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Die CD
Diese CD ist sowohl für den PC also auch für den CDPlayer geeignet:
„ Auf dem PC können Sie Muster für Bewerbungsanschreiben und Lebenslauf
nutzen.
„ Im CDPlayer hören Sie ausgewählte Vorstellungsgespräche aus dem Buch
(Dauer 1 Stunde 11 Minuten): z. B. einen Bürokaufmann, der aufsteigen
möchte; BWLAbsolventen frisch von der Uni; einen Wirtschaftsingenieur mit
Berufserfahrung, der erstmals Personalverantwortung übernehmen möchte,
oder eine Selbstständige, die eine feste Stelle sucht. Die einen meistern ihr
Gespräch hervorragend, andere schneiden nicht gut ab. Ein Personalexperte
analysiert die Fehler der Bewerber und zeigt Ihnen die Erfolgsfaktoren.

Inhalt der CD:


Track
„ Einleitung _________________________________________________ 1
„ Der Anruf bei einem Personalberater __________________________ 2–5
„ Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts________________________ 69
„ Nun schießen Sie mal los!_________________________________ 10–12
„ Was sind Ihre persönlichen Stärken? ________________________ 1317
„ Wo liegen Ihre persönlichen Schwächen? ____________________ 1821
„ Warum möchten Sie ausgerechnet bei uns arbeiten?____________ 2226
„ Wie erklären Sie die Lücken in Ihrem Lebenslauf? ______________ 2731
„ Wie sind Ihre Einkommensvorstellungen? ____________________ 3234
„ Der gute Abgang: „Auf Wiedersehen?“ ______________________ 3536
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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek


Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail
lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 9783448086157
BestellNr. 010510001

© 2008, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG, Niederlassung Planegg bei München
Postanschrift: Postfach, 82142 Planegg
Hausanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg
Fon: (0 89) 8 95 170, Fax: (0 89) 8 95 172 50
EMail: online@haufe.de
Internet: www.haufe.de
Produktmanagement: Jasmin Jallad

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließ
lich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Gesamtbetreuung und Redaktion: Sylvia Rein, 81371 München


Umschlaggestaltung: HERRMANNKIENLE, 70199 Stuttgart
Druck: Schätzl Druck, 86609 Donauwörth

Zur Herstellung der Bücher wird nur alterungsbeständiges Papier verwendet.


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Das große Hörbuch


für die Bewerbung
von
Claus Peter MüllerThurau

Haufe Mediengruppe
Freiburg · Berlin · München
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Inhalt

„ Das bieten Ihnen Buch und CD __________________________________ 6


„ Der Anruf bei einem Personalberater _____________________________ 7
„ Die Initiativbewerbung am Telefon ______________________________ 19
„ Termine telefonisch vereinbaren ________________________________ 27
„ Der erste Eindruck vor Ort_____________________________________ 35
„ Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts _________________________51
„ Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist _________________61
„ Sich selbst darstellen: „Nun schießen Sie mal los!“ _________________77
„ Selbstbewusst agieren: „Was sind Ihre persönlichen Stärken?“ ________87
„ Mut zum Mangel: „Wo liegen Ihre persönlichen Schwächen?“ ______ 103
„ Motive benennen: „Warum möchten Sie ausgerechnet bei
uns arbeiten?“ ____________________________________________ 119

„ Beurteilungen richtig einordnen: „Repräsentieren Ihre


Zeugnisse Ihr Leistungsvermögen?“ ___________________________ 133

„ Die üblichen Verdächtigungen: „Wie erklären Sie die


Lücken in Ihrem Lebenslauf?“ ________________________________ 143

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„ Sich Ziele setzen: „Wo möchten Sie eigentlich in fünf Jahren


stehen?“ _________________________________________________ 159

„ Die Zukunft planen: „Warum wollen Sie sich beruflich verändern?“ __ 173
„ Marktchancen einschätzen: „Warum haben Sie bisher keine
neue Anstellung gefunden?“ _________________________________ 183

„ Sozialkompetenz zeigen: „Woran scheitern Teams häufig?“ _________ 191


„ Führungsqualitäten demonstrieren: „Welche Eigenschaften
hat der ideale Vorgesetzte?“__________________________________ 201

„ Seinen Marktwert kennen: „Wie sind Ihre Einkommens


vorstellungen?“ ____________________________________________ 211

„ Die letzte Chance zur Profilierung: „Haben Sie noch Fragen?“ _______ 229
„ Der gute Abgang: „Auf Wiedersehen?“ _________________________ 237
„ Fallstricke im Vorstellungsgespräch ____________________________ 253
„ Fettnäpfchen im Interview ___________________________________ 265

„ Stichwortverzeichnis________________________________________ 277
„ Die CD ___________________________________________________ 279
„ Der Autor ________________________________________________ 280

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Das bieten Ihnen Buch und CD


„Sprich, damit ich dich sehe!“ So hieß es in der Antike und in der Tat zeigt sich
die Persönlichkeit eines Menschen seit jeher in dem, was er sagt und wie er es
sagt. Jeder kompetente Personaler weiß das und kennt deshalb die entsprechen-
den Interviewtechniken und Schleichwege, um sich Einblicke in das Seelenleben
von Bewerberinnen und Bewerbern zu verschaffen.
Lesen und hören Sie, worauf es ankommt, wenn man sich beruflich vorteilhaft
positionieren möchte. Erleben Sie, wie sich die einen ahnungslos um ihren Kopf
reden und wie andere den rechten Ton finden. Bringen Sie sich als Bewerber in
Augenhöhe mit Ihren zukünftigen Interviewpartnern.
Die entscheidenden Anforderungssituationen – vom gelungenen Erstkontakt
am Telefon bis zum guten Abgang nach einem Vorstellungsinterview – werden
im Buch in über 50 Dialogen dargestellt. Jedes Gespräch analysiere ich und
zeige Ihnen, was der jeweilige Bewerber geschickt oder ungeschickt, richtig oder
falsch gemacht hat. Am Schluss jedes Kapitels finden Sie zusammengefasst mei-
ne wichtigsten Anregungen sowie zahlreiche Hintergrundinformationen rund
um das Thema Bewerben – vom Anruf bei einem Personalberater bis zum er-
folgreichen Abschluss eines Vorstellungsinterviews.
Auf der CD hören Sie die wichtigsten Dialoge aus dem Buch – und hier hören
Sie vor allem, dass der Ton die Musik macht. Denn – wie eingangs gesagt – über
den Erfolg eines Bewerbers entscheidet auch, wie er mit seinem Interviewer
spricht. Welche Unterschiede zum Erfolg oder Misserfolg führen können, das
vermittelt Ihnen die CD. Auch hier analysiere ich die Situation und mache Sie
auf die entscheidenden Details aufmerksam. Ob alleine oder in Kombination
gelesen und gehört – Buch und CD stärken Ihre Zukunftsfähigkeit.
Neue Erkenntnisse, überraschende Aha-Erlebnisse und einen überzeugenden
Auftritt am Arbeitsmarkt wünscht Ihnen
Claus Peter Müller-Thurau

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Der Anruf bei einem Personalberater

„Für einen ersten telefonischen Kontakt steht Ihnen unser Berater, Herr
Reinhard Groß, unter der Tel.Nr. ... gern zur Verfügung.“ Dieses Ange
bot, das meist von Personalberatern stammt, sollten Sie annehmen.
Denn Sie erhalten zusätzliche Informationen über das Unternehmen und
können eine Feinabstimmung Ihres Anschreibens und Lebenslaufs vor
nehmen. Sie können sich außerdem anschließend im Anschreiben auf
ein Telefonat beziehen und haben damit die Anonymität ein wenig
überwunden. Sie können einen guten persönlichen Eindruck hinterlas
sen, der Ihnen die Einladung zum Vorstellungsgespräch sichert, sofern
Ihre Unterlagen auch noch stimmig sind. Wer aber zum Hörer greift,
begibt sich in eine so genannte psychodiagnostische Situation: Sie soll
ten damit rechnen, dass sich Ihre Bitte um Informationen zu einem
Interview entwickelt und Ihr Verhalten per Checkliste dokumentiert und
bewertet wird. Lesen, hören und beurteilen Sie selbst, wie unsere Be
werber sich am Telefon verhalten.

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Der Anruf bei einem Personalberater

Telefonat 1: Flexibilität zeigen


Der Bewerber Kai Heller (25) hat gerade sein Studium zum Diplom-Kaufmann
absolviert und sucht den Berufseinstieg im Bereich Consulting oder Marketing –
am liebsten als Assistent eines Geschäftsführers oder Vorstands. Er hat eine Stellen-
anzeige gesehen, die ihn interessiert, und informiert sich vorab bei einem Personal-
berater.
n Heller: Guten Abend, Herr Groß! Heller. Ich habe Ihr Stellenangebot gelesen
und Sie bieten an, dass man Sie anrufen kann, um weitere Informationen über
die Aufgabe zu erhalten. Diese Gelegenheit möchte ich gern nutzen.
Personalberater: Das freut mich – um welches Stellenangebot geht es denn?
Heller: Ach ja – ich beziehe mich auf Ihre Anzeige in der SZ vom – ich glaube –
vergangenen Wochenende – Assistent der Geschäftsführung im Marketing eines
Industrieunternehmens.
Berater: Welche Fragen darf ich Ihnen beantworten?
o Heller: Ehe ich mich bewerbe, würde ich natürlich gern wissen, um welches
Unternehmen es sich handelt und wo sich der Firmensitz befindet.
Personalberater: Sorry – aber genau das kann ich Ihnen leider nicht sagen, da
mein Auftraggeber sich noch bedeckt halten möchte.
p Heller: Okay – verstehe. Mich würde dann aber noch interessieren, inwieweit
die Aufgabe international ausgerichtet ist – ich habe ein Jahr in Frankreich
studiert und Praktika in Osteuropa absolviert. Natürlich würde ich meine Aus-
landserfahrung und meine Sprachkenntnisse gern nutzen.
Personalberater: Mein Mandant ist europaweit tätig – Sie haben das ja der
Anzeige entnommen – und die Aufgabe des Assistenten wird dadurch geprägt
sein. Wie mobil sind Sie denn in Hinblick auf mögliche Einsatzorte?
q Heller: Ich gehe dahin, wo es die passende Aufgabe gibt. Natürlich habe ich
meine Präferenzen – aber die spielen nur eine Rolle, wenn ich die Wahl zwi-
schen gleichwertigen Jobs habe.

Besonders am Telefon spielen Stimme und Tonfall eine große


Track 3 Rolle. Hören Sie, wie der Bewerber klingt.

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Telefonat 1: Flexibilität zeigen

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber hat seine Sache nicht schlecht gemacht – es gibt aber einige Un-
ebenheiten.
n Ich habe Ihr Stellenangebot gelesen …
Er ist umständlich und weitschweifig. Schon die lange Einleitung ist unnötig,
und weil er nicht gleich sagt, welche Anzeige er meint, muss der Berater nach-
fragen. Wer bei einem Personalberater während des „Telefondienstes“ anruft,
darf kein Zeitdieb sein – andere wollen ja auch durchkommen.
o … würde ich natürlich gern wissen, um welches...
Für die anonyme Schaltung einer Stellenanzeige gibt es Gründe. Manche Anru-
fer veranstalten aber quasi Ratespiele zum Firmensitz („Südlich oder nördlich
vom Weißwurstäquator?“) – das läuft auf eine versuchte Anstiftung des Per-
sonalberaters zur Illoyalität gegenüber seinem Auftraggeber hinaus. Es ist folg-
lich unglücklich, ausgerechnet mit dieser Frage zu starten.
p … in wie weit die Aufgabe international ausgerichtet ist ....
Eine sinnvolle Frage. Auch wenn im Anzeigentext steht, dass das suchende
Unternehmen europaweit aufgestellt ist, muss dies nicht automatisch die Auf-
gabe des Assistenten berühren. Da Assistentenpositionen aber der Entwicklung
und Rekrutierung zukünftiger Fach- und Führungskräfte dienen, ist es für ein
Unternehmen wichtig, dass diese später flexibel einsetzbar und mobil sind.
q Ich gehe dahin, wo es die passende Aufgabe gibt.
Mobilität steht im Ranking der wichtigsten Schlüsselmerkmale von Bewerbern
ganz weit oben. Eine gute Antwort!

Das hat der Bewerber gut bzw. schlecht gemacht


„ Er sollte sich vor allem am Anfang des Telefonats kürzer fassen – am besten
zwei Sätze zurecht legen, in denen alle Informationen einer guten Einleitung
enthalten sind (Name, Stellenanzeige, Frage).
„ Seine Frage nach der internationalen Ausrichtung zeigt, warum er sich für das
Angebot interessiert – und dass dies etwas mit seinem persönlichen Werde
gang zu tun hat.
„ Mit seiner letzten Antwort zeigt er en passant, dass er weiß, worauf es in
einer sich ständig verändernden Arbeitswelt ankommt – und erhöht damit
seine Chancen, eingeladen zu werden.

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Der Anruf bei einem Personalberater

Telefonat 2: Selbstdarstellung Fehl am


Platz
Die Diplom-Pädagogin Viola Olkus (35) verfügt über mehrjährige Erfahrungen als
Teamleiterin in einem Call Center, hat berufsbegleitend eine Ausbildung zur Per-
sonalfachfrau absolviert und sucht vor diesem Hintergrund nach einer Aufgabe im
Bereich Human Resources.
n Olkus: Olkus. – guten Abend, Herr Groß. Ich interessiere mich sehr für Ihr
Stellenangebot in der FAZ – Manager Human Resources.
o Möglicherweise verfüge ich noch nicht über die gewünschten Berufserfahrun-
gen – aber ich bin davon überzeugt, dass mein Studium mit den Schwerpunk-
ten Erwachsenen- und Weiterbildung eine gute Voraussetzung für die Aufgabe
darstellt. Auch bringe ich die geforderte Kommunikationsfähigkeit, Überzeu-
gungskraft und Einsatzbereitschaft mit. Deshalb meine ich –
Personalberater: Das glaube ich Ihnen alles gern, Frau – wie war noch einmal
Ihr Name?
Olkus: Olkus – Viola Olkus.
p Personalberater: Schicken Sie uns doch einfach Ihre Bewerbungsunterlagen zu.
Wir werden uns schnellstmöglich bei Ihnen melden.
q Olkus: Darf ich noch kurz etwas fragen? Sie schreiben in der Anzeige, dass
überzeugende Personal-Manager gesucht werden. Heißt das, dass mehrere
Positionen zu besetzen sind?
Personalberater: Mein Auftraggeber ist ein wachstumsstarker international
tätiger Handels- und Dienstleistungskonzern und deshalb brauchen wir im HR-
Bereich Verstärkung.
r Olkus: Deshalb hat mich die Anzeige auch besonders angesprochen – ich bringe
internationale Erfahrungen mit.
Personalberater: Umso besser – dann freue ich mich auf Post von Ihnen, Frau
Olkus.
Olkus: Ja – die bekommen Sie. Und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für mich
genommen haben, Herr Groß. Man hat ja nicht immer Gelegenheit, sich vorab
zu informieren. Schönen Abend noch – und tschüss.

Der Personalberater ist hier kurz angebunden. Woran das wohl


Track 4 liegt?

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Telefonat 2: Selbstdarstellung Fehl am Platz

So urteilt der Personalexperte

Diese Bewerberin hat sich sehr ungeschickt verhalten.


n Olkus. – Guten Abend, Herr Groß. Ich interessiere mich sehr für Ihr ...
Wer einen Namen hat, der nicht auf Anhieb zu verstehen ist, sollte damit kein
Telefonat beginnen. Besser: „Mein Name ist ...“ Oder: „Ich heiße Olkus – Viola
Olkus.“ Damit ist die überfallsartige Namensnennung vermieden und das Ge-
spräch beginnt nicht gleich mit einem „Missverständnis“.
o Möglicherweise verfüge ich noch nicht über die gewünschten ...
Viel Bewerber starten das Gespräch bzw. Bewerbungsanschreiben mit einer
Anforderung, die sie nicht erfüllen: „Ein Studium habe ich zwar nicht absol-
viert, aber ...“ – oder: „Über einschlägige Branchenerfahrungen verfüge ich zwar
nicht, aber ...“ Das klingt defensiv und ist deshalb keine gute Idee. Es ist aber
auch keine gute Idee, einem Personalberater gleich zu Beginn mit dem Satz „Ich
bin ich davon überzeugt“ zu kommen. Das Telefonat dient ja der Klärung, ob
die Aufgabe überhaupt zum bisherigen Werdegang passen könnte. Die Bewer-
berin nimmt die Antwort vorweg und macht damit Minuspunkte.
p Schicken Sie uns doch einfach Ihre Bewerbungsunterlagen zu …
Keine Zeit – keine Liebe! Mit diesem Satz ist das Telefonat aus Sicht des Bera-
ters beendet und die Anruferin ist daran nicht unschuldig. Jetzt müsste sie drin-
gend „umsteuern“, um dem Gespräch eine positive Wendung zu geben.
q Heißt das, dass mehrere Positionen zu besetzen sind?
Für die Beantwortung solcher Fragen schiebt ein Personalberater am Wochen-
ende keinen Telefondienst.
r ... ich bringe internationale Erfahrungen mit.
Sie betreibt Selbstdarstellung statt Informationen einzuholen.

Das hat die Bewerberin weniger gut gemacht


Sie hat das Angebot des Personalberaters im Stellenangebot missverstanden. Es
geht vorrangig nicht darum, sich als geeignete Bewerberin anzubieten, sondern
Vorabinformationen zur Position einzuholen – und sich dabei „ganz nebenbei“ für
die Aufgabe zu empfehlen.

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Der Anruf bei einem Personalberater

Telefonat 3: Kurz und prägnant


Die Diplom-Politologin Kathrin Bornemann (33) hat Politikwissenschaft, Öffentli-
ches Recht und Amerikanistik studiert. Sie hat viele Praktika und anspruchsvolle
Jobs als freie Mitarbeiterin absolviert und sucht eine Festanstellung – vorrangig in
den Bereichen Kommunikation und Marketing. Ihr Plus: Internationale Erfah-
rung. Ihr Nachteil: Es gibt wenig Stellenangebote.
n Bornemann: Guten Abend, Herr Groß! Kathrin Bornemann. – Die Resonanz
auf das Stellenangebot „Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ scheint ja
ausgezeichnet zu sein. Ich fasse mich kurz. – Also – ich bin Diplom-Politologin,
habe zusätzlich Öffentliches Recht und Amerikanistik studiert und
o verfüge über recht gute Erfahrungen auf dem Gebiet der Konzeption und
Organisation von Konferenzen und Events – außerdem macht es mir sehr viel
Spaß, diese selbstständig zu moderieren. Meine erste Frage lautet deshalb, in-
wieweit dies zum Profil der ausgeschriebenen Aufgabe gehört.
Personalberater: Erst ’mal vielen Dank für Ihr Interesse, Frau Bornemann. Wir
suchen für die Position jemanden, der konzeptionell etwas ’drauf hat, sich aber
nicht im Back-Office versteckt. Kontaktstärke und ein gewinnender persönli-
cher Auftritt sind also sehr wichtig.
p Bornemann: Ihr Auftraggeber ist ja ein mittelständisches Unternehmen, das
Ideen im Bereich Tourismus vermarktet. Welchen Stellenwert hat denn die
reine Produkt-PR im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit?
Personalberater: Sie forcieren in dieser Position über Pressegespräche, Konfe-
renzen und Präsentationen den Bekanntheitsgrad des Unternehmens – und
selbstverständlich spielen dabei neue Produkte eine wichtige Rolle.
q Bornemann: Zur Aufgabe gehört ja auch die Budgetplanung und -kontrolle –
und – wie ich gelesen habe – die Konzeption und Gestaltung von Geschäftsbe-
richten. Gibt es da eine personelle Unterstützung?
Personalberater: Es stünde Ihnen ein Pressereferent zur Verfügung.
r Bornemann: Hört sich alles gut an. Ich schicke Ihnen gern meine Unterlagen
per Post. Vielen Dank, Herr Groß – und schönen Abend noch.

Hier reagiert der Berater anders. Wie schafft das Frau Borne
Track 5 mann?

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Telefonat 3: Kurz und prägnant

So urteilt der Personalexperte

Mehr von solchen Anrufen und es kommt mehr Freude in den Alltag des Per-
sonalberaters.
n Die Resonanz auf das Stellenangebot ….
Ein guter Start, der allerdings nur dann sinnvoll ist, wenn die Leitung tatsäch-
lich lange besetzt war. Die Anruferin versetzt sich in die Lage des Personalbera-
ters, der natürlich für möglichst viele Interessenten innerhalb des gegebenen
Zeitfensters erreichbar sein möchte.
o … inwieweit dies zum Profil der ausgeschriebenen Aufgabe gehört.
Eine gute Frage, weil sie auf die Inhalte und Anforderungen des Jobs abzielt. Es
geht ja nicht nur darum, als Bewerber beim Personalberater zu punkten – es
geht auch darum, sinnlose und damit für alle Beteiligten frustrierende Bewer-
bungen gar nicht erst auf den Weg zu bringen.
p Welchen Stellenwert hat denn die reine Produkt-PR … ?
Auch diese Frage ist gut, denn sie zeigt, dass die Bewerberin eine Vorstellung
von dem Job hat.
q Gibt es da eine personelle Unterstützung?
Auch diese Frage rechtfertigt den Anruf – allerdings immer unter der Voraus-
setzung, dass die entsprechende Antwort nicht in der Anzeige zu finden ist.
r Ich schicke Ihnen gern meine Unterlagen per Post.
E-Mail-Bewerbungen sind zwar eine komfortable Sache, aber es geht nicht
immer darum, sich das Leben leicht zu machen. Die „persönliche Note“ eines
Bewerbers kommt auf Papier meist klarer zum Ausdruck. Die Bewerberin hat
deshalb eine gute Entscheidung getroffen, sich für diesen Job, in dem ja die
„werbliche Optik“ eine große Rolle spielt, „in Papierform“ vorzustellen.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie zeigt, dass Sie sich gut auf den Anruf vorbereitet hat und sich zugleich in
die Lage des Personalberaters versetzen kann.
„ Sie hat den Zweck eines solchen Anrufs erkannt und Ihre Chancen optimal
genutzt: einen ersten Abgleich zwischen dem Anforderungsprofil und dem
Bewerberprofil vorzunehmen und zu klären, ob sich eine Bewerbung lohnt.

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Der Anruf bei einem Personalberater

So kommen Sie gut an


„ Gut vorbereiten
Unterstreichen Sie die wichtigsten Stichpunkte im Stellenangebot oder
schreiben Sie diese auf. Wer nicht geübt ist, sollte sich die zu stellenden Fra-
gen notieren und neben das Telefon legen. Natürlich darf nicht der Ein-
druck entstehen, dass man etwas vom Blatt abliest.

„ Warming up
Wenn man im Umgang mit Beratern bzw. Personalern wenig Erfahrung hat,
ist es empfehlenswert, sich auf das Telefonat einzustimmen. Da professionell
arbeitende Personalberater ein kurzes Gesprächsprotokoll anfertigen, kann
man dies durch einen beherzten und sicheren Auftritt am Telefon positiv
beeinflussen. Machen Sie ein kleines „Warming-up“ mit Freunden und
Freundinnen, bevor Sie die in Frage kommenden Berater bzw. Unterneh-
men „abtelefonieren“.

„ Körperhaltung ist wichtig


Oft gehört und doch selten beherzigt: Nehmen Sie eine straffe Körperhal-
tung ein! Wer schlaff im Sessel „hängt“, wirkt auch so. Ihr Auftritt wird
nicht nur von Wortwahl, Sprechtempo und Lautstärke bestimmt, sondern
auch von Ihrer Körperhaltung am Telefon.

„ Richtig einsteigen
Wer beim Zuknöpfen eines Hemdes das erste Knopfloch verfehlt, kommt
mit dem Rest nicht mehr zurande. Kurzum: Wie man startet, liegt man spä-
ter im Rennen. Journalisten und Autoren kennen und nutzen seit jeher vier
verschiedene Starttechniken, die man auch beim telefonischen Erstkontakt
sinnvoll anwenden kann (siehe übernächste Seite). Dies gilt übrigens nicht
nur für den Gesprächsanfang, sondern auch für die Überleitung zu weiteren
Gesprächsphasen.

„ Den Zweck des Telefonats nicht aus den Augen verlieren


Sie können von einem Vorab-Anruf nur profitieren, wenn Sie sich dabei
wirklich über das Unternehmen und die Stelle informieren. Nur dann kön-
nen Sie hinterher besser einschätzen, ob die angebotene Stelle etwas für Sie
wäre und Ihre weiteren Aktivitäten darauf abstimmen. Und: Auch dem Per-
sonalberater fallen Sie angenehmer auf, wenn Sie sich nicht „anpreisen“,

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So kommen Sie gut an

sondern sachlich Informationen einholen und nebenbei ein paar Sätze über
Ihre Qualifikation formulieren – und damit schon andeuten, dass es da eini-
ge Übereinstimmungen gibt.

„ Musterfragen
„ In Ihrem Stellenangebot schreiben Sie, dass sich Ihr Auftraggeber auf-
grund einer innovativen Produktentwicklung einen Spitzenplatz erarbei-
ten konnte. Können Sie schon etwas über neue Produkte sagen, an de-
nen zurzeit gearbeitet wird?
„ Sie bieten Berufseinsteigern mit geringen praktischen Vorkenntnissen
ein Vorbereitungstraining an. Wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte
und wie umfangreich ist dieses Training?
„ Mich würde noch interessieren, ob es bei der Stelle um eine Generatio-
nennachfolge oder aber um eine neu geschaffene Position geht?
„ Ihr Auftraggeber ist international aufgestellt. Ich kann der Anzeige aller-
dings nicht entnehmen, wo die geographischen Schwerpunkte liegen.
Könnten Sie mir bitte ...
„ Ich verfüge über gute Portugiesischkenntnisse. Ist Ihr Unternehmen
auch in Portugal bzw. Brasilien aktiv bzw. könnte ich meine Sprach-
kenntnisse entsprechend nutzen?
„ „Ich kenne mich sehr gut mit QuarkXPress und PageMaker aus. Könnte
dies Ihrem Unternehmen von Nutzen sein?“
„ Sie schreiben in der Anzeige, dass Sie Ihr „kleines Team verstärken
möchten“ – wie groß ist denn dieses Team?

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Der Anruf bei einem Personalberater

Fakten und Hintergründe

Starttechniken

Probieren Sie doch einmal die eine oder andere Starttechnik aus – man kann sie
auch sehr gut für Verkaufsgespräche und die Eröffnung von Präsentationen,
Vorträgen oder Meetings gebrauchen.

Direkttechnik
Wer so startet, „fällt mit der Tür ins Haus“. Man kommt sofort auf den Punkt –
„in medias res“ hieß das bei den Römern. Beispiel: „Ich rufe wegen des Stellen-
angebots ‚Call Center Agent’ an und möchte gern wissen ...“

Aufhängertechnik
Hier wird ein Stichwort gewählt, das offenbar besonders typisch für die zu be-
setzende Position zu sein scheint. Man kann damit zeigen, dass man gemerkt
hat, worauf es dem Jobanbieter ankommt. Beispiel: Ein Unternehmen sucht
„eine/n Mitarbeiter/in Produktmarketing“ mit dem Hinweis „möchten wir
unser kleines Team verstärken“. Teamfähigkeit ist damit eine der wichtigsten
Einstellungsvoraussetzungen, denn niemand möchte sein funktionierendes
kleines Team durch einen Mitarbeiter gefährden, der zwar fachlich topp ist, sich
aber in der Zusammenarbeit als Flop erweist. Ein guter Start könnte sich wie
folgt anhören: „Als Assistent im Product Management habe ich gelernt, in klei-
nen Projektgruppen immer wieder meinen Platz zu finden und deshalb ...“

Referenztechnik
Hier wird auf ein persönliches Erlebnis oder das Ergebnis einer Untersuchung
Bezug genommen. Beispiel: In der Stellenanzeige steht, dass das suchende Un-
ternehmen als eine der ersten Adressen im Telefonmarketing gilt. Im Sinne
dieser Starttechnik könnte man folgendermaßen beginnen: „Sie gehören zu den
Top-Adressen von über 1000 Call Centern in Deutschland. Das nehme ich gern
zum Anlass, auf diesem Wege den Kontakt zu Ihnen aufzunehmen.“

Fragetechnik
Wer fragt, führt und strukturiert das Gespräch! Bei dieser Technik fängt man
nach einem kurzen Höflichkeitsritual mit einer Frage an oder leitet mit Fragen

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Fakten und Hintergründe

neue Gesprächsphasen ein. Beispiel: Das Unternehmen sucht „im Zuge einer
Nachfolgeregelung“ den Leiter Innendienst (m/w). Anrufer: „Vielen Dank, dass
Sie heute Abend für Vorabinformationen zu Verfügung stehen. In Ihrer Anzeige
schreiben Sie, dass im Zuge einer Nachfolge ein Innendienstleiter gesucht wird.
Ist der bisherige Amtsinhaber bereits ausgeschieden bzw. wann soll sein Nach-
folger die Gesamtverantwortung übernehmen?“

EMail oder Anruf?

In der Anzeige einer großen Unternehmensberatungsfirma werden die folgen-


den Stellen angeboten: Vertriebsleiter, Niederlassungsleiter, Sales Direktor,
Kunden Manager und Call Center Manager. Der Text endet wie folgt: „Wir
freuen uns auf Ihren Anruf. Erstkontakt nur telefonisch.“ Alles klar – das su-
chende Unternehmen will den telefonischen Kontakt bereits zur Beurteilung
der Sozialkompetenz von Interessenten nutzen. Diese Herausforderung gilt es
anzunehmen. Wer sich verweigert und dennoch eine Mail schickt, landet mit
seiner Bewerbung im Datennirwana. Und das gilt häufig auch für jene Fälle, bei
denen in der Anzeige nicht so ausdrücklich auf einem Telefonat bestanden
wird.

Fragen, die Sie vergessen sollten

Es gibt einige Fragen, die Bewerber am Telefon immer wieder stellen, die aber
bei keinem Personalberater gut ankommen:
„ Wie ist das Betriebsklima in Ihrem Unternehmen?
„ Wird es in ihrem Unternehmen mittelfristig – wie in diversen anderen Fir-
men der Branche – auch zu einem Personalabbau kommen?
„ Wie sind die Arbeitszeiten geregelt?
„ Wie viele Bewerber haben Sie bisher für diese Position?
„ Wie schätzen Sie meine Chancen ein?
„ Welche Chancen hat eine Frau in dieser Position?
„ Haben auch ältere Bewerber eine Chance in Ihrem Unternehmen?

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Der Anruf bei einem Personalberater

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und


die Folgen für Bewerber
Jede Maßnahme, die einen Arbeitnehmer besser oder schlechter stellt, kann seit
Verabschiedung dieses aus EU-Vorgaben entstandenen Gesetzes künftig ange-
griffen werden. Interessant und umstritten ist, dass der Gesetzgeber einen Be-
werber den Arbeitnehmern gleichstellt, falls es zu einer gerichtlichen Auseinan-
dersetzung kommt. Das AGG definiert sechs Diskriminierungstatbestände –
also Benachteilungsgründe, die zu Entschädigungsansprüchen führen können.

Unzulässige Unterscheidungen („böse Motive“) nach § 7 AGG


„ Rasse / ethnische Herkunft
„ Geschlecht
„ Religion / Weltanschauung
„ Behinderung
„ Alter
„ sexuelle Identität

Anstiftung zur Heuchelei


Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes erhalten Bewerber – aus „Sicherheitsgrün-
den“ –- keine brauchbare Antwort mehr auf die Frage, warum sie abgelehnt
wurden. Das Risiko, mit Entschädigungsansprüchen wegen Diskriminierung
konfrontiert zu werden, ist auf Grund der neuen Gesetzgebung so groß, dass
Firmen geradezu gezwungen sind, stilvollendete, aber nichts sagende Absagen
zu formulieren. Früher konnte mancher Bewerber immerhin noch telefonisch
einen Tipp bekommen, warum die Sache schief gelaufen ist –- heute verpflich-
tet das AGG – so der Rechtsprofessor Dr. Klaus Adomeit von der FU Berlin –
jeden Personaler zur „Heuchelei“. Wer beweisen kann, dass er als Bewerber
nach einem der sechs von Gesetzgeber definierten Tatbestände benachteiligt
wurde, kann eine Entschädigung in Höhe von bis zu drei Monatsgehältern
zugesprochen bekommen.

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Die Initiativbewerbung am Telefon

Nützliche Dienste kann das Telefon auch bei Initiativbewerbungen leis


ten. Hier kommt es neben einem gewinnenden Gesprächsverhalten frei
lich auch noch darauf an, die Entscheidungsträger für Personalangele
genheiten zu identifizieren und zu erreichen. Aber der Aufwand kann
sich lohnen, wenn man planvoll vorgeht und vor allem besondere Quali
fikationsmerkmale zu bieten hat. Dazu gehören unter anderem Aus
landserfahrungen bzw. Sprachkenntnisse, eine spezielle Branchen und
Produktnähe und gegebenenfalls auch ein einschlägiges Beziehungs
Knowhow. Auf jeden Fall werden – wie im richtigen Leben – Zielorien
tierung und Zähigkeit belohnt.

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Die Initiativbewerbung am Telefon

Telefonat 1: Schnell abgewiesen


Cornelia Teichert (29) ist gelernte Steuerfachgehilfin und Diplom-Finanzwirtin.
Sie ist seit fünf Jahren in ihrem Ausbildungsbetrieb angestellt und fühlt sich
schlecht bezahlt. Aufstiegsmöglichkeiten sind auch nicht erkennbar. Den Aufbruch
zu einem neuen beruflichen Ufer versucht sie über Initiativbewerbungen – das
heißt, sie telefoniert ihr passend erscheinende Firmen bzw. Kanzleien durch.
Empfang: Brinkmann GmbH – Haas.
Teichert: Guten Tag – meine Name ist Teichert. Ich bin Steuerfachgehilfin mit
fünfjähriger Berufspraxis. Außerdem habe ich mich zur Diplom-Finanzwirtin
weiter gebildet und verfüge über gute Kenntnisse im Steuerrecht. Ich möchte
mich nun verändern und wollte deshalb ’mal anfragen, ob ...
Empfang: Wen möchten Sie denn sprechen?
n Teichert: Ach so – ich dachte, Sie können mir hier weiterhelfen ...
o Empfang: Ich bin hier verantwortlich für den Empfang – aber ich stelle Sie gern
durch. Es ist ja gerade Mittagszeit, aber ich glaub’, Herr Goldmann ist noch
nicht zu Tisch. Moment bitte ...
Geschäftsführer: Guten Tag – Goldmann. Wie kann ich Ihnen helfen?
p Teichert: Ich bin Steuerfachgehilfin mit fünfjähriger Berufspraxis. Außerdem
habe ich mich zur Diplom-Finanzwirtin weiter gebildet und verfüge über gute
Kenntnisse im Steuerrecht. Ich möchte mich nun verändern, weil ...
q Geschäftsführer: Tut mir Leid – wir haben hier zurzeit keinen Bedarf. Aber Sie
können uns Ihre Unterlagen ja ’mal zuschicken. Aber bitte keine Mappe. Wir
melden uns dann, falls sich etwas tun sollte. Also – viel Erfolg noch. Auf Wie-
derhören.

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Telefonat 1: Schnell abgewiesen

So urteilt der Personalexperte

„Initiativbewerbungen am Telefon bringen nichts – ich habe es probiert!“ Die-


ses Urteil ist häufig zu hören und stimmt auch, wenn man es wie diese Bewer-
berin macht.
n Ach so – ich dachte, Sie können mir hier weiterhelfen ...
Frau Teichert trägt in epischer Breite ihr Anliegen vor und weiß gar nicht, mit
wem sie spricht. Das passiert vielen Bewerbern, die dann einen zweiten Anlauf
mit dem nächsten Gesprächspartner machen müssen. Und dies dann meist mit
gebremstem Schaum. Man muss vorab also recherchieren, wer Ansprechpartner
für Personalfragen sein könnte bzw. wen man gern sprechen möchte.
o Es ist ja gerade Mittagszeit, ...
Niemals in der Mittagszeit anrufen, denn dann bestimmt der Zufall, wen man
erreicht. Und wer Pech hat, gerät an jemanden, der gerade auf dem Sprung ist
und den Anrufer schnell wieder loswerden möchte.
p Ich bin Steuerfachgehilfin (...). Ich möchte mich nun verändern, weil ...
Man muss sich um eine Aufgabe bewerben und diese beim Initiativanruf mög-
lichst genau beschreiben. Von den Gründen, warum sich jemand verändern
möchte, will zunächst niemand etwas wissen. Das Thema kommt später dran.
q … wir haben hier zurzeit keinen Bedarf. … Aber bitte keine Mappe.
Man hat sich intern offenbar abgesprochen, wie mit Initiativbewerbungen am
Telefon zu verfahren ist. Grundsätzlich ist man an Kontakten mit qualifizierten
Bewerbern interessiert – im Bedarfsfall kann man sich dann eventuell eine teure
Stellenanzeige sparen. Die Sprachregelung lautet, voluminöse Bewerbungsmap-
pen und den damit verbundenen Aufwand abzublocken.

Das hat die Bewerberin weniger gut gemacht


„ Sie hat sich unzureichend auf das Telefonat vorbereitet.
„ Sie hat ihr Anliegen zu umständlich und unklar vorgetragen und
„ sie hat für den Anruf den falschen Zeitpunkt (Mittagspause) gewählt.

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Die Initiativbewerbung am Telefon

Telefonat 2: Guter Aufhänger


Kerstin Kaufmann (25), studiert BWL im siebten Semester und sucht eine Diplo-
mandenstelle im Bereich Steuern, Wirtschaftsprüfung oder Controlling. Sie hat eine
Liste von Firmen erstellt, die maximal 50 Kilometer von ihrem Studienort entfernt
sind. Ihr Hauptinteresse gilt Wirtschaftsprüfern und dem Finanz- und Rechnungs-
wesen größerer Betriebe.
Empfang: Brinkmann GmbH – Haas.
n Kaufmann: Guten Tag, Frau Haas – mein Name ist Kaufmann. Ich hätte gern
Herrn Goldmann gesprochen.
Empfang: Worum geht es denn?
Kaufmann: Ich rufe wegen der Anzeige in der FAZ an – Sie suchen da einen
‚Tax Manager’.
Empfang: Moment – ich stelle Sie durch.
Geschäftsführer: Goldmann! Ich hab’ schon gehört. Vielen Dank für Ihr Inte-
resse, Frau Kaufmann, aber die Stelle ist so gut wie besetzt.
o Kaufmann: Das freut mich. – Ich habe Ihr Stellenangebot ‚Tax Manager’ mit
Interesse gelesen, weil ich eine Diplomandenstelle im Bereich Steuern suche.
Und in Ihrer Anzeige fiel mir auf, dass für Ihr Unternehmen Themen wie das
internationale Umsatzsteuerrecht, US-GAAP und deferred taxes von großer
Bedeutung sind. Und das sind genau meine Schwerpunkte in meinem BWL-
Studium – und deshalb frage ich an, ob Sie nicht an einer Diplom-Arbeit inte-
ressiert wären, die Ihnen eine Nähe zur Hochschulforschung bietet und mir die
so wichtige Anbindung an die Praxis.
Geschäftsführer: Wie kann ich mir das vorstellen?
p Kaufmann: Darf ich Ihnen mein Projekt, so wie es mein Professor bereits
abgesegnet hat, in einem persönlichen Gespräch einmal erläutern? Wann passt
es Ihnen in den nächsten Tagen?

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Telefonat 2: Guter Aufhänger

So urteilt der Personalexperte

Aufhänger und Gesprächsführung sind unwiderstehlich. Clever, umsichtig und


einnehmend!
n Ich hätte gern Herrn Goldmann gesprochen.
Der Start ist gut, weil die Interessentin sagt, wen sie sprechen möchte. Weniger
gut ist, dass sie verheimlicht, worum es geht. Dadurch wird die Positionsmacht
des Vorzimmers unnötig provoziert und wenn man Pech hat, wird man abge-
wiesen.
o Das freut mich. – Ich habe Ihr Stellenangebot ‚Tax Manager …
Klasse gemacht! Das waren knapp 30 Sekunden, in denen die Anruferin einen
interessanten Aufhänger genutzt und ihr Anliegen zur Sprache gebracht hat.
Besonders gut kommt natürlich an, dass die Anruferin nicht nur ihre Interessen
ins Spiel gebracht hat, sondern auf den möglichen Nutzen des Unternehmens
hingewiesen hat.
p Darf ich Ihnen mein Projekt … in einem persönlichen Gespräch einmal erläu-
tern?
Das ist das Ziel aller Sehnsüchte: Termine machen! Man muss es auf jeden Fall
versuchen. Wunderbar, wenn es gut geht. Wenn es nicht klappt, kann das Zwi-
schenziel darin bestehen, seine Unterlagen an einen interessanten Gesprächs-
partner zu verschicken.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie hat einen guten Aufhänger für den Gesprächseinstieg gewählt.
„ Sie ist nicht als Bittstellerin aufgetreten, sondern hat den möglichen Nutzen
für das Unternehmen angesprochen.
„ Durch den Versuch, gleich einen Termin zu machen, wirkt sie beherzt und
zielstrebig – und das sind besonders gefragte Eigenschaften.

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Die Initiativbewerbung am Telefon

So kommen Sie gut an


„ Gut recherchieren und vorbereiten
Schreiben Sie keine „Blindbewerbungen“ bzw. führen Sie keine „blinden“
Telefonate! Schon der Begriff – der ja auch eine Einstellung verrät – erhöht
die Wahrscheinlichkeit, dass die Bewerbung im Daten-Nirwana landet. Re-
cherchieren Sie deshalb gründlich, welche Branche und welche Unterneh-
men zu Ihrem Profil überhaupt passen könnten. Lesen Sie regelmäßig den
Wirtschaftsteil der Tageszeitungen. Mit ein wenig Glück finden Sie Beiträge
über Firmen, die für Sie interessant sind. Gehen Sie systematisch vor. Eine
Excel-Tabelle wäre gut, aber man kann für den Hausgebrauch auch ein ei-
genes Schema entwickeln.

„ Nach Vakanzen forschen


Rufen Sie auch bei der in Frage kommenden Fachabteilung an. Dort weiß
man zuallererst, ob bzw. wann es eine Vakanz gibt.

„ Aufhänger verwenden
Berufen Sie sich im Telefonat auf einen Anlass bzw. verwenden Sie einen
„Aufhänger“: „Ich habe im Wiesbadener Kurier gelesen, dass Sie Ihre Ver-
triebsmannschaft ausbauen wollen. Deshalb würde ich mich Ihnen gern
kurz als Nachwuchskraft im Vertrieb vorstellen.“ Oder: „Ihrer Homepage
habe ich entnommen, dass Sie Ihre Vertriebsaktivitäten in Skandinavien
verstärken. Da ich als ausgebildeter Groß- und Außenhandelskaufmann
sehr gut Schwedisch spreche, nehme ich dies zum Anlass, einmal telefonisch
anzufragen, ob …“

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

Initiativbewerbung – oft ein guter Weg

Die richtigen Mitarbeiter zur rechten Zeit am Arbeitsplatz zu haben – das kostet
Geld und Zeit. Es müssen Stellenangebote in den Tageszeitungen geschaltet
werden, die mehrere tausend Euro kosten können, oder es werden Headhunter
eingeschaltet, die sich die gezielte Suche nach geeigneten Fach- und Führungs-
kräften natürlich auch entsprechend honorieren lassen. Vor diesem Hinter-
grund kann man mit einer überzeugenden Initiativbewerbung und etwas Glück
einen Volltreffer landen. Für Initiativbewerbungen gilt der alte Spruch, dass
Glück auf Dauer nur der Tüchtige habe.

Systematisch vorgehen

Der klassische Weg der Jobsuche besteht darin, auf Angebote zu reagieren. Die
Initiativbewerbung, die diesen Namen verdient – also weder eine Spontan-,
noch eine Blindbewerbung ist – verfolgt einen anderen Ansatz. Hier steht am
Anfang eine vernünftige Systematik:
„ Verschaffen Sie sich einen Marktüberblick: Welche Unternehmen könnten
Aufgaben haben, die besonders gut zu meinem Leistungsprofil passen?
„ Machen Sie sich Gedanken über Informationsquellen: Branchenbücher,
Internet, Tageszeitung, Handels- und Handwerkskammer, Verbände etc.
„ Überlegen Sie sich einen gewinnenden Start für einen Anruf bzw. für eine
Bewerbung, der auf jeden Fall anders sein muss, als wenn man auf ein An-
gebot reagiert.
„ Organisieren Sie Ihre Bewerbungsaktivitäten sinnvoll, damit Sie bei einem
eventuellen Rückruf nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden – also bei-
spielsweise gar nicht mehr wissen, um welche Firma es sich handelt und um
welche Aufgabe Sie sich in der Vergangenheit konkret beworben haben. Wer
den Eindruck der Beliebigkeit erweckt, hat schlechte Karten.

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Die Initiativbewerbung am Telefon

Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis

„ Niclas N. ist in Hamburg aufgewachsen und hat einen deutschen Vater und
eine schwedische Mutter. Nach Abitur und Ausbildung zum Industriekauf-
mann wollte er beruflich gern nach Schweden gehen. Um sich nicht ins
Blaue zu bewerben, hat er mit Unterstützung der Handelskammer und
skandinavischer Organisationen eine Liste von in Schweden ansässigen Un-
ternehmen erstellt, die besonders intensive Geschäftsbeziehungen zu Ham-
burger Firmen unterhalten. Das hat funktioniert.
„ Thomas G. ist Lebensmittelchemiker (speziell Food Ingredients) und wollte
sich nach drei Jahren allmählich verändern. Er beobachtete über mehrere
Wochen die Stellenmärkte der großen Tageszeitungen und notierte sich alle
Personalberater, die in seiner Branche Beratungsaufträge (egal, um welche
Jobs es konkret geht) realisieren. Denen schickte er dann mit der Bitte um
Diskretion sein Profil und seine Vorstellungen hinsichtlich einer neuen Auf-
gabe. Er wurde auf diese Weise „fündig“.
„ Jennifer B. ist Architektin mit Berufserfahrung. Ihren letzten Job hat sie
gekündigt, um mit ihrem Partner eine Weltreise zu machen. Nach der
Rückkehr musste sie feststellen, dass der Arbeitsmarkt für sie außerordent-
lich eng war. Sie entschied sich für die „Knochentour“ und telefonierte – na-
türlich nicht ohne vorherige Recherche – die entsprechenden Einträge von
Architekturbüros im Branchentelefonbuch durch. Der Fleiß wurde belohnt.

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Termine telefonisch vereinbaren

Bewerbungsverfahren sind mit Telefonaten verbunden und jedes Telefo


nat hinterlässt einen Eindruck. Das gilt für alle am Bewerbungsprozess
Beteiligten, aber zunächst befindet sich nun einmal der Jobaspirant auf
dem Prüfstand. Viele Bewerberinnen und Bewerber unterschätzen die
Macht des Vorzimmers. Anscheinend nicht sonderlich relevante Gesprä
che mit Sekretärinnen können sich aber auf die spätere Entscheidung
auswirken – vor allem, wenn für die Stelle Soft Skills wie Kontaktstärke,
Empathie und rhetorische Souveränität wichtig sind. Personalentschei
der fragen durchaus einmal ihre Mitarbeiterin im Vorzimmer, welchen
Eindruck ein Kandidat auf sie gemacht hat. Manchmal äußern diese sich
auch von selbst: etwa „Die war aber nett am Telefon!“ oder „Was war
das denn für ein merkwürdiger Typ!“

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Termine telefonisch vereinbaren

Telefonat 1: Umständlich und schlecht


vorbereitet
Der Bewerber Kai Heller hat auf seine Bewerbung hin von einem Personalbera-
tungsunternehmen ein Schreiben mit der Bitte erhalten, einen Vorstellungstermin
abzustimmen.
Empfang: Groß und Partner – Krämer.
n Heller: Guten Tag, Heller. Sie haben mir geschrieben – ich soll einen Vorstel-
lungstermin abmachen.
Empfang: Wir haben hier mehrere Berater. Bei wem sollen Sie sich denn vor-
stellen?
o Heller: Moment ’mal bitte – unterschrieben ist der Brief von einem Herrn
Groß.
Empfang: Gut. Herr Groß wäre am Donnerstag ab 16 Uhr frei oder am Freitag
gleich morgens um neun. Das können Sie sich gern aussuchen.
p Heller: Da komme ich natürlich jedes Mal in den Berufsverkehr ... Hm,
Donnerstag wird das bei mir knapp – ich habe vorher leider noch einen anderen
wichtigen Termin. Ich glaube, Freitag würde besser passen.
Empfang: Soll ich also den Freitag eintragen?
q Heller: Ja – doch – ich nehme den Freitag. Oder warten Sie ’mal – was schätzen
Sie, wie lange braucht man von der Autobahnabfahrt bis zu Ihnen?
Empfang: Das hängt davon ab, wie Sie durchkommen.
r Heller: Okay. – Ach ja, können Sie mir noch sagen, wie lange das Gespräch in
etwa dauern wird?

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Telefonat 1: Umständlich und schlecht vorbereitet

So urteilt der Personalexperte

Diagnose: Ein Umstandskrämer, der nicht auf den Punkt kommt.


n Sie haben mir geschrieben – ich soll einen Vorstellungstermin abmachen.
Dies ist kein guter Start, denn es versteht sich von selbst, dass man seinen Ad-
ressaten mit Namen anspricht. Und wenn man ihn nicht verstanden hat, muss
man eben nachfragen. Man braucht den Namen ja spätestens noch einmal bei
der Verabschiedung. Einfühlungsvermögen zeigt sich auch darin, gleich die
Position und den zukünftigen Gesprächspartner zu benennen – anders als der
Bewerber hier. Damit erübrigt sich ein zeitraubendes Nachfragen.
o Moment ’mal bitte – unterschrieben ist der Brief von einem Herrn Groß.
„... von einem Herrn Groß“, ist eine unhöfliche Formulierung.
p Da komme ich natürlich jedes Mal in den Berufsverkehr ...
Manche Bewerber denken laut am Telefon und übermitteln detaillierte Einbli-
cke in ihren Terminkalender. Manchmal wirkt das unbeholfen, oft aber eher
wichtigtuerisch. Herr Heller wäre jedenfalls gut beraten, den anderen wichtigen
Termin – wie er sagt – für sich zu behalten.
q Oder warten Sie mal – was schätzen Sie – wie lange braucht man von der Au-
tobahnabfahrt bis zu Ihnen?
Kann man fragen – ist aber riskant. Eine falsche Auskunft kann den Job kosten,
weil man zu spät kommt.
r ... wie lange das Gespräch in etwa dauern wird?
Die Frage ist überflüssig. Wer in ein Vorstellungsgespräch geht, darf nicht unter
Zeitdruck stehen.

Das hat der Bewerber weniger gut gemacht


„ Er ignoriert die einfachsten Höflichkeitsregeln.
„ Mit Sicherheit wirkt er auf die Sekretärin diffus und unentschlossen.
„ Er stellt überflüssige Fragen.

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Termine telefonisch vereinbaren

Telefonat 2: Klar und bestimmt


Auch die Diplom-Politologin Kathrin Bornemann wurde gebeten, telefonisch einen
Vorstellungstermin abzustimmen.
Empfang: Personalberatung Groß und Partner – Krämer.
n Bornemann: Guten Tag, Frau Krämer. Mein Name ist Kathrin Bornemann. Es
geht um das Stellenangebot „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ – Herr Groß hat
mich gebeten, einen Termin für ein Vorstellungsgespräch abzustimmen. Wann
würde es Herrn Groß denn passen?
Empfang: Ich könnte Sie gleich für Donnerstag um neun eintragen oder für
Freitag – da ginge es um 17 Uhr.
o Bornemann: Donnerstag um neun bin ich bei Ihnen.
p Aber ich habe da noch eine kleine Frage: Die Reisekosten übernimmt doch
sicher Ihr Auftraggeber?
Empfang: Selbstverständlich. Sie sollten allerdings im normalen Rahmen liegen.
– Sie finden den Weg zu uns?
q Bornemann: Vielen Dank – Sie haben ja eine gute Anfahrtsskizze auf Ihrer
Homepage. Also dann bis Donnerstag um neun, Frau Krämer. Brauchen Sie
von mir noch eine Bestätigung?
Empfang: Das ist nicht nötig. Gute Anreise – auf Wiederhören.

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Telefonat 2: Klar und bestimmt

So urteilt der Personalexperte

Die Bewerberin macht einen guten Eindruck: Klare Ansage, offen und gerade-
heraus!
n Guten Tag, Frau Krämer. Mein Name ist Kathrin Borneman. ...
Die gesamte Einleitung ist sehr gelungen. Die Bewerberin beherzigt das Motto:
Sag, wer Du bist und worum es geht! Eigentlich ist das doch ganz einfach.
o Donnerstag um neun bin ich bei Ihnen.
Sie hält sich nicht lange mit Überlegungen auf, sondern zeigt Entscheidungs-
freude.
p Aber ich habe da noch eine kleine Frage: Die Reisekosten übernimmt doch
sicher Ihr Auftraggeber?
Es ist nicht unanständig, nach der Kostenübernahme zu fragen. Man reist mit
einem besseren Gefühl an, wenn man weiß, dass das einladende Unternehmen
bereit ist, Kosten in die Bewerbung zu investieren. Außerdem: Was vorab ge-
klärt ist, erspart einem mögliche spätere Auseinandersetzungen. Und was ist der
„normale Rahmen“? Wenn ein Unternehmen alle Führungskräfte gerade an-
gehalten hat, die 2. Klasse der Bahn zu benutzen, macht es sich natürlich gar
nicht gut, wenn ein Bewerber in der ersten Klasse anreist.
q Brauchen Sie von mir noch eine Bestätigung?
Nicht schlecht – ist ja immerhin ein Angebot und zeigt, dass jemand mitdenkt.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie hat am Telefon klar gesagt, worum es geht. Dafür ist man in jedem Sekre
tariat dankbar, weil es Zeit erspart.
„ Sie hat Entscheidungsfreude bewiesen – und die zeigt sich meist schon bei
Kleinigkeiten.
„ Sie zeigt, dass sie mitdenkt und hinterlässt einen guten Eindruck.

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Termine telefonisch vereinbaren

So kommen Sie gut an


„ Bereiten Sie sich vor
Bevor Sie zum Hörer greifen, markieren Sie in Ihrem Kalender einige Zei-
ten, die besonders gut passen. Wenn Sie gefragt werden, welcher Termin Ih-
nen genehm ist, können Sie sofort Vorschläge machen. Manche Bewerber
suchen umständlich lange nach einem „Zeitfenster“ und tun dabei so, als
gehe es um einen Gnadenerweis ihrerseits, zum Vorstellungsinterview zu er-
scheinen.
Außerdem sollten Sie den Namen Ihres Ansprechpartners parat haben und
die Bezeichnung der Stelle, um die es geht. Kurz: Versuchen Sie, Ihrem Ge-
sprächspartner am Telefon so viele Informationen zu bieten, dass die Ter-
minvereinbarung flüssig und leicht geht, und er nicht unnötig lange auf Ihre
Hinweise warten muss.

„ Fühlen Sie sich in Ihren Gesprächspartner ein


Versuchen Sie, sich in Ihren Gesprächspartner einzufühlen: Es gibt Fragen,
die kann keiner vorher beantworten, beispielsweise die Frage nach der vor-
aussichtlichen Dauer des Vorstellungsgesprächs.
Fragen Sie solche Dinge trotzdem, bleiben Sie sicher unangenehm in Erin-
nerung. Im positiven Sinne gehört dazu jedoch: Begrüßen Sie und verab-
schieden Sie sich, indem Sie Ihren Gesprächspartner mit seinem Namen an-
sprechen – zeigen Sie überhaupt, auch in Stimme und Tonfall, dass Sie die-
sen nicht als unwichtig einschätzen.

„ Machen Sie Termine aus, die Ihrer Situation entsprechen


Wenn Sie aus der Ferne anreisen, können Sie durchaus um einen Termin
bitten, für den Sie nur einen halben Urlaubstag investieren müssen. Es
kommt gut an, wenn man mit der Ressource Zeit sparsam umgeht.

„ Verschaffen Sie sich zeitlichen Spielraum


Sorgen Sie schon bei der Terminvereinbarung dafür, dass Sie beim Termin
selbst zeitlichen Spielraum „nach hinten“ haben. Es kann zu einem verspäte-
ten Start des Gesprächs kommen und dann sitzt man wie „auf Kohlen“.
Manchmal wird ein Bewerber auch zu einer kurzen Betriebsbesichtigung

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So kommen Sie gut an

oder zum Essen eingeladen und dann wäre es schade, wenn man dies wegen
Zeitmangels ausschlagen müsste.

„ Über die Anreise informieren


Die telefonische Terminvereinbarung bietet die Gelegenheit, sich bezüglich
der Anreise vor Überraschungen zu schützen. Als Fremder darf man sich
durchaus nach der Parkplatzsituation erkundigen oder fragen, wie man bei-
spielsweise am besten vom Bahnhof zur Firma kommt. Prinzipiell – bei der
Anreise mit dem Auto – sollte man sich aber lieber über die Anfahrtsskizze
auf der Homepage der Firma, über die einschlägigen Navigationswebsites
oder über ein Navigationssystem informieren.

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Termine telefonisch vereinbaren

Fakten und Hintergründe


Personalentscheidungen sind nicht nur Kopf-, sondern auch Bauchentschei-
dungen. Sie hängen von der Tagesform und Stimmung des Beurteilenden ab –
und vor allem auch von seinen Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Bewer-
bern. Deshalb ist es nicht unerheblich, welchen Termin man als Bewerber „er-
wischt“.

Die Tageszeit
In manchen Firmen werden pro Tag acht bis zehn Bewerber „durchgeschleust“.
Da es noch keine Interview- und Beurteilungsautomaten gibt, kann es schon
eine Rolle spielen, ob man morgens früh gleich als erster dran ist oder kurz vor
der Mittagspause oder aber erst abends zum „erlösenden“ Schlussinterview
geladen wurde. Unsere Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit folgt einem auf
und ab und ein besonders ungünstiger Termin ist meist der kurz nach dem
Mittagessen. Das gilt für alle Beteiligten.

Der Platz in der Gesprächsreihenfolge

Wer beispielsweise von acht Bewerbern den ersten Vorstellungstermin erhält,


muss sich während des Interviews in der Regel keinen Vergleichen mit anderen
Konkurrenten um den Job aussetzen. Das kann durchaus von Vorteil sein. Wer
sich am Ende des Tages vorstellen darf, muss sich wiederum an diversen ande-
ren Interessenten messen lassen. Hinsichtlich der nachhaltigen Wirkung des
Bewerberauftritts ist noch anzumerken, dass die ersten und die letzten Bewerber
meist am besten im Gedächtnis haften bleiben. Zu Beginn des Tages sind die
Interviewer alle noch frisch und munter, während der Eindruck, den beispiels-
weise der letzte Bewerber hervorruft, durch keine weiteren Gespräche „ver-
wischt“ wird. Dies alles sind Faktoren, die sich positiv oder negativ auf Perso-
nalentscheidungen auswirken können. Als Bewerber sollte man dies wissen.

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Der erste Eindruck vor Ort

Der erste Eindruck, den der Bewerber macht, beeinflusst den Beurtei
lungsprozess im Bewerbungsverfahren mehr oder weniger stark. Dabei
hängt es natürlich vom Job und seinen Anforderungen ab, wie wichtig
der gelungene Erstauftritt bei einem potenziellen Arbeitgeber ist. Wer
als Key Account Manager in spe die Dame im Vorzimmer gleich mal mit
falschem Namen anspricht, bekommt sicher eher einen Minuspunkt als
ein Bewerber um eine Aufgabe in der Innenrevision. Dennoch: Ein guter
Start ist immer vorteilhaft. Um diesen zu meistern, muss man sich nicht
verbiegen oder verstellen, sondern vernünftig vorbereiten und ein paar
Umgangsformen beherrschen.

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Der erste Eindruck vor Ort

Dialog 1: Geschwätzig und neugierig


Kai Heller, Absolvent und Diplom-Kaufmann, wird im Vorzimmer von Frau
Haas, der Sekretärin des Beraters, empfangen.
n Heller: Guten Tag, mein Name ist Heller. Ich soll mich hier heute bei Ihnen
vorstellen. Ich bin etwas früher gekommen, weil man ja nicht so richtig ein-
schätzen kann, wie lange die Fahrt dauert. Aber ich kann gern noch warten.
Empfang: Nehmen Sie doch bitte Platz. Sie hatten ja eine recht weite Anreise.
Darf ich Ihnen einen Kaffee oder ein Wasser anbieten?
o Heller: Nein, danke, das ist wirklich nicht nötig. Aber sagen Sie mal – ich will ja
nicht indiskret sein – wie viel Bewerber sind denn eingeladen worden?
Empfang: Wir laden im Schnitt immer so zehn Prozent von denen ein, die sich
schriftlich beworben haben. Es werden also schon diverse Gespräche stattfin-
den.
p Heller: Wie lange sind Sie denn schon hier beschäftigt?
Empfang: Ach, so lange ich denken kann.
Heller: Gilt das auch für die anderen Mitarbeiter? Eine geringe Fluktuation ist
immer ein gutes Zeichen.
Empfang: Das weiß ich nicht. – Möchten Sie eine Zeitung haben? Ein wenig
müssen Sie sich noch gedulden.
q Heller: Na ja, es ist ja bald zehn. Das lohnt sich nicht mehr. Ich will Sie ja auch
nicht bei der Arbeit stören, aber kommunizieren Sie intern über Intranet?
Empfang: Selbstverständlich. Ich müsste jetzt allerdings ’mal einen Kunden
anrufen, entschuldigen Sie bitte.
r Heller: Kein Problem. Ich sitze hier ja warm und trocken.

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Dialog 1: Geschwätzig und neugierig

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber Heller hat etwas missverstanden: Eine Sekretärin ist nicht für
Plaudereien mit Besuchern angestellt.
n Ich bin etwas früher gekommen, weil ...
Wer als Bewerber zu früh kommt, der macht nicht automatisch einen guten
Eindruck – für die Mitarbeiter im Vorzimmer ist es ein Gräuel, ständig Besu-
cher zu haben, die einen von der Arbeit abhalten.
o Nein, danke, das ist wirklich nicht nötig. Aber sagen Sie mal ...
Die Sekretärin baut dem Bewerber mit dem Hinweis auf seine lange Anreise
und dem Kaffee-Angebot eine schöne Brücke. Schade, dass er das nicht be-
merkt. Völlig unmöglich ist sein Versuch, die Mitarbeiterin auszuhorchen.
p Wie lange sind Sie denn schon hier beschäftigt? ...
Die Frage sollte man nur stellen, wenn man wirklich gut ins Gespräch gekom-
men ist und das Gegenüber eine Andeutung über die Betriebszugehörigkeit
gemacht hat. Auch mit seinen weiteren Fragen verlässt der Bewerber das Ter-
rain des Small Talks.
q Ich will Sie ja auch nicht bei der Arbeit stören aber ...
In Sachen Einfühlungsvermögen schneidet der Bewerber sehr schlecht ab. Denn
die Sekretärin hat ihm signalisiert, dass sie das Gespräch beenden möchte.
r Kein Problem. Ich sitze hier ja warm und trocken.
Immer locker vom Hocker! Nein – hier stimmt einfach der Ton nicht.

Das hat der Bewerber nicht gut gemacht


„ Ein paar freundliche Worte an die Adresse der Mitarbeiterinnen und Mitarbei
ter im Sekretariat wären ganz angemessen gewesen.
„ Eine der wichtigsten Tugenden einer Sekretärin bzw. Empfangsdame ist Dis
kretion. Deshalb ist der Versuch, die Dame am Empfang auszuhorchen, völlig
unmöglich.
„ Selbstverständlich kann man sich als Bewerber durch einen gekonnten und
vor allem kurzen Small Talk in ein gutes Licht setzen – die Stimmung schlägt
aber um, wenn man andere von der Arbeit abhält.
„ Der Ton des Bewerbers war zu salopp.

