Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Dezember 2019 - LJ A
GAUDETE
Die 3 Adventkranzkerzen erst während der jeweiligen Strophe des Liedes „Tauet
Himmel“ anzünden!
LIED ZUR ERÖFFNUNG: Wir sagen euch an den lieben Advent GL 115,1-3
P: Wir entzünden heute bereits die 3. Kerze an unserem Adventkranz.
Sie brennt für all jene Menschen, die verzweifelt sind, und die nicht mehr
weiter wissen. Dieses Licht soll uns allen Hoffnung und Freude schenken.
Diese Kerze soll unser aller Leben froh machen!
EINFÜHRUNG
Wir sind am 3. Adventsonntag zur Hl. Messe versammelt.
Dieser Sonntag trägt den Namen Gaudete, was auf Deutsch „Freut euch!“
bedeutet, und uns das Wort des Hl. Paulus ins Gedächtnis ruft, das er in
seinem Philipperbrief schreibt: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!
Noch einmal sage ich euch: Freut euch! Denn der Herr ist nahe“.
Auch in dieser Feier ist der Herr uns wieder nahe!
In dieser Feier sagt uns Gott zu, dass wir mit allem, was geschieht,
in seiner Hand geborgen sind:
„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich:
Freut euch! Der Herr ist nahe.“ (Phil 4,4.5b)
Freude: Wie sehr sehnen wir uns danach! Und wie viel steht ihr oft im
Weg! Und oft sind wir es selber mit unserer Enge, mit unserer
Kleinlichkeit, mit unserem harten Urteil, die Freude verhindern.
Die Adventzeit lädt uns dazu ein, über unsere Erwartungen
nachzudenken und auch über das, was wir uns erhoffen.
Heute fordert uns Johannes der Täufer dazu auf, über unsere Einstellung
zu Jesus nachzudenken: Ist er für mich der, der kommen soll?
Ist er die Erfüllung meiner Erwartungen?
Oder muss ich meine Erwartungen zurückschrauben?
Ist er vielleicht anders, als ich es mir erhoffe?
1
„Freuet euch!“ ist trotzdem die Grundbotschaft des heutigen Sonntags.
Freuen wir uns, dass wir hier beisammen sind?
Geben wir einander und unserem Herrn Grund zur Freude?
Nehmen wir teil an Seiner Freude - und bitten wir Gott, er möge uns ein
weites Herz schenken und uns für seine Frohe Botschaft öffnen! - Stille -
KYRIE-RUFE
Guter Gott, wir hören zwar die Botschaft deines Kommens –
aber wir rechnen nicht wirklich mit deiner Ankunft.
Wir sind unterwegs und treiben dahin von Termin zu Termin –
aber wir bewegen uns kaum einen Schritt auf dich zu.
Wir sorgen uns, um noch das richtige Geschenk zu finden und die
Delikatesse für den Festtagstisch – aber die Zeichen deines Kommens
übersehen wir. So bitten wir um dein Erbarmen:
Herr Jesus Christus,
du kommst in unsere Welt, aber wir haben im Augenblick viele andere
Dinge im Kopf und denken so wenig an dich: Herr, erbarme dich unser.
du kommst in unsere Welt, aber wir verlieren dich immer wieder aus
den Augen und suchen dich nicht. Christus, erbarme dich unser.
du kommst in unsere Welt, doch wir wollen uns nicht ändern. Herr,
erbarme dich unser.
VERGEBUNGSBITTE
Zur Ruhe kommen. Loslassen. Still werden. Ganz bei mir sein.
Mich öffnen. Mein Innerstes erforschen. Und dort dir begegnen.
Mir selbst auf den Grund gehen. Mein Herz weit machen und Freude
erfahren durch dein Kommen. Herr, hab du Erbarmen mit uns.
Hab Geduld mit unserer Schwachheit. Hilf uns zu einem neuen Anfang
und ermutige uns zu einem konkreten Vorsatz. Amen.
kein Glorialied!
TAGESGEBET
Herr, wir nennen dich Gott und bemühen uns zu wenig, dich richtig
kennenzulernen und dir den gebührenden Platz in unserem Leben zu
geben. Wir bereiten uns auf den Geburtstag Jesu vor, und lassen uns
immer wieder ablenken.
Wir wissen aber, dass du in unserer Mitte bist, uns hörst und uns lenkst.
Immer wieder richtest du dein Wort an uns.
Lass uns dein Wort hören und lass es uns auch verstehen.
