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Der Weltmeisterschaftskampf Lasker - Steinitz 1894

Emanuel Lasker Wilhelm Steinitz


. .

ROBERT HUBNER

DER WELTMEISTERSCHAFTSKAMPF

LASKER- STEINITZ 1894

und weitere Zweikämpfe Laskers

EDITION MARCO
VER L AG A R N O N I C KEL
Von Robert Hübner ist in der EDITION MARCO bereits erschienen:
l:wenty-five Annotated Games
Berlin 1996, Leinen gebunden, 416 Seiten
ISBN 978-3-924833-22- 0

© 2008 Robert Hübner

Neue Verlagsanschrift:
EDITION MARCO I Verlag Arno Nickel
Sophie-Charlotten-Str. 28
14059 Berlin-Charlottenburg
edition-marco@t-online.de

Alle Rechte vorbehalten.

1. Auflage 2008

Satz: EDITION M ARCO I Verlag Arno Nickel, Berlin


Art & Satz Ulrich Dirr, München
Bildnachweis: Archiv Dr. Michael Negele ( 12 ) und Archiv der Emanuel Lasker Gesellschaft (3)
Gesetzt mit PDFTEX
Druck: Art-Druk, Szczecin (Polen)
Inhalt

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

W E T T KÄ M P F E 18 89 -1893 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Der Wettkampf von Bardeleben - Lasker 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Der Wettkampf Lasker - Mieses 1889/90 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3 . Partie, Lasker - Mieses (A ngenommenes Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4. Partie, Mieses - Lasker (Wiener Partie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Der erste Wettkampf Bird - Lasker 1890 . . . . . . . . : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Der Wettkampf Lasker - Miniati 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Der Wettkampf Englisch - Lasker 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Der Wettkampf Blackburne - Lasker 1892 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
9. Partie, Blackburne - Lasker (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Lasker fordert Dr. Tarrasch heraus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Der zweite Wettkampf Bird - Laskeo892 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Der Wettkampf Lasker - Showalter 1892/93 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Lasker lehnt Walbrodt als Wettkampfgegner ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

D ER ERS T E W E T T KA M P F LA S K ER - S T EI NI TZ 1894 . . . . . . . . . . . . . . . 56
1. Partie, Lasker - Steinitz (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
2. Partie, Steinitz - Lasker (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3. Partie, Lasker - Steinitz (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
4. Partie, Steinitz - Lasker (Italienisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . So
5. Partie, Lasker - Steinitz (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
6. Partie, Steinitz - Lasker (Italienisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
7. Partie, Lasker - Steinitz (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
8. Partie, Steinitz - Lasker (Französisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 10
9. Partie, Lasker - Steinitz (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
10. Partie, Steinitz - Lasker (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
1 1 . Partie, Lasker - Steinitz (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 24
1 2. Partie, Steinitz - Lasker (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 29
1 3 . Partie, Lasker - Steinitz (Spanisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
14. Partie, Steinitz - Lasker (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
1 5. Partie, Lasker - Steinitz (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
1 6 . Partie, Steinitz - Lasker (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
1 7. Partie, Lasker - Steinitz (Italienisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
1 8. Partie, Steinitz - Lasker (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
19. Partie, Lasker - Steinitz (Damengambit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 72

D E R W E T T KA M P F LA S K ER - S CH L E CH T ER 1910 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
Spiele zwischen Lasker und Schlechter vor dem Wettkampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 80
Zur Vorgeschichte und Organisation des Wettkampfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 86
6

Der Verlauf des Wettkampfes . . . . . . . . . . 1 88


s. Partie, Schlechter - Lasker (Spanisch) . 189
7· Partie, Schlechter - Lasker (Sizilianisch) 192
9. Partie, Schlechter - Lasker (Sizilianisch) 198
10. Partie, Lasker - Schlechter (Grünfeld-Indisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Würdigung des Wettkampfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
Die zehnte Partie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

Eröffnungsverzeichnis . 234
Partienverzeichnis . . . 235
7

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis

1. Bücher:

L. Bachmann, Aus vergangenen Zeiten (Berlin, o.J.), Band I, Heft 3


J. Berger, Schachjahrbuch für 1899-1900
The Book of the London International Chess Congress 1899
CG Ken Whyld, The Collected Games of Emanuel Lasker (Nottingham 1998)
=

J. G. Cunningham, The Games in the Steinitz-Lasker Championship Match (Leeds 1894)


ECO Encyclopedia of Chess Openings (Beograd)
=

M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd 1976)


V. Fiala, Quarterly of Chess History
Gaige J. Gaige, Chess Personaha (North Carolina 1987)
=

T. Glavinic, Carl Haffners Liebe zum Unentschieden (Berlin 1998)


Goldman W. GcJdman, Carl Schlechter! (Yorklyn 1994)
=

Hagemann T. Hagemann, Schlechter versus Lasker. Der Weltmeisterschaftskampf 1910 (Tübinger Bei-
=

träge zum Thema Schach, Pfullingen 1994)


Hannak J. Hannak, Emanuel Lasker. Biographie eines Schachweltmeisters (2. Auflage, Berlin 1962)
=

L. Hoffer, Lasker versus Schlechter (London 1911).


D. Hooper, Weltgeschichte des Schachs (= WdS) (ed. E. Wildhagen), Lieferung 7, Beiheft Nr. 350 (Harn-
burg 1968)
Kagan = B. Kagan, Carl Schlechter. Sein Leben und Schaffen (Berlin 1919)
G. Kasparov, On My Great Predecessors, Part I (London 2003)
K. Konsala, Shakin maailmanmestareita (Hämeenlinna 1981)
K. Landsberger, William Steinitz, Chess Champion (Jefferson 1993)
K. Landsberger, The Steinitz Papers (Jefferson 2002)
Ed. Lasker = Ed. Lasker, Chess Secrets I Learned from the Masters (New York 1951)
Ern. Lasker, Common Sense in Chess (London 1896)
Ern. Lasker, Gesunder Menschenverstand im Schach (Berlin 1924)
J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971)
L. Pachman, Entscheidungspartien (Düsseldorf 1972)
M. Ploeger und M. de Zeeuw, Veertig jaar topschaak (Venlo 1986)
M. Euwe/L.Prins, Capablanca, das Schachphänomen (Stuttgart 1952)
Reinfeld = F. Reinfeld und R. Fine, Dr. Lasker's Chess Career, Part I, 1889-1914 (New York 1935)
L. Rellstab Weltgeschichte des Schachs (= WdS) (ed. E. Wildhagen), Lieferung 11: Lasker (Hamburg 1958)
Beiheft Nr. 360
S. Rosenthal, Traite des Echecs et Recueil des Parties jouees au Tournoi International de 1900 (Paris
1901)
A. Soltis A. Soltis, Why Lasker Matters (New York 2005)
=

Spielmann = R. Spielmann, Kar! Schlechter (Stockholm 1924)


S. Tarrasch, Der Schachwettkampf Lasker-Marshall im Frühjahr 1907 (Nürnberg o. J.)
S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924)
S. Tarrasch und Chr. Sehröder (Hrsg.), Das Internationale Schachturnier des Schachklubs Nürnberg im
Juli-August 1896 (Leipzig 1897)
B. S. Vajnstejn, Myslitel' ("Der Denker"; Moskau 1981)
L. S. Verchovskij, Kar! Slechter (Moskau 1984)
8

WdS Weltgeschichte des Schachs ( Herausgeber E. Wildhagen, Hamburg)


=

K. Whyld, The Collected Games of Emanuel Lasker (Nottingham 1998) CG =

E. Winter, Capablanca (North Carolina 1989)


V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963)

2. Zeitschriften und Periodika:

BCM British Chess Magazine


=

BSJ Bachmanns "Schachjahrbuch" 1910


=

CBM ChessBase Magazin


=

CM Chess Monthly
=

DSB Deutsche Schachblätter


=

DSZ Deutsche Schachzeitung


=

DWS Deutsches Wochenschach


=

ICM International Chess Magazine


=

LCF London Chess Fortnightly


=

LCM Lasker' s Chess Magazine


=

NiC New in Chess


=

"Ost und West" (Monatsheft)


"Schach" Zeitschrift SCHACH
=

SSZ Schweizerische Schachzeitung


=

Str. La Strategie
=

The Chess Weekly


TfS Tidskrift för Schack
=

WSZ Wiener Schachzeitung


=

* * *

Ich habe die Züge mit einem Fragezeichen verziert, mit deren Ausführung sich die Stellungsbewertung
meiner Meinung nach ändert, die also eine Gewinnstellung in eine Remisstellung oder eine Remisstellung
in eine Verluststellung verwandeln. Ein Zug, der eine Gewinnstellung zu einer Verluststellung verdirbt,
verdient zwei Fragezeichen. Ein eingeklammertes Fragezeichen habe ich denjenigen Zügen beigegeben,
welche offensichtlich nicht die genauesten sind und die Aufgabe des ausführenden Spielers erschweren,
das Urteil über den Ausgang der Partie bei beiderseits bestem Spiel jedoch nicht umstoßen.
9

Einleitung

EGENWÄRTIG genießen Zweikämpfe im darf die Organisation eines Zweikampfes natürlich


G Schach keine besondere Beliebtheit. Sogar eines viel geringeren Aufwandes als die eines Tur­
beim Kampf um die Weltmeisterschaft hat man niers. Zum dritten hielt man den Kräftevergleich
sich bemüht, sie abzuschaffen. Noch konnte sich im Zweikampf für entscheidender und gültiger
diese Absicht nicht vollständig durchsetzen; aber als den im Rahmen eines Turniers mit vielen Teil­
die Anzahl der Partien, die im Endkampf um die nehmern. So konnten denn auch Zweikämpfe oft
Vorherrschaft im Schach zu spielen sind, hat man durch Wetteinsätze finanziert werden.
erheblich verkürzt. Wie könnte man heutzutage Es ist eine bekannte Erscheinung: Wenn es in
auch erwarten, daß jemand seine Aufmerksam­ einem Verein zwei Spitzenspieler gibt, deren Stär­
keit längere Zeit bei einer Sache hält? Zweikämpfe keverhältnis nicht klar bestimmt ist, kann sich zwi­
werden jetzt meist als Schaukämpfe mit verkürzter schen zwei beliebigen Mitgliedern aus den unteren
Bedenkzeit durchgeführt. Rängen ein hitziger Streit darüber entspinnen, wer
In alten Zeiten war dies anders. Die Geschichte von beiden mehr zu gelten hat.
des Turnierschachs beginnt mit den Zweikämpfen "Meister Klauthurm spielt riesig!" ruft Herr
zwischen de La Bourdonnais und McDonnell im Klotzknaller aus. "Er ist der stärkste Spieler der
Jahre 1834. Erstmals wurden die gespielten Partien Welt!" - "Was für ein Unsinn," brummt Herr Rö­
fast alle aufgezeichnet und veröffentlicht. Inner­ chelschwach unwirsch, "gegen Meister Spinnegut
halb einiger Monate spielten die beiden Herren könnte er von zehn Partien nicht eine gewinnen."
fast neunzig Partien gegeneinander. 1 Es fehlt den beiden an Sachkenntnis und auch
Auch nachdem man in London 1851 das erste an Interesse, ihre Ansichten durch die Aufzählung
Turnier mit internationaler Beteiligung zustande spieltechnischer Beobachtungen zu erhärten; sie
gebracht hatte (die Veranstaltung war in die Form kennen einen besseren Weg, ihre Meinungsver­
kleiner Wettkämpfe mit Ausscheidungssystem ge­ schiedenheit einer Klärung zuzuführen.
gossen), blieben Zweikämpfe für die Gestaltung "Wetten, daß Spinnegut gegen Klauthurm in ei­
des Schachlebens bestimmend. Als Steinitz seinen nem Wettkampfkeinen Stich holt!" regt sich Klotz­
Weltmeisterschaftskampf gegen Lasker im Jahre knaller auf. "Ich setze fünfzig Pfund Rindfleisch
1894 ausfocht, hatte er insgesamt an 6 Turnieren gegen einen Scheffel Weizen!" - "Angenommen,"
teilgenommen, jedoch 27 Wettkämpfe ausgetra­ grunzt Röchelschwach, "leicht verdientes Geld."
gen; dabei sind kürzere Serien von Spielen gegen Alsbald werden andere Vereinsmitglieder
denselben Gegner nicht einmal eingerechnet. durch Herrn Klotzknallers Erregbarkeit von der
Natürlich gibt es verschiedene Gründe für die­ Angelegenheit in Kenntnis gesetzt und bedrängt,
ses Erscheinungsbild. Bei nur sehr wenigen Perso­ Stellung zu nehmen. Auch sie beginnen je nach
nen bildete damals das Schachspielen die haupt­ Temperament, sich zu ereifern. Parteiformung be­
sächliche Beschäftigung im Leben; wer Schach als ginnt; der Wetteinsatz steigt, und als man die bei­
Liebhaberei betrieb, war kaum willens, den Einsatz den Meister in den Plan einweiht, ein Kräftemes­
an Zeit und Geld zu leisten, welchen die Teilnahme sen zu veranstalten, kann man sie mit der Aussicht
an einem Turnier erforderte. Bei den Turnieren auf sichtbare und eßbare Ruhmespfänder im Falle
aus früher Zeit schieden dann auch immer wieder eines Sieges ködern. Dazu schmeichelt man ihrem
Spieler während der Veranstaltung aus, wenn es Selbstgefühl und hält ihnen ihre Siegesaussichten
ihnen nicht nach Wunsch verlief. Zum anderen be- in rosigen Farben vor Augen.

1. Die genaue Anzahl der Partien ist umstritten; 85 sind bekannt. Vgl. L. Bachmann, Aus vergangenen Zeiten (Berlin,
o.j.), Band I, Heft 3, S.35.
10 E I N L E I T U NG

So kann ein Wettkampf zustande kommen. Anzahl von Zweikämpfen aus. Sie sind in dem vor­
Noch stets setzt mich die Erscheinung in Erstau­ liegenden Büchlein beschrieben, und seine beiden
nen: was ist eigentlich so interessant an der Frage, größten Erfolge, die Siege gegen Mieses in Bres­
ob Klauthurm oder Spinnegut erfolgreicher sein lau 1890 und gegen Blackburne in London 1892,
wird? Und doch hält dieser Wunsch der Rangzu­ werden ausführlicher behandelt. Als Vorbereitung
weisung die meisten Menschen in seinem Bann. zum Kampf gegen Steinitz lieferten sie Lasker wich­
Es beruht nicht nur der gesamte Sportbetrieb dar­ tiges ErfahrungsmateriaL
auf, soweit er sich an ein Publikum wendet, das Der Weltmeisterschaftskampf Lasker-Steinitz
selbst nicht tätig an den Wettkämpfen teilnimmt; aus dem Jahre 1894 hat in der Schachlitera­
auch unser Wahlsystem wird dadurch bestimmt. tur wenig Beachtung gefunden, und nach dem
Die heiligen bürokratischen Hierarchien brauchen schwer auffindbaren Werk von J. G. Cunningham,
nicht eigens erwähnt zu werden. Offenbar hat die­ The Games of the Steinitz-Lasker Championship
ser Zwang, gesellschaftliche Einordnung und Un­ Match (Leeds 1894), in dem die zeitgenössischen
terordnung in den feinsten Schattierungen anzu­ Kommentare gesammelt sind, ist keine weitere Mo­
streben, tiefe Wurzeln, die weit in die Entwick­ nographie über dieses Ereignis erschienen, so daß
lungsgeschichte der Menschheit zurückreichen. es an einer gründlichen Bearbeitung der Spiele
Auch in der Gesellschaftsordnung der Schimpan­ mangelt. Der Gehalt der Partien ist von den Kri­
sen hat jedes Mitglied der Gemeinschaft seinen tikern aus dieser Zeit unterschätzt worden. Das
ganz genau festgelegten Platz, der immer wieder dürfte einerseits darauf zurückzuführen sein, daß
durch Stärkeprüfungen neu bestimmt wird. Die Steinitz, der mit dem Ausgang des Wettkampfes
Menschheit folgt nach wie vor diesem bewährten nicht zufrieden war, den Wert der Spiele in sei­
Muster. nen Äußerungen unangemessen herabsetzte; an­
Weil im Schachleben der Vereinsbetrieb durch dererseits darauf, daß persönliche Widersacher
das Spielen im Internet abgelöst wurde, finden Laskers, L. Hoffer in England und Dr. Tarrasch
Zweikämpfe kaum mehr ihren Ursprung in der mit seinen Anhängern in Deutschland, kein gu­
oben beschriebenen Weise. Dem Bedürfnis nach tes Haar an Laskers Spielweise ließen und Steinitz'
unumstößlicher Gewißheit über die Hackord­ Mißerfolg dessen Alter zuschrieben. Das kraftlose
nung2 wurde aber durch die Einführung des soge­ Spiel von Steinitz in den Partien 8-11 nach dem
nannten ELO-Systems aufs gründlichste Genüge verdrießlichen Verlust in der siebten Partie hat die
getan.3 Möglichkeit solcher Darstellung begünstigt. Die­
Der Verfasser hat sich verplaudert und muß ser Mangel an Wertschätzung hat sich bis heute
schleunigst in die Anfangszeit von Laskers Schach­ erhalten.
laufbahn zurückkehren. Damals begann eine Um­ Er ist jedoch meines Erachtens unberech­
schichtung im Verhältnis von Zweikämpfen und tigt. Der Wettkampf bietet die frühesten Bei­
Turnieren. Die Anzahl der Schachspieler wuchs; spiele für schwerblütig-langwieriges, positioneil­
es entstanden einflußstarke Schachverbände, die strategisches Kampfschach. Ich bin der Ansicht,
regelmäßig Turniere zu veranstalten in der Lage daß erst Botvinnik wieder derartige Stellungstypen
waren. Für Lasker dürfte zu Beginn seiner Tätig­ herbeizuführen vermocht hat. Für manches Stel­
keit als Schachspieler die Teilnahme an Turnieren lungsmuster hat Lasker Verfahren entwickelt, die
und an Wettkämpfen ungefähr gleiche Bedeutung bis heute maßgebend geblieben sind. Die Anzahl
gehabt haben. der groben Fehler in diesem Wettkampf ist gering
Bis zu seinem Weltmeisterschaftskampf gegen im Vergleich zu dem übrigen schachliehen Schaf­
Steinitz im Jahre 1894 trug Lasker eine beachtliche fen aus dieser Zeit. Die Partien aus dem Wettkampf

2. Zur Einführung dieses Begriffes siehe Thorleif Schjelderup-Ebbe, Beiträge zur Sozialpsychologie des Haushuhns,
Zeitschrift für Psychologie 88 (1922), S. 225-252.
3. Ein Physiker und Schachspieler namens A rpad Elö entwickelte dieses Bewertungssystem für Ergebnisse von Schach­
partien. Das ungarische Wort elö bedeutet "Leben"; einem wahren Lebens-Prinzip wurde hier also Gestalt gegeben.
E I NLEI TUNG 11

Tarrasch - Ö gorin i m Jahre 1893 zeigen deutlich keine Wettkämpfe mehr aus. Erst mit dem Zwei­
geringere Qualität. kampf gegen Marshall im Jahre 1907 nahm eine
Dieses Büchlein verfolgt das Ziel, die Bedeu­ neue Reihe von Weltmeisterschaftskämpfen ihren
tung dieses Wettkampfes für die Entwicklung Anfang. Heiß umstritten war lediglich der kurze
schachliehen Könnens ins Bewußtsein zu rufen Wettkampf gegen Schlechter aus dem Jahre 1910.
und eine Grundlage für eine sorgfältigere Unter­ Er bildet den Beschluß dieses etwas zusammen­
suchung der Partien zu schaffen. hanglosen Werkchens. Auch hier müht sich der
Nach dem Sieg gegen Steinitz begann für Las­ Verfasser, der Mythenbildung über dieses Ereignis
ker ein Abschnitt von Turniererfolgen; außer dem entgegenzuwirken und eingewurzelte Ansichten
Rückkampf gegen Steinitz trug er für geraume Zeit in Frage zu stellen.
WETTKÄMPFE 1889-1893
13

Der Wettkampf von Bardeleben - Lasker


von Ende November bis Anfang Dezember 1889 in Berlin

ACHDEM Lasker bei seinem ersten Internatio­


N nalen Turnier in Amsterdam 1889 ein vor­
zügliches Ergebnis erzielt hatte, brachten seine
Schachbekannten Mittel zusammen, um einen
Zweikampf zwischen Lasker und dem damals
stärksten Meister Berlins zu veranstalten.4 Sieger
sollte sein, wer zuerst vier Gewinnpartien auf sei­
nen Namen brachte. 5
Curt von Bardeleben (1861-1924) studierte Ju­
risprudenz, ernährte sich jedoch ab 1887 vom
Schachspielen. Er war ein sehr starker Meister
mit gesundem Positionsverständnis, blieb aber im
Schatten der Riesen Tarrasch und Lasker, vielleicht
auch, weil ein schlechtes Nervenkostüm ihn beim
Wettkampfschach behinderte. Beim großen Tur­
nier zu Hastings 1895 hatte er nach 9 Runden ilz
Punkte gesammelt und unter anderem Lasker ge­
schlagen, bevor er seine berühmte Partie gegen
Steinitz verlor, der soeben in vier Runden hinter­
einander den Kürzeren gezogen hatte. Aus den
nächsten 6 Partien holte er nur einen Punkt, ehe
er sich zum Schluß des Turniers noch einmal zu­
sammenraffen konnte.
Seine besten Erfolge waren der vierte Platz in Curt von Bardeleben (1895)
Frankfurt 1887 (1. Mackenzie 15; 2.-J. Blackburne,
Weiß IJlh; 4· von Bardeleben IJ; 5.-6. Berger, Tar­ inneren Gehalt der Partien ins Auge faßt, gewinnt
rasch 12; 7. Englisch 11 'lz; 8.-9. L. Paulsen, Schal­ man den Eindruck, daß die Gegner in etwa gleich­
topp 11; 10. Schiffers 10; 11.-12. Alapin, Burn 9lh; wertig waren.
13. Noa 9; 14.-16. Zukertort, Gunsberg, Metger 8':/z Die vierte Partie wurde in einer für von Bar­
usw.) sowie der geteilte erste Platz in Coburg 1904. deleben ungünstigen, wahrscheinlich verlorenen
Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Arti­ Endspielstellung abgebrochen; ihr Verlauf ist nicht
kel auf dem Gebiet des Schachs. Im Alter litt er bekannt, nur die Schlußstellung. Von Bardeleben
vermutlich materielle Not und setzte seinem Le­ wurde von Unwohlsein ergriffen und gab den Wett­
ben freiwillig ein Ende.6 kampf auC
In dem Wettkampf in Berlin 1889 wurden nur Die erhaltenen Partien zeigen eine recht an­
drei Partien beendet; jeder gewann eine Partie, und sprechende Qualität, bieten aber wenig besondere
eine endete unentschieden. Auch wenn man den Höhepunkte. Der erhoffte Kampf fand nicht statt.

4· DW5 1890, 5.22; vgl. D5Z 1889, 5.370.


5· Unrichtig ICM 1889, 5.295· Eine weitere kurze Notiz zum Wettkampf findet sich in ICM 1889, 5.367.
6. W5Z 1924, 5.21.
7. DW5 1890, 5.22.
14

Der Wettkampf Lasker - Mieses


vom 30. Dezember 1889 bis 6. Januar 1890

ALD konnte Lasker jedoch seinen ersten ernst­


B haften Zweikampf ausfechten. Er wurde von
J. Mieses zu einem Messen der Kräfte aufgefordert.
Man darf vermuten, daß die Partie, welche Mieses
im Oktober 1889 gegen Lasker verlor (DWS 1890,
S.197 CG Nr.21), Einfluß auf die Gegnerwahl des
=

jungen Meisters ausübte.


Jacques Mieses (1865-1954) war knapp vier Jah­
re älter als Lasker. Er hatte in den nationalen Tur­
nieren zu Leipzig 1888 und Nürnberg 1888 gute
Ergebnisse erzielt und soeben beim Kongreß des
Deutschen Schachbundes in Breslau, bei dem Las­
ker das Hauptturnier gewann, im Meisterturnier
mit dem 3. Platz hinter S. Tarrasch und A. Burn
einen beachtlichen Erfolg erringen können. Der
Kampf zwischen diesem aufstrebenden Spieler
und dem jungen Lasker, der "seit dem Breslau­
er Kongresse die allgemeine Aufmerksamkeit auf
sich lenkte,"8 versprach spannend zu werden.
Die Veranstaltung fand in der "Centralhalle" in
Leipzig statt. Der Gewinn von fünf Partien führte
zum Wettkampfsieg; Remispartien blieben außer
B etracht. Beim Stande von 4 : 4 sollte der Kampf
als unentschieden abgebrochen werden. Die Be­ Jacques Mieses (1895)
denkzeit betrug eine Stunde für jeweils 20 Züge.
Der "Einsatz" belief sich auf 450 Mark." Dies war
eine sehr beachtliche Summe, und man kann nicht (New York 1935), S.24-25;
annehmen, daß die Spieler in der Lage waren, die V.G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S. 17-18.
Hälfte davon aus eigenen Mitteln aufzubringen.
Genauere Auskunft über die Finanzierung ist je­ Mieses spielt die Eröffnung in höchst ungesunder
doch nicht zu erlangen. Weise:
1. d4 f5 2. C4 es 3. des: Dast 4· SC3 Des: s. e4 fe4:
1. Partie 6. Se4: Dq.
E M. L A S K E R - J. MIE S E S Nun findet Lasker einen originellen Plan:
Leipzig, 30.12.1889
7. Sh3
Holländisch (A84)
Der Springer soll nach d5 überführt werden.
Frühere Kommentierungen: Schwarz wird in dieser Partie rasch zertrümmert,
F. Reinfeld, Dr. Lasker's Chess Career, Part I auch wenn Lasker sich im 21. Zuge mit Figuren-

8. A. Heyde, DW5 1890, 5.2J.


9· D5Z 1890, 5.28; DW5 1890, 5.22-23; BCM 1890, 5.45; CM XI (Februar 1890), 5.166; ICM 1890, 5.69; 5tr. 1890, 5.2J.
3. PARTIE: LASKER- M I ES E S 15

gewinn begnügt, statt i n einigen Zügen mattzuset­


zen:

7 . . . g6 s. Sf4 Lg7 9· Sds DdS 10. Lgs Lb2: 11. Sd6t


KfS 12. Df3t Lf6 13. Lf6: Sf6: 14. Sf6: ef6: 15. Dds
De7t 16. Kd2 Kg7 17. Te1 DfS 1S. h4 hs 19. Th3 Sc6
20. The3 Dds

In der folgenden technischen Phase spielt Lasker


jedoch äußerst unsicher und gestattet dem Gegner,
ins Remis zu entkommen. Derartiges pflegte ihm
in späteren Jahren nicht zu geschehen.

32. Tc1 TaeS 33. Tc2 TSe7 34· gs De6 35· gf6: Te2t
36. Te2: De2:t 37. Kgt Dd3: 3S. Td3: gf6: 39· Kf2
Kf7 40. Kf3 Ke6 41. Ke4 fst 42. Kf4 Td7 43· Td2
Zum Matt führt 21. Df7t Kh6 22. Dg6:t Kg6: Tds 44· Ke3 Tas 45· Tb2 Ta3t 46. Kf4 bs 47· Tc2
23. Tg3t usw. Kds 4S. Td2 Ta4 49· Ke3 f4t so. Kf4: Td4:t 51. Ke3
Td2: 52. Kd2: Kd4 53· Kc2 Kq 54· Kb2 Kb4 55· Kbt
Weiß spielte: as 56. Kb2 a4 57· Kbt KCJ 5S. Kct Kq 59· Ke2 Kd4
6o. Kd2 remis gegeben.
21. Tes TeS: 22. TeS: Dast 23. Das: Sas: 24. TcS:
TcS: 25. SeS: Sc6 26. Sd6 b6 27. Le2 fs 2S. Lf3 Se7 Die nächste Partie zeigt einen äußerst wechselvol­
29. Sb5 as 30. Sq SeS 31. Sds Kf7 32. KCJ Ke6 len Kampf mit vielen interessanten Momenten. Ich
33· Kd4 d6 34· Sf4t Kf6 35· Lb7 Sa7 36. Sdst Ke6 lege sie deshalb zur Gänze vor.
37· Sb6: Schwarz gibt auf.
3. Partie
EM. L A S K E R - J. MIES E S
2. Partie
Leipzig, 1.1.1890
J. MIE S E S- EM. L A S K E R
Angenommenes Damengambit (D21)
Leipzig, 31.12.1889
Wiener Partie (C25)
Frühere Kommentierungen:
DSZ 1890, S. 45 -47
Schwarz führt das frühe Mittelspiel mit überlege­
DWS 1S9o, S. 2S-29
nem Verständnis und erreicht eine glatte Gewinn­
WdS Band 11, Beiheft 015 (L. Rellstab).
stellung:
1. d2-d4 d7-ds
1. e4 es 2. SCJ Sc6 3· g3 Lcs 4· Lg2 a6 5· Sge2 d6
2. C2-C4 dsxq
6. d3 Lg4 7· h3 Le6 s. o-o Sge7 9· Sds o-o 10. c3
3· Sg1 -f3 q-cs
La7 11. Kh2 f6 12. f4 Lf7 13. g4 Sds: 14. eds: Se7
4· d4-d5 Sb8-d7 (?)
15. C4 c6 16. dc6: Sc6: 17. Sg3 ds 1S. b3 TeS 19. Lb2
ef4: 20. Tf4: Lbs 21. Tf3 hs 22. Kh1 Ses 23. Les: Les: Dieser Zug wurde schon vom ersten Kommentator
24. d4 hg4: 25. hg4: Lg3: 26. Tg3: dq: 27. bq: Lq: in der "Deutschen Schachzeitung" zu Recht hart
2S. Th3 Lds 29. Dd3 Lg2:t 30. Kg2: Ddst 31. Kh2 getadelt. Schwarz kommt jetzt nicht mehr unter
Te4 befriedigenden Umständen dazu, dem Bauernzen-
16 WET T K Ä M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

trum des Weißen durch den Vorstoß e7-e6 die Der Textzug verdirbt nichts. Die Fortsetzung
Kraft zu rauben. Es gibt viele Partien mit der Fort­ 9· Db3 Lf3: 10. g[J: ist allerdings noch kräftiger,
setzung 4· . . e6 s. e4 eds:, und Schwarz erreicht ein denn neben 11. Db7: droht auch 11. d6.
zufriedenstellendes Spiel.

s. e2-e4 Nach 9 . . . b6 10. Lbs Lg7 11. Lc6 Tc8 12. Sc3 nebst
6. a2-a4 Sc3-bs wird es mit dem Schwarzen rasch zu Ende
So wichtig ist es, e7-e6 durchzusetzen, daß gehen.
Schwarz das Loch auf bs in Kauf nehmen sollte. 10. Le1 -f4?
Nach 6 . . . as hat Schwarz noch Überlebensaussich­
ten: Das ist nicht die angewiesene Methode. Nach
7. Sa3 Sf6 8. Dc2 e6 9. d6 es 10. Ses: Ld6: 10. Ta6: Lg7 11. Da4 L[J: 12. g[J: hat Schwarz kei­
11. Seq: Sq: 12. Sq: Lq 13. Lgs o-o 14. Td1 De7. ne Freude mehr an seiner Stellung, denn 12 . . . Sgf6
Schwarz wehrt sich. scheitert an 13. es.
II 7. Ses 1 0. ... Lf8-h6?
A) 7 . . . Sf6 8. Sc3 e6 9· Sq: eds: 10. Sb6: Db6:
Jetzt kommt der Königsspringer des Schwarzen
11. Lbst Ld7 12. es ist ungesund für Schwarz.
auf Abwege. Nach 10 . . . . Lg7 11. Sc3 Db6 12. Dd2
B) 7 . . . e6 8. Sq: Sq: 9. Lq: eds: 10. Lds: Db6.
(12. Dc2 kann mit 12 . . . L[J: 13. gf3: Df6 beantwortet
Schwarz zappelt noch.
werden) 12 . . . L[J: 13. g[J: Ses hat Schwarz beinahe
Nach dem Textzug dürfte seine Stellung als verlo­
ausgeglichen.
ren zu betrachten sein.
Sg8xh6
7· a4-as Sb6-d7
8. Lfixq g7-g6
4
Auch nach 8 . . . a6 9. Db3 L[J: 10. gf3: trägt die Struk­
tur der Stellung des Schwarzen den Keim des Todes
in sich.

9· a s -a6 (?)

1 2. Dd1-d2?

Weiß will die Ereignisse forcieren, aber zu Unrecht.


Der Königsspringer des Schwarzen wird Kummers
sterben, wenn man ihn nicht beachtet; es ist un­
nötig, ihn totzuschlagen. Am plausibelsten sieht
die Fortsetzung 12. Sbd2 aus. Der Springer strebt
In der "Deutschen Schachzeitung" wird dieser Zug das Feld C4 an, und außerdem wird f3 noch ein­
mit einem Fragezeichen verziert und behauptet: mal überdeckt. Schwarz wird schließlich an seinen
"Weit stärker war sofort 9. Lf4." Bauern- und Felderschwächen zugrunde gehen,
Das scheint mir, gelinde gesagt, übertrieben zu zum Beispiel:
sein. Nach 9· Lf4 Lg7 10. Sc3 Sgf6 11. h3 Lf3: 12. Df3: I 12 . . . . Ses 13. Da4t Ld7 14. Da6: Sf3:t 1s. S[J: usw.
o-o hat Weiß doch nichts Besseres als 13. a6. II 12 . . . Db6 13. De2 Lf3: 14. Sf3: usw.
3 · PARTIE: LASKER- MIESES 17

1 2 . . .. Der Partiezug genügt indessen zum Gewinn.


13. gzxf3
1 4· ...
In der "Deutschen Schachzeitung" erhält der Zug
Nach 14 . . . . SgS ts. Ta6: Db7 16. Lbs wird die Partie
ein Ausrufezeichen und den Kommentar: " Jetzt
nicht mehr lange dauern.
zeigt sich der Nachtheil des Zuges 9. a6 für Weiss,
wäre derselbe unterblieben, so hätte Schwarz nicht g6-gs
die freie b-Linie und würde gezwungen sein, den Auch hier ist die Fortsetzung IS . . . . SgS 16. f4 Sd7
Springer nach gS zurückzuziehen." 17. Ta6: natürlich hoffnungslos für Schwarz.
Im "Deutschen Wochenschach" lautet die Zugfol­
16. Ke1 -ft ?
ge 13 . . . Ses 14. Le2 Db6, und bei diesem Zug ist
vermerkt: "Der einzig rettende Zug." Im " Deutschen Wochenschach" erhält der Zug
Es ist nicht ganz einfach zu entscheiden, welche ein Ausrufezeichen, die "Deutsche Schachzeitung"
Zugfolge plausibler ist. Nach 13 . . . Ses 14. Le2 Db6 aber läßt sich so vernehmen:
ist die starke Fortsetzung 1s. f4 Sd7 16. Ta6: so na­ " Falsch wäre 16. Ta6: wegen 16 . . . Da6:! und ge­
heliegend, daß ich mich entschlossen habe, der winnt die Qualität, stärker aber als der Zug im
anderen Version den Vorzug zu geben; Sicherheit Text dürfte es sein, den g-Bauern zu schlagen, ob­
ist natürlich nicht zu erreichen. wohl es nicht besonders gut aussieht. Die Folge auf
In jedem Falle war die Fortsetzung 13 . . . . SgS stärker 16. Dgs: könnte sein: 16 . . . Db2: 17. Tc1 SgS 18. Sdt
als der gespielte Zug. Db4t 19. Kft Sg6 20. TC4 Db6 21. Dc1 TcS 22. Sc3
I 14. Dc3 Sgf6 1s. es Shs 16. e6 Sdf6 17. ef7:t Kf7:. Ses 23. Sa4 Das 24. Tcs:, und Weiß hat das überle­
Weiß ist zu forsch losgestürmt und hat nichts gene Spiel."
erreicht, als seine Bauernstellung zu ruinieren. Das ist keine unebene Variante, doch sollte
II 14. Ta6: Sgf6 1S. Sc3 o-o. Die Lage ist nicht klar. Schwarz, statt an seinem c-Bauern zu kleben,
Schwarz droht, mit DdS-bS nebst Sf6-hs eine mit 21. . . e6 22. Tcs: S8e7 seinen Königsflügel ent­
Blockade auf den schwarzen Feldern zu errich­ wickeln; er hat dann Aussichten auf Ausgleich.
ten; 16. f4 Ses räumt ihm ebenfalls Gegenspiel Zum Gewinn führte indessen 16. h4, man sehe:
ein.
6
1 4· Sbt-CJ
Auch die Fortsetzung 14. Ta6: ist sehr stark:
I 14 . . . Db4 1S. Db4: cb4: 16. Sd2 (16. Lbs ist nicht
stärker; Schwarz wehrt sich mit 16 . . . KdS)
16 . . . o-o 17. Ke2.

16 . . . gh4: 17. f4 Sg6 18. Ta6: Db4 19. fs mit leich­


tem Sieg.
II 16 . . . g4 17. fg4: Shg4: 18. f4 C4 19. fes: Df2t
20. Kd1, und der Angriff des Schwarzen ist zu
Ende; Weiß gewinnt.
III 16 . . . f6 17. hgs: fgs: 18. Sa4 Df6 19. Ses: mit Ein­
dringen auf e6 und mühelosem Gewinn.
Die verzogene Bauernstellung des Schwarzen
1 6. .. . C5-C4
ist unheilbar.
II 14 . . . Ses 1s. Dc3 Db4 16. Db4: cb4: 17· Lbst mit Schwarz deckt den Bauern a6, eröffnet seiner Da­
ähnlichen Folgen. me Aussicht auf den Punkt f2 und schafft seinem
18 WET T K Ä M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

Springer einen Stützpunkt auf d3. Er hat sich weit­ B ) 1 7 . . . Dd6 ist nötig, u m dem Springer des Wei­
gehend erholt; Weiß hat aber immer noch Vorteil. ßen den Zugang nach es zu verwehren. Der
Anziehende kann nun mit 18. Dgs: Tg8 19. De3
fortsetzen; die Stellung des Schwarzen bleibt
Weiß verschärft den Kampf und ist auf weitere ra­ unbequem (19 . . . Dg6 20. Ke1).
dikale Umgestaltung der Stellung erpicht. Es gibt Nach dem Textzug wird dem g-Bauern des Schwar­
eine Vielzahl anderer Möglichkeiten, zum Beispiel: zen noch eine bedeutende Rolle in dieser Partie
I 17. Tg1 f6 gefolgt von Sh6-f7 gibt dem Schwar­ zufallen.
zen die Gelegenheit, seine Stellung zu festigen.
gs-g4
II 17. Dgs: Db2: 18. TCI Sd3 (Dies ist der einzige
Zug; 18 . . . Sg8 scheitert an 19. Des: DCI:t 20. Kp
f6 21. Dhst) 19. Ld3: cd3: 20. d6 (2o. Dh6: Tc8 8
ist für Weiß nicht sonderlich verlockend)
20 . . . f6 (2o . . . ed6: scheitert an 21. Sds) 21. d7t
(21. Dh6: d2 22. Td1 Dc3: führt zu unkla­
rem Spiel) 21. . . Kd8 (21. . . Kd7: scheitert na­
türlich an 22. Ddst und 21. . . Kf7 an 22. Dhst)
22. Dh6: (22. Dast wird mit 22 . . . .Db6 ab­
gewehrt) 22 . . . d2 23. Td1 Dc3: 24. Dd2: Dd2:
2S. Td2: Tb8 26. Ke2 Tg8, und Schwarz sollte
überleben können.
III 17. Sa4 halte ich für die aussichtsreichste Fort­
setzung:
A) 17 . . . Df6 ist unzureichend: 18. Ses, 1 8. Sc3-a4

In Betracht kommt sofortiges 18. f4.


7
I 18 . . . Sd3 19. Ld3: cd3: 20. Dd3: Db2: 21. Kg2 über­
läßt dem Weißen gewaltigen Vorteil (21 . . . g3
22. Ta2).
II 18 . . . S[J
A) 19. Lf3: gf3: 20. Th3 Sg4 mit undeutlicher Lage.
B) 19. De3
Ba) 19 . . . Db2: 20. Ta6: f6 21. Kg2. Die Stellung des
Schwarzen ist ungemütlich.
Bb) 19 . . . Tg8 20. Ta2 (20. Kg2 Db2: 21. Ta6: Tg6
oder 21. Thb1 Dd2 ist weniger giftig) nebst 21.
und nun: Kg2. Auch hier ist die Verteidigung nicht ein­
Aa) 18 . . . S[J: 19. Dd1 Dd6 (19 . . . Ses 20. Ta6: ist hoff­ fach für Schwarz zu führen.
nungslos für Schwarz) 20. Da4t Kf8 21. Sd7t Mit dem Textzug deckt Weiß den Bauern auf b2
Kg7 22. Lf3: Thd8 23. Tg1 f6 24. h4. Jetzt schei­ und beabsichtigt, den Springer auf dem Feld es zu
tert 24 . . . . Sf7 an 2S. Lg4; Schwarz geht unter. verankern.
Ab) 18 . . . Dd6 19. Dd4 Tc8 20. Ta6: Des: 21. Des: f6
1 8. ... Db6-f6
22. Tf6: Sf7 23. Tf7: Kf7: 24. f4 hs 2s. De6t Kf8
26. d6, und Weiß gewinnt. Erwägung verdient 18 . . . Dd6 zum Schutze des Fel­
Ac) 18 . . . Db6 19. Dd4 Tc8 (19 . . .f6 20. Ta6: ist nicht des es.
erfreulicher) 20. Des: f6 21. Sa4 fes: 22. Sb6: ab6: I 19. fg4: Shg4: 20. f4 (Andere Fortsetzungen
23. Ta6: Sf7 24. Tb6: Sd6 2S. h4. Es ist unwahr­ können dem Schwarzen keine Schwierigkei­
scheinlich, daß Schwarz wird überleben kön­ ten bereiten) 20 . . . Df6 21. Ses (Nach 21. Ke1
nen. Sd3t 22. Ld3: cd3: sieht die Stellung des Weißen
3 · PART I E: LASKER - M I ES E S 19

recht zugig aus) 21. . . Tb8 22. Ta6: Tb2: 23. Tf6: C) 21. fs Sfs: (Auf die meisten anderen Züge folgt
(23. Ta7: o-o 24. Db2: Se3t kostet den Weißen einfach 22. Dd3:) 22. efs: Dfs: 23. Sc3 Tg8 24. Tg1
die Dame und die Partie) 23 . . . Td2: 24. Ta6 Sf3 g3 2s. De3 Dh3t 26. Ke1 gf2:t 27. Df2: Tg1:t
(Die Fortsetzung 24 . . . c3 2s. fes: c2 26. Ta1 ist 28. Dg1: Dh4:t 29. Kd2. Weiß hat entscheiden­
ungenügend für Schwarz) 2S. Ta7: o-o 26. Lf3: den Vorteil, weil Schwarz keinen sicheren Platz
Tf2t 27. Kg1 (27. Ke1 Tf3: 28. Tg1 hs ist nicht bes­ für seinen König finden kann.
ser) 27 . . . T[J: 28. Kg2 Te3 29. Tha1 Tb8 30. Ta8
20. Dd2-e3
Ta8: 31. Ta8:t Kg7 mit etwa ausgeglichener Stel­
lung.
II 19. f4 10
A) 19 . . . Sd3 20. Ld3: cd3: 21. To nebst 22. Tc6 ist
ungünstig für Schwarz.
B) 19 . . . S[J 20. Lf3: gf3: 21. Dc3 Tg8

Eine andere Möglichkeit besteht in 20. Dc3.


Schwarz entgegnet am besten mit 20 . . . Tb8. Nun
hat Weiß die Wahl:
Ba) 22. D[J: Tb8 23. es Dd7 mit unklarer Lage. Die I 21. Df6: ef6: 22. L[J: (Die Fortsetzung 22. Kg2
Fortsetzung 24. Ses Dbs 2s. Sa6: c3t ist dem Sd2 braucht Schwarz nicht zu fürchten) 22 . . .
Weißen nicht zu empfehlen. gf3: 23. Tg1 fs. Schwarz hat keine Sorgen; seine
Bb) 22. Dq: Tb8 23. es Db4 24. Dc6t Kd8 2s. To sieben Einzelbauern entfalten gehörige Kraft.
Dbst 26. Tq Sfs führt auch zu einer Stellung, Auf 24. es folgt 24 . . . Tbs 25. d6 Sg4 samt f7-f6
deren Beurteilung dem menschlichen Verstand nach gehöriger Vorbereitung.
Mühe bereitet. II 21. L[J: Dc3: (21. . . g[J: ist weniger genau; Weiß
Der Textzug dürfte ungefähr gleichwertig sein. antwortet 22. Dq: Df4: 23. Dc6t Kf8 24. Ses)
19. f3-f4 22. Sc3: g[J:
A) 23. Ta6: Sg4
Hier ist die Folge 19. fg4: Shg4: für Weiß ungünstig;
Aa) 24. Ta7: Tb2: 2S. Ta8t (Auch die Fortsetzung
er hat ein Tempo weniger als nach 18 . . . Dd6 (vgl.
2S. Th3 Tb3 ist nicht erfreulich für Weiß)
die vorige Anmerkung unter I).
2s . . . Kd7 26. Th8: Tf2:t 27. Ke1 Te2, und Weiß
19 . ... Se5-f3 steckt in gewaltigen Schwierigkeiten (28. Sd1
Andere Fortsetzungen sind schwächer. Te2t 29. Kfl c3).
I 19 . . . Sg6 20. fs Ses 21. Ses Ab) 24. Ta2 hs 2s. Ke1 Th6 26. Th3 Thb6 27. Tf3:
A) 21. . . Dd6 22. Dd4 Tc8 23. Ta6: Des: 24. Des: f6 Tb2:. Es ist offensichtlich, daß Schwarz nichts
2S. De6 mit Gewinnstellung für Weiß. zu fürchten hat.
B) 21. . . Db6 22. Dd4 f6 23. Ta6: Dbs 24. Kg2, und B) 23. Ta2 Tg8 ist offenbar ebenfalls nicht geeignet,
Weiß gewinnt; 24 . . . Tc8 wird mit 25. Ta7: wider­ dem Weißen Vorteil zu verschaffen.
legt. Sofortiger Tausch auff3 verschafft dem Weißen kei­
II 19 . . . Sd3 20. Ld3: cd3: ne zusätzlichen Möglichkeiten, denn nach 20. Lf3:
A) 21. Ses Dd4 bringt dem Weißen nichts ein. gf3: scheitert 21. Ta3 an 21. . . Dg6 22. T[J: De4:.
B) 21. Ta3 Tb8 22. Td3: mit Vorteil für Weiß. Der Partiezug ist der stärkste.
20 WETTKÄM P F E 1 8 8 9 - 1893

20 . ... Ta8-c8 24. TC I XC4 Dd6-d7 (?)


Auch auf 20 . . . Tb8 folgt 21. Tc1. Jetzt kann 21. . . Tb3 "Hierdurch müsste bei richtigem Gegenspiel die
mit 22. Tc3 bedient werden, während 21. . . Tb4 mit Partie verloren gehen. Besser war 24 . . . Td8 2s. fs
22. Des beantwortet wird. Sg4 26. Ses Ses mit gutem Spiel oder zs. De3 Tg4
26. Tc6? Dc6:." (DSZ)
2 1 . Ta1 - c 1
Ich bin nicht sicher, daß 24 . . . Dd7 zum Verlust
Auf 21. L[J: g[J: 22. Df3: folgt 22 . . . Tg8 mit gutem führt, aber Turmzüge sind stärker.
Gegenspiel für Schwarz, wie schon in der "Deut­ I 24 . . . Td8
schen Schachzeitung" bemerkt wird. A) 2S. De3 Tg4 ist in der Tat befriedigend für
21. ... Df6-d6 Schwarz. Nach 26. Tc6 Dc6: 27. dc6: Td1t
28. De1 Te1:t 29. Ke1: Tf4: 30. Sc3 Sg4 hat
"Es drohte 22. b3, worauf jetzt 22 . . . Db4 folgt und
Schwarz Vorteil; mit anderen Zügen erreicht
das Spiel rettet," steht im "Deutschen Wochen­
Weiß nicht mehr als die Wahrung des Gleich­
schach" zu lesen.
gewichts.
22. Le2xf3 B) zs. fs
Der Springer macht den Weißen schließlich doch Ba) 2s . . . Sg4 26. Ses Ses 27. Tcz ist vorteilhaft für
nervös. Auf 22. Kgz folgt zz . . . fs. Die Fortsetzung Weiß; außer 28. Sb7 droht auch 28. Da4 t.
22. TC4: TC4: 23. LC4: Db4 24. b3 Sdzt zs. Kgz SC4: Bb) 2s . . . e6 26. fe6: fe6: 27. Sc3 Sg4 führt zu einer
26. Dd4 0-0 27. Dq: Db8 28. es Tc8 führt ZU einer etwa ausgeglichenen Stellung.
unklaren Lage. II 24 . . . Tq: ist vielleicht noch einfacher als 24 . . .
Td8. Nach 2s. Dq: hat Schwarz die Wahl:
A) zs . . . Kd8 26. Ses (26. Th3 Df4: 27. Ses Tg6 bringt
dem Weißen nicht mehr) 26 . . . Db6 27. Sd3 Sg4
28. Ke1 Sfz: 29. Sfz: Tg2
11
12

Aa) 30. Sd1 fzt 31. Kez Tg1 32. Sfz: Dbz:t 33. Kf3
Jetzt gefällt dem Bearbeiter der Partie in der "Deut­ Da3t 34· Ke2 Dbzt mit remis durch Dauer­
schen Schachzeitung" die Fortsetzung 23. Df3: bes­ schach.
ser für Weiß. Er gibt die Folge 23 . . . Tg8 (23 . . . Db4 Ab) 30. Dez Dast 31. b4 Db4:t 32. Kfl Dbst 33. Ke1
wird mit 24. Dc3 beantwortet) 24. Sc3 Tg4 2s. es Db4t mit remis durch Dauerschach.
an, ohne ein Stellungsurteil auszusprechen. Tat­ B) 2S . . . f6, und die Stellung des Schwarzen ist be­
sächlich ist die Lage wegen der Möglichkeit ds-d6 friedigend. Nach 26. Ses Df4: kann Weiß aus
nebst Sc3-ds ungemütlich für Schwarz. dem Loch aufe6 keinen entscheidenden Vorteil
Statt 24 . . . Tg4 sollte Schwarz 24 . . . Sg4 versuchen. ziehen.
Er dürfte genügendes Gegenspiel besitzen. Die Zü­ z s . TC4XC8t
ge 23. Dd4 und 23. Df3: sind etwa gleichwertig. Die Fortsetzung zs. Ses Dg4 26. Ke1 Df4: 27. Sd3
23 . ... Th8-g8 Db8 ist nicht besser als die Partiefolge.
3· PARTIE: LASKE R - M I ES E S 21

2S. .. . Dd7XC8 II 31. Tg3 Db8 (31 . . . Td8 ist schwach; Weiß antwor­
26. Sa4-cs KeS-fS (?) tet 32. De7)

Schwarz verteidigt sich mit großer Kaltblütigkeit. A) 32. Dd4t Kh7 (Nach 32 . . . Kh6 33· T[J: erhält
Er sollte aber darauf sinnen, sich ins Endspiel zu Weiß Vorteil) 33. es (33. Tf3: wird mit 33 . . . Sh2
retten. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: nebst 34· . . Df4: beantwortet) 33· . . Td8
I 26 . . . Db8 27. Da4t Dbst 28. Dbs:t abs: 29. Th3 Aa) 34· De4 t Kh8 35· Sd3 Td3: 36. Dd3: Db4 t 37· Kh
Tg4 30. Tf3: Th4: 31. Tb3 führt zu einer Stellung, Df4:, und Schwarz hält sich.
die Schwarz kaum wird halten können. Ab) 34· Dc3 Dbs 3S· Tf3: Sh2 36. Td3 Td3: 37. Dd3:t
II 26 . . . Sg4 ist jedoch stärker als der Textzug: 27. es Dd3: 38. Sd3: S[Jt 39. Ke2 Sh4:, und Schwarz
(Sonst kommt der Springer über f6 ins Spiel zu­ sollte überleben.
rück) 27 . . . Dfs 28. De4 De4: 28. Se4: Kd7, und
B) 32. Db8: Tb8: 33. Sd3 Te8 34. es f6 3S· Kd2 as
Schwarz hat ausreichendes GegenspieL
36. Tf3: fes: 37. fes: Ses:. Nach dem Springer­
2 7. ds-d6 tausch hat Weiß kaum Siegesaussichten, denn
er verfügt über kein Gewinnpotential am Kö­
Weiß nutzt die Möglichkeit, die Stellungsstruktur
nigsflügel.
zu ändern. Es ist schwer zu entscheiden, ob die
Fortsetzung 27. Ke1 Dq 28. Dc3 als stärker anzuse­ Jetzt gerät Schwarz in eine klare Verluststellung.
hen ist. Nach 28 . . . Dd6 behält Weiß beachtlichen
Vorteil, aber entschieden ist noch nichts. Sh6xfs (?)

27 . . .. Danach kann Weiß mühelos gewinnen. Schwarz


Schwarz darf den d-Bauern des Weißen natürlich hat zwei zähere Verteidigungsversuche, wenn auch
nicht nach d7 lassen. beide unzureichend sind:
I 29 . . . Tg4 30. Th3
A) 30 . . . Dd8 31. Dc6t Ke7 32. f6t Kf8 33. Sd7t Ke8
(Nach 33 . . . Kg8 34· Tf3: ist die Lage des Schwar­
13 zen hoffnungslos) 34. Sest Kf8 3S· Dn, und
Weiß gewinnt.
B) 30 . . . Sfs:
Ba) 31. efs: Dfs: 32. Dc6t Ke7 33· Db7t Ke8 ergibt
nicht mehr als Unentschieden.
Bb) 31. Dest Se7 32. T[J:. Es gibt keine befriedigen­
de Verteidigung gegen die Drohung 33. Tb3;
Weiß gewinnt.
II 29 . . . Sg4 30. f6 Dd8 (30 . . . Sf6: scheitert an
31. Dest Kf8 32. Df6: Des: 33· Dd8t Kg7 34. Tg1t
Kh6 3S· Dd2t) 31. Dc6t Kf8 32. Sd7t Ke8
33· Sb6t Kf8 34· Sds Tg6 35. hs.
28 . ... Kf8-e8?
14
Konsequenter und stärker ist die Fortsetzung
28 . . . Kg7. Weiß hat nichts Besseres als 29. Tgit
(29. Dd4t Kf8 bringt den Weißen nicht weiter)
29 . . . Sg4 30. Ke1. Jetzt spielt Schwarz 30 . . . hs, und
Weiß hat die Wahl:
I 31. Dd4t Kh6 (Auch mit 31. . . Kh7 32. Dds Kh6
kann Schwarz Widerstand leisten) 32. Tg3 Td8
33. Dc3 Dc6. Jetzt wird 34· Tf3: mit 34· . . Tc8
35· b4 as beantwortet; die Lage ist unklar.
22 WET T K Ä M P F E I 8 8 9 - I 8 9 3

Jetzt scheitert 35 . . . Tf6: an 36. Dc3; Weiß hat ent­ 35· Dd6t Khs 36. Dd3 Dh3t zum Vortheil des Nach­
scheidenden StellungsvorteiL ziehenden folgen." (DSZ)
Es sollte aber nichts helfen.
30. e4xfs Dc8xfs
31. Dd6-b8t 34· ... Kg7-h8??

In der "Deutschen Schachzeitung" wird der Zug Nach 34 . . . Td8 ist Weiß rettungslos verloren.
mit einem Fragezeichen geschmückt und auf die Schachgebote helfen ihm nichts: 35· Dc3 t f6 36. DCI
einfache Gewinnführung 31. Sd3 hingewiesen: es Des: usw. Es gibt nichts Besseres als 3S· Dei, und
droht 32. Dest, und auf31. . . .f6 folgt 32. Dc6t nebst nach 3S · . . Des: 36. Th3 Td3 wird der Bauer auf f3
33. Se1. zum Sargnagel des Weißen.
Es trifft zu, daß 31. Sd3 zum Siege führt; aber der
35· Db4-d4t f7-f6
Textzug gibt den Gewinn nicht aus der Hand.
36. Scs-d3
Ke8-e7
Jetzt ist der Springer doch noch auf diesem Feld
angelangt.
Erst der Verzehr dieses unschuldigen Bäuerleins
Tg8-c8
wandelt die Stellungsbeurteilung. Nach 32. Dqt
Ke8 (32 . . . Kf8 scheitert an 33. Dd8t Kg7 34· Tgit Es gibt nichts Besseres. Nach 36 . . . Te8 37. h5 ent­
Kh6 35· Dd2t) 33. Dc6t Ke7 (33 . . . Kf8 34· Dd6t Ke8 steht die Stellung, die in der Partie nach dem 40.
3S· Sd3 führt zu dem in der vorigen Note angege­ Zuge von Weiß aufs Brett kam mit dem Unter­
benen Gewinn) 34. De4t siegt Weiß ohne Schwie­ schied, daß der b- Bauer des Weißen auf b2 statt
rigkeiten. aufb4 steht. Dies erleichtert dem Anziehenden die
Gewinnführung: 37 . . . De6 (Auf37 . . . as ist 38. Th4
3 2.
nebst 39· Tg4 zum Gewinn ausreichend) 38. De3
De3: (38 . . . Dc6 hilft nichts; Weiß spielt 39. Df4)
IS 39. fe3: Te3: 40. Sei usw. Die Fortsetzung 36 . . . hs
37. De3 macht die Aufgabe des Weißen um vieles
einfacher.

37· Kfl-e1

Nicht besser ist die Fortsetzung 37. Se1. Schwarz


antwortet 37 . . . Te8. Nun folgt auf 38. Dc3 der
Schlag 38 . . . Tei:t 39. Kei: (Nach 39. Dei: Dd3t
40. Kgi Dg6t wird Weiß matt) 39 . . . Dbit, und
Weiß muß von vorne beginnen (40. Kd2 Dhi:
4I. Df6:t Kg8 42. Da6: Dh4: 43· Da8t und 44· Df3:);
daher ist 38. Sd3 mit Rückkehr zur Partiefortset­
33· Da7-b8t?
zung vorzuziehen.

37· Dfs-ast
Damit gerät Weiß in eine Verluststellung. Es ist an
der Zeit, sich um das Unentschieden zu kümmern: 38. b2-b4 Tc8-e8t
33. Sd7t Ke8 (Andere Züge sind offensichtlich un­ (siehe Diagramm 16)
gesund) 34· Sf6t Df6: 3S· Da8t Dd8 usw.
39· Ke1 -fl (?)
33· Kf8-g7
Hier aber gewinnt die Auswanderung zum Da­
34· Db8-b4
menflügel ohne größere Schwierigkeiten. Nach
"Weiß trifft in dieser schwierigen Position den ein­ 39. Kdi Da4t 40. KCI TeSt 41. Kd2 De2t 42. Ke3
zig richtigen Zug. Auf 34. Tgit würde 34 . . . Kh6! De2t 43. Kf4 ist die Partie zu Ende. Nach dem
3· PA RTIE: LASKER - MIESES 23

16 17

Partiezug bleibt der Turm des Weißen eingesperrt, Indessen erzwingt die Fortsetzung 43· Ses as
und Schwarz kann sich weiter wehren. 44. Kh den Sieg: 44 . . . Tc3 (44 . . . Ta3 45. bas: Tas:
46. Se6 überlebt Schwarz auch nicht) 45. bas: Tcs:
39· Das -fs
46. Ta1 Tq 47- a6 Ta7 4B. Kf3: Kg7 49· Ke4 Kh6
40. h4-h5 Dfs-e6
(49 . . . Kf7 so. Kds ist offensichtlich hoffnungslos
41. Dd4-e3
für Schwarz) so. Kfs Kg7 51. Ke6 Kh6 52. Kf6: Khs:
" Merkwürdigerweise kann Weiss trotz seines be­ 53- Ta4 h6 54· Kfs Tf7t 55- Ke6 Ta7 56. Kf6 TaB 57. a7
deutenden materiellen Übergewichts die Partie TfSt sS. Kg7 TaB 59. Tast Kg4 6o. Kh6:, und der
nicht gewinnen. Auf 41. Db2 würde Schwarz durch König des Weißen gelangt rechtzeitig nach q.
41. . . TdB! 42. Dc2 TcB 43· Dd2 Dds 44- De3 (44. Kg1 Jetzt muß Weiß den b-Bauern abgeben und dürfte
TdB ) 44 . . . Dd3:t! gewinnen, ebenso wäre 41. Th4 nicht mehr gewinnen können.
für Weiss verderblich wegen der Folge 41. . . De2t
43·
42. Kg1 TgBt 43- Kh2 Tg2t 44- Kh3 Dfi!, denn
44· Th t -h4
Schwarz beantwortet jetzt ein eventuelles Schach
mit Abzugsschach durch den Thurm und setzt in "Ein ausgezeichneter Zug, der dem feindlichen
wenigen Zügen mat. Weiss muss daher den Da­ Thurm das wichtige Feld g4 abschneidet. Auf
mentausch anbieten, wodurch Schwarz sehr gute 44- . . Kg7 würde 45· h6t Kf7 46. Tg4 dem Anzie­
Remischancen erhält." (DSZ) henden Gewinnchancen verschaffen." (DSZ)
Dies ist eine scharfsinnige Anmerkung, die jedoch
45· Kh-h Kh8-g8
zwei Ungenauigkeiten enthält.
46. Kf2xf3 Te4xb4
1. Nach 41. Db2 TdB 42. DC2 TcB kann sich Weiß
47· Th4-hl Tb4-b3 t
mit 43· Db2 verteidigen. Schwarz gewinnt mit
48. Kf3 -f2 Kg8-g7
der Fortsetzung 43 · . . TdB 44· Dc2 Dfs (45. Sei
49· Sf4-e6t
Dbst 46. Kg1 TgBt 47· Kh2 Dhs: matt).
2. Der Zug des Weißen sollte bei bestem Spiel zum Nach 49· h6t folgt 49 . . . Kf6 so. Tg1 Kes nebst
Siege führen. so . . . Tb6 oder so . . . Th3, wenn der Springer von
f4 weicht; Schwarz hat keine Sorgen mehr.
De6xe3
Te8xe3 49· Kg7-f6
so. Se6-d4 Tb3-b2t
(siehe Diagramm 17)
5 1. Kf2-e3 a6-a5
43· Sd3-f4? 52. Th t -h Kf6-g5
Die "Deutsche Schachzeitung" versieht den Zug 53· Thxf5t Kg5-g4
mit einem Ausrufezeichen und schreibt: "Falls 5 4· hs -h6 Tb2-b6
43· Ses, so 43 . . . as! 44- bas: Ta3." 55· Tfs -h Tb6xh6
24 W E T T K Ä M P F E 1 8 8 9 - 1 8 93

56. Th-gtt Kg4 - h5 4· Partie


57· Ke3-f4 1h6-f6t J. M I ES E S - E M . L A S K E R
58. Sd4-fs h7-h6 Leipzig, 2.1.1890
59· Tg t -p as-a4 Wiener Partie (C25)
6o. Tg2-g1 a4-a3
61. Tp-p a3-a2 Frühere Kornrnentierungen:
62. Tpxa2 Kh5-g6 DSZ 1890, S-47-48
63. Ta2-pt Kg6-f7 DWS 1890, S.29-30.
64. Kf4-e5 Tf6-e6t 1. e2-e4 e7-e5
65. Kes -d5 Te6-e 1 2. Sbt-CJ Lf8-c5
66. Sfsxh6t Kf7-f6 3· p-g3 Sb8-c6
67. Tg2-ht Kf6-g5 4· Lh-g2 a7-a6
68. Sh6-f7t Kg5-g4 5· d2-d3 d7-d6
69. Sf7-est Kg4-g3 6. Sg1 -e2 Sg8-e7
7 0 . Tf2-f7 Te t -at 7· Sc3-d5 0-0
8. 0-0 Lc8-e6
Remis gegeben.
9· Kgt -h t Dd8-d7
Dies scheint mir eine sehr bemerkenswerte Par­ 10. Sd5xe7t(?)
tie zu sein, auch wenn die Spieler einigen Irrtü­ Es ist nicht einzusehen, warum Weiß seinen stol­
mern zum Opfer fielen. Ihr Verlauf erinnert mich
zen Springer abtauseht Plausibler ist 10. CJ.
an die zehnte Partie aus dem Wettkampf Lasker -
Schlechter. Weiß erreicht aus der Eröffnung heraus 1 0.
nach wenigen Zügen eine Gewinnstellung. Aber 1 1. h-f4
dann geht er überstürzt vor, und sein Gegner er­
hält ein Gegenspiel, welches zum Ausgleich genügt.
18
Es folgt ein scharfes Handgemenge, in dem beide
Spieler großes Geschick entfalten (Zug 16-28); ich
habe den Eindruck, daß sie arn Brett weit mehr von
der Stellung begriffen haben als ich nach Dutzen­
den Stunden der Analyse. Dann ergreift die Geg­
ner Erschöpfung, und eine Folge von Fehlern be­
lebt das Brett. Lasker hält die gewaltige Spannung
besser aus, macht den vorletzten Fehler in dieser
Serie und erreicht ein gewonnenes Endspiel. Jetzt
ereignet sich die einzige wesentliche Abweichung
vorn Bild der oben erwähnten Partie: der jüngere
der beiden Meister findet den Gewinn nicht. Diese 1 1. ... Le6-h3 (?)
großartige Kampfpartie gereicht beiden Spielern
Schwarz ist besser entwickelt und sollte die Öff­
zur Ehre.
nung der Stellung anstreben.
In der folgenden Partie gewinnt Lasker aus einer I n . . . f6 (zur Vorbereitung von d6-d5) 12. d4 ed4:
aufgabereifen Stellung heraus. Für diese Erschei­ 13. Sd4: Lfj 14. Le3 führt zu einer etwa ausgegli­
nung gibt es in Laskers Schaffen eine erstaunliche chenen Stellung.
Vielzahl von Beispielen, und sie hat immer wieder II 11. . . fs gefällt mir besser.
die Aufmerksamkeit auf sich gezogen; der arme A) Der Kornmentator in der "Deutschen Schach­
Tarrasch, Reti und andere konnten sie nie begrei­ zeitung" meint, daß dieser Zug den Bauern auf
fen. Deshalb will ich auch dieses Spiel etwas einge­ b7 kostet. Nach 12. efs: Sfs: 13. Lb7: folgt jedoch
hender besprechen. IJ . . . C6, und Weiß muß aufgeben.
4· PARTIE: M I ESES - LASKER 2S

B) 12. fes: des: 13. Sc3 fe4: 14. Se4: Lb6 mit etwas 20. Tf5 -h5 f6-f5?
besserem Spiel für Schwarz.
Dies ist schon Selbstmord. Nach 20 . . . Tf7 21. Tf1
1 2. Lpxh3 Taf8 muß Weiß erst noch zeigen, wie er weiterzu­
1J. f4-f5 kommen gedenkt. Jetzt geht nicht nur ein wichti­
ger Bauer verloren; Weiß erhält auch einen hefti­
Mit 1J . . . f6 kann Schwarz verhindern, daß der Geg­
gen, entscheidenden Angriff.
ner seine Bauernstruktur am Königsflügel mit fs­
f6 zerreißt. Wenn Weiß richtig fortsetzt, kann er 21. Ta1-h Dg6-g8
jedoch die abseitige Stellung der Dame auf h3 aus­
Die Fortsetzung 21. . . fe4: 22. Df8:t Tf8: 23. Tf8:t
nutzen:
Kg7 (23 . . . Sg8 24. Tgs ist natürlich ganz hoffnungs­
14. d4 Ld4: 1s. Sd4: ed4: 16. Tf4 gs mit Vorteil
los) 24. Lh6t Dh6: 2S. Th6: ed3: 26. Th7:t bietet
für Schwarz.
keine Aussichten auf Rettung.
II 14. c3 Dhs mit Ausgleich.
III 14. Sc3 Tad8 1S. D[J c6 mit befriedigender Stel- d6-d5
lung für Schwarz.
Dies ist nicht das zäheste, weil der Punkt es auch
IV 14. Sg1 Lg1:
noch schwach wird, aber es ist schon gleichgültig,
A) 1s. Kg1: ds führt zu etwa gleichem Spiel.
B) 15. Tg1: ds 16. g4 gs 17· Tg3 Dh6 18. D[J mit der was Schwarz noch zieht.
Drohung 19. h4 führt aber zu einer für Schwarz 23. Ld2-h6
unbequemen Lage.

14. f5-f6 g?><f6 20


15. Th xf6

19

Noch überzeugender ist 23. f6, und die Drohung


24. f7 hat entscheidende Kraft. Auf 23 . . . Tf7 folgt
24. Tes: Taf8 2s. fe7: Tf3: 26. T[J:, und Weiß ge­
1 5. 0 0 0 Kg8-h8 (?) winnt.

Hiernach erlangt Weiß bereits bedeutenden Vor­ 2J. Tf8-f7


teil. Nach 1s . . . ds 16. Dft de4: 17. de4: Tfd8 18. Sc3 24. Th 5 -g s Dg8-e8
Td6 bleibt die Stellung des Schwarzen einigerma­ 25. Df3-g4
ßen befriedigend: die aktive Figurenstellung bildet
Auch hier ist 25. f6 einfacher; Weiß gewinnt ent­
ein ausreichendes Gegengewicht zu den Mängeln
weder den e-Bauern oder den d-Bauern (2s . . . Ld6
in der Bauernstruktur.
26. Tg7).
1 6. Dd1-h Se7-g8
17. Tf6-f5 Dh5-g6
1 8. Dh -f3 f7-f6 Dies fruchtet gar nichts, aber andere Fortsetzun­
19. Lc 1 -d2 Sg8-e7 gen sind ebenfalls hoffnungslos:
26 WET T K Ä M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

2s . . . Le3 26. Lg7t Kg8 (Nicht besser ist 26 . . . Tg7: I n der "Deutschen Schachzeitung" erhält der Zug
27. Tg7: Lh6 28. f6 oder 27 . . . hs 28. D[J) 27. Les:t ein Fragezeichen. Empfohlen wird 30. d4! ed4:
Lgs: 28. Dgs:t Sg6, und nun: 31. Sd4: (31. Sf4 ist noch einfacher) 31. . . Sf6 32. Dh4
A) 29. fg6: Tfl:t 30. Kg2 h6 31. Dh6: Des: 32. Dh7t Se4 33. Se6 mit Gewinn. Wahrscheinlich fürchtete
Kf8 33· Kfl: Dg7, und Schwarz zappelt noch. Weiß auf 30. d4 die Fortsetzung 30 . . . Sf6 31. Dh4
B) 29. d4 De7 30. f6 gefolgt von Se2-f4 läßt den Le7 32. des: Se4 33. f6 Lf6:, aber jetzt gewinnt
Schwarzen ohne Hoffnung. 34· Tfl.
Il 2s . . . Sg8 26. Lg7t Tg7: 27. Tg7: Sf6 28. Dgs Le7 Der Textzug verdient kein Fragezeichen; er führt
29. Sf4, und der Angriff des Weißen dringt ebenso zum Gewinn wie 30. d4 oder 30. f6 Sf6:
durch: 29 . . . Sg8 30. f6 Sf6: (30 . . . Lf6: wird mit 31. D[J oder 30. Tg8:t Dg8: 31. Dg8:t Kg8: 32. Sc3.
31. Tg8:t beantwortet) 31. Se6 mit der tödlichen
Sg8-f6
Drohung 32. Th7:t; oder 29 . . . ef4: 30. Te1 usw.
Df8-d6
26. Th-et

Ich hätte 26. Kg2 gespielt, um die Möglichkeit zu 22


fs-f6 zu behalten und den König besser zu stellen,
aber der Unterschied ist gering.

26 . ... Sg6-e7

21

32. SCJ-dt

Dieser und der folgende Zug erregen das Mißfallen


des Kommentators in der "Deutschen Schachzei­
tung" und erhalten ein Fragezeichen. Er empfiehlt
32. h4 und 33· h4 statt 33. Sf2. In der Tat ist dies
keine schlechte Idee, aber die gespielten Züge ge­
27. Lh6-g7t winnen auch.
Damit hatte es keine Eile. Es gibt viele Verfahren, 32. Ta8-e8
die einfacher sind, zum Beispiel 27. d4 oder 27. f6 33· Sdt-b es-e4
Sg6 28. Lg7t Kg8 29. Sf4. 34· Df3-e2
27. Tf7Xg7 "Auf 34. de4: würde 34 . . . de4: 3S· Se4: Dc6! Folgen
28. Tgsxp De8-f8 und Schwarz in Vortheil bringen." (DSZ) Das ist
29. Tp-gs Se7-g8 unrichtig; Weiß gewinnt mit 36. Tg4. Auch nach
34· . . Lf2: 35. Df2: Te4: (35 . . . de4: ist auf die Dau­
Der Springer strebt nach f6. Wenn er dort ange­
er ebenfalls hoffnungslos; Weiß antwortet 36. De3
langt ist, hat die Stellung des Schwarzen wieder
und verbessert langsam seine Stellung) 36. Te4:
Halt: Weiß hat keinen Angriff mehr, und sein Turm
de4: 37. Kg2 gewinnt Weiß; er bringt seine Dame
steht auf g5 außer Spiel. Einzig der große materielle
nach geeigneter Vorbereitung auf die Diagonale
Nachteil des Schwarzen bleibt drückend.
a1-h8.
30. Se2-C3 Aber auch der Partiezug führt zum Sieg.
5· PART I E : LASKER - M I ESES 27

34· ... Dd6-c6 38. Te1 xe2 Lcs xh


39· Te2xh ds-d4t
40. Kh1 -g1 d4-d3
23
41. C2-C3

"Auf 41. cd3: gewinnt 41 . . . Dc1t den Turm auf gs.


Auf 41. Td2 folgt 41. . . Dc2:, und gewinnt. Nach
41. f6 dc2: 42. Te2: De2: 43· f7 folgt 43 . . . DCit
44- Kg2 Db2:t 45· Kh3 Dg7!, und Schwarz ge­
winnt." (DWS)

41. Dc6-e4
4 2 . h2-h4 d3-d2
43· fs -f6 d2-d1 Dt

Weiß gibt auf.


Die Fortsetzung 34 . . . Lf2: 35· Df2: d4 genügt nicht
zur Rettung. Wenn Weiß den e-Bauern des Schwar­ Mir scheint, daß Meister Mieses Opfer einer ge­
zen nach e3 läßt, ist die Sache nicht klar, aber nach wissen Bequemlichkeit wird: nachdem er Quali­
36. de4: Se4: (36 . . . Te4: 37· Kg2 ist hoffnungslos für tät und Bauer erobert hat, will er ohne weitere
Schwarz) 37· Te4: (37. Df3 ist schwächer; Schwarz Anstrengung technisch gewinnen, statt mit einer
antwortet 37 . . . Dc6 ) 37 . . . Te4: 38. f6 gewinnt Weiß. letzten Anspannung der Kräfte seinen Angriff mit
einigen scharf berechneten Zügen entscheidend
3 5 · d3 xe4??
voranzutreiben.
"Längeren Widerstand würde 35. d4 Ld4: 36. C3 bie­ Lasker dagegen bricht nach einer ganzen Serie
ten, doch wäre nach 36 . . . Lf2: 37· Df2: Dd6 38. h4 schwacher Züge nicht zusammen, sondern müht
es nebst 39 . . . d4 das weisse Spiel auf die Dauer sich unverzagt darum, noch einmal Gegenspiel
ebenfalls unhaltbar." (DSZ) Das dürfte richtig sein, zu erhalten, ohne des Materials zu achten. Er gibt
doch genügt die Fortsetzung 35. Dfl zur Rettung nicht auf; auch in hoffnungsloser Situation bleibt er
der Partie. wach, und seine Aufmerksamkeit vermindert sich
In Wirklichkeit wandelt jedoch der Textzug die Ge­ nicht. Als ihm eine Gelegenheit zugeworfen wird,
winnstellung des Weißen in eine Verluststellung ergreift er sie mit bewundernswerter Geistesgegen­
um. Zum Sieg führt 35. Sg4 ed3: (Andere Fortset­ wart und Kaltblütigkeit. Seine Genauigkeit bei der
zungen sind klarerweise hoffnungslos) 36. Sh6 Tf8 Durchführung der Schlußkombination ist beein­
(Es gibt keine andere Verteidigung gegen die Dro­ druckend. Viele hätten wohl die Gelegenheit gar
hungen 37- Sf7 matt und 37· De8:t nebst matt auf g8; nicht erspäht, weil sie nicht mehr geglaubt hätten,
36 . . . d4t 37· Kg1 verbessert die Lage des Schwarzen daß eine derartige Wende des Geschicks gesche­
nicht) 37· Dd3: Se4 38. Te4: Dh6: 39- Dc3t usw. hen könne.

3 5·
5. Partie
36. Sh-d3
EM. L A S KE R - J. M I E S E S
Auf 36. Se4: folgt 36 . . . Te4: 37· Dfl Te1: 38. De1: d4t Leipzig, J.1.1890
39. Kg1 d3t, und Schwarz gewinnt. Slawisch (D12)

3 6. ...
Beide Spieler behandeln das frühe Mittelspiel ziem­
Weiß geht nun an der ungedeckten Stellung seines lieh schwach.
Turmes auf gs zugrunde. Nach 36 . . . Sg3:t 37· Tg3:
1. Sf3 ds 2. d4 Lfs 3· C4 e6 4. Sc3 c6 5· e3 Sd7 6. Ld3
hätte er keine Sorgen.
Lg6 7· o-o Sgf6 8. De2 Le7 9. b3 o-o 10. Lg6: hg6:
Te8xe2 u. Lb2
W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

Es ist eine Stellung entstanden, die unter Zugum­ Lf6xd4 (?)


stellung auch in der Partie Z. Ilinck - V. Popov,
Damit hatte es keine Eile. Besser ist 17 . . . TeS.
Europacup 1999, erreicht wurde. Herber Tadel ist
also nicht angebracht.

n . . . Sb6 (?) Damit stellt Schwarz die Partie ein. Richtig ist
18 . . . Shf6, und Weiß steht nur wenig besser.
Dort steht der Springer nicht gut. In Betracht
Dd8-f6
kommt die Fortsetzung 11 . . . Das 12. a3 dC4: 13. bC4:
es 14. des: Ses: 1s. Ses: Des: 16. Sds Dd6 17. Se7:t
De7: mit etwa gleichem Spiel.

12. es (?)

Weiß setzt nicht sachgemäß fort. Besser ist 12. e4


oder 12. Tad1 Dq 13. e4 mit Vorteil für Weiß.

12 . . . Sdb7 13. b4 Sh7 (?)

Besser ist 13 . . . Dq, um e6-es durchzusetzen.

14. Sd2 Lf6

Sofortiges 14 . . . es ist genauer.

ts. Sb3 (?)


20. Sc3 xds
Vorzuziehen ist IS. f4 gs 16. Sf3 nebst Sf3-es.
Schwarz dachte offenbar an 20. eds: Sf3t, aber so­
15 . . . es 16. Tad1 gar nach 20. Sd1 steht er schlecht. Der Partiezug
ist natürlich viel stärker und gewinnt unmittelbar.
24 20 . . . cd5: 21. Td5: De6 22. Les: TfeS 23. Tet Sg5
24. f4 Se4: 25. De4: f6 26. Dd4 Da6 27. Td7 fe5:
28. Ddst Kh7 29. Df? TgS 30. Te3

Schwarz gibt auf.

6. Partie
J. MIE S E S - E M . L A S K E R
Leipzig, 4.1.1890
Wiener Partie (C2s)

Mieses wählt dieselbe Eröffnung wie in der 2. und


4· Wettkampfpartie und der vorhergehenden Ein­
16.
zelpartie in Berlin. Lasker behandelt die Eröffnung
0 0 0

Schwarz muß etwas gegen die Drohung 17. e4 tun. jedesmal schwächer. Wieder versäumt er es, der
Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: I 16 . . . Te8; li Ausdehnung des Weißen am Königsflügel mit f7-
16 . . . e4. In beiden Fällen erreicht Schwarz gutes fs Einhalt zu gebieten, und er nimmt nicht einmal
Spiel. die Durchsetzung von d6-ds kräftig zur Hand.
Wenn Schwarz es-e4 gezogen hat, verfügt er über
gute Angriffsaussichten, denn die Figuren des Wei­ 1. e4 e5 2. SCJ Lc5 3· g3 a6 4· Lg2 d6 5· Sge2 Sc6 6. d3
ßen, insbesondere sein Damenläufer, stehen absei­ Le6 7· o-o Sge7 8. Sds o-o 9· Se7:t De7: 10. Kh1
tig; es wird lange dauern, bevor er am Damenflügel TadS 11. f4 f6 12. SCJ Dd7 13. fs Lf7 14. g4 DeS 15. gs
wirksame Drohungen aufstellen kann. KhS 16. Dg4 Td7 17. Dh4
6. PART I E : M I E S E S - LASKER 29

26 27

Weiß droht mit 18. g6 Lg8 19. T[J zu gewinnen. II 20 . . . Te8 21. Dg4 h6 22. a3 Sc2: 23. Lh6: gh6:
Schwarz hat dann keine zureichende Verteidi­ 24. Th6:t
gung mehr gegen die Drohung Tf3-h3, Dh4-g4, A) 24 . . . Lh7 25. Dh4 Tee7 26. Df6:t Kg8 27. gh7:t
Th3xh7t und Dg4-h5. In der abgebildeten Stellung Th7: 28. Tg6t Thg7 29. Tg7:t, und Weiß ge­
verfügt er über folgende Verteidigungsmöglichkei­ winnt.
ten: B) 24 . . . Kg7 25. Dh4 Kf8 26. Sds Sa1: 27. Th8 Tg7
17 . . . fgs: 18. Lgs: Sd4 19. f6 g6 20. Lh6 Sc2: 28. Dh6 nebst 29. Th7, und Weiß gewinnt.
21. Lh3 Td8 22. Sds Lds: 23. f7, und Weiß ge­ (DWS 1890, S.31).
winnt.
Die letzte Angabe ist ein bißeben zu optimistisch;
II 17 . . . Sd4 (Dies verhindert 18. T[J) 18. gf6: Lhs
mit 28 . . . c6 29. Th7 Tee7 30. Sf6: Das 31. b4 Da4
19. Lgs Sc2: 20. TaCI Sb4 21. L[J L[J:t 22. Tf3: Df7
32. L[J Db3 kann Schwarz remis durch Dauer­
23. fg7:t Dg7: 24. a3 Sc6 25. Sds, und Weiß hat
schach erreichen. An Stelle von 28. Dh6 führt je­
entscheidenden Angriff.
doch 28. Sf6: zum Sieg.
III 17 . . . Lg8 18. gf6: (18. g6 ist nicht überzeugend;
Natürlich ist in diesem Abspiel 22. a3 nicht nötig;
Schwarz antwortet 18 . . . Sd4 und verhindert Th­
es gibt ruhigere Fortsetzungen zum Sieg. Wenn
f3) 18 . . . Tf6: (18 . . . gf6: 19. Lh6 Tff7 20. Sds Dd8
Schwarz nach 20. g6 Te8 21. Dg4 mit 21. .. Tee7 fort­
21. c3 nebst 22. L[J führt zu einer für Schwarz
setzt, gewinnt Weiß am einfachsten durch 22. Ths
hoffnungslosen Lage) 19. Lgs Tf8 20. f6, und der
h6 23. Dh4 Df8 24. Sds Sds: 25. eds:, und Schwarz
Angriff des Weißen muß durchdringen.
kann sich nicht mehr rühren. Weiß braucht keines­
Es gibt für Schwarz anscheinend keine zureichen­
wegs sofort auf h6 zu opfern, sondern spielt erst
de Fortsetzung mehr. Aber Lasker bemerkt die
Lg2-e4, Le1-d2 und Ta1-h-f3-h3. Der Nachzie­
Gefahr überhaupt nicht. Es folgte:
hende hat nur Züge mit seinem schwarzfeldrigen
1 7 . .. De8-d8 Läufer.
1 8. Th-[J Sc6-b4 So stark ist die Stellung des Weißen, daß es selbst
19. Tf3-h3 Lf7-g8 nach dem Partiezug 20. Lc1-d2 fraglich ist, ob
Schwarz über eine Rettung verfügt. Aber das soll
(siehe Diagramm 27)
nicht mehr untersucht werden; statt dessen soll
auf die Schlußstellung dieser Partie eingegangen
Schon die Kommentatoren aus urdenklicher Vor­
werden.
zeit bemerkten, daß Weiß hier mit 20. g6 seinen
Angriff zum Siege führen kann:
I 20 . . . Sc2: 21. Dg4 h6 22. Lh6: gh6: 23. Th6:t Kg7 20. Ld2 ds 21. Dg4 fgs: 22. eds: Le7 23. d6 Ld6:
(23 . . . Lh7 24. Dhs ist natürlich ebenfalls aus- 24. Se4 Sds 25. Lgs: Le7 26. Ses Lgs: 27. Sd7: Dd7:
sichtslos für Schwarz) 24. Dhs, und Weiß setzt 28. Dgs: Sf4 29. Tg3 Tfs: 30. Dg4 Sp: 31. Kp:
matt (DSZ 1890, S.70). Dc6t 32. Kg1 g6 33· De2 Db6t remis gegeben.
30 WETTKÄMPFE 1889-1893

19. TCI Ses 20. Sb6 Tbs 21. SeS: TbcS: 22. c 4 fs
28 23. o-o Sg4 24. Lg4: fg4: 2s. Tc2 Sd6 26. Kp Te4
27. Tfc1

"In dieser Stellung bot Lasker remis an, und Mie­


ses, der nur noch fünf Minuten für die folgenden
sieben Züge hatte, nahm an . . . " (DSZ 1890, S.71)
Es scheint mir aber klar zu sein, daß Lasker allen
Grund hatte, die Partie fortzusetzen, zumal sein 27 . . . Sfs 28. Tb2 Se3:t 29. fe3: Te3: 30. Tb7: Te2t
Gegner in Zeitnot verkehrte. Nach 34. De3 Db2: 31. Kg1 Ta2 32. Tfl Tfs 33· Tq Tf1:t 34· Kfl: Tas:
gewinnt Schwarz noch einen dritten Bauern für 3S· d6 Kf8 36. TeSt Kf7 37· d7 Ta1t 38. Ke2 Ta2t
die Qualität; sein König kann nicht ernsthaft be­ 39· Ke3 Schwarz gibt auf.
unruhigt werden, da auch der König des Weißen
des Schutzes ermangelt.
8. Partie
J, MIES E S - E M . L A S K E R
7· Partie
Leipzig, 6.1.1890
E M . L A S K E R - J, MIE S E S
Wiener Partie (C26)
Leipzig, 5.1.1890
Angenommenes Damengambit (D21)
In Mieses' Spezialeröffnung weicht Lasker von
dem Aufbau ab, den er bisher bevorzugt hat, und
Im frühen damenlosen Mittelspiel zeigt Weiß über­
öffnet die Stellung sofort. Mieses spielt schwach
legenes Verständnis der Stellungsstruktur und er­
und verliert bereits im 13. Zuge eine Figur.
reicht eine Gewinnstellung. Dann beginnt er je­
doch merkwürdig nachzulassen, und Schwarz er­
1. e4 es 2. Sq Sf6 3· g3 ds 4· eds: Sds: s. Lp Sq:
hält ein ausgeglichenes Endspiel. Dies verliert er
6. bc3: c6 7· d4 ed4: 8. Dd4: Le7 9· Se2 o-o 10. o-o
jedoch in kürzester Frist.
Lf6 11. Dd3 Das 12. Le4 Td8 13. Lh7:t Kh8 14. De4
1. d4 ds 2. C4 dq: 3· Sf3 es 4· ds e6 S· e4 eds: 6. Dds: Dhs 1S. Dq Dh7: 16. Df7: Sd7 17. f4 Tf8 18. Dq
Dds: 7· eds: a6 8. a4 Sd7 9· Sq Sgf6 10. Lf4 Le7 Sb6 19. Des Lh3 20. Tb Tfds 21. Le3 Tds 22. Da3
11. Td1 o-o 12. Le2 Shs 13. Le3 Ld6 14. g3 Te8 Tad8 23. Ld4 es 24. Lf6: Td1 t 2s. Tfl De4 Weiß
1s. Sd2 Shf6 16. Sq: Les 17. as Lq:t 18. bq: Se4 gibt auf.
WET TKÄ M P FE 1 8 8 9 - 1 8 9 3 31

Schlußbetrachtung
Wettkampf in Leipzig, 30. Dezember 1889 bis hatte. Jedenfalls blieb er zwar für die stärksten Mei­
6. Januar 1890 ster in Einzelpartien gefährlich und schlug unter
anderem Tarrasch mehrere Male, erzielte aber sein
2 3 4 6 7 8
nächstes gutes Turnierergebnis erst in Hannover
Emanuel Lasker 'h 1 1 6'h 1902, wo er den vierten Platz belegte. Nach weite­
Jacques Mieses 0 'h 'h 0 0 'h 0 0 1 'h ren indifferenten Resultaten schwang er sich 1907
zu einem kurzen Höhenflug auf. Im Meistertur­
Das Bild von Laskers Spielführung, das sich schon nier zu Oostende 1907 erzielte er 19 Punkte aus
in den ersten erhaltenen Turnierpartien abzeich­ 28 Partien und teilte den dritten und vierten Platz
nete, beginnt schärfere Züge anzunehmen. Sein mit Niemzowitsch, einen halben Punkt hinter den
Partieaufbau und seine Stellungsgestaltung sind Siegern Bernstein und Rubinstein; dabei erzielte
nicht selten einfallsreich und geglückt, 1 0 biswei­ er gegen die vier Tabellenletzten nur einen Punkt!
len indifferent, 1 1 manchmal völlig verfehlt. 1 2 Die Außerdem siegte er im stark besetzten Trebitsch­
Schwächen treten besonders auffällig in geschlos­ Turnier zu Wien 1907: 1. Mieses 10; 2. Duras 9;
senen Stellungen zutage. 3.-5. Maroczy, Tartakower, Vidmar 8'h; 6.Schlech­
Bei der Verwertung von Vorteil zeigt Lasker ter 7'h; 7.-8. Berger, Perlis 6'h usw.; danach versank
oft einen langen Atem, neigt aber gelegentlich zur er wieder in Mittelmäßigkeit. Bis ins höchste Alter
Überschärfe. 1 3 Im Endspiel offenbaren sich noch beteiligte er sich jedoch an Schachveranstaltungen
technische Schwächen. 1 4 und wirkte als Schachschriftsteller. Er war allseits
Bisweilen entgleitet Lasker der Faden wirkungs­ beliebt.
voller Spielgestaltung über eine längere Phase
hin _ l 5 Nie bricht er jedoch völlig zusammen; er
bleibt wach, und besonders in Verluststellungen
sucht er unermüdlich nach taktischen Überra­
schungen.
Generell ist er taktisch gewitzt und immer im
Augenblick anwesend; er läßt sich nicht vom frü­
heren Partieverlauf oder von Vorstellungen über
die Zukunft den klaren Blick für die vorliegenden
Erfordernisse trüben.
Das Gesamtbild zeigt einige schwer erklärliche
Widersprüche; es wird spannend sein, ihnen wei­
ter nachzuspüren.
Für Jacques Mieses (1865-1954) begann nach
dem Wettkampf eine lange Trockenzeit. Es ist na­
türlich schwer zu entscheiden, ob das Ergebnis des
Zweikampfes den Schwung weiteren Vorankom­
mens brach oder ob Mieses schon die natürlichen
Grenzen seiner Entwicklungsfähigkeit erreicht Emanuel Lasker (1889)

1 o. Erste, zweite, dritte, siebte Partie.


1 1 . Fünfte Partie.
12. Vierte und sechste Partie.
13. Dritte Partie.
14. Zweite und dritte Partie.
1 5. Dritte und vierte Partie.
32

Der erste Wettkampf Bird - Lasker


im Februar 1890 in Liverpool

ACH der ansprechenden Leistung gegen Mie­


N ses reiste Lasker nach England, um seinen
nächsten Wettkampf gegen einen gestandenen
Meister auszutragen. Er ging auf sieben Gewinn­
partien; 16 der Einsatz betrug zeitgenössischen
Quellen zufolge 150 Mark. 1 7 Seine Partien haben in
späterer Zeit keine Beachtung gefunden, 18 und in
den Auswahlsammlungen über Laskers schachli­
ches Schaffen finden sich keine Beispiele aus dieser
Veranstaltung. Erstaunlich ist dies nicht; tatsäch­
lich wurde wenig ansprechendes Schach geboten,
und die Qualität von Laskers Spiel scheint gegen­
über den vorherigen Proben seines Könnens zu­
rückgegangen zu sein. Das Ergebnis, das er erzielt,
bleibt jedoch überzeugend genug.

Wettkampf in Liverpool, 17. bis 28. Februar 1890

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Emanuel Lasker I 'h I 'h 1 1 1 1 '12 0 0 1 8 'h


Henry Edward Bird o 'h o '12 o o o o '12 1 1 o 3 'lz

Zwei Jahre später gewann Lasker einen Wettkampf


gegen denselben Gegner mühelos mit dem Ergeb­ Henry Edward Bird (1895)
nis von s-o.
Henry Edward Bird (1830-1908) war nach heu­ zie (12 aus 19), einen halben Punkt hinter Black­
tigen Begriffen ein Großmeister mittlerer Stärke; burne, aber 3 '12 Punkte hinter dem Sieger, Siegbert
ein Internationales Turnier gewann er nie. Zur Tarrasch. In der ersten Hälfte seines Berufslebens
Zeit des Wettkampfes war er kein Jüngling mehr, oblag er einer bürgerlichen Beschäftigung, später
sondern stand im 6o. Lebensjahr, hatte aber sei­ spielte er hauptsächlich Schach.
nen wohl größten Turniererfolg unmittelbar da­ Ohne Verweilen trat Lasker gegen den nächsten
nach: 3.-4. in Manchester zusammen mit Macken- Wettkampfgegner an.

16. BCM 1890, S.84; ICM S.69, S.72, S.97; Str. S.wo; DSZ 1 890, S.93.
17. DWS 1 890, S.77-78; laut CM XIII (August 1 892), S.363 6 Pfund. Zuverlässig sind diese Angaben nicht unbedingt.
18. Schon in CM XI (März 1890), S.1 98-199 findet sich ein recht abschätziges Urteil. Die Aussagen von L. Hoffer sind
jedoch fast immer von Eigenbelang gefärbt; und in CM XIII (August 1 892), S.363, behauptet er dann auch, dieser
Wettkampf habe Laskers Ruf begründet.
33

Der Wettkampf Lasker - Miniati


im März 1890 in Manchester

A N den Wettkampf gegen Bird schloß sich ein


r\. weiterer Zweikampf gegen einen wenig be­
kannten Spieler an. Die Nachrichten darüber sind
äußerst spärlich.'" Über die Bedingungen wird
nichts mitgeteilt; nur das Ergebnis ( +3 -o =2 für
Lasker) wird erwähnt. Der Berichterstatter der
.,Deutschen Schachzeitung" meint gar, es sei über­
flüssig, etwas vom Ausgang des Treffens zu erwäh­
nen.20 Dennoch bot es meines Erachtens viel an­
sprechendere Partien als der Wettkampf Bird ge­
gen Lasker.

Wettkampf in Manchester, 6. bis 13. März 1890


2 3 4

Emanuel Lasker y, 4

Nickolas T. Miniati 0 0 0

Diese Geringschätzung wurde sicher unter ande­


rem dadurch verursacht, daß Niebolas Theodo­
re Miniati (NtKoMo<; 0t:oc'\wpo<; Mqvta<q<;, gebo­
ren im Juni 1860 in Salford als Sohn griechischer
Eltern/' gestorben 1909 in Griechenland) keine
Lorbeeren auf dem Gebiete des Schachs errungen
hat. Selbst der treffliche Jeremy Gaige hat den Ge­ Nicholas 1heodore Miniati
burtstag, die Vornamen und das Todesjahr dieses
Spielers nicht ermitteln können. 22 daß er sich der griechischen Armee anschloß und
Ab 1885 zählte er zu den stärksten Spielern im Kampfe fiel.26 Wenn auch Griechenland, soviel
in Manchester. Von 1892-1893 gab er sogar eine ich weiß, in diesem Jahr nicht in offizielle Kriegs­
Schachzeitung unter dem Namen .,The Chess Re­ führung verwickelt war, mag er in diesen für jenes
view" heraus. 23 Im Jahre 1894 spielte er noch mehr­ Land so unruhigen Zeiten bei einem der vielen
mals für Manchester am 1. Brett;24 dann verschwin­ Zwischenfälle an den Grenzen ums Leben gekom­
det sein Name abrupt aus den Listen der Stadt­ men sein.
mannschaft. 25 Der .,Batley Reporter," eine Lokal­ Der nächste Wettkampf Laskers besteht in einer
zeitung des Ortes Batley bei Manchester, berich­ ähnlichen kleinen Veranstaltung, die nach dem
tet in seiner Ausgabe vom 26. November 1909, Turnier in Graz 1890 organisiert wurde.

1 9. BCM 1890, S.131; DWS 1890, S.129; CM XI (April 189o), S.229; ICM 1890, S.97; Str. 1890, S.165.
20. DSZ 1890, S.127.
2 1 . Angabe des britischen Geburtenregisters.
22. J. Gaige, Chess Personalia, Jefferson/London 1987, S.284.
23. J. Berger, Schachjahrbuch für 1899-1900, S.186; BCM 1892, S.495 findet sich die Besprechung der ersten Ausgabe.
24. BCM 1894, S.9; S.138; S.243.
2 5 . Vgl. BCM 1895, S.n8.
26. Dies wurde mir freundlicherweise von Anthony Gillam mitgeteilt; sein Gewährsmann ist Alan Smith.
34

Der Wettkampf Englisch - Lasker


im September 1890 in Wien

IE Serie von fünf Partien zwischen Emanu­


D el Lasker und Berthold Englisch wurde im
"Neuen Wiener Schachklub" durchgeführt. 27 Las­
ker gewann 3 Y2 : 1 Yl. 28 Die Partien des Wettkampfs
sind nicht erhalten.
Berthold Englisch (1851-1897) nahm in den
Jahren 1877-1887 an mehreren Spitzenturnieren
teil und erzielte vorzügliche Ergebnisse. Er sieg­
te beim ersten Kongreß des Deutschen Schach­
bundes in Leipzig 1879 und teilte in Wiesbaden
1880 den ersten Platz. Ab 1887 beteiligte er sich
nur noch an lokalen Turnieren, bis er in Berlin
1897 antrat. Er erkrankte, mußte nach der u. Run­
de (6lf2 Punkte) zurücktreten und starb innerhalb
von drei Wochen an "Gehirnlähmung. "29
Das Ergebnis des Wettkampfs in Wien liefert
ein weiteres Anzeichen dafür, daß Lasker schon
damals allen erfahrenen, international erprobten
Meistern mittlerer Stärke überlegen war.
Es ergab sich nun eine längere Pause in der
Wettkampftätigkeit Laskers. Erst nach zwei Jah­
ren bekommt Lasker wieder die Gelegenheit zu
einem Zweikampf; diesmal ist der Widersacher
ein erfahrener Meister, der alle bisherigen Welt­ Berthold Englisch
kampfgegner Laskers an Stärke weit übertrifft.

27. DSZ 1890, S.3n; DWS 1890, S.428; Str. 1890, S.326.
28. In der Sekundärliteratur wird das Ergebnis mit +2 -o =3 für Lasker angegeben; ich kenne die Quelle für diese
Information nicht. Einzig im ICM 1890, S.274, ist als Resultat +2 -1 =1 zugunsten Laskers vermerkt, sicher irrtümlich.
29. DSZ 1897, S.314; DWS 1897, S.405.
35

Der Wettkampf Blackburne - Lasker


im Mai/Juni 1892 in London

M März und April 1892 fand in London ein dop­


I pelrundiges Fünferturnier statt, das Lasker und
die stärksten britischen Spieler außer Amos Burn
vereinte.30 Der Endstand lautete:
1. Ern. Lasker 6 Yz
2. J. H. Blackburne 6
3· J. Mason 4
4. I. Gunsberg 2Yz
5· H. E. Bird 1
Lasker gewann beide Spiele gegen Blackburne, der
in allen seinen übrigen Partien siegreich blieb.
Das Ergebnis des Turniers belebte das Interesse
für die Auslotung von Laskers Spielstärke bedeu­
tend. Mit großer Schnelligkeit kam ein Zweikampf
zwischen Blackburne und Lasker zustande.31 Sie­
ger sollte sein, wer zuerst sechs Partien gewann;
Remispartien zählten nicht. Zumindest inoffiziell
ging es dabei um den Titel "Champion of Eng­
land."32
Es wurde im "British Chess Club" gespielt; nur
wenige Besucher wurden zugelassen. 33 Darüber
entstand "beträchtliche Unzufriedenheit. "34
Mit einem so starken Gegner hatte sich Lasker
in einem Wettkampf bisher noch nicht gemessen, Joseph Henry Blackburne (1898)
und darum ist ein gründlicher Blick auf die Partien
nicht unangebracht.
Joseph Henry Blackburne (1841-1924) erziel­ 1890 hinter Tarrasch war aller Ehren wert. Black­
te sein erstes bedeutendes Resultat bei einem in­ burne dürfte viele Jahre lang nach Steinitz der
ternationalen Wettstreit in Baden- Baden 1870; zweitbeste Spieler der Welt gewesen sein; Zuker­
er wurde Dritter hinter Anderssen und Steinitz. tort überflügelte ihn nur für kurze Zeit. In Zwei­
In den nächsten zwanzig Jahren nahm er an al­ kämpfen fiel es ihm jedoch anscheinend schwer,
len Spitzenturnieren teil und erreichte stets aus­ sein Können voll zu entfalten. Im Jahre 1876
gezeichnete Ergebnisse. Seine beeindruckendste ging er in einem Wettkampf gegen Steinitz 7-0
Leistung zeigte er wohl in Berlin 1881; er sieg­ unter; fünf Jahre später unterlag er gegen Zu­
te mit drei Punkten Vorsprung vor seinem Ver­ kertort mit 2-7 bei fünf Remispartien. Zwar ge­
folger Zukertort. Sehr oft belegte er die zwei­ wann er einen Rückkampf sechs Jahre später, doch
te Stelle; noch sein zweiter Platz in Manchester war Zukertort nicht mehr bei voller Kraft und

30. BCM 1892, S.154; CM XIII (Mai 1892), S.259; DSZ 1892, S.127; LCF 1893, S.77-78; Str. 1892, S.n6.
31. LCF 1893, S.78; CM XIII (Juni/Juli 1892), S.296; DSZ 1892, S.157; DWS 1892, S.167; Str. 1892, S.149.
32. BCM 1892, S.293.
33· BCM 1892, S.272-273.
34. BCM 1892, S.307.
W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

starb bald danach. Noch im gleichen Jahr verlor Die Kommentatoren des Tages sehen Schwarz be­
Blackburne einen Wettkampf gegen Gunsberg sehr deutend im Vorteil. 35 Lasker selbst behauptet:36
deutlich. "Die einzige Chance des Weißen ist hier 34. Lh6:
Nach 1890 wurden seine Resultate ungleich­ Kh6: 35. Dgst Kg7 36. hs Tf6 37· Th1, wonach remis
mäßiger, doch zeigt sein zweiter Platz im oben das wahrscheinliche Ergebnis ist."
erwähnten Fünferturnier zu London 1892, wie ge­ Diese Fortsetzung ist spielbar, denn auf 37 . . .
fährlich er noch immer war. Er erreichte in Ber­ fe4: ist die Antwort 38. Se1 zureichend; aber ein
lin 1897 den dritten Platz hinter Charousek und wenig seltsam ist sie doch. Es besteht keinerlei
Walbrodt, aber vor Janowski, Burn, Schlechter, Grund, den starken schwarzfeldrigen Läufer ge­
Ögorin, Schiffers . . . ; und 1914, im Alter von 73 Jah­ gen den Randspringer abzutauschen. Nach 34. Ke1
ren, teilte er mit Yates den ersten Platz bei der Mei­ hat Weiß nichts zu fürchten; 34· · . fe4: wird mit
sterschaft des Englischen Schachbundes in Ches­ 35· Ses beantwortet. Am stärksten ist wohl 34. Dgs;
ter. Schwarz muß 34 . . . f4 spielen, und nach 35. Lcs hat
Weiß leichten Vorteil. Der zog jedoch:
1. Partie
34· Sd3-c5
J . H . B L A C K B U RN E - E M . L A S K E R
London, 2J.S.I892 "Ein schlechter Zug, der sofort verliert," schreibt
Spanisch (C65) Lasker, der dem Zug ein Fragezeichen gibt. Die
übrigen Bearbeiter der Partie hauen in die gleiche
Es wurde ein schwerblütiger spanischer Stellungs­ Kerbe. So schlimm ist die Sache jedoch gar nicht.
kampf ausgefochten. Lange Zeit war die Lage unge­
34· De6-e7
fähr im Gleichgewicht. Dann geschah ein Unglück.
35· Dg i -g5 ?
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3· Lb5 Sf6 4· d3 d6 5· Sbd2 g6
Aber auf diese Weise stellt Weiß eine Figur ein.
6. Sfl h6 7· C3 Lg7 8. Le3 a6 9· La4 o-o Io. h3
Nach 35. Ke2 ist die Stellung ungefähr im Gleich­
b5 11. Lc2 d5 I2. g4 De7 13. Sg3 de4: I4. de4: TdS
gewicht; der h-Bauer ist bedeutungslos: 35 . . . Dh4:
I5. Dei Kh7 I6. g5 SgS I7. gh6: Lh6: IS. Sg5t Lg5:
36. Lf2 Df6 37· Kd2 usw.
I9. Lg5: f6 20. Le3 Sa5 21. b3 Sc6 22. Se2 Le6 23. f3
Td7 24. h4 TfS 25. Kf2 b4 26. C4 a5 27. Dgi DeS 35· ...
28. Dg2 Sh6 29. Tadi Tdi: 30. Tdi: Tf7 31. Dgt Lc8
mit leichtem Sieg.
32. Sei De6 33· Sd3 f5
36. De7: fe3:t 37· Ke3: Te7: 38. Td5 Sf7 39· Sd3 Kg7
40. f4 Lb7 41. Sc5 Sd4 42. Sb7: Sc2:t 43· Kd3 c6
30
44· Ta5: Tb7: 45· Ke2: ef4: 46. Kd3 Kf6 47· est Se5:t
48. Ke4 f3 Weiß gibt auf.

2. Partie
E M . L A S KE R - J . H . B L A C K B U R N E
London, 2B.s.1892
Französisch (Co1)

Auch diese Partie gibt keinen Anlaß zu Begeiste­


rung.

