 [1924] 135 ff-) •
Durch die Inschrift auf diesem Sarkophag
Jakin-el, Zeitgen. Sehetep-ib-Re's II., (KAI Nr. 1) und weitere altphönizische
etwa 1770. Texte aus dieser Stadt (KAI Nr. 4—11)
Jantin, Zeitgen. des Nefer-hotep I., etwa sind die Namen folgender Herrscher be-
1740—1730. Der Name dieses Fürsten kannt (s. auch KAI II S. 9 f.):
dürfte als Ja-an-ti-in-ha-mu in einem Ahlröm, etwa 1000 v. Chr.
Mari-Text der Zeit Zimrilims vorhegen Ittöba'al, Sohn des A., etwa 975 v. Chr.
(s. G. Dossin, Syria 20 [1939] 111), womit
GUBRUM — GUDAM 675
tranken. Dein Blut war es. Du hast es wohl kurz vor Utuhengal* von Uruk und
getrunken." (10—13). Als Reaktion hier- Urnammu* von Ur regiert hat; etwa
auf zieht Gudam zerstörend und mordend 2143—2124 v. Chr.
durch die Straßen Uruks, bis der „Fischer, a) In den eigenen Inschriften macht
der Sohn des Fischers der Inanna" (26) ihn Gudea ebensowenig wie die Könige der
dazu bringt, Inanna um sein Leben zu III. Dynastie von Ur genealogische An-
bitten. Gudam verbindet diese Bitte mit gaben. Aus der literarischen Wendung in
dem Angebot, ihr Hürde und Pferch mit Zyl A III 6—8, einem Gebet an die Göttin
Rindern und Schafen des Berglandes zu Gatumdu*, „eine Mutter habe ich nicht —
füllen (vgl. das fast gleichlautende An- meine Mutter bist du, einen Vater habe ich
gebot Gilgames's an Inanna VS 10, 196 nicht — mein Vater bist du, meinen Samen
I 12—13). Inanna antwortet: „Die Weiler hast du empfangen, hast mich im Heilig-
(e-düru für e-duru 6 ?) des Feldes von tum geboren" (vgl. auch Zyl A XVII 13
Zabalam (Ibzeh), die du bewohnt hast, bis 14) ist abzuleiten, daß die Mutter Gu-
(sind) deine Lagerstätte. In ihrer Weite deas eine (nin-dingir-)Priesterin der
möge dir . . . das Joch(?) mögest du dir Gatumdu gewesen ist (s. die von N.Schnei-
wünschen!" (34—35). Der Text endet mit der, AnOr. 19, 27 b unter 7 zusammenge-
einer Doxologie für Inanna. tragenen Belege aus der Ur Iii-Zeit). Aus
Die Rede Inanna's, die möglicherweise der Weihinschrift seiner Gemahlin Ninal-
die Ätiologie des Mythos enthält, zeigt, la* (SAK 146 1' und RA 7 [1910] 185; 24
daß es sich bei Gudam um ein Rind oder [1927] 109) erfahren wir wenigstens, daß
— als Gegenspieler Inanna's vielleicht Gudea als Schwiegersohn des Stadtfürsten
genauer — einen Stier handelt, wozu auch Urbaba* von Lagaä die ensf-Würde er-
die Bedeutung von gu 4 -dam „es/er ist langt hat, wie auch Ur-GAR* und Nam-
ein Rind/Stier" paßt. (ma)hani* (s. unter b). Aus SAK 146n'
Lit.: S. Langdon, PBS 10/4 S. 272ff.; gewinnen wir noch den Namen Gemesul-
M. Witzel, AnOr 15, i f f . ; S. N. Kramer, pa'e* als den einer späteren Gemahlin
BASOR 88 15 zu Zeile 13; TMH N F 4 Ein- Gudeas.
leitung S. n zu Nr. 1; vgl. aber A. Falken-
stein, ZANF 22 (1964) 47 zu Z. 2.
b) Die Reihenfolge der Stadtfürsten von
W. Heimpel Lagaä von Urbaba an ist wegen des sehr
spärlichen Urkundenmaterials noch nicht
Gudamisum, gu-da-mi-$umki, in den alt- in allen Einzelheiten gesichert. Nach E.
akk. Archiven von Gasur* (dem späteren Sollberger, AfO 17 (1954—56) 31 ff. folgte
Nuzi) genannter Ort: HSS 10,14, 6; 28, 9; auf Urbaba sein Schwiegersohn Gudea (s.
95, 4; III, 6; 118, 2; 191 II 4; laut 213, unter a), dann dessen Sohn Urningirsu*
15 f. (bereits Ur III ?) Sitz eines Ensi. (SAK 146b; A. Parrot, Tello 207ff.; dieser
D. O. Edzard ist zu trennen von dem en-Priester der
NanSe* desselben Namens aus der Zeit
Guddasuna, maGud-da-Su-na EA 177,2, Sulgis* SAK 146a; 194X, 7—10; A. Parrot,
Ort in der Libanon-Senke unweit von o. c. 2iof.), weiter der Sohn Urningirsus
Hazzi*. Bei Thutmosis III. als ki-ta-sü-na, Pirigme* (SAK 58, 10; RA 41 [1947] 23;
k-t-sü-na genannt (W. Helck, Beziehungen A. Parrot, o. c. 2iof.). Nach deren kurzer
S. 128). Von A. Kuschke, ZDPV 74 (1958) Regierungszeit fiel das Stadtfürstenamt an
92 mit öedite identifiziert. Stadtfürst in Ur-GAR, der wie Gudea Schwiegersohn
der Amarna-Zeit war Jamiuta*. Urbabas war (SAK 62,13; A. Parrot, o. c.
W. Röllig 146), falls er nicht der unmittelbare Nach-
folger Urbabas gewesen ist.
Gudea (A. Nach Texten), geschrieben Der letzte Stadtfürst war Nam(ma)hani,
gü-de-a. I. Stadtfürst von Lagas*, der ebenfalls Schwiegersohn Urbabas (SAK 62,
gegen Ende der Gutäer-Zeit und nach der 14L; A. Parrot, o. c. 146). Nam(ma)hani,
Herrschaft der IV. Dynastie von Uruk den man bisher durchweg vor Gudea ein-
GUDEA 6 77
geordnet hat, ist nach dem Proömion des nicht lange nach Gudea entstanden sein
Kodex Urnammu (S. N. Kramer, OrNS 23 kann, die Stellung des Stadtfürsten von
[1954] 42, 75—78; 458) als Zeitgenosse Lagaä bekannt sein mußte, ist die Stelle
Urnammus von Ur erwiesen. Da aber, wie ein klarer Beleg dafür, daß Gudea selb-
E. Sollberger, AfO 17, 32 (s. auch A. Fal- ständig, nicht etwa von den Königen der
kenstein, AnOr. 30/1 uff.) gezeigt hat, wäh- III. Dynastie von Ur abhängig gewesen
rend der Regierung Urnammus und in den ist (s. unter b und h).
zwei ersten Jahrzehnten Sulgis für die ge-
sicherte Abfolge Gudea—Urningirsu*—Pi- e) Da die Inschriften Gudeas nur die
rigme* kein Platz ist (s. auch unter d), Amtsbezeichnung ensf (-lagasa kl ) enthal-
muß entgegen der Auffassung von S. N. ten, ist zunächst nicht zu ermitteln, ob
Kramer, 1. c. 453 Gudea einer der Vorgän- sein Herrschaftsgebiet sich über den relativ
ger Nam(ma)hanis gewesen sein. kleinen und seiner geographischen Lage
nach wenig bedeutenden Staat hinaus er-
c) Die Länge der Regierung Gudeas ist streckt hat. Die Stätten, an denen er Kult-
nicht sicher zu ermitteln. A. Ungnad, RIA bauten errichtet hat, sind durchweg Sied-
2, 133f., hat ihm 4 Jahresdaten (a—d) lungen, die nach Ausweis der Wirtschafts-
mit Sicherheit, 4 weitere (e—h) mit Wahr- urkunden der III. Dynastie von Ur zur
scheinlichkeit zugewiesen. A. Parrot, Tello neusumerischen .Provinz' Lagaä gehörten:
206, notiert 7 sichere und 6 fragliche Jah- Girsu*, Urukug*, Nina* (bzw. Siraran),
resdaten. E. Sollberger, AfO 17,33 t., bucht Kes(a)* (ki-AB-s[a]w), Bagara (s. dazu
für ihn insgesamt 16 Jahresdaten, von vorläufig E. Sollberger, AfO 17, 34, zum
denen nur das Datum 13 (RTC 243) in der Jahresdatum Gudea 14), el-Hibä* (s. auch
Zuweisung an Gudea wenig gesichert er- E. Unger, RIA 2, 356). Außerhalb des
scheint. Daß aber, wie E. Sollberger, 1. c. 45 Kerngebietes des Staates von Lagaä sind
annimmt, sämtliche Datenformeln Gudeas Inschriften Gudeas gefunden worden in
erfaßt sind, ist angesichts des äußerst spär- Ur* (UET 1, 26—28), Adab* (OIP 14, 33
lichen Urkundenmaterials aus seiner Re- bis 34), Badtibira* (unveröffentlicht, Text
gierung fraglich. Andererseits kann seine des Tonn. C) und Uruk* (W15746, 15299).
Herrschaftszeit aber nicht wesentlich län- Aus Nippur* stammt eine Doleritbasis
ger gedauert haben, da sonst unverständ- mit Weihung für Enlil, auch Reste einer
lich wäre, wie nach Gudea, seinem Sohn Statue kommen aus Nippur (W. K. Si-
Urningirsu und seinem Enkel Pirigme das leiko, Zapiski vostoönogo otdelenija Ros-
Stadtfürstenamt noch an einen, vielleicht sijskogo archeologiceskogo obäcestva 25
sogar zwei Schwiegersöhne Urbabas hätte [1921] 137). Diese in Nippur gefundenen
fallen können. Etwa 20 Regierungsjähre Weihinschriften besagen nicht unbedingt,
werden wir ansetzen dürfen. daß die Stadt in den Herrschaftsbereich
Gudeas einbezogen war, wohl aber, daß sie
d) Gudea nennt sich in seinen Inschrif-
kl nicht in der Hand eines Herrschers lag,
ten ausschließlich ensf-lagaäa „,Stadt-
der Gudea feindlich gegenüberstand. Ob-
fürst' von Lagaä", wie dies alle Herrscher
wohl die übrigen der eben genannten In-
des Stadtstaates von Lagaä nach Uruka-
schriften nur von Bauten in Girsu und
gina mit der einzigen Ausnahme von Pu-
anderen Städten des Staates von Lagaä
zurmama* (ITT V 6758 II 1—3) aus der
handeln, sind sie angesichts der Streuung
Zeit nach dem Verfall der Macht der Dy-
der Texte als Zeugnisse einer Herrschaft
nastie von Akkade taten. In dem auf ihn
Gudeas über diese Orte zu werten. Daß
bezogenen Passus im Lehrgedicht lugal
Gudea, wie schon Urbaba, Ur besessen
ud melambi nirgal XI 13—16 (s. schon
hat, wird durch die Nachricht über eine
F. Hrozny, MVAG 8/5 [1903] 64; A. Fal- Fahrt Ningirsus von Girsu nach Eridu*
kenstein, CRRA 2 [1951] 14), ist er aber (Zyl B III 9; VIII 13—16) befürwortet,
als „der König, der für ein Leben ferner da diese nicht möglich gewesen wäre, wenn
Tage seinen Namen .setzt'", apostrophiert. Ur und damit Eridu in fremder Hand ge-
Da dem Verfasser dieser Komposition, die
678 GUDEA
wesen wäre. Auch die Rückgewinnung der sen- und zabalum-Stämme „von selbst"
Handelsschiffahrt auf dem Persischen Golf von oben herab zu ihm gekommen sind
für den Gott von Ur, von der eine Inschrift (Zyl A XII5), wird man daraus nicht mehr
Urnammus handelt (UET 1, 50; dazu B. ableiten dürfen, als daß Gudea sich diese
Landsberger, OLZ [1931], 132; Th.Jacob- Güter auf dem Wege des normalen Han-
sen, Iraq 22 [i960] 184L), ein Ereignis, delsverkehrs verschaffte, daß aber zu seiner
das im Proömion des Kodex Urnammu Zeit die Handelswege für ihn offen waren.
unmittelbar hinter dem Konflikt mit Nam- Wie sich das mit den Angaben der (nicht
hani von Lagaä erwähnt ist (S.N. Kramer, authentischen) Utuhengal-Inschrift (RA 9
OrNS 23, 43, 79—86), spricht dafür, daß [1912] H2f.; 10 [1913] 99) verträgt, wo-
der Überseehandel vor Urnammu von nach die Gutäer „Euphrat (und) Tigris
einer anderen Macht, die nur Lagas ge- gepackt hatten, nach unten in Sumer die
wesen sein kann, kontrolliert worden war. Felder .gebunden', nach oben die Wege
Die Herrschaft Gudeas über Uruk erscheint gesperrt, auf den Straßen des Landes Sumer
aus chronologischen Gründen durchaus das Gras hatten lang wachsen lassen",
möglich, wenn man die obskure IV. Dy- muß dahingestellt bleiben. Nach den In-
nastie von Uruk unmittelbar nach dem schriften Gudeas reichten seine Bemühun-
Interregnum nach Sarkaliäarrl* von Ak- gen um die Rohstoffe für den Bau der
kade ansetzt. Tempel und deren Ausstattung nach dem
Der Staat von Lagas war demnach unter Zedernwald im Amanus (ama-a-nümStat
Gudea und vorher schon unter Urbaba B V 28), Hahhum*, Ursu* bei Ebla (s.
die beherrschende Macht in Süd- und wohl J. R. Kupper, RA 43 [1949] 79ff.), Basalla,
auch in Mittelbabylonien. Warum dieser dem Martu-Gebirge, Kimaüs*, Madga* (s.
Stand unter seinen Nachfolgern, die sogar A. Poebel, ZA 39 [1930] 137; wohl das heu-
die Hilfe Utuhengals von Uruk gegen Ur- tige Kirkuk, s. A. Falkenstein, AnOr.30/1,
nammu, der sich in Ur selbständig gemacht 514), Barme (s. ZA 55 [1963] 252), Susa*,
hatte, in Anspruch nehmen mußten, nicht Tilmun*, Gupi(n)*, Magan* und Meluhha*
gehalten worden ist, ist noch nicht deut- (s. A. Falkenstein, o. c. 46 ff.).
lich. Vielleicht hängt dies mit einer Intensi-
vierung der gutäischen Herrschaft in Mit- f) Die zahlreichen Inschriften Gudeas
telbabylonien (Adab und Keäi, auch Umma zerfallen in Bau- und Weihinschriften,
zur Zeit von Jarlagan* und Sium*, des Aufschriften auf Statuen und Stelen. Dazu
dritt- bzw. vorletzten Gutäerkönigs; s. kommen die zwei großen Zylinderinschrif-
A. Falkenstein, AnOr 30/1, 16) zusam- ten A und B und die Fragmente von weite-
men. ren Zylindern (s. TCL 8 pl. 53—54), die
Von kriegerischen Unternehmungen Gu- Hymnen auf den Bau von Tempeln dar-
deas ist nur in Stat B VI 64—69 die Rede: stellen. Sie sind zum mindesten bis heute
„mit der Waffe schlug er die Stadt AnSan, die ältesten umfangreichen Kompositionen
Elam. Die Beute davon brachte er Nin- der sumerischen Literatur. Zu den in SAK
girsu ins Eninnu". Eine Darstellung dieses 66—147 behandelten Texten s. noch die
Ereignisses vermutet A. Parrot, o. c. 14740 Liste in AnOr. 28, 5f., die 30 Nummern an-
auf der Stele G. Cros, NFT 292 (s. auch gibt. Seither sind hinzugekommen die In-
A. Parrot, o. c. fig. 35 h; i; j). Wendungen schriften Stat R (A. Parrot, Tello pl. XVII;
wie Stat B V 21—27 „als er das Haus Nin- E. Sollberger, JCS 10 [1956] 11—13; 24:
girsus baute, öffnete ihm Ningirsu vom im Harvard Semitic Museum); Stat S (E.
