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Das Kunstmagazin der ZEIT

Nº105 September 2015    Seit 1930

Die letzte Muse: Jule Kewenig und die Postmoderne


€ 13,– (A, I, LUX, NL)
SFR 20,– (CH)
€ 11,80 (D)
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511804

00105

Videokunst Neue Perspektiven in Frankfurt und Duisburg Art nouveau Blütenträume aus Glas
David Hockney Vom Lieben und Leiden an den Pools von Los Angeles
I MI K N OE BE L
W E I S S — S C H WA R Z / 12. September — 14. November 2015

»Weiss-Schwarz 2 Ed.« 2009/ 2012 »Weiss-Schwarz 4 Ed.« 2009/ 2012 »Weiss-Schwarz 7 Ed.« 2009/ 2012
each 19 x 19 cm, Edition: 5 53 x 53 cm, Edition: 5 41,3 x 30,5 cm, Edition: 5

»Weiss-Schwarz 9 Ed.« 2009/ 2012 »Weiss-Schwarz 14 Ed.« 2009/ 2012


48,8 x 62 cm, Edition: 5 43,8 x 51,4 cm, Edition: 5

all pictures (above):


acrylic on plastic sheet, handpainted

»Weiss-Schwarz 6« 2009
acrylic/aluminum, 225 x 303 x 7.5 cm

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UNSER
TITELBILD
TITELBILD: Marlene Dumas; Privatarchiv Jule Kewenig; Marlene Dumas

Diese Augen! Unergründlich in ihrem tiefen zahlreichen Künstlern befreundet. Sie hat ih-
Grünblau, ein wenig melancholisch, aber nen viel Liebe und Zuwendung gegeben und
auch ganz klar und wach. Eine große Neugier bekam das auch zurück. Marlene Dumas, die
auf die Welt. Und dieser verführerische 1976 aus Südafrika nach Amsterdam emigriert
Mund: leicht geöffnet, die Oberlippe ganz war, lernte Kewenig Anfang der Achtziger
fein verzogen, vielleicht aus Spott oder Selbst- kennen, dann trafen sie sich häufig in Loers-
ironie, wer weiß das schon. Vor allem aber feld bei Köln oder anderswo. Das Porträt mal-
schlägt einen das tiefe Rot in Bann – das Ge- te Dumas 1985 auf Grundlage eines Polaroid-
sicht, die Schultern, die Haare, alles rot auf- fotos. Kewenig war damals Ende dreißig und
glühend wie ein pulsierendes Liebeszentrum. wirkt so rätselhaft schön wie auf der Fotogra-
Wer ist diese Frau? Das werden sich schon un- fie oben aus ihren jungen Jahren. Auf die Fra-
zählige Menschen gefragt haben, wenn sie ge, warum sie das Bild in ein so leuchtendes
das Gemälde von Marlene Dumas sahen. Rot getaucht hat, antwortet Dumas per Mail:
»Jule, die Vrou« heißt das Bild, das Charles »Das ist ganz einfach. Jule war immer zur lei-
Saatchi im November 2004 für 1,24 Millionen denschaftlichen Liebe fähig. Und Rot ist eine
Dollar ersteigerte. Es zeigt Jule Kewenig, der leidenschaftliche Farbe.« Kein Zweifel, »Jule,
wir unsere Titelgeschichte widmen (ab S. 22). die Vrou« hat längst einen festen Platz unter
Die Galeristin, die heute in Palma de Mallor- den schönsten Darstellungen von Künstler-
ca lebt, war in ihrem schillernden Leben mit musen. SEBASTIAN PREUSS

3
INHALT

Bilder: David Hockney/Art Gallery of New South Wales/Jenni Carter; Maarten Baas
David Hockney S. 42

Kolumnen 18 Was passt zu … Die großen


Yayoi Kusama?
Geschichten
10 Die Marktfrau 20 Was haben Sie gesehen,
Das neue Kulturgutschutzgesetz Herr Obrist? 22 Eine Frau namens Herbert
fordert von den Händlern antiker Aufbruch und verschwundene Seit einem halben Jahrhundert
Kunst sensible Daten Museen im Kosovo, außerdem prägt die Galeristin Jule Kewenig
PriŠtinas National Gallery die Kunstszene. Ein Porträt
12 Drei Wünsche der Muse der Postmoderne
Eine Stehleuchte in Palmenform,
ein schöner Streifenstuhl von 36 Zeitgenossen für die Zukunft
Lindqvist und Antje Dorns Das Schaulager Basel zeigt eine
Architekturfantasie der wichtigsten Sammlungen der
Schweiz im opulenten Überblick
14 Heimliche Zwillinge
Robert de Niro und ein Offizier 42 Summer of Love
des Ancien Régime In den Sixties traf David Hockney
Peter Schlesinger. Der dritte Teil
Kritikerfrage unserer Serie »Die schönsten
Was halten Sie vom geplanten Liebesgeschichten in der Kunst«
Kulturgutschutzgesetz?
50 Liechtensteins Schätze
16 Hand des Meisters Von Europa ins Weltall: 500 Jahre
Feinste Kaschmirpullover Sammelgeschichte in der neu
von Iris von Arnim eingerichteten Schatzkammer

Was passt zu …? S. 18


Agenda
66 Nachrichten bei Künker und Gerhard Hirsch
Preview im Anbau des Sprengel Nachf., Bücher bei Venator &
Museums, Koran-Fund, Dix für Hanstein, Teppiche bei Nagel und
Stuttgart, ein Museum für Boll- Skulpturen bei Hargesheimer
hagen und Kunst für den Frank-
furter Flughafen 104 Bücher
Die erste Biografie über Wilhelm
Personalien Lehmbruck. Und: Pierre-Joseph
Josef Helfenstein, Stephanie Redouté, ein Guide für arme
Buck, Hans-Peter Wipplinger, Sammler und Neues über Menzel
Lilian Engelmann, Olaf
Thormann 106 Kunststück
Das Porträt der Henriette Adelaide
68 Vive le Pop! von Jean-Baptiste Delamonce in der
Meisterwerke amerikanischer Neuen Pinakothek München
Nachkriegsmoderne im Musée
Granet in Aix-en-Provence
Jule Kewenig, S. 22
70 Urknall und Burn-out
Videokunst von Doug Aitken in
54 Sammlerseminar Frankfurt und von Julian
Bilder: Klaus Märtens/Galerie Taube; Kastern, Hannover; Bonhams

Glasobjekte des Art nouveau Rosefeldt auf der Ruhrtriennale


waren ein Experimentierfeld für
vielfältige neue Formen, Farben 74 Ausstellungen
und Techniken Goldscheider im Grassimuseum,
Würth Skulpturengarten,
60 Glossar Lynn Hershman Leeson in der
Wie entsteht eine Pâte de verre, Sammlung Falckenberg, Joan
wo kann man kaufen? Die Mitchell in Bregenz, 1000 Jahre
wichtigsten Begriffe und Adressen Kaiserdom Merseburg

62 Thurn und Taxis Fragebogen 76 Messen


Edouard Baribeaud über sein Paris Biaf, Berlin Art Week,
Expo Chicago und DC Open

80 Schaufenster
»Schalter« (1970) von
Auktionen, S. 86 Bettina von Arnim Messen, S. 76

82 Kunsthandel Meldungen
40 Jahre Samuelis Baumgarte 110 weltkunst bei ...
und Kunstherbst Hamburg … der Galerie Utermann und im
Salon von Audemars Piguet
84 Stilkunde
Eglomisé – die kunstvolle 114 Bild meines Lebens
Hinterglasmalerei mit Lack Lily Brett über Cy Twomblys
Bild »The Wilder Shores of Love«
86 Auktionen im New Yorker MoMA
Asiatika in New York und bei
Auctionata, Druckgrafik in Lon-
don, Kuriositäten bei Christie�s,
Uhren bei Sotheby’s, Jugendstil
im Dorotheum, Alte Kunst bei 6 Editorial
Koller und Schuler. Außerdem: 8 Impressum
Neumeister, Lempertz und
9 Mitarbeiter des Monats
Hampel versteigern Gemälde,
Neues aus dem Achenbach-Kon- 112 Termine
volut bei Van Ham, Münzen 113 Vorschau

5
EDITORIAL

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
kennen Sie Jule Kewenig? Die Galeristin hat wie
keine andere das Kunstschaffen der letzten Jahr-
zehnte in Deutschland begleitet. Sie war mit Mar-
kus Lüpertz und dem Galeristen Michael Werner
verheiratet, Marlene Dumas, A. R. Penck und
Georg Baselitz haben sie dargestellt. Jetzt hat

Bilder: Wolfgang Stahr; Marlene Dumas; Henry‘s, Mutterstadt


Sebastian Preuss sie auf Mallorca besucht, wo sie
ihre Galerie in einer gotischen Kapelle mitten in
Palma führt. Außerdem sprach er mit ihren drei
Ehemännern, ihren drei Kindern und anderen In Nancy und anderen Zentren des
Weggefährten (ab S. 22). Wir freuen uns Art nouveau entstanden technisch
sehr, dass wir Ihnen Jule Kewenig in aufwendige Formen und Oberflä-
einem großen Porträt mit vielen chen, die aussehen wie hingegos-
nie veröffentlichten Fotos im sen. Die hier abgebildete Vase
Kreis von James Lee Byars, Ger- »Tulipes« mit grünem und gelbem
hard Richter, Martin Kippen- Überfang für die transparenten Blütenblätter
berger und vielen anderen wurde um 1900 nach einem Entwurf von Henri
Künstlern vorstellen können. Bergé von der berühmten Firma Daum Frères
Sicher haben sie schon un- in Nancy geschaffen. Im Juli erzielte sie in der
ser Titelbild, Marlene Dumas’ Jugendstil- und Art-déco-Auktion bei Henry’s in
glühend rotes Porträt von Jule Mutterstadt einen angemessenen Hammerpreis
Kewenig, bewundert. Darum von 3420 Euro. Es fällt mir übrigens in diesem
möchte ich Sie auf eine Titelge- Zusammenhang schwer, die Vokabeln »Ham-
schichte des ZEITmagazins hin- merpreis« oder »Zuschlag« zu verwenden, denn
weisen: Am 25. August wird die der- Glasobjekte des Art nouveau sind zerbrechliche
zeit viel begehrte Künstlerin dort Kostbarkeiten. Zerbrechlich wie die Liebe.
erstmals eine Serie mit Tuschearbei- Der dritte Teil unserer Serie mit den
ten von Menschen, die ihr etwas be- schönsten Liebesgeschichten in der Kunst (S. 42)
deuten, veröffentlichen: von Pier Pao- entführt Sie an die Pools von Los Angeles. In
lo Pasolini bis Charlotte Rampling, den Sechzigerjahren liebten und malten sich
wie rechts auf dem Cover zu sehen. dort David Hockney und Peter Schlesinger.
Unser monatliches Sammlerse- Viel Spaß mit der Kunst!
minar beschäftigt sich in dieser Aus-
gabe mit französischem Jugendstilglas
(ab S. 54). Der künstlerischen Fantasie Ihre Lisa Zeitz
schienen damals kaum Grenzen gesetzt. Chefredakteurin

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New York: Dr. Barbara Kutscher LITHOS twentyfour Seven
Venedig: Petra Schaefer Creative Media Services GmbH
Zürich: Christian von Faber-Castell Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin

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kostenlosen Farbkatalog an oder der deutschen Kunsthändler. Sie ist das Leitmedium
des Deutschen Kunsthandelsverbandes e. V. (DK)
und des Bundesverbandes des Deutschen Kunst– ABONNENTENSERVICE/
informieren Sie sich unter www.henr ys.de und Antiquitätenhandels e. V. (BKDA) sowie der EINZELVERKAUF
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in oude Kunst in Nederland. Die Zeitschrift und
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MITARBEITER
DES MONATS

Gunnar Knechtel
Er kennt Mallorca sehr gut, denn er lebt seit 15 Jahren
mit seiner Familie in Barcelona und kommt oft rüber.
»Die Insel ist mein Traum in der Nebensaison, dann
ist das Licht am schönsten, und es kehrt Ruhe ein«,
schwärmt Gunnar Knechtel (re. im Bild), der weltweit
für Guardian, Observer, Stern oder El País Semanal
fotografiert. Darum sagte er gleich zu, mit unserem
stellvertretenden Chefredakteur Sebastian Preuss in
Bilder: privat (2); Annette Koroll FOTOS

Palma die Galeristin und Künstlermuse Jule Kewenig


zu besuchen (S. 22). Er war beeindruckt: »Vor allem
von ihrer Liebe zur Kunst und ihrem großen Stil.«

Lydia Schmid
Siebzehn Jahre lang hat Lydia Schmid für den Burda-
Verlag als Auslandskorrespondentin über Kultur- und
Lifestyle-Themen berichtet. Seit 2013 lebt sie als freie
Journalistin in Berlin, nutzt aber nach wie vor ihre en-
gen Beziehungen zur amerikanischen Kunstszene. Für
diese Ausgabe hat sie in Aix-en-Provence eine Ausstel-
lung der kalifornischen Fisher Collection mit Meister-
werken der Nachkriegsmoderne besucht (S. 68).

Nora Ströbel
Nerven aus Stahl hat sie gerade in den Verhandlungen mit
dem Studio von David Hockney bewiesen: Nach einem Mo-
nat mit unzähligen Mails und Telefonaten bekamen wir end-
lich die Bildrechte für unsere Liebesgeschichte in Los Angeles
(ab S. 42). Als Bildredakteurin lastet auf der 30-Jährigen viel
Verantwortung, die sie gelassen schultert. Entspannung findet
die Fotografin in der eigenen Kunst – wie einer tollen Serie
kurioser Stundenhotelansichten aus Buenos Aires.

9
DI E M A R K T F R AU

Unter Generalverdacht
Die geplante Novelle des Kulturgutschutzgesetzes legt für die Einfuhr antiker
Kunstgegenstände strenge Regeln fest. Händler fürchten um ihre Existenz

Bilder: GORNY & MOSCH/Lübke & Wiedemann, 70195 Stuttgart (12); Pablo Castagnola
ünzen machen Geschichte Im­ und Export zwar im neu­ entwurf falsch wiedergegeben und
buchstäblich für jedermann en Kulturgutschutzgesetz gere­ Einvernehmen suggeriert wird, wo
greifbar. Anhand der Prägung gelt wird, in den Einzelheiten aber Dissens herrscht. Kurz vor der Som­
lassen sich Herrschaftsstruktu­ in Rechtsverordnungen aus dem merpause ließ das Bundesministeri­

M
ren, Handelswege und künstlerische Stan­ Bundeskulturministerium. um für Kultur und Medien ein weite­
dards ablesen. Der Einstiegspreis beim Entsetzen allerdings lösen unter den Be­ res Treffen mit Händlerverbänden kurzfristig
Münzsammeln liegt meist bei nur 100 Euro. troffenen unter anderem die nun geforderten absagen. Woher kommt der Hass auf den
Wie alle anderen Kunstsammler sind auch Sorgfaltspflichten aus, berichtet Ursula Kunsthandel? Wer sind die Ratgeber der Mi­
die Münzfreunde schockiert und alarmiert Kampmann, selbst Sammlerin und Fachjour­ nisterialverwaltung? Kennen die dortigen
durch den bekannt gewordenen Referenten­ nalistin. Provenienzrecherchen und der Ab­ Referenten nur die Skandalberichterstattung
entwurf der Novelle des Kulturgutschutz­ gleich mit dem Art­Loss­Register stehen auch oder auch das tägliche Geschäft unbescholte­
gesetzes. Neben den schon in der August­ jetzt schon auf der To­do­Liste vor dem Er­ ner Händler?
ausgabe der weltkunst diskutierten Regeln werb von archäologischen Objekten. Neu Kleinobjekte wie die eingangs erwähn­
für die Ausfuhr von möglicherweise »natio­ aber ist, dass der Händler schon einem Kauf­ ten Münzen sind per se weit verstreut. Weil
nal wertvollem Kulturgut« geht es Kultur­ interessenten (der nicht zwangsläufig zum sich die Münzsammler pauschal inkrimi­
staatsministerin Monika Grütters (CDU) Käufer wird) höchst sensible Daten liefern niert sehen, haben sie eine Onlinepetition
auch um verschärfte Einfuhrregeln für anti­ muss. Der bekannt gewordene, unautorisier­ ins Leben gerufen, die schon Zehntausende
ke Kunst. Sie sind weitgehend unumstritten te Referentenentwurf fordert vom Händler weltweit unterzeichnet haben. Deutschlands
und stärken eine UNESCO­Konvention Name und Anschrift von Einlieferer, Ver­ Ansehen als Kulturnation schwindet. Nach
von 1970. Sofern Skulpturen, Bronze­ äußerer und Auftraggeber. Der Anti­ einer ersten Welle der Kritik ist Monika
objekte oder Münzen aus Raub­ kenfreund erhielte beim Ankauf eine Grütters bereits in einigen Punkten zurück­
grabungen, Diebstahl oder Plünde­ komplette Dokumentation über die gerudert (zum Beispiel bei den geplanten
rungen stammen – momentan durch Quelle des Händlers, dazu die zwan­ Hausdurchsuchungen). Jetzt müssen ihre Re­
die Bilderstürmerei des IS im Nahen zigjährige An­ und Verkaufsgeschich­ ferenten alles daransetzen, dass mit ihren
und Mittleren Osten wieder stark im te des Objektes, einschließlich Preis­ teilweise unbedachten Entwürfen nicht die
Fokus –, sollen sie als »illegal eingeführtes historie. So ausgerüstet, könnte sich der komplette Branche austrocknet und Samm­
Kulturgut anderer Staaten an diese zurück­ Interessent künftig direkt an die Quelle wen­ ler für den Erhalt von Kultur bestraft werden.
gegeben werden«, so die Ministerin. den, den Händler braucht er dazu nicht Nur weil es schwarze Schafe gibt, darf nicht
Die Erfahrung zeigt: Vom Bürgerkrieg mehr. Damit würde dem Handel der Boden gleich ein ganzer Berufsstand verdächtigt
erschütterte Länder können keine Listen der unter den Füßen weggezogen. werden.
für ihre Identität bedeutsamen Kulturgüter In ihren Äußerungen wird Monika Nix für ungut, Ihre Marktfrau. ×
führen. Deshalb müssen exportierte Antiken Grütters nicht müde, auf die Stärkung des
künftig eine offizielle Ausfuhrgenehmigung Kunsthandelsstandortes Deutschland hinzu­ Susanne Schreiber
des Ursprungsstaates vorweisen. Bislang war weisen. Da wirkt es wie ein Hohn, dass seit ist Redakteurin des
es an den Herkunftsländern nachzuweisen, April (!) das Protokoll einer Anhörung der Handelsblatt und betreut
dass illegal ausgeführt wurde. Sorgen berei­ Kunsthandelsverbände aussteht und dass dort seit vielen Jahren
tet Antikenhändlern und Sammlern, dass eine Händlerargumentation im Referenten­ den Kunstmarkt

10
Galleria Canesso
LUGANO
altmeister gemälde

Paris Bordon
Treviso,   Venedig, 
..............................................................

Porträt einer jungen Frau


Öl auf Leinwand, , × , cm
signiert, im Hintergrund rechts : “.O.Paris.B”

 ‒ ,     ‒ ( . . - . .  )


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Bilder: Antje Dorn, Bauten, 2013, Courtesy Galerie m Bochum/VG Bild-Kunst, Bonn 2013; Original in Berlin; Zimmerdahl
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Nature Morte
Sie bringt den edlen Touch
der 1970er-Jahre ins Wohn-
zimmer: die Stehleuchte in
Palmenform des deutschen
Designers Hans Kögl. Das
extravagante Stück aus
vergoldetem Metall sorgt
mit warmem Lichtschein
und Schattenwurf auch für
eine wundervolle Atmo-
sphäre. Wir haben es bei
Original in Berlin
(030 60936046) gesehen.

4500  €

Fantasiebauten
Die Häuser in den Arbeiten der Berliner
Künstlerin Antje Dorn scheinen in

150 
den Himmel gebaut zu sein, wie auch im
Ölbild »#16« aus der Serie »Bauten«
(60 x 50 cm). Die Architekturfantasien

stellt die Bochumer Galerie m (0234 43997)
den geometrischen Wandobjekten des
Parisers François Perrodin gegenüber.
Beide Werke regen dazu an, über Realität Streifenlook
und Wahrnehmung nachzudenken. Dieser Stuhl schaut nicht nur aus wie schwe-
disches Industriedesign, sondern kommt auch
von dort. Das Möbelstück von Lindqvist
stammt aus den 1940er- bis 1950er-Jahren
und scheint einem Cafeteria-Gemälde
Edward Hoppers entsprungen. Fredrik
Zimmerdahl in Lund in Schweden
(+46 46 2118040) bietet es zum Kauf an.

12
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Bilder: Collection/Active Museum; Armando Gallo/Corbis; Frank Röth/F.A.Z.


Französischer Offizier Robert De Niro

Als Schauspieler ist er eine Legende, er spielte Boxer, Mafiosi,


Taxifahrer – und Soldaten. Hatte er Vorfahren in der Armee
des Ancien Régime? Die Ähnlichkeit zwischen Robert De Niro
und dem Offizier auf dem Gemälde eines unbekannten
Malers von 1876 aus dem Militärmuseum in Paris ist frappant.
Wir danken Hans-Martin Esser aus Arnsberg für den Tipp!

K R I T I K E R F R AG E

Was halten Sie vom geplanten Kulturgutschutzgesetz?

Samuel Herzog Kia Vahland Niklas Maak Lindsay Pollock Hanno Rauterberg
Neue Zürcher Zeitung Süddeutsche Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Art in America DIE ZEIT

Es gibt darin sehr gute Ein besserer Schutz vor Nervig, aber nicht tödlich, Der geplante Gesetzent- Was ich an der Debatte
Ansätze. Doch die werden allem von gestohlenen weder für Händler noch wurf ist gut gemeint, aber vor allem nicht verstehe:
gegenwärtig von ein paar Antiken, etwa aus dem für Sammler, auch wenn schwer durchsetzbar und Warum soll Nationalkunst
pikanten Dummheiten, Nahen Osten, ist dringend der laute Aufschrei das ziemlich zudringlich. In plötzlich wieder so
etwa dem Zugriffsrecht auf notwendig. Die bisherigen vermuten lässt. den USA würde so etwas wichtig sein? Mir kommt
private Wohnräume, Regelungen waren nie durchgehen. das vor wie ein Rückfall
verstellt, über die sich alle undurchsichtig und zu ins 19. Jahrhundert.
zu Recht aufregen. unverbindlich. Insofern tut
Veränderung not.

14
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Im Zeichen des Strickmusters

Iris von Arnim begann ihre Laufbahn mit ein paar Knäuel Wolle. Heute gehören
ihre Kaschmirpullover zum Feinsten, was man auf der Haut tragen kann

ass der Kaschmirpulli in den


70er-Jahren nach Deutschland
kam, hat mit einem Unfall zu
tun. Und zwar einem schwe-

D
ren. Anfang der Siebziger verunglückte eine
junge Frau namens Iris von Arnim mit ih-
rem VW-Käfer. Sie musste viel Zeit im Kran-
kenhaus verbringen. Ein Freund brachte ihr
eines Tages bei einem Besuch einen Haufen

Bilder: Iris von Arnim/Daniel Cramer; Christian Abel (4); Michael Biedowicz
Wolle mit. Sie solle sich die Zeit im Bett mit
etwas Sinnvollem vertreiben. Daraus wurde
ihr erster Pullover.
Die Kreationen von Iris von Arnim
wurden in ihrem Umfeld schnell sehr be-
liebt. Sie eröffnete 1976 eine Boutique in
Hamburg und wurde bald populär mit
Strickpullovern mit Tiermotiven. Schließ-
lich suchte und fand sie in Italien Produzen-
ten für Kaschmirwolle, um eine der Ersten
zu sein, die Kaschmir in Deutschland verar-
beiten. Bei Kaschmir handelt es sich um das
feine Unterfell der Kaschmirziege, einer ge-
hörnten, schlappohrigen Ziegenart, die ih-
ren Ursprung in der Kaschmirregion hat.
Das Gebiet des ehemaligen Fürstentums
nördlich von Pakistan wird gleichermaßen
von Indien, China und Pakistan beansprucht. der Flaum darunter. Es handelt sich um be- In jeder Kollektion Iris von Arnims, g. o. li. mit
Die Kaschmirziege grast heute aber nicht sonders feines Haar. Die Faser hat einen ihrem Sohn und Geschäftspartner Valentin,
mehr zwischen den Fronten, sondern wird Durchmesser von nur zwei Hundertstel Mil- gibt es Handgestricktes. Dafür wird vorab das
längst in Farmen in der Mongolei, China limetern und eine Länge von bis zu neun Bändchengarn von Hand aufgewickelt.
und auch Schottland gezüchtet. Zentimetern. Das Haar wird ausgekämmt, Li. das Modell »Betty« aus Kaschmirwolle
Für die Wolle kann nicht das Deckhaar in manchen Fällen auch geschoren. Seit
verwendet werden, sondern nur 3000 Jahren wird Kaschmirwolle verarbeitet. entwirft sie noch immer in ihrem Atelier in
Pro Ziege erhält man gerade einmal einer Villa in Hamburg-Harvestehude. Heu-
150 Gramm Wolle. Kein Wunder, dass te werden die meisten der Kaschmirpullover
Kaschmir eine der teuersten Natur- mit Strickmaschinen gefertigt. Besondere
fasern ist und Hersteller darauf aus Modelle werden bei Iris von Arnim aber
sind, ihre Kleidung mit diesem noch immer mit der Hand gestrickt. Der
Label zu schmücken. Dabei sind Designerin ist die Individualität eines von
allerdings nur Produkte, die mit Hand gestrickten Stücks sehr wichtig. Aller-
»100 Prozent Kaschmir« ausge- dings muss dafür heute niemand mehr im
zeichnet sind, wirkliche Kasch- Krankenhaus liegen. ×
mirstücke. Alle anderen sind
Mischgewebe. Und natürlich gibt es Tillmann Prüfer ist Style
starke Unterschiede in der Qualität. Director des ZEITmagazin.
Kaum jemand kennt sich mit der Er stellt hier jeden Monat
edlen Wolle besser aus als die »Queen of herausragende Leistungen der
Cashmere« Iris von Arnim. Ihre Pullover Handwerkskunst vor

16
Wilhelm von Kobell · Reiter vor Schondorf am Ammersee · ca. 1820/30er Jahre · Aquarell · 17,3 x 21,7 cm

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wilhelm von kobell Auktionsergebnis: € 52.500
Klassische Moderne · Kunst nach 1945 · Zeitgenössische Kunst
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Yayoi Kusama

Bilder: Yayoi Kusama; Barber & Osgerby; Design da Gema; Fabrice Gousset – Courtesy Galerie Kreo; Maarten Baas; Porzellan Manufaktur Nymphenburg
Sie ist die große alte Dame der japanischen Kunst. Jetzt widmet das
Louisiana-Museum im dänischen Humlebæk Yayoi Kusama vom
17. September bis 24. Januar eine Retrospektive. Zu sehen ist auch
diese melancholische, mit Tusche bearbeitete Fotografie von 1967

4 5
3

1 Handwerkszeug 2 Sternenkissen 3 Unendliche Kreise 4 Rot! 5 Sugar-Dots


Ihre Hände malen das Bild Für Kusama ist das ganze Getrieben von ihrer Vision, Obwohl die Künstlerin seit Ob selbst Zuckerkristalle
von allein, vom Ergebnis Universum eine Anhäu- malt sie häufig über den 1977 in einer psychiatri- für Kusama Polkadots sind?
ist Kusama oft überrascht. fung von Sternen. Dafür Bildrand hinaus. Unendlich- schen Klinik lebt, malt sie Den Porzellanstreuer
Das Besteck »Olio« entwarf stehen ihre Polkadots. Das keit hatte wohl auch Pierre tagsüber in ihrem Studio. entwarf Konstantin Grcic
das Designerduo Barber & Kissen »Stray Bullet« ist Charpin beim Entwurf des Das Rot von Maarten Baas’ 1999 für Nymphenburg.
Osgerby für Royal Doulton, vom Brasilianer David Elia Tisches »All’aperto« im Sinn. Möbelstück (2355 Euro)
es kostet 109 Euro. (Design Da Gema). Über Galerie Kreo. könnte ihr gefallen. Redaktion: Inga Krieger

18
LEONARDO DI BERNARDINO DEL SIGNORACCIO genannt LEONARDO DI BERNARDINO DA PISTOIA. Die Verkündigung. Öl und Goldgrund auf Holz. 177,7 x 148,5 cm.

Auktionen in Zürich: 14. bis 19. September 2015


Vorbesichtigung: 9. bis 13. September 2015

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WA S H A B E N SI E G E SE H E N , H E R R OB R I S T ?

Aufbruchstimmung und verschwundene Museen im


Kosovo, wo derzeit neue künstlerische Positionen
in der National Gallery in Priština gezeigt werden

Hans Ulrich Obrist


ist Kurator für zeitgenössische Kunst und
leitet die Serpentine Gallery in London

Was haben Sie gesehen, Herr Obrist? auch Kommentare gezeichnet zu vielen der Wie haben Sie die Atmosphäre in Priština
Ich war gerade im Kosovo, was für un­ Pioniere der Sechzigerjahre wie Stanisław jetzt erlebt?
sere Leser vielleicht insofern interessant ist, Dróżdż und Geta Brătescu. Viele dieser Mich hat es an die Stimmung im Glas­

Bilder: Flaka Haliti; Kushtrim Tërnava; Enver Bylykbashi/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Milena Carstens; Illustration: Andrea Ventura
als dass ich dort mit dem Künstler Petrit Künstler waren noch nie im Kosovo zu sehen. gow der frühen Neunzigerjahre erinnert, ei­
Halilaj zusammengearbeitet habe, der ja der­ nem Ort an der kulturellen Peripherie, an
zeit in Deutschland sehr präsent ist … Warum eigentlich nicht? dem plötzlich eine junge Generation losge­
Der Krieg hat sämtliche Strukturen zer­ legt hat. Es ist viel in Bewegung, unter ande­
… durch seine beiden Ausstellungen in Bonn stört, ganze Museen sind einfach verschwun­ rem durch die Nähe zur albanischen Haupt­
und Köln. den. Halilaj hat ja eine ganze Ausstellung stadt Tirana. Als ich meinen Vortrag in
Genau. Im Kosovo habe ich zum zwei­ dem verschwundenen Naturhistorischen Mu­ Priština gehalten habe, war die Hälfte des Pu­
ten Mal eine Ausstellung gemacht. 2013 war seum in Priština gewidmet. Die National Gal­ blikums aus Tirana angereist.
»Do it« im Projektraum Stacion, und seither lery im Kosovo wird von ERZEN SHKOLOLLI (2)
habe ich immer wieder von Künstlern gehört, geleitet, einem wichtigen Künstler, der unter Warum ist Tirana so interessant?
was dort los ist. Jetzt gab es die SCHAU »31« (3) anderem an vielen Ausstellungen von Harald Das ganze Land wird von einem Künst­
in der National Gallery of Kosovo in Priština, Szeemann beteiligt war … ler regiert, von Edi Rama, der vorher elf Jahre
in Zusammenarbeit mit der österreichischen lang Bürgermeister von Tirana war. Sein Ein­
Kontakt Art Collection. Die Idee war, Arbei­ … dem legendären Ausstellungsmacher. fluss ist überall. Er initiierte ein öffentliches
ten aus der Sammlung, die aus Osteuropa Shkololli hat vor ein paar Jahren ent­ Kunstprojekt für sein Regierungsgebäude. So
kommt, erstmals im Kosovo zu zeigen. schieden, sich ganz auf die Arbeit für die gestaltete Thomas Demand eine Hinter­
National Gallery zu konzentrieren. Auf mei­ grundkulisse für Staatsgebäude, Philippe Par­
Warum »31«? nem Instagram­Account hat er den Satz reno ein leuchtendes Vordach oder Carsten
Gemeinsam mit Petrit Halilaj haben wir gepostet: »Tradition is a reality, a failing story Höller große Pilzskulpturen. Diese Stim­
überlegt, was die Spielregel für die Ausstel­ that I wish to save.« Er will die Erinnerung an mung überträgt sich auf das ganze Land.
lung sein könnte. Wir haben dann 31 Werke die Kunst der Sechziger­ und Siebzigerjahre Aber es gibt auch unabhängig von Albanien
für die 31 Tage der Ausstellung ausgewählt, so­ aus dem Kosovo und dem benachbarten Al­ viele spannende Künstler aus dem Kosovo,
dass man sich an jedem Tag auf ein anderes banien aufrechterhalten. Nach dem Kosovo­ die international reüssieren. Nehmen Sie Ja­
Kunstwerk konzentrieren kann. Petrit hat Krieg ist ja alles in Vergessenheit geraten. kup Ferri oder FLAKA HALITI (1), die in diesem
Jahr den Pavillon in Venedig für ihre Heimat
gestaltet hat. Sie lebt in München und be­
schäftigt sich intensiv mit dem Thema Gren­
zen, weil es für die junge Generation aus dem
Kosovo immer noch unglaublich schwer ist
zu reisen: Sie brauchen für fast jedes Land der
Welt ein Visum.

Und was beschäftigt Sie derzeit außerhalb


1 der Kunstwelt?
Ich bereite mich momentan auf eine Re­
cherche in Afrika vor. Deshalb lese ich viel
über den Kontinent, insbesondere die Ge­
dichte der südafrikanischen Poetin Ingrid
Jonker, die ja nicht nur von Nelson Mandela
bewundert wurde. ×

Christoph Amend, Herausgeber


der WELTKUNST,
befragt Hans Ulrich Obrist
2 3 jeden Monat nach seinen
Entdeckungen in der Kunst

20
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Naturaleza Muerta
Öl, 1964
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EINE FRAU
NAMENS
HERBERT
Jule Lüpertz alias Werner alias Kewenig hat ein halbes
Jahrhundert lang die Kunstszene mitgeprägt:
als Malerfrau, Händlergattin, Galeristin – und als
große Künstlerfreundin. Sie war die Muse der
Postmoderne. Das Porträt einer ungewöhnlichen Frau

VON
SE B A S T I A N P R E U S S

23
J U L E K E W E N IG

Bild vorherige Seite: Privatarchiv Jule Kewenig; Bild links: Privatarchiv Jule Kewenig; Bild rechts: Gunnar Knechtel/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Als das »Gesicht eines Transvestiten« bezeichne-
te es die New York Times. Charles Saatchi hatte
das Gemälde von Marlene Dumas im November
2004 für 1,24 Millionen bei Christie’s in New
York ersteigert, nun war es in aller Munde. Es
heißt »Jule, die Vrou« und entstand 1985. Aber
ein Transvestit? Da war die führende Zeitung
der Welt bemerkenswert schlecht informiert,
denn »Jule, die Frau« – es ist das Titelbild dieser
Ausgabe – zeigt in Wirklichkeit Jule Kewenig,
Galeristin in Palma de Mallorca. Hinter diesen
dürren Angaben verbirgt sich ein halbes Jahr-
hundert in der Kunstwelt: ein Leben voller Hö-
hen und Tiefen, eine große Leidenschaft für die
Kunst, ihre Akteure – und immer wieder für
Männer, die auch alle mit der Kunst zu tun hat-
ten. Das Wort ist heute etwas abgegriffen, aber
Jule Kewenig war (und ist) tatsächlich eine be-
deutende Künstlermuse, vielleicht die letzte, die
Deutschland hervorgebracht hat.
Die Kunstwelt ist launisch und vergesslich.
So wurde Jule Kewenig zu einer Legende, die im
überhitzten Betrieb aus dem Fokus geriet. Sie
war in den Sechzigern die Frau von Markus Lü-
pertz, als dieser sich mit einer historisch aufge-
ladenen, expressiven Figürlichkeit anschickte,
zu einem der wichtigsten deutschen Maler zu
werden. Mit Michael Werner, dem bedeutenden
Galeristen, durchlebte sie in den Siebzigern die
Zeit, als Köln zu brodeln begann und Anschluss
ans internationale Kunstgeschehen fand.
Sie kannte alle, und alle wollten in ihrer
Nähe sein. Vor allem die Künstler: von Baselitz
bis Immendorff, von Richter, Penck und Polke
bis Marcel Broodthaers und James Lee Byars,
Anselm Kiefer und Imi Knoebel, aber auch Mar-
tin Kippenberger, Marlene Dumas, Christian
Boltanski, Jannis Kounellis und viele mehr. In
den vibrierenden Zeiten der Sechziger bis Acht-
ziger, als die Bundesrepublik erwachsen wurde Mit all ihren Ehemännern bei der dritten Hochzeit im Jahr 1985 in Loersfeld:
und die westdeutsche Gegenwartskunst zum Markus Lüpertz (vorn), Michael Werner (M.) und Michael Kewenig (hinten).
weltweit respektierten und nachgefragten Ex- Vorige Seite: bei einer Performance von James Lee Byars, frühe Siebzigerjahre

24
HEA DZEILE

Jule Kewenig bei der Messevorbereitung in


ihrer Galerie in Palma de Mallorca, an der
Wand Papierarbeiten von Bernd Koberling

25
J U L E K E W E N IG

Mit Markus Lüpertz in West-Berlin, 1964.


