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Helmut-Schmidt-Universität

Universität der Bundeswehr Hamburg

Qualitative Methoden Anne Hoss M.A.

Frühjahrstrimester 2020

Welche Möglichkeiten hat die Europäische Union, im Sinne des Institutionalismus, ihre
gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik anzupassen, um ihre eigene Sicherheit
gewährlisten zu können?

Vorgelegt von:
Timo Bick
Stoltenstraße 13, 43-B-13
22119 Hamburg
w878819@hsu-hh.de
Matr.-Nr.: 893250
BA Politikwissenschaft (3. FT)
POL 2019
Abgabedatum:18. August 2020
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ................................................................................................................................................... 1
2. Der Institutionalismus nach Robert O. Keohane ....................................................................................... 2
3. Sicherheitspolitik in Europa vor und mit Donald Trump ........................................................................... 3
3.1 Wandel in der Sicherheitspolitik der USA ............................................................................................... 4
3.2 Ansätze für eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU ........................................ 5
3.2.1 Die Europäische Armee ........................................................................................................................ 6
3.2.2 Die Armee der Europäer ....................................................................................................................... 7
4. Fazit ........................................................................................................................................................... 9
5. Literaturverzeichnis ................................................................................................................................. 11
1. Einleitung
Der Frieden auf dem europäischen Kontinent wird nicht mehr in der gleichen Intensität, wie vor
zehn Jahren, durch geopolitische Interessen der Amerikaner gewahrt. Für die zukünftige
Friedenserhaltung wird die Steigerung und Bündelung von politischen und militärischen
Fähigkeiten eine wichtige Rolle spielen. Dabei rückt der europäische Integrationsprozess der
Verteidigung- und Sicherheitspolitik in den Fokus. Eine zentrale Frage ist, in welcher Intensität die
nationalstaatlichen Akteure bereit sind einen Weg in Richtung einer „europäischen Armee“ aktiv
zu begleiten.

Unterschiedliche Interessen in der Sicherheitspolitik der europäischen Staaten können für dieses
gemeinsame Projekt stark hinderlich sein. Mit der Wahl von Präsident Donald Trump und den
einhergehenden Problematiken für die bis jetzt nutznießenden Europäischen Staaten, begann ein
neues Kapitel für die europäische Sicherheits- und Außenpolitik.

Die USA scheint nicht mehr gewillt dieselben finanziellen Mittel in den Bündnisschutz zu
investieren wie einst. Dies beruht auf dem Fakt das ein Großteil der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union (EU), welche in der North Atlantic Treaty Organization (NATO) vertreten
sind, nicht ihr im Nordatlantikvertrag festgehaltenes 2% Ziel für Verteidigungsausgaben erreichen.
Dieser Schreckmoment warf die Diskussion über eine Vielzahl von Möglichkeiten auf, um die
schwindende Unterstützung der Amerikaner auszugleichen. Unteranderem die Ausweitung des
Europäischen Verteidigungs Fonds (EVF), der Etablierung weiterer Europäischer Kampfgruppen
und eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) geleitet von der EU-
Kommission.

Wieso wird eher eine Europäische Lösung angestrebt als eine Nationalpolitische wie von Präsident
Trump gewollt, und inwiefern lässt sich das Vorgehen der EU-Länder im Kontext des
Institutionalismus erklären.

Um dies herauszuarbeiten werde ich zunächst erläutern welche Aspekte des Institutionalismus die
EU verinnerlicht hat und inwiefern verschiedenste Lösungsansätze für die geschilderte
Problematik einhergehen mit dem theoretischen Ansatz des Institutionalismus. Die Aspekte des
Institutionalismus entnehme ich aus dem Werk: After Hegemony: Cooperation and Discord in the
World Political Economy von Robert O. Keohane. Die von Keohane aufgeführte Theorie werde
ich vergleichen mit den Reaktionen von EU-Repräsentanten und Staatsoberhäuptern einiger EU-

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Mitgliedsstaaten, hauptsächlich aber Deutschland. Basierend auf einiger Sekundärliteratur werde
ich die Lösungsansätze zur Problematik des schwindenden US-amerikanischen Engagements in
Europa kurz aufzeigen um sie mit den gewünschten Ansätzen von Donald Trump zu vergleichen
und die Korrelation zwischen den Ansätzen des Institutionalismus und denen der EU aufzuzeigen.