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Der erste Eindruck vor Ort

Dialog 2: Sozial kompetent


Auch die Diplom-Politologin Kathrin Bornemann trifft auf die Empfangsdame.
n Bornemann: Guten Morgen, Frau Haas – mein Name ist Bornemann. Ich habe
um elf Uhr einen Termin bei Herrn Groß. Es geht um die Aufgabe im Bereich
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Empfang: Herzlich willkommen in unserem Hause. Haben Sie denn problem-
los zu uns gefunden?
o Bornemann: Das war nicht schwer. Übrigens vielen Dank für die Wegbeschrei-
bung, die ich mit der Einladung erhalten habe, Frau Haas.
Empfang: Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten, Frau Bornemann?
p Bornemann: Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber hätten Sie vielleicht ein
Glas Wasser für mich?
Empfang: Gern. – Herr Groß hat übrigens noch einen Termin. Aber ich denke,
dass er in zehn Minuten damit durch ist. (Das Telefon klingelt.) Bitte entschul-
digen Sie mich einen Moment.
q Bornemann: Selbstverständlich. Ich schau’ noch kurz in meine Unterlagen.

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Dialog 2: Sozial kompetent

So urteilt der Personalexperte

Kein „Hopla-jetzt-komm-ich“-Gehabe, sondern ein Auftritt, der Sozialkompe-


tenz zeigt.
n Guten Morgen, Frau Haas – …
Die Bewerberin spricht die Sekretärin mit ihrem Namen an. In der Regel kennt
man ihn ja bereits aus früheren Telefonaten (aufschreiben!) oder man findet
ihn auf dem Türschild. Und dann sagt die Bewerberin ungefragt, worum es
geht.
o … vielen Dank für die Wegbeschreibung, … Frau Haas.
Falls man eine Anfahrtsskizze erhalten hat, bedankt man sich natürlich dafür.
p Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber hätten Sie vielleicht ein Glas Wasser für
mich?
Man muss nicht aus Höflichkeit etwas trinken, was man gar nicht mag. Ein Glas
Mineralwasser ist im Übrigen das unkomplizierteste Getränk.
q Selbstverständlich. Ich schaue noch kurz in meine Unterlagen.
Wenn man im Vorzimmer warten muss, sollte man etwas lesen. Das nimmt den
Druck von den Mitarbeitern, sich um den Gast kümmern zu müssen bzw. bei
der Arbeit beobachtet zu werden. Das gilt ganz besonders, wenn die Sekretärin
Telefonate zu führen hat, die ja oft auch betriebsinterne Themen beinhalten.
Fazit: Der in seine Lektüre vertiefte Besucher ist ein angenehmer Besucher.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie hat sich für die Einladung bedankt.
„ Sie hat die Gastfreundschaft – Angebot eines Getränkes – angenommen.
„ Sie hat sich nach einem freundlichen Wortwechsel mit ihren Unterlagen be
schäftigt und damit gezeigt, dass man sich nicht weiter um sie kümmern
muss.

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Der erste Eindruck vor Ort

Dialog 3: Unhöflich und ungeschickt


Der Berufseinsteiger Kai Heller wird in den Besprechungsraum gebeten und vom
Personalberater und der Personalberaterin begrüßt.
Personalberater: Guten Tag, Herr Heller, mein Name ist Groß. Darf ich vor-
stellen – das ist meine Kollegin, Frau Bleifeld. Hatten Sie eine angenehme An-
reise?
n Heller: Guten Tag. Guten Tag. Na ja – es ist schon etwas umständlich, hier her
zu kommen. Ich bin ja leidenschaftlicher Bahnfahrer, da vergeudet man näm-
lich keine Zeit wie im Auto. Ich habe mein Notebook immer dabei und kann
arbeiten. Leider hält hier kein ICE.
Personalberater: Nun, Sie haben es ja trotzdem geschafft, unserer Einladung zu
folgen. Ich fahre übrigens sehr gern Auto – da kann ich immer gut vom Tages-
geschäft abschalten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, Frau Bleifeld?
Personalberaterin: Das hängt natürlich auch etwas davon ab, was für ein Auto
man fährt.
Personalberater: Da haben Sie natürlich recht. Aber wir wollen ja nicht über
Autos reden, Herr Heller, sondern über Ihre berufliche Zukunft. Bitte suchen
Sie sich doch einen Platz aus.
o Heller: Um noch einmal auf das Thema zurück zu kommen – für mich ist das
Auto ein reines Fortbewegungsmittel. Außerdem findet man meist keinen
Parkplatz. Neulich sagte ein Taxifahrer in Bamberg zu mir: ‚Diese Stadt hat
ganz viele Gläubige.’ Und als ich ihn dann nach dem Grund fragte, antwortete
er: ‚Die glauben alle, dass sie einen Parkplatz finden.’
Personalberater: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es bei der Parkplatzsu-
che zugeht wie im wirklichen Leben – man muss zielstrebig und hartnäckig
sein.
p Heller: Aber Sie haben hier ja bestimmt einen Firmenparkplatz.

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Dialog 3: Unhöflich und ungeschickt

So urteilt der Personalexperte

Kai Heller hat seinen Auftritt verkorkst.


n Guten Tag. – Guten Tag. Na ja – es ist schon etwas umständlich, hier her zu
kommen. … Leider hält hier kein ICE.
Namen bei der Vorstellung merken und nennen, wenn man selbst begrüßt – so
viel Zeit muss sein! Völlig unmöglich ist die Sorge, womöglich in Kleinkleckers-
dorf gelandet zu sein. Es gibt sehr liebenswerte Orte ohne ICE-Bahnhof. Und
wer vom Autofahren wenig hält, sollte dies im Erstkontakt für sich behalten.
Wenn sich schon im Small Talk ideelle Fronten auftun, verheißt dies für das
weitere Gespräch nichts Gutes.
o Um noch einmal auf das Thema zurück zu kommen …
Der Personalberater hat dem Bewerber einen Ball zugeworfen („... wir wollen ja
… über Ihre berufliche Zukunft …“) und der verweigert die Annahme. Nach
der Devise „Es ist zwar schon alles gesagt – aber noch nicht von mir“ setzt er
nach. Solche Menschen sind eine Heimsuchung für alle Meetings. Und mit
Witzen ist im Vorstellungsgespräch generell nicht zu spaßen. Wer dann über
seinen Witz auch noch allein lacht, bleibt sehr einsam.
p Aber Sie haben hier ja bestimmt einen Firmenparkplatz.
Diese – vermutlich berechtigte – Mutmaßung ist eine Unverschämtheit. Im
Klartext wird dem Gastgeber unterstellt, dass er Privilegien für sich in Anspruch
nehme. Dabei kommt doch bei den meisten Bewerbungsgesprächen am Ende
die Frage auf die Agenda, ob die Firma einem einen Parkplatz zur Verfügung
stelle.

Das hat der Bewerber nicht gut gemacht


„ Er hat den Gastgeber nicht mit seinem Namen angesprochen.
„ Er hat sich ungeschickt über den Standort der Firma geäußert
„ Auch beim Thema Auto zeigt er wenig Einfühlungsvermögen.
„ Offenbar hat er keine Antenne für die Signale seines Gegenübers und merkt
nicht, dass ein Themenwechsel empfehlenswert wäre.

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Der erste Eindruck vor Ort

So kommen Sie gut an


„ Umgangsformen beherrschen
Machen Sie sich vorab noch einmal mit den wichtigsten Umgangsregeln
vertraut. Das mag Ihnen vielleicht nicht so wichtig erscheinen, aber es gibt
Sicherheit. Wenn man beim Begrüßungsritual bereits einen Fauxpas begeht,
hat man keinen guten Start. Typische Fragen: Wen begrüßt man zuerst? Wer
geht wo vor? Welche Dresscodes sind zu beachten? Wo setze ich mich hin,
wenn ich die Wahl habe? Im Kapitel „Fakten und Hintergründe“ finden Sie
die wichtigsten Tipps.

„ Small Talk ist wichtig – aber richtig!


Meiden Sie unbedingt von sich aus Themen, die ideologisch belastet sein
könnten – es sei denn, der Interviewpartner spricht diese an. Politische
Themen sind für einen Bewerber tabu, auch wenn etwas gerade hochaktuell
ist. Sollten Sie gefragt werden, antworten Sie wie ein Politiker – also unver-
bindlich. Wählen Sie für den Small Talk Themen, die Ihren Gesprächspart-
ner interessieren könnten und ungefährlich sind. Wenn Sie in dessen Büro
ein Bild vom Grand Canyon oder der Toskana sehen, könnte Kalifornien
oder Italien ein schöner „Aufhänger“ sein. Sport ist gut, wenn es einen Be-
zug zum Standort des Unternehmens gibt. Dies gilt auch für aktuelle Messen
oder Events.

„ Namen merken
Sie brauchen den Namen Ihres Gesprächspartners normalerweise zwei Mal:
Bei der Begrüßung und bei der Verabschiedung. Kein Problem! Bisweilen
hat man aber mehrere Interviewer und da beginnen dann die Schwierigkei-
ten. Ein Abgang, bei dem man Namen verwechselt, falsch ausspricht oder
bei einem Gesprächspartner ganz passen muss („Wie war noch mal Ihr Na-
me?“), bringt Minuspunkte in Sachen Sozialkompetenz.

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

Psychologie des ersten Eindrucks

Bruchteile einer Sekunden reichen oft aus, um grundlegende Einschätzungspro-


zesse ablaufen zu lassen. Die schnelle Eindrucksbildung basiert meist – ob dies
uns passt oder nicht – auf äußeren Faktoren. Wenn jemand nach Knoblauch
riecht oder man bei der Begrüßung meint, mit der Hand in einen Schraubstock
geraten zu sein, ist er blitzschnell da – der erste Eindruck.

Die Hand und der Händedruck – Ihr Aushängeschild


Es ist übrigens keine Schande, im Vorstellungsgespräch aufgeregt zu sein. Nie-
mand erwartet von Ihnen, dass Sie eine Hornhaut auf der Seele haben. Es gibt
allerdings Jobs (etwa im Verkauf), bei denen es sehr darauf ankommt, soziale
Bewährungssituationen souverän zu meistern. Wer also schnell „ins Schwitzen“
kommt, könnte in den Verdacht geraten, psychisch wenig belastbar zu sein. Im
Übrigen ist es natürlich nicht angenehm, bei einer Begrüßung per Handschlag
den Eindruck zu haben, jemand reiche einem einen nassen Lappen. Aber
Schwitzhänden kann man ja vorbeugen. Fragen Sie kurz vor dem Gespräch an
der Rezeption nach einer Möglichkeit, sich die Hände zu waschen und lassen
Sie einige Minuten kaltes Wasser auf die Pulsadern der rechten Hand strömen.
Das wirkt wunderbar erfrischend und Sie fühlen sich sicherer.

Die Augen und der Gesichtsausdruck – Ihre Kontaktverstärker


„Der kann einem nicht in die Augen schauen“, heißt es bisweilen über manche
Zeitgenossen und das ist ein sehr negatives Urteil! Andererseits verrät der offene
Blick die geradlinige Persönlichkeit, der man im Zweifelsfall vertrauen kann.
Natürlich muss der Blickkontakt wohldosiert sein – man sollte sein gegenüber
weder fixieren noch testen, wer wie lange den Augenkontakt „aushält“. Auch
das Lächeln gehört zu den wichtigen Kontaktverstärkern, was viele Bewerber
vor allem bei der Begrüßung meist vergessen. Was sagen doch die Chinesen?
„Wer nicht lächeln kann, sollte kein Geschäft aufmachen.“ Wer ständig über
beide Backen strahlt, macht sich natürlich auch verdächtig – aber zu einem
freundlichen Gesichtsausdruck – bei der Begrüßung, beim Abschied und auch
’mal zwischendurch – sollte es schon reichen.

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Der erste Eindruck vor Ort

Das Jackett – offen oder geschlossen?


Wenn die Kleidung des Bewerbers zu krass mit der des Gastgebers kontrastiert,
macht sich das meist nicht gut. Das Urteil könnte lauten: Irgendwie passt der
nicht zu uns. Nun – dies ist, wie angesprochen – eine Frage der Vorbereitung.
Wie aber sollten die Männer es mit den Knöpfen am Jackett halten? Hier der
Tipp, mit dem Sie auf der sicheren Seite sind: Schließen Sie vor der ersten Be-
gegnung mit Ihrem Interviewpartner Ihr Jackett. Wenn Sie dann feststellen,
dass Ihnen der Gastgeber „aufgeknöpft“ entgegen kommt, geben Sie sich eben
so.

Seien Sie selbst Psychodiagnostiker


Man kann die Menschheit in zwei Hälften aufteilen – zur einen gehören die
Beobachter, zur anderen jene, die sich notorisch beobachtet fühlen. Wer verhält
sich wohl in sozialen Anforderungssituationen souveräner? Das ist eine rhetori-
sche Frage. Als Beobachter ist man – wie Boris Becker gern zu sagen pflegte –
„mental“ besser drauf. Beobachter wirken sicherer und finden auch eher geeig-
nete Aufhänger für einen Gesprächseinstieg bzw. einen angenehmen Gesprächs-
fluss. Drehen Sie also den Spieß um! Zu den gefragten Soft Skills gehört nun
einmal die Fähigkeit, andere richtig einzuschätzen und dies sollte man auch als
Bewerber tun. Gehen Sie in ein Vorstellungsgespräch mit dem Vorsatz, eben-
falls Psychodiagnostik zu betreiben, das heißt: Begeben Sie sich nicht defensiv
auf den Prüfstand, sondern analysieren Sie Ihre Gesprächspartner. Stellen Sie
sich die folgenden Fragen:
„ Mit wem habe ich es zu tun?
„ Was verrät das Verhalten meines Gegenübers über dessen Charakter?
„ Welche körpersprachlichen Signale oder Eigenarten sind typisch?
„ Wie kommt bei ihm das an, was ich sage?

Was Sie davon haben? Ganz einfach: Wer klug ist, denkt bekanntlich immer
zuerst an jene, die er für sich gewinnen möchte und dann an das, was er sagen
will. Beispiel: Sie merken, dass Ihr Gesprächspartner lieber „auf Sendung“ ist,
als „auf Empfang“. Lassen Sie ihn reden, auch wenn es Sie drängt, ihn zu unter-
brechen.

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Fakten und Hintergründe

Gute Gesprächsaufhänger finden

Reden Sie nur dann vom Wetter, wenn eine Windhose gerade diverse Dächer
abgedeckt hat oder vom Hagelschlag zerbeulte Autos die Straße säumen. An-
sonsten schauen Sie sich gründlich um und finden Sie Ihren Aufhänger für den
Gesprächsstart innerhalb des Unternehmens. Beispiel: „Im Eingangsbereich
Ihres Hauses habe ich eine Vitrine mit einem Werkstück von Auszubildenden
gesehen. Welche Berufsausbildungen können junge Leute denn bei Ihnen ab-
solvieren?“ Das kommt gut an, denn im Zweifelsfall sind Betriebe – zu recht –
stolz darauf, dass sie sich für den Nachwuchs engagieren.

Aufhänger Firmengebäude
„ Das Firmengebäude ist ein historisches Gebäude? Ein großes deutsches
Verlagshaus hat beispielsweise die Abteilung Personalentwicklung in einer
Villa aus dem Jahre 1904 untergebracht und diese Jahreszahl ist über dem
Eingangsportal eingemeißelt. Auf diesen Umstand kann man gleich bei der
Begrüßung eingehen. Das kommt gut an.
„ Besondere Architektur? In Braunschweig befindet sich eine Druckerei und
Repro-Anstalt in einem Gebäude, das im Bauhausstil errichtet wurde. Man
ist dort sehr stolz darauf und so wäre es nicht schlecht, wenn man das als
Bewerber bemerkt hat.
„ Welche Bilder hängen im Foyer und in den Fluren? Gibt es eine Ahnengale-
rie aus der Pionierzeit des Unternehmens? Schauen Sie sich die Bilder an
und merken Sie sich einige wichtige Namen. Wenn das Gespräch auf die
Firmengeschichte kommt, kann man sich mit Hinweis auf die Bilder als wa-
cher Beobachter zeigen.

Aufhänger Unternehmenskultur
„ Gibt es ein auch für Besucher zugängliches „Schwarzes Brett“? Man könnte
interessante Informationen finden – zum Beispiel über die positive Entwick-
lung der Zahl der Verbesserungsvorschläge. Die Botschaft? Das Unterneh-
men legt Wert auf die Kreativität der Mitarbeiter.
„ Sind Unternehmensgrundsätze ausgehängt? Wenn es im Gespräch um das
Thema Führung und Zusammenarbeit geht, kann man sich darauf beziehen.
„ Sind Produkte im Empfangsbereich ausgestellt? Gehen Sie davon aus, dass
ein Werkstück nicht ohne Stolz ausgestellt wird.

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Der erste Eindruck vor Ort

„ Bei größeren Unternehmen liegt meist die Mitarbeiterzeitung offen aus.


Unbedingt vor dem Gespräch hineinschauen!
„ Wie ist das Büro des Gastgebers eingerichtet? Zweckmäßig oder gediegen?
Gibt es Hinweise auf Liebhabereien oder eine bestimmte Kunstrichtung?

Dresscodes

Dresscodes sind wieder ‚in’. Für manche Firmen gehört das Outfit zur Corpora-
te Identity – jeder Mitarbeiter soll durch seinen optischen Auftritt (nicht nur
gegenüber Kunden) die gewünschte öffentliche Wahrnehmung des Unterneh-
mens unterstützen. Natürlich gibt es branchenspezifische Unterschiede. Wer
sich bei einem Beerdigungsunternehmen als Bestatter oder Fahrer bewirbt und
weiterhin Jeans tragen möchte, braucht sich gar nicht erst vorzustellen. Wer
sich nur im Zweireiher nebst Fliege richtig gut fühlt, wird als Verkäufer von
Baumaschinen ebenfalls die Kleiderordnung überdenken müssen.
„Ich könnte zu Ihnen und zur Unternehmenskultur passen!“ – um diese Bot-
schaft geht es und die kann man eben auch über die Kleidung signalisieren.
Jedes Gefälle im Outfit ruft ein gewisses Unbehagen hervor, vor allem natürlich
bei demjenigen, der sich vertan hat. Man kennt das von Feiern, wo alle leger
erscheinen – nur eine Dame hat wohl etwas falsch verstanden und taucht im
Abendkleid auf. Erde öffne Dich! Hier einige Anregungen zur Kleidung:
„ Keine Experimente! Wenn Sie sich in Ihrer Kleidung unwohl oder unsicher
fühlen – wechseln!
„ Bitten Sie Ihnen wohl gesonnene und deshalb eher wahrhaftige Menschen
um ein Urteil.
„ Als Frau dürfen Sie ruhig attraktiv aussehen, aber lassen Sie alles, was als
unsachliche Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung gewertet werden
könnte. Ausschnitte und Rocklängen sollten nicht der Fortsetzung der Per-
sönlichkeit mit anderen Mitteln dienen. Und als Mann darf man sich bei der
Krawatte gegebenenfalls auch von anderen beraten lassen, ob sie wirklich
zum Hemd und zum Jackett passt.
„ Und wie auffällig darf man sich überhaupt kleiden? Als dem berühmten
Dandy Beau Brummell über einen Konkurrenten berichtet wurde, dass die-
ser so exzellent gekleidet gewesen wäre, dass sich alle Welt nach ihm umge-
dreht habe, soll Brummell geantwortet haben: „Dann war er nicht gut ange-
zogen.“

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Fakten und Hintergründe

Umgangsformen

Als das englische Königspaar einmal die Bundesrepublik beehrte, wurde Prinz
Philip, der Gemahl der Queen, mit dem Wort ‚Protokoll’ konfrontiert. „Proto-
koll?“, soll er gefragt haben, „das Wort kennen wir gar nicht.“ Als der Ge-
sprächspartner dem Prinzen erklärt hatte, was darunter zu verstehen sei, soll
dieser geantwortet haben: „Ein Protokoll gibt es bei uns nicht. Alles, was wir
haben, sind gute Manieren!“
Gutes Benehmen, heißt es manchmal, sei Glücksache. Nein – es ist eine Frage
der Kenntnis und Beherrschung von Regeln. Wer geht vor, wenn man mit der
Personalleiterin eine Treppe hinauf steigt? Darf man beim gemeinsamen Essen
in der Kantine die Suppe von der Löffelseite in den Mund fließen lassen und
Kartoffeln schneiden, wenn man ein nicht anlaufendes Edelstahlmesser zur
Hand hat? Benimmbücher und -kurse haben Konjunktur. Das hängt zum einen
damit zusammen, dass Spielregeln des Umgangs deutlich an Bedeutung gewon-
nen und sich zum anderen seit Frau (von) Pappritz auch verändert haben.

Stilvolle Begrüßung
„ Früher war die Frage, wer wen zuerst grüßt, eine Statusfrage. „Heute“, so die
Hamburger Benimm-Expertin Alexa Hengstenberg, „grüßt derjenige zuerst,
der den anderen zuerst sieht.“
„ Floskeln wie „Darf ich mich vorstellen“ oder „gestatten“ sind längst über-
holt. Man nennt seinen Namen, quittiert eventuell die Namensnennung des
anderen mit einem „freut mich“ und geht zum Small Talk über.
„ Wenn das Gespräch bereits begonnen hat und ein weiterer Gesprächspart-
ner dazu kommt, steht man selbstverständlich zur Begrüßung auf. Die Re-
gel, dass eine Dame in diesem Falle immer sitzen bleibt, gilt nicht mehr.
„Heute entscheidet jede Frau selbst, ob sie bei der Begrüßung aufstehen
möchte“, sagt Inge Wolff, Vorsitzende des Arbeitskreises Umgangsformen
International.

Sitzordnung
„Bitte schön – nehmen Sie Platz!“ Es gibt Bewerber, die verfrachten sich bei
dieser Aufforderung auf den Stuhl des Gastgebers, obwohl auf dem Tisch be-
reits eine Unterlage liegt. Es ist keine Schande, nervös zu sein – aber gerade

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Der erste Eindruck vor Ort

deshalb ist es gut, sich vorab mit einer angemessenen Sitzordnung vertraut zu
machen. So sitzen Sie gut:
„ Warten Sie ab, bis Sie aufgefordert werden, sich zu setzen.
„ Prüfen Sie, welche Plätze durch Unterlagen oder Gegenstände bereits „mar-
kiert“ sind. Im Zweifelsfall haben ja schon unmittelbar vorher andere Be-
werbungsgespräche stattgefunden.
„ Vermeiden Sie grundsätzlich die Stirnseite eines Tisches.
„ Wenn möglich, suchen Sie sich einen Platz, von dem aus Sie nicht in die
Sonne blicken müssen.
„ Setzen Sie sich nicht direkt neben Ihren Gesprächspartner. ‚Über Eck’ ist
eine gute Position.

Gesprächseröffnung
„ Wer bestimmt, wann die „Aufwärmphase“ vorbei ist? In der Regel macht
dies der Gastgeber, aber Sie können als Bewerber auch ein entsprechendes
Signal setzen, etwa: „Vielen Dank für die Einladung zu diesem Gespräch.“
Der Ball ist dann aber im Feld Ihres Interviewpartners.
„ Manche Bewerber starten mit dem Satz „Ich möchte vorschlagen, dass ...“
Nicht jeder Gesprächspartner wertet dies als Sozialkompetenz (Initiative er-
greifen), sondern als Amtsanmaßung. Sie sind auf der sicheren Seite, wenn
Sie nach der Beendigung des Small Talk einfach abwarten. Im Zweifellsfall
ist nicht Forschheit gefragt, sondern die Fähigkeit, erst einmal zuzuhören.
„ Auch den Übergang zu weiteren Gesprächsphasen bestimmt der Einladende.
In der Regel hat er ja nicht nur einen Zeitplan, sondern auch eine Vorstel-
lung, welche inhaltlichen Stationen im Laufe des Interviews angesteuert
werden sollen. Es ist Ihr Job als Bewerber, diese Stationen gut zu bewältigen,
nicht aber die Agenda zu bestimmen.

Verhalten an Türen, Treppen und Fahrstühlen


Wer hat das nicht schon einmal erlebt? Zwei Männer blockieren sich gegensei-
tig, weil jeder vor der Tür dem anderen den Vorrang einräumen möchte. Als
Bewerber können Sie derart unbeholfene Szenen vermeiden, indem Sie sich an
folgende Regeln halten:
„ Die „Ehrenseite“ ist rechts. Wenn Sie als Bewerber von Ihrem Gastgeber
durch das Firmengebäude geleitet werden, gehen Sie auf seiner rechten Sei-
te. Kompliziert wird es, wenn ein Mann von einer Frau zum Vorstellungsin-

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Fakten und Hintergründe

terview eingeladen wurde. Vor allem ältere Männer haben ja den Grundsatz
verinnerlicht, dass die Frau immer rechts geht. Nach der modernen Etikette
machen Sie als Bewerber nichts falsch, wenn Sie sich als Mann rechts von ih-
rer Gastgeberin halten. Für eine Bewerberin ist die Sache allemal klar. Sie ist
der Gast und wählt die „Ehrenseite“.
„ Beim Betreten von Fahrstühlen gilt: Der Gast hat den Vortritt. Verzichten
Sie auf ein Hin und Her, sondern marschieren Sie – mit einem „danke“ –
beherzt los.
„ An einer Treppe geht der Mann vor seiner weiblichen Begleitung, wenn für
ein Nebeneinander nicht ausreichend Platz ist.
„ Natürlich sind Ausnahmen von der Regel möglich. Bei älteren Gastgebern
sollte man sich nicht unbedingt und immer die „Vorrechte“ als Gast he-
rausnehmen. Dies gilt besonders an Türen und Fahrstühlen. Man sollte sich
generell nie vordrängeln, auch wenn man „kniggemäßig“ im Recht ist. Nicht
jeder Gastgeber kennt vermutlich die zurzeit gültige Etikette.

Manieren bei Tisch


Obwohl es auf dem deutschen Markt einstweilen über 500 psychologische Test-
verfahren gibt, werden ständig neue Techniken der Menschenerkenntnis entwi-
ckelt. Auf dem Gebiet der Potenzialermittlung macht man hier aber keine gro-
ßen Fortschritte, denn es gibt immer noch viele Fehlentscheidungen. Dabei
stehen den Personalexperten zwei psychodiagnostische Situationen zur Verfü-
gung, die leicht zu arrangieren und aufschlussreich sind.
Der erste Test: Man fahre mit einem Kandidaten – dieser chauffiert – während
der Rushhour durch eine deutsche Innenstadt und bitte ihn, einen Parkplatz zu
suchen. Hier kann er Umsicht, Belastbarkeit und Frustrationstoleranz zeigen.
Diese Möglichkeit der Stärken-Schwächen-Analyse wird selten genutzt.
Anders verhält es sich mit dem „Gabeltest“. Beim gemeinsamen Essen kann der
Kandidat eine aufschlussreiche Kostprobe in Sachen Benimm und Sozialkom-
petenz abgeben. Überprüfen Sie in eigener Sache noch einmal die zeitgemäßen
Tischsitten:
„ Die Hände sind immer auf dem Tisch.
„ Das Besteck des ersten Ganges liegt ganz außen und dann geht es Richtung
Teller weiter.
„ Auch bei angeregten Gesprächen fuchtelt man nicht mit Messer und Gabel
in der Luft herum.

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Der erste Eindruck vor Ort

„ Bevor man zum Glas greift, wird der Mund mit der Serviette kurz abgetupft.
„ Das Weinglas wird immer am Stil angefasst.
„ Wenn man Messer und Gabel während des Essens ablegt, dann mit der
Spitze zur Tellermitte hin.
„ Nach dem Essen wird das Besteck in der Position „20 nach auf der Uhr“ auf
den Teller gelegt.
„ Spargel, Kartoffeln und Gemüse dürfen mit dem Messer geschnitten wer-
den.
„ Oliven- oder Kirschkerne „spuckt“ man oben in die Faust.
„ Wenn der Gesprächspartner Nichtraucher ist, sollte man auf die Zigarette
am Ende der Mahlzeit besser verzichten.
„ Auf die Toilette geht man nur am Ende eines Ganges.
„ Wenn man das Essen allmählich beenden möchte, sollte man sich zunächst
einmal nicht nachschenken lassen.

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Ohne Einfühlungsvermögen
geht nichts

Als BankChef Josef Ackermann zeitgleich Milliardengewinne und Perso


nalabbau verkündete, provozierte er damit eine Kritik, die bis zum öffent
lichen Boykottaufruf gegenüber seiner Bank führte. Dieser Eklat und der
damit verbundene Imageschaden wären vermeidbar gewesen, wenn der
Firmenlenker ein wenig mehr Einfühlungsvermögen gezeigt hätte. Womit
wir beim Thema wären: Wie kommt das an, was ich sage? Wer sich mit
dieser Frage gar nicht erst aufhält oder sie falsch beantwortet, hat seine
Zukunft im Zweifelsfall bald hinter sich – zumindest als Berufseinsteiger
in schwierigen Zeiten. Denn eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen
unserer Zeit lautet: Mit dem Kopf des Adressaten denken. Lesen und
hören Sie, wie einfühlsam Herr Berger und Herr Petzold über sich und die
zu besetzende Stelle sprechen. Sie bewerben sich um dieselbe Stelle.

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Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts

Dialog 1: Mangelndes Fingerspitzengefühl


Thomas Berger (26), gelernter Bürokaufmann, seit vier Monaten diplomierter
Betriebswirt FH, bewirbt sich für die Assistenz der Vertriebsleitung in einem mittel-
ständischen Unternehmen. Das Gespräch mit Personalchefin und Vertriebsleiter ist
in vollem Gang.

Vertriebsleiter: Herr Berger, jetzt haben Sie eine ganze Menge über die Stelle
erfahren. Wäre das eine Aufgabe für sie?
n Berger (selbstbewusst): Hier die Performance zu steigern, das wär’ für mich
schon eine echte Challenge. Wenn’s um den Erfolg des Unternehmens geht, ist
ein klares Commitment das A und O. Da können Sie mit mir rechnen.
Personalchefin: Wo würden Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit Schwerpunkte set-
zen? Wo vermuten Sie die größten Defizite unseres Unternehmens?
o Berger: Na ja, man muss sich ja erst einmal über die Stärken und Schwächen im
Klaren sein. Ich würde erst mal eine SWOT-Analyse machen. Wahrscheinlich
gibt es bei der Kundenorientierung der Mitarbeiter Entwicklungsbedarf. Hier
wird meist zu wenig investiert, das hab ich an der Uni gelernt ...
Vertriebsleiter (kühl): Wir sollten hier einen Punkt machen. Wir haben auch
andere Bewerber eingeladen und werden uns ...
p Berger (unterbricht): Wie schätzen Sie denn meine Chancen ein?
Personalchefin: Herr Berger, wir werden uns erst entscheiden, wenn wir mit
allen Interessenten gesprochen haben. Deswegen ...
q Berger: Ich frage ja nur nach, weil ich noch andere Bewerbungen laufen habe.
Natürlich würde mich der Job hier besonders reizen, aber Sie müssen verstehen,
dass ich die anderen Unternehmen nicht zu lange hinhalten kann.

Herr Berger hat sich ganz gut geschlagen, finden Sie? Dann
Track 7 hören Sie doch einmal den Dialog auf der CD an.

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Dialog 1: Mangelndes Fingerspitzengefühl

So urteilt der Personalexperte

Ungenügend! Dem Bewerber mangelt es an Fingerspitzengefühl – erfahren Sie,


warum:
n „Hier die Performance zu steigern, das wär’ für mich schon eine echte
Challenge ...“
Sprachliches Imponiergehabe geht den meisten Personalern auf die Nerven.
o „Ich würde erst mal eine SWOT-Analyse machen ...“
Der Bewerber scheint da etwas zu verwechseln: ein Betrieb ist kein akademi-
sches Oberseminar. Zudem: Was fällt dem Kandidaten ein, die Firma pauschal
zu verdächtigen, sie täte nichts für ihre Leute?
p „Wie schätzen Sie denn meine Chancen ein?“
Für diese Frage gibt es eine Sechs in Sachen Einfühlungsvermögen. Der Bewer-
ber erwartet eine Stellungnahme zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nichts ent-
schieden ist. Eine halbwegs sozialkompetente Person kommt von selbst darauf.
q „Ich frage ja nur nach, weil ich noch andere Bewerbungen laufen habe ...“
Das riecht nach Erpressung! Er kann doch hier nicht den Zeitplan bestimmen.
Der Personaler kann für seine persönlichen Probleme bei der Jobsuche kein
Verständnis aufbringen. Absage!

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Ihm ist vor allem anzukreiden, dass er
„ mit überflüssigen Amerikanismen hantiert und den Eindruck hervorruft,
akademische Allüren zu pflegen,
„ kein Gespür dafür hat, wie das, was er sagt, auf seine Gesprächspartner
wirkt und
„ seine Gesprächspartner mit der Frage nach seinen Chancen in Verlegenheit
bringt. Was sollen die denn sagen, solange sie sich noch nicht untereinan
der abstimmen konnten?

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Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts

Dialog 2: Geradlinig und authentisch


Mathias Petzold (27) bewirbt sich nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und
einem Diplom in Betriebswirtschaftslehre um die gleiche Stelle wie Herr Berger.

Personalchefin: Herr Petzold, wir haben ja nun ausführlich über den Posten
gesprochen. Können Sie sich darin sehen?
Petzold: Ja, durchaus. (Pause) Ich glaube, so wie Sie die Stelle beschrieben ha-
ben, kann ich etwas Gutes daraus machen.
Personalchefin: Worauf würden Sie beim Einstieg besonders achten?
n Petzold: Ich glaube, dass ich zu Beginn eines neuen Jobs erst einmal sehr viele
Fragen haben werde. Etwa: ‚Warum wird etwas so und nicht anders gemacht?’ –
‚Was ist gut so?’ – und auch: ‚Was könnte anders laufen?’
Vertriebsleiter: Wo vermuten Sie denn die größten Defizite in unserem Unter-
nehmen?
o Petzold: Dazu kann ich wenig sagen, weil ich Ihr Unternehmen nicht so gut
kenne. Viele Betriebe haben bekanntlich Probleme mit der Kundenorientierung
der Mitarbeiter. Hier sind jedoch die entscheidenden Wettbewerbsvorteile zu
holen.
Vertriebsleiter: Das stimmt wohl. Darf ich Sie fragen, Herr Petzold, ob Sie sich
noch woanders beworben haben?
p Petzold: Selbstverständlich! Als Einsteiger muss ich mehrere Eisen im Feuer
haben, denn so eine Bewerbungsrunde dauert lange. Das liegt in der Natur der
Sache,
q und ich bin mir auch im Klaren, dass Sie sehr viele Unterlagen sichten müssen.
(offen) Aber als Bewerber lauert man schon am Telefon. Gerade, wenn es wie
hier um einen Job geht, den man gerne hätte und der gut zu einem passen wür-
de. Kurz: Ich würde mich über eine Zusage Ihrerseits sehr freuen.

Besonders sicher wirkt der Bewerber nicht, oder? Hören Sie auf
Track 8
der CD, wie er spricht.

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Dialog 2: Geradlinig und authentisch

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber trifft mit seiner Wortwahl den richtigen Ton. Hier einige Beispie-
le:
n „Ich glaube, dass ich zu Beginn eines neuen Jobs erst einmal sehr viele Fragen
haben werde.“
Endlich mal jemand, der nicht schon alles weiß. Was für eine Wohltat!
o „Dazu kann ich wenig sagen, weil ich Ihr Unternehmen nicht so gut kenne.“
Der Bewerber denkt, bevor er spricht, und er hütet sich vor einem schnellen
Urteil.
p „Als Einsteiger muss ich mehrere Eisen im Feuer haben ...“
Das habe ich bei der Suche nach meinem ersten Job auch so gemacht. Wer das
Gegenteil behauptet, ist naiv oder lügt.
q „...ich bin mir auch im Klaren, dass Sie sehr viele Unterlagen sichten müssen ...“
Ein zusätzlicher Punkt für den Kandidaten. Er kann sich in die Lage seiner Ge-
sprächspartner versetzen, Verständnis für deren Situation signalisieren und
seine eigene anschaulich vermitteln.

Das sind die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber
„ wirkt selbstkritisch,
„ verzichtet auf verbales Imponiergehabe,
„ hütet sich vor einem schnellen Urteil und
„ macht dadurch einen geradlinigen und authentischen Eindruck.

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Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts

Dialog 3: Ins Fettnäpfchen getreten


Die Steuerfachgehilfin und Diplom-Finanzwirtin Cornelia Teichert soll ihren Ver-
änderungswunsch erläutern.
Geschäftsführer: Sie befinden sich seit etlichen Jahren in einem festen Ange-
stelltenverhältnis in Ihrem Ausbildungsbetrieb. Das gibt man ja nicht so ohne
weiteres auf. Mich würden schon Ihre Motive für einen möglichen Wechsel zu
uns interessieren?
n Teichert: Ich möchte gern ’mal etwas anderes sehen. Leider gibt es inzwischen
doch eine Menge Routine bei uns und da möchte ich ’raus, mich neuen Heraus-
forderungen stellen. Das wünsche ich mir.
Geschäftsführer: Routine haben wir hier auch. Wir können unseren Geschäfts-
zweck nicht jede Woche neu erfinden und die Prozesse und Abläufe ändern sich
auch nicht ständig.
o Teichert: Das ist mir klar. Aber ich möchte mich mehr in die Breite entwickeln,
was die Aufgaben betrifft. Ich habe ja meine Ausbildung zur Finanz-Fachwirtin
nicht umsonst gemacht. Und das hat neben dem Job schon viel Kraft und Dis-
ziplin gefordert.
Geschäftsführer: Hat Ihnen denn Ihr jetziger Arbeitgeber in der Hinsicht nichts
zu bieten? Der müsste doch daran interessiert sein, Ihr Potenzial zu nutzen und
Sie deshalb zu halten.
p Teichert: Bisher ist da nichts Konkretes. Ein Grund für meinen Wechselwunsch
ist wohl einfach, dass ich Angst habe, zu versauern. Es ist nie gut, zu lange in
seinem Ausbildungsbetrieb zu bleiben. Irgendwann stagniert man und brennt
aus. Dieses Schicksal möchte ich mir ersparen.
Geschäftsführer: Ich habe es in meinem Ausbildungsbetrieb immerhin bis zum
Geschäftsführer gebracht, Frau Teichert. Und ich denke gar nicht daran, zu
wechseln.

Track 9 Haben Sie die Fettnäpfchen erkannt?

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Dialog 3: Ins Fettnäpfchen getreten

So urteilt der Personalexperte

Viele Bewerber können ihre Veränderungswünsche nicht plausibel darlegen


bzw. verheimlichen die wahren Gründe. Hier wie überall gilt, dass man die
Fettnäpfchen riechen sollte. Leider war die Bewerberin in dieser Hinsicht un-
aufmerksam.
n Ich möchte gern ’mal etwas anderes sehen. …
Die Antwort des Interviewers zeigt es: Es kommt nicht gut an, den Wechsel-
wunsch mit Routine zu begründen. Die Suche nach neuen Herausforderungen,
wenn gleich recht abgedroschen, ist deshalb eher nachvollziehbar.
o Aber ich möchte mich mehr in die Breite entwickeln, was die Aufgaben betrifft.
Ich habe ja meine Ausbildung zur Finanz-Fachwirtin …
Wer berufsbegleitend zusätzliche Qualifikationen erworben hat, möchte diese
natürlich nutzen und auch persönlich davon profitieren. Selbstverständlich
muss man sich für die Frage wappnen, warum dies beim bisherigen Arbeitgeber
nicht möglich ist.
p Ein Grund für meinen Wechselwunsch ist wohl einfach, dass ich Angst habe, zu
versauern. …
Natürlich ist an dieser Begründung manchmal durchaus etwas dran, aber der
Bewerberin unterläuft hier ein fataler Fauxpas: Bevor man etwas sagt, sollte
man sich schon überlegen, wie dies beim Gesprächspartner ankommen könnte.
Denn wer – wie der Interviewer – auf seine lange Betriebszugehörigkeit stolz ist,
lässt sich von einem Bewerber ungern erklären, dass dies der sichere Weg zur
Verblödung ist. Der Vorstandsvorsitzende des Bayer-Konzerns Werner Wen-
ning hat in seinem Betrieb als kaufmännischer Lehrling begonnen und ist heute
überaus erfolgreich.

Das hat die Bewerberin weniger gut gemacht


„ Es ist unzweckmäßig, den Veränderungswunsch mit Routine zu begründen.
„ Formulierungen wie „Ich habe Angst, zu versauern“ sollte man vermeiden. Sie
könnten Ihrem Gastgeber damit auf die Füße treten.

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Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts

So kommen Sie gut an


„ Keinen Eindruck „schinden“ wollen
Natürlich sollen Sie als Bewerber Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen,
Sie sollten allerdings die subtile Gratwanderung zwischen gekonnter Selbst-
vermarktung und großen Tönen schaffen. Wer sich krampfhaft als Glanz-
punkt der Natur darzustellen versucht, erreicht genau das Gegenteil.

„ Amerikanismen und Fremdwörter wohl dosiert einsetzen


Natürlich ist es Unfug, sich grundsätzlich gegen sprachliche Fremdeinflüsse
zu wehren, denn die hat es immer gegeben. Und gerade in der Welt der
Wirtschaft fallen Verständigungsbarrieren, wenn zum Beispiel die Kredito-
renbuchhaltung überall „Accounts Payable“ (AP) heißt. Man muss als Be-
werber sein Gegenüber allerdings richtig einschätzen. In einem international
tätigen Konzern wird anders gesprochen als in einem lokal verankerten Tra-
ditionshaus.

„ Verkneifen Sie sich die Frage nach den Chancen


Sie werden darauf keine brauchbaren Antworten erhalten. Wenn man Ihnen
sagt, dass Sie auf einem der vorderen Plätze liegen, können Sie ja als Jobsu-
chende(r) Ihre Anstrengungen nicht vermindern. Platz 2 im Wettbewerb
um eine Anstellung ist wertlos, denn bei Einstellungsverfahren zählt nur die
oberste Stufe des Siegertreppchens. Im Übrigen wirkt die Frage nach den
Chancen unsouverän. Halten Sie sich – auch wenn Sie unter Druck stehen –
die Option offen, Ihrerseits nein sagen zu können. Das mag angesichts der
Lage auf dem Arbeitsmarkt zynisch klingen, schützt aber vor Fehlentschei-
dungen. Insbesondere als Berufseinsteiger sollte man lieber etwas länger su-
chen, als unkritisch einen Job mit dem Risiko anzunehmen, später innerhalb
der Probezeit gekündigt zu werden.

„ Nicht „drohen“
Ein kompetenter Bewerber weist seinen Gesprächspartner nicht darauf hin,
dass er noch andere Eisen im Feuer hat. Wenn Sie im Vorstellungsgespräch
überzeugen, wird man Sie in der Regel sowieso danach fragen. Und natür-
lich wird von einem Berufseinsteiger erwartet, dass er sich nicht nur auf eine
Position bewirbt, sondern diverse Initiativen startet. Alles andere wäre in ei-
gener Sache verantwortungslos.

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Fakten und Hintergründe

To Do: Halten Sie sich an die rhetorischen Grundregeln der Jesuiten


„ Mit wem habe ich es eigentlich zu tun? Achten Sie mehr auf den Men
schen, mit dem Sie sprechen und den Sie überzeugen wollen, als auf sich
selbst.
„ Kommt das, was ich sage, auch so an, wie ich es mir wünsche? Formulieren
und argumentieren Sie sachlich richtig und vor allem adressatengerecht.
„ Berücksichtige ich die Bedürfnisse, Erwartungen, Stimmungen und eventu
ellen Eitelkeiten meines Gesprächspartners? Achten Sie auf Emotionen, die
sich auch durch die Körpersprache und die Sprechweise Ihrer Interviewer
äußern.

Die erste Frage in dieser Liste ist in diesem Kapitel zum Thema Einfühlungs
vermögen natürlich die wichtigste. Wer seine Gesprächspartner falsch ein
schätzt, kann nicht erfolgreich sein.

Fakten und Hintergründe


Entscheidend ist nicht, wie man ist, sondern wie man gesehen wird. Die meisten
Bewerber scheitern ja weniger, weil sie objektiv für die fragliche Aufgabe unge-
eignet sind, sondern weil sie ein unvorteilhaftes Bild von sich vermitteln. Dieses
Bild entsteht, wenn ein Bewerber das schreibt oder sagt, was er selbst gut findet
– anstatt zu überlegen, wie das Geschriebene oder Gesagte wohl auf den Adres-
saten wirken könnte. Da nämlich ist Einfühlungsvermögen, auch Empathie
genannt, gefragt.

Was bedeutet „Empathie“?

Es kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet: Mitfühlen. Wenn es darum


geht, eine Person zu verstehen, muss man die Welt aus ihrer Sicht rekonstruie-
ren – genau darum geht es beim „Einfühlungsvermögen“. Man sollte eine halb-
wegs richtige Idee davon entwickeln, in welcher Welt derjenige, den man für
sich gewinnen möchte, wohl lebt. Sich in einen anderen Menschen einfühlen

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Ohne Einfühlungsvermögen geht nichts

heißt, seine Gefühle zu verstehen, sein Handeln nachzuvollziehen und auf seine
Werthaltungen und Normen eingehen zu können.

Fachbegriffe: Mal riskant – mal unverzichtbar

Ein Beispiel: Der Interviewpartner sagt: „Sie müssen sich darüber im Klaren
sein, dass Sie in Ihrer Funktion als Process Owner die Verantwortung tragen.“
Bewerber: „Ich habe mich nie vor der Verantwortung gedrückt.“ Später stellt
sich heraus, dass der Jobaspirant den Begriff „Process Owner“ das erste Mal in
seinem Leben gehört hatte und nichts damit anfangen konnte. Dumm war nur,
dass er dies nicht gleich einräumte und um Aufklärung bat.
Missverständnisse dieser Art entstehen freilich auch umgekehrt. Insbesondere
Bewerber, die gerade akademisch „geadelt“ wurden, müssen hier auf der Hut
sein. Bewerber: „Für mich besteht die besondere Herausforderung in Ihrem
Unternehmen darin, den USP klarer zu kommunizieren.“ Personalchef: „Und
was heißt das auf Deutsch?“ In diesem Zusammenhang ist diese Frage meist
keine Frage, sondern ein Urteil: „Sie sind unfähig, mit mir in Augenhöhe zu
sprechen.“ Klar, dass an diesem Punkt die Gesprächsatmosphäre kippt. Natür-
lich können die meisten Gesprächspartner mit dem USP etwas anfangen –
trotzdem gilt es, vor der Anwendung von Fachbegriffen unbedingt zu klären,
mit wem man es zu tun hat.
Lassen Sie sich nicht verunsichern: Fachleute brauchen eine Fachsprache, weil
dadurch die Kommunikation eindeutiger und ökonomischer wird. Wenn Be-
triebswirte unter sich vom Return on Investment oder vom Break even spre-
chen, müssen sie nicht viele Worte verlieren, um sich gut zu verstehen. Mit
Imponiergehabe hat dies gar nichts zu tun. Interessanterweise regt sich niemand
über einen Maurer auf, der vom Speis oder Bauschragen spricht. Die Erklärung
für diese Diskrepanz ist einfach: Mit dem Maurer konkurrieren wir nicht, und
er ist höchst selten unser Chef.
Rainer Calmund kanzelte in seiner Fernsehsendung „Big Boss“ einen Kandida-
ten mit den Worten ab, er wolle kein „Universitäts-bla-bla“ hören. Hier werden
Klischees bedient. Machen Sie beim Akademikerbashing nicht mit. Im Zweifels-
fall wird man durch eine gute Ausbildung nicht dümmer und meist ist es
durchaus sinnvoll, sich der „Mühe des Begriffs“ zu unterziehen. Wer sich für
einen Vertriebsexperten hält und im Vorstellungsgespräch mit der Buchstaben-
kombination „CRM“ nichts anfangen kann, sollte sein Expertentum noch ein-
mal kritisch hinterfragen.

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Warum Kommunikationskompetenz
so wichtig ist

Die Fähigkeit, einen Standpunkt sicher und psychologisch wirkungsvoll zu


vertreten, gehört zu den wichtigsten Schlüsselqualifikationen unserer
Zeit. Wer sich beruflich vorteilhaft positionieren will, denkt deshalb nicht
nur darüber nach, was er in einem Vorstellungsgespräch sagen möchte,
sondern wie er es sagt. Schließlich gilt es, seine Gesprächspartner von der
persönlichen Eignung zu überzeugen. „Sprich, damit ich dich sehe!“, lau
tet ein Appell der Antike. „Sprich, damit ich herausfinden kann, wer du
bist und ob du zu uns passt!“, so fordert der Personaler den Bewerber auf.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

Dialog 1: Sprachlich unsicher


Frank Wagner (35) war nach seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandels-
kaufmann und zum Handelsfachwirt als Sachbearbeiter tätig. Er wurde vor ein
paar Monaten gekündigt, in einem Monat läuft seine Kündigungsfrist ab. Hier hat
er sich um die Stelle eines Sachgebietsleiters beworben und sitzt nun dem Personal-
chef gegenüber.

Personalchef: Sie haben in Ihrem absolut überzeugenden Werdegang bisher


noch keine Mitarbeiter geführt. Wo sehen Sie mögliche Schwierigkeiten?
n Wagner: Also, äh ... da würde ich sagen, dass man das lernen kann. Man hat ja
alles irgendwann das erste Mal gemacht, also, man musste ja immer mal wieder
ins kalte Wasser springen.
Personalchef: Sie sehen also keine Probleme auf sich zu kommen?
Wagner: Eigentlich – wenn Sie mich so fragen – eigentlich wüsste ich im Au-
genblick nicht ... Ich würde sagen, man merkt das ja meist später – wenn sie da
sind, die Probleme. (lacht)
Personalchef (lacht nicht mit): Welche Eigenschaften zeichnen denn einen
guten Vorgesetzten aus?
o Wagner: Motivation! Die Motivation erfolgt durch den Vorgesetzten. Äh ...
damit meine ich, er muss motivieren können. Motivation ist ganz wichtig.
Personalchef (unruhig): Was qualifiziert denn Sie ganz persönlich, Personalver-
antwortung zu übernehmen?
p Wagner: Nun, ich sag’ mal, ich kann, glaub’ ich, andere ganz gut motivieren.
Man merkt das ja, äh, man merkt das ja in der Zusammenarbeit mit anderen.

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Dialog 1: Sprachlich unsicher

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber baut nur selten unfallfreie Sätze und spricht von sich so, dass es
keiner merkt. Hier einige Beispiele für rhetorische Unebenheiten:
n „Also, äh ... da würde ich sagen, dass man das lernen kann ...“
„Sag’, was du denkst und sag ‚ich’ statt ‚man’, damit jeder sieht, wofür du
stehst.“ Bei Formulierungen wie „ich würde sagen, dass ...“ will es immer kei-
ner gewesen sein. Wer so spricht, hält sich einen Fluchtweg offen und will im
Zweifelsfall nicht beim Wort genommen werden.
o „Motivation! Die Motivation erfolgt durch den Vorgesetzten.“
Die Küssung des Kindes erfolgt durch die Mutter. Der Bewerber redet ja im
Behördenjargon! Seine Wortwahl lässt vermuten, dass Kommunikation nicht
eine seiner Stärke ist.
p „Nun, ich sag’ ‚mal, ich kann, glaub’ ich, andere ganz gut motivieren ...“
Ein Mitarbeiter muss nicht druckreif formulieren. Aber dieser Bewerber bringt
kaum einen richtigen Satz zustande.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Er hat
„ sich vor seinen Antworten keine Denkpausen gegönnt  weil er dadurch erst
während des Sprechens überlegen musste, was er sagen will, hat er unnötig
häufig seine Sätze verstolpert,
„ sich ganz offensichtlich nie kritisch mit seinem Sprachverhalten und seinen
Sprachmarotten befasst und auch andere nie um ein konstruktives Feed
back gebeten,
„ sich auf die Frage nach der Führungseignung schlecht vorbereitet und da
durch seine sprachlichen Unsicherheiten unnötig gesteigert.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

Dialog 2: Klar und deutlich


Die zweite Bewerberin auf die Stelle des Sachgebietsleiters: Carola Benz (38), In-
dustriekauffrau, hat zwar eine feste Anstellung, befindet sich aber noch in der Pro-
bezeit.

Personalchef: Sie haben in Ihrem Werdegang bisher noch keine Mitarbeiter


geführt. Frau Benz, wo sehen Sie die Schwierigkeiten?
n Benz (kurze Pause): Ich bin doch jünger als die Meisten. Es könnte sein, dass
vor allem ältere Mitarbeiter mich nicht akzeptieren.
Personalchef: Angenommen, dies ist tatsächlich der Fall. Was würden Sie tun,
um dies zu ändern?
o Benz: Ich würde zunächst versuchen, herauszufinden, bei wem es Probleme
gibt, auf diese Leute besonders zugehen und um ihre Unterstützung werben.
Illoyales Verhalten kann ich allerdings nicht hinnehmen.
Personalchef: Welche Eigenschaften zeichnen eine gute Vorgesetzte aus?
p Benz (kurze Pause): Ich glaube, wissen, wie es geht, ist nicht genug – man muss
es auch durchsetzen können. Ich würde allerdings erst mal versuchen, meine
Mitarbeiter zu gewinnen. Ich glaube weiter, eine gute Vorgesetzte darf keine
Angst vor unangenehmen Entscheidungen haben. Und sie muss immer ein Ohr
für ihre Mitarbeiter haben. Nicht geführte Gespräche kosten die meiste Zeit –
und oft ist es trotzdem zu spät.
Personalchef: Was qualifiziert Sie denn ganz persönlich für die Übernahme von
Personalverantwortung?
q Benz: Nun, ich habe immer Freude daran gehabt, gemeinsam mit anderen Ziele
zu verfolgen und diese auch zu erreichen.

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Dialog 2: Klar und deutlich

So urteilt der Personalexperte

Die Bewerberin orientiert sich erfrischend klar an den Rhetorik-Tipps von Mar-
tin Luther: ‚Tritt fest auf! Mach’s Maul auf! Hör bald wieder auf!’ Hier einige
Beispiele:
n „Ich bin doch jünger als die Meisten ...“
Klares Problembewusstsein, pragmatisch auf den Punkt formuliert.
o „Illoyales Verhalten kann ich allerdings nicht hinnehmen.“
Diesen klaren Standpunkt teilt der Personalexperte.
p „Ich glaube weiter, eine gute Vorgesetzte darf keine Angst vor unangenehmen
Entscheidungen haben ...“
Endlich einmal jemand, der bei dieser Frage nicht nur mit angelesenen Begrif-
fen klappert.
q „Ich habe immer Freude daran gehabt, gemeinsam mit anderen Ziele zu verfol-
gen und diese dann auch zu erreichen.“
Ohne Schnörkel formuliert, aber genau darum geht es in der Zusammenarbeit
und vor allem für eine Führungskraft.

Das waren die Erfolgsfaktoren


„ Sie überlegt, bevor sie antwortet, und beweist Mut zur Pause.
„ Sie bringt Ihren Standpunkt klar und deutlich zum Ausdruck.
„ Sie formuliert adressatengerecht.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

Dialog 3: Optimistisch und zukunftsfähig


Mike Römer, Groß- und Außenhandelskaufmann, wird von der Personalleiterin
noch einmal wegen seines abgebrochenen Studiums befragt.
Personalleiterin: Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten – aber schleppen Sie Ihr
abgebrochenes Studium nicht wie einen Mühlstein mit sich herum?
n Römer: Nein, keineswegs. Was ich mir allerdings vorwerfe, ich hätte mich
früher umorientieren sollen. Da fehlte mir doch zu lange der Mut, mir meine
Fehlentscheidung – vielleicht auch mangelnde Eignung für Jura – einzugeste-
hen.
Personalleiterin: Und jetzt möchten Sie aus Ihrem etwas verunglückten Le-
benslauf beruflich das Beste machen?
o Römer: Nein, bitte entschuldigen Sie den Einwand, ich möchte aus meinem
bisherigen Werdegang etwas Gutes machen. Das ist für mich ein großer Unter-
schied.
Personalleiterin: Das klingt natürlich auch viel besser. Aber was macht Sie so
sicher?
p Römer: Ich habe mir so meine eigene Lebensphilosophie zurecht gelegt. Die
besteht einfach darin, immer zu sehen, wo das Gute am Schlechten ist. Auf diese
Weise habe ich gelernt, Misserfolge einigermaßen wegzustecken, oder besser
gesagt, letztlich von ihnen für die Zukunft zu profitieren.
Personalleiterin: Man kann sich die Dinge aber auch schön reden, Herr Römer.
q Römer: Na ja, wie ich vorhin schon versucht habe zu erklären, es gelingt mir
meist, auch aus weniger geglückten Vorhaben etwas Gutes zu machen. Ich zahle
also Lehrgeld, das sich dann doch als gute Investition herausstellt.

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Dialog 3: Optimistisch und zukunftsfähig

So urteilt der Personalexperte

Bis auf eine Ausnahme hat der Bewerber rhetorisch geschickt reagiert.
n Was ich mir allerdings vorwerfe, ich hätte …
Das ist eine selbstkritische Analyse eines Fehlers. Da Manager insbesondere
Nachwuchskräften häufig mangelnde Selbstkritik vorwerfen, kommt dies natür-
lich gut an. Es kommt auch gut an, dass sich der Bewerber nicht unnötig klein
macht, also keinen Hinweis auf ein lädiertes Selbstbewusstsein gibt.
o Nein, … ich möchte aus meinem bisherigen Werdegang etwas Gutes …
Im aufmunternd gemeinten Zuruf „Machen Sie das Beste draus!“ klingt im
Unterton ein resignierendes „Es hilft nun mal alles nichts!“ mit. Wer aus einer
Situation das Beste zu machen gedenkt, hat von seinen Plänen und Zielen längst
Abstriche gemacht. „Ich möchte aus meinem bisherigen Werdegang etwas Gu-
tes machen!“ Das ist eine ganz andere „Musik“– optimistisch und zukunftsge-
wiss.
p … Auf diese Weise habe ich gelernt, Misserfolge einigermaßen wegzustecken,
oder besser gesagt, letztlich von ihnen für die Zukunft zu profitieren.
Das wichtigste Erfolgsprinzip heißt „Versuch und Irrtum“. Natürlich dürfen
sich die Irrtümer nicht zu sehr häufen, aber wer bei jedem Irrtum seine Lektion
lernt, kommt irgendwann auf die Erfolgsspur. Auch hier überzeugt Herr Römer
in der Argumentation.
q Na ja, wie ich vorhin schon versucht habe zu erklären…
Aus dieser Formulierung können empfindsame Zeitgenossen den Vorwurf
heraushören, dass sie nicht zugehört oder nichts verstanden haben. Hier sollte
sich Herr Römer vorsichtiger ausdrücken bzw. gar nicht erwähnen, dass er das
nun ein zweites Mal erklärt.

Das hat der Bewerber gut bzw. weniger gut gemacht


„ Der Bewerber gibt sich selbstkritisch, aber nicht zerknirscht.
„ In seinen Formulierungen und seiner Argumentation zeigt er sich optimistisch
und zukunftsfähig.
„ Formulierungen, die zweideutige Botschaften enthalten, sollte er vermeiden.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

Dialog 4: Konflikt fördernde Floskeln


Die Diplom-Pädagogin Viola Olkus wird noch einmal auf ihre fehlende einschlägi-
ge Berufserfahrung angesprochen.
Personalberater: Sie waren ja nun Teamleiterin in einem Call Center und
möchten nun eine vergleichbare Position –
n Olkus: Da haben Sie mich vorhin falsch verstanden – es muss hierarchisch
keine vergleichbare Position sein. Für mich ist nur wichtig –
Personalberater: Oh, entschuldigen Sie bitte. Dennoch meine Frage: Warum
wollen Sie in den Personalbereich wechseln?
o Olkus: Weil mir der Umgang mit Mitarbeitern und die Verantwortung für
Mitarbeiter besonders lag beziehungsweise liegt. Ich habe gesehen, welches
Entwicklungspotenzial es bei vielen Menschen gibt – und ehrlich gesagt – ich
habe die Hoffnung, was ich in meinem Studium gelernt habe, noch besser an-
wenden zu können.
Personalberater: Eine Personalabteilung ist keine Psycho-Veranstaltung, Frau
Olkus. Personalentscheidungen sind Investitionsentscheidungen – und die
müssen betriebswirtschaftlich vernünftig durchkalkuliert werden.
p Olkus: Das ist mir klar, Herr Groß. Aber man braucht gerade bei der Gestal-
tung von Personalentwicklungsmaßnahmen ein gutes Gespür für Stärken und
Schwächen und man muss wissen, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur
Leistung motiviert und was sie demotiviert.
Personalberater: Das hört sich so an, als wollten Sie eine Couch mitbringen.
Aber das meine ich jetzt nicht ganz ernst. Die Menschen sind unser wichtigstes
Kapital, das ist schon richtig.
q Olkus: Sie können sich sicher vorstellen, dass ich diesen Begriff für recht
unglücklich halte. Wir sollten meiner Meinung nach das Wort „Humankapital“
aus unserem Wortschatz entfernen. Das klingt doch sehr zynisch, wenn man es
auf Menschen anwendet.

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Dialog 4: Konflikt fördernde Floskeln

So urteilt der Personalexperte

In diesem Dialog gibt es einige Redewendungen, die Konflikt fördernd wirken


könnten.
n Da haben Sie mich vorhin falsch verstanden …
Diese Formulierung ist nun einmal eine Schuldzuweisung. Hier schwingt mit,
dass der andere entweder nicht richtig zugehört hat oder den Ausführungen
intellektuell nicht folgen konnte. Da bei den meisten Jobs sehr genau auf die
kommunikative Kompetenz der Bewerber geachtet wird, kommt diese Äuße-
rung nicht gut an. „Ich habe mich da nicht ganz klar ausgedrückt ...“ klingt
besser und man ist damit auf der sicheren Seite.
o … und ehrlich gesagt – ich habe die Hoffnung, …
„Ehrlich gesagt“ ist nicht gut, weil diese Sprachmarotte von der Logik her impli-
ziert, dass vorher gelogen wurde.
p Das ist mir klar, Herr Groß. Aber man braucht gerade …
Hier hat die Bewerberin einen etwas ruppigen Einwand des Personalberaters
gut abgefedert.
q Wir sollten meiner Meinung nach das Wort „Humankapital“ …
„Wir sollten meiner Meinung nach ....“ gehört zu den schlimmen Formulierun-
gen, denn man vereinnahmt ungefragt die Auffassung des Gesprächspartners.
So reden manche Ärzte mit ihren Patienten. Tenor: „Haben wir denn regelmä-
ßig unsere Tabletten genommen?“

Das hat die Bewerberin weniger gut gemacht


„ Die Unterstellung, man sei falsch verstanden worden, kommt nicht gut an.
Das gilt auch für die Floskel „ehrlich gesagt“.
„ Es wirkt recht kleinkariert, sich mit seinem Interviewpartner über Begriffe zu
streiten.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

So kommen Sie gut an


„ Mit dem Kopf des Adressaten denken
Nicht Ihnen muss eine Formulierung gefallen, sondern Ihrem Gesprächs-
partner. Und was bei dem einen gut ankommt, fällt bei einem anderen
durch. Man sollte also versuchen, sich so gut wie möglich in die Lage des In-
terviewers zu versetzen. Ist er beispielsweise ein eher eitler Zeitgenosse, dann
möchte er meist selbst viel reden, ist er ein Zyniker, liebt er die Provokation.
Wenn Sie von Ihrem Gesprächspartner häufiger unterbrochen werden, wis-
sen Sie im Zweifelsfall, dass er lieber auf Sendung statt auf Empfang ist.
„ Einwandfrei kommunizieren
Hier geht es um die Fähigkeit, so zu reden, dass es möglichst wenig Deu-
tungsspielräume bzw. Anlässe für Missverständnisse gibt. Wie lassen sich
zum Beispiel englische Sprachkenntnisse so definieren, dass der andere ein
angemessenes Bild vermittelt bekommt? Hier einige Beispiele: Basiskennt-
nisse, Schulkenntnisse, gute Schulkenntnisse, gut in Wort und Schrift, flie-
ßend, verhandlungssicher. Natürlich muss das, was man sagt, den Tatsachen
entsprechen.
„ Gefühle berücksichtigen
Auch ein Personalchef gibt beim Betreten seines Betriebes seine persönli-
chen Wünsche, Hoffnungen, Sorgen und Eitelkeiten nicht beim Pförtner ab.
Wenn jemand stolz auf etwas ist, sollte man dies sicher nicht mit einem
Gähnen – wenn auch hinter vorgehaltener Hand – quittieren. Halten Sie
sich auch als Bewerber an den alten Grundsatz „Wer fragt, motiviert!“ Sie
müssen sich ja nicht gleich verbiegen – aber wer Fragen stellt, zeigt Interesse
und das ist für die Gesprächsatmosphäre förderlich.
„ Sätze, die Sie streichen sollten
Bert Brecht hat einmal moniert: „Wir waschen unsere Wäsche, aber niemals
unsere Wörter.“ Und manche sprachlichen Marotten müssen auch ganz
ausrangiert werden. Verabschieden Sie sich am besten von folgenden Sätzen:
„ „Da haben Sie mich falsch verstanden!“
„ „Wie ich vorhin schon versucht habe, Ihnen zu erklären …“
„ „Ehrlich gesagt, …“
„ „Jeder hat doch bestimmt schon mal …“
„ „Wir alle können doch nicht immer …“
„ „Sie können sich sicher vorstellen …“

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So kommen Sie gut an

„ Keine Angst vor der Stille


Die Verfertigung der Gedanken beim Sprechen ist eine Fähigkeit, die nicht
jedem gegeben ist. Gönnen Sie sich nach jeder Frage ruhig eine Pause, um
die eigenen Überlegungen zu sortieren. Ihr Gesprächspartner hat dafür Ver-
ständnis. Viele Bewerber erwecken durch ihr Sprechtempo den Eindruck, als
müssten sie einen Bus erreichen. Meist ist die erhöhte Sprechgeschwindig-
keit ein Zeichen von Unsicherheit und mangelnder seelischer Belastbarkeit.
Also: innehalten, Luft holen und Tempo herausnehmen!