3 5. BCM 1892, S.312; DWS 1892, S.224; nur der Berichterstatter in der "Deutschen Schachzeitung" drückt sich vorsichtiger
aus.
36. LCF 1892, S.2.
4· PARTIE: LASKE R - BLACKBURNE 37

1. e4 e6 2. d4 ds J. eds: eds: 4· Ld3 Sf6 5· Lgs Le7 27. Tb6-g6t


6. Sf3 o-o 7· o-o Sc6 S. Te1 Lg4 9· CJ TeS 10. Sbd2 2S. Tes -gs h6xgs
h6 11. Lf6: Lf6: 12. TeS:t DeS: 13. Db3 Dd7 14. Db7: 29. h4-h5 Tg6-f6
TbS 15. Da6 Tb6 16. Da3 Le7 17. Da4 DeS 1S. Te1 JO. De2-d3t DhJXdJ
Ld7 19. Dc2 Lf6 20. Sb3 Se7 21. Ses Lfs 22. Lfs: Sfs:
Es gelang Blackburne mit beinahe übermenschli­
23. Ses Les: 24. Tes: Sh4 25. De2 Kh7
chen Anstrengungen, die Partie nicht zu gewin­
nen:
31
31. Sd3: Kh6 32. Kg2 Khs: 33· Sb4 Td6 34· Kg3 Kg6
35· Kg4 fst 36. Kg3 Kf6 37· a4 c6 3S. h3 Ke7 39· Sd3
Te6 40. Ses es 41. b4 cd4: 42. cd4: Th6 43. bs a6
44· Sc6t Kd6 45· Ses Kq 46. Sf7 Tg6 47· ba6: Kb6
4S. Ses Th6 49· Sf] Th4 so. Sd6 f4t 51. Kg2 Ka6:
52. Sfs fJt 53· Kg3 Tf4 54· Sg7: Td4: 55· Se6 Td1
56. K[J: Tg1 57· Sqt Kas sS. Sds: Ka4: remis gege­
ben.

3· Partie
J . H . ß L A C K B U R N E - EM. L A S K E R
Man erwartet, daß das Spiel nicht mehr lange dau­ London, J0.5.1892
ern wird. Lasker selbst gibt den schnellsten und Damenbauernspiel (Do2)
sichersten Weg zum Sieg an:37 26 Tds: Tg6 27. g3
.

Dh3 28. fJ gefolgt von Scs-d3-f4. Diese Partie erregt keine besondere Aufmerksam­
keit.
Es geschah jedoch:
1. d4 ds 2. Sf3 Sf6 J. Lf4 e6 4· e3 Ld6 5· Lg3 a6 6. b3
DcS-h3
Se4 7· Ld3 Sg3: S. hg3: h6 9· C3 Sd7 10. Sbd2 es
Plötzlich steht Weiß auf Verlust. 11. des: Ses: 12. Ses: Les: 13. De2 c6 14. Sf3 Lf6 15. o­
o-o Das 16. Sd4 Ld7 17. Lfs o-o-o 1S. Kb1 Dq
19. Ld7:t Dd7: 20. C4 dq: 21. Dq: Ld4: 22. Td4:
Dfst 23. Dc2 Dc2:t 24. Kc2: Td4: 25. ed4: TeS
Lasker gibt dem Zug ein Fragezeichen und
26. Kd3 Kd7 27. g4 Kd6 2S. Tc1 as 29. fJ Te7 30. Tin
schreibt: " [ . . ] 27. f4 Tb2: 28. Dd3t g6 29. Te2 ist
.

Te6 31. TCl Ke7 32. a3 Kd6 33. b4 ab4: 34· ab4: Te7
die einzige Fortsetzung, welche die Partie retten
35· Ta1 bs 36. Kd2 Kds 37· Kd3 Kd6 remis gegeben.
kann."
Nach 29 . . . S[Jt ist Weiß jedoch verloren:
I 30. D[J: Tb1t 31. Kh Tflt 32. Ke3 Tf3:t 33· K[J:
hs. Weiß wird die Schwäche auf c3 und die Kö­ 4. Partie
nigsflügelbauern auf die Dauer nicht gleichzei­ EM. L A S K E R - J . H . ß L A C K B U R N E
tig verteidigen können. London, JI.5.1B92
II 30. Kh Te2:t 31. De2: Sh2:38 32. De1 (Es droht Slawisch (Do4)
32 . . . Sg4t 33· Kf3 Dh1t 34· Dg2 Da1) 32 . . . Sg4t
33· K[J Dhs 34· Kg2 Dh2t 35· KfJ hs, und In diesem Spiel zeigt Lasker ausgezeichnetes stra­
Schwarz gewinnt mühelos, denn Weiß kann tegisches Verständnis und gewinnt klar und ver­
sich nicht mehr rühren. dient:

37· LCF 1892, S.3.


38. Bis hierher findet sich das Abspiel in Str. 1892, S.207 (L. Hoffer).
W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

1. d4 d5 2. Sf3 Sf6 3· e3 Lg4 4· C4 Lf3: 5· gf3: c6 6. Sc3 "Notwendig, damit der Springer nach 15. e 4 ein
e6 7· Db3 Dc7 8. Ld2 Sbd7 9· f4 dq: günstiges Rückzugsfeld auf b6 findet. Geschähe
statt dessen zum Beispiel 14 . . . g6, so würde der An­
Die Öffnung der Stellung ist unnötig; mit 9 · . . g6
ziehende nach 15. e4 Sq 16. Le3 das weit überlege­
bekommt Schwarz ein befriedigendes Spiel. 10. Tc1
ne Spiel erhalten," bemerkt ein Bearbeiter der Par­
wird mit 10 . . . Db6 beantwortet.
tie.39 Dies stimmt nicht; 16. Le3 wird mit 16 . . . Sg4
10. Lq: Sb6 n. Ld3 Sbd5 (?) befriedigend beantwortet. In Wirklichkeit ist es
höchste Zeit für 14 . . . g6; nach 15. b4 steht Schwarz
Dieser Zug gefällt mir nicht; er gibt dem Weißen
gedrückt, aber nicht hoffnungslos.
nicht nur die Möglichkeit an die Hand, gelegent­
lich e3-e4 mit Tempogewinn zu spielen, sondern 15. f5 ef5: 16. Lf5: g6 17. Lh3
erschwert auch die Beobachtung des Bauern auf
Jetzt ist der Stellungsvorteil des Weißen schon
d4, die nützlich ist, um e3-e4 zu verhindern. Nach
überwältigend.
11. . . g6 ist die Stellung ungefähr ausgeglichen.

12. a3 17· · · 0-0 18. 0-0

Dies ist nicht nötig. Sofortiges 12. f5 überläßt dem In Betracht kommt auch 18. e4 Sb6 19. o-o-o.
Weißen einigen Vorteil. 18 . Sh5
. .

12 . . . Le7 (?) Schwarz will mit f7-f5 Halt im Zentrum gewinnen,


Noch stets ist 12 . . g6 die angewiesene Fortsetzung.
.
aber dazu bekommt er die Zeit nicht. Zäher ist
I 13. e4 Sc3: 14. bc3: Lh6 oder 14. Dc3: Lp braucht 18 . . . Te8 19. e4 Lf8 20. Lg2 Sq, doch sind die Aus­
Schwarz nicht zu fürchten. sichten des Schwarzen nach 21. Tad1 nicht rosig.
II 13. Se2 Lg7 14. e4 Se7 gibt dem Schwarzen eine
solide Stellung.
Auch die Fortsetzung 20 . . . Sg7 21. fs ist unerfreu­
13. Se2 Db6 lich für Schwarz; aber vielleicht ist sie schwerer zu
Dies ist überflüssig. Man weiß schon, was gespielt bekämpfen.
werden sollte.
21. es Te8 22. Lg4 Lg7 23. Tfz Dh4 24. Tgz Sds
14. Dc2 25. Tfl f5 26. Le1


� 32 33

1 1
�1

14 . . Dd8?
. 26 . . . De7

39· DWS 1892, S.233.


5· PARTIE: BLACKBURN E - LASKER 39

Auch nach 26 . . . Sg3 27. Lf5: (27. Tg3: fg4: ist nicht digenden Umständen q-cs durchzusetzen, weil
stärker) 27 . . . Se2:t 28. Te2: Dh6 29. Lg4 Sf4: 30. Te4 der Druck gegen den Punkt ds weggefallen ist. Es
kann Schwarz wohl nicht überleben; dennoch hät­ kommt in Betracht, den Springer nach c3 zurück­
te Schwarz diese Fortsetzung versuchen sollen, zuziehen, entweder sofort oder nach 16. DC2 Tbc8;
denn nun ist es sofort aus. das Spiel steht dann gleich.

27. Lhs: ghs: 28. Sg3 Tf8 29. Sfs: Tfs: 30. Dfs: Se3
31. Dgs Dgs: 32. Tgs: Sfl: 33· Kfl: Tf8 34· Ld2 h6
3S· Ths: Kh7 36. Ke2 Kg6 37· Th3 Kfs 38. Kf3 Td8 Weiß stellt auch die Dame am Brettrand ab, um
39· Le3 es 40. des: Td3 41. Tg3 Lf8 42. b4 Ta3: seinen Druck gegen das Zentrum des Schwarzen
43· Tg8 Le7 44· Tg7 Lh4 4S· Tf7t Kg6 46. Tb7: Le1 zu verstärken. Obwohl der Anziehende mit seiner
47· Ke4 Ta4 48. fst Khs 49· f6 Schwarz gibt auf. Absicht nicht durchdringt, scheint dies spielbar
zu sein. Vorsichtigere Naturen hätten vielleicht die
Fortsetzung 16. des: bc5: 17. De2 gewählt. Nun kann
s. Partie
17. . . Tbc8 vorteilhaft mit 18. Lg4 beantwortet wer­
J . H . ß L A C K B U R N E - EM. L A S K E R
den; nach 17 . . . Les 18. Sf3 d4 (Auf 18 . . . Tbc8 folgt
London, 2.6.1892
19. Ses: Tes: 20. Lg4) 19. Ses: Tes: 20. Lfl ist der Vor­
Damenindisch (E12)
teil des Schwarzen gering, denn 2o . . . Ths 21. h3 Ses
kann mit 22. f4 abgewehrt werden.
Auch in dieser Partie stellt Lasker ein reifes strate­
gisches Vorgehen zur Schau. Lf6-e7

1 . d4 ds 2. Sf3 Sf6 3· C4 e6 4· Sc3 b6 s. Lgs Le7 6. e3

Lb7 7· Tc1 a6 8. Lf6: Lf6: 9· cds: eds: 10. Db3 o-o Es gibt keine wirksamere Fortsetzung; Schwarz
n . Le2 Dd6 12. o-o Sd7 13. Tfd1 Tfe8 droht 17 . . . De6, und auch cs-C4 stellt unter Um­
ständen eine positionelle Drohung dar.

17. b6xcs
18. Le2-f3

Weiß verfolgt mit Konsequenz seinen Plan. Mit


18. Sc3 De6 19. Da4 oder 18 . . . Sf6 19. Sf3 kann er
eine Auffangstellung aufbauen, die nicht leicht zu
erschüttern ist.

18. ... Dd6-e6

3S

14. SC3-a4 (?)

Bis jetzt haben beide Seiten normale, verständige


Züge ausgeführt; aber dieser Seitensprung bringt
keine Freude. Wenn Weiß 14. Se1 Le7 15. Sd3 spielt,
verläuft die Partie weiterhin nach bekannten Mu­
stern.

14. Ta8-b8
I S . Sf3-e1

Damit erlaubt Weiß dem Gegner, unter befrie-


40 WETTKÄMPFE 1889-1893

Damit erlaubt Weiß seinem Gegner, den weißfeld­


rigen Läufer gegen den Springer abzutauschen;
Schwarz erhält deutlichen Vorteil. Zwei andere
Fortsetzungen verdienen Erwägung:
I Das Manöver 19. Sd3 C4 20. Sdcs bildet die fol­
gerichtige Fortsetzung des bisherigen Aufbaus.
Nach 20 . . . Ses: 21. Ses: Db6 22. b4 cb3: 23. ab3:
as hat Weiß jedoch keine Möglichkeit, die Fesse­
lung des Springers auf es in befriedigender Wei­
se aufzulösen; auf 24. Lg4 folgt 24 . . . LeB nebst
Lc8-e6.
II Besser als der Textzug ist jedoch 19. Dc3 Lc6
20. Dc2 Ld6 21. Sc3 Sf6 22. b3. Schwarz steht
etwas bequemer, aber es ist schwierig für ihn, 23. e3 xd4 Lb7 xf3
Fortschritte zu machen. 24. g2Xf3 De6-g6t
Man sieht: früher oder später ist Weiß doch ge­ 25. Kg1 - h 1 Dg6-hs
nötigt, seine abseits aufgestellten Figuren ins Zen­ 26. Td1 -g1 Dhs xf3t
trum zurückzubringen. Hierfür gab es an dieser 27. Tg1-g2 Le7-f6 (?)
Stelle die letzte befriedigende Gelegenheit.
Es geht darum, zu vermeiden, daß Weiß die Fes­
19. selung des Turmes auf g2 unter erträglichen Um­
20. Dd3-d2 ständen löst. Zu diesem Zweck war die Fortset­
Auf e2 steht die Dame nicht besser. Nach 20. De2 zung 27 . . . cd4: 28. Dd4: Lgs besser geeignet. Nach
S[J:t 21. Sf3: TbcS muß sie auf Grund der Drohung 29. Tcg1 Lf6 30. Dg4 Db7 31. f3 Lc3: 32. bc3: g6 muß
ds-d4 doch von e2 weichen. Weiß an der Vielzahl seiner Bauernschwächen zu­
grunde gehen.
20. Sesxf3 t
2 1 . Se1 xf3 Tb8-c8

Nach 21. . . d4 22. Ses: Lcs: 23. Tcs: Lf3: 24. g[J: de3: Nach 28. des: Tcs: sind die Aussichten des Weißen
2s. fe3: ist der Vorteil des Schwarzen nicht zum schlechter als nach der Partiefortsetzung:
Siege ausreichend. Es ist verständig, die Spannung I 29. Dd1 Dd1:t 30. Td1: Lc3: 31. bc3: Tc3: führt zu
zu wahren. einem verlorenen TurmendspieL
II 29. Dd7 TdS 30. Dg4 Dg4: 31. Tg4: Td2, und
Weiß dürfte nicht überleben können.
(siehe Diagramm 36)
28. Tc8-d8
Danach dürfte der Vorteil des Schwarzen ent­ 29. Dd2-d1 Df3-fs
scheidende Ausmaße annehmen. Versucht werden 30. Dd1-b3 (?)
mußte 22. Dd3 d4 (Schwarz kann seine Stellung
nicht weiter verstärken) 23. cd4: L[J:, und nun: Hier bietet die Fortsetzung 30. Dg4 ausgezeichne­
I 24. ds Dg4 2s. Df3: Da4: 26. d6 Ld6: 27. Td6: te Rettungsaussichten. Jedenfalls scheint mir die
Da2: kostet einen Bauern. Folge 30 . . . Dg4: 31. Tg4: Lc3: 32. TCJ: Tds: 33· TgC4
II 24. D[J: cd4: 2s. TcS: TcS: 26. g3. Der Vorteil des für Schwarz nicht zum Siege ausreichend: 33 . . . Td2
Schwarzen ist nicht überwältigend. 34· Tc2 Te2: 3S· Te2: g6 36. Tcs: Te2 37. Kg2 Tb2:
III 24. g[J: cd4: 2S. Dd4: TCI: 26. TCI: Da2: 27. Te1 38. Tas usw.
oder 27. DC4. Weiß hat gute Rettungsaussich­ 30. p-g6
ten.
3 1 . Te1 -d 1 Tc8-b8
22. 3 2 . Db3-a4
5 · PARTIE: B LACKBURNE - LASKER 41

38. Se2 Des bleibt die Lage des Weißen sehr un­
37 bequem.
II 36. Se441 ist am natürlichsten, denn 36 . . . Tb2:
scheitert an 37. Sf6:.
A) 36 . . . Tds: 37· Tds: Dds: 38. Sf6: Kf6: 39· Da6:t
Kg7 40. De2. Es sollte Weiß gelingen, den c­
Bauern des Schwarzen abzutauschen und sich
zu retten.
B) 36 . . . Ld4 37. b3 Tds: 38. Sg3 gefolgt von 39. Da6:,
und Weiß wehrt sich.

3 6. ...

3 2. ... TeS-dS?

Mit diesem passiven Zug vergibt Schwarz einen


großen Teil seines Vorteils gerade in dem Moment,
in dem der Sieg greifbar nahe gerückt ist. Nach
32 . . . D[J ist es um Weiß geschehen, denn es droht
33 . . . Lc3: 34. bc3: Te4 35. Dc2 Tb2, und dagegen gibt
es keine befriedigende Auskunft:
I 33· Dg4 Dg4: 34. Tg4: Tb2: 35· Se4 Le7 36. d6 f5
37. Tf4 TdS, und Schwarz gewinnt.
II 33. Tdg1 LCJ: 34. bc3: Dd5:, und Schwarz hat ei­
nen Bauern gewonnen, während sein Druck
anhält.
37· d s -d6
33· Da4-e4 Df5 -h5
Jetzt scheitert 37- Se4 an 37 . . . Tb2: 38. Sf6: Dg4:.
34· h-f3
Weiß kann seine Stellung nicht verbessern; will
Jetzt ist der Bauer auf b2 gedeckt, und die Stellung er seinen letzten Fehler zurücknehmen und spielt
des Weißen hat einigen Halt bekommen. 37. Tg2, so folgt einfach 37 . . . Lc3: 38. bc3: Tds:.

34· Tb8-b4 3 7· Lf6-d4


3 5· De4-e2 KgS-p 38. Td1 -d2
3 6. Tp-g4?
Zäher war das Qualitätsopfer auf d4, aber retten
Danach bekommt Weiß wieder Sorgen mit der dürfte es Weiß auf die Dauer auch nicht: 38. Tgd4:
Deckung des Bauern aufb2. Es gab andere Mög­ cd4: 39. Td4: Des 40. Tds Dc6. Nach 41. Dd2 fährt
lichkeiten. Schwarz mit 41. . .fs fort, um Sc3-e4 auszuschalten,
I 36. Da6:40 vernichtet einen wichtigen Feind; und gewinnt dann mit Tb7-d7 den d-Bauern des
aber Schwarz behält das bessere Spiel: Weißen.
A) 36 . . . D[J: ist nicht gut: 37. Tü Tb6 38. T[J: Ta6:
38. Td8xd6
39· Tgh. Weiß hat nichts zu befürchten.
39· Sc3-e4 Td6-e6
B) 36 . . . Lc3: 37· bCJ: Tds: 38. Dü, und Weiß sollte
40. Se4-g3 Dhsxg4
überleben können.
C) Stark ist indessen 36 . . . Tdb8. Nach 37. Dü Tb2: Der Rest ist einfach:

40. Empfohlen von J. Mason, siehe Str. 1892, S.236.


41. Empfohlen im Times Democrat, siehe Str. 1892, S.236.
42 W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

41. fg4: Te2: 42. Te2: Tb2: 43· Tb2: Lb2: 44· Sfl Lc1 Auch 6. S [J Lg7 7. L q sieht besser aus als die von
45· Kg2 Kf6 46. Kf3 Kes 47· Ke2 Lf4 48. Kd3 Kds Weiß gewählte Fortsetzung.
49· a4 as so. Sg3 Lg3: 51. hg3: f6 Weiß gibt auf.
6. Ld2 Lg7 7· o-o-o o-o 8. f3 (?)

Besser ist 8. S[J oder 8. Lq mit leichtem Vorteil


für Weiß.
6. Partie
E M . LASKER - J . H . BLAC KBURNE 8 . . . ds 9. Dcs
London, 3.6.1892
Zum Ausgleich führt die Fortsetzung 9. eds: Sds:
Damenbauernspiel (Dos) 10. Des.

Diese Partie braucht nicht besprochen zu werden; 9 . . . de4:


der Vollständigkeit halber sei die Notation wieder­ In Betracht kommt 9 . . . d4 10. Sds Le6 usw.
gegeben.
10. Lgs (?)
1. d4 ds 2. Sf3 Sf6 3· e3 e6 4· Ld3 Le7 5· Sbd2 Sbd7
Viel besser gefällt mir 10. fe4:, gewinnt doch der
6. 0-0 0-0 7· C3 b6 8. Dc2 Lb7 9· Ses g6 10. f4 es
Königsspringer das schöne Feld [J. Der mit dem
11. T6 Ses: 12. fes: Ses 13. Tg3 Sg7 14. Sf3 fs 15. ef6:
Partiezug eingeleitete Abtausch des schwarzfeldri­
Lf6: 16. Ld2 Dq 17. Tf1 es 18. des: Les: 19. Ses:
gen Läufers verdient keine Empfehlung.
Tfl:t 20. Lfi: Des: 21. Tf3 De6 22. Tb Sfs 23. Ld3
Sd6 24. Let C4 25. Le2 Se4 26. Tfi bs 27. Ddt Sd6 10 . . . De8 11. Lf6: Lf6: 12. Se4: Lg7 13. Lbs Des
28. Dd4 Sfs 29. Df4 De7 30. Lf3 TfS 31. Lg4 LcS 14. Des: Ses: 15. Se2 a6 16. Ld3 fs 17.S4c3 Le6
32. D6 Lb7 33· Dh3 Sg7 34· TfS:t DfS: 35· Dg3 LcS 18. Kb1
36. L6 Le6 37· Des DdS 38. h3 Dd7 39· Ld2 Sfs
40. Le2 Dd6 41. Dd6: Sd6: . . .
39
Die restlichen Züge sind nicht erhalten; die Partie
wurde im 66. Zug remis gegeben.

7. Partie
J.H. BLACKBURNE - E M . LASKER
London, 7-6.1892
Mittelgambit (C22)

Für dieses Spiel zeigen die Herausgeber von Samm­


lungen mit den Partien Laskers eine große Vorlie­
be. Es ist das erste Beispiel dafür, daß Lasker in 18 . . . Tfd8 (?)
einem damenlosen Mittelspiel, in dem er leichten Dies sieht nicht am genauesten aus. Weiß hat mit
Vorteil besitzt, mit großem Geschick verfährt. Die­ seinem letzten Zug Se2-f4 vorbereitet; plausibel
ses Thema wird in den Wettkämpfen gegen Steinitz ist 18 . . . Lf7 19. Sf4 c6 20. Le2 Tfe8 mit wachsendem
großes Gewicht gewinnen; deshalb sei die Partie Druck.
auch hier kurz vorgestellt.
19. Sf4 Lf7 20. Le2 Sc6 21. Td8:t(?)

Turmtausch bringt dem Weißen keine Erleichte­


Für diese Zugfolge habe ich kein weiteres Beispiel rung. Bessere Möglichkeiten sind:
gefunden, und dies ist nicht erstaunlich, denn I 21. h4, um gelegentlich mit h4-hs erleichtern­
Weiß kann hier mit 6. es Sg4 7. De2 eine unan­ den Bauerntausch oder Gegenspiel zu suchen.
genehme Initiative entfalten: 7 . . . Sd4 8. Dd1 usw. II 21. Sfds
7· PARTI E : B L ACKBURNE - LASKER 43

A) 21. .. Ld4 22. Sq: Tac8 (angegeben von Soltis)42 Aber er nimmt seine Gelegenheit nicht wahr.
ist keineswegs klar nach 23.S7ds mit Bauernge­ 24. Sfds ist der richtige Zug:
winn. I 24 . . . b4 2s. Sq: bc3: (2s . . . Tc8 wird natürlich
B) 21. . . Sd4 22. LC4 mit 26.S3ds beantwortet) 26. SeS: Le8: 27. bc3:
Ba) 22 . . . c6 23. Sb6 LC4: 24. SC4: bs 2s. Sas. Weiß as 28. Lbs, und Weiß steht keinesfalls schlech­
hat gute Rettungsaussichten erlangt. ter.
Bb) 22 . . . bs 23. Se7t Kfs 24. Lf7: Kf7: 2s. Seds es II 24 . . . Les 2s. f4 Lc3: 26. Sc3: mit gleichem Spiel.
26. Sf4. Weiß hat sich ein wenig erholt. III 24 . . . Tc8 2S. a4. Weiß erreicht mühelos Aus-
Be) 22 . . . Kf8 23. Se3 mit demselben Resultat; 23 . . . gleich.
f4 24. Lf7: fe3: 2s. LC4 bringt dem Schwarzen Nach dem Textzug wächst der Vorteil des Schwar­
gar nichts. zen.

21. . . Td8: 22. Tdt Te8

Unbequem für Weiß ist auch die Folge 22 . . . Tdt:t Weiß ringt um Luft.
23. Ld1: Les
I 24. g3 Lf4: 2s. gf4: Kg7 26. Kn Kh6 27. Kd2 Khs 26 . . . Kg7 27. c3 Kf6 28. Kc2 (?)
28. Le2 Sd4 (nach 28 . . . Kh4 29. Lfl Sd4 30. Lg2
Dies führt endgültig zum Verlust, weil der Sprin­
verteidigt sich Weiß) 29. Kd3 es (29 . . . Se2:
ger des Schwarzen nach e3 einwandern kann. Nach
30. Se2: Kh4 31. Sgt ist nicht deutlich) 30. Sa4
28. Kb2 hat Weiß auf 28 . . . Se7 die Antwort 29. Sb4
Se6 31. Ke3 bs (Auf 31. . . Kh4 folgt 32. LC4)
as 30. Se2. Ich glaube jedoch nicht, daß er nach
32. Sc3 Kh4 33. a4 b4 34. Sds Sd4, und es ist un­
28 . . . gs dem zunehmenden Druck auf die Dauer
wahrscheinlich, daß Weiß im Kampf um das
standhalten kann.
Remis Erfolg haben wird.
II 24. Sce2 h6 (24 . . . gs 2s. Sh3 h6 26. f4 ist weniger 28 . . . Se7 29. Sen Sds 30. Kb2
wirksam) 2S. g3 Ld6, und Weiß hat es schwer.
Auf30. Kd2 folgt 30 . . . Le3t 31. Ke2 Lg1 mit entschei­
23. Lf1 dendem Bauerngewinn.

30 . . . b4
40
Auch 30 . . . es führt zum Gewinn.

31. Sb4:

Hoffnungslos ist 31. cb4: Ld4 t 32. Ka3 Sc3 (Auch


32 . . . Se3 gewinnt leicht) 33. Te1 Te1: 34. Se1: Sb1t
35· Ka4 Le3,

41

23 . . . bs (?)

Mit 23 . . . Ses behält Schwarz erheblichen Druck.


Jetzt kann Weiß beinahe ausgleichen.

24. Sd3?

42. A. Soltis, Why Lasker Matters (London 2005), S. 23.


44 W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

und wenn Weiß einen Springer nach d3 oder e2 1 4. . . gs so gut wie erzwungen; jetzt kann Weiß zwi­
zieht, folgt entscheidend 36 . . . LeSt 37. Kas Lbs. schen IS. Lds: und 1s. c4 wählen. Der Partiezug
erlaubt es dem Schwarzen, den Schaden zu begren­
31. . . Se3 32. Te1 SC4t 33· LC4: Te1: 34· La6: Tg1
zen.
3S· g3 Tpt 36. Ka3 Th2: 37· Se2 Tp 38. Sc2 gs
39· Ld3 hs 40. Kb4 Lf2 41. a4 cst 42. Kbs Lb3: 1 4. ... Sb6xds (?)
43· as c4 44· LC4: Lc2: 4S· a6 Ld1 46. Sd4 Ld4: Besser ist 14 . . . eds:43 IS. b3 (Sb6-C4 sollte verhin­
47· cd4: Lf3: 48. ds Le2 49· Le2: Te2: so. a7 Ta2 dert werden) IS . . . Les: 16. Les: Sd7 nebst Sd7-f6,
Weiß gibt auf. und der Nachteil des Schwarzen hält sich in Gren-
zen.
8. Partie 1s. Dd1 -o
EM. LASKE R - J . H . BLACKBURNE Etwas natürlicher sieht IS. Dd2 aus.
London, 10.6.1892
lS. ..
Französisch (Co1)
.

Schwarz schlitzt sich selbst den Bauch auf. Ange­


Blackburne traf eine Reihe krasser positioneHer wiesen ist 1s . . . cs. und der Kampf beginnt. Jetzt ist
und strategischer Fehlentscheidungen. er bald zu Ende.

1. e4 e6 2. d4 ds 3· Ld3 de4: 4· Le4: Sf6 s. Lf3 16. f2-f4 Lqxes


c6 6. Se2 Ld6 7· o-o Sbd7 8. Sd2 o-o 9. SC4 Lq 1 7. d4xes gs-g4
10. Lf4 Sb6 u. Ses Sfds 12. Lg3 De7 13. C3 18. C3 -C4

43
42

Weiß hat entscheidenden StellungsvorteiL Die


Nach 13 . . . f6 14. Sd3 es entsteht eine ungefähr aus­
schwarzen Felder im Lager des Nachziehenden
geglichene Stellung.
sind zu schwach, und sein weißfeldriger Läufer
Was tat jedoch Schwarz? Er spielte
kommt nicht ins Spiel.
13. ...
18 . . . Sq 19. De3 Sa6 20. Tfd1 Des 21. Des: Ses:
und opferte s o das Feld es für alle Zeiten. Weiß 22. Sq b6 23. Td6 La6 24. b3 Tad8 2s. Tad1 Sb7
traf nicht die stärkste Antwort. 26. Te6: Td1:t 27. Sd1: Td8 28. Se3 Td3 29. Sfs: Td1t
30. Kf2 Ses 31. Td6 Se4t 32. Ke2 Td6: 33· ed6: Sf6
14. Lf3 xds (?)
34· Sh6t Kf8 3S· Lh4 Sd7 36. Le7t Ke8 37· Sg4: bs
Nach 14. Dc1 ist die Drohung 14 . . .f4 vereitelt, und 38. ebs: Lbs:t 39· Kd2 es 40. Kq hs 41. Se3 Sb6
Weiß steht selbst zu 1S. c4 bereit. Deshalb ist nun 42. h3 Le6 43· g4 hg4: 44· hg4: Sdst 4S· Sds: Lds:

43. Empfohlen von J. Mason, Str. 1892, S.263.


9· PART I E : BLACKBURNE - LASKER 45

46. fs Kd7 47· Kd3 as 48. gs Lc6 49· g6 Lf3 so. Ke3 jedoch, ein Gegenspiel am Damenflügel zu begin­
Lhs 51. Ke4 Ld1 52. g7 Schwarz gibt auf. nen: 20 . . . a545 21. Lc3 a4 22. ba4: ds mit scharfem
Spiel und etwa gleichen Aussichten für beide Sei­
ten.
9· Partie
J. H. B L A C K B U R N E - E M . L A S K E R 2 1 . Ta1 -d 1
London, 13.6.1892
Etwas besser gefällt mir 21. Lc3.
Spanisch (C6s)
21. ...
Eine eingewurzelte Schwäche Laskers kommt in Richtig ist 21. . . as. Mit dem Textzug erlaubt
dieser Partie zum Vorschein: er reagiert nicht mit Schwarz seinem Gegner, den Springer unter gün­
der nötigen Umsicht auf eine Initiative des Geg­ stigen Umständen nach fs zu bringen. Der Vorteil
ners, die gegen seinen König gerichtet ist. des Weißen nimmt nun greifbare Gestalt an.
1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lbs Sf6 4· d3 d6 5· Sbd2 Le7 22. Sg3-f5
6. Sfl o-o 7· Sg3 a6 8. Lc6: bc6: 9· o-o es 10. Set
Tb8 u. b3 c6 12. Lb2 Le6 13. f4 Sg4 14. De2 ef4: Schwarz muß diesen Feind unbedingt sofort ver­
15. Tf4: Ses 16. C4 Lgs 17. Tfl f6 18. h3 Dd7 nichten; es gibt keine andere Möglichkeit, der Dro­
hung 23. Dg3 wirksam zu begegnen. Rettung bringt
dies jedoch nicht mehr.
44
23. Df3-g3 Lg6xfs
24. Th xfs KgS-hS

45

1 9. Se1-f3 Ses xfJt(?)

Es ist kein Grund dafür zu sehen, diesen prächti­


gen, unvertreibbaren Springer abzulauschen. Nach
19 . . . Lh644 ist die Stellung vollkommen ausgegli­
2 5 . Td1 -h
chen.
Verfrüht ist 25. h4, denn Schwarz hat die Antwort
TfS-eS (?)
25 . . . Le3t 26. Kh2 (26. De3: scheitert natürlich an
Auch dieser Zug verrät kein gutes StellungsgefühL 26 . . . Dfs:) 26 . . . Ld4.
Die Funktion des Zuges ist nicht klar; verdäch­
TeS-gS
tig ist, daß der Schutz der f-Linie, insbesondere
des Punktes f6, vernachlässigt wird. Wenn schon
ein Turm nach eS gestellt werden soll, dann si­ Dies ist stark und führt zum Gewinn. Weitere Vor­
cher der Damenturm. Am naheliegendstell ist es bereitung ist unnötig; nach 26. Lc3 verhindert

44· Empfohlen von J. Mason, Str. 1892, S.264.


4 5 - Empfohlen von J. Mason, Str. 1892, S.264.
W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

Schwarz mit 26 . . . De8 die Möglichkeit Tfs-hs und III 28 . . . Ld8 29. h6 Le7 3 0 . Tf6: Lf6: 3 1 . Lf6: mit
leistet Widerstand, denn 27. Dd6: Le3t 28. Kh1 Td8 leichtem Gewinn.
gibt dem Schwarzen unverdientes GegenspieL Blackburne konnte jedoch der Versuchung nicht
widerstehen, eine elegante Kombination zu ver­
26 . ... Lgs-d2
wirklichen.
Auf 26 . . . Lh6 folgt 27. Ths Ld2 28. Dg6 h6 29. Tf6:,
28.
und nun:
29 . . . gf6: 30. Th6:t Lh6: 31. Dh6:t Dh7 32. Lf6:t 29. Dhxf6t
Tg7 33· Lg7:t Kg8 34. Dd6:, und Weiß gewinnt Auf 29 . . . Tg7 lautet die Antwort 30. Df8t Tf8:
leicht. 31. Tf8: matt.
II 29 . . . Le3t 30. Kh2
A) 30 . . . gf6: 31. Th6:t Lh6: 32. Dh6:t Dh7 33· Lf6:t
Tg7 34· Lg7:t Kg8 3S· Dh7:t (Hier hat Schwarz
Auf 30. Df2 folgt 30 . . . Lc3. Der Läufer wird zuerst
nach 3S· Dd6: mit 3s . . . Dh4:t Dauerschach)
abgelenkt.
3S· . . Kh7: 36. Lf6. Das Endspiel sollte für Weiß
mühelos gewonnen sein. 30. La5-d2
B) 30 . . . Tgf8 31. Td6: Lf4t 32. g3 Ld6: 33· Th6:t 3 1 . h s -h6 Ld2xh6
Kg8 34· Dh7t Kf7 3S· Tf6t Ke8 36. Dg6t Ke7 3 2. Df6-h Dg7Xb2
37. Dg7:t Ke8 38. Dg6t Ke7 39. es, und Weiß 3 3· Dhxb2t Lh6-g7
gewinnt.
Der Textzug ist zäher.
47
Ld2-a5

Nun zeigt es sich, daß nach dem Damengewinn


das Erringen des Sieges für Weiß viel schwieriger
ist als nach 28. hs. Schwarz hat Halt auf den schwar­
28. Tfs x f6 zen Feldern, und der König des Weißen ist nicht
leicht zu schützen.
Diese hübsche Fortsetzung sollte zum Sieg führen;
aber auch das prosaische 28. hs kommt in Betracht: 34· Db2-e2
I 28 . . . h6 29. Tf6: gf6: 30. Df6:t Tg7 (3o . . . Kh7
Steinitz gibt die Fortsetzung 34. Da3 Ld4t 3S· Kh2
31. Df7t Tg7 32. Lg7: ist hoffnungslos für
Tg6 36. Tf3 als siegbringend an,'6 doch ist die Lage
Schwarz) 31. Dh6:t Kg8 32. Tfs. und Schwarz
nach 36 . . . Tbg8 keineswegs klar. Die Partiefortset­
hat keine Rettung.
zung ist sicherer.
II 28 . . . Tbf8 29. b4 Ld8 30. bcs: des: 31. es, und
Schwarz fällt auseinander. 34· ...

46. Str. 1892, S.265.


9· PA RTI E : BLACKBURN E - LASKER 47

35· Kg1 -h 1 Tg8-g6 I 44· . . Tg3t 45· Kh4 Td3:


36. Th -f3 Tb8-g8 A) 46. Da6: ist fehlerhaft: 46 . . . Kg6, und Weiß wird
37· g2-g3? matt.
B) 46. DeS ist richtig:
Stärker ist 37. Dd2, und Weiß hat eine technische
Ba) 46 . . . Tg3 47· b4 cb4: 48. es, und Weiß gewinnt.
Gewinnstellung, zum Beispiel 37 . . . Tg4 38. Tf4
Bb) 46 . . . . as 47· Df8t Kg6 48. DgSt Kf6 (48 . . . Lg7
T4g5 39· Th4 oder 38 . . . T4g6 39· Tf7.
49. De8t Kf6 so. Dd7 mit der Drohung so. est
37· ... Tg6xg3? ist nicht besser für Schwarz) 49. Dh7:. Schwarz
dürfte nicht überleben können.
Richtig ist 37· . . Les 38. Dft Lg3: 39· Tf8 Th6t
II 44· . . as 45· Dq Tg3t 46. Kh4 Td3: 47· Dd8 Kg7
40. Kg2 (40. Kg1 scheitert an 40 . . . Lf2t!) 40 . . . Th2t
(Auf 47 . . . Tg3 folgt 48. Das:, und 47 . . . Kg6
41. Kg1 Lest 42. TgS:t Kg8:, und Schwarz sollte
remis halten können. Nach dem Partiezug kann 48. Dg8t führt zum Abspiel I Bb) 48. Dd7t Kg6
Weiß vermutlich gewinnen. 49· Dfst Kg7 so. Khs Tg3 51. Dd7t Kf6 52. DdSt
Ke6 53· Das:, und Weiß sollte gewinnen.
38. Tf3 xg3 Tg8xg3 Ein wesentlicher Unterschied zur Partiefortset­
39· De2-h5 zung dürfte sich aber nicht ergeben.
Die Fortsetzung 39. Dd2 Les 40. Das Td3: 41. Da6: 43·
Kg7 mit der Idee h7-h5-h4-h3 ist nicht klarer. 44· Kh3-h4
45· Dc8-d7t
39·
40. Kh1-h2 "45. Da6: wäre viel stärker," schreibt ein unge­
4 1 . Dhs -f5 nannter Kommentator.47 Vermutlich irrt er; nach
45 . . . Kg6 ist nicht zu sehen, wie Weiß dem Matt
Die Folge 41. Dh3 Lest 42. Kh1 Tg3 führt zu ähnli­
entkommen kann.
chen Bildern wie in der vorigen Anmerkung.
45·
41.
46. Dd7-e8t
42. Kh2-h3
47· De8xc6

43· Df5-c8
"Hier wurde die Partie abgebrochen. Nach der Wie­
Es ist nicht deutlich, warum Weiß auf 43. Dd7t deraufnahme führte Lasker die Verteidigung auf
verzichtet. Nach 43 . . . Kh6 (Auf 43 . . . Kf6 folgt mit fehlerfreie Weise, und die Partie wurde im 69. Zu­
großer Kraft 44· b4, und falls 44 . . . cb4:, so 45. d4) ge remis. Sicher erwarteten Blackburnes Freunde,
44· Dc6: hat er gute Gewinnaussichten: daß er gewönne, nachdem er die Dame für zwei

47· BCM 1892, S.321; Str. 1892, S.265.


W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

Figuren erobert hatte, zumal sein Spiel gute Form 5 1 . De6-d7t Kg7-f6
zeigte; aber Laskers Verteidigung war von äußer­ 52. Dd7-d8t Kf6-e6
ster Tiefe, und es ist schwierig, einen zwingenden 5 3 · DdS-eSt Ke6-f6
Gewinn für Weiß zu finden, und überhaupt formt 54· DeS-fSt Kf6-e6
die Stellung in allen ihren Verzweigungen ein äu­ 5 5 · Df8-f5t?
ßerst interessantes Endspiel. Blackburne gewann
Weiß konnte noch auf den richtigen Pfad zum si­
den Randbauern am Damenflügel in der Hoffnung,
cheren Sieg zurückkehren: 55. De8t Kf6 56. Dd8t
seinen eigenen Randbauern zur Dame zu führen,
Ke6 57. Das:
aber Lasker war imstande, seinen Turmbauern
am Königsflügel in solch drohender Weise vor­ 50
zurücken, daß Blackburne gezwungen war, mit
ewigem Schach zufrieden zu sein. Statt den Rand­
bauern am Damenflügel zu gewinnen und den
gefährlichen Turmbauern am Königsflügel leben
zu lassen, hätte Blackburne diesen gewinnen kön­
nen; aber auch in diesem Fall hatte Lasker eine
Verteidigung, die nach seiner Meinung das Unent­
schieden herbeigeführt hätte. Die Pointe besteht
darin, daß Blackburne gegen die richtige Verteidi­
gung nicht beide Randbauern gewinnen und daher
57 . . . Tg2 58. Da8 Th2t 59. Kg4. Jetzt verliert
nicht mehr als remis erreichen kann. Die Stellung
Schwarz nach 59 . . . hst 6o. Kgs den h-Bauern, und
hat unter Kennern beträchtliche Aufmerksamkeit
bei anderen Fortsetzungen rennt der a-Bauer des
auf sich gezogen; aber bisher ist kein zwingender
Weißen los.
Gewinn für Weiß gezeigt worden, und sie kann
der Nachwelt als schwieriges Endspiel vermacht 55· . . . Ke6-e7
werden; die Lösung der Frage ,Kann Weiß den s 6. Dfs -cs
Gewinn erzwingen?' bleibt offen."48 Dies ist das Eingeständnis, daß 55. Dfst verfehlt
Dies ist eine etwas umständliche und wortreiche war. Weiß kann nach 56. Dh7:t Tg7 57· Dfs Tg2
Beschreibung im Stil der Zeit; aber die gestellte 58. a4 Th2t 59. Kg4 Tg2t 6o. Kf3 Tg3t 61. Kf2
Frage ist interessant. Es soll ein Versuch gemacht Tb3: 62. Dh7t Kf6 63. Dq wohl nicht gewinnen:
werden, Hinweise zu ihrer Lösung zu geben. Schwarz gibt so lange Schachgebote mit dem Turm,
47· a6-a5 bis der König des Weißen auf h4 oder auf c1 steht.
48. Dc6-d7t Kg7-g8 Dann spielt er T-e3 oder T-b4 und gewinnt die
beiden Bauern des Weißen auf der c-Linie und
Nach 48 . . . Kg6 49. Dfst entsteht eine Stellung, die e-Linie für seinen Randbauern; das dürfte zum
in der Anmerkung zu 43. DeS unter II erörtert Remis ausreichend sein.
wird.
s6 . ...
49· Dd7-e6t
Im Vergleich zu dem beim 55. Zuge von Weiß an­
Einfacher ist 49. Khs Tg3 so. DdSt und 51. Das:. gegeben Abspiel hat Schwarz ein wichtiges Tempo
Der Unterschied zur Partiefolge besteht darin, daß gewonnen.
der König des Schwarzen auf f7 oder g7 steht statt
57· DcS-qt Ke7-f6
auf e6. Bedeutungsvoll ist dies wohl nicht.
58. Dq-dSt Kf6-e6
49 · 59· Dd8xa5 Tg2-h2t
so. Kh4-h5 6o. Kh5-g4 h7-h5t

48. BCM 1892, $.297-298.


1 0 . PARTIE: LASKER - H. B LACKBURNE 49

Der Durchbruch b3-b4 nebst q-cs, zur rech­


51 ten Zeit durchgeführt, sollte Weiß zum Sieg
verhelfen.
II 64 . . . Te3t 65. Kd2
A) 65 . . . h3 scheitert an 66. DeSt Kf6 67. Dd7, und
Weiß gewinnt.
B) 65 . . . Tg3.

52

61. Kg4-f3 (?)

Aussichtsreicher ist 61. Kgs Lf6t 62. Kh6 h4


63. DaS oder gar 63. b4. Es ist unklar, ob Schwarz
sich retten kann.

61. Damit droht Schwarz Dauerschach durch 66 . . .


6 2 . KfJ-h Tg2t, und der König des Weißen findet kein si­
Es ist genauer, den König des Weißen auf die er­ cheres Plätzchen. Nach 66. DeSt Kf6 67. DdSt Ke6
ste Reihe zurückzutreiben. Nach 62 . . . Th2t 63. Kg1 6S. Dh4: Tg2t 69. Kd3 Ta2: hält Schwarz remis.
h4 64. DaS Ke7 (64 . . . h3 scheitert an 65. DeSt Kf6 64 . Th3 -g3t
66. Des:t) sollte Schwarz sich halten können: 6 5 . Kp-h2 Ld4-e5
I 65. Db7t Kf6 66. Dh7 Ta2: 67. Dh4:t Ke6. 66. DaS-eSt Ke6-f6
Schwarz hat eine uneinnehmbare Festung. 67. DeS-fSt Kf6-e6
II 65. a4 h3 66. DeS Tg2t 67. Kfl Tg3. Der h-Bauer 68. DfS-eSt Ke6-f6
des Schwarzen ist zu gefährlich geworden;
Weiß muß remis durch Dauerschach anstre­ Remis gegeben.
ben.
Der Partiezug dürfte aber zum Erreichen des Un­ Wieder einmal trug Laskers Zähigkeit Früchte. Die
entschieden genügen. Partie beleuchtet auch sein großes Stellungsver­
ständnis im Endspiel; er erkannte die Möglichkei­
63. Da5-aS ten, eine Festung aufzubauen oder Gegenspiel ge­
Die Fortsetzung 63 . . . Th2t 64. K[J (Für 64. Kg1 sie­ gen den König des Weißen einzuleiten, aus großer
he die vorige Anmerkung) 64 . . . h3 65. Kg4 Ke7 ge­ Ferne.
nügt zum Erreichen des Unentschieden: auf 66. a4
folgt 66 . . . Th1 nebst h3-h2, und sonst muß Weiß 10. Partie
seinen a-Bauern im Stich lassen. Der gespielte Zug EM. LASKER - }. H. BLACKBURNE
genügt aber auch. London, 14.6.1892
Damengambit (D37)
64. Kh-p

Ein gefährlicherer Versuch ist 64. Ke2 Diese Partie wurde von Blackburne positioneil
I 64 . . . Th2t 65. K[J h3 66. Kg4 Le5 67. a4. Weiß schwach geführt. Er hat aus der achten Partie
hat im Vergleich zu 63 . . . Th2t Zeit für diesen nichts gelernt und stellt erneut die Bauern nach
Zug gewonnen, und wahrscheinlich hat dies Abtausch seines Königsläufers auf die weißen Fel­
entscheidende Bedeutung: 67 . . . Ke7 6S. Db7t der. Die Vorführung der Partie bereitet mir keine
Kf6 69. DeS Ke7 70. Df5 Th1 71. Df3 Th2 72. Dd1. Freude; daher wird auf Anmerkungen verzichtet.
so WETTKÄM PFE 1889-1893

1. d4 ds 2. Sf3 Sf6 3· C4 e6 4· Sq Sbd7 5· Lf4 c6 6. e3 40. f3 Tc8 41. e4 Tq 42. Tat Tc8 43· h 4 Tq 44· Tbt
Shs 7· Lgs Le7 8. Le7: De7: 9· Ld3 g6 10. De2 o-o Tc8 45· Ke3 Ke7 46. hs Kf6 47· hg6: hg6: 48. Th1
u . o-o fs 12. Tfd1 Sdf6 13. Tac1 Ld7 14. Ses Le8 Kg7 49· Tat Ta8 so. Tc1 Tc8 51. Tbt Kf6 52. Tht Kg7
15. Dc2 Td8 16. a3 Sd7 17. Sf3 Sg7 18. Te1 Sf6 19. b4 53· Tat Ta8 54· Tht Tc8 55· g4 fg4: 56. fg4: Ta8 57· gs
Se4 20. Ses Sq: 21. Dq: Shs 22. a4 Sf6 23. bs Sd7 Ta3 58. Kd2 Ta2t 59· Ke3 Ta3 6o. Kf4 Sd7 61. Lq
24. Sf3 dq: 25. Dq: Sb6 26. Db3 cbs: 27. abs: Lf? Sf8 62. Tc1 Tas 63. Ld3 Lbs: 64. Tcs Ta4 65. Lbs:
28. Ses Tc8 29. Tat Ta8 30. Te2 Tfc8 31. Tea2 Dq Td4: 66. Tqt KgS 67. Tb7: . . .
32. g3 Dq 33· Dq: Tq: 34· Ta7: Ta7: 35· Ta7: Tq
36. Kfl Le8 37· Ke2 Kf8 38. Kd2 Ke7 39· Ta3 Kd6 Schwarz gibt i m 72. Zuge auf.

Schlußbetrachtung

Wettkampf in London, 27. Mai bis 14. Juni 1892 lungstypen, welche in der damaligen Zeit so gut
wie unbekannt waren, Muster der Behandlung, die
1 2 3 4 6 7 8 9 10 bis heute gültig sind.
In den Besprechungen des Zweikampfes aus
Emanuel Lasker
der damaligen Zeit wird nicht mit Lob gespart,'9
Joseph H. Blackburne o Yz Y2 o o Yz o o Y2 o 2
insbesondere in England.50 Im "British Chess Ma­
gazine" heißt es zu Recht: 5 1 " [Blackburnes] Gegner
Bisher gab es Zweifel, ob Lasker gegen die aller­ spielte nie in seinem Leben besseres Schach, wenn
stärksten Spielern würde bestehen können. Der man die Partien in ihrer Gesamtheit nimmt."
Ausgang dieser Veranstaltung hat sie endgültig zer­ In der "Deutschen Schachzeitung" ist unter an­
streut. derem zu lesen:52 "Laskers Sieg ist bewunderns­
Es überzeugt schon das reine Zahlenergebnis werth und die englischen Blätter fliessen demge­
des Wettkampfes. Wenn Blackburne auch nicht mäss über in Lobeserhebungen seines feinen und
mehr auf dem Höhepunkt seines Könnens stand, kunstvollen Spiels. [ . . . ] Lasker hat einen Triumph
so hatte er doch sein Verständnis und sein takti­ errungen, der ihn mit einem Schlage in die Rei­
sches Auge keineswegs völlig eingebüßt. Er sollte he unserer allerersten Meister erhebt. Wir kön­
noch manch beeindruckendes Resultat erzielen; in nen nicht verhehlen, dass er bisher in Deutschland
der Tat gewann er von den nächsten vier Turnier­ nicht in derartigem Ansehen stand und wir be­
partien gegen Lasker in den Jahren 1895-1899 zwei, zweifeln auch jetzt noch, dass er einem Meister
darunter eine für Lasker äußerst schmerzhafte in wie Dr. Tarrasch gewachsen ist. [ . . . ] Man spricht
der Endphase des Turniers von Hastings 1895. von einem Wettkampf Lasker - Steinitz. Um die
Wichtiger ist jedoch, daß der Inhalt der Partien Meisterschaft der Welt in die Schranken zu treten,
Laskers Verständnis für die Kräfte dartut, die das dafür hält sich indess Lasker selbst noch nicht für
Schachspiel regieren. Zu Beginn des Wettkamp­ fähig . . . "
fes spielt Lasker etwas matt; die ersten drei Spie­ Das "Deutsche Wochenschach" faßt sich kür­
le zeigen einen recht unbefriedigenden Verlauf. zer. Für die ablehnende Haltung gegenüber Las­
Danach kommt er jedoch in Form. Insbesondere ker, welche die Äußerungen des Blattes in Zukunft
entwickelt er in den Partien Nr. 4, 5 und 7 in Stel- durchziehen wird, finden sich hier erste Proben. 53

49. Siehe zum Beispiel die sehr kurze Besprechung in Str. 1892, S.184.
so. CM XIII (Juni/Juli 1892), S.296.
5 1 . BCM 1892, S.292.
52. DSZ 1892, S.221-222.
5 3 · DWS 1892, S.2o8 ("Aus England" und "Aus Amerika").
51

Lasker fordert Dr. Tarrasch heraus

ACH diesem Erfolg hielt Lasker die Zeit für ge­


N kommen, Tarraschs Stellung als besten Spie­
ler Deutschlands anzugreifen. Dazu schien ihm
ein Wettkampf am besten geeignet.
Vielleicht hatte er schon früher mit diesem Ge­
danken gespielt. Jedenfalls findet man nach der
Rückkehr Laskers von seinem ersten Aufenthalt
in England im Jahre 1890 folgende Notiz: "Herr
Dr. Tarrasch hat die an ihn von Herrn Ern. Lasker
ergangene Herausforderung zu einem Match um
einen Einsatz von je 1000 M [ark] angenommen
(M [ünchener] N [eueste] Nachr[ichten])."54
Man darf sicher sein, daß nicht Dr. Tarrasch
dieses Entlein zu Wasser gelassen hat; Ern. Lasker
wird mit dazu beigetragen haben, daß es ans Licht
der Welt trat. An Kühnheit und Selbstbewußtsein
gebrach es ihm nicht. Die Nachricht zeitigte jedoch
- soweit bekannt - keine weiteren Folgen.
Diesmal sollte es anders kommen.
Lasker bat Leopold Hoffer, der als Journalist
zu dem gerade laufenden Kongreß des Deutschen
Schachbundes in Dresden reiste, einen Brief mit­
zunehmen, in dem Lasker den Sieger des Turniers
zu einem Wettkampf einlud. 55 Gewinner wurde Siegbert Tarrasch (1895)
erwartungsgemäß Dr. Tarrasch.
Der erwiderte, Lasker möge erst in einem In­ angegeben habe. 57 Auch heute noch trifft man hin
ternationalen Turnier den ersten Preis gewinnen; und wieder Journalisten an, die sich auf diese Wei­
dann werde er gegen ihn antreten. 56 Ob in die­ se um die Verbesserung der Wirklichkeit bemü­
ser etwas überheblichen Antwort auch Furcht vor hen.
dem Können des jungen, aufstrebenden Meisters Lasker machte nicht viel Aufhebens davon; für
mitschwang, sei dahingestellt. ihn war die Sache erledigt. 58
Leopold Hoffer schien diese Entgegnung nicht Dr. Tarrasch aber fühlte sich aufs heftigste in
diplomatisch genug zu sein, und aus purer Men­ seiner Ehre gekränkt, und der Grundstein für eine
schenfreundlichkeit veröffentlichte er eine Dar­ lebenslange Feindschaft zwischen ihm und Hoffer
stellung, nach der Dr. Tarrasch Zeitmangel als wurde hier gelegt. 5 9 Er sah sich genötigt, auf die
Grund für die Ablehnung der Herausforderung wertfreie, aber inhaltlich unbestimmte Notiz in

54· DSZ 1890, S.188; vgl. Str. 1890, S.199-200.


55· LCF 1893, S.79.
56. DWS 1892, S.279.
57· LCF 1893, S.79; DWS 1893, S. 456.
58. LCF 1893, S.172.
59. Vgl. WSZ 1913, S.227: Im Nachruf auf Leopold Hoffer steht unter anderem folgendes. "Er war ein trefflicher Mensch
und alle, die er nicht direkt bekämpft hat - und das waren meines Wissens nur drei Meister - werden ihm als Vorbild
edlen Menschentums stets ein dankbares Angedenken bewahren." Die drei Meister waren immerhin Steinitz, Lasker
und Tarrasch.
52 W E T T KÄ M P F E 1 8 8 9 - 1 8 9 3

der "Deutschen Schachzeitung"60 mit einem Le­ mals hoch empor.63


serbrief einzugehen. Im "Briefwechsel mit Allen Heute ist es nicht einfach, sich in diese Erre­
für Alle" findet sich folgende Eintragung:6 1 gung einzuleben. Aus großem Abstand erscheinen
"Nürnberg (Dr. S. T.) . Ueber Ihre Ablehnung die Streitpunkte allzu geringfügig.
der Herausforderung Ern. Lasker's sind in den Die Ursache für die Kühle des Verhältnisses
Schachblättern die verschiedenartigsten Gerüch­ zwischen Lasker und Tarrasch dürfte nicht in die­
te im Umlauf. Sie ermächtigen uns zu sagen, dass sem Zwischenfall zu suchen sein. Lasker löste sein
Sie den hingeworfenen Fehdehandschuh nur unter Problem, indem er Tarrasch links liegen ließ und
der Motivirung nicht aufgenommen haben, Lasker sich sofort Steinitz zuwandte. Er wurde Weltmei­
solle erst in einem grossen internationalen Turnier ster und war an Tarrasch vorbeigezogen, ohne daß
den ersten Preis erringen. Seine bisherigen Erfolge dieser eine Gelegenheit bekommen hatte, dies aus
genügen Ihnen noch nicht, ihn für einen ebenbür­ eigener Kraft zu verhindern. Das erfüllte den äl­
tigen Gegner zu halten." teren Meister nicht mit Freude; er schäumte und
W. Steinitz griff in den Austausch der Meinun­ suchte Laskers Erfolge bei jeder Gelegenheit her­
gen über diese Angelegenheit ein.62 Er war stets abzusetzen.64 So kam es erst im Jahre 1908 zu ei­
empfindlich darauf bedacht, daß man seiner Ehre nem Weltmeisterschaftskampf zwischen den bei­
nicht durch unangebrachte Wortwahl oder unan­ den. Zur Verminderung der Spannungen trug er
gemessenes Verhalten zu nahe trat, und gab auch nicht bei. Erst mit dem Turnier von St. Petersburg
anderen gerne Ratschläge in derartigen Fragen. 1914 begrub Dr. Tarrasch seine Hoffnungen, Las­
Seine Ansicht wurde respektvoll beiseite gescho­ ker noch einmal zu überflügeln, und er fand milde
ben; aber der schwelende Haß Dr. Tarraschs auf Worte ungeheuchelten Lobes für dessen Leistun­
Herrn Hoffer lohte nach anderthalb Jahren noch- gen, die im Turnierbuch nachzulesen sind.

6o. DSZ 1892, S.249.


6 1 . DSZ 1892, S.319.
62. Siehe DWS 1892, S.371. Der volle Wortlaut von Steinitz' Äußerung findet sich bei V. Fiala, Quarterly of Chess History,
Band 3 (1999), S.252-253.
63. DWS 1893, S.455-456 und DWS 1894, S.92-93.
64. DWS 1895, S.357; Das Internationale Schachturnier des Schachklubs Nürnberg im Juli-August 1896, ed. Dr. S. Tarrasch
und Chr. Schröder, Leipzig 1897, S.292-293.
53

Der zweite Wettkampf Bird - Lasker


im August/September 1892 zu Newcastle-upon-Tyne

w. EIT bin ich dem Gang der Ereignisse voraus­ sundes Schach und gewinnt alle fünf Partien der
geeilt. Lasker focht zunächst seinen nächsten Veranstaltung.
Zweikampf aus. Im August und September 1892
Wettkampf in Newcastle-upon-Tyne, 29. August
spielte er den zweiten Wettkampf gegen Henry
bis 2. September 1892
Edward Bird. Vielleicht reizte es ihn zu untersu­
chen, ob er gegen diesen Spieler zu einer über­ 2 3 4
zeugenderen Leistung fähig sei als im Jahre 1890.
Emanuel Lasker
In der Tat macht seine Spielführung in diesem
Henry Edward Bird 0 0 0 0 0 0
Wettkampf einen ausgezeichneten Eindruck; sie
erreicht dieselbe Qualität wie im Zweikampf ge­
gen Blackburne. Er vermeidet die geschlossenen Bald darauf reiste Lasker in die Vereinigten Staa­
Stellungen, die ihm im Jahre 1890 gegen densel­ ten. Hier spielte er kurze Serien von Partien gegen
ben Gegner nicht gut von der Hand gingen, und einzelne Gegner; als eigentliche Wettkämpfe kann
strebt halboffene Stellungen an, in denen er sich man sie nicht bezeichnen. Aus einer dieser Veran­
wohl fühlt. Er spielt ideenreiches, positioneil ge- staltungen kam jedoch ein Zweikampf zustande.
54

Der Wettkampf Lasker - Showalter


im Dezember 1892 in Logansport und im April 1893 in Kokomo

EIM Kongreß der "Indiana State Chess Asso­


B ciation" wurde eine Serie von drei Partien zwi­
schen den beiden Spielern vereinbart. Nachdem
jeder eine Partie gewonnen hatte, wurde auf die
dritte Partie verzichtet, weil Lasker anderweitige
Verpflichtungen hatte,65 doch wurde die Fortset­
zung des Kräftemessens in einem längeren Wett­
kampf in Aussicht genommen.
Er kam bald zustande. Ursprünglich sollte er
über zehn Gewinnpartien gehen, doch dann wur­
de die Anzahl der zum Sieg notwendigen Partien
auf sechs begrenzt; die in Logansport gespielten
Partien sollten angerechnet werden, so daß jeder
noch fünf Mal gewinnen mußte, um als Gewinner
des Wettkampfs zu gelten.66 Zu Beginn verlief der
Kampf ausgeglichen, aber dann gewann Lasker die
letzten vier Partien hintereinander.

Wettkampf in Logansport, Dezember 1892, und


Kokomo, April 1893

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Emanuel Lasker 1 0 1 0 Y2 1 1 1 1 6 Y2

Jackson W. Showalter o 1 o 1 Y2 o o o o 2 Y2 Jaclcson Whipps Showalter

Laskers Spielführung überzeugt weit weniger als


in den vorhergehenden Zweikämpfen. Insbeson­ Widerstand (3 : 7 bei 2 Remispartien); im selben
dere zeigt er in mehreren Partien Schwächen beim Jahr gewann er zwei kurze Wettkämpfe gegen D.
Stellungsaufbau. Zum Sieg verhilft ihm seine über­ Janowski.
legene Endspieltechnik Er war Lehrer von Beruf.67
Jackson Whipps Showalter (1860-1935) hat kei­ Unmittelbar nach Beendigung des Wettkamp­
nen großen Ruhm als Schachspieler erlangt, denn fes gegen Showalter kommt der Weltmeister­
bei seiner Teilnahme an Internationalen Turnie­ schaftskampf Lasker gegen Steinitz ins Gespräch.
ren erzielte er keine auffälligen Resultate. Den­ Möglicherweise begannen die Verhandlungen be­
noch verlor er im Jahre 1897 einen Wettkampf reits früher; jedenfalls wurde Lasker durch seine
gegen Pillsbury nur ganz knapp (8 : 10 bei 3 Re­ unsichere Spielführung bei dieser Veranstaltung
mispartien) und leistete auch im Rückkampf 1898 nicht abgeschreckt.

65. LCF 1893, S.98. Andere Quellen geben als Grund Unwohlsein Laskers an: DWS 1893, S.32; unbestimmt DSZ 1893,
S.6o.
66. LCF 1893. S.12o; DWS 1893, S.139, 163, 188; DSZ 1893, S.156-157 und S.188; BCM 1893. S.259; Str. 1893, S.149.
67. J. Berger, Schachjahrbuch für 18991I900, S.221.
55

Lasker lehnt Walbrodt als Wettkampfgegner ab

M Januar und Februar 1893 weilte Lasker zu ei­


I nem Gastspiel in Havanna. Für die gleiche Zeit
hatten die Veranstalter Walbrodt eingeladen, ohne
dies Lasker mitzuteilen. Er war drei Jahre jünger
als Lasker und galt damals als vielversprechender
Meister.
Man mühte sich nun, einen Wettkampf zwi­
schen den beiden Meistern zustande zu bringen.
Aber Lasker fühlte sich hintergangen und unter
Druck gesetzt; er lehnte es ab, mit Walbrodt zu
spielen.68
Die Angelegenheit könnte unerwähnt bleiben,
wenn sie nicht zu heftigen Erschütterungen im
Blätterwald des Schachs geführt hätte. Laskers Wei­
gerung wurde in verschiedenen Schachzeitungen
mit der schärfsten moralischen Verurteilung be­
legt.69 Die Einzelheiten sind unerheblich; ich ver­
stehe diese Anschuldigungen nicht. Jeder ist doch
frei zu spielen, mit wem es ihm behagt, sofern kei­
ne vorherigen Absprachen getroffen worden sind.
Es zeigt sich wieder, daß zur damaligen Zeit ein
Ehrbegriff galt, für den uns das Verständnis abhan­
den gekommen ist.
Carl August Walbrodt (1871-1902) hatte so­ Carl A ugust Walbrodt
eben durch einen geteilten vierten Platz beim Mei­
sterturnier des Kongresses des Deutschen Schach­
bundes in Dresden 1892 ( + 5 =12) seinen Ruf als verlor er in einem Wettkampf mit Partien ohne Be­
Schachmeister begründet. Er war Mitbesitzer ei­ schränkung der Bedenkzeit gegen Tarrasch Yz: 7Yz;
ner "Maschinenbau-Anstalt für Pantographen70 sein größter Erfolg bestand im zweiten Platz hinter
und Guillochiermaschinen71" - so drückt sich eine R. Charousek beim Turnier von Berlin 1897. Wie
zeitgenössische Quelle aus72 - und widmete sich dieser verstarb er in jungen Jahren an Lungentu­
offenbar ganz dem Schachspielen. Im Jahre 1894 berkulose.

68. LCF 1893, S.n8-n9 und S.122.


69. Vor allem DWS 1893. 5.87. 5.96; BCM 1893, 5.131. S.189-190, 5.217; vorsichtiger Str. 1983, S.84; ziemlich unklar DSZ
1893, S.6o und S.93 (dazu LCF 1893. S.122), vgl. S.125.
70. =Storchschnäbel: Geräte zur Wiedergabe von Zeichnungen in vergrößertem oder verkleinertem Maßstab.
7 1 . Geräte zur Herstellung von Mustern aus regelmäßig ineinander verschlungenen Linien.
72. J. Berger, Schachjahrbuch für 1899-1900 (Leipzig 1899), S.240.
D E R E R STE WETTKAMPF
L A S K E R - S TE I N I TZ

im März, April und Mai 1894


in New York, Philadelphia und Montreal
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ 57

Lasker - Steinitz 1894

CHON als Lasker Ende 1892 zu seinem Gastspiel Medien bekannt; ein Einsatz von fünftausend Dol­
S beim ,.Manhattan Chess Club" in den Verei­ lar wird vorgesehen.74 Er bekräftigt dies durch
nigten Staaten eintraf, sproß in einigen unterneh­ ein offizielles Schreiben.75 Er beginnt den Be­
menden Köpfen der Gedanke, ein Wettkampf zwi­ trag zu sammeln.76 In seiner Schachzeitung er­
schen Lasker und Steinitz könne spannend sein. klärt er die Bedingungen, die mit dem Wettein­
Der Schachklub von Havanna machte das Ange­ satz verbunden sind: Gewinnt Lasker den Wett­
bot, eine solche Veranstaltung zu organisieren; bei­ kampf, erhält der Einzahler das Anderthalbfa­
de Meister lehnen jedoch aus verschiedenen Grün­ che seines Einsatzes zurück; bei unentschiede­
den ab: Lasker will noch nicht um die Weltmei­ nem Ausgang bekommt er sein Geld ohne Ab­
sterschaft spielen, und Steinitz ist mit literarischen zug zurückerstattet, und wenn Lasker den Zwei­
Arbeiten überhäuft.73 kampf verliert, verliert der Wettende seinen Ein­
Nach dem Wettkampf gegen Showalter beginnt satz.77
Lasker jedoch, den Kampf um die Weltmeister­ Bei solcher Bewandtnis ist es äußerst befremd­
schaft gegen Steinitz anzustreben. Zunächst gibt lich, daß Lasker für seine ,.Geldsammelei" von
er seine Herausforderung durch Vermittlung der einigen aufs schärfste verurteilt wird.78 Hatten

73- LCF 1892, 5.55; DW5 1892, 5.436; D5Z 1893, 5.30; 5tr.1892, 5.375-376; BCM 1892, 5.473·
74. 5tr. 1893, 5.180; CM XIV (Juni 1893), 5.293 {unmittelbar darüber stehen von ätzender Unfreundlichkeit triefende
Bemerkungen über Dr. Berthold Lasker); D5Z 1893, 5.188; DW5 1893, 5.204; BCM 1893, 5.259·
75. D5Z 1893, 5.221; BCM 1893, 5.308.
76. DW5 1893, 5.212.
77· LCF 1893, 5.150 und 5.165; 5tr. 1893, 5.247 (vgl. Fußnote 15).
78. DW5 1893, 5.271-272 und 5.286-287.
58 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

die Geldgeber doch die Möglichkeit, ein hübsches Die Regelung zur Festsetzung der Spielorte ist
Sümmchen zu verdienen, wenn sie über die richti­ verwickelt, weil sie von den Ergebnissen abhängt;
ge Einsicht verfügten!79 es läuft in der Praxis darauf hinaus, daß die ersten
Wie dem auch sei; Lasker bekommt die Sum­ acht Spiele in New York stattfinden, dann drei in
me nicht zusammen. Am 31. August 1893 sendet er Philadelphia, die restlichen in Montreal.89
einen Brief an Steinitz, in dem er eine Herausfor­ Bei der Kommentierung der Partien wurden
derung bei einem Einsatz von dreitausend Dollar die zeitgenössischen Bearbeitungen eingesehen
ausspricht. 80 Der Schachklub von Havanna ver­ und verwendet. Die jeweiligen Quellen sind in
sucht wiederum, die Austragung des Wettkampfes den Fußnoten aufgeführt.
an sich zu ziehen, und es gibt Meldungen, nach Die Zeitschrift "La Strategie" liefert bei wei­
denen die Angelegenheit unter Dach und Fach tem die umfangreichste Information; sie bietet
ist;81 es dürfte aber niemanden verwundern, daß eine nützliche Zusammenfassung verschiedener
sie sich als falsch herausstellen. 81 Arbeiten. Die Anmerkungen sind verschiedenen
Lasker fließt nicht genügend Geld zu;83 er bittet Schachzeitungen, aber auch den Tageszeitungen
Steinitz um eine Verminderung des Einsatzes auf "The Sun", "New-York Daily Tribune", "The Brook­
zweitausendzweihundertfünfzig Dollar, und der lyn Daily Eagle" und "New York Recorder" ent­
Weltmeister stimmt widerstrebend zu;84 anschei­ nommen.
nend wird der Betrag nochmals auf zweitausend Offenbar gaben sowohl Steinitz als auch Lasker
Dollar pro Spieler gesenkt.85 Jetzt werden Austra­ unmittelbar nach den Partien den anwesenden Zei­
gungsorte gefunden,86 und der Kampf kann be­ tungsvertretern Hinweise zum Partieverlauf, ganz
ginnen. Wer zuerst zehn Siegpartien aufweist, soll wie es heute zu geschehen pflegt. Diese Angaben
Gewinner des Wettkampfes sein. 87 Die Bedenkzeit sind in den Zeitungsartikeln, die über den Ver­
beträgt eine Stunde für 15 Züge; es werden drei lauf des Wettkampfs berichten, teilweise bewahrt
oder vier Partien in der Woche gespielt, und nicht worden.
mehr als eine Partie pro Tag. An den Spieltagen Es finden sich weiterhin Zitate in der französi­
gibt es zwei Sitzungen, von drei bis sechs und von schen Schachzeitung, die nicht aus diesen Quellen
acht bis elf Uhr nachmittags. 58 stammen und die ich nicht genau zuordnen kann.
Es ist nicht erstaunlich, daß man von derarti­ Laskers Angaben aus dem Jahre 1906 sind sehr
gen Bestimmungen später abgekommen ist. Bei enttäuschend; es lohnt sich kaum, sie zur Kenntnis
diesem Spielrhythmus ist es gut möglich, daß die zu nehmen. Die übrigen Bearbeitungen bieten hin
Partie unterbrochen wird, während sich ein Spieler und wieder etwas Interessantes, aber keine durch­
in starker Zeitnot befindet! gehende Erfassung des Partieverlaufs.

79· 5tr. 1893, 5.341.


So. BCM 1893, 5.416; 5tr. 1893, 5.309; CM XV (Oktober 1893), 5.38-39; D5Z 1893, 5.375·
81. BCM 1893, 5.534·
82. 5tr. 1893, 5.376; D5Z 1893, 5.376; DW5 1893, 5-447 und 5.462.
83. D5Z 1894, 5.29.
84. BCM 1894, 5.41; DW5 1894, 5.6o; 5tr. 1894, 5.54·
85. Die Zeitungen "The 5un" (New York) vom 5· März 1894 und "New York Recorder" vom n . März 1894; D5Z 1894,
5.92; BCM 1894, 5.163;
86. CM XV (März 1894), 5.195; DW5 1894, 5.83; 5tr. 1894, 5.85.
87. Nach dieser Regelung ist ein unentschiedener Ausgang des Wettkampfes nicht möglich, so daß es Laskers Angaben
über die Rückzahlung des Wetteinsatzes an Folgerichtigkeit mangelt.
88. Diese Angabe findet sich in der Zeitung "The 5un" (New York) vom 5. März 1894.
89. DW5 1894, 5.104; D5Z 1894, 5.92; BCM 1894, 5.96 und 5.162; CM XV (April 1894), 5.236. Eine ausführliche Darlegung
der Vorverhandlungen auf der Basis der zeitgenössischen Zeitungsartikel gibt V. Fiala in "Quarterly for Chess
History, Band 3 (1999), $.255-258. Weniger zusammenhängend sind die Ausführungen von K. Landsberger, William
5teinitz, Chess Champion (Jefferson 1993), $.285-287.
1. PART I E : LASKE R - STEINITZ 59

1. Partie Hier kann auf 7· Sg5 die Antwort 7 . . . Se6 oder


E M . L A S K E R - W. S T E I N I T Z 7 . . . Le6 erfolgen.
New York, 15. und 16.3.1894

Spanisch (C62)
8. Dd1 Xd4
9· Dd4-e3
Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.109-m;
DSZ 1894, S.108-11o; 53
CM XV (Mai 1894), S.273-275 (Anmerkungen von
L. Hoffer);
BCM 1894, S.165-166 (Anmerkungen von J. Ma­
son);
Str. 1894, S.106-11o;
LCM IV (1906), S.182-184 (neue Anmerkungen
von Ern. Lasker und alte von W Steinitz);
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Band (Ansbach 1921), S.5-7;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung 11 ( Hamburg 1958), Beiheft Nr.
107 (Anmerkungen von L. Rellstab); 9· Sc6-e5
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
Der Zug wird schon von den Zeitgenossen zu
hagen) , Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
Recht kritisiert. Der Springer kann auf es keinen
338 (Anmerkungen von D. Hooper).
dauernden Aufenthalt beziehen und muß wieder
1. e2-e4 e7-e5 weichen; Schwarz verliert Zeit.
2. Sg 1 f3
- Sb8-c6 Mit 9 · . . Le7 erzielt Schwarz Ausgleich; weder
3· Lh-bs d7-d6 10. o-o o-o 11. Sds Te8 noch 10. Ld2 o-o 11. o-o-o
4· d2-d4 Lc8-d7 Lf6 ergibt Vorteil für Weiß.
5· Sb1-C3 Sg8-e7
10. LC4-b3 q-c6 (?)
6. Lbs -C4
Damit vermeidet Weiß den Abtausch der weiß­ Schwarz nimmt dem Damenspringer des Weißen
feldrigen Läufer und droht 7. Sg5, fördert jedoch das Feld ds, aber dies ist im Augenblick unnötig;
seine Entwicklung nicht. Indessen bleibt sein Vor­ es kostet Zeit, und der Punkt d6 wird schwach.
teil auch nach anderen Zügen, zum Beispiel 6. o-o, In der dritten Partie geschah hier 10 . . . Le6.
gering. "Schnelle Entwicklung ist nicht etwas, wonach Stei­
nitz zu streben pflegte," schreibt Lasker.90 Am so­
6. Sc6xd4 lidesten scheint mir 10 . . . Le7 zu sein; Schwarz hat
Dies ist die natürlichste Abwehr der genannten keine nennenswerten Schwierigkeiten.
Drohung. "Auf 6 . . . ed4: folgt 7- Sg5 Ses 8. Dd4:," Nach dem Textzug hindert Weiß den Gegner an
steht im "Deutschen Wochenschach" zu lesen; der Vollendung seiner Entwicklung.
aber nach 8 . . . S7c6 9. Dd5 Sb4 muß Weiß aufge­
1 1 . De3-g3
ben: 10. Sf7: Sds: 11. Sd8: Sc3: mit Figurengewinn.
6 . . . ed4: wird mit 7· Sd4: beantwortet, und nach Auf 11. f4 folgt 11 . . . Sg4 12. Df3 Dh4t 13. g3 Dh3 mit
7 . . . Sd4: entsteht die Partiestellung. befriedigendem Spiel für Schwarz.

7· Sf3 xd4 1 1. ... Ses -g6

90. LCM IV (1906), S.182.


6o DER ERSTE WETTKAM P F LASKER - STEINITZ

"Von zweifelhaftem Wert. Sofort n . . . Le6 war vor­ ten, und nach 14. Lgs Das entbehrt der Läufer
zuziehen," behauptet Steinitz. Nach der Folge 12. f4 auf gs der Deckung durch den h-Bauern.
Lb3: 13. ab3: Sg6 14. o-o hat Weiß jedoch deutli­ II Genauer dürfte aber 13. Lgs sein, denn nun ist
chen Vorteil. 13 . . . Le7 ist wegen der Antwort 14. Le7: De7:
15. hs untunlich; nach 13 . . . Das 14. Le6: fe6:
15. o-o-o hat Schwarz Mühe, seine Entwick­
54
lung zu vollenden.
Aber auch mit dem Partiezug kann Weiß einen
Vorteil festhalten.
13. ...
1 4. Lct-gs (?)
Damit erlaubt Weiß dem Gegner, seine Entwick­
lung zu vollenden. Nach 14. Le3 behält er die bes­
sere Stellung.
1 4. Lf8-e7
1 5 . 0-0-0 e6-es

12. h2-h4
55
"12. Le3 war stark genug, aber der Textzug behin­
dert die Entwicklung des Schwarzen," sagt Lasker
in seiner ersten Besprechung der Partie. 91 Später
äußert er sich entschiedener: "Es schien mir, daß
die Stellung kräftiges Vorgehen verlangte, aber da­
rin irrte ich. Steinitz wehrte den Sturm ab, und
im 16. Zuge mußte ich meinen Angriffsplan aufge­
ben."92
Der Textzug dürfte jedoch besser sein als 12. Le3;
in der Folge spielt Lasker ungenau. Am stärk­
sten sieht indessen 12. Lgs aus, denn 12 . . . Le7
scheitert an 13. Le7: De7: 14. o-o-o, und Weiß ge­ 1 6. Lgs-e3
winnt einen Bauern. Nach 12 . . . Das 13. o-o-o hat Dies sieht nach einer plumpen Falle aus; aber an­
Schwarz Entwicklungsschwierigkeiten: 13 . . . h6 be­ dere Fortsetzungen versprechen nicht mehr:
deutet eine böse Schwächung, und nach 14. Le3 I 16. Dg4 Dd7 bereitet dem Schwarzen keinerlei
Le7 15. Kb1 kann Schwarz nach keiner Seite Kopfschmerzen.
rochieren. Die Antwort 12 . . . f6 auf 12. Lgs ist
II 16. Td2 o-o 17. Thd1 Sh4: 18. Le7: De7: 19. Td6:
ebenfalls nicht befriedigend; auf e6 entsteht ein Tad8 20. Td8: Td8: 21. TdS:t DdS: 22. Des: Sg2:,
Loch. 93 und der Vorteil des Weißen ist nicht nennens­
12. wert.
1 3 . Lb3xe6 1 6. 0-0
Andere Züge kommen in Betracht. Schlecht ist 16 . . . Lh4:, denn nach 17. Dg4 gerät
I 13. hs Ses ist nicht besser als der Textzug; der Schwarz in große Unannehmlichkeiten:
Springer mag auf c4 einige Wirksamkeit entfal- A) 17· . . Lf6 18. Dg6:t, und Weiß gewinnt (DWS).

9 1 . Str. 1894, S.1o6-107.


92. LCM IV (1906), S.183.
93· Man vergleiche den Verlauf der dritten Partie.
1. PARTI E : LASKER - STEINITZ 61

B) 17 . . . Le7 1S. Th7: mit gleichem Ergebnis (DWS) "Schwarz darf nicht 17 . . . Lh4: versuchen wegen
C) 17 . . . Df6 1S. Dhs, und die Drohung 19. g3 hat 1S. Dh3, denn falls 1S . . . h6, so 19. De6t Kh7 20. Td6:
entscheidende Kraft. Df6 21. Dd7 Tf? 22. Tf6: Td7: 23. Tg6: Kg6: 24. Th4:,
D) 17 . . . o-o 1S. g3 und Weiß gewinnt. "94
Da) 1S . . . Le7 19. De6t Tf7 20. Th7: SfS 21. ThSt KhS: Dennoch ist l?· · · Lh4:
22. Df7:, und Weiß hat durchschlagenden An­
griff, zum Beispiel 22 . . . DeS 23. Th1 t Sh7 24. Dfs
g6 2s. Dh3 Df7 26. Dd7.
Db) 1S . . . Lf6 19. Dhs (19. De6t Tf? 20. Th?: ist hier
weniger kräftig; Schwarz antwortet 20 . . . Dd7)
19 . . . Kf? 20. Lcs Le7 21. La3 gefolgt von f2-f4
mit Gewinnstellung für Weiß.
E) 17 . . . Kf7 ist die beste Entgegnung: 1S. f4, und
nun:
Ea) 1S . . . ef4: 19. Lf4: hs (19 . . . Sf4: scheitert an
20. Df4:t Lf6 21. es des: 22. DC4t) 20. Dfst Df6
21. Ld6: Dfs: 22. efs: Lgst 23. Kb1 nebst 24. Se4 wohl der beste Zug in dieser Stellung.
mit starkem Angriff für Weiß. I Auf 1S. Dg4 folgt 1S . . . Lf2: 19. Lgs DeS 20. Td6:
Eb) 1S . . . Lf6 (20. Dhs h6 21. Lh6: gh6: 22. Dh6: Tf6 schlägt
Eb1) 19. Dhs ef4: 20. Lf4: (DWS "usw.") 20 . . . Lc3: nicht durch) 2o . . . Lcs 21. Te6 (21. Td7 wird mit
21. bc3: Df6 22. Ld6: De6, und Schwarz hält sich. 21. . . Tf7 pariert) 21. . . Df7 22. Sg3 TfeS 23. TeS:t
Eb2) 19. fs Se7 20. Dh3 mit der Absicht g2-g4-gs. TeS:, und Schwarz hat einen gesunden Mehr­
Schwarz kann wohl nicht überleben. bauern.
II 16 . . . Lf6 (L. Hoffer) ist ebenfalls schwächer als II 1S. Dh3
der gespielte Zug; nach 17. hs Sf4 1S. Lcs bricht A) Nach 1S . . . h6 19. De6t Kh7 20. Td6: Df6
die Stellung des Schwarzen auseinander. 21. Dd7 geben die Fortsetzungen 21. . . De7 und
21. . . Df7 bessere Verteidigungsmöglichkeiten
1 7. SC3-e2 (?)
als 21. . . Df6, doch behält Weiß Vorteil.
Damit vergibt Weiß den letzten Rest seines Vor­ B) 1S . . . DeS 19. Dh2 Dg4 führt zu vollkommen be­
teils. friedigendem Spiel für Schwarz:
17. Dg4 DeS: 1S. DeS: TacS: 19. g3 a6 20. hs ShS Ba) 20. f3 De6 21. Kb1 (21. g3 scheitert an 21. . . Tf3:)
21. a4. Weiß hat einen geringfügigen Vorteil. 21. .. h6, und Schwarz hat einen Bauern gewon­
II 17. hs Sf4 1S. Dg4 DeS (Auf andere Weise ist nen.
die Drohung 19. g3 nicht ausreichend abzuweh­ Bb) 20. Td6 : De2: 21. Tg6: hg6: 22. Dh4: Dhs mit
ren) 19. DeS: TfcS: (Auf 19 . . . TacS: folgt 20. g3 Vorteil für Schwarz.
Se6 21. La7:) 20. g3 Se6 21. f4. Weiß hat eini­ Be) 20. Sc3 h6 mit demselben Resultat, denn auf
gen Druck im Endspiel. Jetzt kann Schwarz auf 21. Td6: folgt 21. . . Lf2:.
mehrere Arten bequem ausgleichen. III 1S. Dh2 h6 sieht auch nicht bedrohlich für
Schwarz aus.
17. .. Tf8-f7
Der Textzug ist indessen solide; der Vorteil des
.

Die Fortsetzung 17 . . . Lh4: schien den Zeitgenossen Weißen bleibt gering.


zu gewagt für Schwarz zu sein:
18. h4-hs
"Auch hier würde sich Schwarz mit l?· · · Lh4:
großen Gefahren aussetzen wegen der Antwort "Es wäre riskant gewesen, den Bauern auf der vier­
1S. Dg4, bald gefolgt von Dg4-hs." (W Steinitz) ten Reihe zu lassen und mit dem Angriff vermittels

94. J.-D. Seguin in "La Strategie" 1894, S.107.


62 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

18. Kb1 fortzufahren. Vielleicht wäre es jedoch viel­ Folgerichtig ist die Fortsetzung 24 . . . ds 25. eds: De1:
versprechend genug gewesen," sagt Lasker in ei­ 26. Te1: Ted 27. Kc2 Ld4:, und nun:
nem der eingangs erwähnten Zeitungsartikel. I 28. dc6: Lb6 29. cb7: Te8 30. Dc6 Tb8 31. Dc8t
Der gespielte Zug ermöglicht dem Schwarzen TfB. Weiß muß um das Remis kämpfen.
den geplanten Sprung nach f4. Nach 18. Kb1 Lh4: II 28. cd4: cds: mit ausgeglichener Stellung; auf
19. Dh2 (Auf 19. Dh3 folgt 19 . . . Dd7) 19 . . . h6 ist 29. Dds: folgt 29 . . . Te2t nebst 30 . . . Tf2:.
nicht deutlich, wie Weiß seinem Angriff Kraft bei­ Nach dem Partiezug kann der Springer des Wei­
setzen kann. Die Fortsetzung 18. Dh3 gefällt mir ßen nach fs gelangen; Schwarz wird wieder in die
etwas besser als 18. hs und 18. Kb1. Weiß möchte Verteidigung gedrängt.
mit g2-g3 nebst f2-f4 fortfahren und verschafft
LdS-q (?)
sich die Möglichkeit zu Dh3-e6; er behält das be­
quemere Spiel. Dieser Zug ist kennzeichnend für die prophylak­
tische Verteidigungskunst, die Steinitz als erster
18. Sg6-f4
entwickelte. Er deckt den Bauern auf d6 in Erwar­
19. Le3 xf4 e s xf4
tung des Zuges Sd4-f5.
20. Dg3 -f3 Dds-as
Der Zug ist aber unnötig passiv; besser ist 25 . . . Lb6
2 1 . Kc1-b1
26. Sfs Te6

57 ss

mit etwa gleichem Spiel, zum Beispiel:


I 27. g3 fg3: 28. f4 Df6 29. Sg3: (29. h6 wird mit
21. ... Das -es 29 . . . Dg6 beantwortet; Schwarz erhält Vorteil)
29 . . . Te8. Schwarz hat Druck gegen das Bau-
In Betracht kommt 21 . . . Te8, um sofort Druck auf
ernzentrum des Weißen erlangt; er steht nicht
den Bauern e4 auszuüben und die Aufstellung der
schlechter.
übrigen Figuren später festzulegen. Der Textzug
II 27. f3 Lcs (Auch 27 . . . Tef6 kommt in Betracht).
ist aber gut genug.
Schwarz hat alle schwachen Punkte sicher ge­
22. Se2-d4 deckt; Weiß kann nicht weiterkommen. Der
Hauptunterschied zur Partiefortsetzung be­
Nach 22. Sc1 Lf6 23. Sd3 Dbs erlangt Schwarz eben­
steht darin, daß dem Schwarzen nach 28. h6
falls eine völlig befriedigende Stellung.
g6 29. Sg7 Tee7 30. DcSt die einfache Abwehr
22 . ... 30 . . . Tf8 zur Verfügung steht, weil der Bauer
auf b7 gedeckt ist.
Mit 2 2. . . Td8 23. The1 d s kann sich Schwarz sei­
nes rückständigen Bauern entledigen und gleiches
Spiel erreichen; der gespielte Zug sieht indessen
Es ist auffällig, daß keiner der alten Kommentato­
natürlich aus und dürfte kaum schlechter sein.
ren den naheliegenden Zug 26. Sfs vorgeschlagen
23. C2-CJ TaB-eS hat. Danach muß Schwarz mit großer Sorgfalt ver­
24. Th t -e t Lf6-d8 fahren:
1. PA RTI E : LASKE R - STEINITZ

I 26 . . . Te6 27. h6 g6 (Nach 27 . . . Tg6 28. Dh3 ver­ 29. Te1-h1


liert Schwarz Material) 28. Sg7
A) 28 . . . Tee7 29. Dc8t Tf8 30. Db7: Lb6 31. Dc6: Lf2: "Ein feiner Zug - wenn auch erzwungen," meint
32. Tds mit Gewinnstellung für Weiß. L. Hoffer.
B) 28 . . . Tg7: 29. hg7: Kg7: 30. g3 fg3: 31. f4 mit ent­
29.
scheidendem Vorteil für Weiß.
II 26 . . . De6 27. f3, und Schwarz verliert seinen f­ "Viel besser war 29 . . . Df7," behauptet Steinitz. Aber
Bauern. dies stimmt nicht; es ist nichts an dem gespielten
III 26 . . . Df6 27. f3 ds 28. h6 gs (28 . . . g6 29. Sg7 ist Zug auszusetzen. Plausibel ist auch die Fortsetzung
noch ungünstiger für Schwarz) 29. Sg7 Tee7 29 . . . Lb6.
30. eds: Te1: (Auf 30 . . . Dh6: folgt 31. Te7: Te7:
32. d6 mit Gewinn) 31. Te1: Dh6: 32. SeS. Es ist 30. p-g3
nicht wahrscheinlich, daß Schwarz überleben
Steinitz war offenbar unzufrieden damit, daß er
kann.
diesen Zug zuließ; er schreibt: "Ein Meisterzug,
IV 26 . . . Kh8 ist der einzige Zug, der Widerstand er­
der seine Stellung auf dem Königsflügel erleich­
möglicht. Nach 27. 6 Td8 (27 . . . d5 28. h6 ist un­
tert, was immer Schwarz antwortet."96 Ich hätte
günstig für Schwarz) ist der Nachziehende zum
indessen die Fortsetzung 30. eds: cds: 31. Sb3 mit
Abwarten verdammt; Weiß kann die Durchfüh­
gleichem Spiel vorgezogen.
rung des Manövers g2-g3, f4xg3, f3-f4 unter
günstigen Umständen vorbereiten. 30 . ... Tes-gs (?)
Nach dem Textzug hat Schwarz keine Schwierig­
keiten. Das gefällt mir von allen plausiblen Möglichkeiten
am allerwenigsten, denn nun kommt Weiß zu g3-
26 . Des -f6 g4. Schwarz hat die angenehme, aber schwierige
27. Sf3-d2 Tf7-e7 Wahl zwischen folgenden Fortsetzungen:
I 30 . . . Tse7 31. gf4: Lf4: 32. eds: c;ds: 33. Sb3 Tes
"Hier wurde die Partie abgebrochen. "95 mit einigem Vorteil für Schwarz.
II 30 . . . Tf8 31. gf4: Df4:, und Schwarz steht etwas
28. h-f3 d6-ds besser.
III 30 . . . fg3: 3r. f4
A) "Es ist das beste für Schwarz, mit 31. . . Te4:
die Qualität zu opfern," meint Lasker.97 Nach
31. . . Te4: 32. Se4: Te4: (32 . . . de4: 33. Td7 ist noch
ungünstiger; 33 . . . Lf4: scheitert an 34. Tf1 g2
35· Tf4:) hat Weiß die Wahl:
Aa) 33. Dc8t Dd8 34· Db7: Lb6 35· h6 Te7 36. Dc6:
g2 mit unklarer Lage.
Ab) 33. The1 Te1: 34· Te1: Ld6 mit guten Rettungs­
aussichten für Schwarz.
B) Stärker als 31 . . . Te4: ist jedoch 31 . . . Tse7 32. es
De6
Ba) 33. De6:t Te6:
Bar) 34· Tdg1 scheitert an 34 . . . Tf8 35. Th4 Lb6, und
Damit hat Schwarz alle Sorgen überwunden. Schwarz gewinnt.

95. W. Steinitz, LCM IV (1906), S.184.


96. Str. 1894, S.w8; LCM IV (1906), S.184.
97. Str. 1894, S.w8.
64 D E R E R S T E W E T T KA M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

Ba2) 34. Thg1 TfS 35. Tdfl Tf5 36. Tg3: Th5: 37. S[J
Te7 mit Vorteil für Schwarz. 61
Bb) 33. Dg3: Df5t 34· KCI Tf7 35· Tdfl Lb6,

60

3 6. ... Tg5 -e5?


und die Stellung des Weißen ist recht unbe­
Es ist begreiflich, daß Schwarz diesem Turm wie­
quem.
der Auslauf verschaffen möchte; aber er findet
Der Textzug führt zu einer ausgeglichenen Stel­ nicht die nahrhaftesten Weidegründe. Es gibt meh­
lung. rere stärkere Fortsetzungen:
I 36 . . . g6, und nun:
Df6-f7
A) 37- hg6:t Kg6: 3S. SCI (3S. Sd4 ist nicht besser;
L. Hoffer schlägt die Fortsetzung 31. . . Te7 32. DcSt Schwarz antwortet 3S . . . h5) 3S . . . Lc5 (Dies dient
Kf7 33· g4 Lb6 vor, aber das kann natürlich kei­ zur Überdeckung des Feldes b4) 39. Sd3 Ld6
ne Verbesserung gegenüber der Partiefortsetzung nebst h7-h5 mit gleichem Spiel.
darstellen. B) 37· h6 Tge5 38. SCI g5 39· Sd3 Te6, und Schwarz
hat keine Schwierigkeiten.
3 2. Dd7Xf7t Kg8xf7 II Nur im "Deutschen Wochenschach" wird der
3 3 · g3-g4 Lq-b6 Partiezug kommentiert. Es heißt dort: "Nur der
sofortige Rückzug des Turmes von e3 nach eS ist
"Schwächer als 33 . . . Tge5," meint Steinitz; aber es im Stande, Bauernverlust zu verhüten." Dies ist
gibt kaum einen Unterschied zwischen den beiden nicht richtig, wie gezeigt wurde; aber 36 . . . TeS
Zügen. ist wesentlich stärker als 36 . . . Tge5 und genügt
zur Rettung der Partie.
c6xd5
3 7 · Sb3 -C1
Dies ist sicherer als 34 . . . Td5: 35. Se4 TedS 36. Td5:
Jetzt kann Schwarz Bauernverlust nicht vermei­
Td5: 37· Ke2, und die Stellung des Schwarzen ist
den.
unbequem.
3 7· ... Lb6-q
3 5· Sd2-b3 Te8-e3
Auf 37 . . . Te7 oder 37 . . . Te6 spielt Weiß nicht
In vielen Quellen (auch in CG) wird hier der Zug 3S. Td5:, sondern 3S. Sd3. Ich hätte mich jedoch be­
35 . . . Te6 als gespielt verzeichnet. Er ist nicht nur müht, unter Aufgabe des Schwächlings auf f4 den
völlig unverständlich; auch die Antwort 36. Thfl d-Bauern aufzulösen und Raum für den Läufer zu
würde man danach nicht erwarten. Die wichtig­ schaffen: 37 . . . d4 38. Sd3 Te7 39· Sf4; dc3: 40. Sd5
ste Quelle (LCM) hat denn auch die Fortsetzung Te2 41. Sc3: Th2, mit einigen Remisaussichten.
35 . . . 1e3.
38. SC1-d3 Te5-g5
39· Sd3 -b4 Te3 -e 5
1. PA RTIE: LASK ER - STEJNITZ

Die Fortsetzung 39 . . . Ke6 40. Se2 Tees 41. Td4 ist da seine Bauern am Königsflügel schwach sind,
nicht günstiger für Schwarz; 41. . . Te2 wird mit muß er die Lage sofort zur Entscheidung bringen."
42. Tb4 widerlegt (42 . . . Lb6 43· Tb6:t).98 So läßt sich Lasker vernehmen. 99
Weiß ist bemüht, den Turm a4 wieder ins Spiel zu
40. Td1 -d4 Lc7-b6
bringen; es gibt keine bessere Fortsetzung. Meines
4 1 . Td4xf4t Kf7-g8
Erachtens steht er auf Gewinn.
42. Sb4-d3
46.
"Viel schwächer als 42. Sc2, was leicht gewinnt."
47· C3-C4
(W. Steinitz). Dies ist nicht richtig; die beiden Zü­
ge sind gleichwertig. Weiß will den Turm auf gs nicht aus seinem Ge­
42. Tes -e2 fängnis lassen. Die Fortsetzung 47. cd4: ist nicht
43· Tfl -d1 Lb6-e3 genauer:
I 47 . . . Ld4: 48. Sf4 Tb2t 49· KCI Lf6 (Auf 49 . . . Lc3
folgt so. bas: mit leichtem Gewinn) so. Sds Tf2
51. bas: bas: 52. Tas: T6: 53. Sf6:t gf6: 54· Tgs:t
(Nach 54· Ta7 Tc3t 55. Kb2 Tc8 ist nicht deutlich,
ob der Vorteil des Weißen zum Sieg genügt)
54 . . . fgs: ss. Td4. Weiß steht auf Gewinn.
II 47 . . . Tbs ist stärker als 47 . . . Ld4: und wird
schon von Lasker angegeben. 100 Nach 48. SCI
Tf2 49· Sb3 (49. ds wird mit 49 . . . Td2 beantwor­
tet) 49 · · .Tb4: so. Tb4: ab4: 51. ds Tf3: 52. d6 Tfs
ist die Gewinnführung für Weiß nicht deutlich.

47· ...

Einfacher ist 44· Ta4; Schwarz hat keine Verteidi­


gung gegen die Drohung 45· Sb4. Jetzt wird der
Turm des Weißen das Schicksal seines Kollegen
auf gs teilen.

44·
45· Tb4-a4
46. b2-b4

Dieser Zug hat von den beiden Meistern, welche


die Partie durchführten, eine verschiedene Beur­
teilung erfahren.
"Dies gibt dem Schwarzen die Möglichkeit zu ei­ Zäher ist 4 7 . . . ab4: 48. Tb4: Tas. Nach 49. Tb6:
nem Gegenangriff, der meiner Meinung nach das Tea2: (49 . . . Taa2: wird mit so. Ses TaB 51. Tb2 beant­
Spiel mindestens ausgeglichen haben sollte," ur­ wortet; Weiß erzwingt Turmtausch) so. Tb2 T2a3
teilt Steinitz. muß Weiß noch tüchtig schwitzen, um den Sieg
,,Weiß darf nicht mit Langsamkeit verfahren, denn zu erzielen.

98. Siehe LCM IV (19o6), S.183.


99. Str. 1894, S.109.
100. In einem der Zeitungsartikel, die zur Zeit des Wettkampfes in den eingangs erwähnten Tageszeitungen erschienen;
im folgenden kurz "Zeitungsspalte" genannt.
66 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER STEINITZ

Schwarz verliert einen wichtigen Bauern und


kann wohl nicht überleben.
Den Gewinn sichert die Fortsetzung 48. es bcs:
Db) 51. . . Lc3 52. b7 Te8 53· Ses: Kf7 54. TC4 (54. Sd7
49· bcs: Lc3 50. Tc4, zum Beispiel:
Tg2 55· bSD TbB:t 56. Sb8: Tb2t 57. Kc1 TbB: ist
I so . . . Tds 51. Sf4 Tb2t 52. Kn, und der Turm
wohl nicht gewinnverheißend für Weiß)
d5 muß nach g5 zurückkehren, denn 52 . . . Td8
Db1) 54 . . . Tb8 55· Tc3: dc3: 56. Td7t Kg8 (56 . . . Kf6
scheitert an 53. Tc3: und 52 . . . Tes an 53· Sd3.
wird mit 57· Tq widerlegt) 57. Sa6, und Weiß
II 50 . . . Kf7 51. a4, und die Drohung 52. c6 hat ent­
gewinnt.
scheidende Kraft.
Db2) 54· . . Tg2 55· Sb3 Tb8 56. Tqt Kf6 57. Ses
III 50 . . . Te3 51. c6 Tbst 52. Kn Tb8 53. f4 Te2 54· q
Tb2t 58. Kn Kf5 59. Tg1 mit entscheidendem
Tc8 55· Ses, und Weiß gewinnt, zum Beispiel
Angriff.
55 . . . Ta2: 56. Tc3: Tait 57. Ke2 Td1: 58. Tb3.
Db3) 54· . . Tf4: 55· Sa4 Tb8 56. Tqt nebst 57. Ses
Nun jedoch erhält Schwarz Remisaussichten.
führt ebenfalls zum Gewinn für Weiß.
48 . ... Ld2-C3? II 48 . . . g6 49· h6 bewirkt keine Verbesserung für
Schwarz:
Danach geht der auf g5 eingesperrte Turm verlo­
A) 49· . . Kf8 50. f4, und Weiß gewinnt wie unter I
ren; Schwarz erhält kein genügendes Gegenspiel
D.
für den Materialverlust
B) 49 . . . Th2 so. es bcs: (so . . . Tds 51. TC4 kommt auf
Im Augenblick gibt es aber für Weiß keine Mög­
dasselbe hinaus) 51. Tc4 Tds 52. Tcs: Tcs: 53. Ses:
lichkeit, seine Stellung wirksam zu verbessern. Wie
Lc3 54· Sa4, und Weiß gewinnt.
kann Schwarz die Zeit zur Verbesserung seiner
III 48 . . . h6 zur Vorbereitung von 49 . . . g6 ist die
Stellung nutzen?
angewiesene Fortsetzung; zum Beispiel 49. a3
I 48 . . . Kf8 ist ein Versuch, den König wirksam
(Weiß bereitet 50. es vor; nach 49· es bcs:
einzusetzen; wenn Weiß die richtige Fortset­
50. TC4 Lb4 ist die Lage unklar) 49 . . . g6 50. hg6:
zung findet, ist er jedoch hier Angriffen allzu
Lc3 51. es bcs: 52. TC4 hs
sehr bloßgestellt:
A) 49· Sn Ln: 50. Kn: Te3 ist natürlich ein ganz
untauglicher Versuch; der Turm auf a4 bleibt
außer Spiel.
B) 49· Tg1 wird mit 49 . . . Le3 pariert.
C) 49· es ist zu früh: 49 . . . bcs: 50. TC4 (so. b6 wird
mit 50 . . . C4 beantwortet) 50 . . . Lb4 51. f4 Tds mit
unklarer Stellung.
D) 49· f4 ist richtig; dem Turm bleibt das Feld d5
unzugänglich. Nach der Folge 49· . . Tg4: 50. es
bcs: 51. b6 steht Weiß auf Gewinn:

53· ghs: Ths: (53 . . . Tgg2 ist nicht ausreichend;


Weiß gewinnt mit 54· Tn und rechtzeitigem
Einschlag auf c3) 54· Tcs: (Auf 54· b6 folgt
54 . . . Te6, und nach 54· a4 geschieht 54 . . . Thh2
mit der Drohung 55 . . . Ta2 und Gegenangriff)
54 . . . Tcs: (54 . . . Thh2 55· TeSt Kg7 56. Tqt Kg8
57· Th7 ist weniger genau) 55. Ses: Tb2t 56. Kn
Tbs: mit vorzüglichen Remisaussichten für
Schwarz: 57· Se6 Tb6 58. Sd4: Lb2t 59· Ke2 La3:
usw.

Da) 51 . . . Lf4: 52. Tfi Te6 53. Sf4: Tb6:t 54· Kn. 49· Td 1-g1 Te2-d2
1. PART I E : LASKER - STEINITZ

"Schlecht geurteilt. 49 . . . Kf7 scheint stärker zu sein, 53· Tq Tdit 54· Kc2 Td2t 55. Ke1 (ss. Kb3 Tb2t
wonach folgende Fortsetzung wahrscheinlich ist: 56. Ka3 Tbs: oder 56. Ka4 Ta2:t führt zum Re­
so. f4 Tcs 51. Ses: bcs:, mit besseren Remisaussich­ mis) ss . . . Ta2: 56. Tc5 Ta3 mit der Drohung
ten," meint Steinitz. 1 0 1 57 . . . d3; Schwarz leistet noch Widerstand.
Nach 52. Ta3 Tb2t 53· Ke1 Tf2 54· Tc3: dc3: 55· Te1 li 53· Tgs ist stärker als 53. Tq, dem König des
erweist sich der b- Bauer des Weißen jedoch als Weißen bleibt das Feld C4 offen. Nach 53 . . . Lb4
zu stark: auf 55 . . . Tf4: folgt 56. Kc2, und 55 . . . Ta2: 54· b6 ist der b-Bauer nicht mehr aufzuhalten,
56. Tes ist ebenfalls hoffnungslos für Schwarz. und nach 53 . . . Tf3 54· Tcs: Tf4: 55. b6 gewinnt
Weiß ohne sonderliche Mühe.
Tg5xg4
5 3 · Ta4-C4
Mit so . . . Td3: gewinnt Schwarz auf Kosten eines
Nach 53. cb6: d3 54. Tg1 Te2 55. b7 Tb2t 56. Ke1 Tbs:
Bauern ein Tempo gegenüber der Partiefortset­
(56 . . . Te2t 57. Kd1 Td2t ss. Ke1 ist schwächer; Weiß
zung, aber dies reicht nicht zur Rettung der Partie;
gewinnt sofort) 57. Tq Lb2t 58. Kd2 Tb?: 59. Kd3:
Weiß gewinnt auf ähnliche Weise wie in dem Ab­
Lf6 hat Weiß noch erkleckliche Arbeit zu verrich­
spiel, das in der vorigen Anmerkung angegeben
ten.
wurde: 51. fgs: Td2 52. Ta3 Tb2t 53· Kc1 Tf2 54· Tc3:
dc3: 55· Td1 Ta2: 56. Tdst Kf7 57. Td7t, und falls der 53· ...
König auf die achte Reihe zurückgeht, folgt sS. es Mit der Fortsetzung 53 . . . Te1t 54. Kc2 Te2t 55. Kb3
mit Turmgewinn, falls aber 57 . . . Ke6, so 58. Tg7: Tb2t 56. Ka3 Tb4 (Nach 56 . . . Tbs: 57. c6 Lb4t
mit leichtem Sieg. ss. Ka4 Tds 59. Kb3 bs 6o. Tb4: ab4: 61. Kb4: ge­
5 1 . Tg1 xg4 winnt Weiß durch die Kraft seines c-Bauern)
57· Tb4: Lb4:t 58. Kb3 Lcs: kann Schwarz die Par­
Abgabezug. 102 tie etwas länger hinschleppen, doch ist seine La­
51. ... ge nach 59· Kq mit der Drohung 6o. Tgs nebst
5 2· q-cs 61. Tcs: hoffnungslos.
54· Tg4-g1
Dieser lang erwartete Durchbruch entscheidet.
5 5 · Tgt-dt
5 2. ... 56. b5-b6
57· b6-b7 Te3-e8
58. Kb1 -c2 Te8-b8
66
59· Tdt-bt Kg8-f7
6o. Tq-a4
Schwarz gibt auf.
Diesem hartnäckigen Kampf hat man bisher in
der Schachliteratur erstaunlich wenig Aufmerk­
samkeit geschenkt. Wie öfter nutzt Lasker einen
Eröffnungsvorteil nicht mit größter Genauigkeit.
In einem unscheinbaren, ausgeglichenen Mittel­
spiel zeigen beide Spieler erstaunliche Kampfwil­
ligkeit; Laskers nicht nachlassende Aufmerksam­
keit ertappt den Gegner schließlich bei einem Feh­
Die Fortsetzung 52 . . . Td1t 53. Kc2 Td2t 54. Kb3 bcs: ler. Steinitz wehrt sich mit großer Findigkeit und
55. Kq ist natürlich hoffnungslos für Schwarz. Li­ Zähigkeit, aber auch Lasker spannt sich aufs äu­
stiger ist jedoch sofortiges 52.. bcs: ßerste ein und erringt schließlich den Sieg.

