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Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung 3
Punkte
Eine aktuelle Bestandsaufnahme
cme
Tobias Banaschewski, Katja Becker, Manfred Döpfner, Martin Holtmann,
Michael Rösler, Marcel Romanos

ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-
D ie Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstö-
rung (ADHS) nach DSM-5 (1) und die hyperki-
netische Störung (HKS) nach ICD-10 (2) beschreiben
Teilnahme nur im
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
störung (ADHS) ist mit einer Prävalenz von etwa 5 % eine
eine in der Kindheit beginnende, zumindest sechs Mo-
häufige, früh beginnende und persistente Entwicklungs-
nate überdauernde und situationsübergreifend auftre-
störung in Kindheit und Adoleszenz.
tende Entwicklungsstörung mit der Kernsymptomtrias
Methode: Selektive Recherche in PubMed unter Bezugnah- Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder motorischer
me auf Leitlinien und systematische Übersichtsarbeiten. Unruhe. Das Ausmaß der Kernsymptome entspricht
Ergebnisse: Mindestens 75 % der betroffenen Kinder und hierbei nicht dem Alter, Entwicklungsstand und der In-
Jugendlichen entwickeln eine komorbide Störung, welche telligenz des Betroffenen. Für die Störungsdefinition ist
die Diagnostik erschwert, die Therapie verkompliziert und eine klinisch relevante funktionelle psychosoziale Be-
die Prognose verschlechtert. Die Ätiologie ist komplex, he- einträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen, zum
terogen, mit hohem genetischen Einfluss und vielfältigen Beispiel im familiären, schulischen oder beruflichen
neurobiologischen Alterationen. Pränatale Umwelteinflüs- Alltag, wesentlich. Die Ausprägungen der Kernsymp-
se scheinen zudem das Risiko für ADHS zu erhöhen. Die tome sind in der Gesamtpopulation dimensional verteilt
Therapie wird maßgeblich getragen von Psychoedukation, und stellen ein Kontinuum dar, an dessen oberen Aus-
Verhaltenstherapie sowie Psychopharmakotherapie bei prägungsende die klinisch relevante ADHS-Sympto-
meist milden unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie matik steht (e1). In diesem selektiven Review wurde
Schlafstörungen oder Appetitreduktion. Die individuelle In- der Fokus auf Metaanalysen, systematische Übersichts-
dikationsstellung für therapeutische Interventionen wird arbeiten sowie große Registerstudien und randomisier-
beeinflusst von Schweregrad, Komorbidität, vorherigen te kontrollierte Studien gelegt. Durch den Review soll
Therapieversuchen sowie familiären, sozialen und päda- dem Leser ein evidenzbasierter Überblick über die Ent-
gogischen Rahmenbedingungen.
wicklungstrajektorien der ADHS, die oft kontrovers
Schlussfolgerung: Zur Klärung der Ätiologie sind translatio- diskutierten Therapieoptionen sowie den aktuellen ätio-
nale Forschungsbemühungen erforderlich. Seit 1987 lässt logischen Forschungsstand vermittelt werden.
sich in epidemiologischen Studien keine Zunahme der
Prävalenz im Kindes- und Jugendalter nachweisen. Die Klassifikation
verbesserte Diagnostik macht ein evidenzbasiertes und be- Die beiden international gebräuchlichen Klassifikati-
darfsgerecht adaptierbares Therapieangebot erforderlich. onssysteme ICD-10 und DSM-5 operationalisieren die
►Zitierweise Symptombereiche weitgehend übereinstimmend, un-
Banaschewski T, Becker K, Döpfner M, Holtmann M, terscheiden sich jedoch hinsichtlich Subtypisierungen
Rösler M, Romanos M: Attention-deficit/hyperactivity und zusätzlicher Kriterien. Die im DSM-IV gebräuch-
disorder—a current overview. Dtsch Arztebl Int 2017; lichen Subtypen wurden im DSM-5 aufgrund ihrer
114: 149–59. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0149 zeitlichen Instabilität und häufiger entwicklungsab-
hängiger kategorialer Wechsel abgeschwächt und als
„Erscheinungsbilder“ definiert (e2, e3). Das DSM-5
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim: Prof. Dr. med. Dr. rer nat.
Banaschewski
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Marburg: Prof. Dr. med. Becker
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Kernsymptome
Jugendalters, Medizinische Fakultät der Universität zu Köln: Prof. Dr. sc. hum.
Dipl. Psych. Döpfner Die Kernsymptome der ADHS und HKS sind
Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie & Psychosomatik, Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder
LWL-Universitätsklinik Hamm der Ruhr-Universität Bochum: Prof. Dr. med. Holtmann motorische Unruhe.
Institut für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie, Universität des
Saarlandes: Prof. Dr. med. Rösler
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie, Universitätsklinikum Würzburg: Prof. Dr. med. Romanos