Darum bitten wir dich durch Jesus, den du uns als Retter gesandt hast,
und der mit dir und dem Hl. Geist lebt in Ewigkeit. Amen.
2
HINFÜHRUNG ZUR 1. LESUNG
Manches klingt zu schön, um wahr zu sein. Anderes kann an
Erfahrungen anknüpfen. Mit poetischen Bildern will der Prophet Jesaja in
politisch schwierigen Zeiten seine Glaubensgeschwister ermutigen und
aufrichten.
4
MEDITATION - 3. Adventsonntag - 16. 12. 2007 - Mt 11,2-11
5
Markus Essig - Diözesansekretär + Geschäftsführer - Kolpingwerk Freiburg
PREDIGT
„Weihnachten kommt immer so plötzlich!“, seufzte einmal ein Pfarrer,
als er die viele Arbeit vor sich sah, die er bis Weihnachten noch zu
erledigen hatte. „Weihnachten kommt immer so plötzlich!“ mag auch
manche Hausfrau stöhnen, wenn sie an die Dinge denkt,
die bis zum Heiligen Abend noch zu machen sind.
Viele Menschen erleben diese Wochen vor Weihnachten als die
hektischsten des ganzen Jahres. In den Sätzen der heutigen Lesung aus
dem Jakobusbrief ist interessanterweise aber nichts von Hektik zu finden.
Ganz im Gegenteil: „Haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn!
Auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet
geduldig, bis im Herbst und im Frühjahr der Regen fällt. Ebenso geduldig
sollt auch ihr sein.“
Der Advent braucht Geduld, keine Hektik. Hektik entsteht oft dann,
wenn man sich zu viel vorgenommen hat.
Oder wenn man die Ziele, die man sich gesetzt hat, nicht erreicht.
Das hieße dann für uns an diesem 3. Adventsonntag: Nimm dir nicht zu
viel für den Hl. Abend und die Weihnachtsfeiertage vor!
Überfrachte diese Zeit nicht mit zu hohen Erwartungen!
Zu Weihnachten werden die Welt und unser Leben nicht grundsätzlich
anders aussehen als heute. Wer versucht, an den Weihnachtstagen für ein
paar Stunden die normale Lebenswirklichkeit zu verdrängen und in eine
heile Scheinwelt einzutauchen, der wird spätestens am 27. Dezember ein
böses Erwachen haben:
Diese Scheinwelt bricht nämlich wieder zusammen!
Wer aber versucht, geduldiger zu werden - mit sich und mit seinen
Mitmenschen -, der ist es, der diese adventliche Botschaft wirklich
verstanden hat.
Der Jakobusbrief macht dies in dem Bild vom Bauern und von der Ernte
deutlich: „Auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde,
er wartet geduldig, bis im Herbst und im Frühjahr der Regen fällt. Ebenso
geduldig sollt auch ihr sein.“ Und dann heißt es weiter:
„Macht euer Herz stark, denn die Ankunft des Herrn steht bevor.“
Wie dieses „das Herz stark machen“ in der Praxis aussehen kann, dazu
bietet der Jakobusbrief einen ganz konkreten Vorschlag: „Klagt nicht
übereinander, Schwestern und Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet.“
Also: Bevor du über deinen Mitmenschen urteilst, versuche zunächst
einmal, ihn zu verstehen! Selbst wenn du manches an ihm auszusetzen
hast, versuche als erstes, nachzudenken, warum er sich so und nicht
anders verhält oder denkt!
Das klingt zunächst wie eine ganz banale Anstandsregel, greift aber viel
6
tiefer: Wenn ich mich geduldig hinein versetze in meinen Mitmenschen,
erst dann bin ich auf dem Weg zum Weihnachtsgeschehen.
Denn was feiern wir denn zu Weihnachten Anderes als das große
Geheimnis, dass Gott sich in uns Menschen hinein versetzt hat - mit der
Konsequenz, dass er selbst Mensch wurde, ein Mensch wie du und ich.
„Macht euer Herz stark“ - das ist weder eine Sache der Hektik noch eine
Sache der übergroßen Erwartungen. Es ist eine Sache des Sich-in-den-
anderen-Hineinfühlens. Aber - das braucht Zeit und Geduld.
Ja, Advent ist die Zeit der Geduld, der Geduld mit sich selbst und der
Geduld mit seinen Mitmenschen - Geduld in vielerlei Weise. Amen.