1 0 1 . Zeitungsspalte.
1 02. "The Sun" (New York) vom 17. März 1894.
68 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

2. Partie
W. S T E I N I T Z - E M . L A S K E R
New York, 19.3.1894
Spanisch (C6s)

Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.119-121;
DSZ 1894, S.110-111;
CM XV (Mai 1894), S.275-276;
BCM 1894, S.166-167 (Anmerkungen von J. Ma­
son);
Str. 1894, S.110-112;
LCM IV (1906), S.184-185;
C. Devide, William Steinitz - Selected Games, New
York 1974 (Erstveröffentlichung 1901), S.8s-86; "Verfrüht," meint Lasker, 103 und er hat recht. Weiß
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter kann nicht wirksam am Königsflügel angreifen,
Band (Ansbach 1921), S.8-9; und Schwarz gewinnt Zeit, um selbst im Zentrum
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ Raumvorteil zu erzielen.
hagen), Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
108 (Anmerkungen von L. Rellstab); 11. Dd8-q
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ 1 2. Sf3-g5 d6-d5
hagen), Lieferung 7 ( Hamburg 1968), Beiheft Nr. 1 3 . h-f3
339 (Anmerkungen von D. Hooper); Diese Art, das Zentrum zu stützen, mutet etwas
]. I. Nejstadt, pervyj cempion mira (Moskau 1971), gekünstelt an. Nach 13. ed5: cds: 14. hs h6 15. Sf3 g5
S.210-215. 16. o-o ist die Stellung in etwa ausgeglichen; der
1. e2-e4 e7-e5 Figurendruck gegen das Zentrum des Schwarzen
2. Sg1 - f3 Sb8-c6 gibt dem Weißen genügendes GegenspieL
3· Lfl -b5 Sg8-f6 Ta8-d8
4· d2-d3 d7-d6
5· C2-CJ Lc8-d7
6. Lb5-a4 g7-g6
7· Sb1 -d2 Lf8-g7 68
8. Sd2-q 0-0
9· Sq-e3 Sc6-e7
1 0. La4-b3 q-c6

(siehe Diagramm 67)

Beide Seiten haben sich zurückhaltend aufgebaut;


im Bauerngerüst ist noch keine Spannung angelegt
worden. Hier scheint es mir geraten, mit 11. De2
den Vorstoß d3-d4 vorzubereiten. Weiß hat einen
geringfügigen Vorteil, denn der Damenspringer
des Schwarzen steht auf e7 einigermaßen unge­
schickt. 14 . .. .

103. Str. 1894, S.uo.


2. PART I E : STEINITZ - LASKER

"Sofort 14 . . . h6 war vorzuziehen, da Weiß dann vollendet hat. Die Stellung ähnelt der, die in der
nicht die Gelegenheit gehabt hätte, seine Dame Anmerkung zum 14. Zuge von Schwarz erreicht
auf f3 aufzustellen, wie tatsächlich im 16. Zuge wurde.
geschah," sagt Lasker in seinen ersten Kommen­ B) 17. De2
taren, 104 während er später den Vormarsch der Ba) 17 . . . hgs: 18. h6 Lh6: (Nach 18 . . . Lh8 19. h7t
Damenflügelbauern empfiehlt.105 nebst 20. Dh2 wird Schwarz mattgesetzt)
Der gespielte Zug ist in der Tat nicht der beste: 19. Th6: Kg7 20. Dh2 Td3: (Auf 20 . . . Ld7 folgt
dem Königsläufer des Weißen wird Aussicht auf 21. Sfst mit entscheidendem Angriff) 21. SC4,
den König des Gegners gewährt, und die Figuren und Schwarz wird nicht überleben können.
des Weißen gewinnen das Feld f3. Bb) 17 . . . ghs: 18. ghs: Sd7 nebst Sd7-cs mit unkla­
Eine plausible Fortsetzung scheint mir 14 . . . Lc8 zu rer Lage.
sein: Schwarz wendet seine Aufmerksamkeit dem
1 6. Dd1 -f3
Punkt d3 zu. Der Vorstoß 15. hs wird mit 1S . . . h6
16. Sh3 de4: 17. fe4: Se4: 18. hg6: Sg6: 19. Sfs Ses wi­ Die Fortsetzung 16. Sf7: ist nicht besser, wenn­
derlegt. Auf is. De2 spielt Schwarz nicht 15 . . . b6, gleich sich Schwarz nach 16 . . . Tf7: 17. gs sorgfältig
denn dann ist die Fortsetzung 16. hs h6 17. Sh3 gs verteidigen muß:
18. Sgs: hgs: 19. h6 tatsächlich unangenehm für ihn, I 17 . . . hgs: ist verfehlt; es folgt 18. hgs: Sh5 19. Ths:
sondern 1s . . . Sd7, und auf i6. eds: folgt 16 . . . Ses mit ghs: 20. Dhs: Le8 21. g6 Sg6: 22. Dg6:, und die
Vorteil für Schwarz. Drohung 23. Sfs hat entscheidende Kraft.
Indessen steht Schwarz auch nach dem Textzug II Deshalb ist sofortiges 17 . . . Shs nötig. Nach
noch nicht auf Verlust. 18. Tfi muß Schwarz angemessen reagieren:
h7-h6 A) 18 . . . Sf4 ist nicht gut: 19. Lf7:t Kf7: 20. Sg2 hgs:
21. hgs: Ke8 (21. . . Lh3: 22. Sf4: Lf1: scheitert an
Nicht besser ist sofortiges 15 . . . Le8. Damit verhin­ 23. Db3t) 22. Sf4: ef4: 23. Lf4:. Die Lage des
dert Schwarz zwar die Züge 16. Df3 und 16. Sf7:, Schwarzen ist höchst unbequem.
doch erhält Weiß folgende Möglichkeiten: B) 18 . . . Le8 gewährt dem Schwarzen ausreichende
I 16. De2 Dd7 17. Lc2 h6 18. Sh3 Sh7 gefolgt von Verteidigungsmöglichkeiten.
f7-f6 und Le8-f7 mit etwa gleichem Spiel. Mit dem Textzug zwingt Weiß den Gegner, eine
!I 16. hs ist hier gefährlich für Schwarz: 16 . . . h6:--­ häßlich anmutende Verteidigungsstellung einzu­
und nun: nehmen; sie ist aber fest genug.

1 6. ...

Dies ist die einzige Verteidigung gegen die Dro­


hung 17· Sf7:. Nach 16 . . . hgs: 17· hgs: Sh7 18. Sfs gfs:
19. Dh3 Tfe8 20. Dh7:t Kf8106 gewinnt Weiß am
schnellsten mit 21. g6 Sg6: 22. Lh6.

17. Lb3-C2

Es ist schade, den Läufer von der schönen Dia­


gonale wegzuziehen, aber Schwarz beabsichtigt
ohnehin Sf6-d7-cs.
A) 17. Sh3 Se4: 18. hg6: Ses, und nach der Öffnung
der Stellung macht sich für Weiß unliebsam be­ 1 7. Sf6-d7
merkbar, daß er seine Entwicklung noch nicht 18. Sgs-h3

1 04. Zeitungsspalte, vgl. Str. 1894, S.m.


1 0 5 . LCM IV (1906), S.184.
1 o6. Soweit L. Rellstab, WdS Lieferung 11, Beiheft, Partie Nr.108.
70 D E R E R S T E W E T T KA M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

Auch wenn Schwarz den Springer nicht unmit-


telbar zu schlagen droht, hat er doch auf gs kei- 71
ne Funktion mehr; er wird zur Verteidigung des
Punktes d3 hinzugezogen.

70

Da ist sie!

21. g6xfs

Dieser Zug ist von vielen Kommentatoren ver­


dammt worden, auch von Lasker, 109 aber er ist
der beste. Nach 21. . . Se6 22. Sp: Sg7: 23. Le3 oder
22 . . . Kg7: 23. Lb3 hat Weiß großen, wahrschein­
19.
lich entsffieidenden positioneilen Vorteil. 1 10 Nach
. . .

"Verfrüht. Zunächst 19 . . . f6 hätte schließlich zu ei­ dem Textzug bleibt die Stellung im Gleichgewicht.
ner Blockade am Königsflügel geführt, und Weiß
hätte dann kaum irgendwelche Angriffsaussich­ 22. e4xfs f7-f6
ten behalten," gibt Ern. Lasker zunächst an, 1 07 Dies ist wiederum das beste. Die Folge 22 . . .
und später sagt er: " Hätte ich irgendwelche Ge­ e4 23. de4: Les 24. Dhs: ist unbefriedigend für
fahr bemerkt, hätte ich meine Stellung mit dem Schwarz.
Zug 19 . . . Se6 an Stelle von 19 . . . bs zusammenhalten
können."108 23. gs -g6
Die beiden von Lasker angegebenen Züge sind
"Wie Lasker bemerkt, konnte er sich nicht mit
spielbar; auch andere Fortsetzungen kommen in
23 . . . Ld7 24. Dhs: Tfe8 retten, denn Weiß gibt ein
Betracht, zum Beispiel 19 . . . Ld7. Der Textzug ver­
Schach aufh7, und der h-Bauer marschiert vor." 1 1 1
dirbt indessen nichts.
Dies ist nicht ganz richtig. Nach 23 . . . Ld7 24. Dhs:
20. g4-g5 Tfes 25. Dh7t Kfs 26. hs kann Schwarz mit 26 . . . Sfs:
Natürlich gibt es eine große Menge anderer plau­ 27. h6 Ke7 28. hgT Tg8 Widerstand leisten. Weiß
sibler Fortsetzungen, zum Beispiel 20. Ld2 nebst spielt besser 26. Lh6 an Stelle von 26. hs; nach
21. o-o-o. Weiß verfolgt aber eine ganz bestimmte, 26 . . . Sfs : 27. Lg7:t Sg7: 28. Dhst Ke7 29. Dg7:t
originelle Idee. nebst 30. b4 ist alles vorbei.

h6-hs 24. fs x g6 Le8xg6


2 5 . 1l u -g1

107. Zeitungsspalte. "19 . . . f6 zur Erreichung einer blockierten Bauernstellung hätte den unentschiedenen Ausgang der
Partie wahrscheinlich gemacht" lautet der Text in Str. 1894, S.m.
108. LCM IV (1906), S.184.
109. LCM IV (1906), S.185.
1 10. So urteilt auch Lasker in seinen ursprünglichen Kommentaren.
1 1 1 . Str. 1894, S.m-112, vgl. LCM IV (1906), $.185.
2. PART I E : STEIN ITZ - LASKER 71

mit entscheidendem Angriff; es folgt Sf2-g4.


72 Bb) 26 . . . De7 27- Dfs Dd7 28. Dd7: Sd7: 29. Lh6 Tf7
30. Lb3 KfB 31. Lf7: Lh6: 32. LeB:, und Weiß soll­
te gewinnen.
III 25 . . . Lh7 verspricht Widerstand:
A) 26. Lh6 Se6 27- Dhs: (27. Lb3 wird mit 27 . . . Kh8
pariert) 27 . . . Khs 28. Le3 fs. Weiß steht sicher
besser, aber der Kampf geht weiter.
B) B) 26. b4 Sa4 27. Lh6 Td7 28. La4: ba4: 29. Dhs:
es mit unklarer Stellung.
IV 25 . . . Ld3:

73
2S . ...

Der Abgabezug.1 1 2 Schwarz will auf diese Weise


offenbar das Abspiel 2s . . . Kh7 26. Tg6: Kg6: 27. d4t
ausschalten, übersieht jedoch eine elementare Wi­
derlegung.
Schwarz hat eine Vielzahl besserer Verteidigungs­
möglichkeiten; einige davon sollen näher betrach­
tet werden.
2s . . . Kh7 26. Tg6: Kg6: 27. d4t fs 28. des: e4 ist die stärkste Fortsetzung; sie wurde schon
29. Dg2t (29. Se4: Dh2 30. Dg3t Dg3: 31. Sg3: b4 in alten Zeiten entdeckt, 1 13 aber nicht richtig
ist weniger klar) 29 . . . Kh7 30. Dgs Df7 31. Ld1, beurteilt, und sie geriet in Vergessenheit.
und Weiß hat entscheidenden Vorteil. A) 26. Lh6
II 25 . . . Le8 Aa) "26 . . . Tf7 (wohl das beste) 27. o-o-o Lc2:
A) 26. Lh6 28. TdB:t DdB: 29. Kc2: Se6 30. Dhs: gefolgt von
Aa) "26 . . . Td7 27. d4 gefolgt von Df3-f5, und Weiß Sf2-e4 mit unwiderstehlichem Angriff," meint
gewinnt." (DWS) Ganz so einfach ist die Sa­ ].-D. Seguin.1 1 4 Nach 30 . . . f5 kann der Springer
che zwar nicht, denn Schwarz kann nach 27. d4 indessen nicht an dem Angriff teilnehmen, und
noch 27 . . . Kh8 oder 27 . . . ed4: 28. cd4: Kh8 ver­ Schwarz steht eher besser.
suchen, aber dann gewinnt Weiß mit 28. De3 Ab) 26 . . . e4 27. Dhs: Tds 28. Dg4 Tf7. Schwarz hat
oder 29. De3. nichts zu befürchten.
Ab) 26 . . . Se6 ist stärker als 26 . . . Td7. Nach 27. Dfs B) 26. Ld3: Td3: 27. Sd3: e4 28. Dhs: Sd3:t 29. Kfl
(27. Lb3 ist nicht besser; Schwarz erwidert Df7 mit etwa ausgeglichener Stellung.
27 . . . Kh7) 27 . . . Kh8 28. Le3 Sf4 29. Lf4: ef4: Nach dem Partiezug ist Schwarz verloren.
30. d4 Lh6 31. o-o-o Dd7 hält Schwarz stand.
Kg8-h7
B) 26. Le3 ist wirksamer als 26. Lh6.
Ba) 26 . . . Se6 27. Dfs Läuferzüge sind nun auch völlig hoffnungslos. Stei­
Ba1) 27 . . . De7 28. d4 Tf7 29. Dh7t KfB 30. Lh6, und nitz empfiehlt 26 . . . Df7, 1 1 5 aber nach 27. Le3 Se6
Weiß gewinnt. 28. Lb3 wird die Stellung des Schwarzen bald zu­
Ba2) 27 . . . Dd7 28. d4 Tf7 29. o-o-o SfB 30. Dhs: sammenstürzen.

1 1 2. DWS 1894, S.120.


1 1 3. W. Steinitz in einer der angegebenen Zeitungsquellen.
1 1 4. Str. 1894, S.n2.
1 15. Zeitungsspalte.
72 D E R E R S T E W E T T KA M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

3 · Partie
74 E M . L A S K E R - W. S T E I N I T Z
New York, 21. u n d 22.3.1894
Spanisch (C62)

Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.121-122;
DSZ 1894, S.112-113;
CM XV (Mai 1894), S.276-278 (Anmerkungen von
L. Hoffer);
BCM 1894, S.219-220;
Str. 1894, S.140-143;
Ern. Lasker, Common Sense in Chess (London
27. Tg1 xg6 Kh7xg6 1896), S.99-101 (zu den Zügen 27-41);
28. Df3-fs t Kg6-f7 LCM IV (1906), S.185-186;
29. Df sxhst Kf7-g8 L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
30. Dh s xcs Dq-es Band (Ansbach 1921), S.9-11;
31. Lc1 -e3 a7-a6 E. Lasker, Gesunder Menschenverstand im Schach
32· a2-a4 Tf8-e8 (Berlin 1924), S.m-114 (zu den Zügen 27-41; es ist
33· a4xbs a6xbs keine genaue Übersetzung aus "Common Sense in
3 4· Dcs xes Te8xes <:;!:ess";
35· Tu -a6 Td8-c8 Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
36. Sf2-g4 Tes -e7 hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), B eiheft Nr.
37· Le3-c5 Te7-e8 340 (Anmerkungen von D. Hooper).
38. Sg4-e3 Lg7-f8
1. e2-e4 e7-e5
39· Lcs-d4 Kg8-f7
2. Sg1 -f3 Sb8-c6
40. h4-hs Lf8-e7
3· Lfl-bs d7-d6
41. Lc2-b3t Kf7-f8
4· d2-d4 Lc8-d7
42. Se3-fs
5· Sbl-CJ Sg8-e7
Schwarz gibt auf. 6. Lbs-'4 es xd4
7· Sf3 xd4 Sc6xd4
In dieser Partie kommt wieder einmal Laskers Lasker gibt folgendes Abspiel an: 7 . . . g6 8. Lgs
allergrößte Schwäche im Bereich des Schachspie­ Lg7 9· Sds Ld4: 10. Dd4: Sd4: n . Sf6t KfS 12. Lh6
lens zum Vorschein: bei der Verteidigung gegen matt. t••
einen direkten Königsangriff zeigt er oft erstaunli­
che Unsicherheit. 8. Dd1 Xd4 Se7-c6
9· Dd4-e3 Sc6-es

In gewohnter Hartnäckigkeit wiederholt Steinitz


seine zweifelhafte Spielweise aus der ersten Partie.

10. LC4-b3

Besser ist 10 . . . Le7; siehe die Anmerkungen zur


ersten Wettkampfpartie.

1 1. f2-f4

1 16. Str. 1894, S.140-141.


3· PART I E : LASKER - STEIN! TZ 73

Der Zug ist nicht schlecht, doch hätte ich 14. o-o
gespielt, da dem Nachziehenden danach keinerlei
vernünftige Fortsetzungen zu Gebote stehen. Jetzt
erhält er immerhin Kontrolle über das Feld es.

Le6xb3
Sb6-d7

1 1. ...

Dies kostet noch mehr Zeit. Auf u . . . Lb3: folgt


12. ab3: Sc6 13. Sds Le7 14. b4 mit Vorteil für Weiß;
11. . . Sc6 12. Sds Le7 dürfte am besten sein.
Sogar Steinitz sieht ein, daß dieses Vorgehen nicht
gut ist. Er schreibt: "Ein trauriger Zeitverlust. Vier
Züge später kehrt der Springer nach d7 zurück,
wohin er sofort gegangen sein sollte." 1 17 16. Le3-f4

Sq-b6 Weiß fährt mit dem direkten Angriff fort. Auch


hier ist der einfache Zug 16. o-o sehr wirksam. Die
Es gibt keine andere wirksame Verteidigung ge­ Not des Schwarzen ist groß, denn 16 . . . Ses 17. La7=
gen die Drohung 13. fs. Die Fortsetzung 12 . . . Le7 b6 18. Ta6 Sd7 19. Tfa1 nebst b3-b4-bs ist hoff-
13. Dg7: Lh4t 14. g3 Lf6 1S. Dh6 Lc3:t 16. bc3: De7 nungslos für den Nachziehenden, und auf 16 . . . Dq
17. fs Lds 18. Kf2 ist unzureichend für Schwarz. folgt 17. b4 nebst 18. bs; die Fortsetzung 16 . . . a6
q-c6 17. Ld4 Dq 18. b4 o-o-o 19. bs ist für Schwarz tod­
bringend.
Die Stellung des Schwarzen ist noch um einiges
16. Dd8-q
schlechter als in der ersten Partie.
Auf 16 . . . Sf6 antwortet Weiß 17. Le3 Le7 18. o-o o-o
19. Tad1 mit großem Vorteil.
Wie üblich geht Lasker mit äußerster Schärfe vor, Eine der berichtenden Zeitungen hat eine inter­
nachdem er Eröffnungsvorteil erzielt zu haben essante Anmerkung von Steinitz aufbewahrt. Er
glaubt. äußert sich so: "Falls 16 . . . Sf6, so 17- es Shs 18. De3
"Die Schwäche des Königsbauern wird weitgehend Sf4: 19. ed6:t Le7 (oder 19 . . . Kd7 20. Df4: Ld6:
durch die Öffnung der a-Linie und die schlechte 21. o-o-o Kq 22. Dq mit den Drohungen 23. Sbst
Entwicklung der Figuren des Schwarzen kompen­ und 23. Df7:t) 20. de7: De7= 21. De7=t Ke7 22. o-o
siert. - Der Textzug läßt [dem Schwarzen] keine mit überlegener Stellung."
andere Alternative als den Abtausch des Läufers Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie gründlich Stei­
wegen der starken Stellung des weißen Königsläu­ nitz sich während der Partie in die Probleme der
fers." So äußert sich Lasker in seinen ersten Korn­ Stellungen zu vertiefen pflegte. Es ist nicht erstaun­
mentaren. 1 18 lich, daß ihm dennoch einige verborgene taktische

1 1 7. Zeitungsspalte.
1 1 8. Str. 1894, S.141.
74 D E R E R S T E W E T T K A M P F L A S K E R - S T E I N I TZ

Motive entgingen. Nach 16 . . . Sf6 17. es Shs 18. De3 Nach 17 . . . Ses bedarf dieser Springer jedoch stets
verfügt Schwarz über die erstaunliche Wendung der Deckung; mit 18. o-o nebst 19. bs erzielt Weiß
18 . . . Dh4t 19. g3 Sf4:. großen Vorteil. Am besten ist 17 . . . a6.

77

Weiß setzt nun am besten mit 20. Ta7: Sg2t 21. Kf2 Schwarz droht nun, mit 18 . . . Td8 eine feste Ver­
Se3: 22. Ta8:t Dd8 23. Td8:t Kd8: 24. Ke3: des: fort; teidigungsstellung aufzubauen, so daß Weiß zu
die Stellung ist in etwa ausgeglichen. sofortigem 18. bs genötigt ist. Schwarz antwortet
Nach 16 . . . Sf6 17- es Shs 18. De3 Sf4: 19. ed6:t Le7 18 . . . cbs:, und Weiß hat folgende Möglichkeiten:
kann Weiß mit 20. o-o-o eine Gewinnstellung er­ I -19. Sbs: Dc2:. Jetzt hängt der Bauer auf e4 mit
reichen. Schach, und 20. o-o scheitert an 2o . . . Dcst; auf
20. Sc3 folgt 20 . . . Tc8 mit unklarer Lage.
II 19. Sds Dq. Jetzt kann Weiß nicht kurz rochie­
"Der Vorstoß dieses Bauern deckt die Schwächen ren, und e4 hängt mit Schach; nach 20. o-o-o
der Stellung des Schwarzen auf und droht, das Spiel Tc8 bekommt Schwarz GegenspieL
des Gegners mit b4-bs und o-o vollständig einzu­ III 19. o-o Sf6 20. Kh1 Des mit der Absicht bs-b4.
engen," sagt Lasker. 1 1 9 Weiß behält Vorteil, aber ich sehe keine Mög­
I n Wirklichkeit erhält Schwarz eine Marke zum lichkeit, die Stellung des Schwarzen im Sturm
GegenspieL Nach J7. o-o Ses 18. Kh1 hat Schwarz zu nehmen.
noch stets die größten Mühen, seine Entwicklung
18. Sc3-e2?
zu vollenden.
Weiß hat es eilig, mit dem Springer das schöne Feld
1 7. ...
e6 zu besetzen; aber Schwarz kann dies verhindern.
"Sehr riskant wegen des Lochs, das dadurch auf Mit 18. bs kann Weiß entscheidenden Vorteil er­
e6 geschaffen wird und welches der Springer des zielen.
Weißen sofort zu besetzen versucht. Andrerseits
1 8.
ist es notwendig, um die Dame zu entlasten," ist
Laskers Kommentar. 1 20 Jetzt gelangt der Springer des Weißen tatsächlich
Steinitz äußert sich nach der Partie so: " Früher nach e6, und die Stellung des Schwarzen wird hoff­
oder später mußte dieser Zug geschehen, aber jetzt nungslos.
kam er zur Unzeit, so daß er das Spiel in schwerste Richtig ist 18 . . . Db6,
Gefahr stürzt. J7 . . . Ses war zweifellos besser."
(siehe Diagramm 79)
Der Zug bewirkt in der Tat nichts anderes, als daß
der Punkt e6 aufs gräßlichste geschwächt wird. und nun:

1 1 9. Str. 1894, S.141.


1 20. In einer der Zeitungen. "Eine unangenehme Notwendigkeit, aber der Dame des Schwarzen mußte Unterstützung
gewährt werden," heißt es Str. 1894, S.141.
3 · PART I E : LASKER STEINITZ 7S

79
So

I 19. Ld6: Ld6: 20. Dd6: o-o-o 21. Dd4


A) 21 . . . es wird in der "Deutschen Schachzeitung"
empfohlen.121 Schwarz hat in der Tat einige
Hier ist 21 . . . TeS offensichtlich viel besser. Nach
Kompensation für den geopferten Bauern.
22. Le3 Dbs muß Weiß sorgfältig spielen:
B) 21. . . TheS kommt ebenfalls in Betracht; nach
I 23. Ta7: Dd3
22. Db6: Sb6: 23. Sg3 a6 ist der Mehrbauer des
A) 24. Ta1
Weißen wenig wert.
Aa) 24 . . . De4: 2S. o-o. Schwarz kann nicht lange
II 19. Db3 ds 20. eds: Lb4:t 21. c3 Lcs 22. Db6: Lb6:
überleben.
23. dc6: bc6: 24. Sd4 Ld4: 2S. cd4: Sb6 mit Aus­
Ab) 24 . . . Sq gibt dem Schwarzen jedoch vorzügli­
gleich.
che Rettungsaussichten.
III 19. c3 es 20. Le3 Dc6. Sicherlich steht Weiß bes­
B) 24. TaSt Kd7 2S. TaL Jetzt scheitert 2S . . . Sq an
ser, aber Schwarz schnappt nach Atem:
26. Scst des: 27. Td1; Schwarz kann versuchen:
A) 21. Dh4 Ses 22. o-o Le7 23. Dhst Kd7, und es ist
Ba) 27 . . . De4: 28. o-o. Weiß setzt demnächst mit
dem Schwarzen gelungen, seine Entwicklung
Ta1-a7 fort; die Lage des Schwarzen ist auf die
ZU vollenden und eine typische Stellung a la
Dauer hoffnungslos.
Steinitz zu erreichen.
Bb) 27 . . . Ke7 28. Td1 De4: 29. o-o g6 30. Ld4.
B) 21. Sf4
Schwarz wird zugrunde gehen.
Ba) 21. . . De4: 22. Se6 Kf7 23. o-o cb4: 24. Tf4 Des.
II 23. La7: deckt das Feld d3 und führt auch zum
Schwarz leistet Widerstand.
Gewinn:
Bb) 21. . . cb4: 22. Sds bc3: 23. bc3: Dq, und das glei­
A) 23 . . . g6 24. Ld4 Lh6 2s. Les:. Die Lage des
che Urteil wie oben ist gültig.
Schwarzen ist hoffnungslos; auf 2S . . . des: folgt
1 9. Se 2-d4 Dq-b6 26. Dh3.
20. C2-C3 0-0-0 B) 23 . . . b6 24. Kf2 Kb7 (24 . . . Sd3t 2S. Kg1 Kb7
scheitert an 26. SfS:) 2S. Thd1 hs (2s . . . Ta8 wird
Die Fortsetzungen 20 . . . es 21. bcs: Des: 22. o-o Sc6
mit 26. Td6: widerlegt) 26. b3, und Weiß ge­
23. Tfd1 oder 20 . . . Kf7 21. Se6 leisten keinen besse­
winnt.
ren Widerstand.
Nach dem Partiezug ist es viel einfacher für Weiß.
21. Sd4-e6
Db6-bs
(siehe Diagramm So)
"Eine tiefe Kombination. Falls 22 . . . es, so 23. o-o
21. Td8-d7 (?) a6 24. bcs: des: 2S. b4 mit Bauerngewinn bei einer

1 2 1 . Dsz 18 94, S 112 Ich vermute daß viele der feinen Beobachtungen, die sich in den Partiekommentaren des Blattes
0 0 '

in dieser Zeit immer wieder finden, auf C. von Bardeleben zuruckgeh en.
00
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

starken und sicheren Stellung," gibt Lasker an. 122 27. Tht-h?
"Falls 22 . . . c5, so 23. Sf4, bald gefolgt von der Ro­
Zum sofortigen Gewinn führt 27. Sd7: Db1t
chade, mit einem mächtigen Angriff," meint Stei­
28. Kd2 Db2:t 29. Kd1 Db3t 30. Ke2 DC4t (Nach
nitz. 123
30 . . . Dc2t 31. Ld2 De4:t 32. Kd1 Db1t 33· LCI Db3t
Beide haben recht; nach 22 . . . c5 erhält Schwarz
34· Ke1 gehen dem Schwarzen die Schachgebote
eine hoffnungslose Stellung. Der Textzug hilft na­
ebenfalls aus) 31. Ke1 Dc3:t 32. Ld2 Da1t 33. Ke2,
türlich auch nicht.
wie J. Mason herausfand.126
23. Ta1 xa7 Nach dem Textzug erhält Schwarz Rettungsaus­
sichten.
27.
81
28. Le3-d2

23 . ...

"Falls 23 . . . Kb8, wäre die einfachste Folge 24. Ta1,


und falls dann 24 . . . Dd3, gäbe 25. Td1 den Bauern
zurück, um rochieren zu können," schreibt Las­ 28 . ...
ker. t24 "Nach sorgfältiger Analyse meine ich, daß Schwarz
Auf 23 . . . Kb8 gewinnt Weiß am schnellsten und mindestens remis erzielen sollte und viele Gewinn­
elegantesten mit der Folge 24. Kf2 Sd3t 25. Kf3 Se5t aussichten hätte, wenn er 28 . . . SC4 gespielt hätte.
26. De5: nebst 27. Tha1. Nach 23 . . . Kb8 24. Ta1 Dd3 Falls dann 29. Df4, so 29 . . . Td8 30. Se6 Ta8 31. Ke2
ist 25. La7t einfacher als 25. Td1. Ta2 mit einem mächtigen Angriff," gibt Steinitz
an.127 Es ist ein wiederkehrendes Kennzeichen in
24. Ta7-a8t Kc8-b7
den Anmerkungen des Weltmeisters, daß er dazu
25. TaSxfS ThSxfS
neigt, seine Aussichten zu überschätzen; auch hier
26. Se6xf8 Db5-d3
kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß
"Droht ein ewiges Schach, wenn Weiß den Turm er ein wenig übertreibt. Man ist daher natürlich
nimmt," meint Lasker; 125 aber das stimmt nicht. sehr neugierig auf weitere Einzelheiten aus dem
Andere Züge sind jedoch ebenfalls aussichtslos; Analysewerk von Steinitz zu dieser Stellung; aber
nach 26 . . . Te7 sichert Weiß das Feld d3 mit 27. Ld4 er verrät nichts. Man muß wieder einmal selbst
vor dem Einfall der gegnerischen Dame. arbeiten, wenn man ein Urteil formen will.

1 22. Str. 1894, S.142.


1 2 3 . LCM IV (1906), S.185.
1 24. Str. 1894, S.142.
1 2 5. Str. 1894, S.142.
1 26. BCM 1894, S.22o; in dem Buche von Ern. Lasker, Common Sense in Chess (London 1896), S.wo wird die Entdeckung
des Gewinnweges vom Autor M. Ögorin zugeschrieben. Vgl. auch LCM IV (1906), S.185.
1 27. LCM IV (1906), S.186.
3 · PART IE: LASKE R - S T E I N I T Z 77

Nach 2 8 . . . S q hat Weiß natürlich mehrere Vertei­ B) 31. . . fgs: 32. Dgs: Td7- Weiß hat noch stets Mühe,
digungsmöglichkeiten. seinen König einem sicheren Plätzchen zuzu­
I 29. Df4 führen, zum Beispiel:
A) 29 . . . Td8 30. Se6 Ta8 31. Ke2 Ta2. Weiß hat eine Ba) 33· Sd4 Dbrt (33 . . . Db2: 34· Se2 ist schwächer)
große Auswahl an Fortsetzungen; ich untersu­ 34· Kf2 Db2:t 3S· Kgr (Auf 3S· Se2 folgt hier
che beispielhaft die Folge 32. Sg7: Db2: 33· Tdr 3S · . . Sd2) 3S· . . Dc3: 36. Se2 Db4: mit unklarer
Dq: 34· SeS Dd4 (Auf 34 . . . Db4: folgt 3S· es Lage.
Dbs 36. Ker mit Gewinn) 3S· g3 (Nun droht Bb) 33. b3
wieder 36. es) 3s . . . Sd2: 36. Td2: Dqt 37· Kf2 Bbr) 33 . . . Db3: ist verfehlt; Weiß antwortet 34. Der.
Dd4t 38. Ker Dgrt 39· Ke2 Dh2:t 40. Kd3 Td2:t Bb2) 33 . . . Dc3:t 34. Kf2 Db2t 3S· Kgr Sd2 36. Ter
41. Dd2: Dg3:t 42. Kc2 Des 43· Sd6:t Kq 44· Sq Se4: nebst 37 . . . ds (37. Te4: wird mit 37 . . . Dbrt
De4:t 4S· Kc3 D(Jt 46. Kb2; Weiß gewinnt. Es beantwortet). Schwarz ist nicht ohne Rettungs­
ist klar, daß Schwarz bei der von Steinitz ange­ aussichten.
gebenen Folge nur undeutliche Remisaussich­ Bb3) 33· . . Ses 34. Dd2 De4:t 3S· Kf2 Dfs:t 36. Sf4
ten hat; aber er kann sich das Unentschieden Df7.
sofort sichern:
B) 29 . . . Te7 30. Se6 gs 31. Df2 De4:t 32. De2 Dbrt
33. Ddr De4t 34. De2 Dbrt mit Dauerschach.
Weiß braucht jedoch die Beobachtung des Bau­
ern g7 nicht aufzugeben. Dann hat er folgende
Möglichkeiten:
II 29. Tf2 Te7 30. Se6 Dbr t 31. Ke2 De4:t 32. Le3
(32. Kfr wird mit 32 . . . Sd2:t 33. Td2: Dfs:t wi­
derlegt) 32 . . . Dc2t 33· Ker Dbrt, und auch hier
kann Weiß dem Dauerschach nicht entkom-
men.
III 29. Lcr Te7 30. Se6 Dcr:t 31. Kf2 Db2:t 32. Kgr Es ist sehr zweifelhaft, ob der Vorteil des Wei­
bs. Der Vorteil des Weißen ist gering. ßen zum Sieg genügt; auf 37· C4 folgt 37 . . . ds.
IV 29. Lf4 Te7 30. Se6 gs 31. Lgs:, Tatsächlich hätte also Schwarz mit 28 . . . Sq Remis­
aussichten erhalten. Allerdings spielt das Manöver
Td7-d8-a8, auf das Steinitz baute, keine Rolle bei
der Verteidigungsführung des Schwarzen. Es be­
steht kein wesentlicher Unterschied zwischen dem
Partiezug 28 . . . Te7 und dem Vorschlag 28 . . . Sq.

29. Sf8-e6

Richtig ist 29 . . . Sq mit Übergang in die beim vo­


rigen Zug angegebenen Abspiele:
I 30. Df4 gs usw.
II 30. Tf2 Dbrt usw.
III 30. Lcr Dcr:t usw.
und nun:
IV 30. Lf4 gs usw.
A) 31. . . De4:t 32. Kf2 (Nach 32. Kdr fgs: steht der
Weiß hat die zusätzliche Möglichkeit 30. Le3 Sb2:
König des Weißen im Regen) 32 . . . Dfs:t 33. Kgr
31. Sf4, aber nach 31. . . Kc8 hat er keine vernünfti­
De6: 34. Tf6: Dert 3S· Der: Ter:t 36. Kf2 Tbr
gen Züge; Schwarz kommt in Vorteil. Nach dem
37. Tf7t Ka6 38. 1h7: Tb2:t 39· Kg3 Tc2 40. h4
Partiezug gewinnt Weiß mühelos.
Tc3:t 41. Kf4. Das Bauernpärchen des Weißen
am Königsflügel dürfte zu rasche Beine haben.
D E R E R S T E W E T T KA M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

"Die richtige Antwort. Falls 30. Kdr, so 30 . . . Dbrt Schwarz träumt noch immer davon, unter Ein­
31. Ln Sd3 32. Dd6: Sb2:t 33. Ke2 De4 t 34· Le3 satz dieses Turmes zum Mattangriff zu kommen.
De3:t usw.," führt Lasker aus. 128 An Stelle von "31. . . Dh2: scheint dem Weißen viel Zeit zur Ent­
34- Le3 gewinnt jedoch 34· Kf2 Df5:t 35. Kg3 ohne wicklung durch 32. b5 gefolgt von 33· Kdr zu ge­
Schwierigkeiten. Außerdem kann 31..Sd3 einfach ben," meint Steinitz. 1 3 1 Das dürfte stimmen. Viel
mit 32. De3 pariert werden. zäher ist aber 31. . . b5 32. De2 Dd5, und der König
des Weißen gelangt nicht zum Damenflügel; der
30 . ...
Anziehende müßte bei dieser Fortsetzung immer
Mit der Fortsetzung 3 0 . . . Sd3t 31. Kdr (31. Ke2 noch große Aufmerksamkeit walten lassen.
Dg2:t ist nicht erstrebenswert für Weiß) 31. . . Sb2:t 32. De3-e2 Dp-h3
32. Kcr Sd3t konnte Schwarz eine listige Falle stel­ 3 3 · Ke1-d1 TeS-aS
len:
3 4· Tfi -f2
I 33. Kbr Te6: (33 . . . DC4 scheitert an 34. Sc5t)
34. fe6: DC4. Weiß kann dem Dauerschach Der Turm muß dem Angriff der Dame des Schwar­
nicht entkommen, denn die Fortsetzung 35. Ke2 zen entzogen werden. Das Abspiel 34. Kc2 Ta2t
Sb4:t 36. Kdr Dfr:t nebst Sb4-d5 bringt ihm 35. Kbr Td2: zeigt den Grund.
keine Freude.
34· Ta8-a2
II 33· Ke2 Sb4:t 34· Kdr Dc2t 35. Ke2 Sd5 36. Dd3 35· b4-bs c6-cs
führt zum Gewinn. 36. Se6xp d6-ds
31. b2-b3 (?)

86

37· Kdl-Cl

" Falls sofort 31. De2, so 31. .. Dd5 mit starkem An­ Andere Züge sind einfacher, zum Beispiel 37. Sh5
griff," sagt Lasker, 1 2 9 und später äußert er knapp: oder 37. Ses.
"Das ist die Hauptsache. Die Schwächen d5 und
37· Dh3-d3
b3 werden so beseitigt." 1 30 In Wirklichkeit hat
38. De2xd3 Ses xd3t
Schwarz nach 31. De2 Dd5 32. Kdr nur ein Schach:
39· KCI-bl Ta2-b2t
32 . . . Db3t (sonst folgt 33. Kc2) 33· Kcr SC4 34· Lf4,
40. Kb 1-a1 Tb2Xb3
und Weiß gewinnt.
4 1 . Tf2-f3 cs-C4
3 1. ... Te7-e8 (?) 42. Sg7-e8 Sd3-b4

1 28. Str. 1894, S.143.


1 29. Str. 1894, S.143.
1 3 0. Ern. Lasker, Gesunder Menschenverstand im Schach (Berlin 1924), S.u2.
131. Zeitungsspalte.
3· PARTIE: LASKER - STEINITZ 79

43 Tf3-g3
· Tb3-a3t "Ein schrecklicher Fehler," bekennt Steinitz. Ich
44· Kai - b i Ta3 -b3t bin nicht ganz sicher, ob Weiß nach 51 . . . Kd7
45· Kb i-CI Sb4-d3t 52. Kd2 Tgs (52 . . . Tb1 wird mit 53· Sfs Ke6 54· Sh6
46. Tg3Xd3 beantwortet; Weiß gewinnt) 53. Kd3: Tg2

Der Abgabezug. Dies ist überflüssig, wie auch Stei­ 88


nitz schon anmerkt. Nach 46. Kd1 Sf2t 47. Kc2 oder
46 . . . Tb1t 47· Ke2 ist die Partie zu Ende.

46.
47· Se8xf6

den Gewinn erzwingen kann. Auch in dieser Stel­


lung muß Weiß versuchen, das Manöver Sg7-f5-
h6 durchzuführen, ohne den h-Bauern zu verlie­
ren; die Verwirklichung ist jedoch nicht einfach.
Ich überlasse die Ausarbeitung des Endspiels kun­
digen Fachleuten.

52. f6-f7

Schwarz gibt auf.


48. Sf6-e8?
Nach 52 . . . Tg1 t 53. Kd2 Th 54. Se6 fällt der Turm
Nach 48. Sh7: ist der Gewinn für Weiß nicht mehr
des Schwarzen.
schwer, wie bereits J. Mason erkannte!32 Nach
dem Textzug bin ich nicht sicher, ob man von einer In dieser Partie zeigt Lasker beträchtliche Unsi­
Gewinnstellung für Weiß sprechen kann. cherheit bei der Verwertung einer Gewinnstellung.
Als man seinem König zu Leibe rückt, verliert er
48.
wiederum mehrmals den Faden.
49· fs -f6

Es scheitert 49 . . . Kd7 an 50. f7 Ke7 51. Lh6 mit


Turmgewinn, aber auch nach 49 . . . Tas so. Lf4
(so. f7 ist natürlich falsch wegen der Antwortmög­
lichkeit so . . . Ta1t 51. Kb2 Tf1, und so. Le3 wird mit
so . . . Ta2 beantwortet) so . . . Tait 51. Kd2 Th 52. Les
Kd7 53. Sg7 T[J hätte Weiß noch gehörig schwitzen
müssen, um den Sieg zu erzielen. Mit dem Textzug
erreicht Schwarz den Abtausch des c-Bauern, und
auch dies ist wertvoll.

so. Se8-g7
5 1. Ld2XC3

1 3 2. BCM 1894, S.220; auch W. Steinitz gibt diese Fortsetzung in einer der Zeitungsspalten als stärker an.
So D E R E R S T E W E T T KA M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

4· Partie Der Textzug ist jedoch kein Fehler; die Stellung ist
W. S T E I N I T Z - E M . L A S K E R danach ungefähr ausgeglichen.
New York, 24. und 26.3.1894
1 1. Se4xf6
Italienisch (C54)
1 2. Lc1 -e3

Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.127-129;
DSZ 1894, S.n3-u5;
BCM 1894, S.221-222 (Anmerkungen von J. Ma­
son);
CM XV (Mai 1894), S.278-28o;
Str. 1894, S.144-147;
LCM IV (1906), S.r86-187;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Band (Ansbach 1921), S.n-13;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung 7 ( Hamburg 1968), Beiheft Nr.
341 (Anmerkungen von D. Hooper).
1 2. Sc6-b4
1. e2-e4 e7-e5
0 0 0

2. Sg1-f3 Sb8 -c6 "12 . . . Ld6 war umsichtiger," meint Lasker! 34 An­
3· Lh-q Lfs-cs derswo wird 12 . . . Lg4 vorgeschlagen!35
4· C2-C3 Sg8-f6 Auf 12 . . . Ld6 geschieht 13. a3 mit der Absicht
5· d2-d4 es xd4 14. De2 gefolgt von o-o-o und Angriff gegen den
6. e4-e5 d7-d5 schwarzen KönigsflügeL
7· Lq-bs Sf6-e4 12 . . . Lg4 gefällt mir besser. Nach 13. h3 spielt
8. C3Xd4 Lcs -e7 Schwarz nicht 13 . . . Lhs, denn dann folgt 14. g4 Lf7
15. a3 mit der Absicht, wieder Ddr-c2 nebst o-o-o
Üblicher ist 8 . . . Lb6 oder 8 . . . Lb4t .
zu spielen, sondern 13 . . . Lf3: 14. Df3: Sb4 15. Lbr es
9· Sb1 -C3 0-0 mit kräftigem GegenspieL
10. Lbs-d3 f7-f5 An dem Textzug ist nichts auszusetzen. Schwarz
1 1 . esxf6 wendet sich gegen den Plan des Weißen, lang zu
rochieren.
"Mein elfter Zug erwies sich als Überraschung, da
ich einen offenbar starken Freibauern abtausch­ 13. Ld3-b1
te und außerdem absichtlich meinen d-Bauern Auf 13. Le2 kann 13 . . . Lfs 14. Tcr as 15. a3 Sa6 16. o-o
isolierte, um den Angriff gegen den Königsflügel c6 mit etwa gleichem Spiel folgen.
des Schwarzen aufrecht zu erhalten," erklärt Stei­
13.
nitz. 133
0 0 0

Es kommt für Weiß in der Tat auch in Betracht, die " Spielt auf sofortigen Angriff. Der Vorbereitungs­
Bauernstruktur im Zentrum nicht zu verändern. zug 13 . . . c6 wäre ganz gut gewesen; die wahrschein­
Nach 11. o-o kann Weiß mit Sc3-e2, S{J-er und liche Folge wäre: 13 . . . c6 14. a3 Sa6 15. Ses Sq 16. f4
h-6 fortfahren; eventuell schiebt er a2-a3 ein, um SeeS 17. o-o Sd6, und die Aussichten sind eher zu­
die Möglichkeit Sc6-b4 nebst q-cs auszuschalten. gunsten des Schwarzen," sagt Lasker! 36

1 3 3. Zeitungsspalte.
1 34. 5tr. 1894, 5.144·
1 3 5 . D5Z 1894, 5.113.
1 36. 5tr. 1894, 5.144-145.
4· PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 81

In diesem Abspiel sind die Züge des Schwarzen


sinnvoll, aber dem Weißen werden schwache Fort­ 91
setzungen untergeschoben. Insbesondere bewirkt
der Zug 16. f4 nichts anderes, als die weißen Fel­
der, insbesondere den Punkt e4, empfindlich zu
schwächen; Weiß sollte außerdem nicht die kur­
ze, sondern die lange Rochade anstreben. Nach
13 . . . c6 14. a3 Sa6 kann Weiß zum Beispiel sofort
mit 1s. Dd3

Steinitz äußert, daß 16. Kd2 vielleicht besser gewe­


sen wäre; danach hätte er einen ganzen Bauern
gewonnen.1 38 Wie üblich schlägt er die Gefahren
gering an, die auf einen König lauern, der unge­
schützt in der Ö ffentlichkeit spazierengeht Nach
16. Kd2 Sc6 17· Sds: Le6 ist die Lage nicht deutlich:
I 18. Sf4
fortfahren; die Fortsetzung 1S . . . Se4 16. Se4: de4: A) 18 . . . Sd4: 19. Sd4: Tf4: 20. Kc1 Td4: 21. Dd4: Dd4:
17. Db3t Dds 18. Sd2 kostet den Schwarzen einen 22. ed4: Lf2 23. La2 La2: 24. Ta2: Ld4:. Schwarz
Bauern. hat Remisaussichten.
Mir gefällt auch hier 13 . . . Lg4 besser als 13 . . . c6. B) 18 . . . Tf4: 19. ef4: Sd4: 20. Ke3 es. Die Stellung ist
Danach gibt es folgende Möglichkeiten: nicht klar.
I 14. h3 L[J: 1s. Df3: es führt zu der Stellung, die li 18. Sc3 Sas 19. La2 La2: 20. Ta2: Sqt 21. Kd3 Sb6.
schon beim 12. Zuge von Schwarz erwähnt wird; Schwarz droht q-cs; er hat etliche Gegenchan­
Schwarz steht nicht schlechter. cen.
li 14. a3 Sc6 1s. h3 L[J: 16. D[J: Sas 17. La2 c6 nebst Der Partiezug ist zwingender.
Sas-C4 mit befriedigendem Spiel für Schwarz.
16 Lc8-g4
Der mit dem Partiezug eingeleitete Angriff dringt
.

17 0-0 Dd8-e8
nicht durch. Vielleicht hat Lasker einfach überse­
.

hen, daß er mit dem Textzug den Bauern ds ein­ Es gibt keine befriedigende Fortsetzung:
stellt, und versuchte dann, aus der Not eine Tugend I 17 . . . Lgs 18. ab4: Le3:t 19. Kp Dd7 20. Dd3 Lh3t
zu machen.137 21. Kh1 g6 22. La2, und Weiß gewinnt.
li 17 . . . Lg3: 18. hg3: Dd6

Es ist aussichtsreicher, ganz ruhig mit einem Mi­ (siehe Diagramm 92)
nusbauern weiterzuspielen. Nach 14 . . . Sa6 1S. Sds:
19. De2 (Dagegen ist die Fortsetzung 19. Kg2
c6 ist die Aufgabe des Weißen noch keineswegs
Dh6 20. Th1 L[J:t 21. Df3: Dh1:t 22. Kh1: Tf3:
einfach.
23. ab4: c6 durchaus unklar) 19 . . . Dg3:t 20. Dg2
1 5 . f2xe 3 T[J: 21. Tf3: Df3: 22. Df3: Lf3: 23. ab4:, und Weiß
16. p-g3 gewinnt.

1 3 7. Vgl. die Ausführungen zum Zug 14 . . . Sg4 in der Partie Tarrasch - Lasker, 2.Partie des Wettkampfes in Düsseldorf
1908, CBM 54 (4!1996), $.26-30.
1 3 8. Str. 1894, S.145.
82 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

92 2 1 . . . Dh7: 22. Sgs Dhs 23. Dd2, und Weiß ge­


winnt.
II 21. . . Kh7: 22. Thi, und Weiß behält eine Mehrfi­
gur.
III 21. . . Kh8 22. Lfs (22. Thi wird mit 22 . . . Dhi:t be­
antwortet) 22 . . . Tfs: 23. Thi, und Weiß gewinnt.
Beantwortet Weiß I8 . . . Lg3: mit I9. Lh?:t, kommt
dies ungefähr auf dasselbe hinaus; er gewinnt.

III I7 . . . Sc6 I8. gh4: , und die Drohung I9. La2 hat "Mein I9. Zug war fehlerhaft; eine spätere Unter­
entscheidende Kraft. suchung zeigte, daß ich den Läufer hätte nehmen
IV I7 . . . Df6 I8. Sh4: Ldi: I9. Tf6: Tf6: 20. ab4:, und sollen . . . ," gibt Steinitz an. 14 0
Weiß gewinnt mühelos. In der Tat gewinnt I9. gh4:, wie schon in der An­
merkung zum I8. Zuge von Weiß ausgeführt wur­
de. Am einfachsten ist jedoch I9. Le4 c6 (I9 . . . de4:
"Falls I8. gh4:, so I8 . . . Dhs I9. Kg2 Tf6 20. ab4: Taf8 20. Db3t nebst 21. Sh4: ist ebenfalls aussichtslos
mit einem sehr starken Angriff," sagt Ern. Las­ für Schwarz) 20. gh4: de4: 21. Db3t Kh8 22. Sgs Lf3
ker. 13 9 An Stelle von I9. Kg2 gewinnt die Fortset­ 23. Sce4: usw.
zung I9. ab4: L[J: (I9 . . . Tf3: 20. T[J: L[J: 21. Dei Der gespielte Zug ist aber stark genug.
bringt nicht mehr) 20. Dei ohne Mühe. Der Par­
19. . . .
tiezug ist ebenso stark.
"Viele Spieler dachten, daß ich mit I9 . . . Lg3: den
1 8. ... De8-h 5
Sieg erzwungen haben könnte. Weiß hätte jedoch
Nach I8 . . . De3:t I9. Kg2 ist der Angriff des Schwar­ 20. hg3: geantwortet, und falls dann 20 . . . Tf3:, so
zen zu Ende. 21. Dei, 14 1und falls 20 . . . Lf3:, so 21. Tf3: Tf3: 22. Kg2
Ein interessanter Versuch besteht indessen in der mit Vorteil," schreibt Lasker. 142
Fortsetzung I8 . . . Lg3: I9. hg3: De3:t 20. Kp Dh6. Anderswo wird folgende Variante gezeigt: I9 . . . Lf3:
Die einzige überzeugende Gewinnfortsetzung ist 20. T[J: T[J: 21. Le4 Tfs 22. Dhs: Ths: 23. gh4:, und
nun 21. Lh7:t Weiß gewinnt. 143
Der Textzug stellt den besten Versuch dar.
93

(siehe Diagramm 94)

"Dieses Springermanöver ist die einzige Art und


Weise, die Partie zu retten; wenn zum Beispiel
20. Db3, so 20 . . . Tfi:t 21. Kfi: Df7t nebst 22 . . . Tf8,
und Schwarz gewinnt," gibt Lasker an. 144
Viel einfacher ist aber 20. gh4:

1 3 9 . Str. 1894, S.145.


140. Zeitungsspalte.
1 4 1 . Auf 21. . . Dh3 folgt 22. Tf3: Lf3: 23. Sf4.
1 42. Zeitungsspalte, vgl. Str. 1894, S.145.
143. DSZ 1894, S.u4.
144. Str. 1894, S.145-146.
4· PA R T I E: S T E I N I T Z - L A S K E R

94 95

2o . . . Tg3t 21. hg3: Ld1: 22. La2 Kh8 (Die Dame Jetzt gelangt der König des Schwarzen in s Zen­
de s Schwarzen kann kein Feld finden, von dem trum, anders als bei dem Abspiel, das zum 21. Zuge
au s sie gesichert wirken kann) 23. Tad1: Dg4 von Schwarz angegeben wurde. Dadurch steigen
24. Kf2, und Weiß gewinnt mühelos. die Aussichten des Schwarzen, ein Unentschieden
II 2o . . . Taf8 21. Sf4 T3f4: 22. Tf4: Tf4: (22 . . . Ld1: zu erzielen.
scheitert an 23. La2t) 23. Db3t nebst 24. La2,
wenn Schwarz eine Figur nach f7 stellt; Weiß
gewinnt. Danach kann Weiß die Bauernformation des
20. TfJ Xf4 Schwarzen am Damenflügel sprengen und erhält
21. Dd1-b3t Tf4-f7 (?) wieder eine Gewinnstellung. Richtig i st 25 . . . Te8.
I 26. Kfz a6. Schwarz fährt mit Kf8-e7 fort und
Nötig i st 21 . . . Df7, wenn Schwarz Widerstand lei­ hat vorzügliche Remisaussichten.
sten will. Nach 22. La2 Tfl:t 23. Tfl: Db3: 24. Lb3:t II 26. Ta7: Te3: 27. Lq Lc8. Weiß hat fünf isolierte
Kh8 25. gh4: sollte das End spiel für Weiß gewon­ Bauern; seine Gewinnchancen sind gering.
nen sein, weil der König des Schwarzen außer Spiel III 26. Tfl t Ke7 27- Tf7t Kd6 28. Kf2 Te7
bleibt. A) 29. Tq Ke7:. Ich sehe keinen Gewinn fü r Weiß
22. Th xf7? in diesem Endspiel. Während er seine Bauern
nach d5 und es bringt, spielt Schwarz h7-h6
Hier gewinnt 22. Ta5 auf der Stelle ; darauf machte und b7-b6. Jetzt muß er verhindern, daß der
].-D. Seguin aufmerksam.145 Nach dem Textzug König des Weißen über C4 und b5 oder über fs
bin ich nicht sicher, ob Weiß noch auf Gewinn und g6 in die Festung des Schwarzen eindringt;
steht. das sollte möglich sein.
22. B) 29. Tf8 a6 30. Lc2 h6 31. e4 c6. Auch hier hat
23. Lb1- a2 Weiß die größten Schwierigkeiten, Fortschritte
zu machen.
Die Fortset zung 23. Lh7:t Kf8 24. Df7:t Kf7:
25. gh4: g6 z6. Ta 5 Lh 5 27. Td 5 Ke7 entbehrt durch­ 26. Lb3-ds
aus der für Weiß wünschenswerten Klarheit.
Steinitz hält 26. b5 für stärker, 146 und auch Lasker
2J. macht sich diese Auffassung zu eigen, 147 aber sie
24. La2Xb3t trifft nicht zu. Schwarz antworte t 26 . . L[J,
.

1 4 5 . Str. 1894. 5.146.


146. BCM 1894, S.222; Str. 1894. 5.146.
147. LCM IV (1906), S.186; die Angabe 26. es ist natürlich ein Druckfehler.
DER ERSTE WETTKA M P F LASKER - STEINITZ

32. b 4 Kc6 33· Kf2 Kb6 (Auf 3 3 . . . Kds folgt 34· Tc1)
34. e4 Tq 35· Ke3 Tc3t 36. Kf4 Tq 37· ds Tb4: 38. d6
Td4 39. Kes Td2 40. Ke6 b4 41. Tb1 sind die Bauern
des Weißen für den Schwarzen zu schnell.
Der Hauptmangel des Zuges besteht aber darin,
daß Schwarz nun die Möglichkeit b4-b5 ausschal­
ten kann.

28.

Der Turmzug des Weißen nach as war vor allem


verfehlt, weil Schwarz hier noch über eine andere
und nach 27. e4 (Langsame Maßnahmen sind nicht
Verteidigung verfügt: 28 . . . Le2 29. Lh7: Th8. Weiß
wirksamer, zum Beispiel 27. LC2 h6 28. Kf2 Lds,
kann sich seines wirkungslosen Doppelbauern auf
und 29. e4 wird mit 29 . . . Lq beantwortet) 27 . . . Te8
der b-Linie nicht mehr entledigen; Schwarz hat
28. LC2 (Auf 28. es folgt 28 . . . Td8; auf 28. Lds ge-
gute Remisaussichten.
schieht 28 . . . Kd6) 28 . . . Kd6 29. est Kds 30. Ta4
Nach dem Partiezug dürfte Weiß wieder auf Ge­
(30. Kf2 wird mit 30 . . . Le4 beantwortet) 30 . . . Le2.
winn stehen.
Schwarz erreicht erleichternden Bauerntausch, der
ihm vorzügliche Rettungsaussichten gewähren. 29. h4-hs c6xbs
Der gespielte Zug ist die beste Fortsetzung in dieser 30. Le4xb7 Ta8-a7
Stellung: Weiß erhält zwei verbundene Freibauern 3 1. Lb7-C6 Lg4-d7
im Zentrum oder gewinnt einen weiteren Bauern.
Die Fortsetzung 31. . . b4 32. e4 ist aussichtslos für
26. q-c6 Schwarz.
27. Lds-e4 a7-a6
32. Lc6xd7
Nach 27 . . . Kd6 28. Lh7: Th8 29. Ld3 a6 30. Kg2 hat
Nach 32. Le4 Lc8 33. Kf2 Tq 34· Ta1 Tq mit der
Schwarz einen zweiten Bauern eingebüßt; seine La­
Absicht Tq-b4 erhält Schwarz GegenspieL
ge ist hoffnungslos. Auch die Fortsetzung 27 . . . h6
28. bs läßt den Schwarzen ohne Rettungsmöglich­ 32.
keiten. 33· Kg1-h

28. Ta1-a5?

34· Kb-e2

Dies bedeutet Zeitverlust; der Turm muß später Seiner Spielauffassung gemäß hält sich Steinitz
unverrichteter Dinge nach a1 zurückkehren. Nach mit Bauernzügen zurück. In der Tat ist es nicht
28. bs cbs: 29. Lb7: Ta7 30. Lc6 Ld7 31. Ld7: Kd7: klar, ob Weiß nach 34· e4 Kb6 35. Ta1 (Auf 35· b4
4. PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 85

antwortet Schwarz mit 35 . . . Tq nebst 36 . . . TC4) I 40. Te1


35 · . . as 36. Ke3 a4 37· es b4 38. Ke4 a3 39. ba3: ba3: A) 40 . . . Tb2: 41. e6 Kq (Nach 41 . . . Kc6 42. Kd3 ist
40. Kds (40. Ta2 Kc6 ist nicht aussichtsreicher für der e-Bauer nicht mehr aufzuhalten) 42. Kds
Weiß) 40 . . . Ta6 41. Ta2 (41. Ke6 wird mit 41 . . . Kbst Kd8 43. Kd6, und die Drohungen 44· Tfi und
42. Kf7 Ta7t 43. Kf8 Kc6 pariert) 41. . . Kq gewin­ 44. Tg1 haben entscheidende Kraft.
nen kann. Die Fortsetzungen 34. b4 und 34· K[J B) 40 . . . Th2: 41. e6 macht keinen Unterschied zum
werden mit 34 . . . Kd5 beantwortet. Der gespielte Abspiel A.
Zug ist der stärkste. C) 40 . . . Kc6 41. dst Kd7 42. Tg1, und Weiß ge­
winnt.
3 4· . . . Kc6-b6
II 40. Kds Tb2: 41. Te1 a3 (41 . . . Kq 42. e6 führt
3 5 · Tas - a1
zum Abspiel I A) 42. e6 a2 43. e7, und Weiß
Auf 35. b4 folgt 35 . . . Tq 36. Ta2 Tc3 37· Tb2 Kc6 kommt zuerst.
38. K[J Kds, und Schwarz hat GegenspieL Der Partiezug genügt indessen immer noch zum
35· a6- as Gewinn.
36. Ke2-d3 a s - a4
40. Kb6-c6
3 7· e3-e4 Ta7-f7
3 8 . e4-e5 Auf 4o . . .Th2: folgt 41. Kds Th4: 42. e6 Kq 43. TCit
Kd8 44· Kes, und die Drohung 45. ds hat entschei­
Nicht deutlich ist die Fortsetzung 38. Te1 Tf3t
dende Kraft.
39. Te3 Tf2 40. Te2 T[Jt, aber zum Gewinn führt
auch 38. Ke3 Tq 39. ds, und falls 39 . . . TC2, so 41. d4-dst Kc6-d7
40. Td1 Kq 41. Td2. 42. Ke4-d4 (?)
38 . ... Sowohl Lasker als auch Steinitz bemerken zu recht,
Dies ist ein nötiges Zwischenschach. Auf 38 . . . Tf2 daß 42. Tg1 zum Gewinn führt. 149 Der Partiezug
gewinnt Weiß mit 39. Te1. erschwert den Sieg ganz bedeutend.

T[J-h 42 . . . .

Dies ist eine ausgezeichnete Verteidigung. Nach


99 42 . . . Th2 43. e6t gewinnt Weiß:
--·-=-·.__-11
I 43· . . Kd6 44. Te1 Th4:t 45· Kd3 Th3t 46. Kc2 Ke7
47· d6t mit Gewinn.
II 43 . . . Ke7 44· Tfi Th4:t 45. Kcs TC4t 46. Kbs: Tq
47· Tf7t Kd6 48. Tq: Kq: 49· e7 Kd7 so. d6 ge­
folgt von 51. Kb6 und 52. e8D+.

4 3 · Kd4-C5 Td2-C2t
44· Kcs xbs Tc2-e2

(siehe Diagramm wo)

45· es-e6t?
40. Ta1-b1 Mit diesem natürlichen Zug gibt Weiß den
"Zu vorsichtig; Weiß konnte sofort 40. Te1 oder Sieg endgültig aus der Hand. Nach 45· Tg1 Tes:
40. Kds spielen," meint Lasker. 148 Er hat recht; die 46. Tg7:t Kd6 47· Ka4: Te4t 48. b4 Th4: 49· Tg2
angegebenen Züge gewinnen leicht: Kds: so. Tc2 ist der Gewinn gesichert.

148. 5tr. 1894, 5.146.


149. In Zeitungsartikeln; vgl. 5tr. 1894, 5.147·
86 DER E R S T E WETTKAMPF L A S K E R - S T E I N I TZ

Schwarz keinen Freibauern bilden kann. Nach


100 47· . . Tb8 48. hs

102

(Stellung nach 44· .. Tc2-e2)


läuft der König des Weißen nach a7, und auch
45· Kd7-d6 47· . . gs 48. hgs: hgs: 49. h3 nebst Td1-d3 reicht für
46. Tb1-d1 (?) Schwarz nicht aus.

Bessere Aussichten bietet 46. Ka4: Kds: 47· b4, aber 48. Td1-e1 Th2- a2t
nach 47· . . Ke6: hält sich Schwarz: 49· Ka4-b5 Ta2 - a8
I 48. bs Ta2t 49· Kb4 Th2: so. b6 Kd7 51. Tn so. Kbs-C4
Th4:t 52. Kas Th2 usw.
Weiß hat keine Zeit, so. hs zu spielen; die Antwort
II 48. h3 Ta2t 49· Kbs Ta3 usw.
lautet so . . . Kds:.
46 . ... so . ...
Richtig ist 46 . . . Th2:. Es gibt nichts Besseres. Nach so . . . Ta4t 51. Kd3 Ta8
52. Ke4 gs 53. hgs: hgs: 54· Kfs ist Schwarz verloren;
101 auch wenn er h4-h5 zuläßt, ist seine Lage hoff­
nungslos.
51. h4xgs?

Nach dem Abtausch des h-Bauern kann Weiß


nicht mehr siegen. Richtig ist 51. e7, und Weiß ge­
winnt:
51. . . Te8 52. Te6t Kd7 53. Th6: gh4: (sJ . . . Te7:
54. hgs: ist natürlich hoffnungslos für Schwarz)
54· d6, und Weiß siegt mühelos.
47· Te1 Tb2:t 48. Ka4: Tb8 führt sofort zum Un­ n 51. . . Kd7 52. hgs: hgs: 53. d6 g4 54· Kds g3 ss. Tc1
entschieden, weil der König des Weißen auf der Tast 56. Ke4 Ta8 57. Kes Tast 58. Kf6, und Weiß
a-Linie abgeschnitten bleibt. gewinnt.
II 47· Ka4: Tb2: 48. hs Tb8 49· Kas Tg8 so. Kbs gs 51. h6xgs
51. hg6: (51. Kq g4 bietet dem Weißen keine
Gewinnaussichten) 51. . . Tg6: 52. Kq hs, und (siehe Diagramm 103)
Schwarz überlebt. Dieses Endspiel ist in zahlreichen Endspiellehrbü­
Nach dem Textzug steht Weiß wieder auf Gewinn. ehern wiedergegeben:
J. Berger, Theorie und Praxis der Endspiele (zweite
Auflage, Berlin und Leipzig 1922), S.299;
Danach hat Weiß eine zwingende Gewinnführung, A. Cheron, Lehr- und Handbuch der Endspiele,
aber hier genügt passive Verteidigung nicht, weil Band I (Berlin 1952), S.268;
5· PART I E : L A S K E R- S T E I N I T Z

53· ...
103
Aber dies führt zum Verlust. Nach 53 . . . Ta8 54. Ke4
Tf8 hält Schwarz ohne weiteres remis:
I 55· Tg1 Tf4t 56. Ke3 Tf5 usw.
II 55· Kd4 g4 56. Ta1 Tf4 t 57· Ke3 Tf5 usw.

Natürlich hilft auch nach 54 . . . Ta8 55. Kf5 dem


Schwarzen nichts mehr.

5 5 · Ke4-f5 Ta3-a8
5 6. e6-e7 Ta8-e8
57· Kf5 -f6 g4-g3
S. Gawlikowski, Koncowa gra szachowa, Zakonc­ 5 8 . Kf6-f7 Kd6-d7
zenia wiezowe (Warschau 1957), S. 175; 59· d5-d6 g3-g2
G. L öwenfisch und W Smyslow, Theorie der Turm­ 6o. Te 1 g 1-

endspiele (Berlin 1959), S.102-103;


Schwarz gibt auf.
Encyclopedia of Chess Endings ( Belgrad 1985), Nr.
sso, S.2o1. Diese Partie bietet ein weiteres Beispiel dafür, wie
Schwarz hält nun bei richtigem Spiel ohne Mühe Lasker als Schwarzer allzu stürmisch vom Leder
unentschieden. zieht, nachdem er in der Er öffnung einen Vorteil
errungen zu haben glaubt. Er wehrt sich in dem
5 2· Kq-d4
verlorenen Endspiel vorzüglich, aber als er schon
Auf 52. Tb1 folgt 52 . . . Ta4t . und 53· Tb4 scheitert eine klare Remisstellung erreicht hat, bricht er
an 53 · . . Tb4:t 54. Kb4: g4, und Schwarz gewinnt. doch noch zusammen; vermutlich hatte der lang­
anhaltende Druck seine Kräfte aufgezehrt.
5 2. ...
Steinitz zeigt gesundes Stellungsgefühl, aber gro­
"Verhängnisvoll; der sofortige Vormarsch des Bau­ ße Schwächen bei der Verwertung seines Vorteils,
ern hätte die Partie leicht remisiert: 52 . . . g4 53· Ke4 zunächst im Mittelspiel, dann im Endspiel.
g3 54· Kf5 p 55. Tg1 Ta2 56. Kf6 Tf2t 57· Kg6 Beide Kämpfer spielten sehr rasch; von den vier
Te2 usw." gibt Lasker an. 52 . . . g4 führt in der Stunden, die ihnen für sechzig Züge zur Verfü­
Tat zum Unentschieden. Auch 52 . . . Tf8 ( L öwen­ gung standen, verbrauchte Steinitz etwa zweiein­
fisch/Smyslow) ist spielbar. Indessen verdirbt der halb, Lasker nur ungefähr zwei Stunden.
Partiezug noch nichts.
53· Kd4-d3

104
88 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

5· Partie II 12. o-o-o Ses 13. Lb3 c6 14. Sf4 (Nach 14. Se7:t
EM. L A S K E R - W. S T E I N I T Z De7: ist die Stellung völlig ausgeglichen)
New York, 2J.J.1894 14 . . . Lb3: 15. Db3: (Nach 1s. ab3: as bekommt
Spanisch (C62) Schwarz Angriff) 1S . . . Dq, und Schwarz wird
die Damenflügelbauern vorrücken.
Frühere Bearbeitungen: III 12. Lb3 Lf6 mit gleichem Spiel.
DWS 1894, S.129-130;
1 2. ...
DSZ 1894, S.us-n6;
BCM 1894, S.223-224; 12 . . . Lf6 führt auch hier zum Ausgleich.
CM XV (Mai 1894), S.28o-281;
13. LC4-b3 Le6xds
Str. 1894, S.147-150;
LCM IV (1906), S.187-188; "Eine unangenehme Notwendigkeit. Weiß behält
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter zwei Läufer gegen Läufer und Springer, was als
Band (Ansbach 1921), S.13-14; vorteilhaft betrachtet wird," äußert Lasker. 1 5 1
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ Weiß behält einigen Vorteil, weil der schwarzfeld­
hagen), Lieferung u (Hamburg 1958), Beiheft Nr. rige Läufer des Schwarzen unwirksam ist. Etwas
111 (Anmerkungen von L. Rellstab); besser scheint mir sofortiges 13 . . . c6 zu sein:
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ I 14. Se7:t führt zu einer ausgeglichenen Stellung.
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr. II 14. Sf4 Lb3:, und nun:
342 (Anmerkungen von D. Hooper). A) 1s. ab3: Lgs mit gleichem Spiel.
B) 1s. Db3: Dq, ebenfalls mit Ausgleich.
Steinitz wählt dieselbe Eröffnung wie in der ersten
14. Lb3xds q-c6
und dritten Partie, spielt jedoch im 9. und 10. Zu­
15. Lds-b3 Ses-d7
ge solider. Weiß erhält nur einen geringfügigen
16. Ta1 -d1 a7-a5
Vorteil.
In Betracht kommt die Fortsetzung 16 . . . Ses 17· LC4
1. e2-e4 e7-e5 (Wenn Weiß sich diesen Läufer abtausehen läßt,
2. Sg1 - f3 Sb8-c6 kann er nicht auf nennenswerten Vorteil hoffen)
3· Lh-bs d7-d6 17 . . . bs 18. Le2 Te8 mit Druck gegen den e-Bauern.
4· d2-d4 Lc8-d7
5· Sb1 -q Sg8-e7 17. C2-C3
6. Lbs-C4 es xd4 Aussichtsreicher ist 17. Lc3 mit der Drohung
7· Sf3 Xd4 Sc6xd4 18. Dg3, zum Beispiel:
8. Dd1Xd4 Se7-c6 I 17 . . . a4 18. LC4 bs 19. Dg3 Sf6 (19 . . . g6 bedeu­
9· Dd4-e3 Ld7-e6 tet eine Schwächung; Weiß behält Vorteil mit
10. Sc3-d5 Lf8-e7 20. Le2) 20. Ld3. Weiß steht besser.
11. Le1-d2 0-0 II 17 . . . bs 18. Dd4 Sf6 19. a3 mit bequemerem Spiel
12. 0-0 für Weiß.
III 17 . . . Ses 18. Dg3 (Auch 18. Ld4 überläßt dem
"In dieser Stellung ist es sicherer, zum Königsflügel
Weißen Vorteil) 18 . . . g6 19. Tfe1 bs 20. Ld4.
zu rochieren," meint Lasker. 1 50 In der Tat erreicht
Weiß hat die Initiative.
Weiß auch mit anderen Fortsetzungen keinen nen­
nenswerten Vorteil: 17. as -a4
12. Lc3 Ses 13. Lb3 c6, und auf 14. Sf4 folgt 18. Lb3-C2 Tf8-e8
14 . . . Lb3: 1s. ab3: Lgs. 19. De3-h3 Sd7-f8

1 50. Str. 1894, S.148.


1 5 1 . Str. 1894, S.148.
5· PART I E : L A S KE R - S T E I N I T Z

20. Ld2-e3 Dds-as Schwarz hat wahrscheinlich nicht mehr als un­
2 1 . a2-a3 Das-hs entschieden durch 34 . . . Dg1t.
22. Le3-c1 B) 26. Tg4 f5 27- Th4 Sg6 28. dc6: Sh4: (28 . . . Lf2:t
scheitert an 29. Kf2: Db6t 30. Le3 Te3: 31. Tb4)
29. Dh4: (Auf 29. q folgt 29 . . . Da4: 30. cd8:D
105
Td8: 31. Lgs Td1, und Schwarz gewinnt) 29 . . .
bc6:. Schwarz steht nur wenig schlechter.
C) 26. Tf4
Ca) 26 . . . Sg6 27. Lc2. Weiß hat einen gesunden
Mehrbauern.
Cb) 26 . . . Ld6
Cb1) 27- Tg4 f5 28. Th4 Sg6 29. Th7: Da4: 30. Lg5
cd5: (Es gibt nichts Besseres; 30 . . . Le5 31. Ld8:
Td8: 32. Dh5 Dg4 33. dc6: ist hoffnungslos für
Schwarz) 31. Tg7:t Kg7: 32. Dh6t Kf7 33· Dh7t
Ke6 34· Dg6:t Kd7 35. Dfs:t Kq 36. Df7t Kc8
37. Ld8: Td8:. Die Lage ist nicht klar.
22. . . . Ta8-d8?
Cb2) 27- Th4 Sg6 28. dc6: Sh4: 29. q Lq: (Nun fehlt
"Ein Übersehen, das einen Bauern kostet. Statt des­ dem Schwarzen nach 29 . . . Da4: 30. cd8:D Td8:
sen hätte ihm 22 . . . Sg6 ein prächtiges Spiel gegeben. 31. Lg5 die Möglichkeit zu Td8-d1) 30. Le8: Sg6
Schwarz hat jedoch ein gewisses Stellungsüberge­ 31. Ld7 Lh2:t 32. Dh2: Td7:. Die Remisaussich­
wicht erreicht, das ihn für den Verlust entschädigt," ten des Schwarzen sind gering.
schreibt Steinitz. 152 II 2s. Le2 Lcs 26. Tdd1 de4: 27. Td8: Td8: 28. Le4:.
Die Anmerkung zeigt mit mancher anderen ähn­ Weiß hat einen gesunden Mehrbauern.
lichen deutlich, daß Steinitz seine Stellungen zu Die Partiefortsetzung ist jedoch einfacher und bes­
überschätzen pflegte. Nach 22 . . . Sg6 23. Td4 ver­ ser.
kehrt Schwarz ebenso wie bei der Partiefolge in
24. ...
Schwierigkeiten. Am solidesten ist 22 . . . Des mit
der Absicht 23 . . . De6, und der Vorteil des Weißen
ist nicht groß. 106
23. Td1-d4 d6-ds
In dieser Gegenoffensive im Zentrum besteht die
beste M öglichkeit des Schwarzen zu Widerstand.
24. e4xds
Der Abgabezug. "24. La4: wäre einfacher und bes­
ser gewesen," meint Lasker.1 5 3
Nach 24. La4: Da6 hat Weiß die Wahl:
I 25. ed5: Lcs
A) 26. Th4 Sg6 27. dc6: (27. Tg4 f5 ist nicht be­
friedigend für Weiß) 27 . . . bc6: 28. Tg4 Lf2:t
29. Kf2 Db6t 30. Kg3 Te3t 31. Tf3 (31. Le3: schei­
tert an 31. . . De3:t 32. Tf3 De1t 33. Tf2 Td3 matt) "Auch hier würde 2s. La4:, und falls 25 . . . De2, so
31 . . . Tf):t 32. gf3: Dglt 33. Dg2 Dc1: 34· Dc2. 26. Td2, leicht gewinnen; der Textzug vergibt allen

1 5 2. Zeitungsspalte.
1 5 3. Str. 1894, S.149.
90 DER E R S T E W E T T K A M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

Vorteil, und Schwarz bekommt das bessere Spiel," 25. ... Sf8-g6
urteilt Lasker; 1 54 auch Steinitz empfiehlt 25. La4:,
Dies ist der einzige plausible Versuch. Auf 25 .. . Ld6
und nach 25 . . . Da6 gibt er 26. Tf4 Sg6 27. Lc2 an! 55
folgt 26. C4 Da6 27. Lh7=t Sh7: 28. Th4, und Weiß
Weiß hat eine Menge plausibler Fortsetzungen:
gewinnt mühelos; er hat außer seinem Material­
I 25. Lh7=t scheitert an 25 . . . Sh7: 26. Th4 De2 mit
vorteil noch Mattangritf.
der t ödlichen Drohung 27 . . . Df2:t.
II 25. Th4 Lf2:t 26. Kf2: De2t 27. Kgt Dc2: 28. Df3 26. C3-C4
f6 29. dc6: Sg6 30. Tg4 Ses 31. De4 De4: 32. Te4: Steinitz ist noch immer voll optimistischer Ah­
bc6: 33. Ta4: Sd3 mit Remisstellung. nungslosigkeit. Er sagt: "Obwohl dies die Dame
III 25. La4: Da6 führt zu der in der Anmerkung des Schwarzen für einige Zeit abschneidet, ist es
zum 24. Zuge von Weiß unter I erörterten Stel­ sehr schädlich für das Endspiel. Die richtige Fort­
lung; Schwarz schwebt am Rande des Verlustes. setzung war 26. dc6: bc6: (am besten) 27. Te4. Man
IV 25. Ta4: Lf2:t 26. Kf2: sollte aber darauf achten, daß, falls Txa4 hier oder
A) 26 . . . De2t 27. Kgt De2: 28. Taf4 f6 29. dc6: bc6:. im vorigen Zug, Schwarz mit Lxf2t gefolgt von
Dank seiner Beherrschung der weißen Felder Db5-e2t oder Te8-e1t gewinnt." 1 5 6
am Damenflügel hat Schwarz Überlebenschan­ In Wirklichkeit bekommt Schwarz nach 25. Ta4:
cen. oder 26. Ta4: höchstens Remisaussichten, und der
B) 26 . . . Te2t 27. Kgt Te2: Textzug führt zum Gewinn.
Ba) 28. Tb4 (28. Df5 scheitert an 28 . . . Tct:) 28 . . . Noch etwas stärker ist jedoch sofortiges 26. Df5,
D ft:t 29. Kft: Tds: 30. D[J Tct:t
108
107

und nun:
mit beträchtlichen Rettungsaussichten für 26 . . . Sf4: 27. Dh7:t Kf8 28. Lf4: De2 29. Ld3 Dg4
Schwarz 30. g3, und Weiß siegt im Mattangriff.
Bb) 28. Taf4 Td7 29. dc6: Dc6:. Schwarz hat einige II 26 . . . Te7 27- dc6 : , und Weiß gewinnt einen zwei­
Aussichten zu überleben. ten Bauern auf a4.
V 25. C4 III 26 . . . f6 27. C4 Da6 28. Te4. Schwarz hat einen
A) 25 . . . Da6 26. Th4 g6 27. D[J. Weiß hat einen Bauern weniger und steht außerdem schlech­
Mehrbauern und die bessere Stellung. ter.
B) 25 . . . Db6 26. Tddt mit demselben Resultat.
26. Db5-a6
Von den untersuchten Fortsetzungen ist 25. C4 am
27. Le2xg6?
stärksten und sichert dem Weißen eine klare Ge­
winnstellung; aber der Partiezug ist keinesfalls Danach verdampft der Vorteil des Weißen größ­
schwächer. tenteils. Empfohlen wurde 27. dc6:, 157 aber nach

1 54. Str. 1894, S.149.


1 5 5 . Zeitungsspalte.
1 5 6. Zeitungsspalte.
1 5 7. Von J.-0. Seguin, Str. 1894, S.149.
5· PART I E : L A S KE R - S T E I N I T Z 91

27 . . . Dc6: gelangt die Dame des Schwarzen ins II 29 . . . Lf2:t 30. Tf2: Te1t (Nach 30 . . . gh6: 31. Tf6
Spiel zurück, und der Vorteil des Weißen hält sich Db6t 32. Kfl gewinnt Weiß im Angriff) 31. Tfl
in Grenzen. Richtig ist auch hier 27. Dfs, und nun: Db6t 32. Le3 De3:t 33. De3: Te3: 34· Td4, und
I 27 . . . Sf4: 28. Dh7:t Kf8 29. Lf4: ist hoffnungslos Weiß sollte das Turmendspiel gewinnen kön­
für Schwarz. nen.
II 27 . . . f6 28. Te4 führt zu der in der vorigen An­
29. Lc1-g5
merkung unter III angegebenen Stellung; Weiß
gewinnt. Nach 29. b4 ab3: 30. Db3: cds: 31. cds: Tes ist der
III 27 . . .Te7 kostet hier nicht wie oben einen zwei­ Mehrbauer des Weißen bedeutungslos.
ten Bauern; aber nach 28. Te4 Te4: 29. De4: ist
29. Td8-d6
die Lage des Schwarzen dennoch verzweifelt.
30. ds xc6?

Damit öffnet Weiß dem Turm des Schwarzen die


d-Linie und dem Gegner den Weg zum Sieg. Eine
Gewinnfortsetzung hat Weiß nicht mehr, aber vie­
109 le Züge halten noch einen geringfügigen Vorteil
fest: 30. b4, 30. Lf4, 30. Le3, 30. D[J usw.

30 . . . . Da6xc6?

Steinitz sagt: "Einige Sachkenner dachten, Schwarz


könne hier mit 30 . . . Lh:t gewinnen, aber Weiß ent­
schlüpft so gerade mit 31. Kh: Db6t 32. Kg3 Td3t
33. Tf3, und gewinnt."159
Die "Sachkenner" hatten jedoch recht. In der
Schlußstellung des von Steinitz angegeben Ab­
spiels folgt 33 . . . Das,

Ein zeitgenössischer Kommentator äußert: "Hier 110


steht der Timrm nicht gut. Weiss sollte mit 28. b4
[ . . . J fortfahren und würde dann wohl gewinnen
[ . . . J ."158
Aber nach 28. b4 ab3: 29. Db3: h6 dürfte der Vorteil
des Weißen kaum zum Siege ausreichen. Mit dem
Textzug will Weiß eine Schwächung des gegneri­
schen Königsflügels erreichen; er hat davon aber
wenig Nutzen.

28 ...
und Schwarz steht auf Gewinn:
.

Verderblich für Schwarz ist die Fortsetzung 28 . . . h6 I 34· Td3: De1t 35. Kf3 (35. Kf4 Tf8t 36. Lf6: Tf6:t
29. Lh6:, und nun: 37. Kgs Dest nebst matt) 35 . . . Dht 36. Kg3
I 29 . . . gh6: 30. Th6: cds: (30 . . . Lh:t 31. Kh1 ver­ Dd3:t 37- Kh Te2t, und matt im nächsten Zuge.
bessert die Lage des Schwarzen nicht) 31. Th8t II 34. Ths: ist die einzige Verteidigung gegen die
Kg7 32. Dh7t Kf6 33. Dh4t Kg7 34· Th7t Kg8 Drohungen 34 . . . Dgs:t und 34 . . . De1t, aber
35. Tq, und Weiß gewinnt. nach 34 . . . Tf3:t (34 . . . Deit 35. Kg4 bringt dem

1 5 8. DSZ 1894, S.n6.


1 5 9· Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.149.
92 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

Schwarzen keine zusätzlichen M öglichkeiten,


sondern nur dem Weißen) hat der Anziehende 112
eine schwere Wahl:

111

Danach entsteht ein Turmendspiel mit breiter Ten­


A) 3S· K[J: ghs: 36. Dd7 Tf8t 37. Lf4 Des 38. g3 denz zum Unentschieden.
(Nach 38. Ddst Dds:t 39. cds: bc6: ist der Weiß kann sich nicht rühren, und Schwarz kann
Sieg für Schwarz leicht) 38 . . . bc6: 39. Dc6: 33 . . . b6 34. Te4 Tc2 3S· Kg2 Td3 nebst Lcs-d4 ver­
(Auch nach 39. h4 Der kann Weiß nicht überle­ suchen; Weiß hätte unangenehmen Zeiten entge­
ben) 39 . . . gs 40. Dg6t Dg7 41. Dhs: Db7t, und gengesehen, wenn auch seine Stellung bei genauer
Schwarz gewinnt. Verteidigung haltbar sein müßte; sein Mehrbauer
B) 3S· g[J: ghs: (Nach 3s . . . Dert 36. Kg4 ghs:t sollte ihn retten.
hat Weiß die zusätzliche M öglichkeit 37. Khs:) Eine andere vielversprechende Fortsetzung wird
3 6. Dhs: Dest 37. Kh3 bc6:. Es ist unwahrschein­ schon in alter Zeit empfohlen: 33 . . . Td4 34· Td4:
lich, daß Weiß sich halten kann; auf 38. Dg4 Ld4: 3S· Tdr Lf2:t 36. Kfr Tc2.1 61
folgt 38 . . . Tf8.
113
Auch diese Gewinnführung wurde schon in al­
ter Zeit entdeckt.1 60 Dort schlug man 32 . . . Das an
Stelle von 32 . . . Td3t 33. Tf3 Das vor; einen wesent­
lichen Unterschied macht dies nicht.
Nach dem Partiezug entsteht eine ausgeglichene
Stellung.

3 1. Dh3- f3 (?)

Die Drohung 31 . . . Lf2:t macht Weiß nervös, aber


jetzt erhält er ein schlechtes Endspiel. Am sicher­
Nach 37· Td2 Tcr:t 38. Kf2: TC4: (DSZ) hat Weiß
sten ist wohl die Fortsetzung 31. b4 ab3: 32. Db3:
große Schwierigkeiten.
Lf2:t 33. Tf2: Tert 34· Tfr Dcst 3S· Le3 Te3: 36. Db4
II 37· Lf4 mit der Absicht, m öglichst aktives Spiel
mit Remisstellung.
zu erhalten, ist besser, doch hat Weiß nach
3 1. Dc6xf3 37· . . Lh4 (37 . . . Tb2: 38. Les nebst 39· Td7 ist we­
3 2. px f3 Te8-e2 niger gefährlich für Weiß) immer noch schwer
3 3 · LgS-Cl zu kämpfen:
A) 38. Les Lf6 39· Lf6: gf6: 40. Td8t Kf7 41. Td7t
(siehe Diagramm 112)
Ke6 42. Tb7: Th2: sieht sehr verdächtig für Weiß
33· Te2xf2 (?) aus.

1 60. Von H. Eichstätt, DSZ 1895, S.85, vgl. BCM 1895, S.217.
16 1 . DSZ 1894, S.n6.
6. PART I E : S T E I N I T Z LASKER 93

B) 38. Td7 Tf2t 39. Kg1 Tf3: 40. Les Tf7 41. Tds. 6. Partie
Weiß dürfte überleben. W. S T E I N I T Z - E M . L A S K E R
Der Rest der Partie bietet keine besonderen Vor­ New York, 29. und ]0.].1894
kommnisse. Italienisch (C54)

3 4· Tfl xf2 Td6-d1t


Frühere Bearbeitungen:
3 5 · Kg1-g2 Lcs x f2
DWS 1894, S.146-147;
36. Kg2xf2 Tdi XC l
DSZ 1894, S.134-136;
3 7 · Kf2-g3 b7-b6
BCM 1894, S.224-225;
38. Th4-d4 TC1 -C2
CM XV (Mai 1894), S.282-283;
39· Td4-d8t Kg8-h7
Str. 1894, S.178-181;
40. Td8-b8 Tc2xb2
LCM IV (1906), S.188-189;
4 1 . Tb8-a8 g6-gs
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
42. Ta8xa4 hs-h4t
Band (Ansbach 1921), S.15-16;
43· Kg3-h3 Tb2-f2
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
44· Ta4-b4 Tf2xf3t
hagen) , Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
45· Kh3-g4 Tf3 xa3
112 (Anmerkungen von L. Rellstab);
46. Tb4xb6 Ta3-a2
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
47· Kg4xg5 Ta2Xh2
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
48. Tb6-b3 Th2-hl
343 (Anmerkungen von D. Hooper).
49· Tb3-C3 h4-h3

Steinitz legt die Partie ziemlich kraftlos an, und


114 Lasker geht mit einem leichten Vorteil ins Mit­
telspieL Ich lasse den ersten Teil des Spiels ohne
Besprechung.

1. e2-e4 e7-e5
2. Sp-f3 Sb8-c6
3· Lfl-q Lf8-c5
4· C2-C3 Sg8-f6
5· d2-d4 e5 Xd4
6. e4-e5 d7-d5
7· Lq-b5 Sf6-e4
8. C3Xd4 Lc5-b6
9· Sbi-CJ 0-0
Hier bot Steinitz remis an, aber Lasker lehnte ab
10. Lc1-e3 f7-f5
und versiegelte
11. e5Xf6 Se4xf6
so. Kgs-g4 1 2. Ta1 -c1 Dd8-d6
lJ. 0-0 Lc8-g4
Vielleicht lag es ihm daran, einen zusätzlichen frei­
14· Lb5-e2 Ta8-e8
en Tag zu erhalten.
15. h2-h3
Remis gegeben.
Weiß verschwendet Zeit. Besser ist 15. Sa4 nebst
Sa4-c5 mit gleichem Spiel.

15.
1 6. Le2xf3
17. Sc3-e2 (?)
94 D E R E R S T E W E T T K A M P F L A S K E R - S T E I N I TZ

us n6

Weiß m öchte die Drohung 17 . . . Sfs entkräften, in­ Dies bedeutet unter den gegebenen Umständen
dem er die M öglichkeit zu der Antwort 18. Lf4 nur eine Schwächung. Weiß sollte die Möglichkeit
schafft. Er gibt jedoch den Schutz des Feldes e4 nutzen, seinen Springer zu aktivieren: 21. Sc3, und
und die Aussicht auf das Manöver Sc3-a4-cs auf; nun:
der Springer steht auf e2 schlecht. Besser gefällt 21. . . Sgs 22. Lgs: Dgs: 23. Se4 nebst 24. Ses mit
mir die Fortsetzung 17. Dd3 c6 18. g3, und nun: befriedigendem Spiel für Weiß.
I 18 . . . Lq 19. Sbs, und Weiß erwischt den II 21. . . Sd6 22. Sa4
schwarzfeldrigen Läufer des Gegners. A) 22 . . . Ld4: (Nach 22 . . . LdS 23. Ses bekommt
II 18 . . . Sg6 19. Lg2 Lq 20. Tfe1 mit etwa gleichem Weiß ebenfalls Gegenspiel) 23. Lds:t KhS
Spiel. 24. Ld4: Dd4: 2S. Tcd1 Df6 26. Lp mit etwa glei­
III 18 . . . Dd7 19. Lg2 Sfs 20. Tce1, und der Vorteil chem Spiel.
des Schwarzen ist nicht nennenswert. B) 22 . . . SC4 23. Sb6: ab6:
Ba) 24. Dc3 Se3: 2S. fe3: Dgs 26. TfS:t SfS: 27. Kf2
17. Se7-g6 Sd7 ist sehr unbequem für Weiß.
18. p-g3 q-c6 Bb) 24. Kh2 Se7 2s. Dc3 Sfs 26. Tee! TaB führt eben­
19. Lf3-g2 Sf6-e4 falls zu großem Vorteil für Schwarz.
20. Dd1-b3 Be) 24. TC4: dC4: 2s. DC4:t
Weiß ho fft darauf, taktische Möglichkeiten auf der B n) 2S . . . Df7 26. Df7:t Tf7: 27. ds es 28. b4. Weiß
Diagonale b3-g8 und Druck gegen den Bauern hat ausreichendes Gegenspiel; er steht nicht
aufb7 zu erhalten. M öglich ist auch 20. Dd3 Df6 schlechter.
21. Sc3 Sd6 22. Sa4, und der Vorteil des Schwarzen Be2) 2s . . . Tf7 26. a4. Auch hier gibt es für Weiß
ist noch nicht überwältigend. keinen Anlaß zur Besorgnis.
Nach dem Textzug vergrößert sich der Vorteil des
20. Dd6-f6 (?) Schwarzen.
(siehe Diagramm 116) 21. ...

Steinitz meldet: "Verschiedene Sachkenner mach­


Dieser Zug erm öglicht es dem Weißen, den Sprin­
ten darauf aufmerksam, daß 21. . . Sd2 viel stär­
ger des Schwarzen von e4 zu verdrängen. Besser
ker war. Die wahrscheinlichste Fortsetzung war
ist 20 . . . Tf7; der Bauer auf b7 wird gedeckt, und
22. Ld2: Te2: 23. Le3 Ld4: 24. Db7= Le3: 2s. fe3: Tf2,
21. Sc3 scheitert an 21. . . Sg3:.
und Weiß mag spielen, was er will, Schwarz ver­
21. a2-a4 (?) bleibt mit einem Vorteil."162

162. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.179.


6. PA RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 9S

In Wirklichkeit hat Schwarz in der Schlußstellung Umständen opfern als in dem beim 21. Zuge von
nach 26. Kh1 keinen Vorteil; auch andere Züge Weiß angegebenen Abspiel unter II Be; es entsteht
wahren das Gleichgewicht. eine ungefähr ausgeglichene Stellung.
Schwarz steht noch nicht für eine Transformation
23. TC1 XC4 dsxq
der Stellung bereit; weitere Vorbereitung ist erfor­
24. a4-as Lb6-d8
derlich. Auch hier ist zum Beispiel 21. . . Tf7 ein
2S. Db4Xh7 LdSxas
guter Zug.
Der Partiezug gibt dem Gegner die Gelegenheit
zur Entlastung auf taktischem Wege, auf die er zu u8
hoffen schien, als er 20. Db3 zog.

22. Db3-b4?

Aber er ergreift sie nicht. Richtig ist 22. as Las:


(Nach 22 . . . Ld8 23. a6 bekommt Schwarz Sorgen
mit dem Punkt c6) 23. Lds:t,

117

Hier wurde 26. ds als aussichtsreicher vorgeschla­


gen,164 doch gerät Weiß nach 26 . . . Lb6 mit der
Drohung 27 . . . Db2: in große, vermutlich unüber­
windliche Schwierigkeiten.
Am sichersten und besten ist 26. Da6 Lb6 (26 . . .
und nun:
Ld2 27- Dq:t De6 28. d s oder 27 . . . Df7 28. DfTt
23 . . . Kh8 24. Lg2 Lb6 2S. ds, und Weiß ist der
nebst 29. Lc6: ist dem Schwarzen nicht zu emp­
Sorgen ledig.
fehlen) 27- Dq:t mit Gewinn beider gegnerischer
II 23 . . . cds: 24. Dds:t
c-Bauern.
A) 24 . . . De6 2s. Das: Dh3: 26. Ddst. Weiß hat nicht
das Geringste zu fürchten. 26. Las-d2
B) 24 . . . Kh8 2s. Das: Df3. Bis hierher gibt Steinitz 27. Da7-c5
die Variante an, verwirft sie jedoch mit den
L. Hoffer gibt 27. Ld2: Te2: 28. Le3 Tb2: 29. Des
Worten: "bald gefolgt von Sd6-fs, '" 63 doch hat
als stärker an, aber wenn Schwarz zum Beispiel
Weiß nach 26. Sf4 Sfs 27. Sg2 Se3: 28. fe3: Dg3:
28 . . . Se7 an Stelle von 28 . . . Tb2: spielt, schwebt
29. Tf8:t Tf8: 30. Tfl keinerlei Probleme.
Weiß in Verlustgefahr.
Jetzt bleibt Weiß in den alten Sorgen stecken, wenn
Schwarz richtig fortsetzt. 27. Ld2xe3
28. hxe3 Df6-e6
22 . ... Sd6-q?
29. Th xf8t Te8xf8
Viel stärker ist 22 . . . Dd8; zur gegebenen Zeit wird
(siehe Diagramm 119)
Sd6-q oder Sd6-fs folgen. Nach dem Textzug
kann Weiß die Qualität unter noch günstigeren

1 63. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.179; BCM 1894, S.224.


1 64. DWS 1894, S.146-147.
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

3S· Kh1 De1t 36. Kh2 Dest 37· Kh1 Db2:. Auf
119 38. d6t folgt 38 . . . Kf8 nebst Db2-f6; ich zweife­
le daran, daß Weiß sich halten kann.
E) 32. Kh2 cds:

120

In einem der zeitgenössischen Kommentare wird


30. ds als gewinnbringend angegeben, doch läßt
der untersuchende Meister den Weißen in allen Ea) 33. Lds:t Kh8 führt sofort zum Verlust für
Varianten zu dsxc6 kommen. 165 Der Zug 30. ds Weiß, weil der Bauer auf b2 mit Schach hängt.
ist aber in der Tat besser als der Partiezug. Nach Eb) 33. Sds: Db2: 34· Dq: Ses 3S· De4 Tf8 36. Sf4.
30 . . . Des 31. Sf4 muß Schwarz die richtige Wahl Wenn Weiß Springertausch erreicht, ohne daß
treffen: sich die Stellungsstruktur verändert, hält er re­
31. . . Sf4:? 32. gf4: Db2: 33. dc6: wird im "Deut­ mis; werden dann die Damen getauscht, führt
schen Wochenschach" angegeben; jetzt hat h3-h4 zu einer haltbaren Stellung, auch wenn
Weiß eine Gewinnstellung. Auch wenn der e-Bauer verlorengeht
Schwarz den Fehler 32 . . . Db2: vermeidet und
Während die Fortsetzung 30. ds wohl noch soeben
mit 32 . . . Dfs fortfährt, kann er h öchstens auf
zum Remis gereicht hätte (Abspiel III Eb), dürfte
unentschieden hoffen.
es nach dem gespielten Zug keine Rettung mehr
II 31 . . . Se7 32. Dq: (32. Se6 wird einfach mit
für Weiß geben.
32 . . . Te8 beantwortet) 32 . . . De3:t 33. Kh2 cds:
34. Sds: Sds: 3S· Dds:t Kh8 36. b4. Weiß hält 30 . ... De6-f7
remis.
Zu einer scharfen, unklaren Stellung führt die
III 31. . . Td8 ist am stärksten:
Fortsetzung 30 . . . Tb8 31. es Tb2: 32. Lc6:. Der von
A) 32. Se6 scheitert an 32 . . . Dg3:, und Schwarz ge­
Schwarz gewählte Zug ist stärker.
winnt.
B) 32. Dq: De3:t 33. Kh2 Sf4: 34. dc6:t (Nach 31. Kg1-h2 (?)
34. gf4: cds: 3S· Lds:t Kh8 hat Weiß eine Ver­
luststellung) 34 . . . Se6 3S· q Tc8 36. Lds Kf7 Bessere Rettungsaussichten bietet immerhin die
nebst 37 . . . Des oder 37 . . . Ke7 oder 37 . . . Kf6, und Fortsetzung 31. ds cds: 32. eds: Ses 33· d6.
Schwarz gewinnt. 3 1. Tf8-b8
C) 32. Da3 Se7 (32 . . . cds: 33. Ldst Tds: 34· Da8t 3 2. Dcsxc6
oder 33 . . . Kh8 34. Lq: ist nicht gefährlich für
Weiß) 33. dc6: gs 34· Shs (34. Se2 Td3 ist hoff­ (siehe Diagramm 121)
nungslos für Weiß) 34 . . . Kf7, und Weiß hat gro­
Andere Fortsetzungen sind nicht besser; auf
ße Schwierigkeiten.
32. Da3 folgt 32 . . . Df2.
D) 32. Sg6: hg6: 33. Dc6: (33. Dq: cds: ist noch un­
günstiger für Weiß) 33 . . . Dg3: 34. Dq: De3:t 3 2. ...

1 6 5 . DWS 1894, S.147; Str. 1894, S.18o.


6. PARTIE: S T E I N I T Z - L A S K E R 97

auf 38 . . . C2 die Antwort 39. Sd3) 39. Sg6: Dg6:


121 (39 . . . c2 scheitert an 40. Se5) 40. Dd7t Dp
41. Df5t mit remis durch Dauerschach.
B) 35 . . . h6 ist stärker als 35 . . . c3; nach 36. h4 Dd7

123

Die alten Meister fühlten, daß hier eine wichti­


ge Entscheidung anstand, und äußerten sich wie
folgt.
37· Dd7: Sd7: 38. Sd5 Td2 gewinnt Schwarz mü­
Lasker meint: "Falls Schwarz[ . . . ] mit 32 . . . Tb2:
helos.
fortgesetzt hätte, hätte Weiß 33. Dc8t Sf8 34· Sf4
Die übermäßige Feinheit des Textzuges vergibt
g5 35. Dg4 geantwortet, und man sieht nicht, wie
den Sieg.
Schwarz in dieser Stellung auf Gewinn spielen
könnte, wie stark auch sein Freibauer erscheinen 3 3 · Dc6-q Tb8xb2
mag." 34· Se2-f4 g7-g5
Steinitz sagt: "Stärker scheint sofortiges 32 . . . Tb2: 3 5 · Sf4-d5 Se7xds
zu sein. Das Spiel wäre wahrscheinlich mit 36. Dq-d8t Kg8-p
33· Dc8t Sf8 34· Sf4 g5 35· Dg4 C3 36. Dg5:t Sg6 3 7 · Ddsxgst Kg7-h8
37· Sd3 Da2 weitergegangen."1 66 3 8 . e4xd5
Nach 32 . . . Tb2: hat Weiß die Wahl:
Der König des Schwarzen steht nun so sehr dau­
122 ernden Schachgeboten bloß, daß auch der starke
Freibauer auf der c-Linie den Gewinn nicht mehr
verbürgt.

38. Tb2-e2
39· Dgs-dst Te2-e8
40. Dd8-g5

Sicherer ist 40. Da5 Df2 (40 . . . Tc8 41. d6 c3


42. De5t Dg7 43. d7 führt auch zum Remis) 41. d6
Dd4: 42. d7 Tf8 43. Dq c3 44· h4, und Schwarz
kann nicht mehr weiterkommen.
33· Da8t Sf8 34· Sf4 g5 35· Da1 (Auf 35· Da3 folgt
35 . . . Tb3 mit Gewinn, und 35. Sd5 wird mit 40. ...
35 . . . Df) beantwortet) 35 . . . c3 36. Sd3 Da2 37· Dfl
Weiß überlebt auch nach 4 0 . . . D f2 41. d 6 Dd4:
Td2, und Schwarz gewinnt.
42. Da5, siehe die vorige Anmerkung.
II 33· Dc8t Sf8 34· Sf4 g5 35· Dg4
A) 35 · . . C J 36. Dg5:t Sg6 37- h4 h6 (37 . . . c2 wird 41. Dgs-d2 Dg7-f6
mit 38. Sd3 pariert) 38. Dg4 Kh7 (Wieder folgt 42. Dd2-C3 TeS-cS

166. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.18o.


98 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

43· Lp-f3 Tc8-b8 57· h4-h5 Dd7-g7


44· Lf]-p Tb8-c8 s8. Des-e8t Dg7-f8
45· h3-h4 Df6-d6 59· De8xf8t Kg8xf8
46. Lp-h3 Tc8-q (Abgabezug) 6o. Kg2-f3 Kf8-f7
47· Lh3-e6 Dd6-f8 61. Kf3-g4 Kf7-g7
48. Kh2-g2 Df8-f6 62. Kg4-g5 Kg7-f7
63. Kgs-h6 Kf7-g8
Sicherer ist 48 . . . h6. Jetzt verliert Schwarz ersatz-
64. Kh6-gs Kg8-f7
los seinen c-Bauern; aber auch danach kann Weiß
65. Kgs-f4 Kf7-g7
nicht gewinnen.
66. Kf4-f5 Kg7-f7
49· Dc3-a5 Tq-e7 67. g3-g4 h7-h6
68. Kfs-es Kf7-e7
Auf 49 . . . Dd8 folgt so. Da6 nebst d5-d6.
69. Kes -ds Ke7-f6
so. Das-es Te7-e8 70. Kds-e4 Kf6-e6
5 1 . Dcs xC4 Te8-f8 71. Ke4-d4 Ke6-f6
5 2. DC4-e2
Remis gegeben.

124

Auch die Folge 52. d6 Df2t 53. Kh3 Tf3 54· Dc8t Tf8
ergibt remis nach 55. D n Dd4:. J. Mason schlägt
56. d7 vor, 167 aber dann gewinnt Schwarz mit
56 . . . Dflt 57- Kg4 (57- Kh2 wird m it 57 . . . Kg7 wider­
legt) 57 . . . Df3t 58. Kh3 Dhit 59. Kg4 De4t 6o. Kh3
De6:t usw.

52. Df6xd4
53· ds-d6 Tf8-d8
54· d6-d7

Auch nach 54· Df3 Des 55· Df7 Dg7 kann We iß


nicht gewinnen.

54· Td8Xd7
5 5· Le6xd7 Dd4xd7
56. De2-e5t Kh8-g8

1 67. BCM 1894, S.225.


7· PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 99

7· Partie 10. Sf3 Xd4 Sc6xd4


EM . L A S K E R - W. S T E I N I T Z 1 1 . Dd2Xd4
New York, 3.4.1894
Nach 11. Ld4: Lg5 12. Le3 Le3: 13. De3: o-o ist die
Spanisch (C62)
Stellung ungefähr ausgeglichen.

