Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
GERMAN Introduction To SSAFE Food Fraud Vulnerability Assessment Tool
GERMAN Introduction To SSAFE Food Fraud Vulnerability Assessment Tool
Inhaltsverzeichnis
Vorwort/Danksagung ..................................................................................... 3
Rechtliches/Haftungsausschluss ..................................................................... 3
Fachbegriffe und Definitionen ........................................................................ 4
Einführung ..................................................................................................... 6
Umfang des Tools ........................................................................................... 7
Entscheidungsbaum ....................................................................................... 8
Das Team zur Bewertung .............................................................................. 10
Nutzung dieser Richtlinien – die Struktur der Richtlinien .............................. 11
Die einzelnen Bestandteile ......................................................................................................... 11
Die Fragen .................................................................................................................................. 11
2
Vorwort/Danksagung
Dieses Tool zur Bewertung der Anfälligkeit für Lebensmittelbetrug wurde von SSAFE in
Zusammenarbeit mit dem Universitäts- und Forschungszentrum Wageningen und der Freien
Universität Amsterdam entwickelt. Die elektronische Version dieses Tools ist das Ergebnis
einer Kooperation von SSAFE und PwC.
Rechtliches/Haftungsausschluss
SSAFE ÜBERNIMMT KEINE ZUSICHERUNGEN ODER GEWÄHRLEISTUNGEN HINSICHTLICH DER
VERWENDETEN BEZEICHNUNGEN UND INHALTE IN DIESER VERÖFFENTLICHUNG ODER IM
HINBLICK DARAUF, OB DIE INFORMATIONEN IN DIESER VERÖFFENTLICHUNG FÜR EINE
BESTIMMTE SITUATION GEEIGNET ODER ANWENDBAR SIND. OBWOHL SSAFE
ANSTRENGUNGEN UNTERNOMMEN HAT, DIE INFORMATIONEN IN DIESER
VERÖFFENTLICHUNG ZU ÜBERPRÜFEN, WERDEN DIE INHALTE DIESER VERÖFFENTLICHUNG
OHNE HAFTUNG UND GEWÄHR BEREITGESTELLT, UND DIE NUTZUNG DIESER
VERÖFFENTLICHUNG ERFOLGT AUF EIGENE GEFAHR. SIE ALLEIN SIND FÜR DIE
INTERPRETATION UND/ODER NUTZUNG DER INFORMATIONEN IN DIESER
VERÖFFENTLICHUNG VERANTWORTLICH. SSAFE, SEINE MITGLIEDER,
TOCHTERGESELLSCHAFTEN, VORSTANDSMITGLIEDER UND LEITER SOWIE VERTRETER UND
ANDERE PARTEIEN, DIE AN DER ERSTELLUNG, PRODUKTION ODER BEREITSTELLUNG DIESER
VERÖFFENTLICHUNG BETEILIGT WAREN, SIND NICHT FÜR DIREKTE, INDIREKTE, BESONDERE,
STRAF-, NEBEN-, FOLGE- UND SONSTIGE SCHÄDEN VERANTWORTLICH, DIE AUS DER
NUTZUNG DIESER VERÖFFENTLICHUNG ENTSTEHEN ODER IN ANDERER WEISE DAMIT
ZUSAMMENHÄNGEN, UND ZWAR UNGEACHTET DESSEN, OB SICH DIESER ANSPRUCH
VERTRAGLICH, AUS UNERLAUBTER HANDLUNG, AUS GEFÄHRDUNGSHAFTUNG ODER AUS
EINEM ANDEREM GRUND ABLEITET UND AUCH WENN SSAFE AUF DIE MÖGLICHKEIT EINES
SOLCHEN SCHADENS HINGEWIESEN WURDE.