GLAUBENSBEKENNTNIS
Bei allen Fragen und Zweifeln halten wir doch an unserem Glauben fest,
den wir nun gemeinsam bekennen wollen: Ich glaube an Gott, …
FÜRBITTEN
Jesus, seit deiner Menschwerdung bist du unter uns. Seit deiner
Auferstehung ist dein Kommen unscheinbarer, werden unsere Geduld
und unsere Hoffnung manchmal auf eine harte Probe gestellt.
Geduld brauchen wir, den Advent unseres Lebens durchzustehen.
Dabei vertrauen wir auf deine Hilfe und bitten dich:
Für alle, die Sorgen haben, die krank sind, denen es aus irgendeinem
Grund nicht gut geht. Schenke ihnen Erfahrungen, die ihnen neue
Hoffnung, Optimismus und Zuversicht geben!
Für unsere Gemeinde und für alle, die den Weg des Glaubens suchen.
Führe uns auf einem guten Weg in die Zukunft. Zeige uns, wo unsere
Verantwortung liegt und gib uns die Kraft, diese Verantwortung auch
zu tragen.
Komm und leite unseren Papst Franziskus und unsere Bischöfe, wenn
sie Entscheidungen für die Zukunft unserer Kirche treffen müssen.
Für alle, die sich nicht mehr freuen können: Schenke ihnen
Begegnungen und Erfahrungen, die sie aus ihrer Lustlosigkeit und
Freudlosigkeit befreien!
Für alle, die in Streit und Hass leben: Gib ihnen die Einsicht, dass
Versöhnung mehr bringt als jeder Streit.
Wir bitten für unsere Verstorbenen, die nichts mehr von sich selbst,
aber alles von dir erhoffen dürfen.
Guter Gott, auf unserer adventlichen Pilgerschaft bist du unsere Hoffnung
und unser Ziel. Schenke uns Augen, die deine Zeichen erkennen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.
7
LIED ZUR GABENBEREITUNG
GABENGEBET
Guter Gott, wir geben dir unscheinbare Gaben: ein wenig Brot und etwas
Wein. Lass sie Nahrung sein für uns und lass uns Schwestern und
Brüder sein für alle, mit denen wir die Gaben teilen, im Gottesdienst und
im Alltag, durch Christus, unsern Herrn. Amen.
8
Zugleich erwarten wir aber in dieser Zeit in besonderer Weise sein
Wiederkommen am Ende der Tage.
Jesus lässt uns in diesem Warten aber nicht allein.
Im eucharistischen Brot ist er bei uns gegenwärtig und stärkt uns.
Um dieses Brot sind wir nun versammelt.
So sehen wir Christus, das Lamm Gottes.
Er nimmt hinweg die Sünde der Welt!
A: Herr, ich bin nicht würdig, ...
Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott. Er selbst wird kommen und euch erretten!
KOMMUNIONLIED
SCHLUSSGEBET
Lasset uns beten! Jesus, du bist Mensch geworden, um uns so nahe zu
kommen in unserer Gemeinschaft, in deinem Wort und im Zeichen des
Brotes. Diese Nähe haben wir nun im Gottesdienst gefeiert.
Dafür danken wir dir!
10
Lass uns im Bewusstsein dieser Nähe auf dein Geburtstagsfest zugehen,
und begleite du uns in diesen adventlichen Tagen.
Bleibe bei uns, Herr, heute - und für alle Tage bis in Ewigkeit. Amen.
VERKÜNDIGUNGEN
SEGENSBITTE
Bitten wir Gott nun um seinen Segen:
Der Herr segne unser Denken und unser Handeln -
und ER sei mit uns auf all unseren Wegen.
So segne und behüte uns alle der allmächtige und uns liebende Gott,
+ der Vater, der Sohn und der Hl. Geist. Amen.
SENDUNG
Geht nun hin und sagt einander:
„Hab Mut, fürchte dich nicht, hier ist dein Gott.“
ER ist ein Gott der Liebe, ER hat eine gute Nachricht für alle Menschen.
Gehen wir nun voll Vertrauen, dass Gott den Neubeginn ermöglicht!
So gehet hin und bereitet Freude!
A: Dank sei Gott, dem Herrn!
POSTLUDIUM
11
Auslegung und Deutung
Liebe Christen! „Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen, die Steppe soll
jubeln und blühen.“ Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergangen ist beim Hören dieses alten
Prophetenwortes. Vielleicht hat sich der eine oder die andere gedacht: Mir ist dieser
Text zu poetisch. „Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen, / die Steppe
soll jubeln und blühen.“
Eine Wüste können sich wohl alle vorstellen: ganz trocken, ganz sandig oder ganz
steinig. Dass es in der Wüste gelegentlich blüht, das kann man sich vielleicht auch
noch vorstellen. Aber, dass eine solche Wüste blühen kann wie ein Garten?