Frühere Bearbeitungen: 11. Le7-f6


DWS 1894, S.150-151; 1 2 . Dd4-d2 Ld7-c6
DSZ 1894, S.136-138; 1 3 . Sc3-d5 0-0
BCM 1894, S.225-227;
CM XV (Mai 1894), S.283-284;
125
Str. 1894, S.182-185;
LCM IV (1906), S.189-190;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Band (Ansbach 1921), S.17-18;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen) , Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
113 (Anmerkungen von L. Rellstab);
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
344 (Anmerkungen von D. Hooper);
V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.35-37;
J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971),
14. g2-g4
S.215-219;
L. Pachman, Entscheidungspartien (Düsseldorf "Es scheint, daß ich meinen Angriff überzog, als
1972), S.20-22; ich 14. g4 spielte. Erst ein ruhiger Zug wie 14. f3 hät­
CBM 6o (10/1997), S.35-38; te meine Stellung sehr gefestigt," meint Lasker. 169
G. Kasparov, On My Great Predecessors I (London Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, die Stellung
2003), S.121-125, und einige Ergänzungen dazu in auf ruhige Art zu behandeln.
"Schach" nhoo3, S.39 und 1 !2004, S-4. I 14. g3 Te8 15. L[J mit der Idee h2-h4-h5 ist eine
der Vorschläge in Kasparovs Buch, aber abge­
1. e2-e4 e7-e5
sehen davon, daß 15 . . . Se5 Zugwiederholung
2. Sg1-f3 Sb8-c6
erzwingt, kann Schwarz mit 15 . . . Ld5: nebst
3· Lh-b5 d7-d6
16 . . . Lb2:t fortfahren.
4· d2-d4 Lc8-d7
II Der zweite Vorschlag ist 14. Sf6:t Df6: 15. f3;
5· Sb1 -q Sg8-e7
nach 15 . . . De6 16. Kb1 Lb5 ist die Stellung aus­
6. Le1-e3
geglichen.
Lasker weicht von der Fortsetzung 6. Lq ab, die er III Die Fortsetzungen 14. f3 oder 14. Kb1 Te8 15. f3
bisher dreimal wählte, obwohl sie ihm gute Stellun­ geben dem Weißen einen kleinen Vorteil.
gen gebracht hatte. Der neue Zug sieht natürlicher Der Textzug ist ein scharfer Versuch, die Position
aus. 168 Weiß bereitet die lange Rochade vor. des Schwarzen sofort zu erschüttern. Er schlägt
nicht durch, muß aber nicht in eine Verluststei­
6. Se7-g6
lung münden.
7· Dd1-d2 Lf8-e7
8. 0-0-0 a7-a6 14· Tf8-e8
9· Lb5-e2 es xd4 1 5 . g4-g5

168. Nach dem Urteil von M. Ögorin hat er "mehr Wert," Str. 1894, S.182.
1 69. Zeitungsspalte; vgl. LCM IV (1906), S.189.
100 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

"Dieser Vorstoß ist verfrüht; er übersah offenbar 18. h-f4


den folgenden Plan des Schwarzen. 15. f3 war bes­ 19. f4xgs
ser," urteilt Steinitz. 17 0 20. Td1-h (?)
Auf 15. f3 kann 15 . . . Ld5: 16. Dd5: Le5 mit gleichem
Bessere Rettungsaussichten bietet die Fortsetzung
Spiel folgen. Der Partiezug ist nicht schlechter.
20. Lf3 Te3: 21. Lb7:, und nun:
15. Lc6xd5 I 21. . . Tb8 22. The1
16. Dd2xd5 (?) A) 22 . . . Te1: 23. Te1: Dd7 (soweit G. Kasparov,
S.122) 24. Le4 mit guten Überlebensaussichten
Besser ist 16. ed5:. Schwarz ist gezwungen, auf e3
für Weiß.
die Qualität zu opfern; andernfalls verbleibt er mit
B) 22 . . . Tes 23. La6: Sh4 24. Tfl Tgs: 25. LC4. Die
einer Verluststellung. Nach 16 . . . Te3: hat Weiß die
Stellung entbehrt der für Schwarz wünschens­
Wahl:
werten Klarheit.
I 17. gf6: Te5 18. fg7: Dh4. Schwarz hat das beque­
II 21. . . Te8 22. h4 (22. La6: Dgs: ist sehr ungün­
mere Spiel.
stig für Weiß) 22 . . . Te2 23. Das Tes 24. Dd2
II 17. fe3: Lg5: 18. Kb1 De7 19. Db4.
(Auf 24. Da6: folgt 24 . . . Sh4:} 24 . . . De6 2s. Kb1.
126 Die Verwertung des Mehrbauern stellt an den
Schwarzen höchste technische Anforderungen.
Nach dem Textzug ist die Aufgabe des Schwarzen
einfacher, aber immer noch nicht leicht.

20.

127

Dieses Abspiel wird schon von Tarrasch angege­


ben, und man kann auch seinem Urteil zustimmen,
daß es weit davon entfernt ist, ungünstig für Weiß
zu sein:171 Schwarz hat mehr Sorgen mit seinen
Damenflügelbauern, als man auf den ersten Blick
vermutet, und seine Beherrschung der schwarzen
Felder hat nur verteidigende Kraft.
Nach dem Textzug erhält Schwarz das bequemere
Spiel.
Lasker meint: "20 . . . Te8 scheint stärker zu sein."17 3
16. Te8-e5 Vermutlich wollte Steinitz dem Gegner nicht die
17. Dds-d2? Gelegenheit geben, mit 21. Lf3 Te3: 22. Lds Sh8
23. Lb7: den Schaden zu begrenzen.
Richtig ist 17. Db7:, wie man schon früh erkann­
In Betracht kommt jedoch die Fortsetzung 20 . . . c6,
te.17 2 Nach 17 . . . Lg5: 18. Lg5: Tgs: 19. Tds steht Weiß
um dem Läufer des Weißen den Zugang nach C4
nur wenig schlechter.
zu nehmen. Nach 21. h4 Te3: 22. Ld3 Des sollte
1 7. ... Schwarz leicht gewinnen.

1 70. Zeitungsspalte.
171. Str. 1894, S.182-183.
1 7 2. D5Z 1894, 5.137; G. Kasparov, 5.122-123.
173. 5tr. 1894, 5.183.
7· PA RT I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 101

2 1. Le2-q Sg6-h8
128
Dieser Zug hat schon früh das Mißfallen vieler
Kommentatoren erregt174 und auch später immer
wieder zu Kopfschütteln Anlaß gegeben,175 aber
vermutlich zu Unrecht.
I Die Fortsetzung 21. . . Dgs:, die von Nejstadt
angeregt und in Kasparovs Buch besprochen
wird, ist keine Verbesserung; nach 22. Lfl:t Kh8
23. Thg1 hat Schwarz nur noch geringfügigen
Vorteil.
li 21. . . Tf8 ist die natürlich aussehende Fortset­
zung, die allenthalben empfohlen wird. Aber
die Sache ist nicht so einfach. Weiß antwor­ 2J . ... d6-ds ?
tet 22. h4 Te4 (Nach anderen Fortsetzungen ge­
langt der Springer von g6 nicht nach es) 23. hs, Danach steht Schwarz wahrscheinlich nicht mehr
und nun: auf Gewinn, obwohl er zwei Mehrbauern besitzt.
A) 23 . . . Tq: 24. hg6: hg6: 2S. Kb1 Te4 (soweit Kas­ Richtig ist 23 . . . hg6: 24. hs, und nun:
parov) 26. Dh2 fs 27. gf6: Tf6: 28. DhSt Kf7 I 24 . . . ds ist nicht am genauesten: 2s. hg6: Sg6:
29. a3. Trotz dreier Mehrbauern ist die techni­ 26. Ld3
sche Aufgabe des Schwarzen alles andere als A) 26 . . . Td3: wird bei Kasparov empfohlen, aber
einfach. nach 27. Dd3: Te8 28. Kb1 steht Weiß sicher
B) 23 . . . Ses 24. Lds Tg4 2s. g6 hg6: 26. hg6: Sg6: nicht schlechter; der König des Schwarzen fühlt
27. Lb7: Dgs (soweit Kasparov) 28. Dgs: Tgs: sich in seiner Haut keineswegs wohl.
29. La6: TaB 30. Lq ds 31. Lb3 es 32. a3 c4 33. La2. B) 26 . . . SfB 27. Dh2 f6 28. Lfs. Der Angriff des Wei­
Der Gewinn ist für Schwarz keineswegs mü­ ßen behält Kraft.
helos; seine Königsflügelbauern kommen nur li 24 . . . ghs: 25. Ths: Tes 26. Thh1 Des 27. Ld3. Es

schwer in Gang. ist für Schwarz nach wie vor nicht einfach, seine
Stellung endgültig zu sichern.
Der Textzug hat den Vorteil, daß dem Damenturm
III 24 . . . gs ist wohl am stärksten: 2s. h6
des Schwarzen auf eS wirkungsvoll eingesetzt wer­
A) 2s . . . gh6: 26. Dh2 Dfs wird von Nejstadt und
den kann; außerdem entweicht der Springer schon
Kasparov als siegbringend angegeben, aber
einmal dem Angriff durch h2-h4-hs. Er wird zu
nach 27. Tf6 hat Schwarz nichts Besseres
seiner Zeit wieder ins Spiel gelangen.
als 27 . . . De7 28. Tff1 mit Ausgleich; 28 . . . Te6
q-c6 29. Le6: De6: 30. Dh6: Dh6: 31. Th6: Sg6 32. Ths
usw.
(siehe Diagramm 128)
B) 2s . . . g6 26. h7t Kg7 (Auf 26 . . . Kf8 folgt 27. Lfl:)
23. gs-g6
27. Dh2 fs 28. Dh6t Kf6
Ba) 29. Lg8. Kasparov hält die Lage für unklar,
Es gibt keine Möglichkeit, den Springer ohne Auf­ doch kann Weiß nach 29 . . . De4 seine Stellung
gabe des g-Bauern aufh8 einzuschließen. Mit dem nicht verbessern; Schwarz setzt mit Ta8-e8 fort
Textzug gelingt es dem Weißen immerhin, seinen und rückt dann die Bauern am Damenflügel
h-Bauern nach h7 zu bringen und gefährliche tak­ vor.
tische M öglichkeiten zu schaffen. Bb) 29. Thg1 ds.

1 74. DSZ 1894, S.137; Lasker in einem der Zeitungskommentare.


1 7 5 . CBM 6o (101l997), S.35; G. Kasparov, S.123.
102 D E R E R S T E W ET T K A M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

129 Natürlich ist auch ein Luftloch i n dieser Stellung


bei kommenden taktischen Verwicklungen sehr
nützlich für Weiß.
30. 0 0 0 c6-c5
Es ist ein sehr plausibler Plan, den Läufer zu ja­
gen; aber Weiß findet einen bemerkenswerten Zu­
fluchtsplatz für diese Figur auf f5. Ich vermag für
Schwarz jedoch keine bessere Fortsetzung anzuge­
ben. Nejstadt empfiehlt 30 . . . Te6, um 31. Df2 mit
31. . . Tf6 parieren zu können, aber wie Kasparov
Ich sehe nicht, wie Weiß mit seinem Angriff
gezeigt hat, findet die Dame einen anderen Weg
durchdringen kann. Auf 30. Ld3 folgt 30 . . . Kf7. nach h4: 31. Db4 b5 32. Dh4 mit unklarer Lage.
Nach der Partiefortsetzung bekommt Weiß auf
Grund der Stellung des Springers aufhS und seiner 3 1 . Dd2-h C5 -C4
Drohungen gegen den gegnerischen König ausrei­
chendes GegenspieL 130
24. g6xh7t Kg8xh7
2 5 . Lq-d3t Kh7-g8

L. Hoffer schlägt 25 . . . g6 26. h5 Kg7 als Gewinnfort­


setzung für Schwarz vor, 176 aber nach 27. hg6: muß
Schwarz aufgeben, denn die Drohung Dd2-h2 hat
entscheidende Kraft.

Ta8-e8

"Hätte Schwarz 26 . . . Tg3 gespielt, hätte er wahr­


scheinlich gewonnen," meint Lasker. 177 Nach der
einfachen Antwort 27. Kb1 steht der Turm jedoch 32. Dh-h4
auf g3 nicht gut; 27 . . . Dg5 wird mit 28. Db4 beant­ Steinitz weist darauf hin, daß 32. Lg6: an 32 . . . fg6:
wortet, und 27 . . . es 28. h6 ist wenig erfreulich für 33. Dh4 Sf7 scheitert: 34· h8D+ ThS: 35· Tf7:t Kf7:
Schwarz. Der Textzug ist besser. 36. Dh8: Dh8:, und Schwarz gewinnt.178
27. hs -h6 p -g6 3 2. 0 0 0

28. h6-h7t Kg8-g7


Einige Meister, unter ihnen Lasker1 79 und Ögo­
29. KC1-bi rin180, hielten 32 . . . KfS für sicherer. Aber auch hier
Weiß verbessert die Stellung seü1es Königs; er geht folgt 33. Lf5, wie Lasker angibt:
Schachdrohungen aus dem Wege und mindert die I 33 . . . Te7 34. Lg6: Sg6: wird schon von Ögorin
Gefahr des Damentauschs. erwähnt, aber er setzt mit 35. h8D+? fort; der
Gewinnzug ist 35. Thg1 (Kasparov).
29. II 33 . . . gf5: 34· Thg1 f6 35· TgSt Ke7 36. Tfg1
30. a2-a3 Te4 (Auf 36 . . . Kd7 folgt einfach 37. Te8: DeS:

176. CM XV (Mai 1894), 5.285.


1 77. LCM IV (1906), 5.189.
1 78. 5tr. 1894, 5.184.
1 79. Zeitungsspalte.
1 80. 5tr. 1894, 5.184.
7· PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 103

38. Tg8) 37. Df2 (Kasparov), und Schwarz ver­ über eine Vielzahl von plausiblen Möglichkeiten.
kehrt in großen Schwierigkeiten. Einiges davon soll hier dargestellt werden.
III 33 . . . d4 34· Thg1 Kg7 3S· Th1, und wenn Schwarz I 33 . . . Dg3 34· Dh6t Kf7 3S· Ld7 (Nach 3S· Thg1
auf Gewinn spielen will, muß er doch 3S . . . f6 Tett 36. Ka2 Dg1: gewinnt Schwarz, wie Nej­
spielen. Es ist die Stellung erreicht, die entstün­ stadt angibt), und nun:
de, wenn Schwarz im 33. Zuge 33 · · .d4 an Stelle A) 3s . . . Td8 36. Th3 Deit (Nach 36 . . . Te1t 37. Ka2
von 33 . . . Kf7 gespielt hätte; Weiß erreicht un­ Des 38. Te1: De1: 39. Te3 De3: 40. De3: Td7:
entschieden mit 36. Lg6:, siehe Anmerkung zu 41. Des gewinnt Weiß) 37. Te1: Tei:t 38. Ka2 Td7:
33 . . . Kf7, III. Der Textzug läßt dem Schwarzen 39· Te3 Te3: 40. De3:.
also größere Wahl.
132
3 3 · Ld3-fs
So groß war der Erfolg dieses Zuges, daß niemand
nach anderen Möglichkeiten Ausschau gehalten
hat. Es lohnt sich aber, die Folgen von 33. Lg6:

131

Die Stellung des Schwarzen ist äußerst gefähr­


det.
B) 3s . . . T8e7 36. Tf6:t Kf6: 37. Dfst Kgs (Schwarz
hat nichts Besseres) 38. Dh6t Kf6 39. DfSt, und
Weiß gibt Dauerschach.
II 33· . . Tg3 (L. Hoffer) 34. Lg4 (Kasparov). Weiß
zu betrachten. Schwarz hat zwei Antworten:
will Lg4-f3xds mit der Drohung Dh4-h6 matt
33 . . . Kg6: 34· Thg1t Kf7 3S· Dh6. Die Drohung
spielen; die unsichere Stellung des Turmes auf
36. Tg8 ist sehr kräftig; nach 3s . . . Ke7 36. Tg8
g3 ist für den Schwarzen höchst hinderlich.
Tg3 (36 . . . Te1t 37· Tet: Det:t 38. Ka2 Sf7 39. Dhs
Ferner kommen alle möglichen Bauernzüge im
mit der Absicht 40. Tg7 führt Schwarz in den
Zentrum und am Damenflügel in Betracht.
Ruin) 37· TeS:t Ke8: 38. Tf6:, reichen die Dro­
III 33 . . . d4 verändert die Bauernstruktur auf eine
hungen des Weißen mindestens zum Remis.
solche Weise, daß 34· Lg6: (im Vergleich zum
II 33 . . . Sg6: 34· Tfg1 Kf7 3S· Dg4 Dgs
33. Zuge) schon völlig befriedigend ist:
A) 36. Dd7t T3e7 37· Dh3 De3 38. Dhs De4. Es
A) 34 . . . Kg6:
droht 39 . . . Tes; Weiß hat nicht genügend Kom­
Aa) 3S· Dg4t Kf7 36. Dd7t Te7 37- DeS Te8
pensation für das geopferte Material.
38. Dd7t. Schwarz gibt sich am besten mit
B) 36. Ddt Dfs 37· Tg6: Kg6: 38. hSD ThS: 39. Th8:.
Remis zufrieden, denn 38 . . . De7 39. Ddst Te6
Es ist sehr schwierig für Schwarz nachzuweisen,
40. Thgt Dds 41. Db7:t sieht ungesund aus.
daß er auf Gewinn steht.
Ab) 3S· Thg1t Kf7 36. Dh6 Ke7 37· Tg8 Kd8 38. Dg7
Der Textzug hat den Nachteil und den Vorteil, daß
fs 39. Dgst Kq 40. Tfs:. Schwarz schwebt in
er nichts droht und dem Schwarzen freie Hand
Lebensgefahr.
läßt.
B) 34· . . Sg6: 3S· Tfgt Kf7 (Die Fortsetzung 3S· . . Kh8
33· ... Kp-f7 (?) 36. Tg6: Te1t 37. Ka2 Th1: 38. Dht: gibt dem
Die Fortsetzung 33 . . . gfs: 34. Thg1t Kf7 3S· Dhst Schwarzen keine Gewinnhoffnungen) 36. Dg4
führt zur Partiefolge und braucht daher im Augen­ De4 (Auf 36 . . . Dgs folgt 37. Dd4: Dfs 38. Tg6:
blick nicht erörtert zu werden. Aber Weiß hat keine mit besserem Spiel für Weiß; hier zeigt sich der
unmittelbare Drohung, und daher verfügt Schwarz Unterschied zum Abspiel li in der Anmerkung
104 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

zum 33. Zuge von Weiß) 37. Dd7t Te7 3S. DeS B ) 34. Lg6: Sg6: 35. Tfg1 Kf7 36. Dg4 Dg5 37. Dd1
TeS 39· Dd7t De7 40. Dg4 De4 41. Dd7t mit Df5 3S. Tg6: Kg6: 39. hSD ThS: 40. ThS: Kf7
remis. 41. TbS b5. Hier mag Schwarz auf Gewinn ste­
IV 33 . . . b5 ist nachhaltiger: hen, aber er muß höllisch aufpassen.
A) 34· Dh6t Kf7 35· Thg1 Tg3. Schwarz kommt C) Andere Züge, die 34· · . cb2: zulassen, verspre­
zum Abtausch eines Turmpaares und bricht chen dem Weißen nichts Besseres, zum Beispiel
den Angriff des Weißen. 34· Ld3 cb2: 35. Db4 b5 usw.
B) 34. Thg1. Jetzt kann Weiß seine Dame nicht Mit 33 . . . b5 oder 33 . . . c3 hätte Schwarz also ausge­
mehr nach h6 bringen, und daher mangelt zeichnete Gewinnaussichten gewahrt. Der Nach­
es seinen Drohungen an Kraft, zum Beispiel teil des Partiezuges besteht darin, daß Weiß den
34 . . . a5, Königsturm nach g1 bringen kann an Stelle des Da­
menturmes, da er nicht Dh4-h6t als Möglichkeit
133
in Reserve halten muß; dadurch hat die Drohung
Lf5 xg6t mehr Kraft. Weiß kann nun unentschie­
den erzwingen.
34· Tht-gl g6xfs

Steinitz empfiehlt 34 . . . g5,181 aber nach 35· Dh6


mit der Drohung 36. Lg4 steckt Schwarz in un­
überwindlichen Schwierigkeiten.
II 34· . . C3
A) 35. Lg6:t Sg6: 36. Dg4, und nun:
und nun: Aa) 36 . . . ShS
Ba) 35. Ld7 TbS 36. Te1 d4, und Schwarz gewinnt. Aa1) 37· Dd7t Te7 3S. DeS TeS führt zum Remis.
Bb) 35· Dg4 g5 36. Dh5 b4 37. Tg5:t fg5: 3S. Dg5:t
Aa2) 37. Dg7t Ke6 3S. Db7: cb2: 39. Dc6t Kf7
Sg6 39· hSD+ (Nach 39. Dg6:t KhS hat Weiß
40. Dd7t Te7 41. DeS ergibt dieselbe Remiswen­
keine weiteren Ressourcen) 39 . . . KhS: 40. Th1t
dung.
KgS 41. Dg6:t Dg7, und Schwarz gewinnt.
Ab) 36 . . . Se7
Be) 35· Lg6: Sg6: 36. Dg4 De4 37· Dh5 b4 3S. g4 Te1t
39. Te1: (39· Ka2 scheitert an 39 . . . b3t 40. cb3: 134
Db1 matt) 39 . . . De1:t 40. Ka2 b3t 41. cb3: cb3:t
42. Kb3: Db1, und Schwarz gewinnt.
C) 34· Lg6: Sg6: 35· Tfg1 Kf7 36. Dg4 Dg5 37· Dd1
Df5 3S. Tg6: Kg6: 39· hSD Ths: 40. ThS:. Die
Stellung ist identisch mit der Schlußstellung des
Abspiels, das beim 33. Zuge von Weiß unter II B
angegeben ist, nur daß der b-Bauer des Schwar­
zen aufb5 statt aufb7 steht; für die Bewertung
der Stellung macht dies keinen Unterschied.
V 33 . . . c3 ist der einschneidendste der Bauernzü­
ge: Ab1) 37. Dg7t Ke6 3S. hSD (3S. b3 wird mit 3S . . . f5
A) Wenn Weiß den Vorstoß ruhig mit 34. b3 ab­ abgewehrt) 3S . . . ThS: 39. DhS: cb2: ist ungün­
wehrt, ist 34· . . Dg3 schon kräftig: 35· Dh6t Kfl stig für Weiß.
36. Ld7 TdS, und 37· Th3 scheitert an 37 . . . Te1 t Ab2) 37· b3 d4 3S. hSS+ ThS: 39. Dg7t Ke6 40. DhS:
3S. Ka2 Dg2. d3, und Weiß schwebt in heftiger Lebensgefahr.

1 8 1 . Zeitungsspalte.
7· PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z lOS

B) 3S· Da4 ist sicherer für Weiß; Schwarz hat nichts 43 . . . Df7: 44. h8D De7. In dieser Zugfolge gibt es
Besseres, als sich mit 3S· . . gfs: 36. Dd7t Te7 vielleicht Verbesserungen für Schwarz, aber kaum
37. DeS Te8 auf die schon bekannte Remiswen­ für Weiß.
dung einzulassen. Aber auch nach dem gespielten Zug hat Schwarz
III 34· . . bs 36. Lg6:t Sg6: 37· Dg4 Se7 38. Dg7t Ke6 genügend Verteidigungsmöglichkeiten.
39· h8D Th8: 40. Dh8: ist nicht vorteilhaft für
37· Th xfs
Schwarz.
Der gespielte Zug ist nicht zu tadeln, denn er führt
zum Unentschieden. 34 . . . c3 ist allerdings giftiger,
denn die Antwort 3S· Da4 ist nicht leicht zu finden.
3 5 · Dh4-hst
36. Tp-g8
Ein sicheres Unentschieden ergibt die Fortsetzung
36. Tfs: De6 37· Tg7t

13S

37 · . . . Des-e6?

Ein sicheres Remis gibt die Fortsetzung 37 . . . Te1 t


38. Ka2 De2 39. Tds : t (Nach 39· Tf6:t Kcs hat
Weiß nichts Besseres als 40. De2: T!e2: 41. Tff8
Tf8: 42. Tf8: Sg6 43. Tg8 Th2 mit remis) 39 . . . Kc6
37 . . . Kd8 38. Tf6: ist ungesund für Schwarz; 40. Test (40. Dfs De6 ist nicht besser) 40 . . . Kb6
nach 38 . . . De4 39. Dh6 oder 38 . . . Des 39. Dg4 41. De2: T1e2: 42. Tq: Ka7 usw. Nach dem Textzug
hat Weiß entscheidenden Angriff. fällt der f-Bauer mit Schach, und der König des
II 37 . . . Kd6 38. Dh2t Schwarzen wird nach es getrieben; er steht dort
A) 38 . . . Kcs 39· Dqt Dc6 40. Dast Dbs 41. Dd2 unsicherer, als man auf den ersten Blick vermu­
T3es 42. Tf6: oder 41 . . . Kc6 42. Tf6:t T3e6 ten sollte. Jetzt finde ich keine Rettung mehr für
43. Te6:t Te6: 44· Tg8 mit entscheidendem Vor­ Schwarz.
teil für Weiß. 38. Tg8xe8 De6xe8
B) 38 . . . Tes 39. Df2 Tfs: 40. Db6t Kes 41. De3t mit 39 · Tfs xf6t Kd6-cs
Dauerschach.
Der Partiezug genügt ebenfalls zum Remis. "Hier war 39 . . . Kq viel besser," meint Steinitz in
einem der Zeitungsartikel, aber in Wirklichkeit ist
3 6. ...
die Stellung des Schwarzen nach 40. Dds: unhalt­
Mit 3 6 . . . Kd7182 erreicht Schwarz i n klarer Wei­ bar.
se mindestens Ausgleich: 37. Tfs: De6 38. Tds:t
40. Dhs-h6
Kc6 39. Td1 (39. Td8 scheitert an 39 . . . Td8: 40. Td8:
Th3, während 39. Test Kb6 nur dem Schwarzen M. Ögorin schreibt: "Dieser Zug verhindert
hilft) 39 . . . Tg8: 40. Dhit Tg2 (4o . . . Kb6 scheitert 41. Tf8, denn die Antwort wäre 41 . . . Th7:. Nach
an 41. Td6t und 40 . . . Kq an 41. Td7t) 41. Dg2:t dem Zug 40 . . . De7 mit der Drohung 41. . . Th3
Kq 42. Dg8 Sf7 43· Df7:t (Es gibt nichts Besseres) verliert Schwarz den Springer, verbleibt je-

1 82. Vorgeschlagen von M. Ögorin, Str. 1894, S.184.


106 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

doch mit einem Mehrbauern, der wahrschein­ 44- DgS d3 45· cd3: cd3: 46. Db3 an, aber
lich zum Gewinn der Partie hinreichend ist: Schwarz braucht nicht 44· . . d3 zu spielen)
40 . . . De7 41. DfS (oder 41. Tfs Te6 42. TeSt Tc6) 43 . . . Tes (Die Fortsetzung 43 . . . Kc6 44. Dd4: ist
41. . . DfS: 42. TfS: Sg6 43. TgS Th3 usw."183 hoffnungslos für Schwarz) 44. DgS Kb6 (Auf
Kasparov hat diese Analyse weiter ausgearbei­ 44 . . . De7 folgt 45. DhS: Tfs: 46. DcSt) 45- Tf6t
tet (S.125). Er teilt mit, daß er nach 40 . . . De7 Ka7 (45 . . . Kbs wird mit 46. b3 beantwortet,
41. TfS! nicht imstande gewesen sei, ein Remis und Schwarz wird mattgesetzt; auf 45 . . . Kas
für Schwarz zu finden, obwohl diese Stellung geschieht natürlich 46. Dq:, und auf andere
lange Zeit auf seinem Computer war, und stützt Königszüge folgt 46. TfS) 46. Tfs Te1t 47- Ka2
dies durch folgende Angaben: Des (Auf 47 . . . De6 antwortet Weiß mit 4S. DhS:
41. . . Te6 (41. . . Teit 42. Ka2 Te6 ist nicht günsti­ c3t 49· b3 Dd6 so. Tast Kb6 51. Ddst mit
ger für Schwarz), und nun nicht Gewinn) 4S. TaSt Kb6 49· DdSt Kbs so. TbS,
A) 42. TeSt Kb6 (dagegen führt 42 . . . Tc6 43. Dd2 und Schwarz wird mattgesetzt, zum Beispiel
zur Hauptvariante, wie schon Nejstadt angibt) so . . . Kc6 51. TeSt Kbs 52. a4t Ka4: 53· Db6 oder
mit unklarer Lage. In der Tat dürfte Schwarz so . . . De4 5 1. Dq oder so . . . De7 51. Ddst Kb6
nach 43. Dd2 Df6 44- Dds: Ka7 45· Dq: Tc6 52. ThS: Te4 53- TcS.
überleben. B) 42 . . . Te3
Richtig ist Ba) 43. Ka2 wird von Kasparov zu recht nicht er­
B) 42. Dd2 Dh7: 43. TeSt Tc6 (43 . . . Kd6 wird mit wähnt; nach 43 . . . De7 ist die Lage unklar.
44· Df4t Tes 45· TdSt Kq 46. Des:t KdS: Dbst Bb) Auch 43. Df2 führt nicht zum Ziel: 43 · . . De4
widerlegt) 44· ThS: 44· TfS Kbs 45· ThS: Te2 46. De2: De2: 47· TdS
Ddit 4S. Ka2 Dc2:, und nach 49. hSD hat
137 Schwarz Dauerschach, während 49. Tds:t Kc6
keine Gewinnaussichten bietet.
Be) 43· DgS Te7 ist Kasparovs Fortsetzung.

44 . . . Df7 (Auf 44 . . . DhS: folgt natürlich


45· Db4t Kd4 46. Dc3t mit Gewinn) 45. TfS
Dd7 (Auch andere Damenzüge helfen nicht)
46. Db4t Kd4 47- Tfl DdS 4S. Td1t Kes 49. Teit
Kf6 (Auf 49 . . . Kd4 folgt so. c3t Kd3 51. Da4 BCI) Er gibt nun 44· TfS Dg6 45- TeSt Kd6 "mit
nebst matt) so. Dc3t Kf7 51. Dh3 Kg7 52. Th1, wackligem Gleichgewicht" an.
und Schwarz kann nicht überleben. Bc2) Schwarz hat aber keinerlei Möglichkeit, seine
Dies ist ein feines, überzeugendes Abspiel. Stellung zu verbessern, und Weiß kann erst mit
II Des weiteren gibt Kasparov an, daß 40 . . . Te2 44. Ka2 seinen König auf ein besseres Feld stel­
der einzige Zug sei, der Schwarz Rettung ver­ len. Ich glaube nicht, daß Schwarz sich halten
spricht. Er führt aus: 41. Dg7 Te7 42. Dg1t, und kann, zum Beispiel 44· · · a5 45. Tfs Dg6 46. TeSt
nun: Kd6 47· TdSt Kq (Auf 47 . . . Td7 folgt 4S. DfSt
A) 42 . . . d4 43· Tfst (Kasparov gibt 43· Dgst Tes Kc6 49· TeSt Tq so. Tq:t Kq: 51. DhS: De2:
7· PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 107

52. Dest Kc6 53. De6t nebst 54· Dh3) 48. Tds: Die von Ögorin angegebene Variante ist nicht
Th7: 49· Dd8t Kc6 50. Das: b6 51. Da8t Kq stichhaltig. Nichts zwingt den Schwarzen zu
52. Td8 De6 53· c3, und die Drohung 54· Tb8 44 . . . Dh1t; nach 44 . . . Th7: überlebt Schwarz.
hat entscheidende Kraft; 53 . . . Th2 scheitert an Kasparov gibt eine zwingende Gewinnführung
54. Db8t Kc6 55· Dh2:. nach 41. . . Td7 an: 42. Dg1 t d4 43· Dgst Tds
Schwarz scheint nach 44. Ka2 über keine Ret­ 44· Dd2 mit entscheidendem Angriff.
tung mehr zu verfügen. II 41. . . Dd8 42. Df2t
A) 42 . . . d4 43· Dfst Dd5 44. Dc8t Kb5 45. Ka2.
41. Dh6-h2 (?)
Schwarz kann die Drohung 46. Tf5 Tes 47. Dh8:
Einen viel einfacheren Sieg konnte Weiß mit Tfs: 48. De8t nebst 49. h8D nicht auf befriedi­
41. Dd2 erzielen: gende Weise abwehren; Weiß gewinnt.
I 41. . .Te6 42. Tf8 Dd7 43. Th8: Kc6 44· Dh2, und B) 42 . . . Kb5 43. b3 (Kasparov)
Weiß gewinnt.
II 41 . . . Dd8 42. Db4t (Auch 42. Df2t genügt zum 139
Gewinn, siehe die folgende Anmerkung unter
II; 42. Db4t ist jedoch viel einfacher) 42 . . . Kd4
43. Td6 mit leichtem Sieg: 43 . . . Dd6: (43 . . . Dq
44. Dd2t überlebt der König des Schwarzen
nicht) 44. Dd6: Th7: 45. c3t Ke4 46. De6t usw.
Der Textzug erschwert den Gewinn bedeutend,
vergibt ihn indessen nicht.

41. ... De8-d7 (?)

Ich zitiere einige Meinungen der damaligen Mei­ Ba) 43 · . . Te4 44· a4t Kb4 45· Tb6t Kc3 46. Dg3t
ster über diesen Zug. Ba1) 46 . . . Kd4 47· Td6 Das 48. Df2t Kc3 (48 . . . Te3
Ögorin urteilt:184 "Dieser Zug führt zum Damen­ ist hoffnungslos für Schwarz; Weiß antwortet
verlust, aber die Partie konnte nicht gerettet wer­ 49· Te6) 49. Kc1 Kb4 50. c3t, und Weiß gewinnt.
den. Falls 41 . . . Td7, so 42. Df2t d4 43. Tf8 De4 Ba2) 46 . . . Kd2 47· Td6 Das 48. Df2t Kd1 49. Df]t
44· Th8: Dhit 45· Ka2 Th7: 46. Dfst usw." Ke1 (49 . . . Kd2 scheitert an 50. De4:) so. Th6,
,,Wahrscheinlich war auch jetzt noch die Partie mit und Weiß setzt matt.
41 . . . Te6 für Schwarz zu gewinnen."18 5 Bb) 43 . . . Te1t 44· Kb2 Te3 45· bC4:t Ka4 (45 . . . dC4:
"Durch 41 . . . Dd8, was die Punkte d5 und b6 deckt scheitert an 46. Tfst und 45 . . . KC4: an 46. Dh4t)
und andrerseits 42 . . . Th7: droht, war unserer Mei­ 46. cds: Te4 47. d6 (Kasparov) mit entscheiden­
nung nach die Partie noch immer gewonnen."186 dem Stellungsvorteil für Weiß.
"Steinitz, der noch auf Gewinn spielte, beging im III 41 . . . Teit 42. Ka2
41. Zuge einen groben Fehler. . . " sagt Lasker. 187 A) 42 . . . Des 43. Dh6 De7 (Es droht 44. Df8t)
Später wurde 41. . . Te1t 42. Ka2 De5188, dann 44· Tf8 Te6 45. Dd2 Dh7: 46. TeSt Tc6 47· Th8:
42 . . . De7189 als Ausgleichsmöglichkeit angegeben. führt ins Abspiel II B der Anmerkung zum
Alle diese Versuche verdienen eine eingehendere 40.Zuge von Schwarz über; Weiß gewinnt.
Besprechung. B) 42 . . . De7 43· Df4190 Te2 44· Tf8 Te2: (Nach

1 84. Str. 1894, S.185.


185. DSZ 1894, S.138. Der Zug 41 . . . Te6 wurde von Steinitz in einem der Zeitungsartikel empfohlen.
1 86. DWS 1894, S.151.
18 7. Zeitungsspalte.
1 88. CBM 6o (Oktober 1997), S.37.
1 89. "Schach" 1z/2003, S.39.
190. Dieser stille Zug wurde von I. Althöfer gefunden, siehe "Schach" 1/2004, S.4. Auch die folgenden Angaben stammen
größtenteils von ihm.
108 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

44 . . . Sg6 45· TeSt Kbs 46. Dd4 hat Schwarz kei­ I n dieser Phase der Partie ist der Angriff schwie­
ne befriedigende Verteidigung gegen die Dro­ riger zu führen als die Verteidigung, wenn Weiß
hungen 47· Dds:t und 47· a4t Ka4: 48. Db6; gewinnen will; ein Turmendspiel, das auf Remis
auf 46 . . . Dd6 folgt 47· TC4:) 45· ThS: Tb2:t steht, kann er allerdings ohne große Anstrengung
46. Kb2: Dg7t 47· Ka2 DhS: (Nach 47 . . . Dg2t erreichen. Jedenfalls tat Weiß mit 41. Dh2 einen
48. Kb1 Dg6t 49· Kn Dg1t so. Kd2 Dg2t Schritt vom richtigen Wege; hätte Schwarz ei­
51. Ke1 Dg1 t 52. Ke2 gehen dem Schwarzen nen der plausiblen Verteidigungszüge 41. . . DdS,
die Schachgebote aus) 48. Dqt Kbs (Nach 41 . . . Te6, 41 . . . Te1t gewählt, wäre der Ausgang der
48 . . . Kd4 49· Db6t Kes so. Dg6 oder 49 . . . Ke4 Partie offen geblieben. Jetzt ist es sofort aus.
so. De6t Kf4 51. Df7t Ke4 52. DgS Dc3 53. Dg4t
ist die Sache einfacher für Weiß) 49. Db7:t
Kcs so. Dqt Kbs 51. a4t Ka4: 52. Dc6t Kb4 141
(52 . . . Kas 53· Dcst Ka4 54· Da3t Kbs ss. Db2t
kommt auf dasselbe hinaus) 53. Db6t Ka4:
54. Da6t Kb4 55· Da3t Kbs 56. Db2t, und Weiß
gewinnt.
IV 41 . . . Te6 hat den Vorteil, daß dem König des
Schwarzen das Feld bs zugänglich wird; wieder
muß Weiß sehr genau spielen:
A) 42. Df2t Kbs 43· TfS Te1t 44· Ka2 Te2 45· Dfs
De6 oder 46. Df6 Des führt zum Remis.
B) 42. Dg1t
Ba) 42 . . . Te3 43. DgS geht in Abspiel II Be der An­
merkung zum 40. Zuge von Schwarz über; 42. Dh2-g1t
Weiß dürfte auf Gewinn stehen. Da das Feld b6 der Deckung entbehrt, gibt es
Bb) 42 . . . d4 43. DgS ist insgleichen unbefriedigend nichts anderes.
für Schwarz.
Be) 42 . . . Kbs 43· DgS Tes 44. Ka2. 43· Dg1-gst Dd7-d5
44· Tf6-fs Dds xfs
4 5 · Dgsxfs t Kcs-d6
46. Dfs-f6t

Schwarz gibt auf.

In der "Deutschen Schachzeitung" findet sich beim


19. Zuge von Schwarz folgende Anmerkung:1 91
"Steinitz hat seinen Gegner vollständig ,über­
spielt' und in Folge dessen klare Gewinnstellung
erreicht. Leider verlässt ihn aber von hier an alle
Schwarz ist hilflos gegen die Drohungen 45. TfS Energie und, statt den wohlverdienten Sieg davon­
und 45. Td6, zum Beispiel 44 . . . De7 45. DhS: zutragen, macht er Fehler auf Fehler unbegreifli­
Ths 46. DgS Df6: (Nicht besser 46 . . . Th7: eher Art, so dass er schliesslich noch die Partie ver­
47· Dds:t Des 48. a4t oder 46 . . . Dh7: 47. DfS liert. Wir kennen seit dem Londoner Turnier im
as 48. a4t Ka4: 49. Tb6 nebst matt) 47. DeSt Jahre 1872 keine einzige Partie von Steinitz, in der
nebst 48. Dhs:, und Weiß gewinnt. er den Sieg durch so ausserordentlich schwaches

1 9 1 . DSZ 1894, S.137.


7· PA RT I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 109

Spiel sich hätte entgehen lassen, 192 und vermuthen sam eine Art "verteidigender Angriff", für den ich
daher wohl mit Recht, dass das herannahende Al­ kaum weitere Beispiele kenne. 194 Als er die Schwie­
ter oder Kränklichkeit seinen Schachgenius fast rigkeiten zu überwinden beginnt, strebt er nicht
gänzlich zerstört haben. Auch andere Partieen die­ überhastet nach der Rettung, sondern behält Ge­
ses Wettkampfes sind geeignet, diese Annahme zu winnmöglichkeiten im Auge. 195 Er erringt einen
bestätigen (3. und 10. Wettkampfpartie)." wohlverdienten Sieg.
Ich glaube, daß Steinitz Ähnliches gefühlt und Die Enttäuschung über den Ausgang dieser Par­
gedacht haben muß. Die Darstellung enthält je­ tie zerrüttete leider die Kampfkraft von Steinitz
doch meines Erachtens fehlerhafte Urteile. Zwar vollkommen. "Er erholte sich viele Wochen lang
treten im Partieverlauf kennzeichnende Schwä­ nicht von der Erschütterung, die er erlitten hatte,"
chen in der Spielauffassung des Weltmeisters zu­ schreibt Lasker zutreffend. 196 Während die ersten
tage: er machte sich über passive Figurenaufstel­ sieben Spiele erbitterte Kämpfe sahen, in denen
lung und unsichere Königsstellung weniger Sor­ Steinitz mit Kraft, Zähigkeit und Erfindungsreich­
gen als angemessen. Dennoch begeht er vor dem turn vorging, auch wenn er verlor, brach er in den
Zusammenbruch im 41. Zuge nur einen einzigen nächsten vier Partien völlig zusammen. Er spielte
schwerwiegenden Fehler (23 . . . ds); die ungenaue ganz blaß, scheinbar lustlos, und ging ohne Wi­
Spielführung im 36. und 37· Zuge liegt nahe, und derstand unter, auch wenn die Zahl der gespielten
es ist kaum vorauszusehen, daß die Stellung des Züge nicht gering war. Danach gab es eine zweiwö­
Schwarzen nach diesen Zügen verloren ist. Steinitz chige Unterbrechung des Wettkampfes, und von
überschätzte die Bedeutung seines Materialvorteils der zwölften Partie ab sieht man wieder einen span­
und unterschätzte die Kraft von Laskers stiller, aber nenden, ausgewogenen Streit; doch konnte Steinitz
sehr ideenreicher Angriffsführung (23. g6, 30. a3, den aufgelaufenen Rückstand nicht mehr einho­
33. Lfs, 36. Tgs). len.
Damit steht er nicht alleine da. Die zeitgenössi­ Gerade die folgenden Spiele (außer der 8. Wett­
schen Bearbeitungen der Partie gehen in dieselbe kampfpartie) sind in den Anthologien meist her­
Richtung; sogar Lasker selbst verstand nicht völlig, angezogen worden, um Laskers Spiel in dem Wett­
wie gefährdet die Stellung des Schwarzen war (An­ kampf zu veranschaulichen. Durch ihren einseiti­
merkung zu 26 . . . Te8 und 41. . . Dd7). Auch etwa gen Verlauf sind sie vielleicht für lehrhafte Zwecke
hundert Jahre später machte ein Spieler, der die besonders geeignet; ich möchte sie aber nur flüch­
Partie einer flüchtigen Untersuchung unterwarf, tig besprechen, weil sie wenig an spannenden, kri­
ganz oberflächliche Angaben und kam zu falschen tischen Momenten bieten.
Urteilen.193
Der Kampf zeigt einige kennzeichnende Merk­
male von Laskers Spielweise. Mit 14. g4 bringt er
unvermittelt äußerste Schärfe ins Spiel; man fühlt
sich an den Zug 15. g4 in der letzten Wettkampf­
partie gegen Schlechter im Jahre 1910 erinnert. Im
folgenden führt er aus einer schwierigen Lage her­
aus den Angriff mit Ruhe und Umsicht, mit Erfin­
dungsreichtum und Geistesgegenwart; es ist gleich-

192. Der Verfasser dieser Zeilen kennt offenbar nicht alle Partien von 5teinitz; man vergleiche zum Beispiel CBM 6o
(Oktober 1997), 5.34-35·
1 9 3 . R. Hübner in CBM 6o (Oktober 1997), 5.35-38.
194. Kasparov vergleicht die Partie mit Leistungen von Tal' und Sirov, aber diese fußen im allgemeinen weit mehr auf
anhaltender Initiative und direkten Drohungen.
1 9 5 . Vgl. die 4· Wettkampfpartie gegen Mieses, 5. 24.
196. LCM IV (1906), 5.189.
110 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

8. Partie Die Züge des Schwarzen machen einen recht zu­


W. STEINIT Z - EM. LASKER sammenhanglosen Eindruck. Der Zug enthält je­
New York, s . und 6.4.1894 doch eine Falle.
Französisch (Cw)
18. Dc2-e2

Frühere Bearbeitungen: "Falls 18. h3, so 18 . . . Lb3: 19. ab3: Lc5 20. hg4: Dg3:
DWS 1894, S.151-153; 21. b4 Sf4 22. bc5: Sh3t 23. Kh1 Sf2:t 24. Kg1 Sg4,
DSZ 1894, S.138-140; und Schwarz gewinnt," gibt Lasker an.197
BCM 1894, S.261-263;
18. Sg4-f6
CM XV (Mai 1894), S.285-287;
19. Sb3-d4 La4-d7
Str. 1894, S.185-189;
20. b2-b4 Tc8-d8
LCM IV (1906), S.190-191;
21. De2-b2 Ta8 -c8
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
22. Sd4-b3 D q - f4
Band (Ansbach 1921), S.19-21;
23. LC3-d2 Df4-b8
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
345 (Anmerkungen von D. Hooper). 142
1. e2-e4 e7-e6
2. d2-d4 d7-d5
3· Sb1-C3 ds xe4
4· SC3xe4 Sb8-d7
5· Sg1-f3 Sg8-f6
6. Se4-g3 q - cs
7· Lf1-e2 cs xd4
8. Sf3 Xd4 Lf8-cs
9· Sd4-b3 Lcs-e7
10. 0-0 0-0
1 1 . Le1-d2

Weiß spielt verhalten. 11. C4 nebst 12. Le3 sieht na­


"Dies bringt den Weißen in Schwierigkeiten;
türlicher aus.
24. Lc3 war vorzuziehen. Es mußte das Ziel des
11. Dd8-q Weißen sein, Druck auf den Königsflügel auszu­
1 2. C2-C4 Sd7-e5 üben, solange der c-Bauer nicht als erster vorge­
rückt werden kann," sagt Lasker in seinen ersten
Hier erwartet man 12 . . . b6 nebst Lc8-b7 mit glei­
Kommentaren. 198 Später äußert er sich so: "Stei­
chem Spiel.
nitz brachte als erster die Überlegenheit seiner Bau­
1 3 . Ddl-C2 Se5-g6 ernmasse auf dem Damenflügel zur Geltung. Selt­
14. Tfl-e1 Lc8-d7 samerweise verurteilten ihn alle zeitgenössischen
1 5 . Ta1 -c1 Tf8-c8 Kritiker für dieses Vorgehen. Seine Strategie war
meiner Meinung nach sehr fein, und ich kämpf­
Dies ist der falsche Turm. 15 . . . Tac8 ist natürlicher.
te mit großen Schwierigkeiten, meine Bauern am
1 6. Le2-fl Königsflügel vorzurücken. "199
17. Ld2-C3 Steinitz tadelte den Zug in seinen Kommentaren

197. Str. 1894, S.186.


198. Str. 1894, S.186.
199. LCM IV (1906), S.19o.
8. PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 111

nach der Partie. Da er im 26. Zuge eine Fortset­ 26 . . . fs 27. Sed2 es (Nach anderen Fortsetzun­
zung für Weiß angibt, die er für siegverheißend gen bekommt Weiß mit Sd2-6 eine vorteilhafte
hält, ist sein Urteil nicht ganz verständlich. Stellung), und nun:
Nach 24. Lc3 kann Schwarz mit 24 . . . Df4 die Zü­ A) 28. Les: Ses: 29. Des: Des: 30. Tes: Ld6 31. Teer
ge wiederholen. Der Partiezug ist nicht schlecht; Lb4 führt zu einer ausgeglichenen Stellung.
der weißfeldrige Läufer des Schwarzen wird wirk­ B) 28. cs
sam eingeengt. Falls Weiß 24. es spielt, antwortet Ba) 28 . . . Lcs: 29. Ses: Tcs: 30. S[J ist sehr unan­
Schwarz 24 . . . a6, und der Anziehende kann am genehm für Schwarz, denn auf 30 . . . e4 folgt
Damenflügel keine weiteren Fortschritte machen; 31. Db3t Kh8 32. Sgs Sd6 33. Lb4, und Weiß ge­
außerdem hat er das Feld ds freigegeben. winnt.
Die Stellung ist vor und nach dem gespielten Zug Bb) 28 . . . bcs: 29. Las Sq 30. Ses: mit beträchtli­
als ausgeglichen zu betrachten. chem Vorteil für Weiß. Der Vorstoß f7-fs ent­
blößt die Diagonale a2-g8, schwächt ferner die
24. b7-b6
Punkte f7 und es empfindlich.
2s. Ld2-C3 Sf6-e8 (?)
II 26 . . . es 27. es Le6 (Die Fortsetzung 27 . . . bcs:
Dieser Zug scheint mir unnötig passiv zu sein. Hier 28. Las Sq 29. Sbcs: Lfs 30. a4 überläßt dem
kommt wieder 2s . . . Df4 in Betracht. Auch die Fort­ Weißen das klar bessere Spiel) 28. c6 a6 29. a4
setzung 2s . . . Le8 gefällt mir besser als der Partie­ abs: 30. abs: f6 31. Sbd2 (Nach 31. g3 ist dem
zug. Springer e4 das Feld g3 nicht mehr zugänglich,
so daß Sb3-d2 an f6-fs scheitert) 31. . . Sf4,
26. Sg3-hs (?)

"Offensichtlich war 26. Se4 144

143

und Schwarz dürfte über ausreichendes Gegen­


spiel verfügen.
viel stärker, und in der Tat scheint es keine befrie­ Der Partiezug bedeutet Zeitverlust.
digende Antwort zu geben. Falls 26 . . . f6, so 27. es
26.
bcs: 28. Las Sq 28. Sbcs: mit siegverheißendem
27. a2-a4
Vorteil; oder falls 26 . . . fs, so 27. Sed2 gefolgt von
28. a3 und 29. Lb4." So äußert sich Steinitz.200 Steinitz hält 27. a3 für stärker,201 und der Zug ver­
Der Zug 26. Se4 ist stärker als die Partiefortset­ dient in der Tat Untersuchung. Nach 27 . . . Sd6
zung; Weiß erhält leichten Vorteil. Es ist jedoch 28. Lb4 kann Schwarz wählen:
übertrieben, von einer Gewinnstellung für Weiß I 28 . . . es 29. es Sbs: (29 . . . bcs: 30. Ses: Lbs: 31. Se6)
zu sprechen; Steinitz neigte zur Überschätzung sei­ 30. c6
ner Positionen. Nach 26. Se4 kommen folgende A) 30 . . . Tc6: scheitert an 31. Le7: Se7: 32. Lbs: Tcr:
Antworten in Betracht: 33- SCI: mit Figurengewinn.

200. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.186-187; LCM IV (1906), S.191.


20 1 . Zeitungsspalte.
112 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

B) 30 . . . Lc6: 31. Tc6: Tc6: 32. Lbs: führt zu einer Dies ist überflüssig; der Springer des Weißen steht
unbequemen Stellung für Schwarz. auf h5 nicht gut. Genauer ist sofortiges 28 . . . Le6,
C) 30 . . . Lb4: denn f2-f4 kann mit Le6-g4 beantwortet werden.
Ca) 31. Lbs: Lei: 32. cd?: Tn: 33. Dn: Schwarz möchte offenbar seinem Springer auf g6
Cai) 33 · . . Las 34· Dc4t KhB (34 . . . KfB ist nicht bes­ das Feld f4 zugänglich machen. Bedeutend ist der
ser; Weiß antwortet mit 3S- De6) 3S- Df7 Tg8 Unterschied zwischen den beiden Möglichkeiten
36. LC4, und Weiß gewinnt. nicht; die Stellung bleibt im Gleichgewicht.
Ca2) 33· . . Lf2:t 34- Kf2:
29. Shs-g3 Lg4-e6
Ca2I) 34 . . . Dd6 3S· DeS Df8 36. Dq mit Vorteil für
30. Sb3 -d2 (?)
Weiß.
Ca22) 34· · . Kh8 3S· Dc6. Die Stellung des Schwar­ Besser scheint mir 30. Ld2 zu sein, um Sg6-f4 aus­
zen ist ungemütlich; stets droht die Dame des zuschalten und bei Gelegenheit mit Ld2-e3 fort­
Weißen auf f7 einzudringen. zufahren. 202
Ca23) 34· . . a6 3S· DC4t Kfs 36. Db4t Kg8. Es ist
30. Sg6-f4
fraglich, ob Weiß etwas Besseres hat als unent­
31. Db2-b1
schieden; auf 37· Lc6 folgt 37 . . . Kh8, und falls
38. Dc4, so 3S . . . Dd6.
Ca3) 33· . . a6 I45
Ca3I) 34· LC4t Kh8 3S· Dei: Dd6 mit Vorteil für
Schwarz.
Ca32) 34. La6: Lf2:t 35· Kf2: Td7:, und auch hier ist
die Lage des Weißen nicht erfreulich.
Cb) 31. cd7: (Auf 31. ab4: kann Schwarz nun
31. . . Tc6: mit Gewinn antworten) 31. . . Tn:
32. Tn: La3: 33· Da2 Ln: 34· Sn:t KhS 3S· Lbs:
Dd6 36. h3 Des (36 . . . Ddit 37. Kh2 Dhs: 3S. Df7
ist nicht empfehlenswert für Schwarz; auf
3S . . . Sf4 folgt 39. De7) 37. Df7 DfB. Schwarz hält
sich; 38. DeS bringt wegen der Antwort 38 . . . a6
39· Lc6 Se7 nichts ein. 31. ... Le6-f7 (?)
li 28 . . . Sb7 ist eine solide Fortsetzung; der Ver­
Dies ist unnötig. Auf 31. . . Sd6 folgt 32. Lb4, aber
such 29. Le7: Se7: 30. Sf6:t gf6: 31. Df6: Sg6 ist
mit 31. . . Dq zur Vorbereitung von Se8-d6 konn­
unzureichend, denn Schwarz droht 32 . . . Df4.
te sich Schwarz einen kleinen Stellungsvorteil si­
Die Züge 27. a3 und 27. a4 sind ungefähr gleichwer­
chern: 31. . . Dq 32. Sfs La3 33. Tcdi Sd6 usw. Nach
tig; Weiß kann keinen Vorteil erzielen.
dem Textzug entsteht wieder eine völlig ausgegli­
27. e6-es chene Stellung.
28. a4-a5
3 2. Sg3-fs
Das bewirkt nichts. Aber auch nach 2S. es Lcs: 33· LCJ-h4 (?)
29. Ses: Tcs: 30. Db3t Kh8 kann Weiß seinem An­
Es ist kennzeichnend für Steinitz, daß weder die
griffkeine Kraft beisetzen, denn 31. Df7 wird mit
drohende Stellung des Springers auf f4 noch die un­
31. .. Lg4 beantwortet; 32. LC4 scheitert an 32 . . . TC4:
sicher Position seines eigenen Springers auf d2 ihn
33. DC4: Lh5: 34- g4 Sd6 35· Db4 Sf4.
zur Unruhe veranlaßt Ich ziehe 33. g3 Se6 34· Se4
28 . ... mit gänzlichem Ausgleich vor.

202. Der Zug wird schon von Lasker in einer Zeitungsspalte und von L. Hoffer empfohlen: CM XV (Mai 1894), S.287.
8. PART I E : S T E I N ! T Z - L A S K E R 113

33· Se8-d6 Er hat recht. Wenn man die Bemerkung, die er


34· Sf5 xd6 Lf8xd6 zum 3S· Zuge von Weiß machte, hierhin zieht, wird
3 5 · Sd2-e4 sein Stellungsverständnis noch beeindruckender:
38. Tcd1, und nun:
"Mit 3S· Ld6: Td6: 36. Se4 erhielte Weiß einen gute
I 38 . . . Tcd8 39. Td4: Td4: 40. De7 mit ausreichen­
Partie, wenn der Turm zieht, und falls 35 . . . Lg6,
dem Gegenspiel, zum Beispiel 4o . . . Dc8 41. Sd6
kann er die Dame für zwei Türme geben," erklärt
DfB 42. Sfs De7: 43· Sqt Kf8 44. Sc6 usw.
Steinitz.
II 38 . . . Se6 39. Sd6 Td1: (39 . . . Td8 40. Td4: Sd4:
Dagegen sagt Lasker: "Hier war 3S· Tcd1 vorzuzie­
41. Sf7: Kf7: 42. es bringt dem Schwarzen nur
hen, denn die Türme des Schwarzen drohten, auf
Unannehmlichkeiten) 40. SeS: Te1: 41. Se7t
der offenen Linie gefährlich zu werden. Weiß muß
Kh8 42. De1: Sd4 (Sonst folgt Se7-c6) 43· De4,
versuchen, wenigstens einen Turm zu tauschen
und Weiß hält sich.
und den Angriff durch Überführung der Dame
Wahrscheinlich kann sich Weiß aber auch nach
nach e7 fortzusetzen. "203
dem Partiezug immer noch retten.
I Nach 3S· Tcd1 Lg6 36. Db3 Lb4: 37. Db4: Dq ist
die Stellung des Weißen recht unbequem. 38. Sf4-d3
II 3S· Ld6: Dd6: 36. Se4 De7 37. g3 Se6 38. Lh3 39· Lhxd3 Td4Xd3
Tq ist ebenfalls alles andere als angenehm für 40. q-cs Td3-d4
Weiß.
"4o . . . Tb3 würde wahrscheinlich zum Remis füh­
Der Textzug ist das Stärkste.
ren: 40 . . . Tb3 41. Da4 bcs: 42. Ses: Tbs: (falls
35· Ld6Xb4 42 . . . Dbs:, so 43. Sb3:) 43· Sd7 To: 44· To: Db7
3 6 . Db 1 Xb4 Td8-d4 4S· Ses usw.," sagt Lasker. 205
37· as xb6 a7xb6 Meines Erachtens ist die Schlußstellung dieses Ab­
spiels nach 4s . . . Dc6 gewonnen für Schwarz, aber
Weiß hat andere Verteidigungsmöglichkeiten nach
40 . . . Tb3, man sehe:
I 41. Dd2 bcs: 42. Dd7 Td8 43· Dg4 Db6 44· Tcs:
Lg6 4S· Tc6 (4S· Tc8 scheitert an 4S · .. fs) 4S· . .
Dbs: 46. Tc8 Tbd3 führt zu einer ähnlichen
Konstellation wie die oben wiedergegebene Va­
riante; Weiß dürfte nicht überleben können.
II 41. Da4 bcs: 42. Da6 c4 43. Sd6

147

38. p -g3 (?)

"Ein Urteilsfehler. Weiß schwächt die Bauernfor­


mation am Königsflügel und erlaubt den Abtausch
des Springers gegen den Läufer, welcher viel dazu
beitrug, das Spiel des Weißen zu festigen. Jetzt ver­
liert Weiß zwangsläufig einen Bauern," gibt Lasker
an. 2 o• A) 43 · . . Td8 44· SfT Kf7: 45. Tq: führt zum Remis.

203. Str. 1894, S.187; doch gehört Laskers Anmerkung wohl zum 37· oder 38. Zuge von Weiß.
204. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.187.
205. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.187.
114 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

B) 43 · . . Tq 44· f4 ef4: 4S· Sf7: Tf7: 46. TC4: Tfs


47. Tf4: ergibt ebenfalls eine Remisstellung.
C) 43 . . . Tcs 44· f4 gewährt dem Weißen ebenfalls
ausreichendes GegenspieL
Auch nach dem Textzug kann Weiß sich retten.

4 1 . Db4-b1 (?)

Eine zeitgenössische Quelle äußert: "Wahrschein­


lich wäre 41. Da3, obwohl dadurch die Deckung
des b-Bauern aufgegeben wird, besser gewesen:
41. Da3 bcs: 42. Tcs: Tcs: 43. Des: Tds 44. De7 Des
(44 . . . Dbs:? oder 44· . . Tbs:? 4S· Sd6) 4S· DeS:t LeS:
46. b6 usw. "206
In der Schlußstellung dieses Abspiels hat Weiß den Fällen würde der Mehrbauer den Gewinn der
sogar gute Gewinnaussichten, aber auch wenn Partie nicht garantieren," ruft M. Ögorin aus.208
Schwarz nach 41. Da3 eine bessere Fortsetzung Das Damenendspiel ist in der Tat als remis einzu­
wählt, hat er keinen nennenswerten Vorteil, zum schätzen; bei dem Endspiel mit leichten Figuren
Beispiel 41. . . Lg6 42. f3 bcs: 43. Tcs: TedS 44. Da6 bin ich nicht sicher. Daher ist 43. Se4 genauer als
usw. der Vorschlag 43. Sa6, der von Steinitz stammt;209
Der gespielte Zug ist weniger genau. nach 43 . . . TC1: 44· Tc1: Tci:t 4S· DCI: Dbs: 46. DcSt
DeS 47· DeS:t LeS: 4S. f4 Kf7 49· Kf2 Lc6
41. b6xcs
42. Se4xcs 149
M. Ögorin schreibt: "Steinitz hat in dieser Par­
tie viele schwache Züge gespielt; dennoch hätte er,
wenn er mit dem Turm genommen hätte, seinen
b-Bauern noch lange verteidigen können: 42. Tcs:
Tcs: 43· Ses: TC4 44. Se4 Lds 4S· f3 usw."207
In Wirklichkeit gibt es keinen wesentlichen Un­
terschied zwischen den beiden Zügen 42. Tcs: und
42. Ses:.

42. Td4-C4
ist mir nicht deutlich, ob Weiß sich halten kann.
(siehe Diagramm 148) Schwarz sollte 43· Se4 mit 43 . . . Lds beantworten;
nach 44· TC4: TC4: entsteht die beim 42. Zuge von
43· Scs-d7?
Weiß erwähnte Stellung. Weiß spielt nun 4S· b6;
"Was hat Steinitz dazu getrieben, seinen Springer Schwarz kann den b-Bauern nicht erobern, ohne
zu opfern, während er bei Aufgabe des b-Bauern den Läufer gegen den Springer abzulauschen, und
alle Aussichten auf Unentschieden gehabt hätte? es entsteht eine Remisstellung.
Zum Beispiel: 43. Se4 TCI: 44. TCI: TCI:t 4S· DCI:
Nach dem schrecklichen Textzug wird der Sprin­
Dbs:. Jetzt hat Weiß die Wahl, mit Springer ge­
ger gefangen.
gen Läufer zu verbleiben, indem er 46. DcSt spielt,
oder mit Dame gegen Dame durch 46. Sd6; in bei- 43 · ... Db8-b7

206. DW5 1894, 5.152.


207. 5tr. 1894, 5.187-188.
208. 5tr. 1894, 5.188.
209. Zeitungsspalte.
9· PA RT I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 115

44· Tc1-d1 (?) 9· Partie


EM. L A S K E R - W. S T E I N I T Z
Auch nach 44· TC4: Lq: 45. Dfs Lbs: 46. Tdt Dc6
Philadelphia, 14.4.1894
47- Sb6 Te8 48. Sds La4 49- Sb4 Dq so. Tbt Tb8
Spanisch (C62)
51. Sa2 Td8 52. Sb4 Ldt kommt Weiß in einer hoff­
nungslosen Stellung zurecht; dennoch war diese
Frühere Bearbeitungen:
Fortsetzung viel zäher als der Partiezug.
DWS 1894, S.153-154;
44· ... DSZ 1894, S.t40-141;
Der Rest der Partie bietet nichts Interessantes. Die BCM 1894, S.263-264;
Schwächen auf den weißen Feldern, die der Kö­ CM XV (Juni 1894), S.297-298;
nigsflügel des Weißen aufweist, erleichtern die Str. 1894, S.189-191;
technische Aufgabe des Schwarzen. Ern. Lasker, Common Sense in Chess (London
1896), S.126-128;
45· Ses: fes: 46. Tes: Lh3 47· Teds (Abgabezug) LCM IV (1906), S.192;
47 . . . Te1 L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Zu einem schnellen Gewinn führt auch 47 . . . T4C5 Band (Ansbach 1921), S.21-22;
48. Td8t Td8: 49. Td8:t Kf7 so. Db3t Ke7 51. TeSt Ern. Lasker, Gesunder Menschenverstand im
Ke8: 52. Dg8t Ke7 53· Dg7:t Kd6, wie N. Ogden Schach (Berlin 1924), S.119-121;
aus New Orleans herausgefunden hat.210 Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen) , Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
48. Dd3 h6 49· g4 Lg4: so. f3 Tdt:t 51. Ddt: Le6
115 (Anmerkungen von L. Rellstab);
52. Td6 De7 53· b6 Tct 54· Dct: Dd6: 55· De3 Lds
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
56. Kg2 Dg6t 57· Kb Dc2t 58. Kg3 Dg6t 59· Kb
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
De2t 6o . Kg3 Dg6t 61. Kb
346 (Anmerkungen von D. Hooper);
In jenen Zeiten konnte man erst bei fünfmaliger F. Reinfeld, Dr. Lasker's Chess Career, Part I (New
Stellungswiederholung remis beanspruchen. York 1935), S.41-43;
L. Pachman, Die berühmtesten Spiele der deut­
61. . . Lb7 62. Db3t Df? 63. Dd3 Dds 64. De3 De6
schen Großmeister (München 1977), S.52-53;
65. Kp Kf? 66. h4 De6 67. Df4t Kg6 68. Dg3t
A. Soltis, Why Lasker Matters (London 2005), S.33-
Kh7 69. Db Dg4t 70. Kh2 D[J: 71. Dc2t De4
36.
72. Db Df3 73- Dc2t Le4 74· Dd2 Df6 75· De3
Dh4:t 76. Kgt Dg5t Weiß g ibt auf. 1. e2-e4 e7-e5
2. Sg1-f3 Sb8-c6
Dies ist wohl die schwächste Partie des Wettkamp­
fes; beide Seiten spielten ohne Energie. Steinitz zog 3· Lh-b5 d?-d6
ungewöhnlich rasch; er verbrauchte nur ungefähr 4· Shl -C3 a7-a6
drei Stunden/11 während er sonst seine Zeit voll 5· Lb5 -C4
auszuschöpfen pflegt. Lasker überlegte in dieser Dies ist ziemlich kraftlos. Stärker ist s. Lc6:t bc6:
Partie im ganzen vier Stunden und zwanzig Minu­ 6. d4 mit scharfem Spiel.
ten.
Es gibt nun eine Woche Pause, und man zieht nach 5· Lc8-e6
Philadelphia um. Hier zeigt sich, daß Steinitz den 6. LC4xe6 f7xe6
Verlust der siebten Partie noch nicht verwunden 7· d2-d4 e5 Xd4
hat; er verliert die drei Partien, die in dieser Stadt 8. Sf3 Xd4 Sc6xd4
gespielt werden, sang- und klanglos. 9· Dd t x d4 Sg8-e7

210. Str. 1894, S.188.


2 1 1 . Nach Str. 1894, S.188; eine andere Angabe findet sich im DWS 1894, S.153.
116 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

150 151

10. LCI-g5 nes Mißfallen erregt. Folgende andere Möglichkei­


Dies fördert die Entwicklung des Schwarzen. Bes­ ten wurden in Betracht gezogen:
ser gefällt mir 10. Le3 Sc6 11. Dq Dd7 12. f4 o-o-o I 12 . . . c5 13. Lg5 Le7 ist der Vorschlag von M.
Ö gorin;2 13 nach 14. Le3 Lf6 15. f4 gefolgt von
13. o-o-o (Nach 13. o-o bekommt Schwarz mit
13 . . . g5 Gegenspiel) nebst p-g4 mit leichtem Vor­ Th1-e1 und gegebenenfalls Sc3-b1 nebst c2-c3
teil für Weiß. steht Weiß ein wenig bequemer.
II 12 . . . Sb3t wurde von Steinitz empfohlen;2 14
10 . ... nach 13. ab3: TdS: 14- f4 ist die Stellung unge­
"Praktisch erzwungen; Weiß drohte 11. Le7: mit ei­ fähr ausgeglichen.
ner sehr starken Stellung," gibt Lasker an. 2 1 2 Dies III Das einfachste ist das Stärkste: 12 . . . TdS: 13. Td4:
ist ein Urteilsfehler; in der vorliegenden Stellung g6 (Dies ist etwas besser als 13 . . . Le7, was von L.
ist der Läufer des Schwarzen stärker als der Sprin­ Fachman und A. Soltis angegeben wird). Der
ger des Weißen. Dennoch ist der von Steinitz ge­ Läufer des Schwarzen ist dem Springer des Wei­
spielte Zug natürlich der beste. ßen überlegen; nach Vollendung seiner Ent­
wicklung strebt Schwarz q-c6 nebst d6-d5 an.
1 1 . Lgsxds Er hat das etwas bessere Spiel.
A. Soltis schlägt 11. Dd2 Le7 12. Le3 vor und meint, Der Partiezug führt zum Ausgleich.
daß Weiß danach einen leichten Vorteil hätte; ich
a6xb5
glaube hingegen, daß Schwarz nach 12 . . . Lf6 eine
Winzigkeit bequemer steht. Zum Ausgleich führt Mit 13 . . . TdS: kann Schwarz keinen Vorteil mehr
natürlich 11. De3 Le7 12. Le7: De7: 13. f4. Der Text­ erreichen; Weiß antwortet 14. Sd4, und nun:
zug überläßt dem Schwarzen das etwas bessere I 14 . . . Kf7 15. f4 g6 16. f5 gf5: 17· ef5: ef5: (Schwarz
Endspiel. sollte dem gegnerischen Springer nicht ge­
statten, sich dauerhaft auf e6 niederzulassen)
11. Sc6xd4
18. Sf5:, und Weiß hat geringfügigen Vorteil; der
1 2. o-o-o
König des Schwarzen steht unsicher.
(siehe Diagramm 151) II 14 . . . Kd7 15. f4 g6 16. Sf3. Weiß setzt mit g2-g3
und h2-h4 fort; er steht etwas bequemer. Es
1 2. Sd4-b5 (?)
macht einen großen Unterschied, ob sein Sprin­
Dieser Zug ist gekünstelt und hat daher allgemei- ger auf c3 oder f3 steht!

2 1 2. Str. 1894, S.189.


2 1 3 . Laut A. Soltis, S.34
2 1 4. Laut A. Soltis, S.34.
9· PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 117

III 14 . . . es führt zu gleichem Spiel. "Schwach," sagt Steinitz und meint, daß lS . . . b4 das
Spiel des Weißen sehr schwierig gestaltet hätte.216
Nach dem Partiezug kommt eine Verinselung der
Davon kann natürlich keine Rede sein. Weiß hat
schwarzen Bauernstruktur zustande; den Grüpp­
eine Vielzahl guter Möglichkeiten:
chen b7 und bs, d6 und e6, g7 und h7 stehen zwei
I 16. Ld4
geschlossene Ketten auf der Gegenseite entgegen.
A) 16 . . . Kf7 17. Kd2
Im Augenblick ist dies von geringer Bedeutung;
Aa) 17 . . . e5 18. Le3 Tb2: 19. Tb1 mit Vorteil für
die Stellung bleibt auch nach dem Partiezug aus­
Weiß.
geglichen.
Ab) 17 . . . Le7 18. Ta1 Tha8 19. Ta2 : Ta2 : 20. b3, und
14. LdSxq Weiß steht besser.
B) 16 . . . Le7 17. Kb1 Ta6 18. Lg7 : Tg8 19. Ld4 Tg2 :
20. Tdg1 Tg6 21. f4 mit einigem Vorteil für
1S2
Weiß.
II 16. Kd2 Tb2: 17. Ld4 Ta2 18. Ta1 b3 19. Ta2: ba2:
20. Ta1. Weiß hat Vorteil.
Der gespielte Zug ist nicht schlechter als 15 . . . b4.
1 6. C2-C3

153

1 4. . . . Ta8xa2 (?)

Zum Ausgleich führt 14 . . . Ta6 lS. es (Anders kann


Weiß seinen Läufer nicht retten) lS . . . ds 16. a3
(16. Kb1 ist schwächer; es folgt 16 . . . Kd7 17. Ld6 Ld6:
18. ed6: Tha8 19. a3 b4, wie A. Soltis angibt) 16 . . . b4
(Etwas weniger genau ist die von Steinitz angegebe­
ne Folge215 16 . . . Kd7 17. Ld6 Ld6: 18. ed6: TfS; nach 1 6. ... Ke8-f7 (?)
19. f3 Kd6: 20. Td4 oder 19 . . . Tf4 20. c3 behält Weiß
einen kleinen Vorteil) 17· ab4: Lb4: 18. C3 Lcs 19. f3 Hiernach beginnt der Nachteil des Schwarzen fühl­
Kd7 20. Ld6 Ld6: 21. ed6: Kd6: mit Remisstellung. bar zu werden; Steinitz betrachtete diese Fortset­
Nach dem gespielten Zug erhält Weiß das etwas zung denn auch als den Verlustzug.
bequemere Spiel; aber das Gleichgewicht ist noch I Er schlägt 16 . . . Kd7 17· Lcs Kc6 18. La3 (Nicht
nicht ernsthaft gestört. besser ist 18. Kb1 Tha8 19. La3 T8a3: 20. ba3:
Tf2:) 18 . . . Ta1t 19. Kc2 Td1: mit mindestens glei­
15. Lq-b6 chem Spiel vor, 2 17 aber wieder läßt er es an Ob­
jektivität im Bezug auf den Wert der eigenen
Weiß muß der Drohung 1s . . . Ta6 begegnen. Na-
Stellung fehlen. Nach 20. Td1: schwebt die Dro­
türlich scheitert lS. Ld6: an 15 . . . Tait 16. Kd2 Td1:t
hung e4-e5 über seinem Haupt; nach 20 . . . e5
nebst 17 . . . Ld6: oder auch 15 . . . Ld6: 16. Kb1 Ta6.
hat Schwarz allerdings weit bessere Rettungs­
1 5. ... aussichten als später in der Partie.

2 1 5 . Zeitungsspalte.
2 1 6. A. 5oltis, 5.34.
2 1 7. Nach A. 5oltis, 5.34·
u8 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

II Lasker schlägt 16 . . . Ta4 17. The1 b4 vor;218 nach 2 2. ... e6-es (?)
18. Kc2 bc3: 19. bc3: behält Weiß einen kleinen
Vorteil, weil seine Bauernstruktur günstiger ist; Dieser Zug hat niemandem gefallen, obwohl man­
er mag Druck gegen b7 entwickeln. ehe Kommentatoren meinten, er sei auf die Dauer
III Am genauesten ist vielleicht sofortiges 16 . . . b4. doch nicht zu vermeiden. Ich zitiere einige Äuße­
Nach 17. cb4: Lf6 18. The1 Ke7 19. Ld4 Ld4: rungen.
20. Td4: Ta1t 21. Kd2 Te1: 22. Ke1: Ta8 ist der I "Auf 22 . . . Kd7 würde 23. f4 folgen, und dann
Mehrbauer des Weißen bedeutungslos. werden h7 und g6 Angriffsziele," schreibt Las­
ker.zzo
17. KC1-C2 Th8-a8
II Steinitz empfahl 22 . . . gs. 22 1
18. Kc2-b3 Ta2-a4
III "Falls 22 . . . Kd7, so 23. Lcs! TC4 (Auf 23 . . . Kq
19. b-f3 Ta8-a6
folgt 24. Lb4 mit der Drohung 2s. es) 24. Ld6:
20. Lb6-d4 p-g6 (?)
Td6: 2s. Td6:t Ld6: 26. es mit Gewinnstellung.
In Betracht kommt 20 . . . Lf62 19 21. The1 Ke7, und An Stelle des Textzuges war es besser, 22 . . . TC4
es ist für Weiß nicht einfach, Fortschritte zu ma­ und dann Ke8-d7 zu spielen," gibt M. Ögorin
chen. Wenn Schwarz aber schon den g-Bauern vor­ an. 222
rücken wollte, um den König zum Damenflügel IV "Offensichtlich ein sehr schlechter Zug; er ist
führen zu können, ist 2o . . . gs viel plausibler. Die aber wegen der Bauernstellung des Schwarzen
Folgen von 21. h4 g4 sind durchaus unklar; 22. fg4: schwer zu vermeiden. Er hatte zwei plausible
es ist jedenfalls nicht empfehlenswert für Weiß. andere Möglichkeiten zu seiner Verfügung:
2 1 . Td1 -d3 Kf7-e8 A) 22 . . . Kd7 23. Lcs Tc6 24. Ld6: Td6: 2s. Td6:t Ld6:
Soltis empfiehlt 21. . . ds, aber damit bin ich nicht 26. es Ta6 27. f4 Kq 28. ed6:t Td6: 29. Td4! mit
einverstanden. Nach 22. eds: eds: 23. Les geht der besserem Endspiel. Wenn Schwarz die Türme
Bauer auf ds ersatzlos verloren, und außerdem be­ tauscht, ist er verloren: 29 . . . Td4: 30. cd4: Kc6
hält Schwarz die schlechtere Stellung; seine Lage ist 31. Kb4 Kb6 32. g3 h6 33. h3 hs 34· h4 Kc6 (oder
hoffnungslos. In Betracht kommt auch hier noch 34 . . . Ka6 3S· Kcs Kas 36. Kd6 und gewinnt)
21. . . gs. 3S· Kas Kds 36. Kbs: Kd4: 37· Kb6 KC4 38. Kb7:
Kb3 39. Kc6 und gewinnt. In dem Turmend­
22. Th 1-d1 spiel, das nach 29 . . . Ta6 entsteht, hat Weiß ei­
nen beträchtlichen Vorteil: 29 . . . Ta6 30. Te4
1S4 Kd7 31. Tes Tas (oder 31. . . Tb6 32. Kb4) 32. g3
mit Bauerngewinn.
B) 22 . . . Tc6 23. Lf2 Kd7 (23 . . . Taa6? 24. Kb4!)
24. Lg3 Kq 2s. Td4 Td4: 26. Td4: Tcs 27. Kb4
mit großem Vorteil.

(siehe Diagramm 155)

Der Textzug schwächt nicht nur den d-Bauern


für alle Zeiten, sondern erlaubt dem Weißen
auch, den b-Bauern anzugreifen." So lassen sich
R. Fine und F. Reinfeld vernehmen.223

2 1 8. Str. 1894, S.19o.


2 1 9 . DWS 1894, S.154.
220. Ern. Lasker, Gesunder Menschenverstand im Schach (Berlin 1924), S.119.
2 2 1 . A. Soltis, S.35.
222. Str. 1894, S.190.
223. F. Reinfeld, Dr. Lasker's Chess Career (New York 1935), S-41-42.
9. PA RT I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 119

1 SS

IV A. Soltis trifft eine Auswahl aus diesen An­


gaben. Er erklärt, daß 22 . . . Tq, 22 . . . gs und
22 . . . Tc6 besser sind als der Textzug. Er gibt
das Abspiel B aus Reinfelds Buch, fügt den Zug
27 . . . Kc6 hinzu und zitiert das Urteils Benkös, 2 5 . Td1 -d2
daß Schwarz schlechter steht, aber nicht viel. Wenn Weiß Turmtausch zuläßt, kann der Kö­
Einige Hinweise zu diesen Angaben möchte ich nig des Schwarzen sich auf c6 niederlassen. Da­
beisteuern. nach kann Weiß weder die Damenflügelbauern
Zu I: Nach 22 . . . Kd7 23. f4 folgt 23 . . . Ke8 mit der des Schwarzen wirksam angreifen noch die Stel­
Ausgleichsdrohung 24 . . . es. Weiß hat den größten lung ohne weiteres öffnen; Schwarz hält sich.
Teil seines Vorteils eingebüßt, da der Bauer auf e4
25 . ... Kd7-e6
anfällig geworden ist. Der Zug 23. Lcs ist stärker
als 23. f4. Nach 25 . . . g5 26. Tds muß Schwarz doch den König
Zu III A: An Stelle von 27. f4 kann Weiß 27. Td4 nach e6 bringen; die Aufstellung 26 . . . Kq 27. Lb4
spielen; nach 27 . . . Kq 28. ed6: Td6: 29. Kb4 Ta6 Tb6 28. Kc2 ist allzu passiv.
30. Te4 gewinnt er ohne Mühe. 26. Lc5-a3 g6-g5
Zu III B: Das im Abschnitt IV gegebene Endurteil 27. Td3 -d5 Ta6-b6
zu diesem Abspiel scheint mir richtig zu sein, doch 28. Kb3-b4
ist 26. cd4: wesentlich stärker als 26. Td4:. Nach
Jetzt kommt Schwarz zu Gegenspiel gegen die Kö­
26. cd4: Tq 27. ds es 28. h4 wird sich Schwarz nicht
nigsflügelbauern des Weißen. Es liegt nahe, die­
retten können. Andrerseits ist 2S . . . Td4: ein Feh­
se Möglichkeit durch 28. h3 auszuschalten. Nach
ler; nach 2S . . . Tca6 ist nicht ohne weiteres klar, wie
28 . . . h5 29. Kb4 g4 30. hg4: hg4: 31. Ka5 steht Weiß
Weiß weiterkommen kann.
auf Gewinn:
Schwarz muß versuchen, die Stellung unverän­
31. . . Ta6t 32. Kb5: Tfl 33· Td1 Tf2 34.T5d2 g3
dert zu halten. Dazu gibt es zwei Verfahren; ein­
(Nach Turmtausch wird der Turm des Wei­
mal das zuletzt angegebene Abspiel, zum anderen
ßen über die h-Linie entscheidend eindringen)
die Fortsetzung 22 . . . gs 23. Lf2 Tq 24. Lg3 Tcc6,
35. Kq Lg5 36. Tf2: gf2: 37. Kd3 nebst 38. Ke2,
und 2s. Kb4 bringt wegen der Antwort 2s . . . Tqt
und Weiß gewinnt.
nichts ein: 26. Kbs: Test 27. Kb4 Tb6t 28. Ka4 Tb2:
II 31 . . . Ld8 32. Tb5:
29. Ld6: Tc6 30. Lb4 Tp: usw. Ich meine, daß man
noch nicht von einer Gewinnstellung für Weiß (siehe Diagramm 157)
reden kann.
A) 32 . . . Ta6t 33. Kb4 g3 34· Kq (34. Tb7: schei­
Nach dem Partiezug wird das Feld ds den Türmen
tert an 34 . . . T6a3:) 34 . . . Lg5 35. Tdd5 Lf4 (Auf
des Weißen zugänglich. Ich wage dennoch nicht
35 . . .Tg1 folgt 36. Ld6:) 36. Tb7= Tg1 37. Kb5, und
mit Sicherheit zu behaupten, daß es nun keine Ret­
Weiß gewinnt.
tung mehr für Schwarz gibt.
B) 32 . . . Tb5:t 33· Kb5: Lq 34· Te2 gf3: (34 . . . g3
Ke8-d7 35· Td2 Tfi 36. Kq ist hoffnungslos für Schwarz)
120 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

157 Schwarz entschließt sich für Aktivität. 28 . . . Tb1 ge­


nügt vermutlich zur Rettung der Partie, wie oben
ausgeführt wurde.

Hierzu gibt es einige Anmerkungen.


"Vielleicht war es besser, zuerst den angebote­
nen Bauern anzunehmen: 29. fg4: Te1 30. Ka5 Ld8
31. Tb5: Ta6t 32. Kb4 Te4:t 33. Kb3, und Weiß be­
hält einen Mehrbauern," schreibt Lasker in "Com­
35· gf3: Tfl 36. Te3 d5 37· ed5:t Kd5: 38. c4t Ke6 mon Sense in Chess" im Jahre 1896 (S.127). In der
39. Lc5, und Weiß wird schließlich siegen. deutschen Ausgabe aus dem Jahre 1924 ist diese
Schwarz hat jedoch nach 28. h3 h5 29. Kb4 noch Angabe ersatzlos gestrichen (S.12o).
eine andere Verteidigung. Sie besteht in 29 . . . Tb1. Damit hat er recht. Nach 29. fg4: Te1 30. Ka5 Ld8
Jetzt hat Weiß Mühe, Fortschritte zu erzielen: 31. Tb5: Tc6t 32. Ka4 Lg5 33. Td3 Te4:t ist der Vor­
I 30. Tb5: scheitert an 30 . . . d5t 31. Ka4 Tb5: teil des Weißen sehr gering; auf 34. Tb4 folgt
32. Kb5: La3:. 34 . . . Tb4:t nebst 35 . . . d5, und der e-Bauer des
II 30. Ka5 Ta6t, und 31. Kb5: wird mit 31. . . Ta3: Schwarzen wird bald gefährlich.
beantwortet. A. Soltis gibt das Abspiel 29. Tb5: Tb5:t 30. Kb5:
III 30. Td1 Td1: 31. Td1:, und nun: gf): 31. gf): Tfl 32. Kb6 Tf3: 33· Kb7: Te3 34· Kc6,
A) 31. . . d5t 32. Ka5 Ta6t 33. Kb5 La3: 34. ed5:t Kd6 und Weiß gewinnt (S.36), ohne zu einer Gesamtbe­
35. ba3: Ta3: 36. Kb4 (36. C4 Tb3t 37- Ka4 Tb2 wertung der Stellung vorzudringen. Schon W Pol­
ist nicht wirksamer; auf 38. c5t folgt 38 . . . Kc5: lock erkannte jedoch, daß 29. Tb5: am besten mit
39. d6 Ta2t nebst 40 . . . Ta8) 36 . . . Ta2. Wahr­ 29 . . . d5t beantwortet wird; 224 nach 30. Ka4 Ta6t
scheinlich genügt der Vorteil des Weißen nicht 31. Kb3 La3: 32. ed5:t Kd6 33- ba3: Tra3:t 34- KC2
zum Gewinn. (Auf 34. KC4 folgt 34 . . . T6a4t 35. Tb4 b5t 36. Kb5:
B) 31. . . Kd7 32. Td5 Kc6. Ich sehe nicht, wie Weiß Ta5t, und Schwarz gibt Dauerschach) 34 . . . Ta2t
weiterkommen kann. 35. Tb2 (35. Kd3 Td2:t 36. Kd2: Ta2t nebst 37 . . . Tg2:
Der Textzug lässt dem Schwarzen die Wahl zwi­ ist auch nicht gewinnträchtig) 35 · . . Tb2:t 36. Kb2:
schen zwei Verteidigungsmöglichkeiten. gf): 37. gf): b5 38. Kb3 Ta4, und Schwarz hält mü­
28 . ... helos remis.
Der Textzug ist am aussichtsreichsten.

29. Tb6-a6t
30. Kas xb 5 h 7 -h5?

Dazu schrieb Lasker zunächst: "Schwarz konnte


mit 30 . . . Th1 31. fg4: Te1 32. h3 Te4: 33· C4
(siehe Diagramm 159)

usw. fortsetzen. Aber selbst in diesem Falle bleiben


die Bauern des Weißen am Königsflügel gefähr­
lich."225 In seiner nächsten Veröffentlichung be­
schränkt er sich auf die Angabe der Variante ohne

224. Str. 1894, S.191.


225. Str. 1894, S.191.
9· PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 121

159 Nach dem Textzug kann Weiß den aktiven Turm


des Schwarzen abtauschen; danach steht er klar
auf Gewinn.

3 1 . Td2-d1

Genauer ist 31. fg4: hg4: 32. Td1.

3 1.
32. Tdsxdt
3 3 · gzxf3

jede Bewertung,226 und nach weiteren 28 Jahren


Überlegungszeit äußert er sich so: "Dadurch wird 161
h2 unbeweglich gemacht und soll Angriffsziel wer­
den." 227
A. Soltis hält den Vorteil des Weißen am Ende
des von Lasker angegebenen Abspiels für gering,
und meines Erachtens hat er recht. Nach 33· . . Te3
34. Lb4 Tb3 35.T5d3 Td3: 36. Td3: Lf6 wird der e­
Bauer des Schwarzen stark; der König des Weißen
steht auf b5 einigermaßen abseits.
Außerdem kommt nach 30 . . . Th1 31. fg4: die Fort­
setzung 31 . . . Th2: in Betracht.
33· ... Ta6-a8 (?)
160
Nach 33 . . . Lf6 34. Tg1 d5 hätte Weiß noch eine we­
sentlich härtere Arbeit gehabt, um sich den Punkt
zu sichern. Jetzt ist der Rest einfach.

34 · Kbs-b6 TaS-gS
35· Kb6xb7 TgS-gz
36. h2-h4 Tgz-h2
37· Kb7-C6 Le7xh4

Nach 37 . . . Th4: 38. Ld6: Th2 39. Le7: Ke7: 40. Tb1
32. g3 Th6. Weiß verliert den g-Bauern; sein Tc2 41. Kd5 Kf6 42. c4 gewinnt Weiß mühelos.
Vorteil bleibt gering.
38. Td t xd6t Ke6 f7 -

Il 32.T5d3 Th4
39· Kc6-d5
A) 33· Th3 Tg4: 34· Th6t Kd7 35. Te2 (Auch nach
35· Th7: Te4: hat Schwarz nicht viel zu fürchten) Einfacher ist 39· C4·
35 . . . Tg7, und Schwarz dürfte sich halten.
39· ...
B) 33. Tg3 LdS. Schwarz kann den Läufer über b6
ins Spiel bringen, wenn Weiß den Druck ge­ Lasker erwähnt das Abspiel 39 . . . Td2t 40. Ke5:
gen d6 aufgibt; es ist unklar, ob man von einer Td6: 41. Ld6: Lg3t 42. f4 h4 43· Lc5 h3 44· Lg1,
Gewinnstellung für Weiß reden darf. und Weiß gewinnt.228 Etwas zäher als der Text-

226. Ern. Lasker, Common Sense in Chess (London 1896), S.127.


227. Ern. Lasker, Gesunder Menschenverstand im Schach (Berlin 1924), S.120.
228. Str. 1894, S.191.
122 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

zug ist 39· . . Lg3, aber nach 40. Td7t Kg6 (Nach 10. Partie
40 . . . Kf6 41. Le7t Kg6 42. b4 ist der b-Bauer zu W. S T E I N I T Z - EM. L A S K E R
hurtig) 41. Ke6 h4 42. Lf8 Kg5 43· b4 Te2 (43 . . . h3 Philadelphia, 19.4.1894
44. Th7 ist hoffnungslos für Schwarz) 44. Le7t Kf4 Damengambit (D35)
45. Td3 h3 46. Lf6 h2 47. Le5:t Kg5 48. Td1 muß sich
schließlich die Masse durchsetzen. Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.158-159;
DSZ 1894, S.141-142;
BCM 1894, S.264-265;
CM XV (Juni 1894), S.299-300;
Str. 1894, S.192-194;
LCM IV (1906), S.192;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Band (Ansbach 1921), S.23-24;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen) , Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
116 (Anmerkungen von L. Rellstab);
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
347 (Anmerkungen von D. Hooper);
40. Td6-d7t Kf7-g6
F. Reinfeld, Dr. Lasker's Chess Career, Part I (New
41. Kd5-e6 h5-h4
York 1935), S.43-44.
42. Td7-d1 h4-h3
43· Td1 -g1t Th2-p 1. d2-d4 d7-d5
44· Tg1 xpt h3Xg2 2. C2-C4 e7-e6
45· La3-c5 Lf6 -d8 3· Sbl-C3 Sg8-f6
46. b2-b4 Kg6-g5 4· f2-f3 (?)
47 · Ke6-d7 Ld8-f6
Dies ist ein schlechter Zug: dem Königsspringer
4 8. b4-b5 Kg5-f4
wird das Feld f3 genommen und die Diagonale a7-
49· b5-b6
g1 wird geschwächt. Weiß kommt nicht zu e2-e4.
Schwarz gibt auf.
4· q-c5
5· d4XC5 (?)
Diese Partie entmutigte Steinitz wiederum zutiefst.
Es folgt seine wohl schwächste Leistung in diesem Dies hilft dem Schwarzen, seinen Läufer mit Tem­
Wettkampf. pogewinn aufdas bestmögliche Feld zu entwickeln.
Nötig ist das bescheidene 5. e3.

5· Lf8xc5
6. qxd5?

Jetzt wird auch noch der Damenläufer des Schwar­


zen befreit und die e-Linie geöffnet. 6. e3 ist vor­
zuziehen.

6. Sf6xd5 (?)

Stärker ist 6 . . . ed5:, und Weiß wird bald an seinen


Löchern zugrunde gehen.

Sd5xC3?
10. PART I E : S T E I N I TZ - L A S K E R 123

Indem Schwarz den Damentausch gestattet, ver­ Besser ist 17. Le3, und der Vorteil des Schwarzen
gibt er beinahe seinen gesamten Vorteil. Nach hält sich immer noch in Grenzen.
7 . . . Dh4t 8. g3 Sc3: 9. Dd3 (9. bc3: Df6 ist nicht bes­
17. . .
. e6-es?
ser, und 9· gh4: Sd1: führt zu einem hoffnungslosen
Endspiel) 9 . . . De7 10. bc3: o-o ist die Lage des Wei­ Obwohl Lasker es für verfehlt hält,2 30 sollte
ßen beklagenswert. Schwarz die Stellung öffnen: 17 . . . efs:, und nun:
I 18. Lf4t Ld6 19. es Le7 20. e6t Kc8 21. ef7= Tf8.
8. Dd1 xd8t Ke8xd8
Es droht 22 . . . gs; Weiß verliert einen Bauern
9· b2XC3 Sb8-c6
ohne genügenden Ersatz.
10. Sg1-h3 II 18. efs: Tds 19. Lf4t Ld6 20. Ld6:t Td6:
Der Läufer des Schwarzen muß von seinem star­ 21. o-o-o Se7, und auch hier ist die Lage von
ken Posten auf es vertrieben werden. In Betracht Weiß mißlich. Nach dem Partiezug bleibt der
kommt auch 10. f4 Ke7 u . Ld3 gefolgt von Ke1-e2 Vorteil des Schwarzen gering.
und LCI-e3. 18. Le1-g5 (?)
10. Kd8-q Es ist nicht einzusehen, warum Weiß dem Geg­
1 1. Sh3 -f4 Th8-d8 ner ein Tempo zur Verteidigung des Bauern auf es
12. Sf4-d3 Lcs-d6 schenkt.
18. f?-f6
19. Lgs-e3 Ta8-c8
20. 0-0-0

Dieser Zug wurde von zeitgenössischen Kommen­


tatoren mit herbem Tadel bedacht; er ist aber der
stärkste.
20. Kq-b8

Dies wurde zu Recht allgemein getadelt;229 es be­


wirkt nichts als die Schwächung des Punktes e4.
Nach 13. Le2 b6 (13 . . . Ses 14. Ses: Les: 1s. Ld2 bringt
dem Schwarzen nicht viel) 14. Kfz nebst Th1-d1
hat Weiß beinahe Ausgleich.

13. b?-b6
1 4. Sd3-f2 Ld6-cs
21. Sd3-f2?
15. Lfl-e2 Lc8-b7
16. Sf2-d3 Lcs-f8 "Falls 21. Kb2 Sas 22. Sfz, so würde Schwarz die
17. f4-fs? Partie mit 22 . . . Ld6 gefolgt von Sas-C4 oder, wie

229. Auch von Lasker in einer der Zeitungsspalten.


230. Zeitungsspalte.
124 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

Steinitz angegeben hat, mit 22 . . . Td1: 23. Td1: La3t u . Partie

gewinnen," sagt Lasker.2 3 1 E M . L A S K E R - W. S T E I N I T Z


Nach 21. Kb2 Sa5 22. S h Td1: 23. Td1: La3t 24. Ka3: Philadelphia, 21.4.1894
Tc3:t 25. Kb4 Te3: 26. Ld3 mit der Drohung 27. Sg4 Damengambit (D4o)
kann Schwarz seinen Turm nicht mehr retten; auf
26 . . . h5 folgt 27. Kc3, und Weiß gewinnt. Frühere Bearbeitungen:
22 . . . Ld6 ist stärker, DWS 1894, S.159-16o;
DSZ 1894, S.142-143;
165 BCM 1894, S.265-266;
CM XV (Juni 1894), S.300-301;
Str. 1894, S.210-212;
LCM IV (1906), S.192-193;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Band (Ansbach 1921), S.24-25;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung n (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
348 (Anmerkungen von D. Hooper);
F. Reinfeld, Dr. Lasker's Chess Career, Part I (New
doch ist die Partie nach 23. The1 SC4t 24. LC4: TC4: York 1935), S.44-46;
25. Kb3 noch nicht zu Ende. Jetzt gewinnt Schwarz A. Soltis, Why Lasker Matters (London 2005), S.37-
leicht. 40.
21. 1. d2-d4 d7-d5
2 2 . Le3xd4 2. C2-C4 e7-e6
23. Le2-d3 3· Sb t -C3 Sg8-f6
Auf 23. C4 folgt 23 . . . b5. 4· Sg1-f3 Lf8-e7
23 . . . . 5· e2-e3 0-0
24. g2-g4 6. Lfl -d3 q-c5
7· d4XC5
Einfacher ist 24 . . . Lc5.
Dies ist eine bescheidene Fortsetzung, mit der
25. KCI-C2 Lb7-C6
Weiß nicht auf Eröffnungsvorteil hoffen kann. Ehr­
26. Ke2-b3 geiziger ist 7· cds: eds: 8. des:. Aber Lasker strebte
Zäher ist 26. LC4, und falls 26 . . . Lc5, so 27. TdB: TdB: im allgemeinen nicht danach, die Partie aus der
28. Sd3 Le4: 29. Te1. Eröffnung heraus zu gewinnen, obwohl er bei Gele­
26. La3-c5 genheit frühzeitig scharfvom Leder ziehen konnte.
27. Sh-h3 Lc5-e3 7· d5 xC4
28. Ld3-C2 Le3-d2 8. Ld3XC4 Dd8xd1t
29. Sh3-h Td8-d4 9· Ke1xd1 Sb8-c6
30. Kb3-a3 Lc6-e8
31. Sh-d3 Td4xe4 Schwarz sollte sich noch vorbehalten, ob er den
32. Sd3-b4 Te4-d4 Springer nach d7 oder nach c6 bringt. Genauer ist
33· Lc2-b3 a7-a5 9 . . . Lcs: 10. Ke2 b6 mit gleichem Spiel.
34· Sb4-C2 b6-b5 10. a2-a3 Le7xc5
Weiß gibt auf. 1 1 . b2-b4 Lc5-b6

2 3 1 . Str. 1894, S.193.


11. PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 125

Hier steht der Läufer nicht gut; er hindert den 1 5 . b4-b5 Sc6-e7
Schwarzen daran, seinen Damenläufer mit b7-b6 16. Sf3-e5
nebst Lc8-b7 zu entwickeln. In der letzten Wett­
Falls Weiß sofort 16. a4 spielt, kann sich Schwarz
kampfpartie spielte Steinitz in derselben Stellung
mit 16 . . . Sg6 einigermaßen erholen.
11. . . TdSt nebst 12 . . . LfS; besser ist jedoch einfaches
1 6. ... Ld7-e8
12 . . . Le7. Auch 12 . . . Ld6 13. Ke2 Ses dürfte zum Aus-
gleich führen. Es scheint sinnlos zu sein, diesen wertlosen Läufer
12. Kd1-e2 Lc8-d7 vor dem Abtausch zu bewahren; aber andere Züge
1 3 . LC4-b3 TaS-cS versprechen nichts Besseres. Zwei Fortsetzungen
14. Lc1-b2 kommen in Betracht:
I 16 . . . Sg6
A) 17. SC4 Lq 18. a4 (18. b6 Ld8 verspricht dem
Weißen nicht viel; der weißfeldrige Läufer des
Schwarzen gewinnt das schöne Feld c6) 18 . . . b6
19. Thd1 Tfd8. Ich sehe keine Möglichkeit für
Weiß, die Schwäche des Bauern auf b6 auszu­
nutzen.
B) 17- Sd7: Sd7: 18. Sa4 Lq 19. Thd1 Tfds 20. Tac1.
Ich glaube nicht, daß Schwarz überleben kann;
Weiß plant zum Beispiel fz-f4, g2-g3 und e3-
e4.
II 16 . . . Tfd8 wurde schon von S. Tinsley vorge­
schlagen233 und von P. Benkö aufgegriffen. 2 34
Weiß hat folgende Möglichkeiten:
14 . ... A) 17. SC4 Lq 18. b6 Lb8 19. Sa5: Lc6. Auf Kosten
Der Hauptnachteil des Zuges besteht darin, daß eines nicht allzu wichtigen Bauern ist es dem
er dem weißfeldrigen Läufer des Schwarzen ver­ Schwarzen gelungen, seine Kräfte wirksam ins
wehrt, noch jemals ein erfreuliches Wirkungsfeld Spiel zu bringen. Gelegentlich mag er den Bau­
zu finden; außerdem wird die Bauernstruktur des ern aufb6 zurückerobern können; er hat Ret­
Schwarzen am Damenflügel verzogen. tungsaussichten.
A. Soltis schlägt 14 . . . Lq mit der Idee Sc6-es vor. B) 17- Sd7= Sd7: (17 . . . Td7= 18. Sa4 macht keinen bes­
Nach 15. Tan (15. Sb5 wird mit 15 . . . Sa5 beantwor­ seren Eindruck) 18. Sa4 Lq (Auf l8 . . . La7 folgt
tet) 15 . . . Se5 16. Sd4 LbS (Auf 16 . . . Lb6 folgt 17- Scbs) 19. Lc3) 19. Thd1.
17. Sb1 und schließlich nach angemessener Vorbe­
reitung fz-f4 behält Weiß vielleicht einen winzigen
Vorteil.
Am natürlichsten sieht 14 . . . TfdS aus. 232 Auch jetzt
kann auf 15. Sa4 die Antwort 15 . . . Sa5 erfolgen.
Nach 16. Sb6: Sb3: 17. SeS: Lb5t 18. Ke1 Sa1: scheitert
19. Sa7: an 19 . . . Sc2 matt; Schwarz behält Vorteil.
Nach 16. 1hd1 Le8 hat er keinen Grund zur Sorge.
Nach dem Textzug finde ich keine Rettung mehr
für Schwarz.

232. Dies wurde schon von J. Showalter in einem der Zeitungsartikel vorgeschlagen.
233. Siehe Str. 1894, S . 2 1 1 (Tinsbey ist sicher ein Druckfehler).
234. Laut A. Soltis, S.38.
126 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

Jetzt scheitert 19 . . . Le5 an 20. Td7:, und daher L . Hoffer236 schlägt 2 0 . . . ed5: 21. Sd2 Le6 22. Lf6:
kann sich Schwarz nicht entlasten. Ich halte gf6: vor, doch kann ich mir nicht vorstellen, daß
seine Stellung für hoffnungslos. Schwarz nach 23. Sf3 Le5 24. Thd1 auf die Dauer
Nach dem Textzug muß Weiß immerhin für den überleben kann: der Übergang in ein Endspiel mit
Schutz des Bauern aufbs sorgen und verliert daher ungleichen Läufern bietet keine Rettung, solange
die Möglichkeit zu Sc3-a4. noch Türme auf dem Brett sind.
17. 33-34 Lb6-q 2 1 . Sq-es Lqxes
18. Ses-C4 Le8-d7 Es gibt nichts Besseres:
19. Tu-CI I 21. . . Tfd8 22. Sd7: Td7: 23. Lds: und 24. b6; Weiß
Zu Recht verwarf Lasker die Fortsetzung 19. b6 gewinnt.
Ld8 20. Sas: Lb6: 21. Sb7: Tb8 22. Sd6 Le3: mit etwa II 21. . . LeB 22. Sd3 (22. La3 ist schlecht wegen der
gleichem Spiel. 2 35 Antwort 22 . . . Les: 23. Tc8: Lbs:t, und das Glei­
che gilt nach Zwischentausch auf ds) 22 . . . fs
19.
(Dies deckt indirekt den Turm auf eS, weil Le8-
0 0 0

Dies wird sowohl im Buche von Reinfeld und Fine hst möglich wird) 23. Ses mit entscheidendem
wie in dem Werk von Soltis als der entscheidende Bauerngewinn.
Fehler betrachtet. Sie schlagen 19 . . . b6 vor. III 21 . . . Sf6 22. Thd1, und Schwarz muß doch auf
I 20. Thd1 Tfd8 21. Sd6 Ld6: (Reinfeld und Fi­ es tauschen, denn nach 22 . . . Tfd8 23. Sd7: Sd7:
ne geben nur 21. . . Tb8 an, aber nach 22. La3 (23 . . . Td7: scheitert an 24. b6 Td1: 25. Ld1:)
ist die Stellung des Schwarzen hoffnungslos) 24. La3 gibt es keine Verteidigung gegen die
22. Td6: Tc3: 23. Tc3: Lbs:t 24. abs: Td6: 2s. La3 Drohung 25. Le7; zieht der Springer, so folgt
Td7 26. Le7: Tq 27. Tc6. Weiß gewinnt den Bau­ 26. Tq:.
ern auf b6, aber es ist nicht deutlich, ob sein 22. Lb2xes f7-f6
Vorteil zum Gewinn genügt.
A. Soltis empfiehlt 22 . . . Sf6 23. Lq Ta8, aber nach
II 20. La3 Tfe8 21. Ld6 (Weniger klar ist 21. e4,
24. f3 gefolgt von e3-e4 ist die Lage des Schwarzen
denn Schwarz hat die Antwort 21 . . . Seds)
völlig hoffnungslos. Auch die Folge 22 . . . f5 23. f3
21 . . . Seds (Auf 21 . . . Ld8 folgt 22. Les Sfs 23. Lf6:
bietet keine Aussichten auf Rettung.
Lf6: 24. Se4 Tb8 2s. g4 Sh4 26. Sf6:t gf6:
27. Thd1, und Weiß gewinnt) 22. Lq: Sc3:t 23. e3-e4 f6xes
23. Tc3: Tq: 24. Td3 Sds 25. Thd1 24. e4xds Kg8-f7
2 S . Th 1 -d1?
168

mit entscheidendem Druck.


20. Sc3xds Sf6xds

2 3 5 . Vgl. F. Reinfeld und R . Fine, Dr. Lasker's Chess Career (New York 1935), S.45; A . Soltis, Why Lasker Matters (New
York 2005), S.38.
236. CM XV (Juni 1894), S.301.
11. PART I E : L A S K E R STEINITZ 127

Zum Sieg führte die Fortsetzung 25. d6,237 man 170


sehe:
25 o o .TC1: 26. TCI: Tc8 27. Tc8: (Schwächer ist
27. Tq Tq: 28. dq: Ke7 nebst Ke7-d6, und
Schwarz erobert den c-Bauern) 27o o . Lc8:
28. Ke3 b6 (28 0 0 . Ke8 scheitert an 29. Ke4)
29. LC2 Ke8 (Sonst folgt Lc2-e4-c6) 30. Ke4
Lb7t 31. Ke5: Lg2: 32. Ke6:, und Weiß erobert
die Königsflügelbauern des Schwarzen, zum
Beispiel 32o o .g6 33. f4 nebst Ke6-f6.
II 25 o o .b6 26. Ke3 ergibt keinen wesentlichen Un­ Bb) 27o o . Ke7
terschied. Wenn Schwarz versucht, die Stellung Bb1) 28. d6t Kf6 29. Ke3 e4 30. Ke4: Tc3 31. Td3 Td3:
unverändert zu lassen, kann Weiß nach geeig­ 32. Kd3: Ke5. Schwarz hält remis.
neter Vorbereitung schließlich siegbringend Bb2) 28. Td3. Schwarz hat nichts Besseres, als mit
TCI-q spielen. 28 o o . ed5: ins Abspiel Ba überzugehen. Weiß
25. 0 0 '
dürfte also auch nach 26 o o .Tc8 noch auf Ge­
winn stehen; allerdings ist der Sieg nur unter
Richtig ist die Fortsetzung 25 0 0 .Tc1:. Nach 26. TCI: den heftigsten Bemühungen zu erzielen.
hat Schwarz eine Wahl. II Schwarz hat aber noch eine andere Verteidi­
I 26 0 0 . Tc8 ist bisher ausschließlich betrachtet gung, nämlich 26 . . . Ke7. Nun reicht 27. de6: Le6:
worden. 28. Le6: Ke6: 29. Tq Tf7 nicht zum Gewinn;
A) Lasker hielt das Bauernendspiel, das nach Weiß muß 27. Tq versuchen. Nach 27o o . Kd6
27. de6:t Ke7 28. Tc8: Lc8: 29. Ke3 Le6: 30. Le6: 28. Tb7: ed5: ist die Lage nicht klar:
Ke6: entsteht, für gewonnen,238 aber er irrt: A) 29. Ld5: Lg4t (Dagegen wird 29 o o . Lc8 mit
31. Ke4 b6 32. h4 g6 33. h5 Kd6 (33 . . . gh5: 34. g3 30. Tf7 beantwortet) 30. f3 (30. Lf3 Lf3:t 31. gf3:
h6 35. f3 h4 36. gh4: h5 führt ebenfalls zum Re­ Tf4 32. Tg?: Ta4: ist nicht aussichtsreicher)
mis, wie P. Benkö gezeigt hae39) 34. hg6: hg6: 30 . . . Kd5: 31. fg4: Tf4 32. Tg7: Ta4:, und Schwarz
35. g3 Ke6 36. f3 Kd6 37. f4 ef4: 38. Kf4:, und jetzt hat ausgezeichnete Remisaussichten.
führt 38 0 0 . Kc5 (an Stelle von 38. 0 0 Ke6? 39· Kg5 B) 29. Ta7 Tf4 30. Ta5: Tb4.
Kf7 40. Kh6 Kf6 41. g4) zum Unentschieden.240
B) Besser ist 27. Td1, und nun: 171
Ba) 27. o o ed5: 28. Td5: (28. Ld5:t Ke7 29. Lb?: Tq
verspricht weniger)
Ba1) 28 . . . Ke6 29. Ke3. Schwarz hat keine Verteidi­
gung gegen die Drohung 30. Ke4; auf 29 . . . Tf8
folgt 30. g3. Weiß gewinnt den e-Bauern; nach
29 0 0 . Ke7 30. Te5:t Kf6 31. Kd4 hat er alle Aus­
sichten auf Sieg (31 0 0 . Tc3 32. Te3).
Ba2) 28. o o Ke7 29. Te5:t Kf6 30. Te3.

