Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Die Mittagspause naht, ein schlechter Zeitpunkt also für weitere Diskussionen. Craig
Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, hält sich dementsprechend
kurz an diesem Donnerstagvormittag. "Können wir weitermachen?", fragt Reedie in
sein Tischmikrofon und schaut durch den Ballsall eines Luxushotels im Herzen von
Südkoreas Hauptstadt Seoul.
Dieser kurze Augenblick bestimmt nach der achtstündigen Sitzung die Schlagzeilen:
Die Wada erkennt die russische Anti-Doping-Agentur Rusada nicht als regelkonform
an. Die angeblichen Dopingbekämpfer aus Russland sind seit 2015 suspendiert und
bleiben es auch. Hinter dem Startrecht russischer Athleten bei internationalen
Wettkämpfen steht damit ein großes Fragezeichen. Klar ist nur eines: Die
Auseinandersetzung zwischen russischen Verantwortlichen und internationalen
Kontrolleuren wird noch monatelang weitergehen und Auswirkungen auf die
Olympischen Spiele und die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 haben.
In Seoul ist deutlich geworden, dass eine Lösung des Konflikts angesichts der aktuell
verhärteten Fronten nicht möglich ist. Zwar bekommen der russische Sportminister
Pawel Kolobkow und der Chef des russischen olympischen Komitees, Alexander
Schukow, viel Lob von den Konferenzteilnehmern: Die russische Seite habe
Manipulationen eingeräumt und viele Anstrengungen unternommen, die Rusada neu
zu formen und zu verbessern. Doch dann schieben die Wada-Vertreter bei ihren
Wortmeldungen immer noch ein "Aber" hinterher. Und von diesen "Aber"-Sätzen
gibt es noch viel zu viele.
Russland weigert sich bisher vor allem, zwei wesentliche Bedingungen der Wada zu
erfüllen.
Russland bleibt dabei: Zwar habe es Betrug gegeben, doch dies sei das Werk
Einzelner gewesen - den Vorwurf des Staatsdopings weist man strikt zurück. Für die
Wada ist dieser Punkt aber nicht verhandelbar; ohne Eingeständnis aus Moskau
keine Aufhebung der Sperre.
Die Wada kann dabei nur relativ hilflos zuschauen. Abgesehen von der Rusada-
Suspendierung bleibt ihr kaum Spielraum. Sie hat keinen Einfluss auf die russische
Strafermittlungsbehörde, Sanktionen gegen Athleten kann nur das IOC verhängen.
So wird das Verfahren weiter verschleppt.
Nach den Olympischen Winterspielen im Februar 2018 wird sich der Konflikt auch
auf die Fifa-Weltmeisterschaft in Russland auswirken. Wie bereits 2014 in Brasilien
müssen die genommenen Dopingproben außer Landes gebracht und dort untersucht
werden, weil die lokalen Labore nicht zur Analyse berechtigt sein werden.
Solange die russischen Ermittler bei ihren Untersuchungen Lücken lassen, könnten
auch beim prestigereichsten Fußballturnier der Welt Zweifel an russischen Sportlern
aufkommen. Schließlich wird Russland im Rampenlicht eines prestigeträchtigen
sportlichen Großereignisses stehen. Wie damals, 2014, in Sotschi.