Mit Arbeit auf dem Bau und Eierverkauf in
Hinterhöfen schlug sich das Paar durch

treut die Künstler der Galerie und hat sich


mit dem Zweitstandort in Palma einen Na-
men im spanischen Kunstleben gemacht.
»Nenn mich Jule«, ist ihr erster Satz, als
ich sie dort besuche. So ist sie, wie ich später
begreife, Distanz will sie gar nicht erst auf-
kommen lassen. Sie zeigt mir ihre Ausstel-
lungshalle in einer gotischen Kapelle, dann
beginnt sie zu erzählen. Die samtig-verrauch-
te Stimme hatte sie schon als junge Frau in
den späten Sechzigern, darum gab ihr der
Galerist Rudolf Springer den Namen Her-
bert: nach einem gleichnamigen DJ, der da-
mals im West-Berliner Club Big Apple arbei-
tete und ein ähnliches Reibeisenorgan wie
Jule besaß. Markus Lüpertz und Georg Base-
litz nennen sie bis heute meist noch Herbert.
Auf die Welt kam sie als Gerhild Quade,
1946 in Lüneburg, wohin die Familie in dem
Hungerjahr geflüchtet war. Der Vater starb,
als sie zwei war. Die Mutter heiratete wieder,
und die Familie siedelte sich in Mönchen-
gladbach an. Mit 16 kam es zur Begegnung,
die ihr Leben veränderte Eines Morgens um

Bild: Klaus Märtens/Galerie Taube


sechs traf sie an der Straßenbahnhaltestelle
auf einen wild aussehenden jungen Mann.
»Lange Haare, Cowboystiefel, darin ein Mes-
ser an der Seite. Er war mit Milch beschlab-
bert und roch nach Alkohol.« Es war Markus
Lüpertz. »Er war verrückt und charmant und
total davon überzeugt, dass er ein großer
Künstler sei.« Nach einigen Monaten brann-
te Jule mit ihm nach West-Berlin durch.
Völlig mittellos kam das junge Paar im
Herbst 1963 in der ummauerten Inselstadt an.
Jule wusch Autos und wanderte mit Eierkör-
ben durch die Hinterhöfe. Später arbeitete
sie als Model auf Messen und zeitweise in der
Galerie des jungen René Block, der visionär
portgut aufstieg, war Jule Lüpertz alias Wer-
ner alias Kewenig ein Kraftzentrum nach ei-
»Jule hatte Abgründe. Man Joseph Beuys, Gerhard Richter oder Sigmar
Polke zeigte. Lüpertz malochte auf dem Bau
genen Regeln. Bei ihr ging es nie um Geld, konnte nie genau wissen, was und kellnerte in der Schöneberger Puszta-
sondern um das Menschliche, um Abenteuer Stube, wo sich Professoren und Studenten
und Spaß, um Genuss, Essen und Trinken, sie wirklich dachte. Das war von der gegenüberliegenden Hochschule der
und natürlich auch um Sex. Am Ende kreiste
aber immer alles um die Kunst, das ist exis-
das Somnambule des Ostens.« Künste trafen. Weil es ein Ehedarlehen von
3000 Mark gab, heirateten die beiden.
tenziell für Jule Kewenig. M A R K U S LÜ P E RT Z Im Mai 1964 gründete Lüpertz mit drei-
Gemeinsam mit ihrem dritten Mann zehn anderen jungen Künstlern die Selbst-
Michael Kewenig betreibt sie eine weltweit hilfegalerie Großgörschen 35. In der West-
agierende Galerie in Berlin, mit Künstler- Berliner Nachkriegskunstgeschichte ist die
schwergewichten wie Christian Boltanski, Ausstellungsgemeinschaft ein Meilenstein.
Jannis Kounellis, Ian Hamilton Finlay oder Die neuartige figürliche Malerei von Lüpertz,
Sean Scully. Fürsorglich kümmert sie sich K. H. Hödicke oder Lambert Maria Winters-
um ihre große Patchworkfamilie: drei Kin- berger mischte das abgeschottete Kunstmi-
der aus drei Ehen, zwei Enkeltöchter und di- lieu der West-Enklave kräftig auf. Jule sei im-
verse Nebenlinien. Sie pflegt ihre zahllosen mer der Star in der Szene gewesen, erzählt
Freundschaften aus den 50 Jahren, die sie sich Lüpertz, den ich in seinem Atelier südlich
mittlerweile in der Kunstszene bewegt, be- von Berlin besuche. »Sie war keine Model-

26
Bilder: Privatarchiv Jule Kewenig; Klaus vom Bruch/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Galerie Kewenig/Georg Baselitz 2015; Privatarchiv Jule Kewenig (4)

1 2

4 5

Erinnerungen aus dem reichen Bilderschatz von Jule Kewenig: 1 Auf Besuch in der
Pfalz, das Ehepaar Lüpertz (Jule 2. v. li.) bei Georg und Elke Baselitz in Forst an der
Weinstraße, wohl 1969 2 Jule Kewenig hat immer viel und gern getanzt, hier mit dem
Fotografen und Kunstszene-Chronisten Benjamin Katz, 70er-Jahre 3 Georg Baselitz
nennt Jule Kewenig von jeher »Herbert«, so heißt auch das Porträt, das er 1974
von ihr malte 4 Mit Thordis Möller (li.) in den Siebzigern 5 Vom Berliner Galeristen
Rudolf Springer lernte Jule Kewenig das Kochen 6 + 7 Um 1970 mit Michael Werner
auf dem Weg nach Antwerpen, wo Anny De Decker die Galerie Wide White Space
3
betrieb und als Erste Künstler wie Marcel Broodthaers und James Lee Byars zeigte

6 7

27
28
Bild: A.R. Penck/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
J U L E K E W E N IG
Bilder: Privatarchiv Jule Kewenig (2)

Mit James Lee Byars verband Jule Kewenig schönheit, sondern sie war wirklich schön. nungsausstellung mit Baselitz führte zu ei-
eine besonders intensive Freundschaft, Und ist es ja noch.« Lüpertz saßen damals nem legendären Kunstskandal, zur Be-
hier bei einer Performance in den frühen die Fäuste locker, wenn sie ausgingen. Den schlagnahmung zweier Bilder mit erigierten
Siebzigern. Unten: zu Besuch in Dresden späteren RAF-Terroristen Andreas Baader Penissen und zu einem Gerichtsprozess.
bei A. R. Penck, dessen Bilder Michael Wer- »habe ich drei oder vier Mal verprügelt, weil Werner empfängt mich in Märkisch Wil-
ner und später auch seine Frau Jule aus er immer was von Jule wollte«, berichtet Lü- mersdorf südlich von Berlin, wo er das neu-
der DDR in den Westen schmuggelten. Linke
pertz nicht ohne Stolz. gotische Gutsschloss aufwendig saniert hat.
Seite: Jule-Porträt von Penck, 70er-Jahre
Welche Rolle denn die Kunst in ihrer Hier liegt die Schaltzentrale für seine Gale-
Beziehung gespielt habe? »Jule war Maler- rien in New York, London, Köln und Berlin.
frau, da gab es kein anderes Thema. Sie hat Ja, es stimme, dass er sich ihren Namen
die Farbe mitgetrunken und die Farbe mit- ausgedacht hat. »Sie war eben eine Jule.«
geschissen.« Aber sie ordnete sich nicht un- Werner schildert, wie er sie erstmals in seiner
ter, war keine Künstlergattin, die den Meis- Galerie sah: »Diese schwarz umrandeten Au-
ter bedingungslos anhimmelte. »Sie hatte gen, und sie bewegte sich so somnambul.
Abgründe. Man konnte nie genau wissen, Einfach exzeptionell.« Die drei wurden un-
was sie wirklich dachte. Das war das Som- zertrennliche Freunde – »Jules et Jim« in
nambule des Ostens. Durch ihre Mutter, die West-Berlin. »Ich fand Michael von Anfang
aus Lettland kam, war sie ja Slawin.« an faszinierend. Dieses Brennen für die
Auch Michael Werner benutzt das Wort Kunst habe ich bei keinem Galeristen so in-
»somnambul«, wenn er Jule charakterisiert. tensiv erlebt«, erzählt Jule. »Wir scherzten,
Er gründete im Herbst 1963 mit Benjamin dass wir eine reiche Frau für ihn finden müs-
Katz, dem späteren Fotografen und Kunst- sen.« Es kam dann eher wie in Truffauts Film
szene-Chronisten, in einem Hinterhaus am mit Jeanne Moreau: Jule ging von Jules zu
Ku’damm seine erste Galerie. Die Eröff- Jim – zum Glück ohne tragischen Ausgang.

29
»Jule und ich waren beide
unangepasst und unbürgerlich.
Darum passten wir
auch so toll zusammen.«
M IC H A E L W E R N E R

Bilder: Klaus vom Bruch/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Privatarchiv Jule Kewenig (2)
Illustre Männer säumten ihren Weg:
1 Mit Michael Werner bildete sie ein Traum-
paar der Kunstwelt 2 Eine spezielle
Freundschaft verband sie mit Marcel
Broodthaers, der 1976 starb 3 In den frü-
hen 80ern war Martin Kippenberger (li.)
ständiger Gast, hier mit Werken von ihm

2 3

Im Jahr 1968 zog Werner nach Köln, denn im schen beiden Männern, am Ende blieb sie Jule mit ihren langen Haaren, den großen
Rheinland spielte die Musik am Kunstmarkt. bei Werner. Er zog das Kind des Freundes, Augen und exzentrischen Kleidung.
Er überredete Jule und Lüpertz, der mittler- der sich nach einem Jahr wieder mit ihm ver- Sehr früh zeigte Werner konzeptuelle
weile Künstler der Galerie war, mit ihm zu söhnte, wie sein eigenes auf. »Michael war Künstler wie den Belgier Marcel Broodthaers
kommen. Jule wäre lieber in Berlin geblie- großartig und sehr liebevoll zu mir«, erzählt oder den Amerikaner James Lee Byars. Beide
ben und fand Köln am Anfang kalt und ab- Anna Jill Lüpertz, die in Berlin eine Galerie wurden enge Freunden von Jule. Byars, der
weisend. Dann kam im Frühjahr 1969 jene betreibt. »Ich hatte eben zwei tolle Väter.« Magier der poetischen Gesten und aurati-
schicksalshafte Reise nach Paris. Eigentlich In den folgenden Jahren kam dann voll schen Objekte aus Gold oder Marmor, ging
wollte das Freundestrio gemeinsam fahren, zum Tragen, was Werner Jules »Kommunika- mit ihr durch Köln und brachte ihr die hin-
aber Lüpertz hatte im letzten Moment keine tionsgenie« nennt: »Ich bin immer spätestens tergründigen Qualitäten dieser Stadt nahe.
Lust. »Wie kann man auch seine Frau mit um zwölf ins Bett gegangen. Jule hat mit den Er war ein Paradiesvogel, intensiv und laut,
dem besten Freund im Mai nach Paris reisen Künstlern weitergemacht. Die haben sie alle endlose Gespräche oder Anrufe zu jeder Ta-
lassen«, kommentiert Jule heute, was damals geliebt. Das war für mich und die Galerie na- ges- und Nachtzeit. Werner konnte ihn nie
mit Michael Werner geschah. Als sie zurück- türlich toll.« Sieht man die Fotos aus dieser lange ertragen, aber Jule hörte ihm bedin-
kam, merkte sie zudem, dass sie schon vor Zeit, dann läuft eine immerwährende Party gungslos zu. »Er hat mir sehr viel beigebracht.
der Reise schwanger gewesen war. Mehrfach vor einem ab. Feuchtfröhliche Runden, dau- Kein anderer Künstler hat mir so anschau-
wechselte sie in den folgenden Monaten zwi- ernd irgendwelche Spaßposen, in der Mitte lich sein Werk erklärt.« Seit 1973 betrieb sie

30
5

Langeweile herrschte nie: 4 Schloss Loers-


feld in Kerpen bei Köln war 14 Jahre das
zentrale Forum des Systems Jule, hier war
ständig was los. Die Hausherrin mit ihrem
Sohn Julius 5 Treffen mit A. R. Penck (links
neben Jule) in Ost-Berlin, dabei ließen die
beiden sich die Maiparade nicht entgehen
6 Neue Liebe: mit dem Niederländer Paul
Andriesse in New York, frühe 80er-Jahre
Bilder: Privatarchiv Jule Kewenig (3)

4 6

für einige Jahre ein Geschäft für Art-déco- nen der Welt), ihren damaligen Freund Ben- Die Galerie von Michael Werner lief in die-
Antiquitäten. Im Schaufenster hielt Byars jamin Buchloh (mittlerweile Kritikerstar in sen Jahren nicht gut. Die provokativ mit
regelmäßig im goldenem Anzug und Zylin- den USA), die noch unerfahrene Fotografin deutschen Themen agierenden Maler Lü-
der seinen zweistündigen Mittagsschlaf. Candida Höfer, den Ethnologen Michael Op- pertz oder Anselm Kiefer wurden als nazi-
Das Geschäft war sehr erfolgreich. »Die pitz oder den Abiturienten Michael Krebber, haft kritisiert; auch die gedankenschwere
Leute rissen mir die Stücke aus der Hand. Es der später als Maler Karriere machte, bei Jule Konzeptkunst von Broodthaers oder Byars
gab ja damals noch kaum Händler für Art aber noch die Stahlrohrlampen polierte. Der ließ sich schwer vermarkten. Aus dieser pre-
déco.« Die Einrichtung besorgten Sigmar damals zwanzigjährige Klaus vom Bruch, kären Situation heraus entschied Werner:
Polke und seine Kumpels Achim Duchow längst ein angesehener Videokünstler, hat »Wir brauchen ein großes Haus, damit die
und Stephan Runge. Sie legten rosa Schaum- zwischen 1972 und 1975 bei vielen dieser Tref- Leute zu uns kommen.« Über Kölner Verbin-
gummi aus, darüber Plastikfolie. Hier konn- fen fotografiert. Die Bilder sehen aus, als sei dungen konnte er das ziemlich ruinöse
te man dann gleichzeitig den Fußballstar es ein andauernder Rausch gewesen. »Es ging Schloss Loersfeld bei Kerpen mieten und mit
Günter Netzer und den minimalistischen ja nicht um Geld oder um Erfolg, obwohl ei- einem hohen Kredit restaurieren. Es wurde
Künstler Blinky Palermo treffen. gentlich alle später große Karrieren gemacht Jules Bühne. Scheinbar mühelos bewirtete
Für einige Jahre bildete sich in Köln haben«, erzählt vom Bruch. »Und Jule mit ih- sie fast täglich Künstler, Sammler und Mu-
eine Clique um Polke, die junge Isa Genzken rer liebevollen Art war unsere Bienenköni- seumsleute, hieß jeden willkommen, sorgte
(heute eine der erfolgreichsten Künstlerin- gin. Schon mit ihrer erotischen Präsenz.« für Spaß und hatte selbst den meisten dabei.

31
Bilder: Privatarchiv Jule Kewenig (3); Galerie Kewenig/Stefan Müller
1

Von der Muse zur Galeristin: 1 Im Jahr 1984 richtete Jule Kewenig
2
in Loersfeld ihre erste eigene Ausstellung aus: Paravents ihrer
Künstlerfreunde, hier die Hausherrin mit dem Beitrag von Seton
Smith 2 Gruppenbild zur Eröffnung von »Paravents«, u. a. Per Kir-
keby, A. R. Penck, Markus Lüpertz, Imi Knoebel, Andreas Schulze,
Marlene Dumas und Gerhard Richter 3 Haus Bitz in Frechen,
westlich von Köln, löste Loersfeld als Domizil und Kunstbühne ab.
Hier eröffneten Jule und Michael Kewenig 1986, ein Jahr nach
der Heirat, ihre Galerie. Im Vordergrund der Anbau von Oswald
Mathias Ungers 4 Jule und Michael Kewenig in den Achtzigern

32
J U L E K E W E N IG

Jule Kewenig in ihrer Wohnung in Palma,


die Ruhe weiß sie mittlerweile zu schätzen.
Das Gemälde stammt von Hendrik Krawen

»Nun kamen tatsächlich alle«, erzählt Wer-


ner. »Und plötzlich kam Geld rein. Ohne Ju-
les Kommunikationsgenie hätte ich das nie
geschafft.« Sie habe einfach den Alltag zu-
sammengehalten und viel gekocht, erklärt
Jule trocken. »Ich hatte ja das Glück, dass ich
mit den Künstlern nicht verhandeln musste.
Darum fühlten sie sich bei mir auch wohl.«
Im Jahr 1976 wurde Julius, das zweite
Kind, geboren. Jetzt heiratete das Paar auch.
Julius Werner erinnert sich gern an Loers-
feld: »Das war die Schaltzentrale. Der Um-
gang mit Künstlern war für uns Kinder das
Normalste auf der Welt. Penck etwa hat uns
Radfahren beigebracht und morgens Skulp-
turen aus Brötchenteig für uns geformt.«
A. R. Penck, eigentlich Ralf Winkler –
auch so ein Jule-Kapitel. Er war der unkon-
ventionellste und vielleicht auch der genials-
te Künstler in der DDR. Michael Werner
stellte ihn schon seit 1970 aus, schmuggelte
Geld zu ihm und brachte seine Bilder in den
Westen. Irgendwann durfte er nicht mehr
einreisen; nun musste Jule diese nicht unge-
fährliche Aufgabe übernehmen. Als die
Bild: Gunnar Knechtel

DDR den unbequemen Provokateur 1980


ausbürgerte, zog er in Loersfeld ein und
blieb zehn Jahre. Seine Frau kam nach, dann
zogen auch seine Musikkumpanen ein. Da
ging es jeden Abend hoch her.
Eine enge Freundin Jules aus dieser Zeit
ist Thordis Möller. Sie leitete ab 1970 die Ga-
lerie Heiner Friedrich in Köln, seit 1980 lebt
sie in den USA. Sie ruft mich aus Millerton
in Upstate New York an, wo sie das Künstler-
archiv des früh gestorbenen Palermo führt.
»Die Galerien Friedrich und Werner waren
ja eigentlich Konkurrenten, aber das hat Jule
»Jule ist ziemlich impulsiv Faszination für mich – und für andere auch.«
Mit genau dieser Eigenschaft, nie vorherseh-
und mich überhaupt nicht gestört.« Es sei und emotional. Ein Geschöpf bar oder gar lenkbar zu sein, setzte Jule dann
wohl im Sommer 1978 gewesen, als die bei- auch die gute Zeit mit Werner aufs Spiel. Ir-
den braun gebrannt und mit ihren Kindern sehr eigener Art, gerade das gendwann im Jahr 1980 begann sie eine
von Sylt kamen und bei Baselitz auf Schloss
Derneburg Station machten. »Wir hatten
macht sie so liebenswert.« Liaison mit dem jungen Niederländer Paul
Andriesse, der später Galerist in Amsterdam
schon einiges getrunken«, erinnert sich Möl- M IC H A E L K E W E N IG wurde. Er ordnete die Bibliothek in Loersfeld
ler, »da musste sich Jule im Flur unbedingt und brachte ihr die damals noch unbekann-
zu Georgs Mastino-Kampfhund hinunter- ten Künstler René Daniëls und Marlene
beugen. Er ist über sie hergefallen. Der Tier- Dumas nahe. Die beiden verliebten sich inei-
arzt im Dorf hat sie dann behandelt.« Zur nander. »Und wie es ihre Art war, hat sie etwas
Wiedergutmachung schenkte Baselitz Jule total Irres gemacht. Sie hat einen Stapel Lie-
das große Porträt »Herbert« von ihr. besbriefe ausgerechnet unter meinen Hem-
»Wir waren beide unangepasst und den versteckt«, erzählt Werner. Es kam, wie es
unbürgerlich. Darum passten wir so toll kommen musste. 1981 zog Werner aus.
zusammen und wussten genau, was wir anei- Die abendlichen Partys in Schloss
nander hatten«, resümiert Michael Werner Loersfeld gingen weiter, wobei alle Kinder
die Jahre, in denen die beiden so etwas wie das beteuern, dass sie nie zu kurz kamen, son-
Traumpaar der deutschen Kunstwelt waren. dern ganz selbstverständlich immer dabei
»Sie hat in ihrer schlafwandlerischen Art im- waren. Martin Kippenberger wurde nun ein
mer das Unerwartete gemacht. Das war die häufiger Gast, aber auch Marlene Dumas, die

33
J U L E K E W E N IG

Szene auf. Spektakuläre Ausstellungen wa-


ren zu sehen: Byars schwebte wie von Geister-
hand auf dem Wassergraben, Ian Hamilton
Finlay inszenierte seine lyrischen Land-
schaftsinterventionen, Christian Boltanskis
Erinnerungsbilder vom Holocaust kamen
von hier aus erstmals in eine deutsche Muse-
umssammlung. »Jule ist wie eine Schwester«,
mailt Boltanski aus São Paulo. »Sie kennt alle
meine Geheimnisse, ich liebe sie.«
Sie sei keine Kauffrau, sagt Jule selbst
von sich. Aber dafür brachte sie ein untrüg-
liches Bewusstsein, was gute Kunst ist, aus
zwanzigjähriger Erfahrung in der Kunstwelt
mit. »Sie hat ja etwas Urmusisches, eine sehr
starke Emotion«, urteilt Ex-Mann Lüpertz.
»Und dabei hatte sie immer ein komisches
Gefühl für künstlerische Qualität. Da hat sie
sich nie vertan.« Justus Kewenig, der zweite
Sohn, der schon in der Galerie mitarbeitet,
berichtet, wie er von ihr lernt: »Auf Messen
betreiben wir immer ein Spiel. Jeder hat eine
fiktive Million und geht dann mit einem Zet-
tel einkaufen. Dann tauschen wir uns aus.
mir per Mail schreibt: »Sie war sehr warm- Jule Kewenigs Ausstellungsraum im Orato- Da geht es viel ums Bauchgefühl.«

Bilder: Gunnar Knechtel (2)/VG Bild-Kunst, Bonn 2015


herzig und generös. Ich genoss es, bei ihr zu rio de Sant Feliu, der ältesten Kapelle Pal- Die Ehe und Geschäftspartnerschaft der
sein und sie zu beobachten. Denn sie erinner- mas aus dem 13. Jahrhundert. An der Wand Kewenigs verlief nicht durchweg harmo-
te mich immer ein bisschen an Nico von Vel- ein Gemälde von Bernd Koberling. Unten: nisch, das deuten beide unmissverständlich
vet Underground.« Schließlich wurde Jule In der gotischen Seehandelsbörse von an. Doch der Weggang von Köln und die
Palma organisierte sie eine Schattenspiel-
klar, dass sie wirtschaftlich auf eigenen Bei- räumliche Trennung zwischen Berlin und
installation von Christian Boltanski
nen stehen musste. »Aber ich hatte ja außer Mallorca hat offenbar manche Turbulenz ge-
der Kunst nichts gelernt.« Im Jahr 1984 orga- glättet. In Palma hat Jule noch einmal neu
nisierte sie auf Schloss Loersfeld ihre erste angefangen. Geschäftlich lief es dort nicht
Verkaufsausstellung. Sie bat ihre Künstler- immer gut, aber unter anderem gelang es ihr,
freunde, jeweils einen hölzernen Paravent zu der chilenischen Zeichnerin Sandra Vásquez
gestalten, und alle machten mit: Polke, Rich- de la Horra zum großen Erfolg zu verhelfen.
ter, Kiefer, Byars, Lüpertz, Antonius Höckel- Sie habe einfach alles mitgemacht, resü-
mann, Per Kirkeby und andere mehr. Es wur- miert sie ihr halbes Jahrhundert mit der
de eine legendäre Schau und der Beginn von Kunst, »grenzenlos und gnadenlos. Dabei
Jules Laufbahn als Galeristin. habe ich mich eigentlich ziemlich wenig an-
Nun kam Michael Kewenig ins Spiel, gestrengt, sondern das Leben genossen, so
ein erfolgreicher Anwalt in Düsseldorf. Jule wie es war.« Jule gehört zu einer Generation
und er kannten sich schon länger, aber jetzt von Frauen, die noch stark von ihren Män-
funkte es, und schon 1985 wurde geheiratet. nern dominiert waren und sich durch diese
James Lee Byars war Trauzeuge. Auch Kewe- definierten. Doch zugleich waren die Sechzi-
nig erlag ihrem »komplexen Charakter«, wie ger und Siebziger eine Zeit der Liberalisie-
er es formuliert: »Sie ist ziemlich impulsiv rung, in der die Frauen sich nahmen, was sie
und emotional. Ein Geschöpf sehr eigener zu ihrer Rollenfindung brauchten. Jule hat
Art, gerade das macht sie so liebenswert.« das auf ihre ganz eigene Weise gemacht.
Kewenig sanierte zu dieser Zeit in Frechen Markus Lüpertz, ihre erste große Liebe, for-
westlich von Köln das Wasserschlösschen muliert es in seinen eigenen expressiven Wor-
Haus Bitz. »Ich wusste nicht so recht, was ich ten: »Sie ist immer eine Püppi gewesen, eine
mit der Anlage eigentlich machen sollte. So Fee, eine Zauberfrau. Und wenn ich sie heu-
kam die Idee auf, hier eine Galerie zu eröff- te anschaue, hat sie den Zauber immer noch.
nen. Eigentlich wollte ich ihr nur in der ers- Den konnte keiner zerstören.«
ten Zeit mit dem Organisatorischen helfen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hat
Jetzt sind es schon fast 30 Jahre, das wir das Jule in Palma nicht ständig Menschen um
zusammen machen.« sich. »Am Anfang fehlte mir das extrem und
Nach der Eröffnung 1986 stieg die Gale- ich fühlte mich wie eingesperrt.« Jetzt ge-
rie, die noch einen Anbau von Oswald nießt sie die Ruhe. Die Erinnerungen beglei-
Mathias Ungers fürs Privatleben bekam, ten sie, aber sie neigt ja nicht zur Sentimen-
rasch zu einem Fixpunkt der rheinischen talität. Die Gegenwart ist wichtiger. ×

34
Art fAirs Exhibitions
Abc Art bErlin AlicjA KwAdE stAdt/bild
contEmPorAry HAUS AM WALDSEE imAgE of A ciity
A cooPErAtioon of
Positions bErlin Archiv rEné blocK
NEUER BERLINER LERIE
BERLINISCHE gAL
KUNSTVEREIN
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AKADEMIE DER KÜNSTE
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NATIONALgALERIE
PAnEl discussions PAul mccArthy STAATLICHE MUS
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Zeitgenossen für
die Zukunft
Die Emanuel Hoffmann-Stiftung besitzt eine der bedeutendsten
Sammlungen moderner und zeitgenössischer Kunst
in der Schweiz. Mit der Ausstellung »future present« im Basler
Schaulager wird nun erstmals seit über
dreißig Jahren ein opulenter Überblick präsentiert, der es
mit großen Museumsschauen aufnehmen kann

VON
M AT T H I A S E H L E RT U N D A P R I L L A M M

Das Basler Schaulager dient der Aufbewahrung


und Erforschung der Sammlung der Emanuel Hoff-
mann-Stiftung, aber auch als Ausstellungsort. Im
Untergeschoss hat Robert Gobers Installation
»Untitled« (1995/97) ihren festen Platz. Re.: Hans
Arps »Configuration (Nombril, chemise et tête)«
von 1927/28, eines der ersten Werke der Sammlung
M
Maja Sacher muss eine ganz besondere Frau
gewesen sein. Mitte dreißig war sie, als ihr
erster Mann Emanuel Hoffmann 1932 bei ei-
tung mit mehr als 1000 Werken über eine der
bedeutendsten Sammlungen moderner und
zeitgenössischer Kunst der Schweiz. Die
nem Autounfall ums Leben kam und sie mit wichtigsten Werke sind normalerweise im
drei Kindern auf einmal in Basel allein da- Kunstmuseum und dem Museum für Gegen-
stand. Nur ein Jahr später starb auch noch wartskunst in Basel zu sehen, wo sie, wie
ihr ältester Sohn an Leukämie. Und wie rea- etwa Salvador Dalís »Brennende Giraffe«
gierte diese tapfere Frau auf die unfassbaren oder Robert Delaunays »Eiffelturm«, als Be-
Schicksalsschläge? Sie gründete eine Kunst- suchermagnete Teil der ständigen Ausstel-
stiftung zum Gedenken an ihren Mann, mit lung sind. Die anderen Arbeiten, auch solche,
dem sie in Paris und Brüssel in den Zwanzi- die wie Katharina Fritschs »Rattenkönig«
gerjahren durch die Ateliers gezogen war oder Robert Gobers »Untitled« als raumgrei-
und der, wie sie, so fasziniert von der aller- fende Installationen den herkömmlichen
neusten Kunst gewesen war. Eine Entschei- Museumsrahmen sprengen, haben seit 2003
dung, getragen von einem lebensbejahenden ihre Heimstatt im Schaulager, einem monu-
Optimismus und dem Vertrauen in die sinn- mentalen Betonbau der Schweizer Architek-
und troststiftende Kraft der Kunst. tenstars Herzog & de Meuron an der Basler
Heute verfügt die 1933 von Maja Sacher Peripherie, der auf spektakulär neue Weise
ins Leben gerufene Emanuel Hoffmann-Stif- riesige Räumlichkeiten für die Konservie-

37
F U T U R E P R E SE N T

schen Expressionisten zu begeistern, die auf


eigenwillige Weise Elemente des deutschen
Expressionismus und des französischen Ku-
bismus vereinten. So stößt man gleich im ers-
ten Raum auf ein eindringlich-erdiges Por-
trät der »Mademoiselle Vera Hoffmann«, der
Tochter Maja Sachers. Es stammt von Edgar
Tytgat, einem Freund der Familie. Solche
persönlichen Bezüge prägen die Sammlung
bis heute, oft sind es langjährige Freund-

Bilder vorherige Doppelseite: Tom Bisig, Basel; Martin P. Bühler/Öffentliche Kunstsammlung Basel/2015 ProLitteris, Zurich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Bilder links: Martin P. Bühler/Öffentliche Kunstsammlung Basel;
schaften zu Künstlern wie Hans Arp, Jean
Tinguely oder Katharina Fritsch, die ihren
Im ersten Jahrzehnt bildeten Konstrukti- Niederschlag auch in kontinuierlichen An-
vismus und Surrealismus den Schwerpunkt käufen finden. Von Maja Sacher wird etwa
der Sammlung. Links Robert Delaunays
berichtet, dass sie in der Zeit der Trauer um
»La Tour Eiffel« (1910/11), unten Salvador
Mann und Sohn oft stundenlang im Atelier
Dalís »Brennende Giraffe« (um 1936/37).
von Piet Mondrian saß und einfach nur zu-

Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí/2015 ProLitteris, Zurich/Martin P. Bühler/Öffentliche Kunstsammlung Basel/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Beide Werke sind sonst im Kunstmuseum
Basel zu sehen. Re. Seite: Vom italienischen sah, wie er malte. Kunst war für sie im wort-
Konzeptkünstler Alighiero e Boetti stammt wörtlichen Sinne ein Lebenselixier.
die Arbeit »Mettere al mondo il mondo« Schon bald war die stetig wachsende
(1973), darunter Katharina Fritschs »Okto- Sammlung, die ihr Hauptaugenmerk damals
pus« aus den Jahren 2006/09 auf Werke des Konstruktivismus und Surrea-

rung und Erforschung zeitgenössischer


Kunst bietet.
Da das Kunstmuseum Basel bis zum
nächsten Frühjahr wegen Erweiterungs- ar-
beiten geschlossen ist, ergab sich die Mög-
lichkeit, die Sammlung der Stiftung einmal
in Gänze zu präsentieren. Natürlich nicht
mit all ihren Werken, das würde selbst die
Dimensionen des Schaulagers sprengen.
Aber doch so, dass der rote Faden der Samm-
lung sichtbar wird und die wichtigsten Ar-
beiten zu sehen sind. Die Überblicksschau,
die es mit Ausstellungen großer Museen auf-
nehmen kann, trägt den Titel »future pre-
sent« – und verbeugt sich damit vor der Stif-
tungsgründerin Maja Sacher, die als Leitsatz
für Ankäufe einst formuliert hatte, dass es
sich um Werke handeln solle, »die sich neuer,
in die Zukunft weisender, von der jeweiligen
Gegenwart noch nicht allgemein verstande-
ner Ausdrucksmittel bedienen«.
Maja Sacher ist es auch, die auf fünf
Siebdruckporträts von Andy Warhol aus
dem Jahr 1980 den Besucher als gütige Matri-
archin der Stiftung begrüßt. Chronologisch
wird man in die Sammlung eingeführt, die
ganz klassisch mit ersten Käufen bei befreun-
deten Künstlern anhob. Die junge Maja war
selbst ausgebildete Künstlerin, sie hatte in Pa-
ris bei dem Bildhauer Antoine Bourdelle stu-
diert und später im Atelier von Oscar Jespers
gearbeitet. Sie verfügte über einen geschul-
ten Blick und genoss den Kontakt mit Gleich-
gesinnten. In den Jahren 1926 bis 1930, in de-
nen das frisch vermählte Ehepaar Hoffmann
in Brüssel lebte, wo ihr Mann die Niederlas-
sung des von seinem Vater gegründeten
Pharmaunternehmens Hoffmann-La Roche
& Cie. leitete, begann sie sich für die flämi-

38
F U T U R E P R E SE N T
Bilder: Martin P. Bühler/Öffentliche Kunstsammlung Basel/2015 ProLitteris, Zurich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Ivo Faber/2015 ProLitteris, Zurich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

lismus legte, zu groß für den Unterschlupf im


Basler Kunstverein. 1941 entschloss sich daher
Maja Sacher, inzwischen mit dem Dirigenten
Die Ausstellung ist ein nahezu enzyklopädischer Überblick
Paul Sacher verheiratet, die Werke dem über die Entwicklungslinien der zeitgenössischen Kunst.
Kunstmuseum Basel als Dauerleihgaben an-
zuvertrauen. Es war der Beginn einer lang-
jährigen Zusammenarbeit zwischen der Fa-
milienstiftung und der Kunstinstitution, die
sich bis heute fortsetzt.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs
und der Aufbruchsstimmung der Fifties und
Sixties erweiterten neue Namen und Stilrich-
tungen die Sammlung. Die Bilder der Moder-
ne waren inzwischen selbst zu Klassikern ge-
worden, die neue Künstlergeneration
experimentierte mit Bewe-
gung, Klang und anderen,
bisher im Kunstkontext nicht verwendeten
Materialien. Besonders interessiert nahm
Maja Sacher, die sich ihren frischen, unvor-
eingenommenen Blick bis ins hohe Alter be-
wahrte, die Arbeit zweier junger Schweizer
Künstler zur Kenntnis: Jean Tinguely und
Dieter Roth. Der eine eroberte mit seinen
knatternden und knallenden Kinetikskulp-
turen den öffentlichen Raum für die Kunst,
der andere untergrub das althergebrachte
Kunstverständnis von ewig gültigen Werken,
in dem er Bilder aus Lebensmitteln wie Scho-
kolade schuf, bei denen die Vergänglichkeit
Programm war.
Doch der Blick der Emanuel Hoffmann-
Stiftung blieb in jener Zeit nicht an den
Schweizer Bergen hängen, sondern richtete
sich nun verstärkt auch über den Ozean. Das
aktuelle Kunstzentrum der Welt war jetzt
New York und nicht mehr Paris, folgerichtig
erweiterten zunehmend amerikanische
Künstler den Bestand der Sammlung. 1969

39
F U T U R E P R E SE N T

Die Geschichte der Emanuel Hoffmann-Stiftung

1941
Maja Sacher-Stehlin stellt die Werke der
Emanuel Hoffmann-Stiftung als Depositum
1933 dem Kunstmuseum Basel zur Verfügung.
So soll längerfristig die Zugänglichkeit der
Zur Erinnerung an ihren jung
verstorbenen Mann Emanuel und Werke aus der Sammlung der Emanuel
ihre gemeinsame Passion – das Hoffmann-Stiftung für eine breite
Sammeln zeitgenössischer Kunst Öffentlichkeit gewährleistet werden.
– gründet Maja Hoffmann-Stehlin
(1896–1989) die Emanuel
Hoffmann-Stiftung. Eine Schenkung
von sieben Werken bildet den
Grundstock der Sammlung. Re. Vera,
die Tochter der Hoffmanns, auf
einem Porträt von Edgar Tytgat.

1980
Das Museum für Gegenwartskunst in Basel wird feierlich
eingeweiht. Es ist zugleich die Vernissage zur aktualisier-
ten Ausstellung mit Beständen der Stiftung. 230 Werke
zählt der Stiftungsbesitz inzwischen. Im gleichen Jahr wird
Maja Sacher-Stehlin von Andy Warhol porträtiert.

2003
Die Eröffnung des Schaulagers bietet der Sammlung
einen adäquaten Lagerort. Mit der von ihr gegründeten
Laurenz-Stiftung realisiert die neue Stiftungsrats-
präsidentin Maja Oeri das Projekt mit den Architekten
Herzog & de Meuron. Sie erfüllt so den Wunsch ihrer
Großmutter, die Sammlung sichtbar zu halten.