(siehe Diagramm 170)


Meines Erachtens sichert die aktive Aufstellung
Der Mehrbauer des Weißen sollte zum Gewinn seiner Figuren dem Schwarzen das Unentschie­
ausreichen. den.

237. Angegeben von A. Soltis, S.39.


238. CM XV (Juni 1894), S.301 Str. 1894, S.212.
=

239. Laut A. Soltis, S.39.


240. Chalifman und Soloviov laut A. Soltis, S.39.
128 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

Nach dem Textzug geht es schnell zu Ende. Natürlich bringt 3 2 . . . Kg7 33. Kes: b 6 (33 . . . Kh7:
wird mit 34. Kf6 beantwortet) 34. h4 dem Schwar­
26. ds-d6t Ke7-f6
zen keine Rettung.
27. Ke2-e3 Tc8xCI
g6-gs
M. Ögorin gedenkt mit 27 . . . h6 28. Ke4 LeB 29. Tc8:
Lg6t 30. Ke3 Tc8: remis erzielen zu können, 241 aber Auf 33 . . . b6 folgt 34· gst Kgs: 35· Kes: nebst 36. Lg8.
nach 28. Tq oder 29. Tq muß Schwarz bald auf­
34· Ke4-f3 Kf6-f7
geben.
3 5 · Lh7-e4 Kf7-e8
28. Tdl XCl TfS-cS 36. h2-h4 Ke8-d7
29. Tc1 xc8 Ld7XC8 37· h4-h5 Kd7 -e8
30. Lb3-C2 Kf6-f7 (Abgabezug) JS. Kf3-e3

Schwarz gibt auf.

In dem Wettkampf trat nun aus Anlaß des Umzu­


ges nach Montreal eine Pause von zwei Wochen
ein. In dieser Zeit gelang es Steinitz, sein inneres
Gleichgewicht wiederzufinden. Für den Rest des
Wettkampfes bildete er - wie in den ersten sieben
Partien - einen ebenbürtigen Gegner für Lasker.

Auch hier sieht M. Ögorin nach 30 . . . h6 noch Mög­


lichkeiten für Schwarz,242 aber nach 31. Le4 Kf7
32. Kd3 (32. Lf3 wird von J. Showalter in einem der
oben genannten Zeitungsartikel angegeben; dies
ist ebenso gut) 32 . . . Ke8 33· Kq b6 34. Lc6t nebst
35. Kd3 und 36. Ke4 gewinnt Weiß, wie er will.
Lasker erwähnt die Fortsetzung 30 . . . e4 31. Le4: es
32. d7;243 sie ist natürlich ebenso hoffnungslos für
Schwarz.

In manchen Quellen244 findet sich der Zug 31. . . b6,


weil die ursprüngliche Notation offenbar den Feh­
ler 31 . . . P-Kt3 enthielt, aber dann machen die fol­
genden Züge wenig Sinn; Weiß würde mit 32. Le4
fortfahren.

Kf7-f6

24 1 . Str. 1894, S.212.


242. Str. 1894, S.212.
243. Zeitungsspalte.
244. Zum Beispiel DWS, DSZ, Str., Reinfeld.
12. PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 129

12. Partie stritten. Lasker selbst wandte ihn in ähnlichen Stel­


W. S T E I N I T Z - E M . L A S K E R lungen an (Ern. Lasker - H. von Gottschall, Berlin
Montreal, 3.s.z894 1S9o), auch noch nach dem Wettkampf gegen Stei­
Damengambit (D6o) nitz (Ern. Lasker - E. Schallopp, Nürnberg 1S96),
und gibt in seiner Zeitschrift einige geschichtliche
Frühere Bearbeitungen:
Hinweise zur Entwicklung der Idee. 245
DWS 1S94, S.167-16S;
Dagegen wird er von dem Bearbeiter der Partie in
DSZ 1S94, S.165-166;
der "Deutschen Schachzeitung" als Fehler hinge­
BCM 1S94, S.266-267;
stellt. Auch M. Ögorin verwirft ihn. 246 Anläßlich
CM XV (Juni 1S94), S.302-303;
der Partie Lasker - Schallopp wird er von Tarrasch
Str. 1S94, S.213-215;
(nach den Zügen 1. d4 ds 2. Sf3 Sf6 J. c4 e6 4· Sc3
LCM IV (1906), S.193-194;
Le7 s. Lf4 o-o) als sofort entscheidender Fehler
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
gebrandmarkt; 247 das ist natürlich übertrieben.
Band (Ansbach 1921), S.26-27;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ 7· q-c6
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 196S), Beiheft Nr. In der 16. Wettkampfpartie spielte Lasker hier
349 (Anmerkungen von D. Hooper). 7 . . . Se4. Diese Fortsetzung wurde auch in der Par­
1. d2-d4 d7-ds tie Marshall - Schlechter, Oostende 1901 ange­
C2-C4 e7-e6
wandt. Die beiden Züge dürften ungefähr gleich­
2.
Sb1-C3 SgS-f6
wertig sein.

4· Lc1-g5 LfS-e7 8. Lh-d3
5· Sg1 -f3 0-0 Zum Ausgleich führt die Fortsetzung S . . . b6 9. b4
6. e2-e3 Sb8 -d7 as 10. a3 La6. Auch S . . . es 9· des: SeS ist gut genug
7· q-cs für etwa gleiches Spiel.
9. Lgs-h4
173 Plausibler sieht 9. Lf4 aus, um den Vorstoß e6-
es zu unterbinden. Vermutlich wich Lasker aus
diesem Grunde mit 7 . . . Se4 von der vorliegenden
Partie ab, als die Variante erneut aufs Brett kam.
9· e6-es
Auch hier genügt natürlich die Fortsetzung 9 . . . b6
zum Ausgleich.
10. d4xes Sf6-e4
(siehe Diagramm 174)

Nach 10 . . . Sg4 11. Lg3 gerät der Springer auf g4 in


Schwierigkeiten, aber auch 10 . . . SeS führt zu einer
Diesen Vorstoß sieht man heutzutage nicht mehr.
etwa ausgeglichenen Stellung.
Vorteil kann Weiß damit nicht erreichen, aber er
braucht - jedenfalls in dieser Stellung - auch nicht 1 1. Ld3xe4
zu seinem Nachteil auszuschlagen. Nach 11. Le7: Sc3: 12. LdS: Sd1: 13. Td1: (Lasker gibt
In jenen Zeiten war der Wert dieses Planes um- 13. Le7 Te8 14. Ld6 Sb2: 15. Le2 b6 an;248 die Stel-

245 . LCM IV (1906), S.193.


246. Str. 1894, S.213.
24 7. Das Internationale Schachturnier des Schachclubs Nürnberg, herausgegeben von S. Tarrasch und Chr. Sehröder
(Leipzig 1897), S.230.
248. Str. 1894, S.213.
130 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

16. Des: Dgs 17. Dds: Td8 18. De4 (Falls 18. h4, so
174 18 . . . De3:t mit überlegener Stellung, und falls
18. Df3, so gewinnt 18 . . . Lg4) 18 . . . Lfs 19. Db7:
TabS 20. Dc6 Tb6 mit Gewinn an. 250 Weiß kann
jedoch an verschiedenen Stellen von dieser Zug­
folge abweichen; auf jeden Fall muß er im 19.
Zuge an Stelle von 19. Db7:? mit 19. h4 Dhs
(19 . . . Tdit 20. Kd1: Dhst 21. g4 Lg4:t 22. Kd2
Lf3 23. Df4 Lh1: 24. Ld3 führt zu besserer Stel­
lung für Weiß) 20. Da4 fortfahren. Er behält
die etwas bessere Stellung.
Bb) 1s . . . Sd7 16. Sq (Nach 16. e6 cds: 17. ed7= Ld7=
entsteht eine Remisstellung) 16 . . . Tb8 17. e6 Ses
(Stellung nach 10 Sj6-e4)
mit unklarer Stellung; Weiß hat Mühe, den
. . . •

Jung ist ungefähr ausgeglichen) 13 . . . Td8: 14. b4 Te8 Springer von q in bewohnte Gegenden zu über­
entsteht eine Remisstellung. führen.
II 12 . . . Le7 13. Dc2
1 1. Le7xh4
A) 13 . . . g6 14. e6 Ses: 1s. ef7:t Tf7:
12. Le4-c2
Aa) 16. Dg6:t Tg7 17. Dh6: Db6 18. Sd1 Dast
M. Ögorin schlägt 12. Lb1 vor und führt aus: 12 . . . 19. Sd2 Sb3 20. ab3: Da1:. Die Stellung des Wei­
Ses: 13. Sh4: Dh4: 14. Dc2 g6 1s. Sds: usw.249 Die ßen flößt mir kein Vertrauen ein.
Angelegenheit bedarf jedoch genauerer Untersu­ Ab) 16. Ses Tg7 17. Sg6: Ld6. Schwarz hat vorzügli­
chung. che Kompensation für den geopferten Bauern.
Nach 12. Lb1 hat Schwarz zwei plausible Entgeg­ B) 13 . . . fs 14. ef6: Sf6:.
nungen:
I 12 . . . Ses: 13. De2 176
-�,--.,�-1-..r.;;..t---"�
A) 13 . . . fs
Aa) 14. ef6: Lf6: 1S. Dh7t Kf7 16. o-o Db6 mit un­
klarer Stellung.
Ab) 14. Sh4: Dh4: 1s. Sds: mit Vorteil für Weiß.
B) 13 . . . g6 14. Sh4: Dh4: 1s. Sds:

17S

Auch hier hat Schwarz für den geopferten Bauern


prächtiges Spiel.
Es zeigt sich, daß die Stellung des Läufers auf b1
auch Nachteile mit sich bringt: die Entwicklung
des Weißen wird verlangsamt, und insbesonde­
re bleibt der Damenturm außer Spiel. Steinitz hat
dies verstanden, und er verfolgt einen ganz an­
Ba) Die Möglichkeit 12. Lb1 war Steinitz nicht deren Plan: er möchte lang rochieren und einen
entgangen. Er führt die Fortsetzung 1s . . . cds: Bauernsturm am Königsflügel beginnen. Die Zü-

249. Str. 1894, S.213.


250. Zeitungsspalte.
12. PA RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 131

ge 13. Lb1 und 13. Lc2 dürften in etwa gleichwertig 15. h2-h4 (?)
sein; in beiden Fällen entsteht ein scharfes Spiel Es gilt, die Folgen des Vorstoßes im Zentrum zu
mit ungefähr gleichen Aussichten für beide Seiten. untersuchen: 15. e4, und nun:
12. I 15 . . . de4: 16. De3 Db6 17. Se4:. Die Stellung
13. Dd1-d4 des Weißen macht einen guten Eindruck. Auf
17 . . . Le6 folgt 18. Sd4, und 18 . . . La2: scheitert an
Hier gibt es eine Menge plausibler Fortsetzungen: 19. Sf5.
I 13. Sh4: Dh4: 14. Dd4 (14. o-o f5 führt zu etwa II 15 . . . Se6 16. Dd3 d4
gleichem Spiel) 14 . . . Dd4: 15. ed4: Se6 16. Se2 f6 A) 17. Se2 c5 18. Lb3 a4 19. Lq Sq 20. Sf4 b5 21. Ld5
17. f4 fe5: 18. fe5: b6 nebst c6-c5, und Schwarz Sd5: 22. Sd5: (Auf 22. ed5: folgt 22 . . . Lg5 23. Sg5:
hat keinerlei Schwierigkeiten. hg5: nebst 24 . . . Dd5:) 22 . . . Le6 mit besserer Stel­
II 13. o-o Lg4 14. b4 L[J: 15. Df3: Sd7 mit gleichem lung für Schwarz.
Spiel. B) 17. Sd4: Sd4: 18. Dd4: Lg5t 19. Kb1 Dd4: 20. Td4:
III 13. b4 Se6 14. Dd3 g6 15. o-o (Nach 15. Sh4: Dh4: Lf4. Schwarz hat das bessere Endspiel.
droht sowohl 16 . . . Db4: wie 16 . . . Dg5) 15 . . . Le7 Sofortiges 15. e4 ist nicht das Beste. Steinitz
mit etwa gleichem Spiel. schreibt:252 "Beide Spieler stoßen ihre Bauern ge­
Der Textzug ist ebenfalls nicht schlecht. gen den gegnerischen König vor, nachdem sie nach
13. ... entgegengesetzten Seiten rochiert haben, und so
14. 0-0-0
werden Schwächen für das Endspiel in beiden La­
gern geschaffen. Weiß hätte als Vorbereitungszug
"Nach diesem Zug beginnen die Spieler den An­ besser 15. Df4 mit der Drohung 16. e4 gespielt."
griff auf den gegnerischen König; der Angriff auf Weiß kann in der Tat ohne den Vorstoß e3-e4 nicht
den König des Schwarzen scheint mir gefährlicher gut auskommen. Auf f4 steht die Dame des Wei­
zu sein," äußert M. Ögorin!51 ßen aber nicht gut; sie ist noch stets der Angriffs­
Der Partieverlaufbestätigt dieses Urteil nicht; der möglichkeit durch Sc5-e6 ausgesetzt und kann
Bauernsturm des Nachziehenden kommt zuerst. die Diagonale b1-h7 kaum jemals unter günstigen
Der Vorteil der langen Rochade gegenüber der kur­ Umständen besetzen. Nach 15 . . . a4 oder 15 . . . Db6
zen Rochade besteht darin, daß Weiß ein Tempo hat Schwarz vorzügliches Spiel.
zur Einflußnahme im Zentrum gewinnt; dort hätte Ein Vorbereitungszug für diesen Vorstoß, der
er in der Folge Spiel suchen sollen. mehr Nutzen bringt als 15. h4 oder 15. Df4, ist in­
a5-a5 dessen 15. Kb1. Nach 15 . . . b5 16. e4 b4 17. Sa4 Se4:
18. Le4: dq: 19. De4: Dq hat Weiß - anders als
nach 15. h4 - die Fortsetzung 20. Tc1 nebst Sa4-c5
177 zur Verfügung. Er kann auf einen leichten Vorteil
hoffen.
15. b7-b5
(siehe Diagramm qB)

Auch 15 . . . Db6 ist eine befriedigende Fortsetzung.


Auf 16. g4 ist die Antwort 16 . . . Db4 stark, und nach
16. e4 de4: 17. Se4: Td8 18. De3 Le6 hat Schwarz ein
wichtiges Tempo gegenüber dem Abspiel I (nach
15. e4 statt 15. h4 in der Anmerkung zum 15. Zuge
von Weiß) gewonnen; er hat das bequemere Spiel.

25 1 . Str. 1894, S.213-214.


252. Zeitungsspalte.
132 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER STEINITZ

179

falls nun 18. Se2, so 18 . . . Lg4 mit gewaltigem


Vorteil für Schwarz; andernfalls folgt bs-b4-
Der Partiezug ist nicht schlechter. bJ. Wenn Weiß auf 17. gs verzichtet und 17. Se2
spielt, ergibt sich eine Stellung, die entstan­
16. Sc3-e2? den wäre, wenn Schwarz 17 . . . a4 an Stelle von
"Da Steinitz mit dem Ausführen dieses Zuges die 17 . . . b3 gespielt hätte. 17 . . . a4 ist der stärkere
Absicht verband, im folgenden Zug den g-Bauern Zug, wie Ögorin selbst ausführt; Schwarz steht
vorzustoßen, scheint mir, daß es besser wäre, so­ danach auf Gewinn. Weiß kann der Drohung
fort 16. g4 zu spielen und nach 16 . . . b4 den Wert 17 . . . b4 kaum auf andere Weise sinnvoll begeg­
von 17. Sa4, einem verlockenden Zuge, zu untersu­ nen; nach 17· a3 Sb3t 18. Lb3: ab3: hat er keiner­
chen: 16. g4 b4 17. Sa4 Sa4: 18. Dd3! g6 19. La4:. Es lei Angriffsmöglichkeiten mehr, weil ihm sein
ist schwer, anzugeben, wie Schwarz sich verteidi­ weißfeldriger Läufer abhanden gekommen ist,
gen muß; falls 19 . . . Lg4:, so 20. Tdg1 L[J: 21. Tg6:t während sein eigener Damenflügel bald zusam­
Kh7 (offensichtlich kann der Turm nicht genom­ menbrechen wird.
men werden) 22. Tg4t Le4 23. Te4: de4: 24. De4:t 16. g4 ist also keine wesentliche Verbesserung ge­
Kg7 25. Tg1t Lgs 26. Lc2 Th8 27. f4, und ich glaube, genüber 16. Se2. Die richtige Fortsetzung besteht
daß Weiß gewinnen wird." in 16. e4. 254
Diese spannenden Ausführungen stammen von I Die Wendung 16 . . . Se6 17. Dd3 (Auf 17· De3 folgt
M. Ögorin;253 es lohnt, sie noch ein wenig zu ver­ 17 . . . Lcs) 17 . . . d4 18. Sd4: Sd4: 19. Dd4: ist hier
tiefen. offenbar weit weniger erfreulich für Schwarz
a) Nach 16. g4 b4 17. Sa4 Sa4: 18. Dd3 g6 19. La4: als im Abspiel II B beim 15. Zuge von Weiß; der
Lg4: 20. Tdg1 darfSchwarz nicht auffJ schlagen. Anziehende hat eine gute Stellung.
Allerdings ist seine Lage auch nach 20 . . . Des II 16 . . . b4 17. Sa4
21. Sd4 recht unbequem.
b) Nach 16. g4 b4 17. Sa4 Sa4: 18. Dd3 g6 19. La4: 180
braucht Schwarz nicht auf g4 zu schlagen;
allerdings behält Weiß nach Fortsetzungen
wie 19 . . . La6 20. Dd2 eine gute Stellung, weil
Schwarz keinerlei Angriff am Damenflügel ent­
wickeln kann.
c) 16 . . . b4 ist ein Fehler. Schwarz sollte mit 16 . . . a4
(siehe Diagramm 179)
fortsetzen. Auf 17. gs geschieht nun 17 . . . hs, und

2 5 3 . Str. 1894, S.214.


254. Vorgeschlagen von L. Hoffer, CM XV (Juni 1894), S.303.
12. PA RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 133

A) 17 . . . Sa4: 18. La4: Dq 19. Kb1 nebst Td1-e1. 181


Weiß hat Druck.
B) 17 . . . Se6 18. De3. Auch hier sieht die Stellung
des Weißen erfreulich aus.
C) 17 . . . Se4: 18. Le4: de4: 19. De4: Dq 20. Sd4 Ld7
21. Sfs Lfs: 22. Dfs: Tad8 23. b3 mit etwa glei­
chem Spiel.
Die Fortsetzung 16. e4 führt zum Ausgleich; nach
dem Partiezug steht Weiß wohl auf Verlust.

Aa1) 21. Dq: dq: 22. Td8: Tfd8: 23. Sd4 b3, und der
Angriff des Schwarzen dringt durch.
Aa2) 21. b3 Lb3: 22. ab3: Sb3: 23. Dd3 a2t 24. Kb2
Offenbar erinnerte sich Lasker an den Zug 23. g6
Ta3 25. De2 Das. Schwarz mahlt zuerst.
in der siebten Wettkampfpartie; aber hier ist dieses
Aa3) 21. Sd2 b3 22. Sq: ba2:t 23. Ka2: ab2:t 24. Kb1
Vorpreschen nicht so stark.
(24. Kb2: DbSt ist ebenfalls hoffnungslos für
M. Ögorin bemerkt:255 "Stärker wäre gewesen: Weiß) 24 . . . Ta1t 25. Ke2 Ta4 26. Ld3 Db8
17 . . . a4 18. gs b3 19. ab3: ab3: 20. Lb1 Ta4 21. Dd2. 27. Db2: dq: 28. Le2 Da7, und Weiß wird bald
Jetzt gewinnt Schwarz mit 21 . . . Lg4 22. Sfd4 Tqt zusammenbrechen.
mindestens die Qualität, aber 21. . . Ta1 mit der Dro- Ab) 20. gs bietet bessere Aussichten als 20. Kb1,
hung 22 . . . Lfs, und falls 23. Sfd4, so 23 . . . Se4 gefolgt zum Beispiel 20 . . . a3 (Auch nach 2o . . . La2:
von 24 . . . Db6 oder sofort 23 . . . Db6 oder 23 . . . La6 21. Sd2 bleicht die Lage unklar) 21. b3 Lb3:
wäre noch wirksamer." 22. gh6: La2: 23. Sd2 g6 24. Tdg1 mit einer unkla­
In der Tat gewinnt Schwarz nach 20 . . . Ta4 ohne ren, äußerst zweischneidigen Stellung. Ich wage
jede Schwierigkeit. Am einfachsten ist vielleicht kein Urteil über die beiderseitigen Aussichten
21. Dd2 Se4 22. Le4: de4: 23. Dd8: Ta1t 24. Kd2 zu fällen.
TdS:t 25. Sfd4 Tdi:t 26. Td1: es mit Figurengewinn. B) 18 . . . b3 19. a3 Lfs: 20. gfs: Se4 ist wirksamer als
Nach 17 . . . a4 muß Weiß Maßnahmen gegen die 18 . . . La6. Nach 21. Th2 (Die Fortsetzung 21. f6
Drohung 18 . . . b3 ergreifen, indem er seinen Läufer Lcs 22. Dd3 Sf2: ist hoffnungslos für Weiß)
von c2 entfernt. Zur Rettung der Partie dürfte dies 21. . . DeS 22. f6 gf6: wird die Dame des Schwar­
nicht ausreichen: zen mit großer Wirksamkeit nach fs gelangen;
18. Lb1 a3 19. b3 (19. g5 wird einfach mit 19 . . . h5 Schwarz hat einen Mehrbauern bei besserer
abgewehrt; auf andere Züge wie 19. Thg1 folgt Stellung und steht auf Gewinn.
19 . . . b3 mit entscheidendem Angriff) 19 . . . Sb3:t Nach dem Textzug ist die Stellung in etwa im
20. ab3: a2 21. La2: Ta2:, und der Angriff des Gleichgewicht.
Schwarzen dringt ohne weiteres durch: es folgt
18. a2xb3 TaS-bS
c6-c5, Dd8-a5 oder Ähnliches.
19. Dd4-C3
II 18. Lfs war von Steinitz als Antwort vorgese­
hen. 2 5 6 Schwarz hat verschiedene Möglichkei­ "Steinitz spielt schüchtern; er führt den Angriff
ten: ohne Zutrauen und sogar in einer wenig folge­
A) 18 . . . La6 19. Sf4 Lq richtigen Weise. Er brauchte den Bauern nicht zu
verteidigen; mit 19. g5 konnte er gute Ergebnisse
(siehe Diagramm 181)
erzielen: 19. gs Tb3: (falls 19 . . . hs, so 20. Dc3 gefolgt
Aa) 20. Kb1 a3 von 21. Sfd4 und 22. f4 oder zuerst 21. Sg3) 20. gh6:

2 5 5 . Str. 1894, S.214.


256. Zeitungsspalte.
134 D E R E R S T E W E T T KA M P F L A S K E R - S T E I N I T Z

Tb4 21. hg7: Td4: 22. gfB:D+ Kf8: 23. Sd4:, und zwei A ) 2 2 . . . Sb3:t 23. Lb): Db3: 24. Db3: Tb3: 25. Sd4
Türme samt dem freien h-Bauern sind stärker als Tb7 26. Sf5 g6 27. h5 g5 28. Sh6:t Kh7 29. Sf5
die Dame." Dies legt M. Ögorin dar.257 TfbS 30. Se7: Te7: 31. Tg5: Teb7. Die Stellung
Nach 19. g5 dürfte als remis einzuschätzen sein.
B) 22 . . . Tfe8 23. Sd4 (Nach 23. e6 Se6: 24. Sf4 d4
182 25. Se6: fe6: 26. Dd3 Lf6 hat Schwarz Vorteil)
23 . . . Lf8. Auf 24. Sf5 folgt 24 . . . Te6; Schwarz hat
nichts zu fürchten.
Der Textzug ist gefährlicher für Schwarz.

ist die Fortsetzung 19 . . . Tb3: fehlerhaft. Steinitz


schlägt 19 . . . Sb3:t 20. Lb3: Tb3: 21. gh6: g6 vor/58
und diese Stellung ist ungefähr ausgeglichen. Auch
nach 19 . . . h5 20. Dc3 Lg4 21. Sfd4 Le2: 22. Se2: Db6
23. Sd4 Tfc8 haben beide Seiten ungefähr gleiche
Aussichten.
Nach dem Partiezug entsteht eine ähnliche Stel­
lung. Weiß hat einen Bauern weniger, aber da­
für Angriff auf der offenen g-Linie. Meines Erach­
22. Se2-f4 (?)
tens sind die beiderseitigen Aussichten in etwa im
Gleichgewicht. "Weiß zog diesen Zug der Fortsetzung 22. Tdgt vor,
weil er 22 . . . f6 als Antwort auf diesen Zug fürchte­
19. Lc8xg4
te. Aber bei späterer Untersuchung bemerke ich,
20. Sf3-d4 Dd8-b6 (?)
daß ich in diesem Falle mit 23. f4 fortsetzen und
Sicherer scheint mir 20 . . . Le2: zu sein: 21. Se2:, und starken Druck gegen den Königsflügel aufrechter­
nun: halten könnte," gibt Steinitz an.260
21 . . . f6 22. Sd4 Dq 23. e6 mit unklaren Folgen. Die Aufgabe des Punktes e4 bringt jedoch Nach­
II 21 . . . Db6 22. Sd4 Tfe8 23. Thg1 Lf8 24. Sf5 Te6, teile mit sich, und Schwarz kann mit Db6-b4 je­
und Schwarz hat nichts zu fürchten. derzeit Damentausch erzwingen.
Plausibler als der Textzug ist jedoch die Fortset­
2 1 . h-f3
zung 22. Sg3.
L. Hoffer schlägt 21. Tdg1 vor. 25 9 Nach 21. . . Le2: hat I 22 . . . Db4 23. Sgf5 Lf5: 24. Sf5: Tfe8 (24 . . . Se6
Weiß zwei Möglichkeiten: scheitert an 25. Dd3) 25. Tdg1, und Schwarz ist
I 22. Sf5 Sb3:t 23. Lb3: (24. Kb1 scheitert an in großen Schwierigkeiten.
24 . . . Sd2t nebst 25 . . . Lb4) 23 . . . Db3: 24. Se7:t II 22 . . . Tfe8 23. Thg1 LfB, und Weiß hat die erfreu­
Kh8 mit entscheidendem Vorteil für Schwarz; liche Wahl zwischen 24. Sgf5 Lf5: 25. Sf5: Te6
25. Sc6: scheitert an 25 . . . Tfc8. 26. Sd4 mit gleichem Spiel sowie 24. Sh5 mit
II 22. Se2: gefährlichem Angriff.

257. Str. 1894, S.214.


258. Zeitungsspalte.
259. CM XV (Juni 1894), S.303.
260. Zeitungsspalte.
12. PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 135

22 . ... Db6-b4 schläge müssen der Reihe nach betrachtet werden.


I 26. Lg6: fg6: 27. Tg6:t Kf7 28. Tg7t (Nach
Jetzt kann sich Schwarz mit Damentausch von den
28. Th6: Th8 oder 28. Thgr Tg8 ist der Angriff
ärgsten Gefahren befreien. "Schwarz ist gezwun­
des Weißen sofort zu Ende) 28 . . . Ke8, und auf
gen, den Damentausch anzustreben; sonst wür­
29. Thgr folgt 29 . . . Kd8; ich sehr nicht, wie Weiß
de Weiß mit 23. Tdgr nebst Sf4-h5 fortfahren. Wo
seinem Angriff Kraft beisetzen kann.
auch immer der gegnerische Läufer sich befindet,
II 26. f4 Se4
Weiß wird den Springer auf g7 opfern, und dann
A) 27. Le4: de4: 28. e6 (Auf andere Züge, zum Bei-
entscheidet es-e6 die Partie zu seinen Gunsten,"
spiel auf 28. fs, folgt mit großer Kraft 28 . . . es)
schreibt Lasker;26 1 das ist scharf und richtig gese­
28 . . . Le6: 29. Se6: (Auf 29. fs folgt 29 . . . Lb3:
hen.
30. fg6: Lq mit entscheidendem Vorteil für
23. Td1-g1 Db4XC3 Schwarz) 29 . . . Tb3: (29 . . . Tb5 kann mit 30. f5
24. b2XC3 Tf8-c8 (?) beantwortet werden) 30. Sd4 Tc3:t 31. Sc2 Td8,
und es droht 32 . . . La3t; die Stellung des Weißen
Etwas genauer ist 24 . . . Tfe8; nach 25. Sh5 g6 26. Sf4
ist äußerst unbequem.
Lf8 hat der Punkt e6 eine zusätzliche Deckung,
B) 27. e6 Le6: 28. Se6: (28. fs wird mit 28 . . . Lfs:
und der Druck auf der e-Linie ist ohnehin nütz­
29. Sfs: La3t beantwortet; 30. Kb1 Sc3:t 31. Kar
lich. Weiß zieht danach wohl am besten 27. Sh5 mit
Kf8 ist fatal für Weiß, und 30. Kdr Sf2t 31. Ke2
ausgeglichener Stellung. Der Partiezug gibt ihm
Sh1: 32. Sh6:t Kf8 33· Sf6 Ke7 oder 33 . . . Kg7 sieht
die Möglichkeit, einigen Druck zu entfalten.
auch nicht angenehm für ihn aus) 28 . . . La3t
29. Kdr Sf2t 30. Ke2 Shr: 31. Sf6t Kh8

32. Sd7 (32. Sd4 es 33. Sf3 c4 ist ungünstig für


Weiß) 32 . . . fe6: 33. Sb8: Tb8: 34. Thr:. Weiß ret­
tet sich soeben.
26. Shs-f4
Die Fortsetzung 26. f4 verspricht wegen der
"Jeder andere Zug, etwa 26. f4 oder 26. Sg3 oder Antwortmöglichkeit 26 . . . Se4 nicht mehr als
schließlich 26. Sf6t, um den Angriff fortzufüh­ die Partiefortsetzung.
ren, bedeutete mehr an Gefahr für Schwarz, denn m 26. Sg3 Kf8 27. hs gs 28. Sgfs Lfs: 29. Lfs: (29. Sfs:
es würde das Vorrücken des f-Bauern und des h­ Sb3:t verspricht nicht mehr) 29 . . . Tq 30. Kc2
Bauern erlauben. Auch das Opfer des Läufers für f6 mit etwa gleichem Spiel.
drei Bauern zieht die Aufmerksamkeit auf sich; IV 26. Sf6t Lf6: 27. ef6: hs. Wenn Weiß f3-f4 spielt,
Steinitz führt den Angriff in einer viel zu verein­ hat Schwarz die Parade Ld7-g4; die Stellung ist
fachten Form," meint M. Ögorin.262 Seine Vor- in etwa ausgeglichen.

26 1 . Str. 1894, S.214.


262. Str. 1894, S.215.
DER ERSTE WETTKA M P F LASKER - STEINITZ

Auch nach dem Textzug behält Weiß einen leich­ 34. Kc2 TcbS. Der Vorteil des Schwarzen ist of­
ten Druck. Als schweren Fehler kann man ihn fensichtlich.
sicherlich nicht betrachten; die anderen von M . II 34. Se4: Tcbs 3S- fgs: Les: oder 3S- Sds Lc6 ist
Ögorin vorgeschlagenen Züge führen keineswegs offensichtlich auch nicht angenehm für Weiß.
zu greifbarem Vorteil. Steinitz selbst gibt 2S. Kd2 III 34· SeS: Tqt
den Vorzug,26 3 aber einen großen Unterschied zu A) 3S- Kb2 Te3: 36. Sd6 gf4: 37- Sge4: Les:t 38. Ke2
dem Textzug macht dies nicht. Lc6, und Weiß fällt auseinander.
26. ... Le7-f8 B) 3S- Kd2 Td3t 36. Ke2 (Die Fortsetzung 36. Ke2
27. Sf4-e2 Lg4t 37· Kf2 gf4: ist noch unerquicklicher für
Weiß) 36 . . . Lc8: 37· fgs: Te3: 38. g6t Kg8 39· Td1
In der "Deutschen Schachzeitung" wird die Fort­
Les: 40. TdSt Kp 41. Tc8: Tc3t 42. Kd2 Tg3:
setzung 27. e6 Se6: 28. Sde6: Le6: 29. Se6: fe6:
43· gf7: Kf7: 44· Tcs:, und Weiß wird sich so­
30. Tg6:t vorgeschlagen;2 64 nach 30 . . . Kf7 kann
eben halten können.
man die Stellung als remisartig bezeichnen. Der
Der Partiezug dient dazu, die Fortsetzung Se4-f2
Textzug kann die Position des Schwarzen freilich
zu verhindern. Er ist natürlich nicht dazu geeig­
auch nicht erschüttern.
net, dem Weißen Vorteil zu verschaffen. Aber auch
27. Lf8-g7 andere Fortsetzungen sind nicht gewinnträchtig;
28. h4-hs g6- gs nach 30. S[J g4 (30 . . . Sf2 wird mit 31. fgs: beant­
29. fJ -f4 Scs-e4 wortet; Weiß erhält Vorteil) 31. Le4: de4: 32. Sd2 es
30. Tg1-g2 33. Kc2 a4 oder 33. Sg3 C4 entstehen scharfe Stellun­
"Zu viel der Vorsorge, wie es übrigens mehrmals gen, die wohl als ausgeglichen zu bewerten sind.
in dieser Partie vorkam. Mit der Fortsetzung
c6-cs
30. Le4: de4: 31. Sg3 konnte er mindestens einen
cs-q
Bauern gewinnen und einen offensichtlichen Vor­
teil erhalten, denn falls 31. . . es, so würde 32. Sdfs Nach 31. .. g4 32. Le4: (32. Sd2 fs sieht recht gut für
den Gewinn der Qualität drohen. Es war also Schwarz aus) 32 . . . de4: 33. Sd2 ergibt sich die Stel­
vorteilhaft, den Springer zu nehmen," analysiert lung, die entsteht, wenn Weiß in der beim 30. Zu­
M. Ögorin. 265 ge von Weiß zuletzt angegebenen Variante mit
Die Stellung, in der M. Ögorin seine Ausführun­ 33. Tg2 fortfährt. Nun erfolgt auf33 . . . q die Ant­
gen abbricht, ist jedoch günstig für Schwarz. Er wort 34· bq: a4 3S- Sd4 a3 36. Se4:, und 33 . . . a4 wird
fährt mit 32 . . . Tb3: 33- Se7t (Auf 33. Kc2 geschieht mit 34. ba4: Ta8 3S· Sg3 Ta4: 36. Thg1 beantwortet;
natürlich 33 . . . Tcb8) 33 . . . Kh7 fort. die Stellung ist in etwa im Gleichgewicht.
Der Partiezug führt zu umfangreichen Bauerntäu­
186 schen; dadurch rückt der Remisschluß näher.
32. b3 XC4 TcSxq

(siehe Diagramm 187)

3 3 · S(J-d2

Plausibler ist 33. fgs:, doch bleibt nach der Antwort


33 . . . Kh8 die Stellung ausgeglichen.
33· Se4xd2
3 4 · KCI Xd2 f7-f6
Weiß kann wählen: 3 5 · esxf6 Lg7xf6

263. Zeitungsspalte.
264. DSZ 1894, S.166.
265. Str. 1894, S.215.
13. PART I E : L A S K E R - S T E I N ! TZ 137

13. Partie
E M . LAS K E R - W. S T E I N I T Z
Montreal, s.5.1894
Spanisch (C68)

Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.175-176;
DSZ 1894, S.167-168;
BCM 1894, S.267-268;
CM XV (Juni 1894), S.303-305;
Str. 1894, S.216-219;
C. Devide, William Steinitz - Selected Games, New
York 1974 (Erstveröffentlichung 1901), S.86-88;
(Stellung nach 32. . . . Tc8XC4)
LCM IV (1906), S.194-195;
36. f4xgs Lf6xgs L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
37· Th i -b l Tb8Xbl Band (Ansbach 1921), S.27-28;
38. Lc2xb 1 Kg8-f8 Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
39· Se2-d4 Kf8-e7 hagen) , Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
40. Lb 1 -a2 TC4-C5 119 (Anmerkungen von L. Rellstab);
41. Kd2-d3 Ke7-d6 Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
"Falls 41. . . Le8, so 42. Sf5t Kf6 43. Kd4; aus diesem
350 (Anmerkungen von D. Hooper);
Grunde hat Schwarz die sichere Fortsetzung vor­
J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971),
gezogen," schreibt Lasker. 266
S.220-225.

1. e2-e4 e7-e 5
"Vielleicht war 42 . . . Kq stärker," gibt J.-D. Seguin 2. Sg1-f3 Sb8-c6
an. 267 Nach 43· Tf2 hat Weiß aber keine Mühe, die 3· Lfl-bs a7-a6
Partie zu halten; seine Figuren sind aktiv aufge­ 4· Lbsxc6 d7XC6
stellt, und die Anzahl der Bauern ist schon stark 5· d2-d4
eingeschränkt.
Dies ist das erste Mal, daß Lasker aus der Spani­
43 · Tb2-b6t Kd6-q schen Abtauschvariante direkt ins Endspiel über­
44 · Tb6-a6 Kq-b7 ging. Bislang hatte er diese Variante erst einmal im
45 · Ta6-d6 Kb7-C7 Turnier angewandt, und zwar in der Partie Lasker ­
46. Td6-a6 Kq-b7 Mortimer, London 1892; dort spielte er 5. o-o. Spä­
47 · Ta6-d6 Kb7-C7 ter errang Lasker zwei berühmte Siege mit diesem
48. Td6-a6 Kq-b7 Abspiel, und zwar in der ersten Wettkampfpartie
49· Ta6-d6 Kb7-C7 gegen Tarrasch 1908 und in der Entscheidungspar­
so. Td6-a6 Kq-b7 tie gegen Capablanca, St. Petersburg 1914; bei der
ersten Anwendung war er nicht so erfolgreich.
Remis .

5· es xd4
6. Dd 1Xd4 Dd8Xd4
7· Sf3 Xd4 c6-c5
8. Sd4-e2 Lc8-d7

266. Str. 1894, S.215.


267. Str. 1894, S.215.
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

9· Sb1-C3 0-0-0 keitsspielraum, und in der Tat erhält er eine überle­


gene Stellung. Da Weiß nicht die Absicht hat, den
Königsbauern vorzurücken, hätte er, wenn ihm
188 daran lag, mit dem Turm zu ziehen, ihn nach d1
stellen sollen, um den Gegner daran zu hindern,
diese Linie zu besetzen," erklärt Lasker.269
Dazu möchte ich folgendes bemerken: Nach
14. Lgs h6 IS. Le3 (1s. Lh4 gefällt mir überhaupt
nicht; das Feld d2 wird ohne Deckung gelassen,
und nach IS . . · C4 droht bereits 16 . . . Lest 17· Kh1 gs)
IS . . . Sd7 hat Weiß nichts erreicht; Schwarz spielt
bei Bedarf h6-hs.
14. Tfd1 ist natürlicher und etwas besser als 14. Tfe1;
aber groß ist der Unterscheid nicht.
10. LCI -f4 14. ... Sf6-d7

Zu Recht hält Steinitz 10. Le3 für etwas genauer. 268


10.
11. 0-0

Es gefällt mir etwas besser, den König zum Da­


menflügel zu bringen; 11. Td1 Td1:t 12. Kd1: ist eine
solide Fortsetzung. Der Textzug ist jedoch keines­
falls ein ernsthafter Fehler.
1 1. Sg8-f6
1 2. f2-f3 Lf8-e7
1 3 . Se2-g3

Hier wird der Sprinter des Weißen nach der Ant­


wort des Gegners wirkungslos stehen. Etwas besser 15. SC3-d1 (?)
gefällt mir 13. Le3 nebst Se2-f4. Das Gleichgewicht
der Stellung ist jedoch bis jetzt in keiner Weise Aber das sieht gekünstelt aus.270 Lasker schreibt:
gestört. "Schwarz drohte IS . . . Lf6, und falls dann 16. es, so
16 . . . Lg7 17· Te2 Tde8 18. Tae1 Sf8 mit besserer Stel­
1J. g?-g6 lung."271
14· Th-e1 Aber so schrecklich ist diese Drohung denn doch
"Es wäre vorzuziehen gewesen, das folgende Ma­ nicht. Nejstadt erwähnt die Fortsetzungen 1s. Sds
növer des Springers des Schwarzen mit 14. Lgs zu Lds: 16. eds: Lf6 17· c3 Sb6 mit Vorteil für Schwarz
verhindern. Falls dann 14 . . . h6 geschieht, so zieht und IS. es Sf8 nebst Sf8-e6, ebenfalls mit bequeme­
sich der Läufer nach h4 oder nach e3 zurück; das rem Spiel für Schwarz, aber der natürliche Zug ist
letztgenannte Feld ist sein natürlicher Platz. Der IS. Tad1. Nach IS . . . Lf6 hat Weiß zwei befriedigende
Textzug gibt dem Schwarzen einen großen Tätig- Möglichkeiten:

268. Zeitungsspalte.
269. Str. 1894, S.216.
270. Laut D. Hooper, Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wildhagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
350, überlegte Lasker vierzig Minuten an diesem Zug; ich finde aber keine anderen Quellen für diese Behauptung
außer Nejstadt, der es von D. Hooper übernommen haben wird.
2 7 1 . Str. 1894, S.216-217.
13. PA RT I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 139

I 16. es Lg7 190


A) 17. Lgs Tde8 18. f4 f6 19. ef6: Sf6:. Die Stellung ist
unbequem für Weiß; 20. fs wird mit 20 . . Sg4 .

beantwortet.
B) 17. Sds
Ba) 17 . . . Tde8 18. e6 Te6: (18 . . . fe6: 19. Sq: ist nicht
erfreulich für Schwarz) 19. Te6: fe6: 20. Se7t
Kd8 21. Sc6:t bc6: 22. Se4 Kc8 23. c3. Schwarz
dürfte nicht viel Freude an seinem Mehrbauern
haben.
Bb) 17 . . . Lds: 18. Tds:
Schwarzen vorrücken, ehe der Springer nach b6
Bb1) 18 . . . The8 19. Se4 Ses: 2 0 . Td8:t Kd8: 2 1 . Tdtt
gebracht wird.
Kc8 22. Ses: mit Ausgleich.
Bb2) 18 . . . Tde8 19. C3 mit etwa ausgeglichener Stel­ 16. Sg3-fi
lung.
Für diesen Zug hat Lasker herben Tadel geerntet.
II 16. Sge2 ist sehr solide: der Springer wird
"Weder hinter diesem Zug noch hinter den zwei
von seinem unwirksamen Posten entfernt, die
vorhergehenden kann man einen bestimmten Plan
Punkte C3 und d4 werden überdeckt. Nach
entdecken," meint M. Ögorin.2 74
16 . . . bs folgt 17. LCI Sb6 (17 . . . b4 wird mit 18. Sds
"Lasker befolgt auch in dieser Partie sein beliebtes
bedient) 18. Td8:t Td8: 19. Td1 mit gleichem
Prinzip, nichts zu thun und abzuwarten, ob viel­
Spiel.
leicht ein Fehler kommt - aber diesmal hat er kein
Jetzt erhält Schwarz einigen Druck.
Glück damit," schreibt ein unbekannter Kommen­
1 5. ... Sd7-b6 (?) tator.275
In Wirklichkeit ist es höchst verständig, den
Pillsbury schlägt 1s . . . Sf8 vor,272 aber dies ist etwas
Schimmel nicht länger auf g3 verschimmeln zu
langsam; nach 16. Les f6 17. Lc3 bs 18. b3 Se6 19. Se3
lassen.
hat Weiß nichts zu fürchten.
Lasker sagt: "1s . . . The8 wäre stärker gewesen; Weiß 16. Td8-d7
kann nicht seinen Läufer gegen den Springer tau­ 17. Lf4-e3 (?)
schen, und der wird später eine beherrschende
"Wieder ein unnützer Zug; besser wäre 17. Sf2 nebst
Stellung auf d4 (über c6) oder auf d3 einnehmen,
Ta1-d1," meint derselbe Kommentator27 6 - und
falls der c-Bauer vorrückt."273
damit hat er recht.
Laskers Ausführungen sind ein wenig zu allge­
mein, und der Zug 15 . . . The8 bringt keinen be­ 1]. Th8-d8
sonderen Nutzen; er gibt dem Weißen Zeit, seine 18. b2-b3 (?)
Springer, die sich vergaloppiert haben, auf besse­
Zur Unzeit gibt Weiß dem Gegner eine Angriffs­
re Felder zu führen. Besser als Laskers Vorschlag
marke am DamenflügeL Er sollte Veränderungen
gefällt mir die Fortsetzung 15 . . . Lf6 16. c3 bs
seiner Bauernstellung vermeiden und seine Figu­
(siehe Diagramm 190) renstellung zu verbessern suchen. Vorgeschlagen
nebst bs-b4 oder Sd7-b6-a4 mit starkem Druck wurde in alter Zeit 18. Sf2, 277 doch ist die Ant­
am Damenflügel; jedenfalls sollte der b-Bauer des wort 18 . . . Sq unangenehm für Weiß, denn auf

272. Str. 1894, S.217.


273. Str. 1894, S.217.
27 4· Str. 1894, S.217.
275. DSZ 1894, S.167.
276. DSZ 1894, S.167.
277. DSZ 1894, S.167.
140 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

19. Sd3 folgt 19 . . . Td3: 20. cd3: Sb2: mit bedeuten­ zen nicht entscheidend aus, zum Beispiel 21 . . . cb3:
dem, wahrscheinlich entscheidendem Vorteil für 22. ab3: Lbs 23. Sg3 mit der Absicht Kg1-f2 und Sg3-
Schwarz. Mir scheint 18. Lf2 die angewiesene Fort­ e2 oder 21. . .fs 22. efs: gfs: 23. Td7: Td7: 24. SC4: SC4:
setzung zu sein; es ist schwierig für Schwarz, Fort­ 25. bC4: mit unklarer Stellung.
schritte zu machen. L. Hoffer empfiehlt 19. Sf2;280 der Zug führt zu ähn­
lichen Bildern wie 19. Sb2. Der Springer steht auf
18 . . . . c s -C4
f2 sicherer als auf b2; dafür entfällt die Drohung
Le3xb6. Auch hier hält sich der Vorteil des Schwar­
191 zen in Grenzen.
Ich vermute, daß man nach dem Partiezug von
einer Gewinnstellung für Schwarz sprechen darf.

19. C7Xb6
20. b3 XC4

"Es war wahrscheinlich die beste Vorgehensweise


für Weiß, den angebotenen Bauern nicht zu neh­
men, sondern statt dessen mit 20. Sde3 fortzufah­
ren," gibt Steinitz an.
Nach 20. Sde3 Lc5 21. Kh1

"Eine äußerst findige Fortsetzung, die 19. C4 verhin­


dert, ein Zug, mit dem Weiß das gegnerische Spiel
zu blockieren und Vorteil zu erlangen gedachte.
Das Opfer des Bauern wird reichlich kompensiert
durch den Wertzuwachs, den der Aktionsradius
der Türme und Läufer erhält, während die Bau­
ern des Weißen gänzlich zersplittert und isoliert
sind. Obwohl es sehr schwierig, ja beinahe unmög­
lich ist, alles Abspiele zu analysieren, die auftreten
können, so muß doch das Opfer nach allgemeinen
Prinzipien als korrekt beurteilt werde." In dieser et­ hat Schwarz die Wahl:
was geschwollenen Weise äußert sich Lasker über I 21. . . cb3: 22. cb3: Kq. Schwarz rückt am Damen­
den Textzug.278 Er stellt unzweifelhaft die beste flügel vor; er plant entweder b6-b5 nebst Kq­
Fortsetzung dar, obwohl der Vorstoß 19. c4 keine b6-a5-b4 oder a6-a5-a4. Der König des Wei­
allzu schreckliche Drohung formt: Schwarz kann ßen kann nicht in den Kampf eingreifen; wenn
Le7-f6-d4 antworten. Weiß die Kraft der Türme des Schwarzen durch
Abtausch zu brechen sucht, wird er den Damen­
19. Le3xb6?
flügel nicht verteidigen können. Ich vermute,
Der Zug gefiel einigen Zeitgenossen Laskers nicht, daß Weiß sich auf die Dauer nicht halten kann.
und ich schließe mich ihrer Meinung an. II 21. . .c3 22. Tad1 h5 ist ebenfalls äußerst unbe­
J.-D. Seguin schlägt 19. Sb2 vor;279 er möchte das quem für Weiß. Ich gebe ein Beispiel: 23. Td7:
Feld d3 für den Springer gewinnen. Nach 19 . . . Lf6 Td7: 24. Td1 Td1: 25. Sd1: Ld4 26. Sg3 (Nach
20. Tab1 Lc3 21. Ted1 sieht der Vorteil des Schwar- 26. Sfe3 rückt Schwarz mit dem König heran)

278. Str. 1894, S.217.


279. Str. 1894, S.217.
280. CM XV ( Juni 1894), S.304.
13. PA R T I E : L A S KE R - S T E I N I T Z 141

26 . . . Lbs 27- a4 Ld3 28. Sc3: Lc2: 29. Sge2 Lc3: II 2s. Sfs Td3 26. Se7t (Auf 26. TaCI folgt wie­
30. Sc3: Lb3:, und Schwarz gewinnt. der 26 . . . Tf3:, und nach 27. Se7t Le7: hat Weiß
Ich halte dafür, daß auch mit 20. Sde3 die Partie weder mit 28. gf3: Lf3:t 29. Kg1 Lest noch
nicht mehr zu retten ist. mit 28. Te7: Tf2 Rettungsaussichten) 26 . . . Kq
27. TaCI T8d7 28. Sdst Lds: 29. cds: T7ds:
20. . ..
30. Te4 Td1 31. Te1 Te1: 32. Te1: Td3, und auch
E s ist nützlich, den Springern des Weißen den hier verbürgt dem Schwarzen sein Stellungs­
Stützpunkt auf d3 zu nehmen und das Feld den vorteil den Sieg.
eigenen Türmen zugänglich zu machen.
III 2s. Sds gibt dem Schwarzen weniger Zeit, sei­
2 1 . C2-C3 nen König zu aktivieren, aber nach 2s . . . Lds:
22. Kg1 -h1 26. cds: Tds: kann Weiß doch nichts Fruchtba­
res unternehmen: 27. Te4 Td1 28. Te1 Ta1: 29. Ta1:
Kq führt zu einer ähnlichen Stellung wie in Ab­
spiel II angegeben.
Weil Weiß seine Möglichkeiten nicht wahrnimmt,
werden in der Partie später ähnliche Stellungsbil­
der entstehen.

23. Tu -e1?

Mit 23. Sfe3 kann Weiß beinahe ausgleichen:


I Wenn Schwarz mit 23 . . . bs um den Besitz des
Feldes ds kämpft, so folgt 24. cbs: abs: 2s. Se2.
Weiß kann unter Bauernopfer jederzeit einen
der beiden gegnerischen Läufer beseitigen; der
"Auf 22. Sfe3 folgt offensichtlich 22 . . . Td1: mit Ge­ Vorteil des Schwarzen ist durch die Entwer­
winn, und falls 23. Sde3, so 23 . . . Td3 24. TaCI fs mit tung seiner Bauernstruktur am Damenflügel
starkem Angriff," erklärt Steinitz ganz richtig.281 verdampft.
22. . ..
II 23 . . . Le3: 24. Se3: Tc3: 2s. Sds Lds: 26. cds: ergibt
eine ganz unklare Lage.
Schwarz erlaubt dem Gegner, einen Springer nach
III 23 . . . fs ist der andere Versuch zur Eroberung
ds zu führen. Er sollte das Zentrum sofort spren­
des Feldes ds.
gen: 22 . . . fs ist das angewiesene Verfahren - wie
aus der oben zitierten Anmerkung von Steinitz er­ A) 24. efs: gfs: (24 . . . Te8 2s. f6 verspricht dem
hellt. Nach 23. efs: (23. es führt nach 23 . . . f4 zu einer Schwarzen nichts) 2S. Sfs: Tf3: 26. Se7t Le7:
für Weiß hoffnungslos passiven Stellung) 23 . . . gfs: 27. g[J: Lf3:t 28. Kg1 Lest 29. Se3 Td2 führt auch
24. Sde3 f4 findet der Springer kein befriedigendes diesmal zu einer für Weiß hoffnungslosen Stel­
Feld: lung.
I 2s. Sg4 Td3 B) Richtig ist 24. Sds fe4: 25. fe4: Te8 26. Te2 Lds:
A) 26. TaCI T[J:, und Schwarz gewinnt. 27. cds: Tds: 28. Sb2 bs 29. g3
B) 26. Ses Tc3: 27. TaCI Ld4 28. Sc6: bc6: 29. Tc3: (siehe Diagramm 194)
Lc3: 30. Tb1 Kq. Der Stellungsvorteil des
Schwarzen muß zum Sieg führen: sein Läufer mit guten Rettungsaussichten für Weiß; auf
ist viel stärker als der Springer, seine Figuren 29 . . . La3 folgt 30. C4 Td4 31. cbs:, und falls
aktiver, und die Bauern des Weißen am Damen­ 31. . . Tee4:, so 32. ba6: ba6: 33. TCI t Kd7 34. Te4:
flügel sind unheilbar schwach. Te4: 35. TC2.

2 8 1 . Zeitungsspalte.
142 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER STEINITZ

194
195

Nach dem Textzug kann Schwarz auf den rechten


Pfad, der zum Siege führt, zurückkehren.
23 . ... a6-as? zur Folge haben mußte. Weiß sollte 25. Sd5 spie­
Aber er versäumt die Gelegenheit. len, und dann hätte der letzte Zug des Schwarzen
Steinitz meint: "23 . . . f5 wäre verfrüht, und dieses alle die Kraft und die Bedeutung verloren, die er
ruhige Vorgehen leistet einen wichtigen Dienst am hatte, als der Springer noch auf d1 stand." Das ist
Damenflügel für das Endspiel. Weiß ist inzwischen die Meinung von M. Ögorin.285
in seinen Bewegungen stark behindert."2 82 Steinitz ist wieder einmal zu sehr von der Stärke
Dagegen äußert M. Ögorin: "Steinitz mußte so­ seiner Position überzeugt. In der Schlußstellung
fort den Angriff unternehmen, den er im folgen­ des von ihm angegebenen Abspiels kann Weiß
den Zuge durchführt. 23 . . .f5 war jetzt stärker; falls 28. h3 mit der Absicht Sfl-h2-f3 spielen; die Fol­
24. Sb2, so zieht sich der Turm nach d7 zurück, und ge 28 . . . g5 29. Sh2 g4 30. hg4: hg4: 31. Sg4: Th8t
Schwarz hat denselben Angriff mit den Läufern in 32. Sh2 Ld6 33. g4 ist keineswegs gewinnträchtig
einer sehr starken Stellung."283 für Schwarz.
Ögorin hat es getroffen. Die Art der Stellungen, Das Urteil von M. Ögorin dürfte zutreffen. 25. Sd5
die nach seinem Vorschlag entstehen, ist in der ist auf jeden Fall stärker als 25. ef5:, und wahr­
Anmerkung zum 22. Zuge von Schwarz genugsam scheinlich ist Weiß nach dem Textzug verloren.
verdeutlicht worden; ich gehe hier daher nicht wei­ 25. . .. g6xfs
ter in Einzelheiten. Nach dem gespielten Zug kann 26. h2-h3
Weiß wiederum ausgleichen. Es verdient der Zug 26. Sfs: mehr Beachtung, als
24. Sd1-e3 f7-fs man bisher glaubte: 26 . . . Tf3: 27. Se7t Le7:,
(siehe Diagramm 195)

(Abgabezug)
Ich gebe die Meinungen der alten Meister zu die­
sem Zuge wieder:
"25. Sd5 hätte den Widerstand vielleicht verlängert,
würde aber kaum das Spiel ausgleichen, zum Bei­
spiel 25. Sd5 fe4: 26. fe4: Tf8 27. Te2 h5 mit starkem
Angriff." Dies ist das Urteil von Steinitz. 2 84
"Ein Fehler, der den sofortigen Verlust der Partie

282. Zeitungsspalte.
283. 5tr. 1894, 5.217.
284. Zeitungsspalte.
285. 5tr. 1894, 5.217-218.
13. PART I E : L A S K E R STEINITZ 143

und nun: 197


28. gf3: Lf3:t 29. Kg1 Lest 30. Se3 Td2 wird von
Steinitz angegeben;286 hier ist Weiß in der Tat
rettungslos verloren.
11 28. Te7: Tf2 29. Se3 ist weniger klar, aber
nach 29 . . . Tdd2 30. Tg1 (30. Th7: scheitert an
3o . . . Tg2: 31. Sds Tds:) 30 . . . Tfe2 31. Sds Te7:
32. Se7:t Kd7 33. Sc6: Kc6: wird Schwarz den
Damenflügel des Weißen abweiden; das Turm­
endspiel sollte dank der Schnelligkeit des a­
Bauern gewonnen sein.
29 . . . Tf3: 30. gf3: L[J:t 31. Kh2 Tg2t 32. Kh1 Ta2:t
Der Partiezug ist der stärkste.
33. Kg1 Tpt 34. Kh1 Tc2t usw." Dies hat M.
26. ... Td8 g8
-
Ögorin entdeckt. 287 So einfach, wie er die Sache
darstellt, ist es allerdings nicht; nach 27 . . . bs ist die
Es ist erstaunlich, daß seinerzeit dieser dezentra­
Antwort 28. Se7t ein schwerer Fehler. Weiß hat
lisierende Turmzug allen Kommentatoren selbst­
folgende Möglichkeiten:
verständlich erschien. 26 . . . f4 ist naheliegender:
I 28. Tes bq: 29. Sde3 b6 (29 . . . La3 30. Tc2 ist
I 27. Sds Lds: 28. cds: TSds:. Weiß kann nichts
weniger wirksam: die Bauern auf as und C4
zur Verbesserung seiner Stellung unternehmen,
hängen, und nach 30 . . . bs folgt 31. Sfs:) 30. Sfs:
und der König des Schwarzen dringt entschei­
(30. Sq: scheitert an 30 . . . Tf3:)
dend vor.
A) 30 . . . Tf3: 31. Tcs: Th3:t 32. Sh2 bcs: 33· Se7t Kq
II 27. Sg4 La3 28. Ses LCI: 29. Sd3: Td3: 30. TCI: Le8
34· Sg8: Tg3 3S- Sf3 (auf 3S· Se7 folgt 3S · . . Lg2:t
31. Te2 Td1 32. Kg1 Lf7 33· Kf2 Lq: 34· Sd2 Ld3
36. Kg1 Lb7t 37. Kfl Tg2 mit Gewinn) 3s . . . Tg8:
3S· Tb2 a4 36. a3 Ta1 37. Tb4 Ta3: 38. Tf4: bs
36. Tc2. Ich bin nicht sicher, ob man von einer
39. Ke3 Tc3: 40. Kd4 b4, und Schwarz gewinnt.
Gewinnstellung für Schwarz sprechen darf.
Dies ist natürlich nur ein Beispiel von vielen,
B) 30 . . . La3 31. TC2 (31. Se7t wird mit 31. . . Le7:
wie sich die Partie entwickeln könnte; ich glau­
32. Te7: Tf3: widerlegt) 31. . . La4 32. Tce2 Tc3:
be aber, daß Weiß sich in keinem Fall retten
33. S1e3 Kb7. Ich glaube nicht, daß Weiß sich
kann.
retten kann; das Läuferpaar und der c-Bauer
Auch nach dem zeitverschwendenden Partiezug
des Schwarzen sind zu mächtig.
scheint es keine Rettung für Weiß zu geben.
II 28. Sf6
27. Se3-ds A) 28 . . . Tf3: 29. Sg8: Th3:t 30. Sh2 Ld6 31. Se7t Kq
32. Sc6: Th2:t 33. Kg1 bc6: 34. es Lg3 3S· Te7t
Jetzt kommt 27. Sfs: Tf3: gar nicht mehr für Weiß
führt zum Verlust für Schwarz.
in Betracht. Es sit nichts Besseres zu sehen als der
B) 28 . . . Tg6 29. cbs: Lf3: (29 . . . Lbs: wird mit 30. Tes
Textzug.
beantwortet) 30. gf3: Tf6:
27. Ba) 31. Sh2 Td2 32. a4 Th6 33· Tcd1 Tf2 34. Tfl Tb2
3S· Tb1 Tb1: 36. Tb1: Th3:. Es droht sowohl
"Mir scheint, daß Schwarz, indem er den Springer
37 . . . Ld6 wie 37 . . . Th4; Weiß ist verloren.
schlägt, sich den Gewinn der Partie entgehen läßt;
Bb) 31. Tes b6 32. TeSt Kd7 33· Tg8 Tf3: 34· Tg3
er mußte folgendermaßen spielen: 27 . . . bs
(Auch nach 34· Tg7t Ke6 3S· Th7: Tg6 geht es
(siehe Diagramm 197) dem Weißen nicht gut) 34 . . . Tf2 3S· Tg2 Tg6
28. Se7t LeT 29. Te7: (29. cbs: rettet den Wei­ 36. Tf2: Lf2:. Der Stellungsvorteil des Schwar­
ßen ebenfalls nicht; die Antwort lautet 29 . . . Lh4) zen ist überwältigend: der Läufer ist besser als

286. Zeitungsspalte.
287. Str. 1894, S.218.
144 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

der Springer, sein König ist aktiv und wird sich 29. Tdsxdt
auf die verzogene Bauernstruktur des Weißen 30. Tet xd t fs-f4
am Damenflügel stürzen, der f-Bauer ist gefähr­ 3 1 . Kh t -h2 (?)
lich. "Die beste Chance des Weißen besteht in der Ant­
Weiß dürfte also nach 27 . . . b5 verloren sein. Nach wort 31. g4 mit der Fortsetzung 32. Kg2 oder 32. Td2
dem Textzug kann er aufatmen. abhängig davon, ob Schwarz 31 . . . Te8 spielt oder
den Bauern en passant nimmt." Das hat J. Mason
28. C4Xd5 beobachtet. 290
Nach 31. g4 fg3: 32. Kg2 Kq (Mit 32 . . . h5 33. h4 Le7
34· Td4 erreicht Schwarz nicht mehr) 33. Td5 nebst
34. Th5 und eventuell Sfi-d2-e4 hat Schwarz kei­
nen Vorteil.
Nach 31. g4 TeB 32. h4 b5 33. g5 Kq (Auf 33 · . . Lf2
lautet die Antwort 34· Td5) 34· Td2 Te1 35· Kg2 Tc1

199

29. Tct-dt?

"Ein verhängnisvoller Urteilsfehler auf Grund von


Zeitmangel. 29. g4 hätte wahrscheinlich zu fol­
gender Fortsetzung geführt: 29 . . .Td3 30. Kg2 h5 sehe ich jedoch keine Möglichkeit für Weiß, mit
31. Ted1 Td1: 32. Td1: fg4: 33. fg4: hg4: 34· h4 mit seinen Königsflügelbauern gefährliche Drohungen
Remisaussichten, wenn nicht mehr. aufzustellen.
Der Textzug erlaubt dem Schwarzen, nach Turm­ Nach dem Textzug ist der Gewinn für Schwarz
tausch die Wirkungskraft des Springers und der einfach.
Bauern des Weißen am Königsflügel zu lähmen."
31. Tg8-e8
Dies äußert Lasker.288
3 2. a2-a4 KcB-q
"Es ist wenig wahrscheinlich, daß Schwarz die Par­
3 3 · h3-h4
tie hätte gewinnen können, wenn Weiß hier 29. f4
gespielt hätte, und falls 29 . . . Ld6, so 30. g3; wenn Auf 33. C4 folgt wie in der Partie 33 . . . Lb4 mit
dann die zweite Reihe mit dem Turm besetzt wird, der Drohung 34 . . . Te1, und Schwarz gewinnt; auf
hätte der Springer die Möglichkeit, ins Spiel einzu­ 34· Td5 spielt Schwarz 34 . . . Te1 35· Sd2 Td1 36. Se4
greifen." Das ist die Meinung von M. Ögorin.289 Td5: 37. cd5: b5 38. ab5: a4, und der a-Bauer ist nicht
Laskers Vorschlag kommt mir etwas riskant vor. aufzuhalten.
Nach 29. g4 fg4: 30. fg4: h5 behält Schwarz vor­ 33· . . . Kq-c6
zügliche Gewinnaussichten. Dagegen verdient die 34· C3-C4
Anregung Ögorins Vertrauen; Weiß dürfte über­ Die Fortsetzung 34· Tb1 Te2 35. Kh3 Ta2 ist hoff­
leben können. nungslos für Weiß, und 34· Kh3 b5 35. ab5:t Kb5:
Nach dem Partiezug steht Schwarz auf Gewinn. 36. Sd2 a4 37. Se4 TaB ist ebenfalls aussichtslos.

288. Str. 1894, S.218.


289. Str. 1894, 5.218.
290. BCM 1894, 5.268.
14. PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 14S

34· Lcs-b4 14. Partie


3 5 · Kh2-h3 Te8-e1 W. S T E I N I T Z - E M . L A S K E R
36. Td1 xe1 Lb4xe1 Montreal, B.s.1B94
3 7 · Kh3-g4 Kc6-cs Damengambit (D46)

200 Frühere Bearbeitungen:


DWS 1894, S.182-183;
DSZ 1894, S.168-169;
BCM 1894, S.296-297;
CM XV (Juni 1894), S.3os-3o6;
Str. 1894, S.219-221;
C. Devide, William Steinitz - Selected Games, New
York 1974 (Erstveröffentlichung 1901), S.88-89;
LCM IV (1906), S.19s;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
Band (Ansbach 1921), S.29-30;
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
In diesem Wettlauf hinkt der Weiße um Längen hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
nach. 3S1 (Anmerkungen von D. Hooper).

38. Kg4Xf4 Kcs xC4 1. d2-d4 d7-ds


39· Kf4-e4 Le1 xh4 2. C2-C4 e7-e6
40. g2-g3 Lh4-d8 3· Sb1 -C3 q-c6
41. Sh -e3t KC4-b4 4· e2-e3 Sg8-f6
42. Ke4-d3 Kb4xa4 5· Sg1-[J Lf8-d6
43 · Kd3-C2 Ka4-b4
6. Lh-d3 Sb8-d7
44· f3- f4 Kb4-C5
7· 0-0 0-0
45 · f4-fs Kcs-d6
8. e3-e4 ds xe4
46. g3-g4 b6-bs
47· Se3-d1 Kd6-es Üblicher ist heutzutage die Fortsetzung 8 . . . dC4:
48. Sd1 -C3 bs -b4 9· LC4: es.
49· Sc3-a4 Kes-d4
s o. Sa4-b2 b7-bs 9· Sc3xe4 Sf6xe4
5 1. Kc2-b3 Ld8-e7 10. Ld3xe4 h7-h6
5 2· g4-gs a s-a4t 1 1 . Le4-e2 f7-fs (?)
5 3· Sb2xa4 bs xa4t
Bessere Ausgleichsmöglichkeiten bietet die Fort­
54· Kb3xa4 Kd4-es
setzung 11. . . es, denn 12. Dd3 kann mit 12 . . .fs abge­
5 5· Ka4-b3 Kesxfs
wehrt werden. Nun bleibt Schwarz mit folgenden
Nachteilen sitzen: ein rückständiger Bauer auf e6;
Weiß gibt auf.
ein Loch auf es; ein wirkungsloser weißfeldriger
In dieser Partie zeigte Lasker Schwächen im Stel­ Läufer. Weiß hat bereits erheblichen Vorteil.
lungsverständnis. In gleichstehenden oder schlech­
terstehenden Endspielen kam dies hin und wieder 1 2. Th -e1 Sd7 - f6
vor; man vergleiche zum Beispiel die Partien H. E. 1 3 . LCI-d2 Lc8-d7
Bird - Lasker, London 1892, Tarrasch - Lasker, 1 4. Ld2-C3 Dd8-q?
Hastings 1895, Pillsbury - Lasker, St. Petersburg
Nötig ist zunächst 14 . . . b6.
189s/96 (2. Umgang) und Lasker - Janowski, New
York 1924. 1 s . Sb-es?
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

M. Ögorin macht darauf aufmerksam, daß Weiß 1 8 . . . Sg4. Natürlich gibt man das Feld d s ohnehin
mit 1s. es Le7 16. Lfs: einen Bauern gewinnen konn­ nicht gerne ohne Notwendigkeit auf. Der Partie­
te. Zwar ist der Sieg für Weiß nach 16 . . . efs: 17. Te7: zug ist nicht zu tadeln.
Sds noch nicht einfach, sollte aber zu bewerkstelli­
17. Dq-g7
gen sein. Der Partiezug hat zudem noch den Nach­
18. Ta1-d1
teil, daß er dem Schwarzen hilft, die Stellung seines
Damenläufers zu verbessern. "Weiß hat sehr geschickt einen starken Angriff im
Ld7-e8
Zentrum vorbereitet; falls die Gelegenheit sich bie­
tet, droht er 19. ds cds: 20. cds: Sds: 21. Tds: gefolgt
durch einen Angriff auf die Dame durch Demas­
kierung des Läufers," schreibt Lasker. 292
201
18. ... gs-g4 (?)

"Schwarz fördert das Spiel des Weißen, indem er


die Dame von einer Stellung treibt, wo sie ohne
Wirkung war, um sie eine drohende Position ein­
nehmen zu lassen. Schwarz stand unter dem Ein­
druck, er könne 19 . . . Dgs folgen lassen, und sah zu
spät, daß Weiß mit 20. Sg4: einen Bauern gewön­
ne. An Stelle des Textzuges hätte er 18 . . . Lhs spie­
len sollen; falls 19. f3, so 19 . . . g4, und falls 19. Td2,
so 19 . . . Tae8 mit vorzüglicher Stellung." Das gibt
1 6. ... g7-gs? Lasker zu wissen, und es stimmt - bis auf die Äu­
ßerung, die Stellung des Schwarzen sei vorzüg­
Dies ist ein sinnloser Scheinangriff; Schwarz lich. Nach 18 . . . Lhs 19. Td2 Tae8 20. a3 mit der Ab­
schafft sich neue Schwächen. Besser ist der von sicht Lc3-b4 muß Schwarz auf die Dauer an seinen
W. Pollock vorgeschlagene Zug 16 . . . Td8, um nach Schwächen zugrunde gehen. Nach dem Textzug
17. Dh3 mit 17· . . Lf7 stehenzubleiben. Nach dem geht es schneller.
Partiezug dürfte die Stellung des Schwarzen end­
gültig hoffnungslos geworden sein. Le8-hs

Auch dieser Zug wurde hart getadelt, doch ist die


Lage des Schwarzen schon ganz hoffnungslos.
Zu diesem Zug bemerkt ein zeitgenössischer Ex­
Eine Empfehlung lautet 19 . . . Les: 20. Des: Ld7,293
perte: "Weit energischer wäre 17. es, was den An­
aber Weiß gewinnt unter Durchsetzung des Vorsto­
griff des Schwarzen sofort brechen würde. Tauscht
ßes d4-ds wie er will; 21. Dd6 ist ein guter Anfang.
daruf Schwarz den Springer ab, so folgt 18. Tes: mit
Der Vorschlag 19 . . . Td8294 sieht etwas vernünfti­
starkem Angriff [ . . . ] . Zieht Schwarz dagegen auf
ger aus, aber nach 20. Ld2 Kh7 21. a3 nebst Ld2-b4
17. es den Läufer nach e7 zurück, so gerät er durch
wird dem Schwarzen schließlich die Luft ausge­
18. g4 erst recht in eine üble Lage."291
hen. Jetzt gewinnt Weiß mit einer hübschen Kom­
Natürlich kann von einem Angriff des Schwarzen
bination; so einfach, wie es auf den ersten Blick
nicht im geringsten die Rede sein. Der Bearbeiter
ausschaut, ist es nicht.
des "Deutschen Wochenschach" gibt nach 17. es
Les: 18. Tes: etliche Abspiele an, übersieht aber 20. Sesxc6 Ld6xh2t

29 1 . DWS 1894, S.182.


292. Str. 1894, S.220.
293. DSZ 1894, S.169.
294. DWS 1894, S.183.
14. PART I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 147

203
202

Lasker kommentiert den Zug 2s . . . Se4 wie folgt:


"Dies scheint der einzige Zug zu sein, der Weiß
2 1 . Kgt xh2 daran hindert, 26. ds zu spielen."295
22. De3xg3 Steinitz hingegen führt aus: "Falls 2S . . .TaeS, so
23. f2xg3 (?) beabsichtigte Weiß, mit 26. L[J Se4 27. Th6: (oder
27. Le4:) fortzusetzen. Man sollte darauf achten,
Damit erschwert sich Weiß den Sieg ganz bedeu­ daß 26. ds nicht wirksam wäre auf Grund der Fol­
tend. Einfacher ist 23. Kg3: Ld1: 24. Ld1:, und nun: ge 26 . . . Se4 27. Tg6t Kh7 28. Tg7t KhB 29. Ld4 es
I 24 . . . bc6: 2s. Te6: Se4t 26. Kf4 Sh: 27- L[J mit 30. Les TfeB usw."296
glatter Gewinnstellung für Weiß.
Ein anderer Kommentator führt aus: "Die Vertei­
II 24 . . . Se4t 2S. Te4: fe4: 26. Ses, und auch hier ist
digung des c-Bauern hat keinen Zweck; 2s . . . Tac8
die Lage des Schwarzen ganz hoffnungslos.
würde mit 26. La4 (26 . . . es 27. des: usw.) beantwor­
Der Textzug tut der Bauernstruktur des Weißen
tet. "297
nicht gut und lässt den König außer Spiel; aber er
Zu 26. ds : Steinitz zeigt wieder einmal seine
genügt zum Sieg.
Stärke in der Erfassung konkreter Gegebenhei­
23- ten. In der Endstellung des von ihm angege­
24- Lc2xd1 benen Abspiels ist der Sieg für Weiß jedoch
zweifelhaft; 30 . . . TeeS ist noch etwas besser als
"Besser als 24. Se7t Kf7 2S. Ld1: TfeB 26. Lb4 Te7:
30 . . . Tfe8. Nach 2S . . . Tac8 26. ds Se4 sollte Weiß
27. LeT Ke7= 28. ds Se4 usw." gibt Steinitz an. Die­
mit 27. Ld4 fortsetzen:
ses Abspiel führt nach der Fortsetzung 29. g4 auch
A) 27 . . . cds: 28. cds:. Weiß hat entscheidendes Stel­
zum Sieg; es ist schwer zu entscheiden, welche Zug­
wahl überzeugender ist. lungsübergewicht; seine Läufer haben gewal­
tige Wirksamkeit, der König des Schwarzen
24- b7XC6 entbehrt der Sicherheit, alle seine Bauern sind
2 S - Te1xe6 Sf6-e4 (?) schwach, und Weiß droht g3-g4.
Natürlich muß 2s . . . Tac8 B) 27 . . . es 28. Le3 Tf6 29. Te7 Tf7 30. Tf7: Kf7: 31. g4.
Auf Grund der Schwäche des Bauern auf es
(siehe Diagramm 203) wird Schwarz sich nicht retten können.
in Betracht gezogen werden. Die Meinungen über II Zu 26. Lf3 : Die von Steinitz angegebene Fortset­
die richtige Entgegnung auf diesen Zug waren in zung ist keineswegs überzeugender als 26. ds.
alter Zeit verteilt. A) 26 . . . Sg4t kommt als Antwort in Betracht.

295. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.220.


296. Zeitungsspalte.
297. DWS 1894, S.183.
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

204 20S

Aa) 27. Kh3 Tf6. Jetzt wird 2S. Tf6: Sf6: 29. ds mit Der Zug 2S . . . TacS stellt aber an das Können, die
29 . . . Se4 abgewehrt; die Lage ist nicht klar. Sorgfalt und den Erfindungsreichtum des Weißen
Ab) 27. Lg4: fg4: weit höhere Anforderungen als die Partiefortset­
Ab1) 2S. Th6: Kf7 29. Th7t Kg6 30. TaT Tfl 31. ds zung. Jetzt ist der Sieg für Weiß leicht.
cds: 32. cds: TdS, und es ist höchst unklar, ob 26. Te6xc6
Weiß gewinnen kann. 27. b2XC3
Ab2) 2S. Tg6t Kf7 29. Tg4: TedS. Es ist nicht aus­
gemacht, daß Weiß über eine technische Ge­ "Weit schwächer als 27 . . . TaeS. Weiß hätte dann
winnstellung verfügt. den h-Bauern auf Grund der beengten Stellung
seines Königs kaum nehmen können, und wenn
B) 26 . . . Se4 ist ebenfalls nicht ohne weiteres zu
Schwarz den Zugang seiner Türme in das Lager
erledigen:
des Gegners erzwingen kann, wäre es mindestens
Ba) 27- Le4: fe4: 2S. Te4: führt zu derselben Struk­
sehr schwierig, eine Mattstellung zu vermeiden."
tur, die im Abspiel I Ab2 entstand; es ist nicht
Dieser Meinung ist Lasker. 298
deutlich, ob der Vorteil des Weißen zum Sieg
Von einem Matt ist aber weit und breit nichts zu se­
genügt.
hen. Nach 27 . . . TaeS 2S. es Te1 29. Lb3t Kg7 30. ds
Bb) 27. Th6: Kg7 2S. Te6 Sc3: 29. bc3: es. Die Ret­ TCl 31. Tqt Kf6 32. d7 gewinnt Weiß mühelos.
tungsaussichten des Schwarzen sich beachtlich. Wichtiger ist es, daß Schwarz die Möglichkeit
Be) 27. g4 ist wohl am stärksten; nach 27 . . . Sc3: TeS-e3xc3 erhält, aber nach 27 . . . TaeS 2S. es Te3
2S. bc3: es 29. Te7 fg4: 30. Lg4: Tc6 31. TaT Cd4: 29. Lb3t Kg7 30. ds Tc3: 31. d6 TdS 32. Tqt Kf6
32. cd4: Tds 33. ds TC4: 34. Le6t Kfs 3S- a4 ist 33. d7 Ke7 34- c6 as 3S- Tcs Tc1 36. Lds a4 37· L[J a3
die Initiative des Weißen vermutlich siegver­ 37. Lhs hat Schwarz keine Verteidigung gegen die
heißend, aber klar ist die Angelegenheit noch Drohung 3S. q Td7: 39. TeSt, und Weiß gewinnt.
nicht. Die Lage des Schwarzen ist hoffnungslos.
III Zu 26. La4 : Dies sieht am stärksten aus. Nach
2S. Tc6-a6 TfS-f7
26 . . . Sg4t 27- Kh3 Tf6 2S. Tf6: Sf6: 29. ds Se4
29. C4-CS TaS-dS (Abgabezug)
30. Lc6: Sc3: 31. bc3: Kf7 32. g4
"Viel stärker wäre 29 . . . Te7 gewesen. Obwohl Weiß
(siehe Diagramm 205)
auf Grund der drei Züge, die Schwarz verloren hat,
mit Aktivierung des Königs wird der Vorteil eine Möglichkeit gehabt hätte, sich mit 30. g4, gege­
des Weißen zum Sieg führen. Auf 32 . . . f4 folgt benenfalls gefolgt durch Ta6-a4, herauszuwinden,
33. Kh4 Kg6 34- es mit der Drohung 3S- d6, und hätte doch dieses Manöver den Gewinn für Weiß
34 . . . TbS wird mit 3S- d6 Tb1 36. g3 abgewehrt. schwieriger gestaltet. "299 Dies meint Lasker.

298. Str. 1894, S.220-221; vgl. LCM IV (1906), S.195. Lasker läßt offen, ob er 27. . . Tfe8 oder 27 . . .Tae8 im Auge hat; der
letztgenannte Zug scheint mir plausibler zu sein.
299. Str. 1894, S.221, vgl. LCM IV (1906), S.195.
15. PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 149

Nach 29 . . . Te7 30. g4 f4 31. d5 Tb8 32. L[J Tb133. Ta4 15. Partie
ist der Gewinn für Weiß jedoch in der Tat ganz E M . L A S K E R - W. S T E I N I T Z
leicht. Montreal, 15.5.1894
Damengambit (D4o)
30. Kh2-g1

Einfacher ist 30. L[J nebst d4-d5. Frühere Bearbeitungen:


DWS 1894, S.194-195;
3 0. Tf7-e7
DSZ 1894, S.169-171;
31. Kg1-h Td8-b8
BCM 1894, S.297-298;
3 2· Ld1-b3 Tb8-e8
CM XV (Juli 1894), S.332-333;
33· Lb3-C4 Te8-b8
Str. 1894, S.221-224;
34· Lq-d3 h6-h5
LCM IV (1906), S.195-196;
35· Kh-f3 Tb8-b2
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
36. Ld3xf5 Te7-f7
Band (Ansbach 1921), S.30-31;
37· Kf3-e4 Tb2-e2t
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
38. Ke4-d3 Te2xg2
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
39· Ta6-g6t Kp-f8
352 (Anmerkungen von D. Hooper).
40 . Lf5 -e4 Tg2-g1
41. d4-d5 Tf7-g7 1. d2-d4 d7-d5
42. Tg6xg7 Kf8xg7 2. C2-C4 e7-e6
43· C5 -C6 Kp-f6 3· Sb1-C3 Sg8-f6
44· c6-q Tg1 Xg3t 4· Sg1-f3 Lf8-e7
45· Kd3-d4 Tg3-g8 5· e2-e3 0-0

46. d5 -d6 6. Lh-d3 q-c5


7· 0-0 C5 Xd4
Schwarz gibt auf.
8. e3 xd4 dsxq
9· Ld3XC4 Sb8-d7
Dies ist wohl Laskers schwächste Leistung in die­
10. Lq-b3 Sd7-b6
sem Wettkampf. Er machte nun von seinem Recht
1 1 . LCI -g5 Lc8-d7
auf eine sechstägige Unterbrechung Gebrauch, um
12. Dd1-d3 Ta8-c8
frische Kräfte für die entscheidende Phase des
1 3 . Sf3-e5 Ld7-C6
Kampfes zu sammeln. 3 00 Die folgende Partie hält
14· Se5 xc6 Tc8xc6
er für die beste, die er in diesem Wettstreit spiel­
1 5 . Th-d1 Sf6-d5
te; 30 1 dieser Meinung braucht man sich allerdings
1 6. Lg5xe7 Sd5 xe7
nicht unbedingt anzuschließen.
Die Fortsetzung 16 . . . De7:, die von M. Ö gorin
empfohlen wird,3 02 führt zu völligem Ausgleich.

M. Ögorin hält 17 . . . g6 für stärker,3 03 und ihm ist


beizupflichten; auch Steinitz selbst neigte nach der
Partie dieser Ansicht zu. 3 04 Dieser Zug stellt die
hier angemessene Bauernformation am Königs-

300. LCM IV (1906), 5.195·


301. LCM IV (1906), 5.195·
302. 5tr. 1894, 5.222.
303. 5tr. 1894, 5.222.
304- Zeitungsspalte.
ISO DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

flügel her; da die schwarzfeldrigen Läufer ange­ des Schwarzen ist sehr schwach." Dies gibt Lasker
tauscht wurden, ist die Schwächung der schwarzen an.3o1
Felder f6 und h6 unerheblich. Der Springer steht Die Fortsetzung 20 . . . Tq 21. g3 DeS 22. TaCI Td8
auf g6 nicht gut; er sollte zur Beobachtung des sieht nicht besonders verheißungsvoll für Weiß
wichtigen Feldes ds auf e7 bleiben. Indessen stürzt aus; Schwarz steht zu Sg6-e7-ds bereit.
diese Ungenauigkeit das Spiel des Schwarzen noch Das andere Abspiel ist unangenehmer für Schwarz.
nicht in ernsthafte Gefahr. Er sollte in der Schlußstellung mit 2S . . . Tq fort­
fahren, und ich meine, daß er sich halten kann.
18. Dd3-f3 Sb6-ds
Nach dem gespielten Zug ist seine Verteidigungs­
19. Lc2-e4
aufgabe vielleicht nicht härter als nach 20 . . . Tq.

2 1 . C3-C4
206

19. 0 0 0 SdsxC3 (?)

Dieser Zug hat seinerzeit niemandem gefallen.


Jetzt kostet die Fortsetzung 21. Lb7: den Weißen
"Hier mußte 19 . . . Td6 in Betracht gezogen werden;
nach 21. . . Sh4 22. De4 fs eine Figur.
Weiß hätte mit 20. Lds: eds: 21. Te1 fortgesetzt, was
ihm den Besitz der e-Linie eingebracht hätte," teilt 21. 0 0 0 f7-f5 (?)
Lasker mit.305 Das ist natürlich nicht so schreck­
"Nach den zwei vorhergehenden schwachen Zügen
lich für Schwarz; nach 21. . . Te8 hat Weiß nicht viel.
verdirbt dies die Partie vollkommen, denn jetzt
Andere empfehlen 19 . . . Sge7.306 Tatsächlich ist die
wird der e-Bauer schwach. Schwarz konnte mit
Rückkehr zu der beim 17. Zuge von Schwarz ange­
21 . . . Td6 noch Widerstand leisten; Weiß kann zwar
gebenen Aufstellung am solidesten.
einen Freibauern erhalten, aber dies ist nicht genü­
Nach dem Partiezug erhält Weiß einigen Druck,
gend zum Gewinn der Partie," sagt M. Ögorin.308
aber noch keine Gewinnstellung.
Sein Vorschlag bildet zweifelsohne die beste Fort­
20. b2xc3 Tc6-b6 setzung:
"Falls 20 . . . Tq, so hätte Weiß bei gesichertem Re­ I 22. Lb7: Td4: 23. es Ses 24. De2 Tdi:t 2S. Td1:
mis und sogar einigen Gewinnaussichten mit 21. Dq führt zu einer ausgeglichenen Stellung.
Lb7: (21. g3 mit der Drohung eines starken An­ II 22. ds b6 23. de6: fe6: ist vollkommen befriedi­
griffs durch Vorrücken des h-Bauern bietet eben­ gend für Schwarz.
falls gute Aussichten) 21. . . Sh4 22. De4 Tc3: 23. ds III 22. De3 b6 23. a4 Dd7 24. as Td8, und Schwarz
eds: 24. Lds: Df6 2S. Tab1, und der Damenbauer verteidigt sich erfolgreich.

305. Str. 1894, S.222.


306. CM XV (Juli 1894), S.333; DSZ 1894, S.qo.
307. Str. 1894, S.223.
308. Str. 1894, S.223.
15. PART I E : L A S K E R - S T E I N I TZ 151

Fraglich ist nur, ob man nach dem Textzug von 24. Ta1 -b1 Sg6-h4
einer Verluststellung von Schwarz sprechen darf.
Der b-Bauer kann auf andere Weise nicht vertei­
22. Le4-c2 Dd8-f6? digt werden.
Danach ist Schwarz endgültig verloren. Nötig ist Tc6-q
jetzt auf jeden Fall 22 . . . Td6. Nach 23. Db7: Sf4
24. es (24. Da7: Dgs gewährt dem Schwarzen ge­ Die Fortsetzung 25 . . . Tf7 26. f4 kommt ungefähr
fährliches Gegenspiel) 24 . . . Td4: 25. Lb3 Dh4 auf dasselbe hinaus.

26. f2-f4
208
27. Lc2 b3-

Weiß muß natürlich das Manöver Sg6-e7-d5 ver­


hindern.

Tq-e7
Tf8-d8

Nach 28 . . . b6 29. cb6: ab6: 30. Tbo Tb8 31. Tc6 Sf8
32. ds fällt Schwarz auseinander: 32 . . . eds: 33. Lds:t
Kh8 34· Df2 Se6 35· Te1 usw.
(mit der Absicht 26 . . . Se2t 27. Kh1? Dh2:t), und
falls 26. D[J, so 26 . . . Te4, ist der Ausgang der Partie
noch nicht sicher. 209

23. q-cs Tb6-c6

Steinitz teilt mit: "Es war die ursprüngliche Ab­


sicht des Schwarzen, mit 23 . . . Tb4 24. Dc3 as 25. a3
Sf4 26. Kfl Dh6 27. h3 (am besten) 27 . . . Sds fortzu­
setzen. Da Weiß jedoch nun den Damenabtausch
mit 28. Dd2 erzwingen und Ta1-b1 bald nachfolgen
lassen kann, gab Schwarz die Idee auf."309
Nach 28. Dd2 Dd2: 29. Td2: Tb2 30. Tb1 Tb1: 31. Lb1:
bs hat Schwarz Rettungsaussichten. Stärker als
30. Tb1 ist jedoch 30. Ke1 mir der Drohung 31. Lfs:,
und wenn Schwarz dies mit 30 . . . Kfl abwehrt, folgt
31. Kd1 Tc8 32. Kc1 Tbs 33. La4 Tb6 34· Tc2 Ta6
Die Freigabe des Feldes b6 beschleunigt den Ver­
35· Lbs Taa8 36. Lq mit großem Vorteil für Weiß;
lust. Lasker meint, der Zug sei erzwungen, weil
aber ganz klar ist die Sache noch nicht.
30. a6 drohe, 310 aber das entledigt den Schwarzen
Nach 23 . . . Tb4 24. Dc3 as 25. a3 Sf4 ist 26. Kh1 über­
nur der Schwäche b7. Weiß sollte auf 29 . . . Sf8 mit
zeugender als 26. Kf1. Die Folge 26 . . . Sds (26 . . . Dg6
30. La4 Tq 31. Tb4 mit der Absicht Td1-b1 fort­
hilft nichts; Weiß antwortet 27. Tg1 Se2 28. Dd2
fahren; Schwarz kann dem wachsenden Druck
Sg1: 29. ab4: und fängt den Springer) 27. Dd2 Tb2
schließlich nicht mehr standhalten.
28. Dc1 kostet den Schwarzen die Qualität und die
Partie. Df6-h4

309. Zeitungsspalte.
3 1 o. Str. 1894, S.223.
152 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

Steinitz tadelt diesen und den folgenden Zug hart; 16. Partie
er will ihn mit 30 . . . Sf8, den nächsten mit 31 . . . Df6 W. S T E I N I T Z - E M . L A S K E R
ersetzt sehen. 3 1 1 Nach 31. Tb6 oder 32. Tb6 gewinnt Montreal, 17·5.1894
Weiß jedoch nach Belieben; er setzt etwa mit La4- Damengambit (D6o)
b3-C4 nebst c5-c6 fort, wenn es dem Schwarzen
Frühere Bearbeitungen:
wirklich gelingen sollte, d4-d5 zu verhindern.
DWS 1894, S.198-199;
3 1. g2-g3 Dh4-g4 DSZ 1894, S.2oo-2o1;
3 2. Td1 -d2 Sg6-f8 BCM 1894, S.298-299;
33· La4-d1 Dg4-g6 CM XV (Juli 1894), S.333-335;
34· d4-d5 Te7-f7 Str. 1894, S.243-246;
35· d5-d6 LCM IV (1906), S.196-197;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
35. de6: De6: 36. De6: Se6: 37· Td8:t Sd8: 38. Lb3 ist
Band (Ansbach 1921), S.32-33;
noch einfacher, wie M. Ögorin mitgeteilt hat. 3 1 2
V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.37-40;
35· Dg6-f6 Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
36. Td2-b2 g7-g5 hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
37· Tb2Xh7 gsxf4 353 (Anmerkungen von D. Hooper).
38. Tb7Xf7 Df6xf7 1. d2-d4 d7-d5
39· g3xf4 Df7-g7t C2-C4
2. e7-e6
40. Kg1 -h 1 Sf8-g6 3· Sbl -C3 Sg8-f6
41. De3xe6t Kg8-h8 4· LCI -g5 Lf8-e7
42. De6-e3 Td8-g8 Sg1 -f3
5· Sb8-d7
43· Ld1 -f3 Sg6-h4 6. e2-e3 0-0
44· Lf3-d5
7· C4-C5 Sf6-e4
Schwarz gibt auf. Zum Eröffnungsverlaufvergleiche man die 12. Par­
tie.
Diese Partie hat Steinitz recht schwach gespielt; die
8. Sqxe4 d5 xe4
Serie der Partien 8-u kommt dem Betrachter wie­
9· Lg5 xe7 Dd8xe7
der ins Gedächtnis. Dies ist um so erstaunlicher,
10. Sf] -d2 Sd7-f6
als der Weltmeister aus seinem Wettkampf gegen
Zukertort mit diesem Stellungstypus reiche Erfah­
rung hatte. Laskers Leistung beschränkt sich auf 210
eine einwandfreie Ausnutzung der gegnerischen
Verirrungen.

11. Sd2-C4

3 1 1 . Zeitungsspalte.
3 1 2. Str. 1894, S.223-224.
16. PA RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 1S3

Weiß unterbindet den Vorstoß 11 . . . es. 211


Untersuchung verdient die Folge 11. Dc2 es 12. Se4:
ed4: 13. Sf6:t Df6: (Die Fortsetzung 13 . . . gf6:313 ist
ungesund; M. Ögorin schlägt als Antwort 14. Ld3
de3: 1s. o-o vor,'14 und das ist stark) 14. e4, und M.
Ögorin hat sich der Aufgabe unterzogen. 3 1 5
I Seine Hauptfortsetzung lautet 14 . . . Des 1s. Ld3
fs 16. o-o fe4: oder 16 . . . f4. Er urteilt: "Dies gibt
Schwarz keinerlei Vorteil; im Gegenteil wird
sein d-Bauer vielleicht eine Schwäche darstel­
len." Meiner Meinung nach steht Schwarz nach
1 2. ... Sf6-ds
16 . . . f4 eine Kleinigkeit besser; der Bauer auf d4
kann nicht wirksam angegriffen werden, dage­ "Es ist schwer zu sagen, was besser ist, 12 . . . Lb7
gen ist der c-Bauer des Weißen anfällig, und es oder der Textzug; weder das eine noch das andere
droht f4-f3. enthebt den Schwarzen von der unangenehmen
II "14 . . . Dgs würde die Rochade nicht verhindern Notwendigkeit, den vorgerückten e-Bauern frü­
wegen 1S. Td1 Td8 16. Td3 gefolgt von Td3-g3 her oder später mit f7-fs zu verteidigen." Dies teilt
oder 16. f3 De3t 17. Le2 gefolgt von Td1-d3." Lasker mit.317
Nach 14 . . . Dgs 1s. Td1 Tds 16. Td3 folgt 16 . . . fs, Der Zug 12 . . . Lb7 ist wirkungslos und gibt dem
und die Stellung des Weißen ist nicht benei­ Weißen Gelegenheit, seine Entwicklung zu vollen­
denswert. den. Gut gefällt mir neben dem Textzug die Fort-
Nach 14 . . . Dgs 1s. Td1 Td8 16. f3 geschieht setzung 12 . . . as 13. a3 (Auf 13. cb6: folgt 13 . . . ab4:,
16 . . . Le6 17. Ld3 De3t, und Weiß muß entwe­ und Weiß hat Sorgen mit dem Feld c3) 13 . . . Sds,
der den Bauern a2 oder die Rochade aufgeben. und die Bauernkette des Weißen am Damenflü­
14 . . . Dgs ist stärker als 14 . . . Des; die Stellung gel löst sich auf; es ist für Weiß nicht leicht, seine
des Weißen ist unbequem. Der Partiezug ist Stellung zusammenzuhalten. An dem Partiezug ist
daher stärker als 11. De2. jedoch nichts auszusetzen.
11. 13. Dd1-b1
1 2 . b2-b4 (?) Spielt Weiß 13. Dd2, um das wichtige Feld c3 zu
M. Ögorin fühlte, daß dies mit Gefahren verbun­ überdecken, so sprengt Schwarz mit 13 . . . as die
den ist. 3 1 6 In der Tat kann Schwarz als Folge davon, Bauernkette des Weißen am Damenflügel:
daß Weiß seine Bauernkette intakt zu halten sucht, I 14. bs bcs: 15. Sas: Ld7. Schwarz übt starken
eine Ö ffnung der Stellung erzwingen und seinen Druck gegen den Damenflügel des Weißen aus;
Entwicklungsvorsprung zur Geltung bringen. dessen Entwicklungsrückstand beginnt nach
M. Ögorin schlägt 12. cb6: vor, aber nach 12 . . . ab6: der Öffnung der Stellung fühlbar zu werden.
hat Schwarz einigen positionellen Vorteil. Mir ge­ II 14. bas: bcs: 1s. Le2 La6 16. o-o cd4: 17. Dd4: fs
fällt 12. c6 am besten. Nach 12 . . . La6 13. Ses Lf1: mit Vorteil für Schwarz; Weiß wird den Bauern
14. Kfl: auf as nicht verteidigen können.
(siehe Diagramm 211) 13. ...
nebst Dd1-c2 ist die Stellung des Anziehenden Auch hier kommt 13 . . . a s stark i n Betracht. Nach
vollkommen befriedigend. 14. bas: bcs: 1s. De4: La6 ist die Fortsetzung 16. Ld3

3 1 3 . DW5 1894, 5.198.


3 1 4. 5tr. 1894, 5.243·
3 1 5 . 5tr. 1894, 5.244·
3 1 6. 5tr. 1894, 5.244·
3 1 7. 5tr. 1894, 5.244·
1S4 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

wegen der Antwort 16 . . .fs ungünstig, so daß Weiß Auf 1 6 . . . Se3: kann 17. DCI folgen. Statt des Springer­
Mühe hat, seine Entwicklung zu vollenden. Nach opfers sollte Schwarz 16 . . . Lb7 mit Auflösung der
dem gespielten Zug ist seine Aufgabe aber eben­ Bauernkette des Weißen am Damenflügel spielen;
falls nicht einfach. er steht dann auf Gewinn.
18 . . . La6 kann natürlich mit 19. bs abgewehrt wer­
14. SC4-es
den; besser ist 18 . . . Ld7 oder 18 . . . Lb7 mit unkla­
rer Stellung. Auf 19. DC2 sollte 19 . . . Lbs gesche­
212 hen, denn in der Schlußstellung gewinnt Weiß mit
22. gf4; oder 22. ThCI.
Der Textzug schwächt den Königsflügel und treibt
die Dame des Schwarzen auf die f-Linie, so daß
der Vorstoß fs-f4 an Kraft gewinnt; andrerseits
hebt er den Druck gegen e3 und g2 auf und macht
eine sofortige Entwicklung des Läufers möglich.
Versuche, sofort die Bauernkette am Damenflügel
zu stabilisieren, zeitigen kein besseres Ergebnis:
I 16. bs bcs: 17· des: Lb7 18. Sd4 f4 19. De4: (Auf
19. Se6: folgt 19 . . . Df6 20. Sf8: fe3:, und Schwarz
gewinnt) 19 . . .fe3: 20. 6 Tad8, und die wacklige
1 5. Ses-c6? Stellung des Weißen wird bald auseinanderflie­
gen; 21. Ld3 wird mit 21 . . . Sf6 widerlegt.
Wie aus vielen Beispielen hervorgeht, macht es
II 16. cb6:
Steinitz nichts aus, einen Teil seiner Streitkräfte
A) 16 . . . cb6: ist zu zahm, doch muß Weiß sorgfäl­
in ihrer Ausgangsstellung Kräfte auftun zu lassen;
tig reagieren:
aber hier übertreibt er doch.
Aa) 17. g3 Lb7 18. bs (18. Ses ab4: 19. LC4 De7 ist
Ich hätte die Fortsetzung 1s. LC4 ab4: 16. Lds: eds:
hoffnungslos für Weiß) 18 . . . Tac8, und Weiß
17. Db4: bcs: (Auch nach 17 . . . La6 18. TCI hält sich
verliert einen Bauern, denn nun scheitert
der Vorteil des Schwarzen in Grenzen) 18. Des:
19. Ses an 19 . . . Se3:.
Des: 19. des: Tf6 (Es drohte 20. Sc6 nebst Sc6-d4)
Ab) 17· bas: f4 18. De4: (18. h4 wird nun mit
20. f4 ef3: 21. g6: Tfa6 22. Kd2 vorgezogen; der kräf­
18 . . . Dfs widerlegt) 18 . . . fe3: 19. 6 Lb7. Ich kann
tige Springer auf es sollte das Unentschieden ge­
mir nicht vorstellen, daß Weiß überleben wird.
währleisten.
Für h2-h4 ist es nun zu spät, weil Dgs-g3t mög­
Nach dem Partiezug erhält Schwarz einen äußerst
lich ist; auf2o. Ses folgt 20 . . . Sb4.
heftigen Angriff. Wahrscheinlich gibt es für den
Ac) 17. bs
Weißen keine Möglichkeit mehr, sich zu retten.
213

"All dies ist erzwungen; wenn Weiß, um das


Vorrücken des f-Bauern zu verhindern, 16. g3
zieht, dann folgt 16 . . . Se3: 17. fe3: De3:t 18. Le2 La6
19. Dc2 Le2: 20. De2: Dc3t 21. Kf2 f4 mit heftigem
Angriff." Dies gibt ein ungenannter Bearbeiter der
Partie an,318 aber an diesem Abspiel ist nichts rich­
tig.

3 1 8. Str. 1894, S.244.


16. PART I E : S T E I N ! T Z - L A S K E R 155

Ac1) 17 . . . Lb7 18. h4 Df6 19. LC4 Lc6: (19 . . . f4 mit 19 . . . Ta3 20. Ld3 Sf6 bedient) 19 . . . b3 20. Ld3
20. De4: fe3: 21. f3 ist in dieser Stellung wie­ Sf6 21. Se7t Kf7 22. DaS: b2 (22 . . . Dg2: wird mit
der einmal vollkommen befriedigend für Weiß) 23. o-o-o beantwortet; Weiß gewinnt) 23. o-o
20. bc6: Tfc8 21. Ld5: ed5: 22. Db6: Tc6: 23. Dbs, ba1:D 24. Ta1: Ke7:, und Schwarz gewinnt.
und Weiß verteidigt sich erfolgreich. Ce) 17. g3
Ac2) 17 . . . f4 18. De4: fe3: 19. f3 sieht haltbar für Cn) 17 . . . cb6: ist zu langsam; nach 18. Sb4: hat
Weiß aus; er fährt je nach Bedarf mit g2-g3 Weiß das Gröbste überstanden.
oder mit De4-e5-g3 fort. Ce2) 17 . . . Ta3 18. Db2 (Auf 18. Sb4: folgt Te3: t
Ad) 17· h4 19. fe3: De3:t 20. Le2 Dc3t 21. Kfl Sb4:, und
Ad1) 17 . . . Dh6 18. b5 Schwarz gewinnt) 18 . . . La6 19. La6: Ta6: 20. Sb4:
Adn) 18 . . . f4 19. De4: fe3: 20. fe3: ist für Weiß zu- Tb6: 21. a3 Tfb8 22. o-o, und Weiß hält sich.
friedenstellend. Cc3) 17 . . . Se3: 18. Dn (18. fe3: De3:t 19. Le2 Dc3t
Adn) 18 . . . Lb7 19. LC4 ist ebenfalls ausreichend für nebst 20 . . . Dc6: ist hoffnungslos für Weiß)
Weiß. 18 . . .f4 19. h4 (Die Fortsetzung 19. fe3: fg3: über­
Ad2) 17 . . . Df6 18. g3. Weiß hält sich, denn nach lebt Weiß nicht)
18 . . . Lb7 19. Ses droht 20. Sd7. Cc31) 19 . . . Df6 20. fe3: fg3: 21. Dd2 b3. Weiß dürfte
B) 16 . . . f4 ist wirksamer: 17. De4: (17. h4 Df6 seine Stellung kaum zusammenhalten können.
18. De4: fe3: 19. f3 führt zur Partiefolge) 17 . . . fe3: Cc32) 19 . . . Dhs
Ba) 18. fe3: Se3:. Der König des Weißen findet kein Cc321) 20. Se7t Kh8 21. fe3: Df3, und Schwarz hat
ruhiges Plätzchen. Steinitz hätte dies wohl nicht entscheidenden Angriff.
gestört; mir aber scheint, daß Weiß dem wach­ Cc322) 20. Le2 Sg2t 21. Kfl La6 22. La6: fg3:, und
senden Angriff des Schwarzen nicht wird stand­ Weiß geht unter.
halten können. Man kann nicht einmal in der Analyse der Viel­
Bb) 18. f3 ab4: 19. Ld3 (Auf 19. bq: ist 19 . . . e2 sehr zahl der plausiblen Möglichkeiten gerecht werden.
stark: 20. Le2: Dg2: 21. Tfl Dh2: usw.) 19 . . . g6 Alles dreht sich jedoch um die Frage, ob Weiß den
20. o-o cb6:. Schwarz hat einen Mehrbauern Vorstoß f5-f4 verhindern oder unter befriedigen­
und die bessere Stellung. den Umständen auffangen kann. Der Partiezug
C) 16 . . . ab4: scheint mir darauf die besten Aussichten zu ge­
ben.
214
16. Dgs-f6

215

Diese sofortige Ö ffnung der Stellung ist am


schärfsten:
Ca) 17· Sb4: f4 18. Sd5: eds: 19. b7 Tb8 20. Dn Tb7:
21. ef4: Df6. Es ist zu bezweifeln, daß Weiß über­
leben kann: 22. De3 es 23. Td1 Lg4 oder 22. Dc3
Df4: oder 22. Le2 Dd4: 23. o-o Df6 usw. 1 7 . cs xb6
Cb) 17. bq: f4 (17 . . . Se3: ist auch sehr gefährlich für Andere Züge sind wohl nicht besser:
Weiß: 18. fe3: De3:t 19. Le2 Dc3t und 20 . . . Dc6: I 17. g3 Ld7 18. Ses La4 19. a3 ab4: 20. ab4: bc5:
oder 19. Kd1 Ld7) 18. De4: fe3: 19. f3 (19. fe3: wird (20 . . . LC2 ist weniger wirksam; Weiß kann
1S6 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

21. Sd7 antworten, aber auch 21. Db2 genügt)


21. bcs: Tfbs 22. DCI Sb4 23. Ta4: Ta4: 24. Sd7 216
DdS 2s. SbS: DbS: 26. LC4 Ta1 27. Da1: Sc2t
28. Kd2 Sa1: 29. Kc3 DaS 30. Kb2 Das 31. Le6:t
KfB 32. Lfs : Dd2t 33. Ka1: Dh: 34- Le4: De3:
3S- Lh7: Dd4:t 36. Kb1 Db4t 37· KCI Dcs:t
38. LC2 De3 t 39· Kb2 Dg3:. Die Anwesenheit
der Bauern am Königsflügel dürfte die Stellung
für Weiß hoffnungslos machen.
li Zur Vollendung der Entwicklung ist es schon
zu spät: 17. LC4
A) 17 . . . ab4: 18. Sb4: Sb4: 19. Db4: f4 20. ef4: Df4:
21. o-o. Ich vermute, daß Weiß sich trotz Bau­
ernverlust retten kann. stellung; und falls 20. Sas:, so 2o . . . Tas: 21. bas: Sb4
B) 17· . . f4 18. De4: fe3: 19. f3 ab4: 20. cb6: (Die 22. Db7: Dd4: 23. Td1 Se2t 24. Kn DC4t 2s. Td3
Fortsetzung 20. Lds: eds: 21. Se7t Khs 22. Sds: Td8 26. De4 Td4 oder 23 . . . Dqt 24. Ke2 De2t
Df7 23. Se3: Ta3 verheißt dem Weißen eben­ 2s. Ke3: Dd1: mit mächtigem Angriff," führt Stei­
falls nichts Gutes) 20 . . . Lb7 21. Ses Sb6: (Auch nitz an derselben Stelle aus. 320
21. . . De7 mit der Drohung 22 . . . Tf4 wahrt Vor­ Diese bemerkenswerten Varianten sind nicht ganz
teil) 22. Db7: SC4: 23. SC4: Dd4: 24. TCl Ta2:. stichhaltig.
Schwarz hat entscheidenden Angriff. I Zu 20. Ses
A) Die Schlußstellung des von Steinitz angegebe­
17. ... fs -f4
nen Abspiels ist für Weiß günstig:
Andere Abspiele ähneln den beim 16. Zuge von Aa) 24. Kd1 Sa1: 2s. LC4 Th 26. bq: Se2 27. Sc6
Weiß angegebenen Varianten: (27. Le6:t KfS 28. c8D+ Tc8: 29. LeB: e2t ist
I 17 . . . ab4: 18. g3 cb6: 19. Sb4:. Weiß hält sich. nicht empfehlenswert für Weiß) 27 . . . Td2t
li 17 . . . cb6: 18. bs ist ebenfalls nicht allzu gefähr- 28. KCI Sd4: 29. Sd4: Td4: 30. Le6:t KfS 31. Kb2
lich für Weiß. Td2t. Schwarz kann vermutlich soeben remis
Der Partiezug gestaltet die Stellungsstruktur in ein­ erzielen.
schneidender Weise um; Schwarz erhält einen gut Ab) 24. Ke2 Tht (24 . . . Sa1: 2S. Kd3 kommt auf das­
gedeckten Bauern auf e3, der das Feld f2 beobachtet selbe hinaus) 2s. Kd3 Sa1: (2s . . . Td2t 26. Kc3
und die gefährlichsten Drohungen gegen den Kö­ nebst 27. LC4 ist nicht erfreulicher für Schwarz)
nig des Weißen aufstellt. Ein Kommentator nennt 26. Le2 Sc2 27. Tc1 Sd4: 28. bq: Tc8 29. Lg4 hs
ihn voreilig,319 aber er stellt die beste Fortsetzung (Nach 29 . . . e2 30. Kd4: Tfl 31. Le6:t KfS 32. LeB:
dar und führt meiner Meinung nach zum Gewinn. TCI: 33· Sf3 Tq: 34· La6 gewinnt Weiß ebenfalls)
30. Ke3: Tg2: 31. Lh3 Tg3t 32. Kd4: Th3: 33. Sd7,
18. Db1 xe4
und Weiß gewinnt.
19. f2-f3
B) Spielt Schwarz 21. . . Sc2t an Stelle von 21. . . Df4,
(siehe Diagramm 216) so folgt 22. Kd1,

"Eine sehr listige Falle," meint Steinitz. (siehe Diagramm 217)


und nun:
20. b4-bs
Ba) 22 . . . Sd4: 23. Sg4 Dg6 24. Se3: nebst Db7-e4;
"Falls 20. Ses, so 2o . . . Sb4: 21. Db7: Df4! 22. De4 der Angriff des Schwarzen dürfte nicht durch­
(am besten) 22 . . . De4: 23. fe4: Se2t mit Gewinn- schlagen.