„ Sagen Sie möglichst „Ich“


„Man müsste, könnte, sollte ...“, das ist der Jargon der Drückeberger. Sagen
Sie, wofür Sie stehen, und zeigen Sie, dass Sie sich gern beim Wort nehmen
lassen. Wenn Sie persönlich von sich sprechen, wirken Sie verbindlich. Na-
türlich gibt es Sachverhalte, bei denen auch ein ‚man’ oder ‚wir’ passt. Hier
geht es nicht um Ideologie, sondern um Sprachgefühl.

„ Nicht perfekt sein wollen


Perfektionismus zieht dem Leben das Mark aus den Knochen. Am „Homo
communicatus“, der überhaupt keine Ecken und Kanten hat, kann man nur
hilflos abrutschen. Ein Bewerber darf sich ruhig mal verhaspeln, und er darf
auch mal den Faden verlieren, allerdings sollte er ihn wieder finden. Natür-
lich gilt dies nicht zwingend für eine Bewerbung als Pressesprecher. Ande-
rerseits hat doch jeder bereits die Erfahrung gemacht, dass ein kleiner Lap-
sus lockernd wirken kann und die Distanz verringert, wie es bisweilen bei
Nachrichtensprechern der Fall ist.

„ „Spreche“ ist nicht „Schreibe“


Wer das, was er später im Vorstellungsgespräch zu sagen gedenkt, vorab
aufschreibt und auswendig lernt, wirkt nicht authentisch. Schreiben Sie sich
Stichwörter auf und bauen Sie aus diesen übungshalber auch ganze Sätze,
aber legen Sie sich nicht wortwörtlich auf bestimmte Formulierungen fest.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

To Do: Rhetorik trainieren


Wer Mensch sagt, sagt Sprache! Neigen Sie dazu, bei Unsicherheiten zu schnell
zu reden? Verrät Ihre Stimme Ihre Stimmung? Kennen und beherrschen Sie die
wichtigsten rhetorischen Gestaltungsmittel, um Ihren Worten Nachdruck ver
schaffen zu können?
Sie müssen im Bedarfsfall nicht gleich einen Kurs belegen – ein guter erster
Schritt kann in einem Rollenspiel mit einer Person Ihres Vertrauens bestehen.
Spielen Sie einfach mal Ihr eigenes Vorstellungsgespräch mit einem Freund als
Interviewer durch (auch einmal die Rollen tauschen) und zeichnen Sie es auf
Tonband auf. Das ist zunächst ungewohnt und manchmal auch peinlich, stellt
sich aber als hilfreich heraus. Beim kritischen Anhören sollten Sie sich folgende
Fragen stellen:
„ Klingt meine Stimme optimistisch oder eher depressiv?
„ Ist meine Stimme gut verständlich oder zu leise?
„ Spreche ich zu schnell oder in angenehmem Tempo?
„ Ist die Modulation melodiös oder eher eintönig?
„ Ist meine Aussprache deutlich oder vernuschelt?
„ Neige ich zu Sprachticks und Formulierungsunarten?
„ Ist meine Wortwahl zielgruppengerecht?

Fakten und Hintergründe

Unfallfreie Sätze bauen


Einen Menschen nach seinen sprachlichen Fähigkeiten zu beurteilen, mag un-
gerecht sein, aber verbale Holprigkeiten begrenzen nun einmal die Wirkung des
Gesagten. Dies gilt leider auch für das Vorstellungsinterview. Wie können Be-
troffene es vermeiden, sich in den eigenen Wörtern zu verheddern?

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Fakten und Hintergründe

„ Reagieren Sie auf eine Frage oder Aufforderung zum Sprechen nicht sofort.
Zu einem gekonnten Dialog gehört es, einen Augenblick der Stille aushalten
zu können. Niemand nimmt es Ihnen übel, wenn Sie einen Moment abwar-
ten und nachdenken, ehe Sie loslegen.
„ Zwingen Sie sich, auch während Sie sprechen, zu Kunstpausen. Sie gönnen
Ihren Zuhörern damit eine kurze Erholung und können sich sammeln. Die
Pausen müssen natürlich an die richtige Stelle gesetzt werden, sie dürfen
keinen zusammenhängenden Gedankengang auseinander reißen.
„ Versuchen Sie nicht, sich als Formulierungskünstler zu profilieren. Dieser
falsche Ehrgeiz wird nicht belohnt. Heinrich von Kleist beginnt seine be-
rühmte „Anekdote aus dem letzten preußischen Kriege“ mit einem Satz, der
15 Kommata und ein Semikolon enthält. Dieser Satz ist wunderbar gelun-
gen, aber stilistisch nicht zur Nachahmung empfohlen. Wenn Sie kein
Sprachakrobat sind, verzichten Sie lieber auf Schachtelsätze und Einfügun-
gen. Fangen Sie lieber neue Sätze an, auch wenn dies etwas schlicht wirkt.
„ Sie haben den Faden verloren? Am ehesten finden Sie ihn wieder, indem Sie
sich zu diesem kleinen Missgeschick bekennen. Das nimmt nämlich den
psychischen Druck.
„ Natürlich dürfen Sie sich auch mal versprechen. Perfektion zieht dem Leben
das Mark aus den Knochen.

Auf sprachliches Imponiergehabe verzichten

Vor allem Hochschulabsolventen hantieren gern mit Begriffen aus dem akade-
mischen Oberseminar, um Eindruck zu schinden. Das kommt aber nicht immer
gut an – vor allem dann nicht, wenn man es mit einem bekennenden Pragmati-
ker zu tun hat. Der fragt dann gern einmal gespielt naiv zurück, ob es für ein
bestimmtes Fremdwort nicht auch einen deutschen Begriff gäbe. So etwas ist
natürlich für die Gesprächsatmosphäre gar nicht gut. Man muss halt als Bewer-
ber ein Gespür dafür haben, wann Fremdwörter und Fachausdrücke passen und
wann man darauf lieber verzichten sollte. Statt Mitarbeiter-Rekrutierung kann
man dann zur Abwechslungbeispielsweise auch einmal Mitarbeiter-Beschaffung
sagen.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

Mit Amerikanismen nicht übertreiben

Wenn es für einen Bewerber irgendwie eine echte „Challenge“ ist, die „Perfor-
mance“ des Unternehmens zu optimieren, sollte er dies lieber für sich behalten.
In vielen Berufsfeldern – insbesondere in Werbung und Marketing – ind Ame-
rikanismen allerdings einstweilen unverzichtbar. Wer sich auf eine Stelle mit
der Bezeichnung „Key Account Manager“, „Call Center Agent outbound“ oder
„Facility Manager“ bewirbt, sollte die entsprechenden American Job Titles und
vieles mehr ’drauf haben. Auch hier muss man über das entsprechende Maß an
Empathie verfügen, um seinen Gesprächspartner richtig einzuschätzen. Und
das ist eben das A und O einer wirkungsvollen Selbstdarstellung im Vorstel-
lungsgespräch: Wer in einer Wörterwelt lebt, die nicht die der Firma ist, bei der
er sich bewirbt, passt meist nicht zur Unternehmenskultur.

Was sind eigentlich Soft Skills?


Soft Skills – auch fachübergreifende oder Schlüsselqualifikationen genannt –
haben etwas mit dem beobachtbaren Verhalten eines Menschen zu tun und
verraten etwas über dessen Persönlichkeit. Dabei geht es immer um Fähigkei-
ten, mit denen jemand zum Zusammenspiel im Team beitragen kann. Sie sind
zeitlos und veralten nie. Wer früher einmal die Programmiersprache Algol oder
den Umgang mit einer Bleisatzmaschine gelernt hat, kann damit heute nichts
mehr anfangen. Wer dagegen kommunikationsstark, begeisterungsfähig, kreativ
oder belastbar ist, kann davon ausgehen, dass diese Eigenschaften immer gefragt
sein werden. Mehr noch: Je schneller Kenntnisse veralten und durch neues
Wissen ersetzt werden müssen, desto wichtiger werden Schlüsselqualifikationen
wie Lernbereitschaft und Lernfähigkeit.
Die im Jahre 2005 publizierte Online-Befragung „SQ21 – Schlüsselqualifikatio-
nen im 21. Jahrhundert“ zeigt unter anderem folgende Ergebnisse:
„ 93 Prozent der Unternehmen sagen, dass Schlüsselqualifikationen (Soft
Skills) für den Berufseinstieg mindestens genau so wichtig wie Fachwissen
sind bzw. noch wichtiger.
„ 95 Prozent der Unternehmen sagen, dass Schlüsselqualifikationen für den
späteren Berufserfolg mindestens genau so wichtig wie Fachwissen sind bzw.
noch wichtiger.

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Fakten und Hintergründe

Von zehn Schlüsselqualifikationen liegt die Kommunikationskompetenz auf


Platz eins.
Die folgenden Soft Skills finden Sie in den Anforderungsprofilen von Stellenan-
geboten. Fragen Sie sich: Wie stark sind diese Eigenschaften bei mir ausgeprägt?
Wo habe ich Entwicklungsbedarf?

Checkliste Soft Skills persönliche Ausprägung


schwach mittel stark
Kommunikationsstärke 1 2 3 4 5 6 7
Kontaktfähigkeit 1 2 3 4 5 6 7
Repräsentatives Auftreten 1 2 3 4 5 6 7
Akquisitorische Fähigkeiten 1 2 3 4 5 6 7
Kundenorientierung 1 2 3 4 5 6 7
Teamfähigkeit 1 2 3 4 5 6 7
Flexibilität 1 2 3 4 5 6 7
Führungspotenzial 1 2 3 4 5 6 7

Was ist Kommunikationskompetenz?


Als der Kalif von Bagdad, Harun al Raschid, einmal schlecht geträumt hatte,
ließ er einen Traumdeuter an den Hof holen. Dieser erklärte ihm die Botschaft
wie folgt: „Ehrwürdiger Herrscher, Ihr werdet alle Eure Angehörigen verlieren.“
Daraufhin ließ ihn der Kalif köpfen. Ein zweiter Traumdeuter wurde bestellt.
Dieser erklärte seinem Potentaten: „Ehrwürdiger Herrscher, Ihr werdet alle
Eure Angehörigen überleben.“ Der Überlieferung zufolge wurde er mit einem
Sack Gold beschenkt.
Kommunikative Kompetenz ist die Fähigkeit, einen Standpunkt zu einer Ange-
legenheit sicher und psychologisch wirkungsvoll zu vertreten. Die Sicherheit
ergibt sich unter anderem daraus, dass man gute Argumente in Form von Daten
und Fakten im Kopf hat und dass einem diese auch einfallen, wenn man sie
braucht. Die psychologische Wirkung auf den Adressaten hängt davon ab, ob
man diesen richtig einschätzen kann und ob man seine rhetorischen Gestal-
tungsmittel gekonnt und selbstbewusst einzusetzen vermag.

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Warum Kommunikationskompetenz so wichtig ist

Diese Faktoren tragen entscheidend zur eigenen Kommunikationskompetenz


bei:
„ mit dem Kopf des Adressaten denken,
„ mit seinem Gesprächspartner auf Augenhöhe kommunizieren,
„ klar formulieren – keine Interpretationsspielräume lassen,
„ rhetorische Gestaltungsmittel gekonnt einsetzen,
„ geradlinig und glaubwürdig sein. Zu Fehlern und Schwächen stehen und
nicht anderen die Schuld für persönliche Kalamitäten in die Schuhe schie-
ben,
„ eine Antenne für nonverbale Signale (Körpersprache) haben.

Meetings – hier brauchen Sie Kommunikations


kompetenz
Viele Unternehmen leiden darunter, dass ergebnislos kommuniziert wird. Ein
Meeting jagt das andere, aber die Resultate sind oft frustrierend. Topmanager
verbringen Umfragen zufolge über 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in Konferenzen.
Kein Wunder, dass dieses Problem in Bewerbungsgesprächen gern thematisiert
wird. Vor allem Bewerber, die den Schritt in die Personalverantwortung wagen,
müssen im Interview Problembewusstsein für dieses Thema demonstrieren.

Die effiziente Organisation von Meetings


Als Bewerber könnten Sie den notwendigen Klärungsbedarf bei Meetings wie
folgt skizzieren:
„ Muss das Meeting überhaupt sein?
„ Wer sollte teilnehmen?
„ Was wollen wir erreichen?
„ Um welche Themen geht es?
„ Wie und worauf müssen sich die Teilnehmer vorbereiten?
„ Ist der Zeitrahmen klar?
„ Wer moderiert? Wer leistet welche Beiträge im Meeting?
„ Wer übernimmt am Ende des Meetings welche Aufgaben?
„ Wann wird von wem über die Ergebnisse der Beschlüsse berichtet?

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Sich selbst darstellen: „Nun schießen


Sie mal los!“

Die klassische erste Phase des Vorstellungsinterviews besteht in der Regel


darin, etwas über sich selbst zu erzählen. „Oh je, wo fange ich da bloß an
...!“, sagt sich so mancher Bewerber, „mein Gesprächspartner hat meine
schriftlichen Unterlagen doch schon vor sich liegen.“ Jedoch, das An
schreiben und den tabellarischen Lebenslauf kann man zu Hause in Ruhe
ausformulieren – man kann sich sogar von anderen dabei helfen lassen.
Im Vorstellungsgespräch ist man dennoch auf sich allein gestellt. Da gilt
es, sich klar zu strukturieren und die eigene Persönlichkeit authentisch
und positiv zu präsentieren. Ob das unseren Kandidaten gelingt?

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Sich selbst darstellen

Dialog 1: Viel zu weitschweifig


Zurück zu Frank Wagner, dem Handelsfachwirt.

Personalchef: Ich habe mir Ihre Unterlagen gründlich angesehen und finde sie
formal überzeugend. Mich würde trotzdem interessieren ... erzählen Sie doch
einfach mal etwas über sich.
n Wagner: Tja, wo fange ich da am besten an? Sie wollen sicher etwas Persönli-
ches erfahren.
Personalchef: Das liegt ganz bei Ihnen. Sie haben das Wort.
o Wagner: Also, ich bin 35 Jahre alt und in einem kleinen Dorf bei Lüneburg
aufgewachsen. Meine Eltern haben eine kleine Bäckerei im Ort. Sie wollten, dass
ich einmal den Laden übernehme. Ich war ihre große Hoffnung. (lacht) Aber
das ist nichts für mich. Selbstständige Dorfbäckereien haben keine Zukunft. Sie
können mit den großen Filialisten einfach nicht mithalten. Ich habe mich wäh-
rend der Ausbildung zum Handelsfachwirt mit dem Thema befasst. (Pause) Für
meinen Vater ist das bitter ...
Personalchef (ungeduldig): Entschuldigen Sie. Warum haben Sie eigentlich die
Ausbildung zum Handelsfachwirt absolviert? Was qualifiziert Sie Ihrer Ein-
schätzung nach für die Anstellung in unserem Hause?
p Wagner: Ich denke ... also, eigentlich wollte ich schon immer einen kaufmänni-
schen Beruf erlernen. Ich habe ja nach dem Abitur erfolgreich eine Ausbildung
zum Groß- und Einzelhandelskaufmann gemacht. Da spielt sicher der Famili-
enhintergrund mit rein.
q Mit 15 wollte ich Tierpfleger werden, damals habe ich ein Schulpraktikum bei
einer Tierärztin gemacht, und das fand ich toll ...

Hören Sie Herrn Wagners Selbstvorstellung auf CD – finden Sie


Track 11 sie interessant?

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Dialog 1: Viel zu weitschweifig

So urteilt der Personalexperte

Herrn Wagner geht es wie so manchem Jobsuchenden. Er äußert sich unstruk-


turiert und liefert einen Informationsbrei ab. Hier die wichtigsten Kritikpunkte:
n „Tja, wo fange ich da am besten an?“
Schade, statt beherzt loszulegen, hat der Bewerber den Start verstolpert.
o „Für meinen Vater ist das bitter ...“ „Entschuldigen Sie.“
Für den Personalchef gilt: Wenn er jetzt nicht eingreift, kann er den nächsten
Termin vergessen. Der Bewerber ist leider nicht in der Lage, sich vernünftig zu
strukturieren und Prioritäten zu setzen.
p „Ich denke ... also, eigentlich wollte ich schon immer einen kaufmännischen
Beruf erlernen.“
Antwort glatt verweigert! Er wurde nach den Motiven für die Berufswahl ge-
fragt.
q „Mit 15 wollte ich Tierpfleger werden ...“
Das liegt im Widerspruch zu der Äußerung ‚Ich wollte schon immer einen
kaufmännischen Beruf erlernen.’

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Er hat
„ sich auf die im Vorstellungsinterview zu erwartende Aufforderung, etwas
über sich selbst zu erzählen, nicht vorbereitet,
„ die Informationen zur Person nicht sinnvoll strukturiert und Wichtiges nicht
von Unwichtigem getrennt,
„ widersprüchlich argumentiert und dadurch unglaubwürdig gewirkt.

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Dialog 2: Prägnant und zielorientiert


Der 45-jährige Lothar Schendel ist Werbekaufmann und diplomierter Wirtschafts-
ingenieur, möchte jetzt jedoch in die Marketingleitung aufsteigen. Er trifft sich mit
einem Headhunter in einer Hotellounge.

Headhunter: Herr Schendel, wo kommen Sie her und wo wollen Sie hin?
n Schendel: Nun, meine persönlichen Daten kennen Sie schon. Natürlich bin ich
stolz darauf, dass ich nach meiner Ausbildung das Abitur nachgeholt habe.
Zweiter Bildungsweg – das war nicht einfach, hat sich aber gelohnt.
o Meine Eltern haben mich unterstützt, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar.
p Ich glaube, mit dem Abi wollte ich beweisen: Ich kann mir Ziele setzen und
diese erreichen. Davon abgesehen wollte ich natürlich meine beruflichen Chan-
cen und Verdienstmöglichkeiten verbessern. (Pause) Danach habe ich in einem
Handelshaus für Kfz-Ersatzteile als Sachbearbeiter im Verkauf gearbeitet. Das
hat mir Spaß gemacht, viel gelernt habe ich auch – das Zeugnis meines damali-
gen Arbeitgebers haben Sie ja gesehen. Aber dann wollte ich es eben doch wis-
sen. Also habe ich mich informiert, habe mit vielen Leuten gesprochen – und
mich schließlich für das Studium zum Wirtschaftsingenieur entschieden. Das
hab’ ich auch erfolgreich durchgezogen, und heute stehe ich hier.
q Mein Motto ist ganz schnörkellos: Man muss sich Ziele setzen und diese
konsequent verfolgen. (Pause) Ich denke, damit können Sie sich fürs Erste ein
Bild von mir machen und mich, hoffe ich, für die Stelle empfehlen.
Headhunter: Okay! Ich habe natürlich noch einige Fragen. Schließlich möchten
wir beide keinen Fehler machen.
Schendel: Klar.

Spricht auch Herr Schendel zu lange von sich? Überprüfen Sie


Track 12 es auf der CD.

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Dialog 2: Prägnant und zielorientiert

So urteilt der Personalexperte

100 Punkte für Herrn Schendel, der seine Persönlichkeit vorteilhaft präsentiert
und dabei Sympathiepunkte erntet:
n „Nun, meine persönlichen Daten kennen Sie schon ...“
Er geht kurz darauf ein, dass der Headhunter natürlich gut vorbereitet ist und
die Unterlagen gründlich gelesen hat. Ein Pluspunkt in Sachen Einfühlungs-
vermögen. Und er beginnt mit einer seiner Stärken im Werdegang, dem erfolg-
reich absolvierten zweiten Bildungsweg. Geschicktes Selfmarketing – die Priori-
täten werden sofort richtig gesetzt.
o „Meine Eltern haben mich unterstützt ...“
Dankbarkeit – so was hört man heute eher selten. Meist werden Schuldzuwei-
sungen herumgereicht, warum was nicht geklappt hat.
p „Ich glaube, mit dem Abi wollte ich beweisen ....“
Hier macht der Bewerber deutlich, dass er Zielorientierung, Selbstmotivation
und Beharrlichkeit besitzt. Alles Schlüsselqualifikationen, die wir heute drin-
gend brauchen.
q „Mein Motto ist ganz schnörkellos: Man muss sich Ziele setzen ...“
Lothar Schendel verdichtet hier die Merkmale der eigenen Persönlichkeit noch
einmal kurz und setzt das Gesagte in Beziehung zum Job – das passt!

Das waren die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber hat
„ zunächst sein Alleinstellungsmerkmal gegenüber vielen Interessenten, näm
lich den zweiten Bildungsweg, angesprochen,
„ die wichtigsten Soft Skills, die heute besonders gefragt sind, für seine Per
son überzeugend zusammengefasst,
„ einen guten Abschluss für seine Selbstdarstellung gefunden, indem er sein
persönliches Ziel angesprochen hat, nämlich sich für die zu vergebende
Aufgabe zu empfehlen.

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So kommen Sie gut an


„ Beherzt anfangen
Fragen Sie nicht, wo oder wie Sie anfangen sollen oder wie viel Zeit Ihnen
zur Verfügung steht. Die Anforderung liegt ja gerade darin, dies gekonnt
selbst zu entscheiden.

„ Nicht bei der Geburt beginnen


Die Wiederholung des bereits schriftlich vorliegenden tabellarischen Le-
benslaufs ist öde und auch nicht Sinn dieser Übung. Die meisten formellen
Daten haben in der mündlichen Selbstdarstellung nichts zu suchen.
Manchmal ist es zweckmäßig, mit dem Satz „Ich habe mich bei Ihnen be-
worben, weil ...“ zu starten.

„ Die Schlüsselfrage beantworten: Was empfiehlt mich für diese Aufgabe?


Gehen Sie auf jene Stationen Ihres Werdeganges ein, die sich in Beziehung
zur besprochenen Aufgabe setzen lassen. Das kann ein Ausbildungsab-
schluss, eine Fortbildungsmaßnahme oder auch ein Praktikum sein. Viele
Bewerber bieten einen Gemischtwarenladen an, in dem man sich nach Be-
lieben bedienen kann. Das ist wenig Erfolg versprechend, denn: Ein Interes-
sent, der nicht weiß, was er in Hinblick auf eine Aufgabe zu bieten hat, weiß
im Zweifelsfall gar nicht, was auf ihn zukommt.

„ Das Gesagte sinnvoll gliedern


Wer in Wort oder Schrift überzeugen will, muss einem roten Faden folgen
und diesen für seine Adressaten sichtbar werden lassen. Alles andere stiftet
Verwirrung und wirkt inkompetent.

„ Rechtzeitig aufhören
Wer während der Selbstdarstellung das Zeitgefühl verliert, muss damit
rechnen, vom Gesprächspartner unterbrochen zu werden. Um es hart zu
formulieren: Die Initiative, die dem Bewerber übergeben wurde, wird ihm
abrupt wieder weggenommen – wenn er diese missbraucht. Auf die Ge-
sprächsatmosphäre wirkt sich dies eher ungünstig aus. Deshalb ist es besser,
wenn Sie selbst den Bogen gekonnt zum Ende führen.

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So kommen Sie gut an

„ Einen guten Abschluss finden


Wie kann dieser aussehen? Wirkungsvoll ist immer ein indirekter Appell an
den Gesprächspartner – etwa in diesem Grundton: „Das sind die Fakten und
im Hinblick auf diesen Job sprechen sie für mich!“ Da bei der Schilderung
des Werdegangs viel von formellen und über Zeugnisse belegten Stationen
die Rede ist, empfiehlt sich zum Schluss dieser Vorstellungsphase ein präg-
nanter Hinweis auf ein bis zwei persönliche Eigenschaften. Auf die Soft
Skills werden wir später noch einmal zurückkommen.

To Do: Die Selbstdarstellung gründlich vorbereiten


„ Markieren Sie in Ihrem tabellarischen Lebenslauf alle Stationen und Ereig
nisse, die etwas mit der angestrebten Aufgabe und deren Anforderungen zu
tun haben.
„ Priorisieren Sie diese Merkpunkte für die mündliche Selbstdarstellung.
Möglicherweise steht ein Praktikum ganz oben im Ranking. Beispiel: „Ich
habe mich bei Ihrem Unternehmen beworben, weil ich bereits im Rahmen
eines Praktikums in dieser Branche gemerkt habe, dass ...“
„ Schreiben Sie auf, was Sie sagen möchten, und testen Sie einmal den Zeit
verbrauch. Drei Minuten sind genug!
„ Lernen Sie das, was Sie sagen wollen, auf keinen Fall auswendig. Das wirkt
dann meist auch so.
„ Prüfen Sie, wo Sie Pausen machen möchten oder sollten. Man kann mit
einer sinnvollen Pause nachhelfen, um bald vom Monolog weg zum Dialog
zu kommen. Meist wird dies als Wohltat empfunden.

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Fakten und Hintergründe


Zu den wichtigsten Schlüsselqualifikationen eines Menschen gehört die Fähig-
keit, einen Standpunkt sicher und psychologisch wirkungsvoll zu vertreten. Als
Bewerber geht es darum, darzulegen, dass man für eine bestimmte Aufgabe
besonders geeignet sei. Wer hier erfolgreich sein will, muss konzeptionell-
strategisch vorgehen. Die Kernfragen lauten: Wie fange ich an? Was erwähne
ich? Wie höre ich auf?

Wie fange ich an?


Wie heißt es doch in einem anschaulichen Bonmot? Wer beim Zuknöpfen eines
Hemdes das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Rest nicht mehr zu Ran-
de. Kurzum: Wie man bei der Selbstdarstellung startet, liegt man später meist
auch im Rennen. Die folgenden Starttechniken stammen aus dem journalisti-
schen Bereich, lassen sich aber auch auf Präsentationen jeglicher Art oder das
Anschreiben bei Bewerbungen anwenden.

„ Direkttechnik
„Ich bin 36 Jahre alt, habe nach dem Abitur eine Ausbildung zur Industrie-
kauffrau absolviert ...“ Wer so startet, „fällt mit der Tür ins Haus“. Man baut
zwar keinen Spannungsbogen auf, kommt dafür aber schnell auf den Punkt.
„ Aufhängertechnik
„Sie haben gesehen, dass ich mich in meiner Diplomarbeit intensiv mit dem
Thema ‚Customer Relationship Management’ befasst habe. Dies ist einer der
Hauptgründe, warum ...“ Hier wird ein Stichwort gewählt oder auf ein Er-
eignis Bezug genommen, das eine gute Grundlage für die weitere Entwick-
lung des Gespräches abgibt.
„ Gedankenreiztechnik
Diese Methode will Spannung aufbauen: „Der Kunde kann uns bekanntlich
alle entlassen. Aufgrund meiner fundierten Kenntnisse und Erfahrungen auf
dem Gebiet der ergebnisorientierten Regulierung von Reklamationen fühle
ich mich von Ihrem Stellenangebot besonders angesprochen ...“ Der erste
Satz bringt auf den Punkt, worum es insbesondere im Vertrieb geht.

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Fakten und Hintergründe

„ Referenztechnik
„In meiner derzeitigen Aufgabe habe ich die Erfahrung gemacht, dass die
Kunden großen Wert auf persönliche Betreuung legen. Deshalb möchte ich
auf diesem Gebiet meine berufliche Entwicklung fortsetzen und ...“ Hier
wird auf ein persönliches Erlebnis Bezug genommen.
„ Fragetechnik
„Was könnte einen Geisteswissenschaftler wie mich für die von Ihnen aus-
geschriebene Aufgabe empfehlen?“ Für Seiteneinsteiger oder Absolventen
von Ausbildungsgängen, die nicht offenkundig zur ausgeschriebenen Positi-
on zu passen scheinen, empfiehlt sich dieser offensive Einstieg. Nach dieser
rhetorisch gemeinten Frage müssen natürlich einleuchtende Argumente
kommen. In der Regel sind dies wertvolle Schlüsselqualifikationen, die eine
wichtige Ergänzung der meist schon vorhandenen kaufmännischen Kompe-
tenzen darstellen können.

Was erwähne ich?

Es ist nicht einfach, sich als Bewerber kurz zu fassen und dennoch alles zu sa-
gen, was einer günstigen Entscheidung dient. Hier gilt auf alle Fälle der schöne
Grundsatz: Weniger ist mehr.

Wenden Sie konsequent das Ausschlussverfahren an


Legen Sie fest, worüber Sie zunächst nicht sprechen werden. In der Regel sind
dies Qualifikationen, denen der direkte Bezug zur fraglichen Aufgabe fehlt. Ein
Beispiel: Eine private Fluglizenz sehr früh im Gespräch zu erwähnen, mag ver-
führerisch sein, im Zweifelsfall dient dieses Zertifikat aber nicht der Entschei-
dungsfindung.
Ein kompetenter Personalexperte fragt sich bei allem, was Sie sagen: „Warum
erzählt der/die mir das?“ Stellen Sie sich diese Frage vorab in eigener Sache:
„Was sollte ich warum von mir erzählen?“ Da wird so einiges wegfallen, auf das
Sie allerdings später immer noch zur Abrundung Ihres Profils eingehen können.

Richtschnur ist das Anforderungsprofil der Aufgabe


Ihr Gesprächspartner hat natürlich (fast) nichts als das Anforderungsprofil der
zu besetzenden Position im Kopf und so sollten Sie es auch halten. Wenn bei-
spielsweise Organisationstalent gefragt ist, dann sollten Sie als Berufseinsteiger

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Sich selbst darstellen

gegebenenfalls erwähnen, dass Sie Klassenfeste oder Freizeitunternehmungen


eines Wohlfahrtsverbandes mit vorbereitet haben.

Wie höre ich auf?

Viele Bewerber haben Angst vor dem Schluss. Sie fürchten, sich nicht hinrei-
chend erklärt zu haben oder nicht im beabsichtigten Sinne verstanden worden
zu sein und legen deshalb unentwegt nach. Deshalb: Hören Sie rechtzeitig auf!
Wie bereits gesagt, ist es immer gut, zum Abschluss die Kurve zu der Aufgabe
zu bekommen, um die es geht.

Beachten Sie die „FünfPunkteFormel“ für Präsentationen


„ Interesse wecken: Entscheiden Sie sich für eine der Starttechniken.
„ Sagen, worum es geht (Ziel / Standpunkt / Kerninformation): Unter diesem
Punkt wird knapp und präzise die Kerninformation formuliert.
„ Seinen Standpunkt begründen (Argumente): Als Bewerber gilt es hier Ar
gumente zu bringen, die im eigenen Sinn und im Sinn der Firma überzeu
gend sind.
„ Beispiele bringen (Anschauung): Wer behauptet, Organisationstalent zu
haben, sollte Anlässe benennen, bei denen er dieses unter Beweis stellen
konnte.
„ Zum Handeln auffordern (Appell): Bei einem Bewerbungsgespräch sollte
man hier natürlich nicht zu forsch auftreten. Der Appell nach der Selbstdar
stellung könnte etwa lauten: „Ich würde mich freuen, wenn diese Informa
tionen Sie überzeugen konnten, dass ich zur ausgeschriebenen Position
passe.“ – Oder: „Es wäre schön, wenn Sie mir Ihr Vertrauen hinsichtlich der
besprochenen Aufgabe schenken würden.“ Insbesondere bei Verkaufsjobs ist
es wichtig, nach der Selbstdarstellung noch einmal klar zu sagen, was man
erreichen will.

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Selbstbewusst agieren: „Was sind Ihre


persönlichen Stärken?“

Die Frage nach den Stärken lässt sich in keinem Interview vermeiden.
Selbst, wenn Sie nicht direkt darauf angesprochen werden, sollten Sie
unbedingt eine Antwort darauf ins Gespräch einfließen lassen. Dabei ist
weder schüchterne Bescheidenheit gefragt, noch sollten Sie Eigenschaf
ten anpreisen, die Ihrer Persönlichkeit gar nicht entsprechen. Auch ver
langt niemand, dass Sie mit Ihrem potenziellen neuen Chef über die Re
lativitätstheorie diskutieren. Schauen wir uns ein paar Strategien an: die
bescheidene von Herrn Petzold oder die selbstbewusste von Herrn Berger
– oder vielleicht können Sie von der jungen Julia Lüdemann etwas ler
nen?

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Selbstbewusst agieren

Dialog 1: Um die Antwort gedrückt


Mathias Petzold, der Ersteinsteiger, der sich um die Vertriebsassistenz bewirbt, wird
nach seinen Stärken gefragt.

Personalchefin: Herr Petzold, die Einladung zum Vorstellungsgespräch zeigt


Ihnen, dass Sie zum engeren Kreis der Interessenten gehören. Wir haben natür-
lich einen bestimmten Eindruck von Ihnen, aber Sie kennen sich selbst am
besten. Wo liegen Ihre Stärken?
n Petzold: Ach, also, äh ..., wissen Sie, das können andere wirklich besser
beurteilen.
o Ich bin da befangen. Eigenlob stinkt und das ist nicht meine Art.
Vertriebsleiter: Aber Sie müssen doch wissen, wo Ihre Vorzüge liegen!
p Petzold: Ja. Schon. Aber als Berufseinsteiger kann man noch gar nicht wissen,
worauf es ankommt. Vielleicht bin ich auch einfach zu bescheiden.
Personalchefin: Herr Petzold, Ihre Bescheidenheit in Ehren. Dennoch: Wir
suchen einen Mitarbeiter, der weiß, was er will und was er kann. (Pause)
q Petzold: Hm. Also gut. Sie haben ja gesehen, dass ich in Logistik mit ‚gut’
abgeschlossen habe. Marketing hat mich auch immer sehr interessiert und da
war ich, glaube ich, überdurchschnittlich gut.

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Dialog 1: Um die Antwort gedrückt

So urteilt der Personalexperte

Hier erfahren Sie, warum Bescheidenheit manchmal mehr schaden kann als sie
hilft:
n „Wissen Sie, das können andere wirklich besser beurteilen.“
So kann er sich nicht aus der Affäre ziehen. Von einem Bewerber wird erwartet,
dass er seine Stärken kennt.
o „Eigenlob stinkt.“
Hier kann man nur empfehlen: „Tu Gutes und sprich darüber! Sei selbstkri-
tisch, aber mach dich nicht klein!“
p „Aber als Berufseinsteiger kann man noch gar nicht wissen, worauf es an-
kommt..“
Falsch! Am Ende einer Ausbildung sollte man wissen, was einem liegt und was
einem weniger liegt.
q „Na ja, Sie haben ja gesehen, dass ich in Logistik mit ‚gut’ abgeschlossen ...“
Die Noten kann der Personaler auch dem Zeugnis entnehmen.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Er hat
„ auf die klare Frage nach den persönlichen Stärken mit Gemeinplätzen rea
giert,
„ den unakzeptablen Standpunkt vertreten, dass man als Berufseinsteiger
seine Stärken noch nicht kennen müsse und
„ die Frage nach den Stärken am Ende über Examensnoten beantwortet. Das
ist nicht falsch, aber zu wenig. Die Frage nach den Stärken zielt nun einmal
aus guten Gründen zuallererst auf Persönlichkeitsmerkmale ab.

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Selbstbewusst agieren

Dialog 2: Wahllos Stärken genannt


Auch Thomas Berger, der Konkurrent von Herrn Petzold, wird vom Vertriebsleiter
und der Personalchefin nach seinen Vorzügen befragt.

Personalchefin: Herr Berger, welche persönlichen Stärken zeichnen Sie aus?


n Berger: Meine Stärken? Teamspirit, Durchsetzungsfreude, Sozialkompetenz!
Ich bin auch sehr kontaktfreudig –
Personalchefin: Augenblick – was genau meinen Sie mit Sozialkompetenz?
o Berger: Na ja, sozial kompetent, wenn man kommunikativ ist. Kommunikati-
onsfähigkeit ist heute im Berufsleben ja unverzichtbar. Watzlawick sagt, man
kann nicht nicht kommunizieren. Wir senden immer Signale aus. Über die
Körpersprache. – Und Zuhören. Ganz wichtig. Ich glaube, viele Probleme im
Betrieb haben damit zu tun, dass jeder ständig auf Sendung ist und ...
Vertriebsleiter: Darf ich hier mal unterbrechen – Sie reden außerdem von
Teamspirit und Durchsetzungsfreude. Widerspricht sich das nicht?
p Berger: Äh, finde ich nicht. Schlagen Sie doch mal die Zeitung auf. Da werden
diese Eigenschaften in fast jeder Stellenanzeige gefordert.
q Gutes Teamwork ist heutzutage entscheidend für einen gesunden Betrieb.
Personalchefin: Wenn Sie harmoniesüchtig sind, gehen Sie ab einer bestimm-
ten Hierarchieebene unter. Kennen Sie diesen Leitsatz: ‚Wenn Blut fließt, sei’s
drum. Hauptsache, es ist nicht Ihr eigenes.’ Was halten Sie davon?
r Berger: Na ja, letztlich kommt es nur darauf an, wer die Macht hat. Und da
machen die eiskalten Egoisten das Rennen.

Herr Berger hat sich ganz gut geschlagen, finden Sie? Dann
Track 14 hören Sie sich das Gespräch auf der CD an!

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Dialog 2: Wahllos Stärken genannt

So urteilt der Personalexperte

„Viel Lärm um nichts“, so könnte man die Art und Weise bezeichnen, mit der
Herr Berger sich selbst schadet:
n „Meine Stärken? Teamspirit, Durchsetzungsfreude, Sozialkompetenz!“
Das klingt wie auswendig gelernt und lädt förmlich zum Nachfassen ein.
o „Na ja, sozial kompetent, wenn man kommunikativ ist.“
Der Bewerber klappert mit Worthülsen und er kann die Begriffe nicht erklären.
p „Schlagen Sie doch mal die Zeitung auf ...“
Die Frage lautete, ob sich Teamfähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit eventuell
widersprechen – darauf kam keine Antwort.
q „Gutes Teamwork ist heutzutage entscheidend ...“
Der Bewerber verliert sich gern im Ungefähren, er formuliert nicht auf den
Punkt, sondern „dampfplaudert“.
r „Na ja, letztlich kommt es nur darauf an, wer die Macht hat ...“
Kaum scharf angetestet, verabschiedet sich der Kandidat von seinem Bekenntnis
zur Teamfähigkeit.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Er hat
„ ganz offensichtlich keine Vorstellung von den Fachbegriffen, die er als seine
Stärken ins Spiel gebracht hat,
„ kein Gespür dafür, dass manche Eigenschaften widersprüchlich wirken,
wenn man sie ohne Erklärung nennt,
„ Qualifikationen benannt, die recht wenig mit der zu vergebenden Aufgabe
zu tun haben.

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Dialog 3: Mit Begründungen überzeugen


Die Studienabsolventin Julia Lüdemann (25) ist Diplom-Kauffrau und bewirbt
sich für ein Trainee-Programm. Sie spricht mit dem Personalchef.

Personalchef: Frau Lüdemann, ich habe Ihnen vorhin etwas über die besonde-
ren Stärken unseres Unternehmens erzählt – wo liegen eigentlich Ihre starken
Seiten?
n Lüdemann: Darüber habe ich natürlich auch nachgedacht, als ich Ihr Stellenan-
gebot gelesen habe. Ich erkenne recht schnell, worauf es ankommt, kann mich
gut strukturieren und bin belastbar. Ja, das sind meine Stärken.
Personalchef: Woher wissen Sie das?
o Lüdemann: Mein Deutschlehrer hat uns eingebläut, bei jedem Thema, egal was,
zunächst zu fragen: „Worauf kommt es an?“ Das hat mir im Studium und bei
meinen Praktika unheimlich geholfen.
p Mich gut zu strukturieren habe ich auch bei AISSEC gelernt, wo ich ehrenamt-
lich gearbeitet und viele Projekte gemacht habe. Das war learning by doing. Ich
denke, die Fähigkeit, das Wesentliche zu erkennen und Prioritäten zu setzen,
das wird auch in diesem Job wichtig sein.
Personalchef: Sie halten sich für belastbar. Das – Frau Lüdemann – kann jeder
sagen. Kann es sein, dass Sie im Moment besonders angespannt sind?
q Lüdemann: Tja, wenn Sie jetzt meinen Puls messen würden, der ist bestimmt
bei 180. (lacht) Was ich sagen will, ist, dass ich zu Hochform auflaufe, wenn ich
richtig gefordert werde. Das reizt mich.
Personalchef: Haben Sie manchmal Angst?
r Lüdemann: Ja, schon. Aber Angst an sich ist nichts Schlimmes. Ich finde es
wichtig, Selbstvertrauen zu haben, sich zu seinen Ängsten zu bekennen und sie
so zu überwinden.

Unerfahren, aber selbstbewusst. Hören Sie, wie Julia Lüdemann


Track 15 ihre Stärken darstellt.

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Dialog 3: Mit Begründungen überzeugen

So urteilt der Personalexperte

Frau Lüdemanns Klarheit überzeugt. Ich erkläre Ihnen, weshalb:


n „Darüber habe ich natürlich auch nachgedacht, als ich Ihr Stellenangebot gele-
sen habe.“
Sie bringt die Frage nach den Stärken in Zusammenhang mit der zu besetzen-
den Position, das ist schon mal prima! Vorbereitet hat sie sich auch, und in der
Tat bemerkt, worauf es ankommt.
o „Mein Deutschlehrer hat uns eingebläut ...“
Eine gute und sympathische Begründung.
p „Mich gut zu strukturieren habe ich auch bei AISSEC gelernt ...“
Endlich wird der Personalexperte nicht mit Banalitäten abgespeist, sondern
bekommt nachvollziehbare Begründungen präsentiert.
q „Tja, wenn Sie jetzt meinen Puls messen würden ...“
Die Bewerberin darf ruhig aufgeregt sein. Als Trainee sollte sie nur nicht den
Überblick verlieren oder in Panik geraten, wenn sie etwas härter gefordert wird.
r „Angst an sich ist nichts Schlimmes ....“
Einverstanden. Angst ist die Hüterin der Gesundheit und des Lebens. Sie darf
nur nicht vorrangig das Tun und Handeln bestimmen.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ Stärken genannt, die für die zu erfüllende Aufgabe wichtig sind,
„ begründet, warum sie sich diese Stärken zuschreibt und
„ bei der Formulierung ihrer Vorzüge nicht übertrieben, sondern einen kleinen
selbstkritischen Akzent (Thema Angst) gesetzt.

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Selbstbewusst agieren

Dialog 4: Stärken, die nicht zur Aufgabe


passen
Der Absolvent und Diplom-Kaufmann Kai Heller soll etwas über seine Stärken
berichten.
n Heller: Nun, ich habe ein Prädikatsexamen vorzuweisen, außerdem entspre-
chen meine Studienschwerpunkte den Anforderungen der Aufgabe. Dann war
ich im Ausland, unter anderem in Polen und da habe ich hervorragende Erfah-
rungen sammeln können. Ich pflege noch heute Kontakte zu einigen Kollegen.
Personalberater: Wir haben mehrere Bewerber mit einem Prädikatsexamen
und im Ausland waren auch alle, die wir eingeladen haben.
o Heller: Ja, ich verstehe. Aber Sie haben meinen Unterlagen ja entnommen, dass
ich mein Studium in relativ kurzer Zeit durchgezogen habe, ich denke, das
spricht für Zielstrebigkeit. Außerdem haben wir an der Uni sehr viel in Projek-
ten gearbeitet, da konnte man sehr gut seine Teamfähigkeit entwickeln.
Personalberater: Wir reden hier ja zunächst über eine Assistentenaufgabe bei
einem Geschäftsführer – ich habe Ihnen die Anforderungen ja erläutert. Team-
fähigkeit steht da gewiss nicht an erster Stelle.
p Heller: Ach so, das meinen Sie. Also ich bin kooperativ, loyal, kann sehr gut
analytisch denken, verliere auch unter Zeitdruck nicht den Überblick, Belast-
barkeit zähle ich übrigens zu meinen besonderen Stärken.

Herr Heller sagt viel – aber klingt das auch überzeugend? Oder
Track 16
eher überheblich?

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Dialog 4: Stärken, die nicht zur Aufgabe passen

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber Heller reagiert leider völlig unstrukturiert und bekommt erst am
Schluss einigermaßen die Kurve. Er zeigt sich hier unvorbereitet – müsste aber
wissen, dass die Frage nach den persönlichen Stärken fast immer gestellt wird
n Nun, ich habe ein Prädikatsexamen vorzuweisen, ...
Die Frage des Personalberaters zielt auf Alleinstellungsmerkmale des Kandida-
ten ab – ein Prädikatsexamen gehört nicht unbedingt dazu. Mit dem Auslands-
aufenthalt in Polen könnte er punkten, wenn dieses Land der wichtigste Han-
delspartner des Unternehmens wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Insgesamt
wirken die Stärken, die der Bewerber hier für sich beansprucht, recht beliebig
und nicht an der Position ausgerichtet. Und darauf kommt es zuallererst an.
o … dass ich mein Studium in relativ kurzer Zeit durchgezogen habe, ich denke,
das spricht für Zielstrebigkeit.
Aus einem flotten Studium Zielstrebigkeit abzuleiten, geht völlig in Ordnung.
Der Hinweis auf die im Rahmen von Projekten entwickelte Teamfähigkeit wirkt
glaubwürdig, geht aber an den spezifischen Anforderungen einer Assistenten-
aufgabe vorbei. Im Übrigen sollte er besser „da konnte ich“ statt „da konnte
man“ sagen – das wirkt persönlicher.
p Also ich bin kooperativ, loyal, kann sehr gut …
Hier ist der Knoten geplatzt und der Bewerber führt Eigenschaften an, die einen
guten Assistenten kennzeichnen. Natürlich würde der Personaler jetzt nachha-
ken und fragen, wo man derartige Eigenschaften denn bereits zeigen und erpro-
ben konnte.

Das hat der Bewerber gut bzw. weniger gut gemacht


„ Er hat wichtige Soft Skills wie Zielstrebigkeit, Belastbarkeit, analytisches
Denkvermögen und Kooperationsfähigkeit glaubwürdig benannt.
„ Loyalität ist nun einmal wichtig und deshalb kommt es gut an, wenn insbe
sondere Nachwuchskräfte den Stellenwert dieser Eigenschaft richtig einord
nen.
„ Es ist ungünstig, bei der Frage nach den persönlichen Stärken Eigenschaften
anzuführen, die zwar grundsätzlich erwünscht, aber für die angestrebte Posi
tion nicht unverzichtbar sind. Dies gilt in diesem Fall – also für eine Assisten
tenposition  für die Teamfähigkeit.

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Selbstbewusst agieren

Dialog 5: Gutes Marketing in eigener


Sache
Auch die Politologin Kathrin Bornemann soll sich nun über ihre persönlichen Vor-
züge äußern.
Personalberater: Sie können sich vorstellen, Frau Bornemann, dass wir nicht
wenige Bewerbungen erhalten haben. Was spricht für Sie?
n Bornemann: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist eine hochpolitische Aufgabe –
ich habe als Diplom-Politologin gelernt, in politischen Kategorien zu denken.
Mehr noch, ich habe mich trotz vieler Warnungen – Tenor: Damit kannst Du
kein Geld verdienen – für dieses Studienfach entschieden. Ich denke, das emp-
fiehlt mich für die Aufgabe.
Personalberater: Das ist mit ein Grund, warum Sie eingeladen wurden. Für
Platz eins unter allen Interessenten reicht das natürlich noch nicht.
o Bornemann: Das ist mir durchaus bewusst. Gut, dann tue ich jetzt mal das, was
ich in diesem Job für Ihren Auftraggeber tun müsste oder dürfte – ich beant-
worte Ihre Frage sozusagen als Pressesprecherin in eigener Sache. Im Rahmen
meiner bisherigen Tätigkeiten habe ich unter anderem gelernt, Projekte zu
entwickeln, die entsprechenden Projektanträge politisch korrekt zu formulieren
und für diese im Rahmen von Präsentationen überzeugend zu werben. Die
Gremien, die ich gewinnen musste, waren Sponsoren, die sich den Einsatz von
finanziellen Mitteln sehr genau überlegt haben. In dieser Aufgabe war ich, ich
sag’ das jetzt mal so direkt, überdurchschnittlich erfolgreich. Vor allem hat es
mir auch noch Spaß gemacht.
Personalberater: Und was empfiehlt Sie ganz persönlich? Bitte in einem Satz.
p Bornemann: Ich kann einen Standpunkt, von dem ich überzeugt bin, sicher
und psychologisch wirkungsvoll vertreten.

Clever, der Rollenwechsel. Hört sich das auch gut an oder eher
Track 17
etwas gekünstelt?

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Dialog 5: Gutes Marketing in eigener Sache

So urteilt der Personalexperte

Die Bewerberin antwortet überzeugend, ohne in Eigenlob zu verfallen. Beson-


ders gut kommt an, dass sie nicht nur Stärken aufzählt, sondern diese aus Ihrem
Werdegang ableitet.
n … ich habe mich trotz vieler Warnungen … für dieses Studienfach entschieden.
Ich denke, das empfiehlt mich für die Aufgabe.
Genau dieses Argument spricht dafür, Absolventen von exotischen bzw. „brot-
losen“ Studienfächern eine Chance zu geben. Oft verbirgt sich hinter der Ent-
scheidung für ein Orchideenfach eine starke Persönlichkeit, die konsequent
verfolgt, was sie für richtig hält.
o Gut, dann tue ich jetzt mal das, was ich in diesem Job für Ihren Auftraggeber
tun müsste oder ....
Sehr geschickt gemacht! Die Bewerberin schlüpft in ihre angestrebte Rolle und
profiliert sich so für die zu vergebende Aufgabe. Ganz folgerichtig leitet sie ihre
Eignung aus ihren bisherigen Aufgaben und Erfahrungen ab.
p Ich kann einen Standpunkt, von dem ich überzeugt bin, sicher und psycholo-
gisch wirkungsvoll vertreten.
Nach einer längeren Einlassung macht es sich immer sehr gut, zur Abwechslung
kurz und präzis zu antworten. Die Bewerberin kommt der Aufforderung des
Personalberaters – „Bitte in einem Satz.“ – gekonnt nach.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie hat ihr Studienfach konsequent in eine Beziehung zur ausgeschriebenen
Aufgabe gebracht. Insbesondere bei geisteswissenschaftlichen Fächern ist das
sehr wichtig.
„ Die Idee, in die angestrebte Aufgabe bzw. Rolle zu schlüpfen und ausdrücklich
Marketing in eigener Sache zu betreiben, ist gut. Bei „verkäuferischen“ Jobs
bietet sich das geradezu an.

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Selbstbewusst agieren

So kommen Sie gut an


„ „Warum sollten wir uns ausgerechnet für Sie entscheiden?“ Erkennen Sie
das Frageziel
Die Frage nach den Stärken – und darum geht es hier ja letztlich – wird im-
mer wieder gern gestellt. Wer sich von ihr überrascht fühlt, ist schlecht vor-
bereitet. Im Grunde geht es darum, sich mit wenigen Sätzen für eine be-
stimmte Aufgabe zu empfehlen. Natürlich kann man hier einen Sack voller
Lügen abliefern. Aber wer stammelnd die eigene kommunikative Kompe-
tenz abfeiert, kann in dieser Hinsicht allemal einpacken. Grundsätzlich soll-
te sich jeder Mensch seiner Stärken bewusst sein, denn nur dann kann man
diese gezielt einsetzen und auch weiterentwickeln.
Es gibt keinen Grund, sich hier zu genieren. Jedes Unternehmen muss sich
regelmäßig mit der Frage befassen, was seine Produkte und Dienstleistungen
von anderen Anbietern positiv abhebt. Das gilt auch für die Mitarbeiter. Als
Bewerber muss man in der Lage sein, einige Kernpunkte der persönlichen
Identität zu benennen, also jene Eigenschaften, die einen unverwechselbar
und damit nicht austauschbar machen.
Eine Musterantwort: „Warum sollten wir uns ausgerechnet für Sie entschei-
den?“ – „Ich glaube nach diesem Gespräch, dass mein Profil sehr gut zur
Aufgabe passt. Ausbildung und Erfahrung stimmen, außerdem habe ich in
meinem bisherigen Berufsleben beweisen können, dass ich durchsetzungs-
stark und teamfähig bin. Und das zählt in dem Job ja ganz besonders. Au-
ßerdem finde ich die Produkte Ihres Hauses prima. Klar, ich kenne meine
Mitbewerber nicht. Aber vom Kopf und vom Gefühl her würde ich bei Ih-
nen gern starten.“
„ Das Anforderungsprofil der Aufgabe beachten
Vorsicht: Es geht nicht um irgendwelche tollen Eigenschaften, über die Sie
als Bewerber verfügen, sondern um jene, die zur Aufgabe passen. Die meis-
ten Stellenangebote geben Ihnen ja eine gute Vorlage. Beispiel: „Als Schicht-
leiter behalten Sie den Überblick in Stresssituationen, können Prioritäten
setzen, erkennen Zusammenhänge und können komplexe Situationen
strukturieren.“ Jetzt wissen Sie genau, auf welche fachübergreifenden Quali-
fikationen es ankommt.

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So kommen Sie gut an

„ Die im Stellenangebot benannten Eigenschaften umformulieren


Es ist nicht ratsam, bei der Frage nach den Stärken die im Stellenangebot
erwähnten Soft Skills nur einfach „aufzusagen“. Verwenden Sie eigene For-
mulierungen, ohne allerdings den Kern der Anforderungen zu verfälschen.
Sagen Sie statt „Ich kann Prioritäten setzen“ beispielsweise: „Ich kann recht
gut zwischen Wichtigem und weniger Wichtigem unterscheiden und hande-
le auch entsprechend.“

„ Keine falsche Bescheidenheit


Im Job gilt es, die Vorzüge des eigenen Unternehmens und seiner Produkte
selbstbewusst nach außen zu vertreten – deshalb sollte man dies auch für
sich selbst können. Wer sich bei der Frage nach den Stärken zu lange ziert
oder bitten lässt, ruft den Verdacht hervor, dass er sich im Umgang mit
Kunden zu defensiv verhalten wird.

„ Strafen Sie sich nicht selbst Lügen


Geben Sie keine Eigenschaft als Stärke an, bei der Sie eventuell sofort den
Beweis antreten müssen und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit scheitern
werden. Manche Bewerber sprechen recht unbedarft von ihrer ’kommuni-
kativen Kompetenz’ und können keinen vernünftigen Satz formulieren. Wer
seinem Gesprächspartner bei der Begrüßung die Hand wie einen toten Fisch
gereicht hat, sollte sich überlegen, ob er ‚Belastbarkeit in Bewährungssituati-
onen’ als besonderen Vorzug angeben möchte.

„ Weniger ist mehr


Es gibt Bewerber, die bei der Frage nach den Stärken ein sehr breites Sorti-
ment ausloben. Das wirkt natürlich absolut unglaubwürdig. Tipp: Kein Pot-
pourri anbieten. Es werden keine Überflieger gesucht, sondern Menschen,
die gut zu einer Aufgabe passen.

„ Die Stärken mit Argumenten belegen


Es reicht nicht aus, die zur Aufgabe passenden Stärken benennen zu kön-
nen, man muss auch Gründe in petto haben. „Wieso“, könnte Sie ein Perso-
nalexperte fragen, „halten Sie sich für überdurchschnittlich flexibel? Das
kann ja jeder von sich behaupten.“ Hier die Antwort einer Bewerberin: „Ich
habe als studentische Hilfskraft in Sarajewo einen Workshop vorbereitet. Als
der Referent starten wollte, war der Beamer weg. Da bin ich durch die Stadt
getigert und eine Stunde später hatte ich das Gerät.“ Argumente für Ihre
Stärken können Sie aus allen Lebensbereichen ableiten: Aus der familiären

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Selbstbewusst agieren

Situation und Ihrer Geschwisterposition, aus dem Erziehungsstil Ihrer El-


tern, aus Ihren schulischen Leistungen, aus Ihren Ausbildungsinhalten und
-ergebnissen, aus erhaltenen Auszeichnungen, aus Arbeitszeugnissen, aus
sportlichen Leistungen (Ausdauer- und Mannschaftssport), aus gesellschaft-
lichem Engagement und auch aus schwierigen Lebenssituationen – Krank-
heiten, Schicksalsschlägen, häufigen Umzügen. Hier einige Beispiele:
„ Beziehen Sie sich auf Zeugnisse: „Meine früheren Arbeitgeber haben mir
gute organisatorische Fähigkeiten bescheinigt.“ – „In Mathematik war
ich immer besonders gut. Das hat sicher etwas mit meinem analytischen
Denkvermögen zu tun.“
„ Erwähnen Sie ehrenamtliche Tätigkeiten: „In meiner Schulzeit wurde
ich mehrmals zur Klassensprecherin gewählt. Ich denke, das hat schon
etwas mit meiner Sozialkompetenz zu tun.“
„ „Wir haben während des Studiums sehr viele Projektarbeiten gemacht –
bei einigen davon war ich federführend tätig. Da konnte ich die Grund-
züge eines erfolgreichen Projektmanagements bereits recht gut in der
Praxis erlernen.“
„ Teamfähigkeit? „In der Schulzeit habe ich schon meinen Platz im Klas-
senverband gefunden. Diese Fähigkeit hat mir später bei der Ausbildung
auch sehr geholfen. Zum Glück hat auch unser Ausbildungsleiter auf
Teamwork sehr viel Wert gelegt.“
„ Durchsetzungsfähigkeit? „Ich habe einen großen Bruder und da musste
ich als Kind schon lernen, mich nicht unterbuttern zu lassen. Hinzu
kommt, dass wir – bedingt durch den Beruf meines Vaters – recht häu-
fig umgezogen sind. Ich war also öfter der ‚Neue’ in der Schule, da habe
ich gelernt, mich zu behaupten.“

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

Persönliche Stärken darstellen


Bei der Frage nach den Stärken handelt es sich um eine Gratwanderung zwi-
schen Selbstbewusstsein und der Fähigkeit zur Selbstkritik. Wer zu sehr auf den
Putz haut, steht nicht besser da als jemand, der sein Licht unter den Scheffel
stellt. Kompetente Bewerber haben sich natürlich auf diese Frage vorbereitet
und ihre Eigenschaften und besonderen Vorzüge nebst Begründung vorab ein-
mal aufgeschrieben. In diesem Zusammenhang kann es auch nicht schaden, das
folgende Untersuchungsergebnis zum Stellenwert von Qualifikationen zu ken-
nen, auf die Personaler besonders achten (Quelle: Access Wirtschaftswoche vom
3.3.2005):
1. Soft Skills
2. Praxiserfahrung
3. sehr gute Englischkenntnisse
4. EDV-Kenntnisse
5. Examensnote
6. Studiendauer
7. Engagement neben dem Studium
8. Auslandspraktikum
9. Alter
10. Auslandssemester

Wissen, wer man ist und mit sich und diesem Wissen in Einklang zu leben, das
ist nach Peter Drucker, dem großen alten Mann der Managementberatung, die
erste Voraussetzung für Erfolg. Viele Bewerberinnen und Bewerber beantwor-
ten sich die Frage nach den persönlichen Stärken – und die machen ja die Un-
verwechselbarkeit eines Menschen aus – nur oberflächlich und oft leider auch
falsch.
Wer bin ich? Was kann? Was will ich? Versuchen Sie, auf diese Schlüsselfragen
stimmige und überzeugende Antworten zu finden. Seien Sie dabei selbstkritisch,
aber machen Sie sich nicht unnötig klein.
„ Die Frage „Wer bin ich?“ bezieht sich auf Persönlichkeitseigenschaften.
„ Die Frage „Was kann ich?“ zielt auf Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten ab.
„ Bei der Frage „Was will ich?“ geht es um Ihre kurz-, mittel- und langfristi-
gen beruflichen Ambitionen.

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Selbstbewusst agieren

Reden Sie als Bewerber bei der Frage nach den Stärken nicht nur über Ihre
Fachkenntnisse. Wer nur etwas über seinen Beruf weiß, weiß wenig über seinen
Beruf. Wer es schafft, als 18-Jähriger einen Computerwurm zu entwickeln, der
weltweit Rechner außer Gefecht setzt, verfügt zweifellos über gutes IT-Wissen.
Es kommt aber immer darauf an, was man mit seinem Expertentum anstellt.
Und das möchte Ihr potenzieller Arbeitgeber gern wissen, bevor er Ihnen einen
Arbeitsvertrag aushändigt.

Füchse gesucht

„Der Fuchs weiß viele Dinge, aber der Igel weiß eine große Sache.“ Das Zitat
stammt von dem antiken griechischen Dichter Archilochos, der damit wohl
sagen wollte, dass der schlaue Fuchs vor der einzigen Waffe des Igels kapitulie-
ren muss. Aber die Zeiten und Umstände haben sich einstweilen geändert. Heu-
te kommt der Igel oft nicht mehr heil über die Straße. Sein einziger Wettbe-
werbsvorteil bringt ihm den Tod, weil ihm angesichts eines nahenden Autos
nicht anderes einfällt, als sich zusammenzurollen. Fuchs oder Igel? Generalist
oder Spezialist? Die Frage ist offenbar gut 2000 Jahre alt.

Wie kann man sich beruflich am besten positionieren?


Sollte man eine Qualifikation bzw. Eigenschaft auf Kosten anderer möglicher
Merkmale perfektionieren? Ist es besser, über verschiedene – wenn auch nicht
immer perfekte – vorteilhafte Eigenschaften zu verfügen? Der amerikanische
Motivationsforscher Abraham Maslow würde antworten: „Wer als einziges
Werkzeug einen Hammer hat, neigt dazu, alles wie einen Nagel zu behandeln.“
Consultants haben den beruflichen Misserfolg in diesem Sinne längst auf eine
einfache Formel gebracht: „Hired by ability, fired by personality.“ Persönlichkeit
zählt und sie zeigt sich in fachübergreifenden Qualifikationen, also in den Soft
Skills.