40
präsentierte der Kurator Harald Szeemann
in der Kunsthalle Bern seine epochemachen-
Bilder linke Seite: privat (2); Martin P. Bühler/Öffentliche Kunstsammlung Basel/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Kunstmuseum Basel/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; privat; Martin P. Bühler/Öffentlichen Kunstsammlung Basel/The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc./2015 ProLitteris,

de Ausstellung »When Attitudes Become


Form« und löste damit einen Skandal aus.
Zu sehr verstörten die Beispiele aus Installa-
tion, Land Art, Environment oder Happe-
Zurich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Ruedi Walti, Basel; Niggi Bräuning/2015 ProLitteris, Zurich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; privat; Bilder diese Seite: Jeff Wall; Michael Tropea, Chicago/Bruce Nauman/2015 ProLitteris/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

ning das Schweizer Publikum. Maja Sacher,


inzwischen bereits über siebzig, zeigte sich
weniger erschrocken und kaufte direkt aus
der Ausstellung zwei Arbeiten von Fred
Sandback und Richard Tuttle. Ähnliche Of-
fenheit und Weitsicht bewies sie bei dem
Werk von Joseph Beuys, dessen radikaler An-
satz sie nachhaltig erschütterte. Nach einer
ersten Begegnung mit seinen Zeichnungen
und Objekten im Kunstmuseum Basel ge-
stand sie 1969: »Was ich gesehen habe, hat
mir allerdings einen Schock gegeben, wie ich
ihn seit meiner Jugend beim Sehen von Wer-
ken von Miró, Klee und Arp nicht mehr er-
fahren habe.« Mit der Skulptur »Schneefall«,
drei dünnen Tannenstämmen, die mit qua-
dratisch zugeschnittenen Schichten aus grau-
em Filz zugedeckt sind, erwarb sie eine der
Schlüsselarbeiten des Künstlers.
Ein anderer Name, dessen Stern in je-
nen Jahren zu leuchten beginnt, ist Bruce
Nauman. Dem US-Künstler sind als einem
Schwerpunkt der Sammlung gleich drei
Räume gewidmet. Der erste zeigt eine auf
der Biennale 2009 neu inszenierte Installati-
on von 1970 – die Performance zweier Tänzer
in irritierend-rotierendem Wechselspiel mit
einer Videokamera. Im zweiten werden Ho-
logramme vorgeführt, mit denen Nauman
schon früh experimentierte, der dritte prä-
sentiert seine Skulpturen und Zeichnungen.
Hat der Besucher diese Räume passiert,
hat er noch nicht einmal ein Viertel gesehen.
Noch 19 weitere Säle folgen auf den zwei Aus-
stellungsebenen, dazu weitere Räume, die
im Schaulager eigens für Großinstallationen
hergerichtet wurden. »future present« ist
ein Marathonparcours durch die zeitgenössi-
sche Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, wie Ein wichtiger Künstler der Sammlung ist ihrem Tod 1989 ihre Mission fortsetzen wür-
man ihn in diesem enzyklopädischen Über- der Amerikaner Bruce Nauman, oben seine de. Schon mit 18 Jahren berief sie Oeri, die
blick selten zu sehen bekommt. Man erlebt »Plaster Steps« (1997/98). Darüber Jeff später Kunstgeschichte studierte, in den Stif-
die kurze, aber heftige Phase der jungen Wil- Walls »Boy falls from tree« (2010), ein Bei- tungsrat. Mit diesem Hintergrund sucht die
den in den Achtzigern, Ausflüge in die kaf- spiel für die Fotokunst, die in den letzten heutige Stiftungsratspräsidentin, wie schon
kaeske Welt der späten Sowjetunion (Ilya Ka- Jahren einen immer größeren Stellenwert ihre Großmutter, den direkten Kontakt zu
in der Kollektion einnimmt
bakov), den Siegeszug der Fotografie (Cindy den Künstlern, um die Sammlung langsam
Sherman, Jeff Wall), den Aufstieg der Video- und stetig wachsen zu lassen. Mit dem Bau
kunst (Gary Hill, David Claerbout, Fiona des Schaulagers, das schon für sich ein archi-
Tan) und der Installationen (Katharina tektonisches Kunstwerk ist, hat Maja Oeri
Fritsch, Robert Gober), die Wiederkehr der für die Kunstvermittlung des 21. Jahrhun-
Malerei (Elizabeth Peyton) und schließlich derts ähnlich Bahnbrechendes geleistet wie
die Ich-Kunst einer Andrea Zittel. Maja Sacher mit der Gründung der Stiftung
Maja Sacher hat diese Entwicklung bis für das Jahrhundert zuvor. Schön, dass diese
ins hohe Alter mitverfolgen dürfen. Und sie Entwicklungslinien nun in dieser imposan-
hatte überdies das Glück mit ihrer Enkelin ten Sammlungsschau zusammenfinden. ×
Maja Oeri schon früh eine Seelenverwandte
in der Familie gefunden zu haben, die nach Schaulager, Basel, bis 31. Januar 2016

41
SUMMER
OF
LOVE
In den Sechzigerjahren fand der Maler
David Hockney in Kalifornien seine erste große
Liebe. Die lustvolle Freiheit, die er mit
Peter Schlesinger erlebte, revolutionierte sein
Werk und machte ihn weltberühmt

VON
DA N I E L S C H R E I B E R

Sommerserie
Die schönst
Liebesgesch en
ich
in der Kuns ten
t
Teil 3

43
L I E B E S G E S C H IC H T E N

D
David Hockney hatte den Lehrauftrag an der
University of California in Los Angeles nicht
leichtherzig angenommen. Schon im Jahr
sondern auch noch offen und intelligent war.
Es war unglaublich.«
Die Begegnung war ein glücklicher Zu-
fünf Jahren, in denen sie zusammen waren,
und in der sich anschließenden Trauerphase,
entstanden wegweisende Gemälde des 20.

Bild vorherige Doppelseite: David Hockney/Richard Schmidt/Collection Walker Art Gallery, Liverpool; Bild diese Seite: ddp images
zuvor hatte er bei einem Zeichenkurs in fall. Peter Schlesinger, der aus einem libera- Jahrhunderts: Hockneys berühmte Swim-
Iowa feststellen müssen, dass die amerikani- len jüdischen Elternhaus im San Fernando mingpoolbilder wie »A Bigger Splash«, seine
schen Studenten weniger an Kunst als an Valley stammte, war gar nicht berechtigt ge- aseptischen kalifornischen Kunstsammler-
Teilnahmebescheinigungen für ihr Lehr- wesen, an Hockneys Fortgeschrittenenkurs porträts wie zum Beispiel »Beverly Hills
amtsstudium interessiert waren. Doch bei teilzunehmen, wie sich später herausstellte. Housewife«, für das die Mäzenin Betty Free-
diesem Kurs im Sommer des Jahres 1966 soll- Erst eine bürokratische Intervention des man Modell stand, seine kühlen, realistischen
te für den 29-jährigen englischen Künstler al- Künstlers sorgte später dafür, dass er einge- Doppelbilder mit ihrem Perspektivenspiel,
les anders werden. Obwohl der als viertes schrieben blieb. Doch zu diesem Zeitpunkt auf denen er die Beziehungen befreundeter
von fünf Kindern in einer Arbeiterfamilie im verbrachten die beiden Männer schon jeden Paare wie Christopher Isherwood und Don
nordenglischen Yorkshire aufgewachsene Tag zusammen, unschuldig am Pool, redend, Bachardy festhielt. Und schließlich die zärtli-
Maler in seinem Heimatland schon beein- zeichnend oder bei Festen von Hockneys be- chen Zeichnungen und enigmatischen Groß-
druckende Erfolge feierte, hatte er beschlos- kannten schwulen Freunden wie Christo- gemälde wie »Portrait of an Artist«, für die
sen, seinen Lebensmittelpunkt mehr und pher Isherwood. Für alle seine Freunde war Peter Schlesinger Modell stand und die einen
mehr von London nach Los Angeles zu ver- es schnell ersichtlich, dass Hockney verliebt besonderen Platz in Hockneys Werk einneh-
legen. Als ein modisch gekleideter, muskulö- in Schlesinger war. Nach drei Monaten fiel men: Peter, wie er auf einen Swimmingpool
ser junger Mann schüchtern den Unterrichts- das auch Schlesinger auf. Und mehr noch, er starrt, in dem jemand taucht. Wie er aus dem
raum betrat, war diese Entscheidung erwiderte Hockneys Gefühle. Kurz bevor der Pool eines gemeinsamen Freundes klettert
besiegelt. Ein Blick genügte. Der 18-Jährige Kurs zu Ende ging und sich ihre Wege für ein oder auf einem Hotelbalkon steht und in die
mit dem halblangen, blonden Haar war paar Monate wieder trennen sollten, wurden Ferne sieht. Peter auf dem gemeinsamen Bett
nicht nur bildschön, er schien sich auch sie ein Paar. liegend, Peter in Los Angeles und London, in
wirklich für Kunst zu interessieren. »Ich Die Liebesbeziehung mit Peter Schlesin- Paris, Marrakesch und Rom, in Carennac,
habe ihn angeschaut«, sollte sich Hockney ger sollte Hockneys Leben verändern, für ei- Vichy oder Le Nid du Duc. Peter angezogen.
später erinnern, »und gedacht: Er sieht wie nige seiner schönsten und für viele seiner Peter nackt.
ein echter junger Kalifornier aus. Ein junger, traurigsten Momente sorgen und eine seiner Liebe und Sex sind keine reine Privatsa-
attraktiver Mann, der nicht nur sehr sexy, produktivsten Werkphasen einläuten. In den che, und als Hockney und Schlesinger sich
kennenlernten, waren sie es erst recht noch
nicht. Dass Gefühl und Begehren immer
auch das Produkt von Gesetzen und Konven-
tionen sind, von gesellschaftlichen Codes
und kollektiven Ängsten, wird nirgends of-
fensichtlicher als in unserem Umgang mit
Homosexualität. Die erfreulichen Entwick-
lungen der vergangenen Jahre können leicht
vergessen machen, dass schwule Männer und
lesbische Frauen noch vor relativ kurzer Zeit
vor dem Gesetz nicht nur als Bürger zweiter
Klasse, sondern als Kriminelle galten. Dabei
ging es um sehr viel mehr als um das Recht
auf Heirat, das ihnen in den meisten Ländern
der Welt (einschließlich Deutschland) bis
heute nicht eingeräumt wird. Im vergleichs-
weise toleranten Großbritannien stand
schwuler und lesbischer Sex bis zum Jahr 1967
selbst dann unter Strafe, wenn er in der
Privatheit der eigenen vier Wände stattfand.
Sogar im liberalen Kalifornien wurde einver-

44
Bilder: David Hockney/Richard Schmidt/Collection Astrup Fearnley Museum of Modern Art, Oslo

nehmlicher schwuler und lesbischer Sex erst dass es in London zu Beginn der Sechziger- Da war die Liebe längst passé: 1977 ent-
im Jahr 1975 dekriminalisiert. jahre noch keine wirkliche Schwulenszene stand »Peter Schlesinger with Polaroid
David Hockney hatte seine Sexualität gab. In Los Angeles und seinen Strand-Com- Camera«. Li. Seite: Hockney in Jack Hazans
schon früh akzeptiert. Als er jung war, unter- munitys hingegen hatte sich nach dem Krieg halbdokumentarischem Film »A Bigger
drückten die meisten schwulen Männer ihre eine körperbewusste, sexuell freizügige Sub- Splash« von 1973. Vorige Doppelseite:
Gefühle oder waren gar mit Frauen verhei- kultur entwickelt, die Geburtsstätte moder- »Peter Getting out of Nick’s Pool« von 1966
ratet. Er wollte das nicht. Seine exzentri- nen schwulen Lebens. Hockney wollte unbe-
schen, liberalen Eltern hatten ihm früh bei- dingt nach L. A., obwohl er, wie sein Biograf
gebracht, dass es egal war, was die Nachbarn Christopher Simon Sykes berichtet, nur we- Als Hockney mit Schlesinger zusammenzog,
dachten. Was dazu führte, dass er auch in sei- nig über Südkalifornien wusste und noch hatte er seinen Führerschein schon lange ge-
ner Kunst nicht versteckte, dass er schwul war. nicht einmal einen Führerschein hatte, ohne macht, einen weißen Ford Falcon mit einem
Im Gegenteil, schon während seines Studi- den ein Alltag dort schlicht undenkbar ist. Er breiten roten Streifen an der Seite gekauft,
ums am Londoner Royal College of Art schuf kannte das kalifornische Lebensgefühl vor sein Haar blond gebleicht und seine große,
er Bilder, die, wie er später sagte, »teilweise der allem aus einschlägigen Nacktmagazinen schwarze Brille mit den kreisrunden Gläsern
Propaganda dienten«. wie »Physique Pictorial«, die die strikten Por- erstanden, die er für die nächsten Jahrzehnte
Sein Wunsch, nach Los Angeles zu zie- nografieverbote der Zeit umgingen, indem tragen sollte. Und er hatte die schwule Sub-
hen, entsprang weitgehend der Frustration, sie sich als Sportzeitschriften ausgaben. kultur in den Bars, Clubs und YMCAs der

45
Eine Serie von Fotografien liegt Hockneys
»Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)«
von 1972 zugrunde, das den Geliebten mit
ausdruckslosem Gesicht im roten Sakko zeigt
L I E B E S G E S C H IC H T E N

Stadt in vollem Maße ausgekostet. Die Zeit mit einem Partner zusammenlebten. Und einer subtropischen Utopie, zur spektakulä-
nach seiner ersten Ankunft in Los Angeles, beide sollten sich an jenes Jahr, das sie in San- ren Bühne des schönen, abgeschotteten Le-
erinnerte er sich später, sei die einzige Phase ta Monica verlebten, als Idylle erinnern, eine bens, die augenzwinkernd an Immobilien-
in seinem Leben gewesen, in der er völlig romantische und sexuell erfüllte Idylle. Es broschüren und Lifestylemagazine erinnert.
promiskuitiv gelebt habe. Er war nun bereit, war für sie die erste große Liebe. Keine ande- Stilisierte, überlange Palmbäume vor strah-
sich niederzulassen. re Lebensphase kennt so viel Magie. Tagsüber lend blauem Acrylhimmel waren plötzlich
Die Wohnung in Santa Monica, die er malte Hockney, und Schlesinger besuchte sei- auf seinen Bildern zu sehen, moderne Archi-
für sich und Schlesinger fand, war klein und ne Seminare an der Universität. Die Abende tektur, die sich in leuchtend weißen geome-
heruntergekommen, mit einem Betonfußbo- verbrachten sie lesend und im Bett, gingen in trischen Flächen auflöste, saftgrüner Rasen
den und bot kaum genug Platz zum Malen. Restaurants oder ins Kino oder lagen an den und immer wieder das Emblem des südkali-
Wenn man den Gasherd anmachte, flohen die Pools zweier befreundeter schwuler Paare. fornischen Lebens, vervollständigt mit zu
Kakerlaken in alle Ecken. Für beide war es Und noch etwas hatte Los Angeles bei elegant geschwungenen Linien abstrahierten
dennoch eine überaus glückliche Zeit. Schle- Hockney verändert: sein malerisches Werk. Lichtreflexen: der Swimmingpool.
singers liberale Eltern hatten sich von Hock- Das Licht von L. A. hatte auf ihn einen Ein- Los Angeles ist auf Hockneys Bildern
neys Freunden überzeugen lassen, dass sie fluss, wie es das Licht Nizzas auf Henri Ma- der Schlesinger-Zeit der Ort, wo sich die
sich keine Sorgen machen mussten. Für die tisse hatte oder das Tahitis auf Paul Gauguin. Hochmoderne mit der schwulen Subkultur

Bild vorherige Doppelseite: David Hockney/Art Gallery of New South Wales/Jenni Carter; Bilder diese Seite: privat; ddp images
beiden Männer war es das erste Mal, dass sie Los Angeles wurde in Hockneys Bildern zu trifft – repräsentiert durch die Akte junger
Männer, in der Dusche, am Rand des Pools
oder auf Luftmatratzen im Wasser treibend.
Wenn man sich Hockneys Frühwerk und die
Auseinandersetzung mit dem schwulen Le-
ben darin heute anschaut, fragt man sich,
wie es möglich war, dass er damit durchkam.
Man kann kunsthistorische Strategien zur
Erklärung heranziehen – seine Weiterverar-
beitung klassisch kodierter Aktmalerei etwa
oder seine Zitate des traditionellen Motivs
der Badenden –, aber was von seinen Bildern
am deutlichsten zurückbleibt, ist die lieben-
de Selbstverständlichkeit, mit der er Facetten
der Homosexualität einfing. Eine so noncha-
lante Selbstverständlichkeit, dass sie von je-
dem feindlichen Radar übersehen wurde.
Auch stellte Hockney scheinbar mühe-
los die malerischen Diskurse seiner Zeit in-
frage. Clement Greenbergs Abstraktionsdog-
ma, demzufolge nichts Äußeres, sondern nur
noch Flächigkeit und Farbe Gegenstand ei-
nes Gemäldes sein dürften, verwies er mit
Es war für beide Männer die erste große Liebe. Keine Witz in die Schranken, indem seine Farbflä-
chen konkrete architektonische Elemente
andere Lebensphase kennt so viel Magie. darstellten. Jackson Pollocks Drip-Paintings
malte er einmal groß und einmal klein fein
säuberlich als weiße Wasserspritzer nach.
Hockneys Kalifornienporträts sind schöne
Bilder, die im Grunde subversiv sind.
Nichts schmerzt so sehr wie das Ende
der ersten großen Liebe. Um nichts kämpft
man so wie um ihren Erhalt. Wahrscheinlich
trifft das noch mehr auf schwule romanti-
sche Beziehungen zu, die Ende der Sechziger-
jahre noch als Avantgarde gelten konnten, als
großer Glücksfall, da die Vorbilder dünn ge-
sät waren. Die ersten Anzeichen einer Krise
zwischen den Liebenden deuteten sich an, als
David Hockney und Peter Schlesinger im Juli
1967 zusammen nach London zogen. »Es war
ein wenig beängstigend«, erzählte Schlesin-
ger später. »Ich war erst 19 und schüchtern
und kannte niemanden. Swinging London
war in vollem Schwung, und ich war eine
kleiner, provinzieller Kalifornier.«

48
Bild: David Hockney/Prudence Cuming Associates

Schlesinger kam in ein vorgefertigtes Leben, te, desto nachdrücklicher entwickelte er sei- Im Rausch der Verliebtheit zeichnete
in ein Universum aus Freunden und Unter- ne Malerei weiter. Das Gemälde »The Room, Hockney den Freund in lasziver Schönheit,
stützern, das sich um den Star David Hock- Tarzana«, das Hockney 1967 nach seiner »Peter, Albergo La Flora, Rome«, 1967.
ney drehte, dessen Kalifornienbilder ihn in Rückkehr nach London fertigstellte, zeigt Li. Seite: Schlesinger als junger Mann in
den englischen Malerolymp katapultiert hat- Schlesinger in einem sonnendurchfluteten Beverly Hills, darunter Filmstill aus »A
ten. Schlesingers Fotos aus jener Zeit, die er Raum, auf dem Bauch im Bett liegend, nur Bigger Splash«, aufgenommen in den frü-
hen Seventies, als sich das Paar trennte
2003 im Buch »Checkered Past« veröffentlich- mit T-Shirt und Socken bekleidet. Zum ers-
te, fangen eine glamouröse Ära ein, die von ten Mal seit einem Jahrzehnt betont Hock-
berühmten Künstlern und Designern, von ney nicht mehr die Flächigkeit des Bildes.
Cecil Beaton oder Mick Jagger, Manolo Blah- Stattdessen erzeugt er die Illusion von Raum- dem. Das letzte Mal, dass er Schlesinger sah,
nik oder Vivienne Westwood bevölkert ist. tiefe und spielt zwei perspektivische Flucht- berichtete der Künstler kürzlich im »Guar-
Er versuchte sein Bestes, einen Platz in die- punkte gegeneinander aus. Zum ersten Mal dian«, sei im Jahr 2012 bei einem Essen in
sem Leben zu finden. Er nahm sich ein eige- seit seinen Anfängen als Kunststudent ließ er New York gewesen. Sie hätten sich eine Stun-
nes Atelier, um zu malen, und wurde an der hier naturalistischen Impulsen freien Lauf, de unterhalten und dann nichts mehr zu sa-
Slade School of Fine Art aufgenommen. ein angesichts der kunsttheoretischen Debat- gen gehabt. Beide Männer hatten im Laufe
Schlesinger arbeitete ernsthaft an seiner Ma- ten jener Zeit geradezu unerhörter Affront. der Jahre sehr viel intensivere und längere
lerei. Aber es gelang ihm nicht, jemals richtig Hockney sollte bis zum Ende der Beziehung Beziehungen. Doch für beide war es diese
Fuß zu fassen in der Kunstszene der Stadt im Sommer 1971 nicht aufhören, Peter Romanze, die sie definierte. Das Schicksal
und sich einen eigenen Namen als Künstler Schlesinger zu zeichnen, zu malen und zu erster großer Lieben ist es meistens, dass man
zu machen. Überall, wohin er ging, war er als fotografieren. Diese künstlerischen Liebes- sie im Nachhinein nicht mehr versteht. Aber
David Hockneys Liebhaber bekannt. erklärungen hielten auch noch an, nachdem auch nie vergessen wird. ×
Mag sein, dass Hockney Schlesingers sich das Paar getrennt hatte.
Probleme nicht vollends wahrnehmen oder Vor allem David Hockney brauchte vie- Hockneys Zeichnungen von Peter Schlesinger sind
verstehen konnte, da er in seiner eigenen Ar- le Jahre, um sich nach dem schmerzhaften noch bis 13. September im Museum Gunzenhauser,
beit und seinem Leben gefangen war. Und in Ende der Beziehung wieder zu fangen. In Chemnitz, und vom 3. November bis 1. Dezember
der Tat, je öfter Hockney seinen Partner mal- Kontakt blieben die beiden Männer trotz- in der Paul Kasmin Gallery, New York, zu sehen

49
LIECHTENSTEI N

Bilder: LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna/Inv.-Nr. SK 1440; LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna/Inv.-Nr. SI 98; Sven Beham/Liechtensteinisches Landesmuseum
M
it dem Einwurf eines Jetons,
den man sich zuvor im Lan-
desmuseum nebenan geholt
hat, geht eine Sicherheits-
schleuse auf. Die Spannung steigt. Eine Tür
schließt sich, erst dann öffnet die nächste ei-
nen lang gestreckten schwarzen Raum, der
sich in der Dunkelheit verliert: Nur die kost-
baren Exponate sind angestrahlt. Es funkelt
und schimmert, wie man es sich in einer
Schatzkammer eben vorstellt. Dabei befin-
den wir uns hier nicht in einer Burg oder ei-
nem Schloss, sondern im Erdgeschoss des so-
genannten Engländerbaus, einem der frühen
Gebäude der Moderne mitten in Vaduz. Im
ersten Obergeschoss ist das berühmte Liech-
tensteinische Postmuseum beheimatet, im
zweiten der Kunstraum der Kulturstiftung
für regionale zeitgenössische Künstler.
Zuerst fällt der Blick auf eine Krone, die
hier in einer Vitrine prangt: Der originale
Herzogshut, den Fürst Karl I. Anfang des
17. Jahrhunderts mit über hundert Diaman-
ten, sechzehn Rubinen und einundzwanzig
Perlen bei einem Frankfurter Juwelier in
Auftrag gab, ist allerdings verschwunden.
1781 heißt es in einer Inventarliste lakonisch,
die Krone sei »abgängig«. Im Jahr 1978 ließen
das Land und die Gemeinden anlässlich des
40. Regierungsjubiläums von Fürst Franz Jo-
sef II. eine Replik herstellen, die jetzt einen
Eindruck des kunstvollen Machtsymbols
und seiner magischen Aura vermittelt. Es
handelt sich, wie bei weiteren Kostbarkeiten
auch, um eine Leihgabe des Fürstenhauses.
Dem Kunsthistoriker wird das Herz
beim Anblick eines barocken Elfenbeinre-
liefs von Ignaz Elhafen höher hüpfen, das die

Liechtensteins Schätze Auffindung des Mosesknaben darstellt, oder


bei der kleinen Silberstatuette des »Orpheus
mit der Harfe« aus den Jahren 1613/15. Auch
die Altmeistergemälde an den Wänden stam-
Ein Besuch in der neu eingerichteten Schatzkammer gleicht men aus dem Fürstenhaus, ein »Affengelage«
einer Reise durch 500 Jahre Sammelgeschichte und führt von David Teniers d. J., daneben bäuerliche
Genreszenen von Adriaen von Ostade und
vom kleinen Fürstentum durch ganz Europa bis ins Weltall ein Blumenstillleben von Franz Werner
Tamm, gemalt in Wien 1715.
Schon Fürst Karl Eusebius gab seinen
VON
Nachkommen den Rat, Ruhm als Bauherr
LISA ZEITZ
und Sammler zu suchen, nicht als Kriegsheld,

50
LIECHTENSTEI N
Bilder: Sven Beham/Liechtensteinisches Landesmuseum; Sven Beham/Liechtensteinisches Landesmuseum; LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna/Inv.­Nr. WA 4141

Koloman Moser vergaß bei seinem Brief­


markenentwurf das »e« von Liechtenstein.
Den Rheinfall bei Schaffhausen (re.) malte
der Romantiker Johann Ludwig Bleuler. Der
barocke Hirschfänger unten gehört zur
Waffensammlung der Fürsten. Li. Seite der
immerwährende Kalender (kurz nach 1587)
und »Orpheus mit der Harfe (1613/15) aus
der fürstlichen Kollektion, das »Apfelblüten­
Ei« von Fabergé aus der Sammlung Goop

doch im Lauf der Jahrhunderte durchziehen kammer bieten dennoch nur eine kleine Aus- schluchten zum Bodensee und nach Köln bis
unweigerlich immer wieder militärische Er- wahl aus den rund 4000 Eiern. Als Höhe- zur Nordsee – das am Rhein gelegene Liech-
eignisse und Karrieren die Geschichte der Fa- punkt ist das sogenannte Apfelblüten-Ei von tenstein mit dem Rest von Europa.
milie, meist im Dienst der Habsburger. Die Fabergé zu bewundern, das mit emaillierten Für die Souveränität des Landes spielt
außergewöhnliche Sammlung an Waffen Blütenblättern, Diamanten und roségolde- das Thema Post eine besondere Rolle. »Für
und Rüstungen beinhaltet etwa einen Teil nen Zweigen verziert ist, die auf hauchdünn die Liechtensteiner sind ihre Briefmarken
der Rosenblattgarnitur Kaiser Maximilians II.: geschnittene dunkelgrüne Jade appliziert nicht nur filigrane Kunstwerke, sondern auf
eine metallene Faust, die sogenannte Hentze, sind. Das 14 Zentimeter breite Kleinod hat wenigen Quadratzentimetern symbolisierte
mit feiner schwarz geätzter Dekoration und der russische Großindustrielle Alexander Unabhängigkeit«, sagt Rainer Vollkommer,
vergoldeten Nieten – sie ist 1571 in Landshut Fernandowitsch Kelch im Jahr 1901 als Ge- der nicht nur Direktor der Schatzkammer ist,
von Meister Franz Grosschedel gefertigt wor- schenk für seine Frau bei Carl Fabergé und sondern auch des Landesmuseums und des
den. Zwei Radschlosspistolen mit detailrei- seinem Werkmeister Michael Perchin in Postmuseums. Die erste Zwei-Heller-Marke
chen Elfenbeineinlagen sehen aus, als ob sie St. Petersburg in Auftrag gegeben. mit dem Bildnis des Fürsten Johann II. ent-
nicht zum tatsächlichen Schießen, sondern Die Sammlung Goop beinhaltet auch warf der Jugendstilkünstler Koloman Moser
gleich für die Kunstkammer in Auftrag gege- viele Eier, die einst zu den Osterfesten am im Jahr 1912.
ben wurden, und drei wertvolle spanische russischen Zarenhof verschenkt wurden. So Das jüngste Kapitel der Schatzkammer
Jagdflinten, Geschenke von Kaiser Joseph II., ist zum Beispiel überliefert, dass Katharina II. zielt ins Weltall – hätten Sie gedacht, dass die
zeugen davon, dass die Jagd ein Privileg der im Jahr 1793 nicht weniger als 373 Porzellan- Apolloraketen mit Technologie aus Liechten-
Herrscher war. Darunter ist eine Stein- eier erhielt, aber es gab auch Ostereier aus stein an den Start gingen? Die Firma Balzers
schlossflinte von Joaquin de Zelaia, einem Kristallglas, Email oder Edelstein, Holz und war in den Sechzigerjahren führend in den
der spanischen Meister, der im 18. Jahrhun- Papiermaché. Bereichen Beschichtung und Vakuumtech-
dert zu den begehrtesten Adressen für Neben den Ostereiern vermachte der nik – so kommt es, dass jetzt fünf Brocken
Schusswaffen zählte. Sammler Adulf Peter Goop dem Land auch Mondgestein hier aufbewahrt werden. Vier
Das kleine Land Liechtenstein kann eine Folge von 77 Gouachen des Romanti- davon sammelten Neil Armstrong und Buzz
sich aber nicht nur mit den Sammlungen des kers Johann Ludwig Bleuler (1792–1850). Sie Aldrin 1969 bei der ersten Mondlandung ein
Fürstenhauses und der Hilti Art Foundation umfassen ein Großprojekt, denn Bleuler hat- – sie wurden vom damaligen US-Präsidenten
schmücken. Zu den großen liechtensteini- te es sich zur Aufgabe gemacht, den Rhein Richard Nixon als Geschenke an Liechten-
schen Privatsammlern zählte Adulf Peter von seiner Quelle bis zur Mündung in Bil- stein überreicht. Von allen Objekten der
Goop (1921–2011), der sein Heimatland kurz dern festzuhalten. Seinen Wohnsitz und die Schatzkammer sind sie vielleicht nicht die
vor seinem Tod reich beschenkte. Eine seiner Werkstatt, in der Stecher und Koloristen die kostbarsten, aber gewiss die kuriosesten. ×
Leidenschaften galt Ostereiern, und es gibt Werke vervielfältigten, hatte er direkt am
wohl kaum eine internationalere Kollektion. Rheinfall von Schaffhausen. In gewisser Wei- Schatzkammer Liechtenstein, Vaduz, Städtle 37,
Die üppig bestückten Vitrinen der Schatz- se verbindet die Bilderreise – von den Alpen- täglich 10–17 Uhr außer 24., 25., 31.12. u. 1.1.

51
Kunsthändlerverband
Deutschland
F aireR ahm en b ed in gu ngenb ildend ieG ru ndlagefü rein en
vielfältigenu n dp rosp erieren d enH an delm itK u nstu n dA n tiqu itäten.
F ürd iesen otw en d igenV orau ssetzu n gensetztsichd erK D -
K u nsthän dlerverb an dD eu tsch lan dseitlan gemm itzah lreich en
A ktivitätenein .U n sereM itglied erü b erallinD eutsch lan den gagieren
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geschnitztemG reifin
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beidseitigverspiegelt

H1
64xT6
1,5cm
S A M M L E R SE M I N A R

SAMMLER
SEMINAR Nº 2 3

Art-nouveau-Glas

Bild: Kastern, Hannover

Die Ziergläser des französischen Jugendstils waren ein brodelndes Experimentierfeld für neue
Formen, Farben und Techniken. Sammlern bietet sich eine bezaubernde Auswahl

VON
A SK A N QU I T T E N B AU M

54
S A M M L E R SE M I N A R

E
Es gibt sie immer noch, die Dachbodenfunde,
die ins Auktionshaus getragen werden. Vor
ein paar Jahren kündigte sich auf einer mei-
ner Expertenreisen eine Dame mit einer fran-
zösischen Glasvase an, die ich mir mal anse-
hen sollte. Wir verabredeten uns in der Lobby
meines Hotels. Zur Begrüßung knallte sie
mit Schwung ihre Handtasche auf den Tisch
– darin die Vase, unverpackt, in ihren Augen
ein langweiliges Erbstück von der verstorbe-
nen Tante. Wie ich bereits vermutet hatte,
handelte es sich um eine Vase von Émile
Gallé mit einem seltenen Dekor, die sich ein
Sammler in der kommenden Auktion für
Bilder: Dorotheum, Wien (2); Hargesheimer, Düsseldorf

29 000 Euro sicherte. Kennerschaft lohnt sich.


Gerade beim Glas des Art nouveau, der fran-
zösischen Variante des Jugendstils. Der Markt
dafür ist seit Jahren sehr groß und stabil.
Art-nouveau-Glas wird auf der ganzen
Welt gesammelt. Manches Papieretikett am
Boden einer Vase erzählt nicht nur die Ge- 2
schichte eines Ladengeschäfts in Paris, son-
dern verweist auf eine Provenienz aus Bue-
nos Aires oder New York. Ein besonderes 3
Faible hegen die Japaner, die in den Zierglä-
sern den Einfluss ihrer eigenen Ästhetik
schätzen. Kunst und kunstgewerbliche Ob-
jekte aus Japan gehörten zu den wichtigsten 1
Inspirationsquellen der Jugendstilkünstler.
Es war eine Zeit des Umbruchs und großar-
tiger Neuerungen auf vielen Ebenen. Auch
die Kundschaft war im Wandel und bestand
vermehrt aus Künstlern und erfolgreichen
Industriellen, die ihren modernen Lebensstil
In den 1920ern reduzierten sich die Ju-
zum Ausdruck bringen wollten. gendstilformen zu klarer Grafik: 1 Die Vase
ableiten. In diesem Mai wurden bei Sothe-
von Legras mit dem Kaskadenbrunnen by’s in Paris für eine Vase von Émile Gallé
Nancy, die Glashauptstadt brachte 2013 im Dorotheum inkl. Aufgeld mit Aufgeld 435 000 Euro bewilligt, der
Die Künstler des Art nouveau waren ab 1870 1250 Euro 2 Vase mit Dahliendekor von höchste Zuschlag für diesen Künstler seit
die Ersten, die es verstanden, das Glas so zu Burgun, Schverer & Co., um 1897; 2002 er- dem Ende der extremen Hochpreisphase in
behandeln, dass alle ästhetischen Qualitäten zielte das Stück im Dorotheum 18 300 Euro den 1980er-Jahren. Die Vase hat die Form ei-
und Möglichkeiten des Materials zum Vor- 3 Die Jardinière von Daum, 1907, brachte ner Blütenknospe; auf der Wandung er-
schein kamen. Durch komplexe Überfang- bei Hargesheimer mit Aufgeld 6250 Euro scheint eine geschnittene Lilienblüte vor ei-
techniken und Pulvereinschlüsse erreichten Linke Seite: Vase mit Frauenschuh in Zwi- nem vielfarbigen impressionistischen
vor allem die Manufakturen der École de schenschichtmalerei, im März bei Kastern Hintergrund. Zu den höchsten Zuschlägen
Nancy eine nie dagewesene Polychromie für 3000 Euro zugeschlagen der Manufaktur Daum Frères gehört ein
und Tiefe der Farben. Durch kalte Verede- Glaskürbis, der 2006 bei Christie’s in New
lungstechniken wie Schneiden und Ätzen ar- York 156 000 Dollar (samt Aufgeld) erzielte.
beiteten sie die Dekore plastisch heraus. In Émile Gallé und Daum Frères waren
der Glaskunst lassen sich Malerei und Skulp- um 1900 die beiden größten Produzenten
tur verbinden, von dieser Qualität kann man von Kunstgläsern, und noch heute geben
auch die Bewertungen der teuersten Gläser ihre Werke auf dem Kunstmarkt den Ton an.