Unteren Meer bis zum Oberen Meer die Unger, RA 51 [1957] 169—176; im Louvre
Wege" sind dagegen nicht auf militärische und in Istanbul); Stat T (W. K. Sileiko,
Unternehmungen zu beziehen, da sie mit Zapiski vostocnogo otdelenija Rossijskogo
dem Fortdauern der gutäischen Bedrohung archeologiceskogo obäöestva 25 [1921]
während der Regierungszeit Gudeas nicht 137); dazu noch einige kurze Bau- und
vereinbart werden könnten. Auch wenn Weihinschriften. In altbabylonischen Ab-
davon gesprochen ist, daß Zedern-, Zypres- schriften erhaltene literarische Kompo-
GUDEA 679
sitionen, die Gudea nennen, sind die,,Nanäe- suena 8 bis Ibbisin 3 bezeugen, können sich
Hymne" (s. dazu die vorläufigen Bemer- nicht mit N. Schneider auf einen lebenden
kungen von S. N. Kramer, MB 16/2 [1951] Stadtfürsten beziehen (s. Gudea* II). Dies
30 ff. zu SLTNi 67 und Dupl.), ein beschei- beweist eindeutig, daß ein Teil der Opfer
denes t ig i-Lied (STVC 36; übersetzt am k i - a - n a g d „dem Ort, an dem man
SAHG 85 ff.), das im Schlußteil den von (für die Toten) Wasser ausgießt" erfolgte.
der Göttin Baba erwählten „guten Hirten" Zudem erscheint es ausgeschlossen, daß
Gudea nennt. Auf den Passus im Lehr- unter den Herrschern Amarsuena, Susin
gedicht lugal ud melambi nirgal XI13—16, und Ibbisin die göttliche Verehrung eines
der in der Schicksalsentscheidung Ninur- vom König von Ur abhängigen Stadt-
tas für den Dolerit ( na 4 esi), dem Stein, fürsten, genauer eines Provinzgouverneurs,
aus dem eine große Anzahl von Statuen gestattet worden wäre (s. E. Sollberger,
Gudeas hergestellt ist, deutlich auf Gudea AfO 17, 33124). Als Kultstätten sind noch
anspielt, ist schon oben unter d verwiesen. genannt e-gü-de-a „das Haus Gudeas",
gewiß eine Kapelle in einem größeren
g) Von Gudea besitzen wir mehr archäo- Tempelbezirk, die wohl e - k a - d u 8 - h a
logische Denkmäler als von irgendeinem „Haus der Mundöffnung" hieß. Dort stand
babylonischen Herrscher. Daß wir die eine Statue des Stadtfürsten. Seinen Kult
Kunst der neusumerischen Zeit* verhältnis- versahen ein guda- Priester und ein Mund-
mäßig gut kennen, verdanken wir, wenn schenk.
wir von den Erzeugnissen der Siegel-
schneidekunst absehen, den Schöpfungen Ob aus Zyl B I 15 „der Stadtfürst, der
seiner Zeit. Bei den Statuen Gudeas fällt Gott seiner Stadt" (dingir-uru-na-ke 4 ),
die Unterschiedlichkeit der künstlerischen eine Wendung, die sich an die Auffassung
Leistung sehr auf. Bei den gut gearbeite- der Könige von Akkade als „Gott seiner
ten Stücken ist deutlich das Weiterwirken Stadt" anschließt, die Deifizierung Gudeas
der großen Kunst der altakkadischen Zeit zu Lebzeiten abzuleiten ist, wage ich nicht
festzustellen. Die von A. Parrot, Tello 160 zu entscheiden.
bis 204 gegebene Liste nennt u. a. 31 Sta- A. P a r r o t , Tello 147—207 (mit ausführ-
licher Bibliographie); F. T h u r e a u - D a n g i n ,
tuen und Bruchstücke von solchen, wobei SAK 66—147; neuere Übersetzungen: M.
aber bei einer Anzahl von Stücken die Zu- L a m b e r t / J . R . T o u r n a y , R B 55 (1948),
weisung fraglich ist (s. u. a. E. Strommen- 4°3—37; 520—43 (Zyl A und B); RA 45 (195
ger, BagM 1 [i960] 81 f.), Bruchstücke von 4g—66 (Stat B); 46 (1952) 75—85 (Stat D, E,
G, H); A. F a l k e n s t e i n , SAHG 137—185
Stelen, Statuetten, Keulenknäufen, Stein- Zyl A und B); s. noch A. F a l k e n s t e i n , Gram-
gefäßen, Siegel, Gründungsfiguren aus matik der Sprache Gudeas von Lagas (AnOr.
Bronze (vgl. Girsü*) 28 und 29); Die Inschriften Gudeas von Lagaä
(AnOr. 30). Zur archäologischen Uberlieferung
Kaum etwas wissen wir dagegen von den s. auch E . S t r o m m e n g e r , BagM 1 (i960)
architektonischen Leistungen, von denen 63 ff.
die Schriftdenkmäler ausführlich Kunde
geben. Eine Liste der in den Texten ge- II. Stadtältester (und) Stadtfürst (ab-
nannten Kultbauten, die Gudea in den b a - u r u ensi) von Lagas, dessen Amtszeit
verschiedenen Städten seines Staates er- wahrscheinlich in das Jahr Amarsuena 8
richten ließ, hat A. Parrot, o. c. 149f., ge- fällt (C. E. Keiser, YOSR 4/2, 21). Der
geben; zum Eninnu s. Girsu*. Vgl. noch Name des Vaters ist nicht sicher zu ermit-
den Tempelplan auf Stat B, der aber noch teln, da in gü-d^-a dumu-§agina statt
nicht sicher zu deuten ist. des Namens des Vaters dessen Berufsstel-
lung .General' angegeben ist (ITT 3/2:
h) Während der Zeit der III. Dynastie 6575, 21). In ditilla-Texten ist Gudea,
von Ur hat Gudea in LagaS wohl als ein- der Stadtälteste, als Richter und als Kom-
ziger der Stadtfürsten dieses Staates gött- missär (maskim) bezeugt (A. Falkenstein,
liche Verehrung genossen. Die von N. NG III 47). Er hat noch im Jahr Susin 6
Schneider, OrNS 9 (1940) 17—24 gesam- gelebt.
melten Belege, die Opfer für ihn von Amar- A. Falkenstein f
68o GUDEA
Inschrift kein Zweifel besteht. Gudea als 4. Statue G („Statue a l'^paule briste");
Verfasser einer Inschrift wird nur dann aus Girsu, „Palast"; Höhe: 1,33 m; Diorit;
genannt, wenn keine weiteren Einzelheiten Paris, Louvre AO 7.
über ihren Inhalt bekannt sind: D£c. Chald. 133 Tf. 13,3; Heuzey, Cata-
logue 187f. Nr. 51; Parrot, Tello 1 6 3 !
§ i. Bauten Inschrift: Weihung an Ningirsu, VAB 1, 1
(1907) 84/85; RISA 196ff.; RA 46 (1952)
Bauten des Gudea sind inschriftlich für 78 ff.
Girsu* sowie die drei kleineren, bisher
noch nicht lokalisierten Orte Kesa*, 5. Statue N („Statue au vase jaillissant");
Kinunira* und Suu-luma* bezeugt. In den angeblich aus Girsu (Raubgrabungen 1924);
Städten Lagas-Urukug*, Ninä-Siraran*, Höhe: 62 cm; Dolerit; Privatsammlung.
Ur*, Badtibira*, Uruk*, und Adab* wur- V. Scheil, RA 27 (1930) 161 ff. Tf. I. I I ;
den Bauinschriften gefunden, die sich auf Parrot, Tello i66f. Tf. XV d.
Inschrift: Mit Ausnahme des Statuen-
Werke in Girsu beziehen (A. Falkenstein, namens identisch mit den Texten von l a
Inschr. Gudeas v. Lagas i. AnOr. 30 [1966] Nr. 6 und Nr. [7]. Weihung an Geätinana,
42f.; E. Sollberger, UET 8 [1965] Nr. 16; in ihrem Tempel in Girsu aufgestellt, RA 27
A. Falkenstein, BiOr. 23 [1966] 165). Zu- (1930) 163.
sammenhängende Baureste wurden nur 6. Statue O („Gud6a debout de Copen-
in Girsu ausgegraben und geben noch keine hague"); angeblich aus Girsu (Raubgra-
Vorstellungen über die Architektur unter bungen 1924); Höhe: 63 cm; Steatit;
Gudea (s. Girsu*). Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek.
F. Thureau-Dangin, Fondation Eugene
§ 2. Rundbilder Piot. Monuments et mdmoires 27 (1924)
I. Skulptur (Statuen) 97 ff. Tf. V I I I ; Zervos, M&opotamie 199;
Parrot, Tello 166 Tf. XV c.
a) Stehender Gudea Inschrift: Mit Ausnahme des Statuen-
1. Statue A („Petite statue debout"); namens identisch mit den Texten von l a
Nr. 5 und [7]. Weihung an Geätinana, in
aus Girsu, „Palast"; Höhe: 1,24m; Diorit; ihrem Tempel in Girsu aufgestellt, Fonda-
Paris, Louvre AO 8. tion Eugene Piot. Monuments et mömoires
D6c. Chald. 1 3 4 ! Tf. 15, 5; 20; L. Heuzey, 27 (1924) i°3f-
Catalogue des antiquitfe chaldöennes (1902)
184 ff. Nr. 50; A. Parrot, Tello 160 Tf. X I I I a. 7. Statue; aus Teil Hammäm; Höhe
Inschrift: Weihung an Ninhursaga, in ihrem 1,01 m; Uralit-Quartz-Dolerit; London,
Tempel in Girsu aufgestellt, VAB 1, x (1907) Britisches Museum Nr. 92988.
66/67; RISA 180/181.
E. Sollberger, RA 62 (1968) I42ff. Abb. I. 2.
2. Statue C („Statue aux epaules Inschrift: Weihung an Nanse.
Stroit es"); aus Girsu, „Palast"; Höhe:
1,40 m; Diorit; Paris, Louvre AO 5. [8], Statue M; angeblich aus Girsu
D6c. Chald. 132 f. Tf. 10. 13, 1; Heuzey,
(Raubgrabungen 1924); Höhe: 41 cm;
Catalogue 83 f. Nr. 49; Encyclop£die 1 Alabaster; Brüssel, Sammlung Stoclet.
S. 230 A. B; Zervos, Mfeopotamie 184; V. Scheil, R A 22 (1925) 41 ff. Tf. 1. 2; Par-
Parrot, Tello 161 f. Tf. X I I I b. rot, Tello 165 f. Tf. XV b.
Inschrift: Weihung an Inanna, im E a n a in Inschrift: Mit Ausnahme des Statuenna-
Girsu aufgestellt, VAB 1, 1 (1907) 74ff. mens identisch mit den Texten von l a Nr. 5
RISA i88ff. und 6. Weihung an Geätinana, in ihrem
3. Statue E („Statue aux larges Tempel in Girsu aufgestellt, RA 22 (1925)
42 f.
epaules"); aus Girsu, „Palast"; Höhe: Dieses Standbild fällt aus dem Rahmen des
1,40 m; Diorit; Paris, Louvre AO 6. Üblichen und seine Echtheit ist nicht über
D6c. Chald. 131 f. Tf. 11. 13, 2; Heuzey, jeden Zweifel erhaben.
Catalogue 182 f. Nr. 48; Encyclop6die 1
S. 232f.; Zervos, M&opotamie 181; Parrot, [9]. Statue S. Fragmente im Louvre und
Tello 162 f. Tf. X I I I c. im Altorientalischen Museum zu Istanbul,
Inschrift: Weihung an Baba, in ihrem Tem-
pel in Girsu aufgestellt, VAB 1, 1 (1907)
die E. Unger zu einer Statue rekonstruiert
78ff.; RISA ig2ff.; M. Lambert/J.-R. hat, enthalten zwar keine Namensnennung
Tournay, RA 46 (1952) 8off. des Gudea, werden aber dennoch (auf
682 GUDEA
Cambridge Mass., Harvard Semitic Mu- 1—9. Neun Exemplare in Paris, Louvre,
seum Nr. 8826. z. B. AO 311.438.439.441.445; aus Girsu;
Parrot, Tello 171 Tf. X V I I ; E. Sollberger, Höhe: 20—21 cm.
JCS 10 (1956) u f f . Abb. 1. D6c. Chald. 242 ff. Tf. 28, 3. 4; Heuzey,
Inschrift: Von einem Galamaha-Priester Catalogue 304t. Nr. 147—155; E. Douglas
namens Nammahani für Gudea gestiftet, Van Buren, Foundation Figurines (1931)
JCS 10 (1956) 11 ff. 12ff.; Parrot, Tello 202ff. Abb. 44b; S. A.
Rashid, Gründungsfiguren und Gründungs-
e) Frauenstatuen beigaben altmesopotamischer Heiligtümer.
(Ungedr. Dissertation Frankfurt/Main 1965).
1. Kopflose Statue einer stehenden Zwei Exemplare für das Eninnu des Nin-
Frau; aus Girsu; Höhe: 17 cm; Alabaster; girsu, drei für den Igalima- und eins für den
Suläaga-Tempel geweiht; auch die Inschrif-
Paris, Louvre. ten der andern sollen Gudea nennen.
D6c. Chald. 342 ff. Tf. 22 bis 2 a. b; Heuzey,
Catalogue 244f. Nr. 103; Parrot, Tello 186 10—16. Sieben Exemplare in Istanbul,
Abb. 39d. Altorientalisches Museum Nr. 491. 492.
Inschrift: Geweiht vonNinalla, Tochter des 1524. 1572. 1574. 1721. 6204; aus Girsu;
Urbaba, für das Leben ihres Gemahls Gudea,
VAB 1, 1 (1907) 146/147 (weibliche Sta- Höhe der Götterfigur: 15,4—17,7 cm.
tuette B); F. Thureau-Dangin, RA 7 (1910) R1V 8 S. 422 Tf. 140b; Van Buren, o. c. 15;
185; RISA 262/263. Rashid, o. c.
Inschrift des Gudea auf einem Exemplar
2. Kopfloses Bildwerk einer sitzenden gesichert, doch sollen auch die andern
Frau; aus Girsu; Höhe: 13 cm; Kalkstein; Stücke Inschriften des Gudea tragen.
Paris, Louvre.
D6c. Chald. 342 ff. Tf. 22 bis 3 a. b.; Heuzey,
17. Ein Exemplar in Baghdad, 'Iraq
Catalogue 251 Nr. 107; Parrot, Tello 186 Museum Nr. 6954; aus Girsu; Höhe:
Abb. 39 b. 22,5 cm.
Inschrift: Von einer Frau für das Leben des "Iraq Museum, Führer (1943) arabisch
Gudea geweiht, VAB 1, 1 (1907) 146/147 Abb. 90; Rashid, o. c.
(weibliche Statuette A); RISA 262/263. Inschrift soll Gudea nennen.
dinahhe; Größe: 21X14 cm; Paris, Louvre 2. Beckenfragment mit Löwen; aus
AO 12764. Girsu, „Palast"; Höhe: 14 cm; Kalkstein;
de Genouillac, Telloh 2 S. 34; Parrot, Tello Paris, Louvre.
184. D<5c. Chald. 231 f. Tf. 24, 3; Heuzey, Cata-
Weihung an Baba. logue 158 Nr. 39; Parrot, Tello 195 Abb.
42 k.
4. Fragment mit dem Kopf des Gudea; Inschrift: Weihung an Ningirsu, VAB 1,1
Herkunft unbekannt; Größe: 23x22x20 (1907) 144/145 (h')-
cm; Kalkstein; Baghdad, 'Iraq Museum 3. Libationsbecher mit Schlangenstab
Nr. 14178. und Drachen; aus Girsu; Höhe: 23 cm;
I 2
S. Levy, AfO 11 (1936/37) 5- Steatit; Paris, Louvre AO 190.
Beischrift nennt Gudea. D6c. Chald. 234 ff. Tf. 44, 2a-c; Heuzey,
Catalogue 280 ff. Nr. 125; Encyclopödie x
§4. Rollsiegel S. 224; Parrot, Tello 198 f. Tf. X X I .
Inschrift: Weihung an Ningizzida, VAB 1,1
1. Siegel des Lugal-m[e?], Schreibers (1907) 144/145 (Vase A); RISA 260/261.
des Gudea. 4. Fragment, Henkel in Form eines
De Clercq, Catalogue 1 (1888) Nr. 84. Vogelhalses; aus Girsu; Alabaster.
2. Siegel des Abba, Schreibers des Gudea de Genouillac, Telloh 2 S. 118. 135; Parrot,
Tello 200.
(E. Porada, CANES 1 Nr. 274).
Inschrift des Gudea.
3. Siegelabrollung des Gudea
L. Heuzey, RA 5 (1902) 135 Abb. 1; L. b) Unreliefierte
Delaporte, Lv. 1 (1920) 12 Tf. 10, 8. 10 1. Teller; aus Girsu; grauer Marmor;
(T. 108). Paris, Louvre AO 12921.
4. Siegelabrollung des Lü , Dieners de Genouillac, Telloh 2 S. 118. 135; Parrot,
des Gudea. Tello 200.
Weihung an Ningizzida.
ITT 2 Teil 1 (1910) Nr. 839. 840. 858; N.
Schneider, OrNS 15 (1946) 420. 2. Gefäß; aus Girsu; Marmor.
[5]. Siegel des Gudea, angeblich außer- de Genouillac, Telloh 2 S. 117. 135; Parrot,
Tello 200.
halb der Grabung in Girsu gefunden; Ver- Weihung an Ningirsu.
bleib unbekannt.
3. Zwei Fragmente; aus Girsu; Größe:
V. Scheil, R T 21 (1899) 124; Parrot, Tello
202. 15,5 X 13,5 cm; Paris, Louvre AO 12109.
de Genouillac, Telloh 2 S. 117. 134; Parrot,
Tello 200
§ 5. Geräte Inschrift des Gudea.
