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COLOURDOME –
Ein selbsttragender
Experimentalkuppelbau aus Stahlblech
Stahl-Informations-Zentrum
Dokumentation 089
Entstehung Planung
Im Seminar „Innovativer Stahlbau“ an der Ausgehend von zwei studentischen Vorent-
RWTH Aachen unter der Leitung von Prof. würfen wurde der COLOURDOME zu einer
Wilfried Führer und Dipl.-Ing. Helmut Hachul Ableitung der geodätischen Kuppeln weiter-
wurde ein Pavillon aus Stahlblech entwickelt, der entwickelt. Ähnlich der Hülle eines Fußballs
kostengünstig herzustellen und einfach aufzu- bilden Fünf- und Sechsecke die Grobstruktur,
bauen ist. Aus den theoretischen Überlegungen welche in kleinere Elemente unterteilt werden.
entstand das Konzept für eine modulare, selbsttra- Das Grundmodul ist jeweils eine Raute, die
gende Bauweise, bei der zusätzlich zu prüfen war, über einen Mittenknick und die seitliche Ab-
welche Vorteile bereits werkseitig farbbeschich- kantung ihrer Laschen an Stabilität gewinnt.
tete Stahlbleche als Ausgangsmaterial bieten. Zur Realisierung der doppelt gekrümmten
Das Resultat, der COLOURDOME, ist ein Geometrie werden nur fünf unterschiedlich
selbsttragender Pavillon mit einem Durchmesser geformte Rauten benötigt. Jeder Rautenform
von 10 m und einer Höhe von 5 m aus farbig ist eine Außenfarbe zugeordnet.
beschichtetem Stahlfeinblech. Im Frühjahr 2002 Es folgte die konstruktive Ausarbeitung an-
errichteten Aachener Architekturstudenten des hand mehrerer Modelle (bis zum Maßstab 1:1)
Seminars „Innovativer Stahlbau“ den Pavillon in und eines 3D-Modells in einem handelsüblichen
nur 28 Stunden reiner Montagezeit. Ermöglicht Zeichenprogramm. Diese CAD-Planung war
wurde diese kurze Bauzeit vor allem durch zwei anschließend Grundlage der Fertigung.
Besonderheiten der Konstruktion, auf die im
Folgenden näher eingegangen werden soll: die
selbsttragende, modulare Bauweise und das
farbcodierte Bauen.
Bild 3: Pappmodell
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COLOURDOME
Fertigung
Über die farbige Außenbeschichtung der Für die Kuppel wurden 1,25 mm dicke,
Feinbleche lassen sich die verschiedenen Ele- beidseitig bandverzinkte und bandbeschichtete
mente eindeutig unterscheiden und sind ein- Stahlfeinbleche verwendet, die ein deutscher
fach zusammenzubauen. So ermöglicht die Farbe Hersteller zur Verfügung gestellt hatte.
auf der Außenseite dem Betrachter die Ent- Zusätzlich waren die Bleche auf der Außen-
schlüsselung der Struktur. Darüberhinaus nimmt seite bis zum Einbau mit einer PE-Folie gegen
die Kuppel mit ihren Blautönen Bezug auf den Beschädigung geschützt. Anhand der mittels
internen Farbcode der RWTH Aachen. CAD erstellten Abwicklungen schnitten die Mit-
Für den Nachweis der Standfestigkeit kam arbeiter und Studenten beim Fraunhofer Institut
am Lehrstuhl von Prof. Führer ein vereinfachtes für Lasertechnik in Aachen die Rauten per Laser
Rechenmodell zum Einsatz, bei dem die flächige aus den Blechen zu. Im gleichen Arbeitsgang
Tragstruktur des COLOURDOME auf ein Stab- wurden auch die Schraubenlöcher in den
werk reduziert wird. Die aus der Berechnung Laschen ausgeschnitten.
gewonnenen Schnittgrößen waren Grundlage Das Zuschneiden der Bleche nahm insgesamt
der sich anschließenden FEM-Berechnung, die vier Tage in Anspruch. Genauso lange dauerte
explizit für die am stärksten belastete Blech- das Abkanten der Elemente auf einer NC-gesteu-
raute angestellt wurde. erten Gesenkbiegemaschine.