Die Menschen, zu denen Jesaja gesprochen hat, konnten sich das gut vorstellen – weil
sie immer wieder die Erfahrung gemacht hatten: einmal im Jahr gibt es eine
Jahreszeit, da blüht alles. Das ist ja bei uns nicht viel anders: Wer jetzt durch die
Straße geht oder durch die Landschaft fährt, der sieht kahle Bäume und Sträucher,
öden Boden mit ein bisschen Unkraut – aber er sieht nichts blühen. Und trotzdem
wissen wir, dass es draußen ganz wunderbar blühen kann. Der Prophet Jesaja hat
diese Worte vor ca. 2.500 Jahren zu Menschen gesprochen, die weit weg von ihrem
Zuhause waren, weil man sie fortgeschleppt hatte. Das war für sie gerade so, als ob
man sie in die Wüste geschleppt hätte. Diesen Menschen sagt Jesaja: Ihr braucht
euch nicht zu fürchten, ihr braucht nicht zu verzweifeln. Denkt mal daran: auch die
Wüste kann blühen wie eine prächtige Blume. Möglicherweise hat Jesaja damals auch
schon die Befürchtung gehabt, dass seine Worte manchen Leuten zu poetisch, zu
dichterisch waren. Und deshalb hat er es auch im Klartext gesagt: Wer sich kraftlos
fühlt und wem die Knie schlottern, dem ruft er zu: „Habt Mut, fürchtet euch nicht!“
Und warum sollen sich die Menschen nicht fürchten? Sie sollen sich nicht fürchten,
sie sollen Mut haben, weil Gott bei ihnen ist: „Seht, hier ist euer Gott!“
Heute Morgen/Abend sind hier Menschen versammelt und ebenso an vielen Orten in
anderen Kirchen, die sich treffen, weil Gott ihnen Mut macht für ihr Leben. Aber nicht
alle sagen das mit den Worten: „Seht, hier ist Gott. Deshalb fürchte ich mich nicht.“
Was einem Mut macht, werden viele mit alltäglichen Erfahrungen begründen: dass
man nicht allein ist, sondern mit anderen zusammen auf dem Weg ist: in der Familie,
in der Schule, bei der Arbeit, in der Gemeinde. Oder die Erfahrung, dass man etwas
gut kann oder dass es sich schon immer wieder gut fügt.
Jesaja sagt das so: Wo Gott ist, dort bekommt man Mut, weil den Blinden die Augen
geöffnet werden und den Tauben die Ohren, weil die Zunge des Stummen wieder
jubeln kann. Das hört sich gut an, aber die Sache scheint einen Haken zu haben: Man
muss das auch wollen. Jetzt fragen sich vielleicht manche: welcher Blinde möchte
nicht sehen wollen oder welcher Taube nichts hören? Aber es gibt noch eine andere
Blindheit und Taubheit, von der viele oft nichts wissen wollen, die sie gar nicht ändern
wollen.
Wie oft kann man hören und lesen: Erwachsene sind zu viel und zu oft mit Auto und
Flieger unterwegs, verpesten die Luft, zerstören die Erdatmosphäre. Da sind doch viele
grade froh, wenn sie davon nichts hören und sehen müssen. Denn was kann ich allein
denn verbessern?
Das klingt jetzt gar nicht mehr so poetisch wie bei Jesaja. Aber auch hier gilt der
Zuspruch für jeden: Es steckt viel mehr in dir drin, als du oft glaubst. Und wenn du
es willst und versuchst, dann wirst du spüren, dass du nicht allein bist, dass Gott da
ist. Genau dasselbe haben wir mit anderen Worten im Evangelium gehört. Wo
Menschen sich eingelassen haben auf die Nähe Gottes, die Jesus gelebt hat, auf die
12
neuen Lebensmöglichkeiten, die Jesus ihnen geschenkt hat, da konnten die Blinden
sehen, die Tauben hören und die Lahmen wieder springen. Das kommt manchem
vielleicht unglaublich vor. Doch, dass eine Wüste blüht, das glaubt man ja auch nicht
immer. Und trotzdem kann man das immer wieder erleben. Amen.