3 1 9. V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.38.


3 20. Zeitungsspalte.
16. P A RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 1S7

217 Ba) 22 . . . Lf3: 23. Tn, und Weiß gewinnt.321


Bb) 22 . . . Sc2t 23. Kd1 Sa1: (Auch die von V. G. Zak
angegebene Fortsetzung 23 . . . Des: 24. des: Sa1:
2S. a6 ist hoffnungslos für Schwarz) 24. Df6:
(24. a6 scheitert an 24 . . . Lf3:t) 24 . . . gf6: 2s. a6
La6: 26. La6: cb6: 27. Te1, und Weiß wird gewin­
nen.
C) Auch 20. Sas: muß mit 20 . . . De7 beantwortet
werden.
Ca) 21. Ld3 Db4:t 22. Kfl Db2 ist hoffnungslos für
Weiß.
Bb) 22 . . . Sa1: 23. Ld3. Es droht 24. Ke2 und 24. bq:,
so daß die Lage des Weißen sehr erfreulich ist. Cb) 21. a3 Tf4 (V. G. Zak gibt nur 21. . . cb6: an; nach
C) Schwarz sollte 20. Ses mit 20 . . . De7 beantwor­ 22. Ld3 hat Weiß mindestens remis; 22 . . . bas:
ten. Nach 21. Ld3 Db4:t 22. Kfl g6 kann Weiß scheitert an 23. Dh7:t Kf7 24. Dhst) 22. Des Tfs
weder nach 23. Sg6: Sf4 24. Se7t De7: 2S. Db7:
219
Sd3: noch nach 23. Sg4 Sf4 24. Des hs oder nach
23. Sq Sf4 24. De3: (24. Db7: Sd3: 25. Dc6 Dc3
überlebt Weiß nicht) 24 . . . cb6: 2s. hs (2s. Tb1
wird mit 2s . . . Da4 26. hs Da2: 27. Tb2 Dait
28. Tb1 Dc3 beantwortet) 2s . . . Lds 26. hg6: Sd3:
27. Dh6 Ta7 ausreichendes Gegenspiel finden.
II Zu 20. Sas:
A) Wieder sind die Schlußstellungen der Abspie­
le, die Steinitz angibt, für Weiß günstig: nach
26 . . . Td4 gewinnt 27. b7 auf der Stelle, und
nach 2s . . . Dd1: 26. De4 steht dem Schwarzen Cb1) 23. De4 cb6: 24. Sb?: Ta3: 2S. Tb1 Sc3, und
ein mühsamer Kampf ums Remis bevor; falls Schwarz gewinnt.
26 . . . Deit, so 27. Le2 Dh1: 28. Db4: usw. Am be­ Cb2) 23. Dg3 Sf4. Der Angriff des Schwarzen hat
sten erzwingt Schwarz nach 23 . . . Se2t 24. Ke2 entscheidende Kraft; auf 24. Le2 folgt 24 . . . Dd6
Dqt 2s. Td3 mit 2s . . . Db4 26. Td1 Dqt das nebst 2s . . . Dd4:.
Unentschieden. Cb3) 23. Dh2 cb6: 24. Sq (24. Sb7: scheitert wieder
B) An Stelle von 22. Db7: kann Weiß mit 22. Des an 24 . . . Ta3:) 24 . . . Ta3: ist natürlich auch nicht
gesund.
218 Ce) 21. Tb1
Cn) 21. . . Tas: 22. bas: Sc3 wird von Zak empfohlen,
doch ist die Lage nach 23. De3: Sb1: 24. a6 nicht
klar.
Ce2) 21 . . . Tf4 22. Des (Auf andere Damenzüge
folgt 22 . . . 1h4:)
Cc21) 22 . . . 1h4: 23. Tg1 cb6: 24. Sb7: Db7: 2s. De6:t
Kh8 26. Lq Td4: 27. Lds: Dq 28. De3: Tds:
29. Kfl Dqt 30. De2 Da2: 31. Tb2 (31. Da2: Ta2:
nebst h7-h6 und Turmverdopplung auf der
Vorteil erzielen: zweiten Reihe sieht hoffnungslos für Weiß aus)

3 2 1 . V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.39.


DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

31. . . Da4 32. Kh. wahrscheinlich wird Weiß sich zen ist bedeutungslos; die Stellung ist ausgegli­
retten können. chen.
Cc22) 22 . . . Tfs II 22 . . . Db4t 23. Kh Dd6
Cc221) 23. De4 cb6: 24. Sb7= Dq mit entscheiden­
dem Angriff. 220
Ce222) 23. Dg3 cb6: 24. Sb7: (Nach 24. SC4 Ta2: ist
die Lage des Weißen natürlich hoffnungslos)
24 . . . Sf4 2S. LC4 Db7:. Nun scheitert 26. o-o an
26 . . . bs; Schwarz steht auf Gewinn.
Cc223) 23. Dh2 cb6: 24. Sb7: Db7= 2s. Ld3
Cc2231) 2s . . . Tff8 26. o-o (26. LC4 scheitert an
26 . . . Dc6) 26 . . . Ta2: 27. LC4 Td2. Schwarz hat
großen Vorteil.
Cc2232) 2S . . . Tf4 26. Le4 Te4: 27. fe4: Sc3 28. TCl
De4: 29. Dq (29. Tc3: Dd4: 30. Te2 Td8 führt A) 24. Ld3 Dg3 2s. Dh7:t Kf7 26. Dhst g6 27. Dh7t
zum Matt) 29 . . . hs (29 . . . Dg2: 30. Dh2 Dc6 Kf6 28. Dg6:t Dg6: 29. Lg6: Kg6: 30. b7 Ta6
kommt ebenfalls in Betracht) 30. Tc3: Dd4: 31. TCl Tb6. Ich halte die Stellung des Weißen
31. Tc2 Td8 32. Dd8:t DdB:. Diese Stellung dürf­ für verloren.
te Weiß kaum erfolgreich verteidigen können.
B) 24. hs cb6: (Auf 24 . . . Dg3 hat Weiß die Verteidi­
Obwohl die von Steinitz berechneten Varianten
gung 2s. Dh4) 2s. h6 Tfs 26. Th3 (26. hg7: schei­
nicht fehlerfrei sind, entwickelte er doch ein äu­
tert an 26 . . . Dg3 27. Dh4 Ths) 26 . . . g6. Die Ver­
ßerst feines Gespür für die Erfordernisse der Stel­
teidigung ist für Weiß sehr schwierig.
lung. Der Springer darf nicht von c6 entfernt wer­
C) 24. Des Dc6: 2s. bq: Tfs 26. De4 ist die umsich­
den; der gespielte Zug leistet den besten Wider­
tigste Verteidigung:
stand.
Ca) 26 . . . Te8 27. g3 Dq: 28. Kg2; Weiß sollte sich
20. Lb7XC6 halten können.
21. bs xc6 qxb6?
Cb) 26 . . . Tf6 ist stärker; auf 27. g3 folgt nun
Hier wurde 21 . . . De7 als Gewinnzug angegeben, 322 27 . . . Dq: 28. Kg2 Tg6. Nach 27. hs Dq: 28. Th3
und die Behauptung mit den Abspielen 22. Ld3 Td8 läßt sich die Stellung des Weißen meines
Db4t 23. Kh Db2 sowie 22. a3 Dd6 gestützt. Es Erachtens auf die Dauer nicht verteidigen.
ist richtig, daß die Stellung des Weißen nach die­ Die Fortsetzung 21 . . . De7 dürfte tatsächlich zum
sen Fortsetzungen hoffnungslos ist, aber er hat Sieg führen. Nach dem Textzug ist der Vorteil des
eine bessere Verteidigung; sie besteht in 22. Le2. Schwarzen zum größten Teil verschwunden.
Schwarz kann wählen:
I 22 . . . Dd6 23. o-o 22. Lh-d3
A) Auf 23 . . . Sc3 spielt Weiß nicht 24. De3: wegen Nach L. Hoffers Vorschlag 22. LC43 23 bleibt die
der Antwortmöglichkeit 24 . . . Dd4:, sondern Lage des Weißen unbequem, wenn Schwarz
24. De2; Schwarz hat keinen Vorteil. 22 . . . Tad8 antwortet. Der Bauer aufh4 ist schwach;
B) 23 . . . Tf4 24. Des Dc6: (Auf 24 . . . Des: hat Weiß die Möglichkeiten Sds-f4 und Td8-d6 schaffen
den Zwischenzug 2S. b7 mit Gewinn) 2S. bq: dem Weißen Kopfzerbrechen. Der Partiezug ist
Dq: 26. De6:t Df7 27. Df7:t Kf7: mit ausgegli­ stärker.
chener Stellung.
C) 23 . . . cb6: 24. TaCl TacB 2s. Lbs Tf4 26. Des Des: 22. Df6-h6
27. des: Th4: 28. a4. Der Mehrbauer des Schwar- TaB-eS (?)

322. V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.39.


323. CM XV (Juli 1894), S.335.
16. PA RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 1S9

Die Fortsetzung 23 . . . Sq scheint mir giftiger zu wird jedoch mit 26 . . . e2 beantwortet, " sagt Stei­
sein. Weiß muß 24. Des nitz.324
Von einer Schwächung des Königsflügels kann
221 meines Erachtens keine Rede sein; der Hauptman­
gel der Fortsetzung liegt darin, daß Schwarz nun
Damentausch erzwingen kann. Der Zug 26. Tfe1

222

antworten, denn 24. Dg4 Tac8 ist ungünstig für


ihn. Jetzt kann Schwarz zweierlei versuchen:
I 24 . . . Tf3: 25. LC4 Kh8 26. Tn (26. De6: ist nicht
gut; Schwarz antwortet 26 . . . Tf6) 26 . . . e2 27. Dgs
Tc8 28. Dh6: gh6: 29. Kd2 (Auf 29. La6 folgt verdient Beachtung:
29 . . . Tq) 29 . . . Tc6: 30. Ld3 Tü 31. Thfl: efl:D I 26 . . . Td6 27. Des Tdc6: 28. Tc6: Tc6: 29. Db8t
32. Tfl: Sa2: 33. Tf7 mit Remisstellung. Kf7 30. Lbs Tq 31. De8t Kf6 32. Ld7 Td7:
II 24 . . . Tac8 25. C7 Df6 26. LC4 (Nach 26. De3: 33. Dd7: Dg6 34. g4, und Schwarz verkehrt in
Tq: 27. o-o Td8 verliert Weiß den d-Bauern) Schwierigkeiten.
26 . . . Des: (26 . . . Df3: wird mit 27. Tfl abgewehrt) II 26 . . . Tdc8
27. des: Tq: 28. Le6:t Kh8 29. f4 Se4 A) 27. Des Df6 28. Df6: gf6: 29. La6 Td8 mit glei­
A) 30. Tg1 Tc2 31. Lb3 Tb2 32. Lds Sf2 33. Kü Td2 chem Spiel.
34· Lf3 Tc8. Die Stellung des Weißen flößt mir B) 27. La6
kein Vertrauen ein. Ba) 27 . . . Td8 28. Des Tf8 (28 . . . Df6 scheitert an
B) 30. Lb3 Sg3: 31. Th3 Shs (Nach 31 . . . Sfs 32. Td1 29. Te3: Se3: 30. Dq: Dd4: 31. Dd8:t Dd8: 32. q,
hat Schwarz kaum Möglichkeiten, seine Stel­ und Weiß gewinnt) 29. LC4 Tc6: 30. Lds: eds:
lung zu verstärken) 32. Te3: Sf4: 33. Te4. Mit 31. Dds:t Te6 32. Tc6 Tfe8 33. Tb6: mit vorzügli­
Hilfe seines starken e-Bauern sollte Weiß sich chen Gewinnaussichten für Weiß.
retten können. Bb) 27 . . . Tf8 28. LC4 ist ebenfalls unerfreulich für
Nach dem gespielten Zug ist die Aufgabe des Wei­ Schwarz.
ßen einfacher. Be) 27 . . . Te8 genügt zum Wahren des Gleichge­
wichts: 28. Des (28. LC4 wird mit 28 . . . Dhs abge­
24. Tu -Cl Tc8-q
wehrt) 28 . . . Df6 mit ausgeglichenem Endspiel,
2S. 0-0 Tf8-d8 (?)
denn die Fortsetzung 29. Te3: Se3: 30. Dq: Df3:
Dieser Zug hat keinen Nutzen. Besser ist 2S . . . Tfc8, 31. Lü es ist nicht empfehlenswert für Weiß.
und falls 26. Lbs oder 26. La6, so 26 . . . Tf8 mit der Die Fortsetzung 26. Tfe1 ist vielleicht etwas giftiger
Absicht, Damentausch herbeizuführen. Die Stel­ als 26. f4, führt aber bei der richtigen Entgegnung
lung ist dann gänzlich im Gleichgewicht. nicht zu Vorteil.
Auch 26. TC4 kommt in Betracht. Die Antwort
26 . . . e2 ist nicht richtig. Weiß kann 27- Te1 spielen;
"Der Königsflügel wird durch dieses Vorgehen sehr auch 27. Le2: ist gut, denn nach 27 . . . Se3 28. Te1 SC4:
geschwächt, und 26. Tfe1 war viel besser; 26. TC4 29. LC4: nebst Lc4xe6t und d4-ds wird Schwarz

324. Zeitungsspalte.
160 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

des Lebens nicht froh. Schwarz spielt besser 26. . . III 28. Tfd1 Sb4 29. a3 Sd3: 30. Td3: Td6, und das
Tdc8 27. Tfci KhS und wartet ab, wie Weiß weiter- Turmendspiel ist ausgeglichen.
zukommen gedenkt.
28. Sds-e7
26 . ... Dh6-g6 29. Lg6-e4 Td8xd4
30. Le4-f3 Se7-f5
"Ein guter Zug, der das Spiel des Schwarzen be­ 3 1 . Th-e1 Kg8-f7
freit, und der geopferte Bauer wird zwangsläufig
zurückgewonnen," urteilt Lasker.'2 5 Er hat recht. Auch 31. . . Sg3: 32. Te3: Tf4: 33. Lp Sfs 34· Te6: führt
Damentausch ist in dieser Stellung des Schwarzen zum Unentschieden.
Hauptanliegen und führt auch unter den vorlie­ 3 2. TCI-bl Sfs xg 3
genden Umständen zu befriedigendem Spiel für 33· Tb1 xb6 Sg3-f5
Schwarz; jetzt steht der Königsturm des Schwarzen 34· Tb6-b7 Tqxb7
auf ds richtig. 35· c6xb7 Td4-b4
27. De4xg6 36. Tel-Cl

Weiß kann das Manöver Sfs-d6xb7 nicht auf gün­


Nach 27. Dds: eds: 28. Lg6: hg6: 29. Tfe1 Td6 30. Te3:
stige Weise verhindern; die Stellung kann remis
Tdc6: entsteht eine Remisstellung.
gegeben werden. Auf 36. Le4 mit der Drohung
2 7. ... 37. Tb13 26 geschieht 36 . . . Sd6 37. Te3: Sq: 38. Te4:
Tb7: usw.

223

224

28. Ld3xg6

Auch andere Fortsetzungen sind nicht gewinn­


37· Kg1-g2
trächtig:
I 28. Lb5 Se7 29. Tfe1 Sfs mit gutem Spiel für Obwohl Steinitz gezeigt hat, daß dieser Zug zum
Schwarz. Erzielen des Unentschieden genügt, ist er von al­
II 28. Tfe1 Sb4 29. Te3: Sa2: 30. Tce1 Sb4 31. Lg6: len anderen Bearbeitern der Partie - einschließlich
Tc6: 32. Te6: Te6: 33. Te6: Sd5, und das Bauern­ Lasker327 - als entscheidender Fehler bezeichnet
pärchen des Schwarzen am Damenflügel macht worden.328 So wenig nützt es zur Verbreitung von
dem Weißen zu schaffen. Kenntnis, Partien zu kommentieren!

3 2 5 . 5tr. 1894, 5.245·


326. Angegeben von M. Ögorin, siehe 5tr. 1894, 5.245·
327. LCM IV (1906), 5.196.
328. Zum Beispiel V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), 5.40.
1 6 . PARTIE: STEI NITZ - LASKER 161

Vorgeschlagen wurde von einigen die Fortsetzung Ke6: 44. Kd4 Kf5 45· Lf3 nebst h4-h5 und Marsch
37. Tqt Kf6 38. Kg2 Tb2t 39· Kg3 e2 40. To, und des Königs zum a-Bauern hat Schwarz die gering­
in der Tat führt auch dies zum Unentschieden.329 sten Gewinnhoffnungen.
Jetzt behält Weiß zwei Schwächen am Königsflügel,
und Schwarz gewinnt leicht.
225
42.
43· Kd4-C5

Auch nach 43· Kq Kf5 44· Lc8 Sb4 45· Kb5 Sd5
46. Ka5: Sf4: ist Weiß verloren.

43· Sa2-c3
44· Kc5-C4 Sc3-e2
45 · Kq-b 5 Se2xf4
46. Kbs xas Sf4-g6
47· h4- h5 Sg6-f4
48. Lb7-f3 Kf6-fs
37· Tb4-b2t 49· Kas-b4 e6-es
J8. Kg2-g3 Tb2Xb 7 so. Kb4-C3 es -e4
39· LfJ Xb7 Sd4-e2t 51. Lf3 -d1 e4-e3
40. Kg3-f3 Se2xc1 52. Ldt-fJ Kfs-gs
41. Kf3xe3 53· KcJ-C2 Kgs -h4
5 4· Kc2-d1 Kh4-g3
Endlich beseitigt Weiß diesen störenden Vorpo­
sten. Weiß gib t auf.

41. ... Sc1xa2 Dies war ein harter und spannender Kampf.

226

"42. f5 führt zu einem klaren Remis!" ruft Stei­


nitz aus/30 und das stimmt. Weder nach 42 . . . ef5:
43· Ld5t Kg6 44· La2: Kh5 45· Kf4 Kh4: 46. Kf5: g5
47. Ke4 g4 48. Kd3 noch nach 42 . . . Sb4 43. fe6:t

329. Str. 1894, S.245.


3 3 o. Zeitungsspalte.
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

1 7. Par tie
EM. LA S K E R - W. S T EINITZ
Montreal, 19. und 20.5.1894
Italienisch ( Cso)

Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.199-201;
DSZ 1894, S.201-202;
BCM 1894, S.300-301;
CM XV (Juli 1894), S.335-336;
Str. 1894, S.246-249;
C. Devide, William Steinitz - Selected Games, New
York 1974 (Erstveröffentlichung 1901), S.89-90;
LCM IV (1906), S.197; Dies fördert nur das Spiel des Schwarzen. Besser
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter ist 8. Lb3. 331
Band (Ansbach 1921), S.34-35; 8. q-c6
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ 9· Lb5-a4 Lb6xe3
hagen) , Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr. 1 0. f2xe3
123 (Anmerkungen von L. Rellstab);
"Später verursachen die Doppelbauern dem Wei­
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
ßen Ungelegenheiten, die nicht durch die offene
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
Linie kompensiert werden; 10. De3: scheint viel­
354 (Anmerkungen von D. Hooper);
leicht sicherer zu sein," meint Lasker.332
J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971),
"Die einen sagen, daß man mit der Dame nehmen
S.225-229.
mußte, weil die Doppelbauern eine Schwäche dar­
1. e2-e4 e 7-e5 stellen, die anderen meinen im Gegenteil, daß es
2. Sg 1 -f3 Sb8-c6 besser war, mit dem Bauern zu nehmen, um die
3· Lh-q Lf8-cs f-Linie zu öffnen. Es scheint mir, daß es in der
4· d2-d3 Sg8-f6 vorliegenden Stellung unwichtig ist, ob man in der
5· Sb1 -C3 d 7-d6 einen oder anderen Weise schlägt; nur muß man in
der Folge das Spiel mit dem jetzt gewählten Plan in
6. LC1 -e3
Einklang bringen," sagt M. Ögorin.333 Das schei­
Weiß spielt hier und in der Folge sehr zahm. Wenn nen mir verständige Worte zu sein.
er einen kleinen Eröffnungsvorteil erzielen möch­
1 0. b 7-b5
te, sollte er tun, was Schwarz wenig später unter­
1 1. La4-b3 Dd8-b6
nimmt: mit 6. Sa4 den Königsläufer des Gegners
12. 0-0
abtauschen.
Nicht allen hat dieser natürliche Zug gefallen. 334
6. Lcs -b6 Daher hat man die Folgen von 12. d4 untersucht:335
7· Dd1-d2 Sc6-a5 I 12 . . . b4 13. Sa4 Db5 14. Dd3 ed4: (Die Folgen von
Nejstadts Fortsetzung 14 . . . La6 15. des: Se4: sind
(siehe Diagramm 227)
nach 16. ed6: weniger klar) 15. ed4: o-o 16. es
8. Lq-bs t (?) Dd3: 17· cd3: Sb3: 18. ab3: Sd5 19. ed6: Td8

3 3 1 . Dies ist auch die Meinung von Lasker (Str. 1894, S.246) und Nejstadt (S.225-226).
3 3 2. Str. 1894, S.247.
3 3 3 · Str. 1894, S.247.
3 34. Siehe CM XV (Juli 1894), S.336; BCM 1894, S.300.
3 3 5· J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971), S.226.
17. PARTIE: LASKER - STEINITZ

22 8 14. Sh4 ist in der Tat ein plausibler Zug, der wirksa­
mer ist als 14. h3. Nach 14 . . . Sh6 1s. Sfs Sfs: 16. efs:
Sb3: 17- ab3: as

229

mit Vorteil für Schwarz.


II 12 . . . o-o 13. des: des: 14. Ses: Sb3: 1s. ab3: Te8
mit besserem Spiel für Schwarz.
Der Vorstoß d3-d4 schwächt den Punkt e4 jeder­
nebst d6-ds entsteht eine scheinbar ruhige, in
zeit erheblich; an dem Partiezug ist nichts auszu­
Wirklichkeit äußerst zweischneidige Stellung. Ich
setzen.
erachte die Aussichten für beide Teile als gleich.
12. Sf6-g4
1 4. Sg4-h6
Dies ist eine ansprechende Idee: Schwarz befestigt 1S. Sc3-e2 Sas xb3
den Punkt es mit f7-f6 und bringt seinen Springer 1 6. a2xb3 0-0
nach f7 zur Deckung des Punktes d6. 1 7. Se2-g3
1 3 . Ta1 - e 1 Dieser Zug hat reichlichen Tadel geerntet.
Schwarz muß auf jeden Fall - insbesondere zur I L. Hoffer empfiehlt 17. b4, um J7 . . . as zu verhin­
Durchführung des oben angegebenen Planes - frü­ dern. 337 Die Schwierigkeit liegt darin, daß diese
her oder später aufb3 tauschen; dann steht der Da­ Entgegnung überhaupt nicht verhindert wird:
menturm des Weißen auf a1 am besten. Ich hätte 17. b4 as, und nun:
13. Sd1 vorgezogen. A) 18. Ta1 a4, und falls 19. b3, so 19 . . . a3. Der Frei­
bauer kann nicht erobert werden und wird dem
13.
Weißen große Ungelegenheiten bereiten.
1 4. h2-h3
B) 18. bas: Tas: 19. Ta1 Ta1: 20. Ta1: fs, und Schwarz
"Wenn Lasker die Absicht hatte, aus der offenen hat einigen Druck.
f-Linie Nutzen zu ziehen, so bot sich hier die Ge­ II Eine weitere Empfehlung lautet 17. g4, 338 doch
legenheit dazu, und er konnte sich sogar seines kann Weiß auf diese Weise meines Erachtens
Doppelbauern entledigen, indem er 14. Sh4 und keinen wirksamen Angriff am Königsflügel
dann Sh4-fs zog. Schwarz wäre genötigt gewesen, entfalten. Wenn Schwarz Sh6-f7 gespielt hat,
den Springer mit dem Läufer zu schlagen und den braucht Weiß unendlich viel Zeit, um weiter­
Springer nach h6 zurückzuziehen; der Bauer des zukommen; inzwischen öffnet Schwarz die a­
Weißen auffs wäre- natürlich nach dem Zug Kg1- Linie und erreicht eine empfindliche Störung
h1 - mit e3-e4 unterstützt worden. Ich gebe nicht des Spieles von Weiß.
die Reihenfolge an, in welcher die Züge gespielt III M. Ögorin hält den Zug für nutzlos, macht
werden sollen, sondern nur den Durchführungs­ allerdings keinen anderen Vorschlag.339 Mei­
plan des Weißen." Dies äußert M. Ögorin.336 ner Meinung nach ist er jedoch geeignet, den

336. Str. 1894, S.247.


3 3 7. CM XV (Juli 1894), S.336.
338. J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971), S.227.
339· Str. 1894, S.247.
DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

Vorstoß f6-f5 zu entkräften und verdient die 1 8. ... Sh6-f7


Verdammung nicht, die ihm zuteil wurde.
Natürlicher sieht die Fortsetzung 18 . . . Le6 aus.
1 7. Weiß kann 19. ds probieren:
I 19 . . . Ld7 20. dc6: Dc6: 21. Td1 Sf7 22. Sh4 mit
etwa gleichem Spiel.
230
li 19 . . . cds: 20. eds: Lf7 21. Kh2 nebst e3-e4 mit
unklarer Stellung; die Leichtfiguren des Schwar­
zen sind nicht günstig aufgestellt.
III 19 . . . Lf7 20. Kh2 ergibt keinen großen Unter­
schied zu li.
Der Textzug läßt dem Weißen noch mehr Bewe­
gungsfreiheit.

19. Dd2-h (?)

Seltsamerweise hat dieser Zug keinerlei Kommen­


tar hervorgelockt, obwohl die Dame vier Züge spä­
ter unverrichteter Dinge nach d2 zurückkehrt. Er
ist nur als Vorbereitung zu einem Königsangriff
Dies ist ein verantwortungsvoller Schritt, der wie­ mit Sg3-h5 und Df2-g3 sinnvoll.
derum heftig kritisiert wurde. Meines Erachtens kann Weiß mit 19. C4 eine bei­
I Ein Vorschlag zur Verbesserung lautet nahe ausgeglichene Stellung herbeiführen.
18. Ta1,340 doch wohnt ihm wenig Kraft in­
19 . ...
ne. Schwarz antwortet 18 . . . Le6 und entfaltet in
aller Ruhe sein Spiel am DamenflügeL In derartigen Stellungen spielt Steinitz stets mit
li Gleiches gilt von der Anregung 18. Tf2;341 nach beneidenswerter Bedächtigkeit: er unternimmt zu­
18 . . . Le6 19. Teü a4 macht Schwarz ungestört nächst etwas zur Sicherung des Königsflügels. Da
Fortschritte. er aber wenig später noch Db6-q spielt, ist die­
III 18. Sh4 wird von L. Hoffer empfohlen. Nach se Maßnahme vielleicht überflüssig. "Falls sofort
18 . . . Le6 19. Shfs Sfs: (19 . . . Sf7 wird mit 20. Shs 19 . . . a4, so könnte Weiß gut mit 20. Ta1 entgeg­
beantwortet) hat Weiß die Wahl: nen und damit die Kraft des Angriffs brechen,"
A) 20. efs: Lf7. Schwarz hat deutlichen Vorteil; er meint Lasker. 342 Das ist aber nicht recht einsichtig;
kann sein Vorgehen am Damenflügel in aller Schwarz antwortet 2o . . . Le6.
Ruhe vorbereiten. Sollte es Weiß gelingen, ir­
231
gendwann g2-g4-g5 durchzusetzen, findet der
König des Schwarzen auf e7 einen sicheren
Platz.
B) 20. Sfs: g6 21. Sg3 a4 mit ähnlichen Folgen; der
Zug Kg8-g7 genügt im allgemeinen zur Siche­
rung des Königsflügels.
Mir scheint, daß das gewählte Vorgehen am ehe­
sten geeignet ist, Ausgleichsmöglichkeiten wahr­
zunehmen.

340. J. I. Nejstadt, Pervyj cempion mira (Moskau 1971), S.227.


341. DSZ 1894, S.202.
342. Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.248.
17. PARTIE: LASKER- STEINITZ

21. Shs kann nun auf verschiedene Arten pariert In dieser Stellung bringt 22. Shs nichts; Schwarz
werden, am besten wohl mit 21. . . Dq 22. Dg3 antwortet 22 . . . Sh6 und bei Bedarf Dq-f7. Indes­
Sh6 nebst Kg8-h8 zur Sicherung des Punktes f6. sen macht auch der Partiezug keinen glücklichen
Schwarz behält das bequemere Spiel. Eindruck; man fühlt sich an das Manöver 14. Tfe1
Der Partiezug gibt dem Weißen mehr Möglich­ und IS. Sd1 in der 13. Partie erinnert.
keiten, die Stellung nach seinen Vorstellungen zu Meines Erachtens hat Weiß eine Vielzahl von
gestalten. Fortsetzungen, die ihm ein erträgliches Spiel ge­
ben. Am einfachsten ist vielleicht 22. c3, und falls
20. Te1-d1 (?)
22 . . . cs, so 23. Ta1 und Weiß gewinnt Halt auf den
Der Zweck dieses Zuges ist schwer zu durchgrün­ schwarzen Feldern; 23 . . . cb4: 24. cb4: Dc4 wird mit
den; der Bauer auf d4 ist genügend gedeckt. Man 2S. Dd2 nebst Tfl-CI beantwortet.
erwartet die Fortsetzung 20. Shs, und falls 20 . . . a4, Nach dem Textzug wird der Vorteil des Schwarzen
so 21. Dg3 Sh6 22. b4 Le6 23. c3 mit schwer einzu­ fühlbar.
schätzender Stellung.
22. c6-cs
20. as-a4
23. Df2-d2 (?)
2 1 . b3-b4
"Dies ist der einzig verfügbare Zug. 23. Sd3 C4
Andere Fortsetzungen sind noch weniger befriedi­
24. Se1 c3 wäre noch unbefriedigender," sagt Las­
gend. Nach 21. ba4: ba4: ist der b-Bauer des Weißen
ker. '••
schwach:
Dennoch möchte ich einige andere Fortsetzungen
I 22. c3 La6 23. Tfe1 Lq mit besserem Spiel für
betrachten.
Schwarz.
I 23. des: des: 24. Sd3 cb4: (Nach 24 . . . q 2s. Ses
II 22. C4 Db3 23. TCI Tb7 24. Tc2 es ist ebenfalls
ist die Stellung des Weißen befriedigend)
unbequem für den Anziehenden.
2S. Sb4: Dq. Schwarz hat starken Druck; nach
21. ... Db6-q (?) 26. C3 wird die Möglichkeit a4-a3 unangenehm
Auf 21. . . es mißfiel Steinitz die Folge 22. bcs: des: für Weiß, und nach 26. Sds gewinnt 26 . . . Sd6
23. des:,343 doch steht Schwarz nach 23 . . . TeS bes­ einen Bauern.
ser: 24. ef6: Df6: 2S. C3 Le6 usw. Der Textzug gibt II 23. c3 cb4: 24. cb4: Sgs (Andere Fortsetzungen
dem Weißen wiederum Zeit, seine Stellung zu ver­ sind nicht gefährlicher für Weiß) 2s. De2
bessern. A) 2s . . . ed4: 26. ed4: ds 27. es mit unklarem Spiel.
B) 2s . . . Le6 26. ds Ld7 27. SC2. Weiß kommt zu Sc2-
22. Sf3 -e 1 (?)
a3 und hat nichts zu fürchten.
C) 2s . . . Dc6 26. ds Dq 27. Dq: bq: 28. TCI Ld7
232 29. Tc3 nebst Se1-e2. Es ist nicht zu sehen, wie
Schwarz durchkommen kann.
III 23. bcs: des: 24. Sd3 ed4: 2s. ed4: cd4: 26. Sf4.

(siehe Diagramm 233)

Diese Fortsetzung gefällt mir für Weiß am be­


sten; er gewinnt den Bauern zurück und erhält
gutes Figurenspiel mit Sg3-fs. Meines Erach­
tens ist der Vorteil des Schwarzen gering.
Der Textzug ist schwächer als die unter II und
III untersuchten Züge. Zum Verlust führt er wohl

343. Zeitungsspalte.
344· Zeitungsspalte; vgl. Str. 1894, S.248.
166 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

233 III 24. C3 cb4: 2S. cb4: Lq 26. Tf2 a3 27. ba3: Ta3:
mit wachsendem Druck.

24. ... Le6-d7

234

noch nicht, aber Weiß wird auf Dauer in die Ver­


teidigung gedrängt.

2 3. ... Lc8-e6

Schwarz nötigt den Gegner zu d4-ds. Schwächer


ist:
23 . . . cb4: 24. Sd3. Weiß kommt zu Sd3xb4, und
2 s . Tdt-at?
seine Stellung gewinnt Halt.
II Beachtung verdient jedoch die Fortsetzung Hier bestand die letzte Gelegenheit für Weiß, der
23 . . . ed4: 24. ed4: ds Bauernstellung am Damenflügel eine befriedigen­
A) 2s. Tf4 C4 26. c3 Sgs 27. eds: Lh3: mit Vorteil für de Gestalt zu verleihen. Richtig ist 2s. c3 cb4: (Die
Schwarz. Fortsetzung 2S . . . a3 26. ba3: Ta3: 27. Sc2 Ta2 28. Ta1
B) 2s. es ist nicht gefährlich für Weiß) 26. cb4: Tc8 (Auch
Ba) 2s . . . cd4: 26. Dd4: Ses: 27. Dds:t Df7 28. Df7=t hier kann Schwarz mit 26 . . . a3 nichts erreichen:
Taf7: 29. Sd3. Der Vorteil des Schwarzen hält 27- TCl Db6 28. ba3: Ta3: 29. Tc3) 27. Sf3 Dc2 28. TCl
sich in Grenzen. Dd2: 29. Tc8:t Lc8: 30. Sd2: Tq 31. Se2 nebst Tfl -Cl,
Bb) 2s . . . cb4: 26. Sd3 fes: 27. des: a3 28. Db4: a2 und Weiß hält sich.
oder 28. Sb4: ab2: mit guten Möglichkeiten für
2 S. ...
Schwarz.
Der Textzug hält den Stellungsvorteil fest, ohne "2s . . . Tc8 war in vieler Hinsicht besser," meint Stei-
die Stellungsstruktur zu ändern. nitz. 346 Wirklich ist 2S . . . Tc8 der richtige Zug:
I 26. Sd3 wird mit 26 . . . q nebst 27 . . . c3 beantwor-
tet; die Stellung des Weißen ist aussichtslos.
Lasker hält dies für seinen einzigen Fehler in die­ II 26. c3 cb4: 27. cb4: Dq 28. Sf3 Taq oder 28. Sd3
ser Partie. 345 Aus meinen Anmerkungen erhellt an Sgs 29. Sf2 Taq. Die Beherrschung der c-Linie
vielen Stellen, daß ich ihm nicht beipflichte; und sichert dem Schwarzen siegreichen Vorteil.
hier bin ich der Meinung, daß es nichts Besseres III 26. bcs: des: (Dagegen hat Schwarz nach
gibt. 26 . . . Des: 27. c3 nebst Überführung des Sprin­
I 24. bcs: des: 2s. Sd3 scheitert hier an 2s . . . ed4:, ger e1 nach b4 keinen Vorteil) 27. S[J Sd6.
und der Springer auf g3 hängt. Schwarz steht auf Gewinn; er kann in aller Ru­
II 24. des: des: 2s. Sd3 cb4: 26. Sb4: Dq ist ähn­ he einen Freibauern am Damenflügel bilden.
lich ungünstig für Weiß wie in der Anmerkung Nach dem Textzug kann Weiß seinen Springer ins
zu 23. Dd2, Abspiel!. Spiel bringen, der auf e1 schlummert.

345. LCM IV (1906), S.197.


346. Zeitungsspalte.
17. PARTIE: LASKER -STEIN ITZ

26. Dd2Xb4? "Um irgendwelche Angriffe auf den d-Bauern nach


b3xa4, bsxa4, Tb1-b6, die den Springer zeitweilig
Aber er versäumt die Gelegenheit. Mit 26. Sd3
aus dem Verkehr ziehen könnten, unwirksam zu
kann er den Springer auf b4 einpflanzen und eine
machen," schreibt Steinitz. '47 Er pflegt auch bei
haltbare Stellung bekommen:
seinen unscheinbaren Zügen viel zu denken.
I 26 . . . a3 27. Sb4: ab2: 28. Tab1. Weiß hat nichts
zu fürchten. 37· Kf2-e2 Tc8-a8
II 26 . . . Dq 27. Sb4: Sgs 28. b3 Des 29. h4 Sf7 38. Ke2-d2 Sb7-a5
30. ba4: ba4: 31. Ta3. Weiß hält sich.
39· Kd2-d3 h7-h5
Der Partiezug gibt dem Schwarzen freie Hand am
40. Ta1 -a2 Ta8-a7
Damenflügel; Weiß wird auf reines Abwarten be­
schränkt sein, wie sich in der Folge zeigt. "Dies droht wiederum 41. . . ab3: 42. cb3: Sb3:
26. TfS-cS 43- Ta7: Scst gefolgt von 44· . . Ta7: mit Gewinn; die
27. Db4-d2 Dq-q Antwort des Weißen scheint erzwungen zu sein."
28. Th-h Das meint Lasker;348 ich glaube jedoch, daß der fol­
gende Zug die Aufgabe des Schwarzen sehr erleich­
Auf 28. c3 folgt 28 . . . Sgs 29. Dd3 b4, und Weiß wird tert. Zu versuchen ist 41. Ke2, und Schwarz muß
zusammenbrechen. erst noch einen Durchbruch bewerkstelligen. Nach
28. Sf7-g5 dem Partiezug gelangt der Springer des Schwarzen
29. Dd2-d3 Ta7-C7 mit großer Kraft nach q.
30. h3-h4 Sgs -f7
4 1 . b3-b4 Sas-C4
42. Se1-f3 Ta7-a8
235 43· Sf3-d2 Sq-b6
44· Tb1-h TaB-eS
45· Sd2-b1 Kf7-e7
46. C2-C3 Sb6-q
47· Ta2-f2 (?)

Lasker wie Steinitz bezeichnen dies als Fehler; statt


dessen geben sie die Variante 47· Sa3 Sb2t 48. KC2
Tc3:t 49· Kb2: Tb3t so. Ka1 Te3: 51. Tf3 Tf3: 52. gf3:
Tc3 mit Gewinn für Schwarz.349 Die Hauptfrage ist
aber natürlich, wie Schwarz verfährt, wenn Weiß
sich abwartend verhält und zum Beispiel 47. Tc2
3 1 . Dd3 XC4 spielt. Er beginnt mit 47 . . . Lg4 und muß dann mit
Auch hier wird 31. C3 mit 31. . . b4 beantwortet. den Drohungen f6-fs und a4-a3 arbeiten; seine
Aufgabe erfordert noch beachtliche Geduld und
3 1. Tqxq Sorgfalt. Jetzt ist die Sache einfach.
3 2. Tf2-d2 g7-g6
33· Kg1 -f2 Sf7-d8 47· Sq-a3
34· b2-b3 Tq-q
(siehe Diagramm 236)
35· Td2-d 1 Sd8-b7
36. Td1-b 1 Kg8-f7

347· Zeitungsspalte.
348. Str. 1894, S.248.
349· Zeitungsspalte.
168 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

18. Partie
W. STEINITZ- EM. L A S K E R
Montreal, 22. und 2].5.1894
Damengambit (D67)

Frühere Bearbeitungen:
DWS 1894, S.zo6-2o7;
DSZ 1894, S.203-204;
BCM 1894, S.301-303;
CM XV (Juli 1894), S .337-338;
Str. 1894, S.249-252;
LCM IV (1906), S . 197-198;
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter
(Stellung nach 47- ... Sc4-a3)
Band (Ansbach 1921), S.36-37;
Die Fortsetzung 48. Tf6: Sb1: 49. Tf7t Kd8 50. Tf8t Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
Le8 51. Tb1: Tc3:t ist ebenfalls hoffnungslos für hagen), Lieferung 11 (Hamburg 1958), Beiheft Nr.
Weiß. 124 (Anmerkungen von L. Rellstab );
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­
48. Sa3 xb1
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr.
49· Tfl xb1 Ld7-g4
355 (Anmerkungen von D. Hooper).
so . Tb1-e1 TC?-C4
5 1. TC1-C2 f6-fs (Abgabezug) l. dz-d4 d7-ds
2. C2-C4 e7-e6
Weiß gibt auf.
3· Sb1-q Sg8-f6
Auf 52. Sg3 folgt 52 . . . fe4:t 53. Kdz Ld7 54· TC1 Le8 4· LCI-g5 Lf8-e7
55. Sez Lf7 56. Tcü Lds: 57. Tf6 Tg8 mit leichtem 5· Sg1-f3 0-0
Sieg.3so 6. e2-e3 Sb8-d7
7· Tal-Cl q-c6
Steinitz hat die Partie tadellos gespielt. Es hat sich
8. Lfl-d3 ds xC4
aber wieder gezeigt, daß Lasker in geschlossenen
9· Ld3 XC4 Sf6-ds
Stellungen, in denen ein klarer Plan nicht greifbar
10. Lgsxe7 Dd8xe7
ist, Mühe hat, zu einer einheitlichen Spielgestal­
11. e3-e4
tung vorzudringen.
Dies ist heutzutage ungebräuchlich; die üblichen
Züge sind 11. Se4 und 11. o-o.

11. . . . Sds -f4

Mit der Fortsetzung 11 . . . Sc3: nebst 12 . . . es erreicht


Schwarz ohne weiteres Ausgleich. Dabei zeigt sich
der Nachteil von 11. e4; der e-Bauer ist schutzbe­
dürftig.

12. gz-g3

"Ein schwacher Zug, der dem Weißen Schwierig­


keiten verursacht. 12. o-o gefolgt von Dd1-d2 hät-

3 50. Steinitz und Lasker in einer der Zeitungsspalten.


18. PART I E : STEIN! T Z - L A S K E R

te den Springer verjagt, ohne den Königsflügel zu 16 . a7-a6


schwächen," äußert Lasker. 351 17 . Sq -e2 TaB-eS
Auf 12. o-o geschieht 12 . . . es mit Ausgleich. Der 18 . Th-d1 Td8-e8
gespielte Zug ist meines Erachtens etwas besser. 19. Sf3-e1 (?)
Die Schwächung des Königsflügels ist zur Zeit un­
erheblich; sie gewinnt erst im weiteren Verlauf der Dies ist unnötig passiv. Nach 19. Lc2 es 20. Lb1 ist
Partie Bedeutung, weil Weiß ungenau spielt. die Stellung ausgeglichen.

1 2. 1 9. ... c6-cs

"Der Vorstoß dieses Bauern gibt dem Schwarzen


237 das bessere Spiel," gibt Lasker kund.352 Mir scheint
die Stellung nach 20. Lc2 noch völlig ausgeglichen
zu sein; die Struktur, die nach 20 . . . q entsteht, ist
günstig für Weiß. Der folgende Zug des Anziehen­
den trägt zur Entfaltung der gegnerischen Kräfte
bei; seine Stellung weist jedoch keine ernsthaften
Schwächen auf, so daß er sich einige Ungenauig­
keiten erlauben kann.

20. d4XC5 (?)


2 1 . Lb3-C2

13. 0-0 (?) 238


In der Partie J. Zukertort - E. Schiffers, Frankfurt
am Main 1887, geschah 13. h4; dieser Zug hat mehr
Kraft.
Eine andere Idee besteht darin, e4-e5 nebst Sc3-
e4-d6 durchzusetzen, doch ist die Durchführung
schwierig. Auf sofortiges 13. es folgt 13 . . . es, und der
Bauer auf es erweist sich als anfällig. Auf 13. De2
folgt 13 . . . es 14. ds Sb6 1s. dc6: bc6: mit gutem Spiel
für Schwarz, denn 16. Lb3 wird mit 16 . . . Lh3 beant­
wortet.

13. Tf8-d8 21. . .. TcB-q (?)


Auch hier führt die Fortsetzung 13 . . . es 14. ds Sb6 Genauer ist 21. . . Ses.
zu einer befriedigenden Stellung für Schwarz.
22. h-f3 (?)
14. Dd1-e2
1 5. Lq-b3 Zu einer ausgeglichenen Stellung führt die Fort­
1 6. De2-e3 setzung 22. es.

Es gibt keine Möglichkeit für Weiß, das Manöver 22. Te8-c8


a7-a6 nebst c6-cs auf vorteilhafte Weise zu ver- 23. Le2-b1 Sg6-es
hindern. 24. b2-b3 f7-f6 (?)

3 5 1 . Str. 1894, S.250.


352. Str. 1894, S.250.
170 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

"Wenn jemand das Ziel erklären wollte, das von B ) 26. b 4 e s 27. De3 Sa4 28. Tq: Tq: 29. efs: Sb2
den beiden Spielern in dieser Partie verfolgt wird, 30. TCI SC4 mit unklarer Stellung, doch hat
wäre er bei vielen Zügen in großer Verlegenheit. Schwarz starken Druck für den geopferten Bau­
Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich sage, daß ern.
es auf beiden Seiten eine große Unentschlossen­
2 5 . TC1 -C2 (?)
heit gibt und daß es völlig an Konsequenz in der
Spielführung mangelt. Zum B eispiel hielt Lasker Den Vorteil von 25. Td2 gegenüber 25. TC2 kann
es nach 25. TC2 für nützlich, 25 . . . fs zu spielen, um ich nicht recht erkennen; es ist aber richtig, daß
den Weißen zu zwingen, die Angriffslinie seines 25. Sd4 zum Ausgleich führt.
Läufers auf den Bauern f3 zu öffnen. Aber warum 25. f6-f5
hat er an Stelle des unverständlichen Zuges 24 . . . f6 26. e4xf5 e6xf5
nicht sofort 24 . . . fs gespielt? Weiß könnte nicht 27. De3-f2 g7-g6
mit 25. efs: efs: 26. Lfs: einen Bauern gewinnen we­ 28. Se2-f4 Sc5-d7
gen 26 . . . S[J:t, während Steinitz jetzt den Vorstoß
des f-Bauern mit dem guten Zug 25. Sd4 oder mit Schwarz findet keine Möglichkeit zur Verstärkung
25. Td2 zur Verdoppelung der Türme auf der c­ des Drucks.
Linie oder d-Linie verhindern konnte." So urteilt
M. Ögorin in der behaglichen Ruhe und Wärme
seiner Studierstube. 353 Verständlicherweise hat Schwarz keine Lust, sei­
Tatsächlich sieht 24 .. . fs besser aus als 24 . . . f6. Die nen schönen weißfeldrigen Läufer abzutauschen.
stärkste Antwort ist 25. Dd4, und möglicherweise 30. Tc2-d2 Tq-Cl
sah Lasker darauf keine gute Entgegnung: 3 1 . Sd5-e3 Tc1 xd 1
I 25 . . . Sed7 26. b4 Sa4 27. Tq: Tq: 28. efs: efs : 32. Se3 xd1 (?)
29. Lfs: De2: 30. Ld7: ist günstig für Weiß.
Steinitz legt eine kuriose Versammlung seiner
II 25 . . . Df6 26. f4 Sg4 27. Df6: führt zu einer für
Leichtfiguren auf der ersten Reihe an; der Zweck
Weiß erfreulichen Stellung.
dieser Maßnahme ist aber nicht recht deutlich.
III 25 . . . Scd7 26. Tq: Tq: 27- f4 ist befriedigend für
Nach 32. Tdt: De6 33. f4 Sg4 34· Sg4: fg4: 35. fs Dc6
Weiß.
36. Dg2 überwindet Weiß seine Schwierigkeiten.
IV 25 . . . Sf7
32. Dd6-e6
239
3 3 · Kg1-h Tc8-c5 (?)

"Diese Züge, die unverzüglich den Turmtausch er­


zwingen, scheinen dem Schwarzen einen zum Ge­
winn hinreichenden Vorteil zu geben," sagt Las­
ker. 's•
Der Turmtausch, der auf diese Weise vorbereitet
wird, entlastet in Wirklichkeit nur den Weißen. Es
gibt eine große Anzahl plausibler Züge: 33 . . . TCI
und 33 . . . Te8, ferner 33 . . . Sf6 und 33 . . . b4; es führt
zu weit, ihre Folgen im einzelnen zu untersuchen.
ist die beste Fortsetzung:
A) 26. efs: efs: 27- Df2 mit ähnlichen Stellungsbil­ 34· Df2-e3 Tc5 -ds
dern wie sie in der Partie später entstehen; Weiß 3 5 · Td2xd5 De6xd5
braucht nicht zu verzweifeln (27 . . . Sgs 28. Sf4). 36. Sdl-C3 Dd5 -c6

3 53· Str. 1894, S.250-251.


3 54· Str. 1894, S.251.
18. PA RT I E : S T E I N I T Z - L A S K E R 171

37· Kfl-h Kg8-g7 Am einfachsten ist natürlich die letztgenannte Fol­


38. Sc3-e2 Dc6-d6 ge: 43. Sd4 Lf): mit demselben Motiv wie im 40.
39· Se2-d4 Zuge.

Sicherer ist 39· Dd4. 43· Sp-f4?

39· Dd6-f6 Zum Unentschieden führt 43· Des:.


40. Se1 -p?
43· ...

Nach 43 . . . Db2 44. Dd2 Sees


240
241

kann Weiß Bauernverlust nicht vermeiden;


Den Ausgleich wahrt zum Beispiel die Fortsetzung
Schwarz dürfte seinen Materialvorteil verwer­
40. h3.
ten können. Jetzt ist eine klare Remisstellung
40. Sc6? entstanden.
Mit 40 . . . Lf3: gewinnt Schwarz einen Bauern und 44· Kf2xe3 Sc6-b4
erhält eine Gewinnstellung. 45· Lc2-b 1 Sd7-e5
"Eine außerordentliche Unaufmerksamkeit, die 46. Se6-d4 Kg8-f7
durchaus Zeitmangel zuzuschreiben ist," erklär­ 47· 32-33 Sb4-dst
te Lasker seinerzeit. 355 Später meint er: "Ich bin 48. Sf4xds Lb7xds
froh, daß ich den Wettkampf nicht in dieser Weise 49· Lb1-d3 Kf7-e7
gewonnen habe. "356 so. Ld3-e2 Ke7-d6
41. Sd4-e6t ? 51. f3-f4 Ses-d7
52. g3-g4 f5Xg4
Steinitz liebt es, mit dem Feuer z u spielen. Richtig 53· Le2xg4 Sd7-b6
ist natürlich 41. Sc6: Lc6: 42. Ld3 mit Ausgleich. 54· h2-h4 Lds-h7
41. . . . 55· Lg4-e6 Sb6-dst
42. Lbl-C2 s6. Le6xds Kd6xds
57· Sd4-f3 Lb7-C8
Weiß hat keine befriedigende Verteidigung gegen
s 8. SfJ -gs h7-h5
die Drohung 42 . . . Db2 (t).
59· Sgs-e4 Lc8-fs
42 . ... Df6-es? 6o. Se4-c3t Kds-cs
61. Sc3-e4t Kcs-ds
Es gibt viele bessere Fortsetzungen: 42 . . . Sb4,
42 . . . Sde5 und 42 . . . Sees führen zu Bauerngewinn. Remis gegeben.

3 5 5 · Str. 1894, S.251.


3 56. LCM IV (1906), S.198.
172 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

19. Partie "Dies ist ein ganz neuer Plan mit dem Ziel, den
EM. L A S K E R - W. STEINITZ Springer über e7 zum Angriff zu führen; aber mög­
Montreal, 26.5.1894 licherweise ist ein abwartendes, verteidigendes
Damengambit (D4o) Verhalten wie 12 . . . Le7 ebenso gut, besonders da
es den König unbehindert läßt." Dies ist der Kom­
Frühere Bearbeitungen: mentar von Steinitz. 3 57
DWS 1894, S.207-209; In der Tat ist 12 . . . Le7 der richtige Zug; in der Par­
DSZ 1894, S.204-205; tie wird sich wiederholt zeigen, wie wichtig es ist,
BCM 1894, S.303-304; das Feld d8 gedeckt zu halten.
CM XV (Juli 1894), S.338-339; 13. Le1 -b2 Lc8-d7
Str. 1894, S.252-254;
LCM IV (1906), S.198-199; Spielbar ist auch 13 . . . b6 gefolgt von Lc8-b7.
L. Bachmann, Schachmeister Steinitz, Vierter 1 4. Th1-d1 Ta8-c8
Band (Ansbach 1921), S.37-39; 15. LC4-h3 Sc6-e7
Weltgeschichte des Schachs (Herausgeber E. Wild­ 16. Sf3-d4 Se7-g6
hagen), Lieferung 7 (Hamburg 1968), Beiheft Nr. 17. Td1-d2
356 (Anmerkungen von D. Hooper).

1. d2-d4 d7-d5 243


2. C2-C4 e7-e6
3· Sb1- C3 Sg8-f6
4· Sg1 - f3 Lf8-e7
5· e2-e3 0-0
6. Lfl-d3 q-c5
7· d4XC5 d5 xC4
8. Ld3XC4 Dd8xd1t
9· Ke1xd1 Sb8-c6
10. a2-a3 Le7xc5
11. b2-b4 Tf8-d8t
12. Kd1-e2
17 . ... e6-es (?)

"Dies ist kaum ein empfehlenswerter Plan, da er


242 das Zentrum schwächt. Viel besser war 17 . . . Se5
18. Tad1 Le7 (nicht 18 . . . SC4 19. LC4: TC4: 20. Sf3 ge­
folgt von Sf3-e5 und g2-g4 mit siegreichem An­
griff) 19. Sdb5 Se4 mit ausgezeichnetem Spiel." Die­
se Angaben macht Steinitz,3 58 und man kann ih­
nen zustimmen, wenn man "ausgezeichnet" durch
"ausgeglichen" ersetzt.
Es ist aber unwahrscheinlich, daß Schwarz nach
dem gespielten Zug schon völlig verloren ist.

Damit entschließt sich Schwarz, seinen weißfeld­


12 . ... Lcs-f8 rigen Läufer abzutauschen; die Entblößung der

3 5 7 . Zeitungsspalte.
3 5 8 . Zeitungsspalte. Laut W. Pollock ( Str. 1894, S.253) stammt der Vorschlag 17 . . . Ses von Lasker.
19. PART I E : L A S KE R - S T E I N I T Z 173

weißen Felder, die durch den Vorstoß 17 . . . es einge­ mit 2s . . . Lbst nebst 26 . . . Tf7: abgewehrt) 2s . . .
leitet wurde, wird damit vollendet. Besser ist mei­ La4 mit guten Rettungsaussichten für Schwarz.
nes Erachtens 18 . . . Lc6, und nach 19. Tad1 Td2:t Ce) 23. fJ h6 24. Sge4 Se4: 2S. Se4:
20. Td2: a6 kann Schwarz seine schwachen Punkte CCI) 2s . . . Lc6 26. Sd6 Td7 27. Sf7: Tf7= 28. Td8 hs
es und f7 genügend verteidigen. (Auch nach 28 . . . e4 29. f4 kann es für Schwarz
Nach dem Textzug wird seine Aufgabe noch müh­ keine Rettung geben) 29. e4 h4 30. Kd2, und
seliger. Schwarz wird an Zugzwang zugrunde gehen.
CC2) 2S . . . Le6 26. Le6: Te6: 27. Td8 f6, und es ist
1 9 . Td2xd8
unklar, ob der Vorteil des Weißen zum Sieg
20. h2-h3
genügt.
"Nach diesem Schlagen wachsen die Schwierig­ Il M. Ögorin schreibt: "Dieser Abtausch ist er­
keiten des Schwarzen, hauptsächlich wegen der zwungen, wenn Schwarz nicht nach 20 . . . Lc8
Stärke des gegnerischen Läuferpaars. 20 . . . Ld7 21. Sgs seinen f-Bauern mit 21. . . Sh8 verteidi­
21. Td1 Le7 wahrte das Gleichgewicht mit grö­ gen will."360 Nun, wie die 7. Partie zeigte, hat
ßerer Leichtigkeit," erklärt Steinitz. 359 Steinitz gegen derartige Züge nichts einzuwen­
Er unterschätzt die Gefahren, die den Schwar­ den, und es ist nicht deutlich, wie Weiß seinen
zen in dieser einfachen Stellung bedrohen. In Vorteil danach zur Geltung bringen kann.
der Schlußstellung der von ihm angegeben Va­ Indessen hat auch der Textzug seine Vorteile, denn
riante folgt 22. Sds, und Schwarz muß zu der er entwertet die Bauernstruktur des Weißen am
Fortsetzung 22 . . . Ld6 23. Sgs Sh8 greifen, um KönigsflügeL Wenn er jetzt den Bauern auf es
Materialverlust zu vermeiden; nach 24. Sf6:t verliert, macht dies seine Stellung noch keines­
gf6: 2S. Se4 ist seine Stellung unerfreulich. An­ wegs hoffnungslos. Ich bin nicht sicher, welchem
dere Züge als 21 . . . Le7 verdienen Prüfung: der drei in Frage stehenden Fortsetzungen der
Vor-Zug zu geben ist.
244
2 1 . pxf3

Schlecht ist natürlich 21. K[J: wegen der Antwort


21. . . Td2 22. LCI e4t.361
21. Lf8-e7
22. Tal-Cl Kg8-f8
23. SC3-a4

24S
A) 21. . . Tc8 22. Sds kostet den Schwarzen einen
Bauern.
B) 21. . . h6 22. La4 Le7 23. Le2 Lc6 24. Td8:t Ld8:
2s. bs Lf3:t 26. Kf3: Le7 27. Sb1 Sd7 28. Sd2 nebst
Sd2-C4 mit wachsendem Druck.
C) 21. . . Te8 22. Sgs Te7 (22 . . . Sh8 23. Sge4 ist hoff­
nungslos für Schwarz) ist die zäheste Verteidi­
gung:
Ca) 23. bs h6 24. S[J Le6, und Schwarz hält sich.
Cb) 23. Sds Sds: 24. Lds: h6 2s. Se4 (2s. Sf7: wird

3 59· Zeitungsspalte.
360. 5tr. 1894, 5.253·
3 6 1 . DW5 1894, 5.208.
174 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER STEINITZ

2J. 0 0 0

"Steinitz kommt den Wünschen Laskers entgegen;


der Textzug konnte erst nach dem Erscheinen des
Springers auf es gezogen werden. Um das Eindrin­
gen des Turmes von Weiß auf q zu verhindern,
mußte 23 . . . SeS gespielt werden." M. Ögorin äu­
ßert diese Ansicht. 362
Nach 23 . . . SeS spielt Weiß 24. Lc2, und nun:
I 24 . . . TcS 2s. Ses Lcs: 26. Lfs Tq (Die Fortset­
zung 26 . . . Ld4 27. TcS: Lb2: 2S. Ld7 Ke7 29. LeB:
La3: 30. La4 ist unbefriedigend für Schwarz)
27. bcs: f6 2S. a4 mit Vorteil für Weiß.
II 24 . . . f6 2s. Ses Lcs: 26. bcs: ergibt eine ähnliche
Stellung wie Abspiel I.
III 24 . . . Lf6 2S. Sc3. Weiß droht seinen Springer 2 6. ... TdS-d7 (?)
nach ds zu bringen; er behält starken Druck.
"Dieser Zug verliert einen Bauern. Mit 26 . . . a6
Der Partiezug hat keine schwerwiegenden Nach­
konnte Schwarz die Partie leicht verteidigen,"
teile; die Schwächung des Feldes c6 ist unerheblich.
meint M. Ögorin.365 Diese Äußerung paßt nicht
Er scheint mir mindestens ebenso gut zu sein wie
gut zu seinem vorigen Kommentar zu 23 . . . b6, da
23 . . . SeS.
er glaubte, jener Zug gefährde das Spiel des Schwar­
zen.
Dieser Zug sieht etwas unnatürlich aus und hat Es ist bekannt, daß M. Ögorin zwei Springern ge­
schon in alter Zeit einigen Kommentatoren miß­ genüber zwei Läufern den Vorzug gab; man se­
fallen. he die Partie Lasker - Ö gorin, Hastings 1S9s. Es
I Ein Verbesserungsvorschlag lautet 24 . . . Td7,363 scheint mir aber, daß es für Schwarz keineswegs
aber nach 2s. Sbs a6 26. TeSt LdS (Auf 26 . . . TdS "leicht" ist, die Stellung nach 26 . . . a6 27. Sd6: zu
folgt 27. TdS:t LdS: 2S. Sd6) 27. Sq bekommt halten:
Weiß entscheidenden Druck. I 27 . . . Td6: 28. Tc1. Der Turm des Weißen dringt
II 24 . . . Tc8 2s. Sbs TCI: 26. LCI: a6 27. Sq as 2S. bas: nach eS ein, und Schwarz bekommt große
bas: 29. Sbs Sd7 30. Ld2 Ses 31. Lc2 Ld8 32. Sd6 Schwierigkeiten.
Se7 nebst Se7-c6 gewährt dem Schwarzen eher II 27 . . . Sd6: 2S. h4 f6 29. hs Se7. Es ist für Weiß
Aussichten auf Rettung. nicht einfach, Fortschritte zu machen, aber sein
III 24 . . . SeS lautet eine andere Empfehlung/64 und Vorteil ist offensichtlich.
dies ist besser. Nach 2s. Sds Ld6 ist es nicht ein­ Jedenfalls ist 26 . . . a6 die plausibelste Fortsetzung.
fach für Weiß, Fortschritte zu machen. Nach dem Partiezug verliert Schwarz Material.
Aber der gespielte Zug verdirbt nichts.

2s. TCI-dl Sf6-eS Dies ist völlig hoffnungslos. Steinitz weigert sich
Falsch ist 2s . . . Lq, weil Weiß 26. TdS:t Ld8: 27. Sbs hartnäckig, den Turmbauern zu ziehen, aber
as 2S. bas: bas: 29. Sd6 antwortet, aber 2s . . . a6 nur mit 27 . . . a6 lohnte es sich, weiterzukämpfen:
26. bs as kommt in B etracht. Der Textzug ist je­ 2S. Lg6: hg6: 29. Sd6: Td6: 30. Les:, und nun:
doch auch spielbar. I 30 . . . Td1: 31. Kd1: Ke7 32. Ke2 Ke6 33. f4 f6

362. Str. 1894, S.253.


363. DWS 1894, S.2o8.
364. DSZ 1894, S.204-205.
365. Str. 1894, S.253.
175

34. Ld4 b5 35· Lcs Sq 36. e4 fs 37. f3 Kd7 38. Ke3 29. Lfs xd7 Ke7xd7
Se6 39· Ld4 Ke7 40. h4 Kf7 41. Le5 Kg8, 30. Sbs -CJ f7-f5
3 1. b4-b5 a6xbs
247 32. SC3Xb5 Kd7-e6
33· Lb2-q Sg6-e7
34· Sbsxd6 Se8xd6
3 5 · LC3-b4 Se7-d5
36. Td1 -n Sd6-f7
37· Lb4-d2 Sf7-d6
3 8. Ke2-d3 Ke6-d7
39· e3-e4 Sds -f6
40. Ld2-e3 fs xe4t
4 1 . f3 xe4 b6-bs
und es ist nicht klar, ob der Durchbruch h4-h5 42. h-f3 Sd6-q
zum Gewinn reicht. 43· TCI-C3 Sf6-e8
II 30 . . . Te6 31. f4 g5 oder 31. Ld4 Tc6, und auch 44· Le3-n Sq-d6
hier wage ich es nicht, ein endgültiges Urteil 4 5 · TC3-C5 Se8-q
darüber zu fällen, ob Weiß den Gewinn erzwin­ 46. Tcs xes Sq-e6
gen kann oder nicht. 47· Tes-hs h7-h6
Jetzt ist die Sache einfach für Weiß. 48. Ths-es g7-g5
49· h3-h4 gsxh4
28. Lc2-f5
so. Tes-hs Kd7-C6
Weder 28 . . . Td8 29. Sa7: noch 28 . . . Tb7 29. Le4 Td7 5 1 . Thsxh6 Se6-cst
30. Lc6 Td8 31. Sa7: beläßt dem Schwarzen Aussich­ 5 2. Kd3-e2
ten auf Rettung. Schwarz gibt auf.

Schlußbetrachtung
Wettkampf in New York, Philadelphia und Montreal, 15. März bis 25. Mai 1894

2 3 4 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Ern. Lasker 1 o � 0 0 0 � 12
W. Steinitz o 0 � � 0 0 0 0 0 � 0 0 � 0 7

Der Gehalt der Wettkampfpartien ist von den Zeit­ Später führt er aus: "Nach sorgfältiger Durchsicht
genossen nicht hoch eingeschätzt worden, und bis der Partien stelle ich fest, daß in mindestens sechs
heute hat er wenig B eachtung gefunden. Steinitz der Partien, die Lasker gewann, eine oder meh­
hat selbst zu dieser Einschätzung beigetragen. In rere Stellungen vorkamen, in denen ein Spieler
einem Brief, den er am 23. Juni 1894 an Walter zweiter Klasse Lasker Remis hätte vorgeben kön­
Shipley richtete, 366 äußert er, er halte es aus den nen367 und ihn dennoch geschlagen hätte. Zwei
Partien des Wettkampfs für " zweifelsfrei erwie­ der Remispartien hätten ebenfalls von mehr als
sen," daß seine Bestform genügt hätte, Lasker 10-2 einer Stelle aus von schwachen Spielern gewonnen
oder 10-3 bei einigen Remispartien zu schlagen. werden können, und in der Mehrzahl der acht Par-

366. K. Landsberger, The Steinitz Papers (Jefferson 2002), S.187-189.


367. Das heißt, daß Remisausgang der Partie für den "Spieler zweiter Klasse" Verlust bedeutet hätte.
176 DER ERSTE WETTKAMPF LASKER - STEINITZ

tien, die leicht von mir zum Sieg hätten geführt die Steinitz in diesem spannungsgeladenen Kampf
werden können (ungefähr 5 von 8) hatte er nie die erlebte, seine Wahrnehmung gründlich verzerrt
Gelegenheit, das bessere Spiel zu erlangen, bevor hat.
ich Gewinnstellung erreichte. Ferner hatte er in al­ Natürlich hätte Steinitz in den Verlustpartien
len den Partien, die ich gewann, durchgehends nie­ bei bestem Spiel einige Male dem Verderben ent­
mals wo auch immer den Hauch einer Chance, was rinnen können, aber das hat nicht viel zu bedeuten:
von ihm, wie ich glaube, praktisch zugegeben wird, denn die Grundstellung ist als remis zu bewerten,
denn er behauptet lediglich, daß die vierte Partie und ohne einen Fehler des Gegners kann man nun
ganz zum Schluß remis zu halten war, und was das einmal nicht gewinnen. Laskers Wettkampfsieg
betrifft, so besteht kein Zweifel, daß ich die Partie war hochverdient und völlig überzeugend.
an verschiedenen früheren Stellen leichter hätte Steinitz eigenwillige Darstellung des Gehaltes
gewinnen können. Pillsbury, Showalter, Albin und der Partien wurde nicht nur von seinem seltsamen
Hanham sind nach sorgfältiger Durchsicht der Par­ Verhältnis zum eigenen Ich bestimmt, sondern
tien vollkommen meiner Ansicht. Lipschütz mach­ auch dadurch beeinflußt, daß er seine Anhänger
te darauf aufmerksam, daß ich nach JO. g3, was ich ermutigen wollte, Geld für einen Rückkampf zu­
so sehr lobte (1. Partie), mit JO . . . fg3: 31. f4 T5e7 sammenzubringen; er selbst spricht davon in sei­
leicht gewinnen konnte, und zusammenfassend nem Brief. Es hat aber stets etwas Mißliches, den
schreibt er, daß er nicht verstehen kann, wie ich es Erfolg des Rivalen neidvoll dem Glück zuzuschrei­
schaffen konnte zu verlieren. ben. Steinitz fand nur bedingt Zustimmung. Es ist
Von den drei Partien in Philadelphia abgesehen möglich, daß die in dem Brief genannten Herren
(von denen ich eine bei besserem Spiel hätte remi­ Pillsbury, Showalter, Albin und Hanham dem reiz­
sieren können) wurde er in beinahe allen Partien baren Altmeister beipflichteten, um nicht seinen
während der ersten Sitzung vollständig überspielt, Zorn hervorzulocken.
aber in der zweiten Sitzung brach ich üblicherwei­ Es wird niemanden verwundern, daß Laskers
se durch ganz absurde Fehler zusammen, was nur geschworener Feind L. Hoffer und sein glücklo­
meine Schwäche beweist, nicht aber seine Stärke." ser Nebenbuhler Dr. S. Tarrasch Laskers Verdienst
Schon bei den Zitaten einzelner Anmerkungen zu schmälern suchten.368 Andere schlossen sich
von Steinitz zu den Wettkampfpartien wurde deut­ ihnen an.369 Natürlich gab es auch Gegenstim­
lich, daß dieser Spieler bei der Stellungsbewertung men.370 J. G. Cunningham (1838-1905) veröffent­
seine eigenen Möglichkeiten oft in allzu rosigem lichte in seinem Büchlein über den Wettkampfm
Lichte sieht. In der oben wiedergegebenen Mittei­ eine ausgewogene Besprechung des Gehalts der
lung hat er sich zweifellos selbst übertroffen. In den Partien. 37 2
Remispartien hatte Lasker großen Vorteil und hät­ Es scheint mir angebracht, meine eigenen Be­
te alle an der einen oder anderen Stelle gewinnen obachtungen über Laskers Spielweise nochmals
können; Steinitz hatte nur einmal eine ganz zufäl­ zusammenzufassen. Dabei ist es unvermeidlich,
lige Möglichkeit zum Sieg in der fünften Partie. In einiges schon früher Gesagte zu wiederholen.
den Spielen, die Lasker für sich entschied, hatte Laskers Partieanlage ist gesund. Mit den wei­
Steinitz nach meinen Untersuchungen nur ein ein­ ßen Steinen baut er allerdings häufiger recht an­
ziges Mal eine klare Gewinnstellung, und zwar in spruchslose Stellungen auf (Partien 9, 11, 13, 15, 17);
der siebten Partie; auch hier war die richtige Spiel­ die einzige Partie, in der er mit Schwarz von An­
führung alles andere als einfach zu finden. Ich habe fang an in einer wenig befriedigenden Lage zu
noch stets den Eindruck, daß die Enttäuschung, kämpfen hat, ist die 14. Wettkampfpartie.

368. L. Hotfer im CM XV (Juli 1894), S.338-339. Für die Stellungnahme Tarraschs siehe DWS 1894, S.18o.
369. Zum Beispiel A. Albin, DWS 1894, S.204.
370. Einiges Material ist bei V. Fiala, Quarterly of Chess History, Band 3 (1999), S. 277-280 zusammengestellt.
3 7 1 . J. G. Cunningham, The Games in the Steinitz-Lasker Championship Match (Leeds 1894), siehe BCM 1894, S.362.
372. Nachzulesen ist sie in dem materialreichen Buch von K. Landsberger, The Steinitz Papers (Jetferson 2002), S.189-191.
19. PART I E : L A S K E R - S T E I N I T Z 177

Im Übergang von der Eröffnung zum Mittel­ Die generelle Qualität der Spielführung liegt
spiel liegt die eigentliche Spielgestaltung beschlos­ weit über dem Niveau, das man aus dieser Zeit
sen. Hier entwickelt Lasker oft gute eigenständige gewohnt ist. Grobe taktische Fehler kommen sehr
Ideen (Partien 1, 10, 12, 16). Bisweilen neigt er zur selten vor, während im Wettkampf Ögorin gegen
Überschärfe (Partien 4, 7); manchmal verfolgt er Tarrasch viele Partien durch krasse Übersehen ent­
seinen Vorteil nicht mit aller Energie (Partien 1, schieden wurden. Viele neue Stellungsmuster tau­
10). chen in den Partien Laskers zum ersten Male auf,
Im Mittelspiel ist die Qualität seiner Spielfüh­ und er wies in ihnen Wege, die noch heute gül­
rung natürlich vom Stellungstypus abhängig. Sehr tig sind; auch auf diesem Gebiet scheint mir seine
stark spielt er in unscheinbaren halboffenen Stel­ durchschnittliche Leistung weit höher zu sein als
lungen, sei es mit Damen auf dem Brett, sei es die Beiträge der Kämpfer im Zweikampf zwischen
ohne; meist gelingt es ihm, überzeugende Pläne Ögorin und Tarrasch. Es ist mir rätselhaft, wa­
zu finden und durchzuführen ( Partien 1, 3, 5, 6, rum Lasker bis heute häufig als Neuerer im po­
15, 16, 18 mit Damen; Partien 10, 11, 19 ohne Da­ sitionellen und strategischen Bereich so gering
men). Unsicherheit zeigt er in geschlossenen, bis­ eingeschätzt wird. Vielleicht liegt es - außer an
weilen auch in halboffenen Stellungen, in denen der Schwäche seiner Hinterlassenschaft als Schach­
es ihm nicht gelingt, ein klares Teilziel für sei­ schriftsteller376 - daran, daß er bisweilen auch in
ne Operationen zu finden. Sein Spiel wirkt dann Stellungen eine Zeitlang fehlgehen konnte, die ihm
zerfahren (Partien 8, 13, 17); er ist unfähig zu lagen; er pflegte sich meist dank seiner Geistesge­
warten.373 Ferner zeigt er Schwächen in Stellun­ genwart bei plötzlichen Stellungsänderungen zu
gen, in denen sein König Gefahr läuft ( Partien 2, retten. Sie fußte jedoch auf tiefem Verständnis der
12), während er selbst im direkten Königsangriff verschiedensten Stellungsarten. Gerade Laskers
scharf, ideenreich und wirksam vorgeht (Partien Vielseitigkeit scheint mir am erstaunlichsten zu
7> 16).374 sein. Meiner Meinung nach haben sowohl Capa­
Im Endspiel ist seine allgemeine Stellungser­ blanca als auch Aljechin aus seinen Partieschöp­
fassung sehr gut (Partien 1, 9, 11, 16), aber die Ge­ fungen Vorbild und Lehre gewonnen.
nauigkeit bei der technischen Durchführung ist Mit der Beendigung des ersten Wettkampfes
geringer, als in der Schachliteratur behauptet wird gegen Steinitz sind die Merkmale, die Laskers Kön­
( Partien 4, 13). Das gilt nicht nur für das Endspiel, nen ausmachen, voll entwickelt. In den folgenden
sondern für alle Arten von Stellungen; in allen vier Jahren wächst noch die Genauigkeit bei der Durch­
Remispartien vergibt Lasker Gewinnmöglichkei­ führung seiner Einzeloperationen und die Gleich­
ten (siehe ferner Partien 3, 11). mäßigkeit im Einsatz seiner Aufmerksamkeit.
Es ist eine solche Übersicht jedoch weniger aus­
sagekräftig, als man im ersten Augenblick meinen Nachdem Lasker den Rückkampf gegen Steinitz,
könnte.375 Es fehlt ihr zum einen der Bezug zur der vom November 1896 bis Januar 1897 in Moskau
allgemeinen Entwicklung des Spielverständnisses stattfand, gewonnen hatte, ohne auf ernsthaften
in jener Zeit, zum anderen eine Gesamtgewich­ Widerstand zu stoßen, ließ er sich über zehn Jah­
tung, welche die Stärken und Schwächen nach ih­ re lang in keinen Zweikampf ein. Ab 1907 spielte
rer strukturellen Bedeutung für Laskers Gesamt­ er jedoch in kurzer Folge vier Weltmeisterschafts­
erfassung des Spiels ordnet. Deshalb seien noch kämpfe. Der kürzeste, aber spannendste wird jetzt
einige Bemerkungen angefügt. kurz vorgestellt.

3 7 3 . Ganz im Gegensatz zu zeitgenössischer Meinung: CM XV (Juli 1894), S.339, letzter Satz (L. Holfer).
374· Auch hier teile ich nicht die Auffassung der Zeitgenossen: siehe DSZ 1894, S.184 (C[urt] v[on] B[ardeleben]).
375· Man vergleiche die Ausführungen von D. Hooper, Weltgeschichte des Schachs ( Herausgeber E. Wildhagen),
Lieferung 7 (Hamburg 1968), S.15; sie führen meines Erachtens gewaltig in die Irre.
376. Wenn man Laskers Ausführungen über die Partien des Wettkampfs in LCM IV (1906), S.182-199 liest, kommt man
wohl nicht auf die Idee, seine strategischen Einsichten könnten bedeutend sein.
D E R WET T KA M P F
LASKER - SCHLECHTER

im Jahre 1910 zu Wien und Berlin


DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER 179

Emanuel Lasker (1907) Carl Schlechter (1909)

Der folgende Text enthält die Überarbeitung eines Artikels, der im Jahre 1999 in der Zeitschrift "Schach" erschien. Er
wurde in fünf Folgen veröffentlicht (Teil 1: 5l1999, S.39-47; Teil 2: 6l1999, S.49-6o; Tei l 3 : 8l1999, S.sJ-66; Teil 4: 10l1999,
S.36-47 und Teil s: ul1999, S.sJ-61).

RSTAUNLICH sind die Wechselfälle der Behand­ kampf nie ernsthaft die Rede, und das Ereignis
E lung, die diese Veranstaltung in den Köpfen wurde bald vergessen.
der Menschen erfahren hat. Nachdem Dr. Emanu­ Nachdem ihm etwa 65 Jahre lang keine nen­
el Lasker in Zweikämpfen gegen Marshall (1907), nenswerte Aufmerksamkeit geschenkt worden
Dr. Tarrasch (1908) und Janowski (1909) mühelos war, stürzte sich plötzlich eine Vielzahl von Schrei­
gesiegt hatte, äußerte man vielfach die Hoffnung, bern auf das Thema. Aus dem Wettkampfverlauf
Carl Schlechter werde dem Weltmeister härteren zog man die erstaunlichsten Schlüsse auf die Ab­
Widerstand entgegensetzen, und knüpfte hohe Er­ machungen über die Wettkampfbedingungen und
wartungen an das Können des Wiener Meisters.377 auf die psychische Verfassung der Spieler. Schlech­
Diese Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Der ter gewann späte Popularität als tragischer Held.
Verlauf des Treffens gestaltete sich äußerst span­ Der Mythologisierungsprozeß ist offenbar immer
nend. Schlechter ging in Führung, und es gelang noch nicht abgeschlossen; dieser Umstand verleiht
Lasker erst in der letzten Partie, den Gleichstand der Beschäftigung mit dem Stoff eine besondere
wiederherzustellen. Dennoch war von einem Rück- Würze.

377· Vgl. zum Beispiel WSZ 1910, S.2; DWS 1910, S.70.
180

Spiele zwischen Lasker und Schlechter


vor dem Wettkampf

Es ist selbstverständlich, daß man vor Beginn ei­ Aufschluß über schachliehe Fragen, zumal (mir)
nes Wettstreites die früheren Kämpfe zwischen die Partien nicht bekannt sind; doch mag das Er­
den beiden Spielern betrachtet, wenn man An­ gebnis für beide Spieler psychische Folgen im Hin­
haltspunkte für Voraussagen über den Gang der blick auf den Wettkampf gezeitigt haben. In der
künftigen Partien gewinnen will. Der Verlauf der letzten Partie erreichter Lasker in alter Weise auf
älteren Spiele mag Aufschluß darüber geben, wel­ Grund seines besseren strategischen Verständnis­
che schachliehen Mittel jeder gegen seinen Gegner ses eine glatte Gewinnstellung, verdarb sie aber
einzusetzen gedenkt, und man kann zu erraten auf scheußliche Art.
versuchen, wie er auf die Spielweise und das Tem­ Beim unbefangenen Betrachter kann bei der
perament seines Widersachers eingestimmt ist. Durchsicht der Partien kein Zweifel an der deutli­
Ich gebe eine Übersicht der Partien zwischen chen schachliehen Überlegenheit Laskers aufkom­
Lasker und Schlechter vor 1910. men; die Ergebnisse der letzten Partien ändern das
1) Schlechter - Lasker, Hastings 1895, Sizilianisch, Bild nicht. Es scheint mir aber, daß Lasker selbst
0-1 (51) durch den ungünstigen Verlauf jener Kämpfe von
2) Schlechter - Lasker, Nürnberg 1896, Schottisch, Unsicherheit und Unbehagen gegenüber diesem
lh:lh (22) Gegner befallen wurde.
3) Lasker - Schlechter, London 1899, Spanisch Ich lege einiges Material aus diesen Spielen vor.
(Abtauschvariante), lh : lh (30) Die erste B egegnung gebe ich zur Gänze wieder,
4) Schlechter - Lasker, London 1899, Italienisch, weil die aus der Eröffnung entstehenden Bilder ei­
0-1 (22) ne gewisse Verwandtschaft zu einigen Partien des
5) Schlechter - Lasker, Paris 1900, Italienisch, o-1 Wettkampfes aufweisen, in denen Lasker ebenfalls
(44) die Sizilianische Verteidigung anwandte.
6) Schlechter - Lasker, Cambridge Springs 1904,
Damengambit, 1-0 (37)
[7) Lasker - Schlechter, Schlachtensee 1908, Rice­
C. S C H L E C H T E R - E M . L A S K E R
gambitwettkampf, +o -3 =2]
Hastings 1895 (3. Runde)
8) Schlechter - Lasker, St. Petersburg 1909, Spa­
Sizilianisch (B34)
nisch, lh:lh (71).
Ergebnis aus der Sicht Schlechters (den Thema­
1. e4 es 2. SfJ Sc6 3· d4 Cd4: 4· Sd4: g6 5· Sc6:
wettkampf lasse ich unberücksichtigt, denn die
Partien begannen aus einer Verluststellung für Im 19. Jahrhundert wurde dieser Springertausch
Weiß heraus): in allen möglichen Stellungsarten, die aus der Si­
mit Weiß: +1 -3 =2 zilianischen Verteidigung entstehen, bevorzugt;
mit Schwarz: +o -o =1 man vergleiche die sechste, achte und zehnte Par­
Bei der Bewertung des Ergebnisses ist zu be­ tie aus dem Wettkampf Anderssen - Morphy. Oft
rücksichtigen, daß Lasker in sieben Partien sechs führt er jedoch zur Stärkung des gegnerischen Bau­
Mal die schwarzen Steine führte. ernzentrums; auch in der vorliegenden Stellung
Die ersten fünf Partien zeigen ein deutliches ist er außer Gebrauch gekommen, wenn er auch
Übergewicht Laskers in komplexen Situationen so­ so schlecht hier nicht ist. Lasker selbst verfuhr
wohl strategischer wie taktischer Natur; Schlechter als Weißer in der dritten Wettkampfpartie gegen
ging im Strudel des Kampfes unter. Die Verlustpar­ H. ]. Bird (Newcastle on Tyne 1892) auf dieselbe
tie Laskers kommt auf die Rechnung einer groben Weise, und es entstanden ganz ähnliche Stellungs­
Halluzination. Der Themawettkampf gibt keinen bilder wie in der vorliegenden Partie.
S C H LE C HTER- LASKER, FRÜHERE PARTIEN

s . . . bc6: 6. Dd4 f6 18. Scs?

Besser ist 6 . . . Sf6. Richtig war 18. f4.

7. LC4 e6 8. o-o Sh6 9· Sq Sf7 10. Le3 Lg? 11. Tad1 18 . . . f4 19. f3 (?)

Dies ist schablonenhaft gespielt. Nach u. f4 o-o Endlich bewegt Weiß seinen f-Bauern, aber j etzt
12. Dd2 kann 12 . . . fs mit 13. es beantwortet wer­ ist es verkehrt. Mit I9. C4 hätte Weiß noch hart­
den; nach 12 . . . ds 13. Lb3 ist das Feld es geschwächt. näckigen Widerstand leisten können.
Schwarz muß den Vorstoß f6-fs mit 12 . . . d6 vor­
19 . . . Lfs 20. Ld3 Tae8 21. Tdet Te7 22. Tb Sd6
bereiten, aber nach 13. Lb3 fs 14. Tad1 nebst Tf1-e1
23. Dq Lg6 24. Tfe2 Tfe8 25. Lg6: hg6: 26. Sd3 SC4
macht die Stellung des Schwarzen keinen sonder­
27. Sb Se3
lich gesunden Eindruck.
Die strategischen Mängel in der Stellung des Wei­
u . . . o-o 12. Dd2 fs 13. efs:
ßen sind nun entscheidend.
Besser gefällt mir 13. Lb3.
28. Sd1 d4 29. Dd3 e4 30. fe4: Te4: 31. Se3: fe3:
13 . . . gfs: 32. Tfl Tf4 33· Tf4: Df4: 34· Ddt es 3S· b3 as 36. Dei
a4 37· Das Tf8 38. De1 Tfs 39· Dd1 Kf6 40. Dei Kes
41. Dd1 Kds 42. h3 De4 43· De1 Df4 44· Ddt Kes
4S· De1 Kf6 46. Ddt Kg7 47· De1 Tf6 48. Ddt Dg3
49· Dd3 Tb so. De4 Df4 51. De7t Kh6 Weiß gab
auf.

Schlechter zeigte wesentlich schlechteres Stellungs­


verständnis als Lasker. Er ging an der Unwilligkeit
zugrunde, seine Bauernstruktur zu ändern. Man
gewinnt den Eindruck, daß er die Lehre von Stei­
nitz über die Verteidigungskraft der Bauernkette
in ihrer Grundstellung zu gründlich beherzigte.
Das folgende Partieehen zeige ich nur, um das Bild
vom besonnenen, vorsichtigen Schlechter, der stets
14. Ld4 (?) zuvörderst nach Sicherheit strebte, in Frage zu stel­
len.
Weiß begreift nicht, daß er versuchen sollte, Halt
auf den schwarzen Feldern zu gewinnen. Nach
I4. f4 hätte er noch stets eine vorzügliche Stellung. C. S c H LE C H T E R - E M . LA S K E R
London, 10.J.1899 (30. Runde)
14 . . . ds ts. Lg7: Kg7: 16. Le2 es 17. Sa4?
Italienisch37 8 (Cs4)
Stärker ist 17. f4; Weiß erreicht eine Blockade auf
den schwarzen Feldern. 17 . . . Db6t I8. Kh1 verbes­ 1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lq Lcs 4· c3 Sf6 5· d4 ed4:
sert die Lage des Schwarzen nicht, denn die Fort­ 6. cd4: Lb4t 7· Sc3 Se4: 8. o-o Lq: 9· ds Ses w. bc3:
setzung I8 . . . Db2: I9. fes: ist viel zu gefährlich für SC4: 11. Dd4 fs
ihn. (siehe Diagramm 249)
17. . . Df6? 12. Lgs?

Vorzuziehen war I7 . . . f4 mit erklecklichem Vorteil Weiß verrechnet sich. Richtig ist 12. Dq: d6 13. Sd4
für Schwarz. o-o I4. f3 Sf6 IS. Lgs mit einiger Kompensation für

378. The Book of the London International Chess Congress 1899, S.33; WSZ 1899, S.164; DSZ 1899, S.236; DWS 1899,
S.311; ECO C [2.Auflage] 54/9, Fußno�e 56.
DER WETTKAMPF LASKER - S C H LE C HTER

Es geschah nun:
249
29 . ... Tfs-gs (?)

Schwarz kann mit seinen Schwerfiguren keine ge­


fährlichen Drohungen gegen den König des Wei­
ßen schaffen. Richtig war 29 . . . cs, um dem Anzie­
henden die Möglichkeit zu nehmen, das Zentrum
mittels des Vorstoßes d3-d4 zu öffnen. Die Vertei­
digungsaufgabe des Weißen wäre dann nicht ganz
leicht; Schwarz kann versuchen, seinen Turm von
hs nach e6 zu bringen und dann nach geeigneter
Vorbereitung g7-gs, h6-hs und gs-g4 zu spielen.

30. Dh-h (?)


den geopferten Bauern: Schlechter-Meitner, Wien
Stärker war 30. d4 Dfs 31. Dfi ed4: 32. Ld4: mit bes­
1899 (laut ECO C [2.Auflage] 54/9, Fußnote 58).
serem Spiel für Weiß.
12 . . . Sgs: 13. Dg7: TfS 14. Sgs: Df6
30 . ... Dg6-d6 (?)
Der Angriff ist abgeschlagen, und dem Weißen
Schwarz möchte mit seiner Dame auf a3 eindrin­
verbleibt zu wenig Material.
gen, aber dieser Plan ist zu optimistisch. Angewie­
15. Tfeit KdS 16. Df6:t Tf6:, und nach sechs wei­ sen war 30 . . . es.
teren Zügen gab Weiß auf. 31. d3-d4
Schlechter hat wohl bei seiner Eröffnungsvorbe­ Im Augenblick ist dem Weißen die Lage für diesen
reitung etwas übersehen. Vorstoß besonders günstig; die Dame des Schwar­
zen steht auf d6 unglücklich.
Es folgt ein Abschnitt aus der Partie
31. ...

Schwarz verfolgt konsequent seine Absicht. Die


C . S C H LE C HT E R - EM. LA SK E R Dame steht jedoch auf a3 ganz außer Spiel, so daß
Paris 1900, 1.Runde. 379 die Initiative des Weißen im Zentrum an Kraft
gewinnt.

• 250
Nach 31 . . . ed4: 32. Td4: verliert Schwarz den Bau­
ern auf f4. Die besten Verteidigungsmöglichkei­
1 1� 1 ten bot meines Erachtens die Fortsetzung 31 . . . Tfs;
1 �1 Schwarz deckt den gefährdeten Bauern. Weiß hat

1 .1. .1.
folgende Möglichkeiten:
I 32. es Dds bringt dem Weißen nichts ein.
il !1 1 II 32. Dd3 Dc6 33. des: Ses 34· Ddst Dds: 35. cds:

Jt il il il Se4: 36. Te4: (Auf 36. fe4: folgt 36 . . . Tes:)


36 . . . Kf8. Schwarz das Endspiel halten können,
il � il zum Beispiel 37. TC4 Tes: 38. Les: Tes: 39· Tf4:t

J! � (Nach 39. Tq: Tds: 40. Tb7: Td1t 41. Kh2 Ta1
entsteht eine klare Remisstellung) 39 . . . Ke7
Stellung nach dem 29. Zuge von Weijl 40. Te4 Kd6 oder 40. C4 bs usw.

379· Quellen: S. Rosenthal, Traite des Echecs et Recueil des Parlies jouees au Tournai International de 1900 (Paris 1901),
S.355-357 ; W5Z 1900, 5.124-125; D5Z, 5,177-178; DW5, S.177-178.
S CH LE C HTER - LASKER , FRÜ HERE PARTIE N

III 32. des: Ses: 33. De2 (Nach 33· Td1 De6 kann auf 34- Lc3 ist neben 34· . . Da4 auch 34 . . . bs spiel­
34· De2 mit 34· . . Th3:t 3S· gh3: Ths beantwortet bar.
werden) 33 . . . Sg6 (Nach 33· . . Sc6 34· Te6 Dd7 Nach 33· Tf4: sehe ich keine ausreichende Verteidi­
3S· Td1 Df7 36. Tb1 Kh7 37. De4 gewinnt der gung für Schwarz:
Druck des Weißen entscheidende Ausmaße) I 33- . . ef4: 34· Dg6: Dc3: 3S- TeSt Sf8 36. Dhs:, und
34. Te6 Da3 3S- Dd3 Kh7. Ich finde nicht, wie Weiß gewinnt.
Weiß durchdringen kann. II 33 . . . Thgs 34. Tg4. Weiß hat eine Gewinnstel­
lung.
32. Dh-d3 Tgs-g6
III 33 . . . Td6 34· Tg4 Sf6 (Nach 34- . . ed4: 3S· Tp:t
oder 34· . . Ses 3S- De3 gewinnt Weiß ohne Mü­
2Sl he) 3S- es Td8 (Auf }s . . . Tds ist die Antwort
36. DC4 c6 37. Tge4 ausreichend) 36. DC4t Kh7
(Nach 36 . . . Kh8 ist 37. Tg6 gut genug) 37. Tg3
(Die Folge 37. des: Sg4: 38. fg4: Tgs führt zu kei­
nem klaren Ergebnis) 37· · .ed4: 38. Ld4: mit ent­
scheidendem Vorteil für Weiß.
IV 33 . . . Tg2: 34. Tg4 (Auch nach 34. Kg2: ef4: 3S· es
steht Weiß gut)

2S2

Ich sehe nichts Besseres. Nach 32 . . . ed4: 33. Dd4:


wird ein Turm des Weißen mit entscheidender
Wirkung auf e7 eindringen. Spielt Schwarz einen
neutralen Zug, zum Beispiel 32 . . . c6 (um Dd3-dst
auszuschalten), so folgt einfach 33.T4e2, und es
gibt keine befriedigende Verteidigung gegen die
Drohung 34. des:.
34 . . . Tg4: (34 . . . Tf2 scheitert an 3S- Kg1, und der
3 3 · Te4-e2
Turm ist gefangen) 3S· fg4: Tgs 36. Ld2 Dd3:
Zu diesem Zug findet sich im Turnierbuch von 37- cd3: Tg6 38. des:, und Weiß sollte gewinnen.
Paris 1900380 folgende Anmerkung: Aber auch nach dem Textzug finde ich keine Ret­
"Gut gespielt: Falls 33. des: Ses 34- Ddst Kh7 tung für Schwarz.
3s.T4e2 Dc3: 36. Des: Th3:t 37- gh3: Df3:t 38. Kh2
33· Tg6-d6
Dg3t 39. Kh1 Dh3:t 40. Th2 D[Jt und matt im
34· C4-CS Sd7XC S
nächsten Zuge."
3S· Dd3-C4t Scs-e6
Diese hübsche Variante zeigt, daß 33. des: schlecht
3 6. Lc3-b4
ist. Zieht Weiß 37. Kg1 an Stelle von 37· gh3:, so wird
er mit 37 . . . Tg2:t mattgesetzt S. Rosenthai bemerkt im Turnierbuch: "Schwach.
33· Tf4: war jedoch sehr stark. Der Zug wird in der Der richtige Zug war 36. ds Des 37. Des: Ses: 38. Les:
DSZ 1900, S.178 erwähnt; als beste Fortsetzung - mindestens gleiches Spiel."
wird dort aber 33. La1 angegeben. Indessen ist nach Das Endurteil ist richtig. Nach 36. ds muß aber
33· . . Da2: nicht deutlich, wie Weiß die gefährdete noch eine andere Antwort als 36 . . . Des betrachtet
Stellung der gegnerischen Dame ausnutzen kann; werden, nämlich 36 . . . bs. Daraufist die einzig plau-

380. S. Rosenthal, Traite des Echecs et Recueil des Parties j ouees au Tournoi International de 1900 (Paris 1901), S.357·
DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

sible Folge 37. Dd3; nach 37. Db3 Db3: 3S. ab3: Tds: S . Rosenthal schreibt: "Falls 37. des: Tc6 3S. De4
steht dem Weißen ein mühsamer Kampf ums Re­ Da2: - besser." Das stimmt. Jetzt war indessen die
mis bevor. Nach 37. Dd3 hat Schwarz verschiedene Zeit für 37· ds gekommen:
Möglichkeiten: I 37 . . . as scheitert an 3S. de6: Db4: 39. e7t Dq:
I 37 . . . Des 40. eSD+ Kh7 41. Dhs:.
A) 3S. Dg6 Tgs 39· DeSt SfS 40. Les: Tds : 41. Lf4: II 37· . . SfS 3S. Te4 Dd7 (Der Turm d6 kann nicht
Tgfs mit etwa gleichem Spiel. weichen, denn dann folgt mit tödlicher Kraft
B) 3S. Tes: Tes : (3S . . . Tds: 39. Ths: kostet den 39· d6t) 39· Tes: Th3:t ( Auch nach 39 . . . Tes:
Schwarzen Material) 39. Tes: mit großem Vor­ 40. Tes: ist die Stellung des Schwarzen hoff­
teil für Weiß nungslos) 40. Kg1, und Weiß steht auf Gewinn.
II 37 . . . Da2: III 37· . . Sd4 3S. Tes: Tes: 39. Tes: as (Die Fort­
A) 3S. Les:? Tds: 39. Dg6 scheitert an 39 . . . Thes: setzung 39 . . . SC2: 40. Dq: Db4: 41. TeSt Kh7
40. Tes: Tes: 41. Tes: Da1t, und Schwarz ge­ 42. Dc2:t führt sofort zum Verlust für Schwarz)
winnt. 40. Dd4: Db4: 41. TeSt Kh7 (Auch nach
B) 3S. Dg6 Tgs 39· DeSt Sfs 40. Les: Td7 41. Lf4: 41 . . . Kf7 42. Des kann Schwarz sich nicht ret­
Tfs 42. Les Dds: führt zu einer etwa ausgegli­ ten) 42. Dd3t g6 43· c3 Des 44· Te6 Te6: 4S· de6:
chenen Stellung. Des 46. Dd7t KhS 47· DeSt Kh7 4S. Df7t KhS
C) 3S. Tes: Tes: 39· Tes: b4 (Der Läufer des Weißen 49. Dg6:, und Weiß gewinnt.
muß vom Punkt g7 abgelenkt werden) 40. Lb4: IV 37· . . bs 3S. Dc3 Tds : 39. Dc6 Kf7 40. Dds:
Db1t 41. Lei SfS 42. De4 mit erklecklichem Vor­ Db4: 41. Te4 (41. Tes: scheitert an 41. .. Dei:t)
teil für Weiß. 41. .. Dc3 42. Db3 (Nach 42. Tf4:t Ke7 43· Tfe4
III 37 . . . c6 3S. Dg6 Tgs (3S . . . Dc3: scheitert an Th3:t 44· Kg1 Ths hat Schwarz Überlebensaus­
39. de6: Tgs 40. Df7t nebst 41. e7) 39. Dest Sfs sichten) 42 . . . Db3: 43. ab3:. Schwarz dürfte das
40. Les: Tds: 41. Dc6: Da2: 42. Lf4: mit Vorteil Endspiel nicht halten können (43 . . . Kf6 44· b4).
für Weiß. Nach dem Textzug kann Schwarz sich retten.
IV 37 . . . Scs ist die stärkste Fortsetzung: 3S. Dd2
37· ... Td6-c6?
Da2:
Nötig war 37 . . . Tes:. Nach 3S. Tes: Tc6 39. Dds Db4:
2S3 40. Te6: Te6: 41. De6:t Kh7 entsteht eine ausgegli­
chene Stellung.

3 8. Tes -cs??

Weiß stellt die Qualität ein.


I Unerfreulich für Weiß ist das Endspiel, das
nach 3S. Db3 Db3: 39· cb3: Tes: 40. des: Tc2 oder
40. Tes: Sd4: entsteht.
II S. Rosenthal hat bereits die beste Fortsetzung
angegeben. Er schreibt: "38. De2 Tes: 39· Des:
A) 39. Tes: Tes: 40. Tes: Dq mit besserem Spiel für Db4: 40. ds war besser." In der Tat dürfte
Schwarz (41. Te7 Td7). Schwarz auf Verlust stehen:
B) 39· Les: Tds: 40. Df4: mit etwa gleichem Spiel. A) 40 . . . Td6 41. de6: TdS 42. e7 TeS 43· De6t gefolgt
36. ds war in der Tat ein spielbarer Zug; der Text­ von 44· Te4, und Weiß gewinnt.
zug ist jedoch stärker. Weniger überzeugend ist B) 40 . . . Tb6 41. de6: De7 42. Df4: Te6: (Wenn
die Fortsetzung 36. Tes: Tes: 37. Tes: Tc6; Schwarz Schwarz stillhält, muß er auf die Dauer verlie­
erhält auf jeden Fall ein besseres Endspiel. ren; auf 42 . . . Tb2 folgt 43. Dd2 nebst 44. Dd7)
43· Dc4 Kf7 44. Te6: De6: 4S· Dq:t Kg6 46. a4.
36. Ich glaube nicht, daß Schwarz sich in dem
3 7 · Te2xes? Damenendspiel erfolgreich verteidigen kann.
SCHLECHTER - LASKER, FRÜHERE PARTIEN

Übrigens ist auf 38. De2 die Fortsetzung 38 . . . Tc2: Wege abirrte. Dies geschah ihm indessen in der
nicht günstiger für Schwarz. Nach 39· De4 Tes: folgenden Partie:
40. Des: hat der Angriff des Weißen entscheidende
C. S C H L E C H T E R - E M . L A S K E R
Kraft, zum Beispiel 4o . . . Sgs 41. Ddst Kh8 42. h4.
Cambridge Springs 1904, 11. Runde.
Nach dem Textzug gewinnt Schwarz mühelos.
38. .
. .

39· DC4-C3 2SS


In der "Wiener Schachzeitung" findet sich folgen­
de Bemerkung: "Dies kostet die Partie, die, wie
,The Field' bemerkt, mit 39. De2

2S4

Stellung nach dem 14. Zuge von Weiß

Nach 14 . . . Dd7 1s. g4 g6 16. gfs: gfs: 17. f3 De6


18. Kh1 Sg7 ist mir die Lage keineswegs deutlich,
zu gewinnen war (39 . . . Ses: 40. DeSt Kh7 41. Dhs: denn Weiß muß stets die Möglichkeiten ds-d4
Db4: 42. Dfst usw.). Diese kühne Behauptung wird und cs-C4 im Auge behalten.
auch in der ,Deutschen Schachzeitung' reprodu­ Es folgte
cirt. Es müßte aber zunächst noch gezeigt wer­ 1 4. . . . g7-g5
den, wie Weiß nach 42 . . . Tg6 in Vortheil kommen 1 s . Lf4-g3
kann."
Das Läuferopfer 1s. Lfs: ist zweifelhaft. Schwarz hat
Auf diese Frage weiß das "Deutsche Wochen­
zwei Entgegnungen:
schach" eine Antwort: mit 43. Te7 nebst 44· Te6.
I 1s . . . Tfs: 16. Dfs: gf4:. Nach 17· Df4: Sq 18. Dg4t
Offenbar konnte weder die Möglichkeit 43 . . . Dd4:
Kh8 19. f4 entsteht eine äußerst scharfe Stellung,
noch der Versuch 43 . . . Dd2 den Glauben des Ab­
die zu bewerten ich mich nicht getraue.
schreibers erschüttern.
II 1s . . . gf4: 16. Lh7:t Kh8 17. Dg6 Sg7 18. Dh6 Lgs
39· Se6xcs 19. Dh3 Lh4 gefolgt von 20 . . . Lc8, wenn sich
40. d4XC5 Da4xa2 der Läufer von h7 zurückzieht. Der Angriff des
41. Te� -eSt Kg8-f7 Weißen dringt nicht durch.
42. Dc3-e1 Tc6-e6 Jetzt hätte Schwarz mit 1s . . . Dd7 nebst 16 . . . De6
43· Te8xe6 Da2xe6 das oben erwähnte Manöver durchführen sollen;
44· De1-d2 Th s -fs Weiß hat nicht mehr die Möglichkeit zu g2-g4,
Wei ß gab auf. und seine Stellung ist durchaus befriedigend. Er
wurde jedoch das Opfer einer schrecklichen Hai-
Dieses Partiefragment bietet ein eindrucksvolles
luzination, als er mit
Beispiel dafür, wie Lasker es verstand, den Gegner
in einen Sumpf unübersichtlicher Verwicklungen 15. ...
zu ziehen, in dem er unterzugehen pflegte, wäh­ fortsetzte. In den zeitgenössischen Publikatio­
rend der Weltmeister selten vom einzig gangbaren nen381 wird erklärt, daß Lasker das Abspiel 16. ef4:

3 8 1 . WSZ 1904, S.325; DSZ 1904, S.177; vgl. DWS 1904, S.212.
186

gf4: 17. Lh?:t Kh8 18. Dg6 Lc8 19. Dh6 Lg5 im Auge In der Partie folgte 16. Lh7:t Kh8 17. Dg6, und nun
hatte und nicht bedachte, daß Weiß den Tausch auf fand Schwarz gegen die Drohungen 18. Lg8 und
f4 unterlassen kann. Dies ist nicht plausibel, denn 18. Dh6 nichts Besseres als 17 . . . Sf6 18. ef6: Tf6:
in der Endstellung der oben angeführten Variante 19. Dhs Kg?; nach 20. Dgs:t Kh7: 21. Lf4: gewann
erreicht Weiß mit der Fortsetzung 20. Df8:t Kh7: Weiß mühelos.
21. Lf4: eine Gewinnstellung. Was bei der Wahl des
Zuges 15 . . . f4 in Laskers Kopf vorging, wird ewig Genug des Vorgeplänkels; es ist an der Zeit, einen
unbekannt bleiben. Blick auf den Wettkampf selbst zu werfen.

