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Kanton St.

Gallen
Bildungsdepartement
Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen

Schädelhirntraumen bei Kindern


Definition, Pathophysiologie, Ätiologie, Symptome, Diagnostik, Therapiemaßnahmen,
Prognose und spezielle Pflegemaßnahmen
Kanton St.Gallen
Bildungsdepartement Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen

Inhalt
Definition des Schädelhirntraumas (SHT)................................................................... 3
Epidemiologie ......................................................................................................... 3
Ätiologie .................................................................................................................. 3
Pathophysiologie ........................................................................................................ 3
Morphologische Komponenten des SHT .................................................................... 4
Pathophysiologie des intrakraniellen Hirndrucks (ICP) ........................................... 4
Schädelfrakturen ..................................................................................................... 5
Das Epiduralhämatom (EDH) .................................................................................. 6
Das Subduralhämatom (SDH) ................................................................................ 6
Die Intrakranielle Blutung ........................................................................................ 6
Diffuse axonale Hirnschäden (DAI) ......................................................................... 7
Das Hirnödem ......................................................................................................... 7
Spezielle Pathophysiologie im Kindesalter.............................................................. 7
Einschätzung der Bewusstseinslage .......................................................................... 8
Der GCS- Score ...................................................................................................... 8
Einteilungen des SHT ................................................................................................. 9
Nach Art des Gewebeschadens .............................................................................. 9
Nach klinisch neurologischem Befund (GCS) ......................................................... 9
Geschlossenes und offenes SHT ............................................................................ 9
Primärer und sekundärer Hirnschaden ................................................................. 10
Symptome ................................................................................................................ 10
Symptome bei Kindern unter 24 Monaten ............................................................. 10
Symptome bei leichtem SHT................................................................................. 10
Symptome bei mittelschwerem & schwerem SHT ................................................ 11
Indikationen für eine Einweisung in ein Krankenhaus ........................................... 11
Diagnostik ................................................................................................................. 11
Basisdiagnostik ..................................................................................................... 11
Nachweisdiagnostik .............................................................................................. 12
Prognose .................................................................................................................. 12
Prognose bei leichtem SHT .................................................................................. 12
Prognose bei mittelschwerem & schwerem SHT .................................................. 13
Spezielle Verläufe bei Kindern .............................................................................. 13
Das Hirnorganische Psychosyndrom (HOPS) ....................................................... 13
Therapie ................................................................................................................... 13
Spezielle Pflegemaßnahmen ................................................................................ 14
Symptome der Hirneinklemmungen ...................................................................... 15
Quellenangaben ....................................................................................................... 15

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Definition des Schädelhirntraumas (SHT)

Unter einem SHT versteht man die Verletzung des Schädels und des Gehirnes
(meist durch Gewalteinwirkung). Die geschädigten Strukturen betreffen also
Schädelknochen, Gehirn, Hirnhäute oder Blutgefäße. Eine knöcherne- oder Weich-
teilschädigung des Kopfes ohne Hirnbeteiligung und neurologische Symptome ist
noch kein SHT und wird deshalb als Schädelbruch bzw. Schädelprellung bezeichnet.

Epidemiologie
Ca. 28% aller SHT Patienten sind Kinder unter 16 Jahren. In dieser Altersgruppe
erleiden jährlich ca. 581 Patienten pro 100.000 Einwohner ein SHT (ambulante Fälle
mit eingerechnet). Jungen sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.
Die höchste Inzidenz besteht im Alter zwischen 0-1 Jahr. Ca. 80% der ins
Krankenaus eingewiesenen Patienten haben ein leichtes SHT und je 10% ein
mittelschweres oder schweres SHT. Bei den <1-Jährigen ist das schwere SHT
häufiger (ca. 40%).

Ätiologie
Unfälle mit Verletzungen des Gehirns sind die häufigste Todesursache bei Kindern
unter 15 Jahren und die zweit häufigste Ursache für eine stationäre Aufnahme im
Spital. Sie stellen auch die häufigste Ursache für körperliche und geistige
Behinderungen im Kindesalter dar.
Ursachen des SHT beim Kind durch:
• 0-4 Wo.: Geburtstraumen
• 4 Wo-1 Jahr: Stürze vom Wickeltisch, Schütteltraumen (hohe Dunkelziffer)
• 1-4 Jahre: Stürze (Treppe, Balkon) ≈ 50%, Rest sonstige Unfälle
• 4-16 Jahre: Verkehrsunfälle & Freizeitunfälle (Fahrrad, Sport), Stumpfe Schläge
Ursachen des SHT beim Erwachsenen durch:
• Motorisierte Unfälle (Motorrad, Auto)
• Stürze (von Leiter / Gerüst)
• Schlägereien & Sport