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definiert erstmals Spezifika des Erwachsenenalters, in- ten Verhalten abgrenzbar. Zudem kann die Neuartig-
dem die Zahl notwendiger Symptome ab dem Alter keit einer Situation, eine hohe spezifische Motivation
von 17 Jahren herabgesetzt wurde, weil trotz altersab- oder Aussicht auf Belohnung sowie eine starke exter-
hängiger Abnahme der Zahl der Symptome die funk- ne Verhaltenskontrolle die Symptomatik situativ,
tionelle Beeinträchtigung der Betroffenen persistieren jedoch nicht überdauernd vermindern. Das Fehlen von
oder sich sogar verstärken kann (e3, e4). Da eine späte Symptomen in einer umschriebenen Beobachtungssi-
Erstmanifestation zwischen 7 und 12 Jahren keine tuation schließt daher eine Störung nicht automatisch
Auswirkungen auf klinisches Erscheinungsbild, aus. Im Grundschulalter wird die Unaufmerksamkeit
Schwere der Symptomatik, Art und Ausmaß komorbi- mit steigenden Anforderungen deutlicher und stärker
der Störungen, neuropsychologische Befunde und beeinträchtigend. Ab dem Jugendalter vermindert sich
funktionelle Beeinträchtigung, den Verlauf sowie auf in vielen Fällen die motorische Unruhe und kann sich
therapeutisches Ansprechen zeigt (e5), wurde die Al- oft auf ein unangenehm wahrgenommenes inneres
tersgrenze auf 12 Jahre erhöht. Gefühl von Ruhelosigkeit und Angetriebenheit
beschränken, während Schwierigkeiten in Form von
Epidemiologie Unaufmerksamkeit, mangelndem Planungsvermögen
ADHS gehört mit einer weltweiten epidemiologischen und Impulsivität dagegen häufig persistieren (5). Im
Prävalenz von 5,3 % [5,01–5,56] gemäß der DSM-IV- Erwachsenenalter treten neben den Kernsymptomen
Kriterien zu den häufigsten psychischen Störungen im der ADHS auch Symptome emotionaler Dysregulati-
Kindes- und Jugendalter (3, e5), wobei die strengeren on (geringe Frustrationstoleranz, Irritabilität, ausge-
ICD-10-Forschungskriterien zu niedrigeren Schätzun- prägte Stimmungsschwankungen) deutlicher in den
gen von etwa 1–2 % führen (e6−e8). Nach DSM-IV Vordergrund (7, 8, e11).
Kriterien sind etwa 2,5 % der erwachsenen Allgemein- Prospektive Längsschnittstudien zeigen eine konti-
bevölkerung von ADHS betroffen (4). Die Wendigkeit nuierliche Abnahme der Kernsymptomatik über die Le-
hin zum männlichen Geschlecht ist in klinischen Stich- bensspanne. Im Erwachsenenalter erfüllen in der Regel
proben (3–4 : 1) stärker ausgeprägt als in epidemiologi- noch etwa 5–15 % die diagnostischen Kriterien im vol-
schen Studien (2 : 1). ADHS ist mit einem niedrigeren len Umfang, obgleich etwa 70 % weiterhin persistente
sozioökonomischen Status assoziiert (e9). Während Symptome oder funktionelle Beeinträchtigungen auf-
die Diagnoserate in den letzten Jahrzehnten weltweit weisen (3, e12), wobei eine – auch aufgrund methodi-
deutlich angestiegen ist und in Deutschland bei etwa scher Unterschiede – hohe Variabilität der Studiener-
4 % im Kindes- und Jugendbereich liegt, findet sich in gebnisse besteht. Mitunter treten komorbide Störungen
epidemiologischen Studien keine Veränderung der in den Vordergrund und bestimmen das klinische Bild.
weltweiten populationsbasierten Prävalenz von 5,3 % Eine positive Familienanamnese für ADHS, ungünstige
über den Zeitraum der letzten 30 Jahre (6). Damit kann psychosoziale Bedingungen (schwere frühkindliche
der Anstieg der Diagnoseraten nicht auf eine tatsäch- Deprivation; elterliche Psychopathologie), eine stark
liche Prävalenzzunahme zurückgeführt werden, son- ausgeprägte Kernsymptomatik und komorbide psy-
dern beruht auf einer verbesserten Diagnosestellung chische Störungen (insbesondere Sozialverhaltensstö-
oder einer Zunahme der funktionellen Beeinträchtigun- rungen und depressive Störungen) stellen Risikofakto-
gen (5, 6, e10). ren für einen ungünstigen Verlauf und die Persistenz
des Störungsbildes dar (9, e13–e16).
Entwicklungspsychopathologie Die Störung geht mit psychosozialen Funktionsbe-
Die Ausprägung der klinischen Symptomatik variiert einträchtigungen und einer deutlich reduzierten ge-
in verschiedenen Lebensbereichen und mit dem Aus- sundheitsbezogenen subjektiven Lebensqualität einher
maß der Anforderungen. Insofern sind Situationen, die (10, 11). Betroffene erlangen etwa 4-fach seltener einen
Aufmerksamkeit, still sitzen und Impulskontrolle er- höheren Schulabschluss und im Durchschnitt einen ge-
fordern, regelhaft die ersten Situationen, in denen die ringeren sozioökonomischen Status (12). Die Bezie-
Symptomatik als beeinträchtigend erlebt wird (zum hungen zu Eltern, Geschwistern, Gleichaltrigen und
Beispiel Unterricht, Hausaufgaben, Stuhlkreis). Eine Partnern sind häufig konfliktreich (10, 12). Das Risiko
ausgeprägte Bewegungsunruhe vor dem Alter von vier für delinquentes Verhalten ist um den Faktor 2–3 erhöht
Jahren ist jedoch nur sehr schwer vom normal varian- (12, e17). Im Verlauf von Vorschulalter bis zum 14. Le-

Epidemiologie Entwicklungspsychopathologie
ADHS gehört mit einer weltweiten Prospektive Längsschnittstudien zeigen eine
epidemiologischen Prävalenz von 5,3 % kontinuierliche Abnahme der Kernsymptomatik
[5,01; 5,56] gemäß der DSM-IV-Kriterien zu über die Lebensspanne.
den häufigsten psychischen Störungen im
Kindes- und Jugendalter.

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bensjahr besteht ein knapp 6-fach erhöhtes Risiko für Pathophysiologie


