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FAQ Nach Beschluss im Bundestag

Worum geht es beim Bürgergeld?


Stand: 10.11.2022 12:34 Uhr

Der Bundestag hat das Bürgergeld als Nachfolger von Hartz IV beschlossen: Für die
Ampelkoalition ist es die große Sozialreform, Widerstand kommt aus der Union.
Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Der Bundestag hat für das geplante Bürgergeld gestimmt. Die Union, auf deren
Zustimmung die Ampel später aber im Bundesrat für eine endgültige Verabschiedung
des Bürgergelds angewiesen ist, hat den angepeilten Wechsel weg vom bisherigen
Hartz-IV-System in den vergangenen Wochen immer wieder scharf kritisiert und droht
mit einer Blockade in der Länderkammer. Aus Sicht von CDU und CSU senkt das
Bürgergeld die Motivation, eine Arbeit anzunehmen und schafft "Anreize zur
Einwanderung in unser Sozialsystem", wie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt
erst kürzlich sagte.

Die AfD argumentiert ähnlich: Die Anreize, "sich in die Hängematte zu legen", nähmen
zu, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Bernd Baumann.
Linkspartei und Sozialverbände kritisieren das Bürgergeld dagegen als zu niedrig.

Das sind die Pläne der Ampelkoalition:

Wie hoch sollen die Regelsätze sein?


Der heutige Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro für Alleinstehende soll auf 502 Euro
angehoben werden. Dass es mindestens so viel sein muss, ist wegen der stark
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angehoben werden. Dass es mindestens so viel sein muss, ist wegen der stark
gestiegenen Lebenshaltungskosten unstrittig. CDU und CSU hatten vorgeschlagen, die
Anhebung aus dem Bürgergeld-Gesetz herauszulösen, damit die Erhöhung zum 1.
Januar umgesetzt werden kann. Über den Rest des Gesetzes könne man dann später
diskutieren. Die Ampelkoalition lehnt das ab.

Was steckt hinter dem Systemwechsel?


Kern der Reform ist ein Systemwechsel: Vor 20 Jahren hatte der damalige Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) eine Kommission eingesetzt, unter der Leitung von Ex-VW-
Manager Peter Hartz. Aus deren Vorschlägen für Arbeitsmarkt- und Sozialreformen
gegen die damalige Massenarbeitslosigkeit entstanden mehrere Gesetze: "Hartz I" bis
"Hartz IV".

Der Druck auf Arbeitslose wurde erhöht, was zu Protesten führte - und dazu, dass auch
die Sozialdemokraten zunehmend unter Druck gerieten. Schröder verlor die
Bundestagswahl 2005 und neben der SPD etablierte sich die Linkspartei. Nun soll Hartz
IV weg.

Versucht die SPD eine "Traumabewältigung"? 


Dass die SPD das Bürgergeld nun zur "Traumabewältigung" brauche, wie es in der Union
heißt, nennt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im aktuellen Podcast der SPD-
Bundestagsfraktion "Quatsch". "Wir hatten damals Massenarbeitslosigkeit, wir reden
heute über Arbeitskräftemangel." Deshalb brauche es eine grundlegende Reform mit
"Entbürokratisierung, Befähigung, Qualifizierung und verlässliche(r) Absicherung".

Arbeitslose sollen den Plänen zufolge künftig weniger durch angedrohten


Leistungsentzug (Sanktionen) unter Druck gesetzt und dafür bei
Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Zudem sollen Vorgaben zur
erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern gelockert
werden.

Welche Bedeutung haben "Vertrauenszeit" und "Karenzzeit"?


Zwei der Schlagwörter im Bürgergeld-Gesetz. Man wolle niemanden unter
Generalverdacht stellen, heißt es von der Ampel. Deshalb sollen Leistungen in den
ersten sechs Monaten des Bürgergeldbezugs ("Vertrauenszeit") nur in Ausnahmefällen
gekürzt werden, wenn jemand mit dem Jobcenter beharrlich nicht zusammenarbeitet.

Für die ersten beiden Jahre ("Karenzzeit") soll zudem niemand sein Vermögen antasten
müssen, es sei denn, es ist "erheblich" und liegt über 60.000 Euro, plus 30.000 Euro für
jedes weitere Haushaltsmitglied. Auch ein Umzug in eine kleinere Wohnung soll in der
Karenzzeit nicht nötig sein.
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Wie hoch ist das "Schonvermögen"?
Auch nach zwei Jahren Bürgergeldbezug soll mehr Vermögen als bisher unangetastet
bleiben. Das betrifft auch Anlagen zur Altersvorsorge oder Eigenheime bis 140 und
Eigentumswohnungen bis 130 Quadratmetern. Es gehe nicht um große Villen im Tessin,
sagt Heil. "Es geht um die Frage, dass Leute, die sich im Leben etwas erarbeitet haben,
wenn sie in Not geraten, nicht alles auf den Kopf hauen müssen."

Betroffene sollten "den Kopf frei haben sich zu qualifizieren und weiterzubilden, neue
Arbeit zu suchen und sollen sich nicht rumschlagen müssen mit dem Aufbrauchen von
Vermögenswerten oder dem Auszug aus der bisher bewohnten Wohnung", sagte SPD-
Generalsekretär Kevin Kühnert vor Kurzem im Deutschlandfunk.

Mit dem Bürgergeld sollen Betroffene "den Kopf frei haben", sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Bild:
dpa

Was ist mit Weiterbildungen?


Zusätzlich zum Bürgergeld soll es 150 Euro Weiterbildungsgeld pro Monat geben, wenn
jemand einen Berufsabschluss nachholt oder 75 Euro zusätzlich, wenn andere
Weiterbildungsmaßnahmen angenommen werden. Den sogenannten

Vermittlungsvorrang will die Ampel abschaffen. Ziel soll es demnach künftig nicht mehr
sein, Betroffene möglichst schnell in irgendeinen Job zu vermitteln, sondern durch
Weiterbildung für eine dauerhafte Tätigkeit vorzubereiten. Hier wird auch mit dem
Fachkräftemangel argumentiert.

Auf den Weiterbildungsteil im Gesetz legt vor allem die FDP in der Ampel wert, die mit
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Auf den Weiterbildungsteil im Gesetz legt vor allem die FDP in der Ampel wert, die mit
einigen anderen Teilen des Bürgergelds auch ihre Bauchschmerzen hatte, wie die
koalitionsinternen Beratungen im Sommer gezeigt hatten.

Quelle: dpa

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