Pathophysiologie

Kinder haben, im Verhältnis zu ihrer Körpergröße, einen größeren und schwereren


Kopf als Erwachsene. Die Schutzreflexe bei Stürzen sind noch nicht so gut
ausgeprägt und ein Fünfjähriger hat eine etwa doppelt so lange Reaktionszeit wie ein
Erwachsener. Zusammen mit der mangelnden Abstützkraft seiner Arme und dem
geringeren Tonus der Nackenmuskulatur sorgen diese Anatomisch- Physiologischen
Unterschiede dafür, dass Kinder bei Stürzen meist mit dem Kopf voran am Boden
aufschlagen.
Bei Sturztraumen wird der Schädel beim Aufprall abrupt gebremst, während das
Gehirn gegen den Stoßpol prallt. So entsteht am Stoßpol ein Überdruck und am
Gegenpol ein Unterdruck durch den sich dort kurzzeitig erweiternden Raum zwischen
Gehirn und Schädel. Es entstehen so beiderseits Rindenprellungsherde, die man
patho-anatomisch als Coup- und Contrecoup Herde beschreibt (Abb.1).

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Contrecoup Sog
Coup

Stoßpol

Abb.1

Bei einem Schlag auf den fixierten Kopf hingegen, z.B. durch einen Stock, findet sich
die Schädelfraktur (falls vorhanden) und die Hirnverletzung auf derselben Seite.

Morphologische Komponenten des SHT

Morphologische Komponenten des SHT sind Schädelfrakturen, epidurale, subdurale


sowie intrazerebrale Blutungen und diffuse axonale Hirnschädigungen, die alle zu
mehr oder weniger ausgeprägten Anstiegen des intrakranialen Hirndrucks (ICP)
führen können.

Pathophysiologie des intrakraniellen Hirndrucks (ICP)


Im Hirnschädel finden sich 3 Kompartimente: Hirndruck ICP Auswirkung
0–10 mmHg normal
➢ Hirngewebe 80%
11–20 mmHg leicht erhöht
➢ Blut 10% 21–40 mmHg stark erhöht
➢ Liquor 10% >40 mmHg sehr stark erhöht
Diese 3 Kompartimente teilen sich den durch den Schädelknochen stark begrenzten
Raum im Schädel. Eine Zunahme einer dieser Komponenten führt deshalb
automatisch zu einem steigenden (ICP) und zu einer kompensatorischen
Verdrängung der anderen Kompartimente (Abb.2).

ICP Druck-Volumen intracerebral


90 Abb.2 zeigt die Beziehung zwischen
80 dem Anstieg des intrazerebralen
mm Hg

70 Volumens in ml (blaue Linie) und


60 dekompensiert dem daraus resultierenden ICP
50 (schwarze Linie). Bei einer Volumen-
40 kompensiert zunahme um 9ml steigt der ICP um
30 10mmHg an. Danach führt bereits
ausgeglichen
20 eine kleine Zunahme des intra-
10 zerebralen Volumens um weitere 3ml
0 zu einer Verdoppelung des ICP`s auf
0 2 4 6 8 10 12 14 40mmHg!
Abb.2 ml

Ein Anstieg des Hirndrucks z.B. durch ein Hirnödem oder eine Blutung im Hirn
(Abb.3), führt erst zur Verdrängung von Liquor und danach zu einer Kompression von
Hirnkapillaren mit Beeinträchtigung der zerebralen Blutversorgung im umliegenden
Hirngewebe. Raumfordernde intrakranielle Verletzungen stellen immer eine OP-
Indikation dar um die Ursache zu beheben und den ICP zu normalisieren. Die
folgenden Komplikationen führen alle zu einer mehr oder weniger ausgeprägten
intrakraniellen Raumforderungen mit Anstieg des ICP`s:

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Abb.3

Schädelfrakturen
Abb.4 Schädelfrakturen lassen sich entweder in Kalotten-
frakturen oder Schädelbasisfrakturen einteilen, bei
denen jeweils auch die Hirnhäute verletzt werden
können. Bei stärkerer, stumpfer Gewalt oder Kompres-
sion des gesamten Schädels, kommt es häufig zu
Berstungsfrakturen (Abb.4), wobei sich die Knochen-
bruchstücke voneinander entfernen. Bei einer umschrie-
benen Gewalteinwirkung, bei der nur ein begrenztes
Areal der Kalotte beteiligt ist, kann es kurzfristig zu
einem Eindellen des Knochens ohne Frakturspalt
kommen (“Ping- Pong Fraktur” Abb.5).
Abb.5 Meist bleibt der Knochen eingedellt und muss operativ
angehoben werden. Er kann aber auch von allein wieder
in seine Ausgangsposition zurückkehren. Dies ist
besonders bei Säuglingen und Kleinstkindern zu
beobachten, deren Kalotte noch eine hohe Elastizität
aufweist. Bei Erwachsenen sieht man dann häufiger
Impressionsfrakturen mit einem deutlichen Frakturspalt
(Abb.6). Geschlossene Frakturen bedürfen keiner
Behandlung und heilen meist von selbst aus. Eine OP-
Indikation besteht aber bei Mitverletzungen von Hirnan-
teilen und Impressionsfrakturen. Hierbei können, durch
Druck und Unterdruck, die oben beschriebenen Hirn-
schädigungen entstehen. Eine Typische Fraktur bei
Kindern ist die Sprengung einer Schädelnaht, wovon
meist die Lambdanaht betroffen ist. Bei der sog.
Wachsenden Fraktur (sehr selten) gerät die Dura
zwischen den Frakturspalt und verhindert ein
Zusammenwachsen der Frakturränder und es kann zur
Ausbildung einer Leptomeningealen Zyste kommen.
Abb.6
Dies kommt vor allem bei Säuglingen und Kleinstkindern vor, da das Schädel-
wachstum nach dem 1. Lj. zu 90% abgeschlossen ist und sich die Schädelnähte mit
dem 2. Lj. bereits verschlossen haben. Leptomeningeale Zysten manifestieren sich
erst nach Monaten und müssen operativ versorgt werden.

