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Beratungsmethoden 1

Methoden verschiedener theoretischer Ansätze („Schulen“)

1. Personzentrierte „Methoden“
Beziehungsangebot

Im Mittelpunkt der personzentrierten Psychotherapie steht das gegenwärtige Erleben der


KlientIn. Die KlientInnen werden in nicht-direktiver Weise ermutigt, Probleme und Gefühle in
Worte zu fassen. Dadurch, so nimmt man an, entfaltet sich das schon immer vorhandene
psychische Wachstumspotential („Aktualisierungstendenz“). Die BeraterIn oder TherapeutIn
unternimmt keine Versuche der Interpretation und (Verhaltens-) steuerung. Die KlientIn als
ExpertIn ihrer selbst steuert vielmehr weitgehend den Beratungs- oder Therapieprozess selbst,
indem sie die Gesprächsthemen, die ihr wichtig sind, auswählt und zur Sprache bringt.

Spiegeln

Die BeraterIn stellt den KlientInnen deren Verhalten und Gefühle durch empathisches, teils
auch konfrontierendes Spiegeln so gegenüber, dass sie sich selbst (bezüglich bestimmter
Alltagssituationen) besser erkennen und sich über ihr eigenes Erleben bewusster werden.
Denn wenn man weiß, was man fühlt und will, kann man in Alltagssituationen befriedigender
handeln.

Haltung der Akzeptanz, Empathie und Kongruenz

Eine therapeutische Beziehung, die sich durch Akzeptanz, Empathie und Kongruenz seitens
der BeraterIn auszeichnet, fördert den Beratungs- bzw. Therapieprozess und bietet der KlientIn
den unterstützenden Rahmen für die von ihr gewünschten Veränderungen. Die BeraterIn
akzeptiert die KlientIn mit allen ihren Facetten und bringt ihr als einem einzigartigen
Individuum persönliche Wertschätzung gegenüber. Sie versucht, sich in die KlientIn
einzufühlen und diese zu verstehen, und hilft dieser damit, sich (wieder) selber nah zu sein. Ziel
der Gesprächspsychotherapie ist es auch, dass eine Übereinstimmung von innerem Fühlen
und Denken mit dem äußeren Erscheinen und Handeln erreicht wird. Eine kongruente
BeraterIn , die echt und in ihrer Person stimmig ist und z. B. das, was sie sagt, auch in dem
Moment wirklich so denkt, kann den KlientInnen, die sich unkongruent oder unstimmig fühlen
und sich nicht trauen, ihr Inneres in einer passenden Situation nach Außen zu äußern, ein
motivierendes Vorbild sein.

Prof. Dr. Susanne Weissman


Beratungsmethoden 2

2. Systemisch-lösungsorientierte Methoden
Systemische Fragen

Ein wesentliches Merkmal der Systemischen Therapie sind die unterschiedlichen und
vielfältigen Fragetypen. Es sind zirkuläre Fragen, lösungsorientierte Fragen, gedankenlesende
Fragen, Wunderfragen, Fragen nach Ausnahmen, Skalierungs- und Prozentfragen,
Handlungsfragen, Hypothetische Fragen, Fragen zur Möglichkeitskonstruktion, Fragen zu
Verhaltensalternativen bzw. nach bekannten Vergleichen, nach problematischen
Verhaltensweisen und deren Ausnahmen, zum Raum und zum zeitlichen Kontext des
Problems. Im Folgenden sind einige Beispiele der Fragen beschrieben, die sich durch ihren
Namen nicht selbst erklären/beschreiben.

• Zirkuläre Fragen: Um Informationen zu sammeln (implizite wie explizite) werden Fragen in