55
S A M M L E R SE M I N A R

Beide Firmen produzierten in Nancy, das seit 1 Vase von Émile Gallé, um 1890, in das und spezialisierte sich rasch auf hochwertige
1871 vom Deutschen Reich annektiert war rauchbraune Glas ist Reliefdekor geätzt, Gläser. Zudem schuf er Keramiken und Mö-
und sich Ende des 19. Jahrhunderts zu einem die Libellen sind in Emailmalerei ausge- bel. Seine Kunstgläser sind besonders begehrt
der wichtigsten Kunstzentren des Jugendstils führt. Bei Dr. Fischer fiel dafür 2014 der und zeigen seine künstlerische Bandbreite.
in Europa entwickelte. Hier in Lothringen, Hammer bei 10 000 Euro 2 Tischlampe Das in mehreren Schichten produzierte Über-
»Lys« (Lilie) von Gallé in Überfangtechnik,
das sich auch unter den Deutschen in künst- fangglas mit aufwendigen Ätzdekoren wurde
Endpreis 5600 Euro bei Hargesheimer,
lerischen Dingen beharrlich nach Frank- zu einem zentralen Bestandteil seines techni-
2014 3 Eugène Rousseau und Ernest Lé-
reich und vor allem nach Paris orientierte, veillé, Schale mit abstrakter Polychromie, schen Repertoires. Gallé war fasziniert von
hatten sich Kunsthandwerker, Industrielle 1566 Euro mit Aufgeld, 2013 bei Tajan der Botanik, unternahm intensive Pflanzen-
und Kaufleute zu einer losen Vereinigung zu- studien und betätigte sich aktiv im Vorstand
sammengeschlossen, mit dem Ziel, die tradi- mehrerer Gartenbaugesellschaften. Magno-
tionellen kunsthandwerklichen Techniken lien, Glyzinien, Hortensien, Akeleien, wilder
zu lehren und zu fördern und dabei die Vor- Wein, Clematis, Orchideen und Seerosen zie-
teile der industriellen Fertigung und des mo- ren, detailgenau beobachtet, seine Entwürfe.
dernen Vertriebes mit einzubeziehen. Zum Stimmungsvolle Landschaftsdekore wie die
Leitbild der Mitglieder, festgeschrieben in »Ligne bleue des Vosges« im farbigen Licht
den Statuten 1901, gehörte die Orientierung der auf- oder untergehenden Sonne sind bei
am Vorbild der Natur, um sowohl bei Luxus- vielen Sammlern genauso beliebt wie Vasen
objekten und Unikaten als auch bei seriellen mit floralen Motiven.
Gebrauchsgegenständen Eleganz und
Schönzeit zu erzielen. Gallé oder Daum?
Zu den Gründungsmitgliedern Besonders gefragt sind Gallés vases parlantes
der École de Nancy gehörte (sprechende Vasen), bei denen literarische

Bilder: Dr. Fischer, Heilbronn; Hargesheimer, Düsseldorf; Tajan, Paris


Émile Gallé. Er übernahm in Inschriften von Victor Hugo und anderen
den 1870er-Jahren die väterli- Autoren die poetische Ausdruckskraft seiner
che Keramikmanufaktur floralen Dekore steigern. Auf die von ihm
entwickelte, sehr aufwendige Technik der
Marqueterie meldete der Glaskünstler 1898
zwei Patente an. Diese seltenen Modelle kön-
nen auf dem Markt leicht 100 000 Euro erzie-
len. Gute Chancen für Sammler mit be-
schränktem Budget bieten Gallés Stücke, die
nicht den allgemeinen Schönheitsidealen
entsprechen, etwa die vases de tristesse, die
traurigen Vasen, mit nächtlichen Stimmun-
gen in düsteren Farben, aber technisch
höchst anspruchsvoll umgesetzt.
Es gibt Sammler, die Gallé-Gläser ver-
schmähen und sich lieber auf die Manufak-
tur Daum Frères konzentrieren, die sich
ebenfalls in den 1870ern in Nancy etablierte.
Die opake Oberfläche, erzielt durch Pulver-
einschlüsse, gehört zu den charakteristischen
Merkmalen der Daum-Stücke. Großer Be-
liebtheit erfreuen sich derzeit emailbemalte

1
3

56
S A M M L E R SE M I N A R

Die wichtigsten Glasmanufakturen des Art nouveau


Bilder: Robert Zehil Gallery; Schürenberg, Aachen; Tajan, Paris; Dorotheum, Wien; Tajan, Paris; Pusch, Bamberg; Dorotheum, Wien; Quittenbaum, München

Amédée de Caranza Daum Frères


Zunächst schuf Caranza emaillierte Stücke in Bedeutende, auf den Weltausstellungen preisge-
orientalischer Art für diverse Keramikmanufak- krönte Manufaktur. 1878 erwarb Jean Daum in
turen. Ab 1895 sind erste Glasarbeiten bekannt, Nancy eine Glasfabrik, die seine Söhne Auguste
ab 1903 war er für die Glasfirma Henri Copillet und Antonin zum Erfolg führten. Typisch sind
in Noyon tätig. Seine Spezialität war der opake Oberflächen durch Pulvereinschlüsse und
Lüsterdekor auf Glas, wie bei dieser Vase, die die emailbemalte Landschaftsvasen. Die Freesienvase
Zehil Gallery anbietet; Preis auf Anfrage. kostet bei Pusch in Bamberg 2600 Euro.
Désiré Christian
Er arbeitete für Burgun, Schverer & Co.
und für Émile Gallé, bevor er um 1900
seinen eigenen Veredelungsbetrieb für
Zier- und Gebrauchsgläser in Meisen-
thal gründete. Hervorragende Leistun-
gen bei Gläsern mit farbigem Dekor
zwischen den Überfangschichten. Die
Flaschenvase mit Kornblumendekor er-
zielte im Dorotheum 3472 Euro.

Burgun, Schverer & Co. Émile Gallé


1711 gegründeter Betrieb in Meisenthal, der ab Gründer der Vereinigung École de Nancy und
1889 zum bedeutendsten Unternehmen für erfolgreichster Glaskünstler seiner Zeit. Entwarf
Kunstgläser und Trinkglasgarnituren in Elsass- komplexe Überfanggläser mit geätzten Dekoren.
Lothringen aufstieg. Fertigte per Geheimvertrag Nach seinem Tod 1904 produzierte die Firma
einige Jahre Gläser für Gallé. Vase »Cœur de weiter bis in die 1930er-Jahre. Flakon mit Frosch-
Jeannette«, 16 500 Euro bei Schürenberg. motiv, mit Aufgeld 20 000 Euro im Dorotheum.

Legras & Cie.


Bedeutende Firma um 1900 mit rund
1500 Arbeitern und 150 Dekorateuren.
Industriell gefertigte Massenartikel.
Häufig sind Gläser im Stil Gallés mit
Email- und Goldmalereien versehen. Ab
1908 für einige Jahre Hersteller von
Ernest Léveillé Parfumflaschen für Lalique. Mohnvase, Muller Frères
Inhaber eines Glas- und Keramikgeschäftes in 5100 Euro inkl. Aufgeld bei Tajan. Die alte Glasbläserfamilie gründete 1895 in
Paris, der erst Mitarbeiter, dann Partner des Glas- Lunéville einen Veredelungsbetrieb für Ziergläser.
künstlers Eugène Rousseau wurde. Typisch sind Neben geätztem Überfangglas kam die fluo­
geschnittene, ägyptisierende Spiral- und Ranken- gravure zum Einsatz, bei der die Oberfläche vor
muster oder Imitationen von Halbedelsteinen dem Säurebad mit Emailstaub eingefärbt wird.
wie diese Dose (Erlös: 1148 Euro bei Tajan). Die Vase erzielte 2250 Euro bei Quittenbaum.

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S A M M L E R SE M I N A R

Émile Gallés Vase »Rose de France« erzielt dem nicht unbedingt die höchsten Preise,
immer wieder Spitzenpreise. Dieses Exem- weil sie oft in ihrer Erscheinung etwas zu-
plar von 1901 (u.) kletterte bei Quitten- rückhaltend sind und nur der wahre Kenner
baum 2013 mit Aufgeld auf 146 625 Euro. ihre Qualitäten zu schätzen vermag.
Aber auch für kleine Geldbeutel gibt es Gläser aus dem Haus Muller Frères im
Stücke: Landschaftsvase von Legras, um lothringischen Croismare erreichen nicht die
1900/14, die Wendl für 150 Euro zuschlug.
technische Qualität der beiden großen Fir-
Rechte Seite: Vase mit reizvollem Über-
men. Ihre geätzten und emaillierten Land-
fangdekor von Muller Frères, bei Tajan
2014 für 2706 Euro inkl. Aufgeld verkauft schaftsvasen sind jedoch häufig von einer ein-
zigartigen impressionistischen Qualität; auf
Auktionen werden sie meist zu moderaten
Preisen noch unter 2000 Euro aufgerufen. An
die grafische Qualität von chinesischen Tu-
schezeichnungen erinnern die technisch
einfachen Arbeiten aus dem Haus Legras.
Kleinformatiges aus der in Saint-Denis ange-
siedelten Manufaktur können Einsteiger
schon für weniger als 200 Euro erwerben. Als
Raritäten gelten Gläser von Amédée de Ca-
ranza, der als einziger Glasproduzent in
Frankreich den Lüsterdekor verwendete.
Wie bestimmen sich heute die Preise?
Ein wichtiger wertsteigernder Faktor ist Sel-
tenheit. Farbenprächtige Modelle mit vielen
Überfängen und aufwendigen Ätzungen
oder Schnitten werden mit hohen Schätzun-

Bilder: Quittenbaum, München; Wendl, Rudolstadt


gen honoriert. Auch eine besondere Form
oder die richtige Größe für die heimische Vi-
trine sind wichtig. Plastische Applikationen,
wie Henkel oder Bänder sind eher preisstei-
gernd. Tischlampen mit einem Glasfuß und
einem Glasschirm waren bis vor einiger Zeit
grundsätzlich höher bewertet als Vasen.
Doch unlängst gab es einen Trendwechsel,
und jetzt kann man eine schöne Gallé-Lam-
pe von einem halben Meter Höhe manchmal
schon für deutlich unter 10 000 Euro kaufen.
Bronzemontierungen sind bei einigen
Sammlern nicht so beliebt, weshalb es da zu
Landschaftsvasen. Waldszenerien, dargestellt sein. Als Gruppe wirken sie auf Fensterbän- Preisabschlägen kommen kann, vor allem
im Wechsel der vier Jahreszeiten, sind zuwei- ken und in Vitrinen besonders dekorativ. wenn es eine historisierende Montierung ist.
len schon für 500 Euro zu haben. Es geht aber Viele kleinere Manufakturen in Frank- Ein graviertes Relief wird in den meisten Fäl-
bis in den fünfstelligen Bereich: Eine Boden- reich und Lothringen orientierten sich an len höher bewertet als ein nur geätzter Dekor.
vase »Pluviose« mit einem Birkenwald bei den neuen Techniken und Dekoren von Gläser des Art nouveau sind fast aus-
Regen erzielte bei Quittenbaum im Mai über Gallé und Daum. Einige von ihnen erlangten nahmslos bezeichnet. Fehlt einmal die Si-
30 000 Euro. durch ihre technischen und künstlerischen gnatur, wurde sie ursprünglich wohl in Gold
Die vielleicht größte Preissteigerung in Errungenschaften große Bedeutung. So ar- oder Email angebracht und dann mit der
den vergangenen zwei Jahrzehnten lässt sich beitete Burgun, Schverer & Co. aus dem loth- Zeit abgerieben. Bei Daum orientieren sich
bei Vasen mit geätzten und emaillierten ringischen Meisenthal mit Präzision und ei- die Signaturen oft an der verwendeten Tech-
Winterlandschaften verzeichnen. In den ner enormen Farbpalette in der Technik des nik: Geschnittene Stücke haben eine gravier-
Neunzigern konnte man noch für umgerech- Zwischenschichtdekors (décor intercalaire). te Signatur; kamen Emailbemalung oder
net rund 500 Euro ein ansehnliches Stück er- Vergoldung zum Einsatz, finden sich die
werben. Heute kosten Daum-Vasen mit die- Seltenheit und Signatur Techniken auch bei der Manufakturbeschrif-
sem Dekor um 3000 Euro, bei größeren François-Eugène Rousseau aus Paris propa- tung. Hat die Vase nur einen Ätzdekor, sind
Exemplaren in ausgefallenen Formen oder gierte noch vor Gallé die Formensprache und die Lettern oft in Hochrelief geätzt.
mit Henkeln schnell 5000 Euro und mehr. die Dekorwelt Ostasiens. Henry Cros und Die Signatur von Daum hat sich im Lau-
Ein breites Spektrum der hoch geätzten und Albert Dammouse aus Sèvres sowie François fe der Zeit deutlich weniger gewandelt, als es
emailbemalten Modelle stellte Daum Frères Emile Décorchemont aus Conches in der bei Gallé der Fall war. Die früheren Stücke
auch als Vasen, Schalen und Flakons im Normandie waren die Protagonisten des in Daums bestehen aus dem Firmennamen und
Kleinformat her. Solche Miniaturen können Formen gebackenen Glaspulvers, der soge- der Ortsangabe Nancy, meist sitzt noch das
eine sinnvolle thematische Einschränkung nannten Pâte de verre. Stücke von diesen Landeswappen, das Lothringer Kreuz, dane-
beim Sammeln von Art-nouveau-Gläsern Herstellern sind sehr rar, erzielen aber trotz- ben. Frühe Arbeiten von Émile Gallé sind da-

58
gegen sehr umfangreich, oft mit dem Zu- fernt worden. Wichtig zu wissen ist, dass
satz »Cristallerie« und »modèle et décor die meisten Gläser von Émile Gallé, auch
déposés« (Musterschutz) sowie der Ortsan- wenn der Dekor lediglich geätzt wurde, im
gabe Meisenthal oder Nancy versehen. Die- Mündungsbereich Schleifspuren aufwei-
se meist geätzten Signaturen nehmen bei sen. Besonders hohe und schlanke Vasen
manchen Vasen nahezu die gesamte Bo- sind dem Risiko der Enthauptung ausge-
denfläche ein. Oft ist mittig zusätzlich eine setzt, daher sollte man versuchen zu erken-
Blüte zu sehen. Allein die kunstvolle Art nen, ob nicht eine nachträgliche Kürzung
der Signatur lässt manche Sammlerherzen in der Höhe vorgenommen wurde.
höherschlagen. Aber Achtung: Besondere Die zweifelhafte Mode, Vasen nach-
Arbeiten Gallés haben oft eine eher simple träglich in Tischleuchten umzuwandeln,
Signatur. So findet man auf Marqueterie- hat auch vor hochwertigem französischen
Objekten häufig eine kleine, dünn gravier- Glas nicht haltgemacht. Oft ging dies ein-
te Signatur, manchmal mit einer Datierung her mit einer Bohrung für das Kabelloch
und bisweilen auch dem Zusatz »Expositi- im Boden oder in der Wandung. Problema-
on universelle 1900«, der darauf verweist, tisch für den Sammler wird es vor allem,
dass das Glas auf der Weltausstellung in Pa- wenn dieses Loch wieder fachmännisch ge-
ris ausgestellt war, für die Gallé eine ganze füllt wurde, um die absichtliche Beschädi-
B
ureauM
azarin
,
Anzahl sehr hochwertiger Arbeiten schuf. gung des Glases und die damit einherge- P
arisu
m 1
710
hende Entwertung unsichtbar zu machen.
vergleich
b aresM ö belv onN icolasS ageot(1666-1
731
),
Wie man Retuschen aufspürt Hier hilft eine Begutachtung in starkem sieheM useu m sk
atalo gFrankfu rtM useum für
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d teK unst,„einn euerS tilfürE uro
pa“,
Vor jedem Kauf sollte man genau prüfen, Gegenlicht. Eine Kunststofffüllung fühlt A ndréC h arlesB ou lle1642-17 3 2 ,Seite294
ob die angebrachte Signatur zu dem Stück sich zudem wärmer an und leistet beim
passt. Es tauchten nämlich schon authenti- Überstreichen mehr Widerstand.
sche Stücke auf, die jedoch die gefälschte Wenn man dem Verkäufer nicht traut,
P6,6 -7|6816 1M annheim
Signatur einer anderen Manufaktur trugen. empfiehlt sich ohnehin die Begutachtung Telefon:0621/1 02 41 0
Holen Sie sich im Zweifelsfall Rat bei Ex- des Glases bei starker Beleuchtung. So ent- m
ichael@ ju
w elier-michael.d
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perten, oder konsultieren Sie einschlägige deckt man Risse, Sprünge oder Ausbesse- w
ww.ju
w elier-m
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Ausstellungskataloge. rungen. Bei aller Vorsicht sollte man sich
Ganz wichtig ist der Erhaltungszu- nicht zu sehr verunsichern lassen. Nur bei
Bild: Tajan, Paris

stand. Daher sollten vor allem Henkel, einem verschwindend geringen Anteil der
Mündungsrand und Standkante gründlich Stücke wurden derart kriminelle Verände-
untersucht werden. Manchmal sind diese rungen oder Retuschen vorgenommen.
Bereiche nachträglich beschliffen, Henkel Gleichwohl sollte man sich beim Kauf den
oder andere Applikationen gänzlich ent- tadellosen Erhaltungszustand (etwa auf der
Rechnung) zusichern lassen. In Auktions-
häusern empfiehlt es sich, vor dem Mitstei-
gern einen Zustandsbericht anzufordern
und den Katalogtext genau zu lesen.
Der Jugendstil ist eine faszinierende Mark enuhren
Epoche für Sammler. Ob in Nancy, Glas- au s
gow oder Wien, in Darmstadt, Brüssel oder
München, in St. Petersburg, Kopenhagen
zweiterH and
oder Mailand – die eigenständigen Schu-
len haben einen brodelnden Kanon der
Künste entstehen lassen. Wenn man die
Glasarbeiten der École de Nancy und aus
Paris als Teil dieses kreativen Schmelztie-
gels sammelt, wird man einerseits die be-
sonderen Qualitäten immer besser erken-
nen und gleichzeitig über die Jahre zu
einer anspruchsvollen Kollektion gelangen.
Denn auch auf diesem Gebiet gilt: Das UnionGla shütte„D ürrstein2 “m ite wigem
Auge des Sammlers wird im Lauf der Zeit KalenderinR oségo ld1 8kt,
um 2000,H a
n daufzu g
sw erk,lim itierte
besser und besser. Sammeln bedeutet auch Aufl
agev o n50E xem plarenw eltw eit
immer Aussortieren. Das jeweils beste
Stück der eigenen Kollektion wird die
Messlatte für die nächsten Ankäufe sein. × P6,5|6816 1M an nheim
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Askan Quittenbaum ist Geschäftsführer des
Auktionshauses Quittenbaum in München www
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S A M M L E R SE M I N A R

Gut zu wissen
Wie entsteht eine Pâte de verre, und was ist der Überfang? Wer bietet Art-nouveau-Glas an,
und wo schult der Sammler sein Auge? Unsere Übersicht gibt Antwort

Glossar Patinage
Behandlung der Oberfläche durch
Ätzung Chemikalien und Erhitzen im
Dabei wird die Oberfläche in einem Reduktionsofen. Bei Gallé wird mit
Flusssäure-Tauchbad abgetragen. Patinage eine feinblasige Zwischen-
Durch Anbringung einer Schutz- schicht bezeichnet.
schicht in Form des Negativdekors
lässt sich gezielt die Darstellung auf Plaquette (Auflage)
der Wandung komponieren. Durch Der Marqueterie verwandte Technik.
mehrere Ätzvorgänge erzielt man Kleinere vorgeformte Glasstücke
feine Nuancen. Die Ätzung ist eine werden der Oberfläche aufge-
kostengünstige Alternative zum schmolzen und dann meist im
aufwendigeren Schnitt. kalten Zustand überarbeitet. Die
Manufaktur Daum hat so Blüten
Aufschmelzung und Zweige angebracht.
Im heißen Zustand angebrachte
Werkstoffe, z. B. vorgeformte Pressglas
Glasstücke (Henkel, Nuppen, Industriell gefertigtes, unter Druck

Bild: Liné1
Bänder, Fäden etc.), Glaspulver (hier in Formen gepresstes Glas.
spricht man auch von Emailauf-
schmelzung) oder Metallfolien Pulvereinschmelzung
(etwa Gold). Pulverisiertes Farbglas wird auf die
Oberfläche gebracht und dann mit
Emailbemalung einer weiteren Glasschicht
Bei dieser »kalten« Veredelungs- überfangen (siehe auch Zwischen-
technik wird das nahezu fertige schichtdekor). So entsteht ein
Glasobjekt vielfarbig bemalt. wolkiger oder flockiger Effekt. Vor
Einfarbige Bemalungen werden allem die Manufaktur Daum Frères
häufig in Schwarzlot oder in Gold verwendete diese Technik sehr
vorgenommen. häufig. Von Pulveraufschmelzungen
spricht man, wenn es keinen
Lüstrierung Nancy behauptete sich neben Paris als Art-nouveau-Kapitale. Das Musée de l’École
weiteren Überfang gibt. Dann
Auch Irisierung. Dabei werden de Nancy (hier ein Gartenpavillon) zelebriert diese Blütezeit als Gesamtkunstwerk entsteht eine raue Struktur.
silberhaltige Bänder oder Fäden
aufgeschmolzen, die danach in Schnitt (Gravur)
einem Reduktionsofen ihren Dekors ausmachen; meist in kaltem dem Model, geblasen. Der Model, Die »kalte« Veredelungstechnik
metallischen Charakter erhalten. Zustand mit dem Gravurrad meist aus Holz, wird vor allem für entspricht der klassischen Glasgra-
Louis Comfort Tiffany in New York überarbeitet. Die Manufaktur Gallé eckige Vasenformen oder eine vur. Die Oberfläche wird mit dem
arbeitete als erster Glaskünstler in wurde für diese Technik berühmt. Rippenoptik verwendet. Gravurzeug – rotierenden Rädchen,
dieser Technik. Er wollte damit die meist aus Kupfer – bearbeitet. Man
antiken Gläser nachahmen, die Martelé Pâte de verre spricht von geschnittenen oder mit
durch die Lagerung im Erdboden Vom französischen marteau In Formen »gebackenes« Glaspulver, dem Rad überarbeiteten Flächen.
einen natürlichen Schimmer (Hammer). Der Begriff verweist auf was ein opakes bis transluzides Unterschieden wird der Hoch-,
angenommen hatten. Die Lüster- die hammerschlagartige Struktur Erscheinungsbild ergibt. Henry Relief- oder Kameenschnitt vom
technik wurde beim französischen bei Metallarbeiten. Durch Cros arbeitete bereits in den Tief- oder Intaglioschnitt.
Glas fast ausschließlich von den entsprechenden Schliff wird die 1880er-Jahren in dieser Technik, da
Glaskünstlern Amédée de Caranza Glasoberfläche in ähnlich aussehen- er nach einem Werkstoff suchte, der Sculpture de verre
und Jeanne Duc angewendet. der Weise bearbeitet. seinem bevorzugten Material Wachs Große, plastische Glasstücke, die in
ähnlich war. Danach waren heißem Zustand auf dem Glaskor-
Marqueterie Modelgeblasen François-Emile Décorchemont und pus angebracht werden. Émile Gallé
In heißem Zustand werden größere Das Glas wird nicht »frei« mit Albert Dammouse bedeutende hat ganze Rosenblüten bei seinen
Glasstücke aufgeschmolzen, Zangen, Hefteisen u. a. Werkzeugen Vertreter in dieser speziellen berühmten Vasen »Rose de France«
die häufig den zentralen Teil des geformt, sondern in eine Hilfsform, Disziplin der Glasherstellung. aufgeschmolzen.

60
S A M M L E R SE M I N A R

Überfang Hentrich und Gerda Koepff und Wer gerade einsteigt, mehr
Schichtung eines Glaskörpers. Oft viele weitere bedeutende Exponate Sicherheit und auch den Austausch
werden bis zu fünf Schichten geben einen umfassenden Einblick mit profilierten Kennern des
nacheinander in heißem Zustand in das französische Glas des Jugendstilglases sucht, der erfährt
auf das Werkstück gebracht, indem Jugendstils und in die Geschichte bei Dr. Fischer in Heilbronn mit
man es wiederholt in den Glashafen der Glaskunst überhaupt. Es lohnt seinen regelmäßigen Glasauktionen
(Behälter mit flüssigem Glas) aber auch der Weg nach Mainz ins und bei Quittenbaum in München
eintaucht. Besondere Effekte Mittelrheinische Landesmuseum. mit dem liebevoll gepflegten Fokus
entstehen, wenn kontrastreiche 1976 wurde hier bereits die auf Jugendstil, Glas und Design
Farben verwendet werden und man Sammlung Gruber präsentiert, die kompetente und auch enthusiasti-
zudem durch Ätzung oder Schnitt mittlerweile fester Bestandteil des sche Beratung.
Dekore anbringt. Museumsbestandes ist. Ein Mekka
für Liebhaber des Art nouveau ist
Zwischenschichtdekor das Musée de l’École de Nancy: ein Lesen
Oberflächenbehandlung zwischen Gesamtkunstwerk in der Villa
Überfängen, angebracht im kalten Corbin. Architektur, die Einrich- In Alastair Duncans »The Paris
oder heißen Zustand. Dabei tung mit Möbeln von Louis Salons 1895–1914. Ceramics and
können Metallfolien oder -oxyde Majorelle, Kunst und Kunstgewerbe MARQUETERIE Vase von Gallé, Glass« (Antique Collectors’ Club,
aufgeschmolzen werden. Häufig sowie ein prächtiger Garten lassen am 17. November bei Quittenbaum, 1998) ist mit den Abbildungen der
Taxe 15 000–20 000 Euro
werden Glasmassen aufgeschmol- die Epoche wiederauferstehen. Von alten Ausstellungskataloge das Beste
zen oder mechanisch entfernt. Émile Gallé sind rund 400 Objekte, vom Besten dokumentiert. Bis
Auch die Patinage und die Gläser und auch Keramiken zu hier eine besondere Expertise. In heute ein Standardwerk ist der
sehen. Mit einer großartigen Berlin bietet Wolfgang Gützlaf eine Katalog der Ausstellung »Nancy
Bilder: Quittenbaum, München; Van Ham, Köln; Quittenbaum, München; Dorotheum, Wien

Kollektion von Gläsern kann auch gute Auswahl an Glas und Schmuck 1900« des Münchner Stadtmuseums
das Musée des Arts Décoratifs in vom Jugendstil bis zum Art déco; in (Philipp von Zabern, 1980).
Paris aufwarten. Wie in Düsseldorf Bamberg wird man in der Glaserie Pflichtlektüre für Sammler ist der
sind hier die Vorläufer des Art Pusch fündig. Ein hervorragendes Bestandskatalog »Glas. Frankreich«
nouveau aus dem Historismus und Angebot an Gläsern aus der Zeit der Sammlung Hentrich (Prestel,
die Nachfolger des Art déco sehr um 1900 hat die Galerie Kovacek in 1985). Die zweite im Museum
schön zu sehen. Wien. Wer nach Paris reist, der sollte Kunstpalast zu sehende Kollektion
nicht die Galerie J-Point versäumen, ist in dem Band »Glas des Art
die einen ambitionierten Schwer- Nouveau. Die Sammlung Gerda
Kaufen punkt auf Art-nouveau-Glas pflegt.
Ein Gesamtkunstwerk für sich ist
LÜSTRIERUNG Schimmernde Vase Gläser des Art nouveau sind in die Robert Zehil Gallery in Monaco,
von Caranza, 2006 bei Quitten- vielen Antiquitätengeschäften zu die alle Sparten, vor allem aber
baum für 4300 Euro zugeschlagen finden, sofern sie noch ein Möbel und die anderen angewand-
spartenübergreifendes Angebot ten Künste des Art nouveau und des
Pulvereinschmelzung sind aufrechterhalten. Natürlich kann Art déco abdeckt. Glas spielt dabei
Zwischenschichtdekore. Am Ende man auch auf dem Flohmarkt oder selbstverständlich eine prominente
wird die Oberfläche mindestens ein bei Ebay fündig werden. Aber wer Rolle. In der Macklowe Gallery in
weiteres Mal überfangen. Burgun, ernsthaft sammelt und sichergehen New York stehen naturgemäß die
Schverer & Co. hat Vasen mit will, einwandfreie Stücke und Arbeiten von Tiffany im Fokus, aber
aufwendigem Zwischenschicht- sachkundige Beratung zu bekom- auch viele Gläser des französischen
dekor gefertigt. men, der sollte sich an ausgewiese- Art nouveau sind hier zu entdecken.
ne Fachhändler wenden. Etwa
Brigantine 1900 in München, wo MARTELÉ Vase von Burgun,
Schauen das Art-nouveau-Glas seinen festen Bieten Schverer & Co. (Detail, siehe S. 55)
Platz neben dem deutschen und mit hammerschlagartiger Struktur
Art-nouveau-Glas wurde schon zur österreichischen Jugendstil hat. Sotheby’s und Christie’s rufen
Zeit seiner Entstehung von Museen Bereits in zweiter Generation Art-nouveau-Gläser vor allem auf, Koepff« wissenschaftlich und
gesammelt. Legendär sind die widmet sich Schürenberg Kunst- wenn sie sich im hochpreisigen materialreich aufgearbeitet (Prestel,
Erwerbungen von Justus Brinck- handel in Aachen der angewandten Segment bewegen. Ein breitere 1998). Empfehlenswert ist
mann, dem Direktor des Hambur- Kunst des Jugendstils und der Preisspanne findet man bei Christophe Bardins Monografie
ger Museums für Kunst und Moderne. Für Glaskunst pflegt man Bonhams, dem Dritten im Bund der »Daum 1878–1939. Une industrie
Gewerbe, auf der Pariser Weltausstel- großen Global Player. Eine reiche d’art lorraine« (Éd. Serpenoise, 2004).
lung von 1900. Er brachte unter und gut aufbereitete Auswahl findet Zu Émile Gallé gibt es die meisten
anderem eine ganze Anzahl von sich bei den mittelständischen, Veröffentlichungen. So hat der
hochkarätigen Marqueterie-Vasen generalistischen Häusern Europas Botaniker François Le Tacon
Gallés in die Hansestadt. Der Besuch wie dem Wiener Dorotheum, Tajan hochinteressante Bücher herausgege-
des Museums lohnt sich in jedem in Paris, Van Ham und Lempertz in ben, etwa Gallés künstlerische und
Fall, weil die ganze Jugendstil-Samm- Köln oder Neumeister in botanische Schriften. Sehr fundiert
lung sehr umfangreich ist. Den München. Vereinzelte Art-nouveau- sind die Bücher des Musée de l’Ecole
vollständigsten Eindruck in Deutsch- Gläser hat fast jedes kleinere oder de Nancy, z. B.: »Émile Gallé et le
land erhält man in der Glassamm- abgelegene Auktionshaus. Nicht verre« (2014) oder »Daum. Collecti-
lung des Museums Kunstpalast in PÂTE DE VERRE Schale mit immer gibt es dort eigene Glas- on du Musée des Beaux-Arts de
Düsseldorf. Die Stiftungen der Erdbeerdekor von Daum, bei Van experten, aber erfahrene Kenner Nancy« (2010), in dem Sammler fast
beiden Sammlungen von Helmut Ham für 2600 Euro zugeschlagen können hier gute Funde machen. jeden Dekor identifizieren können.

61
T H U R N U N D TA X I S F R AG E B O G E N

Edouard Baribeaud
über sein

Paris

Bilder: Florent Michel/11h45.; Claire Dorn/Courtesy VNH Gallery/ADAGP, Paris, 2015/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Édouard Baribeaud; Muylaert, Sebastien/actionpress; Swedish Institute Paris; Sofia Achaval
1 3

2 4

Interkulturelle Kommunikation beherrscht Können Sie uns ein Restaurant empfehlen? Bestes Kino oder Theater?
Edouard Baribeaud von Haus aus: Als Sohn Es gibt so viele gute Restaurants in Pa- Eindeutig das Max-Linder-Kino auf
eines französischen Vaters und einer deut­ ris! Die Liste wäre endlos. Dennoch schlage dem Boulevard Poissonnière. Die Geschichte
schen Mutter dienen ihm Sprachen und ich Krishna Bhavan vor. Ein kleines indisches des Namensgebers, er war in den Zwanziger-
Landesgeschichten als Inspirationsquellen. Restaurant im bunten indischen Viertel, jahren ein gefeierter Schauspieler, und der
Kaum verwunderlich, dass auch seine Wer­ nicht weit vom Bahnhof Gare du Nord. Ort selbst sind rührend.
ke als Collagen zu verstehen sind. Comic­
figuren setzt er im Stil Alter Meister auf das Was bestellen wir dort? Ein kulturelles Ereignis, das wir nicht ver­
Papier, und niederländische Genrebilder er­ Die großen gefüllten Reispfannkuchen, passen dürfen?
scheinen in Trompe­l’Œil­Technik. Vom Dosas, sind sehr lecker. Man kann auch den Die »Nuits Blanches«, was recht frei
17. September bis 7. November sieht man sei­ Thali Krishna Bhavan probieren, ein traditio- übersetzt so viel wie schlaflose Nächte bedeu-
ne Arbeiten in der Berliner Galerie Judin. nelles Gericht mit Reis und Gemüse. tet, sollte man sich auf keinen Fall entgehen
lassen. Die Stadt verwandelt sich dann in
Was ist zurzeit Ihre Lieblingsstadt? Wo trinkt man das beste Bier der Stadt? eine riesige, nächtliche Ausstellungsfläche.
Gerade entdecke ich die Stadt, in der ich Oft gibt es leider in den Pariser Bistros
studiert habe, wieder neu: Paris. kein gutes Bier. Man trinkt dann lieber das Was müssen wir über Ihre Lieblingsstadt
Bier gemischt mit dem typischen »Picon«, ei- wissen, um dort wirklich anzukommen?
Wie verbringen Sie dort Ihre Zeit? nem Orangen-Bittergetränk. Wie man so schön sagt: »Wenn du in Pa-
Ich besuche dort meine Freunde und ris bist, verhalte dich wie die Pariser.«
liebe es, durch die Stadt zu flanieren. Es gibt Welches Museum ist ein Muss?
immer neue Arrondissements, Ecken und Ich habe in letzter Zeit immer öfter in- Zum Schluss: ein Tipp, den wir in keinem
Gassen zu entdecken. Noch dazu sind die teressante und aufregende Ausstellungen im Reiseführer finden?
Frauen in Paris besonders elegant. Als Ästhet PALAIS DE TOKYO (1) entdeckt. Das SCHWEDISCHE KULTURZENTRUM (4)
schätze ich das sehr. im Hôtel Particulier de Marle im alten Marais
Gibt es ein Gebäude in der Stadt, das Sie be­ ist mein Lieblingsort. Man kann dort im In-
Welche Galerien besuchen Sie gerne? sonders lieben? nenhof sehr guten Kaffee trinken und im
Ich habe vor Kurzem die neu eröffnete Kein Gebäude, sondern einen Schiff- schönen Garten spazieren gehen. ×
Galerie VNH GALLERY (2) von Victoire de fahrtskanal: Der CANAL SAINT MARTIN (3) ist
Pourtalès und Hélène Nguyen-Ban besucht. wunderschön. Elisabeth von Thurn und Taxis
Die Eröffnungsausstellung vom kameruni- ist Autorin der US-Vogue und
schen Künstler Pascale Marthine Tayou in Welcher Flohmarkt ist der beste? stammt aus einer Familie von
den wunderschönen Räumen im Herzen des Besuchen Sie den Buchflohmarkt am Kunstsammlern. Für uns entwi-
Marais war sehr spannend. Monfort Théâtre. ckelte sie diesen Fragebogen.

62
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lergewölben der Abtei von St. beschreiben renommierte Au-
Florent an der Loire, wo dessen toren, wie spannend und pul-
Gründer Etienne Bouvet 1851 ei- sierend die Hamburger Kunst-
ner Legende nach einen Schatz szene mit ihren zahlreichen
entdeckt haben soll. 1987 wur- Museen, Auktionshäusern und
de dieser in Gestalt dieser Cu- Kunstvereinen ist. Wir stellen
vée von Patrice Monmousseau die vielseitige Galerienszene
wiederentdeckt und als Erste in der Hansestadt vor und por-
Barriques ausgebaut. trätieren die interessantesten
Sammler und Händler.
S : IN G
PLUOOM VERG
BLOE CONW
RNE TH SHO DE
ODE ST T .
R M KUN 015 AR OOM
E FU LLE ER 2 & 2 BLO
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N D . SE E H
U – 27 SS
E
24. LNM DE
E .
KO -FAIR
T
AR
Nachrichten, Ausstellungen,
Messen, Kunsthandel, Auktionen und
wichtige Termine im September

AGENDA
Bild: Florian Monheim/bph

Zum 1200. Geburtstag des Bistums Hildesheim hat in der Stadt die Erweiterung des Dommuseums eröffnet, die den Besuch lohnt.
Auch weil die berühmte »Goldene Madonna« aus dem 11. Jahrhundert neue Köpfe für Mutter und Kind spendiert bekam

65
AG E N DA

NACHRICHTEN
zwischen Alt und Neu wird ein Koransuren 18 bis 20 zu lesen.
großer Alexander­Calder­Saal Entdeckt wurde die wertvolle
(li.) schaffen. Dort soll, wenn Schrift in der Mingana Collecti­
zur Eröffnungsschau im Mai on of Middle Eastern manu­
2016 die Sammlung im ganzen scripts der Universitätsbiblio­
Haus gezeigt wird, ein Mobile thek in Birmingham, wo das
des Bildhauers hängen. Pergament mit Seiten einer älte­

Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Lukas Lorenz/Leopold Museum, Wien; Ninhad Nino Pusija; Karola Bauer/GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Bilder: Aline Gwose, Michael Herling/Sprengel Museum Hannover; Cadbury Research Library, University of Birmingham; Lynn Lane; Kate Edmondson/
ren Koranversion aus dem spä­
FRÜHER KORAN ENTDECKT ten 7. Jahrhundert zusammen­
Eines der frühesten Manuskrip­ gebunden war. Ob es sich bei
te des Korans haben jetzt Wis­ dem Fund um die früheste
senschaftler der University of Koranschrift handelte, konnte
Birmingham in England identi­ die Universität nicht ermitteln,
fiziert (re.). Das doppelseitige da es auch frühe Versionen des
Pergament ließ sich mithilfe Korans in Privatbesitz gibt.
NEUES SPRENGEL MUSEUM Erweiterungsbau aus anthrazit­ einer Radiokarbondatierung
Der Bau ist fertig – und wer farbenem Beton, der über mit fast hundertprozentiger
nicht bis zur großen Eröffnung einem eingerückten Sockelge­ Sicherheit auf einen Entste­
im kommenden Frühjahr war­ schoss »schwebt«, umfasst 5250 hungszeitraum zwischen 568
ten will, kann jetzt die Erweite­ Quadratmeter Fläche und kos­ und 645 nach Christus festle­
rung des Sprengel Museums in tete 35,8 Millionen Euro. Neben gen. Damit rückt es in zeitliche
Hannover vorab in Augen­ Funktionsräumen, Werkstätten, Nähe der überlieferten biografi­
schein nehmen: Vom 19. Sep­ speziellen Lagerräumen für schen Daten des Propheten
tember bis zum 16. Januar 2016 Fotografien und Depots sind Mohammed, der zwischen 570
werden zeitgenössische Künstler auch 1400 Quadratmeter Aus­ und 632 nach Christus gelebt
mit eigens geschaffenen Inter­ stellungsfläche eingeplant. Das haben soll – eine Tatsache, die
ventionen auf die so reduzierten alte Sprengel Museum bietet das Manuskript für Muslime in
wie verspielten Räume der auf insgesamt 11 800 Quadrat­ aller Welt interessant macht. In
Schweizer Architekten Meili, metern 5250 Quadratmeter Aus­ dem mit Tinte in Hijazi­Schrift
Peter reagieren. Der wuchtige stellungsfläche. Die Verbindung ausgeführten Text sind Teile der

Personalien im September
Wenn zum Ende der Ferienzeit Die Abteilung für Zeichnungen HANS-PETER WIPPLINGER künst­ sie, da sie dort 2007/2008 den
die Zahl der Jobneubeginner der Courtauld Gallery (und den lerischer Direktor des Leopold Projektraum :emyt betrieb. Die
ansteigt, kann es auf städtischen überspannten Londoner Immo­ Museums im nur 70 Kilometer Mieten in Kreuzberg sind aller­
Wohnungsmärkten eng werden. bilienmarkt) verlässt die Kurato­ entfernten Wien, wo er bereits dings seitdem arg gestiegen.
JOSEF HELFENSTEIN, der jetzt rin STEPHANIE BUCK nach mehr jetzt schon mehr als einen Fuß in OLAF THORMANN rückt zum
zum neuen Direktor des Kunst­ als acht Jahren für das viel relax­ der Tür haben dürfte. 1. September als Direktor des
museums Basel berufen wurde, tere Dresden, wo sie ab Novem­ Vom Frankfurter Kunstver­ Leipziger Grassimuseums nach.
hat immerhin ein ganzes Jahr ber als Direktorin des Kupfer­ ein kommt LILIAN ENGELMANN, Seit 1993 war er stellvertretender
Zeit, um zu suchen: Der bisheri­ stich­Kabinetts der Staatlichen um ab September Geschäftsfüh­ Direktor des Hauses. Ein Woh­
ge Direktor der Menil Collec­ Kunstsammlungen agiert. rerin der neuen Gesellschaft für nungswechsel ist im neuen
tion in Houston tritt seine Stel­ Seit 2009 war er Direktor bildende Kunst (NGBK) in Ber­ Arbeitsvertrag vermutlich nicht
le zum 1. September 2016 an. der Kunsthalle Krems: Nun wird lin zu werden. Die Stadt kennt zwingend vorgeschrieben.