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Das Epiduralhämatom (EDH)


Beim Unfall können Hirnhautarterien (A. meningea media) zerreißen, und zwar auch
dann, wenn die Gehirnschädigung nicht so erheblich ist. Aus den zerrissenen
Arterien strömt dann Blut mit hohem Druck in den Raum zwischen Schädelknochen
und harter Hirnhaut (Dura Mater) und schädigt das empfindliche Gehirn (Abb.7).

An ein EDH muss gedacht werden, wenn sich das


Bewusstsein des Verletzten 3-4 Stunden nach dem Unfall
erneut verschlechtert (sog. freies Intervall) und Ausfälle
wie etwa kontralaterale Lähmungen und eine weite Pupille
(auf der Seite der Blutung) auftreten. Die Epiduralblutung
ist bei Kindern, im Gegensatz zu Erwachsenen meist
venösen Ursprungs, da die Dura noch fest am Schädel-
knochen haftet. Rechtzeitig operiert, hat ein Patient mit
einer Epiduralblutung gute Aussichten.

Abb.7

Das Subduralhämatom (SDH)


Venen zwischen Dura Mater und Arachnoidea (sog. Brückenvenen) können ebenfalls
einreißen. Diese Blutungsform heißt Subduralblutung und ist in ca. 50% der Fälle
eine typische Verletzung nach Kindesmisshandlung (Schütteltrauma). Wichtig:
Während die schnell entstehende akute Subduralblutung fast immer mit einer mittel-
Abb.8 schweren Schädel-Hirn-Verletzung verbunden ist und
somit selten übersehen wird, kann es selbst bei einer
Schädelprellung zu einer chronischen Subduralblutung
kommen. Über Wochen sickert hierbei immer wieder
Blut aus den verletzten Gefäßen und führt zu Wesens-
veränderungen, Kopfschmerzen und zunehmenden
Ausfällen, wenn der Unfall schon längst vergessen ist.
Daher hat das SDH meist eine schlechtere Prognose
als das EDH (Abb.8).

Die Intrakranielle Blutung


Meist finden sich Hirnblutungen in Kontusionsherden
und es entwickeln sich ausgeprägte perifokale
Ödeme (s. Das Hirnödem). Diese Raumforderungen
führen oft zu zerebralen Krämpfen und fokalen,
neurologischen Ausfällen (sprach & Koordinations-
störungen). Hirnblutungen können auch noch nach
mehreren Tagen an Ausdehnung zunehmen und so
kann sich das Beschwerdebild rasch ändern.
Die Prognose ist von der Grösse und dem Ort der
Blutung, dem perifokalen Ödem und damit von der
Steigerung des Hirndrucks abhängig (Abb.9).
Abb.9

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Diffuse axonale Hirnschäden (DAI)


Sowohl Aufprall als auch Sogkräfte (Contre- Coup) zerstören feine Kapillaren, was zu
Ödemen, Blutungen und Zerreißung von Nervenzellen (Axonen) führt. Die
Verdrehung oder Zerreißung der Axone führt oft zu schweren neurologischen Aus-
fällen und komatösen Zuständen. Die neurologischen Schäden können aber, je nach
Sturzhöhe und Krafteinwirkung, unterschiedlich ausfallen. Vor allem Akzelerations-
Dezelerations- und Rotationstraumen führen zu diffus- axonalen Schäden (Abb.10).

graue
Substanz

Axon

weiße
Substanz

normales verdrehtes & zerrissenes


Axon geschädigtes Axon
Abb.10 Axon
Das Hirnödem
Auch ohne Blutungen kann das Gehirn ödematös anschwellen, vergleichbar mit der
Entstehung einer Beule. Ein solches Hirnödem kann schnell zu einer Hirndruck-
steigerung und damit zur Schädigung des Gehirns führen.
Abb.11 Das Hirnödem erreicht seine volle Ausdehnung oft erst
nach 3-4 Tagen und betrifft nicht nur die durch ein Trauma
direkt geschädigten Hirnareale, sondern auch die beim
Trauma nicht direkt geschädigten, weiter entfernten
Hirnbereiche (Abb.11).
Für dieses Phänomen sind Entzündungsmediatoren (Inter-
leukine & Tumor Nekrosefaktor) verantwortlich, die aus den
kontusionsgebieten freigesetzt werden. Sie stören die
Mikrozirkulation, sowie die Blut- Hirn- Schranke, was zu
Ödemen auch in primär nicht geschädigten Hirnarealen
führen kann (sekundärer Hirnschaden, s.u.).
Blutungen Gewebs-
& Ödeme ödem