Zur Vorgeschichte und Organisation


des Wettkampfes

Offenbar reifte in Schlechter nach seinen beiden 1. Es sollen dreißig Partien gespielt werden. Zum
großen Turniererfolgen im Jahre 1908 (jeweils ge­ Sieg müssen zwei Punkte Vorsprung erzielt wer­
teilter erster Platz im März/April in Wien und im den; bei unentschiedenem Ausgang wird ein
Mai/Juni in Prag) der Plan, den Versuch zur Errin­ Stichkampf gespielt. 385
gung der Weltmeisterschaft zu wagen. Schon nach 2. Die finanziellen Bedingungen sind die gleichen
seinem Sieg in Ostende 1906 war er dazu angeregt wie im Wettkampf Lasker-Marshall.386
worden, hielt aber anscheinend die Zeit noch nicht 3. Lasker belastet sich damit, die Finanzierung
für gekommen. 382 Jetzt wartete er das Ergebnis des und Organisation des Wettkampfes zu sichern;
Zweikampfes zwischen Lasker und Tarrasch ab, er bestimmt Ort und Zeit der Austragung, in­
der am 30. September 1908 mit dem Siege Laskers formiert jedoch Schlechter spätestens einen
endete. Dann tat er seine Herausforderung kund. Monat vor Beginn.
Anfang Dezember 1908 reiste er nach Berlin, um 4· Als Vergütung für diese Mühen fällt Lasker das
die Verhandlungen über die Modalitäten durch alleinige Eigentumsrecht an den gespielten Par­
den persönlichen Kontakt mit Lasker zu erleich­ tien zu.
tern; es scheint mir klar, daß dieser seine prinzipi­
elle Bereitschaft, sich auf den Kampf einzulassen, Schlechter stimmte diesen Bedingungen ohne Vor­
schon vorher deutlich gemacht hatte.383 behalt zu.
Laskers Appetit zum Spielen war durch den Laskers Verhalten nötigt Bewunderung ab. Er
Strauß mit Tarrasch mächtig angeregt worden. Im lehnt sich nicht bequem im Sessel zurück und über­
Jahre 1909 war er nach seinen Maßstäben sehr ak­ läßt es dem Herausforderer, das Geld für einen
tiv. Zu dem Wettkampf mit Schlechter fand er sich Zweikampf zusammenzukratzen, wie dies insbe­
ohne Zögern bereit; als Zeitpunkt für die Durch­ sondere sein Nachfolger tat. Er spannt sich per­
führung wurde das Ende des Jahres 1909 ins Auge sönlich ein, und auch wenn er vielleicht damit
gefaßt. Im übrigen setzte Lasker folgende Bestim­ rechnete, daß die Früchte seiner Anstrengungen
mungen fest:384 hauptsächlich ihm selbst zugute kommen würden,

382. DWS 1906, S.334; vgl. auch SSZ 1908, S.96, letzter Satz.
383. DWS 1908, S.447; DSZ 1908, S.378; WSZ 1908, S.376; SSZ 1908, S.189.
384. Siehe die vorige Fußnote.
385. Also auch dann, wenn Lasker am Schluß mit einem Punkt Vorsprung verbleibt. Dieser Umstand wird gewöhnlich
übersehen.
386. Der Sieger bekam tausend Dollar: WSZ 1906, S.353 und 403; S. Tarrasch, Der Schachwettkampf Lasker-Marshall im
Frühjahr 1907 (Nürnberg o. ].), Vorrede und Einleitung.
Z U R VO R G E S C H I C H T E U N D O RG A N I S A T I O N D E S W E T T K A M P F E S

s o zeigt sein Verfahren doch ernstes Bemühen, die (Februar/März 1909) das Interesse habe erlahmen
Lage der Schachmeister generell zu verbessern. lassen, 392 ist unbegründet, denn Lasker nahm die
Lasker mag seinen Optimismus bald bereut ha­ Organisationsvorbereitungen für den Weltmeister­
ben. Weil die Finanzierung des Wettkampfes ge­ schaftskampf erst nach dem Ablauf des Turniers
gen Marshall in New York 1907 keinerlei Schwie­ zur Hand.
rigkeiten verursacht hatte, gedachte er wohl auch Jedenfalls sah sich Lasker gezwungen, seinen
diesmal, ohne weiteres einen Teil der Veranstal­ ursprünglichen Plan fahren zu lassen. Er wollte
tung in den Vereinigten Staaten unterbringen zu nun den Wettkampf auf fünfzehn Partien begren­
können. 387 Aber wahrscheinlich hatte nicht die Be­ zen, die in Wien, Berlin und London gespielt wer­
liebtheit seiner Person in diesem Land, sondern den sollten; der Schiedsrichter hatte zu entschei­
die Bewunderung der Amerikaner für ihren Lands­ den, ob ein Vorsprung von einem Punkt oder von
mann die Gemüter und die Geldbörsen geöffnet. zwei Punkten zum Sieg hinreiche. 393
Lasker konnte in den Vereinigten Staaten nichts Auch dieses Projekt konnte Lasker nicht ver­
erreichen. wirklichen; er fand keinen Ausrichter in London.
In Anbetracht dieser Schwierigkeiten versuch­ Dennoch suchte er den Verpflichtungen nachzu­
te es Lasker mit einem Spendenaufruf " an die kommen, die seine Absprachen mit Schlechter mit
Schachwelt." Er erschien in den deutschsprachi­ sich brachten; die Bedingungen, unter denen der
gen Schachzeitungen388 und war vom Weltmeister Kampfschließlich stattfand, waren aber sicher sehr
und vom Herausforderer unterzeichnet. Der Re­ unbefriedigend für ihn. Es wurden nur zehn Parti­
gierungsrat J. Berger, der zusammen mit Schlech­ en gespielt, die in Wien und Berlin zum Austrag ka­
ter die Redaktion der "Deutschen Schachzeitung" men. Dabei galten folgende Bestimmungen: "Wer
innehatte, sollte die gespendeten Beiträge entge­ die Mehrzahl der Partien gewinnt, ist Sieger und
gennehmen. hat den Titel Weltmeister errungen. Bei gleichem
Es wird niemanden überraschen, daß der Herr Schlußstande hat der Schiedsrichter in bezug auf
Rat alsbald genötigt war bekanntzugeben, daß die Titelfrage die Entscheidung zu treffen."394 Der
der Appell an die unterstützende Freigebigkeit der Wiener Schachklub stellte 3000 Kronen, die Berli­
Schachfreunde nicht die gewünschten Ergebnis­ ner Schachgesellschaft 2000 Mark für die Kämpfer
se gezeitigt hatte.389 Auch waren Verhandlungen zur Verfügung.395 An Spenden liefen im ganzen
mit Vertretern von St. Petersburg über die Durch­ 900 Mark ein, von denen jeder Spieler am Schluß
führung der Schlußphase des Kampfes aus unbe­ der Veranstaltung die Hälfte erhielt.396 Das Inter­
kannten Gründen auf nichts hinausgelaufen,390 ob­ esse der Zuschauer scheint an beiden Orten ein
wohl die beiden Spieler den Honorarsatz pro Partie lebhaftes gewesen zu sein.397
von tausend auf achthundert Mark herabgesetzt
hatten.391 Die Vermutung, daß Schlechters mäßi­ Es ist an der Zeit, einen Blick auf die Partien des
ges Abschneiden beim Turnier in St. Petersburg Zweikampfes zu werfen.

387. Siehe DWS 1909, S.347.


388. WSZ 1909, S.315; DSZ 1909, S.315; DWS 1909, S.359; DSB 1909!1910, S.85; nicht in der SSZ.
389. DSZ 1909, S.350; DWS 1909, S.410; DSB 1909!1910, S.132. Die eingegangenen Spenden stammten hauptsächlich von
Leuten, die an der Veröffentlichung der Partien verdienten.
390. Siehe die vorige Fußnote.
3 9 1 . DSB 1909/1910, S.u8-n9.
392. Goldman, S.398.
393· DSZ 1909, S.377; DWS 1909, S.418.
394· DSZ 1910, S.30-31; vgl. DWS 1909, S.459; DSB 1909/1910, S.163.
395· DSB 1909!1910, S.173.
396. DSZ 1910, S.94-95.
397. Siehe zum Beispiel WSZ 1910, S.1-2 und S.3-5; Ed. Lasker, S.95; "Der Schachwart" 1913, S.15.
188

Der Verlauf des Wettkampfes

1. Partie 27. Ta2 g6 28. Sd4 Teb8 29. Tb Sd7 30. h3 Ses
C. S C H L E C H T E R - E M . L A S K E R 31. Td2 Sd3 32. b4 eb3: 33· Sb3: Tb3: 34· Td3: Te8
Wien, J. und 1 0.1.1910 35· Tds: Tbq: remis gegeben.
Spanisch (C66)
Stand: 1 : 1.

Das Spiel ging frühzeitig ins Endspiel über, das von


beiden Seiten mit großer Hartnäckigkeit ausge­ 3· Partie
fochten wurde. Das Gleichgewicht war aber wohl C. S C H L E C H T E R - E M . L A S K E R
nie entscheidend gestört. Wien, 15.1.1910
Spanisch (C66)
1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lbs Sf6 4· o - o d6 5· d4 Ld7
6. Tet ed4: 7· Sd4: Le7 8. Sq o-o 9· Lc6: bc6:
In diesem Spiel geschahen keine großen Ereignis­
10. Lgs Te8 11. D(J h6 12. Lh4 Sh7 13. Le7: De7:
se.
14. Tadt Sf8 ts. h3 Sg6 16. Dg3 Dgs 17. Dgs: hgs:
18. f3 f6 19. Kfz Kf] 20. Sde2 as 21. b3 Teb8 22. Set 1. e4 es 2. Sf3 Se6 3· Lbs Sf6 4· o-o d6 s. Tet Le7
Le6 23. Sd3 es 24. Sbz Ses 25. Sds Tb7 26. Te3 Sc6 6. d4 ed4: 7· Sd4: Ld7 8. Sq o-o 9· Le6: be6:
27. Tq g6 28. a4 fs 29. Se3 Te8 30. Seq Ta7 31. Te1 10. Lgs Te8 11. Dd3 Sg4 12. Le7: De7: 13. Sf3 TabS
Lq: 32. Sq: Kf6 33· Se3 Ses 34. efs: gfs: 35· g3 Th8 14. b3 Ses 1s. Ses: Des: 16. De3 Das 17. Dd3 Te7
36. f4 gf4: 37· Sdst Kf7 38. Sf4: Tb7 39. Kgz C4 18. Te3 Tbe8 19. Tael f6 20. h3 Le6 21. Sa4 Lf]
40. bq: Tb4 41. es Ta4: 42. cd6: cd6: 43· Tqt Kf6 22. C4 h6 23. Sq Kh8 24. Ddz Lg6 25. T1e2 Lf]
44· Sdst Kgs 45· h4t Kh6 46. Se7 Tf8 47· Tdt Tf] 26. Dd4 Db6 27. Dd2 Das 28. Dd4 Db6 29. Dd2
48. Td6:t Kh7 49· Te6 Sg6 so. Tg6: Te7: 51. Tgc6 Das 30. Dd4 Db6 31. Dd2 Das remis gegeben.
Tq: 52. Tq: t Kg6 53· Tc6t Kf] 54· K(J Te4 55· Tcs
Stand: 1 Y2 : 1\12.
Kf6 56. Tas: Tq 57· Ta6t Kes 58. Tast Kf6 59· Ta6t
Kes 6o. Tast Kf6 61. Taz Kes 62. Tb2 Tc3t 63. Kgz
Kf6 64. Kh3 Tc6 65. Tb8 Tcz: 66. Tb6t Kg7 67. hs 4· Partie
Tq 68. Tg6t Kh7 69. Tf6 Ta4 remis gegeben. E M . L A S K E R - C. S C H L E C H T E R
Wien, 18., 19. und 20.1.1910
Stand: Y2 : Y2 .
Spanisch ( C8o)

Lasker erreichte einigen Vorteil, konnte ihn aber


2. Partie nicht in einen Sieg umsetzen.
E M . L A S K E R - C . S C H LE C H T E R
1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lbs a6 4· La4 Sf6 5· o-o Se4:
Wien, 13. und 14.1.1910
6. d4 bs 7· Lb3 ds 8. a4 Tbs 9. abs: abs: 10. des: Le6
Spanisch (C8o)
11. e3 Le7 12. Sbd2 o - o 13. Sd4 Sd4: 14. cd4: Sd2:
15. Ldz: es 16. Lez ed4: 17. f4 fs 18. ef6: Tf6: 19. fs
Lasker kam aus der Eröffnung heraus in Schwie­
Lf7 20. Lf4 Te8 21. Ld3 Dd7 22. Les Th6 23. Dg4
rigkeiten und mußte um das Remis kämpfen.
Lf6 24. Lf6: Tf6: zs. Dd4: h6 26. Tfe1 Tfe6 27. Tfl
1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lbs a6 4· La4 Sf6 s. o-o Se4: DdS 28. Ta7 b4 29. Te1 TCl 30. Te1: Te1:t 31. Kfz
6. d4 bs 7· Lb3 ds 8. a4 Sd4: 9· Sd4: ed4: 10. Dd4: Tq 32. Tq: Dq: 33· Db4: Des 34· g3 hs 35· Db6 h4
Le6 11. C3 es 12. Des Db8 13. Db8:t Tb8: 14. abs: 36. b4 hg3:t 37· hg3: Dbzt 38. Kf3 Dq 39· DdSt
abs: ts. Sa3 Le7 16. Lf4 Tb7 17. f3 Sf6 18. Sbs: o-o Kh7 40. Dh4t Kg8 41. DdSt Kh7 42. Dh4t Kg8
19. La4 C4 20. Taz Lest 21. Kht Ld7 22. Ld6 Ld6: 43· Ke2 Dbzt 44· Ke3 DCit 45· Ke2 Dbzt 46. Ke3
23. Sd6: Tb6 24. Ld7: Sd7: 25. Sfs Te8 26. Ta7 Sf6 DCit 47· Kf2 Dbzt 48. Kg1 Dq 49· Lf1 d4 50. DdSt
5· PA R T I E : S C H L E C H TE R - L A S K E R

Kh7 51. Dd6 De3t 52. Khz Ddzt 53· Kh3 Det 54· ...
54· La6 Dhtt 55· Kg4 Ddtt 56. Kg5 Dctt remis
Über die richtige Beurteilung der Stellung ist bis­
gegeben
lang keine Einigkeit erzielt worden. Meines Erach­
Stand: 2 : 2. tens ändert sich mit dem Textzug die Stellungs­
bewertung nicht; aber während bislang Weiß am
Rande der Niederlage schwankte, wird dies nun
5· Partie
für Schwarz gelten.
C . S C H LE C H T E R E M . L A S K E R
I Lasker empfahl die Fortsetzung 54 . . . Tb8;398
-

Wien, 21. und 24.1.1910


Schlechter meinte jedoch, daß Weiß dann nach
Spanisch (C66)
55- Da7t Tb7 56. De3 Dd6 mit 57· Te8 d4 58. De4
entscheidenden Angriff erhält. 399
Es gelang Lasker als Schwarzem in seiner unnach­
Schlechters Ausführungen haben mich nicht
ahmlichen Weise, aus einer ganz seichten Stel­
wenig erstaunt. Eine gröbere Fehleinschätzung
lung dynamische Möglichkeiten hervorzuzaubern.
ist kaum möglich.
Sein Gegner spielte zunächst unaufmerksam, dann
A) Nach 55· Da7t kann Schwarz natürlich mit
überscharf; Lasker erreichte eine aussichtsreiche
55 . . . Kc8 Remisschluß erzwingen, wenn er
Position.
will. Weiß hat nichts Besseres als 56. Da6t
1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lbs Sf6 4· o-o d6 5· d4 Ld7 Kq 57. Da7t (57. Ta7t Tb7 ist nicht kräftiger)
6. Sq Le7 7· Lgs o-o 8. des: Ses: 9· Ld7: Sfd7: 57 . . . Kc8 58. Da6t. Die Fortsetzung 58 . . . Kd8
10. Le7: Sf3:t u . Df3: De7: 12. Sd5 Dd8 13. Tadt 59. Ta7 Db6 (Die Drohung 6o. Dc6 muß pa­
Te8 14. Tfet Sb6 15. Dq Sds: 16. Tds: Te6 17. Td3 riert werden) 6o. Da3 Tb7 61. Df8t Kq 62. Ta8
De7 18. Tg3 Tg6 19. Tee3 Te8 zo. h3 Kf8 21. Tg6: bildet nicht den geschicktesten Gewinnversuch
hg6: 22. Db4 c6 23. Da3 a6 24. Db3 Td8 25. C4 Td7 für Schwarz.
26. Ddt Des 27. Dg4 Ke8 28. Dez Kd8 29. Ddz Kq B) Nach 54· . . Tb8 55. Da7t Tb7 56. De3 Dd6 57· Te8
30. a3 Te7 31. b4 bs 32. cbs: abs: 33· g3 gs 34· Kgz hat Schwarz in 57 . . . Kd7 eine ganz sichere Ver­
Te8 35· Ddt f6 36. Db3 De6 37· Ddt Th8 38. g4 Dq teidigung. Nach 58. Tg8 (58. Ta8 De7 führt
39· a4 Db4: 40. abs: Dbs: 41. Tb3 Da6 42. Dd4 zu einer für Weiß hoffnungslosen Stellung)
Te8 43· Tbt Tes 44· Db4 Db5 45· Det Dd3 46. Tb4 58 . . . Kc6 59. Te8 (Andere Züge sind aussichts­
es 47· Ta4 c4 48. Dat De4:t 49· Khz Tb5 50. Daz los) kann er mit 59 . . . Kd7 unentschieden er­
Dest 51. Kgt Dett 52. Khz ds 53· Ta8 Db4 54· Kgz zwingen, wenn er will; die Folge 59 . . . Kb5 ver­
schafft ihm jedoch ausgezeichnete Gewinnaus­
sichten (6o. Te6 Des).
C) Auch nach 54· . . Tb8 55- Da7t Tb7 56. De3 Dd6
57. Te8 d4 58. De4 braucht Schwarz nicht zu ver­
zweifeln, sondern kann 58 . . . Tb5
(siehe Diagramm 257)
mit den Drohungen 59 . . . Tes und 59 . . . Dd5
ziehen. Ich sehe keine Rettung für Weiß; auf
59· Te7t folgt 59 . . . Kd8 6o. TeSt Kd7 61. Dg6
Ddst (Nach 6t. . . Te5 62. Df7t Te7 63. Tqt Dq
64. Dq: kann Weiß noch Widerstand leisten)
62. Kh2 Tbz mit leichtem Sieg, und 59. Dg6

398. WSZ 1910, S.76.


399. DSZ 1910, S.45; WSZ 1910, S.78. Dort lautet die genaue Formulierung: "Der von Lasker angegebene Zug 54. . . Tb8
hätte das Spiel nicht gerettet."
190 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

257 C ) 5 5 . Ta7t Tb7 56. TaS Des 57. Tas D q ist aus­
sichtslos für Weiß.
D) 55· Da7t Tb7 56. De3 bereitet dem Schwarzen
Ungelegenheiten:
Da) 56 . . . De4t 57· De4: de4: sS. Ta3 führt zum Re­
mis.
Db) 56 . . . c2 57· Ta2 Dq sS. De7t Kc6 59· De6t ist
ebensowenig überzeugend; 59 . . . Kcs scheitert
an 6o. Tc2: und auf 59 · · . Kbs folgt 6o. Tb2t, so
daß Schwarz mit remis zufrieden sein muß.
Dc) s6 . . . Tb6 sS. Ta7t KbS 59. Ta3, und Schwarz
wird mit 59 . . . Tes 6o. Df7t (6o. Dg7:t Dd7 ist
kann nicht gewinnen.
hoffnungslos für Weiß) 6o . . . Kb6 61. Tes : fes:
Es ist jedoch deutlich, daß Weiß nach 54· . . TbS
62. Dq: Dc6t widerlegt.
oder 54· . . c3 äußerst genau spielen muß, um dem
D) Am besten setzt Weiß nach 54· . . TbS 55. Da7t
Verlust zu entgehen. Nach dem Textzug gerät
Tb7 mit 56. Da6 fort.400 Schwarz kann nicht
Schwarz in größte Gefahr.
gewinnen:
Da) 54· . . Db6 55. Da3 Db4 56. Da6 mit Zugwieder­ 5 5· Du-a6
holung.
Db) 54· . . CJ 55· TeS C2 s6. DaS; Schwarz büßt den
c-Bauern ein; Weiß hält sich.
Dc) 54· . . De1 55· TgS De4t 56. Kh2 De7 57. Kg2.
Der Nachziehende kann nicht weiterkommen.
II Schlechter behauptete an derselben Stelle,
54 . . . Tb7 sei die einzig richtige Fortsetzung, oh­
ne dies mit näheren Angaben zu belegen. Es ist
mir völlig verborgen geblieben, welche Vorteile
dieser Zug gegenüber Laskers Vorschlag besitzt,
wenn Weiß mit 55. De2 antwortet; im Gegenteil
steht die Dame des Weißen auf e2 besser als
auf e3, denn nach ss . . . Dd6 56. TeS ist 56 . . . d4
ausgeschaltet.
55· Tb5-bs?
Am einfachsten lenkt Weiß nach 54 . . . Tb7 mit
. . .

55. Da6 in Abspiel I D ein; die Stellung ist als Danach wird Schwarz rasch mattgesetzt Leicht
remis zu bewerten. erledigen lassen sich auch die folgenden Versuche
III Der Weiße besitzt in der Ausgangsstellung kei­ (I-IV):
nerlei gefährliche Drohungen. Daher ist die 55· . . Tb7 56. De6 (C. Schlechter)40\ und Weiß
Fortsetzung 54 . . . c3 äußerst plausibel. Erstaunli­ gewinnt.
cherweise ist sie nicht siegbringend, wenn Weiß Il ss . . . Tb6 56. DcSt Kd6 57· DfSt Kc6 5S. TeSt
die richtige Entgegnung findet: mit Gewinn.
A) 55· De2 scheitert an 55 . . . De4t 56. De4: de4: III 5 5 · . . Kd7 56. Ta7t KdS 57· Tg7: Db6 5S. DaSt
57· Ta3 Tcs. DbS 59. Dc6 mit baldigem Matt.
B) Verläßt der Turm des Weißen die a-Linie, so IV Capablanca schlug die Fortsetzung 55 . . . Db6
folgt ss . . . Tas mit leichtem Sieg. 56. DcSt Kd6 57· Ta6 Da6: 58. Da6:t Kc5 vor,402

400. J. van Reek, brieflich.


401. WSZ 1910, S.78.
402. Siehe E. Winter, Capablanca (North Carolina 1989), S.27.
5· PARTIE: S C H LE C H TE R - LASKER

doch dürfte Weiß nach 59. Da7t Tb6 6o. De7t CI verschaffen) 64 . . . Kd7 65. Dn c2 66. h4 gh4:
Kb5 61. Kf3 ohne allzu große Schwierigkeiten 67. Kh3 Ke6 68. Kh4: Kf7 69. Kg3 Ke6 70. f4 Tc8.
gewinnen.
259
V Aber nach der von Lasker angegebenen Vertei­
digung 55 . . . c3 403 sehe ich keine Möglichkeit
für Weiß zum Sieg:
A) 56. DcSt Kd6 57· DdSt (Nach 57. Ta6t Tb6 muß
Weiß Dauerschach geben) 57· · · Ke5 58. DeSt
Kd4 59· Tc8 c2 6o. De3t KC4 61. Dd2 Kb3. Weiß
hat keine Gewinnaussichten.
B) 56. TeSt Kd7 57· Tc5: Tc5: 58. Da4t (58. Db7t
Kd6 59· Dg7: c2 ergibt remis) 58 . . . Kq 59. De2
d4. Weiß hat keine siegbringende Verteidigung Schwarz darf sich nun darauf beschränken, mit
gegen die Drohung 6o . . . d3. Er muß mit Re­ dem Turm zwischen eS und q zu pendeln.
misschluß zufrieden sein. Bringt Weiß seinen König nach d2 oder d3,
C) 56. Ta7t ist die gefährlichste Fortsetzung für so folgt Tc8(7)-d8(7)t, und nach Kd2(3)xc2,
Schwarz. Td8(7)-c8(7)t nebst Tc8(7)xn und Ke6-d5 ist
die Stellung remis; geht der König auf die e­
Ca) 56 . . . Da7: 57· Da7:t Kd6 58. Dg7:. Gegenüber
Linie, so kehrt der Turm auf die c-Linie zurück,
dem in der Klammer von Variante B angege­
andernfalls gibt er Schachgebote, bis sich der
benen Abspiel hat Weiß ein Tempo gewonnen,
König weit genug vom Bauern auf c2 entfernt
weil der Turm des Schwarzen auf b5 statt auf c5
hat. Weiß kann nicht weiterkommen.404
steht; er siegt.
Cb) 56 . . . Kb8 57. Tg7: 56. Ta8-a7t Kq-d8
5 7 · Ta7xg7 Dc5-b6
Cb1) 57· . . C2 58. TgSt Kq 59· De6
5 8 . Da6-a3 Kd8-c8
Cbn) 5 9 · . . Kb7 6o. Tg7t Dq 61. Tq:t Kq:
62. Df7t Kb8 63. DgSt Kb7 64. Dh7t nebst Auf 58 . . . Db4 folgt 59. Da7; nach dem Textzug ist
65. Dc2:, und Weiß gewinnt. die Folge 59. DfSt Dd8 6o. Dc5t tödlich.

Cb12) 59· . . nD 6o. Tg7t Kb8 61. De8t DeS Schwarz gibt auf.
62. Db5:t, und Weiß setzt matt.
Stand: 3 : 2.
Cb2) 57· · · Db6 58. TgSt Kq 59· DcSt Kd6 6o. TdSt
Dd8: 61. DdS:t Kc5 62. Df6: d4 63. Kf3, und So übernahm Schlechter die Führung in dem Wett­
Weiß gewinnt. kampf. Die Kämpfer zogen nun von Wien nach
Cb3) 57· · . d4 leistet jedoch erfolgreichen Wider­ Berlin um. Die ersten drei Partien waren in den
stand: 58. TgSt Kq 59· TeSt Kd7 6o. Tc5: Räumen des ,,Wiener Schach-Klubs" (Wallnerstra­
Tc5: 61. Da4t Kq 62. Dd4: Tc6 63. Da7t Kd6 ße 2)405 , die beiden nächsten im "Cafe zur Marien­
(63 . . . Kc8 scheitert an 64. Da4 nebst 65. De2) brücke" (Rotenturmstraße 31)406 gespielt worden;
64. Da3t (Nach 64. Df7 c2 65. Df6:t Kd7 kann in Berlin war das "Hotel de Rome" Schauplatz des
Weiß seiner Dame keinen Zugang zum Feld Wettkampfes. 407

403- wsz 1910, S.76.


404. Bei der ersten Veröffentlichung in "Schach" 6/1999, S.6o schätzte ich die Stellung als gewonnen für Weiß ein.
P. Lamby machte in "Schach" 1/2004, S.4-5 auf den Irrtum aufmerksam.
405. WSZ 1910, S.1.
406. wsz 1910, S.68.
407. wsz 1910, S.78.
192 DER WETTKAMPF LASKER - S C H LECHTER

6. Partie
E M . L A S K E R - C. S C H L E C H T E R
Berlin, 29. und 30.1.1910
Spanisch (C8o)

Wie in der vierten Partie entfaltete Lasker einigen


Druck, konnte aber seinen Vorteil nicht zum Siege
ausbauen.

1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· Lbs a6 4· La4 Sf6 s. o-o Se4:


6. d4 bs 7· Lb3 ds 8. a4 Tb8 9· abs: abs: 10. des:
Le6 11. c3 Lcs 12. Sbd2 o-o 13. Lc2 Sd2: 14. Dd2: Lasker - Schlechter, 7- Partie
Dd7 ts. b4 Le7 16. Te1 f6 17. Dd3 g6 18. Lh6 Tfe8
19. ef6: Lf6: 20. Lb3 Lf7 21. Tad1 Ses 22. Ses: Les:
23. h3 Dd6 24. Lds: Lds: 2s. Dds:t Dds: 26. Tds: mächtigen Mengen Materials in Vorteil hätte kom­
Lq: 27. Te8:t Te8: 28. Tbs: Te4 29. Tb8t Kf7 30. bs men können, ohne allerdings eine klare Gewinn­
Tett 31. Kh2 Lest 32. f4 Ld4 33· Kg3 Te3t 34· Kg4 stellung zu erzielen.
Tb3 3S· fs Tb4 36. fg6:t Kg6: 37· Lf4 Les 38. g3 c6
39· Tb6 hst 40. Kf3 Lf4: 41. gf4: Kfs 42. Tc6: Tb3t 1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· d4 cd4: 4· Sd4: Sf6 s. Sq g6
43· Kg2 Kf4: 44· TC4t Kgs 4S· Test Kh4 46. Tes 6. LC4 d6 7· Sc6: bc6: 8. es Sg4 9· e6 fs 10. o-o Lg7
Tg3t 47. Kfz Th3: remis gegeben. 11. Lf4 Db6 12. Lb3 La6 13. Sa4 Dd4 14. Dd4: Ld4:
1s. C4 o-o 16. Tad1 Lf6 17. Tfe1
Stand: 3Y2 : 2Y2 .

260
7. Partie
C. S C H L E C H T E R - E M . L A S K E R
Berlin, 30.1. und 1.2.1910
Sizilianisch (B57)

Lasker sah sich nun genötigt, auch mit Schwarz


scharf auf Gewinn zu spielen. Er griff deshalb zur
Sizilianischen Verteidigung, statt sich auf seine
Hauptwaffe, bescheidene Abspiele der Spanischen
Partie, zu verlassen. Bei der ersten Begegnung zwi­
schen den beiden Meistern in Hastings 1895 hatte
Schlechter schlechtes strategische Verständnis in Es folgte 17 . . . gs 18. Ld6: ed6: 19. Td6: Les 20. es
der Behandlung dieser Eröffnung gezeigt (s. Teil 2, (20. Tc6: scheitert an 20 . . . Lb7 21. Tcs Ld4), und
Schach 6l1999, S.52-s3.). Auch diesmal kam Las­ jetzt ist die kritische Stellung erreicht. 408
ker gut zu stehen. Seiner Gewohnheit gemäß ver­ Hinweise zu dieser Position habe ich an folgenden
schärfte Schlechter das Spiel, als er sich bedrängt Stellen gefunden:
fühlt. Lasker reagierte zu vorsichtig und mußte 1) .,Deutsches Wochenschach" 1910, S-47 (DWS)
sich in der Folge sorgfältig verteidigen, um mit 2) .. British Chess Magazin" 1910, S.156 (BCM)
remis davonzukommen. Ich untersuche die span­ 3) .,Deutsche Schachzeitung" 1910, S.73 (DSZ)
nendste Phase der Partie, in der Lasker meines 4) .,Deutsche Schachblätter" 1909l1910, Nr. 16,
Erachtens durch das Einschlucken von möglichst S.198 (DSB)

408. Es folgt die erweiterte Fassung einer Analyse, die im CBM 48 (4!1995) auf S.44-48 publiziert ist.
7· PARTI E : SCHLECHTER - LASKER 193

s) "Wiener Schachzeitung" 1910, S.86 87 (WSZ) 22. cd6: Sf2:t 23. Kg1 Se4 24. e7t Kg7 2s. ef8:D+
6) R. Spielmann: Kar! Schlechter, Stockholm 1924, TfB: 26. Te4: fe4: 27. Ses LeB! 28. Le6! (Auf 28. d7
S.121 Ld7: 29. Sd7: TdB scheint Schwarz besser zu ste­
7) S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auf­ hen); es erscheint aber zweifelhaft, ob Schwarz
lage, Leipzig 1924), S.336. jetzt nicht mit 28 . . . Kf6! das bessere Spiel be­
8) V. Vukovic, Das Buch vom Opfer (Berlin 1964), haupten würde (29. d7 La6 30. Lg4 Lq nebst
S.1S3· 31. . . Ke7)."
9) W. Heidenfeld, Große Remispartien, Düssel­ 6) WSZ: a) Der Kommentator W. Therkatz zitiert
dorf l968, S.12-13. das "Deutsche Wochenschach" und fügt hinzu:
"Wir geben noch folgende Variante: 28 . . . Le6:
29. Se6:t Kf7 30. SfB: Kf8: 31. Kf2! Kf7 32. Ke3
Ke6 33. Ke4: Kd6: 34. Kfs ! und wir haben un­
geachtet des Mehrbauern keinen Gewinn für
Schwarz entdecken können."
b) "Zu ängstlich. Mit 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 Ld6:
22. cd6: (22. e7t ist nicht besser) 22 . . . Sf2:t
23. Kg1 (oder auch 23. Kh2) 23 . . . Se4 wäre
Schwarz im Vorteil geblieben. Diese Behaup­
tung wird im "Rückblick" auf den Wettkampf
erwiesen werden. Die Analyse des "Wochen­
schach" enthält mehrere schwache Züge und
besagt somit gar nichts. G[eorg] M[arco]."
Lasker zog hier 20 Tfe8, und alle Kommentato­
. . . Der neugierige Forscher hat Pech. Von die­
ren befassen sich mit der Fortsetzung 20 . . . Lh2:t sem "Rückblick" wurde im "Neuen Wiener
21. Kh1 Ld6: 22. cd6: (oder zunächst 22. e7t Kg7 Tageblatt" am 2S. Februar, u., 18. und 2S. März
und dann 23. cd6:) 22 . . . Sf2:t nebst 23 . . . Se4. Die der Teil I publiziert; er erschien in der "Wiener
Urteile über den Wert dieser Folge schwanken be­ Schachzeitung" 1910, S.228-334. Er befaßt sich
trächtlich; dennoch haben nur wenige versucht, nur mit den beiden ersten Partien; die verspro­
die Stellung nach 23 . . . (oder 24 . . . ) Se4 zu analy­ chenen Fortsetzungen blieben aus, wie es bei
sieren, und die Versuche, die stattgefunden haben, der "Wiener Schachzeitung" in so vielen Fällen
scheinen mir nicht gründlich genug zu sein. Ich ge­ geschah. Man muß also selber denken; höchst
be eine Übersicht über die Urteile und die weiteren unangenehm!
Vorschläge, die ich gefunden habe: 7) V. Vukovic meint, daß er dies mit Erfolg
1) DSZ: "In Betracht kam 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 getan habe: " Statt 24 . . . Kg7? muß Schwarz
Ld6: 22. e7t Kg7 23. cd6: Sf2:t 24. Kh1 [sie ! ] [nach 24. e7+] nämlich 24 . . . Kh8 spielen, wor­
2 4 . . . Se4." auf nach 2S. efB:Dt TfB: 26. Te4: fe4: 27. Ses kein
2) BCM hat die gleiche Formulierung (mit Schach auf e6 droht und Schwarz mit 27 . . . e3!
24. Kg1). gewinnt."
3) DSB: "Bei 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 Ld6: 22. cd6: Sh:t 8) S. Tarrasch: "Schwarz sollte das Opfer . . . ru­
23. Kg1 Se4 24. e7t Kg7 2S. d7! wäre Schwarz hig annehmen; mehr als einen Turm verliert
schlimm dran." er nicht durch die Bauern, nämlich: 20 . . . Lh2:t
4) R. Spielmann: " Auch nach 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 21. Kh1 Ld6: 22. cd6: Sf2:t 23. Kg1 Se4 24. e7t
Ld6: 22. e7t Kg7 23. cd6: Sh:t 24. Kh2 Se4 2S. d7 Kg7 2S. efB:D+ (besser als 2s. d7 TfeB) 2s . . . Tf8:
Tfe8 26. de8:D Te8: 27. g4 hat Schwarz große . . . Weiß hat große Mühe, das Spiel zu halten,
Schwierigkeiten zu überwinden." z. B. 26. d7 Td8 27. Te4: fe4: 28. Ses Kf6 29. Sa6:
s) DWS: "In Betracht kam hier folgende Spielwei­ Td7:, und Schwarz hat Turm und zwei Bauern
se, die aber Lasker offenbar nicht für beson­ für Läufer und Springer; oder (statt 27. Te4:)
ders ersprießlich hielt: 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 Ld6: 27- g4 Td7: 28. gfs: Td4!, und jetzt ist es Schwarz,
194 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

der mit zwei verbundenen Freibauern imponie­ Aa) 27. g 4 Kf6 (27 . . . Te7: 28. Ses Lc8 29. gfs: Lfs:
ren kann." 30. Lc2 ist weniger überzeugend) 28. gfs: Te7:
9) W Heidenfeld: "Das Fazit ist, daß Laskers Zug 29. Le6 Ld3
20 . . . TfeB! zuallermindest nicht schlechter ist Aa1) 30. Td1 scheitert an 30 . . . LC2.
als 20 . . . Lh2:t. Er riskiert zwar alles - um je­ Aa2) 30. Te3 Lc2 31. b3 Sd6 bringt dem Weißen kei­
doch alles zu gewinnen." ne Rettung.
Ich widme mich nun der Besprechung des vorge­ Aa3) 30. b3 Sd6 31. Td1 Lfs: oder 31. Ses Lfs: ist hoff­
legten Materials. Die Stellung ist äußerst komplex; nungslos für Weiß; Schwarz gewinnt.
kleine Änderungen zeitigen große Wirkungen. Ab) 27. Le2 Te7:
Zunächst komme ich zu der von V. Vukovic (7) Ab1) 28. Le4: Te4: 29. Te4: fe4: 30. Ses Ld3 ist aus­
vorgelegten Idee, das Spiel des Schwarzen durch sichtslos für Weiß.
Aufstellung des Königs auf h8 statt auf g7 zu ver­ Ab2) 28. Ses LC4 29. Le4: fe4: 30. Te4: Te4: 31. Se4:
bessern. Es scheint mir nicht schwierig zu sein, Kg6 32. b3 Lds nebst 33 . . . hs. Schwarz sollte ge­
sie zu widerlegen. Nach 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 Ld6: winnen.
22. e7t (Weiß kann von der vorläufigen Unterlas­ Ab3) 28. g4 Kf6 29. gfs: Sd6 30. Tq Ke7: 31. f6t Kf6:
sung dieses Vorstoßes nicht profitieren) 22 . . . Kh8 32. Lh7= Kes. Ich bin nicht sicher, ob Weiß in
23. cd6: Sh:t 24. Kg1 Se4 2s. efB:D+ Tf8: kommt seinem Kampf ums Remis erfolgreich bleiben
Weiß mit 26. d7 Td8 27. Le6 zu starkem Gegen­ wird.
spiel. B) 2s. ef8:Dt Tf8: (Auf 2s . . . Kf8: folgt 26. d7 mit
Es gilt nun, die nach 20 . . . Lh2:t 21. Kh1 Ld6: 22. e7t der Drohung 27. Le6), und nun:
Kg7 23. cd6: Sh:t Ba) 26. d7 Td8
Ba1) 27. Lc2 Td7= 28. Le4: Te7 29. Ses Lc8. Das Über­
262 gewicht des Schwarzen sollte zum Gewinn ge­
nügen.
Ba2) 27. Te4: fe4: 28. Ses Kf6 29. Sa6: (Die Fortset­
zung 29. Se4:t Ke7 30. Ses Le2 31. Le6 Tb8 ist
hoffnungslos für Weiß) 29 . . . Td7= (soweit S. Tar­
rasch) 30. Ses

entstehende Position zu verstehen.


Weiß hat folgende Möglichkeiten: I Er stellt den
König auf g1 auf. II Er postiert ihn auf h2. Nach
24 . . . Se4 kann er folgende Pläne verfolgen: A) Er
gibt seinen d-Bauern für einen Turm; B) Er gibt
den e-Bauern für einen Turm; C) Er opfert die
Qualität auf e4 und hält sein Bauernduo möglichst
lange intakt. Ich untersuche sie der Reihe nach. Ba21) 30 . . . Td4 31. Kf1 (Die Folge 31. Kh Td2t
I 24. Kg1. Die Vorteile des Zuges bestehen da­ 32. Ke3 Tg2: bietet dem Weißen keine Ret­
rin, daß dem Schwarzen keine Alternative zu tungsaussichten) 31. . . Kfs 32. Ke2 Tb4 33. Ke3
24 . . . Se4 gelassen wird und daß der König nä­ hs 34· Le2 Tb2: 3S· Le4:t Kg4 36. a4 Kg3. Weiß
her zum Zentrum rückt. Die Nachteile sind schwebt in höchster Lebensgefahr.
taktischer Natur; oft verfügt Schwarz über ein Ba22) 30 . . . Te7 31. Kh e3t (Dagegen würde
störendes Schach auf der Grundreihe. Nach Schwarz nach 31. . . Kfs 32. Lc2 Kf4 33. g3t den
24 . . . Se4 muß Weiß sich entscheiden: e-Bauern einbüßen) 32. Ke2 Kfs. Ich sehe keine
A) 2s. d7 Tfe8 26. de8:D Te8: Rettung für Weiß; er kann sich nicht rühren,
7. PARTIE: SCHLECHTER - LASKER 19S

und Schwarz bringt nach geeigneter Vorberei­


tung seinen König nach g3.
Ba3) 27. g4 Td7= zB. gfs:
Ba31) Tarraschs Zug 28 . . . Td4! ist verfehlt. Nach
29. Lcz dringt der Turm des Weißen auf e7 ein,
und Schwarz kann nicht gewinnen.
Ba32) 28 . . . Ld3 29. Td1 Td6 30. Sc3 Ses ist angezeigt;
Schwarz gewinnt.
Bb) z6. Te4: fe4: 27. Ses
Bb1) Die im "Deutschen Wochenschach" angege­
bene Fortsetzung 27 . . . Lc8 ist meines Erach­
Cb) 29. d8D e1D 30. Dd4t (Nach 30. Se6t Kh6
tens nicht ganz überzeugend. Nach 28. d7 Ld7:
hat Weiß keine fruchtbaren Schachs mehr)
29. Sd7= TdB? 30. Ses gewinnt Weiß Zeit zur Ko­
30 . . . Kh6 31. Dd6t Khs 32. g4t Kg4:. Weiß kann
ordinierung seiner Figuren (30 . . . Te8 31. Kfz;
den König des Schwarzen nicht genügend be­
30 . . . Tdz 31. Se4: Tbz: 32. Sgs:); er hält remis.
lästigen; der Nachziehende dringt mit seinem
Auch nach besseren Zügen als 29 . . . Td8 ist die
Angriff durch.
Sache nicht klar, zum Beispiel 29 . . . Tfs 30. Le6.
II 24. Khz. Jetzt hat Schwarz eine Wahl zwischen
Bbz) 27 . . . Tfl t 28. Khz Lc8 ist viel stärker.
verschiedenen Zügen:
Bb21) 29. d7 Ld7: 30. Sd7: e3 31. LC4 Td1 32. Sb8
A) 24 . . . Sd3 25. ef8:Dt nebst 26. Te7( +) überläßt
(32. Ses ez 33· Lez: Te1 oder 32. Ses TCI 33. b3 ez
dem Weißen Vorteil.
34· Se6t Kf6 kostet Material) 32 . . . Td4 33· La6
B) 24 . . . Se4
Tb4, und Schwarz gewinnt mühelos.
Bbzz) 29. Le6 e3 30. LeB: ez 31. Sd3 Td1, und Ba) zs. d7 TfeB 26. deB:D TeB:. Die Stellung zeigt
Schwarz gewinnt. keinen wesentlichen Unterschied zum Abspiel
Bbz3) 29. Se4: Tfs, und die technische Aufgabe des I A; Schwarz sollte gewinnen.
Nachziehenden ist nicht allzu schwer. Bb) 25. efB:Dt TfB:
Be) 26. Tc1 (W. Heidenfeld) ist der stärkste Zug; Bb1) z6. Te4: fe4: 27- Ses LeB
Weiß überlebt:
Be1) z6 . . . Lbs 27. Ses Ses: z8. Tcs:. Die Drohung
28. a4 ist nicht abzuwehren.
Bcz) z6 . . . Td8
Bczl) 27- Tc6: Td6: z8. Tqt Kg6 29. Ta7: g4 30. Sc3.
Weiß sollte keine Schwierigkeiten haben, sich
zu halten.
Bczz) 27. Ses Ses: z8. Tcs: Td6: 29. Tfs: Kg6 30. Tas
(W. Heidenfeld gibt 30. Tf7 an, doch dann kann
Schwarz mit 30 . . . Tdü noch Gewinnversuche
unternehmen), und die Stellung ist vollkom­
men ausgeglichen. Bbn) zB. d7 Ld7: 29. Sd7: ist hoffnungslos für Weiß,
Bc3) z6 . . . Lb7 27. Ses Ses: z8. Tcs: Kf6 29. Lcz Ke6 weil Schwarz über die Möglichkeit 29 . . . Tfz ver­
Bc31) 30. Tfs: Tfs: 31. Lfs:t Kd6: 32. Lh7: es 33· Kfz fügt.
Kes nebst 34· . . Kd4 bleibt unbequem für Weiß. Bb12) 28. Le6 e3 29. Lc8: ez, und Schwarz gewinnt.
Bc32) 30. Lfs:t Kd6: 31. Tas führt zu einer glatten Bb13) 28. Se4: Tfs. Die technische Aufgabe des
Remisstellung. Nachziehenden ist nicht allzu schwer (vgl. I
C) zs. Te4: fe4: z6. Ses Tfl t 27. Khz e3 z8. d7 ez Bbz3).
(siehe Diagramm 264) Bbz) z6. d7 Td8
Ca) 29. e8D e1D 30. De1: Te1: 31. Sa6: Td8 32. Ses Bbz1) 27. g4 Td7: z8. gfs: Tdzt 29. Kg1 Ld3, und
Kf6, und Schwarz gewinnt. Schwarz gewinnt.
D E R W E T T K A M P F LAS K E R - S C H L E C H T E R

Bb22) 27. Te4: fe4: 2B. Ses Kf6 29. Sa6: Td7: 30. Ses 31. de7: Ke7= führt ebenfalls z u einer verlore­
Td4. Der Turm des Schwarzen wird entschei­ nen Stellung für Weiß, denn 32. b4 wird mit
dend auf d2 eindringen. 32 . . . Sc2 33. bs Sb4 widerlegt) 2B . . . TeS: 29. d7
Bb23) 27. Le2 Td7: 2B. Le4: Te7 29. Ses LeB Ke7: 30. deS:Dt Te8: 31. SeS: Ke8:, und Schwarz
Bb231) 30. b4 fe4: 31. Te4: Te4: 32. Se4: Kg6. gewinnt: 32. LgS h6 33· Lh7 Sd3.
Schwarz sollte das Endspiel gewinnen kön­ Ca2) 26. Se6t Kf6 27. Td1 TeeS, und den Bauern
nen. des Weißen fehlt es an Kraft; es droht 2S . . . TabS
Bb232) 30. Lfs: Te1: 31. LeB: Te2 32. Sd3 Kf6 33. La6. nebst Tb8xb3.
Weiß dürfte remis halten. Ca3) 26. Sd3: Ld3: 27. Tes hs 2S. d7 h4 29. Kh3 Le4
Be) 2s. Te4: fe4: 26. Ses 30. LC4. Ich sehe nicht, wie Schwarz Fortschrit­
BCI) 26 . . . e3 27. Se6t Kf6 2B. efB:Dt Tf8: 29. SfS: e2 te erzielen kann; nach 30 . . . Lds 31. Lds: cds:
30. Sh7=t nebst 31. d7 führt zum Remis. 32. deS:D TeS: 33. Tfs: entsteht eine glatte Remis­
Be2) 26 . . . Tfe8 27- Sa6: Te7: 28. dq Te8 29. Ses Te7: stellung.
30. Kg1. Weiß hat gute Aussichten auf ein Un­ Cb) 2s . . . Se4
entschieden. Cb1) 26. Se4: fe4: 27. Te4: LeB 2B. Le6 Le6: 29. Te6:
Bc3) 26 . . . Ths 27. Sa6: Kf6 Kf7. Schwarz gewinnt nach 30. Th6 ThS oder
30. Te2 as nebst 31. . . Ta7.
266 Cb2) 26. Se6t Kf6 27. Sq Sd6: 2S. Te6t Kf7
29. Td6:t Ke7: mit Vorteil für Schwarz, denn
30. Te6t Kd7 31. Sa6: Te6: 32. Le6:t scheitert na­
türlich an 32 . . . Ke6: 33. Sqt Kd7 34. Sa8: KcS
mit Springerfang.
Cb3) 26. Te4: fe4: 27. Sa6: Te7: 2S. de7= TeS 29. Ses
Te7= 30. Kg1 Kf6 Führt zum Abspiel I Ba22;
Weiß dürfte sich nicht retten können.
Cb4) 26. Sa6: Sd6: 27. Sq TacS 2B. SeB:t TeB :
29. Te6. Weiß hat gute Rettungsaussichten:
Bc31) 28. Sq TacB 29. d7 (Es drohte 29 . . . Tq:) 29 . . . SeS 30. Tc6: Se7: 30. Tq; oder 29 . . . Sbs
29 . . . Ke7: 30. dcS:D Tc8: 31. Se6 Kf6 32. Ses (Auf 30. La4; oder 29 . . . Se4 30. Tes.
32. Kg1 folgt 32 . . . es) 32 . . . Kes. Schwarz hat vor­ Zusammenfassung: Ich bin teilweise von meiner
zügliche Gewinnaussichten. Gewohnheit abgewichen, die Varianten so zu staf­
Bc32) 28. Kg1 Kes 29. d7 Kd6 30. dSD TadS: feln, daß ich mit der wichtigsten aufhöre, um die
31. edS:Dt TdS: 32. Sb4 (Auf 32. Kf2 folgt 32 . . . es) Unterschiede, die zwischen 24. Kg1 und 24. Kh2
32 . . . Tfs. Auch hier ist der Vorteil des Schwar­ bestehen, in parallelen Abspielen darstellen zu kön­
zen groß. nen.
Bc33) 2S. Ses e3 29. Kg3 mit ganz unklarer Stellung. Es hat sich gezeigt, daß der Unterschied zwischen
Setzt Schwarz mit 24 . . . Se4 fort, so steht der 24. Kg1 und 24. Kh2 nicht groß ist. Bei gerrauestem
König des Weißen auf h2 günstiger als auf g1. Spiel dürfte Weiß sich in beiden Abspielen halten
Insbesondere hat er im Abspiel II Bb23 im Ver­ können: Nach 24. Kg1 durch Wahl des Abspiels I
gleich zur Variante I Ba1 gute Rettungsaussich­ Be und nach 24. Kh2 mit II Ca3 oder Cb4.
ten. Nach 24. Kh2 ist Schwarz jedoch nicht dazu Wer hat nun recht, Heidenfeld oder Tarrasch und
gezwungen, 24 . . . Se4 zu spielen. Besser ist Marco? Ich ziehe die Formulierung der älteren
C) 24 . . . TfeS 2s. Ses (2s. d7 Se4 führt zum Abspiel Meister vor. Die Annahme des Opfers war in kei­
Ba; Schwarz sollte gewinnen können), und nun: nem Fall mit dem geringsten Risiko verbunden.
Ca) 2S . . . Sd3 ist eine zusätzliche Möglichkeit, die Weiß erreicht bei präziser Verteidigung mühsa­
dem Schwarzen jetzt zur Verfügung steht. men Ausgleich, während Schwarz in der Partie
Ca1) 26. Sa6: Se1: 27. Sq Kf6 2S. SeS:t (Die Fortset­ hart bedrängt wurde. Die Vorstellung, gegen zwei
zung 2B. La4 TabS 29. SeS:t TeS: 30. Lc6: Te7: verbundene Freibauern auf der sechsten und sieb-
8. PARTIE: LASKER - SCHLECHTER 197

ten Reihe ankämpfen zu müssen, schreckte den 21 . . . Lf6 oder 21. . . Ld6: der stärkere Zug sei. Es lag
Nachziehenden gar zu sehr. mir daran zu zeigen, wie der Anblick der verbun­
Ich möchte noch ein wenig bei dieser interessan­ denen Freibauern auch bei den stärksten Spielern
ten Partiephase verweilen. Es geschah nach 20. es einen lähmenden Einfluß auf das kühle Urteilsver­
Tfe8 der Zug 21. g3, wozu Dr. 0. B ernstein be­ mögen ausübt.
merkt:409 "Auf 21. h3 wäre gefolgt 21 . . . Lh2t 22. Kh1
22. Tc6: Lb7 23. Tq Le4 24. Sc3 Lc3: 2s. bq: Ses
Ld6: 23. cd6: Sf2t 23.K� Se4. Nach dem Textzug
26. Td1 S[Jt 27. Kfl Sh2:t 28. Ket Sf3t 29. Ke2 Ses
droht 22. h3." Capablanca fügt bei, daß auch die
30. Tdd7 f4 31. Tg7t Kh8 32. Tgs: Ld3t 33· Kd1
Fortsetzung 21. f3 Lh2:t 22. Kh1 Ld6: 23. cd6: Sd3
fg3: 34· fg3: Sg6 3S· Tds Le4 36. Td6 Lfs 37· Lds
für Weiß nicht besonders verlockend aussieht. 410
TabS 38. c6 Sf8 39· Tb7 Tbc8 40. e7 Sg6 41. Lf] Te7:
Lasker beantwortete 21. g3 mit 21. .. Lf6, und al­
42. Lg6: Lg4t 43· Kc1 Teit 44· Kb2 hg6: 4S· Tg6:
len schien dieser Zug ganz selbstverständlich zu
Lfs 46. Tf6 Le4 47. Ta7: Tb1t 48. Ka3 Lc6: remis
sein. Ohne Angabe von Varianten behaupten C.
gegeben.
Schlechter, Dr. 0. Bernstein und R. Spielmann in
der "Wiener Schachzeitung", I. Gunsberg und L. Stand: 4 : 3.
Hoffer im "British Chess Magazin", daß Weiß nach
21 . . . Ld6: 22. cd6: mühelos gewinnt. So ganz offen­
8. Partie
sichtlich scheint mir dies nach 22 . . . Tad8 indessen
EM. L A S K E R C. S c H L E C H T E R
nicht zu sein:
-

Berlin, 2., 4 · und 5.2.1910


Spanisch (C8o)

In der vierten Partie mit dieser Eröffnung hatte


Schlechter keinerlei Schwierigkeiten zu überwin­
den. Folgender Bericht eines Augenzeugen liefert
eine Erklärung für das einigermaßen schlaffe Spiel
Laskers:41 1 "Für die, welche auf Laskers Seite stan­
den - und zu denen zählte natürlich auch ich -
sah es düster aus, als Lasker während der achten
Partie von heftigen Schmerzen ergriffen wurde.
Ursache war eine Magenkrankheit, die ihn schon
23. e7t Kg7 24. Td1 (Nach 24. ed8:D wird Weiß
für geraume Zeit die Behandlung eines Arztes in
mit 24 . . . Te1:t 2S. Kg2 Lflt 26. Kf3 Sh2: mattge-
Anspruch hatte nehmen lassen. Er war kaum fähig
setzt) 24 . . . Te7: 2s. de7: Td1:t 26. Ld1: Kf7 27. Ses
zu spielen, bis seine Uhr zwei Stunden anzeigte,
Lc8 28. Lg4: fg4: 29. Se4 Ke7: 30. Sgs: h6 31. Se4
was ihm ermöglichte, die Partie abzubrechen. Sein
Ke6. Dank seines aktiven Königs sollte Schwarz
Arzt und einige Freunde trugen ihn in ein Zimmer
remis halten können.
in der Nähe des Spielsaales, wo er sich während
II 23. d7 Te7 24. Ses Lc8, und es ist nicht klar, wie
der zweistündigen Unterbrechung ausruhte, ohne
Weiß weiterkommen kann.
Nahrung zu sich zu nehmen. Halsstarrig wies er
lii 23. Td1 Kg7 24. Ses Lc8, und weder nach 2S. d7
den Rat seines Arztes zurück und bestand darauf,
Te7 noch nach 2S. e7 Td7 26. Le6 Sf6 ist die Lage
die Partie fortzusetzen; ein weiteres Remis war das
deutlich; 27. Lfs: scheitert an 27 . . . Td6:.
Ergebnis."
In eine umfassende Untersuchung dieser Stellung
will ich nicht eintreten; ich lasse dahingestellt, ob 1. e4 es 2. SfJ Sc6 3· Lbs a6 4· La4 Sf6 S· o-o Se4:

409. WSZ 1910, S.87.


4 1 0. E. Winter, Capablanca (North Carolina 1989), S.28.
4 1 1 . Ed. Lasker, Chess Secrets I Learned from the Masters (New York 1951), S.89-90.
DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

6. d4 bs 7· Lb3 ds 8. a4 Sd4: 9· Sd4: ed4: 10. abs:


Lcs 11. C3 o-o 12. cd4: Lb6 13. Sq Lb7 14. ba6: 268
Ta6: 15. Ta6: La6: 16. Te1 Lb7 17· Sa4 Df6 18. Le3
La7 19. f3 Sgs 20. Ses Lcs: 21. des: Se6 22. Dd3
Td8 23. Lc2 g6 24. b4 d4 25. LCI hs 26. Lb3 Lds
27. Lds: Tds: 28. h3 Tes 29. Tes: Des: 30. Kf2 Dds
31. h4 Da2t 32. De2 Db1 33· Db2 Dd3 34· De2 Db3
35· Ld2 Kh7 36. Ke1 Db1t 37· Dd1 Dfs 38. De2 De2
39· Dd1 Dfs 40. De2 Dbit 41. Dd1 Dfs 42. De2
Db1 t 43· Dd1 Dfs remis gegeben.

Stand: 4Y2 : 3V2 .

9· Partie folgt 57 . . . Kc5: 58. Se6t Kc6 59· Sd8t Kq 6o. Se6t
C. S C H LEC H T E R - E M . L A S K E R Kd7 61. Sc5t Kc6, und Schwarz gewinnt. Nach an­
Berlin, s., 6 . und 12.1910 deren Zügen erobert er einen Bauern und behält
Sizilianisch (B33) außerdem erheblichen Stellungsvorteil; alle drei
Bauern des Weißen sind vereinzelt und schwach.
Die Sizilianische Partie erwies sich wiederum als Schwarz zog jedoch
geschickte EröffnungswahL Schon nach wenigen
s6 . . . Kq?
Zügen hatte Lasker Vorteil. Er nutzte seine Mög­
lichkeiten nicht zum besten, erreichte indessen Jetzt konnte er nach
nach einigen Verwicklungen ein günstiges End­ 57· Se6t Kc6 58. Sd8t Kq 59· Se6t Kd7 6o. Sg7:
spiel, in dem er mit kundigem Manövrieren seine nicht mehr siegen. Es folgte noch:
Aussichten mehrte. Schließlich erreichte er eine
6o . . . Ke7 61. Shs Txq 62. Te3t Kf7 63. Tf3t Kg6
glatte Gewinnstellung, denn Schlechter verteidigte
64. Tf6t Kxhs 6s.Txd6 remis gegeben.
sich ungenau.
Stand: 5 : 4·
1. e4 es 2. Sf3 Sc6 3· d4 cd4: 4· Sd4: Sf6 s. Sq es
6. Sb3 Lb4 7· Ld3 ds 8. eds: Sds: 9· Ld2 SC3: 10. bC3:
Nun mußte Lasker die letzte Partie unbedingt ge­
Ld6 11. Dhs Dq 12. o-o Le6 13. Lgs h6 14. f4 ef4:
winnen, um den Wettkampf nicht zu verlieren. Da
15. Tae1 Kd7 16. Lfs Taf8 17. Lf4: Lf4: 18. Scst Kc8
er gegen Schlechters "Offenen Spanier" in vier Ver­
19. Le6:t fe6: 20. Se6: Lh2:t 21. Dh2: Tfl:t 22. Tfl:
suchen nichts hatte ausrichten können, eröffne­
Dd7 23. Ses De7 24. Dh3t Kb8 25. Se6 Ka8 26. Sd4
te er diesmal mit dem Damenbauern, um dem
Dq 27. Dfs Tc8 28. Des Sb8 29. Dq: Tq: 30. Tf3
Gegner größere strategische Probleme stellen zu
a6 31. Kb Sc6 32. Se6 Te7 33· Te3 Kb8 34· Sd4 Tf?t
können.'1 2 Diese berühmte Partie soll zur Gänze
35· Tf3 Tq 36. Se6 Te7 37. Te3 Kc8 38. Ke2 Sd8
besprochen werden.
39. Sd4 Tf7 40. Tf3 Kd7 41. Td3 Ke7 42. Te3t Kd6
Ich gebe eine Liste derjenigen Bearbeitungen die­
43· Td3 Se6 44· Sf3t Kcs 45· g3 Sq 46. Sd2 Kc6
ser Partie, welche ich eingesehen habe. Sie ist in
47· Sf3 Kbs 48. Td4 Kcs 49· Sd2 Sbs so. Sb3t Kb6
etwa nach der Reihenfolge des Erscheinens der
51. Td3 Tq 52. Kd2 Tq 53· Td7 Tg4 54· c4 Kc6
Aufsätze angeordnet.
55· Td3 Sd6 56. Sd4t
1) "Deutsche Schachzeitung" 1910, S.78-8o (An­
(siehe Diagramm 268) merkungen von C. Schlechter und Ern. Lasker).
Nach 56 . . . Kb6 hat Weiß keine Abwehr der beiden 2) ,;wiener Schachzeitung" 1910, S.92-95 (Anmer­
Drohungen 56 . . . Sq:t und 56 . . . Se4t. Auf 57· c5t kungen von G. Marco und C. Schlechter) .

412. Lasker griff als Weißer in seiner Schachlaufbahn im ersten Zug beinahe ebensooft zum d- wie zum e-Bauern.
9· PA RTIE : SCH LECHTE R - LASKER 199

3) "Ost und West," Monatsheft Nq (April) 1910, 23) M. Ploeger und M. de Zeeuw, Veertig jaar top­
S.35-38 (Anmerkungen von Ern. Lasker). schaak (Venlo 1986), S.28-33.
4) "Tidskrift för Schack" 1910, S.117-119 (Anmer­ 24) W Goldman, Carl Schlechter! (Yorklyn 1994),
kungen von Ern. Lasker). S.424-428.
5) "Deutsche Schachblätter", 1. Jahrgang 1909/ 25) T. Hagemann, Schlechter versus Lasker, Der
1910, S.199-201 (Anmerkungen von den Her­ Weltmeisterschaftskampf 1910 (Tübinger Bei­
ausgebern; völlig wertlos). träge zum Thema Schach, Herausgeber Dr. H.
6) "Deutsches Wochenschach" 1910, S.61-62 und Ellinger, Band 2, 1995), S-47-51.
S.67 (ganz wertlos). 26) "New in Chess" 6/1995, S.89-90 (Anmerkun­
7) "British Chess Magazine" 1910, S.162-165 (An­ gen von M. Ehn; sie bestehen jedoch ausschließ­
merkungen von L. Hoffer und I. Gunsberg). lich aus Zitaten).
8) Bachmanns "Schachjahrbuch" 1910 I, S.32-36 27) G. Kasparov, On My Great Predecessors, Part I
(Anmerkungen von L. Bachmann). (London 2003), S.q8-186.
9) "The Chess Weekly" 1910, Anmerkungen von J. Bei M. Euwe (18) werden Bemerkungen von V. Vu­
R. Capablanca (leicht zugänglich bei E. Winter, kovic und N. Minev, bei M. Ploeger und M. de
Capablanca, North Corolina 1989, S.30). Zeeuw (21) Hinweise von J. H. Blackburne und
10) L. Hoffer, Lasker versus Schlechter (London W Winter verarbeitet; ich habe die Urquellen nicht
1911). aufspüren können. Ferner scheint es eine weitere
11) S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auf­ Version von Euwes Anmerkungen zu geben, in der
lage, Leipzig 1924), S.231-235. er auch sprachliche Erläuterungen vornimmt;413
12) R. Spielmann, Kar! Schlechter (Stockholm diese Arbeit ist mir ebenfalls nicht zugänglich. Si­
1924), S.122-123. cherlich gibt es noch zahlreiche andere Kommen­
13) F. Reinfeld und R. Fine, Dr. Lasker's Chess Car­ tierungen, die ich nicht habe berücksichtigen kön­
eer, Part I 1889-1914 (New York 1935), S.136-139. nen.
14) Ed. Lasker, Chess Secrets I Learned from the Die Informationen, die Lasker und Schlechter
Masters (New York 1951), S.173-178. über ihre Sichtweise der Ereignisse in der Partie
15) J. Hannak, Emanuel Lasker (2. Auflage, Berlin geben, sind natürlich von Belang. Wertvolle Bei­
1962), S.141-143 (Es werden lediglich Marcos träge zum Verständnis des Partieverlaufs haben G.
Anmerkungen aus der WSZ kopiert.). Marco und S. Tarrasch geliefert. Gültige Einzelbe­
16) "Weltgeschichte des Schachs" (Herausgeber obachtungen haben noch F. Reinfeld und R. Fine,
E. Wildhagen), Band 11 (Lasker; Harnburg 1958) V. G. Zak und N. Minev beigetragen; viel Erkennt­
Beiheft Nr. 360 (Anmerkungen von L. Rell­ nisfortschritt wurde jedoch in neuerer Zeit nicht
stab ). erreicht.
17) V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.100-103. Von den Kompilatoren früherer Kommentare
18) L. Pachman, Entscheidungspartien (Düssel­ haben M. Ploeger und M. de Zeeuw bei weitem
dorf 1972), S.37-39. die beste Arbeit geleistet. Die Auswahl aus den
19) M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd Werken ihrer Vorgänger ist verständig, die Lek­
1976), Nr. 555, S.199-200 (Anmerkungen im türe angenehm. Bei den übrigen Autoren dieser
Informatorstil). Klasse zeugt die Wahl der Exzerpte meist von man­
20) K. Konsala, Shakin maailmanmestareita (Hä­ gelndem schachliehen Verständnis; bisweilen wird
meenlinna 1981), S.348-350. sie auch bewußt dazu benutzt, Schlechters Spiel
21) B. C. Vajnstejn, Myslitel' (Der Denker; Moskau in besserem Licht erscheinen zu lassen als es ver­
1981), S.173-178. dient, weil der Schreiber ein Vorurteil zugunsten
22) L. S. Verchovskij, Kar! Slechter (Moskau 1984), Schlechters hegt. Als abschreckendes Beispiel sei
S.89-93. der Schriftsatz von W Goldman (24) erwähnt.

4 1 3 . Siehe NiC 8!1995, S.7-8.


200 D E R W ET T K A M P F L A S K E R - S C H L E C H T E R

Der Beitrag in Kasparovs Buch, der nach der


Erstveröffentlichung dieses Artikels erschien, ist
nicht beeindruckend.414 Er enthält nicht viel Neu­
es, und es werden sogar manche alten, irrtümli­
chen Auffassungen beibehalten.
Bei der Kommentierung bin ich auf die Vor­
schläge meiner Vorgänger eingegangen, wo sie mir
beachtenswert zu sein schienen. Bei meinen Be­
wertungen einiger Spielweisen ist zu berücksich­
tigen, daß Weiß allen forcierten Remisvarianten
aus dem Wege gehen mußte, weil er in dieser letz­
ten Partie unbedingt einen Sieg brauchte, um den
Wettkampf unentschieden zu halten.
8. dsxq (?)
Dies ist jedoch ein Schritt vom rechten Wege. Zu
vorzüglichem Spiel für Schwarz führt der Vorstoß
10. Partie 8 . . . es, zum Beispiel:
EM. L A S K E R - C . S C H LE C H T E R I 9. o-o cd4: 10. ed4: (Die Folge 10. Sd4: Ses ist of­
Berlin, 8., 9 . und 10.2.1910 fenbar unerfreulich für Weiß) 10 . . . dq: 11. Lq:
Grünfeld-Indisch (D94) Sq, und Schwarz hat eine sehr gesunde Stel­
lungsstruktur.
1. d2-d4 d7-ds
II 9· cds: cd4: 10. Sd4: Sds: (10 . . . Ses wird mit
2. C2-C4 q-c6
11. Lq beantwortet; Weiß behält seinen Mehr-
3· Sg1 -f3 Sg8-f6
bauern. Dagegen genügt 10 . . . Sq zum Aus-
4· e2-e3 g7-g6
gleich, denn auf n. e4 kann 11 . . . Se4: erfolgen)
S· Sbl-C3 Lf8-p
11. La6:
6. Lh-d3 0-0
A) 11. . . Sc3: 12. Lq Sds mit Ausgleich.
7· Ddl-C2 (?)
B) u . . . ba6: 12. Sc6 (Nach anderen Zügen behält
Dr.415 Lasker beabsichtigte, Lc1-d2 und o-o-o Schwarz ohne weiteres Vorteil, weil die weißen
samt S[J-es und h2-h4 folgen zu lassen.'16 Dieses Felder im Lager des Anziehenden schutzbe­
ehrgeizige Konzept läßt sich nicht verwirklichen. dürftig bleiben) 12 . . . Lc3:t 13. bc3: Dq. Schwarz
Der Zug hat daher keine Nachahmer gefunden; gewinnt einen Bauern und behält das bessere
die Fortsetzungen 7. o-o und 7. Db3 sind üblich. In Spiel.
der Tat kann Schwarz nun mühelos ausgleichen. Andere Fortsetzungen als 8 . . . es - wie zum Beispiel
8 . . . Sq (Bernstein-Aljechin, Wilna 1912) - sind
7· Sb8-a6
passiver und schwächer. Mit dem Textzug vermin­
"Eine sehr gewagte Unternehmung, ein solider Zug dert Schwarz unnötig seinen Einfluß im Zentrum.
war 7. . . Sbd7'', schreibt C. Schlechter.417 Meines 9· Ld3XC4 b7-bs (?)
Erachtens ist 7 . . . Sa6 die stärkste Fortsetzung in
Schwarz zerstört seine Bauernstruktur am Damen­
dieser Stellung; es ist unnötig, andere Züge in Er­
flügel, ohne die geringsten Vorteile dafür einzutau­
wägung zu ziehen.
schen; insbesondere wird der Bauer auf c6 tödlich
8. a2-a3 schwach.

4 1 4. Vgl. "Schach" 12!2003, S.40.


4 1 5 . Der Gebrauch des Doktortitels ist die einfachste Art, die Anmerkungen des Weltmeisters von denen zu scheiden,
die Eduard Lasker geschrieben hat.
416. TfS 1910, S.117.
417. DSZ 1910, S.79.
1 0 . PARTIE: LASKER - SCHLECHTER 201

Es gibt zwei naheliegende Pläne, deren Durchfüh­ 10 . • • •

rung ihm eine spielbare Stellung bewahrt hätten.


Nach 9· . . Sq (M. Euwe418) hat er eine feste, wenn­ Nach dieser weiteren Schwächung wird die Stel­
gleich etwas passive Position. Er kann ferner auch lung des Schwarzen unhaltbar; insonderheit wird
jetzt noch 9 . . . es versuchen. Da die Folge 10. La6: der Springer auf a6, welcher auf seinem Platz aus­
cd4: 11. Lb7: Lb7: zu besserem Spiel für Schwarz harren muß, dauernden Angriffen ausgesetzt sein.
führt, muß Weiß 10. ds spielen, wenn er auf Vorteil Schwarz sollte unbedingt 10 . . . Das mit der Dro­
rechnen will. Nach 10 . . . Sq hung 11 . . . Sb4 spielen. Weiß kann die Absicht des
Gegners nicht ohne weiteres durchkreuzen.
I 11. Le2 Lfs, und Schwarz kommt zu aktivem
Spiel.
II 11. Db1 es
A) 12. Lbs: Lb7 mit vorzüglichem Gegenspiel für
Schwarz; auf 13. des: folgt 13 . . . Se4.
B) 12. o-o C4 13. Le2 Sq, und die Stellung des
Schwarzen ist vollkommen befriedigend.
III 11. Ses Lb7 12. o-o (Sonst kommt Schwarz unter
befriedigenden Umständen zu c6-cs) 12 . . . Sb4
13. De2 Sd3: 14. Sd3:

hat er zwei plausible Fortsetzungen: 271


I 11. e4 bs
A) 12. Lbs: (12. Sbs:? Sbs: 13. Lbs: Dast kostet ei­
ne Figur) 12 . . . Sbs: 13. Sbs: Dast 14. Sc3 Se4:
1S. De4: Lc3:t mit besserem Spiel für Schwarz.
B) 12. Le2 Lg4 13. Ses (Sonst bekommt Schwarz
mit 13 . . . Lf3: nebst Sf6-d7 eine gute Stellung)
13 . . . Le2: 14· De2: e6 1S. de6: (Die Einschaltung
von 1S. Sc6 Dd7 verbessert die Lage des Wei­
ßen nicht) 1s . . . Se6: 16. Sbs: a6 17. Sc3 Sd4, und
Schwarz hat eine starke Initiative. scheint mir die stärkste Antwort auf 10 . . . Das
II 11. o-o ist besser als 11. e4. Schwarz kann mit zu sein. Schwarz wird an der Schwäche des Fel­
11. . . bs 12. Sbs: (Nach 12. Le2 b4 13. Sa4 Scds: ist des es und des Bauern c6 kranken; sein weiß­
die Position des Schwarzen vollkommen befrie­ feldriger Läufer bleibt wirkungslos. Dennoch
digend) 12 . . . Sbs: 13. Lbs: Dds: fortsetzen, und bleibt seine Stellung zunächst verteidigungsfä­
als Kompensation für die Bauernschwäche auf hig.
es hat er aktives FigurenspieL
Nach dem unbedachten Vorstoß am Damenflü­
gel schwebt der Nachziehende bereits in höchster Dies ist weit stärker als 11. Se4, wonach Schwarz zu
Verlustgefahr. erleichterndem Abtausch käme; mit der Fortset­
zung 11 . . . Se4: 12. Le4: Ld7 nebst Dd8-b6 gewönne
10. Lq-d3
er sogar Aussichten, den befreienden Vorstoß c6-
In Betracht kommt 10. Le2, um die beim folgenden cs durchzusetzen.
Zuge erläuterte Möglichkeit 10 . . . Das zu entkräf­ Mit dem Textzug nimmt Weiß das Feld es unter
ten. Kontrolle und kann es wirksam mit seinem Sprin-

418. M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd 1976), Partie Nr.555, S.199.
202 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

ger besetzen, wenn der gegnerische Springer von Nach 1 3 . . . Tb8 14. o-o (14. Tb7: Tb7: 1s. La6: Dast
a6 weicht. 16. Ld2 Da6: 17· Ses Dbs 18. Sb7: Db7: 19. o-o Tc8 ist
schwächer) 14 . . . Sens. Ses LaS 16. Ld2 nebst De2-
1 1.
a4 (16 . . . Sd7 17- Las) ist die Position des Schwarzen
Die Ö ffnung der b- Linie begünstigt Weiß, aber aufgabereif.
sie läßt sich nicht vermeiden. Auf 11 . . . Lb7 oder
11 . . . Dq folgt am einfachsten 12. Ld2, und j etzt 1 4· Sf3 es
-

muß die Drohung 13. La6: nebst 14. Ses mit


12 . . . ba3: pariert werden; auf 12 . . . Sd7 folgt einfach Am einfachsten ist die Fortsetzung 14. o-o. Nach
13. ab4:. 14 . . . Sd7 1s. Ld2 wird der Druck des Weißen bald
entscheidende Kraft gewinnen, auch wenn V. Vu­
1 2. b2xa3
koviC420 meint, Schwarz habe GegenspieL 1S . . . es
Verfehlt wäre natürlich 12. Dc6:. Nach 12 . . . Sb4: wird mit 16. ds widerlegt, und nach 1s . . . cs ist die
13. DaS: Sd3:t scheitert 14. Ke2 an 14 . . . Sc1:t Entgegnung 16. TfCI von großer Wirksamkeit; auf
1s. ThCI: La6t, und nach 14. Kd2 Sf2: (L. Rellstab419) 16 . . . Tac8 folgt 17· Dd1, und die Einschaltung von
hat Schwarz entscheidenden Angriff. 16 . . . L[J: 17. g[J: verschafft dem Schwarzen keine
Erleichterung.
1 2. ... Lc8-b7
Vielleicht fürchtete Lasker vage, daß Schwarz nach
Jetzt wird neben dem Springer auf a6 auch die­
14. o-o eine Angriffsmöglichkeit mit c6-cs und
ser Läufer höchst unangenehmen Angriffen ausge­
Sf6-g4 hätte; dies ist jedoch nicht der Fall. Auf
setzt sein. Schwarz hat jedoch keine Möglichkeit,
14 . . . es hat sowohl die Entgegnung 1s. Ses mit der
den Bauern auf c6 unter befriedigenden Umstän­
Drohung 16. De2 wie auch die Folge 1S. Dq mit
den aufzugeben, und die Fortsetzungen 12 . . . SbS
der Drohung 16. Tb?: tödliche Wirkung; lediglich
13. o-o oder 12 . . . Dq 13. o-o Sd7 14. Lb2 nebst
auhs. De2 kann Schwarz mit 15 . . . Lc6 Widerstand
1S. TfCI sind kaum verlockender als der Textzug.
leisten.
Am zähesten ist vielleicht noch 12 . . . Dd6, doch ist
die Stellung des Nachziehenden nach 13. o-o Sd7 Auch 14. Ld2 ist eine solide Fortsetzung; ferner
14. Le4 oder ähnlichem keine Augenweide. kommt 14. Dq in Betracht. Indessen verdirbt
der Textzug nichts. G. Marco übertreibt, wenn
1 3 . Ta1 -b 1 DdS-q
er schreibt: "Damit stürzt sich Weiß in schlimme
Abenteuer." Er hat jedoch recht mit der darauf fol­
.1. JW 272 genden Aussage: "14. o-o nebst Lc1-d2 und Tfl-CI

1 .1 � 1 1 .1 1 hätte ihm ohne jedes Risiko einen beträchtlichen,


wahrscheinlich sehr rasch entscheidenden Positi­
• 1 .1 onsvorteil verschafft. "42 1

Der Kuriosität halber erwähne ich, daß Capablan­


ca422 hier den Zug 14. h4 ernsthaft in Erwägung
zieht. Dies zeigt, daß auch die anerkanntesten
Sachkenner nicht dagegen gefeit sind, bisweilen
die irrtümlichsten Ansichten im Druck zu verbrei­
ten. Daß Capablanca nicht scherzte, erweist fol­
gendes Beispiel aus seiner Praxis:

4 1 9. WdS, Band u (Lasker), Harnburg 1958, Beiheft Nr. 360.


420. Zitiert nach M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd 1976), S.199.
421. wsz 1910, 5.92.

422. Capablancas Anmerkungen sind am leichtesten zugänglich in dem Buch von E. Winter, Capablanca (North Carolina
1989). s. 30.
1 0 . PARTIE: LASKER - SCHLECHTE R 203

J . R . Capablanca - F. D . Yates A) 17· · .Dc2 18. Ta1 Lg7 19. o-o es. Schwarz hat un­
New York 1924 verdient viel Rettungsaussichten bekommen.
B) 17 . . . Lh2:
273
Ba) 18. Ld2 Ld6 (Dr. Lasker426) führt zu einer un­
gefähr ausgeglichenen Lage.
Bb) 18. g3 Lg3: 19. Ths: (Nach 19. fg3: Dg3:t 20. Kfl
Df3t 21. Kg1 Dg4t 22. Kf2 Dfst büßt Weiß sei­
nen Turm auf b1 ein) 19 . . . ghs: 20. fg3: Dg3:t
21. Kd2 (Das Abspiel wird von S. Tarrasch427
angegeben) mit einer unklaren Stellung.
II Von solider Einfachheit ist die Folge IS. o-o
Les: 16. des: Sg7 (Sonst fährt Weiß mit 17. e6
Stellung nach dem 12. Zuge von Schwarz fort) 17· e4 Se6 18. Le3 Tfd8 19. De2 Sb8 20. LC4.
Schwarz ist rettungslos verloren.
Hier zog Capablanca 13. h4! 4 2 3
III 1S. f4 (G. Marco42 8) ist möglicherweise noch
* * *
stärker als IS. o-o. Dr. Lasker meint, daß
Ich fahre mit der Besprechung der Partie Lasker ­ 1s . . . Les: 16. des: Sg7 17. o-o es zu einer Stel­
Schlechter fort. lung führt, in welcher der Springer auf g7 zu
Angriffs- und Verteidigungszwecken vorzüg­
14 . .. Sf6-hs
lich postiert ist;429 ich glaube, daß Weiß nach
.

Andere Züge sind kaum besser. 14 . . . Sd7 scheitert 18. LC4 gewaltigen Vorteil behält. 1S . . . Les: kann
an 15. Tb7: Db7: 16. Sd7: oder 16. La6: (G. Mar­ außerdem viel besser mit 16. fes:
co4 24). Auf 14 . . . Sds (V. VukoviC42 5 ) ist die Antwort
1s. SC4 am einfachsten. Jetzt wird 1s . . . es mit 16. e4 274
Sf6 17. ds entkräftet, und auf 1s . . . e6 folgt 16. Ld2
mit der gewaltigen Drohung 17· Sas.

1S. g2-g4 (?)

Lasker möchte dem Gegner in nichts nachstehen.


Nachdem Schlechter seinen Damenflügel ohne
Notwendigkeit in unheilvoller Weise aufgeschlitzt
hat, tut der Weltmeister dasselbe mit seinem Kö­
nigsflügel.
Weiß verfügte über eine Menge anderer, plausibler
Züge. beantwortet werden. Auf diese Weise mehrt
I Für Gier ist es zu früh. Nach 1s. La6: La6: Weiß den Druck gegen f7 und behält größere
16. Dc6: Les: 17. Da6: hat Schwarz die Auswahl Kontrolle über das Feld es; er hat eine Gewinn­
zwischen zwei Fortsetzungen: stellung.

423. Siehe dazu die Anmerkungen von L. Prins im dem Buche "Capablanca, das Schachphänomen", Stuttgart 1952,
S. 103-104. Mein Ausrufezeichen bezieht sich natürlich nicht auf den Zug, sondern auf den ganzen Satz.
424. wsz 1910, S.92-93·
425. Die diesem Spieler zugeschriebenen Vorschläge sind alle dem Werk von M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd
1976), S.199-200, entnommen.
426. TfS 1910, S.117.
427. S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924), S.232.
428. WSZ 1910, S.93.
429. Siehe die vorige Fußnote.
204 D E R W E T T K A M P F L A S K E R - S C H LE C H T E R

L. Pachman430 ist der Ansicht, daß Schwarz gisch gewonnene Position; e r verfügt jetzt neben
mit 15 . . . Tfb8 Gegenspiel erhält, doch sollte vielen anderen Möglichkeiten auch über die Idee
Weiß nun, statt nach der Empfehlung des tsche­ LCI-b2, De2-c3 und es-e6.
chischen Großmeisters den vermiedenen po­ Nach dem Textzug behält Schwarz seinen präch­
sitionellen Fehler mit 16. g4 nachzuholen, die tigen schwarzfeldrigen Läufer, der für Verteidi­
Fortsetzung 16. Dq probieren. Die Doppeldro­ gungsaufgaben und Angriffspläne gleich wichtig
hung 17. Df7=t und 17. Tb7: läßt sich nur durch ist. Weiß verliert den sicheren Halt im Zentrum
16 . . . Les: parieren; nach 17. fes: Lc8 18. o-o e6 und muß bei seinem geschwächten Königsflügel
19. Ld2 kann Schwarz getrost aufgeben. mit Gegenschlägen rechnen. Er hat noch immer
Weiß steht jedoch so gut, daß er selbst nach dem Vorteil, aber dieser reicht vermutlich zum Errin­
minderwertigen Textzug einen zum Sieg ausrei­ gen des Sieges nicht mehr aus.
chenden Vorteil behalten dürfte.
1 6.
15. .. .
17. h s xg6

Hier wurde die Partie zum ersten Mal abgebro­


chen.431
In Kasparovs Buch wird dieser Zug mit einem Fra­
gezeichen versehen und 1S . . . Sf6 als besser emp­
fohlen.432 Weiß verfügt jedoch über mehrere Fort­
setzungen, die ihm einen großen Vorteil sichern:
I 16. La6: La6: 17· Dc6: Dc6: 18. Sc6: Ld3 19. Se7=t
Kh8 ist zu gierig; der Damenturm des Weißen
muß nun von b1 weichen, und nach 20 . . . Le4
erweist es sich, daß sein Königsspringer auf Ab­
wege geraten ist.
li 16. Tb7: Db7: 17· Dc6: Dc6: 18. Sc6: Sq 19. gs
Sd7 (ls . . . Sfds ist nicht besser; Weiß antwortet
18. Dc2-C4 (?)
16. e4) 20. Se7:t Kh8 21. o-o. Weiß hat Vorteil,
aber die Stellung entbehrt genügender Klarheit. Die Fortsetzung 18. Lg6:? fg6: 19. Db3t Kh7
III Das ruhige 16. o-o gefällt mir auch hier am 20. Db7: Dast kostet den Weißen Material; aber
besten. Nach 16 . . . Sds 17. f4 behält Weiß gewal­ jetzt hofft er, mit Hilfe der Doppeldrohung 19. Tb7:
tigen Druck. und 19. Lg6: in Vorteil zu kommen. Schwarz kann
sich jedoch erfolgreich zur Wehr setzen. Tarrasch
1 6. g4xhs?
fühlte, daß der Textzug nicht der stärkste ist, wenn
"Weit schwächer wäre 16. des: gewesen; Schwarz er auch die richtige Reaktion darauf nicht erwähnt.
hätte 16 . . . Sg7 gespielt und eine sichere Stellung Der tüchtige Doktor hat untersucht, was geschieht,
eingenommen," schrieb C. Schlechter.433 Alle spä­ wenn Weiß seinen Angriff mit Bauernvorstößen
teren Bearbeiter, die auf die vorliegende Stellung am Königsflügel fortzusetzen sucht;434 ich habe
eingegangen sind, haben, soweit ich sehe, seine mich bemüht, seine Angaben genauer zu fassen
Behauptung kritiklos hingenommen. Ich halte sie und zu erweitern.
jedoch für ein krasses Fehlurteil. Nach 17. f4 hat 18. h4 (?) es führt zu ausgezeichnetem Spiel für
Weiß meines Erachtens nach wie vor eine strate- Schwarz:

430. L. Pachman, Entscheidungspartien (Düsseldorf 1972), 5.37·


431. DW5 1910, 5.62.
432. G. Kasparov, On My Great Predecessors, Part I (London 2003), 5.180.
433· D5Z 1910, 5.79·
434· S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924), 5.232.
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 20S

A) 19. Le4? Le4: 20. De4: Dast, und Schwarz ge­ deutung; nachdem sein weißfeldriger Läufer
winnt. verschwunden ist, hat sein Angriff alle Kraft
B) 19. Tfl Lp 20. Tg1 (Die Fortsetzung 20. La6: verloren, und Schwarz verfügt über ausreichen­
Dast 21. Ld2 Da6: 22. Tg1 Lf3 ist noch ungün­ des Gegenspiel auf den weißen Feldern.
stiger für Weiß) 20 . . . Dh2 21. Tg2: Dg2: 22. La6: Bb) 21. Ses: Tb1: 22. Db1: LeB. Das gleiche Urteil
cd4:, und Schwarz steht besser. wie bei der Endstellung von Variante Ba gilt.
C) 19. Tg1 Dh2 20. Tf1 (Auf 20. Tg3 folgt einfach C) 20. Ses: Ses: 21. Des: (Nach 21. des: erhält
20 . . . cd4:, denn der Läufer auf b7 ist durch Schwarz mit 21. . . Lds gutes Gegenspiel) 21. . .
die Möglichkeit Dh2-h1t indirekt gedeckt) Des: 22. des: ist für Schwarz die unangenehm­
20 . . . Lg2: 21. La6: Lf1: 22. Lf1: cd4: mit Vorteil ste Fortsetzung, doch meine ich, daß er nach
für Schwarz. 22 . . . Lds 23. Tb8: TbS: ausreichendes Gegen­
D) 19. Th3 spiel besitzt:
Da) 19 . . . LeB 20. Tg3 cd4: (S. Tarrasch) 21. Dq: Sq: Ca) 24. e4 Ld4 2S. Tgs Lc6. Die Bauernstellung des
22. Le4 Lfs 23. Lfs: gfs: 24. ed4: Kh7. Schwarz Weißen ist zu zerfasert, um ernsthafte Gewinn­
steht etwas besser. versuche zuzulassen.
Db) 19 . . . Dc8 20. Tg3 cd4: 21. DeS: Lc8: 22. ed4: TdS Cb) 24. Ld2 Tb3 2s. Ke2 Ta3: 26. To Lc6 27. Tb1 Lf6,
mit Vorteil für Schwarz. und Schwarz sollte sich halten können.
II 18. f4 ist viel stärker als 18. h4; Weiß verhindert Ce) 24. fs
e7-es und schützt vor allem den Bauern auf h2. Co) 24..Tc8 2s. fg6: Tcs: 26. gf7:t Kf7: 27. Ld2 Lf6.
Auf iS . . . cs antwortet Weiß 19. Tg1, wonach der Ich vermute, daß der Mehrbauer des Weißen
Nachziehende mit 19 . . . Tab8 fortsetzen muß; nicht zum Siege genügt (28. Tg4 Le6 29. Ta4
nach 18 . . . TabS (Andere sinnvolle Fortsetzun­ Ths).
gen sehe ich nicht) 19. Tg1 gibt es für Schwarz
Cc2) 24 . . . gfs: 2s. Lfs: Kf8. Auch in dieser Stellung
nichts B esseres als 19 . . . es, so daß man in bei­
scheint mir Schwarz vorzügliche Remisaussich­
den Fällen zur selben Stellung gelangt.
ten zu besitzen, weil die Bauern des Weißen
vereinzelt und seine Figuren schlecht koordi­
niert sind.
Immerhin hätte Weiß nach 18. f4 eine gefährliche
Initiative behalten. Nach dem überscharfen Text­
zug hätte der Schwarze das Heft in die Hand neh­
men können.

18. ... Lb7-c8 (?)

Schwarz nimmt die Gelegenheit nicht wahr. Mit


dem Vorstoß 18 . . . es - den er natürlich bei jeder
sich bietenden Gelegenheit durchführen sollte -
Jetzt muß Weiß der Drohung 20 . . . cd4: entge­
konnte er mindestens gleiches Spiel erreichen.
gentreten; er kann wählen:
I 19. Tf1 Lg2 führt zu Bildern, wie sie ähnlich
A) Die Folge 20. des: Lc6 mit den Drohungen schon in der Anmerkung zu 18. Dq unter I
21. . . Dast und 21. . . La4: nebst 22 . . . Ses: bringt B und C auftauchten; nach 20. Tg1 Dh2: 21. Tp:
nur den Weißen in Schwierigkeiten. Dg2: 22. Da6: cd4: oder 20. Da6: Lfl: 21. Lfl: cd4:
B) 20. La6: La6: hat Schwarz deutlichen Vorteil.
Ba) 21. TbS: Tbs: 22. Ses: (Die Fortsetzung 22. fs II 19. Tg1 Dh2: 20. Tg6:
Dast 23. Ld2 Dbs 24. Sc3 Dd3 ist keinesfalls
(siehe Diagramm 277)
aussichtsreicher für Weiß) 22 . . . LeB. Der Mehr­
bauer des Weißen hat keine entscheidende Be- ist die kritische Fortsetzung.
206 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

277 B ) 20. Lf?:t

A) 2o . . . Dh1t (Dr. Laskers Zug435) ist verfehlt, weil


dem Damenturm des Weißen der Zugang zum
Ba) 2o . . . Lf?: 21. Da6: Ld5 wird von C. Schlech­
Königsflügel eröffnet wird; nach 21. Kd2 rettet
ter438 als Entgegnung angegeben; seiner Mei­
weder die Fortsetzung 21. . . Df3 22. Lb2 Df2:t
nung nach hat Schwarz einen starken Angriff.
(22 . . . Ld5 wird mit 23. Tg7:t Kg7: 24. dc5:t be­
Ich glaube jedoch, daß Weiß nach 22. Tb7 Dd6
antwortet) 23. Le2 Lf3 24. Tbg1 noch die Folge
23. Tg1 Dh2: 24. Dfl über treffliche Gewinnaus­
21 . . . Sq 22. Lb2 Dd5 23. Tg3 den Schwarzen vor
sichten verfügt.
dem Verlust.
Bb) 2o . . . Tf7: ist viel stärker als 2o . . . Lf7:. Nach
B) 20 . . . Sq mit der Drohung 21 . . . Ld5 überläßt
21. Da6: (21. De6: scheitert an 21 . . . Da5t) 21 . . .
dem Schwarzen dagegen feines Spiel. Qualitäts­
Ld5 22. Tb7 Dd6 23. Tg1 Dh2: 24. Dü Taf8
opfer auf b7 oder g7 schlagen nicht durch, und
25. Tb2 e5 bekommt Schwarz starken Angriff
nach 21. Tg3 La6 22. De2 (22. Dc5: Ld3: 23. Dq:
gegen den König des Weißen, der in der Brett­
scheitert an 23 . . . Dh1t nebst 24 . . . Lb1:) 22 . . . Ld3:
mitte steckengeblieben ist.
23. Dd3: cd4: ist der Nachziehende aller Sorgen
Die Varianten tun deutlich dar, wie lebenswichtig
ledig, zumal 24. Dd4: an 24 . . . Dg3: scheitert.
der weißfeldrige Läufer für den Anziehenden ist.
Nach dem Textzug steht Schwarz wiederum am
Es ist im allgemeinen nicht geraten, ihn gegen den
Rande des Abgrundes.
hinkenden Springer auf a6 einzutauschen, auch
19. Tht-gl (?) wenn ein Bäuerchen dabei gewonnen wird; aber
Man hat allgemein beobachtet, daß 19. Lg6: für natürlich bedarf die Frage bei jeder Stellungsände­
Weiß nicht vorteilhaft ist.436 Schwarz antwortet rung erneut konkreter Prüfung.
19 . . . Le6, und nun hat Weiß eine Wahl: Dr. Lasker hielt den Textzug für "notwendig".439
A) 20. Da6: fg6:. Der Anziehende muß sich jetzt In Wirklichkeit hat Weiß neben dem Textzug ei­
gegen die Drohung 21. . . Ld5 nebst 22 . . . Dh2 zur ne Vielzahl anderer vielversprechender Möglich­
Wehr setzen. keiten; es ist außerordentlich schwierig festzustel­
Aa) 21. f4 g5 (S. Tarrasch437) 22. Tg1 gf4: 23. ef4: len, welche Fortsetzung am geeignetsten ist, den
Dd6. Bei seiner ausgefransten Bauernstellung Schwarzen unter Druck zu setzen. Ich versuche,
und seinen weißfeldrigen Löchern kann Weiß einige Hinweise zur Erfassung der wesentlichen
keinerlei Gewinnhoffnungen hegen; er muß Stellungsmerkmale zu geben.
Obacht geben, daß seine Stellung nicht plötz­ II Mit 19. o-o verschlechtert Weiß lediglich die
lich zusammenbricht. Stellung seines Königs und begibt sich aller An­
Ab) 21. Sc3 Lh3 22. DC4t Kh7 ist ebenfalls unerfreu­ griffsmöglichkeiten; nach 19 . . . e5 hat Schwarz
lich für Weiß, denn auf 23. Sd5 folgt 23 . . . Da5t. vorzügliches GegenspieL

435. TfS 1910, S.u7.


436. Siehe WSZ 1910, S.93 und 95·
437· S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924), S. 233.
438. WSZ 1910, S.95.
439. TfS 1910, S.u7.
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 207

II1 19. f4 scheint mir an dieser Stelle weniger emp­ B) 21. Ses Sd7 22. Sb3 Sf6 23. Dc6: Db8. Der Anzie­
fehlenswert zu sein; die Schwächung des Punk­ hende muß seinen weißfeldrigen Läufer abge­
tes e3 fällt danach ins Gewicht. ben; Schwarz hat ausreichende Gegenchancen.
A) 19 . . . Tb8 erlaubt dem Weißen, auf g6 zu neh­ V Da das Manöver Dq-ast-ds eine wichtige
men; nach 20. Lg6: Le6 21. Da6: fe6: 22. Tb8: Verteidigungsmöglichkeit für Schwarz dar­
Tb8: 23. Sc3 ist die Lage des Schwarzen prekär. stellt, liegt der Gedanke nahe, es zu unterbin­
Im Vergleich zu den unter I A und B angege­ den.19. Ld2 wurde schon von S. Tarrasch440 vor­
benen Varianten hat Weiß den Tausch eines geschlagen.
Turmpaares erreicht und das wichtige Tempo A) Nach M. Euwe441 erhält Schwarz nun mit
f2-f4 gewonnen. 19 . . . es das bessere Spiel, aber dies ist ein Irr­
B) 19 . . . Dast 20. Ld2 Dds ist hier zweifellos das tum; Weiß antwortet 20. des: mit großem, ver­
richtige Manöver. mutlich entscheidendem Vorteil:
Ba) 21. Tg1 Sq Aa) 20 . . . Les: 21. Lg6: Le6 22. Dc2, und Schwarz
wird bald aufgeben müssen.
279 Ab) 2o . . . Des: 21. Dc6: (21. Lc3 kann mit 21 . . . Dds
pariert werden) 21. . . Tb8 22. Lc3 Tb1:t 23. Lb1:
Db8 24. Le4. Weiß hat einen Mehrbauern und
StellungsvorteiL
B) Der Zug 19 . . . Tb8 wird durch 19. Ld2 eben­
falls entkräftet. Nach 20. Tn Dd6 21. Tg1 kann
Schwarz die angegriffenen Bauern auf c6 und
g6 nicht auf befriedigende Weise schützen.
C) Einzig richtig ist 19 . . . Dd6.

Ba1) 22. De2 La6 23. Le4 Dhs 24. Lb4 Sds. Schwarz 280
steht vorzüglich.
Ba2) 22. Ses Dq: 23. Lq: Sds. Schwarz hat sich
weitgehend erholt.
Ba3) 22. Sc3 Dq: 23. Lq: Le6 24. Tb7 Lq: 2s. Tq:
e6 26. Tc6: Tfc8 mit Ausgleich.
Ba4) 22. Tn
Ba41) 22 . . . La6 23. Dds: cds: 24. Lg6:. Weiß steht
auf Gewinn.
Ba42) 22 . . . Dq: 23. Lq: Se6 24. La2 Ld7. Schwarz
hat sich einigermaßen erholt. Ca) 20. h4
Bb) 21. Dds: cds: 22. Tn (Auf 22. h4 antwortet Ca1) Die Folge 20 . . . Da3: 21. hs Sq 22. hg6: La6
Schwarz mit 22 . . . Lfs) 22 . . . Sb8 23. Tq Lf6 23. gf7:t TfT 24. Lh7t Kf8 2s. Dc6: führt den
24. Lb4 La6. Schwarz leistet mit Erfolg Wider­ Schwarzen in unüberwindliche Schwierigkei­
stand. ten.
IV 19. Le4 Tb8 20. Tb8: Sb8: Ca2) 20 . . . Sq 21. Lb4 Dds 22. Dds: Sds: 23. Lcs.
A) 21. Ld2 Le6 22. De2 Tc8. Schwarz droht, sich Schwarz dürfte wohl kaum überleben können.
mit 23 . . . Lds weitere Erleichterung zu verschaf­ Ca3) 2o . . . Tb8
fen, und er hat prächtige Überlebensaussichten Ca31) 21. Tn Da3: 22. Lg6: (Für 22. hs hat Weiß
bekommen. keine Zeit, weil dem Schwarzen die Antwort

440. S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924), S.233.
441 . M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd 1976), S.199.
208 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

22 . . . Sb4 zur Verfügung steht) 22 . . . Le6, und Ba1) 22. h5


weder nach 23. Lf7:t Tf7: 24. Da6: noch nach Bau) 22 . . . g5 wird von V. G. Zak untersucht.442 Die­
23. Da6: fg6: 24. Dc6: ist die Lage sonderlich ser Zug ist ungenügend; V. G. Zak gibt die Folge
klar. 23. Tg1 Lf6 24. e4 "mit Bauerngewinn bei an­
Ca32) 21. Tb8: Sb8: dauerndem Angriff" an.
Ca321) 22. Lb4 La6 23. Db3 (23. Da6: scheitert an Ba12) 22 . . . Lf5 ist jedoch eine ausreichende Entgeg­
23 . . . Dds 24. e4 Dd4:) 23 . . . Dds 24. Dds: cds: nung.
2S. La6: Sa6: 26. Le7: Te8 mit Ausgleich, denn Ba2) 22. Tc1 Ld7 23. La6: (Die Fortsetzungen
27. Lcs Ses: 28. des: scheitert an 28 . . . Te4. 23. Sb2 TabS oder 23. Sc3 Sq bringen nicht
Ca322) 22. Ses Sd7 23. Lb4 Ses: 24. Lcs: Df6. Auch mehr ein) 23 . . . La4: 24. hs (24. Tq wird mit
hier kann Schwarz zufrieden sein, wenngleich 24 . . . es beantwortet) 24 . . . Tfb8 mit der Absicht
Weiß immer noch Vorteil besitzt. 2S . . . Lbs oder 2S . . . Tb6. Schwarz dürfte überle-
Cb) 20. Tg1 ben können.
Cb1) 20 . . . Dds führt zur Partiestellung. Bb) 21. Tg1 Sq. Obwohl Weiß etwas günstiger steht
Cb2) 20 . . . e6 ist stärker; die Bauern auf a3 und h2 als in der entsprechenden Stellung nach 19. f4
sind angegriffen. Schwarz hat ausreichendes (III Ba), sind die dort aufgezeigten Verteidi­
GegenspieL gungsmöglichkeiten (Ba1-4) auch hier wirk­
VI 19. h4 sam. Weil der Punkt e3 jedoch geschützt ist,
A) 19 . . . Tb8 hat Weiß einen zusätzlichen Versuch zur Ver­
Aa) 20. Lg6: ist hier wieder wenig überzeugend. Es fügung: 22. Lb4
folgt 20 . . . Le6 21. Da6: fg6: 22. Tb8: Tb8: 23. Ses Bb1) Die Fortsetzung 22 . . . Te8 23. DC2 ist hoff­
(Nach 23. Sc3 spielt Schwarz 23 . . . Lf7 gefolgt von nungslos für Schwarz. Das Feld e2 ist jetzt ge­
24 . . . es oder 24 . . . es mit gefährlichem Gegen­ deckt, so daß die Verteidigungsidee 23 . . . La6
spiel) 23 . . . Lds 24. Tg1 es. Schwarz hat ausrei­ 24. Le4 Dhs, die im Abspiel III Bai zum Erfolg
chende Kompensation für seinen Materialrück­ führte, hier an 2S. Lc6: scheitert.
stand. Bb2) 22 . . . Tb8 23. Dds: Sds: 24. Lcs Tb1:t 25. Lb1:.
Ab) 20. hs Tb1: 21. Lb1: Da5t 22. Ld2 Dds 23. Dds: Ich glaube nicht, daß Schwarz sich in diesem
cds: 24. hg6: fg6: 25. Lg6: Lf5 26. Lfs: Tf5: 27. Ke2 Endspiel erfolgreich verteidigen kann.
es oder 27- f4 e6 mit der Absicht 28 . . . Lf8. Bb3) 22 . . . Dq: 23. Lq: Tes 24. TCI (24. Tg6: Lfs
Schwarz hat Rettungsaussichten, weil die An­ ist nicht überzeugend) 24 . . . Sds. Schwarz be­
zahl der Bauern stark reduziert ist; aber seine absichtigt, mit e7-es fortzufahren; er hat Aus­
Aufgabe ist keineswegs angenehm. sichten, sich zu halten.
B) 19 . . . Dast 20. Ld2 Dds Natürlich haben die angeführten Abspiele nur bei­
spielhaften Charakter, doch scheinen sie mir eini­
gen Eindruck davon zu vermitteln, wie vielschich­
tig die strategischen Probleme in der vorliegen­
den Stellung sind. Die Verteidigungsressourcen
des Nachziehenden sind reichhaltiger, als man auf
den ersten Blick vermuten würde.
Der Textzug scheint mir etwas weniger nachhaltig
zu sein als die in den Varianten IV-VI untersuch­
ten Fortsetzungen. Die Drohung 20. Tg6: ist sehr
kräftig, kann aber leicht pariert werden; danach
muß sich Weiß um die Verteidigung des Bauern
Ba) 21. Dds: cds: auf h2 kümmern.

442. V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.101.


10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R Z09

19. . . . Bei der weiteren Folge ZL Tb8: Sb8: zz. Ses


kommt Schwarz mit zz . . . De7 zu GegenspieL
"Am besten!" schreibt Dr. Lasker.443 Dieses Ver­
teidigungsmanöver, das nach anderen Zügen die 20. LCI-d2
stärkste Fortsetzung für Schwarz bildete, ist jedoch 2 1 . Tb t -Cl
jetzt nicht am Platze, weil die Dame von ds aus den Andere Fortsetzungen sind schwächer.
Königsturm des Weißen nicht angreift und die Be­ I z1. Dez Dd6 zz. f4 Da3:, und Schwarz steht nicht
drohung des Bauern auf hz aufgehoben wird. mehr schlechter; auf z3. fs folgt Z3 . . . Dd6.
Ebenfalls ungenügend ist II z1. Sc3 DC4: z2. LC4: Sq z3. Tg6: (Sonst kommt
I 19 . . . Dhz: zo. Tg6:, Schwarz zu z3 . . . Le6 mit Ausgleich) z3 . . . Lfs
24. Tc6: Lb1: zs. Tq: Tfc8 mit ausreichendem
z8z Gegenspiel für Schwarz:
A) z6. Tc8:t Tc8: z7. Lf7:t (z7. La6 kann mit
z7 . . . Tb8 pariert werden) Z7 . . . Kf7: z8. Sb1: Th8
usw.
B) z6. Te7: TC4: z7. Sb1: Tb8 z8. Sc3 Tb3 z9. Ta7:
(Mit z9. Se4 fs 30. Sd6 Tcz 31. Sfs: Lf8 zieht Weiß
sich Ungelegenheiten zu) z9 . . . Tcc3: 30. Lc3:
Tc3: 31. a4 Lf6 mit der Drohung 3Z . . . Lh4.
Schwarz hält remis.