PREDIGT
"Alle Jahre wieder" - so klingt in diesen Tagen ein bekanntes Lied. Alle Jahre wieder
stehen wir in dieser besonderen Zeit des Advents. Alle Jahre wieder gibt es diese
Vorbereitung auf Weihnachten. Alle Jahre wieder die Vorfreude, die Vorbereitungen,
die Stimmung, die Lieder und das Warten.
Alle Jahre wieder das Hoffen und Sehnen auf den Messias, den Erlöser, - das war die
Situation von Johannes dem Täufer und den Menschen seiner Zeit. Vielleicht ist
dieses andauernde Warten und Hoffen der Punkt, der uns mit den Menschen damals
verbindet. Der Täufer Johannes stellt aus seinem Gefängnis heraus eine kritische,
zugleich die entscheidende Frage an Jesus. Seine ganze Hoffnung wie Skepsis drückt
sich darin aus: "Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen
warten?" Hinter dieser Frage steckt tiefe Sehnsucht, steht das Warten und Hoffen von
Jahrhunderten, das Sehnen nach Erlösung, nach Heil und Shalom für das Volk Israel.
Wie lang hat sich diese Sehnsucht aufgebaut und wie oft wurde sie enttäuscht - alle
Jahre wieder?
Diese oft erlebte Enttäuschung des Volkes Israel und des Johannes, dass sich das
Warten nicht erfüllt und nicht zum Ziel kommt, sondern weiter dauern muss, können
wir vielleicht nachempfinden. Möglich, dass dies eine Erfahrung von uns gerade mit
Advent und Weihnachten ist. Alle Jahre wieder - Advent nicht als Zeit innerer Ruhe
und religiöser Besinnung, sondern Zeit geschäftiger Hektik und der Überforderung.
Alle Jahre wieder - Weihnachten eine Zeit des Familienkrachs, der ausgebrannten
Gefühle und der spirituellen Leere.
Die Antwort Jesu an Johannes zählt eine ganze Liste von Beweisen und Hinweisen
auf, die zur Erkenntnis führen sollen: Jesus von Nazaret ist wirklich der Messias, der
Erlöser. Für die Menschen zur Zeit des Johannes waren dafür scheinbar genügend
Indizien gegeben: Taube hören wieder, Lahme können gehen, Blinde sehen wieder -
ganz so, wie der Prophet Jesaja es doch angekündet und versprochen hatte. Wenn die
Beweise so klar auf der Hand liegen, dann könnte doch jeder auch die Ermunterung
annehmen: "Sagt den Verzagten: Habt Mut!" Doch dies wurde von vielen Menschen zur
Zeit Jesu nicht erkannt. Ihre Zweifel blieben bestehen, so dass Jesus sie geradewegs
herausforderte, indem er sinngemäß fragte: "Was wollt ihr eigentlich?!"
Die Zweifel, ob Jesus tatsächlich unser Erlöser ist, sind vielleicht ganz auf unserer
eigenen Seite. Lohnt es sich für uns, auf ihn zu setzen? So fragt Jesus wohl auch uns:
Was wollt ihr eigentlich? Was wollt ihr eigentlich alle Jahre wieder mit Advent und
Weihnachten? Ich will, dass sich mein und unser Warten und Sehnen erfüllt und
nicht ins Leere läuft. Ich will Kraft und Mut für mein Leben und meinen Glauben, für
die Herausforderungen meines Alltags. Damit das geschehen kann, hilft mir weniger
die Aufzählung in Jesu Antwort an Johannes. Aus zu ferner Zeit scheinen mir diese
Beweise, sie haben ihre Überzeugungskraft fast verloren. Ich kann nicht erleben, dass
Lahme wieder springen oder Taube wieder hören.
Was mir hilft, ist die Botschaft von Weihnachten selbst. Der Vorausgriff auf das Ziel
dient mir als Lesehilfe für die Hinweiszeichen auf dem Weg im Advent. Die Botschaft
von Weihnachten korrigiert Jesaja. Er kündigte an: "Die Rache Gottes wird kommen
und seine Vergeltung." Doch zu Weihnachten erfahren wir: Nicht die Rache, sondern
die Liebe Gottes kommt, nicht Vergeltung, sondern das versöhnende Wort. Die
13
Menschlichkeit Gottes wird kommen. Gottes Wort wird Hand und Fuß werden, wird
Gestalt annehmen. Und dafür sehe ich auch in unseren Tagen - alle Jahre wieder -
glaubhafte Indizien: wie Menschen, verwurzelt in Jesu Wort, andere trösten und
unterstützen, wenn Krankheit oder Tod in ihr Leben einbricht; wie Menschen,
verankert in Jesu Gegenwart, Antwort und Rede stehen, wenn andere sie nach einem
Sinn im Leben und nach dem Grund ihrer Hoffnung fragen; wie Menschen, angestiftet
durch Jesu Vorbild, anderen die Schuld vergeben können. Sehe und spüre ich solches
unter uns und in meinem Leben, dann kann ich der Botschaft des heutigen
Evangeliums glauben und kann diesem Jesus trauen, dass sich in ihm unsere
Sehnsucht nach Leben und Lebendigkeit erfüllt.