2. Der Institutionalismus nach Robert O. Keohane


Den theoretischen Rahmen dieser Hausarbeit bildet der Institutionalistische Ansatz nach Robert O.
Keohane. Dieser Ansatz soll in meiner Untersuchung als Erklärungsansatz für das Handeln der
EU- Mitgliedstaaten / EU-Kommission fungieren, um so ein eine adäquate Aussage über die
Handlungslogik erschließen zu können. Zunächst müssen jedoch erst die basalen Grundsätze zum
Verständnis des Institutionalismus geschaffen werden, um der in der Einleitung genannten
Zielsetzung gerecht zu werden. Dazu wird der Institutionalistische Ansatz nach Keohane im
nachfolgenden Teil in seinen Grundzügen erläutert.

Der Institutionalismus basiert seinen theoretischen Ansatz darauf, dass Staaten Kooperationen auch
ohne einen initiierenden Hegemonienstaat eingehen, entgegen der vorherig prominenten
Hegemony Stability Theory der 1950/60er Jahre. Keohane arbeitet dabei jedoch weiterhin mit
einem aus Realistischer Schule stammenden Staatenbild, in dem Staaten rational handelnde und
egoistische Akteure sind, die weiterhin ihre eigenen Interessen verfolgen(Morgenthau 1948). Die
erfolgreiche Nutzenmaximierung beruht dabei nicht auf der Machtposition der Akteure, sondern
wird geleitet durch das Umfeld des aktuellen Internationalen Systems. Zudem wird unterschieden
zwischen einem kurzzeitigen Interesse eines Akteurs oder einer länger anhaltenden Kooperation.
(vgl. Tömmel 2007 S.203)

Basierend auf diesen Grundannahmen benennt Keohane einige funktionalistische Gründe, welche
die rationale Entscheidung von Staaten für eine politische Kooperation motivieren soll. Allgemein
gehalten sei dies, die Erwartung durch Kooperation und Koordination mit anderen Partnern seine
politischen Ziele besser erreichen zu können. Spezifischer wäre dann z. B. die legale oder
vertragliche Bindung, die das Verhalten der Partner kalkulierbar machen und somit die
Unsicherheit aus einer Kooperation entnehmen soll.

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Letztendlich sind rationale Akteure im Institutionalismus keine Nutzenmaximierer mehr im
eigentlichen Sinne, sondern sind eingeschränkt durch ihre Kooperation mit ihren Partnern. Somit
sind die Akteure als Nutzenoptimierer anzusehen da sie nichtmehr auf den absoluten gewinn der
eigenen Interessen aus sind, sondern auf die wohl funktionierende Partnerschaft und dem daraus
resultierenden gewinn aller beteiligten. Der sich sogar als größer entpuppen kann, als wenn ein
rationaler Akteur im einzelnen Handeln würde.

So finden sich weiter funktionale Begründungen für die Regimebildung: Regime können im Fall
eines Regierungswechsels den Staat weiterhin an die Partnerschaft binden, sowie bieten sie
Vorschriften für das Verhalten, bilden einen Rahmen für Reziprozität, sie stellen einen moralischen
Leitfaden auf und erleichtern den ungleichzeitigen Austausch. Keohanes Regimetheorie beinhaltet
jedoch keine idealistischen Annahmen, also eine Partnerschaft des “Guten” würde z.B. nicht in den
Kontext des Institutionalismus passen, da es sich bei ihm in der Hauptsache um ökonomische und
bürokratische Kooperation handelt. (vgl. Tömmel 2007 S. 203)

3. Sicherheitspolitik in Europa vor und mit Donald Trump


Nachdem der theoretische Rahmen dieser Hausarbeit im vorherigen Kapitel in seinen Grundzügen
erläutert wurde, so wird nun die Verbindung zwischen dem Institutionalistischen Ansatz nach
Robert O. Keohane und der GSVP der EU gezogen. Dazu sollen Handlungsmuster der EU-
Mitgliedstaaten bezüglich einer GSVP in der EU herausgearbeitet werden, um eine Aussage
darüber treffen zu können, inwieweit die EU- Mitgliedstaaten unter den gegebenen Umständen
rational handeln. Im ersten Teilkapitel wird dabei zuerst der Wandel der Sicherheitspolitik der USA
kurz erläutert, um im nachfolgenden Teilkapitel auf die Rolle einer GSVP in der EU eingehen zu
können. Im Anschluss daran soll dann die Verknüpfung zwischen den beiden Thematiken
hergestellt werden, um die Lage dieser Diskussion in der aktuellen Situation darstellen zu können.