I. Gefäße 4. Fragment; aus Girsu; Alabaster;
Paris, Louvre AO 12108 D.
a) Reliefierte de Genouillac, Telloh 2 S. 117. 135; Parrot,
1. Becken mit wasserspendenden Göt- Tello 200.
tinnen; aus Girsu, vor Fassade des „Pa- Weihung an Ninhursaga.
lastes"; Höhe: 68 cm; Kalkstein; Istanbul, 5. Fragment; aus Girsu; Alabaster;
Altorientalisches Museum Nr. 5555 und Paris, Louvre AO 12775 F.
Paris, Louvre. de Genouillac, Telloh 2 S. 117. 135; Parrot,
D<5c. Chald. 2i6ff. Tf. 24, 4; Heuzey, Cata- Tello 200.
logue 1 4 6 ! Nr. 29; E. Unger, Sumerische Weihung an Nin-MAR.KI für das Leben des
und Akkadische Kunst (1926) 45ff. Abb. 47; Gudea.
G. Contenau, Manuel d'arch^ologie Orientale
2 (1931) 747ff.; E. Unger, Die Wiederher- 6. Fragment; aus Girsu; Höhe 8 cm;
stellung des Weihbeckens des Gudea von weißer Marmor.
Lagasch. Publicationen der Kaiserlich Os- D<5c. Chald. Tf. 26,4; Parrot, Tello 200.
manischen Museen 8 (1933); Parrot, Tello Inschrift: Von Lugal. . . für das Leben des
195 Abb. 42 c. Gudea an Baba geweiht, VAB 1, 1 (1907)
Weihung an Ningirsu. 144/145 (Vase C); RISA 260/261).
686 GUDEA
Abb. 1
Güdelesin s. K o n y a
§ 6. R u n d b a s i s
1. Zylindrische Basis mit Einlaßleere; Gu'edena. gü-eden-na, unorthogra-
aus Nippur; Höhe: 65,6—65,8 cm; Dolerit. phisch g ü - d e - n a (vgl. A. Falkenstein, ZA
688 GU-EDIN — GUNDÜK
di Van [1966] 361). Zusammengehalten paia oder zur Mehrung seiner Stärke. Ähn-
werden beide Stilgruppen durch Figuren- lich dürften wohl die „heiligen Bäume" in
stil, Einzelelemente des Dekors und „heili- der Mitte urartäischer G. (meist aus Grä-
ge Bäume". — In Karmir Blur fand sich bern Höhergestellter) und inZiwiyah (Herr-
ein beinerner Tierkopf mit Durchbohrung: scher?) verstanden werden. — Vielleicht
vielleicht das Ende eines Verschlußriemens war die Ausbildung fester, metallbeschla-
(ebenda 349 Abb. 82). gener G. Voraussetzung für die Erhöhung
des G. zum Bedeutungsträger.
§ 3. B e d e u t u n g . Dazu paßt die Rolle des G. im AT.:
aus Leder oder Stoff (2. Könige 1,8;
In angrenzenden und besonders in den Jer. 13, 1) als Halter von Waffen und
auf die altvorderasiatische folgenden Kul- Werkzeug (Ri. 3, 16; Ez. 9, 2f.), Frauen-
turen haben G. eine große Bedeutung schmuck (Spr. 31, 14), Abzeichen von
gehabt als Träger von Eigenschaften — Beamten, Priestern und Engeln (Jes. 22,
mit dem G. magisch übertragbar. 21; 2. Mos. 28, 4. 8. 39; Dan. 10 5) und
Demgegenüber fehlen im Alten Orient endlich als Allegorie des Volkes in Gottes
Zeugnisse für solche Einschätzung. Gewiß Schutz (Jer. 13,1—n).
muß der G. nackter Wesen (s. oben § 1)
etwas bedeutet haben; vielleicht ist diese M. Metzger in: Biblisch-Historisches Hand-
wörterbuch I (1962) s. v. G.
Tracht sogar mit Ägyptischem verwandt.—
Auch waren G. in frühsumerischer Zeit So wäre es möglich, daß die im Alten
wohl Objekt kultischer Handlungen. Orient so spät und vielleicht nur im Nor-
C. J. Bleeker, Die Geburt eines Gottes.
den aufgekommene Vorstellung vom G.
Suppl. to Numen 3 (1956); Hornblower, als Bedeutungsträger eine der Quellen der
Man 46 (1946) 103; 50 (1950) 158; B. L. griechischen, späteren iranischen und völ-
Goff/B. Buchanan, JCS 15 (1956) 231. kerwanderungszeitlichen Auffassungen
Die besondere Bedeutung der Götter wurde.
und Herrscher wurde jedoch anscheinend E. Schwyzer, Wörter und Sachen. Festband
im Alten Orient mehr oder nur durch Ge- R. Meringer gew. 12 (1929); F. Hancar,
Asienberichte 2 (Wien-Peking 1940) i f f . ;
wänder ausgedrückt, auch noch zur Zeit J P E K 15/16 (1941/42) 63ff.; P. Verdier in:
der Isin Ii-Könige (vgl. auch: Th. H. Arts of the Migration Period in the Walters
Gaster, Thespis2 [1961] 201L). Die an- Art Gallery (1961) 11 Anm. 3.
scheinend aus Stoff oder Leder gefertigten,
unverzierten G. regten auch nicht an, Andererseits besteht kein Anlaß, die
Träger von Eigenschaften zu werden — sehr spezifischen späteren iranischen Auf-
vielleicht besonders durch die Konkurrenz fassungen des G. als Zeichen der Dienst-
von Rollsiegeln, Gewandsaum* (vgl. H. barkeit gegenüber dem König, sein Be-
Petschow, oben S. 319 t.: durch qannu rühren als Todesurteil (zuerst: Xenophon,
entfällt der „G." bei B. Meissner, Bab. u. Anab. I 10) oder gar die mazdaistische
Ass. 1 [1920] 401. 403) und Emblem- Symbolik des G. als Zeichen der Bindung
Schmuck darin gehindert. So verwundert an den rechten Glauben, der Promotion
es nicht, noch in der letzten Fassung des zum Manne oder Priester oder der Schei-
Gilgames-Epos G. nur beiläufig, als Teil der dung des Höheren und Niederen im Men-
Kleidung und als Halter von Waffen er- schen in die altorientalische Welt zurück
wähnt zu finden (II. Tafel 243; III. Tafel II zu projezieren.
5 [?]; VI. Tafel I 4; VIII. Tafel II 5. 6; G. Widengren, Iranica Antiqua 8 (1968)
X. Tafel IV 9). 14 i f f . ; H. J . F. Junker, Der wißbegierige
Sohn (1959)-
Erst im 1. Jahrtausend wird das anders P. Calmeyer
(vgl. oben §1): der Gott trägt Mischwesen—
die auch seinen Thron stützen (P. Calmeyer, Güven9 s. Ankara Nachträge
ZDMG. 120 [1970]) am G., der König
astrale Göttersymbole, gewiß als Apotro- Gürün s. Sivas
694 GÜZELCE — GUG.UNU
auch zusammen in einer Fluchformel in LSS 6/1—2, 127, 136 f.); der 12. Tag, der
BBS 35, 39f. genannt. Auch in den Va- Sl.GAR von Enlil und Ninlil genannt
sallenverträgen Assarhaddons kommt Gula wird, vgl. Landsberger, 1. c. 129L, heißt
in Fluchformeln vor (Iraq 20 [1958] 63, in einer Variante SI.GAR Sd-äGu-la. Bei
461—3; Ash. 109 IV 3f.). Assurbanipal (VAB 7/2, I, n f.) hat der
In vielen Städten und Ortschaften wird 12. Ijjar aber auch das Prädikat Sl.GAR
sie verehrt: für Nippur und Isin s. ausführ- der Gula. Der 19. Tag ist ein böser Tag,
lich F. R. Kraus, JCS 3 (1951) 62—83; vgl. CAD I 2 f., von Soden, AHw. 363 (sub
für Ur, Umma, Lagaä, Larsa und Uruk ibbü). Für ein Beispiel des 9. Tages, s. R.
finden sich Belege bei Kraus, 1. c. 83—6; Labat, Hem. S. 54 (9. Nisan). Beachte
in Babylon gab es drei Tempel der Göttin aber, daß auch der 17. Nisan (Labat, o. c.
Gula, s. E. Unger, Babylon, 139—43 S. 60) und der 16. Tammuz (S. 94) mit
Nr. XI—XIII, deren Namen ß.sa.bad, Gula in Beziehung gebracht werden.
ß.hur.sag.sikil.laundfi.hur.sag.kü.ga Im Göttertypentext (F. Köcher, MIO 1
sind; in Borsippa fanden sich die drei Tem- [1953] 57—95) finden sich Beschreibungen
pel fi.ti.la, ILzi.ba.ti.la und Ü.gu.la, von 2 Mischwesen: Damu Süt Gula (I, 8'
s. Unger, o. c. 141; unter den Göttern von bis 16') und Lahmu Süt Gula (V, 43—51).
Der wird auch Gula genannt, s. AfO 9 Das Symboltier der Gula ist der Hund,
(1933/34) 92 f. III 45) und schließlich hatte fast immer UR.GIRX(E$) geschrieben, z. B.
auch Assur drei Tempel der Göttin Gula, BIN 7, 176, 4, 7; VS 16, 181 Vs. 17 (aB)
deren Namen £.gal.mah, fi.sa.bad und und CT 39, 38 Rs. 8, vgl. AMT 19, 7, 4 (jB).
n am. t i. 1 a im sogenannten Götteradreß- In YOS 8, 76, 2 (aB) steht aber vollständig
a
buch (Frankena, Täkultu, 126 Z. 168—71) ka-al-bu-um Sa dgu.la. Auch in Eigen-
verzeichnet und erklärt werden. Die Tä- namen findet sich der Hund der Gula
kultu-Texte nennen n Gottheiten im Gula- (Stamm, MVAG 44 [1939] 122: Mürän-
ä
Tempel (Täkultu, 6 III 10—20), während Gula). Eine Abbildung dieses Hundes
das Götteradreßbuch 18 aufführt (Täkul- gibt Hinke, BER 4, 105, vgl. 1213.
tu, 124 Z. 100—109). Andrae, WA i n Das Gestirn der Gula (mul agu-la) ist
Abb. 49 (vgl. 130) gibt die Abbildung eines die Lyra (§L IV/2, 28 Nr. 82); eine Be-
Siegelbildes, das wahrscheinlich die Front schreibung des Bildes gibt E. Weidner,
des verlorengegangenen Tempels der Gula AfO 4 (1927) 74—77 Rs. 14—6, vgl. 83 f.
in Assur darstellt. Interessant ist der Name Auch der Hund der Gula findet sich am
eines Gula-Priesters Warad-Egalmah bei Himmel (§L IV/2, S. 69, Nr. 167, sub
Szlechter, TJDB, S. 29, Nr. 16387, 5. mul
UR.KU) als unser Sternbild Hercules,
Über die Rolle, die Gula im persönlichen das bei E. Weidner, 1. c. Rs. 10, beschrie-
Glauben der alten Mesopotamier spielte, ben wird.
sind wir schlecht unterrichtet, aber etwas
dürfen wir doch daraus schließen, daß sie H y m n e n u n d Gebete a n Gula:
in altbabylonischer Zeit als Zeugin in Wirt- L. W . King, BMS 6 Z. 71—95, bearbeitet C. J .
schaftsurkunden erscheint (BIN 7, 196, 9; Mullo-Weir, J R A S 1929, 1—3; E. Ebeling,
200,10), daß bei ihr geschworen wird (BIN A G H 46f.; übersetzt W . von Soden, S A H G
7, 183, 17; 186, 18; 187, 25), und daß sie 327*-
sich in vielen Grußformeln der altbabylo- BMS 4 Rs. 2 ff., vgl. C. J . Mullo-Weir, 1. c. 5—7;
E. Ebeling, o. c. 30.
nischen Briefe findet, z. B. TCL 18, 149; BMS 34 (Fragment von 5 Zeilen).
BIN 7, 44; UM 1/2, 5 und 10 (zusammen K A R 73, Z. I5ff., bearbeitet E . Ebeling, ZDMG
mit Samas) ; BIN 7, 53 (zusammen mit 74 (1920) 185—9, v g l . B . L a n d s b e r g e r , Z D M G
Pabilsag); ÜM 7,23 (zusammen mit Damu); 74, 443—4; die Rs. auch bei S. T. Langdon,
OECT 6, 56 f.
TCL 18, 150 und 152 (zusammen mit Lu- L K A 17, bearbeitet E . Ebeling, Or. 23 (1954)
galmarada, Damu und Urmasum). Viele 345—5°-
Eigennamen wurden mit Gula gebildet. L K A 18, wozu Ergänzungen bei R . Borger, AfO
18 (1957/58) H3 1 -
Im Monat war der 9. und 19. Tag der L K A 19 ist gewiß die bei H . Zimmern, B B R , 126,
Göttin Gula geweiht Is. B. Landsberger, Z. 51 genannte Beschwörung.
GULA — GULGULI 697
brochenen Obelisk" Assurbelkalas ge- dir die G.-Gottheiten bestimmt" (KUB 33,
118, 18, 21) und ^Gul-as-sa-as-kan gul
<-sa>-an-za (ZK NF 20, 136 Z. 22, 156).
Gulhitim s. Kulhitim Sie sind als weibhch anzusehen nach
ihrer Stellung in der hurritischen Liste
Gulkisar (written gul-ki-Sdr), sixthking von Göttinnen KBo. 5, 2 III 12, KBo. 14,
of the first Sea-land dynasty, according 142 I 25, KUB 27, 13 I 17 (an den beiden
to King hsts A and B, who ruled S.Ba- ersten Stellen neben Ishara*). Die Bezie-
bylonia for 55 years c. 1595 (1530) (PSBA hung zum hurritisch (-akkadischen) Pan-
1880 22). He was followed by his son Pes- theon zeigt ferner das Nebeneinander von
galdaramus (CT 36, 24 i 9) or according to DA.A DDAM.KI.NA [DINGIR.MAH]
the Synchronistic Chronicle (AK 3, 70) by D GM/S MS (KUB 20, 59 III 5 ff.) und DE.A
another son.. .BÄD.EN. Gulkisar is named- D D A M . K I . N A . . . DHutena DHutellurra
in a kudurru-inscription of Enlilnädin- (KBo. 15, 37 IV 31 ff.), womit die Guls-
apli, king of Babylon, c. 1102/1099, as und MAH-Gottheiten jener (gleichfalls
ruling 696 years before Nabükudurriusurl pluralisch aufgefaßten) hurrit. Götter-
(BE 1, 83 L 6). A secret chemical prescrip- gruppe entsprechen dürften.
tion for glaze (Glasur*) is dated in his first Die Gottheiten haben Verbindung zu
füll regnal year (Iraq 3 [1936] 87ff.). Haus und Fruchtbarkeit, gehören in den
D. J . Wiseman Bereich der Unterweltsdämonen und
Schicksalsgenien. Darüber hinaus wird
Gulla s. Kulla ihre Verbindung mit der Erschaffung des
Menschen durch einen neu bearbeiteten
Guls-Gottheiten Text deutlich.
Meist in der Mehrzahl auftretende A. Goetze, Tunnawi 55 ff.; E . von Schuler
Gruppe von hethitischen Gottheiten. Le- in Haussig, WBMyth. 1,168f.; O. Carruba,
sung unsicher, indem auch ideographische StBoT 2, 28ff., 34ff.; H . Otten — J . Siege-
lovä, AfO 23. (1970) 32 ff.
Wiedergabe GUL-£- möghch scheint: H . Otten
D
GULHI.A- MS * (StBoT 2, 35), Graphik
D
GUL-za-an ^Da-rla-u-ua-] (KBo. 7, 36 I GULsi. dGUL-si CT 24, 30, 14 und CT
11), und keinerlei Zeichenwechsel mit 24, 18, 23 a (in III. Tafel der Götterliste
kuljku-ul- belegt ist. An : Anum) genannte Gottheit. Der alt-
Singularisch nu-ta DGul-sa-as ~H.UL-ahdabab. Vorläufer TCL 15,10 hat in Z. 157
„und dir hat die G.-Gottheit übel mitge- dGUL-zi, was wohl d sün-zi zu lesen ist.
spielt" (KUB 23, 85 Rs. 6), [nu-]si HUL- Ist die jüngere Namensform mißverstan-
lun °Gul-sa-an kisan BAL-ahhi „und für den worden ?
ihn beopfere ich die böse G.-Gottheit D. O. Edzard/W. G. Lambert
folgendermaßen" (Bo 2931 I 5). Daneben
erscheint „die gute G.-Gottheit" (StBoT Gulusu, 1,1 Gu-lu-su, aram. Stamm, nur
2, 28), wobei die G.-Gottheit(en) meist mit Tigl. III. 54, 6 zwischen Nasiru* und
DINGIR.MAH zusammen genannt wird: Nabatu* genannt.