So werden meine Hände stark, mein Mut nimmt zu und meine Stimme wird fest; so
kann auch ich gehen und künden von dem, was ich sehe und höre: "Seht, hier ist euer
Gott!"
Wo wir solche Zeichen der Liebe, der Versöhnung und des Trostes leben und erleben,
wird bei uns auch geschehen, was Jesaja verheißt: "Kummer und Seufzen entfliehen,
Wonne und Freude stellen sich ein." Und das jederzeit - alle Jahre wieder! Amen.
15
wird. Auch dazu mahnt uns die Schriftlesung vom heutigen Sonntag: Es braucht
Ausdauer.
Gott droht nicht mit seiner Ankunft. Er hat auch nicht fertige Lehrsätze parat, die alle
Fragen und Zweifel erschlagen - Gott lädt ein: „Geht und berichtet, was ihr hört und
seht" - das heißt: Macht eure eigenen Erfahrungen mit Gott!
Seht selbst, wie Gott ist. Seht selbst, was auf euch zukommt: Gott selbst nämlich
kommt! Gottesbegegnung ist mehr als graue Theorie. Gott ist erfahrbar. Er kommt
uns Menschen hautnah entgegen: So ist Gottesbegegnung gelebtes und erlebtes
Leben. Und so dürfen wir gewiss sein: Gott kommt als Erlöser in die Welt. Wir dürfen
uns freuen und dieser Ankunft froh entgegengehen. Denn mit ihm wird sich alles
umkrempeln und zum Besseren ändern, verspricht die Bibel: „... man nennt ihn:
Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens". Er hat
die Welt verändert und wird die Welt weiter verändern: mit menschlichem Antlitz.
Die christliche Hoffnung im Advent ist also mehr als Warten, sie ist ein
hoffnungsvolles Er-Warten. Michael Kinnen
PREDIGT
Wann wäre sonst so viel von Wünschen die Rede wie jetzt, im Advent? Nicht nur die
Kinder schreiben ihre Wunschzettel, auch viele Erwachsene hegen ihre eigenen
Weihnachtswünsche oder wenden viel Zeit und Mühe auf, geliebten Menschen ihren
Wunsch zu erfüllen. Die Geschäfte umgarnen uns mit der glitzernden Verheißung,
dass unsere Wünsche erfüllt werden können. Wer hätte keine Wünsche, keine
unerfüllten Sehnsüchte? Weihnachten ist nicht mehr weit, da werden Wünsche wahr.
So lautet zumindest die werbende Botschaft, die uns in glänzenden Prospekten immer
wieder vor Augen geführt wird.
Ja, wer hätte keine Wünsche? Oft genug sind es ja gar nicht zuerst materielle Dinge.
Da gibt es die viel dringlicheren Wünsche, die unser Leben im Innersten betreffen:
Liebende wünschen sich einen guten Weg für ihre Partnerschaft und Ehe, Einsame
sehnen sich nach Begegnung. Eltern und Großeltern wünschen sich ein gelingendes,
glückliches Leben für ihre Kinder. Kranke wünschen sich Heilung oder zumindest die
Kraft, ihr Geschick anzunehmen und zu bestehen. Und viele wünschen sich einen
Sinn für ihr Leben, für den es sich zu leben lohnt, von dem sie wissen, dass er in
keinem Geschäft für kein Geld der Welt zu kaufen ist.
Ja, mit diesen Wünschen gehen wir nicht auf Einkaufstour. Für sie ist Gott der
richtige Adressat. Seine Ankunft ist es ja, auf die wir eigentlich warten in dieser
Adventszeit. So treffen wir den tiefsten Sinn dieser Tage, wenn wir neben aller
vorweihnachtlichen Geschäftigkeit innehalten zum Gebet und unsere Lebenswünsche
vor Gott tragen.