Spezielle Pathophysiologie im Kindesalter


➢ Höherer Wassergehalt der Kindl. Gehirne → erhöhte Ödembereitschaft
➢ Die Blut-Hirn-Schranke ist noch nicht vollständig ausgeprägt, durchlässiger und
reagiert empfindlicher auf O2- Mangel
➢ Frontalhirn reift als letzter Hirnteil in der Pubertät mit etwa 16-18 Jahren aus. →
Frontalhirnverletzungen äußern sich erst nach Jahren, durch Enthemmung,
Anpassungsstörungen, Unfähigkeit sensible Entscheidungen zu treffen & das
eigene Leben zu organisieren, trotz gutem IQ!
➢ Höhere Kapillardichte & höheres zerebrales Blutvolumen → höhere Blutungs-
neigung
➢ Verschluss der Schädelnähte (2.Lj) und der großen Fontanelle (2.5 Lj.) → Schädel

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besitzt vor Verschluss die Fähigkeit hohe ICP`s bis zu einem gewissen Grad zu
kompensieren
➢ Weicherer Schädel (1/8 der Stabilität) → mehr Schäden durch Schädel-
deformationen (Ping- Pong Frakturen) & Knochensplitter

Einschätzung der Bewusstseinslage

Früher wurde die Bewusstseinslage von SHT Patienten in 4 Grade unterteilt:


➢ Wach / adäquat = kommt Aufforderungen angemessen nach
➢ Somnolent = schläfrig, ist aber auf Reize weckbar, dämmert dann wieder ein
➢ Soporös = ist nur mit stärkeren Reizen (Schmerzen) kurzfristig weckbar
➢ Komatös = Zeigt keine Reaktion auf Schmerzreize, nicht weckbar

Da diese Begriffe oft nicht einheitlich verwendet wurden und somit einer hohen
Schwankungsbreite unterlagen, wurde der Glasgow-Coma-Scale eingeführt um die
Bewusstseinslage vergleichbar und einheitlich einstufen zu können.

Der GCS- Score


Die Glasgow-Coma-Skala hat sich zur Beurteilung der Bewusstseinslage des
Patienten und des Schweregrads seiner Schädel-Hirn-Verletzung weltweit bewährt.
Der Punktwert („Score“) kann auch von Laien anhand der drei Kriterien Bewegung,
Sprechen und Augenöffnen errechnet werden. Dazu werden die Punktwerte der
drei Kriterien addiert. Ein bewusstseinsklarer Patient hat immer 15 Punkte, ein tief
komatöser immer 3 Punkte (Tab. 1). Die Anwendung des klassischen GCS- Scores
ist bei Kleinkindern aber wegen deren eingeschränkten Kommunikationsfähigkeiten
und altersabhängigen Reflexmustern problematisch. Ein gesunder Säugling, bei dem
die Hirnfunktionen unterhalb der Rindenebene überwiegen, kann damit gar keine
volle Punktzahl erhalten, da er bei einem Schmerzreiz die Augen zukneifen wird,
wohingegen der 2-Jährige die Augen natürlich öffnen wird. Selbst die modifizierte
Version für Kinder und Säuglinge (< 1 J.) ist deshalb nicht völlig befriedigend.

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Einteilungen des SHT

Nach Art des Gewebeschadens


Anhand der Klink werden 3 Arten von Hirnverletzungen unterschieden:

➢ Commotio cerebri (Hirnerschütterung): Funktionsstörung des Gehirns ohne


sichtbare Hirnverletzung
➢ Contusio cerebri (Hirnprellung): Funktionsstörung des Gehirns mit Einblutungen,
Ödemen, Nervenzerreißungen
➢ Compressio cerebri (Hirnquetschung): Funktionsstörung des Gehirns Durch
Anstieg des Hirndrucks

Nach klinisch neurologischem Befund (GCS)


Die Einteilung des SHT erfolgt aufgrund der Dauer der Bewusstlosigkeit und des
klinisch- neurologischen Befundes der mit der Glasgow Coma Scale (GCS) erhoben
wird (Tab. 2). Die Einteilung hat sowohl prognostische als auch Behandlungs-
technische Auswirkungen. Es können 3 Gradeinteilungen wie folgt unterschieden
werden:
Gradeinteilung Dauer der Bewusstlosigkeit GCS- Score
I Leichtes SHT Bewusstlosigkeit < 5min GCS 13-15
II Mittelschw. SHT Bewusstlosigkeit 5-30min GCS 9-12
Tab. 2 III Schweres SHT Bewusstlosigkeit > 30min GCS 3-8

Für die Einteilung ist der schlechteste GCS- Wert, der innerhalb der ersten 48h nach
dem Ereignis festgestellt wurde, maßgeblich. In der heutigen Praxis haben die
Einteilungen nach Commotio, Contusio & Compressio an Relevanz verloren und es
wird lediglich eine Einteilung nach Schweregrad mittels GCS- Score vorgenommen.