[itten-u]a DGul-as-sa-an DINGIR.MAH 6
w . Röllig
halzisten „wohlan, rufet die Gottheit G.
(und) M." (VBoT 58 I 32). Gulzannikes
Ihr Name dürfte ihre Funktion bezeich- In pluralischer Form belegte palaische
nen: guls/GUL-s- = „markieren, (Schrift) Göttergruppe. In palaischen Götterauf-
einritzen, schreiben, bestimmen". Vgl. zählungen ziemlich am Ende stehend, zwi-
EGIR-SU i>GULHI.A-ul DINGIR.MAH- schen *Hilanzij>a- („Genius des Hofes")
us asanzi gul-as-kdn-zi-kdn kues „dahinter und *UUliantikes (gleichfalls pluralische
sitzen G. und M.-Gottheiten, welche .notie- Bildung mit einem Suffix -ik(a)-). D
In heth.
ren"' (KUB 17, 20 II if.) UL-an-ta-kan abgefaßten Opferlisten MES Hilan[zipa~],
°Gul-as-se-es gul-as-se-er „nicht haben es ^Gulzannikes], DINGIR innara[- (Bo
GUM'A, TULÜL — GUNGUNUM 699
Jahresdaten: Inanna- und Nininsina-Tem- grandfather but the cradle of his dynasty.
pel in Larsa (G. 16,24), Tempel des a lugal- E . Sollberger
ki-du 9 -na (G. 18), Eginabtum des Nanna
sowie ein Stadttor in Ur (G. 25, 20), die Gunierung. Unter G. versteht man die
Festung 6-danna „Meilenhaus" (G. 19), Ausstattung eines Keilschriftzeichens mit
die Mauer von Larsa d utu-ki-bal-e-sä-di gwMM-Strichen. gunü ist seit spätestens dem
(G. 21), die Stadt Dunnum bei Larsa (G. 18. Jahrh. terminus technicus bei der Be-
22). G. grub die Kanäle an-ne-pä-da, nennung der Keilschriftzeichen durch die
im-gur-^sin, d ba-ba 6 -he-gal (G. 15, 17, akkadischen Schreiber; vgl. Proto-Ea,
27). MSL 2,63 Z. 403 mit MSL 3, 202 zu Z. 403:
Literarische Texte auf G. (etwa Königs- (i-)gi-gu-nu. X-gunü will sagen, daß das
hymnen ?) sind bisher nicht bezeugt. Zeichen X durch eine Anzahl paralleler
Zu G.s Jahresdaten s. A. Ungnad, RLA Striche bzw. Keile, die an einer bei jedem
2, 149 f. und 155 f. und Zusatzmaterial in Zeichen verbindlichen Stelle angebracht
ZZB S. 100ff.; zu seinen Bauinschriften sind, erweitert ist. PES ist gunü-Zeichen
s. W. W. Hallo, BiOr 18 (1961) 7 II A. zu HA, KUA, und hat den Zeichennamen
(ZN) kua-gunü; SUD ist guniertes BU
D. O. Edzard, ZZB S. 100—103.
(b u, s 1 r), ZN sir-gunü; S ÜR = SAG-gunü,
D. O. Edzard
ZN sagga-gunü; s. MSL 3, 17, 39f.; 16, 24;
22, 112.
Gxmgxin-'ZabaLn.gu-un-gu-un-za-ba-an™, Die Praxis der Gunierung ist schon in
Ort in einem altbab. Verwaltungstext aus der Uruk IVa-Stufe der Schrift bezeugt:
Susa: MDP 10, 21: 3, 3. Wohl zusammen- s. A. Falkenstein, ATU Nr. 50 UR, 51 UR-
gesetzter Name. Ein Zusammenhang mit gunü; 83 HA, 85 HA -gunü = PE§; 345 SI,
Gungunum von Larsa besteht gegen 346 Sl-gunü (si , gün); 401, 409; 644 AB
D. O. Edzard, ZZB 102490, wohl nicht. 4
(eä), 646 AB -gunü (ZN esse-gunü)\ 733,
D. O. Edzard 736; s. a. ebd. ,Gemdet-Nasr-Stufe' Nr. 1
SAG, Nr. 6 SAG-gunü. Bei der Schaffung
Gunidu and Gursar (written gu-ni-du and von Schriftzeichen war Gunierung von X
gur-sar, reading by no means certain). ein Weg der mechanischen Differenzierung,
Father and possibly grandfather of King auf dem man bequem Zeichenformen für
Urnanse* of Lagaä*. As no title is ever Begriffe gewann, die mit X semantisch
attached to their names it may be assumed verwandt waren oder doch in irgendeiner
that neither was king and that Urnanse lockeren Beziehung zu X standen.
was therefore homo novus. Gunidu is In der Orthographie des Sumerischen
mentioned alone (CIRPL Urn. 1—19, 21, gilt die — zunächst anhand von Beispielen
22, 34. 35, 39. 41—47) or together with der altakk. Zeit ermittelte — Regel, daß
Gursar (ibid. 20, 24—33, 36, 37, 40, 49). gunierte und nichtgunierte Zeichen mit-
In the lists of offerings to ancestors' manes, einander vertauscht werden können; s.
however, only Gunidu is mentioned (e. g., J. Th. Meek und A. Poebel, HSS 10, S. X
DP 222, RTC 58, VS 14, 161; Nik. i, 25, mit Anm. 7. Allerdings wird in der Praxis
etc.). On the other hand, Gursar appears nur beschränkter Gebrauch von der Aus-
as a place-name in, for example, DP 159, tauschbarkeit gemacht. Vgl. auch E. Soll-
where 8 gala g u r - s a r u are listed im- berger, AfO 16 (1952/53) 230 zu GIN =
mediately after 42 gala of Sirara (Nina) aga x statt GIN-gunü = tun, aga; A. Fal-
and 20 gala of Lagas. It is therefore very kenstein, ZANF 18 (1957) 3042 zu BU =
tempting, as suggested by I. M. D'jakonov su x statt BU-gunü = SUD = sü.
Sumer 2Ö46, where the text is quoted, to Die Etymologie von gunü ist bisher um-
translate gu-ni-du dumu gur-sar not, stritten. Der ältere Erklärungsversuch von
as is usually done, „Gunidu, son of Gur- F. Delitzsch (bei V. Christian, MVAG
sar", but „Gunidu, Citizen of Gursar." 18, 50: „Beschwerung" < gun) und
Thus Gursar would not be Urnanäe's St. Langdon (Sum. Grammar 20: „weight,
GUNILAHA — GUNURA 701
gleichgesetzt wurde (in Assur, s. oben 102, 9; 1Ä Gür-a-si(m)-mu: ABL 291, 5; 942, 7;
1244, 2; '"Gu-ra-si-im: 1236, 8. ix. 15; 14 Gu-ra-
Götterlisten), so mag ihre enge Verbun- sfm-mu: ABL 1241, 6. 14. Rs. 7; lü Gu-ra- si(m)-
denheit mit dem Gula-Tempel der Grund ma-aja: ABL 794 Rs. 5; 1000, 16; 1028, 19;
dafür gewesen sein. 1207, 5;
kur
Gu-ra-sim-mu/a: ABL 754, 7. 15; 947, 3.
F. R. Kraus, J C S 3 (1951) 81—86; J.Krecher, Rs. 8; 1089 Rs. 14; K 5504, 18; K 7369, 3;
SKly (1966) 123.
« ru Gu-r[a-sim-mu]: BM 121053, 13)
D. O. Edzard
Die G. — bis jetzt nur aus der Korre-
Gupin (Gubin). Zuerst bei Gudea ge- spondenz der assyrischen Könige mit
nanntes Fremdland, Stat D IV 9 in der ihren Beamten in Südbabylonien und der
Reihe Magan*, Meluhha*, gu-bi kl , Til- Tonscheibe UET 8/2, 102 bekannt —
mun* als Holzlieferant; Stat B VI 45 f. waren unter den Aramäer-Stämmen Süd-
Lieferant des (botanisch noch nicht sicher babyloniens neben den Kaldäern und
bestimmten) halub-Baumes (Eichenart?, Puqüdäern der kleinste und bewohnten
CAD H s. v. haluppu). Altbab. geogr. auch nur einen kleinen Raum: Nach ABL
Listen: Sumer 3, 65, 84; SLT 213 VII4' = 790 + . . ., einem Schreiben des Truppen-
216 III 9' = 218, 3' (Huhunuri*, bi-it- kommandanten Bel-ibni (Mitte/Ende 650),
x-bi/a kl , ku-pi-in kl , Magan, Meluhha). siedelten sie südlich des antiken Unter-
In den lipäur-Litaneien (E. Reiner, JNES laufes des Euphrat und (süd)westhch der
15 [1956] 134. 47) kor ku/gü-pi-in = Sad Großen Lagune, genauer: zwischen der
KU-pa-ni „Bergland der Quellen" Ortschaft Kapir und dem Ekurgal-Kanal
(?, AHw. kuppu), kaum „Bergland der (s. AOAT 7, S. 101), bewohnten also die
Affen" (quppdni, da KU in den hpäur-L. Umgebung der Städte Ur und Eridu.
nicht = qu). Dem geogr. Kontext nach ist Dieses Gebiet wird als kurGurasimmu
G. vielleicht im Gebiet des Gebel Ahdar bezeichnet. Einmal (BM 121053, 13)
(SO-Arabien) zu suchen (W. F. Leemans, findet sich eine Ortschaft mit dem Namen
Foreign Trade [SDIOA 6, i960] 12 mit Gurasimmu, die von den G. offensichtlich
Anm. 1). als eine Art Residenzstadt betrachtet
A. Falkenstein, AnOr 30/1 (1966) 47 f. worden ist.
D. O. Edzard Verwaltungstechnisch unterstanden die
G. den Statthaltern von Ur — ihre Briefe
guqqü s. Opfer enthalten somit die häufigsten Hinweise
Gur s. Masse und Gewichte auf sie. Bislang Hegt nur ein einziger Beleg
für die Loslösung der G. von Ur vor,
Gurain s. Kuwait s. unten.
Die früheste Erwähnung erfahren die
Gur'abi, GARIN Gu-ra-'a-bi BR 8/7, G. in ABL 839, einem Brief Nabü-bel-
42, 12, Name einer Feldflur im Bereich sumätis an Assurahiddin aus dem Jahr 675
von Borsippa, vgl. guräbu „Sack, Um- (s. AOAT 7, S. 38!). Ihre Existenz zu
hüllung" AHw. 299 a; CAD G 136? dieser Zeit bezeugt auch ABL 947, in dem
W. Röllig sie zusammen mit Nabü-rim-iläni und
al-Gürän, Teil. Ruinenhügel und Dorf Nergal-näsir als Autoren Assurbäniapli
darauf hinweisen, daß sie sich unter
in NO-Syrien, etwa 45 km sö. von Räs Assurahiddin besondere Verdienste um
al-'Ain* am S-Ufer des Häbür* (40° 35' Assyrien erworben hätten (Rs. 3—8). Das
Ö.L., 36° 35' n.B.). gute Verhältnis zwischen Ninive und den
M. v. Oppenheim, Sonderheft S. 70. G. über die Regierungszeit Assurahiddins
B. Hrouda hinaus bis weit in die AssurbäniapUs
Gurasimmu dürfte das Werk des seit etwa 678 in Ur,
und damit auch über die G. regierenden
(WGu-ra-sim-mu: ABL 7 9 0 + . . . , 7; 839,17; Sin-balässu-iqbi (s. AOAT 7, S. 38 t.) ge-
1326, 6; 1342 Rs. 12; K 7340, 14. Rs. 8; 83—1—
18, 733, 4; Th. 1905—4—9, 83, 7; U E T 8/2, wesen sein. In der unbeirrbaren Treue zu
GURATA — GURGUM 703
Assyrien unterschieden sich die G. deutlich Gurazu, ^Gü-ra-zu^ JCS 8,11:180,7;
von ihren nordwestlichen und nördlichen 13, 57: 307, 1, Ort im Bereich von Alalah
aramäischen Nachbarn, den Kaldäern und (Schicht IV).
Puqüdäern, die bei jeder Gelegenheit ihre W. Röllig
Abneigung gegen Assyrien kundtaten.
Auch dann, als sich unter der Führung Gurba, Gurbatum. NIM-gü-ür-baki
Samas-sum-ukins und seiner Helfershelfer ITT 2/1, 638 (S.9); NIM-gü-ür-ba-tu-
der Haß gegen Assyrien in der aramäischen um u (S. 28), jeweils nur Umschrift (ür
Bevölkerung Südbabyloniens breitmachte, oder ür?); Ur III, Botentexte aus Girsu.
standen sie zu Ur — darauf weist ABL Vgl. T. Fish, MCS 5/1 (1955) 4-
790+ . . ., wo Bel-ibni Ende 650 be- D. O. Edzard
richtet, daß ihm die G. bei der Säuberungs-
aktion gegen die Agitatoren Samas-sum- Gurde, Siedlung Gur-di-e Iraq 23
ukins und Nabü-bel-sumätis keinen Wider- (1961) 37f.: 2618,17 (Lage?).
stand entgegengebracht haben. W. Röllig
Ende Juli 649 wandte sich das Blatt:
Als zu diesem Zeitpunkt Assürbäniapli als Gürdenna, Hirbat. Ruinenhügel in NO-
neuen Regent in Ur Sin-tabni-usur, einen Syrien, w. des Balih* (38°55' ö. L„ 36°33'
(wohl jüngeren) Bruder Sin-balässu-iqbis, n. B.).
einsetzen wollte, stieß er bei den G. auf M. v. O p p e n h e i m , Sonderheft S. 41.
Ablehnung: Sie hatten sich, wohl nicht B. Hrouda
zuletzt auf Drängen der Elamer und
Nabü-bel-sumätis, für S!n-sarra-usur, einen Gurdl, lGür-di-i Sn. 62 V 4, Dpi. Sumer
weiteren Bruder Sin-balässu-iqbis, ent- 9 (1953) 150, 32; JGur-di-i ADD 742 Rs.
schieden. Vorübergehend scheinen sich die 18, Name eines Fürsten von Tilgarimmu*,
G. dem höheren Willen gebeugt zu haben, der von Sinahhe'eriba 695 geschlagen
doch nahmen sie, offensichtlich unter der wurde. Der Name ist wohl lykisch, entspr.
Führung eines gewissen Balässu (ABL TopSios.
1236, 14t.), sicher auch aus Enttäuschung E. Forrer, Provinzeinteilung 80f.; J. Sunri-
über das Verhalten Assurbäniaplis im wall, Die einheimischen Namen der Lykier,
Oktober 649 an einer Offensive gegen Ur Klio Beih. 11 (1913) 126.
W. Röllig
teil, die von den Puqüdäern mit elamischer
Unterstützung gestartet worden war. Sie
werden es folglich mit Genugtuung auf- Gurete, *™Gu-re-e-te Tn. II S. 24, 34,
genommen haben, daß Sin-tabni-usur Ortschaft im Häbür-Gebiet, von Tukulti-
währenddessen das stark bedrängte Ur ninurta II. zwischen Magarisi* und Tabite*
verließ und sich Anfang 648 Samas-sum- genannt.
W. Röllig
ukin anschloß. Nach der Befreiung Urs,
also nach der militärischen Niederlage der Gurgum, *<"i»™Gür-gu-me III R 7, 41;
vereinigten Aramäer-Heere, bekundeten Sg. Lie 38, 5; Wi. 82, n , Nisbe
die G. laut ABL 1089 (Rs. 13—16) ihre gu-ma-a-a oft, eines der Hatti-Länder im
Bereitschaft, wieder an das gute Verhält- rauhen Kilikien, Sam'al benachbart. Die
nis mit Ninive aus der Zeit vor dem Krieg Hauptstadt war Marqasi (heute Mara§,
anzuknüpfen (zur eingehenden Diskussion s. R. Dussaud, Topographie 235; E. Forrer,
dieser Ereignisse s. AOAT 7, S. 110—119). Provinzeintlg. 71. 73. 77). Erstmals er-
M. Dietrich wähnt wird der Fürst 1Mu-tal-li araGür-
gu-ma-a-a III R 7, 41 (= ARAB 1 § 599)
Gurata, ™KUE-a-#i A1T 181, 7. 11, in Sulmänuasareds 1. Jahr (860), als er
uru Tribut bringt. 5 Jahre später tut dasselbe
gur-a-ta/ti PRU 4, 157, 38. 52, vielleicht l
identisch mit Qaräti, s. M. Liverani, Stud- Qäl-pa-ru-da kurGür-gu-ma-a-a III R 8,
Sem. 6, 11568; H. Klengel, Gesch. Syriens 84 (= ARAB 1 § 610). Zum zweiten Male
3, 88. w. Röllig kommt Assyrien 743 in Berührung mit
7 04 GURGURRI-TOR — GURSAR
G., dessen Fürst Tarhulara sich auf Seiten Gurke, Gattungsname sum. ukus, akk.