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Mut zum Mangel:„Wo liegen Ihre


persönlichen Schwächen?“

Die lästige Frage nach den persönlichen Defiziten ist kein Pausenfüller,
sondern ein wichtiges psychodiagnostisches Element von Vorstellungsin
terviews. Zwar werden selbstbewusste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
gesucht, doch wenn ein Bewerber im Anschreiben mit der Formulierung
„Die in der Anzeige beschriebenen Anforderungen erfülle ich voll und
ganz“ auf den Putz gehauen hat, fragen Personalexperten gerne noch
einmal nach. Natürlich soll niemand wahrheitsgemäß einräumen, dass er
aus einer freizeitorientierten Schonhaltung heraus möglichst viel Geld
verdienen möchte. Auch geht es nicht darum, seine intimsten Schwächen
zu offenbaren. Aber worum geht es dann? Schauen wir uns die drei Be
werber an, die eben die Frage nach den Stärken mehr oder weniger er
folgreich beantwortet haben.

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Mut zum Mangel

Dialog 1: Zu naiv
Herr Petzold spricht ebenfalls mit seinen Interviewern über seine Schwächen.

Personalchefin: Man soll der Welt, Herr Petzold, wenn schon nicht seinen
schlechtesten, dann wenigstens seinen zweitschlechtesten Charakterzug zeigen.
Zu welchen Schwächen bekennen Sie sich?
n Petzold: Öh – Schwächen? Wie meinen Sie das konkret?
Personalchefin: So, wie ich’s gesagt habe. Wo liegen Ihre persönlichen Defizite?
o Petzold: Jetzt haben Sie mich ganz schön überrumpelt. (zögert)
p Also, meine Freunde sagen immer, ich sei ein Chaot, aber kreativ. Das ist nicht
ganz falsch.
Vertriebsleiter: Wollen Sie sagen, dass Sie schlecht organisiert sind und leicht
den Überblick verlieren?
q Petzold: Ich bin schon ein spontan veranlagter Mensch und verlasse mich gern
auf mein Bauchgefühl. Manchmal geht auch was schief, aber nie so schlimm,
dass sich die Situation nicht retten lässt.

Hören Sie auf der CD, ob Herr Petzold seine Schwächen über
Track 19 zeugend darstellt?

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Dialog 1: Zu naiv

So urteilt der Personalexperte

Wenn sich Herr Petzold besser vorbereitet hätte, wäre ihm das erspart geblie-
ben:
n „Öh - Schwächen? Wie meinen Sie das konkret?“
Typisch: Alle unsicheren Kandidaten wiederholen erst einmal die Frage.
o „Jetzt haben Sie mich ganz schön überrumpelt.“
Vorbereitung mangelhaft. Es hat sich doch herumgesprochen, dass mit der
Frage nach den Schwächen zu rechnen ist.
p „Meine Freunde sagen immer, ich sei ein Chaot, aber kreativ ...“
Der Mann ist rührend naiv. Hier wird ein Mitarbeiter gesucht, der nichts dem
Zufall überlässt.
q „Manchmal geht auch was schief ...“
Dieser Bewerber kann sich als Assistent zu einer echten Gefahr auswachsen.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Der Bewerber erhält zunächst aufgrund seiner Gradlinigkeit einen Pluspunkt,
der ihm aber aufgrund seiner Naivität sofort wieder abgezogen wird.
Nicht gut kommen an:
„ die Begriffsstutzigkeit angesichts der Frage nach den Schwächen,
„ die fehlende Vorbereitung,
„ die laxe Haltung gegenüber Fehlern,
„ die Fehleinschätzung der AssistentenPosition hinsichtlich der Anforderun
gen, denn mit Sicherheit wird ein hohes Maß an Organisationsfähigkeit
verlangt.

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Mut zum Mangel

Dialog 2: Ausgewichen
Herr Berger im Gespräch mit Personalchefin und Vertriebsleiter.

Personalchefin: Wir haben ausführlich über ihre starken Seiten gesprochen.


Nun zu einer unangenehmen Frage: Was können Sie nicht?
n Berger: Ich glaube, ein gesundes Selbstbewusstsein ist das A und O. Wer an sich
glaubt, überwindet alle Hindernisse. (Pause) Das ist es, darauf kommt es an.
Personalchefin: Man kann aber auch mit voller Überzeugung vor die Wand
laufen ...
o Berger: Jeder kann sich mal irren, niemand ist perfekt.
Vertriebsleiter: Dann mal raus mit der Sprache: Wo sind Sie nicht perfekt?
p Berger (zögernd): Na ja, es kann schon mal passieren, dass einem Fehler
unterlaufen, weil sich die Umstände auf einmal geändert haben. Wir kennen
nur einen Teil der Fakten und müssen plötzlich Entscheidungen treffen – oder
so. Niemand schützt einen vor unangenehmen Überraschungen.
Vertriebsleiter (ungeduldig): Wohl wahr! Aber sprechen Sie doch von einem
konkreten Misserfolg – einen, den Sie sich selbst zuzuschreiben haben!
q Berger: Kein Problem! In meinem Zeugnis steht im Fach „Allgemeine Be-
triebswirtschaftslehre“ nur ein „ausreichend“. Da habe ich mich sehr drüber
geärgert. Na ja, der Professor und ich, wir standen von Anfang an auf Kriegsfuß.
Personalchefin: Kennen Sie Eigenschaften an sich, die Sie lieber nicht hätten?
Berger: Jeder hat so seine Schwächen, das ist doch ganz normal. Ich finde, man
sollte sich auf seine Stärken konzentrieren – dann kommt der Erfolg von selbst.

Herr Berger findet Fehler nicht so schlimm. Hören Sie, ob er


Track 20 diese Einstellung auch überzeugend vertritt.

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Dialog 2: Ausgewichen

So urteilt der Personalexperte

Erneut macht Herr Berger mehr mit heißer Luft als mit Inhalten auf sich auf-
merksam:
n „Ich glaube, ein gesundes Selbstbewusstsein ist das A und O.“
Antwort verweigert! Der Bewerber redet um den heißen Brei herum.
o „Jeder kann sich mal irren, niemand ist perfekt.“
Dieser Satz müsste verboten werden. Wer halbwegs authentisch wirken will,
sollte ihn sich auf alle Fälle verkneifen.
p „Na ja, es kann schon mal passieren, dass einem Fehler unterlaufen ... Jeder hat
so seine Schwächen, das ist doch ganz normal.“
Hier ist eine verantwortungsbewusste Nachwuchskraft gefragt, also jemand, der
im Guten wie im Bösen seinen Kopf hinhält und sich nicht hinter Floskeln
versteckt. Und schon gar nicht den Umständen die Schuld gibt, wenn etwas
nicht rund läuft.
q „Der Professor und ich, wir standen von Anfang an auf Kriegsfuß.“
Das kommt mir bekannt vor: ‚Schuld sind immer die anderen.’

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Dem Bewerber ist anzukreiden, dass er
„ auf jede Frage plump ausweichend reagiert,
„ diverse Allerweltsweisheiten äußert,
„ über sich selbst so spricht, dass es ja keiner merkt,
„ sich in die Formulierung „man“ flüchtet, wo er hätte „ich“ sagen sollen und
„ mit „wir“ den Gesprächspartner ungefragt in seine Diagnose der Verhältnis
se einbezieht. Das klingt oft wie die typische Frage bei Chefarztvisiten:
„Wie geht’s uns denn heute?“

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Mut zum Mangel

Dialog 3: Glaubwürdig und sympathisch


Auch Julia Lüdemann, die Bewerberin für das Trainee-Programm, gibt ihre
Schwächen preis.

Personalchef: Frau Lüdemann, in einem Bonmot heißt es, dass Schwächen


einem nicht mehr schaden können, wenn sie einem bewusst sind. Wie ist das
bei Ihnen?
n Lüdemann: Das habe ich mir gedacht, dass Sie danach fragen. Ich komme ja
direkt von der Uni – es kann sein, dass mein Wissen zu theoretisch ist. Ein Se-
minar hat vermutlich wenig mit dem Betriebsalltag zu tun. Andererseits habe
ich gelernt, mir die notwendigen Kenntnisse zu beschaffen und sie anzuwenden.
Personalchef: Haben Sie Eigenschaften, über die Sie sich manchmal selbst är-
gern?
o Lüdemann: Ja, schon! Oft fallen mir in Diskussionen die besten Argumente erst
im Nachhinein ein, wenn es zu spät ist. Ich muss da wohl gelassener werden.
Personalchef: Kann es sein, dass Sie psychisch wenig belastbar sind?
p Lüdemann (nachdenklich): Also, ja ... ich denke schon, dass ich mit Stress gut
klar komme.Es ist eher so, dass mir Manches ganz schön nahe geht. Aber das ist
bestimmt eine Frage der Erfahrung und die muss ich erst noch sammeln.

Der Personalchef nimmt Frau Lüdemann ganz schön in die


Track 21 Mangel. Hören Sie, ob sie besteht.

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Dialog 3: Glaubwürdig und sympathisch

So urteilt der Personalexperte

Frau Lüdemann demonstriert, wie man überzeugend und glaubwürdig wirken


kann. Ich sage Ihnen, warum:
n „Das habe ich mir gedacht, dass Sie danach fragen ...“
Die Interessentin zeigt, dass sie vorbereitet ist und weiß, wo es bei akademi-
schen Berufseinsteigern meist hapert.
o „Ich muss da wohl gelassener werden.“
Diese Selbsteinschätzung wirkt authentisch. Außerdem ist diese Schwäche kein
großes Problem, das bringt die Erfahrung.
p „Ich denke schon, dass ich mit Stress gut klar komme ...“
Sehr gut. Die Bewerberin lässt sich durch eine Suggestivfrage nicht dazu verlei-
ten, mangelnde Belastbarkeit zu bejahen.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ eine Schwäche angesprochen, die für Berufseinsteiger typisch und normal
ist.
„ die Vermutung geäußert, dass sie gelassener werden müsse. Auch dies ist
für Berufseinsteiger ein selbstverständliches und eher sympathisches Defi
zit.
„ hat ‚ich’ statt ‚man’ gesagt – genau Letzteres tun viele, um unverbindlich zu
bleiben oder nicht beim Wort genommen zu werden.

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Mut zum Mangel

Dialog 4: Problembewusst und standhaft


Gerade angehende Führungskräfte müssen um ihre Schwächen wissen. In diesem
Dialog befindet sich die Diplom-Politologin Kathrin Bornemann auf dem Prüf-
stand, denn sie möchte die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen.
Personalberater: Sie haben vorhin sehr überzeugend Ihre Stärken beschrieben,
obwohl Sie sonst eher selbstkritisch wirken. Spielen Sie doch einmal den Advo-
catus diaboli in eigener Sache. Wo sehen Sie an sich selbst einen Optimierungs-
bedarf?
n Bornemann: Sie sprechen von möglichen Defiziten. Nun, ich war noch nie in
einem Unternehmen fest angestellt, ich kenne also Betriebe nur als freie Mitar-
beiterin. Es wäre deshalb völlig neu für mich, auf einmal in Hierarchien und
Machtstrukturen eingebunden zu sein. Wenn man die ungeschriebenen Gesetze
nicht kennt, kann man sich schnell in die Nesseln setzen.
Personalberater: Sie müssen aber in der Tat als Leiterin Presse und Öffentlich-
keitsarbeit auch die Akzeptanz innerhalb des Hauses finden, Frau Bornemann.
o Bornemann: Es ist mir klar, dass man sein Anliegen meist zwei Mal verkaufen
muss – eben nach draußen und nach drinnen. In der Außenwirkung sehe ich
weniger das Problem, und was den internen erfolgreichen Auftritt betrifft, ich
denke, das ist sehr stark eine Frage des Einfühlungsvermögens und eines zu-
nächst behutsamen Vorgehens.
Personalberater: Und wenn es dann doch zu Konflikten kommt?
p Bornemann: Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen und werde im Rahmen dieser
Aufgabe das tun, was ich für richtig halte – ich werde also nicht gleich einkni-
cken. Andererseits würde ich immer zunächst einmal selbstkritisch analysieren,
inwiefern ich selbst als Konfliktursache in Frage komme.

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Dialog 4: Problembewusst und standhaft

So urteilt der Personalexperte

Das ist eine sehr gute Reaktion auf die Frage nach den persönlichen Schwächen
– sie passt allerdings nur, wenn man die erste Festanstellung anstrebt.
n Sie sprechen von möglichen Defiziten. Nun, ich war noch nie in einem Unter-
nehmen fest angestellt, …
Die Bewerberin spricht unverblümt von Defiziten, wo der Berater zurückhal-
tend den möglichen Optimierungsbedarf thematisiert. Sie kommt dann auch
sofort auf den Punkt und spricht eine Schwäche an, die nicht bagatellisiert wer-
den darf, die aber jedem externen Bewerber mehr oder weniger anhaftet.
o Es ist mir klar, dass man sein Anliegen meist zwei Mal verkaufen … das ist …
eine Frage des Einfühlungsvermögens und eines … behutsamen Vorgehens.
Das ist eine klare und kompetente Aussage. Man muss zunächst einmal innen
stark sein, um nach außen stark wirken zu können. Sehr gut kommt an, dass die
Bewerberin auch gleich sagt, wie sie mögliche Probleme in den Griff bekommen
will.
p … ich werde also nicht gleich einknicken. Andererseits würde ich immer zu-
nächst einmal selbstkritisch analysieren, …
Auch dies ist eine kompetente Einlassung. Firmen suchen Mitarbeiter, die bei
Gegenwind nicht gleich umfallen. Allerdings werden genau so wenig Mitarbei-
ter gesucht, die bei Schwierigkeiten oder Konflikten immer sofort mit dem
Finger auf andere zeigen.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Die Bewerberin spricht Defizite klar an und bagatellisiert nicht. Damit zeigt
sie Problembewusstsein – für sich selbst und die Gegebenheiten in einem Un
ternehmen.
„ Sie zeigt auf, wie sie mögliche Probleme in den Griff bekommen möchte.
„ Die Antwort über ihr Konfliktverhalten zeugt von Standhaftigkeit und zugleich
der Fähigkeit zur Selbstkritik – zwei gefragte Soft Skills bei Führungskräften.

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Mut zum Mangel

Dialog 5: Aus der Schwäche eine Stärke


machen
Auch der Wirtschafts-Informatiker Stefan Sonntag will in die Personalverantwor-
tung und soll nun über sich selbst Tacheles reden.
Personalberater: Sie haben als Fachkraft an der Schnittstelle zwischen Wirt-
schaft und Informatik ja bereits reichlich Erfahrung sammeln können. Aber
eben bisher nur als Fachkraft, Herr Sonntag. Wo könnte es unrund laufen?
n Sonntag: Ich verstehe Ihre Bedenken. Ich war noch nie in der Personalverant-
wortung und ich will nicht verhehlen, dass es für mich gewöhnungsbedürftig
sein könnte, plötzlich an der anderen Seite des Schreibtisches zu sitzen. Da
muss ich sicher lernen, Aufgaben zu delegieren.
Personalberater: Wir müssen alle ständig dazu lernen. So einfach kommen Sie
mir als angehende Führungskraft nicht davon: Was ist Ihre größte Schwäche?
o Sonntag: Ich habe ’mal gelesen, dass Schwächen wie ein Stachel wirken können,
der zu höchsten Leistungen anspornt. Eine der größten Sprinterinnen aller
Zeiten, Wilma Rudolf, litt an einer Gehbehinderung.
Personalberater: Da ist psychologisch etwas dran, aber Sie weichen aus.
p Sonntag: Gut – ich gebe zu, dass ich manchmal recht ungehalten werden kann.
Vor allem dann, wenn Mitarbeiter ihr Wissen für sich behalten. Hier wird häu-
fig ein unnutzer Aufwand betrieben, um die notwendigen Informationen zu
beschaffen, obwohl da jemand im Betrieb sitzt und diese Informationen sozusa-
gen für sich hortet. Nach dem Motto: Ich mach doch die anderen nicht schlau.
Also, das ärgert mich maßlos und da bin ich dann alles andere als pflegeleicht.
Personalberater: Wollen Sie damit sagen, dass Sie manchmal cholerisch reagie-
ren?
q Sonntag: Keineswegs. Aber es gibt Verhaltensweisen, auf die ich allergisch
reagiere.

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Dialog 5: Aus der Schwäche eine Stärke machen

So urteilt der Personalexperte

Herr Sonntag neigt zwar zum Plaudern, führt hier aber eine interessante Vari-
ante ein. Viele Betriebe leiden darunter, dass Mitarbeiter ihr Wissen nicht wei-
ter geben. Das führt nicht selten zu Fehlentscheidungen bzw. zu einem doppel-
ten Aufwand bei der Informationsbeschaffung.
n Ich war noch nie in der Personalverantwortung und …
Die Antwort ist schlüssig. Delegationsfähigkeit ist ein wichtiges Führungsmittel,
aber das muss man „on-the-job“ erlernen. Manche lernen es allerdings nie.
o Ich habe ’mal gelesen, dass Schwächen wie ein Stachel wirken können, …
Sachlich ist dies absolut richtig und deshalb bedeuten Defizite ja nicht automa-
tisch das Aus für einen Bewerber. Es kommt nur darauf an, wie er zu ihnen
steht – ob er sie also als Herausforderung annimmt. Allerdings möchte der
Bewerber damit nur von eigenen Schwächen ablenken – letztlich ist es also
keine gute Antwort, denn sie macht misstrauisch.
p … dass ich manchmal recht ungehalten werden kann. Vor allem dann, wenn
Mitarbeiter ihr Wissen für sich behalten. …
Das ist eine der besten Antworten auf die Frage nach den Schwächen.
q Keineswegs. Aber es gibt Verhaltensweisen, auf die ich allergisch reagiere.
Wer mit dem Herzen dabei ist, reagiert bisweilen emotional. Die Antwort ist
völlig in Ordnung. Was sagte kürzlich Anita Roddick, Gründerin der Kosmetik-
kette Body Shop, im Interview mit der Financial Times Deutschland? „Regen
Sie sich häufiger über irgendetwas auf. Es ist zwecklos, nach neuen Visionen zu
suchen, wenn es an dem Zorn fehlt, sie wirklich umsetzen zu wollen.“

Das hat der Bewerber gut gemacht


„ Er zeigt, dass er sich darüber im Klaren ist, welche Konsequenzen der Schritt
in die Personalverantwortung hat.
„ Mit dem Bekenntnis, ungehalten zu reagieren, wenn andere ihr Wissen für
sich behalten, macht der Bewerber aus einer Schwäche letztlich recht ge
konnt eine Stärke.
„ Nicht cholerisch, aber manchmal allergisch – mit dieser Selbstbezichtigung
macht der Bewerber einen Punkt gut.

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Mut zum Mangel

So kommen Sie gut an


„ Auf die Frage vorbereitet sein
Schwächen, die man sich bewusst macht, können einem nicht mehr sonder-
lich schaden. Das ist der entscheidende Punkt bei dieser Frage. Viele Bewer-
ber greifen trotzdem erst einmal nach der Kaffeetasse wie nach einem Ret-
tungsring. Unangenehme Frage? Überrascht? Nicht vorbereitet? Man kann
nicht nicht kommunizieren. Auch wenn man nicht spricht, sagt der Körper
meist etwas über einen aus. Hüten Sie sich also vor einer ausweichenden Re-
aktion – die meisten Interviewer werden sie Ihnen eher als Minuspunkt aus-
legen.

„ Es geht nicht darum, einen Einblick in seelische Abgründe zu gewähren


Wie geht man mit dieser bei den meisten Bewerbern besonders verhassten
Frage um? „Ehrlichkeit ist die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg. Wer
sie perfekt vortäuschen kann, ist ein gemachter Mann.“ So jedenfalls heißt es
in einem irischen Kaufmannssprichwort. Das klingt zynisch, dürfte aber von
Fall zu Fall zutreffen. Und bei der Frage nach den Schwächen darf man sich,
bei aller erwünschten persönlichen Integrität, ausnahmsweise am irischen
Volksmund orientieren. Ihre Antworten sollen zeigen, ob Sie sich mit Ihren
möglichen Macken befasst haben und ob Sie in der Lage sind, unangenehme
Fragen elastisch abzufedern. Die Frage nach den persönlichen Schwächen ist
also ein „Elastizitäts-Test“. Wichtig ist, dass Sie auf eine sehr persönliche
Frage überzeugend und gewinnend reagieren.

„ Zeigen Sie sich souverän und flexibel


Das Berufsleben hält viele Fragen bereit, die leider nicht immer geradlinig,
sondern manchmal auch mit politischem Taktgefühl beantwortet werden
müssen. Wenn jeder jedem sagte, was er von sich und seinen Mitmenschen
wirklich hält, wäre ein Zusammenleben kaum möglich. Die Empfehlung,
diplomatisch vorzugehen, ist also nicht unethisch. Reden Sie daher über sol-
che Schwächen, die typisch menschlich sind. Beispiel: „Es ärgert mich maß-
los, wenn ich etwas tun soll, dessen Sinn ich nicht verstehe. Dabei weiß ich,
dass manchmal Dinge schnell und ohne lange Diskussion erledigt werden
müssen.“

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So kommen Sie gut an

„ Denken Sie immer an das Anforderungsprofil


Achten Sie darauf, dass Sie keine Schwäche einräumen, die sich mit der zu
vergebenden Aufgabe nicht verträgt. Wer Pilot werden möchte und sich als
Generalist beschreibt, könnte eine Gefahr für die Luftfahrt werden. Führen
Sie Schwächen an, die selbstverständlich sind. Zum Beispiel: „Es ist mir be-
wusst, dass mich die langjährige Zugehörigkeit zu meinem früheren Betrieb
geprägt hat und dass ich nicht alles eins zu eins in den neuen Betrieb über-
setzen kann.“

„ Welche Schwächen können Sie anführen?


Gehen Sie bei Ihren Überlegungen konzeptionell-strategisch vor. Identifizie-
ren Sie zunächst – im Abgleich mit dem Stellenangebot – die unverzichtba-
ren Merkmale für die fragliche Position und suchen Sie sich dann zwei Ei-
genschaften heraus, die Sie als Unzulänglichkeit in eigener Sache gefahrlos
erörtern könnten.

„ Musterantworten
Ich fürchte, dass ich trotz oder eher wegen meines Studiums zu wenig an-
wendungsbezogenes Wissen mitbringe. Ein akademisches Oberseminar hat
vermutlich nicht immer etwas mit der betrieblichen Wirklichkeit zu tun.
Andererseits habe ich gelernt, mir die notwendigen Kenntnisse und Infor-
mationen zu beschaffen und diese kritisch zu bewerten.
Mich ärgert es maßlos, wenn andere im Team ihr Wissen für sich behalten –
so nach der Devise: ‚Ich mach die anderen doch nicht noch schlau.’ Hier
werden viele Reibungsverluste produziert – bzw. wenn alle von ihrem Wis-
sen abgeben, könnte vieles schneller gehen. Wenn ich so was merke, reagiere
ich meist recht ungehalten und undiplomatisch.

To Do: Checken Sie Ihre Soft Skills


Die folgenden Eigenschaften finden Sie in den Anforderungsprofilen von Stel
lenangeboten. Der Katalog wünschenswerter Merkmale ist recht umfangreich,
und wer sie alle zu bieten hat, kann nicht von dieser Welt sein. Stellen Sie sich
deshalb die folgende Frage: Welche der folgenden Eigenschaften (siehe nächste
Seite) sind weniger relevant oder werden vom Start an nicht in vollem Ausmaß
erwartet und eignen sich deshalb für die Beantwortung der Frage nach den
Schwächen?

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Mut zum Mangel

„ Akquisitorische Fähigkeiten „ Kreativität


„ Analytische Fähigkeiten „ Kundenorientierung
„ Beharrlichkeit „ Repräsentatives Auftreten
„ Belastbarkeit „ Selbstkritik
„ Durchsetzungsvermögen „ Selbstsicherheit
„ Eigenmotivation „ Selbstständigkeit
„ Empathie „ Strategisches Denkvermögen
„ Entscheidungsfähigkeit „ Teamfähigkeit
„ Flexibilität „ Technisches Interesse
„ Frustrationstoleranz „ Urteilskraft
„ Führungspotenzial „ Verantwortungsbewusstsein
„ Geduld „ Vertrauensbereitschaft
„ Kommunikationsstärke „ Zielorientierung
„ Kontaktfähigkeit

Dies alles sind zweifellos wünschenswerte Eigenschaften. Prüfen Sie einmal,


wo Sie noch besonderen Entwicklungsbedarf haben.

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

Selbstkritisch sein, wo es nicht weh tut


Wer bei der Frage nach den Schwächen zu Protokoll gibt, dass er oder sie den
zukünftigen Job am liebsten aus einer freizeit-orientierten Schonhaltung heraus
wahrnehmen möchte, wird bestenfalls als Scherzkeks wahrgenommen und wer
seine Schwäche daran fest macht, sich selbstlos aufopfern zu müssen, gerät als
Heuchler gegebenenfalls auch auf die Liste der Absagen. Es geht darum, auf eine
pikante Frage, auf die gar keine wahrhaftige Antwort erwartet wird, überzeu-
gend zu reagieren. Allemal schlechte Karten hat deshalb jeder Bewerber, der von
der Frage nach den persönlichen Schwächen überrascht wird. Schließlich gehört
sie zum Standardrepertoire der meisten Personalverantwortlichen.
Der Hochschulabsolvent, der seine mangelnde praktische Erfahrung als Schwä-
che benennt, kommt fast immer gut an. Pragmatiker, die schon ‚in allen Bü-
schen gelegen haben’, finden solch ein Eingeständnis sowieso gut und allen
anderen gilt es als Indiz für Problembewusstsein.
Wer sich zu seinen möglichen Defiziten outet, muss natürlich aufpassen, dass er
sich nicht aus dem Kreis der Bewerber heraus schießt, weil sich die Schwäche
nicht mit dem anvisierten Job verträgt. So sollte der Aspirant auf eine Stellung
oder einen Ausbildungsplatz bei einer Bank nicht anführen, dass er leider zur
Pedanterie neige.
Wer die Frage nach den persönlichen Schwächen ehrlich und ausführlich be-
antwortet, war möglicherweise gerade in einer Selbsthilfegruppe und hat da
etwas verwechselt – oder er ist beschränkt lebenstauglich. Kurzum: Der Blick in
seelische Abgründe muss nicht freiwillig gewährt werden. Jeder Bewerber hat
ein Recht auf den Schutz seiner Intimsphäre – religiöse, lebensanschauliche,
politische und sexuelle Einstellungen und Vorlieben sollten in der Regel kein
Gegenstand der Befragung sein.
Andererseits werden integre und geradlinige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
gesucht. Diese hehren Begriffe markieren vor allem Persönlichkeiten, die sich
ihrer Schwächen und Defizite bewusst sind. Im Zweifelsfall handelt es sich um
starke Charaktere, die zu ihren Fehlern und Irrtümern stehen, ohne allerdings
mit diesen zu kokettieren.

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Mut zum Mangel

Unwissen zugeben
Auch Schweigen kann für einen Bewerber manchmal vorteilhaft sein. „Was
halten Sie von der ShareholderValueStrategie vieler Großunternehmen?“
Oder subtiler in der Fragestellung: „Meinen Sie nicht auch, dass die Sharehol
derValueStrategie längst überholt ist?“
Jetzt ist möglicherweise Holland in Not, wenn man keine Ahnung hat und sich
als kompetenter Betriebswirt profilieren möchte. In ein wirkliches Desaster
gerät man aber erst, wenn man die ShareholderStrategie eifrig ablehnt und
sich dann auf Nachfrage zeigt, dass man das Für und Wider nicht auf die Reihe
bekommt. Im Grunde wäre das keine Schande – eine Schande ist es, so zu tun,
als kenne man sich bestens aus. Vor solchen potenziellen Mitarbeitern haben
Unternehmen zu Recht Angst.
Begeben Sie sich also nicht fahrlässig auf dünnes Eis, sondern beichten Sie Ihr
Unwissen. Andererseits müssen Sie nicht gleich ungefragt von sich aus erzäh
len, was Sie alles nicht wissen.

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Motive benennen: „Warum möchten


Sie ausgerechnet bei uns arbeiten?“

Im Idealfall ist eine Bewerbung eine kleine Liebeserklärung. So zumindest


wünscht es das den Job anbietende Unternehmen. Es möchte auserwählt
sein und verspricht sich davon ein besonderes Engagement. Diese An
nahme ist nicht unbegründet. „Worauf“, wurde der ChampagnerChef
Taittinger in einem Interview gefragt, „worauf führen Sie eigentlich Ihren
Erfolg zurück?“ Der Patron antwortete: „Darauf, dass sich meine Mitar
beiter dem Unternehmen verbunden fühlen.“ Die Frage ist also wichtig.
Aber was führt man hier an? Unsere beiden nächsten Bewerber haben
ähnliche Beweggründe …

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Motive benennen

Dialog 1: Das wirkliche Motiv


verschwiegen
Frank Wagner gibt seinem Interviewpartner Auskunft, warum er in diesem Unter-
nehmen arbeiten möchte.

Personalchef: Herr Wagner, mir ist noch nicht ganz klar, warum Sie sich bei
uns beworben haben. Immerhin müssen Sie den Wohnort wechseln und die
damit verbundenen Erschwernisse auf sich nehmen.
n Wagner: Ach, da bin ich flexibel. Ich bin in meinem Leben schon oft umgezo-
gen, mir fällt es nicht schwer, neue Freunde zu finden. Das Umland hier soll
auch wunderschön sein.
Personalchef: Ist Ihre Frau denn so ohne Weiteres einverstanden? Wenn Sie
Doppelverdiener sind, muss sie sich doch ebenfalls einen neuen Job suchen.
o Wagner: Na ja, bei uns liegen die Dinge etwas anders ... Wissen Sie, meine Frau
ist Beamtin und gerade nach Kassel versetzt worden – oder besser – sie hat sich
aus Karrieregründen versetzen lassen. Und, äh, in unserem Bekanntenkreis gab
es letztes Jahr drei Scheidungen. Deswegen. Wir wollen auf keinen Fall eine
Wochenendehe führen.
Personalchef: Das sehe ich ein. Ihre Bewerbung hat also offenbar mehr mit
Ihrer Frau als mit unserem Betrieb zu tun.
p Wagner: Nein, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich bin total von der
Marktstellung Ihres Hauses beeindruckt. Und über Ihre Produkte habe ich
gelesen ...

Da ist Herr Wagner doch noch mit der Wahrheit herausgerückt.


Track 23 Ob sich das gut anhört?

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Dialog 1: Das wirkliche Motiv verschwiegen

So urteilt der Personalexperte

Das kam gar nicht gut an:


n „Ich bin in meinem Leben schon oft umgezogen ...“
Der Kandidat verweigert glatt die Antwort: Es geht nicht um den Umzug, son-
dern um die Gründe für seine Bewerbung.
o „ ...meine Frau ist Beamtin und gerade nach Kassel versetzt worden ...“
Aha! Da liegt der Hase im Pfeffer. Deshalb hat er so ausweichend reagiert. Mit
dem Unternehmen, bei dem er sich bewirbt, hat das wenig zu tun.
p „Nein, verstehen Sie mich bitte nicht falsch ...“
Zu spät! Diese Art von Schadensbegrenzung funktioniert in einem Vorstel-
lungsgespräch nicht.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Der Bewerber hat
„ die Frage nach seinen Motiven grob ignoriert und ist plump ausgewichen,
„ sich das wirkliche Motiv „aus der Nase ziehen“ lassen und damit den Ein
druck mangelnder Aufrichtigkeit erweckt und
„ zum Schluss auf stümperhafte Weise versucht, seine Fehler wieder auszu
bügeln.

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Motive benennen

Dialog 2: Offen auch persönliche Gründe


ansprechen
Auch Carola Benz führt ihre Gründe an.

Personalchef: Frau Benz, Sie leben in Hamburg und haben sich hier bei uns in
Kassel beworben. Wollen Sie wirklich umziehen?
n Benz: Ich bin mobil, mich reizen interessante Herausforderungen. Und die
scheint es hier zu geben. Soviel ich weiß, behauptet sich Ihr Unternehmen soli-
de im Wettbewerb, Ihre Produkte finde ich attraktiv, und Sie arbeiten mit SAP.
Natürlich würde ich auch gerne die mit dem Job verbundene Personalverant-
wortung übernehmen. Für mich wäre das ein schöner Schritt nach vorne.
Personalchef: Könnten Sie etwas Vergleichbares nicht auch im Hamburger
Raum finden?
o Benz: Möglich, ja. Aber mein Veränderungswunsch hat zuallererst familiäre
Gründe. Eigentlich bin ich mit meiner derzeitigen Stelle sehr zufrieden, doch
mein Mann hat die Chance bekommen, hier in Kassel eine tolle neue Aufgabe
zu übernehmen. Ich habe ihn bei seiner Zusage unterstützt. Wir haben keine
Angst vor Veränderungen.
Personalchef: Wenn Sie ehrlich sind, geht es Ihnen vorrangig also nicht um
unser Unternehmen?
p Benz: Bei aller Beweglichkeit, ich glaube, es ist wichtig, so etwas wie eine
berufliche Heimat zu finden. Damit meine ich nicht, dass man bis zur Rente
eine ruhige Kugel schiebt – sondern, dass man Wurzeln schlagen kann und das
Gefühl hat, dazuzugehören. So stelle ich es mir jedenfalls vor. In meinem bishe-
rigen Berufsleben ist mir das auch immer gelungen.

Auch Frau Benz hat nicht gleich die familiären Gründe ange
Track 24 führt. Hören sich ihre Begründungen trotzdem anders an?

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Dialog 2: Offen auch persönliche Gründe ansprechen

So urteilt der Personalexperte

Frau Benz liegt deutlich in Führung.


n „Ich bin mobil, mich reizen interessante Herausforderungen ...“
Klare Auskunft. Diese Haltung ist leider viel zu selten anzutreffen: Die Bewerbe-
rin stellt die Aufgabe in den Vordergrund.
o „Aber mein Veränderungswunsch hat zuallererst familiäre Gründe ...“
Das ist geradlinig und überzeugend dargestellt. Die beiden sind sich offenbar
einig, dass Mobilität heute unverzichtbar ist.
p „Ich glaube, es ist wichtig, so etwas wie eine berufliche Heimat zu finden ...“
In der Tat, Job-Hopper können wir nicht gebrauchen. Wer ständig auf dem
Sprung ist, leistet nicht, was er leisten könnte.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ zwei Eigenschaften angesprochen, die heute ganz besonders wichtig sind:
Mobilität und Flexibilität.
„ offen über die persönlichen Gründe ihres Wechselwunschs gesprochen.
„ eine Erfolgsbedingung wirtschaftlichen Handelns erwähnt, die vielen Be
trieben zu schaffen macht – die Mitarbeiter fühlen sich ihrem Unterneh
men nicht verbunden.

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Motive benennen

Dialog 3: Motive sollten zur Aufgabe


passen
Der Diplom-Kaufmann Kai Heller bewirbt sich bei einem Personalberater um eine
Assistentenposition und soll sein Interesse begründen.
Personalberater: Was ist Ihre Motivation, Herr Heller, bei meinem Auftragge-
ber die Position eines Assistenten anzustreben?
n Heller: Zunächst habe ich mir überlegt, welcher Start ins Berufsleben für mich
richtig ist: Direkt ‚on the job’? Trainee-Programm? Oder Start als Assistent?
Von einer Assistentenstelle verspreche ich mir eine Bewährungs- und Lernstati-
on. Man muss Aufgaben und Anforderungen bewältigen, kann aber zugleich
von seinem Vorgesetzten bestimmt eine Menge lernen.
Personalberater: Okay, damit ist aber die Wahl für dieses Unternehmen noch
nicht begründet.
o Heller: Nun, die Stellenanzeige war ja anonym gehalten. Aber ich habe mich im
Aufgaben- und Anforderungsprofil wieder gefunden.
Personalberater: Was hat Sie denn besonders gereizt?
p Heller: Na ja, ich glaube, unter anderem wird ja im Unternehmen sehr viel
Wert auf Teamarbeit gelegt. Ich bin ein absoluter Teamplayer und das hat mich
natürlich angesprochen.
Personalberater: Als Assistent sind Sie aber zuallererst ein Einzelkämpfer. Sie
sind sozusagen die rechte Hand des Chefs und kein Teammitglied. Wie Sie
sicher bemerkt haben, stand davon auch nichts in der Anzeige.
q Heller: Stimmt. Aber ich kann sehr gut auch auf mich allein gestellt arbeiten.
Im Übrigen habe ich mich auch beworben, weil Ihr Auftraggeber sich in Polen
bzw. Osteuropa engagiert. Diese Region interessiert mich ganz besonders, ich
habe Praktika in Polen und Tschechien absolviert. Und an die Zeit denke ich
gern zurück.

Hören Sie, wie Herr Heller in seiner Begründung kurz einbricht


Track 25 – und den Fehler dann geschickt wieder gut macht.

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Dialog 3: Motive sollten zur Aufgabe passen

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber hat auf die Frage nach seiner Motivation für die Bewerbung gut
reagiert, ist aber an einer Stelle mit seiner Begründung schwer eingebrochen.
n Von einer Assistentenstelle verspreche ich mir …
Damit ist die Bewerbung um eine Assistentenposition perfekt begründet. Sie
bietet die Chance, sich nicht gleich auf eine Aufgabe festzulegen, sondern sich
zunächst noch „in die Breite“ zu entwickeln.
o Nun, die Stellenanzeige war ja anonym gehalten. Aber ich habe mich im Auf-
gaben- und Anforderungsprofil wieder gefunden.
Auf die Frage „Warum haben Sie sich bei uns beworben?“ ist dies eine grund-
sätzlich passende Antwort.
p … wird ja im Unternehmen sehr viel Wert auf Teamarbeit gelegt. …
Diese Antwort passt nicht zum Anforderungsprofil der Aufgabe. Wer als Moti-
vation für die Bewerbung anführt, dass im Unternehmen ein bestimmtest Soft
Skill groß geschrieben würde und dann aber eine Aufgabe anstrebt, in der dieses
keine sonderliche Rolle spielt, gerät in Widersprüche.
q Stimmt. Aber ich kann sehr gut auch auf mich allein gestellt arbeiten. … Diese
Region interessiert mich ganz besonders ...
Das ist eine gute Antwort in Sachen Motivation. Da dem Bewerber ja zum Zeit-
punkt der Bewerbung das Unternehmen unbekannt war, kann er seine Aussa-
gen nur auf den Anzeigentext gründen. Und wer sowohl im Team als auch
allein effizient arbeiten kann, hat grundsätzlich gute Karten.

Das hat der Bewerber gut bzw. weniger gut gemacht


„ Er begründet gut, warum er sich für die Assistentenposition entschieden hat.
„ Er begründet glaubwürdig sein Interesse an der Firma über deren Auslandsak
tivitäten und seine einschlägigen Praktika.
„ „Teamarbeit“ ist ein hinreichendes Motiv für die Bewerbung bei einem be
stimmten Unternehmen. Denn keine Firma wird sagen, dass man an Teamfä
higkeit nicht interessiert sei. Aber bei einer Assistentenaufgabe sind vorrangig
Qualifikationen wie etwa Belastbarkeit, Flexibilität und Organisationstalent
gefragt.

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Motive benennen

Dialog 4: Schlüsselbegriffe aus der


Stellenanzeige
Auch die Diplom-Politologin Kathrin Bornemann, die sich für die Position „Leiter
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ interessiert, wird nach den Motiven ihrer Bewer-
bung gefragt.
n Bornemann: Ich habe keine allzu großen Wahlmöglichkeiten. Es gibt Studien-
gänge, auf die selten ein konkretes Stellenangebot zugeschnitten ist. Aber ich
habe mich für mein Studium entschieden, weil mich die Inhalte interessieren.
Und das bereue ich nicht. Im Übrigen habe ich mich im Profil der Stellenanzei-
ge sehr gut wieder gefunden.
Personalberater: Eine besondere Affinität zur Branche des Unternehmens, über
das wir hier reden, liegt also nicht vor?
o Bornemann: Ihr Auftraggeber ist ja ein mittelständisches Unternehmen, das
Ideen im Bereich Tourismus vermarktet. Für einen derartigen Geschäftszweck
die Öffentlichkeitsarbeit zu verantworten, wäre für mich schon eine tolle Sache.
Und Sie hatten mir damals ja schon am Telefon gesagt, dass die Produkt-PR im
Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mitgestaltet wird. Auch das käme
mir sehr entgegen. Sowohl die Produkte als auch die internationale Ausrichtung
sind für mich von besonderem Reiz. Ob ich zum Unternehmen passe oder ob
das Unternehmen zu mir passt, kann ich aber noch nicht sagen.
Personalberater: Sie sprachen davon, dass Sie sich im Profil der Anzeige sozu-
sagen erkannt haben. Was waren denn für Sie die entscheidenden Schlüsselbeg-
riffe?
p Bornemann: Die Organisation und Durchführung von Pressegesprächen,
Konferenzen und Präsentationen.

Track 26 Kann Frau Bornemann hier Pluspunkte machen?

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Dialog 4: Schlüsselbegriffe aus der Stellenanzeige

So urteilt der Personalexperte

Frau Bornemann hat nicht nur fehlerfrei, sondern auch überzeugend geantwor-
tet. Vor allem hat sie nicht so getan, als komme nur dieses Unternehmen für sie
in Frage.
n Ich habe keine allzu großen Wahlmöglichkeiten. …
Die Bewerberin druckst nicht verschämt herum, sondern bekennt sich klar zu
ihrer Studienwahl und der damit verbundenen nicht gerade zahlreichen Mög-
lichkeiten.
o Ihr Auftraggeber ist ja ein mittelständisches Unternehmen, das … Ob ich zum
Unternehmen passe oder ob das Unternehmen zu mir passt, kann ich aber noch
nicht sagen.
Auch dies ist eine sehr gute Antwort. Sie begründet ihre Bewerbung über die
Branche bzw. die Produkte und die Internationalität der Aufgabe. Wenn man
wenig über das Unternehmen weiß, ist dies der richtige Weg und allemal besser,
als ins Blaue zu fabulieren.
p Die Organisation und Durchführung von Pressegesprächen, Konferenzen und
Präsentationen.
Hier zeigt sich eine gute Vorbereitung auf das Gespräch bzw. die gründliche
Auseinandersetzung mit der Aufgabe. Viele Bewerber wissen gar nicht mehr
genau, was in der Anzeige stand bzw. bringen verschiedene Texte durcheinan-
der – und das wird dann von Personalern als Halbherzigkeit gewertet.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Es gibt Studienabschlüsse, die einen nicht für eine bestimmte Aufgabe emp
fehlen. In solchen Fällen ist es immer gut, sich zunächst einmal über das be
sondere Interesse an den Studieninhalten zu definieren. Wer die Fähigkeit hat,
in Aufgaben und Herausforderungen sein „Herzblut“ zu investieren, ist für vie
le Jobs gut.
„ Die Bewerberin argumentiert in Hinblick auf die Aufgabe in eigener Sache
überzeugend und souverän.
„ Bei der Frage nach den entscheidenden Schlüsselbegriffen in der Anzeige
pariert sie gekonnt und „auf den Punkt“.

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Motive benennen

So kommen Sie gut an


„ „Warum haben Sie sich bei uns beworben?“ Erkennen Sie das Frageziel
Im Idealfall ist eine Bewerbung eine kleine Liebeserklärung. So zumindest
sehen und hätten es gern viele Jobanbieter. Man möchte auserwählt sein
und verspricht sich davon ein besonderes Engagement. In der Tat: Kein Be-
trieb ist an neuen Mitarbeitern interessiert, die bei der Jobsuche ‚beliebig’
vorgehen. Ein wenig Herzblut sollte schon dabei sein.
Streichen Sie deshalb Satzanfänge wie „Ich habe schon immer ...“ oder „Ich
wollte schon immer ...“. Dies bekommt man als Personaler ständig zu hören
und es klingt wenig originell, vor allem aber ist es kein Argument. Wer er-
klärt, dass er schon immer Zahnarzt werden oder bei Siemens arbeiten woll-
te, verweigert bei der Frage nach den Motiven die Antwort.
Einige Musterantworten: “Ihr Betrieb ist ja von der Größe her eher über-
schaubar und da reizen mich besonders die kurzen Informations- und Ent-
scheidungswege.”
„Ihr Unternehmen ist ja noch relativ jung und da finde ich es schon sehr
spannend, sozusagen in der Pionierphase mit dabei sein zu können.“
„Ich habe im Rahmen meines Studiums ein Praktikum in der Automobilzu-
liefererindustrie absolviert – Sie haben das in meinen Unterlagen ja gesehen
– und deshalb interessiere mich besonders für Unternehmen, die in diesem
Umfeld aktiv sind.“

„ Loben Sie das Unternehmen nicht über den grünen Klee


„Sie sind mir bekannt als eines der innovativsten, vorausschauendsten und
modernsten Unternehmen in Deutschland.“ Viele Bewerber können sich bei
der Frage nach der Motivation für ihre Bewerbung vor lauter Lob über das
Unternehmen kaum einkriegen. Das ist durchsichtig und kann – selbst
wenn es ehrlich gemeint ist – nicht das Hauptmotiv für eine Bewerbung
sein.

„ Die Aufgabe in den Vordergrund stellen


Jede Bewerbung zielt sinnvollerweise zuallererst auf eine bestimmte Aufgabe
mit den dazugehörigen Anforderungen ab. Leiten Sie hieraus zunächst Ihr
Interesse ab. Dann kommen in der Regel die Rahmenbedingungen wie
Branche, Produkte und Dienstleistungen, Firmengröße oder Firmenimage.

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So kommen Sie gut an

„ Produktkenntnisse zeigen
Da Unternehmen sich vor allem über ihre Produkte definieren, kann man
sein Interesse über gute Produktkenntnisse dokumentieren. Die meisten Ge-
sprächspartner merken schnell, ob man sein Interesse nur vorgibt, weil man
dringend einen Job braucht. Ein angemessener Informationsstand – um den
man sich in der Regel bemühen muss – bringt deshalb immer Punkte.

„ Über das Unternehmen Bescheid wissen


Man sollte eine Vorstellung davon haben, wie sich das Unternehmen, bei
dem man sich bewirbt, von anderen Unternehmen unterscheidet. Qualitäts-
führerschaft? Preisführerschaft? Innovationsführerschaft? Klären Sie diese
Fragen vor dem Gespräch, denn daraus lässt sich eventuell ein Motiv ablei-
ten – zumindest aber können Sie durch eine gute Vorbereitung Ihre Chan-
cen deutlich verbessern.

„ Private Gründe nicht verschweigen


Der persönliche Anlass für einen beruflichen Veränderungswunsch gehört
nicht an den Anfang der Argumentation, sollte aber erwähnt werden. Es ist
ja kein unanständiges Motiv für einen Wechsel, wenn man zum Beispiel die
Anfahrtszeit zum Arbeitsplatz von täglich drei auf eine Stunde verringern
kann. Wer so tut, als habe er derartige Vorteile überhaupt nicht im Auge,
wirkt unglaubwürdig.

To Do: Motive sammeln und ein Ranking erstellen


Prüfen Sie einmal, welche der hier angeführten Motive für die Bewerbung bei
einem bestimmten Unternehmen auf Sie zutreffen könnten oder welche Sie
anführen würden:
„ Bestimmte Anforderungen passen sehr gut zu meinem Leistungsprofil.
„ Ich kenne die Branche besonders gut.
„ Ich kenne die Produkte bzw. Dienstleistungen und kann mich mit diesen
identifizieren.
„ Bei einer Bewerbung bei einem eher kleinen Unternehmen: Ich verspreche
mir von einem Job in einem überschaubaren Betrieb kurzfristig mehr Ver
antwortung mit der Chance, mich „in die Breite“ entwickeln zu können.
„ Bei einer Bewerbung bei einem großen Konzern: Knowhow und Professio

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Motive benennen

nalität, ein internationaler Marktauftritt, die Anwendung von Sprachkennt


nissen und interkulturellen Kompetenzen – dieser Hintergrund bietet be
stimmt sehr gute berufliche Entwicklungsmöglichkeiten.
„ Verwandte oder Bekannte sind oder waren in diesem Unternehmen tätig.
„ Das Unternehmen zeigt ein beispielhaftes gesellschaftliches Engagement
als Sponsor in Sport oder Kultur.
„ Das Unternehmen ist Pionier in der Entwicklung bestimmter Produkte oder
Dienstleistungen (beispielsweise Hightech, Pharmazie etc.).
„ Das Unternehmen ist personalpolitisch oder arbeitsorganisatorisch beson
ders innovativ und vorausschauend (Arbeitszeitmodelle, Teilzeitarbeit, Fa
milienfreundlichkeit, Integration älterer Arbeitnehmer, Ausbildung und För
derung von Nachwuchskräften).
„ Eine gute Verkehrsanbindung oder kurze Fahrtzeiten.

Von Fall zu Fall sind natürlich weitere Argumente denkbar. Wichtig ist, dass Sie
sich bei der Bewerbung etwas gedacht haben und nicht den Eindruck erwe
cken, dringend einen beliebigen Job zu suchen.

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

Motive für die Bewerbung


Der erfolgreiche Bewerber hat bei seinem Interviewpartner nicht nur die Hoff-
nung genährt, dass er aus dem angebotenen Job im Interesse des Unternehmens
fachlich etwas Gutes machen wird, sondern dass er im Betrieb auch seine –
zumindest vorübergehende – berufliche Heimat finden könnte. Mögliche
Gründe bzw. Argumente hierfür lassen sich auf den folgenden Gebieten finden:
„ Welcher grundsätzliche Geschäftszweck wird verfolgt? Bei vielen Unter-
nehmen verrät es bereits ein Slogan („Connecting people“, „Aus Liebe zum
Automobil“, „Let’s do things better“, „Ideen für das Leben“). Meist muss
man sich aber den übergeordneten Geschäftszweck aus den Produkten bzw.
Dienstleistungen erschließen.
„ Was ist das besondere an den Produkten? Typische Kriterien: Preise, Quali-
tät, innovativ, klassisch, Design etc.
„ Was ist typisch für die Branche? Verdrängungswettbewerb, Übernahme-
schlachten, Internationalisierung etc.
„ Welche möglichen Vorzüge hat die Unternehmensgröße? Kleiner Betrieb:
Schnelle Informations- und Entscheidungswege, viel Learning by doing.
Großer Betrieb: Spezialistentum, Support in vielen Bereichen, moderne Per-
sonalentwicklungsmaßnahmen etc.
„ Was gibt die Unternehmensgeschichte her? Beispiele: Nokia hat einmal
Gummistiefel gefertigt, Beiersdorfs Ursprung war eine kleine Apotheke und
Tchibo hat Kaffe in die Haushalte verschickt.
„ Handelt es sich um einen Familienbetrieb? Kann in Sachen Unternehmens-
kultur und Integrationskraft positiv sein (oft ausgeprägtes Wir-Gefühl).
„ Wie ist die Marktposition? Marktführerschaft? Interessanter Nischenanbieter?
„ Gibt es in der Biographie des Bewerbers einen persönlichen Bezug zum
Unternehmen? Tenor: Mein Großvater war schon ...

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Motive benennen

Mit Herzblut bei der Sache?


Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup GmbH aus dem
Jahre 2003 sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland mit wenig
„Herzblut“ bei der Sache. Hier die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
„ 70 % der Mitarbeiter machen Dienst nach Vorschrift und fühlen sich dem
Unternehmen gegenüber nicht wirklich verpflichtet.
„ 18 % haben innerlich gekündigt und zeigen ihre negative Einstellung zur
Arbeit und ihrem Arbeitgeber.
„ 12 % engagieren sich bei der Arbeit. Diese Mitarbeiter/innen sind loyal, sehr
produktiv und empfinden ihre Arbeit als befriedigend.

Das betrübliche Fazit lautet: 88 % empfinden keine echte Verpflichtung der


Arbeit gegenüber, was so viel bedeutet wie: Sie fühlen sich kaum oder nur ge-
ringfügig emotional mit ihrem Unternehmen verbunden. Der wirtschaftliche
Schaden durch fehlendes Engagement wird auf 260 Mrd. Euro geschätzt. Kein
Wunder also, dass Firmen Mitarbeiter suchen, die eine wie auch immer geartete
Affinität zu ihrem Unternehmen erkennbar werden lassen. Wer nur eine An-
stellung oder Arbeit sucht, überzeugt nicht.

Was ist Engagement?


Engagement kommt nicht nur aus intellektueller Einsicht, sondern vor allem
aus einem Gefühl der Bejahung. Ein Beispiel: Viele Mitarbeiter sind zu ihren
Kunden freundlich, weil sie genau wissen, dass diese letztendlich ihr Gehalt
bezahlen. Entsprechend wirkt das Lächeln bisweilen künstlich und angestrengt.
Es gibt aber auch Mitarbeiter, die am Verkaufen auch noch Freude haben. Diese
Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrem Tun, mit ihrer Firma und ihren Produk
ten – das heißt, sie stehen auch gefühlsmäßig dazu. Engagement ist diese
immaterielle Energie, die Unternehmen auf Dauer erfolgreich macht. Denn sie
ist die Voraussetzung für
„ Kundenorientierung,
„ Mitdenken,
„ Fehlervermeidung und
„ Kreativität.

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Beurteilungen richtig einordnen:


„Repräsentieren Ihre Zeugnisse Ihr
Leistungsvermögen?“

Welche Aussagekraft haben Arbeitszeugnisse über den zukünftigen Erfolg


eines Bewerbers? Einen besonders dezidierten Standpunkt zu dieser The
matik nimmt Carola Hoffmann, RecruitmentChefin bei der AZ Personal
vermittlung ein. Ihrer Auffassung nach sagen Arbeitszeugnisse über die
Fachkenntnisse und Arbeitshaltung der Bewerber „nichts aus“. Auch wer
in der Schule miserable Zensuren erzielt hat, mag sich selbstbewusst auf
„Minderleister“ wie Albert Einstein oder Winston Churchill berufen. Aber
die wenigsten Personaler teilen diese Ansicht. Die Mehrzahl sucht nach
„geheimen“ Botschaften im Arbeitszeugnis, mit denen sich bisweilen eine
Bewerbung erledigt. Wer also keine berauschenden Noten vorzeigen
kann, sollte sich für entsprechende Nachfragen wappnen, wie Thomas
Berger im nächsten Gespräch.

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Beurteilungen richtig einordnen

Dialog 1: Überheblich und unglaubwürdig


Thomas Berger spricht mit dem Vertriebsleiter und der Personalchefin über seine
Zensuren.

Personalchefin: Welche Rolle spielen Noten für Sie, Herr Berger?


n Berger: Denken Sie dabei an mein Zeugnis? Tja, meine Leistungen sind wohl
eher durchschnittlich. Zensuren hängen eben meistens von dem ab, der sie
vergibt. Da können Sie sich denken: Das ist sehr subjektiv.
Personalchefin: Ganz konkret: Repräsentieren Ihre Zeugnisse Ihre Fähigkeiten
oder nicht?
o Berger: So direkt gefragt, nein, glaub ich nicht. Aber Noten haben überhaupt
wenig mit dem beruflichen Erfolg zu tun. Viele schlechte Schüler haben später
geglänzt. Sogar Churchill ist – wenn ich mich nicht irre – zweimal sitzen geblie-
ben.
Personalchefin: Glauben Sie, dass Ihre Noten etwas über Fleiß, Ausdauer und
Disziplin aussagen?
p Berger: Ich denke schon, dass ich diese Eigenschaften mitbringe – Noten hin
oder her. Ich bin einfach mehr der Praktiker als der Theoretiker. Mein Studium
war sehr theoretisch ausgerichtet.
Vertriebsleiter: Aber, Herr Berger, Ihr Ausbildungszeugnis zum Bürokaufmann
überzeugt mich auch nicht gerade.
q Berger: Na ja, da hatte ich echt Pech. An dem Tag hatte ich einen richtigen
Black-out. Die mündliche Prüfung hat mir das Kreuz gebrochen.

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Dialog 1: Überheblich und unglaubwürdig

So urteilt der Personalexperte

Das war keine überzeugende Performance:


n „Denken Sie dabei an mein Zeugnis?“
Das ist wie bei Politikern. Sie geben Antworten auf Fragen, die nicht gestellt
wurden. Und dass es bei Beurteilungen einen Ermessensspielraum gibt, ist ein
Gemeinplatz.
o „Sogar Churchill ist – wenn ich mich nicht irre – zweimal sitzen geblieben ....“
Diese Beispiele sind bekannt – im Übrigen ist aus vielen schlechten Schülern
nichts geworden.
p „Ich bin einfach mehr der Praktiker als der Theoretiker.“
Es ist schon erstaunlich, wie oft schlechte Noten mit der Theorielastigkeit der
Ausbildung begründet werden. Viele Bewerber meinen wohl, damit in der Pra-
xis punkten zu können. Dabei ist nichts praktischer als eine fundierte Theorie.
q „Na ja, da hatte ich echt Pech.“
Die Firma braucht Mitarbeiter, die sich bei Misserfolgen kritisch fragen, welche
Rolle ihr Tun oder Unterlassen spielte und dafür Verantwortung übernehmen.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er stellt Beurteilungsprozesse generell infrage. In jedem Unternehmen wer
den die Leistungen von Mitarbeitern aber bewertet – mit entsprechenden
finanziellen Folgen für die Betroffenen.
„ Die Feststellung, dass Beurteilungen subjektiv sind, muss man einem Perso
naler nicht erzählen – das wirkt überheblich und unglaubwürdig.
„ Praxis ist immer gut  aber es ist nicht immer gut, Theorien als überflüssi
gen Ballast zu bezeichnen, den man sich tunlichst vom Leibe halten sollte.
Die meisten Entscheider haben ein Studium absolviert.

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Beurteilungen richtig einordnen

Dialog 2: Schlechte Noten nicht


bagatellisieren
Herr Petzold, der sich um die gleiche Stelle wie Herr Berger bewirbt, über seine
Zensuren:

Personalchefin: Was sagen Ihre Noten eigentlich aus? Oder genauer gefragt:
War Ihr exzellentes Examen nur ein Ausrutscher, Herr Petzold?
n Petzold: Ähm, mein Abi-Zeugnis ist wirklich miserabel ausgefallen und die
Ausbildung zum Bankkaufmann – Sie haben ja gesehen – die habe ich zwar zu
Ende gebracht, aber eben mit keinem tollen Ergebnis. Erst nach dem Vordip-
lom ist bei mir der Knoten geplatzt. Ich bin wohl ein Spätzünder.
Personalchefin: Ich brauche jemanden, der immer das gleiche hohe Leistungs-
niveau halten kann. Zufallstreffer reichen da nicht!
o Petzold: Meine Einstellung zur Leistung hat sich seit damals um 180 Grad
gedreht. Im Nachhinein wundere ich mich, dass meine Ausbilder bei der Bank
mich nicht rausgeworfen haben. Sie und meine Lehrer waren sehr geduldig mit
mir. Sonst wäre ich nie so weit gekommen.
Vertriebsleiter: Nun können Zeugnisse bekanntlich künftige berufliche Erfolge
nicht vorweg nehmen. Oder was könnte Ihre Examensnote mit der Stelle, die sie
hier anstreben, zu tun haben?
p Petzold: Also, ich habe eine ziemlich gute betriebswirtschaftliche Basis. Was es
aber heraus reißt, ist meine Diplomarbeit über kundenorientierte Servicestrate-
gien. Die habe ich mit sehr gutem Ergebnis und praxisnah in einem Unterneh-
men durchgeführt.

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Dialog 2: Schlechte Noten nicht bagatellisieren

So urteilt der Personalexperte

Nicht als Überflieger, doch als Mann, der mit beiden Beinen in der Realität
angekommen ist, entpuppt sich dieser Bewerber:
n „Ähm, mein Abi-Zeugnis ist wirklich miserabel ausgefallen ...“
Hier wird nichts beschönigt oder entschuldigt. Damit kann ein Personaler le-
ben.
o „Meine Einstellung zur Leistung hat sich seit damals um 180 Grad gedreht.“
Keine Schuldzuweisungen an andere, sondern Dank! Das hört man gerne.
p „Was es aber heraus reißt, ist meine Diplom-Arbeit ...“
Das ist eine schlüssige Antwort. Wegen der Diplomarbeit hatte der Personalchef
ihn überhaupt eingeladen.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber hat
„ miserable Leistungen angeführt, aber weder beschönigt noch bagatellisiert.
„ die Schuld für schlechte Ergebnisse nicht Dritten in die Schuhe geschoben.
„ elegant die Kurve gekriegt und über seine Stärken gesprochen.

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Beurteilungen richtig einordnen

So kommen Sie gut an


„ „Ihren Bewerbungsunterlagen habe ich entnommen, dass Ihre Noten …“
Worum geht es hier?
Das Thema ist natürlich nicht prickelnd, wenn man tatsächlich eher be-
scheidene Noten vorzuweisen hat. Der Fragende möchte wissen, ob und wie
man zu den Misserfolgen im Lebenslauf steht und wen man verantwortlich
macht. Deshalb sollten Sie bei der Beantwortung Folgendes beachten:
„ Benennen Sie sich selbst als Verantwortlicher für die Resultate.

„ Benennen Sie das Gute am Schlechten („Ich habe daraus gelernt, dass ...“).

„ Schieben Sie nichts auf die Umstände (Massenuniversitäten, übervolle


Hörsäle, schlechte Studienberatung etc.).
„ Machen Sie keine Schuldzuweisungen an Dritte („Meine Eltern ...“ etc.).

„ Beschönigen oder bagatellisieren Sie nichts.

„ Beginnen Sie keine Diskussion über die Korrelation zwischen Noten und
beruflichem Erfolg.
„ Eine Musterantwort: „Entsprechen Ihre Zeugnisse Ihrem tatsächlichen
Leistungsvermögen?“ – „In der Tat, mit meinen Noten kann ich nicht ge-
rade Furore machen! Ich hätte da durchaus noch zulegen können. Das är-
gert mich jetzt natürlich, denn ich denke schon, dass ich deutlich mehr
kann, als meine Zeugnisse belegen. Vor allem in der Schulzeit bestand
mein Problem immer darin, dass ich nicht so recht verstanden habe, was
ich warum lernen sollte. Das hat meine Leistungsfreude nicht gerade be-
flügelt. Leider. Aber inzwischen ist bei mir der Knoten geplatzt.“

„ Übernehmen Sie Verantwortung


Stehen Sie zu den Beurteilungen, die Sie erhalten haben. Jeder Personalex-
perte weiß, dass es auf dem Gebiet der Leistungs- und Verhaltensbewertung
nicht immer gerecht zugeht und deshalb kommt es gar nicht gut an, wenn
Sie es als Bewerber besser wissen wollen.

„ Widrige Umstände nur im Notfall beanspruchen


Jeder kann in einer Bewährungs- bzw. Prüfungsphase krank werden oder
anderen außerordentlichen Belastungen ausgesetzt sein. In jüngster Zeit
werden lange Studienzeiten und vor allem „Beschäftigungspausen“ häufiger
mit einem Pflegefall in der Familie entschuldigt. Die Begründung ist absolut
honorig, klingt aber nicht bei jedem Bewerber glaubwürdig. Da die Um-

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Fakten und Hintergründe

stände im Leben häufig nicht so sind, wie sie sein sollten, kommt es meist
nicht gut an, wenn man diese als Entschuldigung für persönliche Minder-
oder Fehlleistungen anführt.

„ Bekennen Sie sich zur Notwendigkeit von Beurteilungen


Man bekämpft das Fieber nicht, indem man das Thermometer zerbricht.
Leistungsmessungen müssen sein und spätestens als Führungskraft wird
man selbst danach beurteilt, ob man seine Mitarbeiter einigermaßen realis-
tisch bewertet. Wer als Bewerber Noten und Beurteilungen in Bausch und
Bogen als unzulänglich verdammt, redet an der Wirklichkeit vorbei. Erfah-
rungsgemäß tun dies meist jene, die selbst bei Beurteilungen schlecht abge-
schnitten haben.