Form von Unterschieden und den daraus folgenden Beziehungen gestellt. Sie sollen
Aufzeigen wie unterschiedliche Lebens- und Erlebens-situationen im System (z. B. die
Familie) erfahren werden. Sie sollen die Unterschiede erfahrbar machen, die einen
Unter-schied machen, um so gewohnte Sichtweisen und Verstehensweisen (wie
denke ich, handeln andere und warum?) in Frage zu stellen. Zusätzlich zu direkten
Fragen werden die Familienmitglieder der Reihe nach gebeten, Gedanken, Verhalten
und Beziehungen der anderen Familienmitglieder zu kommentieren. Diese müssen von
den anderen Mitgliedern nicht als stimmig angenommen werden, sie bieten jedoch
neue Informationen wie andere aus ihrer Sicht die nachgefragten Verhalten,
Beziehungen oder Konstellationen sehen.
• Fragen zu Verhaltenssequenzen: Sie sollen sich gegenseitig bedingendes Verhalten unter
bestimmten Umständen untersuchen. Bsp.: „Wie ging es Ihnen, als Ihr Mann Ihnen
sagte, dass er das Gefühl hätte, er könne Ihnen nichts recht machen?“
• Klassifikationsfragen: Sie helfen unterschiedliche Reaktionen und Wertungen der jeweiligen
Familienmitglieder auf ein bestimmtes gezeigtes Verhalten eines anderen
Familienmitgliedes zu klassifizieren. Es können Veränderungen, Probleme aber auch
versuchte Lösungen verwendet werden. Bsp.: Therapeut zum Kind: „Wer in eurer
Familie ist deiner Ansicht nach am meisten davon betroffen, dass deine Mutter wieder
eine Arbeit angenommen hat? Wer am wenigsten?“.
• Fragen zum Aufweichen von Positionen und Einstellungen. Häufig wird ein Problem als
übermächtig und dominant gesehen. Es gibt für die betroffene Person lediglich ein
schwarz-weißes Bild (Problem ist stets vorhanden versus Problem ist überhaupt nicht
gegenwärtig). Mittels der Fragen zum Aufweichen von Positionen oder Fragen nach
Ausnahmen möchte man erreichen, dass die Grenzen der Alles-oder-Nichts-
Annahmen fallen und wieder ein breiter Spielraum für Handlungen, Zuordnungen und
Betrachtungsweisen zur Verfügung steht (sozusagen die Palette der Graustufen
geöffnet und zum Malen bereit gestellt wird). Hinzu kommt, dass diese Fragen es
erlauben Alternativen einzubringen, die zuvor nicht in Betracht gezogen wurden.
Dieses Verwischen von harten Annahmen wird ebenfalls über Skalier-ungen oder das
Arbeiten mit Prozenten erreicht.

Das Genogramm

Es ist eine zeichnerische Darstellung des Systems (Familie, Organisation), anhand welcher sich
komplexe Informationen zu den Beteiligten, zur Struktur und deren Netzwerken, der Ereignis-
Chronologie und zu relevanten Beziehungen und Konstellationen zusammenfassen lassen.
Informationen zur Herkunftsgeschichte und zur Identität sind durch diese Methode „klarer“
dargestellt. Es lassen sich ferner Familiengeschichten und Traditionen ableiten sowie Regeln
und Muster leichter nachvollziehen und Ressourcen aufzeigen. Die eigene Lebensgeschichte
oder die Geschichte naher Zugehöriger kann durch dieses Mittel besser verstanden werden.

Prof. Dr. Susanne Weissman


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Sind diese neuen Informationen erarbeitet, lassen sich Veränderungen leichter integrieren
oder es ermöglicht die Abkehr gewohnter verfestigter Prozesse und Handlungen.

Reframing

Beim Refraiming wird unter Verwendung eines anderen Kontextes Erlebtes oder Geschehenes
mit einer neuen Sinngebung verbunden. Diese Umdeutung erlaubt es das Symptom in seiner
positiven Bedeutung für das System zu beschreiben, so daß es einer neuen Sichtweise
zugeordnet werden kann. So wird der Symptomträger (diejenige Person des Systems, welche
anfänglich als die mit den Problemen angesehen wird oder Schwierigkeiten Auslösende
betitelt wird) als Refraiming als die Person beschrieben, welche anzeigt, dass die Familie sich
in einem Veränderungsprozess befindet. Er wird somit als Warnsignal verstanden und nicht
mehr als Störender. Zugrunde liegt diesem Mittel, dass jedes Verhalten nur im Gesamtkontext
Sinn macht und ein anscheinender Nachteil sich als Vorteil erweisen kann.