suizidale Gedanken (e18), das Lebenszeitrisiko für ei- Genetik
nen Suizid ist insgesamt etwa 4-fach erhöht (13, e17, ADHS tritt familiär gehäuft auf. Verwandte ersten Grades
e19), wobei der Schweregrad der ADHS mit der Häu- haben ein 5- bis 10-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko (e25,
figkeit von Suizidalität korreliert (e19). Die erhöhte e26, 17). Zwillingsstudien zeigen eine hohe Heritabilität,
Unfallneigung, vor allem im Straßenverkehr, trägt we- nämlich dass 70–80 % der phänotypischen Varianz auf
sentlich zu einer Erhöhung der Mortalität über alle Al- genetische Faktoren und gegebenenfalls ihre Interaktion
tersgruppen um 50 % bei (9, 11). mit Umweltfaktoren (epigenetische Veränderungen der
Obwohl das Störungsbild definitionsgemäß im Kin- Genexpression durch spezifische Umweltfaktoren) zu-
desalter beginnt, legen neuere longitudinale Kohorten- rückzuführen ist (17). Die verbleibende Varianz wird
studien nahe, dass die Symptomatik auch erst im durch prä-, peri- und postnatale Umwelteinflüsse erklärt,
Erwachsenenalter beginnen oder klinisch bedeutsam die von den Geschwistern nicht geteilt werden. Geteilte
werden kann (14, e20, e21). Die Interpretation dieser Umwelteffekte sind von untergeordneter Bedeutung. Me-
Befunde wird derzeit noch kontrovers diskutiert (e21). taanalysen von Kandidatengenstudien zeigen, dass Gene,
Eine mögliche Erklärung wäre, dass protektive Fakto- die Rezeptoren und Transporter des katecholaminergen
ren die frühere klinische Manifestation der Störung ver- und serotonergen Transmittersystems kodieren, an der
hindern und diese erst unter höheren Anforderungen Ätiologie beteiligt sind (17, 18). Genomweite Assoziati-
sichtbar werden lässt. onsstudien fanden zahlreiche weitere potenzielle Risiko-
varianten und legen nahe, dass etwa 40 % der genetisch
Entwicklungsabhängige bedingten Varianz durch häufige Varianten (Frequenz
Komorbiditätstrajektorien > 5 %), die jeweils für sich nur eine geringe Risikoerhö-
Bei etwa 75 % der Betroffenen besteht eine weitere hung bedingen, erklärbar ist (Tabelle 1) (19, 20). Auch
psychische Störung, bei etwa 60 % finden sich mehrere seltene (Frequenz < 1 %) Risikoallele und Copy Number
komorbide psychische Störungen, welche die Prognose Variants erhöhen das Risiko; sie besitzen zwar individuell
ungünstig beeinflussen und spezielle therapeutische oder innerhalb einer Familie oft stärkere Effekte, erklären
Maßnahmen erfordern können (15). Umschriebene jedoch für die Gesamtpopulation nur wenig Varianz; ni-
Entwicklungsstörungen (Motorik, Sprache, schulische kotinerge und glutamaterge Systeme und Gene, die die
Fertigkeiten), Angststörungen und Tic-Störungen sowie neuronale Entwicklung und Synapsenbildung regulieren,
eine oppositionelle Trotzstörung treten früh in der Ent- sind an der Ätiologie beteiligt (21, 22). Auch sind einige
wicklung auf (16). Depressive Störungen und schwere- genetische Syndrome (zum Beispiel fragiles X-Syndrom,
re Formen von Störungen des Sozialverhaltens entwi- Mikrodeletionssyndrom 22q11, tuberose Sklerose, Wil-
ckeln sich oft zeitlich versetzt zum Ende der Grund- liams-Beuren-Syndrom) bekannt, welche mit einer
schulzeit und am Übergang in die Adoleszenz. Letztere ADHS-Symptomatik assoziiert sind (11, 23).
sind ab der Adoleszenz oft mit Substanzmissbrauch und
-abhängigkeit (Odds Ratio [OR] 1,7 beziehungsweise Umweltrisiken
2,5) (12) und der Entwicklung von Persönlichkeitsstö- Epidemiologische Studien zeigen assoziative Zusam-
rungen assoziiert (8, e22, e23). Während im Kindes- menhänge zwischen ADHS und verschiedenen Um-
und Jugendalter in Inanspruchnahmepopulationen etwa weltfaktoren. Diese umfassen in erster Linie prä- und
jeder vierte Betroffene eine affektive Störung aufweist perinatale Risiken (mütterlicher Stress, Nikotin- oder
(15, 16), finden sich im Erwachsenenalter bei mehr als Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, niedri-
der Hälfte der Betroffenen eine klinische Depression ges Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit), Umwelttoxi-
(2,3-fach erhöhtes Risiko) (12, e24). Das altersabhängi- ne (Organophosphate, polychlorierte Biphenyle, Blei),
ge Auftreten komorbider Störungen erfolgt daher häu- ungünstige psychosoziale Bedingungen (schwere früh-
fig in spezifischen sequenziellen Schritten (zum Bei- kindliche Deprivation, mütterliche Feindseligkeit) und
spiel von oppositionellen Störungen über eine Sozial- diätetische Faktoren (11, 23). Die kausale Relevanz der
verhaltensstörung zu einer depressiven Entwicklung meisten Umweltrisiken konnte allerdings bislang nicht
mit erhöhter Suizidalität), zumal komorbide Störungen belegt werden, da die Variablen in der Population nicht
spezifische Risiken für die Entwicklung weiterer psy- zufällig verteilt sind und die beobachteten Assoziatio-
chischer Störungen darstellen (16). nen durch konfundierende Variablen und Selektionsef-

Entwicklungsabhängige Komorbiditäten Umweltrisiken


Depressive Störungen und schwerere Formen von Mütterlicher Stress, Nikotin- oder Alkoholkonsum
Störungen des Sozialverhaltens entwickeln sich während der Schwangerschaft, niedriges
oft zeitlich versetzt zum Ende der Grundschulzeit Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit, Umwelt-
und am Übergang in die Adoleszenz. toxine, ungünstige psychosoziale Bedingungen
und diätetische Faktoren sind Risikofaktoren.

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TABELLE 1 Neuropsychologie
Studien zeigen im Gruppenvergleich verschiedene neu-
Beispiele für metaanalytisch bestätigte genetische Assozationsbefunde mit ropsychologische Beeinträchtigungen im Bereich exe-
gepoolter Risikoerhöhung für ADHS (pooled Odds Ratio)*
kutiver (Inhibitionskontrolle, Arbeitsgedächtnis, Pla-
Gen Genprodukt Variante/Risiko-Allel gepoolte Odds Ratio nungsvermögen) und nichtexekutiver Funktionen (zum
VNTR in Exon 3/ 1,33 Beispiel Regulation von Aktivierung und Arousal, Zeit-
5-repeat-Allel verarbeitung, Gedächtnis, Reaktionszeitvariabilität).
DRD4 Dopamin-D4- VNTR in Exon 3/ 1,68 Auch motivationale Prozesse und Lernmechanismen
Rezeptor 7-repeat-Allel sind betroffen (zum Beispiel Abneigung gegen Beloh-
Polymorphismus in 1,21 nungsaufschub; reduzierte Handlungskontroll- und
Promotor/T-Allel Fehlerverarbeitungsmechanismen). Allerdings sind die
DRD5 Dopamin-D5- Dinukleotid-Repeat/ 1,23 Beeinträchtigungen und ihr Profil nicht spezifisch für
Rezeptor 148-bp-Allel ADHS (26, e33, e34); ihre Effektstärken liegen nur im
VNTR in Exon 8/ 1,25
mittleren Bereich, sodass die Überlappung mit gesun-
3-repeat-Allel den Kontrollprobanden beträchtlich ist. Nur bei etwa
DAT1 Dopamin- VNTR in 3’-UTR/ 1,17
der Hälfte der Betroffenen liegen ausgeprägte neuro-
Transporter 10-repeat-Allel psychologische Beeinträchtigungen vor. Gegenwärtig
Polymorphismus in 1,20
ist unklar, inwiefern die assoziierten Auffälligkeiten
3’-UTR/G-Allel kausal relevant sind, oder eher Epiphänomene der ätio-
5HTT Serotonin- 5HTTLPR/ 1,31
logischen Mechanismen darstellen (26–28, e34, e35).
Transporter langes Allel
Hirnstrukturelle und -funktionelle Befunde
HTR1B Serotonin-1B- Polymorphismus in 1,11
Rezeptor Exon 1/G-Allel Das globale Gehirnvolumen, insbesondere die graue
Substanz, ist um etwa 3–5 % vermindert (29, e36,
ADHS, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung; bp: base pair (Basenpaar); UTR: untranslated e37). Stärker ausgeprägte Volumenminderungen, die
region; VNTR: variable number tandem repeat mit dem Schweregrad der Symptomatik assoziiert sind,
*modifiziert nach (17, 18, 20)
bestehen im Bereich präfrontaler Areale, der Basal-
ganglien und des Kleinhirns (29, e36). Die kortikale
Reifung ist besonders im Bereich präfrontaler Areale
fekte bedingt sein können. Darüber hinaus kann für ei- verzögert (e38). Die Entwicklungsverläufe dieser Auf-
nige Variablen die Richtung der Kausalität umgekehrt fälligkeiten sind über verschiedene Hirnregionen und
sein, indem das Störungsbild zu einer höheren Exposi- Patientengruppen heterogen. Die Persistenz der Symp-
tion gegenüber Umweltvariablen führen kann (11, 23, tomatik in das Erwachsenenalter ist mit dem Fortbeste-
e27). hen dieser Auffälligkeiten korreliert (e39). Funktionelle
Verschiedene Studien zeigen, dass negative Mutter- Bildgebungsstudien zeigen hypoaktive Aktivierungs-
Kind-Interaktionen Folge (nicht aber Ursache) frühkindli- muster präfrontaler Kortexregionen, des anterioren
cher ADHS-Symptome sein können, dass aber im weiteren Cingulum und assoziierter parietaler, striataler und
Verlauf mütterliche Feindseligkeit die Symptomatik nega- zerebellärer Strukturen (29, 30, e38, e40, e41).
tiv beeinflusst (e28, e29). Während die Assoziationen zwi- Die pathophysiologischen Mechanismen der ADHS
schen ADHS und pränataler Exposition gegenüber mütter- sind bislang noch unzureichend geklärt. Zusammenfas-
lichem Stress beziehungsweise Nikotin zumindest partiell send stützen die Studienergebnisse die Vermutung, dass
durch konfundierende Faktoren bedingt zu sein scheint, ADHS in den meisten Fällen multifaktoriell bedingt ist.
sind die Zusammenhänge zwischen ADHS und niedrigem Genetische Faktoren und frühe Umweltrisiken, die
Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit sowie Bleiexposition komplex interagieren und die strukturelle und funktio-
wahrscheinlich nicht durch konfundierende Variablen zu nelle Hirnentwicklung beeinflussen, spielen eine we-
erklären; sie können allerdings nur wenig zur Varianzauf- sentliche Rolle und bedingen eine hohe ätiologische
klärung beitragen (23, 24, e29–e31). Die kausale Bedeu- Heterogenität. Die durch einzelne Faktoren aufgeklärte
tung sehr schwerer Formen frühkindlicher Deprivation Varianz ist jeweils gering, das heißt, diese sind entwe-
konnte hingegen belegt werden (25, e32). der nur für wenige Betroffene relevant oder besitzen