Fakten und Hintergründe

Noten und Beurteilungen in Arbeitszeugnissen


Welche Aussagekraft haben Zeugnisse über den zukünftigen Erfolg bzw. Misser-
folg eines Bewerbers? Einen besonders dezidierten Standpunkt zu dieser The-
matik nimmt Carola Hoffman, Recruitment-Chefin bei der AZ Personalver-
mittlung ein. Nach ihrer Überzeugung sagen Arbeitszeugnisse über die Fach-
kenntnisse und Arbeitshaltung der Bewerber „nichts aus“. Die Schuld daran
trägt vor allem Vater Staat, der es mit den zu Regierenden wieder zu gut ge-
meint hat.

Die Funktion von Arbeitszeugnissen


„Die von Herrn K. während der über zweijährigen Tätigkeit für unser Unter-
nehmen erzielten Erfolge fanden unsere volle Anerkennung. Seine Kontaktfä-
higkeit und die Art des Umgangs mit unseren Kunden haben wir geschätzt. (...).
Das Anstellungsverhältnis endet mit dem heutigen Tag. Wir wünschen Herrn
K. ...“ Für den Kenner besteht kein Zweifel, dass Herr K. wegen mangelnder
Leistung gefeuert wurde. Die freundlichen Worte im Zeugnis verdankt er aus-

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Beurteilungen richtig einordnen

schließlich dem Gesetzgeber, der eine wohlwollende Abfassung des Arbeits-


zeugnisses verlangt – schließlich habe dieses für den Arbeitsuchenden eine
Werbefunktion zu erfüllen. Der sich um alle Betroffenen sorgende Gesetzgeber
will aber noch mehr: Er fordert zusätzlich, dass die Beurteilung so formuliert
wird, dass beim Arbeitnehmer und bei Dritten ein richtiger Eindruck entsteht
(BAG, 8.2.1972). Nun ist es aber so, dass sich Herr K. über das miese Zeugnis
von seiner letzten Firma gefreut hat. Einstweilen wundert er sich nur darüber,
dass seine Bewerbungen wieder in seinem Briefkasten landen. Die vom Gesetz-
geber angesprochen Dritten wissen nämlich mehr bzw. haben sich längst arran-
giert: Mittels einer codierten Sprache erhält der potenzielle neue Arbeitgeber
Botschaften, die dem uneingeweihten Arbeitnehmer verborgen bleiben.
Im Übrigen ist auch der prognostische Wert von Schulzeugnissen und Hoch-
schulabschlüssen für den zukünftigen Erfolg recht begrenzt. Es gibt eben Men-
schen, die eine durchschnittliche Schul- bzw. Hochschulkarrierelaufbahn absol-
vieren und später weit über sich hinaus wachsen. Auch ist ein Prädikatsexamen
in den Rechtswissenschaften ganz anders zu bewerten als ein Prädikatsexamen
in einem sozialwissenschaftlichen Fach.

Deutungshilfen für Arbeitszeugnisse


„ „Die von Herrn K. während der über zweijährigen Tätigkeit für unsere Un-
ternehmen erzielten Erfolge fanden unsere volle Anerkennung.“ Insider le-
sen diesen Satz so: „Wir haben alles getan, um den Mann zu motivieren. Es
war vergeblich.“
„ „Seine Kontaktfähigkeit und die Art des Umgangs mit unseren Kunden
haben wir geschätzt.“ Für Freunde einer klaren Aussprache heißt das: „Net-
ter Kerl, doch leider ist nichts dabei herausgekommen.“
„ „Herr J. war immer sehr fleißig ...“ Eine nette Umschreibung für Begriffs-
stutzigkeit.
Verben sind im Arbeitszeugnis manchmal recht hintersinnig:
„ „Die Arbeiten, die er aufgriff ...“ = aber nicht erledigte!
„ „Wir bescheinigen ihm gern, dass ...“ = aber nur, weil er es forderte!
„ “Er kümmerte sich auch um ...“ = doch leider zu wenig!

Die Verben streben oder bemühen laufen auf ein vernichtendes Urteil hinaus.
Zweifel an der Qualifikation eines Bewerbers oder einer Bewerberin nährt beim
kundigen Zeugnisleser die Orakel-Technik. Etwa: „Herr A. hat sich im Rahmen
seiner Fähigkeiten ...“ Überfordert?! Oder: „Frau B. hat alle Aufgaben in der ihr

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Fakten und Hintergründe

eigenen Sorgfalt...“ Chaotin?! Prüfen Sie auch, ob in einem Ihrer Zeugnisse die
„Bedauernsformel“ fehlt („Das Ausscheiden von Frau XX bedauern wir sehr
…“). Wenn ja, könnten Sie gefragt werden, ob Sie sich mit Ihrem Vorgesetzten
angelegt haben.

Gründe für Fehlurteile

Natürlich darf man sich durch schlechte Beurteilungen nicht die Hacken des
Selbstbewusstseins wegtreten lassen oder sich umgekehrt mit guten Beurteilun-
gen auf der sicheren Seite wähnen. Da der Mensch aber in gewisser Hinsicht so
ist, wie er gesehen wird, empfiehlt es sich, einmal die Gütekriterien von Beurtei-
lungen zu betrachten. Nicht, um Entschuldigungsgründe für schlechte Zensu-
ren in Empfang zu nehmen, sondern um gegebenenfalls das Selbstwertgefühl zu
retten.
Wirklich kompetente und seriöse Interviewpartner wissen, dass der Prozess der
Personenwahrnehmung und -beurteilung immer Fragen aufwirft. Sie kennen
die wichtigsten Ursachen für Fehlurteile und können durch ihr Wissen immer-
hin gegensteuern.
„ Der Halo-Effekt
Dieser Fehler kommt zustande, wenn man sich von einem einzelnen Merk-
mal eines Menschen so stark beeinflussen lässt, dass dieses die Gesamtper-
son „überstrahlt“. Dieser Effekt liegt beispielsweise vor, wenn einem beson-
ders sympathischen Menschen viele wünschenswerte Eigenschaften zuge-
schrieben werden oder ein Stotterer automatisch noch anderer Defizite ver-
dächtigt wird.

„ Kontrast- oder Ähnlichkeitsfehler


Gemeint ist damit der Umstand, dass Urteile über Bewerber und Mitarbeiter
oft vom Selbsturteil des Vorgesetzten beeinflusst sind. Wer sich also für be-
sonders schlau hält, könnte geneigt sein, andere in dieser Hinsicht zu unter-
schätzen. Manchmal haben wir aber auch die Tendenz, andere für uns ähn-
lich zu halten, im Guten wie im Schlechten.

„ Milde- und Strengefehler


Der Mildefehler ehrt den Beurteiler insofern, als dass er an das Gute im
Menschen glaubt. Im Zweifelsfall ist das Glas halb voll, nicht halb leer. Man
spricht deshalb auch vom Großzügigkeitsfehler. Ein Mildefehler kann auch

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Beurteilungen richtig einordnen

darin bestehen, dass erwünschte Eigenschaften stärker gewichtet werden als


unerwünschte. Das Gegenstück, der Strengefehler, wird vorrangig von jenen
begangen, denen an anderen von vornherein gar nichts gefallen will.

„ Logische Fehler
Manche Beurteiler sind irrtümlich davon überzeugt ist, dass bestimmte
Merkmale eng zusammenhängen: „Wer lügt, stiehlt auch!“ – „Wer eine ho-
he Stirn hat, ist schlau.“ – „Schotten sind geizig.“ Ausdrucksfähigkeit und
Durchsetzungsvermögen werden zum Beispiel gern als miteinander korre-
lierende Merkmale angesehen. Die Praxis lehrt freilich, dass zur Durchset-
zungsfähigkeit weit mehr gehört, als gefällig formulieren zu können. Zum
Beispiel Mut und Konfliktbereitschaft. Man spricht also von einem logi-
schen Fehler, wenn Merkmale als logisch zusammengehörend betrachtet
werden, obwohl dies keineswegs der Fall sein muss.

„ Zu frühe Wertung
Dieser Fehler wird besonders häufig bei der Beurteilung von Bewerbern und
neuen Mitarbeitern gemacht. Manche Personalexperten fällen ihr Urteil be-
reits nach fünf Minuten und sind auch noch stolz auf dieses Tempo.

Da jeder Bewerber seinerseits auch als Beobachter und Psychodiagnostiker


auftreten sollte, ist er gut beraten, die hier genannten Fehlerquellen ebenfalls in
seine Personenwahrnehmung einzukalkulieren. Der Vorteil: Er verlässt die
Froschperspektive und begibt sich mental in Augenhöhe zum Gesprächspart-
ner.

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Die üblichen Verdächtigungen:


„Wie erklären Sie die Lücken in
Ihrem Lebenslauf?“

Wenn eine Sache mehrdeutig, unklar und geheimnisvoll erscheint, neigen


wir Menschen dazu, sie mit Sinn aufzuladen und eine Erklärung zu fin
den. Psychologen prägen für dieses Verhalten den Begriff „intolerance of
ambiguity“. Genau das geschieht, wenn Personalfachleute einen Lebens
lauf in der Hand halten, der Fragen aufwirft. Wessen Lebenslauf Lücken
aufweist, wer Stationen in seinem Werdegang unklar formuliert, muss
damit rechnen, dass diese mit Mutmaßungen und Verdächtigungen „auf
gefüllt“ werden – zu Ungunsten des Bewerbers. Aber sehen wir uns an,
wie man diese Lücken füllt, damit sie sich nicht negativ auswirken.

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Die üblichen Verdächtigungen

Dialog 1: In der Probezeit gegangen


Nun ist es an Herrn Wagner, seinem Interviewpartner zu erklären, was sich hinter
den Lücken in seinem Lebenslauf verbirgt.

Personalchef: Bei allem, was ein Mensch von sich zeigt, kann man fragen: Was
hat er zu verbergen? Im Klartext, Ihre Unterlagen weisen Unebenheiten auf ...
n Wagner: Was meinen Sie denn damit? Vielleicht habe ich da etwas vergessen ...
Personalchef: Sie sind bei der Firma Watermann, Ihrem vorvorletzten Arbeit-
geber, während der Probezeit ausgeschieden. Das ist ja nicht üblich. Warum?
o Wagner: Stimmt. (holt Luft) Ich rede ungern darüber, aber man hat mich übel
gemobbt.
Personalchef: Jeder für sich. Alle gegen jeden. Hier wird sie auch nicht jeder
mit offenen Armen empfangen. Warum konnten Sie sich nicht durchsetzen?
p Wagner: Ich erwarte mir trotz allem immer sportliche Fairness, aber davon
konnte dort keine Rede sein. Mein damaliger Chef hat mir kaum geholfen – der
hat mich richtig im Regen stehen lassen.
Personalchef: Worum ging es denn genau? Entschuldigen Sie, dass ich nachha-
ke, aber Mobbing ist ein heikles Thema.
q Wagner: Da gab’s eine richtige Gerüchteküche. Es hieß, ich hätte gesagt, mein
Chef sei von seinem Job völlig überfordert. Das stimmte natürlich gar nicht.
Aber hinter meinem Rücken kursierten die Geschichten. Ich hab das natürlich
gemerkt. Immer, wenn ich in den Raum kam, sind alle Gespräche verstummt.
r Personalchef: Haben Sie die Sache je offen angesprochen?
Wagner (trotzig): Nein, das hätte eh nichts gebracht. Die wollten keinen von
draußen haben. Die waren gegen mich, die haben mir einfach den Job nicht
gegönnt.

Schlimm, wenn man solche Kollegen hat. Aber hört sich das
Track 28 glaubwürdig an, was Herr Wagner sagt?

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Dialog 1: In der Probezeit gegangen

So urteilt der Personalexperte

Schön, wenn mangelndes Rückgrat beizeiten in Erscheinung tritt:


n „Was meinen Sie denn damit? Vielleicht habe ich da etwas vergessen ...“
Mit Gedächtnislücken kommen Menschen meist dann, wenn sie ein schlechtes
Gewissen haben.
o „Ich rede ungern darüber, aber man hat mich übel gemobbt.“
Wie hat man sich eigentlich früher herausgeredet, als es das Wort „Mobbing“
noch nicht gab?
p „Mein damaliger Chef hat mir kaum geholfen ...“
Möglicherweise hat er dafür – falls dies überhaupt den Tatsachen entspricht –
gute Gründe gehabt, mag der Interviewer hier denken.
q „Da gab’s eine richtige Gerüchteküche ...“
Wer sich damit befasst, was andere irgendwo angeblich über ihn sagen, kann
seine Aufgabe nicht erfüllen. Das ist Kindergartenniveau.
r „Haben Sie die Sache je offen angesprochen?“„Nein, das hätte eh nichts ...“
Reine Mutmaßungen. Es scheint, als sei der Bewerber bei innerbetrieblichen
Reibereien weniger Teil der Lösung als Teil des Problems.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


Der Bewerber hat
„ sich bei der Frage nach Unebenheiten im Lebenslauf erst einmal begriffs
stutzig gegeben oder er war sich der Problematik eines Ausscheidens inner
halb der Probezeit nicht bewusst,
„ das schwere Geschütz „Mobbing“ zur Selbstverteidigung aufgefahren. Da
vor ist zu warnen. Viele Personaler interpretieren den MobbingVorwurf als
Unfähigkeit, seinen Platz in einem Team zu finden bzw. zwischenmenschli
che Konflikte zu regulieren.
„ sich zu seiner Entschuldigung in Verdächtigungen geflüchtet und keinen
Versuch zur Konfliktlösung unternommen.

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Die üblichen Verdächtigungen

Dialog 2: Studium abgebrochen


Zurück in der Hotellounge bei Herrn Schendel und dem Headhunter.

Headhunter: Herr Schendel, schauen Sie für uns einmal in den Rückspiegel. Ist
in Ihrer Vergangenheit alles so gelaufen, wie Sie das wollten?
n Schendel: Keineswegs. Sie haben sicher bemerkt, dass es da die eine und andere
Lücke gibt. Ja, nach meiner Ausbildung bin erst mal als Rucksack-Tourist durch
Australien gezogen. Ich wollte Schafzüchter werden. Daraus wurde aber nichts.
Headhunter: Und dann?
o Schendel: Ich war erst mal Pleite und kam ziemlich fertig nach Deutschland
zurück. Dann habe ich gleich die nächste Fehlentscheidung getroffen: das Ar-
chitekturstudium. Im Nachhinein kann ich nur den Kopf schütteln. Zeichnen
war für mich der Horror, das hätte ich mir denken können. Nach zwei Semes-
tern habe ich die Reißleine gezogen, gerade noch rechtzeitig.
Headhunter: Wann – oder besser – wodurch hat sich denn Ihre Realitätsallergie
gebessert?
p Schendel: Meine Frau – die hat mich auf den Boden gebracht, und das war
mein Durchbruch. Ich habe Bilanz gezogen und mich gefragt: Was kannst du
eigentlich? Was willst du? Und das Wichtigste: Was musst Du tun, um zu errei-
chen, was du willst? Meine Lektion habe ich gelernt.
Headhunter: Und die lautet?
q Schendel: Man darf persönliche Fehlentscheidungen und Niederlagen nicht den
anderen in die Schuhe schieben. Man muss selbst dazu stehen und seine Schlüs-
se ziehen. Ein Fehler war dann nicht umsonst, wenn man daraus lernt.

Hören Sie zwei Varianten desselben Dialogs auf der CD – und


Track 29/30
Sie werden hören, dass Lücken nicht gleich Lücken sind.

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Dialog 2: Studium abgebrochen

So urteilt der Personalexperte

Ehrlichkeit gewinnt, besonders, wenn jemand wie Herr Schendel aus seiner
Geschichte gelernt hat.
n „Sie haben sicher bemerkt, dass es da die eine oder andere Lücke gibt.“
Ein Bewerber, der nicht den Ahnungslosen spielt, wenn es um seine Mucken
und Macken geht – wunderbar.
o „Ich war erst mal pleite und kam ziemlich fertig nach Deutschland zurück ...“
Kein Bewerber muss sich klein machen oder ständig Asche auf sein Haupt
streuen, aber zu den eigenen Fehlern oder Unterlassungen muss man konse-
quent stehen. Dieser Mann ist geradlinig.
p „Ich habe Bilanz gezogen ...“
Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich? Das sind Schlüsselfragen, die sich
jeder im Laufe seines Lebens immer wieder einmal stellen sollte.
q „Man darf persönliche Fehlentscheidungen und Niederlagen nicht den anderen
in die Schuhe schieben ....“
In der Tat, Herr Schendel wirkt durch diese Aussage überzeugend und zielstre-
big.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber hat
„ proaktiv seine Fehlentscheidungen angesprochen und ist dadurch gar nicht
erst in die Defensive geraten.
„ die wesentlichen Punkte angesprochen, die es zu klären gilt, wenn man sich
in einer Krise befindet.
„ die Überwindung seiner persönlichen Krise seiner Partnerin zugeschrieben.
Das klingt auf alle Fälle honorig und bescheiden.

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Die üblichen Verdächtigungen

Dialog 3: Keine Linie erkennbar?


Manuela Martens bewirbt sich um die Stelle einer PR-Assistentin. Sie hat den
Magister in Germanistik und Soziologie, zwei Jahre Berufserfahrung, sie ist ledig
und Mutter eines zweijährigen Kindes.

Personalchef: Offen gesagt, ich habe lange überlegt, ob ich Sie überhaupt zum
Interview einladen soll. Ein Studium der Geisteswissenschaften, eine Diplom-
Arbeit zum Thema Trivialliteratur, dann der kurze Abstecher in den Journalis-
mus – für mich ist nicht erkennbar, dass Sie sich während Ihrer Studienjahre
auch nur annähernd an einem Berufsbild orientiert haben.
Martens: Das stimmt. Für meine Klassenkameradinnen war bereits nach dem
Abi klar, was sie einmal werden wollten – Ärztin, Lehrerin und so weiter – für
mich standen die Inhalte im Vordergrund. (charmant) Ich bin ein neugieriger
Mensch, daher kommt wohl die geistes- und sozialwissenschaftliche Ausrich-
tung. Während des Studiums war für mich die Frage ‚Was kann ich tun?’ immer
wichtiger als die Frage ‚Was kann ich werden?’
Personalchef: Und nun möchten Sie bei uns als PR-Assistentin Ihr Wissen über
die deutsche Trivialliteratur einbringen? Wir vermarkten Softdrinks, wie Sie
wissen.
n Martens (lacht): Ich bin mir sicher, dass erfolgreiche PR-Kampagnen weniger
vom Produktwissen abhängen, als von der Fähigkeit, komplexe Fragestellungen
auf das Wesentliche zu verdichten, konzeptionell-analytisch zu denken, ziel-
gruppengerecht zu kommunizieren und das eigene Handeln vernünftig zu or-
ganisieren. Das alles lernt man im Studium der Geisteswissenschaften. Ich habe
jedenfalls davon profitiert und das könnte ich hier einbringen. Und zum Thema
Trivialliteratur: Ich habe im Rahmen meiner Arbeit interessante empirische
Zielgruppenanalysen durchgeführt. Sehr spannend.
Personalchef: Aber Ihren ersten Job im Marketing eines Lebensmittelherstellers
haben Sie nach zwei Jahren geschmissen, Frau Martens ...
o Martens: Na ja, so stimmt das natürlich nicht – ich habe eine Babypause
gemacht. Und ich denke, man kann nicht einerseits den Geburtenrückgang
beklagen und andererseits Frauen, die sich für die Mutterschaft entscheiden,
den Wiedereinstieg erschweren. Außerdem habe ich eine wichtige Erfahrung
gemacht. Ich weiß jetzt, was es heißt, wenn man nicht nur für sich allein ver-
antwortlich ist.

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Dialog 3: Keine Linie erkennbar?

Personalchef: Das sehe ich auch so. Aber hier wartet ein Full-Time-Job ...
p Martens (schnell): Entschuldigen Sie, wenn ich unterbreche – die Betreuung für
unser Kind ist gewährleistet.

Frau Martens hält dagegen. Hören Sie sich an, ob sie dabei zu
Track 31 scharf kontert.

So urteilt der Personalexperte


Frau Martens hat ihre Kompetenz für den Job der PR-Assistentin bewiesen.
n „Ich bin mir sicher, dass erfolgreiche PR-Kampagnen weniger vom Produktwis-
sen abhängen ...
Frau Martens stellt geschickt und überzeugend die Stärken der Geisteswissen-
schaftlerin heraus.
o „Na ja, so stimmt das natürlich nicht – ich habe eine Babypause gemacht ...“
Ganz schön beherzt gekontert. Das gefällt mir. Die meisten Bewerberinnen
gehen mit ihrer Mutterschaft defensiv bis verschämt um. Diese Kandidatin
wählt die Offensive, und diese Haltung ist auch in dem Job gefragt, um den es
hier geht.
p „Entschuldigen Sie, wenn ich Sie hier unterbreche – die Betreuung für unser
Kind ist gewährleistet.“
Sehr vorausschauend, genau darauf wollte der Personalchef hinaus.

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Die üblichen Verdächtigungen

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ sich gut auf die Frage nach dem langen, fachfremden Studium vorbereitet
und bringt überzeugende Argumente vor,
„ sich selbstbewusst zu ihrer Mutterschaft bekannt,
„ proaktiv eventuelle Zweifel an ihrer Einsatzbereitschaft zerstreut,
„ glaubwürdig dargelegt, dass sie sich längerfristig beruflich engagieren
möchte.

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Dialog 4: Job gekündigt?

Dialog 4: Job gekündigt?


Die Diplom-Pädagogin Viola Olkus hat ihren letzten Job von sich aus gekündigt.
Da gibt es Erklärungsbedarf.
Personalberater: Bei der Frage nach Ihren möglichen Schwächen sagten Sie
vorhin, dass Sie zur Ungeduld neigen. Nun habe ich Ihren Bewerbungsunterla-
gen entnommen, dass Sie Ihre Anstellung als Teamleiterin von sich aus gekün-
digt haben. War hier Ungeduld mit im Spiel? Normalerweise versucht man
doch, sich aus einer sicheren Position heraus zu verändern.
n Olkus: Ja, das ist wahrscheinlich nicht so recht zu erklären. Aber ich kann es
Ihnen ja sagen – ich bin handfest gemobbt worden und wollte mir das nicht
länger antun. Und zwar von den Kolleginnen, also den anderen Teamleiterin-
nen, und mein Vorgesetzter hat mich im Regen stehen lassen. Ich habe mir
gesagt, jetzt musst Du die Reißleine ziehen.
Personalberater: Als Führungskraft muss man aber einigermaßen belastbar
sein.
o Olkus: Ich weiß, aber am Ende war mein Gehalt eigentlich eher mit einem
Schmerzensgeld zu vergleichen. Ich glaube schon, dass ich belastbar bin.
Personalberater: Woran haben sich denn die Konflikte entzündet?
p Olkus: Ich glaube, es lag an meinem Leistungsanspruch. Ich bin ja sehr
fordernd und die anderen wollten da nicht mitziehen. Und da habe ich mich
eben auf meine Aufgabe konzentriert und fertig. Vielleicht war das falsch.
Personalberater: Aber diese Einstellung – „dann mach’ ich meinen Kram allei-
ne“ – passt nicht sonderlich gut zu einer Aufgabe im Bereich Human Resources,
Frau Olkus.
q Olkus: Manchmal muss man aber auch konsequent sein. Ich habe in dem
Unternehmen keine Zukunft mehr gesehen und hielt deshalb einen klaren
Schnitt für am besten, und zwar für alle Beteiligten. Es liegt mir nicht, so zu tun
als ob.

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Die üblichen Verdächtigungen

So urteilt der Personalexperte

Die Bewerberin bricht zu Beginn Ihrer Begründung der Kündigung mächtig ein
und macht erst am Ende wieder Boden gut.
n … ich bin handfest gemobbt worden …
Vergessen Sie den Begriff „Mobbing“, wenn es um die Begründung geht, warum
Sie einen Job geschmissen haben oder wechseln wollen. Natürlich machen sich
Menschen im Betrieb bisweilen das Leben schwer und mancher muss den Sün-
denbock abgeben. Problematisch an dem Mobbing-Vorwurf ist, dass immer die
anderen die Täter sind und das eigene Verhalten als möglicherweise Konflikt
fördernd gar nicht erst erörtert wird.
o … Ich glaube schon, dass ich belastbar bin.
Es reicht nicht aus, an die eigene Belastbarkeit zu glauben. Hier wären Beispiele
und Belege aus der Vergangenheit schön.
p Ich glaube, es lag an meinem Leistungsanspruch. …
Wenn unterschiedliche Leistungsansprüche in einem Team aufeinander treffen,
gibt es meist Konflikte. Wer sich im Vergleich zu den anderen mehr abverlangt,
„verdirbt die Preise“ und wird deshalb gern ausgebremst. Das ist natürlich nicht
gut. Aber als Leistungstreiber muss man auf jeden Fall versuchen, die anderen
„mitzuziehen“.
q Manchmal muss man aber auch konsequent sein …
Diese Antwort überzeugt, denn damit zeigt die Bewerberin Rückgrat.

Das hat die Bewerberin weniger gut bzw. gut gemacht


„ Wenn eine Führungskraft das Handtuch wirft, sollte sie dies auf keinen Fall
mit Mobbing begründen.
„ Auf den Vorwurf einer möglicherweise mangelnden Belastbarkeit hat sie recht
unsicher reagiert.
„ Der Hinweis auf konsequentes Verhalten bringt ihr am Schluss einen Plus
punkt.

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So kommen Sie gut an

So kommen Sie gut an


„ Sich im Gespräch möglichst proaktiv verhalten
Wer agiert, hat das Gesetz des Handelns auf seiner Seite und ist deshalb psy-
chisch stärker als jemand, der nur reagieren kann. In diesem Sinne ist es
vorteilhaft, die Lücken im eigenen Lebenslauf von sich aus anzusprechen.
Natürlich nicht in der Art: „Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass ich
18 Semester studiert habe.“ Aber so kann man es machen: „Ihnen ist sicher
nicht entgangen, dass ich von der Firma Ehrlicher kein sonderlich gutes
Zeugnis erhalten habe ...“ Es ist im Übrigen überhaupt keine gute Idee, dar-
auf zu spekulieren, dass der Personalexperte die Schwachstellen im Werde-
gang nicht erkennt – er sucht förmlich danach.
„ Geradlinigkeit bringt Punkte
Kleine Fehler wirken charmant. Natürlich müssen sich derartige Holprigkei-
ten in Grenzen halten, und das gilt auch für den Werdegang eines Bewer-
bers. Wichtig ist, dass man zu den kleinen oder größeren Katastrophen der
eigenen Biographie steht. Durch das Prinzip „trial and error“ ist die
Menschheit schließlich immer wieder die Treppe hinaufgefallen – Scheitern
gehört nun einmal zum Erfolg. Oder anders: Wer kein Risiko eingehen will,
geht das größte Risiko ein. Aus dieser Haltung heraus muss man mit den
„scharfen Biegungen“ im eigenen Werdegang umgehen.
„ Zeigen, dass man seine Lektion gelernt hat
Man darf im Leben Fehler machen. Aber das gilt nicht immer und auch
nicht überall. Fehlerfreie Leistungen erwarten wir beispielsweise von Chi-
rurgen, Piloten und Statikern. Und für Mitarbeiter gilt zumindest der
Grundsatz, dass man ein und denselben Fehler nicht ein zweites Mal ma-
chen darf. Man muss also aus dem ersten Mal etwas gelernt haben. So soll-
ten Sie auch ihre eigenen Fehler im Vorstellungsgespräch darstellen.
„ Die eigene Biografie auf mögliche „Schwächen“ durchleuchten
Schwachstellenanalyse: Prüfen Sie genau, bei welchen Punkten der Personal-
experte eventuell nachfassen könnte und überlegen Sie, wie Sie darauf rea-
gieren wollen.
„ Habe ich Zeugnisse (Schule, Ausbildung, Studium etc.), die unter dem
Durchschnitt liegen?
„ Habe ich eine Ausbildung oder ein Studium ohne Abschluss beendet o-
der vorzeitig abgebrochen?

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Die üblichen Verdächtigungen

„ Bin ich in der Probezeit gescheitert oder vorzeitig ausgeschieden?


„ War ich häufiger ohne Anstellung?
„ Habe ich häufiger den Arbeitgeber gewechselt?
„ Habe ich ein Arbeitszeugnis, das offenbar nicht gut ausgefallen ist? (Ach-
tung: schriftliche Zeugnisse mit codierter Sprache!)
„ Habe ich überdurchschnittlich lange studiert?
„ Suche ich bereits überdurchschnittlich lange nach einer neuen Anstel-
lung?
„ Habe ich selbst gekündigt?
„ Ist mir gekündigt worden?
„ Hatte ich längere Ausfallzeiten wegen Krankheit?

„ „Ihren Bewerbungsunterlagen habe ich entnommen, dass Sie Ihre Anstel-


lung als ... von sich aus gekündigt haben.“ Worum geht es hier?
Wenn ein Bewerber bei seinem letzten Arbeitgeber von sich aus gekündigt
hat, möchte man natürlich als potenziell neuer Arbeitgeber die Gründe er-
fahren – denn normal ist das ja nicht. Normal ist, dass man sich aus einem
festen Anstellungsverhältnis heraus zu verändern versucht, weil man im
Zweifelsfall auch bei den Gehaltsverhandlungen bessere Karten hat. Vor al-
lem aber steht man nicht unter Zeitdruck, der zu Fehlentscheidungen füh-
ren kann. Kurzum: Wer kündigt, ohne eine neue Stelle zu haben, muss eini-
ges erklären. Personaler haben genau für diesen Sachverhalt eine feine Wit-
terung: Oft gab es Zoff und man hat sich mit der Sprachregelung „im gegen-
seitigen Einvernehmen“ schleunigst getrennt.
„ Typische Gründe für Veränderungswünsche sind Veränderungen in der
Aufgabenstruktur bzw. in den Zuständigkeiten, ein neuer Vorgesetzter,
Unter- oder Überforderung, unvorteilhafte Veränderungen im sozialen
Umfeld, mangelnde Entwicklungs- und Aufstiegschancen oder gar der
Wille, einer Kündigung des Arbeitgebers zuvorzukommen.
„ Eine Musterantwort:„Warum haben Sie von sich aus gekündigt?“ – „Ich
habe zunehmend gemerkt, dass ich mich leider für die falsche Aufgabe
entschieden habe. Längere Zeit schien alles zu stimmen – vor allem kam
ich mit den Kollegen ausgezeichnet zurecht und zu meinem Vorgesetzten
stimmte die Chemie auch. Dann kam eine Reorganisation und Neuvertei-
lung der Aufgaben und das ging völlig an meinen Neigungen und auch an
meinem Leistungsprofil – an dem, was ich kann – vorbei. Da nach diver-
sen Gesprächen keine Änderung möglich war, habe ich von mir aus die
Konsequenzen gezogen. Natürlich hätte ich so tun können, als hätte ich
mich arrangiert – aber es war mir sicher anzusehen, dass mir das alles

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Fakten und Hintergründe

überhaupt nicht schmeckte. Ich wollte dann lieber einen klaren Schnitt.
Selbstverständlich habe ich meine Nachfolgerin noch eingearbeitet.“

To Do: So stellen Sie Ihre „Lücken“ dar


Mit jeder Frage, die Sie mit Ja oder „Jein“ beantworten müssen, sollten Sie sich
gründlich befassen:
„ Erarbeiten Sie eine glaubwürdige Erklärung zu den Tiefen und Untiefen
Ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung.
„ Hüten Sie sich unbedingt vor Schuldzuweisungen gegen Dritte.
„ Erwähnen Sie kurz und überzeugend, was Sie aus einem bestimmten Fehler
gelernt haben.
„ Bagatellisieren und beschönigen Sie nichts!

Fakten und Hintergründe


„Success is the ability to go from one failure to another with no loss of enthusi-
asm“, so sah es Churchill. Für das berufliche Fortkommen ist entscheidend, wie
man mit seinen Niederlagen richtig umgeht: Schwache Persönlichkeiten suchen
ihr Seelenheil im Verleugnen und Vertuschen, starke Persönlichkeiten wissen,
was sie ihren Niederlagen schuldig sind.

Wahrhaftigkeit ist gefragt


Die Akademie für Führungskräfte in Bad Harzburg hat gestandene Führungs-
kräfte gefragt, auf welche Kompetenzen es in Krisenzeiten besonders ankomme.
Mit 62 Prozent der Nennungen kam „Wahrhaftigkeit“ auf den ersten Platz.
Besonders hoch im Kurs steht dieses Merkmal bei weiblichen Führungskräften.
Mit der Gestaltung seines Lebenslaufs kann ein Bewerber zeigen, wie er es mit
dieser Eigenschaft hält – und erst recht natürlich im Vorstellungsgespräch. Es
empfiehlt sich der beherzte Umgang mit eventuellen Unebenheiten im Lebens-
lauf. Offenheit wird eher belohnt als der meist untaugliche Versuch, unglückli-
che Entscheidungen oder Misserfolge zu verbergen. Hier einige Hinweise:

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Die üblichen Verdächtigungen

„ Eine eventuell vorzeitig beendete Probezeit muss erwähnt werden. Erstens


ist das Risiko groß, dass die Sache auffliegt und zweitens kann man vom
Scheitern einer Probezeit für den nächsten Anlauf profitieren. Aber nur,
wenn man dies nicht als Makel empfindet, sondern als „Lehrgeld“, das nicht
umsonst investiert wurde.
„ Eine größere zeitliche Lücke zwischen Berufsausbildung oder Studium und
einer Anstellung muss „aufgeklärt“ werden. Andernfalls wird unterstellt,
dass man etwas verstecken möchte. Gerade in diesen Zeiten ist es nicht an-
rüchig, wenn die Suche nach einem passenden Job länger dauert.
„ Durch Mutterschaft und Kindererziehung bedingte Pausen gehören selbst-
verständlich in den Lebenslauf.
„ Männliche Bewerber, die sich vorübergehend eine Auszeit für die Kinder
erlaubt haben, sollten dazu stehen. In einer Firma, die dies negativ bewertet,
würden sie sowieso nicht glücklich werden.
„ Wer sich während der Bewerbungsphase in keinem festen Arbeitsverhältnis
befindet, sollte sich dazu bekennen. Die Formulierung „zur Zeit ohne An-
stellung“ schadet einem in der Regel am meisten, wenn man sie vorsätzlich
weglässt.
„ Zu einer längeren Reise durch Asien oder Amerika darf man ebenfalls ste-
hen. Möglicherweise ist der Adressat nach einem Ausbildungsabschnitt auch
erst einmal „on tour” gegangen. Man muss die Sache aber nicht unbedingt
zur „Studienreise“ erhöhen.
„ Krankheiten und Reha-Phasen sind ein schicksalhafter Teil der Biografie.
Die dadurch entstandenen Lücken bitte nicht ausblenden. Aus unerfreuli-
chen Lebensphasen, die gemeistert wurden, kann man bekanntlich gestärkt
hervorgehen.
„ Eventuelle Behinderungen sollten erwähnt und der Grad der Beeinträchti-
gung knapp beschrieben werden. Es gibt viele Firmen, die mit behinderten
Mitarbeitern gute Erfahrungen gemacht haben.

Dichtung und Wahrheit

Ein Beispiel: Der Bewerber hat zunächst sechs Semester Germanistik und dann 14
Semester Informatik studiert, mit einem überdurchschnittlich guten Abschluss.
Auch deshalb wurde er – neben den exzellenten Praktikazeugnissen – eingeladen.
Natürlich wird die lange Studiendauer angesprochen. Den Abbruch des Germa-
nistikstudiums begründet er mit schlechten Berufschancen und die 14 Informa-

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Fakten und Hintergründe

tiksemester mit überfüllten Hörsälen und Seminaren. Außerdem hätte er jobben


müssen, weil seine Eltern ihn finanziell nicht unterstützen wollten. Der Blick auf
die Vordiplomzeugnisse in Germanistik und Informatik zeigt allerdings, dass dem
Bewerber ein Grundlagenstudium offenbar überhaupt nicht liegt. Hier hat er viel
Zeit vertan und miese Noten erzielt. Die meisten Bewerber begründen den Ab-
bruch einer Ausbildung bzw. eines Studiums damit, dass Ihnen Zweifel an der
Zukunftsfähigkeit des Berufsbilds gekommen seien. Sie kollidieren damit aller-
dings mit einer Lebenserfahrung, die bis zum Beweis des Gegenteils gilt: Wer für
eine Sache „innerlich brennt“, zieht sie durch und ist am Ende auch beruflich
erfolgreich. Völlig unklug ist der Hinweis auf die Studienbedingungen, die nicht
so sind, wie sie sein sollten. Dieser Umstand trifft bekanntlich (fast) alle Studie-
renden. Die wirklich Guten, so wird der unausgesprochene Einwand vieler Ent-
scheidungsträger in Personalangelegenheiten lauten, machen ihren Weg auch und
gerade unter widrigen Bedingungen.
Machen Sie ein Gedankenexperiment zu folgender Frage: Was erwarten Sie von
Ihrem zukünftigen Vorgesetzten, wenn er etwas falsch gemacht oder versäumt
hat, und Sie davon direkt betroffen sind? Natürlich: Er soll dazu stehen. Ein
anderer Fall: Der 38-jährige Betriebswirt hatte eine tolle Bewerbung eingereicht
und wirkte auch im Gespräch souverän: Prädikatsexamen, vier erfolgreiche
Jahre als stellvertretender Vertriebsleiter einer Maschinenbaufirma (sehr gutes
Zeugnis), solide Auslandserfahrungen, ein nachträglich erworbener Abschluss
als MBA in London etc. Der Personalchef, bei dem sich der so überaus überzeu-
gende Kandidat vorstellte, hatte dann doch ein etwas komisches Gefühl und
schaltete die britische Control Risks Group mit der Bitte ein, die Bewerbungs-
unterlagen zu überprüfen. Das Ergebnis: Einige Zeugnisse waren schlicht ge-
fälscht und die Auslandserfahrungen bestanden aus einigen Sprachkursen.
Nach einer Untersuchung der Control Risks Group, einer Unternehmensbera-
tung für wirtschaftliche Risiken mit Sitz in Berlin, sagen zwölf Prozent aller
Bewerber über ihre Fähigkeiten nicht die Wahrheit. Am meisten wird im IT-
Bereich geschummelt und besonders häufig „glätten“ Bewerber ihre Beschäfti-
gungszeiten.

Das Recht auf Lüge – oder: Keine Antwort ist


manchmal auch eine Antwort
Schweigen ist manchmal sehr beredt. Und wer Auskünfte verweigert, hat längst
ungewollt welche preisgegeben. „Haben Sie in Ihrer Jugend gekifft?“, wurde ein

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Die üblichen Verdächtigungen

Politiker einmal von einem Journalisten gefragt. Die Antwort: „Dazu sage ich
nichts.“ Natürlich wurde diese Aussage von vielen genüsslich interpretiert, zum
Nachteil des Interviewten.
Das Bundesarbeitsgericht hat das Recht von Bewerbern, in bestimmten Fällen
die Unwahrheit zu sagen, in einem spektakulären Rechtsspruch einmal unmiss-
verständlich geklärt (2 AZR 449/90). Dieser Fall soll hier kurz geschildert wer-
den: Michaela hatte sich hübsch zurechtgemacht, als sie sich in einer Berliner
Chirurgenpraxis vorstellte. Sie kam gut an und erhielt den Job als Arzthelferin.
Doch als Michaela startete, traute der neue Arbeitgeber bei näherem Hinsehen
seinen Augen nicht: Die frauliche Aufmachung entsprach nicht den biologi-
schen Tatsachen – die Arzthelferin war in Wirklichkeit ein Arzthelfer. Noch ein
Jahr zuvor hatte Michaela Michael geheißen, bis ihm/ihr das Amtsgericht Schö-
neberg im Rahmen der so genannten „kleinen Lösung“ zu jener Identität ver-
half, die ihrem Empfinden als Frau entsprach. Da sich Michaela aber bisher
noch keiner geschlechtsverändernden Operation („große Lösung“) unterzogen
hatte, war sie biologisch ein Mann geblieben. Dem Arbeitgeber war vor der
Vertragsunterzeichnung der noch bestehende kleine Unterschied entgangen. Er
fühlte sich arglistig getäuscht und kündigte Michaela. Den Prozess verlor er.
Bewerber dürfen also bei die Intim- und Privatsphäre berührenden Fragen
flunkern, wenn die Zurückweisung dieser Fragen ihre Chancen verringern wür-
de. Aber es gibt auch Ausnahmen.

Wo man keineswegs flunkern darf


„ Wer sich bei einer Partei oder Gewerkschaft bewirbt, darf eine entspre
chende Mitgliedschaft bei einer anderen Organisation nicht verheimlichen.
„ Wer sich um einen „geldsensiblen“ Arbeitsplatz bewirbt, muss offen über
eventuelle finanzielle Verpflichtungen reden.
„ Wenn wegen mutterschutzrechtlicher Vorschriften Schwangere auf dem
angedachten Arbeitsplatz nicht beschäftigt werden dürfen, ist das sich an
bahnende freudige Ereignis zu offenbaren.
„ Auch Krankheiten sind tabu. Wer sich aber als Bäcker bewirbt und unter
einer Mehlstauballergie leidet, muss dies unbefragt erklären.

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Sich Ziele setzen: „Wo möchten Sie


eigentlich in fünf Jahren stehen?“

„In fünf Jahren möchte ich auf Ihrem Stuhl sitzen.“ Die Zeiten, als man
mit dieser kecken Antwort Selbstbewusstsein demonstrieren konnte und
damit auch noch gut ankam, sind längst vorbei. Wer sich heute zu sehr
von der eigenen Vorzüglichkeit beeindruckt zeigt, schadet sich selbst.
Von einem anspruchsvollen Bewerber wird mittlerweile erwartet, dass er
in längeren Zeiträumen denkt. Viele Menschen sind „Gegenwartsmen
schen“ und das ist oft weder für das persönliche Schicksal noch für das
eines Betriebs von Vorteil. In anderen Worten: Wer an die eigene Zu
kunftsfähigkeit denkt, kann auch langfristig kalkulieren. Und das möchte
Ihr Gesprächspartner im Interview herausfinden.

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Sich Ziele setzen

Dialog 1: Mangelnde
Zukunftsvorstellungen
Zurück zu Herrn Berger.

Personalchefin: Wer nicht weiß, wohin er will, landet meist da, wo er gar nicht
hin wollte. Wie sieht Ihre mittel- und langfristige Berufsplanung aus?
n Berger: Na ja, eins ist sicher – ewig möchte ich nicht auf dem gleichen Job
festwachsen.
Personalchefin: Sie sagen, was Sie nicht wollen. Haben Sie auch eine Vorstel-
lung davon, wo Sie in fünf Jahren stehen möchten?
o Berger: Ähm, es bringt ja nichts, wenn ich Träume und Hoffnungen habe, und
die Umstände nicht stimmen. Deshalb wollte ich Sie fragen: Wie sind denn die
Karrierechancen in Ihrem Unternehmen? Welchen Stellenwert hat die Perso-
nalentwicklung?
Vertriebsleiter (gereizt): Herr Berger, darum geht es doch jetzt nicht. Ich frage
mich gerade, ob Sie ein klares berufliches Zukunftsbild haben, und wenn ja,
welches!
p Berger (unter Druck): Gut, also, ich könnte mir vorstellen, später eine Unter-
nehmenseinheit eigenverantwortlich zu führen.
Vertriebsleiter: In fünf Jahren?
Berger: Na, so in etwa.
Personalchefin: Und was machen Sie, wenn Ihre Pläne sich nicht realisieren
lassen?
q Berger: Och, man darf sich vom beruflichen Erfolg nicht so abhängig machen.
Karriere ist nicht alles im Leben. Sonst wird das noch zur Sucht.

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Dialog 1: Mangelnde Zukunftsvorstellungen

So urteilt der Personalexperte

Noch Fragen, Euer Ehren? Keine, aber hier kommt ein vernichtendes Urteil:
n „Ewig möchte ich nicht auf dem gleichen Job festwachsen.“
Schade, dass vor allem Nachwuchskräfte oft nur wissen, was sie nicht wollen.
Für einen Hochschulabsolventen wirkt dies nicht gerade zielgerichtet.
o „Deshalb wollte ich Sie fragen: Wie sind denn die Karrierechancen in Ihrem
Unternehmen?“
Die Tochter des Personalers würde sagen: ‚Der hat null Peilung.’ Außerdem ist
das Wort ‚Karriere’ wirklich ein klares ‚No-No’, denn zunächst geht es um die
Vorstellung, die jemand von seiner Zukunft hat und um seine berufliche Ent-
wicklung.
p „Gut, also, ich könnte mir vorstellen, später eine Unternehmenseinheit eigen-
verantwortlich zu führen.“
Das ist immer noch zu ungenau.
q „Karriere ist nicht alles im Leben ...“
Gefragt ist erfolgsorientierter Nachwuchs, der es wissen will.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat nicht ansatzweise ein berufliches Zukunftsbild skizzieren können.
„ Er hat die berufliche Entwicklung eines Menschen mit Karriere und hierar
chischem Aufstieg verwechselt. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
„ Der unbedingte Wille zum Erfolg wurde nicht deutlich.

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Sich Ziele setzen

Dialog 2: Klar und souverän


Julia Lüdemann im Gespräch mit dem Personalchef.

Personalchef: Frau Lüdemann, Sie stehen am Anfang eines hoffnungsfrohen


Berufswegs. Nun bleibt man ja nicht ewig Trainee. Wie stellen Sie sich die Zeit
danach vor?
n Lüdemann: Bevor ich frage, ‚Was kann ich werden?’ ist mir wichtiger, was ich
tun kann. (holt Luft) Aber ich habe mir schon Gedanken gemacht, wo die Reise
hingehen soll.
o Mittelfristig würde ich gerne ins Ausland, zu einem Tochterunternehmen, und
dort arbeiten. Osteuropa wäre besonders toll – damit habe ich mich im Studi-
um befasst.
Personalchef: Und dann – wie soll es weitergehen?
p Lüdemann: Falls Sie wissen wollen, ob ich langfristig Personalverantwortung
anstrebe – ich glaube, eher nicht. Ich denke mehr an Projektarbeit und so. Mei-
ne Stärken liegen im Konzeptionellen. Im Lauf der Zeit Verantwortung zu ge-
winnen ist mir natürlich auch wichtig.
Personalchef: Und privat? Können Sie sich vorstellen, irgendwann eine Familie
zu gründen?
q Lüdemann: Ja, natürlich, warum nicht. Ich denke, Beruf und Familie lassen sich
heutzutage vereinbaren. Aber vor allem anderen habe ich studiert, um mein
erworbenes Wissen weiterzuentwickeln und anzuwenden.

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Dialog 2: Klar und souverän

So urteilt der Personalexperte

Ohne Zweifel, diese Bewerberin weiß, was sie will. Das verfehlt seine Wirkung
nicht.
n „Bevor ich frage, ‚Was kann ich werden?’ ...“
Gut gekontert. Wer permanent mit seinem beruflichen Fortkommen beschäf-
tigt ist, vernachlässigt seine Aufgabe.
o „Mittelfristig würde ich gerne ins Ausland ...“
Klare Vorstellungen und auch noch die Begründung geliefert.
p „Ich denke mehr an Projektarbeit ...“
Gute Selbsteinschätzung.
q „Ich denke, Beruf und Familie lassen sich heutzutage vereinbaren ...“
Viele junge Frauen tun sich mit dieser Frage unnötig schwer. Frau Lüdemann
steht zu ihrem Kinderwunsch und spricht die gesellschaftliche Relevanz dieser
Frage an. Und sie stellt klar, dass für sie im Moment das berufliche Fortkom-
men im Vordergrund steht.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft und kann diese überzeugend
formulieren.
„ ihre beruflichen Pläne mit ihren Stärken in Verbindung gebracht.
„ die Frage nach den privaten Ambitionen (Familie) souverän beantwortet.

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Sich Ziele setzen

Dialog 3: Schlecht vorbereitet


Der Absolvent Kai Heller führt sein Vorstellungsinterview mit einem Personalbera-
ter und wird nach seinen beruflichen Zukunftsplänen befragt.
Personalberater: Wohin soll denn die berufliche Reise gehen, Herr Heller?
n Heller: Wie meinen Sie das?
Personalberater. Nun, jeder hat ja so seine Zukunftspläne, oder sollte sie jeden-
falls haben. Wo möchten Sie denn, sagen wir mal, in fünf Jahren stehen?
o Heller: Ach, darüber machen ich mir im Augenblick keine Gedanken. Wer zu
sehr an das Morgen denkt, vergisst das Heute. Für mich ist das Hier und Heute
wichtig. Jetzt denke ich erst einmal an den ersten Schritt.
Personalberater: Trotzdem muss man ja vorausschauend denken und planen.
Wer alles dem Zufall überlässt, wird zum Spielball der Verhältnisse. Auch ein
Unternehmen muss ja ein Modell von der Zukunft entwickeln: Wo wollen wir
in einigen Jahren stehen? Stimmt unser Geschäftsmodell auch langfristig noch?
p Heller: Ich möchte jetzt erst einmal das Gelernte in der Praxis anwenden. Aber
es stimmt schon, natürlich muss man sich Gedanken über die Zukunft machen.
Ich könnte mir vorstellen, einmal mehr Verantwortung zu übernehmen. Ich
kann mir nicht vorstellen, ewig Assistent zu bleiben.
Personalberater: Können Sie bezüglich Ihrer Laufbahn Ziele formulieren?
q Heller: Hm, wie gesagt, mehr Verantwortung hätte ich gern. Ich könnte mir
vorstellen, einmal eine Führungsaufgabe zu übernehmen.
r Und dann möchte ich mich so entwickeln, dass ich sozusagen zukunftsfähig
bleibe. Also viel dazu lernen. Na ja, die finanzielle Seite spielt natürlich auch
eine Rolle.

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Dialog 3: Schlecht vorbereitet

So urteilt der Personalexperte

Leider antwortet der Bewerber ausweichend und unpräzise. Da jeder eigentlich


wissen sollte, dass die Frage nach den Zukunftsplänen gern gestellt wird, muss
man sich mangelnde Vorbereitung vorwerfen lassen.
n Wie meinen Sie das?
Die Frage nach der ‚beruflichen Reise’ war verständlich formuliert. Hier ist oder
stellt sich der Bewerber begriffsstutzig.
o Ach, darüber mache ich mir im Augenblick keine Gedanken. …
Es ist nie gut, sich selbst der Gedankenlosigkeit zu bezichtigen. Sein Hinweis auf
denjenigen, der zu sehr ans Morgen denkt, kann so durchgehen, denn es gibt
Bewerber, die vom ersten Tag an vorrangig mit ihrer Karriere befasst sind. Ein
Leben im ‚Hier und Heute’ allerdings ist nur etwas für Psycho-Freaks. Wenn
dies zur Grundhaltung in einer Firma würde, wäre diese bald insolvent.
p Ich möchte jetzt erst einmal das Gelernte in der Praxis anwenden. …
Das geht inhaltlich in Ordnung. Allerdings hat es sich der Bewerber selbst ein-
gebrockt, dass er jetzt zurück rudern muss. Überflüssig ist der Hinweis, dass er
nicht ewig Assistent sein möchte. Das ist ein Gemeinplatz.
q Hm, wie gesagt, mehr Verantwortung hätte ich gern. …
Das hätte gleich zu Beginn kommen sollen. Jetzt klingt es so, als sei dem Interes-
senten im letzten Moment noch etwas halbwegs Gescheites zu seinen Zukunfts-
plänen eingefallen.
r …dann möchte ich mich so entwickeln, dass ich … zukunftsfähig bleibe. …
Das ist ein guter Abschluss.

Das hat der Bewerber gut bzw. weniger gut gemacht


„ Er hat sich auf die Frage nach den Zukunftsplänen nicht gut vorbereitet.
„ Die Äußerung, dass man das Gelernte erst einmal in der Praxis anwenden
möchte, ehrt jeden Berufseinsteiger. Sie befreit einen aber nicht davon, sich
zu den Vorstellungen über den weiteren Berufsweg zu erklären.
„ Die eigene berufliche Entwicklung im Sinne der Zukunftsfähigkeit vorantrei
ben zu wollen, ist eine überzeugende Antwort.

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Sich Ziele setzen

Dialog 4: Mittelfristige Ziele für


Berufsanfänger
Auch Mike Römer, gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann und Berufsein-
steiger, soll sagen, wie er sich seine Zukunft vorstellt.
Personalleiterin: Sie haben mir vorhin gesagt, dass Sie nun genau wüssten, dass
dies hier bei uns die richtige Aufgabe für Sie ist. So etwas wie das abgebrochene
Studium würde Ihnen nicht wieder passieren. Haben Sie denn eine Vorstellung,
wie es langfristig weiter gehen könnte?
n Römer: Was ich mir mittelfristig sehr gut vorstellen könnte oder erhoffe, ist ein
Auslandseinsatz. Internationale Erfahrung ist immer gut für die berufliche Ent-
wicklung und deshalb strebe ich die unbedingt an.
Peters: Und wenn Ihnen dies unser Haus nicht bieten kann, weil die entspre-
chenden Positionen besetzt sind?
o Römer: Dann möchte ich zumindest in der Kundenbetreuung zunehmend
international eingesetzt werden. Das wäre für mich schon erstrebenswert –
wenn ich dazu fit bin. Sie haben mir erzählt, dass Ihr Unternehmen ja auch
entsprechende Schulungsmaßnahmen anbietet. Die würde ich natürlich gern
nutzen.
Peters: Und an welchen Zeitrahmen denken Sie da?
p Römer: Ich möchte nichts überstürzen und es müssen ja auch die Vorausset-
zungen von Seiten des Betriebes gegeben sein. Im Übrigen muss man ja flexibel
sein und darf nicht stur auf einem Weg beharren. Was ich mir auch gut vorstel-
len könnte, wäre einmal eine Station im Außendienst. Auch das bringt einen in
der beruflichen Entwicklung ja langfristig weiter. Die Hauptsache ist für mich
eine marktnahe Tätigkeit, bei der ich erfolgreich bin und meine Fähigkeiten
entwickeln kann.

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Dialog 4: Mittelfristige Ziele für Berufsanfänger

So urteilt der Personalexperte

Für einen Berufsanfänger hat sich der Bewerber sehr überzeugend über seine
Zukunftspläne geäußert.
n Was ich mir mittelfristig sehr gut vorstellen könnte oder erhoffe, ist ein Aus-
landseinsatz.
Hier artikuliert sich noch kein Karrieredenken in Form von Aufstieg und
Macht, sondern die Überlegung, was einen in diesen Tagen zukunftsfähig
macht. Ein Auslandseinsatz gehört in Zeiten einer sich beschleunigenden Glo-
balisierung unbedingt dazu.
o Dann möchte ich zumindest in der Kundenbetreuung zunehmend international
eingesetzt werden. …
Das ist eine sehr elastische Reaktion auf den Einwand der Personalleiterin, was
er denn täte, wenn diese Möglichkeit seitens des Unternehmens nicht bestünde.
Wer über Pläne und Hoffnungen spricht, die das Unternehmen aufgrund seines
Geschäftszwecks, seiner Aufstellung im Markt oder seiner gegeben Personal-
struktur mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erfüllen kann, muss glaubwürdige
Alternativen ‚im Gepäck’ haben.
p Ich möchte nichts überstürzen und es müssen ja auch die Voraussetzungen von
Seiten des Betriebes gegeben sein. …
Der Bewerber lässt sich zeitlich nicht festnageln und zeigt sich sehr flexibel. Dies
ist rundherum eine gute Antwort auf die Frage nach den beruflichen Zukunfts-
vorstellungen.

Das hat der Bewerber gut gemacht


„ Er spricht Aufgaben und Herausforderungen an, die er mittelfristig anvisiert,
und keine Karriereziele – das ist gerade bei Nachwuchskräften manchmal
ganz wohltuend.
„ Er hält auf Nachfragen glaubwürdige Alternativen bereit.
„ Er legt sich hinsichtlich seiner beruflichen Ambitionen vernünftigerweise
nicht auf einen Zeitrahmen fest.

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Sich Ziele setzen

So kommen Sie gut an


„ Die Frage nach Ihren Zukunftsplänen – auf was Sie achten sollten
Die Frage nach den beruflichen Zukunftsvorstellungen wird mit großer
Wahrscheinlichkeit gestellt und deshalb muss man sich darauf vorbereiten.
Die kecke Antwort „In fünf Jahren möchte ich auf ihrem Stuhl sitzen“ ist in-
zwischen aufgrund der Arbeitsmarktlage aus der Mode gekommen. Nie-
mand erwartet als Antwort, dass Sie in 10 Jahren Vorstandsvorsitzender sein
möchten. Ihre Vorstellungen von Posten und Hierarchiestufen können Sie
also durchaus eher zurückhaltend formulieren. Alfred Herrhausen, der 1989
von der RAF ermordete Vorstandssprecher der Deutschen Bank, hat einmal
einen bemerkenswerten Rat gegeben: „Konzentrieren Sie sich als Berufsein-
steiger nicht so sehr auf die Frage ’Was kann ich werden?’, sondern auf die
Frage ’Was kann ich tun?’“.
„ Für die Beantwortung der Frage heißt das: Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten
– je nach Stellenangebot. Einige Beispiele: Stab oder Linie? Berufseinsteiger
können zum Beispiel anführen, ob sie sich einmal eher in einer verant-
wortlichen Stabsstelle oder einer Linienfunktion mit Personalverantwor-
tung sehen. Internationaler Einsatz? In einem international tätigen Unter-
nehmen lässt sich als Ziel ein späterer Auslandseinsatz formulieren. Das ist
immer ein guter „Entwicklungsbaustein“ und man zeigt damit, dass man
mobil ist. Außendienst? Bewerber um eine Stelle im Kundendienst oder im
vertrieblichen Innendienst können bei entsprechender Eignung Ambitio-
nen auf einen mittelfristigen Einsatz im Außendienst anmelden.
„ Wie wird die Arbeitswelt von morgen aussehen? Sie wird projektorientier-
ter und damit weniger hierarchisch sein. Dialoge laufen in großen Unter-
nehmen immer häufiger wie folgt ab: „Und was machen Sie nach Ende des
Projektes in sechs Monaten?“ Die typische Antwort: „Das weiß ich noch
nicht. Es wird sich sicher ein neues interessantes Projekt finden, wenn ich
dieses hier zum Erfolg gebracht habe.“ Das muss man allerdings psychisch
aushalten können.

„ Ein persönliches Zukunftsbild skizzieren


Je nach Ambition oder Qualifikation können Sie Ihre Vorstellungen artiku-
lieren, ohne abgehoben oder unrealistisch zu wirken: „Mittelfristig möchte
ich Personalverantwortung übernehmen – ich stelle mir also eine Linienauf-
gabe vor.“ „In fünf Jahren wäre ich gern Key Account Manager.“ „Ich

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So kommen Sie gut an

möchte gern in einigen Jahren federführend anspruchsvolle Projekte reali-


sieren.“

„ „Anstrebensziele“ nennen
Viele Menschen arbeiten leider mit Vermeidenszielen: „Ich möchte natür-
lich nicht bis zur Rente dasselbe machen.“ – „Für mich ist es wichtig, nicht
den Anschluss an die technologische Entwicklung zu verlieren.“ Hier sagt
jemand, was nicht passieren soll, und das ist nicht präzise. Von Bewerbern
und Mitarbeitern – erst recht natürlich von Führungskräften – wird erwar-
tet, dass sie auf den Punkt formulieren können, was sein soll. Es gilt also,
Anstrebensziele (positive Ziele) zu definieren: „Ich werde meine berufliche
Entwicklung so gestalten, dass ich auf mögliche Veränderungsprozesse op-
timal vorbereitet bin.“ Oder: „Ich werde binnen eines Jahres meine polni-
schen Sprachkenntnisse so entwickeln, dass ich zu einem Small Talk mit
polnischen Kollegen und Geschäftspartnern in der Lage bin.“

„ Möglichst nicht das Wort „Karriere“ verwenden


Wenn ein neuer Mitarbeiter in den Verdacht gerät, ein Karrierist zu sein, ist
dies für den Betroffenen wenig schmeichelhaft. Er wird im Zweifelsfall er-
hebliche Integrationsprobleme bekommen. Die Situation ist mit der des
Strebers aus der Schulzeit vergleichbar. Man hat vielleicht in einer Klausur
von ihm abgeschrieben, ging aber nach Schulschluss kein Eis mit ihm essen.

„ Sich nicht überschätzen


Wer unrealistische berufliche Erwartungen zu erkennen gibt, vermindert
seine Chancen auf Einstellung. Man möchte keinen Mitarbeiter haben, der
bald frustriert ist, weil sich seine Träume nicht erfüllen und dann Abwande-
rungsgedanken hegt. Also: Auf dem Teppich bleiben und die Entwicklungs-
vorstellungen klar und doch zurückhaltend formulieren.

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Sich Ziele setzen

Fakten und Hintergründe

Zukunftsplanung

Angesichts der ständigen Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisati-


on von Betrieben wird eine Karriereplanung immer schwieriger, so dass Neu-
einsteiger mit dezidierten Aufstiegserwartungen oft enttäuscht werden. Hinzu
kommt, dass Personal immer häufiger nur projektbezogen bzw. mit Zeitverträ-
gen angeheuert wird. Oft weiß keiner, wie es danach weitergehen wird. Es wer-
den also Mitarbeiter gesucht, die diese Unsicherheit ertragen können. Lange
vorbei sind die Zeiten, in denen ein Universitätsdiplom oder eine Berufsausbil-
dung eine 40 Jahre andauernde Karriere oder zumindest Verweildauer in einem
Unternehmen begründeten. Angesichts dieser Ungewissheiten muss man den-
noch für sich ein Modell für die Zukunft entwickeln.