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3.1 Wandel in der Sicherheitspolitik der USA
In der Zeit des Ostes-West Konflikts war die Lage klar, im Kriegsfall kommen die USA und
verteidigen Europa. Jedoch ist dies neuerdings nicht mehr so selbstverständlich. Mit dem
Amtsantritt Donald Trumps im Jahr 2017 ist in der EU viel aufgerüttelt worden was vorher
selbstverständlich war und somit auch in der Forschung nicht großartig in Betracht gezogen wurde.
Das Thema Europaarmee ist zwar nicht neu aber ist noch nie in so einem Ausmaß diskutiert worden
wie zur heutigen Zeit.

Seit dem Fall der Mauer, der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Fall der Sowjetunion gab
es in Europa ein aufschwingendes Sicherheitsgefühl, die Frage ob die NATO nun überflüssig
würde kam auf, inwiefern werden die ehemaligen Ost Block Länder in die Europäische
Gemeinschaft eingeführt und im allgemeinen wurde sich eher auf Sozialpolitische initiativen
konzentriert.

Mit dem Verschwinden des Feindes im Osten kam ein neues Sicherheitsgefühl auf, eines das
einherging mit dem Abzug der Truppen des Schutzpatrons der Europäischen Staaten. Seit 1987
reduzierten sich die US-Basen in den europäischen Ländern von 80 auf 37, wobei es zu neu
Begründungen von Stützpunkten in ehemals Warschauer Pakt Staaten kam. Alleine in Deutschland
reduzierte sich die Anzahl der Stützpunkte von 45 auf 15 (vgl. McCarthy 2017) und die Anzahl
von Militärischen Personal von 246.000 Soldaten im Jahr 1985 auf 35.000 Soldaten im Jahr
2017(vgl. Deutscher Bundestag 2017 S.5), dies ist eine stetige Abnahme welche herrührt von der
Stabilität und Konfliktfreiheit auf dem Europäischen Kontinent. Mit der neuen Erstarkung
Russlands und der Annektierung der Krim im Jahr 2014 unter dem Vorbehalt des Schutzes von
russischen Minderheiten, kam in einigen Zentral- und Osteuropäischen Staaten wieder die Furcht
vor einem Feind im Osten auf. Durch Großübungen an der Europäischen Ostgrenze, dauerhafter
Stationierung von Ballistischen Raketen in Kaliningrad sowie der immer häufigeren Verletzung
des Luftraums der Baltischen Staaten findet man viele Parallelen zum Kalten Krieg.

Lange schon ist klar, dass Europa seine Souveränität nicht allein verteidigen kann und die
Landesarmeen der europäischen Staaten nur als Stolperstein dienen sollen bis die US-Truppen
eintreffen. Nun kommt es aber durch verschiedenste Aussagen des US- Amerikanischen
Präsidenten Donald J. Trump und dessen Außen- und Sicherheitspolitische Sprecher immer öfter
zu Angriffen auf das bestehende Konzept.

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“it’s a fair demand that all who benefit from the best defence in the world carry their
proportionate share of the necessary cost to defend freedom.”

-James N. Mattis 15. Februar 2017

“Many countries in NATO, which we are expected to defend, are not only short of their current
commitment of 2% (which is low), but are also delinquent for many years in payments that have
not been made. Will they reimburse the U.S.?”

-Donald J. Trump 10. Juli 2018

Ist also unser vermeidlicher Retter und Beschützer nicht mehr bereit in seine alte Rolle zu schlüpfen
und ist es an der Zeit, für die EU eine Strategische Autonomie anzupeilen? Die USA sehen in der
EU einen wichtigen Partner egal ob in Militärischer oder Ökonomischer Sicht, jedoch scheinen sie
nichtmehr bereit zu sein für die EU ihre Taschen zu öffnen, wenn die NATO-Mitgliedstaaten der
EU teilweise ihr 2% nicht einhalten. (vgl. NATO 2019 S.3) Trump will mit seiner Rhetorik
erreichen, dass die Länder wie Deutschland, Frankreich, Spanien oder Italien ihre Ausgaben
erhöhen und somit nicht nur wieder verstärkt zur europäischen Sicherheit beitragen, sondern auch
Weiterhin US-Amerikanische Waffensysteme kaufen und nutzen.