Hirnstrukturelle und -funktionelle Befunde Diagnostik


Die pathophysiologischen Mechanismen der Die Diagnose integriert Informationen
ADHS sind bislang noch unzureichend geklärt. aus einer detaillierten entwicklungsbezogenen
Zusammenfassend stützen die Studienergebnisse Anamnese und Familienanamnese,
die Vermutung, dass ADHS in den meisten Fällen psychologischer und körperlicher Diagnostik
multifaktoriell bedingt ist. und Differenzialdiagnostik.

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nur eine geringe Effektstärke. Die bekannten Risiko- wicklungsstand des Betroffenen. Fragebogenverfahren
faktoren sind nicht spezifisch für ADHS, sondern erhö- und Checklisten ermöglichen die ökonomische, syste-
hen auch das Risiko für andere psychische Störungen matische und standardisierte Erhebung von Informatio-
und erhöhen auch bei Gesunden das Ausmaß subklini- nen aus den verschiedenen Lebensbereichen, bergen al-
scher ADHS-Symptome. Diese Befunde stützen die lerdings die Gefahr von Verfälschungen. Sofern erheb-
Hypothese, dass es sich bei dem Störungsbild um den liche Diskrepanzen in der Einschätzung vorliegen, kann
Extrembereich einer in der Population kontinuierlich es hilfreich sein, diesen in Telefonaten (zum Beispiel
verteilten Merkmalsdimension handelt. Der multifakto- mit den Lehrkräften oder Betreuern) oder klärenden
riellen Ätiologie entspricht ein insgesamt heterogenes Gesprächen (zum Beispiel mit den betreuenden Großel-
Profil hirnstruktureller und funktioneller neuropsycho- tern) nachzugehen. Oft bestehen Vorbehalte, Kinder in
logischer und psychopathologischer Auffälligkeiten Fragebögen „negativ“ zu bewerten oder persönliche
(11, 23). Gründe für eine modifizierte Einschätzung (eTabelle).
Testpsychologische Untersuchungen können im
Diagnostik Rahmen der Diagnostik ergänzend eingesetzt werden
Die Diagnose der ADHS ist, ebenso wie die aller neu- und sind zur Beantwortung spezifischer differenzialdia-
ropsychiatrischer Störungen, eine klinische Diagnose. gnostischer Fragestellungen notwendig. Etwa die Hälf-
Es existieren bislang keine Biomarker mit ausreichen- te der Betroffenen zeigt in neurokognitiven Testbatte-
der Sensitivität und Spezifität. Dennoch lässt sich die rien trotz ausgeprägter Kernsymptomatik keine Auffäl-
ADHS mit hoher Sicherheit und Zuverlässigkeit dia- ligkeiten (e33, e34). Eine Intelligenzminderung muss
gnostizieren, wenn die diagnostischen Kriterien sorg- ausgeschlossen werden, eine valide Intelligenzdiagnos-
fältig geprüft und Differenzialdiagnosen ausgeschlos- tik (zum Beispiel mit WISC, orientierend zum Beispiel
sen werden. mit CFT-20R) ist Bestandteil einer umfassenderen Dia-
Die Diagnose integriert Informationen aus einer de- gnostik.
taillierten entwicklungsbezogenen Anamnese sowie Fa- Labor- und apparative Untersuchungen können zur
milienanamnese, Psychodiagnostik sowie körperliche Abklärung möglicher zugrunde liegender somatischer
Diagnostik und Differenzialdiagnostik. Die Erfassung Erkrankungen (zum Beispiel Schilddrüsenerkrankun-
der aktuellen klinischen Symptomatik sowie ihrer Aus- gen, Seh- und Hörstörungen, organische Schlafstörun-
prägung in verschiedenen Lebensbereichen basiert im gen, medikamenteninduzierte Störungen) oder für dif-
Kindes- und Jugendalter vor allem auf der Exploration ferenzialdiagnostische Abklärungen (zum Beispiel Ab-
der Eltern und anderer Bezugspersonen. Die Explorati- sencenepilepsie) von Bedeutung sein.
on sollte stets Informationen mehrerer Beurteiler aus Häufig zu treffende differenzialdiagnostische Unter-
unterschiedlichen Lebensbereichen berücksichtigen. scheidungen beziehen sich auf Sozialverhaltensstörun-
Im Erwachsenenalter stützt sich die Diagnostik über- gen oder Depression. Hierbei muss sehr sorgfältig zwi-
wiegend auf die Exploration des Patienten, wobei In- schen den Kernsymptomen der ADHS (Konzentrations-
formationen von Angehörigen oder Dritten (zum Bei- störung, Impulsivität, Hyperaktivität) und dissozialen
spiel Schulzeugnisse) hilfreich sein können. Hilfsmittel und aggressiven Symptomen einer Sozialverhaltens-
für die Diagnostik sind strukturierte oder semistruktu- störung differenziert werden. Zudem ist der Zeitverlauf
rierte Interviews und Checklisten zur Erhebung des kli- wesentlich in der Beurteilung, ob eine Konzentrations-
nischen Urteils sowie störungsspezifische Fragebogen- störung mit erhöhter Reizbarkeit primär auf einer
verfahren zur Erfassung des Fremdurteils von Eltern, depressiven Stimmungslage beruht oder diese durch-
Erziehern oder Lehrern sowie des Selbsturteils. Hierzu gängig zuvor einer chronischen ADHS-Symptomatik
liegen für den deutschen Sprachraum Verfahren für das zuzuschreiben ist. Andere, seltenere und sehr seltene
Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter nach ICD-10 Differenzialdiagnosen sind Bindungsstörungen bezie-
beziehungsweise DSM-5 vor (zum Beispiel DISYPS- hungsweise schizophrene sowie bipolare Prodromi.
III, IDA (e42, e43) (eTabelle). Entscheidend für die Der Kliniker muss die Diagnose in der Gesamtschau
Diagnosestellung ist, dass die Symptome zu einer deut- der erhobenen Befunde stellen. Die Diagnosestellung
lichen Funktionsbeeinträchtigung im Leistungs- oder kann nicht allein aufgrund von Fragebogen oder Verhal-
Sozialbereich führen. Das Ausmaß der Kernsymptome tensbeobachtung in einer Testsituation erfolgen, wenn die-
entspricht bei der ADHS/HKS nicht dem Alter und Ent- se nicht von einer gründlichen Entwicklungsanamnese ge-