Über den Tag hinaus denken


„Wo wollen Sie eigentlich hin?“ fragte der Kabarettist Helmut Qualtinger ein-
mal einen jungen Motorradfahrer. Die Antwort: „Das weiß ich selbst nicht
genau.“ Qualtinger: „Warum rasen Sie dann so?“ Die Antwort: „Na ja, umso
schneller komme ich doch an.“ Insbesondere (Führungs)Nachwuchskräfte
dürfen nicht den Eindruck der Ziel- und Planlosigkeit erwecken. Hier einige
Beispiele, wie Sie je nach Ambition und Qualifikation antworten könnten:
„ „Mittelfristig möchte ich Personalverantwortung übernehmen, ich stelle mir
also eine Linienaufgabe vor.“
„ „In fünf Jahren wäre ich gern Key Account Manager.“
„ „Ich möchte gern in einigen Jahren federführend anspruchsvolle Projekte
realisieren.“
„ „Interessant wäre es für mich, einmal Einfluss auf Unternehmensstrategien
nehmen zu können.“

Ziele sind Leuchtfeuer für das Handeln


Unternehmen wünschen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Ziele ha-
ben, sowohl privat als auch beruflich. Daher ist die Formulierung von Zielen
sehr wichtig. Wer nicht weiß, wohin die Reise gehen soll, braucht sich später
nicht zu wundern, wenn er irgendwo ankommt, wo er überhaupt nicht hin

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Fakten und Hintergründe

wollte. Um Ziele ausarbeiten zu können, ist allerdings zunächst begriffliche


Klarheit nötig.
„ Positive Ziele formulieren: Meist besteht ein Ziel darin, dass man einen
wünschenswerten Zustand anstrebt – man spricht in diesem Falle von einem
positiven Ziel. Etwa: „Ich möchte die Prüfung bestehen.“ Bei einem negati-
ven Ziel geht es dagegen darum, einen vorhandenen Mangelzustand zu be-
seitigen – man will, dass etwas nicht (mehr) der Fall ist. Beispiel: „Ich möch-
te weniger Stress haben!“ Oder: „Ich möchte nicht ständig unter Zeitdruck
stehen!“ Für solche negativen Ziele gilt die Warnung des Aphoristikers Lich-
tenberg: "Ob es besser wird, wenn es anders wird, weiß ich nicht, dass es a-
ber anders werden muss, wenn es besser werden soll, weiß ich!" Das ist das
Problem: Negative Ziele sagen meist nur, dass es irgendwie anders werden
soll und sind deshalb wenig geeignet, dem Handeln eine Richtung zu geben.
Derartige Unterscheidungen mögen akademisch klingen, sind aber wichtig
(falsche Begriffe behindern richtiges Denken!).
„ Ein globales Ziel in Zwischenziele auffächern: Auch die Unterscheidung
von globalen und spezifischen Zielen ist wichtig. Beim Schachspiel besteht
das globale Ziel darin, den gegnerischen König matt zu setzen. Da es sehr
viele Matt-Situationen gibt, bleibt die Ziel-Situation recht unbestimmt.
Kurz: Man muss spezifische Ziele haben, um eine Grundlage für das Planen
und Verhalten zu haben. In der Praxis wären dies Zwischenziele, die die
globale Zielerreichung wahrscheinlich machen. Um beim Schachspiel zu
bleiben: Beherrschung der mittleren Felder, Figurenübermacht, gut entwi-
ckelte Bauernstellung. Auf den Job bezogen wäre ein globales Ziel für einen
Berufseinsteiger zum Beispiel, eines Tages Personalverantwortung zu über-
nehmen. Ein Zwischenziel könnte die erfolgreiche hausinterne Teilnahme
an einem Förderprogramm für Führungsnachwuchskräfte sein.
Bei einem Bewerber könnte die Zielausarbeitung etwa wie folgt ausschauen:
„ Globales Ziel: Vertriebsleiter (in ca. fünf Jahren, möglichst im Bürobe-
darfsvertrieb)
„ Spezifische Ziele:
Fachkompetenz auf dem Sektor Bürobedarf
Erfahrung als Sachbearbeiter Verkauf im Innendienst
Erfahrung im Außendienst (Bürobedarf)
Key-Account-Manager (Bürobedarf)
Erster Schritt in die Personalverantwortung als Gruppenleiter im Ver-
trieb

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Sich Ziele setzen

„ Klare Ziele formulieren: Die begriffliche und inhaltliche Klärungsarbeit ist


damit aber noch nicht vollständig geleistet, denn vom globalen Ziel muss
man das unklare Ziel unterscheiden. Beim globalen Ziel (z. B. "matt" des
gegnerischen Königs) kann man am Ende klar entscheiden, ob das Ziel er-
reicht wurde oder nicht. Unklare Ziele sind dagegen Ziele, bei denen ein
Kriterium, aufgrund dessen sicher entschieden werden kann, ob man erfolg-
reich war oder nicht, fehlt. Beispiel: „Das Betriebsklima soll besser werden!“
Wie soll der angestrebte Zustand überhaupt aussehen? Worin zeigt er sich?
Das ist sehr schwer zu entscheiden. Ein klares Ziel wäre bezüglich der Be-
rufsplanung: „Mit 35 bin ich Gruppenleiter Kreditoren im Rechnungswe-
sen.“ Nur durch die Formulierung klarer Ziele kann man feststellen, ob man
erfolgreich ist bzw. die eigenen Möglichkeiten über- oder auch unterschätzt.
Im Vorstellungsgespräch kann es allerdings manchmal sinnvoll sein, derar-
tige Ziele für sich zu behalten.

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Die Zukunft planen: „Warum wollen


Sie sich beruflich verändern?“

Wer sich in trockenen Tüchern wähnt, hat in der Regel keinen Verände
rungsbedarf. Die Frage nach den Gründen zieht also darauf ab, ob sich
jemand beruflich in einer schwierigen Lage befindet und dies auch noch
selbst verschuldet hat. Das suchende Unternehmen möchte manchmal
aus guten Gründen wissen, ob jemand in seinem früheren Job gescheitert
ist und aus der Not heraus zu neuen Ufern aufbricht oder ob er für sich
eine zukunftsträchtige Entwicklungsmöglichkeit sucht. Ein Personalex
perte wittert dubiose Motive sofort – und reagiert besonders allergisch,
wenn jemand seine Kündigung verheimlicht ...

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Die Zukunft planen

Dialog 1: Den Arbeitgeber nicht schlecht


reden
Was der Personalchef über Frank Wagner nicht weiß: Der Bewerber wurde vor fünf
Monaten gekündigt, befindet sich aber aufgrund der sechsmonatigen Kündigungs-
frist offiziell noch im Angestelltenverhältnis.

Personalchef: Ein Arbeitgeberwechsel ist in diesen Zeiten riskant. Warum


möchten Sie sich verändern, Herr Wagner?
n Wagner: Meinen jetzigen Job mache ich seit fünf Jahren. Irgendwann ist man
ausgebrannt. Wer zu lange das Gleiche macht, bleibt stehen.
Personalchef: Ich bin seit acht Jahren in diesem Unternehmen und empfinde
meine Arbeit immer noch als spannend und herausfordernd.
Wagner: So habe ich das natürlich nicht gemeint. Sie haben eine Menge er-
reicht ... Ich würde jedenfalls gern mal etwas anderes machen. Neue Ufer, da
will ich hin.
Personalchef: Warum versuchen Sie nicht, in Ihrem Unternehmen nach oben
zu kommen?
o Wagner: Mein Chef fördert mich nicht. In meiner Firma stellt man lieber neue
Leute von draußen ein als an die Kollegen zu denken – egal, wie die sich an-
strengen.
p Es ist nicht schön, mitanzusehen, wie ein Neuer an einem vorbei zieht.
Personalchef: Dazu braucht es auch jemanden, der sich das gefallen lässt. Wa-
rum haben Sie sich nicht innerbetrieblich beworben?
q Wagner: Nun ist es leider so, dass der Prophet im eigenen Lande wenig gilt ...
Personalchef: Und jetzt hoffen Sie, bei uns mehr Gehör zu finden ...
Wagner: Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich kann ich bei meinem jetzi-
gen Arbeitgeber weitermachen. Ich muss nicht auf Teufel komm raus da weg,
Ihr Stellenangebot reizt mich einfach.

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Dialog 1: Den Arbeitgeber nicht schlecht reden

So urteilt der Personalexperte

Kein überzeugender Auftritt, Herr Wagner!


n „Wer zu lange das Gleiche macht, bleibt stehen.“
Das ist sachlich Unfug und eine Unverschämtheit gegenüber allen Mitarbeitern,
die beständig und mit Ausdauer eine gute Leistung abliefern.
o „Mein Chef fördert mich nicht ...“
Immer sind die anderen an den eigenen Kalamitäten schuld.
p „Es ist nicht schön, mitanzusehen, wie ein Neuer an einem vorbei zieht.“
Offensichtlich wurde der Kandidat gewogen und für zu leicht befunden. Und
nun ist er auf seinen Betrieb sauer. Dieses Unternehmen sucht jedoch nach
Mitarbeitern, die auch mal verlieren können und Niederlagen mit einem sport-
lichen „Jetzt erst recht!“ beantworten.
q „Leider ist es häufig so, dass der Prophet im eigenen Lande wenig gilt ...“
Dieses Sprichwort wirkt hier peinlich. Im Übrigen sagt die Intuition, dass hier
etwas faul ist – und zwar gewaltig.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat seinem Gesprächspartner mit der Begründung seines Veränderungs
wunschs – unbewusst – mangelnde Kompetenz und Leistungsfähigkeit un
terstellt.
„ Er hat seinen Chef und seinen derzeitigen Arbeitgeber „schlecht“ geredet.
„ Er hat den Eindruck erweckt, ein schlechter Verlierer zu sein.
„ Er hat unterschlagen, dass er längst gekündigt ist. Rechtlich befindet er
sich zwar noch im Anstellungsverhältnis, aber wenn die Sache auffliegt,
fällt sie ihm fürchterlich auf die Füße.

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Die Zukunft planen

Dialog 2: Gründe klar ansprechen, ohne


Schuldzuweisungen
Frau Benz erklärt ihre Beweggründe dem Personalchef.

Personalchef: Sie sind gut vorbereitet, Frau Benz. Mit welcher Frage haben Sie
sich besonders gründlich befasst?
n Benz: Sie werden wissen wollen, warum ich mich schon wieder verändern
möchte, mitten in der Probezeit. Vor dieser Frage ist mir schon die ganze Zeit
bang.
Personalchef: Wir haben uns überlegt, ob wir Sie überhaupt einladen sollen.
Aber Ihre Unterlagen haben uns überzeugt. Also, raus mit der Sprache!
o Benz: Mir ist klar geworden, dass ich mich für die falsche Aufgabe im falschen
Unternehmen beworben habe. Und da möchte ich rechtzeitig die Konsequen-
zen ziehen.
Personalchef: Was heißt das auf Deutsch – falsche Aufgabe und falsches Unter-
nehmen?
p Benz: In meinem jetzigen Job erfülle ich ausschließlich administrative Aufga-
ben. Die müssen natürlich sein – das weiß ich – aber ich brauche einfach das
Gespräch mit dem Kunden, denn das ist meine Stärke. Die kann ich momentan
gar nicht nutzen. (seufzt) Ja, ich hatte die Stelle von den Anforderungen her
einfach falsch eingeschätzt.
Personalchef: Aber warum haben Sie das denn nicht vorab geklärt? Oder hat
man Ihnen Aufgaben in Aussicht gestellt und dann vorenthalten?
Benz: Nein, so war das nicht. Es kann natürlich sein, dass meine Vorgesetzte
findet, ich sei für den direkten Verkauf noch nicht ausreichend qualifiziert.
Gesagt hat sie mir nichts.
Personalchef: Und nun zum Unternehmen selbst. Sie haben angedeutet, dass es
für Sie das falsche sei. Woher wissen Sie das nach vier Monaten? Ist das nicht
ein vorschnelles Urteil?
q Benz (beherzt): Um nicht lange herumzureden – ich komme mit meiner Chefin
nicht klar. Ständig gibt es Missverständnisse, die sich auch auf die Arbeit aus-
wirken. Das ist echt schade. Ich hab’ schon so oft hin und her überlegt, was da
falsch läuft oder was ich falsch mache – keine Ahnung. Dabei ist meine Vorge-
setzte sehr kompetent, ich hatte mir viel von der Zusammenarbeit erhofft.

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Dialog 2: Gründe klar ansprechen, ohne Schuldzuweisungen

Personalchef: Haben Sie ein Gespräch unter vier Augen gesucht?


Benz: Ja, das habe ich.
Personalchef: Und ...?
Benz: Na ja, jetzt bin ich hier und bewerbe mich um eine neue Anstellung. Es ist
mir nicht gelungen, mein Problem deutlich zu machen. Aber eines weiß ich
nach dieser Fehlentscheidung: Ich brauche einen Job mit Kundenkontakt und
ein kollegiales Betriebsklima.
Personalchef: Wie viele Bewerbungen haben Sie denn bisher geschrieben?
Benz: Drei. Ich habe mich gerade erst zum Aufbruch entschlossen. Aber es wäre
toll, eine Stelle zu finden, bevor die Probezeit abläuft und ich längere Kündi-
gungsfristen habe.

So urteilt der Personalexperte

Frau Benz ist die Gratwanderung gelungen, ihre schwierige Situation nachvoll-
ziehbar darzustellen. Ein deutlicher Pluspunkt.
n „Sie werden wissen wollen, warum ich mich schon wieder verändern möchte ...“
Vorausschauend und authentisch! Das kommt gut an.
o „Mir ist klar geworden, dass ich mich für die falsche Aufgabe im falschen Un-
ternehmen beworben habe ...“
Wenn jetzt noch nachvollziehbare Argumente kommen, ist dies folgerichtig.
p „..ich brauche einfach das Gespräch mit dem Kunden ...“
Überzeugend! Gut, dass sie die Fehlentscheidung auf die eigene Kappe nimmt.
q „Um nicht lange herumzureden – ich komme mit meiner Chefin nicht klar ...“
Sie verzichtet klugerweise darauf, ihre Chefin in die Pfanne zu hauen. Viele
Bewerber reden gern von Versprechungen, die ihnen angeblich gemacht wor-
den sind und dann gebrochen wurden. Dabei: Selbst Personaler haben Chefs,
die richtige Stinkstiefel sein können. So etwas kann vorkommen.

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Die Zukunft planen

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ die Initiative ergriffen und von sich aus den ‚wunden Punkt’ angesprochen,
„ sich zu ihrer Fehlentscheidung klar bekannt,
„ das Gespräch mit der Chefin gesucht und damit ihre Fähigkeit zur Konflikt
lösung gezeigt,
„ das schlechte Verhältnis zur Chefin als Grund angeführt, ohne diese zu
beschuldigen bzw. für das Scheitern der Zusammenarbeit verantwortlich zu
machen.

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So kommen Sie gut an

So kommen Sie gut an


„ Niemals den derzeitigen Arbeitgeber schlecht machen
Natürlich verhalten sich nicht alle Arbeitgeber so, wie sie es tun sollten. Aber
es kommt einfach nicht gut an, wenn man den Wechselwunsch über Fehler
und Versäumnisse anderer begründet.

„ Den Wechselwunsch sachlich begründen


Nachvollziehbare sachliche Gründe sind beispielsweise ein Zuwachs an Ver-
antwortung, eine stärker international ausgerichtete Aufgabe oder der
Schritt in die Personalverantwortung. Es ist auch nicht unanständig, eine
angestrebte Einkommensverbesserung als Veränderungsmotiv anzuführen.

„ Nicht beliebig oder zu allgemein argumentieren


„Ich muss mal etwas anderes machen.“ – „Ich brauche eine neue Herausfor-
derung.“ – „Ich muss raus aus der Routine.“ – „Ich mache diesen Job schon
zu lange.“ Streichen Sie diese und ähnliche Formulierungen aus Ihrem Ar-
gumentationskatalog.

„ Berufliche Fehlentscheidungen einräumen


Wer nicht zu seinen Fehlern stehen kann, wird sich kaum weiterentwickeln
und stellt deshalb irgendwann eine Belastung für einen Betrieb dar. Natür-
lich kommt es gar nicht gut an, wenn man zweimal denselben Fehler macht.

„ Kritische Fragen abwägen


Wer sich verändern möchte, sollte sinnvollerweise nicht den Eindruck erwe-
cken, dass er in Not ist und das erste beste Angebot annehmen würde. Wer
sich bei aller Veränderungsbereitschaft beruflich im sicheren Hafen befin-
det, prüft eventuelle Chancen kritisch und gründlich. Hier gilt es allerdings
aufzupassen, dass man nicht arrogant wirkt.

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Die Zukunft planen

Fakten und Hintergründe


Die fetten Jahre sind vorbei: Wer seine beruflichen Entscheidungen vorrangig
an der vermeintlichen Sicherheit seines Arbeitsplatzes ausrichtet, hat die derzei-
tige wirtschaftliche Situation nicht voll erfasst.
Der bekannte Management-Berater Tom Peters („In Search of Excellence“)
forderte die Unternehmen einmal auf, einen Chief Destruction Officer oder
Zerstörungsvorstand zu engagieren. Die Begründung: Es sei einfacher, eine
Organisation zu zerschlagen und neu aufzubauen, als sie wesentlich zu verän-
dern. Der permanente und oft radikale Wandel sei aber unverzichtbar.

Persönlicher Wandel
Nichts ist einstweilen beständiger als der Wandel und das gilt ganz besonders
für die berufliche Biografie eines Menschen. Der Anstellungsvertrag, der vom
Abschluss der Ausbildung bis zur Rente reicht, wird zur exotischen Rarität. Und
so muss sich denn im Berufsleben eines Menschen eine Menge ändern, wenn es
für ihn einigermaßen so bleiben soll, wie es ist.
Unter diesem Aspekt wird klar, warum in den meisten Stellenangeboten Flexi-
bilität gefordert wird. Flexible Menschen kommen mit Veränderungen besser
klar. Sie gewinnen rasch ihr Gleichgewicht wieder, nachdem Erwartungen er-
schüttert wurden und bleiben physisch und emotional gesund, wenn sie mit
Unsicherheiten (Was kommt da auf mich zu?) zu kämpfen haben. Flexible
Menschen wollen den Erfolg von Veränderungsprozessen und gehen aus den
durch die Veränderungen hervorgerufenen Anforderungen gestärkt hervor.
Und genau das macht sie für ein Unternehmen interessant.

Ändere Dich! Sei spontan! Bleibe zukunftsfähig! Leider hat nicht jeder die not-
wendige psychische Konstitution, um mit solchen Forderungen fertig zu wer-
den. So geht der Psychologe Fritz Riemann davon aus, dass Menschen von zwei
Grundkräften angetrieben werden: Die Neigung zur Bewahrung oder die Nei-
gung zum Wandel. Riemann ordnet diesen Tendenzen die folgenden Eigen-
schaften zu:

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Fakten und Hintergründe

In welche Richtung tendieren Sie? Auf dieser Skala können Sie sich einmal
selbst einschätzen oder von Ihren Freunden einschätzen lassen.

Bewahrung Wandel

systematisch 3  2  1  0  1  2  3 spontan

exakt 3  2  1  0  1  2  3 flexibel

vorsichtig 3  2  1  0  1  2  3 risikofreudig

planend 3  2  1  0  1  2  3 beweglich

beständig 3 2  1  0  1  2  3 innovationsfreudig

Man ist sicher gut beraten, hier einmal zu prüfen, welche dieser beiden Kräfte
das eigene Wollen und Handeln bestimmt. Alle Eigenschaften haben – einzeln
betrachtet – etwas für sich. Prekär ist nur, dass sie einander mehr oder weniger
ausschließen.

Wandel im Betrieb
Beide Kräfte sind für eine Gesellschaft und auch für ein Unternehmen wichtig,
haben aber jeweils ihre Zeit. Ein notwendiger Strukturwandel ist mit „Bewah-
rern“ schwer umzusetzen, andererseits wäre die New Economy Ende der Neun-
ziger Jahre vielleicht nicht so krachend gegen die Wand gefahren, wenn es in
den euphorisch voranstürmenden Betrieben ein paar Leute gegeben hätte, die
an zeitlose betriebs- und volkswirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten erinnert hät-
ten. Doch diese wurden als hoffnungslose Bedenkenträger abserviert.

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Die Zukunft planen

Welcher Geist ein Unternehmen regiert


Klären Sie bezüglich des Unternehmens und seines Umfelds die folgenden
Fragen:
„ Befindet sich das Unternehmen in einer Restrukturierungsphase?
„ Gibt es in der Branche einen Strukturwandel?
„ Ist das Unternehmen eher konservativ ausgerichtet oder eher innovativ und
experimentierfreudig?
„ Welchen Stellenwert hat die Unternehmenstradition und die Unterneh
mensgeschichte?

Antworten erhalten Sie im Vorstellungsinterview, aber auch durch diverse an-


dere Hinweise. Wenn im Organigramm des Unternehmens eine Abteilung
„Change & Quality Management“ ausgewiesen ist, sagt dies natürlich etwas
über die Unternehmenskultur aus. Ein anderes Beispiel: Im Büro des Geschäfts-
führers eines modernen Filialisten hing über viele Jahre ein Schild mit der Auf-
schrift „pantha rhei“, alles ist im Fluss, in ewigem Wechsel begriffen. Dieser
Manager hat den Büromarkt in Deutschland erfolgreich revolutioniert und
wurde dann selbst Opfer des Wandels.

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Marktchancen einschätzen:
„Warum haben Sie bisher keine
neue Anstellung gefunden?“

Selbstverständlich schaut jeder Personalbeschaffer darauf, ob ein Bewer


ber sich aus einem Anstellungsverhältnis heraus verändern möchte, ar
beitslos oder aber Ersteinsteiger ist. Wer über einen längeren Zeitraum
erfolglos sucht, befindet sich in einer eher unkomfortablen Lage. Warum,
fragt sich der Interviewer, hat dieser Kandidat noch immer nichts gefun
den? Der Misserfolg bei der Suche nach einer neuen Aufgabe wird nicht
selten als Ablehnungskriterium genommen. Grundtenor: Da stimmt etwas
nicht! Kein Wunder also, wenn Bewerber, deren Aktionen erfolglos blei
ben, im Laufe der Zeit nervöser werden. Thomas Berger und Frank Wag
ner erhalten die Chance, Ihre Lage differenziert und plausibel darzu
stellen.

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Marktchancen einschätzen

Dialog 1: Zu pessimistisch, zu wenig


engagiert
Thomas Berger, der sich seit nunmehr vier Monaten auf Stellensuche befindet,
muss sich rechtfertigen.

Personalchefin: Ihr Profil scheint ganz gut zu passen, Herr Berger, aber natür-
lich haben wir uns gefragt, warum Sie noch keinen Job gefunden haben. Wie
erklären Sie sich das?
n Berger (lamentiert): Die meisten Stellen gehen doch unter der Hand weg, über
Vitamin B. Wer keine Kontakte hat, hat wenig Chancen, überhaupt eingeladen
zu werden.
Personalchefin: Aber Sie sind doch heute hier. Wie erklären Sie sich das denn?
o Berger: Na ja, ein Job ist heute Glückssache. Sie haben bestimmt eine Menge
Bewerbungen bekommen.
p Vertriebsleiter: Wie viele haben Sie denn bisher geschrieben?
Berger: Hm, da muss ich mal kurz überlegen ... so um die zwanzig.
Vertriebsleiter: Und wie war die Erfolgsquote? Wie viele Vorstellungsgespräche
hatten Sie?
q Berger: Dies ist mein zweiter Termin. Also, eher unbefriedigend.

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Dialog 1: Zu pessimistisch, zu wenig engagiert

So urteilt der Personalexperte

Ob Herr Berger mit diesen Aussagen das Glück auf seine Seite gebracht hat?
Wohl kaum.
n „Die meisten Stellen gehen doch unter der Hand weg ...“
Mit dieser negativen Einstellung wird der Bewerber nicht weit kommen.
o „Na ja, ein Job ist heute Glückssache.“
Glück hat vor allem der Tüchtige.
p „Wie viele Bewerbungen haben Sie denn bisher geschrieben?“ „Hm ...“
Das sind in vier Monaten nicht einmal vier pro Monat. Der Mann legt sich
nicht einmal in eigener Sache ins Zeug.
q „Dies ist mein zweiter Termin ...“
Dabei ist die Papierform gar nicht so schlecht, sonst wäre er nicht eingeladen
worden.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Wer eine pessimistische Grundhaltung zeigt, verringert augenblicklich seine
Chancen. Vor allem als Berufseinsteiger.
„ Leistung zählt! Natürlich spielen Glück und Kontakte im Berufsleben eine
bedeutende Rolle, aber im Zweifelsfall ist man nicht ohne eigenes Zutun
zur rechten Zeit am rechten Ort. Wer sich auf sein Glück beruft, schmälert
damit den Wert seiner Leistung.
„ Bei nur 20 Bewerbungen in vier Monaten muss er mit dem Vorwurf man
gelnden Engagements rechnen. Zumindest in Zeiten, in denen Jobs eher rar
sind. Umgekehrt ist es natürlich nicht ratsam, mit einer großen Zahl von
(erfolglosen) Bewerbungen protzen zu wollen.

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Marktchancen einschätzen

Dialog 2: Selbstkritisch, aber optimistisch


In der Zwischenzeit hat der Personalchef herausgefunden, dass Herr Wagner ge-
kündigt wurde – und er geht ihn jetzt hart an.

Personalchef: Sie haben in den letzten fünf Monaten keine neue Anstellung
gefunden. Woran liegt’s, Herr Wagner?
n Wagner: Ich habe am Anfang offenbar den Arbeitsmarkt völlig falsch einge-
schätzt. Bei meinen Erfahrungen – hab ich mir gedacht – finde ich schnell etwas
Neues. Und jetzt muss ich feststellen: Mir läuft die Zeit weg. Jeder sieht natür-
lich – Mensch, der sucht ja schon seit Monaten – da ist bestimmt etwas faul.
Personalchef: Wodurch haben Sie denn so viel Zeit verloren?
o Wagner: Ich hätte viel umtriebiger sein müssen. Und zwar vom ersten Tag an,
direkt nach der Kündigung. Ich war zu optimistisch. Zwei Mal hab ich mich
auch noch um die falsche Stelle beworben. Im Gespräch stellte sich heraus, dass
die Aufgabe gar nicht zu mir passte. Da habe ich dann meinerseits abgesagt.
(Pause) So verging die Zeit.
Personalchef: Ist das nicht leichtsinnig, in Ihrer Lage einen Job abzulehnen?
p Wagner: Wenn ich die Probezeit nicht besteh oder wo lande, wo ich nicht hin
will, habe ich wahrscheinlich ein echtes Problem. Bei aller Not versuche ich,
einen klaren Kopf zu behalten und nicht in irgendeinen Job hineinzustolpern.
Selbstverständlich bin ich bereit, Abstriche zu machen – auch beim Einkom-
men. Aber ich werde mich nicht für eine Stelle entscheiden, die nicht zu meinen
Fähigkeiten passt.

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Dialog 2: Selbstkritisch, aber optimistisch

So urteilt der Personalexperte

Der Kandidat demonstriert anschaulich, warum eine unvorteilhafte Ausgangssi-


tuation nicht zwangsläufig unvorteilhaft wirken muss.
n „Ich habe am Anfang offenbar den Arbeitsmarkt völlig falsch eingeschätzt.“
Ein Pluspunkt in Sachen Selbstkritik.
o „ Zwei Mal hab ich mich auch noch um die falsche Stelle beworben.“
Die interessantesten Bewerber sind jene, die mit der Option in ein Vorstel-
lungsgespräch gehen, ihrerseits auch nein sagen zu können. Deren ‚ja’ ist gege-
benenfalls auch entsprechend wertvoll.
p „Bei aller Not versuche ich, einen klaren Kopf zu behalten ...“
Geradlinig und überzeugend! Der Personaler fürchtet Bewerber, die nur vorü-
bergehend unterkommen möchten und vom ersten Tag an wieder auf dem
Sprung sind.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber hat
„ selbstkritisch reagiert,
„ gezeigt, dass er aus seinen Fehlentscheidungen etwas gelernt hat,
„ mögliche Bedenken zerstreut und zumindest angesprochen, dass er nicht
einfach nur ‚unterkommen’ möchte.

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Marktchancen einschätzen

So kommen Sie gut an


„ Schieben Sie nicht alles gleich auf den Arbeitsmarkt
Man kann es nicht mehr hören! Die widrigen Umstände müssen für alles
herhalten. Jeder weiß, dass es nicht ausreichend Jobs gibt.

„ Beginnen Sie mit der Ursachenforschung bei sich selbst


Den Markt und die Umstände kann man nicht ändern, aber das eigene Ver-
halten. Diese Haltung gilt es als Bewerber – und später vor allem auch als
Mitarbeiter – zu zeigen.

„ Fatalismus kommt gar nicht gut an


„Alles Glückssache!“ – „Zufall!“ – „Beziehungen!“ - „Da kann man nichts
machen!“ Mit Kandidaten, die diese Einstellung zur Schau stellen, lässt sich
die Zukunft nicht gewinnen.

„ Kompromissbereitschaft zeigen
Natürlich darf man nicht auf dem hohen Ross sitzen. Tenor: Das habe ich
nicht nötig! Umzug, längere Anfahrtswege oder Einkommenseinbußen dür-
fen nicht tabu sein. Dies gilt erst recht für „Statussymbole“ wie Dienstwa-
gen, Büroausstattung oder die eigene Sekretärin – auch hier man sollte sich
kompromissbereit zeigen.

To Do: Ursachenforschung
Wer sich über einen längeren Zeitraum erfolglos bewirbt, sollte eine Besin
nungspause einlegen und sein Vorgehen überdenken:
„ Bewerbe ich mich überhaupt um die richtige Position?
„ Sind meine Ansprüche unrealistisch?
„ Nutze ich alle Wege zum neuen Job? Zeitungsanzeigen? Jobportale im
Internet? Initiativbewerbungen? Stellengesuche?
„ Habe ich bei Absagen nach den Gründen gefragt?
„ Welche Qualifikationsmaßnahmen könnten meine Chancen verbessern?
„ Sind meine Gehaltsvorstellungen zu hoch?

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe


Ein typischer Denkfehler vieler Menschen besteht in der Überdosierung von
Maßnahmen. Motto: „Viel hilft viel!“ Beispiel: Man hat eine Grippe, muss aber
einen wichtigen Termin wahrnehmen. Da schluckt man lieber gleich eine halbe
Schachtel Aspirin, und wird erst nicht gesund. Viele Bewerber produzieren in
diesem Sinne seelenlose „Massenmailings“, die unangenehme Nebenwirkungen
haben. Erstens ist es schade um die vergeudeten Ressourcen und zweitens steigt
bei jeder Absage der Frust. Weniger ist im Zweifelsfall mehr, denn die Qualität
entscheidet. Was natürlich nicht heißt, dass man dennoch manchmal 100 Be-
werbungen schreiben muss, um die passende Aufgabe zu finden.

Den Seelenhaushalt in Ordnung bringen


Heutzutage gehen auf manche Jobangebote bis zu 1000 Bewerbungen ein. Wer
hier eine Absage erhält, befindet sich in guter Gesellschaft. Und deshalb soll bei
dieser Gelegenheit ein Missverständnis beseitigt werden. Es lautet: Die Unter-
nehmen suchen die Besten der Besten. Das stimmt nicht. Unternehmen suchen
zuallererst Menschen, die zu den jeweiligen Aufgaben passen.

Realitätsferne Ansprüche?
„Wer die Wirklichkeit ignoriert, ist schon an ihr gescheitert.“ Diese Mahnung
von Hubert Markl, Biologieprofessor und ehemaliger Präsident der Max-
Planck-Gesellschaft, gilt ganz besonders für Jobstarter. Der Arbeitsmarkt hält
einstweilen Zumutungen bereit, die man noch vor wenigen Jahren nicht für
möglich gehalten hätte. Das ist die Realität. Manche Experten geben bereits die
Devise „Jeder Job ist zumutbar“ aus.

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Marktchancen einschätzen

Nicht jeder Personaler ist kompetent


Menschen einigermaßen fair und gerecht zu beurteilen, ist eines der schwie
rigsten Geschäfte. Leider begegnet man auch unter den Personalexperten im
mer wieder selbst ernannten Menschenkennern, die sich für besonders begna
det halten – und das sind meist die gefährlichsten.
Sie sind gefährlich, weil sie von ihren fragwürdigen psychologischen „Durch
leuchtungskünsten“ absolut überzeugt sind und diese benutzen, um Bewerber
einzuschüchtern. Nicht selten lädieren sie damit deren Selbstbewusstsein. So
gibt es beispielsweise Personalexperten, die während der Bewerberpräsentation
vorsätzlich gelangweilt aus dem Fenster schauen, um die seelische Belastbar
keit des Kandidaten anzutesten. Sie halten sich für schlau, wo sie in Wirklich
keit nur unhöflich sind. Kompetente Personaler verzichten auf Psycho
Mätzchen und setzen hinter ihr Urteil kein Ausrufungs, sondern eher ein Fra
gezeichen. Und sie wissen auch, dass das Urteil über einen Menschen von be
grenzter Haltbarkeit ist. Persönlichkeit ist kein Zustand, sondern ein Prozess.

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Sozialkompetenz zeigen: „Woran


scheitern Teams häufig?“

Viele Bewerber loben Teamarbeit in höchsten Tönen, vor allem, wenn sie
den entsprechenden Begriff zuvor im Stellenangebot gelesen haben. Aber
mit dem Begriff hat man noch nicht die Sache. Sich als Teamplayer zu
bezeichnen ist eine Sache, aber etwas über die Funktionsbedingungen
guter Teamarbeit zu wissen, ist das alles entscheidende Argument. Denn
das Zusammenspiel eines Teams und dessen innere Chemie gehören zu
den Themen, die in jedem Unternehmen eine Rolle spielen und mit denen
vor allem angehende Führungskräfte vertraut sein sollten. Kommunikati
on lautet in jedem Fall das Zauberwort! Aber lesen Sie selbst, was Tho
mas Berger über Fraktalorganisationen weiß und warum Julia Lüdemann
nicht resigniert.

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Sozialkompetenz zeigen

Dialog 1: Leere Worthülsen


Thomas Berger hat sich für die Vertriebsleitungsassistenz beworben.

Personalchefin: Sie werden im Falle einer Anstellung in unserem Hause in


diversen Projektgruppen mitarbeiten, Herr Berger. Wir haben mit Gruppenar-
beit überwiegend gute Erfahrungen gemacht – allerdings nur, wenn die Teams
funktioniert haben. Wie stehen Sie dazu, Herr Berger?
n Berger: Ich finde Gruppenarbeit sehr wichtig. Wir werden uns in Zukunft
wahrscheinlich immer mehr zur fraktalen Organisation hin bewegen.
Personalchefin: Das freut mich. Aber was genau verstehen Sie darunter?
o Berger: Nun, ein Fraktal ist die kleinstmögliche, eigenverantwortliche Unter-
nehmenseinheit, im Mittelpunkt der Fraktalorganisation stehen Teams, deren
Mitarbeiter nicht mehr den Abteilungen, sondern je nach Anforderung ver-
schiedenen Teams zugeordnet sind.
Vertriebsleiter: Sie haben sich offenbar mit diesem Thema befasst. Aber ganz
konkret: Wie können wir unsere Teams zu produktiven Ergebnissen bewegen?
p Berger: Am Anfang muss immer eine klare Zieldefinition oder ein eindeutiges
Commitment stehen. Solange sich nicht jeder committed hat, wird es Konflikte
geben.
Vertriebsleiter: Commitment hin oder her – unsere Mitarbeiter haben einmal
einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Ich sage meinem Projektleiter, welches
Ergebnis ich bis zu einem bestimmten Termin sehen will, und damit Feier-
abend.
q Berger (unbeirrt): Teilautonome Gruppen unterliegen nach sozialpsychologi-
schen Erkenntnissen einer Gruppendynamik, auf die man einwirken muss.
Sonst geht die Effizienz verloren. Im übrigen wird es immer Konflikte zwischen
Menschen geben. Aus Reibung entsteht schließlich Kreativität.

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Dialog 1: Leere Worthülsen

So urteilt der Personalexperte

Theoretisch hundert Punkte. Trotzdem hat der Personaler berechtigte Zweifel.


n „Ich finde Gruppenarbeit sehr wichtig ...“
Das ist richtig. Aber weiß der Bewerber, wovon er spricht?
o „Nun, ein Fraktal ist die kleinstmögliche, eigenverantwortliche Unternehmens-
einheit“
In der Theorie ist das alles einwandfrei, aber hart im Raume stoßen sich die
Sachen. Mal sehen, ob der Bewerber das Zeug hat, konkreter zu werden.
p „Am Anfang muss immer eine klare Zieldefinition und ein eindeutiges Com-
mitment stehen ...“
Schlaumeier werden meist als Plage empfunden.
q „Teilautonome Gruppen unterliegen nach sozialpsychologischen Erkenntnissen
einer Gruppendynamik ...“
Der Bewerber hat gute theoretische Kenntnisse, kann diese aber leider nicht auf
den betrieblichen Alltag anwenden. Er hat nicht einen einzigen konkreten
Grund für das Scheitern von Teams benannt.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat zu viele durchaus sinnvolle Fachausdrücke in einen einzigen Satz
gepackt.
„ Er ist bei der Frage nach den Ursachen des Scheiterns von Teams nicht ein
einziges Mal konkret geworden.
„ Da er keine Ursachen für zwischenmenschliche Reibungsverluste benannt
hat, kam er – obwohl vom Interviewpartner gewünscht – auf das Thema
Abhilfe gar nicht erst zu sprechen.

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Sozialkompetenz zeigen

Dialog 2: Problembewusst, konkret und


lösungsorientiert
Frau Lüdemann wird zu ihrer Meinung befragt.

Personalchef: Was sind Ihrer Meinung nach, Frau Lüdemann, die entscheiden-
den Voraussetzungen einer erfolgreichen Teamarbeit?
n Lüdemann: Nach meiner Erfahrung – ich habe während meiner Ausbildung in
diversen Projektteams mitgearbeitet – braucht man eine klare Aufgabenstel-
lung. Was ist unser Ziel? Was wollen – oder besser – was müssen wir erreichen?
Wenn hier keine Klarheit herrscht, gibt es ein Durcheinander.
Personalchef: Ich glaube schon, dass unsere Projektteams einen klaren Auftrag
haben. Dennoch laufen sie manchmal aus dem Ruder.
o Lüdemann: Wenn unsere Projekte schlecht liefen, lag es daran, dass wir uns
nicht genug abgestimmt oder aneinander vorbeigeredet hatten. Am Ende kam
etwas heraus, was keiner haben wollte. Daraus habe ich gelernt, dass die nicht
geführten Gespräche am meisten Zeit kosten.
Personalchef: Meinen Sie nicht, dass in unseren Betrieben zu viel geredet und
zu wenig gehandelt wird?
p Lüdemann: Natürlich, irgendwann muss entschieden werden. Ende der
Diskussion! Aber, für mich ist es wichtig, dass etwas nicht nur von oben ange-
ordnet wird, sondern dass ich selbst mit dem Herzen dabei bin. Deshalb sind
Überzeugungsprozesse so wichtig fürs Team. Trotzdem kann sich die Zusam-
menarbeit aufgrund persönlicher Unzulänglichkeiten schwierig gestalten.
Personalchef: Heißt das, Sie würden vor den Macken der Mitarbeiter resignie-
ren?
q Lüdemann: Resignieren? Das entspricht nicht meinem Naturell. Wenn durch
das Verhalten Einzelner das Ziel nicht erreicht werden kann, nehme ich das –
wenn ich verantwortlich bin – natürlich nicht hin.

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Dialog 2: Problembewusst, konkret und lösungsorientiert

So urteilt der Personalexperte

Keine Frage: Frau Lüdemann weiß, wovon die Rede ist.


n „Nach meiner Erfahrung – ich habe während meiner Ausbildung in diversen
Projektteams mitgearbeitet ...“
Die Bewerberin spricht von ihrer persönlichen Erfahrung. Das tut gut und wirkt
überzeugend, denn die meisten reden von irgendwelchen angelesenen Dingen.
o „ ...Daraus habe ich gelernt, dass die nicht geführten Gespräche am meisten
Zeit kosten..“
Das ist den meisten Personalern bekannt und zeugt von einer gesunden Einstel-
lung zur Teamarbeit.
p „Natürlich, irgendwann muss entschieden werden. Ende der Diskussion!“
Das ist konkret und nachvollziehbar. So spricht die Pragmatikerin.
q „Resignieren? Das entspricht nicht meinem Naturell ...“
Die Antwort kommt spontan und wirkt authentisch. Und Frau Lüdemann gibt
ein konkretes Beispiel für das Scheitern von Teams.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ an ihre persönliche Erfahrung angeknüpft,
„ die entscheidenden Fragen zur Zielerreichung gestellt,
„ die Schwierigkeiten der Teambildung nicht unterschätzt und
„ eine konkrete Vorstellung von den Schwachstellen, die ein Team gefährden.

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Sozialkompetenz zeigen

So kommen Sie gut an


„ Konkrete Beispiele sind wichtig
Etwa so: „Teams brauchen Spielregeln und Verhaltensstandards, um zu
funktionieren. Deshalb ist für mich der wichtigste Mann auf dem Fußball-
platz der Schiedsrichter.“ Oder: „Am wichtigsten finde ich, dass sich alle
Teammitglieder bewusst sind, um welches Ziel es geht. Das kann zum Bei-
spiel bei Konflikten sehr hilfreich sein, in dem man immer zuerst fragt, was
zielführend ist.“

„ Von persönlichen Erfahrungen ausgehen


Jeder hat ja schon einmal im Team gearbeitet und seine ganz privaten Erfah-
rungen gesammelt. Es wirkt authentisch, darüber zu reden und die gemach-
ten Erfahrungen auf einige Kernpunkte zu konzentrieren. Wichtig ist dabei,
eine gehörige Portion Problembewusstsein zu zeigen. Auch hier gilt: Schwä-
chen, die einem bewusst sind, können nicht mehr so sehr schaden.

„ Niemals den Alleswisser abgeben


Kein Zweifel: Wer viel über die Funktionsbedingungen erfolgreicher Teams
weiß, schickt als Vorgesetzter auch die bessere Mannschaft aufs Feld. Wer
aber als Bewerber oder als Mitarbeiter wirklich gut ist, demonstriert sein
Wissen wohldosiert – und haut damit nicht auf den Putz. Die meisten Per-
sonaler reagieren allergisch auf ein Hantieren mit großen Begriffen – vor al-
lem, wenn jemand den Eindruck erweckt, dass diese nur angelesen sind. Ei-
ne Arroganz des Wissens, die den Gesprächspartner zu dessen Missvergnü-
gen unnötig und manchmal auch vorsätzlich „klein“ macht, ist hier nicht
angebracht. Wer den Personalentscheider emotional gegen sich aufbringt,
kann nicht auch noch den Job haben wollen.

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe


„Sorgen machen mir weiche Anforderungen wie Teamfähigkeit“, sagte einmal
Erwin Staudt in seiner Eigenschaft als IBM-Deutschland-Chef, „die viele unse-
rer hochtalentierten Bewerber ... nicht mitbringen.“ Der Mann hat Recht.
Manche Bewerber scheitern nur, weil sie den Verdacht erregen, ihren angemes-
senen Platz in einem vorhandenen Arbeitsteam nicht zu finden. Und dies wirkt
sich auf die Ergebnisse aus.

Was heißt eigentlich ‚Team’?


In Deutschland wird gern und manchmal mit eher grimmigem Vergnügen die
folgende Übersetzung des Wortes ‚Team’ kolportiert:
Toll, ein anderer macht’s.

In der betrieblichen Wirklichkeit ist dieses Verständnis von Teamwork durch-


aus anzutreffen. Sei es, dass sich unter dem Deckmäntelchen des Teamgedan-
kens immer jemand zum nützlichen Idioten machen lässt, oder sei es, dass man
sich im Team prima verstecken kann, wenn etwas schief gelaufen ist. Deshalb
sollte die amerikanische Übersetzung des Wortes ‚Team’ als innerer Kompass
für die Gestaltung von Teamwork dienen:
Together everybody achieves more.

Gemeinsam erreicht jeder mehr! Im Team muss man sich also nicht von seinen
persönlichen Ambitionen und Vorstellungen verabschieden, sondern bleibt ein
einmaliges und einzigartiges Individuum. Wer vorgibt, sich selbstlos für die
Team- oder gar Unternehmensziele aufopfern zu wollen, macht sich unglaub-
würdig. Natürlich muss man im Team immer wieder einen Konsens finden.
Wer aus persönlichen Gründen ständig alles blockiert, gefährdet den Erfolg.
Aber der entscheidende Unterschied zwischen einem Team und einem Kollektiv
besteht darin, dass man im Kollektiv nach dem Grundsatz „Hauptsache einig –
kann ruhig falsch sein!“ verfährt, während das Team auch von Querdenkern
„lebt“.

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Sozialkompetenz zeigen

Was bedeutet ‚Teamfähigkeit’?

Firmen suchen Mitarbeiter, die in einer Arbeitsgruppe ihren angemessenen


Platz finden. Darum geht es zuallererst: Wird sich der neue Mitarbeiter in die
vorhandenen personellen Strukturen integrieren können bzw. wird er sich so
verhalten, dass er bei den anderen Akzeptanz findet?
Schüler, die nicht in ihre Klassengemeinschaft integriert sind, fühlen sich un-
glücklich und bringen schlechte Noten. Das gilt auch für die Leistungsfähigkeit
eines Betriebs. Gute Manager wissen das und legen genau deshalb auf Teamfä-
higkeit einen gesteigerten Wert. Ihr Credo lautet: Man kann nach außen nur
stark wirken, wenn man auch innen stark ist!
Natürlich gibt es auch Gegenstimmen und das sollte man als Bewerber wissen.
Schließlich kann man an jemanden geraten, der von Teams herzlich wenig hält,
und vielleicht sieht man sich selbst auch eher als Einzelkämpfer. Der britische
Wirtschaftsprofessor Reggie von Zugbach fordert jedenfalls: „Sei ein Schwein –
und steh’ dazu.“ Von ihm stammt der berühmte Satz: „Wenn Blut fließt, sei’s
drum. Hauptsache, es ist nicht Ihr eigenes.“ Von Zugbach karikiert die biswei-
len anzutreffende ‚Teamseligkeit’, die im Ernstfall schnell schlapp macht. Man
sollte als Bewerber herausstreichen, dass Harmonie nicht dem Selbstzweck
dient. Durch „groupthink“ („Wir sind uns ja alle so einig!“) kommt häufig der
größte Blödsinn zustande. Teamfähigkeit schließt folglich nicht aus, andere
auch einmal „gegen den Strich zu bürsten“.

Teamplayer und Individualist

Bekennen Sie sich zum Teamprinzip als eines der wichtigsten organisatorischen
Erfolgsprinzipien, aber vergessen Sie nicht, dass auch Einzelkämpfer gebraucht
und geschätzt werden. Wer lieber für sich allein arbeitet, ist nicht automatisch
abartig veranlagt. Es gibt allerdings wenige Jobs, in denen nicht ein Mindestmaß
an Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit erforderlich ist.

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Fakten und Hintergründe

Warum Teams scheitern

Die Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft in Bad Harzburg hat 376 Füh-
rungskräfte gefragt, weshalb nach ihrem Dafürhalten Teams ihre Ziele nicht
erreichen. Hier das Ranking nach der Häufigkeit der Nennungen:
1. Kommunikationsschwierigkeiten
2. Unklarer Auftrag
3. Keine Kultur der Zusammenarbeit
4. Unausgesprochene Konflikte
5. Fehlendes Vertrauen im Team
6. Machtkämpfe
7. Ineffektive Teamsitzungen
8. Kein eindeutiger Teamleader
9. Dominanz eigener Interessen
10. Zu wenig Zeit

Das sind die wesentlichen Stellschrauben, die einem zur Verfügung stehen, um
Teams zum Erfolg zu führen. Wer sie als Bewerber kennt, zeigt Problembe-
wusstsein und nährt die Hoffnung, je nach Erfahrungshintergrund auch über
die entsprechende Handlungskompetenz zu verfügen.

Altruisten werden nicht gesucht

Zu guter Letzt noch ein Tip: Streichen Sie bitte den folgenden Satz in Ihrem
Kopf: „Die Aufgabe interessiert mich, weil ich Freude am Umgang mit Men-
schen habe.“
Die Welt ist nicht so, wie sie sein sollte. Wer die Freude im Umgang mit ande-
ren als Hauptmotiv für seine Bewerbung angibt, ist naiv oder einfallslos oder
gar beides. Natürlich muss man als Verkäufer auf Menschen zugehen können
bzw. man sollte als Mitglied eines Projektteams kein Eigenbrödler sein. Auf
lange Sicht geht es auch nicht gut, wenn man sich rücksichtslos am Eigennutz
orientiert und alle anderen an die Wand drückt. Einen guten Weg machen

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Sozialkompetenz zeigen

meist jene, denen es gelingt, ihre persönlichen Interessen mit den Team- oder
Unternehmensinteressen halbwegs in Einklang zu bringen.

Stellenangebot oder: Worauf kommt es hier besonders an?


Das XYCommunicationCentre sucht eine/n
PRAssistenten/in
Sie haben Ihr Studium abgeschlossen und idealerweise erste Erfahrungen in
Marketing und/oder PR gesammelt, sind fit in Englisch und am Computer,
haben Spaß am Schreiben und Organisieren und sind an Sport, Musik und
Kultur interessiert. Außerdem sind Sie nicht nur geistig mobil.
Wir sind ein weltweit agierendes ( ...). Das XYCommunicationCentre koordi
niert weltweit alle Kommunikationsaktivitäten der Firmengruppe.
Und da sich unser Produkt einer ständig steigenden Nachfrage erfreut, möch
ten wir unser kleines Team baldmöglichst verstärken. ( ...). Frau YZ freut sich
auf Ihre Bewerbungsunterlagen. ( ...).
Alles klar? Alles klar! Das ist die entscheidende Formulierung: „ ... möchten wir
unser kleines Team verstärken.“ Gefragt ist jemand, der umgänglich und kom
munikativ ist.

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Führungsqualitäten demonstrieren:
„Welche Eigenschaften hat der ideale
Vorgesetzte?“

Inoffiziellen, dafür aber glaubwürdigen Befragungen zufolge ist der idea


le Vorgesetzte jemand, der sich häufig auf Dienstreisen befindet. Das
klingt ganz logisch, denn für die Zeit der Abwesenheit muss er das eine
oder andere delegieren und damit seinen Mitarbeitern ernsthaft Verant
wortung übertragen. Nun kann eine Führungskraft freilich schon aus
Kostengründen nicht unentwegt verreisen. Was also macht die Anwesen
heit eines Vorgesetzten für den Betrieb und die Mitarbeiter wertvoll? Die
bisher noch nicht widerlegte Antwort gibt der Managementexperte Fred
mund Malik: „Der ideale Manager wäre eine Kreuzung aus Alexander
dem Großen, Albert Einstein und Thomas Gottschalk.“ Welcher Meinung
Sie sich auch immer anschließen – im Vorstellungsinterview sollten Sie
unbedingt eine haben.

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Führungsqualitäten demonstrieren

Dialog 1: Unklare Vorstellungen


Frank Wagner legt dem Personalchef seine Vorstellung dar.

Personalchef: Herr Wagner, die besprochene Aufgabe ist ja mit Personalver-


antwortung verbunden. Was meinen Sie, einmal unabhängig von Ihrer Person,
welche Eigenschaften zeichnen den erfolgreichen Vorgesetzten aus?
n Wagner: Für mich ist der ideale Vorgesetzte fair. Nein, nicht nur fair – gerecht
muss er sein. Man muss bei ihm wissen, woran man ist.
Personalchef: Unterstellen wir einmal, Herr Wagner, dass Sie sich als unser
neuer Sachgebietsleiter gegenüber Ihren Mitarbeitern fair und gerecht verhal-
ten. Ist damit der Führungserfolg garantiert?
o Wagner (zögert): Hm, ich weiß nicht recht, worauf Sie hinauswollen ... was
verstehen Sie unter Führungserfolg?
Personalchef (ungeduldig): Ich fürchte, wenn Sie nicht wissen, was Führungser-
folg ist, werden Sie es auch nicht verstehen, wenn ich es Ihnen erkläre.
p Wagner: Nein, ich habe schon eine gewisse Idee davon. Am Ende müssen die
Ergebnisse stimmen. Und das erreicht man natürlich nur, wenn man eine kom-
petente und engagierte Mannschaft hat. Der ideale Vorgesetzte schickt die rich-
tige Mannschaft aufs Feld. Das weiß ich als Fußballfan.
Personalchef: Aber wie kommt man dahin? Wie erreicht man dieses Ziel?
Wagner: Na ja, gute Vorgesetzte werden von ihren Mitarbeitern akzeptiert.
Akzeptanz ist für mich die wichtigste Erfolgsformel. Was von Mitarbeitern
nicht akzeptiert wird, sollte man als Chef kritisch überdenken. Deshalb favori-
siere ich auch das ‚Management by Objectives.’
q Personalchef: Und was machen Sie nachmittags, nachdem Sie Ihre Ziele
erreicht haben?
Wagner: Entschuldigung, wie meinen Sie das?

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Dialog 1: Unklare Vorstellungen

So urteilt der Personalexperte

Schade, ganz offensichtlich hat sich Herr Wagner auf diese Fragen nicht ausrei-
chend vorbereitet.
n „Für mich ist der ideale Vorgesetzte fair.“
Das ist im Prinzip auch die Meinung des Personalers. Aber viele Vorgesetzte
sind leider nicht so, wie sie sein sollten.
o „Hm, ich weiß nicht recht, worauf Sie hinauswollen ... was verstehen Sie unter
Führungserfolg?“
Die Frage war klar und eindeutig gestellt. Rückfragen verraten meistens, dass
jemand auf dem falschen Fuß erwischt worden ist.
p „ ... wenn man ein kompetente und engagierte Mannschaft hat.“
Endlich eine kompetente und überzeugende Antwort. Sie ist zwar sehr allge-
mein gehalten, trifft aber den Dreh- und Angelpunkt des Führungserfolgs.
q „Und was machen Sie nachmittags, wenn Sie Ihre Ziele erreicht haben?“
Da ist der Personalexperte etwas hart rangegangen. Doch der Bewerber merkt
gar nicht, dass er ihm die Vorlage für seine ironische Bemerkung gegeben hat.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hantiert beliebig mit einigen wünschenswerten Eigenschaften herum.
Etwa: Man nehme Fairness und Gerechtigkeit und dann hat man den idea
len Vorgesetzten.
„ Er definiert die Führungsrolle ausschließlich aus Sicht der Mitarbeiter und
deren Interessenlage. Die Unternehmensperspektive spielt für ihn keine Rol
le – und das kommt schlecht an.
„ Er erweckt den Eindruck, dass es ihm als Vorgesetzten vorrangig darum
ginge, bei seinen Mitarbeitern beliebt zu sein. Das wäre ein Missverständnis
der Führungsaufgabe.
„ Bis auf das Beispiel der Fußballmannschaft entwickelt er keinen konkreten
Gedanken, wie man vom Führungsanspruch zum Führungserfolg kommen
könnte.

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Führungsqualitäten demonstrieren

Dialog 2: Konkrete Anforderungen


Carola Benz formuliert ihre Vorstellung vom guten Vorgesetzten.

Personalchef: Frau Benz, welche Eigenschaften kennzeichnen nach Ihrer Mei-


nung die ideale Führungskraft?
n Benz: Ich hatte einmal einen Chef, der mir Vertrauen geschenkt hat. Das hat
meinem Selbstbewusstsein sehr gut getan, und es hat mir gezeigt: ‚Mensch, das
kannst du ja.’ Vertrauen schenken finde ich wichtig, es kann aber natürlich
nicht alles sein. Wichtig ist auch, die Mitarbeiter für die Unternehmensziele zu
gewinnen. Ziehen – das hab ich in Physik gelernt – ziehen ist besser als schie-
ben. Das kann man ganz gut auf den Führungsvorgang übertragen. Viele Mitar-
beiter wollen nicht angetrieben, sondern mitgerissen werden.
Personalchef: Aber Sie erwarten von einem guten Vorgesetzten doch noch
mehr?
o Benz: Das ist eine Frage des Blickwinkels. Aus der Sicht des Unternehmens ist
der ideale Vorgesetzte meist ein anderer als aus Sicht der Mitarbeiter.
Personalchef: Interessant. Fangen wir mit der Sicht des Unternehmens an. Was
zählt da?
p Benz: Ich glaube, dass ein gutes Unternehmen zunächst einmal ein gut verdie-
nendes Unternehmen ist. Wer rote Zahlen schreibt, kann für die Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter wenig tun. Wer in der Personalverantwortung steht, muss
seine Kosten im Griff haben und Erlöse erzielen. Sonst ist irgendwann Feier-
abend.
Personalchef: Was meinen Sie damit?
q Benz: ‚Andere Zahlen oder andere Gesichter!’ Diesen Spruch habe ich neulich
von einem Bekannten gehört, der in einem Unternehmen als Vertriebsleiter
tätig ist. (holt Luft) Ich bin mir bei meiner Bewerbung schon bewusst, was mich
eventuell erwartet. Aber ich trau mir das zu.
Personalchef: Sie haben mir noch nicht verraten, wie der ideale Vorgesetzte aus
der Sicht der Mitarbeiter, ich sag mal, ‚gestrickt’ sein sollte.
r Benz: Wenn ich von meinen eigenen Wünschen ausgehe: Der ideale Vorgesetz-
te tut, was er sagt. Man kann ihn beim Wort nehmen. Er ist geradlinig. Er trifft
eine klare Ansage. Er weiß, wohin die Reise geht, und kann dies verständlich
kommunizieren. Er stellt sich bei Schwierigkeiten vor seine Leute. Er gibt auch
mal zu, wenn er Mist gebaut hat. Das wäre mein Wunschkatalog.

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Dialog 2: Konkrete Anforderungen

Personalchef: Da haben Sie die Messlatte aber sehr hoch gelegt, falls wir uns für
Sie entscheiden sollten. Gibt es bei Ihnen nie eine Diskrepanz zwischen dem,
was Sie sagen und dem, was Sie am Ende tun?
Benz: Ja, natürlich. Ich hab’ ja nur meine Idealvorstellung formuliert – Grund-
sätze, an denen ich mich zu orientieren versuche und als eventuelle Sachgebiets-
leiterin zu orientieren habe.

So urteilt der Personalexperte

Carola Benz weiß, worauf es ankommt.


n „ ...ziehen ist besser als schieben.“
Die Bewerberin spult keine angelesenen Qualifikationsmerkmale für Führungs-
kräfte ab – sehr gut.
o „Aus Sicht des Unternehmens ist der ideale Vorgesetzte sicher meist ein anderer
...“
Recht hat sie! Natürlich gibt es einen Interessenkonflikt, der sich nicht weg
diskutieren lässt – das zeigt ihr Problembewusstsein.
p „Ich glaube, dass ein gutes Unternehmen zunächst einmal ein gut verdienendes
Unternehmen ist ...“
Das ist ein dezidierter Standpunkt, und für den ist man in unseren Tagen im-
mer dankbar.
q „Andere Zahlen oder andere Gesichter!“
Ja, als Bewerber muss man selbstbewusst den Hut in den Ring werfen. Gesucht
werden Mitarbeiter, die erfolgsorientiert denken und handeln, ohne sich aller-
dings zu überschätzen.
r „Der ideale Vorgesetzte tut, was er sagt ...“
Die Bewerberin hat einen klaren Kompass und damit beste Chancen, als Vorge-
setzte einen guten Job zu machen.

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Führungsqualitäten demonstrieren

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ die Frage nach dem idealen Vorgesetzten im Sinne der Mitarbeiter und des
Unternehmens beantwortet,
„ verdeutlicht, dass Unternehmensgewinne nicht unanständig sind, sondern
im Zweifelsfall auch im Interesse der Mitarbeiter liegen,
„ sehr konkrete Anforderungen an Führungskräfte formuliert.

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So kommen Sie gut an

So kommen Sie gut an


„ Aus Sicht des Unternehmens argumentieren
Natürlich wünschen sich Mitarbeiter Vorgesetzte, mit denen es sich komfor-
tabel leben lässt. Dies ist freilich nicht mit den Unternehmenszielen verein-
bar. Als Bewerber sollten Sie also zunächst jene Eigenschaften ansprechen,
die im Interesse des Betriebs liegen.

„ Gehen Sie auf die Erwartungen der Mitarbeiter ein


Eine erfolgreiche Führungskraft holt die Mitarbeiter dort ab, wo sie stehen
hinsichtlich ihrer Wünsche, Hoffnungen, Sorgen und Ängste.

„ Nicht nur auf Wellness machen


Natürlich sind Mitarbeiter, die sich ihrem Unternehmen verbunden fühlen,
leistungsbereiter. Als zukünftige Führungskraft sollte man aber auch signali-
sieren, dass man das Zeug dazu hat, unangenehme Gespräche zu führen und
harte Entscheidungen zu treffen. Wer als Chef vor allem geliebt werden will,
hat die Führungsaufgabe bald hinter sich.

„ Keine Managementtheorien präsentieren


Gehen Sie kein unnötiges Risiko mit angelesenem Wissen ein. Man kann an
eine Führungskraft geraten, die ausgerechnet den erwähnten Führungsan-
satz – vielleicht gar aus Erfahrung – völlig ablehnt, oder man hat es mit ei-
nem bekennenden Pragmatiker zu tun, der von Führungslehren herzlich
wenig hält.

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Führungsqualitäten demonstrieren

Fakten und Hintergründe


Moderne Führungskonzepte haben eine immer kürzere Lebensdauer. Ein
Hauptgrund für diesen ständigen Wandel dürfte darin liegen, dass man sich an
den entscheidenden Voraussetzungen erfolgreichen Führens vorbeizumogeln
versucht. Eine dieser Voraussetzungen lautet: Handlung wird durch Haltung
begründet.

Handlung und Haltung


Wasser predigen und heimlich Wein trinken – auf ein Verhalten, das mit der
eigenen Persönlichkeit nicht harmoniert, reagieren Mitarbeiter bei ihrem Vor-
gesetzten äußerst empfindlich. Wer Chef sein will, muss sich zunächst einmal
darüber im Klaren werden, unter welchen Umständen andere bereit sind, sei-
nen Führungsanspruch zu akzeptieren, und zwar unabhängig von unterschrie-
benen Arbeitsverträgen und den damit akzeptierten Unter- und Überordnungs-
verhältnissen.

Motivation  oder: Wie bekomme ich die Arbeitskraft


meiner Mitarbeiter?
Der Begriff der „inneren Kündigung“ gehört zum Standardvokabular eines
jeden Managers und meint ein Phänomen, das nur Verlierer kennt: Wer an
seinem Schreibtisch sitzt und von Honolulu träumt, ist weder an seinem
Schreibtisch noch in Honolulu. Wie also sieht der „innerlich Gekündigte“ aus?
„ Er hat kein Interesse mehr an Auseinandersetzungen.
„ Er ist zum typischen Ja-Sager geworden.
„ Er bringt keine Vorschläge mehr.
„ Er nimmt Eingriffe in seinen Kompetenzbereich hin.
„ Seine Hauptgrundsatz heißt: „Fehler vermeiden“.
„ Das Arbeitsmotto lautet: „Mit halber Kraft nur das Nötigste“.

Die zentrale Frage jeder Führungskraft aber lautet: Wie bekomme ich die ganze
Arbeitskraft meiner Mitarbeiter?

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Fakten und Hintergründe

Fordern
Es ist zunächst an etwas zu erinnern, das durch das unentwegte Motivations
gerede offenbar verschüttet wurde: Eine Führungskraft
„ hat das Recht, klare Forderungen zu stellen, Vereinbarungen zu treffen und
diese zu kontrollieren.
„ hat das Recht, auf Einhaltung von Vereinbarungen und Arbeitsverträgen zu
bestehen sowie Leistung auf der Grundlage definierter Ziele zu verlangen.
„ hat das Recht und die Pflicht, bei Nichteinhaltung von Absprachen offen zu
konfrontieren und zu kritisieren.
„ hat das Recht, Konsequenzen in die Wege zu leiten.
„ hat die Aufgabe, nachzuforschen, wieso die vereinbarte Leistung nicht
erbracht wurde – und sich dabei selbst als möglicherweise leistungsbehin
dernden Faktor in Rechnung zu stellen.

Leistung vereinbaren und kontrollieren


Management by Objectives (MbO) – „Machen wir doch schon lange!“. Den-
noch: „Führen durch Zielvereinbarungen“ heißt es, aber „Führen durch Ziel-
vorgaben“ ist es meist. Management by Objectives – ,ein alter Hut? „Unser
Vorgesetzter kommt in die Planungssitzung mit einer festgesetzten Umsatzzahl,
die wir erreichen müssen. Diese hat er seinerseits von seinem Vorgesetzten
bekommen. Unsere Erfahrungen im Markt spielen bei der Erstellung der Plan-
zahl keine Rolle.“ Das ist von erfahrenen Außendienstlern zu hören, die das
Ganze als „Teil des Spiels“ achselzuckend hinnehmen.

KonsensManagement
Wer glaubt, alleine entscheiden zu müssen, hat sich häufig längst von seinen
Mitarbeitern geschieden. „Kon-sens“ heißt „gemeinsamer Sinn“ – die Sprache
als Lehrmeister der Psychologie. Führungskräfte müssen in diesem Sinne
„ Übereinkünfte herstellen,
„ einschließen statt ausschließen,
„ umsetzen statt durchsetzen.

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Führungsqualitäten demonstrieren

Das kostet freilich Zeit, doch wer diese nicht rechtzeitig zu investieren bereit ist,
muss sie später allemal nachinvestieren: in Jammereien und Reparaturen, weil
eine Aktion ohne volle Zustimmung der Beteiligten einfach weniger optimal
laufen muss!

Dialogisch führen

Früher ging es zu wie in der Armee, wo es hieß: „Den Hügel einnehmen!“ Der
mitdenkende Mitarbeiter wird heute sagen: „Moment, bitte! Warum diesen
Hügel ?“ Hier geht es um keinen Trick, um keine Technik – hier geht es um die
innere Einstellung! Dialogisch führen heißt
„ zum Gespräch einladen und den anderen besuchen,
„ die richtigen Fragen stellen,
„ formal auf Gesprächssymmetrie achten,
„ viele Sichtweisen einbeziehen und
„ möglichst auf breitem Konsens beschließen.

Woran man überhaupt merkt, ob es ein echter Dialog war? Hier das Kriterium:
Ein Dialog, aus dem Sie unverändert herauskommen, war keiner!