Geschlossenes und offenes SHT


Das geschlossene SHT:
Hier bleibt die harte Hirnhaut Dura Mater intakt. Das geschlossene SHT entsteht
meist durch stumpfe großflächige Gewalteinwirkung auf den Kopf durch Akzeleration
des frei beweglichen Kopfes (Stoß / Schlag) oder durch Dezeleration (Aufschlag auf
dem Asphalt).
Das offene SHT:
Bei dem offenen Schädelhirntrauma kommt es zu einer Eröffnung der Dura und
damit zu einer Verbindung zwischen Liquorraum und der Außenwelt. Beim direkten
offenen SHT tritt Liquor oder Hirngewebe aus der
Wunde am Kopf aus, wohingegen beim indirekten,
offenen SHT Liquor aus dem Ohr oder der Nase
läuft (Oto- Rhinoliquorrhoe), meist nach Schädel-
Basis- Frakturen, die mit Monokel- oder Brillen-
hämatomen einhergehen (Abb.12). Das offene
SHT entsteht durch kleinflächige, scharfe Gewalt-
Abb.12 einwirkung mit geringer Akzeleration des Kopfes
(Masseträgheit d. Kopfes) oder bei Schädel- Basis- Frakturen z.B. Frontobasal- &
Felsenbeinfrakturen. Besteht eine solche Liquorfistel über längere Zeit, ist die Gefahr
groß, dass Bakterien von außen einwandern und zu einer Meningitis- bzw. Enzepha-

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litis oder zu einem Hirnabszess führen.

Primärer und sekundärer Hirnschaden


Die Unterscheidung zwischen einer primären und einer sekundären Läsion besitzt
eine hohe klinisch- therapeutische Relevanz.
Primäre & sekundäre Hirnschäden:
Unter Primärläsion wird die im Augenblick der Gewalteinwirkung entstehende
Schädigung des Hirngewebes verstanden. Dieser Primärschaden umfasst irreversi-
bel zerstörte Zellen einerseits und funktionsgestörte Neurone andererseits, die aber
überleben und sich regenerieren können, falls sie ausreichend mit Blut versorgt und
keinem weiteren Schaden z.B. durch Hirnödeme oder einem steigenden Hirndruck
ausgesetzt werden. Die Hirnregionen, die direkt an die zerstörten Hirnzellen
angrenzen und potentiell überleben können, werden Penumbra Zonen genannt
(Abb.13). Am primären Schaden kann nichts mehr geändert werden, sekundäre
Schäden können aber durch geeignete Therapiemaßnahmen verhindert werden,
deshalb zielt die gesamte Therapie auf die Verhinderung von Sekundärschäden ab.
Die primäre Schädigung führt in der Regel zu
einer Kaskade von Reaktionen, die sekundäre
Schäden, wie Blutungen, Ödeme, Minderper-
fusion und Infektionen verursachen können.
Sekundärschäden können durch eine schnelle
und wirksame Therapie mit Stressreduktion,
Durchblutungsförderung der Penumbra Zone
und einer Begrenzung des Hirndrucks
behandelt werden.
Abb.13
Symptome

Die Symptome eines SHT beim Kind sind vielfältig und nicht immer eindeutig
zuzuordnen, da es die Kinder praktisch immer in einer ihrer Entwicklungsphasen trifft
und sich das klinische Bild entweder rasch verbessern oder noch nach Tagen
verschlechtern kann. Die Symptome sagen auch nicht in jedem Fall etwas über die
Schwere der Gehirnverletzung aus und so kommt es vor, dass Männer nach einer
Schlägerei, mit einem Messer im Schädel und ohne jegliche neurologische Ausfall-
erscheinungen selbst in die Notaufnahme laufen. Gerade bei Kleinstkindern ist die
Symptomatik oft nicht eindeutig.

Symptome bei Kindern unter 24 Monaten


➢ Auffällige Verhaltensänderung mit Schläfrigkeit
➢ verminderte Spontanmotorik
➢ verlangsamte Reaktionen
➢ Spielunlust und Inappetenz
Diese Symptome können vom Untersucher manchmal nur schwer erfasst werden,
weshalb den Angaben der Bezugspersonen große Bedeutung zukommt.