Hilfe bei der Einschätzung Differenzialdiagnose


Sofern Diskrepanzen in der Einschätzung vorlie- Differenzialdiagnostische Unterscheidungen
gen, sollte diesen in Telefonaten (zum Beispiel mit beziehen sich auf Sozialverhaltensstörungen oder
den Lehrkräften oder Betreuern) oder Gesprächen Depression. Mitunter ist es schwierig, zwischen
(zum Beispiel mit den betreuenden Großeltern) den Kernsymptomen der ADHS und denen der
nachgegangen werden. Sozialverhaltensstörung zu unterscheiden.

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TABELLE 2

Nichtpharmakologische Interventionen – Wirksamkeit auf ADHS-Kernsymptomatik

Interventionen Effektstärken OR [95-%-KI] Kommentar


unverblindet verblindet
diätetische Interventionen
Eliminationsdiät (32) 1,48, [0,35; 2,61] 0,51 [−0,02; 1,04] unter verblindeter Beurteilung keine statistisch signifikante
Wirksamkeit
Ausschluss künstlicher 0,32 [0,06; 0,58] 0,42 [0,13; 0,70] unter verblindeter Beurteilung statistisch signifikante, moderate
Farbstoffe (32) Wirksamkeit in selektierten Stichproben
Nahrungsergänzung ungesättigter 0,21 [0,05; 0,36] 0,16 [0,01; 0,31] unter verblindeter Beurteilung statistisch signifikante, jedoch nicht
Fettsäuren (32) bedeutsame Wirksamkeit
psychologische Interventionen
kognitives Training (32, 35) 0,64 [0,33; 0,95] 0,24 [−0,24; 0,72] Metaanalyse 1: Unter verblindeter Beurteilung keine statistisch
0,37 [0,09; 0,66] 0,20 [0,01; 0,40] signifikante Wirksamkeit (32)
Metaanalyse 2: unter verblindeter Beurteilung Verbesserung
des Arbeitsgedächtnisses (verbal: 0,52 [0,24; 0,80];
visuell: 0,47 [0,23; 0,70]) und geringerer, aber signifikanter Effekt
auf die ADHS-Kernsymptomatik (35)
Neurofeedback (32, 34) 0,59 [0,31; 0,87] 0,29 [−0,02; 0,62] unter verblindeter Beurteilung keine statistisch signifikante
Wirksamkeit bei Einschluss aller Studien (32), aber exploratorische
Sekundäranalyse (34) zeigt statistisch signifikante, moderate Wirk-
samkeit bei Anwendung eines Neurofeedback-Standardprotokolls
(0,36 [0,04; 0,69])
Verhaltenstherapie (32, 33) 0,40 [0,20; 0,60] 0,02 [−0,30; 0,34] unter verblindeter Beurteilung keine statistisch signifikante
Reduktion der ADHS-Kernsymptomatik (32), aber (33) signifikante
Verbesserung positiven Erziehungsverhaltens (0,63 [0,47; 0,7]),
Abnahme negativen Erziehungsverhaltens (0,43 [0,24; 0,62]),
Abnahme gestörten Sozialverhaltens (0,31 [0,05; 0,57])

ADHS, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung; OR, Odds Ratio; 95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall

stützt wird. Differenzialdiagnosen müssen berücksichtigt Nationale und internationale Behandlungsleitlinien


und ausgeschlossen werden. Die Diagnose kann nicht aus- empfehlen eine Kombination verschiedener individu-
schließlich auf der Grundlage von psychologischen Test- ell angepasster Behandlungskomponenten (multimo-
verfahren gestellt oder ausgeschlossen werden. Das Feh- dale Therapie) (31, e6, e62). Dabei ist die Psychoedu-
len wesentlicher Informationen, zum Beispiel Kontaktver- kation zur Vermittlung von Informationen über das
bot zur Schule, vermindert die Validität der Diagnose. Störungsbild und mögliche Behandlungsansätze der
Eltern und auch des Kindes oder Jugendlichen in al-
Therapie tersangemessener Form Grundlage jeder therapeuti-
Die Behandlung der ADHS erfolgt in der Regel ambu- schen Intervention. Zum Einsatz kommen außerdem
lant. Im Falle eines Scheiterns der ambulanten Therapie., kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren im Ein-
aufgrund mangelnder Adhärenz, unzureichender familiä- zel- und Gruppensetting:
rer Ressourcen, schwieriger medikamentöser Einstellung ● im Kindes- und Jugendalter: Elterntraining, Inter-
oder einem unmittelbar drohenden Schulausschluss ist ventionen in Schule und Kindergarten, zum Beispiel
gegebenenfalls ein teilstationäres oder stationäres Setting Therapieprogramm für Kinder mit hyperkineti-
indiziert. Ebenso stellen differenzialdiagnostische Fragen schem und oppositionellem Problemverhalten (e63).
oder eine komplexe Belastung mit Komorbiditäten mög- ● im Erwachsenenalter: spezifische Psychothera-
liche Gründe für eine stationäre Behandlung dar. piemanuale.