Weihnachten, das Fest seiner Ankunft als Kind im Stall, steht vor der Tür. Da werden
Wünsche wahr - nicht wahr?
Nein: zu schön, um wahr zu sein, so haben nun vielleicht schon manche von Ihnen
gedacht. Nein, an Weihnachten werden nicht alle Wünsche erfüllt. Jedes Kind muss
irgendwann in seinem Aufwachsen diese Erfahrung machen: Manche Wünsche
bleiben unerfüllt, auch wenn ich sie noch so sehnlich ausspreche. Nicht anders ist es
mit unseren Wünschen bei Gott: Manches Herzensgebet bleibt anscheinend ungehört,
und oft wirkt er so ganz anders, als wir uns das wünschen. An Weihnachten kommt
nicht ein Gott wie eine Märchenfee, die uns alle Wünsche erfüllt. An Weihnachten
18
kommt Gott, der ist, wie er ist, der so wirkt, wie es seinem Willen entspricht. Und der
richtet sich nicht unbedingt nach unseren Wunschzetteln.
Schauen wir in die Heilige Schrift, dann merken wir bald: Diese Erfahrung ist nicht
neu. Auch zur Zeit Jesu und des Täufers Johannes waren die Menschen voller
Erwartung. Viele Nöte prägten ihr tägliches Leben und ihnen war ja der Messias, der
Gesalbte, der Befreier von Gott verheißen. So waren die Herzen voll von Wünschen an
diesen kommenden Erlöser und sie waren nur zu bereit, an Menschen zu glauben, die
diese Wünsche erfüllen könnten. Wir haben heute gehört: Viele sahen in Johannes
dem Täufer diesen Erlöser, und sie wurden enttäuscht: Was habt ihr denn sehen
wollen? Ein Schilfrohr im Wind, mit anderen Worten: einen, der euch nach dem Mund
redet? Einen Mann in feiner Kleidung, also einen Superstar zum Bewundern?
Johannes war ganz anders. Er war der Vorläufer des Messias.
Doch selbst dieser Johannes scheint sich von Jesus, den er doch bei seiner Taufe als
den Messias erkannt hatte, anderes erwartet zu haben: Bist du der, der kommen soll,
oder sollen wir auf einen anderen warten? Was hat er sich wohl vom Messias
gewünscht? Dass der wie Johannes selbst die Menschen durch mahnende, ja
drohende Worte über das kommende Gericht aufrüttelte? Oder wünschte er sich wie
so viele seiner Zeit einen politischen Führer, der einen Aufstand gegen die römische
Herrschaft anführte?
Jesus versucht nicht, es allen recht zu machen. Er beginnt nicht zu argumentieren,
dass er ja doch die Antwort auf alle Wünsche sei, oder warum er bestimmte Wünsche
nicht erfüllen könne. Jesus sagt, wozu er gekommen ist: dass Blinde sehen, Lahme
gehen, dass Kranke geheilt werden und Tote nicht im Tod bleiben. Dass den
Bedürftigen die Frohe Botschaft verkündet wird. Mit anderen Worten: dass Menschen
befreit werden aus der Aussichtslosigkeit ihrer Not und neue Hoffnung schöpfen. Dass
sie erfahren: Gott ist bei dir und schenkt neue Perspektiven und neue Kraft. Nicht
einmal im Tod bist du ohne Hoffnung. Das ist die Befreiung, die Jesus als Messias
verheißt: die Befreiung von Hoffnungslosigkeit, von Sinnlosigkeit und Todesangst zu
einem erfüllten Dasein, für das es sich zu leben lohnt - auch und gerade dann, wenn
Nöte und Leiden dazu gehören. Das und nichts anderes ist von Jesus zu erwarten.
Selig, so sagt er, wer an ihm keinen Anstoß nimmt, wer nicht seine Wünsche zum
Maßstab aller Dinge macht, sondern diesen Messias Jesus willkommen heißt und sich
befreien lässt zu einem neuen Leben. Er und kein anderer ist es, den wir an
Weihnachten erwarten dürfen.