66
MUSEUM FÜR BOLLHAGEN
Die Vasen, Schalen, Kan-
nen und Krüge der Kerami-
kerin Hedwig Bollhagen
(1907–2001), die schon seit
2004 in Brandenburg als
»bewegliches Denkmal«
eingetragen sind, haben
jetzt erstmals eine festes
Zuhause: Im märkischen
Städtchen Velten, am nörd-
lichen Stadtrand von Ber- Contemporary art
STUTTGART KAUFT DIX lin, wurde das Hedwig
Nach 35 Jahren Präsentation Bollhagen Museum eröff- and architecture in the
als Dauerleihgabe hat sich net. Auf rund 300 Quadrat-
das Kunstmuseum Stuttgart metern zeigt das Haus auf historical city of Bruges
ein Hauptwerk des Malers dem Gelände des Ofen- und
Otto Dix (1891–1969) für die Keramikmuseums Velten
Ewigkeit sichern können: eine Auswahl des kerami-
Bilder: Kunstmuseum Stuttgart/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Martin Liebscher/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Das Museum erwarb das schen Nachlasses von Boll-


Schlüsselbild »Selbstbildnis hagen, der 1600 Objekte
mit Palette vor rotem Vor- umfasst – darunter viele
hang« (o.) mithilfe der Kul- Unikate, aber auch Muster-
turstiftung der Länder, der stücke sowie Werke von
Ernst von Siemens Kunst- Künstlerfreunden. Die Aus-
stiftung, der Stadt Stuttgart stellungsarchitektur nimmt
und der Wüstenrot Stif- das Dekor »Farbenkaro«
tung. Dix hatte das Werk der Keramikerin auf. Boll-
mit seiner grüblerischen hagen war mit ihren redu-
Grundstimmung 1942 am zierten, auf Linien und
Bodensee in der inneren Streifen basierenden Ent-
Emigration vor dem Natio- würfen eine prägende Ver-
nalsozialismus geschaffen. treterin der ostdeutschen
Der letzte Besitzer des Bil- Moderne.
des, der es nun verkaufen
wollte, hatte es zuerst dem
Museum angeboten.

GRAFIKEN RESTAURIERT
169 Papierarbeiten des Tier-
und Landschaftsmalers
Carl Kuntz (1770–1830) wid-
met sich die Kunsthalle KUNST IM FLUGHAFEN
Mannheim in einem Der Vebindungsgang am
Restaurierungsprojekt: Die Frankfurter Flughafen ist
Aquarelle, Zeichnungen vielen Umsteigereisenden
und Druckgrafiken sind gut bekannt. Doch von nun
Teil eines Konvoluts von 611 an irritiert Kunst den Tun-
Werken auf Papier, welche nelblick: Zwei 270 Meter
die Künstlererben 1873 sei- lange Fotopanoramen von
ner Geburtsstadt Mann- Martin Liebscher wurden
heim schenkten. Durch die dauerhaft auf den Längssei-
Restaurierung sollen die ten des Gangs installiert (o.).
Blätter ausstellungstauglich Der Künstler hat für diese
werden, ein Teil der außer- Werke verwackelte und ver-
gewöhnlich farbkräftigen schwommene Langzeitauf-
Werke soll bereits 2016 dem nahmen aus Metropolen
Publikum vorgestellt wer- wie Hongkong, Tokio, L.A.,
den. Von den 40 000 Euro New York oder Frankfurt
Restaurierungskosten über- übergangslos am Computer
nimmt das Land Baden- zusammengefügt. Die Reise
Württemberg die Hälfte. beginnt ab jetzt im Kopf!
AG E N DA

AUSSTELLUNGEN

Als Ellsworth Kelly in Paris lebte, hatte er ei-


nen Traum. Er sah Le Corbusiers Pavillon
Suisse in der Cité Internationale Universitaire
vor sich, dessen geometrische Fassade sich
wie in einem rhythmischen Tanz bewegte.
Der Traum wurde die Inspiration für sein

Bild: Estate of Roy Lichtenstein/VG Bild-Kunst, Bonn 2015


1951 entstandenes Ausnahmewerk »Cité« –
zwanzig schwarzweiße Holztafeln, die der
amerikanische Künstler nach dem Zufalls-
prinzip gruppierte; eine neue Denkweise in
seinem Œuvre, ausgelöst durch die Begeg-
nung mit Hans Arp und Sophie Täuber. Es
ist ein Highlight der Wanderausstellung
»American Icons« aus dem San Francisco
Museum of Modern Art (SFMOMA).
Mehr als 40 Klassiker der US-amerika-
nischen Postmoderne aus der museumseige-
nen Sammlung sowie der Fisher Collection,
einer der größten Sammlungen für moderne
und Gegenwartskunst weltweit, bietet die
von Gary Garrels kuratierte Schau – und ei-
nen Vorgeschmack darauf, wie die Werke in
ihrem neuen Heim aussehen könnten, wenn
das 1935 gegründete SFMOMA nach mehr-
jährigem Erweiterungsbau im Frühjahr 2016
wiedereröffnet.
»Mit den 14 Künstlern, die hier gemein-

Vive le Pop!
sam gezeigt werden, wollen wir unsere Part-
nerschaft feiern und den Schwerpunkt auf
die Stärken der beiden Sammlungen legen«,
sagt Robert Fisher, der Vorstandsvorsitzende
Besuch von der Westküste: Das Musée Granet des SFMOMA und ältester Sohn des Samm-
lerpaars Donald und Doris Fisher. »Gerade
in Aix-en-Provence zeigt Meisterwerke bei Ellsworth Kelly, Alexander Calder,
der amerikanischen Nachkriegsmoderne Sol LeWitt, Lichtenstein, Warhol oder Chuck
Close gibt es viele Überschneidungen und
Synergien.« Die Fishers begannen in den
VON Siebzigerjahren, Druckgrafiken zu sammeln,
LY DI A S C H M I D die sie in das neue Firmengebäude von
The Gap hängten, ihrer 1969 gegründeten Be-
kleidungskette. Später folgten Malerei und
Skulptur von amerikanischen und europäi-
schen Künstlern (darunter mehr als 60 Wer-

68
Bilder: Calder Foundation, New York/Artists Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Ben Blackwell/Ellsworth Kelly; Richard Grant/Richard Diebenkorn Foundation/courtesy of the Richard Diebenkorn Foundation and Richard Grant

ke von Gerhard Richter und Anselm Kiefer),


die das Paar auf Auktionen oder von Händ-
lern wie Arne Glimcher (Pace Gallery), Paula
Cooper, Marian Goodman, André Emme-
rich, Barbara Gladstone in New York oder rischen Fußstapfen seines Vaters getreten ist.
Anthony d’Offay in London erstand. »Meine »Sie verkörperten für ihn doch mit ihren
Eltern waren eher instinktive, visuell gepräg- spielerischen, farbenfrohen Kompositionen
te Sammler, haben aber zeitlebens versucht, diesen positiven amerikanischen Spirit, den
einen repräsentativen Überblick über die er immer versuchte, auch in seine Unterneh-
Entwicklung der Künstler, die ihnen wichtig menskultur zu integrieren.« Mit beiden
waren, zu schaffen. Sie haben sie in ihren Künstlern verband das Paar zudem eine enge
Ateliers besucht, kauften nicht nur eine Ar- Freundschaft. »Noch heute telefoniert meine
beit, sondern ganze Werkserien. Als erfolg- Mutter einmal in der Woche mit Kelly.« In
reicher Geschäftsmann achtete mein Vater der gleichen Gruppe ist Agnes Martin, eine
natürlich auch auf ihren Marktwert; so konn- Als Künstler der amerikanischen Westküste weitere Lieblingskünstlerin der Sammler –
te er beispielsweise noch Warhol und Richter stand Richard Diebenkorn dem Sammler- und die einzige Frau in der Männerrunde.
erstehen, die heute zu den teuersten Künst- ehepaar Fisher besonders nah: unten Ihr Frühwerk »Falling Blue«, eine malerische
lern gehören.« Verkauft hat er später wenig. »Ocean Park #54« von 1972. Der farbenfro- Meditation aus dem Jahr 1963, besticht hier
Als die Fishers 2007 ihr eigenes Privatmu- he Optimismus von Alexander Calder mit ungewohnter, tiefblauer Farbgebung.
seum eröffnen wollten, war die Sammlung (o. li. »Double Gong«, 1953) entsprach auch Es folgt eine herausragende Werkgrup-
auf mehr als 1100 Arbeiten von 185 Künstlern der Mode der familieneigenen Firma The pe von Andy Warhol, in der sein »Silver Mar-
angewachsen, darunter Schlüsselwerke der Gap. Ellsworth Kellys schwarzweißes Werk lon« (1963) und »Two Jackies« (1964) auf die
Pop-Art, des Minimalismus und der Farb- »Cité« (1951) ist von Paris inspiriert, Roy rote »Liz #6« treffen – Inbegriff der Pop-Art.
feldmalerei. Als Denkmalschützer gegen die Lichtensteins Leinwandbild »Live Ammo Roy Lichtenstein ist mit seinem Kriegscomic
(Tzing!)« (1962, linke Seite) von Comics
Museumentwürfe in San Francisco protes- »Life Ammo (Tzing!)« von 1962 vertreten,
tierten, mussten sie ihre Pläne aufgeben. eine ironische Attacke auf die nostalgische
Kurz vor seinem Tod 2009 hat Donald Fisher, Verklärung des Kriegshelden in den Massen-
lange Jahre Aufsichtsratsmitglied des medien. Minimalismus und Konzeptkunst
SFMOMA, verfügt, dass die Sammlung als sind mit Carl Andre, Dan Flavin, Sol LeWitt
Dauerleihgabe an das Museum gehen soll. und Donald Judd repräsentiert. Schließlich
Die kleine Schau in Aix-en-Provence treffen die Vertreter der »Pictorial Abstracti-
präsentiert nur einen Bruchteil der Samm- on«, Richard Diebenkorn, Cy Twombly und
lung und beeindruckt doch mit den eigens Brice Marden, auf Philip Guston, der male-
geschaffenen Räumen, die jeweils einem risch einen besonders eigenwilligen Weg ge-
oder zwei Künstlern gewidmet sind. Calders gangen ist. Hier schlägt seine noch wild wu-
Mobile »Tower with Painting« (1951) und chernde abstrakte Arbeit »For M« (1955) mit
Kellys »Cité« und »Spectrum I«, in dem der den schon angedeuteten Figuren in »Evi-
Künstler das Farbenspektrum erforscht, il- dence« (1970) die Brücke von der Abstraktion
lustrieren die frühe Entwicklung der ameri- in die Gegenständlichkeit. ×
kanischen Abstrakten. »Mein Vater schätzte
Calder und Kelly ganz besonders«, erzählt »American Icons: Masterworks from SFMOMA
Fisher, der selbst Fotografie sammelt und als and the Fisher Collection«, Musée Granet, Aix-en-
CEO von The Gap auch in die unternehme- Provence, bis 18. Oktober

69
AUSSTELLUNGEN

Urknall und Burn-out


Polymorphe Perspektiven: In der Frankfurter Schirn und auf der Ruhrtriennale ist
herausragende Videokunst von Doug Aitken und Julian Rosefeldt zu erleben

Ich liebe es, hinter meinen Werken zu ver- Millionen Menschen vorbei«, singen Aitkens zimmern. In jeden dieser Räumen führte er
schwinden«, sagt Doug Aitken. Um dieses Protagonisten. Doch der Tunnelblick ihrer dann ein einheimisches Tier. Die Kamera
Verschwinden zu inszenieren, betreibt der Liebe nimmt nur einen Adressaten wahr. Es hielt fest, wie Eulen, Biber oder Pumas auf
Kalifornier gehörigen Aufwand. Seine Ar- ist die existenzielle Einsamkeit des Menschen die ungewohnte Umgebung reagierten; regis-
beit »Song 1« (2012/2015) in der Frankfurter in der Metropole, der Aitken ein gewaltiges trierte, dass das Pferd stoisch in der Mitte des
Schirn Kunsthalle etwa hält den Blick in ei- Monument setzt, eine Sixtinische Kapelle Raums verharrt und der Bison wie ein echter
nem visuellen Bannkreis fest: Der Betrachter der Videokunst. Nur dass er – anders als Mi- Rockstar sein Motelzimmer zerlegt.
steht inmitten einer 360-Grad-Leinwand, aus chelangelo – Wert darauf legt, sich selbst voll- »Migration (empire)« wird in Frankfurt
allen Richtungen strömen Bilder auf ihn ein, ständig aus dem Bilderreigen herauszuhalten. auf drei versetzt stehenden, Billboard-ähnli-
die an mehreren Stellen parallel auftauchen Doug Aitken, geboren 1968 in Redondo chen Leinwänden gezeigt. Dass es Schirn-Di-
und einer einfachen Dramaturgie folgen: Beach bei Los Angeles, schafft seit den Neun- rektor Max Hollein geschafft hat, den auf
Nacheinander sind verschiedene Personen zu zigern Multikanal-Videokunstwerke mit ortsspezifische Neuproduktionen speziali-
sehen – zwei Soulsänger in Kapuzenshirts, dem technischen Perfektionsdrang eines sierten Künstler zur ersten Werkschau seiner
ein älterer Mann im Anzug, die Schauspiele- Hollywood-Produzenten. So entstehen ele- Karriere zu bewegen, ist ein Glück. Denn erst
rin Tilda Swinton im Bademantel. Jeder singt gante, traumwandlerische, seltsam driftende im Vergleich mehrerer, kuratorisch fein auf-
eine Version der 30er-Jahre-Schnulze »I Only urbane Fantasien, Erzählungen von bemer- einander abgestimmter Arbeiten gibt Aitken
Have Eyes for You«. Unter diesen Soundtrack kenswerter visueller Dichte und Präzision. seine Muster und Rhythmen preis.
mischt der Künstler betörende Bilder der all- Um sich nicht zu langweilen, stellt sich der Check-in, Check-out – als namenlose
täglichen Großstadtsinfonie: Lichter auf Künstler Aufgaben: Für sein Werk »Migra- globale Handlungsreisende ist die Schauspie-
dem Highway, ein Auto-Ballett im Parkhaus, tion (empire)« reiste Aitken 2008 mehrere lerin Chloë Sevigny in »Black Mirror« (2011)
das Spachteltrommeln der Burger-Brater in tausend Meilen durch die USA auf der Suche im geloopten Takt der austauschbaren Flug-
einer Restaurantküche. »Vielleicht gehen nach möglichst durchschnittlichen Motel- routen und immer gleichen Hotelbuchungen

70
AUSSTELLUNGEN
Bild links: Doug Aitken/Courtesy the artist/303 Gallery, New York/Galerie Eva Presenhuber, Zürich/Victoria Miro Gallery, London/Regen Projects, Los Angeles Film Still; Bilder rechts: Julian Rosefeldt, The Creation, 2015/VG Bild-Kunst, Bonn 2015 (2)

gefangen. Ihr Burn-out-Gesichtsausdruck für darstellende Künste, Musik und Installa- es zu schaffen«. Aus dem Material entstand
könnte auch mit dem anstrengenden Dreh tionen. Rosefeldt wird nun an drei Trienna- ein filmischer Gegenpol zu Haydns trium-
zu tun haben: 35 Tage ohne Pause, verschie- len hintereinander teilnehmen und einen Zy- phalem Musikstück, zu dem Rosefeldt ein
dene Länder, kein Skript, frei improvisiert – klus schaffen, der sich, so der Künstler, grob durchaus ambivalentes Verhältnis hat. Denn
eine Herausforderung für Künstler und in die Themen Vergangenheit, Gegenwart was Haydn vertont hat, ist die Welt vor dem
Crew. »Wenn man ein Werk so weit wie mög- und Zukunft einteilen lässt. Sündenfall – seine Geschichte endet bei
lich ins Extreme treibt, ergeben sich Dinge, Für das Schöpfungsthema hat Rosefeldt Adam und Eva im Paradies. Daher hat Rose-
die man vorher nicht erwartet hat«, erklärt in Marokko und im Ruhrgebiet gedreht, und feldt auch zwei Versionen produziert: ein fil-
Aitken seine Arbeitsmethode. Und ein Ex- zwar ausschließlich mithilfe einer Drohne misches Bühnenbild für die Aufführung des
trem ist eben der Loop, der durch unablässi- und in 50-prozentiger Slow Motion. Wir se- Stückes und eine zweite kürzere Fassung, die
ge Wiederholungen der Routine in etwas hen die Welt von oben, durch das emotions- ganz ohne Haydns Musik auskommt und ei-
Neues mündet. Wie bei der Liebesmelodie lose Auge der Maschine, das auf die Wüste nen Monat lang in dem stillgelegten Duisbur-
aus »Song 1«, die nach 35 Minuten Filmdauer Nordafrikas blickt und Bilder produziert, die ger Hüttenwerk gezeigt wird.
nur noch nach einem klingt: dem Wahn ei- an einen Science-Fiction-Film erinnern. Wie Schon in früheren Arbeiten hat Julian
nes obsessiven Stalkers. TIM ACKERMANN in Trance fährt die Kamera über die verlasse- Rosefeldt die großen Fragen der Umweltzer-
nen Kulissen der Atlas Studios, wo Filme wie störung und des postindustriellen Zeitalters
Am anfang schuf gott Himmel und Erde. Scorseses »Die Letzte Versuchung Christi« aufgeworfen, etwa in »Requiem« von 2007
Und die Erde war wüst und leer.« Mit den be- oder »Gladiator« entstanden und nun Pyra- über den Regenwald, von dem vor allem das
rühmten Worten aus dem 1. Buch Mose be- miden, Sphingen und Tempel im Niemands- knarrende Geräusch erst berstender, dann
ginnt auch das erste Rezitativ in Josef Haydns land auf den nächsten Einsatz warten. Im fallender Baumstämme in Erinnerung bleibt.
Oratorium »Die Schöpfung«. Dieses brachte zweiten Teil kreist die Drohne über die post- Reduzieren lässt sich seine Arbeit auf diese
die Entstehung der Welt auf so erhabene wie apokalyptischen Industriebrachen des Ruhr- Themen nicht. In seinem Werk »Manifesto«,
mitreißende Weise zum Klingen, dass das gebiets oder den Braunkohletagebau von das auf der Ruhrtriennale 2016 zu sehen sein
Stück schon bei seiner Uraufführung in Garzweiler, wo, so Rosefeldt, »der Mensch 30 wird, geht es um Künstlermanifeste des
Wien 1799 ein voller Erfolg war und bis heu- Jahre brauchte, um etwas zu verwerten, für 20. Jahrhunderts – vorgetragen vom Filmstar
te seinen Platz im Kanon der klassischen Mu- das die Natur Millionen Jahre brauchte, um Cate Blanchett. SIMONE SONDERMANN
sik behaupten konnte. Die Genesis – in der
Bibel und bei Haydn – ist die Geschichte ei- Li. Seite: Indie-Kino-Königin Chloë Sevigny Doug Aitken, Schirn Kunsthalle, Frankfurt a. M.,
nes mächtigen und zufriedenen Gottes, eines in Doug Aitkens »Black Mirror« (2011). bis 27. September
Gottes, der auf sein Werk blickt und dem ge- Unten: Julian Rosefeldts Ruhrtriennale-Bei- Ruhrtriennale, diverse Orte im Ruhrgebiet,
fällt, was er da sieht: »Und Gott sah, dass es trag, gedreht im Ruhrgebiet und in Marokko bis 26. September, ruhrtriennale.de
gut war«, steht am Ende jedes Tages, wenn er
Licht und Dunkelheit erschafft, Festland und
Meer, Pflanzen und Tiere – und zuletzt den
Menschen. »Und Gott sah alles an, was er ge-
macht hatte; und siehe da, es war sehr gut.«
Und was sähe Gott heute? Wie wäre es,
wenn jemand von außen, ob aus dem Welt-
all oder aus göttlicher Perspektive, einen
Blick auf den Zustand der Erde würfe? Was
fände er vor? Der Berliner Künstler Julian
Rosefeldt hat in seiner jüngsten Arbeit Film-
sequenzen geschaffen, die diese Fragen um-
kreisen. Dass sich Rosefeldt, 1965 in Mün-
chen geboren und international in Museen
von New York bis Hongkong vertreten, mit
Haydn und der Schöpfungsgeschichte, die-
sem Urtext der monotheistischen Religionen,
beschäftigt hat, war Zufall. Er hatte der
Ruhrtriennale und deren neuem Intendan-
ten Johan Simons eigentlich ein anderes ak-
tuelles Werk anbieten wollen. Doch Simons
kam ihm zuvor und fragte bei Rosefeldt ein
filmisches Bühnenbild für die Aufführung
von Haydns »Schöpfung« im Landschafts-
park Duisburg-Nord an. Die Kooperation,
die so entstand, ist ungewöhnlich für die
Ruhrtriennale, das experimentierfreudige,
jährlich im Ruhrgebiet stattfindende Festival

71
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niederlassen oder sie einfach Politik nieder: Er stärkte seine
nur anschauen. Entdeckt haben Macht, indem er die Bischöfe
wir die »Modified Social Ben- stützte. 1004 gründete er in
ches« im Garten von Schloss Sachsen das Bistum Merseburg
Arenberg, neben Werken von und reiste oft dorthin. Und als

Bilder: Margret Hoppe; Sammlung Würth/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Lynn Hershman Leeson; Joan Mitchell; Gerfried Sitar/Benediktinerstift St. Paul; Courtesy of the artist and 303 Gallery, New York
Gertrude Reum, Bernhard Hei- 1015 der Grundstein für eine
liger (li. u.), Lun Tuchnowski neue Kathedrale gelegt wurde,
und Stephan Kern. Richtig ist hatte er auch seine Hände im
die Vermutung, dass sie, wie so Spiel. Eine große Ausstellung
viel andere Kunst in der Salz- zum Domjubiläum lässt nun
WELTMARKE GOLDSCHEIDER burger Innenstadt, zur Skulptu- die Geschichte wieder aufleben.
Grassimuseum, Leipzig, rensammlung Würth gehören. Mit spektakulären Leihgaben
bis 11. Oktober Falsch aber war die Annahme, wie dem gotischen Heinrichs-
dass die American Austrian JOAN MITCHELL kelch (li. u.) oder dem romani-
Bienvenue in der Goldscheider- Foundation als Schlossbesitzer Kunsthaus Bregenz, bis 25. Oktober schen Reichskreuz aus St. Paul.
Revue! Entlang der zentralen den Garten für ihre Fellows
Achse der Pfeilerhalle des allein beansprucht. Er steht Es ist schon bezeichnend, dass
Grassimuseums grüßen Tänze- täglich allen Besuchern offen eine Künstlerin nie ohne den
rinnen, orientalische Schön- und ist ein echtes Kleinod. Vergleich mit den männlichen
heiten und Marlene Dietrich Kollegen auskommt: Joan Mit-
im Leopardenfell-BH. Die chell, so heißt es, war die »Frau
Spezialität der Wiener Keramik- unter den Abstrakten Expressio-
manufaktur auf dem Gebiet nisten«, lebte wie ein »Rock-
der Fayence war die Imitation star«, arbeitete nachts und hatte
kostbarer Stoffdekore, vor immer ein Glas Scotch in Reich-
allem des Art decó. Dank einer weite. Einfühlsamer erzählen
eigens entwickelten Aero- da ihre Gemälde: Die Farben
graph-Spritztechnik ließen sich drängen sich auf der Leinwand
komplizierte Farbverläufe (o. »Untitled«, 1961). Je weiter
darstellen. Mit Figuren wie LYNN HERSHMAN LEESON man der Schau chronologisch
»Tänzerin mit großem Turban« Sammlung Falckenberg, Hamburg, durch die Stockwerke folgt, des-
(um 1925/26, oben), deren bis 15. November to weißer wird der Hinter-
Bemalung an die zarten Farben grund, bis die Bilder zu atmen
Paul Klees erinnert, wird der Lange bevor sich die Fotokünst- beginnen. Fast so, als hätte sich FOTOFESTIVAL ARLES
Esprit der Goldenen Zwanziger lerin Cindy Sherman diverse auch Mitchell freigemalt. Arles, bis 20. September
spürbar. Frauenrollen überstülpte, lebte
Lynn Hershman Leeson bereits Road-Movie-Gefühle wecken
Doppelidentitäten aus. Ihr Alter die diesjährigen Rencontres de
Ego, die Kunstfigur »Roberta la Photographie nicht nur mit
Breitmore«, hatte eine eigene Werkschauen von Walker Evans
Kreditkarte, einen Bibliotheks- und Stephen Shore, sondern
ausweis und eine Wohnung. Als auch mit bestechend schönen
Mutter der Medienkunst, deren Aufnahmen der Architekten
Name lange nur in Experten- Denise Scott Brown/Robert
kreisen fiel, nahm Hershman Venturi aus dem Las Vegas der
Leeson die Idee des »Second Siebziger. Zur selben Zeit foto-
Life« schon in den Siebzigern grafierte Toon Michiels Rekla-
wörtlich. Heute klingen ihre meschilder im Kasinoparadies
Themen, als hätte man sie aus am Ende des Wüstenhighways
der Tageszeitungen kopiert: Die (o.) und dabei jedes Motiv zwei-
WÜRTH SKULPTURENGARTEN Beziehung zwischen Mensch mal – einmal tagsüber, einmal
BEI SCHLOSS ARENBERG und Maschine, Überwachung 1000 JAHRE KAISERDOM nachts. Eine Diashow des Mag-
Salzburg, ganzjährig und Feminismus bilden den MERSEBURG num-Fotografen Martin Parr
Refrain. In der Serie »Digital Schloss, Dom und Domstift, mit musikalischer Untermalung
Die weißen Bänke von Jeppe Venus« von 1988 überblendete Merseburg, bis 9. November von Matthieu Chedid und eine
Hein machen es ihren Benut- sie ikonische Frauendarstellun- Schauerroman-Kinoinstallation
zern nicht leicht. Ihre Sitzflä- gen wie Tizians Liebesgöttin (o.) Kaiser Heinrich II. war ein von Tony Oursler sind ebenfalls
chen sind gekrümmt oder gebo- mit Codes: Das Fleisch löst sich besonders frommer Herrscher, jeden staubigen Straßenkilome-
gen, man kann sich auf ihnen in Zahlenreihen auf. das schlug sich auch in seiner ter wert.

74
WIEDERERÖFFNUNG

AB 9. JULI 2015

BAYERISCHES
NATIONALMUSEUM
EUROPÄISCHE KUNST UND KULTUR
AUS ZWEI JAHRTAUSENDEN
Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr
Donnerstag 10 bis 20 Uhr
80538 München, Prinzregentenstraße 3
www.bayerisches-nationalmuseum.de
AG E N DA

MESSEN
alle nehmen auch an der Tefaf raum findet am 19. September
in Maastricht teil. Knapp zehn eine Benefizauktion in der Villa
Auswärtige kommen hinzu Grisebach statt, wo Arbeiten
wie die Galerie De Jonckheere von Olafur Eliasson, Robert
oder G. Sarti aus Paris, Jean-Luc Longo, Andreas Gursky oder
Baroni (London), Otto Nau- Rosemarie Trockel versteigert
mann und die Sperone West- werden.
water Gallery aus New York. Kunst kaufen kann man
Als überraschende Erweite- während der Berlin Art Week
rung bespielen elf führende auf zwei Messen für Zeitgenös-
Aussteller der Münchner High- sisches, die zusammen knapp
lights-Messe gemeinsam zwei 200 internationale Aussteller
Stände im barocken Palazzo versammeln. An der Art Berlin
Corsini. Darunter Heribert Ten- Contemporary (abc) nehmen
schert (Antiquariat Bibermühle, Galerien wie Neugerriem-
Ramsen), die Blumka Gallery schneider, Antenna Space oder
aus New York oder Wiener- Peres Projects teil. Auf der Posi-
roither & Kohlbacher aus Wien. tions, die in die hellen Hallen
Und natürlich international der Arena nach Treptow
tätige Münchner wie Georg umzieht, sind unter anderem

Bilder: Biaf; Volker Hermes/Bräuning


Laue, der seit Kurzem ein Büro Max Weber Six Friedrich, Ham-
in London unterhält. In Florenz melehle und Ahrens sowie Bräu-
präsentiert er unter anderem ning Contemporary vertreten.
eine »Verkündigung«, um 1600 Beide Messen werden von
in Öl auf Achat gemalt, im ori- einer Sonderausstellung beglei-
1
ginalen Tabernakelrahmen tet: In Kreuzberg zeigen Berli-
sowie venezianische Fadengläser ner Sammler herausragende
BIAF mit Giovanni Pratesi an der des 17. Jahrhunderts. Im Aus- Arbeiten aus ihrem Besitz, in
Florenz, 25. September Spitze und Pier Luigi Pizzi als tausch werden Florentiner Mes- Treptow tritt der Landesver-
bis 4. Oktober Innenausstatter und Raumdesig- seteilnehmer vier Wochen später band der Berliner Galerien zu
ner eroberte sich die Florentiner auf der Highlights in München seinem 20-jährigen Jubiläum
Die 29. Biaf, wie sich die Bien- Veranstaltung ihren Ruf als zu Gast sein. GLORIA EHRET mit der Schau »Katzengold« an.
nale Internazionale dell�Anti- wichtigste Kunst- und Antiquitä- Nicht zu vergessen die Präsenta-
quariato di Firenze nun nennt, tenmesse in Italien zurück. Statt tionen in Berlins Galerien, die
wartet mit spannenden Neue- thematisch in die Breite zu BERLIN ART WEEK in ihren Räumen Ähnliches leis-
rungen auf. Seit April letzten gehen, schärft die Biaf nun ihr 15. bis 20. September ten wie beim Gallery Weekend.
Jahres ist Fabrizio Moretti neuer Profil, indem sie sich auf italieni- Eine Zeitlang sah es so aus, als
Generalsekretär. Der noch nicht sche Kunst konzentriert. Von Es wird eine runde Sache dieses würde dieses zum wichtigsten
40-jährige Shootingstar unter mittelalterlichen Tafelbildern Jahr, weil wirklich alle mitma- Event der Stadt. Doch die Berlin
den Altmeistergaleristen hat über venezianische Veduten des chen. Berlins Museen und die Art Week ist eine starke Kon-
mit Anfang 20 eine Galerie im 18. Jahrhunderts, prunkvolles Deutsche Bank Kunsthalle kurrenz. CHRISTIANE MEIXNER
heimischen Florenz gegründet Mobiliar, kostbares Kunsthand- haben mit »Stadt/Bild« ein
und als Global Player 2006 eine werk bis zur Moderne spannt übergeordnetes Thema für ihre
Dependance in London und ein sie den Bogen. Der Großteil der Einzelschauen gefunden, das
Jahr später in New York eröff- knapp 80 Aussteller sind Italie- weit über den Kunstkontext
net. Sein Schwerpunkt ist die ner, viele mit Niederlassungen hinausweist und Fragen zur
frühe Goldgrund-Tafelmalerei. in London oder New York, fast Entwicklung der gesamten
Damit verkörpert er eine junge Metropole stellt. Im Haus am
Generation, der es gelingt, den Waldsee zeigt die gefragte Berli-
hohen musealen Anspruch ner Künstlerin Alicja Kwade
ihrer Ware mit neuen händleri- 1 Tiepolos Gemälde »Ritratto di neue Arbeiten, während der US-
schen Impulsen zu verbinden. Flora« bei Jean-Luc Baroni, Biaf Amerikaner Paul McCarthy mit
In der langen Geschichte 2 Ein Insektenbild von Volker einer konzentrierten Schau im
der 1959 gegründeten Biennale Hermes bei Bräuning Contemporary Schinkel-Pavillon gastiert. Für
2
gab es Höhen und Tiefen, doch auf der Berliner Messe Positions diesen prominenten Projekt-

76
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GALERIE ART CRU BERLIN, BERLIN MAERZGALERIE, LEIPZIG/BERLIN
BALZER PROJECTS, BASEL MAKSLA XO GALLERY, RIGA
BARNER & MASTELLA, BERLIN MANIÈRE NOIRE, BERLIN
GALERIE BART, AMSTERDAM/NIJMEGEN MARKE.6, WEIMAR
BERLINARTPROJECTS, BERLIN GALLERY MENO NIŠA, VILNIUS
BRÄUNING CONTEMPORARY, HAMBURG GALLERY MENO PARKAS, KAUNAS
BRENNECKE FINE ART, BERLIN GALERIE MARTIN MERTENS, BERLIN
GALERIE BURSTER, BERLIN MIANKI.GALLERY, BERLIN
C&KUNTERWEGS GALERIE, BERLIN GALERIE PETRA NOSTHEIDE-EŸCKE, DUSSELDORF
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CHIMERA PROJECT GALLERY, BUDAPEST GALERIE PETERS-BARENBROCK, AHRENSHOOP
CUBUS-M | BERLIN, BERLIN EMMANUEL POST CONTEMPORARY ART, BERLIN
GALERIE HORST DIETRICH, BERLIN SCHMALFUSS BERLIN – CONTEMPORARY FINE ARTS, BERLIN
DR. JULIUS | AP, BERLIN GALERIE SCHWARZ, GREIFSWALD
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GALERIE THOMAS FUCHS, STUTTGART GALERIE HEIKE STRELOW, FRANKFURT/M.
GALERIE GERKEN, BERLIN GALLERIA STUDIO LEGALE, NAPLES
GALERIE GREULICH, FRANKFURT/M. GALERIE SUBJECT OBJECT, BERLIN
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17 – 2 0 S e p t e m b e r 2 015

ARENA BERLIN
Eich e ns t r a ß e 4 • 12435 B e r lin
w w w.posi tions .ber lin
MESSEN
EXPO CHICAGO Debütanten tendenziell renom-
17. bis 20. September mierter sind als ihre Vorgänger:
1301PE (Los Angeles), Pace (New
Seit 2012 geht es bergauf. Die York, Peking, London), Massi-
Kunstmesse Expo Chicago will mo De Carlo (Mailand, Lon-
an den Ruhm vergangener Zei- don) und Alan Cristea (Lon-
ten anknüpfen – an die Achtzi- don) gehören zu den illustren
gerjahre, als die Stadt Chicago Namen.
noch eine Rolle spielte und ihre David Nolan, Galerist aus
Messe zu den wichtigsten der New York und regelmäßiger 2
Welt zählte. Doch die Art Chi- Teilnehmer von Art Basel, Frieze
cago, die später Next hieß, Masters und Art Cologne, ist DC OPEN Dabei verteilen sich spannende
wurde schlecht gemanagt und seit Beginn der Expo Jurymit- Köln/Düsseldorf, 4. bis 6. September Positionen gleichermaßen auf
musste schließlich angesichts glied. Er sagt: »Chicago war beide Städte. In Köln zeigt
der Konkurrenz in New York immer eine großartige Samm- Das Rheinland hat sich in den Michael Werner mit Don Van
und Miami die Segel streichen. lerstadt mit Fokus auf Impres- vergangenen Jahren als Zen- Vliet einen Künstler, der als
Die »Windy City« war auf dem sionismus, Surrealismus ebenso trum für Kunst verlässlich neu Captain Beefheart erst musika-
Kunstmarkt abgemeldet. Dabei wie Pop-Art und der klassische- erfunden. Zu seinen Ideen zähl- lisch experimentierte, bevor er
kann die Stadt mit einigen ren zeitgenössischen Kunst. te 2009 die Übereinkunft von sich malend in die Wüste