21. Lc8-b7
und Schwarz geht an der Schwäche des Bauern
auf c6 zugrunde.
A) zo . . . Dh1t z1. Kdz Df) zz. Lbz Dfz:t (Nach
zz . . . Kh8 erhält Weiß mit der einfachen Fort-
setzung z3. Tgg1 Dfz:t z4. Lez Lh6 zs. Dc3
entscheidenden Angriff) z3. Lez (soweit V. G.
Zak)444 z3 . . . Lfs z4. Tfi Dfi: zs. Tg?:t, und Weiß
gewinnt.
B) zo . . . Sq z1. Tc6: Le6 zz. Dez Sds z3. Lbz. Weiß
hat einen gesunden Mehrbauern.
II 19 . . . Kh8 bringt eine beträchtliche Verschlechte­
rung der Königsstellung mit sich; nach zo. Le4
Tb8 z1. Tb8: Sb8: zz. Ldz Le6 z3. Des ist die Dro­
Die Stellung, die nach z1. . . Dc4: zz. LC4: e6 23. Ld3
hung z4. Dgs nebst zs. Lg6: (neben hz-h4-hs)
entsteht, ist für Schwarz verloren. Auch nach
höchst unangenehm für Schwarz.
21. . . Sbs zz. Ses mit der Drohung 23. Le4 dürfte
Richtig ist Schwarz keine Freude bei der Betrachtung seiner
III 19 . . . e6, obwohl Schwarz die Wirkungsmöglich­ Stellung empfinden.
keiten seines Damenläufers damit einschränkt.
22. DC4-C2?
Weiß muß den Bauern auf hz decken; nach
zo. f4 (Auf zo. h4 folgt zo . . . Dhz, und zo. Tg3 Gerade hat Weiß seinen Gegner unter höchsten
sieht unnatürlich aus) spielt Schwarz zo . . . Tb8. Druck gesetzt - da lockert er seinen Griff und gibt

443· TfS 1910, S.n8.


444· V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.101.
210 D E R W E T T K A M P F L A S K E R - S C H LE C H T E R

Möglichkeiten zu GegenspieL Es gab mindestens S o sehr hat das Aufstellen der Drohung 23. Tg6: die
zwei stärkere Fortsetzungen, die ich beide für ge­ Gemüter bezaubert, daß niemand (von M. Euwe
winnverheißend halte: abgesehen, der die schlappe Fortsetzung 22. Dd5:
I 22. h444s cd5: 23. f4 empfohlen hat446) jemals einen Gegen­
A) 22 . . . Dh5 23. Lg6: Dh4: 24. Lb1. Schwarz kann vorschlag zu dem Textzug gemacht hat.
die Defekte seiner Stellung nicht heilen; Weiß
steht auf Gewinn. 22 . ... Dd5-h5
B) 22 . . . Kh8
Ba) 23. Sc3 Dq: (Die Fortsetzung 23 . . . Dhs 24. Le4 In Betracht kommt auch 22 . . . Dd6; aber der Un­
sieht hoffnungslos für Schwarz aus) 24. Lq: Sq terschied zum Textzug ist gering.
25. Se4. Weiß steht auf Gewinn.
Bb) 23. Dd5: cd5: 24. h5 gh5: 25. Tg5 TfdS 26. Ke2 23. Ld3xg6 (?)
Lf6 27. Ths:t Kg8 28. Tgit Kf8 29. e4 mit ent­
Dieser Zug wurde von Emanuel Lasker und von
scheidendem Angriff.
Capablanca verurteilt. Die späteren Kommentato­
C) 22 . . . Tfb8 23. Sc3 Dq: 24. Lq: Kf8 25. Se4. Weiß
ren haben natürlich die Meinung solcher Autori­
steht auf Gewinn.
täten übernommen. Aber die Verbesserungen, die
D) 22 . . . e6 23. Dd5: cd5: (23 . . . ed5: bringt für
sie vorschlugen, sind nicht alle überzeugend:
Schwarz keine Vorteile mit sich) 24. Ke2.
I 23. Tbt wurde von Dr. Lasker bei seiner ersten
Schwarz hat keine ausreichende Verteidigung
Bearbeitung dieser Partie als "einfacher und
gegen die Drohung 25. h5 gh5: 26. Tg5; schafft
besser" empfohlen;447 später änderte er seine
er mit 24 . . . Tfb8 Raum für die Flucht seines Kö­
Meinung. In der Tat hat Schwarz nach 23 . . . Dh2:
nigs zum Damenflügel, so folgt 25. Tc2 nebst
ausreichendes Gegenspiel:
26. Tbt.
A) 24. Tg3448 Dhit 25. Ke2 Dhst 26. Kh Dhit
II 22. Sc3
27. Tp Dh3t 28. Ke1 Dh2. Weiß ist nicht weiter­
gekommen.
B) Auch auf die von L. Pachman449 empfohlene
Fortsetzung 24. Ke2 folgt 24 . . . Dh5t, und Weiß
kann keine Fortschritte machen.
C) 24. Tft, und nun:
Ca) 24 . . . Dq

285

gefällt mir noch besser:


A) 22 . . . Dhs 23. Lg6: Dh2: 24. Se2, und die Dro­
hung 25. Le4 hat entscheidende Kraft (24 . . . Dh4
25. Sf4).
B) 22 . . . Dq: 23. Lq: e6 24. Se4, und Weiß ge­
winnt.

445· Dieser Zug wird von Dr. Lasker bei seiner Besprechung der Partie in ,.Ost und West," Monatsheft Nq (April) 1910,
S.35-38 empfohlen.
446. M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd 1976), S. 199.
447· DSZ 1910, S.79.
448. In der TfS 1910 beendet Dr. Lasker hier das Abspiel mit dem Urteil: "Schwarz erhält Gegenangriff."
449. L. Pachman, Entscheidungspartien (Düsseldorf 1972), S.38.
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 211

Cat) 2s. Lg6: fg6: 26. Db3t ist laut B. S. Vajnstejn450


286
stark; aber nach 26 . . . Tf7 27. Db7: Tb8 28. Dq:
Tbt:t 29. Ke2 Tf2:t JO. Th: Sq: hat Schwarz
Vorteil.
Ca2) Die Fortsetzung 2S. Dq LeB 26. Lg6: Le6
27. Lf7:t Lf7: 28. Da6: bereitet dem Schwarzen
jedoch Ungelegenheiten.
Cb) 24 . . . Lc8 ist stärker als 24 . . . Dq; 2s. Dc6: Tb8
26. Tht Tbt:t 27. Lbt: Dq führt zu einer unge­
fähr ausgeglichenen Stellung.
D) 24. Tgs LeB 2s. Dc6: Tbs ist ebenfalls keine Fort­ scheint mir der Vorteil des Weißen nicht sehr
setzung, die Schwarz befürchten muß. groß zu sein.
II 23. Le4 lautete die letzte Empfehlung Laskers IV 23. Db3 wurde als zweites (nach 23. Tbt) von
in dieser Stellung, doch sehe ich nicht, wie Dr. Lasker vorgeschlagen;452 auch Capablanca
Weiß nach 23 . . . Dh2: 24. Tht Dd6 seinem An­ befürwortete diesen Zug.453 Lasker erhielt sei­
griff Kraft verleihen will. ne Empfehlung nicht aufrecht (vgl. II), doch
III Ebenfalls nicht durchschlagend ist die von scheint sie mir die stärkste Fortsetzung in die­
V. G. Zak451 gezeigte Fortsetzung 23. Lq ser Stellung darzustellen.
e6 (23 . . . Dh2: 24. Dg6: Dh7 2s. Dg2 überlebt A) 23 . . . TabS 24. Tg6: es hat der Weltmeister spä­
Schwarz nicht) 24. Dd3 ter als Antwort auf 23. Db3 angegeben;454
A) 24 . . . Sq 25. Ses LeB (Hier ist die Folge 25 . . . Dh2: nach 2S. des: steht Schwarz jedoch auf Verlust
26. Dft Tfb8 27. Tht Dd6 28. Lb4 hoffnungslos (2s . . . Le4 26. Tg7:t).
für Schwarz) B) Die Fortsetzung 23 . . . Dh2: 24. Tg6: TabS 2S. Tgs
Aa) 26. Se4 wird von V. G. Zak angegeben, aber mit der Absicht 26. Lc3 befreit den Schwarzen
nicht aus seinen Schwierigkeiten.
nach 26 . . . as kann Schwarz seinen Hauptnach­
teil, die Untätigkeit des Läufers auf eS, beheben Nach dem Textzug geht die Initiative auf Schwarz
über. Weiß kann dem Remisschluß bei vernünf­
und erhält ausreichende Gegenchancen, weil
tigem Spiel von Schwarz nicht mehr entweichen.
der h-Bauer von Weiß schwach bleibt.
Die Stellung bleibt indessen verwickelt, und ihre
Ab) 26. De4 scheint mir stärker zu sein. Nach
richtige Behandlung erfordert durchgehends höch­
26 . . . Sds 27. h4 ist die Drohung 28. Le2 Dfs
ste Aufmerksamkeit.
29. Dg2 sehr unangenehm für Schwarz. Er muß
wohl 27 . . . Se7 ziehen, denn 27 . . . Lf6 28. Tht ver­ 2 J. ...
bessert seine Lage nicht; Weiß spielt danach 24. Tgt-h
28. Le2 Dds 29. Dc2 oder 28 . . . Df5 29. Dg2 und Falsch wäre 24 . . . cs. Nach 2S. Le4 Le4: 26. De4:
behält gefährlichen Druck. muß Schwarz die Drohung 27. Tht parieren und
B) 24 . . . Dh2 2s. Dft So weit gibt V. G. Zak die Vari­ verliert deshalb seinen c-Bauern.
ante an; er glaubt anscheinend, daß Weiß nun
25. Dc 2 b3 t Tf8-f7
siegt. Dies trifft zu nach
-

26. DbJXb7 Ta8-f8


Ba) 2s . . . Sq 26. Tht Dd6 27. Dh3 Tfds 28. Lb4; aber
nach (siehe Diagramm 287)
Bb) 2s . . . es 26. Tg3 Sq 27. Ses: Lds 27. Db7-b3

450. B. 5. Vajnstejn, Myslitel' ("Der Denker"; Moskau 1981), 5.!76.


45 1 . V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), 5.102.
452. D5Z 1910, 5.79·
453· Zu finden bei E. Winter, Capablanca (North Carolina 1989), 5.30.
454. TfS 1910, 5.u8.
212 D E R W E T T K A M P F L A S K E R - S C H L E C H TE R

288

Schwarzen für vorteilhaft) 32. Kc2 Td8 33· Tgd1


mit unklarer Lage.
Ba2) 30. De6 Lg7 31. Ses mit Vorteil für Weiß.
Es ist nicht schwer zu sehen, daß 27. Da6: an
Bb) 29. Kd1 Ld4: 30. Kc2 Lg7 31. Ses mit der Dro­
27 . . . Tf2: scheitert. Nach 28. Tf2: Tf2: gibt es kei­
hung Scs-e6-gs; die Stellung des Weißen ist
ne Verteidigung gegen die Drohung 29 . . . Dg1t,
noch günstiger als im Abspiel Ba2.
denn 29. Kd1 wird mit 29 . . . Td2:t widerlegt, und
Diese Variante ist offenbar sehr erfreulich für Weiß
auf 29. Dc8t Kh7 30. Dg4 folgt 30 . . . Td2: 31. Df3
und stützt die Ansicht von G. Marco. Andere Kom­
Tg2.455 Schon G. Marco hat denn auch in seinen
mentatoren haben sich bemüht, eine überzeugen­
Kommentaren darauf hingewiesen. 456
dere Fortsetzung für Schwarz zu finden:
Zu dem Textzug bemerkt er: "Ganz schwach und
11 27 . . . es 28. Da6:
nur durch die hochgradige Aufregung erklärlich,
A) 28 . . . ed4: 29. De2 (Auch 29. e4 führt zum Sieg)
die den schwer bedrohten Weltmeister nach dem
29 . . . Dh4t 30. Dfl De7 wird von Dr. Lasker als
furchtbaren Keulenschlag 26 . . . Taf8 befallen haben
siegbringend für Schwarz angesehen.'59 doch
mag. 27. f4 war geboten. Schlechter hätte dann zu­
sehe ich nicht, wie er nach 31. Lb4 de3: 32. Dh2
nächst seinen Springer salviren müssen, und dann
gewinnt.
war Db7-b3 augenscheinlich unvergleichlich bes­
B) 28 . . . ef4:
ser."
Man hat in einigen später verfaßten Kommentaren
versucht, Marcos Behauptung genauer zu fassen.
Ich ergänze diese Ausführungen mit eigenen Be­
obachtungen zu der Stellung nach 27. f4.
(siehe Diagramm 288)
I 27 . . . Sb8 (Jetzt droht 28 . . . es) 28. Db3
A) Nach 28 . . . Kh8 29. Ses (S. Tarrasch457) hat Weiß
sicherlich entscheidenden Vorteil.
B) 28 . . . Dg3t ist stärker:
Ba) 29. Ke2 Ld4:
Ba1) 30. Tg1 Dh2t 31. Kd3 Lg7 (Soweit führt M. Eu­ Ba) 29. e4 Dg3t (L. Rellstab460). Hier bekommt
we458 das Abspiel an; er hält die Stellung des Schwarz in der Tat einiges Gegenspiel, ob-

455. Diese Variante wird bei V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963), S.102 angegeben.
456. WSZ 1910, S. 93·
.
457. S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig I924), S. 234.
.

458. M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd I976), S. 199.


459. "Ost und West," Monatsheft Nr.4 (April) 1910, S.35-38.
460. WdS , Band u (Lasker), Harnburg 1958, Beiheft Nr.36o.
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 213

wohl erst noch nachgewiesen werden muß, daß Ba) 29. Da6: ef4:, und die Stellung des Weißen
Schwarz nach 30. Ke2 (30. Kd1 Db3t 31. TC2 fällt auseinander: 30. Ke2 (30. e4 Ld4: oder
Db1t 32. Ln Td8 ist schwächer) genügende 30. ef4: TeSt 31. Kfl Ld4: ist nicht erfreulicher
Kompensation für die Figur hat. für Weiß) 30 . . . fe3: 31. Tf7: Dg2t 32. Ke3: Lh6t
Bb) 29. De2 Dh4t oder 32 . . . Te8 t, und Schwarz gewinnt.
Bb1) 30. Df2 Bb) 29. Dc6: ef4: 30. Dg2 genügt vielleicht noch
Bbn) 30 . . . De7 führt nach Dr. Lasker461 zum Vor­ eben zum Erlangen eines Unentschieden.
teil für Schwarz, aber nach 31. Lb4 fe3: 32. Df7:t C) 28. Ke2 Dg4t
gewinnt Weiß. Ca) 29. Kd3 Dfst 30. e4 (Nach 30. Kc3 Dast ist Ab-
Bb12) 30 . . . Dd8 31. ef4: Ld4: 32. Dg3 Dd6. Schwarz spiel Ab erreicht) 30 . . . Dh3t
hat vielleicht einige Rettungschancen. Ca1) 31. Kc2 Tb8, und Schwarz gewinnt.
Bb2) 30. Kd1 fe3: 31. Tf7: Tf7: 32. Le3: Ld4: 33- Sc3. Ca2) 31. Le3 Ld4: 32. Kd4: est, und Schwarz siegt.
Schwarz dürfte nicht überleben können; Ca3) 32. KC4 Tb8 33. Da6: Db3t 34. Kcs Tfst nebst
33 . . . Te7 scheitert an 34· DC4t. matt in einigen Zügen.
Be) Die Folge 29. ef4: Dg3t 30. Kd1 (30. Tf2 TeSt Ca4) 32. Ke2 Dg2t. Wenn Weiß den Bauern auf e4
31. Kfl Ld4: ist nicht stärker) 30 . . . Db3t 31. TC2 unter Schachgebot verliert, wird seine Stellung
Db1t 32. Ln Td8 33. Dc6: Td4: t 34· Ke2 Db3 hoffnungslos; 33. Ke3 scheitert an 33 . . . Ld4:t. Er
3S- Sb2 dürfte zum Sieg ausreichen. muß 33. Kd3 spielen, wonach 33 . . . Td8 gewinnt:
Bd) 29. DC4 scheint mir am allereinfachsten zu 34- es Td4:t 3S· Kd4: Dd2:t 36. Ke4 Tf4:t 37· Tf4:
sein. Ich sehe keinerlei Gefahren mehr für De2t 38. Kd4 Les: matt.
Weiß; er behält eine gesunde Mehrfigur, und Cb) 29. Tf3 es
Schwarz muß aufgeben. Cb1) 30. Da6: e4 31. Tcfl efJ:t 32. T[J: gs, und
Auch dieser Versuch, dem Spiel des Schwarzen Schwarz gewinnt.
nach 27. f4 Kraft beizusetzen, schlägt fehl. Den­ Cb2) 30. Dc6: ef4: 31. De4 (31. e4 wird mit 31. . . Ld4:
noch hatte Lasker Grund, den Zug 27. f4 zu ver­ widerlegt) 31. . . Dg2t 32. Kd3 fe3 : 33. Te3: Dgs.
meiden. Nach Es ist überflüssig zu untersuchen, ob Weiß in
III 27 . . . Dg3t kann Weiß dem Remis nicht entkom­ dieser Stellung etwa noch Rettungsaussichten
men, es sei denn, er begeht Selbstentleibung. hat.
A) 28. Kd1 Dg4t 29. Kc2 Dfst, und der König muß Wieder einmal zeigt sich, wie vorsichtig man sein
zurückwandern, denn muß, wenn man als an der Partie unbeteiligter
Aa) 30. Kb2 oder 30. Kb3 scheitert an 30 . . . Tb8, Kommentator von den Zügen auf die Gemütsbe­
und wegungen der Spieler schließen will - insbeson­
Ab) 30. Kc3 Dast ist ebenfalls fatal für Weiß: dere, wenn es zur gründlichen Erfassung des Stel­
31. Kb3 Dd2: 32. Da6: TbSt. lungsgehaltes an Zeit oder Können gebricht. Aber
B) 28. Tf2 es (Auch 28 . . . Ld4: verdient Prüfung) selbst wenn man eine Stellung noch so gründlich
analysiert hat, verrät es meist nichts als Anma­
290 ßung, wenn man behauptet, man wisse, was an
Gedanken und Gefühlen in Kopf und Brust ei­
nes Spielers umgegangen sei. Im vorliegenden Fall
würde man vermuten, daß Lasker von dem Zug
27. f4 abgesehen habe, weil er erkannte, daß das
Remis nach 27 . . . Dg3t unvermeidlich ist. Sein ei­
genes Zeugnis spricht aber dagegen (siehe II A). Er
kam vielleicht mit Hilfe einer falschen Überlegung
zum richtigen Schluß - wie es so oft geschieht.

461. TfS 1910, S.n8.


214 D E R W E T T KA M P F L A S K E R - S C H L E C H T E R

Bisweilen kann sich ein Spieler jedoch schon un­ mit 3 4 . . . Td2:t widerlegt) 3 3 . . . Dg2. Weiß ver­
mittelbar nach der Partie nicht mehr an die Über­ kehrt in Schwierigkeiten.
legungen erinnern, die er während des Spiels an­ II 29. Ke2 Tf4: (Hier scheitert 29 . . . Ld4: an
stellte, weil manche Denkprozesse sich mit gro­ 30. Thit Kg7 31. Tcg1) 30. Th1t Th4 31. Th4:t
ßer Schnelligkeit und Flüchtigkeit abspielen. Es ist Dh4:. In dieser Stellung steht Schwarz keines­
möglich, daß Lasker am Brett sah, daß Schwarz falls schlechter, zum Beispiel:
nach 27. f4 mit 27 . . . Dg3t das Unentschieden er­ A) 32. Tc6: Dh1 33. Tn Df3t 34· Kd3 es. Weiß dürfte
zwingen kann, dies jedoch später vergaß. nicht überleben können.
Der Textzug ist nicht schlechter als 27. f4; es ent­ B) 32. De6 Tf6. Sowohl nach 33. Dq Sq wie nach
steht eine ungefähr ausgeglichene Stellung. 33. DeS Dhst wird es dem König des Weißen
bald an den Kragen gehen.
2 7. ... Kg8-h8 (?)
C) 32. Db7 Dhst 33· Kd3 Dfst. Schwarz hat minde­
Für die Durchführung des Planes, den Schwarz in stens Dauerschach.
der Folge verwirklicht, muß sein König auf h8 ste­ Die Idee, die Schwarz in der Partie verfolgt, ist
hen. Es kam jedoch noch eine andere Fortsetzung weniger wirksam als der hier gezeigte Weg.
in Betracht; wenn der Nachziehende diese Mög­
g6-gs (?)
lichkeit wählen will, ist sein König auf h7 besser
plaziert. Es handelt sich um folgende Spielweise: Selbst in dieser Position dürfte 28 . . . Dg3t stärker
27 . . . Kh7 28. f4 Dg3t mit der Idee, durch die Fesse­ sein als der Textzug.
lung des Bauern auf e3 Bauerngewinn zu erzielen. I 29. Ke2
A) 29 . . . Ld4: ist auch jetzt verfehlt: 30. Thit Th7
291 31. Tcg1 Th2t 32. Kd3 Dh3 33· Th2: Dh2: 34. Dd1,
und Weiß gewinnt.
B) 29 . . . Tf4:

292

In der jetzt entstandenen Stellung hat Weiß die


Wahl, wohin er mit seinem König ausweichen will:
I 29. Kd1
A) 29 . . . Ld4: ist nicht zu empfehlen: 30. Dd3 Tf4:
(Auch die Fortsetzung 30 . . . Td8 31. Ke2 Lb6 ist richtig:
32. De2 mit den Drohungen 33. Th1t nebst Ba) 30. Tf4: Tf4: 31. Thit Th4 32. Th4:t Dh4:
34· Tcg1 und 33· Sb6: nebst 34. Da6: ist unzu­ 33. Db7 Dhst nebst 34 . . . Dbs( +). Schwarz hat
reichend für Schwarz) 31. Tf4: Tf4: 32. Ke2 Le3: nichts zu fürchten.
33· Th1t, und Weiß gewinnt, denn 33 . . . Th4 Bb) 30. Th1t Th4 31. Th4:t Dh4:. Es gibt keinen we­
scheitert an 34· De3:. sentlichen Unterschied zu den Varianten, in
B) 29 . . . Tf4: ist richtig: 30. Tf4: Tf4: 31. Ke2 Tf2 denen der König aufh7 steht.
32. Th1t Lh6 (32 . . . Th2 33. Th2:t Dh2: 34. Db7 II 29. Kd1 Tk 30. Tf4: Tf4: 31. Ke2 (31. Db7 Tflt
Sq führt zu einer ungefähr ausgeglichenen 32. Kc2 Tci:t 33. Kn: Sq verspricht nicht mehr).
Stellung) 33. Dd3 (33. Th6:t Kh6: 34· e4t wird Bis hierher gibt Dr. Lasker die Variante an;462

462. TfS 1910, S.n8. Die Angabe 28 . . . Dh4+ (statt 28 . . . Dg3+) beruht offenbar auf einem Druckfehler.
10. PARTI E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 21S

er hält die Position des Weißen offenbar für Ab) 34· . . Dc6 3S· ds nebst Ld2-c3 mit Gewinnstei­
vorteilhaft. Nach 31. . . Th4 32. De6 Sq 33. Dc6: lung für Weiß.
(Weiß sollte dem Springer des Schwarzen das B) 31. . . gf4: 32. ef4: Dg4t 33. KCI Sd7 (Wenn der
Feld ds nehmen; auf 33. De7: folgt 33 . . . Th2 mit Springer des Weißen nach es gelangt, sieht es
der Drohung 34· . . Sds) 33 . . . Thuntsteht jedoch für Schwarz finster aus) 34· Th3t (Nach 34· Tg3
eine etwa ausgeglichene Stellung. ist das Zwischenschach 34· · · Tc8t störend für
Nach dem Textzug sollte Schwarz erneut in Schwie­ Weiß: 3S· Ses Ses: 36. Df7: Se4t 37· Tc3 Tc3:t
rigkeiten geraten. 38. Lc3: Dh3 usw.) 34· .. Kg8 3S· Tg3
Ba) 3S· . . Test 36. Ses
Ba1) 36 . . . Ses: 37. Df7:t Kf7: 38. Tg4: Ld4: 39· Kd1.
Weiß nutzt nicht die ihm gebotene Gelegenheit. Weiß sollte das Endspiel bei sorgfältiger Be­
Besser war 29. Tc6:, um den Damenspringer des handlung gewinnen.
Schwarzen daran zu hindern, über q ins Zen­ Ba2) 36 . . . Dfs 37. Tfg1 Kf8 38. Le3. Schwarz schwebt
trum zu gelangen. 29 . . .Dg3t 30. Kd1 Dg2 wird mit in Lebensgefahr.
31. Dq pariert. Bb) 3S· . . Dfs 36. Tfg1 e6 37. Sq
F. Reinfeld (oder R. Fine) glaubt sogar, daß 29. Tc6:
unmittelbar zum Gewinn führt. Er stützt seine 293
Ansicht mit folgender Angabe: "29. Tc6: Sb8 (falls
29 . . . gf4: 30. ef4: Sb8, so 31. Tc3 ! mit entscheiden­
dem Vorteil) 30. Tq, und die Stellung des Schwar­
zen ist nicht verteidigungsfähig, zum Beispiel
30 . . . gf4: 31. ef4: Ld4: 32. Dds."463
Dies ist denn doch etwas optimistisch. Zunächst
sei eine Ungenauigkeit berichtigt. Nach 29. Tc6:
gf4: 30. ef4: Sb8 ist 31. Tc3 nicht das Stärkste.
Schwarz antwortet 31. . . Dh4t 32. Kd1 Dg4t 33. KCI
Sd7. Diese Stellung wird weiter unten besprochen Dies ist die kritische Stellung, die nach 29. Tc6: bei
werden; Weiß steht besser, aber nicht auf Gewinn. beiderseits bestem Spiel entsteht. Weiß hat deut­
Wenn er 31. D[J statt 31. Tc3 spielt, gewinnt er so­ lichen Vorteil. Sein Mehrbauer spielt keine große
fort; 31. . . Dh4t 32. Kd1 verbessert die Lage des Rolle, aber sein König steht sicherer als der des
Schwarzen nicht. Gegners. Ich glaube, daß Schwarz sich bei sorg­
Die richtige Antwort auf 29. Tc6: ist 29 . . . SbS, und fältigem Spiel ausreichend verteidigen kann, aber
nun: seine Aufgabe ist nicht leicht. Dagegen hat er nach
I 30. Tq gf4: 31. ef4: Ld4: dem Textzug keinerlei Probleme mehr.
A) 32. Df3 Th7 mit gleicher Stellung.
29 . ...
B) 32. Dds Dg3t 33· Kd1 Lf6 34· Lc3 Dg6 3S· KCI
Th7- Schwarz dürfte sich halten können. Viel schwächer ist 29 . . . Dg3t 30. Kd1 Dg4t 31. Kc2
II 30. Tc3 ist wohl aussichtsreicher: 30 . . . Dg3t Dfs 32. Th1 t Kg8 33. fgs:, und Weiß steht auf Ge­
(30 . . . g4 31. Dds ist aussichtslos für Schwarz) winn.
31. Kd1 30. e3xf4
A) 31. . . Dg2 32. Te1 gf4: 33. ef4: Sd7 (33 . . . Sc6 schei­
Natürlich scheitert 30. Da6: an 30 . . . fe3:, und
tert an 34· Tg3 Sd4: 3S· Df7: Dg3: 36. Th1t)
Schwarz gewinnt. Nach 30. Tf4: Tf4: 31. ef4: Sq
34· Tg3
hält Schwarz mühelos remis.
Aa) 34· . . Df2 3S· Th1t Kg8 36. Tg7:t Kg7: 37· Dh3
nebst matt in einigen Zügen. 30 . ...

463. F. Reinfeld, Dr. Lasker's Chess Career: Part I, 1889-1914 (New York 1935), S. 137-138.
216 D E R W E T T KA M P F L A S K E R - S C H L E C H T E R

Nach 30 . . . Sq 31. Df3 käme Schwarz in Schwierig­ I n dieser Stellung bringt das Manöver 34- Th1
keiten. Dh1: 3S· Th3t nichts ein. Nach 3s . . . Dh3: 36. Dh3:t
Kg8 steht Schwarz keinesfalls schlechter; neben
31. Ke1 -e2
37· . . Ld4: droht 37 . . . Sds.
Die Fortsetzung 31. Kd1 Dg4t 32. Kc2 (32. Tf3 schei­ Dr. Tarrasch vergoß reichlich Spott über den Text­
tert an 32 . . . Tf4: 33. Lf4: Tf4: 34- Ke2 Dg2t oder zug. Er schreibt:464 "Unglaublich! Diese Situation,
34. Tc3 Td4:) 32 . . . Dfs führt zu einer glatten Remis­ wo ihm von allen Seiten Verderben droht, benutzt
stellung. Lasker dazu, einen Bauern zu verspeisen! Dies er­
innert an den General, der sich im dicksten Ku­
31.
gelregen eine Zigarre anzündet!" Er meinte, Weiß
3 2. Tfi -h
müsse unbedingt 34. Ses spielen.
Nicht ersprießlich ist für Weiß die Fortsetzung Ich teile sein Urteil nicht. Er wurde von zwei Din­
32. Kd1 Dhst 33. Tf3. Nach 33 . . . Tf4: 34- Lf4: Tf4: gen irregeleitet: von einem allzu großen Vertrau­
3S- Ke2 Dh2t 36. Ke1 (Au[ J6. Ke3 folgt 36 . . . Ld4:t, en auf die Gültigkeit allgemeiner Grundsätze im
und nach anderen Zügen hat Schwarz mindestens Schach und der irrtümlichen Meinung, Schwarz
remis) 36 . . . Dg1t 37· Tfl (Auf 37- Dfl folgt 37 . . . Te4t erhielte nach dem Textzug eine Gewinnstellung.
nebst 38 . . . Dd4:t) 37 . . . Tfl:t 38. Dfl: De3t 39. Kd1 Diese Behauptung wurde von C. Schlechter als er­
Dd4:t gewinnt Schwarz. stem verfochten,465 von G. Marco gestützt466 und
hat allgemeine Anerkennung gefunden; sie trifft
3 2· Dh2-hst aber nicht zu, wie sich aus den folgenden Ausfüh­
3 3 · Th-f3 Sa6-q rungen ergeben wird.
Dennoch ist es natürlich nötig, die Folgen von
294 34· Ses genauer ins Auge zu fassen. Der Vorteil des
Zuges besteht darin, daß er den Springer q an
seinen Platz bindet, denn sowohl nach 34 . . . Sds
wie nach 34 . . . Sbs ist die Antwort 3S· Se6 störend
für Schwarz. Sein Nachteil liegt in dem Umstand,
daß er rein verteidigender Natur ist und Weiß
Schwierigkeiten hat, eine aussichtsreiche Fortset­
zung zu finden, wenn Schwarz einen soliden Zug
wie 34 . . . Kg8 als Antwort wählt. Mir scheint jedoch
die Folge 34· . . Td8

29S

Auf33 . . . Sb8 hatte Dr. Lasker 34- Th1 geplant. In der


Tat hat er nach 34 . . . Dh1: 3S· Th3t Dh3: 36. Dh3: t
Kg8 37. Ses treffliche Gewinnaussichten, während
sich Schwarz nach sofortigem 34. Ses mit 34 . . . Dfs
verteidigen kann.
Nach 33 . . . Dbs könnte Weiß den Kampf mit 34· Tq
fortsetzen. Der Textzug ist der stärkste in dieser
Position.

34· TCi xc6 am unangenehmsten für Weiß zu sein.

464. S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924), S. 234.
465. DSZ 1910, S. So.
466. WSZ 1910, S. 94.
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 217

3S· Sb3 Td6 überläßt dem Schwarzen eine vor­ 3S· Dg6 Dg6: 36. Tg6: Sf4:t 37· Lf4: Tf4: 38. Th3t
zügliche Stellung; auf 36. Th1 Dh1: 37· Th3t kann Kg8 39. Thg3 T8f7 40. Ses hat Schwarz noch nicht
37 . . . Th6 folgen. alle Gefahren überwunden." Bei G. Marco470 fin­
II 35. Tq Td6 ist nicht angenehmer für Weiß. den sich die wesentlichsten Varianten.
III 3S· Th1 Dh1: 36. Th3t Dh3: 37· Dh3:t Kg8 ist 3S· Tcs ist falsch. Nach 3S · . . Tf4: 36. Lf4: Sf4:t
auch hier für Weiß unersprießlich. 37. Kd1 (Nach anderen Zügen kann die Dame
IV 3S· Ke1 Dh1 t bringt Weiß nicht weiter, denn auf des Schwarzen mit Schach von hs entweichen)
36. Tfl folgt 36 . . . Dh4t 37· Ke2 Dhst, und der 37 . . . es gewinnt Schwarz.
Bauer auf d4 fällt. II 35· Dg6
V 3S· Le3 es 36. Dbt Dh2t 37· Lh (37. Th Dhst A) 3S · · · Dg6: 36. Tg6:, und nun:
führt zu Zugwiederholung, denn auf 38. Kd2
ed4: 39. Th1 de3:t 40. KC2 Tds darf Weiß sich
natürlich nicht einlassen) 37 . . . e4
A) 38. Se4: Se6 39. Tht Sd4:t 40. Ke3 Sfst. Schwarz
erzwingt remis.
B) 38. Tht ef3:t 39. Kd2 Dht: 40. Dht:t Kg8 41. D[J:
Ld4: mit klarer Remisstellung.
VI 35· Tgt mit der Drohung 36. Tgs ist am giftig­
sten:
A) 3s . . . Td4: 36. Tht Dht: 37· Th3t Dh3: 38. Dh3:t
Kg8 39. Dc8t, und Weiß gewinnt.
B) 3S· . . Tfs ist eine bessere Antwort; Schwarz Aa) 36 . . . Tf4: 37. Th3t Kg8
wehrt die Drohung 36. Tgs ab. Nach 36. Sb3 Td6 Aa1) 38. Thg3 (mit der Absicht Sa4-cs-e6 und Vor­
37- Kfl Th6 entsteht eine ausgeglichene Positi­ teil für Weiß laut M. Ploeger und M. de Zeeuw)
on. 38 . . . T8f7 39. Ses T4f6 mit Remisstellung.
Der Textzug ist nach objektiven Kriterien nicht Aa2) 38. Ses ( ! ! Eduard Lasker) 38 . . . Tht 39· Kd3
schlechter als 34. Ses und setzt den Gegner un­ Td2:t 40. Kd2 Sf4 mit Ausgleich.
ter stärkeren Druck. Eduard Lasker äußert sich so Ab) 36 . . . Sf4:t 37. Lf4: Tf4: (soweit G. Marco, der
über die Wahl seines Namensvetters:467 "Psycholo­ die Stellung als remis einschätzt) 38. Th3t
gisch gesehen war dies seine beste Chance, denn es Kg8 39· Thg3 (Nach 39· Ses T4f6 40. Thg3 Tg6:
bot seinem Gegner eine derartige Menge an Aus­ 41. Tg6: Tf6 hat Weiß nichts) 39 . . . Te4t 40. Te3
wahl unter gleichermaßen kompliziereten Fortset­ Te3:t mit remis.
zungen, daß ein Fehlgriff wahrscheinlich wurde. B) Auch mit 3s . . . Dh2t kann Schwarz nicht mehr
Gemäß dem Rezept, das Lasker mir einst empfoh­ als Ausgleich erzielen: 36. Th, und nun:
len hatte, wählte er einen Zug, der ihn nicht nur Ba) 36 . . . Dh3 37- De4. Weiß steht besser.
gegen die Drohungen seines Gegners verteidigte, Bb) 36 . . . Dh4 37. Tc8 (Auch einige andere Züge
sondern der auch einen Tropfen Gift enthielt." sind vollkommen zureichend) 37 . . . Tc8: 38. Df7:
Dg4t (Nach 38 . . . Ld4: 39. Tp steht Weiß nicht
3 4· ... Sq-bs
schlechter) 39. Ke1 Dgtt. Schwarz muß Dauer­
Hier ist der Zug 34 . . . Sds fleißig untersucht wor­ schach geben, wenn er nicht in Nachteil geraten
den. C. Schlechter behauptete nämlich:468 "Sehr will.
stark (wahrscheinlich entscheidend) war 34· . . Sds." Nach 34 . . . Sds hat Weiß also in 3S· Dg6 eine befrie­
Dr. Lasker hingegen schrieb:469 "Nach 34 . . . Sds digende Antwort, wie G. Marco richtig ausführt.

467. Ed. Lasker, Chess Secrets I Learned from the Masters (New York 1951), S.93-94.
468. DSZ 1910, S. Bo.
469. TfS 1910, S.n8.
470. WSZ 1910, S. 93-94.
218 D E R W E T T K A M P F L A S K E R - S C H L E C H TE R

Um so befremdlicher wirkt es, daß er an eine Be­ Der Textzug ist ebenso gut wie 3 S · Ke1 und gibt
schreibung der Stellung nach 34 . . . Sds die Aussage dem Schwarzen mehr Gelegenheiten, fehlzugrei­
anschließt: "In derartigen Fällen ist die Verteidi­ fen.
gung gewöhnlich aussichtslos." Weiß hat zudem
35· ...
außer 3S· Dg6 noch eine andere Möglichkeit, die
vermutlich zur Rettung der Partie hinreicht: Zu diesem Zug sind viele Kommentare verfaßt
III 3S· Ke1 Sf4: 36. Lf4: Tf4:, und nun: worden, und einige Autoren versahen ihn mit ei­
A) 37. Th3 scheitert an 37 . . . Tfl t 38. Kd2 Td1t nem Fragezeichen, weil sie glaubten, er wandele
39. Kc2 Tf2t, und die Dame des Weißen fällt eine Gewinnstellung in eine Remisstellung um.47 2
mit Schachgebot Schlechter selbst war der Ansicht, er stehe hier
B) 37· Tf4: Tf4: 38. TeSt LfB 39· De3 Dh4t 40. Kd2 auf Gewinn. 473 In Wirklichkeit liegt eine Remis­
Td4:t 41. Kc2 TC4t (41. . . Ta4: 42. TfB:t Kg7 stellung vor, und die gewählte Folge ändert die
43· T[J ist nicht aussichtsreicher für Schwarz) Stellungseinschätzung nicht, wie ich im folgenden
42. TC4: DC4:t 43· Dc3t Dc3:t 44· Sq: mit zu zeigen hoffe.
Remisstellung. Ich gehe auf die Verbesserungsvorschläge ein, die
Der Textzug ist nicht schlechter als 34 . . . Sds. an dieser Stelle gemacht worden sind, und versetz­
te sie mit meinen eigenen Beobachtungen.
3 5 · Tc6-C4 I 35 . . . es wurde von Capablanca empfohlen.474
Nach 36. des: Les: verfügt Weiß über eine
Offenbar ungesund ist die Fortsetzung 3S· Tc5 ;
Vielzahl von Möglichkeiten; am sichersten
nach 3S · . . Sd4:t 3 6 . Dd4: Df3:t gewinnt Schwarz
ist 37· Ke1. Es lohnt sich nicht zu untersu­
die Qualität. Ebenfalls verderblich für Weiß ist
chen, ob Weiß entscheidenden Vorteil erzielen
3S· Le3 Sd4:t (Dagegen wäre 3S · · .Tf4: 36. Lf4: Sd4:t
kann oder ob Schwarz mit remis davonkommt;
37. Dd4: Ld4: 38. Th6t erfreulich für Weiß) 36. Ld4:
35 · . . es ist offensichtlich schwach.
Tf4: 37· Lg7:t Kp: 38. Dc3t es 39. Tqt KhS, und
II 35 . . . Sd6 36. Tcs Sfs lautet die Empfehlung von
Schwarz gewinnt.471
Dr. Lasker475 und Dr. Tarrasch.476 Diese Fort­
Dagegen führt 3S· Ke1 setzung atmet Festigkeit, denn der Springer
wird auf ein sicheres Feld überführt, wo er hilft,
297
den König zu schützen; aber im Gewinnsinne
ist sie wenig beeindruckend.

zum Remis: 3s . . . Dh1t 36. Dfl (36. Tfl scheitert an


36 . . . Dc6:) 36 . . . Dfl:t 37· Tfl: Sd4: 38. Tq usw.

47 1 . Die erste Variante stammt nach M. Ploeger und M. de Zeeuw, Veertig jaar topschaak (Venlo 1986), S.31-32 von ). H.
Blackburne, die zweite von W. Winter; genaue Quellenangaben habe ich nicht ermitteln können.
472. M. Euwe und L. Pachman, zum Beispiel. Eduard Lasker versah ihn gar mit drei Fragezeichen.
473· Siehe DSZ 1910, S.8o.
474. Siehe E. Winter, Capablanca (North Carolina 1989), S.30.
475· TfS 1910, S.u8.
476. S. Tarrasch, Die moderne Schachpartie (4. Auflage, Leipzig 1924), S. 234-235.
10. PART I E : L A S K E R - S C H LE C H T E R 219

A) 37· Le3 ist verfehlt; nach 37 . . . Dg4 hat Weiß kei­ tet) 38 . . . Tf4:, und Schwarz gewinnt.478 In der
ne befriedigende Verteidigung gegen die Dro­ Tat wird 39· Les: mit 39 . . . Dh2t widerlegt.
hung 38 . . . Sh4, zum Beispiel 38. Kf2 Se3: 39· De3: Der aussichtsreichste Versuch besteht in
Tf4:, und Schwarz gewinnt oder 38. Lf2 Sh4 Ac) 37. Ses,
39· Lh4: Tf4: mit Gewinn.
B) 37· Lc3 ist besser als 37· Le3, aber auch nicht son­ 299
derlich vertrauenerweckend.
Ba) 37· · . Dg4 38. Kd2 Sh4 39· Te3 Tf4; 40. Tq, und
Weiß dürfte überleben.
Bb) 37 . . . es 38. Tes: (Auf 38. des: folgt 38 . . . Sd4t
nebst 39 . . . Tf4:. 38. Kd2 reicht aber vielleicht
zum Remis) 38 . . . Les: 39. des: Kg8 40. Kd2 Tg7.
Die Stellung des Weißen sieht etwas zugig aus,
mag aber haltbar sein.
Königszüge sind sicherer.
C) 37· Ke1 Dh4t 38. Kd1 Dg4 39· Kc1 Dg1t 40. Tfi doch dürfte die Initiative des Schwarzen bei
Dd4: 41. Dd4: Sd4: 42. Tq. Die Stellung ist aus­ bestem Spiele zum Siege führen:
geglichen. ACI) 37 . . . Sd4:t 38. Ld4: ed4: 39. Se6 Te8 40. fs
D) 37· Kd1 braucht Weiß offenbar nicht zu fürchten.
Da) 37 . . . Dg4 lenkt ins vorige Abspiel über. Ae2) 37 . . . Tf4: 38. Lf4: Td4: (38 . . . Sd4:t 39. Kf2 ist
Db) 37 . . . Td8 38. KCI Dh1t (Auf38 . . . Td4: geschieht nicht günstiger für Schwarz) 39. Td4: Sd4:t
39· Th3) 39. Tfi (Nach 39· Dfi Dfi:t 40. Tf1: Sd4: 40. Kf2. Es ist eine Remisstellung entstanden.
bekommt Weiß einige Probleme, weil der Läu­ Ac3) 37· · . ef4: 38. Lf2
fer auf d2 unter dem Beschuß des Turmes d8
Ac31) 38 . . . TeSt 39· Kd2 Te3 wird mit 40. Te3: fe3:t
steht, doch sollte die Fortsetzung 41. Kb1 Sb3
41. Le3: Dh2t 42. De2 abgewehrt.
42. Thst Kg8 42. Le3 zum Erreichen eines Un­
Ac32) 38 . . . Kg8 39. Sb3 (39. Kd2 scheitert an
entschieden genügen) 39 . . . Dg2 40. ds. Weiß
39 . . . Sd4: und 39. Se6 an 39 . . . Te7) 39 . . . Sd6
hat nichts zu fürchten.
40. Tcs Te7t 41. Kd1 Dh2 42. KCI Se4 43· Te2 Sgs
Dc) 37 . . . es 38. KCI mit befriedigendem Spiel.
44· Dqt, und Weiß hält sich.
III 3S· . . Td8 ist der gefährlichste Versuch, der
AC33) 38 . . . Ld4:479 39· Td4: (39· Ld4:t Sd4:t 40.Td4:
schon von C. Schlechter angegeben wurde. Er
Dest ist nicht besser für Weiß: 41. Te4 Db2t)
glaubte, daß Schwarz mit diesem Zug den Sieg
39 . . . Dest 40. Te4 Db2t, und Schwarz gewinnt.
erzwingen kann, aber Weiß hat eine ausreichen­
de Verteidigung: Aq) 37 . . . ed4: führt ebenfalls zum Gewinn:

A) 36. Le3 es. Hier beendet Schlechter seine Un­ Aq1) 38. Se6 Te8 39. Tcs
tersuchungen; andere haben noch einiges ver­ Aqn) 39 . . . Sc3t 40. Dc3: Dh2t 41. Tf2 Df2:t
sucht: 42. Kf2: dc3: 43. Sg7: Kg7= 44. Kf3. Weiß erzielt
Aa) 37- ds Sd6 (L. Pachman477), und Schwarz ge­ mühelos remis.
winnt. Aq12) 39 . . . Dg4 führt zum Sieg: 40. Sgs Te3:t
Ab) 37· Tcs Sd4:t 38. Ld4: (38. Dd4: wird mit 41. De3: de3: 42. Sf7:t Kg8, und Schwarz ge­
38 . . . D[J:t, wie V. Vukovk angibt, oder noch winnt.
einfacher mit 38 . . . Td4: 39. Ld4: Tf4: beantwor- Aq2) 38. Se4 Te8 39. Tcs

477. L. Pachman, Entscheidungspartien (Düsseldorf i972), S.38.


478. V. G. Zak, Lasker (Moskau 1963). S.102.
479· Hinweis von D. Mohrlok, brieflich.
220 D E R W E T T KA M P F L A S K E R SCHLECHTER

300 3 8 . Ke2-f2

Danach kann Schwarz remis erzwingen, weil der


Turm auf eS ungedeckt steht und in vielen Varian­
ten durch ein Damenschach aufgegabelt werden
kann.
Freilich muß sich Weiß mit der Aufhebung der
Fesselung des Turmes auf f3 nicht beeilen; wichtig
ist nur, die Drohung 38 . . . Sd4:t zu parieren. Mit
38. TdS konnte dies erreicht und gleichzeitig die
Stellung dieses Turmes verbessert werden. Den­
39· . . Sc3t (Dagegen hat 39 . . . Dh2t nicht die ge­ noch genügt auch dieser Versuch nicht zum Sieg;
wünschte Wirkung; Weiß antwortet 40. Lh) Schwarz hat sogar mehrere Wege zum Ausgleich.
40. Dc3: Dh2t (40 . . . Df3:t 41. K[J: dc3: 42. Sd6 Schwach sind die Fortsetzungen I-IV:
bringt dem Schwarzen nichts ein) 41. Tf2 Dh1 I 38 . . . Sd4:t 39. Td4: Dest 40. De3, und Weiß
mit entscheidendem Angriff. bleibt um einen Turm im Vorteil.
II 38 . . . Kg7 39· Ses Sd4:t 40. Td4: T[J: 41. Df3: Des:
Weiß braucht sich jedoch nicht in diese Verwick­
lungen zu stürzen; er verfügt über eine einfache 42. Tg4t, und Weiß setzt matt.
Rettung. III 38 . . . Dh2t 39· Ke3 Tf3:t 40. Kf3: Dhit 41. Ke2,
B) 36. Ke1 (Minev480). Schwarz hat nichts Besseres und der König des Weißen findet aufb3 einen
als 36 . . . Dh1t; nach 37. Dfl entsteht eine ausge­ sicheren Unterschlupf.
glichene Position. IV 38 . . . Kg8 39. Kh (Auch 39. Ses reicht wohl zum
Sieg, denn nach 39 · · .Sd4:t 40. Td4: Tf3: 41. D[J:
G. Marco schreibt in der .,Wiener Schachzeitung":
Des: 42. Ddst Dds: 43. Tds: verliert Schwarz sei­
"3s . . . Td8 hätte unfehlbar zum Gewinn geführt, wie
nen a-Bauern) 39 . . . Dh2t 40. Ke3 mit leichtem
im .,Rückblick auf den Wettkampf" bewiesen wer­
Sieg.
den wird." Von diesem .,Rückblick" ist nur der I.
Zum Erreichen des Unentschieden genügt dage­
Teil erschienen, der die beiden ersten Partien des
gen:
Wettkampfes behandelt.481 Seine Beweisführung
V 38 . . . es 39. des:
wird uns auf ewig verborgen bleiben.
A) 39 · . . Tf3: scheitert an 40. Df3: Des:t 41. Kh
36 . Ld2Xf4 Tf8xf4 Dh2t 42. Kfl.
37· TC4-C8t Lg7-f8 B) 39· . . Des:t ist nicht das Beste, aber Weiß muß
zahlreiche Fallstricke vermeiden:
Ba) 40. Kd2 scheitert natürlich an 40 . . . T[J: 41. Df3:
301 Dgst.
Bb) 40. De3 De3:t 41. Ke3: (Auch 41. Te3: Kg7 ge­
nügt nicht zum Gewinn) 41. . . Tf3:t 42. Kf3: Kg7.
Schwarz erzielt unentschieden, weil Weiß den
Bauern auf a3 nicht halten kann.
Be) 40. Kh Df6 41. Tf4: Df4:t 42. Ke1 Dh4t 43. Ke2
Dg4t 44· Kd2 Df4t. Ich sehe für Weiß keinen
Weg, den Schachs zu entkommen, ohne Da­
mentausch zuzulassen; danach hält Schwarz
remis.
Bd) 40. Kd1

480. Laut M. Euwe, Von Steinitz bis Fischer (Beograd 1976), S.200.
48 1 . wsz 1910, 5.228-234·
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 221

Bdt) 40 . . . Da1t ist nicht das Beste: 303


Bdu) 41. Kc2 Sd4t 42. Td4: Dd4: 43· Dd4:t Td4:
44· Tf8:t Kg7, und Schwarz hält remis.
Bd12) 41. Kd2 Tf3: 42. D[J: Da2t 43· Ke1 Dait
44. Kf2 (44. Td1 kann mit 44· . . Dest beantwor­
tet werden) 44· . . Da2t 45· Kfl (Auf 45. Kg3 folgt
45 . . . Dg8t) 45 . . . Dait 46. Tdt Da3: 47· Dhst Kg8
48. Ddst Kg7 49· Kf2 mit entscheidendem An­
griff.
Bd2) 40 . . . Dh5 zwingt den Weißen jedoch, seinen
letzten Zug zurückzunehmen.
Be) 40. Te3 Dhst 41. Kd2 ist die richtige Fortset­ Be21) 47 . . . Kg7 48. Td7t. Jetzt scheitert 48 . . . Tf7 an
zung. Jetzt wird 41 . . . Tf2t mit 42. Ke1 widerlegt; 49· Tg2t; Weiß gewinnt.
nach 41. . . Dh2t Be22) 47 . . . Kg8 48. Tg2t Kh8 (Sonst verliert
Schwarz seinen a-Bauern) 49· Tds, und Weiß
302 gewinnt.
Be23) 47 . . . Tf7 48. Tes Kh7 49· Tas Lh6 50. Kd3 Te7
51. Td4, und Weiß gewinnt.
C) 39 . . . Dg4 dürfte das Unentschieden sichern.482
Der Witz dieser Fortsetzung liegt darin, daß
40. Kf2 mit 40 . . . Tf3:t 41. D[J: Dh4 t nebst
42 . . . Dd8: beantwortet werden kann. Nach
40. De3 Sd4t 41. Td4: Td4: 42. Sc3 La3: kann
Weiß nicht gewinnen.
VI 38 . . . Sd6 ist ebenfalls zum Unentschieden aus­
muß Weiß sorgfältig reagieren: reichend: 39. Ses
Be1) 42. Te2 Dh6 (43 . . . Tf2 scheitert an 44· Tf8:t) A) 39 . . . Dh2t 40. Ke3 Sfst (Nach 40 . . . T[J:t 41. K[J:
43· Kc2 dürfte nicht zum Sieg genügen: gewinnt Weiß wie im Abspiel III) 41. Dfs : Tfs:
Beu) 43 . . . Ta4: wird mit 44. Tf8:t Df8: 45· Th2t 42. Tf5: Dgtt 43· Ke2 Dg4t 44· Tf3 Dg2t 45. Tf2
Kg7 46. Dh7t Kf6 47- Tf2t widerlegt. Dg4t 46. Kd2 Dgst 47· Ke2 Dg6t 48. Sd3 Dc6t
Be12) 43 . . . Dc6t 44· Kb3 läßt den Schwarzen ohne 49· Kd2 Dh6t 50. Tf4 Dh2t 51. Kc3, und Weiß
zureichende Verteidigung gegen die Drohung gewinnt.
45· Th2t.
B) 39 . . . Sq483 führt zum Remis:
Be13) 43 . . . Dh7 ist die richtige Fortsetzung.
Schwarz erzwingt Damentausch; danach kann 304
Weiß den Bauern a3 nicht auf eine Weise vertei­
digen, die ihm genügend Material beläßt, um
im Endspiel zu siegen.
Be2) 42. KCI ist stärker als 42. Te2. Nach 42 . . . Dgit
43· Kb2 Dg2t 44· Te2 Dg7t 45· Sc3 Dc3:t
46. Dc3:t Sc3: 47. Kc3: kann Schwarz den geg­
nerischen a-Bauern nicht erobern; das Materi­
alübergewicht des Weißen sichert den Gewinn,
zum Beispiel:

482. D. Mohrlok, brieflich. Später auch in G. Kasparov, On My Great Predecessors, Part I (London 2003), S.184-185.
483. Angegeben von E. Erker, "Schach" 11!1999, S.61.
222 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

Ba) 40. Se6 Dh2t 41. Ke1 Dh4t 42. Kd1 Dhit (Die
Fortsetzung 42 . . . Sb2t 43. Kc2 Sd3: 44· Sf4:
ist weniger sicher) 43· Ke2 Tf3: 44. TfS:t TfS:
45· SfS: Sa3:t, und Schwarz hält remis.

Bb) 40. Se4 Sb2 41. De3 Dbst 42. Kf2 (Nach 42. Ke1
Dast fällt der Turm auf dS) 42 . . . Sd1t 43. Kg3
Se3: 44· Tf4: (44. Kf4: Sdst 45· Kg3 Kg7 46. Tdf8:
Db1 verspricht nicht mehr) 44 . . . Sfst 45· Kg4
Sh6t 46. Kh4 Sfst mit unentschieden.

VII 38 . . . Sa3: ist am einfachsten;484 nach 39. Da3:


Dh2t kann Weiß dem Dauerschach nicht ent­ I n der Tat muß Weiß nach 4 4 · . . DC2t u m das
kommen; auf 39· Ses hält 39 . . . Dh2t ebenfalls Remis kämpfen, denn er verliert den Bauern
remis, denn 40. Ke3 ist ungesund wegen der d4 (45. Kf3 Ddit 46. Ke4 Dhit). Genauer ist
Antwort 40 . . . Sc2t. Die Fortsetzung 39. De3 Tf6 deshalb
stellt natürlich auch keinen vielversprechenden B) 41. Ke1 Dh4t mit Zugwiederholung.
Gewinnversuch dar. IV 40. Kfl Dh3t 41. Kf2 Tf3:t (Ebenso gut ist
Die Züge 3S. Kf2 und 3S. TdS sind also als gleich­ 41. . . Dh2t) 42. Df3: DeS: 43· Dhst Kg8 44· Dbs:
wertig zu betrachten. Es scheint mir allerdings, mit remis; nach 44 . . . De2t 45· Kg3 hat Weiß
daß 38. Td8 vom praktischen Standpunkt aus gese­ keine Schwierigkeiten zu überwinden.
hen vorzuziehen ist, denn nach dem Textzug kann
Nach dem Textzug verbleibt Weiß mit einer Quali·
Schwarz ziemlich mühelos remis erzielen.
tät im Vorteil. Wer aber glaubt, er werde die Partie
3 S. ... nun geradlinig zum Siege führen, befindet sich im
Irrtum.
Wie Schlechter angibt,'85 beabsichtigte er ur­
sprünglich 38 . . . Dh4t, bemerkte jedoch dann, daß
Weiß nach 39. Kg2 Dg4t 40. Tg3 DeS: 41. Dg6 ge­
winnt. Nicht besser ist 40 . . . Tfl:t 41. Dfl: De4t 42. De2
Db1t (Nach 42 . . . Dh4t 43. Df2 gehen die Schachs
39· Kf2-e1 Dh2-h 1 t? schnell zu Ende; Damentausch führt zum Verlust)
Aber er findet es nicht. G. Marco hat als erster dar­ 43· Kd2 Da2t 44· Kd3 Dbit (44 . . . Da3:t 45· Sc3 Sc3:
auf hingewiesen,486 daß Schwarz mit 39 . . . Dh4t wird mit 46. Dhst Kg7 47· Dgst Kh7 48. Dfst wi­
remis erzwingen konnte. Er hat auch die wesentli­ derlegt) 45. Ke3 Db3t 46. Kf2 Df7t 47· Df3 Da2t
chen Abspiele schon angegeben: 4S. Kg3 DgSt 49· Kh4 Dh7t 50. Dhs, und Weiß
I 40. Kd1 Dh1t, und Schwarz gewinnt: 41. Ke2 gewinnt.
Dg2t.
4 1 . Ke1-d2
II 40. Tg3 Dh1t 41. Kd2 Tht, und Schwarz ge-
winnt. Natürlich scheitert 41. .. Td4: an 42. TcfS:t Kg7
Zum Remis führt 43.T1f7t Kh6 44· Th8t (G. Marco).'87
III 40. Kd2 Dh2t
A) 41. Ke3 Tf3:t 42. K[J: Dh3t 43· Ke2 DeS: 42. Dd3 xh
44· Dbs:. 43· Dh-d3

484. L. Keitlinghaus, "Schach" 11!I999, S.61.


48 5 . DSZ 1910, S . 8o.
486. wsz 1910, 5.94·
487. wsz 1910, 5.94·
10. PART I E : L A S K E R - S C H L E C H T E R 223

45· Lf8-h6
306 46. Tc5 -d5 Kh8-g8

Schlechter hielt den Zug 46 . . . Da2 für besser,490


aber ich verstehe nicht, welche Überlegung ihn zu
dieser Annahme bewog. Weiß hat zwei plausible
Fortsetzungen:
I 47· Ses Da1t 48. Ke2 Db2t 49· K[J Df6t so. Kg2.
Der König des Weißen entkommt den Schachs;
der Kampf geht weiter.
n 47· Ths

43· . . .

Es gibt nichts Besseres.


I Damentausch führt zum Verlust: 43 · . . Dd3:t
44· Kd3: Kg7 4S· Ses Kf7 46. a4. Weiß gewinnt
den gegnerischen a-Bauern und die Partie (G.
Barcza).'""
II 43 - . . Da4: 44· Tf8:t Kg7 4S· Tfs Sd6 46. Dg3t
Kh6 47· Dgst Kh7 48. De7:t, und Weiß ge­
winnt.
III 43 - . . Df4t 44· De3 Dh2t 4S· Kc1 Dh1t 46. Kb2 gefällt mir noch besser, weil der König des Wei­
Dg2t 47- Kb1 Dh1t 48. Ka2 Dg2t 49· Sb2 Ddst ßen jetzt nicht vom Damenflügel weggetrieben
so. Db3, und Weiß gewinnt. werden kann.
Die Partie wurde hier zum zweiten Mal abgebro­ A) 47- . . Kg7 48. Th3. Die Aufstellung der schwar­
chen.'89 zen Figuren ist unharmonisch; Weiß droht, Da­
mentausch zu erzwingen oder zum Mattangriff
44· Kd2-d1 Sb5-d6
überzugehen.
Auch hier ist nichts Wirksameres zu sehen. Da­ B) 47 . . . Da1t 48. Ke2
menschachs verbessern nur die Stellung des Kö­ Ba) 48 . . . Dnt 49. Kb3. Die Schachgebote des
nigs von Weiß, der am Damenflügel in Sicherheit Schwarzen gehen zu Ende; Weiß hat die Auf­
kommt, wie es in der vorigen Anmerkung darge­ stellung seines Königs wesentlich verbessert.
legt ist. Bb) 48 . . . Da2t 49- Sb2 De6 so. Dd4t Kh7 51. Tes.
4 5 · Tc8-c5? Weiß hat wesentliche Fortschritte gemacht und
steht auf Gewinn.
Viel stärker war es, den Druck auf der achten Reihe
Der natürliche Textzug, mit dem Schwarz seinen
aufrecht zu erhalten. Nach 4S· Tb8 kann Schwarz
König sicherer und besser aufstellt, ist weit stärker
nicht mehr lange Widerstand leisten; Weiß findet
als Schlechters Analysevorschlag.
Zeit, seinen Springer zu aktivieren. Nach dem Text­
zug kann der Läufer des Schwarzen wieder in den 47· Sa4-c5
Kampf eingreifen, und die technische Aufgabe des
(siehe Diagramm 308)
Weißen wird äußerst schwierig. Meines Erachtens
sollte der Nachziehende remis halten können. 47· Df2-g1 t?

488. Bei M. Ploeger und M. de Zeeuw, Veertig jaar topschaak (Venlo 1986), 5.32.
489. W5Z 1910, 5.94·
490. D5Z 1910, 5.8o.
224 DER WETTKA M P F LASKER - SCHLECHTER

B ) 4 8 . . . Dglt 49· Kc2 Dg6 so. Dg6:t Kg6: 5 1. Tes


308 Kf7 52. Kb3 Ke8. Auf 53· Ka4 folgt 53· . . Ld2, und
auf 53· Te2 geschieht 53 . . . Lg7 mit der Absicht
54 . . . Ld4; Schwarz sollte die Stellung halten kön­
nen, sobald er seinen Läufer auf die Diagonale
a7-g1 bringen kann.
Nach dem Textzug dürfte Schwarz verloren sein.

Dg1-e1t(?)

Hier steht die Dame besonders schlecht. Ein bes­


serer Versuch bestand in 48 . . . Df2t 49· Kb3 Lg7

309
Schwarz zwingt den Gegner dazu, die Aufstellung
seines Königs zu verbessern. Es war entschieden
stärker, nichts zu ziehen. Am besten gefällt mir das
in der Form von 47· . . Kf7; nach 47 . . . Lg7 48. Tgs be­
kommt Weiß Angriff. Aber 47 . . . Dp kommt auch
in Betracht.

Auf 47· . . Kf7 hat Weiß folgende Antworten:


I 48. Dh7t Lg7 bringt nichts ein; die Dame steht
auf h7 außer Spiel.
so. Se6 führt zum Remis: so . . . Db6t 51. Kc2
II 48. Tes
(Mit 51. Ka4 Dc6t kann Weiß nicht weiterkom­
A) 48 . . . Da2
men) 5 1 . . . Db2t 52. Kd1 Da1t 53· Ke2 Db2t
Aa) 49. Ddst Dds: so. Tds : Ke8. Schwarz kommt
A) 54. Ke3 Lh6t nebst 55 . . . Df6(+) kann dem Wei-
rechtzeitig zur Verteidigung seines a-Bauern.
ßen nicht empfohlen werden.
Er vermeidet den Abtausch seines starken Läu­
B) 54· Kf3 Df6t 55· Sf4 Sf7 mit remis.
fers gegen den gegnerischen Springer, den Weiß
C) 54· Ke1 Da1 t bringt den Weißen nicht weiter.
in der Partie durchsetzen konnte, und hält re­
D) 54· Dd2 Da3: 55. Tgs Da6t. Weiß kann den Da­
mis.
mentausch nicht vermeiden; dann hält Sd6-e8
Ab) 49· D[Jt Ke8 so. Dhst (so. Dc6t Kf7 bringt
remis.
den Weißen auch nicht weiter) so . . . Kd8. Jetzt
II so. Tgs ist besser als so. Se6. Nach so . . . Df7t
wird 51. Dh6: mit 5 1 . . . Da1t pariert; Schwarz
5 1 . Dds (51. Kb4 scheitert an 5 1 . . . Df4t) 5 1 . . .
hält remis.
Dds: 52. Tds: wird Weiß meines Erachtens ge­
Ac) 49. Te6 stellt unangenehme Drohungen auf;
winnen:
sicherer ist deshalb491
A) 52 . . . Lf6 43. Kb4 Lh4 44- Sd3 usw.
B) 48 . . . Dd2t 49. Dd2: Ld2:, und Schwarz hält sich;
B) 52 . . . Kf7 53. Kb4 Ke8 54. a4. Nun wird 54· . . Kd8
vgl. III B.
mit 55· Se6t bedient; der König des Weißen
m 48. Ths
dringt siegreich nach a6 vor.
A) Ich bin nicht sicher, ob die Folge 48 . . . Lg7
III so. Ka4 ist ebenfalls stark; so . . . Df4t 51. Kas
49. Ddst Ke8 so. Dg8t Lf8 51. Dg6t Df7
Sc4t wird mit 52. Kbs Sd6t 53· Ka6 beantwor­
52. DfTt Kf7: 53. Ta4 zum Remis genügt;
tet.
Schwarz hat Sorgen mit der Verteidigung des
a-Bauern. 49 · Kc2-b3 Lh6-g7

49 1 . J. van Reek, brieflich.


10. PART I E : LAS K E R - S C H L E C H T E R 225

Der Übergang ins Endspiel bringt Schwarz kei­ 55· Db8xa7 Dg7-g4t
ne Rettung mehr. Auf 49 . . . De3 antwortet Weiß 56. Da7-d4 Dg4-d7t
50. Ka4, und nach 50 . . . Dd3: 51. Td3: Kf7 52. Sd7 57· Ka4-b3 Dd7-b7t
(Dagegen kann Schwarz nach 52. Kas mit 52 . . . Le3 58. Kb3-a2 Db7-C6
Widerstand leisten) bringt er seinen Springer mit 59 · Dd4-d3 Kf7-e6
entscheidender Wirkung nach c6; der Läufer des 6o. Td5 -g5 Ke6-d7
Schwarzen findet keinen Zugang zur Diagonale 61. Tg5-e5 Dc6-pt
a7-g1. 49 . . . Df4 war am zähesten, doch wird Weiß 62. Te5-e2 Dp-g4
nach 50. Td4 langsam Fortschritte machen. 63. Te2-d2 Dg4-a4
64. Dd3-f5t
s o. Sc s -e6

311
310

64 . ...
Es ist nicht erstaunlich, daß Weiß die erste Gele­
genheit ergreift, den Läufer des Schwarzen abzu­ Auch nach 6 4 . . . KdB 65. De6 Dh4 66. Te2 mit der
tauschen. Auf Grund der Möglichkeit Dd3-g6t Drohung 67. Kb3 nebst 68. a4 konnte Schwarz
kann Schwarz den Abtausch nicht verhindern. Es nicht mehr lange standhalten (66 . . . Dg5 67. a4).
scheint mir überflüssig zu untersuchen, ob etwa Nach dem Damentausch ist die Gewinnführung
50. Ka4 in Betracht kam; der Zug hätte den Ge­ für Weiß einfach.
winnprozeß sicher nicht verkürzt. 65. Df5 -e2t Da4xe2t
50. Dc1-b2t 66. Td2XC2t Kq-b6
51. Kb3-a4 Kg8-f7 67. Tc2-e2 Sd6-c8
68. Ka2-b3 Kb6-c6
5 2. Se6xg7 Db2xp
69. Te2-c2t Kc6-b7
Nach 52 . . . Kg7: 53· Dd4t gewinnt Weiß mühelos. 70. Kb3-b4 Sc8-a7
Aber jetzt fällt der a-Bauer des Schwarzen, und 71. Kb4-C5
Weiß erreicht eine technische Gewinnstellung.
Schwarz gibt auf.
53· Dd3 -b3t Kf7-e8
54· Db3-b8t Ke8-f7 Schlußstand: 5 : 5.
226

Würdigung des Wettkampfes

Wettkampf in Wien und Berlin, vom 7· Januar bis 10. Februar 1910

2 4 6 7 8 9 10

Dr. Emanuel Lasker 1/z Yz 'h Yz o 'h 'h Yz Yz


Carl Schlechter Yz 1h Yz Yz o

Es sollen nun einige wenige Worte daraufverwen­ Alle Adjektive passen auf seinen Stil; er ist kühn
det werden, dem Wettkampf den angemessenen und vorsichtig, direkt und fallenreich, kompliziert
Platz im gesamten schachliehen Schaffen der bei­ und einfach, schwer zu definieren und dabei doch
den Meister zuzuweisen. Von Schlechter liegen persönlich."
dazu keine Äußerungen vor; aber Lasker versieht Laut Goldman, S.51, aus der "New York Evening
uns mit einigem Material. Post" 1910.
Er hat vor Beginn des Wettkampfes und im Ver­ 4) "Schlechters Stil besteht darin, keinerlei Ri­
lauf der Veranstaltung mehrmals ein schachliches siken einzugehen. Er vermeidet spekulative Züge
Charakterbild von Schlechter gezeichnet. Diesen sogar, wenn man erwarten darf, daß sie Vorteil
Äußerungen kommt einige B edeutung zu; denn bringen. Er kann nicht in Versuchung geführt wer­
selbst wenn sie kein zutreffendes Bild von Schlech­ den, seine Sicherheit zu opfern. Er entwickelt sei­
ters Spielweise entwerfen, so geben sie doch einen ne Figuren gleichmäßig, wobei er darauf achtet,
gewissen Einblick in Laskers Sicht auf Schlechters daß seine Kräfte auf jedem wichtigen Abschnitt
Fähigkeiten. Ich zitiere sie deshalb, wobei ich ver­ des Brettes im Gleichgewicht zur gegnerischen
suche, die zeitliche Reihenfolge ihrer Entstehung Streitmacht stehen. Die alte Methode bestand da­
zu wahren. rin, nach einem Gesamtgleichgewicht zu streben.
1) "Schlechter verwandte sein ganzes feines Po­ Wenn einem Minus aufeinem bestimmten Teil des
sitionsgefühl, seinen Ideenreichtum, seine kristall­ Brettes ein annähernd gleiches Plus auf einem an­
klare Analyse von Angriff und Verteidigung auf deren Teil des Schlachtfeldes gegenüberstand, war
die Aufgabe." der alte Meister zufrieden. Schlechter läßt diese
Twenty Years of the Rice Gambit, ed. American Komplikation nicht zu, wahrscheinlich, um seine
Chess Bulletin (New York 1916), S.153, zitiert aus Konzentrationskraft nicht zu verlieren. Seine Me­
LCM, August 1908. thode ist vollkommen gesund, und es wird schwie­
2) "Er (Schlechter) ist eine nach oben hin noch rig sein, seine Schwäche zu finden."
nicht abgegrenzte Größe. Sein Stil ist außerordent­ Laut Goldman, S.57, aus der "New York Evening
lich vielseitig; er greift an, verteidigt sich, spielt Post" 1910 (zur dritten Partie).
logisch, einfach gesund, oder verwickelt, mit ver­ 5) "Man sieht es dem Charakter der Schlech­
zweifelter Energie, auf Fallen, elegant und tief, wie terehen Spielweise an, daß mein Gegner sich vor­
es die wechselnden Umstände erheischen mögen. genommen hatte, sich nur mit äußerstem Wider­
Er ist ein furchtbarer Gegner und daher auch ein streben Blößen zu geben, und wenn er doch ein­
wertvoller Gehilfe zur Hervorbringung jenes nur mal vom Pferde fiel, wie Richard III. zu Fuß wei­
von zwei ebenbürtigen Meistern herzustellenden ter zu kämpfen. Das ist ein famoses Programm,
Kunstwerkes - der vollendeten und dennoch die Theorie und Praxis vereinend, besonders für junge
persönliche Art hervorkehrenden Schachpartie." Menschen, die sowohl ihre Intelligenz im Vermei­
Aus der Ankündigung des Wettkampfes, die Las­ den von Schwächen wie ihre Tatkraft im Angesicht
ker in der "B.Z. am Mittag" am 5· Dezember 1908 von Widerwärtigkeiten üben wollen. Ältere Men­
veröffentlichte; siehe DSZ 1908, S.379. schen ermüden gegen solchen durchdachten und
3) "Er (Schlechter) kennt alle Partiephasen, Er­ entschlossenen Widerstand. Aus diesem Grunde
öffnung, Mittelspiel, und besonders das Endspiel. hat Schlechter den Vorsprung gewonnen, und in
W Ü R D I G UN G D E S W E T T K A M P F E S 227

diesem Sinne ist sein bisheriger Erfolg wohlver­ Gegner gegenüber nicht sein übliches Selbstver­
dient. Ich habe in Schlechter eine neue Spielweise trauen zu entwickeln verstand.
zu bekämpfen; mit Schwierigkeit habe ich die rich­ Es scheint mir nun genug Material vorzuliegen,
tige Strategie entdeckt, bin aber gerade dann un­ um den Versuch zu wagen, einige Vermutungen
glücklich gewesen. In der fünften Partie schien mir darüber zu äußern, welche Umstände die Form
der Sieg bereits sicher, als ich den entscheidenden der Spieler in dem Wettkampfbeeinflußten.
Fehler beging. Es wäre nicht so gekommen, hätte a) Lasker
Schlechter mich nicht durch Ausnützung jeder ge­ Als größerer Mißerfolg in Laskers Schachlauf­
botenen Gelegenheit ermüdet, und es hätte auch bahn kann wohl nur der Wettkampf gegen Ca­
so leicht anders kommen können. In der Theo­ pablanca betrachtet werden. Der Hauptgrund für
rie bin ich im Vorteil geblieben, wenn mir auch sein verhältnismäßiges Versagen in dem Zwei­
die Praxis Unrecht gegeben hat. Schon seit vielen kampf mit Schlechter liegt meines Erachtens in
Jahren geht ein Zug durch das Spiel der Meister, seiner auffallenden Unfähigkeit, zutreffende Be­
der nach Ausschaltung jeder mehr empfundenen obachtungen über die schachliehen Stärken und
als klar erfaßten Strategie drängt. Jetzt scheint die­ Schwächen seines Gegners durchzuführen. In
se Bewegung sich ihrer Erfüllung zu nähern. Die seinen Äußerungen ist der Mangel an Differen­
Gleichheit der Kräfte wird von den Modernen auf zierung ganz erstaunlich; er versteht nicht, daß
keinem Punkte des Schachbretts unnütz aufgege­ Schlechter nur in Bedrängnis "kühn" wird, daß er
ben, und es ist nicht bloß schwierig, das Remis zu "einfach" und "direkt" im Hinblick auf die Bauern­
vermeiden, es ist bereits mühselig, Ungleichheiten struktur spielt, "kompliziert" und "fallenreich" da­
in der Stellung hervorzubringen und sie auf diese gegen in taktischen Scharmützeln. So läßt sich Las­
Weise zu verwickeln. Läßt der moderne Meister ker in seinen ersten vier Weißpartien auf den "Offe­
die Verwicklung auch nicht ohne weiteres zu, so nen Spanier" ein, ohne zu begreifen, daß die in die­
beherrscht er sie doch. Man ermesse daran, was ser Eröffnung entstehenden Strukturen Schlech­
es bedeutet, einen solchen Meister par force zu ters Fähigkeiten entgegenkommen.
schlagen. Selbstverständlich werde auch ich wie Lasker wird im Verlaufe des Wettkampfes von
Richard III. kämpfen, und diesen Entschluß soll zunehmender Nervosität erfaßt; dies sieht man in
weder Erfolg noch Mißerfolg ändern. Das ist si­ der fünften und neunten Partie aufs deutlichste,
cherlich auch Schlechters Empfinden. Wir werden und besonders im letzten Spiel wird klar, daß er
unser Bestes geben, und am Schluß wird der Be­ seine übliche Gelassenheit und Objektivität völlig
siegte dem Sieger neidlos die Hand schütteln." verloren hat.
Aus der "B.Z. am Mittag" vom 29. Januar 1910; sie­ Eine Betrachtung dieses Wettkampfes allein
he DSZ 1910, S.61-62; SSZ 1910, S.54-55. genügt schon, um darzutun, daß die Behaup­
Natürlich muß man bei der Auswertung von tung, Lasker sei der Erfinder der "psychologi­
Laskers Darlegungen Vorsicht walten lassen. Sie schen Kriegsführung im Schach" gewesen, bar je­
sollen ein Publikum beeindrucken und beeinflus­ der Grundlage ist. Er war im Gegenteil auf dem Ge­
sen; sie spiegeln nicht unbedingt Laskers wirkliche biet individueller Menschenbeobachtung beson­
Einsichten über Schlechters Spielweise wider. Ein ders unbegabt; daher suchte er Zeit seines Lebens,
beträchtlicher Teil der Ausführungen besteht aus allgemeine Kampfgesetze aufzustellen. Ich habe
der Aneinanderreihung wohltönender Floskeln schon früher versucht, die Erdichtung, Lasker ha­
ohne Gedankeninhalt Dennoch kann man aus be seine Züge an Hand seiner Einsichten in die
diesen Texten ersehen, daß Lasker mit Schlechters Fähigkeiten der Gegner gewählt, ad absurdum zu
Art zu spielen schlecht zu Rande kam und diesem führen;492 dieses Märchen ist aber zu tief in den

492. Siehe CBM 53, S.25-26; CBM 54, S.23-32; CBM 55, S.15-17; CBM 56, S. 27-37; CBM 57, S.24-34; Emanuel Lasker,
Homo ludens - homo politicus. Beiträge über sein Leben und Werk (ed. E.-V. Kotowski, S. Poldauf, P.W. Wagner,
Potsdam 2003), S. 149-160.
228

Hirnen der Schachliebhaber verwurzelt, als daß 1. e4 eine Eröffnung fand, die ihm lag und die ihn
ein solches Unterfangen eine fühlbare Wirkung vor Niederlagen bewahrte.
erzielen könnte. Die These enthebt ihre Anhän­ Schlechter bereitete sich gründlich auf das Tref­
ger auch von der unbequemen Aufgabe, darüber fen vor; er stand im Zenith seiner Kraft und seines
nachzudenken, welchen schachliehen Fähigkeiten Könnens. Er spielte mit Lust und Hingabe, ent­
es Lasker verdankte, trotz außerordentlich gerin­ schlossen, die Gelegenheit bestmöglich zu nutzen.
ger Spielpraxis dreißig Jahre lang der erfolgreichste Hierbei half ihm die schlechte Form Laskers und
Spieler der Welt zu bleiben. der Glücksfall in der fünften Partie. Seine charak­
b) Schlechter teristischen Schwächen vermochte er nicht abzu­
Der Herausforderer erzielte wohl das beste Er­ legen; in der fünften und neunten Partie spielte er
gebnis seiner Laufbahn. Den wichtigsten Grund technisch schwach, und im letzten Spiel mißlang
dafür sehe ich darin, daß er als Schwarzer gegen ihm der Partieaufbau gänzlich.

Die zehnte Partie

Die Kraft, Pseudomythen zu bilden, ist [ . . . ] die einzige Kraft, die


einer verkommenen Zeit bewahrt worden ist.
E. Chargaff, Kritik der Zukunft (Stuttgart 1983), S.99.

Obwohl in dem Wettkampf viel spannendes zung, die zu interessanten Verwicklungen führt."
Schach geboten wurde, ist es lediglich das letzte DSZ 1910, S.78.
Spiel, das aller Aufmerksamkeit auf sich gezogen
hat und das von zahllosen Bearbeitern kommen­ 2) G. Marco:
tiert wurde. Lasker mußte unbedingt gewinnen, "Es war vorauszusehen, daß Dr. Lasker alle Minen
um den Titel "Weltmeister" weiter führen zu kön­ springen lassen werde, um dem Gegner, der bis
nen. Dieser Umstand schaffte bei den Betrachtern zum letzten Tage den Vorsprung eines Points be­
eine aufgeregte Stimmung persönlicher Anteilnah­ hauptet hatte, den Sieg streitig zu machen. Er wähl­
me, die inhaltlichen Fragen nie gezollt zu werden te daher - zum erstenmal in diesem Wettkampf ­
pflegt. Merkwürdigerweise ist das Besondere der das Damengambit, eine Eröffnung, die nach dem
Lage immer nur von dem Blickpunkte Schlech­ heutigen Stand der Theorie dem Anziehenden die
ters aus gesehen worden; man versuchte, an Hand meisten Chancen und den nachhaltigsten Angriff
seiner Äußerungen und mit Hilfe des Partiever­ einräumt.
laufs sein Erleben nachzuvollziehen. Ich möchte Aber auch Schlechter wollte sich mit der übli­
den Wert und die Aussagekraft dieser Schilderun­ chen Verteidigungsmethode nicht begnügen. Wi­
gen im Lichte meiner Zeichnung von Schlechters der Erwarten betrat er schon im vierten Zuge
schachlichem Charakter und der neuen Analyse (mit g7-g6) einen in letzter Zeit wenig begange­
dieser Partie überprüfen. Zunächst lege ich einige nen Pfad, auf dem Heinrich Wolf im Nürnber­
der Äußerungen vor, welche über Schlechters Ein­ ger Turnier (1906) gegen Swiderski einen schö­
stellung vor der Partie und während des Kampfes nen Sieg errungen hatte. Bald war aufbeiden Flü­
Auskunft geben sollen. geln ein wildes Handgemenge entstanden (10. bis
24. Zug). Warum sich Schlechter gerade in die­
1) C. Schlechter, Anmerkung zum 4. Zuge von ser wichtigen Partie auf derartige Verwicklungen
Schwarz (4 . . . g6): einließ, ist nicht leicht zu entscheiden. Fürchte­
"Ich wollte die letzte Partie nicht "auf Remis" spie­ te er auf den bekannten Wegen einen tückischen
len und wählte eine wenig gebräuchliche Fortset- Hinterhalt seines speziell im Damengambit furcht-
D I E Z E H N T E P A RT I E 229

baren Gegners? Hatte e r vielleicht die Ambiti­ fene Frage, aber jedenfalls hätte sich der Weltmei­
on, seinen Vorsprung zu vergrößern, weil ihm ster einem auf Remis spielenden Schlechter ge­
der Zufallssieg in der fünften Partie zu geringfü­ genüber in keiner beneidenswerten Lage gefun­
gig erschien? Oder hoffte er, auf den neuen, von den."
ihm zweifellos sorgfältig durchforschten Wegen Kagan, S.16-q.
leichter den erworbenen Besitzstand in Sicher­
heit zu bringen? Welche Motive auch immer sei­ s) R. Spielmann, Anmerkung zum 39. Zuge von
ne Entschlüsse geleitet haben mögen, die Füh­ Schwarz (39 . . . Dh1t):
rung der Partie war von seiner Seite durchweg "Und Schlechter sah diese Remisfortsetzung
genial, und die Sachverständigen Wiens sind der [39 . . . Dh4t usw. ] . Warum wählte er sie dann nicht?
Ansicht, daß er im 34. und 35. Zuge Gelegenheit Das ist bis heute noch nicht aufgeklärt worden.
hatte, der Partie eine entschieden günstige Wen­ Wahrscheinlich wollte er in einer Anwandlung
dung zu geben. Er wählte aber eine verlocken­ von Wohlwollen und Ritterlichkeit die Weltmei­
de - doch wie die meisterhafte Verteidigung des sterschaft nicht mit einem Remis gewinnen."
Gegners lehrte - schwächere Fortsetzung und ver­ R. Spielmann, S.123.
lor."
WSZ 1910, S.92. 6) F. Reinfeld:
"Lasker spielte als Weißer sogleich auf Angriff; aber
3) G. Marco, Anmerkung zum 10. Zuge von zum Erstaunen der Zuschauer tat Schlechter das
Schwarz (10 . . . b4): Gleiche! ! Er erklärte später, daß er es für uneh­
"Eine geniale, aber im Hinblick auf die Sachla­ renhaft gehalten hätte, den Titel durch Spielen auf
ge überraschende Fortsetzung; denn Schlechter Remis zu erlangen. Schlechter übernahm bald die
brauchte ja nur Remis zu erzielen, um den Wett­ Initiative und trieb den Angriff mit großer Kraft
kampf zu gewinnen. Mancher hätte sich an seiner vorwärts, wobei er mehrere Möglichkeiten zu re­
Stelle nur durch diese Erwägung leiten lassen, aber misieren verschmähte. An einer Stelle hatte er ei­
Schlechters noble Natur wollte offenbar die Welt­ nen ziemlich einfachen Gewinn, übersah ihn aber;
meisterschaft nicht bloß dem Zufallssiege in der Lasker nutzte seinen Fehler zur Gänze aus, spielte
fünften Partie verdanken . . . " mit großer Sorgfalt und gewann schließlich nach
WSZ 1910, S.92. über 70 Zügen. So behielt er seinen Titel."
Reinfeld, S.18.
4) J. Mieses:
"Wahrscheinlich hätte Schlechter noch größere Er­ Damit diese ernste Untersuchung auch der heite­
folge aufzuweisen gehabt, wenn er weniger Idea­ ren Töne nicht ganz ermangele, gebe ich nun noch
list und mehr Sportsmensch gewesen wäre. Ein einiges von dem wieder, was J. Hannak über die
drastisches Beispiel hierfür bildet die letzte Partie Partie zu sagen hat:
seines Wettkampfes mit Lasker. Schlechter brauch­ "Es ist, als ob die Spannung dieses großen Ta­
te sie nur remis zu machen, um den Wettkampf ges auch das Blut Schlechters heißer und wilder
zu gewinnen, und wohl fast jeder an seiner Stelle schlagen ließe denn je. Denn er selbst ist es, der
hätte unter solchen Umständen von vorneherein schon im vierten Zug eines Damengambits eine
auf Remis gespielt. Aber Schlechters idealer Auf­ scharfe und riskante Wendung wählt, die nicht auf
fassung war der Gedanke unsympathisch, durch remis hindeutet, sondern auf leidenschaftlichen
eine Remispartie die Weltmeisterschaft zu erlan­ Kampf. Lasker geht sofort zur Offensive über und
gen. "Wenn die Partie von selbst remis wird, so erlangt das bessere Spiel. Er weiß, daß er im An­
kann ich das nicht ändern, aber auf Remis an­ griff nicht locker lassen und seinen Gegner nicht
legen werde ich sie nicht," erklärte er mir am zur Ruhe kommen lassen darf. Das treibt ihn zu ei­
Abend vorher. Wie das Resultat gewesen wäre, niger übertriebener Hast, eine kleine Übereilung -
wenn sich Schlechter auf einen mehr praktischen und schon hat Schlechter Gegenchancen. Nach ein
Standpunkt gestellt hätte, bleibt natürlich eine of- paar Zügen zerrinnt der Vorteil Laskers, und für
230 DER WETTKAMPF LASKER - SCHLECHTER

Schlechter liegt jetzt ein breiter Weg zum Remis z u verschärfen, bis sein Gegner ausreichende Ge­
und damit zur Weltmeisterschaft offen. Aber das genchancen erhält. Die Position bleibt nun eine
ist heute nicht der gewöhnliche Schlechter, das ist Zeitlang im Gleichgewicht, ohne ihre Zweischnei­
heute nicht der Schlechter, dem ein Remis als die digkeit zu verlieren. Schließlich hält Schlechter die
einfachste Lösung der Welträtsel erscheint, das ist Spannung nicht mehr aus und versucht, durch ein
heute ein Schlechter, der von des Gegners Elan und Qualitätsopfer ein sofortiges Remis zu erzwingen.
Willenskraft selbst angesteckt wurde, der, seine In der Folge verhaspelt er sich jedoch und gerät in
friedliche Remisgesinnung vergessend, selbst ein ein nachteiliges Endspiel, das er verliert, nachdem
vulkanischer Feuergeist geworden ist, entschlos­ beide Seiten ungenau gespielt haben.
sen, "bis zum [sie!] Messer" zu kämpfen. Und das Es ist deutlich, daß im Laufe der Zeit die Be­
ist das eigentliche Wunder, das Lasker an diesem schreibungen, welche die Kommentatoren von den
Tage bewirkt hat, das Wunder seiner dämonischen Geschehnissen in den Köpfen der Spieler und auf
Seelenbeeinflussung: er hat in der letzten und ent­ dem Brett lieferten, immer krauser geworden sind.
scheidenden Minute den Gegner aus der Bahn sei­ Spannend ist es nachzuvollziehen, wie es dazu ge­
nes normalen Charakters geworfen und ihn mit kommen ist.
dem Feuer der Laskerschen Seele selbst erfüllt. An Schlechters Bemerkung zu seinem vierten
[. . .] Zuge kann man keine weitreichenden Schlußfol­
Schlechter weicht also dem Remis aus und er­ gerungen knüpfen. Natürlich ist der Unterschied
reicht gleich darauf eine Stellung, die ihm Gewinn zwischen den Zügen 4 . . . g6 und 4 . . . Lg4 äußerst
verheißt. Unfaßbar, daß Lasker diese ganze Ab­ gering, sowohl was die objektive Qualität als was
wicklung selbst gewählt und zugelassen hat. [ . . . ] den Einfluß auf den allgemeinen Charakter der
Aber vergessen wir nicht, es ist der berühmte Las­ Stellung betrifft. Es ist nicht Folge der Wahl des
kersche Abgrund, über dem beide Kämpfer hän­ Zuges 4 . . . g6, daß sich die Stellung bald verschärft.
gen, es ist die Prüfung der Seelen, die hier ent­ Dieser Aufbau dürfte dem Herausforderer aus der
scheidet, und Lasker hat diese Prüfung gewählt, Partie Swiderski - Wolf, Nürnberg 1906, bekannt
weil er sogar in der Mißstimmung dieser Tage sei­ gewesen sein; für die Fortsetzung 4· . . Lg4 waren
ner selbst gewiß war. Er hat den Gegner auf ein ihm keine Vorbilder geläufig. Das lehrt ein Blick
Terrain gerissen, das diesem ungewohnt ist, und in die achte Auflage von Bilguers "Handbuch des
zuviel wird von der plötzlich entflammten Seele Schachspiels", die von Schlechter bis 1916 redigiert
Schlechters gefordert. Es war schon großartig, daß wurde. Dort heißt es zu dieser Stellung (S. 833,
sie überhaupt entflammt worden ist, aber nun be­ Fußnote 30): " Auf 4· e3 folgt am besten 4 . . . Lfs
ginnt die Flamme zu verlöschen, gerade über dem oder 4 . . . Lg4." - weiter nichts, während alle be­
Abgrund, es wird dunkel um Schlechter, es wird kannten Partiebeispiele aufs sorgfältigste vermerkt
hell um Lasker, mit eisernem Griffhat er den Geg­ werden, auch die Partie Lasker - Schlechter (Fuß­
ner umfaßt und drängt ihn zunächst aus der Ge­ note 31). Es zeigt sich, daß Schlechters Anmer­
winnstellung und bald danach auch aus der Remis­ kung nicht von vollständiger Aufrichtigkeit ge­
aussicht." prägt ist.
]. Hannak, S.136. Marcos Text ist im ganzen gemäßigt und ver­
nünftig. In einem Punkte erweckt er allerdings
Nach dem Genuß dieses poetischen Aufgusses einen falschen Eindruck: er macht glauben, daß
müssen wir uns leider wieder dem nüchternen All­ die Aufgabe des Zentrums durch 8 . . . dc4: gefolgt
tag zuwenden. Und da stellt sich der Verlauf der vom Vormarsch des b-Bauern der üblichen Spiel­
Partie auf dem Hintergrund meiner Kommentare auffassung Schlechters widerspreche. Folgendes
so dar: Partiefragment zeigt, daß dies nicht der Fall ist:
Schlechter mißglückt der Partieaufbau voll­ Schlechter - Showalter, Wien 1898.
kommen; nach wenigen Zügen steht er auf Verlust. 1. e4 e6 2. d4 ds 3. Ld3 Sf6 4· es Sfd7 s. Sf3 es 6. c3
Lasker bemerkt dies in seiner Erregung überhaupt Sc6 7· o-o Db6 8. des: (8. Le2 ist besser) 8 . . . Lcs:
nicht. Er fährt fort, die Stellung unzweckmäßig 9. b4 (9. De2 ist solider) 9· . . Le7 usw.
D I E Z E H N T E PA R T I E 231

jedem Meister aus alter und neuer Zeit klar ist:


Man kann eine Partie schlechter-Dings nicht von
Anfang an "auf Remis spielen". Wer sich in Ent­
scheidungspartien von vorneherein auf den Bauch
legt und sich krampfartig verteidigt, baut damit
das sicherste Fundament für den Verlust des Spie­
les.<93
Überhaupt werden Ausdrücke wie "auf Remis
spielen", "auf Angriff spielen" usw. oft ganz hirn­
los verwandt. Der Schachspieler sucht stets nach
dem in seiner Situation zuträglichsten Zug; in wel­
che Richtung der ihn führt, untersteht meist nicht
seiner Entscheidung.
Spielmann eröffnet die Reihe derer, die halt­
los darauflosphantasieren und -spekulieren. Es
scheint mir offensichtlich zu sein, daß er seine Be­
hauptung, Schlechter habe die Remisfortsetzung
39 . . . Dh4t gesehen, wider besseres Wissen um des
Effektes willen aufstellt. Seine Quelle ist die "Wie­
ner Schachzeitung", auch wenn er sie nicht angibt;
dies erhellt aus den von ihm zu 39 . . . Dh4t ange­
gebenen Varianten, die er dort abgeschrieben hat.
Daselbst findet sich aber beim 35. Zuge (35 . Tf4:)
. .

Carl Schlechter (1895) die ehrliche Mitteilung Schlechters, daß er die Fol­
gen des Opfers falsch berechnet habe, während er
Im übrigen ist es offensichtlich, daß Marco bei den 39. Zug (39 . . . Dhit) ganz unkommentiert läßt;
der Besprechung von Schlechters Beweggründen Spielmann kannte also den wahren Sachverhalt.
für die Wahl seiner Züge die Feder nicht als Hi­ Nach diesem vielversprechenden Beginn gibt es
storiker, sondern als Literat führt. Das zeigt die kein Halten mehr. Immer wüster wird das Geschrei
Form, die er für seine Ausführungen wählt: eine über das Unfaßbare des Geschicks, das Schlechter
Kette rhetorischer Fragen, die immerhin neben die Partie verlieren ließ. Die Beispiele, die ich noch
romantischen auch sachlichen Erwägungen Raum habe folgen lassen, scheinen mir der Besprechung
geben. Wäre es Marco aber um die Erforschung im einzelnen nicht mehr zu bedürfen.
der geschichtlichen Wahrheit zu tun gewesen, hät­ Die Urheber dieser Darstellungen verzeichnen
te nichts näher gelegen, als Schlechter einfach zu den Partieverlauf. Es wird verkannt, daß Schlech­
fragen, denn er war bestimmt nicht unerreichbar ter nach der Eröffnung völlig verloren war, daß er
für den Herausgeber der "Wiener Schachzeitung". zu keinem Zeitpunkt auf Gewinn stand und daß
Marco kennzeichnet denn auch mit dem Worte er nie auf einfache Weise remis erzwingen konnte.
"offenbar" seine Auslassungen über Schlechters Ferner gehen sie von zwei Annahmen aus, die
Gefühlszustand als subjektive Spekulation. das schachliehe Wirken Schlechters betreffen; ei­
Der Text von Mieses enthält schon einen fal­ ner allgemeinen: Schlechter sei ein Sicherheitsspie­
schen Zungenschlag, aber großen Schaden kann ler gewesen, und einer speziellen: Schlechter habe
er bei einem aufmerksamen Beobachter nicht an­ die zehnte Wettkampfpartie gegen Lasker scharf
richten. Aus den Worten Schlechters wird deut­ auf Gewinn gespielt. Sie haben darin einen Wider­
lich, daß dieser erfahrene Spieler genau wußte, was spruch gesehen, der Erklärung erheische.

493· Siehe zum Beispiel die Partie M. Gurevic - Short, Manila 1990.
232 D E R W E T T KA M P F L A S K E R - S C H L E C H T E R

Beide Annahmen sind jedoch völlig falsch. neswegs die Ansicht der nachfolgenden Schreiber.
1. Schlechter liebte scharfes Spiel. 494 Fußend auf den Äußerungen ihrer Vorgänger, ha­
2. Schlechter hat keineswegs erklärt, daß er die letz­ ben sie aus den Zügen 10 . . . b4 und 35 . . . Tf4: weit­
te Partie auf Biegen und Brechen spielen, sondern gehende Schlüsse gezogen. Einige behaupteten,
nur, daß er sie nicht "auf Remis anlegen" wolle ­ Schlechter habe den Wettkampf mit zwei Punk­
eine sehr vernünftige Haltung, wie ich oben darge­ ten Vorsprung gewinnen müssen, um Weltmeister
legt habe. In der Tat weicht Schlechter nirgendwo zu werden, andere wieder, der Wettkampf sei gar
von seiner üblichen Art zu spielen ab, im Gegen­ nicht um die Weltmeisterschaft ausgetragen wor­
teil: Es gibt kaum eine Partie in seiner gesamten den. In den ernstzunehmenden zeitgenössischen
Schachlaufbahn, die seine Stärken und Schwächen Quellen findet sich nicht der geringste Anhalts­
getreulicher widerspiegelt, als diese letzte Wett­ punkt für solche Annahmen. J. Berger, der es als
kampfpartie gegen Lasker. Schlechters Kollege bei der Herausgabe der "Deut­
a) In einem unbekannten Stellungstypus mißlingt schen Schachzeitung" und als Verwalter des Spen­
ihm der Partieaufbau. Daß er nicht in wildem denfonds für den Wettkampf doch wissen sollte,
Kampfeseifer nach unerforschten Stellungen streb­ hat die Bedingungen, unter denen der Wettkampf
te, sondern so weit wie möglich bekannten Mu­ ausgetragen wurde, unzweideutig und unmißver­
stern folgte, habe ich oben bei der Besprechung ständlich mitgeteilt.496 Dennoch ist manches Ries
von Schlechters und Marcos Anmerkungen zur Papier mit Erörterungen über diese Fragen be­
Eröffnung gezeigt. druckt worden. Ich gehe nicht weiter darauf ein.
b) Er wehrt sich in bedrängter Lage mit scharfem Wem es Spaß macht, sich mit den Abirrungen des
GegenspieL menschlichen Verstandes zu befassen, kann die
c) Er strebt nach schneller Auflösung eines span­ zusammenfassende Darstellung bei J. Ehn497 nach­
nungsgeladenen Zustandes. Die Behauptung, das lesen; wenn es ihn nach einer Kostprobe gelüstet,
Qualitätsopfer (35 . . . Tf4:) sei ein kühner Gewinn­ mag er das sinn- und endlose Geschwätz von Gold­
versuch gewesen, ist völlig aus der Luft gegriffen; man498 zu sich nehmen.
mehr als eine sofortige Abwicklung in eine kla­ Man sollte vermuten, daß die Zeichnung,
re Remisstellung konnte diese Fortsetzung unter welche diese phantasiebegabten Historiker von
keinen Umständen versprechen. Schlechter angefertigt haben, sich so weit von jeder
d) Im Endspiel zeigt Schlechter seine Zähigkeit, Lebenswirklichkeit entfernt hat, daß es unmög­
aber auch einige technische Schwächen. lich ist, dieses Schattenbild noch stärker zu verzer­
Alle diese Erscheinungen habe ich als kenn­ ren und ihm die letzten Blutstropfen auszupressen.
zeichnend für Schlechters Spielkunst herausge­ Dennoch ist der Versuch dazu gemacht worden.
stellt.495 Der Herausforderer hat nach besten Kräf­ Der Stoff wurde in einem Roman verwurstet;499 da
ten gekämpft, wie er es im ganzen Wettkampf getan kann man Beliebiges daherspintisieren, dachte der
hat und wie es jeder andere an seiner Stelle getan Autor wohl. Und so wird der Weltmeisterschafts­
hätte; er war nicht von überspannten Vorstellun­ kampf gegen Lasker von einem hungernden Vaga­
gen angekränkelt. bunden bestritten, der so scheu und so sehr von
Es ist klar geworden, daß die Beobachtun­ übertriebenen Ehrvorstellungen gepeinigt ist, daß
gen der ersten Kommentatoren des Wettkamp­ er sich nicht einmal eine Tasse Kaffee schenken
fes nicht zuverlässig sind. Dies war jedoch kei- lassen kann. Außerhalb des Schachs ist er keines

494. Ausführungen dazu finden sich in "Schach" n/1999, S.53-54; vgl. auch Kapitel I, zweite Partie ( C. Schlechter -
Ern. Lasker, London 1999, 30. Runde).
49 5 · Siehe "Schach" n/1999, S. 53-55.
496. DSZ 1910, S.30-31; siehe "Zur Vorgeschichte und Organisation des Wettkampfes", S. 186-187.
497. NiC 6/1995, S.85-91.
498. Goldman, S.428-452.
499. T. Glavinic, Carl Haffners Liebe zum Unentschieden (Berlin 1998). Den Namen "Haffner" hatte Schlechters
Großvater als Künstlernamen geführt.
D I E Z E H N T E PA R T I E 233

Gedankens und keines Gefühles fähig - ein reiner de zu entkleiden. Dies ist dem Verfasser des Ro­
Psychopath. mans auf das trefflichste gelungen; geschmack­
Der Autor hat sich offenbar von dem Erfolg loser läßt sich das Thema nicht mehr behan­
leiten lassen, welcher jüngst erzielt wurde, als deln.
man die Person Mozarts auf eine derartige Wei­ Er behandelt die Strukturgesetze der menschli­
se darstellte.500 Dort wird allerdings die gesam­ chen Psyche frei nach der eigenen Vorstellung, so
te Beschreibung von Mozarts Handlungsweise als sei sie Ursache und Wirkung nicht unterwor­
und Charakter in Salieris Vorstellungswelt ver­ fen. Und warum sollte man nicht so verfahren?
legt. Auf solche Vorsichtsmaßnahme wurde in Die Menschen glauben ja, daß ein Schwachsinni­
dem Roman verzichtet. Die Beliebtheit von so ge­ ger Musik komponieren kann, die das menschliche
stalteter Lektüre ist nicht verwunderlich: der Le­ Gefühlsleben aufs feinste widerspiegelt; als ob da­
ser braucht derartige Menschen nun nicht mehr zu nicht höchste Bewußtheit vonnöten wäre; sie
als begabtere, leistungsstärkere und intensiver glauben ja, daß ein gutmütiger Trottel, der kein
lebende Wesen zu beneiden, sondern darf sie, Remisangebot ausschlagen kann, leicht zum Her­
aus unendlicher Höhe herabblickend, als arme ausforderer des Weltmeisters wird; denn in einer
Würmchen bedauern. Um dem trostbedürftigen Welt, in der sich die Werbung pausenlos bemüht,
Zeitgenossen die Entfaltung solcher Gefühle zu die Grenzen zwischen Gewünschtem und Wirkli­
erleichtern, ist es nützlich, den Stoff und die chem zu verwischen, scheint nichts unmöglich zu
mit ihm verbundenen Gestalten jeglicher Wür- sein.sot

500. In dem Schauspiel "Amadeus" von P. Shaffer (1979).


501. Ein gewisser Herr Dr. R. Stach hat diese Darstellung scharf angegriffen ("Schach" 12!t999, S.5.). Da er sich auf
Behauptungen beschränkt, die zeigen, daß er den Inhalt meiner Auslassungen gar nicht aufgefaßt hat, aber keinerlei
eigene Beobachtungen vorlegt, habe ich keinen Anlaß gesehen, von meiner Bewertung abzurücken. Die Beurteilung
von Literatur fußt natürlich stets auf subjektiven Kriterien.
234 ERÖFFNUNGSVERZEI C H NI S

Eröffnungsverzeichnis

Die Ziffern geben die Seitenzahl der Partie an.

Angenommenes Damengambit Italienisch


(D21) 15, 30 (Cso) 162
(C54) so, 93, 181
Damenbauernspiel
(Do2) 37 Mittelgambit
(Dos) 42 (C22) 42
Damengambit
(D35) 122
Sizilianisch
(D37) 49
(B33) 198
(040) 124, 149, 172
(B34) 180
(046) 145
(Bs7) 192
(06o) 129, 152
Slawisch
(067) 168
(Oo4) 37
Damenindisch
(On) 27
(En) 39
Spanisch
(C62) 59 , 72, 88, 99, 115
Französisch
(Co1) 36, 44 (C6s) 36, 45, 68

(Cw) 110 (C66) 188, 189


(C68) 137

Grünfeld-Indisch (CSo) 188, 192, 197

(094) 200
Wiener Partie
Holländisch (C25) 15, 24, 28
(A84) 14 (C26) 3o
PA RT I E N V E R Z E I C H N I S 23 5

Partienverzeichnis

Die Ziffern geben die Seitenzahl der Partie an.

Lasker - Mieses, 1. Partie (Holländisch) . . . . . . 14 Lasker - Steinitz, 9. Partie (Spanisch) . . . . . . . . 1 1 5


Mieses - Lasker, 2. Partie (Wiener Partie) . . . . . 15 Steinitz - Lasker, 10. Partie (Damengambit) . 1 22
Lasker - Mieses, 3 · Partie (Ang. Damengambit) . . 15 Lasker - Steinitz, 1 1 . Partie (Damengambit) . 0 1 24
Mieses - Lasker, 4 · Partie (Wiener Partie) . . 24 Steinitz - Lasker, 1 2. Partie (Damengambit) . 0 1 29
Lasker - Mieses, 5. Partie (Slawisch) . . . . . 27 Lasker - Steinitz, 1 3 . Partie (Spanisch) . . . . 0 137
Mieses - Lasker, 6. Partie (Wiener Partie) . . 28 Steinitz - Lasker, 14. Partie (Damengambit) . 0 145
Lasker - Mieses, 7. Partie (Ang. Damengambit) . . . 30 Lasker - Steinitz, 1 5 . Partie (Damengambit) . 0 149
Mieses - Lasker, 8. Partie (Wiener Partie) . . . . . 30 Steinitz - Lasker, 16. Partie (Damengambit) . 0 152
Blackburne - Lasker, 1. Partie (Spanisch) . . . . . 36 Lasker - Steinitz, 1 7. Partie (Italienisch) . . . 162
Lasker - Blackburne, 2. Partie (Französisch) . . . 36 Steinitz - Lasker, 18. Partie (Damengambit) . 168
Blackburne - Lasker, 3· Partie (Damenbauernspiel) . . 37 Lasker - Steinitz, 19. Partie (Damengambit) . . 172
Lasker - Blackburne, 4· Partie (Slawisch) . . . . . . . 3 7 Schlechter - Lasker, (Sizilianisch) . . . . . . . . . . 1 80
Blackburne - Lasker, 5· Partie (Damenindisch) . . . . 39 Schlechter - Lasker, ( Italienisch) . . . 181
Lasker - Blackburne, 6. Partie (Damenbauernspiel) . 42 Schlechter - Lasker 182
Blackburne - Lasker, 7. Partie (Mittelgambit) . . . . . 42 Schlechter - Lasker 185
Lasker - Blackburne, 8. Partie (Französisch) . . . . . 44 Schlechter - Lasker, 1 . Partie (Spanisch) . 188
Blackburne - Lasker, 9. Partie (Spanisch) . . . . . . . 45 Lasker - Schlechter, 2. Partie (Spanisch) . 188
Lasker - H. Blackburne, 10. Partie (Damengambit) . . 49 Schlechter - Lasker, 3. Partie (Spanisch) . 188
Lasker - Steinitz, 1 . Partie (Spanisch) 59 Lasker - Schlechter, 4· Partie (Spanisch) . 188
Steinitz - Lasker, 2. Partie (Spanisch) 68 Schlechter - Lasker, 5· Partie (Spanisch) . 189
Lasker - Steinitz, 3· Partie (Spanisch) 72 Lasker - Schlechter, 6. Partie (Spanisch) . 192
Steinitz - Lasker, 4· Partie (Italienisch) So Schlechter - Lasker, 7. Partie (Sizilianisch) . . . . . . 192
Lasker - Steinitz, 5· Partie (Spanisch) . 88 Lasker - Schlechter, 8. Partie (Spanisch) . . . . . . . 1 97
Steinitz - Lasker, 6. Partie ( Italienisch) 93 Schlechter - Lasker, 9· Partie (Sizilianisch) . . . . . . 198
Lasker - Steinitz, 7· Partie (Spanisch) . 99 Lasker - Schlechter, 10. Partie (Grünfeld-Indisch) . . 200
Steinitz - Lasker, 8. Partie (Französisch) . . . . . . . 1 1 0

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