Therapie Therapeutische Intervention


In der Regel erfolgt die Behandlung Grundlage ist die Psychoedukation der
der ADHS ambulant. Eltern und auch des Kindes oder Jugendlichen
in altersangemessener Form. Hier werden
Informationen über das Störungsbild und
mögliche Behandlungsansätze vermittelt.

154 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017


MEDIZIN

TABELLE 3

In Deutschland zugelassene Wirkstoffe zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

Substanzklasse typischer Effekt- Numbers Unerwünschte Besonderheiten


Dosisbereich stärke Needed Arzneimittelwirkungen
to Treat
Methylphenidat Psychostimulanzien 0,3–1,0 mg/kg KG 0,8–1,0 ca. 2,5 durchschnittlich Medikation erster Wahl;
(MPH) (e81) geringfüge Zunahme von Retardpräparate stehen zur
Blutdruck und Pulsfrequenz, Verfügung (e81, e82)
Appetitminderung,
Dexamfetamin Psychostimulanzien 0,1–0,5 mg/kg KG 0,8–1,0 ca. 2 Gewichtsabnahme, vergleichbare Wirksamkeit
(e82) Bauchschmerzen, und Verträglichkeit wie MPH,
Kopfschmerzen, Zulassung bei nicht
Ein-/Schlafstörungen, ausreichender Wirkung von
emotionale Irritabilität, MPH (e81, e82)
Lisdexamfetamin Psychostimulanzien 30–70 mg Ø 1,0 Verstärkung vorbestehender Pro-Drug, dadurch
Tic-Symptomatik verlängerte Wirkdauer; in
Deutschland zugelassen bei
unzureichendem Ansprechen
auf MPH (e83)
Atomoxetin selektiver 1,2 mg/kg KG 0,5–0,7 ca. 4 durchschnittlich ebenfalls Medikament erster
Noradrenalin- (e84) geringfüge Zunahme von Wahl bei komorbider Tic-,
Wiederaufnahme- Blutdruck und Pulsfrequenz, Angst-, Substanzstörung,
Hemmer (SNRI) geringfügige QTc-Verkürzung, sonst Mittel der zweiten Wahl
Mundtrockenheit, (e84)
Appetitminderung,
Gewichtsabnahme,
gastrointestinale Symptome,
Schwindel, Kopfschmerzen,
Benommenheit, Müdigkeit,
Sedierung
Guanfacin zentraler 1–5 mg 0,6 ca. 4 Müdigkeit, Sedierung, Retardpräparat als
α2-Agonist (e85) Somnolenz, geringfüge Medikament zweiter Wahl
Abnahme von Blutdruck und verfügbar, wenn MPH
Pulsfrequenz, geringfügige unverträglich oder unwirksam;
QTc-Verlängerung wird über CYP3A4
verstoffwechselt
(e85, e86)

KG, Körpergewicht

Im unverblindeten Urteil lassen sich geringe bis Effekt auf die ADHS-Kernsymptome erbracht (32).
mittlere Effekte auf die Kernsymptomatik der AHDS Auch andere diätetische Maßnahmen sind nicht gene-
belegen, die sich auch nach Behandlungsende stabili- rell therapeutisch geeignet. Der Stellenwert von Neuro-
sieren (32), jedoch konnten signifikante Effekte im feedback im Rahmen eines multimodalen Gesamtbe-
verblindeten Urteil bislang nicht überzeugend nachge- handlungsplans ist bislang noch ungeklärt (34). Es feh-
wiesen werden (32). Im Gegensatz dazu lassen sich len ausreichend Studien mit qualitativ hochwertigen
auch im verblindeten Urteil positive Effekte auf das el- Trainings-Protokollen, die vermutlich bessere Effekte
terliche Erziehungsverhalten, Sozialverhaltensproble- als andere Ansätze erzielen (Tabelle 2).
me sowie Funktionsniveau der betroffenen Kinder Daneben ist die Pharmakotherapie (Tabelle 3) we-
nachweisen (33). sentlicher Behandlungsbaustein. Die Wirksamkeit und
Eine Nahrungsmittelergänzung mit ungesättigten Verträglichkeit der Stimulanzientherapie wurde in zahl-
Fettsäuren haben in Metaanalysen einen statistisch reichen Metaanalysen, zum Beispiel des National Insti-
knapp signifikanten, jedoch klinisch nicht bedeutsamen tute of Excellence (e6), vielfach repliziert. Ein aktueller

Positive Effekte Pharmakotherapie


Kognitiv-verhaltenstherapeutische Wesentlicher Behandlungsbaustein der Therapie
Verfahren haben positive Effekte auf das der ADHS ist die Pharmakotherapie.
elterliche Erziehungsverhalten, auf die
Sozialverhaltensprobleme sowie das
Funktionsniveau der betroffenen Kinder.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017 155