3.2 Ansätze für eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik


der EU
Strategische Autonomie: was ist damit gemeint? Mit strategischer Autonomie wird die Fähigkeit
definiert, eigene außen- und sicherheitspolitische Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu
setzten, ohne diese von einem Hegemonen abhängig zu machen (vgl. Fiott 2018 S.2).

Damit einhergehend ist die Etablierung von politischen, institutionellen und materiellen
Voraussetzungen, um diese entweder in Kooperation oder notfalls eigenständig umzusetzen.
Strategische Autonomie umfasst das gesamte Spektrum des außen- und sicherheitspolitischen
Handelns, nicht nur der alleinigen Dimension der Verteidigung. Generell geht es im Falle der EU
um einen Zuwachs an Handlungsfähigkeit, also einen Prozess, keinen absoluten Zustand.
Strategische Autonomie bedeutet nicht autark zu werden oder sich von bestehenden Allianzen und
Partnern abzuschotten, sie soll ein Mittel sein die eigenen Werte und Interessen zu schützen und
zu fördern. Die EU will und soll also nicht allein agieren, sondern einzig und allein in der Lage

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sein, autonom Missionen und Operationen in naher Proximität oder falls nötig auch global
durchführen zu können, ohne dabei auf die Hilfe der USA angewiesen zu sein. (vgl. Fiott 2018 S.2)

Missionen an Konfliktherden, wie dem Balkan im Jahr 1990 oder Libyen im Jahr 2011, waren mit
starker Beteiligung der USA durchgeführt worden, obwohl sie geopolitisch Europa mehr betrafen
als die USA. Die EU geht aber auch schon Schritte in die richtige Richtung, so sind die 34
Missionen, wie die in Mali, der Demokratischen Republik Kongo, Somalia oder dem Horn von
Afrika die die EU seit 2003 mandatiert hat zwar teilweise von den USA unterstützt worden, die
Entscheidungsprozesse, die Führungsstrukturen und die Militärischen Fähigkeiten, welche für die
Missionen benötigt wurden, sind aber ausschließlich von der EU bereitgestellt worden. (vgl. Fiott
2018 S. 2)

3.2.1 Die Europäische Armee


Nun gibt es multiple Ansätze für die Lösung des Problems der strategischen Autonomie. Im
Folgenden werden zwei Ansätze näher beleuchtet.

Der Französische Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel fordern die Begründung einer
“echten” europäischen Armee mit eigenem Etat, Führungsstrukturen, internationaler Kooperation
(Etablierung eines rotierenden europäischen Sicherheitsrates) und Zusammenarbeit in
Waffensystementwicklung und gemeinsamer Rüstungsexportpolitik der EU(vgl. Merkel 2018).
Der von Merkel und Macron geforderte Ansatz gibt zwar Hoffnung in Bezug auf eine gemeinsame
europäische Lösung ist jedoch schwer zu decken mit institutionalistischen Ansätzen, da die
Nationalstaaten der EU nicht leichtfertig ihre Kompetenzen in Bezug auf Landesverteidigung und
außenpolitische Souveränität abgeben würden.

Eine “echte” europäische Armee bringt jedoch viele Vorteile mit sich, so wandten die europäischen
Staaten 2017 für ihre Verteidigung ca. die Hälfte der Militärausgaben der USA auf, erreichten aber
nur ein Fähigkeitsniveau von circa zehn Prozent gegenüber den amerikanischen Streitkräften. Das
rührt her aus der Duplizierung von “traditionellen” Fähigkeiten, einer unglaublichen Typenvielfalt
von Fahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen was zu mangelnder Interoperabilität führt. (vgl. Von
Krause 2019 S.2)

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Durch Ressourceneffizienz und Zusammenarbeit kann also dieses geringe Niveau der Kampfkraft
durchbrochen werden. Auch würde eine europäische Armee ein Meilenstein darstellen im Betreff
auf das “Projekt Europa” mit der Etablierung von Verwaltungsorganen und Führungsinstanzen im
EU-Parlament könnte sich die EU als Bedeutungsvoller und ernst zu nehmender
sicherheitspolitischer Akteur darstellen. Dies wäre weltweit der erste Zusammenschluss Nationaler
Militärischer Fähigkeiten unter einem Banner zu nicht nur einer Internationalen Koalition von
Armeen, sondern zu einer Internationalen Armee. (vgl. Fiott 2018 S. 3/4)