Symptome bei leichtem SHT


Beim leichten SHT kommen die folgenden Symptome häufig vor:
➢ Benommenheit
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➢ Licht- & Lärmempfindlichkeit
➢ Kurze Bewusstlosigkeit
➢ Retrograde Amnesie
➢ Vegetative Störungen: Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kopfweh, Schlaflosigkeit
➢ Konzentrationsschwierigkeiten

Symptome bei mittelschwerem & schwerem SHT


Hier kommen alle Symptome des leichten SHT vor, incl. Neurologischer Ausfälle
➢ Krampfanfälle
➢ Streckstarre der Gliedmaßen (Abb. 14)
➢ Aphasie = Sprachstörungen
➢ Dysphagie = Schluckstörungen
➢ Paresen = Lähmungen
➢ Apraxie = Störung zielgerichteter Bewegungsabläufe
➢ Alexie = Unfähigkeit zu lesen
➢ Ataxie = Gang-, Gleichgewichts- oder Koordinationsstörung
➢ Leichte bis tiefe Bewusstlosigkeit
➢ Störungen der Herz- Kreislauf- Atemfunktion (Vitale Gefährdung!)
➢ Temperaturdysregulationsstörungen (passager)

Indikationen für eine Einweisung in ein Krankenhaus


Bei Vorliegen folgender Symptome soll eine stationäre Einweisung zur weiteren dia-
gnostischen Abklärung und Beobachtung des Patienten veranlasst werden:

➢ Bewusstseinstrübung
➢ Starkes Erbrechen (mehrfach) Kardinalzeichen
➢ Starke, andauernde Kopfschmerzen
➢ Koma
➢ Retrograde Amnesie
➢ Neurologische Ausfälle (Paresen, Sprache, Sehstörungen, Pupillenstörungen)
➢ Krampfanfall
➢ Hinweise auf Schädelfraktur
➢ Verdacht auf Schädelbasisfraktur (Oto-Rhinoliquorrhoe)
➢ Bei Verdacht auf Kindesmisshandlung
➢ Im Zweifel, z.B. bei kindlicher Verhaltensänderung aus elterlicher Sicht
insbesondere bei Kindern < 24 Monate
Die Dauer des Krankenhausaufenthaltes richtet sich nach der Schwere & Dauer der
Symptome.

Diagnostik

Basisdiagnostik
Die Diagnostik dient der Findung der Ursache und der Bestimmung der Diagnose.
Damit man diese auch finden und behandeln kann, muss eine lückenlose Anamnese
erhoben werden (z.B. Sturzhöhe, Fahrzeugbeschädigung etc.) um potentielle
Hirnverletzungen sowie das Ausmaß der Verletzungen abschätzen zu können. Bei
kleineren Kindern oder Kindern mit retrograder Amnesie & Koma werden die Eltern
bzw. Zeugen bei der Anamnese zum Unfallhergang befragt. Anschließend wird eine
körperliche Untersuchung durchgeführt um die Klinik (Symptome) des Patienten zu
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Nachweisdiagnostik
Bei dieser Form der Diagnostik geht es darum, eine Verletzung des Hirns nachzu-
weisen / auszuschließen und das Verletzungsausmaß zu eruieren. Bestimmte
Aspekte der Hirnverletzung bei Kindern sind schwieriger zu erheben als bei
Erwachsenen, da bei ihnen oft keine IQ- Tests oder andere Leistungsnachweise
vorliegen mit denen man den derzeitig neurologischen Befund vergleichen könnte.
Auch die hohe Entwicklungsvarianz der Kinder ein und derselben Altersklasse
erschwert die Diagnose oftmals. Auch hier dienen die Eltern als Experten für Ihr Kind
und können wertvolle Hinweise für die Anamnese liefern. Es erfolgen mehrere Tests
und Untersuchungen:
Die Neurologische Untersuchung:
➢ Bewusstseinsklarheit, Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit (GCS)
➢ Pupillenfunktion (Lichtreagibilität, Größe, Rundung)
➢ Motorische Funktionen der Extremitäten, seitengleich?, Beuge- Streck-
synergismen vorhanden?
➢ Orientierung, Koordination und Sprachfunktion
Bildgebende Verfahren:
➢ Röntgen meist ohne Konsequenz
➢ Sonographie (bei Säugl. durch Fontanelle mögl.)
➢ CCT
➢ MRT (meist im Verlauf nach 3-4 Tagen, für Prognose wichtig)
➢ EEG bei Verdacht auf Krampfereignisse

Ca. 35% des Blutbildenden Knochenmarks befinden sich im Schädel des Säuglings
und beim Fünfjährigen sind es noch ca. 16%. Dies erhöht die Strahlenbelastung um
das 10- fache gegenüber Erwachsenen, außerdem halten Kleinkinder selten still und
müssen für die Prozedur sediert werden. Am Schluss erhält man oft verwackelte
Bilder mit fraglicher Aussagekraft. Aus diesem Grund sollten klare Indikationen für
Strahlenbelastende Diagnoseverfahren (CCT/Röntgen) existieren.
Indikationen für CCT & Röntgendiagnostik
➢ SHT mit GCS ≤12
➢ Leichtes SHT & längere Bewusstlosigkeit, Amnesie + starken vegetativen
Symptomen (Erbrechen, Schwindel, Kopfweh, Schlafstörungen, Reizbarkeit etc.)

Prognose

Der Verlauf der Erkrankung besitzt, je nach Schweregrad eine unterschiedlich hohe
Morbidität und Mortalität.

