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Arbeit

Aufträge für den Arbeitstag entgegennehmen

Aus der Praxis 1 – Kurs Niveau A1

Ablaufbeschreibung der Kursleitung


Kursgruppe
Am ersten Kursmorgen ging es um das gegenseitige Kennen
Es handelt sich um 8 Frauen, welche in der Reinigungs- lernen und etwas «Smalltalk». Ich konnte auch einen Eindruck
branche arbeiten, vorwiegend in der Reinigung von bekommen, wo die Frauen sprachlich stehen. Die meisten
Treppenhäusern und anderen gemeinsamen Räumen haben bisher keine Kurse besucht, aber haben innerhalb der
von Wohnsiedlungen. Der Kurs findet einmal wö- Familie und Bekanntschaft etwas Deutsch gelernt, und sie
chentlich statt (12 x 3 Std. am Samstagmorgen) und können sich in Routinesituationen mit Einzelwörtern und fi-
wird über den Branchenverband organisiert. Die meis- xen Ausdrücken recht effektiv verständigen.
ten Frauen stammen aus dem Kosovo und können sich
untereinander auf Albanisch verständigen. Sie arbei- Obwohl die Ziele des Kurses nur einen beschränkten Bereich
ten meist in 2er- oder 3er-Teams, und neue Mitarbei- betreffen, habe ich versucht, das Prinzip des Portfolios anzu-
terinnen werden in der Regel von schon bewährten wenden. Unser Portfolio hat vorläufig nur die 2 Kapitel «Ar-
Kräften in die Arbeit eingeführt. Die TN sind zwischen beit» und «Wohnumgebung».
2 und 6 Jahren in der Schweiz und finden sich (ohne
viel Sprache) im Alltag zurecht. In anspruchsvolleren Diese beiden Deckblätter habe ich in der ersten Lektion dazu
Situationen werden sie von Familienangehörigen mit verwendet, die Kursinhalte vorzustellen und zu «diskutieren».
besseren Deutschkenntnissen unterstützt. Manche Ich habe den Ausdruck Ich möchte eingeführt. Damit, mit ein
Frauen bringen eine gute Schulbildung mit, manche paar Brocken Deutsch, den Bildern und der gegenseitigen Hil-
konnten nicht viele Jahre die Schule besuchen, aber fe von allen, haben wir dann Schwerpunkte gesetzt. Der Kurs
alle kennen das lateinische Alphabet. sollte zwischen den beiden Bereichen «Arbeit» und «Wohn-
umgebung» abwechseln. Das Szenario «Aufträge für den Ar-
beitsalltag entgegennehmen» ist von der Zielsetzung des Kur-
ses her das wichtigste. Ich habe dafür vier bis fünf Samstage
Ausgangssituation vorgesehen.

Von Seiten der Arbeitgeber gibt es eine Liste von rund Das Lernzielblatt aus der Materialiensammlung war mir in
100 Wörtern, welche das Grundvokabular für die Ar- diesem Fall zu wenig detailliert. Ich habe deshalb die einzel-
beitstätigkeit umfasst. Es geht um Utensilien (Hand- nen kommunikativen Aufgaben in der Situation bei Arbeits-
besen, Mopp, Fensterabzieher...), Örtlichkeiten und Ge- beginn aufgeführt. Das macht es leichter, mehrere Wochen
genstände, die geputzt werden müssen (Kellertreppe, am gleichen Szenario zu arbeiten; jedes Mal steht eine andere
Fensterbrett, Handlauf...), Tätigkeiten (nass wischen, ab- kommunikative Aufgabe im Zentrum, und man kann die Fort-
stauben, kehren...) und Wörter zur örtlichen und zeitli- schritte besser sichtbar machen.
chen Orientierung (rechts, oben, vorher, zuletzt...). Das
Kursziel ist, dass die TN dieses Grundvokabular erwer- Für das Verstehen von Arbeitsaufträgen ist der auf die Ar-
ben, damit die Vorgesetzten direkt und ohne Überset- beitsumgebung bezogene Wortschatz ganz zentral. Für den
zung von Kolleginnen mit ihnen über die Arbeitsauf- zweiten Kurstag konnten wir uns einen Putzwagen aus dem
träge kommunizieren können, und dass sie einfache Haus besorgen. Wir haben ihn Stück für Stück ausgepackt
«Kontakt-Formeln» mit den Mietern der Wohnblocks und die Gegenstände benannt. Für fast alle Dinge wusste je-
austauschen können. mand aus der Gruppe das richtige Wort - allerdings oft mit
sehr «ungefährer» Aussprache. Ich habe versucht, die Präzi-