Bilder: Bernd Borchardt; Dan Flavin/David Zwirner/VG Bild-Kunst, Bonn 2015


potenten Sammlern und dem Außerdem ist die Stadt das Zen- Köln und Düsseldorf, man müs- zurückzog. Gisela Capitain prä-
Art Institute als bedeutender trum des Mittleren Westens, se die Präsenz der Galerien sentiert mit Charline von Heyl
Institution punkten. dessen Sammler und Kuratoren optisch stärken. Seitdem ist ein- ebenfalls eine abstrakte Posi-
Doch auch aller Neuanfang nicht alle weltweiten Kunstmes- mal im Jahr die alte rheinische tion, während der chinesische
ist schwer, denn jedes Mal stellt sen besuchen.« Die Speerspitze Rivalität perdu: Ein Dinner läu- Maler Qiu Shihua bei Karsten
sich dasselbe Problem. Eigent- der Avantgarde dürfte sich hier tet das lange Wochenende Greve Landschaften zeigt, die
lich sollte eine Messe wie die also möglicherweise schwertun. DC Open ein, an dem diesmal eben noch im hellen Gegenlicht
Expo Chicago erst an ihrem Kaufkraft und Kunstinteresse knapp 60 Galerien aus beiden zu sehen sind. Einen Kontra-
Standort etabliert sein, bevor sie sind jedoch auf alle Fälle vor- Städten ihre Ausstellungen punkt setzt Anna Betbeze in der
Aussteller aus anderen Ländern handen. STEFAN KOBEL gemeinsam offen halten. Galerie Markus Lüttgen mit
– in diesem Fall Europa – akqui- ihren leuchtend farbigen Vor-
riert, damit sie nicht bloß ver- hängen, durch die man immer
1
treten sind, sondern auch wieder auf die Wand schaut.
Umsatz machen. Andererseits In Düsseldorf stellt der
ist eine Kunstmesse auf interna- interdisziplinär arbeitende
tionale Teilnehmer angewiesen, Künstler wie Designer Arik
um ihre behauptete Relevanz Levy seine kristallinen Skulptu-
dem heimischen oder angereis- ren in die Galerie Setareh,
ten Publikum nachzuweisen. Robert Longo inszeniert zum
Von den 150 teilnehmenden 50. Geburtstag der Galerie Hans
Galerien (Vorjahr 140) stammt Mayer seine Installation »The
diesmal nur knapp ein Viertel – Invention of Zero (After Male-
35, genau genommen – aus dem vich)« neu – und der Sohn des
Ausland. Unter ihnen stellt Galeristen, Max Mayer, lässt die
überraschenderweise Deutsch- sehr junge Piper Marshall eine
land mit neun Galerien das Show namens »Body Bildung«
größte Kontingent, bei recht kuratieren. Thematisch ist das
hoher Fluktuation. Nicht mehr Angebot der Galerien so breit
dabei sind Karsten Greve sowie wie der Rhein, der durch beide
Blain Southern aus London, Städte fließt. Was sie verbindet,
Bourouina aus Berlin sowie Die ist der Wille zur konzentrierten
Galerie aus Frankfurt. Die Neu- Kunstschau. CHRISTIANE MEIXNER
en kommen dagegen nun sämt-
lich aus Berlin: Buchmann,
König, Silberkuppe, Wentrup 1 Galerist David Zwirner zeigt auf
und Only Photography. der Expo Chicago eine unbetitelte
Unter den US-Galerien Lichtskulptur von Dan Flavin (1972)
herrscht etwas mehr Beständig- 2 »Balance (Diptychon)« von
keit, wobei die Erstteilnehmer Brigitte Waldach in der
hier wie bei den auswärtigen Galerie Conrads, Düsseldorf

78
Josef Kaiser, Großhügelhäuser, Bildmontage: Dieter Urbach, 1971 © Dieter Urbach
29.05.–26.10.2015

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DER 1960ER-JAHRE
Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124–128, 10969 Berlin, Mi–Mo 10–18h BLOG
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AG E N DA

KUNSTHANDEL

Bild: Bettina von Arnim/Repro Friedhelm Hoffmann, Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Es ist wohl ein Missverständnis. Als Bettina Schaufenster In der Ausstellung »Die Cyborgs und ihre
von Arnim ab 1968 ihre Cyborgs überwie- Spuren 1968–1983« ersteht diese einzigartige
gend großformatig auf die Leinwand bannte, Phase figurativer Malerei allerdings noch ein-
hatte die Berliner Malerin echte Ängste. Vor mal auf. Die Galerie Poll, frisch umgezogen
einer Technisierung des Alltags und dem »Schalter« in die Gipsstraße 3 und nun direkt neben der
Geist jener Zeit, der in blinder Begeisterung Stiftung Poll, räumt der Künstlerin allen Platz
für einen optimierten Menschen schwärmte. Künstler frei. Bettina von Arnim zeigt hier Gemälde,
Dessen mögliches Aussehen nahm die 1940 Bettina von Arnim Zeichnungen und in der Stiftung unter dem
geborene Künstlerin in ihren Gemälden (geb. 1940) Titel »Countdown« ihr umfangreiches Ra-
ebenso vorweg wie seine isolierte Existenz, dierwerk. Beide Ausstellungen eröffnen am
ersetzte fragiles Gewebe durch künstliche, Werkdaten 19. September während der Berlin Art Week
elektronisch gesteuerte Organe und zog ihm Öl auf Leinwand (s. Seite 76) und lenken den Blick zurück auf
hautenge, strahlungsresistente Anzüge über. 1970 jene Sujets, die auffallen, wo immer sie auf-
Das war als Warnung gemeint. Höhe: 65 cm, Breite: 90 cm tauchen; zuletzt in der Frankfurter Schirn
Heute wirken die Motive wie Roboter Kunsthalle, die im Herbst 2014 dem Phäno-
aus einer anderen Dimension. Anziehend in Kunsthandlung men des »German Pop« nachspürte.
ihrer Fremdheit und lesbar als Reflex auf eine Galerie Poll Die Künstlerin bediene sich der »ver-
Ära, die den Flug zum Mond als Tor in eine Gipsstraße 3 führerischen Methode der Pop Art«, hieß es
neue Wirklichkeit begriff. Von der zivilisato- 10119 Berlin schon 1981 in einer Publikation des Kunstver-
rischen Kritik ist kaum noch etwas zu spü- Tel. 030 2617091 eins Augsburg. Von ihren »wuchtigen Raum-
ren. Für Bettina von Arnim war es eine kur- anzügen« schwärmte nach »German Pop«
ze, intensive Auseinandersetzung mit den Preis eine Kunstkritikerin, deren Präsenz ähnlich
künstlichen Wesen, die bald wieder aus ihren 5000 Euro umwerfend seien »wie die Maschinen in den
Bildern verschwanden, um weitläufigen La- Bildern von Konrad Klapheck«. Beim Blick
byrinthen Platz zu machen. In den Achtzi- auf den kleinen Unterschied im Preisgefüge
gerjahren zog sie in die Idylle Südfrank- wird allerdings klar, wie ungleich der Ruhm
reichs, wo sie bis heute lebt und arbeitet. noch verteilt ist. CHRISTIANE MEIXNER

80
11 | 09 –
17 | 10 | 2015

PROJEKTRAUM VIKTOR BUCHER | Vincent Honoré CHARIM GALERIE | Brigitte Huck &
Martin Guttmann KERSTIN ENGHOLM GALERIE | Chris Fitzpatrick GALERIE ERNST
HILGER | Jeanette Zwingenberger GALERIE ANDREAS HUBER | Rózsa Zita Farkas
GALERIE MARTIN JANDA | Joe Scanlan GEORG KARGL FINE ARTS | Barnabás
Bencsik KNOLL GALERIE WIEN | Sebastian Cichocki CHRISTINE KÖNIG GALERIE |
Cointemporary KRINZINGER PROJEKTE | Harald Falckenberg KROBATH WIEN |
Friederike Nymphius GALERIE EMANUEL LAYR | Catherine Chevalier & Benjamin Hirte
MARIO MAURONER CONTEMPOR ARY ART | Katerina Gregos GALERIE ME YER
K AINER | N.O.Madski GALERIE RAUM MIT LICHT | Ruth Noack GALERIE NÄCHST
ST. STEPHAN ROSEMARIE SCHWARZWÄLDER | Kolja Reichert GABRIELE SENN
GALERIE | Marcus Hurttig GALERIE STEINEK | Myriam Ben Salah GALERIE ELISABETH
& KLAUS THOMAN | Veit Loers GALERIE HUBERT WINTER | Alfredo Cramerotti

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KUNSTHANDEL

Big in Bielefeld
Die Galerie Samuelis Baumgarte
feiert ihren 40. Geburtstag

Anfangs wollte Ruth Baumgarte etwas für


sich und andere Künstler tun, die sie wie
Bernard Schultze, Fred Thieler oder HAP
Grieshaber persönlich kannte. Eine »Art Pro-
duzentengalerie« sei daraufhin 1975 in Biele-
feld entstanden, erzählt ihr Sohn Alexander
Baumgarte, er selbst habe während seines
Studiums mehr Zeit in den Ausstellungsräu-
men als im Hörsaal verbracht. Anlass zur per-
sönlichen Rückschau hat er momentan häu-
figer. Denn die Galerie, die er Ende der
Achtzigerjahre übernahm und als alleiniger
Inhaber führt, feiert aktuell ihr Jubiläum.
Eine große Ausstellung mit Klassikern
der Moderne und ein Dinner flankieren den
40. Geburtstag eines Unternehmens, das Bie-

Bild: Samuelis Baumgarte; Hamburger Kunstherbst


lefeld mit auf die kulturelle Landkarte ge-
setzt hat. Der Anfang sei »schwer und hart« Gerhard Richters Gemälde »Grün Blau Rot« mit über 150 Gästen und einer Auktion statt,
gewesen, resümiert Baumgarte und denkt von 1993. Richter gehört zu den Highlights in der mit Unterstützung von Christie’s ein
dabei vor allem an das erste Jahrzehnt, in der Jubiläumsausstellung »Sagenhaft!« Hans-Mack-Pastell versteigert wird. Der Erlös
dem seine Mutter die Galerie etablierte. In kommt der Stiftung Deutsche Schlaganfall-
einer Region, die bis heute »wunderbare Baumgarte zu Recht stolz ist. Und dann tau- Hilfe zugute. Baumgarte möchte dies als
Sammler und sammelnde Unternehmen« chen Namen wie Thomas Kilpper, Heike Würdigung des Engagements seiner verstor-
vorweisen kann – die man allerdings laut Ruschmeyer oder Hans-Jörg Mayer auf, die benen Mutter verstanden wissen, deren
Baumgarte auch immer wieder für das Neue einem breiten Publikum noch vermittelt Krankheit ihn vor knapp zwei Jahren ganz di-
interessieren müsse. An der Bedeutung von werden müssen. Auch das begreift der Gale- rekt mit dem Thema konfrontierte. Gemein-
Josef Albers, Fernando Botero, Imi Knoebel, rist als Teil seiner Aufgabe: die Arbeit mit sam haben sie noch die Kunststiftung Ruth
Heinz Mack oder Gerhard Richter zweifelt jungen, aufstrebenden Künstlern. Baumgarte gegründet, die seit 2014 einen jähr-
längst niemand mehr. Ihre Werke gehören An der jüngsten Adresse der Galerie lichen Förderpreis vergibt. Schließlich wusste
zu den Glanzlichtern der Jubiläumsausstel- kann er ihnen auf 700 Quadratmetern einen die Galeristin nur zu gut, dass auch die Exis-
lung »Sagenhaft!«, ihre Namen erzählen von wandelbaren Platz für ihre Arbeiten bieten. tenz eines Künstlers nicht immer einfach ist.
den vielen Ausstellungen wie auch der Inter- Dazu das Ambiente eines Bankgebäudes aus CHRISTIANE MEIXNER
nationalität der Galerie. Arbeiten von Tony den Fünfzigerjahren, das sachlich wirkt und
Cragg, Hans Hartung, Marie-Jo Lafontaine zugleich feine Details aufweisen kann. Hier Samuelis Baumgarte Galerie, Niederwall 10,
oder R. B. Kitaj runden die Schau ab, auf die findet Ende September auch das Gala-Dinner Bielefeld, Eröffnung: 2. Oktober, 19 Uhr

KUNSTHERBST HAMBURG auch mit Messen nie so recht men im Stadtteil Uhlenhorst
An Elbe und Alster gelten eige- Fortüne. Drei klassische Händ- gibt jeder einen konzentrierten
ne Regeln, darauf legen die ler haben vor Jahren schon aus Einblick in sein Angebot. Eine
Hamburger Wert. Das gilt auch der Not eine Tugend gemacht schöne Tradition ist es, drei
für den Kunsthandel, doch hät- und eine ganz spezielle Ver- Händler aus einer wechselnden
ten die Akteure hier mitunter kaufsausstellung für die Stadt Gaststadt zu integrieren. Dies-
gern Zustände wie in Köln oder kreiert. Der Erfolg gab ihnen mal heißt das Motto frei nach
München. Denn in Hamburg Recht. Zum sechsten Mal rich- Thomas Mann »München
gibt es zwar viel zahlungskräfti- ten Thomas le Claire, Frank C. leuchtet«. Mit dabei Klaus
ge Klientel, aber die ist sehr dis- Möller und Thole Rotermund Spindler, der Christian Daniel
kret. In der eigenen Stadt viel am 12. und 13. September den Rauchs Bronze der »Jungfer
Geld für Kunst ausgeben? Lie- Kunstherbst Hamburg aus. In Lorenzen von Tangermünde«
ber nicht. Daher hatte die Stadt Möllers stimmungsvollen Räu- (li.) mitbringen wird.

82
Herbst-Auktion 2015
26. September bis 2. Oktober Gold- und Sammlermünzen
Auktionshaus für Münzen und Medaillen

in Osnabrück Herbst-Auktion 2015


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STILKUNDE Nº 9 8

Eglomisé

Bild: Sammlung W. u. G. Steiner


VON
G L OR I A E H R E T

Z
u den jahrhundertealten Mittelalterliche Beispiele sind rar. Das Baye- vor. Gelegentlich wendet er zusätzlich die raf-
Handwerkstechniken, die rische Nationalmuseum besitzt ein Holzkäst- finierte Technik des Eglomisierens oder
heute kaum mehr geläufig chen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhun- Amelierens an, um die es hier geht. Ihr gilt
sind, gehört das Eglomisé. derts, in dessen Deckel und Wände eine Ausstellung im Augsburger Schaezler-
Der Begriff taucht in der Literatur erstmals Glasscheiben mit großen eglomisierten Blatt- palais mit Werken aus der Sammlung Wolf-
1825 auf und bezieht sich auf den 1786 verstor- motiven eingelassen sind. Ihre erste Blüte als gang Steiner: »Goldglanz und Silberpracht –
benen Pariser Zeichner und Kunsthändler Wandschmuck erlebten Hinterglasbilder, als Gold und Silber in der Hinterglasmalerei«
Jean-Baptiste Glomy. Darunter versteht man in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vom 11. September bis 15. November.
das Hintermalen von Flachglas mit Lack, aus vollkommen farbloses, durchsichtiges, har- Mitte des 16. Jahrhunderts avancierten
dem Ornamente, Inschriften oder andere tes Glas als Trägermaterial und ein reiches die führenden Regionen der Glasverarbei-
Details ausgekratzt (»radiert«) und mit Me- Repertoire an Druckgrafikvorlagen zur Ver- tung zu Zentren von Hinterglasgemälden
tall- und/oder Silberfolien hinterlegt werden. fügung standen. Der Hinterglasmaler trägt nach Dürer-Holzschnitten, mit denen der
Wenn die Darstellung mit Blattgold oder -sil- die lasierenden und/oder deckenden Öl- und Nürnberger rund 50 Jahre früher Furore ge-
ber hinterfangen ist und herausgekratzte Temperafarben mit dem Pinsel auf die Glas- macht hatte. Blattgold-Eglomisé wurde ak-
Konturen mit dunkler Farbe gefüllt sind, rückseite auf: Im Gegensatz zur Tafel- oder zentuierend für Heiligenscheine, Strahlen,
spricht man von Amelierung. Größere aus Leinwandmalerei beginnt er mit Höhungen Fahnen oder Gewandsäume eingesetzt. Sie
dem Goldgrund geschälte Flächen konnten und Glanzlichtern und arbeitet sich nach bereicherten Kunst- und Wunderkammern
auch bemalt werden. und nach zum Hintergrund der Darstellung wie jene Kaiser Rudolfs II. in Prag oder des

84
bayerischen Herzogs in München. Stichvor-
lagen waren international verbreitet. So ent-
hält die Sammlung Steiner den um 1550 in
Venetien-Tirol gemalten volkreichen »Kalva-
rienberg« nach einem 1517 datierten Kupfer-
stich des Lucas van Leyden oder einen »J.-V.R.
1674« bezeichneten »Hl. Antonius« aus der
Prag-Wiener Malschule, der als Variation ei-
nes Kupferstichs von Petrus Schenk gilt. Und
der aus Utrecht stammende Wiener Hofma-
ler Gerhard Janssen bediente sich um 1700 ei-
Bilder: picture alliance/Florian Monheim/www.bildarchiv-monheim.de; Ligier Piotr/Muzeum Narodowe w Warszawie; Sammlung W. u. G. Steiner; Christoph Vohler, München

nes 1603 datierten Augsburger Stichs von


Wolfgang Kilian für seine selbstbewusst sig-
nierte »Fußwaschung«.
Im Laufe des 17. Jahrhunderts und erst
recht im 18. Jahrhundert eroberten effektvoll
eglomisierte Bilder auch die Wände bür-
gerlicher Haushalte. 1609 wurde der berühm-
te Zürcher Hinterglasmaler Hans Jakob
Sprüngli als »Ammulierer« bezeichnet, der
»gamaliert« hat. In der Ostschweiz ist Niko-
laus Michael Spengler für Interieurs mit kost-
barem Eglomisé bekannt. Wurde das The-
menspektrum im Barock um allegorische
und mythologische Sujets erweitert, so zo-
gen im Rokoko eglomisierte Rocaille-
Kartuschen in diese Kunst ein.
Augsburg verfügte über eine große Hin-
terglastradition. Johann Wolfgang Baum-
gartner (1702–1761) hat neben Altargemälden
und Fresken auch elegante Hinterglas-Vedu-
ten geschaffen, in denen er aus der Farb-
schicht gekratzte Konturen mit dunklem
Büttenpapier hinterlegte. Ähnlich verfuhren
in Nürnberg die böhmischen Porzellan- und
Hohlglasmaler Daniel und Ignaz Preissler
bei Kriegsszenen nach Georg Philipp Rugen-
das. Und die im 18. Jahrhundert vor allem in
Böhmen entstandenen Zwischengoldbecher,
bei denen zwei Glaskörper passgenau
ineinandergesteckt und dazwischen üppig
mit radiertem Golddekor verziert sind, wei-
sen im Zwischenboden gelegentlich eglomi-
sierte Hinterglas-Jagddarstellungen im Stil
Höhepunkt der barocken Eglomisé-Mode:
Johann Elias Ridingers auf. Im Klassizismus und Biedermeier waren
das Spiegelkabinett der Würzburger Resi-
Mit höfischen Kleinodien statteten die Hinterglas-Silhouettenbilder mit Blattgold-
denz (g. o.). Das Nationalmuseum in War-
Schönborns ihre fränkischen Residenzen aus. schau besitzt eine ovale Miniatur aus der radierung bei Adel und Bürgertum beliebt.
1709/13 erhielt Schloss Gaibach »Vergulte Zeit um 1800 (o.). In Augsburg ist die Votiv- Reizvolle technische Varianten bilden die Er-
Zimmer« mit Hinterglas-Wandschmuck, laut tafel von Carl Ruff d. Ä. aus Winklarn aus- zeugnisse aus Winklarn in der Oberpfalz
Rechnungen ausgeführt von »Emaillierern« gestellt (o. re.) sowie das »Interieur mit oder Raimundsreut in Niederbayern. In der
aus der Lohrer Glashütte. Ein Wunder höfi- frivoler Dame« aus Österreich, um 1800, das zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der
schen Kunsthandwerks war das von Fried- die Unterseite einer Schatulle ziert (li. S.) Schweinfurter Nikolaus Träger auf dunkelto-
rich Karl von Schönborn für die Würzburger nige Eglomisébilder mit Lasurfarben und
Residenz in Auftrag gegebene Spiegelkabi- Blattgold spezialisiert. Die volkskundliche
nett, dessen Wände laut Baubesprechung Hinterglasmalerei hat jedoch auf kostbaren
vom 15.7.1740 mit blauem Glas zu verkleiden Golddekor weitgehend verzichtet. ×
waren, »aber mit etwas Gold vermengt wie
der lapislacoli«. Es ist Höhe- und Endpunkt Gloria Ehret ist Herausgeberin
der prunkvollen Eglomisé-Mode. Im Zwei- der WELTKUNST,
ten Weltkrieg zerstört, wurde das rekonstru- für die sie seit 1986 arbeitet.
ierte Kabinett 1987 eingeweiht. Nur die origi- Ihre erste Stilkunde
nale Platte eines Spieltisches hat sich erhalten. erschien im April 2008

85
AG E N DA

AUKTIONEN
ASIATIKA IN NEW YORK DRUCKGRAFIK IN LONDON ratur registriert wurde hinge-
Bonhams, 14. September Christie’s, 16. September gen Gauguins handkolorierte
Christie’s, 15. bis 18. September Sotheby’s, 29. September Monotypie »Frau mit Idol«, ein
Sotheby’s, 15. bis 19. September Tahiti-Motiv, das er um 1902
Erzielen die Gemälde oder nach einem Gemälde fertigte.
Chinesische Antiquitäten bean- Skulpturen von Giganten des Farbfrisch und nie restauriert
spruchen wieder den größten 20. Jahrhunderts oft Millionen- verlangt es bei Christie’s nach
Raum in den Asiatikaversteige- preise, so bieten die Auktionen 200 000 bis 300 000 Pfund.
rungen. Sotheby’s Toplos ist von Grafiken und Multiples die Warhol ist stets eine domi-
1
ein Bianzhong, eine seltene Chance, Werke berühmter nierende Präsenz bei diesen
Zeremonialglocke, von Moderner auch zu bescheidene- Auktionen: Bei Christie’s
1743 aus vergoldeter ren Summen zu erwerben. kommt eines seiner bekanntes-
Bronze (27 cm hoch). Edvard Munch liefert in den ten Motive, ein zehn Siebdru-
William Randolph Hearst, der sischen Exportporzellan, und beiden großen Londoner Häu- cke umfassendes Set der
kalifornische Medientycoon, da vor allem Tierfiguren, galt sern die am höchsten geschätz- »Electric chairs« für 100 000 bis
hatte diesen Teil eines riesigen über 20 Jahre lang die Sammel- ten Trophäen: Bei Christie’s ist 150 000 Pfund, zum Aufruf.
sechszehnteiligen Glockenspiels leidenschaft des texanischen sein Farbholzschnitt »Melan- Sotheby’s wiederum appel-
1921 beim damals tonangeben- Investoren James E. Sowell. cholie II« von 1902 auf 250 000 liert mit einem Set von vier
den New Yorker Asiatikahänd- Dass er daneben auch kaiser- bis 350 000 Pfund angesetzt. Der Goethe-Porträts an deutsches
ler Sadajiro Yamanaka erwor- zeitliche Stücke erwarb, beweist Norweger führt auch bei Sothe- Interesse. Sie stammen aus

Bilder: Bonhams; Sotheby‘s London


ben, die Familie lieferte sie nun die weiße Jadeschale (Qianlong- by’s mit seinem populären einer Sammlung, die ursprüng-
ein. Die Taxe ist mit 1 bis 1,5 Mil- Periode, 1736–95) zur Taxe von Motiv »Mädchen auf der Brü- lich in der Slowakei, von wo
lionen Dollar konservativ ange- 150 000 bis 250 000 Dollar. cke« von 1918 mit 200 000 bis Warhols Eltern emigrierten,
setzt, noch im Juni hatte ein »Indian, Himalayan and 300 000 Pfund die Liste an. Im zusammengestellt wurde. Der
vergleichbares Stück in Hong- Southeast Asian Art« ist in die- grafischen Medium besonders vielfarbige Dichterfürst mit
kong fast 2,3 Millionen Dollar ser Saison bei Bonhams zu experimentierfreudig, änderte Schlapphut hat eine Taxe von
erzielt. finden. Topstück ist das Paar er Farbkombinationen und 60 000 bis 80 000 Pfund
Sotheby’s wagt mit der Kon- tibetischer Gottheiten Chakra- variierte den Holzschnitt mit (Edition von 100). Dass Kurt
zeptauktion »Monochrome« samvara und Vajravarahi aus lithografischen Techniken. Das Tucholsky schließlich Beck-
auch etwas Neues in dieser vergoldetem Kupfer (15. Jh., Munch-Museum in Oslo besitzt manns »Selbstporträt mit Katze
Woche: Sie kombiniert Chinesi- H. 25 cm) zu 400 000 bis 600 000 allein 27 Blätter mit diesem und Lampe« 1924 als Hochzeits-
sches von der Kaiserzeit bis heu- Dollar. BARBARA KUTSCHER Thema. Bisher nicht in der Lite- geschenk für seine Braut wähl-
te. Klassische Möbel stehen da te, mag jetzt im gleichen Haus
neben zeitgenössischer Keramik zu 18 000 bis 25 000 Pfund ani-
2
und Tuschegemälden. mieren. HEIDI BÜRKLIN
Christie’s setzt in diesen
Asiatikatagen auf Privatsamm-
lungen, darunter etwa zwanzig KURIOSITÄTEN
ungewöhnliche Möbelstücke Christie’s
aus dem Besitz der Familie Lai, London, 10. September
die in den 1980ern und 1990ern
Händler in China waren. Aus Ein Keuschheitsgürtel gefällig?
dem Nachlass des Unterneh- Bei Christie’s wird jetzt dieses
mers Carl F. Barron aus Bel- exzentrische Metall-Accessoire
mont, Massachusetts, stammt für 700 bis 1000 Pfund angebo-
eine erste Tranche seiner Snuff- ten. Im 19. Jahrhundert von
Bottles. Herausragendem chine- einer Illustration des 16. Jahr-
hunderts inspiriert, ist es das
preiswerteste unter den 167
1 Chakrasamvara, Tibet, 15. Jh., außergewöhnlichen Objekten,
H. 25,4 cm, Bonhams, New York, mit denen die Dependance in
Taxe 400 000 bis 600 000 Dollar South Kensington jetzt zum
2 Andy Warhol, »Goethe«, 1982, dritten Mal die Herbstsaison
Viererset, Sotheby’s, London, mit Humor startet. Ganz oben
Taxe 60 000 bis 80 000 Pfund in der Preisskala rangieren ein

86
1 PAAR PRUNKKONSOLEN MIT MALACHIT-
UND MIKROMOSAIKPLATTEN,
Empire, 1 Platte monogr. AD für A. DE ANGELIS,
der Unterbau Russland, um 1810/1820.

Auktionen in Zürich: 14. bis 19. September 2015


Vorbesichtigung: 9. bis 13. September 2015

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1
AUKTIONEN
stücke des damals führenden
Uhrmachers Louis Cottier mit
dem von ihm erfundenen Welt-
zeit-Mechanismus. In der heute
nicht mehr existierenden Manu-
faktur Agassiz & Co. herge-
stellt, zeigen ihre exquisiten 3
Email-Zifferblätter Symbole des
jeweiligen Empfängers.
Auf dem britischen Exem-
plar tötet St. Georg hoch zu
Ross den Drachen mit einem
Dreizack als Stundenzeiger. Ein
so abgesegneter »St. Winston«
schätzte diese Ehrung sein
Leben lang. Diese illustre Pro-
venienz ließ jetzt auch die
Taxierung auf 60 000 bis 100 000
Pfund zu, wesentlich höher als
der eigentliche Wert. Die JUGENDSTIL

Bilder: Christie’s Images Ltd. 2015; Sotheby’s London; Dorotheum, Wien


Attraktivität von Churchill- Dorotheum
Memorabilien wurde erst kürz- Wien, 24. September
lich in einer hundertprozentig
verkauften Auktion aus dem Manche Stereotype scheinen
Besitz seiner Tochter Mary sich von Zeit zu Zeit auch
160 Jahre alter Dinosaurierschä- auftritt trug. Kein geringerer als Soames unterstrichen. einmal zu bestätigen. Wie zum
del für 80 000 bis 130 000 Pfund Stephen Jones, ein Hutmacher Die geschichtsträchtige Beispiel jenes der Angst von
und ein lebensgroßer, rund der Königin, hat sie kreiert, so Taschenuhr mit ihrer ein- Frauen vor Mäusen. Erst im
150 Jahre alter Gorilla aus Papp- verlangt sie denn auch ebenfalls gravierten Widmung liefert vergangenen Juli brach in der
maché, der mit 80 000 bis nach 5000 bis 8000 Pfund. jetzt das Starlos für die einige größten Moschee in Marokko,
120 000 taxiert ist. Eines der praktischsten Jahre ad acta gelegte Londoner der Hassan-II.-Moschee in
Dazwischen gibt es eine Fül- Angebote ist ein frisch renovier- Uhrenauktion. In den letzten Casablanca, eine Panik im
le von weiteren exzentrischen, ter, gelb-grün dekorierter Zigeu- vier Jahren, so kommentiert Frauentrakt aus, weil dort eine
staunenswerten bis fabelhaft nerwagen mit rot kariertem man beim Auktionshaus Maus durch den Raum lief.
verrückten Losen. Wem dies Bett, in das man sich für 25 000 Sotheby’s, habe man sich mehr Die Massenflucht vor der
alles freudianisch vorkommt, bis 35 000 Pfund legen kann. auf die Genfer Auktionen und Maus endete mit 80 verletzten
hier ist der Meister selbst: eine Und der Favorit der Expertin den wachsenden Markt in Personen.
lebensgroße Wachsfigur des Kate Summers? Ein lebensgroßes Asien konzentriert. Nun will Schon mehr als 100 Jahre
weißbärtigen Psychoanalyti- Einhorn aus Fiberglas für 4000 man aber testen, wie die inter- zuvor hat der österreichische
kers, die zu 5000 bis 8000 Pfund bis 6000 Pfund. HEIDI BÜRKLIN nationale Kundschaft in Lon- Bildhauer Peter Tereszczuk für
animieren soll. Modefans wer- don auf das Angebot von rund eine seiner Skulpturen dieses
den hingegen mit einer Filzkro- 200 Losen reagiert. Vielleicht Stereotyp künstlerisch umge-
ne gelockt, die das damals UHREN wird ja auch hier Churchill zu setzt: Der Entwurf zur Skulptur
14-jährige Supermodel Kate Sotheby’s den Siegern gehören. »Junge Frau auf der Flucht vor
Moss bei ihrem ersten Magazin- London, 22. September HEIDI BÜRKLIN einer Maus …« entstand im Jahr
1900. Danach wurden Kleid,
Was für eine Trophäe: 70 Jahre Stuhl und Sockel in Bronze
nach dem Ende des Zweiten gegossen, wobei Kopf, Arme,
1 Filzkrone, Stephen Jones, 1987, Weltkrieges und 50 Jahre nach Oberkörper und Beine aus
getragen von Kate Moss, Christie’s, Churchills Tod kann Sotheby’s Elfenbein geschnitzt sind. Die-
South Kensington, Taxe 5000 bis
jetzt eine der vier Taschenuhren ses sehr anmutige und fein
8000 Euro
anbieten, die von dankbaren ausgearbeitete Kleinod kommt
2 Taschenuhr von Winston Churchill,
Schweizer Bürgern speziell für in der Jugendstilauktion des
Agassiz und Louis Cottier, um 1945,
Gold, Sotheby’s, London, Taxe die vier siegreichen alliierten Dorotheums unter den Ham-
60 000 bis 100 000 Pfund Kommandanten geordert wur- mer – Schätzpreis zwischen
3 Henkelkörbchen, Josef Hoffmann, den. Harry Truman, Charles de 1600 und 2200 Euro. Neben
1906, Wiener Werkstätte, Metall, Gaulle, Josef Stalin und weiblichen »Traumata« finden
Dorotheum, Wien, Taxe 1600 bis Winston Churchill erhielten zu sich die reizende Keramik
2
2000 Euro Weihnachten 1945 diese Meister- »Lesendes Mädchen« von

88
Mitglied im Bundesverband deutscher Kunstversteigerer e. V.
1 2

3 4 5

AUKTIONEN
KUNST ANTIQUITÄTEN
50 MEISTERWERKE
17. – 19. SEPTEMBER 2015 | 10.00 UHR
VORBESICHTIGUNG VOM 9. – 15. SEPTEMBER 2015
MO. – FR. 10.00 – 19.00 UHR | SA. – SO. 10.00 – 17.00 UHR
6

1. TOSKANISCHER BILDSCHNITZER um 1340,


Thronende Madonna mit dem Christusknaben,
Elfenbein, H. 17 cm
2. CARL SPITZWEG, ‚Alte Stadt‘, Öl/Lw., 42 x 20 cm
3. PETER BREUER, Adam und Eva, 1898, Bronze, H. 150 cm
4. WALTER OPHEY, ‚Grauer Bach‘, Öl/Lw., 80 x 70 cm
5. ÉMILE LOUIS PICAULT, Zwei ägyptische Pharaonen, H. 76 cm
6. LUDWIG PHILIPP STRACK, Ideallandschaft bei Tivoli,
Öl/Lw., 57,5 x 72,5 cm
7. JEAN PIERRE DUSAUTOY, Louis-seize Meisterkommode,
Frankreich um 1770, 86,5 x 127 x 52 cm
7
AUKTIONEN
Claire Weiss, die von der GEMÄLDE
bekannten Keramikmanufak- Schuler
tur Goldscheider ausgeführt Zürich, 14. bis 18. September
wurde und einen Schätzpreis
zwischen 2200 und 3000 Euro Die Versteigerungen von
hat, sowie die entzückende, Philippe Schuler sind auch die-
vergoldete Bronzeskulptur ses Jahr weit über die Landes-
»Mädchen mit Windrad« zum grenzen hinaus für Kenner
Schätzpreis zwischen 1000 und attraktiv. Deutsche Sammler
1300 Euro. dürften sich für Edward Cucu-
Ein filigranes, aus versilber- els Gemälde »Starnberger See«
tem Metall gefertigtes »Henkel- im zurückhaltenden Schätzwert
körbchen« von Josef Hoffmann von 8000 bis 12 000 Franken
aus dem Jahr 1906, ausgeführt 1 interessieren. Cesare Maggis

Bilder links: Koller, Zürich; Schuler, Zürich; Christian Burkert/Special to The Washington Times; Bild rechts: Cahn, Basel
von der Wiener Werkstätte ähnlich taxiertes Gemälde »Zie-
(Taxe 1600 bis 2000 Euro), wurde. Von etwas anders gear- schem Privatbesitz stammende, gen in Bergdorf im Aostatal«
ergänzt neben anderen attrak- teter, aber nicht weniger musea- aber erst nach vorsichtiger Rei- dürfte dagegen besonders italie-
tiven Losen das Jugendstilport- ler Bedeutung ist Albrecht nigung als eines der seltenen nische Liebhaber anlocken.
folio des Dorotheums. Adams kürzlich in einer deut- Werke des um 1491 zu Pistoia Als persönliches Geschenk
CHRISTOF HABRES schen Sammlung entdeckte geborenen italienischen Renais- des Künstlers an seine Großmut-
Historienmalerei »Das Gefecht sancemalers Leonardo di Ber- ter ist Cuno Amiets Oschwand-
bei Pápa am 12. Juni 1809« nardino di Pistoia erkannte Landschaft »Lueg« (»Schau!«)
ALTE KUNST im Schätzwert von 130 000 bis »Verkündigung« wird ein aus dem Jahre 1941 geradezu
Koller 180 000 Franken. Es gehört zu Zuschlag zwischen 400 000 und mueumswürdig gut dokumen-
Zürich, 14. bis 19. September einer Gruppe von 16 für den 600 000 Franken erwartet. tiert. Das Haus erwartet dafür
St. Petersburger Marienpalast Als »Glücksfall für Sammler einen Zuschlagspreis zwischen
Das publicityträchtige Paradelos geschaffenen Schlachtendarstel- und Forscher« bezeichnet Fir- 40 000 und 70 000 Franken. Ein
der Septemberversteigerungen lungen aus dem Jahre 1844. Für menchef Cyril Koller schließlich hübsches »Petit bouquet« von
von Koller ist zweifellos die viel- eine ursprünglich aus spani- die geschlossene Einlieferung Amiets Genfer Künstlerfreund
figurige, virtuos dicht kompo- einer europäischen Privatsamm- René Auberjonois aus dem
nierte Darstellung des »Karne- lung italienischer Buchmalerei Jahre 1905 soll dagegen schon
vallstreibens in einer des 13. bis 15. Jh. Habe sich
1 Pieter Brueghel d. J., »Karnevals-
Bauernstube« von Pieter Brue- damit doch die Gelegenheit 2
treiben in einer Bauernstube«, Koller,
ghel dem Jüngeren. Das vorsich- ergeben, diese enzyklopädische,
Zürich, Taxe 1,5 bis 2,5 Mio. Franken
tig auf 1,5 bis 2,5 Mio. Franken von Andrea di Bartolo bis Neri
2 Cuno Amiet, »Lueg (Landschaft
veranschlagte Meisterwerk hat- da Rimini reichende Sammlung
bei Oschwand)«, 1941, Öl/Lw.,
te fast 50 Jahre in der Dresdner 54 x 65 cm, Schuler, Zürich, Taxe durch den Zürcher Kunsthisto-
Gemäldegalerie gehangen, 40 000 bis 70 000 Franken riker Gaudenz Freuler angemes-
bevor es 2002 an die Erben der 3 Eber und Schildkröten, griech., sen wissenschaftlich bearbeiten
1953 enteigneten Eigentümerfa- 5. Jh. v. Chr.., L. max. 8 cm, Cahn, und katalogisieren zu lassen.
milie Richter zurückerstattet Basel, Taxe 1600 Franken CHRISTIAN VON FABER-CASTELL