3
Fachbegriffe und Definitionen
Lebensmittelbetrug
Ein Sammelbegriff, wenn Lebensmittel, Lebensmittelzutaten, Lebensmittelverpackungen,
Etiketten oder Produktinformationen vorsätzlich ersetzt, hinzugefügt, manipuliert oder
falsch dargestellt werden oder wenn falsche oder irreführende Aussagen über ein Produkt
gemacht werden, um daraus Kapital zu schlagen.
4
Falsche Kennzeichnung
• Mindesthaltbarkeitsdatum, Herkunft (unsichere Herkunft):
giftiger Japanischer Sternanis als Echter Sternanis deklariert
• Falsch gekennzeichnetes recyceltes Speiseöl
Verdünnung
• Verdünnung von Produkten mit nicht
trinkbarem/gesundheitsgefährdendem Wasser
• Olivenöl verdünnt mit potenziell giftigem Baumöl
Vertuschung
• Hormoninjektionen bei Geflügel, um Krankheiten zu
vertuschen
• Färbung von frischen Früchten mit gesundheitsschädlicher
Farbe, um Schäden zu übertünchen
Lebens Fälschung
• Kopien populärer Lebensmittel, die nicht mit akzeptablen
mittel- Sicherheitskontrollen produziert wurden
betrug Ersatz
• Sonnenblumenöl, das teilweise mit Mineralöl ersetzt wurde
• Hydrolysiertes Lederprotein in Milch
5
Einführung
Die aktuellen Managementsysteme für Lebensmittelbetrug sind jedoch nicht auf die
Verhinderung von Lebensmittelbetrug ausgelegt, da dies eine andere Sichtweise und andere
Fachkenntnisse erfordert als Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelschutz. Beispielsweise
werden sozialökonomische Probleme und bisherige Betrugsfälle nicht von den
herkömmlichen Risikobewertungen für Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelschutz
abgedeckt. Anfälligkeiten für Lebensmittelbetrug können auch außerhalb der
herkömmlichen Tätigkeiten eines Unternehmens auftreten.
Aus diesem Grund hat SSAFE in Zusammenarbeit mit dem Universitäts- und
Forschungszentrum Wageningen und der Freien Universität Amsterdam ein wissenschaftlich
fundiertes Tool entwickelt, um die Anfälligkeit eines Unternehmens für Lebensmittelbetrug
zu bestimmen und eine Grundlage zur Entwicklung unternehmensspezifischer
Gegenmaßnahmen zu schaffen.
6
Umfang des Tools
Mit dem Tool zur Bewertung der Anfälligkeit für Lebensmittelbetrug erhalten Unternehmen
ein Instrument, das sie in ihre systematischen Prozesse zur Bewertung ihrer Anfälligkeiten
für Lebensmittelbetrug einbinden können.
Unternehmen können dieses Tool und seine Ergebnisse als integralen Bestandteil ihres
Managementsystems für Lebensmittelsicherheit nutzen.
HINWEIS: Anfälligkeiten für Lebensmittelbetrug sind dynamisch und können sich im Laufe
der Zeit ändern. Aus diesem Grund sollten Sie das Tool regelmäßig nutzen.
7
Entscheidungsbaum
Mit diesem Tool lässt sich ermitteln, wie anfällig für Betrug das Unternehmen insgesamt
oder im Hinblick auf bestimmte Zutaten, Produkte, Marken, Produktionsstätten, Länder und
ggf. auch große direkte Zulieferer und Kunden ist. Bei der Entscheidung darüber, wo das Tool
angewendet werden soll (also bei der Festlegung des Umfangs des Tools), kann der folgende
Entscheidungsbaum als eine Art Vorfilter verwendet werden.
8
Durchführung von Bewertungen in Ausführung
Kam es im Unternehmen allen Betriebsbereichen, in denen Fälle
Ja zusätzlicher
schon einmal zu von Lebensmittelbetrug aufgetreten Bewertungen auf
Lebensmittelbetrug? sind (mehrfache Bewertungen u. U. Unternehmensebene
erforderlich)
Nein
Nein
Wurden im Rahmen der Bewertung
Nein Ihre anfänglichen Bedenken bestätigt?