Sardurs III. an einer Koalition gegen qiSSü, eine in zahlreichen Arten verbreitete
Tukultiapalesarra III. beteiligt, jedoch Frucht (s. DAB 81—86), doch lassen sich
geschlagen und tributpflichtig gemacht die versch. Bezeichnungen bisher nicht
wird (Tigl. III. 12, 61; 16, 88 = ARAB 1 sicher mit bekannten Gattungen verbin-
§769; 26, 152 = ARAB 1 §772 vgl. den. Nach der Erscheinungsform sind be-
§801). Der gleiche Fürst wird angeblich nannt: ubänu „Finger-G."; iSki alpi
von Sarrukin II. selbst gestürzt (Sg. „Rinderhoden-G." (s. CAD I/J 251 mng.
Stier 26 = ARAB 2 § 92; Sg. Wi. 82,11 = 2; AHw. 396 a); kurdillum — namsabu
ARAB 2 § 79; Sg. Wi. 148, 30 = ARAB 2 „Röhren-G.", nach der Herkunft tjdamSil
§ 99), wahrscheinlicher aber von seinem arüni, qiSSü Sa sumämiti ,,G. des Durstes,
Sohne Muttallu vom Geschlecht Blt- d. h. der Wüste" (s. CAD S. 244a); tigilü
Pa'alla*, den Sarrukin 710 schlägt (Sg. Lie und liligu Sadi „G. des Berglandes"
38, 1 vgl. 5 = ARAB 2 § 29, Dpi. Sg. Wi. (liligü bzw. lalikkü eher Koloquinte, s.
1x2ff. 83—88 = ARAB 2 § 61). G. verliert AHw. 529 b). Vgl. ferner t/damSillu (AHw.
damals seine Selbständigkeit und gehört 157f.); kurdillu (AHw. 510a); banbillu
fortan zu Assyrien. (CAD B 79 a; AHw. 101b), piqü. In
W. Röllig Wirtschaftstexten werden G. sehr selten
genannt, in der Medizin wurden G., ihre
„Gurgurri-Tor" Falschlesung für „Ta- Samen oder Stiele gelegentlich verwendet
bira-Tor", s. Weidner ITN S. 5 usw. (Belege s. DAB 85). Zum (unklaren) Bild
kima bini qiSSe simäni „wie b. von (reifen)
Simän-Gurken (schnitt ich ihre Hände
Gurgussi, Gur-gu-uS-Sikl s. BE 14 S. 58, ab)" Sn. 46, 12 s. zuletzt CAD B 243
Ort in der Nähe von Nippur?, Kassiten- mn S- 3- w . Röm g
zeit.
W. Röllig
v
Gurma s. Antalya
Gurguz, Teil. Ruinenhügel in NO-Sy-
rien, etwa 30 km sö. von Räs al-'Ain* und Gurparanzahu. Heros im hethitischen
etwa 10 km s. vom Häbür* (40° 16' ö.L., Mythos um die Stadt Akkad. Der Tigris*
36° 38' n.B.). (hurrit. Name Aranzah) tritt als handelnde
Person auf, auch der Name des Helden ist
M. v. Oppenheim, Sonderheft S. 70.
davon abgeleitet. Anscheinend ein baby-
B. Hrouda
lonisches Thema, das durch hurrit. Ver-
mittlung nach Bogazköy gekommen ist.
Guriania, k,1TGu-ri-a-ni-a ABL 146, 5, Eine Episode schildert ein Gastmahl.
Landschaft, die z. Zt. Sarrukins II. zwi- „Dann verlangten sie nach dem Bogen...
schen Urartu und Gamirra (s. Kimmerier*) G. schießt, da fliegt ihm der Pfeil vom
lag. Bogen dahin wie ein Vogel. Die 60 Könige,
w . Röllig
70 Helden besiegte er im Schießen".
H. G. G ü t e r b o c k , Kumarbi (1946) 118;
Güripäh, Tell-i. Fundort von Bunt- Derslb. in S. N. K r a m e r , Mythologies of t h e
keramik, nordwestlich von Bahbahän in Ancient World (1961) 154; E . v o n S c h u l e r
Huzistan, Iran, gelegen. D. E. McCown in H . W. H a u s s i g , Wörterbuch der Mytholo-
(The Comparative Stratigraphy of Early gie, 1, 169 f.
H . Otten
Iran. SAOC 23 [1942] 26®') und L. Vanden
Berghe (Archäologie de l'Iran Ancien Gurrusupa, nTUGur-ru-su-pa Sg. 8, 87,
[1959] 59) vergleichen die Keramik mit Ortschaft im Uasdirikka-Gebirge (s. Zi-
derjenigen von Tell-i Bakün. kirtu*), von Sarrukin II. auf dem 8.
Lit.; Sir Aurel Stein, Old Routes of Western Feldzug erobert. w Röllig
Iran (1940) 80 Tf. 114. 17. 19. 20. 23. 26. 27.
U. Seidl Gursar s. Gunidu
GUR-SARRUMA — GUSCl 705
Für eine zweite Grappe von Siegeln ver- Bei diesen Siegeln handelt es sich, wie
mutete Frankfort zwar elamisch-susi- schon H. Frankfort festgestellt hat, deut-
anische Herkunft, nahm sie aber gleich- lich um nicht im sumero-akkadischen
zeitig für die Guti in Anspruch (CS 142). Bereich hergestellte Zylinder, sondern um
Sie bildet in Anlehnung an das früh- Importstücke, die mit der typischen meso-
dynastische Figurenband (vgl. CS 142) potamischen Glyptik nichts zu tun haben
Helden mit abstehenden Locken ab, die (deshalb in EGA nicht berücksichtigt).
oft Tiere bezwingen. Diese weisen statt Aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie im
des Schwanzes einen zweiten Kopf auf und iranischen Bergland geschnitten worden.
sind in der eigentlichen mesopotamischen Frankfort schreibt sie später noch den
Siegelkunst sonst nicht nachweisbar. Der- Elamitern und nicht mehr den Gutäern zu
artige Stücke haben sich in Teil Asmar in (OIP 72 S. 33), während E. Porada an
Schichten der späten Ur I- und frühen seiner alten Bezeichnung festhält, und
Akkad-Zeit nachweisen lassen; ferner gibt zwar offensichtlich ohne Berücksichtigung
es solche aus Assur, Kis und Susa. Für ihre , der Fundumstände zu Teil Asmar (JNES
Datierung sind diese Fundumstände von 17 [1958] 66; Alt-Iran [1962] 34t. Abb.
Bedeutung, geht doch aus ihnen hervor, 18). Diese Identifizierungen sind zu spe-
daß diese Siegel vor der Zeit der Guti- ziell, um glaubwürdig zu sein; man könnte
Herrscher anzusetzen sind, d. h., daß sie diese Siegelgruppen beispielsweise mit
einer Periode entstammen, aus der wir gleichem Recht den in den iranischen
bisher keinerlei Nachrichten über die Bergen hausenden Lullubäern oder einem
Guti besitzen. anderen dort lebenden Volk zuschreiben.
Wenn man daher die Zylinder ganz allge-
Beispiele: Teil Asmar: H . F r a n k f o r t , O I P 72
Abb. 514 F u n d o r t ( = F O ) : ausgehende U r
mein als iranische Siegel der späten Ur I-/
I-Zeit (?)- 558 F O : ausgehende Ur I-Zeit; frühen Akkad-Zeit anspricht, so hat man
567 F O : ausgehende U r I-Zeit; 596 F O ; sie ausreichend genug gekennzeichnet.
f r ü h e Akkad-Zeit; 597 F O : A k k a d - Z e i t :
599 F O : Akkad-Zeit; 629 F O : s p ä t e Akkad- Es gibt somit bis heute keine Guti-
Zeit; 748 F O : Akkad-Zeit (?). Siegel, d. h. Zylinder, die sich wegen
Assur: W . A n d r a e , Die archaischen irgendwelcher Besonderheiten als spezi-
Ischtar-Tempel, W V D O G 39, 63 Abb. 64
Tf. 29i F O : „auf d e m F u ß b o d e n des G-
fisch gutäisch zu erkennen geben.
K u l t r a u m e s g e f u n d e n " . Die Schicht G, die R . M. Boehmer
zahlreiche F u n d s t ü c k e aus der U r I-Zeit
erbrachte, ging i m L a u f e der Akkad-Zeit
zu E n d e . Gutium (Qutium).
KiS: Kish 30—114. 31—-115 (zitiert nach § 1. Gutian beginnings in early tradition.
F r a n k f o r t , CS 142 2). § 2. Gutian contacts in t h e reign of Öarkali-
Tello: bisher k e i n Stück gefunden. E . P o - sarri. § 3. G u t i u m a n d t h e fall of Akkad.
r a d a s ( J N E S 17 [1958] 66) offensichtlich § 4. The Gutian „ d y n a s t y " . § 5. Gutian
von H . F r a n k f o r t (CS 142) ü b e r n o m m e n e m o n u m e n t s a n d their historical implications.
Angabe, es gäbe derartige Siegel aus Tello, § 6. Archival evidence for t h e „ G u t i a n p e r i o d " .
b e r u h t auf einem Versehen F r a n k f o r t s . I n § 7. T h e chronology of t h e Gutian inter-
der zu seinem T e x t gehörigen A n m e r k u n g regnum. § 8. The Sumerian renascence a n d
zählt er keine Siegel aus Tello, d a f ü r solche t h e end of t h e Gutian domination. § 9. G u t i u m
aus dem im T e x t nicht e r w ä h n t e n Ki§ auf. a n d G u t i a n s in t h e second millennium.
I n den Veröffentlichungen ü b e r Tello findet § 10. G u t i u m in t h e literature of t h e first
sich kein derartiges Stück, u n d auf eine millennium. § 11. Gutian linguistic remains.
Anfrage teilt mir P . Amiet freundlichst m i t : § 12. T h e location of Gutium.
„ j e n ' e n ai trouv^ a u c u n de la sörie qui vous
int^resse, e t j e pense donc q u e F r a n k f o r t
a dü faire e r r e u r " . Giitium (Qutium) is the name of a
Ur: L. W o o l l e y / L. L e g r a i n , U E I I Tf. people first appearing in cuneiform sources
200, 97 U. 11509 F O : S. 570: „loose in t h e of the later Sargonic period, later a geo-
soil" S. 342. L. L e g r a i n , U E X Abb. 95 graphical designation applied to some or all
F O : „Sargonid Grave 143"; Abb. 552 F O : of the highlands northeast of the lower
„Sargonid L e v e l " ; Abb. 553 F O : „loose in
soil". Tigris River. The attested orthographies
Susa: Delaporte, L v . I Tf. 29, 6—17. vary. The Standard Old Akkadian spelling
GUTIUM 709
(gu-ti-umji[m]) recurs in all times, side by and his queen Melili (but I. J. Gelb,
side with others such as: KA-tim (?), MAD 2a, 16 dates to Ur III) invaded a
gu-te-bu-um, ku-ti-im, gu-ti-ü in texts of number of lands on the Mesopotamian
the Old Akkadian period; gu-mu-ti-um, periphery, including Gutium. The „Weid-
gw-NU-wm, gu-tu-ü-um, ku-tu-um, ku-ti-i, ner Chronicle" (H. G. Güterbock, ZA 42
ku-tu-ü, gu-tu-um, gu-tü-um in the Old [1934] 47—57) and the „Curse of Akkad"
Babylonian period; gu-ti-(e), qu(or g/kum)- (A. Falkenstein, ZA 57 [1965] 43—124)
ti-i, qu(or gjkum)-tujdu-u, qu-te-ü in the identify the Gutians as instruments of
later (neo-Assyrian and neo-Babylonian) divine retribution summoned against Na-
periods. The abbreviations gu and g u u rämsu'en by Marduk and Enlil respec-
occur in godlists (KAV 173) and mantic tively. They characterize them (A rev.
texts (A. Ungnad, Subartu 88) respec- 23L and 11. 155—9 respectively) in terms
tively. The weight of the evidence suggests which were to become sterotypes for
an initial syllable which the cuneiform Gutium, as barbarian and even bestial
syllabary was not prepared to render un- mountaineers beyond the law. For the
ambiguously, either a closed syllable like historical and chronological value of these
g/kum/w- or an emphatic release wfkin to references, see below (§ 2).
qu-. For convenience, the transcriptions
Gutium and Gutian will be employed here. § 2. Gutian contacts in the reign of
SarkaliSarri. Beginning with a dubious
Kl KI
§ 1. Gutian beginnings in early tradition. reference to Gu-ut or Gu-tam in an
The earliest allusions to Gutium are inscription of Kutikinguäinak (Puzurin-
legendary ones, beginning with the late äuäinak)2 (MDP 14 pl. I ii 12; cf. W. Hinz,
Old Babylonian copies of the inscription CAH i , 19, 11), the first contemporary
of Lugalannemundu* of Adab who, ac- records attest to the Gutians in the time
^ording to one version of the Sumerian of Sarkaliäarri, son and successor of
King List, ruled after Ur II and Uruk II Narämsu'en. One of his date formulas
and before Mari and Kiä III (Lx; cf. F. R. records the capture of a Gutian king by
Kraus, ZA 50 [1952]; W. W. Hallo, JCS 17 the name of Sar-la-ag or A§-§ar-la-ag
[1963] 5542), i. e. presumably in the pre- (RTC 118; Ist. Mus. Adab 405 [unpubl.,
Sargonic period. In several fragmentary ref. I. J. Gelb]). Another (RTC 130) re-
and obscure passages, Lugalannemundu cords a victorious battle against Elam and
mentions tribute from a number of distant Zahara in the neighborhood of Akäak and
lands, including Gutium (H. G. Güterbock, sak-li; this may be a veiled allusion to the
ZA 42 [1934] 40—47; D. O. Edzard, ZZB Gutians, who are described as UN.MES
32), which is listed between Subartu in the sak-la-a-ti by Agumkakrime (see below,
north and Marha§i and Elam in the south. § 9). Still another battle against Gutium is
The cadastre of Sarrukin's empire the subject of a Sargonic date formula
(KAV 92) mentions Gutium in a roster of which, however, lacks the royal name
Transtigridian lands between Lullubu, (RTC 88; ITT I 1048, 1053); other date
Armanu and Akkadu (here the Diyala formulas, with or without this king's name,
region) in the North and Niqqu and Der record battles at Mt. Basar, Uruk, and
in the South (A. Goetze, JNES 12 [1953] Naksu (near Umma; cf. H. Sauren, Topo-
11827; cf. W. F. Albright, JAOS 45 [1925 graphie [1966] 129—135; RA 61 [1967]
212—220; E. Weidner, AfO 16 [1952/53] 75—9, and have sometimes been inter-
11—20). preted as reflecting his encounters with
The „Cuthaean legend of Naram-Sin" Gutium (J. J. Finkelstein, JCS 20 [1966]
(O. Gurney, AnSt. 5 [1955] 93ff.), which 108; S. Smith JRAS [1932] 301) but this
may or may not go back to Old Babylonian remains hypothetical. There is, then, little
prototypes (J. J. Finkelstein, JCS 11 evidence in these dates for the localization
[1957] 83—88) recalls that in the time of of the Gutians. (For all five dates see
Narämsu'en, Annubanini* of Lullubum H. Hirsch, AfO 20 [1963] 28L).
710 GUTIUM
The correspondence of a certain I§- MAD 2a, 209.) The collapse of the Akka-
kundagan also provides contemporary dian empire WEIS thus as decisive as the
evidence for the first incursions of the later traditions made it out to be, though
Gutians. One of his letters (S. Smith, in dating it to the reign of Narämsu'en
JRAS 1932, 295—301; improved trans- they have telescoped the events of two or
lation by J. Laessae, People of Ancient more successive reigns by assigning them
Assyria 29) shows the Gutians disrupting to the most famous among them, an
agriculture, both grazing and cultivation, anachronism peculiar to the genre (cf.
and suggests means for organizing the H. G. Güterbock, ZA 42 [1934] 75f.).
countryside against them. It includes an The historical tradition may also be less
oath by Sarkaliäarri while the other than accurate in regarding the Gutians
(F. Thureau-Dangin, RA 23 [1926] 23—9) as the chief or even sole immediate cause
swears by „the life of the king and the life of this collapse. Many other factors must
of the queen." The reference here is most have contributed, including much more
likely to Sarkaliäarri and his queen serious pressure from Elamites, Lullubi,
Tudasarlibbis, the first Sargonic queen Hurrians and the unidentified „Umman-
known to have borne this title (W. W. manda" (E. A. Speiser, JAOS 72 [1952]
Hallo, AOS 43, 32®) on the testimony of 97—101), as well as the internal upheavals
the seal impressions of Isarbeli (Ward, of the reign of Narämsu'en (W. W. Hallo
SCWA No. 48 = Or. Inst. A 1167; cf. and J. J. van Dijk, Exaltation of Inanna,
R. Boehmer, Festschrift A. Moortgat ch. I). The archaeological record suggests
52, 28), Dada (ib. 54, 34) and Iskundagan that southern Mesopotamia was largely
himself (NBC 4142, unpubl.). untouched by destruction and reconstruc-
tion at this time, the center only slightly,
§ 3. Gutium and the fall of Akkad. and the north most severely. Thus, e. g.