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sion bei der Aussprache etwas zu fördern. Das würde den TN Verben – das entspricht ja auch dem Sprachgebrauch bei den
nachher beim Erkennen der Wörter in der schriftlichen Form Arbeitsanweisungen.
helfen.
Unser Kursraum und der Korridor wurden so an diesem Mor-
Vor der Pause haben alle TN einzeln neben dem Putzwagen gen mehrmals pantomimisch von den TN gereinigt. Dabei
«posiert», und ich habe Fotos gemacht. Während der Pause ergab es sich von selber, dass die TN sich gegenseitig Arbeits-
konnte ich die Fotos je auf der Mitte eines A4-Blatts ausdru- aufträge gaben, wie Hier, Staub saugen. Da, feucht wischen,
cken. In der zweiten Lektionshälfte haben die TN auf dem mit Mikrofasertuch. Je schwieriger, desto besser, z. B. Da, mit
Blatt die Dinge im Putzwagen angeschrieben. Zur Hilfe lag Teleskopstange!
die Liste mit den arbeitsrelevanten Wörtern (nur auf Deutsch)
auf: Die TN konnten darauf jeweils nachschauen, wie man die Die Arbeit mit dem Blatt Meine Arbeitsgeräte sorgte dann für
Wörter schreibt. eine etwas ruhigere Phase. Ich hatte zuhause alle Gegenstän-
de in meinem Putzschrank fotografiert und auch noch ein paar
Da ich zum Kursanfang nicht sicher war, wie gut die TN mit Bilder im Internet gesucht. Mit diesen Bildern im Kleinformat
dem lateinischen Alphabet zurechtkommen, hatte ich die habe ich dann ein Blatt gefüllt und das für alle kopiert. Die
Wörter auch auf kleinen Klebeetiketten bereit. Diese wurden TN konnten jetzt etwa 10 Bilder aussuchen, sie ausschneiden,
aber nicht unbedingt von den langsameren TN benutzt, son- auf das Arbeitsblatt kleben und die Ausdrücke dazuschreiben.
dern eher von denen, die schnell fertig werden wollten... Wer Zum Abschluss konnten alle TN nochmals kurz Chefin spielen
fertig war, konnte in der anderen Ecke des Kursraums noch- und den anderen TN Arbeitsaufträge geben.
mals den Putzwagen aus- und wieder einpacken und dabei
die Wörter üben. Am vierten Kurstag gingen die TN nach einer Repetitions-
und Aufwärmphase auf «Foto-Safari»: 4 TN sollten sich das
Das Selbstportrait mit Putzwagen war das erste selbst erstell- Treppenhaus und die Korridore vornehmen, die anderen 4 TN
te Blatt, das die TN dann in ihrem Portfolio ablegten. Bei dieser Keller, Veloraum und Waschküche. Mit einem Handy sollten
Gelegenheit habe ich nochmals erklärt, dass das Portfolio die sie festhalten, was in diesen Räumen zu reinigen wäre. Dabei
TN im ganzen Kurs begleiten wird und was der Zweck ist. Das habe ich gemerkt, dass nicht alle TN wussten, dass sie mit ih-
war nicht so einfach; meine theatralischen Fähigkeiten wur- rem Handy auch Fotos machen können, und ich habe spontan
den sehr gefordert! eine «Instruktionsphase» dazu eingeschoben – das hatte ja
auch mit unserem Thema der Arbeitsaufträge zu tun.
Am dritten Samstagmorgen haben wir nochmals mit dem
Putzwagen die Namen der Gerätschaften repetiert. Dazu ka- Während ich dann nach ihrer Rückkehr mit einer Gruppe die
men die Tätigkeiten, immer nach dem Muster: mit dem Mopp Safari-Bilder vom Handy auf den Computer geladen und eine
nass wischen, mit dem Mikrofasertuch trocken abwischen, mit Auswahl für das Portfolio (Blatt Arbeitsumgebung) getroffen
dem Staubsauger reinigen... Zuerst hatte ich etwas Schwierig- habe, hat die andere Gruppe noch weitere Bilder auf das Blatt
keiten, diese komplexen Wörter zu brauchen, habe dann aber Meine Arbeitsgeräte geklebt und die Wörter dazu notiert.
gemerkt, dass es für die TN selbstverständlich war, dass die
Dinge halt so heissen... Ich musste jedoch recht aufpassen, Nach der Pause haben wir die entstandenen Blätter gemein-
dass ich immer die richtige Terminologie brauchte und nicht sam bearbeitet, d.h. mit den Wörtern (Treppe, Stufen, Treppen-
Staubtuch und Mikrofasertuch oder wischen und fegen durch- geländer, Handlauf, etc.) beschriftet. Es waren wiederum die
einander brachte! Der Schwerpunkt lag klar auf dem Lernen meisten Wörter einigen TN bekannt, wenn auch sehr unprä-
der Wortgruppen, deshalb blieb ich bei den unkonjugierten zis. Beim Festhalten des Vokabulars für das Portfolio habe ich