9
Das Team zur Bewertung
Die Bewertung der Anfälligkeiten für Lebensmittelbetrug erfordert unterschiedliche
Fachkenntnisse. Je nach dem ausgewählten Umfang der Bewertung sind Kenntnisse in Bezug
auf allgemeine Kontrollen (z. B. interne Audits, Sicherheit, Qualitätssicherung,
Laboranalysen, externe Audits, Lieferkette), Einkauf, Finanzen und andere
Managementaufgaben notwendig. Im Tool finden Sie Ratschläge dazu, welche
Fachkenntnisse zur Beantwortung der jeweiligen Fragen notwendig sind.
Für große Unternehmen empfiehlt sich die Zusammenstellung eines multifunktionalen
Teams. Kleinere Betriebe sollten unter Umständen die Dienste externer Experten oder
Berater in Anspruch nehmen.
10
Nutzung dieser Richtlinien – die Struktur der Richtlinien
Die einzelnen Bestandteile
Das Tool zur Bewertung der Anfälligkeit für Lebensmittelbetrug besteht aus sieben Teilen:
1. Ein allgemeines Informationsblatt mit Angaben zum Unternehmen und zu den
Mitarbeitern, die den Fragebogen ausgefüllt haben
2. Ein Entscheidungsbaum der dem Nutzer hilft zu ermitteln, wo das Tool eingesetzt
werden sollte
3. Fünfzig Bewertungsfragen
4. Allgemeine Netzdiagramme mit einer generellen Übersicht über die Ergebnisse
5. Detaillierte Netzdiagramme mit weiteren Einzelheiten zu den Ergebnissen
6. Ergebnisse, auf deren Grundlage der Nutzer potenzielle Strategien und Methoden zur
Bekämpfung erkannter Anfälligkeiten entwickeln kann
7. Ein abschließender Bericht, der die Ergebnisse der Bewertung zusammenfasst
Die Fragen
Das Tool beinhaltet fünfzig Fragen zur Bewertung der Anfälligkeit für Lebensmittelbetrug
und ist in zwei Dimensionen unterteilt. Die erste Dimension umfasst Elemente, die sich auf
kriminelles Verhalten auswirken, d. h. Gelegenheiten, Motivationen und
Kontrollmaßnahmen. Die zweite Dimension umfasst das Unternehmen und die Schichten
seiner externen Umgebung, d. h. seine direkten Zulieferer und Kunden, seine Lieferkette und
sein (inter)nationales Umfeld mit den entsprechenden Regulierungen.
Im Abschnitt „Gelegenheiten“ geht es um Indikatoren für die Produkt- und
11
ANHANG I – Referenzen und weiterführende Informationen
Referenzen
Unternehmenskultur
Cohen, D. V. (1995). "Ethics and crime in business firms: Organizational culture and the impact of anomie." The
Legacy of Anomie Theory 6: 183-206.
Kaptein, M. (2008). "Developing a measure of unethical behavior in the workplace: A stakeholder perspective."
Journal of Management 34(5): 978-1008.
Kaptein, M. (2008). "Developing and testing a measure for the ethical culture of organizations: The corporate
ethical virtues model." Journal of Organizational Behavior 29(7): 923-947.
Kaptein, M. (2011). "Understanding unethical behavior by unraveling ethical culture." Human Relations 64(6):
843-869.
Konzeptuelle Grundlagen von Managementsystemen
Kirezieva, K., J. Nanyunja, et al. (2013). "Context factors affecting design and operation of food safety
management systems in the fresh produce chain." Trends in Food Science & Technology 32(2): 108-
127.
Kirezieva, K., L. Jacxsens, et al. (2013). "Assessment of Food Safety Management Systems in the global fresh
produce chain." Food Research International 52(1): 230-242.