So müssen auch wir uns entscheiden, ob wir Jesus willkommen heißen - so wie er ist,
mit dem, was er auch uns anbietet. Vielleicht ist die Befreiung, die er uns verheißt,
etwas ganz anderes als die Wünsche, die Sie im Herzen tragen? Natürlich dürfen wir
ihm unsere Wünsche bringen. Aber er fordert uns eben auch heraus, diese unsere
Wünsche und Vorstellungen hintanzustellen und unser Leben zu öffnen für Jesus, wie
er tatsächlich ist. Wenn uns das gelingt, dürfen wir uns auf Weihnachten freuen, ob
uns Wünsche erfüllt werden oder nicht. Die Weihnachtserfahrung heißt dann:
Ja, Gott kommt auch in dein Leben. Und er führt auch dich zur Freiheit und
Zuversicht der Kinder Gottes. Er schenkt dir ein Leben voller Sinn und Hoffnung. Ist
es das, was Sie sich zu Weihnachten wünschen? Es ist das, was Sie von Gott zu
Weihnachten erwarten dürfen. Stefan Möhler
19
Seine Antwort weist von der eigenen Person weg und lässt den Fragesteller das Echo
seines Wirkens sehen: Menschen fassen wieder Tritt. Andere nehmen ihre Welt und
ihre Wirklichkeit wieder wahr. Wer ausgestoßen war, findet zur Gemeinschaft zurück.
Und verschlossene Ohren öffnen sich wieder für die Töne und Botschaften ihrer
Umgebung. Die Wirkung des Messias zeigt sich an denen, die ihm begegnen. Wo
Leben begrenzt und eingeengt war, da heilen innere und äußere Wunden so, dass ein
anderes Leben möglich wird.
Das ist nicht der Messias, den Johannes erwartet hat. Denn der hatte mit einem
strengen Richter gerechnet, der den blind Dahinlebenden die Augen öffnet und den
trödelnden Menschen wieder Beine macht. So gesehen lautet Jesu Antwort eindeutig
Nein. Denn der, mit dem der Täufer Johannes gerechnet hat, der ist nicht gekommen.
Und sie entschieden Ja. Denn gekommen ist ein Heiland, dessen Nähe neues Leben
und neue Möglichkeiten eröffnen. Und so lenkt Jesu die Erwartung seiner Zeit in ganz
andere Bahnen, als sein Zeitgenosse Johannes das gedacht hatte.
Aber gerade in dieser Richtungsänderung liegt eine ungeheure Herausforderung, derer
sich Jesus vollauf gewiss zeigt: "Selig, wer an mir keinen Anstoß nimmt."
Wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, dann ist die Enttäuschung zunächst groß.
Enttäuschte Erwartungen lassen Menschen verstummen, ertauben oder erlahmen. Sie
ziehen sich in ihre Schneckenhäuser zurück und drohen sich vom Leben zu
verabschieden. Oder sie werden aggressiv und bekämpfen den, der ihren Erwartungen
ein Ende bereitet hat; solche Aggression zerstört das Miteinander. Manchmal
entdecken Menschen aber in den enttäuschten Erwartungen auch einen Zugang zu
ihren eigentlichen Sehnsüchten und Hoffnungen, zu dem, was sie wirklich brauchen.
Genau diesen letzten Weg geht Jesus mit den Menschen, denen er begegnet. Immer
wieder frägt er die Notleidenden nach ihren Bedürfnissen: "Was willst Du, dass ich Dir
tue?" Das ist nicht einfach eine Floskel der Höflichkeit, sondern die Einladung nach
dem zu suchen, was die tiefste Sehnsucht des Menschen ist. Dieser Heiland behandelt
keine Symptome, sondern macht sich auf den Weg zu den Ur-Sachen, den tieferen
Gründen der Menschen.
So gesehen wirft Jesus auch die Frage des Täufers auf ihren Autor zurück. Was hast
eigentlich Du erwartet? Worauf zielt Deine Sehnsucht?
Die Antwort ist nicht Ja oder Nein, vermutlich nicht einmal beides. Sie ist ein Blick in
die eigene Tiefe und damit an den Ort, an dem Gott immer schon in uns wohnt.
Der Weg Jesu ist der Weg des Menschen zu seinem Gott.
Dr. Thomas Dietrich - Landvolkpfarrer + Leiter der Abt. Sozialpastoral im EB Seelsorgeamt
21
lieber einen Bogen, weil man meint, sie könnten anstrengend und lästig sein. Doch
wer solchen Verzagten beisteht und sie nicht links liegen lässt: Dort ist Gott.
Jesaja sagt: Wo das alles geschieht, da ist Gott mitten unter euch. Macht eure Augen
auf, auch die Augen eures Herzens: Dann werdet ihr sehen, wie Gott im Leben der
Menschen vorkommt. Clemens Kreiss
22