Demotivation vermeiden!
Führen ist vor allem das Vermeiden von Demotivation! Es sind immer die-
selben Muster, die Mitarbeiter demotivieren:
„ Der Chef kann und weiß immer mehr als die Mitarbeiter.
„ Einsame Entscheidungen.
„ Überzogene, lautstarke, unsachliche, anmaßende Kritik.
„ Der Chef zieht ein Thema in Sekundenschnelle an sich und beherrscht es.
„ Der Mitarbeiter wird übersehen und wie Luft behandelt.
„ Der Mitarbeiter bekommt unzureichende, einseitige, verspätete oder
lediglich auf sein unmittelbares Arbeitsgebiet reduzierte Informationen.

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Seinen Marktwert kennen: „Wie sind


Ihre Einkommensvorstellungen?“

„Geld macht nicht glücklich“, sagt der Volksmund. Das mag sein, aber
einige Vorzüge lassen sich – abgesehen von dem misslichen Umstand,
dass man eine bestimmte Summe grundsätzlich braucht – nicht von der
Hand weisen. Für Dostojewski war Geld „geprägte Freiheit“, für Lord By
ron war es „Aladins Wunderlampe“ und für den Philosophen Nietzsche
das „Brecheisen der Macht“. Vor diesem Hintergrund macht Geld wenigs
tens ziemlich glücklich. Unglücklich verhält sich jedenfalls ein Bewerber,
der den Eindruck erweckt, es sei unanständig, über Geld zu reden. Nicht
selten führt es zu Frustrationen, wenn er aus Angst, sich unbeliebt zu
machen, seine Gehaltswünsche nicht klipp und klar äußern kann.

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Seinen Marktwert kennen

Dialog 1: Schlecht vorbereitet


Frank Wagner soll seine Gehaltswünsche nennen.

Personalchef: Mehr Fragen habe ich zur Zeit nicht, Herr Wagner, bis auf eine
letzte natürlich: Ihre Einkommenswünsche.
n Wagner: Ich weiß, es stand in der Stellenanzeige. Ich habe meine Gehaltsvor-
stellung nicht in die Bewerbung geschrieben – ich kenne ja die Einkommens-
struktur in Ihrem Hause nicht, da fällt mir die Einschätzung nicht leicht.
Personalchef: Es gehört Mut dazu, eine Hausnummer zu nennen. Also: Wie-
viel?
o Wagner: Was hat denn mein Vorgänger verdient?
Personalchef: Das kann und werde ich Ihnen natürlich nicht sagen.
p Wagner(nervös): Ja, klar, verstehe. Aber das Jahreseinkommen ist in der Regel
ja nicht alles. In vielen Betrieben gibt es Zusatzleistungen, so was wie Urlaubsta-
ge, Essenszuschüsse, wenn man so will, geldwerte Vorteile.
Personalchef: Herr Wagner, als Sachgebietsleiter müssen Sie – falls wir uns für
Sie entscheiden – auch Vertragsverhandlungen führen. Nennen Sie mir eine
Zahl.
q Wagner: Verstehe. Ich hab’ das mal so überschlagen, mit der Anfahrt komme
ich auf zweieinhalb bis dreitausend Euro monatlich – netto, meine ich.
Personalchef: Wollen Sie uns ruinieren?
r Wagner: Nein, also, dreitausend ist vielleicht doch zu hoch gegriffen. Aber
unter zweieinhalb halte ich für unangemessen. Ich bin ja gern zu Kompromis-
sen bereit, aber ...
Personalchef: Gut, Herr Wagner, ich nehme dies erst einmal zur Kenntnis.

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Dialog 1: Schlecht vorbereitet

So urteilt der Personalexperte

Sein fehlender Schneid schadet Herrn Wagner in der Gehaltsfrage extrem:


n „Ich weiß, es stand in der Stellenanzeige ...“
Ein Bewerber muss seinen Marktwert wenigstens einigermaßen kennen.
o „Was hat denn mein Vorgänger verdient?“
Diese Frage ist völlig unangebracht – in jedem Vorstellungsgespräch.
p „Aber das Jahreseinkommen ist in der Regel ja nicht alles ...“
Wie kann man nur so unflexibel sein. Es hätte ja jetzt erst einmal gereicht, wenn
er sein letztes Einkommen benennen würde. Damit hat er sich noch nicht fest-
gelegt.
q „Ich hab’ das mal so überschlagen, mit der Anfahrt ...“
Der Bewerber kann sich immer noch nicht zu einer verbindlichen Aussage
durchringen. Im übrigen orientiert sich das Entgelt an den (erhofften) Leistun-
gen und nicht an der Distanz zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.
r „ ...also, dreitausend ist vielleicht zu hoch gegriffen ...“
Wer in eigener Sache so schnell umfällt, wird womöglich bei den Interessen der
Firma auch nicht viel Standfestigkeit zeigen.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat seinen Marktwert vorab nicht richtig geklärt.
„ Er hat unsouverän mit einer Gegenfrage auf die Gehaltsfrage reagiert („Was
hat denn mein Vorgänger verdient?“).
„ Es ist unvorteilhaft, einen Gehaltsrahmen zu benennen. Dies wirkt eher
unsicher.
„ Einkommensvorstellungen sind nur über die Qualifikation zu begründen
oder eventuell noch über besondere innerbetriebliche Belastungen – nie
mals aber über private Sachverhalte.
„ Der Bewerber hat bei Gegenwind sofort eingelenkt.

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Seinen Marktwert kennen

Dialog 2: Unsouverän und wenig standhaft


Carola Benz wird ebenfalls aufgefordert, eine Summe anzugeben.

Personalchef: Frau Benz, angenommen, wir werden uns einig – wie viel möch-
ten Sie bei uns verdienen?
n Benz: Wissen Sie, das mag jetzt komisch klingen, aber Geld spielt für mich
keine große Rolle. Ich habe ja der Familie wegen pausiert. Die Hauptsache ist,
wieder beschäftigt zu sein.
Personalchef: Bei aller Liebe zum Job – Sie werden ja nicht umsonst arbeiten
wollen!
o Benz: Nein, so meine ich das auch nicht. Aber für mich ist es am wichtigsten,
wieder Verantwortung übernehmen zu können. Darauf freue ich mich.
Personalchef: Wir machen dies hier aber, um Geld zu verdienen, und zwar
möglichst viel. Auch die Leiterin der Kundenbetreuung soll hierzu ihren Beitrag
leisten.
p Benz: Das ist mir schon klar. Ich möchte unbedingt zufriedene Kunden haben.
Wie gesagt, die Aufgabe würde mir sehr viel Spaß machen. Aber eine faire Be-
zahlung ist mir auch wichtig.
Personalchef: Und was heißt fair für Sie?
q Benz: Vielleicht so 45.000 Euro im Jahr? 45.000 wäre doch ganz okay, oder? Ich
möchte jedenfalls nicht, dass meine Bewerbung an der Gehaltsfrage scheitert.

Frau Benz möchte bei der Gehaltsfrage nichts falsch machen –


Track 33 das hört man!

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Dialog 2: Unsouverän und wenig standhaft

So urteilt der Personalexperte

Schade, Frau Benz, die sonst nicht auf den Mund gefallen ist, verlässt beim
Thema Geld die Souveränität.
n „Wissen Sie, das mag jetzt komisch klingen, aber Geld spielt für mich keine
große Rolle ...“
Das klingt, als ob sie eine Idealistin wäre, die zu weich für den harten Wettbe-
werb ist, dem praktisch jedes Unternehmen ausgesetzt ist.
o „ ...aber für mich ist es am Wichtigsten, wieder Verantwortung übernehmen zu
können ...“
Sie drückt sich immer noch davor, eine Zahl zu nennen.
p „ ...Ich möchte unbedingt zufriedene Kunden haben ...“
Sie drückt sich erneute, aber allmählich kommen wir der Sache näher.
q „Vielleicht so 45.000 Euro im Jahr ...“
Manche Bewerbung scheitert, weil der Bewerber so inkompetent mit der Ge-
haltsfrage umgeht.

Was hat die Bewerberin falsch gemacht?


„ Wer vorgibt, Geld sei unwichtig, macht sich bei den meisten Personalern
verdächtig. Entweder wird unterstellt, man sei ein Heuchler, der für die de
monstrierte Bescheidenheit nur Punkte kassieren möchte, oder man wird als
Moralist eingestuft, der das Geldverdienen für moralisch fragwürdig hält.
„ Die Bewerberin macht erst nach weiterem Drängen des Gesprächspartners
eine Kehrtwende und fordert auf einmal eine faire Bezahlung.
„ Sie nennt endlich einen Gehaltswunsch und kassiert diesen sofort wieder
ein.

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Seinen Marktwert kennen

Dialog 3: Klare Aussage mit Begründung


Herr Petzold, der Ersteinsteiger, äußert sich gegenüber seinen beiden Interview-
partnern.

Personalchefin: Herr Petzold, Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt.


Welches Entgelt würde Sie als Einsteiger beruhigen?
n Petzold: 40.000 Euro – das ist meine Einkommensvorstellung.
Personalchefin: Wie kommen Sie auf diese Zahl?
o Petzold: Also, ich habe im Vorfeld gründlich recherchiert. Bei Kommilitonen,
die schon im Beruf sind, im Internet, in Gehaltsrechnern und Tabellen. Deswe-
gen denke ich, meine Vorstellungen sind durchaus realistisch.
Vertriebsleiter: Ich kenne diese Tabellen auch. Sie liegen mit Ihrer Forderung
über dem Durchschnitt. Im Übrigen bezahlen wir unsere Mitarbeiter nach
Leistung.
p Petzold: Ich weiß, als Anfänger muss ich erst noch den Beweis bringen.
Dagegen können sich, wie Sie wissen, meine Qualifikationen sehen lassen: Prä-
dikatsexamen, Auslandserfahrung, Ausbildung vor dem Studium und gute
Sprach- und IT-Kenntnisse. 40.000 – das passt schon.
Personalchefin: Da bekomme ich Probleme mit den anderen Nachwuchskräf-
ten. Und wir haben Bewerber, die unter Ihren Vorstellungen liegen.
q Petzold: (Pause – sagt nichts)
Personalchefin: 40.000 - ist das Ihr letztes Wort?
r Petzold: Mein Großvater hat immer gesagt: Junge, schwierige Entscheidungen
musst Du erst mal überschlafen. Auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn Sie
mir ein Angebot machen. Ich bin mir sicher, die Gehaltsfrage lässt sich auch
klären.

Zu fordernd? Hören Sie, wie Herr Petzold seine Forderung


Track 34 stimmlich „verpackt“.

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Dialog 3: Klare Aussage mit Begründung

So urteilt der Personalexperte

Herr Petzold zeigt Haltung – wunderbar.


n „40.000 Euro – das ist meine Einkommensvorstellung.“
Der Bewerber macht eine klare Ansage. Das ist sehr wohltuend.
o „Also, ich habe im Vorfeld gründlich recherchiert ...“
Er macht deutlich: Die Forderung stellt er nicht aus dem Bauch heraus, sondern
durch Fakten gestützt. Ein Experte erkennt sofort, dass dieser Gehaltswunsch
nicht unrealistisch ist.
p „ Dagegen können sich, wie Sie wissen, meine Qualifikationen ... .“
Er liefert ein klare Begründung der Gehaltsforderung, ohne allerdings dabei
arrogant zu wirken.
q (Pause – sagt nichts)
Prima: Mut zur Pause. Leider fallen die Mitarbeiter bei Nachlassforderungen
seitens der Kunden meist viel zu schnell um.
r „ ...auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn sie mir ein Angebot machen ...“
Sehr guter Abschluss. Er hat sich nicht wie auf dem Basar verhalten.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber hat
„ bei der Gehaltsfrage eine klare ‚Hausnummer’ genannt.
„ Gründe für seinen Gehaltswunsch geliefert.
„ sich eine Bedenkpause erbeten, ohne dabei arrogant zu wirken.

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Seinen Marktwert kennen

Dialog 4: Gehaltsvorstellung – nicht


Gehaltsforderung
Die Politologin Kathrin Bornemann wird gebeten, sich zu Ihren Gehaltsvorstellun-
gen zu äußern.
Personalberater: Angenommen, Frau Bornemann, wir würden uns für Sie
entscheiden: Welche Gehaltswünsche würden Sie gern realisieren wollen?
n Bornemann: Ich stelle mir 55.000 Euro als Jahresgehalt vor.
Personalberater: Ich fürchte, das passt nicht in die Gehaltsstrukturen meines
Mandanten.
o Bornemann: Ich halte dies für eine durchaus angemessene und marktübliche
Dotierung, Herr Groß.
Personalberater: Wie begründen Sie denn diese aus unserer Sicht überdurch-
schnittliche Gehaltsforderung?
p Bornemann: Gehaltsforderung wäre etwas zu scharf formuliert. Ich halte
55.000 für angemessen, weil mein persönliches Profil doch sehr gut zu den
Anforderungen der Aufgabe passt. Ich habe gelernt, politisch zu denken, also
vor allem die Neben- und Fernwirkungen von offiziellen Verlautbarungen und
Erklärungen zu beurteilen. Ich kann so formulieren, dass es möglichst geringe
Deutungsspielräume gibt, und ich kann, bei aller Bescheidenheit, ein Unter-
nehmen gewinnend repräsentieren.
Personalberater: Sie haben Mitbewerber und Mitbewerberinnen, die auch
etwas vorzuweisen haben.
q Bornemann: Das glaube ich gern und ich nehme das auch ernst. Ich halte mich
nicht für das Gelbe vom Ei, aber ich möchte auch nicht unter Wert starten. Die
Aufgabe, über die wir hier reden, dreht sich ja letztlich darum, ein Unterneh-
men positiv zu positionieren, also seine Interessen zu wahren. Da macht es sich
nicht gut, wenn die mögliche zukünftige Amtsinhaberin ihre eigenen Interessen
bei Gegenwind sofort über Bord wirft.

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Dialog 4: Gehaltsvorstellung – nicht Gehaltsforderung

So urteilt der Personalexperte

Die Bewerberin hat sich bei der Gehaltsfrage hervorragend geschlagen.


n Ich stelle mir 55.000 Euro als Jahresgehalt vor.
Von Bewerbern wird erwartet, dass sie ihren Marktwert realistisch einschätzen
und dann auch klar artikulieren. Das hat die Bewerberin getan.
o Ich halte dies für eine durchaus angemessene ….
Bei Gehaltsverhandlungen gilt die Devise, sich nicht ins Bockshorn jagen zu
lassen. Das Argument mit den Gehaltsstrukturen, in die die Forderung – angeb-
lich – nicht passt, muss allerdings ernst genommen werden. Es kann den Tatsa-
chen entsprechen und dem Unternehmen echte Probleme bereiten (Wie reagie-
ren andere Mitarbeiter, die niedriger eingestiegen sind?), es kann aber auch nur
vorgeschoben sein.
p Gehaltsforderung wäre etwas zu scharf formuliert. …
Die Bewerberin reagiert hier sehr geschickt, indem sie klar stellt, dass es sich um
eine Gehaltsvorstellung und nicht um eine Gehaltsforderung handelt. Dadurch
sichert sie sich ohne Gesichtsverlust einen Verhandlungsspielraum. Die Argu-
mente, mit denen sie anschließend ihren Dotierungswunsch begründet, sind
überzeugend. Verwenden Sie bitte keine Formulierungen wie etwa „Ich habe
mich vorab natürlich erkundigt und erfahren, dass …“
q Da macht es sich nicht gut, wenn die mögliche zukünftige Amtsinhaberin ihre
eigenen Interessen bei Gegenwind sofort über Bord wirft.
Das ist folgerichtig und geschickt argumentiert. Gerade bei Aufgaben, in denen
es darum geht, einen bestimmten Standpunkt sicher und psychologisch wir-
kungsvoll zu vertreten, muss man dies auch in eigener Sache – also auch bei der
Gehaltsfrage – zeigen.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie hat ohne Umschweife eine Zahl genannt.
„ Sie hat klar gemacht, dass es sich um eine Gehaltsvorstellung und nicht um
eine Gehaltsforderung handelt.
„ Sie hat ihren Gehaltswunsch gut begründet.

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Seinen Marktwert kennen

Dialog 5: Unsouverän und schlecht


begründet
Der Wirtschafts-Informatiker Stefan Sonntag soll ebenfalls über Geld reden.
Personalberater: Neben der Qualifikation müssen natürlich auch die finanziel-
len Vorstellungen passen, Herr Sonntag.
n Sonntag: Ich verstehe, worauf Sie hinaus wollen. Also, um es ganz klar zu sagen:
Ich möchte mich gehaltlich natürlich ungern verschlechtern.
Personalberater: Davon ist ja noch gar nicht die Rede. Zunächst muss ja mal
eine Zahl auf den Tisch und dann sehen wir weiter.
o Sonntag: Das ist für mich jetzt natürlich schwer – ich habe mich mit dieser
Frage nie so richtig befasst, wissen Sie. Für mich steht immer erst einmal das
Interesse an der Aufgabe im Vordergrund. Alles Weitere ergibt sich dann ja
meist von selbst. Vielleicht könnten Sie mir einen kleinen Hinweis geben.
Personalberater: Sagen Sie uns doch einfach, wie viel Sie zurzeit verdienen.
Dann haben wir ja eine Orientierungsmarke.
p Sonntag: Okay, also wenn ich alles zusammen rechne – Urlaubsgeld, Weih-
nachtsgeld und diverse andere geldwerte Vorteile – dann komme ich auf, na,
sagen wir mal round about 55. 000. Hinzu kommt, dass die Dauer meiner Be-
triebszugehörigkeit auch gewisse Vorteile mit sich bringt. Und dann gehe ich
bei einem Wechsel auch ein gewisses Risiko ein.
Personalberater: Was wollen Sie damit sagen?
Sonntag: Nun, man soll den Teufel nicht an die Wand malen, aber die Sache
kann auch schief gehen.
Personalberater: Können wir uns auf 55.000 verständigen?
q Sonntag: Gut, aber ich würde ungern wollen, dass die Sache am Gehalt
scheitert. Dazu finde ich die Aufgabe einfach zu interessant.

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Dialog 5: Unsouverän und schlecht begründet

So urteilt der Personalexperte

Dies ist ein abschreckendes Beispiel zum Thema Gehaltsverhandlungen.


n … um es ganz klar zu sagen: Ich möchte mich gehaltlich natürlich ungern ver-
schlechtern.
Die gespielte Souveränität ist nicht nur für den Experten unüberhörbar. Der
Bewerber beginnt mit der Formulierung „um es ganz klar zu sagen“ und
schwächt diese sofort mit den Wörtern „möchte“ und „ungern“ ab. Außerdem
weicht er der Frage aus.
o Das ist für mich jetzt natürlich schwer – … Vielleicht könnten Sie mir einen
kleinen Hinweis geben …
Dies ist eine ganz schwache Vorstellung. Von einem Bewerber wird erwartet,
dass er seinen Marktwert einschätzt und sich dazu bekennt. Und natürlich be-
steht das Risiko, dass man sofort aus dem Rennen ist. Die Bitte um einen Hin-
weis ist schlicht ungehörig.
p Okay, also wenn ich alles zusammen rechne …
Hier dürfen die beiden Personaler Zeugen seiner privaten Rechnerei werden.
Ganz schlecht ist die Idee, nun auch noch die Vorteile einer längeren Betriebs-
zugehörigkeit und die Risiken des Wechsels in die Waagschale zu werfen. Man
ahnt die geheimen Gedanken der Personalberater: „Warum bleiben Sie eigent-
lich nicht, wo Sie sind?“
q … ich würde ungern wollen, dass die Sache am Gehalt scheitert. …
„Ich würde ungern wollen, dass ...“ Freunde einer klaren Aussprache vermeiden
derartige Sätze. Hier knickt der Bewerber in der Gehaltsfrage nun endgültig ein
und zeigt ungewollt, dass er wohl beruflich erheblich unter Druck steht.

Das hat der Bewerber gar nicht gut gemacht


„ Statt eine Gehaltsvorstellung zu nennen, hat er erst einmal gesagt, dass er
sich nicht verschlechtern wolle.
„ Es ist unklug und überflüssig, den geldwerten Vorteil einer langen Betriebszu
gehörigkeit zu erwähnen.
„ Der Bewerber versucht in der Gehaltsfrage souverän aufzutreten, erzielt aber
den gegenteiligen Eindruck.

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Seinen Marktwert kennen

So kommen Sie gut an


„ Selbstbewusst, aber nicht arrogant auftreten
Wer sich bei der Frage nach dem Geld souverän verhält, erhöht seine Chan-
cen, das Rennen zu machen. Von Einsteigern, vor allem aber von Um- und
Aufsteigern wird erwartet, dass sie ihren Marktwert realistisch einschätzen
und diesen dann auch beherzt zu realisieren versuchen. Besonders wichtig
ist dies für Bewerber, deren mögliche zukünftige Aufgabe Durchsetzungs-
vermögen und Verhandlungsgeschick erfordert. Wer hier in eigener Sache
schwach ist, reduziert seine Chancen auf den Job.

„ Das Brutto-Jahresentgelt nennen


Das erspart im Erstgespräch zusätzliche Fragen, wie die nach dem eventuel-
len Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder einem 13. Gehalt. Auf der Basis des
Jahresentgelts sind Angebote auch besser miteinander vergleichbar.

„ Keine Angst vor leistungsabhängigen Gehaltsanteilen


Die leistungsabhängigen Einkommensanteile sind bereits in vielen Jobs
recht erheblich und werden zukünftig prozentual noch steigen. Für leis-
tungsbereite Mitarbeiter ist dies eine gute Entwicklung, und sie sollten sich
dazu auch bekennen.

„ Gehaltswunsch inhaltlich begründen


Begründen Sie Ihren Einkommenswunsch niemals mit finanziellen Ver-
pflichtungen oder ähnlich unsachlichen Argumenten, sondern nur über Ihre
Qualifikation und den Nutzen, den Sie zu bieten haben. Gehaltswünsche,
die vom Gesprächspartner als überdurchschnittlich bewertet werden, lassen
sich durch den Hinweis auf besondere Sprachkenntnisse, eine einschlägige
Ausbildung, zum Job passende Praktika und Spezialkenntnisse legitimieren.

„ Nicht gleich umfallen


Wenn sich Ihr Verhandlungspartner angesichts Ihres Gehaltswunsches ent-
setzt zeigt, ist dies kein Grund zur Besorgnis. Machen Sie also nicht sofort
einen Rückzieher, wenn die beiderseitigen Vorstellungen voneinander ab-
zuweichen scheinen. Ein vernünftiger Kompromiss kann darin bestehen,
zum Start finanzielle Abstriche zu machen und nach erfolgreicher Probezeit
den ursprünglichen Gehaltswunsch zu realisieren.

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So kommen Sie gut an

„ Eine klare Ansage machen


Keine lange Vorbereitung, keine Umschweife! Wer sich bei der Gehaltsfrage
ziert, wirkt unsouverän. Am besten kommt ein Jahresentgelt an, natürlich
brutto. Das erspart im Erstgespräch zusätzliche Fragen wie die nach dem
eventuellen Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder einem 13. Gehalt. Auf der
Basis des Jahresentgelts sind eventuelle Angebote auch besser miteinander
vergleichbar.

„ Keinen Gehaltsrahmen nennen


Es ist keine gute Idee, sich durch die Angabe eines Gehaltsrahmens Spiel-
raum verschaffen zu wollen. Etwa: „Ich stelle mir 80.000 bis 90.000 Euro im
Jahr vor.“ Das wirkt unsicher, entscheidungsschwach und verweist auf eine
Persönlichkeit, die sich zu keinem Standpunkt bekennen will. Wenn Ihr Ge-
sprächspartner jetzt auf einer präzisen Zahl besteht, sehen Sie nicht sonder-
lich gut aus. Ein „Circa-Gehalt“ können Sie allerdings in der schriftlichen
Bewerbung angeben, weil Sie zu diesem Zeitpunkt noch recht wenig über
die Aufgaben, Anforderungen und das betriebliche Umfeld wissen.

„ Bei Gegenwind nicht gleich umfallen


Dies ist besonders wichtig, wenn im zu verhandelnden Job Standfestigkeit
und Belastbarkeit verlangt werden. Der Personaler unterstellt in der Regel,
dass ein Bewerber, der in eigener Sache unter Druck gleich schwach wird,
auch beim Kunden einknickt.

„ Nicht arrogant wirken


Wer sich als Bewerber für unwiderstehlich hält und dies zeigt, wird noch
viele Bewerbungen schreiben müssen.

„ Gehaltswünsche über die Qualifikation begründen


Begründen Sie Ihre Einkommensvorstellungen niemals mit Ihrem Familien-
stand, Ihren Kindern oder finanziellen Verpflichtungen, sondern nur über
Ihre Qualifikationen und den Nutzen, den Sie anzubieten haben.

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Seinen Marktwert kennen

To Do: So können Sie Ihren Marktwert in Erfahrung bringen


Wie kann man herausfinden, was man als Entgelt fordern könnte? Hier einige
Informationsquellen, die Sie nutzen können:
„ Freunde und Bekannte, die auf einem vergleichbaren Gebiet tätig sind
„ Gehaltstabellen der Süddeutschen Zeitung (www.sueddeutsche.de)
„ Gehaltwww.wiwo.de
„ www.staufenbiel.de
„ www.gehaltscheck.de
„ KienbaumGehaltsberatung (www.kienbaum.de)

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

So geht man kompetent mit der Gehaltsfrage um

Wenn Ihr Verhandlungspartner angesichts Ihres Gehaltswunschs die Conte-


nance verliert, ist dies kein Grund zur Besorgnis. Machen Sie also nicht sofort
einen Rückzieher, wenn die beiderseitigen Vorstellungen voneinander abzuwei-
chen scheinen. Ein vernünftiger Kompromiss kann darin bestehen, zum Start
finanzielle Abstriche zu machen und nach erfolgreicher Probezeit den ur-
sprünglichen Gehaltswunsch zu realisieren.
Verkaufen Sie sich gut, aber denken Sie auch daran, dass gerade für einen Erst-
einsteiger ein Unternehmen mit gutem Namen mehr Wert als ein hohes Start-
einkommen hat. Wer strategisch denkt, verschafft sich im tabellarischen Le-
benslauf für spätere Veränderungsambitionen beizeiten eine gute Referenz, die
einmal viel Geld wert sein kann.

Die Relevanz von Schlüsselqualifikationen


Über 90 Prozent der Unternehmen sagen, dass Schlüsselqualifikationen min-
destens genau so wichtig wie das Fachwissen sind. Wer sich sicher sein kann,
über die für den Job besonders wichtigen „soft skills“ zu verfügen, hat auch
beste Argumente für überdurchschnittlich hohe Gehaltsvorstellungen. (Studie
„Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert“/www.sq21.de).

Spezielle Branchenkenntnisse und Branchenkontakte


Wer in einer bestimmten Branche eine Aufgabe im Verkauf oder Vertrieb an-
strebt und in dieser mehr oder weniger zu Hause ist, kann sich das selbstver-
ständlich versilbern lassen. In der Regel sind die persönlichen Kontakte zur
Kundschaft und die einschlägigen Kenntnisse der Mitbewerber und Produkte
für den neuen Arbeitgeber sehr wertvoll.

Sprachen und interkulturelle Kompetenz


Wer über „exotische“ Sprach- und Landeskenntnisse verfügt, hat auch in der
Gehaltsfrage besonders gute Karten, wenn das suchende Unternehmen die
entsprechende Märkte für seine Produkte erschließen möchte. Selbst wenn die
Geschäfte auf Englisch abgewickelt werden, kann es sehr hilfreich sein, jeman-

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Seinen Marktwert kennen

den in der Firma zu haben, der nicht nur mit der Landessprache, sondern vor
allem auch mit den kulturellen Gepflogenheiten vertraut ist.

Argumente für die Gehaltswünsche


Gehaltswünsche, die vom Gesprächspartner als überdurchschnittlich bewertet
werden, lassen sich gegebenenfalls durch
„ den Hinweis auf besondere Sprachkenntnisse,
„ eine einschlägige Ausbildung vor dem Studium,
„ zum Job passende Praktika,
„ Spezialkenntnisse,
„ das Thema der Diplomarbeit und
„ gute Noten und Arbeitszeugnisse begründen.

Für manche Berufseinsteiger gibt es allerdings nichts zu verhandeln, weil das


Unternehmen – dies gilt insbesondere für Unternehmensberatungen – zum
Beispiel für Hochschulabsolventen ein festes Einstiegsgehalt vorsieht. Das soll-
ten Sie akzeptieren, wenn die Aufgabe Sie interessiert. Nach dem eventuellen
Zuschlag können Sie sich dann leistungsmäßig so positionieren, dass Sie von
der späteren Spreizung der Einkommen profitieren. Wer sehr gute Leistungen
erbracht hat, kann nach Ablauf eines Jahres durchaus einen Bonus von bis zu 15
Prozent des Grundgehalts erhalten.

Umstände, die Gehaltsabstriche rechtfertigen


Hier sind zwei Musterantworten auf die Frage, warum man in der Gehaltsfrage
zu Kompromissen bereit ist:
Antwort A: „Ich hatte in meinem bisherigen Unternehmen eine überdurch-
schnittlich gute Gehaltsentwicklung. Durch das erreichte Einkommensniveau
möchte ich mich aber auf keinen Fall in meiner beruflichen Entwicklung blo-
ckieren lassen. Wenn also in Ihrem Unternehmen die Gehaltsstrukturen so
sind, wie sie sind, werde ich dies angesichts der interessanten Herausforderung
akzeptieren.“

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Fakten und Hintergründe

Antwort B: „Ich bin davon überzeugt, dass ich mich in der besprochenen Auf-
gabe noch mehr in die Breite entwickeln kann und dadurch zukunftsfähiger
werde. Angesichts des rasanten Wandels ist mir das zurzeit wichtiger als einige
Euro mehr oder weniger.“

Leistungsbezogene Gehaltsanteile
Die leistungsbezogenen Anteile am Entgelt werden immer bedeutsamer. Wer als
Bewerber davor Angst hat und um ein hohes Fixgehalt kämpft, sollte bedenken,
dass Unsicherheit oft nichts anderes als Misstrauen in die eigene Person ist.
Und das kommt nicht gut an.

Wie man sich als Um und Aufsteiger verhalten sollte


Wer die Firma wechselt, sollte sein derzeitiges Einkommen nennen und eine
Verbesserung von zehn bis fünfzehn Prozent anstreben. Wer wechseln möchte,
ohne sein Gehalt zu verbessern, erweckt den Verdacht, in seiner alten Firma auf
der Kündigungsliste zu stehen. Ein Stellenwechsel unter gleichen finanziellen
Bedingungen kann aber sinnvoll sein, wenn
„ es eine Aufstiegsperspektive gibt,
„ man die eigene berufliche Zukunftsfähigkeit verbessert, sich also mit der
neuen Aufgabe in die Breite entwickeln kann und dadurch seinen Markt-
wert erhöht,
„ das Image des Unternehmens sehr gut ist.

Verhandeln, aber nicht feilschen


Viele Aufgaben erfordern ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick. Manche
Gehaltsgespräche laufen darauf hinaus, dass man sich irgendwo in der Mitte
trifft. Wenn die Gehaltsvorstellungen erheblich divergieren, besteht für den
Bewerber oft eine gute Lösung darin, die Angelegenheit erst einmal überschla-
fen zu wollen. Er fällt nicht gleich um, vermeidet ein unangenehmes Hin und
Her und kann sich am Ende beweglich zeigen.
Oft lassen sich Verbesserungen eher bei den variablen, nicht garantierten Ge-
haltsanteilen erzielen. Man ist dann zwar auch von der Entwicklung der Märkte
abhängig, demonstriert aber zugleich Zutrauen in die eigene Leistungsfähigkeit.

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Seinen Marktwert kennen

Definieren Sie einen Zeitpunkt für eine Gehaltsverbesserung


Ein guter Kompromiss kann darin bestehen, nach Ablauf von drei oder sechs
Monaten ein Gespräch über einen eventuellen Aufschlag zu vereinbaren. Wer
einen guten Start hingelegt hat, darf davon ausgehen, dass eine solche Vereinba-
rung auch eingehalten wird. Keine Firma ist daran interessiert, den neuen und
viel versprechenden Mitarbeiter schon nach wenigen Monaten zu demotivieren.

Versuchen Sie nicht, im Nachhinein draufzusatteln


Dieses Phänomen ist aus der Politik bekannt: Koalitionspartner oder Regierung
und Opposition haben sich auf einen Kompromiss geeinigt und dann kommt
eine Partei plötzlich mit neuen Forderungen. Die klassische Begründung: Es
lägen neue Fakten vor oder die Voraussetzungen hätten sich geändert.
Ein Beispiel: Raimund L. hat im Vorstellungsgespräch seinen Gehaltswunsch
geäußert, der allerdings – wie oft üblich – von seinem Gesprächspartner nicht
kommentiert wurde. In einem zweiten Gespräch, das er zu Recht als ein beson-
deres Interesse an seiner Person wertete, korrigierte er seine Gehaltsvorstellung
nach oben. Auf Nachfrage begründete er seinen Sinneswandel so: Er habe mit
seiner Frau und etlichen Freunden gesprochen und die hätten ihm gesagt, dass
er sich unter Wert verkauft habe, also deutlich mehr fordern könne. Kein guter
Einfall von Raimund L.
Als Bewerber verderben Sie sich Ihre Chancen, wenn Sie den Eindruck erwe-
cken, nicht kalkulierbar zu sein. Denn genau diese Eigenschaft ist die Grundlage
langfristig tragfähiger Geschäftsbeziehungen.

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Die letzte Chance zur Profilierung:


„Haben Sie noch Fragen?“

Unterschätzen Sie diese Aufforderung nicht – dies ist die Fortsetzung der
Eignungsdiagnostik mit anderen Mitteln. Natürlich haben Sie jetzt die
Chance, weitere Informationen für Ihre Entscheidung zu bekommen. Für
einen kompetenten Interviewpartner sagt aber jede der von Ihnen ge
stellten Fragen erst einmal etwas über Sie selbst aus. Grundsatz: Es gibt
dumme und absolut überflüssige Fragen. Durch Fragen zeigt ein Mensch,
was ihm wichtig ist und was nicht. Durch Fragen zeigt ein Mensch
manchmal auch, was er noch immer nicht verstanden hat. Und durch
Fragen kann man zeigen, dass man ein schlechter Zuhörer ist. Man kann
sich also wunderbar um einen Job bringen – man kann aber auch
gewinnen.

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Die letzte Chance zur Profilierung

Dialog 1: Schlechter Eindruck am Schluss


Herr Berger stellt der Personalchefin und dem Vertriebsleiter Fragen.

Personalchefin: Herr Berger, wo haben Sie noch Klärungsbedarf?


n Berger: Ich hätte einige Fragen zur Unternehmenskultur. Erstens: Wie geht
man in Ihrem Hause mit Fehlern um? Zweitens: Gibt es eine offene Vertrauens-
kultur? Und dann ist für mich wichtig, ob bei Ihnen viel delegiert wird.
Vertriebsleiter: Das ist ein bisschen viel auf einmal. Aber ich kann Ihnen dazu
sagen: Fehler schätzen wir gar nicht – wer wem vertraut, muss jeder selbst wis-
sen – und selbstverständlich übernehmen unsere Mitarbeiter im Rahmen ihrer
Fähigkeiten zusätzliche Verantwortung. Unsere Führungskräfte delegieren – ich
auch.
o Berger: Mhm. Viele moderne Unternehmen haben Führungsleitsätze, an denen
sich jeder messen muss. Gibt es das bei Ihnen auch?
Vertriebsleiter: Nein.
p Berger: Denken Sie daran, so etwas mittelfristig einzuführen?
Vertriebsleiter: Nein. Bei uns weiß jeder, was von ihm erwartet wird und wenn
nicht, sagen wir ihm dies noch einmal. Damit fahren wir gut.
q Berger: Man unterscheidet ja zwischen intrinsischer und extrinsischer Motiva-
tion. Wie ist denn nach Ihrer Einschätzung die vorrangige Motivationslage
Ihrer Mitarbeiter?
Vertriebsleiter: Ich sehe, dass die meisten mit Hirn und Herz bei der Sache sind
und einen guten Job machen. Das zeigen auch die Ergebnisse, und da ist es mir
ziemlich egal, ob ex- oder intrinsisch. Sie verstehen?

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Dialog 1: Schlechter Eindruck am Schluss

So urteilt der Personalexperte

Dieser Kandidat zeigt kein glückliches Händchen.


n „Ich hätte einige Fragen zur Unternehmenskultur.“
Erstens stellt man keine Kettenfragen, sondern eine Frage nach der anderen.
Und zweitens sind die Fragen viel zu abgehoben. Natürlich wird es ungemüt-
lich, wenn jemand den gleichen Fehler zweimal macht. Und wenn im Betrieb
eine Kultur des Misstrauens herrschte, dürfte der Personaler das aus Gründen
der Loyalität gar nicht sagen.
o „Viele moderne Unternehmen haben Führungsleitsätze ...“
Die Gleichsetzung von Modernität und dokumentierten Führungsgrundsätzen
ist immerhin gewagt. Es gibt zahlreiche Betriebe, die haben tolle Unterneh-
mensgrundsätze – mit einem Schönheitsfehler – es hält sich keiner dran.
p „Denken Sie daran, so etwas mittelfristig einzuführen?“
Es ist wirklich unklug, dieses Thema nicht schleunigst zu verlassen.
q „Man unterscheidet ja zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation..“
Wenn der Bewerber als Neuer mit solchen Imponiervokabeln hantiert, werden
die Kollegen ärgerlich – Besserwisser sind nicht beliebt.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat durch die Frage nach den Führungsleitsätzen seinen Gesprächspart
ner und dessen Betrieb als antiquiert diffamiert.
„ Er hat keine konkreten Fragen gestellt, sondern sich im Allgemeinen auf
gehalten.

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Die letzte Chance zur Profilierung

Dialog 2: Intelligente Fragen


Auch Herr Petzold bekommt Gelegenheit, sich zu profilieren.
Personalchefin: Herr Petzold, vielen Dank für Ihre Auskünfte. Sicher haben Sie
Ihrerseits noch Fragen.
n Petzold: Es wäre natürlich schön, wenn meine Antworten Sie überzeugen
konnten. Ja, einige Fragen hätte ich. Im Foyer lag Ihre Mitarbeiterzeitschrift
„PSP aktuell“, und da las ich vorhin, dass Ihr Unternehmen jetzt auch in Frank-
reich vertreten ist. Wollen Sie auch in andere Auslandsstaaten expandieren?
Vertriebsleiter: Ja, wir wollen weitere Stützpunkte in Osteuropa aufbauen und
unser gesamtes Leistungsportfolio dort vertreiben.
o Petzold: Das interessiert mich, ich bin ja recht international ausgerichtet. Welche
Rolle spielen momentan die ausländischen Märkte für Ihr Unternehmen?
Vertriebsleiter: Zur Zeit dominiert der deutsche Markt – aber wie gesagt – wir
werden mittelfristig auch mehr Präsenz in Osteuropa zeigen. Für qualifizierte
Nachwuchskräfte bieten sich da zweifellos günstige Chancen.
p Petzold: Sie haben anfangs erwähnt, dass es im Unternehmen eine systemati-
sche Nachwuchsförderung gibt. Was meinten Sie damit genau?
Vertriebsleiter: Wir führen regelmäßige Beurteilungsgespräche. Da geht es
darum, inwiefern ein Mitarbeiter die Leistungsziele erreicht hat. Daraus können
sich Förderungs- und Entwicklungschancen ergeben.
q Petzold: Darf ich Sie als Personalfachfrau nach Ihrer persönlichen Meinung
fragen? Wird in Zukunft eher der Spezialist oder eher der Generalist gefragt sein?
Oder konkreter: Welchen Typus favorisieren Sie bei Ihrer Nachwuchsförderung?
Personalchefin: Unser personalpolitischer Grundsatz lautet: Wer nur Chemie
kann, kann auch die nicht richtig.
Petzold: Das gefällt mir.

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Dialog 2: Intelligente Fragen

So urteilt der Personalexperte

Ein kluger Kopf stellt kluge Fragen.


n „Im Foyer lag Ihre Mitarbeiterzeitschrift „PSP aktuell“ ...“
Hervorragend. Nur ganz wenige Bewerber nutzen Informationen aus der Mit-
arbeiterzeitschrift als Aufhänger für Fragen. Dabei bietet sich das geradezu an.
o „Das interessiert mich, ich bin ja recht international ausgerichtet ...“
Das wirkt authentisch. Vielen Bewerbern merkt man an, dass sie verkrampft
Fragen stellen, weil sie gehört haben, dass sie dafür Punkte bekommen.
p „Sie haben anfangs erwähnt, dass es im Unternehmen eine systematische
Nachwuchsförderung gibt ...“
Diese Frage zeigt an, dass da jemand nicht nur unterkommen möchte, sondern
eher langfristig denkt.
q „Darf ich Sie als Personalfachfrau nach Ihrer persönlichen Meinung fragen?“
Auch dies spricht für eine langfristige Denke, und solche Leute werden gesucht!

Das waren die Erfolgsfaktoren


Der Bewerber hat
„ offenbar viele Informationsquellen – wie etwa die Mitarbeiterzeitschrift –
benutzt,
„ intelligente Fragen gestellt, die sein Interesse und seine Einstellung zu der
zu besetzenden Stelle zeigen.

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Die letzte Chance zur Profilierung

So kommen Sie gut an


„ Fragen aus der Anfangsphase des Gesprächs ableiten
Ein Beispiel: „Sie haben zu Beginn des Gesprächs gesagt, dass ...“ – „Darauf
möchte ich gern noch einmal zurückkommen und fragen ...“ So erweisen
Sie sich als guter Zuhörer, der über ein intaktes Gedächtnis verfügt, und Sie
können auf das, was Ihr Gegenüber gesagt hat, eingehen. Das hört jeder
gern.

„ Signalisieren Sie Interesse an einer guten Aufgabenerfüllung


Beispiel: „Sie bieten Berufseinsteigern mit geringen praktischen Vorkennt-
nissen ein Vorbereitungstraining an. Wo liegen die inhaltlichen Schwer-
punkte und wie umfangreich ist dieses Training?“ So können Sie zeigen,
dass es Ihnen um die Sache selbst geht. Wichtig ist, erst einmal über die zu
erbringende Leistung zu sprechen, und erst danach darüber, was sie kostet.
Das heißt: Sie dürfen ruhig nach den Konditionen fragen, nur nicht als Ers-
tes.

„ Durch Fragen Fachkompetenz zeigen


Durch Fragen kann man signalisieren, was einem wichtig ist, und dass man
weiß, worauf es ankommt. Wer als Erstes fragt, wann Arbeitsbeginn ist oder
welche Pausenregelungen es gibt, hat sich augenblicklich disqualifiziert.

„ Niemals den Gesprächspartner in Verlegenheit bringen


Beispiel: „Moderne Unternehmen arbeiten in der Regel längst mit der Ba-
lanced Scorecard. Ist dies auch bei Ihnen der Fall?“

„ Keinen vorbereiteten Fragenkatalog mit dem Gesprächspartner


abarbeiten
Manche Bewerber hantieren geradezu wichtigtuerisch mit ihrem Fragenka-
talog und merken gar nicht, wie unsouverän und bürokratisch das wirkt.

„ Keine Fragen stellen, die Sie vorab zu Hause hätten klären können
Manche Bewerber zeigen durch ihre Fragen, dass sie gar nicht in die Home-
page des Unternehmens geschaut haben. Für eine schlechte Vorbereitung
gibt es reichlich Minuspunkte.

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe


Wer fragt, führt, motiviert und kontrolliert das Gespräch. Doch häufig wird
diese Phase im Vorstellungsinterview, wenn der Bewerber das Gesetz des Han-
delns auf seiner Seite hat, nicht optimal genutzt. So kann sich der Eindruck, den
er hinterlässt, zu seinem Nachteil wenden.

Fragen, die Sie nicht stellen sollten


Wie man sich mit ungeschickten Fragen schnell ‚reinreiten’ kann – hier die
wichtigsten ‚Job-Killer-Fragen’:
„ „Wie ist das Betriebsklima in Ihrem Unternehmen?“ Was soll Ihr Ge-
sprächspartner darauf schon antworten? Selbst wenn die Stimmung absolut
mies ist, wird und kann er Ihnen das nicht sagen.
„ „Wird es in ihrem Unternehmen mittelfristig – wie in diversen anderen
Firmen der Branche – auch zu einem Personalabbau kommen?“ Dies ist ein
besonders grobes Beispiel für mangelndes Einfühlungsvermögen. Selbst
wenn demnächst ein Personalabbau angesagt ist, wird man dies nicht gerade
dem Bewerber mitteilen.
„ „Wie sind die Arbeitszeiten geregelt?“ Natürlich muss diese Frage irgend-
wann geklärt werden. Wer dies aber bereits im ersten Gespräch anspricht,
setzt die Prioritäten falsch.
„ „Wie viele Bewerber haben Sie für diese Position?“ Eine Frage, die immer
wieder gestellt wird und so verständlich wie unsouverän ist.

Kein Verhör durchführen

Manche Bewerber missbrauchen die Chance, ihrerseits Fragen stellen zu kön-


nen, rücksichtslos. Sie überziehen, weil sie meinen, hier sei jetzt ein selbstbe-
wusstes Auftreten angesagt. Andere verlieren jegliches Zeitgefühl und müssen
ausgebremst werden, weil sonst der nächste Termin nicht zu halten ist. Vor
allem bei einem ersten Kennenlerngespräch kann und muss nicht alles geklärt
werden, und das sollte man als Bewerber wissen.

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Die letzte Chance zur Profilierung

Die Kunst des Fragens

Jeder kompetente Personalfachmann beherrscht die Kunst des Fragens. Damit


ein Vorstellungsinterview nicht zu einer „einseitigen“ Veranstaltung wird, sollte
auch ein Bewerber die wichtigsten Fragetypen kennen. Man kommt während
des Interviews dadurch ein wenig aus der Objektrolle heraus und kann die Pha-
se, in der man selbst Fragen stellt, besser nutzen.

Die Informationsfrage
Die Informationsfrage (W-Frage) wird überwiegend mit den Fragewörtern
„wie“, „warum“, „wo“, „wann“, „wer“, „was“ etc. eingeleitet. Man bezeichnet
diese Fragen auch als offene Fragen in Abgrenzung zu den geschlossenen Fra-
gen. Ein Beispiel: „Haben Sie in Ihrem Unternehmen ein betriebliches Vor-
schlagswesen?“ Dies ist eine geschlossene Frage, auf die der Bewerber mögli-
cherweise nur ein ja oder nein erhält. Geschickter ist eine offene Frage: „Welche
Rolle spielt in Ihrem Unternehmen das betriebliche Vorschlagswesen?“ Jetzt
bekommen Sie vermutlich weiterführende Informationen.

Die Suggestivfrage
Die Suggestivfrage ist eine Frage mit eingebauter Antwort. Sie soll den Ge-
sprächspartner dazu bringen, einen Sachverhalt bzw. eine geäußerte Meinung
zu bestätigen. Beispiele: „Sie sind doch auch der Meinung, dass ich für Sie der
richtige Kandidat bin?“ Oder: „Ihr Unternehmen hat doch sicher Führungsleit-
sätze?“ Hier zeigt sich zugleich, wie tückisch Suggestivfragen sein können. Man
ist nämlich ganz schön aufgeschmissen, wenn man die „eingebaute“ Bestätigung
nicht erhält. Als Bewerber sollten Sie lieber keine Suggestivfragen stellen, aber
auf der Hut sein, wenn Ihnen der Interviewer mit diesem Fragetyp kommt.

Die Gegenfrage
Sie wird angewendet, um die Initiative zurückzuerlangen. Gegenfragen beziehen
sich auf vom Partner gestellte Fragen, um einen Einwand abzufangen, weitere
Informationen zu bekommen oder Zeit zu gewinnen. Hier die schlimmste Ge-
genfrage im Vorstellungsgespräch: Der Personaler fragt: „Wie viel möchten Sie
denn bei uns verdienen?“ Der Bewerber darauf: „Wie viel zahlen Sie denn übli-
cherweise?“ Aber es gibt auch Gegenfragen, mit denen man sich profilieren
kann. Personaler: „Unsere Mailings sind nicht so erfolgreich, wie sie sein soll-
ten. Haben Sie eine Idee, wie wir die Kundenansprache optimieren könnten?“
Bewerber: „Welche Zielgruppe möchten Sie denn zuallererst erreichen?“

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Der gute Abgang: „Auf Wiedersehen?“

Der Anfang und das Ende eines Gesprächs bleiben am stärksten haften.
Wer den Auftakt verpatzt, hat keine guten Karten – aber wer zum
Schluss noch einen Fehler macht, schon gar nicht. Den schlechten ersten
Eindruck kann man während des Gesprächs manchmal noch einigerma
ßen wettmachen – der verkorkste Abgang lässt sich leider nicht mehr
korrigieren. Lassen Sie sich deshalb von Herrn Berger, Herrn Wagner und
Frau Benz vorführen, was Ihnen in den letzten Minuten alles unterlaufen
kann, und wie Sie Ihren Auftritt elegant beenden können.

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Der gute Abgang

Dialog 1: Versuch, Druck auszuüben


Die Unterhaltung zwischen Herrn Berger, dem Vertriebsleiter und der Personalche-
fin nähert sich ihrem Ende.

Personalchefin: Ich denke, damit haben wir für heute die wichtigsten Fragen
geklärt. Vielen Dank für das Gespräch. Wir werden natürlich noch mit anderen
Bewerbern reden und uns danach mit Ihnen in Verbindung setzen. In zehn
Tagen etwa.
n Berger: Ich bin leider etwas unter Zeitdruck. Ich habe mich noch woanders
beworben, kann sein, dass eine Entscheidung ansteht ...
Vertriebsleiter: Die können wir Ihnen nicht abnehmen.
o Berger: Ich wollte ja nur noch mal klarstellen – ich bin mir sicher, das ist ein
toller Job hier, und der liegt mir total.
Personalchefin: Das freut uns. Wir können nur Ihretwegen nicht unsere Ter-
minplanung umstellen. Und die anderen Bewerber können das auch nicht.
p Berger: Gut, dann werde ich versuchen, das andere Unternehmen noch
hinzuhalten.
Personalchefin: Tun Sie das. Nochmals vielen Dank für Ihren Besuch. Gute
Heimfahrt – und wie gesagt – wir melden uns. Auf Wiedersehen, Herr Berger.
q Berger: Ja, ich freue mich. (unentschlossen) Sie können mir auch eine Mail
schicken oder auf die Box sprechen. Und bitte gehen Sie unbedingt diskret mit
der Sache um. Mein Arbeitgeber weiß ja noch von nichts. Ja, also dann tschüss.

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Dialog 1: Versuch, Druck auszuüben

So urteilt der Personalexperte

Ein verpatzter Abgang hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.


n „Ich bin leider etwas unter Zeitdruck ...“
Das könnte man als kleine Erpressung auffassen. Tenor: „Drückt auf’s Tempo,
sonst bin ich weg.“
o „ ...ich bin mir sicher, das ist ein toller Job hier ...“
Das ist ein Versuch der Schadensbegrenzung, aber unbeholfen.
p „Gut, ich werde versuchen, das andere Unternehmen noch hinzuhalten.“
Das macht er im Zweifelsfall dann auch mit diesem Unternehmen. Deshalb:
Minuspunkte in Sachen Geradlinigkeit und Sozialkompetenz.
q „Sie können mir auch eine Mail schicken oder auf die Box sprechen ...“
Ein Personaler braucht keine Tipps zu den Möglichkeiten einer Kontaktauf-
nahme mit Kandidaten und erst recht keine Belehrung zum Thema Diskretion.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat versucht, den Personalentscheider unter Zeitdruck zu setzen.
„ Er hat durchblicken lassen, dass er Betriebe, bei denen er sich bewirbt, im
Zweifelsfall gegeneinander ausspielt.
„ Der letzte Satz des Bewerbers besteht aus völlig überflüssigen – für man
chen Gesprächspartner sicher auch ärgerlichen – Empfehlungen und Erwar
tungen.

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Der gute Abgang

Dialog 2: Ungehörige Frage


Der Absolvent und Diplom-Kaufmann Kai Heller befördert sich am Schluss mit
einer unmöglichen Frage ins Abseits.
Personalberater: Also, wie gesagt, wir haben noch einige Gespräche zu führen
und werden uns etwa Ende nächster Woche melden.
n Heller: Das wäre schön. Ich bin in den nächsten Tagen viel unterwegs, aber Sie
erreichen mich ja auch kurzfristig unter meiner Handy-Nummer. Ich würde
mich natürlich über eine positiven Bescheid sehr freuen. Darf ich fragen, mit
wie viel Kandidaten Sie Gespräche führen?
Personalberaterin: In der Regel laden wir etwa zehn bis fünfzehn Prozent der
Interessenten ein, die eine Bewerbung eingereicht haben.
o Heller: Das ist natürlich ein ganz schöner Aufwand, es gehen ja bestimmt sehr
viele Bewerbungen ein. Ich würde mich jedenfalls freuen, über eine Personalbe-
ratung einen Job zu bekommen – da hat man es doch mit Profis zu tun im
Vergleich zu manchen Personalabteilungen.
Personalberaterin: Wir befassen uns eben ausschließlich mit der Personalbe-
schaffung. Das ist unsere Kernkompetenz. Okay, Herr Heller, ich denke, wir
sollten hier einen Punkt machen und –
Heller: Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie unterbreche, Frau Bleifeld. Ich
wollte nur sagen, dass Sie sicher aufgrund Ihrer Professionalität eine hohe Tref-
ferquote erzielen. Menschenkenntnis ist ja bekanntlich nicht jedem gegeben.
Personalberaterin: Da mögen Sie richtig liegen.
p Heller: Erlauben Sie mir doch noch eine kleine Frage: Könnten Sie mir in etwa
sagen, wie meine Chancen stehen?

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Dialog 2: Ungehörige Frage

So urteilt der Personalexperte

Dieser Gesprächsabschluss ist eine reine Katastrophe für den Bewerber.


n Ich bin in den nächsten Tagen viel unterwegs, aber Sie erreichen mich …
Wer komplette Unterlagen verschickt hat, muss sich im Gespräch keinen Kopf
darüber machen, wie er von seinen Gesprächspartnern erreicht werden könnte.
Das klingt übereifrig. Die Frage nach der Zahl der Mitbewerber ist nicht verbo-
ten, wirkt aber unsouverän.
o Das ist natürlich ein ganz schöner Aufwand, es gehen ja bestimmt …
Alle Signale sind auf ein Gesprächsende gestellt und der Bewerber ignoriert dies.
Stattdessen singt er das Hohelied auf das Können von Personalberatern.
p Könnten Sie mir in etwa sagen, wie meine Chancen stehen?
Für diese Frage gibt es eine sechs minus in Empathie bzw. Einfühlungsvermö-
gen. Wer soll denn was sagen? Die beiden Berater müssen sich ja erst unterein-
ander abstimmen. Keiner wird über den Kopf des anderen hinweg eine Bewer-
tung abgeben. Stattdessen werden sie vom Bewerber gezwungen, einige inhalts-
leere Floskeln abzusondern.

Das hat der Bewerber gar nicht gut gemacht


„ Die Frage nach der Zahl der Bewerber wirkt unsouverän.
„ Die Schmeichelei („Profis“) am Schluss des Interviews wirkt wie der letzte
Versuch, noch einen Punkt zu machen.
„ Die Frage nach den Chancen sollte man lieber nicht stellen – vor allem dann
nicht, wenn man mehrere Interviewpartner hat.

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Der gute Abgang

Dialog 3: Jeder Satz ein Fehler


Frank Wagner verabschiedet sich.

Personalchef: Wir melden uns baldmöglichst bei Ihnen. Gute Heimreise, Herr
Wagner, und auf Wiedersehen.
n Wagner: Wann darf ich denn mit einer Rückmeldung rechnen?
Personalchef: Wie ich sagte, baldmöglichst. Wir haben ja noch einige Gesprä-
che zu führen. Bitte haben Sie Geduld.
o Wagner: Nein, so war das nicht gemeint. (leutselig) Wie ich vorhin schon sagte,
meine Frau verdient in ihrem neuen Job sehr gut. Wir sind also im Moment auf
meinen Verdienst nicht so sehr angewiesen.
p Schön wär’s trotzdem, wenn Ihre Entscheidung bald fallen würde. Aber es ist
auch nicht so wild.
Personalchef: Um so besser für Sie und für uns.
q Wagner: Ja, das wäre es dann. Ich möchte Ihnen noch einmal sagen, dass ich
gerne für Ihr renommiertes Unternehmen arbeiten würde. Und vielen Dank für
die fundierten Informationen. Auf Wiedersehen, Herr Steinberg.
Personalchef: Steinmann – Steinmann ist der Name. Auf Wiedersehen, Herr
Wagner.

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Dialog 3: Jeder Satz ein Fehler

So urteilt der Personalexperte

Herr Wagner wird dieses Unternehmen wohl nicht wieder betreten.


n „Wann darf ich denn mit einer Rückmeldung rechnen?“
Die Ankündigung „baldmöglichst“ hätte ihm erst einmal genügen sollen.
o „Wie ich vorhin schon sagte, meine Frau verdient in ihrem neuen Job sehr gut.“
Das ist ja zum Schluss noch eine tolle Auskunft: Der Bewerber hat es gar nicht
nötig, zu arbeiten.
p „Schön wär’s trotzdem, wenn Ihre Entscheidung bald fallen würde ...“
Das klingt absolut widersprüchlich.
q „Ich möchte Ihnen noch einmal sagen, dass ich gerne für Ihr renommiertes
Unternehmen arbeiten würde. ... Auf Wiedersehen, Herr Steinberg.“
Schmeichler! Seit einer Stunde sitzen wir zusammen, und Herr Wagner kann
sich den Namen des Personalchefs nicht merken.

Was hat der Bewerber falsch gemacht?


„ Er hat zum Abschluss des Gesprächs seinen Partner hinsichtlich der Termin
planung zu einer exakten Aussage drängen wollen. Darauf kann sich ein
Unternehmen aber meist nicht einlassen, weil zu viele unsichere Faktoren
im Spiel sind.
„ Wer andeutet, dass er nicht unbedingt arbeiten müsse, verringert schlagar
tig seine Chancen. Mitarbeiter, die es nicht nötig haben, wünscht sich aus
guten Gründen kein Unternehmen. Insbesondere in schwierigen Zeiten ge
hören die Schlüsselqualifikationen „Durchhaltevermögen“ und „Frustrati
onstoleranz“ zu den wichtigsten Eigenschaften.
„ Der Bewerber hat sich in Schmeicheleien versucht, die den meisten Perso
nalern schlicht auf die Nerven gehen. Das hören sie täglich und meist von
den weniger geeigneten Bewerbern.
„ Der absolute Kommunikationsgau zum Schluss eines Bewerbungsinterviews
ist eine Namensverwechslung.

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Der gute Abgang

Dialog 4: Klares Bekenntnis, aber am


Schluss noch umgefallen
Der Wirtschaftsinformatiker Stefan Sonntag wird gefragt, ob er noch andere Eisen
im Feuer habe.
Personalberater: Sie sagten ja vorhin, dass Sie sich in einem ungekündigten
Arbeitsverhältnis befinden und nur rein zufällig unser Stellenangebot gesehen
haben. Sie suchen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, also nicht gezielt nach
einer neuen Aufgabe?
n Sonntag: So ist es. Ich habe Ihre Anzeige zufällig gesehen und die Aufgabe hat
mich sehr angesprochen.
Personalberater: Wir haben Ihnen ja die Aufgabe recht detailliert beschrieben.
Bleiben Sie bei Ihrer Einschätzung?
o Sonntag: Mehr noch – die von Ihnen beschriebene Funktion finde ich äußerst
spannend. Ausschlaggebend ist für mich allerdings die Linienverantwortung.
Ich habe mir in meiner persönlichen Karriereplanung fest vorgenommen, ein-
mal eine Führungsaufgabe zu übernehmen. Andernfalls macht ja ein Wechsel
auch keinen Sinn für mich.
Personalberater: Gut, dann freut es uns, dass wir Sie zu Ihrer Zufriedenheit ins
Bild setzen konnten. Einige Gespräche stehen noch an, so dass wir uns vermut-
lich in cirka acht Tagen bei Ihnen melden werden. Eine letzte Frage habe ich
aber noch: Angenommen, unser Auftraggeber favorisiert einen Ihrer Mitbewer-
ber. Wir hätten da noch eine Position bei einem anderen Mandanten – es han-
delt sich um eine interessante Aufgabe in der Stabsabteilung Organisation. Sie
würden vor allem strategisch arbeiten.
p Sonntag: Das hört sich auch sehr spannend an. Also, wenn das hier nichts wird,
wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich ins Gespräch bringen könnten.

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Dialog 4: Klares Bekenntnis, aber am Schluss noch umgefallen

So urteilt der Personalexperte

In der Abschlussphase des Vorstellungsgesprächs lädiert der Bewerber unfrei-


willig seine Glaubwürdigkeit. Mit einem einzigen Satz verabschiedet er sich von
einem gerade noch vehement vertretenen Standpunkt.
n So ist es. Ich habe Ihre Anzeige zufällig gesehen und …
Die Absicht ist klar: Der Bewerber möchte noch einmal herausstellen, dass er
beruflich nicht in Not ist und deshalb auch nicht gezielt sucht. Das ist nicht
schlecht, weil damit eine gewisse Exklusivität herausgestellt wird. Tenor: Ich
brauche eigentlich keinen neuen Job, aber bei dieser Herausforderung könnte
ich schwach werden.
o Mehr noch – die von Ihnen beschriebene Funktion finde ich …
Deutlicher geht es kaum noch: Diese Aufgabe soll es sein!
p Das hört sich auch sehr spannend an. Also, wenn das hier nichts wird, …
Damit ist die Glaubwürdigkeit dahin. Natürlich war das recht listig von dem
Berater, dem Bewerber einen solchen Köder auszulegen („Wir hätten da noch
eine Position …“), aber er hätte eben auf der Hut sein müssen. Jetzt ist jeden-
falls unübersehbar, dass es doch entgegen allen Beteuerungen einen erheblichen
Veränderungswunsch oder gar Veränderungsdruck gibt. Besonders unglücklich
ist, dass der Bewerber auf einmal Interesse für eine Position äußert, die sich von
der gerade besprochenen Aufgabe erheblich unterscheidet.

Das hat der Bewerber gut bzw. weniger gut gemacht


„ Als Umsteiger darf man nicht den Eindruck erwecken, dass man beruflich in
Druck ist. In diesem Sinne hat der Bewerber zunächst gut und klar reagiert.
„ Er hat darüber hinaus nachvollziehbar begründet, unter welchen Bedingungen
ein Wechsel für ihn sinnvoll ist.
„ Auf das listige Angebot einer anderen Position – Stabs statt Führungs
aufgabe – ist der Bewerber leider hereingefallen.

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Der gute Abgang

Dialog 5: Deutlich, souverän und


sympathisch
Carola Benz verabschiedet sich.

n Benz: Vielen Dank für die geopferte Zeit – das waren für mich erst einmal die
wichtigsten Fragen. Die wichtigsten Punkte kenne ich jetzt. Den Job finde ich
jedenfalls spannend und er passt auch gut zu meinem Werdegang.
Personalchef: Das freut mich. Wir können hier also erst einmal einen Punkt
machen, oder?
o Benz: Wenn Sie keine weiteren Fragen haben, ja.
Personalchef: Doch, eine hätte ich: Haben Sie sich noch bei anderen Unter-
nehmen beworben?
p Benz: Nein. Bisher nicht. Ich möchte mich zwar beruflich weiterentwickeln,
stehe aber nicht unter Zeitdruck. Ich suche gezielt, und mein jetziger Job fordert
mich voll und ganz. Da bleibt nicht viel Zeit.
Personalchef: Okay! Dann möchte ich mich für Ihren Besuch und vor allem für
Ihr Interesse bedanken. Wir werden Sie so bald wie möglich über unsere Ent-
scheidung informieren. Gute Heimfahrt.
q Benz: Das war ein sehr angenehmes Gespräch, vielen Dank. Und was die
Rückreise betrifft, da könnte ich etwas Glück gebrauchen. Auf der Herfahrt bin
ich ganz schön ins Schwitzen gekommen, als mir der Anschlusszug vor der Nase
weg gefahren ist. Zum Glück hatte ich noch Luft.
Personalchef: Das Leben ist für Überraschungen gut – aber Sie können offen-
bar locker damit umgehen. Also, gute Fahrt und auf Wiedersehen, Frau Benz.