Luning, P. A., L. Bango, et al. (2008). "Comprehensive analysis and differentiated assessment of food safety
control systems: a diagnostic instrument." Trends in Food Science & Technology 19(10): 522-534.
Luning, P. A., W. J. Marcelis, et al. (2009). "Systematic assessment of core assurance activities in a company
specific food safety management system." Trends in Food Science & Technology 20(6–7): 300-312.
Luning, P. A., W. J. Marcelis, et al. (2011). "A tool to diagnose context riskiness in view of food safety activities
and microbiological safety output." Trends in Food Science & Technology 22, Supplement 1: S67-S79.
Wirtschaftliche Umstände
Jenkins, A. and J. Braithwaite (1993). "Profits, pressure and corporate lawbreaking." Crime, Law and Social
Change 20(3): 221-232.
Martin, K. D., J. B. Cullen, et al. (2007). "Deciding to bribe: A cross-level analysis of firm and home country
influences on bribery activity." Academy of Management Journal 50(6): 1401-1422.
12
Sampers, I., L. Jacxsens, et al. (2010). "Performance of Food Safety Management Systems in Poultry Meat
Preparation Processing Plants in Relation to Campylobacter spp. Contamination." Journal of Food
Protection 73(8): 1447-1457.
Fälle von Lebensmittelbetrug und Analysemethoden
Aylott, R. (2013). Chapter 16 - Analytical Strategies Supporting Protected Designations of Origin for Alcoholic
Beverages. Comprehensive Analytical Chemistry. G. Miguel de la and G. Ana, Elsevier. Volume 60: 409-
438.
Capuano, E., R. Boerrigter-Eenling, et al. (2013). "Analytical authentication of organic products: an overview of
markers." Journal of the Science of Food and Agriculture 93(1): 12-28.
Cubero-Leon, E., R. Peñalver, et al. (2014). "Review on metabolomics for food authentication." Food Research
International 60(0): 95-107.
Esslinger, S., J. Riedl, et al. (2014). "Potential and limitations of non-targeted fingerprinting for authentication
of food in official control." Food Research International 60(0): 189-204.
Lopez, M. I., E. Trullols, et al. (2014). "Multivariate screening in food adulteration: untargeted versus targeted
modelling." Food Chemistry 147: 177-181.
Luykx, D.M.A.M. and S.M. van Ruth (2008). “A review of analytical methods for determining the geographical
origin of food products.” Food Chemistry 107: 897-911.
Manning, L. and J. M. Soon (2014). "Developing systems to control food adulteration." Food Policy 49, Part
1(0): 23-32.
Shears, P. (2010). "Food fraud - a current issue but an old problem." British Food Journal 112(2): 198-213.
Spink, J. and D. C. Moyer (2011). "Defining the Public Health Threat of Food Fraud." Journal of Food Science
76(9): R157-R163.
Spink, J. and D. C. Moyer (2013). "Understanding and combating food fraud." Food Technology 67(1): 30-35.
Tähkäpää, S., R. Maijala, et al. (2014). "Patterns of food frauds and adulterations reported in the EU Rapid
Alarm System for Food and Feed and in Finland." Food Control 47: 175-184.
Bisherige Belege für Straftaten
Baucus, M. S. and J. P. Near (1991). "Can illegal corporate behavior be predicted? An event history analysis."
Academy of Management Journal 34(1): 9-36.
Piquero, N. L. and D. Weisburd (2009). Developmental trajectories of white-collar crime. The Criminology of
White-collar Crime, Springer: 153-171.
van Onna, J. H. R., V. R. van der Geest, et al. (2014). "Criminal Trajectories of White-collar Offenders." Journal of
Research in Crime and Delinquency: 1-26 DOI: 10.1177/0022427814531489 .
13
Kontrollmaßnahmen auf Managementebene
Miceli, M. P., J. P. Near, et al. (2009). "A word to the wise: How managers and policy-makers can encourage
employees to report wrongdoing." Journal of Business Ethics 86(3): 379-396.