Prognose bei leichtem SHT


Die Prognose nach leichtem SHT ist sehr gut und die Kinder zeigen bereits einen
Monat nach dem Ereignis keinen Unterschied zur Normalbevölkerung. Ca. 7% der
Kinder klagen aber über rezidivierende Kopfschmerzen. Eine dänische Studie hat
ergeben, dass sich das Risiko eine Epilepsie zu entwickeln selbst beim leichten SHT
verdoppelt.

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Prognose bei mittelschwerem & schwerem SHT


Die Prognose des mittelschweren SHT ist meist noch sehr gut, jedenfalls was die
motorischen Störungen angeht. Es besteht aber auch hier die Möglichkeit fokal
zerebraler Schädigungen die langfristige Spastiken und Lähmungen verursachen
oder zum hirnorganischen Psychosyndrom (HOPS, s. u) führen können. Die
Sterblichkeitsrate beim schweren SHT beträgt etwa 14%. Je tiefer der GCS Score
liegt, desto höher ist die Sterbewahrscheinlichkeit (ca. 80% bei GCS <5) und die
Wahrscheinlichkeit dauerhaft neurologische Ausfälle davonzutragen. Ca. 60% der
Patienten entwickeln ein Durchgangssyndrom und ca. 40% entwickeln Infektionen.
Kinder mit schwerem SHT leiden auch oft an Paresen, Spastiken und einem HOPS,
was oft eine mehrmonatige oder gar mehrjährige Rehabilitation nötig macht. Mit
schwerem SHT versiebenfacht sich auch das Epilepsierisiko. Im Vergleich zu
Erwachsenen, haben Kinder generell ein höheres Epilepsierisiko nach SHT.

Spezielle Verläufe bei Kindern


Verglichen mit Erwachsenen haben Kinder eine etwa 4-5 -fach bessere Überlebens-
chance. Leider ist bei der Morbidität das Gegenteil der Fall und so gilt: Je jünger der
Patient ist, umso ausgeprägter sind die kognitiven und psychologischen Beeinträch-
tigungen. Dieselbe Schädigung trifft also Kinder oft schlimmer als Erwachsene,
jedenfalls kognitiv- psychologisch gesehen. Die starke Neuroplastizität kindlicher
Gehirne hat aber auch Vorteile und so haben Kinder <5 Jahren weniger aphasische
Störungen bei linkshemisphärischen Verletzungen. Auch der motorische Kortex hat
ein hohes Erholungspotential und die Kinder erholen sich schneller von motorischen
Störungen als Erwachsene.

Das Hirnorganische Psychosyndrom (HOPS)


Außer diesen physiologischen Aspekten ist auch die kindliche Psyche noch anfälliger
für neuropsychologische Störungen. Ein Kind erlernt gerade erst sein Verhalten,
kognitive und emotionale Fähigkeiten. Es übt sich in völlig neuen Tätigkeiten wie
Sprechen, Lesen, Schreiben und Rechnen. Es sucht sich seinen Platz in der Umwelt
und fügt sich in sein soziales Umfeld ein. Ein SHT trifft also auf einen störungs-
anfälligen Prozess der Entwicklung. Die Folgen müssen nicht eindeutig sein und so
sind viele Kinder nur in einem Leistungsbereich betroffen. Einem zurückgezogenen
Kind ein neuropsychologisches Defizit nachzuweisen ist nicht leicht, doch das Hirn-
organische Psychosyndrom nach SHT umfasst gerade allgemeine Symptome: Die
kognitiven Fähigkeiten sind durch Konzentrationsstörungen, Umstellungsschwierig-
keiten und Gedächtnisstörungen gemindert. Emotionale Einschränkungen zeigen
sich in Ängstlichkeit, depressiver Verstimmtheit oder Reizbarkeit. Als vegetative
Symptome treten Erschöpfbarkeit, Kopfschmerz und Schlafstörungen auf.

Therapie

Patienten mit leichtem SHT, die im Krankenhaus verweilen müssen, ist die Therapie
in erster Linie rein symptomatisch:
➢ Schmerzmittel gegen Kopfschmerzen (Paracetamol, Novalgin)
➢ Antiemetika gegen Übelkeit (Metoclopramid, Odansetron [Zofran])
➢ Bettruhe, kein Fernsehen oder Stress (Reduktion von Licht und Lärm)
➢ Neurologische Überwachung