Barely a Century old, the great Sargonic „the archaeology of Warka is afflictedwith
empire largely collapsed at the death of a vexing hiatus from 2350—2050 B. C."
Sarkaliäarri. In the „land of Sumer" to the (R. North, OrNS 26 [1957] 250). In the
south, the ancient city-states reasserted Diyala plains, „it appears that the larger
their independence, as implied also by the towns of the region suffered badly . . . ,
Sumerian King List, according to which although settled life in the villages, and
the kingship passed from Akkad to Uruk. even in the residential quarter of the
In the more distant marches, from Elam towns, may have continued with no more
and Assur to the Häbür Valley and Ana- than brief interruptions" (R. M. Adams,
tolia, there is neither contemporary evi- Land Behind Baghdad 45). At Aääur, the
dence nor later tradition to suggest the great temple of Istar seems to have been
continuation of Akkadian hegemony or destroyed at this time (W. Andrae, AIT
influence. Indeed, the Nippur recension of 95f.). At Teil Brak in the Häbür Valley,
the Sumerian King List (P 3) sums up the the excavator suggests that the destruc-
entire dynasty after Sarkaliäarri, and the tion of the palace of Narämsu'en took
Susa versions conclude it with the four place under Sarkalisarri at the hands of
rival kings who briefly succeeded him. the Gutians, and that it was rebuilt by
And although two more kings of Akkad Urnammu no more than a Century later
are attested in the other recensions of the (M. E. L. Mallowan, Iraq 9 [1947] 29). He
King List, as well as by contemporary assumes a similar course of events at öidla
inscriptions and date formulas, these in the Balih Valley, where the abandoned
cannot have ruled more than „the land of Sargonic fortress was not reoccupied until
Akkad" itself, i. e. a narrow strip approx- Ur III times (M. E. L. Mallowan, Iraq 8
imately 125 km long running from the city [1946] 135). It would seem, therefore, that
of Akkad north to Eänunna. (One of them the Akkadian rampart was sufficient to
even bears a name compounded with the absorb the brunt of the Gutian frontal
name of the Diyala river; cf. I. J . Gelb, assaults, and that the invaders achieved
GUTIUM 7 ii
their principal successes, and perhaps entire entry and begins the dynasty with
established their first Mesopotamian Sett- No. 2. The other names preserved in the
lements, in the north and northwest Gutian section of the King List fall into
(J. J. Finkelstein, JCS 20 [1966] 106—109). two distinct groups. The first may ac-
For possible Gutian influence at Sippar tually represent Gutian or at least
and Umma see below (§§ 5 and 6). „Gutianized" names (Nos. 2, 3, 5, 6, 7,
8, 10), the second are Akkadian or even
§ 4. The ,,Gutian dynasty." The Sume- Amorite (Nos. 12—18). (For Tirigan see
rian King List presents us with a list of below, § 8.) In its present state of pre-
„Gutian" names summed up variously as servation, therefore, the chronological and
21 kings who reigned 125 (variant 124) prosopographie value of this information
years and 40 days, or 23 kings with a reign is negligible.
of 99 years (cLJW; W. Hallo, JCS 17 [1963] In spite of its obscurity, however, the
56); simple addition of the names and „Gutian dynasty" or period assumed his-
figures actually recorded in the only well torical significance in later memory.
preserved exemplar yields 21 kings with According to the ancestral offering list of
91 years and 40 days (Th. Jacobsen, AS 11 Ammisaduqa, the bala gu-ti-um was
[1939] 116—21). For the Susian tradition, the period preceding the Hanaean and
see below (§ 7). The same sources describe Amorite bala's; it began, in fact, with an
these names as the „army" (ugnim) or eponymous ancestor variously called
„land" (ma-da) of Gutium. Neither the Ara(m) or Harhar(u) (J. J. Finkelstein,
figures given nor the names, however, JCS 20 [1966] 99). The former may be
inspire much confidence as to their his- compared with Armanu (for which see
toricity, for not a single one of them is above, § 1), the latter with Karhar, both of
known as a Gutian from contemporaxy which lie beyond the Tigris, the one north
sources, either monumental or archival, the other south of, or on, the Diyala.
and attempts to insert such names into the Harhar, in addition, is how one version of
King List, either by restoration or emen- a late lexical commentary explains the
dation (ib.) must be adjudged hypothetical. geographical name „Tirgan which is before
Only the (A§-)sar-la-ag of the date formula Gutium" (A. Goetze, JCS 18 [1964] 118).
(above, § 2) and the iä-ar-la-ga-an of the
inscription (below, § 5) have analogues in § 5. Gutian monuments and their histo-
the King List, but so many as to be almost rical implication. The ephemeral Gutian
useless for purposes of synchronization, rulers have left us only one contemporary
for they may be compared with all of the royal inscription in the strict sense,
following entries: No. 2 (Su4: [x-ar-la- a macehead (B. M. 90852; photo L. W.
g]a-ba; No. 3 (P4: [x-la-ga-a]n?-da?); No. 4 King, History of Sumer and Akkad,
(WB: iä-lagab1*-«ab ; Lx: ia l-ar-la-ga-ba);facing p. 206) with a fragmentary Old
No. 5 (L2: ia-ar-la-ga-aS)] No. 9: (WB: Akkadian dedication (H. Winckler, ZA 4
ia-ar-la-gab; Lx: [ Ygdb); No. 11 (WB: [1889] 406) by a king of Gutium whose
ia-ar-la; Lj: [x-a]r- vla? -an-gab); No. 19 name Th. Jacobsen (AS 11, 119306)
(WB: [x]-ar-la-ga-an-da). Perhaps this restored as La-e-ra-ab on the basis of
name was, or became, more title than Sargonic texts from the Diyala (now
name, for the first entry already may be I. J. Gelb, MAD 1, 5 and 163; cf. also
restored as [x-la-g]a-an-de in one version La-d-ra-ab in I. J. Gelb, Old Akkadian
for which two others substituted simply Inscriptions No. 28). It should be noted,
„king" (lugal), adding (in one exemplar) however, that this would be the only
that he had no years (mu), i. e. was simply Gutian royal name recurring in these
the eponym of the dynasty. Another Ver- texts (for Si'um see below, § 6). Artistically
sion begins instead: „The army of Gutium and orthographically, this monument
had no king, it ruled by itself (ni-bi-a) belongs in the early or middle Sargonic
for 5 years"; still another (P4) omits the period; its lengthy curse formula seems
712 GUTIUM
to be a close imitation of those on the lished and undated tablet of about this
royal inscriptions of the early Sargonids time [YBC 5107], see below, § 6.)
(D. Cocquerillat, RA 46 [1952] 127). The identity of the two Umma gover-
Judging by its original accession number, nors is crucial for the chronological
i. e. A(bu) H(abba) 82—7—14, 1041, the evaluation of their inscriptions. If Lugal-
piece came from Sippar (confirmed by annatum is identical with the priest of An
E. Sollberger), where H. Rassam dug from at Uruk who dedicated a macehead to
January 1881—July 1882 (cf. S. A. Pallis, Urgigir of Uruk (F. Thureau-Dangin, RA
Antiquity of Iraq 364), but this does not 20 [1923] 6), we could speak of a synchro-
necessarily imply, with Hilprecht (BER nism between Sium and the Fourth
5/1, 22f.), that the king in question con- Dynasty of Uruk; if Nammah(a)ni is iden-
quered and ruled Sippar. Whatever histo- tical with the last independent governor
rical information the inscription itself may of Lagas defeated by Urnammu of Ur,
have contained is lost, and the identi- we could assume that the Iarlagan of his
fication of its royal name with the I4th inscription is the 19 th Gutian king
Gutian name in the Sumerian King List (above, § 4) and that little if anything
([x]-ra-bu^um; cf. Jacobsen, 1. c.) remains separated his reign from beginning of the
problematical. Third Dynasty of Ur.
A long inscription of Erridupizir* king The name Si-ü-um is not otherwise
of Gutium (RIA 2, 471) is known only from attested, either in the King List or in the
what is apparently an Old Babylonian Sargonic onomasticon (cf. e. g. I. J. Gelb,
copy of an Old Akkadian original. It has MAD 1, 2i8f.). But it bears comparison
not yet been published and there is little with such names as Si-um-mi and the
basis for synchronizing this king either more common Si-a-um known both from
with the end of Narämsu'en or with the the Diyala region (ic.) and Gazur (Th. J.
beginning of the Gutian dynasty (Th. Meek, HTT 10 p. xxxvi) if the former is
Jacobsen, AS 11, 117 and 206). not to be read as Si-ummi (cf. I. J. Gelb,
More revealing than these monuments MAD 3, 42, 247; cf. also Si-um-me ib. and
are two Sumerian building inscriptions of Th. Jacobsen, CTC 4 VI 16) and the latter
city rulers of Umma, orthographically logographically as Watrum (cf. I. J. Gelb,
clearly of later date than the preceding. MAD 3, 83). The Old Akkadian seal of
One is a stone foundation tablet of 1-lu-lu (A. Moortgat, VR No. 186) seems to
Lugalannatum recording the reconstruc- acknowledge such a Si-a-um as king in a
tion of the 6-pa of Umma after Umma had formula sparingly attested at this time
lain waste (? Umma ba-ba-a 35 mu (YOS 9, 8; cf. W. W. Hallo, HUCA 33
zal-la-ba) for 35 years (V. Scheil, CRAI [1962] ig164). Cf. also the gloss sd si-a-im
1911, 319); the other a broken clay cylin- for the name of the city of Dunnu-sä'idi
der (or nail?) of Nammah(a)ni recording (A. Poebel, AS 14, 934; differently CAD D
the restoration of the temple of the 184 a; cf. RIA II s. v.). One may even
goddess Ninurra of Umma (YOS I 13; ponder the possibility that the Urukian
collated). Both conclude with a kind of usurpers remembered in the historical tra-
date formula, the first „at that time dition as Lugal-anne (or Lugal-anna) and
Si-u-um was (or became) king of Gutium," Mansium somehow reflect the Lugal-
the second „at that time Iä-ar-la-ga-an annatum and Sium of the inscriptions
was king of Gutium" (cf. already C. H. W. (W. W. Hallo/J. van Dijk, Exaltation of
Johns, PSBA 1916,199 t.). Apparently the Inanna ch. 5 (x)). But all these suggestions
Gutian royal succession was significant remain hypothetical.
enough to serve to date events at Umma, Finally, one must mention a votive
but it need not be concluded that Gutians family relief dedicated by the scribe and
actually ruled at Umma. (For the sense archivist of Urusarig (Äl-äarräke) for the
of 1 udu 1 mä§ dumu Lugal-an-na- life of Saratigubisin (or Muatiqubisin;
tüm gu-ti-um mu-tiim on an unpub- Jacobsen AS 11, 120308) „his king"
GUTIUM 713
(F. Thureau-Dangin, RA 9 [1912] 73), [bis]; C. Frank, Str KT43). Dates as high
who has sometimes been regarded as a as the 25 th year have been noted on such
Gutian though not so designated in the texts (MAD 28, 11) and it seems quite
inscription. [Cf. now gelbyMAD 5, pp. possible that the dating system actually
XVI ff.] follows some kind of „Gutian era" at an
unknown site or sites. If so, the texts are
§ 6. Archival evidence for the „Gutian evidence for lively and diversified econo-
period." As a geographica! designation, mic activity under Gutian rule, including
Gutium appears on scattered Sumerian and the processing of such commodities as
Akkadian economic texts datable to the cereals, oils, lumber, cloth and copper,
later Sargonic period. At Lagaä, e. g., and for the beginnings of silver (s. Silber*)
there is a record of a certain Iiis Coming as money in its classical functions as these
from Gutium (RTC 92), while other are known from the Ur III period (J. B.
accounts seem to refer to royal cattle re- Curtis and W. W. Hallo, HUCA 30 [1959]
turned by (or from?) Gutium (Amherst 105) though here still under the äabra
No. 4) or to Gutian oil (ib., No. 9). Akka- (BIN 8, 286; previously the same person
dian texts from the Diyala region refer to is designated as ensi; cf. BRM 3, 26;
cattle which were brought from Gutium MCS 9 No. 238), not the merchant. Many
(MAD 1, 269; cf. also ib. 99) and this is texts indicate a sophisticated distribution
also probably the sense of YBC 5107 system geared to the professional status of
(above, § 5). the recipient, and based primarily on
The unnamed king, queen, princes and barley, oil and fish (se-ba i-ba ku 6 -ba;
princesses on distribution lists from Lagai cf. MCS 9, No. 233). As to the provenience
(F. Thureau-Dangin, RTC I34f., 221—4 of most of these texts, one may suggest
etc.) are sometimes thought to be the Umma which, with its deity Sara, occurs
Gutian overlords; more likely, however, quite often in them. [Cf. now gelb, MAD 4,
these are still references to the Sargonic pp. IX ff.]
kings (cf. F. Thureau-Dangin, RA 9
[1912] 81—3; above, § 2, for a similar § 7. The chronology of the Gutian inter-
usage) or even the divine court at Lagag regnum. The chronology of the third
(so E. Sollberger, AfO 17 [1954] 33 sub id). millennium hinges on the number of years
A considerable group of economic texts assigned to the interval between the
of this period employ a peculiar dating accessions of Sarkalisarri of Akkad and
system which, in its most complete form, Urnammu of Ur. Most current chrono-
is of the type 5 mu 3 iti 17 ud, i. e. 5th logical schemes insert the entire „Gutian
year 3rd month 27th day (BIN 8, 314); dynasty" into this interval, which they
when one or more of these elements is assess at over a Century, or 106 years
omitted, the coefficient 1 is apparently according to Th. Jacobsen (AS 11,
implied. Some 175 texts of this type are Table II), 104 according to Sollberger
now known (cf. I. J. Gelb, MAD 2a, 11 and (AfO 17, 45) and ca. 145 according to
add Or.SP 2 [1920] 57; T. Donald, MCS 9/1 M. B. Rowton (CAH1/22 4,49; cf. JNES 19
[1959] passim). It has been suggested that [i960] 158) not to mention older schemes.
these texts date from the reign of Lugal- In the absence of even a Single firmly
zagesi (E. Sollberger, BiOr. 16 [1959] 115). estabhshed synchronism (see in part
In fact, however, they date from the later above, § 5), this chronological Solution
Sargonic period, as is clear from the per- must be rejected, for nothing in the
sonal name aNarämsu'en-ili occuring al- character of the Sumerian King List
ready in texts of the „second year" necessitates such an assessment. Instead,
(MCS 9, No. 235; cf. already I. J. Gelb, one must look at the more or less absolute
MAD 2a, 208). Gutians together with figures available from the parallel and
Amorites are referred to specifically in better attested dynasties. At Lagas, the
texts of the seventh year (MCS 9 No. 234 dynasty of Ur-Bau is attested by the date
714 GUTIUM
formulas for at least 33 years (E. Soll- M. B. Rowton, JNES 19,158), the Ur-Bau
berger, AfO 17, 33—5); whether the five dynasty at Lagas (including the brilliant
governors whose accessions served as date reign of Gudea) and the highpriestess
formulas belong here or in the preceding Enannepada at Ur, as well as with the
period is still uncertain. At Umma, the „Gutian era" of 25—35 years (above, § 6)
two ensi's already mentioned date their at Umma or some other site. In the same
own reign by Gutian kings; the 35 years span of time, we may accommodate the
mentioned by the first is our only in- last dozen Gutian rulers (Nos. 10—21)
dication for their chronology. At Uruk, who, according to the King List, reigned
the fourth and fifth dynasties probably for 38 years altogether. The earlier Gutian
succeeded each other without a break at rulers (Nos. 1—9), with their much more
this time (Th. Jacobsen, AS 11, 205); outlandish names, must have been con-
their combined lengths can be calculated ceived as reaching back to the very
as anywhere from 33 to 59 years from the beginning of Narämsu'en's reign. For
King List, depending on the recension chronological purposes, then, the „Gutian
followed; in the only fully preserved one period" may have been an interval of no
it is 37 years. Ur seems not to have had more than four or five decades of petty-
any really independent rulers at this time statism between the imperiums of Sar-
(W. W. Hallo, JCS 20 [1966] 136—138), kalisarri of Akkad and Urnammu of Ur.
but the succession of highpriestesses to This is also the conclusion of S. A. Pallis,
Nanna functioning there are now appa- who dates the end of Agade to the year of
rently all known (differently E. Sollberger, Urnammu's accession (Chronology of the
AfO 17 [1954/56] 26). Enheduanna, first Shub-ad Culture, 434) or even fifteen years
of the line, probably functioned from late thereafter (Antiquity of Iraq, 483). Nor is
in the reign of her father Sarrukln all the it contradicted by archaeological evidence
way to the early years of Narämsu'en (ib.,) (see already above, § 3), for in many media,
a judgment borne out by the glyptic evi- the Late Akkadian style merges so smooth-
dence (R. M. Boehmer, Festschrift A. ly into that of early Ur III as to make a
Moortgat 44); her apparent successor, lengthy interval between them improbable
Enmenanna, served during the later reign (cf. B. Buchanan, JAOS 74 [1954] 147—
of Narämsu'en to judge by the titulary 153; AJA 70 [1966] 289).
employed in her inscriptions (W. W. Hallo, In the Susian versions, indeed, the King
AOS 43, 59f.). Since the average tenure of List itself may preserve the memory of
her datable successors is over 38 years, a minimal Gutian interregnum, for it has
there is no particular reason to doubt that room for only a few rulers, and apparently
Enmenanna continued to serve through gives their total span as only 25 years
some or even all of the reign of Sarkali- (M. B. Rowton, JNES 19 [i960] 1578).
sarri, and that Enannepadda, the daughter
or Ur-Bau of Lagaä, served for a similar § 8. The Sumerian renascence and the
length of time (30—40 years). Finally at end of the Gutian domination. According to
Akkad itself, the period of the last six the historical tradition, the Gutian domi-
rulers lasted 39 years according to the nation of Mesopotamia ended as it had
King List. begun — as an act of divine retribution.