Miceli, M. P., J. P. Near, et al. (2012). "Predicting employee reactions to perceived organizational wrongdoing:
Demoralization, justice, proactive personality, and whistle-blowing." Human Relations 65(8): 923-954.
Parker, C. and S. Gilad (2011). "Internal corporate compliance management systems: Structure, culture and
agency." Explaining Compliance: Business responses to regulation, Christine Parker and Vibeke
Nielsen, eds., Edward Elgar.
Parker, C. and V. L. Nielsen (2008). "Corporate compliance systems: could they make any difference?"
Administration & Society: doi: 10.1177/0095399708328869.
Weiterführende Informationen
BSI (2014). PAS 96 Guide to Protecting and Defending Food and Drink from Deliberate Attack.
http://shop.bsigroup.com/Browse-by-Sector/Food--Drink/PAS-96-2014/.
Campden BRI (2014). TACCP (Threat Assessment and Critical Control Point): a practical guide 2014 (Guideline
G72). http://www.campdenbri.co.uk/publications/pubDetails.php?pubsID=4640..
De Lange, E. (2013). Food Crisis, Fraud in the Food Chain, and Control Thereof.
http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=en&reference=2013/2091(INI).
Elliott, C. (2014). Elliott Review into the Integrity and Assurance of Food Supply Networks – Final Report.
https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/350726/elliot-
review-final-report-july2014.pdf.
European Commission (2015). RASFF – Food and Feed Safety Alerts.
http://ec.europa.eu/food/safety/rasff/index_en.htm.
FMI/GMA Trading Partner Alliance (2014). Brand Protection and Supply Chain Integrity: Methods for
Counterfeit Detection, Prevention and Deterrence. A Best Practices Guide.
http://www.gmaonline.org/file-
manager/Collaborating_with_Retailers/GMA_Inmar_Brand_Protection.pdf.
Food and Drink Federation (2015). Food Authenticity – Five Steps to Help Protect your Business from Food
Fraud. http://www.fdf.org.uk/corporate_pubs/Food-Authenticity-guide-2014.pdf.
FoodShield (2015). Economically Motivated Adulteration Databases. https://www.foodshield.org/discover-
tools-links/tools/.
Gee, J., L. Jack, et al. (2014). Minimising Fraud and Maximising Value in the UK Food and D4rink Sector 2014.
http://www.port.ac.uk/media/contacts-and-departments/icjs/ccfs/PKF_LittleJohn_-
14
ANHANG II - Der wissenschaftliche Hintergrund des Tools
Ein oft zitiertes Prinzip bei der Bekämpfung von Lebensmittelbetrug lautet: „Man muss wie
ein Krimineller denken.“ Kriminologie ist die Wissenschaft von kriminellem Verhalten und
dem Treffen krimineller Entscheidungen. Dies umfasst auch Betrug, ein wirtschaftlich
motiviertes Verbrechen.
In der modernen Kriminologie gelten wirtschaftlich motivierte Verbrechen als das Ergebnis
der Summe aus a) Gelegenheiten, b) Motivationen und c) mangelnden Kontrollmaßnahmen
(siehe Abbildung 1). Diese drei Elemente wurden umfassend untersucht und theoretisch
getestet und bilden somit die Grundlage dieses Bewertungstools.
Gelegenheiten
Motivationen
Kontrollmaßnahmen
Unter wirtschaftlicher Motivation wird das Streben nach individuellem materiellem Gewinn
oder einem geschäftlichen Vorteil verstanden. Je nach Täter und Situation kann diese
wirtschaftliche Motivation zwei unterschiedliche Formen annehmen: Maximierung des
Profits oder Minimierung von Verlusten. Anders ausgedrückt: Gier oder Notwendigkeit. Das
Streben nach höherem materiellem Gewinn oder die Annahme, dass das wirtschaftliche
Überleben nur durch einen Gesetzesverstoß gesichert werden kann.