Sie finden, Frau Benz übertreibt ein bisschen? Dann hören Sie
Track 36 auf der CD, wie der Abgang wirkt.

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Dialog 5: Deutlich, souverän und sympathisch

So urteilt der Personalexperte

Bingo. So sieht ein erfrischender und gelungener Abgang aus.


n „Vielen Dank für die geopferte Zeit ...“
Schön, wenn jemand das Gefühl dafür hat, dass die Zeit um ist. Klares State-
ment! Und Initiative gezeigt!
o „Falls Sie keine weiteren Fragen an mich haben, ja.“
Das klingt verbindlich und ist ohne Schnörkel formuliert.
p „Ich möchte mich zwar beruflich weiterentwickeln ....“
Wunderbar, wenn eine Bewerberin mit der Option in ein Interview geht, ihrer-
seits auch nein zu sagen. Das ist der beste Schutz vor Fehlentscheidungen, und
zwar für alle Beteiligten.
q „Auf der Herfahrt bin ich ganz schön ins Schwitzen gekommen ...“
Noch etwas Persönliches zum Schluss, spontan und natürlich. Das wirkt. Per-
sonalentscheidungen werden ja auch aus dem Bauch heraus getroffen.

Das waren die Erfolgsfaktoren


Die Bewerberin hat
„ beherzt das Gesprächsende angedeutet,
„ als Umsteigerin die Exklusivität ihrer Bewerbung unterstrichen,
„ einen lockeren ‚SmallTalkAbschluss’ gefunden.

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Der gute Abgang

So kommen Sie gut an


„ Von sich aus das Gesprächsende signalisieren
Vor allem Führungskräfte und Führungsnachwuchskräfte können Initiative
und Gespür dafür zeigen, wann ein vorläufiges Gesprächsziel erreicht ist.
Man muss natürlich behutsam vorgehen.

„ Noch einmal kurz Interesse bekunden


Das Resultat eines Vorstellungsinterviews kann darin bestehen, dass einsei-
tig oder beiderseitig festgestellt wird, dass man nicht zueinander passt.
Wenn dies nicht der Fall ist, sollte der Jobsuchende noch einmal bei allem
Klärungsbedarf – zum Beispiel bezüglich der Konditionen – sein Interesse
bekunden. Das suchende Unternehmen darf sich in diesem Punkt zurück-
halten, da ja der Entscheidungsprozess meist noch in der Schwebe ist.

„ Nicht auf einen schnellen Bescheid drängen


Jedes Signal, das die Vermutung nährt, in Not zu sein, ist unklug. Außerdem
ist Geduld eine Sekundärtugend, die man im Job oft braucht.

„ Sich für die Einladung bedanken


Ein Bewerber ist kein Bittsteller. Es ist aber selbstverständlich, sich für die
Einladung zum Vorstellungsinterview zu bedanken. Vor allem in Zeiten, in
denen Benimmregeln wieder ganz besonders hoch im Kurs stehen.

„ Jeder hört seinen Namen gern


Namen merken! Das ist nicht immer einfach, wenn der Name kompliziert
ist oder man es mit mehreren Gesprächspartnern zu tun hat. Bei der Verab-
schiedung ist es aber unerlässlich, dass man den oder die richtigen Namen
parat hat.

„ „Haben Sie sich noch woanders beworben?“


Meist möchte der Gesprächspartner nur wissen, ob der Bewerber unter Zeit-
druck steht, also ein anderes Angebot vorliegt bzw. kurzfristig zu erwarten
ist. Manche Bewerber machen in der Antwort aber taktische Fehler. Absol-
venten bzw. Berufseinsteiger antworten selbstverständlich, dass sie sich auch
anderweitig umsehen. Wer alles auf eine Karte setzt, wird als Hasardeur ab-
gestempelt. Umsteiger, die sich aus einem festen Anstellungsverhältnis her-
aus bewerben, antworten auf die Frage nach anderen Bewerbungen eher mit

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So kommen Sie gut an

„nein“ – sie könnten sich sonst dem Verdacht aussetzen, beruflich in Not zu
sein.

„ Keinen verdeckten Erpressungsversuch unternehmen


Es ist unklug zu sagen, dass man in Zeitnot sei und die Firma sich bitte beei-
len möge, weil ein anderes Unternehmen kurzfristig vom Bewerber eine Zu-
sage erwarte. Natürlich kann man als Jobsuchender in solche Konfliktsitua-
tionen geraten, aber man darf auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass
man Druck auszuüben versucht.

„ „Stünden Sie uns im Zweifelsfall auch für eine andere Aufgabe zur Verfü-
gung?“
Die Frage kann völlig harmlos, aber auch listig sein. Das Frageziel könnte
auch darin bestehen, zu klären, ob der Bewerber bei der Jobsuche beliebig
vorgeht und eigentlich nur einen Arbeitsplatz haben möchte. Eine Muster-
antwort könnte lauten: „Ich habe mich hier ja um eine klar definierte Auf-
gabe beworben – und diese Aufgabe finde ich spannend. Andererseits soll
man bekanntlich nie nie sagen. Ich habe immer Wert darauf gelegt, flexibel
zu sein – dazu gehört auch, dass man über alles reden kann.“

„ Die Frage nach den Chancen


Klare Regel: Niemals nach den Erfolgsaussichten fragen, vor allem nicht,
wenn man mehrere Gesprächspartner hat.

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Der gute Abgang

Fakten und Hintergründe


Von 50 Bewerbern – um ein Beispiel zu nennen – erhält ein Interessent den Job
und 49 Kandidaten bekommen eine Absage. Kein Personalexperte kann aus-
schließen, dass sich der bessere Kandidat unter jenen befindet, die abgelehnt
wurden. Das Urteil „ungeeignet“ bzw. „passt nicht“ ist in vielen Fällen ein Vor-
urteil. Dennoch ist man bei einer Ablehnung eingeladen, über die möglichen
Gründe nachzudenken, denn oft sind es nur kleine handwerkliche Fehler, die
große Pläne scheitern lassen.
Viele Bewerber lassen sich nach dem Vorstellungsinterview von der „Julchen-
Maxime“ leiten: „Wohl getan ist dieses nun, Julchen kann was andres tun.“ Sie
denken gar nicht daran, das Vorstellungsgespräch noch einmal gedanklich Re-
vue passieren zu lassen und nach möglichen Schwachstellen – am besten ge-
meinsam mit guten Freunden – zu durchforschen.
Nach dem Vorstellungsinterview ist in diesen Zeiten aber leider oft vor dem
Vorstellungsinterview. Wer Absagen kassiert, befindet sich also in guter Gesell-
schaft, schiebt irgendwann aber doch jede Menge Frust. Zu den wichtigsten
Schlüsselqualifikationen von Jobsuchern gehören deshalb Hartnäckigkeit,
Frustrationstoleranz und die Fähigkeit zur kritischen Analyse. Im Folgenden
finden Sie einige Grundregeln für die Zeit „danach“.

Gibt es ein Erkenntnisproblem, ein Umsetzungsproblem


oder gar beides?

Es gibt Jobaspiranten, die sich geradezu masochistisch immer wieder für Aufga-
ben bewerben, für die sie schlicht keine Voraussetzungen mitbringen. Beson-
ders häufig ist diese fast schon wieder bewundernswerte Spezies im Journalis-
mus und in der Werbebranche anzutreffen. Wer ständig Absagen kassiert, ohne
überhaupt zu einem Interview eingeladen zu werden, hat zweifellos ein Er-
kenntnisproblem. Es fehlt die Einsicht, dass bestimmte Aufgaben zum Leis-
tungsprofil nicht passen.
Wer dagegen häufiger zum Interview gebeten wird und dann den ersten Platz
verfehlt, hat möglicherweise ein Umsetzungsproblem. Hier gilt es zu klären, was
ist vor Ort schief gegangen? Rufen Sie an und bestehen Sie auch auf Auskünften,
die im Zweifelsfall wenig schmeichelhaft sind. Gerade die schlechten Nachrich-

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Fakten und Hintergründe

ten können für weitere Anläufe sehr hilfreich sein. Manchmal erfährt man auch
Dinge, auf die man selbst nie gekommen wäre. In einem großen deutschen
Unternehmen werden beispielsweise Minuspunkte vergeben, wenn ein Bewer-
ber bei der Frage nach den Stärken und Schwächen mit seinen Schwächen be-
ginnt.

Wenn sich der Erfolg nicht einstellen will

Manche Menschen resignieren, wenn sie erfolglos sind, andere verdoppeln ihre
Anstrengungen. Und dann gibt es noch jene, die ihre Strategie überprüfen.
Über kurz oder lang werden sie vom Erfolg belohnt.

Stellen und beantworten Sie sich die folgenden Fragen:


„ Bin ich mir über meine beruflichen Ziele im Klaren?
„ Sind diese Ziele realistisch?
„ Passen sie überhaupt zu meinem Leistungsprofil?
„ Wie sieht der Markt für mein Leistungsprofil aus?
„ Welche Branchen und Firmen sind besonders interessant?
„ Auf welche „harten“ und „weichen“ Anforderungen kommt es an?
„ Habe ich vor der Bewerbung bzw. dem Interview genug Informationen
gesammelt?
„ In welche Fettnäpfchen könnte ich bei den bisherigen Vorstellungsgesprä
chen getreten sein?
„ Scheitere ich vielleicht an meinen unrealistischen Gehaltsvorstellungen?
„ Stimmt mein Outfit nicht?

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Der gute Abgang

Der HingeFaktor lauert immer und überall

Das englische Wort „hinge“ bedeutet „Angelpunkt“ oder „Scharnier“ und wur-
de von dem amerikanische Journalist Erik Durschmied geprägt, um auf ein
alltägliches und überaus lästiges Phänomen hinzuweisen. Es besteht darin, dass
die großartigsten Strategien oft an „Kleinigkeiten“ scheitern. Präsentationen
enden kläglich, weil der Beamer oder Projektor ausfällt, und ein Bewerber
bringt sich um seinen Traumjob, weil er keinen Parkplatz findet.
Wer Milch im Kaffee liebt, bekommt oft Kaffeesahnedöschen gereicht. Leider
verspritzen diese Behälter nicht immer ihren Inhalt in die Tasse, sondern über-
all hin – manchmal auch auf die Bluse oder Krawatte ausgerechnet derjenigen,
bei denen man einen guten Eindruck machen möchte. Das ist der „Hinge-
Faktor“, hier besser „Argh-Faktor“ genannt. Der in Sachen „Hinge“ besonders
aufmerksame Thorsten Schmidt hat unter www.argh-faktor.de eine Website
eingerichtet, auf der man ganz tief in die Niederungen des banalen Alltags he-
rabsteigen kann.
Auch Gurkengläser haben ihre Tücken und sind „hinge-anfällig“. Mal bekommt
man sie auf, indem man mit einem Messer an der richtigen Stelle unter den
Deckel fährt – mal muss man das Glas umdrehen und auf eine feste Unterlage
hauen. Der Topf findet nicht immer den passenden Deckel.
Wir sind also wieder beim Thema. Für jeden Menschen guten Willens gibt es
eine passende Aufgabe. Aber die Unzulänglichkeiten des täglichen Lebens wir-
ken auch in die subtilsten Methoden der Personalauswahl hinein. Wie schneidet
ein Bewerber ab, dessen Gesprächspartner morgens schlecht gefrühstückt hat?
Wie ist jemand im Vorstellungsgespräch drauf, der die vorhergehende Nacht
vor Aufregung kaum schlafen konnte? Die Umstände sind leider nicht immer
so, wie sie sein sollten, und nicht alles verläuft nach Plan.

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Fallstricke im Vorstellungsgespräch

In diesem Kapitel geht es um mögliche Fallstricke im Vorstellungsge


spräch, die einem ein Interviewer stellt. Und die gibt es natürlich, weil
nicht jedes Frageziel direkt anzusteuern ist und deshalb über Umwege
versucht werden muss, an den Kern der Wahrheit zu kommen. Das hat
nichts mit Boshaftigkeit seitens der Personaler zu tun, sondern mit dem
Umstand, dass manche Bewerber – verständlicherweise – die Wirklichkeit
in eigener Sache zu schönen versuchen, weil sie die Chancen auf eine
Zusage verringern könnten.

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Fallstricke

Dialog 1: Mit Entscheidungen nicht


einverstanden?
Kai Heller, der Bewerber um die Assistentenposition, bekommt nun eine pikante
Situationsfrage gestellt.
Personalberater: Was würden Sie tun, wenn Ihr Vorgesetzter eine Entschei-
dung trifft, mit der Sie – aus sachlichen Gründen – nicht einverstanden sind?
n Heller: Als Assistent habe ich ja nur Entscheidungsprozesse vorzubereiten, aber
keine Entscheidungen zu treffen. Ich könnte mich natürlich fragen, ob ich mei-
nen Chef in Sachen Entscheidungsfindung gut vorbereitet habe.
Personalberater: Und wenn Sie der Auffassung sind, dies getan zu haben?
o Heller: Dann habe ich die Entscheidung zu akzeptieren. Ich muss mich ja loyal
verhalten.
Personalberater: Von Zivilcourage halten Sie wenig?
p Heller: Also hier habe ich einen klaren Standpunkt – Zivilcourage ist unver-
zichtbar. Davon haben wir zu wenig in unserem Land. Aber ich habe einen
Arbeitsvertrag unterschrieben. Ich kann nicht gegen meinen Chef sozusagen in
Opposition gehen.
Personalberater: Warum nicht? Wir brauchen doch den Wettbewerb der Ideen
und Meinungen. Im Zweifelsfall sind es doch die Ja-Sager, die ein Unternehmen
in die Schieflage bringen. Wir brauchen Querdenker, vor allem auch unter den
Nachwuchskräften.
q Heller: Über diese Brücke gehe ich lieber nicht. Natürlich braucht jedes
Unternehmen das Mitdenkertum von allen, aber es braucht auch einen einheit-
lichen Marktauftritt. Wenn eine Entscheidung getroffen ist, darf es nicht Mitar-
beiter geben, die die Umsetzung untergraben. Dann müssen alle mitziehen.
Oder man muss kündigen.

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Dialog 1: Mit Entscheidungen nicht einverstanden?

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber Heller schlägt sich hier sehr gut. Er hat einen klaren Standpunkt
zum Thema Loyalität und lässt sich nicht in die „Falle“ locken.
n Als Assistent habe ich ja nur Entscheidungsprozesse vorzubereiten, …
Dies ist eine klare Definition der Inhalte und Grenzen der Assistentenaufgabe.
Besonders gut ist der selbstkritische Hinweis auf die mögliche eigene Verant-
wortung für Fehlentscheidungen.
o Dann habe ich die Entscheidung zu akzeptieren. …
Hier kann und darf es keine zwei Meinungen geben. Loyalität ist ein hohes Gut
und darf nicht zur Disposition gestellt werden. Wer – aus welchen Gründen
auch immer – eine Entscheidung nicht mittragen kann, muss die Konsequenzen
ziehen und sich im Zweifelsfall eine andere Aufgabe suchen.
p Zivilcourage ist unverzichtbar. … Aber ich habe einen Arbeitsvertrag unter-
schrieben.
Auch dies ist eine sehr gute Antwort. Der Bewerber lässt sich mit dem Hinweis
des Beraters auf Zivilcourage nicht in die Falle locken. Zivilcourage ist gefragt,
wenn man eine Entscheidung aus ethischen Gründen nicht akzeptieren kann.
Der Interviewpartner spricht hier aber von einer Entscheidung, die man aus
sachlichen Gründen ablehnt.
q Über diese Brücke gehe ich lieber nicht. …
Das ist eine klare und richtige Positionierung. Und es gibt sowieso schon genug
„Quertreiber“ in den Betrieben, die bei Tisch alles abnicken und dann auf den
Fluren den heimlichen Aufstand proben.

Das hat der Bewerber gut gemacht


„ Bei dieser Frage muss zunächst geklärt werden, wer als Entscheidungsträger
den „Hut“ auf hat. Das hat der Bewerber getan.
„ Er bringt sich selbstkritisch als „Entscheidungsvorbereiter“ mit ins Spiel, der
die Fehlentscheidung mit verursacht haben könnte.
„ Er bekennt sich klar zur Loyalität.

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Fallstricke

Dialog 2: Mangelhafte Leistung eines


Mitarbeiters?
Die Diplom-Politikerin Kathrin Bornemann bekommt eine Frage aus dem Bereich
Mitarbeiterführung. Schließlich strebt sie ja auch einen Führungsjob an.
Personalberater: Ihre Aufgabe wäre ja mit Personalverantwortung verbunden.
Und die hat es ja manchmal in sich. Also: Was würden Sie denn tun, wenn ein
Mitarbeiter nicht die Leistungen bringt, die von ihm erwartet werden können
und müssen. Um etwas genauer zu sein: Sie bemerken einen Leistungsabfall.
Was tun Sie?
n Bornemann: Ich würde – und das gilt ja für alle Probleme – zunächst Ursa-
chenforschung betreiben. Aus meiner bisherigen Erfahrung gibt es vorrangig
zwei Felder, auf denen die Ursachen für einen Leistungseinbruch zu suchen
sind: Das ist zum einen das Privatleben und das sind zum anderen die Rahmen-
bedingungen, unter denen jemand seine Aufgabe zu erfüllen hat.
Personalberater: Würden Sie das Privatleben des Mitarbeiters sozusagen aus-
horchen?
o Bornemann: Natürlich nicht. Aber wenn ich wüsste – aus welchen Quellen
auch immer – dass sich dieser Mitarbeiter in einer prekären familiären Situation
befindet, würde ich die Sache anders bewerten als wenn ich dies nicht wüsste.
Personalberater: Und wenn es in diese Richtung keine Indizien gibt?
p Bornemann: Mein Hauptaugenmerk würde ich sowieso auf die Bedingungen
richten, unter denen die Leistung erbracht werden muss: Wie sieht es mit Lob
und Kritik aus? Weiß der Mitarbeiter, warum er was wie machen soll? Wenn
jemand lange diesen Job macht, würde ich mich fragen, ob er unterfordert ist.
Möglicherweise müsste ich ihm eine andere Aufgabe geben beziehungsweise ihn
mehr fordern.
Personalberater: Und wenn alle Maßnahmen nicht wirken – was dann?
q Bornemann: Dann muss man auch über eine Abmahnung nachdenken. Aber
das wäre für mich das letzte Mittel der Wahl.

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Dialog 2: Mangelhafte Leistung eines Mitarbeiters?

So urteilt der Personalexperte

Die Antwort zeigt Führungswissen, aus dem heraus sich Führungsfertigkeiten


sehr gut entwickeln lassen dürften.
n …Das ist zum einen das Privatleben und das sind zum anderen die Rahmen-
bedingungen, unter denen jemand seine Aufgabe zu erfüllen hat.
Ein Unternehmen hat eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern, die der
Vorgesetzte wahrzunehmen hat. Private bzw. persönliche Schwierigkeiten dür-
fen einem Chef nicht gleichgültig sein. Erst wenn Hilfsangebote abgelehnt wer-
den oder nicht greifen, muss man über andere Maßnahmen nachdenken. Und
für leistungsfördernde Arbeitsbedingungen ist der Vorgesetzte allemal verant-
wortlich.
o … wenn ich wüsste ... dass sich dieser Mitarbeiter in einer prekären familiären
Situation befindet, …
Sie zeigt Einfühlungsvermögen und gesunden Menschenverstand. Denn z. B.
wird eine allein erziehende Mutter mit einem kranken Kind zu Hause vorüber-
gehend in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein. Mit mangelnder Leis-
tungsbereitschaft muss dies natürlich gar nichts zu tun.
p Mein Hauptaugenmerk würde ich sowieso auf die Bedingungen richten, unter
denen die Leistung erbracht werden muss …
Eine gute und umfassende Antwort, mit der die Bewerberin zeigt, dass sie über
Führungswissen verfügt und richtig an ein solches Problem im Mitarbeiterver-
halten herangehen würde.
q Dann muss man auch über eine Abmahnung nachdenken. …
Sehr gut ist zum Schluss der Hinweis der Bewerberin, dass sie unangenehme
Entscheidungen als Ultima Ratio nicht scheuen würde.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Sie benennt die entscheidenden Ursachen für Leistungseinbrüche.
„ Sie bekennt sich klar zu ihrer Personalverantwortung.
„ Sie spricht einen möglichen Lösungsweg an.
„ Sie zeigt zumindest verbal, dass sie auch unangenehmen Entscheidungen
nicht aus dem Weg gehen würde.

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Fallstricke

Dialog 3: Festanstellung gewünscht?


Die Politologin Kathrin Bornemann muss erklären, warum sie nicht mehr selbst-
ständig bleiben will.
Personalberater: Ihren Unterlagen ist zu entnehmen, dass Sie im Alter von 25
Jahren Ihr Studium beendet haben und seitdem – also diverse Jahre – als freie
Mitarbeiterin für verschiedene Unternehmen tätig sind. Ich unterstelle einmal,
dass Sie erfolgreich waren: Was motiviert Sie für eine Festanstellung mit den
damit verbundenen vertraglichen Verpflichtungen?
n Bornemann: Um auf den ersten Teil der Frage einzugehen – ich glaube, dass ein
freier Mitarbeiter oft abhängiger ist als ein fest angestellter Mitarbeiter. Ich
möchte gern einmal Verantwortung in einem Betrieb übernehmen, und zwar
langfristig. Gerade in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erntet man die
Früchte ja oft erst nach Jahren.
Personalberater: Kann es sein, dass Sie eine unrealistische Vorstellung von
einem Angestelltenverhältnis haben?
o Bornemann: Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass man als Freie im
Grunde eine Mitarbeiterin auf Abruf ist – man kann sofort vor die Tür gesetzt
werden. Das ist natürlich nicht erfreulich, wenn man langfristig denkt und
handelt. Und das ist sicher gerade für die Pressearbeit sehr wichtig. Meist geht
es ja darum, ein Image aufzubauen.
Personalberater: So sehe ich das auch. Könnten Sie eigentlich morgen starten?
p Bornemann: Leider nicht. Erst muss ich noch die vereinbarten Jobs erfolgreich
abwickeln und dann stehe ich gern zur Verfügung. Ein guter Starttermin wäre
in etwa zwei Monaten.

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Dialog 3: Festanstellung gewünscht?

So urteilt der Personalexperte

Wer über eine längere Zeit selbstständig war, muss sich die Frage gefallen las-
sen, ob er für eine Festanstellung noch geeignet sei. Frau Bornemann hat sehr
flexibel und überzeugend reagiert.
n … ich glaube, dass ein freier Mitarbeiter oft abhängiger ist als ein fest ange-
stellter Mitarbeiter. …
Solch eine Antwort kommt immer gut an, weil sich der Interviewpartner ja
meist auch in einer Festanstellung befindet. Viele Angestellte neiden den „Frei-
en“ ja ihren Status und da kommt es natürlich gut an, wenn der „Freie“ seiner-
seits seine vermeintlich komfortable Lage relativiert.
o … dass man als Freie im Grunde eine Mitarbeiterin auf Abruf ist … Das ist
natürlich nicht erfreulich, wenn man langfristig denkt und handelt.
Auch das ist eine gute Antwort. Das Elend besteht ja gerade darin, dass manche
Politiker und Manager nur kurzfristig denken, also keinen langen Atem haben.
p Erst muss ich noch die vereinbarten Jobs erfolgreich abwickeln …
Es ehrt die Bewerberin, dass sie ihre Verpflichtungen sauber zu erfüllen ge-
denkt. Es macht auf einen neuen Arbeitgeber keinen guten Eindruck, wenn
man den „Verflossenen“ einfach fallen lässt.

Das hat die Bewerberin gut gemacht


„ Mit der Frage nach dem nächstmöglichen Starttermin ist die Bewerberin
verantwortungsbewusst und souverän umgegangen. Sie hat gezeigt, dass sie
nicht unter Zeitdruck steht bzw. beruflich in Not ist.
„ Sie reagiert geschickt auf die Frage nach den Motiven für eine Festanstellung
und zeigt damit zugleich, dass sie langfristig denkt und langfristig Verantwor
tung übernehmen möchte. Ein Pluspunkt für eine Festanstellung!

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Fallstricke

So kommen Sie gut an


„ „Was würden Sie tun, wenn Ihr Vorgesetzter eine Entscheidung trifft, mit
der Sie – aus sachlichen Gründen – nicht einverstanden sind?“ Erkennen
Sie das Frageziel
Dies ist eine Umwegfrage, die eigentlich darauf abzielt, zu erfahren, was der
Kandidat von Loyalität hält. Hier gilt es, sich ohne Wenn und Aber zu posi-
tionieren. Die Forderung, sich gegenüber dem Unternehmen und dem eige-
nen Vorgesetzten grundsätzlich loyal zu verhalten, ist unverzichtbar. Loyali-
tät heißt allerdings nicht, alles klaglos hinzunehmen oder abzunicken. Vor
allem natürlich dann nicht, wenn Entscheidungen oder Maßnahmen gegen
Recht und Gesetz verstoßen.
„ Loyales Verhalten in der Praxis heißt: Wenn eine Führungskraft mit den
sie tangierenden konzeptionell-strategischen Überlegungen der nächsten
Führungsebene nicht einverstanden ist, darf und sollte sie den eigenen
Standpunkt vertreten. Ist aber eine Entscheidung nach dem Muster „Ober
sticht Unter“ gefallen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die Entscheidung
akzeptieren und beherzt im eigenen Verantwortungsbereich umsetzen o-
der den Job wechseln. Im Außenverhältnis, vor allem gegenüber Kunden
und Lieferanten, ist ein einheitlicher und geschlossener Marktauftritt
selbstverständlich. Es kann folglich nicht angehen, dass man als Mitarbei-
ter Unternehmensentscheidungen gegenüber oder im Beisein von Ge-
schäftspartnern kritisiert. Wer mit dem Verhalten des direkten Vorgesetz-
ten nicht einverstanden ist, hat für seine Beschwerde zunächst nur einen
Gesprächspartner – den direkten Vorgesetzten. Bleibt ein solches Gespräch
ergebnislos bzw. wird der eigene Erfolg durch das Vorgesetztenverhalten
gefährdet, kann man sich an eine höhere Instanz wenden. Allerdings nicht,
ohne den betroffenen Chef darüber vorab in Kenntnis zu setzen.
„ Eine Musterantwort:„Was würden Sie tun, wenn Ihr Vorgesetzter eine
Entscheidung trifft, mit der Sie – aus sachlichen Gründen – nicht einver-
standen sind?“ – „Vielleicht mache ich es einfach ‚mal an einem Beispiel
deutlich, was ich darunter verstehe. Also, die Geschäftsleitung eines Un-
ternehmens entwickelt ein neues Vertriebskonzept, das bei den Mitarbei-
tern zunächst auf Widerstand stößt. Es wird hart gerungen und am Ende
setzt sich die Führung mit ihren Vorstellungen durch. Loyalität heißt nun,
dieses Konzept zu akzeptieren und nicht hinter dem Rücken zu untergra-

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So kommen Sie gut an

ben. Wer dies nicht kann oder will, muss dies laut und deutlich sagen und
eventuell für sich die Konsequenzen ziehen.

„ „Was würden Sie tun, wenn ein Mitarbeiter nicht die Leistungen bringt,
die von ihm erwartet werden können?“ Erkennen Sie das Frageziel
Die zentrale Frage jeder Führungskraft lautet: Wie bekomme ich die ganze
Arbeitskraft meiner Mitarbeiter? Man muss also eine Vorstellung davon ha-
ben, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen Leistungsbereit-
schaft und Engagement entstehen und man muss über die Fähigkeiten und
Fertigkeiten verfügen, diese Bedingungen dann auch zu schaffen. Das alles
sollten Sie in Ihrer Antwort zeigen.
„ Eine Musterantwort: Wenn die Defizite oder Unterlassungen klar auf der
Hand liegen, würde ich den Mitarbeiter damit unverblümt konfrontieren.
Ich würde mit ihm die Ursachen für den Leistungsabfall ergründen und
nach gemeinsamen Lösungen suchen. Am Ende des Gespräches müsste ein
Verbleib stehen. Ich würde dem Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen
Möglichkeiten auch noch meine Unterstützung anbieten, würde aber je
nach Schwere des Falles mit ihm auch über denkbare Konsequenzen spre-
chen.
„ Denken Sie im Vorfeld über Ihre Aufgaben als Führungskraft nach: Die
Führungskraft hat das Recht, klare Forderungen zu stellen, Vereinbarun-
gen zu treffen und diese zu kontrollieren, auf Einhaltung von Vereinba-
rungen und Arbeitsverträgen zu bestehen sowie Leistung auf der Grundla-
ge definierter Ziele zu verlangen, bei Nichteinhaltung von Absprachen of-
fen zu konfrontieren und zu kritisieren und Konsequenzen in die Wege zu
leiten. Eine Führungskraft hat die Aufgabe, nachzuforschen, wieso die ver-
einbarte Leistung nicht erbracht wurde (und sich dabei selbst als mögli-
cherweise leistungsbehindernder Faktor in Rechnung zu stellen).

„ „Ihren Bewerbungsunterlagen habe ich entnommen, dass Sie mehrere


Jahre als freie Mitarbeiterin tätig waren.“ Worum geht es hier?
Selbstständigkeit macht einen Menschen für eine Festanstellung irgendwann
ungeeignet, so lautet ein gängiges (Vor)Urteil. Bisweilen ist da auch etwas
dran und deshalb muss man für diese Frage gewappnet sein. Und Vorsicht:
Kompetente Interviewer versuchen die Problematik über Umwegfragen zu
klären, indem sie etwa den Bewerber über seine Haltung zur Teamarbeit be-
fragen oder das Thema Führung und Hierarchie im Unternehmen anspre-
chen.

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Fallstricke

„ Sie sollten die Erfahrungen herausstellen, die Sie während der Selbststän-
digkeit gesammelt haben und in der neuen Aufgabe verwerten können,
Problembewusstsein bezüglich des Wechsels in eine Festanstellung zeigen
(Hierarchie, Vorgesetzter, Weisungsbefugnis etc.), Teamfähigkeit signali-
sieren und belegen sowie klar darlegen, dass Sie das Ende der Selbständig-
keit nicht als persönliches Scheitern empfinden.
„ Eine Musterantwort: „Ich habe meinen Druckbetrieb – überwiegend Visi-
tenkarten, Briefpapier und Copy-Shop – ja als Ein-Mann-Betrieb gefah-
ren. Bei allem Engagement – fünf Tage die Woche über zehn Stunden wa-
ren normal – ich war einfach nicht mehr wettbewerbsfähig. Sechs Jahre
habe ich das durchgehalten und natürlich war ich die ganze Zeit ein Ein-
zelkämpfer, und da habe ich mich manches Mal nach Kollegen gesehnt,
mit denen man mal das eine oder andere Problem besprechen kann und
mit denen man gemeinsam Ziele verfolgt und erreicht.“

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe

Das PeterPrinzip bedenken

Das Peter-Prinzip lautet folgendermaßen: „In einer Hierarchie versucht jeder


Untergebene, seine Stufe der Unfähigkeit zu erreichen.“ Daraus lässt sich mes-
serscharf ableiten, dass die Arbeit vorrangig von Angestellten ausgeführt wird,
die noch nicht ihre Stufe der Unfähigkeit erreicht haben. Bei aller Humoristik
gibt es den ernsthaften Tatbestand, dass schon mancher Mitarbeiter durch eine
Beförderung ins berufliche Aus geraten ist. Das Angebot klingt verführerisch:
„Sie sind unser erfolgreichster Verkäufer im Außendienst? Möchten Sie Ver-
kaufsleiter werden?“ Wer möchte das nicht?! Am Ende hat das Unternehmen
dann leider häufig einen exzellenten Verkäufer verloren und einen schlechten
Verkaufsleiter gewonnen. Eine gute berufliche Entwicklung hat auch etwas
damit zu tun, einmal „nein“ zu sagen.

Nicht hinter jeder Frage eine Falle vermuten

Es gibt überhaupt keinen Grund, mit dem Gefühl in ein Interview zu gehen,
dass einem dort aufgelauert wird. Wer in jedem Blick einen argwöhnischen
oder gar bösen Blick sieht, schwächt sich mental. Im Grunde ist die Lage für alle
Beteiligten gleich: Der eine sucht einen seinen Vorstellungen entsprechenden
Job, der andere muss einen Arbeitsplatz seinen Vorstellungen entsprechend
erfolgreich besetzen. An den Bewerber wird die Frage gerichtet, was er denn zu
bieten habe, aber dieser sollte die Frage auch umdrehen und seinerseits fragen,
was das Unternehmen an Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten habe. Was viele
Bewerber nicht bedenken: Auch Unternehmen kassieren Absagen. Ein neuer
Arbeitsvertrag ist also kein Gnadenerweis. Natürlich gibt es Fragen, die zu-
nächst anders klingen, als sie gemeint sind. Die so genannten Umwegfragen
werden gern genutzt, wenn es im Sinne der Wahrheitsfindung wenig Erfolg
versprechend ist, das Frageziel direkt anzusteuern – wenn also damit zu rechnen
ist, dass der Partner mauert. Hier einige Beispiele:

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Fallstricke

„ „Wie regenerieren Sie sich nach einem harten Arbeitstag?“ Mit dieser Frage
will man herausfinden, wie sich ein Bewerber fit hält bzw. wie er Stress oder
Frust abbaut.
„ „Was machen Sie, wenn sich Ihr Vorgesetzter geschäftsschädigend verhält?“
Damit soll das Thema „Loyalität“ thematisiert werden.
„ „Glauben Sie, dass Mitarbeiter Kontrolle brauchen?“ Hier geht es um den
Führungsstil des Kandidaten bzw. um sein Menschen- und Mitarbeiterbild.

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Fettnäpfchen im Interview

Manchen Menschen wird nachgesagt, dass sie ein Talent hätten, kein
Fettnäpfchen auszulassen. Prinz Philipp beispielsweise wird von den Briten
als „König der Fettnäpfchen“ tituliert und er scheint in der Tat alles zu
tun, um sich dieser Auszeichnung würdig zu erweisen. Ein schönes Bei
spiel: Auf einer Party erkundigte er sich bei einem Gast dunkler Hautfarbe:
„Und aus welchem exotischen Teil der Welt kommen Sie, mein Freund?“
Der so Angesprochene erwiderte: „Aus Birmingham, Sir, der zweitgrößten
Stadt Englands.“ Man muss nicht Prinz sein – auch so manchem Bewerber
passiert ein sprachliches Missgeschick, oft ohne dass er dies überhaupt
bemerkt. Aber Sie können sich für eventuell herumstehende Fettnäpfchen
sensibilisieren: Lesen und hören Sie, wo und wie man sich im Vorstel
lungsgespräch unmöglich machen kann.

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Fettnäpfchen

Dialog 1: Warum dieses Studium?


Stefan Sonntag (39, Diplom-Wirtschafts-Informatiker) wird nach seinem Studium
gefragt.
Personalberater: Wirtschaftsinformatik ist ein Studium – das sagen jedenfalls
manche – in dem man sich war mit zwei Fächern befasst, aber eben doch eher
oberflächlich. Warum haben Sie sich damals für diesen Studiengang entschie-
den?
n Sonntag: Meine Klassenkameraden haben fast alle BWL studiert, eigentlich eher
aus Verlegenheit. Das BWL-Studium ist ja das typische Studium für Leute, die
nicht so recht wissen, was sie machen sollen. Dazu wollte ich nicht zählen.
Personalberater: Na ja, Betriebswirtschaftslehre kann schon sehr spannend sein
– es kommt eben auch ’drauf an, wo und bei wem man studiert.
o Sonntag: Das ist sicher so. Aber ich finde, dass das Fach theoretisch total
überfrachtet ist und viele Inhalte für die Praxis unbrauchbar sind. Stattdessen
habe ich mich eben auch mit Informatik befassen können und ich meine, das
war eine gute Entscheidung.
Personalberater: Das mit der Theorie ist so eine Sache. Newton hat einmal
gesagt, dass nichts praktischer sei als eine gute Theorie.
p Sonntag: Klar, ich wollte damit auch nicht sagen, dass Theorie überflüssig ist.
Aber gerade für die Informatik gilt, dass man sofort sehen kann, ob etwas funk-
tioniert oder nicht. Entweder Sie kriegen ein Programm zum Laufen oder nicht.
Ich finde, dass Informatik heute unverzichtbar ist und wer da wissensmäßig
nicht mithält, gehört bald zum alten Eisen.
Personalberater: Wenn man in den Computer Unsinn hineingibt, kommt –
auch bei der tollsten Software – Unsinn heraus. Finden Sie nicht auch?

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Dialog 1: Warum dieses Studium?

So urteilt der Personalexperte

Pauschalurteile („Das sind doch alles Theoretiker!“ – „Wer einen Bart trägt, will
meist etwas verbergen!“) sind äußerst riskant, weil man unbeabsichtigt seinen
Gesprächspartner beleidigen kann. Der Bewerber verhält sich in dieser Hinsicht
ungeschickt.
n Das BWL-Studium ist ja das typische Studium für Leute, die nicht …
Es ist völlig unnötig und unklug, bei der Begründung der eigenen Entscheidung
für ein bestimmtes Studium andere aufgrund ihrer Studienwahl zu diffamieren.
Wenn der Gesprächspartner Betriebswirtschaftlehre studiert hat, könnte er
diese Aussage als unverschämt bewerten.
o Aber ich finde, dass das Fach theoretisch total überfrachtet …
Die meisten Bewerber erwarten Applaus, wenn sie sich als Theoriefeinde profi-
lieren und den Praktiker herauskehren, der sie meist gar nicht sein können, weil
sie die Praxis noch nicht kennen. Im Übrigen können neue theoretische Ansätze
durchaus nützlich sein. Unsere schöne digitale Welt ist das Ergebnis theoreti-
scher Überlegungen und Denkansätze. Und so ist also davon abzuraten, als
Jobaspirant Theoretiker und Praktiker gegeneinander auszuspielen.
p Klar, ich wollte damit auch nicht sagen, dass Theorie überflüssig ist. … Ich
finde, dass Informatik heute unverzichtbar ist …
Der Bewerber rudert zurück – trotzdem werden seine Aussagen aber nicht bes-
ser: Dass man ohne Informatik-Wissen zum alten Eisen gehört, ist eine gefährli-
che Pauschalaussage, mit der man seinem Interviewpartner mächtig auf die
Füße treten kann. Ab einer bestimmten Ebene muss man nicht in der Lage sein,
Power-Point-Präsentationen oder Excel-Tabellen zu erstellen. Dabei kann es
natürlich nicht schaden, wenn man dazu in der Lage ist.

Das hat der Bewerber nicht gut gemacht


„ Man darf grundsätzlich keine anderen Studiengänge abwerten. Zum einen hat
man meist ja doch nicht die Fachkenntnis, zum anderen könnte der Interview
partner das monierte Studium absolviert haben.
„ Der Bewerber hat massiv gegen die Regel „Keine Pauschalurteile!“ verstoßen.
„ Abfällige Äußerungen über die „Theoretiker“ bringen keine Pluspunkte.

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Fettnäpfchen

Dialog 2: Regeneration nach der Arbeit


Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Stefan Sonntag wird gefragt, wo und wie er
neue Kraft schöpft.
Personalberater: Der Schritt in die Personalverantwortung, den Sie ja anstre-
ben, Herr Sonntag, bedeutet auch mehr Belastung. Bisher müssen Sie ja nur für
Ihre Ergebnisse den Kopf hinhalten – als Führungskraft haften Sie auch für das,
was Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen leisten oder nicht leisten.
n Sonntag: Genau das reizt mich ja. Andere motivieren und zu guten Leistungen
anspornen, das traue ich mir schon zu.
Personalberater: Das meine ich jetzt nicht. Meine Frage ging in die Richtung,
wo Sie persönlich Energie tanken für einen Job, der mit Sicherheit aufreibend
sein wird.
o Sonntag: Das ist die Familie, vor allem meine Frau. Die unterstützt mich
ungemein. Ohne den Rückhalt der Familie kann man heute keinen guten Job
mehr machen, davon bin ich überzeugt.
Personalberater: Wollen Sie damit sagen, dass ein Single heute angesichts der
gestiegenen Anforderung automatisch zum Scheitern verurteilt ist?
Sonntag: Nein, da haben Sie mich falsch verstanden. Es ging ja um die Frage,
wie ich mich regeneriere. Und da glaube ich schon, dass die Familie sehr hilf-
reich sein kann.
Personalberater: Da sind Sie in einer beneidenswerten Situation. Und was tun
Sie – erlauben Sie mir dieses Gedankenexperiment – wenn eine berufliche Ver-
setzung ansteht und Ihre Familie nicht mitspielt?
p Sonntag: Na ja, ich weiß nicht – oder doch – ich glaube, dann würde ich die
Wünsche meiner Familie respektieren.
Personalberater: Auch, wenn sich Ihre Karriere damit erledigt hat?
q Sonntag: Was habe ich von einem tollen Job und jeder Menge Geld, wenn ich
dafür meine Familie opfern muss?

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Dialog 2: Regeneration nach der Arbeit

So urteilt der Personalexperte

Der Bewerber verhält sich sehr stringent. Allerdings könnte er mit seinen Aus-
sagen anecken bzw. seine Chancen mindern.
n Genau das reizt mich ja. Andere motivieren und zu guten Leistungen anspor-
nen, das traue ich mir schon zu.
Klare Aussage! So legitimiert sich Führung.
o Ohne den Rückhalt der Familie kann man heute keinen guten Job …
Diese apodiktische Aussage ist nicht empfehlenswert. Man kann aus diversen
Gründen einen guten Job machen und einer davon kann die Familie sein. Es
gibt aber auch Menschen, die überaus erfolgreich sind, weil sie keine privaten
Verpflichtungen haben. Und falls man zufällig einen bekennenden Junggesellen
oder Witwer vor sich hat, wird diese Äußerung schnell zum Rohrkrepierer.
p Dann würde ich die Wünsche meiner Familie respektieren.
Es geht um eine Güterabwägung, dieses schnöde Wort sei einmal erlaubt. Als
Bewerber ist man gut beraten, sich hier klar zu positionieren. Die Haltung
„Hauptsache ich kriege erst ’mal den Job und alles andere kann später geklärt
werden“, wird im Zweifelsfall durchschaut.
q Was habe ich von einem tollen Job und jeder Menge Geld, wenn ich …
Natürlich geht es im Vorstellungsgespräch „schizophren“ zu: „Was darf ich
sagen?“ – „Wann sage ich es?“– „Wie sage ich es?“ Als Autor möchte man die
Empfehlung geben, sich immer selbst treu zu bleiben. Aber der Stellenwert der
Familie ist natürlich eine Frage der Unternehmenskultur. Es gibt Unternehmen,
die diesen „hoch“ halten, indem sie gemeinsame Freizeitaktivitäten fördern
oder einen „Tag der offenen Tür“ institutionalisieren, und andere, die vom
Privatleben ihrer Mitarbeiter nicht behelligt werden wollen.

Das hat der Bewerber gut bzw. weniger gut gemacht


„ Wer die Familie als Garant des beruflichen Erfolgs feiert, bekommt ein Prob
lem mit all jenen, die auch als Single gute Ergebnisse erzielen.
„ Mobilität und Flexibilität stehen bei den Anforderungen von Nachwuchskräf
ten ganz oben – und zwar aus guten Gründen. Man mag dies als Bewerber
beklagen, sollte aber bedenken, dass die Zahl derjenigen weltweit steigt, die
dies für selbstverständlich halten. Der Bewerber erhält also keinen Pluspunkt,
wenn er die enge Bindung zu seiner Familie so stark betont.

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Fettnäpfchen

Dialog 3: Eine politische Frage


Der Diplom-Kaufmann und Berufseinsteiger Kai Heller wird mit einer politischen
Frage konfrontiert.
Personalberater: Mein Auftraggeber ist im Verband der Deutschen Industrie
organisiert und leistet dort auch Gremienarbeit. Die von Ihnen angestrebte
Aufgabe des Assistenten wird davon berührt sein. Sie hat also in gewisser Hin-
sicht auch eine politische Seite. Deshalb die Frage: Was würden Sie an den wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen ändern, um den Standort Deutschland voran
zu bringen?
n Heller: Wir brauchen mehr Flexibilität in Deutschland. Es ist alles überreguliert
und irgendwie festgezurrt. Und dann die Bürokratie, die zunehmend alles er-
stickt.
Personalberaterin: Könnten Sie da etwas konkreter werden?
o Heller: Wir sind das einzige Land auf der Welt, das sich den Luxus einer
paritätischen Mitbestimmung erlaubt. Das führt ganz oben zu Kungeleien, die
dann zu Personalentscheidungen münden, die von sachfremden Erwägungen
bestimmt werden.
Personalberater: Das heißt, Sie würden die Demokratie aus den deutschen
Betrieben aussperren?
p Heller: Nein, nein, das natürlich nicht. Aber einer muss den Hut aufhaben und
dies aus einem einzigen Grund, nämlich weil er kompetent ist. Ich glaube, dass
es den Betrieben nicht gut tut, wenn Proporzdenken, Beziehungen und Netz-
werke Personalentscheidungen beeinflussen. Hier ist eine Baustelle, die es mei-
ner Ansicht nach anzugehen gilt.
q Quotenregelungen haben bisher immer dazu geführt, dass das Mittelmaß
Karriere gemacht hat.
Personalberaterin: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sprechen Sie jetzt von
der Frauenquote?

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Dialog 3: Eine politische Frage

So urteilt der Personalexperte

Das ist für den Kandidaten nicht gut gelaufen. Politische Fragen sind riskant
und deshalb sollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen – man kennt
ja die Einstellungen der anderen nicht.
n Wir brauchen mehr Flexibilität in Deutschland. …
Das ist eine unverbindliche Antwort, der sicher fast jeder zustimmen kann.
o Wir sind das einzige Land auf der Welt, das sich den Luxus einer paritätischen
Mitbestimmung erlaubt. …
Hier nimmt der Bewerber die Bitte, sich deutlicher zu äußern, ernst und könnte
dadurch in Schwierigkeiten geraten. Was ist, wenn sein Gesprächspartner auf-
grund der deutschen Mitbestimmungsregelung einige Aufsichtsratsmandate
„abgestaubt“ hat? Und wie käme diese Äußerung bei seinem zukünftigen Vor-
gesetzten an, falls dieser seinen lukrativen Job der paritätischen Mitbestimmung
verdankt? Die Unterstellung, man habe sein Amt möglicherweise einer Kungelei
zu verdanken, lässt wenig Freude mit dem Kandidaten aufkommen.
p Nein, nein, das natürlich nicht. Aber einer muss den Hut aufhaben …
Hier haut der Bewerber nochmals mächtig in dieselbe Kerbe. Vielleicht hat er in
der Sache sogar Recht, aber der Weg zum Job wird dadurch gewiss beschwerli-
cher.
q Quotenregelungen haben bisher immer dazu geführt, dass …
Die kiebige Rückfrage der Personalberaterin („Wenn ich Sie richtig verstanden
habe, sprechen Sie jetzt von der Frauenquote?“) lässt keinen Zweifel daran, dass
der Kandidat mächtig ins Fettnäpfchen getreten ist.

Das hat der Bewerber weniger gut gemacht


Für politische Fragen im Interview gilt der Grundsatz: Sagen Sie etwas – ohne
sich aber zu verraten! Der Bewerber hingegen holt zu einem politischen Rundum
schlag aus – Mitbestimmung, Quotenregelung. Besser wäre es gewesen, sich auf
einige konstruktive Vorschläge – wie am Anfang – zu beschränken.

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Fettnäpfchen

Dialog 4: Familie und Hobbys


Das Gespräch mit der Diplom-Politologin Kathrin Bornemann, Bewerberin um die
Leitung der Öffentlichkeitsarbeit, dreht sich um ihr Privatleben.
Personalberater: Sie haben in ihren Unterlagen nichts über Ihre möglichen
Freizeitaktivitäten erwähnt. Wie schalten Sie denn ab oder entspannen sich?
n Bornemann: Ach, wissen Sie, da habe ich keine Probleme. Mein Job befriedigt
mich ungemein. Je mehr ich um die Ohren habe, umso besser. Was mir auf die
Nerven geht, ist Leerlauf.
Personalberater: Trotzdem muss man ja manchmal neue Energien tanken. Für
viele ist da die Familie ein guter Rückhalt.
o Bornemann: Nach meiner Erfahrung ist für viele die Familie eher ein Stressfak-
tor. Man braucht sich nur die Scheidungsraten anzusehen. Ich habe da den
Rücken frei und kann mich auf meine Aufgabe konzentrieren.
Personalberater: Und was tun Sie als Vorgesetzte, wenn eine Ihrer Mitarbeite-
rinnen ihr Kind abends rechzeitig aus der Kindertagesstätte abholen muss, ob-
wohl noch kurzfristig eine dringliche Arbeit anfällt?
p Bornemann: Ich bin dafür, das Privatleben vom Berufsleben zu trennen.
q Deshalb halte ich auch wenig vom Duzen im Betrieb. Da entsteht schnell eine
falsch verstandene Kumpelhaftigkeit. Man ist dann in seinen Entscheidungen
nicht mehr frei.
Personalberater: In vielen Ländern funktioniert das aber sehr gut. Ich war
einige Jahre in einem schwedischen Unternehmen tätig und da war das Du
selbstverständlich. Man muss nur angemessen damit umgehen können.
Bornemann: Das stimmt, aber wir sind in Deutschland wohl noch nicht so
weit. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

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Dialog 4: Familie und Hobbys

So urteilt der Personalexperte

Hier hat Frau Bornemann einige Schwächen – vor allem einen Mangel an Ein-
fühlungsvermögen – gezeigt.
n Ach, wissen Sie, da habe ich keine Probleme. …
Die Kandidatin weicht der Frage aus. Offenbar will sie sich zu ihrem Privatleben
– und dazu zählt sie wohl auch Freizeitaktivitäten – nicht äußern. Das ist ihr
gutes Recht, kann aber befremdlich auf Mitarbeiter wirken, die gern darüber
plaudern, was sie am Wochenende gemacht haben
o Nach meiner Erfahrung ist für viele die Familie eher ein Stressfaktor. …
Es gibt Arbeitgeber, die sehr viel Wert auf Familie und Partnerschaft legen, weil
sie darin einen emotional stabilisierenden Faktor sehen. Mit dieser Antwort
kann die Bewerberin also Ihre Chancen mindern.
p Ich bin dafür, das Privatleben vom Berufsleben zu trennen. …
Das war der Tritt in den Fettnapf. Die Frau des Personalberaters holt ihr Kind
drei Mal in der Woche zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Kinderbetreu-
ungsstätte ab – das läuft in ihrer Firma prima, denn alle haben dafür Verständ-
nis.
q Deshalb halte ich auch wenig vom Duzen im Betrieb. …
Mit dem Thema „Duzen“ ist sie offenbar dem Personalberater auf die Füße
getreten. Was ist, wenn man es mit dem Du in dem fraglichen Unternehmen
recht locker nimmt? Dann hätte sie schlechte Karten, denn die Schlüsselfrage im
Vorstellungsgespräch lautet ja, neben der Frage nach der persönlichen und
fachlichen Eignung, ob jemand zur Unternehmenskultur „passt“.

Das hat die Bewerberin weniger gut gemacht


„ Sie verbaut sich – je nach Unternehmen und nach Interviewpartner – einige
Chancen mit ihren rigiden Äußerungen zur Freizeit und Familie.
„ Sie zeigt wenig Einfühlungsvermögen und tritt zweimal ins Fettnäpfchen, weil
sie nicht in Betracht zieht, dass ihre Interviewpartner das völlig anders sehen
könnten. Ein Minuspunkt für Frau Bornemann.

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Fettnäpfchen

So kommen Sie gut an


„ Wo Schweigen besser ist
„Hättest Du bloß Deinen Mund gehalten!“ – diesen Vorwurf kann sich
mancher Bewerber im Nachhinein machen, weil er sich zu weit aus dem
Fenster gelehnt oder die Folgen seiner Worte nicht bedacht hat.
„ Vermeiden Sie weltanschauliche oder religiöse Stellungnahmen. Ausnah-
me: Sie bewerben sich bei einer Religionsgemeinschaft bzw. einer Organi-
sation, die eine bestimmte Weltanschauung vertritt (Attac, Rudolf-
Steiner-Schule etc.).
„ Politik – auch Wirtschaftspolitik – ist ein gefährliches Thema, bei dem
man sich möglichst bedeckt halten sollte. Ausnahme: Sie bewerben sich bei
einer Partei bzw. parteipolitisch klar positionierten Organisation.
„ Äußern Sie sich niemals abschätzig über den Wert anderer Bildungs- bzw.
Ausbildungswege, denn Ihr Gesprächspartner könnte genau auf den von
Ihnen diffamierten Abschluss stolz sein.
„ Halten Sie sich aus einem möglichen Geschlechterkonflikt heraus. Grund-
tenor: “Wir haben da eine Abteilung, die zu 90 Prozent aus Frauen be-
steht. Meinen Sie nicht auch, dass ...”
„ Das Thema Alter kann ebenfalls brisant sein. Etwa: “Wir haben im Marke-
ting als Gruppenleiter Herrn Z, mit dem Sie eng zusammen arbeiten
müssten. Der ist allerdings schon 58 – und, wie ich fürchte, nicht mehr
ganz auf der Höhe der Zeit. Gerade im Marketing ist das ja so ein Problem
– oder wie ist da Ih274re Erfahrung?” Lassen Sie sich nicht zu einem Urteil
über die Leistungsfähigkeit verschiedener Altersgruppen verführen.
„ Spielen Sie Universität und Fachhochschule nicht gegeneinander aus.
Wenn Sie um eine Stellungnahme gebeten werden, heben Sie – soweit Sie
dies einigermaßen beurteilen können – die jeweiligen Stärken der Institu-
tionen hervor und gehen Sie moderat auf mögliche Schwächen ein.
„ Hantieren Sie als Bewerber nicht fahrlässig mit den üblichen Universitäts-
rankings! Wenn Sie an der FU Berlin Politische Wissenschaften studiert
haben, können Sie ruhig darauf hinweisen, dass diese Institution qualitativ
Rang drei einnimmt – sagen Sie aber nicht, wer Schlusslicht ist, denn dort
könnte gerade die Tochter Ihres Gesprächspartners studieren.
„ Das vorauseilende Bekenntnis zur Alltagsuntauglichkeit von Theoretikern
kann zum Rohrkrepierer werden. Es gibt Leute, die die Haltung vertreten,
dass nichts praktischer sei als eine gute Theorie.

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Fakten und Hintergründe

Fakten und Hintergründe


Heinrich IV. von Frankreich erhielt eines Morgens eine Einladung zum Ren-
dezvous von einem ihm unbekannten Mädchen. Der Bonvivant konnte natür-
lich nicht widerstehen. Als er voller Erwartung am vereinbarten Orte erschien,
stand seine Gattin Marie vor ihm, gefolgt vom gesamten Hofstaat. Wie die Sa-
che ausging, ist nicht bekannt.
Die Witterung für mögliche Fettnäpfchen ist eine Frage der so genannten emo-
tionalen Intelligenz bzw. der Empathie. Wer auf diesem Gebiet Sensibilität
entwickelt, tut etwas für seine Zukunftsfähigkeit. Als der amerikanische Senator
und Präsidentschaftskandidat Kerry in einer Wahlkampfveranstaltung Studen-
ten ermahnte, fleißig zu lernen, sonst würden sie im Irak enden, war seine Kar-
riere beendet. Und auch in vielen Bewerbungsgesprächen führt ein einziger Satz
manchmal dazu, dass der Bewerber aus dem Rennen ist.

Was ist ein Fettnäpfchen?


In früheren Zeiten standen in der Nähe des Kamins von Wohn- und Gasthäu-
sern kleine Schalen mit Stiefelfett, also Fettnäpfchen. Mit ihrem Inhalt konnten
die Gäste ihr Schuhwerk pflegen, manche traten aber auch aus Versehen hinein
und bekleckerten sich und andere. Wer in ein Fettnäpfchen tritt, handelt also
nicht unter Vorsatz, sondern begeht einen Fauxpas – aus Unachtsamkeit oder
Ahnungslosigkeit. Wie peinlich! Erde öffne Dich! Hier ein typisches Beispiel aus
dem Alltag: Claudia H. trifft auf der Straße eine Kundin, die sie seit gut einem
Jahr nicht mehr gesehen hat. „Hallo, Frau Müller. Wir haben uns ja lange nicht
mehr getroffen! Oh, wann ist es denn so weit?“ Leider ist Frau Müller zwischen-
zeitlich nicht in anderen Umständen, sondern nur dicker geworden.

Der wichtigste Grundsatz der Rhetorik


Wie lautet doch der wichtigste Grundsatz der Rhetorik? Es ist egal, was Du sagst
– entscheidend ist, wie es beim Adressaten ankommt. Die meisten Kommunika-
tionsdesaster kommen zustande, weil gegen diese Regel – oft freilich ahnungslos
– verstoßen wird. Die Folge: Es gibt einen nicht unbeträchtlichen Verzerrungs-
winkel zwischen der Kommunikationsabsicht und dem Ergebnis.

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Fettnäpfchen

Nicht nur als Bewerber muss man daran denken, dass man meist nicht nur eine
Sache kommunizieren kann. Wer eine bestimmte Auffassung vertritt, bekennt
Farbe und zeigt Profil, oft wird damit aber gleichzeitig eine andere Auffassung
diffamiert.

Als Bewerber muss man nicht auf Taubenfüßen daher kommen


Fallen Sie nicht ins andere Extrem! Verhalten Sie sich nicht so elastisch, dass
sich Ihr Gesprächspartner die Frage stellt, ob Sie auch ein Rückgrat haben. An
Menschen, die allzu glatt sind, kann man nur hilflos abrutschen. Ecken und
Kanten bieten Halt, auch wenn man sich an ihnen manchmal stoßen kann.

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Stichwortverzeichnis
Amerikanismen 58, 74 Hinge-Faktor 252
Anforderungsprofil 115
Initiativbewerbung 19
Arbeitszeugnisse 139
Job-Killer-Fragen 235
Aufhänger 45
Kommunikationskompetenz 61, 75
Begrüßung 47
Kündigung 151
Brutto-Jahresgehalt 222
Lebenslauf, Lücken im 143
Dresscodes 46
Leistung, eines Mitarbeiters 261
Eindruck, erster 35 Loyalität 255, 260
Einkommen 211 Lüge 157
E-Mail 17
Managementtheorien 207
Engagement 132
Marktchancen 183
Fachbegriffe verwenden 50 Meetings 76
Familie 268 Mimik 43
Fehlentscheidungen 179 Misserfolge 138
Fehlurteile 141 Mobbing 144, 152
Fettnäpfchen 265 Motivation 208
Flexibilität 8 Motive 119
Fragen stellen 229 Musterantworten, Schwächen 115
Fragetypen 236
Namen 42
Frageziel, Motive 128
Frageziel, Stärken 98 Personalberater 7
Freiberuflichkeit 261 Personalexperten, Kompetenz 190
Führungskraft, Aufgaben 261 Personenwahrnehmung 141
Führungsqualitäten 201 Politik 270, 274
Fünf-Punkte-Formel 85 Privatleben 268
proaktiv 153
Gehalt, Informationsquellen 226
Probezeit 144
Gehaltsabstriche 226
Gehaltsanteile, leistungsabhängige Recherche 23
222 Rhetorik 72
Gehaltsrahmen 223
Schlüsselqualifikationen 224
Gehaltswünsche 225
Schwächen 103
Gesprächseröffnung 48
Selbstdarstellung 83
Gleichbehandlungsgesetz 18
Selbstkritik 116
Händedruck 43 Sitzordnung 47

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Stichwortverzeichnis

Small Talk 42 - Starttechniken 16


Soft Skills 115 - Termine vereinbaren 27
Soft Skills 74 Tischmanieren 49
Sozialkompetenz 191
Umfangsformen 42, 47
Sprachkenntnisse 225
Ursachenforschung 188
Stärken 87
Starttechniken 84 Wahrhaftigkeit 155
Studium, abgebrochen 146 Wandel, im Unternehmen 181
Studium, langes 148 Wandel, persönlicher 180
Warming up 14
Team 197
Wechselwunsch 179
Teamfähigkeit 198
Telefonieren Zeugnisse 133
- Aufhänger 22, 24 Ziele 159
- Initiativbewerbung 19 Ziele formulieren 171
- Körperhaltung 14 Zukunftsplanung 170, 173
- Musterfragen 15

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Die CD

Die Rollen und ihre Sprecher


Moderatoren _______________________________________ Katja Schild, Armin Berger
Sprecherin der Titel und Themen ______________________________ Beate Himmelstoß
Carola Benz _______________________________________________Sandra Schwittau
Thomas Berger ___________________________________________ Sebastian Edtbauer
Kathrin Bornemann __________________________________________ Shandra Schadt
Headhunter ___________________________________________________ Tobias Lelle
Kai Heller _________________________________________________Thomas Limpinsel
Julia Lüdemann ____________________________________________Katharina Uhland
Manuela Martens__________________________________________ Sophie von Kessel
Viola Olkus__________________________________________________ Gudrun Skupin
Personalberater _______________________________________________ Uwe Kosubek
Personalchef ______________________________________________ Christoph Lindert
Personalchefin ___________________________________________ Anna Barbara Kurek
Personalleiterin _______________________________________________ Franziska Ball
Mathias Petzold _______________________________________________ Stefan Merki
Mike Römer ________________________________________________ Nicholas Reinke
Lothar Schendel ______________________________________________Thomas Albus
Cornelia Teichert _______________________________________________ Laura Maire
Vertriebsleiter ___________________________________________ Andreas Wimberger
Frank Wagner ______________________________________________ Heiko Ruprecht

Regie: Bernhard Jugel


Ton und Schnitt: Jochen Scheffter und Monika Volger
Tonstudio: Downtown Music Studios, München

Systemvoraussetzungen für den PC:


Ab 486 MB Prozessor, mind. 8 MB RAM; mind. 10 MB Festplattenspeicher; falls Internet Explorer ab Version 5.5.
nicht installiert ist: zusätzlich 20 MB; CDROMLaufwerk; Betriebssystem Windows 95/98/NT 4.0/2000/ME/XP;
Textverarbeitung MS Word ab Version 97; Software zum Abspielen von mp3Dateien z. B. Windows Media Player,
Winamp; Soundkarte und Lautsprecher.

So installieren Sie die CDROM auf Ihrem PC:


1. Legen Sie die CDROM in das Laufwerk Ihres PC.
2. Drücken Sie den STARTButton und wählen Sie den Menüpunkt "Ausführen".
3. Geben Sie im Eingabefeld "X:/setup" ein, wobei "X" der Buchstabe Ihres CDROMLaufwerks ist. Bestätigen Sie
anschließend mit der Eingabetaste.
4. Das Installationsprogramm wird gestartet. Gehen Sie entsprechend den Anweisungen am Bildschirm vor.

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Der Autor

Claus Peter MüllerThurau

DiplomPsychologe, ist seit vielen Jahren auf den Gebieten Potenzialermittlung


und Potenzialentwicklung von Bewerbern bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
tätig. Seine Kernthemen: Wer passt zu welcher Aufgabe? Und: Was ist zu tun, um
seine beruflichen Hoffnungen oder gar Träume zu verwirklichen?
Vorher war der Autor Personalberater bei der schwedischen Beratungsfirma Mer
cury Urval, später Leiter der Personalentwicklung und Nachwuchsförderung im
Axel Springer Verlag sowie geschäftsführender Gesellschafter der Personal und
Unternehmensberatung Selecteam GmbH in Hamburg. Weitere Informationen
finden Sie unter www.muellerthurau.de.

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