Im Kleinen gibt es bereits solche Ansätze, das European Air Transport Command (EATC) ist die
Poolung von Transportflugzeugen, Tankerflugzeugen und Luftfahrzeugen zu Medizinischen
Evakuierung aus Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Spanien und
Italien. Das EATC gibt jedem Land die Fähigkeit taktisch verlegefähig zu sein da es die
Kompetenzen der anderen Länder mit nutzt und durch die gemeinsame Führungsstruktur wird eine
Ressourcenoptimierung betrieben welche das gemeinsame Nutzen von Aircrews, Luftfahrzeugen
und Flughäfen beinhaltet. (vgl. Von Krause 2019 S. 3)

Problematisch an diesem Ansatz sind die existierenden etablierten Kompetenzen der EU-
Mitgliedsstaaten, die EU hat nicht die Kompetenz in die innenpolitische Souveränität der Staaten
einzugreifen. Das Aufstellen von Streitkräften zur Verteidigung ist eine ebensolche Souveränität
die historisch für viele der EU- Mitgliedstaaten ausgesprochen wichtig ist und einen gewissen
nationalen Stolz beinhaltet. Zudem passt eine solches Verhalten nicht in das Handlungsmuster
eines rational handelnden Staates innerhalb des Institutionalismus. Der Präsident der Europäischen
Kommission Jean-Claude Juncker bezeichnete im bezeug zum Thema der Gemeinsamen
Wehrfähigkeit der EU die Einstellung vieler EU- Mitgliedsstaaten als „Kleinstaaterei“,
dementsprechend kann also mit einem recht heftigen Wiederstand der EU- Mitgliedsstaaten zu
rechnen sein.

3.2.2 Die Armee der Europäer


Ein anderer Ansatz wäre die Begründung einer “Armee der Europäer”. Dieses Konzept
unterscheidet sich maßgeblich von einer europäischen Armee, indem sie die Souveränität der
Nationalen Verteidigung bei den Nationalstaaten belässt und der EU über “EU Battle-Groups" die
nötigen Fähigkeiten zur Verfügung stellt. Dementsprechend wäre also eine Nationale Armee wie

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die Bundeswehr weiterhin dem Deutschen Bundestag unterstellt und wäre selbständig dafür
verantwortlich benötigte Kompetenzen abzudecken. Im Verständnis des Institutionalismus eine
Legitime Möglichkeit, durch Verbindung der militärischen Kompetenzen der verschiedenen
Staaten ist eine Nutzenoptimierung klar vorhanden. Um aber der EU die nötige militärische
Kompetenz für eine GSVP zur Verfügung zu stellen, ist der Ausbau von gemeinsamen
Headquartern (HQs) und Verbänden unerlässlich. Projekte im Framework Nation Concept (FNC)
wie das Deutsch- Niederländische Korps, welches ein hohes Maß an gemeinsames Verständnis
entwickelt und durch die Verzahnung der Streitkräfte durch gegenseitige Unterstellung von
Truppenteilen weiter vorantreibt. (vgl. Von Krause S.4)

Die Verschmelzung von Einheiten auf internationaler Ebene würde zwangsläufig zur Angleichung
von Taktiken, Arbeitsweisen und Material führen. Die Kombination vorhanden in Internationalen
verbänden könnte also wegbereitend sein für eine bessere Interoperabilität der Streitkräfte der EU-
Mitgliedstaaten. Als ein solches Leuchtturmprojekt kann die Deutsch-Französische Brigade
angesehen werden in ihr treffen die Militär Kulturen zweier Länder aufeinander und die Integration
findet bis zur Ebene der Teileinheiten statt. Problematiken treten aber auf, wenn die Politik der
jeweiligen Länder nicht konform geht, so war die Brigade 2019 im Einsatz in Mali wobei die
Französischen Einheiten an der Operation Barkhane beteiligt waren, einem Kampfeinsatz im
Norden des Landes, wogegen die deutschen Kräfte im Rahmen der Missionen MINUSMA und
EUTM eingesetzt waren. Schwierigkeiten in der Interoperabilität von gemeinsamen Verbänden
müssen also auf Politischer Ebene vor jedem Einsatz neu verhandelt werden. (vgl. Von Krause
2019 S. 3)