Familienskulptur

Diese Technik verwendet aktive Handlung, um Interaktionen, Beziehungen untereinander zu


verdeutlichen, sie zu symbolisieren. Die Familienskulptur bietet die Komplexität eines Systems,
die Gefühle und Gedanken verdichtet aufzuzeigen. Sie erlaubt es, dass die Mitglieder
Verhalten und Familienbeziehungen in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft
wahrnehmen können. Eine Situation innerhalb einer Familie kann dergestalt unter
Verwendung einer Skulptur wie eine Art Denkmal oder getreues Abbild verdeutlicht werden.
Familienbrett
Das Familienbrett hat seinen Ursprung in der systemischen Familientherapie. Es wird sowohl für
die Diagnostik als auch als therapeutische Intervention verwendet, wobei nahezu alle
Altersstufen mit dem Familienbrett arbeiten können. Es bieten sich enorme Möglichkeiten der
Anwendung, sei es das einfache visuelle Aufzeigen einer Konstellation, das Verdeutlichen von
Beziehungen oder das Komplexes dargestellt und dadurch für den anderen erfahrbarer und
erklärbarer wird. Hilfreich ist, dass der jeweilige Betrachter mittels Drehens des Brettes oder des
eigenen Umpositionierens verschiedene mögliche Blickwinkel einnehmen kann. Er kann
neutraler Beobachter sein, kann in die Rolle jeder dargestellten Person gehen und von dessen
Perspektive aus die Situation, Dynamik und Interaktionen betrachten. Mittels der
verschiedenen Formen und Größen der Figuren kann dargestellt werden,
• wie die einzelnen Familienmitglieder innerhalb der Familie positioniert sind und wie ihre
Beziehungen zueinander aussehen.
• wie groß der Abstand zueinander ist, sozusagen als Indikator für Nähe und Distanz
genutzt wird.
• wer wohin blickt und zu wem, wo Ausgrenzungen und wo wichtige Fokussierungen
Gegenstand sind.
• wie jedes Mitglied der Familie seine individuelle Sichtweise auf die Situation / Problem
hat und sie darstellt und interpretiert.
• wie komplexe Situationen und Dynamiken von Beziehungen sich entwickeln und wie
welche Veränderungen wirken.

Prof. Dr. Susanne Weissman


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Lösungsorientierung

Lösungsorientierung bedeutet, dass die Beratung dem/ der Ratsuchenden dabei hilft, eigene
funktionierende Lösungen zu finden und diese im Alltag umzusetzen. Beim Beratungsprozess
stehen Gegenwart und Zukunft im Zentrum. Die Vergangenheit spielt hier nur eine
untergeordnete Rolle und dient nur als Hilfe, um eigene Ziele für die Zukunft zu finden.

Ressourcenbasierung und Ausrichtung auf das Positive


Menschen haben alles, was sie brauchen, um ihr Problem zu lösen. Bei der Beratung bzw.
Therapie werden Ihre eigenen Kraftquellen und -ressourcen so in den Vordergrund gerückt,
dass Sie sich gestärkt fühlen und Lösungen für Ihre Probleme umsetzen können. Eine
Ausrichtung auf das Positive, auf die Lösung und auf die Zukunft erleichtert eine Veränderung
in die gewünschte Richtung.

3. Verhaltenstherapeutisch basierte Methoden


Das Grundmuster der auf Verhaltenstherapie basierenden Beratung ist das schrittweise
Einüben eines sogenannten Zielverhaltens (das erwünschte Verhalten). Die einzelnen
Schritte bestehen im allgemeinen zunächst aus einer konkreten Analyse des Verhaltens und
dann der Bestimmung der Lernabschnitte, der Durchführung eines Kleinschrittlernens, einem
Belastungstraining des neuen Verhaltens, einem Selbstkontrollabschnitt und aus
gelegentlichen Wiederholungsstunden nach dem Ende der Beratung, um das Gelernte
wieder aufzufrischen.
Jede Beratung wird formal aufgebaut, und die Einhaltung der Beratungsprinzipien wird
kontrolliert. Die Wirksamkeit jeder Beratung wird durch ihren strukturierten Aufbau begünstigt.
Dieser stellt sicher

• dass das Problem präzise definiert und operationalisiert wird


• dass die Zielbedingungen definiert werden (Auslöser, Verhalten, Konsequenzen)
• dass diese Häufigkeiten und deren Veränderung sichtbar dargestellt werden
• dass die eigentlich veränderungswirksamen Verhaltensregeln spezifiziert werden
• dass alle notwendigen Verstärkungen zur Erfüllung der Verhaltensregeln und Erreichung der
Therapieziele systematisch und kontrolliert gegeben werden.

Prof. Dr. Susanne Weissman

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