Die präzise und maßgenaue Bearbeitung
der Bleche war eine wichtige Vorarbeit für den
späteren Zusammenbau.
Bild 4: FEM-Modell der Kuppel und Bild 6: Blechraute mit bereits gebogenen Laschen,
Spannungsverteilung in einem Element noch ohne Mittelknick
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Dokumentation 089
Aufbau
Im Frühjahr 2002 montierten die Studen-
ten des Seminars den COLOURDOME auf dem
Gelände der RWTH Aachen. Auf einer Holz-
bühne wurde die Kuppel von unten nach oben
errichtet. Als Aufbauschema diente einzig die
farbige Isometrie – weitere Pläne erübrigten
sich.
Je sechs der insgesamt 194 Einzelelemente
wurden zuerst über die seitlichen Laschen an-
einander geschraubt. Als Abdichtung erhielten
die Flansche der Blechrauten vor dem Zusam-
menbau ein Dichtband. Diese Großelemente Bild 8: Holzbühne
wurden anschließend zusammengestellt und
miteinander verschraubt. Nach der Verschrau-
bung ergab sich eine gute Regendichtigkeit,
lediglich in den Ecken der Rauten musste von
innen punktweise Silikondichtstoff eingebracht
werden.
Ab einer gewissen Arbeitshöhe ließen sich
die Elemente nur noch von einem Gerüst aus
aneinanderfügen, was die Arbeiten jedoch nur
unwesentlich verlangsamte. Nach 28 Stunden
Montagezeit konnte das letzte Element der Kup-
pel eingesetzt werden.
Nach dem Zusammenbau der Kuppel instal-
lierten Mitarbeiter der RWTH noch ein Rolltor
und die Innenbeleuchtung.
Bild 7: Aufbauanleitung
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COLOURDOME
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Dokumentation 089
Zusammenfassung
Seit seiner Eröffnung im Sommer 2002
konnte der COLOURDOME seine Flexibilität
bei Vorträgen, Ausstellungen und Festlichkeiten
mehrfach unter Beweis stellen. Der Kontrast
zwischen dem einfarbigen Inneren und der
mehrfarbigen Außenkuppel wird von den Nut-
zern positiv aufgenommen und als angenehm
empfunden.
Vielen Besuchern erscheint der COLOUR-
DOME von innen lichter und geräumiger als
zunächst von außen vermutet. Ein Grund für
diesen Eindruck könnte die silberfarbige Be-
schichtung der Feinbleche auf der Innenseite
in Kombination mit den Bodeneinbauleuchten Bild 13: Einweihung des COLOURDOME
sein.
Obwohl als Experimentalbau geplant, bie- Die wesentlichen Vorteile dieser Bauweise sind:
tet sich der COLOURDOME inzwischen als – geringes Gewicht,
Alternative zu herkömmlichen Bauten an – so – günstige Fertigung,
auch demnächst, wenn er innerhalb der Hoch- – kurze Auf- und Abbauzeiten.
schule „umziehen“ und seine Mobilität unter Das Farbschema der Stahlbleche erfüllt gleich
Beweis stellen wird. mehrere Aufgaben: Auf der Außenseite dient es
Auch für das Seminar hat er eine Zielvor- sowohl als Montagehilfe als auch als Werbeträ-
gabe voll und ganz erfüllt, beweist er doch, ger („Corporate Design“) der RWTH Aachen,
dass die selbsttragende Bauweise nicht nur im innen vermittelt es den Eindruck von Großzügig-
Automobilbau möglich ist. Beim COLOURDOME keit und lässt den Raum homogen erscheinen.
bildet das Stahlblech nicht nur die Hülle, son- Der Experimentalbau COLOURDOME stellt
dern gleichzeitig auch das Tragwerk. erst einen Anfang dar, dem weitere Beispiele
folgen müssen, will die Architektur den techno-
logischen Anschluss nicht verlieren.
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COLOURDOME
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Stahl-Zentrum
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