Spezifisches Beispiel dafür wäre der deutsche Parlamentsvorbehalt, also die im Grundgesetz
festgehaltene Verpflichtung das bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr die Zustimmung
des Bundestages benötigen. Dies stellt tendenziell ein Kooperationshindernis dar, aufgrund der
Zeitabläufe der Entscheidungsfindung des deutschen Parlaments nach dem
Parlamentsbeteiligungsgesetz können Anforderungen wie bei den „EU Battle Groups“, wobei die
Einheiten innerhalb von 10 Tagen einsatzbereit sein müssen, nur schwer bis gar nicht eingehalten
werden. Auch Erfolgsprojekte wie das EATC können durch den Parlamentsvorbehalt ins Stocken
geraten, wenn Bodenpersonal und Flugzeugbesatzungen bei Operationen eingeplant sind in der ein
bewaffneter Einsatz zu erwarten ist müsste der Deutsche Bundestag dem erst einmal zustimmen.
Bei Ablehnung und sogar Zurückziehung der deutschen Kräfte wäre mit einem erheblichen

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Vertrauens Verlust zu rechnen. So bestehen Zweifel das deutsche Truppen verlässlich und
zeitgerecht zur Verfügung stehen würden. (vgl. Von Krause 2019 S.5)

Um das Problem der Ressourcen Allokation zu bewältigen kann man Projekte wie die Permanent
Structured Cooperation (PESCO) beleuchten. PESCO ist die Kooperation der EU- Mitgliedstaaten
für eine strukturierte Zusammenarbeit in Bezug auf Militärische Entwicklung und Rüstung.
PESCO bietet einen Institutionellen Rahmen, der die Gemeinsame Verteidigungsfähigkeit der EU
vorantreibt, in dem gemeinsame Rüstungs- und Beschaffungsprojekte gefördert werden, Einsätze
finanziert und mit dem auf einen gemeinsamen europäischen Rüstungsbinnenmarkt hinarbeitet
wird. (vgl. Von Krause 2019 S. 4)

4. Fazit
Es ist immer schwer multinationale Belange ausgiebig zu beleuchten und perfekte Antworten zu
finden. Es ist klar, dass die EU in den USA weiterhin einen verlässlichen Bündnispartner innerhalb
der NATO hat. Jedoch müssen die momentan bestehenden Strukturen verändert werden um
sinnvoll dem Verlangen der USA, die zwei Prozent Regel einzuhalten, nachzukommen. Natürlich
könnte jedes Land seine Ausgaben einfach erhöhen bis die zwei Prozent Marke erreicht ist und
dies ist letztendlich auch das Ziel von Präsident Trump, da somit die Rüstungsexporte nach Europa
gesichert währen. Den keiner der Mitgliedstaaten der EU ist wirklich in der Lage ist sämtliche
Militärtechnik selbst zu entwickeln und zu produzieren. Die oben aufgeführten Konzepte einer
europäischen Zusammenarbeit zum Erreichen des geforderten Ziels der USA, in Verbindung mit
Zweckmäßigkeit und passend in die bereits bestehenden Strukturen innerhalb der EU, stehen nun
im Rahmen des Institutionalismus bewertet zu werden.

Eine Europäische Armee wäre im Rahmen des Verständnisses des Institutionalismus nicht direkt
gedeckt, sie würde zwar finanziell und im Rahmen des “Projektes Europa” hervorragend in die
Narrative passen, jedoch sind im Institutionalismus die Staaten weiterhin Souverän in ihrer
Entscheidungsfähigkeit was außenpolitische Belange betrifft. Durch die Abgabe dieser
Souveränitäten würde keiner der Staaten mehr seinen eigenen nutzen Optimieren, sondern nur noch
den Nutzen des eingeführten Regimes. Keohane stellt in seiner Auslegung des Institutionalismus
deutlich das es in der Beziehung unter den Staaten nicht um ideologische Ansätze handelt, sondern
rein ökonomisch/ bürokratische Belange betrifft. Die Begründung einer Europaarmee wäre also
idealistisch gesehen die beste Möglichkeit zu Nutzenoptimierung innerhalb der EU, würde aber
nicht in die Rahmenbedingungen des Institutionalismus passen und noch viel mehr würde die

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Kleinstaaterei der EU- Mitgliedstaaten eine solche initiative sehr stark behindern, wenn nicht gar
sogar zu verhindern.