Thus there is a remarkable unanimity If Marduk had stirred up the Gutians
in the records of the five major city-states, to avenge Babylon according to the
all pointing to an interval of about 40 „Weidner Chronicle" (above, § 1), the
years between the death of Sarkaliäarri same source now sees them forfeiting
and the emergence of Urnammu as over- their hegemony to Utuhegal* for their
lord of Sumer and Akkad. It may therefore sacrilege against Marduk. If Enlil had
be proposed that the last five rulers of brought Gutium down from its mountain
Akkad were contemporary with the 4th to avenge Nippur according to the „Curse
and 5th dynasties of Uruk (so also of Akkad" (ib.), it was Enlil that now
gutium 715
confronted Tirigan of Gutium with Utu- period with the persistence of a literary
hegal of Uruk as a Sumerian deliverer cliche, although their name here may have
according to the latter's inscription. This been substituted for newer enemies from
inscription, known so far only in_0Jef the highlands such as the Hurrians
Babylonian copies (F. Thureau-Dangin, (A. Falkenstein, ZA 57 [1965] 4612, 48f.18c).
RA 9, in—120 and 10, 98—100), once In one of his royal hymns, Sulgi*, like
more describes the Gutians as the scourge Urnammu, (above) boasts of defeating the
of the more civilized world; it credits Uruk Gutians („Sulgi D", ib.) and there is an
with single-handedly ridding Sumer of the obscure reference to the land of Gutium
enemy and thus meriting national acknow- (ma-da g u - t i - u m SA.GA h u r - s a g - g ä -
ledgement. The copies may be true to their 3e) in another („Sulgi E" = TCL 15, 14
presumed original, but in point of histori- v 19 restored from YBC 4660, 16). In a
cal fact, the contemporary inscriptions of (literary) letter to Sulgi, Irmu mentions
Utuhegal cast him in a much more modest the „Citizens (lit. sons) of the Gutian land"
role: as an arbiter in the boundary dis- in the Company of others from Mari and
putes between Ur and Lagas and as Rapiqum on the Euphrates (J. J. van Dijk,
sovereign over the viceroy of Ur (W. W. Sumer 15 [1959] 11 Rev. 5ff.). Even
Hallo, JCS 20 [1966] 135—138). The latter Ibbisu'en still had to contend with Gutian
was aimost certainly Urnammu*, who in invaders in the „Lamentation over Ur
the opening chapter of his „hymnic bio- and Sumer", according to which Enlil
graphy" is himself credited with taming once more „brought Gutium down from
the Gutians (ib.; cf. A. Falkenstein, Iraq 22 the mountain" (YBC 4610, 34, unpubl.)
[i960] 147), though whether as Utuhegal's and foisted the enemy on Adab in particu-
lieutenant or in his own right is not clear. lar (D. O. Edzard, ZZB 51233; A. Falken-
The omen tradition confirms that Tirigan stein, ZA 57 [1965] 4612). It is hard to
perished, or according to the later versions decide whether these allusions to Gutium
(which here agree with the Utuhegal are intended to cast Ibbisu'en in the role
inscription) disappeared, in the midst of of another Narämsu'en, whether they are
his troops without helping to decide who meant to refer to Elamites, or whether,
it was that vanquished him (A. Goetze, after all, they are authentic testimony to
JCS 1 [1947] 25; 9 [1955] 23; E. Weidner, continuing pressure from the Gutians after
MAOG 4 [1928/29] 234L). It seems logical their retreat from Mesopotamia. Normally,
to conclude that Tirigan was considered the Sumerian poets certainly distinguished
the last ruler of the „Gutian dynasty" Gutium and Elam, as is clear from an
though none of the manuscripts of the otherwise broken reference to both in an
Sumerian King List preserve more than a Iäbi-Irra hymn (STVC 63 iv uff.).
fragment of the name. Likewise it is The contemporary Ur III sources are
hkely that the lunar eclipse of the fourth less explicit on the Gutians than these
month associated with Gutium in the literary passages. Irnanna, for example,
astrological omens refers to Tirigan, but it calls himself „governor of Sabum and the
can only be used for dating purposes with land of gu-te-bu-um-(ma)" among many
reserve (cf. A. Ungnad, Subartu §§ 74, 79; other titles on his inscription (SAKI
J. Schaumberger, AfO 17 [1954—56] 90). 148, 122 a); this Irnanna was „prime-
As usual, the actual course of events may minister" (sukkal-mah) to Süsu'en and
have been less dramatic than the historical Ibbisu'en, and identical with the Irmu
tradition paints it. We have already seen who functions as such and as governor of
that the Gutian rule rested lightly and Girsu* at the same time (W. W. Hallo,
briefly on Sumer and Akkad; though there AOS 43, 114L), and who figures so pro-
may have been a decisive military en- minently in the Sulgi correspondence
counter, it does not really appear to have (above). Thus it is not impossible that the
ended all at once. For the Gutians continue Gutebum of his inscription represents
to figure in later sources about the Ur III Gutium (A. Goetze, JNES 12 [1953] 118),
716 GUTIUM
and that he governed it, along with Sägir-Bäzär texts but this is true of a
numerous other eastern boundary areas, certain Bi-ga-an (SÄ.ERlN gu-tu-üM) on
from his headquarters at Lagas. There is a late Old Babylonian text from Sippar or
also some sparse evidence for Gutian Kiä (MCL 1518, unpubl.; cf. J. J. Finkel-
settlement on the opposite, northwestern stein, JCS 20 [1966] 10751).
frontier of the Ur III empire, where Gutian It is difficult to date the quasi-literary
influence had already been detected letter in two duphcates (van Dijk, TIM
earlier (above, § 3). For a high official in a
2, 92=97) which refers to Gutium and
Mari text of this period bears a name Gutians (written Ku-tu-um, Ku-ti-i) in
Ld-ds-ga-an, with the -gan ending charac- connection with Der, Aksak (!; suggestion
teristic of the Gutian royal names, though of J. van Dijk), Susa and Elam generally,
his patronymic, Äs-ma-TI.EN (for EN.- and seems to place the Gutians on the
TI.KI = Ebeh ? Suggestion of D. 0. Ed- edge of the Iranian plateau. Apart from
zard) may have an Amorite etymology this letter, and an asirum-text of Rim-
(J. J. Finkelstein, JCS 20 [1966] 107«; anum of Uruk mentioning a Gutian with
cf. F. Thureau-Dangin, RA 34 [1937] the good Akkadian name of Waradsin and
i75f-; 35 [1938] 106). datable to approximately 1802/1738 B. C.
(see the latest edition by W. F. Leemans,
§ 9. Gutium and Gutians in the second RA 55 [1961] 69I), the earliest Babylonian
millennium. The earliest references to references to Gutians date from Hammu-
Gutians in the Old Babylonian period rapi. The date formulas of his 30 th and
come, oddly enough, from the north: 32 nd years (i. e. ca. 1763/1699 and
Semäära, Sägir-Bäzär and Mari. Gutium 1761/1697 B. C.) record victories over
and Gutians (written Ku-tu-u, Ku-ti-i etc.) great coalitions among which Gutium
are mentioned in a Semäära letter dating figures side by side with Subartu und
to the time of Samäiadad I of Assyria Esnunna; these victories bracket the final
(ca. 1813—1783/1749—1719) (ShT 32—37) defeat of Larsa and mark the actual
and in a number of Mari letters of about establishment of the short-lived Amorite
the same time (see the references in empire of Babylon (cf. D. O. Edzard, ZZB
ARMT 15, 132). One „Gutian" at Mari 181 f.). A similar coalition figures in the
bears the specifically Amorite name Iasim- fragmentary bilingual inscription (UET I
Addu (ARM 5, 2, Ii1) suggesting that the 146 iii—iv) first recognized as belonging
Gutians of the Middle Euphrates were to Hammurapi by A. Ungnad (Subartu
remnants of a much earlier penetration by p. 48) and 128
I. J. Gelb (Hurrians and Suba-
now thoroughly assimilated with the rians 41 ) and partly edited by Ä. Sjö-
indigenous Amorites (J. J. Finkelstein, berg (ZA 54 [1961] 51—70). But it is
JCS 20 [1966] 1071 and passim). Or per- doubtful whether Gutium itself ever
haps there is a simple scribal error for formed part of the empire of Babylon,
Su-tu-ü involved (so J.-R. Kupper, No- for it is not mentioned in the prologue to
mades 95), for at Sägir-Bazar in the Häbür the Laws of Hammurapi, and the „for-
valley (ancient Asnakkum acc. to W. W. tress of Samsu-iluna" buüt by that king
Hallo, JCS 18 [1964] 74 f.) no such assi- at Hafägi (Tutub) in his 23 rd year
milation seems in evidence at the same (ca. 1726/1662 B. C.) is commemorated in
time. Rather, a considerable number of an inscription which describes the „fron-
distinctly „Gutian" personal names have tier of Gutium" in terms suggesting a
been noted there, including Te-ri-ka-an foreign land (A. Poebel, AfO 9 [1933—34]
and others ending in -an or -ka-an and not 243; 27; E. A. Speiser, BASOR 70 [1938] 8).
amenable to a Semitic etymology, al- By the end of the Old Babylonian
though the Gutian character of these names period, the term „Gutian" was of little
has been questioned (I. J. Gelb, Hurrians more than vague geographic or ethnic
and Subarians 64128). They are not ex- significance. It was presumably thus that
pressly identified as Gutians in the the epithet found its way into HAR-ra =
GUTIUM 717
going over to Cyrus at the crucial moment seem to preserve authentic traditions,
and joining him in the march on Babylon since they link Gutium with Harhar
(ANET 306; cf. ib. 315). Cyrus reci- (above, § 4) or the city of Luti, i. e.,
procated, as it were, by restoring to their probably, the city otherwise known as
rightful places the cult-statues and wor- Lubti, Lubdi, Lumti, or Numti and located
ship of the deities of all the trans-Tigridian south of the Lower Zab (J. J. Finkelstein,
lands up to and including „the region of JCS 9, if.). To some extent, however, the
the Gutians" (ib. 316). terrestrial and celestial significance of
None of these late references imply the Gutium may have become confused, for it
survival of a Gutian population in either is difficult to explain the equations
an ethnic or a political sense. Rather, the GI§GAL.LU(! ?).AN.NA.KI = gu-ti-umK1
term had by now become a purely geo- in HAR-ra = hubullu (II R 50:52b) and
graphica! one. This is clear from its use in GI<3GAL.LU(!?).AN.NA = gu-tu-ü in
the contemporary learned literature. In Antagal G (CT 19:18 rev. 14 b) other than
the vast astronomical and astrological as the „heavenly south." Some such basis,
cuneiform literature of the first millen- or a meteorological one, may also be at the
nium, Gutium is simply synonymous with bottom of the obscure equation me-er-
one of the four points of the compass, m e - e r = gu-tu-ü (var. gu-du-ü) in mal-
usually the east but sometimes the north. ku — sarru I 227 (A. Kilmer, JAOS 84
This scheme, in which Gutium is often [1964] 428; 85 [1965] 208) for me-er-me-
joined or replaced by Subartu, applies not er shares with« x (GlSGAL)-lu (south) and
only to terrestrial but, with modifications, mer (north) the equation with mehü
to celestial cartography. By extension, the „stormwind".
fourfold division into Gutium (and/or In spite of its reduction to a purely
Subartu), Elam, Amurru and Akkad was geographical or even directional sense,
also applied to numerous other astrono- the recollection of Gutium as a specific
mical phemomena such as the watches of tribe and locale associated with assumed
the night, the months in which lunar historical events never disappeared en-
eclipses occur, or the precise date of the tirely from cuneiform literature. One of
new moon. Astronomical omens frequently the very latest references to the Gutians is
mention Gutium, its revolt, or its defeat found in a Seleucid tablet (Rm IV 97 =
by or invasion of Babylonia, so that it was B. M. 33541; last edited by St. Langdon,
not for nothing that Sarrukin elicited such SBP, No. XXV) lamenting the destruction
an omen (above; see for all the above of the cities of Sumer and Akkad, appar-
A. Ungnad, Subartu 6gii.). ently at their hands — a possible allusion
This wholly schematic usage of Gutium to the original Gutian invasion. It may
in late astronomical scholarship contrasts therefore be a late copy of a much earlier
with the geographical traditions handed Akkadian original. There were also per-
down from Old Babylonian times. In the sistent traditions that linked Mt. Nisir,
early geographical list from Kis (OECT 4, or Mount Ki-ll-pa as it was called by the
161 ii 15; cf. also IV R 36:1:25), Gutium Lullubi (Luckenbill, ARAB I § 449), with
appears in more or less its expected „the mountain of the ark in the land of
Position between Hama?e and Niqqu, Guti" (Hilprecht, BE Series D V/i:
much as in the imperial cadastre of 29—32), most specifically in the „lipsur
Sarrukin of Akkad (above, § 1). In the litanies" (E. Reiner, JNES 15 [1956]
canonical neo-Assyrian successors to these 134:41). This tradition seems even to have
lists (i. e. HAR-ra = hubullu XXI), been preserved by the Syriac and Arabic
Gutium still appears in this role, as the geographers, who record that the moun-
entry about „Tirqa-before-Gutium" shows tain where Noah's ark landed was the
(cf. A. Goetze, JCS 18, 118); the further Gebel Güdi (cf. M. Streck, ZA 15 [1900/01]
explanations added by the commentary 272—274; Assurbanipal 785 and passim;
text (HAR-gud) ad. loc. (ib.) likewise R. P. Boudou, Or.SP 38—9 [1929] 67).
GU' UM 719
But there is no trace of the Gutians in possibly Sippar (§ 5). In the Old Babylo-
Jewish tradition, and little likelihood that nian period, persons indentified as Gutian
the Qo'a of Ezekiel 23:23 preserve their or bearing „Gutian" names are attested
name, as sometimes suggested. throughout northern Mesopotamia and
Assyria (§ 9).
The traditional concept of a trans-
§ 11. Gutian linguistic remains. The Tigridian Gutium begins with Old Baby-
available Gutian personal names do not lonian traditions about Lugalannemundu
suffice for even a tentative restoration of and Narämsu'en (§ 1). It is reflected also
a „Gutian language", and there is little in the „cadastre" of Sarrukin of Akkad
help from the lexical lists (cf. above, § 9). (§ 1), which in its extant form dates from
There are but a few „Gutian" entries in the neo-Assyrian period. Specifically, this
the synonym lists devoted to foreign and text places the northern border of Gutium
uncommon dialects (C. Frank, MAOG 4 at Abul-Adad and its southern border at
[1928/29] 36—45). One, the equivalent of Hallaba. It also mentions a „Terqan of
the Akkadian plant name bariratu, (sa- Gutium" as one border of the land of
gapenum) is partially broken (ib. 41; cf. Idamaraz; since Idamaraz is situated
CAD B 111a); perhaps one may restore between Gutium on the north and Elam
it as hara[mbi). Another, elinu, is the equi- on the south according to Samsu-iluna's
valent of Akkadian kurkanü, the „goose- inscription (§ 9), this Terqan is presumably
plant" (cf. Landsberger, WO 3, 26oB6). the northern border of Idamaraz and the
The seven principal deities of the Gutian southern border of Gutium. Indeed, late
pantheon were once listed in the canonical geographical traditions (§§ 4, 10) identify
god-list An = Anum (YBC 2401 VI the „Terqan facing Gutium" with Lu(b)ti,
168—175; unpubl.; ed. R. Litke), but only i. e. Tauq on the Tauq Cai, the ancient
the last name, a certain Abublab*, is pre- Radanu-River, and distinguish it from the
served. It has a characteristically „Gu- „Terqan facing the mountain" (A. Goetze,
tian" ending, and is equated with Ninurta JCS 18, 118; W. W. Hallo, JCS 19, 57).