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daher sehr auf die korrekte Schreibweise geachtet und auch


darauf, dass die TN die Wörter mehrmals möglichst korrekt
ausgesprochen haben.

Es blieb noch Zeit für einen kurzen Hausrundgang in der Grup-


pe, bei dem wir alle «Teile» des Eingangs- und Treppenbereichs
benannt haben und jeweils beschrieben, wie sie geputzt wer-
den müssen, z. B. Handlauf feucht wischen, Kellertreppe fegen,
u.s.w.

Alle TN hatten ein Handy. Ich habe ihnen vorgeschlagen, bis


nächsten Samstag Fotos ihrer Arbeitsumgebung zu machen.
4 TN kamen am fünften Samstagmorgen tatsächlich mit Fo-
tos auf ihren Handys an, die wir dann herumgereicht und
kommentiert haben.

Ein wichtiges Element war noch das «Verstehen resp. Nicht-


Verstehen signalisieren». Da war wieder mein schauspiele-
risches Talent gefragt! Abwechslungsweise spielte ich die
schwer verständliche Chefin oder die Reinigungsmitarbeite-
rin, die genau wissen will, ob sie alles richtig verstanden hat.
Dann haben wir auf dem Blatt Ok? geeignete Strategien und
Redemittel dazu festgehalten.

Als Zusammenfassung des Szenarios gab es noch einen Haus-


rundgang, bei dem die TN abwechslungsweise erklärten, was
wie zu reinigen wäre. Auf dem Blatt Lernergebnisse konnten
die TN zum Abschluss festhalten, was sie gelernt hatten. Weil
es das erste Mal war, haben wir das Schritt für Schritt zusam-
men gemacht:
– Sachen im Putzwagen, z. B. Eimer, Mikrofasertuch
– Wörter für Putzen, z. B. nass wischen
– Fotos mit Handy machen
Etc.

Das hat ziemlich lange gedauert, aber am Schluss waren die


Frauen stolz auf die lange Liste und die Blätter in ihrem Port-
folio.

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