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Für den Outcome der Patienten mit einem mittelschweren bis schweren SHT ist die
rasche Überwachung und Therapie nach Aufnahme auf einer geeigneten Intensiv-
station von immenser Bedeutung:
Sicherung der Atmung und des Kreislaufs
➢ Intubation und Beatmung bei GCS <9 zur Sicherung der Atemwege
➢ Überwachung sämtlicher Vitalzeichen
➢ Therapie von O2- Mangel und Hypotonie (Sauerstoff, Volumen, Katecholamine)
Osmotherapie zur Ödemtherapie
Serum Osmolarität bis 320 mosmol/l durch:
➢ Hk >40%, HB 125-140 g/l (Erythrozytenkonzentrate)
➢ Albumin >40g/l (Humanalbumin)
➢ Serum Natrium 140 - 150 mmol/l (Hypertones NaCL 2,5%)
➢ Flüssigkeitsentzug (Furosemid & Mannitol)
Therapie des Hirndrucks bei ICP >20mmHg
➢ Achsengerechte Lagerung des Kopfes und Oberkörper um 30° erhöht (verbessert
den venösen Rückfluss des Blutes aus dem Kopf)
➢ Therapie von Krampfereignissen (Phenobarbital & Phenytoin)
➢ Schmerztherapie (Morphin, Fentanyl)
➢ Antipyretische Therapie (O2- Verbrauch des Gehirns steigt pro °C um 10%)
➢ Senkung des Hirnstoffwechsels durch Anti- Stresstherapie & Sedation
(Midazolam, Pentothal)
➢ Überwachung des Hirndrucks durch Einlage einer ICP- Sonde (schweres SHT)
➢ Senkung des ICP durch Entlastungskraniektomie & Entfernung von Blutungen
➢ OP- bei Rhinoliquorrhoe (Infektgefahr), Otoliquorrhoen heilen meist alleine aus

Spezielle Pflegemaßnahmen
➢ GCS & Pupillenkontrolle ¼- stündl., ½- stündl., danach stündlich oder nach
Verordnung. Nachts ggf. längere Pausen erlauben (Erholung/REM- Schlafphasen
ermöglichen!!!)
➢ Beobachtung der Körperhaltung (Paresen, Tonus, Konvulsionen)
➢ Beobachtung der Atmung Cave: Cheyne Stokes Atmung bei Hirnstamm-
einkleimmung
➢ Bei stabilen Hirndrücken sollte schon auf der Intensivstation mit Rehabilitations-
maßnahmen begonnen werden
Neurologisch auffällige Körperhaltungen
Sie treten bei massiver Verletzung der Hirnrinde oder des Hirnstammes auf und
können Vorboten einer Einklemmung von Mittel- bzw. Kleinhirnanteilen sein
(Abb.14).

Schädigung der Hirnrinde

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Schädigung des Hirnstammes

Abb.14

Symptome der Hirneinklemmungen


Bei der Einklemmung verschiebt sich Gehirnmasse durch raumfordernde Prozesse
(Ödeme/Blutungen), wobei das betroffene Gewebe durch Komprimierung seiner
eigenen Blutzufuhr schließlich abstirbt (Abb.15).
Mittelhirneinklemmung im Tentoriumsschlitz:
➢ Weite Pupille auf der gleichen Seite der Verletzung im Hirn
➢ Lähmung der Extremitäten aber auf gegenüberliegender Seite
➢ Streckkrämpfe
Hirnstammeinklemmung im Hinterhauptsloch (Foramen Magnum):
➢ Weite lichtstarre Pupillen bds.
➢ Lähmungen
➢ Ateminsuffizienz
➢ Kreislaufinsuffizienz (Hypertonie & Tachykardie, dann Bradykardie & Hypotonie)

Abb.15

Quellenangaben

1. Adelson, D. P., et. al (2019). Guidelines for the acute medical management of
severe traumatic brain injury in infants, children and adolescents. Pediatr. Crit.
Care Med., Vol. 20, No. 3S (Suppl.), p S1-S81
2. AWMF- Leitlinie (2011). Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/024-018l_S2k_Schaedel-Hirn-
Trauma_im_Kindesalter-2011-03.pdf, Zugriff am: 29.10.12 um 07:11 Uhr
3. Baenziger, O. et. al. (2006). Richtlinien zur Behandlung des akuten schweren
Schädelhirntraumas beim Kind und Jugendlichen - Interessengruppe pädiatrische
Intensivmedizin Schweiz-. Med. Forum (6);393-397
4. Christensen, J. et. Al. (2009). Long-term risk of epilepsy after traumatic brain injury

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in children and young adults: a population-based cohort study. The Lancet.
Volume 373, Issue 9669, Pages 1105 - 1110
5. Silbernagl, S., Despopoulos, A. (2007). Taschenatlas Physiologie. 7. Aufl.
Stuttgart – New York: Thieme-Verlag
6. Lutsch, N. (2009). Grundlagen der Entwicklungsförderung Früh- und
Neugeborener. Kinderkrankenschwester (7):282-287
7. Silbernagl, S., Despopoulos, A. (2005). Taschenatlas der Pathophysiologie, 2.
Aufl., Stuttgart – New York: Thieme-Verlag
8. Wördehoff, R. (2005). Das Schädel- Hirn- Trauma im Kindes- und Jugendalter –
Prädiktoren für den akuten Verlauf und Langzeitanalyse des funktionellen
Outcomes. Med. Diss. Universitätsklinik Hamburg- Eppendorf
9. Zimmer, A., Reith, W. (2009). Schädel- Hirn- Trauma bei Kindern. Radiologe
(49):918–925, Springer Verlag

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