Was sammeln
Für die Kunstsammlung des Sie? ZeitgenössischebergZeichnungen
Ansätze integrieren, aber auch
vergebenen Internationalen
Unternehmens haben wir den die klassische Handzeichnung Faber-Castell Preis für Zeich-
Fokus auf zeitgenössische Zeich- neu beleben, ist sehr spannend nung wird dieser erweiterte
nung gelegt. Erfreulicherweise zu verfolgen. Dass dabei das Blick auf die Zeichnung ausgelo-
erfährt das Medium gerade Zeichnen mit der Hand, eine tet. Gewinnerin 2015 ist Anasta-
weltweit ein Comeback. Dabei der ältesten Kulturtechniken, sia Ax mit ihrer monumentalen,
bedeutet Zeichnung heute nicht bis heute unverzichtbar ist, freut performativen Installation »The
mehr nur die Verwendung von mich natürlich. Mit unserem World As Of Yesterday«.
Stift und Papier. Wie Künstler seit 2012 alle drei Jahre in
und Künstlerinnen das Medium Kooperation mit dem Neuen ANTON WOLFGANG GRAF VON
neu definieren, performative, Museum – Staatliches Museum FABER-CASTELL
dreidimensionale oder mediale für Kunst und Design in Nürn- Vorstandsvorsitzender Faber-Castell

90
für 6000 bis 8000 Franken zusammen schon ab 1600
zu haben sein. Franken zu haben sein
Als Beispiel für Schulers sollen.
Kunstgewerbe- und Anti- Vier große byzantini-
quitätenangebot sei eine in sche Tiermosaike des

«Paysage avec un Personnage»


Holz geschnitzte historis- 5. Jahrhunderts n. Chr.
tisch-neobarocke Adam- gehören mit Ausrufprei-

Jean Dubuffet
und-Eva-Figurengruppe sen zwischen 4600 und
eines deutschen Lüsters des 6500 Franken dagegen
19. Jahrhunderts im bereits zu den teuersten
bescheidenen Schätzwert Gelegenheiten dieses
von 1000 bis 1500 Franken trouvaillenträchtigen
angeführt. CHRISTIAN Angebots. CHRISTIAN
VON FABER-CASTELL VON FABER-CASTELL

ANTIKEN WAFFEN
Büste einer jungen Edelfrau

Cahn Fischer
Frankreich 15. Jh.

online, 26. September Luzern, 10. und 11. September

Mit seiner ersten reinen Das heute in vierter Genera-


Onlineauktion visiert der tion von Kuno Fischer Frédéric Charles Focht
«Sport Nautique (the Rocket Girl)»
Basler Archäologe und Anti- geführte Luzerner Unter-
kenspezialist Jean-David nehmen Fischer Auktionen
Cahn gleich zwei Ziele an. wird seinem Rang als ältes-
Zum einen entfrachtet und tes einheimisches Auktions-
verdichtet er auf diesem haus der Schweiz nicht
Wege seine bereits zum zuletzt auch mit seiner kon-
zehnten Mal im Umfeld der sequenten Pflege eines der
Basler Antikenmesse Baaf ältesten Sammelgebiete
am 13. November stattfin- überhaupt gerecht: Seine
Günther Förg

dende prominente Präsenz- Spezialversteigerungen his-


Ohne Titel

Christo
auktion hochrangiger torischer Sammlerwaffen, «Wrapped Trees,
Project for the Fondation Beyeler and
Antiken. Zum anderen soll Rüstungen und Militaria Berower Park, Riehen, Switzerland»

– gemäß dem Auktionstitel gehören heute weltweit zu


»Young Collectors« – auf die- den Pflichtterminen für
sem Weg jene wachsende Sammler, Händler und
Gruppe junger Kunstinteres- Museumsfachleute dieses Modern
sierter und potenzieller kulturgeschichtlich so span- 25.09. Moderne und Zeitgenössische Kunst
Sammler auf die zeitlose nenden Bereichs. Premium
Aktualität und die Preiswür- Kennzeichnend für die 25.09. Juwelen und Uhren
digkeit antiker Kunst auf- museale Qualität der Waf- 26.09. Asiatika und Kunst der Antike
merksam gemacht werden. fenangebote ist diesmal 26.09 . Kunsthandwerk, Antiquitäten und Gemälde
Interessierte finden etwa ein sächsischer Prunk-
Vorbesichtigung 18.09.—22.09., 11—18 Uhr
unter den rund 200 Aukti- Radschlosspuffer aus der
Katalog +49 (0) 76 34 / 50 38 0 + k aupp.de
onslosen eine 2500 Jahre alte Zeit um 1580 im Schätzwert
griechische Terrakotten- von 147 000 bis 160 000 Fran- Auktionshaus Kaupp, Schloss Sulzburg,
gruppe, bestehend aus zwei ken, der 1933 bereits einmal Hauptstraße 62, 79295 Sulzburg, auktionen@kaupp.de
naturalistischen Schildkrö- durch Fischer versteigert
ten und einem Eber, die worden war. Vergleichs-
AUKTIONEN
ner Stadtplaner die Ansicht des
Kölner Doms des Wiener
Malers und gelernten Architek-
ten Josef Langl sein (Taxe 6000
1
bis 7000 Euro). Das Ölgemälde
stammt aus dem Jahr 1880, dem
Jahr der Fertigstellung des
Domes, und zeigt im Vorder-
grund, den Chor flankierend,
zwei kleinere ovale Schmuck-
gärten, deren Neufassung die
heutige Plattenästhetik aufzulo-
stücke sind unter anderem in so ckern in der Lage wäre.
prominenten Sammlungen wie Bei der Schau fehlt nicht die
der Wallace Collection und Düsseldorfer Malerschule, die
3
dem Victoria & Albert Museum mit Werken von Oswald und
in London zu finden. Von ein- Andreas Achenbach, Max Cla-
drucksvoller skulpturaler Quali- renbach, Hugo Mühlig und ACHENBACH XXL 6000 Euro). Sonst fallen groß-
tät ist ferner ein heraldischer Fritz von Wille vertreten ist. Van Ham formatige Gemälde des Düssel-
österreichischer Helmschmuck Eine geheimnisvolle, von einem Köln, 30. September dorfers Stefan Kürten (Taxe je
des 15. Jh. in Gestalt zweier rot nebelverhangenen Vollmond 8000 bis 12 000 Euro) auf. Und
und weiß gefasster Adler- überstrahlte »Italienische Gleich mehrere Rekorde bra- auf diejenigen, die bisher leer

Bilder: Fischer, Luzern; Lempertz, Köln; Van Ham, Köln


schwingen, der auf 16 000 bis Abendlandschaft mit Grotte« chen die Achenbach-Versteige- ausgegangen sind, warten noch
20 000 Franken angesetzt ist. von Oswald Achenbach aus rungen bei Van Ham im Juni in einmal fünf Affen von Jörg
Fischers Spezialangebot dem Jahr 1893 ist mit 6000 bis Köln und Düsseldorf. 2300 Wer- Immendorff. Darunter ist der
illustriert aber auch, dass in die- 8000 Euro taxiert. ke wurden versteigert, sämtli- »Malerstamm Michael«, der auf
sem traditionsreichen und an Auch sonst scheinen die che verkauft, der Gesamterlös 25 000 Euro geschätzt wird.
sich alles andere als kriegeri- Angebote moderat geschätzt: des viertägigen Marathons FRANK MAIER-SOLGK
schen Sammelgebiet zu ver- Ein südniederländischer Meis- überstieg mit 9 Mio. Euro ein
gleichsweise bescheidenen Prei- ter mit dem Triptychon einer ganzes Stück die Erwartungen.
sen kunsthandwerklich und Anbetung der Könige wird mit Für das Kölner Auktionshaus, BÜCHER UND GRAFIK
historisch bedeutende Muse- 8000 bis 12 000 Euro, eine Mari- das sich um den Verkauf der Venator & Hanstein
umsstücke zu finden sind. ne des jung verstorbenen Rot- »Sammlung« des inhaftierten Köln, 25. und 26. September
So soll etwa ein rund terdamer Malers Hendrik Kunstberaters erfolgreich
500 Jahre altes, meisterhaft in Kobell (1751–1779) mit 8000 bis beworben hatte, war es die Der Wittelsbacher Kurfürst
Eisen und in vergoldeter 9000 Euro aufgerufen. erfolgreichste Auktion in der Clemens August (1700–1761), Erz-
Bronze gearbeitetes norditalie- Die Wiener Maler Josef Lau- Geschichte des Hauses. bischof von Köln und Fürstbi-
nisches Prunkschwert schon er und Franz Xaver Petter sind Nun kommt das für das schof von Paderborn, Münster,
für 10 000 bis 15 000 Franken zu mit mehreren Stillleben vertre- ganze Ereignis irgendwie pas- Hildesheim und Osnabrück,
haben sein. ten. Von dem aus Dordrecht sende großformatige Finale: gehörte zu den großen Kunst-
CHRISTIAN VON FABER-CASTELL stammenden Holländer Willem »XXL« nennt sich die Auktion, mäzenen Deutschlands im 18. Jh.
de Klerk stammt eine Flussland- die nur Großformate im Ange- Der prunkliebende Rokokofürst,
schaft mit dem romantischen bot hält. Aufwendigstes Werk dem das Rheinland bekanntlich
GEMÄLDE DES 15. BIS 19. JH. Blick auf eine Burgruine. Zwei ist die 49 Einzelblätter umfas- seine Weltkulturerbe-Schlösser
Lempertz Gemälde des Hamburger sende Papierarbeit des Moskau- Augustusburg und Falkenlust in
Köln, 23. September Malers Felix Schlesinger und er Künstlers Pavel Pepperstein Brühl verdankt, steht im Mittel-
Arbeiten der Münchner Schule, »Landscapes of the future«. Sie punkt der zweitägigen Auktion
Die Auktion mit Gemälden des auch mit Werken von Franz von wurde 2009 im russischen Bien- wertvoller Bücher und Grafiken
15. bis 19. Jahrhunderts bei Lem- Lenbach, runden das Panorama nale-Pavillon ausgestellt und
pertz bietet rund 150 Lose, ab. FRANK MAIER-SOLGK damals viel gerühmt (Taxe
darunter reizvolle Werke zum 100 000 bis 150 000 Euro).
1 Prunkschwert, Norditalien,
Teil unbekannter Künstler. The- Was das Format betrifft, so 1510/1520, Eisen, Bronze, Fischer,
2
matisch erstreckt sich die Offer- hält, um im Rekordmodus zu Luzern, Taxe 10 000 bis 15 000 sFr.
te von Stillleben, Landschaften bleiben, die Arbeit des deut- 2 Josef Langl, »Kölner Dom«, 1880,
und mythologischen Szenen schen Fotografen Martin Den- Öl, Lempertz, Köln, Taxe 6000 bis
über religiöse Sujets bis hin zu ker die Spitze. »Aetasaurea«, 7000 Euro
Porträts und Genrebildern. Aus was so viel wie goldenes Leben 3 Pavel Pepperstein, »Landscapes
historisch-städtebaulicher Sicht heißt, misst eine Breite von of the future«, 2009, Van Ham, Köln,
aufschlussreich könnte für Köl- sechs Metern (Taxe 4000 bis Taxe 100 000 bis 150 000 Euro

92
Auktion 226.Auktion
23.9.2015 D
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Besichtigung 17.– 21.9.2015 Mon
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sign. / dat.1991,
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ACKERMANN, Max:
Dreiklang, sign., dat. 47 u.r.,
Mischtechnik, 33 x 25 cm

ACKERMANN, Max: Leuchttürme,sign.,


dat.56u.r.,Farbkreide,33x32,5cm

5
MOLLENHAUER, Ernst: ACKERMANN, Max:
Dorfansicht, sign., dat., 69 u.r. Bild 31/1950, sign., dat. 50, u.r.
unten rechts, Öl/Lwd., 65 x 81 cm Öl / Tempera, 64.5 x 53 cm
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AUKTIONEN
bei Venator & Hanstein in Köln. beiden kleinen Fürstentümer in
Die größte Privatsammlung zu Franken. Dort hatte aber die
Leben und Werk von Clemens Erfolgsgeschichte des Hauses
August, beschrieben in 188 Kata- Hohenzollern begonnen. Erst
lognummern, wird am ersten 1417 erlangten die Burggrafen
Tag versteigert. Das Konvolut, von Nürnberg und Fürsten von
das moderat auf rund 150 000 Ansbach den Titel Markgraf von
Euro geschätzt ist, stammt von Brandenburg, den dann nach
dem Kölner Sammler Joachim der Aufteilung der hohenzol-
Maas, der neben Büchern auch lernschen Territorien auch die
Gemäldeporträts, Urkunden, Vertreter der in Franken liegen-
Autografen und Briefe zu einem den Herrschaften beibehielten.
umfassenden Porträt dieses frü- Eines der attraktivsten
hen Kunstkenners gesammelt Exemplare der Auktion ist ein
hat. Das Auktionsereignis ver- seltenes ansbachisches Gold-
spricht ein für Kunstliebhaber, stück im Wert von 5 Dukaten
Historiker und Museumsleute aus der Zeit der Vormund-
gleichermaßen wichtiger Termin schaftsregierung für den beim
zu werden. Tode seines Vaters noch unmün-
Das fünfbändige Werk von digen Markgrafen Friedrich

Bilder: Venator & Hanstein, Köln; Kastern, Hannover; Künker, Osnabrück


John Gould »The Birds of (1625–1639). Es wurde im Jahre
Europe« mit rund 450 farbigen 1629 mit dem Stempel eines
2
Lithotafeln aus den 1930er-Jah- Reichstalers geprägt. Auf dem
ren steht preislich an der Spitze Avers sieht man die Brustbilder
des Auktionsangebotes (Taxe KUNST UND ANTIQUITÄTEN nover. Das Bildnis von Caroline des Markgrafen und seiner
60 000 Euro). Ein weiterer Sam- Kastern Lizius (1841) war ehedem jüngeren Brüder Albert und
melband mit über 250 kolorier- Hannover, 19. September für die Schönheitengalerie von Christian, die wie er unter der
ten Kupfertafeln mit exotischen Ludwig I. vorgesehen, jetzt Vormundschaft ihrer Mutter
Pflanzendarstellungen ist mit Silber spielt in der kommenden wartet das Ölbild von Joseph standen. Wie ihr kurfürstlicher
20 000 Euro bewertet. Versteigerung bei Kastern eine Karl Stieler im Norden des Lan- Verwandter führen sie – ersicht-
Auch das Angebot an Hand- herausragende Rolle, denn das des auf einen neuen Liebhaber lich aus der Münzbeschriftung
schriften und Inkunabeln ist hannoversche Auktionshaus und wird mit einem Aufruf- und dem 12-feldigen Wappen-
reichhaltig. Eine Pergament- konnte eine große Privatsamm- preis von 12 000 Euro auf seine schild auf dem Revers – die Titel
handschrift »Petrus Lombardus, lung akquirieren. Eine seltene Markttauglichkeit getestet. Markgraf von Brandenburg und
Collectanea in omnes divi Pauli französische Deckelterrine auf FRANK G. KURZHALS Herzog von Preußen. Bei ihrer
epistolas« aus dem 12. Jh. wird Présentoire, entstanden in der Herrschaft handelte es sich aber
zur Taxe von 30 000 Euro aufge- Zeit des Empire, wird für 3300 um ein eigenständiges Territori-
rufen, zwei Plenarien mit teils Euro aufgerufen. Zwei nahezu MÜNZEN um ohne Bezug zu Branden-
kolorierten Holzschnitten für alltagstaugliche Tafelleuchter Künker burg. HARTMUT KREUTZER
15 000 und 60 000 Euro. aus Emden, entstanden um Osnabrück, 26. September bis
FRANK MAIER-SOLGK 1680, sind auf 2400 Euro taxiert, 2. Oktober
und eine Teedose aus Aurich
von 1730 soll mit niedrigen Die Auktionen bei Künker bie-
850 Euro Sammler locken. ten ein breit gestreutes Sorti-
Wer barocke Sinnlichkeit in ment an Münzen aus Antike,
1 der Malerei bevorzugt, der wird Mittelalter und Neuzeit. Im
bei zwei Aquarellen mit Blüten- Mittelpunkt steht die 2500 Stü-
3
motiven von Fernando Botero cke umfassende Sammlung
fündig werden. Die Preise dafür Roland Grüber (Gesamtschät-
liegen zwischen 15 000 und zung etwa 1,3 Mio. Euro). 1 Miniaturporträt, Clemens August,
Georg Desmarées zugeschrieben,
25 000 Euro. Enthalten sind in erster
um 1746, Venator & Hanstein, Köln,
Von Gerhard Richter wird Linie Prägungen der hohenzol- Taxe 3600 Euro
eine Offset-Arbeit auf Karton lernschen Markgrafentümer
2 Joseph Karl Stieler, »Bildnis der
von 1967 mit dem Titel »Hanno- Brandenburg-Ansbach und Caroline Lizius«, 1841, Öl/Lw.,
ver« angeboten. Das passt per- Brandenburg-Kulmbach/Bay- 72,5 x 59,5 cm, Kastern, Hannover,
fekt zum Standort von Kastern, reuth. Beim Namen Branden- Limit 12 000 Euro
für mindestens 6500 Euro soll burg denkt man gewöhnlich an 3 Goldstück, Ansbach, für Markgraf
das Werk einen neuen Besitzer das Kurfürstentum Branden- Friedrich (1625–1639), 1629, Künker,
finden, vielleicht sogar in Han- burg-Preußen und nicht an die Osnabrück, Taxe 20 000 Euro

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mit der Strahlenkrone" dat. 1508
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Stempel (Meder 32d) 2,4ct. Buddha, Ming-Zeit, Bronze China, Spiegelaufsatzschrank
H. 28 cm, Jadegefäss, China, 11 cm Mitteldeutschland
18. Jh.,198 x 83 x 38 cm
1945. Auktion │ 18. September 2015
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AUKTIONSHAUS WEIDLER KG seit 1980


Albrecht-Dürer-Platz 8 · 90403 Nürnberg
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AUKTIONEN
3
Kunstakademie Berlin-Charlot-
1 tenburg und Mitglied der
Königlichen Akademie der
Künste. Der viel beschäftigte
Denkmalplastiker um die Jahr-
hundertwende, zu dessen
bedeutendsten Monumenten
KUNST UND SKULPTUREN das Lilienthal-Denkmal in Ber-
Hargesheimer lin-Lichterfelde (1914) gehört,
Düsseldorf, 18. und 19. September hat mit seinen Liebenden eines
seiner Hauptwerke geschaffen.
Nach dem Erfolg des Vorjahres Den Anblick der beiden eng
hat man sich bei Hargesheimer Umschlungenen kann man
auch in diesem Jahr zu einer übrigens auch andernorts genie-
Sonderauktion mit 50 ausge- ßen: eine Marmorfassung steht

Bilder: Hargesheimer, Düsseldorf; Auktionshaus an der Ruhr, Mülheim/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Stahl, Hamburg
wählten Arbeiten entschlossen. noch heute im Düsseldorfer
Die Werke reichen zeitlich vom Florapark. FRANK MAIER-SOLGK
14. bis ins frühe 20. Jh. und bie-
ten manche kunsthistorische
Rarität. KUNST UND ANTIQUITÄTEN
An der Spitze steht das in Auktionshaus an der Ruhr
heller sommerlicher Stimmung Mülheim an der Ruhr, 29. August
einer zeitlos vormodernen
Ära gehaltene 42 x 20 cm große Sie waren beide Mitglieder der
Ölbild »Alte Stadt« von Carl Berliner Secession: Von Lyonel
Spitzweg (Taxe 16 000 Euro). Feininger und Max Beckmann
Eine Kostbarkeit stellt die aus stammen zwei maritime Moti-
Elfenbein geschnitzte Madonna ve, die im Auktionshaus an der
mit dem Christusknaben eines Ruhr zur Versteigerung kom- flanieren, den Blick aufs Meer. KUNST UND PORZELLAN
toskanischen Bildschnitzers um men. Lyonel Feiningers signier- Neben Gemälden wird Silber Stahl
1340 dar, die für die private ter Holzschnitt »Marine« und Porzellan aufgerufen, Hamburg, 26. September
Andacht vorgesehen war und in (Limit 1800 Euro), der in geome- darunter zwei Trinity-Wein-
einer Expertise als wichtiger trischen Formen versteckte kelche von Cartier (Limit Aus einer Hamburger Privat-
Beleg für den künstlerischen abstrakte Schiffe erkennen lässt, 180 Euro). In Kooperation mit sammlung kann Stahl zwei cha-
Austausch zwischen Frankreich stammt aus dem Jahr 1918 und der Caritas Mülheim veranstal- rakteristische Aquarelle von
und Italien im Trecento ist eines von 125 Exemplaren. tet das Haus eine Charity-Aukti- Emil Nolde anbieten. Sie sind
gerühmt wird. Max Beckmanns Kaltnadel- on, deren Erlöse einem Projekt jeweils mit 65 000 Euro taxiert.
Charakteristisch für ihre radierung »Strand« (Limit 1900 zur Bekämpfung von Altersar- Das »Nordfriesische Gehöft«
Epoche, nämlich den Übergang Euro) aus dem Jahr 1922 zeigt mut zugutekommen. Ende Sep- von 1935 und die »Callas und
vom Neobarock zur Moderne, von einer Strandpromenade tember eröffnet es eine Reprä- Anthurien« (1925) werden seit
ist auch die überlebensgroße aus, auf der zwei Spaziergänger sentanz in Essen. SUSANNE LUX 1967 erstmalig wieder dem
Bronzeskulptur »Adam und Markt zur Verfügung gestellt.
Eva« des Bildhauers Peter Breu- Mit herausragenden Arbei-
er, die auf 12 000 Euro taxiert ist. ten überzeugt das Porzellanan-
Breuer, zu dessen Schülern gebot. Für taxierte 35 000 Euro
Rudolf Belling gehörte, war Pro- soll eine Augustus-Rex-Baluster-
fessor für Bildhauerei an der vase mit Höroldt-Chinoiserien,
entstanden 1735, den Besitzer
wechseln. Eine museale Deckel-
terrine »Roter Drache« aus der
1 Peter Breuer, »Adam und Eva«,
Bronze, Hargesheimer, Düsseldorf, »Königlichen Hof-Küche« mit
Taxe 12 000 Euro naturalistisch staffierten Löwen-
2 Lyonel Feininger »Marine«, 1918,
köpfen sucht für 6000 Euro den
Holzschnitt/Bütten, 1918, Auktions- Platz in einer neuen Küche.
haus an der Ruhr, Mülheim a. d. R., Eine ovale Zuckerdose mit glei-
Limit 1800 Euro chem Dekor (Taxe 2500 Euro)
3 Emil Nolde, »Callas und und eine Fächerkumme um
Anthurien«, 1925, Stahl, Hamburg, 1740 (Taxe 1500 Euro) ergänzen
2
Taxe 65 000 Euro sie ideal. FRANK G. KURZHALS

96
Venator & Hanstein
Buch- und Graphikauktionen
226.Auktion
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HERBSTAUKTIONEN 2015 V
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25. September 12.0 0bis17.00Uhr
Mon
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7.09 .2015,Diensta
g,08.09.2015
,
Bücher Manuskripte Autographen Alte Graphik 10.0 0bis18.00Uhr

26. September
Franken
Moderne Graphik Zeitgenössische Graphik und
Schwaben,
um 1500,
H. 102 cm
und 95 cm

Schwaben,
um 1480
und 1500,
H. 92 cm
und 83 cm

Bayern,
um 1500,
H. 72 cm
und
Süddt.,
1480,
H. 71 cm

Brüssel,
um 1500,
H. 107 cm
und
Lüttich,
17. Jh.,
H. 74 cm

Auszug der Skulpturen-


Sammlung, 16. bis 18. Jh.

Aus Clemens August -S


Sammlung Joachim Maas, Köln.

Auszug der Skulpturen-


Sammlung, 15. bis 18. Jh.

Rembrandt. Selbstbildnis, von vorn gesehen, im Barett.


Um 1634. Radierung.

Cäcilienstraße 48 · 50667 Köln


Tel. 0221–257 54 19 · Fax 0221–257 55 26
Zahlreiche Skulpturen 15. bis 18. Jh. aus dem
Bestand der Zisterzienser Abtei Himmerod sowie
info@venator-hanstein.de · www.venator-hanstein.de Auflösung einer Süddeutschen Privatsammlung

 


 

 
 
 
 








 

AUKTIONEN
TEPPICHE Farbgebung, Musterung und ALTE MEISTER
Nagel Knüpfdichte gehören zu den Neumeister
Stuttgart, 8. September Qualitätsmerkmalen und vari- München, 23. September
ieren je nach Herkunft und
Vermutlich haben sechs Tep- Funktion der Teppiche, die oft Carl Spitzwegs (1808–1885)
pichknüpfer vier bis fünf Jahre nach dem Knüpfgebiet benannt Todestag jährt sich am 23. Sep-
an dem 77 qm großen Kerman- werden, wie Kerman (Südper- tember zum 130. Mal. Passend
Palastteppich gearbeitet, der sien), Keschan (Zentral-Iran) ruft Neumeister an diesem Tag
anlässlich der Jubiläumsauktion und Kasak (Kaukasus). ein Gemälde seines Hauskünst-
bei Nagel versteigert wird. Das Die politische Annäherung lers auf. Die »Berglandschaft
auf 80 000 Euro geschätzte zwischen den USA und dem mit Liebespaar« von 1863 (Taxe
Stück mit einer Gesamtzahl von Iran hat zu einer Lockerung des 100 000 bis 120 000 Euro) zeugt
rund 28 Mio. Knoten stammt Embargos persischer Waren 2 dabei weniger von der bieder-
aus dem beginnenden 20. Jh. geführt. Mit gesteigertem Kauf- meierlichen Beschaulichkeit,
und ist eines der Glanzstücke interesse der Amerikaner an nisches Design« bei Quitten- die Spitzweg populär gemacht
der Offerte, die neben herausra- Perserteppichen, wie einem baum (Taxe 5000 Euro). Von hat, als von Interesse an der
genden Einzelstücken auch Keschan aus der Werkstätte der dem beliebten Künstler kom- Natur und romantischem Fern-

Bilder: Nagel, Stuttgart; Quittenbaum, München/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Neumeister, München
Sammlungen mit Teppichen persischen Knüpfmeisterfamilie men auch Schirmständer, Tab- weh. Das amouröse Detail tritt
aus unterschiedlichen Epochen Mohtaschem von 1902 (Taxe letts, Tassen sowie Teller aus den zurück und löst sich auf in einer
und Kulturregionen umfasst. 6000 Euro), ist deshalb zu rech- Serien »Mongolfiere« und »Mar- wild-romantischen Szenerie.
Seit 40 Jahren lädt das Haus nen. Der zweite Auktionsteil tini & Rossi« unter den Hammer. Bei Leo von Klenzes Ansicht
zweimal im Jahr zur Spezial- beinhaltet islamische und afri- Beim »Internationalen der Kirche Santa Maria Maggio-
auktion für Teppiche. Als kanische Kunst. STEFFI KUPKA Design« stechen neue Entwürfe re in Bergamo steht das archi-
besonderen Anreiz hat der und Klassiker hervor, darunter tektonische Detail im Mittel-
Namenspatron und ehemalige zwei »Skater«-Sessel von Preben
Inhaber Gert K. Nagel Teppiche GLAS UND DESIGN Fabricius und Jörgen Kastholm
3
aus seiner Privatsammlung in Quittenbaum (1968, 5000 Euro). Highlights der
die Auktion gegeben. München, 22. bis 24. September Muranoglasauktion sind Carlo
Seine Kollektion beinhaltet Scarpas »Pennellate«-Vase und
Manufaktur-, Nomaden- und »Er bringt Gegenstände zum Fulvio Bianconis Bechervase
Dorfteppiche aus Regionen von Sprechen«, sagte einmal der »A fasce ritorte« (je 8000 Euro).
Westanatolien bis Asien, von berühmte italienische Architekt UTE STRIMMER
Kasachstan bis Indien. Höhe- Giò Ponti über seinen engen
punkt ist ein archaischer Swasti- Freund Piero Fornasetti (1913–
ka-Kasak aus dem 19. Jh. mit 1988). Der Mailänder Designer
Muster aus Wirbelornamenten, verzierte unzählige Möbel und
1 Palastteppich, Kerman, Südpersien,
Diagonalbalken und Hakenrau- Accessoires mit sich wiederho- 1270 x 605 cm, Nagel, Stuttgart,
ten. Die großen Ornamente mit lenden Motiven und machte mit Taxe 80 000 Euro
Spiralfortsätzen haben ihren der einzigartigen Mischung aus 2 Fulvio Bianconi, Vase »A fasce
Ursprung vermutlich in alter- Illusionismus und Perspektive ritorte«, 1951, H. 22 cm, Venini & C.,
tümlichen Tierwirbel-Amulet- jedes Objekt zu etwas ganz Quittenbaum, München, punkt. Den Hofarchitekten
ten. Das Stück, 1979 als Nr. 2 in Besonderem. Sein schöner Kaf- Taxe 8000 bis 12 000 Euro Ludwigs I. interessierte vor allem
Doris Eders Standardwerk feetisch aus den 1950er-Jahren 3 Anton Raphael Mengs, »Salvator die verzierte Vorhalle der goti-
»Kaukasische Teppiche« publi- mit zartem Blütendekor ist Mundi«, Neumeister, München, schen Kirche, die von schmalen,
ziert, ist auf 10 000 Euro taxiert. Glanzstück der Auktion »Italie- Taxe 40 000 bis 50 000 Euro auf Löwen ruhenden Säulen
getragen wird. Neben dem
Motiv ist bei diesem großforma-
1 tigen Bild (102 x 87,7 cm) zur
Taxe von 30 000 bis 40 000 Euro
die durch Helldunkelkontraste
dramatisierte Abendstimmung
das Thema. Architekturstudie
und Italiensehnsucht halten sich
die Waage. Zudem im Angebot:
eine »Lustige Gesellschaft« von
Franz Anton Maulbertsch
(Taxe 15 000 bis 20 000 Euro) aus
süddeutschem Privatbesitz.
FRANK MAIER-SOLGK

98
4. / 5. Sept. 2015

Edmund Adler, 56 x 69 cm Thomas Mer(t)ens, 56 x 76 cm

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ein
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Karl Hauptmann, „Zastlertal“, 1930, 60 x 90 cm Otto Grashof, "Cuesta del prado, Valparaiso",
Chile, 1854, 42 x 68 cm
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Auktion 330
Gemälde 17.–20. Jh., Auflösung einer Gemäldesammlung Eifel- u. Rheinlandschaften,
u.a. 22 Ölgemälde Fritz v. Wille, Ikonen, Grafik, Skulpturen, Bronzen, Möbel, Antiquitäten, Uhren,
Teppiche, Schmuck, Silber, Porzellan, Asiatica, Afrikana, Kunstgewerbe

Besichtigung: Freitag, 28.08. bis Mittwoch, 02.09., 10–18 Uhr (auch Sonntag),
Donnerstag, 03.09., 10–14 Uhr
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bebilderter KATALOG ab ca. 22. August 2015 im Internet

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Öl / Hartfaser, 59 x 79 cm, sign. u. dat. 1940, Taxe 8000 Euro
Otto Dill (1884-1957), Kutschfahrt mit 6- und 8-Spännern,

© VG Bild-Kunst, Bonn 2015

30. KUNSTAUKTION
18. SEPTEMBER 2015
Vorbesichtigung: 11.09. – 17.09., Fr bis Do, 10 bis 17 Uhr, Sa und So, 10 bis 15 Uhr
Waltherstraße 23, 80337 München, Tel 0049 89 - 23 88 689 - 0, www.scheublein.com
AUKTIONEN
MÜNZEN bei Scheublein besticht darüber
Gerhard Hirsch Nachfolger hinaus eine Kutschfahrt des
München, 21. bis 26. September bekannten Tier­ und Land­
schaftsmalers Otto Dill (Taxe
Bei Hirsch gibt es zur präko­ 8000 Euro) sowie ein bezau­
lumbischen Kunst und zu den berndes Kinderbild des Wahl­
antiken Kunstobjekten diesmal südtirolers Alexander Koester
angesichts des besonders (6000 Euro).
umfangreichen Angebots zwei Weitere Highlights der rund
gesonderte Kataloge. Gleiches 700 Lose umfassenden Auktion
gilt auch für die Münzen der mit starker Schmuckofferte sind
Antike. ein mit Perlen und Brillanten
Zunächst kommt eine besetztes Collier (Taxe 8000
exquisite Kollektion grie­ Euro), ein sitzender, knapp
chischer und römischer Mün­ 50 Zentimeter hoher Weisheits­
2
zen (Sammlung J. G. J.) zur Ver­ Buddha aus Blanc de Chine

Bilder: Gerhard Hirsch Nachf., München; Hampel, München; Hampel, München/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
steigerung. Ein prachtvolles (Dehua, China, wohl Qing) zur
Beispiel frühhellenistischer auf die alleinige Nachfolge des nen wiederentdeckt und aufge­ Taxe von 2000 Euro sowie ein
Münzkunst ist ein in Thessalien Verstorbenen. Mit dem Bild arbeitet. Über 20 marktfrische tanzendes Paar der Wiener
geprägtes Tetradrachmon, das des die Meere beherrschenden Gemälde und Grafiken des Manufaktur Goldscheider, das
auf dem Avers das ungemein Gottes Neptun auf dem Revers Künstlers aus einer Privatsamm­ auf 700 Euro geschätzt ist.
kraftvolle Porträt des Dia­ der Münze verweist er auf seine lung kommen dort zum Aufruf SUSANNE LUX
dochenherrschers Demetrios Erfolge im Krieg zur See. (Taxen bis 1200 Euro).
Poliorketes mit Königsbinde Bei Hirsch warten aber Peter van Hamme malte
und Stierhörnern zeigt (Taxe noch viele weitere Münzen der Porträts, Akte, Stillleben und GEMÄLDE
7500 Euro). Es ist, dem Vorbild Antike. Am Ende stehen wie Blumenstücke, die oft von Hampel
des Ptolemaios in Ägypten fol­ gewohnt Münzen und Medail­ Industriellen gekauft wurden. München, 24. und 25. September
gend, die erste im Mutterland len aus dem Mittelalter und der Darunter waren viele amerika­
Neuzeit, darunter viele seltene nische Sammler. Auch die Städ­ »Ich habe weder interessante
Prägungen aus Bayern. tische Galerie im Lenbachhaus Ideen noch außerordentliche
HARTMUT KREUTZER erwarb Werke von ihm. Gefühle. Ich sehe nur, was jeder
Er hat sich aber nicht nur als sieht«, behauptete René Magritte
Maler einen Namen gemacht: (1898–1967) und schuf dennoch
KUNST UND ANTIQUITÄTEN Van Hamme war Geschäftsfüh­ fantastische Bilder, die die
Scheublein Art & Auktionen rer der Münchner Glaspalast­ Betrachter bis heute faszinieren.
1 München, 18. September ausstellungen. Und unter seiner Geboren wurde der Künstler
Ägide erreichte die Schau im 1898 in Lessines, in der belgi­
geprägte griechische Münze mit Kennen Sie Peter van Hamme Jahr 1918 das höchste Verkaufs­ schen Provinz Hainaut. 1916
dem Bild eines lebenden (1880–1936)? Da müssen wohl ergebnis seit Bestehen. In der schrieb er sich in Brüssel an der
Herrschers. Als nach dem Tode selbst die passioniertesten umfangreichen Offerte von Académie royale des Beaux­Arts
Alexanders des Großen im Jahr Kunsthistoriker Münchens pas­ Arbeiten des 19. Jahrhunderts ein. Dort lernte der Maler den
323 v. Chr. seine Generäle in sen. Dabei hat der Künstler vor
den sogenannten Diadochen­ allem in der Isarmetropole Spu­ 3
kriegen mehr als ein Jahrzehnt ren hinterlassen. Das Werk des
lang um sein Erbe stritten, war vergessenen Genremalers hat
der Sohn des Antigonos I., nun Scheublein Art & Auktio­
genannt »der Einäugige«, einer
der Hauptakteure im Kampf
um die Thronfolge.
Seine militärischen Erfolge 1 Tetradrachmon, Demetrios
Poliorketes, Gerhard Hirsch Nachf.,
verschafften ihm den Beinamen
München, Taxe 7500 Euro
»der Städtebelagerer«. Als er
2 Peter van Hamme (1880–1936),
gemeinsam mit seinem Vater
»Junge Frau mit zwei Kindern«,
306 v. Chr. als erster der Diado­ Öl/Lw., 139,5 x 112 cm, Scheublein,
chen den Königstitel annahm, München, Taxe 1200 Euro
setzte er wie Alexander seinen 3 René Magritte, »Zuckerdose mit
Namen zusammen mit dem Frucht und Büchern«, um 1923,
Königstitel auf seine Münzen Öl/Karton, 32,7 x 40,8 cm, Hampel,
als Ausdruck seines Anspruchs München, Taxe 300 000 Euro