MEDIZIN

Cochrane-Review (36) weckte Zweifel an der Qualität Zur Behandlung assoziierter psychischer Stö-
der Evidenz zur Effektivität von Methylphenidat. Aller- rungen können weitere psychotherapeutische Inter-
dings rief der Cochrane-Review in internationalen Ex- ventionen auf verhaltenstherapeutischer, familien-
pertenkreisen viel Widerspruch und eine kontroverse systemischer oder tiefenpsychologischer Grundlage
Diskussion hervor aufgrund unüblich strenger Bias-Ka- oder auch pharmakologische Interventionen (zum
tegorisierungen, fragwürdiger Einschlusskriterien, me- Beispiel bei Depression, Tic oder Zwang) indiziert
thodischer Fehler und einer unzulässigen klinischen In- sein.
terpretation der Daten (36, 37, e64–e69).
Randomisierte Studien zur Langzeitwirksamkeit von Fazit
Stimulanzien sind aus ethischen Gründen nicht durch- Die ADHS ist eine Entwicklungsstörung, deren popula-
führbar. Insgesamt haben Studien zu Langzeitergebnis- tionsbasierte Prävalenz seit Jahrzehnten keine Zunahme
sen der Behandlung in den letzten drei Jahrzehnten er- erkennen lässt, ihre Erkennung hingegen zunehmend
heblich zugenommen (e70, e71). Longitudinale Studien verbessert wird. Die ADHS erfordert aufgrund der funk-
zur Hirnentwicklung (e36, e72, e73) weisen auf eine tionellen Einschränkungen in verschiedenen Lebensbe-
strukturelle Normalisierung der kortikalen Hirnentwick- reichen, der erheblichen Komorbiditätsentwicklung
lung unter Stimulanzientherapie hin. Für potenziell kon- und ihrer potenziell lebenslangen Konsequenzen eine
fundierende Faktoren adjustierte skandinavische Regis- frühzeitige, bedarfs- und altersangepasste Therapie be-
terstudien legen nahe, dass die medikamentöse Behand- stehend aus Psychoedukation, Verhaltenstherapie und
lung der ADHS die Risiken für delinquentes Verhalten Psychopharmakotherapie. Es existieren wirksame The-
(38), Substanzmissbrauch (e74), suizidales Verhalten rapiemethoden, sowohl in Bezug auf die Kern- als auch
(e75) und Unfälle (e76) signifikant und bedeutsam redu- auf die Begleitsymptomatik. Im Rahmen des Bundes-
ziert. Weitere Studien zeigen ebenfalls eine Reduktion ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
funktioneller Beeinträchtigungen und eine Verbesserung geförderten deutschen Forschungsnetzes zu psychischen
der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (e77). Insge- Erkrankungen evaluiert der Verbund „Evidenzbasierte,
samt ergeben sich unter (medikamentöser) Behandlung stufenweise Versorgung von ADHS über die Lebens-
günstigere Verläufe der Kernsymptomatik, assoziierter spanne“ (ESCAlife; www.esca-life.org) daher die Wirk-
psychiatrischer Störungen und relevanter funktioneller samkeit und Effektivität individualisierter und gestufter
Beeinträchtigungen, wenngleich in der Regel keine Nor- multimodaler Behandlungsprogramme und versucht,
malisierung erreicht wird (e71, e78, e79). Prädiktoren für das individuelle therapeutische Anspre-
Die Indikationsstellung zur medikamentösen Be- chen zu identifizieren.
handlung ist – ebenso wie die Entscheidung über
Zeitpunkt, Dauer und Dosis – in jedem Einzelfall
sorgfältig zu treffen. Im Vorschulalter und bei leicht Interessenkonflikte
ausgeprägter Symptomatik im Schulalter ist immer Prof. Banaschewski erhielt Gelder für Beratertätigkeiten von Lilly, Medice,
Novartis, Shire, Otsuka und Actelion. Für Publikationen wurde er honoriert
der Verhaltenstherapie der Vorzug zu geben. Eine pri- von Hogrefe, Thieme, CIP Medien und Oxford University Press. Für Gutachter-
mär medikamentöse Therapie ist ab dem Schulalter tätigkeiten bekam er Gelder von Hexal. Teilnahmegebühren, Reise- und Über-
indiziert, wenn eine stark ausgeprägte und situations- nachtungskosten wurden ihm erstattet von Shire, Medice und Novartis. Des
Weiteren erhielt er von diesen Firmen Honorare für wissenschaftliche Fortbil-
übergreifende ADHS-Symptomatik besteht, die zu dungsveranstaltungen. Gelder für ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben
einer erheblichen funktionellen Beeinträchtigung sowie Sachmittelunterstützung bekam er von Viforpharma.
führt (e6). Die Evidenzlage lässt zudem eine primäre Prof. Becker erhielt Honorare für Beratertätigkeiten, Erstattung von Teil-
Medikation bei moderater ADHS-Symptomatik in der nahmegebühren, Reise- und Übernachtungskosten von Lilly sowie
Honorare für wissenschaftliche Vortragstätigkeiten von Shire.
Einzelfallabwägung zu. Im Erwachsenenalter ist die
Prof. Döpfner erhielt Honorare für Beratertätigkeiten von Medice, Shire,
medikamentöse Therapie primäre Behandlungsoption Lilly und Vifor. Für Publikationen wurde er honoriert von Hogrefe,
(e80). Langfristige regelmäßige Kontrollen möglicher Huber, Guilford und Kohlhammer. Er erhielt Erstattung von Teilnahmege-
bühren, Reise- und Übernachtungskosten sowie Honorare für wissen-
Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie sind schaftliche Vortragstätigkeiten von Shire, Medice, Lilly und Vifor. Gelder
erforderlich, insbesondere von Blutdruck, Puls, für ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben bekam er von Vifor Medice,
Wachstum und Gewicht (39). Die Wirkung ist durch Lilly, Novartis und Shire. Sachmittelunterstützung bekam er von Vifor,
Medice, Lilly und Shire.
regelmäßige (in der Regel jährliche) Auslassversuche
Prof. Holtmann bekam Gelder für Beratertätigkeiten von Lilly Deutschland,
zu überprüfen (39). Shire und Medice. Ihm wurden Reise- und Übernachtungskosten erstattet
von Medice und Shire. Für Vortragstätigkeiten wurde er honoriert von
Medice, Shire, Lilly und neuroConn.
Prof. Rösler erhält Lizenzgebühren vom Hogrefe Verlag. Für Berater-
tätigkeiten wird er honoriert von Medice, Shire und Lilly. Für Vortrags-
Primär medikamentöse Therapie tätigkeiten bekam er Honorare von Medice und Shire. Für ein von ihm
initiiertes Forschungsvorhaben erhielt er Gelder von Vifor und für die
Eine primär medikamentöse Therapie ist Durchführung von klinischen Studien erhielt er Sachmittelunterstützung
ab dem Schulalter indiziert, wenn eine stark von Medice.
ausgeprägte und situationsübergreifende Prof. Romanos wird für Beratertätigkeiten honoriert von der AOK-Baden-
Württemberg.
ADHS-Symptomatik besteht, die zu erheblichen
funktionellen Beeinträchtigungen führt.
Manuskriptdaten
eingereicht: 1. 8. 2016, revidierte Fassung angenommen: 11. 1. 2017

156 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017


MEDIZIN

LITERATUR
Weitere Informationen zu cme
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der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
orders: clinical descriptions and diagnostic guidelines. Geneva:
WHO 1992. Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ und bei
3. Polanczyk G, de Lima MS, Horta BL, Biederman J, Rohde LA: der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden und
The worldwide prevalence of ADHD: a systematic review and durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.
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Psychother 2016; 44: 307–14. www.aerzteblatt.de/17m0149 oder über QR-Code

KLINISCHER SCHNAPPSCHUSS
Ist idiopathisch auch immer idiopathisch? Was uns die Zähne verraten können
Eine 25-jährige Patientin stellt sich in der Abteilung für
Parodontologie aufgrund einer generalisiert hyperplastisch
geschwollenen Gingiva vor. Im Rahmen der weiteren
Befunderhebung wird der Nüchternblutzucker überprüft.
Dieser ist unauffällig (01/2013: 97 mg/dL), die Entzündungs-
parameter sind erhöht (01/ 2013: BSG: 90 mm/Stunde;
C-reaktives Protein (CRP): 1,9 mg/dL; Leukotzyten 11,1
Tsd/µL). Der Body-Mass-Index (BMI) der Patientin liegt über
Ausgangsbefund mit Hyperplasien 30. Da keine systemische Komponente erkennbar ist und
keine Medikamentenanamnese vorliegt, wird zunächst von
einer idiopathischen Gingivahyperplasie in Assoziation mit einer chronischen Parodontitis ausgegangen. Die systematische
nichtchirurgische Parodontaltherapie mit adjuvanten Antibiotika führte zu einigen Verbesserungen, jedoch nicht zu einer
Resolution der Hyperplasie. Die erneute Kontrolle der Blutwerte nach einem Jahr zeigt einen erhöhten Nüchternblutzucker
(03/2014: 204 mg/dL) und einen HbA1c von 9,5 %. Durch antidiabetische Therapie und Weiterführung der lokal-mechanischen
Maßnahmen gelingt eine nahezu vollständige Resolution der gingivalen Hyperplasie.
Fazit: Bei Gingivahyperplasie sollte auch bei normalem Nüchternblutzucker die Diagnostik hinsichtlich eines Diabetes
mellitus intensiviert werden.
Prof. Dr. med. dent. Anton Friedmann, Dr. med. dent. Matthias Becker, Department Zahn-, Mund-, Kieferheilkunde, Universität Witten/Herdecke,
Lehrstuhl für Parodontologie
Prof. Dr. med. Hans Jürgen Heppner,, Lehrstuhl für Geriatrie Universität Witten/Herdecke, HELIOS Klinikum Schwelm, Klinik für Geriatrie, Hans.Heppner@uni-wh.de

Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Zitierweise
Friedmann A, Becker M, Heppner J: Is idiopathic always idiopathic? What the teeth can tell us. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 158. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0158

The English version of this article is available online: www.aerzteblatt-international.de

158 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017


MEDIZIN

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1 Frage Nr. 6


Wie hoch ist, basierend auf den DSM-IV-Kriterien, die weltweite Um welchen Faktor ist das
epidemiologische Prävalenz der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts- Erkrankungsrisiko für ADHS bei Verwandten
störung (ADHS) im Kindes- und Jugendalter? ersten Grades erhöht?
a) circa 1,8 % a) 5- bis 10-fach
b) circa 2,7 % b) 10- bis 15-fach
c) circa 3,9 % c) 15- bis 20-fach
d) circa 5,3 % d) 20- bis 25-fach
e) circa 7,1 % e) 25- bis 30-fach

Frage Nr. 2 Frage Nr. 7


Zur Diagnosestellung einer Hyperkinetischen Störung (HKS, nach ICD-10) Welche psychische oder psychosomatische
müssen bestimmte diagnostische Kriterien erfüllt sein. Welches Kriterium Komorbidität bei ADHS tritt häufig schon früh in
des Klassifikationssystems ist notwendig? der Entwicklung auf?
a) zumindest 12 Monate überdauernde und situationsübergreifende Symptomatik a) oppositionelle Trotzstörung
b) Vorliegen einer mindestens durchschnittlichen Intelligenz b) funktionelle Darmbeschwerden
c) sicherer Ausschluss einer Lese- und Rechtschreibstörung c) Depressionen
d) Nachweis mindestens einer zugrunde liegenden neuropsychologischen d) Schizophrenie
Auffälligkeit (wie zum Beispiel Abneigung gegen Belohnungsaufschub, hohe e) Anorexia nervosa
Reaktionszeitvariabilität)
e) Ausmaß der Kernsymptome entspricht nicht dem Alter und dem
Entwicklungsstand des/der Betroffenen Frage Nr. 8
Welcher Umweltfaktor zeigt in
epidemiologischen Studien eine Assoziation
Frage Nr. 3 mit ADHS im Kindesalter?
Was ist ein wesenlicher Bestandteil einer umfassenderen Diagnostik a) Cannabiskonsum des ADHS-Patienten
bei ADHS? b) hoher Bildungsstand der Eltern
a) großes Blutbild c) Einzelkindstatus
b) Intelligenztest d) hoher Fernsehkonsum
c) Positronenemissionstomographie des Gehirns e) Nikotinkonsum während der Schwangerschaft
d) Rohrschachtest
e) Mobilitätstest
Frage Nr. 9
Was ist Grundlage einer
Frage Nr. 4 angemessenen therapeutischen Intervention
Was ist ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf der ADHS und bei ADHS?
erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Persistenz? a) Psychoedukation
a) ungünstiges psychosoziales Umfeld b) Konfrontationstherapie
b) negative Familienanamnese für ADHS c) Agressionstraining
c) eher schwach ausgeprägte Kernsymptomatik d) autogenes Training
d) weibliches Geschlecht e) Entspannungsübungen nach Jacobsen
e) hohe Intelligenz

Frage Nr. 10
Frage Nr. 5 Welches Medikament kann bei
ADHS-Betroffene zeigen unter anderem aufgrund des höheren Suizidrisikos ADHS unter anderem zum Einsatz kommen,
und der erhöhten Unfallneigung eine höhere Mortalität. Um wieviel Prozent wenn der Patient auf Methylphenidat
ist die Mortalität dabei im Vergleich zu nicht von ADHS-Betroffenen erhöht? nicht anspricht?
a) 10 % a) Promethazin
b) 30 % b) Lisdexamfetamin
c) 50 % c) Clomethiazol
d) 70 % d) Olanzapin
e) 90 % e) Haloperidol

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017 159


MEDIZIN

Zusatzmaterial zu:
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
Eine aktuelle Bestandsaufnahme
Tobias Banaschewski, Katja Becker, Manfred Döpfner, Martin Holtmann,
Michael Rösler, Marcel Romanos
Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 149–59. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0149

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III Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017 | Zusatzmaterial


MEDIZIN

eTABELLE 1

Diagnostische Instrumente

Klinische Interviews und Diagnosesysteme (inkl. Fragebögen) Altersbereich Referenz


– Kiddie-SADS 6–18 Jahre (e44)
– Kinder-DIPS 6–18 Jahre (e45)
– DISYPS-III (DCL-ADHS, ILF-EXTERNAL, FBB-ADHS, SBB-ADHS) ab 11 Jahre (e46)
– HASE Erwachsene (e47)
– IDA Erwachsene (e43)
Weitere ADHS-spezifische Fragebögen
– Conners 3 6–18 Jahre (e48)
– Conners Skalen für Erwachsene > 18 Jahre (e87)
Fragebögen zu komorbider Depression
– DIKJ 8–15 Jahre (e49)
– BDI-II ab 13 Jahre (e50)
– DTGA Vorschul- und Grundschulalter (e51)
Fragebögen zu komorbider Angststörung
– PHOKI 8–18 Jahre (e52)
– SPAIK 8–16 Jahre (e53)
Fragebögen zu komorbider Sozialverhaltensstörung
– FAVK 9–14 Jahre (e54)
Fragebögen zu komorbider Tic-Störung
– FBB-TIC / SBB-TIC Erwachsene/ 11–18 Jahre (e46)
Fragebögen zu komorbider Zwangssstörung
– CY-BOCS (Interview) 6–17 Jahre (e55)
– Y-BOCS (Interview) (e56)
– OCI Erwachsene (e57)
Fragebögen zu komorbider Autismus-Spektrum-Störung
– FSK ab 4 Jahre (e58)
– MBAS (e59)
– ADI-R ab 2 Jahre (e60)
– ADOS-2 ab 12 Monate (e61)

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 9 | 3. März 2017 | Zusatzmaterial IV

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