(cf. also CT 25:12:16). Like the languages The latter may perhaps be identified with
of Subartu and Tukriä, that of Gutium the modern village of Tergän or Targinah
was characterized as „confused" by the (suggestion of I. J. Gelb) which F. Sarre
Babylonians (CAD E 42 b). As early as and E. Herzfeld (Archäologische Reise II
Sargonic times there was a „Gutian Inter- 1920, 312L), E. Sachau (Am Euphrat und
preter (dragoman)" (OIP 14, 80; cf. Gelb, Tigris, 1900,110 f. and map IV) and others
Glossa 2 [1968] 95). located further north, immediatedly next
to Qasr Semamok, the ancient Kakzu
§ 12. The location of Gutium. The numer- (cf. G. Furlani, RSO 15, 119—142). If this
ous and shifting geographical indications Terqan marked its northern limit then the
given above may be summarized as follows. Gutian territory, according to Old Baby-
The earliest contemporary references to Gu- lonian conceptions, lay on both sides of the
tium in Old Akkadian times seem to place LowerZab approximately from the 35 th
it, or persons designated as Gutians, in the to the 36 th parallel. The first millennium
mid-Euphrates area, in Company with usage (§ 10) was much vaguer and referred
Amorites (above, §§ 2, 6). There is some, to all or part of the Transtigridian land by a
albeit negative, archaeological evidence in number of different names, among them
favor of the same assumption (§ 3, end), as Gutium.
well as later onomastic (§ 8, end) literary L i t . : C. J . Gadd, „ T h e d y n a s t y of Agade
(§ 8) and lexical (§ 9) testimony to the a n d t h e G u t i a n invasion", Cambridge
same effect. For the late Old Akkadian Ancient History I (rev. ed., 1963) fasc. 17;
period, or the „Gutian" period proper, S. Smith, „Notes on t h e Gutian period",
J R A S 1932, 295—301; F. Thureau-Dangin,
there are indirect indications that Gutians „ L a fin de la domination Gutienne", R A 9
may have ruled Umma (§§ 5—6) and just (1912) I i i — 1 2 0 ; H . Sauren, „Der Feldzug
720 GUTTI — GYGES
Utuhengals von Uruk gegen Tirigan und Guziat, GU-zi-at™ HSS 10, 36 II 6,
das Siedlungsgebiet der Gutäer", RA 61 Ortschaft bei Gasur* (aAK).
(1967) 75—79- W. Röllig
W. W. Hallo
Guzummänu
Gutti, Gu-ut-tiki A1T 54, 23, Ortschaft ( k a r Gu-zu-um-ma-nu/i: Sn.gi, 26; 52, 34. 37;
im Bereich von Alalah (Schicht VII). 56, 6. 10; ABL 1461+ . . . , 8;
l4
W. Röllig Gu[-zu-um-ma-nu]: ABL 833, 7;
uru
Gu-zu-u[m-ma-nu]: K 1560 Rs. 3)
Gu'ud s. Gud Das sumpfige Gebiet G. ist, dem Bericht
über den ersten Feldzug Sinahheeribas
Guwa al-Süsa,Tell. Ruinenhügel in NO- gegen Mardukaplaiddina (705) zufolge,
Syrien, etwa 30 km w. von al-Hasece* südöstlich von Kis zu suchen. Hier konnte
(Hassak6*) (40° 31' ö.L., 36° 29' n.B.). Mardukaplaiddina in unwegsamem Ge-
M. v. Oppenheim, Sonderheft S. 69. lände vor den assyrischen Truppen Zu-
B. Hrouda flucht finden.
Guwerän, Teil. Ruinenhügel in NO-Sy- G. begegnet zudem in drei Briefen, und
rien, unmittelbar s. von al-Hasece* (Has- zwar je einmal als Landschaftsbezeich-
sake*) (40° 52' ö.L., 36° 29' n.B.). nung (ABL 1461+ . . . , 8), als Name für
die im Gebiet von G. ansässigen Bewohner
M. v. Oppenheim, Sonderheft S. 70. (ABL 833, 7) und als Ortsname (K 1560
B. Hrouda
Rs. 3). Die Bewohner von G. scheinen teils
Guza. d gu-za, in Ur III der vergött- Aramäer (wohl Kaldäer) und teils Baby-
lichte „Thron*" eines Herrschers oder eines lonier gewesen zu sein — letztere melden
Götterbildes, dem geopfert wurde. Auch nach ABL 833, 8ff., daß sich Marduk-
d
g u - z a - d e n - l ü - l a und d gu-za- d äul-gi- aplaiddina zu einem neuerlichen, wohl
ra „(göttlicher) Thron des Enlil; des Sulgi" nicht erwünschten Aufenthalt in ihrer
bezeugt. Mitte eingefunden habe.
N. S c h n e i d e r , AnOr. 19 (1939) 32, Nr. 182 Die beiden BriefeABL833 und 1461 -f...,
bis 184; A. S a l o n e n , Möbel (1963) 35ff. die von den loyalen Beamten Nabü-bel-
D. O. Edzard sumäti und Ana-Nabü-takläk in Bit-
Daküri stammen (s. WO 4 [1967] S. 79ff.),
Guzallu-sa-ili, URU 1Gu-zal-lui-$a-ili sprechen von G. offensichtlich im Zu-
BE 14,126,11 (mB), Ortschaft im Bereich sammenhang mit den Auseinandersetzun-
von Nippur (?). gen zwischen Sarrukin und Marduk-
W. Röllig
aplaiddina etwa 710.
Guzalü ägu-za-lu-ü, dGU.ZA.LÄ(ö), der K 1560, dessen Autor unbekannt ist,
göttliche „Sesselträger", bekannt aus Göt- stammt aus der Zeit des Bruderkrieges
terlisten, dem „Götteradreßbuch" von zwischen Assurbäniapli und Samas-sum-
Assur und dem Königsritual KB 6/2, 56ff. ukin (651—648) und nennt einen Ort G. :
Vs. 3, [24], 25—27,36 u. ö. Sonst ist guzalü Aus ihm komme der von Samas-sum-ukin
Epithet verschiedener Götter (K. Tall- in Samele eingesetzte Rebellengouverneur
Bel-usallim (s. AOAT 7, S. 87). Hiermit
qvist, StOr 7, 75). KAV 64 V 19 dKA-sa-
ist wahrscheinlich der bedeutendste Ort
lu-ü gehört wohl nicht hierher. des Sumpfgebietes G. gemeint.
R. Frankena, Täkultu (1954) 91 Nr. 71.
D. O. Edzard M. Dietrich
I
j GY Eb 721
j
Graec. 45; Justin 1, 7, 17) legendenum- nimmt G. Kontakte zu Psammetich I. auf,
woben (Ring des G.; märchenhafter Reich- vernachlässigt Assur — wohl in der
tum). Nach Beseitigung des Herakliden- Erkenntnis, daß es im Bruderkampf wenig
königs Kandaules konnte er das lydische Interesse an Kleinasien haben dürfte —
j Reich bis zum Hellespont und in die Troas und findet (nach Assurbaniapli: infolge-
ausdehnen und griff nachhaltig und, ohne dessen) bei einem neuerlichen Kimmerier-
Gegenwehr zu finden, in das Leben der einfall unter Tugdamme (Lydgamis, s. H.
grch. Kolonien dort ein. Bedroht wurde Winckler, AOF 1, 495L) den Tod. Es wird
i sein Reich durch einen Kimmeriereinfall, angenommen, daß sich das Grab des G. im
deshalb suchte er das Bündnis mit Assur- großen Tumulus Karmyarik Tepe in Sardis
baniapli. Dieser schildert das Hilfeersuchen befand, s. G. M. A. Hanfmann, BASOR 177
als Folge eines Traumgesichtes durch (1965) 34; 182 (1966) 27ff.
Assur (VAB 7,20ff. Z. 95ff.; 166ff. Z. 13ff., M. Streck, VAB 7, Bd. 1, CCCLII—CCCLV;
s. A. L. Oppenheim, Dreams 249 Nr. 8, ZA 15 (1900) 321; 27 (1912) 268; C. H. W.
vgl. S. 202). Nachdem — offenbar mit Johns, ADD 3, 160; C. F. Lehmann-Haupt,
assyr. Hilfe — die Kimmerier kurzfristig Pauly-Wissowa R E Bd. 7 (1910/12) I956ff.;
G. Neumann, Untersuchungen zum Weiter-
zurückgeschlagen sind, sendet G. zwei leben heth. Sprachgutes . . . (1961) 69—71
gefangene Häuptlinge nach Ninive. Später (zur Namensform).
NACHTRAG
Gu'aba. gü-ab-bakl „Ufer des Meeres" nir) hat der Tempel der Stadtgöttin das
(gü-a-ab-ba k i in RA 32, s. unten), der Epithet 6-aba x (AB)-sä-ga-lä-a „Haus,
j Uberseehafen des Staates Lagas, unweit das sich bis mitten übers Meer ausbreitet"
1 der Stadt Ninä-Siraran*. Nach den Wirren (s. Ä. Sjöberg, TCS 3,33 z. 283).
\ am Ende der III. Dynastie von Ur viel- Die geographischen Listen führen G. in
leicht aufgegeben, zumindest in der Funk- geographisch untypischem Zusammenhang
tion als Handelsplatz. In den Verwal- auf: SLT 213 VII 21' = 216 IV 8 gü-a-
tungstexten von Ur III bisher über 150 ba ki zwischen Sulgi-Nanna* und Simur-
mal belegt; s. Repertoire g^ographique rum*; Ch. F. Jean, RA 32 (1935) 168 ff.
und J.-P. Grdgoire (unten), passim. Aus IV 37 gü-a-ba-ba zwischen Usar-su-
jüngerer Zeit nur noch literarische Belege. hur* und Gu'ida*.
Die „Klage über die Zerstörung von Ur" Nur einmal bezeugt ist bisher gü-ab-
nennt G. mit seiner Stadtgöttin d nin- b a - g u - l a " „Gross-G." (ITT 2/1, 695, 10,
I MAR.KI in Z. 34f. (S.N. Kramer, AS 12, Ur III, aus Girsu).
| 20), die „Zweite Ur-Klage" in Z. ca. 170! J.-P. Gr^goire, La province meridionale
( = UET 6, 128, 22f. und Parallelen), wo- de l'etat de Lagash (1962; A. Falkenstein,
j nach die Göttin „ihr Silber und Lapislazuli AnOr 30/1 (1966) 28—30.
D. O. Edzard
! auf grosse Schiffe verlud". S. noch Grd-
| goire (unten) S. XVII. [Gürtel, philol.] Das übliche akkad.
Der bisher älteste Beleg für G. ist ein PN Wort für den G. ist misarrum, meserru
! unter Lugalanda von Lagaä: gü-ab- (sprachl. Herkunft unbekannt), wofür
i ba-ki-du 1 0 „G. ist ein guter Ort" (BIN 8, sum. und als Sumerogramm im Akk. und
370, 7). G. besaß ein Heiligtum der a nin- Heth. ku5 E.fB = kuS guru x steht (vgl.
MAR.KI, das 6-munus-gi 1 6 -sa (A. Fal- F. Ah, Sum. Letters [1964] 44 Z. 47 mit
kenstein, ZA 58 [1967] 9); oft wird es nur Var. kuä guru 7 ). Heth. Lesung vielleicht
es g ü - a b - b a u „Heiligtum G." genannt. gaparis (s. A. Goetze, Corolla hng. 56;
Auch ein Sulgi-Tempel ist bezeugt (CT 7, s. a. TAHASPI ebd. 58 f. und vgl..iShuzzi,
13: 12939 IV 2—3). In der Sammlung von J. Friedrich, HethWb. 87 a). Der G. war
Hymnen auf die sumerischen Tempel (d-u6- gewöhnlich aus Leder, zuweilen aber auch
Reallexikon der Assyriologie i n 47
722 NACHTRAG
aus Metall, so aus Bronze, Silber oder Arbejdsmark (1968) i 3 f f . ; ders., Archaeo-
Gold (Belege AHw. 658 b). logy 23 (Jan. I 9 7 o ) 27 ff. p Calmeyer
Gelegentlich aus Leder (ku8'ä-ku-he-na v
BE 1,11, 1, hurrit. Plural), meist aber aus Guvi, Tepe. — 10 km nördl. Susa.
I
Stoff war das aguhhu (sum. kus-lä, öfter 934/35 ergaben 2 Schnitte bemalte Fi-
ä-gu 4 -hu-um) genannte Kleidungsstück, gürchen, fusaioles und chalkolithische
das seit der aB Zeit der Istar und gött- Keramik, doch keinerlei Schichten. L. Le
lichen Wesen vorbehalten war (B. Meiss- Bretons Aufteilung — Susiana b bis c —
ner, BAW 1, 7f.; F. Köcher, MIO 1 [1953] ist hypothetisch gemeint.
84t.; W. F. Leemans, SLB 1/1 [1952] n f . ; R. de Mecquenem, L'Anthropologie 45
(T935) 93ff-; L- Le Breton, M D P 30 (1947)
AHw. 17a; CAD A/i, 159f.). Hier wie bei 147ff-.' ders., Iraq 19 (1917) 82ff.; W. Nagel,
weiteren Ausdrücken (mezehu, mej&zähu, B J V 1 (1961) 90; 2 (1962) 7. 9. 14. 22. 24;
nebehu = TÜG.IB.LÄ u. a.) ist eine 3 ( j 963) II- p . Calmeyer
scharfe Abgrenzung gegen „Schärpe" und
„Binde" noch nicht möglich. Gundük. — Dorf zwischen Hinnis und
(tüg)fb-ba-RU, das Gilgames laut Gilg., 'Aqra in Iraqisch Kurdistan nahe einer
Enkidu und die Unterwelt Z. 136 um- Quelle, einem Teil, in dem W. Bachmann
gürtet, gehört ebenfalls in den Zusammen- einen spätassyrischen Statthalter-Palast
hang G. vermutet, und einer Tropfsteinhöhle, an
deren Wand A. H. Layard ein ca. 2 qm
großes, gerahmtes Felsrelief entdeckte.
Gurän, Tepe. Ruinenhügel am Nord- Ein mittlerer Streifen blieb offenbar un-
rande der Ebene von Hulailän im Pust-i skulpiert (Inschrift vorgesehen?).
Küh. Nach einem Survey 1962 wurde hier
unter Leitung von J. Meldgaard 1963 eine Der obere Bildstreifen läßt noch deut-
etwa 8 m dicke Schichtensequenz früh- lich eine von einem Speer getroffene(?), ]
neolithischer Zeit freigelegt. Eine anschei- sehr sorgfältig modellierte Capride und i
nend kontinuierliche Folge vorkeramischer einen heute kopflosen „Jäger" mit dem
Rest einer Waffe (Bogen?) erkennen. Das
und keramischer Siedlungsreste konnte Motiv erinnert an mittelassyrische Siegel-
sehr genau beobachtet werden. bilder.
J. Meldgaard—P. Mortensen, Acta Archaeo- Der untere Bildstreifen ist sehr schlecht
logica 34 (Kopenhagen 1964) 97K.; P. Mor-
tensen, Sumer 20 (1964) 28 ff. ders.— zu erkennen: offenbar wird ein Thronender
K. Flannery, Nationalmuseets Arbejdsmark bedient. Falls eine Schlachtung dargestellt j
(1966) 85 ff. ist, wären zwei Reliefs in Kül-i Farah bei
Die Oberfläche des Hügels enthielt Malamir die nächsten Parallelen (Vanden
Gräber und geringe Siedlungsreste aus der Berghe, IrAnt. 3 [1963] 28 ff. Taf. XII
endenden Bronze- und beginnenden Eisen- f. XX). Der wie aus Brettern gefügte Sitz
zeit. Eine zweite Expedition unter H. ist dagegen eher mit denen des zyprisch-
Thrane grub 1964 Siedlungen am Südrand nordsyrischen Kreises verwandt (H. Ky-
rieleis, Throne und Klinen [1969] 58f. 63f.).
des Hügels aus, deren unterste Bau-
schichten Giyan* HI-ähnliches Material Ähnlich schwierig ist der Motivzusam-
enthielten; die obersten Schichten korres- menhang auf einem 1947 neuentdeckten
pondieren mit Hasanlu* III. Zum Teil Reliefstreifen auszumachen. Einzigartig
dazugehörige Gräber lagen auf der Hügel- ist die Hauptszene: an einem thronenden
spitze; ein Hiatus in der Siedlung wird Gott steigt eine Capride (oder Mensch,
vielleicht durch „Siyalk B"-Gräber re- dessen Bein aus der Verkleidung hervor-
präsentiert. — Es handelt sich also um die tritt ?) wie an einem heiligen Baum hoch.
Zeit etwa zwischen dem 14. und 7. Jh. A. H . Layard, Niniveh and Babylon (1853)
v. Chr., die in Luristan noch niemals der- 368f. Abb.; W. Bachmann, Felsreliefs in
artig sorgfältig ergraben werden konnte. Assyrien. WVDOG 52 (Leipzig 1927) 28 ff.
H. Thrane, Acta Archaeologica 34 (Kopen- Taf. 32; H . E. Toufic Wahby, Sumer 4
(1948) i43ff.; M. al-Amin, ebenda (arab.)
hagen 1964) 121 ff.; ders., Nationalmuseets
x8off. Tf. 5 ff. P. Calmeyer