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AUKTIONEN
Konstruktivisten Victor ASIATIKA
Servranckx kennen, der ihm Auctionata
künstlerische Anregungen gab, online, 21. und 22. September
und beschäftigte sich mit dem
Kubismus und dem Futurismus. Jade war schon in den neolithi­
Erst 1925 entwickelte Magritte schen Kulturen Chinas ein
einen Stil, der ihn eindeutig zum geschätzter Schmuckstein, dem
damals noch sehr jungen Surrea­ eine heilende Kraft zugesagt
lismus zuordnen lässt. wurde. Ein Schwerpunkt wäh­
Nun versteigert das Münch­ rend der Asiatikaauktionen
ner Auktionshaus Hampel ein von Auctionata liegt nun auf
Frühwerk des belgischen solchen Jadeobjekten.
Künstlers. Das Gemälde ist um Hervorzuheben ist dabei
1923 datiert und stellt ein Still­ eine archaische Hu­Vase aus der
leben mit Zuckerdose, Frucht Han­Dynastie (206 v. Chr. bis
und Büchern dar. Mit hohem 220 n. Chr.), die von dem
Kompositionsvermögen arran­ Jadeexperten Filippo Salviati
gierte René Magritte hier die authentifiziert wurde. Das
Gegenstände auf dem weißen 10,5 cm hohe Stück ist auf 70 000
Tischtuch. Euro taxiert. Ein lackierter und
Die langen Schatten zeigen 1 feuervergoldeter Bronze­

Bilder: Schmidt, Dresden/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Auctionata


einen Einfluss Giorgio de sancevilla gezogen und kann Schmidt erst ganz zum Schluss Buddha Guanyin aus der Ming­
Chiricos. Das 32,7 x 40,8 cm damit seine Offerte noch wir­ festlegen. Die eigenen For­ Dynastie (1368–1644) kommt
große Bild ist in dem von David kungsvoller präsentieren. Die schungsarbeiten zu den Bildern zum Schätzpreis von 5000 Euro
Sylvester herausgegebenen kommende Auktion ist die dauern an und bringen viel­ zum Aufruf. Die Figur befand
Catalogue raisonné (London Premiere in dem Prunkbau aus leicht noch rechtzeitig die sich seit Generationen im Besitz
1992) abgebildet und auf 300 000 der Zeit des Historismus. erhoffte Authentizitätsbestäti­ einer Familie, mit der sie im 19.
Euro geschätzt. UTE STRIMMER Das aktuelle Bilderangebot gung – und damit den angemes­ Jahrhundert von Qingdao nach
wird diesmal sicher die Detekti­ senen Preis. Europa gelangte. SUSANNE LUX
ve unter den Bietern herausfor­ Meissener Porzellan, aber
KUNST UND ANTIQUITÄTEN dern, denn zwei wohl von Carl auch weitere Bilder, vor allem
Schmidt Spitzweg um 1883 gemalte klei­ sächsischer Künstler, runden das
Dresden, 26. September ne Landschaften werden ange­ Angebot ab. FRANK G. KURZHALS
boten. Auf der Rückseite ordnet
Mit einer deutlich größeren zwar ein maschinenschriftlicher
Ausstellungsfläche als bisher Besitzervermerk von 1921 die 1 A. R. Penck und Steffen Terk
wird das Dresdner Auktions­ Arbeiten Spitzweg zu, aber des­ »Gehirn«, 1972, Acryl, 180 x 200 cm,
haus Schmidt in die nächste sen Zuverlässigkeit bleibt frag­ Schmidt, Dresden, Taxe 6000 Euro
Auktionssaison gehen. Unweit lich, denn die beiden Land­ 2 Jadevase Hu, Han-Dynastie,
des bisherigen Domizils ist schaften sind unsigniert. Auf 206 v. Chr. bis 220 n. Chr., H. 10,5 cm,
Schmidt in eine Neorenais­ den Preis möchte man sich bei Auctionata, Taxe 70 000 Euro 2

18./19. Sehr umfangreiches


Jagdzimmer-Ensemble
aus Geweihmöbeln:

SEPTEMBER
Waffenschrank, Sitz-
bank, Tisch, zwei Arm-
lehnsessel, Spiegel mit

2015 AUKTION NR.447


Konsole, Schreibtisch,
Deckenlampe, Stühle,
Wandschränkchen,
Zeitungshalter, etc.
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Besichtigung:
12. bis 16. Sept. 2015,
von 10 bis 18 Uhr (auch So.)
sowie 17. Sept. 2015
von 10 bis 14 Uhr

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Ausstellung 5. bis 11. September 2015


Auktionen 14. und 16. bis 18. September 2015

Deutschland, Historismus, Moise Kisling, „Port de Marseille“, Pavel Ovchinnikov, Trompe L’oeil, Paolo Venini, Hans Reichel, „No. 61“, 1954,
Holz gefasst, H 21cm um 1918, Öl auf Holz, 55x46 cm Moskau, 1872, Silber/Email, 18,5x18 cm um 1955, H 20 cm Aquarell/Tusche, 29,9x 21,7cm

Schuler Auktionen – Seestrasse 341 – CH-8038 Zürich – Schweiz


T + 41 43 399 70 10 – info@schulerauktionen.ch – www.schulerauktionen.ch

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L.-Echterdingen | Heilbronner Str. 9–13 Lot 1650: J. Chr. Schütze attr. (gest.
um 1900/20. Jh., 1765); aus einer Portraitslg. derer von
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AG E N DA

BÜCHER
mäßiger Korrespondenz und einigen Ge- Den »Emporsteigenden Jüngling« schuf
dichten existieren praktisch keine Selbst- Wilhelm Lehmbruck 1913/14, die »Büste der
zeugnisse von ihm. Tagebuch, persönliche Knienden« u. entstand im Jahr 1911
Briefe, künstlerische Manifeste: Fehlanzeige.
Sein Biograf behalf sich deshalb über weite bruck »eine starke Enttäuschung«, sein Ge-
Strecken mit historischen Dokumenten und stürzter »eine Geschmacksverirrung«.
Schilderungen von Zeitgenossen. Akribisch So entsteht bei der Lektüre das Bild ei-
zeichnet er die Lebensstationen des Urhebers nes Künstlers, der es nicht leicht hatte, weder
von so epochalen Werken wie dem »Gestürz- mit sich selbst noch mit anderen. Dennoch
ten« oder der »Großen Knieenden« nach – kann man diese Biografie nur eingeschränkt
angefangen beim ärmlichen elterlichen Mi- empfehlen. Zu sehr schwankt Mück zwi-
lieu in Meiderich über das Studium in schen objektivem Ton und polemischen Mut-
Düsseldorf, Reisen nach Holland, Belgien maßungen, auch der Tafelteil hinterlässt mit
und Italien bis zum Exil in Zürich und dem 40 Abbildungen einen erratischen Eindruck.
Ende in Berlin. Selbstverständlich nehmen Hinzu kommt der fatale Fehler, dass er die
dabei auch die für Lehmbruck so fruchtba- Anmerkungen in den Text einfügte. Darüber
ren vier Jahre in Paris breiten Raum ein. hinaus versucht der Autor unablässig, die
Unterstützt durch den Düsseldorfer Aufmerksamkeit des Lesers mit Hunderten
Sammler Carl Nolden hatte Lehmbruck mit von eingeschobenen sic! auf etwas zu lenken,
seiner Familie im Januar 1910 eine kleine Ate- das dieser gerade selbst schon bemerkt hat.
lierwohnung am Montparnasse im 6. Arron- Das hemmt den Lesefluss auf eine Art, die

Bilder: Lehmbruck Museum (2)


dissement gemietet. Er besucht den von ihm die Grenze zum Ärgernis überschreitet, und
verehrten Rodin in dessen Atelier, geht regel- verhindert es leider, von einem echten Stan-
mäßig ins Café du Dôme, wo er gleichaltrige dardwerk zu sprechen. ULRICH CLEWING
Künstler kennenlernt. Amedeo Modigliani
fertigt eine Zeichnung von ihm an. Archi- Hans-Dieter Mück, »Wilhelm Lehmbruck 1881–
penko, Brancusi, Derain, Matisse, Lipchitz 1919 Leben Werk Zeit«, Weimarer Verlagsgesell-
schätzen seine Arbeiten. Aber Lehmbruck ist schaft, 712 S., 79 Euro
ein verschlossener, wortkarger Mann. In sei-
nen Kommentaren ergreift Mück ein ums
andere Mal Partei für den Bildhauer, ver-
schweigt aber auch nicht, dass dieser in Paris
im Grunde das Leben eines Fremden lebte.
Der Gestürzte Autor und Verlag nennen das Buch eine
Überfällig: die erste Biografie Werkbiografie. Ein Begriff, der eher in der Li-
teraturwissenschaft verwendet wird, aber
über Wilhelm Lehmbruck
Mück ist von Hause aus auch Literaturwis-
senschaftler. Er gibt detailliert darüber Aus-
»Alle Freunde feierten mit mir«, erinnerte kunft, wann welche Arbeiten entstanden
sich Elisabeth Bergner in ihren Memoiren an sind, in welchen Ausstellungen sie gezeigt
den Tag, an dem sie ihr erstes Engagement in und von welchen Sammlern sie erworben
Berlin unterschrieb. »Nur Lehmbruck nicht. wurden – zweifellos ein sehr verdienstvoller
Sein Mund war fester geschlossen denn je.« Aspekt dieser 712 Seiten starken Publikation.
Der Bildhauer hatte die Schauspielerin 1916 Auch mit zeitgenössischer Kritik wird nicht
kennengelernt und verzehrte sich seitdem gespart. 1916 lässt der Kölner Stiftsprobst, ein
nach ihr. Dass die unerwiderte Liebe zu der Dr. Kaufmann, seinen Ressentiments freien
16 Jahre jüngeren Bergner für ihn kein gutes Lauf: »Von den großen Hoffnungen, der
Ende nahm, ist bekannt. Doch nie wurden Krieg werde unsere Kunst zu Höhen
die Umstände, die zu seinem Freitod im erheben …(um) sich dem ver-
März 1919 führten, so ausführlich dargelegt derblichen Einfluß auslän-
wie von Hans-Dieter Mück in seiner Biogra- discher Kunstschulen end-
fie – der ersten, die über das Leben eines der lich zu entziehen«, habe
größten deutschen Künstler erschienen ist. sich, so Dr. Kaufmann,
Lehmbruck hat es der Forschung aber »leider wenig erfüllt«.
auch nicht leicht gemacht. Außer geschäfts- Deswegen sei Lehm-

104
SCHMIDT
KUNSTAUKTIONEN DRESDEN

Kurz & knapp


Neue Geschäftsräume
Bautzner Str. 99 01099 Dresden

Wie man sich erzählt, Sommer an der Côte


soll Marie-Antoinette d’Azur: Pablo Picasso Eröffnungsauktion
ihren Hofmaler Pierre- hält für eine junge Frau 26.09.2015
Joseph Redouté einmal den Sonnenschirm. Der
mitten in der Nacht zu Schnappschuss, der Otto Altenkirch
sich zitiert haben: Sie wünschte von diesen Nachmittag blieb, wur- Johannes Beutner
sich, dass er auf der Stelle einen de weltberühmt, die Französin im Eugen Bracht
Kaktus porträtierte. Nicht nur die Schatten auch. Françoise Gilot, Ferdinand Dorsch
Curt Ehrhardt
Königin schätzte die weiche Linien- selbst Künstlerin, war die einzige
Conrad Felixmüller
führung des gefragten Pflanzen- Geliebte in Picassos Leben, die es Wolfgang Friedrich
illustrators. Wer im Paris des 19. Jahr- wagte, ihn zu verlassen. Mit 21 Jah- Hermann Glöckner
hunderts etwas auf sich hielt und ren lernte sie den dreimal so alten Otto Griebel
sein Gewächshaus dokumentiert Maler kennen, dem sein Ruf als Ernst Julius Hähnel
wissen wollte, klopfte an seine Ate- Frauenheld vorauseilte. Sie ver- Josef Hegenbarth
liertür. Redoutés naturgetreue brachten glückliche Jahre zusam- Julius Hübner
Aquarelle, die Knospen und Blätter men und bekamen zwei Kinder. Hans Jüchser
zart auf Papier übertrugen, brach- Als die Leidenschaft dem Alltag Bernhard Kretzschmar
Willy Kriegel
ten ihm den Spitznamen »Raffael wich, beschloss Gilot, sich zu verab-
Bilder: TASCHEN 2015; Gestalten; Ankerherz; Elsengold

Paul Kuhfuss
der Blüten« ein. Während Schrift- schieden. Malte Herwig gelingt Abraham Mignon
steller im Rückblick auf ihr Schaf- das Porträt einer Frau, die auch im Otto Nagel
fen die erfolgreichsten Geschichten Alter noch so frei wirkt wie die jun- August Leberecht Oeser
als Sammelband veröffentlichen, ge Frau, in die sich Picasso verliebte. Ernst Wilhelm Paul
entschied sich Redouté dafür, aus- Malte Herwig, »›Die Frau, die Nein sagt«, A.R. Penck
gewählte Blumendarstellungen Ankerherz, 29,90 Euro Friedrich Press
herauszubringen. 144 handkolorier- Curt Querner
Wilhelm Rudolph
te Farbpunktstiche und botanische »Menzel ist sehr vieles,
Carl Spitzweg
Erläuterungen sind nun als großfor- um nicht zu sagen Robert Hermann Sterl
matiger Nachdruck erschienen. alles«, notierte der Albert Wigand
Pierre-Joseph Redouté, »Redouté. Dichter Theodor Fon-
Selection of the Most Beautiful Flowers«, tane. Die Kunsthistori-
Taschen, 99,99 Euro kerin Anja Grebe geht dieser These
mit einem Bildband, der Adolph
Arm, so wie der Buchti- von Menzels Leben als Nebeneinan-
tel behauptet, ist der der aus Graphitzeichnungen, Ölbil-
norwegische Südpool- dern und Gouachen begreift, auf
bezwinger und Kunst- den Grund. Sie setzt anekdotenhaft
sammler Erling Kagge ein detailverliebtes Bild zusammen,
keineswegs: 2008 konnte er immer- das den »zwergenhaften Mann« (er
hin sechs »passstücke« des Künst- maß 1,40 Meter), dessen Werk
lers Franz West kaufen – und dazu schon zu Lebzeiten gefeiert wurde,
Wests Rolls-Royce als »Sockel«. Die über Briefwechsel und Bildbeschrei-
reißerische Aufmachung verzeiht bungen vorstellt. Der Leser lernt
man jedoch. Denn Kagge hat einen Menzel so nicht nur als Historien-
amüsanten und meinungsstarken maler, sondern vor allem als Chro-
Erfahrungsbericht geschrieben, wie nisten des Berliner Alltags kennen.
man sich als kleiner Multimillionär Neben Jahrhundertgemälden zur
im Haifischbecken des Kunst- Industrialisierung sind es die flüch-
markts durchbeißt. Seine Tipps: tigen Beobachtungen aus wenigen
den Kauf nicht zergrübeln, pünkt- Strichen, die in Erinnerung bleiben:
lich zahlen und beim Lunch mit die schlafende Schwester des Künst- Friedrich Press „Lesender“. 1984.
dem Galeristen zur Abwechslung lers, die Bären im Zoologischen
mal die Rechnung übernehmen! Garten und ein Pelzmantel, der auf
Erling Kagge, »A Poor Collector’s dem Kanapee liegt. 45. Kunstauktion
Vorbesichtigung ab 19.09.2015
Guide to Buying Great Art«, Gestalten, Anja Grebe, »Menzel: Maler der
Tel. 0351/81 19 87 87
29,90 Euro Moderne«, Elsengold, 24,95 Euro www.schmidt-auktionen.de
W E LT K U N S T

KUNSTSTÜCK Nº   5 6

VON
SIG R I D E P P

Bild: Bayer&Mitko - ARTOTHEK

Jean-Baptiste Delamonce
»Das Rollenporträt der bayerischen Kurfürstin Henriette Adelaide«, um 1670
Neue Pinakothek, München

106
P
rinzessin Henriette Adelai- schnittenen Mieders mit Schuppenmuster in Hofmaler Jean-Baptiste Delamonce zuge-
de von Savoyen war noch Goldstickerei. An den Schultern prangen schrieben, der zwischen 1672 und 1684 in
ein Teenager, als sie 1652 perlenverzierte, lambrequinartige Zaddeln. München nachgewiesen ist.
durch ihre Vermählung Das blaue Unterkleid ist nur an den kurzen Der nächste Anlass zu einer Großveran-
mit dem noch unmündigen, wie sie erst sech- Ärmeln sichtbar und am Rock, der in Hüft- staltung war die Geburt des Prinzen Kajetan
zehnjährigen Kurprinzen Ferdinand Maria höhe mit einem bräunlichen Schal gerafft ist. Maria Franz im April 1670, die zusammen
an den Münchner Hof kam. Der Briefwech- Um die Schultern hat sie entlang des Aus- mit den Geburtstagen der Eltern Anfang No-
sel mit ihrer Mutter dokumentiert geradezu schnittes ein gefälteltes olivbraunes Tuch mit vember besonders aufwändig gefeiert wurde.
romanhaft den schwierigen Beginn in der schmalen blauen Streifen und feinen geome- Nach Oper und Feuerwerk setzte sich der
neuen Heimat fern von Turin. Unter ande- trischen Mustern geschlungen und mit min- Aufzug »Giostra delle Amazoni« mit mehr
rem vermisste sie die höfischen Vergnügun- destens drei Perlenbroschen befestigt. Die de- als 200 Teilnehmern und 20 vergoldeten Wa-
gen. In München hatte nach dem Tod des likate Farbzusammenstellung Schwarz, Blau, gen in Bewegung, darunter 44 Paare von Ad-
bayerischen Kurfürsten Maximilian I. nur Weiß und Olivbraun wiederholt sich in ihrer ligen in den Rollen von Amazonen und Hel-
wenige Monate zuvor seine Witwe Maria Kopfbedeckung, einem kleinen Helm mit den. Die erste Gruppe führte die Kurfürstin
Anna von Habsburg die Regentschaft über- üppigem Federbesatz. Dazu trägt die Kur- an, verkleidet als Amazone Orithia und in
nommen, die ihre Schwiegertochter in einer fürstin eine Perlenkette und tropfenförmige Begleitung ihres Schwagers Herzog Max Phi-
völlig anderen kulturellen Umgebung auf Perlen als Ohrgehänge. Ein dünner perlen- lipp als Held Penasagoras, gefolgt von einem
ihre zukünftige Rolle vorbereiten musste. besetzter Reif aus Metall oder Leder bändigt Defilee mit Kostümen, die in den »colori ge-
Beim Besuch des neu gekrönten Kaisers Leo- den weiten Hemdärmel am Oberarm. Zwar niali« der Kurfürstin gehalten waren, wie es
pold I. exponierten sich der junge Kurfürst entspricht der Schnitt des Kostüms durchaus im Programmheft heißt: metallfarben schim-
und sein Bruder Max Philipp noch in mittel- der damaligen Damenkleidung, doch der klei- mernd (»acciaio«, Eisen) mit goldenen Strei-
alterlich anmutender Manier beim Fußtur- ne Stoff- oder Papphelm und der Feldherrn- fen, ansonsten Blau (»cilestro«), Weiß und
nier. Henriette Adelaide war es dagegen nur »fogliamorta«. An der Spitze der zweiten
selten vergönnt, zusammen mit einigen Hof- Gruppe stand ihre Schwägerin Herzogin
damen in höfischen Balletten vor einem aus- Maurizia Febronia de la Tour, wie die ande-
gewählten Publikum im Festsaal der Münch- Mit Details wie Helm und ren in ihrer Mannschaft in helles Metall und
ner Residenz aufzutreten. die »Farben von Rosen und Lilien«gekleidet.
Mit der Geburt ihrer Kinder, vor allem Feldherrnstab ist das Porträt Die Kostüme der dritten Gruppe waren hell-
nach glanzvollen mehrwöchigen Tauffeier-
lichkeiten für den Thronfolger Max Emanu-
der Kurfürstin wohl auf dunkel (»chiaroscuro«), gelb und dunkel-
grün (»silvia«) und die der vierten in »gride-
el 1662, war die Stellung der Kurfürstin ge- eine Bühnenrolle zu beziehen. lino« (»gris de lin«, ein lilastichiges Grau),
festigt, und es begann eine ganz neue Phase Grün und Weiß (»candor«) gehalten.
im Festreigen am Münchner Hof, inspiriert Die Kurfürstin ist also in einem fanta-
von den Festivitäten am Pariser Hof des noch sievollen, aber nicht fantastischen Kostüm
jungen Louis XIV. stab in ihren Händen sprechen dafür, dass porträtiert worden: in der goldverzierten
Zu ihrem 33. Geburtstag am 6. Novem- sich das Porträt auf eine Bühnenrolle bezieht. Rüstung der Römerinnen aus dem Jahr 1665
ber 1669 widmete Kurfürst Ferdinand Maria Zur Tauffeier des zweiten Prinzen Lud- oder aber im Kostüm der Amazone Orithia
seiner Gattin das Gedicht »I Colori geniali«, wig Amadeus 1665 wurde neben Pferderen- von 1670. Es ist damit nicht nur ihr persön-
das die personifizierten Farben als Auftakt nen, Feuerwerk, Komödie und Oper das Bal- lichstes Porträt, sondern als Bilddokument
zum üblichen Turnier als Wortgefecht vor- lett »I trionfi di Baviera« aufgeführt. Mit den einer ihrer Bühnenrollen wörtlich zu neh-
führten. Darin beklagen sich vor allem Rot Personifikationen der wichtigsten bayeri- men, wie die Programmhefte nahelegen. De-
und Gelb bitter, nicht als persönliche Farben schen Städte tanzten Frankreich in weißem ren Quellenwert wird allerdings oft bezwei-
von der Kurfürstin gewählt worden zu sein, Gewand und blauem Mantel mit goldenen felt. Hier ergänzen sie die Bildzeugnisse,
sondern Schwarz, Weiß, Blau und »foglia- Lilien, Savoyen im roten Gewand mit wei- selbst die Frisur mit den spiralfederartig ab-
morta« (Olivbraun). Schließlich weist das ßem Kreuz und jeweils vier Vertreterinnen stehenden dünnen Locken, die unter dem
personifizierte Licht als Vermittler Gelb und der Kontinente. Europa repräsentierten vier Helm hervorquellen, entspricht jener auf
Rot darauf hin, dass sie sich im Gold des Haa- Römerinnen der Antike, dargestellt von Kur- dem repräsentativen Doppelporträt von Se-
res und in den Lippen und Wangen der Kur- fürstin Henriette Adelaide und drei ihrer bastiano Bombelli von 1666 (heute in Schloss
fürstin widerspiegelten. Hofdamen. Obwohl zwei von ihnen nach ih- Nymphenburg).
Die wortreiche Diskussion um die Be- rer Heirat bereits aus dem aktiven Hofdienst Demnach sind hinter den 18 Porträts
deutung der Farben mit deutlichem Bezug ausgeschieden waren, konnten sie für die Fei- unbekannter Damen, die (als Teil einer weit
zu Cesare Ripas »Iconologia« spannt den Bo- er dieses dynastischen Ereignisses entgegen größeren Serie) das Foyer des Münchner Cu-
gen von antiken Gottheiten bis zur Philoso- aller sonstigen Regeln am Hofballett teilneh- villiés-Theaters zieren, Henriette Adelaides
phie. Das Interesse des Auftraggebers Ferdi- men. Laut Programmheft trugen sie schwar- Hofdamen in Bühnenrollen zu vermuten.
nand Maria galt den Naturwissenschaften: ze Rüstungen mit goldenen und silbernen Sie sollten wohl ihre »ballets« vor dem Ver-
Vielleicht war der Auftrag an seinen Sekretär Verbrämungen, hatten Degen um die Hüften gessen bewahren, was ihr nach dem Zeugnis
und Dichter Domenico Gisberti der rühren- gebunden und trugen neben Schilden als ihrer Brieffreundin Anne Marie Louise
de Versuch, seine Interessen mit den literari- Kopfbedeckung Helme mit Federn in Weiß, d’Orléans, Duchesse de Montpensier, ein
schen seiner Gemahlin zu verbinden? Blau, Schwarz und »fogliamorta«. Die Kurz- Herzensanliegen war. ×
Auf dem Halbporträt aus dieser Zeit beschreibung lässt sich ohne Weiteres auf das
trägt sie über einem weißen Hemd einen weder datierte noch signierte Porträt bezie- Die promovierte Kunsthistorikerin und Modegra-
schwarzen Kürass in Form eines weit ausge- hen. Es wird dem aus Savoyen stammenden fikerin Sigrid Epp lebt in München

107
KLEINANZEIGEN

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Angela Utermann Karin Schulze-Frieling Galerist in 4. Generation

Der Präsident der Stiftung Preußischer


Kulturbesitz, Hermann Parzinger, und Lisa Zeitz

Alice Jay von Seldeneck im Gespräch mit


Loretta Würtenberger Nicolas de Quatrebarbes und Tilman Kriesel

Rudolf Zwirner, Audemars Piguet: Nicolas de


Gregor Schatz Quatrebarbes Steinzeitgeschichten
Berlins schönstes Hotel – Das Stue – war die Kulisse
für den weltkunst-Salon, zu dem Audemars Piguet
eingeladen hatte. Das Thema: die Steinzeit. Her-
mann Parzinger von der Stiftung Preußischer Kultur-
besitz schlug das Publikum mit Erkenntnissen über
die frühe Menschheitsgeschichte in seinen Bann.

Umringt: Margit Mayer Fotografenlegende Galeristen Guido Baudach,


und Stephan Meyer Frank Horvat Aurel Scheibler
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Cannes Enchères Bonhams Auktionen Uppsala Auktionskamma-
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sen (0031 70 / 36 88 57) Antiquitäten, Kunst 29. 8. Christie’s 10. 9.
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Antiken 26. 9. Dresden Dr. Hüll (02 21/44 40 26) Möbel 24. 9 Ölgemälde und Aquarelle
Schmidt Antiquitäten, Kunst 10. 9. Sotheby‘s des 19. Jh. 17. 9.
Berlin (03 51/81 19 87 87) Lempertz (0012 12/6 06 70 00) Tapisserien, Textilien 21. 9.
Auktionshaus J. Weiner Antiquitäten, Kunst 26. 9. (02 21/9 25 72 90) Asiatica 15.–19. 9. Bücher, Grafik 22. 9.
(0 30 / 24 03 89 61) Gemälde 15.–19. Jh. 23. 9. Schmuck 24./25. 9. Jugendstil, Kunst 20. Jh.
Judaica 9. 9. Düsseldorf Bücher, Grafik 25./26. 9. Slg. D. Brent Pogue 30. 9. 24. 9.
Dannenberg Hargesheimer Van Ham Swann Galleries Plakate, Comics, Film- und
(0 30/8 21 69 79) (02 11 / 44 02 20 60) (02 21/9 25 86 20) (0012 12/2 54 47 10) Fotohistorika 29. 9.
Antiquitäten, Kunst Antiquitäten 17.–19. 9. Achenbach Kunst 30. 9. Slg. Maya Angelou 15. 9. Druckgrafik, Aquarelle
11./12. 9. Ausgewählte Meisterwerke Venator & Hanstein 30. 9.
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Bonn Lyon and Turnbull 3.–5. 9./18. 9. (06 11 / 33 44 30)
Plückbaum (0044 1 31 / 5 57 88 44) Leinfelden-Echterdingen Teppiche 19. 9.
(02 28 / 6 88 38 20) Bücher, Fotografie 2. 9. Auktionshalle Eppli Osnabrück
Antiquitäten, Kunst, Varia (07 11 / 22 09 08 7) Künker (05 41 / 96 20 20) Zürich
4./5. 9. Grafenau Antiquitäten, Kunst, Münzen 26. 9.–2. 10. Koller (0041 44 / 4 45 63 63)
Von Zengen Klöter (0 70 33 / 4 34 84) Schmuck 19. 9. Silber, Porzellan, Glas 14. 9.
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Schloss Hagenburg (0044 20/73 93 39 00) (0033 1/47 27 11 24) 17. 9.
Borgholzhausen (0 50 33 / 72 51) Design 8. 9. Automobilia 20. 9. Fotografie 19. 9.
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nen (0 54 25 / 93 00 50) 19. 9. Sotheby‘s Prag (0041 43/3 99 70 10)
Münzen, Medaillen (0044 2 07/2 93 50 00) Dorotheum Antiquitäten, Kunst
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Bremen (0 40 / 3 23 23 90) 19. 9. Messen
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Schmuck 20. 9. ry. Station Berlin 17.–20. 9.
Brüssel Varia 28. 9. München Stuttgart Positions Berlin. Arena
Alain Ferraton Stahl (0 40/34 34 71) Hirsch (0 89/29 21 50) Nagel (07 11 / 64 96 90) Berlin 17.–20. 9.
(0032 2 / 5 38 69 17) Antiquitäten, Kunst 26. 9. Münzen, Medaillen, antike Sammlerteppiche, Berliner Liste. Kraftwerk
Autografen, Bücher, Kunst 21.–26. 9. Ethnologica 8. 9. 17.–20. 9.
Druckgrafik 5. 9. Hannover Neumeister
Galerie Moderne Kastern (05 11 / 85 10 85) (0 89/2 31 71 00) Sulzburg Bristol
(0032 2/5 11 54 15) Antiquitäten, Kunst 19. 9. Alte Kunst & Schmuck Kaupp (0 76 34 / 5 03 80) The Affordable Art Fair
Antiquitäten, Kunst, Varia 23. 9. Kunst, Antiquitäten Bristol. Brunel‘s Old
15./16. 9. Helsinki Nusser (0 89/2 78 25 10) 25./26. 9. Station 18.–20. 9.
Vanderkindere Hagelstam Antiquitäten, Kunst 22. 9.
(0032 2/3 44 54 46) (0035 89 / 6 87 79 90) Quittenbaum Überlingen Furtwangen
Antiquitäten, Kunst, Varia Antiquitäten, Kunst, Varia (0 89/27 37 02 10) Zadick (0 75 51 / 74 47) Antik-Uhrenbörse.
15./16. 9. 22. 9. Design, Glas 22.–24. 9. Antiquitäten, Kunst 26. 9. Fachhochschule 28.–30. 8.

112
Helsinki Ausstellungen
VORSCHAU
Art Helsinki. Exhibition
and Convention Centre Amsterdam
Helsinki 9.–13. 9. Hermitage: Portrait Gallery Die nächste Ausgabe
of the Golden Age.
Istanbul Bis 31. 12.2016 der weltkunst erscheint am
Moving Image Istanbul. Rijksmuseum: New for
Kuleli Building, Haliç now: The origin of fashion 24. September 2015
Congress Centre 4.–6. 9. magazines. Bis 27. 9.
ArtInternational Istanbul.
Haliç Congress Centre Bad Homburg
5./6. 9. Museum Sinclair-Haus:
Sommer Nacht Traum.
Köln Bis 27. 9.
Bloom. Koelnmesse
24.–27. 9. Baden-Baden
Art.Fair. Messe 24.–27. 9. Kunsthalle: Übermorgen-
künstler. Bis 4. 10.
Kopenhagen
Art Copenhagen. Forum, Basel
Rådhuspladsen 18.–20. 9. Historisches Museum
Basel: Zivilcourage – Wenn
London nicht ich, wer dann?
20/21 British Art Fair. 11. 9.–31. 1. 2016
Royal College of Art Museum für Gegenwarts-
9.–13. 9. kunst: Von Bildern:
LAPADA Art & Antiques Strategien der Aneignung.
Fair. Berkeley Square 29. 8.–24. 1. 2016
Bild: Staatliche Museen Berlin/National Gallery, Washington

22.–27. 9.
Berlin
Marseille Bode-Museum: Das
ART-O-RAMA. La vergessene Museum.
Cartonnerie 28.–30. 8. Bis 27. 9.
Gemäldegalerie: The
München Botticelli Renaissance.
Kunst & Antiquitäten Bis 24. 1. 2016
München. Festsaal im
Paulaner am Nockherberg Dresden
24.10–1. 11. Albertinum: Gerhard
Richter. Bis 27. 9.

Frankfurt am Main
Schirn Kunsthalle: Doug
Aitken. Bis 27. 9.
Städel Museum: Die 80er.
Figurative Malerei in der Wir feiern Geburtstag! Vor 85 Jahren, am
Paris
art3f Paris. Paris Event
BRD. Bis 18. 10.
30. September 1930, erschien in Berlin die
Center 3.–6. 9. Hamburg erste weltkunst. Aus diesem freudigen
Revelations. Grand Palais Museum für Kunst und
Paris 10.–13. 9. Gewerbe Hamburg: Fast Anlass legen wir unseren Lesern ein Faksimile
Fashion Die Schattenseiten
Rotterdam der Mode. Bis 20. 9.
der Erstausgabe bei – und erforschen
Rotterdam International anekdotenhaft die Hintergründe der neuesten
Art Fair. Laurenskerk München
12./13. 9. Haus der Kunst: Hanne Meldungen von damals. Außerdem widmen
Darboven. Aufklärung.
Shanghai 18.9.– 14.2.2016. wir uns der großen Botticelli-Schau in der
Photo Shanghai. Exhibiti-
on Centre 11.–13. 9.
Geniale Dilletanten.
Bis 11. 10.
Berliner Gemäldegalerie, die das Werk (oben
»Porträt eines jungen Mannes«, um 1480–1485)
Stuttgart New York
Münzenmesse. Hanns- Museum of Modern Art: und Nachleben des Renaissancemeisters
Martin-Schleyer-Halle Gilbert & George: The
19./20. 9. Early Years. Bis 27. 9.
beleuchtet. Unsere beliebten Tipps für
Kulturreisende führen uns nach Dresden.
Wien Ulm
Parallel Vienna. Altes Stadtmuseum Ulm:
Zollamt 23.–27. 9. Heinz Mack: Das Licht
viennacontemporary. Marx meiner Farben.
Halle 24.–27. 9. 11.9.–10.1.2016

113
DA S B I L D M E I N E S L E B E N S

Lily Brett

Bilder: Bettina Strauss/Suhrkamp Verlag; akg-images/Cy Twombly/Cy Twombly Foundation


Cy Twombly: »The Wilder Shores of Love«

»The Wilder Shores of Love« ist für sich ge- ein Kunstwerk sehe ich an, und innerhalb ei- ich als Geschenk. Es ist beeindruckend, David
nommen schon so ein wunderbarer, kraftvol- nes Herzschlags kann es mich gefangen neh- zuzusehen, wenn er malt. Er hört Musik und
ler Ausdruck. Es ist toll, wie die Worte über men. Vielleicht kann ich es nicht intellektu- bewegt sich vor der Leinwand, als würde er
die Leinwand flattern, über die schroffe Küs- ell vollständig erfassen, aber ich spüre seine tanzen. Dabei sieht er aus wie ein Mensch im
te, als würden sie herüberwehen aus einer an- Wirkung sofort auf sehr kraftvolle Weise. Zustand völliger Glückseligkeit. Wenn ich ar-
deren Welt. Ich mag das Fahrige, etwas Schä- Dabei wäre ich lange Zeit nicht auf die beite, sitze ich unbeweglich da, mit gerunzel-
bige an diesem Bild. Es vermittelt mir viel Idee gekommen, in eine Ausstellung zu ge- ter Stirn und verkrampften Schultern. Ich
von der Liebe, von ihren Risiken, dem hen. Ich war viel zu beschäftigt damit zu le- wünschte, ich könnte mich während des
Schweben, dem Wilden und Unfassbaren. sen. Ich komme aus einem Haushalt, in dem Schreibens bewegen wie David. »The Wilder
Als ich es zum ersten Mal im MoMA gesehen Bücher keine Rolle spielten. Meine Eltern wa- Shores of Love« wirkt im Übrigen so, als hät-
habe, faszinierte es mich so, dass ich mich ren Flüchtlinge, die die Vernichtungslager te sich Cy Twombly beim Malen sehr leiden-
auf eine Bank in der Nähe setzte und ein Ge- der Nazis erlebt hatten, für sie stand das schaftlich bewegt. ×
dicht mit dem gleichen Titel schrieb. Überleben im Vordergrund. So entdeckte ich
Ich denke, Malerei ist diejenige unter Bücher spät und hatte viel nachzuholen. Lily Brett ist eine amerikanische Schriftstellerin. Sie
den Künsten, die die unmittelbarste Wir- Erst mein Mann, der Maler David Ran- wurde berühmt mit dem Roman »Einfach so«.
kung auf uns hat. Ein Buch, ein Musikstück kin, öffnete mir die Augen für die Kunst. Mit
brauchen Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten, einem Maler zusammenzuleben empfinde Aufgezeichnet von Jörg Böckem

114
TO BREAK THE RULES,
YOU MUST FIRST MASTER
THEM.

UM REGELN BRECHEN ZU KÖNNEN, MUSS MAN SIE


ZUERST MEISTERN.
DAS VALLÉE DE JOUX: SEIT JAHRTAUSENDEN WURDE
DIESES TAL IM SCHWEIZER JURAGEBIRGE VON
SEINEM RAUEN UND UNERBITTLICHEN KLIMA
GEPRÄGT. SEIT 1875 IST ES DIE HEIMAT VON
AUDEMARS PIGUET, IM DORF LE BRASSUS. DIE
ERSTEN UHRMACHER LEBTEN HIER IM EINKLANG MIT
DEM RHYTHMUS DER NATUR UND STREBTEN
DANACH, DIE GEHEIMNISSE DES UNIVERSUMS
DURCH IHRE KOMPLEXEN MECHANISCHEN
MEISTERWERKE ZU ENTSCHLÜSSELN. DIESER
PIONIERGEIST INSPIRIERT UNS AUCH HEUTE NOCH,
DIE REGELN DER FEINEN UHRMACHERKUNST STETS
ZU HINTERFRAGEN.
AUDEMARSPIGUET.COM

ROYAL OAK
CHRONOGRAPH
AUS ROSÉGOLD.

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