15
Darüber hinaus wirken sich weitere Faktoren – wie etwa die organisatorische Struktur, die
Unternehmenskultur, der Wettbewerbsdruck und Beziehungen mit Zulieferern – auf die
Motivationen, Lebensmittelbetrug zu begehen, aus.
Bekämpfungsmaßnahmen
Unternehmen und Systeme sollten Kontrollmaßnahmen festlegen, um Lebensmittelbetrug
zu entdecken oder zu verhindern und im Fall von Abweichungen einzugreifen. In der
Kriminologie wird zwischen „informellen Hütern“ und „formellen Hütern“ unterschieden,
wobei das formelle und professionelle Bereitstellen von Schutz (Kontrolle) die Aufgabe der
Letztgenannten ist. Aus Unternehmensperspektive können Beauftragte für
Lebensmittelqualität und -sicherheit die formellen internen Hüter sein, während die
nationale Lebensmittelaufsichtsbehörde die Rolle des formellen externen Hüters
übernimmt. Informelle Hüter sind beispielsweise Mitarbeiter, Zulieferer und Kunden. Aus
Unternehmenssicht ist ein Managementsystem für Lebensmittelsicherheit am besten
geeignet, um den notwendigen Schutz zu gewährleisten. Es kann (und sollte) Maßnahmen
zur Minderung des Risikos für Betrug umfassen, wie etwa Erfassungssysteme oder auch
Präventivmaßnahmen in Form von direkten und indirekten Kontrollen.
Der Einfluss der Umgebung
Es ist wissenschaftlich belegt, dass Menschen psychologisch dazu neigen, nur außerhalb
ihrer sozialen Gruppe oder Organisation kriminelle Bedrohungen zu erwarten („Alien-
Verschwörung“). Kriminologische Studien zeigen jedoch immer wieder, dass in den meisten
Fällen, in denen Unternehmen das Opfer von Betrug wurden, die eigenen Mitarbeiter die
Täter waren. Aus diesem Grund sollten Gelegenheiten und Motivationen für
Lebensmittelbetrug sowohl in der internen als auch externen Unternehmensumgebung
bewertet werden.
Aus Sicht des bewertenden Unternehmens besteht seine interne und externe Umgebung aus
verschiedenen Ebenen:
• Das Unternehmen
16
Motivationen
Unternehmen
Land/Regionale Umgebung
Globale Umgebung
Sinkende
Kontrollreichweite
des Unternehmens
Kontrollmaßnahmen
Abbildung 2 - Die Unternehmensumgebung und die drei Elemente für Lebensmittelbetrug
Bei dieser Bewertung der Anfälligkeit für Lebensmittelbetrug diente der kriminologische
Hintergrund als Ausgangspunkt. Die drei Elemente sind die wichtigsten Faktoren für die
Anfälligkeit eines Unternehmens. Die durch sie verursachten Risiken lassen sich wie folgt
beschreiben: Gelegenheiten und Motivationen werden von der internen und externen
Umgebung des Unternehmens festgelegt und als potenzielle Risikofaktoren für Betrug
definiert. Das potenzielle Risiko aus diesen beiden Elementen kann durch das dritte Element
vermindert werden: die Bekämpfungsmaßnahmen, entweder als Bestandteil des
Unternehmen, in deren Umgebung ein hohes Risiko für Betrug besteht (z. B. aufgrund von
Gelegenheiten oder umgebungsspezifischen Faktoren/Motiven), benötigen fortschrittliche
und spezifische Systeme zur Überwachung auf Betrug sowie umfassende
Präventivmaßnahmen, um ihre Anfälligkeit zu senken. Zudem sind neben Maßnahmen zur
Bekämpfung von Betrug unter Umständen auch Notfallmaßnahmen erforderlich, um den
Schaden im Fall eines Betrugs innerhalb des Unternehmens oder seiner Umgebung
einzudämmen.
17