Der Ansatz der „Armee der Europäer“ passt eher in die beschriebenen Kriterien. Jeder Staat würde
weiterhin seine Souveränität behalten was außen- und verteidigungspolitische Entscheidungen
anbelangt, kann aber auf die gemeinsame Macht des Regimes zurückgreifen, um seine Interessen
zu fördern. Eine Armee der Europäer versteht sich in der Optimierung der Situation durch
bestehende Mittel, ohne das gesamte System zu erneuern. So können Länder, welche es sich nicht
leisten können, neue Technik zu erforschen auf einen Pool von seinen Partnern zurückgreifen und
mit gleichgesinntem ebensolchem Projekt doch zu finanzieren, PESCO gibt der EU ebendiese
Möglichkeit. Jedes durch PESCO finanzierte Projekt wird von einem einzelnen Land angeführt
und jedem Projekt können sich interessierte Staaten anschließen umso von der Initiative des
Partners profitieren zu können, wobei der initiierende Staat dadurch profitiert das sich die
Partnerstaaten finanziell und/oder intellektuell an dem Projekt beteiligen. Was wiederrum
deckungsgleich mit dem Institutionalistischen Ansatz der Internationalen Kooperation und
Nutzenoptimierung ist, wie bei Keohane beschrieben, wird hier durch das Schaffen einer leitenden
Institution die Kooperation der Staaten gefördert mit einem Profit für alle Beteiligten.

Durch Unterstellung von Verbänden an die EU durch “EU-Battle-Groups" gibt man dem Regime
ein mächtiges Werkzeug an die Hand, um die Interessen des Staatenverbundes adäquat
repräsentieren zu können, ohne gleichzeitig dem einzelnen Nationalstaat militärische
Kompetenzen zu entreißen. Was jedoch im Rahmen der EU weiterhin durch diesen Ansatz mangeln
würde wäre ein geschlossenes Außen- und Sicherheitspolitisches Auftreten der EU da die
Entscheidungsmacht über die Einsatzmöglichkeiten weiterhin bei den Nationalstaaten liegen
würde.

Insgesamt komme ich zu dem Schluss, dass eine „Armee der Europäer“ im Rahmen des
Institutionalismus bedeutend mehr Sinn ergibt als eine „europäische Armee“. In Europa besteht
weiterhin das Modell von Nationalstaaten welche ihre eigene Souveränität besitzen und
verteidigen, eine Aufgabe dieser Kompetenzen würde im Kontext des Institutionalismus keinen
Sinn ergeben und dem Willen der Nationen widersprechen welche vor kurzem erst ihre
Unabhängigkeit von einem Hegemonen erlangt haben bzw. sich aus vorherigen Unionen
herausgelöst haben.

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5. Literaturverzeichnis
Deutscher Bundestag (2017), Die Entwicklung der Personalstärke der US-Streitkräfte und ihrer
deutschen Zivilangestellten seit dem Jahr 1985 in Deutschland. Zugriff: 22. Juli 2020
https://www.bundestag.de/resource/blob/496190/b34ad5b97fa008c61fd38e88946a1521/wd-2-
009-17-pdf-data.pdf

Fiott, Daniel. (2018), Strategic autonomy: towards 'European sovereignty' in defence?


Zugriff: 23.Juli 2020
https://www.researchgate.net/publication/329566708_Strategic_autonomy_towards_'European_s
overeignty'_in_defence

McCarthy, N. (2017), The U.S. Military's European Decline. Statistica. Statistica GmbH.
Zugriff: 22.Juli 2020
https://www.statista.com/chart/11403/the-us-militarys-european-decline/

Merkel, A. (2018), Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Europäischen Parlament
am 13. November 2018 in Straßburg Zugriff: 28.Juli 2020
https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-merkel-vor-dem-
europaeischen-parlament-am-13-november-2018-in-strassburg-1549538

NATO (2019). Defence Expenditure of NATO Countries (2012-2019). Zugriff: 22. Juli 2020
https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/pdf_2019_06/20190625_PR2019-069-EN.pdf

Tömmel I. (2007) Robert O. Keohane, After Hegemony: Cooperation and Discord in the World
Political Economy, Princeton 1984. In: Kailitz S. (eds) Schlüsselwerke der Politikwissenschaft.
VS Verlag für Sozialwissenschaften

Von Krause, U. (2019), Die Bundeswehr als Teil einer Europäischen Armee: Realistische
Perspektive oder unrealistische Vision? Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 18/2019.
Bundesakademie für Sicherheitspolitik

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